— — 5 1 a ne — —+ * 13 3 5 m, Rn * ALLE LS IN PRO SCIENTIZ — Mut a ENT Beeren = — . SN. N BED u N Septemb1I3II en Fa Hannoveriſches Magazin, worin kleine Abhandlungen, einzelne Gedanken, Nachrichten, Vorſchlaͤge und Erfahrungen, ſo die Verbeſſerung des Nahrungs⸗Standes, die Land⸗ und Stadt⸗ Wirthſchaft, Handlung, Manufacturen und Kuͤnſte, die Phyſik, die Sittenlehre und angenehmen Wiſſenſchaften betreffen, geſammlet und auf bewahret ſind. Ein: und Sumanzigfer Subegug, vom Jahre 1783. 9 annover, gedruckt bei H. E. C. Schluͤter, Landſchaftl. Buchdrucker. 14784 Be ia 45 „ dog runden ri rad tun Ain N Erſtes Regiſter, are Rubriken, vom Jahre 1783. — Stück. / I. Empfindfame Reiſe auf den Brocken. Vom Hu. Inſpector E. C. Schmah⸗ ling zu Oſterwieck. 2. I. Fortſetzung. II. Aufgabe. 1 3. I. Kurze Anzeige einer neuen elektriſchen Entdeckung. Aus einem Briefe des Hn. N Alexander Volta, an den Hn. Profeſſor Zimmermann in Braunſchweig. Pavia den 2ten Dec. 1782. ö II. Schluß der empfindſamen Reiſe auf den Brocken. III Beiträge zur Geſchichte des Gummi Guajaci und Taffia. Von Hn. J. 2. Willmer zu Koppenbrügge. 4. I. Ueber Kloͤſter und Kloſterleben. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. II. Fernere Nachricht über den in dieſem Magazin bekant gemachten Bahrenbur⸗ giſchen Kalkmergel. Von Hr. Jordan zu Bahrenburg. III. Anfrage. f 5. Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. 6. I. Einige Bemerkungen bei einer Reiſe von Maynz, den Rhein hinunter. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. II. Eine Motion, von der zu wuͤnſchen waͤre, daß ſie irgend ein Patriot unter⸗ ſtüͤtzen moͤgte. Von Hn. A. Z. zu H. B. III. Beitrag zu den Nachrichten von den weißen und ſchwarzen Juden auf der malabariſchen Kuͤſte, die in dem i4ten Theil des Magazins für die neue Hi— ſtorie und Geographie vom Jahre 1780 befindlich find. Vom Hn. Garniſonpre⸗ diger Eindemann in kuͤneburg. F. Ueber Hoiftein. Aus den Briefen einer 2 Hannoveriſchen Dame. 23 FPortſetzung. 9. I. Schluß. os. DJ) Stüd 5 II. Anfrage. i 10. Geſchichte des Andreas des Hebriden. Aus dem Engliſchen uͤberſetzt von Hu. — r. zu S. 11. I. Schluß. II. Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwürdigen Baͤume, deren hin und wieder in den Reiſebeſchreibungen Er⸗ waͤhnung geſchiehet. Von Hn. Ratje in P. 12. Des Hn. Landbotanicus S. Ehrhart Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. | 13. Fortſetzung. . Fortfeßung. 15. Fortſetzung. Fortſetzung. . I. Fortſetzung. ; II. Oekonomiſcher Berfchlas. N 18. Forkſetzung der erſten Abhandlung im vorhergehenden Stuͤck. 19. I. Schluß. II. Von der Nutzbarkeit des Taxus⸗ oder Ibenbaums. Von Hu. M. §. Ahlers zu Bremervoͤrde. ill. Mittel, die Raupen zu vertreiben. Aus dem Erfurter Intelligenzblatt. 20. I. Auszüge einiger Briefe des Herrn Langſtedt, Feldpredigers bei dem funf⸗ zehnten Churfuͤrſtl. Braunſchweig Luͤne⸗ burgiſchen nach Oſtindien gegangenen Infanterieregiment, nebſt einem Extract aus deſſen Tagebuche. II. Anekdote vom Deſpotismus in Ruß⸗ land. Von Hu. Ad. Moller. 21. Fortſetzung der Auszuͤge der Briefe des Herrn Feldpredigers Langſtedt, und des Extracts aus deſſen Tagebuche. 22. Fortſetzung. 23. I. Schluß. Az eiſes dhe, Stück II. Die Kalekuten oder fogenannten Trut⸗ huͤner und Enten ohne viele Muͤhe und Koſten mit Futter zu unterhalten und auch fogar fett machen zu koͤnnen. Von Hn. J. Köhne zu Borſtel bei Achim. III. Anzeige und Bitte. 24. I. Erzählung der wunderbaren Erret⸗ tung des Capitain Inglefield und feines Schaluppenvolks, mit welchem er Sr. Königl. Großbritanniſchen Majeftät Schif, Centaur, kurz vor feinem Unter: gange verlaſſen; von ihm ſelbſt aufgeſetzt. II. 3 Bom Aufſchwellen des Rindviehes. 25. J. Ankündigung einer Folge von Ku⸗ pfertafeln der vornehmſten Gegenden des Harzgebürges. Von Hn. Paſcha Jo⸗ hann Friedrich Weitſch II. Oekonomiſche Abhandiung von der Art, die Felder mit Torfaſche zu duͤn⸗ gen. Von Hu. J. S. Werner zu Brüggen. III. Von Befruchtung des Saͤeſaamen durch den Urin des Rindviehes. 26. I. Nrgeln, zu Abkürzung der doppel⸗ ten [Zins und Rabatrechnung. Von Hn. P. L. Grote in Hannover. 11 Noch etwas zu dem Etwas für unge lehrte Deutſche. Von einem ungelehr⸗ ten deutſchen Maͤdchen. III. Anfrage. 27. 1 Von dem Gebrauch bei der Beſtel⸗ lung des Ackerlandes die durch den Pflug gezogene Surche mit einem Spaden noch⸗ mals aufzugraben. II. Nachricht von einem verbeſſerten 85 meinnützigen Spinnrade. Von Hn. D Tonne in Heiligenbruch. 28. Fortſetzung der im 1iten Stuͤck Wehe brochenen Beſchreibung einiger auslaͤn— diſchen merkwuͤrdigen Bäume, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. Von Hn. K. zu P. 29 J. Nachricht von einer gluͤcklichen Kur eines von einem wuͤthenden Hunde ae; biffenen und bereits in Wuth und Waf: ſer ſcheue gerathenen Menſchen. Von On. Banſen in Lauenau. f Al. Eine Sanne zu der im Eten Stück des Hannoveriſchen Magazins von die⸗ ſem Jahre befindlichen Motion, zum Beſten der Landſchmiede. Von Pn. 5 sa 75 Be Boni end on dem ſinkenden Fond in \ Von Hn. EP; 8. R. 11 A 30. Ueber den Ganges und Burrampooter fluß, von J. Nennel, Eſg. der Koͤnigl. Societaͤt der alete, aten N von Joſeph Banks. * 31. I. Schluß. T Il. Der bekränzte Mond am 18er Fam. dieſes Jahrs. Von Hn. A. A. Wa⸗ termeyer zu Stade. 32. Beantworkung der Anfrage im zgtan Stuͤck des Hannoveriſchen Magazins: wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes zu behandeln ſind. Vom Hn. Hof⸗ und Stadtphyſteus Thaer in Lele. 33. Fortſetzung. 34. I. Schluß. II. Fortgeſetzte Nachricht Über die Bir kung der Eifengranulirbäder am Harz. 2 Vom An. Doctor Lentin. III. Beitrag zur Naturgeſchichte des n Vom Hu. Doctor G. E. Hanſen in Hannover. a i IV. Noch etwas von dem Taxus⸗ oder 8 Ibenbaum. V. Wie in Gegenden, wo man dan; uͤberflͤßiges Holz bat, oder bei ſtarken Windfaͤllen, oder auch in Tannenwaͤl⸗ dern, wo es der Wurmft aß erfordert, daß ganze Reviere abgetrieben werden möffen, dieſes Holz zu nutzen iſt, wenn es nicht in der Gegend mit einigem Bor tbeil verſilbert werden kan. N 35. I. Verzeichniß der bektionen, welche zu Ilfeld im Sommer 1783 ‚gegeben worden: find. H. Von den bei dem türfifchen Hofe ge. wohnlichen Geſchen ken. Von G. I. Wehrs in Hannover. III. Bewaͤhrtes Hausmittel wider die Steinſchmerzen. Jule 8 3 8 rück. ” 35. Des Hn. Gabriel Thomas kurze Be⸗ ſchreibung der Landfchaft Penſilvanien. Aus dem Engliſchen uͤberſetzt von G. §. wehrs in Hannover. 37. I. Schluß. | II. Sendſchreiben an den Hn. Oberför⸗ ſter 79 2 Bremervoͤrde. Von Hn. B. in W. III. Fragment aus Betrachtungen bei dem Begraͤbniſſe eines Mannes von auſſeror⸗ dentlichen Verdienſten. IV. Nachricht an die Liebhaber der Muſik. V. Aufgaben. s 38. Verfolg der im 23ten Stuͤck abgebro⸗ chenen Reiſe eines Theils der nach Oſt⸗ indien gegangenen Chur⸗Braunſchweig Kuͤneburgiſchen Truppen, von Rio de Ja⸗ neiro bis Madras. 2 39. I. Etwas von Privatregiſtraturen für bürgerliche Hausvaͤter, oder: Ordnung verhütet Schaden. Von Hn. E A. 5. in Hr. , II. Eine in mancherlei Ruͤckſicht merkwuͤr⸗ dige und wahre Geſchichte. 40. Etwas vom Goldmachen. 41. I. Schluß. 5 II. Anmerkung über die im arten Stuͤck dieſes Magazins befindliche oͤkonomiſche Abhandlung: von der Art, die Felder mit Torfaſche zu dungen. III. Ueber die von den Engländern bekant gemachte rothe Fieberrinde. Aus dem 36ten Stück der gelehrten Beiträge zu den Braunſchweigiſchen Anzeigen. IV. Edle Handlung. Von Hn. S. in W. 42. Nachtrag zu der im 61ten, Gzten und 63ten Stuck dieſes Magazins vom Jahre 1781 befindlichen Geſchichte und Ber ſchreibung der Inquiſition, vorzuͤglich der Spaniſchen. Von W. in H. 43. I. Schluß. N U. Der Mann kan die Frau nicht reich machen, wohl aber die Frau den Mann. Denn der erſparte Pfennig iſt beſſer, als der erworbene. (Aus dem Wittenber⸗ giſchen Wochenblatt.) Von Hn. Ger⸗ Versbauſen. eee ee e RE Rubriken, vom Jahre 1783. Stück. - = III. Ankündigung. Vom Hn. Eonfiftos rialrath Watermeyer in Stade. 44. Tagebuch waͤhrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Mi⸗ norka. Geführt von C. K. 5. E. 47. Fortſetzung. 46. Fortſetzung. 47. Fortſetzung. 48. Fortſetzung. 49. Fortſetzung. SO, Fortſetzung der im 28ten Stuͤck abge, brochenen Beſchreibung einiger anslaͤn⸗ diſchen merkwuͤrdigen Baͤume und Pflan⸗ zen, die in den Reiſebeſchreibungen vor⸗ kommen. Von Hn. K. in P. (S. auch das 11e Stück.) Ft. I. Anmerkungen über ein Paar Stellen in dem Vorbericht des Herrn Hofraths Leſſing zu der von ihm herausgegebenen Beſchreibung Braſiliens, betreffend die vermeinte Perſon eines ſpaniſchen Haupt⸗ manns, der mit ſeinem Geſchlechtsna⸗ men Marannon y Gran Para geheißen haben ſoll. Von Hn. L. in H. II. Etwas über die Eiſenbaͤder auf dem Harz. III. Aufgabe. 52. I. Beantwortung der Aufgabe im 37ten Stück dieſes Magazins, die Anlegung einer Taubenflucht betreffend. II. Berechnung der Koſten an Kuͤchennoth⸗ durft, von einer 1615 gehaltenen Hoch⸗ zeit eines Droſten von St. mit einer Fräulein von k. 2 a III. Von der mittlern Waͤrme in verſchie⸗ den geographiſchen Breiten. 53. Ueber die verſchiedenen Begriffe von einem kuͤnftigen Leben. Von an. Buhls in Hannover. ’ 54. I. Anmerkungen über die Behandlung neugeborner Kinder. Vom Hn. Doct. Joh. Chr. Gottl. Ackermann. II. Einige Beantwortungen der Aufgabe im 4ten Stuͤck dieſes Magazins, die Ausrottung des Kaͤlberkropfs betreffend. * Hn. J. Köhne zu + ‚bei 3 1 Achim, Erſtes Regiſter, Stück. 8 8 . 5 1182 i | 19 8 Setsefia. Von Hu. Dosdand 3 EN BR Stud, au Achim, Hn. Paſtor Lind zu Hildes⸗ heim und Hn. M. zu M,. ss. Nachricht von der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Mi⸗ norka. (S. das 44te bis 49° Stuͤck.) 56. I. Fortſetzung. i II. Anzeige und Bitte. Von Hn. Albg in Hannover. 57. Fortſetzung der Nachricht von der Be⸗ lagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. a 58. I. Schluß. N II. Ueber einen verlangten Unterricht we⸗ gen Beſchaffenheit der Landkarten. Vom Hn. Hofrath Käſtner in Göttingen. III. Schreiben eines Officiers bei dem Iten Churbraunſchw. Luͤneb. Regiment, am Bord Europa, in der Bay aller Hei⸗ ligen zu St. Salvador. IV. Ueber den ſehr ſonderbaren Tod ei⸗ nes gewiſſen franzoͤſiſchen Frauenzim⸗ mers zu Caen. Aus dem Franzöoͤſiſchen üͤberſetzt von Hun. C. M. zu H. 3). Etwas über des Hu. Doctor Paris in Berre Vorſchlag uͤber die Inokula⸗ tion der Kinderblattern. Vom Hn. Doct. Carl Meyer in Hannover. ö 60. Nachricht von Bleton, einem Juͤng⸗ ling von erſtaunlich empfindlichen Ner⸗ ven, vermöge welcher, wie auch durch 67. I. Schluß. . II. Von Quackſalbern, Zahnbrechern und den Gebrauch der Wuͤnſchelruthe er uns terirdiſches Waſſer entdecken und anzei⸗ gen kan. Von Hn. Adolf Moller zu Diepholz. 61. Cooks dritte und letzte Entdeckungs⸗ reife um die Welt in den Jahren 1776. bis 1780. Aus dem Engliſchen uͤber⸗ ſetzt von Hn. Blbg in H. 62. Fortſetzung. 63. 1. Schluß. II. Warum der Koͤnig von Schweden drei Kronen in ſeinem Wappen fuͤhrt? Von G. S. Wehrs in Hannover. III. Noch eine Beantwortung der Aufgabe im gen Stück dieſes Magazins von die⸗ ſem Jahr: die Ausrottung des Kaͤlber⸗ u Oſterode. IV. Anfrage. a . 64. I. Vom Honigthau im Julius 1782. II. Beantwortung folgender Preisaufga⸗ be der Koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſſen⸗ ſchaften zu Goͤttingen: Da in Jahren, worin die Witterung dem Wunſch derBie⸗ nenwaͤrter gemaͤß ausfaͤllt, und ſonſt kei⸗ ne andere anſcheinende Urſache eintrit, dennoch die Honigernte oft weit unter der Erwartung iſt: ob ſich hinlaͤngliche Urſachen und Vorbedeutungszeichen da⸗ von anführen laſſen, welche vermuthlich in der Aufloͤſung der Frage: woher der Honig entſteht? liegen. a III. Von der Treue der Puter, oder ka⸗ lekutiſchen Huͤner im Sitzen in der Brutzeit. Von Hn. J. Köhne zu Bor ſtel bei Achim. 15 IV. Anzeige von einem hauptraren braun ſchweigiſchen Goldgulden. 65 V. Eine gute ſchwarze Farbe, die Schafe damit ohne Nachtheil der Wolle zu zeich⸗ a 1 * \ * nen. 4 I 65. Vom Entzuͤnden des Heues und vom Heumachen. Von Hn. V. B. R. zu W. 66. Ein Brief uͤber die Frage: Iſt es rath⸗ ſam, das Kartenſpiel aus unſern Geſell⸗ ſchaften zu verdraͤngen? N Marktſchreiern. III. Beitrag zur Beſſaͤtigung der Moͤg⸗ ö lichkeit, daß im Waſſer verungluͤckte und todtſcheinende Perſonen durch angewands te Huͤlfsmittel wieder herzuſtellen ſeyn. Von Hn. Wr. zu E. a 68. Von der Barriere in den Niederlan⸗ 5 den. (S. das 98e bis 102te St. vom Jahre 1782.) e 69. Fortſetzung. r 70. Fortſetzung. 71. I. Schluß. ee et Jeg gbne erpflanzen. Von Hn. J. Kohne zu Borſtel bei Achim. m 4 0 *** Rubriken, vom Jahre 1783. Stück. f 72. I. Die Preisfrage wegen der vortheil⸗ hafteſten Arbeiten fuͤr Werk- und Zucht⸗ haͤuſer betreffend. II. Einige die Geſundheit betreffende An⸗ merkungen. Vom Hn. Doctor J. J. 5. Bücking in Wolfenbüttel. 73. I. Nachricht von den Verſammlungen der Königl. Churfuͤrſtl. Landwirthſchafts⸗ geſellſchaft zu Celle, vom Fruͤhjahr 1782. bis ins Frühjahr 178 38. II. Schluß der zweiten Abhandlung im vorhergehenden Stuͤck. II. Von Vertilgung der Wanzen. Aus dem neuen Berliner Intelligenzblatt vom Jahre 1783. IV. Wie das Eiſen wider den Roſt be⸗ wahrt werden kan. Von S. §. Wehrs in Hannover. 74. I. Ueber die Sonnenflecken. Von Hn. Watermeyer in Stade. II. Anfragen. 75. I. Fortſetzung der Abhandlung über die Sonnnenflecken. U. Mittel wider die Wanzen. Aus den nuͤtzlichen Beiträgen zu den neuen Stre⸗ litziſchen Anzeigen vom Jahre 1783. 75. I. Schluß der Abhandlung über die Sonnenflecken. 1 II. Etwas von dem ökonomiſchen Ge brauch des wilden Baͤrenklaues (ſphon- dilium.) Von G. §. Wehrs in Hans nover. 77. I. Etwas uber die ſogenannte Wurm: trockniß der Fichte oder Rothtanne. Von Hn. Ahlers zu Bremervoͤrde. II. Von einem Bogen, der bei Nacht von dem Mond im Nebel gebildet wird. Von Hn. J. Köhne zu Borſtel bei Achim. III. Etwas von der Verzinnung der kup⸗ fernen Gefaͤſſe. Aus dem Lippiſchen In⸗ telligenzblatt vom Jahre 1783. . 78. Beitrag zu den Bemerkungen der Wuͤr⸗ kungen des Blitzes. Von Hn. G. S. D. zu P. 79. Eine kurze Anweiſung, wie man Briefe vernünftig einſchlagen und zumachen 90 muß. Stück. 80. I. Ueber die Nahrung der Kinder. II. Nützliche Anwendung der Sageſpaͤne von den Schneidemuͤhlen zu einem Dünger. III. Eine beſonders gute Düngung für das Grasfeld. IV. Anekdote. 81. Nachricht, die Anleihen der zu Ham⸗ burg obrigkeitlich beſtaͤtigten Creditcaſſe fuͤr die Erben und Grundſtuͤcke auf pfand⸗ briefe und Annuitaͤten betreffend. 82. I. Menſchenfreſſer und Vielfraſſe. (S. das 73te u. 74° Stuͤck vom Jahre 1781.) II. Gemeinnuͤtzige Erfindungen. 83. I. Verzeichniß der Lektionen, welche zu Ilfeld von Michaelis 1783. bis Oſtern 1784. gegeben werden. N II. Gemeinnuͤtzige Erfindungen. 84. I. Schreiben an Hn. ** über ein in der Unſtruth gefundenes Horn. Von J. A. Weppen zu Oldershauſen. II. Von einer ſchwarzen Muͤcke und Fliege. Etwas für die Naturforſcher. Von Hn. J. 5. Pratje zu Beverſtedt. III. Anfragen. 87. Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien und Sicilien ꝛc. der Koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Lon⸗ don mitgetheilt von Hn. William Has milton. Aus dem Engliſchen uͤberſetzt von G. 5. Wehrs in Hannover. 86. Fortſetzung. 87. I. Fortſetzung. II. Anzeige. 88. Schluß der Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien und Sicilien sc. 89. I. Etwas vom Holzwurm oder Kaͤfer im Harzwalde. Von Hu. O. II. Bemerkungen uͤber die Wurmtrockniß. III. Des Hn. Conſiſtorialſecretair Wolf in Hannover Beantwortung der erſten Anfrage im 74ten Stuͤck dieſes Maga; zins von dieſem Jahre. b IV. Gemeinnuͤtzige Erfindungen. . I. Beitrag und Anmerkungen zum dqten Stück des Hannoveriſchen Mann zins Erſtes Ne ee vom Jahre 1783. Stil — vom Jahre 178%, in welchem einige alte Behauptungen von der Wartung und einigen Heilmitteln des Viehes be⸗ urtgeilt werden. Von Hn. Wilh. 305 nert zu St. Jurgen. II. Ein an Sende 91. I. Vorſchlag, zu beffern Kartoffeln zu gelangen, als wir bis Daher im Got ting'iſchen gehabt haben. Von Hn. G. v. Einem. II. Sichere Methode, die Kraͤtze zu 2 len. Vom Hn. Doctor $. 5. Brück⸗ mann jun. in B. III. Anekdote. IV. Anfrage. 92. I. Kurze Daschrebbung der vormaligen Stadt Meſſina. II. Gemeinnützige Erfindung. 93 J a Fan nuͤtzlichen Lehrbuche fuͤr f deutſche S ulen. II. Einige Nachrichten von dem verſtor⸗ benen Doctor William Hunter. einem Briefe des Hn. Hofrath Loders aus London vom Sten April d. J. an den Hn. Bergrath Doctor Buchholz in Wei⸗ mar. (S. die Gothaiſchen politiſchen Zeitungen von d. J. St. 37. S. 297. u. f.) 25 III. Gemeinnützige Erfindung. 94. Plan zu einer allgemeinen Reviſion des geſamten Erziehungs und Schul⸗ weſens. Von einer Geſellſchaft prakti⸗ ſcher Erzieher. f 97. I. Schluß. II. Wunderbare Errettung einiger Schi, leute. Aus dem Franzoͤſiſchen -hberfegt vom Herrn Paſtor Hornemann zu Heinſen. . | N Aus Stück. 955 I. Oekonomiſche Beiträge, PR = Botanicus S. Ehrhart zu . hauſen. II II. Ankündigung. 97. Auszug aus Goͤze's Naturgeschichte der Eingeweidewuͤrmer. * 59. I. Schluß. 11. Besbachtung über eine ehe, venfrasiheif. Vom Hu Regimentschi⸗ ruraus G. J. Evers zu küchow. III. Gemeinnützige Erfindung. 100. I. Kurze Geſchichte einiger der merk wuͤrdigſten Luftarten. II. Enifepungsarten einiger Inſeln und Berg 1 Schluß der Geſchichte einiger der — 101. merkwuͤͤrdigſten Luftarten. II. Originalbrief einer Mutter von 2 zehn Jahren an eine Freundin, a 4 ihr nach der Niederkunft zum er enmal geſchrieben hatte. III. Anfragen i 102. I. Noch eine e DL über die Wurmtrockniß der Harztannen. Von Hn. Reinhard woltmann in Goͤt⸗ tingen. II. Ueber die Wurmtrockniß am Harze. 103. I Von Werk: und Zuchthaͤuſern: II. Berichtigung einer Stelle im deutſchen Merkur vom Nuguſt 1783. Nr. 3. Von Hu. J. C. Winter in Hannover. III. Etwas von den Kroͤten und ihrer Fortpflanzung. Von On. zu Borſtel bei Achim. IV. Anfrage.“ 104. h Ueber Befhäftigung und. ale weile II. Beim Schluſſe des 178376 Jahrs. sn eh * Zbei⸗ — 25 * \ ——— Seite Regiſter, nad alphabetiſcher Ordnung. Dem Jahre 1783. A. Aeg das noch unbezahlte, müßte der Gutsherr den Schmieden bezahlen, wenn er einen Landmann zum Concurs bringt, 86 u. f. Ackerland, vom Gebrauch bei der Be⸗ ſtellung deſſelben, die durch den Pflug gezogene Furche mit einem Spaden noch⸗ mals aufsugraben, 417 Aequinoctiallinie, etwas von daher, 361 u. f. Eingefuͤhrte Gewohnheiten der Seeleute, wenn ſie ſelbige Bann: Alantwurzel, (Inula Helenium L.) ein ſicheres Mittel wider die Kraͤtze, 5 Wie man ſie gebraucht, Alchymie, Grundſaͤtze derſelben, 85 Ambalam, ein indiſcher Baum, deſſen Saft man zur Verfertigung des Brods gebraucht, wird beſchrieben, 437 Ananas, verſchiedene Arten derſelben werden beſchrieben, 787 u. f. Wie man ſie fortpflanzet, 790 Andreas des Hebriden Geſchichte, TASu.f. Dir Anekdoten. Vom Deſpotismus in Rußland, 319. Von Sully, 127% u. f. Von einem alten Greiſe, der 47 Jahre in der Baſtille ges ſeſſen, 1451 u. f. Von dem Fuͤrſten der Chaitaki und Karrahaiti, 1631 Anfragen und Aufgaben. | J. Beantwortete. Wie man den Kaͤlberkrop aus einem Obſt⸗ garten, auf die leichteſte und gewiſſeſte Art vertilgt? 64. 861, 864. 1005. u. f. (S. auch S. 1209.) Wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes zu behan⸗ deln? 367. 497 u. f. Was die Länge und Breite eines Orts fen? ꝛc. 818. 91 u. f. Wie man mit Nutzen auf dem Lande eine gute Taubenflucht anlegt? 591. 817 u. f. Wie man an Dertern, wo kein Brunnen oder fließendes Wal: fer in der Nähe ift, die Gewitterablei⸗ ter am beſten anlege, damit keine Stok⸗ kung oder Ruͤckgang der Eleftricität zu beſorgen ſey? 1183. 1419 u. f. II. Unbeantwortete. Ob an der Authenticitaͤt der Nachrichten im 2610 Stück der Leipziger phyſikali⸗ ſchen Wochenſchrift von 1747. bis 1748. wegen des Magi Peladine, der die Ge⸗ ſtalten der Dinge vor den Augen koͤrper⸗ lich verwandelt, zu zweifeln ſey? 31 Wie der Hanf zu verfeinern? 144. Ob von Hünern oder Putern ausgebruͤͤtete Enten wieder ausbruͤten oder nicht? 415 Wie ein gewiſſer Diſtrikt in der Ges gend von Hamburg heißt, wo die recht großen Huͤner zu Hauſe find? Wie die italieniſchen Makaronen am beſten zu⸗ bereitet werden! Wie man die Spick⸗ und andere Murcheln ziehen kan, und was für einen Boden fie erfordern? 891 592. Anzeige und Bitte wegen der ſon⸗ derbaren für die Jahrszeit ganz unge wöhnlichen Nebel im Jun. 1783. 895. Wie man die Körner der im kuͤneburgi⸗ ſchen unter dem Namen Reisgerſte bes kanten Gerſte beim Droͤſchen auf eine leichte Art aus den Aehren bringt? 1007. Ob kein Mittel vorhanden, den ange⸗ laufenen goldenen oder filbernen Treffen ihren vorigen Glanz wieder zu geben! 1184. In wie fern das Heu eine Kraft bebe, den Blitzſtrahl auf ſich in de Zweites Negiſter, hen? 1343. Ob der außerordentliche Windſturm im Jahr 1747, der damals im Harzwalde die große Verwͤͤſtung anrichtete, nicht ſchon die itzt erſt trok⸗ ken werdenden ſtarken Tannen, an ihren Wurzeln ſo befchädigt hahe, daß ſolche von da an, bis itzt krank geblie⸗ ben ſind, und nun erſt abſterben? 1344. Siebt es Arten von Schlangen, die ſich von Obſt⸗ und Huͤlſenfruͤchten, oder uberhaupt aus dem Pflanzenreiche ernaͤh⸗ ten? 1477. Haben die Philantropine und andere ihnen aͤhnſiche Erziehungs⸗ enſtalten, Männer geliefert, deren große natürliche Faͤhigkeiten wären ermuntert worden, ſich anzuſtrengen, weitlaͤuftige gründliche und nützliche Wiſſenſchaften zu erlernen, und durch dieſelben bei ei⸗ ner anhaltenden und nicht zu ermuͤden⸗ den Anwendung ihrer Kraͤfte der Welt recht nuͤtzlich zu werden? 1613. Wie die mit dem ſtinkenden Nebel am ꝛ2ten Jun, befallene eingeſchenerte Eſparcette fur das Schafvieh unſchaͤdlich gemacht werden koͤnne? 1516. Ob diejenigen, die kein Fleiſch eſſen, nie von den Wan⸗ zen geplagt werden? ibid. Hat man in hieſigen Gegenden Erfahrungen dar⸗ über, daß die gepfropften Weinſtoͤcke, wie am Rhein, bereits im zweiten Jahre ſtraße berauſchen, Apbides Heſparidum, ein Inſekt, welches die Ananaspflanzen zu Grunde richtet, 793. Wie man es vertilgt, ibid. Arandranto, ein auf der Inſel Ma⸗ dagscar wachfender Baum, wovon man den Saft zur Verfertigung der Dinte gebraucht, un 448 Areka oder Pinang, ein Palmbaum, wird beſchrieben, er a Aſchberg, Beſchreibung N ENT EI ET Attich, (Sambucus Ebulus) ein zuverlaͤſ⸗ ſiges Mittel wider die Wanzen, 1199 Atowi, eine der größten unter den Sands wich-Inſeln, wird beſchrieben, 986 Aufgaben. S. Anfragen. Aufſchwellen des Rindvfehes, ſicheres Mittel ſolches zu verhuͤten, 383 Awawurzel, eine Wurzel, womit ſich die Inſulaner in den Gegenden der Cooks⸗ 3 * Backofen, neu erfundener, Brod del Feurung miröteinfoptendariırjubadlen Bärenklau, wilder, (Sphondilium) ct was von dem dfongimifchen Gebrand deſſelben, a 1. Bäume, Beſchreibung einiger ausländis tragen, die Trauben früher reif und edler ſchen und merkwuͤrdigen, 167 u. f werden, und wie wird das Pfropfen ges 5 433 u. f. 787 u. macht? 1647 Bahrenburger Kalkmergel, verſchie⸗ Aninga Jiba, ein in Braflien wachſen⸗ der Baum, deſſen Frucht man ſtatt Brodt genießt, 433 u. f. Anfuͤndigung, eines unfere Harzgebuͤrge betreffenden Kupferwerks, 380 u. f. Der Gedichte von H. E. Chriſtiane vom Hagen, N 1537 A nen die vermeinte Perſon eines aniſchen Hauptmanns, Marannon y Gran Para betreffend, 801 u. f. Die Geſundheit betreffende, 1139 u. f. Anzeige einer neuen eleklriſchen Entdek⸗ fung, 33 u. f. Wegen der Kinderblat⸗ tern, 367. Von einem hauptraren Kaunſchweigiſchen Goldgulden, 1023 % dentlicher 7 deſſelben, | 61 u. f. Bandwurm, Naturgeſchichte IJ u. f. Barriere in den Niederlanden, 1073 u. f. Bauchweh des Hornviehes, der Pferde und Maulthiere, ob es ſich verliert, wenn fie ſchwimmende Gaͤnſe, inſonder⸗ heit Enten zu ſehen bekommen, 1438 Baumöt, worin flieſſendes Blei abge, fühlt worden, bewahrt das Eiſen wider den Noſt, ies Begräbniß eines Mannes von außeror⸗ dentlichen Verdienſten, Fragment aus Betrachtungen bei ſelbigem, 587 u. f. Beiträge, dkonsmiſche, ou 1521 u. f. Bent⸗ \ nach ia Ordnung. Bentheim, botaniſche Reife 72 Ber ge, neue Theorie von der Euiſſehung berſelhe bei der Schoͤpfung, 4. — — ſtebungsart einiger, 599 Berichtigung einer Stele im dauern 1639 Merkur, r und Kleidung, 9 Bernhardinerinnenkloſter in Me wird beſchrieben, Beſchäftigung und Auge Alben, lung daruͤber, 1649 u. f. deren Lebensart Beſprechen, das, ein ſompatheliſches N Mittel, was davon zu halten, 1143 Setel wird beſchrieben, 795. Mit deſ⸗ Früchten und Blaͤttern wird in Oſtin⸗ Y ien großer Handel getrieben, 796 Bibby, ein amerikaniſcher Palmbaum, wird beſchrieben, 2 Biberich, Beſchreibu „Schloſſes und Gartens, Bit eines wuͤthenden Hundes, Nachricht von einer gluͤcklichen Kur eines von ſol⸗ chem Hunde gebiſſenen Menſchen, 449 we er, die, find ein ſehr nothwendiger Theil der Vegetation, 1620 Blattern, ſ. Pocken. As ein Juͤngling, der unterirdi⸗ ſches Waſſer, vermoͤge feiner empfindli⸗ chen Nerven, entdecken konte, 945 Ken in die Vergangenheit, D Beitrag zu den Bemerkungen der Wörkungen da 1232 u. f. „der bei Nacht von dem Mond im Nebel gebildet ward, etwas dar⸗ über, 1227 Branteweinbrennen, neu erfundene Vortheile dabei, 1323 u. f. Brief einer Mutter von 18 2 an eine Freundin, 1619 u. f. 8. kurze Anweiſung, wie man ſol⸗ che vernünftig einſchlagen und zumachen muß, 5 empfinbfame Reiſe auf fh gen, I u. f. Iſt ein Wetteranzeiger und Mg: 1 gl 30 u. f. Deſſen Nabe 37 47 des dortigen Ju. f 1657 nt | Brodfruchtbaum, wo er waͤchſt, 169. Wird beſchrieben, 170. Wie dle Frucht deſſelben zum Gebrauch zubereitet wird, 171. Namen und Arten dieſes Baums, 172. 433 u. f. Buchweitzen, if der Gefahr der Entzüns dung eben ſo gut unterworfen, wie das Heu 1032 Bürranposter gut, wird 2 Cacaobaum, deſſen Vaterland, 173. Seine Hobe. Dicke, übrige Deſchaf⸗ fenheit und Frucht wird beſchrieben, 174. Wie er gezogen wird, und wie man ſeine Frucht abnimt, r N Cacaopflaume, iſt von der Cacaobobne unterſchieden, 176 Calabrien und Sicilien, Nachricht von dem dortigen letzten Erdbeben, 134 u. f. Canarienbaum, eine Art Brodfrucht⸗ baum, wo er waͤchſt, 794. Zubereis tung deſſen Frucht zum Genuß, Chaitaki und Rarrahaiti, eine — . — am caſpiſchen Meere, Chaos der Weiſen, debe gubaalg 63 Charlotten s Sound „ wird N Cocos baum, wird beſchrieben, 435. = ten deſſelben, 436. Nutzen, den die ndianer davon haben, 437. Beſchrei⸗ — 1 Nutzen der Frucht dieſes 43 Cook, d en letzte n um die elt, u, f. a Di 2 Daniſch Neuhof, wird baggge Dottelbaum, wird beſchrichen : rt Arten feiner Früchte, und wozu ſolche die Indianer gebrauchen, 447. 446 Beiostiomis in Rußland, Anckdote 5 f 3 7 Bienne hd, ban, deſſen Lage, pc uge Zweites Regiſter, Laͤnge, Naturprodukte EU Directorium Inquiſitorum, Nachricht von dieſem Buche und deſſen Inhalte, 657 uff. Dünger von Torfaſche, 648. —— Sa⸗ geſpoͤnen, 273 u Düngung, beſonders gute für seen eld, 2 1277 Dünſte, die aufſteigenden, bringen die elektriſche Materie in die Atmosphaͤre, 36. Eingeſchloſſene, koͤnnen das letzte Erdbeben in Calabrien und Öicilien vers urſacht haben, 14 E. Ehrhart, 5. deſſen botaniſche Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, 177 u. f. Oekonomiſche Beitraͤge, 152 u. f. Kibenbaumholz, (Taxus baccata L.) deſſen Fuͤrtreflichkeit zu enen 1531 Einbildungskraft, die, wie var" fie ° bändigt, 51 deren en ichte, 1537 u. f. 3 rr lechter derſelben, EEiſen, wodurch man es wider den an bewahrt, 168 Kifengranulirbäder am Harz, kortänı ſetzte Nachricht über die Würfung ders ſelben, 731 u. f. Sind ſchon vor beis nahe 300 Jahren gebraͤuchlich 1 13 u Elektreität, nen entdeckte Vortheile derſelben, wodurch ſie fuͤr die Arznei⸗ kunde aͤußerſt intereſſant iſt, 1423 u. f. Elzbeerbaumfrucht, deren Nutzen, 1527 Engelwurz, 3 ſativa ofhc. ) des ren Nutzen, 1537 Entdeckung, eine neue eictriſche, An⸗ zeige derſelben, Enten, wie man ſie ohne viele Koſten und Muͤhe erhalten und kee machen Ei, Eingeweidewürmer, 367 KEntfiebungeare einiger Inſeln und Berge, 2 1599 1 Sichte, Erdbeben in Calabrien und Seele Nachricht davon, 1346 u. f. Erdbebenſtöße, werden von den Thie. ren gewoͤhnlich vorher bemerkt, 1360 Erfindungen, gemeinnützige, 1309. 1421. u. f. 1471. 1487 1488 Krrettung, wunderbare einiger Schifs⸗ lente, ö 1913 u. f. Ertrunkene, Beitrag zur Beſtaͤtigung der Möglichkeit, daß fie gerettet W nnen, Erziehung der Kinder, Brief Darin Erziehungs» und Schulwefen, Plan zu einer allgemeinen Reviſion cl 13489 u Etwas fuͤr ungelehrte Deutſche, 41 1 u. f. Eyer, wie man erfährt, ob fie faul oder lebendige Küchlein darin find, 1534 N ö Sallbiste wie felbige beſchaffen ſeyn muͤſ⸗ ſen, wenn ſie den Kindern nicht ſchaͤdlich ſeyn ſollen, 97 Samilienverzeichniſſe, Nutzen derſelb 4 Sarbe, eine gute ſchwarze, die Schafe damit ohne Nachtheil der Wolle zu 3 Feuer, warum es fuͤr das Rindvich gut iſt, wenn es ſelbiges im Geſichte at 1430 Urſache des häufigen Abſterbens derſelben, 1217. S. Wurmtrockniß. Sieberrinde, etwas über die von den Englaͤndern bekant gemachte rothe, 2 Sigur, die redende, Slachs, erdinairer, aus einem Pfunde von ſelbigem koͤnnen 30 Stüd brauch. bares Garn geſponnen werden, 1156 Slechte, die islaͤndiſche, (Lichen islandi- cus L.) deren Nutzen, 1731 Sloree, oſtindiſche, die am Glen Febr. 1782. von Portsmouth unter . 12 0 Liſte davon, Iu. Sortepiano, Nachriche ı von einem nen erfundenen, | 1326 Sor. nach alphabetiſcher Ordnung. anzung lung darüber, ſ. Resten: röten, Abhand- Gummi Gudjaci und Tafſia, Beitrag zur gi Geſchichte deſſelben, Stau, die, kan den Mann reich machen, Haber nicht der Mann die Frau, 677 u. f. Frauen der armen Clara, firenges Ge— Ihbde der Armuth, welches dieſe Non⸗ nen ablegen muͤſſen, 60 u. f. Bänfe, junge, woher es kommt, daß fie ſich oft den Hals verxenken, 1437 Ganges „der, Beſchreibung deſſelben, 46 u. f. Garten, der botaniſche zu Leiden, wird beſchrieben, 233 u. f. Gaſtwirthsanſtalten auf dem Lande, Wunſch, dieſelben betreffend, 193 Gedichte, von H. E. Chriſtiane vom Ha: gen, werden angekündigt, 1737 Gehäge, wodurch man fie in laͤngerjaͤh⸗ riaem Wachsthum erhalten kan, 1622 Geſchäfte und Vergnügungen, muͤſſen zu Zeiten abgeaͤndert werden, um die Lebensgeiſter wieder in Bewegung zu bringen, 1652 Geſchenke, von den gewoͤhnlichen bei dem kuͤrkiſchen Hofe, f 5 u. f. Geſchichte des Andreas des . u. f. Gefundbeit, einige dieſelbe betreffende 3 Anmerkungen, 1139 u. f. n wie ſie an Oertern 18 1 0 find, wo in der Naͤhe kein a aſſer iſt 1419 u. f. Gicht, Mittel mider felbige, 41 Gladbach, Paſtor zu Oldendorf, Nach⸗ Ä richt von deſſen Leſeſiebel für deutſche Schulen, 1473 u. f. Böse, Paſtor, Auszug aus deffen Nas kurgeſcichte der RN, 1537 u Goldgulden, Anzeige von einem haupt: raren braunſchweigiſchen, 1023 Goldmachen, etwas davon, 625 u. f. Gonagra, Mittel wider ſelbiges, 47 Grasfeld, erna gute ere, für 1 1275 H. Sagen, vom, 5. E. Cheikiäne, Ans kündigung deren Gedichte, 137 Hamilton, William, deſſen Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien und Sicilien, 1345 u. f. Handlung, edle, 657 Handwerk, eins, ſolte jeder lernen, der ſich der Gelehrſamkeit widmet, 1655 Hartheu, Hypericum prolificum L.) kan ſtatt des chineſiſchen Thees gebraucht werden, 1521 Harztanne, aber die Wurmtrockniß ders ſelben S. Wurmtrockniß. Hauben für Kinder, welche die beften ſind? 857. Muͤſſen oft gewechſelt a2 den, f 7 Seerd, deſſen nahe Lage bei dem Rindvieh iſt ſeibigem zutraͤglich, 1430 Heide, deren Blüte allein nur macht die Bienen fett, 1014 Seilmittel des Viehes, Beurtheilung eis niger alten, 1425 u. f. SZennigs, Dorothee Louiſe, zu Das bichhorſt, ſpinnt 30 Stuͤck Garn aus einem Pfunde ordinairen Wangen 115 gen, vom Entzuͤnden deſſelben, 1025. Mittel, einer wuͤrklichen r vorzubengen, 30 u. f. Heumachen, was dabei zu Scobadın iſt, Zönert, Joh. Wilh. zu St. en deſſen Beitrag und Anmerkungen zu eis nigen alten Behauptungen, die Wartung und einige Heilmittel des Viehes be⸗ treffend, 147 u f. Zolſtein, etwas daruͤber, 97 uf. Holz, wie es in Gegenden, wo man es überflüßig hat, oder wo es bei ſtarken Windfaͤllen in Tannenwaͤldern wegen Wurmfraß abgetrieben werden muß, zu benutzen iſt, 5 543 u. f. E Solz⸗ So gieited Regiter, Zolzwurm, oder Käfer im Harzwalde, etwas davon, 14094. f. Honig, woher er entftchet? 1017 Honigernte, warum ſi ſie in Jahren, wor⸗ in die Witterung dem Wuuſch der Bie⸗ nenwaͤrker gemaͤß ausfaͤllt, oft weit un⸗ ter der Erwarkung iſt, 1013 u. f. Sonigthau im Julius 1782 , ag a tiber, Ser Nachricht über ein in der Unßt hi gefundenes, 132 Bund, wuthender Nachricht von einer gluͤcklichen Kur an einem Menſchen, der von einem ſolchen gebiſſen worden, 449 Hungern, das, Beiſpiele, daß Thiere ſolches lange aushalten konnen, 1361 Hunter, William, Doctor, Nachricht von ſelbigem, 1477 u. f. 7 Ilefeld, Verzeichniß der Lektionen, die daſelbſt im Sommer 1783 gegeben wor; den find, JJ u. f. S. Zektionen. Ilſenſtein, wird beſchrieben, 10 der ce das, (Hypnum loreum) iſt der Fichte ſchaͤdlich, 1621 Ingleſield, Capitain, Erzählung feiner und feines Schaluppenvolks wunderba⸗ ren Rettung, 369 u. f. Inquiſtition, Geſchichte und Beschreibung derſelben, 675 u. f. (S. auch das 61te, dete und 631 Stück dieſes Magazins vom Jabr 1781) Wie fie die Ketzer ci: firt, 665. Strafen, die fie diktirt, 666. Sünden und Verbrechen, welche der Ge— richtsbarkeit der Inquisition unterworfen ſind, 671 u. f. Geſchichte vom vorgeb⸗ lichen Urſprunge der Inquisition, 674 Inſeln, die Nei e werden beſchrieben, 968 u. f. Beſchreibung der dortigen Einwohner, ihrer Sitten, Luſt⸗ barkeiten u. f. w. 973 U. f. Ihrer Be⸗ graͤbniſſe, 977. Regierungsform, 978. Entſtehungsart einiger, 1599 Jordan, deſſen fernere Nachricht von dem Bahrenburgiſchen Kalkmergel, 71 u. f. Ai 197 5 von Aae Ehr, u eit eines g 624 uden, die ſchwarlen und weißen zu Isch, auf der malabariſchen Küfte, Bei⸗ trag zu den Nachrichten von 92 u. f. Iwaio, eine Infeh wird befprichn, 987 Refer im Harzwalde, etwas den, 1409 u Käſtner, Hofrath, deſſen Unterrick wegen Beſchaffenheit der Landkarten 919 u Fafe oder Spreu von allen Arten Getrei⸗ de, wie man die Kalekuten und Enten damit fett machen kan "365 u. c Kalekuten, wie man Klupee viele Ko und Muͤhe erhalten und fett machen 10 Kalkmergel, bahtenburgiſcher, Jemee Nachricht davon, u. f. Bampferbaum, wird kefhriihen: 757. Wie man den Kampfer daraus = 798. Wie die Chineſer den Kan Kanal, der neue in Holſtein, wodurch die Oſt⸗ und Nordſee verbunden worden, wird beſchrieben, 123 u. Bartenfpiel, das, ob es rathſam iſt, ſol⸗ ches aus unſern Geſellſchaften zu ver drängen? Ic] u. f. Karthäuſer, deren Lebensart, 5er u. * Kleidung, Rarthäu ieenonnenelöfter , wie vi deren giebt, 77 Kartoffeln, Gorſchlag ) zu eine Sorte zu gelangen, 21 Netzer, auf wie vielerlei Art ei Inguiſttion belangt werden können, 607. Auf wie vielerlei Art ſie na Nen, re&orio Inquiſitorum d nquiſit. hintergehen, 651 u. f. eite flüchtigen Ketzers, 5 Rarthäuſerinnen, deren Lebensart * el Binder, neugeborne, Anmerfungen u deren Behandlung, 849 u. f. D Schein des kichts 16 ihnen Jdc ger, 1. Das reinigen, 799. Nutzen des Kam 48 } und des Holzes w a g 1 tion eines 1 nach alehaberifäun Ordnung. » Bad ickeln iſt nothwen⸗ dig, 872. Kar fie-find ihnen nach, "heilig, 8 EM 5 über deren Rah⸗ tung, 1265 u. f. ie oft ſie ſaugen muͤſſen, 1267. Welche Nahrung für fie in Ermangelung der Muttermilch die beſte iſt, 1268. Kaffe iſt ihnen äuſſerſt ſchaͤdlich, 1269. Wie lange ſie ſaugen können, ce Mehibreie ſind ihnen 75 1272 Binderblatte rn, Wiederlgung des Dok, tor Paris Dorfehlagee wegen des Inoku⸗ Uurens derſelben, 929. S. auch Pocken. * nzeige und Bitte wegen des Verhaltens N Blatternpatiente, 367 Rlöſter und Kloſterleben, etwas dar⸗ f 125 Dame den W einer aut Nnoblauch, ein bewaͤrtes daten wider die Face 577 u. f. enigsapfel 0 oder ee wird beſchrieben, 7 Arätze, chere Methode, ſie zu 115 1447 Rraͤtzbrunnen und Wein brunnen zu Schwalbach, werden beſchrieben, 77 Krankenbette, Nachricht von einem be⸗ weglichen, 1309 Kröten, die, wie fie ſich fortpflanzen, 1647. Scheuen das Waſſer, 1646. Auf; enthalt derſelben im Winter, 1647. Ob u an ſich haben, 16; 48. en, drei, warum ſolche der König u Schweden in ſeinem Wappen fuͤhrt, 1001 An (Vaccinium vitis idæa L) koͤnnen ſtatt des chineſiſchen W 90 braucht werden, 1522 Küchennothdurft von einer 1615 gehal⸗ dee ER Berechnung der Nr elben Kubigraben, his 95 En a Wie es geſchiehet, 4) utzen deſſelben, 423 Kuhls, deſſen Abhandlung über die ver⸗ ſchiedenen Begriffe von einem kuͤnftigen Leben, 833 u. f. Kupfergeſchirre, w ef: verzinnt wen net wenn ſie der ei 25 dachte ſeyn ſollen, e l Nupferwerk, Ankündigung eines ee Harzgebürge betreffenden, 388 u. f. L. Zandkarten, „Unterricht Isar | 7 777 fenheit derſelben, u. f. E andwirthſchafts geſellſchaft 1 ? site, Nachricht von den Verſammlungen der⸗ felben vom Fruͤhjahr 1782 bis 18 25 jahr 1783, u. f. Langeweile und Beschäftigung Alb. handlung daruͤber, 164 u. f, . gegen die Langeweile, 1657 angſtedt, Feldprediger, Auszug aus deſſen Tagebüche, gehalten auf ſeiner Reiſe nach Oſtindien, 305 u. f. Ders folg dieſer Reiſe, 593 u. f. Laufbänke und Laüfzäume find Für Kinder uͤberaus ſchaͤdlich, 87. 856 Leben, ‚über die verſchiedenen Begriffe von einem kuͤnftigen, 33 K. f. Lehrbuch, Nachricht von einem iel: chen für deutſche Schulen, 1473 u. f. Lektionen, Verzeichniß dererjenigen, wel⸗ che im Sommer 1783 zu Ilfeld gege⸗ ben worden find, T4 u. f. Und derer, die von Michgelis 1783 bis Oſtern 1784 daſelbſt gegeben werden, 1313 u. f. Lentin, Doctor, deſſen fortgeſetzte Nach⸗ richt von der Wuͤrkung der e. lierbaͤder am Harz, Feſen, das, ne Nachdenken. een deſſelben, 15 1671 Lieben tartareus 1. deſſen Nutzen, 1530 Licht, der helle Schein deſſelben iſt neu⸗ gebornen Kindern ſchaͤdlich, 871 Lindemann, Garniſonprediger, deſſn von ihm waͤhrend der Belagerung des Ber, St. Phlipp auf der Juſel Minor⸗ a gefuͤhrtes Tagebuch, 689. S. St. Philipp. Linie, etwas von daher, 361 u. f. 4 der oſtindiſchen Flotte, die am Ei Febr. 1782 von Portsmouth ab unter Segel ging, 321 u. f. Loder, Zweites Regiſter, Loder, Hofrath, deſſen Nachrichten von dem verſtorbenen Doct. William Hunter, 1477 Luft, 1) dephlogiſtiſirte, Eigenſchaften derſelben, 1188. Wie man ſie verferti⸗ get, 1589. In ſelbiger leben Thiere acht: mal laͤnger, wie in der gemeinen Luft, ibid. Den Pflanzen iſt fie ſchaͤdlich, 1990. 2) fire Luft, wie man fig erhält, 1001. Eigenſchaften derſelben, ibid. 3) In⸗ ammable, 1593. Iſt den Thieren chaͤdlich, ibid. Schwere derſelben, 1594. 4) Salpeterluft, 107. Haupteigen⸗ ſchaft derſelben, 1598. J) Vitriol⸗ ſaure, wie ſie erhalten wird, 1602. Toͤdtet die Thiere, ibid. 6) Salzſau⸗ re, wer ſie zuerſt entdeckt hat, und wie man ſie verfertigt, 1604. 7) Eßig⸗ ſaure, verdunnet das Olivenoͤl, 1606. 8) Laugenſalzige, Verfertigung der; ſelben, ibid- Iſt ſehr mephitiſch, ibid. 9) Spathluft, merkwuͤrdige Eigenſchaf⸗ ten derſelben, 1607 u. f. N Mahalebkirſche, (Prunus Mahaleb L) kan ſtatt des chineſiſchen Thees gebraucht werden, er f. Mann, der, kan die Frau nicht reich mas chen, wohl aber die Frau den Mann, 677 u. f. Marannon y Gran Para, ein ſpani⸗ ſcher Hauptmann, Anmerkungen, deſſen Perſon betreffend, 901 u. f. Maynz nebſt der umliegenden Gegend wird beſchrieben, 81 u. f. Meerdreizack, (Triglochin maritimum I..) deſſen oͤkonomiſcher Nutzen, 1526 Mehlbreie, eine ſchaͤdliche Nahrung für junge Kinder, 1272 Menſchenfreſſer und Vielfraße, Abhand⸗ lung darüber, 1297 u, f. Meſſina, Nachricht von dem Untergange dieſer Stadt durchs letzte Erdbeben, 1347 u. f. Wie ſie von den Alten genennet wurde, 1457. Zahl ihrer Einwohner vor dem Jahre 1743, 1459, Beſchrei⸗ bung ihrer Kakhedralkirche, ibid. Der Haͤuſer und Kirchen der Jeſuiten , Do⸗ minikaner ꝛc. imgleichen verſchiedener Nonnenkloͤſter, 1463. Der übrigen Pfarrkirchen und des erzbiſchoͤflichen Se⸗ minariums, 1464. Des Pallaſtes des Erzb'ſchofs und des Hoſpitals für Kran⸗ fe, 146). Der übrigen Hoſpitaͤler, des Pallaſts des Montis Pietatis, der Straßen, Brunnen, der nahe bei d Stadt befindlichen heißen Quellen und des Hafen, 1466. Der Forts, 1467 und 1468. Des Arſenals, Lazareths und Citadelle, 1469. Der Thores 1470. Bruͤcken, Vorſtadte, 1461. Und der dortigen Univerſitaͤt , 1 Metallmiſchung zu Spiegeln, Milch, Mittel, das ee Au VErHiten, ß,, SON Miſtel, (Viscum album L.) ein gutes Futter für das Vieh, 1526 Mond, der bekraͤnzte am 18 ben Jenner ‚1783, ‚7 re A Mühle, Nachricht von einer neu erfunde⸗ nen zur Reinigung des Korns, 1157 Mütter, was für eine Lebenssrdnung fie zu beobachten haben, wenn ſie ſtillen, | 1 | 2 Muſikliebhaber, Nachricht an ſelbige, ; N. 1 NVahrung der Kinder, etwas darüber, N 1265 u. f. Nebel, ſonderbare und ungewöhnliche, im Jun. 1783. Anzeige und Bitte die⸗ ſerwegen, 4 5 897 Nebelbogen, den der Mond bildet, et: was darüber, 1227 Niederlande, von der Barriere in felbis gen, (S. auch das Hg: his 1oꝛte Stuͤck vom Jahre 1782.) 1073 u. f. O. Gel, aus Wallnüſſen gepreßtes, di en Vorzüge vor anderm Oel, 272 Ofen Hannoveriſche uzeigen von allerhand Sachen, deren Bekautmachung dem gemeinen Weſen noͤthig und nuͤtzlich. Vom Jahre 1783. — — —— nn ——— — — — — ——— — Hannover, 178. Sicilien und Calabrien, Nachricht von dem dortigen Erdbeben am sten Febr. 1783, 1345 u. f. Silberſchlag, Ober⸗Conſiſtorialrath, def, ſen neue Theorie von der Entſtehung der Bergeund des feſten Landes der Erde bei der Schöpfung, 4 u. f. Sonne, was fie iſt, 1186 Sonnenflecken, etwas uͤber ſelbige, 1169. Sind von den kleinen conpirten Wolken, die in unſrer Atmoſphaͤre ſchwimmen, und oft vor die Sonne treten, zu unter⸗ ſcheiden, 1173. Was ſie eigentlich ſind, und wenn man ſie zuerſt in der Sonne entdeckt hat, 1175. 1176. Irregulaire Erſcheinungen derſelben, 1178. Ihre Größe, 1179. Woher ſte entſtehen. 1180. Beweiß, daß ſie dichte an der Sonne ſind, 1181. Erklaͤrungen, die Kepler, gevel und de la Lande da; von geben, 1182. Nutzen der Beobach⸗ tung derſelben, 1189. Ihre Bewegung, 1190 Sonnenuhr, neue, 1312 Speiſe, geſundeſte fuͤr junge Kinder, 1273 Spinnmaſchine, Nachricht von einer neuen, 132 Vortheilen deſſelben, 429. 1328 Sprucebier, wird aus einer Art von Fich⸗ tenzapfen gebrauet, und iſt gut gegen den Scharbock, Spulwürmer, verſchiedene Gattungen derſelben, 5 1747 Stein der Weiſen, was er iſt, 637 Steinftechte, (Lichen ſaxatilis L.) deren Nutzen, n 1530 Steinſchmerzen, bewaͤhrtes Hausmittel wider ſelbige, Fu, f. Storarbaum, (Liquidambra ſtyracifſua L.) deſſen Blaͤtter koͤnnen ſtatt des chi⸗ neſiſchen Thees gebraucht werden, 1521 Straußananas, Bromelia ananas, wird beſchrieben, I TE Ten 787 Sympathie, was davon zu halten, 1143 nach alphabetiſcher Ordnung. T. Taheitier, opfern vorher einen Menſchen, wenn ſie eine benachbarte Inſel mit Krieg uͤberziehen, 981. Beſchreibung dieſes Opfers, 82 9 Tannen, ob fie von dem ſogenannten Holz⸗ wurm dergeſtalt beſchaͤdigt werden koͤn⸗ nen, daß fie abſterben, 1409. Urfas chen ihres Abſterbens, 1411 Taubenſchlag, ein guter, wie und wo er angelegt werden muß, 817 u. f. Wie die Neſter darauf einzurichten ſind, 819. Welche Tauben zur Flucht die beſten find, 827. Wie man eine geſchwinde Hecke befoͤrdert, 826. Wenn die Fuͤt⸗ terungszeit anfaͤngt, ibid. Taxus oder Ibenbaum, deſſen Laub iſt dem Vieh nicht ſchaͤdlich, 298. Viel⸗ mehr giebt es viel Milch darnach, ibid. Wie man dieſe Baͤume geſchwind ver⸗ mehren kan, Fl u. f. Beitrag zur Na⸗ turgeſchichte deſſelben, 533 u. f. Ob deſſen Fruͤchte den Thieren und Menſchen ſchaͤdlich ſeyn? 435. 585 Thiere, können lange ohne Nahrung le⸗ ben, Beiſpiele davon, 1361 328 Thomas, Gabriel, deſſen Beſchreibung Spinnrad, Nachricht von einem verbeſ⸗ . | ſerten gemeinnuͤtzigen, 425. Von den von Penſilvanien, 561 u. f. S. Pen⸗ ſilvanien. Tod, ſonderbarer, eines gewiſſen franzoͤ⸗ ſiſchen Frauenzimmers zu Caͤen, 925 u. f. Torfaſche, wie man die Felder damit duͤnget 393 u. f. 648 Torfgruden auf dem Brocken, werden beſchrieben, 19 Trifolium flexuoſum Jacquin auſtr. deſſeu Nutzen, 1533 U. Ugleyer See, wird beſchrieben, 99 Urin des Rindviehes, von deſſen Befruch⸗ tung des Saͤeſaamen, 397 u. f. V. Vermehrung des Rocken durchs Ver⸗ pflanzen, 1133 8 f. er⸗ Zweites Regiſter, nach Verunglückte im Waſſer, ein Beitrag zur Beſtaͤtigung der Moͤglichkeit, daß ſie gerettet werden koͤnnen, 1059 u. f. Verzinnung der kupfernen Gefaͤße, etwas davon, 1230 u. f. Vielfraße und Menſchenfreſſer, Ab⸗ handlung darüber, 1297 u. f. Virgula divina, oder Wuͤnſchelruthe, Er: perimente damit, 954 Vitriolel, ein zuverlaͤßiges Mittel, in einer Stunde die Wanzen damit zu ver⸗ treiben, 1164. Wie es zubereitet und gebraucht werden muß, 1165 u. f. F W. Wärme, von der mittlern, in verſchie⸗ denen geographiſchen Breiten, 831. u. 832 Wellnußöl, deffen Särtreflichfeit und wie es zubereitet werden muß, 272 Wanzen, zuverlaͤßiges Mittel, ſie zu ver⸗ tilgen, 1161 u. f. 1199 1524 Waſſerfeder oder Waſſeraloe (Stratio- tes Aloides L.) ein gutes Futter für die Schweine, 1526 Waſſerhahnenfuß (Ranunculus aquati- lis L.) ein gutes Futter für- die Kühe, 1727 Waſſerſcheue, Nachricht von der gluͤckli⸗ chen Kur an einem Menſchen, der durch den Biß eines wuͤthenden Hundes in dieſe Krankheit gerathen, 449 u. f. Watermeyer, Conſiſtorialrath, deſſen Ankündigung eines herauszugeben den Brem und Verdenſchen genealogiſchen Handbuchs, 687. Abhandlung über die Sonnenfeden, 1169 u. f. Woarbien, eine Inſel, wird beſchrieben, 967 wecker, Nachricht von einem e künßlichen, 1309 weinbrunnen zu Schwalbach, wird be; 77 Weinſtock, Anfrage wegen des arm feus deffeiben, 1647 alphabetiſcher Ordnung. Werk⸗ und Zuchthäuſer Preißfr wegen der vortheilhafteſten Arbeiten für ſelbige, 1137 u. f. Schreiben 5 1633 u Wetterleuchten, das, bei heiterm Him⸗ mel, iſt der Honigernte nachtheilig, 1017 Willmer, J. X. deſſen Beiträge zur Ge⸗ ſchichte des Gummi BP und 1 41 Windbüchſe, Nachricht von einer betohl⸗ kommten, 1327 Windkoliken, werden durch warme Dek— kel, die man auf den Keib legt, ee ſacht, 1140 Wolff, Conſiſt orialfecretair, deſſen Uns weiſung, wie Gewitterableiter anzules gen find, 14 pu. f. Woltmann, Reinhard, deſſen Muth⸗ maßungen über die Wurmtrockniß der Harztanne, 1617 u. f. Wünſchelruthe, Nachricht, wie ein Jüͤng⸗ ling, Namens Bleton, durch deren Ges brauch unterirdiſches Waſſer entdeckte, 940 u. f. Wurmtrockniß der Fichte oder Noth⸗ tanne, ob ſolche von einem kleinen Kaͤ⸗ fer (Dermeftes typographus piniperda) verurſacht werde, 1217 u. f. 1225. 1409. u. f. 1410 u. f. 1617 u. f. Muthmaſ⸗ fung darüber, ibid. u. f. Zeterklippen, ein Berg auf dem Wege nach dem Brocken, wird beſchrieben, 12 Ziege, merkwuͤrdige Geſchichte von einer, 923 Zins und Kabatrechnung, die gedops pelte, Regeln zur Abkuͤrzung en 401 u. f. Zipollen, find geſund und treiben del hungen ab, 1142 Zucht⸗ und Werkhäuſer, Preißfrage wegen der vortheilhafteſten Arbeiten f ſelbige, 1137 u. f. Soreibn 5 1633 u. f. — — EEE IE Ofenkütt, Verfertigung eines 9 1439 u. f. ©: why⸗ hee, die größte von den Sands wich⸗ Inſeln, wird beſchrieben, 994 u. f. Cook verliert daſelbſt ſein Leben, 999 P. Paris, Doctor in Berre, etwas uber def ſen Vorſchlag uͤber die en der Kinderblattern, 929 Penſilvanien. Lage, Größe und Ein⸗ wohner dieſes Landes, 562. Sprache, Charakter, Beſchaͤftigungen und kebens⸗ art der dortigen Eingebornen, 563 u. f. Art, wie fie ihre Todten begraben, 564. Ihre Reaierungsverfaſſung, 567. Feſt⸗ kaͤge, 566. Wie und wenn William Penn zum Beſitz dieſes Landes kam, 567 u. f Wenn, wo und wie er die Stadt Philadelphia anlegte, 574. Beſchrei⸗ bung der übrigen dortigen Städte und Oerter, 577 u. f. Penſilvaniſche Na; turprodukte, 577 u f. peſt, Inokulation derſelben, 1310 Pfeifenrohr, neu erfundenes zum medi⸗ ciniſchen Gebrauch, 1471 Pfennig der erſparte, iſt Beil als der erworbene, 677 u Pfropfen, das, des Weinſtocks, S. Weinſtock. Philipp St. Das Fort auf der Inſel Minorka, wird belagert, 689. Anzahl der Truppen, welche ins Fort marſchir⸗ ten, 593. Auf wie viel Tage Provi⸗ ſion für die Belagerten darin war, 695. Anzahl der Belagerer, ibid. Manns ſchaften, die darin täglich auf die Va- che zogen, 701. Poſten der Regimen⸗ ter im Fort, 706. Mangel au verſchie⸗ denen Beduͤrfniſſen, 717. Gluͤcklicher Coup, den die Garniſon auf Cap Mola unternahm, 792 u. f. Feindliche Bat⸗ terien, 756. Der Scorbut breitet ſich in der Feſtung aus, 773 Eroͤfnung der foͤrmlichen Belagerung des Forts, 865. Anzahl der Kanonen auf den ſpaniſchen N 866, Wie viel 1 taͤg⸗ nach alphabetiſcher Ordnung. 4 lich ins Fort kamen, 868. Uebergabe des Forts, 95 u f. Anzahl der Ver⸗ lornen im Fort, 918. Verluſt der Spa⸗ nier waͤrend der Belagerung, 919 Pinang, oder Areka, ein indiſcher Palm: baum, wird beſchrieben, 440. Nutzen, den die Indianer von deſſenFrucht et 1 1 Plan zu einer allgemeinen Reviff on des geſamten Erziehungs; und Schulweſens, 1489 u. f. Pocken, oder Blattern, entſtehen durch Auſteckung, 497. Zeichen, daß dieſek⸗ ben bevorſtehen, 498. Der erſte Zeit⸗ raum, oder das Ausbruchsfieber, 499. Aufmerkſamkeit, welche dieſer Zeitraum erfordert, SO. Noͤthige Fuͤrſorge we⸗ gen der Kranfinfluse, des Bettes, der Kleidung und der Wärme, Fot. Auf⸗ munterung des Kranken iſt noͤthig, 102. Das Getraͤnk, S03. Die Speiſen, Jog. Der Nutzen, welcher aus der Beobach⸗ tung des geſagten entſteht. Klyſtire, 506, Purgiermittel, 07. Aderlaſſen, unter welchen Umſtaͤnden es nöthig, 509. „Brechmittel iſt zu Zeiten nuͤtzlich, 510. Freiwilliges Erbrechen, beſonderer Zu⸗ ſtand mit großer Entkraͤftung unmerkli⸗ cher Hitze, SIT. Was gegen die Wuͤr⸗ mer in der Krankheit zu thun, 514, Vom Durchfall im erſten Zeitraum, 517. Vom Augen und Halsweh, 516. Der zweite Zeitraum, oder der Ausbruch, 7. Was dabei zu thun iſt, ibid. Wie bei fortdaurender groſ⸗ fen Entkraͤftung zu verfahren iſt, 18. Ein Mittel, was zu Zeiten fürtrefliche Wuͤrkung thut, öfterer aber ſchaͤdlich iſt, ibid. Warnung gegen hitzige Mittel, 19 Ein beſonderer Ausſchlaa zwiſchen den Blattern, 520. Der dritte Zeit⸗ raum, oder das Eiterungsfieber, ibid. Was dabei zu thun iſt, 721. Noth⸗ wendigkeit der Purgiermittel; üble Fol gen aus Verſaͤumung derſelben, 522. Der Speichelfluß, 523. Was beim ploͤtzlichen Niederſinken der Blattern und des Geſchwulſtes zu thun iſt, 727. Wo⸗ € durch Zweites Regiſter, durch dieſem Zuſtande vorgebeuget wer⸗ den kan, 526. Wie bei Flecken u. ſchwaͤrz⸗ lichen oder blutenden Blattern zu verfah⸗ ren iſt, 727. Was man nach dem Ab; trocknen zu beobachten hat, 528. Ueber; bleibſel der Blattern, 529, Noͤthige Nacherinnerung, 53 Podagra, Mittel wider ſelbiges, Ax Präcipitation, die chemiſche, iſt vom Niederſchlagen unterſchieden, 1149 Preetz, wird beſchrieben, ICE Price, Doctor zu Guilford, ob er wuͤrk⸗ lich Gold gemacht hat? 628 Ptivatregiſtraturen, etwas davon, 609 | Vorſchlag, wie fie bequem Ras ind, puter, oder kalekutiſche Huͤner, re Treue im Sitzen in der Brutzeit, 1019 Q. Quackſalber, Zabnbrecher und Markt⸗ ſchreier, deren Schaͤdlichkeit, IC6I Queckſilber, wie man die Raupen, ars dere Inſekten und den Mehlthan damit vertreiben kan, 303. Gebrauch deſſel⸗ ben bei Verfertigung einiger ne Luftarten, 1585 u. f. ah: Kapunzel (Campanula Rapunculus L.) deren ökonomiſcher Nutzen, 1527 Ratije, deſſen Beſchreibung einiger ausläns diſchen merkwürdigen Bäume, 1671. f. Rauch und Ruß machen die hoͤlzernen Be⸗ ſtandtheile des Haufes, ſamt vielem hoͤl⸗ zer nen Landwirthſchaftsgeraͤthe dauer⸗ haft, und verhuͤten, daß fie nicht vom Wurme beſchaͤdigt werden konnen, 1431 Kauchhüner, woher fie ihre l erhalten haben, 434 Kaubaber, deffen Anbau und Ruten Raupen, Mittel, fie zu af: 5 Reinigung die kanoniſche, worin ſie rg Inquſitionsgerichte beſteht, 666 Reife, empfindſame auf den Brocken, 1 u. f. S. Brocken, botaniſche nach Bentheim und Holland, 177 u. f. Nach Oſtindien, 593 u. f. Reiſeküche, Nachricht von einer 9 ren neu erfundenen, o Rindvieh, Mittel, das Aufſchwelen Be | 383 ſelben zu Furiren, Rio de Janeiro, wird beſchrieben, 312 v. f. Rocken, von der Vermehrung deſſelben durchs Verpflanzen. 1133 u. f. a be⸗ reits vor einigen Jahren in Do und England verſucht, 136 Roſt, lem de eker waberjſez 1167 Rothlauf oder Rothhaber, eine Krank⸗ heit, die das Holz zum Bauen unbrauch⸗ bar macht, 1621 Rothtanne oder Fichte, etwas uber das haͤufige Abſterben derſelben, 1217. S. Wurmtrockniß. Kulfs, Commiſſair, deffen Schreiben über die Werk und Zuchthaͤuſer, 1633 u. f. Säeſaamen, wie er durch den Unrin des Rindviehes befruchtet wird, 397 u. f. Sägeſpöne von den Schneidemͤͤhlen find den Fiſchen ſchaͤdlich, 1273. Muͤtzliche Anwendung derfelben zu einem ET 1274 u. f. Sandi Inſeln, deren dage, Einwoh⸗ ner u 984 Schlangenbad, wird beſchrieben, 67 u. f. Woher es ſeine Benenennung hat, 73 Schmahling, Inſpector zu Oſterwieck, deſſen empfindſameReiſe auf dane u. f. Schnürbrüſte, die beſten für Rinder, 874 Schwalbach, wird beſchrieben, 74 u. f. 928 Seele, die, auf wie vielerlei Art fie ſich beſchaͤftiat, 1650 Segeltuchfabrik zu Scharnbeck, im 9 7 Oſterholz, Nachricht davon, SK 45 I mir er er = N — 1 nt = r 2 eg RE rn 2 mf ces Maga Lles Stuck. Freitag, den zien Januar 283. raue Reiſe auf den Brocken v von 2 €. Schmahing | Inſpector zu Oſterwieck. Peine er Smpfindenen bei der Reiſe auf den Brocken im Auguſt des Jahres 1782 FR nicht bloß geweſen, daß ich auf dem Wege geſchwitzt, und auf dem Berge gefroren habe: denn das be⸗ gegnet wohl einem jeden: aber ich will ſagen, welche Erweiterung meiner Kenntniſſe, welche Freude an den Wer; ken Gottes, welche Ehrerbietigkeit und Bewunderung ihres großen Urhebers, welche Zufriedenheit mit mir ſelbſt und dem Menſchengeſchlecht, dem die Er⸗ de beſtimt iſt, ich empfunden habe. Ich habe koͤnigliche und fuͤrſtliche Pal⸗ laͤſte und Gaͤrten geſehen, aber es iſt nichts gegen den Brocken: denn jene ſind etwas menſchliches, aber dieſer etwas goͤttliches, welches jenes an Groͤße, Pracht und Nutzen gar ſehr uͤbertrift. Es iſt Rieſengroͤße, erha⸗ bene Wildheit, ſchauderhafte Pracht, ein Blick auf die Welt ins Große, der uns einen Vorſchmack giebt, was wir bei ihrer Ueberſchauung empfinden werden. N eie wer gewohnt iſt, die Natur in ſeinen Werken ehren. nur fo ohne Empendung — —— wer nichts als Berge, Thaͤler, Steine und Baͤume ſiehet, aber nichts dabei denkt und fuͤhlt, wer alſo zwar Augen bat, aber keinen Geiſt und kein Herz, die Urſachen, die Abſichten, den Nuz⸗ zen, die Schoͤnheit und Pracht aller dieſer Gegenſtaͤnde einzuſehen und zu empfinden, der bezahlt die Reiſe mit ſaurem Schweiß und muͤden Beinen viel zu theuer, und embehret des beſten Theils des Vergnuͤgens, das ſte ma⸗ chen kan. Die Sinne werden geſaͤt⸗ tigt; aber der Geiſt gebt ins unendli⸗ che, und erſchoͤpft nie die Schoͤnheit und Pracht der Natur mit Vetrach⸗ tungen und Empfindungen. Ich will alſo verſuchen, ob ich einige empfind⸗ ſame und denkende Liebhaber der Na⸗ tur zu dieſer zwar muͤhſamen aber doch angenehmen Reife auf den Brocken überreden kan, um die Freuden des Lebens zu vermehren, und auf dieſen Hohen Schauplatz aufmerkſame Zus ſchauer binzuführen, die den Schöpfer Wir haben awer ſchon eine Menge Beſchreibun⸗ gen 3 gen des Brocken, ich he fie die meinige nicht uͤberflüßig machen ſuchen ſoll, und uͤberſiehet werden, weil ich ihn aus einem an- das vornehmſte. dern Geſichtspunkte angeſehen habe. Die Veranlaſſung zu dieſer Reife gab mir des Herrn Ober- Conſtſte⸗ rialrath Silberſchlags Erklaͤrung der moſaiſchen Erderſchaffung nach phy⸗ ſikaliſchen und mathemattſchen Grund⸗ ſaͤtzen, welche zu Berlin im Jahr 1780 in zwei Theilen in Quart herausgekommen iſt: ein Buch, welches zu den merkwuͤrdigſten Pro: dukten der gelehrten Welt in dieſem Jahrhundert gehoͤret, und dem Theo⸗ logen eben ſo wichtig, als dem Natur⸗ kuͤndiger ſeyn muß. In demſelben handelt der dritte Abſchnitt des erſten Theils von dem Brocken, und ich habe denſelben mit derjenigen Aufmerkſam— keit geleſen, welche Schriften erfodern, die dem Verſtande ſo viel Nahrung geben, und bei deren Leſung man ſich fo ſehr gebeſſert fuͤhlet. Es war na tuͤrlich, daß bei mir ein Verlangen entſtand, dasjenige zu ſehen und ſelbſt zu erfahren, was ich hier fo ſchoͤn be⸗ ſchrieben geleſen hatte, abſonderlich da der Btocken da vor mir, in einer Ent⸗ fernung von nur zwei Meilen lag. Und wer mit Nutzen und Verguuͤgen auf den Brocken reiſen will, dem will ich rathen, dieſes Buch vorher zu le few, und daſſelbe als einen Wegweiſer und Gefaͤhrten zu gebrauchen. Es iſt mit dem Naturreich wie mit den buͤr⸗ gerlichen Reichen: man muß eine Rei⸗ ſekarte haben. Wenn man ſich ohne Anweiſung auf den Weg macht, ſo Empfindſame Reiſe auf den Brocken. fie ober, daß weiß man 4 nicht, was rin De und Gin Der Herr Ober: Conſiſtorialräth Silberſchlag hat eine neue Theorie der Entſtehung der Berge und des feſten Landes der Erde bei der Schoͤpfung, und wenn es die Eigenſchaft einer gu— ten Hypotheſe, iſt, daß ſich die Erfcheir nungen einer Sache daraus leicht und richtig erklaͤren laſſen, fo iſt die ſeinige eine der vollkommenſten. Wir muͤſſe ſie voraus ſetzen, wenn wir die Urſach der Sachen, die wir auf dem Brocken geſehen haben, richtig angeben wollen. Er nimt an, daß am erſten Tage den Schoͤpfung das Chaos, oder die un⸗ ordentlich vermiſchte Materie der Welt⸗ koͤrper erſchaffen worden, und zwar ein jedes an ſeinem Orte: das Chaos der Sonne, der Erde, und eines jeden Sterns und Planeten, da wo jedes in dem großen Weltraum, welchen man den Himmel nennet, ſtehen ſolte. Zu⸗ gleich wurden den Koͤrpern die Be⸗ wegungskraͤfte eingedrückt, und die Schwere trieb alle Theile, die zu einem jeden Wellkoͤrper gehoͤrten, nach ſeinem Mittelpunkt zu. Das Licht wandte ſich los, die Feuertheile wurden ent⸗ zuͤndet, und ſammelten ſich ſonderlich in den leuchtenden Weltkoͤrpern, von da ſie ſich durch den ganzen Weltraum ergoſſen. Am andern Tage wurde auf der Erde; mit deren Schoͤpfungsge⸗ ſchichte ſich Moſes fuͤrnemlich beſchaͤf⸗ tigt, der Dunſtkreis gebildet. Die ſchwerern Theile der Erde ſenkten ſich naͤher gegen den Mittelpunkt, und fins gen $ Empfindſame Reifeiauf den Brocken. 6 gen an feſt und hart zu werden: uͤber denſelben ſtand das leichtere Waſſer, welches die Erdkugel rund umher um: floß, uud aus demſelben ſenkte ſi ch der Schlieck, oder die feinere tragbare Et: de, als ein Bodenſatz auf die Rinde der Erde nieder, damit ſie umgeben war. Ueber dieſem Waſſer ftand wie: derum die leichtere Luft, und in die ſelbe fliegen nach den Geſetzen der So: lution die Duͤnſte von dem Waſſer in die Hoͤhe, und bildeten ſich in Mebel und Wolken. Daraus entſtanden die Waſſer uͤber und unter der Feſte, wie ſie Moſes nennet, das iſt, das Waſſer, welches die Erde ganz umfloß, und die Wolken, ſpannten Luftraum ſchwebten. Zu glei⸗ cher Zeit wurde die innere Einrichtung der Erdkugel gemacht. Die Grunds maſſe derſelben wurde zuſammen ge: backen, welche aus Granit beſtehet: ſie wurde mit metallichten und andern zum Mineralreich gehoͤrigen Theilen Neſcheabagerke es wurden große Feuer⸗ gewoͤlbe mit brennbaren Materien an: gefuͤllet, und gleichſam als die Minen angelegt. Die Rinde der Erde be: ſtand aus Geſtein von allerlei Art, Granit, Schiefer, Kalkſtein, u. d gl. welches damals eben anfing zu erhaͤr⸗ ten und verſteinert zu werden. End⸗ lich am dritten Schoͤpfungstage wur⸗ de das feſte Land und die Berge der Erde folgender Geſtalt gebildet: es entzuͤndete ſich das in den Eingeweiden der Erde befindliche Feuer, von deſſen Gegenwart die noch vorhandene Vul⸗ kane ein augenſcheinlicher Beweiß welche uͤber dem ausge⸗ ſind, die ſich ſogar auf dem Grunde des Meers befinden: die Minen ſpran⸗ gen unter entſetzlichem Krachen, und hoben aus der Mitte der Erde das fe; ſte Land und die Berge in die Höhe: dieſe durchbohrten und zerriſſen die Rinde der Erde, und zerſtuͤckten ſte in große Steinſchollen: das Feuer ſchlug bier und da durch, damit es endlich feine Elaſtieitaͤt verlieren und zu wuͤr⸗ ken aufhören mögtes dadurch verur⸗ ſachte es Craters oder Erdfaͤlle, die ſich hier und da auf der Erde in großer Menge finden, und einem Trichter aͤhn⸗ lich find, der inwendig und am Rande mit großen Steinſtuͤcken ausgefuttert iſt: in einiger Entfernung findet man Kieſel, oder kleineres Geſtein, und weiter umher den Sand, darin die Rinde der Erde zerſtaͤubt iſt, und der von unterſchiedener Art iſt, je nach⸗ dem der Stein daraus er entſtanden, Granit oder Schiefer, oder von an⸗ derer Beſchaffenheit geweſen. Das Waſſer, welches die Erdkugel umfloß, wich dem emporſteigenden Lande und Bergen aus, ſchlemmte den Schlieck und andere Erdarten zwiſchen den Bergen in Thaͤlern und Ebenen zuſammen, riß an dem einen Orte ab, und ſetzte an dem andern an, und bildete alſo Erd⸗ huͤgel und Tiefen, und ergoß ſich end⸗ lich ins Meer. Da, wo das feſte Land und die Berge aus der Mitte der Er⸗ de heraus gehoben ſind, entſtanden un⸗ geheure Hoͤhlen und Gewoͤlbe, davon die Baumanns Höhle vielleicht nur ein Kellerloch iſt. In dieſelben ſtuͤrzte ſich das Waſſer, ſo wie andere mit Luft A 2 an⸗ 5 CErnvyfſindſame Neiſe auf den Brocken. 6 angeffüllet wurden. Wenn dieſen un⸗ terirrdiſchen Waſſs erbehältniſſ en Feuer⸗ ſchluͤfte nahe ſind, ſo werden ſie theils erhitzt, wie die warmen Baͤder, theils erwaͤrmet. Sie duͤnſten aus, die Duͤn⸗ ſte bewegen ſich nach den kaͤltern Ge⸗ genden, und ziehen ſich in die inwen⸗ digen Riſſe der Felſen und Berge, ver⸗ dicken ſich da, fließen in Tropfen zu⸗ ſammen, und naͤhren die Quellen aus denen Baͤche und Fluͤſſe entſtehen. Weil an dieſem dritten Schoͤpfungsta⸗ ge auch zugleich das Pflanzenreich er⸗ ſchaffen worden, ſo ſcheinet der Zeit- lauf eines Tages fuͤr ſo viel Geſchaͤfte zu kurz zu ſeyn. Dieſe Schwierigkeit aufzulöfen „muß, man annehmen, daß ein Tag die Zeit ſey, in welcher die Erde ſich um ſich ſelbſt einmal herum⸗ drehet. Weil nun die Erde einem Schwungrade zu vergleichen iſt, ſo waren die erſten Schwingungen derſel⸗ ben langſamer, folglich die Tage laͤn⸗ ger als ſie jetzt ſind, nachdem die Erde ihre gewiſſe Zeit des Umlaufs von vier und zwanzig Stunden angetreten hat. Daß dieſe Theorie moͤglich iſt, er⸗ hbellet daraus, weil die Geſchichte ber weiſet, daß auf dieſe Art Inſeln und Berge wuͤrklich entſtanden, und aus dem Ocean herauf geſtiegen ſind. Eine der Azoriſchen Inſeln, welche 5 Mei⸗ len lang, iſt im Jahr 163 1 aus der See hervor kommen, nachdem dieſelbe eine hohe Feuerſaͤule, und mit der ſelben Sandſteine und Waſſer bis an die Wolken in die Hoͤhe geſchleudert hat⸗ ‚te, aus einem Grunde, der 120 Fa⸗ den tief war. | So ift im Jahr 1720 eine der Fla wiſchen Juſeln entſtanden, welche eine Meile im Umfange hatte. So iſt die Inſel Santarin im Archipelagus an die ſechs Meilen vergroͤßert worden. So iſt Hiera und Thia entſtanden, de⸗ ren Plinius Erwehnung thut. Pierro Giacomo di Toledo, giebt einen merk⸗ wuͤrdigen Bericht von dem Urſprung des Monte Nuovo bei Puzzuolo, der in Wilhelm Hamiltons Beobachtun⸗ gen uͤber den Veſuv und andere Vul⸗ kane anzutreffen iſt. Dieſe Theorie komt dergsſtaitgenan ö mit der woͤrtlichen Beſchreibung der heiligen Schrift von dem Urſprunge der nr Welt uͤberein, daß ſie einem jeden be⸗ ſonders annehmlich ſeyn wird, dem daran gelegen iſt, die Wahrheit des Wortes Gottes beſtaͤtigt zu ſehen. Gott ſprach (1 Moſ. 1, v. 9.) Es ſammle ſich das Waſſer unter dem Simmel an beſondere rte, das alſo vorher uͤber die Erde ausge⸗ breitet geweſen ſeyn muß, daß man das trockene ſehe, und es geſchah alſo. David beſchreibt im 104. Pſalm die Tagewerke der Schoͤpfung, und ſagt Vers 6. Mit der Tiefe hat⸗ teſt du ſie die Erdkugel bedeckt, als - mit einem leide. Und was war dieſe Tiefe? Waſſer ſtanden über dan kuͤnftigen Bergen Vers 7. Von dei⸗ nem Schatten, von deinem Macht⸗ wort, ſie dahin, von der Stimme des Donners, den der Ausbruch des unterirrdiſchen Feuers erregte, eile⸗ ten fie davon zu den Abgruͤnden des Meers hin. Vers g. Da ſtiegen em⸗ d por 9 por die Berge, die Thaͤler ſanken herab, an den Ort, den du ihnen bereitet hatteſt. Eine Graͤnze haſt du geſetzt, welche die Meere nicht uͤberſchreiten werden. Es geſchabe hier nichts von ungefahr, fon: dern die Graͤnzen der Erde wurden von Gott nach einem gewiſſen Plan ver: theilet. Wie es bei der Schoͤpfung der Welt zugegangen ſey, mußte Gott ſelbſt den Menſchen offenbaren, weil iemand dabei geweſen war. Es iſt wahrſcheinlich, daß man vor Mofis und Davids Zeiten ſchon geſchriebene Nachrichten davon, auch wohl in Lie⸗ dern gehabt, die aber keine eigentliche Gedichte, ſondern Erzaͤhlungen der Wahrheit in &iedern waren, und deren ſich Moſes und David bedienet haben, weil ſie von dem goͤttlichen Urſprung ihres Inhalts verſichert waren. Konte aber wohl ein aufmerkſamer Zuſchauer die Sachen anders beſchreiben als ſie thaten, wenn ſie auch keine gelehrte Naturkuͤndiger waren? Dieſe Begriffe batte ich in, meiner Seele, ſie waren mir groß und neu, und ich war begierig. Ich trat alſo meine Reife auf den Brocken an, die Beſtaͤtigung davon einzuholen, in Geſellſchaft eines Pre⸗ digers und Schullehrers von meiner „Nachbarſchaft, welche Kenner und Lebbaber der Naturlehre waren, und eines lebrbegierigen jungen Menſchen, der ſeinen Verſtand bereichern wolte. Wir reiſten über Ilſenburg, wo man allezeit bereitwillige Wegweiſer findet, e die die Geſellſchaft das Bothen⸗ 10 Empfindſame Reiſe auf den Brocken. chem die Ilſe dahin fließt. 10 lohn zuſammen legt. Ein geſelliger und gefprächiger Gefaͤhrte iſt das hal be Fuhrwerk auf dieſem beſchwerlichen Wege, die Zeit zu verkuͤrzen, ſonderlich wenn er Augen und ein Herz hat, die Schoͤnheiten der Natur zu empfinden, und Empfindungen davon anzuneh— men und mitzutheilen. Unſer Fuhr⸗ werk mußten wir bald hinter Ilſen⸗ burg zuruͤck laſſen, weil es zwiſchen den Steinen haͤngen blieb, und wir traten unſern Weg zu Fuße an. Die erſte Merkwuͤrdigkeit, die wir erblickten, war der Ilſenſtein, ein praͤch⸗ tiger Felſen, 230 Fuß hoch, zur Lin⸗ ken, nach unten im Thal, unter wel⸗ Er ſchei⸗ net, in dem er aus der Erde heraus gehoben worden, von einem andern Felſen losgeriſſen zu ſeyn, weil die eine Seite deſſelben ſehr ausgebrochen iſt, die auch etwas uͤberhaͤngt. Das Ge⸗ ſchiebe oder die Lage der Steine, ſtehet unter einem Winkel auf der Erdflaͤche, weil die Kraft, die ihn empor gehoben, nicht hinlaͤnglich geweſen iſt, ihn ganz gerade aufzurichten. Und ſolche han⸗ gende Klippen findet man hier mehr, zur rechten Seite an den Bergen, von denen bisweilen ſich Stuͤcken ab und losreißen, und in das Thal hinabrollen. Pyramiden, an denen einige tauſend Steinbauer vielleicht Jahrhunderte lang zu thun haben wuͤrden. Aber der Schoͤpfer ſetzet ſie dahin durch ein Wort, und ſeine Maſchinen heben dieſe ungeheuren Maſſen als die Luft ein Sonnenftäub: chen. Wir verbargen uns nun in den A 3 Waͤl⸗ 11 Waͤldern, Danses eine Zeitlang durch ein langes Thal, zwiſchen hohen Alleen von Tannen, von der Natur angelegt, und gelangten endlich an einen Scheideweg, wo zur linken der Fußſteig, zur rechten aber ein Fuhrweg an der Ilſe hinlief, welchen letzten man bequem reiten, auch wohl mit einem Fuhrwerk, welches aber hohe Raͤder haben muß, bis auf den Brocken fah⸗ ren kan. Wir wählten den Fußſteig, weil er zwar fteib aber kuͤrzer iſt, klim⸗ ten hohe Berge hinan, die uns den Schweiß reichlich austrieben. Aber, wie heilſam iſt derſelbe, ſchaͤdliche Saͤfte aus dem Körper heraus zu jagen, und ſtockende zu zertheilen! Wir ver⸗ kuͤrzten uns den Weg mit Geſpraͤchen: unſer Wegweiſer, ein braver Soldat, erzählte uns feine Kriegesgeſchichte: es begegneten uns Leute, die vom Brok⸗ ken kamen, wo ſie Heidelbeeren geſucht hatten, welche fangen und fröhlich wa: ren, und uns aufmunterten. Andere trugen ſchwere Buͤndel Holz, und gins gen beſchwerlicher den Berg hinab, Schickſal, daß wir nicht ihres gleichen waren, und theilten ihnen mit, ſich eine kalte Schale zu machen. Wir ſahen eine Zeitlang nichts merkwuͤrdi⸗ ges als große Felſenſtuͤcken bier und da liegen, die den Berg herab gerollt zu ſeyn ſchienen, und durch keines Menſchen Macht zu bewegen waren. An der Mitte des Weges, der an die vier Stunden mit ſtarken Schritten dauert, machten wir einen Stillſtand, zranken einander zu aus unſerer Wein⸗ Empfindſame Reiſe auf den Brocken. locken. | niedrigern Berge in einer paraboliſchen 12 bouteille, und biſſen an „ an unſere Zehrung, ung zu erquicken, und ſetzten unſeren Stab weiter fort. Wir fuͤhl⸗ ten, daß wir muͤde wurden: aber wir wurden bald wieder geſtaͤrket, als wir an eine Stelle kamen, wo wir hinter uns zuruͤck uͤber die Berge einen Blick in das Land thun konten. W̃ che Pracht! welche Schoͤnheit! fiel uns da in die Augen? Es war Lebensbal⸗ ſam fuͤr uns, und wir eilten nun un⸗ fern Weg zu vollenden, und auf den vor uns liegenden Schauplatz z ge langen. Der Brocken erſchien nun uns zur rechten Hand, war aber durch ein tie: fes Thal von uns abgeſondert, ut wir 1 ihn von ferne mit Froh⸗ Er erhob ſein Haupt uͤber die Figur, war ganz mit großen Stein⸗ ſtuͤcken uͤberfaͤet, zwiſchen welchen doch Tannen ſtanden, die ihn bekleideten. Wir erblickten im Grunde ein Jagd⸗ haus des Herrn Dom Dechands von ö Spiegel, der den Vers gemacht hat: als wie hinan, und wir priefen unfer Von Spiegelsluſt bis Heinrichshöh, Wer dieſe Berge ſteigt 0 Dem thun die Knie und Waden 1 Der aͤchzet, ſchwitzt und keucht. Wir befanden uns auf einem ebe⸗ nen Fuhrwege, der mit großen Stein⸗ platten gepflaſtert zu ſeyn ſchien, die von der Seite abgefcheffen waren. Zur linken Seite erblickten wir nun die ſo⸗ genannten Feterklippen, einen Berg, auf deſſen Hoͤhe eine Reihe Thuͤrme von nackenden Felſen hervorragten, der Ab⸗ hang deſſelben aber bis an den Weg, war 13 war mit lauter großen Stücken Stein bedeckt, in verwirrter Lage. Es ſah aus, wie die Ruinen einer zerſtoͤrten Stadt, nur wenig Mooß und Torfblumen wuch⸗ ſen zwiſchen den Steinen, man ſpuͤrte aber allenthalben das Waſſer, welches ſich in einem kleinen Bach an dem We⸗ ge hin ergoß. Er ſcheinet nicht von dem Brocken bei feinem Durchbruch auf die Seite geſchoben, ſondern mit demſelben zugleich aus der Erde gehoben zu ſeyn, weil ſonſt das zwiſchen beiden liegende tiefe Thal erſt mit Steinen haͤtte ange⸗ fuͤllet werden muͤſſen, die aber hier an ſeiner Abdachung liegen, und die Truͤm⸗ mern der Erdrinde find, die er bei ſei⸗ nem Durchbruch zerriſſen hat, und die an ihm, weil die Abdachung etwas flach iſt, liegen blieben ſind. Es iſt alles Granit, wie der Brocken ſelbſt, und das an und auf ihm liegende Geſtein, von welcher Art die groͤßten Berge der Erde ſind. - 42930 12 Jens Wir mußten einen weiten Umweg um den Brocken machen, weil man das zur rechten, zwiſchen uns und ihm lie gende Thal, wegen der tiefen Abgruͤn⸗ de, ohne Lebensgefahr nicht durchdrin⸗ gen kan, und gelangten endlich an die Heinrichshoͤhe, welche gleich ſam die lin: ke Schulter des Brocken iſt. Hier ge het nun der Fuhrweg linker Hand ab, um den Berg herum, auf welchem man, bis zur Herberge auf dem Brocken, rei⸗ ten und fahren kan. Wir aber gingen rechter Hand den Fußſteig gerade die Heinrichshoͤhe hinan, welcher noch ziem— lich ſteil iſt. Der Boden iſt bruchigt und moorigt, hier und da mit großen Empfindſame Reiſe auf den Brocken 14 Stuͤcken Stein unterſchieden. Die ſchlimmſten Oerter des Weges ſind mit Holz belegt, und man muß ſich huͤten, nicht fehl zu treten, weil man ſonſt tief in den Moraſt hinein ſinkt. Es iſt wun⸗ derbar, daß je höher nan binan komt, deſto mehr Waſſer findet man, obgleich in der Naͤhe keine höhere Berge find von denen es abfließen konte. Es iſt ſolches nicht anders, als aus der vor⸗ hin angeführten Theorie des Herrn Ober-Conſiſtorialrath Silberſchlags zu erklaͤren, daß nemlich das Waſſer, welches ſich in den unterirrdiſchen Ge⸗ woͤlben befindet, die der Brocken bei ſeinem Durchbruch gemacht, ausduͤn⸗ ſte, und die Hoͤhen deſſelben befeuchte. Wir fanden hier Pferde und Füllen auf der Weide gehen, die davon trinz ken, und das Wild loͤſchet damit feinen Durſt. she . N a Und nun kamen wir ins Quartier, welches ein Gaſthaus auf der Heinz richshoͤhe iſt, das der Herr Graf von Wernigerode zur Bequemlichkeit der Reiſenden bauen laſſen, und wo auch die Arbeiter an den Torfwerken bei der Nacht bleiben, denen, und andern, die au dem Brocken arbeiten, hier woͤ⸗ chentlich einmal von dem Prediger in Schierke Gottesdienſt gehalten wird. Es liegt hinter einer hohen Schicht un⸗ geheurer Steinplatten und Stuͤcken von Felſen, die es fuͤr den Winden ſi⸗ chern, und hat dicke Mauern, die in⸗ wendig mit Brerkern ausgetaͤfelt ſind. Darneben iſt noch ein anderes Ge⸗ baͤude von der Art, welches der Herr Graf fuͤr ſich bauen laſſen, aber auch den 15 den Reiſenden, wean ihre Auzahi groß iſt, eroͤfuet wird. Die Haͤuſer werden nur im Sommer bewohnt, und im Winter verlaſſen. Man hat hier alle Bequemlichkeit, Lebensmittel, Bier, Wein und Kaffe, auch Stallung für einige Pferde, ſonſt aber kein Vieh, als Huͤhner und Ziegen in Menge, die ſich ſelbſt weiden. Wie froh waren wir dieſes rechte Ziel unſerer Reiſe erreicht zu haben, ob wir gleich noch nicht auf dem Brocken waren. Wir hatten aber einen Theil unſers Vergnuͤgens verſaͤumtt, weil wir in der Daͤmmerung nach Sonnenun⸗ tergange anlangten, und ſahen alſo nur einen Schattenriß der Erde, den der kommende Tag ausmalen ſolte. In— deſſen erquickten wir uns in einer war⸗ men Stube, ich kleidete mich um, weil ich durchaus naß vom Schweiß war, und wer darzu geneigt iſt, muß ein Hemd und Muͤtze bei ſich haben, wel⸗ ches der Wegweiſer traͤgt. Niemals hat mir das Abendbrod beſſer geſchmeckt als hier. Die Nacht war kalt: ein friſcher Nordweſtwind heiterte den Himmel auf: der Mond und die Sterne erſchienen in unglaublicher Pracht, und wir ſahen dieſe großen Provinzen des unermeßlichen Gebiets Gottes mit Entzuͤckung. Weil wir aber mehr hierher gekommen waren, die Erde 5 Die Fortſetzung folgt kauftig. Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 16 als den Himmel zu betrachten, und uns nach der Erhitzung des Tages der kal⸗ ten Nachtluft nicht ausſetzen mogten, ſo ſchloſſen wir uns in die Stube ein, und machten uns da einen angenehmen Zeitvertreib. Mein Gefaͤhrte, der Herr Paſtor Hauer von Stapelnburg, hatte eine elektriſche Maſchine auf den Brocken voran geſchickt, die er auf demſelben zurück ließ, und den Wirih belehrte, damit umzugehen, um ſeinen Gaͤſten damit ein Vergnuͤgen zu mas chen. Wir ſetzten ſie in den Stand, und experimentirten damit mit fuͤrtref⸗ lichem Fortgange, fenderlich aber ge⸗ lang uns der elektriſche goldene Regen praͤchtig. Wir ſetzten die ganze Ver⸗ ſammlung von Koͤhlern, Holzhauern, und andern Leuten, die ſo was noch nicht geſehen hatten, in Erſtaunen durch dieſe natuͤrliche Zauberei, ſie ſchrien laut und ſprangen mit Lachen auseins ander, wenn ſie einen Schlag beka⸗ men. Ein kleiner Hund machte uns dabei zu lachen. Einer aus der Reihe die elektriſirt wurde, nahm ihn auf den Arm: als nun der Schlag geſchah, ſprang er ploͤtzlich herunter, fing grau⸗ fan an zu bellen, und wolte einem je⸗ den an die Beine, weil er nicht wuß⸗ te, wer ihm den Poſſen geriſſen hatte, und konte ſich nicht zufrieden geben. . 17 2 | Hannoberiſches Magazin | 2tes Skuͤck. Montag, den Gten Januar 1783. Empfindſame Reiſe auf den Brocken, von L. C. Schmahling, Inſpector zu Oſterwieck. (Fortſetzung.) De Nacht ging alſo auf eine an⸗ genehme Art hin: wir ſchliefen nur kurze Zeit auf einem ganz bequemen Streu mit etwas Betten, und erwarteten den Morgen mit Sehnſucht. Mit der fruͤheſten Daͤmmerung deſſel— ben waren wir auf, tranken den Kaffe, und erwarteten der Sonnenaufgang, welcher hier das praͤchtigſte Schauſpiel iſt, welches man aus dem Fenſter des Gaſthauſes beobachten kan. Wir war⸗ fen aber unſere Roquelaure um uns, und gingen heraus unter freien Him mel, wo der Morgen allmaͤhlig den Vorhang der Nacht aufzog, und das Licht uͤber die Finſterniß anfing zu ſie⸗ gen. Wir thaten einen entzuͤckten Blick auf den großen Schauplatz, der da vor uns lag, wo ſich die Geſtalten der Din⸗ ge allmaͤhlig zu entwickeln, und ſichtbar zu werden begannen. Die Luft war rein, der Himmel heiter bei noch fortwaͤhren⸗ dem Winde, ein ſehr erfreulicher Um: ſtand für uns. Das falbe Grau in Oſten verwandelte ſich allmaͤhlig ins gelbe und in ein blaſſes roth, und ſiehe da, plotzlich fprang die Sonne über den Ho⸗ rizont herauf, mit ihrem aͤußerſten Ran⸗ de, ohne viel Morgenroth, weil die Luft mit wenig Duͤnſten erfuͤllet war. In kurzem ſtand da vor uns die ganze Scheibe derſelben, hoch roth an Farbe, auf blauem Hintergrunde, doch nicht ſo groß, als man ſie auf plattem Lande, mit der Morgenroͤthe umgeben, ſieht. Ich rief ihr zu: f Sey mir gegruͤßt, zu meines Gottes Ehre, Als ſeiner Schoͤpfung Koͤnigin! Steig auf, und geuß aus deinem Feuer⸗ r mee Erſtaunen vor dir hin. Wenn irgend ein Goͤtzendienſt der Hei⸗ den eine Entſchuldigung hat, fo iſts gewiß die Anbetung der Sonne. Bei dem Aufgange derſelben erſchie— nen hier und da vor uns auf der Erde in Oſten helle Flecken, die als ein Gold glaͤnzten, und ein goldner Streifen nahe am Horizont. Wir verwunderten und freueten uns darüber, und fragten un: B ſern 19 ſern Wirth was das wäre? Der uns ſa gte, daß die glaͤnzenden Flecken die D eiche im Fuͤrſtenthum Halberſtadt un d Herzogthum Magdeburg, der gol; de ne Streifen aber die Elbe ſey, die wir alſo deutlich erblickten. Der Anblick verſchwand wieder, als die Sonne et⸗ was höher flieg, und an deſſen ſtatt wurden nun Staͤdte und Dörfer in groß; fer Menge ſichtbar, die wir unterſchei⸗ dens konten. Ich erſpare meine Empfin⸗ dungen dabei zu beſchreiben, bis auf die Hoͤhe des Brocken ſelbſt, wo wir den ganzen Anblick der Gegend vor uns hatten. Wir fruͤhſtuͤckten nun, und tra; ten den Weg dahin an, und gingen auf einer Ebene der Heinrichshoͤhe zur Rechten, nach Abend hin, welche moo: rigt war, und wo der Torf gegraben wird. Wir betrachteten die tiefen Gru⸗ ben deſſelben mit Verwunderung. Sie 8 inwendig ganz ſchwarz, und der orf wird darin Stuffen und Teraffen: weiſe abgeſtochen, welche aus einem Geflechte von Wurzeln und vegetabi⸗ liſch en Theilen, mit einer ſulphuriſchen und tartariſchen Erde vermiſcht, beſte⸗ het. In den Gruben, mehr als Klaf⸗ ter tief, ſahen wir Tannenſtaͤmme, die noch unvermodert aufgegraben waren, und verwunderten uns, wie dieſe ſo tief in die Erde gekommen waren. Wir kon ten ſolches nicht anders begreifen, als daß in den erſten Jahrtauſenden der Welt Niemand eben groß auf den Brocken gekommen ſey, daß alſo alles, was da gewachſen, auch liegen blieben, und allmaͤhlig verweſt ſey, und alſo d ieſe kleinen Tannen begraben und ver⸗ Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 20 ſchuͤttet worden. Der ausgegrabene Torf wird erſt auf der Erde, und ber: nach in den hohen Gebäuden, die man in weiter Entfernung auf dem Brok⸗ ken ſiehet, getrocknet, und denn in große eilinderfoͤrmige Oefen geworfen und angezuͤndet. Wenn er durchgegluͤhet iſt, werden die Oefen oben und unten verſchloſſen, und die Kohlen alſo aus⸗ gedampft, die hernach mit Holzkohlen vermiſcht, in den Eiſenhuͤtten ver⸗ braucht werden. Wir gingen uͤber die moraſtigen Ge⸗ genden auf Brettern nun nach der letz⸗ ten Anhoͤde des Brocken zu, die wir binnen einer kleinen halben Stunde er⸗ ſtiegen. Hier befanden wir uns auf einer Ebene, etwa eine halbe Stunde im Umfange, und eilten nach der Mitte derſelben, wo ein Stein aufgerichtet iſt, der die hoͤchſte Spitze des Brocken be⸗ zeichnet. Und nun oͤfneten wir unſere Augen und unſer Herz uns umzuſehen, deswegen wir hergekommen waren. Gott! welch ein Anblick? — Wir ſtan⸗ den hier in der Mitte eines Segments, oder Abſchnitts der Erde, welches nach des Herrn Ober-Conſiſtorialraths Sil⸗ berſchlag Ausrechnung 323 deutſche Meilen im Durſchnitt hat, und in der Flaͤche 829 Quadratmeilen enthaͤlt. Man uͤberſiehet hier den ganzen Harz, das Herzogthum Magdeburg, das Fuͤr⸗ ſtenthum Halberſtadt, die Auhaͤltiſchen Fuͤrſtenthuͤmer, die Grafſchaft Manns⸗ feld, die Grafſchaften Stollberg und Wernigerode, das Eichsfeld, das Her⸗ zogthum Braunſchweig, einen guten Theil vom Hannoveriſchen und vo Thuͤ⸗ 21 Thuͤringen, als auf einer Landkarte vor⸗ gezeichnet. In einer Entfernung von drei Meilen, kan man alles mit den bloſ— fen Augen deutlich unterſcheiden, in wei: term Abſtande aber muß man einen Tu; bum gebrauchen. Clausthal und Zeller— feld lag ganz nahe vor uns. Auf der einen Seite kan man den Petersberg bei Halle, und gegen uͤber den Winterkaſten hinter Caſſel: auf der andern Magde⸗ burg, und gegen uͤber die Gebuͤrge im Thuͤringiſchen bis zum Friedenſtein bei Gotha ſehen. Auf der Morgen- und Mitternachtsſeite liegt das ebene Land vor den Augen ausgebreitet. Auf der Abend: und Mittagsſeite aber iſt die Gegend gebuͤrgigt, und die darzwiſchen liegenden Länder blicken nur hier und da hervor. Man ſiehet auf dieſem hoͤchſten Gebuͤrge den umliegenden Bergen auf den Kopf und in die ſchauderhaften Tiefen der Thaͤler hinab. Hier fiel mir ein Vers ein, den ein Prediger in das Brockenbuch geſchrie⸗ ben hat: Gott! deinen Himmel ſah ich nie ſo nah, Nie deine Welt ſo groß, als ich ſie ſah, Auf Deutſchlands Nebo. Auch über mir ſeh ich gelobtes Land: es zu erwerben, Moͤgt ich an dieſer Staͤtte freudig fterben. Welche Groͤße und Mannigfaltigkeit natuͤrlicher Dinge fielen uns hier in die Augen? Eine kleine Wolke flog bis: weilen nahe uͤber unſerm Haupte weg, daß wir ſie haͤtten haſchen mögen. Wir ſtanden hier auf Gebuͤrgen, die in ih— rem Schooß die Erze, das Gold und Silber im Oberharz und das nuͤtzliche⸗ Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 22 re Eiſen hier in der Naͤhe enthielten: deren Oberfläche mit der ſchoͤnen Tanz ne und anderm Gehoͤlze, zugleich auch mit einer Menge von Kräutern be⸗ pflanzt waren, die aus ihren Einge— weiden fo viel Bäche und Fluͤſſe her— vorſtroͤmen ließen. Da lagen vor uns Waͤlder, Aecker und Wieſen ausgebrei⸗ tet, mit Stroͤmen durchwaͤſſert, und mit Korn, Gras und Kraͤutern berei— chert. Da erhoben ſich über die Erz de Staͤdte, Doͤrfer, Schloͤſſer, Tem⸗ pel der Gottheit und Wohnungen der Menſchen. Alles noͤthig und nuͤtzlich, den Endzweck der Erde zu erreichen, wel; che ein bequemer Aufenthalt für Men: ſchen und Vieh ſeyn ſolte, und dabei alles ſchoͤn und praͤchtig. Wie viel Menſchen leben in dieſen Staͤdten und Doͤrfern, und ſind gluͤcklich, wenn ſie es verſtehen, und finden hier alles, was fie zur Nothdurft, zur Bequem: lichkeit, und zum Vergnuͤgen des fe bens gebrauchen? Wie viel zahmes Vieh weidet auf dieſen Aengern, Aek⸗ kern und Wieſen, und wohnet in den Staͤllen. Wie viel wilde Thiere bat ten ſich auf in dieſen Waͤldern, wie viel Voͤgel, Inſekten und Gewuͤrme hier in der Luft und im Staube? wie viel Fiſche in dieſen Strömen? Und alle hat ein Gott erſchaffen: Dieſe alle erhält, regieret und erfreuet ein Gott: dies iſt ein kleines Revier feiner groſ⸗ fen Haushaltung auf Erden, darin er ſo viel Menſchen und Vieh ernaͤhret. Man lobet einen Feldherrn der eine Armee von hundert tauſend Mann dergeſtalt zu verſorgen weiß, daß we⸗ B 2 ei der * — 23 darben. Wie viel mehr ſoll man ei⸗ nen Gott bewundern, der fo viel MiL lionen Menſchen auf Erden, das ganze Thierreich, ja nicht allein dieſe, ſon— dern auch alle Engel des Himmels, und alle lebendige Creaturen in allen Gebieten der Schoͤpfung, verſorget, und in ihrer Art gluͤcklich macht? Welche Macht, welche Weisheit und Guͤte muß der beſitzen? Ich ſehe nicht nur mit den Augen dieſen Himmel und ſeine Sonne und Wolken uͤber mir, und dieſe Erde mit ihren Ber— gen, Thaͤlern, Ebenen, Waͤldern, Fluͤſ⸗ ſen, Aeckern, Wieſen, Holz, Kraͤutern und Fruͤchten um mich her, ſondern ich ſehe auch mit meinem Verſtande den Urheber, die Abſichten, den Nuz— zen, die Freude, die ſie machen; o ich ſehe fo manche gute Mahlzeit, fo man: che Wohnung, fo manche Bequem: lichkeit die daraus bereitet wird: ich ſehe die geſaͤttigten Begierden und Beduͤrfniſſe, die Geſchicklichkeit und das Vergnügen aller Bewohner die: ſer großen Gegend, und nachdem ich das alles geſehen habe, mache ich den Beſchluß wie David (Pſalm 104, v. 24.) nachdem er die Werke Gottes betrachtet hatte: indem ich meine Hän: de gen Himmel ausſtrecke und ausru— fe: Ich freue mich des Herrn! Herr wie ſind deine Werke ſo groß und viel? Du haſt ſie alle weißlich geordnet; und die Erde iſt voll deiner Guͤter. Ich ſehe in der ganzen Schoͤpfung nichts als Se— gen und Seligkeit. Ich ſchließe mich Empfindſame Reiſe auf den Brocken. der Menſchen noch Vieh bei derſelben 24 an dieſe große Reihe der Geſchoͤpfe, und werde eins mit ihnen. Ich ei⸗ gene auch mir dieſe allgemeine Fuͤr⸗ forge zu, die fie alle erhält und regie⸗ ret, und glaube, daß ſie auch fuͤr mich ſorge, und das allgemeine hoͤchſte Gut aller Creaturen, wird auch mein, in⸗ dem ich alſo denke. Ich verbinde mich mit ihnen allen zur Verherrlichung meines Schoͤpfers, zum Dienſt meiner Mitgeſchoͤpfe, die fie mich durch ihe Exempel lehren, und zur Vermehrung ſeiner Freude auch mein Gluͤck. Und ſo ſammle ich mir bier einen Schatz von Erkenntniß, von Tugend und von Freude, daran ich noch lange zu zeh⸗ ren haben werde. Wir gingen nun weiter und beſa⸗ hen den Hexenaltar und die Teufels⸗ canzel, zwei große Steinhaufen, aus großen Platten, und zum Theil auf: gerichteten langen Stuͤcken ohne Ord⸗ nung zuſammen gelegt, die kaum eines Menſchen Kraft zu bewegen im Stan⸗ de iſt, und die gewiß nicht mit Fleiß dahin gewaͤlzt, oder vom Waſſer da: bin geſchlemmt find. Man kan ihren Urſprung nicht anders begreifen, als daß fie der Brocken bei feinem Durch: bruch von der Rinde der Ecke mit ſich aufgehoben, und daß ſie auf demſelben liegen blieben find mit andern Stei⸗ nen, die auf und um denſelben herlie⸗ gen. Wir ſuchten den Platz, wo die Hexen haͤtten tanzen koͤnnen, aber wir fanden keinen, wo ſie nicht uͤber die Steine haͤtten ſtolpern muͤſſen. Es kan aber ſeyn, daß die heidniſchen Prieſter der Brueterer, welche ehedem die⸗ 25 dieſe Gegend bewohnten, als das Hei: denthum unter Carl dem Großen ver— folget worden, ſich auf dieſen Berg zuruͤck gezogen, da bei der Nacht ihre Opfer gehalten, und ihren Opfertanz, mit Braͤnden von dem Altar in der Hand verrichtet, welches in der Wal— purgisnacht geſchehen ſeyn kan, und dies iſt vielleicht der Urſprung der Fabel von dem Hexentanz auf dem Brocken. Es iſt da ein ziemlich ge raͤumiger Platz mit Steintruͤmmern in der Ruͤnde umgeben, welches Sitze der Zuſchauer geweſen ſeyn koͤnnen. Mitten auf dem Brocken iſt das ſogenannte Brockenhaͤuschen, von ei— ner ſtarken Mauer, in deſſen Mitte ein Herd iſt, Feuer anzumachen, und - an den Wänden umher Baͤnke. Dies war ſonſt der Aufenthalt der Wande— rer, welche bei der Nacht auf dem Brocken blieben, ehe die bequemere Herberge für fie auf der Heinrichshoͤ— he angelegt worden iſt. Jetzo aber wird es nur als eine Seltenheit be⸗ trachtet. Wir fingen nun an die paraboli⸗ ſche Hoͤhe des Brocken zu umkrayſen, und kamen zuerſt zu dem Brunnen, gegen Norden, welcher 18 Fuß niedri⸗ ger liegt, als die Oberflaͤche des hoͤch⸗ ſten Gipfels. Das Becken deſſelben iſt uͤberwoͤlbet, und iſt 13 Elle lang, 1 Elle breit und 13 Elle tief. Das Waſſer deſſelben iſt ſehr kalt und rein, weil das Becken aus Granit beſtehet. Er fließet Winter und Sommer, und ſchuͤttet etwa in einer Minute einen Cubikfuß Waſſer aus. Seinen Zw Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 20 fluß kan er von keinem andern Berge haben, fondern er muß von den unter; irrdiſchen Waſſern ausduͤnſten. Von da gelangten wir weſtwaͤrts zu einem ungeheuren Crater an der Seite des Brocken, welcher ſchau— derhaft anzuſehen war. Er war von großem Umfange und ſehr tief, als ein Trichter geſtaltet, inwendig mit lauter großen Stuͤcken Granit ausge: ſuͤttert. Meine Gefährten fliegen bins unter, und haben an den Seiten große Gewoͤlbe unter den Klippen gefunden. Weil der Weg gefaͤhrlich war, und man von einem Stück Felſen auf das andere ſpringen mußte, auch bei dem Ausgleiten leicht ein Bein hätte in den Zwiſchenraͤumen zerbre— chen koͤnnen, ſo blieb ich oben am Rande, unter einer großen Stein platte ſitzen, die uͤber mich herragte, und wo ich einen bequemen Sitz auf einem bemooſten Stück von einem Stein fand. Hier ſaß ich nun, und ſabe da vor mir die Denkmale der fuͤrchterlich praͤchtigen Naturbege— benheit die ſich am dritten Schoͤp— ſungstage zugetragen hatte. Hier in dieſem Abgrunde war das Feuer des Allmaͤchtigen, welches Berge und fer ſtes Land aus der Erde, uͤber das Waſſer empor gehoben, durchgebro— chen: Hier war eine unermeßliche Feuerſeule aufgeſtiegen, die dieſe Stei— ne in die Luft geſchleudert, wie der Rachen eines Vulkans thut, und ſie in dieſer Unordnung in dieſen Abgrund zuruͤckfallen laſſen, den ſie verſchloſſen, nachdem ſie aufgehoͤret 3 hatte. 27 batte. Ich ſtellte mir das ganze Schauſpiel fo vor, wie es Herr Sit: berſchlag beſchreibt: „Da ſtand die „Waſſerkugel des werdenden Plane „ten, umhuͤllet mit Luſt und Wolken, „innerlich erſchuͤttert von dem ver⸗ „worrenen Kampfe miteinander rin „gender Elemente, und ſich auf einan⸗ „der ſchichtender Materie und wir⸗ „belte ſich zum dritteumal um ihre „Axe. Ploͤtzlich erſcholl die Loſung „des allmaͤchtigen Schoͤpfers: Das „Waſſer ſammle ſich in Meere, und „das Land gehe hervor und erfihei: une! Augenblicklich entzuͤndete dieſes „Wort die den erſten Funken im Mit⸗ „telpunkte der Erde erwartende Feuer— „materie, der Abgrund donnerte, die „Tiefe wurde durchſtralt mit Blitzen, „das Land quoll herauf, das Meer „flohe, Dampf und Feuerſtralen ſtie⸗ „gen wie aus fo viel tauſend Vulka⸗ „nen bis über die Wolken hinauf, und „ſchleuderten Steine und Sand rings „um ſich herum. Unter taufendfachen „Krachen ſtieg der erhoͤhete Grundbo⸗ v den hinauf; Blitz auf Blitz, Schlag „auf Schlag, Donner auf Donner „tobten fort, und die ganze Erde „ſtand umringt mit Feuerſeulen. All: „gemeines Erdbeben ſpielte mit der „Oberfläche, wie der Sturm mit den „Wellen des Oceans. Das Auge der „Vorſehung ſchauete indeſſen mit un— „verwandtem Blicke in dieſen Tumult „der Elemente, des mit ſich ringenden „Chaos hinein, und zeichnete unge: „ſtoͤrt mit dem Finger der Allmacht, „die Graͤnzen der Welttheile, die Bah⸗ Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 28 „nen der Stroͤme, die Stellen der „Inſelu, und die Lage des Oceans. „Dort verſchafte fie der wuͤthenden „Flamme den Ausbruch, damit ſie „nicht höher treiben koͤnte, als fie trei⸗ „ben ſolte, dort lenkte fie die unterirr⸗ „diſchen Feuerbahnen, und maß das „Gefaͤlle der Stroͤme, und wog die „Laſten der Berge, damit der Planet „nicht fein Gleichgewicht verloͤre, hier „ſchwollen die Flaͤchen auf, und ſenk⸗ „ten ſich bis zur abgeſteckten Tiefe nie⸗ „der. Endlich ſtiegen die Berge, die „Gebuͤrge und Bergketten, mit beben⸗ „den Schritten, wie Schreckbilder, „aus dem Abgrunde herauf: und die „Waſſer flohen und verbargen ſich im „Abgrunde. Da jauchzeten die Mor⸗ „genſterne: Heerſchaaren der Sera— „phinen des Himmels beſungen das „Lob des Allerhoͤchſten. Der noch hin „und wieder matt nachdonnernde Abs „grund beruhigte ſich, die Erde wank⸗ „te, und bebete langſamer. Die Feuer⸗ „ſaͤulenflammen verſchwanden, das „Brauſen des in den Abgrund ſich „fürzenden Waſſers beruhigte ſich, „die Luft klaͤrte ſich, und enthielt die „neu geſchaffene Luft, Welttheile und „Meere,, Das alles überdachte ich, und betete Gott an; und meine Ge faͤhrten ſtiegen indeſſen aus dem Ab⸗ grunde herauf und kamen wieder zu mir. Nun ſetzten wir unſern Weg weſt⸗ waͤrts weiter fort, wo die rechte Schul⸗ ter des Brocken, welche man auch den kleinen Brocken nennet, ſich da vor uns hin erſtreckte, nebſt den Ge⸗ buͤrgen 29 buͤrgen des Oberharzes, auf welchen Clausthal und Zellerfeld deutlich her: vor ragten. Auf der Mittagsſeite ſahen wir den kahlen Koͤnigsberg, und die Dorſhaͤuſer auf demſeliben. An dieſer Seite des Brocken iſt noch ein großer Crater, dem wir uns aber nicht genaͤhert haben. Wir erblickten hier lange Bergketten, die ſich bis ins Heſſenland hinein erſtreckten. Die Grafſchaft Hohenſtein blickte zwiſchen den Bergen durch, und wir fahen uͤber das mittaͤgige Gebuͤrge derſelben hinüber, weit in Thüringen hinein. Dieſer Anblick war mir beſonders an: genehm, weil das mein Vaterland iſt. Ich bezeichnete den Weg dahin genan uͤber die Höhen bei Elbingero— de, Benkenſtein, bis den hohen Geiſt— berg hinunter. Als wir uns wieder gegen Morgen wandten, ſahen wir die Gegenden von Stollberg, das Mansfeldiſche, bis tief in Gachfen und den Saalkreis hin, worauf wir wieder zu dem Wege nach der Hein: richshoͤhe zu kamen, den wir herauf geſtiegen waren. Die Hoͤhe des Brocken iſt mit niedrigem Moos bewachſen, von aller⸗ lei Art, unter welchem das Rennthier⸗ moos ſonderlich betrachtet zu werden verdienet, welches in Lappland waͤchſt, und bier die Natur der kaͤltern Ge: gend angenommen hat. Man findet es auch auf den Alpen, und es wird als ein gutes Lungenkraut von den Apothekern geſammelt. Das Schlan⸗ genmoos ſind lange Faden mit Moos uͤberzogen. Man findet hier viele Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 30 Kraͤuter die nur in den mitternaͤchti⸗ gen Gegenden der Erde wachſen, und die niedrige Heide ſchmuͤckt zum Theil den Boden. Hier und da ſtehen niedrige Tannen, die auf der Mitter⸗ nachtsſeite groͤßtemhbeils verdorrete und erfrorene Zweige haben, ob ſie gleich durch das Harz, welches ſie bei ſich fuͤßren, vor dem Froſt bewahret werden. Die Bediente des Wirths auf dem Brockenhauſe praͤſentirt den Wanderern ein Straͤußchen von Brok⸗ kenkraͤutern, dafuͤr ſie ein Trinkgeld bekomt. Wir hatten das Gluͤck eines hei⸗ tern Wetters, welches uns zur Um⸗ ſicht der ganzen Gegend bequem war, und nichts iſt trauriger, als nach ei⸗ nem muͤhſamen Wege einen dicken Nebel auf dem Brocken anzutreffen, im welchen kanm einer den andern fie het. Wenn aber der Nebel auf dem Brocken duͤnne wird, indem er ſich in die Thaͤler hinab ſenkt, und die Son⸗ ne in denſelben ſcheinet, fo ſiehet ein Menſch den andeen, die beiſammen find, mit einem Regenbogen, als mit einer Grazie, umgeben, welches mir ſehr praͤchtig beſchrieben iſt. Iſt die Spitze des Brocken ganz helle im Sonnenſchein, dicke Nebel aber liegen auf den ihn umgebenden Bergen un⸗ ter ihm, und die Luft bewegt ſich, ſo ſchlagen die Wolken und Nebel Wel⸗ len von erſtaunlicher Höhe, wie das Meer im Sturm, und waͤlzen ſich uͤber einander im ſteigen und fallen, welches wunderbar anzuſehen ſeyn fol, Einige Reiſende haben Gewit⸗ ter 35° verſprechen, man mußte denn meinen Condenſator zu Hälfe nehmen. Letz terer beſteht aus einer metallenen Plat⸗ te, welche auf einer Fläche von Mar: mor, oder trockenem, oder mit Wachs⸗ tuch uͤberzogenem Holze, ruhet, alſo uͤberhaupt halb iſolirt iſt. In dieſer Metallplatte muß ſich der Eiſendrath des erwehnten iſolirten Beckens endi⸗ gen. Sobald die Daͤmpfe oder das Gas aufgehört. bat in Menge aufzu⸗ ſteigen, ſo muß der Drath von der Metallplatte abgeſondert, und die Platte in die Hoͤhe gehoben werden, da fish denn die Elektricitaͤt weit ſtaͤrker zeigen wird. Geben Sie dabei ge⸗ ngu acht die halb iſolirende Materie, worauf die Platte ruhet, recht trocken zu erhalten, zu welchem Ende man fie waͤrmen kan. (Aber recht trocknes Holz iſt doch mehr als halb iſolirend?) Nun werden Sie neugierig ſeyn, die Art der bier erzeugten Elektrieitaͤt Kurze Anzeige einer neuen lektriſchen Entdeckung. & 9 Sie iſt jederzeit Al ſo bringen die e Bi die elektriſche Materie in die Atmoſ⸗ F phaͤre; haͤuft dieſe fich dort nach und nach an, ſo entſteht dadurch jene poſt⸗ tive Elektricitat, welche in der reinen Luft herrſcht, und ſich bis zu einer ge wiſſen Hoͤhe bemerken laͤßt, die beim Nebel ſtark iſt, aber noch ſtaͤrker, wenn der Himmel mit einer e bedeckt iſt. Ich ſage mit einer eh. te, denn wenn mehrere einzelne ol⸗ ken über einander ſchwimmen, wie dies beim Gewitter ſtatt hat, ſo finden ſich die untern nicht ſelten negativ. Aus keiner andern Urſache als vermoͤge des bekanten Geſetzes, da der in die Atmoſphaͤre eines elektriſchen Koͤrpers eingetauchte Koͤrper die entgegenge⸗ ſetzte Elektrieitaͤt annimt. Doch ich 1 e die men ee 22747 ‚enorm Keife auf den Brocken von L. a Som Inſpector zu Oſterwieck. 5 (Siehe das 21. Stuck.) (Schluß.) 27 Brocken if ein Wettetan⸗ zeiger ſeiner Nachbaren, und zugleich ihr Wetterableiter, in dem es in feiner nächften Nachbarſchaſt nicht einſchlaͤgt. Wenn er helle und ohne Nebel iſt, fo bedeutet ſolches einige Tage anhaltenden heitern Son; nenſchein. Denn die Luft iſt alsdenn ſchwer und ſehr elaſtiſch, und behaͤlt Kant 1338 - 30 211 4 6 die in ihr beſtaͤndlichen 88 in ſich. Wenn aber das Gleichge⸗ wicht der Luft durch einen Wind der über den ſelben hinſtreicht gehoben, und die obere duft um den Gipfel deſſelben verduͤnnet wird, fo breitet ſich die uns tere aus, dringt in die kaͤltere Gegend ein, die Duͤnſte verdicken ſich in der⸗ ſelben, und werden Nebel und a U 37 ken, Alsdenn ſetzt der Brocken den Hut auf, wie man ſagt, es zeigen ſich Nebel auf der Spitze deſſelben, er faͤngt an zu brauen, und es ſteigen ganze Dampfſaͤulen von demſelben auf, welche Regen und ungeſtuͤme Witterung bedeuten. f Man bemerket, daß das Queckſilber im Barometer auf der gemeinen Erd— fläche, dafür man den Ocean annimt, mit welchem Wien parallel liegt, 28 Zoll hoch ſtehe. Auf den Bergen faͤllt daſſelbe tiefer, weil die Luft daſelbſt leichter und dünner iſt. Man kan alſo aus dem Verhaͤltniß des Barometer⸗ ſtandes die Höhen der Berge beſtim— men, und je niedriger daſſelbe auf ei⸗ nem Berge ſtehet, deſto höher muß man denſelben annehmen. Nun fin⸗ det man auf dem Brocken das Queck⸗ fiber 25 Zoll, alſo 3 Zoll niedriger als auf der Erd und Meeresflaͤche, daraus man geſchloſſen hat, daß der⸗ — 3336 Pariſer Fuß, das iſt, bei⸗ abe den ſiebenden Theil einer deut⸗ ſchen Meile uͤber die Erdfläche erha⸗ ben, welches eine Kleinigkeit iſt. Wun⸗ derbar iſt es, daß auf dem Genfer See das Barometer auch 25 Zoll hoch ſtehet, und daß derſelbe alſo eben fo boch als der Brocken iſt. So hoch er uns aber zu ſeyn ſcheinet, ſo iſt er doch einer der niedrigſten Berge der Erde, indem das Barometer auf dem Berge Chimboraze in Peru 24 Zoll 3 Linien, auf dem Pichingan 15“ 11% auf dem Obſervstorio des Con: damine 16” 0%, auf dem Pico, in Teneriffa 17“ 3%, kuf dem Aetna in Nin f Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 38 Sicilien 19“ 4“, auf den hoͤchſten Alpen eben fo hoch, auf den pyrenaͤi⸗ ſchen Gebuͤrgen 20“ 23%, auf dem Rieſengebuͤrge 23“ 10% ſtehet, die ihn alſo an Hoͤhe ſehr weit uͤbertreffen, obgleich alle noch nicht eine Meile hoch uͤber den Ocean erhaben find, welches eine Kleinigkeit in Anſehung der gan⸗ zen Erdkugel iſt, und es betraͤgt der hoͤchſte Berg kaum 3835 ihres Dias meters. So groß konimen uns Klei⸗ nigkeiten vor, in Ermangelung der Kenntniß groͤßerer Dinge. 2 Ehe ich den Brocken verlaffe, muß ich noch ein Wort von dem Nutzen deſſelben ſagen. Er vergroͤßert und verſchoͤnert, ſo wie alle Berge, die Oberflaͤche der Erde, macht eine ange⸗ nehme Mannigfaltigkeit auf derſelben aus, verſtaͤrket die Winde, giebt denſelben eine verſchiedene Richtung, und befördert das Aufſteigen der Duͤn⸗ ſte. Seine Kraͤuter ernaͤhren eine Menge wildes und zahmes Vieh, fein vornehmſter Baum, die Tanne, iſt zum Bauen ſehr bequem, und der Harz iſt das Holzmagazin der benachbarten Gegenden, dafür fie den Einwohnern ihre Fruͤchte zuruͤck geben: die Erze, die er in ſeinen Eingeweiden hat, find koſtbar und nuͤtzlich, und verſchaffen uns viel Nothwendigkeiten des lebens. Sonderlich aber iſt an ihm zu prei⸗ ſen, daß er uns eine Menge Fluͤſſe aus den unter ihm liegenden Waſſern bervorgicht, die Bode, die Holßemme, die Ilſe, die Ecker, die Ocker, und dieſelben werden durch die ihn umge⸗ benden Berge und Thaͤler dergeſtalt C 2 ver⸗ 39 vertheilet, daß alle umliegenden Gegen: den ihren Theil davon bekommen. Was fuͤr ein großer Bezirk des Landes wird dadurch gewaͤſſert? wie viele Hüttens werke und Muͤhlen treiben ſie? wie viel Wieſen werden dadurch geträns fer? Was für ein Schade würde es ſuͤr dieſe Länder ſeyn, wenn man ih⸗ nen die Fluͤſſe nehmen wolte? Wie groß iſt alſo die Weisheit und Guͤte Gottes die dieſe Waſſerkunſt gerade hier an den rechten Ort geſetzt hat. Wir kehrten nach einer dreiſtuͤndi⸗ gen Wanderung nun zu dem Gaſt⸗ hauſe zuruͤck, und fruͤhſtuͤckten zum andern mal mit recht gutem Appetit. Der Wirth legte uns die Brockenbuͤ⸗ cher vor, in welche die Namen derer⸗ jenigen, welche den Berg beſuchen, und ein Wort zum Andenken, wie in ein Stammbuch eingeſchrieben wer⸗ den: eine große Geſellſchaft von Ho: hen und Niedrigen, aus allen Gegen⸗ den umher. Wir freueten uns, daß doch noch ſo viel wißbegierige Leute auf der Welt waren, die dieſen Berg, ihre Kenntniſſe zu erweitern, beſtiegen hatten. Wir fanden Leute von eini⸗ gen und ſtebenzig Jahren, die noch dieſen Weg gemacht hatten. Ein Kaufmann aus Koͤnigsberg komt vor kurzem dahin, und erzaͤhlet, daß er in ſeinem Lande viel vom Brocken ge⸗ hoͤrt habe: er habe Geſchaͤfte in Ber: lin gehabt, und weil er ihm ſo nahe geweſen, (welches etwa 30 Meilen ſind,) ſo habe er ihn doch nicht vor: beigehen wollen, — wie ſehr gefaͤllt mir der Mann! Die Reiſenden haben Empfindfame Reiſe auf den Brocken. 40 ſich zum Theil ein Denkmal ihres ſchlechten Geſchmacks und Sitten in dem Brockenbuche geſtiftet, die aber, wenn ſie gar zu grob ſind, ausgeloͤ⸗ ſchet werden. Ich ſchrieb hinein: Berg! den des Hoͤchſten Wort: es Werde! A Am dritten Schoͤpfungstag erhoht, Sey Zeuge feiner Majeftät, Bis an den letzten Tag der Erde. Beſchwerlich find zu dir die Reiſen, Und ſauer iſt des Wandrers Muͤh, Allein, dem Chriſten und dem Weiſen, Der ſieht, und denkt, bezahlſt du ſie. Der. Herr Paſtor Hann fuͤgte binzu: In Geſellſchaft, zum Vergnügen, ’ Schon zum ſechſten mal beſtiegen. 4 Und unſer ehrlicher Herr Cantor: Brauch eben nicht Poet zu ſeyn, Schreib doch auch einen Vers hinein. Als wir aus dem Hauſe traten, er⸗ öfneten wir nochmals unſere Sinne die hohen Gegenſtaͤnde zu faſſen, und in unſere Seele zu druͤcken. Wir ſeg⸗ neten den Ort, wo wir ſo viel großes und neues geſehen, ſo viel Vergnuͤgen gehabt, unſere Kenntniſſe ſo ſehr er⸗ weitert, und unſerm Geiſt und Herzen Nahrung verſchaft hatten, damit wir uns und unſere Freunde noch eine lan⸗ ge Zeit unterhalten koͤnnen. So oft wir den Berg kuͤnſtig von Ferne ſehen, werden dieſe Vorſtellungen und Empfindungen in unſere Seelen zu⸗ ruͤckkehren, und das genoffene Bergnüs gen erneuern. Und nun traten wir den Rückweg mit großer Zufriedenheit an, und gingen den Fuhrweg an der Ilſe herunter. a no 41 noch zu guter letzt die natürlichen Caß⸗ taden, oder Waſſerfaͤlle der Ilſe, die ſich in einem tiefen Thal uͤber große Felſenſtuͤcke bei einer Stunde lang, unter fürchterlihem Brauſen und ane ee „und beſchaf Empfindſame Reiſe auf den Brocken. 42 tigten uns damit große Stuͤcken Stein ins Thal hinabzuwaͤlzen. Wer ſolte es dieſem Fluß, der bei uns ſo ruhig und friedſam daher fließt, anſehen, daß er ſo viel e machen, und 750 ah * Deitdge zur Geſchichte 5 Gummi Gugel I Taffia. De der neu aufgelebte Gebrauch des Gummi Guajaci gegen die Gicht und Podagra unter die wichtig⸗ ſten Epochen unſers Zeitalters gehoͤren, leugnet wohl Niemand, ob aber deſſen Gebrauch ſo allgemein ſey, wie man es uns vorzuſchwatzen fi ſich erkuͤhnet, iſt wohl noch einer nähern Unterſuchung wuͤrdig, wozu uns der große Patriot Herr Hofrath und Leibarzt Zimmer⸗ mann noch mehr anfachet a). Das deſſen Gebrauch ſchon denen Altern Aerzten bekant geweſen, haben ſchon andere bewieſen, obgleich die wahre Verfahrungsart mit demſelben ſowohl ihnen als uns noch nicht ſo recht bekant geweſen ſeyn muß. Es iſt und bleibt ein wohlthaͤtiges Mittel ſowohl gegen Gicht, als gegen das nur dem Orte nach unterſchiedene Podagra. Die Urſa⸗ che, warum man ſeinen Zweck oͤfters verfehlet hat, liegt nicht ſo ſehr an der Unwuͤrkſamkeit des Mittels ſelbſt, als deſſen unrechten Anwendung, da man entweder nicht genamigenug auf die Aufrichtigkeit des Medicaments, oder Nebenumſtaͤnde des Patienten eeichen, wie man 1 fake bei einem ge — aber ohne Nutzen, verordnet, jeden andern Medicamente zu beobach: ten hat: So werden z. E. die Acria bei einem Waſſerſuͤchtigen, wo die fe⸗ ſten Theile ihre Reizbarkeit verloren ha⸗ ben, nie eine foͤrmliche Geſundheit be: wuͤrken, wenn ſie nicht mit Amaro- adſtringentibus verſetzet ſind, und ſo wird auch das Gummi Guajaci bei Phlegmaticis nicht wuͤrkſam ſeyn, wenn es nicht mit Spirituoſis und amaro ad- ſtringentibus gegeben wird, da eben daſſelbe Mittel hingegen bei trocknen, bagern und blutreichen Subjekten die Umſtaͤnde nicht verbeſſern ſondern ver: ſchlimmern wird. Eben deswegen iſt es ungereimt, wenn man uns dieſes Mittel auf eine empiriſche Art, nem⸗ lich in Taffia aufgeloͤſet zu verordnen anpreiſet, da dieſes Mixtum auf der einen Seite den Branteweinsdie⸗ nern gewiß mehr eine Labung, als Verbeſſerung ihres Zuſtandes, hingegen auf der andern Seite, den Waſſer⸗ und Milchgaͤſten, eine zu ſtarke Reizung, und zu geſchwinde Bewegung des Ge bluͤts, kurz eine Art Fieber bewuͤrken wird. In Subſtanz habe ich es eini⸗ iind und 2) Du fie das ane Wasach von 1778. ser? Stuck. 3 Beiträge zur Geſchichte des Gummi Susjaci und Taffia. brauch, da ich aber fand, daß das Uebel ſeit drei Wochen noch nichts nachgelaſſen hatte, erkundigte ich mich genau nach der Urſache, und fand, daß er ein ſtarker heimlicher Saͤufer war. Ich ſuchte ihm den Brante⸗ wein abzuſchneiden, aber das Uebel nahm doch nicht ab. Endlich kam ich auf die Meinung, daß ſein ganzer habitus corporis, von dem vielen Ge⸗ nuß des Branteweins ſo ſchlecht ſeyn muͤſſe, daß der Reiz und die Fluͤch⸗ tigkeit des Weingeiſtes nicht hinrei⸗ chend ſeyn, feine Säfte in Bewegung zu ſetzen. Ich loͤſte dieſerwegen das Gummi in dem oͤligt flüchtigen Salze des Sylvii auf, ließ ihn eine vegeta⸗ biliſche Diät beobachten, und ſuͤſſe Molken trinken. Dieſe Verfahrungs⸗ art brachte eine ſolche erſtaunende Veränderung hervor, daß er in zwölf Wochen vollkommen geheilet war. vierter Soll. FR Ein Menſch von ſechs und zwanzig Jahren, der bereits an einem ſchlei⸗ chenden Fieber mit Auswurf eine Zeitlang laboriret hatte, welches er ſich durch Aus ſchweifungen im Venere zugezogen, bekam noch zu ſeinem mit: leidenswuͤrdigen Zuſtande ein ent⸗ a Voppenorůgge 5 dane 7. mnie 19307 48 ſetzliches Podagra. Ich wurde bei dieſem Elenden zu Rathe gezogen, und war Anfangs unentſchloſſen, wel⸗ ches Uebel ich zuerſt angreifen ſolte, doch weil bier die gichtiſche Materie die naͤchſte Urſache zu ſeyn ſchien, welche ſich bisher‘ in dem ſchleichenden Fieber moͤgte verhuͤllet baben, ſo ging auch meine Kurart dahin, ihm ſo⸗ gleich das Guajae Gummi in einem mittelſalzigten Geiſte wozu mir der Salmiacgeiſt am vorzuͤglichſten ſchien, aufgeloͤſt, zu geben, wor bei ich ihn eine vegetabiliſche Diaͤt beobachten, und Molken mit Wein⸗ ſteinrahm praͤparirt zum ordinairen Getraͤnke trinken ließ. Wieder mein Vermuthen beſſerten ſich die Umſtaͤn⸗ de zuſehends, nur blieb der ſchleimigte Auswurf noch einige Zeit nach, wel⸗ cher durch den fortgeſetzten Gebrauch der Molken und Chinarinde, endlich auch nach ließ, und jetzt befindet ſich dieſer Menſch vollkommen wohl. Da dieſe Blätter . Abhandlungen nicht erlauben, ſo habe ich auch nur die wichtigſten Faͤlle ) fo mir in meiner Praxi vorgekommen, und worin jederzeit eine andere Kur⸗ art beobachtet werden mußte, ſo kutz tee ene een ach 25 ee 80 504 Moe DN Hannover iſches M. again. Ates Stuck. Montag, den 13ten Januar 1783. ueber Kloͤſter und Kioſterleben. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. uf der Hoͤhe uͤber der Favorite bei Maynz liegt ein Karthaͤu⸗ ſerkloſter, welches mein Mann besehen hat. Ich ſchalt ein wenig über das Harte Geſetz, das mich aus einem Orte verbannte, den ich durch meine Gegenwart nicht wuͤrde enthei⸗ liget haben. Zum erſten und einzigen mal in meinem Leben wuͤnſchte ich eine Koͤnigstochter zu ſeyn, weil man nur ſolchen den Eingang in ein Karthaͤu⸗ Tereloftit erlaubt. Sie wiſſen, daß ich fuͤrs Kloſterle⸗ ben eine heimliche Neigung und Ber: ehrung hege. Laut darf ich dies nicht ſagen „ weil man mich beſchuldigen wuͤrde, ich denke nur ſo aus Neigung zum Sonderbaren. Aber ich bin mir beſſerer Beweggruͤnde bewußt. Der hohe und reine Geiſt der Andacht, De⸗ muth und Genuͤgſamkeit, dem die Kid: ſter gewiß ihre Entſtehung zu danken haben; der Muth mit dem ihre Stif⸗ ter allen lockenden Reizungen der Welt und der Geſelligkeit entſagten, un d ihre fromme Abſicht ganz in abgezoge⸗ ner . den Geiſt zum hoͤhern Le⸗ ben faͤhig zu machen, erwecket meine Bewunderung. Auch bin ich innigſt gerühret von dem Gedanken an die Thraͤnen und Seufzer, die ſo oft aus dieſen ſtillen Wohnungen, ungeſehen von der Welt, zu Gott emporgeſtiegen ſind. Wie viele ſuͤße Neigungen und gewaltige Triebe wurden da uͤberwunden! Noch nie trat ich in ein Kloſter, ohne eine Art von heiligem Schauder zu empfin⸗ den, der vielleicht ſuͤßer war als das freudigſte Staunen beim reichſten An⸗ blick der Kunſt und der Pracht. Wie vergaß ich da alle Satyren, die man ſich gegen Kloͤſter entgehen laͤßt, oder die mir auch wohl ſelbſt entgangen ſind; und fuͤhlte nur, wie ſchoͤn, wie groß und himmelaͤhnlich ein Leben waͤre, das dem Geiſte der Stiftung getreu in Bruderliebe, Wohlthaͤtig⸗ keit, Stille, Froͤmmigkeit, täglich wach⸗ ſender Beſſerung des Sinnes und Her⸗ zens, Reinigkeit, Ordnung, Einfalt, und ungeſtoͤrter Ruhe, in einem Klo⸗ ſter hinfloͤſſe. Dies iſt eine Chimaͤre, ſagen Sie? D Viel⸗ = freilich nicht. 51 Vielleicht; aber ach warum muß es eine ſeyn? Etwa deswegen, weil auch ſchon da zu viele Menſchen zuſammen kommen; und zwar Menſchen, die keine reinen Religionsbegriffe haben, und denen das erſte Jugendleben, in der Welt und mit andern, die Bluͤte der Unſchuld ſchon geraubt bat, und zu viel ſtuͤrmiſche eidenſchaſten in ih⸗ nen ſchon erreget. Daß es Pflicht fen fich einer fo rau⸗ hen Einſamkeit zu weihen, glaube ich Es kan vielleicht, unter manchen Umſtaͤnden, ſogar unrecht ſeyn. Auch gebe ich gerne zu, daß nach ihrer jetzigen Beschaffenheit, ſol⸗ cher Wohnſitze des Muͤſſigganges zu viele ſind, und daß der Plan ſie einſt alle aufzuheben eine ſehr politiſch weiſe Anſtalt ſeyn wuͤrde. Aber manchem Ungluͤcklichen wuͤrde doch auch ein Zu⸗ fluchtsort entzogen; denn Sie werden mir zugeben, daß für kranke, erſchoͤpf⸗ te, muͤde, von den Verhaͤltniſſen der Welt wundgedruͤckte, in ihren Wuͤn⸗ ſchen betrogene, in ihren Hofnungen geſcheiterte Herzen das Kloſter eine ſchoͤne ſichere Freiſtadt iſt, um die Truͤmmer ihres Gluͤcks, ihrer Ge⸗ fühle und Kräfte noch aufzuleſen zu ſammeln und zu genießen, anſtatt, daß die Welt ſie gar zerſchmettern wuͤrde. Mich intereſſiren darum alle Kloͤſter und beſonders die Karthaͤuſer. Weil fie nicht reden durfen; und weil das wohl einer Dame ſehr trau⸗ rig ſcheinen muß, werden Sie den⸗ ken? Doch nein; ich bedaure fie eben des halb nicht ſehr. Sie koͤnten ſich Ueber Kloͤſter und Kloſterleben. 52 viel Verdruß und Widerwäͤrtigkeit da⸗ durch erſparen; und der Geiſt muͤßte an innerer Kraft und Ausdehnung da⸗ bei gewinnen, wenn ihnen nur verſtat⸗ tet wuͤrde, denſelben durch gute Buͤ⸗ cher zu uͤben und zu erweitern. Aber, in der Einſchraͤnkung, worin die ar: men Moͤnche leben, glaube ich freilich wohl, ſie gerathen oft in eine voͤllige Gedaukenloſt igkeit. Sonſt iſt in vielen Stücken ihre Einrichtung vortreflich. Ihre Woh⸗ nungen ſind bekantlich die ſchoͤnſten unter allen, und auch dieſe Mayn⸗ ziſche Karthaus ſoll praͤchtig ſeyn. Große ſchoͤne Kreuzgaͤnge mit Schnitz⸗ werk und ſehr guten Gemuͤhlden ge⸗ zieret, helle und wohlgeſchmuͤckte Saͤle und eine ſehr koſtbare Kirche mit Saͤulen vom ſchoͤnſten Marmor dieren dieſe Wohnung der Demuth. Alle Cellen ſind rein, helle und bequem, aus allen iſt die Ausſicht ſchoͤn. Je⸗ Se der Karthaͤuſer hat nicht nur eine Celle, ſondern verſchiedene kleine Ge⸗ maͤcher; eine Kuͤche in der ſie ihre Kleidungen reinigen; eine Kammer mit Bibliothek und Drechſelbank, und eine andere Geraͤihskammer. Sie wiſſen alle ein Handwerk und haben die Werkzeuge dazu. Auch hat jeder einen kleinen Garten, den er ſelbſt be⸗ arbeitet. Das ganze Geraͤthe der Karthaͤuſer beſteht aus zwei oder hoͤch⸗ Rens drei haͤrnen Hemden, zwei Roͤk⸗ ken, zwei Scapnlieren, drei Paar Struͤmpfen, vier Paar Schuhen, eis ner Kappe, und zwei haͤnfenen Guͤr⸗ teln. Betttuͤcher, Federbetten —— 53 Matratzen haben ſie nicht, ſondern ſie liegen auf bloßem Stroh. Zu ihrer Ausſtattung gehoͤren noch zwei Naͤh⸗ nadeln, etwas grober Zwirn, eine Scheere, ein Kamm, ein Scheermeſ— ſer, ein Wetzſtein nebſt Leder, eine Pfrieme, eine Ahle, ein Bleiſtift, Krei⸗ de, Lineal, Federn, Papier, Schreib: tafel, eine vollſtaͤndige Drehbank, ei: nige geiſtliche Buͤcher, und die noͤthi— gen Werkzeuge ihres Handwerks. Alle dieſe Dinge muͤſſen immer in der groͤßten Reinlichkeit und Ordnung er⸗ halten werden. Jede Woche geſchie— het eine Nachſuchung, und findet ſich irgend ein Stuͤck mehr oder weniger, fo wird der Unordentliche beſtraft, und der nach Ueberfluß gierige komt gar in den Bann. Sie gehen taͤglich dreimal auf den Chor, und uͤbrigens bleibt jeder fuͤr ſich allein. Das Eſſen wird jedem in ſeine Celle geſchoben. Sie beſchaͤfti⸗ gen ſich mit Leſen und Beten, mit ih⸗ rem Garten, und mit allerlei Hand: arbeit. Sie eſſen und trinken ſehr gut, brauchen fuͤr nichts zu ſorgen, und bauen ſelbſt die koͤſtlichſten Wei⸗ ne. Etwas theurer Kauf ſind indeſſen alle dieſe ſchoͤnen Sachen, denn der Orden iſt gewaltig ſtrenge. Ohne be: ſondere Erlaubniß des Priors, darf kein Pater ſprechen, außer einmal in der Woche, da ſie ſich verſammeln und von geiſtlichen Dingen unterhal—⸗ ten. Aber das geringſte von dem was geredet wird zu offenbaren, iſt bei ſchwerer Strafe verboten. Fleiſch duͤrfen ſie durchaus nicht Ueber Kloͤſter und Kloſterleben. 54 eſſen. Nicht nur wer es ſelbſt ißt, ſondern auch, wer es andere eſſen ſiebt, obne es zu hindern und anzuge⸗ ben, wird mit Gefaͤngniß beſtraft. Außerdem faſten ſie einmal in der Woche bei Brodt, Waſſer und Salz. Sie erhalten ſelten Erlaubniß auszu⸗ gehen, und wer ohne dieſelbe nur fuͤnf Tage aus dem Kloſter bleibt und frei⸗ willig wiederkomt, wird ohne Gnade eingeſperret, zwanzig mal gegeißelt, und muß zwanzig mal auf der Erde eſſen. Es iſt freilich traurig und ein großer Vorwurf gegen das Kloſterle⸗ ben, daß man mit einer ſolchen Stren⸗ ge Menſchen zu Pflichten anhalten will, die ihnen lieb, ſuͤß und heilig ſeyn ſolten, und deren Erfüllung gleich auf⸗ boͤrt ein Verdienſt zu ſeyn, ſobald ſie erzwungen werden. Doch hat dies viel⸗ leicht nur einen haͤrtern Anſchein, als ſo manches Weltverhaͤltniß, worin man den Menſchen als Maſchine be⸗ handelt, und oft wegen einer minder guten Abſicht quaͤlet und zwingt. Son⸗ derbar iſts, daß die Karthaͤuſer ſehr ſcharf beſtraft werden, wenn ihnen ir⸗ gend ein Schwur entfaͤhrt, als etwa, bei meiner Treu! Die Layenbruͤder haben es bei den Karthaͤuſern uͤbel. Sie duͤrfen ſich in Gegenwart der Religioſen nicht ſetzen, noch bedecken; ſie bedienen ſie, und thun alle ſchwere Arbeit in und außer dem Kloſter. Dafür werden ſie, auch ohne irgend etwas verbrochen zu haben und nur bloß aus Heiligkeit, fleißig gegeißelt. Diejenigen die auf dem Felde ſind, und dieſer frommen D 2 Uebung 55 Uebung wegen, ihre Arbeit nicht ver⸗ ſaͤumen duͤrfen, kaufen ſich von der Diſeiplin los, indem ſie eine gewiſſe Anzahl Gebete aufſagen. Ich erkundigte mich bei dieſer Ge⸗ legenheit auch nach Karthaͤuſer⸗ 3 und erfuhr verſchiedenes da: von. Es iſt ganz auffallend, daß ſich mein Geſchlecht ſchwerer zum Geluͤb⸗ de des Stillſchweigens entſchließen kan als das maͤnnliche. Unter hun⸗ dert und drei und fiebenzig Karthau⸗ fen, die es in der Cheiſtenheit giebt, ſind nur fuͤnfe von Nonnen bewohnt, und die letzte von dieſen iſt ſchon im Jahr 1344 erbaut worden; nemlich in den Zeiten, da unſer Geſchlecht noch ſo gerne ins Kloſter ging als jetzt auf eine Redoute. Die Karthaͤuſerinnen find nicht vl: lig ſo ſtrengen Satzungen unterwor⸗ fen als die Mönche. Sie ſtehen je: doch, wie dieſe, unter der allgemeinen Aufſicht des Priors der großen Karz thaus, und eines beſondern Vicars, dem auch die Priorin untergeordnet iſt. Sehr ſtreng iſt ihre Regel in An⸗ ſebung der Beſuche. Ausgehen duͤrfen fie nie, und nur ihre naͤchſten Bluts⸗ verwandten duͤrfen fie im Sprachzim⸗ mer ſehen, doch auch dieſe nicht an⸗ ders als in Gegenwart der Superio⸗ rin und mit niederhaͤngendem Schleyer. Einer Mannsperſon einen Kuß geben, wuͤrde, wie billig, mit ſchwerer Strafe geahndet. Auch duͤrfen ſie weder ſchrei⸗ den, noch Geſchenke annehmen; und ihre gewöhnliche Strafe für ein fol ches Vergehen iſt, daß ſie eine Woche Ueber Kloͤſter und Kloſterleben. che; ſi 56 2 lang im Speiſeſaal auf der Erde eſſen muͤſſen. Ihre Kleidung iſt uͤberein⸗ ee. mit der Kleidung der Moͤn⸗ ie iſt auch ganz von weißem oder hellgrauem Tuche, nur tragen ſie noch einen weißen Mantel oder Chorkleid, und Weihel und Wimpel wie andere Nonnen. Am Tage der Einfegnung; - die nicht vor ihrem fuͤnf und zwanzig⸗ ſten Jahre geſchehen darf, wird ihnen uͤber dem Weihel eine vergoldete Kro⸗ ne aufgeſetzet, eine breite mit Gold be⸗ ſetzte Binde uͤber die Schulter gehan⸗ gen, die vorne bis auf die Fuͤße berun⸗ ter geht; unten ſtehen an beiden En⸗ den goldene Kreuze, und goldene Qua⸗ ſten hängen daran. Ueber dem rech⸗ ten Arm, mit welchem fie eine brennen: de Fackel tragen, haͤngt eben eine ſol⸗ che Binde; und das Ganze, wovon ich eine Abbildung ſah, hat ein feier⸗ lich ſchoͤnes Anſehen. Wenn ihr Ju⸗ beltag gefeiert wird, das heißt, wenn ſie funfzig Jahre im Orden geweſen 1 0 erſcheinen ſie wieder in dieſem Schmucke, und werden auch darin begraben. Uebrigens leben ſie wie die Moͤnche, außer, daß ſie zuſammen eſſen, weniger gegeißelt werden, we⸗ niger Beſchaͤſtigung, und folglich mehr Langeweile haben; und auch, welches aber wohl nur Laͤſterung iſt, das Gebot des Stillſchweigens nicht völlig fo gewiſſenhaft befolgen. Man glanbt gewoͤhnlich, fuͤr die Karthaͤnſer ſey die Erinnerung des Todes ein ſo ſtrenges Geſetz, daß ſie ſich nur mit einem Gedenke an den Tod, begrüßen dürfen. Bei 1 e⸗ 17 legenheit habe ich aber erfahren, aß es nicht die Karthaͤuſer, ſondern andere Moͤnche ſind, welche unter dem Namen der Bruͤder des heili⸗ gen Pauls, oder Vaͤter des To⸗ des, einen Einſiedlerorden ausmach— ten, wovon noch einige in Italien ſeyn ſollen. Dieſe, und nicht die Karthaͤuſer, ſchlafen in Saͤrgen, und tragen vorne auf dem Scapulier einen Todtenkopf. Gedenke des Todes iſt ihr Gruß, Gedenke des Todes iſt die Rubrik, womit alle ihre Sa⸗ chen bezeichnet ſind, und das Gebet ausgenommen der einzige Laut den ihr Mund ausſprechen darf. Nachdem ich mich ſo lange bei meinen lieben Karthaͤuſern aufgehal⸗ ten, werde ich ihnen nur Weniges von einigen Nonnenkloͤſtern ſagen, die ich in Maynz beſuchte. Das ſchoͤnſte war das Bernhardinerinnenklo⸗ ſter, welches gut gebaut und reich⸗ lich verſorgt iſt. Ich ging unter dem Schutz einer alten froͤmmelnden Da: me dahin, und ward mit der aller groͤßten Freundlichkeit aufgenommen, auch ſehr gefaͤllig in alle Saͤle, Cel⸗ len und Winkel des Kloſters herum⸗ gefuͤhret, wo ich dann alles gebuͤh⸗ rend lobte, und mir dadurch das Zu⸗ trauen und die Gunſt dieſer guten ein⸗ faͤltigen Seelen erwarb. Die Kirche iſt ſchoͤn und groß. Altar und hohe Saͤulen ſind von ſchoͤnbuntem Marmor ſehr gut gear⸗ beitet. Ich ſand da einige koſtbare Gemaͤhlde, deren Werth aber, wie ich bemerket habe, man in Kloͤſtern Ueber Kloͤſter und Kloſterleben. 58 gar nicht kennt; denn ein bunt ge⸗ mahlter Heiliger mit recht verdrehten Augen, und eine mit Flitterwerk tuͤchtig behangene Madonna find Mei— ſterſtuͤcke des Geſchmacks für Non: nen. In einem ſehr ſchoͤnen geraͤu— migen Chor zeigten ſie mir in ver⸗ ſchiedenen Schraͤnken eine große Men⸗ ge Silberzeug, und eine ihrer Mei⸗ nung nach ſehr koſtbare Reliquie, den Schaͤdel eines Heiligen. Zwar konten mir die guten Nonnen nicht ſagen, wie der Heilige heiße, fuͤr den ſie unbekanter Weiſe eine ſo große Ehrfurcht hegten. Ein Held mag er wohl geweſen ſeyn, denn der Schaͤdel iſt mit Helm und Federbuſch gezieret, und der Koͤrper, den man ihm ver⸗ fertiget hat, iſt mit einer heroiſchen Kleidung von Atlas angethan, und ſehr reich und koſtbar mit Gold, Sil⸗ ber und vielen aͤchten Perlen geſticket. Dieſer Aufwand, mit dem ſo man⸗ chem Elenden geholfen werden koͤnte, ſcheint thoͤricht; aber was jede Da⸗ me an ihren eigenen Leib haͤngt, das hängt die Nonne an ihren Heiligen. Die Cellen ſind vollkommen hell und reinlich. Nur begreiſe ich nicht, wie ſie es im Winter aushalten koͤn⸗ nen, da die Aebtiſſin und die Kran⸗ ken ausgenommen, keine Nonne ei nen Ofen in ihrer Celle haben darf. Auch bedauerte ich ſie herzlich, daß ſie in der ſtrengſten Kaͤlte, mitten in der Nacht einige Stunden auf dem Chor zubringen, und im Sommer unter einer entſetzlich heißen Kleidung verſchmachten muͤſſen; denn, wenn fie D 3 Bi 63 einem Theile geloͤſchtem Kalch, dem Ge⸗ wichte nach, vermiſchtwerden, er eben die Dienſte als der bereitete Tarras leiſtet, jedoch behaͤlt die vorhin angezeigte Art mit duͤnnem Kalch bereitet den Vor⸗ zug. Ich habe nach dieſer Art Stei: ne bereiten und mit eben dieſem Moͤr⸗ tel vermauern laſſen, welche Waͤnde gaͤnzlich zu einem Stein geworden ſind. 1 Um Steine zu machen, gießet man dieſen mit duͤnnem Kalch angeruͤhr⸗ ten Moͤrtel auf Bretter oder nur auf die Erde, ſo dicke oder duͤnne als man will, aus einander, des andern Tages, oder nach etlichen Stunden, ehe die Maſſe Riſſe kriegt, ſchneidet man in beliebiger Form und Groͤße die Steine ab, welche eine Zeitlang taͤglich, oder wenn ſie halb trocken | Bahrenburg. Anfrage. N ie iſt der ſogenannte Kaͤlberkrop Daus einem Obſtgarten, deſſen Graͤſung (die man zur Gluͤnfuͤtte⸗ rung für Hornoieh im Stalle benuz⸗ zet,) faſt lediglich aus dieſem Kraute Nachricht uͤber den Bahrenburgiſchen Kalchmergel. 64 ſind, begoſſen werden muͤſſen, bis bart geworden. Sie werden weit leichter als die gebrannten Steine, und laſſen ſich auf dieſe Art viele in großer Geſchwindigkeit machen. An Haͤrte kommen ſie den gebranten Stei⸗ nen nicht voͤllig gleich, dagegen aber gehet das Gemaͤure in eine ſolche ge⸗ naue Verbindung, daß waſſerfeſte Behaͤltniſſe damit gemacht werden koͤn⸗ nen, welches von gebrannten Steinen nicht zu erwarten ſtehet. Da die Pulveriſirung dieſes Moͤr⸗ tels annoch muͤhſam und koſtbar iſt, ſo kan vor jetzo noch nicht der Himte unter 18 mgr. verlaſſen werden, wer ihn aber ungemahlen in kleinen Stuͤk⸗ ken nehmen will, erhaͤlt den Himten oder 60 Pfund für 12 mgr. Jordan. 4 a) ; — 7 * Nit 7 > * ber Pr 1 5 1 3 215 Er beſtehet, auf die leichteſte, gewiſſeſte und wenig koſtbare Art gaͤnzlich zu vertilgen? Es wüuͤnſchet Jemand ſol⸗ ches durch dieſe Blaͤtter bald zu er⸗ fahren. ee. 3 1 s | N ‚3 em Hr | enn J in eee 85 ag rt inn g 185 Is ö I ni iz IVO BE D 05 BR 00 Hannonet ſches Magazin. sts Stuͤck. Freitag, den 17ten Januar 1783. — — Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. 9 on Wisbaden fuhren wir uͤber > Biberich nach Schlangenbad. Ich hatte außerordentlich viel von der Lage dieſes Orts gehoͤrt, und war ſehr neugierig ihn zu ſehen. Wuͤrklich zeigt ſich das Schloß und der Garten zu Biberich von weitem ganz vortreflich. Der ſchoͤne Rhein, der unter den Fenſtern vorbei fließet: links die Ausſicht auf Maynz, das nur eine gute Stunde davon liegt; rechts auf eine weite ſpiegelhelle Flaͤche in der ſich Thuͤrme, Haͤuſer, Obſtbaͤu— me und Weinberge mahlen; in dem Fluſſe ſelbſt, die treflichſten Inſeln oder Auen, wie ſte es da nennen; rings umher eine paradieſiſche Gegend, — welch ein Anblick; und wie koͤnte ge⸗ ſchmackvolle Kunſt eine ſolche Lage nuͤtzen! Das iſt hier aber gerade nicht geſchehen. Der Garten liegt nicht am Rhein, welches doch fo natürlich geweſen wär re, ſondern hinter dem Schloſſe. Es iſt auch nichts merkwuͤrdiges darin, als ein Berceau von Aprikoſenbaͤumen, das leicht nach zu machen waͤre, und ſehr huͤbſch iſt. Eine ſchoͤne Obſtallee, die nach einem andern Uſingiſchen Ort Schierſtein geht, iſt vortreflich genuz⸗ zet, um dem Garten eine perſpektiviſche Ausſicht zu geben, und die iſt auch wuͤrklich laͤndlich und ſchoͤn. Uebri⸗ gens iſt der Garten groß, hat ein arti⸗ ges engliſches Bosquet, worin die hoͤch⸗ ſten Pappeln und Plantanen fteben, die ich geſehen habe, und noch mancherlei Abwechſelungen, die aber zum Theil ins kleinliche fallen; und bei weitem iſt es nicht was es ſeyn koͤnte. Recht ſchade iſt's, daß man aus dem Garten den Rhein nicht ſieht! Zwiſchen dem lieben Fluß und dem Schloß hofe geht die Landſtraße, und eine Kaſtanienallee, die mir lieber waͤre, als der ganze Gar⸗ ten. Das Schloß iſt groß und hat ein gutes, obgleich etwas veraltertes An— ſehn; es ſind zwei Fluͤgel, welche durch eine lange und hohe Gallerie aneinan⸗ der haͤngen. In der Mitte dieſer Gal— lerie iſt eine Kuppel, welche einen run⸗ den großen Saal enthaͤlt, der oben mit einer Platteforme gedeckt iſt, die ſchoͤn ausſiehet, auf der man aber nicht g hen E kan, a kan, welches mir etwas widerſinnig ſchien. Ueberhaupt iſt eine ſolche Bau⸗ art pralend und koſtbar, aber gar nicht nach meinem Geſchmack; denn der Kup⸗ polen und Gallerien wegen fehlt es an Zimmern, und die unnuͤtze Pracht ver⸗ ſchlinget die Bequemlichkeit. Von Biberich auf Schlangenbad iſt der Weg ganz beſonders angenehm. Er durchſchneidet einen Theil vom Rheingau, dieſer treflichen Gegend Deutſchlands, wo kein Strauch, kein Holz zu ſehen iſt, als Weinſtoͤcke, Obſt⸗ baͤume und Gartengewaͤchs. Auf einer Anhoͤhe fand ich eine der praͤchtigſten Ausſichten die ich kenne, auf den Mayn und den Rhein, die ſich bis auf eine Stunde von ihrem Zuſammenfluß ganz deutlich unterſcheiden, indem der erſte truͤb und gelblicht, der andere aber viel heller und blaͤulichter ſcheint, und auf Maynz, Kaſtel, Biberich, Schierſtein, und ſechs bis acht andere ſchoͤne Oerter. So faͤhrt man durch die heiterſte an⸗ muthigſte Gegend bis Neudorf; bier ändert ſich alles ploͤtzlich. Der Ort ſelbſt, ein ſchlechtes altes Dorf, liegt ſehr romantiſch unter einem mit Holz bewachſenen Berge, und jenſeits findet ſich keine Spur mehr des lieblichen Rheingaus, es iſt als ſey man durch einen Zauber in eine ganz andere Welt verſetzt. Weg ſind Weinberge und Obſtbaͤume, weg der Rhein, weg die beitern Fluren und die ſchoͤnen pran⸗ genden Doͤrfer. Einſam, ſchaudericht und wild ſchließt ſich die weite Ebene in ein enges eingeſchloſſenes und wohl zwei Stunden lang ſich zwiſchen Ber⸗ Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. 68 * gen hindurchwindendes Thal, die wie hohe felſſchte Ufer einander gegenuͤber ſtehen. Man glaubt das Bett eines Fluſſes zu ſehen, der in einen ſchmalen Bach zuſammen getrocknet ſey; denn ein Bach iſt da. Er kruͤmmt ſich durch ſchmale gruͤne Ufer, mit Stein und Grant beſetzt, und an manchen Stellen ſcheint es nur, als haͤtte er einſtens da ſtark gefloſſen und Steine mit ſich gefuͤhrt. i Die Landſtraße geht links auf der Hoͤhe uͤber den Bach hin, und kruͤmmt ſich mit ihm um die Berge; ſo daß man weder vor noch hinter ſich, weit weg ſe⸗ hen kan, und immer eingeſchloſſen iſt. Etwa zweihundert Schritte von einan⸗ der liegen am Bach einzelne Haͤuſer und Muͤhlen. Das einzige Gewerb der Menſchen in dieſer Gegend iſt das Korn, das ihnen viele Meilen her auf Eſeln zugebracht wird, denn in dem engen Raum den ſie bewohnen, ſieht man nur felten einen kleinen Acker. Endlich erblickt man Schlangenbad, wie die Muͤhlen im Thale; aber die neuen großen Gebaͤude don allen Sei⸗ ten mit Heckengaͤngen umringt, ſehen recht artig aus, und es erſcheint als ein ſchoͤnes Landgut. Ha Zwei Wohnungen find da, Die eine gehört dem Churfuͤrſten von Maynz, der den größten Theil des angraͤnzenden Landes befißt, und wird das Maynzi⸗ ſche Haus genannt. Es iſt ziemlich groß, anſehulich gebaut, artig einge richtet, hat einen ſchoͤnen Saal, und eine angenehmere Lage als das andere, weil es unter einem hohen mit ſchoͤnem f Holz 69 Holz bewachſenen Berge liegt, der bis auf die Hoͤhe, in der Mitte gerade dem Hauſe gegenuͤber aufgehauen iſt. Das andere Haus, welches das Heſ— ſiſche genannt wird, gehoͤrt dem Land⸗ grafen von Caſſel, und iſt wie alle Heſ—⸗ ſiſchen Gebaͤude aͤußerſt vollftändig und recht bequem eingerichtet. Eigentlich ſind es drei Haͤuſer, welche durch lan⸗ ge bedeckte Gaͤnge an einander haͤngen, ſo, daß man bei uͤblem Wetter aus ei⸗ ner Wohnung in die andere mit Be⸗ quemlichkeit gehen kan, welches fuͤr Kranke ſehr angenehm iſt. In dieſem Hauſe wohnten wir, und es hat den großen Vorzug, daß die Baͤder hier find; ſtatt, daß man aus dem Mayn⸗ ziſchen Hauſe heruͤber muß, wenn man baden will. N Der Landgraf von Heſſen⸗ Caſſel, dem bekanntlich die Hoheit im Rothen⸗ burgiſchen gehoͤrt, hat ſich bei einem Vergleich die Quelle vorbehalten, und dieſe iſt unter Schloß und Aufbewah⸗ rung eines Burggrafen (Concierge) der hier wohnt, und die Aufſicht uͤber das ganze Weſen, ſowohl als die Be forgung und Berechnung des Quar⸗ tiers hat. Die beſten ſind auch gar treflich eingerichtet, und die geraͤumig⸗ ſten und bequemſten die ich kenne. So ungerne ich ſonſt bade, war es mir hier immer angenehm. Das Waſſer kan wohl keine große Kraft haben, es iſt außerordentlich ſanft und leicht, und hat eine gewiſſe Fettigkeit, welche die Haut ſehr erweicht und leichte Wun⸗ den heilet. Man kan ſogar ohne Sei⸗ fe damit auswaſchen. Große Krank; Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. 70 heiten wird es ſchwerlich allein zu he⸗ ben vermoͤgend ſeyn, aber als ein lin⸗ derndes beſaͤnftigendes Mittel hat es gewiß ſeinen Nutzen. Indeß iſt un⸗ ſtreitig, daß man ſich beim Gebrauch davon erleichtert findet; es macht hei⸗ ter, geſchmeidig, leicht, und es iſt viele leicht kein Waſſer in der Welt, von dem ohne Schaden und Beſchwerlich— keit ſo viel getrunken werden kan. Da⸗ zu iſt die Luft, wie mir deucht, hier außerordentlich rein und heiter. Schlangenbad iſt uͤbrigens ein gar angenehmer Aufenthalt, die ſanfteſte lieblichſte Einſamkeit, zwiſchen Ber⸗ gen, die freilich die Ausſicht verhin⸗ dern, aber doch ſich genugſam oͤfnen, um der Gegend nichts dumpfes zu ge⸗ ben und nichts finſteres. Schlangen: bad iſt nicht wie Pyrmont der Aufent⸗ halt lauter rauſchender Freude und glaͤnzender Geſelligkeit. Es iſt keine einzige Allee da, wo viele Menſchen bei einander koͤnten hergehen. Aber die ſchmalen Heckengaͤnge laden, wie die ganze Gegend, die Seele ein zu einſamem und ſtillem Nachdenken. In jedem kuͤftgen waͤhet philoſophiſche Me⸗ lancholie; aber es iſt ruhige Melau⸗ cholie, mehr Ernſt als Schwermuth, mehr ein Vergeſſen, von allem was dem Herzen wehe thut, als ſchwaͤrmeriſcher Genuß des Gegenwaͤrtigen. Die Einbildungskraft ſchwelgt nicht, ſie ſchlummert in lieblich träumender Ru: be. Das liebe Thal, fo eng, fo grün, ſo ſtill und einſam, ſcheint mit jedem Blick die Lehre in das Herz zu praͤgen: daß der Menſch wenig bedarf. f E 2 Ge⸗ 7ı Gewiß wuͤrde Ihnen der Ort gefal: len; und beſonders eine Stelle, wo ich immer mit Vergnuͤgen geſeſſen ha⸗ be, ein kleines Vorgebuͤrge, von wel: chem man ins Thal herab, rechts auf die Brunnengebaͤude, links auf einige Muͤhlen ſieht, die, zum Theil durch einen Wolkenbruch beſchaͤdiget und um⸗ geriſſen, einen recht mahleriſchen An: blick geben. Die Landſtraße nach Maynz iſt gegen uͤber, ruͤckwaͤrts der Weg nach Schwalbach, und das gan: ze hat etwas Schweitzeriſches. Zum Heſſiſchen Hauſe gehoͤret noch ein Saal, oder vielmehr eine ſehr Tanz ge Gallerie, wo ſich die Kurgaͤſte (wenn welche da ſind,) verſammeln, um zu tanzen, und zu ſpielen. Es iſt aber traurig, dieſe ſchoͤne Gallerie ſtets ſo leer zu ſehen; eine einzige graͤßliche Spielergeſtalt fand ich da in einer Ecke bei einem ausgedienten Pharao: tiſche ſitzend, worauf er recht viel Gold ausgekramt hatte. Es war am erſten Morgen meines Hierſeyns; ich war alleine, und da ich kein lebendiges Ge⸗ ſchoͤpf hier vermuthete, erſchrack ich wuͤrklich uͤber die abentheurliche tra; gicomiſche Figur dieſes Menſchen, der uns nachher durch fein wahrlich ori; ginales Weſen oft lachend machte. Der verſtorbene Landgraf von Caſ⸗ ſel, der ſehr viel auf dieſen Ort gebal: ten hat, ſorgte ſehr fuͤr ſeine Verſchoͤ— nerung. Er ließ noch ein großes ſchoͤ— nes Haus nicht weit vom alten auf— bauen, welches aber inwendig noch nicht eingerichtet iſt, auch wohl nie werden wird. Schwerlich kommen je⸗ Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. mals ſo viel Fremde hieher, daß in der jetzigen Wohnung nicht hinlaͤng lich Raum fuͤr ſie ſey, denn in dieſen drei an einander haͤngenden Haͤuſern kan man wohl zweihundert Menſchen und druͤber beherbergen. N e Seit einiger Zeit hat Schlangen⸗ bad ſehr an Glanz und Zulauf verlo⸗ ren; vermuthlich weil zu viel Baͤder in dieſer Gegend ſind, und weil man dies fuͤr eins der unkraͤftigſten haͤlt, ſo vortreflich es auch ſonſt, zumal für ſchwache luftſcheue und kraͤnkelnde Perſonen, eingerichtet iſt. Der verſtorbene Landgraf von Caſ—⸗ ſel und der vorletzte Churfuͤrſt von Maynz, baben ſich hier viel aufgehal⸗ ten, und mancherlei Entwuͤrfe zur Ver⸗ ſchoͤnerung dieſes von Natur ſchon ſo reitzenden Orts zuſammen gemacht; unter andern einen den fie aber ſchnell vernichtet haben, weil er uͤber eine Million Gulden koſten ſolte. 2 Die Spatziergaͤnge beim Maynzi⸗ ſchen Haufe find weitlaͤuſtig und groß. Eine ſehr ſchoͤne hohe Heckenallee geht gewiß uͤber vierhundert Schritt lang ſchnur gerade, und gelinde ſteigend vom großen Saal bis ins Holz, wo ſie ſich verliert, und von beiden Seiten ſind unzaͤhlig viele Heckengaͤnge, welche wer gen der Einfoͤrmigkeit nicht gefallen. Zu der Zeit als das angelegt ward, kante man noch in Deutſchland den Engliſchen Geſchmack in Spatziergaͤn⸗ gen nicht, und dieſe koͤnten mit wenig Muͤhe und Koſten uͤberaus artig dar⸗ nach eingerichtet werden, denn die Lage iſt vortreflich. Aber es wird von Mayn⸗ 72 73 Maynziſcher Seite nichts mehr daran gewandt. Dr Als eine Merkwüͤrdigkeit zeigte man mir einen großen Stein, an welchem vier Landesherrn auf ihrem eigenen Grund und Boden ſitzen koͤnten. Dies find die Landgrafen von Heſſen Caſſel und Rothenburg, der Fuͤrſt von Naſ— fau Uſingen, und der Churfuͤrſt von Maynz. Schlangenbad muß wohl fein Be nennung von den vielen Schlangen haben, die man auf dieſem warmen Fleck haͤufig findet. Ich ſelbſt habe eine große Menge angetroffen ohne mich dafuͤr zu fuͤrchten; denn ſie ſind ganz unſchaͤdlich, und dienen zu einem beſondern Erwerb der armen Kinder. Sie ſtecken nemlich eine zwei oder drei Ellen lange Schlange, die fie aufgezo⸗ gen und zahm gemacht haben, in einen Sack, und machen fuͤr einen Kreuzer allerlei Kunſtſtuͤcke damit, die ganz ge⸗ faͤhrlich ausſehen; treten fie mit Fuͤſ—⸗ ſen, ſchlenkern ſie um den Arm und dergleichen. Das Betteln in dieſen Gegenden iſt ganz unausſtehlich. Man kan nicht einen Schritt thun, ohne einen Hau: fen ſolcher quaͤlenden Geſchoͤpfe hinter ſich her zu haben, und ich habe an mir ſelbſt gemerkt, daß die Mitleids Em⸗ pfindung dadurch, daß ſie ſo viel und gewiß oft betruͤglich gereizt wird, bei— nahe erkaltet. Denn ſehr oft bin ich uͤber die unaufhoͤrliche Verfolgung recht verdrießlich un gar nicht gerührt geweſen. Eine ſehr nützliche Anſtalt iſt, daß Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. 74 hier von den beiden Landesſuͤrſten, eine kleine Beſatzung gehalten wird. Von Heſſiſcher Seite find es freilich nur drei Invaliden mit einem Unteroffi⸗ cier, die ſich von Sanet Goar aus alle zehn Tage abloͤſen; ein wuͤrklich ber ſchwerlicher Dienſt fuͤr abgelebte aus⸗ gediente Soldaten, denn Sanct Goar iſt neun Stunden von Schlangenbad, und die armen Leute ſtehen den dritten Theil vom Tage hier immer auf einem Fleck. Beim Maynziſchen Hanſe iſt ein ordentliches kleines Wachtgebaͤu⸗ de, und ſo lange als Gaͤſte da ſind, werden alle Monat zwanzig Mann von Maynz hergeſchickt, welche ſehr ordentlich und reinlich gekleidet ſind. Dies erbält Ordnung und Ruhe, und ich glaube, es würde ſehr unſicher ſeyn, ſich ohne dieſe Beſchuͤtzung hier auſzu⸗ halten, da es fo viel herumſchweifen⸗ des Geſindel giebt, das ſich vortreflich in den Waͤldern verbergen koͤnte. Gleich in deu erſten Tagen unſers Hierſeyns fuhren wir nach Schwal— bach, welches nur eine gute Meile von bier iſt. Wir vermutheten ſehr große Geſellſchaft da anzutreffen; und wuͤrk⸗ lich war ſie auch noch jetzt nach der voruͤbergegangenen glaͤnzendſten Kur; zeit zahlreich. Dieſe dauert eigentlich in Schwalbach nur drei Wochen; aber in der Zeit ſoll auch das Gewimmel und Gedraͤnge von Menſchen unbe⸗ ſchreiblich ſeyn worunter freilich nur der kleinſte Theil ſich auszeichnet. Der Ort an ſich, hat mir durchaus ſchlecht gefallen. Er liegt auch ſeiner gewaltigen. Länge nach in einem engen E 3 | Tha⸗ 75 Thale; aber es iſt kein liebliches gruͤ⸗ nes, durch einen Bach getheiltes Thal, fondern ein ſteinigter Boden. Die Berge, die es einſchließen, ſind nicht mit ſchoͤnem Holz bewachſen, ſondern ganz kahl; ſo daß es ganz an Schat⸗ ten fehlt. Es ſind verſchiedene Quellen da, von welchen einige dem Landgrafen von Rothenburg, andere den Einwohnern zugehoͤren. Unter dieſen letzten wird vorzuͤglich der Weinbrunnen am mehrſten getrunken und außerordent: lich geſchaͤtzt, ob er gleich lange ſo ſtark nicht ift als der ſogenannte Braͤtz⸗ brunnen, der oben in der Stadt bei einer kleinen elenden Promenade her: vorquillt. Dieſe unanftändige Be: nennung machte mich aufmerkſam, und fie hat wuͤrklich eine ſehr comi⸗ ſche Urſache. Der Adel, der nebſt an: dern von dem Weinbrunnen trinkt, hat eine Art von heimlicher Verach⸗ tung fir die, welche in den Kraͤtz⸗ brunnen mehr Vertrauen haben, ſpotten und wundern ſich daruͤber, und ſo wieder umgekehrt; grade ſo, wie in Niederſachſen einer den andern ſei⸗ nes Arztes wegen auslacht. Aber bei den Kraͤtzgaͤſten, die bei weitem die ſchwaͤchſte Parthei ausmachen, mi: ſchet ſich dann noch eine kleine Art von Haß zum Hohne; weil in der deut⸗ ſchen Welt uͤberhaupt Verachtung im⸗ mer am meiſten von oben herab wuͤr⸗ ket, und Haß immer am meiſten von unten herauf. Sehr anſtoͤßig war es mir, daß die Quellen nicht bedeckt, ſondern bloß Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. 70 eingefaßt find, Alles Regen waſſer kan alſo hineinlaufen, und bei ſchlim⸗ men Wetter wird das Waſſer gewiß nicht lauter und rein getrunken. Der Weinbrunnen, von dem faſt alles trinket, liegt in einer Tiefe, und iſt nicht mit Schatten umgeben. Man muß ziemlich lange gehen und auf und niederſteigen, um aus den Alleen oder dem Hauſe hinzukommen, und ich begreife nicht, wie Kranke, in der ſtarken Hitze das aushalten koͤnnen. Uebrigens iſt die Allee ſelbſt gar nicht ſchoͤn, aber doch ſchattigt und kuͤhl. Des Morgens verſammeln ſich da alle Gaͤſte des Weinbrunnens, und gehen dann in einen dicht daranſtoßenden Saal, wo die Geſellſchaft bis Mittag zuſammen bleibt. Dieſer Saal iſt ſehr altfraͤnkiſch, und verfallen, hat ſchlechte Fenſter, und uͤberhaupt ein elendes Ameublement. Des Abends wird er zum Tanzen gebraucht, und unten iſt ein ſogenanntes Comoͤdien⸗ haus, ein wahrer Keller, und in dem⸗ ſelben des Kellers wuͤrdige Schauſpie⸗ ler. Des Nachmittages komt aber alles ſchon um drei in einem andern Saal zuſammen, der ſehr groß iſt, aber noch unanſehnlicher als der erſte. Es wird da Kaffee getrunken, und bis zur Stunde des Spatzierengehns ge⸗ ſpielt. Nirgends in Deutſchland ſieht man ein ſolches Gewimmel von ade⸗ lichen und unadelichen, ſchoͤnen und ſtinkenden Menſchen, Cavalieren und Juden, Coketten und Beutelſchnei⸗ dern von jeder Klaſſe, Obe, und Geſtalt. eſtalt Sn 77 In Schwalbach ſind ſo wenig als in Wisbaden beſonders eingerichtete Brunnenhaͤuſer; jeder Einwohner des Orts, bewirthet und ſpeiſet die Frem— den die bei ihm einkehren wollen. Es wird ſehr uͤber Unreinlichkeit und Mangel an guten Betten geklagt; die Tiſchbewirthung hingegen haben wir ſehr gut und wohlfeil gefunden. So wenig anziehend und glaͤnzend alle dieſe erwaͤhnte Einrichtungen und Beluſtigungen ſcheinen; ſo iſt doch Schwalbach ein außerordentlich be liebter Aufenthalt. Die reichſten und vornehmſten Leute aus der Gegend, beſonders aus Maynz, Manheim und Frankfurt, gehen jaͤhrlich nach dem elenden ſchmutzigen Ort. Die Menge der Geſellſchaft, und die große Frei⸗ beit im Umgange muß wohl nebſt der Gelegenheit viel zu tanzen, zu liebeln und zu ſpielen, das mehrſte zur An: nehmlichkeit beitragen. Ich habe auch wuͤrklich außerordentlich hoͤſtiche zu: vorkommende und muntere Leute da gefunden, ſo wie man bei uns, leider, nur ſelten ſieht. Der Ton in dieſer Gegend, beſonders in Maynz, iſt von dem unſrigen ſehr verſchieden, und das iſt deſto auffallender, da befant: lich in dieſen capitelfeſten Laͤndern, ſo viel auf die genaueſte Unter ſuchung der Adelsbriefe gehalten wird. Bei den Brunnen und in den Baͤdern lebt hier alles ohne Unterſchied, der ganze, hal: be und viertel Adel, und die anſtaͤn⸗ dige Adelloſigkeit ) viel freier *) La Roture honnëte. Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. 78 und artiger zuſammen, als in Pyr⸗ mont. Man wird es kaum glauben, daß ich vornehme Damen wahrlich in Schwalbach Madamm nennen hoͤr⸗ te, ohne daß fie es uͤbel zu nehmen ſchienen. In ihren ſtaͤdtiſchen Kreiz ſen, moͤgen ſie denn freilich feſter auf Standes Unterſchied und unabfehbarn Zwiſchenraum halten. Doch ſcheint Ihnen zuvorkommende Hoͤflichkeit ge⸗ gen Fremde, natürlich und angeboren. Dieſen wuͤrklich ſehr großen und auffallenden Vorzug vor uns mögte - ich ungern aus dem Herzen herleiten; denn ich weiß ſehr wohl, wie oft ſich wahre thaͤtige Menſchenliebe unter ei: ner trockenen rauben und ſteifen Auf: ſenſeite verbirgt. Es iſt auch unlaͤug⸗ bar, daß ein gewiſſer hoͤherer Grad der Lebhaftigkeit des Temperaments, manchmal auch des Leichtſinns, geſell⸗ ſchaftliche Annehmlichkeiten hervor⸗ bringt, die von unſerm Phlegma oder auch von unſerer ernſthaftern und etwas traurigen Stimmung nicht zu verlangen ſind. Inzwiſchen komme auch dieſe groͤßere Faͤhigkeit zur Freu⸗ de und zur reitzenden Geſelligkeit wo⸗ ber ſie wolle; mir war ſie ſehr ange⸗ nehm und behaglich. Es iſt einem wohl, mit Leuten, die ſo frei, ſo un⸗ gezwungen mit einem wegplaudern, als haͤtte man ſte laͤngſt gekant; die auch unbedeutenden Dingen, bei denen ſie vielleicht gerade nichts denken, ei⸗ nen Anſtrich von Intereſſe geben; und durch ihre große Hoͤflichkeit und | Mun⸗ — Ueber Biberich, Schlangenbad und Schwalbach. 79 Munterkeit den Mangel an Kenntniſ⸗ ſen erſetzen, der bei den Rheiniſchen Damen ganz beſonders groß iſt, und wohl feinen naturlichen Grund in ihr rem erſten Religionsunterricht hat, der nothwendig eingeſchraͤnkte Begrif⸗; fe bervorbringet, und alſo auch zu einer gewiſſen Seichtigkeit gewoͤhnet. Vielleicht habe ich aus dem Weni⸗ gen, was ich ſah, auch zu uͤbereilt ge— ſchloſſen, es ſey in dieſen Gegenden viel leichter als bei uns dasjenige zu finden, was man geſellſchaftliches Ver⸗ gnuͤgen nennt. Aber gewiß iſt es un⸗ endlich ſchwer Verbindungen hier zu knüpfen, die auf Freundſchaft, dau⸗ rende Achtung, und warmes Gefuͤhl für das Schöne und Gute ſich grün: den. Wenigſtens bin ich zu entſchul⸗ digen, weil ich nichts ſah, was mir ein Bild dieſer Zuͤge vorgeſtellt haͤtte; und es befremdet mich wuͤrklich nicht wenig, in einer Gegend die zum hoͤch⸗ ſten Enthuſtasmus hinauf ſtimmen ſolte, in einer Gegend die geſchaffen ſcheint, die ſtaͤrkſten Gefühle für Na: tur und Wahrheit hervorzubringen, ſo viel fluͤchtige vereitelte Seelen zu finden, die von nichts als Galanterie und Modeſucht zwilſchern. 80 Ein Uebelſtand bei allen dieſen luſti⸗ gen und huͤpfenden und jo ſehr zuvor⸗ kommenden Leuten ift ihr unangeneh⸗ mer Sprachton, an den ich mich nie gewoͤhnen wuͤrde. Ich glaubte mich immer in einer Geſellſchaft von Ju⸗ den. Selbſt die Mundart der elegan⸗ teſten Rheiniſchen Dame iſt unleidli⸗ cher fuͤr mich als das Plattdeutſch unſerer nicht ſehr eleganten Deifter: bauern. A Doch ich komme von Schwalbach ab, und wolte Ihnen noch ſagen, daß ein ſehr großer Theil der Brunnengaͤ⸗ ſte aus Weltgeiſtlichen und Moͤnchen beſteht. Ich habe derer von allen Far⸗ ben, Geſtalten und Geruͤchen, da geſe⸗ ben; Thumherren, Praͤlaten, Bica tien, Karmeliter, Kapuziner, Frantiſ⸗ cauer, Auguſtiner, Bernhardiner, und wie ſie alle heißen. Ich habe zwar mit einer großen Anzahl von ihnen zu Mittag geſpeiſet, wobei ich denn freilich nicht ſonderliches Vergnuͤgen batte, weil alle dieſe geiſtlichen Herren natuͤrlicher Weiſe glauben, die Be⸗ ſtimmung des Menſchen bei Tiſche ſey, daß er eſſe. und | g 721 a N Hannovers Magazin. btes Stüd, Montag, den 20ten Januar 1783. Einige Bemerkungen bei einer Keife von Maynz ir mietheten eine Jacht bis Coͤlln, und ſchiften uns des Morgens um acht Uhr ein. Das Wetter war außerordentlich guͤn⸗ fig. Anſtatt der ſtrengen Hitze beka— men wir einen bedeckten, grauen und ganz ſtillen Tag, dann und wann ein wenig Regen, der uns aber nur zur ſanften Kühlung gereichte. Wir glaub: ten noch an demſelben Tage Coblenz zu erreichen; aber das Fahrzeug war ſchwach beſetzt, der Wind vollkommen ſtille, wit ruderten ganz langſam, und konten alſo keine einzelne Schoͤnheit des berrlichen kaades um uns her verlieren. Die Gegend bei‘ Maynz hat den mehrſten Glanz und die größte Pracht. Die vortrefliche tage der Stadt und die ſchoͤne chifbruͤcke, die fruchtbaren grünen oder ſchattigten Inſeln zwi⸗ — denen man ſich bindurch windet, die Menge ſchoͤner Oerker an beiden Ufern, die Schloͤſſer, Kloͤſter und ade⸗ liche Hoͤfe, die Felder voll Wein und Obſt, das alles in einer unabſehlichen Ferne, iſt ein Anblick der ſich nie aus der Seele verlieret; und dieſe glaͤn⸗ zende Stelle, die einige Srunden weit den Rhein herunter. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. ſich erſtrecket, haͤlt man fuͤr eine der ſchoͤnſten am Rheine. Da ich aber das wilde und furchtbar erhabene der Natur ſehr liebe, war ich gar nicht un⸗ zufrieden dieſe Wohnungen der Pracht gegen die hiernaͤchſt folgenden einſa⸗ mern und unbeſchreiblich majeftätifchen und feierlichen Seenen zu vertauſchen. Allmaͤhlig erhöhten ſich die Ufer. Die Dörfer wurden ſeltener und klei ner, die Ausſichten enger. Endlich waren wir zwiſchen zwei Reihen von Bergen, um die ſich der Rhein in man⸗ nigfaltigen Kruͤmmungen oft ſehr enge berdurchwindet, bald wie auf einer großen eingeſchloſſenen See, und bald hatten wir wieder auf einmal eine neue unerwartete Ausſicht. Theils find dieſe Berge mit Holz und theils mit Wein bewachſen; oder es ſind rauhe ſteile Felſen von ſuͤrchterlichem Anblick, die uͤber den Fluß herabhaͤngen und Um⸗ ſturz drohen. Hier und da ſtehen Baͤume einzeln oder in mahleriſchen Gruppen. Vorzuͤglich bewundert man, wie jedes Fleckgen Erde bis auf die Gipfel der Felſen benutzet wird, um Wein darauf zu ziehen. Zwiſchen F kah⸗ 83 kahlen ſteinichten Klippen ſtehen Wein: ſtoͤcke, und wo durchaus kein Erdreich iſt bat man ihn ſogar in Körbe ein; geſitzet, um die ſchoͤne ſonnigte Lage zu nützen. Mir ſchwindelte da bin: auf zu blicken, und zu denken, daß menſchlicher Fleiß und menſchliches Beduͤrfniß die rauhen Klüfte erſtieg. Eine entſetzlich beſchwerliche und ge: fahrvolle Arbeit muß es ſeyn, die Beſ⸗ ſerung dahin zu bringen, die nicht an⸗ ders als auf dem Ruͤcken in Koͤrben binaufgetragen werden kan, und an manchen Stellen iſt es ſo ſteil, glatt und abhaͤngig, daß ich nicht begreife, wie die Leute nicht hinabſtuͤrzen. Ich hörte dieſe Reife wohl in der Weinle⸗ ſe thun moͤgen, denn es muß einen ſonderbaren und reitzenden Anblick ge⸗ ben, wenn man unten vorbeiſchift, und alle die Klippen und Felſen bis in die Wolken hinauf voll froͤhlich geſchaͤfti⸗ ger Menſchen haͤngen ſieht. Anjetzt war die Gegend ſehr ſtill, man ſah kein Leben unter den Einwohnern, und durchaus keine Spur von Handel und Wandel. Doͤrfer ſieht man zwar am Fuß der Berge, zwiſchen ihnen und dem Strom; auch ſchmale Striche Landes in der Länge gebauet, oder halb aus engen Thaͤlern hervorſcheinend, die aber an Schoͤnbeit abnehmen, ſo wie man ſich von Maynz entfernet; und doch find ſie wegen ihrer meiſtentheils romanti⸗ ſchen Lage eine greße Zierde der Lands ſchaft. Ueberhaupt muß eine ſolche Reiſe dem Dichter und Landſchafts⸗ mabler eine unerſchoͤpfliche Quelle ſchoͤner Bilder darreichen. Auch babe ich recht innigſt bedauert, daß ich we⸗ der eins noch das andere bin, und Einige Bemerkungen bei einer Reiſe * alſo nur empfinden kan was ich ver⸗ ewigen moͤgte. Ich wagte kaum Athem zu hohlen um meine Bezauberung nicht einen Augenblick zu unterbrechen. Alle meine Aufmerkſamkeit war kaum hinreichend die herrlichen Gegenſtaͤn⸗ de, die mannigfaltigen Abwechslun⸗ gen, die kuͤhnſten Ueberraſchungen, die ſeltſamſten optiſchen Wuͤrkungen alle zu bemerken und zu faſſen. Bald faͤhrt man, wie ich Ihnen anfaͤnglich ſagte, zwiſchen niedern Ufern und erblickt die reichſten Land⸗ ſchaften; bald zwiſchen rauhen Felſen die den Fluß gewaltſam einſchließen. Bald bildet er eine ſanfte ſpiegelhelle Fläche; bald hört man, wie er an die Klippen ſtoͤßt, anprellt, ſprudelt und wirbelt. Dort ſtehen zertruͤmmerte Schloͤſſer, ehrwuͤrdige Ueberbleibſel unſerer tapfern Ahnen, Zeugen der alles toͤdtenden Vergaͤnglichkeit. Von manchen ſind kaum noch Spuren ſicht⸗ bar. Einige ſtehen einſam, wie der abgelebte Weiſe, den ſeine Zeitgenoſ⸗ ſen verließen, und dem nur eigene in⸗ nere Kraft den unvermeidlichen Um⸗ ſturz verzoͤgert. Neue glaͤnzende Pal⸗ laͤſte an der Seite ſolcher Ruinen er⸗ bauet, ſcheinen wegen ihrer noch un verdorbenen Schoͤnheit des Verfalles von jenen zu ſpotten, obgleich an ſich weniger dauerhaft, weniger ſtark; wahres Bild der unbeſonnenen Fur gend; vielleicht auch des Geiſtes ums ſerer Zeit, der hochmuͤthig und un⸗ dankbar ſich uͤber die Trümmer der Vergangenheit erhebet, nur ſich Ver⸗ dienſte zuſchreibt, und leicht vergißt, daß er den muͤhſamen Werken der Vorzeit ſeine We 1 1 iſt; und daß ſeine Arbeit ergangen cher Glanz uͤbertuͤncht. | Alle dieſe ernsthaften Bilder Nee ſtigten die einſamen Ufer, die ich durchſuhr. me in wahre Oſſianiſche Gegenden, wo aus Felſenhoͤhlen Geiſter hervor zu ſchweben ſchienen, wo die feierliche Stille nur das Rauſchen des Waſſers unterbricht, wo man glaubt man hoͤre die Harfe des Barden. Dieſe ſchau⸗ derigte Traͤumerei dauerte bei mir oft ziemlich lange, und abwechſelnde Gegenſtaͤnde gaben ihr nur auf Augen⸗ blicke eine andere Richtung. Einzelne Haͤuſer an Felſen gelegen, oder halb Dahinter verborgen; Kloͤſter; Ablenıe 6 von Maynz den Rhein hinunter. Mir deuchte ich ꝛkom⸗ 88 Kreutze; Schreine der Heiligen; hier Menſchen die in bergigte Höhlen hin⸗ einkrochen, um Schieferlagen zu bear⸗ beiten; dort ganze Schaaren die lang⸗ ſam und mit feierlichen Geſang vom hohen Kreutz geführet zu ihren Tem⸗ peln wahlfahtteten; alte Städte in braune ehrwürdige Mauern einge⸗ ſchloſſen; drohende Feſtungen mit krie⸗ geriſchem Anſehen; dieſes alles gab meiner Seele einen boben und unge woͤhnlichen Ernſt. Aber endlich öfineten fi ch wieder Ausſt chten in weite blumichte Thaͤler. Die Ufer wurden niedriger, die Ber⸗ ge verſchwanden; und alles trug das Ge⸗ praͤge des Wohlſtandes und der Cultur. Eine Motion, von der ich wünschte, daß ſie irgend ein Patriot | unterſtuͤtzen mögte. anz gewiß, giebt es noch manche Mißbraͤuche und manche Unbil⸗ ligkeiten, deren Abſchaffung dem Gan⸗ * zen ſehr nuͤtzlich wäre, und ſicher wuͤr⸗ de ſich derjenige, der Macht und An⸗ ſehen genug haͤtte, den waͤrmſten Dank feiner Mitmenſchen zu verſprechen ba: ben, wenn er als ein Menſchenfreund handelte, und an der Abſchaffung fol: cher Dinge arbeitete. Ueber Haͤrte und Unbilligkeit klagt noch manchmal der geringe Mann, und der gerechte Fuͤrſt oder fein weiſer Miniſter wiirde , ſolchen Klagen abhelfen, wenn er Zeu⸗ ge davon waͤre, und wenn jene Kla⸗ gen bis in feinen Pallaſt gelangten. Mancher Landmann hat einen Fuͤrſten zum Vater, aber einen Gutsberrn, der als ein harter Stiefvater mit ihm umſpringet. Ich will eh nicht dar⸗ auf denken, Ungerechtigkeiten anzu: führen, die vielleicht manchem Bauer ſchon Thraͤnen auspreßten, nur einer Sache will ich gedenken, die in mei⸗ nen Augen die hoͤchſte Unbilligkeit iſt, und die gleichwohl mancher Gerichts herr als ſein Vorrecht anſtehet, und keinesweges ſich ſcheuet öffentlich dar⸗ nach zu verfahren. ; Vorrede komme ich zur Sache. Ohne weitere Hin und wieder haben ſich die Gutsherren das Recht angemaßet, daß fie das noch unbezahlte Adergeräche,, Pflug, Egge und Wagen den Schmieden nicht bezahlen wollen, wenn ſte einen Landmann zum Coneurs bringen. Nach ihrem Urtheil und nach dem Recht, das fie oder ihre Gerichts hal⸗ ter ausfprschen, wird der arme Mann - 10 ſeiner Forderung abgewieſen, und jwar 87 zwar geſchieht es oft, auf die empfind⸗ lichſte Art. Will er feine Gerechtſa⸗ me vertheidigen, ſo erfolgen Drohun⸗ gen, vielleicht in der Abſicht um ihm zu ſchrecken, damit er nicht bei billig denkenden ſeine Zuflucht ſuchen ſoll. Sie ſehen jenes Ackergeraͤth, als eine gute Beute an, wovon ſie ſich bezahlt machen koͤnnen, achten nicht darauf, daß der arme Handwerksmann ſeine Bezahlung, oder doch wenigſtens ſein Eigenthum fordert, ſondern er muß mit leerer Hand abtreten, wenn gleich der Hauswirth ſelbſt geſtehet, daß jene Dinge ihm unentbehrlich waren, und daß ſie auf ſein vieles Bitten ihm zu borge gelaſſen wurden. Er dieſelben auch wuͤrde bezahlt haben, wenn nicht ſein Gutsherr den Hof zum Concurs gebracht, und dieſes Geraͤthe ſamt den Feldfruͤchten aufgeſchrieben hätte. Iſt das billig, oder iſt es nicht viel⸗ mehr wahre Ungerechtigkeit, die in dieſem Falle begangen wird? Solten nicht jene hoͤchſt nothwendige Geraͤthe als privilegirte Schulden von einem jeden Gutsherrn allemal anzuſehen ſeyn? An einigen Orten, wo man den wahren Werth des Ackerbaues kennet, bandelt man nach Billigkeit, der Schmidt wird ſo gut bezahlt, wie der Tiſchler, der etwa noch fuͤr einen Sarg ju fordern haͤtte, und ſie wuͤrden es nennen, des Naͤchſten Eigenthum un⸗ ter dem Schein des Rechten an ſich bringen, wenn ſie auf die Art, durch Vorenthaltung jenes Lohns, die Con: eursmaffe vergrößerten. Ich halte da: fir, daß jeder Gutsherr ungerecht han: delt, daß er feines Naͤchſten Eigen: thum unter dem Schein des Rechten Eine Motion, von der ich wünſchte, 88 an ſich bringet, wenn er jene von ſei⸗ nem Colono gemachten Schulden nicht als privilegirte anſehen will, und herz⸗ lich wuͤnſchte ich, daß die geſetzgebende Macht es zur Pflicht und Schuldig⸗ keit machen moͤgte, ſie als ſolche an⸗ zuſehen. Iſt es doch nichts weiter als die hoͤchſte Billigkeit, was ich wuͤnſche. Der Gutsherr ſo wenig als die uͤbrigen Creditoren, haͤtten Korn auf dem Felde verkaufen koͤnnen, wenn nicht der Pflug und die Egge des Schmiedes dalgeweſen waͤren. Ohne Saat kan das Land noch Gras tra⸗ gen, aber ohne Pflug und Egge gewiß kein Korn. Die aller unentbehrlich⸗ ſten Dinge, ſind jene vom Schmiede verfertigten Werkzeuge dem Landmann. Daß es feinen Guths herrn oder har⸗ ten Creditoren nicht ſchon laͤngſt vom hoͤheren Gerichte zur Pflicht gemacht iſt, jene Bezahlung allen andern vor⸗ gehen zu laſſen, muß bloß daran lie⸗ gen, daß der Schmid auf dem Lande, ſich bisher noch nicht über ſolche Un: billigkeit beklaget hat. Gemeiniglich ſind deſſen Rechnungen nicht ſo hoch, daß er ſich in einen Proceß daruͤber einlaffen kan. Proceſſe weiß er, ko⸗ ſten Geld, er hat keines darzu uͤbrig, fondern kan feinen ganzen Verdienſt mit den ſeinigen gemaͤchlich verzehren, ohne daß er Advokaten darauf zu Gaſte bitten darf. Er ſagt, und trös ſtet die ſeinigen damit, die uͤber ſeine ihm abgeſprochene gerechte Schuld⸗ forderung ſeufzen und trauren; Gott wolle es ihnen nicht miſſen laſſen, al⸗ lein der gute Mann muß dennoch bei allem ſeinen Fleiß und bei aller ſeiner Arbeitſamkeit zu Grunde gehen und zum 89 zum Bettler werden, wenn ihm auch nur einige mal ſolcheUrtheile von dem Guts⸗ herrn u. Creditoren geſprochen werden. Der Schmidt fol ſich hüten, daß er nicht betrogen wird, nicht wahr? Ja dieſe Klugheitsregel hat er ſchon laͤngſt gewußt, ſein Uraͤltervater wußte fie auch ſchon. Aber huͤte ſich da ein: mal einer vor, daß mancher Öntsherr feine Zeit fo geſchickt abzupaſſen wuß⸗ te, da eben Pflug und Egge und ba: gen noch in gutem Stande waren, um ſeinen Meier vom Hofe zu jagen, von dem er vermuthete, daß es doch amEnde mit ihm ſchief gehen werde, und daß es doch nicht recht mit ihm fort wolle. Soll der Schmid kein Ackergeraͤ⸗ the zu borge machen? wie unmoͤglich iſt das, wer wird alsdenn am erſten zu Grunde gehen, der Schmid oder der Bauer? Nur demjenigen traue ichs zu, daß er dieſen Vorſchlag prac: ticabel finden kan, der die Laſt des Bauern und den Ackerban nicht wei: ter kennet, als daß er wohl eher ein Kornfeld geſehen hat, und allenfalls weiß, daß die Feldfruͤchte nicht auf den Baͤumen wachſen, oder wie die Hagelkoͤrner aus der Luft fallen. Der Hauswirth hat nicht zu allen Zeiten des Jahres Geld, um ſein Ackergeraͤ— the ſogleich davon zu bezahlen. Wenn er fein Pachtgeld und andere Schul: den eben abgetragen hat, und nun ein neuer Pflug oder eine neue Egge ihm noͤthig iſt; ſo bleibt oft nicht ſo viel uͤbrig, daß er fie für baares Geld ſich anſchaffen kan, gleichwohl wird fein Acker ihm nicht zu neuen Gelde ver: helfen, wenn er ihn nicht vorher ge: boͤrig beſtellet hat. Der Bauer hat daß fie irgend ein Patriot unterſtuͤtzen moͤgte. 90 oft, nachdem ſein Hof groß iſt, zwei oder drei oder mehrere Pflüge noͤthig. Die ſchweren eiſernen Eggen und be: ſchlagenen Wagen, welche er in den Maſchgegenden braucht, ſind nicht eine kleine Ausgabe, wozu er allemal leicht rathen koͤnte; ſondern er muß vorher eingeerntet, abgedroſchen, und ſein Korn und Vieh zu Gelde gemacht ha— ben, wenn er jene Nothwendigkeiten bezahlen will. Ihm geſchiehet ein wer ſendlicher Dienſt, wenn der Schmid bis dahin wartet, und ohne daß der Bauer bei ihm Credit hat, kan er un⸗ möglich beſtehen. Ich behaupte ger wiß nichts weiter als die reinſte Wahrheit, wenn ich ſage, daß das Hand⸗ werk der Schmiede, dem Landmann und dem Ackerbau ganz unentbehrlich iſt, hat der Landmann bei ihm keinen Credit, ſo muß ſein Hof zu Grunde gehen, oder entweder mit ſtumpfen Pfluͤgen und mit abgenutzten Eggen, kan er ſein Land ber ſtellen, und denn darf er auf keine rei⸗ che Ernte ſich Hofnung machen, oder er muß auch gar ſeinen Acker ungebauet liegen laſſen. Der Schmid kan dem Landmann ohne ſeinen Schaden, jenen weſendlichen Vortheil leiſten, wenn er nur erſtlich mit lauter Gutsherrn oder Creditoren zu thun hat, die nach Bil⸗ ligkeit handeln muͤſſen. Er kan dem Bauer ſein nothwendiges Feldgeraͤth zu einer Zeit liefern, da ers eben zur Beſtellung ſeines Ackers noͤthig hat. Denn iſt er ſelbſt ein ebrlicher Mann, ſo borgt ihm derjenige von dem er ſein Eiſen und Stahl, und ſeine Kohlen ein kauft fo lange, dis er ſich neuen Vor. rath wiederum holet. Aber feine ſaure Muͤhe, ſein bei der Arbeit vergoſſener 3 Schweif F 3 pi Sch weiß wird ihm ſchlecht befohnet, fo, lange noch irgend ein Gutsherr, das ſich angemaßte Recht behaͤlt, dieſen Mann, der ihm und ſeinem Meier ſo un⸗ entbehrlich iſt, mit leerer Hand abzu: weiſen. Ich goͤnne dem in der Erde verweſenden Koͤrper ſeinen Sarg, und dein Tiſchler ſeine Bezahlung dafuͤr, aber das laͤugne ich, daß jener Sarg dem Körper fo noıhwendig war, wie dem Bauerhofe Pflug und Egge ſind, wenn er ſoll beſtellet werden, und wenn er nicht oͤde und wuͤſte bleiben fol, Wer⸗ den doch die Beerdigungskoſten als pri vilegirte Schulden angeſehen, warum nicht dieſe fo unentbehrliche Nothwen⸗ digkeiten auch? Jene, die Beerdigungs⸗ koſten, werden oft bis zumlleberfluß hoch getrieben, gleichwohl werden ſie bezahlt, warum ſoll denn der Schmid ſein Geld nicht haben, da doch auf feiner Rech: nung nichts ſtehet, das dem Hausmann entbehrlich war. ; Gewoͤhnlich bleibt das Ackergeraͤ— the, auch wenn der Colonus davon muß, beim Hofe, denn es iſt ihm ſo nothwen⸗ dig wie mir und dem Gutsherrn die Luft, die wir einathmen zur Erhaltung unſers Lebens, aber wahrlich, jede Fur— che, die der Gutsherr entweder ſelbſt da⸗ mit machen laͤßt, oder die ſein neuer Meier damit ziehet, fie wird mit dem Eine Motion, von der ich wuͤnſchte, je. Schweiß des armen Handwerksman⸗ nes geduͤnget, und jeder Klumpen Erde wirs mit deſſen Eigenthum vermiſcht. Ich habe dieſes alles nicht in der Abſicht geſchrieben, um einen Gutsherrn auf andere Gedanken zu bringen, der jenes mir hoͤchſt unbillig ſcheinende Verfahren, bisher Recht und Billig⸗ keit nannte. Wenn ich auch wuͤnſchte, daß er jenes, was ich auführte, dafür halten mögte, was es wuͤrklich iſt, nem⸗ lich fuͤr Wahrheit im eigentlichſten Ver⸗ ſtande, ſo wird doch mein Wunſch, daß er ſein Verfahren aufgeben, und dem Schmid fein verfertigtes Ackergeraͤthe durch Bezahlung erſetzen moͤgte, wohl ein vergeblicher Wunſch bleiben; meine Abſicht war bloß irgend einen wahren Patrioten aufmerkſam zu machen, daß er ſich desjenigen annehmen ſolte, dem bisher fo offenbar zu nahe geſchehen iſt. Zur Aufnahme des Ackerbaues und der Landwirthe wuͤnſchte ich, daß er den Schmieden das Wort redete, und je⸗ nes der geſetzgebenden Macht zur Pruͤ⸗ fung vorlegte, was ich Unbilligkeit ge⸗ nannt habe. Vielleicht daß dadurch eine Landesverordnung bewuͤrket würde, die mit billiger Einſchraͤnkung des noͤthi⸗ gen Credits, den Schmieden ihr Eigen⸗ thum und ihr Vermoͤgen ſicherte. S. B. A. L. 2 2 Beitrag zu den Nachrichten von den weißen und ſchwarzen Ju⸗ den zu Codſchin auf der malabariſchen Hüfte, die in dem raten Theil des Magazins fur die neue Hiſtorie und Geographie vom J. 1788 befindlich ſind. Mei Durchleſung dieſer Nachrichten fand ich folgende Stelle, die mir merkwuͤrdig war. „Im Jahr der Welt 4130 (nach chriſt⸗ „licher Zeitrechnung 369.) landeten auf der „malabariſchen Kuͤſte 70 oder 80,000 Iſrae⸗ »litiſche * 93 Beitrag zu den Nachrichten zu den weißen und ſchwarzen :e. 94 „litiſche Seelen. Sie kamen aus dem Rei⸗ „che Miforka, wohin fie aus ihrem Lande „hach der Zerſtöͤrung des zweiten Tempels „gefaͤnglich weggefuͤhret waren. Dies fagt der Verfaſſer eines Buchs, welches den Ti— tel fuͤhret: Notiſias dos Judeos de Cochim imand.ıdos per Möfleh Peregra de Paiva, a cuya cuſta ſe imprimeraro. Em Amſteldam. Eſtampado en cara de Ury Levy, em de Hul. 547.1687.) Am Nande fügt derſel⸗ be hinzu, daß er ſich nicht erinnern könne, ob nach der Inden Ausſage ihre Voraltern freiwillig oder gezwungen aus Majorka nach Indien gezogen waͤren. la Herr Adrian Moͤns, Gouverneur und Di: rector dieſer Kuͤſten, (aus deſſen Briefwech⸗ fel vorzüglich obige Nachrichten durch Adri: an's Gravezande, Predigern zu Mittelburg in Seland, gezogen ſiad,) imgleichen Herr Sike ſind der Meinung, daß ſie gerade aus Palaͤſtina dahin gekommen wären. Herr Ober-Conſiſtorialrath Buͤſching ſucht diellr⸗ ſache von der Ankunft der Juden auf der malabariſchen Kuͤſte in der Vertreibung der Roͤmer, und haͤlt die Meinung der Moti: fias aus dem Grunde für unwahrſcheinlich, weil es nicht zu begreifen, daß 70 bis 88/000 Seelen aus den baleariſchen Inſeln nach der malabariſchen Kuͤſte haben gebracht werden koͤnnen. Sie muͤßten denn nach Egypten oder da herum uͤbergeſchift, von da nach Ara⸗ bien, und ſo nach u nach weiter gereiſet ſeyn. Dies finb aber, ſetzt Herr Buͤſching hinzu, bleße Muthmaſſungen. Ich glaube, meine Leſer werden es nicht ungerne ſehen, wenn ich hier aus der Geſchichte der baleariſchen In⸗ ſeln vom Dameto einige Data angebe, die die Sache doch nicht ſo ganz unwahrſchein⸗ lich machen. 5 Als ich waͤhrend meines Aufenthalts auf Minorka dieſes aͤußerſt ſelten gewordene Buch, welches kaͤuftich an mich zu bringen, mir aller angewandten Muͤhe ehnerachket, nicht moglich war, ſorgfaͤltig excerpirte, and daraus die vornehmsten Facta zu meinen Bemerkungen über den Flor und Verfall des Handels auf den balearifchen Inſeln im 49. U. 58. St. des Magazins von 1782.) here nahm: ſo fand ich in demſelben einen Brief vom heil. Severus, Biſchof zu Citadella anf Minorka im seen Jahrhundert, in welchem dirſer von ſeinen Bemühungen die Juden auf Veinorka zu bekehren umſtändlich Nachricht gab. Dieſer Brief war damals zu meiner Abſicht nicht dienlich: war auch mit ſehr vie⸗ len Maͤhrchen von deu ber dieſer Bekehrung geſchehenen Wundern angefüllt, und in einem abgeſchmackten Styl aufgelegt. Ich erwaͤhn⸗ te alſo damals deſſelben nicht. Nunmehro aber, deucht mich. ſcheint er von einiger Wich⸗ tigkeit zu ſeyn. Er zeigt uns ſo viel, daß im sen Jahrhundert, alſo gerade um die Zeit, da die Juden von Majorka weggegangen ſeyn ſollen, (denn nach dem Priwilegium des Erawi Wanmara, Kaiſers von Malabar, welches er den Inden im J. 426 gab, faͤllt ih⸗ re Abreiſe in eben dieſe Zeit,) auf den balea⸗ riſchen Jufeln ſich wuͤrklich Juden befanden. Auf den baleariſchen Inſeln ſage ich; denn Malorka hat in alten Zeiten mit Minorka gleiche Schickſale getheilt. Was trieb nun dieſe Juden hieher? Ohne allen Zwei⸗ fel nichts anders, als die Bedrananiſſe, die fie nach der Zerftörung Jecufalems erleb— ten, da fie die Romer vertrieben 2). Daß ſie alſo auf ſolche Art auch nach Maſorka gekommen find, iſt außer Streit. Hier war ren aber ihre Schickſate nicht beſſer. Denn um dieſe Zeit fanden ſich ſchon Ehriſten auf den balegriſchen Inſeln. Und von dieſen wurden ſie aus einem blinden Aberglauben verfolgt Von beiden iſt der Brief des beilis gen Severus ein Bewelß b). Wie weit der Eifer in Verfolgung der armen Juden ge⸗ e gaugen a) Schon unter Kaiſer Claudius geſchabe dies. Ap Geſch. 18, v. 2. b) Was auch die majorkaniſchen Geſchichtſchreiber immerhin von der Ankunft des heiligen Pautus auf ihrer Inſel rühmen moͤgen: e doch ſo viel gewiß, Ca. ſiehe Don Buenaventura Serra Glorias de Mallor 777. daß vor dem Jahr E230 daſeibſt Chriſten waren, deren Biſchoͤfe dem Erzbiſchof von Sardinien, — 1 2 1175 der Natur e immer empfu Gan e ſelbſt die 18 gerne vergißt. Einen recht dauerhaften an: genehmen Eindruck hat mir beim Ein⸗ ere ſchadet; de en, daß mai | 5 er den e hoher 2255 der gar nicht benutzet t, und von dem man die praͤchtigſten trit ins Pavillon die doppelte Ausſicht Ausſichten auf beide Seen, und auf gemacht; befonders die hinten hinaus, Die ganze Bee. hat. auf den Ugleyer See, der durch die ziemlich weite Oefnung der hohen Baͤume aus der ſteilen Tiefe hervor⸗ blickt, und wunderbar mit der hellen weiten lachenden Ausſicht des vorne liegenden großen Keller ſees abſticht. Nie ſah ich einen lieblichern See als dieſen kleinen Ugley. Die ſuͤßeſten Schauer der Einſamkeit umſchweben ihn; fanfte Buchten, von der Natur zu lauter reizenden Baſſins gebildet, die bald mit gruͤnen, bald mit dunkeln beſchatteten Ufern umgeben ſind, wo man, bei vieler Abwechslung des Schattens und Lichts, beim Gepletſcher kleiner von allen Seiten bervorſtroͤmen⸗ der Quellen, beim Gemurmel der Waſ⸗ ferfälle, und dem Geſang unzählicher Nachtigallen, die anmuthigſten Ruh⸗ läße findet. Die Spatziergaͤnge im Bez gehen rund um den See herum, man kan eine Stunde damit zu. bring ngen. Bis jetzt bat Kunſt und Geſchmack Hi och gar wenig für den Ort gethan. er ſteht unter der Aufſi cht eines ein⸗ fältig en, Menſchen, 7 den ich hoͤchſtens für ei eine Art Holzvogt anſah. Es ließe ſich noch unbeſchreiblich viel Schoͤnes ur anbringen, und wenn nur etwas unſt der reitzenden Natur zu Huͤlfe Marl ſo konte aus den jetzt ncht FB bir ſchfeld ie Pe. Spa; ziergaͤnge am Ugleyer See nur oben⸗ bin beruͤhret, und die Pracht feines Colorits am le verſchwendet. Einen Umſtand bat ch nicht an⸗ gemerkt, der nach meinem Gefühle zur Verſchoͤnerung des Gemaͤldes vieles Aa und mir MS 0 aufgefal⸗ eee ende eine Bis Linie vor de Pa⸗ villon bildet, fe daß es fi ch zur rechten wie in einen ſpitzen Winkel verlieret. Der Pavillon iſt übrigens zu klein und zu niedrig. Eine Etage boͤbe aufgeſetzt, wurde er eine weit Wuͤrkung bun. ur Woh nur 19, er gar nicht eingerichtet, und i IB dere mich, daß der Herzog, deſſen Her⸗ zensguͤte und edle Einfalt der Sitten eines ſolchen? ufenthalts werth iſt, ſch feine, völlige, Sommerwehnung- ns zubereitet. Schön und erfreulich iſt es zu ſehen, wie Er hier mitten unter ſei⸗ nen Untertanen lebt, und ihrer Fel⸗ der verſchonet, die von aue Selen den kleinen Luſtort Ane ind 1 2 Er zu deſſen Berchönernne 5195 r nützen fönte, wenn er klein genug daͤchte um ſie ihnen allergnädigft wegzunehmen. Von Eutin bis Preetz iſt der We überaus anmuthig „ weil man N 101 len Seiten die reitzendſten Ausſichten genießt. Nur Schade iſt es, daß man zu oft durch Redder fahren muß, und durch die Knickbuͤſche behindert wird, tei umher zu ſehen; doch koͤmt man ziemlich haͤnſig auf Höhen und offene Stellen, wo ſich die treflichſten Gegen⸗ den zeigen, und dieſe Ueberraſchungen machen das Vergnuͤgen lebhafter. Be⸗ ſonders ſchoͤn iſt die Lage einer Muͤhle, die Graͤbers Muͤhle genannt wird, an einem großen mit Holz eingefaßten: See. Man faͤhrt von der Muͤhle ab auf einen hohen Berg, von dem die Ausſicht ganz auffallend ſchoͤn iſt, und koͤmt nicht weit davon in eine hohe, waldigte Gegend, dergleichen ich in bheitern Anblick. | Holſtein nicht erwartet hätte, Verſchiedene adeliche Guͤter liegen auf dieſer Straße, worunter Lehm⸗ kuhl, welches einer verwitweten Frau von Hahn gehoͤrt, angemerkt zu wer⸗ den verdienet. Das Haus liegt an ei⸗ nem kleinen See, iſt ſchoͤn und praͤch⸗ tig gebauet, und mit großen Alleen um⸗ geben. In bis 1 - Preetz bat eine gute Lage, gleich⸗ falls an einem See, und auf einer klei⸗ nen Hoͤhe. Zwar iſt es auch nur ein maͤßiger Ort, aber doch huͤbſcher und größer als Eutin. Das Kloſter liegt am aͤußerſten Ende der Stadt, und ber’ ſteht eigentlich nur in einer Kirche und denen zur Kirche gehoͤrigen Gebaͤuden; denn die Stiftsdamen haben ihre eige⸗ ne ſehr huͤbſchen Haͤuſer in der Nähe des Kloſterhofes. Es ſind ſechzig Fraͤu⸗ lein, aber nicht fo viele Haͤuſer, weil oft eine bei der andern zur Miethe wohnt. ueber Holſtein. Das Wetter, welches uns bis Preetz ſehr beguͤnſtiget hatte, fing auf einmal an ſchlecht zu werden, und wir fuhren in einem ſtarken Regen bis nahe vor Kiel doch hielt et zum Gluͤck noch fruͤh genug ein, um uns die ſchoͤne la⸗ ge dieſes Orts betrachten zu laſſen. Man glaubt der Stadt ſchon ganz nahe zu ſeyn, und muß doch noch weit berum fahren, um hinein zu kommen, da fie an dem gegenfeitigen Ufer des Haafs liegt. Von der dieſſeitigen Hoͤ⸗ be herab, giebt Kiel mit ſeinem an⸗ ſehnlichen Schloſſe, und dann der tief in die Oſtſee auf eine Meile ſich er⸗ ſtreckende Haaf, nebſt den Doͤrfern die an ſeinem Ufer liegen, einen fchönen Am Abend unſerer Ankunft leitete uns ein Ohngefaͤhr nach dem Schloffe, wo ſich mir eine Ausſicht oͤfuete, die mich in Erſtaunen und Freude verſetz⸗ te. Der Schloß hof iſt ein Viereck mit einem eiſernen Gitterwerk geſchloſſen, aus dem ein ſchoͤner großer Garten ſichtbar wird, der als ein Amphithea⸗ ter in Teraſſen hinunter geht. Dieſer Garten iſt zwar nicht im neuen Ge⸗ ſchmack angelegt, er hat aber doch ſchoͤne Partien, als zwei lange dunkle Alleen von hohen Ulmen, die ein na⸗ tuͤrliches Bereeau bilden. Noch jen⸗ ſeits der Gartenthuͤr iſt im freien Fel⸗ de eine ſolche Allee fortgeſetzet, welches von oben herab fuͤrs Auge eine gute Wuͤrkung thut. Das Schoͤnſte dabei iſt aber, daß an der rechten Seite der Garten laͤngſt dem Haaf geht; nur eine Lindenallee iſt dazwiſchen. Der G 2 Blick 103 Blick verliert ſich in der weiten Ferne des Waſſers. Vor ſich ſieht man Feld und Waldung,, und links einen Theil der Stadt und viele Gaͤrten. Aus dem Garten geht eine kleine Thuͤr nach der oben erwähnten Lindenallee, welche an der ganzen Waſſerſeite der Stadt und des Schloßgartens eine ſchoͤne Prome⸗ nade am Waſſer giebt. Die Ufer des Haafs ſind zwar nicht durchaus bluͤ⸗ hend und angebauet. Hie und da iſt ein kahler Sandberg, der das Auge zuruͤckſtoͤßt; doch giebt es auch ſehr reitzende Stellen, anmuthige Doͤrfer, einzelne Haͤuſer, und kleine Gruppen von Baͤumen, auch kommen und ge⸗ hen Schiffe und Boͤte, wodurch die Land ſchaft belebt wird. Nicht viele Spuren eines großen Handels ſind je⸗ doch bier zu ſehen. Auch im Hafen it! nur wenig Gewerbe; einige m bauete huͤbſche Schiffe lagen da, die bald vom Stapel Rn ſolten, auch einige artige Jachten. Die Stadt hat r eh Aachen Schoͤnes; enge Straßen, ſchlechtes Pflaſter, hohe maß ive, aber ſehr ſchma⸗ le Haͤuſer, ſo ſehr in einander gebauet, daß man bequem auf den Dächern rund herum ſpatziren koͤnte. Nur das Haus des Herrn geheimen Raths von | Saldern trägt ein Gepraͤge von Schoͤnheit und Geſchmack, der aus der hieſigen Bauart Feat völlig ver⸗ bannt iſt e Sun 170 109 Von Kiel Same wir uns vorge⸗ nommen, nach Daͤniſch Neuhof, ei⸗ nem Gute des Kammerherrn Reven⸗ feld; zu gehen, weil man uns ſehr viel Dil 8 14 von der außerordentlich ſchoͤnen Lage) deſſelben ſagte. Aber ein Gewitter brachte uns einen ſehr heftigen Regen; verdrießlich uͤber den traurigen An⸗ ſchein dieſer Luſtreiſe, ſaß ich tief eingehuͤllt im feſt zugemachten Wa⸗ gen, war uͤbler Laune, ſah und hoͤrte nicht, und ahndete nicht im geringſten, daß ich gerade dieſen Wi⸗ derwaͤrtigkeiten eine Bekantſchaſt zu verdanken haben wuͤrde, die mir lieber werden ſolte als alle Schönheiten der Oerter und Gegenden. Wir hatten uns nicht um die Wege bekuͤmmert; unſere Leute, die das Wetter vermuth⸗ lich auch brummiſch machte, verfehl⸗ ten fie, und ſo kamen wir, durch ein geringes Verſehen nach einem Ort, den wir für Daͤniſch Neuhof anſahen. Er war es nicht, wie wir beim Hineinfah⸗ ren durch den letzten Schlagbaum erſt erfuhren. Wir wolten dichte vor dem Hofe umwenden; da das aber im ſchma⸗ len Redder nicht moͤglich war, mußten wir gerade auf den Hof fahren, um da wenden zu koͤnnen. Als wir, unruhig und verlegen, mit einander berathſchlag⸗ ten, was da zu thun ſey „trat aus ei- nem Seitengebaͤude ein junger Mann, mit einer ungemein offenen einnehmen⸗ den Geſichtsbildung und einem Or⸗ densbande hervor; redete uns auf fran⸗ zoͤſiſch gar höflich an; wolte uns einen Wegweiſer verſchaffen; und bat uns endlich, bei ihm abzuſteigen. Nach ei⸗ nigen gegenſeitigen Complimenten er⸗ fuhren wir, daß es der Graf Holck ſey; und ſo trugen wir kein Bedenken, das Wang 0 Ir} \ Er wußte ſelbſt nicht recht wer wir waren, konte alſo ſeiner Gemalin nur eilig ſagen; es ſeyen Fremde da. Es war kaum zehn Uhr Morgens, ſie wa⸗ ren alle noch nicht angekleidet; doch kam die Graͤſin augenblicklich, und unerachtet ihrer natuͤrlichen Bloͤdig⸗ keit, hatte doch ihre Beſremdung nichts von dem verdrießlichen abſchreckenden Weſen, das die mehrſten Damen bei einer ſolchen Gelegenheit gewiß kaum wuͤrden uͤberwinden koͤnnen. Auch die Kinder liefen in Nachtroͤckchen, frei und freundlich um uns herum. Alles war ungekuͤnſtelt und heiter, und ver⸗ rieth nicht den mindeften Zwang. 18 Graf unterhielt uns mit einnehme er Munterkeit aufs angenehmſte, und noch nie wußte ich ſo geſchwind bekant und r mon biſe geſetzt worden zu ſeyn. Ich hatte freilich ſchon oft von dieſen vor⸗ treflichen Perſonen reden hoͤren, und war zu ihrem Vortheil eingenommen: doch auch ohne dem haͤtte der Eindruck von allein, was ich jetzt ſah und dercn mächtig auf mich gewuͤrkert. Es ſchien mir ein recht Englisches Weſen in dieſem Hauſe zu ſeyn. Wir wurden gleich in ein großes) belles, febr ſchön verziertes Zimmer eingefuhrt, das durch die ganze Tiefe des Hauſes geht und auf beiden Seiten Fenſter hat. Die einen ſehen auf den er und hintern Hof, an deſſen En kleiner Blumengarten, und ein artiges Haus ſteht/ welches in der ſtalt eines tuͤrkiſchen vorne e genen Zeltes, gebauet iſt, und zwar ſo de ein uber Holstein 106 fuͤr ein Rubekhbindtchenanfieht und nicht gewahr wird, daß hinten hinaus noch fuͤnf bis ſechs ſchoͤne Zimmer dar⸗ an ſtoßen. Die hinterſten Fenſter des großen Zimmers ⸗ in dem wir waren, geben eine ſehr reizende Ausſicht auf den Garten, der eigenlich nur ein ins Holj ſich verlierendes Blumengeſtraͤuch iſt; dann auf Feld und Wieſen, und im Hintergrunde gerade auf ein Dorf, deſſen Kirchthurmſpitze, dem Auge zum Rus bepunkt dahin geſetzer zu ſeyn ſcheint. Ueberhaupt ſind in Eckhof (ſo heißt dieſer Ort,) ſehr viel Spuren des fei⸗ nen Geſchmacks und des edlen ſanften Gefuͤhls ſeiner Beſitzer; ſie bedurften keiner verſchwendriſchen Pracht, um ihren Wohnſitz reitzend und angenehm zu machen. Die Gegend hat zwar kei⸗ ne frappante Schoͤnheiten; aber fie iſt ländlich, heiter, anmuthig und ſuͤß; und die Oſtſce, die man aus der Haus⸗ thuͤre und allen Fenſtern ſieht, bebt und ſchmuͤckt ſie ſehr. Sie iſt eine Viertelſtunde vom Hauſe entfernt; ware ſie naͤher, ſo haͤtte freilich das Ganze mehr Majeſtaͤtiſches. Die ganze Gegend um das Haus berum, iſt im Bezirk einer halben Stunde zu Spatziergängen eingerich⸗ tet, und hat eine recht angenehme Ver⸗ bindung, viele Abwechslung und eine hinlaͤngliche Ausdehnung um ziemlich lange gehen zu konnen, ohne dieſelben . Geg nſtende wieder zu finden. Eine Thuͤr aus der Wohnſtube fuhrt in den Garten; dieſer iſt, wie ich ſchon ge⸗ ſagt habe, ein ſehr ſimples, aber gar duſchend daß man es wuͤrklich nur W Blumengeſtraͤuche, und ver⸗ liert 111 wo dieſer berüchtigte Seeraͤuber wuͤrk⸗ lich gewohnt haben ſoll. Es iſt ein ar⸗ tiges kleines Eiland, ganz mit Holz bewachſen, in der Mitte eine kleine Anhöhe, wie eine wilde kaube ausge⸗ bauen: Blopſtock bat den Grafen bewogen einen großen Stein mit vieler Mühe dahin bringen zu laſſen, und hat ihn zu einem Denkmal ihrer Zu⸗ ſammenkuͤnfte an dieſem Ort aufge⸗ ſtellet, und mit dem Namen der freund⸗ ſchaftlichen Geſellſchaft bezeichnet; un⸗ ten ſteht folgendes Motto: Freund⸗ Schaft iſt Schatten gegen Son⸗ nenſtralen und Schirm gegen Regenguͤſſe. ba „3 190 t Etwas weiter komt man auf die aͤußerſte Seite der Inſel, welche in die See hinein geht. Da find Baͤn⸗ ke um einen Tiſch geſetzt, von denen man durch gebogene Aeſte der Baͤu⸗ 15 21 2 15 2 lies die Bäder. ueber Holſtemn. el Peng nie Fortſetzung folgt kuͤnftig. 1 auh n IR STE Fe 7 | 1 f Re f * SIE fi 1 15 11 A Druckfehler. Im sten Stück des Magazins. S. 69. Z. 29. anſtatt die ie } ©. 71. Z. 31. anſtatt lachend, lies lachen S. 75. N az me, wie durch eine Pforte; eine un⸗ begraͤnzte Waſſerausſicht genießt. Ei⸗ ne gar liebliche kühle Stelle! In al⸗ len dieſen Anlagen iſt leicht zu mer⸗ ken, daß geſchmackvolle Kunſt und eine etwas poetiſirende Einbildungs⸗ kraft der Natur beſcheiden zu Huͤlfe kam, doch iſt nirgends eine Spur von Zwang, Ueberladung und Ziere⸗ rei. Man ſieht deutlich, daß nicht getaͤndelt ward um Bewunderung zu erwecken, oder Schoͤngeiſterei zu zei⸗ gen, ſondern daß alles aus der reis nen Fuͤlle empfindender Herzen floß. Moͤgten doch auch nur ſtets ſolche Herzen, und keine andere, dieſe ſuͤße Wohnung, der Rube, der Tugend, Eintracht und Liebe ſehen und beur⸗ theilen! — Fuͤr den großen Haufen iſt hier wuͤrklich Alles zu gut oder zu ſrhlachi n iu n u e en, 1} 135% 11:02 2 9 4 54174 ra en ene. 1 91e 3 [rn } 1 27 ſten, aanſtatt ſpotten und wundern, lies ſpottet und wundert. neh 13. Rm ee - Dr 2 * 3 nt Oo i 900 „0 J 1 1 nd 3 E 4 4 1 > er 1 5 ” f Son my 7 € } 1 a 2 1 7 1 * 3 I 7970 4 — wen 1 — 1 10 72 ü - 1 77 8 * * 7 — 1 5 1 a „ 10 4 u « as 91 un um eb! 2 * * . r. * 4 19 mon inan Ka N 48 k. 234 HU x an 22 1175 119 eit n d ige) 2 1 . A, AR id aten eincn W nenen hen care > ” 1 ri an viren! sh e ne d 1059 “ 1614 osten 0 ie r . enn ner ur a . 2 180617 1914 8 1 Dai wa, 2e G ce annoberiſches Magazin. dtes Stüd, Montag, den 27ten Januar 1783. Faortgeſetzte Beſchreibung einiger Gegenden in Holſtein. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. un komme ich auf das, was l man wohl eigentlich die groͤßte Schoͤnheit von Eckhof nen⸗ nen kan, und welches ich nur darum zuletzt beſchreibe, weil es das letzte war, was ich ſah. Etwa eine kleine Vier⸗ telſtunde vom Hofe liegt ein Luſthaus, welches fuͤr die Graͤfin gebauet, und nach Ihr Julianenruhe genannt iſt. Ein bezaubernder Aufenthalt, um hol⸗ de ruhige Stunden, im Genuß der ſchoͤnen laͤndlichen Natur, da zu ver⸗ leben, fo wie Kramer ſie ſchildert, in der vortreflichen Ode, die er an die⸗ ſem Orte gedichtet hat 2). Eine kleine Pforte fuͤhrt vom Redder ab, durch ein Stuͤckchen Wieſen, einem ſchoͤnen Buͤchenhoͤlzchen zu, worin ſchlaͤngeln⸗ de Wege laufen. Wenn man ſich hin⸗ aus gewunden hat, erblickt man eine freie, offene, etwas abhaͤngige Stelle, auf deren Hoͤhe ein artiger Pavillon ſteht, worin nur ein mit Kupferſtichen und Blumenkraͤnzen niedlich gezierter Salon, und eine kleine Kuͤche befind⸗ lich iſt. Vor dem Pavillon iſt ein Bos⸗ quet von allen Arten von Roſen, und bluͤtetragenden Stauden, als Jes— min, Geisblatt, und dergleichen, wel⸗ ches ein liebliches Gemiſche von Far: ben und Geruͤchen giebt. In der Mitte iſt ein freier Platz mit engli⸗ ſchem Graſe, um die Ausſicht nicht zu verſperren, welche auf ein tiefer liegen⸗ des Feld und einige Haͤuſer geht, und endlich in die Oſtſee ſich verliert, die etwa vierhundert Schritte davon, wie ein ausgeſpanntes dunkelblaues Tuch liegt. Die vorbeifahrenden Schiffe laſſen ſich ganz deutlich erkennen. Sehr ſchoͤn iſts, daß der Pavillon gerade in der Mitte zwiſchen zwei kleinen Waͤldern ſteht; denn zur rechten Hand iſt ein reitzendes Eichenhoͤlzchen, und auch hinter dem Hauſe ein Bosquet von allerlei gemiſchten Holzarten. Laͤßt. ſich wohl eine anmuthigere Lage als dieſe denken? Auch iſt das Gefühl, welches mich hier durchdrang, unaus⸗ ſprechlich; a) Sie ſteht im Deutſchen Muſeum 1778, im zen Stuͤck auf der 246. Seite. 115 ſprechlich; Ich fand ſo eine ſuͤße Harz monie der Natur mit den hier leben⸗ den Menſchenſeelen; alles fo glänzend, und doch ſo mild; ſo ſchatticht, und doch ſo heiter; ſo geſchmuͤckt, und doch ſo ungekuͤnſtelt und frei. Wegreißen mußte ich mich von ihnen; denn ich hätte wohl mögen hier Hutten bauen, hier leben und hier ſterben. Ob wir gleich den vorigen Abend ſehr ſpaͤt zu Haufe gekommen waren; ſo mußten wir dennoch bei guter Zeit wieder aufbrechen, weil wir bei dem Herrn geheimen Rath von Saldern nach Seeſchenberg auf den Mittag eingeladen waren, und dieſer Ort zwei gute Meilen von Kiel liegt. Ich erwartete hier Pracht und Schoͤnheit, und fand ſie in reichem Maaß. Hirſchfeld hat dieſen Ort fo vortreflich beſchrieben by, daß feiner Schilderung nichts zuzuſetzen bleibt; nur will ich den Eindruck bemerken, den jede vorzuͤgliche Stelle, und das Ganze auf mich gemacht hat. Die Einrichtung iſt fuͤrſtlich. Man ſieht, daß die Natur, und wenn gleich nicht das Weſen ſelbſt, doch auch wenigſtens der Anſchein der Freude dem Reichen zu Gebote ſteht, wenn er, wie Saldern, Geſchmack und Kenntniß des Schoͤ⸗ nen hat. Aber, daß eben dieſer Reich⸗ thum oft dazu verleitet, ſchoͤne Nach⸗ läßigfeiten der Natur für Maͤngel an⸗ zuſehen, und fie zur Unzeit verſchoͤnern zu wollen, war mir auffallend, als ich ſah, daß die ſchoͤnen, ebenen mit Grant Ueber Holſtein. 1 16 belegten Holzwege leider mit einer Hecke eingefaßt find, über welche man nicht wegſehen kan, und die alſo den Anblick des innern Holzes verhindert, und ei⸗ ne ermuͤdende Regelmaͤßigkeit hervor⸗ bringt. Ich konte nicht umhin, meine Befremdung daruͤber zu bezeugen; und bekam zur Antwort: daß es geſchehen ſey, um die Schaͤfte der Baͤume zu verbergen. Ich ſchwieg, deſto we⸗ niger mit der Entſchuldigung zufrie⸗ den, da ich ſah, daß das Holz auf dem Heeſchenberge vortreflich, und die Schaͤfte ſo gerade, glatt und rm: als möglich find, Die kleinen Wohnungen für gene de, welche einzeln in dem Walde herum ſtehen, ſind unſtreitig alle mit vielem Geſchmack gebauet und eingerichter. Nur ſcheint mir, daß fie nicht alle auf der vortheilhafteſten Stelle ſtehen; als 3. B. die Rotonde müßte doch wohl einen offenen, freien, erhabenen Platz haben, und dieſer Pavillon, welcher gerade der geſchmuͤckteſte und ſchoͤnſte iſt, ſtehet beinahe verborgen, und iſt von weitem nicht auffallend und ſi cht⸗ bar genug. Ein anderer Belle Pie genannt, wuͤrde den Namen beſſer ver⸗ dienen, wenn er nicht etwas abſeiten, fondern gerade vor der Allee ſtuͤnde, die ſich auf eine wuͤrklich ſchoͤne Aus⸗ ſicht oͤfnet, welche man aus dem Haufe ſelbſt nicht genießen kan. Aber es ſolte bald ſcheinen, als wolte ich an dem ſchoͤnen Orte nur Fehler aufſuchen; und v) Theorie der Gartenkunſt, im 2. Th. anf der 137. Selk. 117 und doch iſt für mich Kritik eine Peſt alles Vergnuͤgens. ö Ausnehmend gefiel mir gleich der erſte Blick aus dem großen Pavillon, der die Überſchrift TRANQUILLI- TAT I hat, den der Herr von Sal⸗ dern bewohnt, und wo ſich die Ge⸗ ſellſchaft verſammelt. Er ſteht auf ei⸗ nem großen freien Platz, von dem Te⸗ raſſen bis zum Fuß des Berges herab geben; die Ausſicht iſt ausgebreitet und ſehr anmuthig; man findet bei Sirſchfeld ihre Beſchreibung. Ich genoß das Vergnügen dieſer Ausſicht waͤhrend des ganzen Mittageſſens, weil ich gerade in der Mitte des Tiſches ſaß, und ſie vor Augen hatte. Die Waſſerwerke, die auf dem Hee⸗ ſchenberge angebracht werden koͤnten, müßten wohl wegen Mangel an Waf: ſer die Hand der Kunſt etwas verra⸗ then. Der Anſchein des Kleinlichen und Gezwungenen iſt jedoch dabei ſorg⸗ faͤltig vermieden. Das Waſſerbehaͤlt⸗ niß hat man vortreflich genutzt, um eine freie, friſche Stelle zu bereiten, die mit Baͤnken, ſchattigten Baͤumen, und herrlich ſchoͤnem engliſchen Gras um⸗ geben iſt. Man merkt nicht, daß ſelbſt dies ſtehende Waſſer den ſchoͤnen Waſ⸗ ſerfall bildet, der durch kuͤnſtliche An⸗ bringung vieler Roͤhren ſich verſtaͤrkt, ein großes Geraͤuſch und eine uͤberaus frappante und angenehme Wuͤrkung hervor bringt. Die Grotte, die gera⸗ de vor dieſem Waſſerfalle ſteht, ift ein prächtiges Werk, wo man mit Ber: gnuͤgen verweilet, weil da Ruhe, Kuͤh⸗ lung, und das betaͤubende Geraͤuſch Ueber Holſtein. des Waſſers ein ſanſtes Staunen über die Sinne verbreiten. Das abflieſ⸗ ſende Waſſer bringt an vielen Stellen mehrere kleine Waſſerfaͤlle hervor, und ihr melodiſches Gemurmel komt ſtaͤr⸗ ker oder ſchwaͤcher, näher oder ents fernter, dem Ohr von allen Seiten entgegen. Neben der Grotte ſießt man ein In⸗ ſelchen, wo zwiſchen vielen Blumen eine kleine Urne ſteht. Sie iſt das Be⸗ graͤbniß, — eines geliebten Huͤndchens; und waͤre wohl einer beſſern Beſtim⸗ mung werth. Nicht weit von dem Waſ⸗ ſer fall und der Grotte iſt ein Pavillon mit vier bis fünf Stuben, wo eine gan⸗ ze Familie bequem wohnen kan. Er beißt: Bonbon. Ueberhaupt find auf dem Heeſchen⸗ berge acht Gebaͤude. Zuerſt unten bei der Auffahrt ein Wirthshaus, wo alle fremde Domeſtiguen und Pferde, auf des geheimen Raths Koſten bewirthet werden. Nicht weit davon ein kleines Wohngebaͤude. Oben der große Pa⸗ villon, mit der Aufſchrift: Tranquilli- tati, der gewöhnlich das Rloſter ger nannt wird, weil ein artiger Glocken⸗ thurm darauf ſteht. Die uͤbrigen ſind: Rotonde, Belle vuͤe, Solituͤde, Bonbon und Pavillon bleu. Hin⸗ ter dem Bloſter ſind Zelte und Schlafſtellen der Domeftiguen, und in einer Ecke, wo der Wald am dick⸗ ſten iſt, ſtehen Küchen und Officen, die man gar nicht gewahr wird. Der Platz, worauf alles dieſes ſteht, iſt gar nicht groß, und leicht in einer halben Stunde umzugehen; doch iſt alles fo H 2 “u 4 gut 119 gut vertheilt, daß ſich keine Ueberhaͤu⸗ fung merken läßt. Herr von Saldern ſchien unſern Wunſch, den neuen Hof, welchen er zu Schirenſee aufbauen läßt, zu beſe⸗ ben, gern zu beguͤnſtigen, und ließ uns nach dem neuen Hauſe hinfahren, wel⸗ ches gerade unter dem Heeſchenberge liegt. Hier oͤfnete ſich mir eine Quelle von Vergnuͤgen und Bewunderung uͤber den ſchoͤnen, edlen Geſchmack, die Koft: barkeit, Bequemlichkeit und Dauer⸗ haftigkeit, mit denen das prächtige Ge⸗ baͤude aufgefuͤhrt iſt. Selten ſieht man dieſe Erforderniſſe zu einem wahrhaft ſchoͤnen Werk in fo reichem Maaße ver: einiget. Das Haus waͤre keines ein⸗ zigen Fuͤrſten unwuͤrdig; oder, was vielleicht noch mehr geſagt iſt, es waͤre werth, daß in mehrern Jahrhunderten immer ein großer Mann, was Stan⸗ des er auch ſey, im Schoſe einer gluͤck⸗ lichen Familie, im Kreiſe würdiger Freunde, frohe, geſellige, der Menſch⸗ heit nuͤtzliche Tage hier lebe. Die Geſtalt des Hauſes, von dem ein Riß bei Airfchfeld ſteht, gefällt mir, wegen der im italieniſchen Ge⸗ ſchmack vorſtehenden Fluͤgel, nicht ganz. Sonſt iſt es gewiß nach der reinſten Architektur gebauet. Nichts iſt uͤber⸗ trieben; nichts vernachlaͤßigt; nichts bloß zum Prunk und zur Zierde ange⸗ bracht, ſondern alles ſo dauerhaft als glaͤnzend, ſo nuͤtzlich als ſchoͤn. Man ſieht ſelten eine ſolche Art zu bauen, und kan vieles hier lernen. Ueber der Hausthuͤr ſteht die A * MIHI SED POSTERIS. Ueber Sbiſteint 120 Das Dach iſt ganz mit Eiſen ge⸗ deckt, welches roth angeſtrichen, einen ſchoͤnen Glanz und Anſehen giebt. Ich wunderte mich uͤber dieſe Erfindung, und meinte, daß ein ſolches Dach das Haus ſehr beſchweren muͤßte; man verſicherte mich aber, daß es um ein Drittheil leichter als Ziegel ſey, und in Anſehung der Dauerhaftigkeit und Sicherheit bei Feuersgefahr, iſt der Nutzen wohl unbezweifelt. Eine un⸗ zaͤhliche Menge Zimmer ſind im Hauſe, ein jedes nach ſeiner Beſtimmung edel, bequem, und praͤchtig eingerichtet. Man ſieht, daß fuͤrtrefliche Kuͤnſtler unter einem hellen, großen, und kunſt⸗ verſtaͤndigen Kopfe gearbeitet haben, deun alles iſt mit aͤußerſter Vollſtaͤn⸗ digkeit, Vorſicht, und Genauigkeit ge⸗ macht. Die Rahmen und Thüren ſind alle vom beſten Holz, ſo paſſend, dicht und doppelt verwahrt, daß es die treflichſte Winterwohnung geben muß. Die erſte Stage iſt die praͤchtigſte. Oben ſind nach italieniſcher Art etwas kleinere Fenſter und niedrigere Stuben. doch auch ſehr zierlich und ſchoͤn. In Anſehung der Ausſicht ſind ſie den un⸗ tern beinahe vorzuziehen; denn man kan ſehr weit ſehen, und die anmuthig⸗ ſte Gegend laͤchelt von allen Seiten dem Auge entgegen. Es ſind lauter kleine Huͤgel, von den ſanfteſten Beugun⸗ gen, mit ſchoͤnen kleinen Hoͤlzchen be⸗ kraͤnzt, welche eins uͤber das andere hervorragen, und zwiſchen hindurch ſieht man Felder, Wieſen und Doͤrfer in reitzender Mannigfaltigkeit. 25 7 f Ich werde mich in keine lee bung 121 bung des Ameublements einlaſſen. Man kan leicht denken, daß es aufs vollkommenſte reich und geſchmackvoll iſt; und ich würde ſchwerlich den Aus⸗ druck von Schönheit ohne Ziererei, von Pracht ohne Prunk, der es von andern Werken dieſer Art auszeichnet, in meine Beſchreibung uͤbertragen koͤn⸗ nen. Unter andern Koſtbarkeiten be— merkte ich vorzuͤglich einen Ofen von Speckſtein, der ſehr artig ausſieht, und, da der Stein durch die Hitze ganz erweicht wird, auch ſehr gut heitzen ſoll; aber uͤber ſechshundert Thaler ſchwer Geld gekoſtet hat. Dieſer Stein iſt eben der nemliche der zur Vertreibung der Flecken im Seidenzeuge dient, er wird in Norwegen gefunden, und in Copenhagen iſt eine Fabrick ſolcher Oefen. Noch ein anderer Ofen zog meine Aufmerkſamkeit an ſich. Er iſt aus Rußland, und von ganz ungehen: rer Groͤße, ſo, daß er wohl viere von unſern groͤßeſten uͤbertrift. Man ver⸗ ſicherte mich, daß er, vermoͤge vieler durch die Wände des Zimmers gelei: teter Roͤhren mit wenigem Holze ſich beißen ließe, und drei Tage von einem Feuer warm bliebe. Ein fuͤrtreflich ſchoͤner Saal, der durch beide Etagen geht, nimt den vierten Theil des Hauſes ein, und iſt im edelſten Geſchmack verzieret. Die Waͤnde ſind bloß mit Stuckaturarbeit bekleidet, welche Saͤulen, nach halb Joniſcher Ordnung, vorſtellen, zwi: ſchen denen ſich leichte Blumenkraͤnze winden; Alles ganz weiß und bloß die Capitaͤler verguldet. Der ganze Saal Ueber Holſtein. 122 enthaͤlt keinen fremden Zierrath, als einen ſchoͤnen Kronleuchter von Kry⸗ ſtall und vergoldete Wandleuchter. So einfach und edel, glaube ich, ſahen die Saͤle aus, wo vornehme Griechen den Somer bei ihren Mahlzeiten ſich vor⸗ leſen ließen. Er war eben fertig ges worden, und ſolte naͤchſtens durch einen Ball eingeweihet werden, zu dem uns Herr von Saldern hoͤflich einlud. So wie unten alle Waͤnde in Dam⸗ maſt, Peking, und Vergoldungen glaͤn⸗ zen, fo iſt in der oͤbern Etage alles ſimp⸗ ler und haͤuslicher. Betten und Ta— peten find von Zitz, auch viele Stu: ben auf Kalk gemahlt, welches ich noch nie ſo ſchoͤn als hier geſehen habe. Es ſind die lebhaſteſten Farben, die man ſich denken kan, und ein Glanz, des: gleichen papierne Tapeten nie haben. Ein Zimmer hat mir vorzuͤglich gefal⸗ len; ich hielt es im Hereintreten fuͤr Paneelwerk von Roſenholz, denn es ſieht vollkommen aus, wie die Meub⸗ len, die von dergleichen indiſchem Hol⸗ ze, nach moſaiſcher Art, weiß und roth eingelegt ſind. Die Taͤuſchung waͤhrte ziemlich lange, und verſchwand nur nach genauem Betaſten und Beſehen. Dieſe Art zu meubliren gefiel mir ungemein. Ich erkundigte mich genau nach der Verfertigung; und erfuhr, daß das Hauptſaͤchlichſte nur darin be⸗ ſtehe, den Kalk nicht trocken werden zu laſſen, fondern fo bald die Mauer fer tig und recht eben gemacht ſey, muͤſſe ſie ſogleich mit Mohnoͤl beſtrichen, und demnaͤchſt die Farben aufgetragen wer⸗ den, alsdann komt es nur darauf an, H 3 ſie 123 fie mit Geſchmack zu waͤhlen und ans zuordnen. Daß e alles was zum Hof gehört, in Schön: beit und Vollkommenheit mit dem Hauptgebäude überein ſtimmet, laßt fish, ohne mein Aufuͤhren, vermuthen. So praͤchtig und geſchmackvoll, als Alles uͤbrige, iſt auch die Bewirthung. Auf dem Heeſchenberge, wo der ge⸗ heime Rath von Saldern den gan⸗ zen Sommer im oben erwähnten Pa⸗ villon zubringt, feht Er faſt taͤglich Fremde, und ſorgt dafuͤr, daß ſie alles im reichſten Ueberfluſſe finden. Go; gar ſind kleine Bibliotheken in allen Pavillons. Alle Meublen ſehr reich⸗ lich und alles noͤthige Geſchirre von Silber. Geſpeiſet wird an einer run⸗ den Tafel mit rundem Aufſatz, und die Speiſen ſind ſo ſchmackhaft, als ge⸗ wählt und koſtbar; ſchoͤnes Obſt, die treflichſten Weine, Alles, was zu die⸗ fer für viele Menſchen fo wichtigen und ſchaͤtzbaren und beinahe einzigen Quelle von Gluͤckſeligkeit gehoͤrt. Ein Hauptzweck unſrer Reiſe war den neuen Kanal zu beſehen; dieſes große und unſterbliche Werk, wodurch die Oſt⸗ und Nordſee verbunden, und der Handel um ein betraͤchtliches er⸗ leichtert werden ſoll, und von dem man ſagt, daß ſchon Cromwell einen Ent⸗ wurf dazu gemacht habe. Wir gingen alſo bei guter Zeit nach Boͤnigsfoͤrde, wo wir den Grafen Holck antrafen, der, aus Gefaͤlligkeit fiir uns ſich daſelbſt eingefunden hatte, und uns mit allem, was uns intereßi⸗ Ueber Holfein, Officen, Scheunen, Staͤlle, 124 ren konte, bekant machte. Der Ge⸗ neral Wegener, dem die Aufſicht uͤber die ganze Arbeit aufgetragen iſt, und der ein außerordentlich geſchickter Mann ſeyn ſoll, lag eben krank, und wir konten ihn nicht ſehen. Dafuͤe machten wir die Bekantſchaft ſeines Sohnes, der Lieutenant beim Inge⸗ nieureorps, und ein junger Menſch von ſchoͤner Geſtalt, viel Vernunft, Kennt⸗ niß und Beſcheidenheit iſt. | Zuerſt ſahen wir die Arbeit an der Schleuße, und dieſer Anblick, der ein⸗ zige in ſeiner Art, ergoͤtzte mich unge⸗ mein. Eine unbeſchreibliche Menge Holz, Steine und andere Materialien, waren zum Theil ſchon tief in die Er⸗ de geſenkt; denn es werden in einer Schleuße ſtets zwei Lagen von Ram⸗ men, oder dicken langen Pfaͤhlen und daruͤber liegenden ſtarken Bohlen uͤber einander gelegt. Zum Theil war dies alles noch unter den arbeitſamen Haͤn⸗ den von achthundert Menſchen. Das froͤhliche Geraͤuſch dieſer Leute; der Geſang, womit ſie nach einem Tackt alle ihre Arme bewegen; die in großer Menge um dieſe Schleuße gebaueten Buden, wo gehandelt, geſchlachtet, gekocht, getrunken, gelacht, und ge⸗ zankt ward; dabei der Gedanke, wie viel Armen dieſe Arbeit Nahrung giebt, und wie Re den Umlauf des Gel: des befoͤrdert; machten dieſes Schau⸗ ſpiel ſehr intereſſant für mich, ob ich gleich keine Kunſtverſtaͤndige bin, und von der eigentlichen Schönheit des Werks nur dunkle Begriffe mir ma- chen konte. Wir verließen dieſen Platz um 125 um nach demjenigen zu fahren, wo eben gegraben ward. Hier konten wir die Arbeit recht in ihrer Stufenfolge beobachten; vom er: ften Aufgraben des Landes an, bis zur voͤlligen Tiefe, die erreichet werden mußte; Es waren etwa Tanfend und Sechs hundert Menſchen dabei beſchaͤf⸗ tiget. Ich verſaͤumte, die Verhaͤltniß⸗ zahlen, die mir angegeben wurden, gleich aufzuſchreiben, und nun koͤnte mich mein Gedaͤchtniß wohl um etwas truͤgen; doch deucht mir, daß der Ka⸗ nal eine Tiefe von achtzig und eine Breite von hundert und zwanzig Fuß bat. Das Graben wird pottweiſe be: zahlt; ein Pott iſt nemlich ein Qua: drat von ſechszehn Fuß, uud koſtet vier bis fieben Reichsthaler, nachdem es feftere oder lockere Erde iſt. Was um: ſerer Meinung nach, an der Arbeit ausgeſetzt werden koͤnte, iſt, daß die Verſtaͤufungen, oder Daͤmme des Ka⸗ nals, nicht feſt und dauerhaft genug gemacht find. Es iſt nur eine ſchraͤge Erhoͤhung von Sand und Erde, wel⸗ ches bei ſtarkem Regen leicht abgeſpuͤ⸗ let und herabgeſchoſſen werden kan, be⸗ ſonders durch das beſtaͤndige Gehen der Pferde und Menſchen, welche die Schiffe ziehen muͤſſen; dazu iſt zwar, an jeder Seite, ein ſchoͤner, breiter Weg gemacht, doch hat er nicht die gehoͤrige Feſtigkeit, um eine verderbli⸗ che Droͤnung zu verhindern; und an einigen Stellen des ſchon fertigen Ka: nals, fanden wir auch wuͤrklich Riſſe in den Daͤmmen. Nachdem wir bei dem Paͤchter des Ueber Holſtein. 126 adelichen Gutes Rönigsförde eine ländliche Mahlzeit eingenommen hats ten, fuhren wir wieder zuruck. Wir nahmen nun einen ganz andern Weg, als den wir gekommen waren, nemlich nach Kappendorf, wo wir unſern Wagen voraus ſchickten, und ſchiften uns jetzt in ein kleines Fahrzeug ein. So kamen wir den Kanal hinunter bis Knoop, und fuhren daſelbſt durch die Schleuße, welche wir auf dieſe Art ganz genan betrachten konten. Wir wurden nur von zwei ſtark gehenden Menſchen gezogen. Die Fahrt gieng jedoch fehr ſchnell. Wir brachten auf dieſem Wege, der eine halbe Meile ge⸗ rechnet wird, nicht uͤber eine ſtarke Vier: telſtunde zu. Vor der Schleuße muß man einige Minuten warten, bis das Waſſer ſo hoch iſt, daß man hinein kan. Mit unglaublicher Geſchwindigkeit faͤllt es alfobald zehn Fuß herab, und ſo komt man durch die zweite Thuͤr wieder heraus. Auf dem Hinein⸗ und Herausfahre gehen ewa zwölf Minu⸗ ten hin; und es find gar wenige Haͤn⸗ de dabei noͤthig, da die Schwere des Waſſers ſelbſt beim Steigen oder Fal⸗ len, die Thuͤren oͤfnet und ſchließt. Ganz außerordentlich ſchoͤn ſind alle dieſe Schleußen. Es iſt an Arbeit und Materialien durchaus nichts ge ſpart um fie fo fuͤrtreflich, als moͤglich einzurichten; und ich glaube, daß ſie zum Muſter in dieſer Art dienen koͤn⸗ nen. Bei Holtenau iſt die erſte, die wir auf dem Wege nach Eckhof ſchon beſe⸗ hen hatten; die zweite ward, Schim⸗ melmann zu gefallen, nach RBnoop ge⸗ 127 gelegt, als er dieſes Gut vom Graf Baudiſſin kaufte; und nachdem er zum Kanalbau mehr Holz geſchlagen, als der Einkaufspreis betragen hatte, gab er es ſeiner Tochter, der jungen Gräfin Baudiſſin zum Heirathsgut wieder. Es wird nicht allein aus⸗ nehmend dadurch verſchoͤnert, da die Schleußenbruͤcke gerade gegen dem Ho: fe ſteht, und der Kanal vor dem Hauſe zu einem weiten, runden Baſſin gebil; det iſt; ſondern es hat auch einen we⸗ ſentlichen Nutzen, da es in Zukunft eine große Durchfuhr und vieles Ge werbe herbeiziehen wird. Außer die⸗ fer ſeltnen vortheilhaften Lage habe ich keine vorzuͤgliche Schönheit an Knoop bemerket; doch kan das Holz, womit es noch uͤberfluͤßig verſehen iſt, zu artigen Verſchoͤnerungen angewandt werden. ö Die dritte Schleuße iſt zu Rappen; dorf; die vierte, an der wir arbeiten ſahen, zu Boͤnigsfoͤrde; die fünfte und letzte zu Rendsburg. Die Arbeit, ſo weit als ſie bis jetzt gediehen iſt, nemlich zwei Drittel vom Ganzen, koſtet ſchon, wie man mich verſichert über dreizehn Million Tha⸗ ler, und wird, bei ihrer Vollendung, auf zwanzig Millionen betragen. Ei⸗ nige ſcheinen zu zweifeln, ob das Werk jemals zu Stande kommen wird; und uͤberhaupt wird manches vom geringen Nutzen, von uͤbel angewandten Koſten, Ueber Holſtein. 128 und dergleichen geſchnackt. Das alles halte ich fuͤr Abderitiſches Geſchwaͤtz, das keinen Glauben verdienet. Ein ſolches Werk unvollendet zu laſſen, oder es anzufangen, ohne vom Nutzen uͤber⸗ zeugt zu ſeyn, ſcheint mir gar zu wi⸗ derſinnig, und der Name des unſterb⸗ lichen Bernſtorfs, welcher der Urhe⸗ ber dieſer Unternehmung war, ſcheint fie den guten Erfolg einzuſtehen. Gewiß wird der Handel ſehr ange- zogen werden, da fuͤrs erſte kein Zoll— oder Tonnengeld genommen werden wird. Wenn ſodann noch wahr iſt, was uns von guter Hand verſichert ward, daß Rußland mit Daͤnnemark einen Luͤbeck ausſchließenden Hand⸗ lungstraktat geſchloſſen; ſo werden dieſe unglaͤubigen Herren Reichsſtaͤd⸗ ter ſchon zu ihrem Schaden uͤberzeugt werden, daß ſie unrecht hatten, dieſes ſchoͤne, wichtige und wahrhaftig erha⸗ bene Werk uͤber die Achſel anzuſehen. Von Anoop fuhren wir, auf freundliches Bitten des Grafen, noch⸗ mals nach Eckhof, — und wurden mit der ungekuͤnſtelten Freundlichkeit, und mit dem vertraulichen Tone em⸗ pfangen, der eine keimende Freund⸗ ſchaft ſchnell aufſchießen und bluͤhen laͤßt. Alles, was ich auch dieſes mal hier ſah, verſtaͤrkte den erſten unaus⸗ ſprechlich liebenswuͤrdigen Eindruck, und praͤgte ihn unausloͤſchlich in mei⸗ ne Seele. Der Schluß folgt kuͤnftig. EEE D—————————— . | erg Er F 9 1 N Stuck. 130 * Aid 1 11 n reitag den au Januar 15535 Schluß der Beschreibung einiger Gegenden in Holſtein. Aus den Briefen einer Hannoveriſchen Dame. ! it den Graͤflichen Kindern 3 werden auch einige Andere aus dem Dorfe erzogen. Ein ſehr geſchickter und ſehr artiger Hof: meiſter unterrichtet mit dem jungen Grafen einen kleinen Bauerjungen von gleichem Alter und guten Anlage; und die Gräfin erzieht ein zwoͤlfjaͤhriges Maͤdchen, welches ſchon auf die Klein; ſten Achtung geben kan. Diefe Kinder laufen ohne Unterſcheid durch einan⸗ der. Mie habe ich einen beſſern Mit: telweg treffen geſehen zwiſchen ſteifem Zwange und wilder Ungezogenheit. Eines Entwurfs muß ich hier er⸗ Wen, an deſſen Ausfuͤhrung noch gearbeitet wird. Auf einem Huͤgel des bieſigen Feldes, von dem man gerade in die Mündung des Haafs ſieht, bil: den drei hohe Eichen einen dreieckten Platz. Hier foll eine gleichfalls drei⸗ eckte Pyramide aufgeführet werden, in die ein ſchoͤn in Holz geſchnitztes Mo⸗ nument geſtellet wird, welches ich ſchon ſertig geſehen habe. Oben iſt ein grof: ſes Medaillon mit des ſeligen Grafen von Bernſtorf wohl getrofnem Bild; niſſe, unten eine Inſchrift, die ſich auf den hohen Geiſt, und das edle Herz dieſes großen und ſeltenen Mannes bezieht, insbeſondere aber auf die Er⸗ werbung von Holſtein deutet, und auf den Nutzen den ſie durch Vermehrung des Handels fuͤr Daͤnnemark hat. Dieſe ſchoͤn ausgedruckten Gedanken gerade an einer Stelle geſetzt, die fuͤr die Schiffahrt und den Handel ſo wich⸗ tig und ſo intereſſant iſt, werden eine fuͤrtreſtiche Wuͤrkung thun, und ehren ſo wohl den Gegenſtand dieſes Denk— mals, als den edlen Mann, der es dem Andenken ſeines erhabenen Mitbuͤr⸗ gers ſetzt. Noch hatten wir den Wunſch nicht aufgegeben, Daͤniſch Neuhof zu ſe⸗ hen, und, da es nur eine kleine Meile von Eckhof liegt, fuhren wir, in Ge⸗ 1 1150 gefaͤlligen Wirthe da⸗ er Weg gebt ziemlich nabe an die Oſtſee, at. aber keine merkwuͤrdige Schoͤnheiten, die ihn von dem uͤbrigen Theil dieſer Holſteinſchen- Gegenden unterſcheiden koͤnten, die freilich fchön, aber doch einfoͤrmig find, Indeß ver: J dient 131 a ueber Holſtein. . 132 E 4 Ten werden, aber haftet die Aufmerkſamkei und er Stelle, die vorbei ſegelnden € iffen oder ai man ſelten ſo 1127 glänzend anz dem Gepfärfcher er Wellen die das treffen wird. Ufer beſpuͤlen; und ie ſchauerliche Im Ganzen ſieht man eine geſchmack- Finſterniß des Waldes, den man hinter volle und große Anlage, die aber jetzt ſich hat, erhoͤht die majeftätijche Sale. bie und da vernachlaͤßiget wird. Der Solcher Stellen ſind einige; alle ee Schoͤnheit geht jedoch gut gewählt, und vortheilhaft benutzt. dadurch fo wenig etwas ab, als ſie Man verläßt fie ungern, und vertieft durch Kunſt hervor gebracht werden ſich in kleinen ſchlaͤngelnden Wegen, konte: und dies iſt der Anblick der die zu I kleinen aber artigen Oſtſee, welche hart an dem Garten Grptte fuͤhren, aus der man gerade fließt, und eine unermeßliche Ausſicht auf einen buͤbſchen Waſſerfall ſieht. gewährt. Um, wo moͤglich, das Gan- Von da ab geht ein andrer Weg auf in allen N Theilen getreu abzu⸗ ein Kabinet zu, welches die fernere eben will ich in Gedanken den Weg ſicht verſperret. Beim ploͤtzlichen Er wiederholen, den wir nahmen. Onnen dieſes Kabinets wird man dur Vor dem Hofe ſahen wir einen ziem⸗ einen angenehmen unerwarteten An lich großen ſchoͤnen bewachſenen Thier⸗ blick aus dem Fenſter uͤberraſcht. Der garten, wo viel zahmes Wild ſich auf nemliche Waſſerfall, den man aus der haͤlt, gingen ihn aber nicht durch, um kleinen Grotte ſah, zeigt ſich wieder unſere Kräfte zu verſparen. An der auf der rechten Seite des Luſthaͤus⸗ andern Seite des Wobhnhauſes ſtiegen chens. Noch, ein ſchoͤnerer Waſſerfall wir vor dem Eingange eines Luſtwaͤld- quillt in der Mitte recht aus der dick, chens ab. Anmuthige ſchmale Gange ſten Finſterniß des Waldes hervor; füb: ten uns durch ein ſchoͤnes⸗ aber denn 1d gr if alles mit 1. Ha Ge eek einmal vor ung die ce Ste und im EN, ar ch ſpie⸗ Dieſer Anblick, aus dem Dunkel geln. Zur linken Hand. fi vurmelt ſich des Waldes hervor, hat etwas ſtill dieſes Waſſer in einen Teich, worin Erhabenes von ungemeiner Wirkung, auch wieder kleine Quellen ſprudeln; Der kleine Abſchoß der ſteil ing Meer und ſo ergoͤtzen fi ſich von allen Seit: 1 herunter geht, iſt mit einem mier Auge und Ohr an ihrem Anblick iR Geländer eingefaßt, und man ruht gerd Getoͤſe. Nur Schade, daß die ſes ſcho⸗ auf einladenden Baͤnken die dabei ſte; ne fanft melaucholiſche tzchen die ben. Die große weite Ausſicht auf Hand der Kunſt ein wenig zu ſehr ver⸗ der ausgedehnten glaͤnzenden Flaͤche raͤth, und durch den fata en Gedanken verliert fi fi 9 ing Unendliche. Zuweilen verdorben wird, daß man ir in „ lang dieſe anmuthi | nießen konte, ohne fie auf einige Ta zu erſchoͤpfen. Das Luſthaͤuschen iſt auch nicht geſchmackvoll und feiner Beſtimmung gemäß verzieret. Von da komt matt noch auf einige artige Anlagen, wo jedoch bier und da etwas Zwang und Kleinlichkeit hervor⸗ blickt. Endlich iſt man wieder am Ufer des Meeres, von dem eine lange ſchnurgrade Allee wohl zweihundert Schritte nach einem Pavillon hinauf geht, und das eben beſchriebene Luſt⸗ wäldchen mit einem großen nach hol⸗ laͤndiſcher Art angelegten Garten der: bindet. Der Pavillon iſt ſehr gut und kuͤnſtlich zu einer Abſicht dahin geſetzet, die erſt in der Folge dentlich wird. Der obere Saal, zu dem hohe Treppen hinauf gehen, ruhet auf vier Saͤulen, zwiſchen denen ein huͤbſchet offener Salon ſich befindet. Von der auf einige Tage Gallerie, die ganz oben uͤber das Ge⸗ baͤude geht, hat man eine fuͤrtrefliche Ausſicht; vor ſich die lange Allee, die bis zum Meere herab fuͤhrt, und den grenzenloſen Anblick derſelben, fo weit das Auge nur tragen kan; links das Luſtwäldchen; rechts eine dunkle Allee, die ſchoͤn perſpektiviſch in das Feld gebt; rund um ſich her den Garten mit Parterren und Alleen; gleich hin: ter dem Pavillon ein ſchoͤnes helles Waſſerſtück von ſehr anſehulicher Groͤſ⸗ ſe; uͤber das alles hinaus den Threr⸗ gerten, das Wohnbaus, die Hofge⸗ baͤude, und ein munteres, angebautes Feld, wo ſich der Blick in einer weiten Ebene verliert,’ Ein großer glaͤnzen⸗ Uebel Holſtein. ga e Vaſſerfaͤlle ge⸗ ie 134 der Aublick, deim gichts felt, was Schönheit, Anmuth, Pracht und Mannigfaltigkeit heißen kan. Zwei fuͤrtrefliche Bogengaͤnge get ben an beiden Seiten des erwähnten Waſſerſtuͤcks herum, und treffen in eis ner Grotte zuſammen, deren Schoͤn⸗ heit alles vorhergehende weit uͤbertrift. Aus den dunklen Bogengaͤngen trit mau in die noch dunklere Grotte, und ſo wie man ſich alsdann herum drehet, moͤgte man waͤhnen, ins Land der Feen und Genien hingezaubert zu ſeyn. Ein unerwarteter Glanz ſtrahlt dem Auge entgegen, und es gehören wuͤrk⸗ lich einige Augenblicke dazu, ſich vom erſten Erſtaunen zu erholen, und die Urſachen dieſer ſonderbaren Wuͤrkung unterſuchen zu Pönnen, Hier ſieht man nun die Abſicht und Vereinigung des Ganzen zu dieſem uͤberraſchenden Anblick. Das an bei: den Seiten mit einem dunkeln gruͤnen Bogen eingefaßte Waſſerſtuͤck ſchließt ſich mit optiſchem Betrug an den Pas villon, von dem nur der obere Theil bervorragt; und durch die Säulen des untern Salons erblickt man die Oſt⸗ fee, ohne von der übrigen Verbindung etwas ſehen zu koͤnnen. Doch ich fuͤh⸗ le, daß meine Beſchreibung nichts ſagt, und keinen Begrif giebt von der eigen⸗ thuͤmlichen Schönheit dieſes Aublicks. Es iſt auch unmöglich den fonderdas ren ſanften Glanz der doppelten Taf ſerſcene, die Spiele des Lichts und Schattens, die Wurkung dieſer künſt⸗ lich berechneten Optik, und den Ein⸗ druck, den das alles, aus einet finſtern 32 Grot⸗ 35 Grotte geſeben, in der S le er 0 in Worten darzuftellens ieſe Grotte ift ſehr groß, fuͤrtreflich kuͤbl, artig mit Muſchelwerk verziert, und kleine Fon⸗ tainen, ſpringen darin e Mir deucht dieſe E telle allein ver⸗ diene eine Reife nach Daͤniſch Neu⸗ hof, und: fe wirke auf die Einbil⸗ dungs kraft lebhaft, tief, und dauerhaft. Noch am Abend deſſelben Tages muß⸗ ten wir unſere liebenswürdigen Mir: the verlaſſe ſen, um nach Kiel darüß zu geben. A Wir wolten an dieſem Tage. vons Kiel wegreiſen, wurden aber durch einen, Zu: fall aufgehalten, und ich brachte ihn zu mit Betrachtung des Schloſſes und der darin befindlichen Univerſt nätsbi⸗ bliothek. Dieſe iſt nun keinesweges mit der Goͤttingiſchen zu vergleichen. Doch fand ich einige ſeltene und ſchoͤ⸗ ne Werke darin, befonders in den Fächern der Naturgeſchichte und der Geſchichte Nordiſcher Voͤlker. Nur ſcheint mir eben nicht die beſte Ordnung darin zu herrſchen. Wir trafen zu Mittage in Aſch⸗ berg ein, und ſtiegen in einem laͤnd⸗ lichen Wirthshauſe ab. Ich brante vor Begierde dieſen geprieſenen Ort zu Kam und ein ficherer Beweis ſeiner Schoͤnheit iſt es, daß ſie meine hoch⸗ geſpannte Erwartung übertraf, Hatte bir ſchfeld ihn nicht beſchrieben, ſo wuͤrde ichs wagen, ein Gemaͤlde da⸗ von zu entwerfen. Aber was konte ich ſagen, das dieſer große Maler nicht ſchon weit beſſer ausgedruckt haͤtte? Denn, ſo viel es moͤglich iſt, mit den 1 * 6 en Buchſtaben; den, lebendigſten Ge Nee treffen, hat er w wirk⸗ lich die reitzenden Gegenden des Plo⸗ ner Sees in ſeiner Schilderung dar⸗ geſtellet; und doch, welch ein Unter: ſchied zwiſchen Leſen und Sehen! Wie vieles geht verloren, wie vie an die feinfte Sprache nicht ausdrücken, „die angeſtrengteſte Einbildungskraft ohne Huͤlfe des Auges nicht faſſen! Daß Aſchberg ein wahrhaft ſürſt, liches Anſehen habe, iſt nach meiner Empfindung Nichts geſagt. Mehr als die hohen prächtigen Hecken gefiel mir eine Stelle im Garten, wo ich einen ſonderbaren, aber ſchoͤnen Gedanken fand. Es ſind nemlich zwei kleine Haine von überaus ſchoͤnen, gerade und hoch gewachſenen Eichen, die an bei⸗ den Seiten eines Pavillons ſtehen, aus dem man eine ganz füeteefliche, Ans: ficht bat. Dieſe Haine find mit Hek⸗ ken eingefaßt, ſo, wie ſonſt Gemuͤſe und Obſtquartiere zu ſeyn pflegen; da ſie aber in ſehr regelmaͤßigen Alleen gepflanzet ſind, verlaͤßt man gerne die breiten und offenen Heckengaͤnge, und ſuchet hier Schatten und Einſamkeit. Man kan auf dieſem Wege in das zuſtwaͤldchen kommen, aber an der an⸗ dern Seite des Gartens geht noch ein Weg hinauf, den ich anmuthiger fand. Da wo ſich der n 19 855 9345 chen verliert, iſt eine gar ſcho f aus der man in. be | welche deſtomehr intereſſiren, da fie keinen Stern bilden, nicht regelmaͤßig auf einander paſſen, ſondern in unge⸗ ‚Sünfieltem Reitze, gleichſam von ve ‚558 Natun ſelbſt angelegt zu ſeyn ſcheinen. Die eine iſt ein ſehr dichter Bogen⸗ gang, von deſſen Ende ein lichtheller Strahl durchſchimmert; die zweite eine breite Heckenallee, an deren Ende ein Pavillon ſteht. Links gehet ein ver⸗ ſteckter kleiner Weg von dieſer Allee ab nach einer Fiſcher-Huͤtte, die am Ufer des Sees anmuthig und einſam liegt. Ein dritter Gang geht ins Holz hin⸗ auf, und iſt der ſchoͤnſte, weil er ein natürliches ſehr dichtes Berceau aus: macht, und in eine unabſehliche Fin⸗ ſterniß ſich verliert. Endlich folgt ein vierter Gang den edlen Kruͤmmungen des Sees, und gehet an deſſen Ufer in einer weiten Entfernung fort. Hier findet man Plaͤtzchen, die an Reitz, Anmuth und ſuͤßſchauerlicher Einſamkeit kaum ihres gleichen haben, die aber fo vernachlaͤßigt find, daß ſie der Wanderer ſelbſt aufſuchen muß, da nicht einmal eine Ruhebank fie an: zeigt und nuͤtzt. Man muß einen Be⸗ grif haben von der Schoͤnheit des Sees und der ganzen Lage, um ſich die Lieb⸗ lichkeit dieſes Spatzierweges vorſtellen zu koͤnnen. | Mehr ſtilles und majeftätifches ha⸗ ben die Gaͤnge, welche den waldigten Berg hinauf fuͤhren. Ein ſchoͤners Holz wuͤßte ich nie geſehen zu haben. Jeder Baum zeigt die Guͤte des Bodens, und prangt in hoͤchſter Vollkommen⸗ heit. Sehe richtig hat Hirſchfeld den Charakter dieſes Luſtwaͤldchens getrof— fen, wenn er ſagt, daß es gleichſam jungfraͤulich in ſich ſelbſt verhuͤllt blieb; keine uͤberfluͤßige Oefnung, uber Holſtein. 138 durchaus nichts gekuͤnſteltes, keine Stellen habe, wo man Ausſichten oder fremde Schoͤnheiten geſucht zu haben So leiſe und einſam geht man den ziemlich hohen Berg hinauf, als ſchwebte man fanft empor, und wird durch die nur ſelten befriedigte Erwar⸗ tung ſchoͤner Proſpekte gehoben und angeſpornt. Aber dann auch die Blicke, die ſo ganz von ungefahr her⸗ aus geworfen werden, welchen Deich: thum von Schoͤnheit ernten fie ein? Ich daͤchte, die Einbildungskraft koͤn⸗ te hier nicht verarmen, weil ihr kein Schwelgen erlaubt wird. Der Stif: ter dieſer Anlage ſcheint auch wuͤrklich den weiſen Gedanken gehabt zu haben, Baushälterifch mit ihren Freuden ums zugehen. Die bekante Stelle auf der Höbe des Berges, wo Hirſchfeld einen Sonnentempel bin wuͤnſcht, ſcheint freilich zu etwas Großem beſtimt. Aber auch in ihrer jetzigen Wildheit gefaͤllt ſie mir ungemein, und iſt durch⸗ aus das ſchoͤnſte in der Art, was ich jemals ſah. Die vierfache Ausſicht von der einen Seite auf den Garten, auf die ſcheinbar ſchwimmende große Allee vor dem Hauſe, auf dem glaͤn⸗ zendſten Theil des Sees und das Plör ner Schloß, das in ſeiner kuͤhnen ma⸗ jeſtaͤtiſchen Lage dem Gemaͤlde einen ganz ſeltenen Ausdruck giebt; eine zweite Ausſicht auf einen eingeſchraͤnk⸗ tern ungeſchmuͤcktern Theil des Sees; eine dritte Ausſicht in eine fuͤrtrefliche belebte mit Knickbuͤſchen durchſchnittene 33 Land⸗ 139 kandgegend, wo eine hoch liegende Windmühle zum Augenmerk dienet; endlich viertens eine dichte Vertiefung im Walde; dieſe vierfache Ausſicht, locket den nie geſättigten Blick bald zuruͤck, bald vorwaͤrts, und gewahrt einen großen geiſterhebenden Genuß. Deutſchland hat Gegenden, die ma⸗ jeftärifcher und feierlicher find. Aber ich kenne keine, wo die Natur mit mehr Feinheit und Anmuth, mit einem zaͤr⸗ tern und heiterern Colorit gearbeitet hätte. Solte ich hier leben; fo wuͤr⸗ de ich nur einen waͤrmern Himmel. wünfcher, und dann vollkommen mit meinem Looſe zufrieden ſeyn. | Noch hat Aſchberg in meinen Au⸗ gen einen Vorzug, der es ſehr intereſ—⸗ ſant macht. Es war die erſte Anlage dieſer Art, und folglich der Keim, oder wenn man will, die Inskulation, des Engliſchen Geſchmacks in Holſtein. Auch unterſcheidet es ſich durch ſeinen kraftvollen einfachen Charakter der Originalitaͤt vor den geſchmuͤcktern Nachahmungen, die darauf gefolgt find. Vom Berge herab ſah ich das ro— the Dach von Uehmten freundlich herſchimmern. Mein Blick weilte mit Vergnuͤgen auf dieſem lieblichen Orte, den ich vor einigen Jahren geſehen habe. Es ſchmerzte mich aber auch, daß der Plan, den ich gemacht hatte, einige Tage da zuzubringen, durch die Abweſenheit des liebenswuͤrdigen Be⸗ ſitzers vereitelt ward. So gerne haͤtte ich den Ploͤner See noch etwas genof: ſen und ausſtudirt! Man ſagt, er ha⸗ a ueber Holſtein. Genferſee, und ich laube es, BAG be: eine große Aehnl die Beſchreibung von beiden vergleiche. Nur moͤgen die Ufer des Genferfees wohl unendlich bewohnter ſeyn. charaktetiſtrt ein wenig die Deutſche Gleichguͤltigkeit und Kaͤlte der Einbil⸗ dungskraft⸗ daß ſich nicht viel mehr Menſchen in dieſer herrlichen Gegend anbauen, da doch Landhaͤuſer zum Ger. nuß der ſchoͤnen Jahrszeit nicht an⸗ muthiger liegen konnen. Es verdient bei Aſchberg noch angemerkt zu wer⸗ den, daß der vorige Beſitzer feine Um tertbanen von der Leibeigenſchaft ber freiet, und das Gut in Parzellen ge⸗ theilt hat, die auf Erbenzins ſtehen. 1 Ganz Auge und Aufmerkſamkeit war ich, als wir nach Ploͤn fuhren. Man findet hier einen Reichthum von Ausſichten und perſpektiviſchen Schoͤn⸗ heiten, der für den Landſchaftsmaler unerfchöpflich wäre. Die oft tief ius Land gehenden Beugungen des Sees bringen ganz ſonderbar frappantecuͤr⸗ kungen hervor, zumal wenn man nabe vor Ploͤn koͤmt, welches auch auf ei⸗ nem in der See gehenden Erdſtriche nd Das große, Maffive, alternde Schloß, das man ſtets im Geſichte hat, doch ſo, daß die geringſte Veraͤn⸗ derung des Standpunkts, aus dem man es ſteht, auch feine Lage verandert; die theils flachen, theils bergichten, theils gruͤnen, theils beſchatteten Ufer 7 die mannigfaltigen Schattirungen des Gruͤns; die Heerden, Haͤuſer und Huͤtten rund umber; der See, den man eben wegen feinen vielen Keüm⸗ mungen 141 mungen auf eine RER Ace vielfaͤltigt glaubt; das alles macht ein unausſprechlich reitzendes Gemaͤlde. Gerne haͤtte ich noch vom Ploͤner Schloſſe herab meinen unerfättlichen Blick geweidet; doch es war fuͤr die; ſes mal nicht moͤglich, und wir fuhren gerade durch. Nach ſo lebhaften Eindruͤcken war es wohl natuͤrlich, daß nun auf der Zuruͤckreiſe nichts mehr ſtark auf mich wuͤrken und mir große Freude machen konte. Auch hier empfand ich, wie vortheilhaft und noͤthig es iſt, bei der Betrachtung des Schönen recht ſtuffen— weiſe zu ſteigen, wenn Anblick und Genuß des Hoͤhern nicht das Gefühl fuͤr das Kleinere verwiſchen und ver ſchlingen ſoll. Nicht ſo anmuthig iſt aber auch wuͤrklich der Weg von Ploͤn nach Luͤ⸗ beck, welcher über Ahrensboͤck geht, wie jener, den wir hin uͤber Eutin ge⸗ nommen hatten. Aber, wenn ers auch waͤre, ſo haͤtte er mir doch gewiß den⸗ ſelben Eindruck nicht gemacht. Vor meinen Augen ſchwebten jetzt hoͤhere Reitze, Eckhof, Daͤniſch Neuhof, Aſchberg, und dieſe Bilder meiner Phantaſie, ſchoͤner, als die ich wuͤrk⸗ lich um mich ſah, zogen meinen Blick von froſtigen Gegenſtaͤnden ab, oder ließen ihn doch nur kalt und gleich⸗ guͤltig darauf verweilen. Nun will ich noch mit einigen all⸗ gemeinen Bemerkungen tiber dieſe Rei: fe, meine langen Briefe ſchließen. Die Einwohner von Holſtein, (ich verſtehe darunter den Landmann und 132 3 ſcheinen ein ziemliches Mit⸗ tel zwiſchen Armuth und Wohlſtand zu halten, denn ungeachtet er Vor⸗ treflichkeit des Landes iſt dieſer doch durch- die traurige Leibeigenſchaft ge⸗ daͤmpft. Sie ſind, ſo viel ich ihrer wenigſtens geſehen habe, und freilich laͤßt ſich daraus nicht mit Gewißheit auf die ganze Nation ſchließen, fleiſ— ſig, dienſtfertig und freundlich. Noch nie reiſete ich in einem Lande, wo ich die Leute ſo bereitwillig gefunden haͤt⸗ te, Fremde zu bedienen, zurecht zu weiſen, zu unterhalten, und das ohne merkliche Begierde nach Belohnung und Gewinnſt. Der Adel erhaͤlt ſich in dieſen Thei⸗ le von Deutfchland noch recht ſehr in ſeinem urſpruͤnglichen Glanze und in ſeiner turnierfaͤhigen Reinheit. Ob ſich zu dieſen Vorzuͤgen auch Ahneu⸗ ſtolz und Steifigkeit geſellen; oder ob dieſe von jenen geprieſenen, Vorzuͤgen unſers Standes in einigen Gegenden Deutſchlands vielleicht gar unzertrenn⸗ lich ſeyn, das wage ich nicht zu beſtim⸗ men. Doch habe ich Urſache zu ver⸗ muthen, daß, wenn ſich von ſolchen fuͤr die Geſellſchaft hoͤchſt beſchwerli— chen Uebeln etwas in Holſtein aͤußert, ſo geſchehe dieſes wohl bei ihren glaͤn⸗ zenden Verſammlungen im Umſchla⸗ ge; wo Nationalgeiſt und Gefuͤhl ihres Wohlſeyns, aus gegenſeitigem Wetteifer und Furcht durch Philoſo— phie und fremde Sitten fi ch auszu⸗ zeichnen, jenen Stolz und jene Stei⸗ figkeit vielleicht befördern. Auf fand: figen hingegen, wo der Anblick 125 ſchoͤ 143 ſchönen ungekünſtelten Nati, auch den Adel, zu einem freiern Genuß des kebens und zu einem geſelligern Um⸗ gang einladet, ſteigen ſolche Duͤnſte feltener in den Kopf; denn wuͤrklich ſind mir einige Familien in Holſtein bekant, die den Grazien und Muſen opfern, das geſunde Denken neuerer Zeiten nicht verachten, und auch Halb⸗ und Vierteladeliche, und adelloſe Fremde ſehr e und are © be wirthen. Nach dem Begrif, den ich mit von England mache, muß Holſtein ſehr viel Aehnlichkeit damit haben, da die Felder dort wie hier in Schlaͤge ver⸗ theilet ſind; auch weil die Natur in beiden ſo ein liebliches Mittel zwiſchen rauher Erhabenheit und flacher Ein⸗ foͤrmigkeit halt. Aber unlaͤugbare Vorzuͤge hat England durch ſein Kli⸗ ma, durch ſeinen innern Reichthum, und über alles hinaus durch die Frei: Ueber Holſtein. 144 beit ſeiner Einwohner, vor dem word: lichkalten und durch unnatürliche Leib: eigenschaft noch gefeſſelten Holſtein. Erlauben Sie mie noch, die Oer⸗ ter, die ich geſehen und hier be ſchrieben habe, eigene m claſſifteiren. f Daͤniſch Neuhof bat den Boring der majeſtaͤtiſchen Lage und der blen⸗ denden Schoͤnheit einzelner Stellen; Aſchberg, des glaͤnzenſten Reitzes der Natur, und der eigenthuͤmlichſten Schönheit des Holzes und Bodens; Schirenſee, der geſchmackvollſten | Anwendung des Reichthums und' der Kunſt; Sielbeck, der ruͤhrenden feel: eindringenden Lieblichkeit; und Eck⸗ hof den, der wohl der groͤßte und ſchaͤtzbarſte bleibt, den Vorzug der lies benswuͤrdigſten Gaſtfreiheit und aller Freuden, wodurch Geiſt, Herz und Sitten den Genuß laͤndlicher Schoͤn⸗ heit erhoͤhen. a Anfrage. N Hoem J. 1774 iſt in dieſen Blättern | 5 eine ſehr nuͤtzliche Abhandlung vom Hanfbau und Verarbeitung deſſelben bekant gemacht worden. Man hat ſich nach dieſer Anweiſung gerichtet und gro⸗ bes Hanfengarn bekom̃en 2 bis 3 Stuͤck aus einem Pfunde. Nun wuͤnſchte man den Hanf zu verfeinern, und hat nach Kruͤnitz Eneiclopedie verſchiedene Verſuche mit ziemlich gutem Erſolg an⸗ geſtellet. Da der Hanfbau indeß im hie: ſigen Lande ſchon an verſchiedenen Or⸗ ten mit Nutzen betrieben wird, ſo wuͤr⸗ de es fiir manchen Anfänger in dieſem Geſchaͤfte ſehr willkommen ſeyn, in die⸗ fen Blättern auch von der Verfeine⸗ rung des Hanfes eine auf Erfahrung gegründete Verfahrungsart zu finden. TE EN A < + . 5 N 7 > eu > mega; 1 * 7 29222 0 0 J Fer, re n — * 4 19 —_ 1 — Ne, u’ err St. John berichtet, daß feis ne Geſchaͤfte ihn einmal ge: noͤthigt haͤtten nach Philadel— bia zu reiſen, wie eben ein Schif mit chottiſchen Emigranten ankam, von denen er folgendes erzähle: Herr C. und ich gingen an den Strand, ihre Ausſchiffung zu fehen. Es war ein Anblick der mannigfaltige Gedanken in mir erzeugte. „Hier ſind, „ſagte ich zu meinem Freunde, Leute, „die durch Armuth und andere widri⸗ „ge Schickſale in ein fremdes Land „getrieben worden, in welchem fie Fei: „nen Menſchen kennen. Der Name „eines Fremden, ſtatt Anſpruͤche auf „Beiſtand, Unterſtuͤtzung und Gefäl: „ligkeit zu rechtfertigen, veranlaßt im „Gegentheil von dieſen aͤußerſt ver⸗ „ſchiedene Nebenbegriffe. Die Leute „find niedergeſchlagen, und werden „innerlich durch mancherlei Sorgen, „Furcht und Hofnung gequaͤlt. Wenn „fe gut find, bitte ich den Himmel - ia isn e I: 2706 a’ Nie nein Montag, den zten Februar 1783. . D 2 1 1 RR Gleſchichte des Andreas des Hebriden. (Aus dem Engliſchen uͤberſetzt. a) „um die Erfüllung ihrer Wuͤnſche. „Wer ſie irgendwo nach fuͤnf oder ſechs „Jahren wieder fo verſammelt ſaͤhe, „dem koͤnten ſie einen weit angeneh⸗ „mern Anblick gewaͤßren, der mit dem „gegenwärtigen ſtark contraſtiren wuͤr⸗ „de. Durch ihre Ehrlichkeit, die „Staͤrke ihrer Arme, und die fanfte „Regierungsform wird ſich ihr Zu: »„ſtand ſehr verbeſſern. Sie werden „gut genaͤhrt und gekleidet, das maͤnn⸗ »liche zutrauliche Anſehen erhalten, „welches Eigenthum gewährt, und „müßliche Bürger werden. Einige „aus ihren kuͤnftigen Nachkommen „koͤnnen auch wohl in unſerer ameri— »kaniſchen Geſchichte wichtig ſeyn.,, Der größte Theil dieſer zeute faß blaß und abgezehrt aus, theils von der Laͤnge der Seereiſe, theils von den ſchlechten Lebensmitteln mit denen fie genaͤhrt waren. Die Zahl der Kin: der ſchien eben ſo groß als die Zahl der Erwachſenen; alle hatten fuͤr ihre > Ueber: ‚a) Aus demſelben Buche aus welchem die Nachricht von den Schlangen, im Sata Stluͤck dieſes Magazins vom vorigen Jahre genommen iſt. Anm. des Ueberſ. + 147 Ueberfahrt bezahlt. dab rin er⸗ zaͤhlte uns, ſie waͤren friedliche gutartige Leute, die nie in Staͤ gewohnt haͤtten. Es war eine ſchaͤtz bare Ladung; fie ſchienen, wenige ausgenommen, in der vollſten Kraft ihres Lebens zu ſeyn. Verſchiedene Buͤrger, nahmen durch zufällige. Neigung oder Leutſeligkeit angetrieben, mehrere in ihre Haͤuſer; von der Stadt ſelbſt, wurde ihrer ge— woͤhnlichen Leutſeligkeit und Weisheit gemaͤß, befohlen, ihnen Wohnungen in den Baracken anzuweiſen, und fie reichlich mit lebensmitteln zu verſorgen. Mein Freund nahm auch einen auf, und fuͤhrte ihn mit feiner Frau und einem ungefähr. vierzehnjaͤhrigen Sohn mit ſich nach Haus. Der größte Theil dieſer deute, hatte ſich das Jahr vorher durch einen Be: vollmaͤchtigten um Land beworben; die übrigen bingen bloß vom Zufall ab; der, welcher uns folgte gehoͤrte zu den letztern. Der gute Mann! er lächelte, wie er die Einladung erhielt, nahm ſie ſehr freudig an, und erſuchte feine Frau und Sohn, in einer Sprache, die ich nicht verſtand, ſie gleichfalls anzuneh⸗ men. Mit ununterbrochener Aufmerk⸗ ſamkeit ſtaunte er alles an, was er ſah, jede Sache ſchien ihm gleich neu, Haͤu⸗ fer, Einwohner, Schwarze und Wa⸗ gen. Wir gingen langſam ihm Zeit zu laſſen, ſich an dieſer ihm fo erfreuli⸗ chen Mannigfaltigkeit zu weiden. Guter Gott! ſagte er, iſt das Phi⸗ ladelphia, die an Brod und Lebens. Geſchichte des Andreas des Hebriden. a fo N Ta gnete Stadt, von d wir ſo vieles ädten mir erzaͤhlt, fie meines Sale angelegt. ſchoͤner iſt ſie doch als ee un Greenock die zehn mal älter find! Es, ift fo, fagte mein Freund, und wenn du einen Monat bier geweſen biſt, wirſt du bald ſehen, daß ſie die Haupt⸗ ſtadt eines ſchoͤnen Landes iſt, von wel⸗ chem du dermaleinſt ein Buͤrger ſeyn wirſt. Greenock liegt unter keinem fo, guten Himmelsſtrich, und n nen ſo guten Boden. Wir gingen lang ſam weiter 923 uns ein großer ſechsſpaͤnniger 1 wagen, der eben vom Lande kam, b gegnete. Bei dieſem ſonderbaren An⸗ blick ſtand er. auf einmal ſtill, und frug uns mit großer Schüchtern wozu die großen beweglichen Haͤuſer gebraucht wuͤrden, und wo die großen Pferde herkaͤmen. „Habt ihr keine „ſo großen Plerde bei euch 2, frug ich ihn. O nein! Dieſe Ungeheuer | wuͤrden alles Gras auffreffen das auf unſerm Eilande wach ſen r Endlich langten wir in dem Haufe meines Freundes an, der mit der Waͤrme einer edlen Gaftfreißeit, alle drei zu einer guten Mahlzeit nieder: ſetzen hieß, und ihnen ſo viel Cydet zu trinken gab, wie ſie nur wolten. Gott ſegne das gute Land! und die guten Leute die darin wohnen, ſagte er: das iſt die beſte Mahlzeit, die ich in langer Zeit gehalten habe, — ich danke herzlich. Aus welchem Theile von Schott⸗ land 149 land Pott du? Freund Mee, ſrug Herr C. Einige von uns kommen mitten aus dem bande, und einige vom Eiland Barra, antwortete er, — ich bin von Barra. e Ich ſah nach der Karte, und ſchloß aus der hohen Breite unter welcher Barra liegt, daß dies Eiland in ei⸗ nein unfreundlichen Himmelsſtrich lie gen muͤſſe. 4 17 fie Land habt ihr da?, frug ich ihn. Schlecht genug, antwortete er, wir haben keine ſolche Baͤume wie ich hier ſehe, keinen Weitzen, keine Kühe, und keine Aepfel. f So, ſagte ich, muß es den Ar⸗ „men in eurem Lande ſehr ſauer wer: „den fortzukommen. , Wir haben keine Arme, antwortete er, wir ſind alle gleich; unſern Jun⸗ ker (Laird) ausgenommen. Allen kan der aber nicht helfen. „Wie heißt euer Junker ?,, Herr Neiel, ſagte Andres. Sei⸗ nis gleichen wird auf keinem andern Eilande gefunden. Seine Vorfahren haben ſchon dreißig Generationen da gelebt, wie man erzaͤhlt; nun koͤant ihr, meine Herren, leicht denken, was das fuͤr ein Geſchlecht ſeyn muß. Aber es iſt kalt da; das Land iſt duͤnne, und es waren unſrer zu viel. Das iſt die Urſach, warum einig ge von uns gekommen ſind, ihr Gluck hier zu ſuchen. „Wohl Andres! aber was denkt „ihr hier atzufangen er ener A 10 „machen ride ie 5 Ich weiß nicht mein VER ich bin ein unwiſſender Menſch, und ein Fremder dazu, — ich muß mich auf den Rath guter Chriſtenleute verlaſ— ſen, die mich nicht betruͤgen werden, des bin ich ſicher. Ich habe ein Zeug⸗ niß von unſerm Prediger auf Barra mitgebracht. Kan ich davon was Gu⸗ tes hoffen? „O ja! Allein, euer Fortkommen „wird allein von eurer eignen guten „Aufführung abhängen. Wenn ihr, „wie das Zeugniß beſagt, ein mich: »terner Mann ſeyd, dabei arbeitſam „und ehrlich, ſo hat es gar keinen „Zweifel, daß ihr gut fortkommen „werdet. Habt ihr auch etwas Geld „mit gebracht Andres ?,, Ja Herr! eilf und eine halbe Guinee. „Wahrlich, das iſt eine betraͤchtli⸗ „che Summe für einen Mann von „Barra. Wie komt ihr zu ſo vielem „Gelde 25, Wie? — vor ſi 1 Jahren er⸗ hielt ich durch ein Vermaͤchtniß mei⸗ nes Oheims, der mich ſehr lieb hatte, fieben Pfund. Meine Frau brachte mir zwei Pfund, wie der Junker ſie mir zum Weibe gab, und ſeitdem Ba: be ich immer geſpart. Ich habe ver⸗ kauft alles was ich hatte, und habe auch einige Zeit in Glasgow gear⸗ beitet. „Ich freue mich zu hoͤren, daß ihr „ſo ſparſam und vernuͤnftig ſeyd. „Seyd allezeit ſo! Ihr muͤßt euch „hier bei guten Leuten nnen „Was koͤnnt ihr W 775 K 2 0 Ich ast Ich kan droͤſchen, und ein bischen mit dem Spaden umgehn. i „Koͤnnt ihr auch pfluͤgen 2, Ja Herr! mit dem kleinen Hand⸗ pfluge, den ich mit gebracht babe. „Mit dem komt ihr hier nicht durch, „Andres! Ihr ſeyd ein geſchickter „Mann, wenn ihr willig ſeyd, wer⸗ „det ihr bald lernen. „euch ſagen, was ich thun will. Ich „will euch nach meinem Hauſe ſenden, „da ſolt ihr vierzehn Tage oder drei „Wochen bleiben, und euch mit der „Axt uͤben, das iſt das Werkzeug, „was den Amerikanern am mehrſten „fehlt, beſonders den hinterſten An: „bauern. Kan eure Fran ſpinnen 75, Ja Herr, das kan ſie. „Wohl! Denn ſolt ihr, ſo bald „ihr mit der Urt fertig werden koͤnt, „bei Herr P. R. einem meiner ver⸗ „trauteſten Freunde wohnen, der ſoll „euch die erſten ſechs Monat vier „Thaler monatlich geben, fo lange ihr „bei ihm bleibt. Eure Frau will ich „in einem andern Haufe unterbrin⸗ „gen, wo fie wöchentlich einen halben „Thaler mit Spinnen verdient. Und „euer Sohn ſoll monatlich einen Tha⸗ „ler mit Vieh warten verdienen. Auf „ferdem ſolt ihr gute Koft eſſen, und „in guten Betten ſchlafen. Seyd ihr „mit allem dem zufrieden? Andres!, Er verſtand kaum was ich ſagte. Ehrliche Thraͤnen der Dankbarkeit liefen ihm aus den Augen, und ſeine Worte erſtarben ihm zwiſchen den Lippen. — Verſtummend ſagte er ſehr viel, außerdem daß etwas ſehr ruͤhren⸗ Geſchichte des Andreas des Hibriden. Hoͤrt! ich will 152 des darin lag, einen volle ſechs Fuß langen 1 9 5 ſo Toren f zu ſehen! Sie verminderten auf keine Weiſe die gute Meinung, die ich ſchon vorher von ihm gefaßt batte. Endlich ſagte er, meine Anerbie⸗ tungen wären weit über fein Verdienſt. Er wolte zuerſt für die Koſt arbeiten. „Nein, nein, antwortete ich, wenn „ihr ſorgſam und nuͤchtern ſeyd, und „dabei thut, was ihr koͤnnt, ſolt ihr „haben, was ich euch geſagt habe, „nachdem ihr eine kurze Lehrzeit in „meinem Haufe zugebracht habt., Gott lohne alle eure Güte! ſagte Andres. So lange ich lebe, will ichs euch danken, und fuͤr euch arbei⸗ ten, was ich vermag. 1 Wenig Tage nachher, ſchickte ich alle drei nach * mit einigen zuruͤck⸗ kehrenden Wagen; damit ſie Gele⸗ genheit haͤtten die Moͤglichkeit der Dinge, die ſie zuerſt ſo angeſtaunt hatten, zu ſehen, und ſich davon zu uͤberzeugen. 6 , Die fernern Beſchreibungen, die er uns von den Hebriden uͤberbaupt, dem Eilande, auf dem er geboren war, insbeſondere, von den Gewohn⸗ heiten, Gebraͤuchen, und der Lebens art ibrer Einwohner machte, unter: bielten mich ſehr. Dieſer Beſchrei⸗ bung zufolge, ſcheinen die Einwohner den Geſetzen der Natur, die ihnen ih⸗ ren Unterhalt nur kaͤrglich reicht, voͤl⸗ lig gemäß. zu leben. Ihre Geſund⸗ heit iſt weder durch Ueberfluß noch Weichlichkeit, die ihnen beide ihr Grund verſagt, verdorben. e ihre 453 ihre Nahrungsmittel nicht gar zu Ieh find, fo muͤſſen ſie durch ‚be: | ige Maͤßigkeit und Bewegung — 7 bleiben, und fo. ind. fr. für ihre Armuth reichlich ſchadlos gebal: Nut Hätten, ſie nur hinreichende Nahrungsmittel in ihrem Eilande gefunden, fig. hätten es nicht verlaſ⸗ ſen; denn es war weder Druck der Regierung, noch eines Patriarchen, der ſie veranlaßte auszuwandern b). Ich wuͤnſchte ſehr, daß wir eine ganze Kolonie dieſer ehrlichen Leute in ums ſerer Provinz haͤtten. Ihre Moral und Religion ſcheinen ſo einfaͤlt ſeyn wie ihre Sitten. Dieſe Geſell⸗ ſchaft auf einen ergiebigen Boden ver⸗ ſetzt, wuͤrde ein ſehr unterhaltendes Schauſpiel geben. Aber vielleicht ver⸗ aͤnderte der beſſere Boden alles; denn unſere Meinungen, Laſter und Tugen⸗ den ſind alle local, und wir werden durch jeden uns umgebenden Umſtand gebildet. 85 7 Andres 1 kam eine Woche fruͤher in Geſchichte des Andreas des Hebriden. ig zu meinem Hauſenau, als ich, fand, daß meine Frau ihne mei Anweiſung zufolge, zur erſt eine Axt in die Haͤnde gegeben hatte Einige Zeit war er, ſehr plump; aben er war fo gelehrig, ſoß willig, und dankbar, ſeine Frau auch, daß ich voraus ſah es wuͤrd ihm gelingen. a Meinem Verſpr echen gemaͤß, brach⸗ te ich jeden bei einer andern Familie in Dieuſte, wo ſie ſehr gut geſielen, ſo daß alle Parteien vergnuͤgt waren. Andres arbeitete tüchtig, lebte gut, wurde fett, und kam alle Sonntage mich zu beſuchen, auf einem guten Pferde angeritten, welches Herr P. R. ihm lieh. Der arme Mann! es waͤhrte lange bis er auf einem Sattel figen, und die Zügel ordentlich halten konte. Ich glaube, er hatte nie vor⸗ her ſo ein Thier geritten; doch ſcheuete ich mich ihn zu fragen, weil ich fuͤrch⸗ tete unangenehme Gedanken bei ihm dadurch zu erregen. 1 1 war zwoͤlf Monat bei Herr P. d) Zum Beweiſe daß es das letzte fiher nicht war, mag folgende Anekdote dienen, die neuerlich fuͤr ganz wahr erzählt if. Ein Geiſtlicher, zu deſſen Gemeine eins der kleinen Eilande an der ſchottiſchen Kuͤſte gehört, kam, weil wenig Leute da N wohnten, und ſein Gehalt von da aus nur ſchlecht war, monatlich nur einmal Gottesdienst zu halten, und verwaltete bei der Gelegenheit alles, was in der Zwi⸗ ſchenzeit ſich ereignet hatte. Die Gemeine, die ein Recht zu haben glaubte, daß der Prediger verbunden waͤre, woͤchentlich zu kommen, trug dem Vorſteher „der Gemeine vorkragen, da „er wöchentlich kommen., auf, dem Prediger zu ſagen, er moͤgte woͤchentlich kommen. Der Vorſteher rich» tete ſeinen Auftrag aus, erhielt aber vom Gei l fie ihm jährlich zehn Pfund mehr gaͤbe, fo wolte Der Vorſteher wurde bei der naͤchſten Gelegenheit lichen die Antwort: Er moͤgte vom Prediger um den Entſchluß der Gemeine befragt: „Herr, ſagte er, die Ge⸗ Imeine hat eee euch zu antworten: daß ihr, wenn ihr von eurem eigen Geh . 417721. 7 Nie zehn Pfund jaͤhrlich ablaſſen wolt, ganz zu Hauſe bleiben konnt. , l \ or 1 Ni geweſen, hatte feinen’ und feiner Familie Lohn erhalten, welches vier und achtzig Thaler betrug, kam auf einen Wochentag zu mir, und ſag⸗ te: Er ſey ein Mann von mittlerm Alter und hatte gern ein bischen Land für ſich als ein Eigenthum, um da durch eine Heimath und eine Zuflucht im Alter zu haben, daß er, wenn dieſe Zeit heran kaͤme, das Land ſeinem Sohn geben wolte, der ihn ernaͤhren wuͤrde; ſie koͤnten denn alle bei einan⸗ der leben. Er baͤte um meinen Rath und Beiſtande e er Mir ſchien fein Verlangen ſehr na: tuͤrlich und lobenswerth, ich verſprach ihm darauf zu denken, allein er mußte noch einen Monat bei Herr P. R. bleiben, welcher noch dreitauſend Lat: ten zu ſpalten hatte. Er willigte gleich ein. Es war auch noch nicht weit genug im Fruͤhjahr, daß Andres, wenn er auch gewolt haͤtte, haͤtte Land urbar machen koͤnnen. Es iſt allezeit nothwendig, daß das Laub völlig her⸗ aus iſt, weil daſſelbe ſehr viel dazu beiträgt, daß die Reis buͤndel mehr brennbaren Stof haben, und beſſer brennen. ‚up Wenige Tage nachher ereignete es ſich, daß Herr P. R. mit feiner gan: und Andres allein zu Haus ließ, das Haus zu verwahren. Un Geſchichte des Andreas des Hebriden. zen Familie zu einer Verſammlung c) 56 ſehr aufmerkſam in der Bibel ſchienen ploͤtzlich neun, eben aus t Gebuͤrgen angelaugte Indier, und luden ihre Packen Pelzwerk auf dem Hofe vor dem Hauſe ab. Man denke ſich, wenn man kan, die Groͤße der terdeſ „ daß er an der Thur fa und i Beſtuͤrzung des Andres bei dieſem außerordentlichen Anblick. Wegen des ſonderbaren Aus ſehens dieſer Leute, hielt er ſie für eine Bande Spitzbu⸗ ben, die gekommen wären, das Haus ſeines Herrn zu berauben. Er zog ſich alſo geſchwinde zurück ‚wie es ei: nem guten Waͤchter gebührt, und machte die Thuͤr hinter ſich zu. Weil aber an den mehreſten unſerer Haͤuſer keine Schlöffer find, ſah er ſich in die Nothwendigkeit verſetzt, ſein Meſſer uͤber die Klinke zu ſtecken, und nun flog er die Treppe hinauf, ſein breites Schwerdt zu ſuchen, das er von Schott⸗ ER - land mit gebracht hatte. Die Indier die Herr P. R. beſon⸗ dere Freunde waren, erriethen feine Beſorgniſſe und Furcht, ſprengten die Thür auf, nahmen geſchwinde Beſſh vom Hauſe, holten ſich Brod und Fleiſch, deſſen ſie bedurften, ſelbſt, und ſetzten ſich um das Feuer. In dein Augenblick kam Andres, mit ‚feinen breitem Schwerdt in der Hand, herein * die Indier ſahen ihn ſtarr an, und beobachteten ſeine Bewegun⸗ 217 1 en ; TRIEB FR ER 17 * 55 1 gen e) Wenn ein Ort, oder eine Gegend, etwas gemelnſchaftlich überlegen will, fo wer⸗ den ahnliche Verſammlungen ausgeſchrieben, bei denen ſich jeder! dem daran gelegen it zuzuhören, was vorgetragen und beſchloſſen wird einfindet. Das iſt in England und beinahe allen engliſchen Beſitzungen die freiſind, Gebrauch. Anm, des Ueber. — ty 137 Geſchichte des Andreas des Hebriden. 158 Nach einer kurzen Ueber⸗ Einen der Indier babe ich nachher S dect ffen erfahlen hören, er habe f gan⸗ gegen neun Tomahawks unnütz ſeyn zen Leben nicht 5 ae s bei der würden; allein, das verringerte feinen Gelegenheir. 45 R Aerger nicht, im Gegentheil wurde er noch aufgebrachter, wie er die ruhige Unverſchaͤmtheit ſabe, mit welcher ſie den Vorrath der Familie verzehrten. Unfaͤhig zum Widerſtande, ſchalt er mit ihnen in ſeiner breiten ſchotti⸗ ſchen Mutter ſprache, befahl ihnen auf zahoͤren und abzuziehn; welches ihm die Indier, wie er nachmals erzaͤhlte, gleichfalls in ihrer eben ſo breiten Mutterſprache erwiederten. Es muß eine aͤußerſt unverſtaͤndliche Unterre⸗ dung zwiſchen dieſen neun Indiern und dem ehrlichen Hebriden geweſen ſeyn, indem ſich jene gar nicht darum bekuͤmmerten, was ihnen dieſer fagen konte. Endlich verſuchte ers an einen der Indier Hand anzulegen, um ihn zum Hauſe hinaus zu werfen. Hier uͤber⸗ wand ſeine Treue ſeine Klugbeit. Der Indier ſtellte ſich als wolte er ihn ſkalpiren, und die uͤbrigen erhoben das Kriegsgeſchrei. Dies ſchroͤckliche Ge⸗ toͤſe machte den armen Andres fo bange, daß er ſeiner Herzhaftigkeit und ſeines breiten Schwerdts unein⸗ gedenk, heraus lief, ſie Herrn vom Hauſe ließ und f a davon m d). 5 4) Das Krechel a Judi ſoll nach diet genau aller, die 8 gebb baben⸗ Andres erbolte fi ich in einer er kleinen Entfernung von ſeinem Entsetzen, das ihn bei dieſem hoͤlliſchen Gebeul uͤber⸗ mannt hatte, wußte aber kein anderes Mittel, als eilig nach dem Verſamm⸗ lungshauſe zu laufen, das ungefahr eine kleine Stunde Wegs „zwei eng: liſche Meilen,) entfernt ſeyn; mogte. In der Wuth feinen Ehrlichkeit, doch noch beſtaͤndig mit Spuren von Furcht, im Blick und im ganzen Geſicht rief er Herr P. R. heraus, und ſagte ihm mit großer Heftigkeit: „Neun, Unge⸗ ‚heuer waͤren in ſein Haus gekommen, „einige blau, einige roth, einige fchwarz, „fie hätten kleine Aexte in den Händen, „aus denen ſie xauchten, haͤtten „keine Hoſen an, wie die Hochlaͤnder; „fie feäßen allen Vorrath auf, und „Gott moͤgte wiſſen, was ſie noch „ferner thun wuͤrden. „ Beruhigt euch, ſagte Herr P. R., bei dieſen Leuten iſt mein Haus ſo ſicher, als waͤre ich ſelbſt zu Hauſe; in Be: tref des Vorraths find fie herzlich will: kommen; mein ehrlicher Andres, das find Leute ohne viel Umſtaͤnde, fie lau: gen ſelbſt zu, wenn ſie bei Freunden ſind. Ich Be es in ibm en eben Se, in freiem Selde ein im hoͤchſten Grad entſetzliches Getöfe ſeyn. Man denke ich den armen e ganz im Affekt, voͤllig unvorbereitet auf dies Geſchrei, wegen der ſo ſehr erlegenen Zahl ein wenig betreten, ganz allein, und denn das Geſchrei in einem vielleicht nicht ſehr e Jing oder Ru⸗ che, — und hebe den Stein. ee des 2 128 0 459 ſo, wenn ich un ihr Dorf komme. Ihr thut am beſten, wenn uhr mut kĩmt das Ende der Rede zuhören, Wenn die Verſammlung dus iſt, faͤh⸗ ren wir mit einander nach Hauſe. Bei ihrer Zubauſekunft erzaͤhlte Herr P. R., der die di diſche Sprache ſehr fertig ſpricht, den Indiern die ganze Sache. Die Indier erneuerten ihr Gelächter, gaben Andres die Haͤn⸗ de, den ſie auch aus ihren Pfeifen rau⸗ chen ließen, und ſo wurde Friede ge⸗ macht, und vom Kabinet nach indi⸗ ſchem Gebrauch genehmigt. Bald nach dieſeim Abentheuer kam die Zeit heran, in welcher ich Andres verſprochen hatte ihn anſaͤßig zu ma⸗ chen. Ich ging desfalls zu Herr A. B. in „welcher, wie ich wußte, ein Stück Land hatte, das bei“! Anbau lag. Ichſerzaͤhlte ihm weitlaͤuftig die Progreſſen die Andres in der Land⸗ wirthſchaft gemacht hätte, auch von ſei⸗ ner Ehrlichkeit, Maͤßigkeit und Dank⸗ barkeit, und bat ihn, demſelben ein hundert Morgen zu verkaufen. „Dem kan ich nicht willfahren, er⸗ „wiederte Herr A. V. Aber ich will „mehr thun. Ich unterſtuͤtze eben ſo „gern ehrliche Eutopäer wie Sie, und „freue mich fie glücklich zu ſehen. Sie „fagen ja auch, daß er nur einen Sohn „bat. Ich will ihm ein hundert Mor⸗ „gen für eine beliebige Anzahl Jahre „uber laſſen, und es ſo einrichten, daß „es ihrem Schotten vortheilhafter iſt, „als wenn er es zu Lehn befäße, Auf „dieſe Weiſe kan er, fo wenig Geld er „auch hat, ſich Pflug, ein Spann Der Schluß — Geſchichte des Andreas des Hebtiden herein fen. Er hat nicht noͤthi⸗ f 160 feld) und etwas Hörnbiet an „Schuldenlaſt und Zinſen zu beladen, Hund was er bauet iſt ſein Eigenthum. „Hätte er zwei oder drei Sone, ſo „koͤnte es ihm vortheilhafter ſeyn, das „Land als Lehn zu beſttzen sen! Ich bin Ihrer Meinung, und brin⸗ ge Ihnen Andres in einigen Tagen her. „Wohl ehrlicher Andres, ſagte Herr „A. Bi, in Ruͤckſicht eures guten Na⸗ „mens, will ich euch hundert Morgen „gutes ackerbares Land uͤberlaſſen, das „an einer guten neuen Heerſtraße liegt. Es iſt ſchon eine Brůcke uͤber die Kruͤk⸗ „ee gebauet, die durch das Land geht, „und ein Mohr dabei von etwa zwan⸗ „zig Morgen. Dies find meine Bedin⸗ „gungen: Verkaufen kan ich nicht, al „lein ich will euch ſo viel verpachten, „als Herr J. euer Freund gefordert hat. „Die erſten ſieben Jahr bezahlt ihr „nichts, was ihr auch fäet und erntet, „pflanzt und einſammelt, alles iſt euer. „Weder Koͤnig noch Regierung, noch „Kirche / wird einige Anſpruͤche an euerm „kuͤnftigen Eigenthum haben. In den „folgenden Jahren bezahlt ihr mir jaͤhr⸗ „lich zwoͤlf und einen halben Thaler. „Das iſt alles, was ihr bezahlen ſolt. „In denzerſten drei Jahren muͤßt iht „aber funfzig Apfelbaͤume pflanzen,und „in der erſten Pachtzeit ſteben Morgen „Mohr urbar machen. Was ihr mehr Hurbar macht iſt zu kurem eigenen Nuz⸗ „zen, ich will euch dafuͤr nach dem ges „wohnlichen Landpreis bezahlen. Die „eit der Pachtung ſoll dreißig Jahe „ſeyn. Wie gefällt euch das Andres? ,, folgt kuͤnftig. 161 v M a 62 Sanmeveriihes Mogan. re Stuck. Freitag, ben 7ten Februar 1783. Geſchichte des Andreas des Hebriden. * (Schluß.) O Herr, das iſt ſehr gut, aber ich fuͤrchte, der Koͤnig, oder feine Miniſter, oder der Gou— verneur, oder irgend ein anderer groſ— ſer Mann wird kommen, mir das Land wegzunehmen; oder auch euer Sohn kan mit der Zeit zu mir ſagen: das iſt meines Vaters Land Andres! das mußt du herausgeben. „Nein! Nein! ſagte Herr A. V., „das hat keine Gefahr. Der Koͤnig „und feine Miniſter find viel zu ge „recht die Arbeit eines armen Anbau— „ers anzugreifen. Große Leute haben „wir hier gar nicht, als ſolche, die „unſern Geſetzen unterworfen ſind. „Allein, alle eure Furcht zu beruhi⸗ „gen, will ich euch eine Pacht geben, „bei der ihr gar nichts zu fuͤrchten „habt. Wenn euch das Land nicht „gefallen ſolte, ſo ſoll ein Gericht von „Geſchwornen, aus euren eignen Nach⸗ „barn alle eure Verbeſſerungen ſchaͤz— „zen, und ihr ſolt ihrem Ausſpruch „gemaͤße Vergeltung erhalten. Ihr „ſolt Freiheit haben die Pacht zu ver: „kaufen, und auf Sterbefall ſolt ihr „Macht haben, dariiber zu verordnen „wie über euer Eigenthum. „, Heftige doch unartikulirte Ausdruͤk— ke der Freude waren auf feinem Ge ſicht, mit Erſtaunen und Verwir— rung vermiſcht. Habt ihr mich verſtanden Andres? frug Herr A. V ) Mein Herr, tagt Andres, ich weiß nicht, was ihr meint, mit Pacht, Verbeſſerung, Gericht von Geſchwor⸗ nen, und den andern Sachen, wovon ihr ſagt. „Das iſt ehrlich, wir wollen euch „das nach und nach erklaͤren. , x Aufrichtig zu geſtehen, waren ihm dies harte Worte; er hatte fie in ſei— nem Leben nicht gehoͤrt; denn ſeiner eignen Erzaͤhlung zu Folge, waren die Begriffe, welche ſie bezeichnen, auf dem Eilande Barre völlig unnütz. Kein Wunder alſo, daß er in Verle⸗ genheit gerieth; denn wie konte ein Menſch, der ſeit er geboren war, nie einen Willen gehabt hatte, wie konte es dem einfallen, daß er noch nach ſei⸗ nem Tode ſolte wollen koͤnnen? Wie L konte 163 konte ein Mann, der nie etwas befef: ſolte verordnen koͤnnen? Meiner Mei; nung nach, glaube ich, das Erſtaunen des Andres war keine Folge einer auf ſerordentlichen Unwiſſenheit; er ſolte eine ganz neue Rolle ſpielen, und es erforderte etwas Zeit, bis er mit ſich ſelbſt einig werden konte, wie er ſich dabei nehmen ſolte. Doch wurde er bald helle, und mit allen den Myſte⸗ rien bekant, welche geborne Amerifa; ner nur zu wohl kennen. 9 Nun iſt alſo unſer Andres mit al: len buͤrgerlichen Vortheilen bekleidet, ein ſtimmfaͤhiger Buͤrger, (freeholder poſſeſſed of a vote, ) er hat eine Woh⸗ nung, und iſt Buͤrger der Provinz Penſilvanien. Seine erſten Hofnun⸗ gen und Entwuͤrfe, die er auf dem Eiland Barre ſich gemacht hatte, ba: ben die Zeit erreicht, in welcher ſie zur Wuürklichkeit gedeihen ſollen. Einige feiner freiwilligen Aeußerungen bier⸗— uͤber koͤnnen wir vorbei gehen, weil ihre Erzählung unnuͤtz ſeyn würde. Dieſe kurze Geſchichte iſt bald er⸗ zähle, und wenig Worte reichen bin, die baldige Veraͤnderung ſeiner Lage zu beſchreiben; aber in ſeinem Ge⸗ muͤth ging dieſe Veraͤnderung nur all: mählig vor. Er brauchte uͤber eine Woche Zeit ehe er ſich uͤberzeugen kon⸗ te, daß er faͤhig waͤre Laͤndereien zu beſitzen; daß es möglich wäre Land zu erhalten ohne Geld auszugeben. Doch bereitete er ſich nach und nach dazu. Ich lieh ihm eine Tonne eingepoͤckeltes Geſchichte des Andreas des Hebriden. ſen hatte, begreiſen, daß er uͤber den Beſitz eines Landes noch im Grabe 164 | ui „zweibundert Pfund bl, und ließ ihn anſchaſfen, w. 59 2 A rar) 9 * er ferner bedurfte. er Er zog aus, mierbete eine Stube in dem Haufe eines Einwohners nahe bei feinein Lande. Seine erſte Arbeit war, einige Morgen Mohr urbar zu machen, damit er im folgenden Jahre Her für feine beiden Pferde und Ki; he ernten koͤnte. Vom erften Tage an, da er ſeine Arbeit began, war er unermuͤdet. Seine Ehrlichkeit erwarb ihm Freunde, und ſein Fleiß die He tung aller ſeiner Nachbarn. Einer derſelben bot ihm zwei Morgen urba⸗ res Land an, Korn, Kuͤrbiſſe, Melo⸗ nen und Kartoffeln, noch denſelben Sommer zu bauen. Es iſt erſtaunend zu ſehen, wie geſchwind Leute lernen, wenn ſte fuͤr ſich ſelbſt arbeiten. Zwei Monat nachher ſah ich, daß Andres einen Pflug mit zwei Pferden fuͤhrte, und beinahe gerade Furchen pfluͤgte. So war aus dem Kleigraͤ⸗ ber des Eilandes Barre, ein Mann geworden, der den Boden von Ame⸗ rika urbar machte! „Wohl gethan, ‚tagte ich, „Andres, wohl gethan! „Gott foͤrdert und leitet alle eure Ar⸗ „beit; ich ſehe Wohlſtand in allen „euren Furchen, und allenthalben auf „eurem Lande. Erntet dies Jahr euer „Korn mit Sorgfalt und Fleiß, und „ihr werdet ein Meiſter in der Kunſt „ſeyn. „ AN = In Fr Weil er das Jahr weder zu maͤhen noch zu ſchneiden hatte, ſagte ich ihm, es waͤre nun die Zeit ſein Haus zu bauen; ich wolte zu dem Ende die Nach⸗ 1 165 Nachbarſchaft zu einem Feſt einladen, auf die Weiſe koͤnte er ein geraͤumi⸗ ges Haus, in einem Tage aufgerich⸗ tet, und ein gu Stück tand De: haben. N 1"; N 11 Herr P. R. ſein alter Freund, kam an dem beſtimten Tage mit allen fei: nen Leuten, und brachte Lebensmittel die Fuͤlle Ich that ein gleiches Ge⸗ gen vierzig Leute waren auf dem Platze. Geſuͤnge und froͤhliche Geſchichten gingen von Haufen zu Haufen, in denen die Leute bei ihren verſchiedenen Arbeiten ſich angeſtellt batten. Staͤm. me ſielen nach allen Seiten, der Buſch wurde aller Orten abgehauen und gleich im Haufen gelegt. Andere wa⸗ ren damit beſchaͤftigt die: gefüllten Staͤmme mit den Pferden nach der Stelle zu ſchleifen, die Andres zu ſei⸗ ner neuen Wohnung: beſtimt hatte. Wir aßen alle im Holze. Den Mach: mittag wurde ſie mit den gewoͤhnlichen Einrichtungen errichtet. So war das aus aufgerichtet, auch von mehr als 10 e Geſchichte des Andreas des Hebriden. egen Land der Buſch abge⸗ bauen) rein gemacht, und der Bug gehaͤuft. Während dieſer Albeit war an dres durchaus unfaͤhig mit Hand an⸗ zulegen. | KR war. ihm der feierlichſte Feſttag, den 15 geſehen batte; für ihn würde es e gehe; fen ſeyn, ihn durch Handarbeit zu ent⸗ eiligen, der arme Mann feierte ihn ku Dapkſagung, Freude, und ehr⸗ 80 &ibationen, Er ging! mit der — Floſche in der Hand von, einem zum andern, noͤthigte Jedermann zuliſ Trin⸗ 106 ken, und trank ſelbſt zum Muſter der andern. Er brachte den ganzen Tag mit Laͤcheln und Lachen zu, und ſprach nur einſilbige Woͤrter. Seine Frau und ſein Sohn waren wie er, weil ſie aber der Sprache nicht maͤchtig waren, ſo naͤhrte ſich ihr Vergnügen bloß durch die Einbildungsk aft. Der maͤchtige Lord, der reiche Kauf: mann, kan nicht die Halfte der Freude und Gluͤck eligkeit, beider Vollendung des praͤchtigſten Pallaſts fühlen, die der ehrliche Hebride an dieſem Tage em⸗ pfand und genoß, obgleich ſein neues Haus, nur ein in der Mitte des Wal⸗ des von vier und zwanzig dicken Staͤm⸗ men errichtetes Viereck wat, dien dan Enden verbunden waren. Wie das Werk geendigt war, ließ die Geſellſchaft das Holz von einem drei⸗ maligen Hurrah! und den aufrich⸗ tigſten Wuͤnſchen fuͤr das Wohl des ehrlichen Hebriden erſchallen. Er ſelbſt konte kein Wort ſagen, ſondern ſchuͤt⸗ telte nur mit dankbaren 1 allen die Haͤnde. 70˙⁰ So ruͤckte Andres vom erſten Tage an, an welchem er landete, dieſer ihm ſo wichtigen Begebenheit immer naͤher. An dieſem merkwuͤrdigen Tage beſchien die F erſtenmale das Land, auf welchem er feinen Weizen und feine uͤbrigen Früchte bauen ſolte. Der Mohr, den er Urbar gemacht hatte, lag vor feiner Thur; der Stof zu ſeinem kuͤnftigen Brode, Milch und Fleiſch lag auf beiden Seiten noch zerſtreuet. Bald n chber nahm er 95 „der ein Dach Auf das ; Haus 5 are a 167 Haus machte, und den Boden legte. In einer Woche war das Haus ausge⸗ mauert und der Schornſtein war fertig. Er zog ein, kaufte zwei Kuͤhe, die uͤber⸗ fluͤßige Weide im Holz hatten, auch ſei⸗ ne Schweine genoſſen dieſen Vortheil, Noch in dem Jahre ſaͤete er und ſein Sohn drei Himten Weitzen, von welchem ſie ein und neunzig und einen halben einernteten. Ich hatte ihm angeprieſen, von allen ſeinen Ern⸗ ten genaue Rechnung zu halten. Seine erſte Ernte von anderm Korn würde eben ſo gut ausgefallen ſeyn, wenn die Eichhörnchen nicht geweſen waͤren. Dies waren Feinde, die er mit dem breiten Schwerdte nicht zerſtreuen kon⸗ te. Im vierten Jahr nahm ich ein In⸗ ventarium auf von dem, was er beſaß. Bald nachher wurden mehrere Hoͤfe an dieſer Straße angebauet, und An⸗ dres, ſtatt daß ſeine Wohnung im An⸗ fang die naͤchſte an der Wildniß war, Geſchichte des Andreas des Hebriden. 168 wohnte in wenig Jahren in der Mitte einer zahlreichen Nachbarſchaft. Er hilft andern fo edelmuͤthig, als andere ihm geholfen haben, und ich habe oſt mit mehrerern ſeiner Nachbaren au ſeinem Tiſche gegeſſen. Im zweiten Jahre wurde er zum ic * A Were Aufſeher uͤber die Heerſtraße beſtellt, war mit in zwei Gerichten von Ge⸗ ſchwornen, uͤber geringe Sachen, und that alles, was ſeine Buͤrgerpflichten von ihm forderten. Der Geſchichtſchreiber eines großen Fuͤrſten oder Heerfuͤhrers, bringt ſei⸗ nen ſiegreichen Held am Ende eines gluͤcklichen Feldzuges nicht mit der Hälfte des herzlichen Vergnüͤgens zur Ruhe, mit welchem ich Andres zu ſei⸗ ner gegenwärtigen Lage gebracht habe. Er iſt unabhaͤngig und zufrieden. Sieg und kriegriſche Ehre, ſind nicht allezeit mit dieſem Segen begluͤckt! 1 118979 80 b 2 Beſchreibung einiger ausländifchen merkwürdigen Bäume, deren him und wieder in den Reiſebeſchreibungen Erwaͤhnung geſchiehet. Erſter Brief. Hochwohlgeborner Herr! w. Hochwohlgebornen haben in JIbrem letzten Briefe den Wunſch geaͤußert, von verſchiedenen Baͤumen, deren in den Reiſebeſchreibungen ge: dacht wird, eine nähere Nachricht zu erhalten, und mich erſucht, Ihnen ſol⸗ che durch das Hannoveriſche Magazin mitzutheilen, weil dadurch zugleich das Verlangen mehrerer geſtillet wet den würde. Gerne wolte ich Sie auf Schriſten verweiſen, in welchen Sie eine Beſchreibung davon antreffen koͤn⸗ ten. Aber was würden Sie dadurch gewinnen, da Sie die Bücher nicht ber ſitzen, und auch in der daſigen Gegend nicht auftreiben koͤnnen? Ich mache alſo hiemit den Anfang, die verlangten Beſchreibungen Ihnen mitzutheilen, und, auf Ihr ausdruͤckliches Verlan⸗ ’3 5 399. 5 gen, = gen, in dieſem Briefe von dem Brod⸗ frucht⸗ und Cacaobaum zu ban: deln. Moͤgte die Nachricht davon ihrem Wunſche entſprechen! | Der Brodfrucht findet man viel: faltig in den oſtindiſchen Reiſebeſchrei— bungen, in den Beſchreibungen von Java, Sumatra, Bantam, in Cooks Reiſen und Nachrichten vom O⸗Taheiti und andern Schriften Erwähnung ge than, als einer Frucht, die den Bewoh⸗ nern ſolcher Laͤnder eben alſo zur Nah⸗ rung und Speiſe dienet, wie uns das vom Mehl zubereitete Brod. Ich kan nicht laͤugnen, daß, ſo oft ich von der⸗ ſelben etwas geleſen habe, bei mir der Wunſch entſtanden ſey, den Baum durch immer weitere Herpflanzung zu⸗ letzt auch in unſere Gegenden zu brin—⸗ gen. Und wenn er auch nicht die Boll: kommenheit erlangen wuͤrde, die er in ſeinem Vaterlande hat, ſo glaube ich doch, daß er mit der Zeit ſich an unſer Klima gewoͤhnen und bekommen werde. Indeſſen verehre ich dabei die Weisheit des Hoͤchſten, daß er dieſen Baum nicht für unſere Gegenden erſchaffen hat. Denn da viele unſerer deutſchen Lan: desleute nur bloß aus Noth des lieben Brodes willen zur Arbeit greifen, ſo würden fie ſich alsdenn der Faulheit ganz uͤberlaſſen, wenn jener Baum hier zu Lande, wie Eichen, Buͤchen und an⸗ dere Baͤume in Waͤldern angetroffen wuͤrde, und man des Brodes ohne viele Muͤhe habhaft werden koͤnte. Der Baum, darauf die Brodfrucht waͤchſt, erreicht eine Hoͤhe von funfzig und mehrern Fuͤßen. Er iſt in Oſtin⸗ oe | 169 Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwürdigen Baͤume c. ı 70 dien zu Hauſe. Man findet ihn auf den moluckiſchen und philippiniſchen Su: ſeln. Die Einwohner auf O⸗Taheiti, Java, Sumatra und in andern Gegen⸗ den, bedienen ſich der Frucht an ſtatt des Brodes, das wir aus Weitzen-Rok⸗ ken- und anderm Mehl verfertigen laſ— ſen. Der Stamm iſt unterhalb ſeiner Rinde mit ſehr vielem klebrichten Mitih: ſafte verſehen, der bei der geringſten Veraͤnderung der Rinde häufig hervor— fließet. Dieſen Saft läßt man nicht um: kommen, ſondern man vermiſcht ſol— chen mit Sagomehl und braunem Zuk⸗ ker, und macht davon eine Art Theer, deim, oder Kleiſter, deſſen man ſich beim Schifsbau bedienet, um die Fu- gen und Ritzen an den Schiffen damit auszuſtreichen und zu bekleiſtern. Die Blaͤtter des Baumes ſind groß, wie die Blätter an den Kürbiffen, Sie ſind einen Fuß lang und von laͤng⸗ lichter Geſtalt, mit tiefen Aushoͤhlun⸗ gen verſehen, wie das Laub der Eichen. Ihre Farbe iſt dunkelgruͤn, und, wie alles Laub, auf der Oberfläche dunkeler, und auf der untern Seite heller. Man bedienet ſich derſelben an ſtatt des Pa⸗ piers, um dieſe oder jene Sachen darin einzuwickeln. Die Srucht des Baumes macht den hauptſaͤchlichſten Theil deſſelben aus. Sie hat die Groͤße und Geſtalt einer großen Nezmelone, und iſt an die drei bis vier Pfund ſchwer. Sie iſt läng: licht rund, und mit einer neßförmigen duͤnnen Schale bedeckt. Sie hat ſeht viel weißes, aber dabei waͤſſerigtes Fleiſch, welches ſehr mehlig und von 3-3; kei⸗ 171 Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwuͤrdigen Bäume, 0 keinem ſonderlichen Geſchmakk iſt. Ei⸗ nige brechen die Frucht von dem Bau: me, wenn ſie reif iſt; andere aber ſchon eher. Wenn es aber geſchiehet, fo er⸗ fordert doch dieſe Frucht allemal eine beſondere Zubereitung ehe fie. genoſſen werden kan. Die Indianer ſchneiden dieſelbe, je nachdem ſie groß oder lang iſt, in drei bis vier Theile, und bringen ſolche in eine Art von Backoͤfen, die ſie in der Erde anlegen. Sie legen nemlich eine Lage heiß gemachter Steine in eine tiefe Grube, und die Fruͤchte oben darauf. Alsdenn werden Bretter daruͤber ge— legt, auf welche wiederum heiße Steine und eine Lage Fruͤchte kommen, dann wider Bretter und ſo fort, bis der Ofen voll iſt. Zuletzt bedecken ſie ihn mit Er: de, und in einer Zeit von zwo bis drei Stunden ſind die Fruͤchte gahr. Nach dieſer Behandlung giebt ſie nicht allein eine gute wohl ſchmeckende, ſondern zu— gleich auch eine geſunde und nahrhafte Speiſe, und diejenigen, welche die Ge⸗ genden bereiſet ſind, wo man dieſe Frucht findet, freueten ſich ſehr, wenn ſie ſolche erhalten konten. Sie hat ei⸗ nen lieblich ſuͤßen mehligten Geſchmack, und kan die Stelle unſers Brodes gar fuͤglich erſetzen. So lange die Frucht noch friſch zu haben iſt, wird ſie nicht leicht auf eine andere Artgenoſſen, fon?’ dern alle drei oder vier Tage in maͤßi⸗ gen Quantitaͤten gebacken. Damit man aber doch auch in der Zeit, wenn die Baͤume keine Fruͤchte tragen, oder auf Reifen hinlänglich damit verſehen ſeyn moͤge; ſo bereitet man ſolche zum vor⸗ aus auf eine andere Art, und zwar fol⸗ gender Geſtalt. So bald die Frucht auf vorbeſchriebene Weiſe gebacken und erkaltet iſt, ſtoͤßet man ſolche vermit⸗ telſt einer ſteinernen Stampfe zu einem Brei, und nachdem ſolcher in einer be⸗ ſonders dazu gemachten Grube gegoh⸗ ren hat, backt man kleine Brode davon, die ſich alsdann einige Monate .. gut aufbewahren laſſen. Das Solz dieſes Baumes wurd ge⸗ braucht um allerlei Geraͤthe daraus zu verfertigen; ſo wie man ſich der Kinde deſſelben bedienet, um feine Matten und andere Sachen daraus zu machen. Beim Forſter heißt dieſer Baum Artocarpus communis. Und weil man auf demſelben maͤnnliche und weibliche Blumen zugleich findet, die einzeln an den Knoten der Blätter ſitzen, ſo ge⸗ hoͤret er nach dem Linneiſchen Sy⸗ — ſtem zu den Monceiis Monandriis, zur ein und zwanzigſten Klaſſe und = ven erſten Ordnung. Einige Reiſebeſchreiber melden, daß es zwo Gattungen derſelben gebe, und: nennen die eine Art Rima, die andere Ducdu. mit einer rauhen ſtachelichten Schale von Borke wie die Datteln verſehen. Dieſe aber hat eine laͤnglichte Frucht und iſt nicht ſtaͤrker, als etwa eine große Birne. Man findet ſie in einer großen Menge auf der Inſel Tinian, einer von den ſogenannten Diebes⸗ oder Marieninſeln. Stehe Cooks Voya- ge round the World in Harris's Col- ledion, Vol. 1. und Anſons Voyagel round the DR p- 417. 418. = Jene Art iſt die groͤßeſte, und 173 deren hin und wieder in den Reiſebeſchreibungen e. 174 Geſchmack ſoll viele Aehnlichkeit haben mit den Artiſchockenſtuͤhlen. Wenn ſie aber voͤllig reif geworden, ſo bekoͤmt ſie einen ganz ſuͤßen Geſchmack und einen angenehmen Geruch faſt wie eine Pfir⸗ ſche. Alsdenn ſoll ſie aber nicht recht geſund ſeyn, ſondern einen Durchlauf verurſachen. Welche Zierde wuͤrde es fuͤr unſere Plantagen ſeyn, wenn man dieſen merkwuͤrdigen Baum mit der Zeit auch darin antraͤfe? Ich komme zu dem andern nicht we⸗ niger merkwuͤrdigen Baum, davon Ew. Hochwohlgebornen eine Nachricht zu haben wuͤnſchen, uud der ſich wahr: ſcheinlich an unſer Klima eher gewoͤh⸗ nen wird, als der vorige. Dies iſt der Ca caobaum. N Der Ritter von Linns nennet ihn Theobroma Cacao, und unterſcheidet ihn von einem andern, der in Jamaika wild waͤchſt, dem er den Namen Cacao Guazuma giebt. Jener, der wahre Ca⸗ caobaum, iſt ſeiner ſchoͤnen Fruͤchte we⸗ gen, unter uns ſchon lange bekant ge⸗ weſen. Sein Vaterland iſt Suͤdameri⸗ ka, wo man in vielen Provinzen ganze Waͤlder davon antrift. Ehe die Euro— paͤer nach Suͤdamerika kamen, war die Frucht des Baums daſelbſt zu Choco⸗ lade laͤngſt bekant. Bald darauf ward er auch in Europa bekant, und wird nun auch in Nordamerika angezogen. Der Baum erreicht eine Höhe von funf: zehn Fuß. Der Stamm haͤlt etwa einen Fuß im Umfange. Das Holz iſt leicht und weiß. Er iſt mit einer rauhen brau⸗ nen Rinde bedeckt, und geht etwa fuͤnf Fuß in gerader Linie in die Hoͤhe, da — er ſich alsdenn in dicken Aeſten ausbrei⸗ tet. Seine Blaͤtter find etwa einer Span⸗ ne lang und halb ſo breit, ſonſt aber haben ſie eine große Aehnlichkeit mit un⸗ ſerm Kirſchenlaube. Die Fruͤchte ſind wie eine Melone geftaftet, einen halben Fuß lang, drei bis vier Zoll dick und oben zugeſpitzt. Auf der Frucht findet man zehn hervorragende Ecken und viele Warzen. Zuerſt iſt die Frucht gruͤn; nach und nach wird ſie gelb, und zuletzt hellroth. Sie hat eine gedoppelte Rin⸗ de unter dieſer aͤußern. Die eine iſt gelb und dick, die andere aber iſt weiß und zart. Innerhalb derſelben liegen fuͤnf Reihen von Kernen, welches unſere Car caobohnen ſind. In jeder Reihe finden ſich 6, 7 bis 8 Bohnen, die durch ein für ſeriges Fleiſch zuſammen Gängen? Die Groͤße der Bohne iſt wie die groͤßte Mandel, nur daß ſie nicht platt, ſon⸗ dern dick und nicht voͤllig ſo breit iſt. Sie iſt mit einer harten glaͤnzenden dun⸗ kelbraunen Schale umgeben, und hat einen violetten Kern, der ſich leicht zer⸗ malmen laͤßt. Die Frucht iſt beſonders ſaftig und von einem angenehmen ſaͤuer⸗ lichen Geſchmack, der ſehr erfriſchend iſt. Der Kern aber iſt bitter und hat viel oͤligtes in ſich. Man gebraucht die Boh⸗ nen zu Chocolade, von dem Fleiſche der Fruͤchte aber macht man ein angeneh—⸗ mes wohl ſchmeckendes Getraͤnk. Der Schale bedienet man ſich zu verſchiede— nen Gefaͤßen, und von den Blaͤttern des Baums flechten die Indianer theils Koͤrbe, theils aber bedienen ſie ſich der⸗ ſelben auch um ihre Haͤuſer damit zu decken. * g = Man HE N . 175 Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwuͤrdigen Baͤume ꝛc. 176 Man ziehet dieſe Bäume in den Plan: tagen, entweder aus den Kernen, oder durch Ableger. Auf welche Art es aber geſchehen mag, fo tragen fie doch ſchon in dem zweiten Jahre Fruͤchte. Was die Ernte von den Baͤumen anlanget, ſo iſt dieſelbe ſowohl in Anſehung der Zeit, als des Ertrages derſelben oftmals ſehr verſchieden. An einigen Orten erntet man im Jahre nur zweimal, an andern bergegen hat man alle Monate reife Fruͤchte davon. Und was den Ertrag der Ernte anlanget, ſo ſammelt man an einigen Orten nur ein, zwei bis drei Pfund von einem Baume, dahergegen andere an andern Orten dreißig bis vier⸗ zig Pfund davon bekommen. Dieſer Unterſcheid ruͤhret theils von der Guͤte des Bodens, theils von der heißen Luft her, denn je beſſer der Boden, und je waͤrmer die Gegenden ſind, wo der Baum waͤchſt, deſto reichlicher iſt die Ausbeute von demſelben. Das Abnehmen der Fruͤchte geſchie⸗ bet durch Sklaven, die ſie vermittelſt kleiner Stangen vom Baume brechen und in einem Haufen zuſammen legen. Hier laͤßt man ſie fuͤnf Tage liegen, als⸗ denn aber werden die Bohnen heraus⸗ genommen, die auf Blaͤtter von india: niſchen Blumenrohr in Haufen zuſam⸗ men geworfen, und mit ſolchen Blaͤt⸗ tern wieder bedeckt werden. Alſo laͤßt man ſie wieder fuͤnf Tage liegen und in eine gelinde Fermentation gehen. So bald fie darin eine rothe Farbe befom: men haben, werden ſie aus einander und an die Sonne gelegt, und auf Schilf⸗ matten getrocknet. Alsdenn aber ſind ſie zum Gebrauch und zum Verſenden tuͤchtig. In Mexico und Peru werden die Bohnen ſtatt der Scheidemuͤnze, als Geld angeſehen. Und uͤberhaupt ken⸗ nen die Indianer den Nutzen, welchen dieſer Baum ihrem Vaterlande ver⸗ ſchaffet, ſo wohl, daß ſie ihn deswegen den Gottes baum zu nennen pflegen. Uns ter den Cacaobohnen werden die von Caraquas fuͤr die beſten gehalten, und der Handel, den die Spanier damit trei⸗ ben, iſt ſo betraͤchtlich, daß es einige gie⸗ bet, die alle Jahre uͤber zwanzig tauſend Thaler aus einem einzigen Garten, der mit Cacaobaͤumen bepflanzt iſt, ziehen. Außer dem Gebrauch der Bohnen zur Chocolade, verfertiget man auch eine Butter und Seife davon. Jene ſoll ei⸗ nen uͤberaus angenehmen Geſchmack haben, dieſe aber wegen ihrer Reinig⸗ keit vor anderer Seife einen Vorzug verdienen. b 1 Von dieſer Cacasbohne aber muß man eine gewiſſe Cacaopflaume, die im mittaͤgi⸗ sen Amerika waͤchſt, und vom Linné Chry- ſobalanus genannt wird, wohl unterſchei⸗ den. Dieſe Frucht waͤchſt auf einer Stau⸗ de, die nur eine Hoͤhe von etwa acht Fuß erreichet. Man trift ſie gemeiniglich an den Seekuͤſten und in niedrigen naſſen Ge⸗ genden an. Die Fruͤchte haben die Größe einer guten Pflaume, daher ſie auch den Namen mag bekommen haben, und der Ge⸗ ſchmack derſelben iſt ekelhaft ſuͤf. Dies iſt die kurze Beſchreibung von den beiden Baͤumen, die Ew. Hochwohlgebor⸗ nen beſonders und eigentlich verlanget ha⸗ ben. Solten ſie Dero Beifall finden, ſo werde ich von Zeit zu Zeit fortfahren, Ih⸗ nen auch von andern Baͤumen das merk⸗ würdigſte bekant zu machen, ꝛc. D. Ratie, i uon gu anal Hannovers Magen 1 Tat Skuͤck. on Montag, den Ioten Februar 1783. Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. Hominis mens diſcendo alitur & cogitando, ſemper aliquid aut e 5 aut agit, kidendique & audiendi delectatione ducitur. 5 ach den ich, meiner Schuldigkeit gemaͤß, nun drei Jahre nach einander die Churfuͤrſtlich— Braunſchweig⸗Luͤneburgiſchen Pro: vinzen botaniſch durchgereiſet, ihre vegetabiliſche Einwohner, ſo viel mir moͤglich geweſen, aufgeſucht, und ihre Schaͤtze und Seltenheiten eingefam: melt habe, ſo entſtund in mir das Ver⸗ langen, die noch uͤbrigen wenigen Herbſttage zu einer Reiſe nach der jetzt unter Hannoveriſcher Regierung ſte⸗ henden Grafſchaſt Bentheim anzu⸗ wenden, in der Hofnung, dafelbft, als einer von den Curfuͤrſtl. Braunſchweig⸗ Luͤneburgiſchen Landen ziemlich entfern⸗ ten Gegend, noch einige Rekruten zu meiner Flora anzuwerben. Die ſchon etwas ſpaͤte Jahrszeit erlaubte mir nicht, mich daruber lange zu bedenken. Ich entſchloß mich alſo ſogleich, den erſten folgenden Morgen meine bota⸗ niſche Reiſetaſche anzuhaͤngen, und Cic. u 827 meinen Wanderſtab in die Hand zu nehmen. — Und ſo, wie ich ſagte, geſchahe auch! Die Welt, und dich, a in der Welt zu Iſt mein Beruf: kan ich dem widerfichen? Eh ſchleudre mich dein Blitz in Abgrund hin, Eh ich, o Herr! dir ungehorſam bin. — Vermuthlich ſind meine botaniſchen Freunde abermals neugierig, und kom⸗ men, ſo wie bei meinen Retouren ge⸗ wohnlich geſchiehet, bald mit ihren Briefen und Fragen an. Dieſen zu gefallen, habe ich mich entſchloſen diesmal einen Auszug aus meinem Rei⸗ ſejournal zu machen, und um der Ar⸗ beit des verdrießlichen Abſchreibens ſodann uͤberhoben zu ſeyn, ſolchen dem Druck zu übergeben. — Wer alſo dieſe Bogen etwan des Leſens wuͤrdiget, be; liebe ſich zu erinnern, fuͤr wen, und in 8 2 Abſicht ſie geſchrieben ſind, und 179 und daß der Verfaſſer nicht eine Rei⸗ ſebeſchreibung fuͤr Gelehrte, oder ein Buch fuͤr Leſegeſellſchaften, ſondern bloß eine Nachricht fuͤr ſeine Freunde ſchrieb. nn 1782, September 10, Des Morgens früh reiſte ich von Her⸗ renhauſen ab, und fang mit jenem Naturforſcher: Hier bin ich, Herr! 17 du ſchon lüngſt 5 ger Nicht auf den ban, erhaber Ehren: | Nicht zu dem Glanz, deh ſich der Geitz⸗ hals frent, Nicht in das Selb ar Wolluſt Roſen Mein Ehrgeiz iſt, 5 bann zu ver⸗ Als der, der dir für; Geld und Ehre dient. Mein Reichthum, den nicht Furcht, noch Raͤuber, ſtoͤhren, Iſt, was kein Thor zu haben ich erkühnt: Und mich vergnuͤgt, der Spotter ſoll es wiſſen, Dich, o Nakur! Br Allmacht Tochter, kuͤſſen. Nach dieſem empfahl ich dem Him⸗ mel meine Wege, und ſchloß mit fol⸗ genden Strophen: In Feld und Wald, anf Bergen und in Gründen, Laß mich, — nicht Gold, — nein, Gott und Weisheit finden. Mein Weg fuͤhrte mich zuerſt nach Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von Limmer, in deſſen Nähe der vor ei⸗ nigen Jahren von mir entdeckte Schwe⸗ felbrunn iſt, welchen neulich die hie⸗ ſige Koͤnigl. Regierung aus landes vaͤ⸗ terlicher Fuͤrſorge für das Beſte ihrer kranken Unterthanen einzufaſſen, und zum bequemen Gebrauch einzurichten befohlen, und dadurch abermals ein Zeichen von ihrer ſich uͤber alles erſtrek⸗ kenden Aufmerkſamkeit und Menſchen⸗ liebe gegeben hat. — Wie viele wer⸗ den in Zukunft allhier wieder neues Leben und Kraͤfte erhalten, und mit ge⸗ ruͤhrter Seele dem Hoͤchſten ein Lob⸗ und Dankopfer bringen, und ihn fuͤr das Wohl und die Geſundheit ihrer gnaͤdigen Obrigkeit bitten? Seliger Hain! wo anſtatt der nunmehrigen oͤden Einſamkeit, ſich kuͤnftig uns ſere kranken Mitbruͤder verſammeln, und allda ihre verlorne Geſundheit wieder erhalten, und mit uns ſich uͤber Gottes Guͤte freuen, — dem Hoͤchſten Lob⸗ und Danklieder ſingen, — und die Allmacht und Weisheit unſers Schoͤpfers ruͤhmen werden! Der naͤchſtfolgende Ort war Ah⸗ lum, ein Dorf, in deſſen Hecken 74 Bryonia alba Linn. herumkletterte, eine Pflanze, welche mit der Bryonia dioica Jacqu. viele Aehnlichkeit hat, dem un⸗ geachtet aber eine ganz verſchiedene Art iſt 1). Das 1) Dif Bryonia folits palmatis, utrimque callofo- ſcabris; Roribus | monoieis. Syn. Vitis nigra, Cord. annot. p. 76. Bryonia nigra. Dod. pempt, p. 395. Rupp. jen. ed. I. p. 47. Bryonia nigra, ſeu Vitis nigra Diofcoridis. Bauh. phyt. p. g 19 87 alba; baccis 8 Bauh. pin. p. 297. 589. Vitis 181 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhaufen. 192 Das bei Seelze am Wege ſtehende Obentrautiſche Grabmal, welches wie eine aͤgyptiſche Pyramide ausſiehet, und aus gehauenen Sandſteinen auf— gebauet ift, war ganz mit Lichenen be: wachſen, worunter mir beſonders der Lichen muralis Schreb. und ater Hudi. angenehm waren. Der Lichen calca- reus wuchs auch hier, wiewohl etwas ſelten. Iſt alſo Linnees Regel, daß dieſer Lichen nur auf Kalkſtein ſitzen ſoll, nicht allgemein. Die Mauerraute (Aſplenium Ruta muraria) hatte die Fugen eingenohmen, und half dieſes Epitaphium antique und ehrwuͤrdig machen. 3 -Die Dörfer Seelze, Lohne, Guͤm⸗ mer und Luthe hatten um dieſe Jahrs⸗ zeit nichts beſonders mehr fuͤr mich, als etwan Chenopodium urbicum, mu- rale und hybridum. Bei Blumenau waren noch Pa- paver dubium und Chryſanthemum ſe- getum, nebſt einigen andern Unkraͤu⸗ tern, welche den Sand lieben. In dem Fahrwege bei Wunſtorf wuchs Feſtuca Myurus, und nahe bei der Stadt ſahe ich einen ſchoͤnen Acker mit Maiz (Zea Mays). Ich verwun⸗ dere mich, daß dieſes Gewaͤchs hier nicht mehr gebauet wird, da doch def: ſen Frucht, beſonders wenn ſie mit eben ſo viel Weizen vermiſcht wird, das ſchoͤnſte und wohlſchmeckendeſte Brod von der Welt giebt, und die nach dem Verbluͤhen ungefaͤhr eine Spanne uͤber der Frucht abgeſchnitte⸗ ne Stengel das beſte Futter für die Kühe lud. Von dem Nutzen dieſer Stengel zum Zucker⸗ oder wenigſtens zum Syrupmachen, will ich nicht ein mal etwas erwaͤhnen, und daß dieſes Getreide beim Maͤſten der Schweine und des Gefluͤgels alles andere weit zurück laſſe, iſt ohnehin bekant, we nigſtens wiſſen unſere Schweißeris ſchen Landwirthinnen dieſen Vortheil ſehr gut zu benutzen. Von Wunſtorf kam ich in die Grafſchaft Schauenburg, und paſ⸗ ſirte das Dorf Altenhagen, den Flek⸗ ken Hagenburg, und die Landwehr, bei welcher ich denn wieder auf Han⸗ noveriſchen Grund und Boden kam. Zur Rechten liegt das fiſchreiche Steinhuder Meer, in welchem auf einer kuͤnſtlichen Inſel die Feſtung Wilhelmsſtein erbauet iſt, die beide von dem Geſchmack ihres Anlegers, des Menſchenfreundes Graf Wilhelms des I. zeugen, und fein Angedenken ver⸗ ewigen helfen. Bei dem Dorfe Winzlar fand ich nichts beſonders mehr, denn da ich dieſe Reife ſchon zweimal im Som: mer gemacht, ſo habe ich fuͤr dieſe dritte bier nicht viel zuruͤckgelaſſen. M2 Den Vitis five Bryonia nigris baccis. Bauh: hiſt. v. 2. p. 146. Bryonia alba. Linn. ſpec. ed. I. p. 1012. Blackw. herb. n. 533. Scopol. carn. ed. 2. n. 1200. Mattufchk, ſil. n. 706, D. A. Bauh. hiſt. I. c. Mattuſchk. ſil. I. o. Fig. Blackw. herb. t. 533. 183 Den Schuͤtzenkrug paßirte ich vorbei. Zur Linken ließ ich den ſoge⸗ nannten Rehburger Geſundbrun⸗ nen, den ſchoͤnen Kehburger Berg, und das Kloſter Lockum, und zur Rechten das Staͤdtchen Rehburg lie⸗ gen, von deren vegetabiliſchen Merk: wuͤrdigkeiten einſt meine Flora Hanno verana Nachricht geben wird. In dieſer Gegend wird eine ziemli⸗ che Menge Hopfen gebauet, der aber dieſes Jahr nicht gut gerathen iſt. Zwiſchen dem Schuͤtzenkrug und Leeſe fand ich die Pezizam pundatam, die ſonſt im Hannoveriſchen etwas rar iſt. In dem Sande wuchs Chon- drilla juncea, Carex arenaria, und Ja- Meine e Reife nach der Grafſchaſt Bentheim, und den % ſione montana; an ne Alcea, und in den nie u undatum. In Leeſe war ich über Nacht. September 11. be Bei Stolzenau paſſirte ee j die Weſer, an deren Ufer Seirpus ma- g ritimus, Inula Britanica, Salix trian- dra, fragilis und viminalis wuchfen. Bei Muͤßleringen und Freſtorf war nichts, was ich nicht ſchon auf meinen vorigen Reiſen hier geſehen habe. Gegen den Dammkrug zu fand ich in einer Sandgrube viel Juncus Te- nageia 2), capitatus Weigel, 3), und articulatus y. Hudſ. 4), wie auch Gen- 2) Hu. Juncus foliatus, minor; floribus per ramum ſparſis. Vaill. parif p. 109. Juncus amuus; floribus per ramulos fparfis. Vaill. pariſ. ind. & expl. Juncus ee exiguus, erectus, annuus; capfulis ſeminum rotundis. Mich. p. 40. Tenageia. Ehrh. Be n. 63. Juncus Tenageia. Linn. ſuppl. p. 208. Fig. Vaill. parif. t. 20. f. I. Exf. Ehrh. phyt. n. 63. 3) Sy». Juncus foliatus minimus. Bauh. hiſt. v. 2. p. 523. Chabr. flirp. p. 197. Rupp. jen. ed. I. p. 133. Vaill, pariſ. p. 109. N gen. p. 40. Rupp. jen ed. 3. p. 146. Juncus Alertz, humilior, erectus; floribus pluribus mul jundtis. Mich, gen. p. 39. Juncus paluſtris, humilior, ſupinus; floribus pluribus Ya 2 Michs piſ. Mich gen. Juncus capıtatus. Weig. able p Weigel. obſ. J. c. Polhich, hift. 1. c. p. 40.2 f 28 ee Juncus. ericetorum. Pollich hiſt n. 350. 0 D. A. Baulı. hiſt. 1. c. Chabr. ſtirp. 1. e. Fig. auh hit. v. 2. p. 523. f. I. Chabr. ſtirp. p. 197. f. F. Weigel obſ. t 2. f. J. 4) Sm. Gramen junceum minimum, holofteo matthioli congeneheE Park. theatr. — Morif. hiſt. v. 3. p. 227. Graminis juncei varietas minor. Ger. em. 4. * F- Inn 74 E WN Gra- 5 da nach Halland ei der Wefou nach Herrenpaufen. 186 Sentiana filiformis und Lycopodium Jenſeits des Dammkruges war inundatum. tte tcle ein kleines Torfmoor, darinnen Schoe- 1 80 g 53 nus Gramen junceum, capſulis triangulis, minimum. Raj. hiſt. p. 1307. Raj. ſyn. ed. 2. p. 27%. Moriſ. hiſt. v. 3. . 8. t. 9. f. 3. Raj. ſyn. ed. 3. p. 434. Gramen bufonium ; glomeratis utticulis. Barr. ic. 94. 7 Juncus parvus, repens; capſulis triangularibus. Vaill. pariſ. p. 110. aM Juncus minimus, terreſtris, annuus; foliis teretibus, non articulofis, imis 0. eapillaceis, ſuperioribus vero craſſioribus; floribus umbellatis. | Mich. pif. Juncus parvus, bulbifer; foliis teretibus, non articulofis ; capitulis forum albicantibus. Mich. gen. p. 39. Juncus minimus, bulbifer; foliis tereribus, non articuloſis; capitulis florum umbellatis, nigricantibus. Mich. gen. p. 39. Juncus caule brachiato; foliis ſetaceis; floribus faſciculatis, ad ramos ſeſſi- libus. Hall. hiſt. n. 1320. Juncus articulatus 7. Hudſ. ang]. ed. 2. p. I5O. Juncus articulatus: 3. Gort. ſept. n. 312. D. A. Raj hiſt. p. 1307. Morif. hiſt. v. 3 p. 227. Hall. hift- n. 1320. Pig. Park. theatr. 2 Ger. em. 4. Barr. ic 94. Ei Moriſ. hiſt. v. 3. ſ. 8. t. 9. f. 3. 1 Sn. Gramen junceum aquaticum, paniculis eum foliis capillaceis ſimul ortis, proliferum, Pluk. phyt. p. 179. Morif. hiſt. v. 3. p. 227. Gramen junceum capfulis triangulis; cauliculis tenuibus; foliis ad nodos et panicularum divaricationes prælongis. Raj. hift, p. 1307. 32 Gramen junceum minimum; paniculis foliaceis. Morif. hift. v. 3. &. t. 9. f. 4. Juncoides calycibus paleaceis, glomeratis; folio varians. Scheuchz. hiſt. 330. nn; eapfulis triangularibus. Vaill. parif. p. 110. Juncus minimus, buibifer ; foliis teretibus, non articulofis; capitulis forum umbellatis, nigrie.ntibus, foliatis. Mich. gen. p. 39. Juncus caule brachiato ;- foliis fetaceis; floribus faſciculatis, ad ramo$ ſeſ- ſilibus: 2. Hall. hift. n 1320, Juncus ſupinus. Mönch. haſſ. n. 296. Juncus articulatus y, ©. Gert. fept. n. 312, D. A. Raj. hiſt. p. 1307. i Morif. hift. v. 3. p. 227. Scheuchz. hift. p. 330. Mönch. haſſ. n. 296. Fig. Pluk. phyt t 32. f. 3. Mori. hiſt. v. 3. ſ. 8. t 9. f. 4. Scheuchz hiſt. t. 7. f. 10. Mönch. hafl. t. J. 187 Meine Reife nach der Grafſchaft Ventheim, und von 188 nus füfeus und albus zu Haufe waren. In einem Graben ſchwammen Pota- mogeton gramineum u. Aliſma natans. Beim Breutzkrug wuchſen Gna- phalium luteo - album, Linum Radio- la, Illecebrum verticillatum und Hype- ricum humifuſum. Neben den Graͤben zwiſchen hier und groß Voͤrden fand ich eine Pflan⸗ ze, welche ich zuvor noch nicht geſehen habe, und die mir beim erſten An: blick ganz beſonders vorkam, bei ge⸗ nauerer Unterſuchung aber fand ſich, daß fie bloß eine Subfpecies vom Gna- phalio uliginoſo L. war. Sie unter⸗ ſcheidet ſich von der ordinairen, daß ſie ohne allen Ueberzug (Pubes) iſt, und ihre Blaͤtter deswegen ganz gruͤn ſind. Ich will ſie zum Unterſchied Gnaphalium uliginoſum nudum, die andere oder gemeine aber Gnaphalium uliginoſum tomentoſum nenneu. Wer will kan meinetwegen eine neue Art daraus machen. Die im Sommer in dieſen Graͤben beobachteten ſchoͤnen Waſſergewaͤchſe, als: Scirpus fluitans, Siſon inudatum, Ranunculus aquatilis, hederaceus, und mehrere, hatten bereits alle ver⸗ bluͤhet, und ſich alſo wieder unterge⸗ ſenkt. Die Littorella lacuſtris, wels che hier in großer Menge waͤchſt, bat: te ihre Schönheit auch ſchon verloren, und war ganz unkentlich geworden. Bei groß Voͤrden war Cyperus flaveſcens, und Hypnum aduncum mit ſchoͤnen Ppridien, die ſonſt ſelten find. Um Bonhorſt ſtand Ilnardia pa- luſtris, Myriophyllum ſpicatum, und Littorella lacuſtris. Bei Lavesloh waren eben dieſe Pflanzen, und in den daſigen Hecken Hieracium ſabaudum und Teucrium \ Scoro donia. In Diepenau nahm ich Nacht⸗ quartier. SE ' N September 12. In den Suͤmpfen um dieſes Staͤd⸗ chen wuchs viel Acorus Calamus und Scutellaria galericulata, und auf der dabei liegenden Heide Scirpus Bæo- thryon 5) und Gentiana filiformis. Bei 5) Syn. Scirpus minimus; fpica breviore, ſquamoſa, fpadicea. Scheuchz hiſt. p. 364. Scirpus minimus; capitulo ſquamoſo, breviore, & craſſiore, fufco. Scheuchz. hiſt. p. 366 ? Scirpus ſpica bivalvi, fpadicea, obeſiori. Hall enum. p. 249. Scirpus caule terete; ſpica nuda, pauciflora; glumis calyninis longiore. Hall. hift. n. 1335. Scirpus quinqueflorus. Scirpus pauciflorus. Bæothryon. Ehrh, phyt. n. 31. Crantz. inſt. ‚ Lightf. ſcot. p. 1078. Hudſ. angl. ed. 2. p. 648. Scirpus Bæothryon. Linn. ſuppl. p. 103. D. A. Scheuchz. hift. l. c. Hall enum. I. c. Hall. hift. 1, c. Lightf. ſcot. I. c. Fig. 189 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 190 Bei dem Galgen kam ich in das Fuͤrſtenthum Minden, und darinnen zuerſt nach Stelle, von da aber nach Kahde, welche Stadt mir jedoch et; was zur Rechten liegen blieb. Vor dieſem letztern Ort war viel IInardia paluſttis. Von Kahde gieng der Weg auf Twiehauſen und Levern, wo eine Menge von Gnaphalio luteo - albo wuchs. Faſt den ganzen Tag ſahe ich eine herrliche Bergkette vor mir liegen, die mit Holz bewachſen war. Ich wünfch: te, daß ſolche zu dem Gebiete meiner Flora gehoͤrte, denn allem Anſchein nach muͤſſen ſich an dieſen Orten viele ſchoͤne Pflanzen finden. Diejenigen Fuͤrſten, zu deren Gebiet dieſe Berge gehören, würden der deutfchen Flora einen großen Dienſt thun, wenn fie durch Jemand, der Luſt und Geſchick⸗ lichkeit zu einer botaniſchen Reiſe hat, dieſelben wolten unterſuchen laſſen. Geſetzt, ein ſolches Herbilegium ko— ſtet auch einige hundert Thaler, was thut denn dieſes! Sie find ja fuͤr den Staat nicht verloren, und gehen nicht, wie viele tauſend andere, zum Lande binaus, ohne jemals wieder zu kom— men, ſondern fie bleiben in dem Ge: biete wo ſie aufgenommen worden, und kommen in wenig Jahren wieder an ihren alten Sammelplatz. Mich duͤnkt, es iſt eine Schande für Nieder: Fig. Scheuchz. hiſt. t. 7. f. 19. Scheuchz. hiſt. t. 7. f. 21.) e Oed. dan. t. 167. Exſ. Ehrh. phyt. n. 31. ſachſen und ſeine Nachbaren, daß noch ſo viele ſchoͤne Gegenden darinnen ſind, wo bis dahin noch kein Botaniſte hin⸗ gekommen iſt, und deren vegetabili—⸗ ſche Einwohner uns ſo gut als gaͤnz⸗ lich unbekant ſind. Solte es nicht beſſer ſeyn, wenn das Geld, welches unſere junge Herren nun in Paris und andern dergleichen Orten verzehren, und wofuͤr man gewöhnlich nichts wie: der bekoͤmt als ungeſunde, verdorbene und für den Staat auf Zeit Lebens un: nuͤtze Mitglieder, in Zukunft zur Un⸗ terſuchung der Schaͤtze ihres Vater: landes angewandt wuͤrde, und ſolte dieſes nicht tauſendmal mehr Nutzen davon haben, wenn ſein Adel und ſei⸗ ne Gelehrten nach Art eines Scheuch— zers, Hallers, Linnees, Horlemanns, Kalms, Fabricius, Leſke und dergl. reiſten, als es aus jenen Galanterie⸗ und Modereiſen hat? Ich denke es wenigſtens! O fortunatosnimium, ſua ſi bona norint, Agricolas. Vrgil. Aus dem Fuͤrſtenthum Minden kam ich in das Hochſtift Osnabruͤck, und zwar erfilich nach Bomte, wo ich eine kleine Erfriſchung zu mir nahm. Ein kurz nach mir ins Wirths— haus gekommener Officier hatte die Guͤtigkeit, mir einen Fußſteig anzu⸗ weiſen, und mich zu begleiten. Als wir bald von einander Abſchied neh⸗ men 191 men wolten, zeigte er mir noch die um uns herum liegenden ſchoͤnen adelichen Guͤter, worunter ſich denn auch Lan⸗ gelage befand, daß dermalen dem Herrn von Moͤnſter, einem Schwie⸗ gerſohn des fel. Landdroſten v. Muͤnch⸗ haufen, des Verfaſſers des Hausva⸗ ters, gehoͤrt. Da ich ſchon viel von dem daſelbſt befindlichen ſchoͤnen Gar⸗ ten gehört, und über dieſes Herr von Moͤnſter ehemals die Gnade hatte, mir zu erlauben, bei etwan vorfallen: der Vorbeireiſe ſolchen zu beſehen, ſo kan man leicht gedenken, daß ich ſel⸗ bigen nicht werde vorbei gegangen ſeyn, zumalen da es mir ſehr wenig aus dem Wege war. Ich ſagte alſo meinem un⸗ bekanten Freunde, der mich beinahe ganz hin begleitete, Adjeu, und gieng gerade nach Langelage zu. Herr von Moͤnſter war dermalen nicht hier, ſondern auf einem andern Gut im Muͤnſterlande, ich hatte aber das Gluck, einen braven Gaͤrtner anzu: treffen, oder vielmehr zwei, Vater und Sohn, die ſich beide alle erſinn⸗ liche Muͤhe gaben, meinem Begehren zu entſprechen, und mir alles Merk⸗ wuͤrdige zu zeigen. Ich muß beken⸗ nen, daß ich lange keine ſo vergnuͤgte Stunde gehabt, als diejenige war, welche ich in dieſem Garten zugebracht habe. Aber wie konte es auch anders ſeyn? Ein Garten, der nach dem be⸗ ſten Geſchmack angelegt iſt, und mit den ſchoͤnſten und ſeltenſten Baͤumen und Straͤuchern pranget, ſolte der wohl einen Liebhaber von Pflanzen und Gärtnerei ungeruͤhrt und unvergnuͤgt Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, ꝛe. „ von ſich laſſen? Schade! daß die Zeit ſo geſchwind hinging, und die uns uͤberfallende Nacht unſeren Betrachtun⸗ gen ein Ende machte. Meine Freun⸗ de wolten zwar, daß ich bei ihnen uͤber⸗ nachten, und des Morgens dieſes goͤtt⸗ liche Vergnuͤgen noch einmal genießen ſolte. Da meine Reifen es aber nicht erlauben, daß ich mich an einem Orte lange aufbalte, über dieſes ich beim Antritt derſelben es mir zum Geſetze gemacht, Niemand zu incommodiren, ſo bedankte ich mich fuͤr ihr guͤtiges Anerbieten, und nahm von dem Va⸗ ter Abſchied. Der Sohn hatte die Guͤtigkeit, mich noch durch eine lan⸗ ge Allee zu begleiten, worinnen wir uns denn beim geſtirnten Himmel noch einmal recht freund ſchaftlich unterrede⸗ ten, am Ende derſelben aber einander gute Nacht ſagten. Ich hatte nun noch einen kleinen Berg zu beſteigen, auf deſſen Hoͤhe ich noch einmal auf dieſen goͤttlichen Sitz, (von dem man mit Recht mit unſerm Haller ſagen kan: gi | Entfernt vom eitlen Tand der muͤhſa⸗ men Geſchaͤfte, N Wohnt hier der Seelenruh, und flieht der Staͤdte Rauch.) herunter ſahe, und demſelben alles Gute anwuͤnſchte, ſodann aber mei⸗ nen Marſch beſchleunigte, und, nach⸗ dem es wohl ein Paar Stunden ſchon Nacht geweſen ſeyn mag, in Oſter⸗ Cappeln gluͤcklich ankam, wo ich denn ein recht gutes Nachtquartier antraf. d Die Fortſetzung folgt kuͤuftig. 193 D anoberiſches Magazin, 1 ztes Stuck. Freitag, den L4ten Februar 1783. Meine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. (Fortſetzung.) September 13. ach verzehrtem Fruͤhſtuͤck und be: zahlter Zeche von 5 mgr. , mo: für ich hier Abendeſſen, Bier, ein gutes Bette und Kaffee hatte, Sa⸗ chen die ich an andern Orten gewöhn: lich mit 12 bis 15mgr., auch wohl, gerader Rechnung halber, mit einem halben Thaler bezahlen mußte 6), nahm ich meinen Weg auf Hung bruͤck, der denn ziemlich gut war, und dem Lande Ehre macht. In der Gegend des Kuhhofes wuchs viel Ulex europæus, deſſen El⸗ tern vermuthlich ehemals aus Frank: reich oder England verſchrieben wor⸗ den, und allhier, ſo wie an verſchie⸗ denen Orten im Hannoveriſchen, als Hecken gedienet, nun aber zur Dank; barkeit ihren Herrn mit ihren Kindern N die 6) Ich kan nicht umhin, bei dieſer Gelegenheit mich eines Wunſches zu entledigen, welcher die Verbeſſerung der Gaſtwirthsanſtalten auf dem Lande betrift. — Wer viel reiſet, und zwar, wie die mehrſten Leute, nicht auf der Poſt, ſon⸗ dern zu Fuße gehet, auch nicht immer auf der großen Heerſtraße bleiben kan, ſondern zum oͤftern kleinere Wege betreten muß, der wird ſo gut wie ich em⸗ pfunden haben, in welcher Verlegenheit man zuweilen wegen der Nachtquartiere und Nahrungsmittel iſt, und wie ſchwer es oͤfters haͤlt, ein Bund Stroh, oder ein wenig Eſſen und Trinken, und ſolte es auch nur ein Butterbrod, oder ein Glas Bier ſeyn, zu bekommen, und wenn man ſolches endlich mit großer Noth und nach vielem Bitten auch erhaͤlt, es doch gemeiniglich doppelt, drei- und vierfach bezahlen muß. Ich kan nicht begreifen, warum man überhaupt nicht mehrere Aufſicht auf dergleichen Sachen haͤlt, da ſolche doch von der aͤußerſten Nothwendigkeit ſind, und den groͤßten Einfluß auf das Wohl des Staates ha— ben. Nichts gereicht einem Lande mehr zur Ehre, als wenn Reiſende die gu, ten Gaſtwirthsanſtalten deſſelben rühmen. Noch immer erinnere ich mich mit Vergnuͤgen an Schweden, wo man in den Gaſtwirthshaͤuſern ein Buch findet, darein der Reiſeude beim Weggehen das ir des Wirihs, ſo wie ei 195 Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von 196 die Weide verderbet haben. So ge: ſen 7) und dergleic a gebe bet es, wenn man feine Landsleute 4 und dem Geſchr ok maligen verachtet! Hätten die Beſitzer ihrer Projecetmacher kein Gehör gegeben, fo Güter dieſe fein mit Weißdorn, Huͤl- zierten ihre Ländereien nun ſchoͤne Hek⸗ f 17 54 5 e eee das Verhalten der Neifenden einſchreibt, und dieſes Tagebuch ſodann zu gewiß fen Zeiten von der Obrigkeit durchgeſehen und darauf das weitere verfügt wied. Ich weiß, daß Gaſtwirthe, wegen grober und unhößicher Begegnung gegen ihre Säfte, wohl den Staupbeſen bekamen. Wie ſehr würde lich mich freuen, wenn ich Jemand, der Geſchicklichkeit hiezu hat, anreisen konte, einen Vorſchlag zu beſſerer Einrichtung der Gaſtwirthsanſtalten auf dem Lande zu geben, und ſolchen gehöriaen Ortes vorzutragen. Wie viele tauſend Reiſende wurden ihm deswegen dauken! s 7) Wer ſich von dem Nutzen dieſes Strauches zu Hecken noch nicht. überzeugen kan, “für den weiß ich kein beſſer Mittel, als daß er nach England gehe, und ein Augenzeuge davon werde, oder wenn er dieſes nicht wi, ſolchen Leuten alaus be, die da geweſen find. Ich las noch neulich in Kalms Reſa till Norra Ame⸗ rica von der Fuͤrtreflichkeit der Huͤlſenhecken, daraus ich den Unglaͤubigen zu gefallen hier eine Stelle abſchreiben will. „Agrifolium Raj. ſyn. 466. aͤr et tra, ſom i myckenhet finnes i ſkogarna uti Aengland, och med fina beftändigt grdna blan gor dem kaͤcka aͤfwen midt 1 Wintern. Traͤdet deraf brukas til lekſaker för barn: likaledes til knifſkaft, emedan det är hordt. Kuſkarnas piffeffaft beſto merendels haͤraf, ty det aͤr tillika boͤjcligt. Foͤrnaͤmſta nyttan, ſom de goͤra fig af detta tra, aͤr til baͤckar, ſom aͤro bode taͤta och wakra, ſamt wara naͤſtan ewigt. Mr. Warner berättade fig kaͤnna en, hwars fader för 60 eller flere or ſedan lotit plantera alla haͤckar omkring ſina aͤgor endaſt af detta tra, hwilka haͤckar aanu denna tiven äro fo taͤta, at en hund ej kan komma derigenom En haͤck af Agri. folium har framför andra priſet derutinnan, at han beholler ſina groͤna och wackra blan bode Winter och Sommar, och ſoledes aͤt et godt ſkjul för For och annan Boſkap wid bloſt och elakt Waͤder. Af barken goͤras fogellim. Po fkogloͤſa orter nyttias ock detta til braͤnſle“ Kalms Reſa V. I. p. 164. Ray, ein Schriftſteller des vorigen Jahrhunderts, rühmt ſchon die Hülfe als eine gute Heckenpflanze, und zeigt die Vorzüge an, welche fie vor andern Baͤumen und Straͤuchern hat. Er ſagt: „Arbor hec (Agrifolium) operibus topiarlis, in Septentrionalibus præſertim regionibus pre aliis commoda & op- portuna eſt; cum fit frigoris patientiſſima, & perenni nitentium foliorum vi- rore aſpectui grata, nec tonfuram reſpuat; eoque etiam hortulanis acceptior, quod nec radicum reptatu, nec importuna ramorum luxurie moleſta fir, nee tamen minus denſa & multiplicata fronde quam quævis alia arbor frutexve tonſilis, quantumvis hoc nomine eam improbet I. Bauhinus. Vidimus in vi- ridario D. Joann. Evelyn (in Cantio non longe a Londino) tonfilem Agri- folii ſepem, denſiſſimam, pulcherrimam, 300 prope pedes longam.“ Raj. hit. p. 1622. Iſt es alſo nicht lächerlich, wenn im Jahre 1782 ein Gartens autor ſich noch daruber aufhaͤlt, wenn man von Huͤlſenhecken ſchreibt? — Doch Dieß weiß der Poͤbel nicht, er wird es nimmer lernen, Die Schale halt ihn auf, er koͤmt nicht zu den Kernen. 197 da nach Holland, rebſt der Retour nach Herrenhaufen, 98 ken und gute Weiden, dagegen erſtere bereits ausgegangen, die letztern aber verdorben ſind. .. ı un So bald ich in Osnabrück an: kam, beſuchte ich meinen Freund Xels, einen hofnungsvollen jungen Chemi— ſten, der uns vor einiger Zeit in den Weſtphaͤliſchen Beitraͤgen bereits eine Probe ſeiner Geſchicklichkeit gegeben bat. Der Himmel laſſe ihn nur älter werden als Freund Hagemann, def: ſen Abſterben ich noch nicht vergeſſen kan, und vermuthlich niemals vergeſſen werde. — * O! daß der Himmel mir das Gluck im t Tode goͤnnte, Daß meine Aſche 2 ſeiner miſchen 7 5 nte. — Den Nachmittag verwandte ich zu einer botaniſchen Ereurfion auf den nahe an der Stadt liegenden Gertru⸗ denberg, der vielen wegen feiner un: 45 terirdiſchen Hölen und dem darauf erbauten Nonnenkloſter bekant ſeyn wird. Die daſelbſt gefundenen Pflan⸗ zen waren: Bryonia dioica Jacqu. , die ich vorher noch nicht wildwachſend ge⸗ ſehen 8), Hedera Helix, Prunus avi- um, Ceraſus, inſititia, ſylveſtris, Ligu- ſtrum vulgare, Syringa vulgaris, Sca- biofa Columbaria, Lathyrus fylveftris, Antirrhinum Elatine, Staphylea pinna- ta, und andere mehr, die hier alle wild wuchſen, davon einige zwar nicht als urſpruͤngliche deutſche Buͤrger angeſe⸗ ben werden koͤnnen, ſich aber dennoch bier von ſelbſt vermehren und fort⸗ pflanzen, ſo daß, wenn dieſes Land einmal ſeine Flora liefert, (die es der⸗ malen noch ſchuldig iſt,) ſolche ohne alles Bedenken ſich darinnen einen Platz anmaßen koͤnnen. Die unterge⸗ hende Sonne exinnerte mich nach der Stadt zuruͤck zu kehren, wo ich denn N 2 noch ) Diff. Bryonia foliis palmatis, utrimque calloſo - ſcabris; floribus dioicis. Oy. Bryonia. Trag. hift. p. 820. 73 Vitis alba. Ruell. ſtirp. p. 650. Fuchſ. hiſt. p. 94 Cam. epit p. 987. Stickwurtz Cam. Kraut. p 443. Bryonia alba, baccis rubris, ſeu Vitis alba Diofcoridis. Bauh. phyt. p. 989. 9 Bryonia afpera, five alba; baccis rubris, Baub pin. Vitis alba, five Bryonia. Bauh hift. v» 2. p. 243. p. 297. Dill. giſſ. p. 89. Bryonia alba. Blakw. herb. n. 37. Mill dict. ed. 8. Leetſ. flor. n. 744: Pol- lich. hiſt. n. 915. Hudſ angl. ed. 2. p. 437. Bryonia foliis quinquangulis, ſcabris: «. Hall. enum. p. 506. Bryonia foliis palmatis, utrimque calloſo- ſcabris. Hall. hiſt. n. 574. Bryonia D. A. Bauh. hiſt. I. e. x Hall. enum. I. c. Hall hiſt. I. c. Jacqu. auſtr. I. c. Leerſ. flor. Ic. Pollich. hiſt. l. c. Fig. Blakw. herb. t. 37. Jacqu. auſtr. v. 2. t. 199 dioica. Jacqu. auſtr. v. 2. p. 59. Reich. fler. n. 706. 199 Meine Reife nach der Graſſchaft Bentheim, und von 200: noch eine Herbation auf dem Walle machte, die zwar nicht viel zu bedeu⸗ ten hatte, hierauf aber mich nach mei⸗ nem Logis verfuͤgte. September 14. | Zwiſchen Osnabruͤck und Lotten war viel Spartium fcoparium, und If- nardia paluſtris. Bei Lotten, welches zur Graf: ſchaft Teklenburg gehört, hatten die Leute eine beſondere Art die Stoppeln und das Unkraut bald in einen guten Duͤnger zu verwandeln. Da mir ſol⸗ che neu war, ſo habe ich ſie kuͤrzlich angemerkt. So bald das Getreide vom Felde iſt, werden die Stoppeln mit einer Spate ungefaͤhr ein bis zwei Zoll tief in der Erde abgeſchuͤrft, und daraus große Haufen gemacht, welche vier bis ſechs Wochen auf ein⸗ ander liegen bleiben. Nach dieſer Zeit wird zu jedem dieſer Stoppelhaufen Miſt gefahren und damit gut vermifcht, - das Gemiſche aber wieder in Haufen gebracht. Nachdem dieſe abermals einige Wochen gelegen haben, ſo wer⸗ den ſolche auf dem Acker gleich ausge⸗ ſtreut, und ſo bald als moͤglich unter⸗ gepfluͤget. Von Lotten kam ich auf den Schafberg, wo viele Steinkohlen gegraben werden. Preuſſen, als Oeconomus ſummus, betreibt die Werke ſelbſt. Ueber den Steinkohlen liegt eine Lage Sandſtein, die uͤber bundert Fuß dick iſt, und den — Der Koͤnig von Arbeitern viel zu ſchaffen macht. Die Kohlenfloͤtze find gewohnlich zwei, drit⸗ tehalb, auch zuweilen wohl drei Fuß dick. Zu allen Schachten gehet kin gemeinſchaftlicher Stollen. Bei Ibbenbuͤhren, einer kleinen Stadt, die zur Grafſchaft Lingen ge⸗ höre, iſt ein ſchoͤner Sandſteinbruch. Nicht weit von dieſem Orte werden! auch Steinkohlen gegraben. Am Wege von hier nach Zörfel: wuchs Alifma natans, Ranunculoides, Lyeopodium zan Schœnus ſuſ- 8 er u, m. In Soͤrſel, einer zum Hochſtift muͤnſter gehoͤrigen ee mußte ich uͤbernachten. un, September 15. Nicht weit von dieſer Bauerſchaft, am Wege nach Rheine, ſtand eine Kapelle, worauf die Leute der umlie⸗ genden Gegend bei meinem Vorbeige⸗ ben ſo gewaltig zuliefen, daß ich mich in Acht nehmen mußte, um nicht von ihnen uͤber den Haufen geworfen zu werden. Selten nahm Jemand ſo viel Zeit mir zu danken, wenn ich ihm ei⸗ nen guten Morgen wuͤnſchte. Das war mir ein Gottesdienſt 9)! Beſſer als dieſes Gelaͤufe gefiel mir das geſunde und friſche Ausſehen die⸗ ſer Leute, beſonders der Frauensperſo⸗ nen, welches vermuthlich den Grund in ihrer Lebensart hat. Wuͤrden die Einwohner andrer Gegenden ſich des gefunden u und tus QISORRRBEHDFR Bro: des 9) Fragt Jemand warnm ich dieſe Kapelle vorbei gegangen, fo antworte ich mit Freund Cicero: Nos Naturam ſequamur, & ab omni quod 1 ab ipſa, oculorum auriumque comprobatione fugiamus. | 201 da nach Holland, nebſt der Refoue nach Hetrenhauſe. 202 des der Weſtphaͤlinger bedienen, und nicht das beſte des Getreides ibren Schweinen geben, wuͤrden ſie, ſo wie dieſe Leute, anſtatt der verkuͤnſtelten Speiſen, mehr natuͤrliche genießen, anſtatt des ewigen Kaffe⸗ und Brant⸗ weinſaufens, gleich dieſen ein gutes Bier trinken, und furnehmlich, ſich von Jugend auf weniger an den Muͤſ— ſiggang, ſondern ſchoͤn an die Arbeit gewoͤhnen, ſo wuͤrde man vermuthlich unter ihnen auch weniger ungeſunde und in ihren Jugendjahren ſchon ab: gelebte, ſondern ſo gut wie hier, ſtarke, geſunde, und bis in ihr Alter bluͤhen⸗ de Leute finden. — Von dieſen Weſt⸗ phaͤliſchen Landleuten kan man ſagen, was Haller von unſern Schweitzeri⸗ ſchen Hirten: Ihr thaͤtig Leben sr — Leiber reife Der träge Müſſt mn ſchwell niemals ihren Bauch. Die Arbeit weckt fe auf, und ſtillet ihr emu 2 Die Luſt macht ſie gering, und die Ge⸗ a ſundheit leicht, In ihren Adern ficht A unverfaͤſcht f Darin kein erblich Gift von ſiechen Büs tern ſchleicht, Das Kummer wi vergaͤllt, kein frem⸗ er Wein befeuret, Kein geiles Eiter fault kein welſcher Koch verſaͤuret. Wohl dir vergnügtes Volk! dir hat ein ho d d Geſchicke, Der kLaſter reichen SAN: den Ueberfluß agt; Dem, den ſein eme dient Ar⸗ 5 uth ſelbſt zum Gluͤcke, Da t und 15 keit der Laͤnder St üne e nagt. Als Nom die Siege ug ‚bei, feinen Schlachten zählte, War Brei der e Speis, und Holz Goͤtter Haus; Als aber ihm das 2 von ſeinem N Reichthum fehlte, Trat bald der ſchwaͤchſte Feind den feis f gen Stolz in Graus. Du aber, huͤte dich was Groͤßers zu be⸗ gehren © lang die Einfalt daurt wird auch dein Wohlſtand währen. ſo wie hingegen auf jenen bleichen Muͤſſiggaͤnger folgende Strophen aus dem unvergleichlichen Hagedorn paſſen: — Er muß bereits fein hochanſehnlich Leben g 0 14 Dem Koch nicht anvertraun, nur Aerz— ten untergeben. Es überfaͤllt ihn e 7 wuͤthender Der renerfuͤllte Scher, der Scheinluſ t. inter Der Hunger fliehet im, wie er die Ar⸗ it ſcheuet, Die Reitzung beſter Aut, die jenen Stand £ erfreuet, Der weidlich ſich Weh fät, ackert, erntet, driſcht, Graͤbt, pflanzet, waͤſſert, walzt, ſchwimmt, rudert, floͤßt und fiſcht. O Gluͤck der Biebrigch, der Schnitter d der Hirten, Die ſich in Flur und Sub, in Trift und Thal bewirthen, Wo Einfalt und air. die ihre Sitten Auch jeder. rauhen Kost Geſchmack und Segen ſchenfñt!! Zwiſchen Zörfel und Rheine war ein Torfmoor, worauf ich Kitteltorf zu ſehen bekam, der mir vorher noch unbekant war. Schade! daß es heute juſt obs war, und bier alſo Nie: mand 203 Meine Reiſe nach der Graſſchaft Bentheim, und von 204 mand arbeitete, welches ich ſonſt ſehr wenn er ſein Vieh einige Tage langer 4 gerne gefehen hätte. Von Pflanzen auf die Stoppeln treibt, wovon es oft! waren Schœnus fufcus, Lycopodium fo bungerig wieder nach Haufe komt, inundatum, u. m. dergl. hier. als es beim Austreiben war. und Bei Kheine, einer kleinen Stadt, zwei Ernten in einem Jahr, ſind ja l N doch heſſer als eine! Geſetzt, der Bauer bat auch etwas Arbeit damit, ſo iſt dieſe doch ſo wenig, daß ſolche gegen die Vortheile wie nichts zu rechnen iſt. Die Stoppeln muß er ja doch ohne⸗ bin einmal unterpfluͤgen, es geſchehe dieſes nun etwas fruͤher oder ſpaͤter, und das Saͤen iſt eine Arbeit von eis: ner Stunde. Das Jaͤten und Aus: ziehen thun in der Schweitz die Leute, die ſich hier im Herbſt in Schatten ſetzen, und zum Zeitvertreib ein wenig ſpinnen, oder auf der Straße herum laufen, ich meine ſeine Frau und Kin⸗ der! Und das Einfahren faͤllt in eine Zeit, wo der Bauer ohnehin nicht viel mehr zu thun hat. Den Saamen zie⸗ bet er ſelbſt, ſo gut als der beſte Saa⸗ menhaͤndler, und hat alſo nicht noͤthig einen Pfennig dafür auszugeben. — Zwiſchen Rheine und Ohne wa⸗ ren Pilularia globulifera, Pinguicula vulgaris, Schoenus fuſcus, Gentiana Pnevmonanthe, und zu meiner Ver⸗ wunderung, Samolus valerardi, den ich ſonſt bloß in der Nachbarſchaft der See oder bei Salzquellen gefunden ha⸗ be. Doch meine Verwunderung dauer⸗ te nicht lange, denn ich ſahe bald dar⸗ auf zur Rechten von Rheine ein Gra⸗ dierhaus. 1 Ohne, ein Dorf, das zur Graf⸗ ſchaft Bentheim gehoͤrt, liegt an der Vechte, die aber hier noch klein iſt. Die die an der Embs liegt, und ebenfalls zum Muͤnſterlande gehoͤrt, wuchs Cam- panula Speculum. ; Hier ſahe ich verſchiedene Aecker mit Faͤrberroͤthe (Rubia tindorum L.) an: gebauet, welche im Quincunx gepflanzt war, ungefaͤhr ſo, wie man Kartoffeln oder weißen Kohl bauet. Sie muß zwei Jahre ſtehen ehe ſie kan ausgegraben werden, und ſoll ſich gut verintereſſiren. Vermuthlich koͤnte dieſes Gewaͤchs ſo gut wie hier auch im Hannoveriſchen wachſen. Ich verwundere mich des⸗ wegen, daß das Geld für ſolche Arti— kel aus dem Laude geſchickt wird „ be⸗ ſonders wenn ſie, wie dieſer, haͤufig gebraucht werden. h Faſt auf allen Aeckern, worauf dies ſes Jahr Rocken geſtanden, waren Ruͤben angeſaͤet, eben ſo wie ſolches in der Schweitz gebraͤuchlich iſt. Es iſt beſonders, daß dieſes hier zu Lande nicht durchgehends eingefuͤhrt wird, vornehmlich an ſolchen Orten, wo das Heu etwas rar iſt. Solten die biefl: gen Bauern noch nicht wiffen, daß in der Schweitz die mehrſten Ochſen mit dergleichen Ruͤben fett gemacht wer⸗ den, und daß dieſe, nebſt den Kartof: feln, des Winters über allda die Haupt: nahrung des gemeinen Mannes aus: machen? Ich denke doch, daß es wirth⸗ ſchaftlicher iſt, wenn der Bauer die Haͤlfte ſeines Heues erſparen kan, als pr | da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 200 Die Einwohner ſollen ſich viel mit der Handlung abgeben. Daß beute, ungeachtet es Sonntag war, bier Nach⸗ markt gehalten wurde, wird wohl Nie⸗ mand intreſſiren. Am Wege zwiſchen hier und Bent⸗ heim fand ſich in den Graͤben Alifma natans, Ranunculoides, Littorella la- cuſtris, Scirpus fluitans, Sparganium natans, Siſon inundatum, Lythrum Sa- licari; und auf den naſſen Plaͤtzen: Parniſſia paluſtris, Menyanthes trifo- liata und Myrica Gale. Da ich heute nicht weiter als nach Bentheim wolte, die Sonne aber noch ziemlich hoch war, ſo ging ich auf den vor mir liegenden Bentheimer Berg, wo befantlich viel Sandſtein gebrochen wird, mit dem die Leute nach Holland, und andere Orte einen ſtar⸗ ken Handel treiben, und der alſo unter = 10) Diff. Lichen foliaceus, adfcendens, die Nahrungsartikel des Landes ge⸗ boͤrt. Da dieſes alles aber ſchon ge⸗ nugſam bekant iſt, ſo will ich mich nicht dabei aufhalten, ſondern bloß die Pflanzen anzeigen, welche ich bier ge⸗ ſunden habe. * Auf dem Ruͤcken, und an den Sei⸗ ten des Berges die als Schafweide genutzt werden, wuchs: Erica vulga- ris, Tetralix, Lycopodium clavatum, inundatum, Aſplenium Spicant, Poly- podium Theiypteris, criftatum, Juni- perus communis, Empetrum nigrum, Schœnus albus, Spartium fcoparium, Teucrium Scorodonia,BryumHypnoi- des: lanuginoſum, Nardus ſtricta, Li- chen rangiferinus, ſubulatus, Geniſta anglica, Sedum acre. Auf den Steinen war: Lichen co- rallinus, Sepincola Noſtr. 10), capera- tus, pertuſus, puſtulatus, polyphyllus. Auf laciniatus, ſuberenulatus, glaber, ſuperne caſtaneus, inferne lacunoſus, radicans; feutellis ſubterminalibus, planis, adna- tis, caftaneis: margine obſoleto, rugoſo crenulato. 1 Ich ſolte zwar billig Bedenken tragen, hier wieder mit einer Differentiafpe- cifica zu erſcheinen, die nicht nach Linneeiſchem Maas geſchnitten iſt, beſonders da erſt neulich der Adjutor in edendo Syſtemate vegetabilium in einer acade⸗ miſchen Schedula darüber fein Mißvergnuͤgen bezeuget hat. Da ich aber nichts ohne Gruͤnde thue, und alſo auch immer meine Urſachen habe, wenn ich von den Geſetzen meines Lehrers abgehe, wenn ſolche auch ſchon nicht allemal ein jeder ſogleich einſehen kan, ſo iſt es wohl nicht werth um eines ſauren Geſichtes, oder neidiſchen Blickes willen, ſich zu fürchten und auf feinem Wege wieder um— zukehren. Wer wie andere Affen, alles was Linnee ſchrieb, und oft bei mehres rer Eiaſicht ſelbſt übertreten hat, als Gottes Wort anſehen und blindlings nach— beten will, der thue es, ich habe nichts dawieder, ſondern wuͤnſche ihm Gluck da: zu. dreizehen Buchſtaben beſtehen. Mache ich Nomina generica, fo frage ich nicht ob ſolche aus zwoͤlf oder Gebe ich eine Differentiam fpecificam, ſo mas che ich fie fo, daß man die Pflanze daraus erkennen und ſolche dadurch von allen übrigen mir bekanten unterſcheiden kan, und komt es mir auf ein Paar Worte mehr oder weniger nicht an. Verfertige ich ein Syſtema Plantarum artificiale, ſo mache ich ſo viel Klaſſen, als meine Eintheilung erfordert, und wenn es nicht juſt vier und zwanzig bleiben, ſo nehme ich deswegen doch keine Ordines natura- — les 207 0 Auf den Stämmen des Wachhol⸗ ders: Jungermannia tamariſcifolia. In den Aeckern, welche auf dieſem Berge ſind, fand ſich: Anthemis ar- venſis, Chryſanthemum ſegetum, Sta. chys annua, Raphanus Raphaniſtrum, Panicum ſanguinale, glaucum, Crus galli, Spergula arvenfis, Sagina pro- cumbens, Riccia glauca, Hypericum humifufum, Rumex Acetofella, Scir- pus ſetaceus, Mentha arvenſis. Auf den Raͤndern der Aecker: Se- dum Telephium, Jaſione montana, Geniſta tindtoria, Hieracium umbel- latum, Scabioſa arvenſis, Succiſa. An den Mauern um dieſe Aecker wuchs: Polypodium vulgare, Phego- pteris, Lichen puſtulatus. ö Dichte vor Bentheim an der Straße fand ſich: llex Aquifelium, Rubus fruticoſus, Gnaphalium luteo- album. An dem Schloſſe zu Bentheim wuchs: Afplenium Ruta muraria, Pa- rietaria officinalis, Ribes alpinum, und Hedera Helix. Der Abend kam heran, und befahl mir mein Nachtquartier zu ſuchen, wel: ches ich denn auch, und zwar ſehr gut, gleich unter dem Schloſſe gefunden habe. Schon in Hannover hatte ich Luſt, um meine Kenntniß zu erweitern, von Bentheim aus eine kleine Tour in das Hollaͤndiſche zu machen. Ich les zu Hülfe um die Zahl voll zu bekommen. Meine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, 2: a0 beſprach mich auch deswegen mit eini⸗ gen meiner Vertrauteſten allda, da⸗ von denn der eine mir ſolches an, der andere aber wieder abrieth, ſo wie es denn gewoͤhnlich geſchiehet. Ich war alſo noch ungewiß, was ich thun wolte. Zum Gluͤck traf ich hier in meinem Quartier einen braven Mann an, deſſen Voreltern vonZuͤrich gebuͤrtig waren, und der alſo mein halber Landsmann war. Dieſer freund⸗ ſchaftliche Mann unterhielt ſich mit mir, und wir ſprachen endlich auch von Holland. Ich ſagte ihm, daß ich wohl Luſt haͤtte, eine Tour in die⸗ ſes Land zu machen, und daß ich wuͤnſchte, hier gewiſſe Nachricht zu bekommen, ob bei dieſen Kriegszeiten allda wohl Gefahr fuͤr Reiſende waͤre, oder ob man deswegen ungehindert paſſiren koͤnne. Welches letztere er mir denn ſogleich mit ja beantwortete, und alle mir in Hannover von Seelenver⸗ kaͤufern, u. ſ. w. vorgeſchnackte Ge⸗ faͤhrlichkeiten verlachte. Bei fo bes wandten Sachen reſolvirte ich mich fo: gleich, des Morgens fruͤh meine Reiſe dahin anzutreten. Ich bat meinen Freund zugleich noch um einige Nach- richten, die beſte Tour, das dortige Geld, Quartiere, u. ſ. w. betreffend, welche er mir denn auch mit dem groͤß⸗ ten Vergnuͤgen ertheilte, wofuͤr ich demſelben noch heute verbunden bin. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. Schreibe ich einſt Fundamenta Botanica, fo theile ich fie nicht in 11 Monate und 365 Tage, fondern wie es mich gut duͤnkt, und mir am natuͤrlichſten und ungezwungenſten vorkomt. Kurz ich denke auch hier wie oben bei der Meßkapelle: Nos Naturam ſequamur &c. und wie Baco: Non fingendum aut excogitandum, ſed inyeniendum quid Na- tura faciat aut ferat. — EEE Acc I Hamnoberſchcs Mann. 210 14 Stuͤck. Montag, den 17e Februar 1783. Meine Reise nach der Grafſcheft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. (Fortſetzung.) September 16. orgens fruͤh ſchrieb ich noch einen Brief nach Hannover, und berichtete denjenigen, welche am mehrſten um meine Zuruͤck— kunft beſorgt waren, daß geſtern in Bentheim die Hollaͤndiſchen Reiſege⸗ fahren zu Wind geworden ſeyn, und daß ich dieſen Morgen meine Reiſe dahin antreten, in einigen Wochen aber wieder in Hannover ſeyn wuͤrde. Ich erinnerte ſie zugleich an mein Rei⸗ ſeſymbolum: Si Deus nobiscum, quis contta nos? und an Gellerts Befuͤrchte nichts für deſſen Leben, Der kuͤhne Chaten unternimt. Wen die Natur zu der Gefahr beſtimt, Dem hat ſie auch den Muth zu der Ge⸗ fahr gegeben. Ueber dieſes verſprach ich ihnen, von Holland aus noch einmal zu ſchrei⸗ ben, bat mir indeſſen ihr guͤtiges Au: denken aus, und ſchloß meinen Brief mit der bekanten Stelle des Mylius: Liebt mich, wie die, die ihr umarmend \ kuͤßt! Entfernt werd ich nicht euren Umgang meiden: Was rührt wohl mehr als was im Her⸗ ten iſt? Wenn mich das Gluck wird wieder zu Leuch bringen, Laßt uns vereint der Allmacht Lob be⸗ ſingen. Ich genoß hierauf mein Fruͤhſtuͤck, bezahlte meinem braven Wirth, ſagte ihm Adjeu, trug meinen Brief nach der Poſt, fragte den Poſtmeiſter um den Weg nach Utrecht, — und trat, trotz allen Seelenverkaͤufern und allem Krieg, meine Reiſe dahin an. Der erſte Ort, den ich heute paſ—⸗ ſirte, bieß Gildehaus, und iſt ein noch zur Grafſchaft Bentheim gehoͤri— ges Kirchdorf, das wegen ſeines ſchoͤ⸗ nen Steinbruches bekant iſt. Hier wuchs viel Ilex Aquifolium. Von hier kam ich auf Poppen, das bereits zur Provinz Gveryſſel gehoͤrt, und war alſo nun ſchon auf bolläudiſchem Grund. Zwiſchen Poppen und Hengelo war Erica vulgaris, Tetralix, Schoe- O nus 211 nus albus, fuſcus, Illecebrum verti- cillatum, Corrigiola littoralis, Aira præcox, Linum Radiola, Littorella lacuſtris, Lycopodium inundatum, Geniſta anglica, piloſa, Rubus fruti- coſus, Aliſma natans, Ornithopus per- puſillus, Holcus lanatus, juncus Te- nageia, Salix aurita, Pinguicula vul- garis, Gentiana Pnevmonanthe und filiformis. Bei Hengelo jand fih: Riccia II) Syn. Meine Reis nach der Grafschaft Bentheim, und von 212 eryftallina, Salix triandra, Win Se- linum paluftre, Rumex Nemolapa- thum 11), Pinguicula vulgaris, Are- naria trinervia, Parnaſſia paluftris, Po- lygonum dumetorum, und Ophrys fpiralis, die denn eben bluͤhete und mich mit ihrem angenehmen Geruch erfreuete. Bei Delden, einer kleinen Stadt, wuchs: Juncus Tenageia, Iſnardia pa- luſtris, Aliſma natans. Zwiſchen Lapathum acutum, minimum. Lob. icon. p. 284. Bauh, hiſt. v. 2. p. 987. Hall. enum. p. 171. Cleyne Patich med ſpitſche bladeren. Lob. beſchr. v. I. p. 349. Klein Grindwurtz. Tab. Kræut. ed. 1687. p. 824. Lapathum mininum. Tab. icon. p. 437. Bauh. pin. II. Moriſ. bitt. v. 2. p. 579. Rupp. jen. ed. I. p. 52. Dill. app. p. 23. Mapp. alfat. p. 163. Fig. Rumex floribus hermaphroditis, ad alas foliorum conglomeratis; foliis lanceolatis, integerrimis. Boehm. lipſ. n. 576. | Lapathum foliis acutis, verticillatum. Hall. goett. p. 17. Zinn. goett. p. 40. Lapathum petiolis lateſcentibus; foliis longe lanceolatis; floribus verticil- latis, verrucofis. Hall. hift. n. 1590. Rumex conglomeratus. Murray. prodr. p. 2. Leerf. for. n. 5 Reich. for. n. 977. Rumex glomerarus. Schreb. ſpicil. conſp. Lapathum. Hydrolaparhum. Scop. carn. ed. 2. n. 442. Rurnex paluftris. Weigel. ſuppl. n. 866. Rumex crifpus £. Pollich. hiſt. n. 356. Rumex paludoſus. Hudſ. angl. ed. 2. p. I$4.? Rumex dubius.. Retz. prodr. p. 64. Rumex Hydrolapathum: Kerft. Wigg. prim. p. 29. Rumex Nemolapathum, Linn. ſuppl. p. 212. Rumex acutus E. Gort. ſept. n. 323. Bauh. hift. I. c. Hall. enum. I. c. Hall. hiſt. I. c. f Leerf. for. 1. c. Pollich. hiſt. J. c. Lob. icon. v. I. p. 284. Lob. befchr. v. I. p. 349. Tab. icon. p. 437. Tab. kræut. ed, 1687. p. 824. Bauh, hiſt. v. 2 P. 98. f. 2. 213; da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 214 Z3bwiſchen Delden und Goor ſchwam in den Waſſergraͤben Scirpus fluſtans. 1 In Goor, welches ebenfalls eine kleine Stadt iſt, war ich uͤber Nacht. N September 17. Hätte mir die vergangene Nacht ge: traͤumet, daß Fuͤtphen der Wohnort zweier großer Naturforſcher, nemlich des Herrn Archiater de Gorter 12). und des Herrn Prediger Martinets ſey 13), ſo wuͤrde ich nun, ohne mich lange zu beſinnen, meinen Weg dahin genommen, und dieſen gelehrten Maͤn— nern meine Aufwartung gemacht haben, vornemlich, da es mir beinahe nichts um geweſen waͤre. Allein, ſolches war mir dieſen Morgen noch unbekant, und zu meinem Verdruß hoͤrte ich es erſt in Leiden und Harderwyk. Ich nahm alſo von hier aus den gewoͤhnli— chen Weg uͤber Deventer. 12) Bota⸗ Swifehen bier und Deventer wuchs niften, die nach mir dieſe Reife ma: chen, werden demnach auf z uͤtphen gehen, und Deventer zur Rechten liegen laſſen, wenn ſie nicht etwan beide Orte zugleich beſehen wollen, da fie denn zuerſt nach Deventer, und von da nach Zuͤtphen gehen koͤnnen. Zwiſchen Goor und Narkelo fand ich viel Spartium ſcoparium. Von Markelo kam ich an einen kleinen Fluß, der die Schipbeek heißt, dem ich eine geraume Zeit folgte, bis mich endlich eine daruͤber gelegte Bruͤcke wieder in den Fahrweg brach: te. In dieſem Fluſſe war Potamoge- ton cumpreſſum, und an deſſen Ufer Prunus Padus. Bei Elmerink, einem ſchoͤnen Landgute, ſtand Polytrichum urnige- rum und Serapias latifolia. 2 viel Dieſer David de Gorter iſt ein Sohn des berühmten Ishannis de Gorter, und war ehedem Profeſſor der Medicin und Botanik zu Harderwyk, von da er im Jahre 1754 als Kaiſerlicher Leibarzt nach Rußland ging, ſeit 1764 aber nun wirder in feinem Vaterlande wohnt. Wir haben ihm verſchiedene ſchoͤne Schriften zu verdanken, davon ich die mir bekant gewordeuen hier anzeigen will. Flora Gelro- Zutphanica. Elementa botanica Linnæi accomodata Harderov. 1745. 8vo. : Harderov. 1749. $vo. Appendix ad Floram Gelro-Zutphanicam. Harderov. 1757. gvo. Flora Ingrica‘ Petropol. 1761. Flora Pelgica, cum duobus Supplementis. 8vo. Ultraj. 1767. 68. 71. gro. Flora Septem Provinciarum Belgii foederati indigena. Harlem. 1781. $vo, 13) Von dieſem geſchicklen Theologen haben wir ein Paar artige Werke zur Natur; geſchichte erhalten, welche von ſeiner Einſicht und Fleiß zeugen, und ihm Ehre machen, nemlich: Catechiſmus der Natuur. Kleine Catechiſmus der Natuur voor Kindere. Amfterd. 1778-82. 8vo. 4 Deelen. Amſt. 1779. gvo. Davon das erſte bereits ins Deutſche uͤberſetzt it, und vielen Beifal gefun⸗ den hat. | 215 Meine Reise nach der Graſſchaft Bentheim, BR 2 6 viel EuphorbiaCaiogalaNoftr. 14), und Eryngium campeſtre, und dichte vor dem letztern Ort Chenopodium glaucum. Nun kam ich nach Deventer, wel⸗ ches eine artige Stadt iſt, die an der Vſſel liegt, worüber dichte vor dem Thor eine Bruͤcke gebauet iſt. An den hieſigen Stadtmauern war viel Antirrhinum Cymbalaria, Parieta- 1 ria officinalis, und braten Eruca- = ſtrum * er) Ich paßitte aber die Yet Brücke, und fand in einiger Entfernung von der Stadt am Wege wieder viel Eryn⸗ gium campeſtre, und weiter hin die gewäßntichen Heidepflanzen. Wer In Appeldoorn nahm ich Nacht: quartier. 3 Sep⸗ 14) Dif. Euphorbia radice perenni; ; caule herbaceo; foliis alternis, lineari -Ian- ceolatis, acutis, mucronatis 5 trinerviis; umbella multifida; involucri foliolis lato- lanceolatis; umbellulis. dichotomis; in- volucellis diphyllis: gris; fructu glabro. Defer. Radix perennis. foliolis lato - cordiformibus; petalis inte- Caules herbacei, erelti, cubitales. Rami florigeri, dichotomi. Folia alterna, ſubimbricata, lineari-lancolata, acuta, mucronata, ſeſſ l, t integerrima, trinervia, glabra, glauco- viridis. Umbella univerſalis multifida. Involucrum univerfale polyphyllum, reflexum. f Foliola lato - lanceolata, mucronatula. \ Umbellæ partiales dichotome. Involucra partialia diphylla. Eoliola lato -cordiformia,- mucronatula. Petala integra, fulva. Fru&tus glaber: ftylis eminentibus. Syn. Wolffsmilch mit ſchmalen mandelblettern, Tab. kræut, ed. 1687. p:988. Tithymalus amygdaloides anguſtifolius. Tab. icon. p. 591. Tithymalus marino ſimilis. Bauh. phyt. p. 574. Tithymalus linariæ folio. Bauh. baf. p 84. Tithymalo maritimo affinis, linariæ folio. Bauh. pin. p. 291. Tithymalus foliis glaucis, linearibus, fpinula terminatis; radiis umbellæ plurimis, reflexis; petalis obtuſis. Hall. enum. p. 192. Tithymalus foliis linearıbus, fpinula terminatis; radiis. umbellæ plurimis, reflexis. Hall. geett. p. 35. Paralio Tithymalo cognata. Gefn. op. v. I. p. 122. Tithymalus foliis linearibus, ariflatis; imbricatis; ſtipulis umbellaribus ovato - lanceolatis, floralibus cordatis. Hall. hit. n. IO 05. Euphorbia Paralias. Scop carn. ed. 2. n. 581. ? Euphorbia Eſula. Pollich. hiſt. n 5 15 2 D. A. Hall. enum. I. c. Hall. gœtt. I. c. Hall. hiſt. 1. c. i Fig. Tab. icon. p. $9I. Tab. kræut. ed. 1687. p. 988. 9 op. V. I. t. lign. 17. f. 152. 2% da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. tb» September 18. Etwas zur Rechten nahe bei A Netz en liegt das Luſtſchloß L o, welches dem Prinz Stadthalter gehoͤrt, und wo er ſich in Friedenszeiten des Sommers gewoͤhnlich aufzuhalten pflegt, nun aber fon ein Paar Jahre nicht hier geweſen iſt. Da es mir nicht weit aus dem Wege war, ſo ging ich dahin, um ſolches zu beſehen. Es befinden ſich hier ſchoͤne Gaͤrten, und angenehme Luſtwaͤlder, nebſt vielen Lin: den- und Eichenalleen, die alle recht, fo wie ſie ſeyn ſollen, nemlich ohne die geringſte Verkuͤnſtlung und Zwang, natuͤrlich und ſich frei gelaſſen ſind. An den Baͤumen dieſer Alleen wuchs Lichen cinereo- fuſcus Web. orbicu- laris Neck. und hiſpidus Schreb., die hier n nicht ſo wie an an⸗ dern Orten als ſchaͤdliche Schmarotzer— pflanzen, ſondern als Schoͤnheiten und Gutthaten der Natur angeſehen wer— den, wenigſtens ſahe ich Niemand der mit Herabkratzung derſelben ſich die Zeit verderbte. Neben den Alleen waren große Heiden, worauf beinahe nichts als Erica vulgaris wuchs. In den Buͤſchen war hin uud wieder Vac- cinium Myrtillus und Vitis idea. Nach dem ich bier dasjenige geſe⸗ hen hatte, welches fir mich am merf; wuͤrdigſten war, ſo ſchlug ich mich wie⸗ der links. Eine lange Allee von Ei: chen führte mich in ein ſchoͤnes Gehoͤl⸗ i das ein Luft: und Nutzwald zugleich 218 war, und alſo das Angenehme und » Müßliche vereinigte. In dieſem fan: den ſich ſchoͤne Cryptogamiſten, davon ich hier einige bemerken will. Viel— leicht wird dadurch ein etwa hier vor— beireiſender Pflanzenfreund angereitzt, ſich in dieſer ſchoͤnen Gegend einſt et— was laͤnger aufzuhalten, und ſolche beſſer zu unterſuchen. Die von mir angezeichneten ſind: Jungermannia complanata, dilatata, tamariſcifolie, Hypnum delicatulum, proliferum, pu- rum, Bryum glaucum, Mnium Poly- trichoides: rotundifrudum und lon- gifructum, Lichen tartareus, olivaceus, caperatus, Lycoperdon truncatum, Hypnum triquetrum, loreum, vivipa- rum Neck. curtipendulum, Lichen car- pineus, fagineus, Agaricus quercinus. Wenn man dieſen ſchoͤnen Wald durchgegangen hat, ſo komt man in den Flugſand, und ſo dann wieder in die Heide, die aber beide nichts ſelte⸗ nes fuͤr mich hatten, ſo daß ich bier | nichts antraf, als was ich nun zwei Jahre faſt täglich in den Fuͤrſtenthuͤ⸗ mern Luͤneburg und Verden, und in den Herzogthuͤmern Bremen und Lauenburg geſeben habe. | Nach Vorthuiſen zu fand ich mei: nen Lichenem Papillariam, eine Pflan⸗ ze, die ich bei unſern heutigen Bota⸗ niſten ganz vermiſſe, ungeachtet ſolche in Schweden und Deutſchland allge⸗ mein iſt 15). Zwiſchen Vorthuiſen und Ufelot O 3 wuchs 5 15) Diff. Lichen frutienlofus, fiſtuloſus, aphyllus; albidus; ramis pauciſſimis, obtu- fis, breviſſimis; tuberculis terminalibus, carneis. Sn. 219 Meine Keife nach der Grafſchaft Bentheim, und von 220 wuchs Serapias longifolia, Inula dy- ſenterica, und beſonders ſehr viel Al- plenium Spicant. Von Ufelot kam ich nach Amers⸗ foort, einer Stadt die im Stiſte Utrecht liegt. Hier wird viel Ta⸗ back (Nicotiana Tabacum) gebauet, der von einer ungemeinen Groͤße war, ſo daß ich mich nicht erinnere ſolchen irgendwo ſo ſchoͤn geſehen zu haben. Die Leute waren eben mit dem Abblat—⸗ ten, Einführen und Aufhaͤngen deſſel— ben beſchaͤftiget, und es war eine Luſt dieſem fleißigen und ordentlichen Bol: ke zuzuſehen. Das ganze Haus greift an, und ſchaͤmt ſich leer zu ſtehen, Kein Sklavenhandwerk it fo ſchwer, als muͤßiggehen. Die Aecker waren der Laͤnge nach in lauter ſchmale Beete abgetheilet, wel⸗ che wohl einen Fuß und mehr boch ſeyn mogten. Der Taback war in zwei Reihen darauf gepflanzt. Die Blätter wurden in dem Trockhauſe aufrecht hingeſetzt, und ſodann des folgenden Tages aufgehaͤngt. Wenn ſolche den gehörigen Grad der Trok— kenheit haben, werden ſie, nebſt den kleinen Stoͤcken woran ſie haͤngen, auf Haufen gelegt, und noch eine gewiſſe Zeit in dieſem Zuftande gelaſſen, for dann aber von den Stoͤcken herunter genommen, eingepackt und nach Sranf: reich geſandt, wo fie zu Schnupftaback verarbeitet werden. Jenſeit der Stadt war eine ſiemli⸗ che Anhoͤhe, auf welcher eine brͤlhtige Ausſicht war. Am Wege nach 1 wich Spartium ſeoparium, und Geniſta bi- loſa, und an den Bäumen war wieder Lichen orbicularis Neck. "hifpidäs Schreb. und Acetabulum Neck. ” Zur Linken war noch eine großes Heiz de, fo wie ich denn nun einige 90 nicht viel anderes als ſolche X Wuͤſte⸗ neien paßirt bin. Mir komts beſon⸗ ders vor, daß in einem Lande, wo das Holz ſo rar und theuer iſt, man ſich nicht mehr auf die Anzucht eines fo nothwendigen und unentbehrlichen Ar⸗ tikels leget, und dieſe unfruch: baren Heiden nicht in nuͤtzliche Waͤlder zu ver⸗ wandeln ſuchet. Man bedenke einmal, wenn die Haͤlfte, oder auch nur der vierte Theil dieſer Heidegegenden mit Eichen oder Fuhren, und wo es naß iſt, mit Weiden und Ellern bepflanzet wuͤrde, die alle hier recht gut fortkom⸗ men konten, man denke, ſage ich, welch ein Profit wuͤrde dieſes für Hol⸗ land ſeyn. Viele werden mir zwar vorwerfen, daß dieſe Plaͤtze faſt aus bloßem Sande befteben, und ſolche Anpflanzungen nicht einmal die Un⸗ koſten erfeßen, und noch viel weniger einen Profit geben wuͤrden. Ich ver⸗ ſichere aber das Gegentheil, und ſage, fo gut es in dem Fuͤrſtenthum Kuͤne⸗ burg, wo eben daſſelbe Erdreich wie hier Syn. Coralloides minimum, fragile, madreporæ inſtar. naſceng, Dill. biſt. b. 345 D. A. Dill hiſt. I. c. Fig. Dill. hiſt. t. 16. f. 28. 221 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herreuhauſen. 222 hier iſt, angehet, ſo gut würde es auch in Holland angehen, Wenn nur einmal ie Nei ie uns lehrt au alle ee diezgaofahn el i Nicht bloß auf unfre Zeit und auf uns ſelber ſchaun, Mit eigenem Verluſt der Nachwelt Gluͤck erwerben, Und für das Vaterland aus eigner Will: kuͤhr ſterben. Wenn dieſe Neigung nur einmal wie; der etwas allgemeiner unter uns wuͤr⸗ de, und nicht jeder, wie leider! heut zu Tage meiſtens geſchiehet, bloß fuͤr ſich ſelbſt ſorgte! — J Die Nacht uͤber fiel mich; ich mußte alſo in einem Dorfe, ſo dichte vor Utrecht liegt, und der Belt heißt, uͤbernachten. | September 19. | Des Morgens fruͤh kam ich in Utrecht an. Ich nahm mein Logis in den drei durſtigen Herzen, wo ich gut bewirthet wurde, und es deswe⸗ gen hier anführe, damit, wenn ein an: derer Botanophilus einmal dieſen Weg paßiret, er nicht noͤthig habe, ſich lange nach einem guten Quartier zu erkundigen. Alles uͤbrige, was ich in Utrecht geſehen, und nicht zur Bo: tanik gehört, will ich, um Weitläuf: tigkeit zu vermeiden, uͤbergehen. Wer hievon Nachricht verlangt, wird ſol⸗ che, und zwar beſſer als ich ſie geben koͤnte, bei Buͤſching und den Reiſebe⸗ ſchreibern finden. Meine erſte Beſchaͤftigung allhier war eine Herbation auf dem Walle, denn zum Leute beſuchen war es noch ein wenig zu fruͤh. An der aͤußern Seite deſſelben, welches eine hohe Mauer iſt, deren Fuß gemeiniglich im Waſſer ſtehet, waren eben die Pflan— zen, die ich in Deventer an der Stadt: mauer gefunden babe, nur mit dem Unterſchied, daß ſolche hier häufiger und groͤßer waren. tach Endigung meines Morgens ſpatziergangs, ging ich nach den Uni— verſitaͤtsgebaͤuden, und beſahe die Ans ſchlaͤge der hieſigen Herrn Profeſſoren. Beim Weggehen haͤtte mich der heu— tige ſtarke und allgemeine Sturm ein Paar mal bald auf die Straße hinge— ſchmiſſen. Einen ſolchen gewaltigen und fuͤrchterlichen Sturm, wie dieſer war, habe ich noch nicht erlebt. Die vielen herunterfallenden Ziegel und Schornſteine, nebſt denen auf oͤf— fentlichen Plaͤtzen vom Wind umge— ſchmiſſenen Linden und Ulmen, nörbig: ten mich die Straßen zu verlaſſen. Ich begab mich alſo nach dem botani⸗ ſchen Garten (Kruidtuin), welcher hinter dem anatomiſchen Theater, oder der hier ſogenannten Schneidekammer, liegt. Er iſt eben nicht ſehr groß, aber regulair, und enthaͤlt eine Menge der ſchoͤnſten und rareſten Pflanzen, die man an vielen andern Orten vergeb— lich pam kan. So war z. B. hier ein Campherbaum, (Laurus Campho- ra), der weit uͤber Armsdick war, und außer dem Muͤnchhauſiſchen in Schwoͤbber der groͤßte iſt, den ich noch geſehen habe. Ferner eine Ginkgo bi- loba, die im Freien ſtand, und wohl einige Klafter hoch war. Ein N us lus Phenopyrum, ein Aralta ſpinoſa, und viele andre dergleichen Baͤume, von nicht gemeiner Groͤße. Pyrus Botryapium und Arbutifolia fanden ſich auch bier, und zwar mit ihren rech⸗ ten Namen, welches fuͤr mich etwas neues war, denn ſeit dem ich von dem Upſaliſchen Garten abgereiſt bin, habe ich dieſe noch nicht anders als falſch getauft angetroffen. Aber genug von einzelnen Pflanzen, denn wolte ich alles Schoͤne und Seltene dieſes Gartens anzeigen, ſo wuͤrde dieſes allein ein Buch werden. Wer mehreres von Die: fen fuͤrtreflichen Garten zu wiſſen ver⸗ langt, den verweiſe ich auf des ehema⸗ ligen hieſigen Profeſſors E. J. von Wachendorf Horti Ultrajectini in- dicem. Ultraj. 1747. 8., worin zwar nicht alles zu finden, was dermalen in dieſem Garten ſtehet, denn ſeit der Aus: gabe jenes Verzeichniſſes ſind viele Pflanzen binzu gekommen. Der Gar⸗ ten ift noch nach dieſem Wachendorfi⸗ ſchen Syſtem bepflanzt, ſoll aber mit eheſtem nach Linnees rangirt werden. Die Bäume find bereits aus der Ord- nach der Grofſchaft Bentheim ꝛc. 224 nung heraus genommen, und ſtehen nun zur Rechten alleine, wo fie für ſich ein eigenes Regiment ausmachen. Der dermalige Profeſſor der Botanik all⸗ hier heißt Nahuys, und iſt einer von unſern erſten und beſten Botaniſten. Ich hoffe, daß wir einſt ſchoͤne Sachen von ihm zu ſehen bekommen werden, wenigſtens münfche ich es ſehr, denn von einem ſolchen Manne kan man nichts ſchlechtes erwarten. Der Hor⸗ tulanus iſt ein hoͤflicher, geſchickter, fleiſ⸗ ſiger und dabei lehrbegieriger Mann, und bat alſo alle Eigenſchaften die man von einem botaniſchen Gaͤrtner fordern kan. 5 W Nach genoſſenem Mittagsbrodt machte ich eine kleine Tour nach den vor der Stadt gelegenen ſchoͤnen Al⸗ leen, die Maliebaan genant, welche fuͤrtrefliche Spatziergaͤnge es denn auch mit Recht verdienen, daß ein jeder bier durchreiſender Fremder ſolche beſuchet, wenigſtens gereuet mich die Stunde nicht, die ich zu deren Beſe⸗ hung angewandt habe. * — Die Fortſetzung folgt kuͤnſtig. . — Errata. In zien Stuͤck des Magazins Seite 43. Zeile 22. ſtatt fruchtloſe lies anfeuchtende. lies ſeye. S. 45. unten, Anmerkung b. ſtatt $. 32. lies 132. 3. att ſchlecht, lies rigide, und auf eben dieſer Seite Zeile 14, ſtatt S. 47. ſeyn, 4 3 dans 12773 a V Sonde m Maggi. 15tes Stuͤck. Freitag, den 21ten Februar 1783. Meme Keife nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. (Fortſetzung.) on 1505 Alleen bei Utrecht ging ich nach Herrn Brakel, ei: nem Handelsgaͤrtner auf der Tulpenburg, die gleich vor der Ker: mis⸗Waterpoortje liegt. Ich wurde von ihm ſehr hoͤflich empfangen, und er gab ſich alle moͤgliche Muͤhe mir ſeine Pflanzen zu zeigen. Ueber dieſes bekam ich viel Schoͤnes von ihm zum Einlegen, ſo daß mein Herbarium der Guͤtigkeit dieſes Mannes einen artigen Zuwachs zu verdanken hat. Herr Brakel iſt unermuͤdet, ſeinem Garten die fehlenden Pflanzen zu verſchaffen, und dieſer prangt deswegen auch mit den ſeltenſten Sachen. Als ich da war, ſo bluͤhete bei ihm eben eine Agave americana. Sie war gegen 22 Fuß boch, und hatte viele tauſend Blumen. In dem Gewaͤchshauſe ſtand ein be⸗ ſonderer Baum, den ich vorher noch nicht geſehen babe. Er hieß ſolchen Rhus liniæfolium, und ſagte, daß er err Profeſſor aus Saamen, welchen Tyunberg vomorgebii ege der guten A Freien (ſub dio) ſtand mein Rhus Hofnung geſandt habe, gezogen ſey. Dem aͤußerlichen Anſehen nach gehoͤrt er zu einer ganz andern Gattung. Ne⸗ ben dieſem ſogenannten Rhus, waren noch ein Paar andere unbekante Baͤum⸗ chen, die Herr Brakel aus japani: ſchem Saamen gezogen hat, und eben⸗ falls noch unbekant find. Vermuth⸗ lich werden wir von dieſen, und andern dergleichen Pflanzen, bald in Freund Thunbergs Flora japonica und ca- penſi Erläuterung und Aufklaͤrung be⸗ kommen. — In Toͤpfen hatte Herr Brakel eine Menge der ſchoͤnſten Pflanzen, und fuͤrnemlich viele Aloæ, Amaryllides, Cacaliæ, Cacti, Ciſti, Co- tyledones, Craſſulæ, Euphorbiæ, Fici, Gerania, Hermanniæ, Hibiſci, Lauri, Mefembryanthema, Mimoſæ, Pafhflo- ræ, Rhamni, Rhoa, Royene, Salviæ, Smilaces, Solana, Teucria, Vuccæ, u. d. gl., ſo daß man ſo leicht bei keinem Handelsgärtner eine ſo große Anzahl von ſolchen Gewaͤchſen finden wird. Ca- 223 Cacodendron . welche wie eine Iuglans nigra aus, und hatte auch einen ſolchen Stamm. Ich habe es vorher noch nicht ſo groß geſe⸗ hen 16). Nicht weit von dieſem war eine beſondere Art von Pruno, die Herr Brakel brunum americanam nante, und aus amerikaniſchen Saa⸗ men gezogen ſeyn ſoll. Herr Brakel fagte mir, daß ſolche flores racemoſos habe, und iſt dieſes, ſo moͤgte ſie wohl eine neue Species ſeyn. Eine Birke mit ſehr großen Blättern, welche gleich: falls aus amerikaniſchen Saamen auf⸗ gegangen iſt, ſahe mir auch ganz be⸗ ſonders aus. Pyrus ſempervirens (Ma- lus ſempervirens virginiana Brack.) und Pyrus alaternifolia (Pyrus ameri- cana, Alaterni folio, exeleganter va- riegato, argenteo Brack.) waren eben: falls hier, und ſcheinen Gründe zu ha: ben, die Arten von Linnees Pyro zu ver⸗ mehren, oder doch wenigſtens bei den ſchon angenemmenen als Subſpecies angefuͤhrt zu werden. Doch ich werde zu weitlaͤuftig. Wer den ganzen Vorrath von Brakels Pflanzen kennen will, den erſuche ich deſſen Verzeichniſſe zu leſen. Die Nacht trieb mich nach meinem Quartier, wo ich denn vor dem Eſſen noch meine Pflanzen einlegte, und mich fiber die heute gemachten Beuten freuete. September 20. Des Morgens früh um ſieben Uhr Meine Reiſe nach der Hrafſhaſt Bentheim, und von N Br die T boch, und beinahe einen alben Fuß n dick war. In der Entfernung ſahe es Fahrt eben nichts b g Lei iden. 20 f als daß ich darauf einige ſchöne Oertel zu ſehen bekam, davon ich bloß das Staͤdtchen Woerden, und die Doͤr⸗ fer Boodegraven, Iwammerdam und Alphen nennen will. Da der Ruf dieſer Schuyt vermiethet war, ſo mußte ich mit meinen Reifegefährten, davon die eine Hälfte aus Kaufleuten, Paſtoren, Wirthen, Soldaten, Bau: ern, u. ſ. w., die andere aber aus Mes⸗ dames, Frauen, Mesdemoiſelles, Jung⸗ fern, Maͤdchen, und dergleichen be⸗ ſtand, mit dem Raum vorlieb nehmen. Unſere ganze Geſellſchaft waren, zwei Franzoſen und mich ausgenommen, lauter Holländer, davon denn die Mannsperſonen, wie leicht zu erachten, ſich mit Tabacksrauchen und Orlogs⸗ ſachen beſchaͤftigten, die Frauenzimmer aber mit ihren Feuerkiken die Fuͤſſe waͤrmten, und mit den gewöhnlichen. Schnatterdiſcurſen fi ſich die Zeit vertrie⸗ ben. Die Franzoſen ließen ſich unter⸗ deſſen ein Glaͤschen Wein ſchmecken, und ich vergnuͤgte mich während unſe⸗ rer Reife mit Leſen. Nachmittags um vier Uhr kamen wir in Leiden an. Ich freuete mich, daß ich endlich von der mich den gan⸗ zen Tag verirten holländifchen Tabacks⸗ rauch⸗ und Lebte erloͤſet wurde, und der ſeit heute Mor⸗ gen gedauerte Orlogs⸗ und Schnatter⸗ diſeurs 16) Dif. Rhus aka pinnatis, multijugis, glabris: foliolis ovato - lanceolatis „ acu- minatis, breviſſime petitiolatis, baſi dentatis, ceterum integerrimis. en 229 da nach Holland, nebſt der Retout nach Herrenhauſen. 230 diſturs nun ſein Ende erreicht hatte. Die ganze Reiſe, welche neun hollaͤn⸗ diſche Stunden gerechnet wird, koſtete etwas uͤber einen hollaͤndiſchen Gulden, welches, in Betrachtung der commo⸗ den Fahrt, eine Kleinigkeit iſt. Ich werde aber dem ungeachtet mich nicht wieder auf dieſe Treckſchuyten ſetzen, es muͤßte denn des Nachts geſchehen, oder ſchlechtes Wetter ſeyn, oder ich muͤßte etwa einmal in Zukunft den Ge⸗ ſchmack fuͤr Pflanzen und Gaͤrten ver— lieren, wofuͤr ich aber noch nicht Urſa⸗ che habe bange zu ſeyn. So bald ich in meinem Logis, das gleich bei der Utrechter Schuyt war, mich ein wenig erquickt hatte, ging ich nach dem Marendyk, und beſahe allda den Garten der Witwe Valken⸗ burg und Sohn, der ehedem dem Herrn van Hazen, Valkenburg und Compagnie gehoͤrte, und nicht nur in Holland, ſondern auch außer: halb, als einer der beſten bekant iſt. Herr van Hazen, ein zwar ſchon et was alter, aber dennoch robuſter, bra: ver und geſchickter Mann, der unge achtet feiner Jahre noch täglich zwei mal nach dieſem Garten komt und ſich an deſſen Schoͤnheiten vergnuͤget, war eben zugegen, und bewillkommte mich auf das freundlichſte. — Ich fragte zu⸗ erſt nach amerikaniſchen Baͤumen und Straͤuchern. Herr Valkenburg, der nun dieſe Sachen beſorgt, und ein Mann von dem beſten Herzen iſt, hatte deswegen die Guͤtigkeit mich nach ei⸗ nem andern Garten zu fuͤhren, der eben: falls ihm und ſeiner Mutter gehoͤrt, und bloß mit auslaͤndiſchen Baͤumen und Stauden, die im Freien wachſen koͤn— nen, bepflanzt iſt. Man kan leicht ge⸗ denken, daß ich hier eine große Anzahl von Pflanzen werde angetroffen haben, denn ein Garten, der ſchon vor vielen Jahren fo berühmt geweſen, und feit: dem alljährlich noch neue Vermehrun⸗ gen erhielt, wie kan dieſer wohl anders als pflanzenreich ſeyn? Ich hoffe nicht, daß Jemand hier ein Verzeichniß von allem dem was ich in dieſem Garten ge: feben habe, von mir erwarten werde, zumal da die Beſitzer mit eheſtem ihre Reichthuͤmer und Seltenheiten wieder in einem neuen Catalogo anzeigen wer; den. Ich will alſo bloß einige Pflan⸗ zen, die ich vorher noch nicht geſehen habe, bemerken, wozu denn folgende gebören: Betula Alnus laciniata, ei- ner der ſchoͤnſten Baͤume die ich noch geſehen habe, Evonymus longifolius, Fothergilla alnifolia, Ulmus pumila, ein allerliebſter Strauch, Zanthoxy- lum trifoliatum, Corylus Colurna, Lau- rus Saflafras, verſchiedene Andromedæ, Eric, Roſæ, Salices, u. a. m. Herr Valkenburg hatte die Guͤtigkeit, von allem, was ich nicht ſchon in meinem Herbario hatte, mir etwas abzuſchnei⸗ den, wodurch denn meine Sammlung beute wieder einen ziemlichen Zuwachs erhielt, wofuͤr ich dieſem gefaͤlligen Manne unendlich verbunden bin. September 21. Des Morgens ging ich nach dem biefigen botaniſchen Garten. Da der Gaͤrtner nicht zu Hauſe war, ſo wurde ich von ſeiner Frau herumgefuͤhrt, wel⸗ P 2 che 231 Weine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, und ven 23a che durch das oͤſtere Vorzeigen ihres Mannes eine ziemliche Anzahl von Pflanzen kennen gelernt, ſo daß ſie im Nothfall wohl einen Apotheker, oder einen Candidaten der Mediein exami⸗ niren koͤnte. 1209 Von bier begab ich mich wieder nach Herrn Valkenburg, und bat ihn, mir heute den Garten beim Haufe zu zeigen, welcher meiſtens Pflanzen der waͤrmern Gegenden enthaͤlt. Ich traf den Herrn van Hazen auch ſchon wie⸗ der hier an, und beide dieſe Herren hatten die Guͤtigkeit mit mir herumzu— gehen, und mich ihren Pflanzenvorrath ſehen zu laſſen. Ich fand hier aber⸗ mals eine unglaubliche Anzahl von Gewaͤchſen, und darunter eine Menge der rareſten Sachen, von welchen wir vermuthlich ebenfalls bald ein Ber: zeichniß zu ſehen bekommen werden, wenigſtens wuͤnſche ich es ſehr, und viele Liebhaber werden es mit mir wuͤn⸗ ſchen. Ich erhielt hier auch wieder verſchiedene Pflanzen fuͤr meine Kraͤu⸗ ter ſammlung, Dafür ich dieſen Herren, fo wie für ihre freundſchaftliche Auf nahme, hiermit nochmals meinen ſchul⸗ digſten Dank ſage, und ihre mir er⸗ zeigte Gefaͤlligkeiten niemals vergeſſen werde. 5 Nach dem Mittagseſſen ging ich wie⸗ der nach dem botaniſchen Garten, und traf nun Herrn Meerburg, den Gaͤrt⸗ ner, ſelbſt an, der mich denn nicht al⸗ lein ſehr hoͤflich empfing, ſondern uͤber dieſes mir noch alle moͤgliche Gefaͤllig⸗ keiten erzeigte. Er iſt einer unſerer beſten Gaͤrtner, und zugleich ein ſehr guter Botaniſte, welcher nicht allein ſeine unter ſich habende Gartenpflan⸗ zen aufs genaueſte kennt, und ſolche zu exammiren und zu beſchreiben weiß, ſondern uͤberdem noch ſehr große Ver⸗ dienſte bei der hollaͤndiſchen Flora hat. Herr de Gorter hat ihm viele Pflan⸗ zen zu verdanken, und ſeinen Namen deswegen in der Flora ſeptem provin- ciarum zum oͤftern angefuͤhrt. Er giebt auch ein botaniſches Werk heraus, das Abbildungen von raren Pflanzen, be⸗ ſonders des Leidenſchen Gartens, ent⸗ haͤlt. Es find davon bereits fünf De⸗ caden heraus, deren jede 3 hollaͤndiſche Gulden koſtet. Die ſechſte Decade wird vermuthlich den Schluß machen, weil Herr Meerburg befuͤrchtet, daß das Buch den Liebhabern ſonſt zu theuer werden moͤgte. Alle Pflanzen ſind von ihm ſelbſt gezeichnet, in Kupfer geſto⸗ chen, und illuminirt. Auf jeder Platte iſt außer der Pflanze noch ein rarer Schmetterling abgebildet. Der Text enthalt die Namen der vorgeſtellten Pflanzen und Inſekten, ihre ſpeeifiquen Charaktere, Geburtsoͤrter, und zu⸗ weilen noch einige artige Bemerkun⸗ gen. Die ganze Einrichtung des Bu⸗ ches iſt ungefaͤhr ſo wie die von der Flora danica. Der Titel davon iſt: Afbeeldingen van zeldzaame Gewaſſen, door Nicolaas Meerburgh, Hortula- nus van den Kruidtuin van's Lands Univerſiteyt te Leyden. Te Leyden, by Johannes le Mair, 1775. fol. Herr Meerburg iſt uͤber dieſes auch der Verfaſſer zu einer andern Schrift, die zwar nur aus einigen Bogen beſtehet, aber 233 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 234 aber dennoch vielen Beifall finder, und erſt dieſes Jahr unter folgendem Titel heraus kam: Naamlyſt der Boom en Heeftergewaflen, dienſtig tot het aan- leggen van Luſtboſchies of zogenaam- de Hermitagien, door N. Meerburgh &c. Te Leyden, by J. Meerburgh, 1782. 8. Dieſer geſchickte Mann hat auch ein ſchoͤnes Herbarium, eine gute Papilionſamlung, und viele andere Schoͤnheiten der Natur, nebſt einer ganz artigen Bibliothek. Aber genug von dem Gaͤrtner. Nun etwas von dem Garten. — Er iſt groß, dabei aber ziemlich regulair, und mit einer hohen Mauer umgeben. Die Pflanzen ſteben nach van Royens Syſtem, die Baͤume jedoch ausgenom⸗ men, welche ſich am Ende des Gartens allein befinden. Einige von dieſen letz tern ſind ſchon ziemlich bei Jahren, und haben daher eine anfehnliche Groͤſ— ſe, ſo daß man ſolche ſelten groͤßer fin⸗ den wird, wenigſtens habe ich die Diof- pyrum Lotum, Cratægum Crus galli, Ariam: helveticam et ſuecicam, u. m. d. gl. niemals ſo ſchoͤn, und einige ſelbſt in ihrem Vaterlande, nicht ſo gut geſehen. Auch dieſes gilt von de: nen, welche in waͤrmern Laͤndern zu Hauſe gehoͤren, z. B. von Palmen, deren Staͤmme wohl ein Paar Klafter hoch ſind, der Royena lucida, Baccha- ri halimifolia,SideroxyloMelanophleo, Myrica cordifolia, Sophora biffora, und hundert andern Der Garten enthält ei; ne erſtaunliche Anzahl von Pflanzen, ſo daß ihn hierin wenige uͤbertreffen wer: den. Schade! daß wir kein vollſtaͤndiges Verzeichniß davon haben, denn ſowohl in H. Boerhaavii Indice altero planta- rum quæ in Horto academico Lugdu- no- Batavo aluntur. Lugduni Batav. 1720. 4. und 1727. 4. als in A. v. Royen Floræ Leidenſis prodromo, ex- hibente plantas, quæ in Horto acade- mico Lugdunobatavo aluntur. Leidæ 1740. 8. ſucht man eine große Menge vergebens. Doch vielleicht beſchenkt uns Herr Profeſſor van Royen bald mit einer neuen und vermehrten Aus⸗ gabe dieſes Prodromi, der ſich doch ganz vergriffen hat, und in Leiden ſelbſt, ſo rar als Gold iſt, oder ſchreibt wohl die ſchuldig gebliebene Floram Leiden ſem feines Anteceſſors ſelbſt, wenig: ſtens wuͤnſche ich, und viele mit mir, ſolches herzlich. Zum Angedenken die⸗ ſes Gartens, erhielt ich durch die Guͤ⸗ tigkeit des Herrn Meerburgs verſchie⸗ dene ſchoͤne und ſeltene Pflanzen, wo⸗ für ich demſelben nochmals den ver: bindlichſten Dank abſtatte, und mein Herbarium mich und meine Freunde Zeitlebens an dieſen gefaͤlligen, freund⸗ ſchaftlichen und uneigennuͤtzigen Mann erinnern ſoll. x Des Abends machte ich noch dem Herrn Profeſſor Hahn meine Auf: wartung, welcher ein geborner Deut— ſcher iſt, ein Mann, der ſeinem Vater⸗ lande Ehre macht. Er war vorher Profeſſor in Utrecht, nun aber beklei⸗ det er die Stelle eines oͤffentlichen Leh⸗ vers der Mediein und Chemie in Lei⸗ den. Man giebt ihm hier das Lob, daß er gegen Jedermann ſehr hoͤflich und dienftfertig ſey, und beſonders de: P 3 nen 235 Meine Reife nach der Graffhaft Bentheim und von 236 nen ihn beſuchenden Fremden viele Gefaͤlligkeiten erzeige, welches Lob er denn auch mit Recht verdienet. September 22. Da es heute Sonntag war, und ich an dieſen Tagen nicht gern in Staͤdten bin, fo nahm ich mir vor, eine Herba: tion nach den Duͤnen und an die Nord⸗ ſee zu machen, denn ich denke wie Ci⸗ cero: Nec pietas adverſus Deum, nec quanta huic gratia debeatur, fine ex- plicatione Naturæ intelligi poteſt; Ho- mo enim ortus eſt ad contemplandum Deum, et Naturæ contemplatio eſt ad Dei admirationem proxima et apertiſ- ſima via, und ſage wie jener Kirchen⸗ vater: Is Deum honorat, qui ejus opera agnoſcit, et qualia ab ipſo con- dita ſunt, admiratur et celebrat. — Auf dem Wege fiel wenig merkwuͤr⸗ diges vor, bis ich endlich in ein großes ‚Gehölze kam, welches der Haagſe Boſch heißt. Ich ſahe allda den ſoge⸗ nannten OGranienſaal, oder das Haus im Buſch, welches ein ſchoͤnes Luft: ſchloß iſt, das dem Herrn Erbſtatthal⸗ ter gehoͤrt, wobei ſich ein angenehmer Garten und fuͤrtrefliche Spatziergaͤnge befinden. Von hier kam ich nach dem Haag, einem Ort, der wegen ſeiner ſchoͤnen Straßen, herrlichen Pallaͤſte, fuͤrtref⸗ lichen Spatziergaͤnge, u. d. gl. be ruͤhmt iſt, von welchem allem man in den Erd: und Reiſebeſchreibungen aus: führlihe Nachrichten finden wird. Im Vorbeigehen ſahe ich auf dem Para⸗ deplatze den Prinzen Statthalter, nebſt einer Menge ſchweizeriſcher Oficiere, beſonders aber viele Zuͤrcher und Berner. Ich hielt mich im Haag nicht lan⸗ ge auf, ſondern ging ſogleich nach den Duͤnen zu. Gleich außen wor! der Stadt kam ich in eine herrliche Allee, welche mit Backſteinen gepflaſtert iſt, und aus vier Reihen Ulmen beſtehet. In der Mitte iſt ein breiter Weg zum Fahren und Reiten, und auf jeder Sei⸗ ten ein ſchmahler fuͤr die Fußgaͤnger. Sie gehet vom Haag, und zwar in ge⸗ rader Linie, bis ganz nach Schevelius gen hin. Die Baͤume ſind hoch und ungekuͤnſtelt, welches denn in meinen Augen auch ihre groͤßte Zierde iſt. — Als ich ungefaͤhr die Haͤlfte dieſer Allee gegangen war, nahm ich meinen Weg links in die Duͤnen. Ich fand, ungeachtet der ſpaͤten Jahrszeit, hier noch verſchiedene recht artige Pflanzen, worunter ſich denn auch Ph'eum are- narium und Schoenu: nigricans befans den, die ich beide vorher noch nicht an⸗ ders als in Herbarien gefeben habe, und mir alſo deswegen beſonders an⸗ genehm waren. Da ſolche etwas rar ſind, ſo habe ich davon eine ziemliche Anzahl von Exemplarien fuͤr meine Freunde eingelegt, welche ich denn bei ſolchen Gelegenheiten niemals zu ver⸗ geſſen pflege, ungeachtet ich zu meinem Verdruſſe zum oͤftern ſehen muß, daß reiſende Botaniſten, die doch die ſchoͤn⸗ e Gelegenheit von der Welt gehabt flanzen einzulegen, von entfernten Orten wieder kommen, ohne einmal daran gedacht zu haben, etwa ein Exem⸗ plar für einen guten Freund mitzubrin⸗ 7 gen, 237 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 238 gen, ja öfters ſich nicht einmal fo viel Muͤbe gegeben, eines für ſich ſelbſt einzulegen, ſondern ihr Herbarium lie⸗ ber aus den Doubletten ihrer Freunde zuſammen ſchnurren. Merkts Euch, lieben Bruͤder! g a Außer den eben benannten Graͤſern fand ſich in dieſen Sandbergen noch viel Salix fuſca, Hippophaè Rhamnoi- des, Liguſtrum vulgare, Roſa fpinofif- ſima, Arundo arenaria, und hin und wieder auch Gentiana cruciata und Amarella. i 0 Nach der See zu wuchs Eryngium maritimum, Salſola Kali und Bunias Cakile. N Als ich meine Luſt in dieſen Duͤnen gebuͤßt hatte, ging ich an die See, wo ich aber, von dem letzten Sturm, faſt alle Pflanzen mit Sande bedeckt fand. Das einzige was ich noch ſahe, waren ein Paar Fuci, nemlich der Fucus ve- ſiculoſus, nodoſus, filiquoſus, loreus und Filum. In Hofnung noch etwas zu finden, verfolgte ich den Seeſtrand bis ganz nach Schevelingen hin. Ich konte aber nichts beſonders als einige Kreb: ſe, Conchylien und Thierpflanzen be⸗ a en Bei dem Dorfe Schevelingen wuchs Saponaria officinalis, Braflica Erucaſtrum und Scandix Anthriſcus. Als ich bier botaniſirte, liefen mir die Jungen nach, und verwunderten ſich uͤber mich, welches ſonſt in der Nachbarſchaft von einer Univerſitaͤt 17) Dieſem geſchickten Manne haben wir einige ſchoͤne Schriften zu verdanken 1 ren Titel ich hier anzeigen will. etwas ſeltenes iſt. Endlich ging ein alter Mann vorbei, der vermuthlich in ſeinen juͤngern Jahren (vielleicht 1735 bis 1738) hier wohl ſchon ſol-⸗ che eurieuſe Leute mag geſehen haben, welcher den Jungen zurufte, daß ich Kraͤuter ſuche, und ſie mich ſolten ge— ben laſſen. Dieſes gehört zur Hollän: diſchen, und beſonders Leidenſchen Ge— ſchichte der Botanik! — Von Schevelingen ging ich durch die ſchoͤne Allee wieder nach dem Haag, wo mir denn eine große Men⸗ ge Menſchen begegnete, die nach die: ſem Dorfe hin fpaßierten. Viele da: von fuhren auf offenen Waͤgen, wor— auf öfters 10 bis 12 Perfonen ſaßen. Bei dem Thor traf ich viele ledige Kutſchen, Chaiſen, Carriolen, u. d. gl. an, welche hier auf Verdienſt warte⸗ ten, beinahe eben ſo wie in Stockholm des Winters die Schlitten auf den Marktplaͤtzen. Im Haag fragte ich nach dem Hrn. Profeſſor Schwenke, hoͤrte aber in deſſen Hauſe, daß er nach ſeinem Gar⸗ ten gegangen ſey, welches mir nicht un⸗ angenehm war, indem ich dieſen doch ohnehin gerne beſehen wolte. Da die⸗ ſer Garten hoͤchſtens eine Viertelſtun⸗ de von der Stadt entfernt iſt, ſo ver⸗ fuͤgte ich mich ſogleich dahin, und traf zu meinem Vergnuͤgen den Herrn Pro— feſſor auch allda an. Er iſt ſchon et⸗ was alt, dabei aber noch friſch und munter, und gegen Fremde ungemein hoͤflich 17). Sein Garten iſt zwar nicht 239 rarſten Pflanzen, und fuͤrnemlich Baͤu⸗ me und Straͤucher. Die Magnolia glau- ca, acuminata und tripetala ſtanden bier, ſo wie in allen hollaͤndiſchen Gaͤr⸗ ten, im Freien, und waren größer als ich fie noch jemals geſehen habe. Die letzte hievon hatte ſchoͤne Fruͤchte, wel⸗ ches in Europa etwas ſeltenes iſt. Im vorigen Jahr brachte fie ebenfalls reis fen Saamen, und der Gärtner zeigte mir uͤber hundert junge Pflanzen, wel⸗ che er daraus gezogen hatte. Laurus gaſſafras, Ginkgo biloba, u. f. w. fans den fich auch bier, und zwar von einer anſehnlichen Größe. Vifeum album: mas und femina, die man fonft felten in botaniſchen Gärten beiſammen ſiehet, waren auf zwei Weißdornſtaͤmme ge⸗ pflanzt, wozu man den Saamen aus Maſtricht verſchrieben hat. Allhier waren auch ſchoͤne Hecken aus Querco Subere und llice Aquifolio variegato. Im Gewaͤchshauſe ſtand ein ſchoͤner Baum von Myrto Pimenta, der mit ſeinen großen Blaͤttern und herrlichen Geruch mich ganz entzuͤckte. Es iſt eine der ſeltenſten Pflanzen, die ich in langer Zeit geſehen habe. Der Herr Profeſſor lieſt in dieſem Garten den hieſigen Apo⸗ thekern ein Collegium, welches ich wohl ſelbſt einmal hoͤren moͤgte. Gluͤcklich wer an einem ſolchen Orte wohnt, in dem ſo fuͤrtrefliche Einrichtungen ſind! Meine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, ac. u nicht groß, enthalt aber eine Menge der Des Abends ging ich in die Stadt, und ſetzte mich auf die Treckſchuyt, da ich denn gegen 10 Uhr wieder in Lei⸗ den war. 1 Js September 23. Des Morgens um 7 Uhr ſpatzierte ich nach dem botanifchen Garten, und hoͤrte bei dem Herrn Profeſſor van Royen eine Vorleſung. Er erklaͤrte eben die Infloreſcenz der Pflanzen, wel ches mir ſehr angenehm war, indem dieſer Theil der Botanik in unſern Lehr⸗ buͤchern, und ſelbſt vom ſeligen von kin: nee, immer ſehr ſchlecht abgehandelt. wird. Unſer Lehrer machte ſeine Sache fuͤrtreflich, und ich wuͤnſchte, daß er ſei⸗ ne Terminologie einſt abdrucken ließ, zumal da vieles darinnen vorkomt, wel⸗ ches ihm eigen gehoͤrt. Wir waren in allem nicht mehr als 6 Zuhoͤrer, wel⸗ ches für eine fo beruͤhmte Univerſitaͤt eben nicht allzuviel iſt, indeſſen es war auch ſchon etwas kuͤhl des Morgens, und man weiß wohl, viele unſerer heu⸗ tigen Botaniſten find bange vor Ver- kaͤltungen! Ueber dieſes, fo ſchaͤmen ſich viele Studenten die Erklaͤrung der Kunſtwoͤrter anzuhoͤren, und denken, wenn ſie nur Latein koͤnnen, ſo brauchen ſie weiter nichts. Aber daher kommen denn auch die herrlichen Deſcriptiones Plantarum! HL Die Fortſetzung folgt kunſtig. ; Officinalium Plantarum Catalogus, quæ in Horto medico, qui Hagæ comi- tum eft, aluntur. Hagæ comit. 1752. 8. \ Verhandeling over de Cicuta aquatica Gesneri. Haag. 1756 8. | Beſchryving der Gewaſſen, welke meeft in Gebruyk zyn. Haag. 1766. 8. r ET nn 13 — N Hannoveriihes Magazin, 16ttes Stuͤck. Montag, den 24ten Februar 17837 Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Dolland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. (Fortſetzung.) ach geendigter Vorleſung machte ich dem Herrn Profeſſor meine Aufwartung, welcher mir denn mit aller moͤglichen Hoͤflichkeit begeg⸗ nete, und ſeine Dienſte anbot. — Ich hoffe, daß wir von dieſem geſchickten Botaniſten einſt herrliche Bemerkun— gen zu ſehen bekommen werden, denn da er nicht, wie viele andere Profeſſo— ren, den ganzen Tag mit Vorleſungen verderben muß, ſondern nur eine ein: zige Stunde lieſt, uͤber dieſes, auch ſein Brod nicht mit Buͤcherſchreiben, Zei— tungsſchmieren, u. d. gl. zu verdienen gezwungen iſt, ſondern ſeine ganze Zeit zu Beobachtungen verwenden kan, ſo iſt ganz naturlich, daß er, in einem fo fuͤrtreflichen Garten, und in ſo langer Zeit, da er demſelben vorgeſtanden iſt, eine Menge derſelben muß geſammelt haben. Schabe, daß ich nicht naͤher bei ihm wohne! Gewiß, ich wolte alle meine Kraͤfte und alle meine Bered— ſamkeit anwenden, um ihn zu vermoͤ gen, der Welt feine Bemerkungen mits zutheilen. — Von hier ging ich vor das Kußthor (Kœpoort), und beſah allda einen Gars ten, deſſen Beſitzer ſich Jacobus Schuurmans Stekhooven nennt, und ein Handelsgaͤrtner iſt. Ich traf bier, außer einer ungeheuren Menge von Blumengewaͤchſen, abermals eine ſchoͤne Samlung von auslaͤndiſchen Baͤumen und Stauden an, darunter beſonders verſchiedene ſeltene Arten vom Acere, Cratægo, Meſpilo, Pino, Pyro, Querco, Roſa, u. d. gl. waren. Auch ſahe ich in Holland die mehrſten und beiten Baͤume von Pyro femper- virente, Ulmo pumila, Lice Caſſine: latifolia und anguftifolia in dieſem Gar⸗ ten. Ich erkundigte mich bei dem Be⸗ ſitzer nach den Preiſen von einigen, und fand, daß ſolche ziemlich billig war ren. Außer den Blumen, und aus⸗ laͤndiſchen Bäumen und Stauden, ſin⸗ det man hier auch faſt alle Sorten von Obſtbaͤumen. Mehreres kan man in den Pflanzenverzeichniſſen dieſes Gar— tens ſehen, uͤber deren Inhalt und Q ſchoͤ⸗ 247 ſich in großer Menge an dieſen Dr ten aufhalten. Da ſolche in Holland viel gegeſſen werden, und uͤberdem ihre Felle von großem Nutzen ſind, ſo kan man dieſe Thiere mit Recht als einen biefigen Nahrungsartikel betrachten. Aus dieſen Duͤnen kam ich wieder an die Mordſee, deren Strand ich denn bis nach Zantvoort folgte. Von Pflanzen ſahe ich nichts beſonders mehr auf dieſem Wege. Das meiſte, wel: ches mir hier vorkam, waren die ſchon bemerkten Fuci, einige Zoophyten und Schnecken. Ungefähr eine Viertelſtunde von Jantvoort, lag eine Menge Hanf im Waſſer, nebſt einem damit beladen ge: weſenen ſchwediſchen Schiffe, welches am ıgfen dieſes Monats durch den gewaltigen Sturm zerſchmettert, und hier ans Land getrieben wurde. Zum Gluͤcke, konten ſich doch die darauf ge⸗ 19) Deſcr. Radix perennis. Caules herbacei, eredti. Meine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, und von 249 weſenen Leute noch retten, alles das ihrige aber, ſowohl Schif als Ladung, haben ſie verloren. Welch ein Un⸗ ‚glück fire ſolche Leute, beſonders wenn fie, fo wie dieſe, noch fo weit von ih⸗ rem Vaterlande und den Juen ent; ferut ſind. Um FJantvoort herum ſand ſich viel Euphorbia Paralias, eine Pflanze, die ich vorher noch nicht geſehen habe, und mir alſo aͤußerſt willkommen war. Sie gehoͤrt unter die kritiſchen, wie derjenige, welcher unſere Botaniſten deswegen nachſchlagen will, bald fin⸗ den wird. Schade, daß ich in Sant⸗ voort kein Nachtquartier bekommen konte, ſondern noch nach Haarlem gehen, und, da mir die Nacht ſchon auf dem Halſe war, ſo ſehr eilen muß⸗ te, daß ich bloß zwei Exemplare davon einlegen konte 19). Zwiſchen Fantvoort und aer em Folia alterna, imbricata, lineari- lanceolata, ſeſſilia, obtufiufeula, integerri- ma, ſubinvoluta, enervia, avenia, glabra, rigidula, flavefcente- ei Umbella univerfalis quinquefida. Involucrum univerſale pentaphyllum, erectum. Foliola ovata, acuta, Umbellæ partiales bifide. Involucra portialia diphylla. Foliola lato- deltoidea, aut lato- cordiformia. g J Petala lunulata, obfolete bicornia, ſinu interdum denticulata, unde fubpalmata, Fructus profunde fulcatus, rugofus: ſtylis breviſſimis, vix ſupereminentibus. Semina ovata, cinerea, ma; anitudine feminis Lithofpermi officinalis. Syn. Hilum laterale, nigrum. Tithymalus 1 Dod. purg p. 144. Lob. icon. v. I. p. 354. Bauh. hiſt. v. 3: 2. p. 674. Matth. comment. ed. 1674. p. . Zee Wolfs Melck Lob befchr. v. J. p. 439. Tithymalus Paralius ex locis maritimis. Dod. pempt. p. 366. N Tithymalus Paralius ex hortis. Dod. pempt. p. 366. Tithy- 249 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 250 lem wuchs Convallaria Polygonatum und Schoenus nigricans. Des Nachts kam ich nach Haarlem. September 26. Ging ich zuerſt nach den Blumi: ſten Dirk Voorhelm und M. Groe⸗ newoud, und von da zu Voorhelm und Schneevogt, bei denen man denn faſt alle moͤgliche Sorten von Blumen, beſonders aber Hyaeinthen, Tulipanen, Ranunkeln und Anemonen antrift. Viele davon kan man der: malen hier fuͤr ganz guten Preis ha⸗ ben, indeſſen find doch noch verſchiede⸗ ne Stuͤcke, welche 60, 80, 100, ja ei nige wohl gar 1 50 hollaͤndiſche Gulden koſten, welches meines Beduͤnkens noch immer Gelds genug iſt für ein Mon— ſtrum vegetabile, und dieſes ſind doch alle gefüllte Blumen, und weiter nichts, und ſolten ſich unſere Blumiſten und Gaͤrtner auch zu Tode aͤrgern, wenn man es ſagt 20). Bei den letztern, oder Voorhelm Q 3 und Tithymalus Paralios. Cam. epit. p. 962. F. Wolfsmilch, Cam. Kræut p. 924. * Meer Wolfsmilch. Tab Kræut. ed. 1687. p. 989. Tithymalus paralius Matthioli. Tab. ic. p. 593. Tithymalus maritimus Bauh. pin. p. 291. Moriſ. hiſt. v. 3. p. 337. Tithymalus foliis glaucis, linearibus, ſpinula terminatis; radiis umbellæ plurimis, reflexis; petalis obtufis: f. Hall. enum. p. 192. Euphorbia Paralias. Linn. fpec. ed. I. p. 458. Jacqu. hort. v. 2. p. 88. Hudſ. angl ed. 2. p. 209. Cort. ſept. n. 411. Tithymalus foliis linearibus, ariſtatis, imbricatis; ſtipulis umbellaribus:ova- to- lanceolatis, floralibus cordatis: . Hall. hiſt. n. 1005. D A. Jacqu. hort. v. 2. p. 88. Fig. Dod. purg. p. 144. Lob. icon. v. I. p. 354. Lob. beſchr. v. I. p. 430. Dod. pempt. p. 366. f. 2. Dod. pempt. p. 366. f. I. Cam. epit. p. 962. Cam. Kreut. p. 524. Tab. icon. p. 993. Matth. comment. ed. 1674. p. 864. Tab. Kræut. ed. 1687. p. 989. Bauh. hift. v. 3:2. p 677. Moriſ. bift. v. 3. ſ. 10. t. 1. f. 24. Jacqu. hort. v. 2. t. 188. 20) Omnes flores luxuriantes merito inter monſtra collocamus, cum transmutantur partes eſſentiales, diverſamque induunt figuram et naturam, quod haud parum admirantur ignari, quibus flores pleni et multiplicati in deliciis ſunt. Die mehrſten Gaͤrtner machen vor Linné amen. v. I. p. 108. zuͤglich Weſen aus allen gefüllten Bluraen, vornemlich bei Hyacinthen, Nelken, Aurikeln, Ranunkeln und Anemonen. Im Grunde ſind die gefüllten oder dopp barkeit, oder als Misgeburten anzi e 3 Blumen als eine Krankheit, Ur. frucht iſehen. | Rus Münchhauſ. Saus v. b. 2. ſ. 678. Wer 250 Meine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, und von as und Schneevogt, ſahe ich auch einen ſchoͤnen Vorrath von fremden Baͤu⸗ men und Staudengewaͤchſen. Ich will hier einige derſelben bemerken, und zugleich den Preis davon anzeigen. — Andromeda axillaris, 3 Gulden, An- dromeda mariana, 3 Gl., Arbutus An- drachne mojor, 15 Gl., Azalea nudi- flora major, 12 Gl., Betula laciniata, 6 Gl., Caſſine capenſis, 5 Gl., Chi- ronia fruticoſa, 5 Gl., Daphne indi- ca, 25 Gl., Ginkgo biloba, 10 bis 15 Gl., Hibiſcus mutabilis, 6 Gl., Kal- mia latifolia, 25 Gl., Kalmia anguſti- folia, 12 Gl., Kalmia glauca, 25 Gl., Magnolia acuminata, 25 Gl., Magno- lia elsuca, 15 Gl., Magnolia grandi- flora, 8, 10 bis 25 Gl., Magnolia tri- petala, 25 Gl., Mimoſa farneſiana, 6 Gl., Muſa paradiſiaca, 12 Gl., Phyll- anthus maderafpatana, 8 Gl., Phyll- anthus grandifolia, 15 Gl., Rhodo- dendrum maximum, 25 Gl., Rhodo- dendrum ponticum, 30 Gl., Rhodora canadenſis, 12 Gl., Thea bohea, 30 Gl., Thea viridis, 20 Gl., Alftroe- meria Ligtu, 4 Gl., Alftroemeria Pe- legrina, 6 Gl., Gaultheria procum- bens, 5 Gl., Gloriofa ſuperba, 4 Gl. Doch ich will aufhoͤren, denn aus den angefuͤhrten kan man ſchon ſehen, daß ſich in Haarlem ſchoͤne Pflanzen fin⸗ den, zugleich aber auch, daß der Hol: laͤnder Geld kennt! Von hier gieng ich nach dem Hor- to medico, der meiſt mitten in der Stadt liegt, und dem hieſigen Colle⸗ gio der Aerzte gehoͤrt. Er iſt nur klein, aber mit Pflanzen recht vollgeſtopft, ſo daß ich glaube, daß kein Garten von diefer Groͤße, dieſen an Reich⸗ thum übertreffen wird. Der Gaͤrtner iſt ein Englaͤnder, Namens Wil⸗ liam Kent, welcher ein ſehr guter Botaniſte ſeyn ſoll. Er war diesmal verreiſt, und wurde erſt in einigen Ta⸗ gen wieder zu Hauſe erwartet, ſo daß ich ihn alſo nicht ſprechen konte, wel⸗ ches mir ſehr unangenehm war. Zum Gluͤck traf ich hier doch einen braven Geſellen an. Es war der Sohn mei⸗ nes ſeligen Freundes Baͤſemachers, der ehedem die Stelle eines botaniſchen Gaͤrtners in Koppenhagen bekleidete, vor einigen Jahren aber an der Schwindſucht verſtorben iſt, und ein. Mann war, der ſeinem Metier Ehre machte, und der zugleich das beſte Herz von der Welt hatte. Es war mir be - ſonders angenehm, dieſen jungen Men⸗ ſchen allhier anzutreffen, und ich freue⸗ te mich recht herzlich, als ich von ihm hörte, daß er von feinem König eine jährliche Unterſtuͤtzung genieße, und bei ſeiner Zuruͤckkunft nach Koppenhagen, allda die Stelle ſeines ſeligen Vaters bekommen ſolle. Wie gluͤcklich kan ſich einſt unſer Freund Vahl ſchaͤtzen, wenn er einen ſo geſchickten und redli⸗ chen Gehuͤlfen hat! Ich empfehle den⸗ ſelben Wer die entgegengeſetzte Meinung, nebſt andern Irrthuͤmern und Dumm⸗ heiten, vertheidigt ſehen will, der leſe Feuereuſens Intormetzo. Hannover 1782. 8. — Ich empfehle dieſe Schrift beſtens, und wuͤnſche ihr recht viele vernuͤnf⸗ tige Leſer, denn beides hat fie im hoͤchſten Grade noͤthig! — * da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. ˙ſelben bei allen meinen Freunden, die er etwa auf ſeinen Reiſen beſuchen wird, beſtens, denn er verdienet es. Herr Rent hat auch einen Garten, der ihm eigenthuͤmlich zugehoͤrt, und worin er ſich vornemlich auf Bau: me und Straͤucher legt. Diejenigen, die bier durchreiſen, werden nicht um: terlaffen, ſolchen zu beſehen. Des Nachmittags gieng ich nach Hartekamp, oder demjenigen Gar⸗ ten, worin ehedem der ſelige von Linnee ſich einige Jahre aufgehalten bat, und der deswegen beinahe ſchon jedem Schuͤler der Botanik, wenig⸗ ſtens dem Namen nach, bekant iſt. Er liegt ungefähr eine Stunde von Haar⸗ lem, und zwar am Wege nach Lei⸗ den, und gehoͤrt nun dem Herrn Buͤr⸗ germeiſter Cliffort in Amſterdam, welches ein Sohn des großen Befoͤr— derers der Botanik und des Gluͤckes unſeres ſeligen Linnees iſt. Der Gar: ten iſt zwar kein botaniſcher Garten mehr, aber doch noch ein ſchoͤner Luſt⸗ garten, und es wuͤrde mich gereuen, wenn ich ihn nicht geſehen haͤtte, denn feine fage und Einrichtung find fuͤr⸗ treflich, und ich rathe deswegen einem jeden unſerer Gartenfreunde, wenn er nach Holland komt, Har tekamp nicht unbeſehen zu laſſen. Ich bin verſichert, daß Niemand die Stunden bedauert, welche er hier zugebracht hat, und je: der, der auf mein Anrathen dahin ge— gangen, mir dafuͤr danken wird. Haͤtte ich die Feder eines Hirſchfelds, eines Lueders, oder eines Duroi, fo wuͤr⸗ de ich davon hier eine kurze Beſchrei— 254 bung mittheilen, da ich aber zu der⸗ gleichen Arbeiten zu ſchwach bin, ſo muß ich dieſes einem andern uͤberlaſ— ſen. Ich will alſo von dieſem Garten nichts mehr ſagen, als daß ſich hier noch eine ſchoͤne Samlung von aus— laͤndiſchen Baͤumen und Sträuchern‘ befindet, davon einige im Lande ſte— hen, und kleine artige Buſquete for— miren, andere aber in Kaften und Toͤ— pfe gepflanzt ſind. Unter den erſtern ſahe ich eine ſchoͤne Haleſiam tetrapte⸗ ram, die wenigſtens ein Paar Klafter hoch war, und voller Früchte hing. Fer⸗ ner ein Liquidamber Styracifluam, und eine Prunum luſitanicam, die beide eine anſehnliche Groͤße hatten. Sodann eine Betulam nanam, die an der Erde über ein Zoll dick war, und vermuth⸗ lich noch ein Andenken von dem ſeligen Linnee iſt. Endlich eine große Thu- jam occidentalem, deren Stamm meiſt Mannsdicke, und die groͤßte iſt, die ich noch geſehen habe. Unter denen, welz che in Toͤpfen ſtanden, gefielen mir be: ſonders ein Paar ſchoͤne Baͤumchen von Cliflortia ilicifolia. Ich erinnerte mich hiebei einer Stelle in Linnees Critica botanica, welche ich hieher ſetzen, und damit meine Erzählung von Harte⸗ kamp beſchließen will. „Niſi Opulenti et Ditiſſimi Viri, Re- ges, et Magnates arti opem adferant, ſumtibusque neceſſariis fub'event, pau- ei exiſterent Digni Botanico nomine. Debemus itaque nos gratum teſtari animum, et intra forum noſtrum in re- centi perennique memoria iſtos retinere Viros, qui falutem reipublicæ noftr pro- 255 obfervationem- ipfi communicaverint, tamen per alios aptos ifta nobis attu- lere obfervata, quæ Magnatum liberali- tate deftituti, apti præſtarent nunquam. Immortalis: ĩtaque memoriæ Impera- tores et Reges erint, qui Hortos pub- licos condidere, Profeſſiones Botanicas inſtruxere, in exteras terras Botanicos Botanices cauſa emiſere, inter quos omnes præ reliquis eminet Ludovicus XIV. Magnus, nobis certe Maximus. ef Land nobis habendi, qui privatis opibus arti opem tulerunt: uti, Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, 2e promoverunt; Hi licet ne verbum, ne 55 256 Princ. Borbonius; Magnates Mauroce- nus, Sherardus, Beaumontius, Chiffor- tius, Pereskius, Befr. Non ipfis ni- mium dedifle videamur, fi plantæ no- men offeramus: tamen plus honoris, immortalem ſcilicet memoriam, noſtra innocenti arte reportant, quam fi ſta- tuas vel templa exſtruerent, de, aut urbes conderent. , 1 Von dieſem Garten ging ich 7 nach Haarlem zu, und fand zur Rech⸗ ten, nicht weit von der Straße, Ro- ſam rubiginofam 21). Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. 21) Gu. Rofa ſylveſtris odorata. Lob. beſchr. v. 2 p. 244. Roſa ſylveſtris; foliis odoratis. Dod. pempt. p Rofa Eglenteria. Tab. icon. p 1087. Tab. Kl ed. 1687. p. 1495. Roſa ſylveſtris odora, feu Eglenteria flore fimplici. Park. par. p Eglanteria. Boot. ic. SQ. . 187. Baub. pin, p p. 483. p. 418. Roſa ſylveſtris, odors. Ger. S. 1269. Raj. hiſt. p. 147J. Roſa foliis odoratis, Eglantina dicta. Bauh. hiſt. v. 2. p. 41. Roſa foliis ſubtus rubiginoſis et oderatis. Hall. enum. p. 300. Rofa Eglanteria. Herm. rof. p. 17. Gouan hort. p. 245. Mill. dict. ed. 8. Münchh. haufv. v. F. p. 270% Murray prodr. p. 8. Duroi baumz. v. 2. p. 336 Duroi obf. p. 1. Leerſ. flor. n 379; Hudl. wol ed. 2. p. 218. Gort. ſept. n. 428. Roſa fpinis aduncis; foliis ſubtus rubiginofis. Hall. hiſt. n. 1103. a Rofa rubiginoſa. Linn. mant. p. J64. Jacqu. auſtr. v. I. p. 31. Mönch. haf. n. 419. Poll. hift. n. 482. > Bauh. hiſt, v. 2. p. 41. x Hall. enum. p. 350. Hall. hift. n. 1103. Linn. mant. p. ar Duroi baumz. v. Jacqu. auſtr. v. I. Be Leerſ. flor. n. 379. Mönch. haſſ. n. 419. Pollich. hift. n. 482. b. 336. Fig. Boot. ic. 50. Jacqu. auſtr. t. go. Tab. icon. p. 1387 Tab. Kræut. ed. 1687. p. 149%. EEE ET ENE ET Haunoberiſches Magazin, 258 17tes Stud, Freitag, den 28ten Februar 1783. Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 1 (Fortſetzung.) ls ich einige hundert Schritte weiter gekommen war, hielt a ich mich links, und ging nach den Duͤnen hinaus. Ich fand daſelbſt viel Lichen ſubulatus, aculeatusschreb., articulatus, prunaſtri, die alle in dem Flugſande wuchſen, welches einem, der die letztern ſonſt nur auf Bäumen ges ſehen hat, ganz ſonderbar vorkomt. Des Abends kam ich wieder nach Haarlem, und beſahe noch einige Merkwuͤrdigkeiten, die aber alle ſo wa⸗ ren, daß ich keine davon aufgezeichnet habe. An verſchiedenen Orten, und ſel ſt im Horto medico, wo doch beſ⸗ fer ein Linnee paßte, fand ich das Bild: niß von Lorenz Johann Koſter, den man in Holland fuͤr den Erfinder der Buchdruckerkunſt ausgiebt, da doch dieſe Ehre unſtreitig einem Deutſchen gehoͤret, und dieſer Haarlemer nichts weiter als ein Buchdrucker geweſen W | | In dieſer Stadt ift eine berühmte Geſellſchaſt der Wiſſenſchaften, die Holland Ehre macht. Auch findet ſich eine oͤkonomiſche Geſellſchaft allhier, die jährlich viele Preiſe austheilt, und dadurch eine Menge Gutes ſtiftet. Da beide in Deutſchland bekant find, fo iſt es unnoͤthig, daß ich mehreres da: von ſage. September 27. Von Haarlem ging ich nach Am⸗ ſterdam. Bei Salbweg kam ich an das Haarlemer Meer, wo ich aber nichts beſonderes fand, ſondern lauter Pflanzen die man bei uns in Hanno— ver faſt in allen Teichen ſehen kan. Gegen Mittag kam ich in Amſter⸗ dam an. Ich nahm mein Quartier bei Herrn Lacroix in der Nes, wo ich ſehr gut, und fuͤr wenig Geld be— wirthet wurde, welches ſich Leute von meinem Handwerk merken koͤnnen, damit ſie nachher nicht Urſache zum Klagen haben. Vor dem Eſſen beſahe ich noch das Stadthaus, nebſt der Boͤrſe, davon R man 259 Meine Reife nach der Grafſchaft Bentheim, und von man bei Buͤſching und den Reiſebe⸗ ſchreibern mehrers leſen kan. Des Nachmittags beſuchte ich den Herrn Profeſſor Burmannus, wel⸗ cher an der Keyzersgraſt wohnt. iſt ungemein hoͤflich und dienſtfertig, und der liebenswuͤrdigſte Mann den man ſich vorſtellen kan. Ueber dieſes iſt er einer der groͤßten Botaniſten un⸗ ſers Zeitalters. Schade! daß feine große Praxis ihm beinahe keine Zeit zu feiner Lieblingswiſſenſchaft übrig 05 22) September 28. Des Morgeus hatte ich einen Be⸗ ſuch von Herrn Profeſſor Burman⸗ nus, und wurde von ihm nach dem Horto botanico eingeladen, woraus man die Hoͤflichkeit dieſes Mannes ſe⸗ ben kan. Gegen Mittag ging ich nach dem botaniſchen Garten, oder dem Horto medico, welches letztere eigentlich der Name iſt, unter welchem die Leute in Holland dergleichen Gaͤrten kennen. Er iſt auf der Plantage, und man hat nichts weiter noͤthig, als nach dieſem Platze zu fragen, ſo kan jeder Amſter— dammer einen dahin weiſen. Seine Groͤße iſt ſehr anſehnlich, und er uͤber⸗ trift hierin ſowohl den Utrechter als Er 266 Leidner. Man findet darin eine große Menge von Pflanzen, ſo daß in dieſem Stucke es ſo leicht kein Garten in Eu⸗ ropa dieſem gleich thun wird. Vor: nemlich prangt er mit einer erſtaunli⸗ chen Anzahl von aſtatiſchen und afrika⸗ niſchen Baͤumen, Stauden und Zwie⸗ belgewaͤchſen, davon die erſtern zuwei⸗ len ſchon von einer ſo gewaltigen Groͤße ſind, daß ſie deswegen kaum Raum i in den Haͤuſern baben. Der Herr Pro: feſſor Bur mannus lieſt zwei Collegia darin, und man hat deswegen in Am⸗ ſterdam fo gute Gelegenheit Botanik zu lernen, als immer auf einer der be⸗ ſten Univerſitaͤten. Nur bedaure ich bei dieſem Garten, daß wir keinen or⸗ deutlichen Catalogus davon haben, und daß beinahe alles, was wir davon wiſ⸗ ſen, noch im vorigen Jahrhundert ge⸗ druckt iſt. Welch eine Gefaͤlligkeit wuͤrde Herr Burmannus den Bota⸗ niſten erzeigen, wenn er uns mit einem ſolchen Verzeichniß beſchenken wolte! Geſetzt, es enthielte auch nichts als die Linneeiſchen Trivialnamen, ſo wuͤr⸗ de es doch einem jeden überaus ange⸗ nehm und willkommen ſeyn. Selten wir nicht von dieſem menſchenfreund⸗ lichen Manne einſt ſo etwas zu hoffen haben? Gerne wolte ich den vn r #2) Stieofaus Laurentius Burmannus ift der Sohn des verdienſtvollen, und durch die Heraasgabe ſeiner herrlichen Werke ſich unſterblich gemachten Johannis Burmanns. Er folgte feinem Vater in der Profeſſion, und bekleipet dieſe Stelle nun bereits 14 Jahre mit dem groͤßten Ruhm. Seine mir bekant ge⸗ wordegen Schriften ſind: Diff. de Geraniis. Leide 1759. 4. Flora indica. Amſtel. 1768 4 denen hoffentlich bald Mein Folgen werden. 261 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhausen. 202 für die Geſundheit ſeiner Mitbuͤrger bitten, um ihm dadurch etwas Zeit zu dieſer Arbeit zu verſchaffen! — In dieſem Garten traf ich einen überaus hohen Drachenbaum (Dra— ena Draco) an, der alle andern die ich noch geſehen, ja ſelbſt den ebemali⸗ gen Herrenhaͤuſer, uͤbertrift. Die hie: figen Kaffebäume, fo wie überhaupt alle die ich in Holland zu ſehen bekam, muͤſſen hingegen unſern wieder den Vorzug laſſen, indem fie kaum die halbe Hoͤhe der Herrenhaͤuſer haben. Den hieſtgen botaniſchen Gärtner, Herrn Sturm, hatte ich nicht die Ehre zu ſprechen, und kan alſo nichts von ihm ſagen, als was ich von andern gehoͤrt habe, nemlich, daß er unter die Gärtner gehöre, die ſich nicht von je dem ſehen und ſprechen laſſen. — Nachmittags beſuchte ich noch eins mal die bieſtge Boͤrſe, und traf allda unvermuthet den Herrn Hildebrand, einen ſchwediſchen Edelmann an, mit dem ich ehedem in Upſal das Verguuͤ gen gehabt die Linneeiſchen Herbatio- nes Upſalienſes zu repetiren, und bei meinem Aufenthalt auf feinen am Belt gelegenen Guͤtern, Mynaͤs und Stile naͤs, viele Gefaͤlligkeiten und Guttha⸗ ten genoſſen habe, die ich niemals ver; geſſen werde. Er reift nun in Beglei⸗ tung ſeiner zwei Hofmeiſter nach Frank— reich und weiter, wozu ich denn dieſen braven Leuten von Herzen alles Gluͤck wuͤnſche. Dr Nach dem Eſſen wolte ich dem Herrn Doctor Houttouyn meine Aufwar— tung machen, welcher aber nicht zu Hauſe war, und zu meinem Verdruſſe nicht eher als des Abends ſpaͤt wieder zurück kam. Er wohnt an der Ro— ſengraft 23). Den Abend gebrauchte ich noch zum Beſehen einiger Merkwürdigkeiten, September 29. N Schrieb ich meinem Verſprechen zu Folge noch einmal an meine Hanno⸗ veriſchen Freunde, und meldete ihnen, daß ich heute von Amſterdam abreiſete, und mich bereits wieder auf dem Rück wege befaͤnde, auch daß ich, ungeachtet der mir vorgeſchnackten Gefaͤhrlichkei⸗ ten, noch immer geſund, frei und ledig ſey, und hier noch nicht einmal einen Officier geſehen, welcher mich fragte, ob ich Luſt nach Oft: oder Weſtindien has be, und noch viel weniger Sergeanten und Corporalen, welche, wie an eini— gen Orten in Deutſchlaud, die Leute R 2 a vou 23) Dieſer Herr Houttuyn iſt der Verfaſſer des allgemein bekanten großen Werkes, das ſeit 1761 unter dem Titel: Natuurlyke Hiſtorie of uitvaerige Beſchry- ving der Dieren, Planten en Mineralien, volgens het Zamenflel van den Heer Linnæus, zu Amſterdam in Octav heraus kam, und Davon der erſte Theil, oder das Thierreich vor einigen Jahren mit dem achtzehnten Stuͤck geſchloſſen wor, den, von dem zweiten Theile, oder den Pflanzen aber nun 13 Stucke fertig find, davon das letzte erſt dieſes Jahr gedruckt iſt, und die Graͤſer enthaͤlt. Wir ha⸗ ben davon auch eine deutſche Ueberſetzung, die viele als eine Arbeit des ſeligen von Linnee anſehen, ſo wie man es denn aus dem deutſchen Titel auch, einabe ſchließen ſolte. Aber was macht der Deutſche nicht rs Geld? | 1 263 von den Straßen oder aus den Haͤn— ſern nehmen, ſondern daß ein ſolches Betragen bei einem freien Volke, wie die Hollaͤnder ſind, im hoͤchſten Grade verabſcheuet werde, welches ſie ſich merken koͤnnen. — N Nach dieſem ſagte ich meinem bra— ven Wirthe Adjeu, und reiſte von Am⸗ ſterdam ab. Ich kam zuerſt nach Muiden, einem artigen Staͤdtchen, auf welchem Wege ich Ceraſtium aqua- ticum antraf. Von Muiden kam ich auf Naar⸗ den, welches eine Stadt iſt, auf deren Waͤllen Sedum reflexum wuchs. Außen vor der Stadt am Wege, traf ich eine ſchoͤne Baumplantage an, die dem hieſigen Buͤrgermeiſter Guy⸗ king gehoͤrt, und die ſowohl in Ab⸗ ſicht auf ihre Groͤße, als die darin be⸗ findlichen Baͤume, alles andere was ich von dieſer Art geſehen, nicht nur uͤbertrift, ſondern weit hinter ſich zu⸗ ruͤck laͤßt. Auf den Aeckern zwiſchen Naar⸗ den und Laren, wuchs viel Panicum viride, auf der Heide aber Geniſta piloſa. Bei Laren fand ich in den Grä; ben Iſnardiam paluſtrem. In Eemnes buiten Dyks nahm ich Nachtquartier. | September 30. Zwiſchen hier und Bunſchoten, wuchs in dem an den Graͤben fiehen: den Ried viel Althæa officinalis und Cochlearia officinalis. Von Bunſchoten ging ich nach Spakenburg, wo ich an die Suͤder⸗ fee kam. Ich hofte an dem Ufer dieſer mene Reife nad der Graffihaft weichem, um n ® 264 See verſchiedene kucos anzutreffen, habe aber zu meiner Verwunderung nicht einen geſehen. Zwiſchen Spakenburg und Stee⸗ nekamer ging ich auf dem Damme, und fand darauf Chryſanthemum ino- dorum, Lepidium ruderale, Hordeum murinum: macröftachyu und micro- ftachyum. Die Graniten, welche an einigen Stellen die aͤußere Seite dieſes Dam⸗ mes ausmachen, waren mit Lichenen bewachſen. Die merkwuͤrdigſten da: von waren: Lichen centrifugus, co- rallinus, Parellus, atrovirens, muralis Schreb. und ater Hudf. An der See wuchs Aira aquatica multifiora, eine Planta critica, von der ich gelegentlich mehreres ſagen werde. Zwiſchen Steenekamer und Er⸗ mel war Polygonum dumetorum, Li- chen carpineus, Sium anguſtifolium, Helvella pineti. Bei Ermel fand ich viel Spartium ſcoparium. Zbwiſchen hier und Harderwyk paſ⸗ ſirte ich eine Heide, wo ich Schoenum album und fufcum, und Thymum Ser- pyllum 9. Linn. oder glabrum ſahe. Bei Harderwyk wuchs in den Hecken viel Fumaria claviculata. Ich kam durch eine ſchoͤne Allee in die Stadt, und nahm mein Quartier im Wapen von Amſter dam, wo ich gut bewirthet wurde. Oetober r. Des Morgens beſuchte ich den bo⸗ taniſchen Garten. Der Gaͤrtner nebſt ſeinem Vater, dem Hortulano emerito, zeig⸗ 265 | da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 256 zeigten mir ſolchen, und gaben ſich viele Muͤhe meinetwegen, fo wie denn die Gaͤrtner in Holland uͤberhaupt gegen die ſie beſuchenden Fremden ſehr hoͤf— lich und dienſtfertig ſind, und ſich nicht allein freuen, wenn man zu ihnen komt, und ihre Pflanzen beſiehet, ſondern noch uͤber dieſes einem alle mögliche Gefäl: ligkeiten erzeigen, welches ich dieſen braven Leuten hier zum Ruhme nach— ſagen muß, und ihnen zugleich noch— mals für die vielen mir erwieſenen Gut: thaten den verbindlichſten Dank ab: ſtatte. Der Garten iſt nicht groß, aber ſehr regulair, und nach Linnees Spy: ſtem bepflanzt, die Baͤume ſtehen jedoch an den Seiten alleine. Die Anzahl der hier befindlichen Pflanzen beiäuft ſich ungefähr auf zweitauſend, woraus man den Fleiß des dermaligen Profeſ— ſors der Botanik, des Herrn van Geuns fehen kan, der bei Ueberneh—⸗ mung des Gartens nicht mehr als ſechs— hundert darin antraf. Der Gaͤrtner iſt ein Schuͤler des ſeligen Meeſe in Franecker, und kennet ſeine Pflanzen ſo gut als immer ein Botaniſte. Nachmittags hörte ich in dieſem ar: ten bei dem Herrn Profeſſor van Geuns eine botaniſche Vorleſung. Er erklaͤrte darin den Saamen und ſeine Theile, und machte ſeine Sache fuͤrtreflich, fo daß ich ihm das Zeug: niß geben muß, daß ich wenige Pro: feſſoren gehoͤrt habe, welche ſich ſo viele Muͤhe mit ihren Schuͤlern geben, und ſo deutlich und verſtaͤndlich leſen wie er. Ungeachtet die Anzahl der hier Studirenden nicht viel uͤber achtzig unn wird. ſeyn wird, ſo hatte Herr van Geuns doch uͤber zwanzig Zuhoͤrer. Nach geendigter Lektion fuͤhrte mich der Herr Profeſſor noch in dem Gar— ten herum, und zeigte mir ſeine Pflan— zen. Er war uͤberaus hoͤflich und freundſchaftlich gegen mich, und offe— rirte mir alles was meinem Herbario fehlte, ja er offerirte es nicht allein, ſondern er gab es mir auch, wie man ſolches in meiner Sammlung ſehen kan, die an ſehr vielen Orten von der Ge— neroſitaͤt dieſes Mannes zeuget, wofuͤr ich demſelben ſehr verbunden bin, und ihm hier nochmals herzlich danke. Gegen Abend machte ich noch eine kleine Excurſion nach der Heide. Herr van Geuns, der zweite Sohn des Herrn Profeſſors, ein fleißiger und in der Botanik nicht ungeſchickter Juͤng⸗ ling, und der Gaͤrtner begleiteten mich. Wir fanden, ungeachtet der ſpaͤten Jahrszeit noch eine Menge Pflanzen, davon meine Begleiter alle, welche ſie nicht kanten, einlegten, und ſich deren Namen und Standort bemerkten. Ich muß bekennen, daß ich lange keine ſo begierigen Botaniſten geſehen habe, und ich freue mich noch heute, wenn ich an dieſe Exeurſton gedenke. Von den ge: fundenen Pflanzen, will ich hier bloß diejenigen anzeigen, welche Herr de Gorter in ſeiner Flora ſeptem pro- vinciarum ausgelaſſen hat, die andern aber uͤbergehen. Unter dieſe Rekruten gehoͤren folgende: Rumex Nemolapa- thum, Sium anguſtifolium, Polygonum dumetorum, Riccia glauca, Gentiana filiformis, Galium ſaxatile, Aira præ- R 3 cox 267 cox, Salix repens, Scheenus fuſeus, al- bus, Jungermannia nemorea, Lichen paſchalis und carpineus, welchen ich noch die Stellariam gramineam fonta- nam (Stellaria aquatica Gort.) beifü: gen will, davon Herr de Gorter kei⸗ nen Geburtsort anzugeben wußte, die aber um Harderwpk gar nicht ſelten iſt, ſondern bei allen Brunnquellen Die Nacht trieb uns nach Hauſe. Meine Freunde baten mich Morgen noch hier zu bleiben, und noch eine Herbatien nach einer andern Seite mit ihnen zu machen. Ich verſprach es ihnen, und wir gingen ein jeder nach ſeinem Quartier. | October 2. Ungeachtet es heute regnete, ſo fan⸗ den ſich doch meine geſtrigen Beglei— tungsbotaniſten um die abgeredete Stunde in meinem Logis ein, und hat⸗ ten noch einen andern Pflanzenfrennd mit ſich. Wir marſchirten alſo vier Mann hoch nach der Suͤderſee zu, die ganz dichte an Harderwyk ſtoßt, wo wir aber nichts als gemeine Pflan⸗ zen fanden, davon ich keine als Chryl-, anthemum inodorum bemerken will. Sodann krochen wir auf den ruinirten Wällen und Stadtmauern herum, auf denen Lichen criſpus und einige Moofe waren. Hierauf kamen wir in den Weg nach Lelburg, dem wir eine ge⸗ raume Zeit folgten, bald aber zur Rech: ten und Linken einen kleinen Seiten⸗ ſprung machten, ſo wie es denn gehet wenn man botaniſirt. Es regnete ohne aufhoͤren, und wir gingen zuweilen Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von 203 durch das Waſſer bis an die Waden, dem ungeachtet waren meine in Struͤm⸗ pfen botaniſirenden Holländer luſtig und munter, und achteten dergleichen Kleinigkeiten nicht mehr als wenn ſie eine Muͤcke ſtach. Wenn ich ihnen ein Moss oder ein Lichen zeigte, den fig, vorher noch nicht geſehen hatten, ſo freueten ſie ſich mehr als mancher, wenn er das beſte Loos in der Lotterie ge⸗ winnt. Wie angenehm iſt es fuͤr einen Botaniſten mit ſolchen Leuten umzu⸗ gehen! — Wir fanden wieder eine ziemliche Anzahl von Pflanzen, davon ich aber nur Anthocerotem punctatum, Bryoniam dioicam, Panicum viride, Lichenem ſaxatilem, Caricem panicu- latam, Polygonum dumetorum und Rumicem Nemolapathum nennen will. Endlich machten wir links um, und marſchirten wieder an die See herun⸗ ter. Wir ſahen hier viel Eryngium maritimum, Senecio viſcoſus, Elymus arenarius und Triticum repens, die alle in dem von der See ausgeworfe⸗ nen Sande wuchſen. Unſer Verſpre⸗ chen noͤthigte uns wieder zuruͤck zu keh⸗ ven, da wir denn immer dem Seeufer nachgingen, und um ein Uhr ganz naß und durchgeregnet in Harderwyk wieder ankamen. 525 Den Nachmittag brachten wir auf dem botaniſchen Garten zu, und exa⸗ minirten allda einige zweifelhafte Pflan⸗ zen. Ich legte auch noch verſchiedenes für mein Herbarium ein, woran der Herr Profeſſor van Zeuns mich noch⸗ mals guͤtigſt erinnert hatte, der Gaͤrt⸗ ner aber bei jeder raren Pflanze die Er⸗ 209 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhausen. 270 Erinnerung ſeines petirte. Wie ſchwingt die Liebe ſich durch edlen da , Muth empor! Wie komt ein edler Freund des Freun⸗ i des Flehn zuvor! Zufrieden, kan er nur it ſeinem Deiſtand A ilen; Kaum troͤſtbar, muß er noch mit ſeinem Dienſt verweilen. Die Nacht machte unſern Beſchaͤf— tigungen ein Ende. Ich dankte meinen redlichen und uneigennuͤtzigen Freun— den fuͤr ihre mir erzeigte Liebe und Gutthaten, und empfahl mich ihrem guͤtigen Angedenken. October 3. Des Morgens frühe reiſete ich von Harderwyk ab, und nahm meinen Weg auf Zwolle zu. 8 1 Z bwiſchen Harderwyk und Doorn— ſpyk ging ich immer an der Suͤder⸗ Herrn beſtens re 24) Diff. Ranunculus radice faſciculata; herba piloſa; caule erecto, ramoſo; fo- fee, an deren Ufer ſich folgende Pflan⸗ zen fanden: Papaver dubium, Triti- cum repens, Eryngium campeſtre, ma- ritimum, Trifolium procumbens, Scir— pus mucronatus, Juncus inflexus, Ra- nunculus Philonotis Noſt. 24), Hyp- num nitens Schreb., ſquarroſum, vi- viparum Neck., luteſcens Hudſ., cu- preſſiforme, purum, Bryum Hypnoi- des . G. Linn. oder lanuginoſum und vireſcens, Lichen islandicus g. Linn. oder anguftifolius, rangiferinus: alpe- ſtris und [ylvaticus, uncialis und ſubu— latus. An den Baͤumen, welche ich auf dieſem Wege antraf, wuchs Lichen fraxineus, calicaris, ciliaris, parietinus, olivaceus, hiſpidus Schreb., orbicula- ris Neck. und Bryum ſtriatum d. Linn. Bei Elburg, einem Städtchen, fand ich den Lichenem nigreſcentem 25). Bei Aubruch war Calla paluſtris. Zwiſchen Aubruch und Swine⸗ berg liis tetnatis: foliolis trilobis: lobis crenato-incifis, apicibus pun- &to albo terminatis; pedunculis ſulcatis; calyce reflexo; fructu globofo ; ſeminibus compreſſis, acuminatis. Syn. Ranunculus paluſtris, rotundifolius, lanuginoſus. auh. phyt. p. 324. Ranunculus paluſtris, apii folio, lanuginofus. Bauh, pin. p 180. 2 Ranunculus rectus; foliis pallidioribus, hirſatis. Bauh. hiſt. v. 3: 2. p. 417. N Dill. giſſf p. 68. Mapp. alſ. p. 260. Ranunculus Sardous. Crantz. auſtr. v. 2. p. 84. Mattuſchk. ſil. n. 416. Ranunculus caule reptante, radicato; foliis femitrilobatis, cireumſerratis: lobis petiolatis: 3. Hall. hiſt. n. 1173. Ranunculus bulboſus £. Hudſ. angl. ed, 2. p. 241. D. A. Bauuh hiſt. I. c. Crantz. auſtr. 1e. Muttuſchk. ſil. 1 c. Fig Bauh. hiſt. v. 3: 2. p. 417. f. 3. * 25) Yu. Lichenoides faxatile, membranaceum, gelatinoſum, tenue, nigricans. Raj. ſyn. ed. 3. p 72. Lichen fazatilis, nigricans; La&ucz folio. Buxb. cent. v. I. p. 41. Lichen pulmonarius, membranaceus, gelatinoſus, pullus, in ſegmenta la- tiora 271 Meine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, ac > 0 berg wuchs Lichen nigreſcens, cine- reo-fufcus Web., Trifolium filiforme, Myrica Gale, und Salix incubacea. In Swineberg, einem einzeln Wirthshauſe, war ich uͤber Nacht. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. tiora diviſus; receptaculis florum exiguis, obſcure rubris, nume - roſiſſimis. Mich. gen. p. 87. Hall. enum. p. 80. Meeſ. frif. n. 492. Gort: fept. n. 1082. 5 Lichenoidesgelatinofum, membranaceum, tenue, nigricans. Dill. hift. p. 138. Lichen foliaceus, gelatinofus, membranaceus, lobatus; ſcutellis concavis, eriftatis, rubris. Scop. carn. ed. I. p. II3. > Lichen nigreſcens. Hudf: angl.ed. I. p. 450. Leerſ. flor. n. 94. Reich, flor. n. 837. Hudf. angl. ed. 2. p. 37. Linn. ſuppl. p. 4 1. | Lichen gelatinoſus, membranaceus, exaſperatus, convolutus, atroviridis; ſcutellis rubris, Hall. hiſt. n. 2037. 4 Lichen criftatus. Scop. carn. ed. 2. n. 1410. Lichen Lactuca. Web, fpicil. p. 252. D. A. Dill. hiſt. p. 138. Hall. enum. p 80. Hall. hiſt. n. 2037. Web. ſpicil. p. 204. Fig. Buxb. cent. v. I. t. 61. f. 3. Dill. hiſt. t. 19. f. 20. | Oekonomiſcher Vorſchlag. err von Philippi, Koͤnigl. Preuſ⸗ ſiſcher Rath, ruft den kandwir⸗ then zu: „Pflenser Wallnußbaͤume aller Orte/ wo ihr ein leeres Plaͤtz⸗ chen findetʒ ihr wiſſet, was für für: trefliche Arbeiten daraus verfer⸗ tigt werden., Vielleicht würde aber der Ertrag von dem aus Wallnuͤſſen ge⸗ preßten Oele noch weit mehr Vortheil gewähren. Es iſt ſehr woblſchmeckend, und kan fuͤglich auch ſogar das Gard⸗ feeröl erfegen, wenn man bei dem Preſſen mit Sorgfalt zu Werke geht. Es hat Je⸗ mand einige Tage nach einander Salat, mit ſolchem Oele angemacht, gegeſſen und er ver: ſichert, daß es jenem gar nichts nachgege⸗ ben habe, ob es gleich ſchon 2 Jahr alt ges weſen. Die Nuͤſſe geben allemal feines Del, wenn ſie an einem ſchattigten, trocknen und lufti⸗ gen Orte aufbewahrt werden. Beim Aus⸗ machen werden die, welche ſchadhaft ſind, abgeſondert, und nur die guten kalt gepreßt; denn ohne dieſe Vorſicht geben auch die Oli⸗ ven nur ſchlechtes Oel. Die Nuͤſſe haben noch den Vortheil, daß man mit ihnen we: - gen des Preſſens nicht zu eilen hat; allein mit den Oliven muß dies bald nach ihrer Einſammlung geſchehen. Freilich iſt der Preis des Nußoͤls etwas hoch. Allein, wenn man in einem ganzen Lan⸗ de den Rath des Herrn von Philippi mitErnſt befolgen wolte, ſo wuͤrde man nach einigen Jahren auch ſo viel Vorrath von dieſer Frucht erhalten, als nicht nur zu einer reich⸗ lichen Ausbeute von Oel, ſondern auch zu ir Gebrauche des Landvolks hinlaͤng⸗ ich iſt. 4 x e eee 57 80 2 annoberiſches Magazin. AId8gtes Süd, | Miine Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim, und von da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. * (Fortſetzung.) October 4. An der Pſſel bei der Fähre ſtand n dem Deiche bei der Vſſel fand Crateens 18 Jacqu. ich Mentham rotundifoltam, Hier wurde ich über die Pſſel ge: 9 Euphorbism Eſulam 26), und fahren, welche einige Meilen weiter hin Eryngium campeſtre. ſich in die Suͤderſee ergießt. 5 25 | S Nach 26) Defer. Radix perennis. Caules herbacei, erecti. Rami inferiores ſteriles. - fuperiores florigeri: umbellis dichotomis. Folia alterna, patentia, lineari- lanceolata, ıefhlia, obtuſiuſcula, mucrone breviſſima, integerrima, coſtata, venoſa, glabra. ö Umbella univerſalis multifida - Involucrum univerſale polyphyllum, reflexum. DPooliola ovato-lanceolate, mucronatula. Umbellæ partisles bifſdæ. Involucra partialia diphylia. Foliola cordiformia, mucronstula, colorata. Petala lunulata, obfelete bicornia, fulva. Fructus glaber. Syn. Tithymalus Pinea. Lob icon. v. I. p 357. Cleyne Efula. Lob beſchr v. I p. 432. Ezula minor. Dod. pempt p 370. Tithymalus foliis pini, forte D,ofcoridis Pityuſa. Bauk pin. p. 292 Moriſ. hiſt. v 3. p. 337. 5 ö Tithymalo eyparifie ſimilis; Pityuſa multis. Bauh. hiſt. v. 3: 2. p. 665. Efuls. Riv. tete. 227. Eſula minor Blakw. herb. t. 163 £ 1.2. Euphorbia inermis; foliis lanceolato linearihus; involueri univerfalis foliis. quinis, ovato-acutis, pactialis Jemiorbicularis. Linn. upſ. p. 141. Tichy- * Meine Reiſe nach der Gh Bentheim, und von vr. 5 Z wolle zu wuchs polygonum In de kleyne Saͤr, welches ein dumetorum und Runiex obtufitolius. einzelnes Wirths haus iſt, war ich uͤber Bei Zwolle ſelbſt, welches eine ar- Nacht. 20 tige Stadt iſt, fanden ſich Rumex aqua- October 5. ä ticus, Polygonum dumetorum, Lichen Zbwiſchen meinem Nachtquartier und Acetabulum Neck., hifpidus Schreb., Seemze fand ich Mnium paluſtre, Ceraſtium e „und Dianthus Juncum fquarrofum , und Salicem re- deltoides. 0 Pere Zwiſchen Zwolle und de kleyne Zur Rechten vor Heemze, 4010 der Haͤr wuchs Gentiana filiformis, Sche- Vechte zu, waren einige Sandhuͤgel, nus albus, Lichen e und By worauf Jungermannia lanceolata, bi- ſoides. dentata, bicuſpidata, ciliaris 27), die - =. man * Tichymalus foliis linearibus, obtufis; petalis emarginatis. Hall. gœtt. p. 35. Euphorbia Eſula. Linn. ſpec. ed. I. p. 461. Scop. carn. ed. A. n. 580. Mat- tufchk. ſil. n. 34T. Mönch. haſſ. n. 397. Fuphorbia umbella multifida: dichotoma; involucellis cordatis; foliis lin- ceolatis. Scop. carn. ed. I. p. 43$. Euphorbia umbella multifida: bifida; involucellis ice hd ; fa- liis fuperioribus latioribus. Ger. prov. $40. Titthymalus foliis linearibus; petalis an} Hall. hiſt. n. 1046 D. A. Hall. geett. p. 35. Hall. Bit. n. 1046. Scop. carn. ed. 2. n. 580. 5 Mattufchk. ſil. n. 341. 8 8 Mönch. haſſ. n. 397. Fig. Lob. icon. v. I. p. 357. Lob. beſchr. v. I. p. 432. Dod. ekt b. 370. Morif. hift, v. 3. ſ. 10. t. I. f. 27. Riv. tetr. 227. Blakw. herb. t. 163. f. I. 2. 27) Diff. Jungermannia furculis pinnatis, repentibus, impubibus; foliis bifidis, punc- tatis, ciliatis; ſtipulis nullis; amphigaſtriis bifidis, ciliatis; pe- rifpheriis punctatis, nudis. Sn. Jungermannia caule ramoſo; ſurculis compreſſis; foliis imbrieatis jene du- plici, ovato acutis, ciliatis. Linn. lapp. n. 426. Lichenaſtrum ſcorpioides, pulchrum, villoſum. Dill. hiſt. p. 481. Jungermannia furculoſa, repens; foliolis duplicato- imbricatis, inferne auri- culatis, ciliatis. Linn fuec. ed, I. n. 918. Jungermannia ciliaris. Linn. fpec. ed. I. p. 1134. Linn. ſuec ed 2. n. 1044. Linn. ſpec. ed. 2. p. 1601. Leerſ. flor. n. 907. Pollich. hiſt. n. 1073. Jungermannia pulcherrima. Web. fpic. p. 150. Linn, Swartz. meth. p. 30. H. A. Dill. hiſt. P · 481. Linn. ſuec. ed. I. n. 918. Linn. ſuec. ed. 2. n. 1044. Leerſ. flor. n. 907. 8 i ‚Pel- | 277 da nach Holland, nebſt der Retour nach Herrenhauſen. 278 man gewöhnlich mit meiner Tomen- tella 28) verwechſelt, undulata, quin- quedentata, Bryum Hypnroides lanu- ginoſum, u. d. gl. wuchſen. Bei Heemze fanden ſich Potamo- geton gramineum, Scirpus fluitans, Po ypodium Filix mas, Filix femina, criſtatum, Bryum undulatum, hetero- ma um, pomiforme, Mnium andro- gynum, Hypnum cupreiliforme, com- p eſſum Neck., Jungermannia furcata, Convallaria multiflora, Fumaria clavi- culata, Panicum viride. Dichte vor Hardenberg, einem kleinen Staͤdtchen, paßirte ich uͤber die Vechte, welche ich geſtern und heute zur Rechten hatte, nun aber zur Lin⸗ ken ließ. f Nicht weit von Vennebruͤcke war ein Torfmoor, darauf Stellaria grami- Pollich. hiſt. n. 1073. Weber. ſpicil. p. IVI. Tig. Dill. hit. t. 69. f. 3. nea: paluftris und ſontana, Potamo- geton gramineum, Montia fontana, Schoenus albus, fufcus , Scirpus cefpi- toſus und ſquarroſus ſtanden. Zu Bennebruͤcke kam ich wieder in die Grafſchaft Bentheim, wo ich denn dem Hoͤchſten für die, während meines Aufenthalts in Holland, mir geſchenkte Geſundheit, und gnaͤvige Bewahrung vor allem Ungluͤck und Schaden nochmals von Herzen Dank ſagte, meinen braven Hollaͤndern aber für ihre mir erzeigte diebe und Freund⸗ ſchaft den Segen des Himmels und alles Gute anwuͤnſchte. Erg Zwiſchen Vennebruͤcke und It⸗ tenbeck, waren lauter Heideberge, welche mit ihren gewoͤhnlichen Ein⸗ wohnern, der Erica vulgarı und (etra- lice bedeckt waren, unter denen hin und S1 ' wies 28) Diff. Jungermannia ſurculis pinnatis, repentibus, ſupra tomentoſis; foliis inte- gris, tomentoſiſſimis; ſtipulis nullis; amphigaſtriis integris, to- mentoſis; periſphæriis cylindraceis, hirſutis. = Syn. Muſcus paluſtris, abſinthii folio, inſipidus. Tourn. inf. p. 556, Lichenaſtrum filicinum, eriſpum. Raj. fyn. ed. 3. p. III. Mufcus paluſtris, abfinthii folto. Vaill. bot. p. 140. Lichenaftrum filicinum, pulchrum, villofum Dill. hift. p. 503. Jungermannia paluftris, abſinthii folio. Hall. enum. p. 123. Jungermannia caule pinnato; foliis criſpis, capillariter multifidis. Hall. hiſt. n. 1881. Jungermannia ciliaris. Weiſſ. crypt. J. 129. Neck. meth p. 143. Web. fpi- cil p. 159. HRudſ. angl. e D. A. Dill. hiſt. I. c. Hall. enum. |. c. Hall. hiſt. I. c. Weifl. crypt I. e. Web. ſpicil. I. c. Fig. Vaill. bot. t 26. f. IA. Dil. hiſt. t. 73. 635. 2. P. ig. 279 Meine Reife nach der Graſſcaſ Bentheim, und don wieder einige Mooſe und Algen ſtan⸗ den, davon ich aber keine als die Jun- germanniam ciliarem, den Lichenem Papillariam Noſt. und . an⸗ führen will. Bei Ittendeck fand ich im Sau: de einen ſeltenen Schwamm, den ich zuvor noch nicht anders als in Kupfer geſtochen geſehen habe. Es war dieſes e Phallus caninus Hudſ. In Ulſen, einem ſchoͤnen Kirchdor⸗ fe, a ich Halt, und fand ein gu⸗ tes Nachtquartier. Fern von der Städte Schwul, von Mo⸗ de, Rang und Titel, Scherzt hier der Landmann frei und prangt im reinen Kittel; Die alte deutſche Hand reicht er uns freundlich hin, Und bringt uns, was er hat, vergnuͤgt und ohn Gewinn. Sein keuſch und braunes Weib giebt uns nicht ſaure Blicke, Die man in Städten findt. Sie eilt zum Heerd zuruͤcke. Indeſſen unterhält a ihr beredter Man Der bei der Kurzweil oft ſcharfſinnig denken kan. Ee ſtreuet Salz und Witz mit unter in Geſpraͤchen; Und auch ſein Wortſpiel wird nicht ih⸗ ren Nachdruck ſchwaͤchen. Feld! was iſt deinem Glück, was dei— ner Ruhe gleich? Wer Geitz und Pracht nicht kennt, der iſt wahrhaftig reich. 5 October 6. Zwiſchen Ulſen und Lemmick war Corrigiola littoralis, Illecebrum verti- cillatum, und mein Gnaphalium g nofum : nudum. Zwiſchen Lemmick und p Yienpus wuchs Anthoceros ER bla 5 puſilla, Riccia fluitans und Gentiana filiformis. Als ich nach Viienbus kam, war . - ich bereits durchgeregnet, und mußte, des noch immer anhaltenden Regens wegen, in ein Wirihshaus gehen, a: weil das Wetter nicht wieder gut wur: de bis des andern Morgens, auch ſo > lange bier bleiben. 3 Um dieſen Tag nicht ganz muͤßig | zuzubringen, machte ich aus meinem Journal ein Verzeichniß von den auf dieſer Reiſe zur Hollaͤndiſchen Flora von mir angeworbenen Rekruten, oder denjenigen Pflanzen, welche ich in Hol⸗ land gefunden habe, und noch nicht in D. de Gorter Flora ſeptem Provin- ciarum Belgii fœderati indigena. Har- lem. 1781. 8. ſtehen. Da dieſes Ver⸗ zeichniß nur klein iſt, fo will ich ſol— ches hier beifuͤgen, damit meine Freun⸗ de es ſich abſchreiben, und dieſem ſchoͤ⸗ nen Buche anhaͤngen koͤnnen. Spicilegium Horæ feptem Provinctarum Belgii fœderati. Schœnus fuſcus. albus. Panicum viride. Aira præcox. Galium ſaxatile. ; Gentiana Amarella. filiformis. | Sium anguftifolium, Convallaria multiflora. Juncus Tenageia. Aliſma natans. Polygonum dumetorum. Dianthus deltoides. Stel- 281 Stellaria gramines paluſtris. Ceraſtium aquaticum. Se Cojogala N. apaver dubium. Ranunculus Philonotis N. Bu Thymus Serpyllum glabrum. Trifolium procumbens. 2 filiforme. Chry ſauthem. inodorum. Ophrys ſpiralis. Salix triandra. aurita. incubacea. frepens. Polytrichum urnigerum. Mnium paluſtre. | Polytrichoid. rotundifr. a longifruct. Bryum ſtriatum ulophyll. i Hypnoides vireſcens. Hypnum delicatulum. - curtipendulum. compreffum Neck. lutefcens Hudſ. nitens Schreb. viviparum Neck, Jungermannia lanceolata. bidentata. bicuſpidata. quinquedentata. undulata. nemorea. cryftallina, glauca. - Antho vertreibet auch den Mehlthau. — Verſuch, der ſehr leicht zu — und keine großen Koſten erfordert! we Sanverie Magazin, 20tes Stüd, Montag ‚ den Iten März 1783. — wenge iger Briefe des Herrn Langſtedts, Sefknredigerd bei nten Ehurfü: Es rem er en nach Dan angene anterie⸗ Regiment. n ge ans deſſen Tagebuche 2). e — Erſter Brief. An Herrn B in Hannover. Am Bord des Schifs Banjamin and Ana auf Sheernes Rhede, den 27°" Ren. 1781, Uebſter Freund. erſtatten. Am 27 ten October wurden DB; eile, Ihnen von unferer am wir durch eilf Fährfihiffe auf unfere a zö6ten dieſes Monats auf der Transportſchiffe gebracht. Widrigen | Rhede von Sheernes, ſechs Windes halber flachen wir erſt den deutſche Meilen von Londen, erfolg: 7ten November in See. In der Nacht * Ane Ankunft Bericht zu vom gien a den dees harten wir nicht u . ge⸗ * Außer 18 Lagcbuche des Herrn Paſtor Lengſtedts, welches mir Herr N.ein Buſenfreund von bemelderem Herrn Paſtor, im Original 28 855 mitgerbeilt hat, iſt noch Eon e; vn Titel: N eines 3 4 funfzebn» ten Churfürfil. Braunſchweig⸗ urgiſchen Infanterie Regiments, geſchrieben auf der Keiſe Oſtindien, ein zelanfen. Um den Leſern des Magazins, nicht eine und eben diefelbe Sache doppelt vorzulegen, babe ich alles das, was in dieſem zweiten Tagebuche von den Nachrichten des Herr Paſtor Zangſtedts abweichet, oder mehr darin enthalten iſt, um die im erſten Tagebuche enthaltenen Bemerkungen deſto vollſtaͤndiger liefern zu konren, da jes des derſelden auf einem andern Schiffe gehalten worden, in Noten gebracht. * Die drei vorangeſchickten Ausjäge aus den Briefen des Herra Paftor Lang- ſtedts und eines Officiers, 3 alle authentiſch, und mir im Origiaal ven meinen Fccunden Herru Ben, Herrn Ker und Herrn Jerd mitgetdeilt. Alles, was die Lefer intereffiren konte, it in den Ans;ögen entdalten. Bloß Wan und was allein den anging, an den re 307 Bemerkungen auf einer Reife 3086 geringen Sturm, fo, daß der Schifs⸗ Den 1 5ten, Morgens um 4 ubr, capitain Rathlef das Signal gab, nach Coxhaven wieder zuruͤck zu gehen. Wir kehrten auch wuͤrklich 10 deut: ſche Meilen nach Coxhaven zuruͤck. Vom qgten auf den loten war die See gleichfalls ſehr unruhig, und in der Nacht vom 1iten auf den raten wurde der Wind ſo ſtark, daß einige Segel zerriſſen, und wir funſzig eng: liſche Meilen verſchlagen wurden. Am gten ſaben wir unſere zwei andern Schiffe, die Grand Ducheſſe und Polly, wie auch die Fregatte belle Poule nicht mehr, welche vermuthlich das zweite Signal in der Nacht vom gten auf den roten, (da ſich der Wind etwas umgeſetzt,) die Route ſortzuſez⸗ zen, nicht wahrgenommen hatten. Letz⸗ tere kam erſt den 17ten auf der Rhede von Parmouth wieder zu uns. Die Ducheſſe ift nach der heute von fon: don erhaltenen Nachricht zu Shils an der ſchottlaͤndiſchen Kuͤſte angekom⸗ men, die Polly aber nach Coxhaven zuruͤck gegangen. Das Schif Kingſton hat bei dieſem Sturme feinen Steuermann durch ei: nen ſchrecklichen Fall verloren. Auf der belle Poule wurde ein Matroſe Noddan mit verſchiedenen Krieges⸗ durch die Braamſtange erſchlagen. erblickten wir die Küften von Work ſhire, und den darauf folgenden Tag gingen wir auf der Rhede von Var⸗ mouth vor Anker, wo ich den trauri⸗ gen Anblick hatte, daß ich daſelbſt ein ſtarkes zweimaſtiges Schif auf einer Sandbank ſtranden ſah. Hier blie⸗ ben wir widrigen Windes halber bis den 22ten Nov. liegen, an welchem Tage wir die Anker lichteten, und nach Sheernes zu ſegelten. Weil aber die See unruhig wurde, ſo mußten wir Abends um 5 Uhr 10 engliſche Meilen davon vor Anker gehen, und weil der Wind ſtaͤrker wurde, den Nothanker noch auswerfen: ja es brach ſogar in dieſer Nacht der eine Angel vom Hauptanker ab. Contrai⸗ rer Wind noͤthigte uns allda bis den 24ten zu verweilen. Um 12 Uhr Mittags gingen wir von da aus un⸗ ter Segel, und Abends um 8 Uhr warfen wir auf der Themſe andert⸗ halb engliſche Meile von Sheernes die Anker. Der ꝛö6te war endlich der laͤngſt gewuͤnſchte Tag der uns Vor⸗ mittags um 9 Uhr auf die Rhede des oft erwähnten Hafens brachte. Wir trafen daſelbſt den engliſchen Admiral ſchiffen wurden, ſind weggeblieben. Gern haͤtte ich aus einigen Briefen vom Herrn Au⸗ diteur S 4e und Herrn Paſtor Langſtedt an einige ihrer hieſigen Freun⸗ de noch manches Intereſſante im Auszuge geliefert; allein, aller angewandten Muͤhe ungeachtet, habe ich dieſe Briefe nicht wieder erhalten koͤnnen. Herr Pa⸗ ſtor E angſtedt hat es übrigens Herrn K. und B. feſt verſprochen, ihnen den zweiten Theil ſeines Tagebuchs von Rio de Janeiro bis nach Oſtindien gleichfalls zuzuſenden, und zu feiner Zeit fol ſelbiger den Leſern auch vorgelegt werden. Sannover. G. 5: Wehrs. ſchiffen an. Am 16ten wären wir des Morgens um 8 Uhr auf der Rhede NVarmouth beinahe auf eine Sand: bank gekommen, wenn wir nicht durch eine geſchickte Wendung des Schiffs unter goͤttlicher Huͤlfe von dieſer Ge⸗ fahr waͤren befreiet worden. Transportſchif Kingſton hatte am aten auf nur gedachter Rhede, wie auch den 27ten auf der Themſe die⸗ ſes Schickſal, wurde aber durch die von der belle Poule zu Huͤlfe eilenden Matroſen, und das andere mal durch ein Kriegsſchif gerettet. g Am zoten wurden wir von unſerer Fregatte zum Eſſen geladen, und von dem Herrn Capitain Sair Sax, einem ganz fuͤrtreflichen Mann, herrlich be: wirthet. | | An der Seekrankheit habe ich drei Tage heftig darnieder gelegen, doch befinde ich mich nach der Geneſung hievon Gottlob ganz wohl. Unſer Schif, daß auf 402 Tonnen gebauet iſt, 6 Kanonen und 6 Drebbaſſen führt, hat Gottlob noch keinen Todten gehabt, obgleich ver ſchiedene an der Dif: fenterie hart darnieder gelegen haben. Die Nacht vom 7ten auf den gten ver⸗ geß ich nie, da hatten wir ſaͤmtlich, drei Officiere ausgenommen, die Gew krankheit am ſtaͤrkſten, und unſere Eaquipaͤge flog durch die heftige Bewer gung des Schifs in der Cajuͤte hin und her. Unſere Leute bekommen taͤg⸗ lich abwechſelnd Erbſen und Schwei; nefleiſch, Budding und Rindfleiſch, von Stade nach Oſtindien. Das 310 Habermehl und Erbſen, Butter und Kaͤſe, und alle Tage die Perſon drei Viertel Pfund Schifsbrod. Das Bier ſchmeckt nach Kaͤſe, daher ich keines verlange. Sieben Perfonen, worunter auch ich bin, ſchlafen in Betiſtellen, die übrigen auf der Erde. Des Schifslebens bin ich ſehr bald gewohnt worden. Selbſt im Sturm ſchlief ich ohne allen Kummer. Noth am Eſſen und Trinken litt ich auch nicht, ob mir gleich die Schifs⸗ koſt nicht ſchmecken wolte, denn ich hatte mich in Stade gut verproviantirt. Auf den oſtindiſchen Schiffen werde ich mein Apartement und auch beſſere Koſt erhalten. Zu Portsmouth werden wir auf die oſtindiſchen Schiffe embarquirt werden, wenn dieſes aber geſchehen wird, iſt noch ungewiß. Der Commodore Bickarton wird uns mit ſechs Kriegsſchiffen dahin begleiten. Morgen reiſen wir, der erhaltenen Ordre zu Folge, nach Portsmouth. Auf der belle Poule, die 38 Kano⸗ nen führt, und eine ganz fuͤrtrefliche Cajuͤte hat, ſabe ich eine Ziege, die auf dem Schiffe jung geworden, und mit dem Capitain Cook die Reiſe um die Welt gemacht hat. Sie frißt alles, und nimt's jedem aus der Hand. Unſer Schif iſt bei dem verwuͤſten⸗ den Sturm vor Barbados geweſen. Wir haben eine amerikaniſche Ziege und Bock darauf, auch amerikaniſche Kaͤſer, die platter und weißer als Maikaͤfer ſind. | ? u 2 Zwei⸗ Re. Bemerkungen nf einer ae | 312 Zweiter Brief. 1 . en An 1 R' er in Hannover. Rio de Janeiro, im Mal 55 | Liebſter Freund. chon laͤngſt war ich Ihrer 1 5 rend meines Aufenthalts in N genoſſenen ausnehmenden Freundſchaft ein beſonderes Schreiben ſchuldig. Aber ich wolte Ihnen mit allem Fleiß aus England von unſerer lang- wierigen und mit mancherlei widrigen Begegniſſen bezeichneten vierzehn woͤ— chentlichen Reiſe, keine wiederholte Nachricht ertheilen, da ich mir mit der angenehmen Hofnung ſchmeichelte, daß Ihnen das mehrſte von unſerer Reiſegeſchichte nach England, aus dem von Sheernes Rhede aus an Herrn B' b) erlaſſenen Schreiben moͤgte bekant geworden ſeyn. In der ſuͤßen Erwartung, vielleicht bald von einer begluͤcktern und ange⸗ nehmern Reiſe intereſſantere Nachrich⸗ ten ertheilen zu koͤnnen, theile ich Ih⸗ nen folgendes mit: Am Zoten April find wir nicht nur die fo ſehr gefuͤrchtete Aequinoctialli⸗ nie ohne große Ungemaͤchlichkeit paſ⸗ ſirt, ſondern befinden uns auch dem groͤßten Theil nach Gottlob ganz wohl, und gedenken eheſtens in einem Hafen in Suͤdamerika oder zu Madagaſear einzulaufen. Einen Auszug aus mei⸗ nem Journal von Portsmouth aus werden Sie von dem Herrn A* b) Siehe den erſten Brief. "a 840 i — Pe; { t Eu . F bekommen, den ich darum erfü icht habe. Da ich dieſes ſchreibe, be⸗ finde ich mich ganz wohl und vergnuͤgt. Der Himmel gebe, daß Sie dieſen Brief in gleichem Wohl⸗ ftande und Froͤlichkeit leſen mögen. Ey! werden Sie ſagen: auf feſtem Lande befindet man ſich doch beſſer, und heitrer im Gemuͤth. In gewiſſem Verſtande raͤume ich es Ihnen gern ein, verſichere aber auch dabei, daß wir in unſrer gegenwärtigen Lage (wenn der Himmel beſonders Geſundheit ſchenkt,) die Ihnen mein Tagebuch und ſonſtige beigelegte Nachrichten naͤher aufklaͤren werden, gewiß nicht zu klagen Urſach haben. Wir leben ohne alle Nahrungsſorgen, ſegeln bis bieher groͤßtentheils mit guͤnſtigem Winde, und vergeſſen die Gefahren immer mehr, die man auf dem Meere zu fuͤrchten bat. Man wird des See⸗ lebens von Tag zu Tag mehr gewohnt. Ich wenigſtens wolte nunmehro die ganze Welt umſegeln. a Meine Amtsgeſchaͤfte ſind either nicht ſo häufig als von Stade nach Portsmouth geweſen. Ich habe 1 Kind getauft und 103 Perſonen bis jetzt das heilige Abendmahl reichen muͤſſen. Wenn es die Witterung und andere Umſtaͤnde erlaubten, hielt ich auf dem Verdeck Gottesdienſt, ſonſt aber 4 1 1 ne. 8 a ee‘ 310 aber in der Cajnte, auch während der Paffionszeit in der Woche einmal. Ich mußte mich von z0ten bis ꝛ4ten Maͤrz Amts halber am Bord des Schifs Anna Amalia aufhalten, und 309 mir durch die viele beſonders im Raum des Morgens bei den Kranken eingeſchluckte faule Luft eine Magen⸗ krankheit zu, die aber unter goͤttlicher Huͤlfe, mittelft der von unſerm geſchick— ten Regimentschirurgus „ Schwarz verordneten Medicamente bald geho⸗ ben wurde. Ob a. gleich Feine Ant: wort auf mein Schreiben an die B. Familie, welche ohne Zweifel verloren gegangen iſt, erhalten ſo lebe ich doch der angenehmen Hofnung, daß es ihr richtig eingehaͤndigt worden, weil von dem Heren ** *, dem ich dieſen Brief eingeſchloſſen überfandt, als wir uns noch in den Duͤnen bis Deal befan⸗ den, Nachricht eingegangen. Ber: muthlich hat der junge Herr B= ſeinen Vorſatz mit nach Oſtindien ge— heu zu wollen, aufgegeben. Bis hieher war dieſer Brief fertig, ehe wir noch gewiß wußten, in wel⸗ chem Hafen wir vor Anker gehen wuͤr⸗ den. Am 20 ten April Tiefen wir in den ſuͤdamerikaniſchen Hafen Rio de Janeiro wohlbehalten ein. Der Commodor fuhr mit unſerm Herrn Oberſten und uͤbrigen Commandeurs von den Regimentern nach dem Vice? Roi, um die Erlaubniß, die Kranken ans land bringen zu dürfen, zu erbit⸗ ten, welche ihnen auch eingeraͤumt wur⸗ de, daher man am 2ten Mai ſelbige auf ein nicht weit entferntes Eiland, don Stade nach Oſtindien. 314 Namens Inſchades, worauf einige bisher unbewohnte Gebaͤude ſtanden, brachte. Von den Schiffen werden ihnen taglich die erforderlichen er rungsmittel zugeſendet. J Am zien dieſes fuhr ich mit — Herrn Hauptmann Offeney ans Land, machte dem portugiſiſchen General Boͤhme, einem Deutſchen, der ſonſt in Bremen als Commandant geſtan⸗ den, die Cour, und wurde uͤberaus guͤtig aufgenommen, beſah die wuͤrk— lich paradiſiſchen Environs dieſer Stadt, deren betruͤgeriſche Einwohner 5 groͤßtentheils Negers ſind, wohnte der Jnveſtitur einer Nonne bei, wobei ich die herrlichſte Muſik hoͤrte, wurde mit einigen Fratribus, die mir "überaus höflich begegneten, bekant, und ging Abends ganz vergnuͤgt über Gottes ſchoͤne Welt auch auf der andern Halb: kugel, an mein Bord zuruͤck. Ich ſchließe dieſen Brief, welcher über Liſſabon und London gehet, unter herzlicher Anwuͤnſchung des dauerhaf⸗ teſten Wohlergehens, und bin ie. WMachſchrift. Wir genießen hier den Mai in feiz ner vollkommſten Schoͤnheit: unzaͤh⸗ lige Nachtigalen ergoͤtzen das Ohr des am Strande Spatzierengehenden: das Auge ſieht ſich an den herrlichen Zitronen- und Orangenwaͤldern nimz mer ſatt. Für z engliſchen Schilling kan man 100 ‚Stück der ſchoͤnſten Orangen kaufen. Die Stadt iſt beinahe ſo groß, als Hannover, und beſtebt aus zwei Thei⸗ u 3 enen, 315 len, deren einer Sebaſtian, der an: dere aber Janeiro genannt wird. Unſere Kranke koͤnnen bei Tage auf der Inſel, unter den ſchoͤnſten Oran⸗ gen⸗ und Zitronenbaͤumen liegen, und ihre balſamiſchen Duͤfte einathmen; ſie beſſern ſich daher von Tage zu Ta: ge, und wir haben ungefaͤhr noch 6 gefährliche Kranke. Zu Anfange des kuͤnftigen Monats, werden wir wahr⸗ a ö * N * * Bemerkungen auf einer Reiſe 5 ſcheinlich, Jo Gott wil, unſere Reife: Dritter Brief. 0 | 16 weiter fortſetzen. Das Waſſer iſt hier bei weitem nicht fo ſchlecht, als es Capitain Cook beſchrieben hat, ſondern ſehr gut zu genießen, auch der Geſundheit nicht nachtheilig. Der Himmel aber iſt ſelten heiter, die Atmoſphaͤre iſt groͤß⸗ tentheils mit waͤßrichten Duͤnſten an⸗ gefuͤllet. f x * si A ar. An Herrn I***d in Hannover, Geſchrieben am Bord des Schifs Nottingham, im Hafen Rio de Janeiro, den en Mai 1782. Beſter Freund. Ein von hier nach Liſſabon gehendes ;portugieſiſches Schif, nimt dieſen Brief mit. Da es zu eilig abſegelt, kan ich Ihnen den Verfolg meines Ta⸗ gebuches jetzt noch nicht mit ſchicken, ſondern Ihnen nur folgendes melden. Wie wir die Linie paſſirt waren, ſteuerten wir immer nach Suͤdweſt, bis wir endlich am 25ten April die erſtaunlich hohen und ſchroffen Felſen der Küfte Braſilien erblickten. Un: ſere Freude hieruͤber war unbeſchreib⸗ lich groß. Wir wurden hier ſehr gut aufgenommen. Man ſchickte uns gleich für alle unſere Schiffe dootſen, die uns in den Hafen brachten, und die auf unſerer Flotte befindlichen Kranken wurden am ꝛten Mai auf die gerade ) Dieſer Brief it nicht vom Herrn Paſtor Zangſtedt, ſondern ein Auszug aus einem Schreiben eines Hannoveriſchen Officiers vom fünfzehnten Regiment, gegen der Stadt über liegende und von ſelbiger nur eine Viertelſtunde ents fernte kleine Inſel Jenſchades ge ſchaft, wo ſie unter Obdach kamen, und die gehoͤrige Verpflegung erhielten. Der Eingang des Hafen wird durch das große Fort St. Crux, und durch das dieſem gegen uͤber liegende kleine Fort St. Lucie gedeckt. Von jedem unſerer Schiffe duͤrfen allemal nur fünf Officiere auf einmal ans Land gehen, und fuͤnfe bekommen alsdenn allemal einen Officier zur Or⸗ donanz mit, der ſie allenthalben, wo ſie hingehen duͤrfen, herumfuͤhrt. An unſern Schiffen wimmelt es taͤglich von Boͤten, die uns allerlei Vietualien zum Kauf anbieten. Fuͤr etwa 6 Mariengroſchen nach t un⸗ welches mir vom Herrn J. guͤtigſt mitgetheilt worden. 2 Gi”, „ . VE 9817 unſerm Gelde, kan man hier 150 Stuͤck ſogenannte Apfelſinen oder ſuͤße Orangen kaufen. Cben fo viel Stück Zitronen erhaͤlt man für: den nemlichen Preis. Cocosnuͤſſe fi ud hier gar nicht rar. Zwoͤlf Stuͤck koſten etwa 2 Marien⸗ groſchen, und nach Proportion ſind alle uͤbrigen Fruͤchte, die das Land hervor bringt, nicht theurer. Diͤe hieſige Gegend iſt recht roman: tiſch und maleriſch, nur werden die ſuͤßen Empfindungen, die man bei dem Anblick derſelben genießt, zu oft durch den Anblick des menſchlichen Elendes, ich meine durch die erſtaunliche Wien: ge der hieſigen nackten armen Neger⸗ ſklaven, unterbrochen. Unſer Einzug in den Hafen wurde durch das Abfeuern der Kanonen auf allen unſern Schiffen und durch die Gegenbegruͤſſung des Forts recht feierlich. In der Naͤhe der Stadt ſiehet man ſchoͤne Landguͤter, herrliche Gaͤrten und Waͤlder von Zitronen⸗ und Orangenbaͤumen, und Braſilienholz. Blumen, verſchiedener Art, bedek⸗ ken uͤberall die Erde, und duften die lieblichſten Geruͤche aus. Ueber: haupt liefert die Abwechſelung von Bergen, Blumenreichen Thaͤlern, Waͤl⸗ dern und Gebaͤuden den ſchoͤnſten Contraſt. Die Stadt ſelbſt iſt regulair ge⸗ bauet. Sie iſt etwa zwei engliſche Meilen lang, und eine halbe engliſche Meile breit, und liegt an der ſuͤdli⸗ chen Seite, laͤngſt der Kuͤſte. von Stade nach Ostindien. 315 Die Straßen ſind gut gepflaſtert, und haben an den Seiten Fußbaͤnke fuͤr die Fußgaͤnger. Alle Haͤuſer ſind maſſiv gebauet, und zwei Etagen hoch, haben aber keine Glas- ſondern hoͤlzerne Gitter: fenſter, und werden dadurch ſehr ver⸗ unſtaltet. Der Pallaſt des Vice-Roi, die Canzlei, die Muͤnze, das Gefaͤngniß, die Baracken, worin ein Theil der Garniſon liegt, imgleichen die hieſi⸗ gen reichen Kloͤſter und Kirchen, ſind praͤchtige Gebaͤude, die geſehen zu werden verdienen. Es ſind hier ſieben Ordenskloͤſter, wovon drei Nonneukloͤ— ſter ſind. Das Kloſter der Benedicti— ner iſt das groͤßte und beſte von allen. Die Portugieſen ſind hier durch⸗ gaͤngig hoͤflich und zuvorkommend. Die Zahl der Schwarzen verhaͤlt ſich gegen die Weißen wie 11 zu 1. Weiße Frauenzimmer, die bier, was ihre Tugend anbetrift, von der vornehmſten bis zur niedrigſten, in nicht gar zu gutem Rufe ſtehen, fi cbt N man hier bei Tage gar nicht. Kaum aber faͤngt der Abend an zu grauen, ſo wimmelt es auch davon in allen Straßen. Sie ſuchen auf alle ihnen nur moͤgliche Art und Weiſe vor⸗ zuͤglich die Fremden in ihr Netz zu locken, und ſchenken denen, die ihnen begegnen, zum Zeichen ihrer Gunſt Bouquets. Aber wehe dem uner⸗ fahrnen Fremden, der ſte nicht fliehet. Krankheit und ficher Körper find ge⸗ woͤhnlich die unausbleiblichen Folgen ſeiner begangenen Thorheit. Man pflegt 319 Bemerkungen aufeinet Reiſe von Stade nach Oſtindien. 320 X pflegt auch jeden Fremden hier gleich zu warnen, ſich 1 mit ee Ge⸗ ſchoͤpfen abzugeben. Die Stadt hat ein fe hr. gutes Opernhaus, in welchem von einer eu⸗ ropaͤiſchen Operiſtengeſellſchaft / woͤ⸗ chentlich dreimal Oper gegeben wird. Die Geſellſchaft ſpielt ziemlich gut. Das Militair ſtehbet hier in groſ—⸗ ſem Anſehen. Es beſtehet aus 14 Regimentern, und wird von dem Ge⸗ neral Boͤhm commandirt. Der General Boͤhm iſt ein Deut⸗ ſcher, und war ehemals Commandant in Bremen. Er ging mit dem Gra⸗ fen von Buͤckeburg nach Portugall, und wurde von da aus vor einigen Jahren mit verſchiedenen Regimens tern hierher geſandt. Sein hieſiges Landgut, worauf er wohnt, iſt nicht weit von der Stadt belegen. Wir wurden alle recht freundſchaflich vos ihm aufgenommen. Die hieſigen Soldaten ſi nd alle gut montirt und exercirt. Ihr Exercice aber iſt jedoch noch auf den alten Fuß, ſe wie es vor Zeiten bei uns war. In acht Tagen haben wir ee von hier zu reiſen e. Die Fortſetzung folgt nf 5 Anekdote, vom Defporiomus in Rußland. N Ben Dimsdale fand bei Einfuͤh⸗ rung der Pockeninokulation in Rußland das ſeltſame Voturtheil, daß der Kranke, von welchem die Blatter⸗ materie, zum Gebrauch bei andern ge: nommen werde, ohne Rettung ſterben uͤſſe. Er hörte von einem Kinde, daß die Blattern haͤtte, und ging hin, Ma: terie davon zu holen. Als er in das Zimmer trat, waren alle Umſtehende wie bedonnert, und die Mutter warf ſich ihm zu Süßen, und bat ihn, doch ihres Kin: des Leben zu ſchonen. Der Baron wur; de gerührt, und hieß feinen Dolmetſcher ver ſuchen, ob der Frau das Vorurtheil ausgeſprochen werden koͤnte, und im Fall er feine Abſicht nicht erreichen fol: te, ſie zu verſichern, daß er ſie nicht zwingen wolle. Unterdeſſen der Dol⸗ metſcher mit der Familie ſprach, bemerk⸗ te er, daß der Vater des Kindes, einige Zeit mit der Mutter redete, und dieſer fagte ihm denn, daß fie endlich in fein Serlangen n willige. Er hörte nemlich, daß der Baron auf ausdrücklichen. Befehl der Kaiſerin gekommen, und ſagte deswe⸗ gen zu ſeiner Frau: „Eben ſo wenig als du, meine Liebe, würde ich irgend einem Men: ſchen in der Welt zu Gefallen unſer Kind verlieren wollen; aber du hoͤrſt ja wohl, der Herr komt auf Befehl der Katſerin: und wenn Ihre Majeſtaͤt eee ſolten die Hände oder She abgehauen — den, welches doch viel ſchlimmer als der Tod ſeyn würde, fo müßten wir uns unterwerfen. Laß uns alſo unſern ſchuldigen Gehorſam zeigen, und uns den Befehlen Ihrer Maje⸗ ftät nicht widerſetzeu „Merkwürdig iſt die Art, wie die Kaiſerin dieſes verderbliche Vorurtheil auszurotten fuchte, Als fie ſelbſt die eingeimpften Pocken hatte, ließ ſie meh⸗ rere mit ihrer eigenen * ins⸗ kuliren. d. Moller. *) Bar. T. Dimsdale's Tradts on Inoculation &c. Lond. 1781. 8 Monthly nenen March 1782. pag. 170. FI e 322 Hannovers Magazin. 2 Ites Stuͤck. Freitag, den 14ten März 1783. Auszuͤge einiger Briefe des Herrn Langſtedts, Feldpredigers bei dem funfzehnten Churfuͤrſtl. Braunſchweig⸗Luͤneburgiſchen nach Oſtindien gegangenen Infanterie⸗Regiment. Nebſt einem Extract aus deſſen Tagebüͤche. 5 f (Fortſetzung.) er: der oſtindiſchen Slotte, die am ten Febr. 1782 von Ports⸗ mouth ab unter Segel ging. Reiſen Schiffe. Tonnen Capitains. * Beſtimmung. 4 | Alfred — 758 Jam. Brown 4 Calcutta — 761 | Will. Thomfon| Y Coaft and China. 2 Ganges — 758 J. H. Dempfter| | 4 Ceres — 723 Th. Price I 4455 . Dutton — 755 | Jam. Weſt € 1 | Royal Biſ hep 700 Will. Mears Bombay and Bencooln. 4 Morſe — 864 joſ. Elliot 4 | RoyalHenry —| 804 | Ralph.Dundas | > Coaft and China. 2 | Earl Talbot — | 758 Robb. Taylor 4 | Nördfok — 723 | Sam. Bonham 1 Major — 755 | Dav. Arthur 5 Hauke — 723 | Franc. Scott. 5 | Worcefter u 723 | Joh. Cock > India, 1 Kent 755 a: Stoakes | | 1 Warr Maflings— 755 | Th. Lavking || 1 Nottingham — | 740 | George Curtis |:| I | Ann Amalia Naſſau 600 | Popham J / / Bu Man 323 Nan of War. Ius. Gibrakar — 84 Cumberland — — 74 Defence — — 74 Africa — — | 64 | Inflexible — — 64 Juno Fregate— — | 32 | Griffin Cutter — — 12 Außer den angeführten, Kriegsſchif⸗ fen noch ſieben, deren Namen ich bis jetzt noch nicht habe erfahren koͤnnen. Die von Plymouth aus zu uns geſtoßenen zwei Storſchiffe und eine Brig, gingen mit einem 42 Kano⸗ nenſchiffe nach Afrika. An welchem Tage aber dieſes geſchehen, iſt noch unbekant. Jegtt beſteht alſo unſere d Flotte aus 25 Segeln. In der ganzen Flotte befinden ſich uberhaupt 10, 0 Menſchen. Auf dem Commodorſchiffe Gibraltar 8 Auf jedem 74 Kanonenſchiffe 600, auf jedem 64 Kanonenſchiffe 500, auf je⸗ der Fregatte 250, auf dem Kutter 70, Die Anzahl der Menſchen auf je dem oſtindiſchen Schiffe iſt mir bis jetzt noch unbekant. Burze Beſchreibung unſers Schiffes. Unſer Schif, jetzt Nottingham ger nannt, vorher, da es noch den Hollaͤn⸗ dern gehoͤrte, Wilhelmina Catharina, auf 32 Kanonen gebohrt, jetzt aber nur 22 Zwölſpfünder und 6 Sechs⸗ pfuͤnder führend, hatte am Tage der a) So ſteht im Originaf⸗ Pöemeriigen auf einer Nie tuch verbraucht. . 324 Abreiſe von Portsmouth 320 Köpfe am Bord, 191 von unſern denten, 29 engliſche Rekruten, 12 irrlaͤndiſche Cadetten und 88 Seeleute, AR Seine Ange iſt 1 30 Fuß, die Brei⸗ te aber 36 93 Fuß a). Im Waſſer geht es 21 Juß tief, außer Waſſer 14 Fuß. Der Mittelmaſt ift 80 Fuß hoch, der Vormaſt 70 Fuß, und der Mif ſenmaſt 50 Fuß. | Zu den 42 Segeln, die wir aufſez⸗ zen koͤnnen, ſind 3000 Ellen Segel⸗ Es koſtet den Be⸗ ſitzern als eine Prieſe 14200 Pfund Sterling, iſt auf ein Jahr uͤberhaupt verproviantirt, und auf ein halbes Jahr mit Waſſer verſe hen. DieProviſtonen kommen, nebſt der geſamten Ausruͤſtung des Schifs auf 26000 Pfund Sterling zu ſtehen. Wir nahmen auf unſere Reiſe auf⸗ ſer dem eingeſalzenen Fleiſche mit: 3 ganze Ochſen, 45 Stuͤck Schweine, 35 Stuͤck Schafe, 5 Dutzend Gaͤnſe, 10 Dutzend Enten, 6 Dutzend Pute kr 18 Dutzend Hühner, Dieſes Schif iſt den Holläadern gleich zu Anfange des jetzigen Krie⸗ ges unweit Portsmouth genommen worden. a Es wird jetzt von dem Capitain George Curtis, einem ganz fuͤrtref⸗ lichen Mann, der 26 Jahr alt iſt, und die dritte Reiſe nach Oſtindien macht, commandirt. Es iſt febr ſtark g.. 32 5 > gebauet, und ſegelt ziemlich gut. Auch iſt eine Schmiede darauf befindlich. Unſere Leute erhalten folgendes 1äg: lich an Eſſen und Trinken. Die ganze Mannſchaft iſt zu fünf Mann in Menagen getheilt, und be⸗ amen han): | Montags. Habermehl, Brei davon zu machen, Sandzucker, und 3 Pf. Kaͤſe, 4 Quartier Waſſer mit Rum oder Brantewein vermiſcht, oder Grog. | Dienſttags. Fünf Mann 8 Pfund Rindfleiſch, jeder Mann 3 Pfund Weizenmehl zum Budding, und uͤberhaupt 5 Mann 5 Pfund Fett. Mittwochs. Sechs Pfund Schwei— nefleiſch für fuͤnf Mann, und Erb: ſen zur Suppe. | Donnerſtags. Zwei Stockfiſche für fünf Mann, 2 Quartier Oel, 2 Quartier Eſſig, Erbſen zur Suppe, und 3 Qartier Grog. Freitags. Wie am Dienſtage, und Grog. Sonnabends. Wie am Mittewochen. Sonntags. Wie am Donnerſtage, und Grog. Brod bekomt jeder Mann woͤ— chentlich fuͤnf Pfund. So lange Bier vorraͤthig iſt, kein beſtimmtes Maaß, wenn aber ſolches ausgetrunken, ev; haͤlt jeder Mann taͤglich 2 Quartier Waſſer, und an dem Tage, wo fie Grog erhalten, nur 17 Quartier. Wir haben taͤglich Mittags 12 Schuͤſſeln, und Abends 6. Noch nie habe ich fo viel Puter und Paſteten, von Stade nach Oſtindien. 326 als auf dieſem guten Schiffe verzeh⸗ ren helfen. Bei Tiſche trinken wie Bier oder Rum mit Waſſer vermiſcht. Nach Tiſche Madera und rothen Portwein. Abends nach Tiſche Ponſch oder Neger, ein Trank der aus ro⸗ them Wein Zitronenſaft, Waſſer und Zucker bereitet wird. Um acht Uhr des Morgens wird gefruͤhſtuͤckt, da wir Kaffe oder Thee, und ein jeder dabei ein kleines Broͤdchen erhalten, welches die Englaͤnder Roll nennen, und alle Tage friſch gebacken wird, 2 Uhr iſt Diner, 8 Uhr Abends Souper. Unſere Kranke werden uͤberaus gut behandelt. Sie empfangen Suppe von Haber und Reismehl mit Sand⸗ zucker, Graupen, Reis, auch zuweilen friſches Hammelfleiſch. Zum Ge traͤnke erhalten ſie Thee, Kaffe, Bier und zuweilen rothen Portwein, nach⸗ dem es die Krankheiten erlauben. Ueberhaupt bezeigt ſich unſer fuͤrtrefli⸗ che Schifscapitain ſehr mitleidig und wohlthaͤtig gegen ſie, laͤßt beſonders zum Beſten der mit Scorbut behafte⸗ ten, da kein Bier mehr vorhanden iſt, von neuem ein dieſer Krankheit abhel⸗ fendes Bier brauen. Ich kan nicht umhin, zugleich die überaus große Wohlthaͤtigkeit unſers Herrn Oberſten gegen ſie zu ruͤhmen, welcher ſte ſeit geraumer Zeit mit Wein, Kaffe und andern Exquickungen labet. Die Reinigkeit auf unſerm Schiffe anlangend, ſo kan ich mit Beſtand der Wahrheit verſichern, daß fie ſehr weit * 2 geht. 4327 geht. Das Quaderdeck ift immer fo tein, als das ſchoͤnſte immer. Der Raum, in welchem unſere Leute ſich aufhalten, wird taͤglich gereiniget und ausgewaſchen, und der Guns⸗Room, nebſt den uͤbrigen Theilen des Schifs woͤchentlich zweimal mit Waſſer von Grund aus geſaͤubert, auch ſehr oft mit Theer, Pulver und Kampfer ge⸗ raͤuchert, und die Haͤngematten unſe⸗ rer Leute taͤglich aufs Deck gebracht und geluͤſtet. Wir ſchlafen größten: theils in Cots, die viel geraͤumiger und beſſer als Hängematten find, und einem Bette ſehr nahe kommen, ja nach meiner Empfindung den Betten vorzuziehen ſind, wenn ſie auch gleich als Hange⸗ matten aufgehangen werden. Mit dieſen wird alle Tage eben dieſe Pro⸗ cedur gemacht. Wir fchlafen bei offe⸗ nen Fenſtern, Thuͤren und Gallerien, ſo daß der / Wind auf allen Seiten durchſtreichen kan, und doch ſchadet uns dieſe Zugluft nicht, ſondern be⸗ koͤmt uns ſehr wohl. Bemerkungen auf einer Reiſe De — Verzeichniß der Seeleute auf der Nottingbamn. Der Capitain. 5 Mates. 1 Schifs⸗ doctor oder Butſer. 1 Midf hipmarı Cockswain, der den Capitain allemal begleitet, wenn er im Boote ausfahrt. 4 andere Midſhipmans. 1 Gunner. 1 Carpenter. 1 Boatswain. 1 Co per. 1 Ships Stewart. 1 Capt. Ste- wart. i Ships Cook. 1 Capt. Cook. Gunners Mate. Carpenters Mate. Sailmaker. Armorer. Boatswains. Ma- te. Butcher. Baker. 5 Quatermaſters. 40 Seamans and Servants. 1. . * * * * * * * 0 Damit Sie ſich doch einen Begrif - von unſerm Diner machen koͤnnen, welches wir am ꝛc0ten März hatten, ſo lege ich Ihnen dieſes Blatt bei, worauf ich die Schuͤſſeln ſo verzeich⸗ net habe, wie ſie auf dem Tiſche ſtand en.. % Diner Sn von Stade nach Oſtindien. sq | gd; tube g . uud . socharpom eee U ebe ag eee ee ie Rs dn 1 bund \ | * WONG 1490 0 42 f 192999 wa3gP1 EL njhog ed “gras Bingang :SUUvgog a long He ee 100 9 2 2 ö zualga un :p9) uo Avon Aug _ 0 00 1 2 ane rel BR ag Mus u au phayljamumv uozu i uach mog ubgvagaejngz n a 29 1 ee narvagaaguck ad Sa a 2 109 d ah aeg pose f addıa houvck PR | 2,1075) 2 ä “191994 anorg i u0:277) WANIPND sgıuungag x a ; "ageuagany) va uog hee un. er m upp = Ave Jom d a ee Burgange BPIG ? 8% BO r uw 4 Aus⸗ * 3 ur er a Bemerkung en auf einer Ri 332 Auszug aus meinem Tagebuche von Portsmouth aus * den 6ten Februar 1782. b). Da öten Febr. Nachmittags um Schiffe Gibraltar, von go Kanonen, laut A A4 Uhr gingen wir mit Mordofts der Seite 321, befindlichen Liſte, von winde 35 Segel ſtark, unter dem Com: Portsmouth ab. Abends waren wir mando des Commodore Bickarton, in dem großen Ocean, und unſer Pilo⸗ auf dem, den Spaniern genommenen te, der uns bis dahin gefuhrt, Beh g a 5 en v) Das Tagebuch eines Officiers, welches zu Sameln angefangen, bis zum 31" Febr. auf dem Schiffe Banjamin and Ann, ſodann aber auf dem Schiffe Ann Amalia Naflau fortgeführt worden, gehet vom Mai 1781, wo die beiden nach Hſtindien gegangenen Iufanterie⸗Regimenter geworben wurden, an. Folgendes daraus bis zum Eten Febr. 1782 gehört hier her: 8 A Jedes der beiden Regimenter folte aus 1035 Mann beſtehen. 1 Das funfzehnte Regiment war ſchon den TA Sept. 1781 complet, und konte dem oſtindiſchen Commiſſair, Capitain P. bei Hameln, dem Verſamm⸗ Jungsoste, zur Muſterung vorgeführt werden. Der Herr Oberſtlieutenant R. wurde zum Oberſten aber beide Regimenter ernaunt, und der Herr Major von W. dem ſechszehnten Regiment als Oberſtlieutenant vorgeſetzt. Die übrigen Officiere waren Freiwillige aus der Hannoveriſchen Infanterie und Cavallerie. Den Eten Het. 1781 ſetzte ſich das funfzehnte Regiment, in fünf verſchiede⸗ nen Diviſionen von Hameln nach Stade in Marſch, wurde allda den 27e Det. deſſelben Jahrs auf der Elbe auf vier engliſchen Transportſchiffen einge⸗ ſchift, und durch die Fregatte belle Poule convoiiret, welche an der Mündung der Elbe bei Corxhaven auf fie wartete. Widrige Winde hielten dieſe Schiffe bis des ten Nov. 1781 in der Elbe auf, und auch dann blieb ihnen Neptun nicht lange guͤnſtig. Sie wurden bald durch Stürme aus einander verſchlagen. Die Polly, eins der Transportſchiffe, nahm ihre Zuflucht wieder nach der Elbe zurück, und die übrigen Schiffe kamen, eins nach dem andern, ganz nördlich an die Kuͤſſe der Grafſchaft Norkſhitze. i \ 8 Am Iten Nov. 1781 erblickte das Schif Banjamin and Ann, das nur das Transportſchif the Kington bei ſich Hatte, zuerſt die engliſche Käfte bei Withby, einer alten Abtei in eben genannter Grafſchaft. Dieſe Schiffe wandten nach Suden, und waren den folgenden Tag auf der Rhede vor Narmouth, wo auch den 18ten die belle Poule zu ihnen ſtieß. Des Oberſten R. Schif, the grand Dutcheſs of Ruflia, kam erſt nachher in den Dünen wieder zu ihnen, die Polly aber blieb mit des Hauptenann von H. B und Sch. Compagnie bis in den Frühling 1782, und bis zur Abfahrt des ſechszehnten Regiments zu Sta⸗ de, weil ſie in der Elbe eingefroren war, und die zu ihrer Bedeckung nachge⸗ ſchickte Fregatte Ariadne, das Ungluͤck gehabt hatte, auf der Elbe zu ſcheitern. Die zu Yarmouth angelangten Schiffe aber ſegelten ven da am 22ten No. 1781 ab, und ankerten am 24" deſſelben Monats in der Mündung der Them⸗ ſe, legten ſich aber den andern Tag naͤher an die Citadelle Sheerneß auf dem Fluſſe Medway, und von hier gingen einige vos ihren Off cieren nach London. Am 3ten Dec. 1781 verlleßeg ſie dieſen Ort, und ſegelten unter Bedeckung a .. kined % 8 237. igth. 1 Den 8. — Wurden unſere Ka⸗ nonen ſcharf geladen, und die erfor⸗ derlichen Mannſchaften dazu ausge⸗ ſetzt, um uns gegen feindliche Anfaͤlle zu wehren. Nachmittags um 3 Uhr, geſelleten fh 3 nach Afrika beftimte Schiffe aus Plymouth, das wir von "ferne erblickten, zu uns. Den 9. — Am Morgen waren wir bei Landsend. Nachmittags um 3. bei der Inſel Scilly, auf der wir eine kleine Stadt, und einige Leucht⸗ thuͤrme bemerkten. N Den 10. — Die ſpaniſche See, in der wir uns nun befanden, war ſo unruhig, als wir es kaum in der Nord⸗ fee empfunden hatten, daher Die fünf Fenſter in unferer Cajuͤte, bis auf eins, aus Beſorgniß, daß ſie von den Wel⸗ len zerſchlagen werden moͤgten, aus: gehoben, und an deren ſtatt Schellern eingeſetzt wurden. Wir ſegelten in einer Stunde 7 engliſche Meilen. Den 11. — Waren wir mit der irrlaͤndiſchen Kuͤſte in einerlei Brei te, und hatten einen, von den Eng: laͤndern ſogenannten friſchen Wind. eines Cutters von 14 Kanonen nach den Dünen (Horns), mußten aber. drigen Windes wegen auf dieſer an ſich kurzen Reiſe bis den 13 en zubringen. von Stade nach Dfindien, Enger - Den zten Febr. 12 Uhr Mittags, ſahen wir Helene auf der Inſel 334 (freſh Gale.) Unſer Speiſetiſch zer⸗ brach durch die heftige Bewegung des Schifs. Ein Oftindienfahrer wurde ſeines Maintoppmaſts verluſtig. Den 1 2ten Febr. Wir aßen, wegen ſtarker Bewegung des Schifs, lie: gend, wie die Morgenlaͤnder. Abends waren wir 400 engliſche Meilen von Portsmouth. Den 13. — Wir ſteuerten in Suͤd⸗ weſt, da wir zeither unſern Lauf nach Weſten genommen hatten c), Den 14. — Empfing ein jeglicher Officier, und ihm an Range ähnlicher, von dieſem Tage an, 1 Qnartier Wat fer zum Gebrauch außer den Mahlzei⸗ ten. Abends, waren wir 700 Meilen von Portsmouth. Den 15. — Ein eſtindiſches Schi verlor abermals in der vergangenen ſehr unruhigen Nacht, feinen Main⸗ toppmaſt. Den 16. — Hatten wir Kalm ruhige See,) und aßen wieder ſitzend am Tiſche. f Den 17. — Asaneirten wir, weil der Wind contrair war, faſt gar nicht. Den 18. — In der abgewichenen Nacht entdeckte der Commodore ein Schif, das er für ein feindliches bielt, da⸗ wi⸗ Am 30° Jan. 1782 gingen fie zum letzten mal unter Segel, und legten ſich endlich den zun Febr. zu Spichead, der Rhede vor Portsmouth glücklich vor Anker. Weil aber die oſtindiſche Flotte hier bereits ſegelfertig lag, ſo wur⸗ den fir ſchon den andern Tag auf die oſtindiſchen Trans portſchiffe umgeſchiffet⸗ und fuhren am Seen Sehr, mit der engliſchen oßtindiſchen Flotte von Ports⸗ mouth ab. e) An dieſem Tage regnete und ſchneiete es abwechſelnd, und die See wurde wieden recht unruhig. 335 Bemerkungen auf einer Reiſe von Stade nach Oſtindien. | 336 daher er eine Fregatte abſchickte, um es zu verfolgen; dieſe aber konte, der truͤben Witterung halber nicht weit genug kommen, und das Schif ließ ſich auch nicht weiter ſehen d). Auch ſtarb ein am geen d. M. allhier gebornes Soldaten Kind. a Den i ten Febr. Hatte es auf dem Verdeck Eis gefroren. Wir waren mit Portugal in einerlei Breite. Paſſier⸗ ten die gruͤnen Inſeln e). Den 20. — Waren wir einem portugieſiſchen Weſtereiland nahe. Den 21. — Feines Wetter, ziem⸗ lich guter Wind. Den 22. — Freſh Gale, ſo, daß wir, um durch den ſtarken Wind nicht zu nabe an die Azoriſchen Inſeln getrieben zu werden, Nachmittags um 2 Uhr eine ziemliche Strecke zuruͤck⸗ kehren mußten. Den 23. — So warm, als in Deutſchland im Mai. = Den 24. — Wir waren im 38. Grade 59 Min. Norderbreite. Die Witterung war wie geſtern. Den 2 5ten Febr. So warm, als wir es auf unſerer Reiſe noch nicht erlebt hatten. Der Ofen wurde aus unſerm Speiſezimmer weggebracht, und die Fenſter in unſerer Cajuͤte wieder ein⸗ geſetzt f). e Den 26. — Das Meer war uͤber⸗ aus ruhig. Nachmittags machte der General Bourgoyne, der auf dem Schiffe Royal Henry, mit einem Dra⸗ goner-Regiment in unſerer Geſell⸗ ſchaft, nach Oſtindien geht, unſerm Herrn Oberſten Reinbold die Cour. Ich lernte einen Mann kennen, der zwar klein von Statur, aber voller Feuer, Leben und Menſchlichkeit war. Der Compagnie:Chirurgus Tortuͤ ſtarb an der Diſſenterie. Den 27. — Waren wir Afrika gegen über, Gegen 6 Uhr Abends ſahen wir St. Marie, eine zu den Azoren gehoͤrige Inſel g). Die Ca⸗ nariſchen Inſeln lagen uns links. Alle Schiffe zogen ſogleich ihre Wim⸗ pel auf, und der Commodore ſalutirte mit einem Kanonenſchuſſe b). Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. d) Es ftürmte wieder, und regnete heftig. e) Es wehete ein ſtrenger Nordwind, und die Wellen ſchlugen fo ungewöhnlich hoch, daß ſich oft die naͤchſten Schiffe ganz aus dem Geſichte verloren. f) Die Flotte war nun oft fo. nahe zuſammen, und das Meer ſo ruhig, Bote von einem Schiffe zum andern fuhren. daß kleine g) Die Flotte erblickte nach dem zweiten Tagebuche Nachmittags gleich nach 4 Uhr dieſe Inſel auf 5 Leagues rechts, (drei engliſche Meilen machen eine League oder Seemeile, die bei allen europaͤiſchen Seemaͤchten gleiche Länge hat, und 20 ſolcher Leagues werden auf einen Grad des Aequators gerechnet.). Das entdeckte Land zeigte ſich in der Entfernung der Flotte wie der alte Oeiſter, wenn man ihn zuerſt in der Luͤneburger Heide von ferne wahr uimt. Das hohe Ufer dieſer Inſel ſchien wie ein blauer Nebel, der aber den folgenden Morgen 1 ſchon wieder verſchwunden war. b) Die Kriegsſchiffe hatten alle die rothe Flagge aufgeſteckt. — — ————r—⅛ cc — 2 a I annoverifehes 22tes Skuͤck. Magazin. Montag, den 17ten März 1783. Auszug aus dem Tagebuche des Herrn Lan gſtedte, Feidpredigers bei dem fanfehnten Churfuͤrſtl. Braunſchweia⸗ Luͤneburgiſchen nach Oſtindien gegangenen Infanterie-Regiment. N (Fortſetzung.) 8 en 28ten Febr. Mußten wir, J weil ſehr wenig Wind war, Seitenſegel machen a). Den rten März Abends, beſſerte ſich der Wind, und wir ſegelten gera— de in Suͤden b). Den 2. — Waren wir mit Ma⸗ dera in einerlei Breite. Den 3. — Gingen fuͤnf von den Kriegsſchiffen, die uns bisher con: votiret hatten, zurück, ob nach Weſt⸗ indien zum Admiral Rodney, oder nach England, konte nicht gewiß be⸗ ſtimt werden c). f Den 4. — Vormittags hatten wir ſtarken Regen. Weil der Wind gut war, ſegelten wir in einer Stunde 6 Meilen. Den sten Maͤrz. Wir eigen nach Suͤdweſt, erreichten den 27ten Grad nordlicher Breite, und kamen in die fogenannten Monſons oder Traite winde. Es war ſo warm, als in Deutſchland im Mai. Den 6. — In der vergangenen Nacht paſſirten wir den Tropicum cancri, hatten Afrika erreicht, und empfanden ſchon ziemlich ſtarke Waͤr⸗ me. Wurden einen herrlichen Regen⸗ bogen und fliegende Fiſche, zum erſten mal gewahr d). 9 | Den a) Die Flotte befand ſich im 23tes Grade weſtlicher Lange, und im 36e Grade nord⸗ licher Breite. b) An dieſem Tage kam dem Schiffe e, Anna Awalia Naſſau, die Nöten zum erſten mal ſo nahe, daß ſich Nabe Schiffe durch den halben Mond und mit Hut, ſchwenken und einem Hurrai begrüßten. e) Nach dem zweiten Tagebuche verließen die Kriegsſchiffe fhen am ꝛ den März die Flotte. d) Es war ſehr anmuthia und kuͤhl, und in 8 Tagen hatte die Flotte 13 Grad ſuͤd⸗ lich und 40 Grad weſtlich gewonnen, mithin iM gut geſegelt. Winde legte fie taͤglich 40 Leagues zurück. Mis ſolchem Bei 339 Bemerkungen auf einer Reife Den 7ten Maͤrz. Die Witterung war etwas kuͤhl. Nachmittags reg⸗ nete es. uf Den 8. Wetter. Anna Amalia kam uns an dieſem Tage fehr nahe. gere 5 Den 9. — Die Sonne ging 6 Minuten ſpaͤter, als nach dem Göttin: giſchen Kalender, unter. Wir waren im 17ten Grade 30 Minuten der Brei⸗ te, der Inſel St. Anton ungefaͤhr gegen uͤber e). Den 10. — Ueberaus heiteres und warmes Wetter, aber beinahe Wind; ſtille. Unſer Schif wurde von außen mit Waſſer beſpruͤtzt, auch Segel und — Angenehmes kuͤhles Das andere Transportſchif Den kiten März. Mehr Wind. Abends frefh SR, m Dr, 5 . Den 12. — Waren wir in einer⸗ lei Breite mit St. Jago. Segel⸗ ten ganz fuͤrtreflich. Wurden eine Art Schnecken oder Meerblaſen gewahr, welche die Englaͤnder ſpottweiſe Por⸗ tugieſen, Man of War nennen. Sie haben auf dem Ruͤcken eine Art Se gel, die ſie bald einziehen, bald aus⸗ ſpannen. Sie ſind von fuͤrtreflicher Farbe; der oberſte Rand iſt blaßgelb, die Adern blaßbraun, und der Fuß blau. Den 14. — Die Breite war 14 Grade. Drei ſchwarzgraue ziemlich große Voͤgel, die die Engländer Boo- bys nennen, flogen bei unſerm Schiffe vorbei f). ad Bei den ſchoͤnen Nächten hatte die Flotte Gelegenheit, das Glaͤnzen der See, beſonders nahe bei den Schiffen, zu beobachten. Die von der Flotte in die⸗ ſer Gegend zuerſt geſehenen fliegenden Fiſche, gleichen im Fluge einer Schwalbe. Sie haben hellweiße Baͤuche und dunkle Ruͤcken, und fliegen, gleich wie die „Schwalben, ganz nahe über der Oberflaͤche des Waſſers zuweilen ein Paar hun⸗ dert Schritt, und oft in Haufen von mehr den hundert hin. e) An dieſem Tage ſchon entſtand eine Windſtille, für daß die Schiffe in einer Stun: de kaum eine engliſche Landmeile zurück legten. 5 ee Nun vermehrte ſich auch die Waͤrme, die mit unſern heitern Sommertagen in Deutſchland verglichen werden konte. N FA Das Schif Anna Amalia Naſſau, entdeckte das erſte mal einen Hayfiſch, und bemuͤhete ſich vergeblich, ihn durch ein Stuck Hammelfleiſch zu fangen. Auch kam an demſelben Tage, gegen Abend, eine ſchwarze Taube geflogen, und ſchien auf dieſem Schiffe einen Zufluchtsort zu ſuchen, wurde aber durch vieles Hin: und Herjagen wieder verſcheucht, und entfernte ſich. Verſchiedene Kriegsſchiffe uͤbten ſich im kleinen Gewehrſeuer. 3 0 An dieſem Tage, gegen Mittag fing das Schif Anna Amalia Naſſau einen groben Hayfiih. Es hatte ihn bereits ſchon über dem Waſſer, als der Angel ausriß und den Gefangenen wieder in Freiheit ſetzte. Dieſer Raubſiſch hat ſtets eine Menge kleiner buntſchaͤckigter Fiſche (Pilot Fifhes) zur Begleitung, die ſich immer ganz dichte um denſelben verſammeln. Einige davon ſchwimmen auch wohl etwas voraus. Auch bemerkte eben gedachtes Schif jetzt häufig einen gewiſſen roͤthlichen Schleim auf der See, den die Engländer Portugui- _ fe man of War nennen. Anfangs hielten ihn einige auf dem Schiffe für f e. A eine Tauwerk ausgebeſſert. geſchehen war. Den 1 zer März Das Wetter war ſo kuͤhl, daß man tuchene Kleider gar wohl ertragen konte. Abends war es um unſer Schif wie mit Sternen be— Das Meerwaſſer leuchtete ganz fuͤrtreflich. ö f Den 16. — Die Witterung war uͤberaus kuͤhl. Heute wurde der erſte fliegende Fiſch auf dem Verdecke ge: fangen. Er hatte die Geſtalt eines Herings mit dickem Kopfe, war wohl zwei Spannen lang, und jeder Fluͤgel fo lang, als der Leib. Heute wurde zum erſten mak eine Art von Markiſe über das Verdeck gezogen, um die Son: nenſtralen abzuhalten. Den 17. — Sehr warm, und gu⸗ ter Wind. Heute wurde zum erſten mal Gottesdienſt auf dem Verdeck ge⸗ halten, da es bisher in unſerer Cajuͤte | Nachmittags ſchick⸗ ten wir mit dem oſtindiſchen Paket⸗ bote, das nach St. Helene abging, Briefe nach Deutſchland. Den 18. — Fuhr unſer Herr Oberſter mit dem Schifscapitain, Re⸗ von Stade nach Oſtindien. BE gimentschirurgus und Adjutanten nach der Anna Amalia. Heute wurde ein Bonito, von ziemlicher Größe, ge fangen, und Abends etwas davon ge ſpeiſet. Er ſchmeckte wie Lachs, und batte etwas trockenes Fleiſch. Den 19ten Maͤrz. Die vergangene Nacht war überaus warm. Wir wa⸗ ren 5 Grad 25 Min. von der Linie. Den 20. — Gab unſer Schifo⸗ capitain dem Capitain Popham von der Anna Amalia, (dem Major Va⸗ renius, einem oſtindiſchen Major, Capitain S. und Lieutenant B.) der ihn am 18ten zum Eſſen gehabt hatte, ein herrliches Mittagsmahl, nach bei⸗ gefuͤgtem Kuͤchenzettel (S. Seite 329.) Abends fuhr ich mit dieſen Herren an ihr Bord, um verſchiedenen Perſonen das heilige Abendmahl zu reichen. Den 21. — Ich hatte an dieſem Tage 78 Communicanten. Die Ma⸗ troſen fingen allda einen Shark, canis carcharias, Seehund, oder Hayſiſch genannt g), der ungefähr 60 Pfund wog. Verſchiedene Pilotenfiſche wa: Y 2 ren eine Art Seeſchaum, bis fie hernach erfuhren, daß es der Auswurf gewiſſer groſ⸗ ſer Fiſche ſey. Er war faſt immer ganz gleich geſtaltet, und eine bunte Blaſe ragte daran, wie ein Hahnenkamm uͤber dem Waſſer hervor, hinten nach aber ſahe man ein Paar lange Faden nachſchwimmen. Die Embarquirten ſchoren ihre Köpfe, ob es gleich noch eben nicht zu warm war, um zu konnen. ſich beſſer, der Geſundheit wegen, im Seewaſſer über und über baden 2) Nach dem Tagel uche des Hannoveriſchen Officiers, war dieſer Fiſch 9 Fuß lang, und 82 bis 102 Pfund ſchwer. Er hat einen hellbraunen Rücken, der mit einer harten und reuhen Haut bedeckt iſt. Sein Bauch iſt weich anzufühlen, und weiß. Das Maul ſitzt unterwaͤrts und iſt voll fpiger Hundszaͤhne. Im Schwan: ze hat er beſonders viel Staͤrke. Man faͤngt ihn am beſten mit einem an einem Angel befeſt gten Stuck Speck. Die Matroſen efjin fein Fleiſch gerne. 25 Es war dieſen Tag außerordentlich heiß und die Schiffe waren auf 4 Grad dem Aequator nahe. 343 ren feine Begleiter, die ihm den Raub zeigen, weil er blöde Augen hat, und nicht gut verfolgen kan; aus Dank⸗ barkeit ſchuͤtzt er ſie wieder gegen den Delphin: will er etwas erhaschen; ſo muß er ich umkehren, weil ihm das Maul unterwaͤrts ſteht. An dieſem bingen auch Sauger, (Remoræ, ) die Fingerslang ſind. Die Pilotenfiſche ſind einer Hand lang, blau und weiß geſtreiſt. Gegen Abend hielt ich allda Betftunde. Den 22ten März. War es ſo heiß, als es noch nicht geweſen war. Auch regnete es zuweilen heftig. Den 23. — In der vergangenen Nacht blitzte und regnete es ſtark. Den 24. — In der abgewichenen Nacht wetterleuchtete es wieder nicht wenig; auch ließen ſich verſchiedene Purpos und Boniten um das Schif ſehen. Vormittags hatten wir Frefh Gale, fo daß die mehrſten Segel ein; gezogen werden mußten, und zu meinem groͤßten Mißvergnuͤgen, kein Gottes⸗ dienſt gehalten werden konte. Unſer Schif Nottingham mußte ſich von dem Kriegsſchiffe Cumberland von 74 Ka⸗ nonen, boogſtren laſſen, weil es ihm, wenigen Windes a nicht ſo gleich Bemerkungen auf einer Reife 344 ausweichen konte. Nach dem Abend: eſſen fuhr ich an mein Bord zurück. Als ich da ankam, erfuhr ich, daß die Matroſen, feit meiner Abweſenheit, 5 Shark's von 160 bis 200 Pfunden, wie auch einen Delphin mit einigen Sau⸗ gern gefangen hatten. Abends ſahen wir einen gar angenehmen Hof um den Mond, deſſen Schweife die Farbe und Geſtalt des Regenbogens hatten. Den 25ten März In der abgewi⸗ chenen Nacht wurden wir Blitz und Donner, aber nur von ferne, gewahr. Die Witterung war etwas kuͤhl, und wenig Wind; Nachmittags wurde er ſehe gut. Den 26. — Des Morgens reg⸗ nete es. Gegen Mittag beſſerte ſich das Wetter und wurde ganz fühl, Die Sonne war uns vertieal, ſo daß die Breite, unter der wir uns befan⸗ den, nicht beſtimmt werden konte. Un: ſere Kranken mußten, großer Waͤrme halben, dieſe Nacht auf dem Verdecke ſchlafen h). a Den 27. — Des Morgens Regen und fühle Witterung, fo wie auch Nachmittags Regenſchauer. Den 28. — Viel Regen. und uͤber⸗ aus kuͤhles Welter. Unſere Leute fin⸗ gen h) An ER Tage wurden auf dem Schif Kan Amalia Naſſau die Schafe geſcho⸗ ren, wie auch ein alter Schifspudel, der ſchon einmal die Reiſe nach Oſtindien mit gemacht hatte. Dieſer treue Pudel iſt ſo gut abgerichtet, daß er einſt einen Matroſen rettete, der uber Bord gefallen war, er hielt ihn ſo lange feſt, bis man ihm zu Huͤlfe kommen konte. Ein ähnliches Kunſlſtuͤck wolte er neulich bei einem gefangenen Hayfiſch probiren, und ſprang zu ihm ins ſchaͤumende Meer. Dies haͤtte ihm aber bald das Leben gekoſtet, und er wurde noch mit genauer Noth gerettet, wozu jedoch ſeine eigene Geſchicklichkeit das mehrſte beitrug. 345 . gen zum Theil das Regenwaſſer zum Waſchen auf. Wir befanden uns 46 Meilen von der Linie. Es ließen ſich verſchiedene Purpos oder Meerſchwei— ne um das Schif jehen, auch flog eine Art von Meerſchwalben, die die Eng⸗ länder Mother care chieken nennen, uͤber das Verdeck. | Den agten März. Starker Regen, heftiger Wind, den die des vorigen Tages erblickten Purpos ſchienen an— gezeigt zu haben. Nachmittags hoͤrte es zwar auf zu regnen, wir kamen aber beinahe nicht aus der Stelle. Abends wurde ein Shark von ziemlicher Groͤße gefangen, der einen Buddingbeutel und 2 Öternfifche von 9 Stralen, de: ren jeder ein beſonderer Fiſch zu ſeyn ſchien, im Bauche hatte. Der Kopf war beinahe als ein Vogelkopf geſtal— tet. Der Sternfiſch ſelbſt war ſchon einigermaßen in Verweſung uͤberge— gangen. Die Matroſen pflegen den Schwanz von den Shark’s zu verzeh⸗ ten, wenn ſie grau und nicht dunkel⸗ gruͤn ſind. Den 30. — Ziemlich kuͤhles Wet— ter. Des Morgens paſſirten wir die fo berühmte Aequinoctiallinie zum erſten male, ohne daß wir es wußten; von Stade nach Oſtiadien. 346 denn als Mittags um 12 Uhr, ver⸗ mittelſt des Quadranten, die ge⸗ woͤhnlichen Beobachtungen angeſtel⸗ let wurden, erfuhren wir erſt, daß wir uns ſchon 9 bis 12 Meilen jen⸗ ſeits der Linie befanden. Ich be merkte uͤberhanpt, daß man die Sons nenhitze unter dieſem Himmelsſtriche etwas uͤbertrieben geſchildert hatte. Die die Linie zum erſten mal paſſir⸗ ten, mußten fi) mit Grog, (eine Bers miſchung von Rum und Waſſer, ) oder Gelde, loͤſen. Die dieſes aber nicht thun wolten, wurden von den Matro⸗ fen in das Waſſer getaucht i). Gegen Abend beſſerte ſich der Wind. Der Himmel war beim Untergange der Sonne ſo herrlich geſtaltet, als ich noch nie bemerkt hatte. Vor dem Abend: eſſen wurde ich magenkrank; doch un: ter goͤttlicher Hülfe, mittelſt des Ge brauchs erforderlicher Medicamente ſehr bald wieder hergeſtellet. Den zıten März. In abgewiche⸗ ner Nacht war das Meer ſehr Calm oder ruhig, daher uns der Current auf die andere Seite der Linie zuruͤck trieb. Das Wetter war ſchoͤn, aber auch fehe heiß. Ich predigte auf dem Verdeck mit nicht geringer Ruͤhrung meines Br NG Her: 1) Selbſt Madame J. auf dem Schif Anna Amalia Naſſau, blieb mit dieſer Waſſer⸗ taufe nicht ganz verſchont. Ein alter Matroſe hatte ſich auf dieſem Schiffe bei dieſer Ceremonie mit ſchwarzen Schafpelzen als Neptun verkleidet, und wurde auf dem Verdeck auf einem Schlitten fortgezogen. Man irret ſich ſehr, wenn man bei uns glaubt, daß die wenigſten europaͤi⸗ ſchen Gewaͤchſe oder Getraͤnke die Linie paſſiren koͤnten, ohne zu verderben. Vie⸗ les liegt an der Einpackung. Stader Franzwein, eingemachte ſaure Gurken, 8 getrocknetes Obſt, u. ſ. w. war auf dem Schif Anna Amalia Naflau unverdorben geblieben. 347 Herzens. Wir ſahen eine Meerſchwal⸗ be, und bemerkten ſchon eine ganz anſehnliche Zunahme von Fliegen. Abends regnete es heftig. Den kten April. In der abgewi⸗ chenen Nacht war das Meer fo ruhig, daß wir nicht ſonderlich vorwaͤrts ka⸗ men. Die Engländer ſchickten fo gut, als die Deutſchen, ihre Landsleute im April. Wir mußten laviren, weil der Wind ſchlecht war. Um 12 Uhr er: bielten wir einen die Luſt nicht wenig verdunkelnden Regen. ; Den 2, — Beſſerer Wind. Nach⸗ mittags ziemlich kuͤhl. Wir paſſirten nun zum dritten mal die Linie. Die Meersfarbe war Indigoblau, und bei hellem Sonnenſcheine bemerkte man auf dem Waſſer gleichſam kryſtallene Sterne, die das Auge uͤberaus ergoͤtzten. Den 3. — Befanden wir uns 40 engliſche Meilen jenſeits der Linie, im 42ten Grade ſuͤdlicher Breite. Den 4. — Heute waren wir 1 Grad 18 Minuten jenſeits der Linie. Nachmittags Calm. Abends kamen wir in die eigentlichen Traitewinde. Den 5. — Wir ſegelten nun herr: lich, und waren Mittags 1 Grad 54 Minuten jenſeits der Linie. Es lief fen ſich wieder einige Booby's ſehen. Abends wurde ein kleiner Bonito ge— fangen und geſpeiſet. Den 6. — Morgens frefh Gale und heftiger Regen. Es ließen ſich auf 20 ziemlich große Vögel feben, die die Engländer Man of Ware Bird's nannten; ſie ſind ſchwarz, haben lan⸗ ge Fluͤgel, auf der Bruſt einen weißen — Bemerkungen auf einer Keife der uns nahen Inſel Aſcenſion Für men. Beim Mittagseſſen hatten wir eine Art Speiſe, die die Englaͤnder Devil nennen; ſie beſteht aus Beinen von Geflügel, die ſehr ſtark gepfeffert ſind. Den ten April. Nach dem Fruͤh⸗ ſtuͤck ſahen wir eine ganze Rotte flie⸗ gender Fiſche, die, wie Haͤflinge bei uns im Herbſt, auf dem Waſſer herum flogen. Wir waren 54 Grad jenſeits der Linie. Abends regnete es. Den 9. — Schoͤnes kuͤhles Wet⸗ ter und guter Wind. Die Breite war 7 Grad 5 Minuten. Nachmittags war es truͤbe und regnicht. Den 10. — In der abgewichenen Nacht ſegelten wir ſo geſchwind, als jenſeits der Linie noch nicht geſchehen war, und ſteuerten in Suͤdweſt. Den 11. — Herrlicher Wind und angenehmes Wetter. Die Breite war 10 Grad 2 Minuten. 2 Den 12. — Wir ſegelten in 1 Stunde 73 engliſche Meilen, welches auf dieſer Reiſe noch nicht geſchehen war. Die Breite war 11 Grad 58 Minuten. Nachmittags Regen. Den 13. — Wir ſegelten noch eben ſo geſchwind, als geſtern, ſo, daß wir in 24 Stunden 138 engliſche Meilen zuruͤck gelegt hatten. Die Breite war 13 Grad 30 Minuten. Den 14. — Weniger Wind, als geſtern, beinahe Calm, daher Seiten⸗ ſegel gemacht werden mie ; und doch avanecirten wir nur in 1 Stunde 13 teilen. Ein Oſtindienfahrer mußte ö fich 8 Fleck. Man behauptete, daß fie von = 349 ſich von einem Kriegsſchiffe boogſiren laſſen. Weil die Witterung ſehr an: genehm war, konte ich auf dem Ber: decke Gottesdienſt halten. Unſere Leute bekamen, als wir beim Mittagseſſen waren, mit den Matroſen Haͤndel, die ihnen ihre Faͤrbebecken uͤber Bord ge worfen. Die letztern warfen ſo gar mit Kanonenkugeln nach ihnen, und verwundeten einen Mann unſerer Leute ſehr gefaͤhrlich. Ein Boatswain und Matroſe empſingen dabei leichte Bleſ⸗ ſuren k). Den ızten April. In der vergan⸗ genen Nacht wurde der Wind zwar etwas ſtaͤrker, doch ließ er Morgens auch wieder nach; denn die ſogenann⸗ ten Traitewinde blaſen nicht beſtaͤndig, ſondern ſind zuweilen in 1 auch 2 Ta⸗ gen ohne Wuͤrkung; daher wir von dem Kriegsſchiffe Africa gezogen wer: den mußten. Unſer verdienſtvoller Herr Oberſter K. ertheilte neue Verhal⸗ tungsbefehle für unſere Leute, um Einf: tigen Mißbelligkeiten zwiſchen ihnen und den Matroſen vorzubeugen. Den 16. — Beſſerte ſich der Wind, von Stade nach Sftindien, / 350 fo, daß wir 4 bis s Meilen in 1 Stun⸗ de ſegelten. Die Breite war 16 Grad 24 Minuten. Nachmittags paſſirte die Fregatte Juno von 32 Kanonen ſehr nahe bei uns vorbei, und überlieferte unſerm Schifskapitain die Ordre, ſich dem Commodore, wo unſere gewoͤhn— liche Station in der Flotte iſt, ſo bald als moͤglich, zu nähem. Den 17ten April. Umwoͤlkter Him⸗ mel, der ſich zum Regen neigte. Vor—⸗ mittags hatten wir Squal mit hefti— gem Regen, der die Luft beinahe ganz verdunkelte, ſo, daß es dieſen Tag nicht recht helle ward, auch keine Ob: ſervationen angeſtellt werden konten. Ich machte beim Krenken-Napport die Anmerkung, daß die europaͤiſchen Krankheiten, wie einige Reiſebeſchrei⸗ ber verſichern wollen, jenſeits der Linie nicht aufbören. Gegen Abend erlebten wir das erſte Donnerwetter I) auf der See, das uns aber nicht ganz nahe kam, mit ſtarkem Regen und Blitzen vergeſellſchaftet. Ein uͤberaus maje⸗ ſtaͤtiſcher Auftrit in der Natur. Nach: dem es vorbei war, wurde es ausneh⸗ mend 4k) Die Schiffe befanden ſich an dieſem Tage im 15. Grad füder Breite, und ſa⸗ hen nun ſchon nach Land aus, beſonders nach der portugiſiſchen Inſel St. Martin Daz. Es wurden auch in dieſer Hinſicht die Vote ſchoͤn bunt ange⸗ malt, um in dem naͤchſten Hafen recht prangen zu koͤnnen. Das Schif Anna Amalia Naſſau fing einen Delphin mit der Harpune, der auch den nemlichen Abend verzehrt wurde. Er ſchmeckt wie eine Elbfandarte und iſt goldgelb mit ſchoͤnen himmelblauen kleinen runden Flecken, die im Waſſer die mannigfaltigſten Farben ſpielen. Dieſer mogte etwa 6 Pfund ſchwer ſeyn. Jetzt blieben faſt täglich einige der Transportſchiffe fo weit zuruck, daß Kriegsſchiffe beordert werden mußten, ſolche nach zu boogſſren. Die Kriegs⸗ ſchiffe ſegeln allemal weit ſchneller und leichter, als die Kauffahrer, weil fie fors ne ſchaͤrfer gebauet ſind. Man kan auch an den wenigen Segeln gar leicht die Kriegsſchiffe in einer Flotte erkennen. . i Y Im 34. Gr. welter Länge, und 17 Gr. 36 Min. füder Breite. 351 Bemerkur gen auf einer Reiſe von Stade nach Oſtindien. 3 52 | mend fühl, und der Wind ſehr ſtark. Unſer Schifzcapitain zeigte uns, als etwas Sonderbares, in der fogenann: ten Milchſtraße ein ſchwaͤrzliches und zwei weiße Woͤlkchen. Der Wind aͤn⸗ derte ſich heute wohl vier mal. Dien 1g8ten April. Verwichene Nacht regnete es ſehr nachdruͤcklich, und we⸗ bete ein ſtarker Suͤdweſtwind, wie die Seeleute behaupteten, vom Lande, dem wir ziemlich nahe zu ſeyn ſchienen. Der bisherige Traitewind war auch immer ſuͤdoͤſtlich. Wir ſegelten fo geſchwind, daß wir am Morgen ftopfen mußten. Nun wurde der Wind wieder ſchlecht, beſſerte fich aber gegen Mittag. Die Breite war 18 Grad 30 Minuten. Wir nahmen einen andern Lauf nach Suͤdoſt bei Oſt. Abends wurden wir um den Mond von neuem, außer dem gewoͤhnlichen Ringe, noch einen andern blaßfarbigten, der nicht vollkommen alle Regenbogenfarben hatte, gewahr, der aber ſehr bald verſchwand. Den 19. — Am Morgen war die Flotte, weil der Wind etwas entgegen war, ſehr zerſtreuet; daher der Com⸗ modore ein Signal gab, ſich naͤher zu⸗ ſammen zu halten. Die Breite war 16 Grad 3 Minuten. Den 20. — In der letztern Nacht Pe Der Schluß folgt kuͤnftig. N m) An dieſem Tage fing man auf dem Schif Anna Amalia Naſſau einen Hayfiſch, die gab der Commodore mit zwei Kano⸗ nenſchuͤſſen und zwei Laternen das Siz⸗ nal weſtlich zu ſteuern, um vermuth⸗ lich in einen Hafen von Suͤdamerika einzulaufen. gleich, zum Beweiſe, daß ſie das Zei⸗ chen wahrgenommen hätten, an ihren Flaggenſtangen Laternen auf, welches einem kleinen Vauxhall nicht unaͤhn⸗ lich geſehen haben ſoll. Der Wind war ſehr ſchwach. Abends ſahen wir verſchiedene Delphine um das Schif, die aber fo ſchlau waren, daß ſich bei⸗ ner fangen ließ m). 4 Den zıten April. In verfloſſener Nacht regnete es, auch Vor⸗ und Nach⸗ mittags. Unangenehmer Witterung halber konte auf dem Quaterdeck kein Gottesdienſt gehalten werden. Gegen Abend wurde der Wind ſtaͤrker. | Den 22. — In der vergangenen Nacht ſegelten wir nicht ſonderlich, weil einige Stunden Calm war. Die Wit⸗ terung dieſes Tages war truͤbe und etwas kuͤhl. Die Breite war 20 Grad 4 Minuten. Der Wind war Vormit⸗ tags ſchwach, Nachmittags etwas ſtaͤr⸗ ker und Abends vollkommen gut. Es regnete ungefaͤhr eine Stunde. Die Abenddaͤmmerung dauert jenſeits der Linie nicht ſo lange, als in Deutſchland. ſich jetzt nur noch felten blicken ließen. In den vier naͤchſten Graden von beiden Seiten des Acquators kamen felbige am haͤufigſten zum Vorſchein. Der Capi⸗ tain Popham hat einſt einen ſolchen Shark von 13 Fuß Lange und 7 Fuß im Umkreis, gefangen. n) Die Flotte befand ß ch an dieſem Tage im 21° 14“ ſäd. Br. und 39° w. Ränge. | Alle Schiffe zogen ſo⸗ a: — RI Sannooeriiies Magazin. 354 2 ztes Stüd, Freitag, den 21ten März 1783. Auszug aus je! Tagebuche des Herrn Langſtedts, geldpredigers bei dem funfzehuten Churfuͤrſtl. Braunſchweig⸗ e nach Oſtindien gegangenen Infanterie⸗Regiment. (Schluß) Di 23ten April. In letzterer Nacht ſegelten wir 80 Meilen nach Suͤdweſt mit Suͤdoſt bei Oſtwinde. Er war den ganzen Tag durch erwuͤnſcht. Verſchiedene Albi⸗ cors und Purpos ließen ſich um unſer Schif ſehen. Schiffe, die zufälliger Weiſe in einer o geraden Linie mit einander ſegelten, als ob fie in Schlachtordnung geſtellt wären, welches nicht übel ausſah. Den 24. — Feines kuͤhles Wetter. Ziemlich guter Wind. Die Breite war 21 Grad 43 Minuten. Mittags hatten wir frelh Gale und etwas De: gen. Wir ſahen abermals einige Man of ware Bird's. Nachmittags ging der Commodore mit 3 Linienſchiffen und dem Cutter ungefähr 4 engliſche Mei: len zuruͤck, vermuthlich, um ſich nach Land umzuſehen. 5 pr 25. — In vergangener Macht en es liegt unter dem 23° füder Breite und dem 42° weſt kaͤnge. ** * Abends ſahen wir 6, ſegelten wir in 1 Stunde 7 Meilen 3 Faden. Nach 6 Uhr Morgens ent⸗ deckte die Fregatte Juno in Nordweſt zu Weſt Land, nemlich die Kuͤſte von Braſilien, und zwar das Cap Frio a). Sie feuerte ſogleich eine Kanone ab, und zog die engliſche Flagge auf, wel⸗ ches alle Kriegsſchiffe und Indiamans oder Oſtindienfahrer, die das Sig⸗ nal ſehen konten, beantworteten. Um 7 Uhr feuerte die Fregatte die zweite Kanone ab. Nach 9 Uhr wurde das Signal wiederholt, und die übrigen Schiffe ließen ihre Flaggen wehen. Die Meersfarbe war nicht mehr J In⸗ digoblau, ſondern gruͤnlich, wie in der Nordſee. Die Luft roch friſcher und uͤberaus angenehm, etwas aromatiſch. Unſer Schifscapitain fing in ſeiner Cajuͤte einen ſchoͤnen Nachtvogel, der ſich vermuthlich von der Kuͤſte heruͤbe begehen batte. Gottlob! daß wir eis 3 nem * 355 nem Hafen nahe find. Auf dieſe Art bekommen wir, wenn Gott uns geſund nach Oſtindien führt, alle vier Welt⸗ theile zu ſehen. Die Breite war 22 Grad 50 Minuten. Der Wind wur⸗ de gegen Mittag zwar ſtark, aber con: trair, fo, daß wir um 1 Uhr zurück gehen und laviren mußten. Wir be⸗ merkten, daß das braſtliſche Meer fo unrubig, als die Nord: und Spani⸗ ſche See nimmermehr iſt. Unſer Schifscapitain verſicherte wenigſtens, daß er das Meer nie ſo lange Zeit ſo hoch geſehen habe. Wir bekamen Squal mit heftigem Regen, ſo, daß es beina⸗ he wieder Nacht wurde. Kuͤhler Wit⸗ terung halben mußten wir wieder tu⸗ chene Kleider hervorſuchen. Der Mond war zu eben der Zeit und auf eben die Art, als in Deut ſchland, ſichtbar. Der Unterſchied der Uhr aber betraͤgt 3 Stunden. | Den „sten April. Eine ſehr unru⸗ hige Nacht, fo, daß der Wind ein Vor⸗ toppſegel zerriß. Wir mußten noch immer laviren. Es ließ ſich eine por⸗ tugiſiſche Brigge ſehen; der Commo⸗ dore ſchickte ſogleich den Cutter dahin, am fie zu examiniren. Nachmittags beſſerte ſich der Wind, war aber ſehr chwach. Wir ſteuerten nach dem tan: de zu. Die Breite war 23 Grad 10 Minuten. Die Witterung truͤbe. Es fließen ſich ſchwarzgraue ziemlich große Voͤgel, und ein kleinerer, fo groß, als eine Schwalbe, einem Goldammer ahnlich, um das Schif ſehen. Ohne Zweifel kamen ſie von der Kuͤſte. Den 27. — Ruhigere Nacht; Bemerkungen auf einer Reiſe denn die See ging nicht mehr ſo boch, 5 und der Wind war günſtiger. Wir ſegelten auch in 1 Stunde wieder 22 Meilen. Am Morgen ſahen wir das Land zum zweiten mal, und waren un⸗ gefaͤhr 30 Meilen davon. (Heute ſind wir, von Stade aus gerechnet, ſchon ein halbes Jahr auf der See.) Acht Schiffe waren mit dem Cutter vor⸗ aus gegangen, wir holten ſie aber wie⸗ der ein. Wir wurden ſehr hohe ſpitze Berge gewahr, beſonders einen, der, wenn er einen Geſellſchafter gehabt haͤtte, die beiden Gleichen an der Graͤnze des Eichsfeldes hätte vor⸗ ſtellen koͤnnen. Die Breite war 23 Grad 14 Minuten. Das Wetter war angenehm und kuͤhl. Es ließen ſich verſchiedene wilde Gaͤnſe unweit des Schifs ſehen. Den 2gten April. Am Morgen hats ten wir Calm. Das Wetter war hei⸗ ter und ziemlich warm. Wir ſegelten laͤngſt der brafilifchen Küfte hin. Nie habe ich ſo hohe, an einander hangen⸗ de, durch Höhe und Tiefe abwechſeln - de und das Auge mehr ergoͤtzende ro⸗ mantiſche Gebuͤrge wahrgenommen. Sie ſchienen gleichſam die Wolken zu tragen, und waren mit den die ich in Deutſchland geſehen habe, nicht zu vergleichen. Vom Fuße die⸗ ſer ehrwuͤrdigen Berge ſtieg aus dem Meere ein dicker Rebel Himmel an, der uns ihre Schoͤnheiten einigermaſ⸗ fen verhuͤllte. Nahe an der Kuͤſte er: blickten wir ein großes Boot mit zwei Segeln, und am Fuße der Gebuͤrge zwei kleine Fiſcherhaͤuſer. ir Bergen, — 357 | fielen uns zwei ſpitzige Berge, welche die Englaͤnder den Zuckerhuth und > Schornſtein nannten, in die Augen. Um 1 Uhr Mittags gab der Tommo⸗ dore ein Signal, uns dem Hafen St. Sebaſtian, in der Provinz Rio de Janeiro, der noch 21 Meilen ent: fernt war, zu naͤhern. Es ließen ſich um das Schif einige Man ef ware bird's und Seemoͤven ſehen. Nach: mittags beſſerte ſich der Wind. Die Breite war 23 Grad wegen des zur Rechten liegenden Landes unge: wiß. Um 5 Uhr Abends erblickten wir durch das Seerohr zwei Forts, und ſahen von denfelben die portugi⸗ ſiſche Flagge wehen. Der Commo— dore feuerte zwei Kanonen ab, und alle Schiffe zogen die engliſche Flagge auf. Um 6 Uhr Abends gingen wir 6 Meilen von dem Hafen, 17 Faden Waſſer tief, in der Bay vor Anker. Die Sonne ging fuͤrtreflich unter, und der Mond ſchien gleichſam aus dem Meere empor zu ſteigen, und warf den Schein eines brennenden Schifs von ſich. Der Unterſchied der Landluft, die nun wehete, von der Seeluft, war ganz merklich, denn das Quaterdeck wurde ganz feucht. Unſere Leute dur? ten daher dieſe Nacht auch nicht dar- auf ſchlafen. Der aus dem Meere ſteigende Nebel ſchien an der Kuͤſte gleichſam eine hohe Mauer zu bilden. Um 10 Uhr feuerte die Fregatte Juno 3 Kanonen ab, weil eine portugiſiſche Fregatte einlief. 5 Den 29ten April. Am Morgen fa: hen wir zur linken Hand, hart an der von Stade nach Oſtindien. 358 See, ein kleines Kloſter, das einer Einjiedelei ſehr ähnlich war, wohin diejenigen auf Zeitlebens vetwieſen werden ſollen, die in andern Kloͤſtern ein fleiſchliches leben gefuͤhrt haben. Die zwei Forts au dem Eingange des Hafen, wie auch die Stadt ſelbſt, konte man nun beſſer wahrnehmen. Der Hafen iſt durch hohe Gebuͤrge von der Natur eingeſchloſſen, und vielleicht einer der ficherften in der Welt. Die portugiſiſchen Flaggen auf den Forts und auf einem hohen Felſen fielen uns nun beſſer in die Augen. Um 2 Uhr ſalutirte die por⸗ tugiſiſche Fregatte mit 15 Kanonen⸗ ſchuͤſſen, welche der Commodore und ein Kriegsſchif mit 14 beantworteten. Es paſſirte auch ein ſchmales portuz giſiſches Fiſcherboot vorbei, welches drei Schwarze und ein Weißer regier⸗ ten; der Weiße lenkte das Steuer fe bend. Wir winkten ihnen, zu uns zu kommen, welches fie aber nicht thun wolten, weil es ihnen wicht ers laubt waͤre an Bord zu gehen, bevor die fremden Schiffe in den Hafen ein⸗ gelaufen waͤren. Um 10 Uhr kam der portugiſiſche Pilote an, der uns in den Hafen bringen ſolte. Er drückte durch feine Geſichtszuͤge den portugi⸗ ſiſchen Charakter ganz frappant aus. Unſer Schifscapitain und der Herr Oberſter fuhren nach dem Commo⸗ dore. Das Meer war ſehr ruhig, und das Wetter uͤberaus angenehm und warm. Gegen 3 Uhr begruͤßte der Commodore die Forts und den Hafen mit 7, 15, 21 und 7 Kanonen⸗ 3 2 ſchuͤſſen; 359 ſchuͤſſen; ſie wurden mit 3, 15 und 21 beantwortet. Die beiden am Ein⸗ gange des Hafen gegen tiber liegen⸗ den Forts heißen St. Crux und St. Jean. Unter dem erſtern iſt oben an der Spitze des Berges eine ſtarke Batterie angelegt, von welcher eine rothe Flagge wehete. Hinter dem Fort war eine Kapelle mit einem ſchwarzen Kreuze zu ſehen. Es hat 6 Schießſcharten, worauf wir 36 Ka⸗ nonen zaͤhlten. Die portugiſiſche Flagge war weiß mit einem rothen Kreuze. Das andere Fort ſtehet mit⸗ ten in der See auf einem Felſen, hat zwei Schießſcharten mit 16 Kanonen, und kan, in Verbindung mit dem er⸗ ſtern, den Eingang, der nicht allzu⸗ breit iſt, vollkommen beſtreichen. Auſ⸗ ſer dieſen ſind verſchiedene Batterien an den Seitengebuͤrgen angelegt. Zwei der Stadt zunaͤchſt liegende Forts heißen St. Jago und St. Seba⸗ ſtian. blickten wir an der Kuͤſte viele Fi⸗ ſcherhaͤuſer und Kaͤhne, und uͤberaus hohe Gebuͤrge von mannigfaltiger Bildung, mit den ſchoͤnſten gruͤnen Sträuchen bewachſen, die die ange nehmſten Geruͤche ausdufteten. Wir ſahen einen Seehund von braͤunlicher Farbe, ſo groß, als ein Kalb. Auch ſahen wir Waſſerſchnepfen und eine große Menge weißer Seemoͤven von Taubengroͤße mit roͤthlichen Schwin⸗ gen. Ehe wir es uns verſahen, wur⸗ de Calm, und wir mußten uns mit andern durch Boͤte eine Strecke in den Hafen hinein boogfiren laſſen. | Bemerkungen auf einer Reiſe Ba. Ehe wir dahin kamen, er⸗ nenſchuͤſſe. 360 Hier gingen wir gegen 6 Uhr, im Angeſichte der Stadt, wo jetzt der Vice⸗Koͤnig, der von Portugall dahin geſchickt wird, reſidirt, 12 Faden tief, vor Anker. Ob es gleich, nach Aus⸗ ſage unſers portugiſiſchen Piloten, jetzt Herbſt hier war; ſo fand ich es doch ſo warm, als bei uns in den ſchoͤnſten Maitagen. Ungemein viele Boͤte, mit Markiſen uͤberzogen, wor⸗ unter vornehme Portugiſen ſaßen, kamen aus Neugier, um die engliſche Flotte in Augenſchein zu nehmen. Sie wurden von nackenden Negers regiert, die weiter nichts, als Scham⸗ ſchuͤrzen hatten, und, ganz anders, als die engliſchen Matroſen, ſtehend ruderten. Dieſen armen Sklaven floß der Schweiß über den ganzen Leib. Ein trauriger Anblick fuͤr den Menſchenfreund! 5 Den Zoten April. Herrliches war mes Wetter. Wir athmeten die herr⸗ lichſten Gerüche. von den zu beiden Seiten liegenden ehrwuͤrdigen mit Zi⸗ tronenbaͤumen bedeckten Bergen ein. Es fuhren verſchiedene Negers in Boͤten, die auf Trompeten blieſen, um die Flotte herum. Ein armirtes brafilifches Schif ging, mit Zucker beladen, nach Portugall, und em⸗ pfahl ſich dem Fort durch 15 Kano⸗ Der Commodore ging heute mit dem General Bourgoyne und unſerm Herrn Oberſten R. zum Vice König, um ihn zu eomplimenti⸗ ren. Alle Seeleute jedes Schifs ſtun⸗ den auf den Segelſtangen in Reihen, und riefen dem erſtern ein freudiges ö Hur⸗ 561 Hurrah! zu, unſere Leute begleiteten es mit Janitſchaarenmuſik. Die Ein: wohner dieſer Stadt brachten in klei⸗ nen Boͤten, die ſie Kanots nennen, Orangen, Zitronen, Pams, Zucker⸗ * * * * von Stade nach Oſtindien. * 362 rohr, langen Pfeffer, Ananas, Ko kosnuͤſſe, Melonen, Fiſche und Kaffe, um einen ſehr wohlfeilen Preis zum Verkauf. * * * * Etwas von der Linie her. Do wie, nach einer bekanten Er: fahrung, Reiſende uͤberhaupt unbekante Sachen oft in ein richtiges licht ſetzen, aber auch eben ſo oft ihre Zuhoͤrer oder Leſer mit vergroͤßerten oder gar ungegruͤndeten Erzaͤhlungen unterhalten, um ſo wohl ihrer eige⸗ nen, als anderer Neigung zum Wun⸗ derbaren ein Genuͤge zu thun, als ſich bei andern ein gewiſſes Anſehen zu geben: eben ſo iſt es denjeni⸗ gen Schilderungen ergangen, welche ſo wohl verſchiedene Reiſende ſelbſt, die die Aequinoctiallinie paſſirt ſind, als auch ſolche, die aus un⸗ treuen Reiſebeſchreibungen geſchoͤpft, von der Witterung und den unange⸗ nehmen Schickſalen, welche Serfab: rern unter dieſem Himmelsſtriche be gegnet ſind, gemacht haben. Ich ſchreibe jetzt aus eigener Erfahrung, ohne Verurtheil, in der angenehmen Erwartung, vielleicht durch dieſe fluͤch⸗ tig bingeworfenen Zeilen diejenigen Vorurthbeile einigermaßen zu verdraͤn⸗ gen, welche zeither ein großer Theil der Reiſebeſchreiber, und eine nicht geringe Anzahl entfernter Zuſchauer von den Begegniſſen der Reiſenden unter dem Aequator, gehegt haben. Der zote März war es, als wir des Morgens, der Redensart nach, die berühmte Aequinoetiallinie ſchnit⸗ ten, ohne zu wiſſen, daß wir uns unter der von den Sternkundigen durch die beiden Halbkugeln gezoge⸗ nen großen Linie befanden. Die Mittags um 12 Uhr, mittelſt des Quadranten, angeſtellte Obſervation entdeckte es uns erſt, als wir ſchon 9 bis 12 engliſche Meilen jenfeits der Linie waren, 4500 Meilen von Portsmouth, in gerader Linie aber nur 3060. Die Sonne ging, wie ſchon hinlaͤnglich bekant, um 6 Uhr des Morgens auf, und um 6 Uhr des Abends mit unbeſchreiblicher Pracht unter. Ich konte mit verſchiedenen andern, weil die Witterung in der That kuͤhl war, ein tuchenes Farben⸗ kleid ohne Unbequemlichkeit tragen. Ich bemerkte uͤberhaupt, nach einer forgfältigen Unterſuchung, wozu mir weiter nichts, als ein gutes Thermo⸗ meter zur Beobachtung der Grade der Waͤrme fehlte, daß man die Sonnenhitze in dieſem Klima, wel⸗ che, nach der Vorſtellung mancher, raſend machend ſeyn ſolte, etwas uͤber⸗ 1 geſchildert hatte. 3 3 a 363 Talglichte, Haarpomade, Schuhwachs und Siegellack waren keinesweges ge⸗ ſchmolzen, noch auch ganz weich, wie man mir ſonſt wohl prophezeihete, ſondern noch immer brauchbar, wie zuvor, ungefähr fo weich, wie bei uns im heißeſten Sommer. Bier, Franzwein, rother Port: und Made: rawein, welche Getraͤnke ſich, nach Ausſage verſchiedener, nicht halten ſolten, waren noch immer genießbar und ſchmackhaft. Funfzehn Grade jenſeits der Linie, habe ich derglei⸗ chen ganz wohlſchmeckend zu mir ge⸗ nommen, und nehme ſie, den Port⸗ und Maderawein anlangend, noch bis jetzt. Mettwurſt, beſonders Salz fleiſch, welches ganz verderben folte, war gar wohl zu eſſen, wenn ich es nur, weil noch Ueberfluß an Gefluͤ⸗ gel und friſchem Fleiſche da war, hätte genießen wollen. In dem Waſ⸗ fer waren auch noch keine Wuͤrmer gewachſen, man haͤtte ſie denn mit dem Muſchenbroeckſchen Vergroͤße⸗ rungsglaſe entdecken muͤſſen. Zwar war das Waſſer nicht von dem an⸗ genehmſten, doch von ſolchem Ge⸗ ruch und Geſchmack, den ein nicht ganz verzärtelter Gout, gekocht, an der Zugluft in einem flachen Gefaͤße, wohl umgeruͤhrt, mit etwas Rum oder rothen Wein vermiſcht, gar leicht ertragen konte. Auch war es nicht ſo ſelten, daß es, bei entſtandenem Regen, aus den Segeltuͤchern, zum Gebrauch fuͤr Menſchen, haͤtte aus⸗ gerungen werden muͤſſen, ſondern noch im Ueberfluß vorhanden, weil Oſtin⸗ 5 Bemerkungen auf einer N \ er Reiſe 364 dienfahrer jederzeit auf ein halbes Jahr Waſſer einnehmen. Ich konte endlich, wie zuvor, auf einer Ma- dratze, einem Federbette, zwei mit Federn geſtopften Kuͤſſen, unter einer mit Baumwolle durchgenaͤheten Def: ke, ohne ängftiich machende Wärme, ſchlafen. * Meine Bemerkungen werden hof⸗ fentlich um ſo zuverlaͤßiger und bei⸗ fallswuͤrdiger gefunden werden, da wir die Linie eigentlich zu dreien malen paſſirt ſind: denn wir wurden in der darauf ſolgenden Nacht durch den Currenten, bei ſchwachem Winde, auf die andere Seite der Linie zu⸗ ruͤck getrieben, und machten daher am zen April zum dritten mal dieſe Reiſe. Von den bei Seeleuten unter dem Aequator eingefuͤhrten Ge⸗ wohnheiten darf ich wohl nichts weit⸗ läuftig erwaͤhnen; ſie find aus Reiſe⸗ beſchreibungen zu bekant. Doch ſey es mir von dem geneigten Leſer er⸗ laubt, die auf unſerm Schiffe beob⸗ achteten anzufuͤtzren, da fie ſich beſon⸗ ders von den bisher erzaͤhlten etwas auszuzeichnen ſcheinen. Mi Ein Matroſe, der den Neptun vorſtellte, hielt in ſeiner Hand den ihm in der Mythologie zugeeigneten Dreizack, und wurde von den ihm eigenen Pferden, auf einem zu dieſer Abſicht bereiteten Wagen, gezogen. Dieſe uns bisher ſo holde Gottheit erkundigte ſich, mit Janitſchaarenmu⸗ ſik begleitet, nach unſerm Befinden, und empfahl ſich, nach einem kurzen Aufenthalte, unſerer . und Geld⸗ 365 Geldboͤrſen. Hierauf wurden die, welche ſich nicht mit klingender Muͤnze von der gewoͤhnlichen Eintauchung loszukaufen geſonnen waren, auf ei⸗ nen uͤber einen großen mit Waſſer angefüllten Tubben gelegten Queer⸗ balken geſetzt, mit Theer, ſtatt Sei⸗ fe, beſchmiert, und ihnen mit einem alten verroſteten Meſſer der Bart ab: genommen. Ehe fie es ſich verſahen, wurde der Balke weggezogen, fie la— gen im Waſſer und wurden, wenn ſie aufſprungen und davon eilten, noch dazu mit einem Eimer voll Waſſer regalirt. Noch muß ich hinzufuͤgen, wie ich unter dieſer Breite nicht be⸗ merkt habe, daß einer, bei dem es nicht ſchon vorher zuweilen geſpuckt, des Gebrauchs ſeiner Sinne durch die brennende Sonnenhitze wäre be: raubt worden. Die Leute auf unferm Schiffe blieben, wie ſonſt, bei gleich ſtarken Seelenkraͤſten. Das Predis von Stade nach Oſtindien. 368 gen kam mir wenigſtens unter der Linie eben nicht ſchwerer an, als in einem gemaͤßigtern Klima. Ueber⸗ haupt kan ich nun aus eigner Erfah— rung verſichern, daß man auch unter dieſer heißen Zone ſo gut eſſen und trinken, wohl ſeyn und leben kan, als auf dem feſten Lande. So verhaͤlt es ſich in der That mit der Hitze und Lebensart der Meifen: den unter dem Aequator: welches ich in der Kuͤrze, vielleicht zur Be— richtigung einiger ſchiefen Vorſtellun— gen von dieſer Weltgegend, in dem beliebten Hannoveriſchen Magazine habe bekant machen wollen, damit ſich nicht mancher, der durch eine hoͤhere Beſtimmung ieſen Weg des Meers zu reifen genoͤthigt wird, ungegruͤn⸗ dete Beſorgniſſe, und fuͤr ſeinen Ver⸗ ſtand unnoͤthigen Kummer machen moͤge. Langſtedt. — — Die Kalekuten oder ſogenannten Truthüner und Enten, ohne viele Koſten und Muͤhe mit Futter unterhalten und auch ſogar fett machen zu koͤnnen. 4 * Mi Vergnuͤgen habe ich in dem Ä gatem Stuck des Hannoveris ſchen Magazins vom vorigen Jahre, den ſo patriotiſchen als nuͤtzlichen Un: terricht, die Kälber ohne Milch auf: bringen zu koͤnnen, geleſen. Ich halte nicht weniger dafuͤr, daß die Art und Weiſe, die Kalekuten und Enten, ohne viele Koſten und Mühe zu un: terhalten und fett zu machen, in die⸗ 7 ſen Blaͤttern einen Platz verdienen moͤgte. Manchem werden fie wegen des vielen Korns, welches fie verzeh— ren ohne Noth koſtbar. Ich gebe dieſer Art Gefluͤgel nie etwas anders als die Kafe oder Spreu von allen Arten Getreide, und dasjenige, wor: unter ſich beſonders viel Unkraut⸗ ſaamen befindet, iſt für beide das nuͤtzlichſte und zutraͤglichſte. Dieſe | Kafe 367 Die Kalckoten oder fögenantten Truthühner r. Kafe wird geſichtet, das Ausgeſichtete wird ihnen in Troͤgen oder Candis⸗ kaſten frei hingeſetzt, woraus denn beide Arten ſich zu ein Paar malen des Tages recht ſatt freſſen, und ſich gut dabei mit einander vertragen; ſo daß ſie zum Schlachten fuͤr die Kuͤche nicht fetter ſeyn koͤnnen. Und damit ſie das Futter nicht auskratzen, ſo pfleget man wohl keiſten über die Troͤge und Kandiskaſten queer uͤber zu ſchlagen, welche ungefaͤhr drei Daumen breit, und nur ſo weit von einander ſeyn duͤrfen, daß ſie ihre Koͤpfe willig hinein ſtecken koͤnnen. Auch koͤnnen in den Kaſten drei auf einander gelegte Ziegelſteine gele⸗ get werden; wodurch das Kratzen ver⸗ hindert, und Raum genug von allen Seiten bleiben wird, um das Futter hinein zu ſchuͤtten. Je freier dieſe Art Thiere dabei herum wandeln koͤn⸗ nen, je luſtiger freſſen ſie, und je lu⸗ ſtiger ſie freſſen, je fetter werden ſie auch bei dieſer einfachen Fuͤtterung, Borſtell bei Achim. : — 368 die ihnen im Winter trocken gegeben werden kan; wobei ihnen aber ſo⸗ dann, wenn ſie auf dem Hofe, oder in der Naͤhe nicht einen Waſſerdeich finden, das noͤthige Waſſer zum Sau⸗ ſen taͤglich friſch hingeſetzt werden muß. Iſt Schnee vorhanden, ſo iſt das Waſſer hinſetzen ganz und gar nicht noͤthig; ſondern ſie ſtillen den Durſt von dem gefallenen Schnee. Im Sommer aber kan ihnen dieſes Futter mit Sicherheit naß gemacht und angefeuchtet werden; weil man alsdenn das Zuſammenfrieren deſſel; ben nicht zu befuͤrchten hat. | Auf diefe Weiſe habe ich nicht at: lein eine beträchtliche Anzahl der fos genannten Truthuͤhner und Enten, ohne viele Koſten; ſondern fie auch recht feiſte aufgeſuͤttert. Und mir ſoll es augenehm ſeyn, wenn dieſe gemeinnützige Anzeige bei einem oder dem andern Beifall und Nachahmung finden wird. 8 J. Wohn. Die Kinderblattern finden ſich auf dem Lande ein, und manches Kind verlie⸗ ret fein Leben, welches gerettet ſeyn würde, wenn man es gehörig behandelt hätte. Oft fehlt es daſelbſt an einem Arzt, der hiezu Anweiſung geben kan, und oft an dem Ver⸗ mögen, den Arzt und die Arzneien zu be zahlen. Ein treuer Landprediger, dem auch die zeitliche Wohlfarth ſeiner Zuhoͤrer am Herzen liegt, wüͤnſchet und bittet, daß ein mitleidiger Arzt in dieſen Blaͤttern eine Anzeige und Bitte. | kurze Anweiſung in einer auch Ungelehr⸗ ten verſtaͤndlichen Sprache, den Laien in der Medicin baldmoͤglichſt bekannt machen md» ge, worin das Verhalten eines Blattern⸗ patienten vor, bei und nach der Ri heit, ferner die gefährlichſten Zufälle, die Mittel ſie abzuwenden, und die wohlfeileſten Arzeneien ſich zu helfen, an gezeiget, annebſt die Fehler bemerkt find, die der Landmann in dieſen Faͤllen zu ven meiden hat. ru a 15 a “si. 3 E — ee a7R Hannobcriſches Magazin. ES 1895 a 5 24 tes Stuͤck. | 157 00 Montag, den 24ten März 1783. x % Erzählung der wunderbaren Errettung des Capitain Ingleſield und feines Schaluppen⸗Volks, mit welchem Er Sr. Koͤnigl. Großbritanniſchen Majeſtaͤt Schif, Centaur, kurz vor feinem Untergange verlaſſen; von ihm ſelbſt aufgeſetzt a). N. achmittags den 23ten Sept. hart, eines der Fahrzeuge, die Jelle, fing das Wetter wieder an zu welche auf der Seite lag c), lief voll drohen, es wehete bei Beuen b) Waſſer und ſank. Gegen Abend ſchien | A a das a) Ueber das traurige Schickſal, welches mehrere Kriegsſchiffe Sr. Majeſtaͤt des Koͤnigs von Großbritannien, in den Stuͤrmen des Septembers des vorigen Jah— res betroffen hat, iſt jo manches geſprochen, gemuthmaßt, und man hat fo man: nigfaltigen Antheil daran genommen, daß ich geglaubt habe, eine Ueberſetzung der einzigen authentiſchen Nachrichten die von einem derſelben bekant geworden, würde in Deutſchland nicht ganz unwillkommen ſeyn; zumal, da ſie auch als ein Denkmal aufbehalten zu werden verdient, zu welcher Höhe menſchliches Elend, und kuͤhner Muth ſteigen koͤnnen, und mit wie wenigem es moͤalich iſt, menſchli⸗ ches Leben ſelbſt unter ſchwerer Arbeit und den aͤußerſten Anſtrengungen zu ers halten. Die Ueberſetzung iſt nach London Chronicle Vol. 3. No 4081. S. 87. gemacht. Kunſtwoͤrter der Sprache der Seeleute ſind in den Noten erklaͤrt. Alles was von Meilen angegeben iſt, iſt um Weitlaͤuftigkeit der Erklarung zu vermeiden, auf deutſche Meilen gebracht. In der Urſchrift ſind die Entfernun⸗ gen nach Leagues, und die Geſchwindigkeiten des Fahrzeuges nach Miles ange⸗ geben. Jene ſind 2 einer deutſchen Meile, oder 3 Minuten eines groͤßten Krei— ſes der Erde; dieſe & einer deutſchen Meile oder 1 Minute eines ſolchen Krei— ſes. Nach einer Parlamentsacte machen eigentlich 995 der letztern einen Grad eines ſolchen Kreiſes, allein der Bequemlichkeit der Rechnung wegen nimt man allezeit 60 auf einen Grad. b) Squall, Beu. Ein heftiger Wind, der mit einem Stoße koͤmt, und nicht ſehr lange f in gleicher Heftigkeit anhält. Windſchauer koͤnte man ſagen. c) Da es nicht gewoͤhnlich iſt, daß bei ſolchem ſchweren Wetter Fahrzeuge ausgeſetzt werden, weil man allemal das Schickſal befuͤrchten muß, weiches der Felle wie⸗ \ Bu, fo war auch, nach dieſem Umſtande zu urtheilen, die Noth vorher ſchon — gro „ 1 5 371 das Schif nur noch eben im Waſſer zu hängen. Es war nicht mehr ſicher, daß es ſich von einer Mimite zur an⸗ dern auf dem Waſſer erhalten wuͤrde, und die Liebe zum Leben, welche mei⸗ nes Erachtens ſich bei Annäherung des Todes nie ſpaͤter zeigte, fing nun an, allen Betrachtungen ein Ende zu machen. Es war wuͤrklich einem je: den unmoͤglich, ſich mit der Hofnung zu taͤuſchen, auf einem ſolchen Floß, in einer ſolchen See geborgen d) zu werden; zu geſchweigen, daß das Schif beim wuͤrklichen Verſinken, wahrſchein⸗ lich auf eine gewiſſe Entfernung, in einem Strudel alles mit ſich hinunter reißen wuͤrde. 8 Es war beinahe fuͤnf Uhr, wie ich aus meiner Cajuͤte kommend mehrere Leute aͤngſtlich auf der Seite uͤber Bord ſehen ſah, und wie ich ſelbſt meine Augen dahin richtete, wurde ich gewahr, daß einige Leute ſich der zwei: ten Schaluppe e) bemaͤchtigt hatten, und daß noch mehrere ſich Mühe ga; d) Errettet. Erzählung der wunderbaren Errettung | ben, hinein zu komm .Es war nicht mehr als ein Augen 1025 bug a uͤbrig, um zu uͤberlegen, ob ich blei⸗ 4 395 ben und mit dem Schifsvolk, dem ich auf keine Weiſe weiter nuͤtze ſeyn kon⸗ te, umkommen, oder die Gelegenheit, die der einzige Weg zur Rettung ſchien, wahrnehmen, und die Leute verlaſſen 4 / folte, mit denen ich bei ſo mancher Gelegenheit ſo zufrieden geweſen bin, daß ich glaubte, ich haͤtte mein Leben ſuͤr ihre Erhaltung hingeben koͤnnen. Es war wahrlich ein mühfeliger Kampf, der meiner Meinung nach un⸗ beſchreiblich iſt, und von welchem nie mand einen angemeſſenen Begrif ha⸗ Lage wuͤrklich geweſen iſt t). Die Liebe zum Leben ſiegte. Ich ben kan, der nicht in einer aͤhnlichen rief Herr Kaing, den Schiffer, den einzigen Offieier der auf dem Verdeck war, bat ihn mir zu folgen, flieg an dem binterſten Ende der Ruſt an den Puͤttings g) in das Fahrzeug, und machte es nicht ohne große Schwierig⸗ keiten e) Pinnace, iſt auf Kriegsſchiffen gewohnlich, und die zweite Sch aluppe, die zum Dienſt der Dfficiere beſtimt iſt. Sie aber weniger. pfleget nie mehr als ſechs Ruder zuführen, wohl 5) In Herr Hofrath wielands Geſchichte des Philo ſophen daniſch mende im 28ten Kapitel (im Deutſchen Merkur von 1775. Monat Auguſt S. 120 über alle aͤhnliche Fälle gelefen. bis 128 vom Anfang bis zum Ende,) habe ich einen der beſten Commentaren Das iſt beiläufig weder Compliment für Herr Wieland, noch Beeintraͤchtigung irgend eines Kaſuiſten, in denen ich nichts weniger als beleſen bin; ich führe dieſe Stelle nur an, weil vielleicht Kapitain Anglefields Raiſonnement manchen Stof zur Unterhaltung darbieten kan. zu laſſen. glefield zu tadeln. g) Die eiſernen Kettenglieder, In ſolchen, wie in allen Fällen, halte ich es nicht ganz unnütz, ehe man ein Urs ſheil faͤllet, die widerſprechende Partie, wenigſtens doch auch zu Worte kommen Uebrigens vermag meine Wenigkeit keinesweges Capitain In⸗ durch welche die unteren Jufferbloͤcke, auf welchen die 71 ſteif geholt werden, in den Rüſten, und gegen die Seiten des Schiffes ft ind, e 373 des Capita Inglefed-und feine Schelper, Bol. 374 keiten frei vom Schiffe. Doppelt fo viel Leute als das Fahrzeug hätte tra: gen koͤnnen, gaben ſich Muͤhe mit Binz ein zu kommen, und viele ſprangen ins Waſſer. Herr Baglis, ein junger Menſch von funfzehn Jahren, von guten Leuten, ſprang von den Puͤt⸗ tings, nachdem das Fahrzeug ſchon abgeſetzt hatte, und wurde mit herein genommen. Das Fahrzeug kam nun hinter das Schif, wurde der See ausgeſetzt, und wir gaben uns Muͤhe es herum zu bringen, um es gegen die Brechung der Wellen anzuhalten, und dem Schiffe auf der Windſeite vorbei zu kommen; allein, bei dem Verſuche lief es beinahe ganz voll, die See ging zu hohl, und die einzige Wahrſchein⸗ lichkeit das Leben zu erhalten, war, vor dem Winde hin zu halten. Nun fing ich erſt an zu bemerken, wie wenig, wenn anders um irgend etwas, beſſer unſere Lage waͤre, als derer, die im Schiffe geblieben waren. Hoͤchſtens ſchien fie mir eine Verlaͤn⸗ gerung eines elenden Daſeyns zu ſeyn. Unſerer waren zwoͤlf, in einem lecken Fahrzeuge, einem Bord unter Waſſer, beinahe in der Mitte des weſtlichen Oceans, ohne Compas, ohne Qua⸗ dranten, ohne Segel, ohne Ueberrock oder Mantel, alle ſehr duͤnne geklei⸗ det, bei einem heftigen Winde und in bohler See! Es war 5 Uhr Abends, und in einer halben Stunde verloren wir das Schif aus dem Geſicht. Ehe es finſter wurde, fanden wir eine Bett⸗ decke im Fahrzeuge, welche wir ohne Verzug unter einer unſerer Fußlei⸗ ſten h), als ein Segel befeſtigten. Wir lenſeten i) die ganze Nacht, in der Erwartung von jeder Welle ver ſchlungen zu werden; es war verſchie— dentlich mit vieler Muͤhe, daß wir das Fahrzeug ledig ohſen kk) konten, ebe die naͤchſte Welle es wieder fuͤllte. Wir ſaſſen alle, halb ertrunken, die ausgenommen, welche das Fahrzeug ausohſeten. Ohne wuͤrklich umge⸗ kommen zu ſeyn, bin ich ſicher, haben wir Leute mehr ausgeſtanden. Den folgenden Morgen wurde das Wetter gemaͤchlicher, der Wind war auch ſuͤd⸗ licher gelaufen, wie wir an der Son⸗ ne merkten. Da wir die Nacht uͤber⸗ lebt hatten, fingen wir an uns zu er⸗ holen, und auf fernere Erhaltung zu denken. Wie wir das Schif verließen, war der Wind Nordweſt oder Nordnord⸗ wet. Sapal lag Oſtſuͤdoſt, zwiſchen 188 und 195 Meilen von uns. Haͤtte Aa 2 die⸗ h) Stretehes. Die Leiſten die in Ruderfahrzeugen inwendig auf dem Boden feſt find, gegen welche die Rudernden ſich mit den Fuͤſſen ſtaͤmmen. Der Maſt gab wahr⸗ ſcheinlich ein Ruder, oder Riem. 1) Lenſen, to Seudd, mit einem Segel vor dem Winde fahren, bei ſchwerem Wekter. g x Oe, ausohſen, to baile a boat, (wird ſonſt gewoͤhnlich bale geſchrieben, ) heißt a mit Hülfe einer Schaufel mit einem kurzen Stiel oder Handhabe ein Fahrzeug von Waſſer befreien. Eine ſolche Schaufel oder Schöpfer heißt ein Ohsvaß, kidd, ſcoop. Es wird in der Folge noch vorkommen. EN N dieſer Wind ; bis 6 Tage angehalten, ſo war es wahrſcheinlich, daß wir, wenn wir vor der See liefen, eins der weſtlichen Eilande hätten erreichen koͤnnen. Die Veraͤnderung des Win⸗ des tödtete dieſe Hofnung, denn wenn er beftig durch gekommen waͤre, ſo war kein ander Mittel unſer Leben zu erhalten, als vor der See zu laufen, wodurch wir wieder nordlich gekom⸗ men waͤren, wo wir bald nachher wuͤrden umgekommen ſeyn. Bei Nachſuchung was wir zu un⸗ ſerm Unterhalt haͤtten, fand ich einen Beutel mit Brod, einen kleinen Schin⸗ ken, ein einziges Stuͤck Schweine fleiſch, zwei Quartbouteillen Waſſer, und etwas weniges franzoͤſiſche Con— fituͤren. Der ſuͤdliche Wind hielt 8 bis 9 Tage an, wehete aber zum guten Gluͤcke nie hart, ſo daß wir immer die Seite des Fahrzeuges gegen die See halten konten; allein, wir waren beinahe die ganze Zeit elendiglich Durch: naͤßt und kalt. Wir hielten eine Art von Schifsrechnung, weil wir aber verſchiedentlich in 24 Stunden weder Sonne noch Sterne ſahen, ſo hatte, keine ſonderliche Meinung von unſe— rer Schiffahrt. Wir ſchloſſen um dieſe Zeit, daß wir, die erſte Nacht ausge⸗ nommen, in welcher wir ſuͤdoͤſtlich ge: kaufen waren, ungefähr oſtnordoͤſtli— chen Curs gehalten hätten, und hoften daher das Eiland Corvo zu entdecken. Unſere Erwartung ſchlug fehl, und Enihlung der wunderbaren Eren N wir fü rchteten, der fü üdliche Wind bat N uns zu weit nor dlich gebracht. Wir beteten um einen 9 8 Wind. erg Unſer Zuſtand füig an ſehr elend zu werden, durch beides, Hunger und Kälte, denn am fünften Tage entdeck⸗ ten wir, daß beinahe alle unſer Vor⸗ rath von Brod, vom Salzwaſſer ver⸗ dorben war, und daß es noͤthig waͤre, uns auf beſtimte Portionen zu ſetzen. Ein Zwieback in zwoͤlf Biſſen gebro⸗ chen zum Fruͤhſtuͤck, und eben ſo viel zu Mittage 1). Der abgeſchlagene Hals einer Bouteille, mit dem Pfropf darin, diente zum Glaſe, und war mit Waſſer angefüllt, die Portion eines jeden fuͤr 24 Stunden. Dies geſchah ohne Partheilichkeit und Unterſchied; dem unerachtet haͤtten wir doch umkom⸗ men müffen, bätten wir nicht ſechs Quart Regenwaſſer aufgefangen; und dieſen Segen wuͤrden wir nicht haben genießen koͤnnen, hätten wir nicht zum guten Gluͤcke ein Paar Bettlaken im Fahrzeuge gefunden, die durch Zufall hinein gelegt waren; dieſe breiteten wir aus, wenn es regnete, und wrungen fi fie, wenn fie durch und durch naß waren, in das Ohsvaß, mit welchem wir unſer Fahrzeug ausohſeten. Bei dieſen ſchmalen Portionen, die in unſerm huͤlfloſen Zuſtande mehr Reitzung als Unterhaltung waren, fingen wir an ſehr ſchwach zu werden, und bei un⸗ ſern beſtaͤndig naſſen Kleidern „waren 0 wir I) Jedesmal mogte es nach Gewicht zwiſchen ein und anderthalb Loth fuͤr den Mann betragen, ſicher nicht zwei Loth. az 41 > * . Nb . NN 3 6. 377 des Capitain Jugleſeld und ſeines Schaluppen⸗ Volks. wir an vielen Theilen des beibes ganz wund gerieben. Den dreizehnten Tag wurde es fit, und bald nachher entſtand eine ſchwa⸗ che Kuͤhlung aus Nordnordweſt, die bis zu einem friſchen Winde zunahm, ſo daß wir vor der See und vor un⸗ ſerer Decke, ungefaͤhr in einer Stunde fünf Viertel bis anderthalb Meilen liefen, bis wir glaubten, wir waͤren ſuͤdlich von Fayal, und weſtlich gegen fuͤnf und vierzig Meilen davon ent— fernt; wir haͤtten muͤſſen quer durch die See liegen, um es anzuthun, da aber der Wind heftig war, fo durften wir den Verſuch nicht wagen. Nun wuͤnſchten wir, der Wind moͤgte weft; lich laufen. Es war der funfzehnte Tag, daß wir im Fahrzeuge waren, wir hatten nun noch fuͤr einen Tag Brod und eine Bonteille Waſſer übrig, die uns von einem zweiten Regen nachgeblieben war. Unſere Leiden waren nun fo groß, als menſchliche Kraft ſie tragen konte; wir behielten aber immer die Ueberzeugung, daß guter Muth mehr helſe als koͤrperliche Kraft, denn an dieſem Tage, kam Thomas Mat⸗ thevs, Quartiermeiſter, der ſtaͤrkſte Mann im Fahrzeuge, durch Hunger und Kaͤlte, um. Den vorhergehenden Tag beklagte er ſich uͤber Mangel an Kraft im Schlunde, ſeinen Biſſen hinunter zu ſchlucken, wie er ſich aus⸗ druͤckte; In der Nacht trank er See⸗ waſſer, wurde wahnſinnig, und ſtarb ohne zu muchſen. Weil es nun beina⸗ be Gewißheit geworden war, daß wir 378 alle in ein oder zwei Tagen deſſelben Todes ſterben wuͤrden, ſo war es uns gewiſſermaßen troͤſtlich, zu ſehen, daß Hungertod nicht ſo ſchroͤcklich ſey, als unſere Einbildungskraft ihn vorge- ſtellt hatte. Andere hatten ſich über ahnliche Zufaͤlle im Schlunde beklagt, einige hatten ihren eigenen Harn, und alle, mich allein ausgenommen, hatten Seewaſſer getrunken. Da bislang Verzweiflung und Un⸗ wille noch immer mit gutem Erfolge war bekaͤmpft worden, und die Leute, wenn der Abend da war, ermuntert worden waren, ſtatt des Abendbrods ein Lied zu fingen, oder etwas zu er: zaͤblen, ſo fand ich es doch dieſen Abend unmöglich eins oder das andere aus ihnen heraus zu bringen. Mit Anbruch der Nacht fiel eine Windſtille ein, ungefähr um Mitter; nacht eine ſchwache Kühlung aus We— ſten, wie wir aus der Dienung oder der Bewegung der Wellen ſchloſſen, weil aber kein Stern zu ſehen war, ſo fuͤrchteten wir uns zu Schaden zu ſegeln, und erwarteten mit Ungedult den Aufgang der Sonne. So bald der Tag grauete, fanden wir den Wind ge⸗ nau ſo, wie wir ihn gewuͤnſcht hatten, Weſtſuͤdweſt, wir ſetzten unſer Segel gleich bei, und liefen vor der See un— gefaͤhr alle Stunde eine deutſche Mei⸗ le. Wir hatten eben unſer letztes Brod und das noch uͤbrige Waſſer, als unſer letztes Fruͤhſtuͤck verzehrt, als der Quartiermeiſter John Gre— 0 mit vieler Sicherheit behaupte⸗ a 3 te, 7% 210 Ergählung der wunderbaren Errettung 36 te, er ſaͤhe Land in Suͤdoſten. Wir batten ſo oft Nebelbaͤnke geſehen, die den Anſchein von Land gehabt hatten, daß ich mir ſelbſt nicht getrauete es zu glauben, ich warnete daher die deute, die ausſchweifend froͤlich wa: ren, damit ſie eine fehlgeſchlagene Er⸗ wartung nicht zu ſehr fuͤhlen moͤgten; bis zuletzt einer von ihnen in einem außerordentlich uͤbermaͤßig froͤlichen Ausbruch von Freude, ſchwor und erklaͤrte: Er hätte in ſeinem Leben kein Land geſehen, wenn das, was er fähe, keines waͤre. Wir richteten unmittelbar darauf unſern Cours nach dem Lande, ob ich meines Theils gleich wenig Glauben daran hatte. Der Wind wurde ſri⸗ ſcher, ſo, daß das Fahrzeug in einer Stunde fuͤnf Viertel bis anderthalb Meilen durchs Waſſer lief, und in zwei Stunden ſahen wir alle im Fahr⸗ zeuge das Land ganz deutlich, doch noch weit entfernt, ſo, daß wir es vor zehn Uhr in der Nacht nicht erreich⸗ ten; ich kan mich nicht entbrechen, mit Dankbarkeit die Gnade zu bemer⸗ ken, welche die Vorſehung uns bei dieſer Gelegenheit erzeigte. Die Luft rund herum am Horizont war ſo dick, daß wir nur auf drei bis vier Meilen ſehen konten, die Gegend ausgenommen, in welcher wir das Land entdeckten. Nach unſerer Rech: nung lag Fayal Oſt gegen Norden von uns, welchen Cours wir hielten, und wir wuͤrden in wenig Stunden, wenn die Luft nicht aufgeblickt, (das heißt, an dieſer einzigen Stelle klar gewor⸗ den. den ware, unſere Entfernung vom Lande vergroͤßert haben, zu oͤſtlich ge⸗ laufen ſeyn, und zum Ungluͤck alle Eilande verfehlt haben. Das Eiland Pico, welches uns die Entdeckung beguͤnſtigt haben wuͤrde, war ganz in Wolken eingehuͤllt, auch verlief noch einige Zeit, ehe wir voͤllig erfreuet wurden, indem wir an zwei Stun⸗ den einen großen Theil des Eilandes vorbeifahren mußten, an welchem uns das ſteile und felſigte Ufer zu landen, verſagte. Wir ertrugen dieſen Um⸗ ſtand mit vieler Ungedult, weil wir uns geſchmeichelt hatten, an dem erſten Theile des Landes, welchen wir er⸗ reichen wuͤrden, friſches Waſſer zu finden; durch dieſe fehlgeſchlagene Hofnung, waren einige vor Durſt ſo unruhig geworden, daß ihre Un⸗ ruhe nahe an Wahnſinn graͤnzte, ſo daß wir einige mal in Verſuchung waren, an Stellen anzulegen, wo das Fahrzeug von der Brandung haͤtte muͤſſen in Stücken. zerſchlagen were Endlich entdeckten wir einen Fiſcherkahn, der uns um Mitternacht auf die Rhede von Fayal brachte; wo uns aber das Herkommen des Hafens nicht erlaubte, eher an Land kommen zu duͤrfen, bis nach erhalte⸗ ner Geſundheitsviſite. Doch kam es mir nicht ſehr darauf an, die Nacht noch im Fahrzeuge zu bleiben, da un⸗ ſer Loots uns einige Erfriſchung an Brod, Wein und Waſſer brachte. Des Morgens darauf beſuchte uns Herr Graham der engliſche Conſul, deſſen menſchenfreundliche Aufmerk⸗ * ſamkeit, 361 des Capitain Inglefield und ſeines Schaluppen Volks. ſamkeit, große Entſchäͤdigung ſuͤr die tugiſiſchen Weitl uftigfeiten war. ail bin ich 1101 im Stan; de, die Verbindlichkeit gebührend auszudrucken, die ich fein ‚Güte und Menſchenſreundlichkeit, be eides ges gen mich und meine Leute ſchuldig bin; dann ich glaube, es war einige Tage ſein einziges Geſchaͤft, die be⸗ ſten Mittel zu beſorgen, unſere Ge⸗ ſundheit und Staͤrke wieder herzuftel: len. Meiner Meinung nach, glaube Seal, den 1zten October 1782, * * vlanen der e Officiere und Seeleute. Capitain Inglefield. Herr Tho⸗ mas Kamſay, Schiffer. Herr Ro: bert Bayles, Cadet. Herr James Clark, Unter⸗Wundarzt. Timothy Sullivan, der Unterofficier, welcher in des Capitains Schaluppe ſteuert ( Coxfwain, ). John Gregory, Quartiermeiſter. Tharles m' Car⸗ ty, Charles Slinn, Gallochar, Theodore Hutchins, und Tho⸗ mas Stereufon, Matroſen. Der Quartiermeiſter Thomas Mat⸗ thews, ſtarb den Tag vorher ehe wir Land ſahen. los 382 ich ſicher, daß nie erbarmenswüͤrdi⸗ gere Gegenſtaͤnde geweſen ſind. Ei⸗ nige der ſtaͤrkſten Leute des entaur, mußten durch die Straßen von Fayal unterſtuͤtzt werden. Herr. Rainy der Schiffer und ich, wir befanden ung, meiner Meinung nach, beſſer als die Uebrigen, allein, ich konte ohne Huͤlfe nicht gehen, und wurde mehrere Ta⸗ ge hindurch, bei der ausgeſuchteſten Koſt und Wohnung, eber W als beſſer. J. N. Inglefield. Namen dero fficiere die am Bord blieben, und wahrſcheinlich verungluͤckt ſind. John Jordan, erſter Lieutenant, Trebwan, zweiter, George Lind⸗ ſay, dritter, Scott, vierter, Bre⸗ ton, fünfter Lieutenant, John Bell, Hauptmann der Seeſoldaten. Tho⸗ mas Sunter, Jablnneſecr. Wil⸗ liamſon, Wundarzt. Thomas Wood, Botsmann. Charlos Pen⸗ larik, Conſtabel. Allan Woodrif, Zimmermann. Die Herren Dobſon, Warden, Hay, Everhart Min⸗ ſchaw, Sampſon, Lindſay, Chal⸗ mers, Thomas und Young, Steuer⸗ leute und Cadets. Vom 7% En 2 2 25 1 Vom 1 Auſchwelen des Mndviches en | fen dem Pr Stuck des Hannover „s riſchen Magazins vom kan 1775. befindet ſich ein vom Herrn Paſtor Pratie angegebenes Mittel, das Auf; ſchwellen des Rindviehes durch den Stich zu kuriren. Es iſt dieſes Mit⸗ tel bei denen Wiedertaͤufern in den rheiniſchen Gegenden ſehr gemein. Man hat aber doch ſchon viele Bei⸗ ſpiele gefunden, daß dergleichen Stich mißlich ausgefallen, und deswegen hat man auf andere unſchaͤdlichere Mittel geſonnen, deren Bekantmachung dem Publikum nicht mißfallen wird. Ein bekanter Gaſtwirth in Chur⸗ pfalz, hat in ſeinem Stall bei zwan⸗ zig Stück Kuhviehes. Sein Futter ift nichts als deutſcher Klee, der mit Ips geduͤnget wird, es traf fl ch einſt⸗ mals zu, daß, als der Knecht Mor⸗ gens frühe in den Stall kam, die Kuͤ⸗ be miteinander aufgeſchwollen, und zum Verplatzen reif waren. Der Gaſtwirth nahm in der Geſchwindig⸗ keit einen Hafen ſaurer Milch mit ſamt dem Rahm, (Sahne,) that eine ziemliche Parthie Schnupftaback bin: ein, ruͤhrte es durcheinander, und ließ es durch den Knecht, dem aufge⸗ ſchwollenen Viehe einſchuͤtten, es dauer⸗ te kaum ſo lang, als bis der Knecht mit dem Einſchuͤtten bei der letzten Kuh fertig war, fo war alles Auf⸗ ſchwellen vorbei, und das Vieh hatte Jahre, zumal, ſeinen ordentlichen Stuhlgang wie⸗ der. Dieſes Mittel iſt nachher mehr⸗ malen mit gutem Erfolg probiret wor⸗ den, und hat man auf ein Stück Vieh etwa einen Raſtatter Schoppen, oder ſaͤchſiſche Kanne Milch mit der Sahne und dazu einen Eßloͤffel voll chu taback, genommen. Das Aufſchwellen oder Kuflanfe 0 des Hornviehes iſt gemein bet di Kleefutter, zumal wenn der Klee ges ipſet iſt. Viele ſind daher auf den Gedanken gerathen, den Klee nicht allein dem Rindvieh zu geben, ſondern ſolchen mit Raygras oder engliſchem Habergras zu vermiſchen. Dieſes wird in dem Durlachiſchen mit vielem Nutzen gebauet, und iſt als ein ſehr geſundes Futter zu betrachten, es haͤlt ſich in einem mittelmaͤßigen Lande viele wenn man hin und wieder etwas zu Saamen ſtehen laͤßt, daß das Feld ſich von ſelbſt wieder beſaamen kan. Ein anderer Oekonom unweit Ha⸗ nau, ſucht das Aufſchwellen des Vie⸗ bes, zumal wenn es in Herbſtzeiten mit Ruͤbenkraut und dergleichen ge⸗ futtert wird, dadurch zu verhuͤten, daß er das kurze Futter in der Krippe mit reiner wohl durchgeſtehener Aſche be: ſtreuet, und hat er verſichert, daß ſeine Probe gut ausgefallen fen. EEE wm A EEE 17 md: u En RI 2 eo veeiches Magazin, 386 4 4 se 5 25tes Stuͤck. Bring, den 28ten März 1783. — Anindigung eines unsere Harzgebuͤrge betreff nden Kuwfrwerke. x IHR Förde ſeyn, und Patriot ſchei⸗ nen, ſind zwei ſo verſchiedene Sachen, als wie rechts und links, oder hinten und vorne, und es laͤßt ſich auf hundert Seiten betrach⸗ tet, hunderterlei davon ſagen, und saiıfenbfarh: Darüber ſatyriſiren. Was nicht auslaͤndiſch iſt, iſt nicht Mode, und was nicht Mode iſt, iſt Quark. — So geht es mit der Da: menmuͤtze, mit Blumen, mit Pfer: den, und was mich hier eigentlich an: geht, mit den Werken eee Kunſt und Wiſſenſchaft. Was iſt eine Rurlpetijwichel ; die nicht aus Holland verſchrieben wird? Was ein gutes herrliches Pferd, auf deutſchem Boden geboren, ohne geſtutz⸗ ten Schwanz? und was eine Damen⸗ muͤtze, die nicht von einer franzoͤſiſchen Coquette erdacht iſt, oder ente en von ihr einen Namen erhalten bat? Der Borſtorferapfel will N nicht ſchmecken, weil er nicht Reinette beißt; ar man range die deutſche ‚m 1 rt ! ” Auf dur wird diese anna Hier abgedruckt. Ane n Von einem Freund der Künfte ). majeſtaͤtiſche Eiche aus, um eine kruͤpp⸗ liche Ceder vom Libanon auf ihre Stelle zu pflanzen. Allein dieſes find Thorbeiten, die (wenn ich nicht als Finanzmann da⸗ von ſpreche,) wenig auf ſich haben. Laßt immer den Mann hin galoppiren auf feinem deutſchen englifirten Pfers> de, wenn er ſich nur den Hals nicht bricht; und die Dame mag immerhin eine Etourdie oder Dormeuſe tragen, wenn ſie nur nicht ſelbſt eine Etourdie oder Dormeuſe iſt. Wer kein Freund von dichtem Schatten und fetten Schin⸗ ken iſt, mag immer Eichen auswur⸗ zeln, und mit Cederchen vom Aabanon ſein Spielwerk treiben. | Anders iſt es mit Wiſſen ſchaft Par Kunſt. Hier, muͤſſen wir Vaterlaͤn⸗ der, Patrioten ſeyn. Nicht, um die Verdienſte des Auslaͤnders zu verach⸗ ten, dieſes wäre Unbilligkeit. — Aber auch nicht den deutſchen Gelehrten, den deutſchen Kuͤnſtler, zum Schuh⸗ ken berunter wuͤrdigen, — dann Bb | die⸗ N 337 dieſes wäre Barbarei? — Wolt ihr Maͤnner — Patrioten — deutſche Pa: trioten ſeyn, ſo unterſtuͤtzet ihn den deutſchen Mann von Genie. Herr Paſcha Johann Sriederich- Weitſch in Braunſchweig, einer der groͤßten jetzt lebenden, vielleicht, der größte Landſchaftmaler unſerer Zeit, welchen Trieb zur Kunſt und Natur allein bildete, und aus einem gemei⸗ nen Soldaten, zu einem gefuͤhlvollen Kuͤnſtler ſchafte, hat auf feinen viel: faͤltigen, der ſchoͤnen, und ſchrecklichen Natur zu Gefallen unternommenen Reiſen nach den maleriſchen Gegenden unſers Harzes, ſehr viele Zeichnungen aufgenommen, die er nun gewillet iſt, den Freunden der Kunſt und der Na⸗ tur, durch den Kupferſtich vervielfaͤl⸗ f tiget um den modeſten Preis, eines deutſchen Kuͤnſtlers, mitzutheilen, um den Preis, woruͤber ein Pariſer ah: Lunge aus dem Munde par⸗ liren, ein Italiaͤner ſich die Finger abbeißen, und der Engländer, ſich mit voller ziberty aufhaͤngen wuͤrde. Denn kurz, der Preis dieſer auf Re⸗ galbogen abgedruckten Kupferplatte, iſt nicht mehr, als 1 Rthlr. 8. 996. den Louis d'or zu 5 Rihlr. Das erſte Stuͤck was uns Herr Weitſch zum Schaugerichte vorlegt, iſt, wie ich auf Ehre verſichern kan, gar nicht die ſchoͤnſte, vielweniger die intereſſanteſte Zeichnung von feinen vie len von dem Harzgebuͤrge geſammelten. Es it der ſogenannte, durch mancher ’ lei Fabeln beſchrieene Roßtrapp, und in ee eines Aste Harzgebüͤrge 12 588 ter Bides Gott und die Welt wa, l 1 0 er aus ſeiner Sen ren Kunſt⸗ und Naturfreunden etwas ganz anders aufgetiſchet, als den an ſich ſonſt romantiſchen Roßtrapp. Ich ſelöſt habe den Roßtrapp nicht in Natur geſehen, kan alſo nicht ei⸗ gentlich ſagen, ob die Zeichnung rich⸗ tig oder unrichtig ſen. — Aber nen Kopf ſetze ich zum Dane, ur fie richtig, weil ich öfter ein Augen⸗ zeuge war, als Herr Weitſch Gegen den mit der groͤßten Genauigkeit nahm. 1 Was die Ausführung der Zeich⸗ nung, nemlich den Kupferſtich ſelbſt betrift, ſo iſt ſolche vom Herrn Weiſe in Caſſel, einem jungen Kuͤnſtler, der: 2 3 Deutſchland Ehre macht, eines Faͤr⸗ bers Sohn, der ehemals ſelbſt Faͤr⸗ bergefelle war, der aber durch ſeine Talente, wider den Willen ſeines jetzt; ſich freuenden alten Vaters, ein Diſei⸗ pel des neee e einer feiner beſten iſt. Um allem Verdacht der Groß ſpre⸗ herei und Partheilichkeit auszuwei⸗ eu, will ich nicht verhelen, daß in ge⸗ genwärttgem vor mir liegenden Roß⸗ hart ſcheinet, indeſſen weiß ich auch zu beſcede en ene. ſer Stich eine große Ma pen vorſtellet, Entfernung und due perſpectiv nicht leicht angebracht wer⸗ den konten. Kunſt und Geſchicklichkeit aus andern Da ich Herr Weiſens wenn Herr Weitſch ein minder aͤch⸗ Stücken kenne, ſo bin ich auch ber⸗ zeug, ann Nu trapp, mir der Stich im Ganzen et⸗ was Br mich 4 389 betreffenden zeugt, daß ich nur einen von den rau⸗ heſten, vielleicht gar nur einen Probe: ruck, beſitze. Uebrigens hat Herr eitſch dieſen Abdruck mit einer kur⸗ zen Beſchreibung von den fabelhaf: ten Erzaͤhlungen, uͤber die Entſtehung des Namens, Roßtrapp, begleitet. Angenehm waͤre es mir, und vielleicht manchem andern, wenn etwas von der Naturgeſchichte, von den verſchiede⸗ nen Steinarten, Pflanzen, u. ſ. m. von dieſem Gebuͤrge geſagt waͤre. Solte dieſer mein Wunſch auch der Wunſch des Publici ſeyn, fo kan ich im Namen des Herrn Weitſch verſi⸗ chern, daß dieſe von einem guten Na⸗ turforſcher, wo nicht gleich, doch bei einen jedem Dutzend Kupferplatten unentgeldlich im kurzen folgen ſollen. Einem jeden Knochenhauer wuͤrde man es verdenken, wenn er mehr ein; ſchlachtete, als er abzuſetzen wahr⸗ ſcheinliche Hofnung hat, und im Noth⸗ fall hat ſelbiger eine Nauchkammer. Da man aber Kupferſtiche nicht ſehr gut ſoll raͤuchern koͤnnen, ſo kan man es Herr Weitſch auch nicht verdenken, daß er ſich durch Gegenwaͤrtiges bei dem kunſtliebenden Publico erkundige, ob er ſeine angefangene Arbeit ſort⸗ ſetzen, oder aber mit der erſten Probe aufhoͤren ſolle? Nach genauer Berechnung und mit nur ſehr geringem Profit werden 400 Kaufluſtige erfordert, und ohne dieſe 86 2 Kupfer werke. 398 Anzahl von ehrlich denkenden Sub⸗ feribenten, kan und wird das Werk, daß unſern Gegenden Ehre bringen würde, nicht fortgefeßt werden, und die Zeit, bis zu welcher man Sicher; heit hieruͤber haben müßte, iſt bis Jo⸗ bannis 1783 feſtgeſetzt. Br Nun jetzo ganz ausgeprediget, laßt uns fragen ihr Freunde der Kunſt, der ſchoͤnen Natur und des deutſchen Patriotismus: Wollen wir die Fort⸗ ſetzung dieſer hierlaͤndiſchen Samm⸗ lung haben, oder nicht? um einen Preis der kaum die Reiſen und die Nbdrüce bezahlt, zerriſſene Schuh und Bein: kleider, wie in Deutſchland üblich, gratis. | 184 Aber ſchaͤmen will ich mich auch gratis fuͤr Euch alle Ihr Hannovera⸗ ner, Braunſchweiger, Deutſche, wie Ihr alle beißen moͤget, Ihr Kuͤnſtler und Ihr Freunde der ſchoͤn fürchterfi: chen Natur, wenn ich allein oben au auf dem Subſcriptionsbogen fteben ſolte, mit dem man als unnuͤtz dereinſt eine Pfeife Nordheimer Batavienta⸗ back anzuͤnden wuͤrde. In Braunſchweig kan man forwoht bei Herrn Weitſch ſelbſt, oder bei dem Herrn Kunſthaͤndler Bremer, in Han⸗ nover aber bei dem S. T. Herrn Poſt⸗ ſchreiber Muͤnſter den erſten Kupfer: abdruck in Augenſchein nehmen, und nach Belieben thun, was man will. sche - X * Ar 391 * dem Wunſch mancher Liebbaber ' die in ihrer Art fo herrlichen Aus⸗ ſichten des Harzwaldes durch die Kunſt vervielſaͤltigt zu ſehen, ein Gnuͤge zu leiſten, habe ich ſchon ſeit mehrern Jahren verſchiedene dortige Gegenden gezeichnet und aufgenommen; auch habe ich jetzt in dem Herrn Hoffupfer: ſtecher Weiſe in Caſſel einen zu die⸗ fer Arbeit völlig geſchickten Kuͤnſtler angetroffen, der ſchon die erſte Kupfer⸗ tafel mit dem gluͤcklichſten Erfolge vol: lendet hat. Er iſt darin meiner Zeich: nung aufs richtigſte und genaueſte ge: folgt, und der Anblick dieſer Probe wird hoffentlich bei allen Kunſtliebha⸗ bern eben ſo, wie bei mir, den Wunſch der Fortſetzung erregen. Die Erfül: lung dieſes Wunſches haͤngt bloß da⸗ von ab, daß eine hinlaͤngliche Anzabl von Kennern und Liebhabern der Na⸗ tur und Kunft dieſe Unternehmung befoͤrdere. „Um den Werth derſelben „beurtheilen zu koͤnnen, lege ich ihnen „dies erſte Blatt zur Probe vor, dem „die uͤbrigen folgen werden, im Fall ih zwiſchen jetzt und Oſtern eine „Anzahl von drei bis vierhundert i Ankündigung einer Folge von Kupfertafeln, ꝛc. 15 Ankündigung einer Folge von Kupfertafein der vornehmſten 5 Gegenden des Harzgeruͤrges. Koßtrapp abbildet, 392 ite „Subſeribenten anfinden folte.., Die folgenden Blaͤtter werden nicht min⸗ der merkwuͤrdige und rom ntiſche Gr. genden, Klippen, Felſen, Ölen und Wildniſſe darſtellen, die zum Theil den Schweitzergegenden, das Eisge⸗ buͤrge ausgenommen, nichts an Schön: heit und großem Eindrücke nachgeben, und ihnen im Gauzen vielleicht noch vorzuziehen fü ſind. Einigen Vorſtellungen ſolcher Ges genden, die durch aberglaͤubiſche Fa⸗ beleien ihren Namen erhielten, wird die Legende beſonders beigelegt werden, wie ſchon bei der erſten Platte, die den geſchehen iſt. Die durch das große Format veran⸗ laßte Koſten, machen es mir unmoͤg⸗ lich, den Preis jedes Abdrucks nie⸗ driger als auf 1 Rthlr. 8 ggr., den Louis d'or zu 5 Rthlr. gerechnet, an: zuſetzen. Die Unterzeichnung geſchie⸗ het, hier bei mir ſelbſt, und in Leipzig bei Herrn Roſt, auch in den dortigen Meſſen bei Herrn Bremer von hier. Braunſchweig, den 26ten ee 1782. Paſcha ar Sriederigg Weich. Ockonomiſche Abhandlung von der Art, die Selber mit Torfaſche zu duͤngen. f S* Ackerbau, dieſe unentbehrli⸗ che und edle Wiſſenſchaft, iſt bei weitem noch nicht zu der Vollkom⸗ menheit gediehen, zu er ſie pe bracht werden koͤnte. "Man hält den: jenigen für einen guten Wirthſchafter er 393 oder Haushaͤlter, der einen guten oder wenigſtens mittelmaͤßigen Erdboden mit einigem Nutzen anzubauen weiß, und viele Ländereien find entweder gar nicht, oder doch nur ſchlecht angebauet, die gewiß einige daran gewandte Mit: be belohnen wuͤrden. Der Neid, auch die Unwiſſenheit dererjenigen, welche fi ſich gemeiniglich mit dem Ackerbau beſchaͤftigen, und der bei dergleichen Leuten eingewur⸗ zelte thoͤrigte Haß fuͤr alle Neuigkei⸗ ten, ſind vermuthlich hieran Schuld, daß wir dieſe ſaſt nicht entbehrliche Wiſſenſchaft, nicht bhoͤher, und noch lange nicht ſo weit gebracht haben, als fie in den Zeiten der vernünftigen und gluͤcklichen Roͤmer geweſen. Man kan aber mit Zuverlaͤßigkeit der Hofnung ſeyn, daß wir es hierin weiter bringen werden, ſeit dem wir dem Beiſpiele der Engländer gefolgt ſind, Verſuche augeſtellt, und ſolche auf alle mögli: che Art und Weiſe zu erforfchen, an: gefangen haben. Auch die in die⸗ ſen Anzeigen hin und wieder einge⸗ ruͤckten, dem Haushalt ſehr vortheil⸗ haften Stücke, zeigen es zur Gnuͤge, daß es auch in hiefigen Gegenden nicht an Leuten fehle, welche zu dieſem Ge⸗ ſchaͤft hinreichende Geſchicklichkeit be⸗ ſitzen, dem Publico oder gemeinen We; ſen, hierunter die nuͤtzlichſten Dienſte zu leiſten. Da es bauptſächlich bei dem Land⸗ haushalt auf die Erfahrung, und nicht auf ein oͤkonomiſches Buch durchzule⸗ ſen ankoͤmt, ſo verrichtet ein jeder eine nuͤtzliche Arbeit, der dem gemeinen Ockonomiſche Abhandlung von der Art, die Felder 1c. 394 Werfen ſolche, wenn fie entweder noch ganz neu, oder wenigſtens nur an einiz gen Oertern bekant iſt, nach ſeiner Ein⸗ ſicht mittheilet. Einige Haushälter, die ihren Witz aus den Buͤchern ge— fogen haben, pflegen auch wohl st: was neues hervorzubringen, bedenken aber dabei nicht, daß ihnen zum oͤſtern ihre kuͤnſtlichen Gedanken als eine Sa: tyre ausgelegt werden, und viele werden zit mir einerlei Meinung ſeyn, daß es ſchlechterdings keinen Haushälter ausmacht, ob er ſchon hin und wieder gehört, wie, oder auf welche Art der Ackerbau am bequemſten beſtellet wer⸗ den koͤnne. Geſetzt auch, man haͤtte ſich zum Landhaushalt qualiſieirt, wäre an einem Orte einige Jahre geweſen, und wuͤrde fodann an einen andern Ort translociret, ſo wuͤrde ſich zeigen, daß man nicht im Stande ſey, binnen einem Jahre dem Haushalt gehörig vorzufte: ben, und uͤberdem noch bei den mehr⸗ ſten Angelegenheiten ſich der Bauers⸗ leute, Acker⸗ oder Scheurenvoͤgte Rath bedienen muͤſſe. Wenn gleich jene, ihrer Wiſſenſchaft nach das beſte vor: geben, fo iſt man doch nicht völlig über: zeugt, ob ihre Angabe gegruͤndet, und nicht auf eine weit beſſere und vor: theilhaftere Art koͤnne verrichtet wer; den. Mithin wird kein Haushaͤlter geboren, ſondern er muß zufoͤrderſt aus eigener Erfahrung den Haushalt führen, und ſelbigem auf eine vor theilhafte und bequeme Art vorſtehen konnen. In dieſer Abſicht will ich gegenwaͤr⸗ tig an Art befant machen, wie ſchlechte 3 Fel⸗ Felder mit Totfaſche fruchtbarer ger macht werden konnen. Auf ſolche Art zu duͤngen, iſt nur an einigen Orten gebraͤuch lick. Auf dem Moore befindet ſich ge⸗ meiniglich oben in verſchiedener Tiefe eine Art loſer Boden, welcher in keine gehörige Stucke geſtochen, mithin nach unſerer Art den Torf zu bereiten, zur Feurung nicht gar wohl gebraucht werden kan. | Solcher Torf, welchen man in Weſtiphalen Gruhm oder Mull nen: net, muß zur Semmerszeit, wenn die Meore genugſam abgetrocknet find, mit langzackigten hoͤlzernen Eggen ſo lange verarbeitet werden, bis ſich we⸗ uig große Stuͤcken darumer befinden, und dieſer durchgearbeitete Torf, wird ehne weitere Verarbeitung auf die Felder gefahren, Bei den Feldern, die das Jahr brach gelegen, kan dieſes fuͤglich ge ſchehen, ſo bald es die Witterung zu⸗ laßt, bei denen aber, fo das Jahr Fruͤchte getragen, muß man ſolches An⸗ fange, auch in der Mitte des Septem⸗ bers, da die Moore noch duͤrre find, und zu dieſer Zeit noch trockene Witterung einfaͤllt, ohne Anſtand ins Werk rich⸗ ten. Der Torf wird auf die Felder etwa eine Hand hoch gefahren, und an allen Stellen damit bedeckt. Naͤchſtdem wird ſelbiger an eini⸗ gen Orten mit Schwefel und Zunder angeſteckt, und wenn davon ein Theil in Brand gerathen, werden die bren⸗ nenden Stuͤcke hin und wieder auf dem Felde herum geworfen, da als; denn bei einem i ſaͤmmtliche Torf in Zeit von 24 Stun⸗ den in Aſche verſetzet wird. So bald nun das Erdreich ſo welt ſich abgekuͤhlet hat, daß die Pferde ohne Schaden darauf gehen koͤnnen, wird das Land wie Hürdeläger umge pflüget. In lockerm oder leichten Bo⸗ den, wird ſolches ſofort zur Saat zu⸗ bereitet, in denen Feldern aber, die ein feſtes Erdreich haben, nur ganz flach umgepfluͤget, ſodann wieder auf geegget, und nachher zur Saatzeit ge⸗ hoͤrig zugerichtet. Bir Solche auf dieſe Art geduͤngete Felder, werden gewoͤhnlich drei Jahre nach einander mit Rocken, und das vierte Jahr mit Sommerfruͤchten be⸗ ſtellet; gemeiniglich geraͤth der Rocken oder ſaͤmtliche Winterfruͤchte das zweite Jahr nach dem Brennen am beſten, überhaupt aber wird ein gebrannter Acker weit mehr, als ein mit Miſt geduͤngter aufbringen, und hat man dabei nicht viel Mißwachs zu be⸗ fürchten, indem die in der loſen, und durch das ganze Land ausgebrei⸗ 1 teten Aſche vorhandenen Salze, fi auch bei Bürrer Witterung leicht auf löſen, und den Gewaͤchſen mittheilen, auch das Stroh eine außerordentliche Staͤrke davon bekomt, die dem heſtig⸗ ſten Regen und Windſtur im, in Be tracht des Legens, widerſteht. Unter den Bauersleuten gehet zwar die Meinung im Schwange, daß man die Felder nicht mehrmalen auf dieſe Art duͤngen dürfe; und man nennet daher ſelches Land todt bren⸗ g nen. 397 * nen. Es iſt auch das Spruͤchwort entſtanden, daß das Brennen reiche Vaͤter, aber arme Soͤhne mache; in: deſſen habe ich noch niemand gefunden, welcher ſolche Meinung mit der Er⸗ fahrung beſtaͤtigen zu koͤnnen, ſich getrauet haͤtte. Geſetzt auch, ſie babe ihre Richtigkeit, ſo wird man binlaͤnglichen Nutzen haben, auf dieſe Weiſe nur den ſechſten Theil ſeiner Felder zu dungen, und werden viele Jahre vorbei gehen, ehe man ſolche wieder brennen zu laſſen braucht. Zu geſchweigen, daß man an vie⸗ len Orten, Felder dazu nehmen kan, die ſo weit von den Hoͤfen entfernet ſind, daß die Fuhren des Duͤngers viel zu koſtbar, weswegen denn ſelbige ganz 1 bleiben. Den hierbei erſparten Miſt kan man au belt Duͤngung der uͤbrigen Feſ⸗ der i großem Nutzen gebrauchen, und durch das mehr erhaltene Stroh die Viehzucht verſtaͤkken. hi e 8 N 7 35 1 Cen — — Magazin fi, vom Jahre 1775. St. 80. wird eines Pulvers, genannt Geſchenk der goͤttlichen Vorſehung, gedacht. Die⸗ ſes erinnert mich an ein aͤhnliches Pul— ver, ſo der Factor Geibel zu Frank— furt am Mayn vor zwanzig Jahren unter dem Namen Fruchtvermehrende Maſſe verkauſt hat, mit welchem ein die Felder mit Torfaſche zu bungen. b h Bag des Sieftamen durch den Urin eee Rindviehes. due, = 398 Ueberdieß wird es erfabrnen Haus⸗ wirthen bekant ſeyn, daß die Veraͤn⸗ derung des Duͤngers eben ſo, wie die Veränderung des Saatkorns boͤchſt nuͤtzlich ſei. Endlich muß ich noch bemerken, daß dieſe Art zu duͤngen, ein gutes Mittel zu Verminderung des Unkrau⸗ tes iſt, wovon der Saame durch andern Miſt ſo haͤufig ins Land ger bracht wird; mithin wird ein jeder gar leicht einſehen, von wie großem Nutzen ſolche an denjenigen Orten ſeyn muͤſſe, wo ſich befonders die Wucherblumen finden, wenn nur die Gelegenheit hierzu vorhanden iſt. Ich kan mir leicht vorſtellen, daß dieſe Abhandlung vielen alten Haus⸗ haͤltern nicht gefallen wird; indeſſen iſt mein Wunſch, daß ſich verſtaͤn⸗ dige Hauswirthe finden moͤgen, wel⸗ che ſichs angelegen ſeyn laſſen wol⸗ len, eine ſo wenig koſtbare Probe an⸗ telle. 8 N 1 I $. Werner. | ſonſt rohes Land —— einen andere Dünger gebauet worden, und hat man mit einem Pfund dergleichen Maſſe auf einen ganzen Morgen Landes 160 rheinlaͤndiſche Auadratruthen groß, genug gehabt. Man vetfuhr mit der Maſſe folgendergeſtalt: Die zu einem Morgen Landes erforderliche Saat ſchuͤttete man in ein raͤumliches 175 399 Von Befruchtung des Sleſaamen durch den Urin, x 400 faͤß, und uͤberſchuͤttete ſolches mit fri⸗ ſchem Waſſer, ſo, daß das Waſſer eine Hand hoch uͤber den Saamen ging. Hierauf wurde die Maſſe hin⸗ ein gethan, und fleißig geruͤhret, we⸗ nigſtens in anderthalb Tagen ſechs mal, nachdem zapfte man das Waſſer ſauber ab, und ſchuͤttete es auf ei⸗ nen Grasboden. Den Saamen aber ſchuͤttete man auf Tücher an einen ſchattigten Ort z. E. in eine Tenne, und ließ ihn da ſo lange liegen, bis er dermaßen abtrocknete, daß die Kr ner nicht an einander klebten, und alfo ungehindert geſaͤet werden konten. Das Feld war indeſſen zur Saat, aber ohne weitern Duͤnger zurecht ge⸗ macht, und hat man gefunden, daß die Gerſte, ſtatt daß ſie ſonſten ordent⸗ lich nur vier Rippen gehabt, ſechs Rippen bekommen, und von einem Srj. Ausſaat zwoͤlf Srj. reiner Ger⸗ ſte abgegeben hat. Der Grasboden, worauf das abgezapfte Waſſer ge⸗ ſchuͤttet worden, hat ſich auch reichlich verintereßirt, und gegen andere Plaͤtze ungemein ſchoͤnes Gras gegeben. Da mir bekant worden, daß ver. ſchiedene verminftige Bauern ibren Saͤehaber in Miſtpfuhl vor der Saat eingeweichet, und allemal in dieſer Ge⸗ gend deu ſchoͤnſten Haber erhalten, ſo ließ ich auch dieſe Probe mit meinem Auguſthaber machen, und fand ſol⸗ ches zutraͤglich. Ein gewiſſer Land: mann machte die Probe auch mit dem Buchweitzen oder Heidekorn. Das Feld, ſo er dazu beſtimt hatte, theilte er in zwei Theile. Die eine e Hälfte beduͤngte er mit Topfaſchenabgang, oder ausgelauchter Aſche, die andere Haͤlfte des Ackers aber ließ er ohne weitern Dünger zur Saat vorberei⸗ ten, auf die beduͤngte Haͤlfte ſaͤete er trockenen Buchweitzen, und auf das unbeduͤngte Feld, den in Miſt⸗ pfuhl eingeweichten Saamen. Bei der Zeitigung ſahe man den Unter: ſchied gar deutlich, das Stroh vom beduͤngten Felde war ein merkliches kleiner als das andere, und das letz⸗ tere hatte ungleich mehr in der Ernte abgegeben als das erſtere.. Da dieſe Zubereitung des Saͤeſaa⸗ men ohne weitere Koſten geſchehen wird, indem doch ein jeder in ſeinem Viehſtall einen Behaͤlter machen kan, um den Urin ſeines Viehes aufzufan⸗ gen, und zu ebrauch bewahren; fo, dürfte, es dem Publico nicht unangenehm ſeyn, wenn es durch Bekantmachung dieſer Gedanken, an eine Goldgrube erinnert wird, an wel⸗ che nee 15 nie ee hat. ain 0 7 ih lu sah — L V BAT; 8 anno Magazin. er 26 Stüd, Montag „den 31ten Maͤrz 1783. Regeln, zu Abkürzung der gedopp⸗ alten Sing, und Rabatrechnung. d. Erfindung der Regeln, die N ich jetzt vollſtaͤndig befchrei: ben will, habe ich vorlaͤufig in dem 38ten Stuͤck dieſes Magazins vom vorigen Jahre angekuͤndiget, in der Abſicht zu erfahren, ob ſolche be⸗ reits bekant ſey? In dem 46ten St. des Magazins iſt daruͤber commenti⸗ ret, mein Raͤthſel aber nicht getroffen. Dieſes ließ mich die Neuheit der Sa⸗ che ſchon einigermaßen vermuthen; und ich wurde davon noch mehr über; zeuget, da ich in den Abhandlungen von den Zinſeszins⸗ und gedoppelten Rabatrechnungen des Herrn Profef: ſors Michelſen zu Berlin, in deſſen Anleitung zur juriſtiſchen politiſchen und oͤkonomiſchen Rechenkunſt, Halle 1782, nichts davon antraf; auch von einigen Freunden aufgefordert ward, die Regeln bekant zu machen. Sey es aber auch, daß ich nicht der erſte Erfinder derſelben bin; ſo hat man ja die Leibnitziſchen Regeln vom gedop: pelten Interuſurio, welche in den Adis Eruditorum 1683 bekant gemacht ſind, ihm, als dem erſten Erfinder, zuge⸗ ſchrieben, und Bisher nach feinem Na⸗ men genannt, obgleich uͤber hundert Jahre vor ihm, Peter Apian nicht an⸗ ders gerechnet haben wuͤrde, wenn er die Probe oder den Ruͤckweg auf die in ſeinem Rechenbuche beigebrachten Exempel der Zinſeszins Rechnung ge⸗ macht haͤtte. Zudem iſt es mir nicht um die Ehre der Erfindung zu thun, ſondern um den Nutzen, den die Be⸗ kantmachung dieſer Regeln ſchaffen wird, und welcher in dem obgedachten 38ten Stuͤck dieſes Magazins nicht uͤbertrieben iſt. Nun zur Sache. Es ſoll eine Anweiſung gegeben wer⸗ den, wie eine Reihe Bruͤche, fie fey fo groß wie fie wolle, welche in geometri⸗ ſcher Proportion ſtehen, auf eine unge mein kurze und leichte Art addiret wer: den koͤnnen, um die Aufloͤſung der Auf— gaben der gedoppelten Zins: und Ra: batrechnung abzukuͤrzen. In Anſe⸗ hung dieſes Zwecks, iſt gegenwaͤrtige Anweiſung bloß auf ſolche Bruͤche ge richtet, deren Zaͤhler ſowohl, als die Nenner, aus Potenzen oder Dignitaͤ⸗ ten beſtehen; es moͤgen nun aͤchte Bruͤ⸗ Ce f che. * 405 che, deren Zaͤßler kleiner ſind, wie die Nenner; oder unaͤchte Brüche, deren Zaͤhler größer find, wie die Nenner, ſeyn. benden Nutzen deſto gewiſſer zu errei— chen, mich dabei einer ſolchen Spra⸗ che, die einem jeden Arithmetiker ver⸗ ſtaͤndlich iſt, bedienen, und darf zwar von dem groͤßten Theile vorausſetzen, daß derſelbe den Vortheil der folgen: den Anweiſung ſchon voraus ſehen werde: Indeſſen will ich ſolchen ſo— gleich an einer Aufgabe, deren Aufloͤ⸗ ſung weiter unten vorkommen ſoll, zei⸗ gen. Sie findet ſich, wiewohl unter einer andern Einkleidung, im Fa4ten Stuͤck der Hannoveriſchen Gelehrten Anzeigen vom Jahre 1753. S. 797. u. f. und iſt dieſe: Es hat Jemand 22 Jahre lang, jaͤhrlich 10 Rthlr. genof: fen, die er am Ende des 221. Jahres mit Zinſeszinſen zu 5 pro Cent her⸗ ausgeben ſoll; wie viel wird zu bezah⸗ len ſeyn? Nach der bisherigen gewoͤhu⸗ lichen Rechnungsmethode iſt von jeder dieſer 22 Fragzahlen zu 10 Rthlr. be ſonders auszurechnen, wie groß ſolche in der Zeit, da ſie in des Pereipienten Haͤnden geweſen, durch die Zinſeszin⸗ ſen geworden ſey? die gefundenen 22 Reſultate ſind ſo dann zu addiren, und ihre Summe giebt die ganze Schuld des Participienten an. Man findet die Anzeiger, welche die Vergroͤßerung oder Verminderung, uͤberhaupt alſo die Veränderung eines gegebenen Ca— pitals, in Ruͤckſicht auf die Zeit der 3 und des Procentfußes, be⸗ Regeln, zu Abkürzung der gedoppelten Zins; ſtimmen, in Tabellen. N vergroͤßert ſich ein it s a Zinfeszinfen zu 5 ee 0 b , in einem Jahre nach dem Verhaͤltniſſe Ich werde, um den vor Augen ha⸗ wie 100 zu 105. oder 20 zu 21. oder nach dem Anzeiger 35, in zwei Jahren nach dem Verhaͤltuiſſe wie 400 zu 44 l. oder nach dem Anzeiger 435, und fo _ weiter. Von dieſen Anzeigern werden alſo zu Aufloͤſung der vorhabenden Aufgabe 21. (weil die 10 Rthlr. des zaten Jahres keine Zinſen getragen,) die in der angefangenen geometriſchen Proportion fortgehen, erſordert. Mit jedem ſolcher Anzeiger iſt die jaͤhrliche Summe von 10 Kehle. zu multipliei⸗ ren; die ſaͤmmtlichen Reſultate ſind ſodann, nebſt den 10 Rthlru. des 2 2ten Jahres, welche keine Zinſen getragen haben, zu addiren; und damit ſtellet ſich allererſt das geſuchte Faeit dar. Statt dieſer uͤberaus weitlaͤuftigen Operation, brauche ich nur das erſte und letzte Glied der geometriſchen Pro⸗ greſſion zu wiſſen, aus dieſen finde ich nach einer ungemein kurzen Methode, die ganze Summe der Progreſſion, und multiplicire mit ſelbiger die auf⸗ gegebene einjaͤhrige Fragzahl; ſo babe ich auf einmal das Facit. g Ich brauche hiebei wohl nicht u bemerken, daß es einerlei ſey, eine Zahl mit den Theilen einer andern Zahl nach einander zu multiplieiren, und die gefundenen Producte zu addiren, oder jene Zahl mit allen Theilen der andern Zahl zuſammen genommen, zu multipliciren. b Die allgemeinen Regeln, nad wet | chen 4 8 7 . „ chen eine Reihe 3 die aus Po⸗ tenzen beſteht, zu ien fü ind nun folgende. Erſte Regel: wenn es ächte Brüͤ⸗ che, oder die Zaͤhler kleiner, wie die Nenner, ſind: Man ſubtrahire in dem erſten und letzten Gliede der vorgegebenen Rei⸗ be Bruͤche, den Zaͤhler von dem Nenner; multiplicire den Reſt des Nenners des erſten Gliedes, mit dem Nenner des letzten Gliedes; imgleichen den Reſt des Nenners des letzten Gliedes, mit dem Zaͤh⸗ ler des erſten Gliedes; dividire dieſe Zahl durch jene; fo. iſt die Sum: me der ganzen Reihe Wicht ge⸗ funden. Zwote Regel: wenn es unaͤchte Brüche, oder die Zähler größer, wie DE Nenner, find: 5 Man ſubtrahire in dem erſten und ! letzten Gliede der vorgegebenen Rei⸗ be Bruͤche, den Nenner von dem Zaͤhler; multiplicire den Reſt des Zaͤhlers des erſten Gliedes mit dem Nenner des letzten Gliedes; imglei⸗ chen den Reſt des Zaͤhlers des letz⸗ ten Gliedes mit dem Zähler des er⸗ ſten Gliedes; dividire dieſe Zahl durch jene; ſo iſt die Summe der ganzen Reihe Bruͤche gefunden. Die Richtigkeit dieſer Regeln zei⸗ gen folgende Beiſpiele: 1) ESC ‚Kon Ju addiren: * 1 und Kabatrechnung. | 8 406 pi See | e I 19 2 27 Fact: 2 25 2) Es fepn in addiren: 5 25 Ta 5 125 TE | ke! 2 98. 49. 125 | 125 Facit: 177 3), Es ſeyn zu addiren: ı6 64 2:6 7 49 343 2451 ig 7 - 2402 ; 4 en Se 2 8 2g. 715 715. 2401 4 2401 Facit: 282 318 9 Es ſeyn zu addiren: 2 er - 77 2401 — 4 — 256 3 2843. 715. BEA ZA 256 Fact: Sp 5) Es ſeyn zu addiren: 22 400. 82 169004 21 441 9267 198447 T 21 194481 Ir a0 Fs3- 160000 BER ene ‚muB e 194481 20 3 194481 Facit: 2844357 Nunmehro wird die Anwendung obiger Regeln auf die gedoppelte Zins⸗ Ce 2 und — 407 und Rabatrechnung leicht ſeyn, wo⸗ bei ich mich vorjetzt nur auf folgende vier Arten von Aufgaben beſchraͤnke. Erſte Art der Aufgaben: wenn eine in Terminen faͤllige Schuld in einer Summe vorausbezahlet werden ſoll. Aufgabe: Es ſind 4 Jahre lang, jährlich 10 Rthlr. zn bezahlen; was iſt davon der gegenwaͤrtige oder baare Werth, nach Abzug 5 pro Cent Zinſen? Nach der gewoͤhnlichen Rechnungs⸗ art ſolten die 10 RNthlr. des erſten Jahrs mit dem Anzeiger 37, die 10 Rthlr. des zweiten Jahrs mit dem Anzeiger 397, die 10 Rthlr. des drit⸗ ten Jahrs mit dem Anzeiger 8887, und die 10 Nthlr. des vierten Jahrs mit dem Anzeiger 184427 multipliciret, ſo⸗ dann aber alle Facits addiret werden. Statt deſſen addiret man, nach obi⸗ ger erſten Regel, alle Anzeiger, und multiplitirt die Summe mit 10 Rthlrn. ſo hat man das Facit er einmal ges funden. 21 194481 20 160000 | 1 334481 194481 20 194481 — — 589520 — io Reh, Facit: 351 Nihlr. IZwote Art der Aufgaben: wenn eine in Terminen faͤllige Schuld, in einer Summe in dem letzten Termine bezahlet werden ſoll. Aufgabe: Es ſind 4 Jahre lang, jährlich 10 Rthlr. zu bezahlen; wie Regeln, zu Abihteng der lt ind e- viel betragen felbige am Ende des letz ten Jahres mit Zinſen zu 5 pro Cent? a Nach der gewohnlichen Rechnungs⸗ art, wären die 10 Rthlr. des dritten, zweiten und erſten Jahres, reſpectiye, durch die Anzeiger 87 489 2 du dr vidiren, oder mit den Anzeigern 36 48 2585 zu multiplieiren, und die Fa⸗ eits, nebſt den 10 Rthlrn. des vierten Jahres, als welche keine Zinſen getra⸗ gen haben, zu addiren. Man erhaͤlt aber das Facit ſogleich f in einer Summe, wenn man nach obi⸗ 55 zwoten Regel, die Anzeiger 28 488 3305 addiret, wegen der 10 Rthlr. des vierten Jahres annoch ein Ganzes, welches ſo viel Theile hat, als der Ge⸗ neralnenner, dazu rechnet, und mit der gefundenen Summe die 10 Rthle. multipliciret. ö f Dieſe Summe findet man mau auch nach obiger zwoten Regel, mit einer, wegen des letzten Umſtandes, anzu⸗ bringenden geringen Veraͤnderung, (woraus ſich eine dritte beſondere Re⸗ gel für dergleichen Fälle abſtrahiren laͤßt,) aus den Anzeigern 26 386 9888 20 9.4995 ‚8995 365005 auf folgende Weiſe: m N 21 194481 3 + 20 — 160000 6 N . 34481 | 160000 20 a 160060 — = 689620 — HoRtft. Facit: 43705 Ruhe Zu dieſer Art von Aufgaben gehoͤ⸗ ret auch diejenige, deren oben Exwaͤh⸗ nung geſchehen his Wie viel nemlich der⸗ \ m 409 derjenige, welcher 22 Jahre lang, jaͤhr⸗ lich 1o Rihlr. genoſſen, am Ende des zzten Jahres beraus zu geben habe, wenn er das Empfangene mit Zinſes⸗ zinſen zu 5 pro Cent erſtatten ſoll? Bei der davon folgenden Ausrech⸗ nung, ſetze ich den Anzeiger in der 22ten Dignitaͤt, der nach der genaueſten Schaͤrfe eigentlich aus 30 Zahlen be⸗ ſtehen, das Faeit aber um keinen ganz zen Pfenning vergrößern würde, zu Abkuͤrzung der Rechnung — 122624 — 71543 21 122694 — — 41943 Ne 380751 41943 20 41943 — 1615020 — 10 Rthl. Facit: 38541811 Rthlr. Wenn man hiemit die oben beſchrie⸗ bene gewoͤhnliche Rechnungsmethode, die einige Bogen erfordert, vergleichet; ſo wird der Unterſcheid zum Erſtau⸗ nen auffallen. Dritte Art der Aufgaben: wenn eine baar auf einmal zu bezah⸗ lende Schuld, in einigen Terminen abgetragen werden ſoll. E72 Aufgabe: 40 Rthlr. welche Baar zu bezahlen find, follen mit 5 pro Cent Zinſen in vier jaͤhrigen Terminen ab⸗ getragen werden; wie viel iſt jedesmal zu bezahlen? u Hier iſt die Summe der Anzeiger 39 499 % 15959 welche nach obi ger erſten Regel gefunden wird, in die Zahl der 40 Rthlr. zu dividiren. Die Ir und Rabatrechnung. 410 Summe der Anzeiger betraͤgt, wie oben bei der erſten Art der Aufgaben zu ſe⸗ ben iſt, 48443 alſo dividiret man dar mit, oder, welches einerlei iſt, rechnet man nach der Regel de tri folgender⸗ maaßen: i 689620 — 194481 — 40 Rthlr. Facit: 11371 Rthlr. Vierte Art der Aufgaben: wenn eine nach einer gewiſſen Zeit auf einmal zu bezahlende Schuld, in eini⸗ gen Terminen antieipiret werden ſoll. Aufgabe: 40 Rthlr. welche nach 4 Jahren zu bezahlen ſind, ſollen nach Abzug 5 pro Cent Zinfen, in vier jaͤh⸗ rigen Terminen anticipiret werden; wie viel iſt jedesmal zu bezahlen? Bei der Auftoͤſung dieſer Aufgabe beziehe ich mich auf dasjenige, was vorhin bei der zwoten Art der Aufga⸗ ben detailliret worden; indem hiebei keine weitere Veraͤnderung erforderlich, als daß die alldort gefundene Summe der Anzeiger zu 888888 in die Zahl der 40 Rthlr. zu dividiren iſt, alſo; 689620 — 160000 — 40 Nrhlr. 1 Facit * 9 741 Rthlr. Ich haͤtte nun noch ein weites Feld vor mir, die Anwendung obiger Re⸗ geln auf andere, ſowohl in gemeinem geben gewöhnliche, als auch außeror⸗ dentliche, große und wichtige Faͤlle, imgleichen auf folche Aufgaben, wo von viertel und halbjaͤhrigen, zwei⸗ drei und mehrjaͤhrigen Terminen die Rede iſt, oder auch nicht nach Geld⸗ füsninen, ſondern nach der Zeit ge: Ce 3 fragt 411. Regeln, zu Abkuͤrzung der gedoppelten Zins und ꝛc. fragt wird, zu zeigen: ich will aber den Liebhabern der Arithmetik, als Leuten, die zum Nach denken gewoͤhnt find, und dazu Luſt haben, das Ver⸗ gnuͤgen, dieſes ſelbſt zu finden, nicht rauben; und begnuͤge mich um ſo mehr damit, obige Regeln bekant gemacht zu haben, als der Herr Regiſtrator Dies allhier an einer vollſtaͤndigen Ab: handlung der gedoppelten Zins⸗ und Rabatrechnung, in welcher die Aufga⸗ ben, welche ich hier noch beibringen koͤnte, vorkommen werden, mit groß Hannover. ſem Fleiße arbeitet, und dabei ein hoͤchſt muͤhſames Werk uͤbernommen bat, nemlich Tabellen der Anzeiger von 2 bis 10. und allen dazwiſchen be⸗ findlichen viertel⸗ halben⸗ und gamen pro Centen, jede Tabelle bis auf das Centuplum hinaus, und jeden Anzei⸗ ger, der Approximation. halber, auf dreizehen Zahlen auszurechnen, und mit dieſer Arbeit ſchon bis zu der Ta⸗ | belle der in ec von 54 pro Cat g su kommen ift, | p. L. e — ä D775 Noch ein Etwas zu dem Etwas fuͤr ungelehrte Deuſhe, von | einem ungelehrten deutſchen Mädchen, , Be Durchblaͤtterung des 9 zten St. des Hannoveriſchen Magazins vom verigen Jahr, finde ich, daß ſich die Herrn Gelehrten ſo viele Muͤhe geben, uns ungelehrten Laien eine ſichere Anweiſung zu verſchaffen, nach der wir die häufigen Fehler gegen un: ſere Mutterſprache, beſonders in An⸗ ſehung des Sie, Ihnen, Mir, mich, Dem und Den zu vermeiden lernen koͤnnen. Der Herr Verfaſſer dieſes Auffaz zes, giebt zu dem Ende ſieben Regeln. Auch ich habe mir zu dem nemlichen Entzweck eine Regel ausgedacht, — oder abſtrahirt, wie fi die Gelehrten ausdruͤcken ſollen, die ich bei mir und einem ſechsjaͤhtigen Kinde probat ge⸗ funden habe: Zwar nur eine, aber doch von der Beſchaffenheit, daß ich mich getraue, alle Faͤlle, die unter der fieben Regeln des Herrn Verfaſſers begriffen ſind, nach ihr zu entſcheiden. (Die Ausnahmen in dem Anhange zu den ſieben Regeln Rehme, auch ich aus.) Und da die Herren uns ſo be⸗ ſchuldigen, alles beſſer wiſſen zu wol⸗ len, warum fette ich mich denn ſcheuen, meine Regel öffentlich bekant zu machen. Meine lieben Landsmaͤnninnen 5757 den, auch nur bei leichter Aufmerk⸗ famfeit, daß wir die meiſten der ge⸗ ruͤgten Fehler bei Woͤrtern, die das Zeichen unſers Geſchlechts, die Silbe die, vor ſich haben, ſehr ſelten, und ich wolte beinahe behaupten, gar nicht machen. Wir ſagen wohl; „Laſſen „Sie uns in dem Hof gehen! „ Aber nie: „Laſſen Sie uns in der Comö „die gehen!, Wohl: „Ich ſtand an den WR „den Haufe, Nie aber, „ich ſtand „an die Commode., endlich wohl: „Gieb mich das Meſ⸗ fer, Aber nie: „Gieb die 8 das Meſſer 55 Auf dieſe Bemerkung habe ich mei⸗ ne Regel gebauet. Sie lautet fo; In allen Fällen, wo man in eier Redensart vor ein Wort weiblichen Geſchlechts die Silbe Die ſetzet, muß bei ahnlichen Faͤllen Den, mich, Sie geſetzt werden; wo aber die Silbe Der vor einem ſol⸗ chen Worte gebraucht wird, da muß in aͤhnlichen Faͤllen Dem, Mir, Ihnen ſtehen. | Nun zur Anwendung. Man will z. E. wiſſen, ob es heißen muͤſſe: Ich bin in dem Garten, „oder in den „Garten,, fo ſetze man in Gedanken für den Garten ein Wort unſers Ge; ſchlechts, z. E. die Stube. „Da wir „nun gewiß nicht ſagen: „Ich bin in die 1) Ich will Dich ſprechen, (nicht die Stube, ſondern: „Ich bin in der „Stube,, ſo muß es auch nach der Re: gel heißen: „Ich bin in dem Garten., | Ferner fagen wir: ! 1) Ich will die Frau force 2) Laß die Naͤrrin ſchwatzen, was ſie will. 2) Laß der Gaͤrtnerin ſagen, daß ich ſie erwarte. 4) Nim die Doſe mit. 5) Fuͤr die Uhr ſind mir 20 Rthlr. geboten. 6) Lege das Buch in, Kauf. unter, Hinter, ) die Commode. 7) Das Buch liegt zwiſchen der Commode und der Wand. Wir ſprechen Noch ein Etwas zu dem Etwas für ungelehrte Deutſche. 44 8) Nach der Kirche will ich aus⸗ gehen. 9) Ich gehe nach der Schenke. 10) Ohne die Haͤushaͤlterin wuͤr⸗ de er zum Bettler. 11) Ich gehe durch die Stube. 12) Ich haſſe die Frau. 13) Wider die Meinung der Klu⸗ gen. 14) Ich bin der Koͤchin gut. 15) Es wird der Herrſchaft an⸗ genehm ſeyn. 16) Neben der Kirche uͤber. 17) Gegen der Canzlei uͤber. 18) Ich freue mich die Frau noch wohl zu ſehen. 19) Komm zu der Frau. 20) Die Schuld liegt an der BIER Daher heißt es nun auch hai mei⸗ ner Regel: Nach Beiſpiel 5 Laß Sie ſchwatzen, (nicht Ihnen.) 3) = Ihnen fagen, daß ich fig erwarte, 4) Nim mich mit. 5) Fuͤr den Stockknopf find mir 20 Rthlr. geboten. 6) Lege das Buch in (auf, unter, binter) den Schrank. 7) Das Buch liegt zwiſchen dem Ofen und Stußhle. 8) Nach dem Eſſen will ich aus: gehen. 9) Ich gehe nach dem 3 5 415 Noch ein Etwas zu dem Etwas fuͤr ungelehrte Dentſche. 416 15 10) Ohne Dich wuͤrde ich zum Bettler. ne 11) Ich gehe durch den Hof. 12) Ich haſſe Sie. 3) Wider den Rath der Klugen. 14) Ich bin Dir gut. 15) Es wird mir angenehm ſeyn. 16) Neben dem Hauſe uͤber. 17) Gegen mir uͤber. 112 18) Ich freue mich, Sie noch wohl zu ſehn. 7 19) Komm zu mir. 1118 20 Die Schuld liegt an Dir. Unendlich viele andere Faͤlle laſſen ſich auf die nemliche Art beurtheilen, uͤberfluͤßig aber waͤre es, hier noch mehrere anzufuͤhren. Vielleicht habe ich deren ſo ſchon zu viele namhaft gemacht. Aus einem Mißtrauen ge⸗ gen die Urtheilskraft meiner lieben Mitbuͤrgerinnen iſt dies inzwiſchen, auf weibliche Ehre nicht geſchehen. Ich wolte nur bloß ihnen dadurch die Mühe erſparen, alle angegebene Faͤlle des Herrn Verfaſſers des angefuͤhrten Aufſatzes nachzuſehen, um meine Re⸗ gel darnach zu pruͤfen. In dieſer Ruͤckſicht glaube ich daher von ihnen Nachſicht zu verdienen. Eben das bin ich von dem ſo billige Geſinnun⸗ gen aͤußernden Herrn Verfaſſer des Etwas ſelbſt verſichert. Waͤre ich es nur eben ſo ſehr davon, daß meine Regel ſelbſt ſeinen Beifall faͤnde! Doch, kan ich dieſen gleich nicht in allen Stuͤcken von ihm hoffen, ſo wer⸗ de ich mich gleichwohl herzlich freuen, wenn ich dadurch wie eine blinde Tau⸗ be, die eine Erbſe findet, auch etwas zum Nutzen und Frommen meiner Mitſchweſtern, neben fo vielen Ge lehrten ſolte beigetragen haben. Alle beſſere Belehrungen von dieſem Her⸗ ren werde ich uͤbrigens mit Dank er⸗ kennen und im Stillen benutzen, nie aber mich ins Diſputiren einlaſſen, und Widerlegungen verſuchen. Mir gefaͤllt der Grundſatz des Herrn Ver⸗ faſſers obigen Aufſatzes; und fuͤhlte ich, ſo gewiß 2 mal 2 viere ſind, daß ich Recht haͤtte, ſo wuͤrde ich doch ſchweigen; waͤre es auch nur um den Vorwurf abzuwenden, daß, keinen Widerſpruch vertragen koͤnnen, ein Erbſchade aller Toͤchter Evens ſey. e. ie 92 0 u N . 5 Anfrage. Da man verſchiedene Erfahrungen haben will, daß Enten, die von Hünern ans: gebrütet worden, zwar auf die untergeleg⸗ ten Enteneyer ſich ſetzen, aber keine Junge bringen, fo, daß die Eyer gewoͤhnlich faul werden; fo wuͤnſchet man von erfahrnen Haus, und Landwirthen benachrichtigt zu ſeyn, ob dieſe Erfahrung überhaupt und alle⸗ zeit zutreffe, oder ob ſich auch wohl das Ge; gentheil finde? Ob man im erſtern Fall kei⸗ ne Mittel dagegen ausgefunden habe? de⸗ ren Bekantmachung man ſehnlichſt wuͤnſchet. Ob ferner dieſes Nichtausbruͤten auch ſtatt finde, wenn junge Enten von Puters ausge⸗ bruͤtet werden? Ob die Urſach der Unfrucht⸗ barkeit an den Eyern, oder in der Natur der Enten liege, die von Jugend auf nicht gleich zum Baden im Waſſer gewöhnt worden? Endlich wuͤnſcht man zu wiſſen, ob man auch aͤhnliche Erfahrungen von Huͤnern ha⸗ be, die von Enten oder Puterglucken . gebruͤtet worden? F177 ³²—¹w . TE ET I Ep - Sannooeies Mahal. +18 u 27tes Stuͤck. Freitag, den Aten April 1783, Von dem Gebrauch bei der Beſtellung des Ackerlandes, die durch den Pflug gezogene Furche mit einem Spaden nochmals aufzugraben. N err Ehrhart bemerket in ſei⸗ ner angenehm unterhaltend be⸗ ſchriebenen botaniſchen Reiſe nach der Grafſchaft Bentheim ꝛc. (S. das 18te Stuͤck des Magazins d. J. S. 286.) unter andern, daß er auf feiner Retour am Sten Oct. v. J. bei Schuͤttrup in beſagter Grafſchaft, dieſe beſondere Art das Feld zu bear⸗ beiten, wahrgenommen habe. Es hat auch ſchon Herr Buͤſching in ſeiner neuen Erdbeſchreibung, bei der Graf⸗ ſchaft Diepholz dieſelbe Anmerkung ge⸗ macht, und dabei bloß zur Urſache an⸗ gefuͤhret, daß durch ſolche Arbeit der Mangel des Duͤngers erſetzet werde. Da dieſe beruͤhmten Maͤnner den Haushalts: Verſtaͤndigen gelegentlich gleichſam nur einen Wink geben, über ſolche an wenigen Orten gebraͤuchliche Beſtellungsart und deren Vortheile weiter nachzudenken; ſo duͤrfte es ver⸗ muthlich vielen Leſern dieſer beliebten Blaͤtter nicht unangenehm ſeyn, wenn ich von obiger aufs neue wieder in Erinnerung gebrachten beſondern Be⸗ bandlung des Ackers Anlaß ne eine nähere Erläuterung darüber zu er⸗ theilen, und zwar wie dieſelbe feit eini⸗ gen 50 Jahren in dem biefigen Kirch⸗ ſpiel Riede, Koͤnigl. Amts Sieke, mit gutem Nutzen getrieben wird. Die Arbeit des allhie ſo benannten Kuhlgraben oder Auswerfen hinterm Pfluge, beſtehet eigentlich darin, daß eine gehörige. Anzahl Leute auf den Acker in gleicher Entfernung bingeſtel⸗ let wird, welche, ſo oft von dem Pflu⸗ ge eine Furche gezogen wird, dieſe ei⸗ nen Spaden tief weiter ausgraben, und mit der neuen Erde die Pflugwende bedecken. Durch ſolche Arbeit fälle die Pflugwende oder Oberflaͤche des Landes in die vertiefte Furche hinunter, und wird alſo alles Unkraut und deſſen Saamen damit auf einmal vertilget. In der hieſigen Gemeinde hat das Kuhlgraben feit vorbemeldeter Zeit aus der Urſache zur Hand genommen wer⸗ den muͤſſen, weil das Jahr aus Jahr ein ununterbrochen mit Fruchttragen gequälte und ausgemergelte Geeſtacker⸗ Do land 419 Von dem Gebrauch bei der Beſtellung des Ackerlandes, 420 420 land zuletzt nur Quekengras „Unkraut und Stroh ohne Körner getragen, wie ſolches die noch jetzt lebenden alten Hauswirthe einmuͤthig geſtehen. Die kleinern Höfe haben zur Ver⸗ beſſerung und Reinigung des verwil-⸗ derten Ackers, ihre Zuflucht zuerſt zum Spaden und tiefen Umgraben des Lan⸗ des genommen, dahingegen die Meier⸗ leute bei der Weitlaͤuftigkeit ihrer Ur: beit, aus Noth gezwungen, auf den glücklichen Einfall gerathen fi ſind, zu demſelben Endzweck nicht nur Men⸗ ſchen, ſondern auch ihr Zugvieh zu⸗ gleich anzuſtellen. ſeitigen Umgraben des Landes ohne Beduͤngung, in Betracht der von der Pflugſchaar gleichfoͤrmiger umbroche⸗ nen und verſenkten Oberfläche, vor: gezogen, und iſt bisher mit vielfaͤlti⸗ gem Nutzen beibehalten worden, wie ich davon aus eigener zwoͤlfjaͤhrigen Erfahrung in einem auf der Rieder Feldmark intereßirten weitlaͤuftigen Haushalts, ein deſto ſicheres Zeugniß ablegen kan. Es wird aber allhier zu jetziger 2 Zeit foft durchgehends allein im Fruͤhling, behuf der Leinſaat, der Geeſtacker auf mehr gedachte Art zubereitet, und der⸗ gleichen Aus ſaat und Arbeit ums vierte bis fünfte Jahr wiederholet. Auf ei⸗ nem ſolchergeſtalt ohne allen Duͤnger beſtelleten Acker waͤchſt, wenn keine be⸗ ſoudere Zufaͤlle ſich ereignen, ein tief gewurzelter, feiner, dichter und langer Flachs, desgleichen man auf einem an⸗ dern noch ſo gut gepflegeten, aber bloß gepflügten Stück Landes felten finden wird, wenn auch ſonſt die Umſtaͤnde von beiden Seiten völlig gleich fü ind. Dieſer ſichern und vortheilhaften Flachsernte wegen, finden fi alljaͤhr⸗ lich viele auswaͤrtige Einwohner ein, das hieſige Geeſtland in Heuer zu neh⸗ men, wobei der Landinhaber das Pfluͤ⸗ gen, die Miethsleute aber das Answer⸗ fen verrichten, wodurch natürlicher Weiſe die Preiſe deſſelben mehr und mehr erhoͤhet werden. In dem folgenden Herbſt nach der Flachsernte, muß jedoch das gefuhlte Land bei der Winterfruchtbeſtellung Ein ſolcher Gebrauch wird dem ein⸗ vorzuͤglich gut wieder geduͤngt werden, worauf eine faſt niemal fehlſchlagende unvergleichliche Rockenernte erfolget. Ob nun aber gleich dieſe periodiſche Erneurung des Ackergrundes Helene g vorzüglich unmittelbar auf die | lichere Leinſaat angewandt wird, ſo ver⸗ muthe ich doch, daß allen Sommer⸗ fruͤchten ſotbane Beſtellungsart nicht zuwider fen, wenigſtens iſt ſolches von den tiefwurzelnden Feldbohnen aller Art bekant genug, als welche dies Orts in tief gegrabenes und geduͤngetes oder auch gekuhltes Land gepflanzet werden, und darin ſo wohl gedeihen, daß ſie auch im letzt verwichenen Jahre, unge⸗ achtet der den Schotenfruͤchten widri⸗ gen Witterung den gewöhnlichen Ers trag, hingegen die Bohnen in der Maſch bloße Stengel lieferten. Wenn indeſſen in Viehſterbenszei⸗ ten oder ſonſtiger Ermanglung des Mir ſtes, das Land auch wohl zur Winter⸗ beſtellung, wie ee der bei 25 obs. — — 421 5 die durch den Pflug zugezogene Furche it. IR: 42 obgedachten Staͤdtchen Schuͤttrup zu ſeyn ſcheinet, auf obbeſagte Weiſe ges pfluͤget und zugleich aufgegraben wird, ſo muß die Aus ſaat, auch wider die ber; gebrachte Gewohnheit der Gegend, ganz frühe und längſtens vor Ausgang des Septembers geſchehen, und der vertief⸗ te Acker zur Verdichtung ſtark geegget werden, damit der Saame gehoͤrig einwurzeln und vor den heftigen Win⸗ den bei trockenem Froſt, in dem lockern Sandlande beſtehen koͤnne. „Falls die Winterwitterung durch das ſogenannte Auswintern dieſer Saat nur nicht ſchadet, ſo hat man davon einen gutenErnteſegen von ſchierem der: ben Stroh mit koͤrnigen Aehren gewiß zu erwarten, nur darf die vorige Be⸗ merkung von der zu verſtaͤrkenden Be⸗ gailung des gekuhlten Landes, nach dem Verhaͤltniß des befundenen ſtaͤrkern Ertrages und dadurch geſchwaͤchten Kraͤfte deſſelben, auch hier nicht außer t gelaſſen werden. 1 . e dieſer Landkultur ſchick⸗ lichen Gegenden, wo die der Befoͤrde⸗ rung des Ackerbaues ſo ſchaͤdlichen ge⸗ meinen Stoppelweiden nicht Statt fin⸗ den, wuͤrde auch der Rap⸗ und Win: terſaamen auf ſolche Art beſtellet, reich⸗ lich austragen, und eine ſofort auf deſ⸗ ſen Reife, ungefaͤhr Anfangs Junius, nochmals vorzunehmende Ausſaat von Leinſaamen oder Gerſte mit der erfor⸗ derlichen Düngung, koͤnte ſelbſt das of⸗ fene Feldland durch eine doppelte Ernte zu der hoͤchſt möglichen Benutzung Bringen, N, 458 Man hat hieſigen Orts auch einen ne)’ 4 a Verſuch mit dem im Amte Hoya ge⸗ braͤuchlichen großen Rojolpfluge in glei: cher Abſicht gemacht, aber dem Lande damit mehr geſchadet als genutzet, weil die von dieſem ſchwer zu lenkenden Pfluge nicht durchgängig völlig umge⸗ legte Oberfläche des Landes mit feinem Unkraut und Queken wieder lebendig, und der rojolte Acker von letzterm nun noch tiefer wie vorher durchwuͤhlet wur: de, daß man ihn nur in mehrern Jah⸗ ren mit vieler Muͤhe wieder reinigen konte. 0 | Es ift hiebei leicht einzuſehen, daß die oft bemeldete, den Localumſtaͤnden eigentlich angemeſſene Ackerbeſtellung ſich nicht fuͤr jeden Grund und Boden ſchickt, wie denn inſonderheit der Leim⸗ und Steingrund ein ſolches Verfahren nicht verſtatten wuͤrde. Das Rieder Geeſtſeld hat einen mit grauer feinen Erde vermiſchten Sand⸗ grund, etwa zwei Fuß mehr und weni⸗ ger Tiefe, worunter eine Schicht reinen und klaren Sandes von vier und mehr Fuß Tiefe binläuftz dazu iſt daſſelbe ſeiner niedrigen Lage nach, wenn die Weſer ihre urfprünglichen Rechte durch Sprengung der Deiche ausuͤbt, groͤß⸗ tentheils der Ueberſchwemmung unter⸗ worfen, und alſo nicht unter das un⸗ fruchtbarſte zu rechnen. Dieſem komt eine ausgedehnte Viehzucht bei den ge⸗ raͤumigen und edlen Gemeinheitswei⸗ den und davon abhangenden Duͤn⸗ gungsmitteln hinzu, in deren Ermang⸗ lung und Einſchraͤnkung andere min⸗ der fruchtbare Sandgegenden biefigek Nachbarſchaft einen gleichmäßigen Dod 15 f Ver⸗ 423 Von dem Gebrauch bei der Beſtelung des Ackerlandes a Verſuch mit ihrem lande zu machen, Bedenken tragen. Der verſchiedene erhebliche Ruten für die Landbeſitzer des hieſigen Kirch⸗ ſpiels, in Anfehung des Kuhlgraben, beſteht demnach kuͤrzlich re gere in folgenden: 1) Daß ſelbiges nicht bloß eine Er⸗ ſparung des Duͤngers zur Abſicht ha⸗ be, als welcher in der Folge gutentheils wieder nachgeholet werden muß, ſon⸗ dern daß dieſe Bemuͤhung bauptſaͤch⸗ lich belohnet werde 2) Durch die Reinigung des vom Unkrant, als Queken, Wucher⸗ und Kornblumen x. uͤberzogenen Saatlan⸗ des, ferner 3) Durch die Hervorbringung einer neuen Schicht oder Lage bisher geru⸗ heter und geſtaͤrkter Erde, worin die Leinſaat vorzüglich gedeihet, um fo mehr, da zufaͤlliger Weiſe der vertiefte Ackergrund die Fruͤhlingsfruchtbarkeit lange, bei einfallender Duͤrre in ſich verſchließt, und dagegen bei vielem Re⸗ gen die uͤberfluͤßige Naͤſſe verſchlinget, und 4) Von einer ganz ergiebigen Rok⸗ kenernte auf das nachfolgende Jahr. Uebrigens hat 5) Die ſolchergeſtalt verbeſſerte Kul⸗ tur des Geeſtackers durch die Coneur⸗ renz der Mieths leute einen betraͤchtlich erhoͤheten Preis der Heuer, mithin auch der Kaufgelder von ſolchen Grundſtuͤk⸗ ken, zur Folge gehabt. Diejenigen Ackersleute, welche aus Fruchtgattung, die Veränderung der | Düngung und Beimiſchung guter Erdarten, das Brennen des Moor; gruts und andere Verneuerungen nach eines jeden Orts Gelegenfeit, an auf den Ertrag des Landes haben, und wie viel laͤnger der Kornacker durch ſolche Va⸗ riation bei guten Kraͤften zu erhalten ſte⸗ be, werden dennoch nicht in Abrede ſeyn, daß eine gewiſſe Ruhezeit dem fruchttra⸗ genden Lande zur Erholung und Ver⸗ meidung deſſen endlicher Entnervung unentbehrlich iſt; mithin müffen die⸗ ſelben mit mir einerlei Gedanken he⸗ gen, daß der Landeigenthuͤmer es fuͤr einen großen Vorzug anzuſehen habe, wenn er bei nicht uͤberfluͤßigen Saat laͤndereien, aber hinreichenden Duͤn⸗ gungsmitteln, ſeinen von beſtaͤndigem Fruchttragen entfräfteten Acker, ohne eine Ernte zu vermiſſen, mit ſo gerin⸗ gen Koſten zu einem neuen und baren Boden umſchaſſen kan. Und da ungezweifelt mehrere dem be⸗ ſchriebenen hieſigen Geeſtackergrunde in den Hauptpunkten ähnliche Gegenden vorhanden ſind, darunter fuͤrnemlich die an kleinen Fluͤſſen und Baͤchen ber legene niedrigere und Bruchoͤrter zu rechnen, die nach ihrer Situation den Anbau der Sommerfruͤchte hauptſaͤch⸗ lich betreiben und folcherwegen von mehrerm Unkraute beſchweret werden, deren Bewohner die nemliche Beſtel⸗ lungsart, wo nicht zu den vorbenann⸗ ten mehreren Vortheilen, doch zur Er⸗ langung des einen oder andern derſel⸗ der Erfahrung wiſſen, was für einen ben, auf ihre dazu faͤhige Grundſtuͤcke nützlichen Einfuf du Abwechslung der anwenden ER ‚fo wird ein jeder Freund Freund der Landwirthſchaft feinen Wunſch mit mir dahin vereinigen, daß die durch den Pflug zugezogene Furche x, 426 ten in die erforderliche Gaile gebracht, folglich die bei dieſer wiederholten Ber die Eigenthuͤmer ſolcher Diſtrikte und a gehegte Abſicht in möglichfter Gemeinden, denen der wahre Nutzen des Kuhlgraben bisher unbekant geblieben, dem Beiſpiel der Riediſchen Eommu⸗ ne und anderer folgen moͤgen, und al⸗ lenfalls vorerſt im Kleinen wiederholen⸗ de Verſuche dazu anftellen, aber durch den erſten und andern etwa am w ſten nutzbar ſcheinenden Erfolg ſich nicht abſchrecken laſſen, vielmehr mit dem angefangenen Werk ums vierte Jahr fo lange fortfahren, bis die um: wechſeinden Bangen Heſcheh Vollkommenheit erreicht iſt. Unter allen moͤglichen Verſuchen jur Vermehrung und Verbeſſerung des Er⸗ trages von Grundſtuͤcken, ſcheinet der Vorgeſchlagene wegen der geringen Zu⸗ buſſe fuͤr ſeinen Unternehmer, einer der enig⸗ allerleichteſten, und in dem Fall eines gluͤcklichen Erfolgs in Anſehung ſeiner auf alle Zeiten fortdaurenden reichen Ausbeute, einer der allerdankbarſten zu ſeyn. 10 30 193 Be . * Machricht von einem verbeferten gemeinniigen Seiner ei dem dermaligen ausgebreiteten Garnhandel, wodurch unglaub⸗ liche Summen in Umlauf gebracht wer⸗ den, muß ein jedes, auf die Vergroͤße⸗ rung dieſes 2 Nahrungs⸗ ges und ee des 3 124 0 burt da daß meh „wie r dase den „ 7 unge⸗ achtet, am geſchwindeſten weiter zu ver⸗ breiten ſeyn moͤgte, e nen Zeit dem geehrten x blieum mit⸗ gepeikt Wed, gung 1 4 zevor ich aber von dem Spinnra⸗ de ſelbſt weitere Nachricht gebe, halte ich es für die groͤßte Billigkeit, den wuͤrdigen Namen des erften Erfinders und nachmaligen Befoͤrderers deſſel⸗ ben, allhier nicht zu verſchweigen. Die⸗ ſer iſt unſtreitig der im Jahr 1767 zu Riede, Koͤnigl. Amts Sieke, verſtor⸗ bene wohl verdiente Herr Paſtor Tre⸗ ſurt, welcher vor beinahe 30 Jahren, > zum Theil noch lebenden Toch⸗ tern eine Freude zu machen, und ſie in dem bezeigten Fleiß zu ermuntern, mit einem dortigen Meiſter⸗Namens Ehri⸗ ſtoph Lefers, zuerſt in Ueberlegung nahm, auf welche beſtmoͤgliche Art das alte einfache Spinnrad auf zwei Rol⸗ len zum Geſpinnſt von zwei Faden, einzurichten ſeyn moͤgte, indem ſeine Kinder aus eigenem Antrieb ſich mehr⸗ malen geuͤbt hatten, auf zwei vor ſich 9 5,0, u 327 hingeſetzten Spinnraͤdern mit jeder Hand einen beſondern Faden zu ſpin⸗ nen, und auf eine muͤhſame Art zugleich beide Räder in Bewegung zu erhal Der erſte Verſuch zur Einrichtung des bon den zweifachen Rollen benann⸗ ten doppelten Spinnrades, mag nun freilich, wie leicht zu erachten, nicht ſo vollkommen gerathen ſeyn, wie es in der Folge verfertiget und noch vor kur⸗ zem verbeſſert worden. Das nunmehr im Kirchſpiel Riede faſt allein gebraͤuchliche verbeſſerte oder doppelte Spinnrad, ift dem gewoͤhnli⸗ chen einfachen an Form und Groͤße völlig gleich, nur unter folgenden Aus⸗ nahmen. Der Rand des eigentlichen de Roller alfo nun beſondere Hauptſchrauben, Rades iſt etwas breiter und hat zwei Gänge oder Rillen für die zweifachen Schnüre. Zwiſchen den Gängen be findet fich zur Abſonderung derſelben, in der Mitte ein dem äußern Rand des Rades an Höhe und Breite gleich kommender Reifen. Nach dem erſten Modell, liefen die beiden Rollen auf einem, mit kleinern Nebenſtiepeln verſehenen Geſtell „das Hoͤſt oder der Buſch genannt, tiber: einander, und beiderfeitige Schnüre wurden durch eine gemeinſchaſtliche Schraube angezogen. Zur Abhelfung einer ungleichen Spannung der Schnü⸗ re, war an der unterſten Rolle im Hin⸗ terſtiepel des Hoͤfts noch eite kleine Wirbelſchraube uͤberher angebracht. Geegenwaͤrtiger Zeit iſt das Spinn⸗ rad durch eine neuere Einrichtung zu mehreren Beſtand und leichteren Gang gebracht. Statt des vorigen einzelnen 1 / c 8 2 Nachricht von einem verbeſſerten 426 für zwei Rollen erhͤheten und beswe⸗ gen in der Arbeit leicht ſchwankenden Hoͤfts, iſt ſolches nun hans von Br (et. gleicher Größe, jedes zu einer Rolle, verſehen. Das oberſte zur kinken ſte⸗ het an der gewoͤhnlichen Stelle und iſt durch ſeinen Stand uͤber das unterſte ſo weit erhaben, daß ſeine Schnur die Triele der letztern fuͤglich umlaufen kan. Dieſe zwei Geſtelle oder Höfte befinden ſich ſo nahe beiſammen, als der Schraubengang und Spieltaum von gegenſeitiger Flucht es erlaubt, daher iſt auch bei dieſer Veraͤnderung die ſogenannte Bank nur um 1 bis 2 Zoll gegen die vorige verlängert. Bei: de Rollen und deren Schuur aber welche den Verband des Beinzapf einſchließend, neben einander paralle laufen, und zwar wird die unterſte En von der vorfeitigen Schraube re lieret. 115 15 en ee AT Es verſteht ſich übrigens von ſelbſt, | daß jedes der benannten beiden ed mit ſeinem Gange des Rades eine ge rade Richtung haben, und mithin ek nach dieſem Unterſcheid "abgenieffeit etwas geſchobene Stellung haben muͤſſe. Bei dem Heede⸗ und Wolleſpinnen, ruhet eine der Rollen, und die Befißer -. des doppelten Rades koͤnnen daher, wie in dieſen, e Fällen das alte einfache gänzlich entbehren ue Es iche wir (che lech fille ei dieſer Gelegenheit eine für den Ge - brauch des beſchriebenen verbeſſerten Spinntades fehr vortheilhafte Berech⸗ nung aufzuſtellen, wenn u. i ; 2 * 429 Beweis davon einem jeden ohnedem von ſelbſt einleuchtete, da man mathe⸗ matiſch gewiß und überzeugt ſeyn kan, daß von zwo Spinnerinnen von glei cher Fertigkeit, eine mit dem verbeſſer⸗ ten Rade, wenigſtens die Haͤlfte mehr, als die andern auf dem gewöhnlichen zu verdienen im Stande ſeyn muͤſſe. Nur dieſes kan ich nicht unberuͤhrt laſſen, daß bei allen den Vortheilen 8 gemeinnützigen Spinnrade. 430 daß bei aufmerkſamen, und wo moͤg⸗ lich von Jugend an auf dem neuen Ra⸗ de geuͤbten Perſonen dieſe Maͤngel nicht zu beſorgen, ſondern dieſe es in allen Stuͤcken mit den Spinnern auf dem einfachen Rade aufnehmen werden. Nur die allgemeine Vorliebe des Landmanns zu dem alten Syſtem ſei⸗ ner Vorfahren und einmal determinir⸗ ten Tagewerk, und deſſen Abneigung des zum vermehrenden Fleiß einge⸗ gegen alle dawider laufende Neuerun⸗ richteten Spinnrades, welche beſon: ders der niedrigen Klaſſe von Einwoh⸗ nern und der uͤberhaͤuften Anzahl von Haͤuslingen im Kirchſpiel Riede; die ſoſches Mittel gehörig anwenden, ge⸗ währer werden dennoch die Verbret tung des nuͤtzlichſten Werkzeugs ſeit deſſen Erfindung, einen ſo geringen Fortgang gehabt, und bis dieſe Stun⸗ e noch bat, daß ſelbſt in den benach⸗ batten . flachsreichen, Maſchdiſritten dieſes und der angrenzenden Aemter nur gar wenige ſolcher Mäder ange: troffen werden. Was nun auch für Einwendungen gegen dieſe Erfindung immer gemacht werden moͤgen, z. E. daß der Ge⸗ brauch des neuen Rades mehrern Flachs, als das alte erfordere, und die Arbeit auf jenem nicht ſo fein und wichtig, als auf dieſem gemacht wer: den koͤnne; fo iſt doch fo viel gewiß, gen, ob gleich der von ihm beguͤnſtigte groͤßere Luxus eine vermehrte Induſtrie unumgaͤnglich nothwendig macht; im⸗ gleichen der Umſtand, daß. ältere Leute, und Hausfrauen einer ungewohnten Arbeit ſich ungern unterziehen, die Dienſtboten aber aus andern Gruͤnden ſich dagegen ſtraͤuben; die Gewohnheit der Handwerksleute, bei ihrer alten und einmal erlernten Form unabweichlich zu beharren, und fuͤrnemlich die Verſaͤum⸗ niß der Aeltern, die felbft das doppelte Spinnrad nach ſeinem weſentlichen Nutzen nicht kennen, ihre Kinder zu ſol⸗ cher vortheilhaſten Spinnerei anzuhal⸗ ten, ſind wahrſcheinlich die vornehm! ſten Urſachen, daß der Gebrauch des neuen Spinnrades bisher nicht meh⸗ rern Fortgang gehabt hat, ungeachtet dem Vernehmen nach daſſelbe ſchon ehe: mals von weil. Hrn. Amtsvogt Milz dem Publieum empfohlen ſeyn bu Brte N 8 Vor 23 Jahren iſt in den Hannoveriſchen Beiträgen zum Nutzen und Bernd: gen vom Jahr 1760 Stuck 101. ein Spinnrad beſchrieben, auf dem mit beiden ii "Händen geſponnen werden kan. Man gab ſich damals viel Mühe, deſſen Ge, bdrauch einzufuͤhren, ließ auch zu dem Ende einige Dutzend in Hannover verfer⸗ ligen, die man an fleißige Spinnerinnen verſchenkte. Aber nur wenige haben davon beſtaͤndigen Gebrauch gemacht; ob gleich dieſe eingeſtehen, dag nicht ar eme 4298 93 | * eis 7 9 4 . * 431 Nachricht von einem berbe Da die Gewohnheit der Jugend ei⸗ nen fo mächtigen Einfluß auf die beſon⸗ dern Fähigkeiten des Menſchen hat, und alle moraliſche und politiſche Verbeſſe⸗ rungen auf die Erziehung der Kinder ſich begruͤnden; fo folte man nicht ohne Grund vermuthen, daß eine gemeinnuͤz⸗ zige Verbreitung und Bekantmachung des verbeſſerten oder doppelten Spinn⸗ rades am geſchwindeſten zu bewürfen? waͤre, wenn Kinder in öffentlichen Ar⸗ beits: und Waiſenhaͤuſern, oder ſonſti⸗ gen gemeinen Anſtalten vor andern mit demſelben bekant gemacht würden, zu⸗ mal dieſelben aus Neuigkeit am erſten zu ſothaner Arbeit ſich bequemen, und uͤberdem durch eine geringe Ergöͤtzlich⸗ em leicht dazu noch mehr zu ermuntern nd. 0 0 } U Man ſieht oftmals mit Vergnuͤgen, daß Kinder hieſiger Aeltern, ſchon in zarten Jahr, ren aus freiem Triebe anfangen, mit dem neuen Spinnrade zu taͤndeln, daſſelbe in Be, fl wegung zu ſetzen, und der Mechanismus des Korpers lehrt fie ohne andere Anweiſung, ihre Haͤnde zu Anziehung beider Faden zu⸗ gleich auszuſtrecken, und ſolchen Handgrif allemal gleichfoͤrmig zu wiederholen. An⸗ dern, die auf dem einfachen Rade [don lan; ge geübt und fertig find, wird der Gebrauch beider Hände an dem doppelten, zuerſt ſchon ſchwerer. ö N nne Auch die angeſehenen Aemter und Gilden der Drechsler in großen, und Meiſter dieſer Profeſſion in den kleinern Staͤdten und auf dem Lande, konten ſich um das gemeine Ber Heiligenbruch. Be erten gemeinnützigen ꝛe. 3 ſte dadurch verdient machen, daß ſie die Ver“ N fertigung der doppelten Spinnräder ſich an. ch Maaß orrath gelegen ſeyn ließen, Aue nd 42 und davon verſpürten Nutzbarkeit ae alsdann pat c e e dieſen land maͤn | te, fo erbietet ſich al D. Tonne, das darauf gefponnene Garn untadelich ſey, ſondern auch beinahe das doppelte an Garn auf dieſen Mädern geſponnen werden koͤnne, was in eben fo vieler Zeit auf einem einfachen gewoͤhnlichen Anmerkung, der ſich damals diefe legen ſeyn ließ, Rade geſponnen wird. Dem Verfaſſer dieſer 0 Verbeſſerung des Nahrungsſtandes ſehr ange⸗ und viele Koſten darauf verwendete, gereichet es zu beſonderm Vergnügen zu ſehen, daß ſolche im Kirchſpiel Riede Wurzel faſſen koͤnnen, und hoffet, daß vielleicht dieſes B eiſpiel an andern Orten Nachfolger finde. A. d. . 1 — Hannovers Maga. 280 Stuͤck. Montag, den 7 April 1783. Fortſetzung der Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwuͤrdigen Man, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. Siehe das IIte Stuck.) Zveiter Brief. 8 n meinem weiden Briefe hätte 8 ich Ew. * zugleich noch fa: gen ſollen, daß es, außer dem daſelbſt gedachten Brodfruchtbaum, noch ein Paar andere Baͤume gebe, die man zu gleichem Endzweck, ent⸗ weder an ſtatt des Brodes, oder zur Verfertigung deſſelben gebrauchet und nutzet. Ich will ſolches hier alſo zu⸗ erſt nachholen. Jener, von dem man das Fleiſch der Frucht als Brod ge⸗ nießt, waͤchſt in Braſilien, und heißt Aninga⸗Iba: der andere, von dem man ſich des Saftes der Frucht zum Brod machen bedienet, hat Indien zum Vaterlande, und wird Ambalam genannt. Von beiden will ich noch eine kurze Beſchreibung hinzufuͤgen. Der Aninga⸗Iba, den man in Braſilien findet, iſt ein Baum, der im Waſſer waͤchſt. Das Holz deſſelben iſt leicht und feſt, aber dabei ſehr bruͤchig. Seine Blaͤtter haben viele Aehnlichkeit mit den S tern. Die Neger machen aus die⸗ ſem leichten und dichten Holze ihre Fahrzeuge, alſo, daß fie drei Blätter an einander fügen. Mit dieſen befaßs ren ſie nicht allein die inlaͤndiſchen Flüffe und Ströme, ſondern fie wagen ſich auch, beſonders wenn große Schiffe auf der Rhede liegen, damit ziemlich weit in die See. Geſchiehet es auch, daß eine Welle ihren Nachen umwirft, fo verſtehen fie fich fo gut aufs Schwim⸗ men, daß ſie dabei unbeſorgt bleiben. — Wenn der Baum bluͤhet, fo iſt er überall mit großen blaßgelben Blu⸗ men beſetzt, die aber, gleich unſerer Convolvulus, nur aus einem Blatt beſtehen. Die Frucht des Baumes iſt groß: von Größe und Geſtalt wie ein Straußeney. Die aͤußere Farbe br; ſelben iſt gruͤn; inwendig aber hat ſie ein ganz weißes und dabei ſehr meb- ligtes Fleiſch. Die Neger bedienen ſich deſſelben, aber mit vieler Behut ſamkeit, und ſelten anders, als bei ei: ner etwanigen Hungersnoth. Denn da die Frucht ſehr kalt und blaͤhend Ee Bi ift, 435 Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwuͤrdigen Baͤume, 46 | ift, ſo koͤnten leicht uͤbele Folgen ent: ſtehen, wenn man fie übermäßig ge brauchen wolte. — Der Baum hat eine bollenartige Wurzel. Auch dieſe wiſſen die Neger zu gebrauchen, und preſſen ein reines und gutes Oel dar⸗ aus, welches ſie in ihrer Haushaltung gut zu nutzen wiſſen. s i Der indianiſche Ambalam, von dem man nur den Saft zur Verferti⸗ gung des Brodes gebraucht, waͤchſt bald zu einem ſehr großen Baum in die Höhe, und wird ſtark. Merkwuͤrdig iſt es, daß dieſer Baum im Jahre zwei mal bluͤhet, und auch zwei mal reife Fruͤchte bringet. Die Frucht iſt laͤng⸗ licht rund, wie die große laͤnglichte Apricoſe, ob wohl ungleich groͤßer, und dabei ſehr hart. Wenn ſie ihre Reife erlanget hat, ſo iſt ſie von einer gelben Farbe. Sie waͤchſt traubenweiſe, und giebt dem Baume ein fuͤrtrefliches An⸗ ſehen, wenn ſie von ſeinen Aeſten haͤu⸗ fig herab haͤnget. I Frucht findet ſich ein harter Stein, und in demſelben der Kern. — Das Fleiſch, damit der Stein umgeben iſt, ſoll einen lieblichen ſaͤuerlichen Ge: ſchmack haben. Die daſigen Landes⸗ einwohner preſſen aus denifelben den Saft heraus, vermiſchen ſolchen mit Reis, und verfertigen ein Brod dar: aus, daß fie Apen nennen, und von ſehr gutem Geſchmack ſeyn ſoll. Ich ſchreite jetzt zur Beſchreibung eines andern Baums, davon man hin und wieder Nachrichten antrift, nemlich zum Cocosbaum. Es gehoͤret dieſer Baum zum Palmengeſchlecht, und man In der Mitte der haft. hat zwo Arten deſſelben. Die eine nen⸗ net der Ritter von Linnee Cocos Gui- neenſis, die Guineiſche Cocospalme. Und dieſe waͤchſt in Suͤdamerika wild. Sie hat nur einen dünnen dabei ftahes lichten Stamm, der kaum anderthalb Zoll im Durchſchnitt haͤlt, aber doch eine ſehr ſaftige Frucht hat. — Der andern Art aber giebt er den Namen: Cocos nucifera, die Nuß Cocospal⸗ me. Dieſe iſt von einem ungleich groͤſ⸗ ſern Nutzen, und ihre Nuͤſſe werden auch unter uns häufig gebraucht. — Sie erreicht bei einer maͤßigen Dicke des Stammes von etwa anderthalb Fuß im Durchſchnitt eine Höhe von 70 bis 80 Fuß. Der Baum iſt zwar einer der gemeinſten Baͤume in den warmen Gegenden von Aſien und Afri⸗ ka; aber er liefert den Indianern und andern Reiſenden allerlei Nahrung und Bequemlichkeit. Man triſt ihn auch hin und wieder in Amerika an. — Der Baum hat ein weiches und dabei ſchwammigtes Holz. Die Bor⸗ ke oder Rinde deſſelben iſt uneben und knotig. Der Stamm ſchießet gerade in die Höhe, ohne ſich in Nebenäfte zu zertheilen, und nur allein aus dem Gipfel deſſelben ſchießen die Blätter bervor, welche geſtedert, an zehn Fuß lang und anderthalb Fuß breit ſind. Sie ſind ſehr hart, haben eine ſchwerd⸗ förmige Geſtalt, und find ruͤckwaͤrts uͤbergebogen. — Die Indianer decken mit denſelben ihre Hütten und Woh⸗ nungen. Man findet fie ſehr dauer⸗ Auch machen ſie eine Art Son⸗ nenſchirme davon, wie auch Maͤntel und 433 die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. und andere Geraͤthſchaften. Die Spiz⸗ zen der Blaͤtter gebrauchen ſie an ſtatt des Papiers, um darauf zu ſchreiben. Aus den zarten Faſern derſelben ver⸗ fertigen ſie recht ſchoͤne Matten und die groͤßern Ribben derſelben gebrau— chen ſie zu Beſemen. | Ganz oben, recht in der Mitte der Krone des Baumes, entſteht eine große dicke Knoſpe, von Geſtalt eines groſ— ſen ſpitzen Cabuskohl, aus welcher der Blumenbuſch hervorwaͤchſt, der dem Blumenkohl nicht unaͤhnlich iſt, dar⸗ aus gemeiniglich zehn bis funfzehn Nuͤſſe hervorkommen. — Die Herz⸗ knoſpe dient aber nicht allein dazu, daß fie die Nuͤſſe hervorbringet, fon: dern ſie wird auch von manchen gegeſſen, wenn fie noch weich und noch nicht aufgebrochen iſt. Sie ſoll einen recht angenehmen Geſchmack ba: ben, und etwas ſuͤß ſeyn. Man ge⸗ nießet ſie entweder als einen Salat, oder man kocht fie, und hat als denn ein delikates wohl ſchmeckendes Ge⸗ muſe. in. zu Eine jede Nuß faßt drei bis vier Pfund recht ſuͤſſen Safts in ſich, mit welchem man auf eine recht angenehme Art ſich den Durſt loͤſchen kan. Def: net man die gruͤne Nuß mit einem Meſſer, ſo ſpringt der Saft recht hoch heraus. Wenn dieſer Saft abgezapft iſt, ſo findet man noch einen andern genießbaren weißen und dicken Saft, der der Sahne oder dem Milchrahm ſehr aͤhnlich iſt. Dieſer haͤlt ſich in⸗ wendig an der Schaale auf, und wird von den Indianern Cochana genennet. 438 Laͤßt man die Nuß reif werden, fo wird der waͤſſerige Saft immer dicker. Alsdenn aber bekoͤmt er einen widerli— chen Geſchmack, und zuletzt vertrock⸗ net er ganz. Nun hat die Nuß eine Groͤße von etwa fuͤnf bis ſechs Zoll im Durchſchnitt erhalten, und iſt reif. Die äußere Schaale derſelben iſt hanf⸗ artig, hat viele Faſern und eine brau⸗ ne Farbe. Man nennet ſie Cayro. — Den faſerigen Baſt ſpinnen die Indianer wie Hanf, und verfertigen Seile davon. — Die zwote Schaale iſt gleichfalls braun, ſo hart wie ein Stein und ganz beſonders glatt. — Man bedienet ſich derſelben zu man⸗ cherlei Geraͤthſchaften, und verfertiget Stockknoͤpfe, Zunderbuͤchſen, Trink⸗ gefaͤße und dergleichen mehr daraus. — Die dritte Schaale iſt weiß und weich. g In derſelben findet ſich der Kern, welcher die Groͤße eines kleinen Apfels bat, und dabei ſo feſte iſt, wie eine Mandel, auch viel Oel bei ſich fuͤhret, welches man ſo wohl zum Brennen, als zu anderm Behuf gebrauchen kan. Ehe der Kern ſeine voͤllige Reife er⸗ langet hat, iſt er noch mit etwas Waſ⸗ ſer umgeben, und alsdenn weicher und ſaftiger. — Das Waſſer in dieſen un⸗ reifen Nuͤſſen dienet nicht nur zu einem fuͤrtreflichen durſtſtillenden Getraͤnke, ſondern man kan es auch mit gutem Effekt bei der Waſſerſucht gebrauchen, weil es ſehr den Urin treibet. — Das Mark der gruͤnen Müffe iſt eine ange⸗ nehme Speiſe. Es macht das Waſſer, darin man es wirft, milchartig weiß, Ee 2 und 439 Beſchreibung einiger ausländiſchen merkwürdigen Bäume, 44 und wird zu allerlei Bruͤhen gebraucht, darin man Fleiſch oder Reis kocht. Rund um der dicken Herzknoſpe herum zeigen ſich bald noch mehrere kleine Knoſpen. Allein, dieſe gelangen ſelten zu ihrer Vollkommenheit, weil man ſich ihrer bedienet, um den Saft. aus denſelben heraus zu zapfen. — Man umbindet zu dem Ende ſolche an ihrer Spitze mit einem ſtarken Bind: faden, ſchneidet alsdenn das aͤußerſte Ende, einige Finger breit uͤber dem Bande, quer uͤber weg, und haͤngt ein Gefaͤß darunter. Alſobald fängt der Saft, den man Tauage, Toddy und Suri nennet, an hervor zu quellen, und nach und nach in das Gefäß her: ab zu troͤpfeln. Am Morgen ſo wohl, als des Abends wird das Gefäß auf: geleeret, und ſolches dauert eine ge⸗ raume Zeit fort. Anfangs iſt dieſer Saft ganz ſuͤß; er gehet aber in den daſigen warmen Laͤndern in wenigen Stunden in eine gelinde Gaͤhrung, und wird dadurch ſpirituoͤs. Nach 24 Stunden iſt er ſchon ſauer, und wenn man ihn lange gähren läßt, fo bekomt man einen ſehr ſcharfen Eſſig davon. Ganz friſch iſt er ein liebli⸗ ches Getraͤnke, und man kan einen Zucker daraus ſieden. So bald er aber geiſtig geworden, fo wird der be: fante Arak daraus deſtilliret, der das Hauptingrediens beim Punſch aus⸗ macht. Ein anderer anſehnlicher Palmbaum koͤmt in den Reiſebeſchreibungen vor unter dem Namen Pinang, oder ins dianiſche Nuß, auch fuͤhret er den Namen Areka, und daher nennet ihn der Ritter von Linnee Areca Cate- chu. Der Baum wird bei weitem nicht ſo boch wie der vorige. Selten wird man einen finden, der uͤber vier⸗ zig Fuß hoch waͤre. Der Stamm iſt gerade und mit einer glatten grauen Rinde bedeckt, auf der man die Spu⸗ ren der Blaͤtter in Geſtalt erhabener Reife bemerket. Die an der Spitze be⸗ findlichen Zweige oder Blätter ſind gefiedert, und umfaſſen mit ihren Stie⸗ len den Stamm. Sie beſtehen aus kleinen, wechſelsweiſe gegen einander über ſtehenden abgeſtumpften Blaͤttern. Aus den Winkeln der Blätter kom- men die Blumen hervor, die von zweier⸗ lei Gattung find, nemlich männliche und weibliche, welche letztern die Stem: pel enthalten und die N folgenden Früchte, hi = Die Fudtaner wiſſen dieſen Baum auf eine ſehr vortheilhaſte Art und Weiſe zu nutzen. — Aus dem Holze deſſelben verſertigen fie allerhand mes chaniſche Werkzeuge. Aus den Schei⸗ den der Blumenſtraͤuße, die den Kelch derſelben ausmachen, flechten ſie Saͤcke und Schlaͤuche, um ihre Victualien darin aufbewahren zu koͤnnen. Den Saft der Zweige vermengen fie mit einem gewiſſen Oel, welches Schiro⸗ pelim genannt wird, und damit toͤd⸗ ten ſie die Wuͤrmer des menſchlichen Leibes. N Den meiſten Nutzen baben indeſſen die Indianer von den Früchten des Pinang. Und wenn gleich dieſelben an ſich ſelbſt nicht eßbar ſind, ſo wer⸗ den — 444 den ſie doch auf allerlei Art und Wei: ſe, theils zum Luxus, theils zur Arznei zubereitet. Der Geſchmack derſelben iſt unangenehm und zuſammenziehend. Aber dennoch koͤnnen die Indianer ſo wenig ohne Pinang leben, als die Eu— ropaͤer ohne Kaffe. Der Indianer bereitet ſolche Nuͤſſe mit Kalch und verſchiedenen Gewuͤr— zen zu, und alsdenn ſind ſie das beſte Empfeblungsmittel für ihn. Wer ei⸗ nen Beſuch abſtatten, oder einen Gaſt bewirthen, oder die Gunſt und einen Kuß des Frauenzimmers erlangen will, der muß zuvor feinem Munde und ſei⸗ nen Zaͤhnen die gehoͤrige Anmuth durch Pinang kaͤuen geben. Der Saft des Pinang aber faͤrbet die Zaͤhne, den Mund und Speichel blutroth. Wie nun dieſes eben nicht der angenehmſte Anblick für einen Europäer ift, fo foll auch das Käuen des Pinang bei man: chem, der der Sache nicht gewohnt iſt, die gerade entgegen geſetzte Wür: kung thun, und dadurch viel eher Ekel und Abſcheu, als Gunſt zuwege gebracht worden ſeyn. Weil es indeſſen durch Erfahrung beftätiget iſt, daß die bereiteten Pi: nangnuͤſſe gewuͤrzhafte und zufammen; ziehende Beſtandtheile beſitzen; fo laſ⸗ fen ſich daraus auch die von den In: dianern ſo ſehr angeprieſene Kraͤfte und Tugenden derſelben herleiten. Dieſe aber ſetzen fie darin, daß ſie das Zahn: fleifch und die Zaͤhne befeſtigen und gut erhalten; die Verdauung befoͤr⸗ dern und zum Beiſchlaf reitzen. — Auch die europaͤiſchen Aerzte kennen die in den Reiſebeſchteibungen vorkommen. indien zu Hauſe. 442 ihre Kraft, den Durchfall und die Blutfluͤſſe zu ſtillen. Die japaniſche Erde un das Catagambra oder Gitta Gam⸗ bir, welche in unſern Apotheken zu finden find, werden ſehr wahrſchein— lich von dieſem Baume bereitet. Doch ich will fie mit Muthmaßun⸗ gen nicht unterhalten, ſondern viel: mehr zur Beſchreibung einer andern Palmart fortſchreiten, welche beim Linne Phönix dactylifera genannt wird, und die wir unter dem Namen des Dattelbaums kennen. Man ziehet den Baum auch wohl bei uns in Treibhaͤuſern, und erhaͤlt davon reife Datteln. Allein, das geſchiehet mehr zum Vergnügen, als des Nuz— zens halber. Eigentlich iſt er in den Morgenlaͤndern, in Syrien, Arabien, Perſien, Palaͤſtina, in Oft: und Weſt⸗ Er reicht den Ein⸗ wohnern einen betraͤchtlichen Theil ih⸗ rer Nahrung. Aus dieſer Urſache wird er in den Morgenlaͤndern auch ſehr ſtark angebauet. Man ziehet ihn aber, theils aus den Ausſchoͤßlingen an der Wurzel, theils aus den Ker⸗ nen. Von den Ausſchoͤßlingen hat man ſchon im vierten Jahre Fruͤchte zu ernten; von denen aber, die aus dem Kern erzogen werden, bekoͤmt man ſie etwas ſpaͤter. Gewoͤhnlich pflanzt man die Baͤume ſo, daß ein maͤnnlicher und weiblicher nahe bei⸗ ſammen zu ſtehen kommen; denn die weiblichen Baͤume tragen keine Fruͤch⸗ te, wenn ſie nicht von den maͤnnlichen I befruchtet werden. Indeſſen finden fih Ee 3 die 445 Beschreibung einiger auslänbifchen merkwürdigen Bäume, 444 die weiblichen Blumen nicht eben auf beſondern Baͤumen allein, ſondern ſie werden auch wohl mit den maͤnnlichen in einem Buͤſchel angetroffen. Wo dieſes nicht iſt, und die beiden Ge⸗ ſchlechter ſtuͤnden zu weit von einan⸗ der, da wird die Befruchtung von den Beſitzern der Baͤume ſelbſt vorge⸗ nommen. Sie ſuchen alsdenn die maͤnnlichen Baͤume auf, oͤfnen die noch geſchloſſene Scheide und nehmen den Blumenbuͤſchel heraus, darauf ſtechen fie ſolchen in die geöfnete Scheide der weiblichen Blume und binden ihn feſt, dadurch faͤllt dann der Blumenſtaub auf die weiblichen Bluͤten und befruchtet ſie. — Die Zeit der Blüte fällt in den März, und im Auguſt ſind die Datteln voͤl⸗ lig reif. — Die weiblichen Blumen bringen die ſuͤßen und nahrhaften Fruͤchte in großer Menge hervor. Ein mittelmäßig alter Baum traͤgt gemeiniglich acht bis zehn lange Blu⸗ menſtraͤußer, welche nachmals über und über gleichſam mit Früchten beſaͤet ſind. Anfaͤnglich ſind ſolche nicht größer, als Pfefferkoͤrner, und ihre Farbe iſt glaͤnzend weiß. So bald ſie aber reif geworden, ſo ſind ſie nicht allein einer ſtarken und dicken Pflau⸗ me gleich, ſondern haben nun auch ihre Farbe veraͤndert, ſind braun ge⸗ worden und haben einen ſteinharten Kern. Sie wachſen Traubenweiſe, und man zaͤhlet ihrer wohl zuweilen zwei tanſend an einer Traube. — Der Stamm des Baumes iſt rund, gerade, und von einer betraͤchtlichen Dicke und Hoͤhe. Auswendig iſt er ſtatt der Rinde mit den verdorreten Ueberbleibſeln der Blaͤtter ſchuppen⸗ weiſe bedeckt, die dunkelbraun von Farbe ſind. Das Holz deſſelben iſt leicht, ſchwammigt, und beſtehet ei⸗ gentlich aus lauter Faſern, die leichte von einander getrennet werden koͤn⸗ nen. Wenn der Baum ein ziemliches Alter erreichet hat, ſo findet ſich kein Mark in demſelben mehr, ſondern an ſtatt deſſen eine harte Nerve, die mit: ten durch denſelben hinlaͤuft. In jungen Bäumen hergegen iſt dieſe Nerve weich und markig. Der Gipfel des Dattelbaumes beſtehet nicht aus Aeſten und Blaͤttern, ſondern bloß aus gefiederten Blaͤttern, die ſechs bis acht Fuß lang ſind. Gegen der Spitze der Blaͤtter entſtehen an der Ribbe derſelben immer mehrere Blaͤtter, ſo daß fie allda mit wech ſels weiſe ſtehen⸗ den laͤnglicht ſpitzigen immer gruͤnen Blättern ganz beſetzt iſt. — Etwa vierzig bis zum hoͤchſten achtzig ſol⸗ cher Fluͤgel bilden den Wald des Baumes. In den Winkeln zwiſchen denſelben entſpringen die großen Blu⸗ menbuͤſchel, die anfänglich in einen Scheide eingeſchloſſen ſind, die ſich nachmals der Laͤnge nach oͤfnet, und den traubenfoͤrmigen großen Blumen⸗ ſtrauß hervorbringertrt Die Fruͤchte haben eine eylindriſche Form, und ſind ungefaͤhr einen Zoll dick. In Anſehung der Figur, kom⸗ men ſie unſern Eicheln ſehr nahe. Von außen ſind ſie mit einem duͤnnen zarten Haͤutgen umgeben, das gemei⸗ niglich 446 niglich ins roͤthliche faͤllt. — Das Fleiſch der Frucht hat einen angeneh—⸗ men weinreichen Geſchmack. — In⸗ wendig findet ſich ein harter eylinder⸗ foͤrmiger Kern, der der Länge nach ge: fpalten iſt, um welchen ein weißes ſeidenartiges haͤutiges Weſen herum liegt. Man bat dreierlei Arten Fruͤchte von einem und demſelben Baume, die aber nur in Anſehung der Reife von einander unterſchieden ſind; nemlich ſolche, die erſt anfangen zu reifen; ferner die halb reif ſind, und denn die völlig reifen. Aber dieſe verſchiede⸗ nen Arten Fruͤchte werden zu gleicher Zeit von den Baͤumen genommen. Wenn ſich aber denn noch andere fin⸗ den, die grasgruͤn ſind, ſo laͤßt man folche ſizen. Da das Pfluͤcken dieſer Fruͤchte zu muͤhſam fallen wuͤrde, ſo bedienet man ſich einer leichtern Me: thode. Man ſchuͤttelt ſie nemlich von den Baͤumen herunter, und faͤngt die berabfallenden vermittelſt eines Netzes auf. Dies Sammeln geſchiehet im Herbſte zu verſchiedenen malen. — So bald die Indianer die Früchte ab: genommen haben, ſo legen ſie ſolche auf Palmblätter an die Sonne, um ſie zu trocknen. Anfaͤnglich werden ſie ganz weich, nachmals aber verdik⸗ ken ſie ſich wieder. Man laͤßt ſie hier ſo lange liegen, bis ſie der Faͤulniß nicht mehr unterworfen ſind, und ſich die Feuchtigkeit verzehret hat. Wenn ſie getrocknet ſind, ſo preßt man entweder einen Honig heraus, der etwas ganz delikates ſeyn ſoll, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. ten Gefaͤß auffaͤngt. 44 oder man verwahret fie in ledernen Schlaͤuchen, oder in Saͤcken, die von wilden Palmblaͤttern verfertiget werden. Der Honig wird entwe⸗ der friſch, oder zu Bruͤhen an ver ſchiedenen Speiſen gebraucht. Die Art der Zubereitung deſſelben iſt ver⸗ ſchieden. Man legt nemlich die friz ſchen Datteln in eine Art von Koͤrben und ſetzt ſolche auf einen abhaͤngigen Tiſch. Durch die Waͤrme erweichen ſie, und laſſen den Honig fließen, den man alsdenn in einem darunter geſetz⸗ Man zieht die Koͤrbe von Zeit zu Zeit zuſammen, oder man legt auch große Steine dar⸗ auf. Dadurch wird alsdenn immer mehr Saft heraus gepreßt, und man wiederholet ſolches ſo lange, als noch Saft darin iſt. | Uebrigens gebrauchen die Indianer dieſen Baum auf eben fo vielfältige Art, als den vorhin beſchriebenen Co⸗ cosbaum. Des Stammes bedienen fie ſich zur Erbauung ihrer Hütten. — Mit den Blättern decken fie die Daͤ⸗ cher derſelben, auch machen fie Sons nenſchirme und andere Geraͤthſchaften daraus. — Die Blumenſcheiden ſind, wenn ſie ausgetrocknet worden, ihre Trinkgeſchirre. — Die zaͤhen Fa⸗ ſern des Holzes ſpinnen ſie zu Faͤden, und machen Seile daraus. Ja! ſo gar verfertigen fie auch eine Art feines wand davon. — Vorzuͤglich brauch! bar ſind die jungen Sproͤßlinge der Blumenbuͤſchel, ſie haben viel Mark, und wenn man ſie als Gemuͤſe mit Fleiſch kocht, ſo ſollen ſie delikat zu eſſen 447 Beſchreibung einiger auslaͤndiſchen merkwürdigen Baͤnme, ze. 448 eſſen ſeyn. — Man verfertiget auch aus den Fruͤchten ein liebliches wein⸗ artiges Getraͤnk, wie auch einen ſtar⸗ ken Brantewein, Auch in unſern Apotheken kennet man dieſe Frucht, welche getrocknet aus den Morgenlaͤndern zu uns her⸗ Sie hat wegen ihres gefuͤhret wird. zuckerartigen Saftes gelinde, auflö- ſende, erweichende und die Schaͤrfe von aller Art einhuͤllende Kraͤfte, iſt mit einer ganz gelinden zuſammen⸗ ziehenden Kraft verbunden, und kan daher in Krankheiten, deren Heilung dergleichen Mittel erfordert, als zum Exempel in Bruſtkrankheiten, zu Bruſt⸗ traͤnken mit Nutzen gebraucht werden. Man pflegt ſie auch als eine gute nahrhafte Speiſe mit Wein zu daͤm⸗ pfen, oder auch als Confekt zum Nach⸗ tiſch aufzuſetzen. by. Es findet fi ſich davon eine kurze Beſchreibung in der allgemeinen Hi⸗ ſtorie der Reifen. B. 16. S. 109. die ich ihnen zuletzt noch mittheilen will. Dieſer Palmbaum waͤchſt in Amerika wild. Er erreicht eine Höhe von ſiebenzig Schuhen, und die Staͤr⸗ ke oder Dicke deſſelben iſt wie ein Schenkel. Die Rinde iſt mit Sta⸗ cheln beſetzt. Am Gipfel kommen viele Aeſte und weißliche Fruͤchte von der Groͤße der Nuͤſſe zum Vorſchein. Die Indianer ſtoßen, kochen und preſſen ſie aus, und bereiten auf ſolche Weiſe ein Del und einen Saft daraus. Das oben ſchwimmende klare Oel vermi⸗ Eine andere Palmart iſt der Bib⸗ CCC A DRBETER En ſchen ſie mit allerlei Farben und be malen fich den Leib damit. Außer dieſem Nutzen bedienen fie e ſich auch des aus dem jungen Baume gezapften Saftes zum Tranke, den ſie vermittelſt eines gebohrten Loches in den Stamm, und eines ſtatt eines Trichters in daſſelbe eingeſteckten zu⸗ ſammen gerolleten Blattes erhalten. Wenn dieſer Saft ein Paar Tage ges ſtanden, ſoll er ziemlich wohl ſchmek⸗ x kend, aber etwas herbe, und an Farbe einer Molken gleich ſeyn. | Indem ich dieſes ſchreibe, und im Begrif bin, mein Dintenfaß anzufuͤl⸗ len, erinnere ich mich eines Baumes, der auf der Inſel Madagaſcar ange⸗ troffen wird, und den Namen Arand⸗ ranto fuͤhret. Die Bewohner ſol⸗ cher Inſel kochen das Holz dieſes Baumes in Waſſer, und gebrauchen nachmals das Abgekochte ſtatt der Dinte. Sie ſoll zwar nicht ſo ſchwarz ſeyn, wie die unſrige; gleichwohl foll- ſie durch den Zuſatz von etwas Vitriol nicht allein eben die Schwaͤrze, ſondern auch einen ſtaͤrkern Glanz erhalten. Ich will hier abbrechen, und die Fortſetzung ähnlicher Beſchreibungen naͤchſtens nachfolgen laſſen. Ich ver; muthe, daß es Ew.⸗ -nicht entgegen ſeyn wird, auch von merkwuͤrdigen kleinern Stauden und Geſtraͤuchen etwas zu leſen. Zu dem Ende werde ich kuͤnſtig mit der Beſchreibung groſ⸗ ſer Baͤume und kleiner Stauden ab⸗ wechſeln. P. R. n A 2° Zu Hannoveri ches Mugen. ꝛ9tes Stuͤck. Freitag, den I Iten April 1783. Nachricht von einer gluͤcklichen Kur eines von einem wuͤthenden Hunde gebiſſenen und bereits in Wuth und Waſſerſcheue gerathenen Menſchen. achfolgender Vorfall verdienet | allgemein bekant gemacht zu werden, da vielleicht in hieſigen Sanden, die Heilung der Wuth und Waſſer ſcheue von dem Biß eines tollen Hundes, welche Tiſſot in feinem fürz treflichen Buch uͤber die Geſundheit des Landvolks im erſten Buch, im zwoͤlften Capitel, zur Anzeige gebracht, noch nicht allenthalben, inſonderheit die gute und ſichere Wuͤrkung davon, zur Wiſſenſchaft gekommen, und mei⸗ nes Wiſſens noch wenig Erfahrung davon vorhanden iſt. Gewiß, die Gefahr von tollen Yun: den gebiſſen zu werden, iſt, inſonder⸗ heit auf dem Lande etwas ſchreckli⸗ ches, und der von der giftigen ame⸗ rikaniſchen Schlange dem Kupferkopf, gebiſſen zu werden, faſt gleich, wo nicht noch groͤßer, indem man dieſer ausweichen kan, jene aber den Men⸗ ſchen oft ſehr ſchnell, wie im gegen: waͤrtigen Fall geſchehen, verfolgen und angreifen. Es hat zwar eine bebe Königl. Lan⸗ desregierung dieſerwegen weiſe Vor⸗ ſchriften und Verordnungen gegeben, um dieſe Gefahr wo nicht zu heben, doch merklich zu vermindern, allein, viele dieſer Vorſchriften werden nicht aller Orten gehoͤrig befolget, oder die angeordneten Mittel ſind nicht hin⸗ reichend, oder es treten andere Urſa⸗ chen ein, die deren Befolgung hin⸗ dern, und welche hier anzufuͤhren zu weitlaͤuftig ſeyn wuͤrde. Auch an den Graͤnzen, wo die Nach⸗ baren nicht gleiche Veranſtaltungen wider dieſes Uebel haben, gewaͤhren ſolche keine Sicherheit, weil ein toller Hund in ſeiner Wuth weit herum ſchweift, und aus einem Lande in das andere laͤuft, ehe man ſich ſeiner ber maͤchtigen kan. Es hat zwar bisher nicht an ver⸗ ſchiedenen Mitteln wider die von dem Biß eines wuͤthenden Hundes entſtan⸗ dene Wuth gefehlet; ſo iſt z. E. eine gewiſſe Quantitaͤt gefeiltes Kupfer oder Meſſing, und tuͤrkiſches Bohnenmehl, für ein ſicheres Mittel gehalten, und Ff der 27 der Hausvater empfiel im zten St. Nr. 11. das Kraut Anagallis flore a 15 Das Eſſen der 1855 Se des tol: len Hundes, der den Schaden gethan, wird von Keysler in ſeinen Reiſen, in der erſten Abtheilung, im achten Brie⸗ fe, als ein untruͤgliches Mittel ange führe, welches bei einer hohen Prinzef: ſin am Bayerſchen Hofe, Wan wuͤrk⸗ ſam geweſen, u. d. gl. Allein, ſo viel die Erfahrung erge⸗ ben, haben dieſe Mittel oft verlaſſen wer⸗ den muͤſſen, und find unfräftig befun⸗ den oder nur alsdann wuͤrkſam geweſen, wenn die Wuth noch nicht eingetre⸗ ten, und fir gleich nach dem Biß ge braucht worden, ehe das Gift ins Blut getreten, und eine Gaͤhrung darin verurſacht hat. Nach gegen waͤrtiger Nachricht aber kan man das Tiſſotſche Heilungsmit⸗ tel, und Kurart fuͤr bewaͤhrt und all: gemein balten. Es war am 21ten Maͤrz 1780, daß ein Haͤusling aus Einbeckhauſen hieſigen Amts, Namens Johann tanz ge, etwa 30 Jahr alt, welcher gegen⸗ waͤrtig als Soldat in Hannover die⸗ net, des Morgens auf dem Felde, von einem ihn mit groͤßter Geſchwindigkeit verfolgenden Hunde, in die Wade gebiſſen wurde. Entweder weil er den Hund nicht fuͤr toll hielt, oder weil er ſonſt ſorglos war, ſuchte er keine andere Huͤlfe, als daß er ſich von einem Quackſalber ein klebendes Pflaſter auf die Wunde legen ließ, ſich Nachricht von einer glücklichen Rut 42 an ſeine Arbeit bego un anze Tag darauf dro 1 * 4 Allein am folgen en 4 24 Stunden nachher, wurde er von der Wuth und Waſſerſchene ji Man fuchte darauf bei dem be nachbarten Doctor und Phyſikus Hrn. Koch zu Muͤnder, Huͤlfe, welcher ſich auch zu dem Patienten verfuͤgte, und deſſen Heilung, woruͤber aber bei 30 Stunden verliefen, übernahm, und ſolche gluͤcklich zu Stande brachte. Ich will ſeine dem Amte davon uͤbergebene Heilungsgeſchichte, wel⸗ ches Thatſachen ſind, ſo mir zu voͤlli⸗ ger Kenntniß gekommen, und worauf man ſich ſicher verlaſſen kan, an ſetzen. „Es waren ſchon z 30 Stunden ver⸗ 1 da ich zu dem Patienten kam, ich fand ihn ſchon wuͤrklich raſend, und die Waſſerſcheue war voͤllig da., „ „Dieſe außerordentliche geſchwinde Wuͤrkung des Giſts, ruͤhrte wahr⸗ ſcheinlich daher, daß dieſer Menſch am Tage des Biſſes, ſein Blut durch ſtarke Arbeit und Dreſchen in ſchnellen Umlauf gebracht und unterhalten, auch konte das aufgelegte Pflaſter, welches das Auslaufen der Wunde verhinder⸗ te, das ſeinige dazu beigetragen haben, (vielleicht auch, weil die Wuth des Hundes den hoͤchſten Grad n gehabt. 9755 i „In den Zwiſchenzeiten 175 Paro⸗ xismus, war er bei einer großen Nie: dergeſchlagenheit, Bangigkeit und ver⸗ wirretem Geſicht, doch ae * 453 Er klagte über Schmerzen des Halſes, des Unterleibes, uͤber kurzen Alhem, und unausſprechliche Angſt., »Er ſagte, daß er von einem böfen Anfall angegriffen wuͤrde, den eine ge⸗ wiſſe Empfindung in der Wunde vor⸗ her verkuͤndigte.,, Re »Ich ſuchte ihm zum Trinken zu be⸗ wegen, allein, er lehute es von ſich ab, und verficherte, daß er nicht ſchlucken konte zt Be eee „Ich ſetzte ein Glas Waſſer vor ihm hin, er nahm ſich aber ſehr in acht darauf zu ſehen, und wenn es von un⸗ gefahr geſchah, uͤberfiel ihn jedesmal ein Schauder, und ſeine Augen wur⸗ den ſtarr. ni „Ich erfuchte ihn einmal zu trinken, um, wie ich ihm ſagte, zu ſehen, ob er wuͤrklich nicht ſchlucken koͤnte. Aus Gefaͤlligkeit wolte er es wagen; al lein, da ich ihm das Glas an die Lip: pen brachte, biß er mir ſolches in der Hand entzwei, und bekam einen ſtar⸗ ken Paroxismus , i „Sein Geſicht verzog ſich, wurde aufgetrieben, er gaͤhnte, dehnte feine Glieder entſetzlich aus einander, warf eine Menge Speichel weit um ſich herum, und machte eine fuͤrchterliche einem Gebruͤlle äpnfiche Stimme., „Aber nie hatte daſſelbe nur eine ent: fernte Aehnlichkeit mit dem Bellen ei; nes Hundes, welches die Alten, und einige Neuere glauben,, „Ein einziges mal habe ich eine Nei⸗ gung zum Beißen bei ihm wahrgenom⸗ men, da er ſich in ſeiner Unruhe auf den Leib warf, und in das Kopfbrett eines von einem wuͤthenden Hunde gebiffenen ıc, 454 feines Bettgeſtelles biß. Nun hatte ich die Fülle und offenbare Tollßeit, mit der Waſſerſcheue begleitet, geſehen. „ »Es fehlte mir an Erfahrung indie: ſer Sache, ich beſchloß daher die Hei⸗ lung des Patienten nach Tiſſots gol⸗ denem Buch, Avis au peuples, genau einzurichten., 1 „Meine erſte Sorge war, die Wun— de auszuſchneiden. Dieſes mußte fehr tief geſchehen, weil beide Reihen Zip: ne des wuͤthenden Hundes, ſehr tief eingeſchnitten hatten, und nun ließ ich die Wunde mit geſalzenem lauen Waſſer wiederholend auswaſchen, und das ganze Bein mit Baumoͤl ſchmie⸗ ren. Taͤglich einmal wurde ein Quent⸗ chen, von einer Salbe aus einer Unze Queckſilber, einem halben Quentchen venetianiſchen Terpentin, und zwoen Unzen Schweineſchmalz, auf dem Rand der Wunde, auf 2 Zoll im Umkreiſe, eingerieben. Die Wunde ſelbſt, wurde zwei mal des Tages mit Baſilikumſalbe verbunden., 8 „So lange die Heftigkeit des Pard⸗ xismus es ſorderte, mußte der Kranke alle drei Stunde ein Pulver aus 16 Gran Biſam, 24 Gran natürlichen Zinnober, und eben fo viel Kunſtzin⸗ nober nehmen., N „Jeden Abend und Morgen, mußte er einen Biſſen, aus einem Quent⸗ chen virginiſcher Schlangenwurz, Kampfer und Ala fœtida, von jedem 10 Gran, und Flieder ſaft, fo viel als noͤthig, nehmen. So wie ſich der Speichelfluß mehrte, ward der Paroxismus immer ſeltener und ſchwaͤ. f 2 cher, 455 cher, ich brach e, mit den innerli⸗ chen Mitteln nach und nach ab, und ſetzte die Salbe, zu Beförderung des Speichelfluſſes, mit dem größten Nach: druck fort, denn hierin lag die ganze Huͤlfe des Kranken. „ „Ich unterhielt alſo die Salivation deſſelben, bis zu feiner völligen Geſund⸗ heit, welche nach Verfließung von drei Wochen erfolgte, gab ihm zum Be⸗ ſchluß ein Paar Abfuͤhrungen ein, und darauf China. „, Lauenau. 456 | ni ee EN laͤßige Mittel, die Salivation, in dies fer Krankheit fo lange bat unentdeckt bleiben koͤnnen, mein Kranker warf ſchon im Anfang des Uebels, ohne Queckſilber, den Sine eee g um ſich herum., Wir preiſen voͤllig die Fürſchung, daß nunmehr zum Heil und Berubi: gung vieler Menſchen, ein ſolches Mit⸗ tel bekant geworden, welches man fuͤr bewaͤhrt und ſicher halten kan. e * Eine Stimme zu der im ten St. des Hannoveriſchen Magazins von dieſem Jahr befindlichen Motion, zum Beſten Tau der Landſchmiede. ill der Landſchmidt gutsherrli⸗ chen Unrechtfertigkeiten ſich un⸗ terwerfen, ohne dagegen Rath zu ſu⸗ chen; fo find alle dandesverordnungen daruͤber unnuͤtz. Will er ſich durch den Weg Rechtens helfen; ſo darf er nur die kleine Cautel gebrauchen, daß er ſich das Eigenthum an dem verkauf⸗ ten Arbeitsſtuͤck vorbehaͤlt, bis er be: zahlt iſt. Iſt feine Zuthat nur ein Theil des Geraͤths, ſo erwerbe er ſich das Eigenthum desjenigen, der den größten Antheil daran hat. Oder mehrere beitragende nehmen es gemein⸗ ſchaftlich, nach dem Geſellſchaftshan⸗ del. Das Geſtaͤndniß des Schuld⸗ ners, oder zween auf allen Fall zuge zogene Zeugen, machen den Beweis. So iſt dem Handwerker ſchon aus den Rechten, wie ſie ſind, geholfen. Auch iſt die Rechtsregel bekant, daß nie | mand mit des andern Schaden ſich bereichern duͤrſe. Allerdings wuͤrde es dem Handwer⸗ ker aufhelfen, wenn ein Geſetz in ge⸗ wiſſen Faͤllen ihm das Eigenthum, als jederzeit ſtillſchweigend vorbehalten, ſicherte, oder da, wo die ‚Zurbat, nicht ohne Schaden abzuſondern ſteht, für feine Wahl ein ſtillſchweige des, aber vorzuͤgliches Se verordnete, dergleichen wir wuͤrklich für diejenigen, welche Geld zu An⸗ ſchaffungen oder Ausbeſſerungen ber⸗ geſchoſſen, ſchon haben. Allein, fuͤr die Handwerker, fuͤr welche derglei⸗ chen thunlich waͤre, koͤnte es auch dann nicht ohne alle Umſtaͤnd lichkeit von Beweisfuͤhrung ꝛc. bei Concurſen abs gehen. Und Volkommeuhenten ohne Maͤn⸗ 452 Eine Stimme zu der im oten St. befindlichen Motion c. 458 Mängel, find für dieſe beſte Welt, im Einzelnen, nicht gedenkbar. end Wolte man das Ackergeraͤthe zum Hofe ziehen, um dem Hofberen die unbezahlten Handwerker⸗Forderungen auf jenes, mit auſzulegen; ſo kan es wiederum von harten nachtheiligen Folgen fuͤr die Verminderung des Al⸗ lodii werden. Würde der Gutsherr gezwungen, das Ackergeraͤthe kaͤuſtich, ganz, mit den darauf haftenden Schuk⸗ den, zu uͤbernehmen; ſo waͤre das eine Buͤrde fuͤr die Gutsherrſchaft, auf welche wenigſtens noch nicht gerechnet iſt. Wuͤrde feſtgeſetzt: Wenn der Gutsherr das Ackergeraͤthe zu ſeiner Befriedigung annimt; ſo muß er jene Schulden bezahlen; — ſo wuͤr⸗ de das nur auf Faͤlle gelten, wo gar keine andere Glaͤubiger vorhanden find, und kein meiſtbietender Verkauf eintrit. Und es waͤre dann der Guts⸗ herr, der an ſeiner Forderung ein⸗ buͤßete. in unc Zehn Billigkeiten kommen unter ſich und in ihrem Verhaͤltniſſe zu der individuellen Lage eines einzelnen Fal⸗ les, in Colliſion. Nun hebe man un⸗ ter den Eine heraus, und ma⸗ che ſie allgemein gelten, ohne daß Jelle. die uͤbrigen leiden! Es hat ſeinen großen Nutzen, dem Handwerker zu helfen, und Menſchlichkeit und Reli— gion rufen laut fuͤr den leidenden Ge⸗ ringeren. Allein, wie iſt ihm und der Mehrheit am beſten und heilſam⸗ ſten zu helfen? Es hat aͤußerſt großen Nachtheil, bei Concurſen dem Capitas liſten nicht zu helfen, mit deſſen Gel⸗ de hundert Handwerker bezahlt find, oder dem Gutsherrn, der aus ſeinem Haushalte eben ſo viel bezahlet, oder noch wohl erſt zu bezahlen hat. Der Nachtheil für den groͤßern und wich: tigern im Staate faͤllt auf die gerin⸗ gern zuruͤck. Und iſt denn der Gerin⸗ gere und der Handwerker auch ſo ganz ohne alle Hülfe? Wie, wenn ihn die Roth lehret, Gewinn und Verluſt, Handel in fein Handwerk zu mifchen, welches der Buͤrger und der Bauer, und der Reiſende nicht entbehren kan? — Berlegenbeiten finden fich allent⸗ halben. Wo aber Verlegenheiten ent⸗ ſtehen und Aufmerkſamkeit erregen, da finden ſich auch Huͤlfen, wenn fie nur geſucht und genutzt, und nicht muthlos vernachlaͤßiget werden. Und bier ihut Klugheit und guter Rath mehr, als Geſetze. f H. E. Krebs. Wo der ſinkende Fond in Eng: land ſey, laͤßt ſich erſt recht ein⸗ ſehen, wenn man das eng'iſche Finanz: weſen überhaupt, und die nach und Von dem ſinkenden Fond in England. nach darin vorgefallenen Verändern: gen kennt. Die kurze Nachricht da⸗ von, die hier der Befreiung dieres Fonds voraus geſchickt wird, iſt des⸗ Ff 3 Werden 459 wegen als ein erforderliches, nicht ent: behrliches Stuͤck von dem ſelben anzu⸗ ſeben. Einnahme und Ausgabe, die weſentlichen Gegenſtaͤnde der Staats: wirihſchaft, waren in fruͤhen Zeiten, im Staate faſt auf gleichem Fuße wie in einem gemeinen Haushalte, einge⸗ richtet. Der Fuͤrſt beſtritt faſt allein aus ſeinen Domainen die oͤffentlichen Ausgaben, bis die anfangs geringen Abgaben der Unterthanen mit der Zeit betraͤchtlicher wurden. Um außeror⸗ deutlichen Aufwand, wie in Kriegozei⸗ ten, aushalten zu konnen, ſahe er ſich, wie eine Privatperſon genoͤthigt, feine Ländereien zu verpfaͤnden. So lange dieſe Lage dauerte, konten keine lang⸗ wierige und koſtbare Kriege gefuͤhrt werden, und die Macht eines Fuͤrſten ſtieg und Ael mit feiner Sparſamkeit und Verſchwendung. Als aber Steus ern und Auflagen eine wichtige Quelle öffentlicher Einkuͤnfte wurden: fo konte es nicht ausbleiben, daß man ſie nicht im Kriege erhoͤhete, oder ſtatt deſſen Schulden darauf machte: das heißt, mit andern Worten, fie auf einige Jahre im voraus aufnahm. Das war ein zweites Mittel, ſich in dringenden Fällen Geld zu verſchaffen. In Eng land nahm dieſes eigentlich nach der Revolution ſeinen Anfang, aber auf eine verſchiedene Art als nachher. Man gab den Gläubigern Anweiſung auf neue Taxen, um ſich davon fuͤr Capi⸗ tal und Zinſen bezahlt zu machen. Die Schwierigkeit, welche die Glaͤubiger dabei fanden, ſchreckte andere ab, dem Staate Vorſchuͤſſe zu thun. Vun Von dem finfenden Fond in England. 460 kam man auf die ſogenannten kurzen Sonds, ein wuͤrkſames Mittel, ſo wohl Geld auf eine vortheilhafte Art aufzunehmen, als auch die Schulden gemaͤchlich wieder abzutragen. Es wurden nemlich neue Auflagen ge⸗ macht, die allein fuͤr die Abtragung der oͤffentlichen Schulden beſtimt wa⸗ ren, und fo lange fortdauerten, bis fie gänzlich getilgt waren, welches gemei⸗ niglich in einigen Jahren geſchah. Vortheile und Billigkeit waren bei dieſer Einrichtung ſichtbar. Der Mi⸗ niſter, welcher ſich vorhin fuͤr dem Ei⸗ gennutze der Glaͤubiger zu fürchten hat te, konte nun auf billige Bedingungen Anleihen erhalten, und die Abtragung derſelben fiel den jedesmaligen Zeitge⸗ noſſen, nicht aber den Nachkommen pur daft. 1 een een e Es wuͤnſchte eine Parthei aus die⸗ ſen kurzen lange Sonds zu machen, das heißt, die Taxen, die zur Schul⸗ dentilgung aufgelegt waren, ſtets dau rend zu machen. Dabei fand ſich aber ein doppeltes Hinderniß; einmal litt darunter die Civilliſte, die feſt ſtehen⸗ den Einfünfte, woraus die gewoͤhnli-⸗ chen Ausgaben genommen werden; denn ſie mußte die langen Fonds auf ſich nehmen, ohne daß das Parlement ihre Zufluͤſſe vermehren wolte; zwei⸗ tens liehen die Glaͤubiger damals lie⸗ ber auf kurze Fonds, wobei ſie ihr Geld bald wieder erhielten. Man hielt ſich daher zu den letztern, wobei es aber doch auch Schwierigkeiten gab, die aus dem damaligen Zuſtande des Geldes und der Auflagen entſtanden. Das pe Das Volk war meiſtentheils nur an Aceiſen gewöhnt, und von Taxen kante es nur eigentlich die wenig beſchwerli— che Auflage auf Wein und Kauf⸗ mannswaaren (Tonnage und Poun- dage). Eine Erhöhung oder Ver mehrung ſolcher Taxen war zwar nicht druckend, fiel aber doch zuletzt dem Landbauer zur Laſt. Es wurden da: her Landtaxen und Kopfſteuern vorge: zogen, die aber der Erwartung wenig entſprachen. Das Geld war zu da⸗ maliger Zeit noch ziemlich ſelten inEng⸗ land, und die Landbeſitzer hatten, da die Bank noch nicht errichtet war, und man anfangs auf kein Pfand ausleih, kein Mittel, Geld zu ſchaffen. Daraus erfolgte, daß der Landbeſitzer nicht be⸗ zahlte, und das Volk wegen Abnahme des Geldes, wenig Acciswaaren verzehr⸗ te. So nachtheilig dieſe Umſtaͤnde wa⸗ ren: ſo vortheilhaft waren doch die kurzen Fonds, um die Nationalſchul— den abzuthun. Sie betrugen 1688 zur Zeit 1,360, 00 Pfund Sterling, die mei: ſtens bald getilgt wurden, und 1697 zur Zeit des Ryswicker Friedens, an 20 Millionen Pfund Sterling, die ſo weit abgetragen wurden, daß fie 1701, zu Anfang des ſpaniſchen Erbfolge— kriegs nur noch 7 Millionen ausmach⸗ ten. Aber in dieſem Kriege ſtiegen die Beduͤrfniſſe des Staats in der Maaße, daß das neue Finanzſyſtem entſtand. Außerdem, daß man einige wandelba⸗ re Taxen daurend machte, brachte man die Staatspapiere (exchequer bill.) in Gang. Die Bank gab fie auf Von dem ſinkenden Fond in England. der Staatsveraͤnderung 402 Credit der Regierung aus; und als man hiermit nicht weiter ſortfahren konte: fo zog man die damaligen Bes figer dieſer Geldzettel in eine Geſell⸗ ſchaft unter Vorſteher und Director, woraus nachher die Suͤdſee⸗Compag⸗ nie erwachſen iſt. Es wurden ihr 6 pro Cent ihres Capitals und die Ko⸗ ſten beſtimmt; und dadurch der Grund zum Öffentlichen Credit gelegt. Nach dem Utrechter Frieden erholte ſich der Staat, und war im Stande 11 Millionen von den Schulden abzutra⸗ gen. Dadurch konte er wieder 700 Pf. St. jährliche Einkuͤnfte erhalten, die aus den mit Schulden beladenen Taxen floſſen. Statt der Bezahlung ſtand es den Glaͤubigern frei, zu einem neuen Fond zu unterſchreiben, wo ſie nun nicht mehr, wie vorhin 6, ſondern 5 pro Cent bekamen. Da das letztere angenommen wurde: ſo behielt der Staat aus dem Einkommen der Taxen, die zur Tilgung der Zinſen und Schul: den beſtimmt waren, einen Ueberſchuß, und daraus entſtand 1716 der ſinken⸗ de Fond, der aus dem Ueberlaufe der Schuldenkaſſe ſeinen Zufluß bekam, und faſt 2 Millionen jaͤhrlich ausmachte. Man errichtete dieſen Fond zur eigent⸗ lichen Abbezahlung der Nationalſchul— den. Von dieſer Erfindung konte man ſich viel Gutes verſprechen, und bei ru; bigen Zeiten eine völlige Tilgung aller, Staatsſchulden erwarten. Je mehr die Schulden abgetragen wurden, je anſehn⸗ lichere Zufluͤſſe erhielt der Fond. Einen neuen Vortheil ſchien ihm die Suͤdſee⸗ Compagnie zu bringen, die anttug, ei⸗ r nen 463 nen großen Theil der Nationalſchulden in ihr Capital aufzunehmen, und dafuͤr und fuͤr andere Vortheile, 7 Millionen Pf. St. in den ſinkenden Fond zu lie⸗ fern verſprach. Es ward zwar dieſe Hofnung zu Waſſer, als aus der Suͤd⸗ ſee⸗Geſellſchaft ein franzoͤſiſcher Actien⸗ handel wurde. Allein, da in der Folge faſt alle veraͤnderliche Taxen beftändiger zu werden anfingen, ſo wuchs das Ca⸗ pital des ſinkenden Fonds ſo ſehr, daß einige Intereſſen bis auf 3 pro Cent geſetzt wurden. (Am Ende des verfloſ⸗ ſenen Jahrhunderts mußte ſich der Staat noch zu 6, ja zu 8 pro Cent ver⸗ ſtehen; in Anfange des jetztlaufenden waren fie ſchon 5 pro Cent, fliegen aber wieder zu 6, bis mit der Gruͤndung des ſinkenden Fonds die Zinſen auf 5 pro Cent herabgeſetzt wurden.). Nun be⸗ merkte der Eiferer fuͤr die Freiheit mit Vergnuͤgen den Anwachs des ſinkenden Fonds, und die Erfüllung feines Wun⸗ ſches, die Nationalſchulden völlig be⸗ zahlt zu ſehen, ſchien nicht mehr fern zu ſeyn, als neue koſtbhare Kriege und ver: änderte Grundſaͤtze in der Staatswirth⸗ ſchaft die Sache in einen andern Gang brachten. Da dex ſinkende Fond ſo reich wurde: ſo wich das Parlement von ſei⸗ nem erſten Vorſatze, denſelben bloß zur Schuldenbezahlung zu behalten, ab, und verwilligte jährlich aus ihm an ein Drittheil der außerordentlichen Ausga⸗ ben, wozu die Koften für die Land: und Seemacht gerechnet wurden, zu nehmen. Darauf erfolgten ſchwere Kriege, wel: che die Nationalſchulden ungemein ver⸗ mehrten. Am Ende des oͤſterreichiſchen Erbfolgekriegs erholte ſich der ſinkende Von dem ſinkenden Fond in England. Fond wieder, als man bekant machte, daß man 57 Millionen von den den bezahlen wolle. S 1 ne zuſehen war, woher ſo gleich eine ſo große Summe kam; ſo that doch dieſe Bekantmachung fuͤrtrefliche Wuͤrkung. Die Capitaliſten hatten um dieſe Zeit ſchon anſehnliche Geldzufluͤſſe erhalten, und wußten nicht, wo ſie die aufgekuͤn⸗ digten Capitale wieder unterbringen koͤnten. Sie waͤhlten alſo den zweiten Vorſchlag, und unterzeichneten zu einem neuen Fond. Demnach bekamen dieje⸗ nigen, welche bisher 5 pro Cent erhalten hatten, bis 1750 einen gleichen Zins, von da an bis 1757 nur 3, und nach⸗ her nur 3 vom Hundert. Dieſes war fuͤr den ſinkenden Fond eintraͤglich. Er betrug 1755 beim Anfange des franzo⸗ ſiſchen Kriegs, uͤber 1,300, 00 Pf. St., aber die Nationalſchulden belie⸗ fen ſich auf 72,300, 00 Pfund Sterling, und ſtiegen in dieſem Kriege bis auf das Doppelte, auf 140 Millionen. Die Zinſen waren Anfangs gering, 3 vom Hundert, aber bald 45 pro Cent von Millionen, wobei die Glaͤubiger ſich wohlbedaͤchtig ausbedun⸗ gen hatten, daß das Capital erſt nach 24 Jahren abgetragen werden durfte. fuͤrchteten nemlich nach dem Frieden die? duction der Zinfen, fo wie fie vorhin geſche⸗ hen war; allein, ſie erfolgte 1753 nach dem Friedensſchluſſe nicht. Deng man kontees 18 — 2 jetzt nicht wagen, weil die Glaͤubige Auswege hatten, die abbezahlten Capita⸗ lien entweder anderswo unterzubring — oder ſie auf verſchiedene Art vortheilhaft anzulegen. Der ſinkende Fond, der ſeit feiner Entſtebung bis zu Anfang des Kriegs mit den Colonien 27 Millionen abgetragen hatte, erhielt keine neue Zunahme, und die vermehrten Schulden ſtiegen mit dem jetzi⸗ gen Kriege bis zu der aus offentlichen Nach⸗ richten befanten Groͤße. 3 36, ET NEE TOT H- ———ͤ en V e /· Hanoi Mann. z0tes Stud, Montag, den 14t April 1783. Ueber den Ganges und Burrampooterfluß, von J. Rennel, Egg. der Koͤnigl. Societät der Wiſſenſchaften mitgetheilt von Joſeph Banks a). Di Ganges und Burrampooter durchſchneiden mit ihren zahl: reichen Armen das Koͤnigreich Bengalen in einer ſolchen Verſchieden⸗ heit von Directionen, daß dadurch die vollkommenſte und bequemſte inlaͤndi⸗ ſche Schiffahrt bewuͤrkt wird, die ſich nur denken laͤßt. Dieſe natuͤrlichen Kanaͤle ſind ſo gleichfoͤrmig, und auf eine ſo bewundernswuͤrdige Art uͤber dieſes Land ausgebreitet, welches bei: nahe eine vollkommene Ebene aus: macht, daß, wenn man die nach Burd⸗ wan, Birboom, ꝛc. gehörigen Laͤnder ausnimt, (welche jedoch nicht den ſech⸗ ſten Theil von Bengalen ausmachen,) man dreiſt behaupten kan, daß jeder Theil dieſes Landes, ſelbſt in der trok⸗ kenſten Jahrszeit, irgend einen ſchif⸗ baren Strom in einer Entfernung von hoͤchſtens 25 engliſchen Meilen beſitzt, und gewoͤhnlich nur um ein Drittel dieſer Diſtanz. Man nimt gemeiniglich an, daß dieſe inlaͤndiſche Schiffahrt dreißig tau⸗ ſend Schifsleuten beſtaͤndige Arbeit verſchaft. Auch wird man ſich daruͤber nicht wundern, wenn man erwaͤgt, daß alles Salz und ein großer Theil der; jenigen Lebensmittel, welche zehn Mit: lionen Menſchen conſumiren, zu Waß⸗ ſer in das Koͤnigreich Bengalen ge— bracht werden. Hiezu koͤmt noch der Transport für die aus und eingehen: den Waaren, die ſich an Werthe jaͤhr⸗ lich auf zwei Millionen Pfund Ster⸗ ling belaufen, der gegenſeitige Tauſch der Manufakturen und Produkte durch das ganze Land, die Fiſchereien, und die Menge der Reiſenden. Gg Die⸗ a) Der Verfaſſer dieſes aus den Philofophical Transactions genommenen Aufſatzes hat vor kurzem eine große Charte von Indoſtan, nebſt einer Beſchreibung dieſes Landes herausgegeben, wovon ein Gelehrter in London ein destſche Uleberſetzung beſorgt. Die Genauigkeit im Beobachten, welche durchaus in gegenwaͤrtigem Aufſatze herrſcht, muß das Publicum auf jenes Werk aͤußerſt begierig machen, deſſen baldige Erſcheinung ein jeder mit mir wüͤnſchen wird. Anm. des Ueberſ. 467 5 Dieſe beiden Fluͤſſe find einander in vielen Stuͤcken ſehr aͤhnlich. In der Länge ihres Laufes, in ihrer Groͤſ⸗ ſe, bis ſie ſich der See naͤhern, in der angenehmen Farbe ihres Waſſers, in der Anmuthigkeit ihrer Ufer und Fur ſeln, und endlich auch in der Höhe, zu der fie mit den periodiſchen Regen beranwachſen. Der Burrampooter iſt von dieſen beiden Fluͤſſen der breiz teſte, aber die Differenz iſt dem Auge nicht merklich. Es iſt bekant, daß ſte in den ungeheuren Gebuͤrgen des Koͤ⸗ nigreichs Thibet entſpringen, von wo fie entgegengeſetzte Directionen neh⸗ men. Der Ganges durchlaͤuft die Ebenen von Indoſtan oͤſtlich und der Burrampooter weſtlich. Beide flieſ⸗ fen anfänglich durch rauhe Thaͤler und Defilees, und beſuchen ſelten die Woh⸗ nungen der Menſchen. Der Ganges wird, nachdem er ungefähr 750 eng⸗ liſche Meilen durch dieſe gebuͤrgigten Gegenden gekommen iſt, eine Gottheit fir die aberglaͤubigen und doch froͤh⸗ lichen Einwohner von Indoſtan. Von Hurdware oder Hurdor, in einer Brei⸗ te von 30 Graden, wo er ſich durch eine Oefnung in den Bergen herdurch drängt, fließt er als ein ruhiger ſchif⸗ barer Strom, bis er ſich in das Meer ergießt, welches etwa 13 50 Meilen ausmachen, durch die reizendſten Ebe⸗ nen, die er mit Ueberfluß ſegnet, ſo⸗ wohl unmittelbar durch ſeine eigenen Produkte, (ich meine die Fiſcherei,) als auch dadurch, daß er die nahe ges legenen Länder bereichert, und für die Produkte, welche von ſeinen Ufern ge⸗ ſehung ſeiner Breite ſehr ungleich. Ueber den Ganges und Burrampooterfluß. 468 wonnen werden, eine leichte und be⸗ queme Art des Transports darbietet. In einem militairiſchen Geſichtspunk⸗ te betrachtet, eroͤfnet er eine Commu⸗ nieation zwiſchen den verſchiedenen Po⸗ ſten, indem er ſehr gut zu einem offe⸗ nen Wege durch das ganze Land dient, die Anlegung von Magazinen uͤber⸗ fluͤßig macht, und daher die beruͤhmte inlaͤndiſche Schiffahrt von Nordame⸗ rika bei weitem uͤbertriſt, wo die Transportplaͤtze nicht nur das Fort⸗ rücken einer Armee verhindern, ſon⸗ dern auch den Feind in den Stand ſetzen, den Ort und die Art des An⸗ grifs mit Gewißheit zu beſtimmen. Waͤhrend ſeines Laufs durch die Ebenen, nimt der Ganges eilf Fluͤſſe auf, deren einige dem Rhein nahe kommen, und keiner ſchmaler iſt als die Themſe, andere von geringerer Bedeutung nicht mit gerechnet. Von dieſem ungeheuren Zufluß anderer Stroͤme koͤmt es, daß der Ganges den Nil in Anſehung feiner Groͤße ſo weit uͤbertrift, da die Länge des Laufes von dem letztern doch um ein Drittel mehr ausmacht. In der That wird der Ganges in dieſem Stuͤcke von manchem der noͤrdlichen Fluͤſſe Aſiens uͤbertroffen, obgleich ich ſehr geneigt bin, zu glauben, daß er eben ſo viel, wo nicht mehr Waſſer enthaͤlt, als ei⸗ ner von ihnen, und zwar deswegen, weil jene Fluͤſſe nicht in den Gegenden ſind, wo man die periodiſchen Regen anteift. 35 Ka Das Bette des Ganges, iſt in An⸗ Von 1 469 Von Hurdware an, wo er in die Eber ne koͤmt, bis zu ſeiner Vereinigung mit der Junnah, (dem erſten Fluſſe, der ſich in ihn ergießt) iſt daſſelbe faft durchgehends eine bis een eng⸗ liſche Meilen breit, und in Verglei⸗ chung mit ſeinem nachmaligen Laufe ziemlich gerade. Von da niederwaͤrts ſchlaͤngelt er ſich immer mehr, und ſein Bette wird folglich breiter, bis, nach⸗ dem er die Waͤſſer der Fluͤſſe Gogra, Soane, Gunduck, und verſchiedener anderer kleinerer aufgenommen hat, er feine völlige Breite erhalten, obgleich er waͤhrend ſeines nachmaligen Laufes von 600 Meilen, noch manchen an: dern betraͤchtlichen Strom aufnimt. Von dieſer Vereinigung an iſt das Bette, da wo es am ſchmalſten iſt, eine halbe Meile breit, an den breite⸗ ſten Stellen aber drei Meilen, und zwar da, wo er keine Inſeln enthaͤlt. Der Strom innerhalb des Bettes, ſteigt und faͤllt, je nachdem die Jahrs: zeit iſt. Im April, wo er am nie⸗ drigſten lebt, ift der Hauptarm 1200 Fuß bis eine und eine Viertel Meile breit, aber an andern Stellen gewoͤhn⸗ lich nur drei Viertel Meilen. Vor ſeiner Vereinigung mit der Junnah, iſt der Ganges an einigen Stellen ſehr ſeichte, aber die Schif— fahrt wird dennoch nicht unterbrochen. Unterhalb dieſer Vereinigung iſt er beträchtlich tief, denn der Zufluß von andern Stroͤmen wuͤrkt mehr auf die Tiefe als auf die Breite. Fuͤnf hun⸗ dert Meilen von der See iſt er dreißig Fuß tief, wenn er am niedrigſten ſteht, ueber den Ganges und Burrampooterfluß. 470 und behaͤlt mindeſtens dieſe Tiefe bis zur See, wo die plötzliche Vertheilung des Stromes in mehrere Arme ihn der noͤthigen Staͤrke beraubt, um den Sand und Schlamm fertzuſchlem⸗ men, den die ſtarken Suͤdwinde darin anhaͤufen, ſo daß große Schiffe in den vornehmſten Arm des Ganges nicht kommen koͤnnen. Ungefaͤhr 220 Meilen von der See (aber 300, wenn man die Kruͤmmun⸗ gen des Fluſſes mit in Anſchlag bringt,) faͤngt die Spitze von dem Delta des Ganges an, welches betraͤchtlich mehe als zweimal ſo viel Land umfaßt, als das Delta des Nils. Die beiden weſt⸗ lichen Arme, welche der Coſſimbuzar⸗ und Jellinghyfluß genannt werden, bilden den Fluß, welcher nachher den Namen Hoogluyfluß erhaͤlt. Dieſer iſt der Hafen von Culcutta und der einzi⸗ ge Arm des Ganges, den gewoͤhnlich die Schiffe befahren. Der Coſſim⸗ buzar iſt vom October bis zum Mai faſt ganz trocken, und der Jellinghy iſt in einigen Jahren waͤhrend zwei oder drei der trockenſten Monate ganz unbeſchifbar, obgleich ſich das ganze Jahr durch ein betraͤchtlicher Fluß in ihn ergießt, ſo daß der Chundnah, ein geringerer Arm des Ganges, der ein⸗ zige iſt, welchen man zu allen Sen befahren kan. Er theilt ſich bei Mod⸗ dapour und fließt in den Hooringotta. Der Theil des Delta, welcher an die See ſtoͤßt, iſt ein dabyrinth von Kanaͤlen und Fluͤſſen, die alle Salz waſſer enthalten, diejenigen ausgenom⸗ men, welche mit dem Hauptarm des Gg 2 Gan⸗ 474 Ganges Communication haben. Der unter dem Namen Woods und Sun: derbunds befante Diſtrikt, welchen das Delta einnimt, iſt im Umfange ſo groß, als das Fuͤrſtenthum Wallis. Er iſt allenthalben mit dickem Gehoͤl— ze bewachſen, und ſo ſehr mit Tiegern angefüllt, daß, wie man ſagt, alle an: geſtellte Verſuche ihn davon zu ſaͤu⸗ bern bis jetzt mislungen ſind. Seine zahlreichen Kanaͤle find auf eine ſolche Art vertheilt, daß dadurch eine voll: kommene inlaͤndiſche Schiffahrt durch den ganzen untern Theil des Delta bewerkſtelliget wird, ohne daß man genoͤthigt wäre um die Spitze des Delta herumzufahren, oder in die See zu ſchiffen. Hier wird alles Salz zu⸗ bereitet, welches in ganz Bengalen und den dazu gehörigen Ländern con: ſumirt wird, und eben fo leicht trans: portirt. Auch finden die Einwohner hier einen unerſchoͤpflichen Vorrath von Holz zum Schifbau. Dieſes Del: ta iſt unterhalb gegen 180 engliſche Meilen breit, und wenn man hiezu die beiden Arme des Fluſſes rechnet, die daſſelbe begraͤnzen, ſo wird die Diſtanz, zu welcher der Ganges bei ſeiner Ergieſſung in das Meer ſeine Arme ausbreitet, mehr als 200 Mei: len betragen. Es iſt oben bemerkt worden, daß Ueber den Ganges und Burrampooterfluß. A 472 der Lauf dieſes Fluſſes von Hurdware bis zur See durch eine einfoͤrmige Ebene geht, oder wenigſtens ſcheint es ſo, denn die Abhaͤngigkeit iſt viel zu geringe um merklich zu ſeyn. Zuſol⸗ ge einer, auf Herrn Haſtings Befehl, angeſtellten Unterſuchung in einer fü ge von Ho engliſchen Meilen, betraͤgt der Fall in jeder Meile ungefaͤhr 9 Zoll, wenn man eine gerade Linie annimt, und etwas fuͤr die Kruͤmme oder Cur⸗ vatur der Erde mit in Anſchlag bringt. Aber der Fluß ſchlaͤngelt ſich ſo ſehr, daß der Fall deſſelben weniger als 4 Zoll auf die Meile betraͤgt; und wenn man die Schnelligkeit des Stromes an dem Orte, wo dieſe Unterſuchung angeſtellt wurde, mit der an andern Stellen vergleicht, ſo hat man keinen Grund anzunehmen, daß ſein Fall im Ganzen genommen, mehr betrage b). In den trockenen Monaten durch⸗ laͤuft der Ganges im Durchſchnitt in einer Stunde drei engliſche Meilen. In der naſſen Jahrszeit aber, und waͤhrend das Waſſer von den uͤber⸗ ſchwemmten Laͤndereien in denſelben abgeleitet wird, durchläuft er 5 bis 6 Meilen in einer Stunde. Mat hat aber auch Beiſpiele von 7 und fogar 8 Meilen bei beſondern Faͤllen und un⸗ ter gewiſſen Umſtaͤnden. Ich ſelbſt erinnere mich eines Vorfalls, wo ich in b) Condamine fand, daß der Fall des Amazonenfluſſes, in einem geraden Laufe von ungefähr 1850 Meilen, etwan 1020 engliſche Fuß betrage, oder 63 Zoll auf die Meile Wenn man die Krümmungen mit in Auſchlag bringt, jo wird der Fall deſſelben, dem des Ganges (der ſich in den Ebenen auf 3 Miien, ungefaͤhr 185 Meile ſchlaͤngelt,) ſehr nahe kommen, nemlich vier Zoll auf eine Meile. 473 in meinem Boote 56 Meilen in acht Stunden machte, und noch dazu ge— gen einen ſo ſtarken Wind, daß das Boot offenbar ſeine progreſſive Bewer gung nur durch das Waſſer hatte. Wenn man erwaͤgt, daß die Schnel⸗ ligkeit des Stromes, in der einen Jahrszeit 3 Meilen betraͤgt, und in einer andern mehr als fuͤnfe auf eben demſelben Fall von vier Zoll auf die Meile, und daß die Bewegung der Ueberſchwemmungen auf einem viel groͤßern Falle nur eine halbe Meile in einer Stunde ausmacht, ſo braucht es keiner weitern Unterſuchung, wie gering die Schnelligkeit iſt, welche der Fall dem Waſſer mittheilt. Man muß alſo vorzüglich der Gewalt des Waſ— ſers bei der Quelle, oder an den Dr; ten, wo andere Stroͤme ſich in den Fluß ergießen, die Schnelligkeit bei: meſſen, welche geringer oder groͤßer iſt, nach Maaßgabe der Menge des bin zufließenden Waſſers. Gemeiniglich findet man an der ei⸗ nen Seite des Fluſſes ein faſt ſenk⸗ rechtes Ufer, mehr oder weniger tiber den Strom erhoben, je nachdem die Jahrszeit iſt, und an dieſen Ufern iſt das Waſſer ſehr tief. An der entge— gengeſetzten Seite iſt das Ufer ſo flach abhaͤngig, daß noch in einiger Entfernung von demſelben das Waſ— ſer ganz ſeichte iſt. Beſonders iſt, das der Fall an den Stellen, wo ſich der Fluß kruͤmmt, weil dieſe Kruͤmmun⸗ gen, ſelbſt an der einen Seite das ftei: le, und an der andern das flache Uſer bervorbringen. Denn der Strom iſt Ueber den Ganges und Butrampooterfluß. 474 immer an der äußern Seite der Krim; mung am ſtaͤrkſten, und feine beſtaͤn⸗ dige Wuͤrkung auf das Ufer untermi⸗ nirt daſſelbe, oder waͤſcht es aus. An den Orten, wo der Strom vorzuͤglich reißend, oder der Erdboden ungewoͤhn⸗ lich locker iſt, werden oft in einem Vierteljahre fo große Stuͤcke Landes losgeriſſen und weggeſchwemmt, daß diejenigen, welche die Größe und Staͤrke dieſer maͤchtigen Stroͤme zu den Zeiten, da die periodiſchen Regen unter den Wendezirkeln einfallen, nicht ſelbſt geſehen haben, daruͤber erſtau— nen wuͤrden. Dieſes bringt nothwen— diger Weiſe eine allmaͤhlige Veraͤnde⸗ rung in dem Laufe des Fluſſes hervor. Was auf der einen Seite verloren geht, wird auf der andern wieder ge— wonnen, und zwar durch die bloße Wuͤrkung des Stromes ſelbſt. Die niedergefallenen Stücke des Ufers loͤ⸗ ſen ſich allmaͤhlig in einen ſchlammich⸗ ten Sand auf, welcher durch den Strom laͤngſt den Seiten des Bettes bis zu der nächften Wendung binge fuͤhrt wird, wo derſelbe, weil der Strom dorten ſchwach wird, einen Ruheplatz findet, und ein ſolches flas ches Ufer bildet, das ſich von der Spitze des naͤchſten Bogens der Krim: mung laͤngſt den Seiten niederwaͤrts erſtrecket. ö In Anſehung des lang ſamern Flieſ⸗ ſens des Stromes an einer ſolchen Spitze, muß ich bemerken, daß der ſtaͤrkſte Strom, anſtatt rund um die Spitze zu wenden, fuͤr einige Zeit die Direction beibehalt, welche er durch 633 das 475 das letzte ſteile Ufer erhielt, und dem zufolge über das Bette des Fluſſes queer nach dem Bogen des gegenſeiti⸗ gen Ufers hinuͤber kreutzt, und laͤngſt demſelben hinfließt, bis eine andere Spitze ihn noͤthigt, dieſe Direction wieder zu veraͤndern. 251 An den wenigen Stellen, wo der Fluß gerade fließt, leiden die Ufer die wenigſte Veränderung, weil der Strom mit ihnen parallel fortlaͤuft; aber die geringſte Wendung oder Kruͤmmung treibt den Strom gegen das Ufer, und wenn an ſolchen Stel⸗ len der Erdboden aus lockerm Sande beſteht, ſo wird daher der kauf des Fluſſes zuweilen ſchlaͤngelnd. Es iſt offenbar, daß der wiederhol⸗ te Zuwachs den die oben erwaͤhnten flachen Ufer erhalten, mit der Zeit das Bette des Fluſſes vergroͤßern wuͤrden, aber dieſer Zuwachs wird durch das, was das gegenſeitige ſteile Ufer verliert, wieder im Gleichgewichte erhalten; denn das, was daſelbſt ver⸗ loren geht, bringt entweder denen oben angezeigten ähnliche Umſtaͤnde hervor, oder es entſtehet dadurch eine Sand⸗ bank, oder ſeichte Stelle in der Mitte des Bettes. Auf dieſe Art wechſeln da, wo der Fluß ſich windet, ſteile und flache Ufer beſtaͤndig mit einander ab, ſo, daß von der flachen Seite der Strom auf das ſteile Ufer zuſtoͤßt, mithin veraͤndert ſich der Lauf des Fluſſes immer an den Stellen, wo er ſich kruͤmmet, indem jeder Maͤander immer mehr und mehr von dem ei: gentlichen Laufe des Fluſſes abzuwei⸗ Ueber den Ganges und Burrampooterfluß. 476. chen ſucht. Der Strom wuͤhlt tiefer in die Bayen ein, ſchwemmt das aus⸗ gewuͤhlte wieder den Spitzen zu, bis entweder die entgegengeſetzte Bay aus: gefüllt wird, oder der Strom durch dieſe verengerte Stelle durchbricht, und auf eine Zeitlang das Bette wieder ge⸗ rade macht. RR 5 Verſchiedene Kruͤmmungen des Ganges und feiner Arme nähern ſich dieſem Falle, und bei andern verhaͤlt es ſich jetzt wuͤrklich ſo. Die Erfah⸗ rung, welche man von dieſen Veraͤn⸗ derungen hat, ſolte billig abhalten, Kanäle von irgend einer betraͤchtlichen Länge in dem obern Theile dieſes fan: des graben zu wollen, und ich zweifle ſehr, ob ſelbſt tiefer herunter dieſelben lange ſchifbar ſeyn wuͤrden. Waͤhh⸗ rend meines eilfjährigen Aufenthalts in Bengalen, iſt der Ausfluß des Jellinghy nach und nach um drei Viertel Meilen weiter hinunter ver⸗ ruͤckt worden, und aus zwei Befichtir gungen, welche neun Jahre von ein⸗ ander Uber das daran ſtoßende Ufer 5 des Ganges angeſtellt find, erhellet, daß die Breite von anderthalb englis ſchen Meilen verloren gegangen iſt. Dieſes iſt indeſſen die ſchnelleſte Ver⸗ aͤnderung die ich angemerkt habe, denn gewöhnlich pflegt eine ſolche Vergroͤſ⸗ ſerung in zehn oder zwoͤlf Jahren nur eine Meile zu betragen, und das nur an den Stellen, wo der Strom die groͤßte Gewalt hat, nemlich da, wo zwei an einander ſtoßende Bogen der Kruͤmmung einem rechten Winkel am nächſten kommen. An ſolchen Orten 5 hoͤhlt — — 477 bis auf eine betraͤchtliche Weite aus. Dieſe Aushoͤhlungen finden ſich im: mer da, wo der Strom an ſtaͤrkſten darauf ſtoͤßt, und find in der That die jungen Ausſchuͤſſe, (wenn ich ſie ſo nennen darf,) welche nachmals Arme des Fluſſes werden; denn man flieht fie nur bei ſolchen Kruͤmmungen, wel⸗ che die kleinſten Winkel haben c). Zwei ſehr weit von einander ver: ſchiedene Urſachen bringen den ſchlaͤn⸗ gelnden Lauf der Fluͤſſe hervor. Ein⸗ mal die Unregelmaͤßigkeit des Landes, durch welches fie fließen, welcher zufol⸗ ge fie ſich nach den abhängigen Gegen: den wenden muͤſſen, und dann die Lok⸗ kerheit des Erdbodens, welcher der Friction des Stromes nicht genugſam widerſteht. die Mäander in ihrem Laufe fo unre⸗ gelmaͤßig, als die Oberflaͤche, auf wel⸗ cher ſie ſich befinden. wiſſen Schranken zu halten, daß Fluͤſſe von ungleicher Groͤße, unter gleichen Umſtaͤnden, ſolche Krümmun: gen machen werden, deren Umfang mit ihren reſpektiven Breiten in einer⸗ lei Verhaͤltniß ſtehen wird; denn ich babe bemerkt, daß, wenn ein Arm des Ganges ſo niedrig gefallen war, daß Ueber den Ganges und Burrampooterfluß. boͤhlt derſelbe nicht ſelten das Ufer In dem erſten Falle ſind Aber in dem zweiten iſt es ſo unmoͤglich, ſie in ge⸗ 478 er nur einen Theil feines Bettes einz nahm, er nicht laͤnger in ſeinem vori⸗ gen Laufe blieb, ſondern ſich ein neues Bette aushoͤhlte, welches ſich von Seite zu Seite durch das vormalige Bette ſchlaͤngelte. Ich habe auch ber merkt, daß von zwei gleich großen Strömen, derjenige, welcher am lang: ſamſten floß, auch die kleinſten Kruͤm— mungen hatte: denn da dieſe, wie in dem gegenwaͤrtigen Falle, bloß von den Auswuͤhlungen herruͤhren, welche die Gewalt des Stromes in dem Ufer macht, fo muß auch der Umfang der— ſelben, oder die Dimenſionen der Kruͤmmungen von der groͤßern oder geringern Kraſt abhaͤngen, welche auf die Ufer wuͤrkt. N Die Kruͤmmungen des Ganges in den Ebenen, rühren ohne allen Zwei— fel von der Lockerheit des Erdreichs her: und der Beweiß davon, iſt nach meiner Meinung dieſer, daß ſie ſich unaufhoͤrlich verändern, welches bei denen, die eine bloße Irregularitaͤt in der Oberflaͤche des Erdbodens hervorbringt, ſelten oder niemals ſtatt haben kan. Man kan zuverlaͤßig behaupten, daß wenn man den Ganges in einen geraden Lauf braͤchte, und da, wo er ſich kruͤmmt, Kanaͤle durchſtechen wol te, dieſe Adedhen nur von kurzer Dauer c) Der auf dieſer Arme, wird bei ihrem Ausfluſſe gemenniglich, wo nicht immer, dem Laufe des Fluſſes entgegenlaufend. Denn da ſich oberwaͤrts bei ihrer Trens nung eine Sandbank anhaͤuft, ſo giebt dieſe dem Strome eine ſch iefe Richtung hinaufwaͤrts, welcher ſonſt in rechten Winkeln fortfließen wuͤrde. Da dieſe. Sandbank beſtaͤndig zunimt, ſo wird dadurch das entgegengeſetzte Ufer ausge: Lauf. wuͤhlt, und daher haben die En Ausfluͤſſe öder Arme einen zuruͤckgehenden 479 | Dauer ſeyn würde, Irgend eine lok⸗ kere Stelle des Ufers, oder eine ſolche, wogegen der Strom am ſtaͤrkſten wuͤr⸗ ken koͤnte, wuͤrde zuerſt ausgewuͤhlt, und auf ſolche Art eine Bay in dem Ufer formirt werden. Hieraus entſteht eine Beugung des Stromes, welcher, da er in ſchiefer Richtung auf die Bay zuſtoͤßt, dieſelbe beſtaͤndig aushoͤhlt. Iſt der Strom nun die ſtaͤrkſte Beugung der Bay voruͤber gefloſſen, ſo bekoͤmt er eine neue Richtung, und wird quer uͤber nach der andern Seite des Bettes hingetrieben, wo er das, was er aus der Bay abgeſpuͤlt hatte, abſetzt, und dadurch eine ſeichte Stelle oder Sand⸗ bank an dem Ufer bildet. Dieſe wird dann der Urſprung ſolcher Kruͤmmun⸗ gen, welche von der natuͤrlichen Be— ſchaffenheit des Erdbodens entſtehen. Die ſo ausgewuͤhlte Bay wird mit der Zeit groß genug, dem ganzen Bette eine andere Richtung zu geben, und das aus der Bay losgeriſſene, wird an ſolchen Stellen abgeſetzt, daß der Strom da: durch noch mehr an das gegenſeitige Ufer getrieben wird, wo ſich dann wie⸗ der eben daſſelbe, was ich jetzt beſchrie⸗ ben habe, ereignen muß. Die Wuͤrkung des Stromes auf das Ufer, hat alſo den Effekt, den Rand des Bettes tiefer auszuhoͤhlen, und dadurch wächſt die Schnelligkeit des Stromes an ſolchen Stellen. Auf dieſe Art wuͤr⸗ de das Bette allmaͤhlig eine neue Ger ueber den Ganges und Burrampooterfluß. 35 480 ſtalt annebmen, bis daſſelbe ſo waͤre, wie der Fluß jetzt iſt. Selbſt da, wo die Kruͤmmungen den Fall um die Hälfs _ te verringert haben, hat der Strom doch noch zu viel Gewalt, als daß die Ufer ihm widerſtehen koͤnten. Es fehlt nicht an Beiſpielen, daß einige der bengaliſchen Fluͤſſe ihren Lauf gänzlich veraͤndert haben. Der Coſa⸗ fluß, ein Fluß wie der Rhein, floß vor⸗ mals bei Purneah, und vereinigte ſich mit dem Ganges gegen Rajemal uͤber. Dieſe Vereinigung geſchieht jetzo 45 Meilen hoͤher hinauf. Gour, die alte Hauptſtadt von Bengalen, ſtand ehe⸗ mals an dem Ufer des Ganges. Verſchiedene Erſcheinungen beguͤn⸗ ſtigen ſehr ſtark die Meinung, daß der Ganges vormals ſein Bette in den Ge⸗ genden gehabt habe, welche nun die Seen und Moraͤſte zwiſchen Nattore und Jaffiergunge einnehmen, indem er bei Bauleah ſeinen jetzigen Lauf ange⸗ nommen habe, und bei Pootyah vor⸗ bei gefloſſen ſey. Mit eben fo vieler Wahrſcheinlichkeit, welche eine alte Tradition noch dazu beguͤnſtiget, kan man ſeinen muthmaßlichen Lauf bei Dacca angeben, indem er nahe bei Frin⸗ gybazar mit dem Burrampooter oder Megna vereinigt geweſen, wo der Zu⸗ ſammenfluß zweier fo mächtiger Stroͤ⸗ me wahrſcheinlich das jetzige erſtaunli⸗ che Bette des Megna ausgehoͤhlt hat d). Der Schluß folgt kuͤnftig. 4) Meana und Burrampooter, find Namen, die ein und der ſelbe Fluß, aber an ver⸗ ſchiedenen Stellen erhaͤlt. Der Megna fällt in den Burrampooter, und ob es gleich ein viel kleinerer Fluß iſt, fo behält er doch dieſen Namen waͤhrend ſeines ubrigen Laufes bei. .. ͤͤ ³˙ mA ˙ EEE — e W a Haunoberiſches Magazin, — 3 tes St uͤck. 95 den 18ten April 1783. Ueber den Ganges und Burrampooterfluß, von J. Rennel, Eſc. der Koͤnigl. Societaͤt der Wiſſenſchaften mitgetheilt von Joſeph Banks. (Schluß.) Venn man der Seekuͤſte des ; Delta nachgeht, fo findet man nicht weniger als acht Ausfluͤſſe, von deren jeden man ohne Bedenken behaupten wuͤrde, daß er zu ſeiner Zeit der Hauptausfluß des Gan⸗ ges geweſen waͤre. Auch iſt wahr⸗ ſcheinlicherweiſe die zufaͤllige Abwei⸗ chung des Hauptarms nicht die einzi⸗ ge Urſache der Veraͤnderungen in den Dimenfionen des Delta. Man be: merkt, daß die Deltas der anſehnlich⸗ ſten Flaſſe, beſonders aber derer unter den Wendezirkeln, ſich von der See⸗ ſeite her vergroͤßern. Ruͤhrt dieſes aber nicht von dem Schlamm und Sande her, welchen die Fluͤſſe mit ſich fuͤhren, und der von den aͤlteſten Zeiten her bis jetzt allmaͤhlig daſelbſt abgeſetzt worden iſt? Wir wiſſen, daß die Fluͤſſe bei ihrer Ergießung in das Meer mit Schlamm und Sand ange⸗ füllt find; wir wiſſen ebenfalls, daß das Meer erſt zwanzig Seemeilen (lesgues,) von der Kuͤſte feine Kar heit wieder erhält, welches bloß daher ruͤhren kan, daß die Fluͤſſe ihre erdig⸗ ten Theile innerhalb dieſes Raums abgeſetzt haben. In den Ausfluͤſſen des Ganges und Burrampooter er⸗ ſtrecken ſich jetzt dieſe Sandbaͤnke bis auf zwanzig Meilen um einige der Inſeln herum, und an verſchiedenen Stellen ragen ſie ein Paar Fuß hoch uͤber die Oberflaͤche des Waſſers her⸗ vor. Kuͤnftige Generationen werden wahrſcheinlich dieſe Sandbaͤnke uͤber dem Waſſer hervorragen ſehen, und ihre Nachkommen ſie beſitzen und be⸗ bauen! Naͤchſt den Erdbeben bringen vielleicht die Stroͤme und Fluͤſſe unter den Wendezirkeln die ſchnelleſten Ver⸗ aͤnderungen auf der Oberflaͤche unfes rer Erdkugel hervor. In viel weni⸗ ger als einem Menſchenalter ſind große Inſeln in dem Bette des Ganges ent⸗ ſtanden, ſo daß ein einziger Mann den ganzen Verlauf der Sache beobachten Hh kan. 483 kan. Einige diefer Inſeln von 4 bis 5 Meilen im Umfange, ſind durch die Kruͤmmungen des Fluſſes hervorge⸗ bracht worden, und waren urſpruͤng⸗ lich große Sandbaͤnke, die ſich, wie oben geſagt worden, rund um die Spitzen angehaͤuft hatten, und ſind nun durch Ueberſchwemmungen und Durchbruͤche des Fluſſes zu Inſeln geworden. Andere hingegen entſtehen an den Oertern, wo der Lauf des Stromes gerade iſt, in der Mitte des Bettes, und haben ihren Urſprung irgend einem am Boden verborgenen Hinderniſſe zu danken. Iſt dieſes etwa ein Ueberbleibſel von einer Fel⸗ ſenbank, fo ift ein damit niedergeriſſe⸗ ner großer Baum, oder ein niederge⸗ ſunkenes Boot zur Gruͤndung einer Inſel ſchon hinlaͤnglich; und eine Menge Sand ſammelt ſich ſehr ge⸗ ſchwind daran herum. Dieſer haͤuft ſich erſtaunlich ſchnell darum an. In Zeit von wenig Jahren ragt die fünf tige Inſel ſchon aus dem Waſſer her⸗ vor, und da hiedurch ein betraͤchtlicher Theil des Bettes eingenommen wird; ſo ſucht der Strom auf beiden Seiten das Fehlende ſeines Bettes zu ergaͤn⸗ zen, und an ſolchen Stellen findet man immer an beiden Seiten flache Ufer a). Jede periodiſche Regenfluth bringt dieſer entſtehenden Inſel einen Zuwachs von Materie, wodurch die⸗ Ueber den Ganges und Burrampooterfluß. 484 ſelbe fo wohl an Höhe als auch an Umfange zunimt, bis ihre Spitze mit den Ufern, welche fie einſchließen, voll: kommen einerlei Höhe erreicht hat. Alsdann hat ſie in ſich ſelbſt Duͤnger genug um bebaut werden zu koͤnnen. Dieſes ruͤhrt von dem Schlamm her, welchen das Waſſer, ſo wie es wieder 5 fällt, darauf zuruͤck läßt, und dieſes iſt in der That eine bewundernswuͤr⸗ dige Oekonomie der Natur, welche ſie allgemein beobachtet, um das Land fruchtbar zu machen. Während der Fluß an der einen Stelle neue Inſeln hervorbringt, ſchwemmt er an der andern Stelle alte Inſeln wieder weg. Indem dieſe de⸗ ſtruetive Operation vorgeht, kan man an dem Durchſchnitte des einſinkenden Ufers die regelmaͤßigen Lagen von Sand und Erde beobachten, welche, fo wie fie an eigenthuͤmlicher Schwere abnehmen, uͤber einander liegen. Da dieſe Regelmaͤßigkeit bloß von dem Strome herruͤhren kan, welcher die lagen abſetzte, ſo ſcheint es, als wenn dieſe Subſtanzen nach ihrer reſpeeti⸗ ven Schwere in verſchiedener Hoͤhe des Stromes ſchwimmend erhalten wuͤrden. Man findet niemals eine Lage von Erde unter einer Lage von Sand; denn die bloß ſchlammigten Theile fließen der Oberflaͤche am naͤch⸗ ſten b). In dem Durchſchnitte einer Sr. die a) Hiedurch werden offenbar die Mittel angezeigt, wie man die Erweiterung der Ufer an ſolchen Orten, wo der Strom gerade fließt, hindern koͤnte; wenn man nemlich die ſeichten Stellen in der Mitte des Bettes wegzuraͤnmen Final Ein aus dem Ganges, wenn er am hoͤchſten iſt, geſchdpftes Glas Waſſer, ſetzt une getähr den vierten Theil Schlamm ab. Es iſt alſo kein Wunder, wenn das Waſ⸗ 2 485 dieſer Inſeln, habe ich ſieben verſchie⸗ dene Lagen gezählt, In der That ba: ben nicht nur die Inſeln, ſondern auch die meiſten Ufer dieſer Fluͤſſe eben daſſelbe Anſehen: denn da der Strom beſtaͤndig ſein gegenwaͤrtiges Bette veraͤndert, und nun irgend ein vormaliges einnimt, welches man frei⸗ lich jetzt nicht mehr kennt, ſo muß dies nothwendiger Weiſe ſich ſo ver⸗ halten. | Als einen ſtarken muthmaßlichen Beweiß, daß der Ganges von einer Seite des Delta nach der andern wan⸗ dert, muß ich noch bemerken, daß man zwiſchen denen nach Oſten hin gelegenen Tiperah Hills, und der Pro: vinz Burdwan, die in Weſten liegt, Delta an der See ſich vergroͤßert. Ueber den Ganges und VBurrampooterſluß. 5 x 486 und ſelbſt in Norden, bis man nach Dacca und Bauleah koͤmt, keine Spur von urſpruͤnglicher Erde antriſt. In allen den zahlreichen Kanaͤlen und Mrz men des Delta fieht man nichts als Sand und ſchwarzen Schlamm in regelmäßigen dagen bis man auf den Thon koͤmt, der den untern Theil des Bettes einnimt. Weder in dem Del⸗ ta, noch naͤher an der See als vier⸗ hundert Meilen c) davon trift man Gries oder Grand an, wo eine Fel: ſeuſpitze die zu den benachbarten Hit: geln gehoͤrt, in den Fluß geſtuͤrzt iſt. Aber, wenn nicht etwa große Strö- me in der Naͤhe ſind, ſo iſt der Erd⸗ boden immer roth, gelb, oder dunkel⸗ braun. Waſſer, indem es wieder faͤllt, ſehr ſchnell eine Erdlage bildet, oder daß das c) Bei Oudanulla. Der bekraͤnzte Mond am 18ten Januar dieſes Jahrs. ul die nicht ſeltenen Lufterſchei⸗ nungen iſt der Hof um den Mond zu zählen, der zwar entſtehet, wenn die duft mit waͤſſerichten Duͤn⸗ ſten angefuͤllet iſt, und ſich ſolche un: ter dem Monde fo ſammeln, daß def: ſen Stralen darin gebrochen werden. Sie laſſen ſich leicht aus der Erſchei⸗ nung erklaͤren, die uns eine leuchtende Laterne zur Zeit, da dicker Nebel ſich auf die Erde ſenket, darbietet. Ein ſolcher Mondenhof vergnuͤget den Na: turſchauer ungemein; aber ein noch angenehmerer Anblick iſt es fuͤr das luͤſterne Auge, wenn der Mond mit einem Ringe oder Kranze umgeben iſt; dergleichen der war, den ich am 18ten Jauuar um 1oF Uhr wahr⸗ nahm. Ob er ſich ſchon laͤnger dar⸗ geſtellet hatte, kan ich nicht fagen, um dieſe Zeit bemerkte ich ihn. 9 Man ſtelle ſich einen vollkommenen Zirkel vor, in deſſen Mittelpunkte der Mond ſtand. Mogte er gleich nach dem aͤußern Anſehen einem etwas eye _ foͤrmig vorkommen: ſo war dies doch nur ein optiſcher Betrug, der ſich aus der geruͤndeten eingedruckten Geſtalt, nach welcher die gegen den Horizont zuſtehende Hälfte des Zirkels ſich aus; Hb 2 zudehnen 487 zudehnen und zu längern ſcheinet, er⸗ klaͤren laͤßt. Ich maß ihn ungefaͤhr siber, und fand ihn von 46 Graden, oder den Radius von 237. Der Mond war nur erſt beinahe 5°, feiner weſtlichen Seite nach zu rechnen von der Sonne entfernter, oder in Be: tracht der oͤſtlichen fo viele Grade na: ber, als er Nachmittages 34 Uhr war, da er die volle Lichtgeſtalt fuͤr uns empfangen hatte. Folglich war ſeine Abnahme noch zur Zeit unmerklich. Wir ſahen ihn jetzt klein; ſein Durch⸗ meſſer war nur 30“ und ein Paar Se cunden, eine Folge von der ziemlichen Erdferne, worin er jetzt ſtand; ſtatt, daß er in der Erdnahe beinahe 3“ groͤßer erſcheinet. Sein licht war rein und hell, und nahm ſich in dem ver⸗ tieſten Blau, das ihn innerhalb ſei⸗ nes Kranzes umgab, ſehr ſchoͤn aus. Außer dem Kranze war der Him⸗ mel nicht ſo rein: denn in Norden ſo⸗ wohl als Oſten war der untere Hori⸗ jont ganz mit Duͤnſten angeſchwaͤn⸗ gert; in Suͤden und Suͤdoſten lagen boch berauf viele Wolken, und eben ſo wenig war die Weſtgegend leer da⸗ von. Deſto mehr erhob ſich aber das Blau in dem Hofe des Monden. Die Zirkellinie, die um den Mond lief, war ein Rand, etwa von 1“ Breite, allenthalben gleich breit und gleich durchleuchtet; mein Auge konte wenigſtens keine Ungleichheit wahr⸗ nehmen, außer dieſer, daß hin und wieder an der aͤußern Seite des Ran⸗ des einige Spitzen hervorragten, gleich den Spitzen, die man um den Kern Der Bekrängte Mond eines Sterns zu zeichnen pflegt; böch⸗ ſtens 35 o bervorſtehend und fo fein, daß nur ein achtſames und ſcharſes Auge ſie wahrnehmen konte. An dem untern Theile, muß ich ſagen, habe ich keine bemerket, wohl aber in dem obern, und beſonders dem Segmente des Bogens, das nach Nordweſten ſtand. Es koͤnnen jedoch auch eben ſo wohl unten dergleichen geweſen ſeyn, die mir aber nicht ſo ſichtlich waren, als die obern, die kaum 8° von meinem Scheitelpunkte abſtanden. Dieſe helle Einfaſſung des Monds, weiß lichgelb anzuſehen, lag nicht etwa als ein breites Tuch da, ſondern war woͤlkigt, gerundelt und aufgerollt ſchei⸗ nend. Inwendig war aber dieſer Rand dunkelbraͤunlich eingefaßt, in welchem das Licht eine fanfte Schatti⸗ N rung machte. Durch den innern Hofraum ſchoſ⸗ ſen dann und wann einige helle Strei⸗ fen in wagrechter Linie durch, die auch oft ruhig als ſchmale Balken darin lagen, aber ſehr fein und ſubtil waren. Nach einer Viertelſtunde verlor ſich der Rand bis auf eine ſchwache Spur davon, die noch etwas laͤnger da blieb. Indeſſen hatte der Himmel um den Mond doch noch eine beſon⸗ dere und ungewöhnliche Ausſicht. Es entſtanden laͤnglichte Woͤlkchen, deren eines Ende nach Nordweſt, das an⸗ dere nach Suͤdoſt wieß, und die einem lichten Dampfe aͤhnlich waren, auch die Sterne noch durchblinzen ließen. Beſonders gefiel ſich der Mond in einer ziemlich großen Wolle, durch die | . 489 eines §zeichens hatte. So ſtark auch der Wind aus Oſten bließ: ſo zeigte er doch keine Wuͤrkung auf ſie; ſie ſtanden faſt unbeweglich, und das Wenige, was ſie ſich auch bewegten, geſchahe doch gegen den Wind an. Forſchet man nach den Urſachen der Entſtehung eines ſolchen Ringes oder Kranzes: fo führe ich hier die Meinung des beruͤhmten Herrn Pro⸗ feſſors und Aſtronoms Bode aus feiner Anleitung zur Kentniß des geſtirnten Zimmels S. 599. u. f. und kurzgefaßte Erlaͤuterung der Sternkunde $. 307. und des ſeligen Proſeſſor Kruͤgers, meines verewig⸗ ten Lehrers, aus ſeinen erſten Gruͤn⸗ den der Naturlehre, S. 245. an. Sie glauben, daß dergleichen Ringe von den ſtarken Brechungen der Licht⸗ ſtralen in den groͤbern Duͤnſten der untern Luft formiret werden. Der Herr Bode, den ich immer gerne zu meinem Führer wähle, führer auch die Meinung derer an, die fie von den Stralenbrechungen in den runden Ha: gelkoͤrnern, die einen dichten Schnee⸗ kern und eine durchſichtige Oberflaͤche von Waſſer oder Eis haben, herleiten. Sie ſagen, in dieſen werden die Licht⸗ ſtralen des Monds dergeſtalt gebro⸗ chen und zuruͤckgeworfen, daß ſie uns farbige oder belle Ringe an dieſem Himmelskoͤrper darſteken. So ſehr ich dieſen Gedanken beizupflichten be⸗ reit bin: ſo koͤnte es doch ſeyn, daß noch eine andere Urſache neben jener vorhanden ſey, woraus dies Phaͤno⸗ | am Ben Januar d. J. er hell ſtralete, und die das Anfehen menon entſtuͤnde. Ich finde mich zu ſchwach etwas darüber zu entſcheiden, und uͤberlaſſe es vielmehr unſern ge⸗ lehrten Naturforſchern, ob fie in mei: ner folgenden Muthmaſſung etwas Wahrſcheinliches und Zutreffendes finden. b 7 Sie iſt dieſe: ob nicht eine elektri⸗ ſche Materie in der Luft eben ſo wohl einen Kranz um den Mond erzeugen koͤnne. Will man die Nordlichter aus dieſer Materie herleiten; warum nicht auch dieſe Erſcheinung, die ſo ſehr viel Aehnliches damit hatte, daß fie mich zu derſelben zuruͤckfuͤhret. Der Kranz ſchien mir mehr einem leichten Dampfe als einer verdicktern Wolke gleich, die wenn ſie gleich leicht iſt, doch hin und wieder Vertiefungen hat. Sie verbirgt gemeiniglich den hinter ihr ſtehenden Stern, wenn nicht kleine leere Zwiſchenraͤume in ihr ſind; da doch dieſer ſich allenthalben gleiche Kranz ihn durchſchimmern ließ, ſo daß ich die Stelle des Sterns am Halſe des kleinen Hundes noch bemerken kon⸗ te, der um ſo eher haͤtte verſchwinden muͤſſen, je mehr ihn das helle Mon⸗ denlicht blaͤßen mußte. Außerhalb des Kranzes war der Himmel voller Strei⸗ fen, in denen man zwar kein unruhi⸗ ges Wallen im Hin⸗ und Herſchießen wahrnahm, aber doch bemerkte, daß ſie ſich nicht immer gleich blieben, ſon⸗ dern bald ſtaͤrker, bald ſchwaͤcher ange⸗ legt waren. Die groͤßern ſchienen aus verſchiedenen Streifenlagen zuſammen geſetzt zu ſeyn. In Suͤden lagen Wol⸗ ken um die Gegend des Sirius, die ſich Hb 3 | durch 491 durch Dichtigkeit und Schwaͤrze und wolkenartige Umriſſe und Ausſchnitte ſehr davon unterſchieden, die nordnord⸗ oͤſtliche Gegend, ließ vollends durch ihre Ausſicht und ungewoͤhnliche Helle ein Nordlicht vermuthen; dazu kamen die oben gedachten Streifen, die in dem Innern des Hofes ſich bald ftärfer bald ſchwaͤcher zeigten, ohne daß man fie Da: bin ziehen, oder davon fliehen ſahe; es war nur, als ob ſie zu Zeiten aufblitz⸗ ten. Die nachherige Umbildung des Kranzes in laͤnglichte Dampfgeſtalten ließen gleichfalls etwas anders, als pure Dunſt⸗ oder Hagelwolken denken, obgleich die Witterung von der Art war, daß man wohl Hagel und Schnee in der Luft annehmen konte. Der lang: ſame Zug dieſer Woͤlkchen gegen den Wind, brachte mich vollends auf den Gedanken, daß es wohl nicht Dunſt⸗ wolken von gewoͤhnlicher Art waren, und muß ich geſtehen, daß ich die ganze Erſcheinung lieber für eine ſonderbare Modification eines Nordſcheins halten moͤgte, als fie auf die gewöhnliche Art erklaͤren. Ich komme auf die Hoͤhe dieſes Kran⸗ zes, und neben andern Gruͤnden beweget mich ſchon der Umſtand, daß dieſer Luft: ſchein mit der niedern Luft nicht den Wind gemein hatte, zu glauben, daß er ziemlich hoch ſtand. Wie hoch? iſt eine andere Frage, die ich nicht beant - worten kan. Man wuͤrde aber auch hier⸗ uͤber mehrere Aufklaͤrung erhalten, wenn dieſe Beſchaffenheit des Himmels an mehrern und beſonders entfernten Or⸗ ten bemerkt worden wäre, und man die Der bekraͤgzte Mond e 1 der Erſcheinung und die dage des ranzes nach den Sternen, wobei er geſehen worden, beobachtet haͤtte. Ich will von hieraus das Meinige thun, dies zu berichtigen. Mir lagen innerhalb gegen Suͤden der helle Stern Procyon ſo, daß er faſt an das Innere des Ran⸗ des ſtieß, und von der Seite eine genau beſtimmend⸗Graͤnze deſſelben ausmach⸗ te; noch oben waren Caſtor und Pol⸗ lux, und die bellen Sterne in der Vor⸗ dertatze des großen Baͤren; nach den linken ſtreifte er uͤber das Loͤwenherz oder Kegulus weg, und ſchloß die fuͤnf hellen Sterne am Kopfe und an der Maͤhne des großen Bären ein; lin⸗ ker Hand unten lag das Herz der Waſ⸗ ſerſchlange bald außer ihm. Sehr angenehm wuͤrde es mir ſeyn, und un⸗ gemein dienen, die Hoͤhe genauer zu be⸗ ſtimmen, wenn ich auch von entfernten Orten, etwa aus Spanien, Italien und England von dieſer Obſervation etwas leſen koͤnte, ſo wie vor einiger Zeit un⸗ ſer Herr Schifscapitain Muͤller, ein fleißiger und ſcharfſinniger Beobachter uns in dieſen Blättern Himmelsbeob⸗ achtungen aus Liſſabon lieferte. Er ver⸗ bindet vielleicht die Liebhaber der Aſtro⸗ nomie durch Mittheilung mehrerer, und werde dann nicht vergeſſen, den Zten Oct. v. J., wegen feines hellen Abends, und den 18ten Jan. d. J. wegen des Mondenkranzes darunter aufzuſuchen, um jene Beobachtungen mit den Mei⸗ nigen zu vergleichen. In Verbindung dieſer mit jener Be⸗ gebenheit, komme ich auf einen Gedan⸗ ken, deſſen naͤhere Pruͤfung und Beur⸗ N theilung * * 402 — 3 theilung ich den Naturforfchern über: gebe, und um deswillen ihm hier feinen Platz anweiſe. Ich berufe mich auf das gate Stuͤck dieſes Magazins vom v. J., worin ich ein ſchoͤnes Nordlicht, das ſich den 8ten Oct. zeigte, beſchrie⸗ ben habe. Ich führe daraus nur dies zu meiner Abſicht hier an, daß dies Nord⸗ licht faſt an allen Gegenden des Him⸗ mels zu finden war, nach oben herauf ſchoß, wallete und ſtroͤmte, und in Suͤd⸗ ſuͤdoſt auf einige 20° vom Zenith, ei⸗ nen runden leeren Raum von 10° ein: ſchloß, den ich um der Aehnlichkeit wil⸗ len mit dem Mondenhof auch einen Hof nennen will. Der nun beſchriebene Mondenhof, ſtand wieder in eben der Gegend und ſchloß genau eben den Raum der Himmelsgegend ein, worin jener Hof war, wiewohl der Monden⸗ hof fuͤnf mal groͤßer war, und einen an⸗ dern Mittelpunkt hatte. Angenommen, daß elektriſche Materie in beiden Faͤl⸗ len das Meteor verurſacht habe; ſolte denn mein Schluß nicht einige Wahr: ſcheinlichkeit haben, daß die Gegend des Himmels vielleicht etwas Anzuͤglicheres habe, wodurch die Materie dahin ge⸗ locket wird, die aber auch, wenn ſie auf eine gewiſſe Diſtanz dahin koͤmt, vom Mittelpunkte zuruͤck prallet, und in ei⸗ nem Kreis ſich bildet. Ich werde wenig⸗ ſtens kuͤnftighin auf dieſe Gegend ſo lange vornemlich mein Augenmerk rich⸗ ten, bis ich erſt von der Richtigkeit, oder dem Ungrunde meiner Muthmaſ⸗ ſung uͤberzeugter bin. Stroͤmt doch die magnetiſche Materie nach einerlei Ge⸗ gend; ſolte nicht bei der elektriſchen ein am igten Januar d. J. 494 Gleiches ſtatt finden koͤnnen? Hat doch ſchon in einer Ruͤckſicht das bekante licht von einer Gegend, in der es ger⸗ ne iſt, den Namen des Nordlichts er⸗ halten. Nachdem man bei Nordlichtern die elektriſche Materie im Zuſammen⸗ bange mit der magnetiſchen zu betrach⸗ ten angefangen, und gefunden hat, daß der Magnet beim Nordſcheine empfind⸗ ſam ſey, und die Nadel ihre Richtung ändere: fo kan ein gemeinfchaftlicher Zuſammenfluß oder Entgegenſtreben der Materie verſchiedenen Schwung und Lauf geben. Beobachtungen und Erfahrungen werden uns mit der Zeit bierin mehr Licht geben koͤnnen. Mit Hypotheſen fangen wir bei Erkentniß der Naturgeheimniſſe an, wir verlaſſen fie, ändern fie nie, oder bringen fie zur Gewißheit, je nachdem Erfahrung und Nachdenken uns anleiten. Und fuͤr eine bloße Hypotheſe mag Obiges gelten. Darf ich aber noch eine andere Muth⸗ maßung wagen, die denen wohl nicht unangenehm ſeyn moͤgte, die Ebbe und Fluth von der Schwerkraft oder von der anziehenden Kraft der Sonne, des Monds und der Erde herleiten. Ich wenigſtens finde mich gedrungen, die⸗ ſer Meinung beizupflichten, und wenn gleich einige Umſtaͤnde auf die Waſſer⸗ bewegung mit wuͤrken und Zufaͤlligkei⸗ ten in Anſehung der Staͤrke oder Schwaͤche, der Verfruͤherung oder Verſpaͤtung hervorbringen: ſo glaube ich doch ihren Grund in dem Stande des Monds gegen die Erde zu finden; auch der Sonne, wiewohl ſie wegen des viel weitern Abſtandes von der Erde un⸗ 495 ungleich weniger Einfluß als der Mond auf ſelbige hat. Man giebt hieruͤber die Erklaͤrung, daß die anziehende Kraft der Sonne und des Monds auf das fluͤſ⸗ ſige ſehr bewegliche Weſen, das unſere Kugel umgiebt, wuͤrke und mache, daß das Waſſer eine elliptiſche Figur unter⸗ halb dem Geſtirne annimt. Es erhebt ſich nemlich nicht allein gegen die Sei⸗ te, wo das Geſtirn ſtehet, das es anzieht, ſondern auch nach den Geſetzen der Schwere auf die entgegen ſtehende Sei⸗ te. Dies vorausgeſetzt, ſolte da nicht folgen, daß die anziehende Kraft um fo mehr die leichtere duft in Bewegung ſetze nach dem Verhaͤltniſſe, wie ſie ge⸗ gen das Waſſer leichter iſt, und weni⸗ ger eingeſchraͤnkt iſt, wie jenes, das ſei⸗ ne Ufer hat? Wann ich mir alſo eine £uftbewegung, beſonders in der hoͤhern Atmoſphaͤre denke, wo nicht ſo viele Zu: faͤlligkeiten und oft entgegen ſtrebende als in der Luft, die der Erde nahe iſt, ihren Fortſchwung umlenken: fo denke ich mir gewiß nichts Unnatuͤrliches und Unwahrſcheinliches. Nach dem Son: nen: und Mondſtande, konte ich alſo am gen Oct. in der Gegend der leeren Ruͤndung den erhoͤhteſten Theil der Luſt⸗ ellipſoide annehmen. Die hoͤchſte Luft⸗ fluth war zwar etwas fruͤher in der Ge⸗ gend, als ſie der Regel nach haͤtte ſeyn muͤſſen; vielleicht treten aber dieſe Flu⸗ then jedesmal eher ein, wenn elektriſche Materie den Dunſtkreis ungewöhnlich in Bewegung ſetzet. Bei dem Mon⸗ — — * Der bekränzte Mond am 1 öten Januar d. J. 496 denkranze, wo die Materie hinfluthete, haͤtte meine Idee gar keinen Zweifel, und die Fluth mußte deſto ſtaͤrker ſeyn, da Sonne und Mond eben in Oppo⸗ ſition ſich befanden. Man laſſe meine gewagte Muthmaßungen, ſo wie viele andere, die die Natur betreffen, mit durchlaufen, Genug! daß ich ſo wenig der erſte bin, der Ebbe und Fluth in der Luft behauptet, daß vielmehr viele Naturkuͤndiger laͤngſt dieſe Meinung angenommen haben. Der große Nas turkenner und Mathematiker der Herr Oberconſiſtorial⸗ und Oberbaurath Silberſchlag, der unter andern ge⸗ lehrten Werken die Welt mit der ſo vortreflichen Geogenie bereichert, und ſich als Schrift: Natur: und Größen: Kenner gezeiget hat, beobachtete ein Nordlicht am 18ten Jan. 1770, und beſchreibt es in einem Sendſchreiben an ſeinen Herrn Baͤnder. Er wendet, wiewohl nicht ganz im Ernſte, auch die Meinung von Ebbe und Fluth da⸗ bei an. Ich merke von dieſem Nord⸗ lichte, das auch hoͤchſt ſonderbar war, nur dieſes an, daß es auch am sten Januar bei Vollmonde ſich zeigte. Guter Mond! feyre noch oft dieſen uns gebenedeyten Tag, an welchem wir unſerer erhabenſten Königin unferer theuerſten Lan⸗ desmutter Kraͤnze in Ehrfurcht und Gehorſam winden; der dei⸗ nen Aranz wand; des Angeſicht leuchte Ihr zum Segen! A. A. Watermeyer. KR on. . 15 0 N annoberiſches Magazi zates Stuͤck. 498 Montag, den 21ten April 1783. Beantwortung der Anfrage im 23ten Stuͤck des Hannoveriſchen Magazins, wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes 5 zu behandeln? a) | Te Die Pocken ie Kinderpocken, Fine ink $ oder Blattern Be ſind eine Krank— heit, welche nie anders als durch An: ſteckung entſteht. Bei genauerm Nach⸗ forſchen wird man dies immer finden. Sie kan einen Menſchen nur einmal in ſeinem Leben befallen; jeder aber, der ſie noch nicht gehabt, Erwachſene wie Kinder, und ſelbſt ganz alte Leute ſind ihr ausgeſetzt. f 22 Wenn der Verdacht der Anſteckung, bei Jemand der ſie noch nicht gehabt, Zeichen, daß dieſelben be⸗ vorſtehen. da iſt; es ſey nun, daß überhaupt Blat⸗ tern an einem Orte haͤufig ſind, oder, daß er ſeit zwanzig Tagen im Zimmer eines Pockenpatienten geweſen, etwas beruͤhret, worin ſich deſſen Ausduͤn⸗ ſtungen koͤnten gezogen haben, oder eine Perſon von demſelben her zu ihm gekommen, — wenn dann bei einem ſolchen ſich Schaudern aͤußert, Hitze und Trockniß im Munde erfolgt, mit Mattigkeit und Zerfchlagenheit in al len Gliedern, beſonders mit Schmer: zen in den Lenden und Ruͤcken, Be⸗ klemmung, einem unangenehmen Ge fühle in der Herzgrube, Uebelkeit, Mei: gung zum Erbrechen, Kopfſchmerzen, Schwere der Augen, Schlaͤfrigkeit mit Ji un⸗ a) Bei den verſchiedenen ſehr guten Vorſchriften, welche wir von Tiſſot, Roſen— ſtein und Unzer zur Behandlung der Kinderpocken für ſolche, die nicht Aerzte find, haben, würde ich auf eine Beantwortung jener Frage nicht gedacht haben; wenn mich nicht ein patriotiſcher Freund, deſſen Wunſch zu erfüllen, mir jeder⸗ zeit Pflicht iſt, dazu aufgemuntert hätte, Weil die Aeußerung dieſes Wunſches ohnehin viel ſpaͤter als die Anfrage kam, fo mußte der Aufſatz unter den übers haͤuften Geſchaͤften dieſer Jahrszeit eilig geſchrieben werden. Alſo um Nach⸗ ſicht wegen der Ausführung muß ich bitten, wenn Kenner ihn zu leſen wuͤrdi— gen. Daß er hoͤchſtens nur ein locales Verdienſt habe, erkennet niemand beſſer, wie ich. Uber für die Richtigkeit der vorgeſchriebenen Methoden ſtehe ich ein. 499 unruhigen Traͤumereien und Aufſchrek⸗ ken; wenn ſich dabei ein beſonderer eiterhafter Geruch aus dem Munde verſpuͤren läßt, der Urin aͤhnlich riecht, und bald nachdem er gelaſſen, truͤbe wie Leimwaſſer wird; ſo iſt es um de⸗ ſto wahrſcheinlicher, daß es die Blat⸗ ternkrankheit ſey, jemehr von dieſen Zufaͤllen ſich aͤußern b). N 8. 3. 0 e Diefe Zufaͤlle dauern bis e des e e der das Aus⸗ ges (unter Tag verſtehen Wuene. 25 eine Zeit von 24 Stu den, nicht gerade Sonnenaufgang,) fort. Mehrentheils pflegen fie des Mor: gens eiwas nachzulaſſen, des Abends wieder zuzunehmen, im Ganzen aber immer heftiger zu werden, fo daß am Ende des dritten Tages die Patienten am kraͤnkſten ſind. Kinder werden denn leicht mit den ſogenannten Scheurken befallen, welche aber mehrentheils ohne Geſahr und ein Kennzeichen ſind, daß recht gute Blattern erfolgen werden. Am vierten Tage zeigen ſie ſich am er⸗ ſten im Geſichte und beſonders an der Oberlippe, und um die Naſe kleine cor the, etwas erhabene Puͤnkchen, wel⸗ ches die hervorkeimenden Blattern ſind, worauf denn alle Beſchwerden merklich nachzulaſſen pflegen. Dies heißt der erſte Zeitraum, oder das Ausbruchs⸗ Beantwortung der Anfrage im 2 ten Stuͤck, soo fieber der Blattern. Durch daſſelbe wird alle die boͤſe Blatternmaterie im Koͤrper erſt erzeugt; je gelinder und ordentlicher es alſo iſt, deſto geringer und gutartiger wird die Materie, deſto leichter der ganze Ablauf der Krank⸗ heit ſeyn. ne BR % 4. Daher iſt es von der aͤußerſten Wichtigkeit, bei raum erfor⸗ dieſem Fieber ein richti⸗ 5 dert. ges Verhalten zu beobach⸗ ten. Wenn gleich in demſelben nicht leicht jemand ſtirbt, ſo werden doch die bier begangenen Fehler hauptſaͤchlich die Urſache der ſchrecklichſten Zufaͤlle und des Todes in den ſpaͤteren Tagen der Krankheit; wogegen eine vernuͤnf⸗ tige Behandlung vor dem Ausbruche die ganze Krankheit ſo gelinde machen kan, daß man oft weiter gar keine Ar⸗ zenei noͤthig hat. Gebet alſo auf das, was ich euch nun ſagen werde, vorzuͤg⸗ lich Acht, und befolget es ſo genau, als es euren Umſtaͤnden nach moͤglich iſt, wenn euch die Geſundheit und das Leben eurer Kinder am Herzen liegt. $ 5+ ; Be Nöthigegie So bald ihr die §. 2. e erzaͤhlten Zeichen bemer⸗ des Bettes der ket, müßt ihr dem Kran⸗ Kleidung und ken augenblicklich eine der Warme. wohl gereinigte, luftige, g nicht Aufmerk⸗ ſamkeit, wel⸗ che dieſer Zeit⸗ p) Wenn ihr euch auch hierin irretet, oder dies ſelbſt einem Arzte begegnete, fo wäre es völlig unſchaͤdlich, ſich nach den Vorſchriften, die ich euch geben werde, ge: richtet zu haben. Ja, ich kan ſagen, daß ihr in allen aͤhnlichen Krankheiten, wobei Hitze und Trockniß im Mun de iſt, wohl thun werdet, wenn ihr euch eben ſo verhaltet, als ich es euch bei dieſer Krankheit rathen werde, falls ihr keine andere gute Hülfe haben koͤntet. 5 301 wie die Pocken in Ermanglung eines Arztes zu behandeln? so2 nicht zu kleine Stube zu bereiten, und darin ein Lager, das, wo moͤglich, nicht aus Federbetten, ſondern aus Matratzen und duͤnnen Decken beſte⸗ het. Es iſt aber keinesweges noͤthig, daß er ſich bei Tage darauf lege, fon: dern ſehr viel beſſer, wenn er ſich auf: recht erhält, ſitzet und berumgehet, falls es die Kraͤfte und Zufaͤlle eini⸗ germaaßen erlauben. Die Kleidung des Kranken muß leicht, weit und reinlich ſeyn, die Waͤ⸗ ſche wenigſtens ein um den andern Tag gewechſelt werden. Zwar mit der Vor⸗ ſicht, daß ſie recht trocken ſey; doch iſt es ſchaͤdlich, ſie bei dem Ueberzie⸗ ben ſtark zu erwärmen, noch mehr, fie zu raͤuchern. Die Waͤrme der Stube muß durch⸗ aus nur ſo ſeyn, daß es einer geſun⸗ den Perſon etwas zu kuͤhle darin vor⸗ komme. Taͤglich muß eine Zeitlang ein Fenſter darin geoͤfnet werden, nach Beſchaffenheit der Witterung mit mehr oder wenigerer Vorſicht. Iſt die Luft angenehm, warm, (57 Grad nach Fah⸗ renheits Thermometer,) ſo laſſe man mehrere Fenſter den ganzen Tag offen. Man kan denn den Kranken davor fuͤhren, doch ſo, daß er nicht in einen ſtarken Zug komme. Iſt es kalte und rauhe Luft, ja ſelbſt Froſtwetter, fo muß doch täglich etliche mal ein Fen⸗ ſter geoͤfnet, der Patient aber fo gehal: ten werden, daß ihm die hereindrin⸗ gende Luft nicht unmittelbar auf den Leib falle. Die freie Luft wird jetzt ein⸗ ſtimmig von allen vernünftigen Aerz⸗ ten für das wuͤrkſamſte Heilmittel bei den Blattern und mehreren bitzigen Krankheiten gehalten, wenn gleich viele das ploͤtzliche Ausſetzen der kal⸗ ten Luft, welches einige ſo ruͤhmen, mit Recht für Verwegenheit erklaͤren, Hierzu rathe ich euch auch keineswe⸗ ges, wohl aber, daß ihr euren Blat⸗ ternpatienten bei ſtiller und gemaͤßigter Luft in den Garten fuͤhret, wenn er Kraͤfte genug hat, ſich darin zu bewe⸗ gen. Ohne dies iſt eine Verkaͤltung leicht moͤglich, auch muͤßt ihr ihn wie⸗ der in die Stube bringen, ſo bald ihm die ganz freie Luft unangenehm wird. Aus der Stube muß alles, was ſtark ausduͤnſtet, entfernt werden, beſonders die Nachtſtuͤble und dazu gehörige Geſchirre. Wo moͤglich muͤſſen nicht viele Menſchen darin wohnen, noch weniger darin ſchlafen, und bei Leib und Leben kein ſchwindſuͤchtiger oder ähnlicher Kranker darin liegen. Stars kes Raͤuchern taugt durchaus nichts, ſehr gut aber iſts, die Stube mit Eſ⸗ ſig oft zu beſprengen. Wenn ſie helle und der Sonne ausgeſetzet iſt, ſo ver⸗ beſſert ein Tannen, Fuhren, Weiden, oder anderer nicht riechender Buſch in einen Topf mit Waſſer ans Fenſter geſetzet, die Luft ungemein. Könnt ihr es gar nicht aͤndern, daß mehrere Leute in der Stube ſich aufhalten, ſo muͤßt ihr die Fenſter deſtomehr oͤfnen, und die Reinlichkeit deſto genauer beobachten. 0 + rung des Kran⸗ auf alle Art angenehm ken iſt noͤthig. zerſtreuet und aufgemun⸗ tert, auch ihnen alle Gemuͤthsbewegun⸗ Ji 2 gen * 503 gen und Verdruß erſparet werden. Die Kinder muß man zum Spielen anlok⸗ ken, doch fo, daß fie ſich nicht erhitzen. So noͤthig es aber iſt, freundlich, und in manchen Stuͤcken nachgebend gegen ſie zu ſeyn, ſo treibet dieſes doch, beſon⸗ ders in ſolchen Dingen, die ihnen ſchaͤd⸗ lich ſind, nicht zu weit, und beſtaͤrket ſte nicht in ihrem mit der Krankheit ohnehin zunehmenden Eigenſinn, weil dies unendlichen Schaden thun kan. Es giebt allerdings Faͤlle, wo es auch in Ruͤckſicht auf die Krankheit hoͤchſt noͤthig iſt, ihnen die Ruthe zu geben. Zu vielem Schlafen muß man die Kranken nicht noͤthigen, ſondern ſie vielmehr munter zu erhalten ſuchen. Doch darf man es auch nicht ſo weit treiben, daß man ſie vom Schlafe mit Gewalt abhielte. 8 §. 7. Das Ge Vorzuͤglich beſorget nun tränk. dem Kranken ein Getraͤnk, ſo viel moͤglich nach ſeinem Geſchmack, weil es nothwendig iſt, daß er viel trinke. Trinken oder ſterben, ſagt ein großer Arzt, beſonders von dieſer Krankheit. Wenn die Kranken an bloßes rohes Waſſer gewoͤhnet ſind, fo koͤnnt ihr ihnen ſolches geben. Beſ⸗ fer iſt es, wenn es mit Zitronen, Jo hannisbeeren, Himbeeren, oder der⸗ gleichen Safte angenehm ſaͤuerlich ger macht, und mit Zucker wieder verſuͤſ⸗ fet wird. Habt ihr das nicht, fo koͤnnt ihr auch Eßig unter das Waſſer ge⸗ ben, und es mit Honig verſuͤßen. De⸗ nenjenigen, welche nicht an rohes Waſ⸗ — 2 tr Beantwortung der Anfrage im 23teh Süd, 504 ſer gewoͤhnet ſind, kan man es abkochen · . Noch beſſer gießt man kochendes Waſ⸗ ſer auf eine Handvoll Gerſtengraupen oder Habergruͤtze, laͤßt es eine Zeitlang ſtehen, klaͤret es ab, und giebt nachher ebenfalls einen ſaͤuerlichen Saft dazu. Auch kan man denen, welchen mit Ab⸗ wechſelung gedient iſt, andere Ptiſa⸗ nen zubereiten, aus geroͤſtetem Semmel, trocknen Kirſchen oder Pflaumen, Aepfeln, u. d. gl. Eine angenehme und heilſame Ptiſane wird gemacht aus Cremor Tartari, 2 Loth (koſtet 1 gr.) hierauf gießt man 4 bis 5 Quartier heißes Waſſer, laͤßt es eine Minute kochen, gießt es dann auf die Schaale von einer Zitrone und eine kleine Prie⸗ ſe guten Thee, laͤßt es darauf ganz kalt werden, denn durch ein feines = laufen, und zum Gebrauch in Bouteil⸗ len thun. a W Kleinen Kindern, welche noch an bloße Milch gewoͤhnt ſind, muß man dieſe mit vielem Waſſer vermiſchen. Wird die Krankheit heftig, ſo muß man den Verſuch machen, ſie von der Milch abzubringen, weil in der Folge ſaure Mittel nothwendig werden koͤn⸗ nen, womit die Milch ſich nicht ver⸗ traͤgt. Wollen ſie aber durchaus nicht, ſo iſt es beſſer ihnen Milch mit recht vielem Waſſer zu geben, als ſie dur⸗ ſten zu laſſen. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit Kindern, die durchaus nichts als Bier trinken wollen. Man muß die Bouteille ungepfropft ſtehen laſſen, es mit Waſſer verduͤnnen, und Zitronen⸗ faft hineintroͤpfeln. Auch kan man ein ſehr gutes und vielleicht 1 nuͤ 509 wie die Pocken in Ermanglung eines Arztes zu behandeln? 500 nuͤtzliches Getraͤnk aus Malz kochen, Zitronenſaft und Zucker darunter thun, welches manche ſtatt Biers trinken werden. Saͤuglingen muß man freis lich die Bruſt laſſen, und kan ihnen weder Säuren noch viel andere Arze— neien geben, die Fe aber auch ſelten noͤthig haben. Mit dem Trinken muß man nicht warten, bis die Kranken es fordern, ſondern ihnen ſolches recht oft zurei— chen und vorhalten. | Kaffe ift durchaus ſchaͤdlich; The kan denen, welche daran gewoͤhnt ſind, zu Zeiten, nicht zum beſtaͤndigen Ge: traͤnk, und nicht heiß gegeben werden. Wein kan nur in einem ſehr ſeltenen Falle als Mediein nuͤtzlich ſeyn. Brantewein, leider geht der Unſinn auf den Doͤrfern ſo weit, daß ich auch dieſen nennen muß, iſt Gift. Frei⸗ lich ſind Leute durchgekommen die Rattenpulver, und die in den Blattern Brantewein bekommen haben. Aber wahrlich, lieber eine kleine Priſe von dem erſteren, als ein Glas voll von dem letztern in der Blatternkrankheit. t 1 2 §. 8. Die Epei⸗ Die Eßluſt pflegt ſich ſen. an den Tagen vor dem Aus⸗ bruch mehrentheils zu verlieren. Hier: an iſt, ten, nichts gelegen. Grauſam aber iſts und hoͤchſt ſchaͤdlich, irgend einem Kran⸗ ken wider ſeinen Willen etwas hinein zu noͤthigen. Was man ohne Appe⸗ tit ißt, wird nie zur Nahrung, fons dern zu ſchaͤdlichen Unrath. Wenn der Appetit bleibt, oder ſich nach dem — wie bei allen hitzigen Krankhei⸗ Ausbruche wieder einſtellet, muß man doch zur Zeit nur wenig eſſen laſſen; und Fleiſch, Fleiſchſuppen, Fiſche, Eyer, Kartoffeln, zaͤhe Mehlſpeiſen und Backwerk nicht geben. Waſſer⸗ ſuppen von Graupen, Habergruͤtze, Sego, Reis, Semmel und Zwieback, auch von trockenen Fruͤchten; friſche Gemuͤſe, als: Spinat, Sauerampfer, Sallate, auch Ruͤben aller Art, vor— zuͤglich friſches und getrocknetes ge— kochtes Obſt find zutraͤglich. Milch: ſuppen ſind erlaubt, wenn die Hitze ſchwach iſt, ſo, daß keine Saͤuern er— fordere werden. Zu allen Speiſen muß wenig oder gar kein Fett genom⸗ men werden. Ä %. 9. Was bier vom Ver: halten, von der friſchen des geſagten Luft, dem Getraͤnk, und entſtehet. der Diaͤt geſagt worden, gilt nicht bloß in dem erſten Zeitraum, ſondern durch den ganzen Verlauf der Krankheit, vom Anfang bis zu Ende. Die Faͤlle, wo etwa Ausnahmen zu machen ſind, werde ich in der Folge anzeigen. f Beobachtet ihr dies Verhalten ge: nau, ſo werdet ihr wenig Apotheker— waare gebrauchen, und von den wer nigen Arzeneien, die ich anführen wer— de, ſelten etwas noͤthig haben, außer dem Purgiermittel. §. 10. Anf So bald der Anfang der ee Krankheit verſpuͤret wird, iſts immer zutraͤglich, ein Klyſtier zu geben. Dies kan auf mancherlei be⸗ Ji 3 kante Der Nutzen, welcher aus Beobachtung 507 kante Arten gemacht werden. Am ber ſten nimt man dazu 6 Loth Sauerho⸗ nig, (welcher kurz aus 3 Theilen Ho⸗ nig und 1 Theil Eßig vermiſcht, ge⸗ macht wird,) und 3 Loth Glauberiſch Wunderſalz in hinlaͤnglicher Menge warmen Waſſers. Unter 8 Jahren Fan man Ztel weniger, unter 5 Jahren die Hälfte, und für ganz kleine Kin⸗ der nur Waſſer mit Honig oder Zuk⸗ ker nehmen. i Beantwortung der Anfrage im 2zten Stuck, os ein halbes, und wenn abermals nach 18 2 Stunden keine rechte Wuͤrkung er⸗ folget, wieder ein halbes Koͤpſchen voll nehmen. Jungen Kindern giebt man weniger, aͤlteren und ſolchen, die ſchwer durch Laxiermittel zu bewegen ſind, mehr. Bei ſolchen getheilten Portio⸗ nen kan man nicht leicht irren. Wenn 4 oder 5 Stuhlgänge erfolgen, iſt es binreichend. Solten die Kinder den Salztrank durchaus nicht nehmen wol⸗ A len, ſo kan man folgendes auf der Apo⸗ Purgier⸗ Hiernaͤchſt bereitet man theke machen laſſen, 25 mittel. in Vorrath ein Purgier⸗ Rec. Infuſi laxativi Vienenfis x mittel aus 8 Loth Glauberiſchem Wuns Bad derſalze c) in 1 Quartier heißen Waſ⸗ Syrupi e manna laxativi ſers aufgeloͤſet, und thut, um den Ge⸗ | ine. N ſchmack zu verbeſſern, den Saft von 2 M. Koſtet 15 mgr. d) Zitronen und Zucker nach Gefallen hinzu. Hiervon läßt man am Mor⸗ gen des zweiten Tages Kindern von 6 Jahren ein Taſſenkoͤpfchen, wenn ſie nach 2 Stunden nicht laxiren, noch Hiervon werden ſechsjaͤhrigen 2 oder 3 Eßloͤffel voll, und nach 2 Stun⸗ den erforderlichen Falls noch 1 Eßloͤf⸗ fel nachgegeben. Ein ſolches gelindes Purgiermittel i ir ö ch Diefes Salz koſtet bei den Gebrüdern Sravenhorſt zu Braunſchweig das Pfund 6 mgr. in Golde. Die Kaufleute in den Städten führen es, und AB nie Loth zu 4 oder.6 Pfennig. Auf einigen Apotdeken wird das Loth zu 6 mar. be: zahlt. Es iſt ein fuͤrtrefliches Purgiermittel fuͤr Starke und fuͤr Schwache, faſt in allen Faͤllen zu gebrauchen. Auch kan man viele Krankheiten damit heilen, wenn man es in kleinen Portionen, fo, daß es nicht recht laxire, anhaltend ges — brauchet. Viele hieſige Bürger haben mir geſagt, daß ſie keinen Arzt und kei⸗ nen Apotheker nöthig gehabt, ſeitdem fie das Salz im Haufe geführet, und bei vorkommenden Unpäßlichkeiten den Ihrigen, ſtatt anderer Quackſalbereien, da⸗ vo Ionen, a Dir ar ns 95 den Dörfern, oder andere aufmun⸗ tern, es zu verkaufen. ann ſie das Loth zu 4 Pfennig geb er 9 Hie nah wan Horten fire BER Pfennig ge ee d) Dies macht wenigſtens 4 Portionen für Kinder aus, und man hat alſo hi wie am Salztrank, die ganze Krankheit hindurch genug. 280 die ein I koſten pflegen, ſetze ich bei, damit man das Geld mitſchicken konne. Ich habe die lateiniſchen Ausdrucke bei den Recepten, die man von der Apotheke haben 5 muß, behalten, weil fie dem Apotheker verſtaͤndlicher find, wie die deutſchen, und man darf es nur woͤrtlich und buchſtaͤblich ſo abſchreiben, wie es hier ſtehet. sog wie die Pocken in Ermanglung eines Arztes zu behandeln? 10 iſt vor dem Ausbruche faſt immer zu— traͤglich, es ſey denn, daß der im §. 15. beſchriebene Zuſtand da ſey. Je hef⸗ tiger die Krankheit iſt, deſtomehr wird es erſordert. Dringend nothwendig iſt es aber, wenn die Kinder vor der Krankheit viele und ſchwere Speiſen gegeſſen, feit einigen Tagen Verſtop⸗ fung gehabt, ſeit einiger Zeit nichts abzufuͤhren genommen, wenn fie einen aufgetriebenen oder harten Bauch ba: ben, oder wenn die Zunge ſehr unrein und voll gelblichen Schleims iſt. §. 12. Iſt der Kranke uͤber 10 l bis 12 Jahr alt, wohl — 92 es genaͤhrt, feſt und rothbaͤk⸗ P l kigt, und ihr merkt an ibm heftige Hitze, mit gluͤhendem Ge: ſicht, funkelnden roͤthlichen Augen; klaget er dabei über heftige Kopf: und Lendenſchmerzen, ſtarkes Schlagen der Adern im Kopfe und au den Schlaͤfen, ift er ſchlaflos, ſehr unruhig und ber ängftiget, oder famelt wohl gar in eins weg, — iſt der Urin ſehr roth, die Zunge trocken, und der Durſt ſehr ſtark; ſo laßt ihm je eher je lieber 6 Unzen Blut, wenn er unter 12 Jahr, 7 Unzen, wenn er daruͤber, 10 Unzen, wenn er uͤber 15 Jahr alt iſt. Bei erwachſenen Leuten, zumal bei ſolchen, die ſich hitziger Krankheiten wegen ſchon mehrere male haben zur Ader laſſen muͤſſen, iſt es oft noͤthig, die Aderlaß zu wiederholen. Ein Arzt wird zu Zei⸗ ten auch ganz jungen Kindern etwas Blut wegzulaſſen ſich bewogen finden; aber ohne deſſen Gutfinden rathe ich euch nicht dazu. Unter den Umſtaͤnden, wo das Ader⸗ laſſen nuͤtzlich, ſind auch milchwarme Fußbaͤder, mehrere male des Tages gebraucht, ſehr dienlich. : $ 13 Brechmit⸗ Wenn ihre aber an Kin⸗ tel iſt zu Zei⸗ dern und Erwachſenen ftar: ten nützlich. ke brennende Hitze fuͤhlet, das Geſicht aber dabei nicht ſehr roth, die Augen nicht ſowohl roth als truͤbe, und gelblich ausſehen, die Zunge mit gelbem Schleim überzogen iſt, im Mun⸗ de alles bitter ſchmeckt, Schwindel und ſtarker Druck in der Herzgrube da iſt, ſtarke Neigung zum Erbrechen ſich aͤußert, aber kein wuͤrkliches Er⸗ brechen erfolgt, ſo ſuchet dieſes durch etliche Taſſen lauwarmen Thee von roͤ— miſchen Camillen zu befoͤrdern. Bre— chen fie ſich aber hierauf nicht, fo laßt. ſofort folgende Arzenei machen: Rec. Tartari emetici gr. 1. Aquæ rubi idaei, drachm. V. Syrupi rubi idaei, drachm. I. M. (Koſtet 1 ggr.) Gebet davon einem fünf bis ſechsjaͤh⸗ rigen Kinde 2 Theeloͤffel, und wenn es nach 1 Stunde nicht Brechen erreget, noch 1 Theeloͤfſel. Juͤngern Kindern gebet nur 1, älteren 3, Erwachſenen die ganze Portion. Ihr habt um de⸗ ſtomehr Urſache ein ſolches Brechmit⸗ tel zu geben, wenn es einige Zeit her feuchte, warme Luft geweſen, wenn ne⸗ ben den Blattern andere Krankheiten im Gange ſind, bei denen freiwilliges oder gemachtes Erbrechen große Er; leichterung ſchaffet, oder wenn euer Kranker ſchon mehrere male Krankhei⸗ a ten 511 ten gehabt, von denen er durch das Ausbrechen einer gelben, gruͤnen und bitter ſchmeckenden Materie wieder ber: geſteler worden. i $ 14. Fre beine Entſtehet aber, wie meh⸗ Erbrechen. rentheils zu geſchehen pfle⸗ get, von ſelbſt Erbrechen, ſo ſuchet die⸗ ſes Anfangs nicht zu ſtillen, ſondern befördert es vielmehr durch das Trin⸗ ken von lauwarmem Waſſer, oder Thee, ſo lange verdorbene Materie ausgebrochen wird. Haͤlt es aber ſehr lange an, ſo, daß alles, was in den Magen kömt, ſonſt aber eben nichts, ausgeworfen wird; ſo wiederholt das Klyſtier, reibet den Leib mit Oel ein, laßt ein lauwarmes Fußbad nehmen, und leget auf den Magen einen Kräu: terbeutel von Krauſemuͤnze in Wein gekocht. \ §. 15. Beſonderer Bei ſchwachen, blaffen, Zuſtand mit ungeſunden Kindern ver; un baͤlt ſich der Zuſtand vor unmerklicher dem Ausbruche der Blat— Hitze. tern zuweilen, — doch Gott: lob! zumal auf dem Lande nur ſehr ſelten, ganz anders, als er bisher be— ſchrieben worden. Sie bekommen kei⸗ ne rechte Hitze, ſondern fröfteln viel⸗ mehr immer. Nur wenn man fie lan: Beantwortung der Anfrage im 2 zten Stuck, ꝛc. 512 ge anfaßt, empfindet man ein n ſtehen⸗ des Brennen in der Haut. Sie ſind dabei hinfaͤllig und ohnmaͤchtig, ſchlum⸗ mern beſtaͤndig, find aͤngſtlich, moͤgen nicht trinken, ob ihnen der Mund gleich trocken zu ſeyn ſcheint, ſchreien nicht viel, ſondern wimmern mit e 5 hohiklingender Stimme. Unter dieſen Umſtaͤnden muͤſſen fie mehr bedecket, etwas waͤrmer, jedoch in reiner, friſcher Luft gehalten wer⸗ den. Unter dem Getraͤnke darf nicht ſo viel Saͤure ſeyn, und dies iſt der einzige Fall, wo zu Zeiten ein Eßloͤffel voll Wein zutraͤglich ſeyn kan. Das Purgiermittel faͤllt weg, und die Klyſtiere muͤſſen bloß aus einer ſtarken Abkochung von Camillenblumen ge macht werden. Iſt aber dabei Nei⸗ gung zum Erbrechen, viel Schleim auf der Zunge und im Munde, nebſt mehreren von denen im §. 13. ange⸗ gebenen Zeichen, ſo iſt das Brech⸗ mittel von ungemeinem Nutzen. Es iſt da die beſte Herzſtaͤrkung von der Welt, und ihr werdet erſtaunen, wenn ihr ſehet, wie ſich die Kranken darauf erhohlen, und gleichſam neu zu leben anfangen. Wenn das Brechmittel gewuͤrket, iſt es beſonders Zeit, 1 Chr Löffel voll Wein zu geben. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. eo — = 513 * Zr aunoberiſches Maggi. 338 Skuͤck. Freitag, den 25er April 1783. Beantwortung der Anfrage im 23ten St. des Hannoveriſchen e „ wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes zu behandeln? (Fortſetzung.) RER enn aber jener boͤſe Zuſtand gegen das Ende des dritten Tages nicht ab: fondern vielmehr zunimt; die Glieder zittern, die Sehnen an den Haͤnden zucken, der Othem beklommen und ſchwer iſt; fo leget an die Waden ſpaniſche Flie⸗ gen, oder einen aus Sauerteich, Senf, Eßig und Salz zuſammen gekneteten Brei, und laßt es liegen bis jene Blaſen, und dieſer ſtarke Roͤthe hervor gebracht hat. Gebet ſodann auch fol: gende Arzenei: Rec. Camphoræ, gr. x. Mucilaginis gummi Arabici, - drachm. ij. Probe: tritis add. Aquæ florum tiliæ, Une. uf. Naphtha Sy rupi e meconio Londinen- ſium aa. drachm. VI. alle Stunden Kindern unter 2 Jahren zu einem, daruber zu 2 Theelöffeln, fünf: — — jährigen zu 3 Eßloͤffel, zwoͤlßaͤhrigen mebrentheils zu einem ganzen. Dieſe Arzenei iſt auch nuͤtzlich, wenn ſelbſt ohne jenen ſchwachen Zuſtand anhaltende Schurken ſich einfinden, und auf ein wiederholtes Klyſtier nicht nachlaſſen wollen. . j $. 17. Wenn ihr ſtarken Ber: Was die Würmer in dacht habt, daß euren chen Kindern der Leib voll Wuͤrmer ſtecke, ihnen vor 8 der Krankheit oft welche abgegangen ſind, ſie uͤber einen ſtarken Schmerz um den Nabel klagen, dieſer ihnen ſehr eingezogen iſt, die Haͤnde und Füße kalt find, und ſonſt allerlei be ſondere Zufaͤlle, — es iſt kaum ein Zufall fo arg, daß ihn nicht die Wuͤr⸗ mer, zumal in einem durch eine andere Krankheit reizbar gemachten Koͤrper, bervorbringen koͤnten, — ſich aͤußern, ſo gebet Morgens und Nachmittags von folgendem Pulver Kk Rec. 5 1 5 Rec. Aethiopis mineralis Seminis fantonici contuſi Sacchari eanarienfi 15° aa. drachm. ii). (GKoſtet 8 bis 9 mar.) Kindern von 2 Jahren einen klei⸗ nen, fo wie fie älter werden einen droͤſ⸗ ſeren, gehaͤuften; gebnjährigen 2 Thee⸗ Löffel voll ein. Wenn Wuͤrmer abzu⸗ gehen abfangen, fo ſahret fleißig durch die ganze Krankheit damit fort, ver⸗ ſaͤumt aber deswegen, den Umſtaͤnden nach, die andern Mittel nicht. ö Sehr nuͤtzlich iſt es, Kindern, bei denen einiger Verdacht von Wuͤrmern iſt, dieſes Pulver, wenn die Blattern een; vor der Krankheit fleißig brauchen zu laſſen, und d oft ein Pur⸗ giermittel dazwiſchen zu geben. — « . Sit; 18. Wom Durch- Ein vor dem Ausbru⸗ falle im erſten che von ſelbſt entſtandener Zeitraum. Durchfall ißt oͤſterer nuͤtz⸗ lich als ſchaͤdlich. Doch kan er nach⸗ theilig werden, wenn er ſtarke Ent, kraͤftung verurſacht, und der $. 15. beſchriebene Zuſtand entſtehet. Dau⸗ ert er bis zum vierten Tage fort, ſo muß man ihm mit einem wuͤrkſamen Mittel Einhalt thun; laßt dahe Laudani liquidi Sydenhami, drachm. dimidiam. (Kofler z mar.) ordern, und gebet davon Kindern un⸗ ter 1 Jahr 1 Tropfen, von 1 bis 3 Jahren 2 Tropfen, von 4 bis 6 Jah⸗ ren 3 Tropfen, von 10 bis 14 Jab⸗ ven 5 Tropfen, Eswachſenen 10 Trop⸗ Beantwortung der Anfrage im 2 ten Stück, fen ein. Beſſert es ſich nach 4 Stun deu noch nicht, fo gebet wieder eine ſolche Portion, oder etwas weniger. Aus Beſorgniß fuͤr den Durchfall, duͤrfet ihe aber ja nicht die Klyſtiere und das Purgiermittel im Anfange der Krankheit unterlaſſen, denn gerade dieſe beugen den boͤsartigen Durchfaͤl⸗ len vor, indem ſie den Darmkanal von der Materie reinigen, die, wenn ſie durch das Fieber ſcharf wird, den ſchaͤdlichen Durchfall veranlaßt. 5 S. 19. Vom Augen- Wenn die Augen febe und Halsweh. empfindlich und roth find, fo muͤſſen die Vorhaͤnge vor den Fen⸗ ſtern herunter gelaſſ en werden, doch ohne dadurch den Zugang der friſchen zuſt zu verhindern. Man kan auch den Kindern ein Stück blaues Zucker: 5 papier an die Muͤtze ſtecken. Vom Reiben der Augen muß man ſie ſorg⸗ fältig abzuhalten ſuchen, und fie ihnen oft mit Milch auswaſchen. Auch kan man ein Laͤppchen mit Kampfer berei⸗ ben und damit oft uͤber die Augen ſtreichen; dies ſoll die Blattern beſon⸗ ders davon abhalten. Wenn ſtarkes Halsweh und ſchwe⸗ res Schlingen da iſt, fo find die Pur⸗ giermittel, die Aderlaß, das Brech⸗ mittel, je nachdem die übrigen damit verbundenen Umſtaͤnde ſich verhalten, um deſto nothwendiger. Koͤnnen die Kranken ſich gurgeln, fo nimt man dazu Salveythee, Honig und Eßig, wor⸗ in etwas Kampfer aufgelöfet iſt. Klei⸗ nen Kindern kan man einen Brei aus Fliderblumen und geſtoßenem Leinſaa⸗ men Er, 547 wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes zu behandeln? 518 men mit Milch kochen, und ſolchen zwiſchen einem Tuche lauwarm um den Hals ſchlagen. 7 i Se 20. Der zweite Je genauer ihr alles Fel gender vorhergehende beobachtet er Ausbruch. habt, deſto mehr dürft ihr hoffen, daß ſich die Beſchwerden am vierten Tage ſehr vermindern, und am fünften und ſechſten faſt gänzlich ver: lieren werden. Die Blattern kommen allmaͤhlig mehr heraus, die meiſten zuerſt im Geſicht, dann auf den Ar⸗ men und dem Ruͤcken, und zuletzt an den Beinen. Die zuerſt herausge⸗ kommenen kommen auch zuerſt zu ih⸗ rer vollen Groͤße, und trocknen zuerſt wieder ab. Vier und zwanzig Stun⸗ den nach dem Ausbruch, bemerkt man ſchon einen helleren ſpitzen Punkt auf jeder Blatter, welcher immer zunimt, bis ſich dann am vierten Tage die Blattern im Geſicht von Eiter anfül- len. Der Grund der Blatter bleibt roth, die Haut umher wird geſpannt, und das Geſicht ſchwillt auf. Dies heißt der dritte Zeitraum, oder die Zeit des Ausbruchs. > A. Was dabei Wenn man vorhin das in thun iſt. ſeinige gehörig gethan hat, fo bat man nun ſelten etwas noͤthig, als daß man mit dem vorgeſchriebe⸗ nen Verhalten, der Lebensart und dem fleißigen Trinken fortfahre, auf taͤgli⸗ che Leibesoͤfnung ſehe, und wenn dieſe ‚über 24 Stunden ausbleibt, ein Kly⸗ ſtier oder etwas weniges von dem Salz tranke gebe. LER §S. 22. Wie bei fort⸗ Nur bei dem im $. 15. alben Ene beſchriebenen ſeltenen Zu— Fräftung zu ſtande wollen die Blattern verfahren iſt. ſich zuweilen nicht erheben, verſchwinden wieder, wenn ſie ſich ges zeiget haben, bekommen keinen rothen, ſondern blaſſen Ring, und füllen ſich demnaͤchſt nicht mit dicklichem gelbli⸗ chen Eiter, ſondern mit einer duͤnnen Jauche an; dabei dauern die dort be— ſchriebenen Zufaͤlle, obwohl etwas ge linder, doch im Ganzen fort. Dann muß die daſelbſt verordnete Mixtur aus Kampfer, nachdem die Umſtaͤnde dringend ſind, ſtaͤrker oder ſchwaͤcher fortgebraucht, zu Zeiten ein Eßloffel voll Wein gegeben werden. Wenn die Blattern dem ungeachtet wieder zuſammen fallen, noch blaſſer und klei⸗ ner zu werden beginnen, die Kranken außer ſich ſind, muß man die ſpani⸗ ſchen Fliegen und den Senfteich au andern Theilen wiederholen, und zur Chinarinde, wovon nachher ein meh⸗ reres, ſeine Zuflucht nehmen. 8 Ein Mister, Wenn die Kinder am was zu Zeiten zweiten oder dritten Abend Färkhue nach dem Ausbruche ziem⸗ Ehut, ee lich krank und ſehr untu⸗ 1 big ſind, doch dabei keine ſtarke Hitze haben, oder wenn ein Durchfall um dieſe Zeit da iſt, und die Blattern ſich nicht recht heben wollen, ſo gebet ihnen eine Por⸗ tion von den im §. 18. verordneten Tropfen. Habt ihr aber einmal ge⸗ He: wie die Kranken fo wohl und 2 . — ſo 519 ſo ruhig nach dieſen Tropfen werden, und die Blattern ſich ſo ſchoͤn heben, ſo laßt euch nicht verleiten, dieſe Trop⸗ fen als ein Univerſalmittel gegen die Pocken anzuſehen, und ſie andern Kranken unter verſchiedenen Umſtaͤn⸗ den, zu verordnen. Bei ſtarker Hitze ſind fie fchädiich und verurſachen Hartleibigkeit. Ich fuͤge dieſe War⸗ nung hinzu, weil Jemand, deſſen Kinde ich dieſe Tropfen einmal gab, es ſo gemacht hat. | 7 95 kt b anche die bemerkt ha⸗ pig ben, daß die Kranken ſich Mittel. nach dem Ausbruche beſ— fern, glauben, fie wuͤrden deſto frü: ber und deſto mehr erleichtert ter: den, je eher und je ſtaͤrker die Blat⸗ tern ausbraͤchen, und ſind daher mit hitzigen Mitteln gleich bei der Hand. Dieſer Irrthum war ehemals ſelbſt bei Aerzten ſo tief eingewurzelt, daß fie ihn nicht erkanten, wenn auch die Leichen haufenweiſe um fie herum la: gen. Jetzt erkennet man aber allge: mein, daß es durchaus nichts tauge, wenn die Blattern vor dem vierten Tage mit Heftigkeit ausbrechen, ſon⸗ dern die groͤßte Gefahr in der Folge veranlaſſe; es ſey nun, daß es von ſelbſt bei Verabſaumung des vorge⸗ ſchriebenen Fühlen Verhaͤltniſſes, oder gar durch gegebene hitzige Mittel ge: ſchehe. Brachen fie ganz gelinde und unter guten Umſtaͤnden aus, ehe ihr fie erwartet, fo habt ihr die Krank⸗ beit des erſten Zeitraums ihrer Ge⸗ lindigkeit wegen nicht beobachtet, und denn iſt nichts verſehen. | Beantwottung der Anfrage in im 2 zten Stuck, 5 0 520 AR So muͤſſen ſich auch die Blattern nur langſam heben, und erſt am vier⸗ ten Tage nach dem Ausbruch sone völlige Groͤße erreichen. Seat dr de | urz vor, bei und nach N e dem Ausbruche, entſtehet er e zuweilen ein rother Aus⸗ ſchlag an einzelnen Thei⸗ len, oder uͤber den ganzen Körper, Man kan dieſen oft von den Pocken nicht unterſcheiden, und. daher in Furcht gerathen, daß dies lauter in einander laufende Blattern waͤren. Wenn aber die Hitze, der Kopf⸗ und Lendenſchmerz nicht erſtaunend heftig ſind, ſo beruhiget euch nur; der Aus⸗ ſchlag wird ſich in 1 oder 2 Tagen verlieren, und einzelne Blattern nur uͤbrig bleiben. Zuweilen entſtehet er auch nach der Abtrocknuug, wo er um deſto weniger zu verkennen iſt. Ihr habt nicht noͤthig etwas dagegen zu thun, nur koͤnnt ihr die Kranken ein klein wenig waͤrmer halten. Er komt, ſo viel ich bemerkt habe, nur bei gelinden Blattern, und mehren: theils nur bei Inokulirten vor. $. 26. | 52 Der dritte Wenn die Pocken nun Zeitraum oder am dritten oder vierten . Tage nach dem Ausbruch ſich im Geſichte mit Ei⸗ ter fuͤllen, gelb und reif zu werden an⸗ fangen, und es ſind deren viele, (bei recht wenigen Blattern iſt die Krank⸗ heit nach dem Ausbruche faſt wie ge⸗ endigt anzufehen, und dieſer Fall wird oͤfterer vorkommen, wenn man ſich . 521 wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes zu behandeln? 522 | genau nach den vorgefchriebenen Re⸗ geln richtet,) ſo bekommen die Kran— ken aufs neue Hitze, Durſt, Unruhe, Spannung und Schmerz zwiſchen den Blattern. Das Geſicht ſchwillt dann merklich auf. Iſt der Geſchwulſt ftarf,, fo gehen die Augen ganz zu, fo daß man ſagt, die Kranken laͤgen blind. Die Augenlieder backen von einer klebrichten Materie zu, welche man allenfalls mit Milch auswaſchen kan. Das Geſicht iſt dann ganz ver— ſtellt und hat ein fuͤrchterliches Anſe— ben; indeſſen iſt dies gar nichts uͤbe⸗ les. So wie der Geſchwulſt im Ge ſichte abnimt, muß er ſich nach den Haͤnden ziehen, und zuletzt nach den Fuͤßen. g Dies beißt der dritte Zeitraum, oder das Eiterungsfieber, N % 27. b Was dabei Auch dieſer wird leicht zu thun iſt. uͤbergehen, wenn ihr alles vorher genau beobachtet habt. Die Hitze wird nicht ſtark ſeyn, und unge: faͤhr 36 bis 48 Stunden anhalten. Ihr habt dabei auch nichts zu thun, als daß ihr mit dem Kühlhalten und fleißigen Getraͤnke fortfahret. Waͤre die Hitze etwas ſtark, fo ge: bet zum Getraͤnke von folgendem ſaͤuer— lichen Saft: Rec. Spiritus Vitrioli probe recti- ficati, drachm. ij. Syrupi rubiidei, unc. IV. M. (Koſtet 8 mgr.) fo viel, daß es juͤngeren gelinder, Al: teren fchärfer ſaͤuerlich ſchmecke. Ein kleiner Eßloͤffel gehoͤrt ungefähr unter nicht noͤthig. SER ein gewöhnliches Trinkglas für Er wachſene. Dies iſt ein ungemein an: genehmes, erquickendes und zur Linder rung der Hitze hoͤchſt wuͤrkſames Ge traͤnke, welches auch faſt alle Kranke, die ſonſt noch ſo eigen find, gern neh: men. Je ſtaͤrker die Hitze und alle übrige Zufaͤlle find, deſto häufiger läßt man den Saft brauchen. Wer mag, kan ihn auch zwiſchen durch Theelöffel: weiſe nehmen. Saͤuglingen aber und ſolchen, die nichts als Milch genießen, kan man ihn nicht geben. Auch muß man das §. 17. gegen die Wuͤrmer verordnete Pulver dabei weglaſſen, wenn man noͤthig gefunden, es vorher zu geben. 8 8. 28. 2 Unumgaͤnglich noͤthig iſt es aber, am dritten Tage, von der Zeit, wo die Pocken weiß werden, oder am ſiebenten nach dem Ausbruche, wieder Purgiermittel zu geben. Oft pflegt zwar die Natur von ſelbſt dieſe nuͤtz— liche Ausfuͤhrung zu erregen; indeſſen ſchadet es auch denn nicht, ihr mit klei⸗ nen Portionen von den im F. 11. an⸗ gezeigten Purgiermitteln nachzubelfen. „Nan kan den Salztrank alle 2 Stun: Nothwen⸗ digkeit der Purgiermit— tel; übele Fol⸗ gen aus Ver⸗ fAumung ders ſelben. den loͤffelweiſe geben, ſo daß vier bis fuͤnfmaliges Laxiren erfolge. Am Ta: ge darauf muͤſſen zwei bis drei Def nungen erfolgen, und am dritten Tage wieder vier bis fuͤnf. Waͤren die Blattern ganz gelinde, und gar kein Eiterungsfieber da, ſo iſt es ſo oft Doch kan in dieſem k 3 Stuͤcke 523 Stücke lieber zu viel als gar nichts geſchehen. „„ Verſaͤumt ihr die Purgiermittel um die Zeit der Abtrocknung bei etwas häufigen Blattern, fo ſetzt ihr noch am 14, 15 bis zꝛcten Tage der Krank; beit das Leben eurer Patienten in Ge⸗ fahr. Geſchiehet auch dies nicht, ſo wirft ſich doch die im Koͤrper zuruͤck⸗ gebliebene Blatternmaterie bald auf die Augen, macht fie triefend, blöde, und verurſacht Flecken darauf; oder erregt Geſchwuͤre in und hinter den Ohren, wovon oft ſchweres Gehoͤr zuruͤck bleibt; bald macht ſie große Eiterbeulen unter den Achſeln, oder in den Weichen; bald wirft ſie ſich auf die Eingeweide, erregt ſchleichen⸗ de Fieber und Schwindſucht. Ja, was noch ärger ift, fie kan ſich auf die Nerven werfen, und Bloͤdigkeit des Verſtandes auch Lähmung der Glieder aufs ganze Leben hinterlaſſen; nicht weniger kan ſie den Knochen— krebs und andere boͤſe Schaͤden erre⸗ gen. Allein, dieſen Uebeln komt ihr durch haͤufig gegebene Purgiermittel bei und nach dem Abtrocknen der Blat⸗ tern zuvor, F. 29. Der Spei- Sehr ſelten bei Kir chelfluß. dern, oͤfterer bei denen die über 12 Jahr alt find, gewohnlich bei Erwachſenen ſtellt ſich beim Anfange dieſes Zeitraums ein häufiges Aus; ſpucken ein, und dauert fort bis die Blattern abtrocknen. Man haͤlt die⸗ ſen Speichelfluß zwar für eine nuͤtzli⸗ che und kritiſche Ausführung, weil es Beantwortung der Anfrage im 2zten Stuͤk, 524 ſehr gefaͤhrlich iſt, wenn er plotzlich unterdruͤckt wird; indeſſen iſt es doch gewiß beſſer, wenn er ſich nicht zu früh und nicht zu ſtark einſtellet. Er thut dies auch nicht, wenn die Kran⸗ ken gehoͤrig behandelt, und beſonders der Darmkanal gut gereiniget, auch, wenn es noͤthig geweſen, ein Brech⸗ mittel gegeben worden. Wenn er nicht gar zu ſtark, und der Speichel duͤnne iſt, daß er ausgeworfen werden kan, ſo braucht man nichts beſonders Iſt aber der Schleim in dagegen. großer Menge da, iſt er zaͤhe, will ſich nicht ausſpucken laſſen, entſtehet ein Roͤcheln im Halſe und ein Huſten von vielem Schleime, ſo laͤßt man oft eine Taſſe Fliderblumenthee trinken, und giebt darunter 2 bis 3 Theeloͤffel voll a 85 Oxymel feilliticum, 6 Loth koſten 225 3 mgr. Auch laßt man mit dem Fliderblu⸗ menthee, Eßig und Honig fleißig gur⸗ geln, und wenn die Kranken dies nicht koͤnnen, ſpritzt man es ein. Die daxiermittel werden dabei um deſto mehr erfordert, und wenn ſie vielleicht nicht bald durchſchlagen wolten, muß unverzuͤglich ein Klyſtier mit 2 Loth Glauberiſchem Salze gegeben werden. Das Getraͤnk mit dem ſauren Safte muß haͤufig, jedoch lauwarm genom⸗ men werden. Auch ſind Fußbaͤder bier ſehr nuͤtzlich. > 0 Ware die Krankheit verabſaͤumt worden, und es entſtaͤnde dann ſtar⸗ kes Roͤcheln und ſchwerer Othem mit andern Zeichen des herannahenden 9 Kr. a Ale a 525 wie die Pocken! in Ermangelung eines Arztes zu behandeln? 7 520 Todes, ſo kan vielleicht 0 ein Brech⸗ b mittel helfen, Rec. Aquæ benediddæ Rulandi, drachm. VI. Oxy m. ſcillit. Unc. dimidiam. M. Man giebt Srroach onen die Hälfte, und wenn es nach 3 Stunde feine Wöͤrkung thut, das übrige. $. 30. | Wenn vorher die Krank Was beim ö gde heit dem im §. 15. und Niederſinken f 5 der ODlättern 22. beſchriebenen Zuſtan⸗ und des Ges de gleich geweſen, die Um⸗ ſchwulſis; u aber auf die ver; ban if. ſtaͤnde ſich auf ordneten Mittel gebeſſert, und die Blattern ſich gehoben haben, ſo geſchiehet es doch leicht, daß nun in dieſem Zeitraum die boͤſen Zufälfe faft eben fo, wie dort beſchrieben, wie: der eintreten; die Blattern vor der Zeit eine Vertiefung in der Mitte be⸗ kommen, zuſammen fallen und ſchlapp werden; der rothe Rand eine braune, blaue oder ſchwaͤrzliche Farbe bekomt, der Geſchwulſt des Geſichts plotzlich faͤllt, und nicht in Ar Haͤnde und Juͤße trit. Hier muß man Aae ind zu helfen ſuchen, und ſich auf die Natur nicht verlaſſen. Wenn man die §. 16. ver; ſchriebene Kampfermixtur ausgeſetzet, muß man ſie alle Stunde oder alle 2 Stunden in doppelter Doſt geben; die Hände und Füße mit dem Genf; teich bedecken, um dadurch den Ge⸗ ſchwulſt dahin zu ziehen; Klyſtiere aus Camillenblumen geben, und den Dampf von warmem Waſfſer und ee, an das Geſicht laſſen. Ein Pulver aus Moſchus oder Bieſam, ſo viel Grane als der Kranke Sabre hat, bis zu 25 Gran, iſt dis letzte Zuflucht, die man zu Zeiten mit dem gluͤcklichſten Erfolge nimt. Nach 6 Stunden kan man Die Hälfte jenet Portion wiederholen. §. 3% 110 Wo man aber wegen diefen kan m der Schwaͤche des Kran⸗ aA zabeu⸗ ken, und der blaſſen Far⸗ be, der Kleinheit und der Menge der Blattern ſolche Zufaͤlle beim Eiterungsſteber beſorgen muß, da ſuche man demſelben zuvorzukommen. Man faͤngt daher mit dem zweiten oder dritten Tage nach dem Ausbruche an, das Pulver der Chinarinde, (das Loth koſtet 5 bis 6 mgr.) kraͤftig zu gebrauchen. Die Kranken konnen davon 4 bis 2 Loth in einem Tage, dem Alter und den Umſtaͤnden nach, verzehren. Man ruͤhrt es ein mit Waſſer und Zucker, auch wohl bei großer Schwaͤche mit etwas Wein; oder man macht mit Zitronen, Oran⸗ gen, Himbeeren, Violen, oder anderm Syrup, auch mit Honig eine Latwer⸗ ge daraus, wenn es die Kranken fo lieber nehmen wollen. Kleinen Kin⸗ dern aber, und ſolchen die das Pulver durchaus nicht nehmen wollen, muß man es im Extract geben 0 b Rec. Beantwortung der Anfrage im 2 zten Stuͤck, ic. 7 * * 427 gar. Rec. Extracti Cort. Peruviani opt. 5 . 3 en, 992 drachm. iij. a Wenn die Blattern recht b g Aufritzung b Aquæ ceraſorum nigrorum, der Hlaktern ſtrotzend voll Eiter find, f En Une. ij, it ſehr nuͤslich. ſo erleichtert es ungemein, Syrupi cinamomi, Unc. j. wenn man ſie mit einer breitgeſchliffe⸗ M. (Koſtet 18 mgr.) nen Naͤhnadel, einem feinen Federmeſ⸗ kleinen Kindern alle 2 Stunden 2 Theeloͤffel. Funfzehnjaͤhrige aber koͤn⸗ nen ſchon fuͤglich die ganze Portion und mehr in einem Tage ausnehmen. Hiermit faͤhrt man fort bis zur voͤlli⸗ gen Abtrocknung, verſaͤumt aber die Purgiermittel in kleinen Portionen nicht, und läßt, wenn ſich Hitze Auf: ſert, daneben den ſauren Saſt trinken. * 32 4 Auf eben die Weiſe lecken und verfährt man, wenn ſich chwaͤrzlichen ; i. Ider blutenden zwiſchen den Blattern klei Blattern zu ne rothe, blaͤuliche, oder verfahren it. gar ſchwaͤrzliche Flecke zeigen, die wie ein Flohſtich ausfehen, nur in der Mitte den Punkt nicht ba: ben. Oder, wenn die Blattern ſelbſt dunkelblau ausſehen, wenn ſie bluten, oder Blaſen dazwiſchen auffahren, die Blutwaſſer enthalten. Dies ſind aͤuſ⸗ ſerſt boͤsartige Blattern, die aber nicht anders zu entſtehen pflegen, als wenn der Koͤrper ohnehin ganz ungeſund, oder wenn das kuͤhlende Verhalten im Anfange verſaͤumet, und dagegen von innen und außen noch mehr erhitzet iſt, oder, wenn neben den Blattern boͤs; artige Fleck: und Faulfieber im Gange find, die ſich denn allen andern Krank⸗ beiten leicht zugeſellen. Der ſtarke Gebrauch der Chinarinde und des fau: ren Safts, auch daneben des Kampfers und der Purgiermittel, hilft doch oft. ſer oder Scheere aufritzet, und den Eiter mit einem Laͤppchen oder naſſen Schwamm bebende ausdruckt. Es verurſacht dies dem Kranken nicht den allergeringſten Schmerz. Ymierfa,daßınan Ich wiederhole, daß man belt Abtrag aufs ſorgfaͤltigſte kuͤhle fri⸗ en 1. ſche Luft, Reinlichkeit auch Abwechſelung der Kleidung die ganze Krankheit hindurch, und nun vorzüglich beim Abtrocknen, wo die Pocken ſehr uͤbel zu rizchen pflegen, dem Kranken verſchaffen muͤſſe. Mach der Abtrocknung fahret eine Zeitlang fort, um den zweiten, dritten oder vierten Tag ein Laxiermittel zu ge⸗ ben, je nachdem die Krankheit heftig geweſen. Ihr koͤnnt nun nahrhaftere doch leichte Speiſen geben, muͤßt aber darauf ſehen, daß ſich die Kinder den Ragen nicht uͤberladen, weil ſie erſtau⸗ nend ſtarken Appetit zu haben pflegen. Viele Milch und Buttermilch iſt ih⸗ nen ſehr gut. . Mehrentheils werden ſich die Par tienten nach uͤberſtandener, und, ſo wie bier vorgefchsieben worden, behandelter Krankheit beſſer und munterer befinden, als vorher. Manche kraͤnkliche Kinder ſind von dem Tage an geſund geworden, da ſie die Blattern uͤberſtauden. Der Schluß folgt Fünftige CCC ˙ AAA TTTERRTAIINEN 1 Hamnobtriſhes Mag 1 nit, 734˙ò Stück, | Montag, den 28ten April 1783. 1 Beantwortung der Anfrage im 23ten Stuͤck des Hannoveriſchen Magazins, wie die Pocken in Ermangelung eines Arztes 8 zu behandeln? (Schluß.) S. 35. neberbleib⸗ a ehr ſelten, wenn ſel der Blat⸗ die Krankheit „ RE von Natur boͤs⸗ artig, aber oͤfterer, wenn ſie ſchlecht behandelt worden, bleiben mancherlei Krankheiten und Fehler zurück, mo: von $. 28. etliche angegeben worden. Ich habe auch geſagt, wodurch ihr ſel⸗ bigen vorbeugen koͤnnt. Zu heilen ſind ſie oft ſehr ſchwer, wenn ſie einmal da ſind. Die Umſtaͤnde ſind aber zu mannigfaltig, als daß ich euch hier ſagen koͤnnte, wie ſie noch koͤnnten ku⸗ riret werden; zudem iſt es dabei nie— mals ſo dringend eilig, daß ihr den Rath eines Arztes oder Wundarztes nicht haben koͤnntet. Wenn ihr zu ihm gehet, ſo nehmet euren Kranken mit; denn es iſt viel beſſer, daß er ihn ſehe. $ 6 36. nn Verſaͤumt aber auch in Marrane der Krankheit nicht die . Huͤlfe eines geſchickten Arz⸗ tes zu ſuchen, wenn ihr ihn in der Naͤhe haben koͤnnt. Er wird euch in einzelnen Faͤllen nach den Umſtaͤnden beſſer rathen koͤnnen, wie ich hier im allgemeinen. f g Dieſe Anweiſung iſt lediglich fuͤr den verſtaͤndigen Landmann geſchrie⸗ ben; vielleicht Fläret fie auch den Ber: ſtand eines oder des andern von de: nen auf, die ſich mit Kuriren abgeben, ohne das geringſte davon zu wiſſen, mit ihren Pralereien den ehrlichen Bauer betruͤgen, und mit ihren Quac⸗ ſalbereien umbringen. Deun Tiſſots, Koſenſteins und Unzers Bücher ſind nie in ihre Haͤnde kommen. Mit denſelben koͤnnten fie, da gruͤndliche Aerzte auf dem Lande immer mangeln werden, eine Wohlthat fuͤr den Staat werden, ſtatt daß fie jetzt die aͤrgſte Landplage find, Denen, die in Städten wohnen, und das Glück haben, täglich einen Arzt vor dem Bette ihrer Kranken fe 21 ben $31 fofern fie den Regeln, wegen des aͤuſ⸗ ſern Verhaltens folgen wollen; weil der Arzt nicht immer Zeit hat, fie je dem einzelnen Kranken ſo ausfuͤhrlich vorzuſchreiben. Schaͤdlich kan ſie ih⸗ nen werden, — denn was iſt nicht dem Misbrauche unterworfen, wenn ſie bald ihrem Arzte, bald dieſer An⸗ weiſung folgen, oder jenen gar nach dieſer meiſtern wolten, wenn er, ihrer Meinung nach, anders verfuͤhre, als hier vorgeſchrieben worden. Ein an⸗ derer Arzt wird oft gleich wuͤrkende, oft unter gewiſſen Umſtaͤnden weit zweckmaͤßigere Dinge verordnen, als ich hier gethan habe. Ich habe nur die bekannteſten, wohlfeilſten und im allgemeinen nuͤtzlichſten Arzeneien ge⸗ waͤhlet. Zuweilen wird ein Arzt un⸗ ter Umgaͤnden, die für gewoͤhnliche Augen, denen von mir beſchriebenen vollig gleich zu ſeyn ſcheinen, ein ges rade entgegengeſetztes Verfahren er⸗ greifen, und doch waͤr ich vielleicht mit Beantwortung der Anfrage im ꝛ zten Stuck e. 332 hen zu koͤnnen, kan dieſe Anweiſung nicht anders nützlich werden, als in ben Kranken ſaͤhe. So k beim Niederſinken der Blattern ihm eines Sinnes, wenn anſcheinender aͤußerſten Entkraͤftung eine Aderlaß noͤthig ſeyn; allein dies iſt ein Zuſtand den nur der aufgeklaͤr⸗ teſte Arzt und kein anderer begreifen und unterſcheiden kan, komt auch nur ſehr ſelten vor. e Bei mehrerer Muße fügı ich viel, leicht etwas uͤber die leichte und ſicher⸗ fie Einpfropfungsmethode und über die Vorbereitung hinzu. 5 Etwas neues und noch zweifelhaf⸗ tes wolte und durfte ich bier nicht ſa⸗ gen. Alles mußte durch Zeugniſſe der größten Männer bewaͤhret ſeyn. Denn ich weiß, daß ich der ſtrengſten Ver⸗ antwortung wegen der vorgeſchriebe⸗ nen Regeln, — nicht wegen des Vor⸗ trags und anderer Kleinigkeiten, — unterworfen bin. Und damit man nicht glaube, daß ich mich ihr entzie⸗ ben wolte, und einem Ungenannten ſein Zutrauen verſage nenne ich mich. Albrecht Thaer, Hofmedieus und Stadtphyſteus in Zelle. Fortgeſetzte Nachricht über die Würkung der Elen ⸗ granulirbaͤder am Harz. Gem geheilt, oder ſehr gebeſſert wurden: 5 Eine Schwindung und Verkuͤrzung des rechten Schenkels. Die voͤllige Laͤhmung beider Schen⸗ kel. e Schwaͤche und Beben der Glieder. Schwaͤche nach der Hyſterie. Schwaͤche des Verſtandes, des Ge⸗ ſichts, und des Vermoͤgens den Harn zu halten, nach uͤberſtandener ſchwar⸗ zen Krankheit. zes Schwaͤ⸗ Nachricht über die Würkung der Eiſengranulirbader x. 534 Schwaͤche nach der Gicht bei vier Per ſonen. | Lähmung nach der Huͤttenkatze. Heftige Hyſterie, und Lähmung bei⸗ der Haͤnde. . Schwaͤche der rechten Hand allein. Krampfhaftes Ziehen in der rechten Hand. > Das halbſeitige Perſonen. Die Gicht. Gliederreißen. Laͤhmung nach dem Schlage. Nervenſchwaͤche. (dieſe letzten vier Kranken, haben unter Aufſicht des Herrn Doctors Hardegen zu Wer⸗ nigerode, zur Elend⸗ und rothen Hüt: te, gebadet.) a Fruchtlos wurden die Bäder ger braucht: 5 Gegen eine Nervenkrankheit, bei Clausthal, im März 1783. Kopfweh an zwei faſt alle der, bei wohl behaltenen Verſtande, | Muskeln, in beſtaͤndiger Ver; zuckung waren. ur Gegen Lähmung der Schenkel, dreier Kinder, einer Familie. Gegen die pollutionem diurnam. Gegen zehnjaͤhriges Zittern und Bes ben der Glieder, nach zuruͤckgetriebe⸗ ner Kraͤtze. Gegen ſchief ſtehende Fußgelenke, nach ſeit mehrern Jahren her erlitte⸗ nem Schlagfluß. Den vollſtaͤndigern Bericht werden Aerzte, in meinen Beobachtungen der epidemiſchen und einiger ſpo⸗ radiſchen Krankheiten am Ober⸗ harze, vom Jahr 1777 bis incl. 1782, welche kuͤnftige Leipziger Meſſe in der Buchhandlung der Gelehrten herauskommen werden, finden. D. Lentin. ; Beitrag zur Naturgeſchichte des Taxusbaums. E iſt nicht allein von verſchiedenen Schriftſtellern, ſondern auch in dieſem beliebten Magazin ſchon man⸗ ches von der Schaͤdlichkeit und Unſchaͤd⸗ lichkeit dieſes Baums geſchrieben wor: den, wovon die Reſultate mehrentheils darauf hinaus gehen, daß die Blaͤtter und Beeren deſſelben giftig, und den Menſchen, beſonders aber dem Vieh, ſehr ſchaͤdlich, ja tödtlich find. Dies I) Synopſis univerſæ medicine practicæ. behaupten unter andern Allen 1), Herr Profeſſor Gmelin 2) und die Herrn Verfaſſer des Neuen Schauplatzes der Natur 3). Deſto groͤßern Dank verdienet der aufmerkſame Herr Verfaſſer des Auf: ſatzes von der Nutzbarkeit des Taxus oder Ibenbaums im 19 ten Stuck des diesjährigen Magazins, für die Mit: theilung feiner eigenen Erfahrungen, LI 2 zu Francof. & Lipſ. 1753. 8. p. 60. 2) Allgemeine Geſchichte der Pflanzengifte. Nuͤrnberg 1777. 8. Seite 266. 3) Band 8. Leipzig 1779. 8. Seite 823. 8 Beitrag zur Naturgeſchichte des Taxusb ums. 336 N zu Folge deren das Laub des Taxus⸗ baums dem thieriſchen Koͤrper nicht nachtheilig ſeyn fol, Sehr merkwuͤr⸗ dig ſind dieſe Beobachtungen, und das um deſto mehr, da fie faſt allen bishe: rigen Meinungen uͤber dieſe Sache wi⸗ derſprechen. Daher es zu wuͤnſchen, daß mehrere genaue Beobachter hier⸗ durch ermuntert werden, durch wieder⸗ holte Verſuche die Gewißheit dieſer Bemerkungen zu beſtaͤtigen, und die Wahrheit in ein helles Licht zu ſetzen. Mit ſo vieler Zuverlaͤßigkeit man nun auch bisher geglaubt hat, daß die Fruͤchte und Blaͤtter des Taxusbaums den Thieren ſchaͤdlich waͤren, ſo iſt man dagegen aus Mangel an neuern Er⸗ fahrungen, ungewiß geblieben, ob dieſer Baum giftige Wuͤrkungen im menſch⸗ lichen Körper verur ſache. Dann ob⸗ gleich Allen 4) dies ſagt, und die | Zufaͤlle ſchlimm genug beſchreibt, wel; che nach dem Genuß des Laubes und der Beeren erfolgen ſollen; auch nach des Julius Caͤſars 5) Angeben Cas tivulk ſich mit vem Saft dieſes Baums das Leben genommen haben ſoll, wel⸗ chem alten Geruͤchte der verewigte Herr von Saller nicht allen Glauben ab⸗ ſpricht; ingleichen mehrere Schriftſtel⸗ ler aus eigenen, beſonders aber frem⸗ den Erfahrungen die Früchte und Blaͤtter dieſes Baums für giftig hal⸗ ten: ſo ſind doch neuere Bemerkungen bieruͤber ſelten. Deswegen, und da: mit man durch die im 19ten St. die: ſes Magazins bekannt gemachten Er⸗ fahrungen nicht etwa zu dreiſt und fl: cher werde, glaube ich, daß ein Paar ſolcher Beobachtungen, die ganz neuer; lich von zween angefehenen Aerzten ge macht worden, und welche, ſo viel ich weiß, die einzigen in ihrer Art ſind, bier nicht am unrechten Orte ſtehen. Die erſte iſt von dem beruͤhmten eng⸗ liſchen Arzt Thom. Percival 6), und lautet nach der Ueberſetzung 7 von Wort zu Wort wie folge: „Am 25ten Mai 1774 aßen drei Kinder eines Arbeitsmannes zu dLong⸗ ſigbt bei Mancheſter etwas friſche Ta⸗ xusblaͤtter, wornach fie aber bald ſtar⸗ ben. Das Aelteſte davon war fuͤnf, das Andere vier und das Juͤngſte drei Jahr alt. Man hatte von allen dreien geglaubt, daß ſie Wuͤrmer haͤtten, und ihnen daher, auf Anrathen einiger un⸗ wiſſenden Perſonen, dieſen Giſt als ein wuͤrkſames Mittel gegen die Wuͤr⸗ mer gegeben. Man bediente ſich zu⸗ erſt der getrockneten Blaͤtter, und es wurde ein Loͤffel voll von dem Pulver der⸗ 4) A. a. O. Taxus arbor foliis, ſuceo & baceis hominibus & jumentis lethalis eſt. Hoc veneno infeli frigus in toto corpore percipiunt, ſtrangulationis metum incurrunt, & alui profluvium dyſentericum patiuntur, & plerumque repentina morte moriuntur. J) De bell. Gall L. VI. 6) Philoſophical, medical and experimental Eſſays Lond. 1776. 1 . 8. p. 207. faq. 7) Sammlung auserleſener Abhandlungen, zum Gebrauch praktiſcher Aerzte. zte Band. Leipzig 1776. 8. S. 710, u. f. N 537 derſelben mit braunem Zucker vermiſcht, in drei gleiche Doſes abgeheilt, und dieſen drei Kindern gegeben. Dieſes geſchahe früh um 7 Uhr. Um 8 Uhr genoſſen fie ihr Fruͤhſtuͤck, welches aus einer Suppe beſtand, die aus Butter: milch bereitet war, die ſchon einige Tage alt, und daher ziemlich ſauer war. Die Kinder klagten, nachdem ſie ſolche genoſſen, uͤber gar nichts, und es wurden auch nicht die geringſten uͤbeln Folgen oder Zufaͤlle bei ihnen verſpuͤret. , | „Zwei Tage darauf aber fammelte die Mutter dieſer Kinder friſche Blaͤt⸗ ter, und gab ſie ihnen in der nemlichen Doſis, und zu der nemlichen Stunde wieder ein. Um 8 Uhr gab man den Kindern einen duͤnnen Brei aus Ha: bermehl, mit friſchen Neſſeln, welches ein in unſern Gegenden ſehr befantes Gericht iſt. Um 9 Uhr fingen die Kin⸗ der an unruhig zu werden, bekamen Froſt, und wurden unempfindlich, gaͤh⸗ neten viel, und dehnten oft die Ölie: der aus. Der aͤlteſte Knabe brach ſich ein wenig und klagte uͤber Bauchgrim⸗ men, die andern aber gaben kein Zei⸗ chen eines Schmerzes von ſich. Das mittlere Kind ſtarb fruͤh um 10 Uhr, das juͤngſte um 1 Uhr, und das aͤlte⸗ ſte um 3 Uhr des Nachmittags. Sie hatten keine heftigen Schmerzen oder Zuckungen bei ihrem Tode, es erfolgte keine Geſchwulſt des Unterleibes, und die todten Koͤrper dieſer Kinder ſahen aus, als wenn ſie ſchliefen. , Beitrag zur Nalurgeſchichte des Taxusbaums. 539 Die andere Beobachtung bat der ruͤhmlichſt bekante Herr Profeffor Selle 8) zu Berlin gemacht, die ich mit deſſen eigenen Worten hier wieder erzaͤhle. 2 „Ein Knabe von fünf Jahren, be kam auf der linken Fußſohle einen Schmerz, der ihn am Gehen hinderte, und den man davon herleitete, daß er auf eine Nadel getreten ſey, um ſo mehr, da ein Fleck, wie ein halber Zoll groß mit Blut unterlaufen war. Es wurden ihm daher aͤußere Umſchlaͤge verordnet, die der Wundarzt kalt zu machen, fuͤr gut fand. Zu gleicher Zeit hatte er faſt über den ganzen Körper Flecken, wie Floͤhbiſſe groß, die aber von ganz dunkler Farbe, wie Pete⸗ chien von der ſchlimmſten Art waren. Dabei befand er ſich inzwiſchen ganz munter, außer, daß er etwas gedunſen und bleich ausſahe, und voll und beif: ſer auf der Bruſt war, welches ich zum Theil den kalten Umſchlaͤgen zu⸗ ſchrieb, zum Theil daher erklaͤrte, daß er Blut ausgeworfen haben ſolte. Da der Knabe von Natur vollſaͤftig war, ſo hielt ich die Krankheit fuͤr nichts weiter, als fuͤr einen aus Erkaͤltung entſtandenen Bruſtkatharr. Von den Flecken konnte ich unmoͤglich glauben, daß fie mit dieſem Bruſtaffekt in Zur ſammenhang ſtehen ſolten, da faſt gar kein Fieber da war, welches eine ſo große Aufloͤſung der Saͤfte haͤtte zu⸗ wege bringen koͤnnen. Ich gab daher tlg die 8) Siehe e ER 1 zur Natur⸗ und Arzeneiwiſſenſchaft. I. Th. Berlin X. 1782. 8. 539 die Aqu. bened. Rul: in kleinen Do: fen, um den Schleim aufzulöfen und wegzuſchaffen. Er erbrach ſich einige mal, und die Bruſt wurde erleichtert und freier. Inzwiſchen verlor er im⸗ mer mehr von feinen Kräften, konnte nicht auf den Füßen ſtehen, und der Puls wurde nach einigen Tagen fie berhaft. Seine Lippen hatten ſchon immer eine ſehr blaſſe Farbe gehabt, aber nunmehr fingen ſie an, beſonders die Oberlippe, ſehr zu ſchwellen, und eine ſchwarzbraune Farbe anzunehmen. Nun fing ich an zu argwoͤhnen, daß ich zwar auf den dringendſten Fall des kleinen Kranken, nicht aber auf den weſentlichſten Umſtand der Krankheit Beitrag zur Naturgeſchichte des Taxusbaums. | 157 — die ſich in ungefähr 16 Stunden mit dem Tode endigte. Bei der Oefnung fand fich der Ma: gen etwas entzuͤndet, und mit einem ſchwaͤrzlichen Schleim uͤberzogen. In den duͤnnen Gedaͤrmen fand ich eben⸗ falls eine ſchwaͤrzliche Gelatina, die, aller Wahrſcheinlichkeit nach, ein Reſt der verdorbenen Taxusbeeren war. Der Fleck an der Fußſohle war noch roth, aber die Epidermis hatte ſich abgeblaͤttert, und man ſahe keine Spür einer Verletzung. RR Die Krankheit dauerte ungefaͤhr vierzehn Tage. Er behielt beſtaͤndig den Kopf frei, und noch im Sterben, da ſchon der Puls nicht mehr. zu fuͤh⸗ gearbeitet hatte. Und jetzt erfuhr ich, len war, batte er noch immer ſeine — daß das Kind eine Menge von den ro⸗ then Beeren des Taxbaums gegeſſen haͤtte. 9). Auch beſann man ſich jetzt, daß die ausgebrochene Fluͤßigkeit, die man fuͤr Blut angeſehen hatte, von einer hochrothen Orangenfarbe gewe⸗ ſen war, und wohl alſo kein Blut, ſondern vielmehr der Schleim der Ta⸗ xusbeeren geweſen ſeyn koͤnte, und das war um ſo wahrſcheinlicher, da er ei: nige Tage vorher keinen Appetit zum Eſſen gezeigt hatte, der ſich aber un⸗ mittelbar nach dem Erbrechen wieder einfand. Sogleich verordnete ich noch ein Brechmittel, ſaure Getraͤnke und Blaſenpflaſter. Es ſtellte ſich aber mit einmal eine aͤußerſte Schwaͤche ein, gewoͤhnliche Gegenwart des Geiſtes. Eine Stunde vor dem Tode bekam er ein Erbrechen, wodurch auch die mil⸗ deſten Getraͤnke zuruͤckgegeben wurden. Es iſt wohl kein Zweifel, daß das Gift der Taxusbeeren nicht ſowohl den Schmerz des Fußes, als auch die Flek⸗ ken hervorgebracht haben ſolte, da die ganze Krankheit gar nicht den Gang eines Fiebers nahm, und ihre Natur nur erſt mit ihrer Toͤdtlichkeit offen⸗ barte. Auch zweifle ich ſehr, daß man den Kranken, ſelbſt bei fruͤher erkaun⸗ ter Urſache, haͤtte retten koͤnnen. Die Urſache, warum das Gift weniger ſchnell als gewoͤhnlich wuͤrkte, ſcheint mir ſowohl in dem Schleim der Bee⸗ ren 9) Weil die Beeren ein ſchoͤnes rothes Anſehen, und zugleich einen ſuͤſſen Geſchmack haben, ſo werden die Kinder ſehr angelocket. leicht zu dem gefaͤhrlichen Genuß derſelben * 54! ren ſelbſt, als auch in der ſchleimich⸗ ten Conſtitution des Knaben gelegen zu haben. nachdem es ſich ſo langſam entwickelt hatte, deſto toͤdtlicher. Dieſe beiden Faͤlle ſind, wie mich duͤuket, entſcheidend, und laſſen von der giftigen Kraft der Blätter und Beeren Hannover. E Beitrag zur Naturgeſchichte des Taxusbaums. Dafuͤr war aber dieſes Gift, 542 des Taxusbaums auf den menſchlichen Koͤrper faſt keinen Zweifel uͤbrig 10). Wenigſtens wird die jetzige Erzaͤhlung derſelben vielleicht dazu dienen, daß man vorſichtig verfahre, und allen Nachtheil fuͤr die Geſundheit und das Leben zu verhuͤten ſuche. Geſchieht dies, ſo iſt meine Abſicht erreicht. G. L. Hanſen, D. 10) Hert Profeffor Blumenbach ſagt gleichfallg in der ganz Fürzlich heraus gege⸗ benen Medieiniſchen Bibliothek, B. 1 . St. 1. S. 25. daß die oben erzählte Beobachtung des Herrn Profeſſor Selle die toͤdtliche Wuͤrkung der Taxusbee⸗ ren beſtätige. Noch etwas von dem Taxus oder Ibenbaum. ; Hi allerwaͤrts unſchuldiger Wei: ſe, wegen giftiger Eigenſchaften verbanneten Baum, auf das geſchwin⸗ deſte wieder zu rekrutiren, und ſelbi⸗ gen nach der Intention ſeines Verthei⸗ digers, des Herrn Oberfoͤrſter Ahlers zu Bremervörde, eben fo wie im Hefs ſiſchen, in unſern Forſten mit aufzu: nehmen, (Man ſehe das 19te Stück des Magazins d. J.) eile ich hiemit, noch im Fruͤhjahr, die Methode bekant zu machen, wie ich mit geringer Mühe, und weit leichter, als wenn ich den Saamen aus den Beeren, auf eine be⸗ ſchwerliche Art ſuchen follen, zu einer Menge Tarusbäume, in Pyramiden a 8, round 12 Fuß boch, gekommen bin. Man ſchneidet von einem verwilder⸗ ten Taxusbaum, mit dem Gartenmeſ⸗ fer im Frühjahr die ſchoͤnſten Loden, und ſetzt ſelbige halb ſo tief als ſie lang find, ein wenig ſchraͤge, in Linien, wel⸗ che mit dem Spadenſtiche gemacht wer⸗ den, in die Erde, an einen Ort, wo uͤberall keine Mittagsſonne, ſondern nur die Morgen- und Abendſonne hin⸗ kommen kan, in ein wohl gegrabenes Bette, und tritt die Erde an beiden Seiten etwas zuſammen. Man be⸗ gießet dieſe Reiſer alle Tage, wenn es nicht regnet, den halben Sommer bin: durch, und alsdenn wird Zbweidrittel derſelben, gewiß anſchlagen. Nach zwei Jahren verſetzet man die alsdenn binlaͤnglich mit Wurzeln verſehenen Taxusbaͤumchen an Sonnen reichere Stellen. Da der Augenſchein am beſten uͤber⸗ zeuget, ſo kan in meinem des Haus— vogt Werner zu Hoya Deputatgar— ten, eine gute Anzahl auf dieſe Weiſe angezogener Taxusbaͤume, vorgezeiget werden. Wie 543 | ee e e, Wie in Gegenden, wo man ganz uͤberfluͤßiges Holz hat, oder bei 544 ſtarken Windfaͤllen, oder auch in Tannenwaͤldern, wo es der Wurmfraß erfordert, daß ganze Reviere abgetrieben werden muͤſſen, dieſes Holz zu nutzen iſt, wenn es nicht in der Gegend mit einigem Vortheile zur Feuerung verſilbert werden kan? . s iſt zwar in unſeren Tagen ſehr ſelten der Fall, daß man ganz uͤberfluͤßiges Holz hat; allein, es giebt doch Gegenden im Sollinge und meh: reren Orten, wo wegen der Entlegen⸗ heit vieles Holz verfaulen muß. So koͤnnen auch große Windſchlaͤge oder Wurmfraß einen ungebetenen Holz vorrath veranlaſſen, welchen man nicht zu verſilbern weiß, gleichwohl die Plaͤtze wiederum geraͤumet und beſaͤet werden ſollen. Glashuͤtten anzulegen, dazu iſt nicht immer zu rathen, entweder weil deren ſchon zu viel ſind, oder des Holzes zu wenig iſt, als daß auf viele Jahre eine Glashuͤtte davon verſehen werden koͤnnte, und die Anlage ſich wiederum verintereßirte. Bon allge: meinerem Abſatze ſind Backſteine, Zie⸗ gelſteine und Toͤpferwaare, zumalen, wenn letztere von mehrerer Feſtigkeit ſind, als man ſie gemeiniglich bekomt. Haͤtte man alſo in ſolchen Gegenden einen guten Thon, der ſich hierzu ſchickte, fo wuͤrden dieſe Vorrich⸗ tungen den Glashuͤtten vorzuziehen ſeyn. Am Harze, und zum Theil in der Mandelbeckſchen Forſt, hat der Wurmfraß viel Unheil in den Hoͤl⸗ zern angerichtet. Zu Clausthal waͤre es ſehr leicht, ebymiſche Verſuche im kleinen, von den verſchiedenen Thon⸗ arten, die ſich finden, zu machen, ob fie ſich beſonders zu Toͤpferwaaren ſchickten. Ja, man koͤnnte durch Ver⸗ fegung von unbrauchbarem Geſteine und Erzabfalle, ſo bergeweis aufge⸗ ſchuͤttet wird, verſuchen, ob dadurch nicht ein feſterer Backziegelſtein oder Toͤpfergeſchirre zu erhalten ſtuͤnde. Die Vorrichtungen der dazu noͤthigen Gebäude müßten freilich als Hürten von unbeſchlagenem Holze dergeſtalt gemacht werden, daß fie nur die Zeit aushielten, da man ſie gebraucht. Auch bei dem Verfahren dieſer Waare, wenn nicht augenſcheinlicher Gewinn her⸗ aus kaͤme, muͤßte man ſich den Vor⸗ theil bei dem Transport zu machen ſu⸗ chen, daß ſelbige nur im Winter au dem Schnee durch Schlitten, und wo moͤglich an einen, wenigſtens floßba⸗ ren Strom gebracht, und zu Waſſer ſo weit gebracht wuͤrden, als moͤglich. Ginge alles dieſes nicht an, ſo waͤre zu überlegen, ob nicht durch Verkoh⸗ len, wenigſtens am Fuhrlehne gewon⸗ nen wuͤrde. — — * c i Hannoberſſhee Magain. 3 5tes Stuͤck. Freitag, den Iten Mai 1783. Verzeichniß der Akten, welche zu Ilfeld im Sommer 1783 gegeben werden ſollen. nter fortdaurender gnaͤdigſter Be⸗ ſchützung „ welche Erlauchte Roͤnigl. Landesregierung der e gen Erziehungsanſtalt ange⸗ deihen läßt, und welche wir auch für dieſe letzt verfloſſene Periode unſerer Beſchaͤftigungen mit unterthaͤnigſtem Danke zu ruͤhmen Urſache haben: und unter ſtetem Einfluß und Beirath des Herrn Hofrath Heyne in Goͤttingen, haben wir wiederum einen Zeitpunkt erreicht, der einen Abſchnitt in unſern Arbeiten macht. Wir entlaſſen auch diesmal einige unſerer Zoͤglinge, die zur Landesakademie abgehen. Zur Er⸗ munterung fuͤr andere wollen wir zwee⸗ ner mit Namen gedenken. Friedrich Auguſt Hantelmann, aus Burgwedel, welcher ſeit Oſtern 1781 und Friedrich Heinrich Con⸗ rad Oſtmann, aus Scharzfels, wel⸗ cher ſeit Michaelis 1778 hier geweſen, haben ſich beide hier fo weit gebildet, daß wir die gute Hofnung von ihren hegen, daß fie auf dem betretenen Wege muthig und ſtandhaft fortgehen, ii von dem bier genoſſenen Unter: # richt und Erziehung kuͤnftig gute Fruͤchte zeigen werden. Wir r beglei⸗ ten ſie mit unſern beſten Segens⸗ wünſchen. Im Vertrauen, daß Gott mit ſei⸗ ner Gnade uns unterſtuͤtzen, und un⸗ ſere pflichtmaͤßige Bemuͤhungen ſeg⸗ nen: und daß Erlauchte Rönigl. Kegierung ſie mit gnaͤdigem Wohl⸗ gefallen belohnen werde, machen wir jetzt diejenigen Lektionen bekant, welche der hieſigen Jugend im bevorſtehenden Sommer gegeben werden ſollen. Der Direktor M. Meißner faͤngt die allgemeine Weltgeſchichte nach dem Leitfaden des Schroeckhiſchen bekanten Lehrbuchs von neuem an, erlaͤutert daſſelbe, und ſucht durch Wiederholungen die groͤßten Weltbe⸗ gebenheiten den Lehrlingen eindruͤck⸗ lich zu machen, woͤchentlich in drei Stunden, Dienſtags in der erſten Nach⸗ mittags: und Mittwochens und Don⸗ nerſtages in der erſten Morgenſtunde. Der oberſten Ordnung der Scholaren erklaͤrt er Dienſtags und Freitags in der erſten Fruͤhſtunde, die Mm Ver 547 Vernunftlehre, nach der deutſchen Logik und Metaphyſik des Herrn Profeſſor §eders. x In der neuen Erdbeſchreibung wird er nach dem Auszuge des Herrn Conſiſtorialrath Buͤſching aus ſei⸗ ner Erdbeſchreibung, die Übrigen Lander von Europa, nachdem Dentfch: land bereits durchgegangen iſt, nach und nach bekant machen; Dienſtags in der zwoten Fruͤhſtunde und Freitags in der erſten Nachmittagsſtunde. Die erſte mathematiſche Ord⸗ nung wird in der Geometrie nach den von Segnerſchen Anfangs: gruͤnden der Arithmetik und Geo⸗ metrie, Dienſtags und Freitags in der zwoten Nachmittagsſtunde unterrichtet. Die zwote mathematiſcheOrd⸗ nung aber, welcher bis hero nach Sul⸗ zers kurzem Entwurf der Geo⸗ graphie, Aſtronomie und Chro⸗ nologie, die erſte Wiſſenſchaft, die ma⸗ thematiſche und phyſikaliſche Geogra⸗ phie erkaͤret worden iſt, wird nun auch in der Aſtronomie und Chronologie, fo weit jenes Lehrbuch dazu Anleitung giebt, und wie es den Beduͤrfniſſen dieſer Jugend angemeſſen iſt, unterrich⸗ tet werden; Mittwochens und Sonn⸗ abends in der zwoten Morgenſtunde. Mit der oberſten Ordnung der Scholaren hat der Direktor bisher den Livius vom 30 bis z sten Bud) cur: ſoriſch durchgeleſen, lateiniſch erklaͤrt, und wird dieſe Lektuͤre vom 36ten Bu: che an ferner fortſetzen, in vier Stun⸗ den woͤchentlich Montags, Mittwochs, Donnerſtags und Sonnabends von 10 bis 11 Uhr. PR Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. . In ganz beſondern Stunden, er⸗ klaͤrt er einigen den Text der Inſtitu⸗ tionum Juris, und erläutert denfelben inſonderheit mit Huͤlfe der römifchen Alterthuͤmer. Einige wird er die praktiſche Geometrie, auch mit wuͤrklichen Ausmeſſungen auf dem Felde lehren, und andern giebt er in der reinen Mathematik be ſondern Unterricht. Der Rektor Paͤtz wird in der theo⸗ logiſchen Lektion fortfahren, nach Dommerichs Handbuche die Glau⸗ benslehren, zugleich mit Moral ver⸗ bunden vom 5 ten Artikel an, der von der Heilsordnung handelt, vorzutra⸗ gen; Montags und Donnerſtags von 9 bis 10 Uhr. . In der lateiniſchen Sprache giebt er allen dreien Klaſſen des Paͤ⸗ dagogiums Unterricht, der durchge⸗ hends ſtatariſch iſt. „ Der Vorbereitungsklaſſe nem⸗ lich werden in zwo Stunden woͤchent⸗ lich, Dienſtags und Freitags von 10 bis 11. die Grundſaͤtze der latei⸗ niſchen Sprache, nebſt den haupt⸗ ſaͤchlichſten Regeln, nach Schellers kleinen Sprachlehre, aufs genaue⸗ ſte erflärt: in zwo andern Stunden eben dieſer Tage, Abends von 5 bis 6. durch Leſung und ſorgfaͤltige In⸗ terpretation ausgeſuchter Stuͤcke aus Gedickens lateiniſchem Leſebuche fuͤr Anfaͤnger, die Anwendung der grammatiſchen Regeln gezeigt, und außerdem noch durch Ueberſetzung klei⸗ ner Formeln und Saͤtze ins Lateini⸗ ſche, zu deren Beurtheilung und Ver⸗ beſſerung 549 beſſerung noch einige Stunden befon: ders beſtimmt find, geläufig gemacht. Mit der mittlern Blaſſe wird er, anſtatt der bisher erflärten Briefe des Cicero an verſchiedene, einige aus⸗ geſuchte Reden deſſelben leſen, Mon: tags, Mittwochs, Donnerſtags und Sonnabends von 10 bis 11. und zu⸗ gleich die gewoͤhnlichen, und mehrma⸗ len beſchriebenen Uebungen im La⸗ teinſchreiben, anſtellen; Montags und Donnerſtags von z bis 4. Der oberſten Blaſſe endlich fol: len, in drei Stunden woͤchentlich, Montags und Donnerſtags von 5 bis 6. und Freitags von 3 bis 4. Cice⸗ ro's Bucher de divinatione in drei andern, Montags und Donnerſtags von 4 bis 5. und Sonnabends von 8 bis 9. Virgils Georgica erklärt wer⸗ den; ſo wie dieſe Klaſſe auch, Dien⸗ ſtags von 9 bis 10. im lateiniſchen Styl geuͤbt wird. Eben dieſer Klaſſe, mit Zuziehung aller derer unter den Scholaren, die bald auf die Univerſitaͤt zu gehen ge⸗ denken, wird der Rektor, in einer en⸗ cyclopaͤdiſchen Lektion, zu der woͤ⸗ cheutlich zwo Stunden feſtgeſetzt ſind, eine allgemeine Ueberſicht von der ge⸗ ſammten Gelehrſamkeit, den verſchie⸗ denen Theilen derſelben, und ihrem Zuſammenhange unter einander, vor⸗ legen, und dabei vorzuͤglich auf die von ſeinen Zuhoͤrern gewaͤhlte Studien Ruͤckſicht nehmen; auch von Zeit zu Zeit die in der Lektion angeführten Buͤcher auf der Bibliothek vorzeigen. Der Subconrektor Leopold giebt Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. 550 in den Anfangsgruͤnden der he⸗ braͤiſchen Sprache Unterricht; wo: bei er die Diederichiſche Gramma⸗ tik für Anfänger zum Leitfaden braucht. Mit den Geuͤbtern lieſet er leichte Stucke aus den hiſtoriſchen Buͤ⸗ chern des alten Teſtaments, und ſucht ſie beſonders in der grammati⸗ ſchen Analyſe zu uͤben. Die zu die⸗ ſem Unterricht beſtimmten Stunden, ſind Mittwochens und Sonnabends von 11 bis 12 Uhr. Mit der griechiſchen poetiſchen Blaſſe wird er Montags und Don: nerſtags von 3 bis 4. die Odyſſee des Homer auszugsweiſe leſen; doch im⸗ mer mit genauer Anzeige des Inhalts und Darſtellung des Plans vom Ganz zen; auch beigefuͤgten Erlaͤuterungen ſchwererer Stellen in den auszulaſſen⸗ den Stuͤcken. Auf dieſe Weiſe hoft er die erſte Haͤlfte des Gedichts zu Ende zu bringen. 1 Der erſten griechiſchen Ord⸗ nung wird er, ſtatt des Plutarchs, von dem bisher einige Lebensbeſchrei⸗ bungen geleſen find, Kenophons Cy⸗ ropaͤdie erklaͤren, Dienſtags und Frei⸗ tags von 4 bis 5. und Mittwochens und Sonnabends von g bis 10. Der lateiniſchen Vorbereis tungsklaſſe ertheilt er Montags und Donnerſtags von 3 bis 6, und in den erſten Fruͤhſtunden des Freitags und Sonnabends Unterricht. Drei Stun⸗ den davon ſind einer etwas genauern Erklaͤrung des Julius Caͤſar gewid⸗ met, in deſſen Beſchreibung des galliſchen Krieges er vom sten Buch Mm 2 an 531 an fortfahren wird. In der vierten Stunde, Sonnabends von 9 bis 10 dictirt er den Zuhoͤrern, um eine An⸗ wendung von dem in den uͤbrigen Stunden erklaͤrten Stück zu machen, und die grammatiſchen Regeln deſto beffer einzuſchaͤrfen, einen dazu dienli⸗ chen Satz in die Feder, welcher ſogleich in dem Hoͤrſaale unter ſeiner Anwei⸗ ſung ins Lateiniſche uͤberſetzt, und ſo dann von ihm verbeſſert wird. Uebungen in allerhand Gattungen deutſcher Aufſaͤtze, als Briefe, Er⸗ zahlungen, Schilderungen, Behand: lung leichter moraliſcher Saͤtze, Beur⸗ theilungen und Vergleichungen ſchoͤner Stellen aus alten ſowohl als neuern Schriftſtellern, werden von ihm mit einem Theil der Untergebenen Dien: ſtags von 9 bis 10, und Freitags von 3 bis 4, angeſtellt. An der Beurthei⸗ lung der gefertigten Ausarbeitungen nehmen die Zuhoͤrer ſelbſt Theil; in: dem ſie aufgefordert werden, uͤber Sa⸗ chen und Ausdruͤcke ihre Gedanken zu ſagen. Mit dieſen Arbeiten werden, wie bisher geſchehen iſt, immer Uebun⸗ gen in der Deelamation verbunden. Die roͤmiſchen Alterthuͤmer trägt er nach Anleitung des Gruner⸗ ſchen Handbuchs in den letzten Fruͤh⸗ ſtunden Dienſtags und Freitags vor. Bisher iſt er bis auf das gte Kapitel des zten Haupttheils, welches von den Staatsbedienten handelt, gekommen. Von da an wird er fortfahren, und das uͤbrige, was weiter noch von der Staatseinrichtung, dem Kriegsweſen und der haͤuslichen Verſaſſung der Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. 552 Roͤmer zu bemerken iſt, im bevorſte⸗ henden Sommer vortragen. Da ihn die Reihe trift, die untern den Lehrern wechſelnde Nachmittags⸗ ſtunde am Mittwochen und Sonn⸗ abend zu halten; ſo wird er in der Mittwochensſtunde die Gedichte des Herrn von Bleiſt, beſonders deſſen Fruͤhling vollſtaͤndig erklaͤren; in der Sonnabendsſtunde aber Stuͤcke aus andern deutſchen proſaiſchen Schrift⸗ ſtellern theils ſelbſt leſen, theils vorle⸗ ſen laſſen, und ſich daruͤber mit den Zuhörern unterreden. et Der Sprachmeifter Meißler wird in der erſten Klaſſe fortfahren, die Henriade zu erklaͤren, und nach deren Endigung die Satyren des Bozleau anfangen; Montags und Donnerſtags, von 11 bis 12 Ubi in Mit der zwoten Ordnung wird er die Briefe des Milleran naͤchſtens endigen; und ſodann die Briefe des Buffy zu leſen anheben; Dienſtags und Freitags, von 11 bis 12 Uhr. Mit der dritten Alafle wird er in dem Leben Carls des XII. von Vol- taire, weiter gehen; Mittwochens und Sonnabends von 11 bis 12 Uhr. Mit der vierten und fuͤnften Blaſſe wird er fortfahren, außer den Grundſaͤtzen der Grammatik, die klei⸗ nen Siſtorien der Peplieriſchen Sprachlehre durchzugehen; Mon⸗ tags und Dienſtags, Donnerſtags und — 85 Nachmittags von 6 bis 7 r. g Se), ae Hiernaͤchſt wird eine jede dieſer Klaf ſen, woͤchentlich ein bis zwei mal, im Brief⸗ 553 Brieſſchreiben, oder andern Gat⸗ tungen des franzoͤſiſchen Styls, eine jede nach ihren Kraͤften, geuͤbt werden. Auch giebt der a er de⸗ nen, ſo es verlangen, beſondern Unter: richt; ſowohl im Sranzoͤſiſchen, als im Italiaͤniſchen. 4 Der Collaborator Böppen erklaͤrt der mittleren Ordnung; Ovids Me⸗ tamorphoſen im Auszuge vom 7ten Buche an; Montags und Donner: ſtags, um 4; Dienſtags und Frei⸗ tags um 5. Der zwoten griechiſchen Ord⸗ nung; einige auserleſene Dialogen und andere kleine Schriften des Lu⸗ cian; Dienſtags und Freitags um 4, Mittwochens und Sonnabends um 9 Uhr. Der letzten griechiſchen Ord⸗ nung trägt er die Anfangs gruͤnde dieſer Sprache vor, und erklaͤrt zu⸗ gleich Gedickens griechiſches Le⸗ ſebuch; Dienſtags um 3, Mittwo⸗ chens und Donnerſtags um 8 Uhr. Der Collaborator Mitſcherlich erklaͤrt der mittlern lateiniſchen Ordnung den Livius vom ten Buch an; Montags und Donnerſtags von 5 bis 6. Dienſtags und Freitags von 8 bis 9. Der Vorbereitungsklaſ⸗ ſe den Juſtinus, Montags, Mittwo⸗ chens, Donnerſtags und Sonnabends von 10 bis 11, und Montags und Donnerſtags von 3 bis 4. Mit der mittlern lateiniſchen Ordnung r er Styluͤbungen Sonnabends on 8 bis 9. Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. —ññůů ů ů²³Tp Pt Mm 3 354 Die Anfangsgruͤnde der engli⸗ ſchen Sprache lehrt er dieſen Som⸗ mer unentgeldlich. Leichte, unter⸗ haltende Brochuͤren aus engliſchen Schriftſtellern, in Ermangelung einer guten Chreſtomathie, werden dabei zum Leitfaden dienen; zwei bis drei Stunden wöchentlich. Es werden auch in der Schreibe⸗ kunſt, ſowohl um richtig, als ſchoͤn ſchreiben zu lernen: und in der prak⸗ tiſchen Kechenkunſt vom Cantor Liebau öffentliche Uebungen gehal— ten. Jene Montags und Donner: ſtags, und dieſe Dienſtags und Frei⸗ tags in der zwoten Nachmittags ſtun⸗ de. Eben derſelbe giebt auch befon: dern Unterricht in beiden Stücken, und übt auch einige in der Vokal⸗ muſik, Montags und W gleich nach Tiſche. Im Tanzen unterrichtet der Tanz⸗ meifter Kudolph. Auch in der In⸗ ſtrumentalmuſik auf der Geige, Violoncello und Floͤte. Der Can; tor Liebau giebt Unterricht auf der Davidsharfe. Der Organiſt Zim: mermann auf dem Clavier. Der Zeichenmeiſter Ritter lehrt das Zeich⸗ nen. Dieſe Lehr⸗ und Uebungsſtun⸗ den, werden beſonders mit einem leid; lichen Lehrgelde bezahlt. Zur Uebung im Juſammenſpie⸗ len, wird Dienſtags und Freitags nach Tiſche gen muſicum gehalten. Von 555 den Tataren gebraͤuchlich, daß die Souveraine entweder mit Klei⸗ dern, mit Saͤbeln oder Pferden Ge⸗ ſchenke zu machen pflegen. Ein Kleiderpräfent, fo koſtbar es auch iſt, bedeutet keine Achtung. Denn es iſt ein Zeichen bei den Morgenlaͤn⸗ dern, daß ſich derjenige, der einen an: dern damit beſchenket, weit hoͤter und vornehmer als den andern haͤlt, indem ſich dieſer eine Ehre daraus machen muß, jenes ſeine Kleider anzulegen, und ſich gleichſam dadurch erhöhet ſiehet. g i Dieſes iſt ſchon eine uralte Ge⸗ wohnheit der erſten Weltvoͤlker gewe⸗ ſen. Wie Joſeph von dem Pharao, und der Jude Mardachai von dem König Xerxes, zu ihren oberſten Mi: niſtern Öffentlich erklaͤrt wurden, legte man ihnen auf Befehl ihrer Monar⸗ chen koͤnigliche Kleider an, ſo wie ſolche den Rebellen vor ihrer Leibes⸗ oder Todesſtrafe zum aͤußerſten Spott und zum Zeichen, daß ſie nach der landesherrlichen Gewalt geſtrebet bat; ten, angezogen wurden. Denn die orientaliſchen Voͤlker ſind darin weit anſtaͤndiger, wie die euro⸗ päifchen, weil jene ihren Landesfuͤrſten die Pracht in Kleidern, ſo wie vor— dem die Purpurfarbe, allein voraus: laſſen. i Indeſſen ſind die Geſchenke an Pferden aus koͤniglichen Staͤllen, das W Von den bei dem türkiſchen Hofe gewohnlichen Geſchenken. 9 (Aus dem London Magazine) ee, Ds iſt fo wohl bei den Tuͤrken als — böchſte Zeichen der Hochſchazung, fo ein orientaliſcher Monarch jemand be⸗ zeigen kan, welches die Tuͤrken nicht erſt aufgebracht, ſondern das noch aus den uraͤlteſten Zeiten herſtammet, und woher unſtreitig in Europa die Gewohnheit herzuholen iſt, daß die großen Vaſallen und Kriegsbediente ihrem Souverain das ſchoͤnſte Pferd mit voͤlliger Ruͤſtung uͤberlaſſen muͤſ⸗ ſen. Denn wie dieſe Gewohnheit in Deutſchland aufkam, ſo waren alle Freigeborne, welche bei dem hoͤhern Adel in Dienſten ſtanden, ſo bald der⸗ ſelbe, nach dem Exempel der deutſchen Koͤnige, die Lehne einfuͤhrte, gehalten, ihrem Herrn, von welchem fie Güter zu Lehn erhalten, wenn ſie verſtorben, zum Beweis ihrer Lehnsunterwuͤrfig⸗ keit, das ſtreitbarſte Pferd in voller Ruͤſtung, nebſt ihren beſten Waffen zu uͤberlaſſen. Dieſer Umſtand ſcheint in den al⸗ lerälteften heidniſchen Zeiten der Deutz ſchen gegruͤndet zu ſeyn, worin es bei 556 NEN me N ihnen uͤblich war, daß die verſtorbe⸗ nen Koͤrper der Edeln und Freigebor⸗ nen, meiſtens mit ihrem Streithengſte und Waffen verbrannt, und ſodann in der Erde beigeſetzt wurden, wel⸗ ches ſo viele alte deutſche Graͤber und Urnen noch taͤglich beweiſen. Die edlen Herrn in Deutſchland, veränderten ſolches, wie fie die ehriſt⸗ liche Religion angenommen, und die Freigebornen nunmehr zu ihren Dien⸗ ſten 575 Von den bei dem türkiſchen Hofe gewoͤhnlichen Geſchenken. 58 fen Sefeßuten, dahin, daß fie aufdie hoͤchſten Zeichen der ehemaligen unab⸗ hängigen Freiheit ihrer Vaſallen, nem: lich Pferd und Waffen, ſich ſelbſt ein Recht anmaßten. Ich koͤnte dies noch weitlaͤuftiger ausführen, allein, ſolches würde mich zu weit von meinem Zwecke entfernen, und ich habe durch das, was ich eben geſagt habe, den Leſern dieſer Blaͤtter nur zeigen wollen, daß ſchon in den alleraͤlteſten Zeiten die Ueberſendung eines Pferdes, bei ſehr vielen Voͤlkern für ein Zeichen der größten Hochach⸗ tung, und ein Simbolum einer aus⸗ nehmenden Ehrenbezeigung iſt angeſe⸗ hen worden. Und gewiß, da die alleraͤlteſten Ge: braͤuche ſich noch bei den Tuͤrken und Tataren antreffen laſſen, ſo wuͤrde man durch dieſelben nicht wenige von einigen zum Theil noch jetzt unter den europaͤiſchen Voͤlkern uͤblichen Ge⸗ wohnbeiten beſſer verſtehen lernen, wenn man ſich mehr um ſelbige be⸗ kuͤmmerte. | | So wie nun die tuͤrkiſchen und ta: tariſchen Souveraine durch Ueberſen⸗ dung der Pferde eine ganz beſondere Hochachtung an den Tag legen, mes: wegen es der groͤßte Schimpf war, Sannover. den der große Mogul Aurengzeh dem perſiſchen Schach, Cha ⸗Sefi anzuthun wußte, da er die hundert funfzig ſchoͤnen Pferde, die ihm von demſelben zum Geſchenk uͤberſandt waren, auf den Straßen feiner Reſt— denz todtſchlagen ließ, fo ſehr merk⸗ wuͤrdig iſt eine Art Geſchenk, welches die tuͤrkiſchen und tatariſchen Monar; chen zuweilen von ihren lehnbaren Fuͤrſten und Vaſallen zu erhalten pflegen. Wenn bemeldete Vaſallen ihrem Souverain einen recht großen Beweiß ihrer Unterthaͤnigkeit ablegen wollen, ſo uͤberſenden ſie demſelben neben dem baaren Tribut, oder ans dern koſtbaren Geſchenken, beſonders auch einen koͤſtlich ausgeputzten Falken. Ein ſolcher geſchenkter Falke wird von ihnen Chonker genennet. Die⸗ ſes Wort bedeutet in der tatariſchen Sprache ſo viel, wie ein Sohn, und es ſoll der Falke daher anzeigen, daß der Souverain den Fuͤrſten wie fei: nen Sohn anſehe, und dieſer jenem dagegen als ſeinem Vater, Gehorſam leiſte, auch willig ſey, wider die Fein⸗ de des Souverains, nach ſeinem Be⸗ fehl, zu ſtreiten, ſo wie dieſer Falke nach dem Belieben deſſelben, wider die ihm angewieſenen Gegner auſſteigt. G. F. Wehrs. Bewaͤhrtes Hausmittel wider die Steinſchmerzen. Mam nehme etwa acht bis zehn faͤhr eine kleine Hand voll in Wuͤrfel Tage vor dem jedesmaligen geſchnittenes Knoblauch, thue ſolches Eintritte des neuen Mondes, unge⸗ in eine Bouteille, und gieße darauf etwa 359 Bewaͤhrtes Hausmittel wider die Steinſchmerzen. er etwa ein Viertel Quartier reinen gu⸗ ten Kornbrantwein, laſſe ſolches, ohne ans Feuer zu ſetzen, in der Sonne di⸗ ſtilliren, und trinke, nachdem man die Maſſe, (welches beim Gebrauch alle⸗ mal geſchehen muß,) ein wenig umge⸗ ſchuͤttelt, mit dem jedesmaligen Ein⸗ trit des neuen Mondes a) ungefähr ein maͤßig volles Weinglas davon, auch wohl etwas weniger, je nachdem der Patient von ſtaͤrkerer oder ſchwaͤ⸗ cherer Natur iſt; fahre aber ja damit beim Eintrit des neuen Mondes be: ſtaͤndig fort b); ſodann wird man von dem großen Uebel nie etwas wie⸗ der empfinden; denn es haben ſich mit dieſem geringen Mittel ſchon unzaͤh⸗ lige Menſchen, die dem Tode nahe waren, völlig wieder hergeſtellet. Der Urin pflegt durch obiges Mit⸗ tel, wenn er kalt geworden, ſo dick zu werden, daß er ſich kaum ausgießen laͤßt, und, wenn ſich derſelbe geſetzt hat, findet man auf dem Grunde des Uringeſchirres die kleinen Steine, die dem Patienten dadurch abgetrieben worden, fo häufig, als wenn einige Theeloͤffel voll Sand oder Grand hin⸗ ein geworfen worden waͤren. Man kan die oben gemeldete, zuerft in die Bouteille gegebene Quantität Knob⸗ lauch, nebſt dem etwan zuruͤckgeblie⸗ benen diſtillirten Brantewein, wohl noch ein bis zwei mal zu dem folgen⸗ den neuen Monde ſtehen laſſen, ehe man die Bouteille davon reiniget und das alte weggießet; nur muß etwas friſches von beiden hinzu gegeben wer⸗ den; wie man denn auch den diſtil⸗ lirten Brantewein zuletzt voͤllig ab⸗ klaren, und dem Patienten, jedoch nicht mehr als oben gemeldet worden, zu trinken geben kan. 5 er; in: a) Man läßt dahin geſtellet ſeyn, ob dieſe Zeit fo genau zu beobachten, zu der Kur unumgänglich nothwendig fen. Eine befante Patientin, die durch dieſes Mit: tel ſehr großen Nutzen verfpüret, nahm die Zeit, da der neue Mond eintrat, ſo genau in Acht, daß ſie ſich, wenn ſolches in der Nacht geſchahe, aufwecken ließ, um eben zu ſolcher Stunde die Mediein zu nehmen. A. d. 5. N b) Dieſes muß nie verfäumt werden. Vorbenannte Patientin unterließ den Ges brauch des Mittels, nachdem fie ſolches zum oͤftern wiederholet hatte, und von den vorhin erlittenen Schmerzen dadurch befreiet geblieben, in Hofnung, daß fie nun völlig geheilet ſey. Es fanden ſich aber die Schmerzen von neuem ein, und ſie wurde dadurch genoͤthiget, mit jedem Neumond den Gebrauch su wie⸗ derholen. A. d. 3. * Verbeſſerungen. Im 29r St. von 1783. Seite 405. Zeile 9. und IO, von unten, ſtatt: ſo erwerbe er ſich das Eigenthum desjenigen, ꝛc. lies: fo erwerbe ſich das Eigenthum derjenige, ꝛc. und Seite 457. Zeile 6. von oben, ſtatt: fo kan es, lies: ſo kau das. Gewinn⸗ und Verluſthandel. Seite 458. Zeile 19. ſtatt des letzten lies: nemlich 5 N Samoa ches Mai, 36 Stuͤck. "Montag, den 1 Mai 1783. Des en Gabriel EN kurze Beſchreibung der Landſchaft Penfilvanien, (Aus dem Engliſchen.) ein funfzehnjaͤhriger Aufent: balt in Penſilvanien ſetzt B mich in den Stand, dem teſer einen genauen Bericht von die⸗ ſem ſchoͤnen Lande abzuſtatten, das die meiſten Reiſebeſchreiber bis jetzt, ent⸗ weder nicht vollſtaͤndig genug beſchrie⸗ ben, oder dem ſie auf der Landkarte einen zu kleinen Raum gegönnet baben. 5 Was ich von dieſer landſchaft hier überliefere, iſt unftreitig wahr. Vom Hoͤrſagen etwas zu erzaͤhlen, bleibt meiner Meinung nach allemal ſehr truͤglich, deswegen habe ich mich auch forgfältig gehuͤtet, in dieſer Eur: zen Beſchreibung von allem dem, was mir von andern erzaͤhlt wurde, nichts zu erwaͤhnen, darin nur das bemerkt, wovon ich Augenzeuge war, oder was unbezweifelte Thatſachen find. Uebrigens bin ich auch uͤberzeugt, vieles von dieſem Lande angemerkt zu baben, was andere unberührt gelaſſen, oder 5 Bemerkung entgangen it Penſilvanien liegt zwiſchen der reite des 40. und 45. Grades, hat weſt⸗ ⸗Jerſey gegen Oſten, Virgi⸗ nien gegen Weſten, Marienland ge⸗ gen Suͤden, und Canada gegen Nor⸗ den. Es iſt dreihundert engliſche Meis len lang, und bundert und achtzig Meilen breit. Die Eingebornen dieſes Landes ſind Wilde. Sie ſind insgemein ſtarke, burtige und gelenke Leute, ihre Farbe iſt ſchwaͤrzlich, ihre Augen ſind klein und ſchwarz, und fie haben dicke Lips, pen und platte Naſen. 5 Anfänglich gingen fie nackend, und bedeckten bloß ihre Schaan mit einem Tuch. Nun tragen ſie Hemder und bekleiden ſich. Sie haben tohlſchwas e Haar. Ihr Haupt beſchmieren ſie mit Fett, beſcheeren daſſelbe, und laſſen bloß an der rechten Seite einen langen Zopf wachſen. Sie beſchmiehen ſich ſowohl wie ihre Kinder mit gereinigtem ausge⸗ Nun | 29 82885 563 an der Sonnenhitze eintrocknen. Ihre Sprache iſt hoch und zierlich. Ein Wort dienet ſtatt dreier, fie iſt. Die Hurerei, das Kuͤſſen und fügen, unvollkommen und nicht eee kaliſch. Sie befleißigen ſich einer aufeichtis gen Redlichkeit, was fie verſprechen, halten ſie aufs genaueſte, beleidigen und betriegen niemand, beherbergen die Fremden gern, und fi ind überhaupt gaſtfrei, dienſtfertig und treu. Ihre Huͤtten find aus zuſammen⸗ geflochtenen oder gebogenen jungen Baͤumen und von Matten und Baum⸗ rinden gemacht, und damit fie von den Winden nicht umgeworfen werden koͤnnen, find fie nicht höher als ein Mann hoch. Sie ſchlafen auf Bin: ſen, Rohr oder Graſe, und gebrau— chen weder Tiſch noch Baͤnke, noch andern Hausrath, als etwa einen einzigen Topf, darin fie ihre Speiſe kochen. Ich ſahe einſt viere dieſer Leute herz lich vergnuͤgt mit einander ſpeiſen. Ihr ganzes Mittagsmahl beſtand in einem in bloßen Waſſer, ohne Butter und Gewuͤrz gekochten Kuͤrbis. Ihr Tiſch und Bank war die bloße Erde, ihre Loͤffel waren Muſcheln, damit fie das warme Waſſer ausſuppten. Wenn ſt ſte reiſen, ſo lagern ſi ſie ſich des Nachts im Walde um ein großes Feuer, und ſchlagen einen großen Mantel, fo fie tragen, oder Matchcoat (Mantle of dufhls,) um ſich herum. Sie find gewöhnlich ernſthaft, ma: chen wenig Worte, und wundern ſich, Des Herrn Gabriel Thomas kurze Beſchreibung ſchmolzenem Baͤrenfett, und laſſen es wenn ſie von Chriſten oft ein üb b. ſiges Geſchwaͤtz mit anhören. Ein jeder hat ſeine eigene Si. ; find bei ihnen aͤußerſt verhaßte Dinge. Ihre Kinder baden fie gleich nach der Geburt in kaltem Waſſer, und ſtellen ſte beſtaͤndig, um ſie abzuhärs ten, der kalten und rauhen Witterung bloß. Ein Kind von neun Monaten kan gemeiniglich ſchon alleine gehen. Die Knaben fiſchen, bis ſte 15 Jahr alt fü nd, alsdenn jagen fie: und wenn ſie eine Probe ihrer Maͤnnlich⸗ keit abgelegt haben, d. i. wenn fie reich: lich mit Haͤuten von erlegten Thieren von der Jagd zurück kommen, iſt es ihnen erlaubt ans Heirathen zu den⸗ ken. Die Maͤdchen bleiben bei ihren Müttern, helfen ihnen das Erdreich umhacken, Korn pflanzen, Laſten tra⸗ gen, und verheirathen fi ch im 13 oder 14 Jahr. 5 Ihre vorzuͤglichſte Nahrung iſt tuͤrkiſcher Weißen, oder inlaͤndiſches Korn, welches fie in heißer Aſche roͤ⸗ ſten, zerſtoßen, in Waſſer kochen, und wie Brei eſſen, den ſie Homine nen⸗ nen. Auch backen ſte Kuchen von die⸗ ſem Getreide, oder von Bohnen: oder Erbſenmehl, die ſehr nahrhaft find und nicht unangenehm ſchmecken. Sie enthalten ſich des Fleiſcheſſens, und eſſen fie ja einmal Fleiſch, fo muß es allemal von einem Thier weiblichen Geſchlechts ſenn. * Ihre Todten begraben fie in Klei⸗ dern, und die naͤchſten Blutsfreunde werfen auch noch einen Theil von des Ver⸗ 565 Verſtorbenen Binterlaffenen Guͤtern, z. E. Keffel, Töpfe, Kleider, u. d. gl. mit ins Grab. Sie trauren ein gan⸗ zes Jahr wegen eines verſtorbenen An verwandten. Ihre ganze Trauer beſtehet darin, daß fie ter ſchwarz bemalen. Die Grabmaͤhler ihrer Verſtorbe⸗ nen ſind ihnen heilig. Damit ſelbige durch die Laͤnge der Zeit nicht unkent⸗ lich werden, reißen ſie von den Grab⸗ huͤgeln von Zeit zu Zeit forgfäftig das Gras ab, und erhöhen fie wieder mit friſcher Erde, wenn fie etwa verfallen ind. 25 NER f Ihre Regierungsverfaſſung iſt mos narchiſch. Der eheliche Sohn ſucce— dirt ſeinem Vater. Die Toͤchter ſind von aller Succeſſion ausgeſchloſſen. Ungeachtet ihre Prinzen große Macht und Gewalt haben, thun ſie doch nichts ohne Beiſtimmung ihres Raths, der vorzüglich aus alten Maͤn— nern beſtehet. ee b Ihre Strafen find Geldſtraſen. Ein Todtſchlag kan nach Beſchaf⸗ fenheit der dabei vorgefallenen Um⸗ ſtaͤnde, der Perſon oder des Ge⸗ ſchlechts das dadurch beleidigt worden iſt, durch Faſttage und Geſchenke wie der ausgeſoͤhnt werden. Wer eine Frau ermordet, muß, weil ſie Kinder haͤtte gebaͤren koͤnnen, noch einmal ſo viel an Gelde erlegen, als wer einen Mann ermordet. Sie halten die Neu⸗Monde, und opfern ihre Erſtlinge einem gewiſſen Gott, den fie Maneto nennen. Sie glauben an einen guten Maneto reer Landſchaft Penſiloanien. ſch ihre Geſich⸗ . 566 (Gott,) der im Himmel wohnt, und an einen boͤſen, der ſich auf der Welt aufhaͤlt. N Auch haben fie eine Art von Sans berhuͤttenfeſt, das fie jährlich feiern. Ihren Gottesdienſt verrichten fie mit Geſaͤngen, wobei ſte wunderliche Geberden und Bewegungen mit den Haͤnden und Fuͤßen machen. Sie glauben an ein ewiges Leben nach dem Tode, und an eine zukünftige Beloh⸗ nung des Guten, und Beſtrafung des So oft fie ſich des Todes ihrer Ael⸗ tern oder Verwandten erinnern, fan: gen fie erbaͤrmlich an zu weinen. Die Hollaͤnder, waren naͤchſt den urſpruͤnglichen Landeseingebornen die erſten Pflanzer und Anbauer dieſes Landes. Sie nannten es Neu⸗Nie⸗ derland, und nutzten es nur bloß durch den Handel mit Fellen, Haͤuten und Rum, den ſie mit den Indianern trieben. e . Bald nach den Hollaͤndern ließen ſich die Schweden und Finnen da⸗ ſelbſt nieder, die ſich vorzüglich auf den Ackerbau legten. 2 | Einige Jahre hindurch walteten zwiſchen dieſen beiden Nationen be ſtaͤndige Streitigkeiten ob: Die Hol⸗ länder ſahen nemlich die Schweden wie Leute au, die ſich in ihr gekauftes Land und ihren Beſſtz eingeſchlichen und eingedrungen haͤtten. Jedoch wurden alle dieſe Streitigkeiten bei der im Jahr 1655 von Johann Rizei⸗ nig, ſchwediſchen Gouverneur, an Peter Styreant, hollaͤndiſchen Gou⸗ Nu 2 verneur, verneur, gemachten Uebergabe, ganz: lich abgethan und geendiget. In dem hollaͤndiſchen Kriege ums Jahr 1665, nahm der edle Robert Carr Penſilvanien den Hollaͤndern fuͤr die Engländer, und ließ feinen Vetter den Capitain Carr wie Gou: verneur von dieſem Lande da. Kurz nachher nahmen es die Hollaͤnder den Engländern wieder ab, und behielten es ſo lange im Beſitz, bis Friede zwi⸗ ſchen ihnen und den Englaͤndern ge: ſchloſſen wurde, da ſie denn letztern Penſilvanien mit Oſt und Weſt⸗ Jerſey, Neu⸗Nork, und allen zu ſelbiger Herrſchaft und Gouvernement gehörigen Ländern uͤbergaben. Doch blieb es beſtaͤndig in ſchlechter Auf⸗ nahme, bis auf das Jahr 168 1. da es König Carl ll. William Penn durch folgenden Uebergabsbrief den Jen März 168 1. übergab, ge 1. „Wir geben und ſtehen zu ver: „ſchiedener Urſachen halber, an Wil: „liam Penn und ſeine Erben zu ewi⸗ „gen Zeiten, den ganzen Strich des „Landes zu Amerika, mit allen denen „dazu gehörigen Inſeln. Das iſt zu „ſagen: Von dem Anfang des gott" „Grades der Nordbreite, deſſen oft: „waͤrts liegende Graͤnzen, laufen gaͤnz⸗ „lich laͤngſt der Seite des Delaware; „fluſſes, zwoͤlf engliſche Meilen über „Neu⸗Caſtle. , ö II. „Freien und ungehinderten Ge⸗ „brauch und Reiſe in und aus allen „Häfen, Bayen, Waſſern, Fluͤſſen, „Inſeln und Eilanden, fo dazu gehoͤ⸗ „ten. Zuſamt dem Grund, den Fel⸗ — a Des Herrn Gabriel Thomas kurze Befchreibung sog „dem, Wöltern, Bischen, Bergen, „Huͤgeln, Moraͤſten, Inſeln, Seen, „Slüfen, Waſſerbächen, Ser und „Meerbuſen und Einlaß, die darin⸗ „nen liegen, oder zu den vorbenannten „Graͤnzen und Scheidungen gehoͤren. „Und ſolches bloß zu Nutzen und „Frommen des gedachten William „Penn für Ewig zu behalten und zu „beſitzen. Und ſoll von Uns, als wie „von Unſerm Schloſſe Windſor ge⸗ „halten werden, für jährlich zu eis „ner freien und gemeinen Lehnerkennt⸗ „niß zwei einzuliefernder und zu bezah⸗ „lenden Bieberfe lle. III. „Aus Unſerer fernern Gnade „haben Wir es billig geachtet, vorer⸗ „waͤhntes Land und deſſen Inſeln zu „einer Sand: und Herrſchaft zu ma⸗ „hen, maaßen Wir auch ſolches hier⸗ „mit darzu machen und anrichten, „und nennen daſſelbe Penſilvanien. £ „Und wollen, daß es von nun an bin: „fuͤhro allezeit alſo genennet werde. „ IV. „Wegen der abſonderlichen „Zuverſicht, ſo Wir in die Weisheit „und Gerechtigkeit des gedachten Wil⸗ — „Kam Penn ſetzen; So überlaſſen „Wir ihm, ſeinen Erben und ihren „Verordneten zu einer beſſern und „gluͤcklichern Regierung, Geſetze zu „bemeldeter Landſchaft allgemeinem „Beſten zu machen, auch dieſel⸗ „ben unter feinem. Siegel kund zu „thun. Und ſolches durch und mit „Beirathen und Genehmhaltung der „Freileute oder Freiſaſſen, ſo ferne „fie den Geſetzen unſers Königreichs „nicht zuwiderlaufen =... Mu 369 V. „Auch te Wir gedachtem „William Penn und ſeinen Erben „voͤllige Gewalt und Macht, Richter, „Beamte, und andere dergleichen Un⸗ „terbedientezu ſetzen, auf was Art und „Weiſe er es fuͤr noͤthig erachtet. „Imgleichen fol er auch Macht „haben, Uebelthaten und Verbrechen „zu vergeben und zu beſtrafen, wie es „in wohl gegtbngten Berichten ge: „bräuchlich iſt. , . „Und Wir W befehlen und „erfordern auch hiermit, daß ſolche „Geſetze und Verhandlungen fuͤr ganz „vollkommen agnoſeirt und unver⸗ „brüchlich gehalten werden, und daß „alle Unſere und Unſerer Erben und „Nachkommen getreue Unterthanen „ſolche unverbruͤchlich an dieſem Orte „halten ſollen, nur die endliche Appel⸗ „lation an Uns ausgenommen., VI. „Sollen die Geſetze zu dem „eigenthümlichen Beſitz, fo wohl bei „Abgang der Beſitzer der Laͤndereien, „als auch der Anerbung der beweg⸗ „und unbeweglichen Guter dorten, „gleich wie hier in England, fo lange „uͤblich ſeyn, bis bemeldeter Wil⸗ „liam Penn, oder feine Erben nebſt „den Freileuten gedachter Landſchaft „ein anders ordnen werden. „, VII. „Damit nun dieſe neue An: „bauung ſich durch Volksmenge deſto „glücklicher vermehren möge; So ge: „ben Wir für Uns und Unfere Erben „und Nachkommen allen Unſern jetzi⸗ „gen und zukuͤnftigen getreuen Unter: „tbanen hiermit Freiheit, daß fie fich „dorthin begeben mögen, der Landſchaft Penſilvanien. 570 VIII. „Freiheit allerhand Guͤter „und Waaren, nach Bezahlung des „biefigen Uns gebuͤhrenden Zolles dort „hin zu bringen., | IX. „Die Gewalt, dieſe Landfchaft »in kleinere Bezirke oder Kreiſe auf „hundert Flecken oder kleinere Staͤdte „zu vertheilen, Maͤrkte und Meſſen „mit geziemenden Freiheiten anzuſtel⸗ „len; alles, wie es beſagtem Wil⸗ „kam Penn und feinen Erben nuͤtz ra dienlich zu ſeyn feheinet:,, X. „Freiheit, die dort gewachſenen „Fruͤchte und bereiteten Manufaktu⸗ er in England einzubringen, „Macht, Buſen, Haͤfen, Ein⸗ N Anfubren, u. ſ. w. und an⸗ „dere Oerter zur Handlung mit fol: „chen Rechten, Gerechtigkeiten und „Freiheiten anzurichten, als es gedach⸗ „ter William Penn zutraͤglich zu „ſeyn findet., XII. „Die Geſetze der Schiffahr⸗ „ten ſollen weder von den Regenten „noch von den Jnwohnern gebrochen „werden., XIII. „Es ſoll kein Buͤndniß mit „einigen Fuͤrſten oder Laͤndern, die „gegen Uns und Unſere Erben Krieg „führen, gemacht werden., XIV. „Wir ertheilen WilliamPenn „und deſſen Erben Gewalt zur Sicher⸗ „heit und Vertheidigung, auf ſolche Art „und Weiſe, wie er es fiir gut achtet. XV. „Voͤllige Macht, ſo viel „Stuͤcke Landes anzuweiſen, zu verge⸗ „ben, zu verpachten und zu verleihen „an alle ſolche, die er tuͤchtig befindet vy ſelbige zu haben und zu beſitzen, es Nu 3 vbe⸗ 371 Des Herrn Gabrlel Thomas kurze Beſchrelbung 37e „behalte nun Jemand das Land bloß „für ſich auf feine Lebenszeit, oder für „feine Leibeserben, oder auch nur auf „geriffe Jahre , nr 1a XVI. „Wir ertheilen und geſtehen „zu die Freiheit einem jeden dieſer „deute, welchen William Penn ei⸗ „niges Erbgut zugeſtanden hat, da: „ſelbſt fein Gerichte und Ordnung zu „befferee Sicherheit zu halten. „ XVII. „Macht dieſen Leuten, daß „ſie ihre Beſitzungen und Rechte wie⸗ „derum an andere, entweder zu Lehn, „oder mit gewiſſen Bedingungen uͤber⸗ „laſſen konnen., 5 verſprechen und ge⸗ XVIII. „Wir „ſtehen gedachtem William Penn, „ſeinen Erben und Verordneten, zu, „daß wir keinen Zoll oder Auflage auf „die Inwohner der erwaͤhnten Land⸗ „Schaft, noch auf derſelben Ländereien, „Haab und Guͤter, oder Kaufmanns⸗ „waaren, ohne Bewilligung der In: „wohner und des Regenten, ſetzen oder „machen wollen., | XIX. „Auch befehlen Wir, daß „keiner Unſerer, oder Unſerer Erben „und Nachkommen, bober oder nie⸗ „driger Bedienten ſich unterſtehen fol, „jemals im geringſten wider das bie: _ „vor gemeldete zu handeln, oder ſich „demſelben im mindeſten zu wider⸗ „setzen, ſondern, daß fie jederzeit ge⸗ „ſagtem William Denn, feinen Er⸗ „ben und den Inwohnern und Kauf „leuten, ihren Faktoren und Gevoll— „maͤchtigten zum voͤlligen Brauch und „Nutzen dieſes Unſers Freiheitsbriefes „behuͤlflich und befoͤrderlich ſeyn ſollen. „niger Zweifel oder Frage wegen des „rechten Verſtandes oder Meinung „in einem Wort oder ſenſu, fo in dies „fem Freiheitsbriefe enthalten, ſich er „eignen ſolte, ſo wollen Wir, verords „nen und befehlen, daß zu allen Zeis - „ten und in allen Dingen eine ſolche „Auslegung daruͤber von einem Un⸗ „ſerer Hofgerichte geſchehe und zuge⸗ „ſtanden werde, die gedachtem Wil⸗ „liam Penn, feinen Erben und Ver⸗ „ordneten am guͤnſtigſten und vor⸗ „theilhafteſten iſt, in ſofern es nicht „wider die Uns und Unſern Erben vſchuldige Treue lauft. „Zum Zeugniß deſſen haben Wir „diefen offenen Brief ausfertigen laf⸗ „fen air 15 93 1 eſt⸗Muͤnſter, Carolus . den ten Mart. 1681. Da Penn dieſe koͤnigliche Schen⸗ kung erhalten hatte, ließ er folgendes Proclama in London und anderen Or⸗ ten affigiren und eirkulirenn „Wem es beliebt, ſich mit mir „egen der Landſchaft Penſilvanien „einzulaffen, mit dem kan allhier „gehandelt, und ihm dieſerwegen „das weitere bekant gemacht wer⸗ „den von Philipp Ford. Thomas „Budyard. Benjamin Klare. Jan „Roclofs van der Werf., Ke. Am aten April 168 1 wurden vom König Carl 1. bereits alle in dieſen Landſchaft befindliche Inwohner und Pflanzer durch ein ſchriftliches Man⸗ dat an William Penn, als voͤlligen | Ei- — 973 3 und Regenten, zum ſchuldigen Gehorſam verwieſen. In London verkaufte Penn 3000 Acker Landes hollaͤndiſcher Maaß in feiner neuen Landſchaft für 100 Pfund Sterling, jedoch unter der Bedin—⸗ gung, daß es zu ewigen Zeiten Erb— pacht bleiben folte, und ihm von je⸗ dem 100 Acker jaͤhrlich ein engliſcher Schilling bezahlt wurde. . Jedem von denen, die zu der Ueber: ſahrt zwar das nothduͤrſtige Geld hat: ten, aber bei ihrer Ankunft in Penſil⸗ vanien von allen Mitteln entbloͤßt waren, ſich nieder zu laſſen, und Land anzukaufen, gab Penn 50 Acker auf Erbpacht, und jeder von dieſen mußte ihm alle Jahr von jedem Acker einen Stuͤber Zins entrichten. Um die Dienſtboten zu deſto meh: rerm Fleiß aufzumuntern, gab er ih⸗ nen voͤllige Freiheit, ſo bald ſie ihre bedingten Jahre ausgedienet hatten, 50 Morgen Acker anzunehmen, und von jedem Morgen bezahlten ſie ihm des Jahrs nur einen halben Stuͤber. Die Landeseingebornen, (die In⸗ dianer,) machte fl ſich Penn dadurch zu ten baben, als: . Freunden, daß er den Vornehmen un; ter ihnen bei ſeiner Ankunft Kleider, Huͤte, u. d. gl. ſchenkte. Hierdurch gewann er ihre Liebe und Zuneigung, und konte alles von ihnen erhalten. Er kaufte ihnen auf 20 Meilweges lang ihren Grund und Boden ab, und ſie rückten darauf um fo weit weiter in die Wälder zurück. Im Jahr 1682 den ten Novem⸗ ber langte William Penn mit 20 der Landſchaft Penſilvanien. 412 374 Schiffen, nachdem er 6 Wochen auf der Reiſe zugebracht hatte, in ſeinem ihm geſchenkten Lande an, und erbanes te darauf zwiſchen den Fluͤſſen Dela⸗ ware und Scolkis, oder Soboolkill, die Stadt Philadelphia. Die Haͤuſer in Philadelphia ſind meiſtentheils ſchoͤn gebauet, von Zie gelſteinen aufgefuͤhrt und drei Stock⸗ werk hoch. Es find viele enge Gaͤß⸗ gen und Gaͤnge in der Stadt, z. E. das Huttons Gaͤßgen, Morris Gaͤßgen und Jones Gaͤßgen, wor⸗ in man ſehr ſchoͤne Haͤuſer antriſt. Shorters Gang, NVowers Gang, Wallers Gang, Turners Gang, Sikes Gang und Slowers Gang. Alle dieſe Gänge und Gaͤßgen erſtrek⸗ ken ſich von der erſten Hauptſtraße zu einer andern Straße, die Carters Gang genennet wird. Auch trift man in dieſer praͤchtigen Stadt ver⸗ ſchiedene große viereckte Plaͤtze und Hauptſtraßen an, wovon die vornehm— ſten folgende ſind, die zum Theil ih⸗ ren Namen von denen vor dieſem haͤu⸗ fig allda wachſenden Bäumen erhal ( Walnutftreet, ) Weinſtockſtra fe, ( Vineftreer, g Maulbeerſtraße, (Mulberryſtreet,) Caſtanienſtraße, (Chaſtnuiſtreet,) Saſſafraßſtraße, ( Safläfrasftreet, ) ferner die Soch⸗ ſtraße, ( Highsftreet, ) Breiteſtraſ⸗ fe, (Broadftreet,) Delawureftraße, (Delawareſtreet,) Front oder Be ſtraße, (Fronctreer, )J u. f. | In der Stadt werden aa drei 7 Meſ⸗ 57s Des Herrn Gabriel Thomas kurze Beſchreibung sc. - 570 5 Meſſen gehalten, und woͤchentlich zwei Maͤrkte. 8 BEER RER Schiffe von 2 oder 300 Tonnen, koͤnnen auf den Fluͤſſen Delaware und Soboolkill bis an die Stadt kommen. ö Anderthalb delphia liegt die Stadt Frankfurt, die ſtarken Handel treibt, und worin Mühlen, Glashuͤtten und Steinbren⸗ nereien angelegt ſind. i Neu⸗Caſtle liegt 40 engliſche Meis len von der See, an dem Delaware⸗ fluß und hat einen guten Hafen. Die Stadt Upland liegt 20 engli⸗ ſche Meilen von Neu Caſtle aufwärts des Delawarefluſſes, und wird mei⸗ ſtens von Schweden bewohnt. Am 24ten Oct. 1685 wurde zwo Stunden von Philadelphia eine neue Stadt Namens Germantown ange legt. Die erſten Bewohner dieſer Stadt, die meiſtens bochdeutſche Hand: werksleute und vorzuͤglich Leineweber waren, beſtanden anfaͤnglich aus 12 Familien von 41 Koͤpfen. Außer dieſen Städten find auch noch verſchiedene Flecken und Doͤrfer in Penſilvanien, z. E. Dublin, Har⸗ ford, Merioneth, Radnor, Curn⸗ bey, u. f. w. 1 Die Luft ift hier rein, heiter und der Stunden von Phila⸗ Geſundbeit ſehr zutraͤglich. Selten iſt der Himmel mit Gewoͤlk uͤberzo⸗ gen. Im Sommer pflegt es von 9 Uhr des Morgens, bis Nachmittags um 2 Uhr, vorzüglich im Monat Ju: lius und Auguſt, am waͤrmſten zu ſeyn, jedoch mildern oͤftere Winde die Hitze ſehr. Zwo Stunden vor Abend wird es insgemein kuͤhl und feucht, und die Nacht uͤber thauet es ſtark. Thauet es des Nachts nicht, ſo iſts ein Zeichen, daß es bald regnen wer⸗ Es wehen hier ſtarke Weſt⸗ und de. Nordweſtwinde. Der Suͤdwind bringt gemeiniglich Platzregen. Der kuͤrzeſte Tag iſt in Penſilvanien zwei Stunden länger, wie in England, und der laͤng⸗ ſte Tag zwei Stunden kuͤrzer. Vor der Mitte des Julius hat man hier ſchon alles Korn eingeerntet. Je⸗ der ausgeſaͤete Scheffel Weißen, Ti fert in den meiſten Jahren gemeinig⸗ lich nach der Ernte zwiſchen 20 und 30 Scheffel wieder. Das vand wird, wenn es gepfluͤgt 4 ift, zweimal mit hölzernen Harken, die an den Ecken und Spitzen mit Zinn beſchlagen find, uͤbergeharket. Das Pfluͤgen verrichtet man durch Ochſen, obgleich an guten Pferden, die hier gemeiniglich unbeſchlagen ge⸗ ben, auch kein Mangel iſt. Der Schluß folgt kuͤnftig. 5 5 gr N amade Magazin, S Be 37tes Stuͤck. Seit, den gen Mai 1783. der Landſchaft Penſilvanien. _ n * u don Gabriel Thomas kurze Beſchreibung (Schluß.) nf lbanien bat Eiſenſteine, die beſſer und reichhaltiger an Ei⸗ ſen ſind, wie die in England, gute Kalkſteine, Marienglas, Asbeſt, Kupfer, Steinkohlen, u. d. gl. m. Nicht voͤllig zwo engliſche Meilen von Philadelphia, befinden ſich mine⸗ raliſche Quellen, die eben die Wuͤr⸗ kung thun, welche die Mineralwaſſer zu Epſom hervorbringen. Sowohl an zahmen, als wilden Gefluͤgel iſt kein Mangel. Man hat hier Gänfe, Enten, Calekuten und Huͤhner, und verſchiedene wilde Voͤgel, als: Teals, (eine Art Waſſervoͤgel, die den Enten gleichen, und ſehr delikat ſchmecken;) wilde Gaͤnſe, Taͤucher, Brands, (eine Art kleiner wilder Enten,) Schneppen, Curlews, (eine Art Waſſervoͤgel die dieſen Namen von dem Tone, den ſie im Rufen ma⸗ chen, erhalten haben,) Heatbirds, oder Sprehen, Staare, Adler, Pha⸗ ſanen, Mebhühner , wilde Tauben und einen merkwuͤrdigen Vogel, der — Spottvogel beißt. Dieſer Vogel iſt faſt ſo groß wie ein Kukuk, und aͤffet die Stimmen und den Geſang aller Voͤgel nach. Von den mancherlei Arten Fiſchen und Seethieren, die man in Penſilva⸗ nien in Menge antrift, will ich der Kürze halber hier nur folgende bemerk— lich machen: Elſters, Batzenkopf, (ein an beiden Kiefern mit Stacheln verſehener Fiſch, der oben auf dem Kopfe einen großen Stachel hat,) Schafskopf, (Sheep: head,) Heringe, Smelts oder Zwelffer, Stockfiſche, Aale, Barſe, Affe, Lachſe, Forellen, Stoͤre, Rogen, Auſtern, Krebſe, Seeſchnecken, Muſcheln, und eine Art kleiner Muſcheln, Canock genannt. Zu den hieſigen wilden vierfüßigen Thieren, gehoͤren das Pantherthier, Wölfe, Fiſchottern, Rehe, Biber, Ot⸗ tern, Hafen, Muſeusthiere, (Miak,). wilde Katzen, Fuͤchſe, eine Art Dach⸗ fe, a genannt, Caninichen, Oo Poſ⸗ 379 Poſſams, Bären, Eichhörnchen, flie⸗ gende Eichhörnchen, Elendthiere, Buͤf⸗ felochfen, u. d. gl. m. Noch muß ich bier die Bullenfrö⸗ ſche beruͤhren, die wie ein Bulle bruͤl⸗ len, und daher ihre Benennung er⸗ halten haben, imgleichen eine andere Art von Froͤſchen, die auf die Gipfel der Baͤume kriechen, und die Stimme mancherlei Voͤgel nachaͤffen. Der hier gebauete Wein liefert die koͤſtlichſten Trauben. Wallnuͤſſe, Ca⸗ ſtanien, Haſelnuͤſſe „Heidelbeeren, ſchwarze und weiße Maulbeeren, Him⸗ beeren, Crombeeren, allerhand Arten Pflaumen, u. d. gl. gehoͤren zu den in Penſilvanien in großem Ueberfluß wildwachſenden Fruͤchten, von denen jeder ſo viel einſammeln kan wie er will. Aepfelbaͤume werden hier in großer Menge angepflanzt. Man ziehet ſie aus dem Kern, und pfropfet und ino: kulirt fie nicht. Aus ihren Fruͤchten preſſet man delikaten Ciderwein. Aus den Birnen und Pfirfchen wird eine Art Rum oder Brantewein diſtillirt. Quitten, Kirſchen, Stachelbeeren, Johannisbeeren, eine Art kleiner Kuͤrb⸗ ſe, Squasher genannt, Kuͤrbſe, Waf: ſermelonen, franzoͤſiſche Melonen, u. d. gl. bringt das Land in Menge hervor. Zu den bier wachſenden Arzenei⸗ kraͤutern und Wurzeln, gehoͤrt der Saſſafras, die Sarſaparille, die ſchwar⸗ ze Schankenwurzel, die mit Wein, Brantewein oder Rum diſtillirt, ein herrliches Praͤſervativ in Peſtzeiten Des Herrn Gabriel Thomas kurze Beſchreibung 1 ſeyn ſoll, die ene een Pokewurzel, u. ſ. w. Penſilvanien iſt in feche Gra ten getheilt, als: in die Grafschaft Philadelphia, die Grafſchaft Buk, die Grafſchaft Cheſter, die Grafſchaft 5 Neu⸗Caſtle, die Grafſchaft Kent und die Graſſchaft Suſſex. In der Grafſchaft Kent und Kerr Caſtle wird der meifte Tabacksbau und die ſtaͤrkſte Viehzucht getrieben, und beide Oerter ſind auch am gelegenſten und geſchickteſten dazu. Die übrigen Grafſchaften legen ſich vorzüglich auf den Anbau des engli⸗ ſchen Korns. . Die penſilvaniſchen Getreidearten ſind: Weitzen, Rocken, Haber, Ger⸗ ſte, Buchweitzen, indianifches Korn, Erbſen, Bohnen und indianiſche Erbſen. f Der Hanf, und Flachsbau wird hier ſtark getrieben. Ruͤben, gelbe Moͤhren, Paſtinacken, und eine Art gelber Erdäpfel, die zuerſt von Ante⸗ go nach Penſilvanien kamen, bringt das Erdreich in groͤßerer Menge her⸗ vor wie in England, und alle dieſe Gewaͤchſe ſind auch groͤßer, dicker und von angenehmern Geſchmack wie die engliſchen. Man hat alle Arten Kräuter und Wurzeln, die man in England in den Gaͤrten findet, oder die daſelbſt wild wachſen, findet man auch bier: z. E. Artiſchocken, meiſt alle Arten von Sa- laten, Senf, Raute, Salbey, Krau⸗ ſemuͤnze, Fahrenkraut, (Tanacecum, J Poley, Portulak, . w. | 4 | 8 381 Es giebt bier Landleute, deren jeder jährlich zwiſchen 70 und go Acker mit Weitzen beſaͤet, ausgenommen, was ſte nun außerdem noch mit Gerſte, Rocken, Haber, Erbſen, Bohnen, Buchweitzen, u. ſ. w. beſtellen. Gemeiniglich hat man in jedem Jahr zwei Ernten, die erſte von eng⸗ liſchem Weitzen, und die andere von Buchweitzen. BT Schweine und Pferde find in Pen: ſilvanien in großer Anzahl und von vorzuͤglicher Guͤte. Ich ſahe ein Schwein ſchlachten, das ein Jahr alt war, und 200 Pfund wog. Die penſilvaniſchen Pferde ſind ſehr ſtark, und koͤnnen die groͤßten Stra⸗ patzen ausſtehen. Ein penſilvaniſcher Ochſe wiegt ge⸗ woͤhnlich goo Pfund, wenn er ge ſchlachtet wird. Ki Die dortigen Schafe tragen gemei⸗ niglich zwei Laͤmmer auf einmal, und einige lammen zwei mal im Jahr. Ihre Wolle iſt fein, dick und blendend rd Er Der Handel der Penſilvanier er: ſtreckt ſich nach Neu-Nork, Neu⸗ England, Virginien, Maryland, Carolina, Jamaika, Barbados, Nevis, Montferat, Antego, St. Chriſtoph, Barmudes, YTeu: Foundland, Maderas, Salte⸗ tudeous, Alt England. Er be: ſtehet vorzüglich in Pferden, Tan: nen, Mehl, Butter, Kaͤſe, eingepoͤk⸗ keltem und geraͤuchertem Schweine⸗ und Rindfleiſch, eingeſalzenen Fiſchen, Bier, allen Arten von Korn, Erbſen, der Landſchaft Penſilvanien. 582 Bohnen, Fellen, Haͤuten, Taback, Pottaſche, Wachs, Honig, u. ſ. w. wofuͤr ſie Rum, Zucker, Syrup, Sil⸗ ber, Salz, Wein, Hausgeraͤthe, Tür cher, Schwarze, u. d. gl. eintauſchen. Von den Geſetzen, die William Penn ſeinem neuen Lande gab, will ich nur folgendes anfuͤhren. Er ver⸗ ordnete, daß x 1) um des Glaubens Willen Nie mand unterdrückt, ſondern die Gewiſ⸗ ſensfreiheit allen Landeseinwohnern uneingeſchraͤnkt gelaſſen werden, auch jeder Nation und Secte es frei ſtehen folte, ſich nach eigenem Gefallen Kirz chen und Schulen zu erbauen. 2) Der Sonntag ſolte dem oͤffent⸗ lichen Gottesdienſte gewidmet ſeyn. Die Lehre von Gott ſolte dermaaßen eifrig getrieben werden, daß die Rei⸗ nigkeit derſelben bei jedem aus den daraus folgenden Fruͤchten erkant wer⸗ den koͤnte. en 3) Die hin und wieder im Lande einzeln wohnende Bauern, ſolten zur bequemern Erziehung der Jugend, in Doͤrfer und Flecken zuſammen ziehen. 4 Die Gerichtstaͤge ſolten zu ge⸗ wiſſen Zeiten oͤffentlich gehalten wer⸗ den, und jedem ſolte es frei ſtehen, da⸗ bei zuzuhoͤren. | BER 5) In den angehenden Städten und Flecken ſolten gewiſſe Friedensrichter zu Beobachtung der Geſetze, verordnet werden. f Bi 6) Das Fluchen, Gottesläftern, Misbrauchen des goͤttlichen Namens, Zanken, Betriegen und Betrinken, ſolte mit dem Halseiſen beſtraſt werden, ' Oo 2 7) 583 7) Alle Handwerker ſollen mit der ihnen verordneten Taxe zufrieden ſeyn. 8) Jedes Kind ſoll, ſo bald es zwoͤlf Jahr alt iſt, zu einem Handwerker in die Lehre gethan, oder zur Erlernung einer andern Handihierung angehal⸗ ten werden. Alle Proceſſe werden mit großer Sorgfalt, und ſo ſchnell wie moͤglich, geſchlichtet. Betraͤgt der Rechtsſtreit unter 40 Schilling, ſo hat jeder Frie⸗ densrichter die Macht, die Sh zu unterſuchen. Des Herrn Gabriel Thomas kurze Beſchreibung ıc, 584 An großen Malz⸗ und Brauhaͤu⸗ ſern fehlt es in Philadelphia nicht. Die hieſigen Waſſermuͤhlen uͤbertreffen die engliſchen an Geſchwindigkeit 0 Mahlen und gutem Meblmachen. In Germantown wird ſehr gu⸗ tes Papier, gutes Annen, Dr ruppet; . Crep b) und Sarle, neb ande wollenen Tuͤchern gemacht. 5 erde 3 In den meiſten Theilen des landes ſind herrliche Gaͤrten mit prächtigen Sommerhaͤuſern angelegt. 2 Kur 11 Ar das faſt wie Tuch ausſieht, aber at ſo gut und Ban wie N b) Ein von Kameelhaaren verfertigtes Zeug. | 227 Hannover. G. 8. webe. “N 3 Sxndſchreiben an bew Herrn Oberforſter Ahlers zu Bremervoͤrde. Da Ew. und Bekantmachung vieler mit ruhmwuͤrdigem Fleiſ—⸗ ſe angeſtellten Verſuche den Taxus⸗ oder Ibenbaum von dem Verdacht befreiet, daß der Genuß feines nadel⸗ artigen Laubes unterſchiedenen Thier⸗ gattungen, und fuͤrnemlich den Pfer⸗ den toͤdtlich ſey, ſo wird Ihnen, als ein Nachtrag zu beſagten Erfah⸗ rungen, die gegenwaͤrtige Nachricht von aus gepruͤfter Unſchaͤdlichkeit auch des menſchlichen Genuſſes der Früchte dieſes, einige Zeit ber fo ſehr ver⸗ ſchrienen Baumes, nicht unwillkom⸗ men ſeyn. Der Verfaſſer dieſes Sendſchreibens, befindet ſich ſeit 24 Jahren in dem Of⸗ Ser a ©. 1 fieialbeſt itz eines mit 8 5 9 0 Beeren tragenden großen Taxus daͤu⸗ men nach altvaͤterlicher Art verzierten berrſchaftlichen Amtgartens. Schon hatten die vier Älteften ſeiner eilf Kin⸗ der ſich mehrere Jahre an dem Ge⸗ nuß der Taxusbeeren vergnuͤget, und niemals uͤber einiges ſich dadurch zu⸗ gezogenes Ungemach geklaget, als de⸗ ren Aeltern durch Leſung eines ſonſt bewaͤhrten botaniſchen Schriftſtellers, der in Uebereinſtimmung mit mehr au⸗ dern Botaniſten, den Genuß dieſer Frucht fuͤr vergiftend und toͤdtlich er⸗ klaͤret, zweifelhaft gemacht und bewo⸗ gen wurden, ſowohl ibren Kindern das Eſſen der Tarusberen zu verbieten, als auch — 1 2 3 N ur 1 * 233 ‚585 N . auch dem Gaͤrtner deshalb beſtimmte Anweiſung zur Mitobacht zu ertheilen. Der Gaͤrtner, voll Verwunderung uͤber ein ihm ſo fremdes Verbot, verſicherte gleich alſofort, wie er als eines ham⸗ burgiſchen vieljaͤhrigen Gartenwaͤrters Sohn, nebſt drei allerſeits geſund und ſtark herangewachſenen Geſchwiſtern, von Jugend auf alljaͤhrlich Taxusbee⸗ ren genoſſen, und ſie insgeſamt nie das mindeſte Uebelbefinden darnach geſpuͤret härten. Bald nachher wurs de eines meiner Kinder, ein vierte: halbjaͤhrer Knabe, noch vor dasjähri: ger Reife der Taxusbeeren mit einem Schnupſenfieber, vergeſellſchaftet mit beftigem trocknen Huſten und under. windlichen Abſcheu gegen alle Kinder ſonſt nicht wg e bruſtloͤſende Suͤßigkeiten befallen. Da die Gefahr der Erſtickung des Kindes groß wur⸗ de, verfuchte man in Abweſenheit des Arztes vergebens, durch mehrere ſonſt in dergleichen Faͤllen würffame Mittel dem kranken Kinde moͤglichſt ſchleunige Huͤlſe zu verſchaffen, als unerwartet ei: ner der aͤltern Bruͤder des Knaben eine Theetaſſe voll, immittelſt als zugereis fet entdeckter Taxusbeeren dem kleinen Kranken brachte, und dieſer erfreuet uͤber den Anblick ſolcher ihm ſchon vom vorigen Jahre her bekanter Frucht, die⸗ ſelben mit Wolluſt verzehrte. Kaum eine Viertelſtunde nach reichlichem Ge— nuß davon, war der trockene Huſten des Kindes geloͤſet und die uͤbrige Krankheit deſſelben durch ſonſt ge woͤhnliche Mittel bald geheilet. Die⸗ ſer beſondere Verſuch veranlaßte na⸗ Sendſchreiben an den Herrn Oberförfker Ahlers a. 586 tuͤrlicher Weiſe eine genauere Pruͤfung des gebrauchten außer ordentlichen Mit⸗ tels, von welchem der Arzt meines Hauſes ein ruͤhmlich bekanter hieſi⸗ ger Landphyſikus, eine Quantität auf mein Erſuchen zu ſich nahm, um dieſe Frucht deſto näher mediciniſch zu uns terſuchen. Das Reſultat der Erfor⸗ ſchungen deſſelben war, daß die Ta: xusbeere einen mucilaginoͤſen Bruſt erleichternden Saft in ſich faffe, der allerdings auf die erzaͤhlte Art mit Nutzen habe gebraucht werden koͤn⸗ nen, auch überall keine der menſchli⸗ chen Geſundheit ſchaͤdliche Beſtand⸗ theile enthalte. Durch dieſe ſelbſt von unſerm Arzte bewaͤhrt gefundene Un— ſchaͤdlichkeit der Taxusbeeren, erwuchs der leicht vorauszuſehende Erfolg, daß nun auch meine juͤngeren Kinder, deren jetzt, wie oben gedacht, uͤberall eilf in guter Geſundheit leben, fortführen, alljaͤhrlich die reifen Taxusbeeren in Menge zu eſſen, ohne weiter einigen Nachtheil davon zu befuͤrchten, vielwe⸗ niger zu erleben. Durch ſolchergeſtalt vervielfältigte Erfahrung, war mithin der bis jetzt im Dunkeln geherrſchte Argwohn, als ob der Genuß der Taxus⸗ beeren dem Menſchen ſchaͤdlich, oder gar toͤdtlich ſey, wenigſtens in Abſicht des in hieſigen Gegenden wachſenden Taxus oder Ibenbaumes uͤberfluͤßig widerleget, und der Verfaſſer dieſes Auf ſatzes, las nur noch mit Misvergnuͤ⸗ gen, die in dem Hannoveriſchen Ma⸗ gazin von Zeit zu Zeit erzählten Wahr⸗ nehmungen, einer tödtenden Wuͤr⸗ kung, welche das von mehreren Thier⸗ Oo 3 arten, | 387 Sendſchreiben an den Herrn Oberfoͤrſter Ahlers, ꝛe. arten, und insbeſondere von den Pfer⸗ den genoſſene nadelartige Laub dieſes legenheit feblete. Deſtomehr haben mich dagegen die von Ew. des Endes von ihm als einem am Oberharze ge: unlaͤngſt in dieſen Blaͤttern erzählte ; bornen Freunde aller Nadelholzſorten von jeher beguͤnſtigten Tarusbaumes unvermeidlich nach ſich ziehen ſolte, und von deren Unrichtigkeit durch ſi⸗ chere Erfahrungen ſich zu uͤberzeugen, es hieſigen Ortes an zureichender Ge⸗ W. wiederholte, und insgefame nach Wunſch gelungene Verſuche vergnuͤ⸗ get, und ich danke Ihnen zu meinem Antheile auf das verbindlichſte fuͤr deren dem Publikum gegoͤnnete nuͤtz⸗ liche Bekantmachung. ER, TR Fragment aus Betrachtungen bei dem Begräbniffe eines „ nes von außerordentlichen Verdienſten. er Ruhm iſt nicht immer ein fehr getreuer Gefaͤhrte des Ber: dienftes. Ein Paar Bogen Witz werden oft an dem erhabenſten Platze in dem Archive der Denkwuͤrdigkeiten aufbewahrt, und unter ihnen liegen die unſchaͤtzbarſten Urkunden tugend⸗ bafter Thaten mit dem Staube der Vergeſſenheit bedeckt. — Nie habe ich dieſem gewoͤhnlichen Laufe der Dinge mit mehrerm Unwil⸗ len nachgedacht als jetzt in dem Au⸗ genblicke, da ich von der Beerdigung eines Mannes zuruͤckkehre, der ſein ganzes Daſeyn der Wohlfahrt ſeiner Mitbuͤrger aufopferte, dennoch aber durch kein dem Verdienſte gewidmetes Ehrenzeichen von dem gemeinen Hau⸗ fen alltaͤglicher Menſchen unterſchie⸗ den wurde. 1 ö Man glaubt viel gethan zu haben, wenn über einen ſolchen Verluſt einis ge Thraͤnen fließen, die bald wieder vertrocknen. Mehr Erkentlichkeit aber an⸗ duͤrfen Verdienſte ohne Glanz, ohne Geraͤuſch im ſtillen erworben, nicht gewaͤrtigen. Stirbt irgend ein be⸗ ruͤhmter Harlekin, ſo wuͤrde es jedem Journaliſten verdacht werden, der nicht den Tag ſeines Todes, mit ge⸗ haͤuften Lobeserhebungen anzeigte. Als lein, wie ſelten wenden dieſe nur die geringſte Zeile an die oͤffentliche Ver⸗ breitung der Tugenden eines Unbe⸗ kanten, folte er auch in einem einzi⸗ gen Tage mehr Gutes geſtiſtet haben, als Schriftſteller der erſten Größe, durch ganze Bibliotheken ihrer Werke? Moͤgten doch die heutigen Refor⸗ matoren es für ein wuͤrdiges Geſchaͤf⸗ te halten, unſer Zeitalter von dieſer Ungerechtigkeit zu befreien, und mehr Sorgfalt fuͤr das Andenken ſolcher Maͤnner zu erregen ſuchen, denen es wichtiger iſt, Menſchen gluͤcklich zu machen als zu amuͤſiren, die ohne Zeitverſchwendung und Pflichtvergefr ſenheit nicht für ihren eigenen Ruhm at 588 389 arbeiten konten, deren ganzes Leben bingegen aus ſchoͤnen Handlungen zu⸗ ee war, und eben darum Fragment aus Betrachtungen bei dem Begraͤbniſſe, ꝛe. 590 vor den Augen der großen was ver⸗ borgen blieb! Nachricht an die giebhaber der Muſik. ie Herausgeber der J. J. Rouſ⸗ ſeauiſchen Werke, wollen neben dieſen und andern franzoͤſiſchen Auto⸗ ren auch noch ein Journal de Litterature & Choix de Mufique beraus geben; worüber ein beſonde⸗ rer in franzoͤſiſcher Sprache geſchrie⸗ bener Proſpectus, der das Modell der Schrift, des Formats und Papiers enthält, im Druck erfchienen iſt. Dieſes Journal ſoll enthalten: Erſtlich eine unpartheiiſche und gründliche Anzeige der merkwuͤrdig⸗ ſten Produkte der franzoͤſiſchen, deutſchen, engliſchen und italie⸗ niſchen Litteratur, und zwar aus dem Fache der Philoſophie, Ge⸗ ſchichte, Romanen, des Theaters und der Poeſie; dann kleinere poe⸗ tiſche Stuͤcke, Epigrammen, merk⸗ wuͤrdige Anekdoten, kurzgefaßte Bio; graphien von Gelehrten, Ton: und andern Kuͤnſtlern; desgleichen kriti⸗ ſche Anzeigen neuer muſikaliſcher Werke, die die Aufmerkſamkeit des Publikums zu verdienen ſcheinen, nebſt einigen Lebensumſtaͤnden des Ver⸗ ſaſſers. Was aber dieſes Journal von allen andern auszeichnen wird, werden Seitens, die muſikaliſchen Stuͤcke ſeyn, wovon jedem Hefte von 6 Bogen in Quart, wenigſtens 3 Bogen angehängt, und die mithin jaͤhrlich einen beſondern Band von 36 bis 40 Bogen ausmachen werden. Da die Geſellſchaft mit den beſten franzoͤſiſchen, italieniſchen und deut: ſchen Gelehrten und Tonkuͤnſtlern in Verbindung ſtehet; fo wird man hof— fentlich nicht befuͤrchten, mit mittel⸗ maͤßigen, ſchon bekanten, geſchmacklo⸗ ſen oder ſchlechten Stuͤcken bintergan⸗ gen zu werden. Dieſe muſikaliſchen Stuͤcke nun werden beſtehen: 1. In den neueſten und inteteſſan teſten Arien, aus franzoͤſiſchen, ita⸗ lieniſchen und deutſchen Opern, noch ehe ſelbige aufgefuͤhrt worden ſind. 2. In neuen Romanzen, klei⸗ nern Arien von einer oder zwo Stimmen, mit der Begleitung eines oder mehrerer Inſtrumente. 3. In größern muſikaliſchen Stuͤcken, fuͤr alle Gattungen von Inſtrumenten, insbeſondere aber fuͤrs Clavier. An der Correetheit des Drucks des Textes und der Noten wird hoffentlich Niemand zweifeln; wenn ich verſiche⸗ re, daß beſondere ſachkundige Per⸗ ſonen die Correitur beſorgen 3 ie 591 Dieſes Journal wird, wie bereits erwähnt iſt, jährlich in groß Quart auf 72 Bogen ſich belaufen, und allmo⸗ natlich in Heften von 6 Bogen aus: gegeben werden, wovon die Hälfte al; lein der Muſik wird gewidmet ſeyn. Der Subferiptionspreis iſt zu Zwey⸗ bruͤcken ein neuer Louis d'or, oder eilf Gulden rheiniſch, nach dem 24 Gul⸗ denfuß, und 6 Rthlr. 3 ggr. Saͤch⸗ ſiſch, den alten Louis d'or zu Rrthlr. gerechnet, und wird halbjährlich be zahlt. Die Verſendung gefchiebt jedes: mal, zu Erſparung der Koſten, mit r r een 4 7 x d . 1 * D 7 2 * N | A * * 8 ss unſern uͤbrigen Schriften, alle 4 oder 6 Wochen, und zwar frei bis Frank furt am Mayn. Von dorten an tra⸗ gen die Subſeribenten Fracht und Gefahr. RT Das erſte Heft wird den 15 ten Heu⸗ monat ausgegeben. Man ſubſeribirt nur fuͤr die letztern f 6 Monate dieſes Jahrs; in der Fol⸗ ge aber auf nicht weniger als auf einen completen Jahrgang. PR Der Poſtſchrelber Albers in Han⸗ nover nimt Subſeription fuͤr hieſige Gegend an. ö | Aufgaben. 1. a 5 Wie leget man auf dem Lande eine gute Taubenflucht an, ſo daß man den beſten Nutzen davon bat? Wie werden die Tauben fuͤr Raub⸗ thieren und Ungeziefer am beſten ver⸗ wahrt? und wie viel erfordern ſie etwa im Winter Futter nach Propor⸗ tion einer gewiſſen Anzahl? 2. Ken Niederſachſen, in der Gegend as von Hamburg, iſt ein Diſtrikt, wo die recht großen Huͤhner zu Hauſe ſind und gezogen werden. Wie heißt ner zu haben? a dieſer Diſtrikt, und wo find dieſe Huͤh⸗ 3. m. Wie werden die italieniſche Maca⸗ ronen am beſten zubereitet, daß man fie genießen, und Gebrauch das von machen kan? n 4 . Wie koͤnnen die Spick-⸗ und andere Murcheln, die an einigen Orten in den Hoͤlzungen wachſen, zugezogen und vermehrt werden? was fuͤr einen Boden erfordern ſie? und wo und an welchem rte wachſen fie am haͤufigſten? Dkuckfehler. Im 33ten Stlicke dieſes Magazins, auf der erſten Seite h. 16 muß in dem Recept Napbe , ſtatt Naphtbz geleſen werden. —: AAA. 5 8 2 e u e nen 494 Hannoberiſches Magazin. 2 des Stück. 5 | Verfolg der Reiſe eines Theils der nach Oſtindien gegangenen Chur Braunſchweig-Luͤneburgiſchen Truppen, von Rio de Janeiro bis Madras a). Di zten Junius 1782 liefen wir, um unſere Reiſe weiter fortzufeßen, von Rio de a: neiro wieder aus, gingen aus Man⸗ gel des Windes gegen Abend vor An⸗ ker, und den fen Jun. wieder unter Segel, mußten aber wegen Windſtille wieder Anker werfen; wir lichteten ſie den sten Jun., und am Abend waren wir bei gutem Winde wieder in dem Ocean. In dieſer Nacht verließ der Cutter, (ein kleines Schif von 12 vier: pfuͤndigen Kanonen,) die Flotte, und ging mit des Admirals Depechen und unſern Briefen nach England zuruͤck. Den ofen Jun. des Abends hatten wir den erſten heftigen Squal, (eine Art von einem nicht lange anhalten⸗ den, aber um ſo oͤfter kommenden Sturm, ) der uns fuͤnf Seitenſegel auf einmal wegnahm, uns aber, durch die Vorkehrung unſers aufmerkſamen Ca: pitains weiter nicht ſchaden konte. Mit dieſem Vorfall nahmen zugleich die unruhigen Zeiten, da wir wegen hoher und unruhiger See nicht wenig herum geworfen wurden, ihren Anfang. Den zoten Jun. des Abends, ſahen wir den Commodore Sir Richard Bicker⸗ ton zum letzten mal, und in dieſer Nacht wurde die Flotte durch die Squals zerſtreut; indeß ſahen wir den zweiten Tag, da wir 36 Grad 25 Mi⸗ nuten ſuͤdlicher Breite waren, zehn DR pſt⸗ a). Siehe das 20te his 23te Stuck von dieſem Jahre. Solten mehrere umſtaͤndliche Nachrichten von Freunden einlaufen, welche dieſe Reiſe mit gethan haben, fü werden diejenigen, die ſolche bekommen gar ſehr gebeten, dieſelben dem Intel⸗ ligenzcomtoir gütigft mitzutheilen, damit daraus ein Auszug gemacht, und un⸗ fern Landesleuten vorgelegt werden möge, denen dergleichen ne a angenehm ſeyn werden. Bei den Auszügen ſoll die erforderliche Aufmerkſam⸗ keit angewendet werden, daß man nicht einerlei Sache mehrmals wiederhole. Da jedoch, wie aus dieſem Briefe erſichtlich, die Transportſchiffe auf der Reiſe nicht zuſammen geblieben, ſo haben ohne Zweifel von einander f Vorfälle ſich ereignet, durch deren Erzählung die Nachricht intereflant wird. Es 595 oſtindiſche Schiffe wieder, ſo ſich aber auch allmaͤhlig zerſtreueten, ſo, daß wir nur noch eines davon den 28ten Jun. in einer weiten Entfernung, hin⸗ ter uns wahrnahmen. Dieſen Tag, da wir 37 Grad 16 Minuten waren und truͤbes ſtuͤrmiſches Wetter, auch widrigen Oſtwind hatten, der in dieſer Gegend was ungewöhnliches ſeyn ſoll, wurden wir auf einer kurzen Entfer⸗ nung gewahr, daß wir gerade auf die Inſel de Triſtan de Cunhan zu: ſteuerten. Dieſe iſt ein, von einigen Meilen im Umfang, bloßer, ungebeu: rer Felſen, deſſen Spitzen mit Schnee bedeckt waren, und der keine andere Bewohner als eine Menge Sesvoͤgel von vielerlei Gattungen hat, worun⸗ ter die Arbatroſſen die vornehmſten, wenigſtens die groͤßeſten waren, weil ihre Breite bei ausgebreiten Fluͤgeln von einer Spitze zur andern 18 bis 30 Fuß ausmachen ſoll. Ein Gluͤck war es, daß uns dieſes bei Tage begegne— te, da wir noch geſchwinde ausweichen konten. Wir ließen unſere große Flag⸗ ge wehen, nicht zur Ehre des Felſen und feiner gefiederten Bewohner, fon: dern damit dem binterſten Schiffe, we⸗ gen dieſes Felſen ein Signal zu geben, und wuͤnſchten, daß unſere Furcht unge: gruͤndet u. kein Schif von unſerer Flotte daran geſtrandet ſeyn moͤgte, weil wir zwei Truͤmmer von einem Schif wahr: nahmen, die aber auch nur von einem Bote ſeyn konten, das die Wellen von einem Verdeck geſpuͤlet. Da unſer Schif vorzuͤglich hoch von Bord und auch breit iſt, bon war ie Kraft der Verfolg der Reiſe, der nach Oſtindien gegangenen 596 Wellen, wenn ſie daruͤber weg ſchlu⸗ gen, nicht mehr ſo ſtark. Indeß fand ich fie einmal noch ſehr wuͤrkſam, da mich eine unverhoft uͤberraſchte, und. ein Paar Schritt wider meinen Wil: len ſchnell fort warf, wodurch ich von unten bis oben recht wohlthaͤtig gebadet wurde. Den 29 ten Jun. has: ten wir auch unſer letzt erwaͤhntes noch einziges Schif aus den Augen verlo⸗ ren. Wir waren alſo ganz alleine, jedoch bei den Kenntniſſen unſers er— fahrnen und geſchickten Capitains ri ru⸗ big und gutes Mutbs. Im Julius. Wir hoften, daß wir in dieſen Ta⸗ gen ein oder anderes von denen uns abtruͤnnig gewordenen Schiffen wie⸗ der zu Geſichte bekommen wuͤrden, al⸗ lein, bei aller Mühe, fo ſich der Capi⸗ tain auch dieſerwegen gab, war unſere Hofnung vergebens. Zur Sicherheit, um nicht gekapert zu werden, hielten wir uns ſehr nach Suͤden, welches wir ſonſt zu keiner andern Zeit noͤthig gehabt, ſondern in einem waͤrmern Klima und ruhigern See hätten blei⸗ ben koͤnnen. Auch war der Suͤd⸗ wind, den wir gfeichfam aus der er⸗ ſten Hand über das Eismeer hatten, um dieſe Zeit, da es hier ohnehin Winter iſt, außerordentlich kalt und unfreundlich, vielleicht war uns dieſes um deſto empfindlicher, da wir an die Waͤrme bereits gewohnt, und als Eu⸗ ropaͤer um dieſe Jahrszeit auch Som: mer verlangen konten. Mittlerweile hatten wir unvermuthet den 2ten Ju⸗ lius bei einem ieee Nordwin⸗ N * * 597 Chur-Braunſchweig⸗Luͤneburgiſchen Truppen, ac. 598 de der uns beitere bequeme Luft aus dem warmen Europa zuwehete, einen ſo ſchoͤnen Tag, wie wir ihn ſeit drei Wochen nicht gekant. Wir ſegelten in 24 Stunden nicht allein gemaͤch⸗ lich, ſondern ſogar ganz ſanfte 195 engliſche Meilen, und wurden über: zeugt, wie auch auf dem Waſſer die Wahrheit Platz findet, daß ein einzi⸗ ger guter Tag ſo viele uͤble vergeſſend und verſchwindend macht. Bei den anhaltenden Squals verloren wir den sten Jul. die große Raaſegel- oder Querſtange vom Mittelmaſt, woran das groͤßte Segel befeſtiget wird. Das Segel aber wurde noch gerettet, und nach einigen Tagen war der Verluſt der Raa auch wieder durch eine andere erſetzt. Dieſes iſt kein kleines Stuͤck Holz, ſondern von 75 Fuß lang, in der Mitte mehr als 5 Fuß dick, fällt allmaͤhlig nach beiden Enden ab, ſo, daß ein jeder Fuß 2 Fuß in der Runde behaͤlt. Das Stuͤck zu dieſer neuen Raa hat dem Capitain im Einkauf 49 Pf. Sterling gekoſtet. Zum Gluͤck hat⸗ ten wir gleich nach dieſem Verluſt ei⸗ nige ziemlich ruhige Tage, worin die Herſtellung dieſes Schadens geſchehen konte, und wir uͤbrigen verloren dabei weiter nichts, als einige hundert Mei: len, die wir ſonſt hätten weiter vor: waͤrts kommen koͤnnen. Wie wir den 15ten Jul. die Breite von 38 Grad 15 Minuten hatten, waren wir auch um das Vorgebuͤrge der guten Hof— nung herum gekommen. Wir ſahen nahe am Schif einen Wallſiſch. Der Theil vom Ruͤcken, der davon aus dem Waſſer geſehen werden konte, war außerordentlich groß und mit Mu: ſcheln und Schnecken von allerlei Fars ben, ſo ſich darauf feſt geſetzt hatten, reichlich verſehen. Auch ſahen wir mit Vergnuͤgen den Eifer eines Matroſen, welchem ein großer Schark oder Hay: fiſch ſein Lieblingsgerichte, nemlich ein Stuͤck beef oder geſalzen Rindfleiſch, ſo er an einem Strick im Waſſer haͤn⸗ gen hatte, wegſchnappte. Der Matroſe fing dieſen Raͤuber gleich nachher an einem großen Angel, und ſchnitt ihn mit der groͤßten Hitze auf, nahm ihm das Stuͤck Fleiſch wieder aus dem Magen, und ſchickte es mit vielem Ap⸗ petit in ſeinen eigenen. * Am Ende des Monats hatten wir eine Hochzeit, die ganz feierlich cele⸗ brirt wurde. Ein Soldat vom Re— giment heirathete ſeines verſtorbenen Cammeraden Witwe wieder. Den Englaͤndern war dieſes ſehr auffal— lend, denn fie glaubten nicht, daß je ein ſolches Feſt im Oeean geweſen ſey. Im Auguſt. Wie wir auf die Breite von 39 Grad 26 Minuten gekommen, fingen wir an oͤſtlich, und nach und nach noͤrdlich zu ſteuern, da wir dann gleich eine ruhigere See, weniger Squals, und waͤrmer Wetter bemerkten. Den 1azten Aug. kamen wir wieder in die ſuͤdoͤſtlichen Paffatwinde, Den ızten Aug. paßirten wir unter dem 2zten Grad 48 Minuten den Tropicus Ca- pricorni, und hatten Gelegenheit, zum erſten male ganz wackere Voͤgel zu be⸗ wundern, die von einer blendenden Pp 2 Weiße, 399 Verfolg der Reife, der nach Oſtindien gegangenen 40 Weiße, und beſonders lang und ſchmal waren, auch in ihrem Fluge viel Ge⸗ ſchwindigkeit zeigten, die Englaͤnder nennen fie Tropic- Voͤgel; zugleich ſa⸗ ben wir andere heßlichere, ſo fie Bobi nennen, und die nur wegen ihrer Dummheit verdienen bemerkt zu wer— den, ſich auf das Schif ſetzten, und mit der Hand greifen ließen. Eine Zeit von drei Wochen aber, hatten wir den fuͤrtreflichſten Wind, der uns weit vorwaͤrts brachte, und zugleich, da wir uns der Linie näher: ten, die Luft kuͤhlete. Die Linie wa⸗ ren wir den 27ten Aug. Morgens um 4 Uhr im Schlaf paßiret, und hatten fie bereits den folgenden Mittag 4 Grad 44 Minuten noͤrdlicher Breite hinter uns. Wir bemerkten hier Heerden Fi⸗ ſche, die hoch aus dem Waſſer ſpran⸗ gen, ſich in der Luft umkehrten, und denn wieder in ihr Element warfen. Auch fingen wir einen großen Delphin, der ſehr wohl ſchmeckend war. Die⸗ ſer Fiſch iſt glaͤnzend gelb, welche Far⸗ be er aber, ſo bald er aus dem Waſſer iſt, allmaͤhlig verliert. Den 29 ten Aug. kamen wir in die Bay von Ben⸗ galen, die hier von Ceylon bis Su⸗ matra 9 Grad betraͤgt. ITInm September. Den uten ſahen wir des Morgens die Gebirge von der Kuͤſte von Cey⸗ lon auf etwa 30 englifche Meilen, nachdem wir uns bereits zwei Tage zuvor mit dem ſtaͤrkenden und erfri— ſchenden Land und Erdgeruch, ſo uns von daher zuwehete, erquicket hatten. Um Mittag waren wir in noͤrdlicher — Breite von 7 Grad 44 Minuten, und auf 35 Minuten noͤrdlich nach gerade unter der Sonne. Die Spendeln ga⸗ ben keinen Schatten, und der von den Menſchen war ein dicker unfoͤrmlicher widerlicher Klumpen, gerade zum Fuͤſ⸗ ſen. Der Wind war geringe, und daher die Hitze um ſo ſtaͤrkenr. Am 2ten Sept. mit Tages Anbruch entdeckten wir von weitem zwei Schiffe. Wir ſchickten uns ſofort zu einem See⸗ gefecht an, worauf wir uns einige Mo⸗ nate nach einer dazu entworfenen Di: ſpoſition geuͤbet hatten. Der Capitain gab jedesmal das Pulver dazu her, wel⸗ ches mir um ſo angenehmer war, weil dadurch unſere Jugend etwas kriegriſch und mit dem Feuer um ſo bekanter wur⸗ de. Wir hatten auch die fefte Abrede genommen, uns nicht allein, wenn die Parthie nur irgend gleich, bis aufs aͤuſ⸗ ſerſte zu wehren, ſondern ſogar auch Prieſen zu machen, wozu der Capitain durch die bei ſich habende lettres of Marques berechtigt war, Dieſes alles wurde aber bald zu Waſſer, da wir bald nachher in allen 17 Segel zaͤhlten, und eine natuͤrliche Unruhe eintrat, ob ſie vielleicht feindlich ſeyn koͤnten? Wir wurden indeß Morgens um 10 Uhr, durch die Signale aufs erfreulichſte uͤberzeugt, daß es eine engliſche Flotte, und weiter kurz nachher durch eine Fre⸗ gatte, daß es der Admiral Hughes ſey, ſo in Oſtindien ſtationirt. Sie wuͤnſch⸗ te uns Gluͤck, daß wir der franzoͤſiſchen Flotte entkommen, mit welcher ſie in nicht langer Zeit drei Engagements ge⸗ habt, und verſicherte zugleich, daß un⸗ ſer 601 e Chur⸗ Braunſchweig Lüneburgiſchen Truppen, 1c. 602 fer Schif das erſte fen, das von Bicker⸗ tons Flotte in der Bay von Benga⸗ len angekommen, womit wir uns nicht wenig groß duͤnkten. Der Capitain ging ans Bord des Admirals, welcher ihm den Rath gege: ben, vorerſt bei der Flotte zu bleiben, wetl er nicht eigentlich wiſſen koͤnte, wo die franzoͤſiſche Flotte ſich aufhielte. Wir ſegelten daher mit der Flotte an den Ceylonſchen Kuͤſten zuruͤck, und entdeck⸗ ten in der Nacht die franzoͤſiſche Flotte an ihren Leuchten vor dem Ceylonſchen Hafen Trincoemale von 20 Segel ſtark. Mit Tages Anbruch formirten wir unſere Linie 3 Leagues der Feind⸗ lichen gegen uͤber. Unſer Admiral wuͤr⸗ de ſie wahrſcheinlich in dieſer Situation angegriffen haben, wenn der Wind nicht entgegen geweſen waͤre. Unſer Schif hatte die Ehre mit in der zweiten Linie zu ſeyn, und der Admiral goͤnnete uns dieſes wohl, um ſo mehr, da wir doch wenigſtens ſeine Flotte mit einem Segel vermehrten, und der Feind unſer eigent⸗ lich ſchwaches Werk in Vergleich mit einem Kriegesſchiffe nicht wahrnehmen konte, indem wir von außen der Groͤße nach viel verſprachen, und auf allen Fall doch fuͤr etwas gerechnet wer⸗ den mußten. Um 6 Uhr defilirte die feindliche Flotte rechts, und wir links, ſo daß wir auf dieſe Art uns bald wei⸗ ter bald naͤher zur Seite waren, bis das franzoͤſiſche Admiralſchif, da wir 9 Leagues von Trincoemale, und 8 Grad 40 Minuten noͤrdlicher Breite waren, halb 3 Uhr den erſten Schuß auf unfer Admiralſchif that, welches ſofort antwortete. Zugleich engagir⸗ ten ſich noch fuͤnf andere Schiffe von beiden Seiten, und allmaͤhlig kam die ganze Linie ins Feuer, welches abwech⸗ ſelnd, bald in der Mitte, bald an den Fluͤgeln ſchwaͤcher oder ſtaͤrker war, und ſo unaufhoͤrlich bis nach 7 Uhr fortdauerte. Eine halbe Stun— de vorher hatten wir die Freude, des franzöfifchen Admirals Haupt: oder Mittelmaſt fallen zu ſehen, nachdem ihm zuvor ſchon der Vormaſt und ein Theil des Hintermaſts weggeſchoſſen war. Die zunaͤchſt ſich befindlichen Schiffe eileten, ihren Admiral zu ret⸗ ten, und ein Paar engliſche ſuchten es zu vereiteln, allein, die Dunkelheit, die der Sache uͤberhaupt ein Ende machte, verurſachte zugleich, daß er zu unſerm Misvergnuͤgen glücklich ent: kam. Die franzöfifche Flotte zog ſich weiter rechts, und die unſrige nahm den Weg zuruͤck nach Trincoemale, kehrte aber bald nachher um, folgte der franzoͤſiſchen, und legte die Nacht uͤber bei. Den 4 Sept. Mittags ſteuerten wir nach Madras. Der Admiral ließ von unſerer ohnehin geringen An⸗ zahl Matroſen, 34 der Beſten preſſen, weswegen wir denn unſern kriegeriſchen Seegeiſt gaͤnzlich aufgeben mußten, weil wir, incluſive unſerer Leute, kaum ſo viel behielten, als um das Schif zu regieren erforderlich waren, dieſes veranlaßte, daß wir uns nun lediglich nach Madras ſehneten. Die fran⸗ zöfifche Flotte iſt in der Nacht vom Zten auf den 4ten Sept. in einer wei⸗ Pp 3 | ten eg > 5 VVV 603 Verfolg der Reiſe, der nach Oſtindien gegangenen 604 ten Entfernung von der unfrigen paſ— firt, und zuruͤck nach Trincoemale gegangen. Dieſen Hafen und das Fort hatte die engliſche Flotte mit ei⸗ nem Theil oſtindiſcher Truppen den Hollaͤndern im verwichenen Jan. 1782 mit Sturm abgenommen, und das Fort mit 250 Europäern und 1000 Sepoys, unter Commando eines Ca: pitains beſetzt, welches aber von der franzoͤſiſchen Flotte kuͤrzlich wie der muß genommen ſeyn, denn wie wir es am 8ten Sept. paſſirten, ſahen wir leider die franzoͤſiſche Flagge dar: auf wehen. Die Englaͤnder gedenken indeß von dieſem fo guten und vor: theilhaft gelegenen Hafen wieder Mei: ſter zu werden, wenn Sir Richard Bickerton mit ſeinen Schiffen zu der hiefigen Flotte wird geſtoßen ſeyn, wodurch ſie die Superiotaͤt uͤber die franzoͤſiſche hat, welche bis hieher auf jener Seite, ſowohl in der Anzahl als auch Staͤrke der Schiffe geweſen. Dieſerwegen iſt der Muth, mit wel⸗ chem die Engländer ſich der franzoͤſi⸗ ſchen Flotte in den vier Engagements entgegen geſtellet und gefochten, gewiß um ſo mehr zu bewundern. Ich habe am zien Sept. von beiden Seiten, und beſonders von den beiden Admi⸗ rals, die nebſt vielen andern Schif⸗ fen gar nicht aus dem Feuer gekom— men, ungemein viel Braves wahrge— nommen. Der franzoͤſiſche Admiral, nachdem er ſchon feinen großen Maſt verloren und ſich zuruͤckziehen mußte, feuerte in dieſen ſchlechten Umſtaͤnden dem ungeachtet noch uͤber 6 Schuß, und wird uͤberhaupt von der engliſchen Flotte ſehr geruͤhmt. Entſcheidende und größere Vortheile würden ſehr wahrſcheinlich auf Seiten der Eug⸗ laͤnder gefallen ſeyn, wenn es ein Paar Stunden laͤnger Tag geweſen waͤre, da bereits unterſchiedene fran⸗ zoͤſiſche Schiffe viel gelitten, und ein Paar davon ſich zuruͤck aus der Linie gezogen hatten, zumalen die Englaͤn⸗ der zwar langſamer, aber um ſo ge⸗ wiſſer ſchoſſen, dagegen die Franzo⸗ ſen aͤußerſt geſchwind ohne zu zielen, oder ohne die Zeit wahrſcheinlich zu treffen, in Acht zu nehmen, feuerten. Daher fie ihre Kugeln weit uͤber weg, oder zu kurz, zuſehends ins Waſſer ſchickten. 1 | Die Engländer halten dafür, daß das franzoͤſiſche Admiralſchif ſinken duͤrfte, und daß ihre Flotte viel Leute muͤſſe verloren haben. Der Verluſt der Englaͤnder betraͤgt, außer ein Paar Capitains, fo beſonders bedauert wer: den, wenig. Viere ihrer Schiffe ha⸗ ben an dem Topmaſt gelitten, ſo von keiner Erheblichkeit, indeß wird die Flotte um ſich wieder auszubeſſern, nach Madras gehen, wenn ſie nicht wegen des Windes nach Negapa⸗ tam, als den erſten Hafen an der co: romaondelſchen Kuͤſte, kommen kan. Die Franzoſen engagirten ſich, da ihr Geſchuͤtz laͤnger iſt, auf eine weite Diſtanz, und die Englaͤnder konten nicht fo nahe, wie fonft gewöhnlich, ſich anlegen, weil ſie unter dem Win⸗ de waren, und dieſes iſt wohl eine Urſache mit, warum die fo lange und den 605 den Dampf und Getöfe nach anſchei— nende moͤrderliche Kanonade verhält: nißmaͤßig nicht mehr Schaden gethan. Im uͤbrigen, ob wir zwar nebſt den andern Schiffen der zweiten Linie nicht engagirte geweſen, ſo wird es mir alle⸗ mal eine große Satisfaction bleiben, dieſes Seegefecht, dergleichen ſo ſel— ten fuͤr uns Deutſche ſind, ſo nahe geſehen, und demſelben mit beigewoh⸗ | net zu haben. Den 6ten Sept. Abends um 10 Uhr, uͤberfiel uns ein ſtarkes Gewitter, ſo plötzlich und mit ſolchem Sturm, daß wir die Segel nicht ſo bald einnehmen, und aus Mangel der Matroſen, das Schif nicht ſo ge— ſchwind und gut regieren konten, wobei es fürchterlich dunkel wurde, und der Re⸗ gen in Guͤſſen fiel. In dieſer verwirr— ten Verfaſſung ſtießen wir mit der Vorderſpitze unſers Schiffes auf ein Kriegsſchif, ſo gerade vor uns war, brachen das Bogſpriet, die aͤußerli⸗ chen Theile vorne vom Schif, und be: ſchaͤdigten den Vordermaſt. Dieſer gewaltigen Erſchuͤtterung nach, glaub: ten wir mit dem Capitain, dem Gin: ken nahe zu ſeyn, da der eigentliche Schaden nicht fo fort geſehen und ge⸗ nau beurtheilet, uns aber wegen des anhaltenden Sturms nichts zu Huͤlfe geſchickt werden konte. Die Nach: richten unten aus dem Schiffe ergaben jedoch, daß nichts beſchaͤdiget, und das Schif kein Waſſer zoͤge; wir wur⸗ den alſo nach und nach weiter uͤber⸗ zenget, daß wir geborgen wären, Des andern Tages ſchickte uns der Admi⸗ ral zehn fuͤrtrefliche Matroſen, mit | Chur⸗Braunſchweig⸗ Luͤneburgiſchen Truppen, ic, 606 deren Hülfe der Schaden in fofern geheilet wurde, daß wir hoffen kon— ten, Madras gluͤcklich zu erreichen, und da es der Beruf des Deutſchen Militairs eigentlich nicht iſt, in der See unterzugehen, ſo ſchwammen wir mit aller Zuverſicht getroſt weiter fort. Unſer guter braver Capitain glaubt nicht, fein Schif mit 500 L. Sterling wieder in Stande ſetzen zu koͤnnen. Den Sten Sept. da wir Mittages 11 Grad 55 Minuten nördlicher Breite waren, gab der Admiral das Signal, daß oben vom Maſte ab Land zu ſehen wäre, worauf jedes Schif die große Flagge aufſteckte. Um 3 Uhr Nachmittags wurde es vom Deck geſehen, worauf die Flotte abermals die Flagge wehen ließ. Es war die Kuͤſte von Coromandel, und die Ge⸗ gend von Madras, ſo ſich unszeigte, welche, da wir nur noch einen Grad von Madras waren, von uns ſaͤmt⸗ lich, in Betracht unſers beſchaͤdigten Schiffes, mit deſto groͤßerm innigen Vergnuͤgen erblickt wurde. Den gten Sept. des Nachmittages, kamen wir auf ein Paar engliſche Meilen von Madras vor Anker. Den zıten Sept. wurden wir de barquirt, und zwar durch Huͤlfe der hiefigen Landesboͤte, die dazu beſon—⸗ ders eingerichtet ſind, um uͤber die ſtarken Brandungen, oder die hohen Wellen, die ſich hier an der ganzen Seite des Ufers ans Land waͤlzen, wegzukommen, welches mit europaͤi⸗ ſchen Boͤten nicht geſchehen kan. a Jene 60% Verfolg der Reife, der nach Oſtindien gegangenen dc. Jene Boͤte ſind von ſehr hohem Bord, von ſchlechtem Holz und Dielen, mit Stricken und ſtarken Bindfaden zur ſammen gebunden, und die Fugen mit Hede verwahrt; die Hauptabſicht iſt wohl, um die aͤußerſte Leichtigkeit zu erhalten, und die Urſache, warum ſie fo geflicket ausſehen, iſt wahrſchein⸗ lich die Armuth der Beſitzer dieſer Boͤte, indeß verungluͤcken ſie nicht ſo öfters, als man es ſich bei dieſer fo ſehr einfachen Bauart vorſtellen koͤnte. So iſt denn hiemit unſere Reiſe von Hameln bis nach Madras, worauf wir eilf Monat und fuͤnf Ta⸗ ge zugebracht, und in welcher Zeit wir ſiebenzehn tauſend engliſche Mei⸗ len zuruͤck gelegt, gluͤcklich vollendet; ja ich fage mit erkenntlichem und dank: baren Herzen gluͤcklich, weil keine Ge⸗ fahr uns hat ſchaden koͤnnen, und wir von Portsmouth ab, alles Ge⸗ maͤchliche und Gute, ſo wie es eine Seereiſe von dieſer Art nur irgend zulaſſen kan, reichlich genoſſen. Madras, den 1öten Sept. 1782. Wir ſind hier ſehr gut aufgenom⸗ men, und genießen beſonders von dem Gouverneur Lord Macardny viele Höflichkeit und Güte, Wir find in den Baracken hier — 608 U im Fort bequartiret; ſelbiges it groß, ſcheinet ſehr wohl befeſtiget, und alles in fuͤrtreflichem Stande und guter Ordnung zu ſeyn. Der Krieg verur⸗ ſacht Theurung, da Hyder Aly nicht fo ſehr für Bataillen, als nur dafür ſeyn ſoll, das Land zu verwuͤſten. Wenn Sir Richard Bickerton, und mit ihm die Truppen allererſt werden angekommen ſeyn; ſo duͤrften die Sachen wahrſcheinlich bald ein anderes Anſehen gewinnen. ö Die Landſeite von Madras iſt Sand, dennoch die Gegend ganz an⸗ genehm. Komt der Wind vom fans de, fo iſt es ſehr heiß, um ſo erquicken = der iſt er aber von der Seeſeite. Der General Coot iſt mit der Ar⸗ mee in der Gegend von Pondichery. Dieſes iſt alles, ſo ich von hieraus angeben kan. Es hat in dieſen Ta⸗ gen hier an Beſchaͤftigungen nicht ge⸗ fehlt, und da forderſamſt ein Paketbot nach England abgehen wird, ſo muß ich eilen, um dieſes mit bekommen zu koͤnnen. | Nach einer den 18ten Sept. erhal⸗ tenen Ordre von dem General Coor der die Armee commandiret, muͤſſen wir uns marſchfertig halten. Heute den 19ten Sept. iſt dieſe Ordre wie⸗ der aufgerufen. 3 anni 8 Magain. zotes Stuͤck. i den 16fen Mai | 1783. „ Ennas von Privatregiftraturen für bürgerliche Hausväter, | oder: Ordnung verhütet Schaden. „in jeder Hausvater hat Urſach diejenigen Seripturen, woran ihm oder den Seinigen gelegen ſeyn kan, ordentlich aufzubewahren, hingegen unnoͤthige Papiere von Zeit zu Zeit abzuthun, oder zu eaſſiren. So wie der Mangel nothwendiger Nach⸗ richten oftmals Ungewißheit und Ir⸗ rungen nach ſich ziehet; ſo verurſacht der Wuſt und die Unordnung haͤusli⸗ cher Dokumente gleichergeſtalt Nach: theil und Schaden. Vielfaͤltig ſiehet man, daß bei Nachlaßſachen, die Se: paration und Inventur der von dem Erblaſſer ohne Noth angehaͤuften oder unordentlich hinterlegten Schriften ſchwierig und koſtbar wird. Dieſem Uebel vorzubeugen, thue ich meinem Mitbuͤrger (denn auf die buͤr⸗ gerliche Klaſſe beſchraͤnke ich mich fuͤr jetzt allein,) folgenden vielleicht an⸗ nehmlichen Vorſchlag. Nicht jeder etwas bemittelter buͤr⸗ gerlicher Hausvater hat ein Schriften: behaͤltniß, welches ſo beſchaffen iſt, wie es die Nothdurſt erfordert. Große Schraͤnke, Threſore, Commoden, lei⸗ ſten nicht den Dienſt eines weniger weitlaͤufligen und im Nothfall leichter zu verrückenden Schriſtenbehaͤlters. Bequemer iſt ein maͤßiger mit zwo Thuͤ⸗ ren vorne beſchloſſener Kaſten, von Tannenholze verfertiget, etwa zween Fuß hoch, vier Fuß breit und einen Fuß fuͤnf Zoll tief, welcher inwendig in zwoͤlf Faͤcher abgetheilet, und auf den Seiten mit Handhaben von Eiſen oder Stricken verſehen wird, mithin in allen nur etwa 4 bis 5 Kehle. Ko⸗ ſten erfordert. Man ſetzt ihn auf ei⸗ nen Tiſch oder niedrigen Schrank, oder in ein Repoſitorium, jedoch der⸗ geſtalt, daß man ihn bequem errei⸗ chen, und bei entſtehender Gefahr ſo gleich fortſchaffen kan. Die inwendi⸗ ge Eintheilung des Fachwerks, nach ſeinem Inhalt, davon die Rubriken oder Aufſchriften abgedruckt und vor⸗ geklebet werden koͤnnen, iſt an ſich willkuͤhrlich: meiſtens dürfte jedoch folgende Ordnung dabei zum Gehe | zu legen ſeyn. 24 1. In⸗ 911 ewas von —— für dug Bun, 612 * 1 7 10. u —o Ich glaube mich über, den Inhalt eines jeden Fachs deutlicher erklären zu muͤſſen, weil ich es nicht mit Gelehr⸗ ten zu thun habe. In das erſte Fach lege der Haus⸗ vater vor andern ein Verzeichniß ſei⸗ nes Vermoͤgens, beſonders ſeiner Mobilien. Er wird wohl thun, die⸗ ſes jährlich nachzutragen, oder umzu⸗ ſchreiben. Viele haben ein alſo ge⸗ nanntes Hausbuch mit unverſchriebe⸗ nem Papiere, und tragen die Nachricht von ihrem nach Jahren geaͤnderten Vermoͤgenszuſtande, nebſt demjenigen, was ihnen oder den Ihrigen ſonſt etwa merkwuͤrdiges wiederfaͤhret, dahin ein: dergleichen Hausbuch findet allhier fir nen Platz. In das zweite Fach lege man die Nachrichten, welche die inne habenden Grundſtuͤcke, beſonders den Ankauf, die Nutzung, die Beſſerung des etwa beſitzenden Hauſes, Gartens, Wieſen⸗ und Ackerlandes betreffen, die Strei⸗ tigkeiten mit den Nachbaren, denen man nicht hat ausweichen koͤnnen, die Abzeichnung der umgeaͤnderten Bau⸗ ſtellen, die Quitungsbuͤcher über be⸗ . und ente, Aae. vr Ben > 26 75 Beſablte Verheirathung. Rechnungen. b 9. 2 Teſtament. | Be 7. r Beg dbniß. Kinder. 5 | 11. 12. Ane und Allerlei. 8 „ Ausgab e. 7 5 10d Schoß, Services, Benin. Garten: Wiefen: und kandzins, oder andere den eigenthuͤmlichen Grund⸗ ſtuͤcken anklebende Onera. 0 In das dritte Fach ‚gehören unter dem Namen der Activſchulden, die über ausgeliehene Capitale und Schuld⸗ forderungen empfangene Obligationen und Verſchreibungen, daruͤber vorge⸗ fallene Klagen, oder getroffene Ver⸗ gleiche. In dem vierten Fache werden die uͤber einige von den Vorfahren eon⸗ trahirte oder ſelbſt gemachte Schulden vorhandene copeiliche Obligationen, zuſammt den Nachrichten, wozu das Anlehn verwandt ſey, imgleichen die Zinsquitungen aufbewahret. Das fuͤnfte Fach ſoll bezablte Rechnungen an Kramer, Kaufleute und Handwerker in ſich faſſen, jedoch nur von vergangenen Jahren, nicht von dem laufenden. Man lege fie nach dem Zunamen der Ausſteller, in der Ordnung des A B E hinter eins ander, und laſſe die Stempelbogen fein dabei liegen, Das ſechſte Fach wird die . — 3 dvzder: Ordnung verhütet Schaden. rathsacten, die Eheſtiftung der er⸗ ſten, zwoten und dritten Frau, nebſt einem akteſtirten Verzeichniſſe des von ihnen eingebrachten Heirathsguts ent⸗ halten. Bei wohl denkenden Haus⸗ vaͤtern wird hier auch die Witwenver⸗ ſorgung dazu kommen. f Das ſiebente Fach bezielet unſere und der unſrigen Begraͤbnißnach⸗ richten, die, wo allein das Herkom⸗ men vieles beſtimmt, in aͤhnlichen Faͤl⸗ len zu Rath gezogen werden, um einen Fuß zu finden, der oftmals zweifelhaft iſt. Wohl wird ein Hausvater thun, wenn er hier zugleich eine Nachricht von ſeinem Familienbegraͤbniſſe, auch wenn, und woſelbſt die Seinigen ſonſt begraben ſind, nebſt einer Verord⸗ nung hinterlegt, wie er nach ſeinen Umſtaͤnden demnaͤchſt begraben zu ſeyn wuͤnſchet. | a Das achte Fach ſoll die wegen Er: ziehung, Unterbringung und Verſor⸗ gung der Rinder etwa vorgefallenen Schreibereien, nebſt einer Anzeige, was jedes Kind dem Vater vorzuͤglich gekoſtet habe, in ſich begreifen. Das neunte Fach dem Teſtament beſtimmet, wird zur Erinnerung die⸗ nen, ſein Haus fruͤhzeitig zu beſtellen. Eine Privatvertheilung des Vermoͤ⸗ gens iſt zwar unter Kindern allemal hinreichend, und muß von ihnen be; folget werden, wenn die in den Geſez⸗ zen damit verknuͤpfte Bedingungen beobachtet ſind: allein, bei dem Man⸗ gel der Rechtskentniß und da in einer ſolchen vaͤterlichen Diſpoſition nicht einft der Frau, geſchweige einem Drit⸗ u 6814 ten außer den Kindern etwas zugethei⸗ let werden kan, würde ich immer rar - then, daß ein Hausvater ſeinen letzten Willen bei Gericht niederſchreiben laſ⸗ ſen, oder wenigſtens daſelbſt niederle⸗ gen moͤge, im erſtern Fall auch ſich da⸗ von Copei erbitte, um, bei vorgehen⸗ den Veraͤnderungen, darauf Ruͤckſicht nehmen zu koͤnnen, immittelſt aber dieſe Abſchrift nebſt dem erhaltenen Ge⸗ richts: oder Depoſttenſcheine für ſich einſtegele, und auf deſſen Umfchlag notire: „Hierin findet ſich die Copei „meines letzten Willens dem Gericht N uͤbergeben, r . 5 Oftmals ſind die Nachgebkiebenen un⸗ gewiß, ob ihr Erblaſſer mit, oder ohne Errichtung eines Teſtaments geſtorben ſey, oder muͤſſen ſich bei mehreren Ge⸗ richten erkundigen, wo dergleichen auf: bewahret ſey. Dies Fach und deſſen Inhalt kan ihnen den Weg weiſen. Das zehnte Fach iſt für die Cor⸗ reſpondenz. Mancher, der auch nicht viel ſchreibt, legt gleichwohl die ihm merkwuͤrdig ſcheinenden Briefe feiner. Freunde und Angehörigen zum Andenken oder zur Nachricht eines ge⸗ wiſſen Vorganges, zuruͤck. Solche Briefe kan man, nach dem Anfangs⸗ buchſtaben ihrer Verfaſſer, in das Al⸗ phabet legen, wie oben bei den Rech⸗ nungen erwaͤhnt iſt: und wer recht or⸗ dentlich ſeyn will, legt, wenn mehrere von einem Urheber vorhanden find, die folgenden, nach der Zeit des Ems _ pfangs in chronologifcher Ordnung. Das eilſte Fach iſt für die Einnah⸗ | 4 . me me und Ausgabe. Man muß ſeine Einnahmen uͤberſeben koͤnnen, um dar⸗ nach die Ausgaben zu beſchraͤnken: da⸗ ber iſt vor allen ein Verzeichniß nach Ordnung des Calenders noͤthig, um vor Augen zu haben, wenn und was an Miethe, Pacht, Zinſen, oder an: e dern beſtimmten Einkünften einzuhe⸗ ben iſt. Zu mehrerer Deutlichkeit will ich von einer Specification dieſer Art für einen etwas bemittelten Bürger, unten einen Entwurf an die Hand ftel: len. Errichtet man nun dergleichen Ver⸗ zeichniß am Ende des Jahrs auf das naͤchſt folgende; ſo dienet es zugleich, um der Einnahmen zu rechter Zeit wahrzunehmen, in den auszuſtellenden Quitungen die rechte Verfallzeit aus: zudruͤcken, und die Saͤumigen zur de zahlung anzutreiben. | Eben fo nothwendig ift es, ein Ver⸗ zeichniß der andringlichen und nicht zu verſchiebenden Ausgaben vor ſich zu haben, theils um darnach ſich zur Be⸗ zahlung zeitig anzuſchicken, theils um eine Vergleichung oder Bilanz mit der Einnahme anzuſtellen. Auch hie⸗ von duͤrſte das Beiſpiel in der Anfu⸗ ge nicht misfällig ſeyn. bei der Ausgabe. Nur wenige Haus⸗ väter koͤnnen uͤber ihren Haushalt de: taillitte Rechnung fuͤhren, oder eine jede kleine Ausgabe beſonders aufzeich⸗ nen. Eine Ueberſicht im Ganzen aber muß ein jeglicher Hausvater von Zeit zu Zeit vornehmen. Dieſe, oder das über die Ausgaben etwa gefuͤhrte Ta⸗ gebuch, nebſt den Rechnungen, die in 61 Etwas von nriatregifiraturen für — 6 6 dem laufenden Jahre zur B ah kommen, lege er in dieſes Fach, — Ende des Jahrs aber die bezahlten Rechnungen in das Alphabet zu den von den vorigen Jahren oben im funf, ten Fache ſchon befindlichen. Endlich iſt noch eine zwoͤlfte Abthei⸗ lung zu allerlei Gegenſtaͤnden, die unter die vorhin nahmhaft gemachten Faͤcher nicht gehoͤren, nothwendig. Dahin lege man allenfalls Domeſtiken⸗ ſachen, Auftraͤge oder Commiſſionen, Schreibmaterialien, nebſt dem Pett⸗ ſchafte, e. Ob ich gleich nicht viel von der Rubrik Miſcellanea oder ge⸗ miſchte Sachen halte, fo fallen jedoch dergleichen nicht nur im Haushalt vor, ſondern es wird jene bei einer kleinen Regiſtratur ſogar zur Beduͤrfniß. Wer⸗ den nemlich einige der vorigen Faͤcher zu voll, und man will die Sachen gleichwohl bei der Hand behalten, ſo bleibt, in ſofern man ſie nicht, gleich den zu ſtark anwachſende Faſeikeln her⸗ aus nehmen und irgend wo ſonſt hin⸗ terlegen will, nichts dazu übrig ; 3 dieſes Supplementenfach. . e Dies waͤre mein Vorſchlag zu einem 2 . mäßigen Behaͤltniß für die von einem Es folgt eine andere Bemerkung Hausvater nothwendig aufzubewah⸗ renden Schriften. Man erlaube mir noch einige beilaͤuſige Erinnerungen. 1) Nicht alle Schriſten, Rechnun⸗ gen, Quitungen, find von einem Haus⸗ vater immerfort aufzuheben. Was kei⸗ nen Einfluß auf die Zukunft hat, oder nicht etwa wiederkehren (recurriren) kan, das muß von Zeit zu Zeit abge⸗ than, und 2, 19295 9285 in 5 617 eiſch⸗ und Bierbuch leiſtet, wenn das vorige völlig bezahlt, und ein neues angefangen iſt, worin vorne an, von dem Verkaͤufer notiret wird: Der ausvater N. N. iſt mir bis heu⸗ nichts mehr ſchuldig, (Namen, rt, Tag,) weiter keinen Nutzen; als Jaraus die vorigen Preife der Lebens⸗ beduͤrfniſſe zu erſehen, die man jedoch auch in den Anzeigen finden kan. Sonſt laſſen ſich fruͤhere Jahre, als 30 find, im allgemeinen nicht wohl beſtimmen, um vor deren Ablauf Hausquitungen Indeſ⸗ mit Sicherheit zu vernichten. fen iſt bei eingetretenen Erbtheilun⸗ gen, gerichtlichen Vorladungen der Glaͤubiger, (citatione edictali) und erfolgten gerichtlichen Abweiſung wei: terer Forderungen (decreto præcluſi- vo) oftmals eine frühere Aufraͤumung thunlich. * | 2) Den Schlüffel zu dem angege⸗ benen Behaͤltniß darf Niemand, wie der Hausvater ſelbſt fuͤhren, und bei erleidender ſchwerer Krankheit, wird er wohl thun, ſolchen einem Dritten, der von ihm nicht erbet, vorerſt in Verwahrung zu geben. S . e as oder: Ordnung berhuͤtet Schaden. 68 een werden. Das alte Brod⸗ l 3) Ein Kaufınann, ein Gelehrter, ein herrſchaftlicher Bedienter, gebrau⸗ chet nach dem Umfang ſeines Amts, ſeines Gewerbes, ſeiner Familienum⸗ ſtaͤnde, oft mehrern Gelaß zu feinen Papieren, gleichwohl wird er das vorhin geſagte immer dabei, wenig⸗ ſtens zum Theil anwenden Fönnen, Vielleicht ſetzt er zwei oder drei der⸗ gleichen Behaͤltniſſe auf einander, wel; che ſolchergeſtalt in der Form eines Schranks keinen Uebelſtand verur⸗ ſachen. e 4) Letztlich, damit man dieſen Vor⸗ wurf nicht als geringfuͤgig anſehe, muß ich noch an die Worte eines Puͤtters erinnern, womit er ſeine Abhandlung von Archiven beſchließt. Er ſchreibt: „Privatperſonen haben „ſich zwar nicht der mit Archiven „verknuͤpften Vorrechte zu erfreuen. „Noch erfordert die Menge ihrer Sa: „chen ſo große Anſtalten. Sie koͤn⸗ „nen jedoch vieles davon mit Nutzen „nachahmen. Und manche Sami: „lie wuͤrde glücklich ſeyn, wenn „ihre Vorfahren die Regeln der „Archive verſtanden und benutzt „bitten, ! E. A. S, An, 610 RL e in e N Anlage zum eilften Fach. BE Is Fürs Jahr e, F Me: c ge ehe d. C 178 Entwurf ſtehender Hebungen. . gr. vf 3. Febr. 5 3 * I Lichtmeſſen. Jaͤhrige Zinfen von Gr. . Landſchaft auf 1000 Thlr. Capita zu 4 pro Cent — „„ Petri. Die Gartenmiethe des vorigen 1 Jahrs contractmaͤßig, von N. N. | — —— 3 9 Oſtern. Faͤllige Hausmiethe von N. M. n b im erſten Stockwerk, halbjährig — 300 —— Dergleichen von N. N. im zweiten Stockwerk vierteljaͤhrig — — 102 .— Johannis. Dergleichen von demfek] 5 ben vierteljaͤhrig — — Michaelis. Jaͤhrige Zinſen von N. N.“ auf 1250 Thl. Capital zu 4 pro Cent. 50 f. Hausmiethe von N. N. im erfien] | Stockwerk halbjaͤhrig — — 30 —— Dergleichen von N. N. im zweiten Stockwerk vierteljaͤhrig — 10—— Jaͤhrige Wieſenpacht von N. N.— ——— Martini. Jährige Landpacht fuͤr 9 N Morgen von N. N. contractmaͤßig Dergleichen für 3 Morgen von N. N. Weihnachten. Haus miethe von N. N. im zweiten Stockwerk vierteljaͤhrig 30. Dec.] Jahrsſchluß. Jährige Zinfen vom 0 teihhauſe auf 1000 Thlr. Capital zu 3 pro Cent — — 30 33. dr. 2, April. 24. Jun. 29. Sept. 12. Nov. 24. Dec. 5 Summa 220 Totum iſt gleich 280 Thl. 12 gr. Caſ' — — g | ſengeld. 9 | Gegen voriges Jahr ad . Ee BEN 62. Sg m | Weil ich das vorhin vermiethete Hin: terhaus zu meiner erweiterten Nah⸗ rung habe zu Huͤlſe nehmen muͤſſen. N. N. — E77 . EN 22 B. 5 ö Saft Sir‘ Sur entwurf nic; zuverſchicbender Ausgaben sl. 2 in. 2. Januar 1. Februar 1. März | 1. April 1. Mai 1. Junius 1. Julius 1 ga 1. Sept. 29. Sept. 1. October Neujahr: Gelder . * 8 Services vom vorigen Monat 2 a Fixum für 4 Perfonen für diefen Monat — Brod, Fleiſch, Bier vom vorigen Quartal etwa Services vom Januar — da At Firum für dieſen Monat — nn Beichtgeld — . 15 Services vom Februar — — Fixum fuͤr dieſen Monat — — Services vom April Bi 5 Fixum für dieſen Monat — — Services vom Mai — 3 3 Fixum fuͤr dieſen Monat — — Beichtgeld — Fixum für dieſen Monat — Proviant oder Magazinkorn, 4 Himt. A 20 gr. f Dienſtbdoten Lohn vom vorigen halben Jahr — Dienſtboten⸗Lohn vom vorigen halben Jahr — Dem Kuͤſter halbjaͤhrig Opſergeld — Services vom Maͤrz — — Fixum für dieſen Monat — Brod, Fleiſch, Bier vom vorigen Quartal erh Feurung, Holz, Törfe, in Vorrath etwa — Brod, Fleiſch, Bier, vom vorigen Quartal etwa Services vom Junius — — Fixum fuͤr dieſen Monat Services vom Julius Services vom Auguſt — — Fixum fuͤr dieſen Monat 3 Licht und Oel in Vorrath etwa — Dem Küfter halbjaͤhrig Opfergelld — Services vom September — — 127 2 Fixum für dieſen Monat — — — 12 — Brod, Fleiſch, Bier vom vorigen Quartal etwa 25 —— — — = m nn — Latus — 1174. Fa; Fuͤrs — 10. — Gartenzins und Zehntgeld 1. Dec. Services vom November 2 Fixum für dieſen Monat 14. — [Schoß vom Haufe I Weihnachtsgeſchenke 24 — im Jahr etwa Woͤchentlich Armen⸗ und Klingebeutelgeld im Jahr etwa Eine in mancherlei Ruͤckſicht merkwuͤrdige u. wahrhafte Geſchi Als Warnung gegen Argwohn; als ein A neuer Beweis, daß gewiſſenhafte Red⸗ lichkeit ſich unter jedem Volk, bei den Glie⸗ dern jeder Religionsparthei befinden kan: und als ein Beitrag zur Vieharzeneikunſt, oder wenigſtens zur Kenntniß des thieriſchen Körpers, kan folgende kleine Geſchichte die⸗ nen, die ſich vor verſchiedenen Jahren in ei⸗ nem bekanten Hauſe allhier zugetragen hat: Es ward ein kleiner lederner Beutel ver⸗ mißt, worin ein Dukaten, eine halbe Piſtole, und einige drei Groſchenſtuͤcke ſich befanden. Weil kein Menſch in das Zimmer gekommen war, als die Magd, die es gekehret hatte, ſo fiel der Verdacht natürlicher Weiſe auf fie; ſie ward befragt, und verſicherte unter den größten Betheurungen, daß fie nichts davon wiſſe. Kurz darauf kam ein ſilberner Kaffe: loͤffel weg, und bald nachher noch einer; nun glaubte man nicht mehr zweifeln zu duͤrfen, daß ein geheimer Dieb im Hauſe ſey, und weil der Verdacht noch immer auf der Magd ruhete, ward ſie fortgeſchaft. Einige Monate nachher, ſchien eine geſellige Ziege, welche mw ee Fortſetzung. J i f 5 r 1. Nov. Services vom Oetober Fixum fuͤr dieſen Monat Adde die täglich einzukaufenden Nahrungsmittel Reparation des Hauſes im Dach und Fach — Nota. Kleidung y Noth⸗ und Ehrenpfennig muß aus dem Gewerbe geſtanden werden. ” . 1 9 1 BEI Summa — chte. bei der Hausfrau ſehr wohl angeſchrieben war, und ſogar Erlaubniß hatte, in ihrem Zimmer herumzulaufen, ein wenig zu kraͤn⸗ keln, ſo daß ſie die Milch in geringerer Men⸗ ge gab. Sie ward daher um ein geringes Geld an einen Juden verkauft, und von idm geſchlachtet; bei dem reinigen der Eingewei⸗ de fanden ſich in dem Magen der Ziege, nicht allein die beiden ſilbernenkoͤffel, ſondern auch der lederne Beutel, mit der Gold und Silber⸗ e eee trumpft, und mit zaͤhem Schleim überzogen Den gan: zen Schatz ftellete der ehrliche Jude der vor: ohne vorher ein rechtliches Gutachten einzu holen, ob er dazu durch maligen Eigenthümerin der Ziege wieder zu, urch Geſetze verbunden ſey / und rettete damit die unſchuldige Magd von dem, mit ſo vieler Wahrſcheinlichkeit gegen ſie entſtandenen Verdacht. In wie⸗ fern dieſer ſeltene Vorfall in Abſicht der Vieharzneikunſt bemerkens werth ſey? wird denen zu beurtheilen uͤberlaſſen, die davon Kenntniß haben. 2 Hannover. W. 625 ; “a 2 2 5 66 Sannoveriihes Magazin. 1 Etwas vom Goldmachen. ) 178 2ſten Jahres, 54tes Stück von Seite 850. bis 943. iſt die ganz fuͤrtrefliche Abhandlung un⸗ ter der Rubrik zu leſe: f Ban irgend eine Art von Taͤu⸗ ſchung dem Volke zutraͤglich ſeyn? Sie beſtehe nun darin, daß man es zu neuen Irrthuͤmern verlei⸗ tet, oder die alten eingewurzel⸗ ten fortdauren laͤßt? Wenn der Herr Verfaſſer S. 896. 9 5. Hannoverifchen Magazin des ſagt, daß es auch gut ſey, die Alchy⸗ miſten in ihrem Irrthume zu laſſen; ſo war ich mit ihm voͤllig einerlei Mei⸗ nung, ganze Legionen Goldmacher in ihrem Irrſchlafe nicht zu wecken, weil es bekantermaaßen ein alchymiftifcher Religionsgrundſatz iſt: daß den gortloſen Laboranten, fo lange ſie in Befleckung der Suͤnde lie⸗ gen, ſolch himmliſches Bebeimniß nicht offenbaret werde. Ob ſie wohl eher arm, als tugendhaft wer⸗ Rr den, ) Dem Hannoveriſchen Magazin iſt mehrmale der Vorwurf gemacht, daß bei der Mannigfaltigkeit der darin befindlichen Materien noch gar keine Anweiſungen zum Goldmachen abgedruckt ſind. Nicht ohne Grund iſt dieſe Kunſt bisher unberührt geblieben, und man wird auch kuͤnftig davon nur aͤußerſt ſelten han⸗ deln. Da indeſſen eben jetzo die Nachrichten von dem Herrn Doctor Price in London Aufmerkſamkeit erreget, hiedurch auch gegenwaͤrtiger Auffag veranlaßt iſt, ſo hat man nicht undienlich gehalten, den Leſern dieſer Blaͤtker denſelben vorzulegen, zugleich aber nöthig gefunden, die des Herrn Doctor Price betrefs fende aus London ganz neuerlich eingelaufene Nachricht hinzuzufügen, welche in * dem A" Stuͤck des dritten Jahrganges des beliebten und angenehmen Göttin. giſchen Magazins gleich nach dem Schluß der Vorrede befindlich iſt. Sie law ket folgendergeſtalt: Man faͤugt nun allgemein an, den Doctor Price für einen Betruͤger zu hals ten. Einige Mitalieder der Koͤnigl. Societaͤt, haben ſogar auf feine Ausſteſſung aus der Geſellſchaft angetragen. Allein, ſeine Freunde haben dieſes verhindert, und ein minder heftiges Mitglied als jene, ſagte ſehr gut: wenn die Barifer Akademie einen la Sage beſitzt, fo koͤnnen wir ja wohl auch einen Price ha: ben. Es wird nemlich hier auf die Bedeutung dieſer Worte angeſpielt. N — Anm. des Serausg. | 627 den, dennoch laſſe man fie bei dieſem Wahne, wie jene, die aus Geſpenſter⸗ Furcht manche Suͤnde der Finſterniß unterlaſſen und manche Pflicht aus⸗ uͤben, wozu ſie weder predigeriſche Mo⸗ ral, noch richterlicher Fluch vermogt, von welchen Gleim ſagt: e Der Teufel ſey — Die Furcht für ſeiner Kraft, Macht bürgerlich gerecht und tugendhaft; Doch will er dir die Seelenrnhe rauben, So fig er nicht. — Wer zwingt dich, ihn zu glauben? Wenn aber Er der Laſter Menge wehrt, Iſt denn die Welt ih eines Teufels werth? Wenn aber der gelehrte Hehe Ver⸗ faffer diefer Abhandlung, die Kunſt, den Stein der Weiſen, oder den Stein der Geſundheit und des Reichthums hervorzubringen, für ein aͤhnliches Hirngeſpinſt halten will: ſo muͤßten alle hievon geſchriebene, privilegirte, und geduldete Buͤcher falſch und grund⸗ los ſeyn. Jedoch auch in dieſem Punkte iſt es gut, das Volk im Jrrthum zu laſſen. Die Frage, die ich zu beantworten mir vorgeſetzet, iſt: Iſt es moͤglich geringere Me⸗ talle in edlere, in Gold und Sil⸗ ber 3u verwandeln, oder nicht? Ich behaupte die Moͤglichkeit mit einem ſteifen und trocknen Ja, und nehme zufoͤrderſt den ſtaͤrkſten Beweiß a pofteriori, ehe ich a priori demon⸗ ſtrire. Das Goͤttingiſche Magazin dritter Jahrgang, zies Stuͤck, Nr. 4. hat davon einen unlaͤngbaren Beweiß; Etwas vom Wangen | [4 5 „ ‘ \ + * BE a A wer ſolches nicht in Händen be en es Auszugsweiſe leſen, im yes Poſtreuter dieſes Jahrs Nr. 50, i Artikel von gelehrten Sachen. „Nach dieſem leidet es keinen 2 „fel, daß Herr Doctor Price zu Guil⸗ „ford Gold gemacht babe; Er hat „zwei Pulver, ein weißes und ein . „thes, durch jenes verwandelt er Q „ſilber in feines reines Silber, 0 „durch dieſes (Pulver verwandelt „ander Queckſilber) in das lauterſte A Die Verſuche find in Ge⸗ „Gold. „genwart verſchiedener Chymiker und „anderer glaubwuͤrdiger Leute angeſtel⸗ „let worden. Daß keine Betruͤgerei „dabei-vorgefallen, davon dienet zum „Beweiſe, daß das Queckſilber in der „Gluthitze nicht kochte und abdampfte, „durch Einſchuͤttung des Pulvers plößs „lich feſt gemacht ward. Dieſes iſt „durch keinen Betrug moͤglich zu ma⸗ „chen; die Sache iſt alſo außer Zwei⸗ „fel. Allein, iſt auch Vortheil bei die⸗ „fen Goldmachen, und koſtet nicht die „Zuthat mehr, als das bervorgebrach⸗ „te Gold? Die Frage laßt Herr Pri⸗ „ce unbeantwortet, und ein Umſtand, „den er hinzu ſetzet, wird jedem das „Goldmachen verleiden, daß nemlich „die Verfertigung des Pulvers der „Geſundbeit hoͤchſt ſchaͤdlich und er „keines mehr machen wolle. , So weit die Ahenaer Beladen: Zufoͤrderſt will ich mich an dief Nach⸗ richt machen, ſie in einige Fragen und Beantwortungen zerfaͤllen, und ber⸗ nach meine Gedanken zum ben; es iſt doch wohl dem Publiko eini⸗ eſten ge⸗ 629 einigermaßen daran gelegen zu wiſ⸗ ſen, ob etwas von den angenehmen Traͤumen der Goldmacherei wahr ſey. Es bleibt bei meinem Satze und bei der Zeitungs Relation: Mach dieſen leidet es keinen Zweifel, daß Doctor Price Gold gemacht habe. Bei mir leidet es auch keinen Zweifel, daß Theophra⸗ ſtus und ſein Lehrer Bernhardus Treviſianus, welcher das Aureum Vellus geſchrieben, imgleichen Sen⸗ diwogius, der kleine Bauer und an⸗ dere mehr, nur kein geſchickter Rz dolph Glauber, vielweniger deſſen Schuͤler, Gold gemacht haben. Er hat zwei Pulver, ein weißes und ein rothes, ꝛc. War⸗ um nicht eins? warum nicht das weiße allein, wenn es mit ſeiner eige⸗ nen Feuchtigkeit aus dem rothen waͤre weiß gebleichet worden, welches erſtere aus dem letztern ſonſt entſpringet, wenn man die Zeit abwarten kan. a Durch jenes verwandelt er Queckſilber in feines reines Sil⸗ ber und durch dieſes in das lau⸗ terſte Gold. Die Moͤglichkeit iſt da. Pulvers. Warum Pulvers? und nicht vielmehr glasartige Steine, ent⸗ weder weiß oder roth, welches in der Chymie auch gelb heißt. Wenn er dieſe, das iſt den wahren Stein der Weiſen gehabt, einen Theil davon in Wachs gewickelt aufgetragen, und ſein Kunſtſtuͤck damit verrichtet, fo haͤtte ich geglaubt, daß er das Univerſal be; ſeſſen, welches vielleicht mit dieſem Pul⸗ ver zu fertigen geweſen waͤre, wenn Etwas vom Goldmachen. \ 630 man einen Theil Pulvers auf drei Theil im Fluß ſtehendes Silber oder Gold getragen, ſolches mit einander 4 bis 6 Stunden vitrificiren laſſen, alsdenn einen Theil hievon auf tauſend Theile geringer Metall aufgetragen, ſolches mit drei mal ſo ſchwerem Blei auf dem Teſt oder Kapelle abgetrieben: ſo wuͤr⸗ de das Blei das rohe Metall, was nicht tingiret worden, entweder ver ſchlungen, oder vom Probir- Blei ſo viel mehr auf der Kapelle ſtehen gelaf: ſen haben, je mehr die Tinktur noch Kraͤfte gehabt. Ohne Zweifel ſind die zwei Pulver Zweige vom Univer⸗ ſal; denn partikulariter iſt nie etwas nutzbringendes auszurichten. Aber, daß ſie das ausgezeitigte Univerſal in voͤlliger Kraft geweſen, daran wird wohl jeder zweifeln, der nur einiger⸗ maaßen Kentniß in dieſem Fache hat. Die Verſuche find in Gegen⸗ wart verſchiedener Chymiker und anderer glaubwuͤrdigen Leute angeſtellet worden, daß keine Betruͤgerei dabei vorgefallen ꝛc. Glaube ich alls. 9535 Davon dienet zum Beweiſe, daß das Gueckſilber in der Gluthitze nicht kochte und abs dampfte, durch Einſchuͤttung des Pulversploͤtzlich feſt gemacht wardꝛc. Schlechter Beweiß. Dies iſt durch keine Betruͤ⸗ gerei moͤglich zu machen ꝛc. Wohl aber durch mittelmaͤße Kunſt. In Anonimus (Joh Gottfr. Ju⸗ gel) experimentirten Kunſtſtuͤcken, deip: zig und Zittau 1763. 2ter Th. gofl N i Stuͤck 631 / Stuck S. 162. ſtehet der ganze Pro: ceß, nur mit Verſchweigung der dazu gehoͤrigen Handgriffe. Und welchem Laboranten oder Chymiker iſt wohl unbekant, daß das Vitrioloͤl den Mer⸗ kurium klapperhart coagulire? obgleich particulariter, noch univerſaliter we⸗ nig damit auszurichten. Die Sache iſt alſo außer Zweifel: Ich gebe fie aus Ueber⸗ zeugung gänzlich zu. Allein iſt auch Vortheil bei dieſem Goldmachen ie. Ein Geitzhals, ein Wolluͤſtling, ein Faullenzer, und dergleichen, der ſeine Luͤſte mit dieſer Kunſt zu befriedigen ſucht, dem bietet das Goldmachen kei⸗ ne Vortheile an. Wer nicht mit dem Salomon uͤber das Irrdiſche hinaus geſetzt iſt, daß er ſagen kan: es iſt al⸗ les eitel, der wird auch die Vortheile nie ſchmecken, die ein wahrer Adept ganz kaltbluͤtig beſitzt, und in der Stil: le ſich durch Wohlthun ein ruhiges Gewiſſen erkauft, und den Vorſchmack der Seligkeit in ſeiner Seele empfindet. Boſtet nicht die uthat mehr als das hervor gebrachte Gold? Mein! Der einzige allgemeine wahre richtige Weg, Gold zu machen, koſtet nicht mehr, als: eine gute Feuerbeſtaͤndige Retorte, zwei bis drei Koͤrbe voll Kohlen, ein Paar Phiolen oder ſonſtige ſachdienliche Glaͤſer. Vier bis fünf Pfund Baumoͤl zum Lam⸗ penfeuer, und ſo viel Blei als ich Gold oder Silber machen will, welche erſte Auslage man mit zwei Rihlr. beſtreiten kan. Dies ſind die geſamten Unkoſten. Etwas vom Goldmachen: Dieſe Frage nag Serr Price unbeantwortet. Groͤßtentheils iſt fie nun beantwortet. Das übrige, womit ich anfangen muß, giebt die Natur allenehalben im Ueberfluſſe her, wohl dem, wer es kennet, wovon ich im Anhange weitläuftger reden will. Ein Umſtand den er hinzu ſetzet, wird einem jeden das Goldmachen verleiden. Verlei⸗ den verſtehe ich nicht, vielleicht ver⸗ wehren. In dieſem Verſtande wer⸗ de ich mehrere Umſtaͤnde binzuſetzen, damit dieſe Kunſt, wie bisher, ein Ge heimniß bleibe. Daß nemlich die Derfertis. gung des Pulvers der Geſund⸗ heit hoͤchſt ſchaͤdlich, iſt des Herrn Doctor Price Ernſt nicht, ſondern nur ein Schreckſchuß. In der Aus⸗ arbeitung iſt es gar nicht ſchaͤdlich, wohl aber, wenn es zubereitet und zur Univerfalmedicin fertig ift, alsdenn kan ein Gran uns auf ewig das fe benslicht ausblaſen, aber auch jede Krankheit beben, wenn ein Gran in ein Maaß Wein oder Waſſer aufge⸗ loͤſet, und taͤglich zwei bis drei Wein⸗ roͤmer voll davon getrunken werden. Und er keines mehr machen wolte. Dies gebe ich zu. Wer dies Geheimniß ſo weit gebracht, daß er unter allen irdiſchen Dingen das allervollkommenſte unverderbliche in Haͤnden hat, ſo, daß ihm kein eitler Wunſch mehr uͤbrig bleibt, wird den⸗ noch als ein Menſch, der die Abwech⸗ ſelung lieber, verdruͤßlich, daß er auf | die “ dieſer Welt nichts beſſers auszudenken vermag, und daß er ſich damit den letzten Wunſch nicht erfuͤllen und die Unſterblichkeit ertauſchen kan. Wem iſt ſchließlich nicht aus der Zeitung bekant, daß der Graf Cag⸗ liapiſtro die groͤßten Wunderkuren der gefaͤhrlichſten Krankheiten in der Geſchwindigkeit verrichte? Die Aerzte ſelbſt erkennen ihn fuͤr den gruͤndlich⸗ ſten Meiſter in der Arzneikunde, be⸗ ſonders in der Chemie. Das ſonder⸗ barſte iſt feine ſtrenge Uneigennuͤtzig⸗ keit, da er gar nichts von ſeinen Pa⸗ tienten nimt, und gleichwohl jährlich über 20,000 Livres verzehret, ohne daß man weiß, aus welcher Quelle er dieſes ſchoͤpft. Gegenwärtig hält er ſich in Straßburg und im Baſelſchen angenehmen Dorfe Richen auf. Grundſaͤtze der Alchymie. Die Kunſt Gold zu machen, oder den Stein der Weiſen hervorzubrin⸗ gen, iſt nicht etwa ein leerer Traum melancholiſcher Köpfe, wie es die größ: ten Gelehrten dafuͤr halten, ſondern ſie iſt allerdings i in der Natur der We⸗ fen und in dem Verſtande der Men: ſchen gegruͤndet. Selbſt der Baum des Lebens, war nichts anders, als die, dem Menſchen angeſchaffene Weisheit ſich unſterblich zu machen, welche Weisheit aber ihm groͤßtentheils wie⸗ der abgenommen wurde, da der Menſch die andern guten Eigenſchaften, die Reinigkeit, Unſchuld und Heiligkeit, durch den Ungehorſam verderbt hatte. Es wird nicht geſagt, wo dieſer Baum des Lebens geſtanden, wer ihn Etwas vom Goldmachen. 634 aber hat, der iſt dadurch ins Paradies verſetzet, oder das Paradies iſt in ſei⸗ ner Bruſt. Von dieſem Baume ein Reischen abzubrechen iſt uns auch im gefallenen Stande erlaubt, nicht, um unſterblich zu ſeyn, ſondern das ge ſetzte debensziel geſund und im Wohl ftande zu erreichen. Ein Hiob, ein Salomon, konte ohne Wunder nicht ſo reich werden, als er beſchrieben wird, und gleichwohl leſen wir vom erſtern nicht, daß ihn Gott durch Wunder reich gemacht, es wird wohl durch die in der Natur liegenden Mittel geſche⸗ ben ſeyn. Wer ſeine drei Toͤchter, Jemina, Bezia und Reremha⸗ puch kennet, dem iſt Hiobs geſchwind veraͤnderter Wohlſtand und deſſen Ur⸗ ſach auch bekant. Die Goͤtterlehre der alten weiſen Heiden, die Fabel vom goldnen Vließe, zeigen dieſe Din⸗ ge wohl was anders an, als Geheim⸗ niſſe, davon die derer den Kern ge⸗ noſſen, und den Layen die Huͤlſe in Bildern verehren ließen? Die heidni⸗ ſchen Weiſen waren zu klug, als daß ein Prieſtervitz ſie zur Bilderanbetung bätte verleiten mögen. Sie lebten, wie fle ſolten; glaubten und thaten aber was ſie wolten. Wuͤrde dieſe Wiſſenſchaft ſo leicht als allgemein befunden, ſo wuͤrde der Zweck verfeh⸗ let, Gold und Silber ſo gemein als Steine werden, und alsdann wieder ein neues Mittel zum Vertauſchen aller beduͤrfenden Dinge auszudenken ſeyn, welches die Produkte, ja ſogar den Werth des Menſchen auszuglei⸗ chen im Stande ſeyn moͤgte. Die Ur⸗ Rr 3 ſach * * 635 ſach Gold und Silber in der Balanze der Welt ſtehen zu laſſen, und nicht mehr Gold als zweckmaͤßig zu ferti⸗ gen und ſich dabei gering auffuͤhren zu koͤnnen, iſt eine tiefere Weisheit der Adepten, als die Goldmacherkunſt ſelbſt. O ihr weiſe Griechen, wie verehrungswuͤrdig iſt euer Beiſpiel, und eure Tochter Holland, dem Schuͤ⸗ ler der Geheimniſſe! Verſchwiegen⸗ beit und Maͤßigkeit iſt die verborgene Grundlage aller Geheimniſſe. Dies ind Saͤtze eines nicht einmal mittel: mäßigen Brod. Gelehrten. Nun zur Sache. | Dieſe tiefe Wiſſenſchaft zerfällt bei den Adepten, (ich nenne fie nicht Phi⸗ loſophen, denn es haben dieſe Willen: ſchaft wohl Bediente der Philoſophen beraus gebracht,) dieſe liebe Wiſſen⸗ ſchaft, zerfaͤllet von ſelbſt, nach der Kunſt in fünf Hauptarbeiten. (Hand⸗ riffe verſchwiegen.) ; 5 In Erkenntniß der wahren Ma⸗ terie, als den allgemeinen Weltſtof, 2) die Bereitung des Chaos der Wei— fen, 3) die Scheidung der vier C.x mente, (guter Moſes, wie leicht, wie weiſe iſt deine erſte Geſchichte der Na⸗ tur,) 4) die natuͤrliche Zuſammenſez⸗ zung, und 5) die behoͤrige Auskochung. 1) Die Erkenntniß der Mate⸗ rie iſt in dieſer Wiſſenſchaft die erſte und tiefſte Schwierigkeit; nim, lie⸗ ber Leſer! was du wilt, du wirſt meh⸗ rentheils betrogen, wenn dir der Ur⸗ ſtof nicht gezeiget, oder durch tiefes Nachdenken die Sache aufgeſchloſſen wird. Dies iſt der erſte Grundſatz Etwas vom Goldmachen. . aller Antagoniſten der Alchymie, viel⸗ leicht haben ſie nie geſucht, vielleicht haben ſie geſucht ohne zu wiſſen, was Gold, in Golde. Thorheit in Thor⸗ beit. Wer was ſuchen will, wird ſich doch erſt fragen: a) was ſucheſt du? b) zweitens wo und was findeſt du? Sucheſt du, mein Geiſt! ein Univerſal und wilt es in dem Parti⸗ cular, im Metall, im Gold, im Queck⸗ 636 ſilber, oder in noch unvollkommern ſu⸗ chen? wie irreſt du. Suche es im Univerſal. Nim die Ewigkeit die uͤber dir iſt, welches deine Voraͤltern den blauen Himmel benennet haben, in der ewigen Luft in dieſem reinen Aether liegt ein Etwas, ich nenne es allgemeiner Weltmerkurius, dar⸗ aus kan dein Menſchengeiſt, die Schoͤpfung im elementariſchen Natur⸗ reiche, im Kleinen, nachmachen, und die Wißbegierde zum Erſtaunen ſaͤt⸗ tigen. Hier findet man eine Materie, woraus das Animal: das Thier: das Pflanzen⸗ und das Steinreich ſeinen erſten Urſprung nimt, und jeder Crea⸗ tur das Leben friſtet. Darum ſchnap⸗ pen die Creaturen ſo oft darnach, weil es ihnen unentbehrlich iſt. Es iſt nicht Luft allein, was den Menſchen umfließet, ſonſt wuͤrde der Donner und Blitz kein Ende nehmen, oder ein ſchreckender Fiſch nicht aus ſeinem Element, aus dem Waſſer ſpringen, um aus der Luft etwas zu ſeinem Ge⸗ deihen zu erſchnappen, welches ihm das Waſſer ſo rein nicht geben konte. Solte er wohl einmal kuft trinken wol: len, wie wir das Waſſer? Das glau⸗ be — 88 637 be ich nicht; Er ſchnappt nach elwas edlerm. Ich erweiſe es: Man nehme einen friſch gefangenen Karpen, ehe er ſich auf dem Boden den Ruͤckgrad und das Fleiſch zerſpringt, ſteche ſolchen mit einer Packnadel durch die Ruͤckgrads Floßfeder, ziehe einen Bind faden da: durch, und haͤnge ihn in eine Kuͤche, Kammer oder Keller, wo weder Zug— luft, noch Rauch, noch Sonne hin: koͤmt, und laſſe ihn alſo ſchweben; ſo wird man ſehen, daß er eben ſo die Luft als ſein Element ſchnappet, viele Tage lebet, ohne am Gewicht abzuneh: men, und ſich wohl befindet. Man mache den Verſuch umgekehrt, mit ei⸗ nem Thiere, das kein Amphibion iſt, und ſehe zu, ob dieſes wohl den tau⸗ ſendſten Theil ſo lange in des Karpen Elemente ohne Luft erhalten werden kan. Was nun jenen erhaͤlt und die⸗ ſem entgehet, das iſts was der Adept haben muß; eine Univerſalmaterie, die wuͤrklich in der Natur liegt, aber nicht begriffen werden kan. Allgemei⸗ ner Weltmerkurius, das Chaos der Weiſen, iſt es, und muß gefehen wer: den, wenn man es glauben ſoll. Wer einen Kieſelſtein oder Feuerſtein in ein trinkbares Waſſer aufzuloͤſen weiß, was er ſonſt geweſen, der kan dieſe Saͤtze begreifen, ob er wohl noch weit von Bearbeitung dieſes Univerſals entfernet iſt. Jedoch nun fraͤgt es ſichs b) Wo finde ich ſolche Mate⸗ rie! Die ganze Schoͤpfung iſt voll davon, der Weg aber es an mich zu bringen, der Hamen dieſen koſtbaren Vogel zu fangen iſt nur ein einziges Etwas vom Goldmachen. | 638 Ding, worin dieſer allgemeine Welt: geiſt noch ungebraucht, gleichſam wie in ſeiner Wiege ſchlaͤft. In allen an⸗ dern Dingen in Metallen, in Pflanz zen, in Thieren, im Thau, im Men⸗ ſchenſpeichel, im Fenſterſchwitze, iſt ſeine wuͤrkende Kraft ſchon verbraucht und ausgenutzt. Nur in einem einzi⸗ gen Dinge liegt er: Es iſt ein Stein und doch kein Stein, In dem twürft die Natur allein. Mit dieſem Steine habe ich wohl eher Straßen pflaſtern geſehen, an Ge— ſtalt (wie ich ihn verbraucht,) war er grau. Sonſt iſt er auch gelb, weiß und roth, welcher letztere für den beſten ge halten wird. Dies muß genug ſeyn von Erkentniß der Materie, und dem Urſtof, worin ſie anzutreffen; den Stein mit Namen zu nennen, wobei ihn die Kin⸗ der erkennen, will mir nicht gebuͤhren. Genug, wenn ich ihn bearbeitet habe, iſt es kein Stein mehr, ſondern weit ehender eine lockere ſchleimige Erde, worin Eiſen und Kupfer eingeſprengt zu ſeyn ſcheinet. 2) Die Bereitung des Chaos der Weiſen iſt das zweite Hauptſtuͤck dieſer Arbeit. Wenn ich nun, die Ma⸗ terie getroffen habe, worin ich, was ich ſuche, zu finden gedenke; ſo muß ſeine Wohnung mit Feuer verbrannt werden. Ich habe ſolches einmal in einer beſch la⸗ genen Glasretorte, und zum andern mal in einer thoͤnern verrichtet; beide mal kam der Univerſalmerkurins in dicker Rauchsgeſtalt in die Vorlage. Dieſer Rauch muß wohl verwahret und feſt verſchloſſen werden, ſo reſolviret er ſich in — 639 Etwas vom Goldmachen. 6840 in der Kaͤlte in ein Waſſer; das iſt, das dieſer dritten Arbeit, und was ihnen da⸗ Waſſer der Weiſen, woraus die vier bei zu Geſichte gekommen, beilegen, wel⸗ Elemente bereitet werden. Nur ein Paar che die Sache mehr verdunkeln, als ent: Handgriffe find hierbei verſchwiegen, wickeln. Nun waͤßle man ſich in feinem ohne welche die Arbeit nicht wohl von Verſtande ſolchen Ofen und glaͤſerne ſtatten gehet, oder verunreiniget wird. Gefäße, worin man dieſes alles machen, Eiwas muß man fürfich behalten. Die: und mit Augen anzuſehen ſich getrauet. ſes Waſſer ftelle ich an gehoͤrigemOrt zur Es kan gar nicht fehlen, daß man es mit Fermentation oder zur Gaͤhrung, und genaueſter Accurateſſe fo weit bringen darf ihm nichts Fremdes zugeſetzet wer- kan, wie ich es gebracht habe. den. Die Gaͤhrung verlanget einen for Beide Theile muͤſſen wieder mit ein⸗ chen Grad der Kaͤlte oder Waͤrme, als ander vereiniget werden, lege artis; und ein Bier, welches wohl gaͤhren ſoll. Iſt dieſes nennet man die natuͤrliche Com⸗ dieſes geſchehen, ſo theile ich mein Waſ⸗ poſition. Hier muß ich aber offenherzig ſer in zwei gleiche Theile, und nehme geſtehen, daß meine Lage und Umſtaͤnde nun mit der einen Haͤlfte um dieſe Zeit fo ſehr verändert wurden, 3) Die Scheidung der vier Ele⸗ mente vor. Hierbei kommen zwei Hauptſchwierigkeiten; die erſte, die Ge⸗ faͤße, worin dieſes geſchehen muß, zwei⸗ tens der Ofen und der Grad der Waͤrme. Es iſt eine Luſt anzuſehen, wie immer ein Element aus dem andern entſtehet. Wer nachdenken kan, dem wird die Ar⸗ beit leicht werden; doch iſt es gut, zuvor alles erſt zu uͤberlegen, ehe man vergebli⸗ che Arbeit und Koſten verwendet. Esſoll die Materie geſchieden werden; anders aber kan es nicht geſchehen, als daß alle⸗ mal zwei und zwei Elemente beiſammen bleiben; fluͤchtig und fix. Das fluͤchtige wird in die Hoͤhe getrieben, und ſtellet die zwei Elemente, Feuer und Luft, oder den Himmel vor; das fixe, Waſſer und Erde, (welches ſonſt auch fluͤchtig wenn jenes fix genennet wird,) bleibet auf dem Boden liegen und heißt auch die Erde. Ich uͤbergehe hier mit Fleiß die verſchie— als ich fort arbeiten wolte, daß ich an weiterer Ausarbeitung dieſes Werks, da ich keine eigene Haushaltung, noch weniger einen gewiſſen Wohnſitz habe, ſeit drei Jahren gänzlich behindert bin. Statt dieſer Wiſſenſchaft weiter nachzu⸗ haͤngen, bekam ich einen andern Ruf: Weide meine Laͤmmer! und dieſem Rufe zufolge, weide ich deren zwei, wobei ich mich ſo wohl, wohl noch beſſer als ein Koͤnig be⸗ finde. Bald aber werde ich ſie der groͤßern Heerde uͤbergeben, alsdann ſoll mich nichts als die Hand des Hoͤchſten zuruͤck halten, dieſes, bei ſtiller Tugend allein ergoͤtzende Werk, noch einmal vom Anfange bis ans Ende auszuarbeiten. Findet nun dieſe himm⸗ liſche Wiſſenſchaft irgend einen Liebhaber, der von ihrer Moͤglichkeit und Daſeyn über⸗ zeugt iſt, Kult und gelegene Wohnung hat, ſel⸗ bige ausarbeiten zu laſſen, und fie aus ihren Trämmern der Unmoͤglichkeit, womit ſie die Witzlinge verſchuͤtten wollen, retten zu hel⸗ fen, der kau meinen Namen im hieſigen In⸗ telligenzeomtoir zum etwanigen vorläufigen Biefwechſel leichtlich erfragen, um unsunfe re beiderſeitigen Abſichten vorher einander denen Namen, welche die Philoſophen mitzutheilen. Der Schluß folgt künftig. Aenne 4 d V Hannover s Magazin. Altes Stüd, Freitag, den 23ten Mai 1783. Etwas vom Goldmachen. (Schluß.) 4) Di natuͤrliche Compoſi⸗ tion, wobei ich ſtehen ge: blieben bin, iſt das ſchwer⸗ ſte und langweiligſte Stuͤck, welches laͤnger waͤhret als jene erſten drei, und es verlanget durchaus eine beſtaͤndige Gegenwart und Aufſicht, um nichts zu verſaͤumen, daher man keine aus- waͤrtige Geſchaͤfte, die eine Abweſen— beit von mehr als zwei Stunden ver: urſachen, unternehmen darf, wohl aber im Haufe etwas, als Leſen, Schreiben, Unterricht geben, und der: gleichen verrichten kan, um etwa Lo— gis und Koſt neben her damit zu verguͤ⸗ ten, weil ſonſt dieſe Arbeit nicht alle zeit gleich gut gerathen moͤgte. Sie geſchiehet aber theoretiſch (ich ſage nochmals, daß ich ſie practiſch aus Mangel der Gelegenheit, ſo weit noch nicht getrieben,) auf folgende Weiſe: Es muß alles wieder vereiniget wer: den. Wie? Nach der Scheidung der Elemente, wird die Materie in zweier⸗ lei Geſtalt erſcheinen, weiß und roth; Mann und Weib; das Rothe, das auch fir, oder der Mann, imgleichen das Gold, Goldſaame, oder auch der fixe Schwefel heißt, wird oben; das Weiße, das Weib, das Fluͤchtige, die Erde, der Acker, welches des im Grunde ſitzen gebliebenen Namen ſind, iſt die andere Materie, und wird unten ge funden werden. Zwiſchen beiden befin— den ſich der Geiſt, oder das gemein— ſchaftliche Feuer unſichtbarer Weiſe, welches alles nun wieder muß vereini: get werden, daß fie ſich in ſolcher Vers einigung wieder in einen fixen Koͤrper begeben koͤnnen. Vielen Philoſophen iſt beliebig geweſen, von beiden Stuͤk— ken gleich ſchwer unter einander zu rei⸗ ben, wobei man es zwar laſſen kan; ich halte aber dafuͤr, daß von dem fi: ren, als dem Saamen, ein Drittel ge nug ſey in zwei Drittel Fluͤchtiges, als den Acker zu ſaͤen, weil die Natur der Sache es ergiebt, daß des erſteren weniger als des letzteren gefunden wird. Am beſten wird alſo ſeyn, daß man dieſe zwei Materien, nicht auf einmal mit einauder vermiſche, R ſie in Ss zwei, 643 zwei, drei oder vier Theile vertheile, damit, wenn der erſte Verſuch nicht geraͤth, ſolcher einige mal auf das fleiſ⸗ ſigſte wiederholet werden koͤnne. Solte auch des Firen zu wenig und des Fluͤch⸗ tigen zu viel, und wieder umgekehrt, genommen ſeyn, ſo hat man noch, wo⸗ von man nachſetzen kan, wenn das wenige Fixe das fluͤchtige Weib nicht ſchwaͤngern, oder das Fluͤchtige ſein Fixes nicht aufloͤſen wolte. Die Auskochung wird vollbracht und vollkommener, je oͤfterer die Com⸗ pofition wiederholet wird. Iſt nun die Materie ſolchergeſtalt wohl unter ein⸗ ander gerieben, ſo lege man ſie in ihr Ehebette, welches eine gläferne Phio⸗ le iſt, verſchließe dieſelbe wohl, daß ja nichts davon verrauche; die Verſchlieſ⸗ ſung geſchiehet auf mancherlei Weiſe; weil ich aber öfters zuſetzen muß, wird die Phiole am beſten mit einem einge⸗ ſchrobenen Glasſtoͤpſel, deſſen Fugen mit luto ſapientiæ wohl verſtrichen find, an⸗ gehen koͤnnen. Dies iſt das philoſo⸗ phiſche Ehebette, worin die Genera⸗ tion vorgehen ſoll. Die Phiole wird in eine Sandkapelle, in einen hoͤlzer⸗ nen Ofen oder Haͤusgen geſetzt, in einem verſchloſſenen Zimmer gehalten, und fuͤr der auffallenden Luft ſo wohl als fiir vorwitzigen Händen geflchert. Unſere Materie hat ihr geheimes magiſches Feuer ſelbſt bei ſich, wel⸗ ches aber ewig ruhen wuͤrde, wenn es nicht aͤußerlich durch ein natuͤrliches Elementſener angereitzet wird. Dies geſchiehet durch ein unter die Sandka⸗ pelle geſetztes dampenſeuer, und kan Etwas vom Goldmachen. . 12 mit vier Pfund Baumoͤl vleleß er; richtet werden. Die Handgriffe und Regierung des Feuers ſind die Haupt⸗ ſache hierbei, welches ſich nicht alles ſo leicht ſagen als ſelbſt verrichten läßt. ’ 7 Nunmehr erfordert die Sache die beftändige Gegenwart des Kuͤnſtlers; denn man muß auf die fo ſehr bes ſchriehenen vier Farben, als die un⸗ trüglichfien Merkmale, daß man recht procediret und gearbeitet habe, wohl Acht geben. Zuerſt muß uͤber der Materie ein ſchwarzer Nebel aufſteigen; dabei muß der Meiſter wiſſen, was er zu thun habe, auf daß dieſer Nebel wie- der falle und ſeine philoſophiſche Schoͤpfung zum erſten male wieder be⸗ feuchte. Dann wird es nicht lange dauern, ſo wird die Materie weiß er⸗ ſcheinen; welche Weiße durch des Kuͤnſtlers Hand und Fleiß ſo hoch zu treiben, daß ſie weiße Flammen ſchieſ⸗ fe, oder fo lebendig ausſehe, als Sil⸗ ber, wenn es auf dem Blick ſtehet. Dann wendet man wieder einen Hand⸗ grif an, daß die rothe Farbe zum Vorſchein komme. Zuletzt bleicht man dieſe Farbe wieder weiß. 5 Werden die Farben anders oder umgekehrt erzeuget, ſo iſt es ein Zei⸗ chen, daß die Materie verdorben und zu nichts mehr nutze iſt. Iſt hinge⸗ gen richtig zu Werke gegangen, und die Sache zur hoͤchſten Fixitaͤt getrie⸗ ben, dann kan man mit den vorhin abgetheilten und zuruͤck behaltenen zwei oder drei Theilen, die Arbeit wie⸗ derholen, und ſie mit dieſer zuſam⸗ mengefeßt, 645 mengeſetzt, noch fo viel mal durch alle Farben geben laſſen, fo viel Theile man zuruͤck behalten hatte. Iſt die Materie aber verdorben, ſo werfe man ſie weg, nehme einen zweiten Theil, und verfahre damit fuͤrſichtiger. Oben, zum Schluſſe des zweiten Satzes, von der Bereitung des Chaos der Weiſen, iſt geſagt, daß unſer Mer⸗ kurius Philoſophorum in zwei glei— che Theile getheilet werden ſolte; die erſte Hälfte, wäre alſo wie vorſte⸗ het, verarbeitet, die zweite große Haͤlfte koͤmt nun zur Verarbeitung. Dieſe theile ich im 7, 9, hoͤchſtens 15 gleiche Theile, nachdem ich viel oder wenig Hauptſtof, Merkurium Philo⸗ ſophorum, erlanget habe, reibe einen Theil von 7, 9 oder 15 unter die vor⸗ ber gänzlich ausgearbeitete und weiß gebleichte Materie, ſetze ſie wieder in meinen philoſophiſchen Ofen und Be: haͤltniß, und laſſe ſolchen Theil wieder durch alle Farben gehen, bis alle Theile eben ſo weit gebracht ſind, da dann wohl drei bis vier Monate, zumal bei einem Anfaͤnger, dem es nicht jederzeit gluͤckt, und oft ein Glas zerbrochen, oder etwas von der Materie leicht ver⸗ ſchuͤttet werden kan, daruͤber hingehen moͤgten, dahingegen, wenn man dieſe Arbeit wiederholet, ſelbige ſchneller ver⸗ richtet und läufiger wird, auch die Länge der Zeit um ein merkliches ſich abkuͤrzet. So und nicht anders wird das Kleinod menſchlicher und metalliſcher Geſundheit, oder das Univerſal zube⸗ reitet. Man wird hieraus ſehen, daß Etwas vom Goldmachen. 646 alle Partikularproceſſe und Schmiera⸗ lien vergeblich ausfallen, wenn fie nicht aus der großen Univerſalquelle geſchoͤpfet ſind. Ob nun zwar alles ſo kurz, deutlich und leicht beſchrieben worden, was in allen alchymiſtiſchen Buͤchern ſo geheimnißvoll verſteckt iſt, ſo wird dennoch die Hand des Hoͤchſten jedem Unwuͤrdigen den Zur gang zum goldnen Vließe verwehren, welcher keine reine, ſondern habſuͤch⸗ tige Abſichten zum Antriebe dieſer Handlungen bat. Wie dieſes aller firefte gar nicht zu verderbende reinſte Salz entweder auf die Geſundheit der Menſchen, oder zur Veredelung der Metalle zu gebrauchen? iſt oben ſchon zu der Erlaͤuterung des Wortes Pul⸗ ver eines Theils, andern Theils aber bei der Erklaͤrung der Stelle: daß nem⸗ lich die Verfertigung des Pul⸗ vers der Geſundheit hoͤchſt ſchaͤd⸗ lich ꝛc. genugſam geſagt worden, und demſelben nichts weiter zuzuſetzen. Ruͤſte dich nun ſtarker Spottgeiſt der Kritik, ob du gleich nie Muße, Trieb noch Gelegenheit gehabt, dieſe Saͤtze ſattſam durchzudenken, viel we⸗ niger auszuarbeiten; dennoch ruͤſte dich. Nim den erſten Widerſpre⸗ chungsſatz ſtatt des Gewehrs; ſage es iſt nicht wahr. Demonſtrire a priori und poſteriori die Unmoͤglich⸗ keit. Aber de⸗ und remonſtrire mir auch zugleich die Kraft des Magnets, die du doch zugiebeſt, und die phyſiſche Bewegurſache, die ihn nach Norden deeliniret. Rr 2 An⸗ 647 Se Eu 2 5 N Rp 5 Anmerkung über die im 25ten Stuͤck des eee Ma⸗ gazins vom 28ten März 783 befindliche ökonemiſche Abhandlung : 2 a von der Art die Felder mit Torfaſche zu duͤngen. Se ſebr auch der Herr Verfaſſer dieſer oͤkonomiſchen Abhand⸗ lung die bekante Wahrheit, daß es zur Erlernung der Landwirthſchaft nicht genug ſey ein oͤkonomiſches Buch zu leſen, und daß kein Haushaͤlter ger boren, ſondern durch Erfahrung zu dieſer Wiſſenſchaft gelangen müßte, recht geleßret, und gründlich zu er: weiſen ſuchet, ſo gewiß iſt es doch, ja eben ſo gewiß als ich weiß, daß 2 mal 5 zehn ſind, daß derſelbe uͤber ſeine oͤkonomiſche Abhandlung jemals Verſuche anzuſtellen keine Gelegenheit gehabt hat. Die Gegend und der wichtige Haus⸗ halt, worin der Herr Verfaſſer gleich: fan ein Anfaͤnger in der Landwirth— ſchaft ward, und gegenwaͤrtig unter der Aufſicht eines alten erfahrnen und einſichtsvollen Landwirths dieſenHaus⸗ halt fuͤhret, iſt mir auch ſehr gut be⸗ kant, und es iſt zum Glück der Gute: herrſchaft ſowohl, als der Untertha⸗ nen, dieſe Duͤngungsart in dieſer gan: zen Gegend, auch dem groͤßten Land— wirth eine unbekante Sache, die Wu⸗ cherblume aber kennet der Unterthan nicht einmal dem Namen nach. Ich werfe alſo hier billig die Fra⸗ ge auf, woraus hat denn dieſer junge gelehrte Haushaͤlter wohl den Witz (ſeiner eigenen Redensart nach,) zu dieſer Abhandlung geſogen? und ich antworte mit Wahrheit, woraus an: ders, als aus einem bkenoniſhen Buche. Kan man es daher wohl einem al⸗ ten erfahrnen Hanshälter verdenken, wenn er Bedenken findet, unverſuch⸗ ten und nicht erprobten Projekten die öfters mit großen Koften verknuͤpfet ſind, ſogleich ſeinen Beifall zu ge⸗ ben, und für praktiſche Wahrhei⸗ ten anzunehmen? Welcher Landwirth iſt wohl ſo unerfahren, der nicht weiß, daß alle kuͤnſtliche Duͤngungs⸗ arten weiter nichts als nur ein Noth⸗ behelf ſind, und wodurch im ganzen genommen der fo allgemein gewünfchte Eatzweck, den Ackerbau uͤberall zu feiner groͤßten Vollkommenheit zu bringen, doch nicht erlanget werden kan. Ob ich gleich eben fo wenig wie der Herr Verfaſſer von dieſer Duͤngungs⸗ art die geringſte praktiſche Kenntniß habe, fo raͤume ich es doch ſehr gerne ein, daß in den Gegenden, wo es gebraͤuchlich iſt, und ohne weſentli⸗ che Koften geſchehen kan, dieſes Torf⸗ brennen wohl von einigem Nutzen ſeyn mag, denn eine jede Art Aſche giebt bekantlich einen, beſonders aber guten Wiefendünger , inzwiſchen iſt doch auch die eine Art weit beſſer als die 648 andere, und kan ein Haushaͤlter, der ſore und mit Moos bewachſene Wie⸗ ſen hat, ſich ſolche, vorzuͤglich wenn er ſie im Frͤͤhhahr unausgelauget dar⸗ über — _ * . — ie ae 649 über ſtreuen laͤßt, und wenn nicht gleich darauf eine gar zu ſtarke Duͤrre einfaͤllt, mit gutem Vortheil zu Nutze machen. Wenn aber der Herr Ver— ſaſſer in ſeiner theoretiſchen Abhand— lung behaupten will, daß dieſes Bren—⸗ nen, welches feiner eigenen Ausſa⸗ ge nach doch nur einmal geſchehen darf, zugleich ein bewaͤhrtes Mittel zur Vertilgung des Unkrauts, und der hoͤchſt ſchaͤdlichen und Land ver: derblichen Wucherblume ſeyn ſoll, ſo iſt ſolches gleichfalls nicht in der Er: fahrung beſtaͤrket, maaßen der zuvor tief untergepfluͤgte Saame, welcher viele Jahre in der Erde liegen, und zum Aufgeben tauglich bleiben kan, von dieſem einmaligen Brennen, nicht einmal beruͤhret, viel weniger gaͤnzlich vertilget werden kan. Es wird mir erlaubt ſeyn, dem ge⸗ neigten $efer meine Gedanken nach meiner geringen Einſicht und Erfah— rung: Wie ein Landwirth ſeinen Ackerbau nach einer ſehr bekanten und gemeinen aber richtigen Wirthſchafts— regel in guten Stand ſetzen kan, in dieſen Blaͤttern vorzutragen. Wer ſeinen Ackerbau verbeſſern, und nach der innern Beſchaffenheit feiner Laͤnderei zur gewiſſen Vollkom— menheit bringen will, der prüfe ja zu: förderft, ob Ackerbau, Wieſenwachs ö und Viehzucht, auch mit einander in einem richtigen Verhaͤltniß ſtehen, das beißt, ob ſo viel Wieſenwachs zum Gute gehoͤret, daß davon ein dem Ackerbau angemeſſener Viehſtapel recht ö Anmerkung über die oͤkonomiſche Abhandlung, ꝛt. 650 gut und reichlich unterhalten werden kan. f Hat ein Gutsbeſitzer oder Haushaͤl⸗ ter das Gluͤck, daß er nicht allein gu: te, ſondern auch feinem Ackerbau ge: maͤß hinlaͤngliche Wieſen hat, ſo kan es ihm auch gar nicht fehlen, nach der innern Beſchaffenheit feiner Laͤn⸗ derei ſeinen Ackerbau zu einer gewiſ— ſen Vollkommenheit zu bringen, denn die Wieſen ſind gleichſam die Seele vom Haushalt, von ſelbigen haͤnget die Viehzucht, von dieſer aber der ganze Ackerbau ab. Wo aber bei einem Gute der Wieſenwachs fehler, da kan ſo wenig der Ackerbau zu einer gewiſſen Vollkommenheit gelangen, als auch eine gute Viehzucht unter; halten werden, oder es muͤſſen ſtatt deſſen, gute Futterkraͤuter, Klee, ꝛc. ſowohl zum gruͤnen Futter, als trocken machen hinreichend angebauet werden, um dadurch den Mangel des Wieſen— heues zu erſetzen. Denn von bloßem Stroh kan man kein Vieh anders als mit großem Schaden kuͤmmerlich un: terhalten, nicht zu gedenken, daß ma— geres Futter auch magern Miſt giebt, Vielen Gutsbeſitzern oder Haus: bäftern fehlet es zwar nicht an Wie: ſenwachs, aber die Wieſen find entwe⸗ der ihrer Lage, Grund und Boden nach von ſchlechter Beſchaffenheit, oder ſie haben wohl eine gute Lage und Boden, ſind aber durch ſchlechte Wartung, oder aus einer andern Ur⸗ ſach in Verderb gerathen. Solche Wieſen liefern daher bewandten Um⸗ ſtaͤnden nach nicht nur wenig, ſondern Ss 3 auch 4 kommen kan. 651 unnabrhaftes Heu. Auf dergleichen Gütern kan alſo kein, dem Ackerbau angemeſſener Viebſtand unterhalten werden; und was folget daraus? Der beſte Ackerverſtaͤndige wird, bei allem möglichen Fleiß und Mühe, die er auf ſeinen Acker verwendet, wenn er nicht vorzuͤglich guten Boden hat, zu ſeiner groͤßten Betruͤbniß erleben muͤſ⸗ ſen, daß er eine ſchlechte und geringe Ernte nach der andern thut, und mit ſeinem Ackerbau, aller angewandten Muͤhe ungeachtet, doch nicht weiter Befindet ſich nun ein Begüterter oder Haushaͤlter in dieſer Lage, daß er zwar hinreichende, aber doch nur ſchlechte Wieſen hat, ſo wird er gewiß dem Entzweck, feinen Ackerbau in einen beſſern Stand ſetzen zu koͤnnen, näher kommen, wenn er Zus foͤrderſt keine Muͤhe und Koſten pa: ret, feine Wieſen nach Möglichkeit zu verbeſſern, bis dahin aber gute Futterkraͤuter anbauet, um gutes nahr⸗ baſtes Futter zu ernten, damit er nicht nur feinen. Viehſtapel vermehren, ſon⸗ dern ſelbigen auch reichlicher und beſſer unterhalten kan. f Etwa ſeit 53 Jahr iſt mir ein Pleis nes Gut zu bewirthſchaften anver⸗ trautt. Bei deſſen Annahme erhielt ich die Länderei, die bis dahin vers einzelt war, nicht nur todt mager, ſondern es befanden ſich auch die Wieſen, zwar nicht der Lage und Güte nach, ſondern wegen ſchlechter Wartung in keinen guten Umſtaͤnden, Anmerkung über die ökonomiſche Abhandlung, e. 652 auch groͤßtentheils ſehr ſchlechtes und weil die Abzugsgraben bei Men⸗ ſchen Denken nicht gereinigt und aus⸗ gebracht, die Anhoͤhen gleichſam mit Moss bedecket, und mit Queendorn, (auch Hackeln genannt,) Geſtraͤu⸗ chen und Buͤlten hin und wieder be⸗ wachſen waren. Ich wandte daher erſt mein ganzes Augenmerk, da ich alles auf einmal nicht in Stand ſetzen konte, auf die Wieſen. Ich ließ die Graben reinigen, und ſo tief, wie gu⸗ ter Boden zu finden war, ausbringen. Hierdurch erhielt ich eine große Menge gute Schlammerde, womit ich, nach⸗ dem ſie ſich ein Jahr durchgelegen, die moraſtigen und ſumpfigen Stellen theils wieder artbar machte, und ließ ferner die Wieſen von den alten Maul⸗ wurfshaufen, Queendorn und Geſtraͤu⸗ chen ſorgfaͤltig reinigen. Zur Vertil⸗ gung des ſchaͤdlichen Mooſes gebrauch: te ich die ſogenannte Bultaſche mit vermoderter Holzerde vermenget, Huͤr⸗ delaͤger, Huͤner und Taubenmiſt mit großem Nutzen. Die Anhoͤhen, wor: auf die Grasnarbe gar zu duͤnne war, ließ ich nach und nach umpfluͤgen, duͤn⸗ gen, und mit gutem reif gewordenen Heuſaamen wieder beſtellen, und der Erfolg hat gelehrt, daß ich dadurch nicht nur die Wieſen ſo weit gebracht, daß davon ein anſehnlicher Viehſtand recht gut und reichlich durchgefuͤttert werden kan, ſondern es iſt nunmehr durch dieſen ſchon die Laͤnderei ohne alle Kuͤnſteleien zu meiner großen Freude fo weit im Stande, daß ich davon nach hie⸗ ſiger dandesart reichliche Ernten erhalte. ER e EL TEL TERTE Lieber 653 2 . . 654 Ueber die von den Englaͤndern bekant gemachte | rothe Fieberrinde. “) ie ie Aerzte haben gegen die Heil: kraͤfte der Fieberrinde, der im gemeinen Leben bekanten China, feit einiger Zeit angefangen, Mißtrauen zu hegen, da Sydenham und Mor⸗ ton durch ſolche ehedem fo herrliche Kuren verrichtet haben, die jetzt oft nicht mehr gluͤcken wollen. Daher mag es denn auch gekommen ſeyn, daß man des hohen Preiſes wegen zugleich mie, bin und wieder andere Rinden in Fiebern verſuchte, und außer den ſchon ehedem mit der Rinde der Lor⸗ beerweide und Roßkaſtanie gemachten Verſuchen hat uns Anton Turra noch letzthin die Rinde von den jun⸗ gen Zweigen der Roßkaſtanie von neuem in einfachen und gedoppelten Drei: und viertaͤgigen Fiebern empfoh⸗ len, und Baker giebt das Pulver von Mahagoniholz gleich der China in kalten Fiebern nie ohne Rutzen. In Frankreich ruͤhmt man ſeit einiger Zeit eine gewiſſe Gattung der Fieberrinde, die aber mit der in Peru wachſenden nicht verwechſelt werden muß, und auf Domingo, Martinike und in Neu⸗ Mexico waͤchſet. Der erſte Entdecker dieſes vorzuͤgli— chen Huͤlfsmittels iſt de Badier und verſchiedene im Hotel de Dieu zu Da; ris mit ihr angeſtellte Verſuche bewie⸗ ſen ihre Wuͤrkung gegen die Fieber. N Vielleicht iſt dieſe Cinchona Caribæa des Ritters inne, die Dr. Wright ter bekant zu machen. in Philoſophical Transactions vom Jahr 1777 beſchrieben und abgebil⸗ det hat, und die auch auf Jamaika und den karaibiſchen Inſeln angetrof— fen wird, im Anfange ſcharf und gez wuͤrzhaft, hernach aber ſehr bitter ſchmeckt. Neulich hat indeſſen D. William Sounders durch feine Obſervations on the fuperior Eſſicacy of the red Peruvian Bark uns mit einer Art bekant gemacht, die unter dem Mas men der rothen Sieberrinde von den Londoner Aerzten in den hartnaͤckigſten Fiebern mit dem beſten Erfolge ges braucht worden iſt, und der ſogar die Öffentlichen Zeitungen erwähnten. De nenjenigen, die mich darum befragt ba: ben, wiederhole ich dieſes hier, und de⸗ nen, die darauf ebenfalls neugierig ſeyn ſolten, will ich von ihr das ſagen, was be⸗ kant iſt. Sie iſt auf der Apotheke des Herrn Grabergs, die Unze puderifirt für 10 ggr. zu bekommen, und es iſt Pflicht, die mit ihr angeſtellten Verſuche wei⸗ Wenn auch der nunmehr geendigte Krieg zwiſchen Großbritannien, Amerika und den Bourbonſchen Maͤchten fuͤr die Erhal⸗ tung der Menſchen gerade nachtheilig geweſen iſt, ſo kan es ſeyn, daß ein Theil kuͤnftiger Generationen durch die Bekantmachung dieſer rothen Rinde dem Staate erhalten wird, und was alſo auf einer Seite Verluſt war, kan auf der andern Seite Gewinn er m *) Aus dem ag St. der gelehrten Beitraͤge zu den Braunſchweigiſchen Anzeigen. 655 ueber die von den Englaͤndern bekont gemachte ꝛc. 656 Im J. 1779 brachte nemlich eine engliſche Fregatte ein von uma nach Eatir beſtimmtes Schif in England auf, deſſen Ladung meiſt in Fieberrinde beſtand. Sie war von außerordentli⸗ cher Dicke, ſah ſehr rauh aus, war in weit groͤßeren und ſtaͤrkeren Stücken, als unſere gewoͤhnliche Fieberrinde, und beſtand aus drei verſchiedenen Lagen. Die aͤußere Lage iſt ganz duͤnne, rauh, von braunrother Farbe, und oft mit ei; nem Mooſe uͤberzogen; die mittlere iſt an Farbe dunkler, im Bau dicker und feſter, außerordentlich leicht zu zerbrechen, und ſcheint hauptſaͤchlich harzig zu ſeyn, und die meiſte brenn⸗ bare Materie zu enthalten; die innerſte Lage iſt hochroth, hat aber mehrere Fie⸗ bern und iſt folglich holzartiger. Ueber: haupt hat dieſe rothe Fieberrinde die gute Eigenſchaft, daß ſie ſich ungemein leicht broͤckelt, ein ſonſt untruͤgliches Zeichen einer guten Rinde. Sie iſt — — BA I > aromatiſcher und weit bitterer als die gewoͤhnliche, und aus vielen von D. Sounders Verſuchen erhellet, daß ſo⸗ wobl waͤßrige als geiſtige, mit und ohne Feuer daraus gemachte Extraete mehr wuͤrkende Kraͤfte enthalten, auch viel bitterer und zuſammenziehender ſind, als die Extracte der gewoͤhnlichen Nin⸗ de. Auch die Spanier ſcheinen eben⸗ falls dieſer rothen Fieberrinde den Vor zug zu geben, und wenn man fie mit der gewöhnlichen vergleicht, und auch ge gen andere Baumrinden haͤlt, ſo ſchei⸗ net ſie die Rinde des Stammes und die gewoͤhnliche Rinde die der Aeſte eines Baums zu ſeyn. Bekant iſt es jedoch von unſerer einheimiſchen Eichenrinde, daß das Zuſammenziehende in der Rin⸗ de des Schaftes weit ſtaͤrker iſt, als in der Rinde der Aeſte. Dieſe Wahrheit kan auch auf die Rinde des China⸗ baums ſehr gut paſſen. D. Joh. Phil. du Roi. Edle Handlung. Vin nuͤchterner Bauer aus dem Kirch: ſpiel Imſum, Landes Wurſten, koͤmt im letzt verfloſſenen Jenner, bei einer entſetzlichen Schneejagd (ich der Bekantmacher war deſſelben Abends auch in Lebensgefahr,) von Neuenwal⸗ de. Ein Hfficier, ein wahrer Menſchen— freund, koͤmt unter Weges zu ihm, und ſie gehen eine ziemliche Strecke zuſam⸗ men. Kurz vor der Scheidung, wird dem Bauer ſo uͤbel zu Muthe, daß er ſich nieder ſetzen will. Mein, ſagte der edle Mann, das leide ich nicht; er iſt in dieſer Lage ein Kind des Todes ‚Mein Weg geht nach Lehe. Er foll entweder mit mir, oder muß er ſchlechterdings nach Hauſe, ſo bringe ich ihn dahin. Der Bauer willigt in das erſte, und der brave Begleiter nimt ihn unterm Arm und traber mit ibm gluͤcklich da⸗ von. Der Bauer iſt ein ſehr beguͤterter Mann, und danket noch täglich mit geruͤhrtem Herzen feinem würdigen Erz halter. Und wer wird dem Edlen nicht Beifall zulaͤcheln! W + * + we Hanneveriiis Dagasi, 42% Stüd, Montag, den 26 Mai 1783. Sue zu der im lten, 62ten und 6zten Stuck dieſes Maga⸗ zins vom Jahre 78 1, befindlichen Geſchichte und Beſchreibung der Inquiſition, vorzuͤglich der ſpaniſchen. 7 er Groß- Jrguiſttor des Koͤnig⸗ reichs Arragouien, Nicolaus Etmerico, verfertigte gegen die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts zum Gebrauch des heiligen Gerichts, eine Art von Corpus Juris, das er Dire- &orium Inquißtorum nannte. Dieſes Buch wurde lange in Handſchriſt, als Regel und Richtſchnur der Beiſitzer des Inquiſitionstribunals aufbewahrt, und nicht lange nach Erfindung der Buchdruckerkunſt in Druck gegeben. Im J. 1558 veranſtaltete Franz Pegua, Doctor der Gottesgelahrheit, zu Rom eine neue Ausgabe, mit An⸗ merkungen und Scholien von dieſem Werke, und eignete ſelbige dem Pabſt Gregor XIII. zu. Nach dieſer Aus gabe verfertigte der Abt Mioreller im Jahr 1762 eine franzöfifche Ueberſetzung, woraus fol⸗ gendes genommen iſt. Ein Ketzer kan auf dreierlei Art be: langt werden: durch die Anklage; die Denunciirung, und durch die In⸗ quiſition. Die Anklage muß ein Inquiſttor nur ſelten zulaſſen, denn fie iſt lang— weilig, und der Klaͤger wagt zu viel dabei; er muß letzterm lieber zur ſimp⸗ len Denunciirung rathen, bei der gar keine Zeugen noͤthig ſind, und wobei er bloß auf dem Evangelienbuche ſchwoͤrt, daß er die Wahrheit ſagt; waͤre eine ſolche Anklage auch von al⸗ ler Wahrſcheinlichkeit entbloͤßt, fo muß fie der Inquiſttor deswegen doch nicht aus feinem Buche ſtreichen, fon: dern abwarten, ob nicht vielleicht die Zeit ſie verſtaͤrke. Auf die Unterlaſſung der Denun⸗ ciirung ſteht der Kirchenbann, und kein gegebenes Wort, Verſprechen eder Treue darf davon zurück halten; fo gar bruͤderliche gut gemeinte Abmah⸗ nung des Schuldigen, iſt Suͤnde, und es iſt beſſer ihn gleich anzugeben. Die Inquiſttien, als die dritte Art des Proeeſſes, theilt ſich in zwei Thei⸗ le, nemlich in die allgemeine Nachfor⸗ ſchung nach Ketzern, die von Zeit zu Zeit in ganzen Bezirken und Land⸗ Tt ſchaften 659 beſondere, wenn das Öffentliche Ge⸗ ruͤcht eine Privatperſon einer Ketzerei beſchuldigt. Der Ange cklagte iſt ſchuldig, alles, was nur auf irgend eine Art und Weiſe zur Bekraͤſtigung feiner Anklage etwas beitragen kan, herbei zu ſchaffen. Juden, Excommunieirte, Mitſchul⸗ dige, mit oͤffentlicher Schande gebrand⸗ markte Perſonen, und ſelbſt die, de⸗ ren Zeugniß bei jedem andern Gerich⸗ te verworfen und nicht gelten wuͤrde, können bei den Inquiſttionstribuna⸗ len als guͤltige Zeugen gegen den An: geklagten zugelaſſen werden, wohl zu merken, wenn ihr Zeugniß wider ihn iſt. Ja ſo gar ſelbſt ein Ketzer kan alle⸗ mal wider den Angeklagten, aber nie für. ihn zeugen. g Bloß ſolche Perſonen koͤnnen wie Zeugen recuſirt werden, von denen es notoriſch bekant iſt, daß fie des Ange: klagten Todfeinde, das iſt, ſolche Leute ſind, die ſchon wuͤrklich thaͤtliche An⸗ griffe auf fein teben gethan haben; an: dere Feindſchaft hindert nicht; eben ſo kan auch ſein Geſinde, ſeine Frau, ſei⸗ ne Kinder, der Vater wider den Sohn, der Sohn wider den Vater, der Bru⸗ der wider den Bruder, ꝛc. aber nie für ihn zeugen. Hat auch gleich ein Zeuge ein ı fal. ſches Zeugniß abgelegt, und geſteht er dieſes nur, und will es widerrufen, ſo gilt letzteres doch nicht, wenn es zum Vortheil des Angeklagten, ſondern nur, wenn es zu ſeinem Nachtheil gereicht. Den Zeugen wird allemal nach dem Nachtrag zu der Geſchichte der Inquiſttion, ſchaften angeſtellet wird, und in die Zwei Zeugen ſind zu Fallung eines Urtheils hinreichend. weil ſie ſonſt die Rache des Angeklag⸗ ten und ſeiner Verwandten au 19 5 | ten haben wuͤrden. Wo dieſes aber nicht zu befürchten iſt, kan man ſie dem Angeklagten nen⸗ nen. Werden daher dem Angeklag⸗ ten die Akten mitgetheilt, ſo pflegt man an die Stelle der rechten Angeber und Zeugen, erdichtete Namen, oder Na⸗ men von andern Perſonen zu ſetzen, oder, welches gewoͤhnlicher iſt, nieman⸗ den zu nennen. Die Confrontirung der 0 und Ihre Namen muͤſſen genau verſchwiegen bleiben, 66% Verhoͤr die ſtrengſte Derſchwiegenbeit eingeſchaͤrft. e mit dem Angeklagten, findet bei dem heiligen Gericht nicht ſtatt. So bald der Angeklagte vor dem Inquiſitor erſcheint, fo läßt er ihn auf dem Evangelio ſchwoͤren, daß er die Wahrheit, ſelbſt zu ſeinem Nachtheile geſtehen wolle. Wenn dieſer Eid ab: gelegt iſt, fo fraͤgt er ihn nach feinem Namen, Geburtsort, Aufenthalt, Re⸗ ligion, Gewerbe, u. ſ. w. ob er von dieſer oder jener Materie (eben die, weswegen er der Ketzerei beſchuldigt worden iſt,) habe reden hoͤren. Alle ſeine Antworten werden aufgeſchrie⸗ ben, und er muß ſte ſelbſt unterſchrei⸗ 5 ben. Der Inquiſttor fraͤgt weiter: ob er muthmaße, weswegen er einge⸗ zogen ſey, wer ihn angegeben habe, u. ſ. w. wer ſein Beichtvater ſey, wenn er zum letzten mal gebeichtet habe? Doch hat ſich der Inquiſi itor dabei aͤuſ⸗ — 1 * 66 * äußerſt zu huͤten, daß er den Angeklag⸗ ten nicht Gelegenheit zu Auofluͤchten und Rechtfertigungen giebt; denn die Ketzer „find recht darauf ausgelernt, ihre Irrthuͤmer zu verſtecken, und „wiſſen ſich fo ſromm zu ſtellen, und „fo gekuͤnſtelte Thraͤnen zu weinen, „daß fie auch die abgehaͤrteſten Rich: „ter ruͤhren koͤnnen. Allein, ein In⸗ „quiſitor muß ſich gegen alle dieſe „Praktiken waffnen, und ſich immer „fteif und feſt einbilden, daß man ihn ubetruͤgen will., Die Ketzer, heißt es weiter in dem Diredorio lnquiſitorum, haben über: haupt zehnerlei Arten den Inquiſitor zu hintergehen: Rt 1) Sie antworten zweideutig; frägt man fie: iſt dies der Leib Chriſti? fo antworten fie ja! verſtehen aber ſich ſelbſt, oder einen Stein, oder ſonſt etwas darunter. 2) Sie richten ihre Antworten be⸗ dingungsweiſe ein, und behalten dabei immer etwas im Sinn. 3) Sie geben die Frage zuruͤck. Z. E. fraͤgt man den Ketzer: glaubſt du, daß Wucher eine Suͤnde ſey? ſo er⸗ wiedert er: was glaubt ihr? Antwor⸗ tet nun der Inquiſitor: wir glauben, mit allen katholiſchen Chriſten, daß Wucher eine Sünde iſt, fo ſagt er: ich glaube es auch, verſteht ſich's, wenn ihr's glaubt. 4) Sie ſtellen ſich aͤußerſt verwun⸗ dert: Fuͤr wen haltet ihr mich? Bin ich ein Jude? Ich bin ein Chriſt, und glaube alles, was ein guter Chriſt glauben muß: fe verſtehen aber dar; vorzüglich der ſpaniſchen. 662 unter, daß ein guter Chriſt dieſes oder jenes, wovon die Rede iſt, nicht glau⸗ ben ſoll. r 5 5) Sie bleiben nicht bei der Frage, ſondern miſchen ganz fremde Dinge ein. 6) Sie lenken immer die Rede auf etwas anders. Fraͤgt mau fie daher, 3. E. glaubt ihr, daß Chriſtus noch lebendig war, als man ihn am Kreutz mit einer Lanze durchbohrte? ſo iſt gemeiniglich ihre Antwort: Ich hoͤre, daß daruͤber viel geſtritten wird, aber um Gottes willen, ſagt mir, was ich davon glauben ſoll, denn ich moͤgte nicht gern irren. | 7) Sie ſuchen ſich rein zu brennen: Fraͤgt man fie über einen Glaubeus⸗ artikel, fo antworten fie: Mein Bar ter, ich bin ein einfältiger und fchlecht unterrichteter Menſch; ich diene Gott in Einfaͤltigkeit meines Herzens, und mir find die Spitzfendigkeiten nicht bekannt, uͤber die ihr mich befragt; ihr koͤnnet mir leicht Fallen ſtellen, und machen, daß ich darin gerathe, aber, um Goctes willen, verſchont mich mit dergleichen Fragen. N 8) Sie ſtellen ſich krank, u. ſ. w. Sonderlich bedienen fie ich dieſer Liſt, wenn ße gefoltert werden ſollen; fie ſagen alsdenn, fie wären zu ſchwach, als daß ſie die Tortoaur aushalten kloͤnten. : 7 9) Sie ſtellen ſich wahnwitzig. 10) Sie affeftiren eine große Be ſcheidenheit und Rechtſchaffenheit in ihrem ganzen Betragen, Weſen, Mi: nen, Kleidung, u. ſ. w. | Weil die Ketzer alſo mit lauter Tt. 2 Trug, 663 Nachtrag zu der Geſchichte der Inquiſition, 6604 Trug, Luͤgen und Lift umgehen, fo. chend iſt, ihn auf die Folter bringen f fhärft das Directorium dem Inqui⸗ ſitor ein, ſie mit gleicher Muͤnze zu bezahlen, ihnen ſchoͤne Worte zu ge⸗ ben; im Fall des Geſtaͤndniſſes Be; gnadigung zu verſprechen; aber das Verſprechen nicht zu halten, ſich zu ſtellen, als ob er eine weite Reife thun müffe, von der er nicht wiſſe, wann er wieder zuruͤck kommen werde, und alſo den Angeklagten zu bitten, lieber jetzt zu bekennen, damit er nicht unter der Zeit in dem langwierigen harten Gefaͤngniß erkranke, und ſterbe. Fer: ner Leute an ihn abzuſchicken, die un⸗ ter allerlei Vorwand, und unter dem Mantel der Freundſchaft, des Ver: trauens, des Mitleidens ihm fein Ger beimniß ganz oder zum Theil ablof; ken. Solche Spione koͤnnen ſich fo: gar ſtellen, als waͤren ſie von ſeiner Sekte oder Meinung, nur aber duͤr⸗ ſen ſie es nicht ſagen; denn ſich ſo ſtellen iſt keine Suͤnde, aber es ſagen, "würde eine ſeyn. Bei einem neuen Verhoͤr kan auch der Inquiſitor zuweilen die Akten des erſten Verhoͤrs durchblaͤttern, und thun, als ob der Inquiſit ſich wider⸗ ſpreche; oder ein Papier in der Hand halten, darin umſchlagen, beiſchreiben, oder leſen, damit der Befragte auf die Gedanken kommen koͤnne, es ſey eine Ausſage, die wider ihn zeuge. Der Inquiſitor muß überhaupt den Inquiſiten ſo oft und ſo mancherlei fragen, bis dieſer ſich einmal ver⸗ ſpricht, oder in ſeinen Antworten et⸗ was aͤndert, welches alsdenn hinrei⸗ zu laſſen. RR Man verſtattet dem Beklagten ei: nen Anwald. Er kan den Inquiſitor und die Zeugen wegen Todfeindfchaft recuſiren, und auch appelliren; in Spanien wird an den oberſten In⸗ quiſitor appellirt, der gemeinſchaſtlich mit ſeinem Rath entſcheidet. Alles dieſes geſchiehet, um doch wenigſtens die Form des Proeeſſes zu beobachten, mehr fruchter es ſelten etwas. Im Ruf der Ketzerei ſteßhen; die Aus ſage eines ſſchern Zeugen in Ketze⸗ rei, oder andere triftige Beweiſe ge⸗ gen ſich haben; nicht bei einer Rede bleiben, macht zur Folter reif. Ä Es giebt nur fünf Arten der Tor: tur; Marſtlius erwähnt ihrer vier⸗ zehn, und fuͤgt hinzu, daß er ſie noch mit verfchiedenen neuen Gattungen, z. E. der Unterbrechung des Schlafs, bereichert habe. | 8 Citirt man einen fluͤchtigen und 2 contumaeirten Keßer, fo bedient man ſich folgender Formel. . Wir, des heiligen Glaubens Inquiſttoren, an Euch N. V., gebuͤrtig aus dem und dem Orte, und dem und dem Birch⸗ ſprengel: Gott gebe Euch mehr Weisheit. 475 Es iſt unſer eifriges Beſtre⸗ ben von jeher geweſen, zu wa⸗ chen, daß der Weinberg des Gottes qebaoth, den die Red te des himmliſchen Vaters ge⸗ pflanzt, das Blut feines Soh⸗ nes begoſſen, die Gnade des hei⸗ * er 665 heiligen Geiſtes befruchtet, und die ganze gebenedeyte und unbegreifliche Dreifaltig⸗ keit mit den herrlichſten Pri⸗ vilegien geſegnet hat, nicht von dem wilden Eber des Waldes, das iſt, dem Retzer, gefreſſen, noch von dem Un— kraut der Ketzerei erſtickt, oder dem peſtilenzialiſchen Athem der feindlichen Schlange ver⸗ giftet werde. = +» Wirwen- den alle unfere Sorgfalt an, daß Simſons Fuͤchſe, welches find die Ketzer, die Ernte des Hausvaters nicht verzehren, oder ſie mit ihren brennenden Schwaͤnzen in Brand ſtecken, das heißt, durch ihre ver⸗ dammliche Spitzfindigkeiten die Reinheit des katholiſchen Glaubens beflecken. Als wir daher fanden, daß ihr in die Betzerei verfallen warer, fo haben wir uns eu⸗ rer bemaͤchtigt, und euch heil⸗ ſame Geneſungsmittel, Oel und Honig fuͤr eure Wunden bereitet, aber ihr, vom boͤſen Geiſt getrieben und verfuͤhrt, ſeyd aus eurem Gefaͤngniſſe entflohn. Wir haben euch vor unſer Gericht citirt, und ihr habt euch geweigert zu erſcheinen. Wir haben euch in Bann gethan, und ihr ſeyd eine lange Zeit im Bann ge⸗ blieben. Wir wiſſen nicht, wo euch der T.. hingefuͤhrt vorzuͤglich der ſpaniſchen. 060 hat; Wir haben guͤtiglich gewartet, daß ihr in den Schoos der Kirche zuruͤckkeh⸗ ren ſoltet, aber da ihr in eu⸗ rem ſuͤndigen Vorhaben be⸗ harret, ſo laden wir euch zum letzten mal ein, an dem und dem Tage, an dem und dem Orte, in Perſon zu erſcheinen, u. ſ. w. Dieſe Citation wird mit Requifi: torialien in eben dem Tone an dieje⸗ nigen Obrigkeiten begleitet, wo man vermuthet, daß ſich der Fluͤchtige auf⸗ haͤlt. N Bei der Freiſprechung eines In⸗ quiſiten, ſchaͤrft das Directorium ein, ſich wohl zu huͤten, ihn fuͤr un⸗ ſchuldig, ſondern nur fuͤr einen ſolchen zu erkennen, wider den es an hin⸗ laͤnglichen Beweiſen gefehlt habe. Die Strafen, die das Inquiſttions⸗ tribunal diktirt, beſtehen in der kano⸗ niſchen Reinigung; der Abſchwoͤ⸗ rung, im Fall des Verdachts der Ketzerei, nebſt den vorgeſchriebenen Buͤßungen; in Geldſtraſen und Einziehung des Vermoͤgens; in der Abſetzung von Amt und Dienſt; im ewigen Gefaͤngniß; und in Ueberantwortung des Schuldigen an den weltlichen Kichter. Die kanoniſche Reinigung ge ſchiehet, wenn der Angeklagte auf dem Evangelio ſchwoͤrt, daß er nicht ketzeriſch geſinnet ſey. Einige gute Katholiken, die man Compurgatores nennt, deren Anzahl ſich nach der Tt 3 Groͤße 66 Nachtrag zu der Geſchichte der Inquiſition, Groͤße der Beſchuldigung richtet, und die den Angeklagten verſchiedene Jah⸗ re gekant haben muͤſſen, ſchwoͤren zu gleicher Zeit, daß ſie glauben, daß der Angeklagte die Wahrheit ſaget. Die Abſchwoͤrung geſchiehet bei dreierlei Arten des Verdachts, und in der Kirche. Der Ingquiſttor fordert dabei den Angeklagten auf, mit lauter Stimme ſich der und der Ketzerei ſchuldig zu bekennen, doch warnet das Directorium, es kluͤglich zu unter⸗ laſſen, wenn man Mulhmaßuugen hat, daß ſich der Angeklagte vor dem ver ſammelten Volke entſchuldigen moͤgte. Die Buͤßungen, die der Inqui⸗ fitor bei der Abſchwoͤrung des dritten und hoͤchſten Grades zugleich mit auf⸗ legt, beſtehen in einer beſtimmten Ge⸗ faͤngnißzeit, oder dem Befehl, einen braunen Moͤnchsbabit, mit andert⸗ Halb Fuß langen und zwei Fuß brei⸗ ten gelben Kreutzen uͤber der gewoͤhn⸗ lichen Kleidung zu tragen, ſich darin an den Kirchenthuͤren an großen Fe⸗ zu zeigen, u. ſ. w. Die Geldſtrafen und Einzie⸗ Hung des Vermögens der Ange klagten, find Punkte, welche dem Di⸗ rectorium ſehr am Herzen liegen. Es behauptet, daß es der Nutzen und das Beſte des chriſtlichen Glaubens ausdrücklich erfordern, daß die In⸗ quiſitoren viel Geld haben; da nach St. Pauls Ausdruck niemand gehal⸗ ten iſt, Krieg auf feine Koſten zu fuͤh⸗ ren: (nemo cogitur ſtipendiis ſuis militare,) daß alſo die Inquiſttoren die Geldbußen fehr gut zu ihrem und * u Ss 668 zu ihrer Familien. Unterhalt verwen⸗ den, und auch mit gutem Gewiſſen Geſchenke annehmen koͤnnen. Das Publikum (faͤhrt es fort,) be⸗ 2 5 zahlt Metzger, Aerzte, Kuͤnſtler, u. f. w. warum ſolte es denn nicht auch die Inquiſitoren bezahlen, die ſo ſchwere Arbeiten thun, und weit nützlicher find als jene. 8 e Scolten die Kinder des Schuldigen durch die Einziehung feines Bermö gens an den Bettelſtab gebracht wer⸗ den, fo iſt doch nicht Ruͤckſicht dar- auf zu nehmen, weil in der Schrift geſchrieben ſteht, daß die Kinder der Vaͤter Miſſethat tragen ſollen. Einem Ketzer kan auch noch ſogar nach feinen Tode der Proceß gemacht, ‚fein Vermoͤgen confiſcirt, und feinen Erben, oder dem, der es beſitzt, bis in die dritte Hand, abgenommen wer⸗ den. s 4 Einige Doctoren haben die Frage aufgeworfen, ob ein Ketzer, der zwar noch weder angegeben, noch verur⸗ theilt, aber doch in ſeinem Herzen ſeiner Ketzerei gewiß iſt, ſich nicht ei⸗ ner Todfünde ſchuldig macht, wenn er nicht von freien Stuͤcken komt, und dem heiligen Gericht fein Vermoͤgen bringt und cedirt? „„ Die Entſetzung aller Würden, Aemter, Titel, Chargen, Bedienun⸗ gen, und die Untuͤchtigkeit, jemals dergleichen zu bekleiden, geht nicht bloß auf die Perſon des Angeklagten, ſon⸗ dern auch auf feine Kinder; von vaͤter⸗ licher Seite bis aufs zweite, und von muͤtterlicher Seite bis ins erſte S 7 er * 69 Der Vater verliert die vaͤterliche Gewalt über feine Kinder, ſelbſt ehe noch das Verbrechen durch den geiſt⸗ lichen Richter bewieſen worden iſt; die Kinder ſind nicht verbunden, ihren ketzeriſchen Aeltern zu gehorchen, fie werden ſui; juris. Wer von einem Ketzer ein Depoſt⸗ tum empfangen hat, iſt nicht ſchul⸗ dig, es ihm wieder zu geben; ſo we⸗ nig als eine katholiſche Frau einem ketzeriſchen Manne die eheliche Pflicht i zuzuſtehn braucht. Das ewige Gefaͤngniß trift ſon⸗ derlich die reuigen Ketzer. Der Actus wird dem Volke vorher bekant gemacht, und geſchiehet in der Kirche. Der Ingquiſitor, oder ein an: derer an ſeiner Stelle predigt uͤber die Ketzerei, hauptſaͤchlich über diejenigen ketzeriſchen Saͤtze, deren ſich der buͤſ— ſende Ketzer zu Schulden kommen laſ— fen. Z. B. er habe geſagt, die heili⸗ | ge Jungfrau ſey nach Chriſti Geburt noch mit andern Kindern vom Joſeph niedergekommen, u. ſ. w. Der Schuldige muß alsdenn ſeine Irrthuͤmer bekennen, abſchwoͤren, und einen Moͤnchshabit von dunkler Far: be, ohne Kutte, mit gelben Kreutzen, anziehn, den er fein ganzes Leben hin: durch zu tragen, und wenn er abge⸗ nutzt iſt, wieder zu ergaͤnzen hat. Die Gefaͤngnißſtrafe kan der In⸗ auifitop mildern, aber die Kreutze nicht, weil fie eine heilſame Buße für die ſind, die ſie tragen, und ein Ge⸗ genſtand der Erbauung fuͤr andere. Die Formel der Sentenz iſt vor⸗ vorzüglich der ſpaniſchen. : 67 geſchrieben. Es komt unter andern die Stelle darin vor, Gott laſſe manchmal die Retzereien zu, One mit die Rechtglaͤubigen und Ge⸗ lehrten ſich in dem Studium der heiligen Schrift uͤben koͤnten. Die Geſöngniſſe muͤſſen zwar ſtren⸗ ge, aber nicht ungeſund ſeyn, und von dem Inquiſitor oft beſucht werden. Die Auslieferung an den weltli⸗ chen Richter, iſt die Strafe zum Tode. Die Strafe des Feuers iſt diejenie ge, die ſich fuͤr den zum Tode ver⸗ dammten Ketzer am beſten ſchickt, denn es ſteht geſchrieben: Man thut wohl, dem Retzer den Mund zu verbinden, oder ihm die Zunge zu feſſeln, da⸗ mit er nicht die Anweſenden durch feine Gottloſigkeiten aͤrgere. Man hat Exempel, daß Ketzer, die mitten in den Flammen noch Reue bezeigten, von dem Scheiterhaufen be⸗ freiet worden ſind. So wurde zu Barcellona ein Prieſter halb gebra⸗ ten, aus dem Feuer geriffen, aber vier⸗ zehn Jahre darauf, wegen neuer Irr⸗ thuͤmer doch noch verbrannt. Solte ein Verurtheilter für Ver⸗ zweifelung naͤrriſch werden, ſo muß man die Augenblicke abwarten, wo er ſeiner Sinne etwas maͤchtig iſt, und ihn denn zum Scheiterhaufen fuͤhren. Man verbrennet einen Ketzer nicht bloß zu ſeinem Beſten, ſondern haupt⸗ fachlich zur Erbauung und zum geiſt⸗ lichen Wohl des rechtglaͤubigen Volks. Die Suͤnden und Verbrechen, wel⸗ che 6% Nachtrag zu der Geſchichte der Inquifltion, ꝛe. che der Gerichtsbarkeit der Inquiſi⸗ tion und ihrer Unterſuchung unter worfen find, beſtehen in folgenden: 1) Jeder Ketzerei uberhaupt. 2) Gotteslaͤſterungen, oder Spoͤt⸗ tereien über Gott, den Glauben, die Heiligen. Ganzer Rauſch entſchul⸗ digt, aber halber nicht. Wenn Je⸗ mand ſich im Scherz verlauten ließe, in dieſer Welt hätte er keine Frau, er wuͤrde alſo in jener eine bekommen, und dieſen Satz behauptete, fo verfällt er ebenfalls in Gotteslaͤſterung. Mis⸗ brauch der heiligen Schrift zu profa⸗ nen Dingen, gehoͤrt auch hieher. 3) Zauberer und Wahrſager: nicht die, welche aus der Hand wahrſagen, und audere verborgene Wiſſenſchaften treiben, weil dieſe unter den weltlichen Richter gehoͤren, ſondern die, ſo Din⸗ ge vornehmen, die nach Ketzerei ſchmek⸗ ken, als Todtenkoͤpfe raͤuchern, Kin: der wieder taufen, u, ſ. w. 4) Die den Teufel anrufen. Man theilt ſie in drei Klaſſen. Zu der er ſten gehören diejenigen, fo ihm göttlis che Anbetung und Verehrung erwei⸗ ſen; zu der zweiten die, ſo ſich bloß begnuͤgen, die Namen der Teufel un⸗ ter die Namen der Heiligen in den Li⸗ taneyen zu miſchen, und ſie bitten, ihr Mittler und Fuͤrſprecher bei Gott zu ſeyn, u. fe w. Zu der dritten alle, 672 welche die Teufel eitiren und beſchwoͤ⸗ ren. Man erkennet, ſagt das Di⸗ rectorium, die Perſonen, die Ge: meinſchaft mit dem Teufel baben, ſebr leicht an ihren wildem Blick, und fuͤrchterlichem Ausſehn, das ihnen aus ihren haͤuftgem Umgang mit dem Satan anklebt. Wer von Teufel bloß Dinge verlangt, die zu des Teu⸗ fels Gewerbe und Handthierung gehoͤ⸗ ren, z. E. ein Frauenzimmer in Ver⸗ ſuchung zu fuͤhren, und ſich dabei nur nicht der Worte: ich bitte, und be⸗ ſchwoͤre dich, ꝛc. ſondern der, ich befehle dir, ich will, ich verlan⸗ ge, bedient, kan nach der Meinung einiger Doctoren, nicht der Suͤnde der Ketzerei beſchuldigt werden. Zu den Teufelanrufern rechnet das Directo⸗ rium, auch die Aſtrologen und Alchi⸗ miſten, weil der Teufel immer ihre letzte Zuflucht bleibt. 0 5) Die Juden, die gegen Satzun⸗ gen ſuͤndigen, die fie mit der chriftlis chen Kirche gemein haben; oder ges zwungen oder ungezwungen die Taufe empfingen, und nicht den chriſtlichen Glaubenslehren gemäß leben, ꝛce. Fer ner, die Unglaͤubigen und Heiden. 6) Die in Bann gethanen und die ein Jahr im Bann verharren. 7) Die Renegaten und Glaubens: ı abtruͤnnige. Er Der Schluß folge Fünftig. 673 e V er Honmwberſche Maga | 43tes Stüd, Sers, den 3 Mai 1783. Nachtrag zu deri im Elten; 62ten und 6zten Stüͤck dieſes Maga; zins vom Jahr 1781 befindlichen Geſchichte und Beſchreibung der Inqulſition, vorzüglich der ſpaniſchen. (Schluß.) 8) D. ſo die Ketzer beguͤnſtigen, ihre Gefangennehmung ver: f hindern, ihre Flucht er; leichtern oder ſie nicht, auf Anſuchen der Inquiſttion hurtig genug ſtrafen, oder beim Kopf nehmen laſſen. Da⸗ bin find auch alle zu rechnen, welche Ketzer beſuchen, ihnen zu eſſen geben, (der Ketzer müßte den eben verbun⸗ gern wollen,) dem Herrn Inquiſt to⸗ ren nicht mit gehoͤriger Achtung ber gegnen, oder ſie uͤber die Achſel an⸗ ſehn, u. ſ. w. Einige Stellen aus Ludwigs von Paramo, Inquiſitors des König: reichs Sieilien, Buche: De origine & progreſſu officii ſandiæ Inquiſi- tionis. Matriti ex typograph. reg. 1589. welches Werk wie ein zur Ge: ſchichte der Inquiſition dienendes am Ende der kurzgefaßten Geſchichte und Beſchreibung der Inquiſition in dem 61ten und den beiden folgenden Stüß; ken dieſes Magazins vom vorigen N BT. < * Jahre, angefuͤhrt iſt, mögen dieſe a handlung beſchließen. „Gott eitirte Adam: „ Adam ubi „es? „ „Adam, wo biſt du?,„ Dies that er, um die kuͤnftigen Inquiſi⸗ tionstribunale zu belehren, daß die Unterlaſſung der Citation die Proce⸗ dur null und ſonder Wuͤrkung macht. „Adam erſchien; Gott fing an, ihn zu befragen, und richtete den Schuldigen in Geheim und durch ſich ſelbſt. Eben dieſe Weiſe befolgen die Inquiſitoren, und haben fie alſo uns mittelbar von Gott erhalten. Die Kleider von Fellen, welche Gott Adam und Eva gab, ſind ebenfalls unſtrei⸗ tig das Muſter zum Sambenito, wo⸗ mit die buͤßenden Ketzer bekleidet wer⸗ den. Die Kreutze, die ihn zieren, wa⸗ ren anfangs in gerader Richtung, aber nachher hat man ſie ſchief, und wie Andreaskreuze verfertigt, um ans zuzeigen, daß die, welche ſie tragen, Uu f 2 ſich 075 Nachtrag zu der Geſchichte der Smauifition, ſſich von dem geraden Wege des ehriſt⸗ lichen Glaubens entfernt haben. „Gott jagte den Adam aus dem Paradieſe, und daher die Gewohn⸗ beit der Inquiſition, das Vermögen der Ketzer zu eonfiſeiren. Ein ſehr weiſes Geſetz, denn nach dem Plato und Ariſtoteles „ find in dieſer Welt Reichthuͤmer ohne Tugend ihren Be; ſitzern hoͤchſt ſchaͤdlich, weil fie ihren Leidenſchaſten zur Nahrung, und ih⸗ ren Laſtern zum Werkzeuge dienen., „Adam wurde auch der Herrſchaft uͤber die Thiere beraubt: es iſt alſo klar, daß ein Ketzer alles natuͤrliche, bürgerliche und politiſche Anſehn ver: liert, ſeine Kinder ſtehen nicht mehr unter ſeiner Gewalt, ſeine Sklaven werden frei, und ſeine Unterthanen des Gehorſams entledigt, den ſie ihm ſchuldig waren „ e „Die Einwohner von Sodom, zuͤchtigte Gott ebenfalls mit der Stra⸗ fe, die Ketzern zukomt; nemlich mit der Einziehung ihres Vermoͤgens, denn es ſtehet geſchrieben, daß ſie die Thuͤren ihrer Haͤuſer nicht wieder finden konten, und darauf verbrannte er fies, „Zu Caval verbrannte man auf tinmal vierhundert Albigenſer; in al⸗ len Geſchichtsbuͤchern wird kein glän: zenders Schaufpiel, und kein ſeierli⸗ cheres Auto da Fe gefunden. „Im Dorfe Cazeras verbrannte man ihrer ſechszig, und in einem an⸗ dern hundert ſechszig. „, „Zu Sevilla, als man darauf ausging, ein Exempel an den Juden zu ſtatuiren, ließ Gott, der ſelbſt das 676 Boͤſe zum Guten kehren kan, zu, daß ein junger Menſch, der auf eine Hrze wartete, durch die Spalten eines Ver⸗ ſchlags eine Judenverſammlung ent⸗ deckte, und ſie angab. Man bemaͤch⸗ tigte ſich einer großen Anzahl dieſer Ungluͤcklichen, und ſtrafte ſie, wie ſie es verdienten. In dieſer Stadt wur⸗ den, Kraft der Edikte verſchiedener Könige von Spanien und der Ober⸗ und Unterinquiſitoren dieſes Koͤnig⸗ reichs, in kurzer Zeit zweitauſend Ketzer, und vom Jahr 1482 bis 1520 uͤber viertauſend verbrannt. Unzaͤh⸗ lig war die Menge der zum ewigen Gefaͤngniß, oder zu andern Bußen Verurtheilten. Es geſchah eine ſo große Auswanderung, daß man da⸗ ſelbſt fuͤnftauſend, und in der Dioͤces dreitaufend leere Haͤuſer zählte, und ſich das Ganze auf mehr denn hundert⸗ tauſend getoͤdtete, gezuͤchtigte, oder gefluͤchtete Ketzer belief. Dieſe from⸗ men Vaͤter richteten alſo eine anſehn⸗ liche Niederlage unter den Ketzern an. (Sicque pii illi patres magnam hereti- corum ſtragem ediderunt, Lib. 2. tit. 2. cap. 4.) Auf Anſuchen des Bru⸗ ders Turrecremata, Großinquiſi⸗ tors von Spanien, verbannete Fer⸗ dinand V. mit dem Beinamen der Batholiſche, alle Juden aus ſeinem Koͤnigreiche, und ſtand ihnen, von Publicirung ſeines Edikts angerech⸗ net, drei Monate zu, nach deren Ver⸗ lauf es ihnen bei Lebensſtrafe verbo⸗ ten war, ſich wieder im ſpaniſchen Gebiet betreten zu laſſen. Es war ihnen erlaubt, ihre Effecten und ein: | gehan⸗ „ dbeogzglich der ſpanihen. gehandelten Waaren mit aus dem Kö: nigreiche zu nehmen, aber nichts von Der Bruder Gold oder Silber. Turrecremata verſtaͤrkte in ſeinem Kirchſprengel Toledo dieſes Edikt noch durch ein Verbot an alle Chri⸗ pen den Juden das geringſte, felbft die unentbehrlichſten Dinge des Le bens, bei Strafe des Kirchenbanns, zukommen zu laſſen. Ungefaͤhr eine Million Juden zogen auf dieſes Ge⸗ ſetz aus Catalonien, Arragonien, Va⸗ lentia, und den uͤbrigen Ferdinaͤndi⸗ niſchen Staaten: die mehrſten kamen elendiglich ums Leben, ꝛe. , Ludwig von Paramo führt die Buße an, die einem gewiſſen Roger aufgelegt wurde. „Ich Bruder Do; minicus (es iſt der heilige Domini: — den Mann. 678 cus, welcher redet,) ſoͤhne Vorzeigern dieſes, genannt Roger, mit der Kir che unter der Bedingung aus, daß er ſich drei Sonntage hinter einander, vom Eingang der Stadt an, bis zur Kirchthuͤre von einem Prieſter peit: ſchen laͤßt, ſein ganzes Leben durch Faſtenſpeiſe ißt, drei mal vierzig Tage im Jahr faſtet, niemals Wein trinkt, den Sambenito nebſt den Kreutzen trägt, das Breviarium täglich, zehn Vater Unſer am Tage, und zwanzig um Mitternacht herſagt, von nun an die Enthaltſamkeit beobachtet, ſich alle Monate dem Pfarrer ſeines Kirch⸗ ſpiels darſtellt, u. ſ. w. bei Strafe, als Ketzer, Eidbruͤchiger und Unbuß⸗ fertiger behandelt zu werden. „, . W. U Der Mann kan die Frau nicht reich machen, wohl aber die Frau Denn der erſparte Pfennig iſt beſſer, als der erworbene. Luthers Tiſchreden, S. 318.) Luther ſpricht hier als Oekonom, uͤber den Hausſtand, und raͤumet den Hausmuͤttern den Vorzug vor den Hausvaͤtern gerade zu ſo ein, daß er faſt den Unwillen der letztern zu ver⸗ dienen ſcheint. In der That werden Maͤnner, auch wohl Frauen genug ſeyn, die ſich wider ſeinen obſtehenden Ausſpruch gerade zu erklaͤren, oder ihn als voͤllig paradox verwerfen werden. Eine, ihrem Manne wenig oder nichts zur Mitgabe einbringende Frau 9 verheirathet ſich vielmals an einen ſol⸗ chen, der entweder Vermoͤgen, oder eine ſolche Bedienung hat, welche ſehr gut und eintraͤglich iſt. Wird man in dieſem Falle nicht ſagen wollen; der Mann hat die Frau reich gemacht? Und wenn dieſes iſt, wird denn fu: ther nicht zu viel geſagt, und dem ſchoͤnen Geſchlechte ein allzugalantes Compliment gleichſam gemacht haben? Der Mann kan bisher gar nicht zu den Reichen dieſer Welt gehoͤret ha: Un 2 ben, ’ * 9 9 Iten Stuͤck des fo ſehr beliebten Wittenbergiſchen Wochenblatts von 679 Berufseinkuͤnſte koͤnnen auch nur ſehr mittelmäßig, etwa kaum zur Beſtrei⸗ tung des Hoͤchſtnothwendigen hinrei⸗ chend ſeyn, aber er macht Gluͤck, daß ihm durch Wagungen, oder durch deine Erbſchaft von Verwandten ſeiner Seits Reichthum zufaͤllt; wird man in dieſem Falle nicht abermals geneigt ſeyn, ſich wider Luthern zu erklaͤren, und das Gegentheil feines obigen Aue: ſpruchs zu behaupten, ſagen: der Mann hat die Frau reich gemacht? | Roch kan der Mann von fo guten Faͤbigkeiten ſeyn, daß er es im Er: werben viel weiter bringt, als andere ſeines Standes, und die, welche ihm darin, oder in den gewoͤhnlichen Ein⸗ kuͤnften, ganz gleich ſind, ſehr hinter ſich zuruͤcklaͤßt; wird man hier nicht auch den Reichthum ſeines Hauſes ganz allein auf ſeine Rechnung brin⸗ gen und ſagen wollen: der Mann hat die Frau reich gemacht? Es moͤgen nun aber der mancherlei Faͤlle ſeyn wie ſie immerhin koͤnnen, in welchen man Luthern zuwider ſagen wolte; Der Mann hat die Frau reich gemacht, ſo geſelle ich mich doch zu Luthers Vertheidigern, und behaupte gerade zu mit ihm: Die Frau macht den Mann reich. Tl Bei dieſer Behauptung werden vie⸗ le nur in ſofern einſtimmen wollen, und ſagen: wenn die Frau dem Man⸗ ne eine vorzüglich ſtarke Mitgabe von ihren Aeltern einbringt; oder ihr eine reiche Erbſchaft von Verwandten oder Freunden ihrer Seits zufaͤllt, ſo hat ſie den Mann reich gemacht. Der Mann kan die Frau nicht reich machen, 680 ben, ſeine Bedienungs⸗ Anits⸗ oder 5 Allein biemit if Luthers Sinn gar nicht getroffen. Man muß ſeinen ganzen Ausſpruch zuſammen nehmen; denn der Zuſatz: der erſparte Pfennig iſt beſſer, als der erworbene, belehret uns von ſeiner eigentlichen Meinung, die man alſo ausdruͤcken kan: Spar⸗ ſamkeit geht uͤber Erwerb. Und wenn man will, kan man die Sache auch ſo nehmen: Ohne Sparſamkeit kan kein Reichthum entſtehen. Er kan auch nicht ohne Sparſamkeit beſtehen. Nun muß man wiſſen, daß es im Hausſtande, was das Sparen anbe⸗ trift, hauptſaͤchlich auf die Frau des Hauſes ankomme. Laßt fie es daran fehlen, ſo wird nicht nur niemals ein Reichthum entſtehen, ſondern auch der in vorhin angegebenen Fällen ent⸗ ſtandene Reichthum von gar keiner Dauer ſeyn koͤnnen. Den Beweiß von dieſer Behaup⸗ tung werden wir am beſten von Ge⸗ ſchichten des häuslichen Lebens herneh⸗ men koͤnnen, weil daraus die ſicherſte Ueberzeugung entſteht; eine ſolche, die wir ein anſchauendes Erkenntniß nen⸗ nen, und mehr thut, als diejenige, die wir uns auf einem andern Wege ver⸗ ſchaffen koͤnnen. Hier ſind einige Bei⸗ ſpiele, wozu ſich die Leſer noch mehrere aus ihren eigenen Anſchauungen oder Erfahrungen hinzudenken koͤnnen. Amynt lebte in der zweiten Ehe, und war in der erſten nicht nur ein armer, ſondern oben drein ein in Schul⸗ den vertiefter Mann geweſen. In der zweiten Ehe iſt er nicht nur aus ſeinen Schulden herausgekommen; ſondern 9 wo er iſt auch zu einem ſolchen Vermoͤgen gelanget, daß er anſehnliche Capita⸗ lien ausſtehen hat. Die erſte Frau brachte ihm eine ziemliche Mitgabe zu. Mit der zweiten hat er kaum halb ſo viel geheirathet. Aber warum iſt er nun nicht nur ſchuldenfrei, ſon⸗ dern auch reich? Die erſte Frau war eine Sorgloſe. Sie ließ es gehen, wie es ging, und nahm ſich des Hauswe⸗ ſens gar nicht recht an. Vom Spa: ren wußte und hielt ſie gar nichts. Und eben deshalb kam Amynt fo ſehr zuruck. Wäre feine zweite Frau nicht von ihren Aeltern fruͤhzeitig genug zur Sparſamkeit erzogen und gewoͤhnet worden, ſo waͤre Amynt durch ſeine Glaͤubiger in kurzer Zeit von Haus und Hof gejaget worden. Polvydors, eines gleichfalls in der zweiten Ehe lebenden Mannes, Haus⸗ weſen war ehedem ſo bluͤhend, daß der gemeine Mann nach feiner Art zu fa: gen pflegte: Er wiſſe kaum mehr, was alle das ſeine ſey. Ihm ward in der zweiten Ehe eine 1 zu Theile, die mehr auf Putz, Spiel und Geſell⸗ ſchaften, als auf Wirthſchaft hielt. Sie glaubte, das Vermoͤgen des Man⸗ nes koͤnne nicht alle werden, und das Sparen ſey fuͤr ein reiches Haus un⸗ anſtaͤndig. Jetzt find ihre beſten Klei⸗ der ſchon auf dem Troͤdel, und ihr Mann iſt daruͤber ein Spott der Welt 1 Adraſt hat ein tugendhaſtes, und ührer. klugen häuslichen Mutter ganz nachartendes Maͤdchen zur Frau be⸗ kommen. Er iſt ein Gelehrter, und * wohl aber able Frau den Mann. c. ben. | 682 bat eine Bedienung, die nichts Webers fluͤßiges eben abwirft. Nur eine fols che, bei der man, wie mau fagt, ein ehrliches Auskommen haben kan. Phi⸗ lomele, ſeine Frau, hat ihren nur maͤßigen Wirthſchaftsetat vor ſich, und geht ihm mit einer fo klugen Spar⸗ ſamkeit nach, daß alle Bekannten des Hauſes ſagen muͤſſen; ſie wiſſe dabei alle Unanſtändigkeiten und entehrende Knickereien Flüglich zu vermeiden. Sie koͤmt nicht nur alle Jahre mit dem zwiſchen ihr und dem Manne gleich zu Anfange des ehelichen Lebens vers abredeten und feſtgeſetzten Etat aus; ſondern verſteht ſich ſogar darauf, noch was davon zu eruͤbrigen, und ſcheint ihr Haus in Wohlſtand zu ſetzen, und darin zu unterhalten. Torpetus, auch ein Gelehrter, le⸗ bet mit Amynt an einem Orte und in gleichem Berufe. Beide haben von ibren Bedienungen einerlei Gehalt. Torpetus aber hat, außerdem, daß er noch reicher geheirathet, uͤberdem noch Mebenquellen, die ihm ein Drittheil mehr, als ſeinem Amtsgehuͤlfen ein⸗ bringen. Dem ungeachtet wills mit ihm gar nicht fort, und er kan ſchlech⸗ terdings nicht mit feinen gewoͤhnlichen Einkuͤnften auskommen. Es iſt bei ihm alle Jahre ſchon weggegeſſenes Brod. Ihm fehlt eine Philomele. Sloriana ſeine Frau, iſt eine Putz⸗ naͤrrin von je her geweſen, und ihre Toͤchter ſollen ſchlechterdings alle neue Mode mitmachen. Hiezu muͤßte Tor⸗ petus dreimal mehr einzunehmen ha⸗ Und auch dies folte für eine, Uu 3 mit 683 mit den Regeln der Sparſamkeit ganz unbekannte Frau nicht zureichen. Ihre Freundin, die Philomele hat eben ſo viele Toͤchter, aber ſie iſt keine Naͤrrin, daß ſie ihnen mehr und beſſere Klei⸗ der geben ſolte, als es ihr Wirth: ſchaftsfuß ertragen kan. Ihre Toͤch⸗ ter gefallen doch der ganzen Stadt mehr, als Florianens ihre brillirende Puppen. Die Kinder der erſtern tra⸗ gen weit unter die Haͤlfte wohlfeilere Zeuge, als die der letztern. Jene aber leuchten hervor durch ihre Nettigkeit und Reinlichkeit im ganzen Anzuge, bis auf die geringſten Kleinigkeiten. Ihr Geſicht, ihre Manieren, ihr Gang, ihr ganzer Anzug verkuͤndigen lauter Beſcheidenheit, die jedem Kenner mehr gefallen muß, als ein trotziges, uͤber⸗ muͤthiges, hervorragendes Betragen, welches Floriana durch praͤchtige Klei⸗ der bei ihren Toͤchtern unterhaͤlt und vermehret. Hier iſt nun das Groß⸗ thun völlig das Grab der Sparſamkeit und des haͤuslichen Wohls geworden. Noch verſuͤndiget ſich Floriana an der Nachwelt. Ihre Töchter werden einſt das haͤusliche Gluͤck ihrer kuͤnftigen Gatten und ihrer Kinder gleichfalls zerſtoͤren, weil ſie die goldene Regel unſerer Alten von der Mutter nicht gelernet haben: | | Junges Blut, Spare dein Gut, Armuth im Alter wehe thut. Nun wird man verhoffentlich Lu⸗ thern als einen Oekonomen, aber auch zugleich als den Lehrer verſtehen, wel⸗ cher dem andern Geſchlechte ſeine Ehre Der Mann kan die Frau nicht reich wachen, 6d gegeben, und ihm Gerechtigkeit hat wiederfahren laſſen. Immittelſt glau⸗ be ich, fein Aus ſpruch uͤber den ſtaͤr⸗ kern Einfluß der Haus muͤtter auf haͤus⸗ liches Wohl, als ihn die meiſten Maͤn⸗ ner erkennen oder eingeſtehen wollen, ſey noch nicht genug erſchoͤpfet. Er hält den geſparten Pfennig beſſer, als den erworbenen, und lehret zuerſt da⸗ mit, wie wir es aus Erfahrungen uns beweiſen koͤnnen, daß jeder erſparter Pfennig beſſer iſt, als der erworbene; weil dieſer verbraucht, und nicht mehrt da, nicht mehr der unſrige iſt; die Sparſamkeit gegentheils alles allein nur zu dem unſern von dem macht, was wir erwerben. Hiernaͤchſt kan der große Mann auch wohl darauf ge⸗ zielet haben, daß wir uns mehr uͤber das erworbene Gut erfreuen, als uͤber dasjenige, was uns ohne unſere Muͤ⸗ be zugefallen iſt. Denn eine vernünf⸗ tige Sparſamkeit iſt keine Knickerei; (ſiehe Hausmutter B. V. S. 54.) ſie ſetzet zugleich Bemuͤhungen und Beſtrebniſſe voraus. Um nur bei dem vorhin beigebrachten Beiſpiele zu bleie ben, muß und will Philomele die Klei⸗ dungen ihrer Toͤchter nach Maaßge⸗ bung ihres Wirthſchaftsetats beſtrei⸗ ten. Damit dies geſchehen koͤnne, muͤſſen Mutter und Toͤchter die Haͤnde gar nicht in den Schooß legen. Spin⸗ nen, Naͤhen, Stricken, Putzmachen, Ausbeſſern mancher Kleidungſtuͤcke, beſonders der Leib-Tiſch- und Bett: waͤſche, Waſchen, wenigſtens desjeni⸗ gen linnenen Zeuges, das eigentlich zum Putz eines Frauenzimmers gehoͤret; die⸗ 685 dieſes und mehr dergleichen feßet Ar: beiten voraus, womit ſehr anſehnliche Ausgaben erſparet werden; und gera— de bieran fehlt es Florianen ſammt ihren Töchtern. Alle, vorgedachte Ber: richtungen geſcheben fiir Geld außer dem Haufe, Mutter und Toͤchter ha: ben keinen gründlichen Zeitvertreib. Die edle Zeit wird von ihnen vertän: delt, und hiemit das ganze Hauswefen zerruͤttet. Kan nun aber Philomele fuͤr ſich und mit ihren Toͤchtern, als eine Ge: ſchaͤftige und hiemit zugleich Sparſame, fo viel herausbringen, daß fie ihr Ber: mögen nicht vermindert, ſondern fo: gar vermehret, ſo wird ihr der erſpar⸗ te Pfennig, oder der Theil ihres Ver— moͤgens, den fie erſparet, noch einmal ſo vergnuͤgend, als derjenige, der ihr ohne ihre Mühe auf andern Wegen zu gefallen iſt. Der Anblick derjeni⸗ gen Sache aber, die uns Vergnuͤgen machet, iſt fuͤr uns ein Reitz, ſie uns immer noch mehr vergnuͤgend zu ma: chen. Das heißt, die Berechnung des Erſparten reitzet uns, daß wir darauf ſinnen und darnach trachten, die Sum⸗ me unſers Vermoͤgens durch Erfpa: rungen immer hoͤher zu treiben, oder welches einerlei iſt, immer beſſere Wir: the und Wirthinnen zu werden und zu bleiben. Daß alſo auch in dieſer Ab⸗ ſicht der erfparte Pfennig beſſer, als der erworbene iſt. Man kan uͤbrigens das bisher ge⸗ ſagte als einen Zuſatz zu einigen Haupt⸗ lehren des Ften Bandes der Haus⸗ mutter anſehen, und zwar zu denje⸗ wohl aber die Frau den Mann. . 686 nigen, die S. 48. 49. 51. nach ihren Rubriken ſo aufgefuͤhret und erklaͤret werden: Sparſamkeit muß als eine Haupttugend recht ſchaffener Saus muͤtter angeſehen werden; die Sparſamkeit ordnet die Aus- gaben, und bringt ſie unter ein⸗ ander in ihr rechtes Verhaͤltniß; die Sparſamkeit erſtrecket ſich uͤber alle Ausgaben, ſie ſeyn baa⸗ res Geld oder Naturalien. Die Erklaͤrung dieſer letzten Rubrik wird aber alſo beſchloſſen: Es muß die Sparſamkeit mit ihren klugen Pruͤ— fungen nicht bloß nur die großen, vor andern hervorſtechenden Ausgaben durch die Muſterung gehen laſſen, ſon⸗ dern auch die kleinern und allerklein⸗ ſten. Da dieſe letztern zum allerhaͤuB⸗ figſten vorkommen, ſo kan aus ihnen zuſammen ſchon eine ſehr anſehnliche Summe zum Betrage kommen. Und da dieſe allerkleineſten Ausgaben taͤg⸗ lich, ja ſtuͤndlich, durch die Hand der Hausmutter gemeiniglich mehr, als des Hausvaters gehen muͤſſen, ſo wird bieraus offenbar, was erſtere durch Erſparniſſe an kleinern Ausgaben herz ausbringen, und hierin den Haus⸗ vater wohl uͤbertreffen koͤnne. Bei den alten Roͤmern verglich man in dieſer Abſicht die Sparſamkeit eis nem Zolle: magnum vectigal parſimo- nia eſt. Dieſer nimt nicht ganze La— ſten auf einmal ein; er nimt von allen Frachten etwas geringes. Da aber dieſes deſto oͤfter geſchieht, fo findet ſich am Ende der ganzen Einnahme doch eine ſehr anſehnliche Summe, die von : N r 687. Der Mann kan die Frau nicht reich machen, . 83 von den vielen kleinen Zollabgaben entſtanden iſt. Man zolle daher der Sparſamkeit nur immer etwas weni⸗ „ * F aal Bee können in man⸗ cherlei Betracht fuͤr die gegenwaͤrti⸗ gen und kuͤnftigen Zeiten vom Nutzen ſeyn. Ich bin erboͤtig, ſo muͤhſam dieſe Arbeit auch iſt, dergleichen für mein Bas terland, die Herzogthuͤmer Bremen und Ber: den unter dem Titel: Brem⸗ und Ver⸗ denſches genealogiſches Handbuch zu verfertigen; fals unſer Publikum, fo ge⸗ neigt ich bin, ihm hierunter zu dienen, nur eben fo geneigt ift, mich mit Beiträgen dazu zu unterſtuͤtzen, die ich mit Dank ans nehmen und gerne nutzen werde; um ſolche erſuche ich hiemit unterthaͤnigſt und erge⸗ benſt. In meinen Plan gehoͤren alle ade⸗ liche und angeſehene bürgerliche Familien aller Staͤnde unſers Landes, und wuͤnſche ich die Beitraͤge ſo eingerichtet, daß a) auf⸗ und abſteigende auch Nebenlinien der Ge⸗ ſchlechter mit Vornamen angeführt. b) Geburts⸗Vermaͤhlungs⸗ und Todestage und Jahre bemerkt, und c) Charaktere und Bedienungen hinzugeſetzet werden. Mein Plan erſtrecket ſich auch auf die Witwe mit ihren Familien, auf zwar außerhalb Lan: des wohnende, aber doch aus dem Lande gebürtige Familienhaͤupter, auch auf aus⸗ märtige Geſchlechter, fo bald fie durch Hei⸗ rath mit einer inlaͤndiſchen Familie alliirt ſind. Selten werde ich mehr oder weniger von einer Familie anführen, als der Bei⸗ trag des Einſenders, der uͤbrigens fuͤr die hiſtoriſche und chronologiſche Richtigkeit feiner Angabe ſelbſt ſtehet, mir an die Hand geben wird; verſichere aber, je ausführlis Stade. ges im Hauſe, aber deſto öfters der bausmuͤtterliche Zoll wird in der That nicht wenig einbringen. «© Germershauſen. 125 * * cher die Nachricht iſt, deſto lieber ſoll fie mir ſeyn. Man erlaube mir nur hiebei eine zwiefache Bitte, daß a) der Beitrag leſerlich ſey, und Buchſtaben und Zahlen durch die Schärfe ihrer Umriſſe, aller Viel⸗ deutigkeit vorbeugen, die auch ſonſt durch ungewöhnliche Abbreviaturen ſehr beguͤn⸗ ſtigt wird; b) man je eher je lieber die Beitraͤge einſende, damit alles ohne Ueber⸗ eilung, die bei dieſer Art Arbeit eine ergis bige Quelle von Fehlern iſt, zum Drucke koͤnne vorbereitet werden. Auf einen maͤſ⸗ ſigen Band in gr. 8. (auf Schreib⸗ oder Druckpapier nach Belieben des Beſtellers,, ſchlage ich die Arbeit an. Es wird darauf ſubſcribirt; meinen Goͤnnern und Freunden, die darauf colligiren, bezeige ich demnaͤchſt die Erkenntlichkeit, die ſie von mir erwar⸗ ten koͤnnen. Die Beiträge und Subſerip⸗ tion nehme ich auch ſelbſt an; wobei ich nur erinnere, daß ich nicht poſtfrei bin. Die Einſendung eines Beitrages iſt mir eine ſtillſchweigende Subfeription des Einfens ders. Mit dem Schluſſe des Septembers d. J. ſchließt ſich die Beitrags und Sub: ſcriptionszeit. Den Preis des Buchs kan ich nicht, ſondern ſoll die Bogenzahl dem naͤchſt beſtimmen, ſo daß Subſcribenten und ich damit zufrieden ſeyn koͤnnen. Zum mercantilliſchen Umlaufe iſt das Buch nicht beſtimmt, und werden nicht mehrere Erems plare gedruckt, als Subſcripte und eine dankbare Genugthuung, wozu ich meinen Freunden biebei verpflichtet bin, es erfor⸗ dern werden. 2 Conſiſtorialrath Watermeyer. — u e 7 Hamobrrſhes Magazin. 44tes Stuͤck. Montag, den zen Junius 1783. Tagebuch waͤhrend der Belagerung des Forts St. Thy auf der Inſel Minorka. Gefuͤhrt von C. F. 9K Hæc olim meminiſſe juvabit. » Tefahren, wenn fie glücklich überftanden, find uns nach: her, wenn wir uns wieder daran erinnern, angenehm. In die⸗ ſer Abſicht habe ich ein Tagebuch von der Belagerung des Forts St. Phi⸗ lipp aufgeſetzt. Mir ſoll es eine Auf⸗ munterung zum innigen Danke gegen den guͤtigen Regierer unſerer Schick⸗ ſale ſeyn, deſſen allwaltende Vorſe⸗ bung ſich in tauſend ruͤhrenden Pro: ben an den Tag gelegt bat. — Viel; leicht wirds auch meinen Freunden, die ſo innig an meinen Schickſalen Theil genommen, ein Vergnuͤgen ſeyn es durchzuleſen, und ſich mit mir in freund ſchaftlichen Stunden darüber au unterhalten. Den 16ten Aug, 1781 erhielt der Gouverneur James Murray einen Brief uͤber Livorno vom engliſchen Mi: niſterio, worin ihm Nachricht ertheilet wurde, daß zu Cadix eine ſpaniſche Flotte ausgeruͤſtet wuͤrde, wovon man glaube, daß ſie ihre Abſicht auf Mi⸗ norka gerichtet haͤtte; er moͤgte des⸗ bald auf. feiner Hut ſeyn. Dem zu: folge gab der Gouverneur ſofort Ors dre, daß ein jeder ſich bereit halten ſol⸗ le, auf den erſten Wink ins Fort zu marſchiren. Es wurden auch alle Qua⸗ derſteine, die ſich zwiſchen St. Phi⸗ lipp und Mahon befanden, ſogleich auf Maulthieren ins Fort gebracht, und die Truppen zum Commando Fatigue beordert. Unter den Einwohnern brei⸗ tete ſich ebenfalls das Geruͤcht von ei⸗ ner ſpaniſchen Invaſton aus. Die Kaufleute erhielten von ihren Corre: ſpondenten Briefe, worin dieſe ver⸗ langten, mit ihnen ihre Rechnungen und Buͤcher zu ſchließen. Wir wa; ren es indeß ſchon gewohnt, daß wir ſehr oft und faſt alle Fruͤhfahr dergleis chen Gerüchte vernahmen, die ſich aber nachher nicht beſtaͤtigten. Ich muß geſtehen, daß ich an der Gewißheit der Kr diess 69 1 diesmalis gen Nachricht ſelbſt zweifelte. Wenigſtens glaubte ich, daß die Spa: nier unſern Corſaren zwar wohl das Handwerk zu legen; aber es ſich nicht einfallen laffen würden, ſich auf eine ſolche wichtige Un iternebmung als die Eroberung von St. Philipp iſt, ein: zulaſſen. Indeß zeigte ſich das Ge⸗ grutheil. f Denn den 19ten Ang. frühe lief ein minorksniſcher Kaper ein, und brachte die Nachricht, daß eine ſpaniſche Flotte unfern Mallaga geſehen worden, die im Begrif ſey, auf Minorka eine Lan⸗ dung vorzuneßzmen. Gegen ro Uhr "Morgens wurde das Signal einer feindlichen Flotte auf Cap Mola auf: geſteckt. Der Wind war fuͤr ſie ſo guͤnſtig, daß ſie bereits gegen 11 Uhr ſaͤmmtlich vor unſerm Hafen war, und fo dann nach Sandy Bay herum fer gelte. Um 3 Uhr Nachmittags debar⸗ quirten ſchon die feindlichen Truppen. Ihre Avantgarde ſahen wir gegen 6 Uhr über die Anhoͤhen von St. Anto⸗ ni nach Mahon marſchiren, dieſes wurde von ihnen ſofort in Beſitz ge: nommen, und gegen 8 Uhr Abends kamen die Vortruppen noch nach Ge⸗ orgetown, ra zeigten ſich ſchon unfern dem Glacis) unferer Feſtung. Die fehr ſchwache englisch Garniſon fahe ſich genöthigt, in größter Eile ſich aus ih: ren Quartieren in Maßen und Geor⸗ getown gegen 1 Uhr ins Fort zuruͤck⸗ zuziehen, und einer überlegenen Macht zu weichen. Bei dieſer ſchleunigen Retirade ging ein großer Theil von unſerer Equipage, befonders von der, »] Abdachung der Auferfien Biuſwehr. Tageduch Fahrend der Velagerng die dem daten Reimen bern, N ches in Mabon, atſo 13 Stunde weit vom Ferte lag, wett Es mußten, auch verſchiedene Magazine, worin etwa 2000 Tonnen geſalzen Kind: und Schweinefleiſch fuͤr das Regiment in Mahon befindlich war, zuruͤckgelaſſen werden. Das 5ſt Regiment verlor ſeine neueſten Mondirungsſtuͤcke. Der große Vorrath an Seematerialien auf dem Koͤnigl. Schifswerft ſiel auch den Feinden in die Haͤnde, weil in ſo kur⸗ zer Zeit ſelbige zu retten ſchlechterdings unmoͤglich war. Mau hatte den gan⸗ zen Tag mit noch nöthigern Dingen, z. E. der Tranſportirung des Pulvers aus dem kleinen Fort Philipet ins große Fort alle Härte beſchaͤftigt, und die Garniſon war durch die viele Ar⸗ beit und Rettung der Bagage an ei⸗ nem heißen Sommertage hoͤchſt abge⸗ mattet. An Verderbung der Wege und andere Dinge war gar nicht zu geden⸗ ken. Die engliſchen Transportſchiffe zogen ſich von Mahon herunter, und begaben ſich auf Befehl des Gouver⸗ neurs unter die Kaponen des Forts. Zu Ciutadella und Fornellis lag eine ge⸗ ringe Anzahl von Invaliden zur Be: fatzung. Dieſe hatten ſofort Ordre erhalten, ſich ins Fort zuruͤck zu zie⸗ hen und auf ihrem Wege ſo viel Och⸗ fen als möglich auf der Inſel zuſam⸗ men zu bringen und ins Caſtell zu trei⸗ ben. Allein, ſowohl Capitain Butler, welcher zu Ciutadella, und Lieutenant Schmidt, welcher zu Fornellis com⸗ mandirte, wurden ungluͤcklicher Weiſe nebſt ihren denten von den ſpaniſchen Trup⸗ N rn . — 695 des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 890 Truppen nabe bei Mahon gefangen, und damit fiel alſo zugleich den Fein: den eine gute Anzahl Ochſen in die Hände, deren Verluſt uns ſehr unan— genehm war. die ſich bei dem Hereinbringen der Equi⸗ page verſpaͤteten, ſahen ſich auch von den Spaniern uͤberraſcht. Die An: zahl der Kriegsgefangenen die ſie mach— ten, belief ſich auf 2 Officiere, 3 Un⸗ terofficiere, 2 Tambouren und 63 Ge⸗ meine, worunter 3 vom Regiment Prinz Ernſt und 6 von Goldacker waren. Die Spanier bemaͤchtigten ſich auch der mit Priſenguͤtern wohl verſehenen Magazine am Quai zu Mahon, und machten alſo eine ganz anſehnliche Beute. Der Gouverneur hatte in die— ſer Jahrszeit feinen Sommeraufent: halt auf Bloody⸗Island genommen. Er buͤßte alſo auch einen Theil ſeiner Sachen, die er zu Mahon hatte, be⸗ ſonders einen guten Vorrath an Wei⸗ nen ein. Abends 9 Uhr wurde Alarm geſchlagen, die Regimenter ſtanden dies ſe Nacht unter dem Gewehr. So ſchwul mir vorher zu Muthe gewefen- war: ſo froh wurde ich jetzt, als der Gouverneur dieſe Vorſicht nahm. Ein großer Theil der Garniſon hat⸗ te ſich den Tag uͤber mit Arbeit in des Koͤnigs Dienſten und Rettung der Einige unſerer Leute, Equipage beſchaͤftigt, und bei der auſ— ferordentlihen Hitze und den ſtarken Fatiguen, hatten ſich viele mit hitzi— gem Getraͤnke berauſcht. — Ein Gluͤck für uns, daß der Feind unſere Umſtaͤnde nicht wußte. — Die Generalin Murray ging nebſt ver— ſchiedenen anderen engliſchen Damen Nachts 12 Uhr aus dem Hafen, und entkam gluͤcklich der ſpaniſchen Flotte. Die Feinde wurden noch dieſe Nacht, da ſie ſich unfern dem Fort blicken ließen, von demſelben und von der Fregatte Minorka mit einigen Kane nenſchuͤſſen begruͤßt. — Der Herzog von Crillon traf noch dieſen Abend in Mahon ein. Die Uni⸗ verſitaͤt, das heißt, der Magiſtrat oder die Juraten, imgleichen die Geiſtlichkeit und die vornehmſten Buͤrger gingen ihm feierlichſt entgegen, um ihm die Schluͤſſel der Stadt zu uͤberliefern, und ſich feiner Protection zu empfehlen. Ak lein die erſte Anrede deſſelben hat ſie aus aller Faſſung gebracht. Vous etes plu- tòt une retraite des Juifs & des Grecs, & des Pirates, qu'un peuple civiliſé. Comment aves vous oſé, de faire la piraterie contre le Roi d’Efpagne mon maitre. Mais je veux oublier tout & pardorner - - Or celui qui ſera mal, payira. - - Andere laͤugnen dies. Die Anzahl der Truppen, welche ins Fort marſchirte, iſt folgende: Fiſte Regiment » 6ıfe Regiment 3 Prinz Ernſt 2 Bataillon 4 — 5 Capit. 11 Subalt. 27 Unteroff. 482 Gemeine. 15 12 Goldacker 2 Bataillon 3 — 11 — „ ee AB, 1, — 16 — 419 — E Latus — 1784 — Trans- K 2 695 27 Eotipagnimn Artilleiſten Mariniers Volontairs Alexiano Corps, aus Grichen, Türken, Corſen — ve N und andern Volontairs beſtehend Mineurs Wenn man dazu die Frauen und Kinder, nebſt andern Civilbedienten nimt: ſo moͤgen im Fort 3200 See⸗ len befindlich geweſen ſeyn. Fuͤr ſel⸗ a war auf 600 Tage Proviſion im ort. Dagegen muͤſſen wir nun die Macht unſerer Feinde, die debarquirt war, in Vergleich ſtellen. 2 Kriegsſchiffe, 2 Fregatten, 2 Pol: laeren, 64 Transportſchiffe, welche 14364 Tonnen enthalten. Dieſe ha⸗ ben am Bord 273 Dfficiere, 8546 Gemeine. Admiral D. Bonaventura Werena. General en Chef Due de Crillon. Zweiter General Mr. Buca. Marſchalls: Marquis de Ciufuen⸗ tes, Don Graz. Borgheſe. An Kriegsbeduͤrfniſſen, ſollen ſie nach den Zeitungen 6403 Betten, viel ſchwere Artillerie, Feldſtuͤcke, Sattel, Maurer, Schmiede, Zimmerleute, Stricke, Segel, Bretter und Leitern, imgleichen 2 Kutſchen fuͤr den Herzog von Crillon bei ſich fuͤhren. Allein, man weiß, daß fie gar keine Artillerie bei ſich gehabt. Welch eine anſehnliche Macht, die uns jetzt bloquirt hält! Die Urſachen, "Tagebau wahre der Belagerung Transport — 1784 153 60 ae fie bewogen, auf Minorka eine Attaque zu machen, ſoll, wie man nachher erfahren, die geweſen ſeyn, daß ſie von den minorkaniſchen Dons in Ciutadella eingeladen wor⸗ den. Dieſe waren gegen den General Murray aufgebracht, weil derſelbe den Einwohnern kriegeriſcher Unruhen hal⸗ ber die Waffen nehmen ließ. Vielleicht dachten ſie auch unter ſpaniſcher Herr⸗ ſchaft ihr Privatintereſſe beſſer zu fin: den. Auch mogte die Religion mit ein Bewegungsgrund zu dieſem Schritt geweſen ſeyn. — Es werden noch fran⸗ zöfifche Truppen erwartet. Den 20ten Aug. So find wir alfo nun in der traurigen Lage, uns von unſern Feinden bloquirt zu ſehen! Ein⸗ geſchloſſen in Wall und Mauern, be⸗ obachten wir mit Hülfe unſerer Fern⸗ glaͤſer die Unternehmungen unſers Feindes; muͤſſen auch alles ganz ge⸗ duldig geſchehen laſſen, was er auf dem uͤbrigen Theile der Inſel vorzunehmen tuft hat. So plotzlich verwandelt ſich die ſchoͤnſte Ausſicht in lauter truͤbe Wolken und Dunkelheit. Im Begrif Minorka zu verlaſſen, und unſer lie⸗ bes Vaterland nach ſechs Jahren wie⸗ der zu ſehen, war mein Herz von Hof⸗ nung AR Forts St. Philo auf der Jie Minorka. | nung und Freude belebt. Und nun — welche Metamorphoſe! — nun ſtellt ſich das Bild einer Belagerung nebſt allen ſchrecklichen Folgen, die fel: bige zu begleiten pflegen, dem Geiſte dar. Anſtatt einer geraͤumigen und be⸗ quemen Wohnung, ſehe ich mich jetzt in einem engen Raͤumchen mit drei an⸗ dern Officieren eingeſchraͤnkt. Wo iſt nun Muße und Einſamkeit, den Ar⸗ beiten des Geiſtes nachzugehen? — Wie ſehr iſt unſere Bequemlichkeit, auch in Abſicht des Unterhalts her⸗ abgeſetzt? Vorhin ſtanden Melonen, Abrikoſen, Weintrauben, Gartenfruͤch⸗ te auf dem Tiſche zu unſerm Befehl. Man ſchickte nur nach dem Markte und hatte alles fuͤr Geld. Jetzt wird uns aus dem Magazine fo viel zuge: theilt, als man uns geben will, Die ſchoͤnen Melonen und Weintrauben ꝛc. verwandeln ſich in Buddings, trockene Erbſen und Salzfleiſch. Zum Ungluͤck fuͤr uns hatten wir, weil die Ankunft der Spanier ſo ſchleunig war, uns nicht auf Anſchaffung eines kleinen Vorraths ſolcher Bequemlichkeiten, deren die wenigſten jetzt nicht wohl ent⸗ behren koͤnnen, als Thee, Zucker, Cho: colade, Kaffe und Wein geſchickt, woran die meiſten Mangel leiden werden. Heute wandern die armen Einwoh⸗ ner von Georgetown, welches faſt eine balbe Stunde vom Fort entfernt iſt, mit allem ibrem Haab und Gut nach Mahon, um fuͤr unſern Kugeln und Bomben ſicher zu ſeyn. Die Feinde nahmen von Georgetown voͤllig Be⸗ ſitz, und machten das zur Beute, was 4 98 ſie in den Haͤuſern vie Garniſon zu— ruͤckgelaſſen fanden. — Man ſahe, daß ſie vor Mahon einen Cordon zogen. Um 2 Uhr Nachmittags fingen un⸗ ſere Bomben an zu ſpielen, um die Feinde in Georgetown zu delogiren. Auch wurden einige Ricochetſchuͤſſe ab: geſchickt, um den Weg nach Mahon rein zu halten. In der Nacht wur⸗ den alle Viertelſtunden einige Kanonen und Moͤrſer abgefeuert. Die Traw ben ſchuͤſſe ſollen verſchiedene von den Feinden getoͤdtet haben. — a Bei unferer geſtrigen Retraite lieſ— ſen ſich die Minorkaner wenig ſehen. Aus Furcht gezwungen zu werden, mit ins Fort zu gehen, verließen ſie ihre Boͤte und nahmen die Ruder davon. Mit ihren Eſeln und Maulthieren jag⸗ ten ſie an Aboͤrter, und es laͤßt ſich kaum eine Mannsperſon blicken. Wir batten alſo bei dem Transporte unfe: rer Equipage von ihnen keine huͤlfrei⸗ che Hand. Haͤtte Minorka Militz ge⸗ halten, der Feind wuͤrde es nicht fo leicht haben wagen koͤnnen, auf dieſe Inſel eine Attaque vorzunehmen. Den zıten Aug. Dienſtag. In vo⸗ riger Nacht lief Antonius de Padua, ein minorkaniſcher Corfarencapitain Amengual mit einer ſpaniſchen Priſe ein, nachdem er durch die Flotte, die unſere Inſel umzingelt hält, glücklich durchgeſegelt war. Nach ihm kam ein Genueſer, imgleichen ein kaiſerliches Schif. Ihre Ladungen ſollen uns in unſerer jetzigen Lage gut zu ſtatten kom⸗ men. Sie legten ſich in die Muͤndung Kx 3 des 699 des Hafen unter die Kanonen. — Die engliſchen Transportſchiffe wur⸗ den auf Befehl des Gouverneurs nebſt der Fregatte Minorka geſenkt, theils um den Hafen zu ſperren, theils um zu verhuͤten, daß der Feind bei vor⸗ nehmender Belagerung ſich ihrer be maͤchtige, oder ſie in Grund bohre. Das Schifsvolk von ſelbigen zog mit ihren Flaggen, Gewehren, Degen und andern kriegeriſchen Waffen feierlich ins Fort. Ein Bergſchotte ging vor ihnen her, und ſpielte ihnen mit feiner Sackpfeife Muth und Froͤhlichkeit ins Herz. Abends 7 Uhr ſchickte der Herzog von Crillon eine Flagg of Truce, oder ein Parlei ins Fort. Ein Oberadjudant überbrachte ein Schreiben an den ou verneur, worin der Herzog ihn auf eine verbindliche Weiſe verſicherte, daß er die engliſchen Damen, die bei der Retraite in Mahon und Georgetown zuruck geblieben, in feinen Schutz genommen; doch aber muͤſſe er die Ueberſendung mehrerer verbitten. Bei ſeiner Ankunft habe er die Zimmer und Keller im Gouvernement erbro⸗ chen gefunden. Er habe daher ſelbige mit Wachen beſetzt, und erboͤte ſich, ihm feine Weine nebſt andern friſchen Proviſionen zu uͤberſchicken. Der Gouverneur gab ſchriftlich zur Ant: wort, daß er von der beutſeligkeit des Herzogs uͤberzeugt ſey. — Er habe ſchon laͤngſt vorher geſehen, daß es ſo kommen wuͤrde, und ſich daher mit al— lem Noͤthigen überflüßig verſorgt. — Wie edel ifis doch, daß in unfern Tagen der Krieg nicht mehr wie vor⸗ — as “” = vnc, DE 4 Fon Tagebuch während der Belagerung Er . 7 mals mit ſo vieler Grauſamkeit, ſon⸗ dern mit mehrerer Menſchlichkeit ge⸗ fuͤhret wird! Unſere Garniſon iſt jetzt aͤußerſt geſchaͤſtig. Jedes Regiment giebt 40 Mann Arbeiter zum Dienſt der Ingenieurs und Artillerie. Auf ſerdem muͤſſen alle Matroſen den gan⸗ zen Tag wuͤrkſam ſeyn, und dieſe zei⸗ gen ſich bei dem Fortbringen der Ka⸗ nonen, und Aufheben anderer Laſten, vorzuͤglich geſchickt. Die vornehmſten Arbeiten ſind jetzt die, daß man die Kanonen an ihre gehörige Stellen feßt, die Barrieren vermauert, Sands ſaͤcke fuͤllet, Minen, Fougaſſen und Steinmoͤrſer ladet. — Das Pflafter im Caſtel Square aufnimt, damit uns die Steine bei den Spruͤngen der feind⸗ lichen Bomben keinen Schaden thun ꝛc. Gegen Abend 6 Uhr muͤſſen die Ma⸗ troſen ſich vor ihren Souterrains an Parade ſtellen, exereiren, und an ihren reſpectiven Poſten auf die Wache zie⸗ ben. Ein artiger Anblick! Der neue Soldat duͤnkt ſich ſelbſt, wenn er ſei⸗ ne ungewohnte Ruͤſtung, Gewehr, Bajonet und Patrontaſche angelegt bat, vollkommen ſchoͤn, und macht fein Exereitium fo gut er kan. — Und nun heißt es marſch. Aber ohne Sack⸗ pfeife kan das gar nicht geſchehen. So bald die erſchallet, und ein Knabe mit ſeiner Trommel vorher geht, ſo er⸗ wacht ihr kriegeriſcher Geiſt und Mun⸗ terkeit. S 5 Sie ſind ein anſehnlicher Zuwachs unſerer Garniſon, und werden beſon⸗ ders auf den Batterien den Artilleri⸗ ſten bei Abfeurung des Geſchuͤtzes gute Diem Deienſte leiſten koͤnnen. des Forts St. Philipp Der Herzog von Crillon ſoll von der Hoͤhe von St. Antoni dies neue Corps erblickt und ſich daruͤber ausnehmend gewundert haben, weil man ihm vorhin unſere auf der Insel ine, 702 Garniſon ſo aͤußerſt ſchwach befihrie: ben hat. — Außer den vorhin ange⸗ zeigten Arbeitern, die die Regimenter täglich geben, muͤſſen folgende Mann; ſchaften täglich auf die Wache ziehen, side Regiment 1 Capitain 4 Subalterne 7 Unterofficiere 91 Gemeine. 6 61ſte Regiment 2 — — 7 — 121 — Prinz Ernſt 2 — 4 — — 109 — Goldacker 1 5 — 53 = 111 — in Dienſt und Geſchaͤftigkeit unter ſte⸗ ter Bewegung erhalten wird. An diefem Tage hat der Herzog von Crillon die Minorkaner aufgefordert, das Te Deum laudamus in der Cathe⸗ drale zu fingen. Beim Herausgehen aus der Kirche hat er zu dem Magiſtrat geſagt: Vous voyes, mes Soldats font des bons chretiens. Die Juraten ha⸗ ben darauf erwiedert. Oui Monfeig- neur, mais nous autres, nous eſpe- rons, que nous le ſommes aufſi. Der Duc: Mais des Chretiens ſans Inquiſi- tion! (Sie ſehen, meine Soldaten ſind gute Chriſten: Die Juraten erwieder⸗ ten darauf: Ja gnaͤdiger Herr, aber wir hoffen nicht weniger es zu ſeyn Duc: Ja aber Chriſten ohne Inqui⸗ ſition.) Den 22ten Aug. Folgendes Ver⸗ zeichniß kan ungefähr eine Idee ge: ben, wie yurfere Diners jetzo beſchaffen ſind. Montags, Pfund Reis, 12 Unzen Schweinefleiſch, 1 Pfund Brod. Dienflags, ı Pfund Mehl, 1 Pfund Salzfleiſch, 4 Pfund Corinthen. 6 Capitaine 19 Subalterne 24 Unterofficiere 432 Gemeine. Hieraus erhellet alſo, wie alles jetzt Mittwochs, 4 Pfund Reis, 1 Pfund Rindfleiſch, 1 Pfund Brod. Donnerftags, 1 Pfund Rindfteiſch, r Pfund Brod. Freitags, 1 Pfund Mehl, 1 Pfund Rindfleiſch. Sonnabends, I Pint Erbſen, 12 Unzen Schweinefleiſch, 1 Pfund drod, Sonntags, 2 Pfund Rofinen, 1 Pf. Mehl, 1 Pſund Rindfteiſch. Summa in der Woche, 5 Pfund Rindſteiſch, 12 Pfund Schweine fleiſch, 4 Pfund Brod, 3 Pfund Mehl, 4 Pint Erbſen, + Pfund Reis, 2 Pfund Corinthen. Getraͤnk. Ein Gil Rum, oder } Quartier den Tag, oder 1 Pint Wein. Frauen und Kinder uͤber 12 Jahr erhalten gleiche Proviſton mit den Mannsperſonen, aber keinen Rum noch Wein. Kinder unter 12 Jahr, erhal⸗ ten nur die Hälfte. Der Officier erhält nicht mehr als der Gemeine. — Die ſpaniſche Flotte ſchwaͤrmt noch um un⸗ fern Hafen herum. Den 2zten Aug. Donnerſtag. Haute bat der Gouverneur eine anfehnliche Promotion in den brittiſchen Regimen⸗ tern 703 tern gemacht, um den Abgang der beur⸗ laubten Officiere zu er erſetzen. Von den hannoveriſchen Regimentern find die beiden Hrn. Lieutenants von Cronhelm und Lieutenant Appuhn bei dem Inge⸗ nieurcorps wieder angeſetzt. Die eng: liſchen Civilbedienten und Artificiers haben ſich erboten, ſaͤmmtlich als Bo: lontairs, im Fall einer Attaque zu die⸗ nen. Conſul Cook von Tunis dient als Faͤhndrich im guten Regimente. Hier erkennet man den Geiſt des Re⸗ publikaners, den edlen Patriotismus, der in der Seele des Britten wohnt. Die beiden Herrn Auditeurs haben ebenfalls ſich erboten, ihrem Koͤnige mit den Waffen zu dienen, und ſind als Faͤhndrichs angeſetzt. — Auf dem Caſtle⸗Square wurden die Thuͤren der Officierſtuben zum Schutz gegen Bom⸗ ben mit großen Balken verwahrt. Abends 9 Uhr wurde ein Piquet nach der Seelinie beordert, weil man fuͤrch⸗ tete, daß der Feind von der Seite von Turkiſh Mount mit Boͤten etwas unternehmen wuͤrde. Den 24ten Aug. Freitag. Mor: gens 8 Uhr, kamen 2 Deſerteurs, ein Irrläͤnder und Holländer an. Sie Tagebuch waͤhrend der Belagerung r. ar erzäblten , wie fie auf einer engliſchen 704 Convoy von den Spaniern gefangen genommen, und gezwungen worden, unter den irrlaͤndiſchen Regimentern Dienſte zu nehmen. Da ſie nicht wi: der ihren Koͤnig und Vaterland fech⸗ ten wolten: ſo wuͤrden noch mehrere von ihnen, ſo bald ſie Gelegenheit hätten, zu uns übergeben. Die Sein: de wären 8ooo Mann ſtark. Es würden aber noch 7000 Mann Fran: zoſen erwartet. Bislang waͤre noch keine Artillerie angekommen. Flotte waͤre 4 Wochen von Cadix un⸗ ter Wegens geweſen und habe ſehr ſtuͤr⸗ « 12 miſches Wetter gehabt. — Die Spa⸗ nier holten ein Paar Schiffe aus der Quarantaine und der Georgetowner Cove. Wir konten dieſes nicht hin⸗ dern, und mußten alſo geduldig zuſe⸗ ben. Von den Minorkanern hörten wir, daß auch einige unter ihnen von den engliſchen Effecten der Garniſon Beu⸗ te zu machen geſucht, und ihre Häur ſer pluͤndern helfen. — Es giebt un⸗ ter allen Nationen Boͤſewichter. — Doch ſoll auch viel auf minorkaniſche Rechnung geſchrieben ſeyn, was die Spanier ſelbſt ausgeuͤbt. — Mein Logis hatte ein gleiches Schickſal. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. de Die 3 de N Hannoberiſches Magazin, g 45tes Stuͤck. Freitag, den ten Junius 1783. Fortſetzung des Tagebuchs waͤhrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. De 25ten Auguſt. Sonnabend. | Dieſen Morgen faßte ein ſpa⸗ niſches Commando auf dem Signalthurm des Cap Mola Poſto. Da es ſich bis nach dem ruſſiſchen Ho: ſpital herunter wagte: fo wurde dar: auf gefeuert. Es zog ſich daher ei⸗ lends zuruͤck. Man iſt jetzt geſchaͤftig, Traverſen anzulegen, um ſich hinter den⸗ ſelben vor den feindlichen Kugeln und Bomben zu ſchuͤtzen. Auch bringt man die noch fehlenden Tenaillen (Scheer— werke) im zweiten Graben zu Stande, um ſelbigen dadurch zu defendiren, im Fall der Feind hereindringen will. Nachmittags 4 Uhr kamen aber⸗ mals 2 Deſerteurs an. Zufolge einer Ordre von Gouverneur Murray, com⸗ mandirt Sir William Draper an der Seite, wo die brittiſchen Regimenter poſtirt find von Weſt bis Suͤd⸗Lunet⸗ te. — Herr General von Sidow und Herr Obriſter von Linſing hingegen an der Seite, die die hannoveriſchen Re; gimenter beſetzt halten, von der Kane bis Prineeß Line. Herr Major von Hager gommandirt auf Charles Fort, a f dem Blockhauſe daneben, der Prin⸗ ceßline und der Hoſpitalbatterie. Ca⸗ pitain Elford vertheidigt das Fort Marlborough mit 4 Compagnien vom 5 Iſten Regimente. Poſten der Regimenter. 51. Regiment auf Carolina, Weſt⸗ Lunette und Marlborough. 61. Regiment auf Suͤd und Suͤd⸗ weſt⸗Lunette. Prinz Ernſt Queen⸗Kune. Goldacker Argyle und Anſtruther, u. ſ. w. U a Die Officiere haben zwar Logis auf dem Caſtle Square, muͤſſen aber alle Nacht bei den Leuten ſeyn. Den 260 Aug. Sontag. Wegen der unaufbörlichen Arbeiten der Garniſon wurde kein Gottesdienſt gehalten. Es war ein außerordentlich heißer Tag. Die wenigen Huͤhner, ſo wir mit ins Fort gebracht, nehmen bald ein Ende, und denn haben wir nichts als Salzfleiſch. Unſere Bruͤder in Gibraltar haben jetzt große Vorzuͤge vor uns. Sie ha⸗ ben mehr Terrain. Wir find in ei⸗ nem engen Zirkel beſchraͤnkt. Sie Fön; Py nen 707 gen, Federvieh ziehen, von der Bar: barei von Zeit zu Zeit einige friſche Sachen erhalten, und auf der andern Seite des Huͤgels vor Kugeln und Bomben ſicher ſeyn. Das koͤnnen wir nicht. Den 27 ten Aug. Montag. Die Fein: de zogen heute die ſpaniſche Flagge auf Cap Mola zum erſten mal auf. Wir feuerten auf fi. Sie flogen aus ein; ander. Man glaubt, daß einer der vornehmſten Offieiere ſich darunter be: funden. Wir ſahen ſie vom Pferde abſteigen. Einer von ihnen ſoll ver⸗ wundet ſeyn. Des Nachmittags zeigte ſich ein ſpaniſches 74 Kanonenſchif nahe vor dem Hafen. Wir feuerten mit einer Kugel und einer Bombe dar⸗ nach, ohne es jedoch zu treffen. Wir warten jetzt mit Schmerzen auf das, was der Feind gegen uns vornehmen will. Wir wuͤnſchten, bald aus die⸗ fer unangenehmen tage erloͤßt zu ſeyn. Eine Bloquade iſt etwas ſehr trauriges. — Zur Belagerung ſieht man noch keine Anſtalten. Feinde ſind ſehr traͤge, ſagte Gouver⸗ neur Murray heute voll Ungeduld. Ein heißer Tag! Den 28ten Ang. Dienſtag. Wie⸗ der ſehr heiß. Wir feuerten nach dem ruſſiſchen Hoſpital. Allein ohne große Wirkung, weil es fo feſt gebauet iſt. Den ꝛ ten Aug. Mittwochs. Sehr beiß. Die ſpaniſchen Truppen formi⸗ ren noch ihren vorigen Cordon vor Mahon, und halten fich ſehr ſtille. Wir ſind noch immer ſehr geſchaͤftig, Tagebuch während der Belagerung nen in groͤßerer Menge Gaͤrten anle⸗ Unfere 708 um uns auf die Bewillkemmung des Feindes vorzubereiten. Gegen Mit⸗ tag kam eine Flagg of Truce an. Der Herzog von Crillon ſchreibt an den Gouverneur, die engliſchen Artilleriſten hätten ihre Kanonen fo ſcharf auf ihn gerichtet, daß er in Lebensgefahr ge⸗ weſen. Den engliſchen Damen, die um die Erlaubniß nach Frankreich zu gehen angeſucht, wolle er dieſe Bitte gewaͤhren. Dem Gouverneur war es empfindlich, daß der Due in einer Supplik, welche die Damen durch einen Minorkaner aufſetzen laſſen, Commander en Chef of the Island of Minorque genennet ward. In der Ant⸗ wort verſicherte Gouverneur Murray den Herzog von Crillon, daß er ſo fer⸗ ne davon ſey, nach ihm ſcharf feuern zu laſſen, daß er ihn vielmehr mit 19 Schuͤſſen wuͤrde haben ſalutiren laſſen, wenn er ihn erkannt haͤtte. Allein, da man vermuthet, daß es Ingenieurs waͤren, die das Fort obſervirten: ſo habe man nach Kriegsgebrauch dar⸗ nach gefeuert. Er riethe ihm indeß, ſich nicht zu weit unter ſeine Kanonen zu wagen, weil ſeine Truppen ſo vol⸗ ler Muth und Begierde zu ſtreiten waͤ⸗ ren, daß wenn fie nur einen Feind ſaͤ⸗ ben, ſich vor Begierde zu fechten ent⸗ brenneten. Den engliſchen Damen, die an ihre Ehemaͤnner geſchrieben, wurden jeglicher 30 Pfund Sterling uͤbermacht. Den zoten Aug. Donnerſtag. Obi⸗ ge Antwort ging heute mit der Fagg of Truce und einem ſchoͤnen afrikani⸗ ſchen Pferde, welches Gouverneur Mur⸗ b rag h 709 ray dem Herzog zum Geſchenk mach⸗ te, nach Mahon. Den Officieren der Garniſon gab er einige Oxhofte rothen und weißen Wein, welcher uns wohl zu ſtatten kam. Heute kamen 5 De: ſerteurs von den Irlaͤndern an. Den Ziten Aug Freitag. Heute kam ein Tambour: mit ſelbigen ging Doctor Maeneal nach Mahon, um die Auswechſelung unſerer Kriegsge⸗ fangenen zu beſorgen. In der Nacht wurde mit Kugeln und Bomben nach Stanhopestower und der Badecove gefeuert, weil man vermuthet, daß der Feind daſelbſt arbeite. Ein Piquet rückte nach der Quaiwache, um die Matroſen zu decken, die von daher Holz holten, welches ein ſehr wichtiger Artikel in einer Garniſon iſt. Den ıten Sept. Sonnabend. Die außer Dienſt ſich befindende Leute ha⸗ ben heute Ordre erhalten, Kanonen— pfroͤpfe zu machen. Vorige Nacht ka⸗ men wieder 2 Deſerteurs, ein Fran⸗ zoſe und ein Italiaͤner an. Doctor Maeneal brachte 39 ſpaniſche Kriegs⸗ gefangene, die ehemals von der Mi⸗ norkaner Priſen ins Fort gebracht wa⸗ ren, nach Mahon; allein man lieferte ihm dagegen die Unſrigen nicht aus. Ein Mißverſtaͤndniß durch die Spra— che veranlaßt, ſoll die Urſache davon ſeyn. — Unſere Leute ſollen ſich noch zu Aleihor befinden. In der Nacht wurde vom Fort gefeuert. Den 2ten Sept. Sonntag. Die unaufhoͤrliche Arbeit machte, daß kein Gottesd ienſt gehalten werden konte. Man bemerkte, daß die Feinde ihr La⸗ 710 ger weiter rechts nach St. Louis zu rüßs ken ſchienen. Wir fuͤrchteten daher, daß ſie die Abſicht haͤtten, einen Sturm zu wagen. Es wurde Ordre gegeben, daß die Piquets ausruͤcken und die Garniſon den zten Sept. in Mondirungen bleiben ſolte. Abends 6 Uhr kam eine Parley an. Der Herzog von Crillon ſchreibt, daß er von Madrid Nachricht erbalten, daß in Italien die Peſt ſey. Da wir nun noch als Beſitzer von der Muͤn— dung des Hafens Schiffe erhielten: ſo ſaͤhe er ſich genoͤthigt, alle Communica⸗ tion mit uns aufzuheben. Der Krieges gefangenen wird gar nicht erwaͤhnt. Man glaubt, ſie werden nach Spanien geſchickt. Aus Furcht, daß Mangel an Holz entſtehen moͤge, iſt befoh⸗ len, daß je 3 Compagnien aus einem Keſſel kochen ſollen. Eine gleiche Me⸗ nage beobachtet man beim Brodbaf ken. In der Baͤckerei werden täglich 1200 bis 1900 Brodte gebacken. Das Korn wird auf Mühlen, die von Pfers den getrieben werden, gemahlen; die Pferde, Eſel und Maulthiere haben alſo auch ihre Arbeit. In der Nacht iſt alles ſtille. Den gen Sept. Dienſtag. Dieſen Morgen fruͤh ſahen wir einen ſpani⸗ ſchen Deſerteur bei Stanhopestower aufgehangen. Wir erfuhren nachher, daß er noch 4 andere Irlaͤnder, zur Deſertion habe verleiten wollen. Die⸗ ſe habe man auf ein Jahr auf die Ga⸗ leeren verurtheilt, und darauf alle zum ſpaniſchen Dienſt gezwungene Englaͤn⸗ der als Gefangene wieder nach Spa⸗ nien zuruͤck geſchickt. Die letzten De⸗ PYy 2 ſerteurs, * 71¹ wiſchten mit großer Gefahr. Sie wurden von der Stanhopstower Wa⸗ che verfolgt, und nach ihnen geſchoſſen. Als ſie gluͤcklich vor den Palliſaden ankamen, ſagte einer: My lads, we have loſt the battle, but we have won the race. — Weil man befürchtet, daß der Wein durch Abfeurung des groben Geſchuͤtzes ſauer werde: ſo wird den Gemeinen ſtatt Rum Wein gegeben; doch ſind einige Aerzte der Meinung, daß die Saͤure des Weins mehr heil⸗ ſam als ſchaͤdlich, und in Ermange⸗ lung des friſchen Gemuͤſes ein gutes Antiſcorbuticum ſey. Andere ſtreiten dagegen. Adhuc ſub judice lis eſt. Die Lampen in den Souterrains, werden wegen Mangel an Oel mit großer Me: nage angebracht. Eins von unſern Schiffen wird zu Brennholz conſumirt. Die Leute erhalten Beutel zum Bud⸗ ding. Dieſe und andere Mehlſpeiſen muͤſſen die geringe Portion Brod er⸗ ſetzen. Alle Woche 4 Pfund iſt we: nig genug fuͤr einen geſunden Magen. Indeß werden dagegen die andern Por⸗ tionen im Ueberfluß ausgetheilt. Die Compagnie Mineurs beſchaͤſtigt ſich damit, die Minen zu füllen und zu ver⸗ mauern. Dazu werden viel Quader⸗ ſteine verbraucht. Man reißt daher alle Gebaͤude ab. — Dieſe koͤnnen ohnehin nicht ſtehen bleiben, weil ſie beim Bombardement durch das Spren: gen der Steine Schaden zufügen und den Kanonen am Feuern hinderlich ſeyn wuͤrden. Die Wolle, welche das kaiſerliche Schif am Bord hatte, die Tagebuch während der Belagerung 712 ſerteurs, ſo zu uns uͤbergingen, ent⸗ ſchoͤnſte, die man nur ſehen kan, wird jetzt zu Traverſen gebraucht. Die Kanonen werden wo noͤthig hin pla⸗ cirt. Unſere Leute muͤſſen ooo Pa: tronen fuͤr jeden Mann verfertigen. Eine neue Arbeit, die ſie bei ſo vielen andern in unaufhoͤrlicher Geſchaͤftig⸗ keit erhält. Matroſenknaben werden zur Fuͤllung der Sandſaͤcke gebraucht. Der Brunn auf dem Caſtle Square wird mit Balken verpalliſadirt, und oben mit Sandſaͤcken belegt. — An Springbrunnen fehlt es uns Gottlob nicht. Es ward Befehl gegeben, ver⸗ ſchiedene derſelben zu reinigen. Der⸗ gleichen Umſtaͤnde zu bemerken, ſcheint mir nicht unwichtig zu ſeyn. Waſſer und Holz ſind unentbehrliche Beduͤrf⸗ niſſe, und der Mangel an denſelben ſetzt eine Garniſon oft in die groͤßeſte Verlegenheit. 8 Den 5ten Sept. Mittwochs. Heute ſahe ich unter den ſpaniſchen kreutzen⸗ den Schiffen eins, welches unten latei⸗ niſche und oben viereckigte Segel hat⸗ te. Dieſe Einrichtung muß fuͤr klei⸗ nere Schiffe ohne Zweifel ganz vor⸗ theilhaft ſeyn. Vorige Nacht war alles ruhig. Heute kam die Reihe an die Gebaͤude zu Charlesfort. Sir William Draper, (Gouverneur Lieute⸗ nant; ) nahm daher feine Wohnung auf dem Haupteaſtell. Die mit Wolle und Fleiſch beladene oben erwaͤhnte Priſen ſollen fuͤr die Spanier beſtimmt gewe⸗ ſen ſeyn. Die Wollſaͤcke gebrauchen wir nun zur Vertheidigung gegen fie Der Werth des Geldes iſt bei uns ſehr gefallen, weil man nichts zu * } Zu g: ee DS ge haben kau. Wir kommen beinahe zu 7 des Forts St. Philipp jenen alten Zeiten zuruͤck, wo man die Waaren eintauſchte, oder mit Natu: ralien bezahlte. Der Soldat fordert fuͤr ſeine Arbeit nichts als Rum und Wein. — Ich gab für ein klein Ge richt Fiſche (denn das iſt noch das einzige friſche Eſſen, was man haben kan,) zwei Bouteillen Rum. — Un⸗ ſere Ochſen und Schafe, die wir im Fort haben, werden noch auf den kuͤnf— tigen Nothfall aufbewahrt, das ausge: nommen, was auf des Gouverneurs Ta— fel komt, welcher, ſo wie Sir William, auch General Sidow, die Officiere der Garniſon einzuladen, und mit friſchen Sachen zu bewirthen pflegt. — Dies ſen Mittag entdeckten wir, daß einige ſpaniſche Truppen in Philipet Poſto gefaßt batten. Es ward alſo dahin gefeuert. Auch wurden 2 Boͤte mit Matroſen dahin abgeſchickt, um ſie zu delogiren. So bald die Spanier die Kugeln merkten, und die Boͤte ſahen, liefen fie in aller Eile aus ihren Loͤ⸗ chern und retirirten ſich. Des Abends hoͤrten wir im ſpaniſchen Lager und Mahon die Trommeln ruͤhren und die Glocken laͤuten, und ſahen viel Feuer angeſteckt. Das alles muͤſſen wir ſo gelaſſen von unſern Waͤllen anhoͤren und ſehen. Die Promenaden nach Georgetown und Mahon ſind vorbei. Selbſt das Territorium des Glacis wird uns ſtreitig gemacht. Wahrlich es iſt eine böfe Sache fo lange einge: ſchloſſen zu ſeyn. Der Feind zaubert. ſehr lange mit ſeinen Unternehmun⸗ gen. Was follen wir thun? Wir auf der Inſel Minorka. 714 ſitzen ganz ſtille in unſerer Cuſtodie, und empfehlen dem Himmel unſer Schickſal. — Um 9 Uhr zeigte ſich vor dem Hafen ein kleines Schif. Es ſteckte zum Signal drei Laternen auf, und nun erkannten wir, daß es Parker war. Das war uns einmal eine recht froͤhliche Stunde! Wir gruͤßten uns einander mit einem freudigen Hurre, und hoften gute Nachrichten und Brie— fe zu erhalten von unſern lieben Freun⸗ den im Vaterlande. Friede oder doch eine anſehuliche engliſche Flotte uns zu Huͤlfe geſchickt, war zugleich unſer Wunſch, wovon wir die Beſtaͤtigung gar zu gerne gehört hätten, Allein, man brachte uns wenig neues mit. Das vorhin erwaͤhnte kaiſerliche Schif wurde heute ausgelaſſen, nachdem die Ladung deſſelben von uns bezahlt war. Ich ſchrieb mit ihm nach dem Lande. Allein, kaum war es auf der Höhe, als es von den Spaniern angehalten und unterſuchet wurde. Er Den 610 Sept. Donnerſtag. Heute feuerten wir nach Philipet, weil man glaubte, daß die Feinde ſich wieder da verſteckt hielten. Das Fiſchen wird jetzt fuͤr einige ein Amuſement, wo⸗ durch unſere magere Diaͤt ein wenig verbeſſert und der Tiſch zu Zeiten four⸗ nirt wird. Es erhebt ſich ein Gewit⸗ ter, ſtarker Wind und Regen, damit bricht ſich die bisher gehabte große Hitze. Es ſcheint, daß der Herbſt feir nen Anfang nimt. Den 7ten Sept. Freitag. Aller Or⸗ ten ſieht man jetzt neue Traverſen zum Schutz gegen Bomben und Kugeln Yy 3 an⸗ 715 angelegt. Das Schif Antonius von Padua, hat uns mit Kaffe und Zucker verſehen, woran großer Mangel war. Auch ift Hofnung, daß den Offtcieren Butter aus dem Magazine zugetheilet werden ſoll. Fuͤr die Garniſon wird in 13 Keſſeln gekocht. Die Officiere baben ihre eigene Menagen. Der Kü: chenzettel iſt leicht gemacht. — Jede Compagnie erhält nicht mehr als 3 Centner Holz. Den gie? Sept. Sonnabend. Der Regen haͤlt an. Dies iſt für unſere armen Poſten boͤſe. Doch fuͤr die Fein⸗ de muß es weit ſchlimmer ſeyn. Es iſt zu bewundern, daß unſere Leute, Aunerachtet aller ausgeſtandenen Fati⸗ guen, ſich bisher noch gut halten, und wenig kranken. ; Den gten Sept. Sonntag. Die Arbeiten gehen unaufhoͤrlich fort. Der ſturmiſche Nordwind läßt in feinem Toben noch nicht nach. Die ſpaniſche Flagge auf Cap Mola iſt dadurch zer⸗ riſſen. — Der Mangel an Holz ver; bietet uns Caminfeuer anzulegen. Wir werden alſo recht ausgehaͤrtet, und be⸗ reiten uns auf die Kälte, die wir hof⸗ fentlich naͤchſten Winter im Vaterlan⸗ de empfinden werden, vor. — Bei un⸗ fern Klücchen und Buddings befinden wir uns ſehr wohl. Außer den ſchon oben angezeigten Wachen, giebt die Garniſon zum Piquet. 51. Regiment — 89 Mann 61. Regiment — 119 — Beide Hannov. Regim. 192 — . ——— 400 Mann. Tagebuch wahrend der Belagerung 7 3 — Des Abends werden auch die Wa: chen verſtaͤrkt, und die Poſten am Auf: fern bedeckten Wege häufiger ausge- iſt in Ruhe, all's well, geht des Nachts Das Rufen der Poſten: Alles immer im Kreislauf alle Viertelſtunde ums Fort herum. Die Herren Ge⸗ nerale und Staabsoffieiere gehen fleißig die Ronde. Der Gouverneur iſt mit der Wachſamkeit der Leute uͤberaus zu frieden. Er hat etliche mal einen blin⸗ den Allarm gemacht, um zu ſehen, ob die Leute geſchwind an ihrem Poſten ſind. 3 Den loten Sept. Montag. Das Wetter heitert ſich heute wieder auf. Zum Debarquement der franzoͤſiſchen Truppen wuͤrde der heutige Tag guͤn⸗ ſtig ſeyn, wenn der Nordwind ihre Schiffe hergewehet hat. Die Artille⸗ riſten und Mariniers nehmen jetzt ihre Quartiere in den Souterrains, die bei denen ihnen angewieſenen Batterien ſind, damit ſie ſich ſogleich bei ihren Kanonen anfinden koͤnnen. Den Itter Sept. Dienſtag. Jetzo leiden die meiſten Mangel an Rauch⸗ taback: Dies iſt fuͤr manche empfind⸗ licher, als wenn es im Eſſen und Trin⸗ ken knapp hergeht. Die Begierde der Leute zu rauchen geht ſo weit, daß ſie von den verdorreten Faſchinen Blaͤtter ſuchen und ſelbige rauchen. Andere rauchen Anis, andere abgekochte Thee⸗ blaͤtter. Man fordert 12 Schillinge fuͤr 1 Pfund Taback, 8 Schillinge fuͤr ein Huhn. Des Abends iſts fuͤr mich jetzt ein beſonderes Vergnuͤgen, unſer Marinencorps auf die Wache ziehen f und . 2 u — 17 des Forts St. Philipp auf der Insel Minorka. 718 und fie ererciren zu ſehen. Die Sack⸗ pfeife iſt ein wahres Zauberinſtrument, ſo bald die erſchallt, und der kleine Tam⸗ bour ſein tedom tedom dazu ſchlaͤgt, ſo marſchirt alles los und iſt voll Leben und Muth. — Heute gutes Wetter. — Den ı zten Sept. Mittwochs. Wie derum ſchoͤnes Wetter, guter Appetit, viel Kluͤtchen, aber ſparſam Brod. In Ermangelung der Weinfaͤſſer ha⸗ ben wir Pulvertonnen erhalten. Wie militairiſch wird man noch werden, da ſogar unſer Wein militairiſch ſchmeckt! Den 1 zten Sept. Donnerſtag. Von unſern Feinden ſehen wir nichts als einzelne Poſten. Doch umgiebt er uns mit ſeiner Linie rund herum. Dieſen Nachmittag deſertirte ein engliſcher Grenadier und ſchwamm bei der Royal: batterie uͤber nach Philipet. — Acht unbrauchbare minorkaniſche Burri— quen erhielten ihre Dimiſſion, und fon: ten weggehen ohne zu deſertiren und treulos zu ſeyn. Sie nahmen mit freu⸗ digem Geſchrei ihren Weg nach Geor: getown. — Wir warfen einige Bom ben nach dem Detaſchement hinter Phi: - lipete Berge. Wir ſahen, daß der ſpa⸗ niſche Poſten auf Cap Mola abgeloͤſet ward. 8 Den 14ten Sept. Freitag. Es bleibt beim Alten. Den 18ten Sept. Sonnabends. Zwei engliſche Soldaten, welche in des Gouverneurs Barraneo Mohrenfeigen ſuchten ſind deſertirt. Ein junger Eng⸗ länder verſicherte einen Deutſchen, daß beide die beſten von der Compagnie ge⸗ weſen. Glaubt es ja nicht, ſagte dar⸗ auf ein anderer, denn erwaͤget, mein Herr, wenn dieſe Leute die beſten in der Compagnie geweſen, was fuͤr eine Meinung muͤßt ihr denn von uns faſ— ſen, die wir nicht deſertirt ſind. Den 16ten Sept. Sonntag. Im⸗ merfort beſtaͤndige Arbeit an den Fe⸗ ſtungswerken. Gegen Mittag kam ein Parley an. Die Damen melden in ihren Briefen, daß ihnen von den Spa⸗ niern nichts genommen ſey, allein, daß die Minorkaner einige ſogar bis aufs Kinderzeug beraubt haben. — Die Briefe wurden mit vieler Ceremonie angenommen. Wegen der vom Herzog von Crillon befuͤrchteten Peſt wurden fie mit einer Zange angegriffen und ges raͤuchert. Die ſpaniſchen Officiere ſol⸗ len dabei ihre Geſichtsmuskeln in artis ge Grimaſſen verzogen haben. Der Her⸗ zog ſchreibt, daß es ihm ſehr empfind⸗ lich ſey, daß er auf Befehl vom Hofe zu Madrid alle Englaͤnder von der In⸗ ſel nach Frankreich, ꝛc. ſchieken müffe, die Damen nicht ausgenommen. Er habe bereits eine Fregatte in Fornellis ausgeruͤſtet, auf welcher die Damen ſtandesmaͤßig behandelt werden ſolten. Auch habe er ſeine Schweſter in Frank⸗ reich erſucht, ihnen auf alle moͤgliche Weiſe beizuſtehen und für fie Sorge zu tragen. Er ſchickte zu gleicher Zeit des Gouverneurs in Mahon zurück gelof⸗ ſene Waͤſche, imgleichen Rebhuͤhner, Tauben und Fruͤchte. Gegen Abend wurden 42 Minorkaner aus dem Ca⸗ ſtel fortgeſchickt. Es ſchien ihnen das Heimweh anzuwandeln. Es war heute Gewetterluft und kuͤhl. f Den 739.7. . Den 17ten Sept. Montag. Die vorige naſſe Witterung haͤlt noch an. Daher war alles ſtille. / Den 18ten Sept. Dienſtag. Eine feindliche Patrouille, that in voriger Nacht einige Schuͤſſe. Unſere aͤußern Poſten beantworteten ſie einige mal. Weiter kehrten wir uns nicht daran. Gegen Mittag ging der Seeretair La⸗ riviere nach Mahon, um für unſere Kriegsgefangene zu ſorgen, welche nach Barcelona gehen. Dieſen Abend kam eine Tartane auf unſern Hafen zu. Wir hoften, fie ſolte herein kommen; allein ein Spanier Rowboat bordete fie, und fo ging fie ab. Den 1gten September. Mittwochs. Geil man zu Middlemount Artillerie wolte bemerkt haben: ſo wurde dahin gefeuert. Geſtern fand man ein Pa⸗ pier an den Galgen geſchlagen, durch welches die Garniſon zur Deſertion aufgemuntert wurde, mit. beigefuͤgten großen Verſprechnngen. Der Gou⸗ verneur ließ darauf in einer Ordre be⸗ kant machen, daß, wenn Jemand ſo niedertraͤchtig dachte und deſertiren wolle, er ſolches nur anzeigen koͤnne, weil die Garniſon ohne ſolche elende Leute ſtaͤrker wäre, als wenn fie bei uns blieben. Eine unſerer Hauptbe⸗ ſchaͤftigungen iſt, daß man wo noͤthig, Tagebuch waͤhrend der Belagerung re. 726 Palliſaden anzubringen ſucht. We⸗ gen des gehabten Regens werden heu⸗ te, da es helle und ſchoͤnes Wetter iſt, neue Wuͤrſte (Sauciſſons) in die Fou⸗ gaſſen gelegt, welche beſſer als vorhin, nemlich mit hoͤlzernen Futralen, die mit gepichtem Linnen bedeckt ſind, ver⸗ wahret werden. Das Pulver liegt auch in einem verpichten Beutel und enthält 40 bis 50 Pfund. Die Wuͤrſte ſind nach der Erfindung eines Mineurs mit Rollen verſehen, fo daß man ſie jetzt unterſuchen kan, ohne die Roͤhren zu oͤfnen. Herzog von Cril⸗ lon hat geſtern Herr Lariviere an Tafel gezogen und gefragt, warum wir fo ſtark nach Cap Mola und Stanhopestower feuerten. Herr fa: riviere hat erwiedert: es geſchehe um unſere Mariniers zu uͤben. Sie muͤſ⸗ ſen, verſetzt der Herzog, ſehr fertig im Schießen ſeyn, es haͤtte mir beinahe das Leben gekoſtet, als ich die Flagge meines Koͤnigs auf Cap Mola auf⸗ ſteckte. Es iſt indeß nur ein von unſern Kanonenkugeln abgeſchlagener Stein geweſen, der ihm eine geringe Contuſion am Kopf verurſachet hat. Den zc0ten Sept. Donnerſtag. Es zeigte ſich ein kaiſerliches Schif. Wir traueten, es wuͤrde in den Hafen lau⸗ fen, ſchoſſen aber nicht, und fo war unſere Hofnung dahin. | Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. 5721 Hannoberiſch 46tes Stuͤck. Montag, den gfen Junius 1783. Fortſetzung des n Wahrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. Da Sep. Freitag. Dem Gouverneur wurde heute, wie er am Tiſche ſaß die Nachricht gebracht, daß ein engliſcher Hautboiſt verſucht habe zu deſertiren. Er ſuchte wegzuſchwimmen; allein er wurde wie der erhaſcht. Vor zwei Jahren machte dieſer geſchickte Schwimmer eine noch kuͤhnere Probe. Er verſuchte es nebſt einem anderen Cameraden von Ciuta⸗ della nach Majorka zu ſchwimmen, wel; ches nicht weniger denn 20 engliſche Meilen Diſtanz ſtud. Da fein Mit: bruder muͤde geworden: ſo hat er ihn eine Zeitlang fortgeſchleppt. Am Ende iſt dieſer erſoffen. Jener aber hat aus Muͤdigkeit zuruͤckkehren muͤſſen, und iſt mit genauer Noth zuCiutadella wie der ans Land gebracht. Er hat 9 Wo⸗ chen elendiglich krank gelegen. Seine Kunſt im Schwimmen konte ihm dies⸗ mal das Todesurtheil zuziehen. — In der Nacht deſertirte abermals ein Eng⸗ länder, Dergleichen Vorfälle erfor: dern in der Nacht, daß augenblicklich Parole und Counterſign veraͤndert wird. Schoͤnes Wetter wie geſtern. Den ꝛ2ten Sept. Sonnabend. Von den Feinden ſehen wir nichts als einige Auſſenpoſten. Wir koͤnnen alſo unſere jetzige Situation nicht anders als eine Blockade nennen. Wahrlich eine hoͤchſt langweilige traurige Situation! Ein ewiges Einerlei! Vom Vaterlande hoͤ⸗ ren wir nichts. — Wir ſind von der uͤbrigen Welt ganz abgeſchnitten und iſolert. Dem allen unerachtet muß das Herz dennoch gutes Muths und froͤhlich ſeyn. — In der Nacht war alles ftille, Den 2zten Sept. Sonntag. Die Feſtungsarbeiten geben fort. Es wer: den zwei Magazine bei der Queen und Royalbatterie in Blockhaͤuſer verwan⸗ delt. Anhaltender Regen. Es ſcheint, daß die Spanier die Hoͤtzlen zu ihrem Schutz ſuchen und ſich in ihre Maͤn⸗ teln (Grego's) verhuͤllen. Den ꝛ4ten Sept. Montag. Vori⸗ ge Nacht machten ſich die feindlichen Poſten aufs Glacis, und feuerten auf die Unſrigen. Eine von den ſpaniſchen Muſquetenkugeln ſchlug an die Thur meines Logis. Der geſtrige Verſuch ee durch Schwimmen zu } de: 723 deſertiren, der mit 1000 Streichen be: ſtraft werden ſoll, hat die Ordre ver⸗ anlaßt, daß kein Soldat oder Matroſe ferner an die Seeſeite gehen darf, un⸗ ter dem Vorwande zu fiſchen, oder zu ſchwimmen, widrigenfalls der Prevoſt Befehl hat ihn auf der Stelle zu er: ſchießen. Dem zufolge machte der Pre⸗ voſt geſtern Abend zum erſten mal ſei⸗ ne traurige Ronde. Wehe unſern ar: men Maͤgen! denen dadurch das bis⸗ chen Fiſche entgeht, womit wir ſonſt des Abends uns einander zu regaliren pflegten. Wir ſind in allen Stuͤcken ziemlich zum Mangel reducirt. Un⸗ ſere Garderobe iſt bei manchem, der ſeine Equipage verloren, ſehr ſchlecht beſtellt. — Und es finden ſich keine Kaufleute, aus deren Bude man die⸗ ſen Mangel erſetzen kan. — Unſere Waͤſche nimt ſich eben nicht zum vor⸗ theilhafteſten aus. — Unſer Linnen wird zwar weiß gewaſchen, aber aus Mangel an Amydon nicht geſteift. Sei⸗ fe wird das Pfund zu 1 Thaler ver kauft. — Das Leder iſt ſehr rar. Den 25ten Sept. Dienſtag. Un: haltender Regen. Es wird darauf ge⸗ dacht, vaß es nicht an Wachtmanteln fehle, damit der Soldat ſich auf ſei⸗ nem Poſten vor der Witterung ſchuͤz⸗ zen konne: Denn Schilderhaͤuſer fal⸗ len in einer Belagerung weg. Wir befchäftigen uns jetzt unſere Cacaoboh— nen zu Chocolade zu praͤpariren und worin? In einer halben Bombe ſtatt eines Moͤrſers. Eine ſonderbare Fa: brik! Heute wird das Hauptthor vor dem Caſtle Square vermauert. Wir ſind jetzt gleich den Bergleuten, die in TCabebuc N bee Belagerung 724 Unterirdische Gängen ihr Geſchafte treiben. Unfere Logis find meiſt Sou⸗ terrains. Alſo gehen auch unſere Gaͤu⸗ ge unter der Erde fort. Den sten. Sept. Mittwochs. Stuͤrmiſcher Wind! Die ſpaniſchen Gentlemen ſitzen in ihren Loͤchern. Da indeß einige von ihnen uns zu Zeiten von den Mauern braviren: ſo werden unſere Wallpieces (Doppelhaken, oft auf fie abgedruckt. Wir fangen jetzt an Cicherien zu ſammeln, Cameradjes nennen fie die Spanier. Dies Kraut wird ein gutes Antifcorbuticum ſeyn. Den 27ten Sept, Donnerſtag. Die Spanier haben uns an dieſem heitern Morgen eine ſchoͤne Morgenmuſtik ger macht. Das Kornmagazin auf Cum⸗ berland wird auch in ein Blockhaus verwandelt. Unſere Leute haben mit Patronen machen noch beſtaͤndig zu thun. Das All's well geht noch be ftändig im Kreislauf ums Caſtel, und iſt ein Beweiß unſerer Wachſamkeit. Wir wurden dieſen Nachmittag wie⸗ | 398 ein ſpaniſches Commando ges ahr, welches ſich in Philipet verſteckt Hatte Es wurden daher einige Bom⸗ ben dahin geworfen, welche meiſterlich trafen. Die Spanier nahmen das Reis aus, und wir begleiteten ſie auf ihrer Retraite mit einigen Kugeln, und ſchiekten ein Boot Matroſen hinterher. Des Abends mußte Capirain von Mick zing mit einem Commando nebſt den erforderlichen Mineurs hinuͤber gehen, mit der Ordre, Philipet zu demoliren und zu ſprengen. Der Feind ließ dies ganz ruhig geſchehen. | Den 725 Den 28ten Sept. Freitag. Schönes Wetter! Bei Antoni ſieht man Leute arbeiten, die wahrſcheinlich die Wege zum Transport der Kauonen und Pro⸗ viffonen mach z. Ven 29 ten Sept. Sonnabend. Vom geſtrigen Tage iſt noch anzumerken, daß ſich Nachmittags eine ſpaniſche Zar: tane vor dem Hafen ſehen ließ. Wir ſahen, daß ſte wenig Leute am Bord hatte, und ſchickten zwei Boͤte aus, um ſie zu kapern. Die Spanier machten ſich ſogleich vom Schiffe, und gingen in ihrem Boote gluͤcklich davon. Das Schif ward uns indeß zur Beute. Dies war uns ganz willkommen. Denn es fanden ſich allerlei annehm⸗ liche Lebensmittel darauf, als Macro: nen, Roſinen, Vicebohnen, etwas Zwiebeln, imgleichen Schuhe. — Phi: lipet war geſtern groͤßtentheils durch die Emſigkeit unſerer Mineurs nieder: geworfen. Gegen Abend brachte man das in den Gebaͤnden befindlich gewe⸗ ſene Holz zuſammen, und machte dar— aus zwei prächtige Feuer, die einen ſchoͤnen Anblick gaben. Die Feinde ließen alles ganz ruhig geſchehen. Ein ſpaniſcher Sergeant, der aus Furcht vor unſern Trauben ſich in eine Cove retirirt, ward in ſelbiger gefunden, und zum Gefangenen gemacht. Nach ſeiner Ausſage haben die Feinde 60 24 Pfuͤnder erhalten. Wir feuerten nach Middlemount. Die Feinde hal: ten ſich ſtille, außer daß ihre Patrouil⸗ len zu Zeiten des Nachts ein Placker⸗ feuer machen, und uns im Schlafe ſtoͤhren. — Unſere Poſten ſind aber des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 726 ſehr wachſam. — Die Spanier wer⸗ den hoffentlich nunmehr keinen Coup de Main mehr im Sinne haben. Heu⸗ te ſchoͤnes Wetter. — Es ging aber: mals ein Commando nach Philipet, und demolirte ſolches völlig. Den zoten Sept. Sonntag. Nord: oͤſtlicher Wind, gutes Wetter. So eben zeigt ſich ein zweimaſtiches Schif vor dem Hafen. Die Spanier ziehen auf Cap Mola das Zeichen für ein feind: liches Schif auf. Gleich darauf kom⸗ men aus den Buchten zwei ſpaniſche Chebecken und einige Rowboats her: vor und machten Jagd. Allein es hatte favorablen Wind, und fo machen wir uns die Hofnung, daß es feinen Fein⸗ den entgehen werde. Wir ſchickten ihm 3 Boote zu Huͤlfe. Jedermann glaubte, daß es die Hanna ſey. Es legte ſich zu unſerer aller Verwunde⸗ rung vor Wind. Wir waren voll Un⸗ willen, daß es ſich nicht naͤherte. Wir ſteckten das Signal auf, daß es ſich naͤhern ſolle, und daß das Fort noch in engliſchen Haͤnden ſey, nemlich eine engliſche Flagge oben und eine Fran⸗ zoͤſiſche darunter. Endlich ſchickte es ein Boot, worin drei Mann waren, unſerm Boote entgegen, Unſere Mas troſen hielten es für ſpaniſch, und feuz erten darauf. In dieſem Angenblick lief unſer Mail Gefahr ins Waſſer ge⸗ worfen zu werden. Allein der Eng⸗ laͤnder, der es hatte, hielt Contenance und der Irrthum ward gluͤcklich ent⸗ deckt. So kam alſo das Paquetboot zuerſt ſicher in unſere Haͤnde. Das Schif ſelbſt ſegelte hierauf mit vollem 31 2 Win⸗ 727 Winde in den Hafen, ohne daß die Spanier ihm zu ſchaden vermogten. Die Nachricht von der Eroberung von Pen ſacola, die es mit gebracht, war unangenehm. In der Nacht wurden einige Bomben nach dem Stancohau⸗ ſe, oder den Branteweinmagazin in Georgetown geworfen, weil man glaub: te, daß die Feinde daſelbſt einen Kra⸗ nich errichteten, um Kanonen vom Ha⸗ fen herauf zu winden. Den ıten Oct. Montag. Noch im: mer gutes Wetter. Wir führen auch mit unſern Arbeiten fort, und halten uns dabei geduldig an Budding und geſalzen Fleiſch. Die Cameradjes wer⸗ den auch tapfer verfolgt, und mit wil— dem Spinat vermiſcht, mancher Kohl daraus gekocht. — Die Glaeis wer: den nach dem Regen ganz gruͤn, wie bei uns im Fruͤhling. Wir feuerten nach dem alten Wege, weil man glaub: te, daß der Feind daſelbſt arbeite. Un⸗ ſer Pulvervorrath ſoll in 9500 Ton⸗ nen beſteben. In letzter Capitulation vom Jahre 1736 erhielten die Feinde vom uͤbrig gebliebenen Pulver noch 00 Tonnen. Den zten Oct. Dienſtag. Starker Nordwind, reine aber kalte Luft. Ge⸗ ſtern Nachmittag zeigte ſich ein Schif mit einer Cartelflagge nahe vor dem Hafen, eine Maske, ohne Zweifel, um uns zu recognoſeiren. Wir feuerten darauf und ſo ging es fort. Parker präparirt ſich zum Wegſegeln. Ich ſchrieb nach Deutſchland. Parker hat neulich 17 Corſen nebſt einem jungen Mann, der ſich Paoli nennet, und ein Tagebuch während der Belagerung den. ar De un 18 Verwandter des berühmten Paoli ſeyn ſoll, mitgebracht. Sie ſind gls Vo⸗ lontairs engagirt, und werden das Blockhaus vertheidigen. Unter ihnen war auch ein Jude. — Da man zwei von unſern Deſerteurs verdaͤchtig haͤlt; fo follen fie nach Livorno geſchickt wer; Capitain Parkers letztere An⸗ kunft reitzte die Neugierde der Garni⸗ ſon, und die deute ſtanden dick auf dem Banquets. Dies veranlaßte die Or⸗ dre, daß in Zukunft ſich Niemand auf den Banquets ſeben laſſen foll, wenn ein Schif ankoͤmt, oder wenn wir feuern, oder bei jedem andern die Deus gier anziehenden Gegenſtande. Den zien Oct. Mittwochs. Regen. Herr Adam will mit der Hanna nach Livorno gehen, und uͤbernimt Commiſ⸗ fion, um friſche Proviſion auf einem Frachtſchiffe zu uͤberbringen. Zwei Minorkaner find von der Hanna de ſertirt. Da das 51. Regiment feine beſte Mondur zu Mahon verloren: ſo hat es dafuͤr von den Mariniers Jak⸗ kets erhalten. Aus den Regimentern ſind diejenigen gefordert, die Korn zu mahlen verſtehen. Dieſe haben die Aufſicht über die Mühlen die durch Pferde getrieben werden. — Auch hat man Talglichtgießer verlangt, um aus dem abgekochten Fett Lichter zu gießen, weil es an Lichtern fehlt. Den ten Oct. Donnerſtag. Die Feinde haben etliche Mauern aufgewor⸗ fen. Ein Umſtand, der unſere Auf⸗ merkſamkeit verdient. Solte dies nicht der Anfang der feindlichen Approchen ſeyn? Vorige Nacht hatten die Sein, de 729 de die Abſicht unſere Schiffe in der Stephanscove in Brand zu ſtecken. Zu dem Ende hatten ſie ſich mit einem Pechkaſten den Schiffen genaͤhert, und bereits einen Bohrer angeſetzet, um die Stricke des Pechkaſten daran zu befe⸗ ſtigen. Allein Capitain Elford, Com: mandeur des Fort Morlborough, that einen Ausfall und vereitelte ihr Unter⸗ nehmen. Der Pechkaſten war vier: eckigt. In demſelben befand ſich ein Beutel von verpichtemkinnen mit einer Menge Fäden und einer Compofition von Schwefel und Pulver. Dies ru⸗ hete auf einer age von Stroh. Un: ter dem ofnen Kaſten waren zwei Ton: nen, um ihn auf dem Waſſer ſchwim— mend zu erhalten. Eine feindliche Pa: trouille machte indeß eine falſche Atta— que gegen der Queen uͤber, um unſere Aufmerkſamkeit dahin zu ziehen, al⸗ lein wir kehrten uns nicht daran. Den zten Oct. Freitag. Schönes Wetter. Der Pechkaſten wurde heute verbrannt. Eins von unſern Schiffen wird zu Brennholz genutzt. Die an⸗ dern werden mit Sorgfalt bewacht. Die ſpaniſchen Kriegsgefangenen, im: gleichen 2 ſpaniſche Deſerteurs ſind ans Bord der Hanna gebracht, um nach Livorno geſandt zu werden. Den 6ten Oet. Sonnabend. Ein Fruͤhlingswetter wie im Monat Mai. — Favorabel fuͤr den Feind. — Aus den Commiſſionen, die man Herr Adams mit gegeben, laͤßt ſich ſchließen, wie ſehr Deutſche an Taback gewoͤhnt find, Die beiden hannoveriſchen Re⸗ gimenter haben ſich nemlich 3660 Pf. des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 7380 Rauch⸗ und 277 Pfund Schnupfta⸗ back verſchrieben. Wer ſolte glauben, daß auch der Schnupftaback fo ſehr eingefuͤhrt waͤre. — Allein, was lernt nicht der Landmann, wenn er Soldat wird, und die große Welt ſieht! — Der Gouverneur empfiehlet in der heu— te ausgegebenen Ordre den Ingenieurs, daß ſie auf die beſtmoͤglichſte Fortifi⸗ cation des zweiten bedeckten Weges und der von da in die Graben leitenz den Treppe bedacht ſeyn ſollen, weil dieſer Poſten bis aufs aͤußerſte verthei⸗ digt werden ſoll. Das Sammeln der wilden Cichorie und Spinats iſt den Leuten als ein Gegenmittel gegen den Scorbut empfohlen worden. — Die Feinde haben in der Gegend Antoni einen ſo genannten Baum oder Chai— ne gezogen, um bis dahin den Hafen zu ſperren. Den 7ten Oct. Sonntag. Wir ſa⸗ hen heute eine Menge Spanier : mit Pielhacken hinter der Mauer von Tur⸗ kiſh Mount beim Galgen gehen. Ein Beweiß, wie mich duͤnkt, daß die Spa: nier ſchon im Begrif find, Werke ge: gen uns anzulegen! Ob gleich der Sol— dat oft wenig zu beißen hat: ſo macht er ſich doch dies wenige zu Nutz, und fälle auf allerlei Einfälle es zu appre⸗ tiren. — So machen wir jetzt des aumelettes fans uf & fans lait, viel: leicht, etwa ſo wie jener Franzoſe, Li- monade fans ſucre & Jans citran. Un: fere Pfannenkuchen formiren fih aus Reis, Mehl, Butter und Rum. Eine Schaufel dient ſtatt der Pfanne. — General Draper redet ſehr oft, wenn 31 3 er 731 er durch die Souterrains geht, unſere gemeinen Leuten an, und muntert ſie dadurch ſehr auf. Den Sten Oct. Montag. Heiteres aber kaltes Wetter. Die auf der ſpa⸗ niſchen Priſe befindliche Waaren wer: den heute verkauft. Um zu verhüten, daß dieſelben in einer Auktion nicht enorm geſteigert werden: ſo ſind ſie vom Gouvernement zu gewiſſen Preis ſen angeſetzt. So gut die Abſicht des Gouverneurs hiebei war: ſo ging es doch auf der St. Philipps Meſſe ziem⸗ lich ſtuͤrmiſch her. Wer zuerſt kam, der mahlte erſt. Die Ingenieurs res cognoſcirten. Es ward indeß gefeuert. Den gten Det. Dienſtag. ging der Gouverneur Murray ſelbſt mit feinen Aides de Camp zum Recog⸗ noſciren nach Turkiſh Mount. Er wagte ſich dabei ungemein. Als ſeine Begleitung die Höhe des Berges er; reicht, ward auf ſie gefeuert. — Ein Detaſchement von Marlborough Fort kam dem Gouverneur zu Huͤlfe. Ca: pitain Dixon von der Artillerie, re⸗ eognoſcirte in einem Boot nach Tur⸗ kifb Mount, und fand 2 Batterien, eine von 5, die andere von 3 Embraſ— ſures, (Schieß ſcharteu,) die aber noch nicht mit Kanonen beſetzt waren. Sie ſind aber bloß in der Abſicht angelegt, um ankommenden Schiffen den Ein: gang in den Hafen zu wehren. Den roten Oct. Mittwochs. Der Gouverneur erfreuete die Officiere der Garniſon je 4 und 4 mit einer Tonne Butter. Dieſer Umſtand ſcheint an ſich ſehr geringfuͤhig. Aber in eine Blockade iſt ers wahrlich nicht. — Tagebuch während der Belagerung Heute — ? F U * 5 ; #4 712 aa In DEE Den zıten Det, Donnerſtag. Heute unternahm unfere Garniſon einen ſehr gluͤcklichen Coup auf Cap Mola. Es wurden 3 Piquette vom 51. 61. Re gimente und Prinz Eenſt dahin beor⸗ dert, um dieſen Berg, und das darauf befindliche Signalhaus und das ruſſi⸗ ſche Hoſpital unter Befehl des Herrn Majors von Hager einzunehmen. Ein Ruderboot, die Lemmon genannt, un⸗ terſtuͤtzte den Ausfall, und ſetzte ſich an die Erdzunge, wodurch das Cap mit dem Philipetsberge verbunden iſt, um mit Kanonenfeuer dem Feinde ſowohl die Retraite abzuſchneiden, als auch allen Succurs zu verhindern. In der Nacht 4 Uhr gingen die Truppen 300 Mann an der Zahl in Boͤten ab, und fingen die Attaque gleich nach 5 Uhr an. Sie zogen ſich zuerſt der Diſpo⸗ ſition des commandirenden Officiers zufolge an die aͤußerſte Seite des Ber⸗ ges nach der Erdzunge, und fanden ein Detaſchement Spanier, welche, weil keine Vorpoſten ausgeſtellt, oder ſelbi⸗ ge nicht allart waren, ſurprenirt wur⸗ den. Einige zwanzig entkamen noch, weil man ſte bei der Daͤmmerung fuͤr engliſche Matroſen hielt, die uͤbrigen ergaben ſich nach einem kurzen Gewehr⸗ feuer. Darauf zog ſich ein Theil unſerer Leute von Prinz Ernſt, wobei der Herr Hauptmann von der Wettern und der Herr Lieutenant von Scheele, den Berg binauf nach dem Signalthurme zu, der andere, meiſt Englaͤnder, nach dem ruſſiſchen Hoſpital. Das Signal⸗ baus diente dem Feinde zu einer klei⸗ nen Feſtung. Sie retirirten ſich auf 10 ſel⸗ TIER ſelbiges, zogen die beiter auf und tha⸗ ten einen harten Widerſtand. Das Piquet von Prinz Ernſt ging mit auf ſerordentlicher Bravour gerade auf den Thurm los, und es entſtand ein leb⸗ haftes Musqueteriefeuer, welches eine ziemliche Zeit von beiden Seiten dauer— te. Als der Gouverneur diefes vom Haupteaſtel ſahe, ſchien er etwas für unſere Leute in Beſorgniß zu ſeyn, or; derte deshalb, daß das Piquet von Goldacker von 58 Mann, Capitain von Loͤſere, Faͤhndrich von Cronhelm und Faͤhndrich Melchior ihnen zum Sue— curs eilen ſolle, wobei er auch nach Pe: tarden fragte, welche aber nicht vorrä: thig waren. Die Leute von Goldacker gingen mit außerordentlicher Begierde zu fechten nach Cap Mola ab, ja man: che waren mißvergnuͤgt, daß das Gluͤck nicht ſie getroffen hatte, mitzugehen. Unterdeſſen lief ein Theil unſerer Leute von Prinz Ernſt nebſt dem Herrn Lieu⸗ tenant von Scheele, ohne ſich an das Feuer der Spanier zu kehren, an den Fuß des Signalthurms, wobei 2 Mann von uns das Leben verloren. Einige Mineurs hatten den gluͤcklichen Ein⸗ fall, unten am Fuß des Thurms mit ihren Pielhacken zu arbeiten, und um den Schein anzunehmen, als wolten fie den Thurm ſprengen, zuͤndeten ſie etwas Pulver an. Als die Feinde den Rauch ſahen, glaubten ſie, ſie wuͤrden in die Luft fliegen, und ſteckten daher ein weißes Tuch zum Zeichen ihrer Ueber⸗ gabe aus. Voll Beben und Zittern Fa: men ſie darauf auf der Leiter vom Thurm herab, und fürchteten ein hartes Schick⸗ * des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 73³⁴ ſal, bis ſie von den Unſrigen beruhigt und ihnen Muth eingeſprochen wurde. Sie baten auch den commandirenden Officier, daß fie menſchlich behandelt werden moͤgten. Dieſer erwiederte, daß ſie nicht nur eine menſchenfreundliche Behandlung, ſondern auch eine ſolche, die Leuten, die ſich brav gehalten, ge buͤhre, erwarten dürfen. Nur wundere er ſich, daß fie ſich fo hartnäckig ge wehrt, da fie doch eine ihnen uͤberlege— ne Macht vor ſich geſehen. Die ſpani⸗ ſchen Officiere erwiederten, daß fie ge fürchtet, man würde ihnen keinen Par: don zugeſtehen, weil man fie nicht vor⸗ ber aufgefordert. Nothwendig muͤſſen ſie ſich alſo nicht die beſte Idee von un⸗ ſere Humanitaͤt, die wir in ihren Au⸗ gen Ketzer ſind, gemacht haben. Es iſt mithin ungemein erfreulich, daß wir Gelegenheit gehabt, ihnen Proben von unſerer Großmuth geben zu koͤnnen, und die ihnen durch den Aberglauben ihrer Prieſter beigebrachten Meinun⸗ gen zu widerlegen; weßhalb wir auch im aͤhnlichen Fall gegenſeitig von ihnen eine leutſeligere Behandlung der Kriegs: gefangnen erwarten duͤrfen, als fie bis⸗ her gezeigt. Auch unſere Gemeinen zeig⸗ ten beſondere Zuͤge der Großmuth. Als die Spanier ſie um Pardon baten, und dabei auf die Knie fielen, (zu wel⸗ chem letztern ein deutſcher Soldat ſich nicht erniedrigen wuͤrde,) auch unſeren Mousquetiers einige Schillinge anbo⸗ ten: ſo gaben ſie ſie großmuͤthig wie⸗ der zuruͤck, und verficherten, daß ſie es nicht verlangten, da ſie es wohl ſelbſt noͤthig hätten, für welches gute Betra⸗ gen 735 gen ibnen der Chef nachher eine Beloh⸗ nung gab. Der andere Theil der Trup⸗ pen, meiſt Engländer, nahm indeß ohne großen Widerſtand zu finden, das ruſ⸗ ſiſche Hoſpital ein, allwo ein Inge⸗ nieur Obriſtlieutenant angetroffen und zum Gefangenen gemacht ward. Dieſer aͤußerte, daß wir ohne vor erhaltene Kundſchaft dieſen Coup wohl nicht aus; gefuͤhrt haͤtten, da es gerade die erſte Nacht geweſen, in welcher er zur Ar: beit heruͤber geſchickt ſey. Indeſſen ir⸗ ret er ſich, denn es fehlt uns gaͤnzlich an Nachrichten und Kundſchaften. Die Mineurs und Arbeiter mußten ſofort in moͤglichſter Eile ſich daran machen, den Signalthurm und das ruſſiſche Hoſpital niederzureißen. Das Piquet von Goldacker hatte ſich deshalb nach der Seite der Erdzunge gezogen, um ſelbige zu decken, und allen Suecurs zu kindern. Die demmon that durch das Abfeuern ihrer Carronades außeror⸗ dentlichen Effekt, und ſchreckte beſon⸗ ders ein Detaſchement Grenadiers, wel— ches unfern der Erdzunge ſtand, ab, den ihrigen beizuſtehen, woruͤber der Herzog von Crillon ſeinen Unwillen und Eifer geaͤußert hat. Als indeß der Gou— verneur ſahe, daß eine große Menge ſpaniſcher Truppen von der Hoͤhe von St. Antoni im Anmarſch war und zu Hülfe eilte: ſo gab er Ordre, daß un⸗ ſere Mineurs, die den Signalthurm über die Hälfte vom ruſſiſchen Hoſpi⸗ tal aber nur erſt ſehr wenig abgebrochen hatten, — die Arbeit liegen laſſen und Tagebuch wahrend der Belagerung e. 736 zuruͤckkehren ſolten. Eins unſerer Pi⸗ quette ſtand ſo lange unfern der Erd⸗ zunge, bis alles heruͤber war, ſo dann kam es auch zuruͤck. Auf dieſer Retrai⸗ te waren unſere Boͤte nebſt der Sem: mon noch einiger Gefahr ausgeſetzt. Denn die Feinde hatten bei Georgetown ein Paar Kanonen gepflanzt, womit ſie den Hafen beſtrichen, ja an den Fuß des Caps ſtreiften. Indeß hatte doch kein einziger Schuß Effeet, und unſer ganzer Verluſt beſtand in 4 Mann, nem; lich 2 von Prinz Ernſt, die getoͤdtet, und 2 von den Englaͤndern, die an ih⸗ ren Wunden nachher verſtorben: Die Anzahl der Kriegsgefangenen beſteht in 1 Obriſtlieutenant, 3Capitain, 7 Sub: alternen, 9 Unterofficieren und 72 Gemeinen. Die Officiere wurden vom Gouverneur aufs freundlichſte empfan⸗ gen, zum Breakfaſt eingeladen, ihnen ihre Degen wieder zuruͤck gegeben, und nach gegebener Parole d' Honneur, ſo⸗ gleich losgelaſſen und dem Herzog von Crillon wieder zugeſchickt. Ja der Gouverneur machte demjenigen unter ihnen, deſſen Degen verloren gegan⸗ gen, mit feinem eigenen ein Gefchenf, Die Gemeinen blieben zwar in der Ge fangenfchaft, erhalten aber eine gute Bekoͤſtigung. Capitain Don brachte die ſpaniſchen Offteiere nach Mahon. Ran ſagt, daß fie bei Erblickung un: ſerer Souterrains und der Höhe un⸗ ſerer Graben ſich einander mit vieler Verwunderung angeſehen und geſtau⸗ net haben. > . 8 Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. “088 e a Hannoberiſches Magazin. 738 47tes Stüd, Freitag, den 13ten Junius 1783. Fortſetzung des Tagebuchs waͤhrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. Di Nachricht von dieſem glück e lichen Coup auf Cap Mola hat die Spanier in die aͤußerſte Beſtuͤrzung geſetzt. Sie haben vor: her immer ſich einen gar ſchlech—⸗ ten Begrif von der Staͤrke unſerer Garniſon gemacht, und nicht geglaubt, daß wir einen ſolchen Coup auszufuͤh— ren vermoͤgend ſeyn. Dies iſt (haben ſie geſagt,) wahrlich ein boͤſer Anfang und ein uͤbles Omen für unſere Un⸗ ternebmungen. Man hat ſich einan— der ins Ohr geflaͤſtert. Eine allge⸗ meine Stille iſt entſtanden, und Miß⸗ vergnuͤgen hat ſich auf allen Geſichtern gezeigt. — Indeß bleibt es immer wahr: Unſere Garniſon iſt aͤußerſt ſchwach. Die engliſchen Regimenter befieben meiſt aus alten Männerchen, die man uns für junge Leute, die ab: gegeben find, zugeſchickt. Unſere Han: noveraner werden auch nach einem Zeit: raum von mehr als 6 Jahren nicht jünger, — Die Hitze des Klima, und andere Urſachen haben manchen ſehr angegriffen, und viele werden alt und unbrauchbar. — Was koͤnnen auch das beſte thun. 120 bis 150 Artilleriſten in einer ſo großen Feſtung ausrichten? Es iſt ein großes Gluͤck, daß wir durch Mari— niers unſere Garniſon vermehrt haben. Bei den Kanonen werden die Matroſen Diefen Abend wur⸗ den unſere beiden getoͤdteten Mous⸗ quetiers mit militairiſchen Ehrenbe⸗ zeigungen begraben, und von den Of— ficieren des Regiments zu Grabe be⸗ gleitet. Den raten Oct. Freitag. Unter den ſpaniſchen Kriegsgefangenen ſind auch einige vom irrlaͤndiſchen Regimente. Sie haben auf ihren Muͤtzen eine Harfe geſtickt, nebſt den Worten: Exivic ſo- nus eorum in omnem terram. Den 1ziten Oet. Sonnabend. Heute war groß Galla. In einer Blockade groß Galla? das iſt ſonderbar! und doch iſt die Sache richtig. Der Mar: quis von Crillon, ein Sohn des Her- zogs, und Obriſter vom franzoͤſiſchen Regiment Aquitaine, machte uns eine Viſtte. Er wurde mit den groͤßten Ehrenbezeigungen empfangen. Man fuͤhrte ihn durch die Sortie bei der Aag Queens — 739 lo ins Hauptcaſtel. Queens Redoute herein. Und nun brachte man ihn in die Souterrains von der Queen, von da durch die Com⸗ munication nach der Kane, in welchen beiden Werken unſere Leute lagen, die, um ihn zwei mal zu fehen, die Liſt ge⸗ brauchten, ſich durch einen Umweg wieder dahin zu poſtiren, wo er noch nicht paſſirt war, welcher Einfall ſo uͤbel nicht war. Wenigſtens fiel es nicht ſo ſehr in die Augen, daß unſere Garniſon fo ſehr ſchwach iſt. Unſere Leute zeigten ſich in verſchiedenen At: tituden. Ein Queerpfeifer unter an: dern ſaß auf einer Kanone und ſpielte auf feiner Geige einen franzoͤſiſchen Marſch. Die Kanonen in den Souter⸗ rains um die Grabens zu beſtreichen, erregten des Marquis Verwunde⸗ rung. Von der Kane ging der Mar: quis durch die Communication nach dem Salliant Angle des Nordweſt⸗ sutward Ravelin, durch die Quartiere unſerer und der engliſchen Regimenter bis zur Weſteountergard. Hier kam er in die ſpaniſchen Caſematten und Auf dem Caſtel Square ſtand die Hauptwache en Pa⸗ rade, die ihn ſalutirte. Auch paradir⸗ ten die Ordonnanz Unteroffieiere vor dem Hauptquartiere und die Hautboi⸗ ſten machten Muſik. Die commandi- renden Officiere waren auf des Gou⸗ verneurs Zimmer verſammelt, wo der- ſelbe den Marquis empfing, und ihn zum breakfaft bat. Dieſer uͤberbrachte ein Schreiben von ſeinem Herrn Va⸗ ter, welches Gouverneur Murray den folgenden Tag zu beantworten ver⸗ Tagebuch während der Belagerung 475 740 ſprach. Er aͤußerte ſich dahin, daß die erwarteten franzoͤſtſchen Regimen ter noch nicht angekommen waͤren. Der Marquis empfahl ſich kurz dar⸗ auf, und ſchlug ein Diner ab. Die beiden Gouverneurs, der General, die Obriſten, — begleiteten ihn theils uͤber, theils unter der Erde weg, bis nach der Sortie. Die Herren Spa⸗ nier machten ſich dieſe Zeit auf eine ſehr treuloſe Art zu Nutze, und ließen ihre Poſten und Abloͤſungen anruͤcken. Wir zeigten aber doch Großmuth. — Indeß wurde nachher, als ſie ſich im Grunde hinter dem Philipetberge zu⸗ ſammen gezogen, einige Bomben da⸗ hin geworfen. — Abends 9 Uhr hoͤr⸗ ten wir ein ſtarkes Mousquetenſeuer, imgleichen ein Paar Kanonenſchuͤſſe auf dem Philipetberge. Vermuthlich find fie durch ein Verſehen, daß fie ihre eigene Leute fuͤr Feinde gehalten, allarmirt worden, und haben auf ein⸗ ander ſelbſt geſchoſſen. Denn man hat die Worte gehoͤrt: O mon Dio Eſpagnols. — Unſer letzter Ausfall hat ſie ſehr in Furcht geſetzt. Sie ha⸗ ben ihre Wachen verdoppelt, und eini⸗ ge Retranchements hinter den Mau⸗ ern gemacht. Schade, daß die Inſel fo ſehr durch Mauern coupirt iſt, die ihnen zur Traverſe und Bruſtwehr die⸗ nen. Sonſt wuͤrden wir vielleicht mit einigem Vortheil zu Zeiten kleine Aus⸗ fälle thun, ſeitdem wir uns ihnen fo refpecrabel gemacht. — Allein, die Schwaͤche unſerer Garniſon erlaubt uns ſolches nicht. Die Spanier feuer⸗ ten auf eine Leichenproceſſion, die außer N den \ doute. den Palliſaden bei den Barancos war. — Kuͤnftig ſollen alle Todte im Fort begraben werden. — f Den 14ten Oct. Sonntag. Nach oͤſters wiederholten Vorſtellungen, Eon: te endlich, nach verminderter Arbeit unſere Bitte gewaͤhrt werden, und wir erhielten Erlaubniß zur Haltung des Gottesdienſtes auf der Queens Re⸗ Waͤhrend des Gottesdienſtes kam Sir William. Er ging auf die Batterie, hieß den Poſten hin zum Gottes dienſte treten, und ſagte, er wolle indeß ſchon ſelbſt Acht geben. Den Artilleriſten befahl er zum Werfen der Bomben alles fertig zu machen, je⸗ doch damit (denn die Sache war nicht eilig,) bis zu Ende des Gottesdienſtes zu warten. Man hatte nemlich in der Calle Font ein großes Schif liegen ſe⸗ hen. Nach Endigung des Gottesdien⸗ ſtes wurden alſo Bomben dahin ge ſchickt. Die dreizehnte Bombe war ſo gluͤcklich gerichtet, daß das Schif getroffen war. Denn wir ſahen die vorher hervorragenden Maſten nicht mehr. Sir William urtheilte, daß dies ein großer Verluſt fuͤr die Feinde ſeyn muͤſſe. Um uns recht zu uͤber⸗ zeugen, machte ſich der Adjudant von der Marine auf, und ſchwamm nach der Calle hin, um ſelbige zu recognos ſeiren, brachte auch die angenehme Nachricht zuruͤck, daß es ein Schif von anfehnlicher Groͤße, vermuthlich die Royal Hibernia von Mahon mit Ammunition beladen, und nach der Calle herabgefuͤhrt waͤre, und daß es geſunken ſey. Sir William machte 5 des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 742 ihm dafuͤr einen Degen zum Geſchenk. — Heute erhielten wir zum erſten mal ſriſches Rindfleiſch, denn es wurde der erſte Ochſe von unſerm ins Fort mit gebrachten Vieh geſchlachtet. Jeder Officier erhielt 2 Pfund. Hiemit ſoll alle Sonntage fortgefahren werden. Wir werden alſo eine gute Bouillon und einen Braten eſſen koͤnnen. Wir baben etwa 150 Stuͤck Hornvieh. Den T5ten Oct. Montag. Schönes Wetter. Die ſpaniſchen Schiffe kreuz⸗ zen noch von Zeit zu Zeit vor dem Ha⸗ fen. General Murray ſchickte heute eine Antwort an den Herzog vonCrillon. Ordre die Artillerie ſoll nicht oh⸗ ne Befehl feuern: Es wurde Rum ſtatt Wein ausgegeben. Traurig iſts, daß jetzt der Wein zu Ende geht, da der Rum lange nicht fo vortheilhaft für die Geſundheit der Garniſon als der Wein iſt. Jener befördert den Seor⸗ but, wenn er eingeriſſen; dieſer aber ſoll, weil er aus dem vegetabiliſchen Reiche ſeinen Urſprung hat, ein Mit⸗ tel gegen den Scorbut ſeyn. — Im Rum aber 'iſt alles vegetabiliſche des Zuckerrohrs durch die Diſtillation ver⸗ zehrt. 8 Den 16ten Oct. Dienſtag. Schönes Wetter. Da die Feinde binter Tur⸗ kiſh Mount eine Batterie von 8 Ka⸗ nonen angelegt, um unſeren Schiffen, die wir von Livorno erwarten, deu Eingang zu wehren: ſo iſt alle unſere Aufmerkſamkeit darauf gerichtet, dies Project zu zernichten. Es ſind daher auf Charles Fort 9 Cochons gepflanzt, welche dem Feinde einheitzen ſolleu, Aga 2 wenn 5 wenn Parker komt. Die Feinde ſind ſeit dem Ausfalle aͤußerſt auf ihrer Hut. Wir hoͤren ſehr oft auf Cap Mola rufen: Sentinelle Alarto. Der Herzog von Crillon hat heute dem Gouverneur eine ganz unerhoͤrte Pro; poſition gethan, da er ihn zur Beſte⸗ chung zu reitzen ſich erdreiſtet. Es iſt unbegreiflich, einem Manne als Mur⸗ ray iſt, einen ſolchen Antrag zu thun, deſſen uneigennuͤtziger und fuͤr ſeinen Koͤnig eifernder Charakter der Welt bekant iſt. Der Gouverneur gab ihm darauf eine fuͤrtrefliche Antwort, wor⸗ in unter andern folgende Ausdruͤcke: „Sie werden ſich erinnern, was einer „ihrer alten Vorfahren Heinrich dem „UL zur Antwort gab, als dieſer von „ihm verlangte den Herzog von Gniſe „zu ermorden. — Dieſe Antwort ſolte „die ihrige geweſen ſeyn. Ich habe „fernerhin mit ihnen nichts mehr zu „thun, außer mit den Waffen zu fech⸗ „ten, die mir mein König gegeben „bat., — Die deshalb in der Gar; niſon publicirte Ordre will ich hieher ſetzen. Sie mag ein Beweiß von der feurigen und beredten Schreibart des Gouverneurs ſeyn. Der Herr Generallieutenant Mur⸗ ray haͤlt es fuͤr ſeine Pflicht, die Gar⸗ nifon zu benachrichtigen, wie der Ge⸗ neral der feindlichen Truppen die Nie⸗ dertraͤchtigkeit geaͤußert, und es gewagt hat zu verſuchen, ihn durch eine große Summe, von nicht weniger als einer Million Dollars zu beſtechen, und ihn dadurch zur Verraͤtherei zu bewegen. Der Gouverneur lebt der Zuverſicht, 1 Tagebuch waͤhrend der Belagerung = daß eine folche dem Eommandeur en Chef des Königs zugefuͤgte Beleidi⸗ gung von jedem Soldaten und See⸗ mann in der Garniſon mit Unwillen werde empfunden werden. Es iſt ein Beweiß, daß die Feinde ſich ihrer ei⸗ genen Schwaͤche, ſo wohl in Anſehung der Bravour, als auch ihrer militai⸗ riſchen Geſchicklichkeit bewußt ſind. Die Empfindung von Ehre, welche in jedes Soldaten Bruſt gluͤhen ſolte, findet gewiß unter ſchlechten Leuten nicht ſtatt, die von ſolchen niedertraͤchtigen und elenden Mitteln Gebrauch zu ma⸗ chen ſuchen. 2 2 Der Gouverneur beſchwerte ſich auch in ſeiner Antwort an den Herzog von Crillon, daß ſeine Vorpoſten einen eng⸗ liſchen Tambour, der mit der Flagg of Truce heraus geſchickt war, durch 20 Kobb zur Deſertion haben bewegen wollen. | Den 17ten Oct. Mittwochs. Da der Gouverneur in ſeiner Antwort au den Herzog von Crillon geaͤußert, daß, wenn er noch einige Empfindungen der Humanitaͤt haͤtte, er den fpanifihen Kriegsgefangenen ihr Linnen und Klei⸗ dungen ſchicken mögtes fo brachte hen⸗ te ein ſpaniſcher Offteier mit einer Flagg of Truce ſolches her. Ein ſpaniſches Boot hat ſich dieſe Nacht von Mahon nach Philipetscove hinein geſchlichen. Schönes Wetter. Den 18ten Det. Donnerſtag. Bei dem beſtaͤndigen geſalzenen Fleiſch und trocknen Hülfenfrüchten, hat mich die Begierde Gartengewaͤchſe zu eſſen, ge. trieben, einen Garten anzulegen, der Werner 744 Fa 745 des Forts St. Philipp auf der Infel Minorka. 746 für heſtigen Nordwinde im Winter geſchuͤtzt iſt. Waͤhrend der Belage⸗ rung wird dies ein gutes Amuͤſement ſeyn. — Die Spanier haben dieſe Nacht den Galgen nebſt dem Erhenk: ten abgenommen. Wir warfen einige Bomben. Den 19ten Oct. Freitag. Ein grof: fer Dampf hinter dem zweiten Phili: petsberge, gab heute zu verſchiedenen Vermuthungen Anlaß. Einige glau⸗ ben, daß daſelbſt Buſchwerk abge— brannt ſey, damit die Feinde ein Cam pement formiren koͤnnen. Den zofen Oct. Sonnabend. Kalt aber heiter. In der Nacht deſertirte ein Engländer vom 61ſten Regimente, daher Parole und Counterſign veraͤn⸗ dert wurde. Den zıten Ort. Sonntag. Heute ceſſirte alle Arbeit, und die Englaͤnder hielten auch ihren Gottesdienſt auf dem Caſtle Square, welches eine feierliche Verſammlung war. Den z2ten Oct. Montag. Heute feuerten einige Spanier auf die Arbei⸗ ter, die das Schif Chance abzubrechen befchäftigt waren, um ſolches zu Brenn⸗ bolz zu gebrauchen. Ich war eben in meinem Garten, als einige Kugeln uͤber meinem Kopfe wegflogen, ohne Gottlob Schaden zu thun. Den 23 ten Oct. Dienſtag. Dieſen Morgen bei Tages Anbruch, ruͤckte ein Piquet von 100 Mann, von zıfen Regiment, nebſt einigen Arbeitern nach der alten Mine gegen der Queen uͤber. Sie riſſen ein ſteinernes Schilderhaus, er daſelbſt ſtand, ab, jagten das 1 U ſpaniſche Detaſchement zuruͤck, und fanden, daß die Feinde hinter der An⸗ höhe noch keine Batterie angelegt ba: ben. Von Georgetown ruͤckten gleich mehrere fpanifche Truppen zum Suc⸗ curs an. Die Unfrigen kehrten aber, nachdem fie ihre Abſicht erreicht, wie der zuruͤck, und verloren nicht einen einzigen Mann. Jetzt erwacht der Eifer der Gaͤrtnerkunſt in der ganzen Garniſon, da die Abſichten unſerer Feinde nur allzuſehr einer langwieri— gen Blockade aͤhnlich ſehen. Endlich werden noch alle Graben und Glacis in Gaͤrten verwandelt. Ein gutes Mittel gegen den Scorbut. Den 24ten Oct. Mittwochs. Wir kommen jetzt auf die Moden alter Zei—⸗ ten zuruck. Aus Mangel an Kleidungs⸗ ſtuͤcken, welche verſchiedene bei der Re⸗ traite verloren, tragen einige Weſten und Beinkleider von beliebiger Far: be. Andere binden ihre Schuhe mit Riemen zu. Bald wird es ſo weit kommen, daß wir uns von den uͤber die Munition auf den Batterien aus⸗ gebreiteten Haͤuten Socken nach Art der alten Römer verfertigen muͤſſen. Den 25ten Het, Donnerſtag. Eine Patrouille von 2 Unterofficieren, brach: te dieſe Nacht die Nachricht ein, daß die Spanier zu Stanhopestower arbeiteten. Es wurden alſo ſo⸗ fort Bomben dahin geworfen. — Heute haben wir Regen erhalten, wor⸗ nach uuſere Gärten gelechzet haben. An dieſem Tage ſollen die vier franzoͤ⸗ ſiſchen Regimenter angekommen und debarquirt ſeyn. Sie haben ihr Lager bei Aaa 3 747 bei Fornellis, woſelbſt ſie alles ſehr theuer haben kaufen muͤſſen, bis ihre Magazine angekommen ſind. Den 2ö6ten Oct. Freitag. Wir fa: hen uns ſehr nach Parker um. Der Nordwind iſt ihm guͤnſtig. — Das wolkichte Wetter dauert font. Den 27 ten Oct. Sonnabend. Star⸗ kes Regenwetter. Die Spanier hal⸗ ten ſich in ihren Löchern. — Eine fol: che Zeit ſoll für den, der einen Sturm wagen will, günftig ſeyn. Ich denke, die Spanier werden ſich dazu nicht er⸗ dreiſten, bevor ſie nicht unſere Werke demontirt haben. Den 28ten Oct. Sonntag. Heute hielten wir Gottesdienſt auf dem Block⸗ hauſe der Corſen, aus Furcht für Re⸗ gen. Die Englaͤnder im Haupteaſtel. Den ꝛ29ten Det, Montag. Das Wetter klaͤrte ſich gegen Mittag auf. Wir leben ganz vergnuͤgt, und erwar⸗ ten geruhig, was der Feind vornehmen will, und der Himmel uͤber uns be⸗ ſchloſſen hat. Zwei Minorkaner, Herr Gega und Herr Serra ſind gefangen geſetzt, weil man ſie in Verdacht hat, daß ſie deſertiren wollen. Der erſtere iſt ein geſchickter Zimmermeiſter, und hat den Ingenieurs, wegen ſeiner Kenntniſſe im Fort zu außerordentli⸗ cher Aſſiſtance gedient. Es erforderte alſo die Staatsklugheit, einen ſolchen Mann nicht zu dem Feinde gehen zu laf m Die Medici der Garniſon, har en die Logis der gefangenen Spanier auf Ordre des Gouverneurs unterſucht; auf ihr Gutfinden hat man ihnen groͤſ⸗ ſere und geraͤumigere Souterrains be⸗ — Tagebuch waͤhrend der Belagerung } 748 willigt. Die Spanier ſollen nicht mit ſo vieler Menſchenfreundlichkeit mit unſern Gefangenen umgehen. Man ſagt, daß fie mit einem Strick an ein: ander gebunden, aufs Schif gebracht find. Den ziten Oct. Mittwochs. Uner⸗ achtet des Regens, bleibt doch immer noch ein Stuͤndchen zum Spatzieren⸗ gehen frei. Dieſes geſchiehet insgemein oben auf dem Caſtleſquare. — Die Steinmoͤrſer ſind bei dem Regen gut ge⸗ blieben, welches um fo viel mehr zu bewundern, da die mit Steinen ange⸗ fuͤllte Tonne, die uͤber der mit einem Brett verkuͤtteten Pulverkammer ſteht, ganz mit Waſſer umgeben war. — Unſere armen Frauen in der Garniſon, welche guter Hofnung ſind, finden kaum ein Plaͤtzchen zu ihrer Niederkunft! Wehe den Schwangern und Saͤugen⸗ den, moͤgte man hier auch ſagen, — zu dieſer Zeit! Dieſe Nacht deſertirte ein Engländer vom zılen Regimente. Den ıfen Nov. Donnerſtag. Dies ſen Mittag als wir eben am Tiſche ſaſſen, (unſere Speiſezimmer ſind die Souterrains in der Kane, ) hörten wir einige Kanonenſchuͤſſe. Gleich darauf brachte man uns die Nachricht, daß ein Schif vor dem Hafen ſey, auf wel⸗ ches die Feinde von Turkiſh Mount feuerten. Wir verließen ſofort unſern Tiſch, und ſahen mit Vergnuͤgen, daß ein zweimaſtiches Schif bereits in den Hafen lief. Unſern Coehons und Moͤrſer waren ſo gut gerichtet, daß die feindliche Batterie bald ſtille ſchwieg. Wir glaubten zuerſt, es waͤre das Schif 749 des Forts St. Philipp Schif St. Philipps Caſtle. — Allein wir hoͤrten, daß es ein portugieſiſches Schif ſey, das fuͤr die ſpaniſchen Trup⸗ pen mit Gerſte beladen, und weil es leck worden, zu dem erſten Hafen, alſo zu uns feine Zuflucht nahm. Die ta: dung mußte in aller Eile heraus ge— bracht werden, womit unſere Matro; ſen die ganze Nacht beſchaͤftigt ſind. — Dieſer Streich mogte den Spaniern ſehr empfindlich ſeyn. Sie ſuchten ſich zu raͤchen, und weil ſie an unſern geſunden Schiffen nichts zu thun ver⸗ mogten: fo übten fie ihre uͤble Laune an den von uns verſenkten Schiffen aus; und ſteckten einen davon aus dem Waſſer hervorragen Maſt an. gleich machten fie ein kleines Mousque⸗ tenfeuer, worauf unſere Auſſenpoſten etliche mal antworteten; welche Ant: wort auch noch von ein Paar Kano⸗ nenſchuͤſſen begleitet ward. Die Feinde wurden augenblicklich ſtumm. Das Feuer ſieht ganz artig aus. Es iſt Morgen aller Seelen Feſt. Vielleicht machen die Feinde darauf eine Anſpie⸗ lung. ü Den „ten Nov. Freitag. Der ganze Tag wurde mit Ausladung des por: tugieſiſchen Schfs zugebracht. Das Wetter war dazu guͤnſtig. Den zien Nov. Sonnabend. Die ſen Morgen entdeckten wir, daß die Feinde den Baum, wodurch ſie bei Bloody Island den Hafen eingeſchloſ— ſen, nun bis die Georgetowner Cove vorgeruͤckt haben. x Den 4ten Nov. Sonntag. Gottes: dienſt auf der Queens Redoute bei hei⸗ Zu⸗ auf der Inſel Minorka. 7350 term Wetter. Fruͤhe entdeckten wir eine feindliche Batterie an dem ſchrof— fen Felſen des Philipetberges dichte an der See gelegen, welche die Feinde er⸗ richtet, um den Hafen zu beſtreichen, und ankommende Schiffe abzuhalten. Sie gab ſich zu erkennen, indem ſie nach einem Boot ſchoß, in welchem einige Ingenieurs ausfuhren um ſich mit Fiſchen zu amuͤſtren. Dieſe kehr⸗ ten geſchwinde zuruͤck. Wir feuerten zwar nach dieſer Batterie, allein ſie iſt ſchwer zu faſſen, weil ſie hinter dem Felſen gedeckt iſt. Eine Bombe ſchien aber doch einiges Unheil anzurichten. Heute haben die Spanier einen Galle: tag. Sie feiern das Andenken des Caroli Borromaͤi, eines ihrer beruͤhm— teſten Heiligen, welcher zugleich ein Namensverwandter des Koͤnigs in Spanien iſt. Wir hoͤrten Morgens, Mittags und Abends eine große Sal— ve mit Kanonen, von den ſpaniſchen Schiffen ꝛc. Auch ließen ſich die Glok⸗ ken und Trommeln in Mahon hoͤren. Gegen 2 Uhr zeigte ſich eine Flotille von 14 Schiffen, mit 2 Fregatten be⸗ deckt. Sie ſcheinen nach der Levante oder der Barbarei zu ſegeln. In der Nacht brachten die Feinde von Be; orgetown nach Stanhopestower etliche Kanonen. — Wir feuerten daher ſehr ſtark dahin. Man will das Geſchrei der Verwundeten gehoͤret ha⸗ ben. Indeß muͤſſen die Feinde doch wohl ihren Zweck erreicht haben. Den sten Nov. Montag. Diefen Morgen kam Capitain Butler und tieutenant Schmidt von Barcelona 751 an, nachdem fie gegen fpanifche Offi⸗ ciere ausgewechſelt waren. Sie er: zaͤhlten, daß die Spanier mit dem Herzog von Crillon nicht zufrieden waͤ⸗ ren, weil er alles was franzoͤſiſch heißt, vorzoͤge, franzoͤſiſch rede und ſchreibe, franzoͤſiſche Aide de Camps habe ꝛc. daß ſie einen Pare von ſchwerer Artillerie geſehen, daß die Minorkaner den Hul⸗ digungseid geleiſtet, daß fie die engli— ſchen Effeeten herausgeben muͤſſen, daß vier der reichſten Juden gefaͤnglich ein⸗ gezogen worden, und ſelbige 50,000 Dollar erlegen follen. Die beiden Her: ren haben am Carls Tage beim Her⸗ zog von Crillon geſpeiſet. Derſelbe hat ſich geaͤußert, daß ſeine Abſicht ge⸗ weſen, an dieſem Tage ſeine Batterien zu oͤfnen, da aber erſt 15 von 25 fer⸗ tig waͤren: ſo wolle er noch warten. Auch geht das Geruͤcht, daß die Spa⸗ nier 40 Mineurs mitgebracht haͤtten, um Contreminen zu machen. Unſer alter Ingenieurobriſter Bruce behaup⸗ tet, daß bei dieſem hieſigen Felſen fol: ches unmoͤglich, weil der Feind ohne⸗ bin nicht arbeiten kan, ohne daß wirs hören. Zudem iſt von den Barancos nach Carolina eine Diſtanz von 200 Pards. — Sir William verſicherte ge: genſeits dem Marquis von Crillon bei ſeiner Viſite, daß 200 Minen den Hrn. Spaniern zu Dienſte ſtuͤnden. Fruͤh⸗ lings Tag! Den sten Nov. Dienſtag. Heute wurden einige Bomben bis vor Ben⸗ ſaide geworfen, wozu jede durch 6 Pf. Pulver genoͤthigt war. Eine Bombe von 13 Zoll zu treiben, koſtet 1 Gui⸗ ne, — welches man aber nur ſelten thut, weil man fuͤrchten muß, daß ſie davon Schaden nehmen. Die engli⸗ ſchen Artilleriſten werfen alle ihre Bom⸗ ben in 45, meſſen aber das Pulver nach der Diſtanz. Bei uns ſoll es um⸗ gekehrt ſeyn, man nimt nemlich einer⸗ lei Maaß bei demſelben Caliber; ver⸗ aͤndert aber die Elevation. Abends 9 Uhr, wurden nach allen Seiten Bom⸗ ben und Kugeln gefeuert, weil man glaubte, daß der Feind emſig arbeite. Denn bei Tage ſahen wir verſchiedene Karren auf der Hoͤhe von St. Antoni fahren. | 55 Den 7ten Nov. Mittwochs. Heute zeigen die Feinde eben die Geſchaͤſtig⸗ keit. Wir ſehen, daß Pferde und Kar⸗ ren uͤber Antoni kommen: Die Fran⸗ zoſen haben nunmehr ihr Lager bei Fornellis verlaſſen, und es bei St. Ans toni aufgeſchlagen. Ein Regiment ſcheint im Lager zu mandvriren. Bei Turkiſh Mount iſt eine Mauer aufge⸗ führe, hinter welcher wahrſcheinlich eine Batterie errichtet wird. Auch will man hinter dem ruſſtſchen Hoſpital Ar⸗ beiter entdeckt haben. Daher ſind heute Bomben und Kugeln dahin gerichtet geweſen. Dieſe Nacht deſertirte vom 5itken Regiment ein engliſcher Mus: quetier. | — Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. 8 — EEE DEE a EEE TE in Tagebuch wahrend der Belagerung ic. en. 752 . I e Hannoberiſces Mogazi 754 48tes Stud, Montag, den 1645 Junius 1783. Fortſetzung des Tagebuchs während der Belagerung des Forts 5 St. Philipp auf der Juſel Minorka. en Sten Nov. Donnerſtag. Ge $ ſtern ward Erlaubniß ertheilt, daß ein Offieier nebſt 6 Koͤ⸗ chen aufs Glacis hinausgehen und Kraͤuter ſuchen ſolten, um dem Scor— but vorzubeugen. Bei uns trift es im eigentlichen Verſtande ein: Du ſolt das Kraut auf dem Felde eſſen. Denn was uns einigermaaßen ſchmeckt und geſund iſt, wird gegeſſen. Den gten Nov. Freitag. Das Kraͤu⸗ terſuchen wird fortgeſetzt; allein es wagten ſich dabei einige wider die Ordre zu weit. Den roten Nov. Sonnabend. Eine Parthie Spanier hatten ſich dieſen Morgen, aus verſchiedenen verſteckten Oertern und Höhlen, unfern dem Öfa: eis gemacht, und feuerten auf unſere Kraͤuterſammler. Die Folge davon war, daß das Kraͤuterſuchen verboten ward. a Den kiten Nov. Sonntag. Die fen Morgen früh zeigte ſich die laͤngſt erwuͤnſchte Philippscaſtle vor dem Ha⸗ fen. So bald ſie von der ſpaniſchen Batterie auf Turkiſh Mount getroffen werden konte: fo feuerte dleſelbe auf ſie, allein ſie erhielt eine ſtarke Antwort aus dem Fort. Sechszehn Coehorns lagen allein auf Charles Fort bereit und donnerten auf die Spanier. Wir ſchickten darauf 3 Boͤte unſerm Schiffe zu Huͤlfe. Die Spanier feuerten auf ſelbige von Philipets Mount. Wir ſuchten auch dieſe ſtumm zu machen, und ſo entſtand um ein einziges Schif ein großes Feuer, welches ſich praͤchtig ausnahm. Die arme Philippscaſtle hatte nun noch ein neues Feuer auszu⸗ ſtehen, welches von einer ſpaniſchen Batterie bei Georgetown gemacht war. Dem unerachtet kehrten unſere Boͤte gluͤcklich zuruͤck und brachten Colonel Pringle und 2 andere engliſche Offi— ciere nebſt dem Mate, die Philippscaſt⸗ le folgte. Es ſahe ſehr artig aus, wie das kleine Ding ſich durch Abfeurung ſeiner Kanonen in Dampf verhuͤllte, und dadurch ſich dem Anblick ſeiner Feinde entzog. Es kam alſo gluͤcklich ein. Die Feinde verſuchten jetzt es durch ihre Bomben zu ſenken, ihr Bombardement dauerte ſieben Tage bb bis 755 bis folgenden Sonnabend. Die Aus⸗ ladung ward dadurch etwas gefaͤhrlich. Indeß bat doch keine Bombe dem Schiffe Schaden thun koͤnnen. — So boͤſe dieſelben ſind, ſo kan man doch meiſt ihrer Wuth entgehen, wenn man nur aufmerkſam iſt, und vor ihnen die gehoͤrige Verbeugung macht. Den 120 Nov. Montag. Die Feinde erneuern ihr Bombardement obne Effect. Jedoch wurde der Lem⸗ mon ein kleines Ruderboot dadurch geſenkt. Die auf dem Schif mitge⸗ brachten Sachen find uns ſehr ange nehm, aber ſehr theuer. Ein Pfund Taback wird zu 6 Schillinge verkauft, Seife, das Pfund 1 Rthlr. Die groͤß⸗ te Ladung iſt Oel und Lichter, welche der Garniſon fehlten. Auch find 62 Corſen mitgekommen, die Dienſte neh⸗ men wollen. Wir feuern alle Stun⸗ den des Nachts. : Den zzten Nov. Dienſtag. Die Feinde arbeiten hinter dem ruſſiſchen Hoſpital. Dieſen Abend gegen 5 Uhr ſetzte eine unſerer Bomben das feind⸗ liche Pulvermagazin hinter Turkiſh⸗ Mount in Brand, welches ein gewal⸗ tiges Getoͤſe gab. Wir ſahen Balken in die Luft fliegen. Ein ſchrecklicher Anblick! Die vom Feinde heute gewor⸗ fene Bomben trafen meiſt Marlbo⸗ rough. Eine davon toͤdtete ungluͤck⸗ licher Weiſe den Poſten daſelbſt. Den 14ten Nov. Mittwochs. Die: fen Morgen faben wir 9 Schiffe vor dem Hafen, worunter einige ſehr groß find. Bei ſolchen Gelegenheiten wacht immer eine angenehme Hofnung auf. Tagebuch wahrend der Belagerung a N O das wird wohl, hieß es, eine ruſſi⸗ ſche Flotte feyn. — Ja gewiß, das ſind 5 Kriegsſchiffe und 4 Fregatten. Allein ſie geht zu unſerm Leidweſen weſtwaͤrts. Vorige Nacht haben die Feinde ſtark gefahren. Heute fahren ſie fort mit Bomben werfen. Eine davon fiel dieſen Nachmittag auf die Stephanswache, worin ſie einige Leute traf, deren eigene Schuld es war, daß ſie beſchaͤdigt wurden, 7 wurden ver⸗ wundet, der Poſten ward getoͤdtet. Ein Matroſe war ganz verbrannt und ſtarb nachher. Der Effect war ſo groß, weil aus Unvorſichtigkeit ein Pulver⸗ kaſten in die Wache geſetzt war. Dies hat veranlaßt, daß man aller Orten die auf den Batterien ſtehenden Pul⸗ verbehaͤltniſſe mehr zu decken ſucht. Die Feinde warfen nicht mehr, als etwa alle Stunden 5 bis 6 Bomben. — Den 15ten Nov. Donnerſtag. Die Feinde werfen heute wenig Bomben. Doch ſchickten ſie uns dieſen Abend ein Paar von der Batterie zu Georgetown. In der Nacht ging die Philippscaſtle gluͤcklich aus dem Hafen. Sie nahm 40 ſpaniſche Kriegsgefangene an Bord. Das portugiſiſche Schif ging in ih⸗ rer Begleitung ab. Die ſpaniſchen Piquetter bei Turkiſh Mount machten ein ziemliches Feuer. Desgleichen die Kanonen: und Bombenbatterie das ſelbſt. Es war alſo eine ſehr unruhi⸗ ge Nacht. Indeß konten ſie keinen Schaden thun. Die Witterung war fuͤr die Jahrszeit zu warm und nicht geſund. — Den 1610 Nov, Freitag, Unfere Pros lleſquare fiel, 1 is 57 des Jorts St. Philipp auf der Inſel Minorka. Promenaden ſind wegen des Bombar⸗ dements ſehr gefaͤhrlich und einge: ſchraͤnkt. Es heißt bier, gieb acht. Den 17ten Nov. Sonnabend. Bo: rige Nacht haben uns die Feinde ganz in Ruhe gelaſſen. Allein dieſen Mor: gen, beim Aufziehen der Wache, fingen ſie wieder an mit Bomben zu ſpielen, ob uns gleich dies Spiel wenig gefaͤllt. Eine Bombe ſtel vor der Traverſe des Pulvervorraths vom 61. Regimente, ohne weitern Schaden zu thun, als daß ſie einem Huhne Kopf und Schwanz nahm. — Man trägt jetzt Sorge, die Thuͤren zu verbarricadiren, und da Tra⸗ verſen anzulegen, wo man bisher ſol⸗ ches verſaͤumt hat. Das Bombarde⸗ ment hat den Befehl veranlaßt, daß Morgen kein Gettesdienſt gehalten wer; den ſoll. Weil man bemerkt, daß man beim Aufziehen der Wache am meiſten Bomben werfe: ſo iſt befohlen, daß die Wache vor Tage aufziehen, die Vergadderung hingegen ſpaͤter ſchla⸗ gen ſoll, um den Feind zu hintergehen. Dieſen Mittag 12 Uhr war es, als zum erſten male eine Bombe ins Caſt⸗ Schritt von meinem Logis, und ere⸗ pirte mit großem Geraͤuſch, ohne wei⸗ tern Schaden zu thun. Eine zweite Bombe fiel nahe bei der erſtern nicht lange darauf. Ich ging kurz vorher mit einem Freunde gerade an den Ort, wo ſie traf. Ich nahm alſo, wie ich fie kommen hoͤrte, und der Poſten ruf te Shell, (Bombe,) meine Zuflucht in das naͤchſte Logis, in welchem ſich eine Sie ſchlug nabe beim Brunnen ins Centrum des Forts, 12 758 Dame nebſt ihrer kleinern Schweſter befand. Sie waren vor Schrecken außer ſich. Die Kleine fing an zu wei⸗ nen. Ich ſuchte ſie zu beruhigen. Die Bombe wuͤhlete in der Erde und ſprang. Die Feuſter brachen davon entzwei, und damit ging der Sturm gnädig voruͤber. Hierauf haben uns die Spa⸗ nier vor dies mal nicht wieder mit ih⸗ ren Bomben beunruhigt. In der Nacht hoͤrten wir einiges Fahren bei Mekellan Haufe, welches aber durch einige Traubenſchuͤſſe zum Stillſchwei⸗ gen gebracht ward. Den 18ten Nov, Sonntag. Wer gen des Bombardements, wovon wir vermutheten, daß die Feinde damit fortfahren wuͤrden, ward Befehl gege⸗ ben, daß der Gottesdienſt ceſſiren ſolte. Indeß ſchenkte uns Gott einen ruhi⸗ gen Morgen. Ich ging zu den Kran⸗ ken ins Hoſpital. Auf meinem Wege dahin, fahe ich, wie eine Bombe auf die Spitze der vor dem großen Pulver⸗ magazine ſtehenden Bedeckung gefals len, von da herunter gerollet, und bei der Traverſe geſprungen war. Die in⸗ neren kupfernen Thuͤren vor den Pulver⸗ kammern wurden ebenfalls bloß durch die Erſchuͤtterung aufgeſprengt. Man bat daher dieſen Eingang völlig zuge⸗ ſtopft, und mit einer großen Traverſe ver ſehen, fo, daß von dieſer Seite nichts mehr zu fuͤrchten iſt. Bei dem zweiten Pulvermagazin iſt ebenfalls eine Bom⸗ be niedergefallen, als eben ein Mous⸗ quetier eine Tonne Pulvers hergetra⸗ gen hat. Gottes Vorſehung nimt uns in ihren gnaͤdigen Schutz. Herr ſtaͤrke B bb 2 un⸗ 759 unſern Glauben und erwecke in uns einen freudigen Muth! — Man legt jetzt noch aller Orten Traverſen an, wo man ſie noͤthig findet; die Pulverma⸗ gazine werden auch noch beſſer ver⸗ wahrt. Es iſt heute ein Waffenſtill⸗ ſtand zwiſchen den Geiſtlichen, ſagte Sir William. Wenn nur nicht auf den heutigen Calm ein Ungewit⸗ ter folgt! — Um 8 Uhr entſtand we⸗ nigſtens ein phyſikaliſches Ungewitter. Es fing an zu regnen. Man glaubte, daß die Feinde in Bewegung waͤren. Die Poſten wurden daher avertirt, 2 Ingenieurs mußten zu recognoſciren ausgehen. Den ıgten Nov. Montag. Der Regen hoͤrte nur des Morgens auf. Wir feuerten nach dem ruſſiſchen Ho⸗ ſpital, weil die Feinde hinter demſel⸗ ben eine Batterie angelegt. Es iſt uͤbel zugerichtet. Die Spanier huͤllten ſich in ihre Oberroͤcke und machten Feuer an. An dem vielen Rauche konte man deutlich erkennen, wo ſie ihre Poſten und Lager hatten. Den 20ten Nov. Dienſtag. Das Wetter ungeſtuͤm. Der Feind ruhig. Alſo auch wir. | Den 21ten Nov. Mittwochs. Nach dem ruffifchen Hoſpital wurde aus eini⸗ gen Haubitzen gefeuert. Die Soldaten haben Rauchtaback erhalten, wodurch ſie ſehr erfreuet ſind. Die Corſen ſind auf die 3 Blockhaͤuſer vertheilt. Die Schorſteine auf dem Caſtleſquare ſind mit Traverſen von Tonnen gegen den Anfall der Bomben verwahrt. — Wir fangen an über unſer Schickſal ver; Tagebuch waͤhrend der Belagerung . 766 ſchiedene Muthmaſſungen zu aͤußern. Einige glauben, der Feind intendire keine Belagerung, es ſey eine bloße Blockade, weil, ſagen ſie, alle Batte⸗ rien, die ſie bisher noch angelegt, bloß auf Sperrung des Hafens gerichtet ſind. So urtheilen viele von der Gar⸗ niſon. Der Gouverneur ſelbſt muth⸗ maßt, daß die Feinde wenigſtens vor Fruͤhjahr nichts unternehmen, und jetzt in die Winterquartiere gehen. Geor⸗ getown wird jetzt ganz abgedeckt. Die Feinde brauchen die Ziegel und Bal⸗ ken, um ſich davon in ihrem Lager Huͤt⸗ ten zu bauen und vor dem Regen zu ſchuͤtzen. Dieſe Zerſtoͤhrung einer erſt eben angelegten Stadt iſt traurig an⸗ zuſehen. Eben ſo verwuͤſtet man das ſchoͤne Marin hoſpital auf Bloody⸗Is⸗ land, und den Gebaͤuden auf Quaran⸗ taine⸗Island geht es nicht beſſer. — Gute Witterung. A Den 22ten Nov. Donnerſtag. War⸗ me angenehme Luft. Wir beſſern da das noͤthige aus, wo der Feind uns durch ſein voriges Bombardement ei⸗ nen Wink gegeben har. Den 23ten Nov. Freitag. Weil die Feinde fich erdreifteten unſern Gla⸗ eis ſo nahe zu kommen, beſonders des Nachts: ſo ward Ordre gegeben, daß die Wallkanonen des Nachts von Zeit zu Zeit abgefeuert und der Feind da⸗ durch in Nefpect erhalten werden ſol⸗ te. — Wir ſahen heute die Feinde bei dem Schilfe Faſchinen tragen. Es wurden daher viele Kugeln und Bom⸗ ben abgeſchickt, um ſie in der Nacht in ihrer Arbeit zu ſtoͤhren. - Den 8 Den 24ten Nov. Sonnabend. Die⸗ ſen Morgen entdeckten wir, daß der Feind den Stall beim ruſſiſchen Hoſpi⸗ tal . und eine Barbetbat⸗ terie von 5 Kanonen errichtet. Noch mehrere koͤnnen vielleicht hinter dem Gebaͤude verborgen ſeyn. Der Gouver— neur Murray fand es fuͤr gut, gar nicht darnach feuern zu laſſen. Des Nach— mittags entdeckten wir, daß der Feind auf Turkiſh Mount eine neue Batterie anlegte. Imgleichen arbeiten fie an eis _ ner Mauer an dem mittleren Theil des Philipetberges, die ſie verhoͤhen, und dahinter geſchaͤftig ſind. Nach dieſem wurde von Zeit zu Zeit gefeuert, und die Mauern durchloͤchert. Abends 4 Uhr lief ein kleines minorkaniſches Schif Scarmieci von Livorno mit Pros viſion fuͤr uns gluͤcklich ein, unerachtet der Feind nicht wenig darauf feuerte. Seife koſtet 1 Dollar, Taback 6 Schil: linge das Pfund, Kaffe 9 bis 10 Schillinge. . Den 25ten Nov. Sonntag. Wir haben heute wieder Vermuthen einen ruhigen Sonntag. Wir fuͤrchteten, der Feind wuͤrde abermals mit ſeinen Bomben unſer Schif zu ſenken ſu⸗ chen. Deshalb konte an einem freien Orte kein Gottesdienſt gehalten wer— den. Gleich den erſten Chriſten, die von ihren Feinden verfolgt, ihre Zu: flucht zu unterirdiſchen Hoͤhlen nahmen, und ihrem Gotte in Catacomben dien⸗ ten, hielten wir unſern Gottes dienſt in den Souterrains, die von Lampen er: bellt und vor Bomben ſicher ſind. — Ich ſchrieb in Eile einen Brief an die \ 0 des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. ’ — 762 Meinigen im Vaterlande unter beuti⸗ gem Dato. — Dieſen Nachmittag Regen und ſtarker Wind, welches den Feinden nicht angenehm ſeyn wird. Den aöten Nov. Montag. Nord: wind. Regen. Wenn die Elemente toben, fo find die Feinde ſtill. Den 27ten Nov. Dienſtag. Heite⸗ rer Tag. Die Feinde arbeiten hinter dem ruſſiſchen Hofpital, wo wir 2 Ems braſſures nach der Queen ſehen. Den 28ten Nov. Mittwochs. Schoͤ⸗ nes Wetter. Wir feuerten einige mal nach der Mauer unten am Philipetber⸗ ge, die der Feind erhoͤht, und hinter welcher er arbeitet. Den 29ten Nov. Donnerſtag. Wir continuiren dies Feuer heute und ſehen Faſchinen, nachdem wir Loͤcher in die Mauern geſchoſſen. Wir uͤberzeugen uns alſo dadurch, daß der Feind da: ſelbſt eine Batterie anzulegen gewillet ſey. Das All's well dauert fort. Nach⸗ mittags arbeitete der Feind ſtark hinter der Mauer von Turkiſh Mount. Wir konten ſehen, wie man die Pielaxen und Schlagen aufhub. — Dennoch that man keinen Schuß darnach, wor; uͤber Sir William unwillig war. Dar⸗ uͤber ſind diejenigen ungeduldig, die der Meinung ſind, daß der Feind uns belagern werde. Andere hingegen uͤber⸗ zeugen ſich davon nicht, und glauben, daß es thoͤricht ſey, auf bloße Stein⸗ mauern Pulver zu an, wel⸗ ches man ſchonen muß. Dieſen Abend kam Adams Schif gluͤcklich in den Ha⸗ fen ein. Da die Feinde auf daſſelbe ſchoſ⸗ ſen: ſo machten wir ein ſehr ſtarkes Bbb 3 Feuer. Mount. 763 Feuer. — In der Nacht wurde das Schif ſogleich ausgeladen. 5 Den zoten Nov. Freitag. Die Fein⸗ de ſind wieder geſchaͤftig auf Turkiſh Wir feuern wenig dahin. Den ıten Dee. Sonnabend. Vo⸗ rige Nacht wurde 1 Corporal mit 4 Mann nach Turkiſh Mount als Pa: trouille geſchickt. Der Corporal wag⸗ te ſich bis oben an die Mauer. Er ward gefangen und verwundet. Man ſagt, daß der Herzog von Crillon in. Gefahr geweſen, von dieſem Corporal gefangen genommen zu werden, wenn dieſer nicht zum Ungluͤck verwundet worden. Um Mitternacht ging Capi⸗ tain Scarmicci aus. Die Spanier feuerten vergebens nach ihm. Eine von ihren Bomben fiel auf die Redoute Kane. Wir wachten auch auf, und ſchickten einige Kugeln und Bomben zuruͤck. Heute Regen ohne Aufhoͤren. Die corſiſchen Schuͤtzen find zur Ab: feurung der Wallkanonen in Zukunft beſtimmt. | Den 2ten Dee. Sonntag. Heiterer Fruͤhlingstag. Gottesdienſt in den Souterrains. Die Feinde arbeiten im Schilf. Den zten Dec. Montag. Heute wurde mit unſern Perfpectiven be: merkt, daß die Feinde unfern Benfai: de eine Batterie errichteten. — Wir thaten keinen Schuß. Schoͤnes Wetter. Den 4ten Dec. Dienſtag. Da bar ben wir endlich den furchtbaren Tag, an welchem die ſpaniſchen Artilleriſten, wie man glaubte, gleich als an ihrem heiligen Tage eine Fete geben, und auf Tagebuch waͤhrend der Belagerung 90 170 er Gefahr unfers Lebens ihre Bomben⸗ batterien ſpielen laſſen wuͤrden. Man meinte, es wuͤrde Mitternachts 12 Uhr feinen Anfang nehmen. Daher wurde alles in Stand geſetzt, dem Fein⸗ de zu antworten, und Ordres zur Si⸗ cherheit der Leute ertheilt. Ich ging indeß ruhig zu Bette, und erwachte am folgenden Morgen, ohne von dem geringſten Schuß aus dem Schlaf ge⸗ weckt zu ſeyn. Wir muͤſſen geduldig erwarten, was es heute noch geben wird. — Abends 9 Uhr, nunmehro ſolte es ſcheinen, als waͤre die heilige Barbara auf unſerer Seite. Da die Feinde zu feuern nicht Luſt hatten: ſo ſchoſſen wir einen guten Theil ihrer Mauer bei Philipet und Turkiſh Mount nieder. Auch die folgende Nacht hat uns der Feind keine Bom⸗ ben, wohl aber wir ihm einige zuge⸗ ſchickt. f Den 5ten Dec. Mittwochs. Heute faben wir die Feinde wieder in aͤußer⸗ ſter Geſchaͤftigkeit. Sie reichten ſich hinter der am Philipetberge erhoͤheten Mauer einander Faſchinen zu. Wir konten ſolches an der Bewegung der Huͤte, die hervorragten, ganz deutlich wahrnehmen. Manche haben ihren Aerger daruͤber, daß man nicht ſo hef⸗ tig darauf feuert, als ſie es wuͤnſchen, und freilich iſt zu fuͤrchten, daß dieſe Batterie Queen, Argyle und Anſtru⸗ thes ſehr warm halten werde. Wir ſahen heute wohl 200 Mann binterdee Mauer, und doch ſolte kein Schuß ge⸗ ſchehen. Indeß ward in der Nacht mit Kanonen und Moͤrſern von Zeit zu 7 — 7065 zu Zeit nach allen Seiten gefeuert. — Schönes Wetter. A 0 Dien 6fen Dec. Donnerſtag. Heute ſtieg ein Knabe auf die Spitze der Flaggenſtange, um zu ſehen, was die Feinde hinter der Philipets Mauer machten. Dies ſahe fuͤrchterlich aus. — Schoͤnes Wetter. Den zten Dec. Freitag. Vorige Nacht hoͤrte man fahren bei M’Eellars Hauſe. Die wachthabende Officiere avertirten davon. Sie erhielten zur Antwort: Es iſt gut. Nachmittags ſchoſſen wir einen Theil von der Mauer bei Turkiſh Mount nieder. Dieſe Batterie ſcheint auf Marlborough ge⸗ muͤnzt zu ſeyn. N Den Sten Dec. Sonnabend. Dieſe Nacht wurden einige Mann zum Com⸗ mando de Fatigue beordert, um eine neue Batterie von 6 32pfuͤndern vor dem Nord Eaſt Raveline anzulegen, die auf die Philipets Batterie der Spa⸗ nier gerichtet iſt. Von Herr Adams Cargo iſt reißend losgeſchlagen. Wer am meiſten zudraͤngen konte, erhielt das beſte. Den gten Dec. Sonntag. Vorige Nacht hat ſich der alte Geyer, deſſen bereits oben erwaͤhnt worden, in ſeinem Gefaͤngniß aus Mißmuth aufgeban: gen. Ein bedaurungswuͤrdiger Fall! Die Feinde arbeiteten geſtern bei Zur; kiſh Mount und am Philipetsberge. Die Mauern bei Stanhopertower, M'kellars Haufe und am Schilf wer: den immer hoͤher. Wir ſtoͤhren die Feinde in ihren Arbeiten nicht. Sie erweiſen uns eine gleiche Höflichkeit des Forts St. Philip auf der Sufel Minsefr, 766 bei Anlegung unferer neuen Batterie. — Schoͤnes Wetter! 18 Den roten Dee. Montag. Vorige Nacht wurde von den Feinden fleißig gearbeitet. Es ward ſolches von der Redoute Kane rapportirt. Die Ant— wort war: Es iſt gut. — Dieſen Mor⸗ gen früh, als wir unſern erſten Mor⸗ genſpatziergang eben auf dem Haupt: caſtel machten, ſahen wir mit und ohne Fernglaͤſer ſehr deutlich eine große Mauer gerade gegen der Queens Re⸗ doute aufgerichtet. Es wurde beſchloſ— ſen, daß darnach gefeuert werden ſolte. Allein das Dinner war noch nicht ſer— virt. — Nach Aufhebung der Tafel blieb nur noch wenig Zeit uͤbrig, und fo that man der Mauer nicht ſehr groſ— ſen Abbruch. In der Nacht wurde mit Kanonen und Moͤrſern fleißig dahin gefeuert. Die Henne nebſt den Kuͤch⸗ lein fiel zu kurz und blieb in dem Grunde bei old Philipp. Den zıten Dee. Dienſtag. Regen. Man continuirte mit dem Feuern nach der Mauer gegen der Queen ber, — Imgleichen des Nachts. Den raten Dec. Mittwochs. Ge ſtern Abend kam zu unſer aller Vers wunderung ein ſpaniſcher Deſerteur und oͤfnete uns die Augen. Er war ein Volontair von Catalonien. Nach ſeiner Ausſage hatten die Feinde 16 Batterien errichtet. Es ſind, ſo viel er davon weiß, ungefaͤhr folgende: Hangmanns Batterie auf Turkiſh Mount 8 Kanonen, 4 Moͤrſer, Ben⸗ ſaide Batterie 15 Kanonen, Dragoon Batterie 15 Kanonen, in dem Wein⸗ garten 767 garten des Gouverneurs B. Stans boptower Burgos Batterie 28 Ka⸗ nonen, Swiß Batterie 14 Kanonen, bei W'kellars Haus Murcia Batterie nicht weit davon 16 Kanonen, Mor⸗ tar Batterie hinter der vorigen 6 Moͤr⸗ ſer, Savoyar Amerika Batterie 6 Kanonen, Cove Batterie 6 Kanonen 3 Moͤrſer, Georgetown Batterie 6 Kanonen 4 Moͤrſer, Philipets Batte⸗ rie 12 Kanonen, Flagſtaff Batterie 6 Kanonen 3 Mörfer, ruſſiſche Hoſpi⸗ tal Batterie 26 Kanonen, Philipets Cove Batterie 10 Kanonen. Die Feinde hoffen, dieſe Batterien in der Mitte des Januars eroͤfnen zu koͤn⸗ nen. Die feindliche Armee wuͤrde auf 16000 Mann geſchaͤtzt, worunter 6000 Franzoſen auf der Hoͤhe von St. Anthoni campirt. Dieſen wäre alle Communication mit den Spa⸗ niern gewehrt, aus Furcht es moͤgte Uneinigkeit zwiſchen beiden Nationen entſtehen, die einzige Wache in Ma⸗ bon ausgenommen, die aus Spaniern und Franzoſen vermiſcht beſtuͤnde. Die Armee waͤre auf halbe Portion geſetzt, und erhielten außerdem jeder 5 Dob: ler. — Die Minorkaner waͤren in aͤußerſter Duͤrftigkeit, viele bettelten am Wege. Es herrſchte unter den Spaniern eine den Medicis bisher nicht bekante Krankheit. Sie haͤtten einen Heißhunger, und muͤßten nach⸗ her die zu ſich genommenen Speiſen durch Erbrechen von ſich geben, 3000 einen Ausfall thun wuͤrden. Tagebuch waͤhrend der Belagerung de. | er 708 Mann laͤgen im Hoſpital, 300, wor: N unter 1 Obriſter und 11 Offieiere, wär ren durch unſer Feuer getoͤdtet, und eben ſo viel meiſt von abgeſchlagenen Steinen bleßirt. — Die Feinde leg⸗ ten auf die Mauern Sandſaͤcke um ſich zugleich vor den Steinen zu ſchuͤz⸗ zen. Bei dem Auffliegen des Pul⸗ vers hinter Turkiſh Mount waͤren 17 Mann getoͤdtet; es wäre ein Vorrath von nicht mehr denn 5 Tonnen gewe⸗ ſen. Um 12 Uhr in voriger Nacht kam ein anderer Deſerteur von dem irrlaͤn⸗ diſchen Regiment, von Geburt ein Par⸗ meſaner. Seine Ausſagen ſollen mit den Aus ſagen des erſteren uͤbereinſtimmen. Die Folge davon war, daß wir nun von allen Batterien feuerten, um die angezeigten Werke zu ruiniren. Es wurden eine große Menge Bomben geworfen. Von der Faſchinenbatte⸗ rie bei der Cortine von der Queen wur⸗ de zum erſten male gefeuert. Es ſol⸗ len verſchiedene von den Feinden durch unſere Traubenſchuͤſſe verwundet ſeyn. — Der Herzog von Crillon hat we⸗ gen unſers Feuerns geglaubt, daß wir Er hat daher das Commando bei Stanhopes⸗ tower von 400 Mann noch mit 500 vermehret. Jetzt iſt es zu Ausfaͤllen zu ſpaͤt, es waͤre denn, daß man nur etliche wenige Mann ausſchickte, die ſich nicht weit entfernten, um die Fein⸗ de zu alarmiren, und ſie unter unſere Kanonen zu locken. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. d V BC Hamer Magazin. 770 49 tes Stuͤck. Freitag, den 20ten Junius 1783. Foriſetzung des Tagebuchs waͤhrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. Di 1 zten Dec. Donnerftag. Un: R fere Schiffe find noch nicht weg. Sir William iſt zufrie⸗ den, daß wir feuern. Der Herzog von Crillon ſoll geſagt haben, daß man die Mauern wieder aufrichten ſolle, es moͤg— te koſten, was es wolle. ZweiRegimen⸗ ter liegen alle Nacht auf dem Bivac. Die Spanier ſollen unzufrieden ſeyn, daß fie allein dieſen Dienſt beforgen muͤſſen, da hingegen die Franzoſen auf der Hoͤhe von St. Antoni nichts weiter als die Seite vom Cap Mola beſetzen. Geſtern ſahe man ein Feuer auf dem Signalhauſe. Dies iſt vielleicht ein Avertiſſement, daß algieriſche Seeraͤu— ber in der Naͤhe ſind. Dieſe ſind noch unſere einzigen guten Freunde in der mittlaͤndiſchen See. Das Fiſchen und Kohl ſuchen iſt jetzt nicht mehr thunlich. In unfern Gaͤrten waͤchſet hingegen al: les ſehr gut. — Indeß zeigt ſich bei ver⸗ ſchiedenen unſerer deute der Anfang vom Scorbut, weil das Eſſen der Kraͤuter aufhoͤrt, welches ſehr traurig iſt. — Die Minorkaner, die an den Batterien arbeiten, erhalten Brod und 10 Dob⸗ lar. Es werden von den Spaniern alle Tage 3000 Arbeiter zum Dienſt gegeben. — Nunmehr ſehen wir alſo ganz deutlich, was die Feinde fuͤr einen ingenieuſen Weg erwaͤhlt, um zu ap⸗ prochiren. Es war vorher von uns auf eine große Diſtanz rings ums Fort alles raſirt, und die Mauern niedergeworfen. Es durfte fih alſo in einer großen Entfernung kein Feind ſehen laſſen, ohne dem Feuer unſerer Kanonen ausgeſetzt zu ſeyn. Die Stadt St. Philippe, die bei der letzten Belagerung den Franzo⸗ ſen die Sache ſo leicht machte, war ſchon vor ein Paar Fahren gänzlich des molirt, und alles eben gemacht. Tran⸗ cheen in der Erde zu eroͤfnen, leidet der Boden nicht, weil Minorka aus nichts als Felſen beſteht. Was war alſo zu thun? Der Feind richtete in großer Entfernung einige Mauern auf. Man glaubte, dies wäre nur zum Schutz feis ner Poſten. Er ſchlaͤferte uns durch die Länge der Zeit beinahe ein. Mit⸗ lerweile warf er einzelne Steinhaufen bin und wieder auf, die uns ſchon nd: her kamen. Wir ſagten, dieſe find zum Cce Schutz 77% Schutz ihrer Schildwachen, die fi ödes Nachts ausſtellen. Allein dieſe Stein; haufen wurden von beiden Seiten im⸗ mer vergroͤßert. Sie kamen immer naͤ⸗ ber an einander, und endlich wurden ſte ganz zu einer Mauer. — Dieſe ward nun in der Nacht durch ſo unendlich viel Sandſaͤcke erhöht, daß wir des an: dern Morgens bei ihrem Anblick er⸗ ſtaunten. Wir fingen an zu ſchießen; allein zu ſpaͤt. Die Mauer war ſo dick, daß alle Schuͤſſe davor nichts ausrich⸗ teten. Es blieb alſo am Ende nichts übrig, als daß wir mit Bomben, die wir uͤber die Mauer warfen, das, was fie hinter derſelben machten, zu zerſtoͤh⸗ ren ſucht en. Den 14ten Dee. Freitag. So geſcha⸗ be es am heutigen Tage. In dieſer Nacht ſchoß man eine Bombe aus einer 18 pfuͤndigen Kanone im Bogen nach Mahon hin. — Man fuhr fert die Arbeiten der Feinde durch eine Menge Bomben und Kugeln zu ſtoͤhren. Den 1 5ten Dec. Sonnabend. Dem allen unerachtet mußten wir dieſen Morgen zu unſerm Erſtaunen ſehen, daß die Feinde die Mauer vor der Queen erweitert, und an der Seite die Linien verlaͤngert hatten. — tinuirten alſo unſer Feuer, ohne daß der Feind das geringſte dazu ſagte. Er wuͤrkt im Stillen fort. Geſtern iſt ein Corporal von St. Antoni von Padua deſertirt, welches den r ng Schiffen hoͤchſt unangenehm iſt. Heute feuerte man in die Baraueos⸗ Ich uͤberzeugte mich, daß die Herren Tagebuch während der . Belagerung‘. Wir con⸗ ta 9 Artitleriften ſchlechte Gärtner fi nd. Ih⸗ re Kanonenpfroͤpfe hatten meine Boh⸗ nenblätter verbrannt. In der Nacht wurde ſtark geſeuert. Aus einem Moͤr⸗ ſer wurde ein Sack mit 200 Kugeln geworfen, welcher in den Grund hinter der Mine fiel. — Das Experiment Bomben aus Kanonen zu ſchießen wird zu Zeiten in Uebung gebracht. Man macht zwiſchen dem Pulver und der Bombe eine hoͤlzerne Scheibe, in wel⸗ cher der Knopf des Zuͤnders ſteck. Den 16ten Dee. Sonntag. Die Feinde hatten wieder einen guten Theil an der Philipets Mauer aufgerichtet. Man hat geſtern Abend eine Lichtkugel geworfen, und geſeben, daß die Feinde hinter der Mauer bei Stanbopestower Kopf an Kopf geſtanden. Man ſuchte ſie daher durch einige Trauben aus ein⸗ ander zu jagen. Um eine beſſere Aus⸗ theilung der mit Schiffen etwa an⸗ kommenden Beduͤrfniſſe zu beſorgen, ward in der Ordre eine Einrichtung deshalb bekant gemacht. Des Gou⸗ verneurs Rheinwin kurirte heute den bei beſtaͤndigem Genuß trockener Huͤl⸗ ſenfruͤchte ſehr leidenden Magen. Den 17ten Dee. Montag. Zu warm für jetzige Jahrszeit. Unſer Fenern continuirt. Den 18ten Dec. Dienſtag. Heute feuerten wir nicht fo ſtark als vorher. In der Nacht ließ der Gouverneur das Corps der Corſen nebſt einigen Mi⸗ neurs in die ſogenannten Barancos “) gehen, um zu unterſuchen, ob die Fein⸗ de in den daſelbſt von uns verlaſſe enen Mer *) Gärten, die durch das Zuruͤcktreten des Meers formirt ſind. | 773 des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 774 e gedrohet. Minen etwas vorgenommen; allein es fand ſich, daß ſie noch in dem vorigen Zuſtande waren, ſolglich keine Contre— minen exiſtirten, womit uns die Feinde Ein engliſches Detache⸗ ment von 30 Mann ging mit Major Owen von der Suͤdweſt Lunette von oben zu den Barancos. Als ſie die Un⸗ terſuchung angeſtellt, kamen ſie nicht fern von einem Poſten von 20 Mann, und fahen bei Stanhopestower ein gröf: ſeres Corps. Es erhob ſich alſo ein kleines Mousquetenfeuer, wovon die Kugetn auf dem Caſtleſquare gleich den Brumſen artig herumziſchten. Die Corſen gaben darauf ein Signal, daß fie zuruck gekommen. Und nun don: nerten wir mit grobem Geſchuͤtz auf die Feinde los. — Jim ganzen feindlichen Lager war alles in Bewegung, und wurde auf Antoni Alarm geſchlagen. — Ein Corſe ward gefangen. Den ıgten Dec. Mittwochs. Wir feuern jetzt wenig, nur von Zeit zu Zeit, und laſſen alſo in unſerm Eifer nach, ob wir gleich die Mauern immer er: hoͤht ſehen, und es uns nicht an Am⸗ munition fehlt. Auf meinem Spatzier— gange in dem aͤußern bedeckten Wege bei den auslaufenden Winkeln der Lu— nette konte ich die Hoͤhe der Mauern vorzüglich bemerken. — Das Wetter iſt faſt zu warm fuͤr die jetzige Jahrszeit. Indeß haben wir doch wenig Kranke, dennoch ſagt man, daß der Scorbut heimlich ſich ausbreitet. Die Leute ach⸗ ten ſelbſt nicht viel darauf, weil ſie die⸗ ſe Krankheit nicht zu kennen ſcheinen. Murray hat den Corſen wegen ihres Wohlverhaltens ein großes Eloge ge: macht. b Den zo! Dec. Donnerſtag. Dies ſen Morgen haben ſich die Trommeln der Spanier ſtark hoͤren laſſen. — Ich wuͤnſchte zum Abmarſche. Allein ihre errichteten Batterien drohen uns groſ— ſes Ungewitter. Der erwuͤnſchte Hee⸗ tor, der uns Erfriſchungen von Livors no bringen ſolte, bleibet aus. Une ſere deute erhalten die ihnen bisher zu Gute geſchriebene Gage. Eine Auſ— munterung ‚für fie, im Dienfte uner⸗ muͤdet zu ſeyn. — Die Arbeiten wer den gut bezahlt. Man iſt ſehr geſchaͤf⸗ tig Kanonenpfroͤpfe zu machen. — Das Feuern wird noch taͤglich fortgeſetzt. Den arten Dec. Freitag. Das Wet: ter iſt für unſere Feinde zu gut. Alles favoriſirt ſie. Die verſchiedenen unter⸗ irrdiſchen Gänge werden noch mit neuen Bruͤcken und Wolfsgruben verſehen, wo fie noͤthig erachtet werden. Gegen Abend kam der Gouverneur oben aufs Hauptcaſtel und gerieth gegen Walton, Major von der Artillerie, in Eifer, daß er nicht mehr auf die Philipetsbatterie feure, da doch ſelbige Argyll Anſtruth und Queen treffen würden. Donnere auf fie los, ſagte Murray, nun ging das Donnern an. Eine eiſerne Kane: ne gab einen vorzüglich ſtarken Wider: ball, und bruͤllete an allen Bergen heraus. 5 Den ꝛ2ten Dec. Sonnabend. Als wir dieſen Morgen aufſtanden, ſahen wir, daß durch unſer Feuer die Phili— pets und Stanhopestower Mauer ziem⸗ lich geflickt war. Wahrſcheinlich muͤſ⸗ Ccc 2 ſen dadurch nicht irre machen: 775 ſen die Spanier dabei einen ſtarken Verluſt erleiden. Indeß laſſen ſie ſich f denn man ſiehet ſie Bretter zu den Platforms her⸗ anſchleppen. So gehen die Arbeiten der Feinde ſtuffenweiſe fort! Wir fuh⸗ ren daher fort zu feuern. Bei Antoni ſahen wir ein franzoͤſiſches Regiment im Lager manoeuvriren. Die Feinde fangen ſchon an, eine Communication von der Burgos Batterie nach der Mi⸗ ne hin zu ziehen. Sie haben an allen Poſten einen Dragoner, welcher ver— pflichtet iſt, die Ordres wegzubringen. — Dergleichen wir heute ſehen. Den 23ten Dec. Sonntag. Als wir vom Gottesdienſte zuruͤckkamen, fügte es ſich, daß eine ſpaniſche Kugel beina⸗ be einen Mousquetier verwundet hätte, wenn nicht ſelbige auf ſein Geſangbuch geſchlagen und darauf abgeprallet waͤ⸗ te. Diefen Abend hoͤrten wir die Fein⸗ de ſtark arbeiten. Es ward daher ein heftiges Feuer nach M'kellars Hauſe gemacht. Die Spanier waren ſo laut, daß man deutlich rufen hoͤren konte, Guardala Bomba. Der Himmel giebt uns am Sojtage immer einiges Glück. Heute ſenkte eine unſrer Kugeln ein ſpaniſches Boot. — In der Nacht ar⸗ beiteten die Feinde eben ſo ſtark. Den 24ten Dec. Montag. Unſer Feuer continuirte, doch nicht ſehr ftark, Wir ſahen, daß die Feinde an der See⸗ ſeite der Burgos Batterie eine Mauer nach Argyle zu formirten, und mit Sandſaͤcken belegten. Wir uͤberzeu⸗ gen uns, daß man jetzt an den Betten der Kanonen arbeitet. Die Mauern Tagebuch waͤhrend der Belagerung ; 775 werden immer höher. Capitain Lam⸗ bert von der Artillerie ſtarb plotzlich in voriger Nacht. — Er wurde Abends mit großer Begleitung begraben. Die Verfertigung der Kanonenpfroͤpfe giebt unſern tenten noch immer viel zu thun. Den 25te0 Dec. Dienſtag. Nie ba: be ich um Weihnachten fo heiteres Wet⸗ ter geſehen als jetzt. Der Feind iſt ar⸗ tig genug, uns ganz in Ruhe zu laf⸗ ſen. Doch geben wir ihm von Zeit zu Zeit einige Schuͤſſe, um ihn munter zu erhalten. Dieſen Abend ſchlugen die Feinde Faſchinen auf der Burgos Batterie ein. Wir konten ſehen, wie ſie ihre Schlagen aufhoben. Einige Bomben werden wahrſcheinlich ihre Arbeit unterbrochen haben. — Wir hatten einen ruhigen Gottesdienſt. Den a6ten Dec. Mittwochs. Es zeigten ſich heute verſchiedene Schiffe vor dem Hafen, wovon 2 Linienſchiffe zu ſeyn ſchienen. Vermuthlich haben ſie Transportſchiffe fuͤr die ſpaniſche Armee convoyirt, und kreutzen jetzt. Unſere beiden kleinen Schiffe duͤrfen alſo nicht ausgehen. Vorige Nacht ſtarb Capitain Lawſon von der Minor: ka plotzlich. Er ward in der Abend⸗ daͤmmerung begraben. Die Engläns der kranken ſehr, und manche ſind be⸗ reits geſtorben, heute 5. Unſere Leute halten ſich noch beſſer. Doch iſt der Scorbut eingeriſſen. Es iſt zu be dauren, daß die Kranken im Hofpital bei jetzigen Umſtaͤnden nicht Pflege ge⸗ nug haben koͤnnen. Weißbrod und Butter und Bouillon wuͤrden zur Er⸗ quickung ſehr dienlich ſeyn. Kr | | = 0 777 des Forts St. Philipp auf der Infel Minorka. Den 27e. Dec. Donnerſtag. Die Feinde haben vorige Nacht ſtaͤrk gear: beitet, und ziehen ihre Mauern immer höher, Das Wetter iſt ihnen dazu außerordentlich günftig. Der Winter will gar nicht eintreten. Dieſen Abend verſuchte ein Corſe wegzuſchwimmen und zu deſertiren. Allein unſere Ku— geln trafen ihn im Waſſer, und er buͤßte den Lohn fuͤr ſeine Untreue. Die Spanier, die unſer Mousquetenfeuer hoͤrten, wachten auch auf. — Ihre kleinen Kugeln ziſchten artig im Fort herum. Ich zog mich in aller Eile aus meinem Garten nach Hauſe zuruͤck. Den 28ten Des, Freitag. Die Spa: nier fahren im Arbeiten beſtaͤndig fort. Dies iſt die ewige Klage. Wir ſehen jetzt einige Feldmauern durchbrochen, wodurch fie ihre Kanonen auf die Bat: terien bringen, welche alſo nun wohl bald eroͤfnet werden. Wir muͤſſen unſer Schickſal in Geduld erwarten. Dein gnaͤdiges Auge o Herr, wachet uͤber uns, das iſt unſer Troſt. Men⸗ ſchen Hülfe kan nur eine ſehr nichtige Beruhigung ſeyn. — Wir laſſen in unſerm Feuern ſehr nach. — Gieb doch großer Regierer unſerer Schick— ſale unſern Obern Einſicht und Gna⸗ de, daß fie die beſten Maaßregeln neb: men, die zum allgemeinen Beſten er⸗ ſprießlich ſind! Weil der Scorbut an⸗ faͤngt um ſich zu greifen, ſo wird jetzt den Leuten täglich 3 Gill. Weineſſig ausgetheilt. Den 29 ten Dec. Sonnabend. Die Feinde haben vorige Nacht unaufhör: lich gearbeitet, bei dem ſchoͤnſten Wer; 778. ter. — Dieſen Morgen umlhuͤllte uns ein ſtarker Nebel bis 9 Uhr. Bei der Philipetsbatterie ſehen wir jetzt ein Epaulement. Bei der Burgos Batterie haben die Feinde neue Sand— ſaͤcke aufgethuͤrmt. Dieſen Abend 6 Uber gab Gouverneur Murray Ordre auf die Feinde loszudonnern, — bis 8 Uhr war dieſes Feuer außerordentlich groß. Die Nacht durch war es ge⸗ linder. Den zoten Dec. Sonntag. Immer gutes Wetter. Die Feinde ſind uner— muͤdet. Wir präpariren uns eben: falls zu dem bevorftehenden nahen Sturm; das große Magazin bei der Royal Batterie wird abgebrochen, um mit den Quaderſteinen die Minen zu füllen. Wir feuern beſonders fleißig des Nachts. — f Den Ziten Dec. Montag. Wir ſahen heute einen Haufen großer 13381: lichter Bomben, die der Feind ganz offenbar vor unſern Augen auf dem Philipetsberge aufgethuͤrmt hatte. Wir zaͤhlten 175. Sie zeigen es alſo ganz deutlich, daß ihre Abſichten auf unſern Untergang gerichtet ſind. Schreckli⸗ cher Anblick! Aber dein maͤchtiger Schild Herr kan uns vor allen Pfei: len des Todes bewahren. Wir trauen auf dich; ſey uns nicht ſchrecklich in der Noth! Auf Cap Mola haben die Feinde ihre Barbet Batterie, (die uͤber die Bank ſpielet,) in ein Bomben bette verwandelt. Jetzo halten ſich einige ſpaniſche Schiffe beſtaͤndig vor dem Hafen. Wir leben ſehr auf dem Campagne Fuß. Bei der Schwaͤche Cee 3 der 179 der Garniſon muͤſſen unſere Bedien⸗ ten auch Wache thun. Die Herren ſehen ſich alſo oft genoͤthigt, ſich ſelbſt zu bedienen. Sehr oft ſitzen wir des Abends beim Heerd und braten unſere Kartoffeln, gleich jenem roͤmiſchen Die⸗ tator der ſolches mit ſeinen Ruͤben ſo machte. Zucker und Kaffe ſind außer⸗ ordentlich rar und gar nicht zu haben. Die gemeinenEnglaͤnder haben, um ihre Chriſtmeß nach Gewohnheit zu feiern, für eine Bouteille Rum 24 bis 27Schil⸗ linge bezahlt. — Die Corſen thaten die: ſe Nacht einen Ausfall, in der Abſicht den Poſten hinter der Mine, oder die Spanier, die ſich etwa im alten Kel: ler verſteckt halten moͤgten, aufzuhe⸗ ben. Sie hielten ſich dabei ganz brad, kamen aber in Gefahr von den Fein— den abgeſchnitten zu werden. Ein Corſe ward indeß nur gefangen. So beſchloſſen wir das alte Jahr. Herr ſey gnädig und hilf uns aus aller Noth, wie du bisher geholfen haſt! f Jahr 1782. | Den kiten Januar. Neujahrstag. Gott du biſt unſer treuer Bundes Gott. Wir ſtehen ja unter deiner vaͤ⸗ terlichen Obhut. Mache unſerer Noth ein baldiges gnädiges Ende. Nach: mittags 4 Uhr kam ein Tambour an. Der Herzog von Crillon ſchickte den Corſen zurück, der vorige Nacht ge: fangen worden war, und verlangte dagegen einen ſpaniſchen Kriegsgefan⸗ genen. Er erhielt zur Antwort: der Herzog von Crillon waͤre ihm noch mehrere ſchuldig. Er moͤgte alſo den Corſen auch nur behalten. Sir Wil: Tagebuch waͤhrend der Belagerung 1 > . N ‚2,789 liam ſagte: das iſt ſehr recht. Der Officier, der den Brief uͤberbrachte, ward durch ein Paar Warnungsſchuͤſ⸗ ſe aufgehalten, weil er zu weit avan⸗ cirte. Die Spanier bedienten ſich des Waffenſtillſtandes und arbeiteten fleiſ⸗ fig an ihren Batterien. Da dies ge gen Kriegsgebrauch iſt, fo wurden ein Paar Kanonenkugeln dahin abge⸗ ſchickt, welche dem ſpaniſchen Aide de Camp nahe vorbei paſſirten,. — Als er ſich darüber beſchwerte, fo zeigte ibm der Generaladjudant Capitain Don die Arbeiter auf den ſpaniſchen Batterien, und rieth ihm, ſich in aller Eile zuruͤck zu begeben, weil er ihm nicht dafuͤr ſtuͤnde, daß nicht augen⸗ blicklich vom Caſtel gefeuert werden wuͤrde. Dieſen Abend fonrnirte mein Garten einen fuͤrtreflichen Salat. Nachts um 10 Uhr erhub ſich ein ſtar⸗ ker Nordwind. Mit ſelbigem ging Antoni de Padua und Adams Schif aus. Die Spanier feuerten darnach, aber vergeblich. Wir erwiederten ih⸗ nen ein außerordentliches Kanonen⸗ und Bombenfeuer. Die Funken ſpruͤ⸗ heten uͤber das Caſtel. Ich wußte nichts von dem was vorging, und glaubte, daß ein Ungluͤck vorgefallen ſey, weil ich einen großen Lärınen hörte. Allein ich ward bald von meinem Irr⸗ thum unterrichtet. Unſere Siiffe mögen ſich glücklich ſchaͤtzen, wenn fie den ſpaniſchen Seevedetten entkom⸗ men, die in Menge vor unſerm Hafen ſchwaͤrmen. 2 Den afen Jan. Mittwochs. Der Gouverneur hat geſtern einen Brief vom BER 5 a; | des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 782 * vom Marquis de Levis durch einen franzoͤſiſchen Obriſten erhalten. Er hat darauf eine Antwort an dem heu— tigen Tage abgeſchickt, welche der Fort⸗Adjudant mit einem Tambour bis an den nächften Poſten uͤberbrach— te. Der Marquis de Levis bezeugt dem Gouverneur, wie er ſich noch im⸗ mer mit Vergnuͤgen des Feldzuges in Canada im vorigen Kriege erinnere. Der General Murray antwortete dar— auf in einem eben ſo verbindlichen Schreiben, ꝛc. — Die ſpaniſchen Bat— terien ſcheinen fertig zu ſeyn, ſind aber noch nicht eroͤfnet. Wir ſchmei⸗ cheln uns noch immer mit der Hof— nung, daß es Friede werde. Hof: nung iſt die beſte Erquickung des menſchlichen Lebens. Indeß iſt der Umſtand, daß der Herzog von Crillon ſo gerne ſeine Gefangenen auszuloͤſen wuͤnſchet, merkwuͤrdig. Es ſcheint, daß das Ungewitter nahe uͤber unſerm Haupte ſey: Gott iſt unſere Zuflucht, darum fuͤrchten wir uns nicht. Der Gouverneur gab eine Ordre, wie man ſich zu verhalten, im Fall der Feind feine Batterien eröfne, Den zien Jan. Donnerſtag. Die Feinde ſind noch ganz ſtille. Wir bemerkten eine Mauer nebſt einem Banquet unfern der Erdzunge. Die⸗ ſen Abend machten die Corſen auf der Queen ein lebhaftes Mousquetenſeuer, um die Feinde zu verhindern, daß ſie nicht auf dem Minenberge arbeiteten. Die Feinde kamen dadurch in Alarm, ſteckten Leuchten auf ihre Flaggenſtan⸗ ſtig. gen und thaten Signalſchuͤſſe. — Das Wetter iſt für fie beſtaͤndig guͤn⸗ Wir continuiren unſer Feuer. Den Aten Jan. Freitag. Der Gou⸗ verneur hat eine neue Promotion un— ter den Hannoveranern vorgenommen, nach welcher der Herr H. von M. zum Major, der Herr Lieutenant Saf; ſe zum Capitain, der Herr Faͤhndrich Cronh. .. zum Lieutenant, und der Sergeant H. .. zum Faͤhndrich ans geſetzt ſind, bis daruͤber des Koͤnigs Willensmeinung erfolgt. Dieſen Nachmittag ward die kleine Miß Squire mit einem Flagg of Truce ins Caſtel geſandt. Sie uͤberbrachte einen Brief vom Herzog von Crillon, worin er ſich in Abſicht der ſpaniſchen Kriegsgefangenen aͤußert, daß es ihre eigene Schuld ſey, jetzt gefangen zu ſitzen, weil ſie ſich auf dem ihnen an⸗ gewieſenen Poſten nicht repliirt hät: ten. Am Ende beſchließt er mit den Worten: Je vous forcerai de me ren- dre vörre eſtime. Die kleine Miß zitterte vor Freuden ihren Vater und Bruder zu ſehen. In ihrer Erzaͤh⸗ lung war ſie ſehr naiv. Sonntag Morgen will, ſagte ſie, der Herzog von Crillon feine Batterien eroͤſnen, und das Fort in acht Tagen wegneh—⸗ men. Wenn ihr feuert ſo ſagen die Spanier: Jetzt find die Engländer betrunken. Die Spanier haben ſchon über 1000 an Getoͤdteten und Ver⸗ wundeten. Der Herzog von Crillon nahm mich in ſeine Arme und kuͤßte mich. Er iſt ein kleiner alter Mann, nicht * 783 Tagebuch während nicht viel größer als ich. Im Caſtel, ſagte er, werdet ihr nichts als Salz⸗ fleiſch zu eſſen bekommen. Das find verdammte Luͤgen, ſagte General Mur⸗ ray, wir haben noch immer friſches Fleiſch. Ja, aber wo? an der Tafel des Herrn Generals. — Man kan mit großer Gewißheit ſchließen, wenn man alle Umſtaͤnde zuſammen nimt, daß die Belagerung jetzt nahe vor der Thuͤr ſey. i . Jan. Sonnabend. Da bei dem beſtaͤndigen Feuern eine große Anzahl Kanonenpfroͤpfe erforderlich iſt: ſo hat man kleine Kinder aufs Glacis geſchickt, um die verſchoſſenen wieder aufzuſammeln. Bei dieſer Gelegenheit hat ſich ein engliſches klei⸗ nes Soldatenmaͤdchen zu weit außer den Palliſaden gewagt, und iſt von dem ſpaniſchen Poſten angerufen. Sie hat Herz genug hinzu zu gehen, und wird uͤber die Mauer gehoben. Ein Officier redet fie darauf ſehr freundlich an, tractirt fie mit einem Glaſe Wein, Weißbrod und Fleiſch, und läßt fie wieder von ſich, nachdem er ihr noch etwas mit auf den Weg giebt. Ein engliſcher Knabe wagte ſich bis zur Burgos Batterie, kuckt Die Erzählung der Eröfnung der foͤrmlichen Belagerung wird bald folgen. £ der Belagerung ꝛc. 8 uͤber die Mauer, und fieht die Spa nier an den Platforms arbeiten. Ohne geſehen zu werden, kehet er gleich zus ruͤck. — Dieſen Morgen ſchickte der Gouverneur eine Antwort an den Herzog von Crillon auf den geſtrigen Brief, worin er ſich ſehr verbindlich ſoll ausgedruͤckt haben. ' Flagg of Truce uͤberbrachte, zuruͤckge⸗ kehrt: fo fingen wir wieder zu feuern an. Geſtern Abend ſollen die Feinde Kanonen auf ihre Batterien gefahren baden. Wir feuerten mit Bomben heftig dahin. Dabei muͤſſen die Fein de wahrſcheinlich viel eingebuͤßt ha⸗ ben. Dieſen Abend machten die Spa⸗ nier ein Mousquetenfeuer, wahrſchein⸗ lich in der Abſicht, ihre Batterien waͤhrend der Zeit um fo viel ruhiger eroͤfnen zu koͤnnen. Wir merkten ſol⸗ ches, kehrten uns daher an ihr kleines Gewehrfeuer nicht, ſondern ſchoſſen mit aller Macht nach allen Seiten, wo ſie Batterien hatten, und ſetzten ihnen mit Kugeln und Bomben zu. Ohne großen Verluſt der Feinde kan die Eroͤfnung ihrer Batterien wohl ſchwerlich zugehen. CCC ⁰˙mm 2222 DZ Kaum war der Fortadjudant, der. fie mit einer I Hamenerie ' Manazii. sors Skuͤck. Montag „den 2 ten Junius 1783. — — Fortſe sung der Sefibreibung einiger auslaͤndiſchen merkwuͤrdigen ‚Bäume und Pflanzen, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. (Siehe das IIte und 28te Stück.) Dritter Brief. w. : erhalten hier die Befchrei: bung von einem Gewaͤchſe, deſſen fuͤrtrefliche Frucht Ih— nen ohne Zweifel ſchon bekant iſt. Es iſt ſolches die Ananas. Zwar iſt die⸗ ſelbe bereits nach Europa verpflanzt worden. Eigentlich aber iſt doch Wen: galen, Braſilien und Peru ihr Vaterland, wo ſie wild waͤchſt. Man findet ſie auch in Aſie ien und Afrika, und fuͤhret eigentlich den Namen. Straußananas, Bromelia ana- nas. Sie hat eine faſerichte Wurzel, und hellgruͤne ganz ſteife und mit klei⸗ nen ganz ſtarken Stacheln beſetzte Blaͤtter. Zwiſchen denſelben ſteigt der runde einfache Stamm in die Höhe. Dieſer hat aͤhnliche Blaͤtter, und iſt gegen das obere Ende mit kleinen dicht an einander geſetzten dreieckigten, ein⸗ gekerbten, gruͤnroͤthlichen Blaͤttern verſehen, zwiſchen welchen ſich blaͤuli— che purpurfarbene Blumen befinden. Die Fruchtkeime ſind gleichſam alle in eine Frucht verwachſen, und umgeben den Stengel. Zu Anfange iſt die Frucht gruͤn, wenn ſie aber reif ge⸗ worden, alsdenn iſt ſie gelb. Sie hat ein ſaftiges Fleiſch, daß | durch zarte Faſern mit dem Stamme verbunden iſt. — In der Frucht ſelbſt lieget hin und wieder der Saamen, welcher mit den Aepfelkernen große Aehnlichkeit bat. Oben aus der Frucht waͤchſt ein Strauß von Blaͤttern hervor, die de⸗ nen, die an dem unterſten Ende bei der Wurzel befindlich find, gleich kom⸗ men. Ein jeder Stock bringet nur eiumal feine Frucht; aber er treibt aus der Wurzel, oftmals auch aus dem Stengel neue Schoͤßlinge. Wenn die Frucht ihre Reife erlangt hat, ſo be⸗ haͤlt ſie ihren Saft nur wenige Tage. Will man ſie nun einige Zeit aufbe⸗ halten, fo muß man ſie abſchneiden, ehe ſie vollkommen reif geworden, und alsdenn an einem kuͤhlen Orte aufbe⸗ wahren. Der Saft dieſer Frucht uͤbertrift alle andere Arten an kieblichkeit. Er Dod bat 767 Beſchreibung einiger ausländifchen merkwürdigen Bäume 788 hat einen angenehmen Geruch, und im Geſchmack viel aͤhnliches mit den Erd⸗ beeren. Einige Arten haben eine ſol⸗ che Schärfe an ſich, daß das Zahn: fleiſch von ihnen angegriffen wird. So angenehm dieſe Frucht iſt, ſo ſchaͤdlich wird ſie gleichwohl, wenn ſie zu haͤu⸗ fig genoſſen wird; denn fie iſt von ei: ner ſehr hitzigen Eigenſchaft, und ſoll einen Nahrungsſaft erzeugen, der das Gebluͤt verhitzt und verdirbt, ſo, daß leicht Fleckfieber daraus entſtehen fol: len. Auch ſoll der haͤufige Gebrauch der ſelben die rothe Ruhr veranlaffen, Andere hergegen preiſen ſie als ein gu— tes kuͤhlendes Mittel an, und empfeh— len den von noch nicht reifen Fruͤchten genommenen Saft als ein Mittel wi⸗ der den Stein. Man findet verſchie⸗ dene Arten dieſer Ananas, nemlich: Die große weiße Straußananas, und die große rothe. Jene heißt Jaiama: dieſe aber, die man auch Fuckerhut nennet, Boniama. Die weiße hat eine eyfoͤrmige Frucht; erhabenere und zugeſpitztere Blumen, gelbliche, wie eine Rine geſtal⸗ tete mit aufſtehendem Rande zuſammen gezogene, und mit haͤufigern, doch wei⸗ chern und weißen Stacheln verſehene Blaͤtter. Die Frucht iſt anfangs gruͤn; nachher bekoͤmt fie aber eine dunkele zitronengelbe Farbe. Die rothe Straußananas hat eine Frucht, die anfangs roͤthlich iſt, nachgehends aber Orangen gelb wird. Sie iſt walzenfoͤrmiger und kleiner, als die vorige. Die Blaͤtter find breit, e ‚ und baben rothe Sta⸗ cheln. Dieſe beiden Arten machen das Zahnfleiſch blutend, wenn man ſie ge⸗ nießet. Die erſte iſt zwar vom Ge⸗ ſchmack angenehmer, aber auch ſchaͤr⸗ fer. Die zwote iſt wohl füffer, aber dabei nicht fo angenehm. 5 Man hat ſonſt auch noch eine kleine Straußananas, die unter dem Na⸗ men Boͤnigsapfel bekant iſt. Dieſe hat nur ganz ſchmale Blaͤtter, und faſt gar keine Stacheln, doch iſt das Ende der⸗ ſelben mit ſpitzigen Stacheln verſehen. Die Frucht iſt zwar kleiner, als die vos rigen Arten, doch hat ſie das Gute an ſich, daß ſie die Zähne nicht ſtumpf macht, wenn man fie genießet. Man hat davon eine gruͤne, die auch als⸗ dann, wenn fie reif iſt, auswendig gruͤnlich bleibt; und eine olivenſar⸗ bige, deren Fleiſch auswendig oliven⸗ farbig, inwendig aber gelb, und ſonſt von 1 einem fuͤrtreflichen Geſchmack iſt. In Jamaika und Barbados waͤchſt auch eine Ananas, die unter dem Namen der traubenfoͤr migen vor⸗ komt, und Bromelia pinquin genannt wird. Die Blaͤtter ſind wie die an der weißen Ananas. Die Bluͤte aber ſtehet nicht dichte beieinander, und die Fruͤchte ſind nicht in einem Koͤrper ver⸗ wachſen, ſondern der Stengel endiget ſich mit vielen aͤſtigen Stielen, auf de⸗ nen die Blumen und Fruͤchte einzeln, doch auf eine ſolche Art bei einander ſitzen, daß ſie einen traubenfoͤrmigen Buͤſchel vorſtellen. Die Frucht iſt ge⸗ wunden, und inwendig in drei Sacher abgetheilet. In Amerika waͤchſt eine Ananas Vink ie 789 und Pflanzen, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. 790 wild, und iſt unter dem Namen Bro- melia Karata: bekant. Sie hat keinen Stamm, und heißt deswegen die ohn⸗ ſtaͤmmige Ananas. Die Blumen fißen auf der Wurzel und find von den Stacheln der Blaͤtter bedeckt. Die Frucht iſt den Pflaumen aͤhnlich, und ſoll einen angenehmen ſauren Ge⸗ ſchmack haben. Wenn ſie reif ift, fo kommen zwiſchen den Blättern Schoͤß⸗ linge hervor die Wurzeln ſchlagen und neue Stöcke geben. Der Saft von dieſer Frucht wird von den in Nordamerika ſich aufhal⸗ tenden Engländern oͤfters unter den Punſch gemiſchet. Man macht auch aus dem Safte einen Wein, der ſehr ſtark iſt; allein er bleibt nicht lange gut, und muß ſogleich verbraucht werden. Dieſer Wein macht ſehr trunken, und erbitzt das Geblüt. N In dem mittaͤgigen Amerika fin⸗ det man die zungenfoͤrmige Ananas, Bromelia linguſata. Wahrſcheinlich bat fie den Namen daher, daß fie aus: gezackte ſtachelichte, am Ende aber ſtumpfe Schilf oder zungenförmige Blaͤtter hat. Der Stamm derſelben iſt aͤſtig und hat wechſelsweiſe uͤber einander ſtehende Blumenaͤhren. In eu: Spanien und Suri⸗ name waͤchſt auch die pyramiden⸗ förmige Ananas, Bromelia nudicau- lis. Ihre Wurzelölätter find am Ran: de ausgezackt und mit ſchwarzen Sta⸗ cheln verſehen. Die Staͤngelblaͤtter ſind aber vollkommen ganz. Abbildungen von verſchiedenen Sor⸗ ten der Ananas, findet man in Haids Zeichnungen Tab. II. und III. in den Aenmerkingen over het anleggen van Landhalzen. p. 398. Lit. G. in Vol⸗ kamers nuͤrnbergiſcher Heſperi⸗ des. Th. 2. S. 217. Tab. 1. und S. 218. Th. 2. S. 219. Th. 3. u. a. m. Vielleicht iſt es Ew.⸗⸗ angenehm, wenn ich Ihnen auch von der Forts pflanzung der Ananas einige Nach⸗ richt gebe, und vielleicht werden Sie dadurch gereitzet, dieſelbe ebenfalls an— zuziehen. Man pflanzt die Ananas fort, theils durch die auf der Frucht wachfende Krone, theils durch Able— ger, welche entweder aus der Pflanze, oder unter der Frucht hervorwachſen. Jene iſt die ſicherſte Vermehrung, fie giebt die ſchoͤuſten Pflanzen, pflegt auch ein Jahr fruͤher als die Ableger zu tragen und die ſtaͤrkſten Früchte zu bringen. Nach Millers Anweiſung werden die Abſenker, fo wie die Aro: ne, an einen warmen Ort vier oder fuͤnf Tage gelegt, daß ſte abtrocknen. Das ſicherſte Kennzeichen, ob fie lange ge⸗ nug gelegen haben, iſt, wenn der Ab: ſchnitt zugeheilt und hart iſt. Werden die Ableger behutſam von den alten Pflanzen abgenommen; ſo ſind ſie un⸗ ten mit einer harten Haut uͤberzogen, und brauchen nicht ſo lange zu liegen, als wenn ſie von ungefaͤhr abgebrochen werden. Wenn man eine Krone von der Frucht, oder einen Ableger von eis ner alten Pflanze abnimt, ſo muß man fie ſogleich von ihren Grundblaͤttern fo. weit entbloͤßen, als tief ſie in die Erde geſetzt werden ſollen. Darauf laͤßt man fie abtrocknen und heilen, damit fie, Dod 2 wenn 2 ” 79 1 Beſchteibung einiger ansländifchen merkwuͤrdigen Bäume 75 wenn ſie in die Hitze und Feuchtigkeit kommen, nicht ausgehen. Eine gute fette Gartenerde, darin man Küchen: kraͤuter ziehet, die nicht zu feucht und ſchwer, aber auch nicht zu ſandigt und leicht iſt, kan beim Verpflanzen ſchon gebraucht werden. Sonſt nimt man friſche abgeſtochene Raſen, und ver⸗ miſcht ſolche mit einem Drittheil Kuh⸗ miſt, der aber bereits verfault ſeyn muß. Man thut ſehr wohl, wenn man fie alſo ein Jahr liegen laßt, denn je laͤnger ſie liegt, deſto beſſer wird ſie. Alsdenn ſaͤubert man ſie durch ein Sieb, doch nur bloß von den Steinen, ſo iſt ſie zum Gebrauch gut. Die hinein⸗ geſetzten Pflanzen muͤſſen im Sommer, nachdem es warm iſt, oͤfters begoſſen werden, jedoch auch nicht zu viel auf ein⸗ mal, und man hat dahin zu feben, daß das Waſſer unten durch die Loͤcher im Topfe abziehen koͤnne. Einmal in der Woche kan man auch im Sommer durch gelindes Uebergießen die Unrei⸗ nigkeiten von den Blaͤttern abſpuͤlen. Das Verſetzen der Pflanzen aus einem Topf in den andern wird ſehr widerra⸗ then, und es darf nur zweimal im Jahr geſchehen. Einmal zu Anfange des Mais, und dann zu Ende des Auguſts, oder zu Anfange des Herbſtmonats. Zu dieſer Verfallzeit wird jedesmal das Lohbeet, darin fie ſtehen, aufgeruͤhrt, und etwas friſche Rinde aufgeſchuͤttet, um das Beet wieder ſo hoch zu machen, als es bei ſeiner Anlegung war. Die dann wieder hineingeſetzten Töpfe, die aber nicht zu groß ſeyn muͤſſen, werden alsdenn gelinde uͤbergoſſen, damit ſich die Erde an den Wurzeln anſetze. In der Lohe läßt man fle bis zu Anfange des Wintermonats, auch, wenn es ge⸗ linders Wetter iſt, noch laͤnger ſtehen. Findet man beim Einheitzen die Erde trocken, fo begießt man fie, aber nicht zu viel auf einmal, ſondern ofte. Wenn die Pflanzen ihre Fruͤchte zu ſetzen anfangen, ſo duͤrfen ſie nicht mehr in andere Toͤpfe verſetzt werden: Man wuͤrde ſonſt ihren Wuchs hindern, und dadurch machen, daß ihre Früchte klei⸗ ner und ſpaͤter reif werden, da man alsdenn inſonderheit ſuchen muß, fie im friſchen Wuchſe zu erhalten. i Die Reife der Frucht laͤßt ſich am beſten aus dem Geruch und durch Er⸗ fahrung beurtheilen. Denn, da die ver⸗ ſchiedenen Arten derſelben in der Far⸗ be von einander abweichen, ſo laͤßt ſich davon nichts gewiſſes beſtimmen. Nur muß man ſie nicht zu lange ſitzen laſ⸗ ſen, weil ſie ſonſt welken und ſterben würden. Am beſten iſts, fie an dem Tage abzunehmen, an welchem man ſie genießen will, und zwar fruͤhe, ehe die Sonne fie erhitzt hat. Den Sten gel von der Frucht ſchneidet man ſo lang ab, als moͤglich iſt, und legt ſie an einen kuͤhlen, aber trocknen Ort, mp Stengel und Krone ſo lange an der Frucht gelaffen werden, bis man fie genießt. N RER Ein mehreres von der Fortpflanzung dieſes Gewaͤchſes zu ſagen, erlaubt die Abſicht dieſer Blätter und die Beſchaf⸗ fenheit eines Briefes nicht. Ich kan Em. : auch nur auf den dritten Theil des Hausvaters verweiſen, wo ſie 93 und Pflanzen, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. 794 eine umſtaͤndlichere Behandlung def: ſelben antreffen werden. Ich will alſo nur noch folgendes bemerken. Die aus Weſtindien gebrachten Ananaspflanzen haben gemeiniglich ein weißes Inſekt, Aphides Heſperidum, Linn. bei ſich, welches die Pflanzen zu Grunde richten, und ein ganzes Treib⸗ haus auch zum Nachtheil anderer Ge⸗ wuͤchſe anſtecken kan. Einige Gaͤrtner benetzen die Pflanzen mit Tabackswaſ— ſer um dieſe Inſekten zu toͤdten. Aber oft verfaulen die Wurzeln davon. Beſ⸗ ſer iſt es, den Pflanzen, ſo bald ſie an⸗ kommen, die kleinen Blaͤtter an den Wurzeln abzunehmen, und ſie trocken zu reinigen; denn in dieſem Theile hal: ten ſich die Inſekten am meiſten auf. Während daß der Boden der Pflan⸗ zen verhaͤrtet, bereite man ein Treib⸗ beet von Duͤnger, lege ſieben oder acht Zoll alte Lohe auf ſelbiges, und bedecke es mit den Fenſtern. Wenn die ſtaͤrkſte Hitze voruͤber iſt, ſtecke man die Pflanzen in die Lohe, und laſſe ſie darin drei bis vier Wochen ſtehen, ſo ſind alsdenn die Inſekten durch den Dunſt des Duͤngers gaͤnzlich vertilget, und die Pflanzen zum Verſetzen tuͤchtig. Die nicht unmittelbar aus Weſtin⸗ dien gebrachten Pflanzen werden von dieſem Inſekte nicht angegriffen, es waͤre denn, daß man das Begießen verabſaͤumet haͤtte, oder daß die Pflan⸗ ze durch irgend einen Zufall ungeſund geworden waͤre. Denn an einer voͤllig gefunden Pflanze fangen dieſe Inſek— ten nicht an zu nagen. ö Ich wuͤrde hier ſchließen, weil ich — aber weiß, daß Sie gerne lange Briefe leſen, fo will ich noch einige Beſchreibun⸗ gen von andern Baͤumen hinzufuͤgen. Zuerſt alſo wieder einen Brodfrucht⸗ baum, ich meine den Canarienbaum. Canarium, Linn. Dieſer Baum waͤchſt auf allen oſtin⸗ diſchen Inſeln, beſonders auf den Mo⸗ lucken, Ainboina, Manixa, Neu⸗ Guinea, und anderen mehr. Er traͤgt maͤnnliche und weibliche Blumen auf zwe: verſchiedenen Staͤmmen. Beide haben einen zweiblaͤtterichen Kelch und eine dreiblaͤtteriche Krone, doch ſind die Kelchblaͤtter der weiblichen Blumen zu⸗ rück gebogen. Der Stempel beſtehet aus einem eyrunden Fruchtknoten, und einer faſt unmittelbar darauf ſitzenden kopffoͤrmigen dreieckigten Narbe. Nach der Blüte folget eine trockene, eyrun⸗ de, zugeſpitzte Steinfrucht, welche eine eben ſo geſtalte Stuffe in ſich faßt, de⸗ ren Kern den europaͤiſchen Mandeln dergeſtalt gleich koͤmt, daß ein Fremder fie kaum davon unterſcheiden wird. Das einzige iſt, daß fie ungleich groͤſ⸗ fer iſt, als dieſe. Sie find eine nuͤtz⸗ liche Speiſe der Indianer, und geben ihnen viele Nahrung. Wenn ſie noch zu friſch ſind, welches man daran er⸗ kennet, wenn ihre aͤußere Haut noch nicht feuerroth, ſondern weißlich, und bie und da mit purpurfarbenen Strei⸗ fen gezeichnet iſt, und alsdenn genoſſen werden, ſo verurfachen fie durch ihr haͤufiges ſchleimigtes Weſen leicht Durchfall und Dyſenterie. Dieſem Uebel kan indeſſen dadurch vorgebeuget werden, daß man fie mit Salz iſſet, Ddd 3 oder 795 Beſchreibung einiger auständifchen merkwuͤrdigen Bäume a oder eine Zeitlang aufbewaßret und in den Rauch haͤnget. Getrocknet kan man fie aber nicht ohne Zuſatz gebrau⸗ chen, weil fie ſehr oͤlicht find. Man preſſet daher entweder das Oel aus, und gebrauchet es friſch zu verſchiede⸗ nen Speiſen, alt aber zum Brennen; oder man zerſchneidet und zerſtoͤßt die Kerne, miſcht eine Quantität Sage mehl darunter, und macht aus dieſem Teige eine Art von Brod, welches Baggega und Mangea genannt wird. Es ſoll ein delikates Brod ſeyn. Außerdem macht man auch mit Reis⸗ mehl und braunem Zucker eine andere Art von Gebackenen daraus, welches die Judianer für eine große Delikateſſe halten. Beide Arten der Zubereitung dieſer Frucht gefallen aber den Europaͤern gar nicht, und bekommen ihnen auch nicht wohl; denn ſie ſchmecken oͤlich unan⸗ genehm, und verurſachen leicht Ver⸗ ſtopfungen des Leibes. Indeſſen ſind fie doch das taͤgliche Brod der Landes⸗ einwohner, und können ſehr lange anf: bewahret werden, weil fie hart find. Aber daher find fie auch beſchwerlich zu eſſen. Die Reiſebeſchreibungen gedenken oft des Betels, deſſen Gebrauch in Oſtindien ſehr gewöhnlich iſt, und das mit ein anſebnlicher Handel getrieben wird. Es gehoͤret derſelbe zum Pfeffer: geſchlechte, und iſt wie der Pfeffer eine hochfteigende rankende Rebenpflanze, die ſich um alles, was fe vorfindet, her⸗ umſchlinget, es ſey entweder ein Baum, der in der Nachdarſchaft ſtehet, oder eine Stange, die man, wie bei uns beim Hop: 3) Man ſehe den vorigen Brief. St. 28. S. 449. fen zu geſchehen pflegt, zu ihrer Unter: ſtuͤtzung hinſetzet. Sie hat lange ſcharf zugeſpitzte ſiebennervige Blätter, welche von uͤberaus bitterm Geſchmack, und mit einem rothen Safte angefuͤllet find. Die Fruͤchte beſtehen aus Beeren, da⸗ mit die langen ſchwanzfoͤrmigen Aeh⸗ ren uͤber und uͤber beſetzt ſind. 5 Ich habe ſchon vorhin erwaͤhnet, daß mit den Blaͤttern vom Betel Hand⸗ lung getrieben wird, und daß ſolche uͤberaus anſehnlich ſey. Es beſchaͤfti⸗ gen ſich viele große angeſehene Kaufleu⸗ te damit, die viele Schiffe mit Betel be⸗ laden, und ſolchen im ganzen Orient ver⸗ fuͤhren, wo er von einem ſo allgemeinen Gebrauch iſt, daß die Großen und das Volk, die Reichen und Armen niemals ohne Schachteln mit Betel ſind. Sie bieten ſich dieſelben einander an, wenn fie ſich begegnen, und es iſt eine einge⸗ fuͤhrteHoͤflichkeit ſowohl unter Manns⸗ als Frauensperſonen, ſich dergleichen vorzuſetzen, wenn ſie einen Beſuch bei einander abſtatten. Ja man ſiehet es alsdenn als eine Beſchimpfung an, wenn man dergleichen entweder nicht vorſetzet, oder wenn man es ausſchlaͤgt, wenn man damit bewirthet wird. Die Betel⸗ blaͤtter haben die Eigenſchaft, daß ſte ſich lange erhalten und ſo leichte nicht verderben. Dadurch wird denn die Handlung mit denſelben ſehr befoͤrdert. Sie ſind der Geſundheit des Menſchen ſehr zutraͤglich; indem fie den zaͤhen Schleim verduͤnnen, den Magen ſtaͤr⸗ ken, und das Zahnfleiſch befeſtigen. Die Indianer vermiſchen den Betel mit Areka a) Cardamomen, Nelken, oder auch 797 und Pflanzen, die in den Reiſebeſchreibungen vorkommen. 798 auch nur mit gebrannten Auſterſchalen. Dieſes Gemiſche kaͤuen ſie, um ſich einen wohlriechenden Athem zu machen. Den erſten Saft davon fpeien fie weg, und er iſt fo roth, als Blut. — Wird der Betel maͤßig gebraucht, ſo iſt er gut und beilſam. Allein die meiſten Indianer miß brauchen felbigen, indem ſie ihn bes ſtaͤndig, ſelbſt auch wenn ſie ſchlafen, im Munde fuͤhren, dadurch denn ihre Zaͤhne in kurzer Zeit angefreſſen und kohlſchwarz gemacht werden. Der Bampferbaum, Laurus Cam- phora, Linn. deſſen Vaterland Japan iſt, hat ſo viele Berzüge vor andern Baͤu⸗ men, daß Ihnen die Beſchreibung da: von ſehr angenehm ſeyn wird. Dieſer edle Baum, der wegen ſeiner Groͤße und erſtaunlichen Hoͤhe beruͤhmt iſt, wird von den Chineſern Tchang, und der daraus gezogene Kampfer Tchang⸗ nao genannt. Man findet einige Baͤume, die über dreihundert Fuß hoch find, de⸗ ren Dicke mit der Hoͤhe im Verhaͤltniß ſtehet, ſo daß zwanzig Männer einen fol: chen Baum kaum umklaftern koͤnnen b). Der Stamm iſt rund, gerade, anfaͤng⸗ lich mit einer glatten, gruͤnlichen Rin⸗ de bekleidet, welche aber im Alter un⸗ gleich, knotig, rißig, und grau wird. Das Holz iſt weiß, getrocknet aber roth, von lockerm Gewebe, grobfaſerig, mit ſchwaͤrzlichen Maſern und Adern durch: zogen, und ſehr ſtark riechend. Die Aeft, nem gelinden Feuer kochen kan. breiten ſich ſehr weit aus, und find mit ſtarken Blaͤttern bekleidet, die den Lor⸗ beerblaͤttern ähnlich ſehen, zwei Finger breit und vier Finger lang ſind. Das Holz iſt dabei fehr hart und dauerhaft, und nicht allein zu Erbauung großer Schiffe dienlich, ſondern auch wegen der Schoͤnheit und Glaͤtte ſeiner Ober⸗ flaͤche, und wegen der großen Mannig⸗ faltigkeit ſeiner Adern, zu den ſchoͤnſten Stuͤcken von Tiſchlerarbeit ungemein brauchbar. Das innere Gewebe iſt ſo feſt und widerſtehend, daß man oft Baͤu⸗ me findet, die uͤber 300 Jahre alt ſind. Der Kampfer oder Gummi wird auf zweierlei Weiſe aus dem Baume erhal ten, entweder durch kleine Einſchnitte in die Baͤume; oder durch Zerſchnei⸗ dung der Zweige. Auf die erſte Weiſe erhaͤlt man aber ſo wenig Kampfer, daß man unmöglich alle Länder damit ver⸗ ſorgen koͤnte. Daher iſt auch der na⸗ tuͤrliche Kampfer ſehr rar und theuer, und koͤmt ſelten nach Deutſchland. Die zwote Art den Kampfer abzuſondern, beſtehet darin: Man nimt einige von den friſcheſten Zweigen und ſaͤget ſie in duͤnne Stuͤckchen, die ungefaͤhr einen Zoll dick ſind. Dieſe hackt man wie⸗ der in kleine viereckigte Stuͤckchen, und weicht ſie drei Tage und Naͤchte in Brunnenwaſſer, in welcher Zeit fie - ſo aufquellen, daß man ſie uͤber ei⸗ Sie wer⸗ b) Da die Nachricht davon, und von der Art, deſſen fürtreflichen Gummi zu extra hiren und zu ſublimiren aus einem alten chineſiſchen Buche genommen iſt, wel⸗ ches der Kaiſer Rang-hi mit den Anmerkungen gelehrter und erfahtner Natur⸗ kuͤndiger wieder drucken laſſen, fo kan man derſelben allen Glauben beimeſſen. Dentres olles in Lettr. edifiant. Vol. 24. p. 406. 799 Beſchreibung einiger aus laͤndiſchen merkwuͤrdigen Bäume 1. 800 & werden mit einem Quirl von Tannenholz fo lange getuͤhtet, bis ſie ihren harzigen Saft von ſich gegeben, welcher daran erkant wird, wenn er ſich wie eine weiße Gallerte an den Quirl anfegen Hierauf wird alles durch⸗ gefeiget, und ſehr darauf geſehen, daß nichts von den Hefen und andern Uareinigkeiten mit durchlaufe. Man gießt das Durchge⸗ ſeigte in ein irdenes wohl glaſurtes Gefaͤß, darin es eine ganze Nacht ſtehen und kalt werden muß, da man denn des Morgens den Kampfer in eine Maſſe oder Kuchen zuſammen geronnen findet. Dieſe Maſſe wird nachher von den Chineſeru folgender Geſtalt gereiniget und ſublimirt. Sie neh⸗ men einen Keſſel oder flaches Gefaͤß von ro⸗ them Kupfer, und machen in daſſelbe ein Lager von ſtaubigter Erde von einer alten vermoderten Wand, und auf dieſe wird eine Maſſe von Kampfer gelegt; ſie thun die zwote, dritte und vierte Lage hinzu und be⸗ decken ſie erſt mit friſchem Laube von der Pflanze Po oder Poley, und darnach ſtuͤr⸗ zen ſie einen andern kupfernen Keſſel von eben der Groͤße uͤber den erſten her, und verkleben ihn ſo ſtark, daß nicht das min⸗ deſte durch die Fugen dringen kan, weil ſoaſt der ganze Proceß fehl ſchlagen würde, Wenn nun der erſte Keſſel fo angefuͤllet und verwahret worden, ſo wird er auf ein ge⸗ lindes Feuer gefteet, das weder zu ſtark noch zu matt brennen, vor allen Dingen aber darauf geſehen werden muß, daß die Verbindung der beiden Keſſel weder von der Hitze noch durch einen andern Zufall berſte. Wenn nun der Keſſel lange genug auf Kohlen geſtanden, welches man meiſtens aus der Erfahrung lernen muß, fo wird er abgenommen, und man laͤßt ihn kalt werden. Thut man darauf die beiden Keſſ. son ein; ander, ſo findet man, wie ſich der Kampfer an den Seiten und an der Decke des obern Keſſels ſublimiret und als eine Rinde an⸗ geſetzet hat. Wird dieſe Handlung zwei bis dreimal wiederholet, ſo giebt jegliche Probe eine neue Quantität von eben die, jera ſtark riechenden Gummi. Dieſe muß gleichfals zwiſchen zwei irdenen Gefaͤßen geſcheheg, die wohl verwahret, oder mit naſſem Papier belegt find, um alle Aus duͤn⸗ finug_ zu verhäten. Man fest es ſodann auf ein gelindes Feuer, um es brauchbar zu machen, und wenn es wieder abgenom⸗ men und kalt geworden, ſo leget ſich der Kampfer in ſeiner Vollkommenheit, und iſt zu allem Gebrauch tuͤchtig. Ob wohl die Chineſer einen hinlaͤnglichen Vorrath von der gereinigten Gattung zu ihr rem eigenen Gebrauche machen, fo verkau⸗ fen fie doch vielen unrein an die Holaͤnder. Dieſe aber wiſſen ihn gut zu rafiniren. Das war vormals ein Geheimniß, ſelbſt aber weiß man, daß ſie Sand und Kalch dazu gebrauchen. | Bekanntlich wird der Kampfer in der Ars zenei haͤufig gebraucht. Auch miſcht man denſelben unter die Wachskerzen; nicht we⸗ 885 bedienet man ſich deſſen bei den Feuer⸗ werken. a 5 Von dem Holz des Kampferbaums bes hauptet man, daß es die Tugendendes Gum⸗ mi an ſich habe, ob wohl in einem gerin⸗ gern Grade, indem das Decoct davon in vie⸗ len Zufaͤllen mit Nutzen gebraucht werden kan. Wenn man ſich an den Schuhen von die⸗ ſem Holze die Sohten machen läßt, fo ſollen fie den Schweiß an den Fuͤſſen mindern, und eine Staͤrkung für dieſe ſehn. Ich koͤnte Ihnen noch weit mehr von den Tugenden dieſes Baums, und beſonders von dem Gebrauch und der fuͤrtreflichen Wuͤr⸗ kungen ſeines Gummi ſagen, aber ich fuͤrchte, daß ich Ihre Geduld ſo ſchon moͤge gemiß⸗ braucht haben. Ueberdem iſt ſolches auch mehr die Sache eines Medici, als eines Botanici. Erlauben Sie daher, daß ich fuͤr diesmal hier meinem Briefe ſeine Grenzen ſetzen, und die Fortſetzung ähnlicher Beſchrei⸗ 6 bungen naͤchſtens nachfolgen laſſen dürfe. 8. ch an f 5 * r we Hambach Maga gt Stuͤck. Reg den 27ten Junius 1783. Anmerkungen uͤber ein Paar Stellen in dem Vorbericht des Herrn Hofraths Leſſings zu der von ihm herausgegebenen Beſchreibung Braſiliens, betreffend die vermeinte Perſon eines ſpaniſchen Haupt⸗ manns, der mit ſeinem Geſchlechtsnamen Marannon y Gran Para geheißen haben fol. 5 Wolfenbüttel beſitzt eine ſpaniſche Handſchrift, worin Braſilien beſchrieben iſt, mit einer dabei befindlichen deutſchen Ueberſez— zung. Der Titel der erſtern iſt: Dit⸗ eripcion (Deſeripcion) de mil y trein- ta y octeo leguas de tierra del eſto i (Eſtado ) de Brafil, conquifta del Ma- rannon y Gran Para per (por) ſus ver- daderos rumbos, y de fententa leguas que tiene de boca el Rio de las Ama- zonas que eſta en la linea Equinocial, y de quarenta y feis leguas que tiene de boca el Rio de la Plata, que eſta en treinta y feis grados de la banda del Sur de la dictea linea Equinocial, co- mo todo ſe mueſtra abaxo. Die Aufſchrift der deutſchen Ueber: ſetzung iſt dieſe: Beſchreibung der Lander von Braſil auf 1oz8 Mei⸗ len, ſo erobert und erfunden wor⸗ den find von Maͤranjon und Sran Para, durch ihre richtige ie Herzogliche Bibliothek zu Seecompas, wie auch des Sluſſes de las Amazonas, welcher unter der Aequinoctiallinie liegt, und 70 Meilen bat in ſeiner Muͤn⸗ dung, wie auch des Sluſſes de la Plata ſo 46 Meilen hat in der Mündung, und liegt 36 Grad von der Linie Aequinoctial ge- gen Suͤden, wie alles mit meh⸗ rerm folger. In der zu Madrid den zꝛ0ten Sept. 1634 gezeichneten Zueignungsſchrift an den damaligen fpawifchen Ober: ſtaatsminiſter Grafen von Oliva⸗ rez, nennt der Verfaſſer ſich Pedro Cudena, und ſagt, daß er in dieſem kurzen Bericht das beſchrieben haͤtte, was er auf der Kuͤſte von Braſilien geſehen und erfahren habe. Dieſe Handſchrift und die dabei be⸗ findliche deutſche Ueberſetzung erſchien, bald nach ihrer Entdeckung, gedruckt, unter dem Titel: Beſchreibung des portugieſiſchen Amerika vom Cu⸗ Eee dena. 303 dena. Ein ſpaniſches manuſeript in der Wolfenbuͤttelſchen Biblio⸗ thek, herausgegeben vom Herrn Hofrath Leſſ ing. Mit Anmer⸗ kungen und Zuſaͤtzen begleitet von Chriſtian Leiſte, Rector der Her⸗ zogliſchen großen Schule zu Wol⸗ fenbuͤttel, Braunſchweig 1780. Auf dem oben angezeigten Titel der ſpaniſchen Handſchriſt wird des Ama⸗ zZonenfluſſes gedacht, der auch Ma⸗ rannon und Grellana genannt wird. Herr Leſſing merkt dieſes in ſeinem Vorberichte aus der Reiſebeſchreibung des ſpaniſchen Admirals, Don Anto— nio de Ulloa a) an. Dieſer ſagt: „In Anſehung des Alters (der drei „Namen,) hat der Name Maran⸗ „jon b) den Vorzug: — Denn ins „dem Pedro Martyr de Angleria „in feinen Decaden c) von der Ent: „deckung der Kuͤſte von Braſilien „bandelt, die im Jahre 1500 durch „Vincent Vannez Pinzon geſche⸗ „hen iſt; ſo erzaͤhlt er, unter andern, „daß er an einen Fluß gekommen ſey, „der den Namen Maranjon gefuͤhrt „habe. Dieſes Buch wurde im Jahr „1516 gedruckt d). — Einige folgen „dem Auguſtin von Zarate e), und „leiten dieſe Benennung von dem Na: „men eines ſpaniſchen Hauptmanns en her. Sie geben vor, „Anmerkungen uͤber ein Paar Stelen 804 „weil dieſer Hauptmann zuerſt darauf „ geſchifft ſey, fo habe der Strom von „ihn feinen Namen erhalten. Dieſe „Meinung hat aber mehr Schein als „Grund. Man ſiebt, daß fie ſich bloß „auf die Gleichheit des Namens gruͤn— „det, welches ein ſehr ſchwacher Grund „iſt. Ueber dieſes findet man in den „Ge ſchichten, wo von der Entdeckung „dieſer Koͤnigreiche gehandelt wird, „nirgends etwas von einem ſolchen „Hauptmann. Man findet in keiner „Erzaͤhlung einige Meldung von die⸗ „ſem Entdecker oder feiner Entdeckung. „Man kan daraus ſchließen, daß Ja⸗ „rate daher geurtheilet habe, der ſelbe „(Fluß) muͤſſe feinen Namen von je⸗ „manden erhalten haben, der darauf „geſchiffet ſey. Waͤren ihm mehr Um⸗ ftände davon bekant geweſen, fo koͤnte „man ſicherlich glauben, daß er die „Nachrichten von ſolcher Entdeckung „ſeiner Geſchichte mit einverleibet ha⸗ „ben wuͤrde. Und wenn er ſie auch „weggelaſſen, und fuͤr nicht wichtig ge⸗ „nug gehalten haͤtte: fo würden doch „nicht alle Geſchichtſchreiber eben fo „geurtheilt, und das Andenken eines „Spaniers in die Vergeſſenheit ger „ſtellt haben, von welchem der groͤßte „Fluß, den man in der Welt kennet, „feinen Namen erhalten baden ſoll. „Das wahrſcheinuchſte ſcheint zu ſeyn, 2 „da a) Aus der Deutſchen Ueberſetzung, im gen Bande der allgemeinen Reiſen. S. 284. b) Ss ſchreibt Herr Leſſing ihn, weil das Wort Marannon von den Spaniern ſo ausgeſprochen wird. Die Portugieſen ſchreiben ihn Maranhaon. c) Dec. I. Lib. 9 d) Wenigſtens if die Zuſchrift an den damaligen Koͤnig von Spanien und na Pr i gen Kaiſer Carl V. zu rs 1516, am Iten Oct. datirt. er e) Hiſtoria del Peru. Lib. 4. es - 805 „daß Vincent Vannez Pinzon, da „er hieher kam, den Strom von den „Indianern, die auf den vielen Inſeln „deſſelben, oder an feinen Ufern wohn: „ten, mit dieſem oder einem andern Na⸗ „men, der einen ähnlichen Laut hatte, „nennen gehoͤrt f), und daher geglaubt „und geſagt habe, daß er den Namen „Maranjon führe g)., So weit Ulloa. | Dieſes fein Urtheil aber eine zwei⸗ felhafte Sache ſcheint ſehr richtig und beifallswerth zu ſeyn. Allein, Herr Leſſing wolte daſſelbe nicht gelten laſ⸗ ſen, und war andrer Meinung. „Daß „man, ſagt er h), überhaupt von kei⸗ „nem ſpaniſchen Hauptmann dieſes „Namens wiſſe, daß Farate einen ‚ folchen bloß gemuthmaßt habe; daß „alle andere Geſchichtſchreiber, als von „einem Weſen der Einbildung, von „ihm ſchweigen. Das iſt es, was ich „dem Don Antonio widerſprechen „muß. Ich weiß nemlich es zuver⸗ »laͤßig, als man dergleichen Din⸗ „ge nur wiſſen kan, daß es aller⸗ „dings einen Maranjon gegeben, der „mit feinem vollſtaͤndigen Geſchlechts⸗ „namen Maranjon y Gran Para „hieß, an den man hier wohl denken „koͤnte, indem ihm die Entdeckung und „geographiſche Beſtimmung eines groͤſ— „ſern Strich Landes in Amerika bei⸗ „gelegt wird, als nur immer von ei⸗ f) Petr. Martyr Dec. IT. Lib. 9 fol. 40. in dem Vorbericht des Herrn Hofrath Keffing ꝛc. 806 „nem Seefahrer zu ruͤhmen iſt, und ‚ fich diefer nemliche von ihm entdeckte „Strich Landes gerade von dem Ama⸗ „zonenfluß oder Maranjon anfängt, „Freilich folgt daraus noch nicht, daß „diefer Fluß von ihm den Namen has „be, weil ich in eben der Quelle, die „mich von feinen Entdeckungen unters „eichtet, auch finde, daß er unter gleis „chem Himmel ungefaͤhr geboren, und „er eben ſowohl, ja noch eher, den Na⸗ „men von dem Fluſſe, als der Fluß „den Namen von ihm erhalten haben „koͤnte. Aber ſo viel folgt doch, daß „das Vorgeben des Jarate nicht fo „gar ungegruͤndet iſt, als es Don An⸗ „tonio uns gern machen moͤgte. Und „zwar weiß ich dieſes, wovon Don „Antonio nichts wiſſen will; aus eis „nem kleinen, aber ſehr glaubwuͤrdigen „fpanifchen Aufſatze, wovon ſich eine „Abſchrift unter den Manuſcripten un⸗ „ ſerer Bibliothek befindet. Es enthaͤlt „nemlich dieſer Aufſatz die ausdruͤck— „liche Beſchreibung der Eintauſend „und acht uud dreißig Meilen, „welche ſich von der Mündung des „Amazonenfluſſes an, ſuͤdoͤſtlich um „ganz Braſilien und Paraguay bis „an den Fluß de la Plata erſtrecken, „und von Maranjon y Gran Pas „ra entdeckt und erobert zu ſeyn „geſagt werden. Er iſt von einem „Manne verfertiget, der viele Jahre Eee 2 5 „die C. Edit. Baſil. 1733. ſagt ausdrädlich: Ma- ragnonum appellant hunc fluvium incolæ. g) Aus 2 Leſſinge Vorberichte 17 Beſchreibung des Portugieſiſchen Ame⸗ rika vom Cudena. S. 5 h) Eben daſelbſt und 8. 5 f 807 „die daſtgen we bereiſet zu ha⸗ „ben verfi chert, und iſt an einen Mann „gerichtet, an den man ausgemachte „Unwahrheiten wohl nicht ſchreiben „durfte, an den Miniſter, Grafen von „Olivarez. Nun erhellt aus dieſem „letzten Umſtande freilich, daß er nicht „zur Zeit der gedachten Entdeckung „ſelbſt kan geſchrieben ſeyn. Aber um „fo viel unſtreitiger muͤſſen doch die „Anſpruͤche des benannten Entdeckers „geweſen ſeyn, wenn man noch da⸗ „mals, als von einer bekanten Sache, „davon hat ſprechen duͤrfen. „„ Herr Leſſing haͤlt alſo nicht allein das Daſeyn eines Hauptmanns Ma⸗ rannon für unzweifelhaft, ſondern ſagt auch, daß ihm die Entdeckung, Eroberung und geographiſche Beſtim⸗ mung eines großen Strich Landes in Amerika, nemlich der 1038 Meilen, welche ſich von der Muͤndung des Ama⸗ zonenfluſſes an, um ganz Braſilien und Paraguay bis an den Fluß de la Plata erſtrecken, beigelegt werde, imgleichen daß der Hauptmann Ma⸗ rannon unter gleichem Himmel (der gedachten Länder) geboren ſey; und die Handſchrift des Cudena fol zum Beweiſe von dieſem allen dienen. Indeſſen urtheilet Herr Leſſing ſelbſt von derſelben eben nicht vortheil⸗ haft. „Was ſonſt,,, ſchreibt er i), „diefen Aufſatz des Cudena ande: „langt, ſo iſt er in ſehr mißlichen Um⸗ „ſtaͤnden bei uns erhalten worden. „Das ſpaniſche Original iſt ſehr feh⸗ 10 In dem Vorberichte S. 10. Ahmerkgen über ein u Paar Stelen a 7 7 > Be N * RAR, 1 9es „lerhaft eopiret, und bie alte deutſche „Ueberſetzung, die ſich dabei befindet, „iſt fo ſchuͤlerhaft und kauderwelſch, „daß der Urheber weder das Spani⸗ »ſche, noch das Deutſche, noch die „Sachen muß verſtanden haben. „ Ungeachtet dieſes wahren Urtheils von der Urſchrift und der Ueberſetzung, iſt doch Herr Leſſing der letztern ges folgt, und hat ſie in den Stellen, wo die Namen Marannon und Gran Para vorkommen, als zuverlaͤßig an⸗ genommen; welches ſie doch keineswe⸗ ges 1 Der erſte Fehler ift in der Ueberſez⸗ zung des ſchon oben voͤllig verzeichne⸗ ten Titels: Diſeripeion de mil y trein- ta y octeo leguas de tierra del eſto (Eſtado) de Braſil conquiſta del Ma- rannon y Gran Para por ſus verdade- ros rumbos, y de ſententa leguas que tiene de boca el Rio de las Amazo- nas. „Beſchreibung der Laͤnder von „Braſil auf 1038 Meilen, ſo erobert „und erfunden find von Maranjon und Gran Para ꝛc., Das Wort erfunden iſt ein offenbarer Zuſatz der im Spaniſchen nicht ſteht; aber der Hauptfehler des Ueberſetzers iſt, daß er nicht allein in dem Titel, ſondern auch in der Abhandlung ſelbſt, aus Marannon und Gran Para Per: ſonen gemacht hat, da der ſpaniſche Verfaſſer vielmehr die bekanten Na⸗ men zwoer Landſchaften, oder ſogenann⸗ ten Capitanias in Braſilien dar⸗ unter eee welche die Portugieſen noch 8 I 4 7 \ noch jeßo gebrauchen (Maranchaon e Graon Para) und ſeitdem fie in dem völligen Beſitze dieſes großen fan: des ſind, immer gebraucht haben. Ei⸗ gentlich ſolte es in der Ueberſetzung beißen: Beſchreibung von 1038 meilen Landes des Staats von Braſilien, von den eroberten Laͤn⸗ dern Maranmnon und Gran Pa: ra, nach ihren richtigen Ausmeſ⸗ ſungen, und von 70 Meilen, wel⸗ che die Muͤndung des Amazonen⸗ fluſſes hat. | In Marannon hatten ſich im J. 1612 die Franzoſen feſtgeſetzt, und das Fort St. Louis de Maranham gebauet; aber ſie waren von den Por⸗ tugieſen bald wieder daraus vertrie⸗ ben worden k). Und das iſt vermuth— lich die Urſache, warum Cudena dar von, als von einer Eroberung ſpricht; (Conquiſta del Marannon p Gran Para, ) und er drückt ſich bier in der ſpaniſchen Sprache völlig gemaͤß aus. Denn bei den Spaniern iſt es > in dem Vorbericht des Herrn Hofraths Leſſing Kc. 810 ganz gewoͤhnlich, daß ſie den Artikel El vor die Namen der kaͤnder ſetzen, z. E. el Peru, el Brafil, und eben fo el Marannon, el Gran Para, oder, ſo wie hier, zuſammen, el Marannon y Gran Para. Hingegen, wenn ſie von Perſonen, beſonders, wenn ſie von ei— niger Bedeutung find, reden; fo nen⸗ nen ſie dieſelben mit ihrem Tauf⸗ und Geſchlechtsnamen, mit Vorſetzung des Wortes Don 1), Z. E. Don Antonio - de Ulloa, und mit Beifuͤgung ihres Titels, wenn ſie einen haben: Z. E. Don Fernando de Toledo, Duque de Alva. Dies geſchieht wenigſtens alle⸗ zeit, wenn eine vornehme Perſon das erſte mal erwähnt wird; aber ber: nach, wenn fie in einer Erzaͤhlung oͤf— ter vorkomt, heißt es, ohne Wieder⸗ holung des ganzen Namens und Ti— tels ganz kurz: Don Antonio, el Du- que de Alva, oder ſchlechtweg el Du- que, aber nicht el Alva, und eben ſo wenig el Marannon, wenn es der Na: me einer Perſon ſeyn ſoll. Marannon und Gran Para Erg koͤn⸗ ) Schmauß neueſter Staat von Portugal, Th. 1. S. iss. Herr Zeiſte erzähle dieſes auch ſelbſt in feinen Amerkungen S. 72. 73. J) Dieſes Wort wird allezeit vor den Taufnamen der Herren des hohen und niedri⸗ gen ſpaniſchen Adels, ja auch der mit einer akademiſchen Wuͤrde bekleideten Ge⸗ lehrten geſetzt: eben ſo wie in Großbritannien das Wort Sir den Taufnamen der Baronets und derjenigen, die von dem Könige zu Rittern geſchlagen find, vorgeſetzt wird. Beilaͤufig will ich hiebei nur anmerken, daß im Dentſchen es eben nicht noͤthig iſt dieſes zu thun, wenn wir Spanier oder Britten nennen, de⸗ nen der Titel Don oder Sir gegeben wird. Will man es aber thun, muß es auf die in Spanien und England gewöhnliche Art geſchehen. Man muß alſo dieſe Woͤrter allezeit vor die Taufnamen, nicht vor die Geſchlechtsnamen, folglich z. E. Don Juan de Cordoua, und Sir Peter Parker nicht Don Cordoua, nicht Sir Parker, ſchreiben. Denn dies wird man niemals weder bei ſpani⸗ ſchen noch engliſchen Schriftſtelern finden. f 815 Soblackenbäder waren, deren der Berg⸗ medicus Herr Lentin in ſeiner interef: ſanten Abhandlung im 64ten Stuͤck dieſer Blaͤtter vom Jahr 1780 als minder kraͤftig erwaͤhnet, oder, ob ſie wahre Granulirbaͤder geweſen ſind, wie ſie Herr Lentin, ſeit einiger Zeit mit ſo gluͤcklichem Erſolge eingefuͤhret bat? das getraue ich mir nicht zu entſcheiden. Indeſſen wird das letz⸗ tere daher nicht ganz unwahrſchein⸗ lich, weil nach unſerm Geſchichtſchrei⸗ ber, Seite 7. der damals gewonnene Eiſenſtein in hohen Gefen geſchmol⸗ zen wurde, und gerade der Umſtand, daß anjetzt, bei Schmelzung der Sil⸗ bererze, ſolche Eiſengranalien ge⸗ braucht werden, die Veranlaſſung zu den gegenwaͤrtigen Bädern gegeben at. K Uebrigens verdient es alle Aufmerk⸗ ſamkeit, daß vor 1505 eine warme Quelle auf dem Harze war, welche jetzt verſiegt iſt. Bei der ungeheuren Maſſe von Mineralien, die dieſe in aller Abſicht Etwas über die Eiſenbaͤder auf dem Harz. 85 8160 ſo merkwuͤrdigen Gebuͤrge er iſt es aber ſehr glaublich, daß Natur⸗ forfcher ähnliche Quellen entdecken würden, und wie wohlthaͤtig koͤnten ſolche Entdeckungen nicht fuͤr unzaͤh⸗ lige Menſchen werden! Von der jetzigen Beſchaffenheit die⸗ ſes vorhin warmen Bades giebt die Note im Honemann folgende Nach: richt: „Heutiges Tages iſt nur noch „am Iberg, und zwar zur Seiten des „Wildemaͤuner Weges eine in zwei „befondere Kammern getheilte Hoͤhle „befindlich, welche unten ſo wohl als „oben, und auf allen Seiten, mit ſehr „weißem, und gleichſam durchſichtigen „Tropfſtein überzogen iſt, und in de⸗ „ren jeden eine Quelle von klarem, „und kalten Waſſer ſpringet, ſonſt „aber verſchiedene artige Bildet von „Tropfſtein zu ſehen ſind. „, Vid. WiN Epift. itiner. 24. de antro Scharzfeldiano, & Ibergenſi circa finem. Hannover. * Aufgabe. Viel tiebhaber der Geographie wiſ⸗ ſen aus den gewoͤhnlichen Anwei⸗ ſungen zu dieſer Wiſſenſchaft zwar, was die Länge und Breite der Oerter ſey, ba: ben aber zu wenig Kenntniſſe von der geographiſchen Projection, und koͤnnen ſich daher nicht aus den auf den Land⸗ karten bemerkten wachſenden oder ab— nehmenden Graden, und noch weniger aus den mannigfaltigen Arten, nach welchen ſolche Projection zu Stande gebracht, finden. Em und faßlicher deutlicher Unterricht von den verſchiedenen Arten derſelben, worin nicht zu viele Kenntniß in der Mathe⸗ matik uͤberhaupt, und inſonderheit in der Perſpectiv voraus geſetzt, und die daraus unentbehrlich zu entlehnende Saͤtze bloß hiſtoriſch, und ohne Beweis, (wenn ſolcher weitlaͤuftig u. ſchwer ſeyn moͤgte,) wuͤrde ihnen in dem Hannove⸗ riſchen Magazin ſehr willkommen ſeyn. 817 * Zn Hannooeriihes Maga. 5 2tes Stuͤck. Montag, den Zoten Junius 1783. | Beantwortung der Aufgabe im 37ten Stuͤck des Hannoveriſchen Magazins d. J. die Anlegung einer Taubenflucht betreffend. 8 ie Taubenhaͤuſer oder ſoge⸗ nannte Taubenſchlaͤge ſind be⸗ kantlich von verſchiedener Art. Aus Erfahrung habe ich aber wahrge⸗ nommen, daß folgende fuͤr eine gute Taubenflucht die zutraͤglichſten und be⸗ ſten ſi ſind. Man waͤhlt zu dieſem Ende die freie Fronte eines Hauſes oder fonftis gen Gebaͤudes, welches die Richtung nach Morgen hat, indem die Tauben die Morgenſonne, beſonders in den Fruͤhlingstagen, ſehr zu lieben, ſich gleich ſam darin zu erquicken, auch die fruͤhere Hecke dadurch zu befoͤrdern ſcheinen. benſchlag angelegt werden kan, um deſto beſſer iſt es, weil die Erfahrung beſtaͤtiget, daß die Tauben, wenigſtens die ſogenannten Feldfluͤchter, (als wo⸗ von hier die Rede iſt,) gerne hoch wohnen mögen. Wie nun gemeinig: lich den Tauben zu ihrer Wohnung kein anderer Ort wegen unentbehrli⸗ chen Raums als auch zu Erreichung der Hoͤhe, nemlich der oberſte unterm Dache, angewieſen wird; fo iſt es norb: wendig, daß derſelbe gleichſam wie ein Je hoͤher ein ſolcher Tau⸗ Zimmer mit vier dichten Waͤnden, auch Fußboden und Decke von Mauer⸗ werk, oder gefugten Brettern, zuge⸗ richtet werde. Mit dem bloßen Dach und Ausfuͤllung der daſelbſt befind⸗ lichen großen und kleinen Oefnun⸗ gen, beſonders zwiſchen den Spar⸗ ren, Latten und Dachpfannen es be⸗ wenden zu laſſen, iſt wegen Sicher beit in Ruͤckſicht für ihre aͤrgſten Fein⸗ de, nemlich die Marder und Iltis hoͤchſt nachtheilig. Die Erfahrung hat mich ſattſam belehret, daß man nicht fähig ſey ſolchen Ort auf dieſe Weiſe ſo zu verdichten, daß gedachte Feinde nicht Gelegenheit finden ſolten zu dieſem ihren Lieblingsort wieder einzudringen, wobei ſie es ſo ſchlau einzurichten wiſſen, daß man oftmals ihren Durchgang bei der genaueſten Unterſuchung nicht ausfindig machen kan. Cben ſo ſchaͤdlich iſt es, wenn man den Ausgang aus dem Dache oder einer in demſelben oftmals be— findlichen kleinen Auslucht oder Aer— kener leitet; denn biedurch wird ber regten Feinden der bequemſte Weg zum Einmarſch gebahuet; und weil Fff ſie 819 ſie bekanntlich eben ſo gut wie die Kaz⸗ zen, vermittelſt ihrer Tatzen klettern koͤnnen; ſo iſt es ihnen leicht in den Eingang welcher hoͤlzern iſt, ſich hin⸗ ein zu ſchwingen, und haben ſie dieſen erreicht, ſo haben ſie gewonnen. Ein Ausgang aus einem freien oder ſpitzen Giebel hingegen vereitelt dieſen Fein⸗ den alle Gelegenheit; auch iſt mir we⸗ nigſtens nicht bekant, daß fie ein gera⸗ des Mauerwerk, wenn daſſelbe auch gleich mit Stender, und Queerholz verſehen iſt, uͤberklettern koͤnnen. Je höher nun dieſe Wohnung‘, und je weiter ſie iſt, um deſto beſſer iſt ſolches, beſonders wegen ei⸗ ner anfebalihen. 3 Zahl ihrer Bewoh— ner. Die E Einrichtung von Faͤchern zum niſteln, wie ein Repoſitorium zu Schriften rund umher, iſt die vorzuͤglichſte; aber es iſt nicht dien: ſam, ſolche bis auf. den Fußboden ganz herunter gehen zu laſſen, weil die Tauben lieber höher wie niedrig, und ſo viel wie moͤglich verborgen und dun⸗ kel in dem Mefte ſitzen mögen. Die ſes wird dadurch an beſten befoͤrdert, wenn man die Abtheilungen tief ge⸗ nug hinein gehen laͤßt, ſo, daß das Neſt mit ausgeſtrecktem Arm, mit der Hand bequem erreicht werden kan; hiedurch ſitzen fie wie in einem Kaͤſtgen verdeckt. Wird uͤberdem vorne noch ein duͤnnes Brett nach Verhaͤltuiß der Höhe vorgebracht, doch fo, daß die Alten bequem aus- und eingeben koͤn⸗ nen, ſo iſt es deſto beſſer. Ein ſolches Brett mit Nägeln zu befeſti⸗ gen, wuͤede wegen der einſtigen Reinigung der Reſter nicht zutraͤg⸗ a Beantwortung der Aufgabe im z 7ten Stuck, lich ſeyn 1 daher es am beſten iſt, 820 daſſelbe unten mit Heſpen, und oben mit Haken zu verſehen, damit man es wie eine Klappe niederlaſſen koͤnne. Weil nun die Tauben, wie angemerkt, wenigſtens waͤhrend ihrer Bruͤtezeit, die Dunkelheit lieben; ſo iſt es gleich⸗ falls dienſam, daß in dem Tauben⸗ ſchlage Fenſter von Glasſcheiben ange- bracht, und dieſe wiederum mit ſchickli⸗ che holzern Vorſchiebern verſehen wer⸗ den, womit man nach Gutfinden mehr oder weniger Licht, zulaſſen kan. Rik⸗ ke oder Stangen unterm Boden, oder wie ſie ſonſt am beſten angebracht wer⸗ den moͤgen, ſind nothwendig, damit ſie ſich darauf niederlaſſen koͤnnen. In allem Betracht iſt es auch vortheil⸗ bafe, wenn der Ausgang ſo viel wie moͤglich vom Fußboden aufwaͤrts boch, und zwar inwendig gleichſam trichter⸗ ſoͤrmig angelegt wird. Vorne an dem Ausgange muß unten an jeder Seite eine nicht zu kurze und zu ſchwache Stange in gerader Linie heraus gehen. Angenehm iſt es den Tauben, wenn man an den Seiten des Ausganges ein Paar Bretter wie Boͤrte an dem Gebaͤude befeſtiget, denn ſie ſetzen ſich gerne darauf, um ſich bequemer an der Sonne pflegen zu koͤnnen, auch mehreren Schutz fuͤr den Wind als auf den Stangen, daſelbſt zu finden, welche dadurch, als auch wegen des oͤftern Auf⸗ und Abfliegens, gar leicht in Bewegung geſetzt werden, wel⸗ ches ihnen nicht angenehm iſt. Des Jahrs zwei mal muß der Schlag ge⸗ nemlich kurz vor reiniget werden, Anfang der Hecke und beim Beſchluß der⸗ i — . . . — 1 gar die Anlegung einer Taubenflucht betreffend. 822 derſelben. Bequem iſt es alsdenn, wenn man in dem Fußboden eine Klap⸗ pe haben kan, den Miſt dadurch bin: unter zu ſtuͤrzen. Der nuͤtzliche Ge: brauch deſſelben wird einem Oekono— men bekant ſeyn. Iſt der Tauben: ſchlag gereiniget, ſo raͤuchert man ihn mit Wacholderbeeren; dieſes kan man noch einige Tage nachher fortſetzen. Einige wollen auch hiezu Anies ſehr empfehlen. Die kleine Klappe des Abends bis zum folgenden Morgen vorzuziehen, iſt nicht rathſam; denn weil die Tauben, beſonders in der Heckezeit, ſehr fruͤh auswandern, um fuͤr ſich und ihre Jungen Speiſe ein⸗ zuholen, ſo wird dieſe vorzuͤglich fruͤhe Eroͤfnung leider zu oft vernachlaͤßiget, wodurch ſie alſo in ihrer natuͤrlichen Lebensart gehindert werden und aus Verdruß und Langeweile mit einander Streit ſtiften, welches der Hecke nach⸗ theilig iſt. Ob zwar dieſe Vorſicht ſonſt an ſich recht gut iſt, und die nächtlichen Beſuche der Eule abwen⸗ det, ungeachtet dieſelbe, ſo viel mir bekant, den Tauben keinen Schaden zufüget, als daß fie dadurch furchtſam und verſcheucht werden, ſo kan man doch auch dieſe Beſuche gar bald ab— wenden, wenn dieſer Gaſt nur einige mal des Abends mit dem Gewehr be— willkommet wird, und dieſes gehet gar leicht an, weil er ſich gemeiniglich zuvor auf einem nahen Gebaͤude oder Baume niederlaͤßt, und durch fein un: angenehmes Geſchrei, beſonders im Mondenſchein, ſein Daſeyn verraͤth. Das dieſes ohne Gefahr wegen etwa— niger Haushaltsgebaͤude, die oftmals mit Stroh oder Rohr gedecket ſind, geſchehen koͤnne, wird dadurch erhal: ten, wenn ſtatt Hede und Papier mit Wolle geladen wird, welches nicht zuͤndbar iſt. Es iſt nie zu ver— abſaͤumen, die Thuͤr des Sch lages ſorgfaͤltig zu verſchließen, widrigen⸗ falls von ein oder anderem Feinde, als worunter die Katze auch mit zu rech⸗ nen iſt, eine große Verwuͤſtung unter jungen und alten Tauben angerichtet werden koͤnte. n Nothwendig iſt es ferner, daß man fleißig nachſehe, ob ſich unter den auss gebruͤteten Tauben auch todte finden, damit ſolche bei Zeiten, ehe ſte in Ver⸗ weſung uͤbergehn, aus den Neſten ges ſchaft werden; denn der dadurch ent⸗ ſtehende ſtarke Geſtank, iſt ihnen aͤuſ⸗ ſerſt zuwider, und kan ſo wie alle uͤbri⸗ ge Ungemaͤchlichkeiten veranlaffen, daß fie ſich gänzlich weg und zu des Nach⸗ barn Flucht gewoͤhnen, oder andere Gelegenheiten ſuchen, wo ſie niſteln koͤnnen, wozu fie ohnehin ſehr geneigt ſind, welches man aber zu verhindern ſich bemühen muß, damit fie in einer Wohnung ſtets bei einander bleiben. Die untauglichen Eyer muͤſſen fort⸗ geſchaft werden, und es ſind ſelbige daran zu erkennen, wenn man ſie mehrmals in gleichmaͤßiger Kälte fin⸗ det, dahingegen die guten beſtaͤndige Waͤrme haben. Wenn man waͤhrend der Heckezeit auf den Schlag gehet, muß man nicht zu lange darauf ver— weilen, vielmehr ſo viel wie moͤglich ſich kurz expediren, damit die beſeſſe— nen Eyer, nicht zu ſehr erkalten, ſo wie übrigens der zu oſtere und uͤber⸗ f 2 fluͤßige 1 823 fluͤßige Be beſonders zu dieſer Zeit nicht rathſam iſt, indem die bruͤtenden Tauben dadurch zu ſehr beunruhiget werden. Es iſt ſehr zutraͤglich, wenn man die Tauben dahin gewoͤhnt, (welches ſehr leicht iſt,) ſich auf einen gewiſ⸗ ſen, mit dem Munde floͤtenden Ton zum Freſſen einzufinden. So bald ſie dieſen Ruf erſt kennen, ſtellen ſie ſich gleich ein; dieſes iſt auch um des— willen fehr gut, weil die entfernten, wenn ſie nur irgend dieſen Laut bemer: ken, ſich promt einſtellen, ſolten ſie auch gleich im Felde oder ſonſt irgend⸗ wo Futter gefunden haben. Durch dieſen Zuſammenruf kan man allemal am beſten die Revuͤe halten und wahr⸗ nehmen, ob an dem ganzen Regiment welche fehlen oder nicht. Eben dieſer Ton iſt beim jedesmaligen Hingang zum Schlage ſehr zutraͤglich; denn dadurch geben ſich die ſitzenden Tauben allge⸗ mach bequem vom Neſte; dahingegen eine leiſe und ploͤtzliche Ueberrumpe⸗ lung ſie beſtuͤrzt vom Neſte ſcheucht, wodurch die Eyer oft mit aus dem Neſte geriſſen, oder gar von der zu heftigen Bewegung des Aufliegens zerquetſchet werden. Am beſten iſt es, wenn einem einzigen die Warte und Pflege uͤbergeben wird, ſie werden dadurch mit ſelbigem ſo bekant, daß er ganz dreiſte mit ihnen umgehen kan, und ſind auch ſeiner Stimme alsdenn 1 folgſam. Daß ſie ſtets reines und friſches Waſſer zum ſaufen haben muͤſſen, iſt nothwendig, und dieſes kan dadurch am beſten erhalten werden, wenn das Beantwortung‘ der Aufgabe im arten: Sie, „„ 824 hölzerne Gefäß, welches dazu beſtimt iſt, mit einem Deckel bedeckt wird, wor⸗ in verſchiedene Loͤcher ſo groß gebohret ſeyn muͤſſen, daß ſie den Kopf be⸗ quem durchbringen koͤnnen; hiedurch wird verhindert, daß ſowohl durch ihr geſchwindes baden, als auch wegen des uͤbrigen Federviehes auf dem Hofe, das Waſſer nicht verunreiniget werde. Wenn die Lage des Orts darnach iſt, dann bekoͤmt es ihnen ſehr wohl, wenn ſie ſich in einem nahen ſtehenden Waſſer, worin ſich ſeichte Sand⸗ ſtellen finden, baden koͤnnen. So ge⸗ ringfuͤgig auch alle dieſe Nebendinge nun gleich ſcheinen moͤgen; ſo tragen ſolche doch zur Vervollkommung des Ganzen am Ende nicht wenig bei, und es iſt eine begruͤndete Erfahrung eines jeden Werkverſtaͤndigen Oekonomen, daß ein jedes Thier in der Haushaltung, wenn daſſelbe nicht ſeiner Natur gemaͤß leben kan, auch nicht darnach behandelt und gewartet wird, dasjenige bei weitem nicht iſt, was es ſeyn koͤnte, folglich den zu erwartenden BR auch nicht bringen kan. Eine Taubenflucht mit alten Tauben anlegen zu wollen, iſt dem erwuͤnſchten Erfolg gaͤnzlich zuwider, denn eine alte Taube gewoͤhnt ſich an einem fremde Orte, wenn ſie auch gleich eine Diſtanz von Meilen lang dahin ge⸗ bracht wird, nicht, und keßret über kurz oder lang, ſobald ihr die Freiheit zum Ausfliegen gegeben wird, nach ihrer alten 1 Wohnung wieder zurück. Mit den Jungen hergegen gehet es recht gut. Wenn dieſe zuvor einige Zeit auf dem Schlage, wenigſtens er 925 * Wochen, gehörig gewartet und gepfle: get worden, ſo kan man die Klappe, oh⸗ ne beſorgt zu ſeyn, daß ſie wegfliegen moͤgten, ganz ſicher oͤfnen. Ihre Ausflucht geſchiehet alsdenn nicht fo; gleich, vielmehr anfaͤnglich nur allge⸗ mach; doch koͤnte ein mit alten Tau⸗ ben beſetzter und nahe belegener Schlag dieſen im Anfang wohl in etwas nach⸗ tbeilig ſeyn; indeß begiebt es ſich in der Folge auch bald wieder daß die Alten wieder bei ihnen einzukeh⸗ ren wagen. Je groͤßer eine Flucht iſt, je beſſer iſt ſie, und hat das zum voraus, daß eine kleinere ſich gern und leicht zu ihr gewöhnt. Was uͤbrigens von einigen ſympathetiſchen Vortheilen, nemlich fremde Tauben zu den ſeinigen zu ziehen, angegeben wer— den will, ſo halte ich ſelbige fuͤr Thor— heiten, und glaube vielmehr, daß eine gute Warte und Pflege die beſte Sympathie ſey, und meine Flucht am beſten erhalte. Die ordinairen blauen Tauben, ſind ſowohl zum Fluge, wie zur Zucht eigentlich die beſten. Weil aber ihre Haut nicht ſo weiß wie die von den bunten, und inſonderheit von den ganz weißen iſt, ſo wird dieſerwegen von den mehrſten ihr Vorzug verkant, und dagegen dieſen der Werth eingeraͤu⸗ met, obgleich die bunten und noch mehr die weißen der Gefahr von den Raub: voͤgeln erhaſcht zu werden, ungleich mehr ausgeſetzt ſind, weil ſelbige ſie von der Höhe beſſer wahrnehmen koͤn⸗ nen wie die blauen. Um eine geſchwindere Hecke zu ber foͤrdern, nimt man bei Zeiten die Jun⸗ gen von den Alten, und ſetzet ſie auf die Fe einer r Zanbenfuht betreffend. 826 ein beſonders Kaͤmmerchen, wo man ſie futtert und ſie zugleich das ſelbſt Freſſen lehret. Diejenigen, welche man hievon zur Flucht beſtimmet, kan man von bier aus, vermittelſt eines ordinairen Feuſters oder Lucke fliegen laſſen, da ſie ſich denn gleich zum Schlage bei die Alten gewöhnen. Die aus der erſten Hecke erzogene Jungen, ſind zur fernern Zucht die beſten, weil dieſe gemeiniglich in ſelbigem Herbſte ſchon wieder Junge liefern, dahinge⸗ gen die von der ſpaͤtern Hecke nicht ehender als den folgendem Fruͤhling niſteln, mithin bis dahin ohne einigen Nutzen gefuttert werden muͤſſen. Die Fuͤtterungszeit faͤngt an, wenn die Winterſaat beendiget iſt und der Froſt eintrit. Von dieſer Zeit an babe ich fuͤr jede Taube, nemlich des Morgens und Nachmittags, jedesmal eine mäßige Handvoll geſtreuet. Go: bald aber im Frühling die Saatzeit ſich wieder anhebet, hoͤret ſelbige auf und faͤngt nicht ehender wie⸗ der an, als bis ſaͤmmtliche Fruͤchte im Felde ausgewachſen ſind und bis die Ernte erfolget. Die Alten koͤnten ſich allenfalls auch dieſe Zeit wohl durchhelſen; allein die Jungen leiden nur gar zu ſehr darunter. Sobald aber die Senſe erklingt; ſo hoͤret die⸗ ſes auch wiederum auf und waͤhret nicht einmal ſo lange, denn ſie wiſſen eben ſowohl, wie die Sperlinge in ein reifendes Kornfeld ſich zu legen, und die Koͤrner aus den Aehren zu ſuchen. Eine Vermiſchung von Feldbohnen, Erbſen, Gerſte, auch Weitzen, zu glei⸗ chen Theilen, iſt für fie das beſte Fut⸗ Fff 3 ter 827 delikat nicht ſpeiſen will, mit bloßer Gerſte ſich auch behelfen, nur iſt Ha⸗ ber kein Futter fuͤr ſie. Beſtimte Paare, beſonders in einer großen Flucht zu haben, iſt nicht wohl moͤglich, und muß man dieſes bloß dem Zufall Aberlaſſen. 5 2 RER der Aufgabe im arte Sic, d. ter, doch koͤnnen fie, wenn man fie fo wird. > RR. Noch muß ich. beine daß bei Anlegung eines Schlages, auch dar⸗ auf zu ſehen iſt, daß ſolcher vom Ge⸗ raͤuſch und Getoͤſe moͤglichſt enfernt Erſteres unterhält eine beſtaͤn⸗ dig große Schuͤchternheit und letzteres betaͤubt die Eyer und fie kommen nicht zur Perfection, | ? 826 Berech e ung der Koſten an Kuͤchen⸗Nothdurft, von einer 1615 gehaltenen Hochzeit eines Droften von ©r *** Sue © Be: einer Fräulein von T*. ) S# und achtzig große und Eleine Töpfe, 150 Pfund Talg, 27 5 Scuͤck hoͤlzerne Schuͤſſeln, 4 Dutzend Teller, 5 Stuͤck Mollen, 100 Stuͤck irdene Becher, 8-Pfund Zwiebeln, 5 Schock Bierglaͤſer, 44 Bund Wein⸗ glaͤſer, fuͤr 4 Rihlr. Wachslichter, 16 Pfund Wachs zu Fackeln, 36 Pfund Honig, 3 Quartier Roſen⸗ und Lavendelwaſſer, 16 Kälber, 5 dito, 16 Malter Rocken, 1 Malter Weiz zen, 54 Eimer Weſerfiſche, 3 Centner Teichfiſche, 11 Schock Krebſe, 1 Ton⸗ ne Salz, 12 Schock Eyer, 1 Malter Borgfeldſche Rüben, 16 Pfund Ob⸗ latenkuchen a), 5 Centner Kaſtanien, für 3 Rthlr. Zuckerbilder, 45 Pfund Kirſchenmuß, fuͤr 12 Rthlr. Marzi⸗ 3 pan, 5 Pfund Conſectzucker auf Anies, 5 Pfund Eonfeetzucker auf Canehl, 5 Pfund Confeetzucker ur Coriander, Pfund Confeetzucker auf Fenchel, 2 Pfund Eonfectzuefer auf Mandeln, 5 Pfund Confectzucker auf Manus Chriſti b), 65 Pfund Brunellen, 5 Pfund Hintleuften c), 3 Pfund Quittenzucker, zu 23 Rthlr., 3 Pfund gebackenen Canehl, 4 Pfund carmoiſirt Zucker, zu 1 Rthlr. 9 gr., 2 Pfund des beiten dito, zu 4 Rthlr., 5 Schach⸗ teln Quittenſaft, 4 Pfund weljche Pretzeln d), 5 Dutzend Nuͤrnberger Kuchen, 1 Pfund Muſkatenblumen, 1 Pfund Cardemomen, 30 Pfund Zwetſchen, 18 Pfund Feigen, 18 Pfund große Roſinen, 24 Pfund RAR kleine Roſinen, 24 Pfund Mandeln, 3 Pfund Safran zu 6 Rthlr., ı Tonnchen mit 56 Limonien % 28 pee 1 Tonne rothe uͤben, 2: un⸗ 5 Vermuthlich iſt dieſe Hochzeit im Winter 1 worden, weil gar keiner Gars tengewächfe in der Berechnung Erwähnung geſchieht. a) Entweder die bekanten Oblaten, in laͤnglich viereckigten Tafeln, oder Eifer, 18 vielleicht die ſogenannten Rollkuchen. Er b) Sogenanntes Zuckerbenit. ir e) Zichorien oder Eaͤdivien. d) Welſche Krengeln. e) Eine Art Zitronen. * 57 839 Berechnung der Koſten Toͤnnchen Gurken, 2 Pfund Canehl, 8 Loth Gallian f), 2 Toͤnnchen Auſtern, 11 Pfund Oliven, 1 Pfund Beſtandt g), 1 Pfund Brauntuch h), 2 Pfund Anies, 203 Pfund Zucker, 2 Pfund Candies, ? Pfund Raͤucher— pulver, 73 Pfund Granatöpfel, 14 Pfund Baumoͤl, 213 Pfund Zwet: ſchen, 3 Pfund langen Pfeffer, 6 Bund Nuͤrnberger Kuchen, 1 Pfund Naͤgelein, 5 große Reibekuchen i), 81 Pfund Canarienzucker, 2 Pfund Puderzucker, 6 Pfund Ingwer, 4 Pfund Pfeffer, 4 Pfund Paradies: koͤrner, 1 Pfund Beſtandt, 1 Pfund Naͤgelein, 33 Rthlr. für Eßig, 28 Pfund Texter Kaͤſe, 105 Pfund Stock fiſch, 2 Toͤnnchen Lachs, 1 trockener Lachs zu 3 Nthlr., 5 Toͤnnchen Neun: augen, 2 frieſiſche Ochſen, 1 feiſter Bullen, 1 feiſter Ochſe, II feiſte Kuh, 10 feiſte Hammel, 36 feifte Gaͤnſe, 8 feiſte Schweine. 12 Span: ferkel, 6 Seiten Speck, 89 Stuͤck Hühner, 20 Stuͤck Maififch, 48 El⸗ len Taft über, das Confeet ), 8 Ohm 1 Viertel Wein zu 18 Rebe, an Kuͤchen⸗Nothdurft, e. 830 macht 144 Rthlr. 31 gr. 4 pf., 3 Ohm 34 Viertel Wein zu 16 Rtblr., macht 50 Rthlr. 27 gr., 11 Ohm rothen Wein zu 18 Rthlr., macht 27 Athlr., 23 Ohm 1 Virtel Wein zu 20 Rthlr., macht 51 Rtblr., 4 Stuͤb⸗ chen Malvafier, 33 Stuͤbchen Bran— tewein, 12 Tonnen Broyhan von Hameln, 12 Tonnen Haͤmelſches Bier, 8 Tonnen Hemmendorffches Bier, 14 Tonnen Bodenwerderſchen Broyhan, 22 Tonnen Ottenſteinſchen dito, 8 Fu⸗ der 1 Malter Haber zu 16 Rihlr., dem Meiſterkoch 30 Rthlr., 3 Kö: chen 6 Rthlr., 18 Rthlr., Daniel Koch 6 Ntblr., 2 Koͤchen 4 Rrhlr. 28 gr., 3 Schlaͤchtern 1 Rthlr. 18 gr, den Muſikanten 20 Rthlr. 11 gr., für Aufwartung 5 Rthlr., dem Mah⸗ ler 12 Rihlr., 8 Soldaten zur Wa⸗ che 6 Rihlr. 28 gr., den Berghauern 4 Rthlr. 28 gr., Schuͤſſelwaͤſcherin⸗ nen 2 Kehle, fuͤr Pichkraͤnze und Theer 6 Rthlr. 9 gr., dem Foͤrſter für 2 Schweine und 3 Hirſche 5 Nrhlr. 35 gr. ). i Summa 1178 Rthlr, 4 gr. f) Eine Wurzel, die mit dem Ingwer was aͤhnliches hat, und candirt, in eben der Abſicht wie der candirte Calmus, gebraucht wird. g) Vermuthlich Piſtazien; vielleicht aber auch die ausgekochte Kraft von geraſpel⸗ tem Hirſchhorn, die in der Küche die Benennung von Hirſchhornſtand Führt, und zu Gelees gebraucht wird. b) Wahrſcheinlich der bekante che gebraucht wird. 5 rothe Flor, welcher zum färben. noch jetzt in der Ks i) Muͤſſen alte Semmeln, die ſich leicht reiben laſſen, geweſen ſeyn. Eine Art Ku⸗ chen hierunter zu verſtehen, die ruͤhrend oder reibend zubereitet nicht wohl denken; weil der hier unten angeführte Meiſterkoch werden, laͤße ſich durch einen ſei⸗ ner Gehülfen,, worunter einer das Geſchaͤfte des Backen gemeiniglich übers nimt, ſolche hätte koͤnnen verfertigen laſſen, und der Zukauf davon nicht erfor⸗ derlich geweſen. k) Ein Gebrauch, der hent zu Tage, wenigen Menſchen bekant iſt. ) Muß wohl nur das Schießgeld, oder das Wiloͤpret in den Zeiten ſehr wohlfeil geweſen ſeyn. in BI mer 29 * 8 Von der mittlern Waͤrme in verſchiedenen geographiſchen Breiten. (Aus einem Briefe des Königl. Portugieſiſchen Bombardier Hauptmannes und Mit⸗ gliedes der Koͤnigl. Akademie der Wiſſenſchaften zu Liſſabon Pratorius an den Hannoveriſchen Artillerie Faͤhndrich G. Scharnhorſt.) Och babe wie fie wiſſen, auf dem Wil: 50 helmſtein Ss Jahre genaue meteorslo— giſche Beobachtungen angeſtellet, und aus den Summen aller täglichen. Beobach⸗ tungen eines Jahres die mittlere Waͤrme die: ſes Orts zu 483 Grad Fahrenheit gefun⸗ den; eben dieſe habe ich nun zu Liſſabon mit der groͤßten Genauigkeit fortgeſetzt, und hier finde ich die mittlere Waͤrme zu 635 Grad; Wagentin (auf deſſen Wort ich viel bane, ) giebt die mittlere für Stockholm zu 413 Gr. an. 5 - Dieſe Beobachtungen, die mir viel Arbeit gekoſtet haben, find mir jetzt viel werth, denn ich muß es ihnen mit der groͤßten Freude mel⸗ den, daß ſie genau mit dem Sinnus der Ele⸗ vation des Aequators uͤbereinſtimmen. Sie ſehen, daß man alſo aus dem Sim nus der Elevation des Aequators eines Orts auf ſeine mittlere Waͤrme ſchließen kan: und daß die Theorie der Franzoſen, die man in des P. de la Cotte Sammlungen findet, unrichtig iſt. 1 5 Nur muß man hier die Hoͤhe des Orts (indem man ungefähr für eine Linie des Barometers 1 Grad Fahrenheit abrechnet,) in Betracht ziehen. Auch macht die Lage der Gegend, ꝛc. kleine Abaͤnderungen, die jedoch im weſtlichen Europa, uͤberhaupt auf der nördlichen Hemiſphaͤrean den Kuͤſten keinen großen Unterſchied hervorbringen werden. Ich habe nach dieſer Theorie eine Tabelle berechnet, und fie der hieſigen Koͤnigl. Aka⸗ demie gegeben: nachher habe ich ihr auch einen von mir erfundenen Meerthermome⸗ ter vorgezeigt, mit dem ich gefunden, daß der Grad der Mrerwaͤrme 60 Faden tief, unterm Aequator 804, unter dem Tropico cancri 81, und unter dem Tropico capri- eorni 80 Grad Fahrenheit iſt. N Sie ſehen hieraus, daß es unter dem Wen⸗ dezirkel des Krebſes waͤrmer iſt, als unter dem JC!!! DEE RL ELTA TEE ET Aequator. Unter dem Krebs zeigte der Fah⸗ renheuſche Thermometer, bei der Beobach⸗ tung im November bei gaͤnzlicher Windſtille in der Luft 74 Grad unterm Capricorn in eben der Zeit 79 Grad, weil hier natürlicher Weiſe damals die Sonne ſtaͤrker als unterm Krebs war. N 45 5 Jetzt habe ich mehrere Beobachtungen mit meinem Thermometer angeſtellt, und gefun⸗ den, daß von den Wendezirkeln, nach den Polen, die Meerswaͤrme mit meiner Theo⸗ rie uͤbereinſtimmt; vielleicht kan man mit der Zeit noch mit meinem Thermometer auſm Schiffe die Breite beſtimmen. i Ich will ihnen alle meine meteorologi⸗ ſchen Entdeckungen, die ich der Koͤnigl. Aka⸗ demie vorlegen werde, bei erſter Gelegen⸗ heit zuſchicken. 53 So weit der Brief des Herrn Praͤtorjus. Dieſer Hauptmann Praͤtorius iſt von Ge⸗ burt ein Brandenburger, er hat im letzten fies benjaͤhrigen Kriege bei der Preußiſchen Ar⸗ me gedienet, hernach in dem Kriege zwiſchen Spanien und Portugal, darauf bei dem vers ſtorbenen Grafen von Buͤckeburg, in der Dis litairſchule zum Wilhelmſtein, bis er jetzt ſeit d Jahren in Portugal dient. Anmerkung. Man hat von dieſem Hauptmann Praͤtorius eine Karte der Graͤn⸗ ze Spaniens und Portugals, und eine von den Grafſchaften Lippe, die beide an Ge⸗ nauigkeit nicht uͤbertroffen werden. Zur Auf⸗ zeichnung der meteorologiſchen Beobach⸗ tungen, hat er eine eigene Methode erfun⸗ den, vermittelſt welcher man aus dem Gan⸗ zen ungemein bequeme Schlüffe ziehen kan. Er bezeichnet das Fallen und Steigen des Queckſilbers im Barometer, Thermome⸗ ter, ꝛc. das Zu: und Abnehmen des Mon⸗ des, die Veraͤnderung des Windes durch Curben. 5 2 W er hi Hannoverites Magazin. sat Stüd, Freitag, den fen Julius 1783. Uuber die verſchiedenen Begriffe von einem kuͤnftigen Leben. Man! Foolifh Man! Scarce know'ſt thou, how thy ſelf began; Scarce haſt thou Thought. enough to prove, thou art; Let, fteel’d with Audy’d Boldnefs thou dar’ try To ſend thy doubting Reaſon's dazled Eye ane the myſterious e of vaſt Immenſity. inem denkenden Weltbuͤrger von einer empfindungsvollen, feine Mitmenſchen liebenden, See⸗ le, iſt es eine traurige Erſcheinung, ganze Nationen zu bemerken, denen der Gedanke an eine kuͤnftige Welt gleichguͤltig zu ſeyn ſcheinet, und nicht ſelten einzelne Menſchen anzutreffen, die dieſen eben fo gegruͤndeten als koͤſt⸗ lichen Gedanken ſogar laͤcherlich fin: den. Gleichwohl iſt naͤchſt dem Glau— ben an ein unendlich herrliches und guͤtiges Weſen, das nicht nur Welt; ſchoͤpfer, ſondern auch vaͤterlicher Re⸗ gierer des grenzenloſen Weltgebaͤudes iſt, der menſchlichen Geſellſchaft, und jedem einzelnen Mitgliede derſelben, keine Ueberzeugung unentbehrlicher, und ich darf hinzuſetzen unter gewiſſen Umſtaͤnden erfreulicher, als die Webers zeugung von der Fortdauer nach dem * Prior. 85 be Tode. Der Wunſch, daß es noch ein anders und beſſeres Leben geben moͤge, bat in der Natur des Menfchen feis nen kaum zu vertilgenden Grund. Er fließet aus dem erſten und ſtaͤrkſten der Grundtriebe, aus der Liebe zu uns ſelbſt. So bald der Menſch zu eini⸗ gem Nachdenken gelangt, und die Suͤßigkeit des Daſeyns nicht nur em⸗ pfinden, ſondern auch ſchaͤtzen gelernt hat, muß der Gedanke in ihm aufſtei⸗ gen: bin ich bloß für dieſe Erde ge: ſchaffen, oder hab' ich eine hoͤhere Be⸗ ſtimmung? Hoͤr' ich im Tod' auf, ein empfindendes denkendes Geſchoͤpf zu ſeyn? Werd' ich darıı nicht mehr mich meines Daſeyns erfreuen, nicht mehr anbetend bewundern koͤnnen den Schoͤp⸗ fer in ſeiner herrlichen Welt, nicht mehr innigſt mich ergoͤtzen beim An— blick tauſend flammender Sonnen? G 99 Wer⸗ 835 Werden alle Bande der Freundſchaft und Liebe, die ich hier knuͤpfte, durch den Tod auf ewig zerriſſen werden? Ach, mein Geiſt fi firebt uͤber dies kurze Leben hinaus! Ich fuͤhl' in mir die Anlage zu hoͤhern Tugenden, den Drang nach höhern Einſichten! Naͤ⸗ her wuͤnſcht' ich mit ihr vereinigt zu werden — der Urquelle aller Gluͤck⸗ ſeligkeit! Tiefer deine Wunder zu er⸗ for ſchen, o du Namenloſer, du Erſter! Reiſebeſchreiber verfichern uns, daß ſelbſt vielen Voͤlkern, die noch auf dev unterſten Stuffe der Kultur ſtehen, der Begtif von einem kuͤnſtigen leben nicht gänzlich unbekant ſey. Aber der Wil de hat nur eine duͤrftige elende Vor⸗ ſtellung davon. Die Beſchaͤftigungen, die er hier trieb, die Freuden, die er hier ſchaͤtzte, erwartet und hoffet er auch dort wieder zu finden, nur ohne die Muͤhſeligkeiten, die ihn hier druͤck⸗ ten. Der nordamerikaniſche Wilde glaubt nach dem Tode gluͤcklicher ja: gen zu koͤnnen. freuet ſich auf den treflichen Thran, den er dann in Ueberfluß haben wird. Es waͤre der Muͤhe werth geweſen, wenn einer unter den vielen Reiſebe⸗ ſchreibern Gelegenheit gehabt haͤtte zu bemerken, in wie fern dieſe klaͤgliche Vorſtellung von einer kuͤnftigen Welt auf den Wilden wuͤrkt; ob fie ihm die Ertragung ſeiner oft großen Muͤhſe⸗ ligkeiten erleichtert, im Tode, dem er als Gefangener fo muthig entgegen geht, ihn ſtaͤrkt. ueber die verſchiedenen Begriffe Der Grönländer So duͤrftig dieſe Bedrifle Wee Völker von jenem Leben auch find, fe iſt es mir doch ein ruͤhrender Gedan⸗ ke, daß der Vater der Menſchen R 3 fen Kinder Europaͤer, Afrikaner un Huronen find, auch dieſen armen BöL kern einige ſchwache Stralen jenes dich⸗ tes verlieh, das uns ſo hell leuchtet. Wenn der Negerſklav den Tag über ſich unter der Geißel empfindungslo⸗ fer Henker wie ein Wurm kruͤmmet, und des Nachts von den verſtolnen Verſammlungen ſeiner nicht minder Saen Bruͤder, die beim milden Schimmer des Monds ihr Elend be⸗ weinten, — durch wuͤthende Hunde verſcheucht wird; wenn ihm nicht ein⸗ mal die Befriedigung des menſchlich⸗ ſten der Triebe, des Hanges zur Ge⸗ ſelligkeit, der Quelle des Troſtes fuͤr Unterdruͤckte, vergoͤnnt wird, — was kan ihm, wenn er ſo unter Schlaͤgen hinwelkt, ſuͤßer, erfreulicher ſeyn, als der Blick in ein beſſeres Leben, er ge denke ſichs nun auch, wie er wolle! Die alten Einwohner von Hiſpa⸗ niola glaubten, daß fie nach dem Tode in ein Thal gelangten, wovon jeder große Caſique meinte, daß es in feiner Herr⸗ ſchaft befindlich wäre. Da, hoften fie, wurden fie ihre Aelten und Vorfahren finden, wuͤrden Weiber haben, eſſen, trinken, und alle Arten von Bpranis gungen genießen a). Die alten Celten oben ſich das kuͤnftige Leben wen auf einerlei Art. Ei⸗ a) The general hiftory of che: vaft continent and sand of Amerien die. Krug nie de Herrera. Vol. I. b. 161. Br 837 Einige begruben mit den Todten zu: gleich die Koſtbarkeiten derſelben, Pfer⸗ de, Waffen, in der Meinung, daß die Seelen der Verſtorbenen ſich an einem Ort, welchen die Skalden oder Sfan: dinaviſchen Dichter Walhalla nann⸗ ten, verſammelten, ſich daſelbſt wie bier auf Erden beſchaͤftigten, und mit Gott Odin ſchmauſten. Andere glaubten eine Seelenwan⸗ derung. Hieruͤber findet man eine Hauptſtelle beim Lucan im erſten Bu: che der Pharſ. Er ſagt von den Bar⸗ den der Celten: Vobis auctoribus vmbræ Non tacitas Erebi er. „Ditisque pro- f ndı Pallida regna petunt: regit idem fpiri- tus artus Orbe alio: longæ ( canitis fi cognita) vi Mors media ef. Der Dichter preift dieſe nordiſchen Voͤlker in ihrem Irrthum gluͤcklich, weil fie die größte unter den Beſorg⸗ niſſen, die Furcht vor dem Tode, nicht ängftige; ein Umſtand, der ihren Geiſt entſchloſſen mache, dem Tode muthig entgegen zu gehen: | Inde ruendi In ferrum mens prona viris, animæque capaces Mortis: & ignauum eſt redituræ parce- re vit. So gewiß war der roͤmiſche Dich⸗ ter uͤberzeugt, daß der Glaube an eine künftige Welt Heldengeiſt einhauche. Der ruſſiſche Soldat, ſagt Graf A: garotti in ſeinen Briefen, glaubt, daß er gerades Weges in den Himmel ge⸗ von einem künftigen Leben, - ,Ögg 2 838 lange, wenn er fir feine Kalſerin ſtirbt. 9 is. Aus dem Oſſian ſiehet man, welche Begriffe ſich die alten Schotten, ein celtiſches Volk, von den Geiſtern der Verſtorbenen machten. Die Seelen feiner abgeſchiedenen Helden führen Schwerdt, Speer und Schild, aber alles iſt Luftbild. — Fuͤrcht' ich deine düftere Bildung, du Geiſt des leidi⸗ gen Loda! ſagt Fingal zur Geſtalt die ihm erſcheint. — Schwach iſt dein Schild von Wolken, kraftlos das Luft⸗ bild, dein Schwerdt; der Windſtoß rollt fie zuſammen, und du biſt ſelber. verloren! Fleuch von meinen Augen du Nachtſohn! Ruf deinen Winden und fleuch! . Zwar antwortet der Geiſt: auf Ge⸗ ſchlechter werf ich mein Aug' und ſie verſchwinden: mein Odem verbreitet den Tod. Auf den Ruͤcken der Win⸗ de ſchreit ich voran; vor meinem Ge⸗ ſichte brauſen Orkane, — aber mein Sitz iſt ruhig uͤber den Wolken, lieb⸗ lich ſind die Gefilde meiner Ruhe. Der Geiſt hebt den ſchattigen Speer, und Fingal verwundet ihn. Seine Bildung, ſagt Oſſian, zerfloß geſtalt⸗ los in Luft, wie eine Saͤule von Rauch, welche der Stab des Juͤnglings ber ruͤhrt. N Sanftere Geiſter, die Seelen trau— render Mädchen, durchwandeln einz ſam die Haide. Noch andere horchen dem Harfenklange der Barden. Was den oſſianiſchen Helden im Leben wichtig geweſen war, liebten fie auch noch nach ihrem Tode. So iſt auch 839 auch Oſſian geſonnen, die Harfe jen⸗ feit des Grabes nicht ruhen zu laſſen. Wir beſteigen indeſſen, ſpricht er zu feiner Vertrauten, wir beſteigen indeſ⸗ ſen die Wolken, Malvina, auf Fluͤ⸗ geln brauſender Winde. Oft werden unſere Stimmen in der Wuͤſt' erſchal⸗ len! Singen werden wir im Luͤftgen des Felſen. S. den Krieg von Caros. Auch freuen ſich die Todten. Roth, ſagt Oſſian im Gedichte Cathlin von Clutha, roth uͤber meinen hundert Stroͤmen ſtreifen die hellen Pfade der Todten; fie frohlocken in Stunden der Nacht auf wirbelnden Winden. Wenn die Krieger im Traume Todte ſehen, iſts ein Zeichen kommender Streiter, heranſtuͤrmenden Kampfes. Schön iſt die Beſchreibung eines Gei: ſtes im Fingal B. 2. Ein dunkelrother Feuerſtrom ſtürzte vom Huͤgel fü ſich. Crugal ſaß auf dem Stral, ein Fuͤhrer der im Kampf er⸗ lag. Sein Antlitz, ſagt der Dichter, gleicht dem Schimmer des ſinkenden Monds. Seine Kleider Wolken des Huͤgels. Seine Augen zwo ſterbende Flammen. Dunkel die Wunde der Bruſt. Crugal, ſprach der maͤchtige Connal, warum ſo bleich und ſo trau: rig, du Schildezerbrecher? Nie bleich: te die Furcht dich. Was truͤbt den geſchiedenen Crugal? Er ſtand daͤmmernd und in Thraͤ⸗ nen, über den Held. Leis erhub er ſeine w ſchwaͤchliche Stimme, wie das Luͤftgen des ſchilfigten Lego: / Ueber die verſchiedenen Begriffe und ſtreckte ſeine bleiche Hand „Leicht bin ich, wie der Hauch von Cromla. Ich ſchreite wie der Schar $ ten des Nebels. Leſer der case: Schriftſteler koͤnnen mit dieſer Schilderung das Bild Hektors vergleichen, in der Ae⸗ neide, der den Aeneas vom Schlafe weckt, da die Flamme der Oriechen in Troja wuͤthet. Nach der eſoteriſchen Dbitofopie der Bonzen, oder Prieſter von der 84 EN Sekte des Fohi in China, iſt es die groͤßte Gluͤckſeligkeit, wenn man nach dem Tode mit dem Nichts vereinigt wird. Körper der Thiere. Cons fu⸗tſe, der beruͤhmte Weiſe der Chinefer, befaßte ſich nicht mit der Leh⸗ re von der Unſterblichkeit der Seele, Nach der exſoteriſchen aber lehren fie eine Seelenwanderung in die und behauptete, man muͤſte nur ſicht⸗ bare Gegenſtaͤnde unterſuchen. Nach der Religion der Sintos, der älteften unter den drei in Japan herr⸗ ſchenden Religionen, giebt es nach dem Tod' ein ſeliges Leben der Frommen. Eine Hoͤlle glauben ſie nicht. Die Seelen der Laſterhaften irren eine Zeit⸗ lang nach dem Tod' umher, bis ſie in die Wohnung der Goͤtter aufgenom⸗ men werden. Die Aegyptier lehrten, nach dem Herodot B. 2. K. 123. eine Seelen⸗ wanderung, die darin befland, daß die Seelen, nachdem ſie alle Thiere der Erden, des Waſſers und der Luft durch⸗ wandert hatten, innerhalb 3000 Jah⸗ ren, endlich in einen wenſchlchen Rötz per zuruͤckkehrten. ; Chak 841 Cbaldaͤer und Perſer hielten die Sex: len für Theile der Weltſrele, in die fie nach dem Tode zuruͤckkehrten. Dieſes iſt aber keine eigentliche Unſterblich⸗ keit, weil die Seelen aufhoͤren als In⸗ dividua zu ſubſiſtiren. Die Griechen glaubten fruͤhzeitig ein anderes kleben. Den Ort des Aufent: halts der Verſtorbenen nannten fie Ha: des, den fie, je ausgebreiteter ihre Län: derkunde wurde, immer weiter hin nach Weſten verlegten, zuletzt in die gluͤckli⸗ chen Inſeln. Homer kennet noch keinen Unterſchied zwiſchen dem Orte der Se— ligkeit und der Quaal. Nachher fon: derte man das Elyſtum vom Tartarus. Man dachte ſich Anfangs den Ort der Seligkeit als eine ee koͤrperli⸗ cher Freuden, bis ſich die Begriffe all⸗ maͤhlich verfeinerten, wie man aus dem Phaͤdon ſieht. Hieher gehoͤrt auch die ruͤhrende Schilderung, die Virgil im ſechſten Buche ſeines Heldengedichts entworfen hat. Die Weltweiſen zwei: felten inzwiſchen zum Theil an einem kuͤnſtigen eben, und der Glaube an ein Elyſtum ward immer fchwanfender, und artete unter Griechen und Roͤmern, zum großen Nachtheile des geſellſchaft⸗ lichen Wohls, zuletzt faſt gaͤnzlich in Unglauben uͤber dieſen Punkt aus, woran Sophiften und Dichter durch ihre Declamationen und Dichtungen Sau waren. Wie Sokrates gedacht habe fiebt man am deutlichiten aus der Rede, die er vor ſeinem Tod' an feine Richter hielt. Ich bin feſt überzeugt, ſagt er, daß es mein groͤßter Vortheil ſey, wenn ihr — von einem kuͤnftigen Leben. . 842 meint Richter mich jetzt zum Tode ver⸗ dammt. Eines von beiden iſt nothwen⸗ dig die Folge davon: entweder raubt mir der Tod alle Empfindungen, oder er fuͤhrt mich hin in ein anders Leben. Raubt mir der Tod alle Empfindungen, iſt er ein tiefer Schlaf ohne alle Traͤu⸗ me, wie wuͤnſchenswuͤrdig iſt mir dann der Tod! Iſts aber gegruͤndet, daß der Tod ein Uebergang zu ſolchen Orten iſt, wo die ſich jetzt befinden, die vor uns lebten, um wie viel gluͤcklicher bin ich dann nicht, der ich von denen, die ſich Richter nennen, zu denen gehen ſoll, die es wuͤrklich find, zum Minos, Rha⸗ damantus und Aeakus, um dort Maͤn⸗ ner zu finden, die in ihrem Leben Ge⸗ rechtigkeit und Wahrheit uͤbten! Duͤnkt euch dies nicht eine glückliche Reiſe zu ſeyn? Haltet ihr es denn fuͤr ſo gar nichts, mit einem Orpheus, Homer und Heſtodus zu ſprechen? Wahrlich, ich wolte dieſer Dinge halben wohl mehr als einmal ſterben. Mit welchem Ver⸗ gnuͤgen werd' ich nicht mit Ajax und Palamedes und vielen andern reden, die, wie ich, von unbilligen Richtern lit⸗ ten! Ihr aber, meine Freunde, zittert nicht vor dem Tode! Einem rechtſchaf⸗ fenen Mann kan weder im Leben noch im Tod' etwas Boͤſes wiederfahren. Seine Angelegenheiten ſtehen immer unter der Goͤtter Aufſicht. Doch, ſo endigt er ſeine Rede, es iſt Zeit, daß ich ſterbe, und ihr den Geſchaͤften des Le⸗ bens nachgehet. Wer es von uns am beſten treffen wird, das weiß Gott, aber kein Sterblicher. Der trefliche Mann redet freilich Ggg 3 zwei⸗ 5 | 843 | > zweifelhaft; aber mir ſcheint es klar zu ſeyn, auf welche Seite er ſich neige. Sein Schuler Plato glaubte, die menſch⸗ ſichen Seelen wären urſpruͤnglich Daͤ⸗ menen, die anfänglich in der Geſell⸗ ſchaft der Goͤtter gelebt, aber die Ma⸗ terie lieb gewonnen hätten. Zur Stra: fe waͤren ſie von den Untergoͤttern in menſchliche Koͤrper gekerkert. Der Menſch habe alſo eine unſterbliche See⸗ le außer zwoen, von den Dämonen ge: wüͤrkten, ſterblichen. Die unſterbliche Seele müßte ſich von dem Leibe los zu machen, oder die Sinne zu ertödten ſuchen, welches der Anfang des DU monenlebens, und zugleich die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit wäre | Ariſtoteles Läugnete die Unſterblich⸗ keit der Seele. Er ſagt mit duͤrren Worten: Der Tod iſt unter allen Din: gen das fürchterlichfte, denn er iſt das Ende des debens, und wenn der Menſch todt iſt, ſo ſcheint weder etwas gutes noch boͤſes uͤbrig zu ſeyn b). Die Stoiker hielten die Seelen für Theile der Weltſeele. Einige hielten fie für ſterblich, andere für unſterblich. Doch glaubten die letztern, daß die Ever len boͤſer Menſchen bald nach dem To⸗ de zerflatterten, die Seelen guter Men; ſchen aber nur bis zu ihrer allgemeinen Verbrennung fortdauerten, Die eigentliche Lehre des Pythago— ras und feiner Schuler iſt, wegen des Widerſpruchs der Schriftſteller, eini⸗ gem Zweiſel unterworfen. Wahrſchein⸗ lich lehrte er ſelbſt eine Wanderung der Seelen. Die Epikurder laͤugneten die b) Ad Nicomachum lib. 3. cap: 6. Ueber die verſchiedenen Bezriſfe 44 Unſierblichkeit unſers beſſern Theiles ſchlechtweg. Cicero zweifelte. Seneca ſpricht wie gewoͤhnlich glaͤnzend von dieſer Sache. Epiſt, 102. Kurz, wenn man die Geſchichte des menſchlichen Geiſtes unpartheiiſch durchgeht, fa wird man finden, daß die ehriſtliche Re⸗ ligion auch in Abſicht dieſer Lehre ſich einen herrlichen Lorbeer erworben hat. Nur von der Zeit an iſt dieſe unentbehr⸗ liche Wahrheit ausgebreitet und feſter gegruͤndet worden, da die, unlaͤugbar, wohlthaͤtigſte aller Religionen, obgleich unter Drangſalen, als Siegerin her⸗ vorging, die Goͤtzentempel mit ihren Graͤueln niederriß, die am meiſten ver⸗ feinerten Voͤlker belehete, daß fie bisher die ſchimpflichen Feſſeln eines unbegreif⸗ lich einfaͤltigen Aberglaubens getragen, und fie aus dem Unflath ihrer Laſter kraͤftig herausriß; durch die herzerhe⸗ bende Lehre von einer Welt jenſeit des Grabes den hohen Werth jedes Mens ſchen überzeugend predigte, und dadurch dem betruͤbten oder geaͤngſteten Tugend⸗ haften Heiterkeit und Muth, dem Frev⸗ ler uber heilſames Schrecken einfloͤßte. Menn ich gleich anfangs von ganzen Nationen redete, denen der Gedanke an eine kuͤnſtige Welt gleichguͤltig zu ſeyn ſcheinet, ſo verſtand ich, wie man leicht vermuthen kan, darunter die ungluͤck⸗ lichen Voͤlker, die noch immer im dun⸗ keln ſitzen, und in ihren verbrannten Wuͤſten, oder kalten, von ewigem Win⸗ ter beherrſchten Gegenden ſich uͤber die niedrigſte Staffel der Kultur nicht zu erheben vermoͤgen. 2 ee Le e ee 1 845 Mit eben den Faͤhigkeiten wie wir geboren, von Natur geſchickt zu denſel— ben Unternehmungen, wodurch ſich un: fere Europäer über alle Voͤlker erhu⸗ ben; kurz geſchmuͤckt mit einem Gei— ſte, der wie der unſrige das Weltgebaͤu⸗ de uͤberleben wird, kennen fie keine hoͤ⸗ here Gluͤckſeligkeit, als die Befriedi⸗ gung des Bauchs. Ein wunderbar Geſchoͤpf, das wie die dummſten Thiere Sich Nahrung aus der Erde graͤbt, und wie der Engel denkt. Der Vater der Geiſter kennet inzwi⸗ ſchen die Mittel, durch welche er auch dieſe Kinder ſicher ihrer Beſtimmung immer naͤher bringen wird. Aber woher unter uns, ich will nicht ſagen Chriſten, denn jetzt muß man haͤu⸗ fig unter einem Europäer und ehriſtli⸗ E chen Europaͤer unterſcheiden, - woher fo viele Zweifler? Woher die betraͤchtliche Zahl ſolcher, die jenes Leben offenbar laͤugnen? Dieſe Frage mag die zahlrei⸗ che Schule jener geputzten Weiſen be⸗ antworten, die nur durch feinere Orga⸗ niſation uͤber Stiere und Hunde etha⸗ ben zu ſeyn waͤhnen. Ihre Zahl wird ſich unſtreitig nach dem Verhaͤltniß ver⸗ mehren, in welchem ſich das Leſen ſol⸗ cher franzoͤſiſchen Schriften verbreitet, die mit ſo vieler Schwatzbaftigkeit den Materialismus verkuͤndigen. | Eine unter Chriſten nicht ungewoͤhn⸗ liche Vorſtellung vom kuͤnftigen Leben kan ich hier nicht unberuͤhtt laſſen, da fie unmittelbar zu der in dieſem Auf: ſatz abgehandelten Materie gehoͤrt. Man gedenket ſich nicht ſelten den Auf⸗ von einem kuͤuftigen Leben. 646 ſentbalt der Seligen als einen Ort der Ruhe, und man irret nicht, wenn man im Himmel Befreiung von Noth und Jammer erwartet. Aber, wenn man ſich dabei eine gaͤnzliche Unthaͤtigkeit ges denkt, welche digenigen behaupten, die ich hier beſtreite, ſo kan nichts unge— gruͤndeter ſeyn, nichts was mehr gegen die richtigen Begriffe von Gluͤckſelig⸗ keit ſtreitet, die ohne Beſchaͤſtigung der weſentlichen Kräfte unſers Geiſtes ſchlechterdings nicht ſtatt findet. Muͤß ſiggang iſt unſerer Natut zuwider, ſo wie Thaͤtigkeit das auszeichnende Merkmal nicht nur unſers Geſchlechtes, ſondern aller Thiere nach dem verſchiedenen Maaße ihrer Beduͤrfniſſe iſt. Erklaͤrte Schwelger, die, wie Horaz ſagt, nur geboren zu ſeyn ſcheinen die Fruͤchte der rde zu verzehren, ſuchen ſelbſt in der Entzuͤndung ihrer Leidenſchaften Bes ſchaͤftigung; ſinnen uͤber die Mittel nach, wie fie ſich von dem Tage befreien wollen, und reiſen, nach dem Ausdruck eines engliſchen Verfaſſers, von london nach Bath, und von Bath nach London, um eben ſo muͤßige Leute aufzuſuchen, wie ſie ſelbſt ſind, mit denen ſie die Zeit toͤdten können. Gleichwohl gewährt das Leben kein höheres Vergnüg gen, als wenn man in nuͤtzlichen Geſchaͤſten Hinderniſſe uͤberwindet, und von einer Stuffe des Fortgangs zur andern ſchrei— tet. Man gedenke ſich einen Luther ode Haller, die, wie die ganze Welt weiß, für das allgemeine Wohl nicht nur uns ablaͤßig arbeiteten, ſondern wahrlich auch in dieſer unaufhoͤrlichen edlen Thaͤtigkeit ſichern Lohn fanden, — man 5 ge⸗ = 847 Ueber die verſchiedenen Begriffe von einem kuͤnftigen Leben. 848 gedenke ſie ſich in dem feierlichen Augen: blick, da ſie dieſe Welt verließen, ausge et von der Hand des Almachtigen mit Gudeskelſten, deren fortſchreitende Ent⸗ wickelung ihre ſtaunenden Mitbürger mit gem Vergnügen erfüllte. Sie ſehen die 55 nun unter ihren Füßen. Herrlicher ſtrahlt ihnen die Sonne im verwickelten, aber bis zum Eatzuͤcken regelmäßigen Gan⸗ ge muthig ſich ſchwingender Welten. Ge⸗ ſchaͤrfter it das Aug’ ihres Geiſtes, leich⸗ ter und ſchneller ihr Fuß. Die Welten, je Kepler, Euler und Köflner in unermeß⸗ licher Entfernung bewunderten, flammen ihnen vielleicht aun näher. Sie vernehmen das Gebrauſe der Meere des Mondes, er: blicken vielleicht Millionen von Geſchoͤp⸗ fen, die hier auf Erden die feurigſte Ein⸗ bildungskraft ſich nicht zu entwerfen ver⸗ mag, reden mit Geiſtern, die wie Eloa fa- en koͤnnen: ! 8 i Lange war ich, ich ſchau in Ewigkei⸗ We d för du wurdeſt o Welt, da war n ua anch Jahrhundert Ueber mein Hauptvoröber gefloſſen, un 5 meine ir 4 8 ind nicht eines Sterblichen Tage, der e e aufblüht und Staub wird. Alles fordert ſie auf, alles erkeichtert es ihnen, den Gott naͤher kennen zu. lernen, der ſchon auf Erden das Gluͤck ihrer erhabenen Seele war. Er reicht id nen auch jetzt gleich⸗ ſam die Hand, ſie zu ſich zu führen, und fie, Luther und Haller, ſolten in ſybaritiſche Traͤgheit verſinken, oder nach Mahomme⸗ daniſchen Paradieſen lecken? Fartgehende ſchnellere Entwickelung aller Geiſteskroͤfte muß man ſich durchaus in je nem Leben gedenken, oder man verkennet die Beſtimmung des Menſchen, die auf immer wachſende Vervollkemmung und daraus ent; ſpringende Gluͤckſeliakeit abzweckt. Jenes Leben ſteht, wie man hieraus ſieht, mit dem gegenwaͤrtigen in genauem Zuſammenhan⸗ 8 und iſt mit dieſem eines und! fe e. Und wer darf unſern Kräften Grängen ſez⸗ zen, über welch hinaus nicht noch * umer neue gedacht werden konten? Aeltern muͤſ⸗ fen daher ihren Kindern frühzeitig Begriffe von ihrem Geiſte beizubringen ſuchen, die ihres hohen Ranges würdig find. 3 Wollen wir wuͤrklich gute Menſchen ſeyn, ſo muͤſſen wir ohnehin jene Welt ſtets vor Angen haben, menſchliche Freuden als Men⸗ ſchen genießen, und als Menſchen weinen, aber an Tod und Verweſung als Engel ge- denken. Du darfſt alsdann, wer du auch biſt, den Tod nicht ſcheuen, noch als Greis untroͤſtlich, wie Oſſian, die Jahre froher Jugend beweinen: . N O, du, die du droben rollſt, rund wie der Schild meiner Vaͤter! Woher ſind deine Stralen, o Sonne! Woher dein ewiges Licht? Du ſchreiteſt voran in deiner ehrwuͤr⸗ digen Schoͤne. Die Sterne verbergen ſich am Himmel; der Mond kalt und bleich ſinkt in die weſtlichen Fluthen. — Der Occan finft. und ſchwillt wieder auf; der Mond ſelbſt verliert ſich am Himmel: du aber biſt im: mer dieſelbe, und erfreuft dich im Glanze dei⸗ nes Laufs. Wenn Orkane die Welt in Fin⸗ ſterniß huͤllen, der Donner rollt und Blitze fliegen, — ſchauſt du in deiner Schoͤn aus den Wolken, und laͤchelſt über den Sturm. Aber fuͤr Oſſian ſchauſt du vergebens; denn er ſieht deine Stralen nicht mehr. — Doch du biſt vielleicht, wie ich, nur fuͤr eine Zeit, deine Jahre werden ein Ende haben. Du wirſt ſchlafen in deinen Wolken, ee mert um den Ruf des Morgens. Erfre dich dann, Sonne, in der Kraft deiner us gend! Das Alter iſt finſter und unhold; es gleicht des Mondes daͤmmerndem Lichte, wenn es durch gebrochene Wolken hinſchim⸗ mert, und der Nebel auf dem Huͤgel ſich ſenkt; der Hauch des Nords berrſcht auf der Flur; in der Mitte ſeiner Reiſe bebet der Wanderer. . “ Kuhls. — 4 irn HR 1 DB, sy vage: es e , Montag, den ten Julias 783. Anmerkungen 10 er die Behandlung neugeborner Kinder. Von D. Joh. Chr. Gottl. Ackermann, a) an hat in den neuern Zeiten, | und noch nicht vor gar lan⸗ % ger Zeit in dem Leipziger Jutelligenzblatte angerathen, den neu: gebornen Kindern, um ſie ihre ganze Lebenszeit hindurch gegen die Pocken zu ſichern, nach der Zerſchneidung der Nabelſchnur etwas Blut herauszu— laſſen, und uͤberhaupt dasjenige Blut, welches in dem mit dem Körper zufam: menhangenden Stuͤck Nabelſchnur be: findlich iſt, moͤglichſt rein herauszu⸗ druͤckgz. Ich habe dies als eine Sa— che, die, wenn ſie auch den verlangten Erfolg nicht hat, wenigſtens nicht ſchaden kan, mehrern meiner Freunde angerathen, und es auch, wo ich zu Zeburten gerufen worden bin, ſelbſt ſorgfaͤltig gethan. Daß Kinder, bei denen dies mit Sorgfalt und ganz auf die vorgeſchriebene Art geſchehen iſt, von den Pocken befallen worden ſind, weiß ich gewiß; ob es aber bloß Zu⸗ Hueber etwas anders war, daß ſol⸗ che Kinder allemal ſehr gutartige Pok⸗ ken hatten, und ſehr leicht durchka— men, weiß ich nicht, und kan es auch jetzt noch nicht, bis ich mehrere Pok⸗ kenepidemien erlebt habe, beſtimmen. Die Haͤlfte der Kinder in Europa werden die Nacht geboren, und dieſe baben ein uͤbleres Schickſal, als die; n die am Tage geboren werden. Es iſt, wenn ein Kind zur Welt ge⸗ kommen iſt, noͤthig, daß verſchiedenes, das Wickelzeug, das Waſſer zum Ba⸗ den, u. ſ. f. berbeigeſchaft werde; dies beſchaͤftigt mehrere Perſonen, die meiſt mit hellen Lichtern in dem Zim mer, wo ſich das neugeborne Kind be— findet, herumrennen. Auch die Heb—⸗ amme bedarf bei der Beſorgung des Kindes eines Lichts, und wenn auch bei dem gemeinen Manne Jahre lang kein belles Licht in die Stube gekom— men iſt, fo find jetzt wenigſtens Talg: lichter oder lodernde Kienſpaͤne wor: banden, mit welchen geleuchtet wird. 566 Uns 2) Siehe Baldingers neues Magazin für Aerzte, des ꝛten Bandes HF Stück. Man bat dieſes wegen des gemeinen Nutzens hier abgedruckt. 8 951 Numetrtüungen uber die Uns Erwachſenen iſt es ſchen f baft, Abends, wenn wir eine Zeitlang im Dunkeln uns aufgehalten haben, we ch den Weib ken plötzlich in ein hellloderndes Licht zu lichſten Serung wine altbeutſch ſeben. Der belle Schein des kichts part werden follen ſagen man 1 teitt unſere Augen 9 wir fie Kinder nach a verließen müſſen. Wie vielmehr im kaltem aden, ſchmerzhaſt muß dies nicht einem neu⸗ x der erſten Stade If ebens gebornen Kinde ſeyn, welches des abjufärten. Allen es iſt das lichts völlig ungewohnt, nun auf ein- Waſſer oft nicht Se: ' jerweilen mal dem flärkften Scheine deſſelben ſehr ſeſt au der . en fette BE na, n N ausgeſetzt wird? Es iſt klaͤglich zu fer gen Schmutz wegnehmen ind an ben, wie ſolche Kinder, wenn das Licht würde, wenn mans ja wel nahe an ihre Augen gebracht wird, te, das Kind dat miähandeln mh durch das ſeſte Zudruͤcken der Augen: fen. Auch it de Werdet ung b a lieder und auf alle Art ihre unanger einem nengeborneninde, w nehme Empfindung verrathen. Es eine fo flarfe Wäre, als die ſcheint fogar, daß dieſe plößliche Ans liche, gewohnt ift, groß greiſung der Augen Folgen auf die ſeine ganze Zukunft habe, und vielleicht find fol: Kälte anefehte, ix — che Perſonen, die ihr vollkommenes den Ted sich ehen kan. Geſicht in ihrem hoͤchſten Alter behal⸗ beſten iſt es, Kind mit Same ten, eben ſolche, die in ihrer fruhen fer zu baden, und urch e Jugend nur nach und nach an das einen weichen wegen belle Licht gewoͤhnt worden ſind. Es Schmut von der Hut rein iſt gewiß, daß die meiſten, die dies ſchen ). N * > rn u Gluck haben, und die ich darüber 9: Das Einwickeln tr Kin zu. fragt habe, am Tage geboren worden thig, fo fehr manamdamiderfhri — waren. mag; ein nicht einauıdeiten Kind Das Bad iſt das erſte, deſſen ein man durchaus nicht em Stande, ohne neugebornes Kind bedarf, nur ft man zu befürchten, Abm Schaden zu thun. noch im Streit, ob ein warmes, oder zu warten, das heiß es fangen b ein kaltes Bad beſſer ſey. Viele, die Armen zu tragen. Ich ge Bi über unſere Ausartung, über unfere gewohnliche Art, per in‘ Weichlichkeit klagen, die haben wol- und Kiffen einzuwieln, | d) Hier gebe ich einige Seiten vorüber, nicht, als wenn ich fie dent ſchrei a eben ſo wertb dielte: ſondern bloß, weil die File, weiche | „ md; und hier der Ort nicht ifl, weulaͤuftig zu ſeyn. Anm des Seraue g. e ee ee een „I. "Ve * BER . . e .m am <= wen.» m { 1 4 853 daß es Peine here gebe, voͤllig, nur kan es den Dittern nicht tief genug eingepraͤgt wesen, daß die Windeln und Kiffen immer: trocken; und daß überhaupt die anze Einwickelung lok⸗ ker und mig zu erhitzend ſeyn müf: fü Wann d Kinder liegen, ſo iſt es gut, daß um fie aufbindet. Sie gewöhnen (ich auf dieſe Art an das egen, un eeichtermeinigermanßen die Wartung⸗ - | Man maß mit den Kindern, in Rück icht auf zie Waͤrme und Kaͤlte, nicht allzu zürich ſeyn. Ich habe es nie geachtet, enn meine Kinder im Winter mit erausgeſchlagenen Ar⸗ men in einem alten Zimmer gefchla: fen haben, den ſie laſſen die Hände ungern im Keen, habe auch ſelten ges merkt, daß den die Erkaͤltung ge ſchadet hat. Nan iſt uͤberhaupt im Winter nihem Stande eine gleiche Wärme bei Andern zu erhalten. Die Hände und d Fuͤße bleiben bei ih: nen, auch in armen Zimmern, im: mer kalt. — Die Hallorenkinder in Halle, laufen n haͤrteſten Winter halb nackend an d Saale herum, und es giebt kein genderes und dauerhafte: res Volk, als ben dieſes. Die unge lzr der zwanzigſten Wo— che kommen e Kinder bei uns aus dem Kiffen, 18 heißt, fie werden bei Tage wicht uhr eingebunden, wenn man auch Nachts dieſe Gewohn⸗ beit, berſchle ner Bequemlichkeit wer gen, noch setzt. Nun werden fie angefleider, Die langen Kappen oder Negligers vo Barchent, oder anderm neeugeborner Kinder. H 85. gefütterten Linnen⸗ oder Baumwollen zeuge, ſind die bequemſte und ſchick lichſte Kleidung, die den ganzen Koͤr per bedeckt, die leicht verwechſelt wer den kan, und die die Kinder ſelbſt an meiſten lieben, denn ſie ſchreien, wem man ihnen die Schnuͤrbruſt anzieht, ſo bald ſie der Kappen nur einiget maaßen gewohnt ſind. i Es kan keine nachtheiligere Klei dung fuͤr Kinder erdacht werden, alt die Schnuͤrbruͤſte, weil unter hunder derſelben kaum eine gefunden wird die dem zarten Koͤrper der Kinder voͤl lig angemeſſen waͤre. Diejenigen, di von Rohr bereitet werden, find di ſchlechteſten, die von Fiſchbein nich viel beſſer, und die von Bindfader geben meiſt zu viel nach. Es iſt laͤ cherlich, daß man bei den Schnur. bruͤſten der kleinſten Kinder ſchon auf die Voͤlle, — das Emporſteigen des Buſens geſehen hat, und hoͤchſt nach: theilig, weil beſonders bei Kindern die Natur nicht gewollt hat, daß die unterſten Ribben tiefer eingeboger feyn ſolten, als die obern, welches mat doch eigentlich durch ſolche Schnuͤr buͤrſte verlangt. Die beſten Schnuͤrbruͤſte ſind die jenigen, die aus Filz, von den Hu: machern bereitet, und mit Leinewand, auſſen und innen uͤberzogen werden. An dem hintern Theile, wo fie zuge: ſchnuͤrt werden, muß an jeder Seite ein ſchmales, kurzes und biegſames Staͤbchen Fiſchbein gut eingenaͤhet ſeyn, weil fie ſich ſonſt nicht gut zu. ſchnuͤren laſſen. Hb Die 1 851 Uns Erwachſenen iſt es ſchon ſchmetz⸗ baft, Abends, wenn wir eine Zeitla im Dunkeln uns aufgehalten haben, plotzlich in ein hellloderndes Licht zu ſehen. Der belle Schein des Lichts verſchließen muͤſſen. Wie vielmehr ſchmerzhaft muß dies nicht einem neu⸗ gebornen Kinde ſeyn, welches des Lichts völlig ungewohnt, nun auf ein⸗ mal dem ſtaͤrkſten Scheine deſſelben ausgeſetzt wird? Es iſt klaͤglich zu ſe⸗ hen, wie ſolche Kinder, wenn das Licht nahe an ihre Augen gebracht wird, durch das feſte Zudruͤcken der Augen⸗ lieder und auf alle Art ihre unange⸗ nehme Empfindung verrathen. Es ſcheint ſogar, daß dieſe ploͤtzliche An⸗ greifung der Augen Folgen auf die Zukunft habe, und vielleicht ſind ſol⸗ che Perſonen, die ihr vollkommenes Geſicht in ihrem hoͤchſten Alter behal⸗ ten, eben ſolche, die in ihrer fruͤhen Jugend nur nach und nach an das belle Licht gewoͤhnt worden ſind. Es iſt gewiß, daß die meiſten, die dies Gluͤck haben, und die ich daruͤber ge⸗ fragt habe, am Tage geboren worden waren. | Das Bad iſt das erfte, deſſen ein neugebornes Kind bedarf, nur iſt man noch im Streit, ob ein warmes, oder ein kaltes Bad beſſer ſey. Viele, die uͤber unſere Ausartung, uͤber unſere Weichlichkeit klagen, die haben wol⸗ 95 Anmerkungen über die Behandlung 2 1 Zeitlang abzuhaͤrten. S len, daß wir, zu deren R Jahrhunderte lang der E worden iſt, nun durch den wi ür lichſten Sprung wieder altdeutſch und tichts hart werden follen, ſagen, man ſolle teitzt unſere Augen fo, daß wir fie Kinder nach alter deutſcher Manier in kaltem Waſſer baden, um fie gleich von der erſten Stunde ihres Lebens an Allein, es iſt das kalte Waſſer oft nicht faͤhig, den zuweilen ſehr feſt an der Haut klebenden fetti⸗ gen Schmutz wegzunehmen, und man würde, wenn man es ja verſuchen wol⸗ te, das Kind dabei mißhandeln müfs ſen. Auch iſt die Veraͤnderung bei einem nengebornen Kinde, welches an eine ſo ſtarke Waͤrme, als die menſch⸗ liche, gewohnt iſt, zu groß, wenn man ſeine ganze Oberflaͤche einer heftigen Kaͤlte ausſetzte, ich glaube, daß ſie den Tod nach ſich ziehen kan. Am beſten iſt es, Kinder mit lauem Waſ⸗ ſer zu baden, und durch Seife und einen weichen wollenen Lappen den Schmutz von der Haut rein abzuwa ſchen b). SE 25 Das Einwickeln der Kinder iſt noͤ⸗ thig, ſo ſehr man auch dawider ſchreien mag; ein nicht eingewickeltes Kind iſt man durchaus nicht im Stande, ohne zu befürchten, ihm Schaden zu thun, zu warten, das heißt, es lange auf den Armen zu tragen. Ich billige die gewoͤhnliche Art, Kinder in Windeln und Kiſſen einzuwickeln, uͤberzeugt, 5 e ede 1 b) Hier gehe ich einige Seiten voruͤber, nicht, als wenn ich fie des Abſchreibens nicht eben fo werth bielte: ſondern bloß, weil die Fälle, welche fie enthalten, ſelten fd; und hier der Ort nicht iſt, weitlaͤuftig zu ſeyn. Anm. des Serausg. 4 2 x; re u 3 FR N j 2 5 . — Raum ees gut, daß man ſie aufbindet. neugeborner Kinder. 854 daß es keine beſſere gebe, völlig, nur gefuͤtterten Linnen⸗ oder Vaumwollen⸗ kan es den Muͤttern nicht tief genug eingepraͤgt werden, daß die Windeln und Kiffen immer trocken, und daß überhaupt die ganze Einwickelung lok⸗ ker und nicht allzu erbitzend ſeyn muͤſ⸗ ſe. Wenn die Kinder liegen, ſo iſt Sie gewoͤhnen ſich auf dieſe Art an das ‚Liegen, und erleichtern einigermaaßen die Wartung. A n Man muß mit den Kindern, in Ruͤckſicht auf die Waͤrme und Kaͤlte, nicht allzu zärtlich ſeyn. Ich habe es nie geachtet, wenn meine Kinder im Winter mit herausgeſchlagenen Ar⸗ men in einem kalten Zimmer gefchla: fen haben, denn ſie laſſen die Haͤnde ungern im Kiffen, habe auch ſelten ge: merkt, daß ihnen die Erkaͤltung ge⸗ ſchadet hat. Man iſt uͤberhaupt im Winter nicht im Stande eine gleiche Waͤrme bei Kindern zu erhalten. Die Haͤnde und die Fuͤße bleiben bei ih⸗ nen, auch in warmen Zimmern, im⸗ mer kalt. — Die Hallorenkinder in Halle, laufen im haͤrteſten Winter halb nackend an der Saale herum, und es giebt kein geſuͤnderes und Dauerhafte: res Volk, als eben dieſes. Mit ungefaͤhr der zwanzigſten Wo⸗ che kommen die Kinder bei uns aus dem Kiſſen, das heißt, ſie werden bei Tage nicht mehr eingebunden, wenn man auch des Nachts dieſe Gewohn⸗ heit, verſchiedener Bequemlichkeit we⸗ gen, noch fortſetzt. angekleidet. Die langen Kappen oder Negligees von Barchent, oder anderm 7 Nun werden fie zeuge, ſind die bequemſte und ſchick⸗ lichſte Kleidung, die den ganzen Körs per bedeckt, die leicht verwechſelt wer- den kan, und die die Kinder ſelbſt am meiſten lieben, denn fie ſchreien, wenn man ihnen die Schnüͤrbruſt anzieht, ſo bald ſie der Kappen nur einiger maaßen gewohnt ſind. - Es kan keine nachtheiligere Klei⸗ dung fuͤr Kinder erdacht werden, als die Schnuͤrbruͤſte, weil unter hundert derſelben kaum eine gefunden wird, die dem zarten Koͤrper der Kinder voͤl⸗ lig angemeſſen waͤre. Diejenigen, die von Rohr bereitet werden, ſind die ſchlechteſten, die von Fiſchbein nicht viel beſſer, und die von Bindfaden geben meiſt zu viel nach. Es iſt laͤ⸗ cherlich, daß man bei den Schnürs bruͤſten der kleinſten Kinder ſchon auf die Voͤlle, — das Emporſteigen des Buſens gefehen hat, und hoͤchſt nach: theilig, weil beſonders bei Kindern die Natur nicht gewollt hat, daß die unterſten Ribben tiefer eingebogen ſeyn ſolten, als die obern, welches man doch eigentlich durch ſolche Schnuͤr⸗ buͤrſte verlangt. Ä Die beſten Schnuͤrbruͤſte find die jenigen, die aus Filz, von den Hut⸗ machern bereitet, und mit Leinewand, auſſen und innen uͤberzogen werden. An dem hintern Theile, wo ſte zuge⸗ ſchnuͤrt werden, muß an jeder Seite ein ſchmales, kurzes und biegſames Staͤbchen Fiſchbein gut eingenaͤhet ſeyn, weil ſie ſich ſonſt nicht gut zu⸗ ſchnuͤren laſſen. Hh h 2 Die⸗ \ 855 Dieſe Schnüͤrbrüſte haben alle die Eigenschaften, die man von einer Schnuͤrbruſt nur verlangen kan, fie erhalten den obern Körper gerade, der faſt noch ſchaͤdlicher. "Man. deufe Filz weicht leicht, wo eine andere Schnuͤrbruſt von Fiſchbein oder Rohr beftig druͤckt, ſie liegen ordentlich an dem Koͤrper, wenn ſie gut gemacht worden find, an, und die Kinder laſ⸗ ſen ſich recht gut in ihnen warken und behandeln. Von ihnen kan man auf. keine Weiſe die Nachtheile, die ande— re Schnuͤrbruͤſte fo oft nach ſich zie⸗ hen, die Verunſtaltungen und das Eindruͤcken der Ränder der Darm: “beine befürchten. Ungemein nachtheilig aber find die ſogenannten Lufzaͤume, und alle die kuͤnſtlichen Mittel uͤberhaupt, die man erdacht hat, um ſich die Wartung bei Kindern, die auf die Beine wollen, zu erleichtern. Die erſtern find von fe: der, oder auch von Garn, und wer— den über die Schnuͤrbruſt den Kin: dern angezogen. Auf beiden Seiten ſind zwei lange Baͤnder an ihnen ſo befeſtigt, daß das eine unter den Arm, das andere aber uͤber den Arm geht, und die oben, damit man ſie bequem halten kan, zuſammengeknuͤpft wer: den. Wenn man nun ein Kind, das noch nicht laufen kan, auf die Erde laßt, und es an den Bändern oben hält: fo werden dadurch die Schul; tern außerordentlich in die Höhe ger zogen, und durch das Einſchneiden derſelben in den untern Theilen des Arms wird der Umlauf der Säfte in den Armen ungemein gehindert. Anmerkungen uͤzer die Behandlung Es iſt gar nicht möglich, einen anf: zaum ſo anzulegen, Hohe rutſchen koͤnts. Hervortreten des Maſtdarms. der das letztere Uebel iſt eine Abko⸗ 8 50 daß er nicht in die Die ſogenannten Lanſbänke | fi nd | fich ein Kind, welches taͤglich mehrere Stunden lang mit halbem Leibe bis au die Bruſt in ein Loch geſteckt wird, wel⸗ ches der obern Oefnung unſrer heim: lichen Gemaͤcher aͤhnlich iſt. a Durch⸗ i fallen kan das Kind freilich nicht, da⸗ zu iſt es zu ungeſchickt, und die Ar⸗ 8 me hindern es; aber die Beine wer⸗ den krumm, der Bauch ſchwillt, das Ruͤckgrad wird zu ſehr eingebogen, und die Schultern geben ſich in die Höhe — Iſt zu einer Zeit unermü⸗ dete Mühe der Waͤrterinnen noͤthig, ſo iſt es um die Zeit, wenn die Kin⸗ der anfangen, fi ſich auf die Bache u machen. Auch die durchloͤcherten 2 ſtuͤhle ſind ſchaͤdlich; ſie befoͤrdern die Krümmung des Ruͤckgrads und das Wi⸗ chung von Eichenrinden, warm um⸗ geſchlagen, das ſicherſte Mittel, und viel vorzuͤglicher, als das Raͤuchern. Die Kinderſtuͤhlchen ſind nur ſo lan⸗ ge noͤthig, als ein Kind Zeit bedarf, ſich des Vorraths zu entledigen. Zum Sitzen fuͤr dieſelben ſind kleine niedri⸗ ge Baͤnkchen am beſten, wo ſie keinen Schaden nehmen koͤnnen, wenn ſie auch herunterfallen. Hoch ſitzen iſt fuͤr Kinder, die noch keine Gefahr Pens nen, allemal gefährlich. Es ift nicht ſchicklich⸗ Kinder oſt und TR We * * K N U PR, - uf err — ir 418 und lange auf der Erde, ehe fie lau⸗ fen lernen, kriechen zu laſſen, ungeach: tet es gewiß iſt, daß ſte auf dieſe Art gegen die Gefahr des Fallens am be; ſten geſichert ſind. Sie gewöhnen zu leicht daran, es haͤlt ſchwer, ihnen in der Folge dieſe üble Gewohnheit wie: der abzugewoͤhnen, und ſie lernen wuͤrk⸗ lich ſpaͤter, als ſonſt, laufen. Die Fallhuͤte ſind, wenn ſie weich und weit genug ſind, nicht ſchaͤdlich, beſonders wenn ſie den Kindern nicht immer aufgeſetzt werden. Sie verhü⸗ ten wenigſtens zuweilen die Macht der Stoͤße auf den Kopf. Wichtig iſt es überhaupt, genau a die Bedeckung des Kopfs bei Kin: dern zu ſehen, damit die Ausduͤnſtung deſſelben nicht durch dieſelbe unter⸗ druͤckt werde. Hierzu ſind ſolche Hau⸗ ben, die leicht gewaſchen werden fün: nen, z. B. diejenigen von Kattun die beſten. Wenn ein Kind die nemliche Haube nur einige Tage getragen bat, ſo ſieht ſie inwendig gelb, und wie mit Fett uͤberzogen aus. Es iſt un⸗ moͤglich, daß unter einer ſolchen mit fertigen Feuchtigkeiten angefuͤllten Be: deckung, der Kopf frei ausduͤnſten kan. Wie ſchaͤdlich muͤſſen daher nicht ſeidene Hauben ſeyn, die nicht gewa⸗ ſchen werden koͤnnen, und die voll von Unrath nicht im Stande ſind etwas weiter von demſelben aufzunehmen. Wenn man einem Kinde nur ſolche Hauben aufſetzt, und ſie nicht fleißig wechſelt, fo entſteht auf dem ganzen Kopfe eine ſchuppige Fettrinde, die, wenn ſie nicht weggeſchaft wird, noth⸗ = * neugeborner Kinder. 858 wendig üble Folgen nach ſich ziehen muß. Wenn die Hauben oft gewechſelt werden, und auch der Kopf oft mit warmen Waſſer abgewaſchen wird, ſo entſteht dieſe Fettrinde ſo leicht nicht. — Viele Muͤtter glauben, es ſey ſchaͤd— lich, ſie los zu machen, und huͤten ſich, fie anzutaſten, da es doch viel; mehr ſchaͤdlich iſt, wenn man fie lange unbetaſtet läßt. Sie weicht am beſten, wenn man den Kopf an dem warmen Ofen mit etwas Butter ſalbt, wo ſie ſich alsdenn durch den Kamm leicht wegnehmen laͤßt. Daß man der Fon⸗ tanelle hierbei moͤglichſt Venen muͤſſe, verſteht ſich. Man giebt ſich besonders bei Maͤd⸗ chen Muͤhe, das Haar, ſo viel als moͤg—⸗ lich, hinter zu gewoͤhnen; man bindet zu dem Ende die Stirn ſtraf mit wol⸗ lenen Baͤndern, von denen man ſagt, daß ſte das Haar wegfreſſen, und er⸗ hält dadurch weiter nichts, als daß man den Kindern unangenehme Em— pfindungen verurſacht, und auch wohl, wenn man zu unvernuͤnftig verfaͤhrt, dem Ban des Kopfes ſchadet. Das Haar, welches die Veranlaſſung zu dieſem Verfahren giebt, und welches ganz vorn um die Stirn herum ſteht, liegt mit feinen Spitzen, wie gewöhn: lich, nach der Stirn zu, daher entſteht die leere Beſorgniß, die Stirn mogte zu tief mit Haaren bewachſen. Nach und nach giebt es ſich, wenn es waͤchſt, von ſich ſelbſt in die Höhe, Ueber die Kruͤmmung des Rück grads bei Kindern, hat Herr Camper mit Hb 3 ) 859 Anmerkungen uͤber die Behandlung neugeborner Kinder. 860 | mit vielem Scharſſinn geredet, fo, daß nichts wichtiges uͤber dieſen Gegen: ſtand von ihm unberuͤhrt geblieben iſt. Ich habe oft das Schickſal ſolcher Elen⸗ den, bei denen das, was noch an dem Körper iſt, durch Schnuͤrbruͤſte ent: ſtellt und verderbt wird, lebhaft be⸗ dauert. Es giebt wuͤrklich wider die⸗ ſes Uebel, beſonders wenn es einiger⸗ maaßen überhand genommen hat, kein ſehr wuͤrkſames und den ubrigen Thei⸗ len des Körpers unſchaͤdliches Gegen: mittel. Das Kriechen auf der Erde, welches Herr Brambille angerathen bat, wird vielleicht ſo maͤchtig auch nicht wuͤrken. Es iſt bekant, daß Hoͤk⸗ ker unter den Menſchen von niedri⸗ germ Stande ſeltener, als bei Vorneb⸗ mern ſind. Wenn die Nachkommen⸗ ſchaft vornehmer Perſonen nicht ſchon von der Geburt an das Gepraͤge der Schwaͤche an ſich truͤge, und wenn Aeltern von dieſem Stande es ſich nicht gewiſſermaaßen für eine Schande hiel— ten, ihre Kinder ſelbſt zu warten, ſo würden dieſe Ungeſtaltheiten auch in dieſem Stande ſelten ſeyn. Denn auch eine ſehr beſorgte Waͤrterin hat nicht das Herz und das Ange einer Mutter. Ein ſehr wichtiges Stuck zur Er: haltung der Gefundheit bei Kindern, iſt das Baden, welches in den erſten drei Vierteljahren ihres debens wenig⸗ medo. f P m ET ER ET . r nn ſtens wöchentlich zwei, auch wenn es möglich iſt, dret mal geſchehen muß. Anfangs fürchten es die Kinder, fie gewohnen es aber ſehr bald, wenn man nur nicht ablaͤßt, und den Körper nicht zu plotzlich durch kaltes Waſſer ſchreckt, und gehen in der Folge mit Vergnü⸗ gen in die Badewanne, ohne zu fra: gen, ob das Waſſer kalt oder warm ſey. Wenn fie einigermaaßen zu Ver⸗ ſtande kommen, ſo kan man ihnen zur Belohnung ihres Wohlverhaltens, in das Bad zu gehen erlauben; ich weiß aus der Erfahrung, daß Kinder durch die Vorſpiegelung dieſer Belohnung haben zum Guten angehalten werden koͤnnen . enn ee n Die Wuͤrkungen des Bades ſind bei Kindern ungemein wichtig. Es wird durch daſſelbe die auf der Haut klebende Ausduͤnſtung, welche ihrer Klebrichkeit wegen die Ausfuͤhrungs⸗ gefaͤße der Haut leicht verſtopft, am kraͤftigſten abgewaſchen, es wird eine lebhaftere Circulation der Säfte un⸗ terhalten, es wird die Verdauung und die Ausleerung des Unraths befoͤrdert, und die Verſtopfung der Eingeweide des Unterleibes, welche die engliſche Krankheit und die Atrophie bei Kin⸗ dern nach ſich zieht, fehr mächtig ads gehalten. Das Bad iſt bei Kindern die halbe Nahrung. 1 no eK 1 err Einige 861 . . ehe 862 ERDE EDER der Aufgabe im Aten Stuͤck des Han⸗ noveriſchen Magazins von dieſem Jahre: die Ausrottung ö des Kaͤlberkropſs betreffend. D. Kaͤlberkropf iſt eine von den wilden Pflanzen, deren Wur⸗ zeln ain dem haͤrteſten Winter nicht ver: friert, und die mit der Zeit die Dicke eines Daumen erhält. Dieſe Wurzel treiber ſehr bald im Fruͤhjahr Kraut hervor, welches ganz kraus iſt, und dem Peterſilienkraut ſehr aͤhnlich fchei: net. Sie iſt ohne viele Muͤhe und Koſten auszurotten; denn entdeckt man fie, einer der die Schaufel nur einiger: maaßen fertig zu fuͤhren weiß, ganz leicht bewerkſtelligen kan: Man haͤlt nemlich die Schaufel etwas ſchraͤger, als wenn man graben will, in dieſer lage ſticht man nahe bei obgedachtem Kraute in die Erde, in ſolcher Rich; tung, daß das oberſte Ende oder die Krone von der Wurzel getroffen und abgeſtochen wird, welches daran zu erkennen iſt, wenn die Schaufel ein wenig vorwaͤrts aufgebeuget wird. Auch kan das oberſte Ende, oder die Krone mit den Fingern aus der Erde genommen werden, und alsdann iſt man ſeiner Sachen gewiß. Das un⸗ terſte Ende von der Wurzel waͤchſt nicht wieder aus. Ich habe auch wohl geſehen, daß einer verſchiedene male, aber immer etwas tiefer geſtochen, um deſto gewiſ⸗ ſer die Wurzel zu treffen, wie es ſichs denn auch gefunden, daß ſie an eini⸗ gen Orten in Stücken zerſtochen gewe⸗ ſo ſticht man ſie ab, welches ſen. Mit dieſer Bebandtung wird ſortgefahren, bis keine einzige mehr zu finden i ſt, und ſolte ſich hie oder da auch eine kleine Wurzel verſteckt haben; fo wird ſolche in dem folgenden Fruͤh⸗ jahre auf eben die Art verfolget. Auf aͤhnliche Art habe ich einſt die ſchaͤdliche breite Lattjeblaͤtterwur⸗ zel ausrotten ſehen. Auch leidet durch dieſe Behandlung der Gras— anger im geringſten nichts, weil bei dem Stechen mit der Schaufel, nichts herumgeworfen wird. Solten aber einige Stellen dadurch etwas un⸗ eben werden; ſo kan man ſolche mit dem Fuße nur wieder eben treten; als⸗ dann waͤchſt das Ge gewiß feifch und gut fort, Borſtel bei Achim. J. Bohne. 2. Der ſogenannte Kaͤlberkropf (Chæ- rophyllum ſylveſtre Linn.) iſt in einem Garten, deſſen Graͤſung zur Gruͤnfuͤtterung fuͤr Hornviehi im Stal⸗ le benußet werden foll, eine ſehr unan⸗ genehme Pflanze, weil ſie von keinem Vieh, als nur von Eſeln, gerne ge⸗ freſſen wird. Ein Garten, deſſen Graͤ⸗ fing faſt lediglich aus dieſem Kraute beſtehet, iſt alſo beinahe ganz unnuͤtze, und ein Oekonome hat Urſache allen fei; nen Fleiß und feine ganze Aufmerkſam—⸗ keit anzuwenden, es aus demſelben ganz, 863 Einige Beantwortungen der Aufgabe im ten St. ac. a gänzlich zu vertilgen, und das um ſo vielmehr, weil, wo es häufig wächſt, es einen guten fruchtbaren Boden an zeigt, der zu andern nützlichen Kraͤu⸗ tern mit großem Vortheile kan ange⸗ wendet werden. Dieſes fi pädliche Un⸗ kraut in einem einzigen Jahre zu ver⸗ tilgen, iſt nicht moͤglich; allein in ei⸗ nigen Jahren daſſelbe in einem Gras⸗ garten gänzlich auszurotten, kan mit leichter Muͤhe und wenigen Koſten be⸗ werkſtelliget werden, da es keine krie⸗ chende ſondern ſpindelfoͤrmige Wurzel bat, und ſich mebr durch den Saamen als durch ſeine Wurzel über einen Gar: ten verbreitet. Man laſſe daher im Fruhjahre, ehe dieſes Unkraut Sten⸗ gel ſchießt, die großen Pflanzen deſſel⸗ ben forgfältig ausgraben. Dies kan alsdenn leicht geſchehen, weil die Wur⸗ zeln noch dick und ſaftig ſind, und nicht leicht Hauptwurzeln davon in der Er⸗ de zurückbleiben. Dadurch wird man ſchon vielen Platz zu andern nützlichen Kräutern gewinnen, womit man die leeren Plaͤtze beſaͤen kan. Die kleinern Pflanzen laſſe man bis zum kuͤnftigen Jahre ſtehen, da man ſie denn eben ſo hehandeln kan. Dahin muß man aber vorzüglich ſehen, daß keine von den, zuruͤckgebliebenen Pflanzen bluͤhe und Saamen trage, weil ohne dieſe Vorſicht alle angewandte Muͤhe, Die: ſes Unkraut gänzlich auszurotten, ver; Noch eine eingelaufene Be ‚hinsko vorgelegt | een rn 9 gel, ebe ſie bl antwortung ſoll den Landwirthe gebliche — 1 | chnei⸗ gamen keine tt Man; uf: ee den, damit durch den « junge Pflanzen weiter erzeuget werden. Wer auf dieſe Art feinen Garten un 1 einige Jahre hinter einander behan⸗ delt, der wird ihn bald von diefem Un⸗ kraute ganzlich befreiet jehen, Bi Hildesheim. Linck, Paſtor. . 3 inen ie Acche iſt uͤberhaupt das beſte Mittel zur Veredlung und Verbeſſerung aller Grasarten und aller Wieſen. Obgleich ich mit der Aſche zwar keinen Verſuch gemacht habe den Kälber kropf zu vertilgen, fo kan ich doch ver⸗ ſichern, daß durch Beſtreuung der Wieſen mit Holz⸗ oder Torfaſche (wel: che letztere eben fo gute Dienſte thut,) alle ſchlechte Grasarten, und nament⸗ lich auch der Kaͤlberkropf ganz vertil⸗ get wordeu, und der ſchoͤnſte rothe und gelbe Klee darnach gewachſen iſt, ohne daß ſolcher eingefüet worden. Die Aſche wird am beſten im Januar und Februar aufgeſtreuet, damit ſie durch die Feuchtigkeit des Fruͤhjahrs recht aufgeloͤſet werde. Geſchiehet es ſpaͤter, und es erfolget ein trockenes duͤrres Fruͤhjahr, ſo bleibt die Aſche ohne Wuͤrkung, wenigſtens in der Zeit da das beſte Gras wachſen muß. m. 5 m. „ n in der Folge 2 Sie ER} 5 werden. N 9 Hannoverifihts Magazin 866 ss Stuͤck. Freitag, den Iten Julius 1783. Fortſetzung des Tagebuchs während der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. (Siehe das 44 bis 49te Stuck.) Belagerung. D machten die Feinde auf St. Lauffeuer. Wir geriethen daruͤber in Man hoͤrte ein frohlockendes Hurre. rund umgebenden Batterien, und fing von allen Seiten, und es war faſt nicht daß dies die groͤßeſte Kanonade waͤre, jenige, was die Engländer zu Gibral⸗ Eroͤfnung der foͤrmlichen en öten Jan. 1782. Sonntag. Dieſen Morgen gegen 7 Uhr Antoni ꝛc. rund ums Caſtel mit ihrer ganzen Infanterie ein dreimaliges Verwunderung, und viele von uns wurden dadurch auf die Waͤlle gelockt. Kaum war die dritte Salve gegeben, ſo eroͤfnete der Feind alle ſeine uns ein ſchreckliches Kanonen und Bomben: feuer an. Die Kugeln kreutzten ſich möglich, auf unſern Batterien auszu— halten. welche ſeit Erfindung des Schießpul— vers gehoͤrt worden iſt, und daß das⸗ tar erfahren, gar nicht damit in Ver: gleichung kaͤme, dies bezeugten die, Die Artilleriſten verſichern, die bei dem großen Bombardement im vorigen Jahre daſelbſt zugegen gewe⸗ ſen waren. Dies iſt das Ungewitter, das uns ſo lange gedroht, und ſich von weitem immer hoͤher aufgethuͤrmt hat. Die Pfeile des Todes rauſchen um uns. Nicht nur Kugeln, ſondern auch große Stuͤck Eiſen, die ein fuͤrch— terliches Geheule machen, ſchickt der Feind uns her. Einige unter ihnen ziſchen gleich den Schlangen. Gott, wie iſts moͤglich, daß Menſchen gegen ihre Brüder gleich den Tigern wir then! O der armſeligen Kunſt, die darauf ausgeht, ihres gleichen zu toͤd⸗ ten! Doch dein gnaͤdiges Auge o Here wachet uͤber uns. Was koͤnnen uns Menfchen thun, wenn du uns zur Seiten ſtehſt? Man zaͤhlt auf den ſpaniſchen Bat⸗ terien 86 Kanonen, und glaubt, daß ſie etwa 36 Moͤrſer haben. Bei dem entſetzlichen Feuer ſind doch nur ein Paar leute verwundet, und 4 getoͤd⸗ tet. Gegend Abend machte der Feind Jii eine 8 eine kleine Pauſe. In der Nacht be⸗ unruhigte er uns mit Bomben. — Mitten in dieſem Feuer war ich nebſt verſchiedenen andern zur Tafel bei Sir In der Nacht antworteten William. wir fleißig. großen Schaden gelitten. deſertirte. gen ſind auf einmal geſtoͤhrt. Man hat nicht mehr Urſache zu verbieten, auf den Batterien und Banquets hau⸗ fenweiſe zu ſtehen. Wer nicht Pflicht Die Queen hat indeß Ein Corſe halber daſelbſt etwas zu thun hat, der wird gewiß nicht hingehen. Der Trieb der Neugierde iſt ziemlich geſtillt. Un⸗ ſere Perſpective liegen in guter Ruhe, und unſere Augen duͤrfen ſich nicht mehr beſchweren, daß fie ferner durch viele Obſervationen zu ſehr angegriffen werden. Wir ſitzen in unſern Loͤchern gleich den Dachſen. Den 7ten Jan. Montag. Die Fein⸗ de fahren mit Wee Feuer wie geſtern fort. Ihte Bomben ſind fuͤrch⸗ terlich. Sie ſollen Seemoͤrſer haben, womit fie 1 3zoͤllichte Bomben werfen. Ihre Batterie iſt in großer Entfer⸗ nung bei Benſaide, fo, daß fie ent ſetz⸗ lich ſteigen, um deſto ſchwerer zu fal⸗ len und deſtomeht Unfug anzurichten. Dazu wird eine groͤßere Quantitaͤt Pulver erfordert, dergleichen unſere Moͤrſer nicht aushalten ; daher wir ihre Bombenbatterie nicht erreichen fon; nen. Eine große Anzahl Bomben fal⸗ len aufs Haupteaſtel, welches dadurch ſehr mitgenommen wird. Unſere Lo⸗ gis auf ſelbigem find deshalb fehr uns ſicher. — Wir feuern in der Nacht, Tagebuch waͤhrend der Belagerung Unſere Gartenvergnuͤgun⸗ 809 weil es bei Tage faſt unmoglich, und auch der braveſte Marinier und Artil⸗ leriſt decontenaneirt wird. Das be⸗ ſtaͤndige Feuer und Getoͤſe erlaubt uns des Nachts wenig Ruhe und Schlaf. Den gten Jau. Dienſtag. Nach der Berechnung kommen taͤglich 12, we⸗ nigſtens 9000 Schuͤſſe und Bomben ins Fort. Heute iſt das Feuer der Feinde eben ſo lebhaft als vorher. Gegen Abend ceffirte daſſelbe etwas. Wir vermutheten einen Sturm. Die Regimenter ſtanden deshalb unter dem Gewehr. Allein wir merkten, daß die Feinde ihre durch unſer und ihr eige⸗ nes Feuer erſchuͤtterten Batterien re⸗ parirten. Wir thaten ein gleiches, ſo gut als moͤglich. Eine Bombe fiet beute vor des Herrn Hauptmann von Koͤhler Logis, nahe bei dem meinigen und ſchlug die Baͤume vor demſelben nieder. Ein Stuͤck von der Bombe ſchlug in die Stube, that aber zu gu⸗ tem Gluͤck keinen Schaden. Ich war eben kurz vorher nebſt dem Herrn Hauptmann aus dieſem Logis in das unſrige gegangen, und ward alſo durch Gottes Vorſehung gnaͤdiglich bewahrt. Eine andere Bombe fiel auf den Ein⸗ gang des Pulvermagazins ohne Scha⸗ den zu thun. — Vorige Nacht ge⸗ lang es den Feinden die Pontonboots bei Marlborough heimlich wegzuneß⸗ men. Dies veranlaßte eine Ordre vom Gouverneur, worin er die Garniſon zum Muth und zur Wachſamkeit er⸗ mahnte, und die Wegnahme der Pon⸗ tonboots als einen Beweiß von der Unachtſamkeit der Poſten bei Marlbo⸗ | tough 869 rough anfuͤhete. Er erinnerte dabei an die Maxime des Herzogs Ferdinand, daß ein Kriegsmann, wenn er gleich durch eine uͤberlegene feindliche Macht überwunden wurde, dennoch Ehre einerndten koͤnne, daß aber nichts ſo ſchimpflich ſey, als wenn er ſich uͤber⸗ fallen laͤßt. Sir Williams Diſpoſi— tion der Vertheidigung der Auſſenli⸗ nie, welche fuͤrtreflich aufgeſetzt zu ſeyn ſchien, ward vom Gouverneur geneh⸗ migt, und deshalb ſelbige den Officie⸗ ren bekant gemacht. — Die Feinde ſollen 2 Kanonenboͤte (Bombatrds) hin- ter Quarantaine-Island liegen haben, welche fie hervorzietzen, und dann nach⸗ dem fie auf unſere Batterien gefeuert, wieder zurückgehen laſſen. Unſere Werke werden entſetzlich zugerichtet, beſonders die Queen und Prinz Wal⸗ lis Batterie. Eine große Menge Pal: liſaden ſind abgeſchoſſen, ſo, daß der Feind gar leicht in den bedeckten Weg kommen kau. — Die Place of arms find ſehr beſchaͤdigt, die Treppen die in den Graben leiten, worauf ſich die Leute retiriren muͤſſen, ſind zum Theil durch die Bomben ruinirt. — Das Feuer ber Feinde iſt ſo ſtark, daß un⸗ ſere Artilleriſten bei Tage auf ihren Werken nicht aushalten koͤunen, fon dern nur des Nachts zeigen, daß wir noch am Leben ſind. Alle dieſe Um⸗ ſtaͤnde machen uns glauben, daß der Feind bald ſtuͤrmen werde. Sind wir fo gluͤcklich, dieſen Sturm einmal ab: zuſchlagen: ſo wird dies wohl alles ſeyn, was eine ſo ſchwache Garniſon als die unſrige iſt, thun kan. Da die des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 6870 meiſten Bomben und Kugeln aufs Haupteaſtel gerichtet find, und das ko⸗ gis, worin ich mich bisher aufgehal⸗ ten, den meiſten feindlichen Batterien gegen Über, alſo den größten Aufaͤllen ausgeſetzt iſt, welches beſonders des Nachts die Ruhe ſehr unterbrach: fo entſchloß ich mich gleich den übrigen Officieren, mein Nachtlogis zu aͤndern, und in die Souterrains des Haupt- grabens, wo Alcoks Store iſt, zu zie⸗ ben. Dieſe find ſetzr bombenfrei; doch haben wir dabei auch den Vor⸗ zug, daß wir bei verſtopften Loopholes beſtaͤndig Nacht haben, deſſen ſich ſelbſt der Polarbewohner nicht ruͤhmen kan. Wir brennen alſo immer Licht. — Bei Tage bin ich bei den Freunden auf dem Caſtel. Unſer Eßzimmer iſt eben das ſicherſte nicht. Doch wir trauen der Vorſeßung Gottes, daß fe uns vor den um uns ſauſenden Pfei⸗ len des Todes ſchuͤtzen wird. Den gen Jan. Mittwochs. Wie unſicher unfere kogis auf dem Caſtel ſind, zeigte ſich heute in einem neuen Beifpiel. Denn eine Bombe fiel in die Thuͤr von des Herrn H. v. d. Wet⸗ tern Quartier, nahe bei unſerm Eßzim⸗ mer, und zerſchmetterte die Bureaux. Zum Glück aber nicht in der Stube dem befindlichen Herrn L. Appuhn der voll Schrecken aus dem Schlafe fuhr, noch den Bedienten, weil fie ſich in der Kuͤche hinter die Kaſten retirirt. Eine andere Bombe fiel bei dem grof- ſen Brunnen und riß einige Baͤume ber unter, womit derſelbe verbarricadirt iſt. Eine dritte fiel auf etliche Ton⸗ 11 2 nen 871 nen Pulver auf South Eaſt inward Raveline, ſprengte ein außerordentlich großes Felſenſtuͤck, und warf es in den Hauptgraben herab. — Weil man vermuthete, daß die Feinde bald einen Sturm auf die aͤußern Lunetten wa: gen wuͤrden: ſo ward es fuͤr rathſam geachtet, die Truppen ſo viel möglich. aus dieſen Quartieren heranszuzieben, und mehr im Centro zu vereinigen. Zu dem Ende wurden 2 Compagnien von Prinz Ernſt beordert, ihre Quar⸗ tiere in Friederichs Raveline zu neh⸗ men. — Da bei den engliſchen Re gimentern ſo viel Weiber und Kinder befindlich, und ſolche im Fall einer Attaque in den Souterrains den Trup⸗ pen nur zur Laſt fallen wuͤrden: ſo ſand man fuͤr gut, dieſelben alle nach Charles Fort an die Seeſeite zu ſchik— ken, wo ſich auch die Reconvaleſcenten befinden. Ein ruͤhrender Anblick! Die armen Weiber mußten mit ihren Kin⸗ dern von ihren Maͤnnern emigriren, und mitten durchs Bomben: und Ka: nonenfeuer in ihre neue Wohnung zie⸗ ben. Man fan fi vorſtellen, was das fuͤr ein Wehklagen war! Das Hoſpital fuͤr die Verwundeten und Kranken iſt in dem Hauptgraben. Das Hofpital für kranke Officiere iſt in der Kirche angelegt. Es iſt alſo uns dies Plaͤtzchen zum Gottesdienſt genommen. So wie auch die Communication zwiſchen der Redoute Kane und Queen von Corſen be: ſetzt iſt. — Unſere Arbeit, ſchraͤnket ſich jetzt auf die Beſuchung der Kran⸗ ken im Hoſpitale ein. Die Garniſon Tagebuch waͤhrend der Belagerung \ * 872 ift Tag und Nacht in ſteter Beſchaͤf⸗ tigung, und hat kaum zur Erhohlung durch den Schlaf einige Friſt. Vo⸗ rige Nacht mußten die Arbeiter unter Anfuͤhrung der Ingenieurs die Waf⸗ fenplaͤtze und Schanzkoͤrben repariren, auch die Treppen zum Graben etwas herſtellen. Die Queens Redoute, im⸗ gleichen Argyle ꝛc. wurden dieſe Nacht vom Schutt gereinigt, damit die Ka⸗ nonen im Fall eines Sturms gebraucht werden koͤnnen. Die Spanier warfen eine große Menge Bomben ins Fort. Den loten Jan. Donnerſtag. Die⸗ fen Morgen fing es an ein bischen zu regnen. Wie ſehr wäre dies zu wuͤn⸗ ſchen, daß das Wetter ſich umſetzen moͤge, da es bisher unſern Feinden gar zu guͤnſtig geweſen iſt. Das hef⸗ tige Feuer der Spanier continuirt. — Der Regen ließ nach. — Einer unſe⸗ rer Leute von Prinz Ernſt ward durch eine Kugel an der Hüfte und Scham ſo geſchmettert, als er eben aus der Thuͤr gegangen war, daß er ſtarb. Einen andern ſchlug ein Stuͤck der Bombe und zerbrach ihm die Huͤſte.— Dieſen Abend fiel eine Bombe in des Gouverneurs Haus durch die Treppe, und verwundete Capitain Fade, Lieu⸗ tenant Boͤtcher und den Marincapi⸗ tain Hermann, doch nur leicht. — Eine Compagnie vom zı fen Regimen⸗ te iſt beordert Marlborough zu verlaſ⸗ ſen, und ins Fort zu gehen, um unſere Garniſon zu verſtaͤrken. Die Feinde haben ſchon ein Paar mal unſere Flag⸗ ge abgeſchoſſen. Wir haben ſie im⸗ mer wieder aufgerichtet. „ Dien 873 Den 1 rten Jan. Freitag. Die Fein: de werfen ihre Bomben, wie es ſcheint, nach gegebenem Signal, und dann foın: men ſie in außerordentlicher Menge auf einmal, beſonders des Nachts. Man will, daß ſie an einer neuen Batterie unfern dem Golgen bei des Gaw Ba— rancos arbeiten. Sehr nahe! Bei der Mine gegen Queens Redoute uͤber haben fie eine Bruſtwehr errichtet, binter welcher ihre Grenadiers ſtehen, und auf unſere Poſten auf der Queen ſchießen. Sir William, der mit kal⸗ tem Blute auf allen Batterien umher geht, hat befohlen, daß die Wache be— ſtaͤndig auf fie wieder feuern ſolle. Das Wetter will ſich noch nicht determini— ren. Dieſen Morgen hatten wir Re: gen und Hagel. Dieſen Nachmittag iſt alles hell und klar. ſquare wird durch die Bomben ganz uͤbel zugerichtet. Von der großen Bruͤcke iſt ein guter Theil abgeſchoſſen. —An der Nordweſtſeite hat das Haupt: eaftel am meiſten gelitten. Wir feuern des Nachts unſere Kanonen ab und ziehen ſie bei Tage hinter das Parapet. — Die Bomben der Feinde haben zum Theil lange Zuͤnder, und liegen eine ziemliche Zeit auf der Erde, ehe ſie berſten. Man ſagt, daß ein Ma⸗ troſe das Herz gehabt, den Zünder von einer Bombe abzuſchlagen. Einige wollen, daß die Spanier in ihre Bom— ben etwas gethan, um unſere Brunnen zu vergiften. Dies laͤßt ſich im 18 ahrhunderte von policirten Nationen nicht gut gedenken. — Indeß fuhren ſie fort mit Kugeln, welche die Fran⸗ des Forts St. Philipp auf der Infel Minorfa. Das Caſtle⸗ 874 zoſen boules a deux tètes nennen, un fere Palliſaden abzuſchlagen. — Wir ſind jetzt ſchon beſſer an das Geſauſe der Bomben und Kugeln gewöhnt, als den erſten Tag. Die Bomben der Feins de geben einen ſehr unangenehmen Ge— ruch von ſich, wenn ſie geſprungen ſind. Den 1 2ꝛten Jan. Sonnabend. Dies fen Morgen Gewitter und Regen, nel; cher aber bald aufhoͤrte. Moͤgte doch die Vorſehung die Elemente zu unſerm Vortheile wuͤrken laſſen. Die Feinde ſuchen durch ihr anhaltendes Feuer un⸗ ſere Batterien zu zernichten. Vorige Nacht haben wir eine kleinere Flagge aufgerichtet. Man fuͤrchtet, daß die Feinde dieſe Nacht ſtuͤrmen werden. Ob man gleich in völliger Bereitfchaft war, den Feind zu empfangen, ſo war doch alles ruhig. Wir warfen indeß nicht wenig Bomben hinaus. Um 12 Uhr Mitternachts deſertirte ein Mous⸗ quetier vom 5 ı fen Regiment. Dieſer kan den Feinden von unſerm Zuſtande Nachricht geben. Indeß wer weiß, ob der Himmel dies nicht zu unſerm Beſten lenkt. Der Herzog von Cril⸗ lon wird ſich wundern, daß ſein ſchreck⸗ liches Feuer nicht mehr Menſchen in der Garniſon getödter hat. Den 13ten Jan. Sonntag. Da die engliſche Kirche auf dem Caſtel in ein Officierhoſpital verwandelt, auch die Garniſon ohne Unterlaß geſchaͤftig iſt, ſo kan kein Gottesdienſt gehalten werden. Ich hielt einigen Perſonen eine Privatandacht. — Bomben und Kugeln machen immer mehr Breſche. — Wir erwarteten abermals in der Jii 3 Nacht 875 Nacht Sturm. — Alken ohne Er: folg. | Den ızten Jan. Montag. Das Wetter iſt ſchoͤn und fuͤr die Feinde immer guͤnſtig. Das eine Pulverma⸗ gazin ward ausgeleert, um die verſchie⸗ denen Batterien zu verſehen, und die Minen zu fuͤllen. — Sir William aͤußerte dem Gouverneur Murtay auf deſſen Verlangen zu ihm zu kommen, daß er kommen werde, aber nicht an⸗ ders als bei Zuſammenberufung eines Court Martials. Man ſagt, daß Ge neral Draper darauf angetragen, dem Herzog von Crillon die Propoſition zu thun, daß er einen Waffenſtillſtand eingehen moͤge, unter der Bedingung, daß man ſich ihm in Zeit von 4 Wo⸗ chen ergeben wolle, wenn in dieſer Zeit Feine Huͤlfe ankaͤme. (So ſagt Fama.) Es kam heute ein neuer Plan zur 82 fenſion des Forts heraus. Die Trup⸗ pen follen nicht fo ſehr den innern bes deckten Weg, ſondern vielmehr die Tenaillen und Graben vertheidigen, Die Zugänge zu dem Hauptgraben werden jetzt forgfältig beſetzt. Sir William erhielt durch einen von einer Bombe abgeſchlagenen Stein eine klei⸗ ne Contuſion an der Bruſt. Der Gou⸗ verneur befahl, daß wir mit allen un⸗ ſern Kanonen einige mal ums Fort feuern ſolten, welches ein ſchreckliches Geraͤuſch in der Nacht gab, — da wir 300 Kanonen und 64 Moͤrſer auf dem Caſtel haben. In der Nacht de: ſertirte ein Artilleriſt. Ein Matroſe verlor ſein Leben als er ladete, weil der andere das Zuͤndloch nicht bedeckt hatte. Tagebuch während der Belagerung Seit der Belagerung von ten Jan. ſind verwundet 52, geſtorben IL, ge⸗ toͤdtet 19 bis heute. Den 1 5ten Jan. Dienſtag. Schönes Wetter. Dieſen Morgen fiel aber⸗ mals eine Bombe in des Herrn H. v. d. Wettern Logis. Die Flaggenſtange war wieder abgeſchoſſen und aufgerich⸗ geln die die Franzoſen boules à deux tetes nennen. Sie werfen auch Bom⸗ ben die mit Sand gefüllt find. — Ei ne Bombe fiel in die Gorge nahe bei dem Zimmer des Herrn General von Sidow und ſchlug die Treppe nieder. Bei Tage wurden von uns fleißig Bom⸗ ben zu dem Feinde hinaus geſchickt. In der Nacht wurden abermal unſere Kanonen ums Fort abgefeuert. Den 16ten Jan. Mittwochs. Die Feinde hatten in voriger Nacht das Gluͤck, daß ſie durch eine Bombe eins unſerer Magazinbaͤuſer, welches nicht bombenfeſt iſt, in Brand ſetzten. Es befand ſich eine große Menge Mehl, Zimmerholz und Sandſaͤcke in demſel⸗ ben, und nahe dabei war ein kleiner Pul⸗ vervorrath fuͤr Princeßline. — Ohne zu viel Menſchen zu exponiren, konte dies Feuer nicht fuͤglich ausgelöſcht werden. — Wir haben ohnehin fuͤr unſere jetzige Situation, wie verlautet, noch Proviſion im Ueberfluß; daher konten wir's leicht zugeben, daß dieſer Vorrath ein Raub der Flammen wur⸗ 55 5 876 — tet. Die Feinde gebrauchen dazu Ku⸗ de, da er vielleicht ſonſt den Feinden in die Hände fallen Fönte, Es ward daher vom Gouverneur Ordre gege⸗ ben, daß man das Feuer brennen laſ⸗ ſen — 877 ſen ſolte, und es dauerte einige Tage, ehe alles durch die Flamme verzehrt war. — Die 15 Pulvertonnen, die in dem Pulverhauſe waren, wurden indeß in Sicherheit gebracht. Das Zeughaus ſtand nahe dabei; da es aber ein ſtei— nernes Gebaͤude iſt, und der Wind guͤn— ſtig war: ſo iſt es vor der Glut der Flammen gluͤcklich bewahrt. — Die Urſache, warum ein ſo großer Vorrath an Provifion in einem Hauſe, das nicht bombenfrei iſt, gelaſſen werden mußte, iſt die, daß es bei der Menge der Pro; vifisnen die wir haben, in den Son: terrains an Platz fehlte, um ſie darin aufzubewahren. Man ſolte daher in Zukunft darauf bedacht ſeyn, wie man mehrere Souterrains zur Aufbewah— rung der Proviſtonen anlegen koͤnne. — Gott wende doch ferneres Ungluͤck gnaͤdig ab! Feuersbrunſt iſt in einer Belagerung eine der ſchrecklichſten Eve nements. — Und wie viel brennbare Sachen haben wir nicht! Pulver, Rum, Brantewein, 0. Was kan eine Bom⸗ be fuͤr ſchreckliches Unheil thun! — Wo der Herr nicht die Stadt behuͤtet, ſo wachet der Waͤchter umſonſt. Alle unfere beſten Maaßregeln wuͤrden ver: geblich ſeyn. Doch du o Herr biſt es, der alles regiert. — Du, der du den Welten ihre Laufbahn vorzeichneſt, du kanſt auch den Kugeln und Bomben ihren Weg anweiſen, und deine Glaͤu— bigen bewahren, daß fie fie nicht freſ— ſen noch ihnen Leides zu fuͤgen. Darum beſtimmſt du allen Dingen, ihre Zeit, Ziel, Maaß und Gewicht, — und haſt es in deiner Gewalt, wie und wo ſie wuͤrken ſollen. Wir eignen uns daher des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 878 im Glauben zu, was du in deinem Worte verheißeſt: So du ins Feuer ge; heſt, ſolt du nicht brennen und die Flam⸗ me ſoll dich nicht anzuͤnden. Ef, 43. Wir find jetzt in einem beſtaͤndigen Feuer. So erbarme dich Herr uͤber uns. Du kanſt es Allmaͤchtiger, wenn du gleich nicht unmittelbare Wunder thuſt. — Du haſt tauſend Mittel und Wege, die wir nicht ſehen; darum iſt uns dei⸗ ne Vorſehung immer unbegreiflich und wundervoll. — So baldals die Feinde gewahr wurden, daß ſie eins unſerer Magazine in Brand geſteckt hatten: ſo feuerten ſie einige hundert Bomben da⸗ bin, wovon aber die meiſten ins Waſ⸗ fer fielen. Gegen 7 Uhr Morgens feuer— te der Feind eine rechte Vollee von Ku⸗ geln auf uns ab. Man hat bemerkt, daß ihre metallene Kanonen durch das beftige Feuer Schaden leiden. Denn man ſieht, daß die Zuͤndloͤcher ziemlich eingeſchmolzen ſind, weil eine ſo ſtarke Flamme bei dem Abfeuern herausbricht. Auch hat man Kugeln gefunden, an de⸗ nen ſich geſchmolzenes Metall zeigte. — Geſtern zeigten ſich einige Schiffe vor dem Hafen. — Der Wunſch, daß es unſer Paketboot ſeyn moͤgte, ward nicht erfuͤllt. Die ſpaniſchen Bomben, die uns hereingeſchickt ſind, haben bisher meiſt alle lange Zuͤnder gehabt, ſo, daß ſie eine Zeitlang auf der Erde brennen, ehe fie berſten, und alſo die Menſchen noch entfliehen koͤnnen. Allein jetzt kom⸗ men verſchiedene herein, die ſogleich ſpringen. Einige ziehen daraus den Schluß, daß unſer deſertirter Artilleriſt den Feinden gezeigt, wie ſie ihre Zuͤnder abkuͤrzen muͤſſen, um deſtomehr Scha⸗ | den 883 große Oefnung im Keller gleich zuge⸗ füllt. — Die Leute wurden bei dieſer ſquare zur Mahlzeit g Gelegenheit durch einige Tonnen But⸗ ter erfreut. Jede Compagnie erhielt davon eine. Des Abends fingen die Feinde an eine Menge von Kugeln ab: zuſenden, vielleicht zu Ehren ihres Kö; nigs, deſſen Geburtstag von ihnen beute gefeiert iſt. — Es iſt bemerkt, daß der Feind jenſeits Mount Miſery arbeite, und daſelbſt eine Batterie er⸗ richten wolle. Den 21teu Jan. Montag. Vorige Nacht feuerten wir wie gewöhnlich ſehr ſtark. — Unter den Leuten reißt der Skorbut ausnehmend ein. Mousquetiere von PrinzErnſt find ſehr ploͤtzlich daran geſtorben. Die Kranf: heit aͤußert ſich beſonders im Munde, an den Zaͤhnen, Kinnbacken, und an den Beinen. Kaum koͤnnen fie ſich bewegen. — Wenn das fo fortdauert, ſo wird die Garniſon nicht mehr im Stande ſeyn den Ort gegen den Feind zu vertheidigen. — Es haͤlt ſchwer, ſo viel Leute zu finden, als man zur Wache, Piguet und täglichen Arbeit verlangt. — Herr David, ein Lieute⸗ nant bei dem Marincorps, iſt dieſen Morgen getoͤdtet. — Heute zeigten ſich einige greße ſpaniſche Schiffe vor dem Hafen. Feinden Proviſton und Ammunition. Der Gouverneur hat eine neue Pro⸗ motion unter den Hanneveranern vor⸗ genommen. Niemeyer iſt als Major, und Lieutenant Cronhelm als Capi⸗ tain und Aide de Camp waͤhrend des Herrn Lieutenants Bötchers Krankheit angeſetzt. — Dieſen Mittag, als ich Tagebuch wahrend der Belagerung | Zwei Vielleicht bringen fie den eben aus dem logis uf d eine Bombe vor ſelbigem nie ö warf verſchiedene Steine binein, 0b jedoch weitern Schaden zu thun. Nach dem Eſſen beſuchte ich den Herrn H. v. d. Wettern in ſeinem neuen Logis. Eine neue Bombe die oben auf der Terraſſe platzte, zerbrach den Kamin, wovon ein Stuͤckchen mir ins Geſi cht, ein an⸗ deres auf den Hut flog, welches aber von keinen Folgen war. Der arme Bediente, der beim Kamin ſaß, wur⸗ de abermals in Schrecken geſetzt, 1 durch die Steine, doch nicht ſehr, be⸗ ſchaͤdigt. — Unſer Privatwein hat jetzt ein Ende genommen. Wir ſind ſo weit gekommen, daß wir uns mit ein wenig Rum und Waſſer beim Eſſen behelfen muͤſſen. Das friſche Fleiſch wird auch ſehr ſelten ausgege⸗ ben. — Reis, Erbſen, Mehlſuppe, Kluͤtchen, Budding ohne Eher und Milch zubereitet, und ein Reſt von Vicebohnen muͤſſen alſo unſere Nah⸗ rung ſeyn. Nachdem wir vorige Nacht ſtark gefeuert, haben die Fein⸗ de heute es eben ſo arg als geſtern ge⸗ macht. Die Nordweſtſeite vom Ca⸗ ſtel ſieht ganz verwuͤſtet aus. Eben fo auch die Queen, Prinz Wallis und die Kane. — Die Zinnen zwiſchen den Schieß ſcharten der Bruſtwehr find faſt nicht mehr zu ſehen. — Die Batte⸗ rien werden einer Menge von Sand⸗ bügeln ähnlich. Die Waſſergraben find von dem Schutt, welcher alle Nacht von den Leuten hinein gefegt wird, meiſt angefuͤllt. Man ſiehet daraus deut⸗ trrontaſche dabei laͤdirt. 885 deutlich, von was fuͤr großem Nutzen ſie ſind. Denn, wenn wir ſie nicht baͤtten, würden nun ſchon die Schieß⸗ loͤcher und Defenſion und der halbe Grabe mit Schutt bedeckt, folglich die Eſcalade dem Feinde um fo viel leich⸗ ter ſeyn. — Die Piquets find verbun⸗ den, alle Nacht ihre Place d' Arms und Batterien, fo viel möglich auszubef: fern, mit Sandſaͤcken auszufüllen, und den Schutt wegzufegen. Die Officiere encouragiren die Leute dazu an, damit ſie bei den vielen Arbeiten unermuͤdet und unverdroſſen ſind. Denn nun haben ſie auch des Nachts keine Ruhe und kaum ein Stuͤndchen zum Schlaf. — Viele Arbeiten werden mit Gelde be: zahlt, fuͤr andere wird Rum ausge⸗ theilt, welches aber Gelegenheit zum Trinken giebt, und alſo das ſkorbuti⸗ ſche Uebel noch vermehrt. — Den 22ten Jan. Dienſtag. Heute ſiel zum zweiten male eine Bombe in die ſpaniſchen Caſematten in eben das vorige Butterbehaͤltniß jedoch ohne wei⸗ tern Schaden zuthun. — Der Feind ſchießet immer Breſche wie zuvor. — Dieſen Nachmittag kam zu unſerer aller Verwunderung ein ſpaniſcher Deſerteur zu Marlborough Fort an. — Denn wer ſolte es erwarten, daß man ſich in eine belagerte Stadt begiebt, die in Gefahr der Uebergabe ſteht? Er war, wie er ſagte, durch Traubenſchuͤſſe an der Seite leicht verwundet, auch war Pa⸗ Seine Aus⸗ füge konte nicht anders als ſehr allar⸗ mirend im Anfange ſeyn. Er ſagte nemlich, daß die Feinde angefangen, des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 286 Contreminen gegen Marlborough an⸗ zulegen; waͤren aber auf einen harten Kieſelſtein getroffen, der ihr Vorhaben bislang zuruck gehalten. Sie glaub: ten aber, es doch noch auszufuͤhren. Es wurden alſo ſogleich Mineurs ab: geſchickt, um dies zu unter ſuchen. Man konte aber keine Arbeit hoͤren, und doch ſcheint es nicht moͤglich zu ſeyn, daß man in einem Felſen arbeite, fo, daß es nicht gehoͤret werde. In⸗ deß erfolgte ſogleich der Befehl, daß man an verſchiedenen Orten, als Weſt— lunette, Caroline ꝛc. den Feinden mlt neuen Minen entgegen arbeiten ſolle, um ihm zu begegnen. — Nach der Ausſage des Deſerteurs verlautet es ferner, daß eine engliſche Flotte unter Wegens und fiir Minorka's Entſatz beſtimmt ſey. Der Herzog von Crillon boffe indeß, daß die vereinigte fpanifche und franzoͤſiſche Flotte bei Cadix fie auf⸗ halten werde, zumal jene dem Geruͤchte nach 22 Schiffe, dieſe aber 48 ſtark waͤ⸗ re. — Das ganze Geruͤcht aber ſcheint nicht wahrſcheinlich. — Die Mohren ſollen viele ſpaniſche Munitionsſchiffe genommen haben; andere ſollen durch Sturm verloren ſeyn. — Der Koͤnig von Spanien und Frankreich ſollen beide dagegen ſeyn, St. Philipps mit einem gewaltſamen Sturm einzuneh⸗ men; und iſt ſolches deswegen dem Her⸗ zog von Crillon verboten, um nicht zu viel Menſchen aufzuopferu. Die ſpa⸗ niſchen Truppen ſollen ſich ohnehin gewaltig für unſern Minen, Stein; moͤrſern und Fougaſſen fuͤrchten. — Der von uns deſertirte Artilleriiſt ſoll Kkka2 ſich 887 1 ſich erboten haben, mit drei Bomben unfer großes Pulvermagazin in die Luft fliegen zu laſſen. Der Herzog von Crillon hat dies Erbieten, das ohnehin wohl nichts anders als eine Rodomon⸗ tade ſeyn kan, nicht angenommen, ſon⸗ dern geſagt, daß er das Fort doch ſchon einnehmen wolle. Es fehlet den Feinden an Munition. — Wir find ungemein behutſam in Abſicht dieſer Ausſagen, und werden den Deſerteur unter ſtren⸗ ger Aufſicht halten. Den 23ten Jau. Mittwochs. Ber ſtaͤndig trockenes Wetter. Der Himmel iſt eiſern und verſchloſſen; doch nicht die Erbarmung unſers Gottes. Der Feind faͤhrt mit ſeinem Feuer fort. Die Soldaten erhalten nunmehr alle Tage 1 Pfund Brod ſtatt des Mehls, des ſie ſonſt gehabt, und das ihnen nicht zu Gute kam, weil ſie die oft ungah⸗ ren Buddings nicht eſſen mogten. In der Nacht deſertirte ein Grenadier vom Erſten Regiment. Wir feuerten wie gewöhnlich des Nachts. Unſere Leute theilten den ſpaniſchen Kriegsgefange⸗ nen viel von ihren Proviſionen mit. — Den 24ten Jan. Donnerſtag. Nun: mehr ſcheint es, als wolle der Feind nicht eher ſtuͤrmen, bis er voͤllige Bre⸗ ſche geſchoſſen. Indeß ließ doch das Feuer feiner Kanonen heute und ge: ſtern etwas nach. Dadurch ſcheint ſich die Ausſage des Deſerteurs zu beſtaͤ⸗ tigen, daß ein Mangel an Munition entſtuͤnde. Der Herzog von Crillon fol den Artilleriſten deshalb vorge: ſchrieben haben, wie viel ſie nur jeden Tag ſeuern ſollen. — Wir werden fo Tagebuch während der Belagerung 888 lange aushalten, als nur immer unſere Ammunition dauern will, und unſere Garniſon dem Feinde Täre zu bieten vermoͤgend iſt. Eine Compagnie vom 5iſten Regiment ward abermals von Marlborough ins Fort zurück gezogen, und dahingegen eine Partie Corſen dahin verlegt. Das Wetter iſt heute fo ſchoͤn, und die Sonne fo erquickend, daß es zu bedauern iſt, daß man ſo in den Löchern liegen muß. Die armen Damen wagen ſich gar nicht heraus. Eine traurige Lage! Man hoͤret nichts als Bomben und Kugeln. — Welch ein Getoͤſe! und wie ſchrecklich, wenn ganze Felſenſtuͤcke dadurch abge⸗ riſſen werden, von den Waͤllen herab⸗ rollen, und alles in Ruinen zerfaͤllt! Wie entſtaltet wird unſer ſonſt ſo ſchoͤn in die Augen fallendes Caſtel! In deß ſieht man jetzt aus der Erfahrung, daß es, ſo ſehr es auch geſchaͤtzt wird, dennoch nicht zum beſten an⸗ gelegt ſey. — Turkiſh Mount, Cap Mola und Philipet ſind fuͤr daſſelbe immer ſehr gefaͤhrlich. — So ſehr ſich auch in Anlegung der großen Men⸗ ge Souterrains die Kunſt hervorge⸗ than: ſo lobe ich doch Natur mehr als Kunſt. — Gibraltar mehr als St. Philipps. — Der minerkaniſche Quaderſtein taugt nichts zu Waͤllen. Unſere Embraſſuren ſind um deſto lie⸗ derlicher gemacht, da ſie nach der letz⸗ tern Belagerung auf Verding von ei⸗ nem franzoͤſiſchen Commiſſair gemacht ſind. Daher ſind ſo viele durch unſer eigenes Feuer beſchaͤdigt. — Sir Wil: liam hatte wohl nicht Unrecht, als er den ſele⸗ 889 des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. ſeltſamen Einfall hatte, Turkiſh Mount zu raſtren. Einige tauſend Minorka— ner haͤtten ſolches immer vermogt. — Ein anderer Gegenſtand, den wir ehe der Feind kam, in Betracht nehmen muͤſſen, wuͤrde nach meiner Meinung geweſen ſeyn, alle Steinmauern auf eine halbe Meile ums Fort in die dabei liegenden Barancos zu trans— portiren, und ſie damit auszufuͤllen, damit der Feind keine Gelegenheit ge— habt haͤtte, ſeine Batterien unter dem Schutz aufgerichteter Mauern anzule: gen. Das laͤßt ſich jetzt alles recht gut ſagen. Allein, vorher dachte Niemand daran. — In der Nacht deſertirten 5 Corſen, wahrſcheinlich aus Furcht von den Minen nicht in die Luft geſprengt zu werden. Auch wurde der Mousquetier Stu . . von Prinz Ernft auf feinem Poſten durch ein Stück der Bombe getoͤdtet. Je⸗ der bedauert ihn. Den 25ften Jan. Freitag. Die Woh⸗ nung des Gouverneurs wird wegen der vielen Bomben, die dahin ſpielen, und der Kanonen, die hinter der Nordweſt⸗ ſeite raſiren, ſo unſicher, daß es heißt, er werde endlich ſeinen Wohnplatz auch in den Souterrains zu nehmen gend: thigt ſeyn. — Da der Nordwind auf: gehoͤrt, ſo haben die Feinde Zeit, neue Munition ans Land zu bringen. Man hat auch in der That viele Wagen von Maulthieren gezogen uͤber die Anhoͤ— he von Antoni fahren geſehen. — Die: ſen Abend ſahe man die Feinde in Bewegung. Man war alſo aͤußerſt 890 wachſam und auf der Hut, im Fall ei: nes Sturms. Es mußte ein neues Piquet zur Verſtaͤrkung nach Charles Fort gehen. Heute war Kriegsrath, man glaubt uͤber die Frage, ob man Marlborough verlaſſen und ſpreugen ſolle oder nicht. Den 26ten Jan. Sonnabend. Die Spanier haben ihre Batterie bei Mount Miſen von 6 Kanonen gegen Marlborough heute eroͤfnet. So bald wir ſolches ſahen, gingen alle uns fere Kanonen dahin, die dahin reich: ten, um ſie zum Stillſchweigen zu brin: gen, da fie uns fo nahe lag. Es gluͤck— te uns auch ziemlich. Herr Lieutenant von Cronhelm that ſich auf ſeiner Lin⸗ ken Batterie recht hervor, und wird von den Leuten, die unter ihm dienen, als ein Mann von Bravour geprieſen. — So feuerten wir alſo von heute an auch fleißig bei Tage, und zeigen uns recht thaͤtig. — Unſere Artilleriſten ſcheinen jetzt wieder neuen Muth zu bekommen. — Unter den vielen feind: lichen Bomben, die heute geworfen wurden, kam eine auch vor meine Woh⸗ nung in Caſtleſquare, warf den Baum um, womit die Thuͤr verbarricadirt iſt und ſprang. Einige Stuͤcken Steine flogen herein, thaten aber keinem von de⸗ nen die in der Stube waren, Schaden, außer daß das Glas einer Uhr ſprang, und ein Violon durch die Erſchuͤtterung geſprengt war. Die große Exploſion der Bombe giebt nicht nur eine unan⸗ genebme und ſtarke Empfindung in den Ohren, ſondern ſie beenget auch Kkk 3 den 891 den Othem und loͤſchet die Lichter aus, dergleichen ich nun ſchon oft erfahren, doch bin ich immer durch Gottes Vorſe⸗ bung gnaͤdiglich bewahrt worden. Bis bieher hat der Herr geholfen; er wird auch ferner helfen. — Die Feinde feuern fleißig. Man uͤberzeugt ſich im⸗ mer mehr, daß der Sturm nach aller Wahrſcheinlichkeit noch nicht ſo nahe ſey, als man geglaubt hat. — Geſtern Abend wurde ein Verſuch gemacht, ob man auf eine gewiſſe Entfernung das Arbeiten in den Minen hoͤren koͤnne. Es wagten ſich alſo einige Mineurs in die Barankos des Gouverneurs, und thaten in der Mine daſelbſt 10 Minenſchlaͤge. Andere gingen zu gleicher Zeit in die Mine bei Caroline, 150 Pard Diſtanz, woſelbſt dieſe 10 Schläge von ihnen repetirt waren, zum Zeichen, daß ſie jene gehoͤrt hatten. Wir verſchießen jetzt viel Munition. Unſere Garniſon wird auch immer geringer, da ſo viele im Hoſpital ſterben, und der Scorbut immer mehr einreißt. — Verluſt, den 25ten Jan. ſeit der Belagerung, d. i. ſeit den bien Jan. 32 getödtet, 34 geſtor⸗ ben, 15 deſertirt. Summa 81. Ver⸗ wundet 94. Die Kugeln liegen wie geſaͤet umher. Ein engliſcher Ser geant brachte ſich ſelbſt ums Leben, wozu er durch die von einem hitzigen Fieber hervorgebrachte Phantaſie veranlaßt worden war. Neulich fiel eine Bombe ins Hoſpital zu Charles Fort zwiſchen 42 engliſche Kranke, barſte, und hat doch keinen, außer nur ein Paar leicht verwundet. Welch eine gnaͤdige goͤtt⸗ liche Vorſehung! Dieſe Nacht wurde Tagebuch während der Belagerung 852 von beiden Seiten ſtark gefeuert. Ich ſtand gegen 11 Uhr noch vor der Thuͤr der Souterrains, und beobachtete das ſchrecklich majeſtaͤtiſche Feuer und Getoͤ⸗ ſe, welches gemacht wurde. Eine Bom⸗ be ſieht ſchoͤn aus, wenn ſie des Nachts in der Luft gleich einem hellen Stern ſich darſtellt, allein, wo ſie hinkoͤmt, richtet ſie ſchreckliche Verwuͤſtungen an. Mittlerweile kam eine ſchwere feindli⸗ che Bombe mit Fluͤgeln des Todes an⸗ gerauſcht, ſchien oben aus den Wolken herab zu ſteigen, und ließ ſich mit Un: Dies ſahe deſto fuͤrchterlicher aus, da ich unten geſtuͤm oben aufs Caſtel. im Graben ſtund. Ich dachte an meine Freunde oben auf dem Caſtel, und ging gerührt in mein kleines Raͤumchen zuruͤck. Kaum war ich ent⸗ kleidet, ſo kam eine andere Bombe herab zu uns, und rollete ſich vor der Thuͤr unſeres Soutetrains, etwa 15 Fuß von meinem Bette, wo ſie krepirte. Die Schildwache hatte ſich gluͤcklich herein retirirt. Das Gewicht der Thuͤr ſchlug durch die Erplofion zu. Es ge ſchahe kein Schade, außer daß etwas von dem Pfeiler der Bruͤcke abgeſchla⸗ gen wurde. Die Lichter, der Lam⸗ pen waren ausgeloͤſcht. Wie viel un⸗ endliche Proben der uber uns wachen: den goͤttlichen Vorſehung giebt uns der Herr! Du haſt Leben und Wohl⸗ that an mir gethan, und dein Aufſe⸗ ben bewahret meinen Othem. Wie ſolte denn mein Vertrauen auf dich Allmaͤchtiger, nicht unbeweglich ſeyn? Dieſe Nacht deſertirten abermals 4 Corſen. Nachdem ſie ſich bereichert, und NE | - und durch Berkaufung ihrer Waaren zu ſehr hohen Preifen ihre Beutel ger ſpickt, gingen ſie davon. Ein Paar ſollen wieder erhaſcht ſeyn. — Den zen Jan. Sonntag. Die Cor ſen find nach Charles Fort verlegt. Die Feinde haben neue Munition be⸗ kommen und ſchießen heftig. Meine heutige, Arbeit am Sonntage beſtand darin, daß ich die Kranken im Hoſpi⸗ tal beſuchte, auch zu den Souterrains unſerer Leute ging, mich nach ihnen erkundigte, und ſie, wie es die Veran⸗ laſſung mit ſich brachte, zur Standhaſ⸗ tigkeit und zum Vertrauen auf Gott ermunterte, und ihnen Muth einſprach. Auch auf dem Poſten kan der Sol⸗ dat, ſagte ich, zu Gott ſeine Seele er— heben, und ſich ſeinem maͤchtigen Schir⸗ me und Schutze empfehlen, wenn ihn der Tod von allen Seiten zu umrin⸗ gen ſcheint. Der Herr iſt mein Licht und mein Heil; vor wem ſolte ich mich fuͤrchten? Der Herr iſt meines Le⸗ benskraſt, vor wem ſolte mir grauen? Pf. 27, v. 1. Unter unfern Leuten iſt bei allen Strapatzen und Beſchwer⸗ den dennoch freudiger Muth und frohe Hofnung berrſchend. Bei meinem Gonge durch die Souterrains hatte ich Gelegenheit, zu bemerken, wie uͤbel unſere Werke durch die feindlichen Batterien zugerichtet waren. Als ich aus dem Hoſpital zuruͤck kam, hatte ich einen traurigen Anblick. Es war unter dem Bogen die Schildwache von einer Bombe zerſchmettert, und das Blut davon an die Wand verſpruͤtzt. des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 894 Und dies war an eben dem Orte, den ich jetzt ſelbſt zu paſſiren genoͤthigt war. So iſt alſo in einer Belagerung ein jeder den Gefahren ansgeſetzt, und es kan uns nichts ſchuͤtzen, wenn uns nicht der Schirm des Allmaͤchtigen ſchuͤtzt. An eben dieſem Morgen zerſchmetterte eine Bombe noch eine andere Schild— wache. — Da es heute wenig Wind giebt, fo iſt die Luft in den Souter: rains ſehr druͤckend und greift die Bruſt an, zumal bei dem Dampf der Oellampen. Heute wurde abermals Kriegsrath gehalten. Einige glauben, daß die Frage ſey, ob es moͤglich, daß ſich das Fort laͤnger halten koͤnne. Es geht daher ein Gemurmel von Aus ſendung einer Flagg of Truce, welches aber nicht wahrſcheinlich iſt. Da komt wies der ein Lamo (countryman oder far- mer,) ſagen unſere Leute, wenn ſie von Benſaide eine 1 3zollichte Bombe her⸗ ſchnauben ſehen. Sie richten viel Uns beil an, heute haben ſie die Verbarri⸗ cadirung des Brunns im Caſtelſquare ſehr beſchaͤdigt. — Es wird aber der Schade ſofort ausgebeſſert, weil es ſehr gefährlich ſeyn wuͤrde, wenn eine Bom⸗ be ſich in den Brunnen einen Weg bahnte, da derſelbe durch das Pulver⸗ magazin gebet. — Nach der Angabe des ſpaniſchen letzten Deſerteurs be ſteht die ſpaniſche Macht gegen St. Philipp in 1000 Mann Artillerie. 150 Kanonen. so Moͤrſtrn. 9 Compagnien Grenadiers. Sa⸗ 895 Savoya 2. Principe 2. Napoli Ir Milano 2. Buca 2. ; und den 10 Regimentern: Rey. ’ Burgos. Murcia, Ultonia. Prima de Catalonia. America. Princeſa. Elner. Tagebuch waͤhrend der Belagerung w. Betchart. 1 K Baron de Reding. Schweißer. auch 4 Regimentern Franzoſen ſchoͤn mondirt und dreſſirt. Bouillon. Deutſch. Royal Suedois. Deutſch. Bretagne. Franzoͤſt ſch. a Lionnois. Franzoͤſiſch. Beſtehen aus 4000 Mann. we 4 $ "u Spanier o aus 10000 Mann. 7 Summa — 14000 Mann. wovon im Hoſpital 2000 Mann. Bleiben uͤbrig 12000 Mann. Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. FR * Anzeige und Bitte. Di ſonderbaren fuͤr die Jahrszeit ganz ungewoͤhnlichen Nebel und Dünfte in der Luft, welche wir hier bei anhaltender großer Duͤrre in vorigem Monate beinahe 14 Tage ſolchergeſtalt gehabt haben, daß ſelbſt der Wind und der gegenwaͤrtige hohe Stand der Sonne fie nicht zu zerſtreuen vermog— te, ſondern ſie nur dunkel durchſchien, und vornemlich beim Auf- und Nieder⸗ gange beinahe fo roth war, als wenn fie im Herbſte oder Fruͤhling hinter Schneewolken ſtehet; ſind gewiß eine ſehr merkwuͤrdige Witterungsbegeben⸗ heit, welche ſchwerlich ohne Folgen ſeyn wird. — Sehr intereſſant wuͤrde es demnach ſeyn, wenn aufmerkſame Beobachter aus verſchiedenen Gegen⸗ Hannover, den Zten Jul. 1783. den bieſiger und benachbarter lande, ihre Bemerkungen uͤber dieſes Phaͤno⸗ men, kurz und zuverlaͤßig an das Ins telligenzeomtoir allbier, einzuſenden ger neigen wolten, damit demnaͤchſt die verſchiedenen Beobachtungen zuſam⸗ men, und unter Einen Geſichtspunkt, in dieſen Blaͤttern aufgeſtellet werden koͤnnten. — So viel dem Verfaſſer die ſes bekant iſt, hat man in Muͤnden an der heſſiſchen Graͤnze, eben dieſe Re⸗ bel zu eben der Zeit gehabt; und nach dem 29ten Stück der Leipziger Intelli⸗ 1 genzblätter, find fie alldort, und in den Gegend, eben ſo wie hier, bemerkt worden. Geſtern und heute haben wir bier eben den Nebel und die Beſchaf⸗ fenheit der Atmoſphaͤre wieder. | Albg. 89 us RI aunoberiſches Magazin 5 ytes Stid, a, den 18ten Julius 1783. Fortſchung des Tagebuchs waͤhrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. en 28ten Jan. Montag. Weil wir am meiſten des Nachts feuern, ſo iſt der Feind ſo dreiſt, daß er bei Tage an feinen Batterien arbeitet. Die Feinde ma⸗ chen uns heute wieder mit ihren Bomben das Leben recht ſauer. An Colonel Grubens Stelle, welcher auch krank geworden, hat Major von Melzing das Commando uͤber die Hannoveriſchen Auſſenlinien erhalten. Die Feinde haben eine neue Mauer von Maulbeerbaum an bis zum Mi⸗ nenberge gezogen, meiſt von Sandſaͤk⸗ ken. Breſchbatterie anlegen, und denn uns noch mehr zuſetzen. Deswegen haben wir diefe Nacht einige Steinmörfer dahin ausfliegen laſſen. In eben die; ſer Nacht ſteckte eine feindliche Bom— be einige Faſchinen auf Prinz Friede⸗ rich Raveline an. Dies gab zwar ein ſehr helles Feuer, war aber von keinen Folgen. Die Zahl der Leute iſt ſchon ſo ſchwach, daß wir nicht ſo viel mehr geben Fönnen, als der Dienſt verlangt. Sie werden alſo bald eine neue Prinz Ernſt hat 91 Mann Kranke im Hoſpital. Der Gouverneur Murray iſt auch ſehr ſchwaͤchlich, und gebt ſehr krumm und gebuͤckt einher. In deſ— ſelben Wohnung, und zwar in die un⸗ terſte Etage, iſt durch die Thuͤr eine Bombe gefallen, und hat viel Kuͤchen⸗ geſchirr verdorben und viel Unfug an⸗ gerichtet. — Das Feuer in der Nacht war von beiden Seiten heftig. Den 29ten Jan. Dienſtag. Da ſich ein Mangel an 1 zzoͤlligen Bons ben ereignet, ſo werden die nicht ge⸗ ſprungenen feindlichen Bomben von den Leuten aufgeſammelt, und für jede 1 Schilling bezahlt. Was thut nicht die Liebe zum Gelde! — Es iſt außerdem ein großer Mangel in unſe— rer Feſtung, daß wir nicht mehr denn ſechs 13zoͤllige Mörfer haben, und auch die find nicht fo ſtark, daß wir die Bom: ben ſo hoch als die Spanier die ibrigen treiben koͤnnen. Unſere Kanonen ſind meiſt eiſerne Kanonen, welche nicht 0 genau ER | Die 899 Die Anzahl unſerer Kanonen und Moͤrſer ift ungefahr folgende: 5 6 Izzoͤllige Moͤrſe. 8 Zzoͤllige Moͤrſer. 18 Royels. 5 24 Coehorn. 8 Haubitzen. 64 b Kanonen. 24 — 32 Pfund. — 52 Tag 12 ng „ — — 1 = 4 — F —— — — — Summa 273 bis 300. Dieſen Mittag ſiel eine Bombe vor Colonel Gruben Quartier, zerſchlug die Leiter auf der Gallerie, fiel denn zwiſchen die Balken und die Thuͤr des Herrn P. Gruͤtter und rollete von da in eine Küche, worin 5 Menſchen wa: ren. — Zu großem Gluͤck blieb fie liegen, und barſt nicht. Die Ausbef⸗ ſerung der Batterien iſt wegen Man: gel an Materialien und Menſchen, die daran arbeiten, unmöglich. — Die ſpaniſchen Grenadiere und Volontairs de Catalogne machen ein haͤufiges Mousquetenfeuer, um ihre Arbeiter zu decken. Wir antworten ihnen von der Queen. Geſtern Abend ſind die ſpa⸗ niſchen Kriegsgefangenen aus dem vor⸗ maligen Oelmagazin in das ausgeleerte kleinere Pulvermagazin gebracht, um unſern Truppen, die ſich mehr ins Centrum ziehen ſollen, Platz zu ma⸗ Tagebuch während der Belagerung chen. — Unſere un 6 85 viel Liebe. — Dieſen Yin fingen die Feinde von 0 dat binter Turkiſh Mount z ern ih Auf Charles Fort 4 man, bo eines unferer Schiffe in finſterer Nacht berein ſchleichen ſolte, und ward des; balb an den Gouverneur Rapport ab⸗ geſtattet. Allein, wir wurden bald ei⸗ nes andern überführt, als wir hörten, daß das Feuer von allen ſpaniſchen Batterien rund um uns herum ge⸗ macht war. Hierauf folgte ein Lauf⸗ feuer von der ganzen ſpaniſchen Armee von Turkiſh Mount bis nach Cap Mola zu, welches von einem Hurre begleitet war, und ſolches wurde drei⸗ mal wiederholet. Wir wußten nicht, was das Freudenfeuer zu bedeuten hatte. Einige glaubten, der Feind intendire einen Sturm; andere behaupteten mit mehrerer Wahrſcheinlichkeit, daß viel⸗ leicht von den Feinden ein Sieg erfoch⸗ ten, oder ein anderer Vortheil errungen ſey. Wir ließen uns dadurch nicht niederſchlagen, und um den Spaniern zu zeigen, daß unſer Muth noch nicht geſunken ſey, ſo feuerten wir auch alle unſere Kanonen rund ums Fort ab, und unſere Matroſen riefen dabei gleiche falls ein freudiges Hurre. — Ein ſchreckliches Feuer, die Grundfeſte der Erde bebte unter unſern Fuͤßen, und es ſchien, als wolte Erd' und Himmel untergehen. Vielleicht haben die Fein⸗ de dabei ziemlich eingebuͤßt. Wir hin⸗ gegen gar nicht. Ihre Kanonen wa⸗ ren ſo hoch eee daß alle Nee uͤberweg gingen. Den or ddes Forts Sl. Philpp auf der Inſel Mnotka. 663 Den zotes Jan. Mittwochs. Der Feind continuiret zwar mit ſeinem Feuer. Indeſſen iſt das doch gar nicht gegen die erſten Tage zu rechnen. Denn er macht ſeit einiger Zeit man⸗ che Pauſe, und laͤßt uns gegen Mit; tag einige Ruhe. Auch kreutzen ſich die Kugeln nicht mehr jo fürchterlich. Vorhin ſchien es, als wenn es Kugeln regnete, und auf den Batterien aus⸗ zudauern, ſchien faſt unmoͤglich zu ſeyn. Jetzt faſſen wir guten Muth, werden des Feuers gewohnt, und ge— ben dem Feinde fleißig Bomben und Kugeln wieder zuruͤck. Dieſer Ton iſt unſern Ohren nun nicht fremd mehr. Vormals hieß es, alles iſt in Ruhe. Nun heißt es, Bomben, Bomben. Allein es iſt traurig, daß der Skorbut uͤberhand nimt. Die meiſten Leute klagen uͤber Schmerzen im Kreutz und Mattigkeit in den Beinen, und den: noch wollen fie gerne ihre Dienſte thun, und kriechen mit dem Stecken in der Hand auf die Wache. End⸗ lich werden wir noch aus Mangel an Leuten uns gezwungen ſehen, uns zu uͤbergeben. — Dieſen Abend deſer— tirte ein Corſe und einer vom zılen Regiment. Der erſte ward erhaſcht. Der andere ging zu den Feinden uͤber. Da er ſehr witzig iſt, ſo iſt zu fuͤrch⸗ ten, daß der Herzog von Crillon durch ihn von unſerm Zuſtande gute Nach: richt erhalten hat. Heute fiel eine Bombe in Major Riddels Logis, kam durch die Wand, und ſchlug die Lehne von Sir Williams Stuhle ab, worauf er ſaß, ohne ihm Schaden zu thun. * Unſere deute haben bisher nicht nur Mannſchaft zur Wache, Piquets, Re ſerve und Defenſton gegeben, ſondern es find auch bislang Commando de Fa; tique angeſetzt. Dieſe haben theils den Ingenieurs folgen und an der Ausbeſſerung der Feſtungswerke arbei⸗ ten, theils den Artilleriſten zu Huͤlfe kommen, und Pulver und Kugeln und ſchwere Bomben auf die Batte⸗ rien mit vieler Muͤhe und Gefahr tra⸗ gen muͤſſen. Jetzt, da der Skorbut fo uͤberhand nimt, und ſo wenig Leute zum Dienſt uͤbrig ſind, haben die Ar⸗ tilleriſten und Marfniers Ordre erhal⸗ ten, ſelbſt die Munition auf ihre Bat⸗ terien zu bringen. Den z ten Jan. Donnerſtag. Dieſe Nacht war der Feind ziemlich ruhig. Dieſen Morgen aber fing er wieder beftig zu feuern an, doch nur nach Intervallen. Eine Bombe fiel in Ca⸗ pitain Wilkie's Logis, die Officiere in demſelben verbargen ſich unter der Treppe in der Kuͤche. Die Bombe ſprang, riß die Treppe nieder und be⸗ deckte die Herren ganz mit Schutt und Ruinen, fo, daß fie ſich kaum los arbeiten konten. Eine andere Bombe ſtei ins Zeughaus und zuͤndete daſelbſt. Der Herr Hauptmann Schulz S welcher daſelbſt juſt vorbeiging, entdeckte zum Gluͤck das Feuer gleich im Anfange, und ſo ward es gleich ausgeloͤſcht. Hagel und Regen. — Gouverneur Murray iſt ganz matt und vor Alter und Sorgen entkraͤftet. Heute wurden verſchiedene von uns, sit a be 9 beſonders von den Englaͤndern durch das feindliche Feuer gerödtet. fe Den ten Febr. Freitag. Heftiger kalter Nordwind, rechter Wintertag. Doch verbeſſert dieſer Wind die boͤſe Luft die in den Souterrains iſt, und hilft alſo der Geſundheit auf, dahin: gegen bei ſtillem warmen Wetter der Dampf der Lampen und Feuchtigkeit des Steins, und die Ausduͤnſtung der Menſchen, den Aufenthalt unertraͤg⸗ lich macht, und auch die ſtaͤrkſte Con⸗ ſtitution affteirt. Die Feinde haben eine neue Batterie von 7 Kanonen bei dem Minenberge errichtet, und ſchei— nen damit fertig zu ſeyn. Sie iſt uns leider ſehr nahe. — Von da haben fie auch eine Reihe Tonnen bis an die Quaiguard geſetzt, um eine neue Com⸗ munication anzufangen, und vielleicht eine zweite Parallele zu ſormiren. Sie ſcheinen alſo uns foͤrmlich belagern, und fuͤrs erſte noch keinen Sturm vornehmen zu wollen. Eine Bombe fiel zwiſchen 2 Kanonen, ſchlug die Aprons ab, und feuerte beide los. — Ein Stuͤck von einer Bombe fiel in des Herrn General von Sidow Stu— be, und blieb in der Traverfe ſtecken. Ein Stuͤck Holz flog dicht vor dem Herrn General vorbei. — Es heißt, daß jetzt alle äußere Minen unter dem Glacis geladen ſind. — Auf Befehl des Herrn Gonverneur Murray hat ſich heute das Corpus Medicum ver: ſammelt, um ſich wegen des Skorbuts zu berathſchlagen. Die feindlichen Bomben, welche nicht geſprungen find, werden alle geſammelt, und vor Tagebuch während der Belazetung ß des dem Laboratorio hingelegt; und zwar mit aufgerichteten Zuͤndern. Scheint dies nicht gefährlich zu ſeyn? Capi⸗ tain Colle that dieſe Nacht einen Aus⸗ fall mit den Corſen. Es verlor aber der arme Mann bei dieſer Expedition ſeinen rechten Arm. Er zeigte viel Tapferkeit, und wird von jedem be⸗ klagt. Die Arbeiten werden durch reichliche Bezahlungen belohnt, welche die Caſſen ledig machen. Den aten Febr. Sonnabend. Star⸗ ker Nordwind, doch nimt der Skor⸗ but heſtig überhand. Auf Befehl des Gouverneurs, unterſuchen die Aerzte, wie viel Leute in den Baracken vom Skorbut infieirt ſind. Die Adjudan⸗ ten geben ein, wie viel an den Wa⸗ chen fehlen. Alles Anzeichen, daß wirs nicht lange aushalten werden. Ein Matrofe deſertirte. Er kan den Feinden von unſerer Situation eine uns unangenehme Nachricht geben. Bei meinem Beſuche in den Barak⸗ ken wurde ich uͤber die Menge der Kranken und den ſchleunigen Tod vie⸗ ler braven Kriegsleute innigſt gerührt, — Der Eßig nahm jetzt auch ein En⸗ de, welches ein uͤbler Umſtand fuͤr die Garniſon iſt. — Dieſe Nacht feuer⸗ ten wir mit Trauben, um die Appro⸗ chen der Feinde zu verhindern. Den zien Febr. Sonntag. Fuͤrtref⸗ liches Wetter, aber doch heiß, weil der Feind einheitzt, doch nur maͤßig und zwar nach Intervallen. Alſo ſo hef⸗ tig nicht als im Anfange. Es ward ein Conſeil de Guerre von den ver⸗ ſchiedenen Chefs der Corps verfam⸗ melt, — des des Forts St. Philipp auf der Irſel Minorka. melt, in Abſicht, (wie verlautet,) um Zu deliberiren, ob man eapituliren ſolle. Den 4ten Febr. Montag. In vo⸗ riger Nacht machten wir ein heftiges Feuer zum letzten mal und ſteckten dar⸗ auf gegen 9 Uhr Morgens die weiße Flagge auf. Augenblicklich hielten die Feinde auch mit ihrem Feuer an. Der letzte Schuß von ihnen toͤdtete noch einen von unſern Grenadiers Mech von Prinz Ernſt, der Kohl ſuchte. — Der Herr Lieutenant von Linſing ward mit einem Brief vom Gouverneur Murray an den Herzog von Crillon nach Mahon geſchickt. Wir nahmen dieſe Zeit wahr, fuch: ten unſere Perſpective, die eine Zeit⸗ lang gute Ruhe genoſſen hatten, wie— der hervor, und nahmen die Werke der Feinde in Augenſchein. So bald die Spanier die weiße Flagge ſahen, kamen fie hinter ihren Parapets her; vor, und machten ein freudiges Hurre. — Indeß ward gleich Ordre gegeben, daß ſich Niemand auf den Batterien ſehen laſſen ſolte. Himmel, welche Ruinen an unſerer Seite, — und welch eine Wagenburg, die der Feind um uns geſchlagen bat! Die ſpani— ſchen 19 Batterien ſehen fuͤrchterlich aus. Das Caſtel laͤßt ſich kaum er: kennen. Gegen Mittag kam die Flagg of Truce zuruͤck. Lieutenant von Linſing uͤberbrachte die Antwort vom Herzog von Crillon. Gleich darauf ward abermals ein Kriegsconſeil ge: balten. Man ſagt, daß des Herzogs von Crillon Antwort nicht guͤuſtig ges weſen, und er ſich auf keine Bedin⸗ 906 gungen einlaſſen, vielmehr uns zu Kriegsgefangenen machen wolle. Ich war zu der Zeit bei einem meiner Freun⸗ de, und ſaß krank beim Caminſeuer, denn der Skorbut hatte auch mich at— taquirt, und ich behauptete, daß Gou— verneur Murrays heftige Leidenſchaſten ſich nimmermehr dazu bequemen wuͤr⸗ de. Wir wuͤrden alſo bald die weiße Flagge abgenommen, und das Feuer erneuert ſehen. Wider alles Vermu⸗ then ward der Generaladjudant Don ſo gleich wieder an den Herzog von Crillon geſchickt, um die Affaire zu berichtigen. Der Comte von Crillon ward darauf Nachmittags von dem Herzog von Crillon herein geſchickt, die Uebergabe vollends zu bewuͤr⸗ en. les zugeſtehen wolle, nur den einzigen Punkt unſerer Kriegsgefangenſchaft ausgenommen. Gouverneur Murray ſoll dabei in einen großen Eifer gerar then, und in Thraͤnen zerfloſſen ſeyn; auch geaͤußert haben, daß er ſich lieber mit ſeiner Garniſon in die Luft ſpren⸗ gen wolle, als ſich der Raubbegierde und der Pluͤnderung ſeiner Feinde zu uͤberlaſſen. Der Comte von Crillon hat darauf erwiedert, wie er ſich von dem Charakter feines Vaters ſolche Vorſteb lung machen, und ſo ſehr wider ihn auf⸗ gebracht ſeyn koͤnne. Gouverneur Mur⸗ ray foll geſagt haben: Ob es ihm nicht empfindlich ſeyn muͤſſe, daß man ihm einen ſo niedrigen Antrag als die Be⸗ ſtechung wäre, gethan hatte? (So ſpricht Fama.) — Indeß ward nach til 3 ak | Dieſer verſicherte im Namen feines Herrn Vaters, daß er ihm ak * 907 allen dieſen Entretiens die bei der Ta⸗ fel gehalten worden, die Capitulation zu Stande gebracht. Die Spanier beſetzten noch ſelbigen Abend Fort Marlborough, und es ward Ordre gegeben, daß wir Morgen Mittag 12 Ubr mit allen Kriegsehren ausmar⸗ ſchiren ſolten. Man fand die Zeit des Abzugs ſehr kurz, um die Equipage zu arrangiren. 155 Den sin Febr. Dienſtag. Es wur⸗ de deshalb der Generaladjudant Don dieſen Morgen fruͤh an den Herzog von Crillon abgeſchickt, um den Aus⸗ marſch noch 24 Stunden weiter hin⸗ aus zu ſetzen. Allein, es wurde ſol⸗ ches abgeſchiagen. Wir konten alſo kaum einpacken. Unſere Sachen wur⸗ den eiligſt in ein Magazin gebracht, wo ſie verwahrt werden ſolten, bis ſie tranſportirt werden koͤnten. Verſchie⸗ dene verloren dennoch ihre Sachen. Denn die Raubbegierde ging bei einiz gen ſo weit, daß ſie ſelbſt aus dem Magazin zu rauben ſuchten. Gegen 11 Uhr marſchirten ſchon die feindli⸗ chen Truppen an, und ein Theil faßte Peſto im Fort. Die übrige ganze Armee formirte 2 Linien, wodurch un⸗ ſere Leute mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen marfchirten, und am Ende derſelben Gewehr und Waf⸗ ſen niederlegten. Ich habe dieſen traurigen Anblick ſelbſt nicht ertragen koͤnnen. Die ſpaniſche Flagge wurde aufgeſteckt, gegen Nachmittag um 4 Uhr, und die weiße Parlementair und engliſche Flagge abgenommen. Un⸗ ſere Truppen ſetzten darauf in Beglei⸗ Tagebuch waͤhrend der Belagerung | 98 tung einer ſpaniſchen Bedeckung ihren Weg nach Aleihor fort, welches 14 engliſche Meilen vom Fort iſt. Die⸗ ſer Marſch war fuͤr kranke Leute, wel⸗ che in allen Gliedern matt waren, nicht gering. Indeß trieben ſie doch die Spanier ſo ſtark auf die Knochen, daß fie ganz muͤde wurden. Es ſiel an dieſem Tage ein ſtarker Regen. Die Wege waren ganz verdorben. Sogar die armen engliſchen Damen mußten ohne Mitleid zu Fuß aus dem Fort wandern. Sie gingen naß und erfro⸗ ren nach Mahon. Die Kranken wur⸗ den nach den Baracken zu Georgetown gebracht, und allda das Hoſpital ans gelegt. Die Generalitaͤt nahm ihr Logis zu Mahon. Der Gouverneur Murray war in Geſellſchaft des Her: zogs von Crillon, als die Truppen die Waffen niederlegten, und war dabei ſehr geruͤhrt. Er ſpeiſte den Mittag mit dem Herzog von Crillon. Gene⸗ ral Draper war auch zur Tafel gebe⸗ ten, allein er ſchlug es ab, und Auf ſerte ſich, daß er nicht ſpeiſen koͤnne. Er bat ſich aus, ſein Quartier im Fort behalten zu duͤrfen. — Er ward etli⸗ che Tage darnach zur Tafel gebeten, und mußte fein Logis auch in Mahon nehmen. Man ſchickte ihm eine Kut⸗ ſche, bei welcher er neben an ging, ob es gleich ſchlechtes Wetter war. Die Artikel der Capitulation wurden erſt den 15ten Febr. bekant gemacht. Die Minorkaner waren ſehr attendirt, als wir aus dem Fort kamen. Man las es deutlich genug in aller Geſichtern, daß ihnen die Uebergabe des Forts ein trau⸗ riges R 909 riges Evenement, und das Wehen der ſpaniſchen Flagge ein ſchmerzender Uns blick war. Nun ſchienen fie zur Er: kenntniß zu kommen, und einzuſehen, was fie für großen Vorzug bisher un: ter engliſcher Regierung genoſſen, und was jetzt dagegen fuͤr unangenehme Ausſichten ihnen bevorſtuͤnden. Die vorigen goldenen Zeiten ſchienen ent— flohen zu ſeyn, und die Wörter In⸗ quiſition, Tortur, Deſpotismus, Moh⸗ ren, Ruin des bisher blühenden Han: dels, Armuth und Duͤrftigkeit waren ihnen ein Dolch ins Herz. Die Spanier erwarteten noch eine lange Gegenwehr. Sie zweifelten, St. Philipp vor dem Monat Junius einzunehmen. — Von ihren Contre— minen verſprachen ſie ſich keinen Ef⸗ fect. Unſere Minen waren ihnen ſo fuͤrchterlich, daß ſie deshalb keinen Sturm intendirten. Sie wolten die Belagerung förmlich ausführen, und die Sache bis zur dritten Parallel bringen. Man fuͤrchtete ſich noch im: mer vor der Ankunft der engliſchen Flotte. — Daher ward in der ganzen ſpaniſchen Armee eine allgemeine Freu: de rege, als ſie die weiße Flagge auf dem Caſtel aufgeſteckt ſahen. Die ſpa⸗ niſchen Officiere waren voll von Ber: gnuͤgen und umarmten ſich, und al: les verrieth ſich durch ein lautes Hur⸗ re. — Zufolge der zweiten Capitula⸗ tion, welche den HN Febr. unterzeich⸗ net war, (denn die erſte, nach der wir verlangten frei auszumarſchiren, war verworfen,) wurde bewilligt, daß wir mit aller militairiſchen Ehre ausge⸗ des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 910 ben, aber die Waffen niederlegen, und Kriegsgefangene werden ſolten, daß wir alle unſere Bagage behalten, daß der Gouverneur ein bedecktes Boot mit ſich führen ſolle, wodurch die Dez ſerteurs gerettet wurden, daß wir auf Schiffen, die uns die Spanier ver— ſchaften, auf Koſten der Krone Eng— land nach einem engliſchen Hafen trans⸗ portiret werden, daß wir während uns ſers Aufenthalts auf der Inſel Provis ſion erhalten, und auch auf zehn Wo—⸗ chen aus den engliſchen Magazinen des Forts mit Lebensbeduͤrfniſſen auf den Schiffen verſehen werden ſolten. Weil einige von den ſpaniſchen Trup⸗ pen viele von unſern Sachen gepluͤn⸗ dert, ſo verlangte der Herzog von Crillon eine Anzeige der verlornen Sa⸗ chen, und verſicherte, der Koͤnig, ſein Herr, werde uns dieſen Schaden erz ſetzen, und den Verluſt bezahlen, eilte auch ſelbſt nach dem Fort, um dem Unweſen zu ſteuern. Nach der ein⸗ gegebenen Verluſtliſte, beläuft ſich die Summe auf 10,000 Dollars. Eine maͤßige Angabe! Unſere Feinde gehen jetzt ſehr freundſchaftlich mit uns um, und machen uns unſern Aufenthalt bieſelbſt ganz angenehm. Der Herzog von Crillon ſelbſt ſetzt uns in Erfanzs nen, durch feine ausnehmende Freund⸗ lichkeit und Herablaſſung die er gegen jeden beweiſt, da er ſich mit dein Ge⸗ ringſten liebreichſt unterhält. Er hat ſeinen Truppen Ordre gegeben, daß fie einer Garniſon, die ſich fo brav ges balten, freundſchaftlich degegnen ſollen. Die verſchiedenen Nationen haben alſo etzt 911 jetzt Gelegenheit, ſich einander Bewei⸗ fe gegenſeitiger Cordialitaͤt zu geben, und trotz allen menſchenfeindlichen Grundſaͤtzen eines finſtern und intole⸗ ranten Syſtems, welches der Aber: glaube ausgebruͤtet, ſich den uns fo tief ins Herz gepflanzten Regungen ci; ner edlen Gutherzigkeit, Wohlwollens und Dienſtfertigkeit zu uͤberlaſſen. Die Spanier machen ſich jetzt andere Be— griffe von uns, da ſie uns ſehen. Wir haben ſchon im Fort Gelegenheit ge: habt, den fpanifchen Kriegsgefangenen ein gutes Herz zu zeigen. Ihre Ge— fangenſchaft wurde, ſo gut als es in einer Belagerung moͤglich, ihnen er: leichtert. Unſere Leute brachten ihnen heimlich Fleiſch, Budding und Rum re. zu, welches fie mit vieler Ruͤhrung an⸗ nahmen, und ſehr wuͤnſchten, ihnen dankbar zu ſeyn. — Sie werden ge⸗ wiß nicht vergeſſen haben, unſer Be⸗ tragen zu ruͤhmen. — Die Minorka⸗ ner hatten auch ungemein zu unſerm Lobe geredet, und unſere Feinde verſi— cherten uns, Daß fie recht begierig ge: weſen, uns kennen zu lernen, da ſie ſo viel Gutes von uns gehoͤrt. So braucht alſo die Vorſehung auch den Krieg als ein Mittel, Menſchen in Verbindung zu bringen, und ihnen Gelegenheit zum Umgange und Ausübung wahrer Men: ſchenliebe zu geben. Dadurch erleuch⸗ tet ſie die Welt, erwaͤrmet die Herzen, und giebt dem Aberglauben, unerachtet alles Sträubens feiner menfchenfeind: lichen Diener, den letzten Stoß. Der Soldat, der außer Spanien koͤmt, und die Welt ſieht, wird der erſte ſeyn, der in ſein noch ſehr finſteres Vaterland Tagebuch während der Belagerung e. gr men ſchenfreundliche Grundſaͤtze zuruͤck⸗ ninkt, und feine Landes leute zu gleicher milden Denkungsart zu ſtimmen ſu⸗ chen wird, wodurch nothwendig dem Spanier, der bisher von ſeinen Fuͤh⸗ rern geblendet, ein neues Licht aufgeht. Beweiſe vom Aberglauben in Spanien am Ende des achtzehnten Jahrhunderts moͤgen folgende ſeyn: Noch kuͤrzlich iſt daſelbſt ein Buch heraus gekommen, worin man die Tortur mit vielen Gruͤn⸗ den zu verrheidigen ſucht. Wie bedau⸗ ernswuͤrdig wird das jedem duͤnken, der als ein Philoſoph denkt, oder den Bec⸗ caria geleſen, der nur als ein guter ehrlicher Mann ſein eigenes Herz reden laͤßt. Ein Spanier hat den Traité des delits & des peines von Beccaria uͤberſetzt. Er heißt Campo Manes, und iſt Fiſcal du Conſeil von Caſtille. Allein, der Beichtvater vom Koͤnige hat deshalb Vorſtellung gethan, und auf ſein Anſuchen hat die Inquiſttion die⸗ ſes Buch verboten. Ein engliſches Frauenzimmer, welches aus Liebe zu einem ſpaniſchen Officier, den ſie zu hei⸗ rathen wuͤnſcht, ihre Religion veraͤn⸗ dert, iſt zu dem Ende von dem ſpani⸗ ſchen Vicaaire General der Armee ge⸗ tauft worden. — Alſo iſt die Taufe, die von Proteſtanten verrichtet wird, in Spanien nicht für guͤltig erklaͤrt, — da man ſie doch in ganz Frankreich und Deutſchland dafur erkennet. Ein ſpa⸗ niſcher Feldprediger, den ich nachher geſprochen, war aufrichtig genug, es als einen Mangel an Einſicht zu erklaͤren, wogegen er proteſtirt habe, aber ohne Nutzen. te it Der Schluß folgt künftig, * i ö aiſches Magazin, 5 Stes Stuck. yı4 Montag, den aıten Julius 1783. Schluß des Tagebuchs waͤhrend der Belagerung des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. achdem wir aus dem Fort ge kommen ſind, haben wir Ge— legenheit gehabt, ſo wohl die ſpaniſchen und franzoͤſiſchen Truppen als auch ihre Batterien und Läger naͤher kennen zu lernen. Die Spa: nier ſind gute Soldaten, unermuͤdet, mit wenigem zufrieden, achten keine Gefahr, find puͤnktlich gehorſam und murren nicht. Sie erhalten wenig Sold. — Alles was fie bekommen iſt ein Pfund Brod alle Tage und 6 Doblar. Wenn ſie nun davon 3 Doblar in die Menage geben, um etwas Gruͤnes anzuſchaffen, ſo bleiben ihnen nur 3 Doblar uͤbrig. Sie ſind maͤßig und betrinken ſich nicht. — Sie haben die ſauerſten Arbeiten gethan, da fie die Batterien allein verfertigt, und des Nachts unter freiem Himmel gelegen, und doch haben fie nicht gemurret. Sie achteten die Gefahr nicht. Mit ihrem Roſenkranz verſehen, glaubten fie gleich einem Achilles unverwundbar zu ſeyn, daher auch manche von ihnen geblie⸗ ben ſind. Man glaubt, die Anzahl ihrer Getoͤdteten belaufe ſich auf 500 Mann; andere ſagen fie hätten 200 Getoͤdtete und 5 bis 600 Verwunde⸗ te gehabt. Die Verwundeten aber ſind alle wegen Unerfahrenheit der Aerzte geſtorben, bis auf einen Mann. In ihren Hoſpitaͤlern haben fie an 2000 gehabt. Die fpanifchen Schweitzer lieben den Trunk, und weil ſie daher keine Gefahr achte⸗ ten, ſollen auch viele von ihnen ges blieben ſeyn. — Man ſagt, daß die Proteſtanten unter ihnen, durch ein ſehr fuͤhlbares argumentum x - Sener zur Ueberzeugung des catholi⸗ ſchen Glaubens gebracht werden. Die kontur der ſpaniſchen Truppen fälle nicht ſehr in die Augen, fie find auch nicht vorzuͤglich dreſſirt. Ihre Offi⸗ ciere ſollen nicht außerordentlich ſeyn. Sie tragen insgemein 2 Uhren. Ein Umſtand den der ſimple Englaͤnder nicht verdauen konte. Ueberhaupt zei⸗ gen fie viel ſpaniſche Grandezza, und koͤnnen daher mit den Franzoſen nicht ſehr zurechte kommen. Unter beiden Armeen iſt eine große Jalouſte. Die frauzoͤſiſchen Truppen ſind ungemein Mm m ſchoͤn 915 ter ihnen. Sie haben daher auch beſ⸗ ſere Gage und Proviſton als jene, und die deutſchen Truppen unter ihnen ſind, wenn fie die nicht erhalten, zur Unzu⸗ frieden heit geneigt. Die letztern haben zu Zeiten einer Correction noͤthig, wenn ein firenger Gehorſam erhalten werden fol. Die franzoͤſiſchen Oft: ciere haben ihre eigene Kaffe und Spei⸗ ſehaͤuſer, und die ſpaniſchen Officiere machen nicht gerne mit ihnen Gemein⸗ ſchaft. Sie eſſen gerne ihr Oleo fuͤr ſich. Das Oleo iſt ein ſpaniſches Ge⸗ richt, ein Mixtum von allerlei Fleiſch und Gemuͤſe. Die Spanier ſcheinen den Hannoveranern noch am meiſten ihre Zuneigung zu ſchenken, weit mehr als den Englaͤndern. Die Urſache iſt deutlich. Der Englaͤnder iſt ſtolz, nicht ſehr gefaͤllig, und kan ſich nicht bequemen, ſich zu andern freundlich her⸗ abzulaſſen. Spaniſche Grandezza und engliſcher Stolz kommen alſo in Col⸗ liſion. — Der Deutſche hingegen be: quemt ſich zu jedem, ſucht ſich gar zu gern mit Fremden zu unterhalten, alles Fremde zu bewundern, zu loben, nach⸗ zuahmen, und geht oft auf Koſten ſeiner ſelbſt zu weit. Wie oft koͤmt man in Verſuchung mit Klopſtock zu ſagen: Was that dir Thor dein Vaterland? — Die Franzoſen unterhalten ſich ſehr freundſchaſtlich mit uns. | Die feindlichen Batterien, die wir beſehen, find fuͤrtreflich angelegt, und haben unglaubliche Arbeit gekoſtet, da Tagebuch wahrend der Belagerung ſchoͤn montirt und dreſſirt. Allein ſie man zuerſt hohe Mauern und Berg: verlangen beſſere Unterhaltung als die von Sandſaͤcken aufthuͤrmen, und Spanier, beſonders die Deutſchen un⸗ dann die Erde zu den Batterien weit her ſchleppen mußte. Die Spanier ha⸗ ben ſogar von Mereadal Faſchinen ge⸗ holt, und dafür 1 Schilling bekom⸗ men. In Abſicht der Artillerie Flags ten die Spanier, daß das Metall von ihrem Geſchuͤtze nicht von der beſten Art ſey, weil es durch das häufige Feuer ſo leicht zu ſchmelzen anfinge. Wir haben auch verſchiedene Kanonen demontirt. Sie gedachten daraus Haubitzen zu verfertigen, dergleichen ſie noch nicht hatten, und gegen uns zu gebrauchen. — Ihr Artillerievare iſt ſehenswuͤrdig. Man muß erſtau⸗ nen uͤber die viel tauſend Beduͤrfniſſe, die eine Belagerung fordert. Wie viel Werkhaͤuſer haben die Spanier bloß zu dieſer Unternehmung aufgebauet. — Schmieden, Magazine, Zimmerge⸗ baͤude. — Im Pare ſind auch 600 Maulthiere. — Welche unermeßliche Summen muß die Eroberung von St. Philipp der Krone Spanien ge⸗ koſtet haben! . Unſere Leute leben wieder auf, nach⸗ dem ſie Gruͤnes zu eſſen erhalten. Den 12ten Febr. hatte unſer Bataillon noch 200 Kranke im Hofpital. — Ein ſpa⸗ niſcher Deſerteur, der bei der Frage ſeiner Cameraden, woher er ſo reich wäre, ihnen geſagt, daß fie es auch fo gut haben koͤnten, wenn fie ihm ges folgt wären, iſt aufgebangen, unerach⸗ tet der vom Gouverneur Murray ge⸗ thanen Fuͤrbitte. — Für zwei andere, die zu dreiſt herumgegangen find, hat 3 7 der Comte de Crillon den Pardon be⸗ würkt. An den Schiffen wird fleif: ſig gearbeitet. Unſere Abreiſe wird nicht weit entfernt ſeyn. Die Dons in Ciutadella ſollen ſich erboten haben ein Regiment zum Dienſt des ſpaniſchen Königs zu werben. Was alſo die In⸗ ſulaner vorher nie haben thun wollen, dazu erbieten fie fich jetzt von ſelbſt. Die Bewegungogruͤnde dazu find leicht zu errathen. Die Dons wuͤnſchen auf Mi⸗ norka ein Regiment errichtet zu ſehen, um ihren Söhnen Employen zu ver ſchaffen. Zufolge der engliſchen Con⸗ ſtitution, iſt den Catholiken der Ju: gang zu allen Employen verſagt. Der gleichen Einrichtungen ſolten billig ab: geſchaft werden in fo erleuchteten Zei: ten, worin wir jetzt leben, in wel⸗ chen der Aberglaube den Stachel, den er ehemals unter Jacob dem l. bei der Pulververſchwoͤrung zeigte, verloren hat. Die Dons in Ciutadella ſuchen auch gerne den Sitz des Gouverneurs und der Gerichtshoͤfe wieder nach die: ſer Stadt zu verſetzen. Ohne Zweiſel aber ſchmeicheln fie ſich umſonſt. Wer nigſtens wuͤrde es gegen alle Politik ſeyn, Mahon zu verlaſſen, da ſolches am greßen Hafen und nabe bei der Feſtung iſt. Wie leicht wuͤrde es ſo⸗ dann fuͤr irgend einen Feind ſeyn, den Gouverneur von der Feſtung abzu⸗ ſchneiden, wie kuͤrzlich auf St. Eu⸗ ſtach geſchehen iſt. Nach den oͤffentlichen Rapports, fo dem Gouverneur Murray vorgelegt fi 10 55 ergiebt ſich folgendes. Den Ai Febr. des Forts St. Philipp auf der Inſel Minorka. 918 Faͤhig zur Wache — 660 Wache den zien Febr. — 415 Defeet — 170 Kranke den sten Febr.. — 1327 Getoͤdtete — — 71 Verwundete — — 147 An Krankheiten geſtorben — 107 Seit dem ıgfen Aug. — 1676 Geſamte Garniſon — 2636 Ausmarſchirt — — 960 Vom Skorbut Infieirte 560 Darunter im Hoſpital geſtorben ſeit dem 6ten Jan. — 65 Zuſtand der Garniſon im Jahr 1782. Artillerie — — 153 5iſte Regiment — 483 6iſte Regiment — 448 Prinz Ernſt — — 419 Goldacker — — 335 Mariniers — — 5456 Mineurs — — 38 Alexiano Corps — 29 Volontairs — — 1 Corſikaner — — 73 2636 Zuſtand der Garniſon im Jahr 1756, 4 Regimenter — 2841 Artillerie — — 110 Mariniers — — 141 Detach. fr. Gibraltar — 47 Pailors — — 125 Volontairs — — 8 Anne 1756 Öarnifon _— 3252 Anno 1782 Garniſon — 2636 Alſo weniger — 616 M m m 2 Die Tg 9192 Die Spanier ſollen während der ganzen Belagerung nicht mehr als oo Mann verloren haben. So iſt denn alſo nun Minorka in ſpaniſchen Haͤnden. Ihre Flagge we⸗ bet nun auf St. Philipp, Ob es den Spaniern nicht noch gerenen wer: de, daß ſie eine ſo koſtbare Entrepriſe ausgefuͤhrt, und eine ſo große Armee damit ſo lange Zeit beſchaͤftigt, wird die Zukunft und der Ausgang des Krieges lehren. Haben die Süͤdame⸗ rikaner rebellirt; ſo ſcheinen ſie uͤbel gethan zu haben, ihre Macht gegen einen Steinklumpen zu richten, anſtatt Goldminen zu beſchuͤtzen. Es iſt wahr, die minerkaniſchen Kaper haben beſon⸗ ders dem franzoͤſiſchen Handel nach der Levante vorhin großen Schaden zuge⸗ fuͤgt. Doch glaube ich, die Krone Groß⸗ britannien wird bei dem Verluſt der Inſel Minorka, welche ihr von jeher anſehnliche Summen Geldes gekoſtet, ſehr gleichgültig ſeyn, wenn fie nur Gibraltar behält, welches aber eben: falls Gefahr läuft, fo bald dem Skor⸗ but nicht vorgebeugt und von der afri⸗ kaniſchen Kuͤſte kein Vorrath von Zwie⸗ beln, Zitronen, Orangen und gruͤnen Sachen angeſchaffet werden kan. — Die Vorſehung hat es gewolt, daß Tagebuch waͤhrend der Belagerung . 9a N Minorka in die Haͤnde einge Alle Umftände waren diefen guͤnſtig, uns hingegen widrig. Zuletzt ſuchte uns das Schickſal durch eine der traurigſten Krankheiten heim. Wer kan ihm wider⸗ ſtehen? Ein großer General iſt nicht untruͤglich, kan nicht alle Umſtaͤnde vor; ber ſehen, kan auch in ſeinen Meinun⸗ gen und Unternehmungen irrig ſeyn, und darin durch andere beſtaͤtigt werden. Man mag nun auch urtheilen was man will, ſo wird doch die ganze Welt ge⸗ ſtehen, daß Gouverneur Murray für feinen König und deſſen Krone den allerfeurigſten Eifer von jeher gezeigt, und daß er gewiß bei aller Hitze ſeines Temperaments, nie aus einem andern Triebe als aus Patriotismus gehan⸗ delt hat; und wer ihm andere Abſich⸗ ten beilegt, wie verſchiedene ſeiner Feinde dergleichen argwoͤhnen, kennen ſeinen Charakter nicht, und thun ihm Unrecht. Ich beſchließe mit dem Ge⸗ danken, daß von Gott und ſeiner Fuͤr⸗ ſehung der Ausgang unſerer Schickſa⸗ le abhaͤngt, daß auch der groͤßte Ge⸗ neral der die weiſeſten Maaßregeln ge⸗ faßt und die beſten Veranſtaltungen getroffen, dennoch allein ſein Vertrauen auf Gott ſetzen und von tom ein erwarten muß. ö * Ueber einen verlangten Unterricht wegen Beſchaffenheit der Landkarten. Och habe im Hannoveriſchen Maga: . zine den Wunſch geleſen, von der Landkarte einen Unterricht zu haben, der Liebhabern der Geographie die allge: mein dahin gehörige Begriffe haͤt⸗ ten, verſtaͤndlich waͤre, ohne ſehr 99 0 Ma⸗ 921 ueber einen verlangten Unterricht wegen Beſchaffenheit ꝛc. 922 Mathematik und Perſpectir voraus zu ſetzen. So viel ſich zu dieſer Abſicht leiſten laͤßt, glaube ich auf Veranlaſſung des Herrn Prof. Walchs in Schleuſingen geleiſtet zu haben; im 15. Hauptſtuͤcke feiner nur jetzo bei Dietrich in Goͤttin⸗ gen berausgekom̃enen mathematifchen Geographie. Wer verſuchen will, ob er dieſe Abſicht vollkommen erreichen kan, dem ſteht es frei. Worauf es bei Vorſtellung eines kleinern Stuͤckchens der Erde ankoͤmt, das man als eben anſieht, iſt nicht ſo gar ſchwer zu begreifen, wenn man weiß was geographiſche Laͤnge und Breite ſind, wie, deucht mich, in der Anfrage vorausgeſetzt ward. Jedes Stuͤck der Erde kan angeſehen werden als fen es zwiſchen ein Paar Bogen von Paral— lelkreiſen, und ein Paar Bogen von Meridianen enthalten. Von den Bo— gen der Parallelkreiſe verwandelt ſich der eine in einen Punkt oder in einen Bogen des Aequators, wenn ſich das Stuͤck bis an den Pol erſtreckt, oder am Aequator anfaͤngt bei einem kleinen Stücke, werden dieſe Bogen für gera⸗ de Linien angenommen, und da koͤmt es nur darauf an, wie ſich in der Brei: te, wo das Stück hingehoͤrt ähnliche Bogen, z. E. Grade vom Parallelkrei— fe und Meridian verhalten. Weil die Groͤße eines Grades vom Meridian bekant iſt, z. E. 15 geographiſche Mei⸗ len, fo beſtimt das, was man auf einer ſolchen Karte einen Grad des Meri⸗ dians gelten laͤßt, auf dem s für die Weite. Die Verzeichnung ſolcher Karten lehret ſehr deutlich Herr Capitain Ho⸗ greve, in feiner Anweiſung zur topos graphiſchen Vermeſſung eines ganzen Landes 142 5. Iſt aber das Stuͤck der Erdflaͤche ſo groß, daß man die Bogen der Paral— lelkreiſe und Meridiane, die es begräns zen nicht fuͤr gerade Linien annehmen darf, ſo kan es nicht anders als nach der Perſpeetiv vorgeſtellt werden Wer dieſe Kunſt nicht lernen will, der muß ſich begnuͤgen die Landkarte fo zu be⸗ trachten, wie er eine wohl gemalte Land— ſchaft oder architectonifche Zeichnung anſieht. Der Geograph braucht ſo— gar zu feiner Perfpestiv, noch vielmehr Geometrie, Trigonometrie, Analyſis, als der Maler. Zu verſtehen iſt der Grundſatz der Perſpectiv ſehr leicht: daß man ſich von dem Gegenſtande Lichtſtralen nach dem Auge vorſtellen ſoll, wie ſie eine durchſichtige Tafel durchſchneiden; Nur die Bewerkſtelligung dieſes Grund— ſatzes fodert mehr Kenntniſſe. So wird es ebenfalls nicht ſchwer ſeyn, uͤberhaupt einzuſehn, wie er auf Abbildungen der Erdflaͤche angewandt wird. So gut ſich dieſes durch Zeich⸗ nungen erlaͤutern laͤßt, hat es Tobias Mayer auf der 30. Tafel ſeines ma⸗ thematiſchen Atlas gethan. Aber frei⸗ lich laͤßt es ſich viel leichter durch ei⸗ nen mündlichen Vortrag, mit Huͤlſe einer Erdkugel ſinnlich machen. Eine Schrift davon, zumal wenn fie einige Anweiſung zu den dahin gehoͤrigen Arbeiten ertheilen, und Rechenſchaft Mmm 3 da⸗ 9:3 Ueber einen verlangten Unterricht wegen Befhaffenheitie. 924 — * ; R RE c re davon geben folte, wuͤrde Figuren er aus einer allgemeinen Figur diejenigen fodern, deſto mehr, je weniger man dem berzuleiten, die für eine Mannigfaltig⸗ ungeometriſchen Leſer zumuthen darf, Goͤttingen. 5 keit beſonderer Faͤlle gehoͤren. A. G. Baͤſtner. 5 Schreiben eines Officiers bei dem 15ten Chur Braunſchweig⸗ Luͤneburgiſchen Regiment, am Bord Europa in der Bay Wir haben nun beinahe die Hälfte unſerer Reiſe zuruͤckgelegt und zwar ſehr gluͤcklich. Auf unſerm Schif⸗ fe iſt noch kein einziger geſtorben, wir haben auch wenige Kranke gehabt, als nur die letzte Zeit einige Skorbutiſche, welche aber nunmehr, da ſie ans Land gebracht und friſches Fleiſch und Bi. ctualien bekommen, ſich beſſern. Ich werde Ihnen ſchon geſchrieben haben, daß unſere Divifion vom 1 5ften Regi⸗ ment mit dem 1öten in einer Flotte ab: fahren würde. Ich will alſo die Na: men der Schiffe unſerer Flotte hieher ſetzen. 7 5 1) Briſtol, Capitain Bourney, 2) Bountefull Stores Schif, 3) Tortoiſe Stores Schif, 4) Veteran Stores Schif, 5) Grayhaund, Packetboot, 6) Winter- ton, 7) Montague, 8) Europa, 9) Ge- aeral Coote, Io) Duck of Attol, 11) Rodney, 12) General Goddart, 13) Bosbridge, 14) Francis, 15) Tehrfort. Den loten Sept. 1782 wurde von unſer Convoy ein Signal gegeben die An ker zu lichten, den 11ten Sept. Mor; gens gingen wir von Portsmouth un⸗ ter Segel. Die Krlegsſchiffe gingen um die Inſel Wight, wir aber zwiſchen der Inſel und dem ſeſten Lande von der Allerheiligen zu St. Salvador. England durch, immaaßen dieſe Paſ⸗ ſage fuͤr Kriegs ſchiffe gefährlich iſt. Den 1 5en Sept. hatten wir ſtarken Sturm, wir waren aber alle dabei geſund und wohl den ganzen Tag auf dem Verdeck, wo wir uns in einem Winkel feſte ban⸗ den, die Wellen ſchlugen immer aufs Deck, unſere Leute mußten beſtaͤndig arbeiten und ſich alle vier Stunden ab⸗ löfen, welches fie geſund erhielt. Das ſchwerſte war zu eſſen, denn der Tiſch, die Stuͤhle, Teller, Schuͤſſeln, ꝛc. mußten feſte gebunden, und das Eſſen in den Mund balanciret werden. Der Leute Speiſen beſtehen aus Schweinefleiſch, Erbſen, Rindfleiſch, Buddings, Stock⸗ fiſch und des Sonntags Ponſch. Die andern Tage erhaͤlt jeder 2 Quartier Waſſer. Unſer Eſſen beim Capitain iſt ſehr gut, wir haben friſches Hammel⸗ Schweine Puter: Gaͤnſe- und Enten: fleifch ꝛc. und unſer Gemuͤſe beſteht in Kartoffeln, Erbſen, Reis und Kreſſeſa⸗ lat. Der Koch iſt ein Mohr und kocht gut. Unſer Getraͤnke iſt engliſches Bier, Ponſch und Wein. Die Tiſchgeſellſchaft beſteht aus dem Capitain und einer in⸗ diſchen dady, welche in England erzogen worden, und nunmehr nach ihren Ael⸗ tern zuruͤck geht, den zwei erſten Schifs⸗ | officieren, 925 Schreiben eines Offitiers bei dem ı sten Regiment, 1c. 926 offteieren, dem Secretair, dem Doctor, zwei Paſſagieren und 6 Offieieren. Den gten October verließen wir die europaͤiſche Kuͤſte und legten in 24 tunden 140 engliſche Meilen zuruͤck. Den 21ten Oct. fingen wir einen groſ⸗ ſen Hay, welchen die Matroſen gleich in Stücken hackten und verzehrten. Den zıten Nov. paſſirten wir den Aequator. Die Hitze war ſehr ertraͤglich, etwa wie an den heißen Tagen in Deutſchland. Die Matroſen kamen zu uns um ſich von denen, welche die Linie noch nicht paſſirt waren, ein Trinkgeld auszubit⸗ ten. Der Capitain traktirte unſere Sol: daten mit Ponſch. Den 26ten Nov. kamen wir in der Bay, der Allerheili⸗ gen zu St. Salvador an, wo die Kran⸗ ken ſofort ans Land gebracht und gut verpfleget wurden. Die Stadt Sal— vador liegt an einem Berge, die Straſ⸗ fen find uneben, die mehrſten Einz wohner Schwarze und der katholiſchen Religion zugethan. Das Volk iſt durchgehends ſchmutzig und find dar⸗ unter viele Sklaven. Es ſind hier viele ſchoͤne Früchte, Taback, Kaffe, Zucker, Schocfolade, iſt hier ſehr wol: feil. Wir werden bald wieder ab: ſegeln. ü Ueber den ſehr ſonderbaren Tod eines gewiſſen franzoͤſi ſchen Frauenzimmers zu Caͤen. (Ein Auszug aus dem Briefe des Herrn Doctor Dt Aufſeher über die Gefund⸗ runnen zu Chateldon.“ f Meine Herren, Veclaicht halten Sie die Geſchichte, die ich Ihnen mittheilen will, der Muͤhe werth, ihr einen Platz in ihrem Journal zu goͤnnen; ich befand mich eben damals zu Caͤen als ſie ſich zutrug. Ein unverheirathetes Frauenzimmer etwa 70 Jahr alt, ſehr fett und ſtark, der ſchon lange alle menſchliche Geſell⸗ ſchaft zuwider geweſen, hatte es ſich zur Gewohnheit gemacht, nur unter Thie⸗ ren, die ihrem Geſchmack und Vergnuͤ⸗ gen nicht entgegen waren, zu leben, acht und zwanzig Hunde, viele Katzen, eini⸗ nige Schweine, Huͤhner, Puter, En⸗ ten, Gaͤnſe, u. d. gl. machten ihre Ge⸗ ſellſchaft Er Bediente hatte fie nicht, denn fie hielt diefe Art Leute fuͤr viel zu beſchwerlich, und glaubte, geſcheute Leu⸗ te koͤnten ohne ſie fertig werden. Eine Frau aus der Nachbarſchaft, kam taͤglich und half ihr die Thiere war⸗ ten, die ihr die lange Weile auf eine an⸗ genehme Art verkuͤrzten. Alle Abend ſchloß ſie ſich in ihrem Hauſe ein. Den ıten Junius ſchloß fie, nachdem ſie alle ihre Geſellſchaft zur Ruhe ge⸗ bracht, gegen 10 Uhr des Abends ihr Haus zu. Den folgenden Morgen war die Hausthuͤr, die gewöhnlich des Mor: gens um 5 Uhr aufgeſchloſſen wurde, um 9 Uhr noch verſchloſſen. Man klopfte a Aus dem Franzöſiſchen des Eſprit des Journeaux 1782. vom Monat September. 927. Beber den ſehr ſonderbaren Tod eines gewiſſen ie. f 928 klopfte an, obne Antwort zu erhalten, vermuthete daher einen beſondern Zu: fall, und ſprengete die Thuͤr auf; man eilete nach ihrem Zimmer, wo man ſie zu Aſche verbrannt nahe bei dem Car: min antraf, in welchem noch zwei kleine Feuerbraͤnde, die faſt ausgebrannt, zu ſehen waren, und dieſe machten ihren ganzen Vorrath von Feurung aus. In dem ganzen Zimmer war nichts ver: brannt, nicht einmal ein Vogelbauer von Holz, das zur Seite des Camins ſtand, in dem eine Elſter ſich befand, die nicht vom Feuer gelitten hatte. Das Volk, das ſo gerne uͤbernatuͤr⸗ liche Urſachen ſucht, fand auch eine bei dieſem Zufall, „was wir nicht ſelbſt brauchen, fagte es,, gehoͤret den Ar: men, und man verdient Strafe, wenn man es den Hunden giebt. Ich glaube die Perſon iſt vom Schlagfluß befallen, das Feuer ergrif den Kopfputz, die uͤbri⸗ gen Kleidungsſtuͤcke geriethen dadurch in Brand, und ſie ward durch ihre ei⸗ gene Subſtanz verbrannt und in Aſche verwandelt, das um ſo viel leichter war, da ihr Körper ſehr fett und ſtark war. Auszug eines Briefes des Hrn. Meriſle, Wundarzt zu Caen über denſelben Gegenſtand. Am zer Jun. ward ich, als der für dies ſe Gegend zu legalen Sektionen beſtellter Wundarzt, durch die Obrigkeit beordert, den Leichnam der Mademoiſellt Thuͤars, von der man mir ſagte, daß ſie verbrannt ſey, zu beſichtigen und mein Gutachten dar⸗ über zu geben. Ich fand den Körper im Camin liegen, der Kopf ruhete an einem von 8. den beiden Holzboͤcken, 18 Zoll von der Feuermauer, der uͤbrige Koͤrper lag quer vor dem Camiiin 0 175 Ich erſtaunte, da ich den Körper unten ſuchen wolte und nur einen Haufen Aſche fand; die feſteſten Knochen hatten ihre Ge⸗ ſtalt, ihre Feſtigkeit verloren, und waren auf keine Weiſe zu erkennen, ausgenommen das Hinterhauptsbein, die beiden Seiten⸗ hauptsbeine, 2 Lendenwirbel, ein Theil des Kopfs, des Schienbeins, und ein Stuͤck des Schulterblattes. Alle dieſe Knochen waren doch aber ſo caleinirt, daß ſie bei dem ge⸗ ringſten Druck in Staub zuſammen ſielen, die beiden Füße fand man, den rechten ganz oben bei dem Gelenke ein wenig entzündet, den andern ein wenig mehr verbrannt. Man muß noch bemerken, daß es den Tag ſehr kalt war, daß keine Meubel im Zim⸗ mer beſchaͤdigt war, der Stuhl auf dem ſie wahrſcheinlich geſeſſen, ſtand ganz unver ſehrt nur einen Fuß breit von ihr, auf dem Heerde waren 2 oder 3 kleine Holzſcheite, etwa einen Zoll dick, die in der Mitte an⸗ gebrannt waren, gegen den Heerd ſtand ein Vogelbauer von trockenem Eichenholze, das kaum etwas vom Feuer verſengt war. Da dieſe Sache nicht ganz naturlich zu⸗ gegangen, ich auch in meinem darüber aufs geſetzten Gutachten gar keine Urſach davon angeben konte; ſo bitte ich mir das Urtheil der Gelehrten daruͤber aus, denen ſie doch, wie ich glaube, nicht ganz unwichtig ſeyn fan. Um fie aber noch mehr in den Stand zu ſetzen, darüber urtheilen zu koͤnnen, muß ich die Leibesbeſchaffenheit und Lebensart der Perſon angeben: Sie war ſehr ſtark und fett, einige 60 Jahr alt, trank viel Wein und hitzige Getraͤnke. An ihrem Ster⸗ betage hatte ſie 3 Bouteillen Wein und Quartier Brantwein getrunken. Es befin: det ſich bei der Sache noch ein merfwärdi- ger Umſtand, nemlich der, daß der ganze Koͤrper in weniger als 7 Stunden verzehrt war. 929 iv BE Rü 3, e bin, 939 Hannoberiſches Magazin. e Fotes Stüd, . Freitag, den 28ten Julius 1783. Etwas uͤber des Herrn Doctor Paris in Berre Vorſchlag, uͤber die Inokulation der Kinderblattern. “> n dem mit fo vielem Rechte, faſt allgemein bekanten und belieb⸗ ten Journal, Ephemeriden der Menſchheit, von dieſem Jahre im zien Stuͤcke, vom Monat Maͤrz, ſtehet gleich zu Anfange ein Aufſatz, der den Titel fuͤhret: Ueber die Kinderblattern vom Serrn Paris in Berre, Doctor der Medicin zu Mont⸗ pellier 2). Der Verfaſſer deſſelben ſucht die gewöhnliche Art zu inokuli— ren, verdaͤchtig zu machen, die darin beſteht, daß man von andern genom— menes Blatterngift, auf andere Art, als durch Einathmen und Verſchluk— ken in den Umlauf der Saͤfte zu brin⸗ gen ſucht, wodurch man den Zunder zur Blatternkrankheit, den alle Men: ſchen mit auf die Welt bringen b) zu der Zeit, wo man es am dienlich⸗ ſten haͤlt, anzufachen, und aus dem Körper zu ſchaffen ſich bemuͤhet. Er ſchlaͤgt dagegen eine, wie ihm duͤnkt, neue von ihm erfundene Methode vor, die er auch Inokulation nennen zu koͤn⸗ nen glaubt; mit wie wenigem oder vie⸗ lem Rechte hoffe ich, werden meine fe ſer ſelbſt zu entſcheiden, bald im Stan⸗ de ſeyn. Er fuͤhrt ſolche Gruͤnde an, um derentwillen Aerzte gegen dieſes Verfahren Einwendungen machen wer⸗ den, die jeden eigentlich zum Still⸗ ſchweigen bringen ſolten, da er in der That, eine ſo ſehr empfindliche Seite, jedes rechtſchaffenen Arztes angreift, daß man gerne nur zuſaͤhe, ohne ein Wort dagegen zu ſagen; wenn nicht, die größere Pflicht, für die Geſundheit ſeiner Mitmenſchen zu ſorgen, die je⸗ der Arzt, nach moͤglichen Kraͤften aus⸗ zurichten verbunden iſt, das Gegen⸗ theil forderte. Ich, ſagt er: „zweifle „nicht, daß gewiſſe Inokuliſten Mittel „finden werden, eine ſo ſimple Metho⸗ Nun „de, 4) Solte eigentlich uͤberſetzt ſeyn, zu Montpellier graduirter Doctor der Me⸗ ae a 1Zin. b) Die Erfahrung , daß Kinder im Mutterleibe die Blattern uͤberſtanden, machen im ganzen genommen, wenigſtens die ſo Wahrſcheinlichkeit vor ſich haben, eine fo geringe Ausnahme, die nicht in Rechnung zu bringen iſt. 931 Etwas über des Hrn. Doctor Paris in Berre Vorſchlag, 88 „de, welche dem Publikum, eben ſo „vortheilhaft, als ihrem Intereſſe und „ihrem Ehrgeitze entgegen iſt, zu ver: „ſchreien. Die Menſchen ſuchen ſich „gerne wichtig zu machen, ſie ſuchen „Gelegenheit Reichtbum zu ſammeln; „und das leichtglaͤubige Volk wird „das Opfer der Eitelkeit und des Geiz⸗ „zes., Man ſolte daher, um nicht den Verdacht des Ehrgeitzes und Ei: gennutzes auf ſich zu laden, faſt lieber den ganzen Vorſchlag vergeſſen, wie mehrere der Art; wenn nicht, die Art die der Verfaſſer vorſchlaͤgt, Kinder mit dem Blattergifte anzuſtecken, ges rade die allergefaͤhrlichſte, und dem Endzweck der Inokulation ganz widerſprechend waͤre, und wenn man nicht fuͤrchten muͤßte, daß etwa Aeltern, von denen man nicht die gehoͤrigen Einſichten erwarten darf, ge⸗ reitzt durch die Leichtigkeit die dieſe Methode zu haben ſcheint, ihre Kin⸗ der in die groͤßte Gefahr braͤchten. Da ich weiß, daß auch bei uns einige fefee der Ephemeriden aufmerkſam auf dieſen Vorſchlag geweſen, ja def ſen Gemeinnuͤtzigkeit ſo groß geſun⸗ den, daß ſie es noͤthig erachtet, ihn auch auf andere Art, dem großen Hau: fen bekant zu machen; fo halte ich es fuͤr Pflicht, auch eben hier, die Ein⸗ wuͤrfe dagegen, und ich denke mit Recht ſagen zu koͤnnen, die Widerle⸗ gung deſſelben bekant zu machen. Die Gründe, die ich anführen werde, for. len, wie ich erwarte, meine Leſer über: zeugen, daß fo wohl die Zeit die der Verfaſſer bei ſeiner Methode waͤhlet, die Kinder mit der Krankheit ar ſtecken, als auch die Art der ne ſteckung ſelbſt, die alleruͤbelſte fen, daß auch die Vorbereitung deſſel⸗ ben, fuͤr einen Theil Blatternkranke unnoͤthig, fuͤr einen andern Theil aber nicht hinreichend ſey, und denn denke ich, wird es ſich von ſelbſt leicht einſe⸗ hen laſſen, daß der ganze Vorſchlag nichts angebe, daß unſern Beifall ver⸗ diente. Folgende Worte ſind die ei⸗ genen des Verfaſſers, dadurch er uns mit ſeiner Methode bekant macht. „So bald die Blattern, ſagt er, in „einem Lande zu herrſchen anfangen, „rathe ich den Aeltern, die mich zu Ra⸗ „the ziehen, die Kinder einmal oder „ zweimal zu purgiren und durch Wuͤr⸗ „mer vertreibende Mittel, die oͤfters im „Magen und in den Eingeweiden be⸗ „findlichen Wuͤrmer fortzuſchaffen. „Wenn dieſe Wege von aller Faͤulniß „und von Wuͤrmern gereinigt ſind, ſo „ fuͤrchte ich keine Anſteckung der Blat⸗ „tern, welche fie fo oft gefährlich macht, „ich laſſe als denn die Kinder, die ich auf „dieſe Art zubereitet habe, zu Blatter⸗ „kranken gehen, fie mögen denn mit ih⸗ „nen ſpielen, mit ihnen ſchwatzen, oder „auch wohl gar bei ihnen ſchlafen, das „iſt alles einerlei.,, a Der Zweck der Inokulation ſoll eis gentlich der ſeyn, Menſchen, die die all gemeine Schuld, die Blatternkrankheit zu uͤberſtehen, noch nicht bezahlt haben, durch Anſteckung dahin zu bringen, daß fie fie unter den moͤglichſt guten Umſtaͤnden abtragen. Denn Blat⸗ tern, ſie moͤgen natuͤrliche oder inoku⸗ llirte, 933 lirte, fie mögen gutartige oder boͤsar⸗ tige, einzelne zuſammenfließende oder ſchwarze ſeyn, ſind und bleiben im Grunde eben die Krankheit, nur die zu⸗ faͤlligen Umſtaͤnde, unter denen ſie den Menſchen befallen, als 3. E. die herr⸗ ſchende Epidemie, die Jahrszeit, der Geſundheitszuſtand des Koͤrpers der angegriffen wird, eben zur Zeit der An⸗ ſteckung, die Verbindung mit andern Krankheiten, machen dieſe große, dieſe wichtige Verſchiedenheit unter Blat⸗ tern und Blattern, von der das Leben jedes Menſchen ohne Unterſchied noch abhaͤngt, oder doch zu der Zeit abhing, als er die Krankheit zu uͤberſtehen hatte. Dieſer Satz, der wohl in keiner Schule der Medizin bezweifelt wird, beweiſet ſich hauptſaͤchlich dadurch, daß Blat— terngift von den uͤbelſten und toͤdtlich⸗ ſten Blattern genommen, oft die beſten, einzelne und wenige, und dagegen Gift von vorzuͤglich guten, oft die boͤſeſten, oft zuſammenfließende hervorgebracht, ja verſchiedene Kinder mit dem Gifte derſelben Pocke angeſteckt, bekommen oft ganz verſchiedene Blattern; das eine ſtirbt wohl gar, wenn das andere kaum ein oder zwei Tage das geringſte Uebel—⸗ befinden an ſich merken laͤßt. Es koͤmt daher alles auf den Zeitpunkt, da es die Blattern bekomt, auf das Befinden des Kindes zu der Zeit, in welcher man es der Krankheit ausſetzt, an. Der Koͤr⸗ per muß zu der Zeit, fo weit es Aerzte über die Inokulation der Kinderblattern. 934 beurtheilen koͤnnen, ganz geſund ſeyn, oder wenigſtens den für dieſen beſtim—⸗ ten Koͤrper moͤglich hoͤchſten Grad von Wohlſeyn erhalten haben c). Zt die ſes aber jeder Koͤrper, der ein oder zwei⸗ mal purgiret und von Würmern gereiz niget iſt? Wie viel unzaͤhlige andere Verbindungen von Krankheiten koͤnnen eintreten, die die Gefahr der Blattern erhöhen? Giebts ſonſt keine Krankhei— ten, denen Kinder ausgeſetzt ſind, als die von Würmern herruͤhren und aus Unreinigkeit des Magens? Wie, wenn eben zu der Zeit, wo Blattern herr⸗ ſchen, auch Keichhuſten, Maſern, rothe Ruhr, Scharlach: Faul: oder Gallen⸗ fieber und andere ſolche Krankheiten epi⸗ demiſch waͤren, wuͤrde dann, da ich die Inokulation bis dahin aus ſetzt muß, da eine Blatternepidemie eintritt, wie des Verf. Methode nothwendig erfordert, dieſe Vorbereitung hinreichend ſeyn, und die Kinder vor den andern zugleich herrſchenden Krankheiten ſchuͤtzen? Deñ das, was Hr. Paris, S264. ſagt: „Keine „Vermiſchung oder Anſteckung macht „die Blattern ſchroͤcklicher, ,, ſoll doch wohl nur heißen. — Es iſt gleichguͤl— tig, auf welche Art die Kinder mit dem Blatterngift angeſteckt werden? Denn ſolte er das von der Vermiſchung auch anderer Krankheiten mit Blattern ber baupten, und waͤre die Idee des Ver— faſſers die, daß es gleichguͤltig ſey, ob mehrere Krankheiten mit den Blattern Nun 2 ver⸗ c) Denn auch ſchwaͤchliche Kinder, wie man fie gewoͤhnlich nennt, muͤſſen, und dieſe vorzäglich mit, von dem Vortheil der Inokulation Nutzen ziehen, je weniger fie Hofnung haben, die Heftigkeit der natürlichen Blattern zu überſtehen, freilich wird jeder vorſichtige Arzt ſich Muͤhe geben, die Aulagen der Kinder zu Krank⸗ heiten, wo moͤglich vorher zu verbeſſern. f 93s Etwas über des Hrn. Doctor Paris in Berre Vorſchlag, 936 verbunden, auf einmal die Kinder be⸗ fallen? Ich habe doch ein zu großes Zutrauen zu feinen mediziniſchen Kennt: niſſen, als daß ich dieſe Gedanken ihm in den Mund zu legen wagen ſolte. — Aber moͤgte man ſagen, wenn zur Zeit der Epidemie andere Krankheiten herr⸗ ſchen, oder das Kind, das inokuliret werden ſoll, nicht geſund iſt; ſo ſetze man es der Gefahr nicht aus, man ver⸗ ſchiebe die Inokulation bis zu einer an⸗ dern Epidemie, man bringe das Kind zu keinen Blatternkranken. Werde ich aber die Wuͤrkung der Epidemie auf das Kind hindern koͤnnen? Waͤre dies der Fall, und wuͤrde kein Kind zur Zeit der Epidemie befallen, als das ich zu einem Blatterkranken brächte;fo brauch: ten wir ja weiter kein Mittel alle Blat⸗ tern auszurotten. Wer ſchuͤtzt mich end⸗ lich, daß das Kind, nicht eher von der jetzt herrſchenden Epidemie angegriffen wird, bis ichs abgefuͤhret, Wurmmittel gegeben, und dann ſo vorbereitet zu eis nem Blatternkinde gebracht habe? — Es ſtehet alſo nicht einmal in der Macht des Arztes, die Kinder, zu der Zeit, wenn eine Blatternepidemie herrſcht, gehoͤrig vorzubereiten, und das iſt doch augen⸗ ſcheinlich der ganze Vorzug, den dieſe ſogenannte Inokulation vor natuͤrli⸗ chen Blattern voraus hat. Es faͤllt alle Wahl der Jahrszeit der Conſtitution des Geſundheitszuſtandes der Kinder weg. Aerzten iſt es bekant, daß zur Zeit einer herrſchenden Krankheit, jede an dere, von dieſer auch ganz verſchiedene Krankheit, ſehr gerne und faſt immer ſich mit der herrſchenden verbinde, (Die * * Aerzte nennen dieſes den Genius der Epidemie annehmen,) Sie wiſſen auch, daß ohne Kenntniß dieſer Sache, und wenn keine Ruͤckſicht auf die Conſtitu⸗ tion genommen wird, auch der einſichts⸗ volleſte Arzt oft in der Kur der Krank⸗ heiten, die nachtheiligſten Fehler begehet. Wer ſteht aber der ſorgfaͤltigen Mut⸗ ter dafuͤr, die durch die Inokulation ſo gerne ſich fuͤr der Gefahr, ihr geliebtes Kind in den Blattern zu verliere, ſichern will, daß eben zu der Zeit, wenn Blat⸗ tern herrſchen, alſo eben zu der ihr eins zig moͤglichen Zeit, ihr Kind zu inoku⸗ liren, keine andere Krankheit, kein Gal⸗ lenfieber, kein Faulfieber, ꝛc. herrſcht, und dann dieſe Krankheiten verbunden mit Blattern, die ſonſt geſunde Natur des Kindes uͤberwindet. Oder wer wol⸗ te wohl die Forderung an ſie thun, dies zu beurtheilen, wenn auch dieſe Ein⸗ ſicht ſie Maaßregeln ergreifen ließe, die ihr Kind ſicherten, oder ſollen bloß Aerz⸗ te zur Zeit der Epidemie beſtimmen, ob ein Kind inokulirt (beſſer angeſteckt,) werden darf; ſo werden ſie auch dar⸗ aus bald fuͤr ihr Intereſſe Nutzen zie⸗ hen, wie doch Here Paris ſo ſehr ih⸗ nen dieſe Abſicht Schuld giebt, Aerzte dagegen, die auf jede andere, ihnen gut duͤnkende Art, das Inokulationsge⸗ fehäfte verrichten, haben es in ihrer Ge walt, den Korper der Kinder von allen Krankheiten zu heilen, die eine uͤble Verbindung machen wuͤrden, oder doch die Anſteckung bis nach Heilung der⸗ ſelben zu verſchieben, auch die Zeit wo keine andere Epidemie herrſcht, oder wo die guͤnſtigſte Conſtitution iſt, zu waͤh⸗ 1 a len. 937 len. Sie haben alſo vollkommen die Wahl der Umſtaͤnde, unter denen ſie die Kinder der Krankbeit ausſetzen wol— len, in ihrer Gewalt, welches, ich wie: derhole es nochmals, das Weſentlich— ſte bei der Inokulation iſt, und welcher Vortheil bei dieſer Art, die bloß zu der Zeit möglich iſt, wenn Blattern epi⸗ demiſch herrſchen, gänzlich wegfaͤllt. Ich denke, alle dieſe Urſachen zuſammen genommen, beweiſen dieſes hinreichend, und werden jeden abhalten, eben bis zur Zeit einer Epidemie mit der ne: kulation zu warten d), wenn er es in feiner Gewalt hat, auch außer der Zeit zu inokuliren. Uebel genug fuͤr den, der entweder wegen der Geſundheit des Can⸗ didaten zur Inokulation oder durch deſ— fen Alter, oder anderer Umſtaͤnde we: gen, gezwungen war, das Geſchaͤfte aufzuſchieben, und den jetzt eine Epide⸗ mie unerwartet uͤberfaͤllt. Da iſt frei⸗ lich kein anderer Weg, wenn er nicht durch Entfernung e) ſeinen Candida⸗ ten gaͤnzlich vor der natuͤrlichen Anſtek⸗ kung ſichern kan, als der, zwiſchen zwei Uebeln das geringſte zu waͤhlen, und auch zur Zeit der Epidemie zu inokuli⸗ ren. Mißlicher als zur andern Zeit bleibt uͤber die Inokulation der Kinderblattern. 938 es denn freilich, aber doch unendlich ſicherer als natürliche Anſteckung. Ich räume auch gerne ein, daß es vorſich⸗ tig gehandelt ſey, Kinder, die die Blat⸗ tern noch nicht uͤberſtanden haben, zu der Zeit, wenn eine Epidemie herrſcht, durch einige Abfuͤhrungen, und wenn Anzeige dazu ſich findet, durch Wurm⸗ mittel, auch durch Diaͤt und Verbeſſe— rung ihrer Geſundheit überhaupt, ger ſchickter zu machen, die Krankheit zu uͤberſtehen, das iſt, fo viel möglich die Umſtaͤnde, bei der jetzt ohne unſere Schuld wahrſcheinlich eintretenden An⸗ ſteckung, ſo guͤnſtig als moͤglich zu ma⸗ chen. Allein, wolten wir das Inoku⸗ lation nennen, dann waͤre Inokulation und Anſteckung vollkommen einerlei, und mit demſelben Rechte behaupte ich: Jeder Arzt, der bei geſundem Koͤrper, ſich auf die moͤglichſte vorſichtigſte Art zu Patienten, die am Faulfieber, oder andern anſteckenden Krankheiten dar⸗ nieder liegen, begiebt, um ſie zu beſor⸗ gen, inokulire ſich eben dadurch dieſe Krankheit, ich denke bis auf dieſen Tag, iſt doch noch Niemanden einge⸗ fallen das zu behaupten. Nun 3 Ein⸗ d) Ich weiß wohl, daß einige Inokuliſten und unter ihnen auch Maͤnner vom Ges wicht das Gegentheil behaupten, aber fie inokuliren eben zur Zeit einer anfans genden Epidemie, um der natürlichen Anſteckung zuvor zu kommen, und nur unter übrigen guͤnſtigen Umſtaͤnden. e) Ich habe verſchiedene Faͤlle geſehen, wo Aeltern, die ihre Kinder zur Zeit einer Epidemie ſichern wolten, das durch Amulete von Moſchus zu bewerkſtelligen ſuchten, und es ſchien auch wuͤrkſam zu ſeyn. Doch läßt ſich immer gegen dieſe Erfahrung der Einwurf machen, daß nie alle Kinder die die Blattern noch nicht gehabt, zur Zeit einer — N damit befallen werden. Ich würde allen Aeltern dies Verfahren als ein ehr unſchuldiges Mittel anrathen, wenn ihnen daran gelegen, ihre Kinder, vor der natürlichen Anſteckung zu ſchuͤtzen, wobei win freilich alle andere Vorſichtigkeitsregeln mit zu Huͤlfe genommen werden 1 936 Etwas über des Hrn. Doctor Paris in Berre Vorſchlag, 940 Kinimpfung der Blattern ſetzt die moͤglichſt beſten Umſtaͤnde, bei der will⸗ kuͤhrlichen Anſteckung voraus, und eben deswegen auch dies, daß der beſte Weg zur Mittheilung des Giftes gewaͤhlet wird. Ich behaupte aber, daß die Art der Anſteckung die der Verfaſſer anräch, gerade die iſt, von der die uͤbelſten Fol⸗ gen zu erwarten ſind. Sollen Kinder durch den Umgang mit andern Kin⸗ dern, die die Blattern haben, angeſteckt werden, ſo muͤſſen fie entweder das Blat⸗ terngift fo dieſe ausduͤnſten, durch den Athem in die Lungen einziehen, oder mit dem Speichel oder Speiſen und Getraͤnke, fo fie in der mit Blattern⸗ gift angefuͤllten Atmoſphaͤre nieder⸗ ſchlucken, in den Magen bringen, alſo entweder durch die Lungen oder den Ma⸗ gen, muß das Blatterngift in den Um⸗ lauf der Saͤfte kommen, und ſo die Krankheit entſtehen. Aber warum eben die edelften Theile der ganzen thieriſchen Maſchine, oder wenigſtens die empfind⸗ lichſten gewaͤhlet werden ſollen, ſehe ich nicht ein, da doch eine mehr als tauſend und aber tauſend mal wiederholte gluͤck⸗ liche Erfahrung beweiſet, daß wir denſel⸗ ben Endzweck vollkom̃en erhalte; fo bald wir auch nur den kleinſten Theil Blat⸗ terngift, an einen jeden von dem Ober⸗ haͤutchen entbloͤßten Theil des Koͤrpers bringen. Da beſonders jener Weg weit entfernter iſt, auch die tägliche Erfah⸗ rung lehret, daß Kinder die auf die Art angeſteckt werden, das heißt, die natuͤr⸗ liche Blattern bekommen, gleich vom Augenblick der Anſteckung an, weit hef⸗ tigern Zufaͤllen, als Erbrechen, Con: vulſionen, ꝛc. ausgeſetzt ſind. Die Re⸗ de iſt hier vom Allgemeinen, die einzelnen Ausnahmen beweiſen hier nicht das Ge⸗ gentheil. Ungern ſetzt man vernuͤnftige Grunde Jemanden entgegen, der Sa: chen behauptet, die gegen die allererſten Kenntniſſe, nicht nur der Arzneiwiſſen⸗ ſchaft, ſondern ſelbſt der geſunden Ver⸗ nunft ſtoßen. — Der Verfaſſer ſagt: „Durch dieſe ſimple Methode zwinge „ich die Natur nicht, indem ich ihr „fremde Säfte beibringe, „, - Ich moͤgte doch in aller Welt wiſſen, wie er es anfaͤngt, daß, wenn geſunde Kinder mit Blatternpatienten ſpielen, bei ihnen ſchlafen, die geſunden bloß das reine unvermiſchte Blatterngift einathmen oder einſchlucken, aber ſehr vernuͤnftig und ſorgfaͤltig, die faulen Ausduͤnſtungen des Blatterkranken, da⸗ von ſich jeder, der einen mittelmaͤßig boͤ⸗ ſen Blatterpatienten geſehen, durch die Naſe leicht uͤberzeugt, davon ſcheiden, und die nicht mit einnehmen und ihren Natur beimiſchen, oder ſind das keine fremde Saͤfte? Werde ich mehr fremde Saͤfte in den Koͤrper bringen, wenn ich kaum ein Aß ſchweres Blatterngift auf f die aͤußere Haut bringe, davon bei wei⸗ tem nicht alles eingeſogen wird, oder wenn ich ganze Stunden und Tage lang Kinder, eine faule mit der Ausdun⸗ ſtung der kranken Blatternkinder ange⸗ fuͤllte Luft einathmen und verſchlucken laſſe? — Wer von beiden ſcheint die Natur zu zwingen? Will die Natur die Anſteckung durch Inokulation nicht zu⸗ laſſen, ſo wirft ſie ſchon am dritten Ta⸗ ge durch eine Entzuͤndung das wenige g „Glat⸗ 941 Blatterngift aus, und der Inokulirte wird nicht angeſteckt, ohne daß dieſer ſo geringe Theil fremder Säfte ihm Schaden thun konne. — Dies moͤgte doch aber wohl der Fall nicht ſeyn, wenn ganze Stunden lang, ſelbſt im Schlafe, wo fo viele Ausduͤnſtun⸗ gen des Beiſchlaͤfers durch die Haut einge— ſogen werden, die faulen Ausduͤnſtungen eines Blatternkranken auch eingeathmet und verſchlucket werden. Ja ſelbſt Waͤrterin⸗ nen, die lange die Blattern uͤberſtanden, pflegen oft, wenn ſie ſehr ſorgfaͤltig Blat⸗ terkinder warten, einige blatterartige kleine Geſchwuͤre hie und da zu bekommen, wie das doch nie der Fall iſt, wenn eben dieſe inokuliret werden. — Das denke ich, beweißt doch wohl, daß genaue Beruͤhrung und Um⸗ gang eher die Natur zwinge (wenn ſie ſich überhaupt zwingen laͤßt,) als die gewoͤhn⸗ liche Inokulatton. 8 Und nun gar die ſonderbare, alte, von je dem Unwiſſenden ſo oft wiederholte und ge— ſagte als widerlegte Einwendung, daß man nur einen Theil des Blatterngifts entwickeln und dadurch allerdings Ruͤckfaͤlle verurſachen koͤnne. — Ey ich dachte doch wahrhaftig es erfordert keiner Widerlegung weiter, und ſey eben ſo ſehr bewieſen, daß wenn wahres Blatterngift, in einen Koͤrper koͤmt, zu ei⸗ ner Zeit, wo der Körper den Stof zu Blat⸗ tern noch hat, und er eben der Anſteckung faͤhig iſt, alles in dem Koͤrper enthaltene Gift durch dieRatur ausgeworfen werde, als es bewieſen iſt, daß es dem Bierbrauer un⸗ moͤglich ſey, in einem und demſelben Faſſe, gegohrnes und ungegohrnes Vier aufzube⸗ wahren, ein Theil des Biers in demſelben Safl gähren zu laſſen, und den andern nicht. S. 261. ſagt der Verfaſſer: Ich zweifle, „ob irgend ein Inskuliſt eine groͤßere An⸗ v» zahl von Kindern, inokuliret habe, als ich., — Es wuͤrde ihm eben ſo ſchwer fallen, ge⸗ nau zu beſtimmen, wie hoch ſich die von ei⸗ nem Inokuliſten eingeimpfte Anzahl belau⸗ ſe, als mir, aber das behaupte ich ganz ge⸗ wiß, daß der, der ein Kind auf eine vernoͤnf⸗ lige und wahre Art eingeimpft hat, und uͤber die Inokulation der Kinderblattern. 942 wenn er ſelbſt das eine Kind, durch ein Un, gluͤck, das zu heben er nicht im Stande war, an den Blattern ſterben geſehen, mehr wah⸗ ren Nutzen fuͤr das Menſchengeſchlecht ge⸗ ſtiftet hat, und wenigſtens auf einen beſſern Wege dazu war, die Gefahr der Blattern zu verringern, als der Verfaſſer, der nie ein Kind inokulirt, aber wohl Kinder der aller— gefaͤhrlichſten Art, von naturlichen Blattern angeſteckt zu werden, ausgeſetzt, und ſie der wichtigſten Vortheile der Inokulation mit Vorſatz beraubet. S. 258. „Die Inokulation koͤmt in der „That vielen Inconvenienzen zuvor, welche „aus den natuͤrlichen Blattern entſtehen; „aber man muß auch geſtehen, daß ſie ſelbſt „nicht ohne Inconvenienzen iſt, die Zufaͤlle, „welche ſich dabei ereignen koͤnnen, find kei⸗ „ne Hirngeſpinſte, welche ſich etwa die Furcht „geſchaffen, Unbeſonnenheit, Begierde und „Unwiſſenheit der Inokuliſten, koͤnnen viel „ſchaden und ſchaden viel., Ich fordere den Verfaſſer ſelbſt, dem nun freilich dies wahrſcheinlich, nicht zu Geſich— te kommen wird, aber ſolte es Jemand mit dem Verfaſſer halten wollen, der dies lie— ſet, ſo fordere ich den auf, und verſpreche feine Arbeit verhaͤltnißmaͤßig gut zu be; zahlen, mir die Inconvenienzen zu nennen, die hinreichend wichtig ſeyn ſolten, die Ino⸗ kulation gegen dieſe Methode zu verwer⸗ fen. Doch nicht etwa die am Arm zurück; bleibende Narbe der Impfſtelle? Ich forde⸗ re aber Inconvenienzen, die mit jeder Ing; kulation als Einimpfung nothwendig ver⸗ bunden ſeyn muͤſſen, denn nur dieſebeweiſen etwas. Daß ſich bei der Inokulation ſchwere Zufaͤlle ereigen koͤnnen, laͤugne ich nicht, aber welche Zufaͤlle ſind denn das, die ſich nur bei der Inokulation, nicht bei dieſer Art der An⸗ ſteckung, die der Verfaſſer vorſchlaͤgt, er eignen koͤnnen? Und wie wahr bleibt es, daß Begierde was neues ſagen zu wollen, ſchon manchen ſonſt nicht ungeſchickten Mann zu Unbeſonnenheiten verleitet hat, die nicht al⸗ lein ſchaden koͤnnen, ſondern auch ſchaden. — Gebe der Himmel nur, daß dieſer Vor⸗ ſchlag nicht auch zu denen gehoͤre, a 543 Etwas über des Hrn. Doctor Paris in Verre Vorſchlag, e. 944 lich ſchaden. Die Moͤglichkeit dazu wird ihm Niemand nehmen koͤnnen. Ich betheure es, daß es mir nie eingefal⸗ len, von einem meiner deutſchen Mitaͤrzte zu glauben, er koͤnne dem Verfaſſer beipflich⸗ ten, ich halte mich feſt uͤberzeugt, daß es Fri: nen unter ihnen gebe, deſſen Kenntniß nicht, wenigſtens in dieſem Stücke, die unſers Ver, faſſers weit übertreffe, alſo für dieſe iſt nicht ein Buchſtab dieſes ganzen Aufſatzes geſchrie⸗ ben, und Ihnen diene er nur zu einer Gele⸗ genheit über unſers Nachbarn, jenſeits des Rheins gethanen Vorſchlag zu lachen. Auch mancher brave franzoͤſiſche Arzt, die wir ge⸗ wiß der Nation nicht abſprechen konnen, wird ſich Namens ſeines Landsmannes ſchaͤmen, wenn er erfaͤhrt, daß ſein Vorſchlag auch unter uns bekant worden. Ich wuͤrde mir beinahe es zum Vorwurf rechnen, daß ich meine Zeit darauf verwandt, dieſen ſeichten Einfall eines Galliers ernſtlich zu widerle⸗ gen, wenn ei nicht bei uns in einem Jour⸗ nal bekant gemacht wäre, deſſen Wehrt unter uns entſchieden iſt, welche Stelle ihm in der That eine Art von Gewicht giebt, das er außerdem nie haben würde. — Welcher Vorſchlag, er ſey noch ſo ſonderbar, findet nicht, wenn ſeine Ausführung nur nicht zu beſchwerlich iſt, ſeine Anhänger und Nach⸗ ahmer, alſo koͤnten auch leicht Aeltern oder andere, die noch Abneigung gegen Inoku⸗ lation haben, ſich bei dieſem von einem zu Montpellier ernannten Doctor der Medizin gethanen Vorſchlag ganz ſicher glauben, und ſich in unerſetzlichen Verluſt dadurch brin⸗ gen. Bloß dieſen zum Veſten und ihnen den Geſichtspunkt zu zeigen aus dem man den Vorſchlag anſehen muß, entwarf ich dieſen Auffatz. (Ich glaubte mir ſelbſt dieſe Er⸗ klaͤrung, über die Entſtehungsart deſſelben ſchuldig zu ſeyn.) Eben um dieſer Lefer wil len, muß ich aber auch noch einen Punkt des Herrn Verfaſſers berühren ; uͤber deſſen gan⸗ zen Aufſatz, ich fonft lieber kein Wort weiter verlieren moͤgte, aber manchen koͤnte eben dieſe Behauptung am erſten antreiben, ſei⸗ nem Vorſchlage Beifall zu geben. S. 261. ſagt er: „Immer iſt dieſe Art . ˙ ! · ———— „von Blatterninokulation gut abgelaufen, „nie iſt Jemand daran geſtorben. , — Dies iſt, wenn die Aeußerung, fo den Worten nach, wahr ft; ein ſicherer Beweiß, daß alle die Epidemien, die der Herr Paris, in ſeiner Gegend beobachtet hat, von der allergelin⸗ deſten Art geweſen, bei der dieſer geringe Vortheil, den er ſich durch die Zubereitung der Kinder verſchafte, hinreichend war, ſie zu beſiegen, ich wuͤnſche ihm und feinen kan; desleuten, daß er nie eine ſchwerere Epide⸗ mie erleben moͤge, die ihn ſonſt leicht vom Gegentheil uͤberfuͤhren muͤßte. — Denn in andern Gegenden ſterben Kinder, auf eben die Art behandelt, in zahlenloſer Menge, und eben deswegen fuͤhrte man die, in an⸗ derer Abſicht im Morgenlande erfundene Inokulation auch bei uns ein. Es geht ihm in dem Fall vielleicht wie dem Herrn van Switen zu Wien, der gegen die Einimpfung - war, weil er ſelbſt keine Blatternpatienten ſahe, und die Berichte anderer Aerzte, aus guten Gründen ihm die Krankheit, fo leicht beſchrieben, daß er daraus den Schluß zog, für Wien wenigſtens, ſey die Einimpfung unnöthig. — Jetzt hat man in Wien eigene Inokulationsanſtalten auf Koſten des Mo⸗ narchen errichtet. f ‘ Der Verfaſſer ſchließt ſeinen Aufſatz mit den Worten: „Ich werde mich glücklich „ſchaͤtzen, wenn man dieſe hingeworfenen „Betrachtungen nuͤtzlich findet. Nun hin⸗ geworfen ſind dieſe Betrachtungen gewiß nur, nicht reiflich durchgedacht, ſonſt konte der Mann, der die gekroͤnte Abhandlung über die Peſt ſchrieb, unmöglich den Rath geben. — Ich werde mich glücklich ſchaͤtzen, wenn jeden Leſer der Betrachtungen, der nicht in ſich ſelbſt Gruͤnde genug zur Wider⸗ legung finden ſolte, dieſe von mir gemachten Bemerkungen, von der Nichtigkeit und Schaͤdlichkeit des Vorſchlages uͤberzeugten, und dann unendlich mehr Nutzen geſtift zu haben glauben, als wenn ich mir die Mühe gebe, die in dem Anhange, zu dieſem Auf⸗ ſatze aufgegebene Frage: Ueber die Ausrot⸗ tung der Blattern, zu eroͤrtern. Hannover. Catl Meyer, D. — 94 „ 92946 anhoberiſches Magazi Got Skuͤck. Montag, den 28ten Julius 1783. Nachricht von Bleton, einem Juͤngling von erſtaunlich empfind⸗ lichen Nerven, vermoͤge welcher, wie auch durch den Gebrauch der ſogenannten Wuͤnſchelruthe, er unterirrdiſches Waſſer entdecken und anzeigen kan. eit einigen Jahren findet ſich in Frankreich ein junger Menſch, Namens Bleton, welcher mit ſo unglaublich empfindlichen Nerven verſehen iſt, daß er mittelſt derſelben unterirrdiſche Quellen entdecken, und fie ſowohl ohne, als durch den Gebrauch einer ſogenannten Wuͤnſchelruthe (vir gula divina, baculus divinatorius,) an- zeigen kan. Schon von alten Zeiten ber hat es Leute gegeben, die mit Huͤlfe dieſes Werkzeuges, welches in einem . friſchen gabelfoͤrmigen Zweige, von der Geſtalt eines W beſteht, unterirrdiſche Minen und Gewaͤſſer arjeigen zu koͤn— nen vorgaben. Die Gelehrten haben dieſe Faͤhigkeit, theils wegen der vielen Betruͤgereien, die unter dem Vorwan— de einer ſolchen facultas occulta, vor: genommen worden, theils, weil fie die; ſelbe nicht erklaͤren konten, gerade zu abgelaͤugnet, und das Kind mit dem Bade ausgeſchuͤttet. Sie verwarfen die vorgebliche Kraft der bloßen Ruthe an ſich, und ohne Zweifel mit Recht, aber fie dachten nicht daran, daß es fo fein organifirte Menſchen geben koͤnne, deren Nerven den Dunſtausfluß verbor⸗ gener Gewaͤſſer oder Minen, welcher Tauſenden unmerklich iſt, fuͤhlen koͤn⸗ ten; und hielten alles dieſes entweder fuͤr Zauberei oder Gaukelei. Da nun eben die BletonſcheGeſchick⸗ lichkeit in Frankreich viel Lärm machte, von vielen beſtritten, von mehrern ver⸗ theidigt wurde, ſo nahm ein gewiſſer Herr Thourenel daher Gelegenheit, nachdem er die bletonſchen Operatio— nen, mit allen daruͤber bekant geworde⸗ nen Berichten gepruͤfet und verglichen batte, eine Schrift über die Aebnlich⸗ keit der Phänomene der virgula divina mit den magnetiſchen und elektriſchen Erſcheinungen ꝛc. herauszugeben a). O oo In 2) Memoire Phyſique & medicinale montrant des raports evidens entre les pheno- megnes de la baguette diyinatoire &c. par M. T. 12. Paris 1781. iin Sache an ſich nicht unmoͤglich ſey. Kein Philo ſoph koͤnne laͤugnen, daß gewiſſe Duͤnſte aus der Erde kommen, und dieſe an ſolchen Orten in groͤßerer Men⸗ ge vorhanden ſeyn können, wo die Oberflaͤche der Erde fließendes oder ſte⸗ hen des Gewaͤſſer bedeckt. Ferner koͤnne man es nicht fuͤr unmoͤglich erklaͤren, daß dieſe Ausduͤnſtungen oder Ema⸗ nationen auf gewiſſe Individuen ſehr ſtark wirken koͤnnen, wenn ſie gleich auf den großen Haufen wenig oder gar keinen Eindruck machten. Denn die Schwaͤche, Staͤrke und Empfindlich⸗ keit der Sinne ſeyn im Thierreiche nicht allein unter ver ſchiedenen Klaſſen, fon: dern ſogar in einerlei Species ſehr ungleich. — Nun kan man aber fra: gen: Was hat dergleichen Eindruck auf gewiſſe Menſchen mit dem Umdre⸗ hen der Wuͤnſchelruthe zu thun, die man in der Hand haͤlt, oder uͤber die Finger legt? Wenn dieſe Schwierig: keit auch nicht gehoben werden koͤnte, und die Thatſachen wären außer Zwei: fel, fo bewieſe fie weiter nichts, als un⸗ ſere Unwiſſenheit. Indeß ſucht ſie Herr Thourenel durch eine Theorie zu be ben, welche das Phaͤnomen ganz gut ins licht ſetzt. Er hält dafür, die Aus: duͤnſtungen unterirrdiſcher Gewaͤſſer haben nach Art des Fluidum einen Lauf Nachricht von Bleton, In der erſten Abtheilung dieſer Schrift zeiget der Verfaſſer, daß die oder Strom, ſie dringen i in diejenigen Koͤrper, die zu ihrer Aufnapı ne fähig ſeyn, — es gebe D spunkte, nach welchen fie in vorzüglicher Menge binſtreben, wie das auch bei elektri⸗ ſchen Verſuchen zuweilen der Fall ſey: und wenn nun dieſe Ausduͤnſtungen ihren Lauf vorzuͤglich nach den Extre⸗ mitaͤten des Koͤrpers nehmen, oder nach der Hand; ſo ſen es nicht abſolut un⸗ möglich, daß ſie der Wuͤnſchelruthe eine kreiſende Bewegung mittheilen koͤnnen. — Der Verfaſſer bemerkt auch wuͤrklich, daß die Ruthe in Bleton's Haͤnden nur ſubordinirt diene: denn dieſer Menſch hat ein inneres Gefuͤhl und eine äußere Bewegung, die ihm das Daſeyn unterirrdiſchen Waſſers ganz zuverlaͤßig anzeigt, und er ge⸗ braucht die Ruthe nur, um es andern zu zeigen. Die Fakta ſelbſt ſind in der zweiten Abtheilung der Schrift, und ich will ſie mittheilen, wie ſie in der im Monthly Review b) befindlichen Recens ſion der Schrift, woraus auch das vorhergehende groͤßtentheils genom⸗ men iſt, erzaͤhlt werden. Wenn Bleton ſich an einem Orte befindet, wo unterirrdiſches Waſſer iſt, fuͤhlt er ſogleich einen lebhaften Ein⸗ druck auf das Zwergfell, welches er ſei⸗ ne Kommotion nennt. Dieſer Ein⸗ druck verurſacht einen Druck auf den vorderen und oberen Theil ſeiner Bruſt, und b) Siehe Appendix zum Esten Bande S. 497. u. f. Das Thourenelſche Memoire mögte wohl in wenigen Händen ſeyn, und das Review wird auch nicht allgemein geleſen, ich glaube daher, dem keſer des Magazins wird es nicht unangenehm ſeyn, hier von einem ſo ſonderbaren Menſchen und von ſo londerbaren Phaͤno⸗ menen einige Nachricht zn finden. 949 einem Jüngling von erſtaunlich empfindlichen Nerven ic. 9 50 und dann fuͤhlt er eine Erſchuͤtterung, ein Zittern und Frieren durch den gan⸗ zen Koͤrper, ſeine Beine wanken, die Sehnen in der Hand werden ſteif und convulſiviſch, der Puls concentrirt ſich, und nimt nach und nach ab. Alle dieſe Symptome ſind mehr oder weniger hef⸗ tig, nach dem jedesmaligen Umfang und der Tiefe des Waſſers, und Bleton fühle fie ſtaͤrker, wenn er gegen, als wenn er mit dem Strom des unterirr⸗ diſchen Waſſers geht. Wenn dieſe Em⸗ pfindungen heftig ſind, muß er ſich zwi⸗ ſchendurch ausruhen, uud ſetzt er ſeine Verſuche zu lange fort, ſo wird ſein Koͤrper geſchwaͤcht, er iſt den ganzen Tag matt, fuͤhlt eine Muͤdigkeit, und klagt uͤber Kopfſchmerzen, lauter Fol⸗ gen, welche ſtarke Anſtrengungen der Nerven gewoͤhnlich zu haben pflegen. — Stellt er ſich nicht über den unter: irrdiſchen Strom, ſondern ihm zur Seite, ſo verlieren fich alle dieſe Symp⸗ tomen beinahe auf einmal, und es bleibt nur ein innerer Froſt und etwas Druͤk— ken auf dem Vordertheil der Bruſt: in einer gewiſſen Entfernung von dem Waſſer iſt er aber von allen den vorigen Bewegungen und Empfindungen frei. Ein fonderbarer Umſtand bei dieſem Menſchen iſt, daß unterirrdiſche ſte⸗ hende Waͤſſer gar keinen Eindruck auf ihn machen, auch affieiren ihn ſichtbare Waͤſſer, als Fluͤſſe, Seen, ꝛc. gar nicht, außer, wenn er in einem Bot geweſen iſt, pflegt er einige Zeit nachher uͤber Kopfweh und Traͤgheit durch den gan⸗ zen Koͤrper zu klagen. Die phyſiſche Conſtitution dieſes Menſchen iſt von der anderen nicht merklich verſchieden, ausgenommen, daß ihn die Veraͤnderungen des Wetters und der Atmoſphaͤre vorzüglich affiei⸗ ren. Die beſonderen Eindruͤcke, derer er auf eine ſo unterſcheidende Art em⸗ pfaͤnglich iſt, erhalten ihre verſchiede⸗ nen Grade durch gewiſſe Umſtaͤnde. Mehr oder weniger Elektricitaͤt der Luft macht fie mehr oder weniger lebhaft. Trockenes und warmes Wetter iſt zu ſeinen Operationen am zutraͤglichſten. Seine Empfindungen bei den Waſſer⸗ erperimenten find Vormittags weit hef⸗ tiger, als nach der Mahlzeit. Eine ſchwere hitzige Kraukheit hatte ihn ſei⸗ ner Faͤhigkeit, unterirrdiſches Waſſer anzuzeigen, gaͤnzlich beraubt, und ſeine Empfindlichkeit in dieſem Stuͤcke ſtellte ſich nur erſt drei Monate nach der Ge⸗ neſung wieder ein. 8 So ſeltſam der Eindruck auch iſt, welcher die Naͤhe unterirediſcher Ger waͤſſer auf Bleton macht, ſo ſind doch die Erſcheinungen bei ſeiner Wuͤn⸗ ſchelruthe noch wunderbarer. Anzu⸗ merken iſt, daß dieſer ſonderbare Mann ſowehl in dem Gebrauch als der Wahl der Ruthe von ſeinen Collegen ganz ab⸗ geht; er faßt ſie nicht feſt an, er macht ſie in der Hand nicht warm, zieht auch einen friſchgebrochenen, noch ganz ſafti⸗ gen gabelfoͤrmigen Haſelzweig nicht an⸗ dern Ruthen vor. Eine Ruthe, oder ein Stoͤckgen, gleichviel von welchem Holze, wenn es nur nicht ſchon alt iſt, friſch oder trocken, nicht gabelſoͤrmig, ſondern nur ein wenig krumm, legt er horizontal auf feinen Vorderfinger und Ooo 2 au⸗ 951 Daumen, Iſt die Ruthe gerade, fb drehet ſie ſich beim Experiment nicht um ihre Axe, ſondern erhebt ſich durch klei⸗ ne Bewegungen aufwaͤrts nach ihren Exttremitaͤten hin: aber wenn ſie nur ein wenig krumm gebogen iſt, fo drehet fie ſich mit weniger oder mehr Schnel⸗ ligkeit um ihre Axe, nach der Menge des Waſſers und der Gewalt des Stroms. Thourenel zaͤhlte 35 bis 80 Drehungen in einer Minute, und bemerkte ein genaues Verhaͤltniß zwi⸗ ſchen der Geſchwindigkeit der Ruthe im Umdrehen und zwiſchen Bleton's convulſtviſchen Bewegungen. Dieſer Umſtand machte Thourenel beim erſten Anblick mistrauiſch, und man koͤnte auch argwoͤhnen, daß Ble⸗ ton ſowohl ſeine Convulſtonen, als die Bewegung der Ruthe nach Willkuͤhr zu Gebot ſtuͤnden. Aber Thourenel's Genauigkeit in feinen Unterfuchungen ſcheinen dieſen Verdacht zu heben. Er und verſchiedene andere Perſonen ſtell⸗ ten ſich, einer nach dem andern, uͤber die Quelle, und nahmen die Ruthe auf Bleton's Manier zur Hand. Allein, die Ruthe blieb unbeweglich, bis Ble⸗ ton ſich der Perſon, welche ſie hielt, naͤherte, und da machte ſie auf deren Finger eben die kreiſende Bewegung, als bei Bleton. Thourenel macht hiebet die Bemerkung, daß das Umdre⸗ ben auf fremden Händen nach der ver⸗ ſchiedenen Conſtitution der verſuchen⸗ den Per ſonen ſchneller oder langſamer geweſen ſey . Folgende Umſtaͤnde find auch ſehr fonderbar. Die naturliche Bewegung der Ruthe Nachricht von Bleton, ee NE 92 auf BR von der rech⸗ ten zur linken; aber ſo bald er ſich von der Quelle wegbegiebt, gleichviel nach welcher Direktion, ſo hoͤret die Ruthe zwar den Augenblick auf ſich zu bewe⸗ gen, in einer gewiſſen Entfernung je⸗ doch drehet fie fich jedesmal nach der andern Seite, nemlich rechts herum. Dieſes entgegengeſetzte Umdrehen ge⸗ ſchiehet aber nicht mehr, als einmal. Wenn man die Entfernung des Punkts, wo dieſe neue umgekehrte Bewegung anhebt, von dem Punkte, wo Bleron ſich von der Quelle entfernte, ausmiſſet, ſo hat man gewoͤhnlich die Tiefe der Quelle gefunden. Um allen Verdacht von Betrug, Fer: thum und Taͤuſchung zu entfernen, ver⸗ ſichert Thourenel, daß die Verſuche in Zeit von zwei Monaten und in Ge⸗ genwart von mehr als 150 Perſonen, wiederholet ſeyn, es ſey unter andern auch der wegen ſeiner Einſicht und Kenntniſſe beruͤhmte Profeſſor Jadelſt von Nancy, nicht allein ein Augenzeu⸗ ge davon geweſen, ſondern er habe die mehrſten Experimente ſelbſt mitgemacht. Die Verſuche felbſt ſeyn zu verſchiede⸗ nen Zeiten, auf verſchiedene Art, und mit einer Vorſichtigkeit wiederholet, welche den Betrug mechaniſcher Kuͤnſte und Erfindungen gar nicht zuließen. „Ich wiederholte, ſagt er felbft, „zu: „weilen diefe Verſuche, indem ich Ble⸗ „ton die Augen verband, zuweilen „band ich ihm die Haͤnde auf den Ruͤl⸗ „een, daß er fie zu nichts andern gebrau⸗ „chen konte, als bloß die Ruthe zu hal „ten. Ich brachte ihn an Oerter, wo „er | 953 einem Juͤngling von erſtaunlich empfindlichen Nerven, ic, 954 zer nie geweſen war. Einmal ſuͤhrte ich „ihn mit verbundenen Augen zu Quel: „ten, die ich kante, er aber gar nicht „kennen konte: ein ander mal in Ge „genden, deren unterirrdiſche Waͤſſer „uns beiden unbekant waren. ‚ee „die Augen verbunden, und auf ganz „andern Wegen brachte ich ihn dann „an dieſelben Stellen zuruͤck. Ich ließ „ihn kuͤckwaͤrts gehen, und aller dieſer „Verſuche, ihn irre zu machen, unge— „achtet, kam er immer wieder an den „Strom, fuͤhrte mich, wiewohl ihm „immer die Augen verbunden blieben, „und er ſich nur auf meinen Arm ſtuͤtz⸗ „te, wieder auf den Punkt von wo er „vorher ausging, ohne von dem Stri⸗ „che der auf der Oberflaͤche gemacht „war, um den Lauf des Stroms zu be⸗ „merken, im geringſten abzuweichen, „und folgte ganz genau den Kruͤmmun⸗ „gen, die er vorher angezeiget hatte. „Zuweilen vernichtete ich die Zeichen, „womit er ſelbſt den Lauf des Waſſers „bemerkt hatte, machte falſche Zeichen „an deren Stelle, um ihn durch ſeine „Sinne zu taͤuſchen, er aber bemerkte „und verbeſſerte den Irrthum allemal, „und unter 600 Proben, die ich machte, „ihn zu betruͤgen, gluͤckte nicht eine., Herr Thourenel forfchte weiter nach, und machte uͤber die Phaͤnomene der virgula diuina Experimente, die ſie den Naturkuͤndigern ſehr intereſſant machen muͤſſen. Er wandte bei Bleton feifch elektrificirte magnetiſche Compe⸗ fitionen an, und fand, daß fie auf ihn, wenn er von einer Quelle etwas entfernt war, keinen merklichern Einfluß, als er etwas elektriſirtes beruͤhrte. auf andere Menſchen, hatten. Aber, wenn er uͤber einer Quelle ſich befand und magnetiſche Compoſttionen beruͤhr⸗ te, ſo fand Thourenel feine convulſi⸗ viſchen Bewegungen und das Umdres ben der Ruthe auf drei Viertel vermin— dert. Hieraus vermuthete er, daß durch ſtaͤrkere Doſen von Elektrieitaͤt, und eine innigere Schwaͤngerung damit, vielleicht beide Erſcheinungen ſuſpen⸗ dirt werden koͤnten. Sobald aber die elektriſchen Verſuche aufhoͤrten, erhielt der Einfluß des unterirrdiſchen Waſſers auf Bleton ſeine vorige Gewalt. Ungeachtet Bleton ſeine Empfind⸗ lichkeit andern durch die Beruͤhrung mittheilen konte, ſo blieb doch die Ru⸗ the bei Thourenel unbeweglich, fo bald er ſich gleichfalls mit magnetiſchen. Compoſitionen verſah. Andere Fakta, welche der Verfaſſer erzaͤhlt, zeigen noch deutlicher, daß die Elektrieitaͤt uͤber die Erſcheinungen mit der Wuͤnſchelruthe viel Licht verbreite. Um zu ſehen was die Inſulatoren fuͤr Wuͤrkungen auf Bleton haͤtten, ließ er ihn auf zuſammen gelegte Seide, Wachstuch, mit Wachs oder Harz ſtark bedeckte Bretter, auch auf Glasinſula⸗ toren ſtehen. Alsdenn war die Bewe⸗ gung der Ruthe und der Eindruck des Waſſers auf Bleton beinahe unmerk⸗ lich; und beides hoͤrte ganz auf, wenn Auch ließ man Bleton ſenkrecht uͤber einer Quelle auf Leitern ſteigen; alsdenn zeig⸗ te ſich der Einfluß des Waſſers auf Ble⸗ ton und die Ruthe bis auf 15, 20 und 30 Fuß hoch, alle Würkung hoͤrte aber Ooo 3 auf, PB 5 auf, ſobald nur Wachstuch unter die Leiter gelegt wurde. Dieſe Thatſachen ſcheinen des Ver⸗ faſſers Conjektur zu beguͤnſtigen, daß die Erſcheinungen, welche die virgula divina und die, welche der Magnetis⸗ mus und die Elektricitaͤt liefern, weſent⸗ lich miteinander verbunden und ver⸗ wandt ſeyn. Dieſe und mehrere Expe⸗ rimente, deren Erfindung einem ſcharf⸗ ſinnigen Phyſiker nicht ſchwer ſeyn koͤn⸗ nen, werden vielleicht in der Folge den Naturforſcher und Chemiſten in den Stand ſetzen, dieſe merkwuͤrdigen Phaͤ⸗ nomene zu erflären, und neue Ber: wandſchaften zwiſchen der unterirrdi⸗ ſchen, atmoſphaͤriſchen und thieriſchen Elektricitaͤt zu entdecken. Die inneren verborgenen Stroͤme moͤgen vielleicht die natuͤrlichen Conduktoren der erſtern ſeyn, ſo wie es die Wolken in der Luft und die Blutgefaͤße in Thieren bei den übrigen beiden Arten find. Einer der weſentlichſten Gegenſtaͤnde kraͤftiger Verſuche uͤber die Phaͤnomene der Wuͤnſchelruthe, ſagt Herr Thourenel, ſolte die Unterſuchung ſeyn, ob die Er⸗ ſcheinungen der Annahme ( Acquifi- tion.) oder dem Verluſt ( Deperdition,) irgend einer feinen Materie zuzuſchrei⸗ ben, welche aus dem Erdball oder aus dem menſchlichen Koͤrper kaͤme, oder ob dieſe beiden Urſachen zugleich operiren, um die in Frage ſeyende Wuͤrkung her⸗ vorzubringen. Zum Beiſpiel: Die ge⸗ rade Rotation der Ruthe (rechts ber: um, ) und die convulſiviſche Bewegung des Körpers wird vielleicht durch die erſtere (Acquiſition,) veranlaßt, hinge⸗ gen die umgekehrte Bewegung der Ru⸗ Nachricht von Bleton, 9836 the, mit innerm Schaudern des Wins ſchelruthenmannes begleitet, welches die Herſtellung des Gleichgewichts in den Organen deſſelben anzeiget, durch letz⸗ tere (Deperdition,). Dann koͤnne man weiter unterſuchen, ob die erſtere nicht vielleicht eine Art der poſitiven, und letztere eine Art der negativen Elektri⸗ eitaͤt ſey? — . 2 Nun will der Leſer auch wohl gern den Beweiß der Erzaͤhlungen des Herrn Thou⸗ renel hören. Der Verfaſſer giebt ihn ſelbft. Er fagt, daß er an alle diejenigen, welche Bleton gebrauchet und in alle die Provinzen, wo derſelbe feine ſonderbare Fähigkeit ges zeigt, Zirkularſchreiben verſandt habe. Er habe darauf eine Menge Zeugniſſe erhalten, welche ſeine eignen Beobachtungen beſtaͤtigt hätten, und dieſe find alle in der dritten Abs theilung der Schrift des Verfaſſers mitge⸗ theilt. Er nannte zwar nicht immer die Per⸗ ſonen, von welchen die Zeugniſſe über Bes ten herruͤhren, zeigt jedoch ihren Wohnort, Amt und Rang und alle Umſtaͤnde an, wor⸗ aus ſie leicht zu erkennen ſind. Er erbietet ſich auch jedem, der es verlangt, ihre Briefe und Siegel vorzuzeigen. Es ſind viele ange⸗ ſehene Maͤnner darunter, Biſchoͤfe, Magi⸗ ſtratsperſonen, Praͤſidenten von Collegien, Vorſteher von Fommunen, Aerzte, u. a. m. Aus den Zeugniſſen erhellet auch, daß viele Staͤdte, Communen und Privatperſonen durch BletonsGeſchick lichkeit mit nene Quel⸗ len bereichert worden ſind. Der gelehrte und berühmte Profeſſor Siegaud de la ond hat Bleton's Thaten oͤffentlich vertheidigt und bezeuget, und ſogar verſichert, noch wu: derbarere Operationen durch die Wͤͤnſchel⸗ ruthe geſehen zu haben, als bei Bleton. Herr Thourenel verſpricht ſich von der Unterſuchung der mechaniſchen Urſachen der erzählten Erſcheinungen großen Nutzen für die Arzneikunde. Die Reviewer gehen noch weiter, und glauben, daß fe auch geiſtigen und moraliſchen Nutzen haben koͤßen, wenn der jetzt fo ſehr vertheidigte Materialis - mus feſtern Fuß fallen ſolte. Denn wenn 1 N man \ V einem Jüngling ven erſtaunlich empfindlichen Nerven, e. 958 man in der Folge allgemein glauben ſolte, daß das einfache Principium im Menſchen, es denkt und will, entweder ein Salz⸗ n fey, oder eine Luftblaſe, oder ein elektri⸗ ſcher Funke, oder ein Waffertropfen, oder ein Delkügelchen, oder ein Erdtheilchen, oder ein Stuͤckgen Glas, nun fo ſey es auch nicht uns moͤglich, daß der baculus divinatorius, mit Hülfe des Magnetismus, der Elektrieitat, u. ſ. f. mit den Kräften und Affektionen, den Handlungen und Geheimniſſen dieſes Prin— eipiums, welches bisher noch unfichtbar ge; weſen, intereſſante Verbindungen verurſa⸗ chen koͤnne. Bisher verborgene Minen von Tugend und reine Stroͤme von Edelmuth und Genie, welche unentdeckt, unbemerkt, und unbefant floſſen, geheime Beweggruͤn⸗ de, Plane und Abſichten koͤnten dadurch aus Licht gebracht werden, welche arme Betroge⸗ ne enttaͤuſchen und Betrüger beſchaͤmen wär; den. „aber ach! „ruft der bange Reviewer aus, „wir wiſſen ſchon zu viel von der ar⸗ men Menſchheit, in Privat: und öffentlichen Scenen, um noch mehr Entdeckungen ihres Elends und ihrer Thorheit zu bedürfen oder zu wuͤnſchen. , 2 Nach derErſcheinung der Schrift des Hrn. Thourenel, hat die Geſchichte Bleton's noch mehr Aufſehn in Frankreich gemacht, und es ſind verſchiedene Umſtaͤnde ans Licht gekommen, die das Urtheil des Publikums über dieſe ſonderbare Sache erleichtern kön: nen c). Viele erſchienene Memoiren beſtaͤ⸗ tigen obige Nachrichten, andere ziehen Ble— ton's wunderbare Faͤhigkeit in Zweifel. Was von beiden Partheien das Review mitthei⸗ let, will ich wieder erzaͤhlen, um dem Leſer etwas einigermaßen vollſtaͤndiges zu liefern. Bleton war ein Hirte zu Bonvantes im Dauphine, und die erſte Entdeckung ſeines beſondern Talents geſchah ſo: Er hatte ſich auf einen Stein geſetzt und fiel in Ohnmacht. Einige voruͤbergehende kamen ihm zu Huͤlfe. Sie bemerkten, daß er zu ſich ſelber kam, ſo bald er ſich von dem Steine etwas entfern⸗ te, und wenn er ſich ihm wieder naͤherte, die Ohnmacht ſich wieder einſtellte. Einer aus der Geſellſchaft glaubte, der Stein enthielte vielleicht viele Magnettheile, allein, es zeigte ſich, daß dieſe Vermuthung falſch war. Man waͤlzete den Stein auf eine andere Stelle, der junge Menſch mußte ſich darauf ſetzen und die vorige Würfung blieb aus. Aber die Ohnmacht kam wieder, als man ihn auf den Fleck führte, wo der Stein gelegen hatte. Man ließ darauf einige Fuß tief graben, und fand eine Quelle, die jetzt eine Mühle treibt. Be Umſtand iſt durch viele Zeugen bes waͤhrt. Noch viel mehr Entdeckungen hat Bleton gemacht, und die Oerter find nicht nur bes kant, ſondern auch die Perſonen angezeigt, deren Grundſtuͤcke durch feine Entdeckungen gewonnen haben. Zwoͤlf Waſſerkanaͤle hat er dem großen Karthaͤuſerkloſter verſchaft. Der Praͤſident d Ornacieux zu Chercher, de Guinier von St. Clair, der Graf de la Blan— che zu Anjou in Rouſſillon, der Graf du Bourg zu Ferney unweit Lion, haben große Verbeſſerungen auf ihren Gütern durch Ble— ton's Talent erhalten, und dieſes oͤffentlich bezeuget. Inzwiſchen zweifelten noch einige. Andere ſetzten ihre Unterſuchen fort, und unter die⸗ fen bemuͤhete ſich der Abbe Mongez (Ver⸗ faſſer der mehrſten phyſikaliſchen Artikel in der neuen Enenyklopaͤdie,) vorzuͤglich, auf den Grund der Sache zu kommen. Er machte viele Experimente in Gegenwart mehrerer Gelehrten, und dieſe Verſuche, wie ſie im Journal de Phyſique, Jul. 1782 erzaͤhlt wer⸗ den, find für Bleton nicht vortheilhaft, doch ſcheinen die Verſuche darauf abſichtlich ans gelegt zu ſeyn, daß ſie fuͤr ihn nachtheilig ſeyn ſolten, wie der Verfaſſer eines andern Memoirs behauptet. Es iſt auch ſehr moͤg⸗ lich, daß man den redlichſten Eifer fuͤr die Entdeckung von Betrug und Enthuſſasmus auf eine unrechte Art anwendet, wodurch die Entdeckung der Wahrheit nichts gewinnt, und der Verfaſſer des zweiten Memoirs be⸗ hauptet, daß dies der Fall bei dem Abbe Mongez geweſen ſey. Bleton's Verthei⸗ diger merken an, daß derſelbe von a ehr c) Siehe Appendix zum 67 n Bande S. 553. u. f. 959 r furchtſam fen und ſehr leicht aus feiner 1 855 gebracht werden konne. Widerſpruch ſchmerzt ihn, Angſt macht ihn muthlos, und Verſuche, die mit einem Anſchein von Bor: urtheil und Partheiligkeit gemacht werden, afficiren ihn fo ſehr, daß dadurch feine Kine drücke entweder ganz ſuſpendirt, oder er doch außer Stand geſetzt werden kan, ſie ge⸗ nau zu unterſcheiden Dies laͤßt ſich ſehr wohl begreifen, denn ſelbſt fein Talent zeigt eine vorzügliche Empfindlichkeit der Nerven und Fibern an, die ihn der Beunruhigung und Verwirrung in beſonders hohem Grade em⸗ pfaͤnglich machen muß Wit oft ſieht man nicht Schulknaben von dem beſten Gedaͤcht⸗ nifje, die ihre Lektion, wenn fie auch noch fo gut gelernt iſt, vergeſſen, fo bald fie intimi⸗ diret werden. Der zweite Memoiriſt glaubt alſo, daß die Zaſchauer bei den Verſuchen des Abbe Mongezs nicht den rechten Weg, zur Wabr⸗ heit zu gelangen, gewaͤhlt, und daß ſie in der Hofnung, Bleton zu betrugen, ſich ſelbſt betrogen haͤtten. Wenn man bedenkt, der arme furchtſame Minſch wird mit verbuns denen Augen umhergetrieben, von einem Or⸗ te zum andern gejagt, ermuͤdet, mit Fragen in die Kreuz und Queer gequaͤlet, ſo kan man ſich eben nicht darüber wundern, daß er in dieſer Verwirrung und Herzensangſt manchmal Waſſer anzeigte, wo keines war, und es nicht anzeigte, wo es war. Der Abbe Mongez geſteht auch ſelbſt, daß Bleton verſchiedentlich unterirrdiſches Waſſer ganz richtig angezeigt habe, und vom Gegentheil wird bemerkt, daß er verſchiedentlich, wenn ers nicht getroffen, ſich in Zugluft befunden habe, welches allezeit eben die Wuͤrkung auf ihn hat, wie ein verborgener Waſſerſtrom. Auch ſoll der Abbe ſeine Verſuche oft mit unbehntſamer Eile und nicht immer mit er⸗ foderlichem Indicium angeſtellt haben. Die vielen Augenzeugen haben daher mehr Glauben erhalten, als des Abbe Mongez zweifelhafter Bericht, und nachdem dieſer Bleton's Talent als nicht exiſtirend darzu— thun ſich bemüht hat, iſt Bleton mehr als vorhin mit Erfolg gebraucht worden. Unter andern haben der Ritter de Torcy und der gelehrte Laborde ihre Güter durch unter irrdiſche Waͤſſer, welche Bleton neuerlichſt entdeckt, weſentlich verbeſſert. Selbſt die Ko ⸗ nigin hat ihn gebraucht, und die von ihm entdeckten Qucllen haben verſchiedene duͤrre Gegenden fruchtbar gemacht, beſonders iſt der reitzende kandfig Trianon, welcher durch die Bletonſchen Entdeckungen anſehnlich vers ſchoͤnert iſt, ein treffendes Beiſpiel. Noch ein wichtiges Faktum! Der große Mathe⸗ matiker und Phyſiker Pater Totte hat Ble⸗ ton's Operationen mit aufmerkſamen und unbefangenen Augen angeſehen und auf deſ⸗ fen Anzeige bei Montmorancy nach einer Quelle graben laſſen. Er gab vorher die Tie⸗ fe zu 30 Fuß, einen gewiſſen Lauf und eine beſtimmte Breite an, uud beim Graben tra⸗ fen alle dieſe Umſtaͤnde genau ein. Der letzte Memoiriſt macht endlich eine ſcharfſinnige Bemerkungen über die Affen dieſer Naturfaͤhigkeit, die allerlei Gaucke⸗ leien mit der Wuͤnſchelruthe zu machen ge⸗ lernt haben. Solte auch die Kunſt die Na⸗ tur einigermaaßen nachzuahmen lernen koͤn⸗ nen, ſo iſt das noch kein Beweiß, daß die Natur nicht ſelbſt rede, oder daß ſie falſch rede. Aber am Ende beſteht die Seltſamkeit des Phaͤnomens nicht eigentlich in dem Um⸗ drehen der Kuthe, ſondern darin, daß fie ſich nicht anders als über Waſſer bewegt, daß die Bewegung ſich ſtark über fließendem, ſehr ſchwach über ſtehendem Waſſer, und Nachricht von Bleton, einem Juͤngling de. h 9% allezeit ſtaͤrker oder ſchwaͤcher zeigt, je nach dem die Schnelligkeit des Stroms oder die Menge des Waſſers größer oder geringer iſt. Dies kan keine Kunſt nachahmen. Ueberdem verrichtet Bleton ſeine Operationen auch ohne die Ruthe. Sind die Eindruͤcke auf ihn ſtark und einförmig, fo find feine Anzeigen gewiß, aber wenn er felbft zweifelt, feine Gefuͤhle Kraft hat, unterſuche weiter und urtheile. Ich ſetze hinzu, man dringe niemand ein entſcheidendes Urtheil auf, aber werth waͤre die Sache gewiß der Forſchung der Phyſiker und Phyſiologen, eines Räſtner und eines Platner. | Diepholz. Adolf Moller. dle ſchwach und nicht von einerlei Hal⸗ tung find, fo find ſie ungewiß. Wer Luft und 4 Freitag, den lien Auguſt 1783. Ccoks dritte und letzte Entdeckungereiſe um die Welt, in den Jahren 776 bis 1730. a) ir haben unſern Leſern in dem 8 ten bis ggten und torten bis 1030 St. dieſer Blaͤt⸗ ter vom Jahre 1777, einen Auszug aus der zweiten Enideckungsreiſe des großen Navigators Cook, und deſſen gelehrten Reiſegefaͤhrten, der Herren Forſter, mitgetheilt. Die dritte Reife iſt ſeit zwei Jahren gleichfalls geen⸗ det; jedoch von den Cookſchen Nach⸗ richten bisher oͤffentlich noch nichts erſchienen; und es kann ſich vielleicht damit noch lange verziehen. Inzwi⸗ ſchen aber hat Herr Ellis, welcher als Wundarzt die Relſe mit gemacht, die Neugierde des Publikums, vorläufig durch die Herausgabe des unten ange⸗ zeigten Werks zu befriedigen geſucht; und wir glauben, auch unſern Leſern eine nuͤtzliche und angenehme Lektuͤre zu verſchaffen, wenn wir hiemit einen kurzen Auszug jenes Werks liefern; welches manche um ſo mehr neue und weitere Beobachtungen der Sitten und Gebraͤuche, der Suͤdſee⸗Inſula⸗ ner enthaͤlt; je mehr man durch die auf den vorigen Reiſen bereits erlangte genauere Kenntniß der Sprachen und übrigen Umſtände, zu dergleichen Be obachtungen in Stand gefegt war. Der Zweck dieſer Reiſe, welche gleichfalls unter den Yufpicien unſers gnaͤdigſten Koͤnigs unternommen ward, ging dahin; die Möglichkeit einer nordweſtlichen Durchfahrt zwi⸗ ſchen Aſien und Amerika zu beſtim⸗ men; zugleich die Inſeln der Südfee nochmals zu unterſuchen, und den Ta⸗ beitier Omiah, welcher mit der vori⸗ gen Reiſe nach England gekommen war und ſich daſelbſt beinahe Ein Jahr aufgehalten hatte, wieder nach Hauſe zu bringen. f Die dazu beſtimten Schiffe waren, Ke ſolution und Diſcovery; erſteres von Cook und letzteres von Clerke commandirt. Sie wurden den 14ten Febr. 1776 in Commiſſion geſetzt; das Pp Bh beißt: 2) An authentic Narrativ of a Voyage, performed by Captain Cook and Captain K Clerke. By W. Ellis. Aflitant Surgeon to both Veſſels. London 1782. 2 Vol. Ivo. sr; Cook's dritte und len, Eapetundee um die “an . genommen. Die Refolurion oe din aten Jul. gedachten Jahres aus England b, und die Diſcovery folgte ihr den Anguft. Anfangs des Novem bers trafen beyde Schiffe auf dem Vor⸗ gebuͤrge der guten Hofnung zuſam⸗ men; und den Zuten Nov. liefen fie wieder von da aus. Am 27ten Jan. 1777 befanden ſie ſich bereits bey van Diemens Land, der fuͤdlichſten Spitze von Neu⸗Holland, einer großen In⸗ ſel in dem ſuͤdlichen Ocean, 48 Grad 41 Minuten Suͤder Breite und 68 Grad 52 Minuten oͤſt. Länge. Fiſche wurden im größten Ueberfluß gefan⸗ gen, aber das Waſſer auf dem Lande war faſt untrinkbar. Hin und wieder entdeckte man Rauch am Ufer, ſah aber keinen Einwohner. Allein gegen Abend naͤherten ſich deren etwa zwanzig, dem Platze, wo die Reiſenden Holz baue ten. Sie waren gänzlich nackend; einige hatten eine Art von hoͤlzernen Keulen in der Hand, etwa drey Fuß lang; welche fie bey der Annäherung nieder legten, und den Englaͤndern zu verſtehen gaben, ein gleiches mit ihren Aexten zu thun, welches auch geſchah. Nun naͤherten ſie ſich; unterſuchten die Sagen und das Handwerkszeug der Fremden; am meiſten aber ſtaun⸗ ten fie ihre Kleidung an, welche ſte fuͤr Theile des Koͤrpers hielten. Sie wa⸗ ten etwas BG Wiirmer Ste: „Beck As 309 i * inf: merkſamkeit an ſich. Obne Umftänte n ergriffen fie das Seil und wolten es ans Ufer ziehen. Der Offieier verbot es ihnen durch Zeichen; allein verge⸗ bens. Es ward etfo eine Musketen⸗ kugel uͤbet ihre Koͤpfe weggefenert; und den Augenblick lief alles mit der größten Geſchwindtgkeit davon. kamen ſie des folgenden Morgens f lich wieder; und man konnte 2 ber betrachten. Ihr kurzes wolligtes Haar, war klumpweiſe mit einer Art colbbraunter Erde und einem Oel zu⸗ ſammen gebackt, welche Frifur dann ö einen gar ſonderbaren Effekt machte. Der, welcher der Vornehmſte unter ihnen zu ſeyn ſchien, hatte das gauze Geſicht mit dieſer Compofition be; ſchmiert. Ihre Zähne waren durtger bends ſchlecht, die Maſe platt, die Lip⸗ pen dick, die Stirne kurz; die Angen aber duntelbrgun und lebhaft. Arme und Bruſt waren mit aller ley Figuren auf das fonderdarfte bezeichnet, ſo, daß das hervor ſtehende Fleiſch die Zeich⸗ nung machte; alſo nicht tatowirt oder einpunktirt, wie auf Taheite. Um den Hals hatten ſie eine Art von Strick, faſt ſo gewunden und ſo dick als unſere Peitſchenſtricke. Dieſe ga⸗ ben ſte am ungernſten weg. Die Wei⸗ ber ſahen ſehr ſimpel aus; ihr Haar abgeſchoren, bis auf einen kleinen Cir⸗ kel rund um den Kopf. Die, welche Kindes bey ſich tübreen, hatten ein biers 90 5 Thlerſel um die Schultern hängen, welches vorne zugemacht war, um wie es ſchien, die Kinder fortzutragen. Die ubrigen waren ganz nackend. Sie nahmen alles, was man ihnen gab, gerne; ſchienen aber keinen beſondern Wehrt darauf zu feßen. Ein lautes Gelächter gab ihren Behyfall zu erken⸗ nen. Uebrigens war ihre Sprache den Englaͤndern ganz fremd, und fie ſchie⸗ nen ſehr geſchwind zu ſprechen. Wahr⸗ ſcheinlich leben dieſe Meuſchen bloß von Fiſchen; und nicht viel beſſer als die auf Terra del Fuego. Am Zoten Jan. ſegelten die Schiffe von da ab, und ankerten den 14ten Febr. in Charlotten⸗Sound auf Neu⸗ Seeland; welches von van Diemens Land etwa 400 geographi— ſche Meilen, 15 auf Einen Grad des Aequators gerechnet, gegen Oſten zu, entfernt ſeyn mag b), inzwiſchen bey: nahe gleiche ſuͤder Breite hat. Hier kamen die Eingebornen ſchon mit Boͤten, welche man auf Yen Solland nicht bemerkt hatte, in die Nachbarſchaft der Schiffe, als wenn fie reeognoſtirten; und ſchwenkten et⸗ was Weißes mit der Hand hin und ber. Es ward als ein Friedenszeichen in den Jahren 17% bis 6 .. 960 angeſehen und erwiedete. Darauf ni: berten ſie ſich dem Schiffe; jedoch mit ſichtbaren Zeichen von Argwohn und Mistrauen. Eines der Boͤte, war mit vielem Schnitzwerk ausgeziert. Darauf ließ Cook am Ufer, das ge⸗ gen den Schorbock ſo heilſame Spru⸗ cebier, aus einer Art von Fichtenzap⸗ fen brauen; und aus Fiſchſpeck ward Thran geſotten. Der Schaum und die ausgekochten Stuͤcke des Specks, wurden den Cingebornen geſchenkt, welche es mit der groͤßten Dankbarkeit verzehrten, vornemlich aber das alte Oel aus den Schifslampen mit groſ⸗ ſem Appetit ausleckten. | Tiu⸗arrooa, ein junger Burſche, von vieler Gutherzigkeit und lebhaften Verſtande, der Sohn eines vormali— gen Chefs, war faſt beſtaͤndig an Bord, nnd attachitte ſich vorzüglich an Cook und Omiah. Er bezeugte eine große Begierde mit zu reifen, und Cook er laubte es. Seine Mutter kam an Bord, ſuchte ihn mit Thraͤnen davon abzuhalten, und ſtellte ihm unter an⸗ dern wichtigen Gruͤnden auch vor, er würde von den Englaͤndern getoͤdtet und gefreſſen werden; allein er blieb Ppp 2 ö bey b) Die Entfernung in gerader Linie nach der Meilenzahl, iſt hier und in der Folge, nach der bey dem Werke befindlichen Karte, ungefähr angegeben. Es verſteht fi, daß nach Wind und Wetter, die Schiffe manchmal eine ſehr viel größere Pine zahl Meilen ſegeln muͤſſen, um an den Ort ihrer Beſtimmung zu kommen. In- 116615 zwiſchen iſt jene Angabe der Meilenzahl zu mehrerer Deutlichkeit ſehr erforder⸗ lich. Da man auf dem Papiere ſehr geſchwind reiſet, hatten bey dem Auszug N 1 5 vorigen Cookſchen Reiſe, verſchiedene, auch ſonſt aufgeklärte Leſer und keſe⸗ rinnen ſich vorgeſtellet; Neu Holland, Neu Seeland, die Societaͤts- und die Freuudſchaftlichen Inſeln, das alles laͤge nun fo allenfalls bey einander, als Laſſel, Hannover und Braunſchweig. Anm. dee Zerausg. 967 Cool's dritte und letzte Entdeckungsreise um die Welt, 508 bey feinem Vorſatze, und die Mutter ging untröftlich ans Land. Man paſſirte Cooks Straße, nem⸗ lich die Durchfahrt zwiſchen den bey: den großen Inſeln, welche Nen⸗See⸗ land ausmachen, entdeckte eine Infel von ſchoͤnem Anblick, deren Bewohner alle bewafnet waren, und weder durch Zeichen, noch Geſchenke, fetbft nicht durch kleine Spiegel, von feindfeliger Behandlung abgebracht werden konn⸗ ten. Man verließ felbige alſo; ent⸗ deckte aber einige Tage nachher zwey andere Inſeln. Die größte davon heißt Wat hieu. Hier fand ſich ger rade das Gegentheil. Diefe Inſula⸗ ner, ein wohl gebanetes Volk, don mittler Große, ofner Geſichtsbildung, olivenfaͤrbig ins branne fallend, ſchwar⸗ zer Haare, die jeder nach eigener Er: findung gecommodirt hatte, kamen for gleich luſtig und freundlich ohne Be⸗ denken ans Schif, und betrugen ſich f, als wenn fie da zu Haufe gebör: zen. Einer der anfehnlichſten Maͤn⸗ ner kam in einem doppelten Canoe, und brachte einen Zweig vom Cokus⸗ nußbaum nebſt etwas Awawurzek, einer Pfefferart (Piper methyſticum Foſteri,] welche in diefen Gegenden gebraucht wird, um ſich zu berauſchen. Omiah redete ihn auf Taheitiſch an, und es fand ſich, daß deyde Sprachen ſo viel Aehnlichkeit hatten, daß ſie ein⸗ ander verſtehen konnten. Es ward alſo ein Freundſchafts⸗ und Hand⸗ lungstraktat geſchloſſen, nach welchem die Infulaner, Schweine, Brodfrucht und andere Produkte liefern wollten. unglücklicher Weife aber war lein Lan⸗ dungsplaß, auch nicht einmal für die europaͤiſchen Böte an der Inſel zu fin den; und als man endlich durch Hulſe der Boͤte der Inſulaner an kand ger kommen war, ward man durch ley gute Verſprechungen bis gegen Abend hingehalten; aber es kamen weder Schweine noch Brodfrucht; vielmehr ward den Englaͤndern das meiſte das ſte bey ſich hatten abgenom⸗ men; und fie erhielten es nur mit ger nauer Neiß, daß man fie wieder ans Schif brachte. Oniah fand bier fünfe feiner Landesleute; fie waren mit ihren Boͤten in die weite Ser trieben worden, und faßt ei bier angekommen; beynahe 700° ken von Taheite entfernt. Die wohner hatten ſie ſehr liebreich — nommen, ihnen Weiber gegeben, und fie ihrer Nation einverleibt. Darauf ging es wieder weſtwäͤrts, nach den freundſchaftlichen Inſeln zu, welche in gerader Linie von Neu⸗See⸗ land, etwa 300 Meilen fuͤdwaͤrts ent⸗ fernt find, und unterm 20. Grad für der Breite liegen. Die Reiſenden aber hatten der Entdeckungen wegen einen großen Umweg genommen, weil fie ihrer erſten Abſiche nach, gerade auf Taheite ſegeln wollten, wegen wi⸗ drigen Windes und Mangel an Fut⸗ ter fuͤr ihr Vieh aber gezwungen wur⸗ den, zuerſt obgedachte Inſeln zu er⸗ reichen zu ſuchen; und am ren May ankerte man 8 einer der größten dieſer Inſeln. wi w gleich Ueber fluß an 5 9: 969 NER 219 in den Jahren +776 bis 1780. 3% Schweinen, Geflügel und Früchten von den Einwohnern herbey geſchaft; ein Marktplatz abgeſtochen, und alles anf guten Policeyfuß gefetzt; vornem⸗ lich auch befohlen, daß keine Raritaͤ⸗ ten eher follten angekauft werden, als bis man hinlaͤnglich nit kebensmitteln verfehen fg, Von Tongataboo, einer benachbarten Inſel, kam ein an⸗ geſehener Mann mit großem Gefolge ans Schif; einer von der Suite hielt eine lange Rede, worin er zu verſte⸗ hen gab, daß jener, Namens Feenow, Koͤnig dieſer und aller umliegenden Inſeln ſey, deren beynahe hundert ges nannt wurden. Jedermann bezeugte ihm die groͤßte Ehrerbietung. Er hatte auch ſieben oder ache ſehr ſchoͤne Maͤd⸗ chen bey ſich, welche feine Frauen war ten. Feenow bat Cock ihn nach ei⸗ nigen benachbarten Inſeln, Namens Happi zu begleiten. Die Einladung ward angenommen; und man begeg⸗ nete ihm am Lande mit der groͤßten Hoͤflichkeit. Unter andern wurden auch Ringfpiele und vornemlich Tänze gegeben, welche aus dreyßig bis vier⸗ jig Perſonen beſtanden, und mit fo unbeſchreiblicher Genauigkeit und Re⸗ gelmaͤßigkeit der Bewegungen aufge⸗ führe wurden, daß alle Tänzer nur Eine Seele zu haben ſchienen. Jee⸗ now wuͤnſchte etwas Aehnliches nach europaͤi ſcher Art zu ſehen. Cook ließ alſo die Matroſen beyder Schiffe me: noenvriren, erregte aber keine große Achtung; um aber doch auch etwas Seßenswuͤrdiges zu zeigen, ward am Abend ein Feuerwerk abgebrannt; wo⸗ 970 durch die Inſulaner dann wieder etwas beſſere Begriffe von der europaͤiſchen Geſchicklichkeit bekamen. Einige Tage darauf, kam eln ande rer angeſehener Mann, Namens Ja⸗ tafee⸗Powlahoro mit noch groͤßerm Gefolge an Bord. Er war von mitt ler Groͤße, ausnehmend fert, und etwa vierzig Jahre alt. Jedermann bezeug⸗ te, daß dieſer der einzige und rechte König aller Inſeln ſey⸗ Feenow war abgereifet, batte wieder kommen wollen, blieb aber aus, und die Eng⸗ länder waren in nicht geringer Berls⸗ genheit, was ſte aus dieſer Geſchichte machen foren, — Powlahow be krachtete unterdeſſen alle Theile des Schiffes fehr aufmerkfam; fragte auch Cook unter andern; aus welcher Ur⸗ fache er dann eigentlich dahin gekom⸗ men, da es ihm dem Anſcheine nach, an nichts mangke. Cook war betre⸗ ten, was er antworten ſolle; ſagte aber am Ende: „fein König, ein großer und mächtiger Fuͤrſt, wuͤnſche Freund ſchaft mit ihm zu ſtiften; er habe Are, Meſſer, Nägel, rothes Tuch, und der⸗ gleichen im Schiffe, welches er gegen die Produkte der Inſel zu vertauſchen wuͤnſche ., Powlahow war damit zu⸗ frieden, erhielt ſtandesmaͤßige Geſchen⸗ fe, und reiſte wieder ab. Des folgen: den Morgens kam Feenow wieder ans Schif; und dezeugte mit recht vieler Verwirrung und Schaam, daß er der rechte Koͤnig nicht ſey. Er war nur erſter Befehlshaber der Truppen, und hatte theils aus Eitelkeit, theils aus Abſicht größere Geſchenke zu erhalten, Ppp 3 ſich K 974 Cook's dritte und letzte Eutdeckungöreiſe um die Welt, Wr fih für. ſo viel vornehwrer ausgege⸗ f ben. 477 . Man ſegelte von bier, unter Beglei⸗ allg von Powlabom und Feenow nach der nahen Inſel Tonga. Taboo oder Amſterdam; um noch mehr Le⸗ bensmittel zu erhaudeln. Bald dar⸗ auf ergab ſich, daß Powlahow auch nicht der rechte Koͤnig, ſondern dieſes vielmehr ein ſeßr alter Mann ſey, Die: mens Malla⸗Wagga, welcher er: ſterem nur einen Theil der Regierungs⸗ verwaltung abgetreten, ſich ſelbſt aber die hoͤchſte Aurhoritaͤt vorbetzalten hat⸗ te. Die Schifscapitaine machten ei⸗ ten weiten Weg ins Land, um dieſen rechten Koͤnig zu beſuchen⸗ Man ließ ſte lange warten; endlich hieß es; der Koͤnig ſey ſelbſt ans Ufer nach den Schiffen gezogen. Man ging alfozw ruͤck, und als man an Bord kam, war kein König weder am Ufer noch am Schiffe geweſen. Endlich kam Mal⸗ la⸗Wagga des folgenden Morgens ans Schif; und Powlahow bezeigte ihm ſeine Unterthaͤnigkeit dadurch, daß er ſich tief beugte und ſeine Fuͤße be⸗ ruͤhrte. Inzwiſchen ergaben die Um⸗ ftände, daß auch RRalla⸗Wagga nie habe Koͤnig ſeyn koͤnnen; den Eu⸗ ropaͤern aber war dieſe Wendung der anamookiſchen Staatskunſt ganz un⸗ begreiflich; indem es auch hieß, daß Powlahows Tante, Koͤnigin der In⸗ ſeln ſey. — Vielleicht verurſachte der Mangel der ee alle dieſe Misverſtaͤndniſſe. 5 Die Wohnungen liegen nicht he ſammen, ſondern ſtehen etwa 500 Ru * a jr 4.4 then bon ein at der entern Re | einer Pflanzung welche dem Hansbe⸗ figer gehort u meiniglich mite ei⸗ ner Hecke von Bambnsrohr eingefaßt 5 iſt. Die haͤuslichen A a de, Schiveins, Geflügel Katze vornemlich giebt es febe biete Se welche allenthalben berum laufen, und von den Einwohnern nie beſchaͤdigt werden; vielmehr bezeugten fie große Mis billigung, wenn ein Engländer eine toͤdtete. Cook ſchenkte den Vor nehenſten ein Paar oon otindvieh, und Eudten. Die Menſchen bepderbch Gesche find ſchlank, mittler Statur, wohl ge bauet, von den (Hufen Berhälrniffen und dunkel olivenfärbig. Der Wund⸗ arzt traf keinen einzigen Verwachſen an. Ibre Geſichtszuͤge find gut; die Augen glaͤnzend und lebhaft; die Raſe etwas flach; Mund und Lippen wohl proportionirt; Jener weder zu weit; noch dieſe vr ick; und die Zaͤhne fü weiß und glaͤnzend als Elfenbein. Die Haare find urſpruͤnglich ſchwarz, wer⸗ den aber mit allerhand Materialien, braun, gelb und weiß gefärbt. Lange Haare ſind ein Zeichen hoͤßern Ran⸗ ges; nur die Bornehmften dürfen f che tragen. Hier allein in der e fand man das Barbieren Mode z ſeyn. Die Manner raffren ſich ſorg⸗ faͤltig mit zwey an einander geriebene Muſchelſchaalen. Die europaͤfſche Art zu raſtren gefiel ihnen ſo wohl, daß die Balbiers genug zu thun hatten. Kopf, Nacken, und Bruſt, We N aus nehmend wohl riechendem Oele par⸗ 95 ümirt. und Weiber find | „ diesegften von den kurzen ibben bis auf bie Kute, die letztern nur auf der Inſeſte der Hand. Die Kleidung beſteht aus dem bekannten aus Baumrinden verfertigten, zuwei⸗ len ſehr feinem und ſchoͤn gefaͤrbtem Zeuge. Je vornehmer einer iſt, deſto niehr behaͤngt er ſich mit Zeuge. Um den Hals tragen ſie gemeiniglich eine Art von Palatin, von wohl riechenden Blumen oder Blattern. — Die Bei dachung der Häuſer iſt ſehr gut; 9% meimglich find ſie an der Seite offen c); oder nur an Einer Seite zu. Nur in die Pflanzung geht man durch eine Thür, das Haus bedarf keiner. Auf dem Boden liegt eine reine Matte, worauf man fitzt und ſchlaft. Der Hausrath iſt ſehr gering. Ein Tiſch, worauf man die Pfefferwurzel zum Punſch bereitet; Körbe von allerhand Gräfe und Form, ſchoͤn gefaͤrbt und mit Federn geziert; zwey bis drey - Stühle, welche ſtatt des Kopfkuͤſſens gebraucht werden, einige Buͤndel Klei⸗ der, und gewoͤhnlich eine zahme Taube auf dem Balkenz machen das ganze mobiliar Inventarium aus. Ihre Nahrung und die Art fie zuzubereiten iſt der auf Taheite ganz aͤhnlich; außer daß man hier faſt nur allein Fruͤchte und Fiſche, Schweine und Hunde aber nur ſelten genießt. Ihr Getraͤnt iſt Waßſer, oder Cokusnuß⸗ Milch. 8 vom n Stande, nehmen „ in den Jahren 1778 bis 1730. f det * 974 vor Tiſch allemal einen Schnaps Awa; ſonſt aber nicht, und find darin viel maͤßiger als die Taheitier. Ein ge⸗ ringerer darf in Gegenwart eines Vor nehmen nicht eſſen. Selbſt Powla⸗ how packte bey der unerwarteten An⸗ kunft des vornehmern Nalla⸗-Wag⸗ d Hen Eſſen mit Beſtürzung über die Seite. Mit Anbruch des Tages ſtehen fie auf; waſchen ſich zuerſt in der See, dann in ſuͤſſem Waſſer; dar⸗ auf wird gefruͤhſtuͤckt; naͤchſtdem amuͤ⸗ — ſich jeder wie er es gut findet, ent; weder mit Geſchaͤften oder Unterredun⸗ gen. Um eilf Uhr wird zu Miktage gegeſſen; um vier Uhr Nachmittags wieder; Abends acht Uhr nochmals; und dann gleich zur Ruhe. Auch haͤlt man in der Hitze des Tages Rachmitz tags Ruhe. Ibre Vergnuͤgungen find, Tanzen, Ringen, Singen und Baren, In al- = find fie ſehr geuͤbt. Die Tänze der Maͤdchen geſchehen gewähnlich des Abends bey Fackeln; dann ſind jene ungemein zu ihrem Vortheile angezo: gen, mit wohl riechenden Blumen ge⸗ ſchmuͤckt, ihre Bewegungen leicht, re⸗ gelmaͤßig und genau nach dem Takt. Die muſtkaliſchen Juſtrumente beſte⸗ ben aus Bambusrohrſtaͤben von vers ſchiedener Länge; welche der Muſtkane kunſtmaͤßig gegen den Boden ſtoͤßt; dieſes giebt einen dumpfigen Ton; boch oder tief nach Verhaͤltniß der Lange Ein anderer haͤlt einen drey e) Nach der 3: pen unatfaͤhr ſo, wie das Esiefhans hinter dem ſogenangten neuen „aue bey „engen. Am. des Serausg. | 975 drey Fuß langen Stab von Bambus in der Hand, und markirt darauf mit fü telſt Anſchlagung eines kleinen Stocks den Takt. Dieſe Muſik klingt ganz angenehm. Die Muſtkanten ſitzen in einem Zirkel in der Mitte, und die Taͤuzerinnen tanzen um ſie herum. Nur ſelten tanzen die Maͤnuer mit; außer bey großen öffentlichen Balletten (Heivahs ). Dann aber giebts auch mehr Mufikauten, welche zum Theil ſingen, und ae: parthienweiſe, Baß, Alt, Tenor. Oſt iſt eine kleine Trom⸗ mel, aus einem hohlen Baumſtamm, dabey. Ein ſolches Ballet beſteht manchmal aus zweyhundert Perſonen, wo jeder nach und nach auf des an⸗ dern Stelle komt. Ein Paar Harle⸗ eins machen die Bewegungen zuwei⸗ len vor; und die Genauigkeit und Geſchwindigkeit des Ganzen if unbes ſchreiblich. Bey dem Ringen, Baxen, und Schlagen mit der Kolbe, giebt es zu⸗ weilen harte Schlaͤge; doch ſah man kein Exempel, daß die Fechter gegen einander in Zorn geriethen. Auch die Damen miſchten ſich zuweilen in die Barpartheien und theilten derbe Schlaͤ⸗ ge aus. Als aber die Eugländer zu Coch dritte und lehte EurbchungsfetmdirQBc a. erkennen gaben, daß ſi faß man es 2 e Sie haben auch Floͤten mit vier td; chern, welche mit der Naſe geblaſen werden; und Pfeifen wo ſteben bis acht Röhren von verſchirdener Lauge an einander geheftet find ch. 5 Keuſchheit wird auf dieſen Inſelu eben nicht als eine Tugend betrachtet. Denn die meiſten Fraͤuleins der Agees, (Staatsbedienten) ausgenommen, wel⸗ che gegen alle Verſuchungen feſt wa⸗ ren, machten alle uͤbrigen nicht die ge⸗ ringſten Schwierigkeiten, in einem ſuͤß duftenden Gebuͤſche ein . zu geben. Stricke und tinlen w 3 aus zus 0 Fibern des Cokusnußbaums; und die Aexte von ſcharfen Steinen gemacht. Ihre Canoes find die beſten in der Suͤdſee. Die doppelten tragen wohl so bis 60 Mann, und ſegeln weit und ſicher. Oben darauf iſt eine Huͤt⸗ te für den Herren und feine Familie. Die Canoes find alle vou dem ſehr leichten Holze des Brodfruchtbaums; ſchoͤn ausgeſchnitzt und feſt gearbeitet, obgleich nur alle Fugen mit Linien ae; | ſammen gebunden find, — Die Fortſetzung folgt Fünftig. d) Wie die Paus Pfeifen der alten Griechen. Anm. des Serausg. Deuckfehler. Im Jen St. S Wunder. nk is in der E des oi let me 2 * nn PL 2 I Haunobaliſches Magazin. 62tes Stuͤck. Montag, den 41e n Auguſt 1783. Cook's dritte und letzte Entdeckungsreiſe um die Welt, in den Jahren 775 bis 1780. (Fortſetzung.) bat ihren eigenen Begräbnig: platz; mit einer Hecke umge: ben, von wohl riechenden Bäumen be: ſchattet; in der Mitte iſt ein Hügel, worauf einige Huͤtten mit Thuͤren ſte⸗ ben; hierin werden die Verſtorbenen gelegt und dann verlaſſen. Solche Plaͤtze haben wohl 150 bis 200 und mehr Fuß im Umfange Ein Begraͤbnißfall kam vor. Man wollte zuſehen. Es ward aber durch aus nicht verſtattet. Alles, was man erfahren konnte, war folgendes: Wenn Jemand ſtirbt; fo verfam: melu ſich deſſen naͤchſte Angehoͤrige, machen ein ſchreckliches Geheul, und ſchlagen ſich mit geballter Fauſt an die Kinnbacken bis das Blut fließt. Je mehr ſich einer dabey auszeichnet, fuͤr 1 deſto größer wird feine Achtung und Liebe fuͤr den Verſtorbenen gehalten. Stirbt ein Vater, ſo ſchneiden die Kinder das erſte Glied des kleinen Fingers der rechten Hand ab; bey der Mutter, des linken kleinen Fingers. TG: Familie von Betraͤchtlichkeit Sie glauben eine Exiſtenz der Seele nach dem Tode, und ihren Aufenthalt in einem unbeſchreiblich angenehmen Orte, wo alle ihre Wuͤnſche erfuͤllt wer den. Doch aber bilden ſie ſich ein, daß dieſes nur fuͤr die Staatsbedien⸗ ten (Agees) ſey, und die geringern keinen Antheil daran haͤtten. Die Regierungsform iſt wie auf den Societaͤtsinſeln; doch findet ſich bier weit mehr Ordnung und Regelmaͤßig⸗ keit, und ein weit groͤßerer Grad des Reſpects, der dem Könige bezeugt wird. Niemand darf ihn anreden ohne zuvor niederzuknien, den Kopf zu ſeinen Fuͤſ⸗ ſen zu beugen und ſie ihm zu beruͤhren. Hernach aber ſetzt ſich der Supplicant und trägt fein Anliegen vor. In eis niger Entfernung fißen die Staatsbe⸗ dienten in einem halben Zirkel, der Koͤnig au der Spitze, und neben ihm gemeiniglich ein altes Weib mit einem Fächer, Die Krone iſt erblich; die gegenwaͤrtige Familie hatte ſie ſchon feit fünf Generationen beſeſſen. Doch wird die ſonſt abſolute Fönigliche Au⸗ Qqq thoritaͤt, in | 979 Cook's dritte und letzte Enkdeckungsreiſe um die Welt, gro ehorität, durch die drey erſten Staats; bedienten fo ſehr balancirt, daß dieſe ihn abſetzen, ja toͤdten koͤnnten, wenn er etwas der Wohlfahrt des Staats gerade entgegenlaufendes unternehmen wollte. Die unterſte Klaſſe des Volks wird von den Chefs in großer Unter⸗ wuͤrfigkeit gehalten. Einer derſelben ſchlug einen ſich zu ſehr herandraͤngen⸗ den Mann mit dem Knuͤttel dergeſtalt, daß er aller Wahrſcheinlichkeit nach, todt war. Ein anderer, welcher die Wuͤrkung eines Mousketenſchuſſes ger: ne ſehen wollte, bat die Engländer ei; nen im Boote vorbeyruderden Mann zu erſchießen; und als man dieſes na⸗ tuͤrlicherweiſe nicht thun wollte; ſagte er: es ſey ja doch nur ein Sklave und ſonſt zu weiter nichts nuͤtze. Sie ha: ben ſelten Krieg, außer allein mit den Bewohnern der Inſel Fidgi, welche ſie als Menſchenfreſſer beſchreiben. Ihre Waffen ſind Keule und Lanze; letztere mit ſtachelichten ſcharfen Fifch: knochen verſehen. Pfeile und Bogen haben fi ie auch, brauchen fie aber nur zum 6 Schießen nach dem Ziele; nicht im Kriege. Am 17 ten Jul. verließ man dieſe Inſeln, um nach Taheite, in gerader Linie etwa 380 Meilen davon, zu ſe⸗ geln. Man mußte aber wegen des Windes einen großen Umweg nehmen; i 1 unterwegens noch ein Paar kleine Inſeln, und kam den 14ten Au; guſt bey Taheite an. Mit größter Freude fahen die Ein: wohner ihre alten Bekannten wieder. Unbegreiflich war es aber, daß ſie auf ihren wiederkommenden kandemann Omiah faſt gar nicht achteten. Sie wuͤrden vielleicht nicht einmal mit i ihm geſprochen haben, wenn er nicht reich⸗ lich rothe Federn, — das hoͤchſte Gut, das Aeußerſte aller Wuͤnſche auf dieſer Inſel, — welche er von Anamooko mitgebracht, und auf Taheite ſich nicht finden, ausgeſpendet haͤtte. Man er⸗ fuhr, daß die Königin Gbereg und der Koͤnig Wyeatuah geſtorben; auch daß einige ſpaniſche Schiffe da geweſen waͤren. Die Spanier hatten alles angewandt um den Taheitiern ſchlechte Begriffe von den Engländern beyzubringen, ſie fuͤr Seeraͤuber und Menſchen ausgegeben die nirgend auf dem Erdboden eine gewiſſe Wohnung haͤtten; hatten auch zwey Prieſter da gelaſſen um die Leute zu bekehren; die Prieſter aber hatten ſich hergegen zu den taheitiſchen Sitten bekehrt. Die Englaͤnder wuͤrden auch wuͤrklich in der Idee der Inſulaner ſehr viel ver⸗ loren haben, weil die Spanier roth gekleidet und mit bordirten Huͤthen einher gegangen waren; wenn ſte nicht zum Gluͤck rothe Federn it in Menge ge⸗ habt hätten, welche die Spanier nicht batten. Dieſe gaben im Vorzuge der Freundſchaft endlich den Ausſchlag. Ueber den verſtorbenen Koͤnig hing ſo⸗ gar ein Stück ſcharlachen Tuch, wel⸗ ches die Spanier dazu geſchenkt bat: ten. Seine Wohnung war ſchon ver: fallen. Denn Niemand bewohnt oder reparirt eine Huͤtte, deren Eigenthuͤ⸗ mer geſtorben iſt. Sie iſt raa, das iſt: es wäre unheilig fie zu Ber NEE Gere 981 1787 in den Jahren 1776 bis 1780. So heißt es auch rag; daß die Wei⸗ ber mit den Männern durchaus nicht, auch in ihrer Gegenwart, nicht eſſen durfen. 1 Ali 3 Omiahs Schweſter, welche allhier, jedoch an einen Mann unter ihrem Stande verheirathet war, nahm ihn zaͤrtlich und liebreich auf; ihr Mann aber bekuͤmmerte ſich um ihn ganz und gar nicht, bis er von ihm durch Ger ſchenke gewonnen ward. Der Koͤnig Otoo wollte aber durchaus nicht ger ſtatten, daß Omiah auf Taheite bleiben ſollte; ſondern verlangte; daß er in ſein Vaterland, nach der nahen Inſel Huaheine geben ſollte. Gmiah führte ſich aber auch nicht kluͤglich auf, und war; gegen Cooks Ermahnung, viel zu freygebig mit feinen Geſchen— ken. Das Volk liebte ihn ſehr we: nig, und man warf oft die Naſe auf, wenn er vorbey ging. Endlich nahm ſich Tohaw der Befehlshaber der Flotte ſeiner an; ſchenkte ihm drey Bediente; allein Omiah konnte ſich in ſeiner Gunſt nicht erhalten. Die Taheitier waren im Begrif eine benachbarte Inſel mit Krieg zu uͤberziehen. Dem Gebrauche nach, mußte zuvor ein Menſch geopfert wer⸗ den. Das geſchah folgendergeſtalt: Der zum Opfer auserſehene Mann, war von der geringſten Klaſſe und uͤberhaupt unbrauchbar. Er wußte nichts davon. Man war zu menſch⸗ lich ihm die ſchreckliche Erwartung des Todes empfinden zu laſſen. Ploͤtzlich ward er niedergeſchlagen, und darauf der Koͤrper mit vielen Ceremonien an 982 den Opferplatz gebracht, der beſonders dazu beſtimmt iſt. Nahe dabey woh⸗ nen die Prieſter. Auf einer Art von breitem Tiſche lagen einige, auch bey dieſer Gelegenheit getoͤdtete Schweine und Hunde. An der andern Seite war eine Art von Altar von Stein, etwa zwey Fuß hoch, umher ſolche gez ſchnitz⸗ Figuren, als auf den Begraͤb— nißpläßen gewöhnlich, Auf zwey Trom⸗ meln ward, waͤhrend der Ceremonie getrommelt. Der Prieſter nahm ein Auge aus dem Koͤrper, both es dem boͤchſten Weſen dar, betete lange um Gluͤck und Sieg im Kriege; und dar⸗ auf ward der Körper eingeſcharret. Von Taheite ging die Reiſe, betz der Inſel Iwaio, welche uͤber alle Beſchreibung ſchoͤne und romantiſche Gegenden zeigte, nach Zuaheine, wo nun Omiah wohnen ſollte. Man ſetzte die Zimmerleute an Land, um ihm ein feſtes bölgernes Haus zu bauen, weil ſonſt feine Habſeligkeiten auf kei— ne Weiſe ſicher geweſen waͤren. Un⸗ gluͤcklicher Weiſe ward ein Quadrant aus dem Zelte der Aſtronomen geſtoh⸗ len. Biniab gab ſich die größte Mit: be den Diebſtahl heraus zu bringen; entdeckte auch den Dieb, und ihm wur: den, nach der Strafe, die Cook auf dergleichen Manſereyen geſetzt hatte, die Haare auf dem Kopfe rein abger ſchoren. Nun declarirte er Rache gez gen Omiah und drohte ſein Haus in Brand zu ſtecken; es wurden auch zur Nachtzeit wuͤrklich verſchiedene Ver⸗ ſuche der Art gemacht, jedoch durch Omiahs Votrſichtigkeit vereitelt. Sn: Age zwiſchen 983 Cook's dritte und letzte Entdeckungsreiſe um die Welt, 984 zwiſchen zerſtoͤrte der Dieb alle jungen Rebenfechſer, die Omiah von dem Cap mitgebracht und an einem Huͤgel gepflanzt hatte; welche ſonſt hoͤchſt wahrſcheinlich vortreflich wuͤrden fort⸗ gekommen ſeyn. Cook ließ jenen Buben ſchließen, und hatte die Abſicht ihn mit auf eine andere Inſel zu neh⸗ men, um Omiah und alle feine gu⸗ ten Plane gegen deffen Rachſucht zu ſichern; allein er kam faſt unbegreifli⸗ cherweiſe los und ging davon. In⸗ zwiſchen gab Omiah den Seefahrern manche artige Féte auf dem Lande; und als der Abſchiedstag gekommen war, ſchied man beyderſeits mit vieler Wehmuth auseinander. Am gten Dec. verließ man die So: eierätsinfeln, um gegen Norden zu ge⸗ hen und den großen Plan der Entdek⸗ kung der nordweſtlichen Durchfahrt auszuführen; paſſirte die Linie; ver: ſah ſich einige Grade jenſeits derſelben nordwärts bey Turtle Inſel mit Schildkroͤten und andern Erfriſchun⸗ gen; und am 17ten Jan. 1778 kam man in die Gegend der Sandwich⸗ Inſeln, welche unterm ꝛ0ten bis 2 5ten Grad Norderbreite liegen, und in ge⸗ rader Linie, von den Societaͤts⸗Inſeln, etwa 500 Meilen entfernt ſind. Die Einwohner kamen ohne vieles Bedenken ans Schif. Ihre Geſichts⸗ farbe war mehr kupferartig als auf Taheite; ihre Kleidung nur ein Guͤr⸗ tel um die Mitte des Leibes, welcher aber doch bemalt und bunt war, wie unſere gedruckte innen. Tattowirt waren ſie auch. Ihre Sprache war der Taheitiſchen ſehr aͤhnlich a). Eben ſo liſtig und behende waren ſie auch im Stehlen. Sie hatten keine Waf⸗ fen mit ſich, ſondern bezeigten ſich gleich ſehr freundſchaftlich und gutherzig. Man kaufte von den Einwohnern, Schweine, ſuͤſſe Patatoes, Zuckerrohr, und dergleichen, welches alles vortref⸗ lich war, und woran ſie Ueberfluß zu haben ſchienen, gegen Aexte und kleine Naͤgel. Cook ging darauf mit ſeinen Leuten, wohl bewafnet, ans Land. Er ward ſehr freundlich und mit einer Art von Reſpekt aufgenommen. Al⸗ les ward ſehr wohlfeil verkauft. Die Weibsleute waren nicht auffallend buͤbſch, vielmehr von ſtarkem maͤnnli⸗ chen Bau, und mit den ſchoͤnen Ta⸗ heitierinnen nicht zu vergleichen. Doch war ihre Stimme ſehr ſauft, die Zaͤh⸗ ne egal und glänzend weiß. Ihee Kleidung gleicht auch der maͤnnlichen, nur iſt ſie weiter und gehet bis auf die Knie herunter. Ihr Haar iſt hinten kurz abgeſchnitten, nach der Stirne zu aber 2) Eines der ſchwerſten Probleme, iſt die Frage: Woher dieſe Inſulaner, die 500 bis ü Meilen von einander wohnen, von einander nichts wiſſen, mit ihren Boͤ⸗ ten unmoglich jemals zu einander haben kommen koͤnnen, einerley Sprache, und fo ſehr ähnliche Sitten haben? — Sollten alle dieſe Inſulaner nicht etwa ans tediluvianiſche Menſchen ſeyn? Diefe Idee ſtimmt mit dem Syſtem des vor⸗ srefichen de Cůc gar ſehr uͤberein, und beſtaͤtigt es noch. Anm. des Serausg. — uf ans Ufer zurück, 985 aber lang, und wird dann als ein Tuppee zurück geſchlagen, welches ib: nen eben nicht vortheilhaft ſteht. Sie verlangten mit Ungeſtuͤm in das Schif zu kommen; welches Cook doch ſtren⸗ ge verboten hatte, um dieſe unſchuldi— gen Menſchen, wo moͤglich, gegen eine Krankheit zu bewahren, womit einige Matroſen behaftet waren. Gleich— wohl fanden ſie Mittel mit einander in Bekanntſchaſt zu gerathen, und bey der nachmaligen Zuruͤckkunft auf dieſe Inſeln, entdeckte man die Folgen davon. Einige Tage darauf kam der Koͤnig einer der Sandwich ⸗Inſeln, welche Oneehow heißt, an das Schif. Er ward gebeten an Bord zu kommen; allein ſeine Begleiter wandten aus Furcht, es moͤgte ihn was unangeneh⸗ mes begegnen alles an, ihn davon ab⸗ zuhalten. Gleichwohl kam er auf das Verdeck und ſchenkte dem Capitain eine ſehr kuͤnſtlich geſchnitzte Schaale. Dagegen erhielt er einige große Naͤ⸗ gel, und einen geſchnittenen Glasbe⸗ cher, woruͤber er außerordentlich er⸗ freuet war. Nach einem kurzen Auf: enthalt trugen ihn ſeine Begleiter auf den Armen in das Boot und er ſuhr Er hieß Toma⸗ hana, ſchien etwa dreyßig Jahr alt zu ſeyn; war mittler Groͤße, und nichts beſſer gekleidet als der geringſte feiner Unterthanen; nur durch den großen Reſpekt, welchen man ihm er⸗ zeigte, unter ſchied er ſich. Bald nach: ber kam auch die Koͤnigin an Bord. Sie ſchenkte an Cook einen ſchoͤnen Halskragen von Federn, und erhielt er in den Jahren 1776 bis 1780. dagegen einen kleinen Spiegel und der⸗ gleichen. Sie war jung von angeneh⸗ men Weſen, ihre Kleidung aber nicht beſonders. Eine der groͤßten dieſer Inſeln iſt, Atowi. (Nach Owhyhee kamen fie erſt auf der Ruͤckreiſe.) Zum Gluͤck hatte dieſe Inſel auch viel und ſehr gutes Salz. Die Haͤuſer liegen hier nahe am Ufer, und beyſammen, wie Doͤrfer. Einige ſtehen auf Pfaͤhlen, etwa drey Fuß hoch, wegen der Ueber⸗ ſchwemmungen. Sie find rund um ber mit trockenem Graſe gegen den Re⸗ gen geſichert. Der inwendige Platz iſt mit Graſe beſtreuet und mit Mat⸗ ten bedeckt, von welchen einige recht ſchoͤn ſind. Ihre Boͤte ſind ungemein gut, und fie verſtehen ſich auf das Waſſerfahren, auch in den groͤßten Brandungen ſo gut, daß dieſes faſt ihr wahres Element zu ſeyn ſcheint. Der Hauptzweck des dermaligen kurzen Aufenthalts auf dieſen Inſeln, war gewefen, ſich mit allem Noͤthigen zu der nun bevorſtehenden ungeheuern Reife gegen Norden zu, zu verſehen. Am zten Febr. ſegelten fie ab; bis zum goten Grad Norder Breite, faſt gerade nordwaͤrts, darauf gegen Oſten der Kuͤſte von Amerika zu, und den 29ten Maͤrz ankerten fie, in Georges Sound unterm 49 ten Grad 36 Mir nuten Norder Breite und 233 Grad 28 Minuten oͤſtlicher Laͤnge, um die Schiffe zu repariren, und das Volk nach einer beynahe achtwoͤchigen See⸗ reiſe zu erfriſchen. Hier ſind wir alſo, von der Inſel Atowi etwa 350 Mei 2443 fen — 987 Cook's dritte und letzte Entdeckungsreiſe um die Welt, 988 len nor doſtwaͤrts entfernt, und an der weſtlichen Kuͤſte des feſten Landes von Amerika. . Die Einwohner derſelben, naͤherten ſich in Boͤten den Schiffen, eine Rede in harter uͤbel toͤnender Sprache ward gehalten, und darauf kamen ſie dem Schiffe ganz nahe. Man gab ihnen Aexte und Naͤgel; allein ſie ſchienen deren Gebrauch nicht zu kennen und achteten nicht viel darauf. Inzwiſchen brachten fie viel ſchoͤne Felle zum Ver⸗ kauf. Ueberhaupt ſchien es eine elen⸗ de Nation zu ſeyn; ſie waren unter der mittlern Statur uͤbel gebauet, mit unfoͤrmlichen Fuͤßen, welches daher kommt, daß fie beftändig mit unterge⸗ ſchlagenen Beinen ſitzen. Ihre Ge⸗ ſichtsfarbe war etwas heller als man ſie bisher angetroffen, aber ſchwarz von Schmutz und Dreck. Die mei: ſten hatten das Geſicht und faſt den ganzen deib mit rother Erde beſchmiert. Die Haare eben fo, jedoch oben dar⸗ über mit weißen kleinen Vogelfedern uͤber und uͤber pudrirt. Die Geſichter waren breit, mit hohen Kinnbacken, weiten Maͤulern, flacher Naſe, und ſchlechten unebnen Zaͤhnen. Maͤnner und Weiber konnten kaum von einan⸗ der unterſchieden werden, weil ſie ei⸗ nerley gekleidet und gleich beſchmiert waren; doch waren die weiblichen Ge: ſichter mit weniger Figuren, welche mit den Nageln in den Dreck und die rothe Erde hinein gekratzt werden, ver⸗ feben. Ueberhaupt ift hier das männliche Geſchlecht dem Putze weit mehr erge⸗ ben als das weibliche. Jede Manns⸗ perſon erfindet täglich, und oͤfters mehrmals in einem Tage, eine neue Manier der Striche und Figuren auf ſeinem Geſichte, der Lage und Stellung der beſchmierten Haare, u. ſ. w. Ei: ner der eleganteſten Herren, dem man einen Spiegel gab, brachte volle zwey Stunden auf ſeinen Kopfpuß zu. Das ſchoͤne Geſchlecht hatte wider ſeinen Wunſch, wenig Nachſtellung von den Englaͤndern, weil ihre Schminke von Dreck und Parfum von Thran, einen gar uͤblen Geruch verurſachte. Unter andern Waaren, wurden auch Menſchenſchaͤdel und getrocknete Haͤn⸗ de zum Kauf ausgeboten. Es ſcheint aber dennoch nicht, daß ſie Menſchen⸗ freſſer ſind. — Am Lande hatte man eine gute Jagd und viel Wildprett er⸗ wartet; fand ſich aber betrogen. Nur Fiſche waren im Ueberfluß und das Waſſer vortreflich. In den hoͤlzernen Wohnhaͤuſern war der unausſtehlich⸗ ſte Geſtank. Sie werden nie rein ge⸗ macht; und liegen voll theils fauler, theils getrockneter Fiſche. Sie ſtehen neben einander, wie in unſern Dörfern; Das Land hat vortrefliches Baus holz und viele Arten von Beeren wie in Europa. m ur Die Boͤte und alle Fiſchereygeraͤthe der Einwohner waren in gutem Stan⸗ de, erſtere auch geſchnitzt. Man fand auch eine Art von halb zirkelfoͤrmig eiſernen Meſſern bey ihnen. Wahr⸗ ſcheinlich erhalten fie die aus Califor⸗ nien. Zur Bezahlung nehmen fie auch am liebſten, kleine Stuͤckchen Zinn, 9 r T wa * 989 ka. Zinn, Meſſing, Kupfer, vornemlich wenn es blank war, auch blanke Knoͤpfe. Am 27 ten April ward die Reiſe fort: geſetzt, immer an der weſtlichen Kuͤſte von Amerika gegen Norden hinauf, bis etwa unter dem 67ten Grade der Breite; wo man in Sandwich Sound einlief. Die Einwohner bat ten viel Aehnliches mit denen auf Ge— orge Sound, ſchienen aber beſſer zu leben, waren fett und luſtig. Ihre Unterlippen waren queer durchſchnit⸗ ten, wodurch ſie die Zunge ſteckten. Sie hatten eiſerne Meſſer und Spieße, auch ſonſtige Eiſenwaaren, und es iſt wahrſcheinlich, daß ſie ſelbige von den Ruſſen erhalten, welche von dem bey: nahe gegen uͤber liegenden Ramt— ſchatka, etwa 5 50 Meilen, heruͤber gekommen. Man fand auch hier die amerikaniſche Friedenspfeiſe. Die Ein⸗ wohner liebten vorzüglich blaue Glas⸗ perlen, und gegen deren fuͤnf oder ſechs konnte man für go bis 100 Rthlr. Bieberfelle kaufen. Man verließ Sandwich Sound den 26ten May, glaubte gegen Oſten die gewuͤnſchte Durchfahrt zu treffen, kam aber in einen Fluß, welchen Cook daher Turn again, (Kehrwieder) nannte. Darauf ging es ſuͤdwaͤrts um ein langes Vorgebuͤrge zu umſe⸗ geln; und man kam endlich nach vie⸗ len Gefahren an die Inſel Unalaſch⸗ Die Einwohner hielten fie für Ruſſen, waren ſehr höflich und freund: lich, zogen die Kappen ab, machten tieſe Buͤcklinge, baten ſich auch Ta⸗ in den Jahren 1776 bis 780. 290 back aus, welchen fie gierig in den Mund ſteckten. Man nahm hier fri⸗ ſches Waſſer und einige Kraͤuter ein, und ſegelte den „ten Jul. weiter; und nun wieder nordwaͤrts durch Sturm, dicken Nebel und Reif, bis uͤber den 7oten Grad hinaus, konnte aber wes gen der Eisſelder nicht weiter kom⸗ men. Man lief an ſelbigen bis an die aftatifche Kuͤſte, etwa 200 Meilen weſtwaͤrts, fand aber auch da, wegen des Eiſes, es unmoͤglich weiter zu kom⸗ men. Man mußte alſo wieder um⸗ kehren; und kam den zten Det. wieder auf Unalaſchka, unterm 54ten Grad 4 Minuten Norder Breite und 193 Grad 36 Minuten oͤſtlicher Laͤnge. Die Ruſſen kommen jaͤhrlich hieher her⸗ uͤber, einige halten ſich auch faſt be⸗ ſtaͤndig hier auf. Die Schiffe konnten bier nicht hinlaͤnglich verproviantirt werden, um noch einen Verſuch gegen Norden zu machen; und uͤberdem erz laubte es die Jahrszeit nicht. Es war alſo am beſten den Winter uͤber wieder nach Suͤden, zu den fruchtbar ren Sandwich ⸗Inſeln zurück zu keh⸗ ren, wo man gegen Ende des Novem⸗ bers eintraf. Man erfuhr von den Einwohnern, daß es zehn dieſer In⸗ ſeln gaͤbe, eine große, welche jede ihren eigenen Koͤnig haͤtten, und ſechs kleine; O: why⸗ hee aber ſey die groͤßte; wo die Reiſenden den afen Jan. 1779, nachdem ſie einige der andern Inſeln beſucht hatten, eintrafen. Dieſe Inſel hatten fie bey ihrer erften Anweſenheit aufeenSandwwich:Äinfeln nicht beſucht. (Siehe oben Seite 986.) Es hielt ſehr 991 Cook's dritte und letzte Entdeckungsreiſe um die Welt, zt. 992 ſeßhr ſchwer einen guten Ankerplatz zu finden, und Cook umſegelte deswegen die ganze Inſel. Endlich fand man ihn, und das Volk in Boͤten und am Lande, wohl acht tauſend an der Zahl, draͤngte ſich ſo herbey, daß Wachen ausgeſtellt und ernſtliche Maasregeln genommen werden mußten. Die Maͤd⸗ chen aber konnte man auf keine Weiſe vom Schiffe bringen, welche auch die Naͤchte uͤber da blieben. | Am loten Jan. bey Anbruch des Tages, wurden Lebensmittel im Ueber⸗ fluß herbey gebracht. Zu nothwendi⸗ ger Reparation der Schiffe wurden Anſtalten gemacht, und am Lande wur⸗ den Zelte aufgeſchlagen in der Nach: barſchaft eines Morai, (Begraͤbniß⸗ platzes,) wo der Boden für heilig ge: halten ward, und dem ſich folglich Niemand als die Prieſter naͤherten. Eine Dame vom erſten Range kam an das Schif. Sie unterſchied ſich von den Geringern, vornemlich durch ihre große Fettigkeit; aber nicht ſo ſehr als auf den Freundſchafts und Societaͤts-Inſeln. Sie hatte große Armbaͤnder von Schweinszaͤhnen um; ein Halsband von geflochtenem Haare, vorne mit einem ſonderbar geformten ſchoͤn polirten Knochen; und hatte überhaupt mehr Kleidungefläcke an, als font gewoͤhnlich. Sie bekuͤmmerte ſich ſehr genau um alles, kam des Nach: mittags mit einem andern Frauenzim⸗ mer, ihrer Schweſter, wieder. Mau gab ihnen einige Kleinigkeiten und vor⸗ nemlich einen Spiegel, woruͤber ſte ſich ſehr freueten. Auch machte ein junger Mann Namens Purraah, einer der erſten Bedienten des Koͤnigs Terria⸗ bao die Viſite an Bord. Eben wat dem Metzger ſein Schlachtmeſſer ge⸗ ſtohlen; ſogleich ging Purraah ans Land den Diebſtahl zu unterſuchen, in weniger als zwey Stunden, war das Meſſer wieder da; und nachmals war er ſehr ſorgfaͤltig ſeine Untergebenen vom Stehlen abzuhalten; zugleich ward von ihm die Verfuͤgung getrof⸗ fen, daß die Maͤdchen nur bey Nacht nicht aber bey Tage an Bord kommen ſollten. Auch kam der Koͤnig Terriaboo mehrmals an Bord, und ſchenkte je⸗ dem der Capitains, außer vielen Co⸗ cusnuͤſſen, Zuckerrohr, Brodfrucht, und Salz; dreyßig Schweine. Ehe er ankam, war von ihm der Befehl gegeben, daß keiner von den Eingebor⸗ nen an die Schiffe kommen durfte. ya Der Schluß folgt kuͤnftig. ar u 5 * . * x annoberiſches Magazin. 904 Gztes Stuͤck. Freitag, den gien Auguſt 1783. Cool's dritte und letzte Entdeckungsreiſe um die Welt, in den Jahren 1776 bis 1780. (Schluß.) ook ſchickte einige Partheyen aus, das Land zu unterſuchen. 8 Sie fanden es ſehr fruchtbar, wohl bebauet und angenehm. Einige ſie begleitende Knaben machten ihnen großes Vergnuͤgen. Sie wußten die Stimmen der Voͤgel ſo vollkommen nachzuahmen, daß fie berbey gelockt, und dann auf einer Art Leimruthe ge: fangen wurden. Allenthalben bezeigte man ihnen die größte Gaſtfreyheit, fo arm die Leute von der unterſten Klaſſe auch immer waren. Nur auf der Ruͤck⸗ kehr hatten fie in einer Hütte eine un: angenehme Nacht, weil die Ratten un⸗ aufbörlich über fie herliefen, woran aber die Einwohner gewöhnt find, An vielen Orten fanden fie unverkennbare Spuren von verbrannten vulkaniſchen Steinen, ſelbſt Lava, welche noch ſehr neu zu ſeyn ſchien. Der Koͤnig war mit den Fremden fo ſebr zufrieden, daß er ihnen noch zweyhundert junge Schweine ſchenkte; auch ein großes Ballet geben ließ. Da⸗ gegen machten dieſe die Honneurs durch ein Feuerwerk. Der Koͤnig ſpeiſete auch einigemal an Bord. i Bey dem ziemlich langen Aufent⸗ halte auf V⸗why⸗ hee, hatten die Rei⸗ ſenden Gelegenheit, noch folgende Be⸗ merkungen zu machen. Es giebt eigent⸗ lich zwölf Sandwich ⸗Inſeln. Owhy⸗ hee die größte davon iſt beynabe rund, und hat etwa 270 engliſche Meilen im Umfange. Die Nordſeite gleicht ei— nem zuſammenhaͤngenden großen Gar⸗ ten, und iſt durchgehends vortreflich angebauet. Die Suͤdſeite aber hat ſteinigten ſchlechten Boden, keine Bd: che, und iſt einem ausgebranuten Buls kan aͤhnlich. Die gegenwärtigen Ein⸗ wohner wiſſen aber, auch durch Tra— dition, nichts von einem vulkaniſchen Ausbruche. Ob aber gleich der Bo— den auf Taheite und Anamooko weit beſſer iſt; ſo ſah man doch nir— gends fo große und ſchoͤne Brodfrucht— baͤume als hier; und vornemlich war das Zuckerrohr groß und ausnebmend Kr ſaft⸗ 995 ſaftvoll. Vierfuͤßige ſind: Schweine, Hunde, Ratten . maͤuſe. Voͤgel giebt es nur fuͤnf Gat⸗ tungen; ſie ſind aber ausnehmend ſchoͤn. Auch fand man eine Art von Gaͤnſen und Endten. im Ueberfluſſe. alle eingeſalzen. Maͤnner und Weiber begegnen ein⸗ ander mit großer Sanftmuth. Wenn auch bey kleinen Veranlaſſungen ein wenig Schelten vorfiel; fo war doch das gleich über und vergeſſen. Die: mals hat man ſie einander ſchlagen ge⸗ ſehen. Das Tatowrren iſt durch⸗ gaͤngig Mode, vornemlich bey den Maͤnnern. Ueberdem iſt jedermann noch beſonders markirt, und dieſe Marke zeigt den Chef an, deſſen Sur risdiction ſie untergeben ſind. Auf O⸗why⸗ hee find ſechs Diſtrikte. Beyde Geſchlechter find außerordent⸗ lich reinlich, und baden ſich taͤglich zwey oder dreymal. Unter allen Voͤl⸗ kern ſind dieſe am meiſten der Sinn⸗ lichkeit ergeben. Die Frauenzimmer verſchwendeten ihre Gunſtbezeugungen, nicht ſo ſehr aus Eigennutz, wie auf Taheite, ſondern aus Neigung. Ei⸗ nige derſelben mogten hoͤchſtens zehn Jahre alt ſeyn. Arm- und Halsbaͤn⸗ der von Federn, Muſcheln und Haa⸗ Die Groͤßten werden ren, vornemlich der Geliebten, ſind bier der groͤßte Gegenſtand des weib; lichen Luxus. Ihre Nahrung beſteht hauptſaͤch⸗ lich in Vegetabilien. Die Chefs aber laſſen ſich das Schweinefleiſch ſehr wohl ſchmecken. Daran hat aber jedesmal Fiſche giebts Cook's dritte und lezte Entdeckungsreiſe um die Welt, 2 ein Prieſter ei nig i ſpeiſet er 1 N von dem Prieſter und zwey bis drey der aͤlteſten, ein Gebet an die Gottheit geſungen, waͤhrend deſſen die uͤbrigen ſich freundſchaftlich die Hand geben. Darauf wird der Gottheit von allem eine Libation gemacht. Auch wird beym Trinken des Awa, geſungen und gebetet. Gekocht wird wie auf, Zar beite. Das Getraͤnk iſt Waſſer. Die Chefs aber trinken haͤufig Awa, und es iſt ein Zeichen des hohen Standes, ein finnigtes Geſi cht und rothe entzuͤn⸗ dete Augen zu haben; wird alſo ſehr gewünſcht. Der Wärme des Klima unerachtet, ſchlaͤft man hier nicht ſo viel, als auf Taheite. Man iſt viel fleißiger. Vergnuͤgungen und Musk find den auf Taheite aͤhnlich. Die Taͤnze aber ſind ganz original; lange nicht fo graeieus als auf Anamooko; auch nicht ſo laſeiv als auf Taheite; aber ernſthaft und aͤußerſt lebhaft. Ihre Boͤte ſind ſo vollkommen ge⸗ macht, als einige in der Welt. Sie ſind auch der groͤßte Reichthum. Man kan denken, was fuͤr eine Zeit dazu gehoͤrt, einen großen Baum mit Stei⸗ nen zu fällen, ihn auszuhoͤhlen, von den hohen Bergen, ohne alle Maſchi⸗ nen; zehn bis zwoͤlf Meilen weit ans Ufer zu bringen; zuſammen zu fuͤgen; die Fugen zuſammen zu binden; Se⸗ gel von Baumrinden zu machen, u. ſ. w. Des Koͤnigs Bot, war doch gleich⸗ wohl zwey und ſiebenzig Fuß lang. Cook wollte darauf von hier nach einer benachbarten Inſel (mow⸗ Dur SG 1 997 A im in den Jahren 1776 bis 190. 998 en zun ſegelte des halb den ene Steel oher See zerbrach der vorder der Keſolution, und man war alſo genöthigt, nach den alten Hafen auf G why hee zuruck zu kehren. Die Einwohner kamen wieder ans Schif und handelten wie gewoͤhnlich; man bemerkte aber gleich, eine beſondere Inſolenz und Kuͤhnheit an ihnen, vor— nemlich bey den kleinen Diebereyen. Hauptſaͤchlich ſtellten fie den Zangen, 85 Meißeln und Werkzeugen der Zim— merleute nach, welche an dem neuen Maſtbaum arbeiteten; und zwar ſelbſt auf Purraahs Anſtiften. Einer er⸗ grif eine Zange, ſprang damit über Bord, ward aber erhaſcht und tuͤchtig gepeitſcht. Gleichwohl machte ein an: derer bald nachher eben den Verſuch mit einer Zange und Meißel, und entkam glücklich, obgleich einigemal nach ihm geſchoſſen wurde. Purraah der eben an Bord war, verſprach die Sachen wieder herbey zu ſchaffen, und ging ans Ufer. Der Schifmeiſter Edgar von der Diſcovery, ging in ſeinem Bote auch mit. Er ward am Ufer mit Steinen geworfen; es entſtand eine kleine Schlaͤgerey; Purraah bielt Edgars Arme über den Ruͤcken feſt; ein anderer ſchlug jenen mit dem Ruder, welches Purraah ergrif und ſogleich zerbrach; und nun ward die Schlaͤgerey allgemeiner, Es ward ge⸗ feuert, Cook eilte herbey, beruhigte die Streiter zwar vor dasmal, drang aber durchaus auf die Erſtattung der geſtohlenen Sachen, und einige Zeit nachher gab Pur raah fie auch wuͤrk⸗ lich wieder. Ain folgenden Morgen den 14ten Febr. bemerkte man, daß das groͤß⸗ te Fahrzeug der Diſcovery, der Cutter, welches auf die Seite war gelegt wor⸗ den, in der Nacht geſtohlen ſey. Die fer Verluſt war zu wichtig, um nicht alles anzuwenden, das Fahrzeug wie⸗ der zu erhalten. Das beſte Mittel dieſes ins Werk zu richten, war, den Koͤnig an Bord ſo lange in Verhaft zu nehmen, bis das Schif wieder ge⸗ bracht ward. Zugleich wurden auch Boͤte in verſchiedene Gegenden der Bay, wohl bemannet und bewafnet geſchickt, um zu verhindern, daß die Diebe nicht die Flucht nach andern Inſeln nehmen moͤgten. Die Mann⸗ ſchaft hatte Ordre auf die, welche ſich widerſetzten, ſcharf zu feuern. Inzwi⸗ ſchen ging Cook mit dem Schifslieu— tenant und mehrerer Mannſchaft ans Land, um den König freundlich einzu⸗ laden, an Bord zu kommen. Er war ſehr bereitwillig dazu. Einige Weiber von ſeinem Gefolge aber, ſchienen die Abſicht zu errathen, und ſuchten eifrig dieſes zu verhindern. In demſelben Augenblick kamen drey Einwohner von der andern Seite der Bay heruͤber, mit der Nachricht, daß einer ihrer erſten Chefs erſchoſſen ſey. Ein allgemeines Gemurmel von Unwillen erhub ſich unter den Inſula⸗ nern, und fie fingen an ſich mit Spief ſen und Dolchen zu bewafnen. Cook konnte dieſes nicht bemerken, weil er mitten in ihrem Haufen war. Der Lieutenant und Sergeant ſahen die Ge Rrr 2 fahr, 999 Cook's dritte und letzte Entdeckungsreiſe um die Welt, 1006, fahr, und warnten ihn ernſtlich. Aber ein faſt toller Eigenſinn, machte ihn gegen alle Vorſtellung taub. Nun drang der ganze Haufen auf ihn; er ſuchte ihn von ſich zu ſtoßen, und rief einige mal: zuruͤck! zuruͤck! — Nun wurden ſie noch erboſter und warfen Steine auf ihn. Cook feuerte auf einen der Thaͤter, verfehlte ihn un⸗ gluͤcklicher Weiſe, und erſchoß einen andern. So bald dieſer Schuß fiel, feuerten auch die Seeſoldaten, ob ſie gleich keine Ordre dazu hatten. Da⸗ durch ward die Sache noch ſchlimmer. Cook merkte nun ſeine Gefahr, und ſuchte ſo geſchwind als moͤglich durch das Gedraͤnge an die Boͤte zu kom⸗ men, erhielt aber einen Stich in die Schulter von einem Chef der hinter ihm war. Dieſer wollte eben den Stich wiederholen, als er von dem Sergeanten erſchoſſen ward. Zugleich feuerte man auch aus den Boͤten und nun ward das Gefecht allgemein. Cook drang doch noch weiter ruͤck— waͤrts, allein eine Parthey fiel über ihn her und machte mit Keulen und Steinen ſeinem Leben ein Ende. Nun fing die Diſcovery an mit Kanonen zu ſecundiren. Alles retirirte ſich ſo geſchwinde als moͤglich in die Boͤte. Verſchiedene aber wurden wieder ans Ufer gezogen und umgebracht; meh⸗ rere waren verwundet. Die Inſula⸗ ner betrugen ſich, des Feuergewehrs unerachtet, mit großer Entſchloſſenheit und Tapferkeit, wichen nicht von dem Platze, und ſo wie einer fiel, erſetzte ein anderer augenblicklich deſſen Stelle. Das war das Ende, „des größten . Navigators 7 Zeiten, Die In⸗ ſulaner hatten anfangs die Möcht nicht, ihn zu toͤdten; aber die Nach⸗ richt von dem Tode eines ihrer Chefs, brachte ſie zur Rachſucht. Doch haͤtte auch damals Cook noch entkommen koͤnnen. Aber es ſchien ein Verbaͤng⸗ niß uͤber ihn zu walten. Es war ein Ungluͤck, daß er den Mann verfehlte, worauf er feuerte; ein Ungluͤck, daß die Seeſoldaten, und demnaͤchſt auch die Matroſen aus den Boͤten ohne Ordre feuerten. 6 Das Schiſvolk war wuͤthend, und wollte alles auf der Inſel verwuͤſten; es ward aber nicht geſtattet. Gleich⸗ wohl mußte man die Retirade der Zel⸗ ter und Sachen vom Ufer mit Kano⸗ nen decken, mehrere Haͤuſer in Brand ſtecken und viele Einwohner nieder⸗ ſchießen. Des folgenden Tages kamen einige mit der Friedensflagge an das Schif, und verſprachen den Leichnam Cooks auszuliefern. Es ward aber nicht gehalten. Ein anderer kam ge⸗ gen Abend an Bord, und brachte den fleiſchigten Theil eines Mannesſchen kels, woraus die Knochen genommen waren, ſagte es ſey von Cook, er habe dieſes geſtohlen, das Uebrige ſey ver⸗ brannt. Einige Tage darauf ſchickte der Koͤnig eine Botſchaft an Capitain Clerke, welcher nun das Commando übernommen, bezeugte fein Leidweſen über das Vorgegangene, und bot voͤl⸗ lige Amneſtie und Freundſchaft an; ſchickte auch hernach alle Ueberreſte des auge Cook; die Hirn⸗ chaͤdel, — bee | te Knochen aus den Schen⸗ Beinen und Armen, auch die hi; Haͤnde. Das übrige war ver⸗ brannt. Die Haare waren abgeſchnit⸗ ten; einer der naͤchſten Verwandten des Königs hatte fie behalten. Die haͤnde batten verſchiedene laͤngliche Einſchuitte, und es war viel Salz hinein gerieben. Man beſuchte noch einige von den Sandwich Inſeln, und verpro: viantirte ſich reichlich, um nach Kamt⸗ ſchatka an der aſiatiſchen Kuͤſte hin⸗ uͤber zu gehen; eine Reiſe von 600 bis 700 Meilen. Von dort aus woll— te man noch einmal weiter gegen Nor— den gehen, um die Durchfahrt zu vers ſuchen. Nach einer beynahe zwey mor natlichen a ankerte man daſelbſt „in den Jahren 1776 bis 1786. 1002 in dem Hafen Awaſchka, nicht weit von der Stadt St. Peter und Paul, ward von dem ruſſiſchen Major Behm, einem Deutſchen, ſehr wohl aufgenom—⸗ men, und ſo viel es das arme Land nur immer erlaubte, unterſtuͤtzt. Es wurden auch Depechen von hier uͤber St. Petersburg nach England ge⸗ ſchickt. Hier ſtarb auch nachmals Ca⸗ pitain Clerke; und darauf ging die Reiſe, ohne eine Durchfahrt entdeckt zu haben, zuruͤck, bey Japan vorben auf China; und von dort den ge⸗ woͤhnlichen Weg, uͤber das en der guten Hofnung, nach England, wo man den ten Oct. 1780, nach einer mehr als vierjährigen Abweſen⸗ beit, wieder ans Land trat. 05 Blbg. Warum der Koͤnig von Schweden drei Kronen in ſeinem Wappen fuͤhrt? U Allen europaͤiſchen Königen ift der König von Schweden von undenflichen Jahren her mit drei Kronen gekroͤnet worden. Die Kö: nige von Daͤnnemark maßeten es ſich zwar von Chriſtian II. Zeit an, in ihrem Wappen auch drei Kronen zu fuͤhren, allein nachher iſt ſolches doch wieder abgeaͤndert worden. Auch die Polen haben aus vermeinter Praͤten— fion ſich des ſchwediſchen Wappens mit bedient. Die Kroͤnung der Koͤnige in Schwe⸗ den verrichtet allemal der Erzbiſchof des Koͤnigreichs in der uralten erzbi⸗ ſchoͤflichen Stadt Upſal, wiewohl ſie auch anderswo verrichtet werden kan. Dem Koͤnige werden alsdenn vom Drotſet (der hoͤchſte Rath und naͤch⸗ fie nach dem Koͤnig,) drei goldene mit Edelſteinen beſetzte Kronen aufge: ſetzt. Dieſe uralte Gewohnheit be⸗ glaubiget unter andern nicht allein der eine Meile von Upſal im flachen Fel: de belegene Moraſteen, wo vor Zei⸗ ten die Wahl der ſchwediſchen Könige geſchah, und noch drei Kronen gezeigt werden, ſondern auch eine alte Tafel bei S. Erichs Grabe, imgleichen die alten königlichen Siegel und Muͤn⸗ Rr 3 zen, 1003 zen, die Ronungs und Bronehaͤ⸗ gar, die Buſta Regalia beim alten Uüpfal, worin die Gebeine und Aſche der verſtorbenen ſchwediſchen Koͤnige verwahrt liegen. % 0 Viele glauben, durch die drei Kro⸗ nen werde Schweden, Gothland und das Wendiſche Land verſtanden. Al⸗ lein dieſes läßt ſich wohl nicht gut bes baupten, weil die Schweden vor Zei⸗ ten wohl fuͤnf particular Koͤnigreiche unter ſich gehabt, und deswegen ibre Kronen nicht vermehrt, noch ſich mit mehrern Kronen kroͤnen laſſen, wie bei Kaiſer Friedrich ſolches geſchah, der die erſte Krone wegen des fraͤnki⸗ ſchen Reichs zu Aachen, die andere wegen Deutſchland zu Regenſpurg, die dritte wegen der Lombardie zu Pa⸗ via, die vierte wegen des roͤmiſchen Reichs, und die fünfte wegen Italien zu Madontia empfing a) Meſſenius Cap. 12. Specul. Suec. und Locenius L. II. antiquit. Suec. Goth. c. 2. glauben, die drei Kronen waͤren daher ins Wappen der Koͤnige von Schwe⸗ den gekommen, weil vormals in Up⸗ ſal der vornehmſte biſchoͤfliche Sitz, die koͤnigliche Reſidenz und das hoͤch⸗ ſte Gericht geweſen. Olaus M. im zweiten Buche ſeiner rer. ſeptentrion. hält die drei Kronen für ein Sinn bild, welches die weitlaͤuftige ſchwedi⸗ ſche Herrſchaſt, die preiswuͤrdigen und tapfern Thaten der Schweden zu Kriegs: und Friedenszeiten, wie auch den reichen Ueberfluß an Metallen be⸗ 2) Dieſer Meinung iſt Otto Friſigenſ. de tripl. Imperat. Corom. Warum der König von Schweden dre Kronen 1004 zeichnen ſoll. So dag der) war Her kuls Kaͤule zur Bezeichnung ſeiner tapfern Heldenthaten, dreiknotig, und aus gleichem Grunde ſind auf Neroas Muͤnze drei Kugeln abgebildet. gs 7 217 V Te EINS SBATERBR RI Calo Herald. cap. 4. $, 9. giebt von den drei Kronen eine doppelte Urſach an; Er ſagt, die Könige von Schwer den fuͤhrten ſie deswegen in ihrem Wappen, weil 1) „Schweden vor „Zeiten ein ſchoͤn Principal: König: „reich geweſen, das unterſchiedene ans „dere Koͤnigreiche unter ſich hatte, des „ren Koͤnige, ob ſie gleich den ſchwe⸗ „diſchen König für ihren Oberherrn „hielten, und zum allgemeinen Rich⸗ „ter in allen Streitſachen erkießten, „doch ſamt und ſonders maͤchtig ge⸗ „nug, und auch gekroͤnt waren. Ver⸗ „muthlich hätte alſo der König in „Schweden durch dieſe drei Kronen „ſeine Majeſtaͤt, Anſehen und Wuͤrde „vor andern bezeichnen wollen, 2) „Weil die Alten viel von der „dritten Zahl gehalten, und nichts „bei ihnen, heilig, vollkommen und „gerecht geweſen, wenn es nicht drei⸗ „fach war. „Merkur dreiföpficht, Neptuns Seep⸗ „ter dreizackicht, u. ſ. w. und ſonder⸗ „lich waͤre die dreifache Zahl in der „Luſtration genau beobachtet. Zum „Beweiſe dieſes führt er folgende Stel: „len an: „ ET 1.8 2 Idem Darum wäre z. B. Idem ter focios pura circumtulit unda, 2 8 levi & ramo felicis olivæ b) Be er a BERN nectore a Kür flamma * e tecti ſubjecta reluxit c), "Tor fe, convertit, ter ſumtis flumine 4 crinem ie aquis, ternis et hiatibus ora ſolvit. d) 8 4 ö b) 2 VI. 1. v. 229. ch Virg. IV. Georg. v. 384. = Ovid. L. VII. Meta. v. 2. in ſeinem Wappen fuͤhrt? oo Alles, was vollkommen gut, au⸗ ſchnlich und werth iſt, faͤhrt Humer am angezogenen Orte fort, geben die Schweden gemeiniglich mit drei Buch⸗ ſtaben. Gott, nennen fie Gud, das Meer Haſ, das helleſte Geſtirn 5 u. ſ. w. N Roche eine eum ame der Aufgabe im Aten Erik des Hans noveriſchen Magazins von dieſem Jahre: die era | des Kaͤlberkropfs betreffend. (Siehe das date St.) n einen recht ſonnenreichen Grass 6 garten, welcher an Heu und Grumt mir fehr ergiebig war, der durch den Sommer bis in den Dctos ber bei bequemer Witterung wohl drei mal gemaͤhet werden konte, einen bieſigen grandigen Boden oben zur Decke, aber einen Fuß hoch feine ſchwar⸗ ze lockere Erde batte, wucherten zwei Gewaͤchſe in, großer Menge dem, Graſe zum großen Nachtheil und Minderung: Zwei Gewaͤchſe, ſage ich, die beide medieinaliſch ſind, denen ich in dieſer Hinſicht die bequemen Stellen immer gerne verſtatten muͤſſen. 1) Die bieſſgen Orts fo benannte Vühmulde: ſonſten Deutſche Baͤrentlau, Barwurz Gugl⸗ kraut. Sphondylium vulgare hirſutum Caſp. Baub. pag. 157. Heracleum Sphondylium Linn. 2) Der Kilbertropp f Nalber⸗ kern, Boͤrbelkern. Myrrhis Sylveſtris Semicuibus lævibus. Cafp. Bauh. pin. p. 160. Chæ⸗ refol. e Rupp. edit. 2. p. 228. 3. p. 283 Chæ- rophyllum Splvefre Linn. Ich entſchloß mich zum Vortheil meiner Graͤſerei beide zu tilgen; in Ueberdenkung der Art und Weiſe wie das geſchehen koͤnte, blieb mir das übrig: fie zu der Zeit, da fie in den Stengel geſchoſſen haben, in vollen Bluͤhen ſind, bald Saa⸗ men ſetzen wollen, zu welcher Zeit der Stengel die Haͤrte und Wurzel auszurupfen. Bei eini⸗ gen geht es mit den bloßen Händen von ſtatten, bei andern muß man ei⸗ nen ſchmalen, aber ſteifen, wohl 304 30 1657 Zoll langen Spaden zum Ausheben der Wurzel zu Hülfe nehmen, welche bei dem erſten Gewaͤchſe ziemlich lang und ſtark iſt, und zwiſchen den Stei⸗ nen durchkriechet. Bei dem Kaͤlber⸗ kropp geſchiehet es im Junius, bei dem Baͤrenklau im Auguſt, indem dieſes ſpaͤter in den Stengel geht. Beide Pflanzen beſaamen ſich außer⸗ ordentlich wichtig, und kommen da⸗ durch fort, weil immer junger Auf⸗ ſchlag davon wird, der im erſten Jahre keinen Stengel treibt. Mein Garten war faſt einen halben Morgen groß, und es koſtete mir viel Muͤhe und meinem Ruͤcken Schmerzen, aber ich gewann doch meine Abſicht, reutete beides aus, und ich ſah, daß dieſes bisher geholfen hat, da es bereits uͤber acht Jahre ſind, daß es geſchehen iſt. Es iſt nun wieder mehr darin in Auf⸗ ſchlag gekommen, haͤtte ich den Gar⸗ Oſterode. 4 Beantwortung der Aufgabe im Aten Stuͤck, ꝛe. ten in der Wegerung behalten, wuͤrde ich es ganz getilget, oder d nichts als einzelnen jungen 2 i von beiden behalten haben, und den kan der Haushaͤlter zum gruͤnen und trok⸗ kenen Futter immer vertragen, wenn er nur nicht das mehrſte Gras übers ziehet, ſondern einzeln ſtehet, weil bei⸗ des dem Vieh geſunde Kräuter 1 Man muß dieſe Pflanzen nie in Saa⸗ men gehen laſſen. Ich glaube verſi⸗ chert zu ſeyn, daß das angezeigte Mit⸗ tel des Ausrupfens nur das einzige zuverlaͤßige iſt: dieſe zwei Pflanzen im Obſt⸗ und Grasgaͤrten auszurot⸗ ten, ob es wohl muͤhſam iſt. Wenn ſie aber einmal von dem was in Sten⸗ gel geſchoſſen gereinigt worden, und ſolches im zweiten Sommer wiederholt wird, wo es ſchon viel weniger iſt, da wird man die guten Folgen bald da⸗ von zu ernten haben. | Vordanck. Anfrage. 1 Vor einigen Jahren iſt im Luͤnebur⸗ giſchen eine Art Gerſte unter dem Namen Reisgerſte bekant geworden. Bei einigen Ver ſuchen hat ſolche ſehr reichlich zu getragen. Es findet ſich aber der Umſtand, daß man beim Droͤ⸗ ſchen die Koͤrner nicht aus den Aehren agen. könne, „ und wünſchet man alſo benachrichtiget zu fegn, wie die⸗ ſent Uebel abzuhelfen ſeyn moͤgte. Man vermuthet, daß dieſe Gerſte, die im taten Stuck der Leipziger oͤkono: miſchen Nachrichten angeruͤhmte Reis⸗ gerſte fen, weil fie eben ſo duͤnne geſäet wird, und ſo geil On 64tes Skuͤck. 1010 Montag, den I Iten Auguſt 1783. Vom Honigthau im Julius 1782. *) en zc0ten Julius von 11 Uhr Vormittags an ſchien ein Ho⸗ N nigthau gefallen zu ſeyn, der auch im ganzen hieſigen Diſtrikt be⸗ merkt iſt. Am zıten ſetzten die Bie— nen das ſtarke Fuͤhren und Sauſen, mit Honig ſchwer beladen fort, und es dauerte bis zum 2317, da es merk⸗ lich abnahm. Ich fand allenthalben ſuͤſſe klebrigte Blätter, doch bin ich bald uͤberzeugt worden, daß dies nicht eigentlich von dem am zo!" ſich fen: kenden Nebel und feinem Staubregen herruͤhre, wiewohl ich der Coneur⸗ renz der Feuchtigkeit von oben nicht ganz in Abrede ſeyn will. Da ich dieſes klebrige Suͤß auch im Schatten angetroffen habe, wo die Tropfen aus der Luft nicht gut hätten hinfallen Fön; nen; ſo behaͤlt meine in der Schrift geaͤußerte Meinung vom Pflanzen; ſchweiße die Oberhand. Dazu kamen noch manche Umſtaͤnde, welche dieſe Diſpoſition im Gewaͤchsreich veran⸗ laſſen konten, die ich ebenfalls in der Abhandlung kurz angefuͤhrt. Der 8 * Wind war weſtlich nach vorhergegan⸗ genen truͤben aber trockenen Tagen. Auf dem Felde ſtanden Bohnen, Ereb⸗ fen, Kornblumen, Hedrich und Klee noch im vollen Flor, weil dies Jahr die erſte Maikaͤlte, und die kuͤhle Wit⸗ terung des Junius alles noch ſehr zu⸗ ruͤck gehalten hatte. Doch war das Fruͤhjahr wegen eines zur rechten Zeit eingefallenen Regens ungemein Gras⸗ reich, und viel Saft in den Stengeln. Alles bluͤhete außerordentlich lange. Am dichten lag er auf den Lindenblaͤt⸗ tern, welche Baͤume noch in Bluͤte waren, wo ihn auch die Verfaſſer der Chur Pfälzifchen Bemerkungen ſtaͤrker gefunden haben, weil dort Waͤrme und Witterung ihn mehr als bei uns an der friſchen Seekante herauslocken koͤnnen. Auch war es bier das erſte⸗ mal, daß ich auf einem ſolchen Blatt eine Biene ſitzen ſahe, da man ſie ſonſt nur in Blumen findet, wo der Saft mit dem Blumenſtaube ſich mehr me liren kan, welcher, roh genommen, fuͤr ſie nicht ſo brauchbar ſeyn muß, weil Sss man ) Ein Nachtrag zu der im 10zten und iogten Stöck des Magazins vom vorigen Jahr abgedruckten Preisſchrift des Herrn Rektor Piper zu Gandersheim. 1011 man ſie ſonſt nicht auf ordinairen Baumblaͤttern gewahr wird. Das es mehr Schweiß, als von oben fal⸗ lende Tropfen ſeyn muͤſſe, bin ich noch dadurch verſichert worden, weil an den Stielen und Fruchtkeimen, ja auf der zu unterſt gegen die Erde gekehrten Seite eben ſo viel Saft, ja mehr, als auf der glatten nach oben gekehr⸗ ten Fläche zu ſpuͤren war. Den 23ten gegen Abend fing der Oſtwind an zu wehen, welcher, wie ich in der Abhand⸗ lung geſagt, dem Thau dieſer Art we niger guͤnſtig iſt, das ſtarke Fuͤhren hörte alſo vom 24ten an auf, wenn gleich die Bienen noch immer was fanden, denn der Thau ward durch zunehmende Hitze verzehret. Ein fi; cherer Beweiß, daß der Honigthau nicht ein vom Himmel fallender Ahm, ſondern feuchter Schweiß der Pflan⸗ zen ſeyn muͤſſe, ward mir noch auf ſolgende Art ſi chibar: Unter dem Bie⸗ nenſchauer ſtand ein Waffker is von einem Pflaumenbaum, welches wegen feiner Saftigkeit wie mit Honig über: Hoffen glaͤnzte. In den folgenden bei: tern Tagen fiel auch genug Ahm aus der Luft, aber das hatte nicht den min: deſten Einfluß auf der Bienen Fuͤh— ren, vielmehr nahm die Tracht merk⸗ lich ab, weil der Honigthau aus fol: genden Gruͤnden ſeine Nutzbarkeit ver⸗ loren hatte. 1) War das beſte und geiftige deſſelben durch die Hitze ver: dunſtet. 2) War er, wie alles Suͤße, in ſaure Gaͤhrung gerathen. 3) War er ein wahrhafter Aufenthalt der klei⸗ nen Inſekten, beſonders der Blatt⸗ Vom Honigthau im Julius 1782. 1012 laͤuſe geworden. — Silke es einmal vor manchen Ja . Bes Franzoſen veranlaßt haben, den Ho⸗ nig auf Eichenbaͤumen fuͤr Ereremente der Blattlaͤuſe zu halten? Ich habe wenigſtens dieſes Paradoxon mir durch kein analogiſches Beiſpielerklaͤren koͤn⸗ nen. Aus obiger Bemerkung des un⸗ ter dem Bienenſchauer befindlichen klebrigten Waſſerreiſes habe ich mir nachher folgende Remarquen abgezo⸗ gen. 1) Se faftvoller ein Baum iſt, deſtomehr Suͤßigkeit ſchwitzt er aus. Daher die ſogenannte Augſt oder Hun⸗ depflaumen und die Linde (nemlich Tilia femina,) und alle Waſſerreiſer die vielen Saft haben, mehr von die⸗ ſem Schweiß abſondern. 2) Da von den Bienen nicht einmal was ihrem Schauer ſo nahe ſtand benutzt ward; ſo ſchließe ich, daß nicht dieſe Suͤßig⸗ keit an ſich ihnen fo zutraͤglich fen; ſondern daß ſie ſelbige erſt durch das Vehiculum der Pflanzen: oder Linden; bluͤte erhalten muͤſſen, hier wird es erſt in ihrem Leibe wegen mehrerer Nebennahrung beſſer und reiner praͤ⸗ parirt. — Vom Jacobitage an als inzwiſchen Thau und etwas Regen ge⸗ fallen war, wurde das Führen wieder lebhaft fortgeſetzt. Allein der vom Ende des Julius bis faſt zu der Mitte des Septembers einfallende allgemeine und unaufhoͤrliche Regen, während deſſen die Bienen nur inne faßen, Brut ſetzten, und vom eingeſammelten Vor⸗ rath zehrten, machte, daß die Honig⸗ ernte dies Jahr faſt mehr wie ſonſt fehl ſchlug, welche bei 5 8 1013 bis auf Bartholomaͤi dauernde Wir: terung gewiß muͤßte allen Anzeigen nach betraͤchtlicher als andere Jahre geworden ſeyn. Nie habe ich in 10 Jahren weniger erhalten, und nur die Vom Honigthau im Julius 1792. 1014 mir durch den zuerkanten Preis beim Schluß dieſes Jahrs unerwartete Auf— munterung hat das Jahr 1782 in meinem Kalender unvergeßlich ergie⸗ big gemacht. Beantwortung folgender Preisaufgabe der Koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu Goͤttingen: Da in Jahren, worin die Witterung dem Wunſch der Bienenwaͤr⸗ ter gemaͤß ausfaͤllt, und ſonſt keine andere anſcheinende Urſa⸗ che eintrit, dennoch die Honigernte oft weit unter der Erwar⸗ tung iſt: ob ſich hinlaͤngliche Urfachen und Vordedeutungszei⸗ chen davon anfuͤhren laſſen? welche vermuthlich in der Auf⸗ loͤſung der Frage: Woher der Honig entſteht? liegen.) Spes in nobis, in Deo exitus. Un Jahren, worin die Witterung dem Wunſch der Bienenwaͤrter gemaͤß ausfaͤllt, muß nach meinem Da⸗ fuͤrhalten eine reiche Honigernte erfol: gen; oder der Bienenwaͤrter hat keine Erfahrung, und wuͤrde in den Brem⸗ und Verdenſchen, Luͤneburgi⸗ ſchen, Hoyaiſchen, und einem Theil der Calenbergiſchen Heidgegenden, für einen Stuͤmper gehalten werden: Denn bier giebt es hin und wieder, ſolche Meiſter im Bienen warten, derglei⸗ chen die Lauſitz, Schleſien, die Pfalz, und andere Provinzen Deutſchlands, vielleicht nicht beſſer aufweiſen koͤnten; und es geht uns in dieſem Stuͤck noch, wie unſern uralten Vorfahren, welche große Thaten verrichteten, und ſolche der Nachwelt verſchwiegen. Die Heide, (Erica vulgaris,) mit ) Dieſe Beantwortung hat das Acceſſit erhalten. welcher wir ſo uͤberfluͤßig geſegnet ſind, iſt das einzige Gewaͤchs, deſſen Bluͤte unſere Bienen, wie wir zu reden pfle⸗ gen, fett machen muß; und ich has be im Fuͤrſtenthum Grubenhagen und der da herum liegenden Gegend, Leute gefunden, welche nie Heide geſehen batten, aber auch an den daſigen klei⸗ nen Bienenſtoͤcken bemerket, daß es dort mit der Bienenzucht nicht ſo viel bedeutet, als bei uns. Vor dreißig Jahren wurde ich in unſern, vorher angefuͤhrten Gegenden, mit einem Bienenwaͤrter bekant, wel: cher nebenher eine eigene Herde Heid— ſchafe hatte, und dieſe nebſt einer zahl: reichen Bienenlagde, wechſelsweiſe wartete; dieſer Mann hatte außer der Bibel und dem Geſangbuche, nichts geleſen, und wußte die Witterung nicht Sss 2 nur Die ee iſt im 103ten und zogen Stuͤck des Magazins vom Jahr 1782 befindlich. 101g Beantwortung der Preisaufgabe der K. Geſellſchaft * nur genau zu beobachten und vorher zu ſagen, ſondern kannte auch trotz den Arabern, nach ſeiner Art die Sterne, und entdeckte faſt augenblick⸗ lich einen Cometen, wenn dieſer erſt lange nachher in den Zeitungen ange⸗ zeiget wurde. Da ich einmal wußte, daß dieſer Mann, von dem Geraͤuſch großer Staͤdte weit entfernet, nur ein zig und allein auf dem Lande, aus dem großen Buche der Natur fo gluͤcklich „gelernet hatte; fo ſuchte und fand ich in den entlegenſten Gegenden des Amts Rothenburg, und in der daran grenzenden Heidmark im Lüne: burgiſchen, noch einige ſeines gleichen, unter den Bienenwaͤrtern, und machte bierauf den ſichern Schluß: daß dieſe Leute faſt alles zuerſt von ihren Bie— nen gelernet hatten, was fie an Klug: heit, Arbeitſamkeit, und Ordnung in allen Dingen, von andern ihres glei⸗ chen ſo vorzuͤglich auszeichnete. Es iſt eine Luſt, mit ſolchen Leuten ſich vertraulich zu unterreden, wenn uud zum Beiſpiel; wenn der mit ſei⸗ nen Bienen nach einer Marſchgegend geweſene Bienenwaͤrter um dieſe Zeit damit in ſeine Heide heim kehret, und ſiehet, daß der Genuß aus der Buch⸗ weitzenbluͤte zuerſt wichtig iſt, und denn in den erſten Tagen der Heid: bluͤte, feine Bienen bei herrlichem Wetter, ſchwer mit Honig beladen zu Hauſe kommen, und ſtark fliegen, ſo iſt er voller Erwartung und Freude. Auf einmal iſt dieſer Mann nieder⸗ geſchlagen, und ſein Nachbar der keine Bienen hat, fraͤgt ihn bei fruͤ⸗ bem Morgen um die Urſache feiner Traurigkeit, und ſagt: Es iſt ja noch immer ſchoͤnes Wetter, es wehet kein duͤrrer Oſtwind, wir haben keine Nachtkaͤlte gehabt! Und der Bienen: kenner antwortet: Habt ihr nicht die verwichene Nacht das ſtarke Blitzen und Wetterleuchten, bei heiterm Him⸗ mel geſehen? Wolte Gott, es hätte dabei gedonnert und geregnet, nun aber iſt es auf einmal mit der Heid⸗ man ſelbſt eine gruͤndliche Kenntniß bluͤte vorbei, der Honig iſt weg, die von der Bienenzucht hat: Im Gegen: theil find fie zuruͤckhaltend, und bin: den manchem was auf; denn auch das lernen fie von ihren Bienen, welche ihre Kuͤnſte gar zu gern vor unſern Augen verbergen, und dabei ſtechen. Dieſen Leuten wird es alſo wohl nie ſehlen, daß, wenn die Witterung ihrem Wunſch gemäß ausfaͤllt, alsdenn auch die Honigernte ihrer Erwartung gleich iſt. a Wenn ſolchen Bienenwaͤrtern, bis in Ausgang des Heumonats mit ib⸗ ren Bienen alles nach Wunſch geht, Blumen werden ſich heute ſchließen, und in wenig Tagen vertrocknen: die Bienen werden heute nicht mehr mit Honig beladen, ſondern ſo gerade wie eine Weſpe fliegend, und nur noch mit etwas Bienenbrod, nach ihren Körben zuruͤck kommen: und bernach bat es mit der noch erſt aufgehenden Sandheide nicht viel zu bedeuten! und die Hofnung zu fetten Bienen iſt verſchwunden. Alſo meine Herren, das Wet⸗ terleuchten bei heiterm Himmel, | u. 1017 der Wiſſenſchaften zu Göttingen: Da in Jahren, ic. 1018 ſtoͤßt gleichſam mit einem elektriſchen Schlag, den Honig aus den Blumen, der Kelch der Blume zieht ſich zuſam— men, und die Blume verdorret vor der Zeit: Dieſes iſt eine ſtchere Er— fahrung der beſten Bienenwaͤrter, und eine Beantwortung, der vorge⸗ legten Frage. Weil das trockene Wetterleuchten in den Hundstagen am gewöhnlich: ſten iſt, ſo bemerket man um dieſe Zeit den Einfluß deſſelben, auch auf die Fruchtbarkeit der bluͤhenden Feld⸗ und Gartenfruͤchte, denn der ſpaͤt geſaͤete Buchweitzen wird öfters taub, und den ſpaͤt gepflanzten Erbſen und Boh⸗ nen, in den Gaͤrten, geht es nicht beſſer. 2 Die Aufloͤſung der Frage: Wo— her der Honig entſteht! iſt eben nicht ſchwer, wenn man folgende Wahrnehmungen voraus ſetzt: Nicht alle Blumen haben Honig, der Honig ift alſo ein eigenthuͤmlicher Saft der Blumen, und der Geruch des friſch eingetragenen Honigs, iſt dem Geru— che der Blume, aus welcher er genom: men iſt, und ſogar der Farbe dieſer Blume gleich; wie der aus den blauen Kornblumen. Man findet dieſes in den Tagen, da nur ein einziges Honig tragendes Gewaͤchs in der Gegend bluͤhet, ſehr deutlich; wenn aber mehr zugleich bluͤhen, fo iſt auch der Ge: ruch und die Farbe des Honigs nicht zu unterſcheiden. Da wir immer auf das, was auswaͤrts her geredet und geſchrieben wird, aufmerkſamer find, will ich des Honigs auf der Inſel Minorka erwähnen, welcher groͤß⸗ tentheils aus den Orangenbluͤten ents ſtebt, und in England billig für ein deckerbiſſen gehalten wird. Unſere Landsleute werden, wenn wir ſie ein⸗ mal wieder hier ſehen, uns davon ums ſtaͤndlich erzählen, Wenn man eine mit Honig ſchwer beladene Biene zerreißet, ſo findet man mitten die Honigblaſe, voll füßen, aber noch waͤſſerigten Honigs, und wenn dieſer aus der Saugeroͤhre der Bie⸗ ne in die Wachszelle zuruͤck gegeben wird, ſondert die Biene das waͤſſerige Weſen davon ab, und bereitet alſo den Honig. Was man etwa hierbei vom Honig⸗ thau denket, weiß ich nicht. Die eine Art dieſes Thaues haͤlt man den Bie— nen fuͤr nuͤtzlich, und die andere fuͤr ſchaͤdlich. Die erſte Art mag allen⸗ falls ein Nahrungsmittel der Bienen ſeyn, dergleichen, wie das Bienenbrod, nebenher vorhanden ſind; und die an⸗ dere Art iſt den Bienen wuͤrklich ſchaͤdlich, macht ſie, wie die Bienen⸗ waͤrter reden, dumm, ſo, daß ſie den Tag darauf wenig oder gar nicht aus fliegen, und zuweilen gar in eine fchäd: liche Krankheit fallen, entweder in eine Verſtopfung, bei welcher fie tod nie⸗ derfallen und dick und glaͤnzend aus⸗ ſehen, oder in eine Art Ruhr, wobei fie den Bienenſtock und die Flugloͤcher verunreinigen; in beiden Faͤllen alſo ſehr zuruͤck kommen und folglich mis⸗ gerathen. Ich will die Grenzen der aufgege⸗ benen Frage nun nicht weiter uͤber⸗ Rer 3 ſchreiten, 1919 Beantwortung der Prels aufgabe der K. 6 Geſellſck ſchreiten, und nur noch bemerklich machen, daß man dem Herrn von Reaumur nicht alles was er von den Bienen geſagt hat, blindlings zu glau⸗ ben muß; und auch das nicht, was ihm eine oder die andere Bienengeſell⸗ ſchaft nachgeſchrieben hat. Große beu⸗ tt irren auch: Und einer gewiſſen Hy: potheſe, die Buͤffon in den Epoques de la nature vorgetragen, hat Herr de Luͤc unlaͤngſt in den Lettres morales & phy ſiques fur Philtoire de la terre, &c. einen tiotlichen Streich verſetzt. Noch eins von meinen u blaudelte ſchen Bienenwaͤrtern: Dieſe wenn ſie die bekante Bienenkoͤnigin nennen, ſa⸗ gen: de Wiſe, das iſt entweder der oder die Weiſe, und fie koͤnnen ſich als: denn nach Belieben Mann oder Frau hinzu denken, denn man ſagt im Platt⸗ deutſchen de wiſe Mann, de wiſe Frow. ö Wenn ſie aber ſagen: ick hebbe den Wiſen fangen, ſo meinen ſie gewiß ein Männchen, — die dummen deute. Von der Treue der Puter⸗ oder Calecutiſchen Hühner im Siem 5 in der Brutzeit. 2 iſt wohl nicht leicht eine Art Fe⸗ dervieh anzutreffen, welches die Puter in dem anhaltendem ſtandhaf⸗ ten und dauerhaften Sitzen in der Brutzeit uͤbertrift. Ich habe einige Jahre her die Erfahrung davon ge: habt, daß dieſe Thiere zwei Bruten binter einander recht dauerhaft aus: bruͤteten; und will ſolches, wie mich die Erfahrung es gelehrt hat, anzeigen. Ich ſetzte im verwichenen Fruͤh⸗ jahre vier Puter auf ihre eigene und gemeine Haushuͤhnereyer, und legte einem jeden Huhn deren zwan⸗ zig unter, welche ſie auch gut aus⸗ bruͤten koͤnnen; nur muͤſſen die gemei⸗ ne Haushüßnerener acht Tage fpäter unter die Truthuͤhner, wenn die Kuͤken mit den Truthuͤhnerkuͤken zugleich auskommen ſollen, geleget werden. Dieſe ausgebruͤtete Kuͤken nahm ich ſaͤmtlich aus den Neſtern, brachte * ſie an einen andern entfernten Ort, und ließ dabei nur zwei von den Huͤh⸗ nern die geſeſſen hatten, welches gen iſt 50 bis 60 Kuͤken zu führen. 900 dieſer Brut waren ſie in 30 Tagen fertig: den beiden andern die auf dem Neſte bleiben ſolten, und die ich zum zweiten ununterbrochenen Ausbrüten beſtimmet hatte, legte ich ohne Ber; zug aufs neue jedem 20 Enteneyer un ter, welche ſie nicht nur recht gut aus⸗ brüteten, ſondern auch ebenmäßig in 30 Tagen mit der Ausbrut fertig wur; den, welches dann zuſammen genom⸗ men, eine Zeit von 64 Tagen aus⸗ machte, die dieſe beiden letzten Hüßs ner geſeſſen hatten. Dieſe Huͤhner halten bisweilen beim Bruͤten an die 70 Tage ruhig aus. Au are Es 1021 Es ift immer beſſer daß fie auf ei⸗ nen Tag geſetzt werden, weil alsdann die Kuͤken auf einen Tag auskommen, und beſſer aufzufuͤttern ſind. Weil den Alten das Sitzen nicht auf einmal ankomt, ſo habe ich die, welche zu⸗ erſt ſitzen wolten, fo lange auf Kiefel. ſteine, wie ein Huͤhnerey groß, geſetzt, bis die Anzahl, die ich zum Sitzen be⸗ ſtimt hatte, gleiche Neigung ſpuͤren ließ; auf dieſe Weiſe mußten die er⸗ ſten beinahe 70 Tage aus halten. Es iſt zu bemerken, daß, fo bald die Kuͤ⸗ ken weggenommen worden, ſolche ſo weit entfernt werden muͤſſen, damit die aufs neue ſitzende Huͤhner das Pfeifen davon nicht hoͤren koͤnnen, alsdann ſind ſie ganz ruhig, und ſitzen ſo gut, als wenn ſie aufs neue und allererſt angefangen haͤtten. Die Ver⸗ pflegung muß die ganze Sitzezeit rich⸗ tig geſchehen. Sie koͤnnen alle Tage einmal, auch wohl zwiſchen durch um den andern Tag, vom Neſte genom⸗ men, und ihnen ein wenig zu freſſen und zu trinken gegeben werden. Die Art des gewiſſermaaßen verdoppelten Ausbruͤtens, iſt nicht ganz ohne Nuz⸗ zen. Denn zu dem Ausbruͤten der En⸗ teneyer ſo jetzt durch 2 Hühner, die fonft ganz muͤßig ſeyn wuͤrden, beſchaffet wird, wuͤrden wenigſtens 3 Enten er; forderlich ſeyn. Dieſe haben nunmehr mittlerweile Zeit, die Anzahl jener zum Bruͤten untergelegten Eyer reichlich Borſtel bei Achim. 14022 wieder zu legen, indem es eine gewiſſe Folge und Erfahrung iſt, daß ſie, wenn ſie vom Sitzen abgehalten wer⸗ den, immerfort Eyer legen. Bei dem Führen der jungen En⸗ ten ſind die Truthuͤhner recht treu, und geben ſich damit viele Muͤhe. Sind die Jungen ſchon ſo weit, daß ſie auf dem Waſſer ſchwimmen, wel⸗ ches in den erſten 8 Tagen geſchieht; ſo gehen die Truthuͤhner nicht vom Ufer, und ſcheinen ihre vermeinten Kin⸗ der mit Verwunderung zu betrach— ten; wobei ſie ihre Stimme Trut! Trut! beſtaͤndig hoͤren laſſen; ſind die jungen Enten, an die andere Sei— te des Ufers geſchwommen; ſo ſetzet ſich das Huhn in die Flucht, und ge het auch dahin uͤber. Da die jungen Enten zu Zeiten bei ſtarkem Winde und kaltem Re⸗ gen unter die Fluͤgel kriechen, fo ver; ſaget ihnen das Huhn auch dieſen Schutz nicht, wenn ſie gleich groͤßer werden, und alsdenn vermehret ſich auch die Bekuͤmmerniß und die Sorg⸗ falt deſſelben ungemein fuͤr ſie. Es ſchreiet, laͤuft und fliegt hinter und neben ihnen her, wenn ſie zerſtreuet ihre Nahrung auf dem Waſſer fur chen; und ſolches waͤhret bis in den ſpaͤten Herbſt, da das Huhn eine un⸗ uͤberwindliche Abneigung zeigt, die Jungen zu verlaſſen. * Boͤhne. An⸗ 1023 N. Herzoge Henrich dem Aeltern zu Braunſchweig Wolfenbüttel iſt noch keine einzige Muͤnze, denn die im Braunſchweig⸗Luͤneburgiſchen Ming und Medaillencabinet Seite 1 2. 13. angeführte gegoſſene einfeitige Medaille gehoͤrt hieher nicht, bisher, d. i. ſeit 269 Jahren und darüber, indem der Herzog 1505 das Muͤnz⸗ recht vom Kaiſer Maximilian dem J. erlangt und 1514 verſtorben, bekant geworden. Deſto unvermutheter und zugleich wichtig iſt alſo die Nachricht, welche man hiemit durch das Hanno⸗ veriſche Magazin hat gemeiner machen wollen, von einem Goldgulden beſag⸗ ten Fuͤrſtens, den der Herr Profeſſor Adauctus Voigt zu Wien im erſten e Dr Ze Anzeige von einem hauptraren LE > Goldgulden. Theile ſeines dateien Werfoens: | e % er Nummi Germaniæ medii ævi, qui in nummophylacio Cæſareo Vindobo- nenſi adſer vantur, Viennæ 178 3. 8vo Seite 262. folgendermaßen Brian ben und erklaͤret. ö Avets. Ein Kreuß, in deſſen vi Winkeln die damals uͤbliche vier Wap penſchilde: MO. NO. HI. SE. (Mone- ta nova Henrici Senioris. 2 —— Her ET. LVNE. Revers. Das halbe Bildniß der Jungfrau Maria, wie fie e das Jeſus⸗ kind trägt, und einen Seepter in der rechten Hand hält: SALVE. REGI- NA. MIS. VITA. DVI. (Mater a E deen, vita, dulcedo.) Eine gute ſchwarze Farbe, die Schafe damit nz de der Wolle zu zeichnen. we: ya ein Pfund Talg ſchmelzet ö man vier bis ſechs Loth Theer, und ſchuͤttet fo viel von gepulverten Holzkohlen darunter, als zur Schwaͤr⸗ ze erforderlich iſt; und damit bezeich⸗ net man, wenn es uͤber dem Feuer zer⸗ laſſen worden, die Schafe. Dieſe Zeichnung waͤſcht kein aß fer aus; mit Huͤlfe der Seife aber wird die Wolle voͤllig davon gerei⸗ nigt. Solte dieſes Mengſel zu ſproͤde ſeyn, ſo kan man noch etwas Schmeer darunter miſchen. 705 — . \ 1024 % 1020 Hanno criſches Magazin. 6 Jes Stüd, Vom Entzuͤnden des Heues und vom Heumachen. loß Additament ſoll dies ſeyn, und zwar zu einer Abhand⸗ lung uͤber dieſe Materie, die im 8zten Stück dieſes Magazins vom Jahr 1782 ſteht, Ueber die Möglich: keit der Entzuͤndungen des Heues, und die Gegenmittel, wird daſelbſt Sehandelt. Iſt es moͤglich, daß feucht ein⸗ gebrachtes Heu ſich bis zur Flamme entzuͤnden kan? Dieſe Frage bejahet der Herr Verfaſſer mit allem Rechte, und begruͤndet dies durch die Zeugniſſe der Alten, durch phyſikaliſche Urſachen, wahrſcheinliche Muthmaſſungen, u. ſ. w. Der Einwurf: man hoͤret doch von Ungluͤcksfaͤllen dieſer Art nichts, kan außer der, Seite 1322. vor⸗ kommenden Widerlegung, auch noch mit folgenden Gruͤnden beantwortet werden: a) Das allerwenigſte Heu iſt im Stande ſich bis zur Entzuͤndung ſteun Zehntheile von als lem Heu eines ganzen Landes ſind hie⸗ zu erbitzen. zu ganz gewiß viel zu unkraͤftig. (Un⸗ ten mehr davon.) Selbſt das kraͤftige Heu iſt es nur unter gewiſſen Umſtaͤn⸗ den. 4 Wie wäre es alſo möglich, daß durch Entzuͤndung des Heues ſo viele Feuersbruͤnſte veranlaßt werden Fön: ten? b) Wohl wahr, daß nach den Ur⸗ ſachen der Feuersbruͤnſte obrigkeitlich geforſchet werde: aber eben ſo wahr, daß Fabeln, das laͤcherlichſte und ab— geſchmackteſte Gewaͤſch zu Protocoll kommen, ſo bald man ſelber ſchuldig iſt. Zehen und zwanzig Nachbaren mögen die wahre Urſache wiſſen, ſie ſagen fie nicht. Sie dürfen fie nicht ſagen. Das wäre unausloͤſchliche Feindſchaft auf Kind und Kindesfinder, Daher wird entzuͤndetes Heu aͤußerſt ſelten unter den Urſachen ſolcher Ungluͤcks— fälle vorkommen. Uebrigens iſt fuͤr die Moͤglichkeit ſolcher Heuentzuͤndungen noch ein Zeugniß und Beiſpiel, aus: dem alten Lande, Herzogthums Bre⸗ men, anzufuͤhren. Siehe die Hannove— riſchen geleheten Anzeigen vom Jahre 1753. S. 246. Da ich in einer Ge⸗ gend wohne, wo unſer Hen bei einer unvorſichtigen Behandlung leicht Un⸗ glück anrichten koͤnte, indem man meh⸗ rere male die Faͤlle gehabt hat, daß we⸗ gen ſehr hoch geſtiegener Erhitzung das Heu mit aͤußerſter Eile aus den Scheu⸗ Tit ren 1027 Vem Entzünden des Heues und vom Heumachen. ren heraus geriſſen werden muͤſſen, (wuͤrkliche Entzündung habe ich nicht erlebt,) ſo leidet es bei mir und an⸗ dern, die aͤhnliche Gegenden bewohnen, nicht den geringſten Zweifel, wuͤrklicher Brand moͤglich ſey. Welche Mittel braucht man, um einer wuͤrklichen Entzuͤndung vorzubeugen? Auf dieſe Frage ant⸗ wortet der Herr Verfaſſer am ange⸗ führten Orte S. 1324. f. Indeß ſagt er ſelber: daß er etwas vorſchlage, def; fen Verwerfung vielleicht die Erfin⸗ dung des Thunlichen zur Folge haben koͤnne. Und hier, muß ich geſtehen, bin ich mit demfelben am wenigſten einig. Wir wollen ſeine Vorſchlaͤge durch⸗ gehen. Erſter Vorſchlag. Man laſſe das Hen erſt knochen duͤrre werden, oder auch auf dem Halm noch abſterben. — Beides verwirft er ſelber aus dem ſehr richtigen Grunde: weil es dann dem Viehe keine Nahrung geben wuͤrde, und ſolches ohnehin bei regnigter Wit⸗ terung unmoͤglich ſey. Jeder Landwirth wird das Unthunliche dieſes Vorſchla⸗ ges mit ihm eingeſtehen. Noch haben wir alſo kein Mittel. Zweiter Vorſchlag. Man laſſe das Heu im Felde ſtehen. — Gut, ſo find die Gebäude zwar geſichert, aber das Heu ſelber kan doch darauf gehen. Indeß werde ich doch im folgenden unter gewiſſen Einſchraͤnkungen etwas aͤhnliches empfr blei . Dritter Vorſchlag. Man lege wech ſelsweiſe eine dage Heu und Stroh durch einander. — Ich vermuthe, daß daß ein | 1028 dies Mittel an ſich bewährt ſey, w wohl ich keine Probe davon gemad Aber die Schwierigkeiten dabei in 50 Ausführung! Ich müßte noch einmal ſo viel Platz als ſonſt haben. Wo krie⸗ ge ich den, da in jeder Haushaltung auf uͤberfluͤßigen Raum nicht zugerech⸗ net iſt? — Aber nun, woher das viele Stroh, und in großen Haushaltungen, wo 50, do bis 100 Fuder Heu zu Hau⸗ ſe kommen? In kleinen Haushaltun⸗ gen bei geringen Quantitaͤten Heu iſt ohnehin die Gefahr bei weitem ſo groß nicht, als bei großen Heuhaufen. Woher die 50, go bis 100 Fuder Stroh? Um Martini kan ich vielleicht fo viel haben, aber in der Heuernte kei⸗ ne 2 Fuder. Laß indeß das Stroh ſeyn, fo brauche ich unter dieſen Um⸗ ſtaͤnden die doppelte Anzahl von Ar⸗ beitern und doppelte Zeit, woran in der Ernte ohnehin Mangel iſt. Wer wird am Ende mir dies Gemiſche wie⸗ der von einander ſondern? Abermal Koſten! Kurz, ſo ſcheinbar der Vor⸗ ſchlag dem erſten Anſehen nach iſt, ſo laͤßt er ſich doch nicht zur Ausführung bringen. Vierter Vorſchlag. Man le Holz oder trockene Reiſer dazwiſchen! — In Marſchgegenden, wo die groͤßte Gefahr iſt, hat man bekantlich faſt gar kein Holz. Es anzuſchaffen, waͤre zu koſtbar und Zeit ſpildernd. Wo haͤt⸗ te man ſogleich trockenes Holz? Ohne⸗ bin wuͤrde eine große Menge Heu in den Reiſern verloren gehen. Fuͤnfter Vorſchlag. Man ſtreue Salz dazwiſchen. — Dieſen Wee 1029 Vom Entzünden des Heues und vom Heumachen. billige ich, wenn von Verbeſſerung ei⸗ nes verdorbenen Heues die Rede iſt. Aber als ein Mittel der Entzuͤndung zu wehren, kan ich es nach meiner Ein⸗ ſicht nicht gelten laſſen, da ich nicht einſehe, wie eine ſo geringe Quantitaͤt Salz von etlichen Himten unter 40 bis 50 Fuder Heu die Hitze daͤmpfen koͤnne. Sechſter Vorſchlag. Columel—⸗ la ſagt: Man laſſe das eingefahrne Heu nicht gleich feſt treten, ſondern einige Tage locker liegen! — und das ſcheinet dem Herrn Verfaſſer unter der Vorausſetzung, daß hinlaͤnglicher Raum da ſey, die allerſicherſte Art zu ſeyn. — Hierwider habe ich nicht das geringſte einzuwenden, ſo lange von 2 oder 3 Fudern Heu die Rede iſt. Aber die werden ohnehin keinem erfahrnen Landwirthe Furcht und Sorgen ma: chen, ſie moͤgen locker oder feſte liegen, es muͤßte deſi ſehr naß eingefahren ſeyn. Wenn aber von einem großen Haufen, 3. E. nur von etlichen 20 Fudern die Rede iſt; ſo wuͤßte ich mit aller Muͤhe und Arbeit denſelben nicht locker zu er⸗ Halten. Die eigene Laſt druͤcket es bin: nen ſehr wenig Tagen ſchon ziemlich feſte zuſammen, und was das Zuſam— mentreten anlanget, ſo kenne ich dies in meiner ſchon viele Jahre geführten Haushaltung gar nicht, weil dieſe Arbeit uͤberfluͤßig und unnoͤthig iſt. Es iſt alſo eine Vorſchrift, die gar nicht prakticabel iſt Wenn ohnehin Columella glaubt, daß binnen wenig Tagen die Hitze werde verraucht ſeyn, ſo vermiſſe ich hier den praktiſchen Landwirth. Die Erfahrung zeigt, daß 1030 nach vier Wochen noch Bewegung zu fpüren ſey, und die erſte Hälfte davon moͤgte etwa der Zeitpunkt ſeyn, wo die Hitze am ſtaͤrkſten iſt. Hier komt mir alſo Columella ſo wie mancher un⸗ ſerer heutigen oͤkonomiſchen Schrift: ſteller vor, der auf feiner Studierſtube nach bloß theoretiſchen Grundfaͤtzen allerhand herrliche Vorſchlaͤge thut, wovon wir armen Landleute aber nicht das allergeringſte, ihrer inneren Un⸗ moͤglichkeit halber, brauchen koͤnnen, und daher oft mit dem Namen von eigenſinnigen oder einfaͤltigen Leuten, die ſich zu ihrem eigenen beſten nicht wollen rathen laſſen, belegt werden. Nach Durchſicht dieſer nicht brauch⸗ baren Vorſchlaͤge, konte ich bloß den Leſer auf ein Paar beſſere verweiſen, die in den Hannoveriſchen gelehrten Anzeigen, an dem ſchon oben ange⸗ führten Orte ſtehen, wenn ich voraus— ſetzen duͤrfte, daß jeder dieſe Anzeigen in Händen hätte. Ich will fie alfe kurz anführen, ft Erſtes Mittel. Man vertheilet auf dem Platze, wo das Heu liegen ſoll, etliche ledige Tonnen. Die Anzahl dieſer Tonnen, wie auch ihre Stel⸗ lung, richtet ſich nach der Groͤße des Heuhaufen. Man legt das Heu um die Tonnen, bis man mit demſelben gleich hoch iſt. Nunmehr zieht man die Tonnen höher, und faͤhrt mit fer gung des Heues fort, ſo wie man mit den Tonnen gleichfalls beftändig hoͤ⸗ her ruͤcket. Dadurch entſtehen nun in dem Heuhaufen Roͤhren, die einem Brunnen, oder auch einem Schornſtein Tit 2 glei⸗ 1035 Vom Eutzuͤnden des Heues und vom Heumachen. 1036 demſelben ſchon Hitze iſt. Auch in den eben gedachten ſtehenden Kanälen, fin det man auf ein Paar Fuß Tiefe noch keine fo wichtige Hitze, als 6 bis 8 Fuß tiefer. Die groͤßte Gefahr findet ſich immer nach der Mitte des Haufen, und wenn alſo auf eines Armes Laͤnge die Hitze fchen unausſtehlich waͤre, da ſolche doch beſtaͤndig die freie Ausduͤn⸗ ſtung haben, fo müßte meines Erach⸗ tens die wuͤrkliche Entzündung unver: meidlich ſeyn. Kurz, für mich liſt die Regel zu dreiſte. Sicherer geht man, falls man Gefahr beſorget, daß man jene ſtehenden Kanaͤle auf eine ziemliche Tiefe aufreißen laͤßt, und dann ſteht bald zu beurtbeilen: ob Gefahr vor⸗ banden ſey, und alſo Wege nach obi⸗ gen durchgeſtochen werden muͤſſen, oder ob dies überflüßig und unnoͤthig ſey? 3. Das Schwitzen des Heues iſt ſehr nuͤtzlich. Ohne Schwitzen iſt das Heu aͤußerſt zaͤhe, fo, daß das Vieh ſich matt und muͤde darauf kaͤuet. Da⸗ ber es hier eben die Bewandniß bat, wie mit halb gahrem Fleiſche fuͤr Men⸗ ſchen. Durchs Schwitzen erhaͤlt es Murbigkeit, vielleicht auch mehrere Suͤßigkeit und beſſeren Geſchmack. An aͤußerlichem Anſehen aber verlieret das Heu dabei, daher ein nicht ſchwiz⸗ zendes Moorheu fo grün wie Lauch, (nach dem gewöhnlichen Ausdruck,) dagegen gebreuetes Marſchheu wie ver⸗ dorben ausſiehet, weshalb auch ein verſtaͤndiger Proviantcommiſſalr im vorigen Kriege, als ihm beides zu Kaufe angeſtellet wurde, kluͤglich das erſtere wählte. Schwitzen ſoll und muß alſo gutes Heu: nur komt es darauf an alles vernünftig zu lenken. 4. Um Heu ſchwitzend zu machen, wird daſſelbe ordentlich geheuet, und ſo bald es Wind trocken iſt (nach der Kunſtſprache zu reden,) und anfaͤngt zu ruͤſſeln, dann lade man es mitten aus dem warmen Sonnenſchein weg, und lege es an den beſtimmten Ort, ſo wird das Schwitzen zuverlaͤßig erfol⸗ gen. Wie viel Tage nach dem Maͤ⸗ hen man das Gras ſolle liegen und bearbeiten laſſen, daruͤber laͤßt ſich übers: baupt keine naͤhere allgemeine Regel, als die eben bemerkte geben, maaſ— ſen dies auf die mehrere oder mindere Saftigkeit des Heues, auf Sonne, * Wind, und gutes Heuwetter, und mit⸗ hin auf praktiſche Kenntniß dieſer Ar⸗ beit ankomt. Bei ſehr ſaftigem Heu und ſchlechtem Heuwetter, thut man wohl, nicht zu ſehr zu eilen. Alles dies verſteht ſich bloß von dem Falle, da es als Heu noch nicht beregnet iſt. So lange das Gras im Schwade auf die Art lieget, wie es die Senſe hin⸗ gelegt, ſchadet ſelbſt vieler Regen von einigen Tagen nicht, weil ſelbi⸗ ger wegen des im Graſe noch befind⸗ lichen Saftes nicht eindringen kan, vielmehr ablauft. Allein, ſo bald ein Gras erſt in Arbeit genommen und zu trocknen anfaͤngt, und der Regen als⸗ denn anhaltend iſt, ſo dringt er ein. Je trockner, deſtomehr Waſſer ver⸗ ſchluckt es. Ehe dies Regenwaſſer nicht wieder ausgetrocknet iſt, ſteht Nieman⸗ den zu rathen, Heu zum ſchwitzen in die Gebaͤude zu legen. Dies fremde Re⸗ gen⸗ — 1037 nwaſſer veranlaßt die ſtaͤrkſte Erhiz⸗ e und erzeugt N Gefahr, wogegen der eigene Saft, ohne Regen, bei weitem die Bedenklichkeiten nicht bat. Hat es alſo ins Heu geregnet, dann iſt Vorſicht zu empfehlen. Um nun aller Gefahr bei dieſer nuͤtzlichen Wuͤr⸗ kung der Natur vorzubengen, wird es aufs Heumachen ſelber vorzuͤglich ankontmen, und hier wollen wir das Verfahren verſchiedener Länder durch⸗ gehen. | In Weſtfrießland unde Nordhol⸗ land läßt man das Gras maͤhen, als: dann drei Wochen und vielleicht laͤn⸗ ger ſtille, ohne die mindeſte Arbeit daran zu wenden, ruhen. Nunmehr wird es zuſammen geharket, ſogleich aufgeladen und zu Hauſe gebracht. Das Nachgras iſt oft ſchon lang durch die Schwaden herdurch gewachſen. Geſehen habe ich dergleichen Heu nie⸗ mals, ſtelle mir aber vor, daß es ſo wenig ein gutes Anſehen haben, als in der Scheure ſchwitzen koͤnne. Daß das Heu durch eine ſolche Behand: lung dort nicht verderben muͤſſe, iſt leicht zu ſchließen, da man in jener Gegend den Haushalt ſehr gut ver⸗ ſteht, kein Geld dabei ſparet, und doch bei dieſem Verfahren beſtaͤndig blei⸗ bet. Das lange liegen des Graſes, wobei Thau, Regen, Sonnenſchein und Wind, daſſelbe ſo geraume Zeit treffen, muß es natürlich fo muͤrbe, und daher das eigentliche Schwiz⸗ zen unnoͤthig machen. Grund und Boden muß dort aͤußerſt fettig und Vom Entzuͤnden des Heues und vom Heumachen. 1038 ſtark ſeyn, daß das davon kommende Gras ein ſolches Verfahren ertragen kan, und ſogar zu erfordern ſcheinet. Wer keinen aͤhnlichen Boden hat, dem will ich es nicht zur Nachfolge ms pfehlen. Der groͤßte Theil des Heues magerer Gegenden wuͤrde dabei ver⸗ derben. In den Oldenburgiſchen Marſchen wird das Heumachen groͤßtentheils wie folge verrichtet: Rach dem Maͤhen bleibt das Gras einige Tage im Schwade ſtille liegen, z. E. 5, 6 Tage, nachdem die Witterung ſtark iſt oder nicht, allen⸗ falls kehret man das Schwad, wenn man am folgenden Tage heuen will. Waͤhrend dieſer Zeit iſt es ziemlich abgeſtorben, hat Regen, Thau, Son⸗ nenſchein erhalten, und iſt durch dieſe Abwechſelung ſchon etwas angegriffen und muͤrbe geworden. Nunmehr faͤngt die gewoͤhnliche Heuarbeit an, die ich als bekant voraus ſetze, und bloß das feine, forgfältige und duͤnne Streuen als eine angelegentliche Sache dabei empfehle. Iſt das Heu Wind trocken, ſo, daß es ruͤſſelt, und es iſt NB. kein Regen darauf gefallen, ſo bringt man jedes Stuͤcke in eine Swaͤhle oder Wind: reihe, nimt den Bindelbaum (womit das Fuder zugebunden wird,) legt denſelben am Ende der Swaͤhle queer vor derſelben uͤber, und ſpannet an sedem Ende ein Pferd vor. Der Fuhrmann ſtellet ſich auf die Mitte des Bindelbaums, und faͤhret nach der Laͤnge der Swaͤhle hinauf, wobei er das Heu auffangen und halten 5 muß. 1039 Vom Entzünden des Heues und vom Heumachen. 1040 _ muß. Von der entgegen geſetzten an⸗ dern Seite holet er das Heu auf eben wie es auch im Gebäude keine Beſorg⸗ niß mehr verurſacht. Dies ganze die Weiſe auf einen Platz zuſammen. Verfahren iſt ſehr gut, und jeder, der Auf die Weiſe bringt man 20 Fuder Heu in 4 oder 5 Haufen binnen einer Stunde zuſammen, daher es auch bei einem beſorglichen Gewitter gebraucht wird. Man nennet dieſe Arbeit das Hen zuſammen zaumen. Nunmehr ſtellen ſich die Arbeiter dabei, und ma: chen einen gewohnlichen Heuhaufen davon, der 4 oder 5 Fuder faßt. So laͤßt man es 3 oder 4 Wochen zum Breuen ſtehen, ehe man es zu Hauſe bringt. Es iſt begreiflich, daß jetzt kei⸗ ne Gefahr der Gebaͤude vorhanden iſt. Hoͤchſtens mag ſich ein Heuhaufen ent⸗ zünden und in Aſche verwandeln, wie⸗ wohl es auch nicht leicht moͤglich iſt. Leiden es die Umſtaͤnde nicht, ſolches Heu fo lange als noͤthig ift, leben zu laſſen, und muß alſo der Haufen auf⸗ geriſſen und weggefahren werden; ſo iſt die Hitze freilich oft noch ſo groß, daß Jemand mit Schuhen kaum dar⸗ auf ſtehen kan, und das Heu iſt ſo pfuͤtzennaß, daß es eher einem Schaf miſte, als einem Hen gleichet. Nie⸗ mand haͤlt es aber für verdorben, ſo Mere. ein ſaftreiches ſtarkes Heu hat, kan daſſelbe ſicher nachmachen, falls ſonſt die übrigen Haushaltsumſtaͤnde kein Hinderniß machen. Mein eigenes Verfahren bei ſaft⸗ reichem Graſe (denn mit dem uͤbrigen macht man nicht viel Umſtaͤnde,) iſt beinahe daſſelbe. Nur erfordern die, hieſigen Feldmarksumſtaͤnde einige Ab⸗ aͤnderungen. Ich kan nemlich, da ich zum Theil gemeinſchaſtliche Laͤn⸗ dereien habe, das Heu nicht ſo lange im Felde, wie jene, ſtehen laſſen, weil das Nachgras bald mit Vieh betrie⸗ ben wird. Daher laſſe ich das Gras ein Paar Tage laͤnger im Swade lie⸗ gen, und die Heuhaufen werden bloß von der Groͤße eines Viertel Fuders gemacht. So ſtehen fie einige Tage, trocknen mehr durch, und fangen an zu ſchwitzen. Nunmehr wird einge⸗ fahren, dadurch alles geluͤftet und das Schwitzen unterbrochen, aber dadurch zugleich verhindert, daß es nachher in der Scheure in keine Furcht erwecken⸗ de Erhitzung gerathen kan. 5 v. B. R. 5 . { A 579 2. ee 5 5 5 > Sanoverf N Mr Mogan. 1042 6s Stück. Montag, den 18ten Auguſt 1783. Ein Bee! uͤber die Frage: Iſt es rathſam, das Kartenſpiel aus unſern Geſellſchaften zu verdrängen? sie nun noch ein Spiel “71 lernen follen, um in 1 den Geſellſchaften, die Sie beſuchen muͤſſen, nicht ferner ein muͤßiges, oft laͤſtiges Geſchoͤpf zu ſeyn? Dieſe Frage, lieber Freund! die Sie an mich thun, kan ich weder gerade zu bejahen, noch verneinen. Wahr iſt es, wenigſtens komt mir Ihre Bemer⸗ kung als wahr und richtig vor: es gab wohl nie eine Zeit, wo ein ſo allgemeiner Spielgeiſt herrſchte, als die unſrige. Man hat ſogar an den bisher gewoͤhulichen Spielen nicht genug gehabt, ſondern bei Gelegenheit des amerikaniſchen Kriegs ein neues unter dem Namen Boſton erfunden. Ob das ein Beweiß der Verbeſſerung oder Verſchlimmerung unſeres Zeital⸗ ters ift. will ich nicht beſtimmen. Ge wiſſe Leute glauben das letzte, ich aber weder das erſte noch das letzte. In gewiſſen mittelmaͤßigen Staͤdten frei⸗ lich wohl lieber das letzte Dort ſolte es aber eine Sache der Policei ſeyn, dem krebsartigen Uebel Einhalt zu thun. In großen Staͤdten aber, wo man dem Ton unſerer Zeit gemaͤß, ge⸗ ſellſchaftlicher iſt, als vor 50, oder auch nur vor 30 Jahren, iſt es ein nothwendiges Stuͤck des Lebens, oder wenn Sie lieber wollen, ein nothwen⸗ diges Uebel. Ich kenne eine nur mittelmaͤßige Stadt in Niederſachſen, wo Thaͤtig⸗ keit und Arbeitſamkeit eben nicht fo groß und allgemein find, daß man ber fuͤrchten duͤrfte, die keute wuͤrden ſich zu wenig Erholung von Geſchaͤften er: lauben. In dieſer Stadt koͤnnen Sie ſicher täglich von 5 bis 8 Uhr im Durchſchnitt uͤber zwanzig Spieltiſche rechnen, und in dieſer Rechnung ſind nur die Geſellſchaften des Adels und die dem Adel zunächft folgende buͤr⸗ gerliche Geſellſchaften, nicht die Spie⸗ le der Handwerker und Soldaten in Gaſt und Bierhaͤuſern, in Anſchlag gebracht. Wenn ich Policeicommiſſarius waͤ⸗ re, werden Sie ſagen, ſo — Gemach Freund! ungeachtet ich nicht laͤugnen kan, daß mancher ſein Abendeſſen am n gelaſſen hat, ſo wuͤßte ich Uu Nec 1043 doch nicht, wenn ich Policeicommiffe rius wäre, was für ein Surrogat ich dieſen leuten wenn ich ihnen das Spiel naͤbme, wieder geben ſolte. In Geſellſchaft muͤſſen ſie doch um 4 Uhr ſeyn, wenn fie nicht um 5 Uhr in Ohn⸗ macht liegen ſollen. Laßt ſie ein vernuͤnftiges Geſpräch zuſammen halten. Wohl, aber Freund, wenn fie nun kein vernünftiges Geſpraͤch zu halten wiſſen, was wird die Folge ſeyn? Dieſe, die es wuͤrklich iſt: Die Leute, bei denen Mediſance ein Hauptingre⸗ dienz ihrer provinzial Erbſuͤnde iſt, ſtecken die Köpfe zuſammen, und hauen und ſtechen auf Anz und Abweſende, daß mir oft die Thraͤnen haͤtten moͤ⸗ gen uͤber die Wangen laufen. In ſolchen Faͤllen wuͤnſchte ich eben ſo oft, daß doch jeder eine Karte in der an haben mögte. Sie werden nun ſchon merken, daß ic tuft habe ein Advokat des Karten: ſpiels zu werden; es verſtehet ſich, daß ich Gruͤnde dazu habe, und daß ich es immer nur unter gewiſſen Ein⸗ ſchraͤnkungen gelten laſſen muß. Und dieſe Gruͤnde und Einſchraͤnkungen werden Sie wiſſen wollen, — es iſt billig; hier find fie, nebft Beantwors tung Ihrer Einwürfe, Nichts, lieber Freund! iſt wohl ſo unwiderſprechlich gewiß, als die Wahrheit, daß der Menſch gewiſſe Ruhepunkte, Stillſtaͤnde, Erholungs: ſtunden, oder wie Sie es nennen wol⸗ len, von feinen gewöhnlichen Gefchäf: ten haben muß. Dies fodert die Bau⸗ Ein Brief über die Frage: Iſt es tathfem, eu art feines keibes. und die d Seele. Keine Gattu g von aber hat dies nöthiger, en; 5 die viel mit dem Kopfe arbeiten, na⸗ mentlich die Gelehrten, die immer in einerlei Fach ſich herumdrehen. Wo⸗ her anders kommen Pedanten, als aus der immer gleichen Spannung der See⸗ lenkraͤfte nach einer Seite. Ein ge wiſſer Deutſcher National Schriftftel; ler Herr Moͤſer, ſagt daher mit Recht: man ſiehet es ſolchen Leuten eben ſo gut an, daß ſie Gelehrte ſind, wie man es einem Handwer⸗ ker anſi ieht, daß er lange mit uns tergeſchlagenen Beinen auf dem Tiſche geſeſſen habe. Er ſchlaͤgt vor, daß jeder Gelehrte nebenher eine Kunſt, die koͤrperliche Uebung erſodert, lernen muͤſſe, damit er wiſſe, ſeine Seele von ihrem gewoͤhnlichen Ge ſichtpunkt ab, nach einem andern zu ziehen, und damit er ein Mittel habe, feine Geſundheit zu erhalten. Der Vorſchlag iſt ſo uͤbel nicht, ſo para⸗ dox er anfangs klingt. Aber laſſen wir jetzt die Sache, in ſofern ſie den Koͤr⸗ per angehet, unentſchieden, und nehmen nur ſo viel davon, als in unſern Kram taugt. Erholung, andere Richtung ſoll die Seele des Gelehrten haben. Wenn er nun kein Handwerk, nicht Drechfeln, nicht Gaͤrtnerei gelernt hat, oder nicht tuft hat, ſich damit zu beſchaͤftigen, womit ſoll er ſeiner Seele eine andere Schwungkraft geben? Mein unmaßs geblicher Rath waͤre: ſetzt den Mann an den Spieliiſch DR er feine Theo⸗ logie, 10a das Kartenſpiel aus unſern Geſellſchaften zu verdrängen? 10 logie, ſeine Pandeeten, fein Staats: und Lehnrecht, ſeine Recepte, ſeine Triangel, ſeine Monaden, oder womit er ſich den Tag über beſchaͤftiget hat, vergeſſe; ich wette er wird heiterer auſſtehen, als er ſich hinſetzte, voraus geſetzt nemlich, daß er Geſchmack am Spiele finde, ſonſt haben wir mit un: ſerm Spieltiſch bei ihm mehr verdor⸗ ben, als gebeſſert. Daß aber dieſes Mittel, der Seele eine andere Richtung zu geben, probat iſt, das kan ich mit ein Paar Beiſpie⸗ len beweiſen. Ich kenne einen ſehr geſchickten Arzt, der ſich ſeit vielen Jahren taͤglich einige Stunden an den Spieltiſch ſetzt. Thaͤte er es nicht, ſo bin ich nicht Buͤrge dafuͤr, daß er nicht endlich ganz irre in ſeiner Kunſt wer⸗ den würde, denn feine tägliche Ber fehäftigung vom Morgen an bis zu ſei— ner Spielſtunde iſt Krankenbeſuch und Receptſchreiben. Eben das thut ein mir bekanter Mechtsgelehrter, der zugleich einer der gruͤndlichſten und beliebteſten Schrift— ſteller Deutſchlands iſt. Ohne dieſe Erholung am Spieltiſch lebte vielleicht der Mann nicht mehr, oder haͤtte uns wenigſtens nicht die eleganten witzigen und zugleich gelehrten Schriften zu le⸗ ſen geben koͤnnen, die er uns gegeben hat. Solte nicht jeder im Zirkel ſei⸗ ner Bekanten noch mehr Beiſpiele ſammeln koͤnnen? Ich glaube es we⸗ nigſtens. 5 Man kan einwenden: Niemand wird gern mit einem Mann ſpielen und in ſeiner Geſellſchaft ſein Geld verlie⸗ ren; der, wie Gelehrte zu ſeyn pfle⸗ gen, ſo zerſtreuet ſpielen wird, daß er oft nicht weiß, ob er die Karte, die er geben ſoll, in der Hand hat, oder nicht. Ich gebe zu, daß es bisweilen viel⸗ leicht der Fall ſeyn mag, auch gebe ich zu, daß es, wenn es oft geſchiehet, dem Mitſpieler verdruͤßlich werden koͤnne, aber lieben Leute! ihr ſeyd nicht mei⸗ ne Spieler, wenn ihr an euerm Spiel⸗ tiſch ſo puͤnktlich ſeyn wollet, als ob ihr in einer Reichstags ver ſammlung, oder am Bette eines toͤdtlich Kranken ſaͤßet, oder, als ob ihr ein theologiſches Bedenken ausſtellen ſoltet; noch weni⸗ ger ſeyd ihr meine Spieler, wenn ihr euch hinſetzet, um reicher aufjuſtehen. Spiel ſoll es ja ſeyn, Erholung von Geſchaͤften, nicht Erwerbungsmittel der taͤglichen Nahrung und Nothdurft, nicht Arbeit. Pflicht bleibt es immer fuͤr jeden, der ſpielen will, daß er ſich auch um die Fineſſen und Feinheiten des Spiels bekuͤmmere, aber auf der andern Seite muß man auch ein Spiel nicht für eine fo wichtige und erhebli⸗ che Sache halten, daß ein begangener Fehler verdiene dem armen Suͤnder unaufhoͤrlich vorgehalten zu werden. Noch einmal, Spiel ſoll es ſeyn, Er⸗ bolung, was druͤber iſt, das iſt vom Uebel. Gegner des Spiels pflegen wohl ſich auf unſere Vorfahren zu berufen, die nicht ſpielten, bei denen ſogar das Spiel etwas entehrendes war, das man hoͤchſtens in Wirthshaͤuſern gel⸗ ten ließ, und doch waren die Leute, ſetzt man hinzu, glücklich und zufrie⸗ Uuu 2 den, 47 den, glücklicher noch als wir. — Ich antworte: lieben Leute! Euch gebet der Spruch an: diſtingue tempora & concordabit feriptura. Es gab auch eine Zeit, wo man ſagte: nemo ſaltat ſobrius. Wolt ihr nun es uns zum Verbrechen machen, daß wir je zuwei⸗ len uns eine Bewegung durchs Tan⸗ zen machen? Ich daͤchte, nichts waͤre auffallender, als der Unterſchied zwi⸗ chen uns, unſerer Zeit, und zwiſchen unſern Vaͤtern und ihrer Zeit, und nichts billiger, als beide nach ihrem Zeitalter und dem Genie ihres Zeitäl: ters zu beurtheilen. Kamen denn un⸗ ſere Vaͤter ſo oſt zuſammen, als wir, waren ſie ſo geſellſchaftlich, wie wir? Ich denke nicht. Man giebt ja allge: mein zu, daß unſere Sitten verfeinert worden; (wohl gemerkt verfeinert, nicht verbeſſert, ſage ich jetzt,) groͤſ⸗ ſere, gemiſchtere, haͤufigere Geſellſchaf⸗ ten ſind eine ſo nothwendige Folge da⸗ von, als die Zahl vier eine nothwen⸗ dige Folge von zwei mal zwei iſt. Und wenn unſere Vorfahren alle Viertel⸗ oder halbe Jahr bei Gelegenheit einer Verlobung, Hochzeit oder Kindtaufe zuſammen kamen, fo war der Ton ih: rer geſellſchaftlichen Unterredung von dem unſerigen eben ſo verſchieden, als unſere Feſtkleider und Peruken von den ihrigen verſchieden ſind. Ob Sie ſich beſſer dabei befunden haben, oder Wir, das laſſe ich wohl weiſe noch unentſchieden. Sie ſprachen in ihren Geſellſchaften vom Ackerbau, Braue⸗ rei, Viehmaͤſten, Hagelſchlag und Donnerwetter, Sonn; und Mondfin⸗ Ein Brie ef über die Frage: Iſt es rathfam, 845 1% 4 ſterniſſe en, Cometen, PR, 7 Vie fen: che und Tuͤrkenkrieg RD und das alles mußte eben ſo ſteif ſeyn, wie ihre Kleider. Dann ſetzten ſie ſich hin und aßen ihr Stuͤck Rindfleiſch mit Merrettig, oder wenn es feſtlicher ſeyn ſolte, mit großen und kleinen Roſinen, oder auch einen Gaͤnſe- oder Kaͤlber⸗ braten, erzaͤhlten dabei die ganze Lebens⸗ und Futterungsgeſchichte des Thiers, verdampften nach Tiſche bei einem Krug Bier ihre Pfeife und die Langeweile, und gingen hin und leg⸗ ten ſich ſchlafen. Wie Himmel weit iſt dies von unſern geſellſchaftlichen Unterhaltungen verſchieden! Sollen wir nun jenen Ton wieder einführen? Das waͤre eine ſehr Donquixottſche Arbeit. Ich und Sie, lieber Freund, und vielleicht noch ein Paar Dutzend wichtigere Leute, als ich und Sie, wer⸗ den das wohl bleiben laſſen muͤſſen. Was nun zu thun? Ich denke nichts bleibt übrig, als entweder mit dem Strom ſortzuſchwimmen und ſich zu huͤten, daß man nicht untergetaucht werde, oder ſich feſt ans Ufer zu legen, und den Strom vorbei rauſchen zu laſſen. Ums Himmels willen nicht ſich gegen den Strom gelegt, man aͤn⸗ dert ſeinen Lauf nicht um ein Haar breit, und wird doch endlich mit dem Strom fortgeſchwemmt. | Und warum wollen wir etwas in: dern, da noch unentſchieden iſt, ob wir etwas beſſeres an die Stelle ſetzen koͤn⸗ nen. Spielen unſere Herrn und Da⸗ men nicht, fo — medifiren die letzten, und die erſten hun, was ihre Väter u 1049 das Kattenſpiel aus unſern Geſellſchaften zu verdraͤngen? voso tbaten, — fie ſaufen. Haben wir nun etwas gewonnen? 2 Ich Sie alſo immer unſern geſellſchaftli— chen Ton ungeaͤndert, bis er ſelbſt, eine andere Richtung nimt; bis jetzt glaube ich, daß wir in vielem Betracht durch unſere Neigung zur Geſellſchaft, durch unſere gemiſchten Geſellſchaften, fuͤrnemlich dadurch, daß unſere Frauen— zimmer oͤſterer und ungezwungener in männliche Geſellſchaften kommen, ge wonnen haben. Man hat (wo ich nicht irre, war es in England,) vor einigen Jahren die ganz richtige Be: merkung gemacht, daß der kriegeriſche und zur Rebellion geneigte Geiſt der Maͤnner in eben der Progreſſion ſeit einem halben Jahrhundert und druͤber abgenommen habe, in der der freiere Umgang des Frauenzimmers in maͤnn— lichen Geſellſchaften zugenommen hat. Ich glaube, daß das eine ſehr natuͤr⸗ liche Folge ſeyn mußte. Das rauhe der Mannsperſonen mußte ja dadurch natuͤrlicher weiſe abgeſchliffen werden, ſie mußten ſanfter und nachgebender werden, fie konten und durften nicht fo viel kriegeriſche Plane in Gefell: ſchaft des Frauenzimmers machen, es wurde nicht fo viel vom Staate, fei: nem Steigen und Fallen geſprochen, man ſetzte nicht mehr fo oft in geſell⸗ ſchaftlichen Geſpraͤchen Könige ab und wieder ein, kurz, es wurde nicht mehr ſo viel gekanneng! eßert. Die Damen wußten die Maͤnner aufzuheitern, und weiß nicht, was, — aber verloren gewiß. Laſſen zwangen ſie an ihren ſanftern Freuden und unblutigern Geſpraͤchen Antheil zu nehmen. Nun kam dazu, daß auch die Damen ſich an die Spieltiſche mit den Männern ſetzten, wahrhaftig! man- muͤßte das ſchoͤne Geſchlecht und ſeine allmaͤchtige Kraft nicht kennen, wenn man nicht vorausſehen koͤnte, daß auf ſolche Art der ganze geſellſchaftliche Ton und Umgang eine andere Yen: dung nehmen mußte. So lange nun un⸗ ſere reſpective Herrn und Damen nicht an ihren Spieltiſchen die Louis d'or hinwerfen, als wären es Rechenpfen⸗ nige, ſo lange wollen wir ſie ungeſtoͤrt ſpielen laſſen. Fangen ſie aber an Quinze zu ſpielen ) oder zu pariren, dann — ja wenn ich dann Policeiz commiſſarius waͤre, — doch dann iſts kein Spiel mehr, und mein Grund⸗ ſatz iſt, es ſoll Spiel bleiben. Ich wolte, lieber Freund! daß Sie das Spiel aus dieſem Geſichtspunkte betrachtet haͤtten, ſo haͤtten Sie ſich alle Ihre dem Spiele gemachten Vor⸗ wuͤrfe und Bedenklichkeiten ſparen koͤn⸗ nen. Denn in der That alles, was jemals, ſo viel ich weiß, gegen das Spiel geſagt worden iſt, iſt (mit Er⸗ laubniß der Herrn, die etwas dagegen geſagt haben,) ſo viel als nichts ge— ſagt, denn es trift nicht das Spiel als Spiel, ſondern den Misbrauch des Spiels. Aber wem iſts je eingefallen, den zu vertheidigen? oder welche Ga: che in der Welt, ſie ſey ſo heilig oder profan als ſie wolle, iſt nicht auf dieſe Uuu 3 oder ) Das Berlan, Pharao, Baſſét, Trente & quarante, vingt un, Trente un, Macao, u. ſ. w. gehören auch hierher. Amn. des Serausg. \ , 5 23222 EEE 1061 Ein Brief uͤber die Frage: Iſt es rathſam, ag ros oder jene Art gemisbraucht worden? entſtanden! ſagen Sie. So ſpiel⸗ Wollen Sie z. B. deswegen kuͤnftig⸗ nicht mehr in die Kirche gehen, weil es loſe Voͤgel gegeben hat, die in die Kirche gegangen ſind, um Liebesver⸗ ſtaͤndniſſe zu unterhalten? Sie ſehen, daß dergleichen Argumente zu viel be⸗ weiſen, und Sie muͤſſen noch aus Ih⸗ rer Logik von der Schule her wiſſen, daß man auf dieſe Argumente nichts bauet, weil ſie — nichts beweiſen. Es gehet bier dem Spiel eben fo, wie es vor einigen Jahren der Schaubuͤhne ging. Moraliſten groß und klein, ſchrieben fuͤr und wider, predigten hin und her, ohne den Statum controver- fix gehörig beſtimt zu haben. Gegen eine gute, wohl geordnete, unter guter obrigkeitlicher Aufſicht ſtehende Schau⸗ buͤhne laͤßt ſich wohl ſo wenig etwas vernünftiges fagen, als gegen das Pe⸗ ruken tragen; und ich wolte wohl oh⸗ ne Sopphiſterei ziemlich deutlich jedem Kammerdepartement mitoͤkonomiſchen und moraliſchen Gruͤnden demonſtri⸗ ren, daß ein Fuͤrſt fein Geld gut genug angewendet habe, wenn er zum Ver⸗ guügen feiner Bürger eine gute Schau⸗ ſpielergeſellſchaft davon unterhält, Geben wie nun bei der Frage uͤber die Zulaͤßigkeit oder Unzulaͤßigkeit des Spiels von dem Grundſatz aus: das Spiel ſoll nichts mehr und nichts we⸗ niger ſeyn, als Spiel, ſo bedarf es keiner Beantwortung der Einwuͤrfe. Doch, weil Sie es verlangen, hier ſind Einwuͤrfe und Antworten: Wie viel Mord und Todtſchlag iſt nicht ſchon beim Spieltiſche iſt endlich Spitzbube, ten die Leute nicht, antworte ich, denn haͤtten ſie die Sache ſo, wie ich will, daß es ſeyn ſoll, als Spiel betrieben, ſo haͤtten ſie ſich nicht geraufet. Und wie viel Mord und Todtſchlag iſt nicht ſchon beim Krug Bier und Glas Wein entſtanden? Sollen wir nun Bier und Wein ſauer werden laſſen und Waſſer trinken, weil es unartige Leute gegeben hat, die in Bier und Wein ihre Ver⸗ nunft erſaͤufet haben? be Nichts mehr folgt alfo aus jenem Einwurf, als die Regel, die ſich bei ſehr vielen Dingen in der Welt eben ſo gut, als beim Spiel anwenden laͤßt: Wer ſeiner Leidenſchaften nicht Herr iſt, der bleibe davon. Aber wie mancher hat ſein und der ſeinigen Dermögen am Spiels tiſche gelaſſen, hat ſich und die Seinigen ungluͤcklich gemacht, etruͤger, Bettler, Moͤrder geworden! So häufig, lieber Freund, find nun wohl die Faͤlle nicht, daß ſie zur Regel ge⸗ hoͤrten, ſie ſind Ausnahmen. Und wer zwang die Leute ein Gewerbe aus dem Spiel zu machen? Erholung, Spiel ſoll es ja ſeyn. Ueberſtieg es ihr Bar: moͤgen, ſich dieſe Erholung zu verſchaf⸗ fen, fo mußten fie ſich dieſes Vergnuͤ. gen verſagen, und ein wohlfeileres ſu⸗ chen. So gern ich ein Reitpferd haͤt⸗ te, ſo gehe ich doch zu Fuße um den Wall herum, weil ich kein Reitpferd bezahlen und ernaͤhren kan. Koͤnnen es andere Leute nicht auch ſo machen? Hier beſtimt bloß der Geldbeutel Fi etz se 1053 das Kartenſpiel aus unſern Geſellſchaften zu verdrängen ? 1054 Verhalten, denn weder Vernunft noch Offenbarung befehlen uns, alles, was wir nach Abzug der täglichen Noth⸗ durft und Nahrung uͤbrig haben, in die Armenbüchſe zu legen; vielmehr machen fie es zur Pflicht, eine gewiſſe proportionirte Summe zu unſerm Ver⸗ gnuͤgen zu verwenden, aber freilich je: des Vergnuͤgen, das unſer Vermoͤgen uͤberſteiget, iſt Thorheit, und die Mo⸗ raliſten ſagen gar, es ſey Suͤnde. Bir pop Sie ferner, daß es wohl kein Vergnuͤgen auf der Welt giebt, das nicht, wenn es uͤbertrieben wird, uns zu Bettlern, Spitzbuben und Moͤr⸗ dern machen kan. Der eine verſpielt fein Geld, der andere verſaͤuſt es, die ſer graͤbt es mit Blumenzwiebeln in die Erde, jener haͤngt es mit Kupferſtichen oder Gemaͤlden an die Wand, oder ſtellt es mit feinen Büchern in das Buͤ⸗ cherrepoſitorium, u. ſ. w. Ich kenne einen Menſchen, der bei einem betraͤcht⸗ lichen Vermoͤgen doch Brod und Salz eſſen muß, weil er alles an Landkarten verwendet. Laͤnderkunde iſt doch wahr⸗ haftig ein ſehr lobenswuͤrdiges Stu⸗ dium, in dieſem Fall aber iſt es eben ſo gewiß Thorheit, denn der Mann iſt bei allen ſeinen Landkarten ein Bettler. Spielſt du alſo, ſo ſpiele nie hoͤhere Spiele, als dein Beutel erlaubt. Das folget hieraus, mehr nicht. Der größte Theil unſerer neuern Moraliſten iſt, ſo wie in andern adiaphoris moralibus, auch in Anſehung des Spiels etwas nachgebender geworden. Sie laſſen Kunſt, oder Commerzſpiele gelten, in ſofern ſie unſern Charakter nicht ver⸗ ſchlimmern, oder andern Pflichten wi⸗ derſprechen; nur gegen Hazard ſpiele predigen fie. Nun iſt es freilich wahr, wenn gegen irgend eine Art von Spiel etwas geſagt werden kan, ſo ſind es Hazardſpiele. Indeſſen wolte ich doch auch dieſe nicht ſchlechthin verdammen. Man ſagt zwar, ſie ſind bloß zum Geldgewinn gemacht, verführen leicht und fodern keine Geſchicklichkeit und Nachdenken. Aber das letzte habe ich ſchon oft von geuͤbten Hazardfpielern beſtreiten gehört, die eben ſo gut alle moͤglichen und wahrſcheinlichen Faͤlle des Spiels zu berechnen wußten, als der Whiſtſpieler ſeine Tricks oder der Ta⸗ rockſpieler ſeinen pagat ultimo. Aber ſie ſind bloß zum Geldgewinn ge⸗ macht! Auch Lotterien, lieber Freund ſind es, und doch laͤßt man ſie gelten. Zwar behauptet einer unſerer großen Moraliſten: Nicht alle Lotterien ſind Hazardſpiele. Aber ich muß aufrichtig geſtehen, mir ſcheinen ſie es zu ſeyn. Wohl gemerkt! ich rede von Lotterien nicht vom Lotto, denn das letzte hat alles gegen, und nicht das geringſte fuͤr ſich. So lange alſo ein Hazardſpieler ge⸗ gen meine vorher beſtimten Regeln nicht ſuͤndiget, das heißt, ſo lange er ſeinen Verluſt nicht uͤber ſein Vermoͤgen ſtei⸗ gen, und die Karte nicht uͤber feine Lei⸗ denſchaften Herr werden laͤßt, fo lange finde ich auch darin nichts unerlaubtes. Aber geſtehen will ich, es wird ſchwer ſeyn, fo kaltbluͤtige Hazardſpieler zu finden. Daher mag es vielleicht kom⸗ men, daß die Moraliſten ſo heftig da⸗ gegen nos Ein Brief über die Frage: Iſt es kathſam, :e. 1056 gegen zu Felde ziehen. Das koͤnten ſie nun immerhin thun, wenn nur nicht bisweilen der Eifer zu weit getrieben, und das Spiel uͤberhaupt als eine Tod⸗ fünde ausgeſchrieen würde, Es iſt gut und es iſt Pflicht zu rechter Zeit eifern, aber mit Unverſtand eifern, hat, fo viel ich weiß, der guten Sache noch nie genuͤtzet, wohl aber geſchadet. Und wo hat man mehr mit Unverſtand ge eifert, als in dem Streit uͤber Tanzen, Maskeraden, Baͤlle, Schaubuͤhne, und Kartenſpiel. Es war gewiß ſehr zur Unzeit, wenn man mit heiligem Pathos, um das Spiel in uͤbeln Ruf zu bringen, von der Kanzel herab rief: Was ſoll aus dem Menſchen wer⸗ den, den Gott vom Spieltiſche weg vor ſeinen Kichterſtuhl ruft? Die Antwort iſt meiner Meinung nach ſehr leicht: eben das wird aus ihm, wenn er ein ehrlicher Kerl war, wer⸗ den, was aus ihm geworden ſeyn wuͤr⸗ de, wenn ihn Gott mitten in ſeinem Beruf auf der Kanzel, unter Acten, beim Krankenbeſuch, u. ſ. w. aus der Welt weggenommen haͤtte; war er aber ein Schelm, ſo wird er als ein Schelm vor Gottes Richterſtuhl be⸗ handelt werden, wenn er auch am Al⸗ tar ſtuͤrbe. Medium tenuere beati! Unſere Moraliſten thun gewiß Unrecht, wenn ſie zuweilen, um den Misbrauch einer Sache zu verhuͤten, die Sache ſelbſt verwerfen, alles uͤbertreiben, und, um mit Sancho zu reden, das Kind mit dem Bade ausſchuͤtten. Schwa—⸗ che Gewiſſen und Koͤpfe werden irre Der Schluß gemacht und ohne Moth in Feſſel ge⸗ leget, und ſtaͤrkere zertreten dem unge⸗ achtet ihre Feſſel, werfen ſie dem Mo⸗ raliſten vor die Füße und lachen Hohn und Spott dazu. Ich laͤugne nicht, daß ich ſelbſt vor einigen Jahren fo ſchwach war, mich bei einem analogi⸗ ſchen Falle an einem meiner Freunde einen ſehr rechtſchaffenen Prediger zu aͤrgern, weil ich die Sache nicht gleich aus dem Geſichtspunkt betrachtete, aus dem ich ſie haͤtte betrachten ſollen. Hier iſt der Fall, urtheilen Sie, lieber Freund, ob ich oder mein Freund der Prediger zu tadeln war. Wir waren zuſammen Abends in Geſellſchaft. Er ſpielte; in dem Augenblick, da er ein Spiel machen wolte, von dem es zwei⸗ felhaft war, ob er es gewinnen wuͤr⸗ de, kam ein Bote mit der Nachricht, daß ein Sterbender in ſeiner Gemein⸗ de ihn noch zu ſprechen, und das Abend⸗ mahl von ihm zu erhalten wuͤnſche. Sogleich gab er ganz kaltbluͤtig die Karten einem andern, kleidete ſich um, ging hin, und bereitete den Sterben; - den zum Abendmahl und Tode. In⸗ deſſen ging das Spiel in feiner Abwe⸗ ſenheit, das er als ein guter Spieler gewonnen haben wuͤrde, verloren, und ſein Verluſt war, weil er noch mehrere in ſeiner Abweſenheit verlor, ziemlich betraͤchtlich. Er kam nach einer Stun⸗ de wieder, übernahm fein Spiel, und blieb, unerachtet er verloren hatte, und in feinem Verguuͤgen durch den Kran; kenbeſuch geſtoͤrt worden war, imm in eben derſelben Laune. folgt kuͤnftig. :: ] ⸗ - ͤ-v . SEEN ES , . ˙ wm. EL EETTERERTER aa a 6. 313 75 yo 4 7 f x 1 „ 5 “ \ > 2 l N * UP TU 7 5 377 Je, / .2: ER 3 annobcriſches Magazin. 5s Stuck. 1058 dein Freitag, den 22ten Auguſt 1783. Ein Brief über die Frage: Iſt es rathſam, das Karten Aulnſern Geſellſchaften zu verdraͤngen? ſpiel aus (Schluß.) ir war es ſehr aufs Herz ge⸗ fallen, daß der Mann vom Dh Spieltiſch zum Sterbebette und Abendmahl ging, als ob er ſpaz— zieren gehen wolte, und ich zweifelte bei mir ſelbſt, ob es auch wohl für ei: nen Prediger ſchicklich ſey, ſich vom Spieltiſch zum Sterbebette rufen zu laſſen. Ich ſagte ihm alſo meine Ber denklichkeiten, und daß ich es ſchickli⸗ cher halte, wenn ein Prediger gar nicht ſpiele, weil der Fall, vom Spieltiſch zur ernſthafteſten und wichtigſten Sa— che auf der Welt gerufen zu werden, bei einem Prediger oft kommen koͤnne. Er hob aber alle meine Zweifel. Sie haben Recht, ſagte er, wenn der Pre diger ſeinem Vergnügen am Spieltiſch, ſeine Berufsarbeiten nachſetzt, oder nicht im Stande iſt, ſich ſogleich zu der wichtigen Handlung, die er ver: richten ſoll, zu ſammeln. Bei mir iſt das der Fall nicht, ich würde mich ſonſt ſelbſt tadeln. So bald ich die Nachricht erhielt, legte ich, wie Sie werden bemerkt haben, die Karten eben ſo ruhig hin, als ob ich das Spiel ge⸗ endiget und gewonnen haͤtte. Ich ſtand keinen Augenblick an, meinen Beruf dem Vergnügen vorzuziehen, und der Kranke hat um keine Minute laͤnger auf mich warten duͤrfen, als wenn ich auf meiner Studierſtube ges ſeſſen haͤtte. Auf dem Gange nach des Kranken Hauſe hatte ich Zeit ge⸗ nug, meine Seele in die gehörige Faſ⸗ ſung und Lage zu bringen. Mein Beruf hat alſo nichts dabei verloren, noch mehr, er hat gewonnen, denn ich batte mich am Spieltiſch aufgeheitert. Vielleicht wäre ich ungeſchickter zu diefem Krankenbeſuch geweſen, wenn ich mitten aus meinen theologiſchen Arbeiten herausgeriſſen worden waͤre. Was meinen Sie, ſolte mir es uͤbel zu nehmen ſeyn, daß ich mir, wenn ich des Tages Laſt und Hitze getragen babe, am Abend ein Vergnügen erz laube, das meinen Geiſt wieder zu neuen Arbeiten ſtaͤrkt und fähig macht? Ich denke nicht, und gerade das war heute der Fall. Be Xxx Nun, 1059 Nun, lieber Freund, Mann nicht Recht? Ich und ich ſchaͤmte mich meines bonn gen uͤber ihn gefaͤllten Urtheils. Sie ſehen, alles komt hier, fo wie bei vielen andern Dingen in der Welt, auf den Standpunkt an, von welchem man ſie uͤberſiehet. Sie duͤnken uns recht oder unrecht, und unſer Urtheil wird waagerecht oder ſchief, je nachdem wir gerade oder ſchief ſtehen. Sie ftan: den gewiß auch ſchief, da ſie ſo viel Bedenklichkeiten beim Spiel fanden; es wird mich freuen, wenn ich Sie etwas gerichtet habe. Den Nutzen des Spiels habe ich Ihnen gezeigt, und Ihre Einwuͤrſe vom Schaden des Spiels beantwortet, ich hoffe befriedi⸗ gend beantwortet. Man koͤnte, wenn man das Spiel recht ſchieaniren wol⸗ te, auch wohl noch ſagen, daß doch immer die Zeit, die am Spieltiſch bingebracht wird, beſſer und nüßlicher bingebracht werden koͤnte. Aber auch das heißt — nichts geſagt. Denn zur beſtaͤndigen unaufhoͤrlichen Arbeit ſind wir weder geſchaffen, noch faͤhig. Der Ruhm ſich zu Tode gearbeitet zu haben und ein Maͤrtirer feines Ber rufs geworden zu ſeyn, (wie dies ſchon oft Gelehrte geworden ſind, ) klingt in meinen Ohren fo angenehm nicht, als er vielleicht manchem klingen mag. Denn iſt das wohl Verdienſt um dle Welt, wenn man ihr ſeine Kraͤfte um ein Dutzend Jahre fruͤher entziehet, als unſere Natur und Conſtitution es gethan haben wuͤrden? Und thun das nicht alle die, die ſich jede Erho⸗ Ein Brief ber die Frage: Sf es hf, | Samba ſtumpf aeg Gre ſe ſind? Das aber iſt mein Mann, der ſeine Zeit ſo einzutheilen weiß, daß ſein Beruf, ſein Vergnuͤgen, und Welt und Menſchen nicht darunter leiden. Betrachten wir die Sache genau, ſo iſt die gar zu große Geſchaͤftigkeit nichts mehr als Charletanerie und Hocuspoeusmacherei, die in meinen Augen nichts werth iſt. Jede Stun⸗ de iſt gut angewendet, die mich zu Ausuͤbung meiner Pflicht in der kuͤnf⸗ tigen Stunde vorbereitet und geſchickt macht, ſie ſey auf der Promenade, auf dem Kanapee, auf dem Pferde, im Wagen oder am Spieltiſch hinge⸗ bracht. Und wozu dies alles? Haben wir nicht auch Pflichten gegen uns ſelbſt, Pflichten gegen unſern Koͤrper und Geiſt, haben wir nicht die Pflicht beide, fo viel immer möglich, uns quo- vis modo zu erheitern? Ich denke, es ſtehet in allen Compendien der Moral und in allen Catechismen. Endlich fragen Sie mich, warum ich, da ich das Spiel zu vertheidigen ſuche, nicht ſelbſt fpiele? Antwort: Ich habe nie das Recht ſtudiert, un⸗ erachtet ich mit der ganzen Welt uͤber⸗ zeugt bin, daß es ein ſehr nuͤtzliches und nothwendiges Studium iſt, weil ich vorher wußte, ich wuͤrde nie ein guter Rechtsgelehrter werden; aus eben dem Grunde nun habe ich nie ein Spiel angefangen, werde es auch nie, weil ich eben ſo gewiß weiß, daß 1 | nie 1061 das Kartenſpiel aus unſern Geſellſchaften zu verdraͤngen? 1062 nie werde ein guter Spieler werden. Ich denke hier, wie in vielen andern Stuͤcken: Aut Cælar aut nihil.. Dies alles, was ich bisher geſagt babe, vorausgeſetzt, komme ich endlich auf Ihre Frage, die dieſe lange Ber trachtung veranlaßt hat, wieder zu⸗ ruͤck, denn nun erſt laͤßt ſie ſich beant⸗ worten. Soll ich, fragen Sie, ein Spiel lernen, um in den Ge⸗ ſellſchaften, die ich beſuchen muß, nicht muͤßig oder gar laͤſtig zu ſeyn? Und warum nicht, lieber Freund? Lernen Sie meinetwegen alle moͤglichen 8 ſpielen Sie fie auch alle, wenn ie 1) Neigung, Luft und Fähigkeit dazu haben, 2) uͤberzeugt ſind, daß Sie nie ein zaͤnkiſcher, verdruͤßlicher, murri⸗ ſcher Spieler, ſondern 3) ein kaltbluͤtiger, guter, einſichts⸗ voller, -geſchickter Spieler ſeyn werden. kaſſen Sie 4) nie Ihren Verluſt uͤber Ihr Vermoͤgen ſteigen, und endlich 5) fangen Sie zu rechter Zeit an und hoͤren zu rechter Zeit auf, ſo daß nie Ihre Geſundheit und gute Laune, Ihr Beruf und Pflicht darunter leiden. Sind Sie im Stande dieſe Regeln zu beobachten, ſo ſpielen Sie, was Sie wollen, Tarock, Lombre, Whiſt, Triſet, Quadrille, Picket, Boſton, auch wenn Sie wollen Hazard. Feh⸗ len Ihnen aber jene Eigenſchaften, ſo folgen Sie meinem Beiſpiel, und blei⸗ ben davon. Nur verlangen Sie nicht, daß auch andere keine Karte nehmen ſollen, die Geſchmack am Spiele fin⸗ den, oder wenn Sie das verlangen wollen, ſo denken Sie ernſtlich nach, unſern Geſellſchaften eine andere Art von unterhaltendem Zeitvertreib zu vers ſchaffen, der eben ſo viel Nutzen und nicht den Schaden bringt, dem Ton unſers geſellſchaftlichen Zeitalters an⸗ gemeſſen iſt, und — quad probe no- tandum, nicht wie das Spiel gemis⸗ braucht werden kan. Haben Sie ein ſolches Surrogat gefunden, ſo wollen wir es in allen Anzeigen bekant ma⸗ chen, es an alle Policeidepartements des heiligen roͤmiſchen Reichs ſchrei— ben und empfehlen; aber ich fuͤrchte, lieber Freund, nicht ohne Grund, daß Sie eher die Quadratur des Zirkels auf das genaueſte, als fo etwas finden werden. Bis dahin wollen wir es beim Alten laſſen. d mum Groͤßer noch als mein Brief iſt die Hochachtung mit welcher ich der Ih⸗ rige bin ꝛc. Von Quackſalbern, Zahnbrechern und Marktſchreiern. Hat irgend eine Abhandlung An- iſt es gewiß die, die Irrthuͤmer und ſpruͤche auf Gemeinnützigkeit, ſo Vorurtheile zu verbannen ſucht, ber 2 ren 063 Von Sunſlbetd Sahdbeethein cr 8 1064 ren Fortdauer das Wohl des geſamm⸗ die Buͤhne eines Marktſchreiers. Der ten Menſchengeſchlechts zerruͤttet. Quackſalber, der in feinem Vaterlan⸗ Wie wichtig der Einfluß ſchaͤdli⸗ de die elendeſte Rolle ſpielte, der viel⸗ cher Voturtheile in der Medicin, auf die Geſundheit der Buͤrger, und alſo auf das Wohl der Staaten iſt, lehrt uns die tägliche Erfahrung und der Blick in Gegenden, wo ſie vorzuͤglich berrſchen, wo fie genaͤhrt und geſchuͤtzt werden. Schwaͤche, und ein ſchlei⸗ chendes Fieber, das ihre Kraͤfte unter⸗ graͤbt, ſticht durchgängig hervor, ift r. Loos. Eins der ſchaͤdlichſten Vorurtheile, iſt das Zutrauen zu Afterärzten und ihren Mitteln, und dies beſtimmt mich, es hier zu ahnden, obgleich Tiſſot und andere ſich daruͤber faßlich genug ge⸗ aͤußert haben. Quackſalber alſo und Zahnbrecher, dieſe der Arzeneikunde zum Spott entſtandene Brut, ſind der Gegenſtand dieſer kurzen Abhandlung. Schimpflich iſt es für den menſch⸗ chen Verſtand, daß Leute, die in der Wahl ihres Arztes bewunderungswuͤr⸗ dig genau und behutſam zu Werke ge⸗ hen, die einem Arzt, der ſich irgendwo niederlaͤßt, nur ſehr langſam ihr Zu⸗ trauen ſchenken, dem Quack ſalber in der erſten Viertelſtunde, dem Markt⸗ ſchreier auf ſeinen erſten Ausruf, Le⸗ 85 und Geſundheit anvertrauen. o ſchimpflich es immer iſt, ſo ſieht man es dennoch taͤglich und findet die auffallendſten Beiſpiele ohne Mühe, - Tauſende entſchuldigen ſich bei dem Arzte mit Armuth, bitten um Erlaſ⸗ ſung ihrer Schuld, und tragen in der naͤchſten Viertelſtunde alles Ihrige auf leicht entlaufener Soldat, verdorbener Moͤnch, verſoffener Barbier, oder eine andere nichtswuͤrdige Creatur war, wird in entfernten Ländern dem Arzte gleich geſchaͤtzt, und oft, — ich moͤgte ſagen, immer vorgezogen. Dort konte er ſich nicht mehr naͤhren, dort hatte er von keinem Rechtſchaffenen Unter: ſtuͤtzung zu erwarten, dort verfolgten ihn vielleicht die Strafen ſeiner Laſter, und hier, — hier ſammelt er Sum⸗ men, wird frei geduldet, von allen ge liebt, gelobt, geſchaͤtzt. — Welch ein Unterſchied, — und wie groß der Feh⸗ ler durch den er entſteht! Ich muß ihn entdecken, muß ihn allen meinen Bruͤ⸗ dern vor Augen legen, um f e mit Nachdruck zu warnen. Niemand geht zu einem Ticchler, der etwas drechſeln kan, um Spinn⸗ rocken zu kaufen. Niemand beſtellt neue Stiefel bei einem Schuſter, der nur flicken kan. Niemand giebt ſeine Uhr einem Rademacher in die Repa⸗ ratur, und alles läuft doch zum Markt⸗ ſchreier, der von der Beſchaffenheit und dem Bau des menſchlichen Koͤr⸗ pers, von den in ihm moͤglichen Krank⸗ beiten noch nicht ſo unterrichtet iſt, als der Tiſchler im drechſeln, der Schubflicker im Stiefelmachen, und der Rademacher im Uhrbau. — Aber woran liegts? — Allein an dem Unver⸗ mögen, ſolche Mörder zu uͤber ſchauen, und ihre unrechten Verfahrungsarten in ihr gehoͤriges kicht zu ſeßzen. Man . 1065 Man läßt ſich durch ein beſetztes Kleid, durch Titel, Patente, Zeugniſſe von gluͤcklichen Kuren und Aufſchnei⸗ derei bereden, einem Unbekanten ſein hoͤchſtes Gut anzuvertrauen, da man ſonſt keinem Unbekanten einen Thaler leiht. — Man bedenkt nicht, daß man beſetzte Kleider fuͤr billige Preiſe aus dem Troͤdel kaufen kan, und daß auch unwiſſende Boͤſewichter beſetzte Klei⸗ der tragen koͤnnen. Man weiß nicht, daß Patente, Privilegien und Titel, Dinge find, mit denen leider oft Wu: cher getrieben wird. — Man faͤllt gar nicht auf den Verdacht, daß ihre gu⸗ ten Zeugniſſe mehrentheils von ihnen ſelbſt geſchrieben ſeyn koͤnnen, bedenkt nicht, daß einige ſolcher Zeugniſſe gar nichts entſcheiden, da doch wohl eini: ge von der Menge, die von ihrer Arz⸗ nei nahmen, uͤberbleiben und aufkom⸗ men mußten. Wenn auch einmal ein Mittel von irgend einem Quackſalber eine Wun— derkur bewuͤrkte, iſt es denn nun ſchon ausgemacht, daß dies ein zuverlaͤßiges Mittel, und der Verkaͤufer ein grund⸗ geſchickter Mann ſey? Glaubt man mir's denn, wenn ich verſichere, daß eine Ohrfeige das beſte Mittel bei Ohrgeſchwuͤren ſey, wenn ich einen Fall bringe, da einem Schulknaben mit dieſem Mittel ein ſehr laͤſtiges Geſchwuͤr geoͤfnet wurde, ſo, daß er bald genaß? — Welche Thorheit, wird man ſagen, — und dadurch giebt man mir das Recht in die Haͤnde, mich eben ſo auszudruͤcken, da die Faͤlle genau uͤbereinſtimmen. — Die Quack⸗ und Marktſchreiernn. 1066 ſalber rechnen auf die Dummheit und Leichtglaͤubigkeit des Volks, ſchneiden auf, und geben ſich nicht ſelten den brillanten Namen, Empiriker. Neue⸗ rer Zeiten, muß man hinzu ſetzen, das iſt verdolmetſcht, Quackſalber, oder noch faßlicher Menſchenmoͤrder, Bru⸗ dermoͤrder. Gott! wie wuͤrden dieſe verwuͤſten⸗ den Empiriker in die Hoͤhe ſteigen, wenn man ſie mit einem Empitiker al: ter Zeiten auf die Waage ſetzte! Wie ſehr wuͤrden die uͤberwiegend ſeyn, die ſelbſt Galen als feine Lehrer aner; kante, die mit den Krankheiten und Mitteln ſo ſehr bekant waren, die, mit einem Worte, ſo große Anſpruͤche auf wahre Gelehrſamkeit hatten! Zu wuͤn⸗ ſchen waͤre es freilich, daß ſie ſolche Empiriker waͤren, dann wuͤrde ſie jeder dulden und mit mehrerm Recht ſchaͤz⸗ zen. So fange fie aber als verdorbene Comoͤdianten, mit entehrenden Gau: kelpoſſen erſcheinen, und nichts als drei oder vier Mittel Finnen, mit denen fie Podagra, virctägige Fie⸗ ber, Kraͤtze, Waſſerſucht, Schwind⸗ ſucht, und Gott weiß, was alle fuͤr ſchwere Krankheiten heilen wollen, und ihre Bruͤder bethoͤren und morden, ſo lange ſolten fie in keinem wohl einge: richteten Staat geduldet und noch weit weniger privilegirt werden. Man ſolte gar keine Entſchuldigungen dazu auf ſuchen, alle, alle ſind unzulaͤnglich. Geſetzt auch, ſie naͤhmen die Arzneien, aus den landesvaͤterlichen Officinen, wie dies im Preußiſchen geſchehen muß, ſo reicht vas gar nicht zu, die Unter⸗ 2,3 thanen 1067 thanen zu plündern und ſiech machen zu laſſen. Gewoͤhnlich nehmen ſolche Leute den Wehrt eines Mittels 8, 10 bis 20faͤltig. — Dies Geld bleibt nur ſelten im Lande. — Doch dies iſt im⸗ mer der kleinſte Schaden. — Die Arz⸗ neien, die die Marktſchreier oͤffentlich zum Verkauf haben, ſind gewoͤhnlich vorher unterſucht, und meiſtens an und fuͤr ſich keine ſehr ſchaͤdliche Din⸗ ge. Aber der uneingeſchraͤnkte Ge⸗ brauch, und die ganz verkehrte Anwen⸗ dung macht auch das unſchuldigſte Mittel zum Gift. — Der groͤßte Nachtheil, die meiſte Betruͤgerei und der haͤufigſte Mord wird heimlich ber ft gangen, wenn ſolche Ehrvergeſſene, Geburttreibende, heftig reizende Mit⸗ tel, ſelbſt Gifte fuͤr ungeheure Preiſe verkaufen. Hier hab' ich ein Meer von Ver⸗ wuͤſtungen zu beſchreiben, — um aber die Sittſamkeit nicht zu beleidigen, uͤbergehe ich alles unnatuͤrliche und of⸗ fenbar menſchenfeindliche was fich hier ſagen ließe. So wie dieſe, ſo ſind auch die Zahubrecher zu verabſcheuen. Ich ver de hier nicht von Zahnaͤrzten, die eine Fertigkeit beſitzen ſchadhafte Zaͤhne leicht und geſchickt auszuziehen, u. ſ. w., ich rede nur von denen, die ſich dafuͤr ausgeben, und es nicht ſind. Die ſtatt einen Zahn fertig auszu⸗ ziehn, ihn abbrechen, oder die Kinn: laden zerſprengen, beim Zahnputzen den Schmelz der Zaͤhne zerſtoͤren, aͤtzende und freſſende Zahnlatwergen und kratzende Zahnpulver ausgeben, Von Quackſalbern, Seh brchem Kraͤhnaugen und Warzen ohne alle weitere Hinſicht ausſchneiden, Obes. beine zerplatzen, und dergleichen. Wie ſchaͤdlich dieſe Mintel, und wie gefabrlich dieſes unuͤberlegte Schnei⸗ den ſind, hab' ich ſchon in den medi⸗ einiſchen Kleinigkeiten gezeigt, und will es bier der Kuͤrze wegen uͤberge⸗ hen, da ohnedem aͤußerliche Mittel, wenn ſie auch noch ſo dumm gewaͤhlt ſind, doch nicht leicht toͤdtlich werden, und dies hinreichend genug iſt, um wenigſtens einen jeden aufmerkſam zu. machen, ſich nicht gerade zu einem ſol⸗ chen Zahnbrecher in den Arm zu wer⸗ en. — Von den innerlichen Mitteln werde ich beſonders reden, um ihre Schaͤdlichkeit, oder Unwuͤrkſamkeit, und den dabei gebraͤuchlichen Betrug, in das noͤthige Licht ſetzen zu koͤnnen. Wie bauet man aber ſo vielem Un⸗ gluͤck, Verſchlimmerungen der Krank⸗ beiten, Auszehbeungen, Todtſchlaͤgen, Zerruͤttungen der Familien, dieſer reichlichen Quelle des Sturzes der Staaten, wie bauet man dieſen n | beften vor? Es kan zwar viel daun beitragen, wenn man dem Publieum zeigt, wie ſehr es hintergangen wird, wenn man es auf die Faͤlle aufmerkſam macht, da alle ſeine theuer erkauften Mittel, ent⸗ weder fruchtlos blieben, oder großen Schaden anrichteten, wenn man alle Beiſpiele medieiniſcher Moͤrdereien durch oͤffentliche Anſchlaͤge bekant mach⸗ te. So lange man aber den beuten nicht darthun und begreiflich machen kan, daß alle die um der Buͤhne des Markt⸗ 1069 Marktſchteiers verſammelt ind, und ibm mit offenen Munde zuhoͤren, eben ſo klug, eben ſo erfahren als der Quackſalber ſelbſt ſind, ſo lange das Publicum es noch nicht glaubt, daß dem Bauer nichts als Taſchenſpiele, Geſchwindigkeit und eine ſtarke Por⸗ tion Dummdreiſtigkeit fehlt, um eben ſo geſchickt zu ſeyn, als der, der es im Quackſalber liebt, lobt undvertraut; ſo lange werden Vorſtellungen aller Art unzulänglich ſeyn, dem Unweſen zu ſteuern. Daher iſts noͤthig, ſtren⸗ ge Geſetze zu geben, nach denen alle Quackſalber platterdings Contrebande And Marktſchreiern. ſind, noͤthig, daß der mindeſte Ver⸗ 1070 ſtoß gegen dies Geſetz nachdruͤcklich beſtraft wird, nörhig, daß Niemand etwas von einem benachbarten aus⸗ laͤndiſchen Marktſchreier nebmen darf, ohne exemplariſch beſtraft zu werden, u. ſ. w. — Aber, wo iſt der Regent? Wo die Obrigkeit, die dies je aus⸗ fuͤhrte? — Befehle und Verordnun— gen genug, — aber die, die auf die Vollziehung zu ſehen haben, ſchlafen, achten es zu geringe, und manche ver: kaufen gar das Leben ihrer Bruͤder, nehmen ein Geſchenk, wiegen ihr Ge⸗ wiſſen ein und ertheilen Privilegia. Beitrag zur Beſtaͤtigung der Moglichkeit, daß im Waſſer Bars ungluͤckte und todtſcheinende Perſonen, durch angewandte m September des J. 1771 hatte * ich an meinem vormaligen Wohn: orte den Vorfall, daß ein fünfjähriges Kind, von einer uͤber dem Hausgraben befindlichen Zugbruͤcke, durch die Hef⸗ tigkeit eines Wirbelwindes, in das 4 bis 5 Fuß hoch ſtehende Waſſer des Graben geworfen wurde. Dieſer Ungluͤcksfall wurde den Aeltern des Kindes nicht ehender, als nach Verlauf von zwei Stunden be: kant, weil der Vater nicht zu Hau⸗ ſe, und die Mutter der Meinung war, das Kind ſey dem Vater in den Gar: ten gefolgt. Da aber bei deſſen Rück: kehr nach Haufe, das Kind von bei: den Aeltern vermißt wurde, ſo ſiehet der Vater bei dem aͤngſtlichen Auffu⸗ Huͤlfsmittel, wieder herzuftellen ſeyn. chen ſeine Tochter im Waſſer, ſchwim⸗ mend und vom Winde bewegt, todt liegen. Auf das von demſelben anhebende Geſchrei, eilte ich dem Orte zu, und fand, wie das Kind aus dem Waſſer gezogen war, daß deſſen Lippen, Zuns ge und Augen, ſehr blau und aufge: ſchwollen, die Naͤgel an Haͤnden und Fuͤßen ſchwarzbraun, auch nicht die geringſten Zeichen des Lebens an dem⸗ ſelben zu merken waren. Ich ließ das Kind, nachdem es ins Haus getragen worden, ſogleich von ſeinen naſſen Kleidern befreien, Aſche erwaͤrmen, ſolche zwiſchen duͤnne Tücher ſchlagen, und es nackend darin legen, um es zu erwärmen; hierauf wurde dase 1071 be ohne Zeitverluſt, auf ſeinem Aſchen⸗ lager, mit warmen Servietten uͤber den ganzen Leib gerieben, und die Fußſohlen mit einer ſteifen Buͤrſte ge⸗ ſtrichen, unter die Naſe und in die Schlaͤfen wurde (in Ermanglung an⸗ derer ſpirituoͤſer Waſſer,) guter Wein⸗ eßig gerieben; allein, bei anhaltender Anwendung aller dieſer Mittel, war dennoch, nach Verlauf einer Viertel⸗ ſtunde, noch gar kein Zeichen des ker bens zu bemerken, und noch immer ſehr zweifelhaft, ob es wieder geneſen wuͤrde. i | Ich faßte daher den Entſchluß, dem: ſelben ein Tabacksklyſtier zu geben; dieſes wurde vermittelſt eines kleinen Trichters, deſſen Spitze mit Garn be: wunden, und mit Oel befeuchtet war, in den Maſtdarm gebracht, und durch das Blaſen des Rauchs, aus einer Tabackspfeife, bewerkſtelliget; wenn nun hiemit etwas nachgelaſſen wurde, ſo mußte der Vater des Kindes durch und auf Mund gelegt, demſelben Luft einblaſen, und nachdem dieſe letz tern zwei Mittel noch eine Biertelftun: de abwechſelnd fortgeſetzt waren, fo fing das Kind, zur nicht geringen Freu: de ſeiner Aeltern und aller Anweſen⸗ den, ſehr ſchwach an Othem zu ſchoͤp⸗ fen, und kam nach Verfließung eini⸗ ger Minuten, in welchen annoch mit dem Reiben des Weineßigs unter die Nafe und in die Schlafen fortge. fabren wurde, völlig zu ſich ſelber, nachdem mit Anwendung aller vorge: Beitrag zur Beſtaͤtigung der Moͤglichkeit, x 12072 meldeten Mittel eine gute halbe Stun de verſtrichen wa. Hiernaͤchſt ließ ich dem Kinde einen halben Theeloͤffel voll von dem bekan⸗ ten weißen Unzerſchen Pulver in Waſ⸗ ſer eingeruͤhrt, geben, und zwei Taſſen Thee nachtrinken. Nach Verfließung einer Stunde genoß daſſelbe etwas duͤnne Suppe, und ehe noch zwei Stunden verſtrichen waren, ſtand es von ſeinem Lager auf, um mit ſeinen Geſchwiſtern zu ſpielen, da es mir denn genau erzaͤhlte, welchergeſtalt es durch den heftigen Wind von der Bruͤcke ins Waſſer geworfen worden ſey. Das angenehme Vergnuͤgen, wel ches die Aeltern des Kindes nebſt mir und allen die dabei Huͤlfe geleiſtet hat⸗ ten, empfunden, laͤßt ſich nicht hinlaͤng⸗ lich beſchreiben, beſonders bezeigte ſich der Vater des Kindes, fuͤr meine hie⸗ bei angewandte Fuͤrſorge, durch Freu⸗ denthränen, dankbar. Es dienet dieſer Vorfall zum Be⸗ weiſe, daß dergleichen im Waſſer verungluͤckte Perſonen, durch eine an⸗ haltende Anwendung dienlicher Mit⸗ tel, wieder herzuſtellen ſeyn, wenn nem⸗ lich der Aufenthalt im Waſſer nicht von gar zu langer Dauer, und die Mittel ſchleunig zur Anwendung ge⸗ bracht, auch die Hofnung bei einer nicht gleich eintretenden Geneſung zu fruͤh aufgegeben werden: Und ich habe da⸗ her dieſen wahren Vorfall bekant zu machen, nicht für uͤberfluͤßig geachtet. - n Wr RETTEN FETTE U * Nen W > 1 es Magazin. 17 ane An Ed tes Stud, 3 1074 Montag, den 25 ten Auguſt 1783. Von der Barriere in den Niederlanden. u... (Diebe das gg bis 1025 St. vom J. 1782.) Zweiter Abſchnitt. For tſetzung der Unterhandlun⸗ gen uͤber die Barriere, nebſt den daruͤber geſchloſſenen Ver⸗ tragen, und Schickſale derſel⸗ ben, vom Anfange des jetzigen Jahrhunderts bis auf den Utrechter Frieden. Di Friede zu Ryßwick war, wie J] aus dem erſten Abſchnitte die, > ſer Abhandlung zu erſehen iſt, geſchloſſen worden, ohne daß man den Hauptpunkt der kuͤnftigen ſpaniſchen Erbfolge zur Richtigkeit gebracht hat⸗ te, und durch denielben wurde auch die, während der Friedens handlungen, vorgeweſene Ligue der wider Frankreich alliirten Potenzen, fuͤr die Sicherheit von Europa, bei dem kuͤnftigen Falle der gedachten Erbfolge, die noͤthigen Maaßregeln zu nehmen, verhindert. Ein jeder der bisherigen Ailiirten hatte ſeinen Frieden mit Frankreich fire fich beſonders geſchloſſen, die große Alltanz war nunmehr getrennt, und die geweſenen Alliierten blieben auch in ſolcher Trennung mit einer ſo unbe⸗ greiflichen Unachtſamkeit, als wenn ſie gar nichts gemeinſchaftliches zu beſorgen haͤtten. Indeſſen wurde K. Karl der II. von Spanien täglich ſchwaͤcher, alſo, daß man deſſen Tod alle Stunden beſorgen mußte. Man ſah daher vor Augen, daß ein viel blu⸗ tigerer und ſchwererer Krieg, als alle bisherigen, unfehlbar aufs neue entſte⸗ ben wuͤrde, wenn man nicht noch vor dem Tode K. Karls des IT. ſolche Verfaſſungen einginge, daß ſowohl die ſaͤmmelichen Praͤtendenten dieſer Erbfolge befriediget, als auch die all⸗ gemeine Ruhe und Freiheit von Eu: ropa verſichert wuͤrde. Kaiſer Leopold bemuͤhete fih das bin, daß ſein Vetter, K. Varl der ll. noch bei feinen Lebzeiten, ſeinen zwei ten Sohn, den Erzherzog Barl, zu einem Erben der ganzen ſpaniſchen Mo⸗ narchie erklaͤren moͤgte, und K. Karl der II., nebſt dem größten Theil des ſpaniſchen Minifterium, war auch hie— zu geneigt. Allein, ſie verlangten, daß der Erzherzog Varl ſelbſt nach Spa⸗ Py y nien 1075 nien kommen, und 10000 bi Mann mit ſich bringen fo aber der Kaifer nicht willen fondern begehrte, daß dem rzberzog nach vorgaͤngiger Erklaͤrung eines praͤ⸗ ſumtiven Kronerben, das Gouverne⸗ ment von Mayland übergeben, und DO? die verlangten Truppen dafelbft einge⸗ nommen werden ſolten. Hiezu wolte ſich hingegen der ſpaniſche Hof nicht. verſtehen, um dem alten Prinzen von Vaudemont, welchem dieſe Statthal⸗ terfchaft, auf Anſuchen K. Wilhelms des II. von Großbritannien, zur Ber lobnung feiner großen Verdienſte, war uberlaſſen worden, keinen Verdruß und Kraͤnkung anzuthun. Hiernaͤchſt konte man ſich auch, wegen des Unter⸗ halts der kaiſerlichen Voͤlker nicht ver⸗ gleichen, und wurde ein ganzes Jahr mit dieſer Unterhandlung fruchtlos zus gebracht, ſo daß nunmehr, als endlich der Hiſerliche Hof in die Abſchickung der Truppen willigte F ſolches zu ſpaͤt war. K. Ludewig der XIV. von Frank; reich hatte nemlich durch feinen Ge⸗ ſandten zu Madrid, den ſchlauen Mar⸗ quis von Harcourt, in kurzem das ſpaniſche Miniſterium, und ſogar die Koͤnigin rien, zu einer Abneigung von Oeſter reich gebracht, und hielt durch, feine ſtarke Bewafnung zu Lande und aut See, Spanien dergeſtalt in Schrek⸗ ken, daß K. Karl der U. ſich zur Er⸗ klaͤrung des Erzherzogs zu ſeinem Thronerben, und zur Uebernehmung der kaiſerlichen Voͤlker nicht mehr ent⸗ ſchließen wolle, um Frankreich keine * Von der Barrier in den Niederlanden. „ worein wolte, — ten, dem Grafen von LE ee rund ab, mit der Bedeutung, daß das Necht os ſeph Serdinands, eines Enkels Kai⸗ ſers Leopoids, von ſeiner Tochter, | Maria Antonia, die er mit feiner erſten Gemalin, der ſpaniſchen Infan⸗ des Bayeriſchen Churprinzen, tin, Margaretha Thereſia, einer Schweſter K. Varls des II. erzeugt batte, dergeſtalt beſchaffen waͤre, daß Urſache zu ei 1. Geiebensben She geben. Ja endl | 51 hi mi tn Ze 135 5 er nichts zum Vortheil des Enzber⸗ ö zogs vornehmen koͤnte, bevor nicht der kaiſerliche Hof ſich daruͤber mit dem Bayeriſchen verglichen hätte, Von allen dieſen Unterhandlungen findet man die beſten Nachrichten in den Me- moires & Negociations fecretes de Ferdinand Bonaventure, Comte de Harrach, par Mr. de la Torre; C- a la Haye, 1720. 12. ) Tome l. P. 146. ſqq. & Tome II. per torum. An ſtatt auch, daß der kaiserliche Hof mit den beiden Seemaͤchten, Groß⸗ britannien und den vereinigten Nie derlanden die noͤthigen Maaßreg eln. nahm, theils um die Heberfchiffung. der nach Spanien beſtimmten Volker von ihnen zu erhalten, theils die, im erſten Abſchnitte dieſer Abhandlung erwähnten, geheimen Artikel der groß. fen Allianz vom J. 1689, die ſpani⸗ ſche Erbfolge betreffend, zu erneuern und zu beſtaͤtigen, fand Frankreich viel⸗ mehr Gelegenheit, jene auf ſeine Seite zu bringen. Der damalige Graf von Portland, ein großer Liebling K Wil⸗ elms 2 1059 belms des III. von Großbritannien, überreichte nemlich dieſem, im Namen der Krone Frankreich, einen Entwurf wegen Theilung der ſpaniſchen Mo— narchie, weſchen K. Wilhelm der UI. ſowoßl, als die Republik der vereinig⸗ ten Niederlande ſich gefallen ließ, wer: auf dann der erfte ſogenannte Parta⸗ getraktaͤt, den 11ten October 1698 im Haag, zwiſchen England, Frankreich, und den vereinigten Niederlanden uns terzeichnet wurde, welchen man in des Du Mont Corps diplomatique, T. VII. P. II. n. 205. p. 442-444. nachleſen fa e Ann NM Kraft deffen wurden fuͤr den Dau⸗ phin die Koͤnigreiche Neapolis und Sieilien, der ſogenannte Status Præ- ſidii, oder die auf der an der Kuͤſte von Toſcana gelegenen ſpaniſchen Plaͤtze und Saufen, S. Stephano, Porto Hercole, Orbitello, Portolongone und Piombino, imgleichen Final und der Theil von Guipuscoa dieffeits der py⸗ renaͤiſchen Gebuͤrge, infonberbeit S. Sebaſtian und Fuentarabia, nebſt dem Hafen Paſſage; ſodann fuͤr den Erz⸗ berzog Narl das Herzogthum May: land; und für den Churprinzen von Bayern der Ueberreſt der ganzen ſpa⸗ niſchen Monarchie beſtimmt. Wofern aber der kaiſerliche und der bayeriſche Hof darein nicht willigen wuͤrden; ſo ſolten ihre Portionen ſequeſtrirt, und wenn ſie mit Gewalt etwas weiter ſu⸗ chen wolten, ihnen gemeinſchaftlicher Widerſtand gethan werden. Ferner wurde in einigen geheimen Artikeln ſeſtgeſetzt, daß, auf den Fall des Ab: — Von der Barriere in den Niederlanden. 1078 ſterbens des bayeriſchen Churprin⸗ zen ohne Kinder, ſein Vater, der Churfuͤrſt, deſſen Portion erben, und, falls das Herzogthum Mayland auf den obg⸗dachten Fall, ſequeſtrirt tote: de, des damaligen Statthalters Sohn, der junge Prinz von Vaudemont, Barl Thomas, die Verwaltung deſſelben führen: ſolte. 5 | Durch dieſen erſten Theilungstrak⸗ tat ſchien zwar der Rußbeſtaud von Eu⸗ ropa, auf den Fall des Abſterbens K. Barls des II., ziemlich geſichert zu ſeyn, da nemlich der Haupttheil der ſpaniſchen Monarchie, nebſt den Nie derlanden, einem Prinzen zu Theil wurde, der keine Eiferſucht wegen feir ner Macht geben, ſondern vielmehr das Gleichgewicht zwiſchen den Haͤu⸗ fern Oeſterreich und Bourbon unters halten konte. Und die Republik der vereinigten Niederlande ließ ſich die⸗ ſen Traktat auch um ſo mehr gefallen, weil dadurch die catholiſchen Nieder⸗ lande in dem Beſitze des kuͤnftigen ſpa⸗ niſchen Thronfolgers blieben, und ihr alſo noch ferner zu einer Barriere ge gen Frankreich dienen konten. Nach der genommenen Abrede der Contra: henten, ſolte dieſer Traktat vorerſt noch geheim gehalten werden; allein, der franzoͤſiſche Geſandte zu Madrid, der Marquis von Harcourt, machte ſolchen daſelbſt, wider alles gethane Verſprechen, zuerſt bekant, wodurch er K. Barlnu den l. und deſſen erſten Mi niſter, den Cardinal von Portocar⸗ rero, dergeſtalt aufbrachte, daß der erſtere, im groͤßten Geheim, ein Teftaz Pyy 2 ment 1079 ment machte, worin er, zum großen Nachtheil des Hauſes Oeſterreich, den bayeriſchen Churprinzen, Joſeph Serdinand, zu feinem allgemeinen Erben der ganzen ſpaniſchen Monar⸗ chie einſetzte. Ge ienn, CU DR Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß Frankreich damals, ungeachtet der Pro⸗ teſtation, welche es wider dieſes erſt gedachte Teſtament hatte einwenden laſſen, (S. des Lamberty Memoires, pour fervir A V’hiftoire du XVIII. Sie- cle, T. I. p. 96.) dennoch ſich mit demjenigen, was ihm in dem Thei⸗ lungstraktat zugeeignet war, wuͤrde begnüget haben. Und obgleich der kaiſerliche Hof damit nicht zufrieden war, auch dem ſpaniſchen Hofe die Zergliederung der Monarchie ſehr miß⸗ fiel; fo iſt doch glaublich, daß die Be; trachtung der Unmoͤglichkeit beide von widrigen Unternehmungen wuͤrde ab⸗ gehalten haben. Allein, das unvermu⸗ there Ableben des beſagten bayerischen Cburprinzen, welches vier Monate nach dem geſchloſſenen Traktate, nem⸗ lich den öten Hornung 2699 erfolgte, ſetzte alles in neue Verwirrung, und gab Frankreich Anlaß, Hofnung und ‚Beförderung zu ernſtlicher Ausfüh: rung feines Vorſatzes, die ganze ſpa⸗ niſche Monarchie an ſich zu bringen. Der erſte Theilungstraktat gruͤnde⸗ te ſich auf die Unguͤltigkeit des Ver⸗ zichtes der Chur⸗Bayeriſchen Gem; lin, und gab alſo ein großes Vorur⸗ theil wider den Verzicht der aͤlteſten Schweſter K. Karls des II. von Spa: nien, der geweſenen Gemalin K. Lu⸗ Von der Barelere in den Niederlanden. bi 05 dewigs des XIV. von Frankreich. Da nun dieſer ſeine Macht, ſowohl zu Lan⸗ de, an den Gränzen von Catalonien, als auch zur See taͤglich vermehrte, und Spanien in beſtaͤndiger Furcht erhielt; hingegen es in Spanien, theils am Eifer, theils am Vermögen zu ei⸗ ner guten Gegenverfaſſung fehlte; auch der kaiſerliche Hof ſich allzuſehr auf die Gerechtigkeit ſeiner Sache, und das mit derſelben verknuͤpfte allgemeine Intereſſe von Europa verließ, und des⸗ wegen mehr um Italien, als um Spa⸗ nien beſorgt, auch dabei ſo ſicher war, daß er 15000 Mann von ſeinen alten Truppen abdankte; ſo ward K. Karl der II. noch mehr in ſeiner Unent⸗ ſchloſſenheit wegen der Erklaͤrung ſei⸗ nes Thronfolgers erhalten. K. Lu- dewig der XIV. von Frankreich aber gewann dadurch Zeit, dem Pabſte, mit welchem damals der Kaiſer ohne⸗ bin in Streitigkeiten verwickelt war, und den uͤbrigen italiaͤniſchen Fuͤrſten die Macht des Hauſes Oeſterreich, wenn ſolches die ſpaniſche Monarchie erben wuͤrde, gefaͤhrlich vorzuſtellen, die Unruhen im deutſchen Reiche, we⸗ gen der neunten Chur und der Clauſel des vierten Artikels des Ryßwicker Friedens noch mehr anzufeuern, die beiden Seemaͤchte, durch einen neuen Theilungstraktat einzuſchlaͤfern und zu verblenden, das ſpaniſche Miniſterium zu gewinnen, und, mit einem Worte, alles in die Wege zu richten, daß er unvermerkt, und ohne einigen Wider⸗ ſtand, ſich der ganzen ſpaniſchen Mo⸗ narchie bemaͤchtigen konte. ie⸗ 1081 Dieſer zweite Theilungstraktat wur⸗ de den Zilen Maͤrz des N. C. 1 700 zu London, und den 25ften dieſes Mo: nats und Jahrs, im Haag unterzeich⸗ net, in welchem dem Dauphin außer dem, im erſten Partagetraktat ihm zugeeigneten, noch das Herzogthum Lothringen, mit Ausnahme der Graf— ſchaft Bitſch, die man dem Prinzen von Vaudemont zudachte, an ſtatt des Herzogthums Mayland, welches dem Herzog von Lothringen abgetreten werden ſolte, beigelegt, alles uͤbrige der ſpaniſchen Monarchie aber dem Erzherzog Varl von Oeſterreich über; laſſen wurde; jedoch mit der Bedin⸗ gung, daß das Kaiſerthum und Spa: nien nie mit einander vereiniget wer: den ſolten. Wuͤrde der Erzherzog Karl inner; bald drei Monaten, oder, wie es in einem geheimen Artikel veraͤndert wur⸗ de, nach dem Tode K. Karls des ll. in dieſen Traktat nicht willigen wol⸗ len, ſo ſolte man ſich wegen eines an⸗ dern Fuͤrſten, dem man den Ueberreſt der ſpaniſchen Monarchie überließe, mit einander vergleichen; und falls der Erzherzog Gewalt brauchen wolte, folte man ihm mit allen Kräften Wi; derſtand thun. Wofern auch der Her: zog von Lothringen zu dem vorhin ge: dachten Tanfche nicht zu bewegen wär: re, ſolle entweder der Churfuͤrſt von Bayern das Herzogthum Mayland und der Dauphin das Koͤnigreich Ober⸗Navarra, oder das Herzogthum Luxemburg und die Grafſchaft Chiny bekommen; oder aber dem Herzog von Von der Barriere in den Niederlanden 1082 Savoyen Mayland, und dem Dau— pbin das Herzogthum Savoyen mit der Grafſchaft Nizza und dem Thal Burcellonette zugetheilt werden. Uebri⸗ gens ſolte der Erzherzog Karl, bei Lebzeiten K. Karls des II., weder nach Spanien, noch nach Mayland gehen, und wenn er ohne Kinder ſtuͤrbe, folte ein anderes Kind vom Kaiſer, maͤnn— lichen oder weiblichen Geſchlechtes, welches der Kaiſer dazu nennen wuͤr— de, den Ueberreſt der ſpaniſchen Mor narchie bekommen, ausgenommen der roͤmiſche Koͤnig, weil der Antheil des Erzberzogs niemals mit derjenigen Perſon, welche Kaiſer oder roͤmiſcher König ſeyn wuͤrde, noch auch mit Frank: reich vereiniget werden ſolte. Dieſer zweite Theilungstraktat ſteht unter an⸗ dern bei dem Du Mont, l. c. T. VII. P. II. n. 22 1. p. 477-479. und mit dem Neben: und geheimen Artikel bei dem Lamberty, l. c. P. I. p. 97- 107. Es iſt merkwuͤrdig, daß der Kaiſer ſelbſt Anfangs, in reifer Erwaͤgung des Unvermoͤgens, die ganze ſpaniſche Monarchie, mit völliger Ausſchließung von Frankreich, zu behaupten, zu die⸗ ſem Theilungstraktate ganz geneigt war, und ſelbſt nach dem Zeugniß des Burnet, in feiner Hift. des derniers Revolutions d’Angleterre, T. II. P. I. p. 229. & 256. den K. Wilhelm von Großbritannien erſucht batte, felbigen zu Stande zu bringen, auch nur al— lein in dem Artikel wegen Mayland verſchiedener Meinung war. Hinge— gen ſah der ſpaniſche Hof dieſen Trak⸗ tat, und die darin vorgenommene Zer⸗ Pyy 3 glie, 1083 gliederung der ſpaniſchen Monarchie, nach den Memoires des Mr. de la Tor- re, T. I. p. m. 342., für einen Kunſt⸗ grif der beiden Seemaͤchte an, um Spanien zum Nachtheil des Hauſes Oeſterreich zu ſchwaͤchen, und die ſpa⸗ niſche Handlung ihrer Willkuͤhr zu unterwerfen. Deswegen ließ auch K. Barl der II., ſobald er von der heim: lichen Unterhandlung dieſes Traktats Nachricht bekam, durch feine Geſand⸗ ten zu London und im Haag, den Mar⸗ quis von Canales und den Don Bernhard von Quinos, die bei dem Lamberty, I. c. T. I. p. 21. fg. und p. 24. 26., befindlichen heftigen Bor: ſtellungen thun. Um auch ſeine Mo⸗ narchie in ihrer Vollſtaͤndigkeit zu er⸗ halten, hielt er fir das beſte Mittel, noch bei feinen Lebzeiten einen Nach folger zu ernennen. Es ward daher folgender Plan gemacht, daß der Erz⸗ berzog Karl ſich auf das ſchleunig⸗ ſte in geheim nach Spanien verfuͤgen, der Kaiſer ein Corps von 15000 Mann nach Italien, zu Bedeckung der daſi⸗ gen ſpaniſchen Länder, ſchicken, der Kö, nig von Spanien aber ſich hauptſaͤch⸗ lich die Vertheidigung von Spanien angelegen ſeyn laſſen ſolte. Man hofte dabei, daß die beiden Seemaͤchte für die Erhaltung der Niederlande von ſelbſt ſorgen, und die genommenen Maaßregeln und Projekte gegen Frank: reich auf alle Weiſe unterſtuͤtzen wurden, weil man glaubte, daß ſte nur aus ei⸗ ner feinen Politik den Partagetraktat eingegangen, indem ſie wohl wußten, daß es ihrem Innereſſe zuwider liefe, „für einen Friedensbruch anſehen Von der Barriere in den Niederlanden. lung nach der Levante in fo große Ge fahr zu ſetzen; S. de la Torre, I. c. TI. p.17. N Zu Ausfuhrung dieſes Plans ſchick⸗ te K. Karl der II. den Herzog Franz von Moles, in geheimer Geſandtſchaft nach Wien, und Niemand im ſpani⸗ ſchen Miniſterium zweifelte, bei ſo ſehr gefaͤhrlichen und dringenden Umſtaͤn⸗ den, an einer ſchleunigen Entſchließung und Einwilligung des Kaiſers; aber der Erfolg zeigte das Gegentheil, und 1084 Frankreich, durch den darin dieſer Kro⸗ | ne zugeeigneten Zuwachs, noch maͤch⸗ tiger zu machen, und zugleich ihre Hand⸗ dieſes ſo wichtige Geſchaͤft ward am kaiſerlichen Hofe mit der bisherigen Langſamkeit verhandelt. Der Kaiſer konte ſich nemlich nicht entſchließen, ſeinen liebſten Sohn, den Erzherzo Kari, von ſich zu laſſen, und u Spanien zu ſchicken, ſondern verlangte deſſen Erklaͤrung zum ſpaniſchen Thron⸗ folger, und für deuſelben die Statt halter ſchaft von Mayland, um ſich vor allen Dingen der ſpaniſchen Be⸗ ſitzungen in Italien zu verſichern. Man glaubte nemlich am kaiſerlichen Hoſe, daß Spauien dem Erzherzog ohne dies nicht entgehen koͤnte, weil ganz Europa nicht zugeben wuͤrde, daß ein franzoͤſiſcher Prinz ſolches in Be⸗ ſitz nehmen ſolte. Allein ſobald Frank⸗ reich und die beiden Seemaͤchte von dieſen geheimen Unterhandlungen des kaiſerlichen und ſpaniſchen Hofes Nach⸗ richt bekamen, ſo ließen ſie demſelben erklaͤren, daß ſie es nicht anders, als koͤn⸗ ten, * 1 Pr . * v — ten, ſobald der Erzherzog, oder einige kaiſerliche Truppen nach Spanien oder Italien kommen würden; S. den Lam berty, I. c. T. I. p. 110-113: Dieſe Erklärung ſetzte die beiden letztgenann— ten Höfe von neuem in Schrecken und Verwirrung, und waͤhrte die bisheri— ge Unentſchloſſenheit und Gleichguͤl— tigkeit derſelben fo lange, bis K. Karl der II. von Spanien in eine folche Schwachheit fiel, daß man nunmehr an feiner Wiedergeneſung zweifelte. Nun hatte derſelbe kurz vorher, auf Anrathen des Cardinals Portocar-— rero, den P. Innocenz den XII., um einen guten Rath wegen ſeines Nachfolgers gebeten, der deshalb eine Congregation von einigen Cardinaͤlen niederſetzte, nach deren Gutachten der Pabſt ihm einen franzöfifchen Prinzen zu ſeinem Thronfolger vorſchlug. Man fuͤhrte deshalb an, daß die Verzichte der Koͤnigin von Frankreich und ihres Gemals ſich bloß auf das gemeine Beſte, und auf den Grundſatz, die Vereinigung der beiden maͤchtigen Kronen Frankreich und Spanien zu verhuͤten, gründeten, folglich bei dem Von der Barriere in den Niederlanden. jetzigen Zuſtande der Sachen das Be⸗ ſte der Monarchie ſowohl, als der Re— ligion, dieſe Verzichte um fo mehr unſtatthaft und ungültig machte, weil bei einem nachgebornen franzoͤſiſchen Prinzen, auf den die Erbfolge von Frankreich nicht fiele, die Vereinigung der beiden Kronen nicht zu beſorgen ſey. Dieſe letztere Bedenklichkeit noch mehr auf die Seite zu raͤumen, nah— men einige im ſpaniſchen Miniſterium \ 1080 ihren Bedacht auf den damaligen H. Philipp von Chartres, einen Beuz ders ſohn K. Ludewigs des XIV. von Frankreich. Nachdem aber K. Karl der II., dieſe Erbfolgsſache und das Recht der Praͤtendenten nachmals durch den Cars dinal Portocarrero, den Präfiden: ten von Caſtilien, Don Manuel Arias, den Seeretair der Univerfal: depechen, Don Anton von Ubillir, den Corregidor von Madrid, Don Sranz Konquillo, und zwei beruͤhm⸗ te Rechtsgelehrte, Don Sebaſtian von Cotes und Don Ferdinand von Mier, hatte uͤberlegen laſſen; ſo er— klaͤrten dieſelben gleichfalls die ehema⸗ ligen Verzichte der Koͤnigin von Frank⸗ reich und ihres Gemals fuͤr unguͤltig; S. de la Torre, I. c. T. II. p. 63-102. Dadurch ließ ſich endlich der todtſchwa⸗ che K. Karl der II. zu dem fatalen Teſtamente bewegen, welches er den aten October 1700, und das Codicill den sten dieſes Monats und Jahrs unterzeichnete, worin er des Dauphins zweiten Sohn, den Herzog Philipp von Anjou, zu ſeinem Univerſalerben der ſpaniſchen Monarchie einſetzte. Man findet daſſelbe unter andern bei dem Du Mount, I. c. T. VII. P. II. n. 224. p. 485-493. und bei dem Lam bert y, l. c. T. I. p. 171-192. So⸗ bald ſich indeſſen der kranke Koͤnig wieder etwas beſſer befand, ſo wachten ſeine guten Geſinnungen gegen ſeinen Vetter und Schwager, den Kaiſer und deſſen Soͤhne, als feine naͤchſten Bluts⸗ erben, wieder auf; allein ein Ruͤckfall in x * 1087 in feiner Krankheit machte dieſer gu⸗ ten Meinung und zugleich feinem fe ben den ıten Nov. 1700 ein Ende. Nach feinem Abſterben wurde fein. binterlaſſenes Teſtament, nebſt dem Cobicill eroͤfnet, und die darin ernannte Junta gab von deſſen Inhalte dem König von Frankreich Nachricht, bat ſich auch, durch vier nach einander ge⸗ folgte Schreiben, ſeinen Enkel, den Herzog Philipp von Anjou zum Ko: nig aus. Ludewig der XIV. hielt daruͤber einen großen geheimen Rath, worin zum Schein berathſchlaget wur⸗ de: ob man bei dem Partagetraktat bleiben, oder das Teſtament annehmen ſolte? Nachdem nun das letztere durch die Mehrheit der Stimmen war be⸗ ſchloſſen worden, ſo wurde der Herzog Philipp von Aajou, mit Öffentlichen Gepränge, für einen Koͤnig von Spa: nien erklaͤrt, und Frankreich ließ alſo den Theilungstraktat fahren. Zugleich aber ließ K. Ladewig der XIV. die Proteſtation des Hauſes Orleans ger gen die im Teſtamente enthaltene Sub⸗ ſtitution des Erzherzog Carl zu, und behielt dem Herzog von Anjou und fernen männlichen Nachkommen, durch die im December 1700 ausgefertigte Leitres patentes ihr Erbfolgerecht auf die Krone Frankreich vor, falls deſſen älterer Bruder der Herzog von Bur⸗ gund, und deſſen männliche Nachkom⸗ menſchaſt unbeerbt ausgehen würden. Von der Barriere in den Niederlanden. 5 1088 Man findet die ſämmtlichen hieher ge⸗ börigen Akten bei dem Lamberty, l. c. T. I. p. 229. 236, und 388. q. Der neue Koͤnig Philipp der V. trat auch hierauf den 4% Dec. 1700 ſeine Reiſe nach Spanien an, und nahm, ohne einigen Widerſtand, Be⸗ ſitz von dem ſpaniſchen Throne, und von allen und jeden zur ſpaniſchen Mo⸗ narchie gehörigen Ländern, in und außer Europa, ohne alle Ausnahme, indem dieſe insgeſamt dem Beiſpiel von Spanien folgten, und ſich alle Gouverneurs verbunden hielten, dem letzten Willen ihres verſtorbenen K. Karls des II. Gehorſam zu leiſten, auch ſich wegen der großen Macht von Frankteich außer Stande ſahen, an⸗ dere Entſchließungen zu faſſen. Num mehr war alſo der ehemalige Entwurf des Cardinals Mazarini zu feiner Erfuͤllung gekommen, und derjenige Zeitpunkt erſchienen, welcher Frankreich die laͤngſt gewuͤnſchte Univerſal⸗Mo⸗ narchie verſicherte, und dem uͤbrigen Europa die allgemeine Dienſtbarkeit androhete, indem nemlich das ſpani⸗ ſche Miniſterium dem Koͤnig Lude⸗ wig dem XIV. die völlige Anordnung der Regierung von Spanien überließ, mithin Frankreich und Spanien in der That eine einige Monarchie aus⸗ machten, welche der Ober herrſchaſt K. Ludewigs des XIV. unterworfen war, * £ Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. ? tee D 0 nal nnoveriihes Magazin. logo Gytes Stüd, Freitag, den 29ten Auguſt 1783. Von der Barriere in den Niederlanden. (Fortſetzung.) D bisherige mußte nothwendig vorauf angefuͤhrt werden, um gleichſam zu einer Einleitung in dasjenige, was nun von der Bar⸗ riere in den Niederlanden folgen wird, zu dienen. dieſer Abhandlung, wird meinen Le⸗ ſern erinnerlich ſeyn, wie viel Muͤhe ſich die Republik der vereinigten Nie⸗ derlande gegeben, um an den ſpaniſchen Niederlanden eine Barriere gegen Frankreich zu erhalten, und daß ſie es auch nach dem Ryßwicker Frieden da⸗ hin gebracht habe, daß ihr von Spa⸗ nien das Beſatzungsrecht in den Fe⸗ ſtungen Mons, Namur, Luxemburg, Eharleroy, Ath und Oudenarde einge⸗ raͤumt worden. Ein Hauptbewegungs⸗ grund, warum die Republik die Haͤn⸗ de zu den beiden Theilungstraktaten bot, war dieſer mit, weil die ſpaniſchen Niederlande bei der uͤbrigen ſpaniſchen Monarchie bleiben ſolten, und dem kuͤnſtigen fpanifchen Monarchen mit zugeeignet wurden, wodurch ſie dann, wegen ihrer Barriere, geſichert war. Allein durch das vom König von. Aus dem erſten Abſchnitte Frankreich age een he Teſtament K. Barls des II. von Spanien, und durch die hierauf erfolgte Thronbeſtei⸗ gung Herzog Philipps von Anjou und deſſen Beſitznehmung der ganzen ſpaniſchen Monarchie, ſah ſich die Re⸗ publik in ihrer Erwartung und Hof nung um ſo mehr getaͤuſcht, weil den sten Hornung 1701 in alle Plaͤtze der ſpaniſchen Niederlande, ja ſelbſt in die, worin hollaͤndiſche Beſatzungen lagen, feanzöfifhe Truppen, unter dem Na⸗ men der Huͤlfsvoͤlker einruͤckten. Da die Anzahl der hollaͤndiſchen Truppen, in Vergleichung der franzoͤſiſchen, ſehr geringe war; ſo wurden ſie nicht viel beſſer, als Kriegsgefangene betrachtet. Ja die Franzoſen erlaubten ihnen end: lich ihren Abmarſch gleichſam nur aus Gnaden, und nicht eher, als bis die Republik den Herzog Philipp von Anjou für einen König von Spanien anerkant hatte, welchem Beiſpiel auch bernach K. Wilhelm der Ul. von Großbritannien folgte, deſſen Miniſte⸗ rium ſowohl, als das Parlament, da: mals groͤßtentheils durch fran zoͤſtſches 333 Gold 1091 Gold eingenommen AN S. Thea- trum Europzum, T. XVI. p. 258. f. & 262. und Barner Hiſtoire bc. T. II. „. 251. 253. & 278. K. Ludewig der XIV. hoſte in⸗ deſſen anfangs dieſe beiden Mächte, vom denen er das meiſte zu befürchten hat- te, noch ferner einzufhläfern, und ließ ſich daher mit ihnen in Unterhandlun⸗ gen ein, welche auch der Republik der vereinigten Niederlande den Vortheil gaben, daß ſie erſt erwaͤhntermaaßen, ihre Beſatzung aus den ſpaniſchen Niederlanden frei zuruͤckziehen, und mit denſelben ihre aͤußerſte Graͤnzen deſto beſſer verwahren konte. Ob nun gleich ſeine Geſandten im Haag und zu London, nemlich der Graf von Briord, und der Graf von Tallard, bereits im November und December 1700, das dem Par ra: raktat ſchnur⸗ ſtracks zuwider laufende bisherige Vor⸗ nehmen ihres Herrn, mit der kuͤnſtli⸗ chen Unterſcheidung zwiſchen Lettre und Elprit zu beſchoͤnigen ſuchten; fo fanden fie doch damit kein ſonderliches Gehoͤr. Die im Namen ihres. Ho⸗ fes uͤbergebene Vorſtellung ging nem— lich dahin, daß durch das Teſtament K. Baris des II. das fo ſehr ge wuͤnſchte Gleichgewicht von Europa vollkommen hergeſtellt ſey, und die Vereinigung der beiden Kronen zu Erhaltung eines beſtaͤndigen Friedens in der Chriſtenheit diene. Der letztere Theilungstraktat habe nichts anders, als dieſen Endzweck zum Grunde ge⸗ habt, wenn man den Sinn und Geiſt, (Eſprit,) deſſelben erwaͤgen wolle; hin⸗ Von Nr Barriere‘ in den Niederlanden. 5 gegen wuͤr wen mei ner Krieg en eb ir m gi bloßen Buchftaben 1 chge⸗ ben wolte. Und weil auch Frankreich alle Vortheile, die es durch eine Zer⸗ gliederung der ſpaniſchen Monarchie, vermoͤge dieſes Partagetraktats, für ſich ſelbſt erlangt hätte, willig und groß: muͤthig aufgeopfert habe, um die erſt genannte Monarchie ganz beiſammen zu laſſen; ſo haͤtte man Urſache, ſol⸗ che Maͤßigung mit Dank zu e und in Ruhe und Friede zu laben Lamberty l. c. T. I. p. 198: 2 6 8 221-227. 2 Allein England. und Holland waren nun einmal aus ihrem politiſchen Schlummer erwacht, und wolten ſich mit dergleichen Vorſpiegelungen nicht begnuͤgen, ſondern wie kurz darauf, nemlich im Hornung 1701 der Koͤnig von Frankreich, obgedachtermaaßen die ſpaniſchen Niederlande mit feinen Voͤlkern beſetzte, und dadurch Holland in die aͤußerſte Gefahr gerathen war; fo hielt K. Wilhelm der III, von Großbritannien, nebſt der Republik der vereinigten Niederlande, vor allen Dingen nöthig, ſich mit einander auf das genaueſte zu vereinigen. Und nach⸗ dem ſich auch inzwiſchen K. 1 ſeines Parlaments verſichert hatte; ſo uͤbergaben ſein Geſandter und die Der putirten der Republik dem neuen fran⸗ zoͤſiſchen Geſandten, dem Grafen von Avaux, in zwei Schriften, die Anfor⸗ derungen ihrer Souverains, die man bei dem Lamberty l. e. T. I. p. 403-1 408. in ihrem ganzen Umfange nahe leſen „ * 1605 | Von der Barriere in den Niederlanden. leſen kan, Der Hauptinhalt derſelben geht dah e daß ſie 1) vor allen Din⸗ gen eine Geungthuung für das Haus Oeſterreich, wegen deſſen Anſpruͤche auf die ſpauiſche Erbfolge, welche in dem Theilungstraktate waͤre regulirt wor: den, begehrten; 2) daß der Kaiſer zu der gegenwaͤrtigen Handlung mit ein⸗ geladen, und in dem zu errichtenden Traktate mit eingeſchloſſen werden ſol⸗ te. Ferner und 3) ſolte Frankreich, in einer kurzen beſtimmten Zeit, ſeine Truppen aus den ſpaniſchen Nieder⸗ landen zuruͤck ziehen, und dieſe hin⸗ fuͤhro bloß mit ſpaniſchen und wallo⸗ niſchen Truppen, die allein in des Koͤ— nigs von Spanien Dienſten ſtuͤnden, oder mit engliſchen und hollaͤndiſchen Huͤlfsvoͤlkern beſetzt; auch 4) den Ge⸗ neralſtaaten zur Befaßung, ausſchluß⸗ weiſe, Venlo, Ruremonde, Stephans; werth, Luxemburg, Namur, Charle⸗ roy, Mons, Dendermonde, Damme, und S. Damras, mit ihren Schlöf: ſern und Citadellen, an England aber Oſtende und Nieupoort, dergeſtalt über: laſſen werden, daß dieſelben in dieſe Plaͤtze ſo viel Volk, als ihnen belieb⸗ te, einlegen, und die Feſtungswerke, nach ihrem Gefallen verbeſſern koͤnten. Endlich verlangten fie auch 5) daß we: der die ſpaniſchen Niederlande, noch ſonſt eine einige Provinz der ſpaniſchen Monarchie, in: oder außerhalb Euro: pa, weder durch Heirath oder Teſta— ment, noch durch Erbſchaft, oder auf einige andere Art und Weiſe jemals an Frankreich fallen; und 6) zur Ga⸗ rantie dieſes Traktats alle andere Po⸗ 1094 tenzen zugelaſſen werden ſolten. Frank reich wolte ſich aber des erlaugten großen Vortheils der Beſitznehmung der ſpaniſchen Niederlande nicht ſo leicht begeben, ſondern erbot ſich allein zu einer Erneuerung des Ryßwickiſchen Friedens, und verſuchte erſt, die Re publik Holland zu einem beſondern Traktat zu vergleichen. Weil aber die beiden Seemaͤchte feſt darauf be ſtunden, nicht anders als in Gemein⸗ ſchaft, und zugleich mit Oeſterreich in Uaterhandlungen zu treten, auch dieſe, ohne die Bewilligung der vergedachten Bedingungen, nicht zu hoffen waren 1 fo wurden felbige endlich abgebrochen, und alles ruͤſtete ſich vielmehr zum Kriege. Es ließ zwar K. Ludewig der XIV. nachher den Generalſtaaten nochmals beibringen, daß, weil er das Teſtament K. Karls des II. angenom⸗ men, mit dem Verſprechen, die ſpani⸗ ſche Monarchie in ihrer bisherigen ganzen Conſiſtenz zu erhalten, er für ſich zu keiner Trennung antragen koͤn⸗ te. Er zweifle aber nicht, daß Spa⸗ nien ſich endlich hiezu entſchließen, und vielleicht Mayland dem Haufe Oeſter⸗ reich abtreten wuͤrde, wenn man ſſch bei demſeiben melden wolte. Allein, es war damals ſchon zu ſpaͤt zu der⸗ gleichen Propoſtitionen, und die Unter⸗ handlungen uͤber eine Allianz zwiſchen dem Kaiſer, England und Holland, waren ſchon zu weit gekommen, auch der Aufang der kaiſerlichen Waffen in Italien bereits zu gluͤcklich geweſen, um ſich damit aufhalten zu laſſen. Die Unterhandlungen über die erſt 3712 er⸗ 15 1 999 vereinigten Niederlanden dieſe ihnen ſo ſehr angelegene Barriere noch mehr verſichert wurde. Man ergrif hierauf die Waffen ge⸗ gen Frankreich und den Herzog von Anjou, und fuͤhrte fie ſo gluͤcklich, und mit fo großer Eintracht, daß alle Ver⸗ ſuche jener Krone, die Alltirten zu tren⸗ nen, damals fruchtlos waren. Alle Alliirte verdoppelten vielmehr ihren Ei⸗ fer, weil ein jeder glaubte, bei demſel⸗ ben das gemeinſchaftliche Intereſſe be⸗ feſtiget zu ſeyn, mithin nicht leicht eine Eifer ſucht unter ihnen entſtehen konte. Man hielt daher den Beſitz der ſpani⸗ ſchen Monarchie, wozu das Haus Oeſterreich zu gelangen ſuchte, für nothwendig zu Erhaltung des Gleich⸗ gewichtes von Europa, und die Bar⸗ riere in den Niederlanden wurde nicht ſowohl fuͤr eine Vermehrung der Macht von Holland, als vielmehr für ein noͤ⸗ thiges Bollwerk gegen den weitern An⸗ wachs von Frankreich, und gegen alle beſorgliche Unterdruͤckungen dieſer Re⸗ publik angeſehen. Der nunmehr aller Orten ausgebrochene und für Frank: reich ſehr ungluͤcklich laufende Krieg fiel dieſer Krone bald zu ſchwer, und die erlittenen Niederlagen bewogen K. Ludewig den XIV., daß er ſich ſchon im J. 1705, in der Stille, um einen Frieden bewarb, und durch verſchiede— ne Emiſſarien, beſonders den Praͤſi— denten von Rouille, der ſich in Hol land eingeſchlichen hatte, den erſten Antrag dazu dem Großpenſionair thun ließ, in Hofnung, daß er bet dieſer commercirenden, und deswegen jeder⸗ Ven der Barriere in den Niederlanden: vos zeit zum Frieden geneigten Republi am erſten Gehör finden W dem Ende wurden auch verſchiedene ſehr kuͤuſtlich verfaßte Schriften aus⸗ geſtreue. i ad Aus denfelben; gehoͤrt zu unſerm Endzwecke beſonders folgende Stelle: „Es ſey kein Zweifel, daß Frankreich „zum voraus ſich dazu verſtehen wuͤr⸗ „de, die Niederlande auf den Fuß, wie „fie vor dem Tode des verſtorbenen Koͤ⸗ „nigs von Spanien geweſen, wieder „berzuftellen , und e dar⸗ „aus gaͤnzlich wegzuziehen, damit die „vornehmſten Plaͤtze wieder allein mit „hollaͤndiſchen Kriegsvoͤlkern beſetzt „werden koͤnten, um dadurch die Bar⸗ „riere zu ſetzen, welche der Republik „Holland, zu ihrer Sicherheit, noth⸗ „wendig, und auch England indiredte, „gleichwie ganz Europa, nuͤtzlich ſey, „indem die Aufrechterhaltung und Ver⸗ „groͤßerung der Macht dieſer Republik „zur Sicherheit der Unabhaͤngigkeit „und Freiheit dieſes Welttheils die⸗ „ne. „„ Ingleichen: „Man koͤnte auch „den Partagetraktat, der vor dem To⸗ „de des Koͤnigs von Spanien ſey ge⸗ „macht worden, wieder zum Grunde „legen; nur, daß etwas weniges, ſo „den Euglaͤndern anſtoͤßig geſchienen, „daran geändert würde. Dadurch ber „kaͤme der Erzherzog Karl inſonder⸗ „heit alle italiänifche Staaten, und „die ſpaniſchen Niederlande koͤnten „zur Sicherheit der Vereinigten ge⸗ „braucht werden, als an welchem letz⸗ „tern Punkte ganz Europa gelegen ſey, „indem dieſe Republik wegen 7 70 „da⸗ 1101 „age, Macht, weitlaͤuſtigen Hand: „lung, und wohl eingerichteten Regie: „rung jederzeit das ſtaͤrkſte Bollwerk „der Freiheit u und Unabhaͤngigkeit der ehriſtlichen Souverainen fey.,, Von dieſen geheimen Unterhand: lungen und Propoſſtionen bekamen die Miniſter der hohen Alliirten im Haag jeitige Nachricht. Der kaiſerliche Ge: fandte ließ auch eine Antwort auf eine von den ausgeſtreueten franzoͤſiſchen Schriften austheilen, worin die fal— ſchen Kunſtgriffe jenes Verfaſſers ziem⸗ lich deutlich entdeckt, und unter an⸗ dern gegen die ſo oft empfohlne priva⸗ tive Beſatzung der ſpaniſchen Nieder⸗ lande bemerkt wurde, daß Frankreich dadurch nur eine Uneinigkeit und Ei⸗ ferfucht unter den Alliirten zu erregen ſuche. Es wuͤrde nicht allein eine Un⸗ gerechtigkeit ſeyn, die Niederlande, als ein uraltes Erbgut des Hauſes Oeſterreich, demſelben zu nehmen, ſon⸗ dern es habe auch die Erfahrung ſo— wohl im J. 1672, als auch noch kurz nach dem Abſterben des letztern Koͤ— nigs von Spanien genugſam gewie⸗ ſen, wie eine ſchwache Barriere dieſe hollaͤndiſche Beſatzungen ſeyen. Es folge daher aus dieſen franzoͤſiſchen Vorſtellungen von ſelbſt, daß, wenn Europa frei und unabhaͤngig bleiben wolle, England und Holland beſtaͤn⸗ dig einmuͤthig und zugleich bewafnet ſeyn müßten, u. ſ. w.,, Durch dieſe und andere nachdruͤckliche Vorſtellun⸗ gen, welche auch der Herzog von Marlborough unterſtuͤtzte, ließen ſich die Hollaͤnder bewegen, den fran⸗ Von der Barriere in den Niederlanden. 1102 zöfifchen Emiſſarien den Abſchied zu geben, die auch im December 1705, unverrichteter Sachen, wieder nach Hauſe gingen. Man kan aber von dem 7 857 angefuͤhrten das weitere finden bei r c. T. III. b. 550 a Mc Das folgende 8 1706 war für Frankreich noch ungluͤcklicher. Nach dem Entfaße von Bareellona, brach die portugieſiſche Armee in das Herz von Spanien ein, und ließ zu Ma⸗ drid den, vor drei Jahren zu Wien zum König von Spanien erklaͤrten, und hierauf dahin abgegangenen Erz berzog Rarln zum König ausrufen, welcher ſich auch mit ſeiner Armee in Arragonien und Valentia ausbreitete. Der faſt zu gleicher Zeit vom Herzog von Marlborough befochtene große Sieg bei Rameilles und Judoigne batte zur Folge, daß die großen Staͤdte in Flandern und Brabant ſich Karln dem III. unterwarfen, Oſtende aber, Menin, Dendermondo und Ath bier: auf mit Gewalt genommen wurden. Und endlich nach dem Entſatze von Turin, unterwarf ſich auch ganz May⸗ land dem Kaiſer; ja das Jahr dar⸗ auf mußten die Franzoſen, nach der geſchloſſenen General- Capitulation, ganz Italien raͤumen, und ſich nach Frankreich zurückziehn. Es hielten daher ſelbſt einige Alliirte dafuͤr, daß dadurch die Macht von Frankreich ſchon dermaßen geſchwaͤcht worden, daß es nicht zu fruͤhzeitig ſey, an eis nen Frieden zu gedenken. Hiezu ga: ben auch große Hofnung theils Frank: reich 1103 reich ſelbſt, theils die Uneinigkeit im engliſchen Parlamente, welches mit dem Miniſterium und der bisherigen Kriegsfuͤhrung nicht voͤllig vergnuͤgt war, theils der Einbruch des Königs von Schweden in Sachſen, welcher den Alliirten allerhand Sorgen mach⸗ te. Der König von Frankreich ließ daher erſtlich insgeheim bei einigen Deputirten der Generalſtaaten, und bernach öffentlich durch Schreiben des Churfurſten von Bayern, vom arten October 1705, an den Herzog von Marlborough und an die General— ftaaten, Vorſchlaͤge zu einem allgemei⸗ nen Frieden thun, und zu einem Con⸗ greß zwiſchen Bruͤſſel und Mons an⸗ tragen. e Bei dieſen Umſtaͤnden beſorgte der kailerliche Hof, daß infonderheit die Republik der vereinigten Niederlande moͤgte wankend gemacht werden, und zwar um ſo eher, weil man mit ihr, wegen ihrer verlangten Barriere noch nicht zur Richtigkeit gekommen war. Vielmehr hatten ſich, ſeit der im 8. 7 1703, geſchehenen Eroberung von Limburg, ſowohl des halb, als auch wegen der Interimsregierung der ſpa⸗ niſchen Niederlande, allerhand Schwie⸗ rigkeiten erhoben, wovon man den Lamberty, I. c. T. IV. p. 312319. nachleſen kan, welche ſich durch die Von der Barriere in den Niederlanden. 1104 auf einander gefolgten Eroberungen in den Niederlanden nur immer vers mehrten, indem die Holländer in den: ſelben, wie in ihrem Eigenthume herrſchten. Der Kaiſer ſchickte daher den Grafen von Sinzendorf eilends nach dem Haag, um die Generalſtaa⸗ ten mit Beihuͤlfe des Herzogs von Marlborough, zu eifriger Fertſez⸗ zung des Krieges, zu bewegen, und die Angelegenheit wegen ihrer Barriere, zu welcher ſie die Vermittlung von England angenommen hatten, zur Richtigkeit zu bringen, mithin den Frieden mit Frankreich zu verhindern, bevor nicht die ganze ſpaniſche Mo⸗ narchie K. Karln dem III. zugeſtellt ſeyn wuͤrde. K. Ludewig der XIV. hatte indeſſen ſchon unter der Hand der Republik Holland zu erkennen ge⸗ geben, daß er Willens ſey, die italiaͤni⸗ ſchen Staaten an K. Karln den II. abzutreten. Und als hernach die Sa⸗ chen in Spanien fuͤr den Herzog Phi⸗ lipp von Anjou ungluͤcklich liefen, er bot er ſich, dieſem allein die itallaͤni⸗ ſchen Staaten, und K. Varln dem II. den Ueberreſt der ſpaniſchen Mes norchie, die Niederlande aber den Hols Ländern zur Barriere zu laſſen, auch ihnen noch dazu den Tarif vom J. 1664 zu bewilligen; S. Lamberty I. c. T. V. p. 266. N 91 i Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. — (A! Montag, den ten September 1783. Von der Barriere in den Niederlanden. (Fortſetzung.) m nun allen uͤblen Folgen die ſer Anerbietungen vorzubauen, wurde zwiſchen dem Grafen von Sinzendorf und dem Herzog von Marlborough verabredet, in den Conferenzen mit den Generalſtaa— ten im Haag: 1) von denſelben zu vernehmen, wie weit ſie ſich mit Frank⸗ reich in Friedenshandlungen eingelaſ— ſen haͤtten; 2) die Antwortſchreiben an den Churfuͤrſten von Bayern mit einander zu verabreden, und darin von Frankreich zu begehren, daß es ſich ſelbſt wegen der Friedensbedingun— gen erklären ſolle, in Hofnung, daß es entweder durch eine allgemeine, un⸗ gewiſſe und zweideutige Erklaͤrung ſich verdaͤchtig machen, oder eine Theilung der ſpaniſchen Monarchie vorſchlagen, und dadurch die ſpaniſche Nation vor den Kopf ſtoßen, oder aber einige Privatvortheile einem oder anderm der Alliirten, vorzuͤglich vor dem andern, anbieten, und dadurch Gelegenheit ge⸗ ben wurde, die Nothwendigkeit der Fortſetzung des Krieges bis zur gaͤnz— lichen Zuruͤckgabe der ſpaniſchen Mo; narchie den Generalſtaaten vorzuſtellen. Fuͤrnemlich aber ſolte 3) dieſen zu Gemuͤthe geführt werden, daß Frank— reich, durch den bisherigen Krieg, noch nicht genug geſchwaͤcht, noch in die gehoͤrigen Graͤnzen eingeſchraͤnkt wor— den, ſondern wenigſtens noch ein Feld— zug, mit rechtem Eifer, an allen Dt: ten vorzunehmen ſey. Endlich 4) müßte auch vor allen Dingen die Sa: che der Barriere, vor dem Anfange aller Unterhandlungen mit Frankreich, richtig gemacht werden, weil ſonſt Frankreich nichts unterlaſſen wuͤrde, den Hollaͤndern hierin guͤnſtig zu ſeyn, um die in Spanien anzuwendenden Kräfte der Alliirten in den Niederlan⸗ den zu ſchwaͤchen. Man ſolte daher zur Barriere die an den Graͤnzen von Frankreich gelegenen Plaͤtze vorſchla⸗ gen, theils um dadurch die Republik der vereinigten Niederlande zu weite⸗ rer Fortſetzung des Krieges zu verbin⸗ den, theils die kuͤnftig zu beſorgende Erweiterung ihrer Herrſchaft zu ver⸗ hindern. ö 5 Als nun hierauf, den gen Nov. Aa aa 1706, 1107 1706, die Conferenzen im Haag mit den Generalſtaaten angingen; ſo ga⸗ ben dieſe ihre Neigung zum Frieden ſehr deutlich zu erkennen. Sie fuͤhr⸗ 120 zu dem Ende verſchiedene Bewe⸗ gungsgruͤnde an, welche aber von dem Herzog von Marlborough und dem Grafen von Sinzendorf auf die Seite geraͤumt wurden. Endlich nach einer beſchwerlichen Unterhandlung, wovon man die nachher anzufuͤhrenden Schriften weiter zu Rathe ziehen kan, verglich man ſich doch einigermaaßen dahin, daß, wenn die Friedens handlung angehen wuͤrde, 1) der weſtphaͤliſche Friede, mit einiger Modification, in Anſehung von Coͤln und Bayern, zum Grunde gelegt; 2) Frankreich zur Re ſtitution der ganzen ſpaniſchen Mo⸗ narchie, und zwar dergeſtalt, daß fol: che auf keine Art und Weiſe jemals einem franzöfifchen Prinzen zu Theil werden möge, angehalten; jedoch theils um den Verdacht einer unnoͤthigen Verlaͤngerung des Krieges zu beneh— men, theils ſich bei kuͤnftigen zu hof— fenden Eroberungen, die Hände nicht zu binden, die Bedingungen, auf wel⸗ che Spanien dem Hauſe Oeſterreich zu uͤbergeben ſey, nicht benannt; 3) der Republik Holland wegen der Barriere und ihrer Handlung Genugthuung ge⸗ geben; 4) die koͤnigliche Wuͤrde von Preuſſen anerkant, und 5) die an Portugall und Savoyen verfprochene Vortheile ihnen verſchaft werden fol. ten. Doch fand man nicht fuͤr gut, Frankreich hievon einige Eroͤfnung zu thun, ſondern von dieſer Krone viel⸗ Von der Barriere in den Niederlanden: 8 : we mehr eine Erklaͤrung zu verlan⸗ | wozu fie fich verſtehen wolle, bei dem Anſange der Unterhandlungen aber vorläufig auf die Reſtitution der gan⸗ zen ſpaniſchen Monarchie fuͤr K. Barln den III. zu dringen, ohne von einer Zergliederung derſelben, und von einigen beſondern Vortheilen der Al⸗ liirten etwas zu gedenken. Dem zu⸗ folge wurde unter dem 19ten und z0ten Nov. 1706 von dem Herzog von Marlborough und den Generalſtaa⸗ ten dem Churfuͤrſten von Bayern ge⸗ antwortet, daß man zwar bereit ſey, mit Zuthun der ſaͤmmtlichen Alliierten, einen ſichern und dauerhaften Frieden einzugehen; ehe man aber nicht von der Meinung des Koͤnigs von Frank⸗ reich eine eigentliche und naͤhere Erlaͤu⸗ terung habe, koͤnne man zu keiner Con⸗ ferenz ſchreiten. Zu gleicher Zeit wurden auch alle Maaßregeln zu dem folgenden Feldzuge genommen, und die Fortſetzung des Krieges, bis auf eine naͤhere Erklaͤrung von Frankreich feſt beſchloſſen. ; So viel hingegen die Unterhands lungen wegen der Barriere der Hol: länder betrift, fo fanden ſolche damals ſo viele Schwierigkeiten, daß ſie noch nicht zu Stande kommen konten. Der Graf von Sinzendorf war dahin an⸗ gewieſen, daß er das ſpaniſche Geldern zu ſolcher Barriere bewilligen, jedoch nichts endliches zum Schluſſe bringen, ſondern die Entſcheidung an K. Barln den III. verweiſen ſolte. Die Repub⸗ lik Holland aber gruͤndete ſich auf die große Allianz, worin ihr eine Barriere ſen ſey verſprochen worden, um zu verhuͤ⸗ ten, daß ſie kuͤnftig dergleichen Ge fabe, als ihr im J. 1701 durch die franzoͤſiſche Entwafnung und Arreti⸗ rung ihrer Beſatzungen in den ſpani⸗ ſchen Rieberlanden begegnet war, nicht mehr zu befuͤrchten haben moͤgte. Sie begehrte daher verſchiedene Feſtungen in den ſpaniſchen Niederlanden, mo: von zwar dem Koͤnig von Spanien das Eigenthum und die Oberherrſchaft in politiſchen Dingen zuſtehen, das Recht der Beſatzung aber ihr allein gelaſſen, und ſo viele Einkuͤnfte aus dieſem Lande ihr angewieſen werden ſolten, als erfordert würden, folche Be: ſatzungen zu unterhalten. Man ſtellte ihr zwar dagegen vor, daß, wenn die ſpaniſchen Niederlande dem Hauſe Oeſterreich völlig reſtituirt ſeyn wuͤr⸗ den, ſolches die ſicherſte Barriere fuͤr die vereinigten Niederlande ſey, ohne daß fie ſich mit Beſatzungen in denſel⸗ ben beladen dürfte, als wobei dem Kö: nig von Spanien, in der That, nur der leere Name eines Herrn von ſol⸗ chen Landen uͤbrig bleiben, und ihm auch alle Einkuͤnfte derſelben, ſo wie dem Adel alle Kriegsbedienungen be: nommen ſeyn wuͤrden. Da nun aber die Generalſtaaten von ihrem Begehren gar nicht ablaſſen wolten; ſo ſchlug ihnen endlich der Herzog von Marlborough, als Ver⸗ mittler, vor: 1) daß, weil die Bar: riere gegen Frankreich zu verſtehen ſey, man ſolche an den Graͤnzen dieſes Reichs formiren, und zu dem Ende die ſpaniſchen Niederlande dorthin zu Von der Barriere in den Niederlanden. 1110 erweitern, und alles wieder dazu zu bringen, ſich bemuͤhen ſolte, was ſeit Kaiſer Karls des V. Zeiten die Kro⸗ ne Frankreich davon abgeriſſen haͤtte; 2) daß dasjenige, was zum Unterhalte der Beſatzungen der Barriere aus dem Lande gezogen wuͤrde, den zum Unter⸗ halte der ſpaniſchen Truppen in dieſen Laͤndern angewieſenen Fond nicht er⸗ ſchoͤpfen ſolte; und 3) daß, weil Spa: nien zu der Zeit, da die Holländer eis nen Theil der Beſatzungen ausgemacht hätten, doch allemal den Commendan⸗ ten geſetzt habe, auch hierauf gehoͤrige Ruͤckſicht genommen werden muͤßte. Dieſes veranlaßte neue Schwierigkei⸗ ten, welche nicht eroͤrtert wurden; ſon⸗ dern die Generalſtaaten erklaͤrten end⸗ lich nur ſo viel, daß die Barriere aus den Plaͤtzen Diedenhofen, Luxemburg, Namur, Charleroy, Maubeuge, Ba: leneiennes, Conde, Tournay, Ryſſel, Menin, Ypern, Furnes, Nieupoort, Oſtende und Dendermonde beſtehen, und ihnen im Lande ein Fond, zu Un⸗ terhaltung von 40, oder wenigſtens 30 Bataillons, zur Beſetzung ſolcher Plaͤtze, angewieſen werden ſolte. Ans fangs begehrten ſie auch Antwerpen; aber auf geſchehenes Einwenden Run: den ſie wieder davon ab. Indeſſen merkte man ſehr leicht, daß ihnen an Diedenbofen, Luxemburg, Mons und Charleroy ſo ſehr viel nicht gelegen war, ſie hingegen hauptſaͤchlich zu Oſtende, Nieupoort und Dendermonde, der Commerzien halber, eine Begierde hatten, welches aber nothwendig eine Eifer ſucht bei England erregen mußte. Aa aa 2 Der 1101 Der Herzog von Marlborough war eben damals im Begrif, nach don⸗ don abzugeben, um wegen dieſer Sa: che nähere Verbaltungsbefehle zu ho⸗ len. Es bediente ſich daher der Graf von Sinzendorf dieſer Gelegenheit, ihm vorzaſtellen, daß man nicht zuge⸗ ben koͤnne, daß die Hollaͤnder, unter dem Schein ſolcher Barriere, alles Commerzium in den ſpaniſchen Nie⸗ derlauden, mit Ausſchließung von Eng: land, an ſich reißen, und auch ſonſt den Meiſter im Lande ſpielen ſolten. Man muͤſſe ſich daher vorſehen, daß die Plaͤtze der Barriere nicht allzuna⸗ be an ihrem Lande lägen, und daß der ſtaͤrkſte Schutz des Landes von den ſpa⸗ niſchen Truppen, und nicht von den hollaͤndiſchen Beſatzungen, vor allen Dingen aber die Commendanten in den Barrier platzen von Spanien ab: bangen muͤßten. Zugleich uͤbergab er ihm einen Entwurf, worin Graveli⸗ nes, Aere, S. Omer, Valenciennes, Arras, Combrap‘, Conde, Bauchain, Maubeunge, Barriere, und ſo viel, als zum Unter⸗ halte von 20 Bataillons, zu 600 Kb: pfen, erfordert würde, aus den fan; deseinkuͤnften ausgeſetzt war; mit dem Anhange, daß den Generalſtaaten frei ſtehen ſolte, die Beſatzungen auf ihre eigene Koſten zu verſtaͤrken, und daß man, um dieſes alles zu bewuͤrken, feiz nen Frieden mit der Krone Frankreich eingehen koͤnne, bevor ſie nicht die ganze ſpaniſche Monarchie, und was derſelben im pyrenaͤiſchen Frieden ab; getreten worden, wieder herausgebe. Von der Barriere in den Niederlanden: Nach der Abreiſe des Herzogs von | Charlemont und Gixet zur 8 Marlborough, ſtellte der Graf von Sinzendorf den Generalſtaaten noch beſonders vor, daß es noͤthig ſey, die Barriere aus ſolchen Plaͤtzen zu for⸗ miren, die unter den Alllirten keine Eiferſucht erwecken koͤnten. Sie wuͤr⸗ den daher beſſer thun, von Oſtende, Nieupoort und Dendermonde abzuſte⸗ hen, und daß man dem König von Spanien eben ſo wenig die Mittel be⸗ nehmen koͤnne, die Niederlande mit ſeiner eigenen Macht, und aus den Einkuͤnften des Landes zu beſchuͤtzen. Das Luxemburgiſche ſey dem Koͤnig von Spanien, wegen der Communis cation mit Deutſchland allzu noͤthig, und weil die Republik der vereinigten Niederlande ohnehin ſchon im Jahr 1648 das Oberquartier von Geldern einzutaufchen bemuͤhet geweſen; fo. koͤnte ſolches bewerkſtelliget werden, wenn man, den von Frankreich, vor Abſterben K. Karls des II. von Spas nien entriſſenen Theil der Niederlande wieder zu erobern, ſich angelegen ſeyn ließe. Weil nun aber dieſes alles eine mehrere Ueberlegung erforderte, und ohne Beiſeyn des Herzogs von Marl⸗ borough nichts geſchloſſen werden koͤnte; ſo wurden die Conferenzen dies⸗ mal geendiget, und eifrige Zuruͤſtun⸗ gen zu dem bevorſtehenden Feldzuge gemacht. K. Ludewig der XIV. aber erklaͤrte ſich auf das an den Churfuͤr⸗ ſten von Bayern ergangene Antwort⸗ ſchreiben nicht weiter; gab aber in eiz nem Schreiben an den Pabſt, vom 15ten Hornung 1707, bei dem Lam berty 1.3 berty l. c. T. IV. p. 496. fq. zu erken⸗ nen, daß es nur bei dem Hauſe Oeſter— reich ſtuͤnde, einen Frieden auf die Be⸗ dingungen zu ſchließen, daß Mayland, Neapolis und Sieilien, nebft den übri: gen Inſeln im mittellaͤndiſchen Meer, ſo zu Spanien gehoͤrten, auf beſtaͤndig mit demſelben verknuͤpft, und der Re⸗ publik Holland eine genugſame Bar: riere ver ſchaft würde; allein man zog ſolches in keine weitere Betrachtung. Uebrigens findet man von den bisher erzählten Unterhandlungen über die Barriere noch umſtaͤndliche Nachrich: ten bei dem de la Torre, l. c. T. IV. p. 287. ſqq., dem Lamberty l. c. T. IV. p. 301. ſqq., in den Lettres & Memoires ſur la Conduite de la pre- ſente Guerre, T. I. p. 30. und dans la Conduite du Due de Marlborough, p. 115-121. In dem Feldzuge des J. 1707, fiel in den Niederlanden, wegen der Ab— weſenheit des Prinzen Eugens von Savoyen und des Herzogs von Marl— borough, von denen der erſtere die Armee in Italien commandirte, und der andere zu dem Koͤnig von Schwe— den nach Alt- Ranſtadt gereiſet war, eben nichts wichtiges vor; aber im fol— genden Jahr 1709 befochten dieſe bei: de Feldherren gegen die Herzoge von Burgund und Vendome den Sieg bei Audenarde, und eroberten nach einer harten Belagerung, Ryſſel. Es mach—⸗ ten auch die Alliirten noch mehrere gluͤckliche Progreſſen, und brachten Frankreich dergeſtalt herunter, daß man Urſache hatte zu glauben, daß es ge⸗ * Von der Barriere in den Niederlanden. 1114 nugſam gedemuͤthiget und entkraͤftet ſey, und man ihm die Bedingungen zu einem Frieden, nach eigener Will— führ vorſchreiben koͤnte, Frankreich ließ auch, durch den Holſtein-Gettorpiſchen Reſidenten im Haag, den Herrn von Pattkun, zu Anfang des J. 1709 aufs neue zu einem Frieden antragen, und es ging zu dem Ende Anfangs der Praͤſident Kouille und der Staats: rath Voiſin, nach Holland, um uͤber einen Frieden zu traktiren. In den mit einigen Deputirten der General— ſtaaten angeſtellten Conferenzen hoften die franzoͤſiſchen Miniſter um ſo mehr die Hollaͤnder zu gewinnen, wenn ſie ihnen, nebſt den vielen Vortheilen im Commercium, eine fo große Barriere verſpraͤchen, daß auch verſchiedene Plaͤtze, welche zu K. Karls des II. Zeiten gar nicht mehr zu den ſpani— ſchen Niederlanden gehoͤrt hatten, und von den Alliirten noch nicht waren er— obert worden, darunter begriffen ſeyn ſolten. Der Endzweck des Koͤnigs von Frankreich war hiebei unſtreitig dieſer, Holland zu einem beſondern Frieden zu bewegen, und die große Al⸗ lianz zu trennen. Dann dergleichen Barriere ſtimmte mit den Abſichten des Hauſes Oeſterreich eben ſo wenig überein, als die Theilung der fpani- ſchen Monarchie. Allein die Hollaͤn⸗ der zeigten damals eine große Aufrich— tigkeit und Standhaftigkeit, und wol⸗ ten durchaus ohne Einwilligung oder Vorwiſſen der übrigen Alliirten nichts traktiren. Einige Zeit hernach ſchickte der Kö: Aa aa 3 nig / 1 > 1119 gehängt: iſt, ſolle den Generalſtaaten eigenthuͤmlich bleiben, und Rodenßuy⸗ ſen, dieſſeits Gent, raſirt werden. Ferner ſollen, laut des Art. 7., die Generalſtaaten zu Kriegszeiten, oder bei einem beſorgenden Angriffe, in alle Staͤdte und Plaͤtze der ſpaniſchen Nie⸗ derlande, wo es die Kriegsraiſon er⸗ fordern wird, ſo viel Truppen, als ſie noͤthig finden, legen, und Art. 8. an die Orte, wo ihre Garniſonen hier gen, alle Kriegsmunition, Waffen, Materialien zur Befeſtigung, u. ſ. w. ohne Zoll und Auflagen fuͤhren; auch Art. 9., die Gouverneurs, Commen⸗ danten und andere Kriegsofficiere da⸗ ſelbſt ſetzen koͤnnen, ohne daß ſolche von jemands Befehlen, was das zum Krieg gehoͤrige und die Sicherheit ſolcher Plaͤtze betrift, abhangen ſollen. Ingleichen ſollen ſie, vermoͤge des Art. 10., die gedachten Plaͤtze und Forts befeſtigen und ausbeſſern koͤn⸗ nen, wie ſie es, zu ihrer Sicherheit noͤthig finden würden. Es ſolten auch, nach dem Art. 11. den Gene⸗ ralſtaaten alle Einkünfte der Plaͤtze, Caſtellaneyen und Zubehoͤrungen, wo⸗ von die Krone Spanien, zur Zeit des Abſterbens K. Karls des II., nicht im Beſitze geweſen, und die zu ihrer Barriere ausgeſetzt find, zugehoͤren, und uͤberdies von den ſicherſten Ein⸗ kuͤnften der ſpaniſchen Niederlande, Von der Barriere in den Niederlanden. zu unterhalten. Der Schluß folgt kuͤnftig. A Ai 18 aim nao die K. Karl der II. beſeſſen, noch eine Million Livres, auf alle brei Monate 100,000, Thaler zu bezahlen, ange⸗ wieſen werden, um darin die Beſaz⸗ zungen, Feſtungswerke und Magazine Zu dem Ende ſolten die obgedachten Caſtellaneyen erwei⸗ tert, und inſonderheit zu Ppern die von Caſſel, und zu Nyſſel die von Dovay geſchlagen werden. Uebrigens ſolte, laut des Art. 12., keine Stadt oder Platz von den ſpaniſchen Nieder⸗ landen jemals, unter einigem Titel, an die Krone Frankreich, oder an eis nen Prinzen aus dem franzoͤſiſchen Stamm gelangen koͤnnen. Auch ſolle nach dem Art. 13. die Koͤnigin von Großbritannien behuͤlflich ſeyn, daß alles dieſes in dem Traktate, den die Generalſtaaten, vermoͤge des 9. Arti⸗ kels der großen Allianz, wegen der Barriere mit K. Karln dem III. zu ſchließen haben, beſtaͤtiget werde, wel⸗ chen Traktat fie demnaͤchſt garantiren ſolle. Zu mehrerer Sicherheit aber ſollen, Art. 14. die Generalſtaaten in alle bereits eingenommene Plaͤtze die⸗ ſer Barriere, und in alle die noch ein⸗ genommen werden wuͤrden, ihre Gar⸗ niſonen legen, ehe noch der Friede er⸗ folgte, ohne daß K. Karl der III. bis dahin die Niederlande, weder ganz, noch zum Theil, in Beſitz nehmen moͤge. c r ii 0 1,906 27 u tr — — ” 2 g TEN 1121 v V ee annoberiſches Magazin. 1122 7Ites Stuck. 1 Freitag, den ten September 1783. Von der Barriere in den Niederlanden. | | (Schluß.) w iernaͤchſt und im 1 5ten Artikel verſpricht die Koͤnigin von | Großbritannien, daß die Ge neralſtaaten wegen desjenigen, was in dem 14ten und 1 5ten Artikel des Muͤn⸗ ſteriſchen Traktats mit Spanien vom J. 1648, wegen Verſchließung der Schelde bei ihrem Ausfluß in das Meer, und wegen der Auflagen in den flandriſchen Seehafen ſtipulirt worden, nicht beunruhiget, noch das Commer: eium, weder durch Seehafen, noch durch den gedachten Fluß und Kanaͤle, ge⸗ gen die Seite der vereinigten Mieders lande, in Gang gebracht werden ſolle. Nach dem 16ten Artikel aber verbanden ſich beide Potenzen, einander allen nöd: thigen Beiſtand zu leiſten, um die pro: teſtantiſche Thronfolge in Großbritan: nien, und die Barriere in den Nieder— landen zu beſchuͤtzen; worüber man ſich, nach dem Art. 17. in einem beſondern Traktate weiter vergleichen wolte. Die⸗ ſem Traktate waren noch zween Neben: artikel angehaͤngt, in deren erſtem die Königin verſprach, den Generalſtaa⸗ ten behuͤlflich zu ſeyn, daß ihnen zufolge des 5 ten Artikels vorgedachten Min: ſteriſchen Friedens das Ober: Quartier von Geldern, und zwar ohne ein Aequi⸗ valent, eigenthuͤmlich abgetreten und verſtattet werden ſolte, zu Luͤttich, Huy und Bonn ihre Beſatzungen zu halten. In dem andern aber verſprach fie gleiche falls ihre Beihuͤlfe, den Generalſtaa⸗ ten eine Erweiterung ihrer Graͤnzen gegen das ſpaniſche Flandern, welches an einigen Orten bis unter die Kano⸗ nen der hollaͤndiſchen Pläße reichte, zu verſchaffen. f Dieſer zwiſchen England und Hol⸗ land wegen der Barriere geſchloſſene Traktat, war fuͤr die Republik Holland ſehr vortheilhaft; allein die das Jahr darauf in England vorgefallene Ver⸗ aͤnderung mit dem Miniſterium und dem Parlamente veranlaßte auch eine Veraͤnderung in den Geſinnungen der Koͤnigin von Großbritannien und den bisher beobachteten Staatsmoximen. Da durch das im J. 1711 erfolgte unbeerbte Abſterben Kaifer Joſephs des I. die ſaͤmmtlichen oͤſterteichiſchen Erbländer ſeinem Bruder K. Rarlır Bb bb dem 1123 dem III. zufielen, und dieſer hierauf auch zum roͤmiſchen Kaiſer erwaͤhlet wurde; ſo wußten der, ſeit der Hoͤch⸗ ftätter Schlacht in England fich als ein Kriegsgefangener aufbaltende Mar: ſchall von Tallard und andere fran⸗ zoͤſiſche Emiſſarien die nunmehrige Ver: einigung der ſpaniſchen Monarchie mit den uͤbrigen Erbkoͤnigreichen und $än: dern des Hauſes Oeſterreich unter ei— nem Oberhaupte ſo gefaͤhrlich vorzu—⸗ bilden, daß ſie die Koͤnigin und ihr Miniſterium dahin bewogen, von den bisherigen Maaßregeln abzugeben, und den Frieden mit Frankreich, nach ganz der größen Allianz zuwider laufenden Grundſaͤtzen, durchzuſetzen. Zu dem Ende ſetzte ſie, zu Abhandlung des allge: meinen Friedens, Zeit und Ort auf den 1ten Jenner des J. 1712 nach Utrecht eigenmaͤchtig an, welches ſich dann auch die uͤbrigen Alltirten, nachdem fie ver: geblich Vorſtellungen dagegen gethan batten, mußten gefallen laſſen, worauf auch der Friedenscongreß zu Utrecht den 2ꝛ9ten des obbeſagten Monats und Jahrs eroͤfnet wurde. Bei dieſen Handlungen wurde nun zwar immer auch der Barriere in den Niederlan⸗ den gedacht; aber man merkte bald, daß es von Seiten Englands nicht mit dem Eifer, und nach den Grundfaͤtzen geſchah, welche der Traktat vom J. 1709 erforderte. Ja die Republik Holland ſah ſich, bei der damaligen ka⸗ ge des Krieges genoͤthiget, noch wäh: rend der Utrechtiſchen Friedens hand— lungen mit Großbritannien, den zoten Jenner 1713, einen neuen Barriere⸗ Von der Barriere in den Niederlanden. | 1124 traktat zu ſchließen, welchen man bez dem Du Mont l. c. T. VIII. P. I. n. 144 p. 322-324. und bei dem Lamberty l. c. T. VIII. p. 34-42. coll. T. VII. p. ae 328. nach feinem ganzen Inhalte nachleſen kan. Gleich zu Anfange deſſelben beißt es: der Barrieretraktat vom J. 1709 ent⸗ halte verſchiedene Artikel, die einer wei tern Erlaͤuterung beduͤrften, und Groß⸗ britannien ſchimpflich, gefaͤhrlich und deſſen Commercium und Intereſſe nach⸗ theilig ſchienen, einige auch der jetzigen Zeit nicht mehr gemaͤß und zutraͤglich wären. Außerdem ſey in dem 17 ten Ar⸗ tikel deſſelben ſeſtgeſetzt worden, daß man ſich wegen einer Garantie des weitern vergleichen wolle, welches bis: her noch nicht geſchehen ſey, mithin habe man einen neuen Traktat errich⸗ ten wollen, Kraft deffen; 1) der Trak⸗ tat vom J. 1709, nebſt den zwei Ne⸗ benartikeln, hinfuͤhro null und nichtig ſeyn ſolle. 2) Wenn Jemand die, durch Parlamentsakten eingeführte, und auf das Haus Hannover feſtge⸗ ſetzte proteſtantiſcheErbſolge von Groß: britannien, diredie oder indirede an; fechten wolte; fo folten die General⸗ ſtaaten, auf die hernach im 14ten Arti⸗ kel angezeigte Weiſe, dieſelbe verthei⸗ digen helfen. Dagegen wolle ſich 3) die Königin von Großbritannien, zu⸗ folge des sten Artikels der großen Al⸗ lianz vom J. 1701 angelegen ſeyn laſ⸗ ſen, daß in dem Friedenstraktate nicht allein die ſpaniſchen Niederlande, ſon⸗ dern auch die Plaͤtze, die man daſelbſt weiter erobert hat, oder noch erobern und x 1125 Von der Barriere in den Niederlanden. und dazu noͤthig befinden wuͤrde, den Generalſtaaten zur Barriere dienen moͤgten. Zu dem Ende verglich man ſich 4) daß die Generalſtaaten ihre Beſatzungen in den nachfolgenden Plaͤz⸗ zen halten, und nach Gefallen vermeh⸗ ren und vermindern koͤnten, als Fur: nes, Fort Knoocke, Ypern, Menin, Dornick, Mons, Charleroy, Namur, Gent, und in den Forts la Perle, S. Philippe und Damm, das Fort S. Donas bei Nuys aber ſolte ihnen ei— genthuͤmlich zuſtehen, hingegen das Fort Redenhuyſen dieſſeits Gent ge ſchleift werden. 5) Auf den Fall, wenn die Generalſtaaten mit Frank: reich wuͤrklich im Kriege begriffen, oder in augenſcheinlicher Gefahr ſeyn, von Frankreich angegriffen zu werden, ſolle ihnen frei ſtehen, ſo viel Volk in dieſe Plaͤtze zu ſchicken, als ſie fuͤr noͤthig befinden werden. Sie ſolten auch 6) alle Kriegsmunition und andere Noth—⸗ wendigkeiten für die Beſatzungen zoll: frei und ungehindert einführen, im: gleichen 7) die Gouverneurs, Com— mendanten und andere Offickere in den Staͤdten und Forts, worin ſie Beſaz— zungen haͤtten, nach ihrem Belieben ſetzen duͤrfen; und 8) ihnen frei ſte— hen, ſolche Plaͤtze zu befeſtigen, die er ſtungswerke auszubeſſern, und alles zu thun, was zur Erhaltung derſelben ihnen noͤthig duͤnken wuͤrde. Hiernaͤchſt und 9) ſolten von den Plaͤtzen, welche vorher nicht bei den ſpaniſchen Niederlanden geweſen, fon: dern in dieſem Kriege erobert worden, und zu dieſer Barriere gehoͤrten, alle 1126 Einkünfte, die nicht zur Cioilregierung gehörten, zum Unterhalte der hollaͤn⸗ diſchen Beſatzungen verwendet, zu den übrigen Spanien zugehörigen und zur Barriere geſchlagenen Staͤdten aber eine Million Gulden jaͤhrlich, oder 100000 Thaler alle Vierteljahr, an: gewieſen werden; jedoch alles mit dem Beding, daß den Generalſtaaten nicht erlaubt, ſeyn ſolle, an einigen Orten neue und hoͤhere Zölle anzulegen. Uebri⸗ gens aber folle 10) keine Stadt, Feſtung oder Herrſchaft der ſpaniſchen Nieder⸗ lande jemals weder durch Tauſch, Kauf, Abtretung oder andere Art an Frank— reich oder einen franzoͤſiſchen Prinzen kommen koͤnnen. Wohl aber ſolle 11) die Königin, vermoͤge des 9ten Artikels der großen Allianz vom J. 1701, alles moͤgliche beitragen, daß in dem Trak⸗ tat, welchen die Generalſtaaten mit dem Kaiſer wegen der Niederlande ſchlieſ⸗ ſen werden, dieſe Barriere mit einge⸗ rückt werde, und fie will alsdann ſol⸗ che auch garantiren; und ſolle 12) ebe und bevor nicht ſolches geſchehen, und die Commercien und das Intereſſe von England und Holland, nach der— ſelben regulirt worden, die bisher ge⸗ fuͤhrte Adminiſtration nicht aufgehoben werden. Damit nun aber 13) dem Commercium von Großbritannien, durch die Barriere, und inſonderheit den vorſtehenden 6ten Artikel dieſes Trak⸗ tats kein Eintrag geſchehe, fo ſollen die Unterthanen dieſer Krone in allen Bar⸗ riereplaͤtzen gleiche Freiheit, als die Hot; laͤnder, genießen, und die im ten Artikel dieſes Traktats bedungene Zollfreiheit Bb bb 2 auf 1127 auf keine Kaufmannswaaren ausge⸗ dehnt, und deswegen dieſe auf keine Schiffe, worin Kriegsprovifionen find, geladen werden. Man ſolle ſich auch, wo moͤglich 14 Tage nach der Ratiſi⸗ cation dieſes Traktats, mit dem Kaiſer wegen der Commerecien in den ſpaniſchen Niederlanden vergleichen. So viel aber 14) die beiderſeitige Garantie betriſt, ſo ſolle ſelbige nicht anders, als auf vorgaͤngiges Anſuchen, und zwar von Großbritannien mit 10000, und von Holland mit 6000 Mann zu Fuß, und zugleich noch von jedem mit 26 Kriegs⸗ ſchiffen auf Koſten des Helſenden gelei⸗ ſtet, und auf den Nothfall ſolcher Bei: ſtand vermehrt, auch fogar der Krieg dem Feinde angekuͤndiget werden. End⸗ lich 15) ſollen auch fonft noch alle Po: tenzen, welche hiezu beitreten wollen, mit gemeinfamen Gutbefinden eingela⸗ den und angenommen werden. Unter andern Veraͤnderungen, die bei dieſem neuen Barrieretraktat vor: gegangen ſind, iſt beſonders merkwuͤr⸗ dig, daß der beſondere Artikel des Trak⸗ tats vom J. 1709, das Ober⸗Quar⸗ tier von Geldern betreffend, in dem ge⸗ genwaͤrtigen gänzlich weggelaſſen wor: den. Solches geſchah fuͤrnemlich des⸗ wegen, weil der Koͤnig von Preuſſen von etlichen Orten dieſer Provinz im Beſitze war, und England und Frank⸗ reich, um ihn zu gewinnen, ihm ſolche zum Eigenthume zu verſchaffen verſpro⸗ chen hatten. Es wurde daher zwiſchen den kaiſerlichen, engliſchen und hollaͤn⸗ diſchen Miniſtern Handlung gepflogen, und der esftere ließ ſich erſt mit großer Von der Barriere in den Niederlanden. 85 1128 Mühe bewegen, den ꝛten April zu Utrecht mit den preuſſiſchen Miniſtern einen Traktat einzugehen, der aber vom Kaiſer nicht ratifieirt wurde. Der In⸗ halt dieſes, bei dem Du Mont J. c. T. VIII. P. I. n. 1 50. p. 337-339. und beim Zainberry 1. e. T. VIII. p. 45-48: befindlichen Traktats iſt unter andern folgender. Nachdem bereits Kaiſer Leopold verfprochen hätte, ein und andere Forderungen, womit der verſtor⸗ bene K. Karl der l. von Spanien dem Koͤnig von Preuſſen verhaftet geweſen, deren Befriedigung auch von Preuſſen verlangt, und deshalb ein anſehnlicher Theil des Ober⸗Quartiers von dem ſpa⸗ niſchen Geldern inne behalten worden; ſo habe man, zu Stiftung eines guten Vernehmens, ſich verglichen, daß 1) der König von Preuſſen feinen obge⸗ dachten Forderungen entſagen, und ſei⸗ ne Beſatzungen aus Venlo und dem Fort S. Michel ausziehen laſſen wolle. Dagegen wuͤrde ihm 2) der uͤbrige An⸗ theil des Ober⸗Quartiers von Geldern, den er jetzo inne habe, abgetreten, nem⸗ lich die Stadt Geldern mit dem dazu gehoͤrigem Amte, nebſt Straben, Wach⸗ tendonk, Middelaer, Walbeck, Aeaſ⸗ fen, Aefferden, Well, Raey und klein Kevelaer, wie auch das Land Keſſel, ausgenommen Erckelen, mit allen Zu⸗ behoͤrungen, und allen Lehenſchaften, die innerhalb obgemeldeter Diſtrikte gelegen ſind; jedoch 3) mit Beibehal⸗ tung der catholiſchen Religion in dem Zuſtande, wie ſie zu K. Karls des II. Zeiten geweſen. Ferner und J) ſolle der Biſchof zu Ruͤremonde von 55 Ak * 1129 Kaiſer ernannt, und bei feiner geiſtli⸗ chen Jurisdiktion gelaſſen; auch 5) den Staͤnden des Landes ihre Freiheiten, vermoͤge des zu Venlo, im J. 1543, geſchloſſenen Traktats beſchworen, und 6) keine neus Feſtung an der Maas in dem geldriſchen Bezirke gebauet wer— den. In einem beſondern Artikel ver: ſprach noch der Koͤnig von Preuſſen, daß er uber die bereits eingegangenen Traktaten ſich noch genauer mit dem Kaiſer zuſammen ſetzen wolle, damit die Niederlande, nebſt dem Ueberreſte des Ober⸗Quartiers von Geldern, bei dem HanſeOeſterreich verbleiben mögen. Hiemit war nun auch dieſes Hinder: niß gehoben, und in dem den 11ten April 1713 zu Utrech: geſchloſſenen Frieden zwiſchen Frankreich und den General: ſtaaten, uͤbergab jene Krone an dieſe die geſammten ſpaniſchen Niederlande fuͤr das Haus Oeſterreich. Aus dieſem Friedens ſchluſſe, den man beim DuMont I. c. T. VIII. P. I. n. 156. p. 366-377. und beim Lamberty T. VIII. p. 121 143. vollftändig nachleſen kan, gehoͤ⸗ ren fuͤrnemlich zu unſermEndzwecke der 7te Artikel, nebſt den folgenden bis zum 1ꝗten. Vermoͤge derfelben, und zwar Art. 7. uͤbergab der Koͤnig von Frank⸗ reich den Generalſtaaten zu Gunſten des Hauſes Oeſterreich, was er oder feir ne Alliirte noch in den ſpaniſchen Nie: derlanden beſitzen. Es folle auch das Haus Oeſterreich in den Beſitz der ge: dachten ſpaniſchen Niederlande, um die⸗ ſelben auf ewig zu genießen, geſetzt wer⸗ den, ſo bald als die Generalſtaaten ſich mit demſelben, wegen der Barriere, — Von der Barriere in den Niederlanden. 1130 verglichen haͤtten. Jedoch mit dem Ver⸗ ſtande, daß von dem Ober⸗Quartier von Geldern alles, was der Koͤnig von Preuſſen wuͤrklich inne hat und beſitzt, nemlich die kurz vorhin genannten Städte und Aemter, demſelben verblei⸗ ben, und die Generalſtaaten ihre Voͤl— ker aus den beſagten Orten ziehen, und alles raͤumen ſolten. Imgleichen ſolte für die Prinzeßin Urſini und ihre Er⸗ ben, in dem Herzogthume Luxemburg oder Limburg, eine Landſchaft von 30000 Rthlr. Einkuͤnften ausgeſetzt, und zu einem Fuͤrſtenthume gemacht werden. Dem zu Folge wolte Art. 8. der Koͤnig von Frankreich, laͤngſtens 14 Tage nach Auswechſelung der Ra: tificationen, den Generalſtaaten uͤber⸗ geben das Herzogthum und die Stadt und Feſtung Luxemburg, mit der Graf— ſchaft Chiny, die Grafſchaft, Stadt und Schloß Namur, wie auch die Städte Charleroy und Nieupoort, mit allen Zugehoͤrungen, in dem Stande, wie ſie ſich jetzo befinden. Weil aber, (Art. 9.) K. Philipp der V. von Spanien dem Churfuͤrſten von Bayern die ſpaniſchen Niederlans de, mit der voͤlligen Souverainitaͤt und Eigenthume abgetreten; ſo verſprach der Koͤnig von Frankreich, von demſel⸗ ben eine Akte zu verſchaffen, worin er alle ſeine Rechte und Anſpruͤche auf die gedachten Niederlande an die General⸗ ſtaaten, zu Gunſten des Hauſes Defter: reich, abtrete, und dieſes fuͤr den recht⸗ maͤßigen und ſouverainen Herrn dieſer Niederlande erkenne, welche Ceſſions⸗ akte, am Tage der Auswechſelung der Bb bb3 Ra⸗ 1131 Ratificationen dieſes Traktats, der Koͤ⸗ nigin von Großbritannien zugeſtellt werden ſolle. Jedoch ſolle der Chur⸗ fürft von Bayern die Souverainitaͤt und die Einkuͤnfte von Luxemburg, Na⸗ mur und Charleroy, nebſt ihrem Zube⸗ hoͤr, ſo lange behalten, bis er in alle feine Länder, mit Ausnahme der Obern⸗ Pfalz reſtituirt, in den Rang eines neunten Churfuͤrſten, und in den Be⸗ ſitz des Koͤnigreichs Sardinien und koͤniglichen Titels geſetzt worden. Es ſolle auch der Churfuͤrſt von Bayern, fo lange er die Souverainitaͤt der vor⸗ gedachten Länder habe, feine Truppen in den Dependenzen des Herzogthums kuxemburg, doch nicht in größerer Ans zahl, als 7000 Mann, halten, keine Truppen der Generalſtaaten aber, al⸗ lein die Beſatzungen zu Luxemburg, Namur und Charleroy ausgenommen, in den erſt erwaͤhnten Dependenzen ſich aufhalten und durchpaſſiren koͤnnen. Ob auch gleich (Art. 10.) der Chur: fuͤrſt von Bayern die Souverainitaͤt und Einkuͤnfte von Luxemburg, Na: mur und Charleroy behaͤlt, ſo ſollen doch derſelbe, fein Bruder, der Chur: fuͤrſt von Coͤlln, und der König von Frankreich alle ihre Teuppen daraus wegziehen, bloß allein die mehr beſag⸗ ten Dependenzen von Luxemburg aus⸗ genommen, und die Kriegsvoͤlker der Generalſtaaten ſollen dieſe Feſtungen beſetzen. Die Stadt und das Herzog⸗ thum Luxemburg aber, imgleichen die Stadt und Graſſchaft Namur, nebſt der Stadt Charleroy, mit ihren De⸗ pendenzen, ſollen zu der Million hol; laͤndiſcher Gulden, welche zum Unter⸗ halte der hollaͤndiſchen Garniſonen be⸗ williget worden, ihren Antheil geben. Ferner trat, nach dem Art. 11. der Koͤnig von Frankreich, fuͤr ſich und feine Erben, an die Generalſtaaten, zu Gunſten des Hauſes Oeſterreich, ab alles Recht, ſo er auf die Stadt Menin mit ihrem Diſtrikte, und auf die Stadt Dornick mit allen ihren Dependenzen haben mag, bloß S. Amand, mit ſeinen Zugehoͤrungen, und Martagnes ohne dieſelben, aus⸗ genommen, als welche dem Koͤnig ver⸗ bleiben ſolten, jedoch daß am letztern Orte keine Feſtungswerke und Schleuſ⸗ ſen angelegt werden ſolten. Die Ge⸗ neralſtaaten aber verſprachen, daß fie die erſt gedachten Plaͤtze, mit ihren Dependenzen, dem Hauſe Oeſterreich wieder abtreten wollen, ſo bald ſie mit demſelben deswegen überein gekommen ſind. nig von Frankreich, fuͤr ſich und ſeine Erben, zu Gunſten des Hauſes Oeſter⸗ reich, alles Recht, ſo er auf Furnes, Von der Barriere in den Niederlanden. 1132 Gleichergeſtalt eedirt der Koͤ r Furner⸗Ambacht, die acht Kirchſpiele und das Fort Knoocke mit begriffen, imgleichen die Staͤdte Loo und Dix⸗ muyden, mit ihren Dependenzen, Ppern mit feiner Caſtellaney, Rauſſe⸗ laer mit begriffen, nebſt Warneton, Commines und Warwick haben mag. Zugleich verſprach er, dieſe Plaͤtze laͤng⸗ ſtens in zwei Wochen nach Auswech⸗ ſelung der Ratificationen, zu raͤumen, und ſie den Generalſtaaten zu uͤberge⸗ ben, damit ſie ſolche hernach dem Hau⸗ ſe Oeſterreich wieder zuſtellen koͤnnen, a ſo⸗ — 85 - fobald ſie ſich mit demſelben daruͤber verglichen haben. Uebrigens ſolle (Art. 13.) die Schiffahrt auf der Lis, von dem Ausfluſſe der Deule bis hin⸗ auf von allem Zoll und Impoſten frei ſeyn. Und (Art. 14.) ſollen auch kei⸗ ne Provinz, Stadt, Feſtung oder Platz der ſpaniſchen Niederlande, oder die, welche vom Koͤnig von Frankreich ab: getreten worden, jemals an die Krone Frankreich oder einigen Prinzen des koͤniglich franzoͤſiſchen Hauſes, weder durch Kauf und Schenkung noch un: ter einigem andern Titel fallen koͤnnen. Da Kaiſer Karl der VI., bekan⸗ termaaßen an dem Utrechter Frieden keinen Antheil nahm, ſondern wider Von der Barriere in den Niederlanden. 1134 den ſelben, durch ſeine zu Utrecht ſich aufbaltende Geſandten, proteſtiren ließ, und den Krieg gegen Frankreich fort— ſetzte; fo behielten die Generalſtaaten die meiſten Feſtungen in den ſpaniſchen Niederlanden beſetzt, und raͤumten die⸗ ſelben nicht eher, als bis ſie ſich mit dem Kaiſer, wegen ihrer Barriere, verglichen hatten, welches aber erſt zwei Jahre hernach, nach einer ſehr beſchwerlichen Unterhandlung geſchah. Jedoch davon, und von den übrigen Schickſalen der Barriere bis zu ihrer nunmehro geſchehenen Aufhebung fol demnaͤchſt im dritten und letzten Ab⸗ ſchnitte dieſer Abhandlung weitere Nachricht erfolgen. / Von Vermehrung des Rocken durchs Verpflanzen. on einer Geſellſchaft, wo ich gegen; Owaͤrtig war, wurde von Vermeh⸗ rung des Rocken geſprochen, und ſagte einer darin: er habe ehemals gehoͤret, der Rocken vermebre fich fechzigfältig durch folgendes Verpflanzen. Es muͤß⸗ ten nemlich die Rockenkoͤrner bald nach Johannis beinahe auf einen halben Fuß Weite von einander gepflanzet werden; und dieſe Koͤrner trieben ge⸗ gen die Zeit der Verpflanzung Stau⸗ den von vielen Zweigen. Dieſe Stau: den muͤßten um die Zeit, wenn der Rocken geſaͤet würde, heraus genom⸗ men, Pflanzenweiſe von einander ge⸗ riſſen, und dann gepflanzet werden. Ich dachte der Sache nach, und glaubte, er muͤßte ſich viel mehr und zum wenigſtens zweimal ſechzigfaͤltig vermehren; und es fiel auch damit uͤber mein Erwarten aus. Ich be⸗ ſchloß alſo einen kleinen Verſuch da⸗ mit zu machen, und pflanzte zu Ende Junius in Gartenland, wo kurz vor: ber Kopfſallat, der ziemlich gut ge⸗ duͤnget geweſen war, geſtanden hatte, etliche 60 Koͤrner. Weil aber der Maulwurf dieſen Fleck zu ſehr herum gewuͤhlet, fo bekam ich nur dasmal 26 Stauden zum verpflanzen. Ven dieſen pflanzte ich den gten September 14 Stauden, wovon die ſtaͤrkſte von 21, und die geringſte von 11 Sprofs ſen oder Pflanzen waren, und erhielt von dieſen 14 Stauden 260 Pflan: zen. Da ſelbige ſo friſch und munter ſort⸗ bewenden laſſen, ſondern pflanzte den zoten September meine uͤbrigen 12 Stauden, und bekam aus einem Gar⸗ ten auf der Nachbarſchaft noch 13 Stauden dazu, wovon ich 489 Pflan⸗ zen erhielt. Nachher bekam ich nach und nach bis zum zer October aus gedachtem Garten derer mehrere, und alſo in allem 121 Stauden, die ich verpflanzet habe. Jede dieſer Pflanzen war, wie bereits gedacht iſt, von einem Korn gewachſen. Ich hatte nunmehr alſo 2940 Pflanzen bekommen, und die ſtaͤrkſte Staude enthielt 78 Pflan: zen, die uͤbrigen aber auch minder, doch die geringſte Staude 11. | Diefe Pflanzen hatte ich auf gutes Geeſtland 15 Schritt lang und 6 Schritt breit, worauf Gartenbohnen geſtanden, und das gut geduͤngt war, beinahe einen halben Fuß von einan⸗ der geſetzt. Nachdem auf einer je: den Pflanze aufs neue Zweige von 4, 5, 6 bis 20 Halmen hinauf ge⸗ ſchoſſen waren, wo auf einem jeden der mehrſten Halme eine Aehre eines Quartiers Laͤnge ſich befand, auch die Koͤrner im Verhaͤltniß mit dem auf dem Felde viel groͤßer waren; ſo hatte ich eine Ausbeute von 28 Pfund 26 Loth reinen Korns wieder erhalten. Weil das zählen dieſer Körner zu langweilig und mühfam geweſen ſeyn Borſtell bei Achim. würde, um die due dae 4 4 135 Von Vermehrung des Rocken durchs Verpflanzen. 1136 2 J fortwuchſen, wolte ich es hierbei nicht fen, fo habe ich das Wägen desfalls erwaͤhlt. Und da hat es ſich dann ergeben, daß die 121 Koͤrner, worin die ganze Ausſaat beſtanden und z Loth gewogen, nach der richtigſten Ausrech⸗ nung ſich zu 3684 mal vermehrt ge⸗ habt haben. Bey Ob gleich nun dieſes eben nichts neues iſt, indem ich vor kurzem gele⸗ fen, daß die Vermehrung des Korus durchs Verpflanzen in Holland und England vor einigen Jahren bereits auch verſucht worden, wie Herr Mar⸗ tinet in ſeinem Catechismus der Na⸗ tur, 4tem Theile, Seite 276 und 277. anfuͤhret; ſo habe doch meinen Ver⸗ ſuch, der jenem vollkommen gleich koͤmt, auch kund machen wollen: und vielleicht iſt dergleichen in Deutſch⸗ land noch nicht nach gemacht worden. Ich werde mich bemuͤhen mit einer geringen Aus ſaat an Koͤrnern dieſe Verſuche weiter zu treiben, um, wo nicht dieſe Vermehrung aufeine ganze, doch wenigſtens auf eine halbe Jahrs Conſumtion fuͤr eine Perſon zu bringen zu ſuchen, und dabei werde ich alsdenn Zeit und Muͤhe in Anſchlag bringen. Es veiſtebt ſich aber von ſelbſt, da es nicht ins allgemeine gehen kan, ſon⸗ dern immer nur ein Beweiß bleibt, wie behuͤlflich die Natur bei Ordnung und Fleiß ſen. Be: J. Böhne EEE ET TER EICHE EEE ER TEE . 2137 I | Sannovei ches Magazin. 1138 Stüc, Montag, den Sten September 1783. Die Preisfrage: wegen der vortheilhafteſten Arbeiten fir Werk⸗ und Zuchthaͤuſer betreffend.) $ ie Koͤnigl. Geſellſchaft der Wiſ⸗ ſenſchaften hat uͤber die auf den November vorigen Jahrs aufgegebene Preisfrage wegen der vor- theilhafteſten Arbeiten fuͤr Werk⸗ und Zuchthaͤuſer, einen Aufſatz mit dem Wahlſpruch: Unter den ſtachlichten Dornen ſuche und finde ich die ſchoͤn— ſten Roſen, erhalten, auf den gewiß, wenn er zu rechter Zeit eingeſchickt waͤre, vorzuͤgliche Ruͤckſicht genommen worden ſeyn wuͤrde; welches nun, da die Zeit zu Ertheilung des Preiſes laͤngſt vorbei iſt, nicht mehr geſchehen kan. (ſ. Anz. 1782. S. 1181.) Je⸗ doch wird folgende Nachricht erlaubt ſeyn. Der Verfaſſer, ein wohldenken⸗ der, erfahrner Mann, hoffet von der Verarbeitung des Flachſes ſo viele Voͤrtheile, daß Werkhaͤuſer keinen Zuſchuß zu haben brauchen. Aber er giebt auch ſolche Regeln an, die bis⸗ ber wohl noch nicht beobachtet find. Das Werkhaus ſoll mit den gering: ſten em errichtet, mit der ſteeng⸗ te, u. f. w. ſten Aufſicht unterhalten und gar nicht als ein Strafhaus eingerichtet werden. Es ſoll auch deswegen den Namen ei: nes Landhoſpitals erhalten, und vom Zuchthauſe ganz getrennet werden, doch ſoll es zugleich fuͤr dieſes den Ankauf der Materialien und Verkauf der Waaren beſorgen. Die Arbeiter ſol⸗ len durch keine beſondere Kleidung ver⸗ aͤchtlich gemacht werden. Die große Schwierigkeit, daß das Werkhaus nicht auf beſtaͤndige Arbeiter rechnen kan, welche bei vielen Vorſchlaͤgen gar nicht genannt worden, iſt dem auf merkſamen Verfaſſer nicht entwiſcht. Er haͤlt aber nur wenige Faͤlle moͤg⸗ lich, wo Arbeiter wieder entlaſſen wer: den muͤſſen, als z. B. wenn einer durch Erbſchaft oder andere gluͤckliche Zur faͤlle, außer dem Werkhauſe leben koͤn⸗ Inzwiſchen duͤnkt uns doch hier noch immer die wichtigſte Urſache zu liegen, warum ſchwerlich das Haus ohne b'ſtaͤndigen anſehnli⸗ chen Zuſchuß fortdauern werde. Solte Ce ce der 9 Aus dem 127ten Stuͤck der Goͤttingiſchen Auel von gelehrten Sachen. vom * Auguft 1783. 1139 Die Preisfrage: wegen der vortheilhafteſten Arbeiten ꝛc. 1140 a der Austrit ſo ſehr erſchwert werden, ſo wuͤrde es doch jederzeit fuͤr ein Zucht⸗ haus angefeben werden, welches, wie der Verfaſſer richtig bemerkt, nicht ge⸗ ſchehen ſolte. Die forgfältigen Be: rechnungen der Ausgaben und Ein⸗ nahmen, laſſen ſich bier, fo wie viele andere leſenswuͤrdige Bemerku nicht beruͤhren. Recenſent on. a daß es dem Verfaſſer gefallen moͤge, ſeinen Namen anzuzeigen und den Druck ſeines Aufſatzes zu erlauben, der ſonſt, auf Weben zuklckgege⸗ ben wird. Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. Och babe im gten und gten St. die 1 ſes Magazins, vom J. 1778, angefangen unter vorſtehendem Titel einige Bemerkungen mitzutheilen, die ſuͤr das Beſte meiner Nebenmenſchen nicht unwichtig ſind, und habe mir durch die Befolgung meiner daſelbſt mitge⸗ theilten Rathſchlaͤge ſchon manche Freu: de machen geſehen. Ich ſetze demnach abermal einige hierher, von welchen ich ebenfalls Urſache habe guten Er⸗ folg zu hoffen. 1) So noͤthig es iſt, daß die in den Speiſen und Getraͤnken enthaltene Luft im Magen und in den Gedaͤrmen ſich entwickele, und, indem ſie dadurch die Nahrungsmittel in die feinſten Theil⸗ chen gleich ſam zerſprengt, zu deren Ber: dauung ein ſo fuͤrtrefliches als noth⸗ wendiges Huͤlfsmittel werde; eben ſo noͤthig iſt es, daß dieſe Luft, theils weil ſie ihre Reinheit verloren, theils aber auch der aufs neue eingefuͤhrten Platz machen muß, da ſie ſonſt ſowohl we⸗ gen ihrer Untauglichkeit als auch we gen ihrer Menge ſchaͤdlich werden wuͤr⸗ de, eben ſo noͤthig iſt es, ſage ich, daß dieſe uͤberfluͤßige Luft nun durch andere Wege wieder ansgeführer wer; de. Wenn aber die Gedaͤrme voller Schleim, oder auch wegen anderer Urſachen ſchwach ſind, desgleichen, wenn Kraͤmpfe ihre Gewalt in ihnen aͤußern, ſo geht dieſe verdorbene Luft unter dem Namen der Blähungen oder Winde nicht ab; ſondern ſie ſammelt ſich hier und da und dehnet den Darm an der Stelle, ſonderlich wenn man ſich bei dem davon entſtan⸗ denen Schmerze aus Unwiſſenheit der warmen Deckel bedient, wie ich ‚fol: ches in meinem erſten Aufſatze gerüs get habe, aufs heſtigſte aus, und vers urfachet ſogenannte Blaͤhungs⸗ oder Windkoliken, die mit einem ſehr grau⸗ ſamen Schmerze vergeſellſchaftet ſind, 1 Heftigkeit diejenigen Per: ſonen, die öfters damit geplaget wers den, nicht genug klagen koͤnnen: was Wunder alſo, wenn dieſe jeden guten x Rath mit Freuden annehmen, von dem fie ſich verſprechen, daß er ihnen von der Plage helfen werde. Arzeneimit⸗ tel würden freilich ſeltener dabei noͤthig werden, wenn es dem Menſchen nicht ſo ſchwer einginge mit einer maͤßigen Arbeit, vorzuͤglich einer ſolchen, die die Bewegung des ganzen Koͤrpers Ä er⸗ 7 (= 8 0 FIR 5 . — erfordert, eine ſehr einfache Diaͤt zu verbinden, und zwar nahrhafte, aber doch leicht verdauliche Speiſen, zu ge⸗ nießen, und hergegen ſolche die Schleim machen, oder durch ihre feuchte Waͤr⸗ me die Gedaͤrme und den Magen er⸗ ſchlaffen koͤnnen, desgleichen das Nie— derſchlucken der aͤußern Luft ſelbſt, beim Trinken, (ſiehe meinen erſten Aufſatz,) aufs moͤglichſte zu vermei⸗ den. Weil es aber ſehr vielen beſſer gefaͤllt, nach dem unter den gemeinen leuten üblichen Spruͤchwort: „ich will eſſen, was mir ſchmeckt, und aus⸗ halten was ich fan, ,, zu leben; fo bleiben die Arzneien, die unter dem Namen der Blaͤhungtreibenden be— kant find, noch immer nothwensig. Nun kan man zwar alles, was den Magen und die Gedaͤrme ſtaͤrkt, und den Schleim aufloͤſet, folglich zu einer guten Verdauung befoͤrderlich iſt, als ein ſolches Medikament betrachten; aber es giebt doch einige, denen dieſer Name vorzugsweiſe gegeben iſt, als z. E. der Annis, der Kuͤmmel, die Chamillen, der Dill, die Aſa, das Bi: bergeil, und die daraus bereiteten Traͤn⸗ ke, Oele, Extracte, e. Wem nun aber fuͤr dieſen zum Theile widrigen Mit⸗ teln ekelt, und wer gewohnt iſt ſeinen Geſchmack durch ſeine Vernunft im Zaume zu halten; der lebt lieber diaͤt, als daß er ſeine Eingeweide verderben ſolte um fie hernach durch Arzneien wieder gut machen zu koͤnnen; und vermeidet daher alle diejenigen Nah—⸗ rungsmittel die die oben angefuͤhrten ſchlimmen Eigenſchaſten beſitzen, und 1141 Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. 1132 auch ſolche, welche viele Luft enthal⸗ ten. Iſt er nun aber kein Arzt, fo kan er dies letztere nicht anders wiſſen, als wenn er auf den Effekt acht giebt, und dann wird er ſich auch nur in wenigen Faͤllen betriegen. Einen von dieſen 5 wo ein Betrug der Ur⸗ ſachen ſtatt findet, will ich hier anzei— gen. Nach genoſſenen verſchiedenen Zwiebelgewaͤchſen, fuͤrnemlich der ei⸗ gentlichen Zwiebel, (Zipolle,) und dem in den Kuͤchen weniger gebraͤuch⸗ lichen Knoblauche, geht eine Menge von Blaͤhungen ab, was ſcheint alſo natuͤrlicher zu ſeyn, als der Schluß: ergo entſtehen ſolche von den gegeſſe⸗ nen Zwiebeln e. Wenn man aber überlegt, daß unmöglich fo viele luft in der kleinen Quantitaͤt, die man da⸗ von bei Tiſche zu ſich nimt, enthalten ſeyn kan, wovon ohnehin, wenn ihrer auch viel waͤre, doch noch ein guter Theil im Koͤrper zuruͤck bleiben wuͤr⸗ de; wenn man dazu nimt, doß die Aerzte ſich der Aſa, die im Geruche und Geſchmacke mit dem Knoblauche faſt ganz überein komt, zum Abtrei⸗ ben der Blaͤhungen bedienen, die doch ihrer Abſicht nicht entgegen handeln werden, ſo wird es offenbar, daß die fluͤchtige Schaͤrfe die Gedaͤrme reitze ſich zuſammen zu ziehen, und folglich die Luft fortzujagen, die ſchon vorher in ihnen enthalten war. Man ſolte alſo ſich der Zwiebeln fleißig bedienen, wenn man mit Blähungen öfters bes ſchweret iſt, ftatt daß man fie aus ei⸗ ner gut gemeinten aber irrigen Ab— ſicht, zuruͤck ſetzt und vermeidet. Ce ce 2 2) 1 1143 Einige die Geſundheit betreffende PR u FR zu, und verbinden alſo ein äußerliched 2) Noch immer bedienen weniger einfichtevolle Menſchen, beſonders aus der niederen Klaſſe, in der Meinung, daß ihre Kinder, die an der Dörrfucht krank find, bebert ſeyn, ſich aberglaͤu⸗ biſcher Mittel, und noch immer giebt es ſchwache Koͤpfe, auch unter den ſchon etwas aufgeklaͤrteren, die durch die Bewunderung ihnen ungewoͤhnli— cher Dinge einen ziemlichen Mangel an Bekantſchaſt mit dem Laufe der Welt und den Naturbegebenheiten ver: rathen, und eine gewiſſe Ehrfurcht ge: gen alles dasjenige bezeigen, was auf ſer der Sphaͤre ihres Verſtandes liegt, beſonders, wenn es die Mine des Geheimniſſes traͤgt. Unter dieſen hat die Sympathie (ein Wort, das in der letztern Hälfte dieſes Jahrhunderts ei gentlich ſolte aus der Mode gekommen feyn, ) noch immer ihre Verehrer; un: beſchadet der Finger die man hat ab⸗ nehmen muͤſſen, und der Augen, die verloren gegangen find, weil die Sym⸗ pathie auf eine negative Art, durch den Zeitverluſt bei ihnen wuͤrkſam ge: weſen iſt. Ein Zweig von dieſer Sympathie iſt das Beſprechen. Jetzt wird ſolches nur bloß noch bei dem Anſchuſſe angewandt, vorausgeſetzt, daß er noch nicht beſchlafen ſey, d. i. daß von ſeinem Entſtehen an, noch keine Macht verfloffen ſey, anders hilft es nicht Auch muß das Geheimniß von einer Mannsperſon einer Fraueus⸗ perſon, und von einer ſolchen jenem mitgetheilt werden, wenn es kraͤftig ſeyn ſoll. Einige weiſere trauen aber den bloßen Worten nicht ſo viele Kraft Zeichen damit, indem ſie Feuer aus einem Stable und Steine darauf pin⸗ ken. Wuͤßten die Leute, wie oft eine Roſe von ſelbſt bald vergeht, ſo wuͤr⸗ den fie ſichs leicht erklaͤren koͤnnen, wie ſowohl das Beſprechen als das Feuer ſchlagen nuͤtzen koͤnne; aber wenn ſie es auch wuͤßten, ſo wuͤrde dennoch die Anhaͤnglichkeit an das Geheim⸗ niß volle, und die Furcht, den Vor⸗ zug, eine ſolche Kunſt zu beſitzen, als das Beſprechen iſt, zu verlieren, nie zulaſſen, daß fie ſich von der Thor heit ihrer Unternehmung überzeugen Tiefs ſen; da ſogar jene ungluͤcklichen, de⸗ nen ihre Gliedmaaßen mußten abge⸗ noi nnen werden, dieſes nothwendige Amputiren dem Chirurgo zur Laſt legten, und im Gegenthzile auf den Sympathiearzt nicht im geringſten ungehalten waren. So weit kan die Verblendung der Menſchen gehen! Wir werden alſo in dieſem Jahrhun⸗ derte ſchwerlich Hofnung haben koͤn⸗ nen, dieſes Verderben der menſchli⸗ chen Natur verbeſſert, und ſo ſchaͤdli⸗ che Vorurtheile und aberglaͤubiſche Gewohnheiten ansgereutet zu ſehen. Sie ſind aber deſto ſchaͤdlicher, weil fie unmittelbar die Geſundheit angreis fen, und wo nicht gaͤnzlich zerſtoͤren, doch ſchwaͤchen, und langwierige Be⸗ weiſe von ihrer ehemaligen Gegenwart hinterlaſſen. reren Beiſpielen darthun, will aber ſtatt aller nur das einzige erzaͤhlen, daß einem jungen Menſchen die Roſe am Beine ſolte gepinket werden, waͤh⸗ rend Ich koͤnte es mit meh⸗ > 4“ „ * * K * "Se i 1145 Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. 1140 rend welcher Handlung aber der Stein abfuhr und das Bein ſo verletzte, daß der Patient noch lange nachher bei ſeinem offenen Schenkelſchaden des Feuerpinkens auf den Anſchuß einge: denk ſeyn konte. 3) Die Schneider und Naͤherin— nen, kurz alle, die mit der Nadel ar— beiten, und ſich oft damit, und manch⸗ mal tief, ſtechen, pflegen eine ſolche Wunde mit irgend einem bei der Hand ſeyenden Werkzeuge zu klopfen, mit dem vorgeben, daß der Stich alsdann von keinen uͤbelen Folgen ſey. Frei⸗ lich, wenn keine wichtige Theile ver: letzt worden ſind, ſo haben ſie recht; aber alsdann wuͤrde die Verwundung noch ſicherer ohne Folgen bleiben, wenn ſie den Ort auch nicht klopften; iſt aber irgend ein Nerv von Anſehen getroffen, fo ift ſolches Klopfen durch: aus ſchaͤdlich und kan oft ſehr gefaͤhr⸗ lich werden. Denn durch das Klop— fen werden die Theile ſchwach, die Gefaͤße geben alſo den wegen des Schmerzes vom Stiche ſchon heran— dringenden Saͤften Gelegenheit ſich daſelbſt noch mehr anzuhaͤufen, und theils durch ihre Anhaͤufung, theils auch durch ihren Druck auf die hoͤchſt empfindlichen Nerven, die Gefahr zu vergroͤßern. Ein gleiches findet ſtatt, wenn man den Theil z. E. den Fin⸗ ger ſo lange druckt, bis daß durch den Nadelſtich etwas Blut zum Vorſchein komt. Man ſtellet ſich davon allerlei Vortheilbaftes vor, ohne wohl eigent: lich zu wiſſen, worin der Vortheil bes ſtehen ſoll, wie das bei mehreren Din⸗ gen in der Welt öfters der Fall ift- Der erſte, von dem dieſe Verfahrungs— art auf die nachfolgenden fortgepflanzt iſt, mag eigentlich zweierlei dabei ge: dacht haben. 1) Den Theil vom Blu— te gewiſſermaaßen zu entledigen, um einer etwanigen Entzuͤndung vorzu⸗ beugen, und 2) die Freude zu haben, daß er durch das hervorquellende Blut uͤberzeugt werde, er habe keine unblutige Theile verletzt, wovon er wußte, daß deren Verwundung ge— faͤhrlicher zu ſeyn pflege. Ich muß noch ein drittes binzuſetzen, daß man nemlich gewohnt iſt, wenn man ſich geſchnitten hat, das Blut auszudrüf: ken, und, weil man von deſſen Noth— wendigkeit voͤllige Ueberzeugung zu baben glaubt, auch wohl ſogar Ge— walt dazu anwendet. Vielleicht mag der erſte von obigen Gruͤnden auch hiervon Urſache ſeyn. Weil aber durch das Ausdruͤcken des Bluts aus den zertrenneten Gefäßen nicht nur dieſel— ben zuſammen fallen und die abge ſchnittenen Enden nun nicht mehr ge— gen einander paſſen, folglich ihre Ver: einigung durch ein Anſaugen nun nicht mehr ſtatt hat, auch die waͤhrend des Ausdruͤckens in die dadurch erwei— terte Wunde eindringende, derſelben ſo ſchaͤdliche Luft, dieſe Endgen der Fibern durch ein gelindes Trocknen ſogleich verharrſcht; fo folget daraus, daß eine Wunde, (verſteht ſich eine ſimple,) die durch das bloße genaue Aneinanderfuͤgen, und Zuſammenhal— ten durch Binden oder Heftpflaſter nach Maaßgabe der Umſtaͤnde, zuge Ce ec 3 heilt 1147 \ Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. . 1148 x N 5 heilt ſeyn wuͤrde, nunmehro anfaͤngt zu eitern, und wenigſtens noch einmal fo viel Zeit erfodert, als fie noͤthig ger habt haben würde, wenn fie ſich felbft überlaffen und nur gut verbunden ger weſen waͤre. Ich muß hier noch beilaͤufig anfuͤh⸗ ren, daß es eben von dieſer ſchnellen Heilung einer einfachen Fleiſchwunde herkomme, wenn man der Sympathie, die man dabei gebraucht haben moͤgte, dieſe Wuͤrkung zuſchreibt. 4) Es iſt ein Irrthum der der taͤg⸗ lichen Erfahrung widerſpricht, wenn einige behaupten, man muͤſſe die klei— nen Geſchwuͤre, die hier und da auf der Oberfläche des Körpers entſtehen, nicht mit einer Naͤhnadel aufſtechen, und zwar deswegen, weil ſolche von Stahl ſey. Sie nehmen alſo ſtatt der ftählernen, meſſingene. Die ganze Sache ſcheint zwar von keinem Belan— ge zu ſeyn, da die Nadel von Meſſing, wenn ſie anders ſcharf genug iſt, eben fo ein Geſchwür oͤfnen kan, als die von Stahl verfertigte, und ein Metall dabei fo wenig was fihaden kan als das andere. Weil es aber ein Irr⸗ thum iſt, da ſich der Wundarzt eigent⸗ lich ſtaͤhlerner ſcharfer Inſtrumente bedienet, und ſolche auch allein geſchickt genug dazu find, wozu fie gebraucht zu werden pflegen, ſo habe ich auch dieſe Kleinigkeit mit in die Reihe bringen wollen. 5) Man empfindet oft unter den kurzen Rippen der linken ſowohl als der rechten Seite, fo heftige Schmer⸗ zen, daß fie den Stichen bei den Bruſt⸗ krankheiten nahe kommen, und von den Kranken öfters: mit derſelben verweche | felt werden. Ohne demnach einen Arzt zu Rathe zu ziehen, erinnert man ſich an das bei der Bruſtkrankheit an⸗ gerathene Aderlaſſen, und giebt dem Wundarzte ohne Noth was zu loͤſen. Dieſe Schmerzen ſind gewoͤhnlich nichts anders als die Folgen von ein⸗ geſperreten Bauchwinden, die den Darmkanal an ihrem Orte heftig ausdehnen und dergleichen ſtechenden Schmerz durch die Spannung verur⸗ ſachen. Daß das Aderlaſſen in dem Falle, wenn nicht andere Urſachen ihm entgegen ſtehen, geradezu ſchaͤdlich waͤ⸗ re, will ich nicht behaupten; aber es iſt doch unnuͤtz, und nie muß man ſich meiner Meinung nach irgend eines Huͤlfsmittels bedienen, wenn nicht wuͤrkliche Gefahr gegenwaͤrtig iſt und es erheiſcht, oder gewiß zu vermuthen⸗ de es erfordert. Das Unterſcheidungs⸗ merkmal iſt leicht zu faſſen; denn kei⸗ ne wahre Bruſtkrankheit iſt ohne ge⸗ ſchwinden Puls. Wenn man dem⸗ nach einen langſamen Puls fuͤhlt und ſonſt weder Froſt noch Hitze vermerkt, ſo kan man wahrſcheinlicher auf Blaͤ⸗ bungen ſchließen, und ſelbige durch Bewegung und die vorhin genannten Blähungs treibenden Mittel und eine gute Diaͤt fortſchaffen. Ueberhaupt ſolte kein vernuͤnftiger Menſch zu ſehr wuͤrkſamen und eben deswegen in der Hand des Unvorfichtigen- gefährlich. werdenden Huͤlfsmitteln bei Krankhei⸗ ten, für ſich allein greifen, und folglich aderlaͤſſen, brechen und purgiren, nie ohne 1139 Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. 2150 ohne des Arztes Vorwiſſen, und nicht anders als nach deſſen Vorſchrift, vor: nehmen. Denn fo unfchädlich ein Mer dikament an und fuͤr fich ſcheinen kan; ſo kan es doch, zur unrechten Zeit ge— braucht, und ohne genaue Beurthei⸗ lung der gegenwaͤrtigen Umſtaͤnde, ſo gut ſchaͤdlich werden als irgend ein an— deres, deſſen ſtaͤrkere Wuͤrkungskraft allgemein bekant iſt. Rhabarber iſt an und fuͤr ſich kein ſchaͤdliches und noch weniger gefaͤhrliches Arzneimit⸗ tel; aber zu einer Zeit gebraucht, wo auch das geringſte Laxiermittel Gefahr verurſachen kan, kan auch Rhabarber ein verwerfliches Medikament ſeyn. Ueberhaupt kan man in der Mediein nie geradezu ſagen: dieſes oder jenes Medikament, dieſe oder jene Speiſe, dieſes oder jenes Getraͤnk, iſt ſchaͤdlich oder nuͤtzlich; ſondern es muß nur Be: dingungsweiſe beſtimmt werden: die: ſem oder jenem Menſchen, unter den und den Umſtaͤnden, in der einen oder in der anderen Situation iſts ſchaͤdlich oder nuͤtzlich. 6) Eine laͤcherliche Verwechſelung iſt es, wenn man die ehemiſche Praͤci— pitation fuͤr das ſo genannte Nieder— ſchlagen nimt, welches man von Tem: perirmitteln erwartet. Um einige Li⸗ quores von den in ihnen ſchwimmen⸗ den Unreinigkeiten deſto leichter zu be: freien, ſchlaͤgt man dieſe mit einem gal⸗ lertartigen Körper, z. E. Eyweiß ꝛc. nieder, das heißt, man laͤßt jene frem⸗ den Koͤrper ſich mit dieſen zaͤhen und ſchleimigten vereinigen, und ſie, da dieſe durch ihre Schwere auf den Bo⸗ den fallen, mit niederziehen; wodurch der Liquor klaͤrer wird. Eine gleiche Urſache bat unſtreitig darunter gewal⸗ tet, daß man in den auffochenden Kaf⸗ fe geraſpeltes Hirſchhorn gethan hat; und man hat dem nach der Abficht die— ſes Verfahrens forſchenden Neugieris gen zur Antwort gegeben: Hirſchhorn ſchlaͤgt nieder. Nun aber war der Fra— gende kein Chemiſt, hatte alſo auch von der chemifchen Praͤcipitation kei— nen Begrif, vielmehr glaubte er einen deutlichern Begrif von der Wuͤrkung eines niederſchlagenden Temperirpul— vers zu haben, und da nun der Kaffe nach ſeiner Erfahrung Hitze und Wal— lung machte, was war denn natuͤrli— cher, als daß er glaubte, man wolle dem Gifte damit ein Gegengift beimiſchen, und durch das hinzugethane nieder— ſchlagende Mittel der Wallung die das Kaffeoͤl verurſacht zuvorkommen. Von da an ward die niederſchlagende Kraft des Hirſchhorns allgemein anerkant, und wanderte vom Kaffe zu faſt allen kuͤhlenden Getraͤnken hinuͤber. Der Irrthum wurde dadurch genaͤhret, daß die Leute Hirſchhorngallert als ein gus tes (naͤhrendes) Mittel anrathen hoͤr⸗ ten; aber keinen Unterſchied machten unter einem durch die Kraft eines ſtar⸗ ken und anhaltenden Feuers aus dem harten Hirſchhorne hervorgebrachten Gelees, und dem in ſeiner Subſtanz im kalten oder auch nur etwas und kurze Zeit erhitzten Getraͤnke unaufloͤs⸗ lichen und folglich gaͤnzlich unwuͤrkſa⸗ men und daher uͤberfluͤßigen Hirfchhors ne ſelbſt. Aber es geht in noch meh⸗ — . reren 1151 Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. 1152 reren Dingen ſo. Ich will gleich in der folgenden Nummer ein aͤhnliches aufſtellen. ö 5 7) „Wenn ich nur erſt weinen koͤn⸗ te, — das iſt der ſehnliche Wunſch aͤußerſt betruͤbter und ſehr zorniger Menſchen. Sie ſehen nemlich das Weinen als das Mittel an, ihre Ber klemmung die ſie in einem ſo heftigen Grade fühlen, aufs beſte los zu wer: den. Nun findet man 5 daß bei jenen Traurigen ſo wohl, als bei Kutſcher, Fuhrleute, und andere die mit Pferden umgehen, auf einem Pffr⸗ de ſitzen und eins neben ſich an der Hand fuͤhren, z. E. wenn ſie zur Traͤn⸗ ke reiten, ꝛe. Tauſend und noch tau⸗ ſend Menſchen gehen bei dieſen Pfer⸗ den vorbei ohne daran zu gedenken, daß ſie ihnen gefaͤhrlich werden koͤnten, hauptſaͤchlich die Kinder, die uͤberhaupt bei Gefahren zu ſorglos ſind, oder dieſe gegenwaͤrtige nicht kennen, weil ſie davon nicht unterrichtet ſind. Die dieſen Zornigen eine merkliche Veran- Pferde find aber öfters muthig, beſon⸗ derung ihres Zuſtandes vorgehet, ſo bald als Thränen fließen. Aber wuͤr⸗ ken denn nun die Thraͤnen dieſe gute Veraͤnderung? oder ſind ſie nicht viel: mehr nur der Beweiß, daß der Krampf nachgelaſſen hat, und der Affekt einige Grade herab geſtimmet iſt, und nimt man alſo nicht die Wuͤrkung fuͤr die Urſache? i 8) Unſere Ratrhſchlaͤge muͤſſen nicht bloß Erwachſene betreffen; ſondern wir muͤſſen auch ſchon die Kinder warnen, fuͤrnemlich in ſolchen Dingen, die für Kinder gefaͤhrlicher ſind, oder bei ſol⸗ chen Gefahren, denen dieſe weit oͤfterer ausgeſetzt find als die Großen. Manch⸗ mal ſcheint eine Gefährlichkeit nur dess wegen von geringem Belange zu ſeyn, weil vielfache Hinderniſſe ſie nicht oft haben entſtehen laſſen. Aber ſind die ruhenden Kräfte darum minder thaͤ⸗ tig, wenn fie nicht eben jetzt in Aetivi— tät find? Ich glaube nicht zu irren, wenn ich den Fall hier berziehe, da Der Schluß ders, wenn fie lange im Ställe geſtan⸗ den haben, und ſpringen zur Luſt zur Seite, heben ſich, und ſchlagen hinten aus. Wie leicht iſt es nun, daß man, beſonders in volkreichen Staͤdten, oder wenn man unbeſorgt vorbei geht, von ſolch einem Pferde getroffen werde. Weil aber der Raum nicht immer ei⸗ nen weiten Umweg verſtattet, ſo geht man noch am ſicherſten, wenn man die Seite meidet, wo das loſe Pferd geht, und ſich an die andere begiebt, wo der Reiter auf dem ſeinigen fißt: das pflegt gewoͤhnlich nicht nur nicht ſich ſo mu⸗ thig zu bezeigen; ſondern der Reiter hat es auch mehr in ſeiner Gewalt. In meiner Kindheit war ein Mann, von beſonderer Kleinheit, auch unbe⸗ ſorgt neben ein ſolches gefuͤhrtes Pferd gekommen, als daſſelbe aus ſchlug und ihn ohnfehlbar vor den Kopf getrof⸗ fen haͤtte, wenn ihn feine kleine Sta: tur nicht dafuͤr geſchuͤtzt hätte, wie i ſolches ſelbſt geſehen habe. | folgt kuͤnftig. rene 1153 d V e Sannoveriihee Magazin, 1154, nn 7ztes Std, Srdtag ‚sa 12 September 1783. * Nachricht von den Versammlungen der Koͤnigl. Church g see zu Celle, vom Srühhahr 1782 | J. den fortgeſezten Verſammlun⸗ gen, beſchaͤftigte die Geſellſchaft ihre Aufmerkſamkeit unter an⸗ dern mit Berathſchlagungen uͤber Mit⸗ tel zur Befoͤrderung beſſerer Aufnah⸗ me des Landbaushalts, als welcher, vorzüglich beim Bauernſtande, noch mancherlei gemeinnuͤtziger Verbeſſerun⸗ gen beduͤrftig ſchien. Behuf zuverlaͤßiger richtiger Ueber: ſcht und Bearbeitung dieſes weiten Feldes oͤkonomiſcher Gegenſtaͤnde, ſchie⸗ nen Urtheile und Vorſchlaͤge landkun⸗ diger und erfahrner Haushaͤlter, die zugleich taͤglich Gelegenheit haben, den innern Haushalt des geringen Landmannes zu uͤberſehen, und mit deſſen mancherlei Maͤngeln bekant zu werden, den ſicherſten Leitfaden an die Hand zu geben. Die Geſellſchaft er⸗ ſuchte daher in einem Cireularſchreiben verſchiedene ihrer einbeimiſchen Mit: glieder, die nicht nur jene Erforder⸗ niſſe befriedigen konten, ſondern zu deren Einſichten und Vaterlandsliebe fie auch eln vorzuͤgliches Vertrauen bis ins Fruͤhjahr 1783. begen durfte, um guͤtige Mittheilun⸗ gen ihrer in dieſem Fach der Oekono⸗ mie gemachten Erfahrungen, und um zweckdienliche Vorſchlaͤge, wie einem jeden Lokale am gemaͤßeſten durch Mit⸗ wuͤrkung der Koͤnigl. Churfuͤrſtlichen Landwirthſchaftsgeſellſchaft, der beſſern Aufnahme des Landhaushalts mögte zu Huͤlfe zu kommen ſeyn? Von mehrern derſelben ſahe die Geſellſchaft dieſe Bitte auf eine dank⸗ wuͤrdige Art gewaͤhret, und wie ſie be⸗ reits Gelegenheit genommen, einige durch jenen Weg erhaltene Vorſchlaͤge zu benutzen; ſo wird ſie es ſich au angelegen ſeyn laſſen, die Ausfuhrung verſchiedener anderer nach Moͤglichkeit befoͤrdern zu helfen. 5 | Von dem Siegellackfabrikauten Herrn Pfannenſchmidt zu Hannover, erhielt die Societaͤt einige Proben Tou⸗ ſche, benebſt feiner zum Druck befor derten Anleitung zum Miſchen aller Farben, aus Blau, Gelb und Roth; welche Beweiſe der fortdauernden Be⸗ 1 des Verfaſſers, ſich durch d dd nuͤtz 1155 Nachricht von den Ver ſammlungen der Koͤnigl. Churf. : 1 . 6 liche Er fin n hervorzut 1 150 Geſeaſcheſt gehe wi 11 e. 15 Mön Mit vorzuͤglichem Vergnügen „ fah ferner die Societät, die auf ihr Erſuchen, von dem Herrn Varl Phi⸗ lipp Straat, in Anſehung ſeiner au Scharnbeck, im Amte Oſterholz eta blirten, und mit dem erwünſchten Fortgang bisher betriebenen Segel⸗ tuchfabrik mitgetheilten Nachrichten. Sie fand dieſe wichtige Unternehmung des größten Beifalls würdig, und um ihrer Seits bievon ein thäriges Merk mal abzulegen, wurde zu Anſchaffung und unentgeldlicher Vertheilung be⸗ ſonders brauchbarer Spinnräder , als woran es nach des Herrn Straat Be⸗ richt zur Zeit noch in erforderlicher Quantitat fehlte, eine proportionirte Geldprämie zur Huͤlfe gegeben. Hiernaͤchſt fand auch die Geſell⸗ ſchaft ein unterhaltendes Geſchaͤft. in der Beurtheilung des von dem Herrn Condukteur Stroͤver zu Lauenburg eingeſandten Berichts, ſamt Grund⸗ tiffes, einer von ihm erfundenen Muͤh⸗ le, zur Reinigung des Korns, von al⸗ lerlei Arten Unkrautskoͤrnern. So ger⸗ ne man immittelſt dem Werthe der gedachten Erfindung Gerechtigkeit wie⸗ derfahren ließ: ſo blieb dennoch der Wunſch übrig, daß durch merkliche Verminderung des dazu erforderlichen Koſtenaufwan des, dieſe Mühle ihrer Gemeinnuͤtzigkeit möge koͤnnen näher gefuͤhret werden. Ferner ward als ein angenehmer Beweiß, der ſich oft auch ohne allen Anreitz im verborgenen zeigenden ruͤhm⸗ RE wände 18 955 ne D i Louiſe, zu Habighorſt „ des wa fen chen Beifalls werth geachtet, in fs: fern der Societaͤt Proben von brauch⸗ barem Garn vorgelegt wurden, deſſen fie 30 Stück aus einem Pfunde ordi⸗ nairen Kaufflaches geſponnen. Die eingelauſenen Beantwortungen der in den vorigjährigen Nachrichten (Siehe das Hole. Stuͤck des Hanno: veriſchen Magazins vom Jahre 178 2. bis verwichene Oſtern aufgegebenen Preisfragen, welche man in der letz⸗ tern Fruͤhlingsverſammlung einer ſorg⸗ fältigen Prüfung. unterzog, leiſteten der damit verbundenen Abſicht und, Erwartung noch kein voͤlliges Genus ge. Man beſchloß daher den Termin der erſten, zwoten, dritten, vierten, fuͤnften und ſechſten Preisgufgabe der vorigjaͤhrigen Nachrichten annoch bis Oſtern 1784 zu verlaͤngern, als bis dahin auch die zeither eingegangenen Beantwortungen, ſamt den verſchloſ⸗ ſenen Deviſen aufbehalten werden ſol⸗ len; und ward hiebei die Wiederho⸗ lung nochmals dienſam befunden, daß nur Abhandlungen, die ohne Unter⸗ ſchrift der Berfoffer, ohne Bezeichnung eines Orts, unter verſiegelten Namen, und mit einer Deviſe eingehen, An⸗ ſpruch auf Praͤmien zu machen aben. Außer denſelben ward noch folgen⸗ de neue Preisanfgabe und Praͤmie aus⸗ geſetzet: Welche Fruchtarten kommen, am ſicherſten auf ſolchen Ländereien ſort, die ads Landwirthſchaftsgeſelſchaft zu Cele, vom Frühjahr c. 1158 beſonders bis ſpaͤt ins Fruͤhjahr, unterworfen ſind, und wie iſt mit Beſtellung dieſer Aecker am beſten zu verfahren, um davon den hoͤch⸗ ſten zuverlaͤßigſten Ertrag hoffen zu duͤrfen? Für die vollſtaͤndigſte und mehr: jährige Verſuche zum Grunde habende Beantwortung dieſer Frage, beliebte man bis Oſtern 1784 einen Preis von Dreißig Thalern in Golde zu be ſtimmen. äh Ä Und da bei verſchiedenen Gelegen⸗ beiten, von Strumpfwebern, über den Mangel der Guͤte brauchbarer feiner Nadeln, klagen vorgekommen: ſo wuͤnſchte die Landwirthſchaftsgeſell⸗ ſchaft hieneben zugleich, daß ſich im kande einer oder der andere Naͤdler angeben moͤgte, der ſich durch feine Ge⸗ die haufigen Ueberſchwemmungen, ſchicklichkeit in Verfertigung brauchbar | rer feiner Nadeln zu Strumpfweber⸗ ſtuͤhlen auszeichnete, welchem ſodann, wenn er ſich ſchriftlich meldete, und hinreichende Beſcheinigung feiner Ge⸗ ſchicklichkeit beibraͤchte, die Geſellſchaft eine der Sache angemeſſene Unterſtuͤz⸗ zung angedeihen laſſen wuͤrde. In vorerwaͤhnten Verſammlungen, ſind ſchließlich auch noch zu reſp. Eh⸗ ren: und ordentlichen Mitgliedern der Geſellſchaft in folgender Ordnung auf⸗ genommen: Herr Cammerrath von der Wenſe. Herr Amtmann Schumacher im Mecklenburgiſchen. Herr Profeſſor Forſter zu Caſſel. Herr Profeſſor Forſter zu Halle. Herr Karl Philipp Straat zu Scharnebeck. 5 Der Doctor Med. Bloch zu Berlin. Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. | (Schluß.) | „Siebe das 72H St.) | NE Nft laufen die Kinder auf den 5 Straßen waͤhrend daß ſie eſſen. Weil nun aber durch den geſchwinderen Gang ein oͤfteres und tieferes Athemßolen noͤthig wird um das in mehrere Bewegung gebrach⸗ te Blut abzukuͤhlen, ſo geſchieht es, daß eine Krume mit in die Luft⸗ roͤhre fliegt, und einen Huſten verur⸗ ſachet, der, wenn er auch nicht immer gefaͤhrlich iſt, doch Beſchwerlichkeit macht. Man verbiete ihnen alſo uͤber⸗ baupt im Gehen zu eſſen, oder erwach⸗ ſene geſchaͤftige Leute, die, wie es in den Seeſtaͤdten bei den kaſttraͤgern gewoͤhnlich ſeyn ſoll, faſt immer im Gehen ihr Eſſen verzehren, muͤſſen wenigſtens langſam gehen. Wer nicht weiß, daß große Begebenheiten kleine Urſachen haben koͤnnen, und daß der unbetraͤchtlichſte Umſtand auf die Ge⸗ ſundheit und das Leben der Meuſchen den groͤßeſten ſchaͤdlichen Einfluß ha⸗ ben, und erſtere vielleicht auf die ganze b les Do dd 2 . 4139 1 — Lebenszeit zerſtoͤren koͤnnen, der wird anſtaͤndiger mündlich vortragen laſſen; aber, wenn Niemand da iſt, der fei- nen Nebenmenſchen auf dergleichen anſcheinende Kleinigkeiten aufmerkſam macht, wie will man denn verlangen koͤnnen, daß es viele geben ſoll, die ſolche Dinge mit in ihren Unterricht fließen laſſen koͤnnen; welches denn doch meines Erachtens außer dem Drucke nur noch der einzige und beſte Weg waͤre. Einer allein kan unmoͤg⸗ lich fo viele Leute lehren, als ein gan: zer Haufen von Menſchenfreunden, Einige die Grſindheit betreffende Anmerkungen se b bielt, feinem Eleven, beim Spazierge⸗ mich bei dieſen beiden letztern Num⸗ ‘mein wenigſtens einer Kleindenkerei beſchuldigen. Ich weiß auch ganz wohl, daß ſich ſolche Dinge beſſer und und ſo lange es daran entweder fehlt, oder dieſe ſelbſt noch nicht den bin; laͤnglichen Unterricht haben, wie wer⸗ den fie denn bei allem ihren guten Wil⸗ len Nutzen ſchaffen koͤnnen. Derer Hauslehrer, die die Kraͤfte und den Trieb haͤtten ihren Zoͤgling nicht nur zu einem guten Griechen und Lateiner, ſondern auch und vorzuͤglich zu einem guten, gluͤcklichen und brauchbaren - a — Mienſchen zu machen zu ſuchen, giebt es wohl noch keine große Zahl. Man uͤberlaͤßt es gewoͤhnlich der Zeit, und dem abgerupften Unterrichte derſelben, daß die jungen Leute Kenntniſſe von ben vorzubereiten. ben, uͤber den Kalender Stunden zu geben. Hält es nun aber beim Pri⸗ vatunterrichte ſo ſchwer, daß dieſer Zweck erreichet werde, wie viel mehr wird man es bei oͤffentlichen Schulen vergebens ſuchen, wo die Aufmerk⸗ ſamkeit viel zu ſehr vertheilt werden muß. Und doch wäre nichts noͤthiger als das. Der ſo nothwendige aber freilich wohl dann und wann etwas zweckmaͤßiger einzurichtende Religtons⸗ unterricht wird wohl nicht hintange⸗ ſetzt, um Menſchen und Chriſten zu bilden, und ſie zu ihrem kuͤnftigen Le⸗ Aber deſtomehr verabſaͤumet man ihnen diejenigen Nachrichten zu geben, die ſie fuͤr ihr gegenwaͤrtiges Leben eben ſo nothwen⸗ dig gebrauchen. Nicht zu rechnen, daß die fo kuͤnſtliche Maſchine unſers Leibes an ſich ſchon ſo manchen Zer⸗ ruͤttungen ausgeſetzt iſt, iſt ſie von außen noch wenigſtens eben ſo vielen Zerſtoͤrungen ausgeſetzt, die uns wohl bewegen ſolten alle Aufmerkſamkeit ans zuwenden, alles Schaͤdliche abzuhalten. Unſere Guter, unſere Ehre, leiden fo 7 Dingen, die freilich bei dem Antritte des Lehrers nicht mit bevorwortet zu werden pflegen, und ich erinnere mich daher mit Vergnügen eines jetzt in eis nem anſehnlichen Schulamte ſtehenden Mannes, der es nicht für zu klein mannigfaltigen Verluſt, daß uns nur weiſe Geſetze, und weiſe, und billige, und gerechte Maͤnner, die dieſe Ge⸗ ſetze geltend machen, dafuͤr ſchuͤtzen konnen. Was wäre alfo dringender, als daß dafür geſorget würde, daß auf den oͤffentlichen Schulen, vielleicht nur eine ſegensreiche Stunde woͤchentlich darauf verwandt wuͤrde, den kuͤuftigen Einwohner des Staats mit ſeinem Koͤrper in deſſen geſunden Zuſtande, und 161 Einige die Geſundheit betreffende Anmerkungen. und mit den Abweichungen deſſelben von der Geſundheit; desgleichen mit den allgemeinſten natürlichen und buͤr⸗ gerlichen, auch wohl Criminalgeſetzen in fofern es dienlich wäre, hauptſaͤch⸗ lich aber mit den Landesverordnungen bekant zu machen, denen er ſich in der Folge fügen ſoll: denn wie kan er das, wenn er ſie nicht kennet? Ich muß in der zehnten Numme noch eins nachholen, welches ich oben vergeſſen habe. Man gehe niemals mit offenem Munde. Außerdem daß oͤfters Inſekten hinein fliegen, und, in: dem fie beim Einathmen mit in die Luftroͤhre gezogen werden, Huſten ers regen, iſt es auch deswegen ſchaͤdlich, weil man bei einem unſichern Tritte, vorzuͤglich, wenn man unverſehens in eine Vertiefung tritt, die Zaͤhne auf einander beißet und die Zunge damit verletzen kan, wenn ſie dazwiſchen trift. 11) Wen ſeine Geſchaͤfte auf die Straße rufen, der geraͤth oft in Ge: fahr, von den durch die Sturmwinde berabgeweheten Ziegelſteinen verwun⸗ det, oder gar getoͤdtet zu werden. Es iſt in dem Falle gar nicht ſicher, wenn man ſich mitten auf den Weg macht, wie man denn auch gemeiniglich die zerbrochenen Steine da wird liegen Wolfenbuͤttel. * 1162 ſinden. Weit ſicherer iſt es, wenn man ſo dicht als möglich an derjeni⸗ gen Reibe der Hänfer weggehet, von woher der Wind komt, worauf man denn freilich Achtung geben muß. Z. E. die Straße laͤge gerade gegen Oſten; der Wind aber kaͤme aus Nor— den, ſo muß ich, wenn ich in der Straße gegen Morgen gehe, mich an der linken Reibe der Haͤuſer halten; denn der Wind, der den Ziegelſtein vom Dache berabwirft, ſchmeißt ihn alsdann Über meinen Kopf weg mit— ten in die Straße hinein. Es ſey denn, daß ſich der Wind finge, und dadurch eine andere Richtung bekaͤme, wovon man aber durch eigenes Gefuͤhl ſich leicht belehret. 5 Solten irgend Jemand, in dieſem abermaligen Aufſatze, der auf das be ſte meines Nebenmenſchen abzwecken ſoll, einige Nummern als geringfuͤgig anſtoͤßig ſcheinen, ſo bedenke er: „daß jede Widerlegung eines Vorurtheils Gewinn für die Wiſſenſchaft ſey; und jeder Beweiß, daß eine herrſchende Meinung des gemeinen Mannes ir⸗ rig, ein Schritt zur Wahrheit ſey, die allein verdiente, zum Beſten der Men⸗ ſchen aufgezeichnet um aufbehalten zu werden., IJ. J. S. Buͤcking, D. Woman ſind bekantlich eine der aͤrg⸗ 5 ſten Hausplagen unſerer Ge; Von Vertilgung der Wanzen. ) gend, und ihre Vertilgung iſt eines jeden neueren Verſuchs werth. Kalm Do dd 3 ſagte *) Aus dem 38dten Stuck des neuen Berliner Intelligenzblatts, vom 1783. 1163 ſagte ehedem, daß der Durchzug freier Luft fie vertreibe, eingeſchloſſene Luft aber ihre Ausbreitung befoͤrdere; eine durch Erfahrung bekante Wahrheit, fo wie es entweder dieſem freien Durch; ‚zuge der Luft, oder dem Geruche von Pech und Theer nebenher zuzuſchrei⸗ ben iſt, daß man dies Ungeziefer auf den Schiffen nicht vorfindet. Neuere Erfahrungen preiſen den fein gepulver⸗ ten Sabadillſaamen, in alle Ritzen und Spalten geſtreuet, wider ſie an; von noch andern wird der Dampf von angezuͤndetem Schießpulver geruͤhmt, das Kraut einiger Pflanzen, oder wenn man im April, wo die Eyer der neuen Brut ausſchluͤpfen, mit einem Ge mengſel von einem Theil Terpentinoͤl und zwei Theilen Weingeiſt, das Ge⸗ taͤthe, die Tapeten, Stühle und Bett⸗ ſtellen beſtreichet. Bei allen derglei⸗ chen Mitteln fraͤgt es ſich dennoch: wird man gegen das Uebel dadurch auf immer oder nur auf einige Zeit, allenfalls auf ein Jahr bis zur neuen folgenden Brut, geſichert? Das letztere ſcheint mehrentheils der Fall zu ſeyn, und fo ermuͤdet dann die Bequemlich⸗ keit in der ekelhaften Ausrottung deſ⸗ ſelben. Fufaͤlligerweiſe entdeck⸗ tes chymiſches Mittel, in einer Stunde ein ganzes Haus von Wanzen auf immer zu reinigen, aus dem Engliſchen, iſt die Auf⸗ ſchrift eines ohne Druckort erſchiene⸗ nen Bogens, der allgemeine Bekant—⸗ machung verdient. „Meine Herren „Leſer, beißt es in der Vorrede, ſie „koͤnnen ihre Wanzen jetzt vertreiben, die Erde ſielen. Von Vertilgung der Wangen. 1164 „wenn fie wollen; haben fie keine — „ſo viel beſſer.,, Die Entdeckung ſoll zufaͤlligerweiſe gemacht ſeyn, da ein Liebhaber der Chemie mit Umarbei⸗ tung des Vitriols ſich befchäftigte, Er brachte daraus ein rothes Oel hervor, und trug, in Abſccht des folgenden Tages ſeine Arbeit fortzuſetzen, daſſel⸗ be in die Schlafkammer. Er hatte es hingeſtellt, und ſetzte ſich nieder, dem Dinge weiter nachzuſiunen, als zwo Wanzen vor ihm auf den Tiſch matt herab fielen, und gleich darauf jtars ben. Dieſe Erſcheinung gab ſeinen Betrachtungen einen neuen Gegen⸗ ſtand; es fiel ihm gleich der Gedanke ein: das Oel muͤßte den Wanzen ein toͤdtendes Gift ſeyn. Er ſiehet allent⸗ balben umher, und ehe zehn Minuten verfloſſen waren, ſahe er noch etwas merkwuͤrdigeres; er ſah, daß die Wan⸗ zen ganz aͤngſtlich aus ihren Neſtern heraus liefen, und indem fie ſich drei bis vier mal herum dreheten, todt auf i Hier ward er alſo voͤllig gewiß, daß das Oel ihren Tod gewuͤrkt hatte. In einem andern Zim⸗ mer des Hauſes, das mit denſelben angefuͤllt war, ſetzte er einen Keſſel voll ſiedend Waſſer, und ſchuͤttete fuͤuf Tropfen von dem Oele hinein, das die nemliche Wuͤrkung that. In weniger als einer Stunde liefen die Wanzen aus den Wänden und Meublen her⸗ vor, und fielen tod zu Boden. Er ließ die Wand abſchaben, und fand viele Eyer. Durch Huͤlfe eines Son: nenmieroſkops entdeckte er, daß fie alle getoͤdtet waren, und da er kein ein — 1165 einziges bekam, das noch lebendig war, ſo ſolgerte er, daß die Kraft des Oels gar bis in die Eyer gedrungen ſey, und hatte daher nicht den mindeſten Grund mehr zu zweifeln, daß daſſelbe die Wanzen ganz und gar ausrotten koͤnne. Das Oel ſelbſt wird auf fol: gende Weiſe bereitet, und nach dieſer Angabe wird es ein jeder geſchickter Apotheker auf Erfordern bereiten koͤn⸗ nen, wozu man die hieſigen mit Recht aufforden kan. Fin Es ift zuerſt nothwendig, alle frem⸗ den Salzarten von der reinen Subſtanz des Vitriols zu ſcheiden, oder den Vi⸗ triol zu rectificiren. Zwo Arten der Rectifieation find verſucht. Nach der erſten nimt man eine ziemliche Quan⸗ titaͤt, ungefähr von ro oder 12 Pfund, reinen guten Vitriols, loͤſet ſie in ei⸗ nem reinen filtrirten Waſſer auf, das keine Feces hat, ſetzt dieſe Aufloͤſung auf gelinde Waͤrme, und laͤßt ſie ſo lange ausdaͤnſten, bis ſich eine Haut uͤberziehet, da man denn alles an einen kuͤhlen Ort zum Anſchießen des Vi⸗ ttiols hinſtellen muß. Wenn man die⸗ fen gereinigten Vitriol in einer gläfer: nen Schaale an einen warmen trocke— nen Ort hinſtellt, ſo zerfaͤllt er in Pul⸗ ver. derum in reinem durchgeſeigten Waſſer aufgeloͤſet, und eben fo wie vorher damit ſo lange verfahren, bis der Vi⸗ triol keine Feces abſetzet, lieblich vom Geſchmacke, und von himmelblauer Farbe wird. Man muß ihm dieſe Farbe, ohne welche kein Oel erhalten wird, durch Entfernung von Staub — Von Vertilgung der Wanzen. Ein ſolches Pulver wird wie⸗ 1106 und Unreinigkeiten wohl bewahren, ihn hierauf hermetiſch in eine glaͤſerne Phiole ſchließen, in den Ofen ſetzen, und das Feuer allgemach Gradweiſe von zehn Tagen bis wiederum zu zehn Tagen regieren, da ſich denn der Bi: triol in eine ſehr ſchoͤne gelbe Farbe, und endlich in eine rothe verwandelt, bis ſich zuletzt der ganze Koͤrper des Vitriols durchaus in einer rubinro— then Farbe zeigt. Nach Art der zwei⸗ ten Rectification nimt man einen gut zubereiteten Weingeiſt, und klares ge⸗ meines Brunnenwaſſer etliche mal des ſtilliret. Den Vitriol thut man in ein Kolbenglas nach der Groͤße der Maſſe, gießt den Weingeiſt daruͤber, laͤßt ihn einige Tage wohl verſtopft auf gelinder Waͤrme ſtehen, gießt ihn darauf behutſam ab, damit keine Fe- ces mitgehen, und ſtellt ihn bei Seite. Auf die hinterbliebenen Feces gießt man von neuem friſchen Weingeiſt, ſtellt ihn etliche Tage lang auf gelinde Waͤrme, damit ſich noch mehr vom Vitriol aufloͤſen moͤge, und wiederho⸗ let dergleichen ſo oft, bis die ſubtile Materie im Grunde des Glaſes trok⸗ ken zuruͤck bleibet. Auf dieſe wird von neuem der Weingeiſt auf den Satz gegoſſen, was ſich damit aufloͤſet, bei Seite geſetzt, nochmals Weingeiſt auf den Satz gegoſſen, bis alles aufgeloͤſet iſt. Hat man nun den Weingeiſt von neuem wieder abgezogen, und iſt die Materie trocken worden, ſo gießt man auf dieſen zubereiteten Vitriol das ab: gezogene Waſſer, ruͤhret es wohl um, ſtellet es etliche Tage in warme Aſche, gießt 1167 gießt die Auflöͤſung ab „ uͤbergießt den Satz von neuem mit ſolchem Waſſer, und ſetzt es ebenfalls wieder einige Tage und Naͤchte in warmer Aſche zu weiterer Aufloͤſung, und dieſe Aufloͤ⸗ ſung wird ſo lange wiederholet, bis in dem Satze nichts mehr vom Salze be⸗ findlich iſt. Dieſes Waſſer mit der darin enthaltenen Aufloͤſung wird bis auf den trocknen Bodenſatz mit gelin⸗ dem Feuer im Marienbade uͤberzogen, und die trockene Materie heraus ge⸗ nommen, welche man in ein recht wohl beſchlagenes Kolbenglas mit einem füglichen Helme und reiner wohl ver⸗ Von Vertilgung der Wanzen. | 1268 lutirter Vorlage ſchuͤttet, die Deſtilla tion langſam mit geringem Feuer und von Grad zu Grad immer ſtaͤrker bes ſorget, da man denn aus dem Gruͤnen oder Rubinrothen einen Dampf auf⸗ ſteigen ſiehet, der wie eine gluͤhends Kohle feuchtet. Man nimt ein ſol⸗ ches Oel mit Behutſamkeit ab, das einen ſtarken durchdringenden Geruch hat, der auf keine Weiſe den Menſchen ſchaͤdlich iſt, wenn er es auch gleich fuͤr die Wanzen zu ſeyn ſcheinet. Daa mit angeſtellte Erfahrungen würden die Bekantmachung durch dieſe Bei⸗ traͤge verdienen. e e Wie das Eifen wider den Roſt bewahrt werden kan. ah S Verfahren hat ein mit Ei⸗ ſenwaare handelnder Kaufmann dem Herrn Doctor Degner mitge theilt, und zugleich die Verſicherung gegeben, daß das gemeine Baumoͤl, anſtatt die Waaren fuͤr den Roſt zu ſchuͤtzen, dieſelben mehr verunreinige, und wo man es nicht ſorgfaͤltig wieder abgerieben, ihnen nur deſto groͤßere Neigung zum Roſte verurſacht habe. Dieſes Mittel hat gedachter Herb Doctor Degner in den Breslauer Natur⸗ und Kunſtgeſchichten 2 Th. S. 541. bereits befant gemacht, und beſtehet darin: man gieße in eine Menge Baumoͤl drei, vier bis fünf: mal fließend Blei, daß es ſich darin abkuͤhle; wodurch erſteres diejenige Schaͤrfe verliert, welche dem Eiſen nachtheilig iſt. — 45 CH ) Man fehe auch das 14 Stück des Danupverifchen Magazins von 1781, Seite 223 und 224. 8 ? 4 7 8 D D BR Hanpoveriides Maga. 1170 748 Stüd, Montag „den ıszfen September 1783. Ueber die Sonnenflecken. € as Erdbeben zu Mieffins und in Calabrien hat ein allge meines Erſtaunen und Schrek⸗ ken verurſacht, wie es denn auch eine Begebenheit iſt, die dergleichen verur— ſachen kan. Es ſey immer ſo natuͤr— lich zugegangen, als es wolle, daß un— terirrdiſche Hoͤhlen, die vielleicht ſeit Jahrhunderten Veraͤnderungen erlit— ten, wodurch ſie zum Einſturz vorbe— reitet find, nun eingeſtuͤrzet oder an: dere unteriredifche Revolutionen ent: ſtanden find; fo iſt es doch fiir uns, die wir uns auf der Erdrinde befinden, aͤußerſt ſchreckhaft, wenn fie anfängt ſo tuͤckiſch zu werden, unter unſern Fuͤßen zu erbeben, einzubrechen, Ab⸗ gründe zu eroͤfnen, und ſich unter dem Meere zu verkriechen, um ihre Be— wohner bei Tauſenden zu verſchlingen und anderswo Berge aufzuwerfen oder in neuen Inſeln aus dem Meere wie; der hervor zu treten. Wir gebrauchen bier keine alte Geſchichte zu Huͤlfe zu rufen; dies alles iſt traurige Erfah: rung unferer Tage. Wie bei dem ordentlichen und ge⸗ woͤhnlich ſanfteren Gange der Nadur, — tige Hand des Herrn. ſo auch bei dieſen außerordentlichen und violenten Bewegungen der Ta: tur, erkennet der eine guaͤdige Fuͤr— ſehung anbetende Chriſt die allgewal— Er erſchrickt bei dem Toben der Natur, wenn es ſtuͤrmt, blitzt und kracht, er faßt ſich aber auch bald, und hoffet von dem guͤtigſten Weltregierer, wenn gleich die Welt untergienge, und die Berge mitten ins Meer ſaͤnken, daß er in dem Plane ſeiner Anordnung des Ganzen ihn nicht uͤberſehen habe, ſondern wenn auch Berge weichen, und Hügel hin⸗ fallen, die Gnade ſeines Gottes nicht von ihm weichen, vielmehr alles zu ſeinem Beſten fuͤgen werde. Es kan ſeyn, daß ein Ungluͤck meh⸗ rere ungluͤckliche Fälle nach ſich ziehe, aber nothwendig iſt dies nicht; we⸗ nigſtens kennen wir den innern Van der Erde nicht genugſam, um mit Wahrſcheinlichkeit aus einem Erdbe⸗ ben auf mehrere folgende zu ſchließen. Koͤnte ich nicht eben ſo gut denken: das was im Eingeweide der Erde wuͤthete, in vielen Ländern den Untergang dro— bete, iſt endlich in Calabrien zum Aus⸗ Eeſee bruche 1171 bruche gekommen, und uns iſt dadurch neue Sicherheit verſchaffet? Ich kan mich nicht genug wundern wenn ich in der Naͤhe und aus der Ferne höre, wie man fo ſehr mit Ungluͤck ſchwan⸗ ger gehet und maͤchtige Kataſtrophen unferes Erdbals verkuͤndiget. Zie⸗ henſche Prophezeihung nimt man da⸗ bei zu Huͤlfe, wie denn auch das poli⸗ tiſche Journal vom Monat Julius ſagt, daß die Jiehenſche Schrift in Berlin (gewiß weil ſie ſtark nachge⸗ fraget iſt,) neu aufgeleget worden. Man bedenket aber nicht, daß der Mann doch keine Offenbarung hatte, und die Gruͤnde, die er fuͤr ſeine Pro— phezeihung anfuͤhret, wie der gelehrte Herr Profeſſor Lichtenberg in Goͤt⸗ tingen deutlich genug gezeigt hat, nichts ſagen wollen. Es ſcheint zwar durch Calabriens Ungluͤck etwas von der Weiſſagung eingetroffen zu ſeyn, wenn man eine Deutung aus ihr erzwingen will; das iſt aber bloß zufaͤllig, und kan ich mich daraus von der Zuverläf ſigkeit der ſelben nicht überzeugen. Noch andere Gruͤnde ſuchen unſere Ungluͤckspropheten in näheren Erſchei⸗ nungen auf. Sie glauben, es gehe jetzt ſo viel Außerordentliches in der Natur vor, das uns, auf große Bege⸗ benßeiten uns gefaßt zu machen, leh⸗ Ueber die Sonnenflecken. 41 72 ren muͤſſe. Die ungewöhnlich ſtarken Nordlichter am Schluſſe des vorigen und Anfange diefes Fahre, der an: baltende ungewohnliche allgemeine Ne: bel, die Körbe der Sonne und des Monds, andere kufterſcheinungen, die ſchweren eme en d gl. ſollen Vor⸗ boten von Er dbeben und vielleicht dem gaͤnzlichen Untergange der Welt ſeyn. So geneigt ich mit allen Verehrern der heiligen Schrift bin, zu glauben, daß das gegenwärtige Syſtem der Er⸗ de eiumal ein Ende nehmen wird, ſo fühle ich mich doch aus obigen Um⸗ ſtaͤnden nicht berechtiget, es fo nahe anzunehmen, und eben ſo wenig nahe große Revolutionen zu verkuͤndigen. Die außerordentliche Roͤthe der Son⸗ ne, die ſich von dem ſtarken Nebel her⸗ ſchreibt, in welchem die Strahlen der Sonne gebrochen werden, hat viele Furcht verbreitet; dazu kommen die großen Flecken, die man in ihr will wahrgenommen haben. Wegen des Nebels koͤnnen unſere Herren Gelehr⸗ ten noch nicht recht einig werden, in⸗ dem der Herr de la Lande, die Her⸗ ren Wittenberger und Manhei⸗ mer in der Erklärung deſſelben, jede Parthei ihren beſondern Weg gehet. Ohne tiefe Naturkenntniß laßt ſich in dieſe Sache nicht gut miſchen ). Von den 9 Etwas zur Nebelgeſchichte! Wir haben hier in der Elbgegend den trockenen Ne bel, wie anderer Orten gehabt. Als etwas Sonder bares führe ich folgendes an. Gewoͤhnlich ſteigt des Abends nach Sonn tenugtergange auf unſern Marichiels dern ein ſo ſtarker Rebel auf, daß das Land wie mit einem weißen Tuche bedek⸗ ket und von weitem einer See aͤhnlich ſcheinet. habe ich, fo weit meine Ausſicht gehet, ihn nicht bemerket, Dieſen ganzen Sommer über Zum erſtenmal ſahe ich iha den 17e n Auguſt N und ſo an einigen folgenden Abenden. Den Mor, 1173 den Sonnenflecken aber, will ich den der Aſtronomie unkundigen Leſern eis nige Aufklärung geben. | Man bildet ſich gar zu lelcht ein, Flecken auf der Sonne zu ſehen, wenn kleine ſchwarze coupirte Wolken, die in unſerer Atmoſphaͤre ſchwimmen und ſehr weit von ihr entfernet ſind, vor dieſelbe treten. Dies ſind aber die Flecken nicht, von denen ich hier rede. So fahr ich am zien Jul. d. J. nach einem Gewitter die nicht weit vom Untergange entfernte ſehr feuerrothe Sonne allerlei Geſtalten annehmen, da bald nur die obere Haͤlfte, bald nur die untere, bald nur der einer Binde gleiche mittlere Theil, bald ſonderbare Ausſchnitte an derſelben zu ſehen wa⸗ ren, welche Geſtalten lange anhielten; eine Wolke, in der mancherlei Lücken waren, ſtand unbeweglich vor der Son— ne, die ſich hinter ihr nach dem Hori⸗ zonte herunter bewegte. Es muß ſchon ein ſcharfſehendes Auge ſeyn, das un: bewafnet in der Sonne wahre Flecken, die nur kleine Punkte oder Striche zu ſeyn pflegen, ſehen will. a Ich habe die Sonue in den Tagen, da man die Flecken in ihr geſehen ha⸗ ben will, hier in Stade auch beobach— tet, und fand unter andern am 25ten Jun. in den Abendſtunden einen in dem untern Theile derſelben, nach dem weſtlichen Rande hin, welchem er taͤg⸗ lich näher ruͤckte; nach vier Tagen ver: lor er ſich. In der Hamburgiſchen Ueber die Sonnenflecken. Ahr, 1174 neuen Zeitung von 16ten Jul. d. J. findet man eine Anzeige von drei Flek⸗ ken, die ich um die Zeit des roten Jul. bemerkte. Ich machte darauf auf⸗ merkſam, damit die, die Flecken ſehen wolten, der Gelegenheit nun wahrneh— men moͤgten, um ſich deſto eher vor betruͤglichen Erſcheinungen zu ſichern. Zween dieſer Flecken ſtanden in einer borizontalen Lage dichte bei einander, die nach einigen Tagen am weſtlichen aͤußerſten Rande ſich verloren. Einer dieſer Flecken war anfangs ſehr ſchwarz, ward aber in einigen Tagen etwas blaſſer; dagegen der andere, der zuvor blaß war, ſchwaͤrzer ward. In eben der Zeit trat am oͤbern oͤſtlichen Ran: de ein laͤnglichter Flecken in einer ver: ticalen Richtung hervor; er erſchien aber bald nachher rund. Die Zeit, die mir zur Beobachtung die bequem: ſte war, welches ich um der Stellung der Sonne willen, anzufuͤhren nicht verſaͤumen darf, war des Abends 5 Kaum waren dieſe Flecken ver— ſchwunden: fo traten am 17ten und 18ten Jul. zween andere Flecken oͤſt— lich wieder ein, deren Gang ich bis zum Zoten, da fie am weſtlichen Ran⸗ de untergehen wolten, beobachtet habe, und jetzt in der Mitte des Auguſts wa⸗ ren wieder zween ziemlich große Flek⸗ ken da. Ich gebe gerne zu, daß Per; ſonen Flecken mit bloßen Augen moͤ— gen geſehen haben, indem ſie wuͤrklich ſichtbarer ſind, wenn nicht gar zu dicke Se ee 2 Wol⸗ Morgen darauf baben wir bis 10 Uhr ſarke Nebel, die ganz feuchte niederfal— len, deren Entſtehen leicht zu erklaͤren iſt. e f 1175 Wolken vor der Sonne ſtehen, oder auch die Sonne durch einen Nebel ſcheinet; ich aber habe keine Flecken ohne Fernglas entdecken koͤnnen. Die Sonnenflecken ſind ſchwarze Theile, mehrentheils von irregulairer Geſtalt. Ein gewiſſer hellerer Dunſt ſcheinet gemeiniglich den ſchwaͤrzeren Theil zu umgeben. Dieſen nennet man den Kern oder nucleus, und je: nen halo oder nimbus macularum, Sie ſind von den Sonnenſackeln zu unterſcheiden, worunter man gewiſſe Raͤume auf der Sonnenſcheibe verſte— het, wo die Sonne heller leuchtet, als 1 uͤbrigens. Es war eine Zeit, da man es nicht laut ſagen durfte, daß in der Sonne Flecken waͤren, und dies hatte ſeinen Grund in der peripatetifchen Philoſo— phie. Ariſtoteles, der als allg@heis ner Lehrer angenommen ward, und deſſen Grundſaͤtzen, als Ausſpruͤchen des philoſophiſchen Pabſtes zu wider⸗ ſprechen, ſehr gefährlich war, hatte be: W̃ hauptet, die Sonne ſey das reineſte Feuer, in der ſich uͤberall keine hetero: gene Theile befaͤnden, damit wolten ſich nun freilich die in ihr wahrgenommene Flecken nicht reimen laſſen. Die Zeis ten ſind vorbei, und wir duͤrfen jetzt mit Thomas Burnet in feiner Ar- chæalog. Philof. Libr. IV. c. 13. ſa⸗ gen: vale Stagirita, ſemper mihi eris malus Aftronomus, Theologus pejor, Phyſiologus peſſimus. So frei durfte aber ein Chriſtoph Scheiner, der zuerſt im J. 1611 Flecken entdeckte, nicht heraus gehen. Um dieſe Zeit Ueber die Sonnenflecken. 1170 fing man an, von den erſt erfundenen Fernglaͤſern zur Betrachtung des Him⸗ mels und der Himmelskoͤrper Gebrauch zu machen. Scheiner war ein Schwa⸗ be, Jeſuit und Profeſſor zu Ingol⸗ ſtadt. Er war eben damit beſchaͤfti⸗ get, den Diameter der Sonne zu meſ⸗ ſen, als ihm dieſe Flecken darin auf⸗ ſtießen. Er zeigte ſie dem Profeſſor Kyſati und verſchiedenen von ſeinen Zuhoͤrern, und da ſich dieſe neue Ent⸗ deckung bald ausbreitete: ſo ward er erſucht, ſie naͤher bekant zu machen. Seine Superioren aber, beſorgt, es moͤgte das Anſehen des Ariſtoteles darunter leiden, und mithin ihr eige⸗ nes, hielten ihn von dieſer Bekannt⸗ machung ab. Er fuhr in ſeinen Be⸗ obachtungen fort, und uͤberzeugte ſich immer mehr, daß die Sonne ihre Flek⸗ ken habe. Nicht dreiſte genug, ſeine Beobachtungen der Welt vorzulegen, ſandte er ſie unter der Hand an einen Augſpurgiſchen Rathsherrn Marcus elſer, der ſie unter dem Titel: Apelles poſt tabulam heraus gab. An⸗ dere wollen die erſte Entdeckung dieſer Flecken dem großen Mathematiker Kepler, der fie ſchon 1607 ſoll gefun⸗ den haben, zuſchreiben. Galilaͤi, der Florentiniſche Gelehrte, machte in einem eigenen Buche, das er davon heraus gab, dem Scheiner die Ehre der Erfindung ſtreitig. In feiner Ro- fa Urſina, die 1630 zu Brgeciano in Folio heraus kam, bewies er, daß ſei⸗ ne Beobachtungen aͤlter, als die des Galilaͤi waͤren. Der Baron Wolf nennet dies Buch opus de maculis fo- laribus — re \ 1177 ner ſeine Obſervationen umſtaͤndlich darin vorgetragen, und eine große An⸗ zahl von Flecken in Kupfer geſtochen dargeſtellet hat. Es iſt uns hier nicht darum zu thun, dieſen Streit zu ent: ſcheiden; ſo viel erhellet deutlich dar⸗ aus, daß bald nach Erfindung der Fernglaͤſer, die einige dem Galilaͤi zuſchreiben wollen, wenigſtens hat er und der deutſche Simon Marius ſie zuerſt zur Betrachtung des Himmels gebraucht, daß, ſage ich, bald nachher ſolche Flecken von mehreren ſind be⸗ merket worden. Abulfaradge, ein orientaliſcher Schriſtſteller des dreizehnten Jahrbun⸗ derts, erzaͤhlt in feiner hiftoria com- pendioſa dynaſtiarum ein Paar Bege⸗ benheiten von Verringerung des Son: nenlichts, die auf außerordentlich große Flecken muthmaßen laſſen. Die erſte trug ſich im Jahre Chriſti 535 zu, da das Sonnenlicht 14 Monate lang ſehr merklich geringer war. Die andere im Jahr 626 beſtand darin, daß die Sonnenſcheibe vom Junius an bis in den folgenden October bis auf die Hälfte verdunkelt war. Abulfarad⸗ ge, der anſehnliche biſchoͤfliche Wuͤr⸗ den im Orient bekleidet hat, und zu⸗ letzt zum Maphrianen oder Primaten vom Orient erhoben ward, auch viele theologiſch-dogmatiſche und morali: ſche, philologiſche und hiſtoriſche Buͤ—⸗ cher geſchrieben hat, verdienet hierun⸗ ter Glauben. Zu den Zeiten Karls des Großen im J. 807, hat man acht Tage lang einen Flecken in der Sonne Ueber die Sonnenflecken. laribus abſolutiſſimum, indem Schei⸗ 1178 gefehen, den man damals für den Mer: curius gehalten; wie auch Averroes ein arabiſcher Schriftſteller des zwölf: ten Jahrhunderts den Mercurius in der Sonne will geſehen haben. Da ader dieſer Planet nur einen ſehr klei— nen Punkt in der Sonne ausmacht, der mit bloßen Augen nicht wohl zu ſehen iſt; ſo ſind jene Erſcheinungen eher fuͤr Sonnenflecken anzunehmen. Nimt man hiezu die Beobachtungen der Neueren, als eines Hevels, Nirchs, Caſſini, de la Hire, de la Lande, u. m. ſo hat es gar keinen Zweifel mehr, daß es Flecken in der Sonne giebt. Ihre Erſcheinungen ſind aber fuͤr uns in ſo weit ſehr irregulair, daß ſich ihre Zeit nicht beſtimmen laͤßt. Man bat Zeiten und ganze Jahre gehabt, da gar keine erſchienen ſind. So z. E. hat man in den Jahren 1650 bis 1670 kaum mehr als zween geſehen; von 1695 bis 1700 ſahe man gar keinen, und wiewohl der ehemalige deutſche Aſtronom Herr von Wur⸗ zelbauer keinen Tag hingehen ließ, ohne die Sonne zu beobachten: ſo hat er doch vom 29ten Oct. 1710 bis den 18ten Mai 1713 keinen Flecken ent: decken koͤnnen. Dagegen find ſte zu anderer Zeit deſto haͤufiger geſeben, als im Jahre ihrer erſten Entdeckung 1611. Beſonders hat man fie in die⸗ ſem Saͤculo haͤufig wahrgenommen. Caſſini ſchreibt im Jahr 1740, „fie ſind jetzt fo haufig, daß man die „Sonne ſelten beobachten kan, ohne „einige Flecken darin wahrzunehmen. Ee ee 3 De 1179 De la Lande ſagt, daß er ſich von 1749 au bis 1773 nicht erinnern koͤn⸗ ne, jemals die Sonne betrachtet zu ha⸗ ben, ohne auf ihr Flecken gefunden zu baben, und das oft in großer Anzahl. Koſt zeichnen das Jahr 1717 beſon⸗ ders als ein ſolches aus, da die Sons ne ſehr reich an Flecken geweſen; kaum ſey einer verſchwunden, ſo ſey ſchon ein anderer wieder hervor getreten. Bisweilen erſcheinet nur ein einziger Flecken, bisweilen mehrere zugleich. Scheiner zählte deren funfzig auf einmal, und wie ich oben angefuͤhrt, babe ich ſelbſt deren mehrere vor Fur zem und jetzt auf einmal geſehen. Es iſt leicht zu erachten, daß die Flecken, fo bald fie groß genug find, von der Erde geſehen zu werden, die 24,260 Erdhalbmeſſer, oder ſo viel mal 860 Meilen, das iſt uͤber 20 Millionen Meilen von der Sonne ent⸗ fernet iſt, ſehr ungeheure Klumpen aus⸗ machen muͤſſen. Iſt das Quadralflaͤ⸗ chenmaaß der Sonne 115,451 Mil⸗ lionen Meilen, und koͤmt ſie uns doch nicht groͤßer als ein Teller vor: ſo muß ein Puͤnktchen auf derſelben ſchon von großem Umfange ſeyn. Der Diame⸗ ter der Sonne iſt 193,893 Meilen; theile ich ihn in vier Theile und neh⸗ me an, daß zo ſolcher Flecken an ein⸗ ander gereihet dieſen Theil fuͤllen: ſo muß ein ſolcher Flecken ſchon einen Durchmeſſer von ungefähr 1600 Mei⸗ len haben, und unſerer Erde, deren Durchmeſſer 1720 Meilen iſt, beina⸗ be gleich ſeyn. De la Lande berech⸗ net einen, der eine Minute in der kaͤn⸗ uUober die Sonnenflecken. 5 1188 ge gehabt, (den Sonnendurchmeſſer von der Erde geſehen, ſetzet man auf 32 Minuten,) dreimal größer als die Erde. Ricciolus hat ſogar einen bemerkt, der dem zehnten Theile des Sonnendiameters gleich geweſen. Was ſind dieſe Sonnenflecken, und woher entſtehen fie? Eine ſchwer zu beantwortende Frage. Ich fuͤhre die Muthmaßungen der Aſtronomen hier⸗ uͤber an. Es giebt Naturkuͤndiger, welche glauben, ſte ſeyn feſte Körper, die, wie die Planeten, ihren Umlauf um die Sonne machten. Dies iſt aber deswegen nicht glaublich, weil ſie oft ganze Jahre lang unſichtbar werden, und ihre Erſcheinungen, wenn ſie Planeten wären, regulairer ſeyn muͤß⸗ ten. Bei ihren ſo ſehr verſchiedenen Bahnen um die Sonne, muͤßte die Zeit ihrer Sichtbarkeit vor der Son⸗ ne auch ſehr verſchieden ſenn; und doch werden wir hernach ſehen, daß fie alle, wenn fie nicht etwa vor der Sonnenſcheibe verſchwinden, 12 bis 13 Tage zu ſehen ſind. Eben dies plögliche Verſchwinden oder ihre Ver⸗ aͤnderlichkeit in der Figur, da ein Flecken ſich zerſtreuet, auch wohl waͤchſt, abnimt oder heller oder dunk⸗ ler wird, ſtreitet wider dieſe Mei⸗ nung. Andere, denen ich beipflichte, halten deswegen dafür, fie gehören zum Sonnenkoͤrper ſelbſt. Koͤnte ich einem Theile meiner Leſer, die nicht wiſſen, was man unter der Parallaxe verſtehet, fie in der Kurze begreiflich machen; fo wiirde ich daraus, daß die Sonnenflecken keine Parallaxe haben, eis 1787 einen ſicheren Beweiß fuͤhren koͤnnen, entweder, daß ſie ganz dichte an der Sonne, oder in der Sonne ſelbſt ſind. Vielleicht bin ich fo glücklich, durch ein ſaßliches Exempel die Sache dent: lich zu wachen. Es ſey dieſes: In⸗ dem ich im Felde gehe, ſehe ich zween Kirchthuͤrmer Mund B, ungefähr auf eine Meile weit von mir, die ſo dichte an einander zu ſtehen ſcheinen, daß A den B faſt bedecket. Jetzt habe ich fie zur linken Hand, ich gehe gerades Weges eine Stunde weiter, ſehe mich nun nach beiden Thuͤrmern wie; der um, und finde fie nun weit aus— einander; fo ſchtieße ich mit, Recht, A und B fieben nicht dichte an einan⸗ der, wie es mir anfangs vorkam, fon: dern find ziemlich von einander ent: fernt. Stuͤnden ſie noch dichte an einander: ſo ſchloͤſſe ich, ſie muͤßten ſich ſehr nahe ſeyn, und wohl gar zu einer Kirche gehoͤren. Der Winkel, unter welchem ich B vorher ſahe und nun ſehe, hieß die Parallaxe. Nun aber ſiehet man den Flecken in der Sonne an zween viele hundert Meilen weit entlegenen Oertern an demſelbi— gen Platze in der Sonne; ein Zei⸗ chen, daß er auf der Sonne oder dich: te an ihr ſey. Auch daß, wenn der Flecken mehrere zugleich erſcheinen, ſie parallel unter ſich, ohne ſich von ein: ander zu entfernen, oder ſich zu naͤ⸗ bern ſertruͤcken, läßt uns vermuthen, daß ſie zum Sonnenkoͤrper gehoͤren. Die ſo denken, glauben, ſie ſeyn tiefe Abgruͤnde, die ſich bald groß, bald klein, bald in dieſer, bald in jener Ueber die Sonnenflecken. 1132 Figur darſtellen, und ſchreiben ihre Entſtehung gewiſſen Bewegungen in em innern Theile der Sonne zu; fie denken ſich ſolche ſo, als ob aus dem Sonnenkoͤrper auſſteigende und herz vorbrechende Winde das äußere Flam— men⸗ und Feuermeer der Sonne von einander trieben, eine ſchwarze finſtere Hoͤle zuruͤck ließen, und durch den aufſteigenden Rauch einen Nebel um dieſelbe bildeten. Sie vergleichen fie mit unſern feuerſpeienden Bergen auf Erden. Zepter und Hevel, erſte⸗ rer in ſeiner Aſtronomia Copernicana, und letzterer in ſeiner Cometagraphia ſind geneigt, ſie ſo zu erklaͤren. Nach dieſer Hypotheſe kan ein Flecken plöß: lich eutſtehen, groͤßer und kleiner wer⸗ den, vergeben, braucht Feine regulaire Figur zu haben, und was dergleichen Zufaͤlligkeiten mehr ſind, die ſich wuͤrklich dabei bemerken laſſen; de la Lande erklaͤrt ſich mehr fuͤr de la wire, der die Sonnenflecken für Er⸗ hoͤhungen von einer dichten, dunklen und unfoͤrmlichen Maſſe haͤlt, die in der fluͤßigen Materie der Sonne ſchwimmet und ſich bisweilen gänzlich _ in ſie eintaucht. Solten die Flecken Rauch, Wolken, oder ein Schaum ſeyn, wie ſolche Vorſtellung nahe au die obgedachte graͤnzet: ſo haͤlt de la Lande dafuͤr, muͤßten ſie durch die Schwungkraft, welche die Sonne durch ihre Umdrehung hat, alle nach einer Gegend getrieben werden. Die Erfahrung zeigt aber, daß fir Bald in den Gegenden des Sonnenaͤquators, bald auf den Seiten der Pole zu fin⸗ den 1 * 1 83 nicht übel gefällt, daß die Sonne an ſich aus einer dunklen Maſſe beſtehe, die, wie unſere Erde von einem Waſ⸗ ſermeere, ſo ganz von einem Feuer⸗ meere umgeben ſey. Traͤte das Meer an ein oder der andern Stelle zuruͤck: ſo kaͤme die dunkle Maſſe zum Vor⸗ Ueber die Sonnenflecken. den find, Was hinderts, ſich mit ihm die Vorſtellung zu machen, die mir 1187 ſchein. Zu ſolcher Zuruͤcktretung koͤn⸗ ten aber verſchiedene Umftände Anlaß geben. kaͤßt nicht unſer Waſſer bei der Ebbe Stellen unbedeckt, und koͤnte nicht jenes Feuer gewiſſen anziebenden Kraͤften unterworfen ſeyn, die es an einem Orte erhoͤheten, um es am an: dern zu mindern? 1 N Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. A Anfragen. 2 15 Einige ſind der Meinung, daß der Gewitterableiter, wenn er recht gute Wuͤrkung thun ſoll, in fließen: des Waſſer oder einen Brunnen ger e führer werden muͤſſe, damit die frei durchgehende Elektrieitaͤt, ſich mittelſt des Waſſers ungehindert mit der Maſ— ſe der Erdkugel verbinde, und der naͤchſtfolgenden ſtets neuen Raum zu einem gleich freien Durchgang verſtatte. In Leitern, die ſich nur in der feuchten Erde, oder in einer geringen Menge ſtill ſtebenden Waſſers enden, koͤnne Stockung und Rückgang der Elektri⸗ eität erfolgen. Inzwiſchen finden ſich nicht bei allen Gebaͤuden, wo man Ableiter anlegen will, Brunnen oder fließendes Waſſer in der Nähe, Man wuͤnſchet daher in dieſen Blättern ber lehrt zu werden, wie man an ſolchen „Orten die Ableiter am beſten anlege, damit keine Stockung oder Ruͤckgang der Elektricitaͤt zu beſorgen ſey. m 2. * Es iſt aus der Erfahrung bekant, } daß die Galonen ſehr leicht an⸗ laufen, fuͤrnemlich die Beſetzungen auf ſehr geſchwefelten Tuͤchern, als vorzuͤglich auf blau und weiß, ꝛc. Solte, wie nicht zu zweifeln, ein Mittel vorhanden ſeyn, den angelaufenen gok denen und filbernen Treffen ihren vo⸗ ‚rigen Glanz zu geben, fo wuͤrde der Beſitzer hievon, ſich bei vielen unge mein durch deſſen Bekantmachung ver⸗ bindlich machen. N * 1185 8 D S RER : 1186 Hannoberiſches Magazin. 7 Stu Freitag den 1gten September 1783. Ueber die Sonnenflecken. (Fortſetzung.) . $ ie Wahl der Meinungen defto freier zu machen, erlauben mir meine tefer noch ein Paar Erklaͤrungsarten anzufuͤhren. Ver⸗ muthen werden ſie es wohl, daß eine Lieblingsmaterie unſerer neueren Ma: turforſcher, nemlich die Theorie der Elektricitaͤt, nicht wird vergeſſen wer; den, auch hier angewandt zu werden. Ich werde damit kommen, wenn ich nur noch erſt geſagt habe, daß einige, die ſich gleichfalls die Sonnenkugel, als mit einer gluͤhenden fluͤßigen Materie uͤbergoſſen, vorſtellen, die Flecken als große Klumpen ausgebrannter Mate⸗ tie anſehen, die in der Lava herum ſchwimmen. Mir wird es etwas ſchwer, dieſe Vorſtellung mit der Er⸗ ſcheinung zu reimen. Dann duͤnkt mich, muͤßte ich auch einen beſtaͤndigen Wind in der Sonnenatmoſphaͤre an⸗ nehmen, der den Klumpen von Weſten nach Oſten triebe, und der duͤrſte nie ſtaͤrker oder ſchwaͤcher ſeyn, weil die Bewegung ſich immer gleich bleibt; oder ich muß den Gedanken des Schwimmens in ſo weit fahren laſſen En und nur eine Bewegung, die von der Umdrehung um die Are entſtehet, an: nehmen, und den ausgebrannten Klum⸗ 5 immer auf derſelben Stelle laſſen. och nun zu der Meinung, die einige Neuere, die ſchon manche Phaͤnomene in der Natur aus der Elektricitaͤt mit vielem Gluͤcke erklaͤret haben, ſich zu eigen gemacht. Nach ihnen iſt die Sonne eine feuerloſe, aber elektriſche Kugel. Ihr Licht wird durch ihren ſchnellen Umſchwung hervorgebracht, indem das elektriſche Licht auf ihr zur ſammen gepreßt wird, welches dann das ganze Sonnengebiet durchſtroͤmet. Die Sonne ſelbſt iſt ihnen eine dunkle planetiſche Kugel, die feftes Land und Meere, aber auch Berge auf ihrer Oberflaͤche hat; eine Kugel, die in die Lichtmaterie nicht anders, als unſere Erde in ihre Atmoſphaͤre eingehuͤllet iſt. Wie die Luft um unſern Erdball, ſo ſtroͤmet die Lichtmaterie um die Sonne, und wenn wegen gewiſſer Um⸗ ſtaͤnde ein Sonnenland oder Meer zu der Zeit nicht faͤhig iſt des Lichts, oder es auch verſchluckt: ſo muß es uns öfff ſcher 1187 Ueber die Sonnenflecken. ie ſcheinen, als ob ein Flecken auf der Aether, worin dieſe ungebeiite Körper Sonnenſcheibe entſta diefer Vorſtellung hoͤret die ſonſt ſchwer zu beantwortende Frage auf: woher erhält die große Sonne die ſtete Nah⸗ rung zur Unterhaltung ihres Feuers? Die Weisheit ihres Schoͤpfers verherr⸗ lichet ſich um ſo mehr, wenn er auch bier feine Güte über vernünftige Ger fchöpfe, zum Gluͤck erſchaffen, ergieſt, und zugleich die Einrichtung getroffen hat, daß dieſer Körper andern Licht und Wärme mittheile. Die großen Wuͤrkungen der elektriſchen Materie ſind bekant; die vermittelſt der Vor⸗ richtung mit der Elektriſirmaſchine 10 elektriſches Licht, dem Nordlichte gleic hervorzubringen wiſſen, leiten dieſe kufterſcheinung, die oft die dunkelſte Nacht helle macht, aus derſelben her. Duͤrfte ich mir nun die Sache ſo vor⸗ ſtellen, daß von allen Planeten, die zu unſerm Sonnenſyſtem gehoͤren elektri⸗ ſche Materie ausgearbeitet wuͤrde, wo⸗ von ein großer Theil durch den Aether ſich ergoͤſſe, und zu dem allgemeinen Mittelpunkte, der ſie anzieht, zur Sonne binfließe: ſo wuͤrde jene Hy⸗ potheſe deſto leichter Eingang finden. Man denke ſich unſere Erde, wie ſie zugleich bei ihrer Umdrehung um ihre Axe in jeder Secunde vier Meilen durchſtreichet; den Saturnus, der in eben der Zeit 14 Meile fortſchieſt, den Mars der uͤber 3, und den Merkurius der uͤber 6 Meilen macht, welche ſtete Bewegungen muß das innerhalb ihrer Bahnen bis zur Sonne hin veranlaſ⸗ fen? welch ein ſtetes Reiben 9 dem 4 | nden ſeyp. Bei forkgeſchwunge groͤßer, als unſere werden? 8. viel elek⸗ triſches Feuer ſammelt auf der Elektri⸗ firmafchine die kleine Glaskugel, wie viel jene? Laßt es hinſtroͤmen zu der Kugel, die anderthalb Millionen mal rde iſt, mit der ihr eigenen Lichtmaterie ſich zu verbin⸗ den, fragt euch dann, ob es noch noͤ⸗ thig ſey, daß ihr die ganze Sonnen⸗ kugel in Feuer und Brand ſetzet, oder ob nicht jener Zufluß, jene Verdik⸗ kung der elektriſchen Materie hinlaͤng⸗ lich fen, ſie dazu zu machen, was ſie iſt? Ihr Feuer und Glanz wird nur dann erſt abnehmen, wenn ihre Schwungkraſt erſchlaffet, ihre Traban⸗ ten die Gewalt ihrer Anziehung nicht mehr empfinden, und ſtille ſtehen, das beißt, wenn alle Kraͤfte der Natur ſin⸗ ken. Meine Leſer werden mir dieſe kleine Aus ſchweiſung verzeihen, ich kehre ja ſchon davon zuruͤck, und laſſe es mir gerne gefallen, wie ſich ein je⸗ der die Sonnenflecken nun am beſten erklaͤren kan und will. Ich hätte zwar noch viel ſagen ſollen, wie jene licht: materie uns Waͤrme geben koͤnne; es hätte mich dies aber zu weit vom Zwecke gefuͤhret; unſere Naturkuͤndiger mögen es erflären und begreiflich machen. Daß in der Sonne Flecken ſind iſt alſo ausgemacht; ein Auge, das etwas ſehen will, was nicht jeder Erdbewoß⸗ ner ſtehet, ſiehet fie durch ein Fern⸗ rohr, bewundert dieſe Erſcheinung und befriedigt ſeine Neugierde. Nutzen oder ſchaden kan uns ein ſolcher Flek⸗ ken wohl nicht: denn daß ein > Par⸗ 1189 Partikelchen von der ohne das ſo weit von uns entfernten Sonne verdunkelt iſt, kan auf unſere Erde keinen ſonder⸗ lichen Einfluß haben; fie behaͤlt dem ungeachtet noch dicht und Wärme ge⸗ nug fuͤr uns. Will man aber daher behaupten, die ganze Beobachtung der Sonnenflecken ſey von keinem Belan⸗ ge: ſo irret man ſich, und wird man dieſe Beobachtung vermuthlich hoͤher ſchaͤtzen, wenn wir ſagen, daß die Aſtronomen eben durch dieſe Flecken auf eine dreifache Spur zu Kennt⸗ niſſen ſind geleitet worden, die ich nicht ſehe, wie ſie ſolche ohne dieſelben wuͤr⸗ den haben erlangen koͤnnen. Sie ha⸗ ben ſich durch ſie uͤberzeugt, daß die Sonne ſich um ihre Axe beweget; ſie kennen durch ſie den Zeitraum, in wel⸗ chem ſie ſich umdrehet; durch ſie wiſſen fie die Richtung und den Stand der Sonne gegen die Flaͤche der Erdbahn zu beſtimmen. Kenntniſſe die gewiß ſind, und dem menſchlichen Verſtande um ſo mehr Ehre machen, je weiter das Object entfernet iſt, zu welchem ſich der Scharfſinn empor hebt. Die einige Tage lang beobachtete Fortruͤckung des Flecken von dem oͤſt⸗ lichen Rande der Sonne nach der Mitte der Scheibe hin, und von da nach dem weſtlichen Rande; dann das Ver⸗ ſchwinden deſſelben iſt uns Buͤrge da: für, daß der Sonnenkoͤrper ſelbſt nach ſeiner uns ſichtbaren Haͤlfte, den ich den untern Sonnentheil nennen will, ſich von Oſten nach Weſten um ſich ſelbſt bewege, wie der obere Theil von Weſten nach Oſten, gleich der Bewe⸗ ueber die Sonnenflecken. 1190 gung, die die andern Himmelskörper in ihren Bahnen, in ſo weit es uns bekant iſt, um ihre Axe machen, Ich ſage, in ſo weit es uns bekant iſt: denn die Umdrehungszeit des Saturns kennen wir nicht, weil ſich wegen ſei⸗ ner großen Entfernung von uns, die in ſeinem mittlern Abſtande an 180 Millionen Meilen ausmacht, keine Flecken auf ihm wahrnehmen laſſen. Eben ſo wenig kennen wir dieſe Zeit vom Merkur. Denn ob er gleich uns nahe iſt, fo ſehen wir ihn doch, da er von allen Planeten der Sonne am naͤchſten iſt, nicht anders, als in der Morgen: und Abenddaͤmmerung, die es hindert dunkle Flecken auf ihm zu bemerken. Die Bewegung der Son⸗ ne führt uns auf zween unbewegliche Punkte, um die ſie ſich drehet, und ſo baben wir zween Pole der Sonne. Ziehen wir uns in Gedanken einen Kreis um die Sonne, der zwiſchen beiden Polen mitten in liegt: ſo kom⸗ men wir zu der Idee des Sonnen: eh | Natuͤrlicher Weiſe findet man ſich nun zu der Frage veranlaßt: wie viel Zeit gebraucht die Sonne zu ihrer voͤl⸗ ligen Umdrehung um ihre Are? So wiſſen wir z. E. von dem Jupiter, daß er in 9 Stunden 56 Minuten um ſei⸗ ne Axe laͤuft; von dem Mars, daß de Zeitraum feiner Umdrehung 1 Tag unk 40 Minuten ſey. Die Venus hat die⸗ ſe eigene Bewegung in 23 Stunden und unſere Erde vollendet ſie in 23 Stunden 56 Minuten. Aus der Größe der Planeten und deren Verhaͤltniß Ffff 2 ge⸗ — * wo 1197 a gegen unſere Kugel hat man noch zur Zeit keinen ſichern Schluß auf ihre Axendrehung machen koͤnnen. Der Koͤrper des Mars 33 mal genommen, macht erſt eine Maſſe, die der des Erd: planeten gleich koͤmt, und doch braucht er faft eine Stunde mehr zu feiner Ro: tation. Die Venus 18 mal kleiner, wie die Erde, hat bis faſt auf eine Stunde nach eben ſo viel Zeit als die Erde zu ihrem Umſchwunge vonnoͤ⸗ then; Jupiter dagegen, faſt 1500 mal größer als die Erde, koͤmt mehr als 2 mal um ſeine Axe in der Zeit einer einfachen Umwaͤlzung der Erde. Die Analogie iſt alſo hier ein unſicherer Wegweiſer, um uns von der Sonnen: bewegung zu belehren. Allein die Sonnenflecken helfen uns bier ſchoͤn aus. Spuͤren wir ihrem Gange nach: fo bemerken wir, daß 132 Tage von ihrer Sichtbarwerdung auf dem oͤſtli⸗ chen Rande bis zum Verſchwinden auf dem weſtlichen verſtreichen. Fer⸗ ner giebt die Erfahrung, wenn eben derſelbe Flecken, nachdem er auf dem obern Theile der Sonne ſeinen Weg gemacht, oder hinter der Sonne, an dem untern Theile der Sonne, oder vor derſelben wieder hervorgekommen; daß dies in einer Zeit von 27 Tagen 12 Stunden und 20 Minnten geſche⸗ ben fen, da man ihn gerade auf eben dem Punkte der Sonnenſcheibe geſe⸗ hen hat, wo er vorher geſtanden. Man wuͤrde uͤbereilt ſchließen, wenn man hieraus den Satz ziehen wolte, daß die Sonne ſich in der eben bemel⸗ deten Zeit um ihre Axe drehe. Mehr Ueber die Sonnenflecken. 5 1192 koͤnte er auf den Fall ſeyn, wenn bier nur eine einfache Bewegung waͤre und die Erde ſtille ſtuͤnde; allein fie bewe⸗ get ſich taͤglich aus ihrem Standorte auf ihrer jährlichen Bahn fort, und zwar um die Sonnenkugel herum. Um ſich die Sache recht begreiflich zu machen: ſo denke man ſich folgende drei Faͤlle. Erſtlich waͤlzte ſich die Sonne nicht um ihre Axe, und die Er⸗ de, die keine jährliche Laufbahn um die Sonne haͤtte, ſtuͤnde ſtets auf ei⸗ nem Fleck, waͤlzete ſich, um Tag und Nacht zu machen, auch bloß um ihre eigene Axe: ſo wuͤrden wir immer eben dieſelbe Haͤlſte der Sonne ſehen, und der Sonnenflecken wuͤrde unbe⸗ weglich ſo lange an demſelben Orte auf der Scheibe ſtehen, bis er an dem Platze etwa verſchwaͤnde. Zweitens, waͤlzete ſich die Sonne nicht um ihre Axe und ginge die Erde in einer jaͤhr⸗ lichen Laufbahn um die Sonne herum: ſo wuͤrden wir in einem Raume von einem halben Jahre auf der andern Seite der Sonne ſeyn, und diejenige Halbkugelflaͤche der Sonne ſehen, die gerade der entgegen ſtehet, die wir vor einem halben Jahre ſahen; ſahen wir da den ſogenannten obern Theil der Sonne: ſo ſehen wir nun den untern, und wie wuͤrde und muͤßte dann die Erſcheinung des Flecken ſeyn? Wir wuͤrden ihn ein ganzes halbes Jahr beinahe auf der Sonne wahrnehmen, wenn er nicht etwa durch eine Urfache- an der Sonne ſelbſt, mit Licht wieder übergoffen würde. Zugleich würden wir bemerken, daß er ſtets weiter nach der — 179 3 der Mitte der Scheibe und dann nach * dem Rande ſortruͤckte: dies wuͤrde aber bei ſolcher Fortruͤckung das Beſondere ſeyn, daß, ſtatt der Flecken jetzt gegen Weſten ruͤckt, ſo wuͤrde er dann gegen Oſten zu ruͤcken ſcheinen, und wir wuͤr⸗ den ihn auch folglich am oͤſtlichen Ran⸗ de verlieren. Drittens, waͤlzete ſich die Sonne um ihre Axe, und die Er⸗ de ruhete, (wie wir doch von der Er: de aus andern Erſcheinungen das Ge⸗ gentheil wiſſen,) ſo wuͤrde die Wie⸗ dererſcheinung des Flecken auf eben der Stelle in kuͤrzerer Zeit als 27 Ta⸗ gen 12 Stunden und 20 Minuten ge; ſchehen muͤſſen. Den Lauf der Erde in ihrer Bahn, koͤnnen wir uns auf zweierlei Art gedenken, entweder nach eben der Direction von Weſten gegen Oſten, wie die Sonne ſich umwaͤlzt, oder in entgegen geſetzter. Wenn in entgegen geſetzter: ſo muͤßten wir den Flecken der Sonne in wenigerer Zeit, als die Sonne zu ihrer Umdrehung anwendet, auf eben der Stelle wieder erblicken, etwa in 23 Tagen, und wir muͤßten ihn auf der Sonnenſcheibe nur 112 Tage obferviren koͤnnen, ſtatt wir ihn 133 Tage jetzt wahrnehmen. Die Urſache iſt dieſe: die Erde liefe dann dem Flecken entgegen und gewoͤnne, ſo zu ſagen, gegen den Lauf der Sonne et⸗ was. Lauft aber die Erde in paralle⸗ ler Direction mit der Sonnenumdre⸗ bung, wie dies der aus Erfahrungen erwieſene Fall mit der Erde und den uͤbrigen Planeten iſt: ſo bedarf der Flecken, ehe er uns an demſelben Orte wieder erſcheinet, noch etwas mehr — Ueber die Sonnenflecken. 1194 Zeit, als die, in welcher die Sonnen⸗ kugel herum koͤmt. Die Erde iſt un⸗ ter der Zeit der Sonnenumwaͤlzung etwas weiter fortgeruͤckt, was die Son ne noch einholen muß. Was hieraus nach richtigen Ueberlegungen folget, iſt dies: koͤmt gleich der Sonnenma⸗ cul erſt nach 27 Tagen 12 Stunden 20 Minuten wieder an dieſelbe Stel⸗ le: fo muß doch die Sonne in kuͤrze⸗ rer Zeit, als dieſe iſt, ſich um ihre Axe geſchwungen haben. Die Zeit dieſes Umſchwunges zu berechnen, will ich die Data dazu hier an die Hand geben. Die erſte Frage iſt: wie viel ruͤcket die Erde auf ihrer Bahn in der gegebenen Zeit fort? In 365 Tagen 6 Stunden vollendet die Erde ihren Lauf um die Sonne und durchſtreichet 365 Grad; ihre mittlere Bewegung, denn ſie laͤuft zu einer Zeit langſamer, zu einer andern geſchwin⸗ der, iſt demnach taͤglich 59 Minuten 8 Secunden, folglich durchwandert ſie im obbemeldeten Zeitraume 27 Grad 6 Minuten 5918 Secunden, die hat alſo die Sonne noch nachzulaufen. Die zwote Frage iſt: da die Sonne in der gemeldeten Zeit, die Erde in Ruͤckſicht auf die Stellung ihres Flek⸗ ken gegen dieſelbe ſchon eingeholt hat, wie viel Zeit gebrauchte ſie dann ei⸗ gentlich nur, um ſich um ihre eigene Axe zu werfen. Man muttplicire dieſe Zeit mit den 360 Graden der Son⸗ nenperipherie, und theile die Summe durch die Grade der Erdbahn, nem⸗ lich 360° 270 6° 59755; der Quo⸗ tient 25 Tage 14 Stunden 5 Minu⸗ Ff ff 3 ten 1195 ten wird die Zeit ergeben, in welcher der Sonnenkoͤrper um ſeine Are gehet. Meine Leſer ſehen aus dieſer Vorſtel⸗ lung, wie ſehr die Sonnenflecken uns belfen, den Umlauf der Sonne zu er⸗ kennen und richtig zu beſtimmen, auch uns in dem angenommenen Syſtem von dem Laufe der Erde um die Son: ne zu beſtaͤrken. Ich gedachte oben des Sonnen: aͤquators, und dies fuͤhret mich hier auf eine Betrachtung, die meinen fe; ſern nicht unangenehm ſeyn moͤgte, und die wegen der Verwandſchaft mit der eben verhandelten Materie ihr bil⸗ lig anſchließt. Von einem der groͤß⸗ ten Kreiſe um die Erde, ich meine bier den Aequator, gehen ſtuͤndlich 15 Grade durch den Meridian, der, da bier jeder Grad 15 deutſche Meilen hält, 225 Meilen; fo ſtark iſt die Be⸗ wegung der Erde an der Linie, die von beiden Polen gleich weit ablieget; wie viel Raum mag wohl die Sonne auf ihrer Mittellinie bei ihrem Umſchwun⸗ ge ſtuͤndlich durchſtreichen? Theilet den Sonnenäquator von 360 Graden durch die Zeit ihrer Rotation: ſo wird Für jede Stunde 35“ oder etwas uͤber einen 5 Grad durch den eingebildeten Sonnenmeridian gehen. Nun rechnet man den Sonnenaͤquator beilaͤufig auf 608,000 Meilen; ein Grad beträgt alſo 1688 Meilen, und wuͤrden alſo ſtündlich etwa 985 Meilen durch den Meridian laufen, oder Minuten weiſe 165 Meilen. Wem wird nicht die ungemeine Schnelligkeit der Sonnen⸗ bewegung hier auffallen, und wer wird Ueber die Sonnenflecken. 5 nicht die Allmacht deſſen, der durch feine Kraft dieſer Kugel ſolche Bewegung giebt, und ſie ſeit vielen tauſend Jah⸗ ren ohne Abnahme darin erhaͤlt, an⸗ ſtaunen? Das muß ein großer Here ſeyn, der das alles gemacht hat. Be⸗ tet an, die ihr euch durch Vernunſt zu ihm binauf denken und ſeine Groͤße empfinden koͤ nne! Wozu dieſe Bewegung eines ſo un⸗ geheuren Koͤrpers, der anderthalb Mil⸗ lionen mal größer und 364,000 mal ſchwerer, als die ganze Erdkugel iſt? Wuͤrden doch ohne ſeine Umwaͤlzung die Planeten, die ihre Bahnen um ihn baben, ihn von allen Seiten kennen lernen. Allein, ich gebe zu bedenken, ob nicht, wenn dieſer Mittelpunkt un⸗ ſerer planetariſchen Welt ruhete, au alle Sonnentrabanten ruhen würden ? Hat nicht die Vermuthung, die Rep⸗ ler in ſeiner Aſtronomia Copernicana im gen Buche laͤngſt geäußert hat, einen großen Anſchein, daß die ſchnelle Rotation der Sonne ein Zug fuͤr jeden andern Planeten auf ſeiner Bahn ſey, den er deſtomehr empfindet, je näher. er dieſer Kugel placirt iſt? Bepler ſagts, und nach ihm beſtimmter Neu⸗ ton. Maͤnner, die mit ſcharfem Blik⸗ ke in die Werkſtaͤtte der Natur hinein ſchaueten, mit kuͤhnem Geiſtesfluge die Bahnen der Planeten durchſtrichen, und die Geſetze ihrer Bewegung mit mehr als menſchlichem Genie aus der verborgenſten Tiefe heraufholeten. Gei⸗ ſter, denen der Schöpfer und Allhalter der Welt erlaubte, gleichſam in das Buch der verborgenſten Raturordnun⸗ gen des S wenne 1197 gen hinein zu ſchauen. Nach 200 Jahren find Keplers Axiomen noch eben ſo geltend als zur Zeit ihrer Er: findung, und beſtaͤtigen ſich immer mehr durch Weutons naͤhere Bear⸗ beitungen und die Erfahrung. Nicht leicht baue ich auf die Ausſpruͤche eines Lehrers um ſeines Anſehens willen; aber Maͤnner von Urtheilskraft und Tieffiun, wie Kepler und Neuton reißen mich weg, und auf ihr Wort glaube ichs, daß die Sonne durch ihre Umwaͤlzung um ihre Axe die Plane: ten in ihrem Laufe erhalte. Erhalte: dann erſt mußte eine Hand da ſeyn, die die Sonne um ſich ſelbſt ſchleuderte und die Planeten fort warf. Der Lehr⸗ ſatz, daß die Sonne durch ihre Bewe⸗ gung alles um ſich in Bewegung ſetze, iſt zu wichtig, als daß ich ihn ohne einige Erlaͤuterungen verlaſſen koͤnte. Wenn der von der Sonne ſo weit entfernte Saturn erſt in 29 Jahren ſeinen Umlauf vollbringt: ſo vollendet ihn die der Sonne viel naͤhere Erde in 1 Jahre, und der der Sonne naͤch⸗ ſte Planet in 87 Tagen. Ich gebe gerne zu, daß die ſaturniſche Laufbahn weit groͤßer iſt, als die erdiſche und die⸗ ſe groͤßer, als die merkuriſche, folg⸗ lich jene mehr Zeit, um durchlaufen zu werden, erfordern, als dieſe. Dem un: geachtet iſt doch der naͤhern Planeten Bahnlauf ſchneller. Ginge Merkur nicht geſchwinder als Saturn: ſo haͤtte er über 430 Tage noͤthig; ginge die Erde mit eben dem langſamen Schrit⸗ te als Saturn: fo koͤnte ſie nur erſt in 3 Jahren auf ihrer Bahn herum Ueber die Sonnenflecken. 1198 kommen. Hätte Saturn die Flügel des Merkurs: fo würde er in 6 Jah⸗ ren feine Laufbahn durch machen, und die Erde wuͤrde bei gleicher Geſchwin— digkeit ihren Weg in 120 Tagen um die Sonne zuruͤcklegen; ſtatt 30 Tagen wuͤrden wir dann nur 10 im Monate zaͤhlen. > Kepler ‚ Huygens und Neuton haben uns auf die Centralkraͤfte der großen Himmelskoͤrper aufmerkſam ge: macht. Sie behaupten eine Schwere und anziehende Kraft der Sonne ge⸗ gen die Planeten und der Planeten ge⸗ gen einander. Alles zieht an und wird angezogen, wie z. E. ein großes Schif und ein Boot die auf dem Waſſer lie⸗ gend an einem Taue befſeſtiget find, Das Schif zieht das Boot, und das Boet das Schif an ſich, freilich nach Unterſchied ihrer Maſſe, und ſo iſt es auch mit der Sonne und den Plane ten. Die Planeten würden bald in die Sonne fallen, wenn bloß dieſe Kraft, die man die Centripetalkraft nennet, auf ſie wuͤrkte. Außer der Kraft, die der Planet durch ſeinen erſten Wurf aus der Hand des Schoͤpfers erhalten, in gerader Direction fortzufliegen, wenn ihn nicht die Sonne anzoͤge und ſeinen Lauf elliptiſch kruͤmmete, laͤßt uns die ſchnelle Umſchleuderung der Sonne und der uͤbrigen Koͤrper auch eine Kraft gedenken, vermoͤge der ſie etwas von ſich entfernen, und dies iſt die Centrifugalkraft. Vermittelſt die⸗ ſer Kraft haͤlt die Sonne durch ihre Bewegung die Planeten ferne von ſich, verhindert ihren Fall in die Sonne und 1199 und treibet ſie fort in ihren Bahnen. Das beide, die Schwer⸗ und Fliehkraft, ſich zugleich in einem Koͤrper befinden, dazu giebt unſere Erdkugel ſchon den Beweiß. Die Centripetalkraft auf ihr iſt ſichtbar genug, indem ſich alle Körs per zum Mittelpunkte neigen; dieſe Neigung iſt in ſich zwar immer gleich, aber hin und wieder auf Erden behin⸗ dert, als ein ſicheres Zeichen, daß ihr etwas entgegen wuͤrkt, und das iſt die Centrifugalkraft. Der Verſuch mit einem Secundenpendul beſtaͤtiget dies. Je laͤnger es iſt, je leichter iſt die Nuß, je groͤßer ſind die Schwingungen, und je langſamer gehet nach der Erfahrung die Uhr. Gehet ſie zu geſchwind: ſo muß man die Schwere der Nuß ver⸗ ringern, oder das Pendul verlaͤngern; gehet ſie zu langſam: ſo muß man die Schwere deſſelben vermehren, oder es verkuͤrzen. Der Schluß triegt alſo nicht: gehet eine Uhr in dem Orte A richtig, und in dem Orte B zu lang⸗ ſam: ſo hat das Pendul etwas von ſeiner Schwere verloren. Dies iſt der Fall mit einer Uhr in Paris unter dem 48ſten Grade Norderbreite, und auf der Inſel Cayenne nahe am Aequator, der den franzoͤſiſchen Aſtronom Richer im Jahre 1671 aufmerkſam machte. Mittel wider n Lyon iſt ein leichtes und doch unfehl⸗ J 1058 Mittel wider die ſo beſchwerli⸗ chen Wanzen entdeckt worden, welches ſchon viele Perſonen mit Nutzen gebraucht haben. Dieſes iſt der Attich (Sambucus Ebulus,) eine bekante Pflanze, welche dem Holunder aͤhnlich ſiehet, und deswegen in Ueber die Sonnenflecken. Seine Uhr die er von Paris mitge⸗ nommen hatte, und dort genau ging, blieb zu Cayenne taͤglich 2 Minuten 28 Secunden zuruͤck, und bewieß ihm durch ihren langſameren Gang, daß das Pendul leichter geworden. Er half ihr und gab dem Pendul den ver⸗ lornen Theil der Schwere dadurch wie⸗ der, daß er ihn auf 14 Linie abkuͤrzete. Er zog daraus den richtigen Schluß, daß die Körper, je naͤher fie dem Aequa⸗ tor kommen, je leichter werden. Man ſetzte dieſe Beobachtungen fort, und ge⸗ langte dahin, daß man von den Polen an bis zum Aequator die Laͤnge des Penduls nach Maaßgabe der Abnah⸗ me der Schwere beſtimmte. Weiter darf ich mich hier auf dieſe Sache nicht einlaſſen; was ich geſagt, habe ich nur zur Begründung des Satzes aus fuͤhren wollen, daß ein Koͤrper, der eine anziehende Kraft hat, auch durch die Schnelligkeit ſeiner Umwaͤlzung, die unter dem Aequator die rauſchend⸗ ſte iſt, eine zuruͤckſtoßende Kraft haben koͤnne; daß folglich auch die Sonne durch ihre Rotation eine beſondere Centrifugalkraft erhaͤlt, die nicht ohne Abſicht ſeyn kan, die aber ohne Umdre⸗ bung um ihre Axe nicht da ſeyn wuͤrde. Der Schluß folgt kuͤnftig. die Wanzen.) manchen Gegenden Deutſchlandes auch Ackerholunder, Niederholunder und Heilholder genannt wird. In andern heißt fie auch Mauerkraut und Sirſch⸗ ſchwanz. Man legt nur einige Zweige davon an verſchiedene Orte der Bettſtelle, ſo entweicht das Ungeziefer. ne ) Aus dem 36ten Stkuͤck der nuͤtzlichen Beiträge zu den neuen Strelitziſchen Anzeis gen von dieſem Jahr. — 1200 N N Hannoberiſches Maptit 1202 76 Stüd, Montag, den 22ten September 1783. Ueber die Sonnenflcken. Schub.) us dem großen Nutzen der Um⸗ drehung der Erde um ihre Axe, koͤnnen wir, wenn wir anderſt aus der Weisheit Gottes, die nichts umſonſt ordnet, nicht ſchon den Schluß ziehen wollen, auf den großen Nutzen den die Umwaͤlzung des unge: heuren Sonnenkoͤrpers hat, analogiſch ſchließen. Derham, nachdem er im zten Kapittel des 4d en Buchs feiner Aſtrotheologie von der Rotation des Jupiters, Mars und der Venus gere⸗ det, ſchreibt: „Dieſe Bewegung iſt „von einem wunderbaren und ſehr „großen Nutzen fuͤr eine jede dieſer „Kugeln., Der Franzoſe le Clere redet in feiner Aſtronomie in dem dif- cours préliminaire p. 57. beſonders von der Erde: „Sie wuͤrde,„ ſagt er, „kaum wohnbar ſeyn, und ſich fuͤr die „Natur der Menſchen, Thiere, Pflan⸗ „zen und anderer Creaturen ohne ſol— „che Umwaͤlzung wenig ſchicken. Die „Hälfte derſelben würde durch die „Sonnenſtralen ganz verbrannt, oder „wenigftens ganz ausgedoͤrret werden, „waͤhrend daß die andere Haͤlſte eine „ewige Nacht haben wuͤrde. Wie „würde die Natur auf ihr wuͤrkſam „ſeyn koͤnnen? Woher ſolten Wolken „und fruchtbare Regen kommen? Wie „wuͤrden Winde entſtehen koͤnnen, die „die Atmoſphaͤre reinigen? Wo wuͤrde „Ebbe und Fluth bleiben, die das Waſ— „fer klar und rein erhalten und für „Faͤulniſſe bewahren? Nimt man dieſe „Bewegung weg: ſo muß der Zuſtand „der Erdbewohner jaͤmmerlich werden. „Koͤnnen dann Baͤume und Pflanzen „noch Gedeien haben, wenn die Hitze „des Tages nicht durch den angenehs „men Thau und die Einflüffe der Nacht „gemaͤßiget wird? Wuͤrden die Men: „ſchen auch dann noch ihren Geſchaͤf⸗ „ten nachgehen und ihre Nahrung ſich „bereiten koͤnnen, wenn die Abwe⸗ „fenheit der Sonne, und die wohlthaͤ⸗ „tige Nacht nicht die Ruhe und Tran⸗ yſpiration befoͤrderten? Dieſe und viele „tauſend andere Unbequemlichkeiten „wuͤrden daraus erwachſen, wenn es „der Erdkugel an der Bewegung um G9 99 nibre 1203 „ihre Axe gebraͤche. Indem nun die „andern Kugeln eine ahnliche Bewe⸗ „gung haben: ſo moͤgen wir uns mit „gutem Grunde uͤberreden, daß ſolche „ihnen nicht weniger nuͤtzlich und vor⸗ „theilhaſt ſey.,, Und in Anfehung der Sonne moͤgte ich hinzu ſetzen, nicht allein ihr ſelbſt, ſondern auch den Himmelskoͤrpern, die mit ihr in ſol⸗ cher gemeinen Verbindung ſtehen, wor: theilhaft ſey. Würde die Sonne auch ohne Umſchwung um ihre Axe leuchten und waͤrmen? Eine wunderliche Fra⸗ ge! ſagt vielleicht mancher, aber, noch nicht ohne gute Gruͤnde angenomme: nen Theorie der Neueren von dem Entſtehen des Lichts auf der Sonne, ſo wunderlich nicht. Ich habe oben dieſe Meinung angefuͤhrt, und weiſe bier darauf zurück. Ich bin der Mei: nung, daß ohne Rotation die Sonne nicht Sonne fuͤr uns ſeyn wuͤrde. Scheint gleich alles an der Sonne ſich aͤußerlich gleich zu ſeyn: ſo bin ich doch viel zu furchtſam, zu behaupten, daß jede Seite der Sonne gleiche Na⸗ tur und Kraͤfte, und gleichen Einfluß auf unſere Erde, und die ſie umgeben⸗ den Planeten habe. Sie iſt zu weit ent: fernt von uns, als daß wir hieruͤber mit Gewißheit entſcheiden koͤnnen, und mich duͤnkt, man hat bei den meteoro⸗ logiſchen Beobachtungen noch zur Zeit zu wenig Rückſicht darauf genommen. Verglichen wir unſere Witterung oͤf⸗ terer auf dem uns zugekehrten Theil der Sonne: fo führte uns eine genaue Auſmerkſamkeit vielleicht noch zu einiz gen forthelfenden Entdeckungen, Wie — Ueber die Sonnenflecken. 55 viele Ehre bat man nicht von jeher | 4 dem Monde bei der Beobachtung der Witterung angethan, da man auf ſei⸗ ne vier Hauptphaſen, Apogaͤum und Perogaͤum beſonders Acht gegeben. Laßt uns einmal eben ſo fleißig auf die Sonne merken, nicht zufrieden ihre Hoͤhe zu kennen, und das Zeichen zu wiſſen, in dem fi ie laͤuft; ſondern auch beeifert, das Stück der Sonne, das wir ſehen, genau zu bezeichnen; dieſe Beobachtungen eine Zeitlang unermuͤ⸗ det fortgeſetzt, werden uns vielleicht erheblicher, als wir anfangs glaubten, Wer ſiehet nicht mit mir die Son: ne als die Koͤnigin und Gebieterin un⸗ ſers unermeßlichen Planeten ſyſtems ; an? Die großen Kugeln, die um fie laufen, ſind ihr Eigenthum; ſie zieht ſie an ſich, damit ſie nicht durch die endloſen Himmel ſich verlaufen; fie ſchwingt ſich mit ſo lebhafter Kraft, daß ihre Trabanten ihren Schwung empfinden, durch ihn fortgewirbelt in beſcheidener Ferne ihren Lauf um ſie verrichten, und mit jeder Seeunde neue tebhaftigkeit und Staͤrke von ihr em⸗ pfahen, Ein Planet ziehet den andern an, aber der Schwung der Sonne er⸗ hält jeden in feiner Gleiſe. Saturn in feinem Lichtringe mit feinen Tra⸗ banten, und Jupiter mit feinen Mon⸗ den folgen im raſchen Laufe dem Win⸗ ke ihrer Gebieterin; Merkurn und Venus, ſchon nahe dem Mittelpunkt, jaͤgt ihre Schwungkraft in abgemeſſe⸗ nen Kreiſen herum und die entferntere Erde mit ihrem getreuen Monde, und Mars ſchwimmen willig in der Fluth, die 12h r diculaire Richtung haben. \ die fie durch ihre Bewegung macht, um ſie herum. Wird ſie einmal ſtille ſtehen: ſo wird ihre ſonſt ſo belle keuchte verloͤſchen, dunkel die Welt überziehen, verwirrt werden die Pla; neten ihre Bahnen veylaſſen, hinab: ſtuͤezen zur Sonne, kein Sommer und Winter, kein Tag: noch Nachtwechſel wird mehr ſeyn, die Natur erſterben und unſere Welt nicht mehr ſeyn. Endlich find es auch die Sonnen: flecken, die uns von der wahren Lage der Sonne gegen die Erde belehren. Ueberhaupt kan man ſich von zween Lagen der Sonne gegen unſere Erde leicht eine Vorſtellung machen. Ent weder ihre Axe liegt queer gegen die Axe der Erdbahn, und ſo waͤlzete ſich die Sonne von oben nach unten herum, ‚oder fie ſteht aufrecht, und fo wendet ſie ſich von der Linken zur Rechten. Viele Zwiſchenfaͤlle in ſchief neigenden Richtungen laſſen ſich leicht desken. Nimmer wuͤrden wir dieſe Lage gewiß beſtimmen koͤunen, wenn nicht die Sonnenflecken uns hier ficher zu recht wieſen. Sie bewegen ſich von einem Seitenrande zum andern; folglich kan die Sonnenaxe nicht horizontal gegen uns liegen; ſondern muß eine perpen⸗ Wir ha⸗ ben alſo die Sonnenpole an dem obern und untern Rande zu fuchen. Einige feinere Bemerkungen des Ganges der Flecken, fuͤhren uns auf eine naͤhere Beſtimmung der wahren Lage der Sonnenaxe gegen die Fläche der Ekliptik. Zu Ende des Novem⸗ bers und Mais, gehen die Flecken ein — ueber die Sonnenflecken. 1206 14 Tage lang gerade durch die Son⸗ ne. Nach dem November und Mal faͤngt ſich die Linie an zu kruͤmmen, und macht einen Bogen zur erſten Zeit nach Norden, und zur letztern nach Suͤden hinum. Stuͤnde die Sonnen⸗ axe ſenkrecht auf der Axe der Erdbahn: fo liefe der Sonnenaͤquator der Flaͤ— che der Erdbahn parallel, und die Flecken wuͤrden ſtets gerade Linien vor der Sonne beſchreiben. Da das nicht geſchieht, ſondern nur zweimal im Jahre: ſo erkeunet man daraus, daß auch nur zu zwo Zeiten im Jahre die Erde den Stand in ihrer Laufbahn babe, wo der Sonnenaͤquator ſie durch⸗ ſchneidet, alle uͤbrige Zeit aber die Flaͤche der Ekliptik uͤber oder unter demſelben ſey. Nach genauern Bes rechnungen iſt das Reſultat, daß die Axe der Sonne ſich gegen die große Axe der Erdbahn neige, ſo, daß wenn man die Axe der Erdbahn durch das Centrum der Sonne bringen wolte, fle mit der Axe der Sonne einen Winkel von 73 Grad machen müßte, und eis nen gleichen Winkel wuͤrde dann der Sonnenaͤquator mit der Flaͤche der Erdbabn machen. Zweimal im Jah⸗ re ſtehet dann die Erde gerade gegen den Sonnenaͤquator uͤber, und ſteiget durch die Knoten auf und ab; natuͤr⸗ lich haben dann die Flecken für uns einen geraden Weg, und dies traͤgt ſich zu, wenn die Sonne im gen Grad der Zwillinge, oder des Schuͤtzen iſt. Zur andern Zeit, da wir uͤber oder unterm Sonnenaͤquator liegen, muͤſ—⸗ fen die Stecken krumme Linien für uns 69 99 2 za 1241 Nutzen dieſes letztern Unkrauts aus einem englifchen Journal mitzutheilen, welches vielleicht den wenigſten Leſern bekant ſeyn wird, und hier keine Aber fluß e Stelle einnimt. un Ede ich aber meine Uberſebung an⸗ fange, muß ich vorlaufig bemerken, daß der Verfaſſer in feiner Abhandlung ei⸗ gentlich von dem oͤkonomiſchen Ger brauch redet, den die Kamtſchadalen von dem auf ganz Kamtſchatka in groͤß⸗ ter Menge wachſenden ſuͤſſen Braut (ruſſiſch Slacka.trawa, ) wilden Bären klau (Sphondilium,) machen. Indeſ⸗ fen ſagt er zu Ende der Abhandlung doch: „Ich glaube allerdings, daß „der gemeine Bärenflau (Heracleum „fphondilium Linn. Sphondilium vul- „gare hirſutum Caſp. Bauh.) zu allem, „wie dieſes Kraut fönne gebraucht wer: „den, ob gleich er wuͤrklich eine an⸗ „dere Pflanze iſt, und auf ruſſiſch Borſch. am Kamtſchatka Fluſſe aber „Kungtſch genenget wird. Ich bin „hierin defto zuverlaͤßiger, je gewiſſer „ich weiß, daß man um Tobolſk und „an andern Orten Sibiriens aus der „letztern gleichfalls wie aus der erſtern „Brautewein brennet. Man hat Spu⸗ „ren, daß die Einwohner der weſtlichen „Kuͤſte von Amer ka, welche gegen uͤber mb Kamtſchatkiſchen Landſpitze von den auf Entdeckungen ausgeſandten ruſſiſchen Fahr zen = angetroffen wor: „den, eben dieſes Krank in ihrem kan⸗ „de haben, und es ſo benutzen, wie die „Kamtſchadalen, u. ſ. w., Mirhin iſt alſo klar, daß elles, was ang von W e caſſen & Etwas von dem bkonomiſchen Gebrauch Pfunden des gettockneten ein Pfund ſuͤſſen Staub oder Puder⸗ zucker erhalt. Allein Die Mater ie wird mehr zur Seltenheit, als . | | 22 12 Braut geſagt wird, auch von unſerm Baͤrenklau gelte, und daß es lediglich nur auf Verſuche ankomme, ihn eben ſo zu benutzen, wie die Kamtſchadalen ihr ſuͤſſes Kraut zu benutzen wiſſen. — Nun zur Sache ſelbſt. ö Auf ganz Kamtſchatka waͤchſet ein Kraut in großer Menge, das die Ruſ⸗ ſen. Slatka trawa, die Einwohner am großen Fluß ( Bolfehajareka, aber Katſch nennen, und eine Beiart von Heracleum oder Sphondilium iſt. Im Julius ſammeln die Kamtſcha⸗ dalen die großen Stengel der Blaͤtter dieſes Krautes in großer Menge, rei⸗ nigen ſie vom Laub, und tragen ſie Buͤndelweiſe zuſammen gebunden nach ihren Wohnungen, wo fie deren aͤuße⸗ res Haͤutchen behutſam mit Muſchel⸗ ſchalen abſchaben und ſeibige alſo be⸗ reitet in Buͤndeln, oder, wie ſie es beißen, Plaſtinen, an die Sonne zum Trocknen aufhängen. e! Nach einigen Tagen wird bas Aud von dem verdickten, häufigen, ſuͤſſen Saft, wie gedoͤrrete Feigen oder Zwet⸗ ſchen, ſchneeweiß, und ſiehet wie Ries men oder dicke Baͤnder aus. Thut man die Buͤndel als denn in lederne Saͤcke, und ſchuͤttelt ſie recht ſtark unter einander, ſo ſammelt ſich der weiße darauf erzeugte Staub, der ein unvollkommener Zucker iſt, in dem Grunde des Sackes, da man denn auf dieſe Net von einem Pin oder vierzig Ktauts etwa — 1213 x abgeſonderte⸗ Eigentlich iſt den Haupt⸗ w nutzen des mit ſo vieler Muͤhe geſam⸗ melten Krauts, wovon ein Weib inner⸗ halb ſechs Wochen oft go bis 100 Pfund bereitet, fuͤr die Einwohner der Kamtſchatkiſchen Halbinſel weit an: ſehnlicher, und beſtehet in 1 Artikeln. Erſtlich, ſo giebt man es den Kin; yon zu effen, welche damit, wie bei uns mit Zucker und Fruͤchten, vom Weinen abgehalten werden. Bei allen Mafijeiten der Kamtſcha⸗ dalen wird eine Hand voll ſolcher ge: trockneter Stengel zerſchnitten, in Waſ⸗ ſer eingeweicht, und in einer Schuͤſſel zu den uͤbrigen Speiſen geſetzt; wovon das ſuͤſſe Waſſer mit Loͤffeln, unter den andern Fiſchſpeiſen genoſſen wird. Bei der Bereitung ihrer Fiſchragouts, muß auch dieſes Kraut, als Eonfert, eine anſehnliche Rolle ſpielen. Und weil es alſo in der Oekonomie der Kamtſchadalen von jeher einen ſo wichtigen Artikel ausmacht, ſo opfer⸗ ten fie auch vordem ihren Goͤtzen va: von, und bewirtheten damit gleich ſam die von ihnen auf der Jagd gefange⸗ nen Thiere, indem ſie nach einem alten bergebrachten Gebrauch den abgefreſſe⸗ nen Hirnſchaͤdeln und Fiſchkoͤpfen er was von dem Kraute ins Maul ſteck— ten, und dabei ernſthaſt vermahnten, ſich ins kuͤnftige nicht mehr vor ihnen zu fuͤrchten, ſondern ihren Anverwand⸗ ten zu verkuͤndigen, mit was fuͤr gaſt⸗ freien Leuten ſie zu thun gehabt, damit jene auch Luſt bekaͤmen, ſich fangen und ſo herrlich bewirthen zu laſſen; mit — des wilden Värenklaues. (SPondillum.) ; 1214 welchem Troſt fie ſolche wieder in den Wald oder nach der See zubrachten. Aber der wichtigſte und vorzuͤglich⸗ fie Nutzen, den man von dem getrock⸗ neten Baͤrenklau, nach Ankunft ber Ruſſen und Coſaken in Kamtſchatka, zu ziehen angefangen hat, iſt dieſer, daß man daraus eine Art von Brantewein bereitet. Da die Coſaken aus aller⸗ hand Beeren, Kraͤutern, ja ſogar aus faulen Fiſchen Brantewein zu ziehen verſucht hatten; ſo kamen ſie endlich binter dieſes Kraut; und nachdem ſie wahrgenommen, daß es gekocht und zu Quaß, oder Afterbier bereitet, geſchwin⸗ de in Gaͤhrung ging, und betrunken machte, fingen ſie an in Keſſeln mit hoͤlzernen Deckeln, woran ſie Flinten⸗ laͤufe befeſtigten, aus dem fermentirten Getraͤnk einen Brantewein uͤberzutrei⸗ ben, der denn auch zu ihrer großen Freude ſo wohl gerieth, daß er bei der erſten Deſtillation ſchon trinkbar und nach Wunſch war. Der erſte Erfins der dieſes neuen Branteweins war ein Coſak aus Jeniſeisk, Namens Tſchor⸗ ni, deſſen Andenken bei feinen Brüdern in jenen entfernten Gegenden, wo man ſo bald keine andere Art von ſtarkem Getraͤnk zum Gebrauch wird einfuͤhren koͤnnen, lange unvergeßlich ſeyn wird. Noch bis dieſe Stunde pflegt man den Baͤrenklaubrantewein, ſo wie er beim erſten Abzuge uͤberfließt, zu ges brauchen. Denn zieht maͤn ihn noch einmal uͤber, ſo wird er dermaaßen ſtark, daß man ihn kaum genießen kan. Es hat aber dieſer Brantewein eine beſondere aͤtzende Saͤure bei ſich, Mr i 1219 ſchen der Borke und dem Holze bei fich führt, und ſich immer wehr ver⸗ liert, je trockener der Baum wird, ein fetter oͤlichter Saft, woraus Pech, „Theer, und dergleichen bereitet wird. Eine nicht weniger bekannte Bemer⸗ kung iſt es, daß dergleichen fette und ölichte Materien einem jeden Inſekte und deſſen Fortkommen nicht allein widerſtehen, ſondern auch ſogar von toͤdtender Wuͤrkung für daſſelbe ſeyn konnen. Dieſes verfuͤhrte mich ſchon oft zu glauben, daß der Wurm eine geſunde Sichte vielmehr fliehen als ſuchen muͤßte, und, daß derſelbe ur⸗ ſpruͤnglich gar nichts zu deren Abſter⸗ ben beitrage. Und folgende Verſuche beſtaͤrkten mich in meiner Vermuthung. Im Jahre 1767 ließ ich im Amte C. einige von denen an die Floͤſſer ver⸗ Tauften Fichten, welche der Wurm un⸗ gefahr halb trocken gemacht haben ſol⸗ de, in meiner Gegenwart abſchaͤlen, um Darin ihre angeblichen Zerſtoͤrer zu ent⸗ decken. Und, damit ich dabei der moͤg⸗ Aichſt genauen Nachforſchung dieſer Leute vergewiſſert ſeyn moͤgte, ſo ver⸗ ſprach ich jedem fuͤr den erſten Wurm 12 mgr. zu bezahlen. a Meine Vermuthung fuͤrs Gegen: heil traf aber richtig ein, und nicht eine Spur davon wurde wahrgenom⸗ men. Sie ſuchten, aber ſie fanden, fie verdienten nichts. Selbſt einer von dieſen holzbegierigen Floͤſſern, die, um nur Holz in ihren Handel zu ziehen, faſt beftändig in den Fichten Wäldern umber laufen, und wohlmeinentlich anrathen, die Baͤume, welche ein kran⸗ Etwas über die ſogehannte Wuhmtrodiiß nehmen, dami t wei ker fliege, konte mir auf mein vieles Ausfragen das Geſtaͤndniß nicht vor⸗ enthalten, daß er noch nie einen Wurm eher in den Fichten gefunden habe, als kes Anſehen b ben, bei Zei 155 Ahn bis ſelbige eine Zeitlang gelegen haͤt⸗ ten, ob er gleich feſtiglich glaube, (ein Glaube der freilich ſehr zu ſeinem Vortheil gefaßt war,) daß dem unge⸗ achtet der Kaͤfer der Fichten Moͤrder ſey, und ſie trocken mache. Ich ſchloß daraus, daß Vorurtheile oft eine S che ohne Unterſuchung fuͤr wahr hal⸗ ten, die es doch nicht iſt, und, daß man dem Wurm das Abtrocknen der Fichten nicht blindlings beimeſſen koͤnne. SE ie Im folgenden’ 1768 fer Jahre, ließ ich im Monat März neun Waldfuder Hanenbaͤnde, welche im December ger hauen waren, und nicht hatten vers kauft werden koͤnnen, auf einen Hay, wohin faſt den ganzen Tag die Sonne ſchien, und das Holz gegen den Wind Schutz hatte, in dreien Baͤnken, an eben ſo viel daſelbſt ſtehende Saamen⸗ baͤume ruͤcken. Etwa in der Mitte des Julius, als die Borke vom Holze et⸗ was losgetrocknet, auch hin und wie⸗ der aufgeriſſen war, und das Harz ſich verloren hatte, fand ſich der Wurm oder Kaͤfer in großer Menge zwiſchen der Borke, und dem Holze ein. Ich blaͤtterte darauf die Borke groͤßtentheils von dieſen drei Baͤnken ab, und wie die Kaͤfer dadurch beun⸗ ruhiget wurden, ſo krochen ſie bei vie⸗ len Tauſenden an den Saamenbaͤu⸗ men T1211 men hinauf, fo, daß deren Borke faſt damit bedeckt wurde. Nach meiner alten Meinung haͤtte ich nun nichts anders, als die nahe Verwuͤſtung der⸗ ſelben erwarten ſollen; aber nein, ſchon den andern Morgen hatte ſich das Gewuͤͤrme gaͤnzlich verloren, und die Baͤume blieben alle, auch ohne die geringſte Nachſpur von Beſchaͤdigung bis ins dritte Jahr, da ſie wegen des jungen Anflugs weggenommen werden mußten, geſund. Nach der Zeit babe ich mehrere der— gleichen Verſuche und zu ver ſchiedenen Jahrszeiten, an demjenigen Holze, welches zufälliger Weiſe in den For⸗ ſten liegen blieb, wiederhohlt, aber alle⸗ mal mit gleichem Erfolge, und mit der Bemerkung, daß, je nachdem das ge: faͤllete Holz, entweder in der Sonne, oder im Schatten gelegen, der Kaͤfer viele oder wenige anzutreffen waren. Von meinem vorhin gedachten Freunde, kan ich folgende juͤngere Er⸗ fahrungen mittheilen: * Im Sommer 1775 wurde an fuͤnf verſchiedenen Orten eine betraͤchtliche Anzahl geſunder Tannen in einer Hoͤ— be von 5 bis 7 Fuß auf dem Stam⸗ me abgeſchaͤlet. Eine andere Anzahl ließ man umhauen, und einigen von dieſen die Borke gleichfalls nehmen, andern nicht. Bei den auf dem Stamme 7 Fuß hoch abgeſchaͤlten Fich⸗ ten wurde der Wurm einige Zeit nach⸗ ber bemerkt, hingegen an denen, die nur 5 Fuß abgeſchaͤlet waren, ließ ſich nichts vom Kaͤfer finden. Und als ein beſonderer Umſtand wurde angemerkt, Zino; der Fichte oder Rothtanne. \ 5 9 17222 daß letztere grün geblieben, vermuth⸗ lich alſo desfalls den Wurm abgehal⸗ ten, die erſteren aber wegen der ſtaͤr⸗ keren Abſchaͤlung, auch eher dem Ab⸗ ſterben oder Verteocknen ſich genaͤhert, und alſo wahrſcheinlich, wo nicht ge— wiß, durch das Verdorren ihrer Säf te, oder des fetten oͤlichten Harzes, den Wurm angelockt haͤtten. Auch bei den an den uͤbrigen Oertern umge: hauenen Tannen traf jede Beobach— tung darin uͤberein, daß einige Tage darauf ſich der Wurm nach und nach immer häufiger daran, und zwar haupt⸗ ſaͤchlich an die nach der Sonne hinge⸗ kehrte Seite angeſetzt, hier ſeine rechte Wirthſchaft angefangen, ſich eingebo⸗ ret, in die gemachten Loͤcher ſeine Eyer gelegt, und ſo bis ins unzaͤhlbare ſich vervielfaͤltiget hatte. Aber, auch nicht ein einziger von den herum ſtehen⸗ den geſunden Tannen war davon an⸗ gegriffen, ſondern alle find in ihrer vollen Flor geblieben, welches um ſo auffallender iſt, da durch die Verſuche das Ungeziefer an ihre Oerter in un⸗ zaͤhliger Menge gleichſam hingezogen, und ihm Gelegenheit, Zeit und Raum, ſich ins Unendliche zu vermehren, gege⸗ ben worden war. Sollten nicht dieſe Erfahrungen mei⸗ ne Behauptung rechtfertigen, und ſolte mir nicht daraus die Folgerung erlaubt ſeyn, daß ſich der Wurm keineswe⸗ ges an die geſunde vollharzigte Fichte wage, ſondern vielmehr ſie erſt als⸗ dann zur Herberge aufſuche, wenn der Baum trocken zu werden beginnet, und feine Harztheile mehr verfliegen, Hb hh z oder 1; - Etwas über die sogenannte Wunmtrockiß ſſuß der Sdſte mehr mangelt, dag Harz mithin weniger Vollkommenheit oder gleichſam aufhoͤren des Wurms Feind zu ſeyn? Keine Holzart, ſelbſt die, welche keine Harziheile bei ſich führen, wird vom Inſekt eher angegrif⸗ fen, als bis ſie abgetrocknet, oder ſo zu ſagen abgeſtorben iſt. Dieſes iſt je⸗ dem bekannt. Warum ſolte denn die Natur allein auf die Fichte einen Haß gelegt, und dieſes edle Holzgeſchlecht ſchon bei ſeinen Lebzeiten, und eher als alle uͤbrigen dem Kampfe mit ſeinen Widerſachern unterworfen haben? Die einzige Frage, welche vielleicht die erſte Veranlaſſung zu den Gedan⸗ ken einer Wurmtrockniß gegeben ba; ben mag, und es ſehr ſcheinbar macht, daß der Wurm ſich nur im Anfange unſerm Auge verſtecke, und gleichwohl die Quelle des eigentlichen Verderbs ſey, bleibt mir noch zu beruͤhren übrig; warum es ſich nemlich allgemein befin⸗ de, daß ſich der Wurm bei denjenigen Fichten, welche auf dem Stamme all; maͤhlig abſterben, allemal gewiſſer und fruͤhzeitiger antreffen laſſe, als bei des nen, welche geſund gehauen, und dann erſt der Trockniß uͤberlaſſen werden? Ich glaube, weil bei jenen vom erſten Anfange ihrer Krankheit an, der Zu⸗ 2) Joh. Leonh. Sriſch Abhandlung vin Inſekten, Seite 20. dann je geſünder n gewinnet, Borke und Holz mehr ſohr und locker worden, und dadurch die Wirthſchaft des Warms mehr beguͤn⸗ ſtiget. Ueberdem waͤhlt ja auch jedes Inſekt, welches ſeinen Saamen an ‚Bäume, Blätter, oder Bluͤten zu le⸗ gen gewohnte iſt, am liebſten dazu Die: u jenigen, die keinen vollen friſchen Saft mehr haben, und ſchwach ſind, damit die Made, oder der Wurm bei dem Einfreſſen und Benagen, durch die zu ſtark hervorquellende Saͤfte nicht im Freſſen, und ſeiner ſonſtigen Haushal⸗ tung behindert werde a). Oft habe ich ſelbſt davon die Exempel an denjeni⸗ gen Baͤumen in deu Hoͤlzern, unter welchen im Sommer das Vieh ge⸗ woͤhnlich zum Melken verſammelt wird, insbeſondere aber in Gaͤrten an Obſt⸗ baͤumen wahrgenommen, welche ihre Standoͤrter ſolchergeſtalt an zween ver⸗ ſchiedenen Plaͤtzen hatten, daß ein Theil vom Duͤnger vielen, der andere aber gar keinen Zufluß hatte. Jene waren durch die Feuchtigkei⸗ ten des Duͤngers ſtaͤrker getrieben, und hatten natuͤrlicher Weiſe ſaftvollere 9 der Baum, und je mehr Saft ein ſolches Gewaͤchs hat, je weniger beſchaͤdige es das Ungeziefer. Und im Gegentheil iſt es ein unfehlbares Zeichen, wenn es beſchaͤdigen, daß das Gewaͤchs Mangel hat, es ſey im ganzen, oder in Theis len davon. Seite 33. Je ſchwaͤcher ein Apfelbaum iſt, Fruͤchte zu tragen, und doch viel Blüte hat, je mehr habe ich dergleichen Käfer gefunden, fo, daß oft unter 20 Bluͤten kaum eine geweſen, da nicht einer darin geſteckt. Wo hingegen die Blüs ten geſund, und durch das Wetter nicht verderbt, ſonderlich durch Kaͤlte, und der Baum Kraft hat, geſchiehet das Gegentheil, daß man nemlich derſelben we⸗ nig oder gar keine antrift. „ = — 8325 Blatter und Blüten, waren aber faſt überall mit keinem Inſekt verſeben, ieſe bingegen mußten ſich kaͤrglicher fen, und dazu die Laſt der ſtaͤrke⸗ ren Inſekten Beſuche ertragen Kann endlich auch die Fichte es er⸗ tragen, daß ihre Borke im vollen Saf⸗ te aufgeriſſen wird, um das Harz zu Theer und Pech daraus zu ziehen, und laͤßt ſie ſich, wie es mein Freund nach feinem Verſuche angiebt, wohl gar auf. 5 Fuß gaͤnzlich abſchaͤlen, ohne zu vers dorren: wie lange muß ſie dann nicht kranken, wenn ein kleiner Kaͤfer, denn einer muß der erſte ſeyn, ſeine Waffen gegen ſie zu richten, anfängt; und, wie unverzeihlich wuͤrde es dem taͤglich for: ſchenden Beobachter ſeyn, auch nicht einen einzigen Feind bei ſeiner eb Arbeit zu entdecken! Dieſer Einwurf wird alſo der ge⸗ ringſte ſeyn, und ich gehe damit zu den Urſachen über, welche mir die richti: gern vom Abſterben der Fichte oder Rothtanne zu ſeyn ſcheinen. Die Fichte hat nur eine kurze und ſchwache Herzwurzel, und ihre Thau⸗ wurzeln gehen nicht, wie bei andern Holzarten in die Tiefe, ſondern blei⸗ ben in der Oberfläche des Erdbodens. Das bei Windſtuͤrmen entſtehende viele Hin: und Herbewegen bringt alſo ihre Wurzeln gar leicht aus der rechten La⸗ ge, zerreißet an dieſen die zarten Haar⸗ wurzeln, und entziehet auf die Weiſe dem Stamm ſeine Nahrung, welche die Haarwurzeln ihm zuführen müffen. Dieſer Zerruͤttung ſind die Wurzeln bei ihrer mißlichen Struktur noch mehr der Fichte oder Rothtanne. 1226 auf einem feften und unfruchtbaren Boden unterworfen. Am meiſten iſt fie. aber nach meinem Dafürbalten als⸗ denn zu beſorgen, wenn Duͤrre, zu⸗ malen in dem fruͤheren Zeitpunkte, da das Harz in der Fichte noch fluͤßig iſt, eintrit. Denn die Wurzeln gehen zu flach im Boden umher, als daß ſie den Zufluß ihrer Nahrungsſaͤfte halb ſo viel als andere Holzgattungen von un⸗ ten an ſich ziehen koͤnnen. Die obere Feuchtigkeit iſt ibnen alſo unentbehr— licher, und das Harz iſt in ſeiner Ju— gend dem Austrocknen deſtomehr bloß geſtellet. Findet man nicht daher, daß das Trockenwerden der Fichten Waͤlder ſich alsdenn immer am mehrſten zeigt, wenn Fruͤhling und Vorſommer ſehr duͤrre geweſen ſind? Selbſt kleine Zwiſchenregen ſind von keiner großen Wuͤrkung, weil in geſchloſſenen Oer⸗ tern einen halben Tag Regen durch⸗ fallen kan, ehe ſo viel auf die Erde komt, als zur Befruchtung der in der Oberflache liegenden Wurzeln erfor⸗ derlich iſt. Warum ſpuͤret man den Wurm nicht auch in der Fuhre, und, warum trocknet dieſe nicht in eben der Maaße, wie die Fichte ab, da ſie doch eine aͤhnliche Holzart iſt? Ich antworte: Die Fuhre iſt an⸗ ders organiſiret, als die Fichte, ſie hat Wurzeln, welche tiefer in die Erde ge⸗ ben, fie ſtehet daher fefter, und die Windſtoͤße koͤnnen nicht ſo ſchaͤdlich auf ſie wuͤrken. Sie nimt auch weit eher mit einem trockenen Boden fuͤr— lieb, hat alſo nicht mit fo vielen nie drigen Erdlagen als die Fichte zu ſtrei⸗ Hb bb 3 ten. 1227 ten, und iſt endlich nicht ſo geſchloſſen als fie, mithin kan Duͤrre keinen fo nachtheitigen Einfluß auf ſie haben, und ein maͤßiger Regen kan ihre Er⸗ bolung leichter befördern. Hiernach glaube ich alſo, daß na⸗ mentlich Windſtuͤrme, widrige Erdla⸗ gen, und Duͤrre die einzigen und mehr natürlichen Urſachen des Abſterbens und Trockenwerdens der Fichten ſind. Ich beharre indeſſen, wie ſchon ge ſagt, auf meiner Meinung nicht, wenn ich Gruͤnde des Gegentheils erfah⸗ re, und wiederhole die Bitte bei je⸗ dem, der meinem jetzigen durch den Bremervörde. Enns über de fogennnte Wanted. 1228 Ort meiner Beſtimmung im Bremen ⸗ ſchen entſchiedenen Nichtkoͤnnen, in der obern Gegend fernere Verſuche anzu⸗ ſtellen, zu Huͤlfe kommen will, mir ſeine Beobachtungen und Gedanken gefälligft mitzutheilen. Und, kan er ſich vom Wurme nicht ſcheiden, ſo ra⸗ the ich ihm, alle Sorgfalt anzuwen⸗ den, daß kein Fichtenholz den Som⸗ mer uͤber und in das andere Jahr in den Forſten liegen bleibe, auch, daß die Berke vor den Stocken, oder Stu⸗ ken bis zur Erde abgeſchaͤlet werde. Beides find die offenften ala für den Käfer, Ahlers. Von einem Bogen, der bei Nacht von dem Mond im Nebel gebildet wird. o wie die Sonne bei Tage, den Regenbogen auf das genaueſte gerade gegen ſich uͤber in den Regen⸗ wolken bildet, ſo bildet der Mond bei Nacht auch gerade gegen ſich uͤber ei: nen Bogen in dem Nebel. Und ſo wie jenes im Sommer geſchieht, ſo geſchieht dieſes im Winter. Da nun der Bogen, den die Sonne bildet, der Regenbogen genannt wird; fo koͤnte derjenige, den der Mond bil: det, mit Recht Nebelbogen genannt werden. Stehet die Sonne hoch, ſo ift der Bogen niedrig, ſtehet aber dit Sonne niedrig, fo iſt der Bogen boch: und ſo wie die Regenwolken dichte oder nicht dichte ſind, ſo iſt der Bogen ſtark oder ſchwach. Sind die Regen⸗ wolken dicke und dunkel, ſo iſt * Regenbogen deſto ſtaͤrker. So verhaͤlt es ſich auch mit dem Nebelbogen. Iſt der Nebel ſtark, fo iſt der Bogen auch ſtark, und umgekehrt. Dahingegen iſt dieſer von jenem in vier Disen unterfihieden. 1) Zeiget er eine weiße Süberfa⸗ be: Dieſes komt wohl daher; weil der Nebel weißgrau und der Mond nicht ſolchen Glanz wie die Sonne hat. 2) Iſt ſein Umkreis nicht ſo groß wie der des Regenbogen; die Urſache davon mag wohl ſeyn, weil der Mond kleiner, wie die Sonne iſt. 3) Iſt ſein Bogen viel breiter wie der Regenbogen; und 4) ſcheinet er auch naͤher zu ſeyn oder 1229 Von einem Bogen, der bei Nacht von dem Mondic. 1230 oder niedriger nach der Erde zuzuhan⸗ gen, wie der Regenbogen. Letzteres beides entſteht wahrfchein: lich daher, weil der Nebel auf der Er; de haͤngt. ie Ä Ich habe verſchiedene Nebelbogen geſehen, wovon der eine ganz ſtark und ſehr auffallend war. Ich ging uͤber Feld, und es traf ſich, daß ich den Nebelbogen und alſo auch meinen Schatten, welchem der Nebel ein trau: riges Anſehen gab, gerade vor mir hatte, und dabei duͤnkte mich, als wenn ich mich bei einem jeden Schritt dem Bogen näherte, und zu einem ſilber⸗ farbigten Gewoͤlbe hinein geben ſolte. Sahe ich hinter mich, ſo erblickte ich den blaſſen Mond, den der Nebel noch blaſſer machte; mich umhuͤllte ein ſehr dicker Nebel, wobei eine Todten Stille herr ſchie. Daß die Sonne auch einen ſolchen ſilberfarbigen Bogen im Nebel bildet, babe ich auch einſt am fruͤhen Mor⸗ gen geſehen, und es war ein ſchoͤner Anblick. l Noch will ich hier eine andere Er⸗ ſcheinung anfuͤhren. Borſtel bei Achim. Im April 1781, an einem frühen angenehmen Morgen, befand ich mich auf einem Felde ſo mit gruͤner Saat bedeckt war, und hatte die helle auf⸗ gebende Sonne hinter mir. Gleich erblickte ich auf der Erde in dem Thau, welcher auf dieſer Saat glaͤnz⸗ te, zwei Stralen, die die Farbe eines Regenbogens hatien. Der eine war mir zur rechten und der andere zur linken, ſchraͤge von mir ab. Doch es kam mir vor, als wenn fie noch enger als im Winkel ſtanden. Dieſe Stra⸗ len hatten eine gerade Linie, und ein jeder war 25 bis 30 Fuß lang, und ei⸗ nen guten Fuß breit. Dieſes war in den letzten Tagen des gedachten Monats, fogleich dar⸗ auf erfolgte auch die lauge anhaltende beiße Witterung deſſelben Sommers. Sehr oft erſcheint auch fruͤh Mor—⸗ gens bei heller aufgehender Sonne, an der Erde auf dem Thau, am aͤuſ⸗ ſerſten Ende des Schatten eines menſch⸗ lichen Körpers, ein heller ſilberfarbi⸗ ger Schein, welcher ſich immer mit dem Schatten fort beweget, und die⸗ ſes dauret ſo lange, als der Thau au der Erde liegt. 7434: J. Koͤhne. Etwas von der Verzinnung der kupfernen Gefaͤße. ) E⸗ iſt eine uͤble Gewohnheit die kupfernen Gefaͤße mit einem aus zween Theilen Zinn und einem Theile ) Aus dem 33 ten Stück des kippiſchen Intelligenzb latts. Blei beſtehenden Lothe zu verzinnen, und die mehrſten Kupferſchmiede fies ben in der Meinung, daß die Verzin⸗ nung 1231 Etwas von der Verzinnung der kupfernen Gefäße, 1232 nung ohne Zuſatz von Blei nicht baf⸗ ten koͤnne, und alſo daſſelbe dazu noth⸗ wendig ſey. jan Durch dieſen Zufaß wird aber die Verzinnung an ſich ſelbſt der Geſund⸗ beit aͤußerſt nachtheilig und zu einem Gift, indem das darunter befindli: che Blei ſich in den ſauren Sachen, die in dergleichen Gefaͤße gethan, oder allenfalls darin noch aufbewahrt wer⸗ den, aufloͤſet, mit den Speiſen vermi⸗ ſchet, und wenn es ſo in Menge mit genoſſen wird, Lähmungen, gefaͤhrli⸗ che Coliken, ja ſelbſt einen langſamen Tod, in geringer Quantität aber doch viele der Geſundheit ſchaͤdliche Fol⸗ gen, deren Urſache von den wenigſten erkant wird, nach ſich zieht. 236 Es iſt an ſich grundfalſch, daß die Verzinnung nicht ohne Zuſatz von Blei gemacht werden koͤnne, wie ſol⸗ ches die Erfahrung gelehrt hat, mithin ſolten billig alle kupferne Geſchirre, die man zu Bereitung der Speiſen gebrau⸗ cheu will, mit dem reinſten Zinn ohne Bleizuſatz verzinnet werden. Und die⸗ ſes iſt auch wuͤrklich in einigen Län: dern, durch beſondere landesherrliche Verordnungen eingefuͤhrt, und die Ver⸗ zinnung nach der gewoͤhnlichen Art, aufs ſchaͤrfſte verboten worden. Wenn man mit reinem Zinn ver⸗ zinnen will, ſo muß man zufoͤrderſt das Gefaͤß mit einer von Eßig und Salz gemachten Lauge reinigen, hernach mit Waſſer ausfpühlen, und auf dem Kob: lenfeuer ſo heiß machen, daß etwas weniges hineingeworfenen Salmiaks ſogleich zergeht, worauf man dann den Boden mit gutem feinen engliſchen Blockzinn, mittelſt eines Wiſches von Hede, unter beſtaͤndigem Nachſtreuen von Salmiak, uͤberſtreicht. Es geht nicht an, zu dieſer Verzinnung Pech oder Fett zu nehmen, weil ſie davon ihr gutes Anfehen, den Glanz verliert. Die bemerkten untrüglichen Kenn⸗ zeichen einer tuͤchtigen Verzinnung mit bloßem reinen Zinn ſind folgende: Sie muß einen lebhaften Glanz und Weiße, faſt wie feines Silber, haben; wenn man etwas guten Weineßig und eben ſo viel Waſſer hinein gießt, und eine Weile kocht, muß ſie nichts an ihrem Glanze noch Farbe verlieren; ein hineingeworfener befeilter Nagel muß gleichfalls ſeine Farbe behalten, und nicht Kupferfarbig werden, und endlich muß ſich dieſelbe gar nicht abkratzen laſſen, ſondern feſt an dem Kupfer eaten. ; Eine mit Bleizuſatz gemachte Ver: zinnung hingegen hat einen matten Glanz und blaulichte Farbe; wenn man etwas guten Weineßig und eben ſo viel Waſſer zuſammen in ein ſol⸗ ches verzinntes Gefaͤß gießt, und eine Weile kochen laͤßt, fo aͤußert ſich waͤh⸗ rend des Kochens ein widriger Geruch, als wenn man Blei in Eßig aufloͤſet, und wenn man hernach etwas Koch⸗ ſalz hineinwirft, ſo wird es truͤbe. L. . TE pp . ⁊ð TREE LEERE ̃ nKʃ.. Un * 1 DEI 1234 Hannoberiſches Magazin, 78tes Skuͤck. Montag, den 29 ten September 1783. Beitrag zu den Bemerkungen der Wuͤrkungen des Blitzes. n neuen auffallenden Beweiß, nicht nur von der fuͤrchterlichen Gewalt des Blitzes, ſondern auch von der Nutzbarkeit anzulegender Wetterableiter, zumal an hohe, freiſte— hende, uͤber andere hervorragende Ge— baͤude und unter dieſen vorzuͤglich an Kirchen und Kirchthuͤrme, geben die Wuͤrkungen eines Wetterſtrahls, der am z4ten Aug. dieſes Jahrs, als an einem Sonntage, des Morgens zwi— ſchen 6 und 7 Uhr den Thurm der Kir⸗ che des Kloſters Marienſtein traf. Es iſt daſſelbe im Fuͤrſtenthum Goͤttingen, eine Meile dieſſeits der Stadt dieſes Na⸗ mens (von Hannover ab zu rechnen,) nicht weit jenſeits des Flecken Noͤrten, nahe an der Chauſſee, derſelben gegen Weſten belegen. Die Kirche nebſt dem Thurme ſtehen auf einem kleinen Huͤ— gel, beide ſind maſſiv von Rauhſteinen aufgefuͤhrt, die Mauern des letzten find unten 5, oben 4 Fuß dick und ſehr feſt. Der untere Abſaß deſſelben, der etwa 50 Fuß hoch iſt, und bis an die Farſt des Kirchendachs reicht, hat 4, der zwei⸗ te etwa 12 Fuß hohe acht Seiten. In dieſem Abſatze befindet ſich das Uhrwerk in einer Uhrkammer. Ihn deckt eine ungefähr ro Fuß hohe achteckige Kup⸗ pel, die mit Schiefer belegt iſt, in wel: cher der Uhrdreth nach dem Glocken⸗ hammer hinauf geht Auf dieſer ſteht eine ebenfalls achteckige ſogenannte Leuchte oder Durchſicht, worin die Glok⸗ fe haͤngt; Pfeiler und Fußboden find bier mit Blei beſchlagen. Dieſer ober: ſte Abſatz des Thurms hat wieder eine achteckige mit Schiefer gedeckte Kup⸗ pel, mit derſelben wird die Höhe der Leuchte 15 Fuß ausmachen. Aus dieſer Kuppel ragt nun die Helmſtange ber: W die wie gewoͤhnlich oben mit einem großen kupfernen Knopf verſehen iſt, aus dem ſich ein ziemlich hohes eiſernes Kreutz mit einer Windfahne erhebt. Von der oͤbern Kuppel an bis zur Spitze dieſes Kreutzes beträgt die Höhe we nigſtens 10 Fuß, und alſo die des ganz zen Thurms vom Grunde an bis da: hin, über 100 Fuß. Gegen Suͤden und Norden befinden ſich am jeder Seite deſſelben 4 Fenſter, das oberſte in dem Achteck, welches auch eines in Oſten und eines in Weſten hat, die einzigen an dieſen beiden Seiten. Die Fenſter ſind 8 Fuß boch und eini⸗ ge Zoll über 3 Fuß breit, haben oben Ji ii einen 1239 bei demſelben durch, allein der in dem ſehr feſten Balkenboden gefundene Wi⸗ derſtand noͤthigte ihn bald wieder einen Ausgang nach oben zu ſuchen. Dieſen bahnte er ſich durch das Blei, und ſo entſtand das bemerkte kleine Loch. Nun zog ihn der Drath wieder an, auf den er wie an dem angelaufenen Blei auf dem Boden zu merken iſt, zuſchoß. Von der Oefnung an fuhr er nun daran herunter und zerſtoͤrte ihn. Der Strahl folgte alſo dem Drathe in die untere Kuppel, noch ungetheilt. Hier aber trennte er ſich in zween Haupt: ſtrahle. | In der Kuppel lag nemlich auf dem Kreutzgebaͤlk oder Stern, worauf die⸗ ſelbe ruhet, eine doppelte Welle. An der einen war der von unten hinauf kommende, an der andern der nach oben hinaufgehende befeſtiget. Nach— dem der an dieſem herablaufende Strahl da, wo er an der Welle zu En⸗ de gieng, eines der vier 1 Fuß ins Ge⸗ vierte dicken Baͤnder des Vierpaſſes oder Quadrats, welches das Kreuß: gebaͤlke mitten zuſammen haͤlt, dasje⸗ nige nemlich, auf dem dieſe Welle mit dem einen Ende ruhte, ganz zerſplit⸗ tert, auch das daran ſtoßende und ei⸗ nige andere Theile des Gebaͤlkes be⸗ ſchaͤdiget hatte, theilte er ſich. Ein Strahl folgte dem andern Drathe hin— ab in die Uhrkammer. behielt die Richtung des herabkom⸗ menden Draths nach Norden. So entſtanden alſo aus dem einen Strahl zween, die wir Hauptſtrahlen nennen wollen, von denen ſich wieder einige Nebenſtrahlen abſonderten. Beitrag zu den Bemerkungen Ein anderer 1240 Wuͤrkung des erſten Haupt⸗ ſtrahls. Es wich derſelbe, wie ſchon bemerkt iſt, bei der Welle in Norden ab, weil er von dem nahſtehenden ober: ſten noͤrdlichen Fenſter in dem Achteck unter der Kuppel angezogen wurde. Um dieſes zu erreichen, drang er durch die 4 Fuß dicke Mauer nach demſelben zu, und warf es fo gewaltſam heraus, daß das Eiſen und Blei in einen Klum⸗ pen durch einander gewunden auf dem Kirchhoſe lag, ſchlug dann abermals durch das 5 Fuß hohe Stuͤck Mauer, welches dieſes Fenſter von dem folgen⸗ den trennet, und zerſchmetterte daſſelbe auch. Indeſſen verfolgte nun nicht der ganze Strahl ſeinen Lauf nach unten, ſondern nur ein ſich davon abſondern⸗ der Nebenſtrahl. Der Hauptſtrahl zog eine groͤßere Metallmaſſe außerhalb des Thurms an, nemlich die kupferne Dach⸗ rinne, die an der Nordſeite des Kits chendaches von Weſten nach Oſten liegt. In dem 21 Fuß langen tannenen Eck⸗ ſparren des Daches, der unten an die Rinne, oben an den Thurm ſtoͤßt, und zwar nahe bei dem erwähnten zweiten Fenſter von oben, nach Oſten hin, etwas unter der Mitte deſſelben, fand ſich ein Ableiter nach der Rinne zu. Dieſen erreichte der Strahl, indem er in der öftlichen Ecke des Fenſters, in einerlei Richtung mit dem obern Ende des Sparren, durch die Mauer fuhr. Er lief an und durch denſelben hin, ſpal⸗ tete ihn mehrmals der Laͤnge nach durch, riß ihn los und ſchleuderte ihn herab, ſo, daß er aufrecht an der Kirchmauer ſtand und folgte nun der kupfernen Rin⸗ ne nach Oſten, als einem neuen Ablei⸗ ter, 1241 ter, ohne fie anzuſchmelzen oder zu be: ſchaͤdigen, außer, daß er eine eiſerne Stange, worauf eine an der großen Rinne befeſtigte Ausgußrinne unter- dem Sparren ruhte, herausſchlug.. Bei einem der eiſernen Hafen, wor: auf die Rinne liegt, uͤber dem erſten Kir; chenfenſter, ſprang von dieſem erſten Hauptſtrahl wieder ein Nebenſtrahl ab, nach dem Fenſter zu. Er hatte noch viel Kraft, denn er durchdrang über demſelben die Mauer nach innen zu, das auswärts an dem kleinen Bogenrab: men ſich befindende Windeiſen zog ihn aber wieder heraus. Er verfolgte daf: ſelbe. Es war nicht nur vom Dampfe ſchwarz geworden, ſondern am andern Ende ſah man auch den Ort, wo der Strahl wieder herein gekommen war. Er fuhr nun einwaͤrts am Fenſter ber: ab, zerſprengte das durch das Zuſam— mentreten der Sproſſenentſtehende mitt— lere Kreutz des Rahmen nach allen vier Seiten und ſchlug dann in die oͤſtliche Ecke der Bank des Fenſters in die Mauer, von da er innerhalb derſelben in die Erde hinab gefahren ſeyn muß, denn es zeigen ſich keine weitere Spu— ren dieſes zweiten Rebenſtrahls. Wie groß die Glut deſſelben noch geweſen ſey, beweiſen nicht nur die an der Mauer und auf dem Glaſe hie und da bemerk⸗ ten ſchwarzen Rauchſtreifen, ſondern noch deutlicher eine in der einen obern Scke des mittleren Kreutzes etwas an⸗ geſchmolzene Fenſterſcheibe. Der Hauptſtrahl folgte der Rinne. Dieſe endigt ſich etwa 4 Fuß dieſſeits des zweiten Kirchenfenſters. Durch das Eiſen und Blei deſſelben angezo⸗ der Wuͤrkungen des Blitzes. 1242 gen, fuhr er in gerader Richtung an dem unter dem Dache befindlichen Ge— ſimſe fort, bis nach dem Fenſter, wie ein bis dahin von dem Gefimfeabgerife ſener Splitter zeigt, ſo wie man an zwo eingebrannten Stellen an demſelben ſei⸗ nen Gang von da unterwaͤrts nach dem Fenſter ſieht. Nachdem er erft uͤber dem— ſelben wieder durch die Mauer gefah— ren war, lief er einwaͤrts daran herab, zerſchlug auch hie und da den Rahmen, wo die Sproſſen ſich durchkreutzen, zer: ſprengte einige Scheiben, verbog das Blei und verlor ſich endlich in der öft: lichen Ecke der Bank des Fenſters. Daß er hier von ſeiner Kraft ſchon viel ver— loren haben muͤſſe, folgt aus den mit den Zerſtoͤrungen die er bei dem Thurm⸗ fenſtern anrichtete, verglichenen gerinz gen Beſchaͤdigungen dieſes Fenſters. Ich habe bereits erwaͤhnt, daß ſchon oben bei dem zweiten Thurmfenſter ſich von dieſem Hauptſtrahle ein Neben: ſtrahl getrennt habe. Es fuhr derſelbe durch die Mauer nach dem dritten Fen⸗ ſter, und indem er daran hinab lief, beſchaͤdigte er es an mehreren Orten, ſchlug darauf nochmals durch die Mauer unter dieſem Fenſter, nach dem unterſten vierten, welches auch in dem mittleren Kreutze vorzuͤglich getroffen iſt, und dann endlich unter demſelben in die Mauer, wo er auch innerhalb derfelben die Erde erreicht haben muß, denn es zeigen ſich hier wieder auswaͤrts keine Spuren des Ausgangs dieſes er— ſten Nebenſtrahls. Wirkung des zweiten Haupt⸗ ſtrahls. Wir muͤſſen dieſen wieder von oben an verfolgen. Meine Lefer iii wer⸗ 1243 werden ſich erinnern, daß dieſer fich von dem eben beſchriebenen erſten Haupt⸗ ſtrahl, in der untern Kuppel bei den Wellen trennte, da er zu dem nach un⸗ ten gehenden Drathe uͤberſprang. In⸗ dem er daran herab in die Uhrkammer lief, zerſtoͤrte er auch dieſen ganz, ſo daß keine Ueberbleibſel davon zu finden wa⸗ ren. An dem Uhrwerke iſt wenig be⸗ ſchaͤdiget, doch fanden ſich einige zer⸗ ſprengte Stücke Eiſen, und die Stel⸗ len, wo ſie lagen, waren eingebrannt, fo ſah man auch deutlich an ihrem Aeuſ⸗ feren, daß fie eben gegluͤhet hatten; ein Stück iſt etwas angeſchmolzen. Der Strahl that deswegen nur oben an dem Uhrwerke einigen Schaden, weil er an dem 8 Fuß langen aus einer z Zoll dik⸗ ken und 4 Zoll breiten eiſernen Stange beſtehenden Perpendikel einen Ableiter fand. Dieſem folgte er, ohne im min⸗ deſten ihn zu befchädigen, ſondern bog nur, um ſeinen Lauf ungehindert fort⸗ ſetzen zu koͤnnen, einen eiſernen Haken, in Geſtalt einer Gabel, der den Perpendi⸗ kel oben faßt, zu beiden Seiten von ein⸗ ander. Die innern Seitenhaken die an die Stange traten, waren angeſchmol⸗ zen. Wo der Perpendikel zu Ende geht, ſprengte er die Uhrkammer auf, bahnte ſich durch den Boden derſelben einen Weg, (das Loch hielt ungefähr 13 Zoll im Durchmeſſer, das Brett war nahe um daſſelbe etwas ausgeſplittert, aber nur wenig gefpalten, ) und ſuchte neue Nahrung. Dieſe fand er an dem in Suͤden ſich befindenden zweiten Fenſter von oben. Dieſes erreichte der Strahl, nachdem er erſt ein 1 Fuß breites Stück aus einer tannenen Diele im Boden ge⸗ Beitrag zu den Bemerkungen 1244 ſchlagen hatte, und durch dle Mauer ge fahren war. Da er dieſe ganz durchdrun⸗ gen hatte, lief er an dem Fenſter erſt von auf ſen herab, wie das einwaͤrts gebogene Ei⸗ ſen und Blei des obern Bogenrahmen zeigte. Doch, da dieſer der Gewalt ein⸗ waͤrts nachgab, nahm der Strahl mit ihm ſeine Richtung wieder nach innen, und alſo einwaͤrts an dem Fenſter, welches er beſchaͤ⸗ digte, herab. Unter demſelben fuhr er wie⸗ der durch das ſ Fuß hohe Stuͤck Mauer, welches dieſes von dem dritten Fenſter von oben trennt, beruͤhrte es erſt wieder von außen, und dann lief er einwaͤrts daran herab, fo, daß ſich feine Wuͤrkungen hier, wie die eben befchriebenen, an dem zweiten Fenſter verhalten, die ich auch bei den meis ſten übrigen getroffenen Fenſtern auf gleis che Art wahrnahm. Es fanden ſich hier mehrere Spuren von geſchmolzenem Blei, welches hie und da auf die Fenſterſcheiben gefprügt war, andere waren auch vom Rauch angelaufen. a Bart Da der Strahl das mittlere Kreutz in dem dritten Fenſter vorzuͤglich getroffen hatte, welches nach allen vier Seiten zerſchlagen iſt, ſo verurſachte der hier gefundene Wi⸗ derſtand wieder eine neue Theilung dieſes Strahls. Der eine ſchoß nach unten, von dieſem nachher. Den andern betrachte ich noch als den zweiten Hauptſtrahl. Dieſer fuhr in der oͤſtlichen Ecke der Bank des Fen⸗ ſters durch die Mauer, kam über dem Bo⸗ den, wodurch dieſer Raum im Thurm von der Baͤlgenkammer getrennt wird, wieder heraus, und ſchoß nach der oͤſtlichen Mauer des Thurms, an welche die Kirche angebauet iſt, zü. Der Grund, warum er dieſe Rich⸗ tung genommen hatte, war leicht zu finden, denn an der andern Seite der Mauer in der Kirche liegt die Orgel. Um dieſe zu errei⸗ chen, drang er wieder durch die Mauer und fuhr durch das Gewölbe, unter welchem die Pfeifen zum Pedal ſtehen, wieder heraus. Dieſen Ausgang bahnte er ſich mitten durch einen ſtarken Quader, der den Schlußſtein eines Gewoͤlbes ausmacht, doch ohne ihn zu ſpalten oder zu verrücken. Man ſieht deut: lich in einer Vertiefung dieſes Steins, die ctwa 1245 etwa 3 Fuß im Durchmeſſer hat und im Mittel faſt 3 Zoll tief und durch das Aus, ſpringen des Steins entſtanden iſt, zwei loͤ⸗ cher von der Größe einer Erbſe, durch wel; che der Strahl dicht über den Pfeifen her; aus kam. Die Strecke, die er in der Mauer, oben von der innern Seite derſelben im Thurm, bis herunter zur aͤußern in der Kir⸗ che durchlief, laͤßt ſich nicht genau beſtim⸗ men, doch kan ſie wohl auf 9 Fuß angege⸗ ben werden. Man wird vermuthen, daß der Blitz un: ter den Orgelpfeifen große Verwuͤſtungen werde angerichtet haben; allein, entweder, weil ſeine Kraft ſchon etwas geſchwaͤcht ſeyn mußte, da er fie ſchon an zwei Fenſtern und bei dem dreimaligen Durchdringen ſo dicker Mauern ausgeuͤbt hatte, oder, weil die elek⸗ triſche Materie an den aufrecht ſtehenden Pfeifen, die man gewiſſermaaßen als Ablei⸗ ter betrachten koͤnte, mehr herabſtroͤmte als ſie beſchaͤdigte, ſo waren ſeine Wuͤrkungen hier nicht ſehr heftig geweſen. Doch ſind mehrere Pfeifen verſehrt, und man ſieht dars an den Lauf des Strahls nach Norden. An einigen ſind die Kanten oben eingebogen, und in den dicht an dieſen ſiehenden, fand ſich jedesmal in der entgegen geſetzten Rich: tung eine angeſchmolzene Vertiefung. Dieſe waren unſtreitig eine Wuͤrkung der Reactisn des Strahls, die durch den an den Kanten und bei deren Einbiegung gefundenen Wi⸗ derſtand verurſacht wurde. An dieſen habe ich wenig Geſchmolzenes bemerkt, hingegen in allen den einwaͤrts gehenden Beulen oder Vertiefungen war das Blei im Fluß gewe⸗ ſen. Dieſer Effect der Reaction iſt auch daraus zu ſchließen, daß dieſe Vertiefungen nach der Seite gebogen ſind, wo der Strahl hergekommen war, die eingebogenen Kan, ten hingegen, mit ſeinem Lauf einerlei Rich⸗ tung hatten. An den aͤußerſten niedrigſten Pfeifen in Norden fuhr er endlich herab, wo mehrere Pfeifen unten angeſchmolzen waren, eine aber war vorzuͤglich beſchaͤdi⸗ get, durch die der Strahl gefahren zu ſeyn ſcheint. Unter der Seitenöfnung, welche die Orgelpfeifen nach unten zu haben, war ſie aufgeriſſen, bei der untern Spitze aber, wo der Wuͤrkungen des Blitzes. 1246 der Wind hinein geht, ſo zuſammen gezo⸗ gen, als waͤre ſie mit einem Faden zugeſchnir⸗ ret. Die gebliebene Oefnung wuͤrde eine dicke Nadel ausfuͤllen. Von da fuhr der Strahl in den unter den Pfeifen ſich befin⸗ denden Windcanal, und beſchaͤdigte einige Ventile, dann in die Mauer, wo er inners halb der Kirche bei einem Balken, worauf die Orgel ruhet, wieder heraus kam. Wei⸗ tere Spuren des Effects dieſes Strahls, def; ſen Kraft ſich nun auch verloren hatte, fan⸗ den ſich nicht. Von dieſem zweiten Hauptſtrahle fon; derte ſich, wie ich ſchon bemerkt habe, bei dem Kreutz des dritten ſuͤdlichen Fenſters ein Nebenſtrahl ab, der in der weſtlichen Ecke der Bank deſſelben durch das auch 7 Fuß hohe Mauerſtuͤck, wodurch es vom un⸗ terfien oder vierten Fenſter getrennt wird, und darauf an dieſem herab fuhr. Weiler hier abermals das mittlere Kreutz traf, theil⸗ te er ſich noch einmal in zween Nebenſtrah⸗ len, die rechts und links in die Ecken der Bank des Fenſters ſchlugen, wie die Beſchaͤ— digungen an demſelben und der Mauer zeig: ten. Da aber in dem untern Raume des Thurms unter der Baͤlgenkammer keine Spuren dieſer Strahlen weiter wahrgenom⸗ men wurden, ſo folgt, daß ſie innerhalb der Mauer in die Erde gefahren find, oder auch ſchon vorher ihre Kraft verloren haben. Es iſt leicht zu erachten, daß ein ſo hefti⸗ ger Wetterſtrahl durch die verurſachte Aus⸗ dehnung der Luft noch mebrere Wuͤrkungen hervor gebracht haben muͤſſe. Dieſer Druck der Luft, der um defto flärfer ſeyn mußte, je mehr ſie mit Duͤnſten, theils wegen des maſſiven Gebaͤudes, theils wegen der Com: munication, worin der Thurm mit der Kir⸗ che ſteht, angefüllt und je enger der Raum war, der ſie einſchloß, trieb nicht nur meh⸗ rere Seiten der untern Kuppel vonden Spar⸗ ren los, ſondern zerſchmetterte auch die drei uͤbrigen nicht getroffenen Fenſter in dem Achteck. Wäre überhaupt dieſe nicht ſo groß und die Anzahl derſelben geringer, ſo, daß die ausgeſpannte Luft einen weniger leichten Ausgang nach allen Seiten gefunden hätte, oder waͤre das Gemaͤuer alt und banfänıg g 1247 Beitrag zu den Bemerkungen der Würfungen c. 1248 fo würde der Thurm der erlittenen heftigen Erſchuͤtterung ſchwerlich haben widerſtehen koͤnnen. So aber ſind die feſten Mauern, auch da wo der Blitz durch ſie herfuhr, nur wenig beſchaͤdiget. An einigen Stellen merkt man jedoch an den aͤußern und innern Riz⸗ zen die Spur ſeines Laufes, meiſtens aber nur den Ort, wo die Strahlen hinein ſchlu— gen und wieder heraus kamen. Offenbar ſind die ſich theilenden Strah⸗ len immer dem Metalle gefolgt, und ohne Schaden zu thun, da wo dies in einer ge⸗ raden Stange herab hing, nemlich an dem Perpendikel. Die gewaltſamen Wuͤrkungen des Blitzes zeigten ſich bei dieſem erſt wie⸗ der zunaͤchſt dem Ende deſſelben, zur deut— lichſten Beſtaͤtigung der Theorie, mit gehoͤ— riger Kenntniß und Behutſamkeit angebrad): ter Wetterableiter. Sie würden aufgehoͤ⸗ tet haben, wenn ſtatt des Perpendikels ſich daſelbſt eine frei bis herab in die Erde gehen: de glatte metallene Stange befunden haͤtte. Die Urſache, warum der Strahl nicht zuͤndete, auch oben, da er noch ungetheilt war, an dem Metall, ſeiner Glut ungeach⸗ tet, doch ſo wenig ſchmolz, iſt wohl unſtrei⸗ tig in der enormen Geſchwiadigkeit zu ſu⸗ chen, mit welcher er fortſchoß. Dieſe iſt aber aus feiner Stärke, und ſelbige theils aus ſei— nen Würfungen, theils daraus zu ſchließen, daß die Gewitterwolke durch den einen aus⸗ fahrenden Strahl faſt gaͤnzlich entladen wur: de. Es war kein ſtarker Schlag vorher ge⸗ gangen, und es folgte nur ein ſehr ſchwa⸗ cher darauf. Jene Geſchwindigkeit ließ dem, wenn gleich glühenden Feuerſtrahl, nicht Zeit genug, viel ſchmelzen oder zuͤnden zu koͤnnen. Jenes geſchah, ſo viel ich bemerkt habe, nur da, wo er einigen Widerſtand fand und alſo in etwas aufgehalten wurde, als bei dem Blei (auch der einen Glasſcheibe,) zunaͤchſt den Kreutzen in den Fenſtern, bei den ein⸗ waͤrts gebogenen Beulen in den Drgelpfeis fen, und bei den untern Enden derſelben, mit denen ſie in den hoͤlzernenRoͤhren ſteckten. Sichtbare Brandſpuren finden ſich nur ar. dem Geſimſe unter dem Kirchendache, wo die Geſchwindigkelt des erſten Strahls, deſ⸗ fen Würkungen bald darauf aufhoͤrten, doch ſchon etwas nachgelaſſen haben mußte. Viel⸗ leicht trug auch die Farbe, mit welcher das Geſimſe angeſtrichen iſt, etwas dazu bei, daß es hier leichter zu ſengen war. — Doch hat man auch einige glimmende Splittern auf dem Thurme ausgeloͤſcht. Daß das Gepraſſel, welches durch den erſten Schlag ſowohl, als durch die unmit⸗ telbar darauf folgenden, in einigen Augen⸗ blicken hervorgebrachten, ſaͤmtlichen Wuͤr⸗ kungen deſſelben, deren viele ſo gewaltſam ſind, verurſacht wurde, furnemlich in der Naͤ⸗ he ſehr fuͤrchterlich geweſen ſeyn muͤſſe, kan man ſich vorſtellen. Von ferne hoͤrte man erſt ein kurzes Praſſelu, dann einen doppel⸗ ten gleich auf einander folgenden Knall, wie wenn zwei Feldſtuͤcke geloͤſet würden, und dann den weiter majeſtaͤtiſch nachhallenden Donner. Es ſcheint, als faͤnde ſich die Ur⸗ ſache des Anfangs dieſer Art des Schalles deſſelben, in den beſchriebenen Wuͤrkungen des Wetterſtrahls. Dieſe Bemerkungen zu pruͤfen, und wo ich geirrt haben ſolte, zu berichtigen, uber laſſe ich gelehrten Naturforſchern, denen etwa dieſes Blatt in die Haͤnde kommen moͤgte. Ich bin mir nur einer möglichft. ſorgfaͤltigen mit noch einem Anweſenden mebrmals angeſtellten Beobachtung bewuſt, zufrieden, wenn man deren Bekantmachung nicht für unnuͤtzlich Hält, und ich einige Gele⸗ genheit zum Nachdenken gegeben habe. Wenn der Blitz gezuͤndet hätte, fo wuͤr⸗ de den Umſtaͤnden nach betraͤchtlicher Scha⸗ den unvermeidlich geweſen ſeyn. Es war daher ein ruͤhrender Anblick, die uͤber ihre Errettung frohe Gemeinde, in dem unbe ſchaͤdigten Gotteshauſe einige Stunden nach jenen ſchrecklichen Augenblicken verſammelt zu ſehen, um mit dankerfuͤltem Herzen und Munde den großen Herrn der wundervol⸗ den Natur für ihre Erhaltung einmürhig zu preiſen. 5 p. G 8. D. 1249 N 00 Hamoberſſhes Magazin. 1230 798 Stud, Freitag, den zien October 1783. Eine kurze Anweiſung „wie man Briefe vernuͤnftig einſchla⸗ gen, und zumachen muß. Meinem Vetter Georg Friedrich Ginnah, adjungirten Schulhaltern zu Bremſtedt gewidmet. Zueignungsſchrift. (Handelt hauptſaͤchlich von Kleinigkeiten.) Lieber Vetter! ns wolte Euch wohl ein Trak⸗ $ tätchen dediciten, wovon ich voraus ſehe, daß es vielen Leuten eine gewaltige Kleinigkeit duͤn⸗ ken wird: ich ſaͤhe aber nicht gern, daß es Euch auch ſo duͤnkte; deswe⸗ gen will ich erſt ein Paar Worte mit Euch daruͤber ſprechen. Das erſte nun, was ich Euch ſagen muß, iſt, daß ich uͤberhaupt meine eigenen Gedanken uͤber die Dinge habe, die man in der Welt Bleinigkeiten zu nennen pflegt. Viel: leicht ruͤhrt das noch zum Theil von dem guten Beiſpiel des ſeligen Herrn Schilling ber; denn dieſer fuͤrtrefliche Superintendent, unter dem ich 23 Jahr Schuldiener geweſen bin, konte ſich manchmal recht ereifern, wenn die Leute ſo gern mit dem Worte Kleinigkeit beraus fuhren; beſonders, wenn ſie Nachlaͤßigkeiten damit entſchuldigen wolten, wofür fie ſonſt keinen rechten Entſchuldigungsgrund wußten. Gute Beiſpiele der Vorgeſetzten wuͤrken lan⸗ ge auf ihre Untergeordneten. Ich habe aber auch oft fuͤr mich uͤber dieſe Ma⸗ terie gedacht. Immer hat mir fuͤr⸗ nemlich das fo ſehr geliebte Prinei⸗ pium nicht gefallen wollen, daß ein Mann, der nur in groͤßern Dingen ordentlich ſey, in Kleinigkeiten wohl unachtſam ſeyn duͤrfe. Ihr wiſſet, Vetter, daß manche Menſchen ordent⸗ lich eine Praͤtenſion auf dieſe Suͤnde machen. Saget mir nun einmal, was ſoll es eigentlich damit heißen? warum will ein Mann, der in groͤßern Din⸗ gen ordentlich iſt, es in kleinern nicht ſeyn? iſt denn das kleinere ſchwerer, als das groͤßere? oder iſt eine abſolute Nothwendigkeit da, immer auf der ei⸗ nen Seite zu ſuͤndigen, wenn man auf der andern recht thut? Meines Wiſſens ſtehet das in keinem Catechismus aller drei im roͤmiſchen Reiche geduldeten Kkeek Re⸗ 1251 Anmeifung, wie man Briefe vernünftig einſchlagen 1232 Religionen; aber ohne Zweifel ſtim⸗ men alle darin uͤberein, daß Suͤnde Suͤnde bleibt, ſie geſchehe im Kleinen oder im Großen, und daß der, der das Lob der Gerechtigkeit haben will, im ei⸗ nen ſowohl, wie im andern recht thun muß. Demnach kan auch ein Mann nicht eher den Namen eines ordentli⸗ chen Mannes haben, als bis er in al⸗ len Dingen ordentlich iſt, die unter ſei⸗ ner Gewalt und Pflicht ſtehen. wer wehret mirs, vom Kleinen aufs Große zu ſchließen, wenn ich (wie der Fall oft ſeyn kan,) nicht eben handgreif⸗ liche Beweiſe von der Ordentlichkeit eines Mannes im Großen habe? Wer wehret mir, wenigſtens zu vermuthen, daß der Mann, der nur in einigen, ob; wohl groͤßern Dingen ordentlich iſt, es nicht aus Liebe zur Ordnung uͤberhaupt, ſondern nur aus gewiſſen zufälligen Be: wegungsgruͤnden iſt, und daß er, for bald dieſe Bewegungsgruͤnde wegfal⸗ len, auch leicht in dieſen Dingen ſich der Nachlaͤßigkeit ergeben kan? Lieber Vetter! Die leute bedenken in der Welt gar zu wenig den Grund der Dinge. Ein ſchlechtes Ding kan doch nie einen guten Grund haben, obwohl ein gutes zuweilen einen ſchlechten. Vermuthen kan ich wenigſtens nie einen guten Grund, wenn Leute Dinge, die ſie ver⸗ nachlaͤßigen, mit dem Worte Kleinig⸗ keit für vernachlaͤßigungswuͤrdig er⸗ klaͤren. Mir faͤllt immer leicht dabei eine gewiſſe ſpaß hafte, aber zugleich lehr⸗ reiche Begebenheit ein, die ich einmal mit dem ſeligen Herrn Schilling erleb⸗ te. Wir waren mit einander auf der Kirchviſſtation zu Brockendorf. Einer Und. der Herren Prediger, die da Rechen: ſchaft von ihrer Amtsführung geben mußten, erhielt das monitum, daß in dem Verzeichniß der gehaltenen Kinder⸗ lehren zu oft Cuftos vorkaͤme. Der Herr Paſtor antwortete: „er muͤßte be⸗ kennen, daß die oͤffentlichen Kinderleh⸗ ren ihm eine odioͤſe Sache waͤren, und da er immer geglaubt haͤtte, daß ſie zur Erbauung des Reichs Gottes nicht viel beitruͤgen, ſo habe er ſich nicht ſo viel darum bekuͤmmert, wie um andere Sa⸗ chen feines. Amts: er hoffe, man wuͤr⸗ de einem Manne, der ſich in den wich: tigern Dingen ordentlich bewieſen haͤt⸗ te, ſo eine Bleinigkeit nicht übel nehmen., Nun Vetter, Ihr wiſſet, wie Herr Schilling dachte, und was er insbeſondere von Kinderlehren hielt: Ihr koͤnnet alſo auch wohl denken, was er dem Herrn Paſtor geantwortet hat. Doch dieſer wolte durchaus ſein con- cedo nicht geben, (es war noch ein jun⸗ ger Mann,) und das Faß mußte taliter qualiter zugeſchlagen werden, wenn das Mittaͤgseſſen nicht zu kalt werden ſolte. Dies war nun in des Obervogts Hauſe, und wir hatten unter vielen andern koͤſt⸗ lichen Gerichten auch ein Paar große, herrlich zugerichtete, aber nur nicht ge⸗ ſpickte Hechte. Jeder, der Liebhaber von Hechten war, freuete ſich darauf: aber der Herr Paſtor, deſſen ich eben er⸗ wehnt habe, ſagte: „Es iſt wahr, die Hechte find an und für ſich fuͤrtreflich, aber es iſt Schade, daß ſie nicht ge⸗ ſpickt ſind, ich kan ſie nicht wohl an⸗ ders eſſen: Herr Obervogt, warum ha⸗ ben ſie dieſe Kleinigkeit nicht noch hin⸗ du 5 | g 9253 zu gethan, da ſie ſich im uͤbrigen um die Befriedigung unſers Appetits fo viel Mühe gegeben haben? „Der Ober: vogt machte eine Mine, die eben nicht ſo viel als pater peccavi ſagen wolte. Aber Herr Schilling, der dies merkte, fiel geſchwind ein: „Denken fie ja nicht, Herr Obervogt, daß der Herr Paſtor die Abſicht hat, ihnen einen Vorwurf zu machen; er will mir nur etwas zu Gefallen ſagen; er bedient ſich dieſer Gelegenheit, mir ein Geſtaͤndniß über Wichtigkeit der Bleinigkeiten zu thun, woruͤber wir, wie ſie wiſſen, vor Tiſche nicht einig werden konten. Wir Schulleute lachten unten an unſerm Tiſche recht innerlich, und der Cantor Scherzer ſagte zu mir: „Was meinet ihr, Gevatter, ſolte der Herr Paſtor mit Herrn Schilling wohl fo ftandkaft uͤber die Kleinigkeiten im Reiche Got⸗ tes diſputirt haben, wenn das Reich Gottes im Eſſen und Trinken beſtuͤn⸗ de ?,, Ich habe das nachher wohl hun: dert mal wieder bedacht, wenn ſich die Leute das Recht anmaaßten, in Klei: nigkeiten unachtſam zu ſeyn. Es wur⸗ de mir faſt zur andern Natur darauf zu achten, was jedesmal fuͤr Urſachen dahinter ſteckten. Und ich muß Euch verſichern, Vetter, daß die Urſachen, warum mancher etwas fuͤr Kleinigkeit erklaͤrte, und als ſolche vernachlaͤßigte, mir zehn mal gegen ein mal eben ſo vor⸗ gekommen ſind, wie die, welche in den Augen des obgedachten Herrn Seelſor; gers die Kinderlehren zur Kleinigkeit machten, und daß dagegen aͤußerſt fel: ten Dinge dafuͤr erklaͤrt wurden, wo und zumachen muß. 1254 dieſe Erklaͤrung Bezaͤhmung irgend ei⸗ ner finnlihen Neigung zur Folge gez babt haben wuͤrde. In dieſem Falle wurden immer eher Dinge, die nach dem Urtheil aller Vernuͤnftigen haͤtten Klei: nigkeit heißen koͤnnen, zu großen Din⸗ gen gemacht. O Vetter! es ließe ſich darüber noch vieles ſagen; es liegt mir noch wie ein dickes Klaun im Kopfe; aber ich weiß es nur fo nicht abzuwik⸗ keln, wie es Gelehrte von der hoͤhern Art koͤnnen. Aber kurz, fo viel koͤn— net Ihr ſchon einſehen; es iſt nicht rathſam, ſichs gar zu geſchwind weiß zu machen, daß Dinge Kleinigkeiten ſeyn. Es iſt beinahe nie ſicher, Dinge dafür zu erklären, wenigſtens fo lange nicht, als es nicht ſonnenklar iſt, daß fie auf unſern Zuſtand, oder auf unſer Verhalten gegen die Welt auf gar keine Weiſe Einfluß haben koͤnnen: (und wann iſt das wohl ſonnenklar?) Es iſt nie an dem, daß der Menſch ein Recht babe, in kleinen Dingen unachtſam zu ſeyn, wenn er in großen nur ordentlich iſt. Das iſt mein Glaube; den habe ich in meinem z jaͤhrigen Schulamte meinen Kindern immer eingeflößt, und gern moͤgte ich ihn Euch als einem Manne, der eben anfängt, andere Men⸗ ſchen auf eine ordnungsmaͤßige Wuͤrk⸗ ſamkeit in der Welt zu leiten, auch ein: floͤßen. Sed quorſum hæc? ſagt der fa: teiner; warum bringe ich dieſe Lehre eben an dieſem Orte an? Ich habe ſchon geſagt, daß ich nicht gern wolte, daß Ihr mein Traktaͤrchen vom Brief: einſchlagen und zumachen, auch gleich mit der Idee von Kleinigkeit vor Au⸗ Kkkk 2 gen 5 1255 gen naͤhmet, und da glaubte ich, wohl zu thun, wenn ich Euch die gewoͤhnli⸗ che Lehre von Kleinigkeiten überhaupt erſt ein wenig verdaͤchtig machte. Wenn Ihr das obige nun beherziget habt, ſo werdet Ihr am beſten mit mir urthei⸗ len koͤnnen, ob die Wiſſenſchaft, Brie⸗ fe vernuͤnftig einzuſchlagen und zu ver⸗ ſchließen, auch unter die Dinge gehoͤrt, die man wohl als Kleinigkeit in der Welt uͤberſehen darf? Und ob diejeni⸗ gen Recht haben, die ihre Sache gut genug zu machen glauben, wenn fie nur die Materie des Briefes ſchoͤn einrich⸗ ten und die Form ſo laſſen, wie ſie ſich ungefähr von ſelbſt unter ihren Fingern bildet? Mich duͤnkt, der Fleiß, den man gern auf die Materie zu verwen⸗ den pflegt, iſt ſelbſt Beweiß genug, was man ſich für Bedentung von einem Briefe verſpricht. Man ſcheint nem⸗ lich damit zu erkennen zu geben, (was gewiß auch ſeine Richtigkeit hat,) daß man ſich mit einem Briefe Credit ma⸗ chen und verderben kan. Aber ſolte daran das Formale nicht auch einigen Antheil haben koͤnnen? Solte es nicht bei Briefen an Große Statt finden? Solte es wenigſtens wohl gut ſtetzen, daß ein Brief, der innerlich alle zum Briefſchreiben noͤthige Geſchicklichkeit verraͤth, aͤußerlich von der Hand eines Saugkindes gebildet zu ſeyn ſcheine? Kleinigkeit iſt doch auch das nicht, daß man mit einem Briefe oft die allerwich⸗ tigſten Geheimniſſe in die Welt ſchickt: ſolte es nun Kleinigkeit zu wiſſeu ſeyn, wie man dieſe Geheimniſſe vor den Au: gen der vielen Menſchen, durch deren Anweiſung, wie man Briefe vernünftig einſchlagen 1256 Haͤnde oft ein Brief geht, geſchickt ver⸗ ſchließt? Freilich iſt um eben dieſer Ur⸗ ſachen die Kunſt, Briefe vernuͤnftig einzuſchlagen und zuzumachen, laͤngſt erfunden, und viele tauſend Menſchen wiſſen ſie: aber viele tauſend, die auch durch Briefe guten Credit ſuchen, die auch ibnen ihre wichtigſten Geheimniſſe anvertrauen, wiſſen ſie nicht. Fuͤr dieſe waͤre es denn doch wohl der Muͤhe wehrt, zu lernen, und fuͤr ſte waͤre ein Trak⸗ tat, der ſie belehren will, doch wohl keine ganz uͤberfluͤß ige Kleinigkeit. Euch muß ich nun noch ſagen, Vet⸗ ter, daß es im Grunde derjenige Trak⸗ tat iſt, den ich meinen Schreibſchuͤlern mitzugeben pflege, wenn ſie aus der Schule weggehen. Weil ich ihn aber Euch zueignen wolte, ſo habe ich ihn auch in einigen Dingen, beſonders fuͤr Eure Verſtandesgaben eingerichtet. Ei⸗ gentliche Künfte werdet ihr aber gar nicht darin finden, ob ich gleich wohl weiß, daß es mancherlei Kuͤnſte beim Briefzumachen giebt. Wie ein jeder Brief nach ſeinem eigenen Format wohl⸗ anftändig, bequem und zweckmaͤßig ein: und zugeſchlagen werden muß, das wol⸗ te ich nur zeigen, das wolte ich nur be⸗ kanter machen, als es iſt. Mehr konte ich nicht, und mehr hielt ich auch nicht fuͤr noͤthig. Ich ſehe nun, daß ich Euch eine Vorrede geſchrieben habe, die bald ſo groß, wie der Traktat ſelbſt, iſt. Aber das werdet ihr ja dem alten Schul⸗ manne, der ſo ſehr an's Schwatzen und Unterweiſen gewoͤhnt iſt, verzeihen. Man ſieht es auch bei mehrern Wer⸗ ken, daß die Vorreden ſo groß ſind. a Von 1257 Von einigen ſagt man ſogar, daß die Vorrede das beſte daran ſey. Und vor etlichen Jahren ſoll ja gar einmal ein Profeſſor auf der Univerſitaͤt Goͤttin⸗ gen eine Vorrede ganz ohne Buch ba: ben drucken laſſen. Lebet wohl Vetter! ich verbleibe N Euer Weſerſtedt, in reihe ehrlicher Vetter, den 8. Sept. 1783. Cantor Merko. a Einleitung. Ein Brief iſt allemal ein Papier, das N zum Verſenden beſtimmt iſt, und dabei Gedanken enthaͤlt, die man nicht gern der Welt Preis giebt; folglich ein Papier, das bequem zu uͤbertragen und zugleich vor den Augen des Ueberbrin⸗ gers verſchloſſen ſeyn muß. Dies iſt die Hauptabſicht, die man durch den Ein⸗ ſchlag und zum Theil durch eine beſon⸗ dere Decke zu erreichen ſucht. Aber ein Brief kan für dieſe Abſicht gut genug eingerichtet ſeyn, und dabei noch einiger anderer guten Eigenſchaften beduͤrfen. Er kan beſchwerlicher eingeſchlagen ſeyn, als es im Grunde noͤthig iſt; er kan beim Erbrechen und Aufſchlagen auf eine verkehrte Art in die Augen fallen; er kan in der aͤußern Form den guten Geſchmack beleidigen. Dies alles iſt beim Einſchlagen und Zumachen mit zu bedenken: es iſt vernuͤnftig, ſo viele gute Eigenſchaften dabei zu vereinigen und ſo viel Unvollkommenheiten zu ver⸗ huͤten als moͤglich iſt. Dazu gehoͤrt nun eine kleine Wiſſenſchaft, welche der Ge⸗ genſtand dieſer Abhandlung ſeyn ſoll. und zumachen ‚muß, 2258 8. Te Praßica ct multipleg, Wenn es einem auch nicht auf Mar? nigfaltigkeit der Briefformen ankaͤme, ſo wuͤrde man doch durch die verſchie⸗ denen Formate der Briefpapiere, welz che theils der Wohlſtand, theils Be⸗ duͤrfniſſe fordern, dazu genoͤthigt ſeyn. Und daher iſt die Art der Ein- und Um⸗ ſchlaͤge wuͤrklich mannigfaltig. Ich hoffe zur Vermeidung aller Unordnung, die durch Mannigfaltigkeit leicht ent⸗ ſtehen kan, am beſten zu thun, wenn ich die verſchiedenen Arten unter Klaſ⸗ ſen bringe, und ſie nach der dadurch beſtimmten Ordnung hernach einzeln abhandle. Alſo, es giebt Briefe J. Mit Decken: und dieſe find wie⸗ der verſchieden. 1) In Anſehung des innern Brief papiers, welches 3) in Folio, b) in Quart und c) in Oetav geformt ſeyn kan. (Alle dieſe Formen haben ihren verſchiedenen Einſchlag.) 2) In Anſehung der Decken, die entweder a) gezipfelt; oder bz) viereckt ſeyn koͤnnen. II. Ohne Decken: dieſe koͤnnen be ſtehen aus 1) ganzen Bogen in Folio, 2) halben Bogen in Folis und 3) halben Bogen in Quart. §. 8 Briefe mit Decken in Folio, innerlich. Groß und klein Folio komt hier auf SER 3 eins 1259 eins hinaus. Nehmet die vordere Seite des Briefes vor euch, ſchlaget das gan⸗ ze Folium von oben herunter in Quart zuſammen, und wenn es denn in der Breite vor Euch liegt, ſo beuget es wie⸗ der von beiden Seiten herum, ſo daß das, was an ſich das aͤußerſte des Brie⸗ fes iſt, immer das aͤußerſte bleibt und der ganze Brief nicht breiter, als etwa drei Daumen breit, wird. (Gerichts⸗ Decrete find ungefähr das Muſter die⸗ ſer Art Einſchlaͤge.) Anmerkung. Dieſe Art einzuſchla⸗ gen hat folgende Gruͤnde fuͤr ſich: 1) Sie ſchickt ſich zu dem Verhaͤltniß des Briefes gegen ſeinen Abſender. Wenn ich Euren Brief vor mich kriege, Bet: ter, ſo muß ich mir vorſtellen, als krieg⸗ te ich euch ſelbſt vor mich. So wie Ihr mir nun mit der Vorderſeite zuerſt vor Augen kommet und mir Euren guten Tag mit Verbeugung des Kopfs gegen die Fuͤße und nicht ruͤckwaͤrts gegen die Ferſen zu bietet; ſo muß auch Euer Brief mir beim Aufſchlagen mit feiner vorderſten Seite zuerſt in die Augen fal⸗ len, und ſich nicht ruͤckwaͤrts nach ſei⸗ nem Hintertheile zu, ſondern vorwaͤrts in ſich ſelbſt beugen. 2) Es iſt ſchicklich, daß das, was an ſich das aͤußerſte an einem Briefe iſt, es auch in ſeiner zuſammengefalte⸗ ten Lage bleibe. Dies beides geſchieht, wenn Ihr ſo einſchlaget, wie ich geſagt habe. 3) Die durch dieſen Einſchlag ent: ſtehende Länge und Breite giebt dem Brieſe die ſchicklichſte Form; denn der Anweiſung, wie man Briefe vernünftig einſchlagen 1260 gute Geſchmack will, daß er wenigſtens ein Drütheil langer, als breit, ſen. 4) Man hat dabei den Vortheil, daß man zum Umſchlage nicht mehr als einen balben Bogen braucht, da man gleich einen ganzen verſchwenden muß, wenn man groͤßer, zum Spampel in Octav einſchlaͤgt. $. 3. e 4 + Briefe mit Decken i in odr, innerlich. Nehmet die vordere Seite des Brie; fes vor euch, ſchlaget von oben herun⸗ ter dergeſtalt ein, daß der obere Theil des Papiers etwa zwei Finger breit Fürs zer, wie der untere, bleibt; dann von beiden Seiten herum, ſo daß die ganze Breite des Briefes ungefähr Brei diing ger breit wird, Anmerkung. 1) Wenn hen erſten Einſchlag des Quartbogens ganz herunter gehen ließe, ſo, daß beide Thei⸗ le einander gleich würden, ſo wiirde der Brief gegen er Breite zu kurz werden. 2) Man kan einem „Auartbrieſe leicht die Groͤße eines Foliobriefes ge⸗ ben, wenn man das Blatt, ſo wie es einem mit der erſten Seite vor Augen liegt, von oben und unten ſo zuſam⸗ men ſchlaͤgt, daß die in der Mitte blei⸗ bende Breite (welche die Breite des Briefes iſt,) verhaͤltnißmaͤßig gegen die Laͤnge wird. Aber man bedienet ſich dieſes Einſchlages nicht gern an⸗ ders als in dem Falle, daß der Brief aus mehrern halben Quartbogen bes ſteht. Uebrigens ſcheint es wohlan⸗ ftändig zu ſeyn, daß ein Brief aͤußer⸗ lich 1261 lich nicht größer ſcheine, als er inwendig it, und folglich ein kleines Papier auch klein eingeſchlagen werde. 1 „ Bedeckte Briefe in Getav. Die Breite des Octapblatts if juſt das ſchickliche Maaß von der Laͤnge eines ſolchen Briefes. Man darf alſo nur von oben und unten vorwaͤrts alſo zuſammenſchlagen, daß der mittlere Theil eine verhaͤltnißmaͤßige Briefbreite bekoͤmt. Anmerkung. Einige ſchlagen das Octav an der rechten Seite ein Paar Fingerbreit um, und brechen dann die Laͤnge von oben herunter dergeſtalt ein, daß Laͤnge und Breite ſich zu einander ſchicken. Dies macht nun zwar beim Ein- und Aufſchlagen nicht mehr Muͤbe, als die hier angegebene Weiſe: aber es hat die Unbequemlichkeit, daß es die eine Seite des Briefes gegen die andere zu dick macht. x | a Decken, und zwar a) gezipfelte. Nehmet ein Stuͤck Papier, das Ihr zur Bedeckung des eingeſchlagenen Briefes groß genug haltet. Leget den Brief mitten dar⸗ auf; aber ſo, daß feine Enbſeiten nach den Zipfeln des Deckpapiers hinſtehen. Schla⸗ get dann erſt die Zipfel von den beiden ſchma⸗ len Endſeiten her uͤber einander; dann die von den beiden Breiten; ſtecket mit der Spitze der Scheere (die Ihr doch bei der Hand ha⸗ ben muͤſſet,) auf die Mitte der uͤber einan⸗ der liegenden Zipfel (nicht gar zu tief) einen Punkt. Heftet alsdenn die beiden unterſten Zipfel in der Gegend des Punkts zuſammen, und reißt das, was von dem oberſten dieſer Zipfel uͤber den Punkt hinuͤber geht, ab: ſchneidet nun die beiden Breiten nach dem Punkte hin zurechte, ſo, daß ſie einander gleich werden, und druͤcket dann auf den Punkt, wo ſie uſammen ſtoßen, das Siegel. Anmerkung. ) Einige machen die bei⸗ ben oberſten Zipfel am Ende (wo das Sie⸗ gel hinkoͤmt,) ſo breit wie das Siegel felbſt, und laſſen auch wohl dazu den einen über den andern hintreten, ſo daß die beiden un⸗ RER zumachen muß. 1262 terſten ſchmalen nichts von dem Siegel ab: kriegen. Dies hat aber die Gefahr, daß man die letztern mit leichter Muͤhe unter dem Siegel wegloͤſen, und alſo den Brief ganz unmerklich auf und zumachen kan. 2) Wenn die gezipfelten Decken nach obi⸗ ger Weiſe gemacht werden, ſo ſind ſie zu fe— ſter Verſchließung des Briefes die beſten. §. 6. b) Viereckte Decken. Negmmet ein Stuck Papier, worin der zu⸗ ſammengeſchlagene Brief ganz ein zewickelt werden kan, in der Breite vor Euch; leget den letztern langwärts fo darauf, daß die an den beiden ſchmalen Seiten unter ihm wegragenden Enden des Deckpapiers gleich lang, das untere aber nicht breiter, als 12 Finger breit wird. Schlaget alsdenn die beiden Enden von den ſchmalen Seiten des Briefes her uber einander; denn die von den beiden breiten Seiten: ſtecket das obere laͤn⸗ gere in das untere kuͤrzere hinein und drüfs ket nun das Siegel ſo darauf, daß es mit dem untern aufſtehenden Papier (das ich künftig den Aufſchlag des Brietes nennen will,) gleichfalls aufwaͤrts zu ſtehen kom⸗ me. Eben fo feßet auf die andere Seite die Aufſchrift darauf. a Anmerkung. 1. Es iſt Sitte bei dieſer Art von Verſchließung geworden, daß das Siegel, nicht eben auf die Mitte des Brie⸗ fes, (von unten nach oben zu betrachtet,) fondern ein klein wenig unter dieſelbe geſetzt werde: Deswegen darf der Auffchlag nicht breiter, als 12, hoͤchſtens 2 Finger breit werden. 2) Siegek und Aufſchrift muͤſſen mit dem Aufſchlage deswegen aufwärts ſtehen, weil der Brief, nach feiner aͤußern Verfaſſung bes trachtet, in dieſer Stellung ſelbſt aufwärts ſteht. Dieſe Stellung hat aber ihren Grund in derjenigen, die ich dem Brief gebe, wenn ich ihn zur Hand nehme, um ihn zu erbre⸗ chen: ich faſſe ihn alsdenn ſo zwiſchen die Finger, daß ich mit den beiden Zeigefingern am Siegel herunter unter den Aufſchlaa fah⸗ re, und das Papier um das Siegel r a0: 1263 Anweiſung, wie man Briefe vernuͤnftig einſchlagen 1c. 1264 abbreche. Hiebei muß alſo der Aufſchlag aufwärts ſtehen. i 3) Dieſe Art von Umſchlaͤgen iſt die be⸗ guemſte uud uͤblichſte. | . Briefe ohne Decken, von ganzen Bogen in Solio. Schlaget den Bogen von unten und oben ſo zuſammen, daß der obere Theil ein we⸗ nig über den untern herüber rage. Beuget dann von der rechten Seite ſo viel herum, als zum Aufſchlage noͤthig if, und von der linken fo viel, daß das Ganze gehoͤrige Briefbreite bekoͤmt. Anmerkung. Der Aufſchlag muß darum von der rechten Seite kommen, weil an der linken der Nuͤcken des Bogen, und folglich doppeltes Papier iſt, das ſich nicht gut un⸗ ter das Siegel paßt. Wenn aber abe drei inwendigen Seiten des Bogen voll geſchrieben ſind, und in der Gegend, wo das Siegel den Aufſchlag faßt, nicht mit beſonderm Fleiße Platz gelaſſen if, ſo daß beim Erbrechen etwas von der Schrift verloren gehen müßte; fo rathe ich / den Auf⸗ ſchlag von der linken Seite her zu nehmen; doch mit der Regel, daß man den Ruͤcken des Bogen ſo lang, als der zugeſchlagene Brief breit iſt, aufſchneide. Alsdenn kan der einzuſteckende Theil unter den ledigen Rand der dritten Seite des Briefes treten und Verluſt der Schrift verhuͤtet werden. §. 8. Briefe ohne Decken, von halben Bogen in Folio. Die leichteſte und uͤblichſte Art, einzu⸗ ſchlagen, iſt die zu den viereckten Decken em⸗ pfohlne; wobei nur zu beobachten, daß der Aufſchlag (den das Siegel faßt,) von der linken Seite des Bogen komme. Die ſicherſte Art aber in Ruͤckſicht auf die Verdeckung des Jahalts iſt folgende: Man ſchlaͤgt das Folium von oben herunter fo weit ein, daß der untere Theil 13 bis 2 Fin: ger breit laͤnger bleibt, wie der obere: beugt zu beiden Seiten etwa 2 Finger breit herum, ſchluͤgt dann den untern Ueberſchuß auf und beugt den obern Theil fo weit deruͤber, daß man ihn in den unteren hineinſtecken kan. In einen ſolchen Brief kan kein Menſch hineinkucken. a . . 9. 9. Briefe ohne Decken von halben Bogen in Quart. Wenn ale drei inwendigen Seiten eines ſolchen Briefes vollgeſchriebes find, ſo kan er ohne eine laͤcherliche Geſtalt zu haben, ſich ſelbſt unmoͤglich ſo gut bedecken, daß gar nichts daraus zu leſen iſt. Iſt nun die erſte Seite beſchrieben, fü kan man dieſelbe auf folgende Weiſe vor fremden Augen ſchuͤtzen: Man ſchlaͤgt erſt an der rechten Seite des vordern Blatts eine Streife von 13 Finger breit herum, bricht daſſelbige Blatt, ſo wie es jetzt iſt, in der Mitte von der Rechten zur Linken, fihlagt von oben 2 Finger breit her⸗ unter und von unten 2 Finger breit hinauf! dann von der linken Seite her ſo weit herum, daß man an der Rechten noch die noͤthige Breite zum Aufſchlage behaͤlt, u. f. f. Fuͤrchtet man ſich aber vor keinem Ein⸗ kucken, ſo kan man ſich des zu den Foliobo⸗ gen empfohinen Eiaſchlages bedienen. Nur muß man die erſten beiden Einſchlaͤge fo kurz machen, daß der Brief gegen ſeine Breite auch lang genug bleibt. 2 Nun zum Beſchluß noch ein Paar Erins nerungen über Geldbriefe. 1) Man lege das Geld nie los in einen Brief, ſondern wik⸗ kele es in ein beſonderes Papier ein und lacke es im Briefe feſte. 2) Wenn der Brief kei⸗ nen beſondern Umſchlag hat, ſo befeſtige man es nicht auf der eriten, ſondern auf der zwei⸗ ten Seite, und zwar, wo möglich, ſe, daß das Paͤckchen bei allen möglichen Bewegun⸗ gen in dem Briefe eine ruhige Lage behaͤlt. Seht, Vetter, mit dieſen Regeln koͤnnet Ihr und jeder, der ſich ihrer bedienen will, in aller Welt bei Hshen und Niedrigen, Gelehrten und Ungelehrten durchkommen: mehr bedürfet Ihr nicht. Und nun lebet nochmals mit allen ehrlichen Leſern wohl. 1 * 22 ͤ„%ĩb? EEE TE x * 1 1 * 1 A. 1 eiihes Magazin. gotes Stuͤck. Montag, den ten October 1783. Ueber die Nahrung der Kinder. Di Kind bedarf allerdings nach der Geburt der Nahrung nicht ſogleich, und es ſcheint es die Natur ſchon anzuzeigen, daß ein Kind erſt dann genaͤhrt werden muͤſſe, wenn ſich in den Bruͤſten der Mutter, am zweiten Tage nach der Geburt, Spu⸗ ren der Milch finden. Es iſt ein ſchaͤdlicher Unverſtand, zu denken, daß ein neugebornes Kind, wenn es den Mund aufſperrt, auch Nahrung ver⸗ langt. Man kan oft dieſes Vorur⸗ theil nicht lebhaft genug beſtreiten; ich weiß mehrere Faͤlle, wo man Kinder gleich in der erſten Stunde ihres Le⸗ bens mit Mehlbrei gefuͤttert hat, und ich habe, wo ich nicht durchdringen konte, den Kindern unter dieſen Um; ſtaͤnden etwas Honig, oder Zucker mit Waſſer aufgeloͤſt, einfloͤßen laſſen, wo: durch auch die Oefnung des Leibes und die Abfuͤhrung des Kinderpechs beſſer und leichter erhalten wird, als durch den gewoͤhnlichen Rhabarberſaft. So bald die Mutter im Stande iſt, ihr Kind zu ſaugen, fo bedarf es wei; ter keiner Nahrung, und die Mutter⸗ milch iſt für daſſelbe, voraus geſetzt, daß fie häufig genug vorhanden, und von guter Beſchaffenheit ſey, bis in die 1 5ten oder 18ten Woche hinreichend. Kinder, die in dieſen erſten Zeiten ih⸗ res Lebens mit andrer Nahrung gefuͤt— tert werden, befinden ſich allemal uͤbler, und ſind wenigſtens unruhiger, als diejenigen, welche nichts als die Milch ihrer Mutter genießen, und dieſe ſind auch wenigſtens vollkommner und fet: ter, als die erſten. In den erſten Zei⸗ ten des Saugens iſt es allerdings nds thig, daß die Mutter eine beſondere Lebensordnung beobachte, und ſich bes ſonders der ſauren und harten Speis ſen enthalte, dagegen, wenn alles uͤbri⸗ ge gleich iſt, faſt bloß von duͤnnen Fleiſchbruͤhen, zartem Fleiſch, gut ges backenem Brod und duͤnnen getreidi— gen Abkochungen lebe. Dies iſt ſo wohl der Mutter als des Kindes wer gen noͤthig: denn es iſt gewiß, daß der Eßig anfaͤnglich, inſonderheit der Milch, eine widrige Eigenſchaft mit⸗ theilt, wodurch ſie dem Kinde und der Mutter leicht ſchaͤdlich werden kan. su Es 1267 Es iſt daher auch bei den fiberhaſten Zufaͤllen der Woͤchnerinnen bedenklich, ihnen ſaures Getraͤnke zu reichen, wer nigſtens kan man glauben, daß es beſ⸗ ſer ſey, ſie bloß duͤnnes und ſchleimig⸗ tes Getraͤnke trinken zu laſſen. In der Folge aber iſt es nicht noͤ⸗ thig, daß die Saͤugende eine beſondere Auswahl in den Speiſen und im Ge⸗ traͤnke beobachte. Der Landmann iſt am wenigſten im Stande, unter Spei⸗ ſen zu waͤhlen, und dieſer hat die ge⸗ fundeſten Kinder. Auch Säuren braucht man nicht zu verbieten, und die Kinder vertragen ſolche Milch, wenn ſie einmal daran gewoͤhnt ſind, ſehr gut. Die Aerzte haben vorgeſchlagen, eine Saͤugende ſolle ihrem Kinde nur etwa alle vier Stunden einmal die Bruſt reichen, weil ſonſt, wenn fri⸗ ſche Milch zu der alten noch unver⸗ daueten in den Magen kaͤme, daraus eine ſchaͤdliche Unreinigkeit entſtuͤnde. An dem Vorſchlage ſelbſt iſt nichts zu tadeln, allein, er kan nicht ausgeführt werden, weil es, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, faſt unmoͤglich iſt, Kinder an ein ſo langwieriges Faſten zu gewöhnen. Am beſten iſt es, wenn man ihnen nicht eber, als allemal, wenn zwei Stunden verfloſſen ſind, die Bruſt reicht, und fie gewoͤhnen ſich auch ſehr bald daran, ſte nicht eher zu verlangen. Es hat nichts zu bedeuten, wenn auch Kinder an der Bruſt ihrer Mutter einſchlafen, nur darf man fie daran nicht lange liegen laſſen. Roſenſtein leitet zwar das fogenannte Goriſek, Ueber die Nahrung der Kinder. bewuͤrke. 1268 oder die ſchleimigte Entzuͤndung Gaumen daher ab, En! laͤßt Na mit mehrerm Recht vermut das Saugen der Kinder, und beſon⸗ ders das anhaltende Saugen derer, die ſcharf anziehen, dieſen Zufluß der ſchleimigten Feuchtigkeiten nach den innern Theilen des Mundes bei ihnen Sehr ſchaͤdlich iſt es, Kin⸗ der die Nacht lange an der Bruſt im Bette liegen zu laſſen, wo theils der Fall, den Roſenſtein angiebt, daß die Milch gerinnt, am ebeften Statt hat, theils auch, weil ſelbſt forgfältige Muͤtter ihren Schlaf nicht allemal in ihrer Gewalt haben, und die Kinder leicht aus dem Bette fallen laſſen, oder gar erdruͤcken koͤnnen. Es fragt ſich welche Nahrung für die Kinder, in Ermanglung der Mut⸗ termilch, die beſte ſen. Eine Amme iſt freilich unter Umſtaͤnden, wo die Muttermilch fehlt, oder fehlerhaft iſt, am meiſten noͤthig, oft aber trift ein ſolches Schickſal ſolche Leute, die das Vermoͤgen nicht haben, eine Perſon dieſer Art, die allemal koſtbar gehal⸗ ten ſeyn will, zu unterhalten. Seit⸗ dem der Kaffe auch dem gemeinen Mann den groͤßten Theil feines Er⸗ werds raubt, iſt es bei demſelben ger woͤhnlich, die Kinder mit duͤnnem und mit vieler Milch uͤber ſetztem Kaffe auf zuziehen, aber dies Getraͤnke wird nie mals lange ohne Nachtheil anhaltend gebraucht, es macht die Kinder matt, ſchreiend, mißfarbig und kraftlos. Viele lieben die abgekochte Habergruͤz⸗ ze, aber auch dieſe iſt zu wenig gt aft a haft und zu ſehr zu Säure geneigt. Die Kuhmilch Hält man ebenfalls für chaͤdlich, und auch der Eſelsmilch, die obnedem nicht uͤberall zu haben iſt, will man in unſern Zeiten einen Theil ihres Ruhms, den ihr die vorigen Zei: ten ſo unumſchraͤnkt beilegten, abſpre⸗ chen. Man thut am beſten, wenn man die Kuh- und Ziegenmilch zur fuͤrnehm⸗ ſten Nahrung ſolcher Kinder macht, und fie, wenn es noͤthig iſt, daneben noch mit etwas feſtern Nahrungsmit⸗ teln fuͤttert. Auch die vom Herrn Spiel⸗ mann vorgeſchlagene Vermiſchung der Kuhmilch mit Mandelmilch mag gut ſeyn, es laͤßt ſich aber vermuthen, daß man es fuͤr zu weitlaͤuftig halten wird, ſeine Vorſchlaͤge genau zu befolgen. Unter allen dieſen fluͤßigen Maß: rungsmitteln, die die Stelle der Mut— termilch vertreten, iſt keines, welches ſo vorzuͤglich nuͤtzlich, und den kleinen Kindern ſo ganz angemeſſen waͤre, als dieſes. Es find daher alle dieſe Mit: tel bloß als folche anzuſehen, die man in Ermanglung der Milch von einer Mutter, oder von einer Amme, und ſonſt nicht brauchen muß. Ueber die Zeit, wenn die Kinder ent⸗ woͤhnt werden muͤſſen, ſind die Aerzte noch ſtreitig. Einige verlangen, man ſoll fie in der z0ten bis 24ſten Woche ihres Alters, andere aber nicht eher, als wenn fie die 40ſte Woche ihres Al: ters erreicht haben, entwoͤhnen. Ich billige das frühe Entwoͤhnen, fo vor: theilhaft man auch ſagen mag, daß es fuͤr den Staat und die Population ſey, durchaus nicht. Die Werkzeuge eines * Ueber die Nahrung der Kinder. 1270 20 Wochen alten Kindes ſind noch zu ſchwaͤch, als daß fie viel andere Nah⸗ rung, als Muttermilch, vertragen koͤn⸗ ten. Sie werden, wenn fie entwoͤhnt werden, blaß, abgezehrt, dickbaͤuchigt und traurig. Und geſetzt, daß auch die Mutter ein Viertel ahr eher wieder ſchwanger würde, als ſonſt geſchehen ſeyn moͤgte, ſo komt dieſer Vortheil doch mit dem Schaden, mit der weni: gen Hofnung, die ſich der Staat von einem entkraͤfteten Buͤrger machen kan, nicht in Vergleichung. Gewoͤhnt man dagegen die Kinder ſpaͤter ab, fo has ben die meiſten ſchon unter dem Ge nuß der Muttermilch die erſte Zahn⸗ arbeit uͤberſtanden, und die folgenden Zähne kommen leicht. Ihr Körper iſt nach und nach durch den Genuß ander rer Nahrungsmittel fo an fie gewoͤhnt worden, daß ſie ihnen nun nicht ſo ſehr ſchaden koͤnnen, und nun bleiben fie auch nach der Entwoͤhnung dick, ge⸗ fund und lebhaft. Es giebt ſogar uns ter dem gemeinen Volke viele Muͤtter, die aus Furcht für zu haͤuſtgen Schwan⸗ gerſchaften ihre Kinder ſehr lange, nicht ſelten bis fie 13 Jahr und noch Älter ſind, ſaͤugen, und obgleich ein ſolches Verfahren auf keine Art gebilligt wer⸗ ben kan, fo febe ich doch wenigſtens an den Kindern keine Nachtheile von dies fen lange anhaltenden Saͤugen. Daß man, wenn Krankheiten der Muͤtter, oder der Ammen, die die Milch verderben, einfallen, die Kinder ente woͤhnen muͤſſe, wenn ſie auch nur 18 bis 20 Wochen alt ſind, iſt gewiß. Es wuͤrde in ſolchen Fällen für viele Lill Kin⸗ 1271 Kinder nachtheilig ſeyn, wenn man ihnen andere Ammen geben wolte. Noch iſt ein Umſtand bei dem Ver⸗ halten der Ammen mir zu erinnern übrig, und dieſer betrift den Beiſchlaf. Roſenſtein, und alle, die von dem Vers halten der Ammen geſchrieben haben, ſehen ihn als hoͤchſt nachtheilig fuͤr die Saͤuglinge an, weil, ich weiß ſelbſt nicht, was für Unordnungen in der Milch durch denſelben verurſacht wuͤr⸗ den. Die Erfahrung lehrt aber hier meines Erachtens das Gegentheil. Es iſt nicht wahrſcheinlich, daß unter 1000 ſaͤugenden Weibern, beſonders unter dem gemeinen Volk, ſich eine des Beiſchlafs voͤllig waͤhrend des Saͤugens enthalten wird, und doch ſind die Kinder dieſer Leute in Ver⸗ gleich mit denen, deren Ammen forg: fältig für Mannsperſonen bewahrt werden, viel geſuͤnder und ſtaͤrker. Dies hat auch ſchon Ramazzini geſagt. Unter allen Leidenſchaften ſcheint diejenige der Liebe, oder vielmehr der Trieb nach dem Beiſchlaf, voraus ge: ſetzt, daß die Amme keine Beſorg— niß bat, einen Gegenſtand, der fie fät: tigen konte, auszufinden, den wenig: ſten Einfluß auf das Geſchaͤft der Er⸗ zeugung der Milch zu haben. Wird aber eine Amme waͤhrend des Saͤu⸗ gens ſchwanger, ſo iſt es nicht ſelten, daß ſich die Kinder ſelbſt entwoͤhnen, und dies zeigt gewiß einen großen Grad der Verderbniß der Milch an. Speiſen muß man den Kindern in den erſten Wochen ihres Lebens, wie auch ſchon geſagt worden iſt, nicht Ueber die Nahrung der Kinder. geben, weil zu ihrer ee die Muttermilch uͤberfluͤßig hinreichend iſt. Etwa in der funfzehnten Woche, auch wohl erſt in der zwanzigſten ih⸗ res Alters, fangen die Kinder an fie ſelbſt zu verlangen. Sie ſperren den Mund auf, wenn ihnen etwas vorge⸗ balten wird, und werden ungeduldig, wenn ſie die Waͤrterin eſſen ſehen, und nichts erhalten. Man darf aber Kindern nicht von allen Speiſen ſo⸗ gleich geben, und ſie auch nicht uͤber⸗ laden, da anfänglich, nebſt der Bruſt ihrer Mutter, eine Mahlzeit des Ta⸗ ges für fie völlig hinreichend iſt. Mit Recht haben die Aerzte 100 den Gebrauch der Mehlbreie, beſon⸗ ders der ſogenannten Milch: und Eyer⸗ breie geeifert, und ich wuͤnſche herz⸗ lich, daß bald die Zeit kommen moͤge, wo Jedermann die Schaͤdlichkeit der⸗ ſelben fuͤr Kinder recht lebhaft einſe⸗ ben moͤge. Das beſte Nahrungsmit⸗ tel für Kinder, bei welchem fie ſich ſehn wohl befinden, iſt folgendes: Man nimt etwa eine halbe altbak⸗ kene Semmel, auch Zwieback ſchickt ſich, wenn er nicht, wie bei uns, mit Butter bereitet worden iſt, reibt ſie auf einem Reibeiſen klar, und querlt ſie in kochendes Waſſer, daß ein duͤn⸗ ner Brei daraus wird. Zu dieſem Brei wird nichts, als etwas weniges Kochfalz gemiſcht. Muſkatenblumen, die, wie ich ſehe, viele Muͤtter dazu miſchen, find für Kinder zu erhitzend, und die Butter koͤnnen ſie gar nicht verdauen. Zuweilen wird etwas duͤn⸗ ne Fleiſchbruͤhe ſtatt des Waſſers ge⸗ nommen, „ \ 1272 a 1273 nommen, wodurch eine Suppe diefer Art noch ziemlich wohlſchmeckend wird. Außerdem aber iſt es gewiß, daß man in dem Gaumen eines Kindes unſere Begriffe vom Wohl- und Uebelſchmek⸗ ken nicht ſuchen muͤſſe. Wenn die Kinder in der Folge etwa mit der vier und dreißigſten Woche mehr als eine Mahlzeit noͤthig haben, ſo muͤſſen ſie auch fruͤh Morgens eine Suppe erhalten. Hierzu iſt Semmel in Milch geſchnitten am beſten. Dies muß auch fruͤh Morgens ihre beſtaͤn— dige Nahrung bleiben, denn der Kaffe iſt Kindern von jedem Alter ſchaͤdlich. Viele vermiſchen die Speiſen ihrer Kinder mit haͤufigem Zucker, und ob ueber die Nahrung der Kinder. 1274 es gleich gewiß iſt, daß derſelbe dem Koͤrper der Kinder ſo ſchaͤdlich nicht iſt, als man insgemein glaubt, ſo iſt es doch gewiß, daß ſich beſonders zarte und ſchwaͤchliche Kinder auf ſol— che Speiſen niemals gut befinden. Es iſt, ſo wenig auch die aufloͤſenden, ſeifenhaften Eigenſchaften des Zuckers in Zweifel gezogen werden koͤnnen, gewiß, daß derſelbe wegen der in ihm enthaltenen haͤufigen und ſcharfen Saͤure, den Kindern, die ohnedem zu Erzeugung der Saͤure leicht geneigt ſind, ſchadet, und ein anhaltendes, mit Bauchgrimmen und einem grünen Durchfall verknuͤpftes Schreien iſt bei ihnen die gewoͤhnlichſte Folge des mit allen Speiſen genoſſenen Zuckers. Nuͤtzliche Anwendung der Saͤgeſpaͤne von den Schneide, muͤhlen zu einem Duͤnger. Day den Säge oder Schneide: muͤhlen fallen viele Saͤgeſpaͤne ab, welche bei einer guten oͤkonomi— ſchen Einrichtung gar fuͤglich koͤnnen benutzt werden. Von vielen Schneide: muͤllern werden ſolche nicht geachtet, und meiſtentheils in das Waſſer ge: worfen, allein, dieſes iſt den Fiſchen ſchaͤdlich, und beſonders färben die ei: chen Saͤgeſpaͤne das Waſſer ſchwarz und verurſachen den Fiſchen, beſon⸗ ders den Forellen, den unvermeidlichen Tod. Daher wird ſolches Einſchuͤt⸗ ten in die Bäche an den meiſten Dr: ten verboten. Die Saͤgeſpaͤne haben aber doch auch ihren fuͤrtreflichen Nuz⸗ zen. Ein gewiſſer Edelmann in Fran⸗ ken, der ſchoͤne Guͤter und viele Saͤge⸗ muͤhlen hat, weiß ſie beſſer zu benutzen. Er laͤßt ſeine Saͤgeſpaͤne ſorgfaͤltig ſammeln, ſchuͤttet ſie in ſeinem Hofe unweit den Miftftätten in große zu dieſem Behuf beſonders verfertigte Gruben, leitet in dieſelbe den von den Miſtſtaͤtten abfließenden Pfuhl, und laͤßt beides ſo lange beiſammen in der Grube, bis die Saͤgeſpaͤne verfau⸗ len, alsdenn laͤßt er ſie heraus thun, und ſtatt des andern Duͤngers auf ſei⸗ ne Felder fuͤhren. Man hat noch jederzeit bei ihm die ſchoͤnſten und vom Unrath befreieten Fruͤchte gefunden. LI 3 Es 12 75 Es laßt ſich der Vortheil hievon gar leicht begreifen, wenn man uͤberlegt, daß das verfaulte Holz mit zu dem guten Duͤnger gerechnet wird. Nach dem Mufeo ruſtico, finden die Eng: länder den Strobmiſt nicht fuͤr zu⸗ traͤglich, weil ſie glauben, daß gar vie⸗ les Geſaͤme von Unkraut mit auf das Feld gebracht werde, daher verkaufen viele an der Seekuͤſte wohnende Land⸗ Nuͤtzliche Anwendung der Saͤgeſpaͤne ꝛe. 1270 leute ihr Stroh, und nehmen dafuͤr zum Einſtreuen in die Stallung das Seeſchilf, und glauben deßwegen we⸗ niger Unkraut unter ihren Fruͤchten zu erhalten. Dieſer Endzweck wird durch den oben angeruͤhmten Duͤnger eben⸗ falls erhalten, und deßwegen duͤrfte es dem Publieo nicht unangenehm ſeyn, wenn dieſe Duͤngungsart demſelben bekant gemacht würde Eine beſonders gute Duͤngung fir das Grasfeld. Men nimt den Abgang vom Salz einen Theil, Kalkaſche zwei Theis le, andere Aſche drei Theile, reine Erde von einem Holzſchoppen ſechs Theile, thut ſolches zuſammen in eine Grube, miſcht es wohl unter einander, und laͤßt es in der Grube ein ganzes Jahr liegen. Binnen dieſer Zeit ſchuͤttet man die Lauge und das Seifenwaſſer, ſo oft man eine Waͤſche hat, anſtatt ſolches Waſſer auf die Straße laufen Anekdote. Auch durch ein gerechtes Lob ſuchet der Neid dem zu ſchaden, welchen er ſtuͤrzen will. Aber wahre Ver⸗ dienſte, eine unverletzliche Treue und Froͤmmigkeit, behalten doch gemeinig⸗ lich das Feld. Sully war Oberaufſeher der koͤnig⸗ lichen Einkuͤnſte unter Koͤnig Hein⸗ rich dem IV. in Frankreich, und ein Mann von großen Verdienſten. Man wuͤrde ihm vielleicht dieſe verziehen zu laſſen, auf dieſe Erde in die Gru⸗ be. Nach Verlauf eines Jahrs nimt man die Erde aus der Grube, wirft ſolche durch ein Drathgitter, und ſäet fie hernach im Fruͤhjahr kurz vor eins tretendem Regenwetter auf das Gras⸗ land. Es belohnt die Mühe doppelt, und der Erfolg zeiget, daß das Moos vom Öraslande vertilget wird, und das ſchoͤnſte Gras darnach wachſe. \ \ haben, aber. feine Oteefipaffenfeit und feine Liebe und Treue für den Koͤ⸗ nig und das Vaterland, waren unvers zeihlich. Weiber, Hofleute, Mini: niſter und Miniſterinnen, ein gewifs ſer außerordentlicher Ambaſſadeur da⸗ maliger Zeit, und ſein Seeretair ein groͤßerer Schelm wie jene, alles ver⸗ band ſich gegen ihn. Merkwuͤrdig ift es, daß ein fo treuer Diener und zaͤrt⸗ licher Freund ſeines Herrn, mi 11 unf: 1277 funfzehn mal in Gefahr gerathen kon⸗ te, ohne Rettung geſtuͤrzt zu werden. Im Jahre 1601 beſchuldigte man ihn, daß er ſich in die Verſchwoͤrun⸗ gen des Marſchalls von Birom einge laſſen. Aber der Koͤnig lachte nur daruͤber und ſcherzte deswegen mit Sully ſelbſt. Doch im Jahre 1602, floͤßte man dem König ſolchen Argwohn ein, welcher tiefern Eindruck machte. Kein Jahr ging vorbei, wo ſeine Feinde ihre Angriffe nicht erneuerten, und es iſt zu bewundern, daß die Hof: leute dero Zeit ſeine Weisheit nicht in Thorheit und Unverſtand zu ver⸗ kehren wußten. Allein, man war da⸗ mals noch nicht ſo klug wie jetzo. Im Jahr 1605 waren die Angriffe deſte treffender. Unvermerkt grif das Gift das Herz des Koͤnigs an, und dieſer, welcher mit undankbaren Hofleuten gar zu ſehr umgeben war, um nicht einen Argwohn auf die zu werfen, die es nicht waren, faßte gegen Sully den Verdacht, daß er ſich zum Haupt eines Complottes gegen ihn zu machen ſuchte. „Nun fing der Neid an, ihn „zum erſtennral zu loben. Er erhoͤ⸗ „bete ſeine Gaben, damit ſie deſto ge⸗ „faͤhrlicher ſcheinen moͤgten., Sul⸗ Ip, welcher alles erfuhr, war in Zwei⸗ fel, was er thun ſolte. Er ergrif den Weg an den Koͤnig zu ſchreiben. Sein Brief war mit Einfalt, aber edel abgefaßt. Die Antwort des Koͤnigs war kurz, kalt und fuͤrſich⸗ tig. Er gab ihm den Titel, Mein Vetter, aber das gewoͤhnliche Wort, Mein Sreund, ließ er weg. Sully Anekdote. 1278 blieb nach dieſem Briefe ruhig, fuhr fort dem Staat zu dienen, und erwar⸗ tete ſeine Ungnade. Drei Monate verſloſſen, da man immer neue Ans griffe machte und die ſchwarzeſten Ver⸗ leumdungen erdachte. Allein, Hein— rich bemerkte, daß ſich ſolche durch den Erfolg nicht rechtfertigten, und fing an ernſthafte Betrachtungen zu machen. Er fuͤrchtete betrogen zu ſeyn. Dieſer Fuͤrſt war lebhaft und hitzig, aber ſein Herz war gut, fuͤhlbar, edel und großmuͤthig, und obgleich ein ſanftes und ruhiges Blut nicht lang⸗ ſam in ſeinen Adern floß, kam er doch leichtlich wieder zu ſich ſelbſt. Er ſchickte verſchiedene Perſonen an Sul⸗ ly, um ihn zu bereden, daß er ſein Herz eroͤfnete. Aber Sully ſchwieg, und wolte erwarten, bis der Koͤnig ſelbſt mit ihm reden würde, Beide waren in der Lage zweier empfindli⸗ cher Herzen, die ſich lange geliebt hat⸗ ten, und Recht zu. haben glaubten, ſich uͤber einander zu beklagen, und denen dieſer Zuſtand der Ungewißheit und des Kaltſinnes zur wahren Mar⸗ ter gereichte. Heinrich konte dies nicht laͤnger ausſtehen. Er war zu Fontaineblau, und ſuchte ſein Herz von der Laſt zu erleichtern die es be: klemmte. Er hatte eine Unterredung mit Sully, um ſich eine Aufklaͤrung zu verſchaffen. Dieſer rechtfertigte ſich darin: Der Koͤnig nannte ihm alle ſeine Feinde. Die Unterredung dauerte laͤnger wie vier Stunden, und wurde in einer Allee des Gartens ge⸗ halten. Die Hofleute, welche 1 er⸗ 1279 Ferne die Ohren nicht fpißen konten, beobachteten beide von weitem deſto ſchaͤrfr. Man urtheile von ihrer Unruhe! Sie ergriffen Brillen und Fernglaͤſer, um aus den Minen und Geberden der ſich Unterredenden den Ausgang zu beurtbeilen. Der Kö nig wolte ihnen ſolchen ſelbſt bekant machen. Er ging aus dem Garten, hatte Sully bei der Hand, und fragte den verſammelten Hof: Was iſt die Glocke? Man antwortete ihm; es. ſey 1 Uhr, und er haͤtte ſich lange verweilt. Der Fuͤrſt, von Natur ein großer Scherzer, antwortete: Ich ſehe worauf es ankomt. Es ſind viele, denen die Zeit laͤnger gedauert hat, wie mir, und um ſie zu troͤſten, ſage ich ihnen: Ich liebe Sully mehr wie jemals. Und ihr mein Freund Sully! ſagte er weiter, fahret fort mich zu lieben, und mir ſo zu dienen, Anekdote. wie ihr allezeit gethan babt. Auf 1280 dieſe ſchrecklichen Worte erblaßten alle Geſichter. In der Stille, und mit einer langen Niſe ſchlichen fie die Steige des Schloſſes hinunter. Nur ein einziger unter ihnen, ein geheimer und der gefaͤhrlichſte Feind des Sully, kam und ſchloß ihn in ſeine Arme und machte ihm ſeinen Gluͤckwunſch. Fuͤrchterlich iſt es, wenn man geden⸗ ket, daß, wenn der Koͤnig in dieſem Augenblick den Sully ſeine Ungnade haͤtte erfahren laſſen, mehr denn brei Viertel des Hofes, in die aͤußerſte Freude gerathen ſeyn, und den König wuͤrden Gluͤck gewuͤnſcht haben. Wie beugend iſt es nicht fuͤr die Menſch⸗ lichkeit, daß man nie von großen Leus ten reden kan, ohne der ſchwaͤrzeſten Verlaͤumdungen zu erwaͤhnen, die der Neid gegen ſie erdacht hat. | . ... ̃ ̃ ͤ ͤ —— ——. ln 2 u T Jum oͤffentlichen Verkauf des von I dem verſtorbenen Hofrath und Cammer⸗ Gerichtsſeeretair, Chriſt. Gottfried Elteſter nachgelaſſenen Antiquitaͤten Cabinets, im Gan⸗ zen, an vierhundert Stück heidniſcher Denkmaͤler, welches fuͤrnemlich der vormaligen aͤlteſten Bewohner der Mark Brandenburg Religions- Krie⸗ ges⸗ und Hausweſen angehet, und im T T haben. ! Ganzen fechsbundere Thaler taxiret worden, iſt allhier im Koͤnigl. Hof- und Cammergericht der ıgfe Decem: ber d. J. Vormittags um 10 Uhr angeſetzt, und ein genaues Verzeichniß U davon, mit erläuternden antiquari⸗ ſchen Anmerkungen, in hieſigen und auswaͤrtigen Buchlaͤden fuͤr 3 gr. zu * Berlin. 1281 . >e: Zn Hanmooeriies Magazin, 1282 8 tes Stuͤtk. Freitag „den loten October 1783. Nachricht die Anleihen der zu Hamburg dbelgteilich beſtaͤtigten Creditcaſſe für die Erben und Grundſtuͤcke auf Pfandbriefe und Annuttaͤten betreffend. 8 gelangen an die Direction der im vorigen Jahr errichteten und ſeitdem vom Edlen Hochweiſen Rath dieſer Stadt obrigkeitlich beftä: tigten Creditcaſſe für die Erben und Grundſtuͤcke in der Stadt Hamburg und deren Gebiet ſehr viele Anfragen von hieſigen ſowohl, als auch ſchriftlich von auswaͤrtigen Capitaliſten, was es mit den in den oͤffentlichen Blaͤttern be⸗ kant gemachten Anleihen dieſer Credit— caſſe auf Pfandbriefe fuͤr eine naͤhere Bewandniß habe, und worin eigentlich die Sicherheit beſtehe, welche dieſelbe den Inhabern der unter ihrem Siegel und der Directoren Unterſchrift aus; geſtellten Pfandbriefe zu verſchaffen im Stande ſey. Endesbenannte Direetoren dieſes In: ſtituts halten es fuͤr ihre Pflicht, dieſe Anfragen jedesmal nach Moͤglichkeit zu beantworten; zugleich aber glauben ſie, daß eine oͤffentliche Erklaͤrung der beſte Weg ſeyn werde, die verlangte Ant; wort allen denzenigen, welchen ſie inter; eſſiren kan, zur Wiffenfchaft zu bringen. Die Pfandbriefe, worauf die Cre— diteaſſe vor der Hand zu aller Zeit Gel: der annimt, ſind bereits den Verfaſ— ſungsartikeln S. 57. in legaler Form beigedruckt. Wir wiederholen diefels ben in der Anlage A. ihrem ganzen In⸗ halt nach, und wollen unter Hinwei— ſung auf dieſes Formular zuerſt uͤber die Sicherheit der angewieſenen Hypothek, und dann uͤber die Berechnung des Zin— ſenfußes die noͤthigen Erlaͤuterungen beifuͤgen. Die Creditcaſſe verpfaͤndet ih» ren Glaͤubigern ihr ganzes gegen⸗ waͤrtiges und zukuͤnftiges Ber⸗ moͤgen. Dieſes Vermoͤgen ſammelt ſich aus den Einſchuͤſſen und Zulagen der Intereſſenten. Die Einfchüffe be: tragen 2 pro Cent von den garantirten erſten 3 des Taxationswerthes der ein⸗ gezeichneten Grundſtuͤcke, d. i. von den bisher eingezeichneten Erben, deren Capitalwerth ſich zuſammen etwa auf 2 Millionen belaufen mag, ungefahr 30,000 Mk. Banco. Die Zulagen betragen halbjaͤhrig 4 bis 3 pro Cent Mm in m Ban⸗ 1283 Baneo, folglich von dem genannten Ca: pitalwerth alle Jahr 7500 bis 15000 Mk. Banco. Jene Einſchuͤſſe ſowohl, als dieſe ſichere balbjährige Einnahme vergroͤßern fi ſich von einem Termin zum andern, in eben der Maaße, worin das Inſtitut ſelöſt, und die Anzahl der In⸗ tereſſenten zunimt. Aus dieſen Ein: ſchuͤſſen und Zulagen nun, und aus den Geldern, die der Caſſe auf Pfandbriefe den Namen der Crediteaſſe belegte und fernerhin zu belegende Capital, welches gegenwärtig bereits aus 35,600 Mk. Species, d. i. aus der Einnahme von 3 Quartalen, beſteht, und immerfort mit jedem Quartal 3) genau um fo viel ſich 8 als die jedesmalige Ein⸗ nahme des Quartals betraͤgt; indem alles Geld, ſowohl die eingegangenen Einſchuͤſſe und Zulagen, als auch die auf Pfandbriefe eingekommenen Anlei⸗ hen, vorläufig an die bei hieſiger Banco zu dieſem Endzweck aufgenommene Conto der Creditcaſſe abgeſchrieben werden, zu Ende eines jeden Quartals aber der ganze vorhandene Geldvorrath in den von der Creditcaſſe taxirten und garantirten Grundſtuͤcken der Intereſ⸗ ſenten b) zu 4 pro Cent Courant von Species belegt wird. Alle dergeſtalt ‚ausbezahlte Gelder werden in den Stadt⸗ und Landrentebüͤchern auf den Namen der Nachricht die Anleihen der zu bunt bee 16. itcaſſe für die Erben und Grundſtuͤcke verſichert, und auf dieſe Weiſe die öffentliche Hypothek fuͤr dieſelben in rechtlicher Form eonſtituirt. Alle dieſe Poſten nun haften in fo- lidum fuͤr einen jeden von der Credit⸗ caſſe ausgeſtellten Pfandbrief, und es iſt folglich uͤberall keine Moͤglich⸗ keit, daß das der Creditcaſſe an⸗ geliehene Capital jemals verlo⸗ angeliehen werden, ſammelt ſich das auf ren gehen koͤnne. Dabei hal er In⸗ haber des Pfandbriefs den doppelten großen Vortheil, den ihm die einzelne Hypothek Eines Grundſtuͤckes nie ver⸗ ſchaffen kan, er iſt 1) ſicher, daß ihm die Zinſen auf den Verfalltag prompt bezahlt werden, und er iſt 2) ſicher, daß er ſein Capital, wenn er daſſelbe zuruͤck verlangt, zu jeder Zeit ohne Anſtand bekommen koͤnne. Uebrigens geſchieht die Admini⸗ ſtration des Inſtituts mit moͤg⸗ lichſter Publicitaͤt, damit ein jeder ſich von der puͤnktlichen Befolgung der oben feſtgeſtellten Grundſaͤtze mit eig⸗ nen Augen uͤberzeugen koͤnne. Zu En⸗ de eines jeden Jahres nemlich erwaͤh⸗ len die Intereſſenten aus ihren Mitteln fünf Reviſoren, bei welcher Wahl die Directoren, damit die ganze Verwal⸗ tung um deſto unpartheiiſcher geprüft werden koͤnne, überall kein Stimmrecht haben. Dieſen werden e a- * nz 2) Auf inſtehenden Michaelis werden Wale 15,000 Mk. belegt werden, mithin der ganze Font auf 30,0 co Mk. anwach ſen. b) Die Taxation wird durch ſachkundige Maͤnner mit aller Strenge vorgenommen, | und alle fünf Jahre wiederholt. Nur die erſten 2 des Taxationswerthes werden in die Garantie genommen, und folglich auch feine: Gelder anders belegt, als in dieſen erſten 1. S. Verf. Art. 48. ff. und 62. ff. 5 25 1285 beſtätigten Creditcaſſe für die Erben und Grundſtůcke it 1280 lanz und Originalertracte aus den Stadt: und kandrentebuͤchern (als Do: cumente der für die belegten Gelder würklich conſtituirten öffentlichen Hy— pothek) vorgelegt, und alsdann der ganz ze Bermögenszuftand des Inſtituts in den Zeitungen öffentlich bekant gemacht. So viel von der innern Sicherheit des Inſtituts, und von der Verwen—⸗ dung der Einnahme und der Anleihen. Nun vom Zinſenfuß. 2 Der Zinſenſuß, den das Inſtitut giebt, iſt eben der, den es von ſeinen Debiteren wieder nimt, nemlich 4 pro Cent Courant von Species. Will je mand die Zinſen in eben der Geldſorte haben, worin das Capital beſteht, ſo wird ihm auch darin gewillfahrt; doch iſt alsdann der Zinſenfuß 3 pro Cent in der Muͤnzſorte des Capitals, und wir nehmen in dieſem Fall die Anleihe ſowohl in Hamburger Banco als in Hamburger Courant, auch von Aus— waͤrtigen auf Verlangen in vollwichtis gen Dukaten, welche bei der Ausgabe ſowohl, als bei der Einnahme zu 6 Mk. oder zu 96 fl. Banco gerechnet werden. Die Zinſen werden den Inhabern der Pfandbriefe alle Jahr gegen Einliefe— rung einer gedruckten und unterſchrie⸗ benen Quitung (wovon die Formulare im Verwaltungscomtoir der Treditcaſſe abgefordert werden koͤnnen,) von dem caſſefuͤhrenden Director ausbezahlt. Auch für diejenigen, welche eine An leibe auf Annuitaͤten c) lieber waͤh⸗ len, als eine Anleihe auf ſimple Zin en, iſt durch eine erſt neuerlich getroffene Mm mm 2 Be⸗ c) Annnitsten ſind bekanntlich eine ſolche Anleihe, wo das Capital in einer beſtimm⸗ ten Anzahl von Jahren Terminweiſe und dergeſtalt abgetragen wird, daß der Creditor jahrlich zugleich mit den Zinfen einen gewiſſen Theil des Capitals zuruͤck erhaͤlt. Die angehängten Tabellen werden alles deutlich machen. Dieſe beſon⸗ ders in England und Frankreich ſehr bekannte Art der Anleihe iſt dem Creditor auf mehr als eine Weiſe vortheilhaft. Ein Mann von ss Jahren z. E. giebt einen Theil feines Vermoͤgens auf 38jaͤhrige Annuitaͤten, fo hat er bis in fein 85° Jahr eine jährliche Einnahme von Je pro Cent Banco von Banco, ohne daß er dadurch — denn eben dies iſt der Unterſchied zwiſchen Annuitaͤten und Leibrenten — fein Vermoͤgen auf den Fal, daß er früher ſterben folte, feinen Er; ben entzieht, welche vielmehr auch nach feinem Tode die volle Jahrrente bis zu 1 Ablauf des Contractes zu genießen haben Oder ein Mann von 30 Fahren, giebt einen Theil feines Vermoͤgens auf TOjährige Annuitaͤten, weil er nach Abtauf die⸗ fer 10 Jahre eines beſſern Auskommens gewiß iſt, fo hat er dieſe 10 Fahre über die ſichere Einnahme von beinahe 12 pro Cent Banco von Banco. Oder ein Mann, der von feinen Renten lebt, belegt 90,000 Mk. Banco auf 2Ojäyrige Ans nuitaͤten, ſo weiß er, daß ihm außer den jaͤhrlichen Zinſen, die er zu ſeinem Aus⸗ kommen verwendet, alle Jahr 1800 bezahlt werden. Mk. Banco und darüber vom Capital zuräck Er iſt alſo ſicher, jährlich 1800 Mk. Banco baares Geld für irgend ein unvorbergefehenes Bedärfniß in Händen zu haben, welche er auf den Fall, daß er ſie nicht gebrauchen ſolte, ſogleich wieder aufs neue belegen kan. 4 Nicht zu gedenken, daß die einzelnen Zinſen⸗Coupons (f. Aulage C.), von einem ſolchen ſoliden Inſtitut ſehr leicht, und leichter als andere Arten von Obligatio⸗ nen, welche erſt losgekuͤndigt werden muͤſſen, zu veraͤußern ſind. 1287 Nachricht die Anleihen der zu Hamburg obrigkeitlich 125 Beſchließung ſaͤmtlicher Intereſſenten dahin geſorgt worden, daß ihnen zwiſchew 10 bis inclufive zojäßbrigen Annuitaͤten die Wahl offen ſteht, und zwar zu den Zinſeufuß von 3% pro Cent nu u uU um u » —1 1 m N * XR VM M K W N I * . ub M MM „ * An Au A u u — M n D u m u M Mn n m D n u d „ „ „ „ „ Ba 2 e nn ee r A M u K Nach Ablauf der benannten Jahre hat alsdann der Crediter uberall nichts weiter von der Creditcaſſe zu fordern, weil ihm ſein Capital während dieſer Zeit. allmählig abs getragen worden iſt Zum Beweiſe verrich ligen Berechnung der Annuitaͤten laſſen wir dieſem Aufjag in der Anlage D. eine durch Herrn von Drateln entworfene dreifache Tabelle beideucken, für 10jaͤhrige, Tsjährige und 30jaͤhrige Annuitäten von 10,000 Mk. Capital, woran ein jeder ſehen kan, wie ſich Capital und Zinsen in den beſtimmten Jah⸗ ren mit der zugesicherten Annnitaͤt richtig compenfirt. Nach Vorſchrift dieſer Tabelle kan ſich ein jeder die Bilanz für ein groͤße⸗ W 2 L 1 in der Mͤͤmzſorte des Capitals, d. l. in Banco von Banco, in Courant von Couraut, und in Dukaten von Duka⸗ ten d). Dies giebt folgende Progreſſion nach der verſchiedenen Anzahl der Jahre: Annuitäten auf 30 Jahre geben eine Jahrrente von z m af 3% d. i. von circa 5 pr. C. 2 2 72 7 = . N E ; 2. SPUOE 7 9 er TR eK TED 5 14 6 EN Sl 6 29 2 3 er a 2,7 18 „ 64 6 6: PX „ 6% 6 10 4 5 65 6 14 I „ 683 Zar. 2 el 7 7 6 10 N 7 12 — 7 7⁴ 8 1 10 ⸗ 85 2 886 „5 88 5 er 5 9 8 10 „ 9% Oz „ 10% 10 17 4 * 11 14 — 1 1 res oder kleineres Capital, oder fuͤr die hier nicht berechneten Zwiſchenjahre, mit leichter Mühe ſelbſt entwerfen. . Einem jeden, welcher von dieſer An⸗ leihe auf Annuitaͤten Gebrauch machen will, wird uͤber das angeliehene Capital der in der Aalage B. beigefuͤgte Grigi⸗ nal⸗Annuitäten⸗Brief, und fo viele ins ſencoupons, als die Aunuitat Jahre ent⸗ hält, (ſ. Anlage C) ausgefertigt. Die Jahrrente wird Jährlich an denjenigen aus⸗ bezahlt, der den Zinſencoupon vorzeigt und zuruͤckliefert, jedoch muß dieſelbe immer vor Ablauf eines Jahrs nach dem Verfalltag abgefordert werden, widrigenfalls der Zin⸗ ſencou⸗ &) 31 pro Cent Banco von Banes macht nach dem Hamburgiſchen Mönzfuß, (d. i. 34 Mk. Courant auf die Mark fein von 27 Mk. 12 ßfl. Banco gerechnet,) eben fo viel als J pro Cent Cour. von Banco. 3 Mk 4ßl. Banco nemlich betraner nach dieſer Berechnung in Cour. 3 Mk. 15 fl. 88 Pf., d. i. 4 Mk. weniger 3121 Pf. + 2289 beſtaͤtigten Creditcafe/für die Erben und Grundflüdex, 1290 ſencoupon und die darin verſchriebene Eines nen, welche manchem Diſponenten unerwar— Jahres Rente der Creditcaſſe (als welche ſich nur durch dieſe Einrichtung gegen alle Verfaͤlſchung der Zinſencoupons ſtcher fiel: len kan,) voͤlig und dergeſtall verfaͤllt, daß wegen derſelben uͤberall kein weiterer An⸗ ſprach an die Crediteaſſe ſtatt findet. Mit dem Zinſencoupon des letzten Jahres muß zugleich der Original-Annuitaͤtenbrief zus rück geliefert werden. Uebrigens bleibt die Anleihe auf Pfand» briefe ſowohl, als auf Annuitaͤteabriefe ſo lange offen, als die Direction Gelegen— heit hat, die angeliehenen Gelder in den ga⸗ rantirten Grundſtücken zu 4 pro Cent Cou⸗ rant von Banco mit Sicherheit unter zu bringen. Noch zur Zeit wird uns dieſe Ge⸗ legenheit niemals fehlen, denn es find noch immer der Eigenthuͤmer genug in Hamburg, welche ihre voͤllig ſichern, oft ſogar ihre er⸗ ſten Gelder, mit § pro Cent Courant von Banco und daruͤber verzinſen muͤſſen, und denen daher jede Gelegenheit, wo ſte dieſel⸗ ben zu 4 pro Cent erhalten koͤnnen, von Her⸗ zen wilkommen iſt. Aus dieſem Grunde vermehrt ſich die Anzahl der neuen Inter⸗ eſſenten unſerer Creditcaſſe, welche die Wohl⸗ thaͤtigkeit dieſes Inſtituts nun bereits an ſo vielen ihrer Mitbuͤrger bewieſen ſehen, noch immer faſt mit jedem Tage. Und aus eben dieſem Grunde vermehrt ſich die Gelegen⸗ heit, das Geld durch verfaſſungsmaͤßige An: lehnung auf 2 des taxirten Wehrts der ein, gezeichneten Haͤuſer und Grundſtuͤcke ſicher unter zu bringen, in eben dem Maaße, wor: in ſich der Geldvorrath ſelbſt vermehrt. Uns ſer Inſtitut kan mit Sicherheit beſtehen, auch wenn uns keine Anleihen gebracht wer; den; aber fein Flor wird ausgebreiteter, feis ne Wohlthaͤtigkeit allgemeiner, je mehr der Anleihen ſind. Die bisher auf Pfandbriefe angenommenen Capitalien haben inſonder— heit dazu gedient, die Direction in den Stand zu ſetzen, daß ſie die Einſammlung der verfaſſungsmaͤßigen Einſchuͤſſe für die erſte Zeit mit mehrerer Nachſicht betreiben, dennoch aber die aufgekuͤndigten Capitalien, welche in der Garantie der Crediteaſſe lan den, mit einer Promtitude hat abtragen kön⸗ tet war. Und warum ſolten wir nicht hoffen, nicht beinahe mit Gewißheit darauf rech⸗ nen dürfen, daß ſich in wenig Jahren der Grundſatz allgemein feſiſetzen werde: Wer fein Geld bei der Creditcaſſe belegt, geht in Abſicht des Capitals ſowohl als der Zinſen weit ſicherer, als wer ſein Geld auf einzelne Haus und Kandpoften giebt. Und wer Gel⸗ der von der Ereditcaffe in fein Erbe oder Grundſtuͤck bekoͤmt, ſteht ſich beſſer, als wer es von Privatglaͤubigern ſucht, denn er iſt ſicher, daß die Credikcaſſe ihm ihre Poſten niemals aufkuͤndigt, und ihre Zinſen nie⸗ mals erböht, jo lange er Einſchuͤſſe und Zinſen richtig bezahlt, und fe lange er das Erbe in baulichem Stande erhaͤlt. Diejenigen, welche von der ganzen Eins richtung der Crediteaſſe eine nähere Nach⸗ richt verlangen, verweiſen wir auf die den IOten Dec. 1782 beliebten und unterm ten Maͤrz d. J. von E. Hochweiſen Rath die⸗ fer Stadt obrigkeitlich beftätigren Derfaß ſungsartikel, 9. B. 4., wovon noch ges heftete Eremplare & 8 fle, und auf die im Maͤrz d. J erſchienene fernerweitige Be⸗ kanntmachung, den Zweck, die Ein⸗ richtung und den zeitherigensortgang der Creditcaſſe betreffend, wovon gleich⸗ falls noch Exemplare à I ßl. in Sofmanns Buchhandlung, auf dem Addreß⸗Comtoir und in den Zeitunasladen zu haben find. Der etwanigen Anleihen wegen, meldet man ſich des Sonnabends Morgens zwi⸗ ſchen 10 und 12 Uhr im Verwaltungs⸗Com⸗ koir, auch allenfalls bei einem der unterzeich⸗ neten Directoren. Alle auswärtige Corre⸗ ſpondenz wird gefaͤlligſt an mitunterzeich⸗ neten Licentiat Günther addreßirt. J. A. Günther, Licentiat. K. Stauber. C. Enderes. . Gtte. G. Büſch, Profeſſor. M. gudtwalker. 24729 F. C. Gräpel. d. Z. Directoren der Creditcaſſe für die Erben und Grundſtüͤcke. M m mm 3 Anla⸗ 1295 Nadict die Anleihen der zu ER ehre 12 3. Beweis, daß 1090 Mark Capital, aufgenom en ga, jäbrlichen 37 bro Cent Zinfen, als Annuitaͤten mit einer Jahrrente von 526 3%, d. i. mit 1 551 pro Ent ie 30 Jahren abgetragen werden. are N Jahre. Capital. 113 zinfen Aube, e Mochte . p. Ct. 7 p. Ct.] Kapital. des Capital. 2 Tce —F 1 BGE 201 225 5 % 8 af 2 5798 3 85 7 626 W 3 | 9789 13 311 11 ö 526. 13 7075 N Ian en 4 9374 11 304 11 526 13 222 2 91/2 9 5 | 12: 9 092,07 | 13 = 6 893 3 6 8923 3 290 — 6 13236 13 8585 6 - | 8588 ' 282 6 | 126 13 244 8 8195 14 i .. eg 7 9 8189 7 Er 2 1426 13 260 11 7928 12 10 7928 12 fz 11 2 13 269 2 1759 10 11 7649 10 248 17 26 13 277 14 5381 12 12 7381 12 239 15 | 526 13 | 286 14 094 14 1370904 4 ‚1259 9 76 13 1296 4 16798 10 14 | 6798 10 220 15 528 13 300 14 492 12 17 6492 12 fz11 — 526 13 315 13 6176 17 16 16176 17 20 12 526 13 | 326 1 Iso 14 17 | ssso 14 10 2 526 13 1336 11 4 3 18 Fei %% d % 10 d 9 19166 9 67 17 1526 13 1358 14 487 1 28 4807 11 „ 4 | 226 13 370 9 4437 2 21 4437 2 44 3 26 13 382 10 40% 4 8 2 Aord. Pr Mar, 32 5525 12 355 ı 13659 7 23 3659 7.173815 226... 38 14 32719 31.343281: 5.944108 8 Re 13 | 421 2 2830 7 00 26 13 448 13 12395 10 26 239% 10 ⁰ 77 1426 3 17 19465 11 27 1946 11 63 4 526 13 ie 9 Ä 1483 1 2 23 1483 2 48 3 26 13 10 1004 8 29 1804 3 530 125 13 0 3 518 5 30 910 7 15 9 526 13 4 1 — 1 1 — Hannoverifißes Mogan. 1293 82s Stuͤck. Montag, den 13‘ October 1783. Menſchenfreſſer und Vielfraße. 5 (Siehe das 73° und 74° Stuͤck vom Jahr 1781.) ernichten ſolte man freilich das Andenken ſolcher Ungeheuer, die ihre Haͤnde gleich den Klauen der Tyger bewafnen, um tenfchen zu ſchlachten und zu freſſen. Allein, von einer Seite betrachtet, bat doch die Erzählung menſchlicher Schandthaten und Greuel auch ihren Nutzen. Sie lehret uns, wie ſchnell der Menſch, wenn er nur erſt einmal ſeine Pflicht verletzt hat, von Stuffe zu Stuffe ſinken, und endlich tief un⸗ ter die Menſchheit herab ſtuͤrzen koͤn⸗ ne; und ſie winket alſo dem Stolzen, dem Wolluͤſtling und einem jeden, der ſich von ſeinen Leidenſchaften die erſten Feſſeln anlegen laͤßt, von dem betretenen Wege zum Abgrunde wie— der umzukehren, und Herr feiner Af⸗ fecten zu werden und Menſch zu blei⸗ ben. Und da wir in dem angezeigten Stuͤcken des Magazins die Schand— that des Menſchenfreſſers Gold⸗ ſchmidt erzaͤhlt haben, fo liefern wir bier eine aus öffentlichen Blättern ge: zogene kurze Nachricht von einer gan: zen Brut ſolcher Unmenſchen, die ſich bisher in den Wäldern von Sieben: buͤrgen aufgehalten hat. Dieſe Men⸗ ſchenfreſſer bande, die Joſephs weit: treffendes Adlerauge in ihren von der Sonne nicht beſchienenen Winkeln zu erreichen wußte, beſtehet aus zwei⸗ hundert Koͤpfen, und hat in Zeit von 21 Jahren 84 Menſchen ihrem beſtialiſchen Appetit aufgeopfert. Eine große Anzahl dieſer Unholde iſt bereits eingezogen, und hat den verdienten Lohn ihrer Greuel empfangen. Dieſe haben ihrer eigenen Ausſage nach einſt an einem Hochzeittage drei Menſchen geſchlachtet und verzehrt. Das Fleiſch junger Perſonen von 16 bis 18 Jah⸗ ren war ihre liebſte Speiſe. Die Ge: beine derſelben verbrannten ſie, und die gaben, wie ſie ſagten, die beſten Kohlen. Ihr Anfuͤhrer trug ſich ſehr prächtig im Anzuge; bloß feine Muͤtze hatte einen Schmuck uͤber 6000 Gul—⸗ den am Werth. Dieſer Paſcha, wie ihn ſeine Untergebenen nannten, iſt ebenfalls mit unter denen, die bereits hingerichtet find. Ein einziger beherz— ter Comitatstraband fing ihn. Es Nu nn wur⸗ 1299 \ 1 a wurde nemlich dieſem muthigen Man⸗ ne eine Anzahl Bauern gegeben, mit, welchen er den ſich in einem bisher un⸗ bekannten Winkel befindlichen Men⸗ ſchenfreſſer-Anfuͤhrer angreifen ſolte; allein bei Herannaͤherung dieſes Scheur ſals flohen alle Bauern, wie vor ei⸗ nem hoͤlliſchen Geiſte. Bloß der Tra⸗ bant ging auf ihn los, hielt einen feh⸗ lenden Schuß aus, und faßte ihn fo: gleich mit der nervigten rechten Hand bei der Gurgel. Nun aber erſchienen drei Gehuͤlfen des Gefangenen. Der handfeſte Trabant drückte feinen Raub zu Boden, und kniete ihm auf den Hals. Nun konte er ſeine rechte Hand gebrauchen; er ſchoß alfo zwei von ſei⸗ nen ſcheuslichen Feinden nieder, ver: ſcheuchte dadurch den dritten, und brachte ſeinen unmenſchlichen Gefan⸗ ‚genen. glücklich ans Tomitat. Beim erſten Verboͤr wolte der Inquiſtt nichts von ſeinen Schandthaten geſtehen; bei der zweiten Verſammlung aber, in welcher die ſaͤmmtlichen Comitatsher⸗ ren zugegen waren, fahe dieſer Un: hold den anweſenden Stuhlrichter, der ſehr corpulent tft, beſtaͤndig an. Die ſer fragte ihn endlich um die Urſache, und bekam zur Antwort: „Meine „Bande hat neulich einen Fleiſchhacker „gefreſſen, der ſehr delikat ſchmeckte; „wenn ich aber dich in meine Hände „bekommen haͤtte, ſo ſolteſt du mir „doch noch beſſer als der Fleiſchhacker „geſchmeckt haben., Natuͤrlicherweiſe mußte dieſes beſtialiſche Compliment den Richter etwas aus der Faſſung bringen. Doch der Trotz, der aus Menſchenfteſſer und Vielftaße. 2 N 1300 dieſem Scheuſal ſprach, dauerte nicht lange, denn er bekam bald darauf den Lohn, den er verdient hatte: Eswwur: den ihm nemlich alle Finger und Zaͤ⸗ hen abgeſchnitten, darauf wurde er in verſchiedenen Pauſen mit gluͤenden Zangen gezwickt, und endlich von un⸗ ten auf geraͤdert. Dieſe Brut, die aus Zigeunern, liederlichen Handwerks: purſchen und Landſtreichern beſteht, iſt noch nicht ganz eingezogen; man verdoppelt aber die Muͤhe, ſie in ihren Schlupfwinkeln aufzufinden. Damit ſich unſere Leſer von ihrem Abſcheu etwas erholen, verbinden wir mit dieſer Erzaͤhlung die Nachricht von einigen Vielfraͤßen. Einen der⸗ ſelben beſchreibt Olivier Jacobaͤus, der ihn zu London ſelbſt geſehen hat. Dieſer Menſch war nicht nur im Stan⸗ de, eine außerordentliche Menge Spei⸗ ſen zu ſich zu nehmen, ſondern er ver⸗ ſchlang auch Dinge, die ihrer Natur nach ſchaͤdlich ſind. Beſonders aber war er geuͤbt, Feuer zu freſſen. Er ging mit dieſem Elemente ſo vertraut um, daß es ſchien, als habe er ihm ſeine ganze Kraft benommen. Er nahm glüendes Eiſen nicht nur in die Haͤn⸗ de, ſondern beleckte es auch mit der Zunge, und warfs im Munde herum; er kanete brennendes Pech, Schwefel und Wachs; legte gluͤende Kohlen auf ſeine Zunge, worauf er Auſtern brut, ohne den geringſten Schaden davon zu empfinden. Nur dann und wann wurde er von Ohnmachten überfallen; die jedoch nicht von ſeinen ungewoͤhn⸗ lichen Mahlzeiten berruͤhrten; und 5 die⸗ 7 Menſchenfreſſer dieſe verhuͤtete er dadurch, daß er eine große Menge Steine und Stuͤcken Ei: ſen fraß. Es war ihm gleich viel, in welcher Geſtalt er das letztere genoß. So verſchluckte er z. B. im J. 1675 in Gegenwart vieler Perſonen eine Degenklinge, nachdem er fie in ver: ſchiedene Stücke gebrochen hatte. Im nemlichen Jahr verſchlang er in Ger genwart des engliſchen Hofes zwei Meſſer und ein Scheermeſſer, welche ihm der Koͤnig ſelbſt darreichte; und dieſe gingen einige Tage nachher wie der durch den Stuhl ab. Bei dieſem Verſuche hatte man ihm, um allem Verdachte einer Betruͤgerei zu begeg⸗ nen, die Haͤnde auf den Ruͤcken ge⸗ bunden. Ueberhaupt war es dieſem Menſchen gleich viel, was er verſchlang. Sogar kupferne Münzen nahm er ohne Gefabr zu ſich. 5 Ein engliſcher Chymiſt, Namens Kicharſon war dieſem Menſchen voll: kommen gleich. Er kauete gluͤende Kohlen, die man noch lange Zeit in ſeinem Munde brennend ſahe. Er ließ ſich ſolche Kohlen auf die Zunge legen, um Fleiſch darauf, zu braten, und litt es, ohne feine Miene zu ver; aͤndern, daß man dies Feuer eine hal⸗ be Viertelſtunde lang mit Huͤlfe eines Blaſebalgs unterhielt. Er verſchluck— te geſchmolzenes Glas, Pech, Schwe⸗ fel, und Wachs mit einander vermiſcht, und angezuͤndet, ſo, daß die Flamme davon aus ſeinem Munde ſchlug und ein aͤhnliches Geraͤuſch in ſeiner Kehle machte, als ein im Waſſer abgeloͤſch⸗ tes gluͤendes Eiſen. und Vielfraße. Noch ein anderer Engländer, Na: mens Powel, bewies im J. 17 50 in London gleiche Geſchicklichkeit, die er ſogar vor der daſigen Koͤnigl. Geſell⸗ ſchaft der Wiſſenſchaften pruͤfen ließ. Noch merkwuͤrdiger in dieſer ſelt⸗ ſamen Geſchicklichkeit macht ſich ein gewiſſer Franzoſe, Namens Duͤſour, der ſich ſeit einigen Jahren in Frank⸗ reich fuͤr Geld ſehen laͤßt. Um ſeiner elenden Kunſt ein gewiſſes Anſehen zu geben, ſchlaͤgt er eine große Bude auf, und haͤlt offene Tafel. Ein Trompe⸗ ter und Tambour muͤſſen ihm die Ta⸗ felmuſik machen, und zugleich Zu— ſchauer herbeilocken. Sein Tiſch iſt gewoͤhnlich auf folgende Art beſetzt. Die Suppe beſteht aus kochendem Pech, welches er mit einem gluͤenden Löffel genießt. Das Gemuͤſe ſind brennende Pechfackeln, gluͤende Kohlen und heiße Kieſelſteine. Der Braten beſteht, wenn Düfour recht bungrig iſt, in einem Stucke Rindfleiſch von 20 Pfunden, oder in einem Kalbe. Will er aber ſeine Zuſchauer mehr beluſti⸗ gen, fo braͤt er ſich ein Stück Fleiſch vor ihren Augen auf gluͤenden Kohlen. Sein Heerd iſt entweder die flache Hand, oder auch ſeine Zunge. Die Butter, die er zum Begießen nimt, iſt feuriger Schwefel, oder brennendes Wachs. Wenn der Braten ſeiner Meinung nach gahr genug iſt, ver⸗ zehrt er, wie die genannten Englaͤnder, Kuͤche und Braten zugleich. Zum Nachtiſch verſchlingt er ſeine Meſſer, Glaͤßer, Teller und Schuͤſſeln, wenn die letzteren irrden ſind. Um ſeine Zu⸗ Nunn 2 ſchauer 2302 1307 einem Tuche verband, und dieſes mit feinem Petſchaft verſiegelte. Es giebt aber verſchiedene Mittel ſolcher Art, die faſt alle unſere Taſchenſpieler ken⸗ nen. Ein Feuerfreſſer, der ſich im J. 1765 zu Goͤttingen ſehen ließ, rieb ſich die Hande, den Mund, die Zun⸗ ge, Zaͤhne und den Gaumen mit Schwefelgeiſt, um gegen den Schmerz ſicher zu ſeyn. Noch ſtaͤrker wirken mit dem Schwefelgeiſt der Salmiak und Zwiebelſaſt zu gleichen Theilen ge⸗ braucht. Die Marktſchreier von der gemeinen Art reiben ſich mit einer Aufloͤſung von Fiſchleim, Alaun und Brantewein. Noch ein anderes Mit⸗ tel, ſich gegen Feuer zu ſchuͤtzen, iſt ein Pulver von Federweiß, geloͤſchtem Kalk, Eyweiß, Eibiſchſaft, Bilſen⸗ kraut und dem Saamen des Floͤhkrauts mit Seife zu einer Salbe gerieben c). Die Kunſt, ſich feurige Strah⸗ len zu machen, iſt ebenfalls in Deutſch⸗ land bekant; Herr Profeſſor Boſe in Wittenberg, der. fie feinen Zuhörern zuweilen zeigt, nennt fie die Beatifi⸗ cation d). Noch bekannter iſt das Kunſtſtuͤck, ſich ein brennendes Ge⸗ ſicht zu machen. Es geſchieht durch Phosphorus, der auch bei Kunſt— und Luſtſeuern gebraucht wird. Be⸗ truͤgeriſche Mönche, die verabredete Spukereyen aufiellen, wiſſen dieſes Stuͤckchen aus dem Grunde; und erſt noch kuͤrzlich nützte es ein Franeiſea⸗ ner, der zu Aachen die ſchoͤne Tochter c) S. Magie, oder Zanberfräfte der — d) S. Wieglebs natuͤrliche Magie. S. 41. Ber Menſchenfreſſer und Vielftaße⸗ 5 Natur von J. S. Salle. S. 421. eines daſigen Wirths ſehr gern auf Mouchsmanier geliebt haͤtte. 58 Der Genuß der Schlangen, Spinnen, Lidechſen und anderer Thiere ſolcher Art, iſt ebenfalls nichts neues. Der beruͤhmte Haßelquiſt ſahe in Arabien, daß man die giftig⸗ ſten Schlangen nicht nur zaͤhmte, ſon⸗ dern auch kochte und aß. Das Gift - der Schlangen, und anderer giftigen Thiere, iſt nemlich nur alsdann ſchaͤd⸗ lich, wenn das Thier durch eine gemach⸗ te Wunde das Gift in eine Ader bringen kan. Eben ſo unſchaͤdlich ſind unſere europaͤiſchen Spinnen und Eidech⸗ ſen; ſie verdienen den Abſcheu nicht, mit dem wir ihnen begegnen, da un⸗ ter ſo vielen Millionen Menſchen, die dieſen Thieren taͤglich ausgeſetzt ſind, kein einziger ſagen kan, daß er je von dieſen ſo geſelligen Geſchoͤpfen beſchaͤ⸗ digt worden ſey. Nur die einer Fauſt große Rieſenſpinne (Democulo) in Surinam, verſchiedene Arten Scor⸗ pionen und Taranteln, und einige Arten Eidechſen in Oſtindien, bes ſonders auf Ceylon, ſind giftig. — Schaͤdlicher koͤnnen die Kroͤten ſeyn, der Schleim nemlich, den ſie im Mun⸗ de haben, und den ſie auch aus ihren Warzen ſpruͤtzen, kan ſchlimme Zu⸗ fälle veranlaſſen. Man findet jedoch manche Taſchenſpieler, die dieſe Thiere lebendig verſchlingen. Ein vorwitzi⸗ ger Bauer wolte einſt dies Kunſtſtuͤck nachmachen, bekam aber eine geſchwol⸗ 712 Eu - lene \ — E err — ie * * A E N — 3309 Meunſchenfreſſer lene Zunge und einen ungewöhnlichen Schluchſen; doch wurde er von einem Wundarzt durch einige in die Zunge gemachte Einſchnitte wieder geheilt e). Die Kunſt, ausgelöſchte Lich⸗ ter ohne Seuer wieder anzuzuͤn⸗ den, iſt ebenfalls nichts unbekanntes; es geſchieht gleichfalls durch Phos— phorus. Es muß jedoch das Licht vorher gebrannt haben, und das Tocht e) S. Unzers medieiniſches Handbuch. f) S. Martins natürliche Magie. S. | und Vielfraße. 1310 noch warm ſeyn. Man haͤlt alsdann ein ganz kleines Stückchen Phospho⸗ rus ans Licht, und dies entzündet ſich ſogleich f). Und fo blieb alſo an dieſem Kuͤnſt⸗ ler nichts mehr zu bewundern übrig, als ſeine Gefraͤßigkeit, um welcher willen ihn RR jemand beneiden wird. 2 f. S. 415. N 178. Gemeinnuͤtzige Erfindungen. 9 Ein beſonders kuͤnſtlicher Wecker. RER, I: Morguez, ein Franeifcaner zu Marſeille, hat einen Wecker erfunden, der nicht allein, wie die gewoͤhnlichen Wecker zur beſtimmten Stunde weckt, ſondern durch die nem⸗ liche Bewegung in einer auf dem Ca⸗ min, oder Ofen ſtehenden Vaſe Licht anzuͤndet, auch, wenn man. will, zu gleicher Zeit, die Bett oder Stuben⸗ vorhaͤnge, auch die Fenſterlaͤden auf⸗ zieht. Wacht man von ſelbſt in der Nacht auf, und man will Licht haben, ‚fo darf man nur an einem Schnürchen ziehen, das am Wecker iſt. Der Er⸗ finder verkauft das Stuͤck für 250 Löres. Das bewegliche Brankenbette. Herr Blott in Paris hat ei ein me⸗ chaniſches Bett erfunden a wales ſo eingerichtet iſt, daß der darin ade Kranke ſeinem Koͤrper und ſeinen Gliedern alle Stellungen geben und ſich bewegen kan, wies ihm beliebt und Noth thut. Ein Kind von 12 Jah⸗ ren kan die Maſchine bewegen, nur Schade, daß ſie fuͤr die meiſten Kran⸗ ken zu theuer iſt. Inokulation der peſt. Herr Samoiſowitz, Wundarzt bei der ruſſiſchen Armee, hat ſchon uͤber tauſend Perſonen dieſe fürchters liche Seuche, ſo wie die Blattern, indenliret, und ſie gluͤcklich durchge⸗ bracht, fo daß fie nun vor der Anſtek⸗ kung ſicher ſeyn ſollen. Er behauptet, diefe Krankheit ſey bloß deswegen bis⸗ her unheilbar geweſen, weil man ihre Natur nicht gekannt habe, und es ſey ſehr wahrſcheinlich, daß der Menſch in Zukunft noch von mehreren ſeiner Uebel ) Aus verſchiedenen deutſchen und franzoͤſiſchen Schriften zuſammen getragen. ’ 1311 Uebel werde erloͤſet werden, wenn er immer fortfahren wuͤrde, ſich ſelbſt, und die Natur, beſonders aber die Kraͤfte der natuͤrlichen Pflanzatten zu erforſchen. Das Mittel dieſes Arztes gegen die Peſt, beſteht in weiter nichts, als im Reiben des Koͤrpers mit Eis. Auf ſolche Art hat er ſich ſelbſt dreimal geheilt, da er angeſteckt ge⸗ weſen; und es wird dadurch wahr⸗ ſcheinlich, daß die Kälte ein Mittel dagegen ſey, weil dieſe Seuche mit An⸗ bruch des Winters gemeiniglich auf: hoͤrt, und ſich erſt im Sommer wie⸗ der einſtellt. Neue Metrallmiſchung zu Spiegeln. Der Herr Graf von Sickingen bat in feinen Verſuchen über die Platina eine metalliſche Miſchung bekannt gemacht, woraus ſich Tele ſeopſpiegel verfertigen laſſen, welche vor den bisher bekannten die wichtigſten Vorzuͤge haben. Er ſchmelzte nem: lich ſechs Theile gereinigte Platina, drei Theile weiches Eiſen, (von Huf⸗ nagelſpitzen,) und ein Theil 24karati⸗ ges Gold zuſammen. Die erkaltete Maſſe war von außerordentlicher Haͤr⸗ te, und nahm eine vortrefliche Politur und eine etwas hellere Farbe, als die ſonſtigen Teleſeopſpiegel an. Man Gemeinnützige Erfindungen. 1312 ließ darauf die Maſſe nach und nach in den mineraliſchen Saͤuren, dem Weineßig und dem fluͤchtigen Laugen⸗ ſalze acht Tage lang in kalter Dige⸗ ſtion liegen, brachte ſte auch darauf in die Daͤmpfe von den nemlichen Sub⸗ ſtanzen, und ſogar in die vom Schwe⸗ fel und der Schwefelleber, doch litt der Spiegel nichts von dieſen harten Proben. Es hat alſo der Herr Graf die ſchwere Aufgabe, metallene Spie⸗ gel zu machen, die unveraͤndert ihre Farben und Politur behalten, nicht nur aufgelöft, (welches Problem ihm von den Herren Rochon und Tuͤr⸗ got in Paris vorgelegt worden war,) ſondern ſich auch bei der Sternkunde, und den damit verwandten Wiſſen⸗ ſchaften und Kuͤnſten ein immer waͤß⸗ rendes großes Verdienſt dadurch er⸗ worben. Neue Sonnenuhr. Herr Regnier in Paris hat eine Sonnenuhr erfunden, die durch Huͤlfe eines in ihrem Fußgeſtell angebrach⸗ ten Raͤderwerks bei heiterem Wetter, wenn es Mittag iſt, 12 ſchlägt. Er verfertigt jetzt eine ſolche Uhr fuͤr die Stadt Seiuͤr in der Landſchaft Auxois in Burgund, wo er ſich aufhaͤlt. 1 BES 22 8 A 2 a zu ng N 1.2. Re 1314 Hannobetiſches Magazin. N 8ztes Stuͤck. Verzeichniß der Lektionen, welche zu Ilfeld von Michael 1783 bis Oſtern 1784 gegeben werden ſollen. ir haben auch dieſesmal das Vergnuͤgen, unter den Juͤng⸗ lingen die wir entlaſſen, Ei⸗ nen mit Namen auszuzeichnen: Carl Heinrich Hartmann aus Hannover, der ſeit Oſtern 1781 hieſelbſt ſich auf gehalten, und durch vorzuͤgliche Faͤ⸗ higkeiten und Fleiß in Ausbildung derſelben uns viel Hofnung erwecket hat. Dieſes berechtiget uns, zu dem fernern Vertrauen, daß Er auf den hier gelegten Grund mit immer regem Eifer fortbauen, und dereinſt dem Va⸗ terlande zu erſprießlichen Dienſten ſich vorzuͤglich brauchbar beweiſen werde. Das Paͤdagogium verliert jetzt ei⸗ nen ſeiner bisherigen Mitarbeiter den Herrn Koͤppen, welcher den Ruf zum Direktorat des Gymnaſſums zu Hil⸗ desheim erhalten und angenommen hat. Ob wir nun gleich Urſache ha⸗ ben, in Ruͤckſicht auf uns dieſen Ver⸗ luſt zu bedauren; ſo freuen wir uns doch auch auf der andern Seite, daß ein treuer Lehrer die Belohnung ſeines Eifers und ſeiner Thaͤtigkeit fruͤhe fin⸗ det, und die goͤttliche Vorſehung ihm einen groͤßern Wuͤrkungskreis anwei⸗ ſet, und daß alſo auch auf dieſe Weiſe von hier aus ſich Gutes verbreitet. In unſern Hiefigen Beſchaͤftigun⸗ gen, wird hiedurch Feine Lücke entſte⸗ ben, nachdem Erlauchte Boͤnigl. Ladesregierung bereits, den Hoch Derſelben, vom Herrn Hofrath Hey⸗ ne in Goͤttingen in Vorſchlag gebrach⸗ ten Herrn Adolph Sriedrich Broh⸗ me aus Stendal, der ſich unter den Augen deſſelben zu einem Schulamte gebildet, huldreichſt zum Collaborator an des Herrn Koͤppen Stelle, ernannt bat, welcher ſeine hieſige Amtsverrich⸗ tungen ſogleich mit dem Anfang der neuen Lektionen antreten wird. Wir machen nun, nach unſerer Ger wohnheit diejenigen lektionen bekannt, welche im bevorſtehenden Winter hal⸗ ben Jahr unſerer Jugend gegeben werden ſollen, und zweifeln nicht, dag jeder unſerer Zoͤglinge mit derjenigen Beeiferung und Thaͤtigkeit daran Theil nehmen werde, welche aus der Ueber- zeugung entftehen muͤſſen, daß nur dann eine ergiebige Ernte zu hoſfen Oo oo fen, 1315 ſey, wenn in der Saatzeit es nicht an em I ha und treuem leiße geſchlt as Wir vertrauen der goͤttlichen Guͤte, daß fie unſere redlichen Bemühungen reichlich ſegnen werde. e Der Direktor M. Meißner hat im Vortrage der allgemeinen Welt⸗ geſchichte, nach dem Schroeckhi⸗ ſchen Lehrbuche, den erſten Haupt: theil, oder in der Geſchichte vor der chriſtlichen Zeitrechnung die Haupt: voͤlker ſaͤmmtlich, den Zuſammen⸗ hang der Geſchichte eines jeden, und die Quellen und beſten Huͤlfsmittel, woraus jede erlernt werden kan, be⸗ kannt gemacht, und im ſynchroniſti⸗ ſchen Vortrage die vier erſten Zeitrau⸗ me geendiget, und wird von den Zei⸗ ten des Cyrus an den Vortrag fort: ſetzen, Dienſtags von 3 bis 4 Nach⸗ mittags, und Mittwochens und Don⸗ nerſtags in der erſten Morgenſtunde. Der oberſten Klaſſe iſt nach der Logik und Metaphyſik des Herrn Profeſſor Feders, die erſte Wiſſen⸗ ſchaft erklart worden. Es wird alſo die Metaphyſik nunmehro vorgetragen werden. Dienſtags und Freitags in der erſten Fruͤhſtunde. Die neue Erdbeſchreibung, wel⸗ che nach dem Buͤſchingiſchen Aus⸗ zuge gelehrt wird, iſt in Anſebung des Nordens und Oſtens von Europa zu Ende gebracht, und, wenn die ſuͤd⸗ lichen und weſtlichen Laͤnder gleichfalls durchgegangen ſeyn werden; ſo wird er die uͤbrigen Welttheile, nach einer kurzen Tabelle gleichfalls durchnehmen, Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. 16 Dienſtags in der zwoten Fruͤhſtunde, und Freitags in der erſten Nachmit⸗ tagsſtunde. | 91 5 Der erſten mathematiſchen Ordnung iſt nach den von Segneri⸗ ſchen Anfangsgruͤnden der Arith⸗ metik und Geometrie, die letzte Wiſ⸗ ſen ſchaft vorgetragen worden. Im bes vorſtehenden Winter werden die uͤbri⸗ gen Abſchnitte dieſes Lehrbuchs, wel⸗ che die allgemeine Arithmetik, die Aus⸗ meſſung und Berechnung der Flaͤchen und Koͤrper, und die ebene Trigono⸗ metrie in ſich enthalten, erklaͤrt und geuͤbt werden. Dienſtags und Frei⸗ tags in der zwoten Nachmittagsſtunde. Die zwote mathematiſche Ord⸗ nung, welche bisher nach Sulzers kur zem Entwurf in der mathema⸗ tiſchen Geographie, in der Aſtro⸗ nomie und Chronologie, eine kleine meiſt hiſtoriſche Einleitung erhalten hat, wird im bevorſtehenden halben Jahr im Zeichnen und Berechnen der geometriſchen Figuren, und in Ver⸗ wandlung und Theilung derſelben ger uͤbt werden. Mittwochens und Sonn⸗ abends in der zwoten Morgenſtunde. Mit der ober ſten Ordnung der Scholaren lieſet der Direktor den Livius curſoriſch, erkaͤrt denſelben ohne uͤberſetzen zu laſſen, lateiniſch, und übt die Zuhoͤrer bei dieſer Gele; genheit im Lateinſprechen. Er wird dieſe Lektion vom z1ten Buche, von neuem anfangen, da die erſte Decade immer der mittlern Kaffe beſtimmt bleibt, und derſelben etwas umſtaͤdli⸗ cher von einem andern Lehrer erklaͤrt 1 wird. 1319 wird. Zu jener Lektion find die letz⸗ ten Vormittagsſtunden, des Montags, Mittwochens, Donnerſtags und Sonn⸗ abends beſtimmt. ö Ju beſondern Stunden wird er die mechaniſchen Theile der ange; wandten Mathematik, die Sta⸗ tik, Hydroſtatik, Mechanik, und Hydraulik und Aereometrie, mei: ſteus hiſtoriſch erklaͤren, und mit den bauptſaͤchlichſten Verſuchen erläutern, auch die Verſuche der Elektrieitaͤt und die neueſten von den verſchiedenen Luft: arten zeigen: einigen auch die reine Mathematik, und andern den Text der Inſtitutionen erklaren. Der Rektor Paͤtz wird den Unter⸗ richt in der chriſtlichen Religion, nach Endigung des bisherigen Vor— trags der ehriſtlichen Glaubenslehre, damit wieder anfangen, daß er, nach einigen von ihm ſelbſt entworfenen Paragraphen, die Lehren der na⸗ tuͤrlichen Religion, und ſodann die Beweiſe fuͤr die Goͤttlichkeit der naͤhern Offenbarung in der Bi⸗ bel, und die Wahrheit der chriſt⸗ lichen Religion, der Jugend bekannt macht; Montags und Donnerſtags von 9 bis 10. Die im vorigen halben Jahre an⸗ gefangene eneyclopaͤdiſche Lektion wird er mit denen Scholaren, die zu⸗ naͤchſt auf die Univerſitaͤt zu gehen ge⸗ denken, fortſetzen, und zu Ende brin⸗ gen, Dienſtags und Freitags von 2 bis 3, auch von Zeit zu Zeit die in derſelben angeführten Büchern den Un: tergebenen auf der Bibliothek des Par Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. 1318 dagogii näher bekannt machen, Mitt: wochens von r bis z. In der lateiniſchen Sprache beſorgt er in allen drei Blaſſen der Scholaren den ſtatariſchen Uns terricht, in mehrern Stunden. Der, Vorbereitungsklaſſe trägt er Dienſtags und Freitags von ro bis 11. die Fundamente der lateini⸗ ſchen Sprache, nach der Schel⸗ leriſchen kurzgefaßten Sprach⸗ lehre vor, deren Anwendung zugleich an eben dieſen Tagen von 5 bis 6 Uhr, durch Leſung und puͤnktliche Interpre⸗ tation des lateiniſchen Leſebuchs des Herrn Direktors Gedicke gezeigt wird; ſo wie auch außerdem noch mit dieſer Klaſſe, durch Ueberſetzung kur⸗ zer Saͤtze und Perioden nach den er klaͤrten Regeln der Grammatik, der Anfang im Lateinſchreiben gemacht wird, wozu außer den gewoͤhnlichen tektionen die Abendſtunden angewen⸗ det zu werden pflegen. Mit der mittlern Klaſſe wird er fortfahren einige Reden des Cicero zu leſen, Montags, Mittwochens, Don⸗ nerſtags und Sonnabends von 10 bis 11. und zugleich Montags und Don⸗ nerſtags von 3 bis 4 die Uebung im Lateinſchreiben ſo fortſetzen, daß theils erklaͤrte und uͤberſetzte Stellen aus Cicero's Reden ins Lateinifche zu: ruͤckgeſetzt, theils die vornehmften Me: geln der lateiniſchen Schreibart ber kannt gemacht, erklaͤrt, und ſogleich in Ausuͤbung gebracht werden. Mit der oberſten Alaffe wird er ſowohl Cieero's Geſpraͤche vom Oo o 2 Ked⸗ Ar 1319 Redner anfangen, Montags und Donnerſtags von 5 bis 6. und Freie tags von 3 bis 4. als auch Lucans Pharſalia Montags und Donner; ſtags von 4 bis 3. und Sonnabends von 8 bis 9. im Auszuge leſen, und zugleich Dienſtags von 9 bis 10 die gewoͤhnliche Uebung, kurze Erzaͤhlun⸗ gen, Briefe, und dergleichen, ſogleich lateiniſch abzufaſſen, fortſetzen. 5 Die zur deutſchen Lektuͤre be⸗ ſtimmten zwo Stunden, Mittwochens und Sonnabends von 4 bis 5, wird er diesmal dazu anwenden, den Unter⸗ gebenen von den vornehmſten Dich: tungsarten Begriffe beizubringen, und die in jeder Art vorhandenen deutſchen Muſter, kleinere ganz, und groͤßere Stuͤckweiſe, leſen zu laſſen, zu erklaͤ⸗ zen und zu beurtheilen. Der Subconrektor Ceopold hat bisher die Anfangsgruͤnde der he⸗ braͤiſchen Sprache nach Anleitung der Diederichiſchen Grammatik für Anfänger vorgetragen, und da; bei ſeine Zuhoͤrer in der grammati⸗ ſchen Analyſe einiger Stuͤcke aus dem erſten Buch Moſe geuͤbt. Dieſen Unterricht wird er im bevorſtehenden Winter auf gleiche Art fortſetzen, Mitt⸗ wochens und Sonnabends von 1 1 bis 12 Uhr. 7 Mit der griechiſchen poetiſe en Klaſſe wird er Montags und Don: nerſtags von 3 bis 4 Uhr in der Odyſ⸗ ſee des Homer vom 7ten Geſange an, fortfahren, und das Gedicht aus: zugsweiſe leſen, dabei aber die Zuhoͤ⸗ ser mit dem Inhalt und dem vn — 17 Verzeichniß der eakunen zu Ilfeld. 1320 des Ganzen bekannt zu machen, und enn a “23 8 ihnen die ſchwerern Stellen in den auszulaſſenden Stücken zu erlaͤutetn ſuchen. Der erſten griechischen ord⸗ nung wird er die vier letzten Bücher ans Kenophons Cypropaͤdie erklaͤ⸗ ren; Dienſtags und Freitags von 4 bis 5, und Mittwochens und Sonn abends von 9 bis 10 Uhr. Mit der lateiniſchen Vorberei⸗ tungsklaſſe hat er den Julius Caͤ⸗ far bis zum 7ten Buch des Galliſchen Krieges ſtatariſch geleſen, und damit immer, um eine Anwendung von den. erklaͤrten Stuͤcken zu machen, und die grammatiſchen Regeln deſto beſſer ein⸗ zuſchaͤrfen, Uebungen im Schreiben verbunden. Dieſe Beſchaͤftigun wird er ferner fortſetzen, und nach Eu: digung der Beſchreibung vom Galli⸗ ſchen Kriege, die Buͤcher vom buͤr⸗ gerlichen Kriege erklären, Mon; tags und Donnerſtags von 5 bis 6, und Freitags und Sonnabends in den erſten Fruͤhſtunden. | Zu Uebungen in allerhand Gattun⸗ gen deutſcher Auffaͤtze, als Briefe, Erzählungen, Schilderungen, ꝛe. giebt er dem ihm zugewieſenen Theil der Scholaren Dienſtags von 9 bis 10, und Freitags von 3 bis 4, Bei den Aufgaben, dazu die leitung. Materien theils aus dem gemeinen Leben, theils aus den ubrigen Lektionen und den Pri⸗ vatſtudien der Untergebenen, entlehnt werden, wird ſowohl auf die Faͤhig⸗ keit, als die Fünftige Beſtimmung ders ſelben Ruͤckſicht genommen. Die Be⸗ urthei⸗ 17 — * * 7 fügen. werden immer Uebungen in der De: 1321 urtheilung der gefertigten Ausarbei— tungen geſchieht öffentlich, und zwar auf die Art, daß die Zuhoͤrer gleich⸗ falls aufgefordert werden, über Gar chen und Ausdruck ihre Gedanken zu Mit dieſen Beſchaͤſtigungen elamation verbunden. Statt der roͤmiſchen Alterthuͤ⸗ mer, wird er in den leßten Fruͤhſtun⸗ den Dienſtags und Freitags die grie⸗ chiſche Mythologie vortragen. Der Sprachmeiſter Meißler wird, mit der erſten Klaſſe, nach geendig⸗ ter Henriade, die Satyren des Boileau leſen. Montags und Don: nerſtags von 11 bis 12 Uhr. Mit der zwoten Ordnung wird er, nach geendigten Briefen des Mil⸗ leran, die Briefe des Buſſy anfan⸗ gen. Dienſtags und Freitags von 11 bis 12 Uhr. Mit der dritten Klaſſe wird er in dem Leben Carls des XII. von Voltaire, weiter gehen. Mittwochens und Sonnabends von 1 bis 12 Uhr. Mit der vierten und fuͤnften Blaſſe wird er fortfahren, außer den Grundſaͤtzen der Grammatik, die klei⸗ nen Siſtorien der Peplieriſchen Sprachlehre durchzugehen. Mon⸗ tags und Dienſtags, Donnerſtags und Freitags, Nachmittags von 6 bis 7 Ahr. i Hiernaͤchſt wird eine jede dieſer Klaſ⸗ ſen, woͤchentlich ein bis zwei mal, im Briefſchreiben, oder andern Gar: tungen des franzoͤſiſchen Styls, eine jede nach ihren Kräften, geuͤbt werden. | Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. 1322 Auch giebt der Sprachmeiſter denen, ſo es verlangen, beſondern Un⸗ terricht; ſowoht im Franzoͤſtſchen als im Italiaͤniſchen. Der Collaborator Mitſcherlich erklart der mittlern Ordnung Vir⸗ gils Aeneis. Montags und Donner⸗ ſtags um 4, Dienſtags und Freitags um 5 Uhr. Von dieſen Stunden wird er eini— ge der Proſodie widmen, und, um fie durch Anwendung deſto tiefer ein⸗ zupraͤgen, zu eignen metriſchen Verſu⸗ chen Anweiſung geben. Der zwoten griechiſchen Ord⸗ nung: Aelians vermiſchte Erzaͤh⸗ lungen. Dienſtags und Freitags um 4, Mittwochens und Sonnabends um Der letzten griechiſchen Ord⸗ nung, traͤgt er die Anfangsgruͤnde dieſer Sprache vor, und erklaͤrt zu⸗ gleich Gedickens griechiſches Le⸗ ſebuch. Dienſtags um 3, Mittwochens und Donnerſtags um 8 Uhr. Der zweite Collaborator Brohme erklaͤrt der mittlern Klaſſe die er⸗ ſte Decade des Livius, vom vorne an, wozu die Stunden Montags und Donnerſtags von 5 bis 6, und Dien: ſtags und Freitags die erſte Morgen⸗ ſtunde gewidmet find, Der Vorbereitungsklaſſe erklaͤrt eben derſelbe den Juſtinus, Mon⸗ tags, Mittwochens, Donnerſtags und Sonnabends, von 10 bis 11, auch Montags und Donnerſtags von 3 bis 4. Mit der mittlern Ordnung haͤlt Oo os 3 er 1323 er Styluͤbungen in der lateini⸗ ſchen Sprache, Sonnabends von 8 Es werden auch in der Schreibe⸗ kunſt, ſowohl um richtig, als ſchoͤn ſchreiben zu lernen; und in der prak⸗ tiſchen Kechenkunſt vom Cantor Liebau oͤffentliche Uebungen gehalten. Jene Montags und Donnerſtags, und dieſe Dienſtags und Freitags in der zwoten Nachmittagsſtunde. Eben der⸗ ſelbe giebt auch beſondern Unterricht in beiden Stuͤcken, und uͤbt auch eini⸗ ge in der Vokalmuſik, Montags und Donnerſtags gleich nach Tiſche. Verzeichniß der Lektionen zu Ilfeld. 324 Im Tanzen unterrichtet der Tanz⸗ meifter Rudolph. Auch in der In⸗ ſtrumentalmuſik auf der Geige, Violoncello und Sloͤte. Der Can⸗ tor Liebau giebt Unterricht auf der Davidsharfe. Der Organiſt Fim⸗ mermann auf dem Clavier. Der Zeichenmeiſter Ritter lehrt das Feich⸗ nen. Dieſe Lehr- und Uebungsſtun⸗ den werden beſonders mit einem leid⸗ lichen Lehrgelde bezahlt. d : Zur Uebung im Juſammenſpie⸗ len wird Dienſtags und Freitags nach Tiſche Collegium muſicum gehalten. ee X * Gemeinnuͤtzige Erfindungen. si (Siehe das dꝛte St.) Neu erfundene Vortheile beim Brantweinbrennen. . Montpellier, in Frank⸗ reich hat man vor ein Paar Jah⸗ ren eine Anſtalt zum Brantweinbren⸗ nen gemacht, vermittelſt deren man nicht nur eine groͤßere Quantitaͤt die⸗ fes Getraͤnks, ſondern auch Brante⸗ wein von einer weit höheren Güte, als bisher, zu machen gedenkt. Es ſollen bei dieſer Anſtalt die ſchlechteſten Wei⸗ ne zum wenigſten einen leidlichen Brantwein geben, und in den Bren⸗ nungskoſten ein großes Erſparniß ſeyn. Die Gebruͤder Argand aus Genf, Maͤnner, die in der Naturlehre, Schei⸗ dekunſt und Mechanik ſehr erfahren ſind, haben eine Menge ſinnreicher Proceduren erdacht, die ſie mit dem gluͤcklichſten Erfolge bei dieſer Hand⸗ thierung angewendet. Acht Commif: ſarien von der Akademie zu Montpel⸗ lier, die der Hof zu Unterſuchung der Sache ernannt hatte, haben vier Tage lang mit der ſchaͤrfſten Aufmerkſamkeit alle Verſuche beobachtet, die ſie fuͤr noͤthig hielten, ſich von der Kraft der Mittel, die in ihrem Beiſeyn gebraucht wurden, zu uͤberzeugen, und die Me⸗ thode der beiden Bruͤder mit den an⸗ derwaͤrts üblichen Methoden zu ver: gleichen; und ſie ſind uͤber das Neue, was ſie in dieſer Art geſehen haben, erfreuet. da Vier Blaſen, die in einem Mauer⸗ werk von etwa 13 Fuß ins Gevierte und 64 Fuß in die Höhe eingeſchloſſen find, brennen täglich 15 franzöfifche | Orhoͤ 1325 Oxboͤſte (muids) Wein, da ſonſt eine ſolche Quantität in andern Brenne⸗ reien 22 Blaſen erfordert. Mit 70 Pfund Steinkohlen werden 2 Oxhoͤfte gebrannt; da hingegen bei dem bisher (in Frankreich) gewöhnlichen Verfah⸗ ren die Koften der noͤthigen Feuerung zum Brennen einer ſolchen Quantität 9 Thaler Conventionsmuͤnze mehr be: tragen, welches 300 Rthlr. jaͤhrliches Erſparniß ausmacht. Die Commiſſa⸗ rien ließen in einer Blaſe einen Ver⸗ ſuch mit einem abſchmeckigen, ſauern und dem Gaumen widrigen Wein ma⸗ chen, und erhielten davon einen guten Brantwein. Man gab ihnen eine Probe von einem andern zu koſten, den man von gutem rothen Wein abgezo⸗ gen hatte; und nach ihrem Zeugniß koͤmt derſelbe dem Brantwein von Cognac und Andaye wenigſtens gleich. Dieſes rührt davon her, daß die Ge: bruͤder Argand die Kunſt verſtehen, waͤhrend des Brennens das weſentliche Oel davon zu ſcheiden, welches ſtinkt und dem Brantwein einen brandigen Geſchmack giebt. Sie haben das Feuer ſo geſchickt genutzt, daß nicht das mindeſte davon verloren geht, ſon⸗ dern gaͤnzlich, ohne alle Zerſtreuung den Blaſen zu geht, welche ſie mittelſt eines ganz duͤnnen und ſehr ſeſten Mör: tels vor dem Schaden zu ſichern wiſ—⸗ ſen, daß ſie von den Schwefeltheilchen, die ſich in den Steinkohlen befinden, nicht angegriffen werden, ohne daß fe: doch dadurch die Kraft der Hitze ver: mindert wuͤrde. Kraft jo vollkommen zu ihrem Zwecke Gemeinnützige Erfindungen. Vielmehr iſt dieſe 1326 genuͤtzt, daß außer dem Dunſtkreiſe, der die Blaſe umgiebt, und ſogar im Aſchenheerde, gleich unter dem Roſte des Feuerheerdes, die Waͤrme faſt um nichts größer iſt, als in der freien Luft. In dieſer Brennerei verrichten zween Maͤnner eben das, wozu ihrer in eis ner andern wenigſtens zwoͤlf erfordert werden. Neu erfundenes Fortepiano. Der Herr Hofrath Bauer in Berlin hat ein Inſtrument erfunden, das eine neue Art von Fortepiano iſt. Weil deſſen Eigenſchaft vorzuͤglich darin beſteht, daß man die Staͤrke des Tons auf demſelben nach und nach wachſen laſſen kan, ſo hat es den Na⸗ men Creſcendo erhalten. Seine Ge ſtalt gleicht einer Pyramide, die eine Höhe von HZ, und eine Breite von 3 Fuß hat. In der Tiefe haͤlt es nur 18 Zoll; daher es in einem Zimmer nicht mehr Raum einnimt, als ein Stuhl. Es iſt mit Drathſaiten be: zogen, hat 5 Octaven, und laͤßt ſich leichter ſpielen als ein Fluͤgel. Durch 3 Zuͤge, die man waͤhrend des Spie⸗ lens mit den Fuͤßen regiert, werden 8 Veraͤnderungen hervorgebracht, ſo, daß man vom fanften Lauten oder Harfen⸗ ton bis zum ſtaͤrkſten Fortiſſimo uͤber⸗ gehen kan. Wegen dieſer Staͤrke iſt es auch zum Accompagnement bei Eon: certen zu gebrauchen; und, wenn die Blasinſtrumente 1 oder 2 Töne höher ſtehen, als Kammerton, ſo darf man nur das Clavier in einem Augenblicke ſchieben, um dadurch den Ton deſſel⸗ ben mit jenem gleichſtimmig zu ma⸗ chen. 1327 chen. Der Bau des Inſtruments iſt ſo beſchaffen, daß es ſich nicht verſtim⸗ men, auch ſonſt nicht wandelbar wer⸗ den kau. ' Eine tragbare Keiſekuͤche. Herr Ladvocat, Mechanicus in Bruͤſſel, funden, die von geſchlagenem Eiſen, und ungefaͤhr 20 Zoll hoch und breit iſt. Mit 4 Sous Kohlen kan man darin Eſſen fuͤr 12 Perſonen kochen, braten, backen, u. ſ. w. Eine ſolche Kuͤche, die ein Menſch bequem tragen kan, koſtet 20 Louis d'or; und eine, die halb fo ſchwer iſt, 288 Livres. - Eben derſelbe hat eine Schachtel von geſchlagenem Eiſen, 1 Fuß hoch und 6 Zoll breit, verfertigt, worin man im Wagen, bei Tiſche, u. ſ. w. ohne daß man von auſſen etwas gewahr wird, ein Huhn, einen Capaun, zc. braten kan. Der Preis iſt 3 Louis d'or. Man kan ſie auch groͤßer haben. Eine vervollkommte Wind⸗ buͤchſe. In Wien hat ein Uhrmacher eine Windbuͤchſe erfunden, welche ohne fri⸗ ſche Ladung zu bekommen, 1; ſtarke Schuͤſſe nach einander thut. Der Er finder erhielt dafür eine jährliche Nen⸗ ſion von 700 Gulden, davon nach ſei⸗ SGemeinnuͤtzige Erfindungen. 78 bat eine tragbare Küche er⸗ 432 nem Tode die Halfte ſeine Witwe ſort⸗ erbt, ferner freies Quartier, Holz, u. ſ. w. auch die Aufſicht im Zeughauſe, wo man unter ſeinen Augen eine Menge ſolcher Buͤchſen verfertigt, mit welchen kuͤnftig die Jaͤgereorps — wer⸗ den ſollen. Die Spinnmeſchine. Herr Chriſtoph Auguſt Schanz, Ingenieur der Stadt Linz, bat eine Spinnmaſchine erfunden, worauf mau nicht allein mit 50, 60 und mehr Spur len zugleich ſpinnen, uns alle beliebi⸗ gen Gattungen von Geſpinſten in ei⸗ nem ſehr wohlfeilen Preiſe verfertigen, ſondern auch auf allen nen eee ſpinnen kan. Ein neues Spinnrad 5 Herr von Bernieres, BER controlleur zu Paris, hat ein Spinn⸗ rad erfunden, woran man mit beiden Haͤnden ſpinnen kan, und welches alſo zwei Faͤden mit nicht größerer Muͤbe liefert, als wenn man mit einer Hand ſpinnt. Noch ein Fünftlicheres Handräts chen aber hat Herr von Courri, aus Anglesqueville ausgedacht. Vermit⸗ telſt deſſelben kan eine Perſon zu gleicher Zeit Ane N und haſpeln. us a) Man fehe das sg Stück des Magazins vom Wien Jahr. x. 5 5. 1329 * 2 1330 Haunoberiſches Magazin. gar Stuͤck. Montag, den ot Detober 1783. "Sram an Herrn * über ein in der Unſtruth N gefundenes Horn. kiebſter Freund! ie haben vermuthlich ſchon von einem merkwuͤrdigen Horn etwas gehoͤrt, oder geleſen, das im Sommer 1782 zwiſchen dem adlichen Gute Vehra und dem Dorfe Henſchleben, auf Churſaͤchſiſcher Ho⸗ beit, in der Unſtrutb gefunden iſt. Auf meiner neulichen Reife nach Thu; ringen, die beſonders Merkwuͤrdigkei⸗ ten der Natur zur Abſicht hatte, habe ich Gelegenheit genommen, auch dies ſes famöfe Horn zu fehen, worüber ſchon ſo viel geſchrieben und geſtritten S | iſt. Adhuc ſub judice lis eſt. Der Streit wird auch wohl, Welt ſtehet, unentſchieden bleiben. Doch kan ich mir das Vergnuͤgen un⸗ moͤglich verſagen, mit Ihnen, vereh⸗ rungswuͤrdigſter Freund, uͤber dieſe Merkwuͤrdigkeit der Natur mich zu unterhalten. Vielleicht trägt. Ihre ausgebreitete Kenntniß der Naturge⸗ ſchichte zu Aufklaͤrung dieſer Erfchei: nung etwas bei. Folgende Nachricht babe ich von der Entdeckung dieſes be⸗ ruͤhmten Horns erhalten. ſo lange die Vor etwa einem Jahre finden die Fiſcher, die zwiſchen Henſchleben und Vehra, einem Gut des Herrn von Selchow in der Unſtruth fiſchen, etwas aus dem Ufer hervorragendes. Sie halten es für Holz, und wegen des bes kannten Holzmangels in dafiger Ge: gend, geben ſie ſich alle Muͤhe, dieſen vermeinten Baumaſt auszugraben. Endlich erreichen ſie ihre Abſicht, fin⸗ den aber bald, daß es kein Holz, ſon⸗ dern ein ſchweres, kaum von einem Mann aufzuhebendes Horn iſt. Sie tragen es nach Henſchleben in die Schenke, und wollen es da verauktio⸗ niren, worüber einige Tage hingehen. Wie man ſagt, hat ſchon damals ein benachbarter Fuͤrſt Jemanden aufge— tragen, es fuͤr ſein Naturalienkabinet zu erhandeln. Indeſſen macht der Here von Selchow den Fiſchern ein Praͤſent und nimt das Horn auf ſein Schloß zu Vebra. Hier wird es auf einem Zimmer noch aufbewahrt, und hier babe ich die guͤtige Erlaubniß erhal: ten, es zu beſehen, zu meſſen und abs zuzeichnen. Pp pe 34 13 32 Ich muß gefteben‘, daß gleich beim erſten Anblick die Groͤße dieſes Horns meine Erwartung uͤbertraf. Es iſt in einen halben Zirkel ſtark gebogen, und am Ende nach der linken Seite hin noch etwas auswaͤrts gedruͤckt, ſo wie etwa im Kleinen, das linke Horn einer Kuh. Noch jetzt, nachdem wohl ein halber Fuß lang am duͤnnen Ende davon abgebrochen iſt, haͤlt es von ei⸗ nem Ende zum andern, die Kruͤmmung auswaͤrts, mithin an der groͤßern Seite gemeſſen, 10 Leipziger Schuß, und die Peripherie am dicken Ende 23 Zoll, am duͤnnen Ende aber 13 Zoll. Es wiegt noch jetzt 115 Pfund, und iſt beſonders in der Mitte ſtark caleinirt. Es iſt mit einer ſchwarzen Haut uͤber⸗ zogen geweſen, die aber an vielen Stel⸗ len ſich bereits abgeloͤſet hat, oder ab: geſchabet iſt. Es hat bei ſtarkem Rei⸗ ben einen Horngeruch, hat ins lang daran hinauflaufende Streifen, gleich andern Hoͤrnern, auch uͤbrigens ein hornaͤhnliches Gewinde, oder Geſchie⸗ be, und an Stellen, wo es weniger calciniret iſt, finden ſich hornartige Zaͤſerchen, die bald wie Holz ausſehen. Ueberdem geht am dicken Ende deſſel⸗ ben eine kegelfoͤrmige Oefnung drei Schuh tief hinein, und es aͤhnelt auch darin, jedoch nach ungleich groͤßerm Maaßſtab, einem Horn aus dem Kub: geſchlechte. Was nun dieſes vermeinte Horn ſey, daruͤber ſind ſchon Federkriege hin und wieder entſtanden. Vollbuͤrtige und unvollbuͤrtige Naturforſcher haben en Meinung darüber geſagt, doch Schreiben an Herrn * * ausſetzungen und wie Herr Profeſſor Blumenba mebrentheils fo zweifelhaft, mehrens theils mit ſolchen bypothetiſchen Bor: en, | man noch immer eben fo 72 1 iſt, wie vorhin. Unmoͤglich iſts mir ges weſen, alles was in gelehrten Blättern davon geſchrieben iſt, durchzuleſen. So viel ich weiß, haben einige es fuͤr das Horn eines Auerochſen, andere fuͤr das Horn eines giganti ſchen Hoͤrnertraͤgers aus der praͤadamitiſchen Welt, ander re aber fuͤr einen Siepfantenzapn ges halten. Die erſte Meinung widerlegt ſech von ſelbſt, wenn man die Groͤße u das Gewicht von einem ſolchen Paar Hoͤrnern mit der Groͤße der jetzt be⸗ kannten Auerochſen vergleicht. Auch bat der wegen ſeiner phyſikaliſch Ds Kenntniſſe berühmte Herr Apoth be 55 Wiegleb zu Langenſalze dieſe ſeine Meinung bernach ſelbſt geändert, und iſt der letztern beigetreten. Ob; leich be⸗ zeugt, unſer Rindvieh vom Auerochſen abſtammet, der noch in Polen, Lit: thauen, Sibiren, auch hin und wieder in Deutſchland vorhanden iſt, wo er zu den Zeiten Caͤſars in Menge gewe⸗ ſen, obgleich unſer Rindvieh, nachdem es ein Hausthier geworden, durch die Lange der Zeit allmaͤhlig an 17 1 N Größe verloren haben mag, E nicht wahrſcheinlich, daß die Abſtuf⸗ fung und Verminderung feiner Große fo ſtark geweſen ſey. Die letztere Meinung, wornach dia⸗ ſes vermeinte Horn in Elfenbein in geſchaffen wird, findet f 0 wee a ! 1233 Über ein in der Unſtruth gefundenes Horn. 1334 im deutſchen Merkur Nr. 1. vom Mo: nat Jenner 1783. Die Gruͤnde, die der witzige Verfaſſer des jetzt bemelde⸗ ten Aufſatzes vortraͤgt, ſcheinen mir dem ungeachtet nicht zureichend, um ſeiner Meinung beizutreten. Er glaubt 1) die ſtreiſigten Zaſern des Horns kaͤmen von Faͤulniß ber, die auch wohl den harten Theilen des Elfenbeins ein ſolches Anſehen geben koͤnne. Wenigſtens finde man es an etwas lange in Luft und Regen gele: genen Knochen, auch habe er gewiſſe Nachricht, daß die bei Tonna nebſt dem Gerippe ausgegrabenen Elephau⸗ tenzaͤhne, eine anſehnliche Größe ba: ben ſollen. Hier bricht er plotzlich von der Beſchaffenheit der Zaſern ab, und komt auf die Groͤße der bemeldeten Elephantenzaͤhne, die in der Kunſt⸗ und Naturalienkammer auf dem Herzogl. Schloſſe zu Gotha aufbewahret wer⸗ den. Da ich Gelegenheit gehabt, dieſe letzteren auf meiner Reiſe zu ſehen, und genau zu unterſuchen, ſo muß ich die⸗ ſer Nachricht widerſprechen. Die bei Tonna gefundenen Elephantenzaͤhne reichen bei weitem nicht an die Groͤße jenes in der Unſtruth gefundenen Horns, kommen ihm auch ſonſt nicht gleich. Die in der Baumanns- und Scharzfeldiſchen Hoͤhle ſich findenden Knochen, haben auch dergleichen Ja: fern nicht. Doch mögen fie wohl Jahrhunderte, vielleicht Jahrtauſende da gelegen haben, da man wenigſtens diefe letztern, wovon ich verſchiedene Stucke beige, für Knochen von Ba: ven und Lüchfen haͤlt. 2) Soll nach des Herrn V. Mei⸗ nung die ſchwarze Cruſte oder Schale nur von Faͤulniß herruͤhren. Dies iſt nicht wahrſcheinlich. Es iſt an den Stellen, wo ſie noch unverletzt iſt, eine glänzend ſchwarze Haut, die ſich ganz leicht abſondern laͤßt, weit anders als an den Elephantenknochen, die bei Tonna gefunden ſind. Dieſe haben auch einige ſchwaͤrzliche, gleichſam ſchmutzige Stellen, ſind aber mit kei⸗ ner Haut uͤberzogen. Daß Holz, Stei⸗ ne und Knochen, wenn fie lange in Waſſer gelegen, eine ſchwaͤrzliche Far⸗ be bekommen, gebe ich zu. Mie aber werden ſie durch die Faͤulniß mit einer ſolchen Schale uͤberzogen, als das Vehraſche Horn an den unverletzten Stellen hat. Waͤre es mit mehrerer Vorſicht ausgegraben, vielleicht wuͤrde dieſe ſchwarze Schale es ununterbro⸗ chen bedeckt haben. 0 3) Glaubt der V. der Horngeruch kaͤme daher, daß die gallertartigen und pblogiſtiſchen Theile die beim Elfen: bein ſonſt verwebt ſind und feſt ſitzen, bei dieſer jetzigen lockern Verfaſſung der Oberfläche eben fo leicht, wie beim Horne durch Reiben entbunden wers den, und die Geruchnerven reitzen. Da die Belemniten, (dadyliidzi,) wenn man fie an einander reibt, bei⸗ nahe einen aͤhnlichen Geruch geben, fa halte ich freilich dieſes Argument, das aus dem Geruch hergeleitet wird, eins zeln genommen, fuͤr das ſchwaͤcheſte. Allein, in Verbindung mit mehrern, bat es doch einiges Gewicht. Wenig⸗ ſtens ſetzt ſeine Widerlegung eine un⸗ Pp pp 2 etwie⸗ 1399 Schreiben anperän "über enn in der Unruhe. %% moniten ‚ feuerſteinigten Echiniten „ u. a. m. Ueberbleibſel von einer ältern Man unterſcheidet zwar bekannt⸗ lich caleinirte Koͤrper und Foßilten von wuͤrklichen Petrefaeten. Jene find. gleichſam unverwitterte Körper, die wenige Zufäge fremder Erdihelle erhalten. Dieſe aber ſind wuͤrkliche Steine, die durch die Laͤnge der Zeit verhaͤrtet ind. Von dieſer letztern Art ſoll man ſelten vollkommen glei⸗ che Originale in der wuͤrklichen Na⸗ tur finden. Doch beſitze ich ſelbſt ei⸗ nen vollkommen verſteinerten Pferde: fuß, der allen Zweifel eines Natur⸗ ſpiels ansſchließt. Nun koͤnte man einwenden, unſer Unſtruther Horn gehoͤre zur erſten jetzt beſchriebenen Art, und ſey alſo die Vermuthung, daß es ein Ueberbleibſel von einem Thiere der praͤadamitiſchen Welt ſey, nicht ſo anſcheinend, als wenn es ein wuͤrkliches Petrefattum der zweiten Art, ſo wie mein Pferdefuß, ſey. Al⸗ lein da unſere Erde mehrere derglei⸗ chen Kataſtrophen erlebt haben kan, dieſes wenigſtens eben fo wahrſchein⸗ lich und noch wahrſcheinlicher iſt, als daß ſie nur einmal eine ſolche zerruͤt⸗ tende Veränderung erlitten habe, ſo koͤnnen vielleicht jene foßilen Knochen, Hörner, u. ſ. w. von der letztern Kar taſtrophe herruͤhren, wenn hingegen die feſtern Petrefacten, die harten Am⸗ Oldersbauſen. 110 ä — —̃— ’ 1 772 Verderbung der Erde ſind. Auch iſt nicht zu laͤngnen, daß die Beſchaffen⸗ 5 des Bodens, wo die Petrefacten gefunden worden, auf ihre Feſtigkeit großen Einfluß bat, N 855 Was nun aber fuͤr ein Thier, das an der Unſtruth gefundene Horn ge⸗ tragen, wird bei dieſer Hypotheſe ims mer noch ungewiß bleiben. Doch iſt die wahrſcheinlichſte Vermuthung, daß das Thier noch ein dergleichen Horn getragen haben muͤſſe, mithin kein Einhorn geweſen ſey, welches aus der Seitenbeugung des obern Theils des Horns abzunehmen, — und ſo iſt mirs nicht unwahrſcheinlich, daß das Thier in jener praͤadamitiſchen Welt den Hoͤrnern nach mit unſerm Kuhge⸗ ſchlechte, ob es ſchon ungleich groͤßer geweſen, einige Aehnlichkeit gehabt haben koͤnne. C e Bei aller ſolcher Ungewiß heit bleibt doch dieſes Horn eine ſchaͤtzbare Merk; wuͤrdigkeit der Natur, die einen Lieb⸗ baber der Naturgeſchichte fuͤr eine Reiſe von einigen Meilen leicht ſchad⸗ los: hält, und vielleicht noch nach vie⸗ len Jahren die Zierde eines beruͤhm⸗ ten Naturalienkabinetts ſeyn wird. Ich beharre, u, W. e EN 24 n wre’) a 3. A. Weppen, en an 5 9 > 4 6 y f 1 * eee 034 Nam ks Von d 7 ze einer ſchwarzen Muͤcke und Fliege. 1342 Etwas fuͤr die Naturforſcher. A wiſchen Oſtern und Pfingſten rei: O ſete ein junger Menſch, der dur eine ſichere Perſon begleitet wurde, nach Wittſtock. Bei Schoͤne⸗ feld, dieſſeits Havelberg, wird der Fuhrmann gewarnet, ſich vor den ſchwarzen Muͤcken in Acht zu nehmen, damit ſich keine auf ein Pferd ſetzte, welches er ſonſt ohne Rettung verlie⸗ ren wuͤrde. Man ſagt ihm, daß in der Gegend vieles Vieh, ſonderlich Schweine dadurch waͤren getoͤdtet wor⸗ den. Der Stich dieſes Thiers verur⸗ ſache eine Verſtopfung, die unheilbar wäre Man erzählte ſolches in einer Geſellſchaft, und erfuhr dabei eine aͤhnliche Geſchichte, die ſich vor eini⸗ gen Jahren bei Magdeburg zugetra⸗ geu habe. Ein Beamter reitet in der Ernte zu ſeinen Feldarbeitern; indem er ſich bei denſelben verweilet, ſo fliegt ihm eine Fliege auf den Backen und giebt einen ſehr ſchmerzhaften Stich. Die Schmerzen und Inflammation nahmen in dem Augenblicke zu, daß der Beamte nach Hauſe eilet, und in wenigen Stunden ſtirbt er unter den beftigſten Schmerzen. | 9 Man ſehe das 67%: und 68te St. die Daniel Solanders Abhandlung Woahrſcheinlich iſt es, daß dieſe lies e ſchwarzen Mücke einers ei Thier iſt, da man im gemeinen $es ben dieſe Woͤrter nicht ſo genau von einander unterſcheidet, und man ſich auch wohl nicht allemal die Muͤhe giebt, ein ſolches Thier genau zu un⸗ terſuchen. Zu wuͤnſchen waͤre es, eine genauere Kenntniß von dieſem Thiere zu erlangen, und ſeinen Aufenthalt, ſeine Oekonomie, imgleichen auch die Mittel zu wiſſen, dem durch daſſelbe zu⸗ gefügten Schaden gehoͤrig zu begegnen. Solte auch das, was man vielleicht aus unzulänglicher Kenntniß eine Muͤk⸗ e oder Fliege nennt, weil man eine Empfindung wie einen Muͤckenſtich da⸗ von bat, wobl gar der erſchreckliche Mordwurm (Furie infernalis L.) ſeyn, deſſen Geſchichte D. Solander in den Novis adis Vpfal. Vol. I. beſchrieben, welche nachber der Herr Paſtor J. A. Goͤtze in dem zıten Stück des Na⸗ turforſchers uͤberſetzet hat? ) Ich wuͤnſche, daß jemand feine Meinung darüber in dieſen Blättern eröffnen möge RE Beverſtaͤdt. J. H. Pratje. 15 nage vom, 1776, wo des Doctor von der Furia infernali aus de 1 Nov. act. ſocietat. Upfal. 1773. 4. Üüberfeßt, I dei K 5. , i abgedruckt ſteht. A. d. 5. 55 Anfragen. dn 7. Nm aten des Monats Julius 1783 Nachmittags ereignete ſich bei einem heftigen Gewitter, das hin und wieder vielen Schaden that, in den Heuwieſen des zum Gebiet der Stadt Bre⸗ 1343 ce 1313233 = Bremen gehörigen Dorfs Borgfeld ſen, und ob ſie wohl haͤtte koͤnnen folgendes: Ein Blitzſtrahl zuͤndete ei⸗ nen großen Heuſchober, und ein ande⸗ rer unmittelbar darauf einen andern kleinern Heuhaufen, der ein Paat hundert Schritt vom erſten entfern war. Etwa 20 bis zo Schritt von dem letzten ſtand eine Frauensperſon die empfindungslos zur Erde fiel, und nicht wieder zu ſich kam, ungeachtet man kein Merkmal der Beſchaͤdigung ſpürte. Sie ſahe friſch und blühend aus, hatte aber den Mund feſt ver⸗ ſchloſſen. Ein junger Menſch, der ſo nahe bei ihr ſtand, daß beide, als ſie eben, indem der Schlag kam, etwas von der Erde gemeinſchaſtlich aufhe⸗ ben wolten, mit den Koͤpfen gegen einander ſtießen, war nur leicht be⸗ taͤubt, und hatte we wieder feine Beſinnung. Einige Stunden fpürte er nur noch etwas Kopfweh. Um dieſelbige Zeit ward ein Paar Meilen davon im Hafen zu Oſter holz ein Schif voll Heu vom Blitz in Brand geſetzt. d Wiefern das Heu eine Sraft befiße, den Blitzſtrahl auf ſich zu ziehen; ob dieſe Kraft wegen des ſchnellen Ein⸗ trocknens bei der diesjährigen Hitze, da, was man einen Tag maͤhete, im⸗ mer den andern Tag ganz fertig ward, verſtaͤrkt werden koͤnne; ob die ers waͤhnte Frau wuͤrklich vom Blitz⸗ ſtrahl getroffen, oder erſtickt gewe⸗ 7 FTU wieder zu ſich gebracht werden; im⸗ gleichen ob wohl ihre Unpößlichkeit, denn fie hatte elliche Tage über Mau tigkeit, Schtvaͤche in den Beinen und Beklemmung der Brut geklagt, wel⸗ ches letzte feit einer beftigen Krankheit ſebr oft kam, die Urſache geweſen ſeyn konne, daß der Blitz auf fe fo viel heftiger würkte, als auf den andern, der eben fo nahe bei dem entzuͤndeten Heuhaufen ſtand, — das alles md; gen wohl ſachkundigen Naturforſchern keine unerklaͤrliche Geheimniſſe ka Vielleicht laßt ſich von einem derſel⸗ ben eine Belehrung für, die, welche keine fo vollſtaͤndige Kenntniß davon haben, inſonderheit ein Unterricht fuͤr den Landmann in dieſen Blättern er warten. N 75 2 Sole der außerordentliche Wind⸗ TE ſturm, welcher im Jahr 1747, und alſo vor 36 Jahren, im 997 walde die große Verwuͤſtung anrich⸗ tete, nicht damals ſchon die jetzt erſt trocken werdenden ſtarken Tannen, an ihren Wurzeln ſo beſchaͤdiget ha⸗ ben koͤnnen, daß ſolche von da an, bis jetzt krank geblieben ſind, und nun erſt abſterben, und kan dieſes nic t etwa aus der ſeit dieſer Zeit mehr, als vor⸗ dem, im Harzwalde erfolgten Trock⸗ nig, geſchloſſen werden? * - Tel Pu 1 1 f 5 « * 4 u Kr )2:378 9 j 1 ET. AULAEEDIE Magazin, ge Sl Freitag, den 24 October 1783. Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrlen und Sicilien ꝛc. , Geſellſchaft der Wiſſenſchaften zu London mitgerbeilt vom Deren William Hamilton. (Aus dem Engliſchen uͤberſetzt. ) unmehr bin ich fo gluͤcklich, J. Ibnen und meinen Mitbruͤ⸗ dern von der Koͤnigl. Geſell⸗ ſchaft von dem unendlichen Schaden den die Erdbeben (die am Ften verwi⸗ chenen Monats Februar anfingen, und auch noch jetzt, obgleich nicht ſo heftig verſpuͤrt werden,) in beiden Calabrien, zu Meſſina und in denen Gegenden Siciliens, welche dem feſten Lande die naͤchſten ſind, angerichtet haben, und von den mannigfaltigen Phaͤnomenen, die ſie hervorgebracht, einigermaaßen einen kleinen Begrif machen zu koͤnnen. Aus den glaubwuͤrdigſten Berich⸗ ten und Erzaͤhlungen, die bei den Staats ſecretariats Aemtern Sr. ſtei⸗ lianiſchen Majeſtaͤt eingegangen ſind, baben wir überhaupt erſehen, daß der⸗ jenige Theil Calabriens, der zwiſchen dem 3 8ten und 3 ten Grade liegt, durch dieſes ſchreckliche Unglück am meiſten qa 7 S. Londen Chronicle for 1783. Sept. 6. 20. Vol. IIV. Neapel, den 23 ben Mai 1783. gelitten hat; daß die Erdbeben ihre groͤßeſte Gewalt von dem Fuße desje⸗ nigen Theils des apenniniſchen Gebuͤr⸗ ges an, der unter dem Namen Mon⸗ te Dejo, Monte Sacro und Mon⸗ te Caulone bekant iſt, geaͤußert, und weſtwaͤrts bis an den tyrıhener See erſtrecket haben; daß die Staͤdte, Doͤr⸗ fer und Meierhöfe (Farm- houſes,) die dieſen Bergen am naͤchſten, entweder auf Anhoͤhen, oder in der Ebene lie⸗ gen, durch den erſten Stoß am zten Februar, gaͤnzlich zerſtoͤrt worden, und daß daſelbſt die meiſten Menfchen ums Leben gekommen ſind; daß nach Maaß⸗ gabe, wie die Städte und Dörfer von dieſem Mitteſpunkte in größerer Ent⸗ fernung lagen, der Schaden, den ſie erlitten haben, weniger betraͤchtlich war; daß aber auch dieſe entferntern Städte durch die folgenden Stoͤße des Erdbebens, und beſonders durch die am — 1347 am 7ten, 16ten und 28ten Febr. und am iten März, ſehr beſchaͤdigt wor⸗ den ſind; daß die Erde vom erſten Stoße am zien Febr. an, beſtaͤndig bald ſtaͤrker, bald ſchwaͤcher bebte, und daß die Stoͤße zuweilen in einigen Ge⸗ genden der leidenden Provinzen ſtaͤr⸗— ker, als in andern gefuͤhlt worden, daß die Bewegung der Erde von ver⸗ ſchiedener Art, und nach dem italieni⸗ ſchen Ausdrucke, vorticoſo, orizon⸗ tale und oſcillatorio, wirbelmaͤßig, horizontal, ( whirling like a vortex horizontal,) oder ſchwankend, von un: ten auf, (beating from the bottom up- wards) war, daß dieſe Mannigfaltig⸗ keit der Bewegung die Furcht der un⸗ glücklichen Bewohner dieſer Gegen: den vermehrte, die alle Augenblicke er⸗ warteten, die Erde wuͤrde ſich unter ihren Fuͤßen oͤfnen, und ſie verſchlin⸗ gen; daß es beſtaͤndig und heſtig, mit öftern Blitzen, auch unregelmaͤßigen und gewaltſamen Stoßwinden beglei⸗ tet, regnete; daß durch alle dieſe Urſa⸗ chen die Geſtalt der Erde in derjenigen Gegend, Calabriens, die, wie vorhin erwaͤhnt worden, zwiſchen dem 38 ben und 39 ten Grade liegt, und beſonders an der Weſtſeite obbenannter Berge, gaͤnzlich veraͤndert worden iſt; daß in dieſen Gegenden viele Oefnungen und Spalten entſtanden, daß einige Huͤgel niedriger, andere dem Boden gaͤnzlich gleich geworden ſind; daß die Ebenen große Ritzen bekommen haben, wo⸗ durch viele Wege ungangbar gewor⸗ den; daß hohe Berge von einander geriſſen, und einige Theile derſelben Nachricht von dem letzten Erdbeben | er ziemlich weit davon erſetzt ſind; daß tiefe Tha Nee die ge, (welche die Thäler bildeten, J au gefuͤllt worden, indem ſie durch die walt der Erdbeben abgeriſſen und 15 ſammengefuͤgt worden ſind; daß der Lauf einiger Fluͤſſe veraͤndert worden iſt; daß viele Waſſerquellen an Oer⸗ tern, wo es vorher gänzlich. n war, entſtanden, und an andern ten Quellen, die beſtaͤndig floſſen, gaͤnzlich verloren; daß nahe bei reana, im jenſeitigen Calabrien, fh ein ſonderbares Phaͤnomen ereignete; daß die Oberfläche zweener g Pachtguͤter (Tenemeuts) die in vollkommen ebenen Thale dagen den darauf ſtehenden ars Bil ut Maulbeerbaͤumen, durch das Erdbe⸗ ben losgeriſſen, bis auf eine Mette von ihrer erſten Lage verſetzt worden, und die Baͤume dabei in ihrer Stelle ge⸗ blieben ſind; daß aus dem Platze, wo ſie vorher lagen, heißes. Waſſer, ver⸗ miſcht mit eiſenartigem Sande, in an⸗ ſehnlicher Höhe hervorſprang; daß nahe bei dieſem Orte einige Landleute und Schäfer mit einigen Geſpann Ochſen und Heerden Ziegen und Schafen ver⸗ ſchlungen wurden; kurz, daß, wenn man von der Stadt Amanrep, die an der Kuͤſte des tyrr hen en im dieſſeitigen Calabrien ligt an: faͤngt, und laͤngſt der weſtlich⸗ n Kuͤſte bis nach dem Cap Spartivento im jenſeitigen Calabrien, alsdann an der oͤſtlichen Kuͤſte hinauf bis nach dem Cap Alice, (einem Thale vom dieſſei⸗ tigen Calabrien am ioniſchen E * 9 a * geht, keine Stadt oder Dorf, ſo we: nig an der Kuͤſte, als im Lande iſt, welche nicht entweder gaͤnzlich zerſtört ſind, oder theils mehr, theils weniger gelitten haben, die fi ch allein allhier auf beinahe vierhundert ſogenannte Paeſes belaufen. (Ein Dorf, das weniger wie hundert Einwohner hat, wird für keine Paeſe gerechnet.) In den in der Ebene an der weſtli⸗ chen Seite der Berge Dejo, Sacro und Caulone gelegenen Städten und a tändern ‚find die meiſten Menſchen ums keben gekommen. Zu Caſal Nuovo kam die Prinzeßin Gerace mit mehr als 4000 Einwohnern ums Leben; zu Bagnara belaͤuft ſich die Anzahl der Todten auf 3017; Radieing und Palmi ſchaͤtzen ihren Verluſt jede ungefähr auf 3000 ; Terra ⸗ Nuova auf 1400 zu Seminari iſt die An⸗ zahl noch großer. Die ganze Anzahl der in beiden Calabrien und Sicilien allein durch die Erdbeben Getsdteten, beläuft ſich nach den Verzeichniſſen im Staatsſecretariats-Amte zu Neapel auf 32,367; ich habe aber gegruͤndete Ur⸗ ſache zu glauben, daß die Anzahl der Verungluͤckten, dießfremden eingeſchloſ⸗ fen, viel groͤßer geweſen ſeyn muß, und daß mon ſie, ohne zu uͤbertreiben, we⸗ es auf 40,000 ſetzen kan. Aus derſelben Quelle erhielten wir auch die Nachricht, daß die Einwoh⸗ ner von Scilla bei dem erſten Stoß des Erdbebens am Ften Febr. aus ih⸗ ren Haͤuſern auf die Felſen geflohen, und, nach dem Beiſpiel ihres Prinzen, ihre Zuflucht ans Geſtade genommen, in Calabrien und Sicilien, c. 1350 daß aber in der Nacht derſelbe ha welcher die See fo heftig bewegt, u ungeſtuͤm gemacht, auch an der Spitze von Faro di Meſſina ſo viel Scha⸗ den angerichtet, daſelbſt ſeine Wuͤr⸗ kung noch viel gewaltſamer geaͤußert; indem nemlich die Meerswogen, (wel— che ſiedend heiß geweſen ſeyn ſollen, ſo, daß viele Menſchen, indem fie zu einer großen Hoͤhe empor geſtiegen, verbrannt worden ſind,) mit großer Gewalt und Heftigkeit bis auf drei Meilen land⸗ einwaͤrts gingen, und als fie ſich wie der zuruck zogen, 2473 Einwohner von Scilla/ worunter auch ihr Prinz wat, und die ſich damals entweder am Strande von Scilla, oder in Böten am Ufer befanden, mit ſich fortſpuͤlten. Alle Nachrichten ſind darin uͤber⸗ einſtimmend, daß, da die Anzahl der Stoͤße, welche ſeit dem Anfange dies ſes fuͤrchterlichen Erdbebens verfpürt wurden, ſich auf einige Hundert er: ſtreckte, die heftigſten und am laͤngſten anhaltenden diejenigen waren, welche ſich am 5 ten Febr. um 191 Uhr, (nach italieniſcher Art die Stunden zu rech⸗ nen,) am 6tten Febr. um 7 Uhr in der Nacht; am 27 ten Febr. um 114 Uhr des Morgens; am ten März um 83 Uhr in der Nacht; und am 28tes Mir; um 113 Uhr in der Nacht ereig: neten. Durch den letzten Stoß wurde der obere Theil des dieſſeitigen Cala⸗ briens am meiſten mitgenommen. Der erſte und letzte Stoß muͤſſen in der That ſchrecklich geweſen ſeyn, und auch nur dieſe beiden fügte man ger in Neapel merklich. | 249g 2 Die 1351 Die Berichte, welche die bieſige Regierung aus der Provinz Coſenza erhalten hat, lauten nicht ſo traurig, als die, welche aus dem jenſeitigen Calabrien eingegangen ſind. Vom Cap Suvero an, bis zum Cap Ce⸗ traro, an der weſtlichen Kuͤſte, ſollen die innern Laͤnder ſowohl, als die an der Kuͤſte liegenden nach Maaßgabe ihrer Nähe am angenommenen Mit⸗ telpunkte der Erdbeben, theils mehr, theils weniger gelitten haben, und man bat ſtets bemerkt, daß das Erdbeben feine groͤßeſte Gewalt an der weſtli⸗ chen Seite des apenniniſchen Gebuͤr⸗ ges, welches gerade der beruͤhmte Si⸗ Ja der alten Brutier iſt, geäußert hat, und daß alle die Laͤnder, die oͤſtlich vom Sila liegen, den Stoß des Erd⸗ bebens zwar empfunden, aber doch kei⸗ nen Schaden davon gelitten haben. In der Provinz Coſenza ſind, ſo viel man weiß, nicht uͤber oo Men⸗ ſchen ums Leben gekommen. letzten Berichte aus denen Gegenden des jenſeitigen Calabriens, die am mei: ſten gelitten haben, haben ſich daſelbſt zwei ſonderbare Phänomene zugetra⸗ gen. In einer Entfernung von unge⸗ gefähr drei Meilen von der verwuͤſte⸗ ien Stadt Oppido war eine Anhoͤhe, ungefähr 500 Palmen hoch, und in ihrer Baſis etwa 1300 Palmen im Umfange. Dieſe Anhöhe ſoll durch den Stoß am Gten Febr. auf vier Mei⸗ len weit von dem Fleck, wo ſie lag, in eine Ebene, Campo die Baſſano genannt, verſetzt worden ſeyn. Zu Karcher Zeit ward die Anhöhe, auf 1. Nachricht von dem letzten Erdbeben Laut der der die Stadt Oppido lag, und die ſich auf drei Meilen erſtreckte, in zween Theile zerriſſen, und da die Lage der⸗ ſelben zwiſchen zween Fluͤſſen war, fo erfüllten die Ruinen das Sladtchen und hemmten den Lauf der beiden Fluͤſſe. Es ſind bereits zween große Seen (Lakes) entſtanden, die täglich groͤßer werden, und, wenn man kein Mittel ausfindig macht, ſie auszutrock⸗ nen, und den vorigen Lauf der Fluͤſſe wieder herzuſtellen, in kurzer Beitchie Luft ſehr inſieiren müͤſſen. Aus Sicilien betreffen die Kia ſten Nachrichten dieſer Art die Berwür ſtung eines großen Theils der ſchoͤnen Stadt Meſſina, durch den Stoß am gten Febr., und des davon noch übrig: Gas 1 1 8 Theils durch die folgenden Stoͤße. Dieſe Nachrichten melden fer⸗ ner, daß der Hamer im Hafen ſehr geſunken ſey, und a Stellen 13 Palmen unter 2 be; daß das praͤchtige Gebaͤude, Paz lazzata genannt, ba 0 dem Hafen ein ſo herrliches Anſehn gab, als ſich irgend ein Hafen in Europa en kan, gänzlich zu Grunde geri et wor⸗ den; daß das Lazareth viel bekommen, die Citadelle aber wenig gelitten hat; geſtuͤrzt, mit einem Worte, daß einigen fing nicht mehr iſt; daß der en | an der Mündung des Saro di Meſ⸗ ſina halb verwuͤſtet, und daß die nem⸗ liche heiße Woge, welche zu Scilla fo viel Unglück angerichtet hat, uͤber die Landſpitze an der Meerenge gegan⸗ gen iſt, und 24 Menſchen mit ſich ſort⸗ oſſer fter daß die Hauptkirche ein⸗ — den 1353 N 35 fortgeriſſen hat. Der Vice⸗Koͤnig von Sieilien meldete auch, daß die Erdbe⸗ ben zu Melaz zo, Patti, Terra die Sancta Lucia, Caſtro Reale, und auf der Inſel Lipari gleichfalls einigen, aber gar keinen betraͤchtlichen Schaden angerichtet. Dies, mein Herr, waren die Nach: richten, die ich zu Ende vorigen Mo— nats hatte. Da ich aber in Anſe— hung der Volkane oder ſeuerſpeienden Schluͤnde beſonders neugierig bin, und aus dem Umſtande, daß das gegen: waͤrtige Erdbeben auf einen gewiſſen Fleck (Spot) eingeſchraͤnkt iſt, bei mir uͤberzeugt war, daß eine große ehymi⸗ ſche Operation der Natur von volka⸗ niſcher Art, die wahre Urſache davon ſey, ſo nahm ich, um manche Punkte aufzuklaͤren, und Wahrheiten zu ent: decken, welches, wie Sie ſelbſt wiſſen, ſehr ſchwer iſt, ſchnell die Entſchlieſ—⸗ ſung, ungefaͤhr zwanzig Tage (mehr Zeit durfte ich nicht darauf verwen: den, um, da ich nach Hauſe zu reiſen denke, noch vor der großen Hitze aus Italien zu kommen,) zu einer Reiſe nach ſolchen Gegenden des jenfeitigen Calabriens und Sieiliens anzuwen⸗ den, welche durch die Erdbeben am meiſten gelitten haben und noch lei⸗ den, und mich mit eigenen Augen von den oben erwaͤhnten Phaͤnomenen zu uͤberzengen. me: Ich miethete zu dem Ende eine mal⸗ theſiſche Speronara für mich ſelbſt, und eine neapolitaniſche Feluke für meinen Bedienten, und verließ am aten Mai Neapel, in Calabrien und Sicilien, ꝛc. 1354 Ich war auf Befehl Sr. ſteiliani⸗ ſchen Majeſtaͤt mit ſehr guten Paͤſſen und Ordres an die commandirenden Offieiere in den verſchiedenen Provin— zen verſehen, mir zur Erreichung mei— nes Endzwecks allen Vorſchub und Schutz angedeihen zu laſſen. In meiner maltheſtſchen Speronara (dies find fuͤrtrefliche Boͤte, und die Bots leute verſtehen ihre Kunſt ſehr gut,) batte ich eine angenehme Reiſe laͤngſt der Kuͤſte vom dieſſeitigen Calabrien bin, nachdem ich den Meerbuſen von Policaſtro paſſirt war. Zu Ce⸗ draro fand ich die erſten Spuren des Erdbebens; einige der vornehmſten Einwohner dieſer Stadt hatten ihre Haͤuſer verlaſſen, und wohnten in neu⸗ errichteten Barracken, obgleich kein Haus in der Stadt, ſo viel ich ſehen konte, Schaden bekommen hatte. Zu St. Lucido ſah ich, daß der Pallaſt des Barons, wie auch der Kirchthurm gelitten hatten, und daß die meiſten Einwohner unter Barrak⸗ ken wohnten. Die Barracken ſind juſt ſolche Gebäude, wie die Buden in unſern Jahrmaͤrkten auf dem Lan⸗ de, ob ich gleich auch viele geſehen ha⸗ be, die Schweineſtaͤllen aͤhnlicher wa⸗ ren: Da ich die Abſicht hatte, ſo bald als moͤglich den Mittelpunkt des Un⸗ gluͤcks zu erreichen, weil ich nicht viel Zeit, und doch viel zu ſehn hatte, ſo begnuͤgte ich mich damit, Maida, Nicaſto, und St. Eufemia nur in der Ferne zu ſehen, ſetzte meinen Weg nach der Stadt Pizzo im jenfetigen 29993 1355 Calabrien fort, und landete Abends den ten Mai. | ve Dieſe Stadt, die am Meer, auf einer volkaniſchen Cuffia a) liegt, war durch das Erdbeben am zien Februar ſehr beſchaͤdigt, durch den Stoß am 28ten März aber völlig zu Grunde ge— richtet worden. Da die Einwohner dieſer Stadt, die ſich ungefaͤhr auf 5000 belaufen, durch den erſten Stoß am sten Febr. binlänglich waren ge⸗ warnt worden, ihre Haͤuſer verlaſſen, und ſich in Barracken zu wohnen be: geben hatten, ſo kamen am 28ten März nicht viel Menſchen um; weil aber die Barracken ſehr ſchlecht gebauet waren, und viele auf einem ſehr engen unge⸗ ſunden Platze beiſammen lagen, ſo war eine epidemiſche Krankheit eingeriffen, welche viele Menſchen weggerafft hat: te, und auch noch damals, als ich mich daſelbſt befand, ihre traurigen Wuͤr⸗ kungen äußerte, fo viel Muͤhe ſich auch die Regierung gegeben hatte, ih⸗ rem Fortgange Einhalt zu thun. Ich befuͤrchte, daß bei zunehmender Hitze daſſelbe Unglück viele Gegenden des ungluͤcklichen Calabriens, wie auch die Stadt Meſſina treffen werde. Die Einwohner von Pizzo ſchienen an ihre jetzige unbequeme Lebensart bereits gewohnt zu ſeyn, und in den Gaſſen der Barracken, die, einige we⸗ nige ausgenommen, nur ſehr ſchlecht gebauet ſind, hatte man allerlei Kram⸗ Nachricht von dem letzten Erdbeben buden eroͤfnet. Man verſicherte mi bier, daß der Volkan von Strom boli, welcher dieſer Stadt gerade ge⸗ gen uͤber, und voͤllig im Geſichte in ei⸗ ner Entfernung von ungefähr fünfzig Meilen liegt, während der Erdbeben weniger geraucht, und nicht ſo viel brennende Materie, als ſeit einigen Jahren, ausgeworfen haͤtte; und in der Nacht, da ich hier in meiner Spe⸗ tonara, die man aufs Ufer gezogen hatte, ſchlief, ward ich durch einen ſtar⸗ ken Stoß aufgeweckt, der den Boden des Bots in die Hoͤhe zu heben ſchien; er war aber mit keinem unterirrdiſchen Getoͤſe begleitet. Meine Bedienten in dem andern Bot empfanden dieſen Stoß gleichfalls. Am folgenden Tage befahl ich meinem Bote nach Reggio zu fahren, ich aber ritt nach Monte leone, ungefähr ſechs Meilen von Kiz⸗ zo, bergan, auf einem Wege von los liegenden Steinen und Thon, der in dieſer Jahrszeit beſchwerlich zu paſſi⸗ ren iſt, aber durch das anmuthigſte und fruchtbarſte Land geht, was ich je geſehen habe. Ich traf hier vollkom⸗ mene Gärten von Oelbaͤumen, Maul beerbaͤumen, Fruchtbaͤnmen und Wein: ſtocken an, und unter dieſen Bäumen die ſchoͤnſten Saatfelder mit Getreide, £upinen, Bohnen und andern Vegeta⸗ bilien, welche, ob fie gleich im Schat⸗ ten ſtanden, doch recht gut fortzukom, men ſchienen. So ſteht es in der gan⸗ zen. * a) Dieſes iſt das einzige Merkmal alter volkaniſcher Erplofionen, das ich in Cala brien gefunden habe. (Cuffia, oder Cuffa, bedeutet eigentlich eine Haube, oder Mütze, und hier eine derſelben ähnliche Anhöhe.) j * — 71 1 Ye. * 5 2 u fin 1357 n zen Ebene von Monteleone aus, nur daß bin und wieder große Eichen: und Oelbaumwaͤlder unter einander ange: troffen werden. Die Oelbaͤume ſind bier von fo an: ſebnlicher Groͤße, wie ich ſie mir nie vorgeſtellt habe, denn fie find noch halb: mal fo dick als ſelbſt die Eichen, wel: che fuͤrtrefliches Zimmerholz abgeben, und mehr denn dreimal ſo dick als die Delbäume in Campagna Felice. Die Olivenwaͤlder ſind in einigen Gegenden der Ebene regelmäßig in Li⸗ nien gepflanzet, in andern hingegen wachſen ſie unordentlich durch einander. Obgleich die einzige Abſicht meiner gegenwärtigen Reife war, die Öegen: den zu beſehen, die durch das Ungluͤck am meiſten gelitten hatten, ſo wurde doch meine Aufmerkſamkeit immer auf andere Gegenſtaͤnde gelenkt, und ich verlor mich ganz in Bewunderung der Fruchtbarkeit und Schönheit dieſer reichen Provinz, die (in Ruͤckſicht des erſten Punkts,) alle Laͤnder, die ich Binder geſehen habe, weit überteift. Außer den beiden betraͤchtlichen Pro⸗ dukten an Seide und Oel, worin dieſe Provinz es vielleicht allen andern in der ganzen Welt zuvor thut, hat ſie auch Ueberfluß an Korn, Wein, Baum⸗ wolle, Suͤßbolz, Früchten und alter: d Arten Vegetabilien; und wenn re Volksmenge und der Fleiß mit art uͤbereinſtimmten, fo koͤnten die Einkünfte des jenſeitigen Calabriens in kurzer Zeit gewiß mehr als verdoppelt werden. Ich ſah ganze Wälder von Dank Da BE) in Calabrien und Sicilien, ꝛc. 1338 beerbaͤumen, deren Eigenthuͤmer mir ſagten, daß fi ie den Acker für 5 Schil⸗ linge vermietheten, da doch jeder Acker wenigſtens 5 Pfund Sterlinge werth ſeyn wuͤrde, wenn Haͤnde genug da waͤren, die Blaͤtter zu ſammeln und der Seidenwuͤrmer zu warten. Die Stadt Mionteleone, ehemals Vibo Valentia, hat eine fehr anges nehme Lage auf einem Berge, uͤberſi ebt die See und die oben erwähnten reis chen Ebenen, die von den Apenninen begraͤnzt, von dem Aspramonte, dem hoͤchſten von dieſen Bergen gekroͤnet (crow ned,) werden, und in welchen abwechſelnd Staͤdte und Doͤrfer lie⸗ — die leider! jetzt nur Steinhaufen nd. Die Stadt Monteleone litt durch die erſten Stoͤße des Erdbebens nur wenig, wurde aber durch den Stoß am 28ten März ſehr beſchaͤdigt, (ob⸗ gleich nur zwoͤlf Menſchen das Leben dabei verloren.). Die Einwohner muͤſ⸗ ſen jetzt in Barracken wohnen, unter denen viele von Brettern und Rohr ſehr gut gebauet, und auswendig mit Kalch bekleidet ſind. Da in dieſem Lande Erdbeben nichts ſeltenes find, ſo haben die Baronen gewoͤhnlich eine Barracke in der Nähe ihres Pallaſtes, um ſich, ſo bald man im geringſten ein Erdbeben verſpuͤrt, da hinein zu begeben. Ich wohnte bier in einer prächtigen Barracke, die verſchiedene gut meub⸗ lirte Zimmer enthielt, und von dem Großvater des jetzigen Herzogs von — angelegt war. . u — Der „ 117 Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien, :e. 1360 u.) Der Guͤte und Huld dieſes Her⸗ zogs habe ich es zu verdanken, daß ich die intereſſante Reiſe, welche ich durch dieſe Provinz that, in folcher Sicher⸗ beit und ſo geſchwind habe zuruͤckle⸗ gen koͤnnen, da er fo gefällig war, mir zu Neapel einen Brief an ſeinen Agenten mitzugeben. Dieſem zufolge ward ich nicht allein in ſeiner Bar⸗ racke ſehr gaſtfrei und artig bewirthet, und mit fuͤrtreflichen Pferden fuͤr mich und meinen Bedienten, ſondern auch mit einer Begleitung zweener von ſei⸗ ner Garde zu Pferde verſehen, die die Kreuzwege des Landes ſehr gut kann⸗ ten, und ohne welche es unmoͤglich ger seen wäre, alle merkwürdigen ſehens⸗ werthen Oerter zwiſchen Monteleone und Reggio, in vier Tagen, wie es mir gluͤckte, beſeben. - Keiner, der ſolches nicht aus Erz fahrung weiß, kan ſich den abſcheuli⸗ chen Zuſtand der Wege in Calabtien, ſelbſt bei dieſer Jahrszeit, noch die Fuͤrtreflichkeit der hieſigen Pferde vor⸗ Alle ſind darin einſtimmig, daß alle Stoͤße des Erdbebens mit einem rum⸗ pelnden Getoͤſe von Weſten gekommen, gemeiniglich mit einer Horizontalbe⸗ wegung anfingen, und ſich mit einer wirbelnden (vorticoſe) endigten, durch welche Bewegung die mehrſten Ge⸗ baude in dieſer Provinz ganzlich zer⸗ ſtoͤrt worden find. Ich fand, daß man überhaupt dieſe Bemerkung in zer ganzen Provinz gemacht hatte, auch 127 1 daß man allgemein wahrgenommen, daß die Wolken kurz vor dem Stoße eines Erdbebens, wie angeheftet und unbeweglich geſchienen, und daß un⸗ mittelbar nach einem er Platz⸗ regenſchauer ſogleich ein Stoß erfolget. Ich unterredete mich hier und an andern Orten mit vielen, welche durch die Heftigkeit einiger dieſer Stoͤße zu Boden geworfen worden waren, und verſchiedene Bauern vom Lande er⸗ zäßften mir, die Erde hätte ſich ſo hef⸗ tig bewegt, daß die Gipfel der hoͤch⸗ ſten Baͤume, beinahe den Boden bald an der einen, bald an der andern Seite beruͤhrt; die Pferde und Ochſen haͤt; ten während eines Stoßes ihre Beine weit aus einander geſtreckt, und un⸗ truͤgliche Zeichen von ſich gegeben, daß fie es vorher merkten, fo oft, wieder ein Stoß kommen wuͤrde. Di ane Ich ſelbſt bemerkte, daß in den Ge⸗ genden, die vom Erdbeben am meiſten gelitten haben, das Geſchrei eines Eſels, das Wihern eines Pferdes, oder das Schnattern einer Gans, die Leute im⸗ mer aus ihren Barracken trieben, und ſie veranlaßten, in Erwartung eines Stoßes, viele Pater noſter und Ave Maria zu beten. , An de 6. „ Von Monteleone verfügte ich N mich in die Ebene hinunter, auf wel chem Wege ich durch verſchiedene Staͤd⸗ te und Dörfer Fam, die nach Mäaß⸗ gabe, wie fie der Ebene näher lagen, mehr oder weniger gelitten hatten. Die Fortſetung folgt künftig, CCCCCCCCCCcCCC C0 TT Hannoverifües Magen. | SZoötes Stich, Montag, den 27ten October 1783. Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien und Sicilien ꝛc. ; (Fortſetzung.) 795 8 ie Stadt Meleto, die im f Grunde lag, fand ich gaͤnz⸗ lich zerſtoͤrt, und es war auch kein einziges Haus in derſelben ſtehen geblieben. * In einiger Entfernung erblickte ich Soriano, und das ſchoͤne Dominika⸗ nerkloſter als einen Haufen Truͤmmer. Da aber meine Abſicht nicht war Rui⸗ nen zu ſehen, ſondern die merkwuͤrdi⸗ ern Phänomene, welche die Erdbeben een ſo reiſete ich weiter nach Roſarno. Vorher aber muß ich nothwendig eines der merkwuͤrdig⸗ ſten Vorfaͤlle, die ich je angetroffen abe, Erwähnung thun, das nemlich biere im Stande find, lange ohne Nahrung zu leben, wovon man waͤh⸗ rend dieſer Erdbeben viele Beiſpiele eee, 2° 9 70 Zu Soriano wurden zwei fette Schweine, die unter einem Haufen Trümmern begraben geweſen waren, am zwei und vierzigſten Tage lebendig wieder herausgegraben; fie waren ma⸗ ger und matt, erholten ſich aber doch bald wieder. er en ; w Einer von St. ſteilianiſchen Mar jeſtaͤt Ingenieurs, der eben zugegen geweſen war, wie man ſie wieder aus⸗ gegraben hatte, theilte mir dieſe Nach⸗ richt mit. Auf meiner Reiſe an die⸗ ſem Tage zeigte es ſich mir augen⸗ ſcheinlich, daß alle Haͤuſer, die auf Anhoͤben liegen, deren Grund ein grie⸗ ſigter, (gritty) dem Granit aͤhnlicher, aber nicht ſo feſter Sandſtein iſt, nicht ſo ſehr gelitten haben, als die, ſo in der Ebene liegen, welche alleſamt dem Boden gleich gemacht ſind. a Der Boden in der Ebene iſt ein weißer, rother, oder brauner ſandigtet Thon; aber der weiße iſt der haͤufigſte und voll Schalen von Seemuſcheln, beſonders von Schalenfifchen. Dies thonigte Thal durchſchneiden an vielen Orten Fluͤſſe und Bäche, die aus Ber: gen kommen, wodurch denn im ganzen kande breite und tiefe laͤngliche Erd⸗ fälle (ravines) entſtanden ſind. Gleich darauf kamen wir durch die zerſtoͤrte Stadt St. Pietro, und ſa⸗ ben Sieilien, wie auch die Spitze des Bergs Aetna, der ſehr rauchte, in der Rrer Fer: 1363 Nachricht von dem letzten Erdbeben Ferne. 125 vorher, ehe wir zu Ro⸗ natürlicher 5 ife wieder einſtellen, ſarno anlangten, kamen wir 4 und traten aus ih 1 155 da Fuhrt des Fluſſes Mamellacibergine gleicher Zeit di ia 7 moraſtige (Swampy.) Ebene, wo man druͤckung des morafligen Bodens das mir an vielen Stellen kleine Löcher in unter deſſen Oberfläche verborgene Waſ⸗ der Erde wieß, die die Geſtalt eines ſer auf eine eben fo naturliche Art her⸗ te nur, daß während des Erdbebens ſehen batte, daß der Boden immer am sten Febr. aus jedem dieſer Loͤcher niedrig und voll Binſen war. hnlicher Hohe hervorgeſprungen ſey. gen wir auf einer ſtarken hoͤlzernen | ae einem Bauer, der Brücke, die 700 Palmen lang iſt, ſelches mit angeſehen hatte, und mit und von dem Herzog von Monteleo⸗ 770 tief waren, nothwendig verſchwinden, lang ganz trocken geweſen, und ; as Heftigke waltſame Art ihre vorige Lage wieder wieder gekommen und ers Ufer 9 annahm, mußten ſich auch die Fluͤſſe treten fen. ce l + 511 * enn 705 Wenn ich des Erdbebens in der Sbene erwaͤhne, fo muß immer der erſte Stoß vom z ten Febr. verſtanden werden, der der allerfuͤrchterlichſte und einzige war, der alles Ungluͤck in der Ebene anrichtete, ohne, daß die gering⸗ ſte Warnung vorher gegangen waͤre. Die Stadt Koſarno lag nebſt dem daſelbſt befindlichen Pallaſt des Her: zogs völlig in Trümmern; die Mauern aber waren ungefähr noch 6 Fuß hoch ſtehen geblieben, und wurden nun zu Barracken eingerichtet. Von beinahe 3000 Einwohnern find hier nicht viel über 200 ums Le⸗ ben gekommen. Man hat zu Koſar⸗ no, und uͤberhaupt in allen zerſtoͤrten Staͤdten, die ich beſucht, bemerkt, daß man die Todten maͤnnlichen Geſchlechts immer in einer Lage gefunden, als wenn ſie ſich gegen die Gefahr gewehrt; da bingegen die Perſonen weiblichen Ge: ſchlechts die Haͤnde uͤber dem Kopfe zuſammen geſchlagen hatten, als wenn fie ſich der Verzweifelung überlaffen hätten, außer, wenn Kinder in der Naͤhe bei ihnen angetroffen wurden, in welchem Falle man faſt immer die⸗ ſelben in ihren Armen, oder ſie doch in einer Stellung fand, die ihre aͤngſtli⸗ che Sorge, dieſelben zu ſchuͤtzen, aus zeigte. Ein auffallendes Beiſpiel muͤt⸗ terlicher Zaͤrtlichkeit bei dem weibli⸗ chen Geſchlecht! d 56 Das einzige Gebaͤude, welches zu KRoſarno ſtehen geblieben war, iſt ein ſehr dauerhaftes ſtark gebauetes Stadt⸗ gefaͤngniß, in welchem ſich drei beruͤch⸗ tigte Boͤſewichte befanden, die, wenn _ in Ealabrien und Sicilien, ꝛe. 1366 fie in Freiheit geweſen waͤren, ver— muthlich ihr Leben eingebüßt haͤtten. Nachdem ich in einer Barracke, deren Eigenthuͤmer fünf Perſonen von feinee Familie durch das Erdbeben verloren, zu Mittage geſpeiſet hatte, verfügte ich mich nach Laureana, ouf welcher Reife ich ‚öfters über das ſich weit er⸗ ſtreckende Bette des Fluſſes Metauro gehen mußte. ö Die Gegenden um Laureana, welches auf einer Anhoͤhe liegt, ſind gleichſam ein Eben; nie ſahe ich et was, was mit ſelbigen verglichen wer⸗ den koͤnte. I. Die Stadt iſt anſehnlich; da aber das Erdbeben hier nicht unwermuthet, wie in der Ebene kam, ſo verlor auch niemand fein Leben; allein ſeitdem ſiud 52 Perfouen an einer Krankheit, die durch Ungemach und Schrecken ent⸗ ſtand, geſtorben. Ich wohnte in den Varracken eines ſehr verſtaͤndigen Edel⸗ manns von Mil⸗to, Don Domenico Acquanetta, eines der beguͤtertſten und vornehmſten in dieſer Stadt. Den folgenden Tag begleitete er mich nach zween Pachthoͤſen, mit Namen Macini und Vaticano, von denen ich oben in meinem Briefe angemerkt, daß ſie ihre Lage durch das Erdbeben veraͤndert haben ſollen. Die Sache iſt gewiß, und die Urſache davon laßt ſich leicht erklaͤren. 1 Park Pachthoͤfe lagen in einem Thal, das mit Auhoͤhen umgeben war; und die Oberflaͤche der Erde, welche nach einem andern Orte verſetzt ward, war vermuthlich „durch kleine Baͤche, die Rerr 2 367 die aus den Bergen kommen, und nun auf dem kahlen Platze, welchen die Pachthoͤſe hinterlaſſen haben, frei ges ſehen werden koͤnnen, chen lange un⸗ tergraben worden. Dieſe Baͤche flieſ⸗ ſen ziemlich ſchnell ins Thal hinunter. Ein Beweiß, daß die Pachthöſe in fei: ner vollkommenen Ebene lagen „ wie vorgegeben ward. Ich nehme an, daß durch das Erd: beben einige Regenwaſſerbehaͤlter in den Thonbergen, welche das Thal ein ſchließen, geoͤffnet worden ſind, daß ſich dieſes Waſſer mit dem lockern Bo⸗ den vermiſcht, ſeinen Lauf ſchnell durch die untergrabene Oberflaͤche genommen, die Pachthoͤfe mit den großen darauf ſtehenden Oel und Maulbeerbaͤumen nebſt einer Strohhuͤtte in die Hoͤhe ge⸗ hoben, und den ganzen Boden, mit allen darauf ſtebenden Bäumen und Pflanzen, ungefähr auf eine Meile weit ins Thal hinab geſchwemmet, wo er ſich nun mit den meiſiens noch aufge richtet ſtehenden Baͤumen befindet. Es find dieſe beiden Pachthoͤſe ungefähr etwa eine Meile Ye ‚ und eine balbe Meile breit. a Man zeigte mir in dieſer Gegend ver ſchiedene tiefe Riſſe, wovon aber keiner uͤber einen Fuß breit iſt; die ſich, wie man mich glaubwuͤrdig ver⸗ ſicherte, waͤhrend des Erdbebens geoͤff⸗ net, und einen Ochſen, imgleichen bei⸗ nahe hundert Ziegen, aber keine Men: ſchen, wie man doch berichtet, Pr ſchlungen batten. ö In dem oben erwaͤhnten Thale ſabe ich dieſelbe Art von Aushoͤlungen Nachricht von dem letzten Erdbeben * 368 (hollows) in Geſtalt PP gel, aus welchen, wie man mir erzaͤhl⸗ te, waͤhrend des Erdbebens, wie zu Koſarno, beißes Waſſer mit Sande vermiſcht, mit großer Heftigkeit ber: vorgeſprungen war; aber ich konte niemand finden, der mit Zuverläß 19 keit behaupten konte, daß das wuͤrklich heiß geweſen ſey, obgleich dir Berichte, welche die Regierung erhal; | ten hat, es bekraͤftigten. Ein Theil des hier mit dem Waſ⸗ fer ausgeworfenen Sandes, lebt eiſen⸗ farbig aus, und ſcheint die Wuͤrkung des Feuers ausgehalten zu haben. Auch ſagte man mir, daß er, wenn er friſch waͤre, einen ſtarken Schwefelge⸗ ruch hätte, allein ich fand ſolches nicht. Von hier ging ich durch eben die⸗ ſelbe anmuthige Landſchaft nach der Stadt Poliſtene. Es iſt in der That hoͤchſt traurig, durch ein ſo fruchtba⸗ res Land zu reiſen, und kein einziges Haus darin zu erblicken. Wo ſonſt ein Gebäude ſtand, da ſiehet man jetzt einen Haufen Truͤm⸗ mer und eine elende Barracke, mit zwo oder drei elenden und ein ſterbendes Anſehn habenden vor der Thür fi ſtzen⸗ den Figuren, und hin und wieder ei⸗ nen gelaͤhmten Mann, Frau oder Kind, die auf Kruͤcken umher kriechen. Statt einer Stadt ſieht man einen unordentlichen Haufen Ruinen, und rings um ſelbige herum eine Anzahl armſeliger Huͤtten oder Barracken, und eine etwas groͤßere, worin Kirche gehalten wird, wobei die Glocken in einer Art von niedrigem Galgen han⸗ gen. 1369 gen. Alle Einwohner gehen mit be: truͤbten Angeſichtern einher, und tra⸗ gen dies oder jenes Andenken von ei: nem verlornen Verwandten. Ich reiſete vier Tage in der Ebene, mitten unter ſolchem Elende, en nicht zu befchreiben iſt. Die Gewalt des Erdbebens war daſelbſt ſo groß, daß alle Einwohner der Städte entweder lebendig oder todt unter den Ruinen ihrer Haͤuſer in ei⸗ nem Augenblick begraben wurden. Die Stadt Poliſtene war groß, war aber uͤbel zwiſchen zween Fluͤſſen belegen, die oͤfters aus ihrem Bette traten. Von ungefaͤhr 6000 Einwoh: nern kamen an dem ungluͤcklichen zen Febr. etwa 2100 ums Leben. Der Marquis von St. Giorgio, Baron dieſes Landes, den ich hier fand, war ſehr damit beſchaͤftigt, fei: nen Einwohnern allen nur moͤglichen Beiſtand zu leiſten. Er hatte die Straßen ſeiner ruinirten Stadt von dem Schutt reinigen, und nach einem recht guten Plan an einem geſunden Orte fiir feine noch übrig gebliebenen Unterthanen Barracken errichten laf ſen. Er hatte auch geraͤumigere Bar⸗ racken fuͤr die Seidenwuͤrmer, die ich bereits ſpinnend fand, anlegen laſſen. Die Großmuth und Thaͤtigkeit die⸗ ſes Herrn iſt hoͤchſt preiswuͤrdig, und es komt ihm darin bis jetzt, wie ich gemerkt habe, niemand gleich. Ich bemerkte, daß die auf einem Berge, ungefaͤhr zwo Meilen von Poliſtene gelegene Stadt St. Gior⸗ gio, ob fie gleich unbewohnbar gewor⸗ in Calabrien und Sicilien, ie. 1370 den, doch keinesweges, wie die Staͤdte in der Ebene, dem Boden gleich ges macht worden war. | Zu Poliſtene war ein Nonnenklo⸗ ſter; ich war neugierig, die Nonnen zu ſehen, die mit dem Leben davon ge— kommen waren, und bat den Marquis mir ihre Barracken zu zeigen. Allein, vermuthlich iſt nur eine einzige von drei und zwanzig lebendig aus ihrer Celle herausgegraben worden, und dieſe war achtzig Jahr alt. Nachdem ich mit dem Marquis in ſeiner ſchlechten Barracke bei den Rui⸗ nen ſeines praͤchtigen Pallaſtes zu Mittage gegeſſen hatte, reiſete ich durch einen ſchoͤnen Olivenwald, und darauf durch einen Kaſtanienwald nach Caſal Nuovo, wo man mir den Ort zeigte, auf welchem der Pallaſt meiner ungluͤck⸗ lichen Freundin, der Prinzeß in Gerace Grimaldi, ſtand, die mit mehr als vier tauſend ihrer Unterthanen, durch die plößliche Erplofion am sten Febr. (denn eine Erplofion ſcheint es gewe⸗ ſen zu ſeyn, die dieſe Stadt in Schutt verwandelte,) ihr Leben verlor. Einige von denen, die hier unter den Ruinen heransgegraben worden, erzaͤhlten mir, daß fie gefühlt hätten, wie ihre Haͤuſer ordentlich in die Hoͤ⸗ he gehoben worden, ohne daß fie die geringſte vorgaͤngige Warnung davon gehabt haͤtten. In andern Städten find einige Mauern und Theile von Haͤuſern ſte— ben geblieben; allein hier kan man weder Straßen noch Haͤuſer unter⸗ ſcheiden; alles liegt in einem verwirr⸗ Re rr 3 ten 1371 ten Haufen Truͤmmer durch einander. Ein Einwohner von Caſal Nuovo erzählte mir, er wäre während des Erdbebens auf einem Hügel geweſen, und hätte von da herab die Ebene uͤberſehen. Als er den Stoß gefühlt, hätte er ſich nach der Stadt hinge⸗ wendet, ſtatt derſelben aber eine dicke Wolke von weißem Staube, gleich dem Rauche, erblickt, die eine natuͤrliche Wuͤrkung der zerſchmetterten Haͤuſer und des auffliegenden Staubes vom Moͤrtel war. | 5 Von hier begab ich mich durch die Städte Caſtellace und Milicuſco, (beide in gleichem Zuftande mit Ca⸗ ſal Nuovo, ) nach Terra Nuova, welches in einer eben ſo anmuthigen Ebene zwiſchen zween Fluͤſſen liegt, die nebſt den von den Bergen herunter ſtuͤrzenden Gewaͤſſern nach Verlauf von Jahrhunderten, in dem weichen ſandigten Thongrunde, woraus die ganze Ebene beſteht, tiefe und breite Aushölungen gemacht haben. Zu Terra Nuova iſt dieſe Aus⸗ boͤlung (ravine or chaſm,) nicht weni; ger als 500 Fuß tief, und dreiviertel Meilen breit. | Alle Verwirrung in den Berichten, von den durch dies Erdbeben verur⸗ ſachten Phaͤnomenen iſt dadurch ent⸗ ſtanden, daß man die Beſchaffenheit des Bodens und die Lage deſſelben nicht hinlaͤnglich angegeben hat. Man erzaͤhlt, daß eine Stadt eine Meile weit von dem Orte, wo fie ſtane, verſetzt worden ſey, ohne ein Wort von dem bei ſelbiger befindlichen Erd⸗ Nachricht von dem Testen Erdbeben 1372 fall (ravine) zu erwaͤhnen; daß WAL der und Po run dieſelbe Art von ihrer Stelle fortgeruͤckt worden ſind, da dieſes doch im Grunde nur das im Großen iſt, was wir täglich im Kleinen ſehen, wenn Seitenſtüuͤcke hohler Wege, nachdem das Regeuwaſ⸗ ſer ſie unterminirt hat, durch ihre ei⸗ gene Schwere losgeriſſen worden, und in den Grund hinabſinkben. Hier wurden durch die große Tiefe des Erdfalles (ravine) und heftige Bes wegung der Erde, zwei große Stuͤcke Erdreich, worauf ein großer Theil der Stadt ſtand, welcher einige hundert Haͤuſer enthielt, in den großen Erd⸗ fall hinab geriſſen, und beinahe quer uͤber demſelben eine halbe Meile weit von ihrer vorigen Stelle verſetzt; und es wurden, welches das ſonderbarſte iſt, verſchiedene von den Bewohnern ſolcher Haͤuſer, die dieſen ſeltſamen Sprung gemacht hatten, lebendig, und einige unbeſchaͤdigt wieder ausge⸗ graben. TEL e Ich felöft fprach mit einem, der mit ſeiner Frau und Dienſtmagd dieſe auſ⸗ ſerordentliche Reiſe in ſeinem Hauſe gemacht hatte. Er ſo wenig, als die Dienſtmagd, batten Schaden bekom⸗ men; feine Frau aber, ſagte er: waͤre ein wenig beſchaͤdigt worden, jetzt aber beinahe wieder hergeſtellet. Ich fragte ihn, was fuͤr Schaden denn ſeine Frau eigentlich bekommen? und bin uͤber⸗ zeugt, daß Sie uͤber ſeine, obwohl ernſthafte Antwort lachen werden, fü wie ich ſelbſt daruͤber gelacht habe. Er ſagte mir, ſie haͤtte beide Beine und 1373. und einen Arm gebrochen, und in ih⸗ rem Hirnſchaͤdel waͤre auch ein Bruch geweſen, ſo, daß man das e hatte ſeben konnen. Die Calabrier cela mir ER Standhaftigkeit, als die Reapolitaner zu haben, und auch wuͤrklich ihr jetzi⸗ ges außerordentliches Ungluͤck mit wahrer philoſophiſcher Gedult zu er⸗ Von 1600 Einwaßbverd zu Terra Nuova haben nur 400 ihr Leben ges rettet. Mein hieſiger Fuͤhrer, zugleich Prieſter und Arzt, war durch den er⸗ ſten Stoß des Erdbebens unter den Truͤmmern ſeiner Wohnung begraben, und durch den zweiten Stoß, der un⸗ mittelbar auf den erſten folgte, wieder herausgeworfen und befreiet worden. Es find viele mit den glaubwuͤrdigſten Zeugniſſen bewaͤhrte Beiſpiele vor⸗ handen, daß dergleichen auch an an⸗ dern Orten Calabriens geſchehen ſey. In andern Gegenden der nahe an dem Erdfalle liegenden Ebene, und nahe bei der Stadt Terra Nuova, ſah ich viele Morgen Landes mit Baͤu⸗ men und Kornfeldern, die in den Erd⸗ fall geſunken waren, und öfters, ohne einen Umſturz erlitten zu haben, ſo, daß die Baͤume und das Getreide eben fo gutes Gedeihen hatten, als 7 fie da ſelbſt gepflanzt und geſäet Bar. ſolcher Stücke lagen im Grunde, in ſchraͤger tage, und andere waren voͤllig umgeſtuͤrzt. An einer Stelle waren zwei ſolcher großen Stuͤcke Landes, die einander in Calabrien und Sicilien, ꝛc. id - EEE PR 1374 gegen uͤber lagen, losgeriſſen worden, hatten das Thal ausgeſuͤllet, und den kauf des Fluſſes gehemmet, deſſen Waſſer nun einen großen See machte: dieſes iſt die wahre Beſchaffenheit deſ— ſen, was in den Berichten geſagt wird, daß Berge gebebt, ſich miteinander vereinigt, den Lauf des Fluſſes gehem⸗ met, und einen See gebildet haben. Zur Zeit des Erdbebens verſchwand bier der Fluß, wie zu Rofarne, kam aber bald wieder zum Vorſchein, und uͤberſtroͤmte den Grund des Erdfalls ungefaͤhr drei Fuß tief, ſo, daß die ar⸗ men Leute, die mit ihren Haͤuſern von der Höhe in den Erdfall waren hinab geworfen worden, und mit zerbroche⸗ nen Beinen davon gekommen waren, ſich nun in Gefahr befanden, zu er⸗ trinken. Man verſicherte mich, daß das Waſſer ſalzigt, wie das Seewaſſer, geweſen ſey; allein, dieſer Umſtand ſcheint Beſtaͤtigung zu beduͤrfen. Die Urfache, welche ich von dem ploͤtzlichen Verſchwinden des Fluſſes Metauro zu Roſarno angefuͤhrt babe, gilt auch hier von dem aͤhnlichen Phaͤnomen, und von allen Gegenden des Landes, wo die Fluͤſſe zur Zeit des Erdbebens verſiegten. Die ganze Stadt Mollochi di Sotto, nahe bei Terra Nuova, ſtuͤrzte gleichfalls in den Erdfall, und ein Weingarten von vielen Morgen nahe bei derſelben, lag, wie ich ſah, auch auf dem Boden des Erdfalls in vollkom⸗ mener Ordnung, ledoch in-abhängiger | Durch 1375 Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien, c. 1370 Durch dieſen Weingarten geht ein Fußſteig, der in Ruͤckſicht feiner jetzi⸗ gen ganz unbrauchbaren Lage eine ſon⸗ derbare Wuͤrkung thut. 2 Einige Waſſermuͤhlen, die am Fluſ⸗ ſe lagen, ſind zwiſchen zwei ſolchen losgeriſſenen Stuͤcken, als ich oben beſchrieb, eingeklemmt, von ſelbigen in die Hoͤhe gehoben worden, und ſind nun in einer erhabenen Lage viele Fuß uͤber dem Niveau des Fluſſes zu ſehen. Es iſt kein Wunder, wenn man, ohne gehoͤrige Erklaͤrung, dergleichen Facta für mirakuloͤs hält. . In verſchiedenen Gegenden der Ebe⸗ ne bemerkte ich, daß der mit Zimmer⸗ holz und Getreide bewachſene Boden von vielen Morgen Landes 8 bis 10 Fuß unter dem Niveau der Ebene geſunken, in andern Gegenden aber um eben ſo viel Fuß empor geſtiegen war. Hierbei muß man ſich nothwen⸗ dig erinnern, daß der Boden der Ebe⸗ ne ein mit Sande vermiſchter Thon iſt, der leicht jede Geſtalt annimt. In der Ebene, nahe bei den Stel: len, von welchen die oben erwaͤhnten Stücke abgeriſſen und in den Erdfall geſunken ſind, waren verſchiedene pa⸗ rallel mit einander laufende Spalten, ſo, daß wenn die Stoͤße des Erdbe⸗ bens mit gleicher Gewalt angehalten hätten, dieſe Stucke vermuthlich gleich⸗ falls nachgefolgt waͤren. Ich bemerkte immer auf meiner gan⸗ zen Reiſe, daß bei jedem Erdfall, oder bei jedem Hohlwege die Theile der dar⸗ anſtoßenden Ebene, voll großer paral⸗ lellaufender Riſſe waren. Da die Er: de ſich mit Heftigkeit von einer Seite zur andern bewegt, und an der einen Seite nur unterſtuͤtzt iſt, fo laͤßt ſich bieraus die Urſache dieſes Vorfalls leicht ſchließ en. Von Terra Nuova verfuͤgte ich mich nach OPppide. Dieſe Stadt liegt auf einem Berge von eiſenartigem grieſigtem Geſtein, das dem Thone des Bodens in der Nachbarſchaft unaͤhnlich, und von zween Fluͤſſen in einem Hohlgrunde, der tiefer und breiter, wie der zu Ter⸗ ra Nuova iſt, umzingelt wird. Statt daß der Berg, worauf Op⸗ pido lag, von einander geriſſen, durch feinen Einſturz den Lauf der Fluͤſſe ge hemmet, und dadurch zwo große Seen, wie man berichtet hatte, gemacht ha⸗ ben ſolte, waren es, wie zu Terra Nuova große Stuͤcke der Ebene am Rande des Erdfalles, die abgeriſſen waren, den Erdfall beinahe ausfuͤllten, und den Lauf der Fluͤſſe hemmten, aus deren Waſſer nun zwo große Seen entſtanden ſind. ee e Zwar iſt's gegruͤndet, daß derjenige Theil des Berges, auf welchem Op⸗ pido lag, mit verſchiedenen Haͤuſern in den Erdfall geſtuͤrzt iſt; allein die⸗ ſer Umſtand iſt von gar keinem Be lang, in Vergleichung mit den großen Stuͤcken Landes, mit großen Wein⸗ und Oelgaͤrten, welche von einer Seite des Erdfalls voͤllig nach der andern hinuͤber verſetzt worden ſind, obgleich die Entfernung mehr als eine halbe Meile betraͤgt. | X Die Fortſetzung folgt kuͤnſtig. 4377 * t iunoberiſches Magazin. 1378 87tes Stuck. Freitag, den 3 ten October 1783. Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien und Sicilien, ꝛc. (Fortſetzung. ) 8 iR durch Zeugniſſe beglaubi⸗ get, daß ein Landmann, der in der Nachbarſchaft ſein Land mit zween Ochſen pfluͤgte, mit ſeinem Felde und Pfluge von einer Seite des Erdfalls voͤllig nach der andern verſetzt ward, ohne daß er, oder ſeine Ochſen, im geringſten beſchaͤdigt wurden. Dem zu Folge, was ich ſah, glau⸗ groß Man großen Elende, worin die ungluͤckli⸗ chen Einwohner der verwuͤſteten Staͤd⸗ be ich, daß dies moͤglich war. koͤnte ein großes Buch von ſonderba⸗ ren Thatſachen und Vorfaͤllen dieſer Art niederſchreiben, welche das Erdbe⸗ ben in der Ebene bewuͤrkt hat; und man wird ſie, wie ich vermuthe, in dem Bericht von dem fuͤrchterlichen Erdbeben anfuͤhren, welchen die Aka⸗ demie zu Neapel bekant zu machen ge⸗ denkt, da der Praͤſident bereits funf⸗ zehn Mitglieder, nebſt einer gehoͤrigen Anzahl von Zeichenmeiſtern, nach Cala⸗ brien geſandt hat, die Vorfaͤlle zu ſam⸗ meln, und Zeichnungen von ſelbigen, bloß in der Abſicht bekant zu machen, um dem Publikum einen befriedigenden und umſtaͤndlichen Bericht von dem neulichen Ungluͤck abzuſtatten. Wenn ſie aber nicht, wie ich ches auf die Natur des Bodens in der Ge⸗ gend, wo die Vorfaͤlle ſich ereignet, acht haben, ſo werden ihre Berichte uͤberhaupt wenig Glauben finden, auf ſer bei denen, welche wie Verehrer des Wunderbaren bekant ſind, und deren Anzahl iſt in dieſem Lande ziemlich Ich fand hier ein Beiſpiel von dem te unmittelbar gerathen waren. Don Marcillo Grillo, ein beguͤ⸗ terter Edelmaun, der viele und große Ländereien beſaß, entkam aus feinem zu Oppido durch das Erdbeben ver⸗ wuͤſteten Hauſe; ſein Geld (welches aus 12000 Goldſtuͤcken beſtand,) ward unter den Trümmern verſchuͤttet, vos durch er denn genoͤthigt war, verſchie⸗ dene Tage lang ohne Speiſe und Ob⸗ dach im heftigſten Regen zuzubringen, und ſich gluͤcklich fchäßte von einem Einſiedler in der Nachbarſchaft ein reines Hemd borgen zu koͤnnen. Da ich mich in den Ruinen zu Oppido Ss ss um⸗ 1379 umgeſehen hatte, verfligte ich mich in Nachricht von 9 Ist Ertbehen 1380 den Erdfall, und unterſuchte in ſelbi⸗ daß gem alles ſorgfaͤltig. Hier ſah ich die in der That wunderbare Gewalt des Erdbebens, welches juft eben die Würs kungen, wie ich ſie von dem Erdfalle zu Terra Nuova beſchrieben habe, auch hier, nur in unendlich größerer Maaße hervor gebracht hat. Die ungeheuren Maſſen der Ebene, die an beiden Seiten des Erdfalls ab⸗ geriſſen waren, lagen zuweilen in un⸗ ordentlichen Haufen über einander, for: mirten wuͤrkliche Berge, und hatten den Lauf zweener Fluͤſſe, von welchen einer ſehr anſehnlich iſt, gehemmet. Hierdurch ſind große Seen entſtanden, und, wenn Natur oder Kunſt nicht zu Huͤlfe kommen, und den Fluͤſſen ihren vorigen Lauf wieder geben, ſo muß nothwendig eine allgemeine Epidemie in daſiger Gegend daraus entſtehen. Zuweilen ſahe ich ein abgeriſſenes Stuͤck von einer Ebene, einige Mor⸗ gen groß, mit großen Eich- und Del: baͤumen, Lupinen oder Getreide, wel⸗ ches alles unten in dem Erdfall eben ſo gut fort wuchs, und in derſelben Ordnung ſtand, wie der Reſt, von welchem es abgeriſſen war, auf ſeiner urſpruͤnglichen Stelle in der Ebene, die wenigſtens 500 Fuß hoͤher lag, und ungeſaͤhr drei Viertel Meilen entfernt war. Ich traf ganze Weingaͤrten, die gleichfalls dieſe Reiſe gemacht hatten, in derſelben Ordunng im Grunde an. Da der Rand des Erdfalls, von wannen dieſe Stuͤcke kamen, nun bloß Erde, der be bc fandigtem _ ſehr feſtem, einem weichen Steine aͤhn⸗ lichen Thone beſtand. f Der Stoß, den dieſe ungeheuren Maſſen, entweder bloß von der heftigen Bewegung der Erde allein, oder mit Beihuͤlfe einer neuen Kraft von den in Freiheit geſetzten volkaniſchen Aus⸗ duͤnſtungen bekamen, ſcheint mit groͤſ⸗ ſerer Gewalt auf die niedrigern und feſtern Lagen, als auf die obere ange⸗ bauete Rinde gewuͤrket zu haben; denn ich bemerkte immer, daß, wo dieſe an⸗ gebaueten Inſeln (denn ſo ſehen ſie auf dem Boden des Erdfalls aus,) lagen, die untere Lage von feſtem Thon, einige hundert Ellen weiter ſortgetrie⸗ ben war, und in verwirrten Stuͤcken durch einander lag, von welchen Stuͤk⸗ ken viele, wie ich bemerkte, eine kubi⸗ ſche Geſtalt hatten. Da der untere Boden einen ſtaͤrkern Stoß bekommen, und ſich im Fortruͤcken von dem obern getrennet hatte, ſo iſt das die natuͤr⸗ liche Urſache der Ordnung, in welcher die Baͤume, Weingaͤrten und Vegeta⸗ bilien in den Erdfall hinabſtuͤrzten, und nun noch darin befindlich ſind. Ich glaubte, daß dieſer ſonderbare Vorfall wohl verdiente, erwaͤhnt zu werden; allein mit Worten laͤßt er ſich nicht gut beſchreiben. Sind die Zeichnungen und Plane der Akademie erſt erſchienen, ſo kan dieſe Nachricht, ſo unvollkommen ſie auch iſt, doch noch vielleicht ihren Nutzen haben. Hätte es mir die Zeit Ae a t⸗ 138 1 hätte gewiß einen Zeichenmeiſter mit nach Calabrien genommen. In einer andern Gegend unten im Erdfalle iſt ein Berg, der aus derſel— ben Thonerde beſtehet, und vermuth⸗ lich ein Stück von der durch ein Erd: beben fruͤherer Zeiten abgeriſſenen Ebene iſt. Dieſer Berg iſt ungefaͤhr 250 Fuß hoch, und ſeine Baſis haͤlt etwa 400 Fuß im Durchmeſſer; er iſt, nach glaubwuͤrdigen Zeugniſſen, faſt vier Meilen abwärts fortgeruͤckt worden, nach dem er durch das Erd: beben am ßten Febr. in Bewegung geſetzt war. | Der ftarfe Regen, der damals fiel, die große Laſt der neu abgeriſſenen Stuͤcke der Ebene, die ich am Ruͤcken deſſelben aufgehaͤuſt liegen ſah, die Art des Bodens, woraus er beſteht, und beſonders ſeine dage an einem Abhan— ge, erklaͤren dieſes Phaͤnomen hinrei⸗ chend; bingegen hatten die zu Neapel, eingelaufenen Berichte, daß ein Berg in einer vollkommenen Ebene vier Mei⸗ len weit fortgeruͤckt waͤre, vollkommen das Anſehen eines Wunderwerks. Ich fand auch einige einzelne zu Bauholz dienliche Baͤume, mit einem Klumpen des Bodens, worin ſie ur— ſpruͤnglich gewachſen waren, an ihrer Wurzel, unten im Erdfalle aufgerich— tet ſtehen, die von der oben erwaͤhnten Ebene losgeriſſen ſind. Ferner bemerkte ich auch, daß viele durch einander geworfene Haufen To; fen Erdreichs, die durch das Erdbe: ben von der Ebene an beiden Seiten des Erdfalls losgeriſſen worden, wie in Calabrien und Sicilien, ꝛe. 1382 eine volkaniſche Lava, vermuthlich durch Hülfe des ſtarken Regens, fort: gefloſſen waren, und viele denen der kava aͤhnliche Wurkungen waͤhrend ihres Laufs in den Erdfall hinab eine anſehnliche Strecke weit, verurſacht hatten. Za Santa Chriſtina, in der Nachbarſchaft von Oppido, hatten ſich ähnliche Phänomene ereignet, und das Erdbeben vom 5ten Febr. ſchien in dieſen Gegenden, imgleichen zu Ca⸗ ſal Nuova und Terra Nuova ſei⸗ ne groͤßte Gewalt ausgeuͤbt zu haben. Die von dem Erdbeben in andern Gegenden der Ebene des jenſeitigen Calabrien verurſachten Phänomene ſind von gleicher Art, aber in Ver⸗ gleichung mit denen, welche ich bes ſchrieben habe, nur geringe. Die fuͤr die übrig gebliebenen Ein⸗ wohner der alten nun in Ruinen fies genden Stadt erbaueten Barracken, ſtehen an einem gefunden Orte, unge faͤhr eine Meile von der alten Stadt, wo ich den Baron dieſes Landes, den Prinzen Cariati, fand, der ſich mit dem Beiſtande ſeiner Unterthanen auf eine thaͤtige Art beſchaͤſtigte. Er zeigte mir zwo Maͤdchen, wo⸗ von das eine ungefaͤhr 16 Jahr alt ſeyn mogte, und eilf Tage ohne Nabs rungsmittel unter den Ruinen eines Hauſes zu Gppido gelebt hatte. Die⸗ ſes Mädchen hatte ein Kind von 5 bis 6 Monaten im Arm, welches am vier⸗ ten Tage ſtarb. Es gab mir umftänds liche Nachricht von feinem ausgeſtan⸗ denen Leiden; da es durch eine kleine Ss ss 2 Oef⸗ 2383 Oefnung das Licht hatte ſehen koͤnnen, ſo hatte es die Anzahl der Tage, die es unter den Ruinen zugebracht hatte, genau bemerkt. Seine Geſundheit ſchien nicht gelitten zu haben, und es konte ohne Hinderniß trinken, nur ſchien ihm daß Hinunterſchlucken ſoli⸗ der Speiſen noch etwas ſchwer zu werden. Das andere Maͤdchen war etwa eilf Jahr alt. Es blieb nur ſechs Ta⸗ ge unter den Rninen, allein in einer fo engen und kuͤmmerlichen Lage, daß deſſen eine Hand, welche gegen die Wange drückte, faſt ein Loch durch dieſelbe gemacht hatte. Von Oppido reiſete ich durch daſ⸗ fulbe ſchoͤne Land und durch zu Grun⸗ de gerichtete Städte und Dörfer nach Seminara und Palmi. In der er⸗ ſten Stadt waren die Haͤuſer nicht ſo ſehr ruinirt, als in der letzten, die nie⸗ driger, und naͤher an der See liegt. Zu Palmi waren 1400 Menſchen umgekommen, und die todten keichna⸗ me waren nicht alle, wie an andern Orten, weggeſchaft und verbrannt wor⸗ den; denn ich ſah ſelbſt, als ich da war, zween heraus bringen, und die melancholiſche Geſtalt einer Frau in Trauerkleidern, die auf den Ruinen ihres Hauſes ſaß, Haupt und Hand auf das Knie geſtuͤtzt hatte, und mit aͤngſt⸗ lich wartendem Blicke jedem Streich der Hacke der Arbeiter folgte, in der Hofnung den Koͤrper eines Kindes, ih⸗ res Lieblings, wieder zu finden, wird mir ſtets in friſchem Andenken bleiben. Dieſe Stadt war ein großer Markt⸗ Nachricht von dem lezten Erdbeben — 1384 platz für Oel, wovon mehr als 4000 Faͤſſer zur Zeit der Verwuͤſtung in der Stadt waren, ſo daß, als die hoͤlzer⸗ — und > Gefäße zerbrachen, viele tunden hindurch ein Oelfluß aus derfelben ins Meer floß. Das ausgefloſſene mit dem Korne von Kornboͤden vermiſchte Getreide, und die faulenden Leichname, haben eine merkliche Wuͤrkung auf die Luft gehabt. a | Ich befuͤrchte, dies wird, wenn die Hitze zunimt, den ungluͤcklichen uͤbrig⸗ gebliebenen Einwohnern von Palmi, die in Barracken in der Naͤhe der zer⸗ ſtoͤrten Stadt wohnen, ſehr ſchaͤdlich ſeyn. 12117285 Mein Fuͤhrer ſagte mir, er ſey du den erſten Stoß unter den Truͤmmern ſeines Hauſes begraben worden, und nach dem zweiten, unmittelbar darauf erfolgten, habe er ſich ruͤcklings auf ei⸗ nem Balken, wenigſtens funzehn Fuß hoch in der Luft ſitzend befunden. Ich hoͤrte von vielen ſolchen ſonderbaren Rettungen in allen Gegenden der Ebe⸗ ne, wo das Erdbeben ſeine groͤßte Ge⸗ walt geaͤußert hatte. Von Palmi ging mein Weg durch das ſchoͤne waldigte Gebuͤrge von Bagnara und Solano, wo herrli⸗ che Eichen auf hohen Felſen ſtehen, am Fuße derſelben enge Thaͤler mit reiſ⸗ ſenden Stroͤmen, und die Wege ſo⸗ wohl wegen der Raͤuber als Abgruͤnde gefaͤhrlich ſind. N Meine beiden Führer, die bis her immer voran gegangen waren, theil⸗ ten ſich nun, und machten gleich ſam ei⸗ 1385 einen Vortrab und Nachtrab. Der enge Weg war oͤſters durch die waͤh⸗ rend des Erdbebens herunter gefallenen Felſenſtuͤcke und Baͤume geſperrt, ſo, daß wir uns genoͤthiget ſahen, einen neuen und noch gefaͤhrlichern Weg zu ſuchen; aber die calabriſchen Pferde haben in der That einen eben ſo ſichern Gang wie die Ziegen. Mitten in ei⸗ nem die ſer Paͤſſe fühlten wir einen ſehr ſtarken Stoß eines Erdbebens, der von einer lauten Exploſion, als wie von ei: ner ſpringenden Mine, begleitet war. Zu unſerm Gluͤck wurden dadurch kei⸗ ne Felſenſtuͤcke oder Baͤume von den hohen Bergen, die uͤber unſern Koͤpfen hingen, wie ich erwarte, abgeriſſen. Nachdem wir durch den Wald von Bagnara, Sinopoli und Solano gereiſet waren, ging ich durch die rei⸗ chen Kornfelder und freien Plaͤtze, die von Hoͤlzungen und hin und wieder zer⸗ ſtreuet ſtehenden Baͤumen auf das an⸗ genehmſte begraͤnzt wurden, die Aehn⸗ lichkeit mit unfern Parks haben, und einige Meilen groß ſiud, bis man den Gipfel einer offenen Ebene auf einem Huͤgel erreicht, wo man den ganzen Faro di Meſſina und die Kuͤſte von Sicilien, bis nach Catanea, mit dem Berge Aetna, der ſich ſtolz dahinter erhebt, uͤberfehen kan, welches alles die ſchoͤnſte Ausſicht giebt, die man ſich je gedenken kan. Von hier kam ich einen abſcheuli⸗ chen felſigten Weg hinab bis nach dem Torſe del’ Pezzolo, wo ein der Prin⸗ zeßin Lagnara gehoͤriger Landſitz und Meierhof befindlich iſt. Hier fand ich, in Calabrien und Sicilien, e. 1386 daß bereits eine epidemiſche Krankheit ausgebrochen war, wie ohne Zweifel bei zunehmender Hitze, in vielen an⸗ dern Gegenden dieſes herrlichen aber ungluͤcklichen Landes geſchehen wird, welches den erlittenen Muͤhſeligkeiten und der durch die neu entſtandenen Seen inſieirten Luft beizumeſſen iſt. Verſchiedene Fiſcher verſicherten mich, der Sand am Meere waͤre waͤh⸗ rend des Erdbebens am ßten Febr. in der Nacht heiß geweſen, und fie hät: ten an vielen Stellen Feuer aus der Erde kommen ſehen. Dieſes Umſtandes hat man in der Ebene oͤfters gegen mich erwaͤhnt, und meine Meinung davon iſt, daß die Ausduͤnſtungen, welche während der heftigen Bewegung der Erde, aus der⸗ felben hervorkamen, mit elektriſchem Feuer geſchwaͤngert waren, welches man auch von dem Rauche der Feuerſchluͤn⸗ de bei heftigen Ausbruͤchen ſtets ange⸗ merkt hat, denn ich ſah auf meiner gan⸗ zen Reiſe kein Merkmal, daß eine vol⸗ kaniſche Materie irgendwo aus den Spalten der Erde bervorgekommen war, und bin uͤberzeugt, daß der ganze Schaden bloß durch Ausduͤnſtungen und Dünfteverurfacht worden iſt. Man verſicherte mich, der erſte Stoß, den man hier empfunden, waͤre ſeitwaͤrts, hernach wirbelhaft, und außerordent⸗ lich heftig geweſen; allein, was man hier heftig nennt, iſt in Vergleichung mit demjenigen fuͤr nichts zu rechnen, was man in der Ebene von Caſa Nuova, Poliſtene, Palmi, Terra Nuova, Oppido, u. ſ. w. empfand, Ss ss 3 wo 4387 wo mir alle einmuͤthig ſagten, daß der heftige unglückliche Stoß am 5 ten Febr. plotzlich, ohne Warnung, und vom Grunde aufwärts gekommen ſey; auch die Heftigkeit des Stoßes wird in de— nen Plaͤtzen, wo ſo viele Menſchen um⸗ kamen, und wo man nur einen der; wirrten Haufen von Truͤmmern ohne Straßen oder Haͤuſer unterſcheiden zu koͤnnen ſieht, genugſam beſtaͤtigt. Von dieſem Orte, bis nach Reggio liegen an beiden Seiten des Weges Meierhoͤfe und Orangenwaͤlder. Ich ſah kein einziges Haus, welches ganz umgeſtuͤrzt war, alle aber waren beſchaͤ⸗ digt und verlaſſen, und die Einwohner hatten ſich ſaͤmtlich in Barracken in deu ſchoͤnen Orangen- Maulbeer- und Feigenwaͤldern begeben, die man in der Gegend von Reggio in Menge antrift. Ein Hof, welchen ich beſuchte, und der fir den fruchtbarſten in dieſer gan: zen Gegend von Magna Grecia ge⸗ halten wird, liegt etwa anderthalb Mei⸗ len von der Stadt Keggio, und ge hört, welches merkwuͤrdig iſt, einem Edelmann, Namens Agamemnon. Die Schönheit der Agrume, (ein allgemeiner Name für alle Gattungen von Orangen- Limonien-Citronen und Bergamottbaͤume,) kan mit Worten nicht beſchrieben werden. Der fan: digte Boden, die warme Lage, der ber ſtaͤndige Ueberfluß am Waſſer, indem man einen klaren Bach in kleinen Ka: nalen zu den Wurzeln aller und jeder Bäume leiten kan, iſt die Urſache des herrlichen Wachsthums derſelben. Don Agamemnon verſicherte mich, er hätte ein ſchlechtes Jahr, wenn er Nachricht von dem letzten Erdbeben 1388 nicht 170,000 Limonien, 200,000 Orangen, (die ich eben ſo fuͤrtreflich, wie die zu Malta fand,) und ſo viel Bergamotten, als zu 200 Quart Ber⸗ gamotteneſſenz erforderlich ſind, aus feis nem Garten, welcher eben nicht ſehr groß iſt, einernten koͤnte. Auch noch ein anderer Umſtand macht dieſe Gaͤr⸗ ten merkwuͤrdig, nemlich der, daß die Feigenbaͤume jährlich zweimal Fruͤchte tragen, und zwar das erſte mal im Ju⸗ nius, und zum zweiten mal im Auguſt. Ich komme nunmehr wieder zu meis nem eigentlichen Gegenſtande zuruͤck, von welchem meine Aufmerkſamkeit durch die außerordentliche ungemeine Schoͤnheit dieſer Provinz öfters abge⸗ leitet ward. N 8 Ich kam bei Sonnen Untergange zu Reggio an, welche Stadt ich weniger beſchaͤdigt fand, als ich vermuthete, ob gleich kein Haus in ſelbiger bewohnbar oder bewohnt iſt, und wo alle Einwoh⸗ ner in Barracken oder unter Zelten woh⸗ nen; da ich aber einige Tage in der Ebene zugebracht hatte, wo jedes Ge⸗ baͤude dem Boden gleich iſt, ſo war ein Haus mit einem Dache, oder eine Kir⸗ che mit einem Thurm fuͤr mich ein neuer reitzender Gegenſtand. > Indeſſen ſcheint es, daß die Ein wohner des ganzen Landes, welches vom Erdbeben ſo ſehr mitgenommen wor⸗ den, ſich fo außerordentlich fürchten in ein Haus zu gehen, daß ich feſt uͤber⸗ zeugt bin, der groͤßte Theil werde, wenn auch das Erdbeben gleich gaͤnzlich vor⸗ über iſt, fortfahren in Barracken zu wohnen. * Die 1389 Die Barracken find hier, einige we nige ausgenommen, die ſo gar zierlich find, ſchlecht gebauet, fo wie überhaupt im ganzen Lande alle Barracken ſolcher Städte, die fo wenig beſchaͤdigt wor— den ſind, daß die Einwohner ſich mit der Hofnung ſchmeicheln dürfen, daß ſie, wenn das jetzige Erdbeben vorbei iſt, in ihre Städte werden zuruͤckkehren, und ihreHaͤuſer wieder beziehen koͤnnen. Reggio iſt durch das Erdbeben uͤbel mitgenommen, aber doch keineswegs vernichtet worden. Der Erzbifchof, ein verſtaͤndiger, thaͤtiger und menſchen⸗ freundlicher Praͤlat, hat ſich vom An⸗ fange des Erdbebens an bis auf den heutigen Tag hervor gethan. Alle über: fluͤßigen Zierrathen der Kirche, und ſei— ne eigenen Pferde und Geraͤthe hat er zur Unterſtuͤtzung ſeiner ungluͤcklichen Heerde angewendet, mit welcher er alle Unbequemlichkeiten und Drangſale, die dies Ungluͤck natuͤrlicher Weiſe veran⸗ laßt hat, theilt. Auf meiner ganzen Reiſe bemerkte ich, ausgenommen in dieſem und eini⸗ gen wenigen andern Beiſpielen, alfent: halben eine hervorſtechende Gleichguͤl— tigkeit, Unthaͤtigkeit und Muthloſig⸗ keit, welches ein ſchlimmer Umſtand iſt, da ſolch ein ſchweres und allgemeines Ungluͤck bloß durch eine der herrſchen⸗ den gerade entgegengeſetzte Denkungs—⸗ art, nur gemildert werden kan; da aber die hieſige Regierung in ihren Bemuͤ— hungen dem gegenwaͤrtigen Uebel abzu⸗ helfen, und dem wahrſcheinlich bevor⸗ ſtehenden vorzubeugen, unermuͤdet iſt, ſo ſteht zu hoffen, daß die neulich ger in Calabrien und Sicilien, wc. 1390 machten großmuͤthigen und weiſen Eins richtungen, den Einwohnern diejenige Thatkraft wieder geben werden, woran es ihnen fehlt, und ohne welche eine der reichſten Provinzen in Europa in Gefahr ſteht, ins aͤußerſte Verderben zu gerathen. Die vorzuͤglichſten Handlungsarti— kel von Reggio, find Seide, Berga— motteneſſenz, Orangen und Limonien. Man verſicherte mich, daß jaͤhrlich von dieſer Eſſenz nicht weniger, als too, oo Quart ausgefuhrt würden. Die Frucht wird, wenn die Rinde davon abgeſon⸗ dert iſt, den Kuͤhen und Ochſen gege— ben, und die Einwohner dieſer Stadt ſagten mir, daß das Ochſenfleiſch in dieſer Jahrszeit einen ſtarken und wi— drigen Geruch von Bergamotten haͤtte. Der wuͤrdige Erzbiſchof theilte mir eine Nachricht von den bieſigen Erd⸗ beben in den Jahren 1770 und 1780 mit, wodurch 16,400 Einwohner ges zwungen wurden, verſchiedene Monate zu campiren, oder in Barracken zu wohnen, ohne daß jedoch die Stadt be⸗ traͤchtlichen Schaden erlitten hatte. Hier, wo man eine fo lange Erfah— rung von den Erdbeben gehabt hat, ver⸗ ſicherte man mich, daß alle Thiere und Voͤgel, bei der Annaͤherung eines Erds bebenſtoßes denſelben in einem ſtaͤrkern oder geringern Grade weit merklicher als ein Menſch voraus empfaͤnden; daß aber die Gaͤnſe vor allen andern die Annaͤherung eines Erdbebens am geſchwindeſten zu empfinden, und am unrubigften dabei zu ſeyn ſchienen. Wenn fie ſich auf dem Waſſer befaͤn⸗ ö | de N, 1391 Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabrien, r. 1392 den, ſo verließen ſie es gleich, und man koͤnte ſie in einiger Zeit hernach auf keine Weiſe wieder aufs Waſſer treiben. Die Anzahl der durch das letzte Erd⸗ beben am zen Febr. Umgekommenen iſt mit dem ſich ergebenden Grade des in der Stadt geſchehenen Schadens uͤbereinſtimmend, und belaͤuft ſich nicht über 126. Da es ſich um Mittag er⸗ eignete, und ſein Anzug langſam war, fo hatten die Einwohner von Reggio Zeit zu entkommen, da hingegen, wie ich ſchon oͤfters angefuͤhrt habe, der Stoß in der ungluͤcklichen Ebene eben ſo unvermuthet als heftig und verwuͤ⸗ ſtend war. Jedes Gebaͤude ward der Erde gleich gemacht, es kamen übers haupt viele Menſchen um, und die Anzahl der Verungluͤckten war der in die Augen fallenden Verwuͤſtung der Gebäude angemeſſen. Keggio ward durch ein Erdbeben vor dem Marſiſchen Kriege verwuͤ⸗ ſtet, und wurde, nachdem es Julius Caͤſar wieder hatte aufbauen laſſen, Regum Julium genannt. Ein Theil der Mauer iſt noch uͤbrig, und heißt der Julianiſche Thurm; er iſt von ungeheuren Steinen ohne Cement ge: bauet. Nahe bei St. Peruto, zwi⸗ ſchen Reggio und dem Vorgebuͤrge Spartivento find Ueberbleibſel von einer Schmelzhuͤtte, da der jetzige far T Die bei der Königl. Societaͤt der Wil, ſenſchaften zu Göttingen eingelaufene Preisſchrift, über die vortheilhafteſte Ein: richtung und Unterhaltung der Zucht- und Werkhäuſer, wovon im 72 Stück die ſes Magazins von dieſem Jahr Seite tholiſche Koͤnig, als er noch Koͤnig beider Sicilien war, in dieſer Gegend Silberbergwerke bearbeiten ließ, die aber bald wieder eingingen, weil die Koſten dabei den Vortheil uͤberſtiegen. In der Nachbarſchaft von Reg gio giebt es einige Staͤdte, worinnen noch die griechiſche Sprache geredet wird. Wie ich vor etwa 15 Jahren einſt durch Sicilien reiſete, landete ich zu Spartivento, im jenſeitigen Ca⸗ labrien, und begab mich nach Bova, wo ich fand, daß die griechiſche Spra⸗ che die einzige war, die in dieſem Di⸗ ſtriet die uͤblichſte iſt. Am ızten Mai verließ ich Reg⸗ gio, und mußte, weil ich widrigen Wind hatte, meine Boͤte durch Och⸗ fen bis nach Punta del Puzzolo, Meſſina gegen über, ziehn laſſen, von wo uns der Strom wuͤrklich ſehr geſchwinde in den Hafen von Meſ⸗ ſina brachte. 5 234 Der Hafen und die Stadt hatten in ihrem halbverwuͤſteten Zuſtande bei Mondenlicht ein ſehr maleriſches An⸗ ſehn. So viel iſt gewiß, daß die Ge⸗ walt des Erdbebens zu Meſſina und Reggio, ob fie gleich daſelbſt ſehr heftig war, dennoch in Vergleichung mit der Ebene fuͤr nichts gerechnet werden konte. A 50 N Der Schluß folgt kuͤnftig. 7 + n 1137. Nachricht gegeben iſt, hat den Herrn Commiſſarius Rulfs in Einbeck zum Vers faſſer. Dieſe Schrift wird auf Veranlaſ⸗ fung der Societät, mit ihrer Vignette und mit einer Vorrede des Herrn Profeſſor Jo, hann Beckmann, bereits gedruckt. CCCCC.CC(C(ͤ ³⁰·¹¹wꝛ A A EETBEBRETTT $ Ds j bes Magazin. 8805 Stuͤck. Montag, den zten November 1783. et von dem letzten Erdbeben in ee und Sicilien, ꝛc. 3 45 (Schluß. 0 m folgenden Morgen beſuchte ich die Stadt Meſſina, und fand, daß ihre ganze ſchoͤne Vorderſeite, der ſogenannte Palazza⸗ ta, die ſich in ſehr hohen uͤbereins ge⸗ baueten Haͤuſern, in Geſtalt eines hal: ben Mondes ausbreitete, an einigen Stellen gaͤnzlich zu Grunde gerichtet, an andern aber weniger beſchaͤdigt wor: den war, und daß in der Kaye, welche theils einen Fuß tief unter dem Niveau der See geſunken war, Riſſe befindlich waren. Dieſe Riſſe ſind vermuthlich durch die horizontale Bewegung der Erde auf eben die Art verurſacht wor: den, wie die Stücke in der Ebene ab: geriſſen, und in den Erdfall zu Oppi⸗ do und Terra Nuova geſtuͤrzt wa⸗ ren; denn die See iſt am Rande der Kaye ſo tief, daß die groͤßten Schiffe ſeitwaͤrts daran liegen koͤnnen, folglich fing die Erde, der es an der Seeſeite an Unterſtuͤtzung fehlte, an zu reißen, und ſich von einander zu ſpalten; und da da⸗ ſelbſt, wo eine Spalte iſt, auch andere kleinere ſind, die mit der erſten parallel laufen; ſo glaube ich, daß die große Beſchaͤdigung, welche die der ai am naͤchſten liegende Gebäude erlitten, ſol⸗ chen Spalten unter ihrer Grundlage zugeſchrieben werden muͤſſe. Selbſt in der niedrigen Gegend von Meſſina ſind noch viele Haͤuſer ſtehen geblieben, deren einige nur wenig be— ſchaͤdigt ſind; aber in hoͤhern und er⸗ habnern Lagen ſchien das Erdbeben, wie ich beſonders bemerkte, kaum eine Wuͤrkung gethan zu haben. Ein groß ſer Beweis, daß die Gewalt des Erd— bebens hier herum viel Grade ſchwaͤ⸗ cher, als in der Ebene von Calabrien geweſen iſt, daß das Kloſter der heili— gen Babara, und das ſogenannte Nb⸗ viziat der Jeſuiten, die beide erhaben liegen, keine einzige Ritze hatten, und die Uhr des letzten durch das Erdbe—⸗ ben, das in dieſem Lande vier Monat hindurch gedauert, und einiger maaßen noch anhaͤlt, im geringſten nicht in Un⸗ ordnung gerathen iſt. Außerdem ſind zu Meſſina von 30,000 Einwohnern, welche Volksmenge man in dieſer Stadt zur Zeit des erſten Erdbebens annimt, nicht uͤber 700 umgekommen, Tett wel⸗ I 1395 welcher Umſtand die Sache außer Zwei⸗ fel ſetzt. Ich fand, daß einige Haͤuſer, ja ſogar ein Paar Straßen zu Mefft i⸗ na bewohnt, und einige Laden in ſel⸗ bigen offen waren; allein die meiſten Einwohner wohnen doch unter Zelten und Barracken, die an 3 oder 4 vers ſchiedenen Oertern auf den Feldern und in offenen Pläßen, nahe bei der Stadt, aber doch in großer Entfernung von einander errichtet ſind, und daher fuͤr eine Handelsſtadt ſehr unbequem ſeyn muͤſſen. Sieht man nicht ſorgfaͤltig dahin, daß die Gaſſen zwiſchen den Barrak— ken, und die Barracken ſelbſt beſtaͤn⸗ dig rein gehalten werden, ſo befuͤrchte ich, das ungluͤckliche Mefi ina werde mit epidewifchen Krankheiten in der Sommerhitze heimgeſucht werden, und ein neues Elend auszuſtehen haben. Viele Gegenden der Ebene von Ca⸗ labrien, ſcheinen in eben dieſer beſorg⸗ lichen Lage zu ſeyn, die beſonders den Seen zuzuſchreiben iſt, die aus dem gehemmten Laufe der Fluͤſſe entſtanden find, wovon einige, wie ich ſelbſt ſahe, bereits grün, und der Faͤulniß nahe Ich kan nicht umhin, hier zu bemer⸗ ken, daß die Nonnen, welche gleich⸗ falls in Barracken wohnen, unter der Aufſicht ihres Beichtvaters ſtets um⸗ her wandelten, munter, und der Frei⸗ heit zu genießen ſchienen, die das Erd⸗ beben ihnen verſchaft hat. Eben die⸗ ſes bemerkte ich auch an den Schul⸗ knaben zu Reggio, fo, daß die An: merkung in meinem Tagebuche, wel⸗ Nachricht von dem letzten Erdbeben * 1396 ches ich in der Eile, ſchrieb, und wert - aus ich in eben der Eile die unvollkom⸗ mene Nachricht, welche ich Ihnen ſen⸗ de, gezogen habe, folgendermaaßen abgefaßt war: Erdbeben, den Nonnen und Schulknaben beſonders an⸗ genehm. Man ſagt, daß aus den Ritzen in der Kaye, oder Damme, waͤhrend der Erdbeben Feuer gekommen ſey, und viele, die ich ſprach, bezeugten es; al⸗ lein es ſind keine ſichtbare Merkmale davon vorhanden, und ich bin uͤber⸗ zeugt, daß es, ſo wie in Calabrien, nicht mehr als ein mit elektriſchem euer geſchwaͤngerter Dunſt, oder eine brenn⸗ bare Luft war. Auch hier trug ſich ein ſonderbarer Vorfall zu, zum Beweiſe, daß Thiere lange Zeit ohne Nahrungsmittel leben⸗ dig bleiben koͤnnen. Zween dem Her⸗ zoge von Belviſo zugehoͤrige Maul⸗ eſel blieben einer zwei und zwanzig, und der andere drei und zwanzig Tage unter einem Haufen Truͤmmern; ſie wolten einige Tage lang nicht freſſen, tranken aber viel Waſſer, und ſind nun völlig wieder hergeſtellet. Man hat unzählige Beiſpiele von Hunden, die viele Tage lang ein aͤhn⸗ liches Schickſal hatten, und eine dem brittiſchen Vieeeonſul zu Meſſina ge⸗ hoͤrige Henne, die unter den Ruinen ſeines Hauſes, ſehr enge eingeſpertt ge⸗ weſen war, ward am zwei und zwan⸗ zigſten Tage befreiet, und hat ſich wie⸗ der erholt. Sie fraß einige Tage nicht, ſoff aber vielz war mager geworden, 1397 und gabanfänglich nur geringe Lebens⸗ zeichen von ſich. Aus dieſen und den vorhin, von den Maͤdchen zu Oppi⸗ do, und den Schweinen zu Soriano angefuͤhrten Beiſpielen, und verſchie⸗ denen andern aͤhnlicher Art, die man mir erzaͤhlte, die ich aber, weil ſie nicht fo merkwuͤrdig find, unangefuͤhrt laſſe, koͤnte man wohl ſchließen, daß lang⸗ wieriges Faſten immer mit großem Durſte und gaͤnzlichem Verluſte der Eßluſt begleitet iſt. f Aus allen von mir angeſtellten For⸗ ſchungen fand ich, daß der heftige Stoß am zien Febr. vom Grunde auf: waͤrts gekommen, und den folgenden nicht ahnlich geweſen, welche überhaupt horizontal und wirbelhaft waren. Ein bemerkungswuͤrdiger Umſtand, welcher an der ganzen Kuͤſte von Ca⸗ labrien, die vom Erdbeben am mei⸗ ſten gelitten hatte, gleichfalls bemerkt worden, iſt dieſer, daß ein kleiner Fiſch, Cicirelli genannt, welcher den Weißfiſchen aͤhnlich, aber größer iſt, und ſich gewoͤhnlich auf dem Grunde des Meers im Sande aufhaͤlt, ſeit dem Anfange des Erdbebens nahe un: ter der Oberflaͤche des Waſſers in ſo großer Menge gefangen worden, und noch jetzt gefangen wird, daß er den aͤrmſten Leuten zur gewoͤhnlichen Spei: ſe gedient hat; da hingegen dieſer Fiſch vor dem Erdbeben ſelten war, und unter die leckerſten Speiſen gerechnet wurde. Ueberhaupt ſind alle Fiſche in ſelbi⸗ gen Gegenden, ſeit dem ſie vom Erd⸗ beben gelitten haben, in groͤßerer Men⸗ in Calabrien und Seelen, it. 1398 ge, und mit weniger Mühe, als vor: ber gefangen worden. Ich fragte immer alle Fiſcher, die ich auf der Kuͤſte von Sictlien und Calabrien antraf, ob dieſer Umſtand wahr wäre, und er ward ſtets bejaher; allein, mit einem ſolchen Nachdruck, daß er etwas außerordentliches gewe⸗ ſen ſeyn muß. Ich bin der Meinung, daß entweder der Sand auf dem Grun⸗ de des Meers durch das volkaniſche Feuer unter demſelben erhitzt worden iſt, oder, daß das beſtaͤndige Beben der Erde die Fiſche aus ihren Schlupf winkeln getrieben hat, gerade ſo, wie einer, welcher angelt, wenn er einen Köder noͤthig hat, die Regenwuͤrmer aus dem gruͤnen Anger am Fluſſe da⸗ durch hervor zu kommen noͤthiget, daß er mit den Fuͤßen darauf ſtampfet, welche Bewegung ſtets dieſe Wirkung bervorbringt, wie ich felbft öfters ers fahren habe. Ich fand die hieſtge Ci⸗ tadelle eben nicht ſonderlich beſchaͤdigt, ſondern fie war in dem nemlichen Zus ſtande, worin ich ſte vor 15 Jahren verließ. Das kazareth hat einige Ritzen, wie die Kaye, und mit ſelbigen hat es eben die Bewandniß. Der Officier, welcher in der Eita⸗ delle commandirt, und ſich während. des Erdbebens darin befand, verſicher⸗ te mich, daß das Meer an dem un⸗ glücklichen ten Febr. und den drei fol⸗ genden Tagen in einer Entfernung von etwa einer Viertel Meile von gedach⸗ ter Feſtung empor geſtiegen, und auf eine außerordentliche Art, mit einem Titt 2 fuͤrch⸗ 1399 fürchterlichen und Unruhe erweckenden Geloͤſe gekocht habe, dahingegen das Meer in andern Gegenden des Saro vollkommen ruhig geweſen ſey. Dies ſcheint Ausduͤnſtungen, oder Aus bruͤche aus Spalten auf dem Gens de des Meers anzuzeigen, die hoͤchſt wahrſcheinlicher Weiſe waͤhrend der gewaltſamen Erdbeben entſtanden ſeyn koͤnnen, die hier ſaͤmmtlich, wie ich uͤberzeugt bin, bolzaniſchen Ursprungs ind. 0 Am 17 ten Mai verließ ie meſſi⸗ na, wo man mich guͤtig und gaftfrei aufgenommen hatte, und fuhr in mei; ner Speronara laͤngſt der ſieilianiſchen Kuͤſte bin, nach der Spitze der Ein: fahrt des Faro, wo ich ans Land ging, und einen Prieſter fand, der in der Nacht zwiſchen dem sten und 6ten Fe⸗ bruar dafelbft geweſen war, als die große Welle uͤber dieſe Spitze ging, einige Boͤte und über 24 Ungluͤckliche mit ſich fortſpuͤlte, Baͤume ausriß, und einige too Pfund Fiſche, die fie mitgebracht hatte, auf dem trockenen Lande zuruͤck ließ. Er erzaͤhlte mir, daß die Welle auch uͤber ihn gegangen ſey, und daß er mit genauer Noth ſein Leben gerettet habe. Anfänglich ſagte er, daß Waſſer wäre heiß geweſen; da ich aber begierig war, die Wahrheit dieſes Umſtandes zu wiſ—⸗ ſen, woraus ſich vieles haͤtte ſchließen laſſen; ſo fragte ich ihn, ob er ſolches gewiß wuͤßte? und da ich in ihn drang, raͤumte er ein, daß das Waſſer nicht waͤrmer, als es gewoͤhnlich im Som⸗ mer iſt, geweſen waͤre. Er ſagte, die Nachricht von dem letzten Erdbeben Welle waͤre ſehr hoch empor geſtiegen, und mit großem Getoͤſe und ſolcher Geſchwindigkeit angekommen, daß es unmoͤglich ag ee wn derſelben zu entgehen. 155 Der Thurm auf ber Site war halb verwuͤſtet, und ein armer Prie⸗ ſter, der darin war, verlor fein eben. Von hier fuhr ich aber die See nach Scilla. Hier traf ich meinen Freund, den Pater Minaſi an, der ein Domi⸗ nikaner, ein wuͤrdiger Mann und ge⸗ ſchickter Naturkuͤndiger, von Scilla gebuͤrtig, iſt. Die Akademie zu Nea⸗ pel hat ihm aufgetragen, die Phaͤno⸗ mene, die das Erdbeben in dieſer Ger gend begleitet haben, zu beſchreiben. Durch ſeine mir an Ort und Stelle geleiſtete Huͤlfe, ſahe ich die Befchaf: fenheit der fuͤrchterlichen Welle voll⸗ kommen ein, die ſiedend heiß geweſen ſeyn ſolte, und fuͤr den Baron dieſes Landes, den Prinzen von Scilla ſehr ungluͤcklich geweſen war, da er mit 2473 feiner unglücklichen‘ Untertha⸗ nen durch ſelbige vom Ufer ins Mur fortgeſchwemmet wurde Die Sache verhält fich, wie flgees Der Prinz von Scilla bat bemerkt, daß waͤhrend des erſten fürchterlichen ; Stoßes, welcher fih am sten Febr. um Mittag ereignete, ein Stuͤck des Felſen bei Scilla ins Meer geſtuͤrzt war; und da er befuͤrchtete, daß der Felſen von Scilla, worauf ſein Pal⸗ laſt und die Stadt liegen, auch abge⸗ riſſen werden moͤgte; ſo hielt er es fuͤr fi cherer, Boͤte anzuſchaffen, und ſich in einen kleinen, von Felſen umgebe⸗ nen 9 BR © a 2 \ = 14 1400 N. 140 1 = nen Hafen „oder in eine Bucht am Fuße des Felſen zu begeben. Der zweite Stoß des Erdbebens nach Mitternacht, riß einen ganzen Berg los, der viel hoͤher, als der von Scilla, und theils caleinirt, theils kreidigt war, und zwiſchen Torre del Cavallo und dem Felſen von Scilla lag. Dieſer Berg ſtuͤrzte mit Gewalt in das damals vollkommen ſtille Meer, und verurſachte die ungluͤckliche el: le, von der ich oben bemerkt habe, daß ſie uͤber den ſchmalen Erdſtrich in der Inſel Scilla, Punta del Faro ge— nannt, mit ſolcher Wuth ging, und mit großem Getoͤſe und ſehr ſchnell aufs Ufer zuruͤck kehrte, wohin der Prinz von Scilla und die ungluͤcklichen Einwohner ihre Zuflucht genommen batten, und fie mit ihren Boͤten und beſten Sachen entweder an dem Felſen zerſchmetterte, oder ſie auch ins Meer mit ſich fortriß. Diejenigen, die der erſten und größ: ten Welle entgangen waren, wurden durch eine zweite und dritte, die nicht ſo ſtark waren, und gleich auf die erſte folgten, fortgeriſſen. Ich ſprach hier verſchiedene Maͤn⸗ ner, Frauen und Kinder, die durch dieſen unerwarten Vorfall elendiglich verſtuͤmmelt und theils ins Meer mit fortgeriſſen waren. Hier, ſagte einer, ward mein Kopf durch die Thuͤr eines Kellers gepreßt, und zeigte mir, daß er verwundet war. Da, ſagte ein ande⸗ rer, ward ich in ein Faß geworfen. Eine Frau zeigte mir ihr Kind, das voll Wunden war, die es von den mit 6 e cusbien und Sicilien, se. 1402 dem Waſſer vermiſchten Steinen, Stuͤcken Holz, u. ſ. w., die in die ſem engen Hafen von einem Orte zum andern geworfen wurden, bekommen hatte. Alle aber verſicherten mich, daß ſie nicht die geringſte Hitze in dem Waſſer verſpuͤrt haͤtten, ob ich mir gleich zu behaupten getraue, daß Sie, mein Herr, mit vielen Zeugniſſen ver— ſehene Berichte leſen werden, daß das Waſſer heiß geweſen ſey, daß viele todte Körper ans Ufer getrieben wor: den, welche von demſelben halb gekocht zu ſeyn geſchienen, und daß viele noch lebende Perſonen augenſcheinlich von dieſer heißen Woge verbrannt gewe— fen; fo ſchwer iſt es, hinter die Wahr⸗ heit zu kommen! Haͤtte ich mich an der erſten Ant⸗ wort des Prieſters zu Punta del Sa: ro begnuͤgt, und ſie in meinem Tage— buche aufgezeichnet, wer koͤnte alsdenn noch gezweifelt haben, daß das Waſ-⸗ ſer dieſer Welle nicht heiß geweſen? Jetzt aber, da wir mit der Urſache die⸗ ſer ungluͤcklichen Welle genau bekant ſind, wiſſen wir, daß ſie nicht heiß hat ſeyn koͤnnen; aber das Zeugniß ſo vieler Ungluͤcklichen, die dadurch ge⸗ litten haben, iſt entſcheidend. Ein Vorfall, der mir erzählt wur⸗ de, und den hier viele bezeugten, iſt in der That ganz außerordentlich. Eine Frau von Scilla, die im vierten Mo— nat ſchwanger war, ward von der Welle ins Meer fortgeriſſen, und neun Stunden nachher lebendig, auf dem Ruͤcken ſchwimmend, wieder aufge⸗ fiſcht. Sie kam auch nicht einmal un⸗ Titt 3 zeitig 1403 zeitig nieder, und befand ſich jetzt voll⸗ kommen wohl; man wuͤrde ſie mir auch gezeigt haben, wenn fe ſich nicht tiefer ins Land hinein begeben hätte. Man ſagte mir, ſie haͤtte ſchwimmen koͤnnen, wie die meiſten Weiber in die⸗ ſer Gegend Calabriens. Ihre Angſt und ihre Leiden waren aber doch zu einem ſo hohen Grade geſtiegen, daß fie juſt zu der Zeit, da das Bot, wel⸗ ches ſie einnahm, erſchien, einen Ver⸗ ſuch machte, ihren Kopf unter das Waſ⸗ ſer zu bringen, um ihrem elenden Le⸗ ben ein Ende zu machen. Der Pater Mina ſi erzaͤhlte mir ei⸗ nen andern ſonderbaren Vorfall, der ſich hier in der Nachbarſchaft zugetra⸗ gen hatte, und, wie er wußte, voͤllig wahr war. Ein achtzehnjaͤhriges Maͤd⸗ chen lag ſechs Tage unter den Truͤm⸗ mern eines Hauſes begraben, und der Fuß war ihr am Kuöchel durch den fcharfen Rand eines Faſſes, welches auf ſelbigen fiel, faſt abgeſchnitten worden; der Staub und Moͤrtel ſtillten das Blut; ſie hatte auch nachher keinen Wundarzt gebraucht; allein der Fuß fiel von ſelbſt ab, und die Wunde ward ohne allen fremden Beiſtand, bloß durch die Huͤlfe der Natur, vollkommen geheilt Wolte man von ſolchen auf ſerordentlichen Vorfaͤllen und wunder⸗ baren Rettungen, die ſich in allen ver: wuͤſteten Staͤdten im jenfeitigen Cala⸗ brien und in Sicilien ereignet haben Nachricht ertheilen, ſo wuͤrden ſie, wie ich ſchon geſagt habe, ein großes Buch ausfuͤllen. | Ich habe nur einiger wenigen von den außerordentlichften und ſolcher ers Nachicht von dem lezten Erdbeben — waͤhnt, die ich aus völlig zuverlaͤßigen Quellen ſchoͤpfte. Auf dem Ruͤckwege nach Neapel, wo ich am 2zten Mai ankam, ging ich laͤngſt der Kuͤſte der beiden Calabrien und des Fuͤrſtenthums Citra nur zu Tropea, Paula, und in der Bucht des Palinurus ans and. Tropea, das eine ſchoͤne Lage auf einem uͤber dem Meere haͤngenden Fel⸗ ſen hat, war nur wenig beſchaͤdigt, dem unerachtet aber wohnten alle Einwoh⸗ ner in Barracken. e Zu Paula fand ich es eben ſo. Die Fiſcher erzaͤhlten mir hier, daß ſie noch immer Fiſche in großer Menge fingen, welches feit dem Anfange des jetzigen Un⸗ gluͤcks beſtaͤndig der Fall geweſen waͤre. Zu Tropea fühlte man am 1 ten Mai einen heftigen Stoß eines Erdbe⸗ bens, welcher aber von kurzer Dauer war. Waͤhrend meines Aufenthalts in Calabrien und Sicilien ereigneten ſich fünf Stöße, von denen drei ziem⸗ lich ſtark waren, und zu Meſſina fuͤhl⸗ te ich des Nachts beſtaͤndig ein ſchwa⸗ ches Beben der Erde, welches auch viele Meſſiner bemerkten. 957 Ich bin in der That beſchaͤmt, mein Herr, Ihnen einen ſo uͤbel zuſammen baͤngenden eilfertigen Auszug aus mei⸗ nem Tagebuche zu ſenden; wenn ich aber bedenke, daß, wenn ich ihn nicht gleich fortſchicke, die Koͤnigl. Geſell⸗ ſchaft fuͤr die Sommerzeit aus einan⸗ der gegangen feyn, und die Sache, ehe ſie wieder zuſammen komt, alt werden wird, ſo waͤhle ich von zwei Uebeln das geringſte. Bar re Der⸗ o Dergleichen robe Entwuͤrfe haben gleichwohl, ſo unvollkommen und un⸗ richtig fie auch oft find, doch immer, wie in der Malerei, das Verdienſt einer er⸗ ſten Skizze, und eine Art von Geiſt, der öfters verſchwindet, wenn die letzte Hand an das Gemaͤlde gelegt iſt. Wenn Sie die Beſchwerlichkeiten und Eilfertigkeit der Reiſe, die ich eben zuruͤck gelegt habe, erwaͤgen, und daß ich mitten unter den Anſtalten zu meiner andern Reiſe nach England, die ich mor⸗ gen antrete, dieſen Bericht niederge⸗ ſchrieben habe; fo hoffe ich, daß ich, ungeachtet aller ſeiner Unvollkommen⸗ heiten, doch Ihre Nachſicht verdienen werde. Allein, ebe ich mich von Ihnen be; urlanbe, will ich das Reſultat meiner Anmerkungen in Calabrien und Si⸗ cilien zuſammen ziehen, und Ihnen meine Gruͤnde eroͤffnen, aus welchen ich glaube, daß das jetzige Erdbeben durch die Wuͤrkung eines Feuer ſchlundes ent: ſtanden ſey, deſſen Sitz tief unter dem Boden der See, zwiſchen der Inſel Stromboli und der Kuͤſte von Cala⸗ brien, oder unter den Theilen der Ebe⸗ ne in der Gegend von Oppido und Terra Nuova, zu liegen ſcheint. Wenn Sie auf einer Karte von Sta: lien an der Scala der italieniſchen Mei⸗ len mit einem Zirkel 22 Meilen abmeſ⸗ ſen, alsdenn das Centrum in der Stadt Oppido, welche mir derjenige Fleck zu ſeyn ſchien, wo das Erdbeben ſeine groͤß⸗ te Gewalt geaͤußert hatte, annehmen, und einen Zirkel, deſſen Radii, wie ich eben ſagte, 22 Meilen betragen, ziehen: fo werden Sie alle Städte und Dörfer, in Calabrien und Sicilien, ꝛr. 1406 die gaͤnzlich verwuͤſtet worden ſind, und die Plaͤtze, wo die meiſten Menſchen ums Leben kamen, und die ſichtbarſten Veränderungen in der Oberfläche der Erde vorgegangen find, in demſelben begreifen. Alodenn oͤffnen Sie Ihren Zirkel nach derſelben Scala bis auf 72 Meilen, behalten denſelben Mittel⸗ punkt, und ziehen einen andern Zirkel, ſo werden Sie das ganze Land, welches einige Merkmale zeigt, daß es vom Erd⸗ beben gelitten habe, darunter begreifen. Ich bemerkte in dem Schaden, den die Erdbeben verurſacht haben, ganz deutlich Stuffen, wie auch in der Men⸗ ge der ums Leben gekommenen, nach dem Maaße, wie die Länder mehr oder we; niger von dieſem angenommenen Mit⸗ telpunkte des Ungluͤcks entfernt waren. Fuͤrnemlich bemerkte ich einen Hm: ſtand: wenn zwo Städte in gleicher Entfernung von dieſem Mittelpunkte, die eine auf einem Berge, die andere aber in einer Ebene, oder im Grunde lag; ſo hatte die letzte durch die Stoͤße des Erdbebens immer viel ſtaͤrker, als die erſte gelitten; welches mir ein hin⸗ laͤnglicher Beweis iſt, daß die Urſache von unten kam, und dies muß natuͤrli⸗ cher Weiſe eine ſolche Wuͤrkung her⸗ vorgebracht haben. Ich habe auch Grund zu glauben, daß man, da der Boden des Meers der volkaniſchen Urſache noch naͤher iſt, fin⸗ den wuͤrde, wenn man ihn unterſuchen koͤnte, daß er noch mehr, als ſelbſt die Ebene gelitten habe, wie man in den meiſten gedruckten Berichten von dem Erdbeben, deren viele ſind, findet. Die Philoſophen, welche ihre or y⸗ 1407 Nachricht von dem letzten Erdbeben in Calabri en, ꝛe. a 1 Syſteme nicht leicht verlaſſen, laſſen die jetzigen Erdbeben auf dem hohen apen: niniſchen Gebuͤrge, welches ſich durch das jen ſeitige TCalabrien erſtreckt, nem⸗ lich auf dem Monte Dejo, Monte Caulone und Aſpramonte entſtehen. Ich moͤgte nur bloß dieſe Frage an ſie thun: Sind die aͤoliſchen und lipa⸗ riſchen Inſeln, welche ſaͤmtlich ohne Zweifel, vermittelt volkaniſcher Explo⸗ ſionen zu verſchiedenen, und vielleicht weit von einander entfernten Zeiten aus dem Grunde des Meers hervorkamen, ihre Entſtehung den Apenninen, in Calabrien, oder den mineraliſchen Adern im Eingeweide der Erde, und unter dem Boden des Meersfihuldig ? Stromboli, ein noch brennender Volkan, und vermuthlich die juͤngſte dieſer Inſeln, iſt nicht uͤber funfzig Meilen von denen Gegenden Cala⸗ briens entfernt, welche bei dem letzten Erdbeben am meiſten gelitten haben. Die verticalen Stoͤße, oder mit an⸗ dern Worten, diejenigen, welche vom Grunde aufwärts kamen, richteten in. den unglücklichen Städten in der Ebe⸗ ne die größte Verwuͤſtung an. Kamen fie vom Monte Depo, vom Monte Caulone oder Aſpramon⸗ te? Mit einem Worte, meine Gedan⸗ ken von dem jetzigen lokalen Erdbeben ſind, daß ſie durch dieſelbe Art von Materie, aus welcher die aͤoliſchen und lipariſchen Inſeln hervorkamen, verur⸗ ſacht worden ſind; daß vielleicht im Grunde des Meers eine Oefnung ent: ftanden iſt, und am wahrſcheinlichſten zwiſchen Stromboli und dem jenſei⸗ Hannover. tigen Calabrien, da alle darin uͤber⸗ einſtimmen, daß das unterirdiſche Ge⸗ toͤſe aus ſelbiger Gegend gekommen, und der Grund zu einer neuen Inſel, oder zu einem Volkane gelegt zu ſeyn ſcheint, obgleich Jahrhunderte, die in der Natur nur Augenblicke ſind, verge⸗ ben koͤnnen, ehe ſie vollkom̃en wird, und uͤber der Oberflaͤche des Meers erſcheinet. Die Natur iſt immer thaͤtig; aber es geht mit ihren Arbeiten uͤberhaupt dermaaßen langſam zu, daß ſie kaum von menſchlichen Augen bemerkt, oder in den kurzen Zeitraͤumen, die wir Ge⸗ ſchichte nennen, fo alt fie auch immer feyn mag, angefuͤhrt werden. 4 Vielleicht kan auch die ganze Verwuͤ⸗ ſtung, die ich beſchrieben habe, bloß von dem Ausbrüche eingeſchloſſener Duͤnſte berruͤhren, die aus der Gaͤhrung ſol⸗ cher Mineralien, wodurch Volkane her⸗ vorgebracht werden, entſtanden, und da ausgebrochen ſind, wo ſie den we⸗ nigſten Widerſtand fanden, auch na- tuͤrlicher Weiſe in der Ebene groͤßere Gewalt, als in hoͤhern und feſteren Gegenden rings um dieſelbe äußern P mußten, ET Wenn der Bericht der Königl. Aka⸗ demie mit Karten, Planen und Zeich⸗ nungen des merkwuͤrdigſten Flecks, den ich beſchrieben habe, erſchienen ſeyn wird, ſo wird dieſer rohe und unvoll⸗ kommene Bericht, wie ich mir ſchmeich⸗ le, nuͤtzlich ſeyn; denn Sie wiſſen ſelbſt, mein Herr, wie aͤußerſt ſchwer es iſt, in einer ſolchen Sache ſeinen Vortrag ohne Plane und Zeichnungen ar lich zu machen, ꝛc. G. F. Wehrs. RS rer 1409 e Hannoverifties Magazin. 1410 got Stuͤck. Freitag, den 7ten November 1783. Etwas vom Holzwurm oder Kaͤfer im Harzwalde. s iſt nicht meine Abſicht zu un⸗ terſuchen, woher der Wurm oder Käfer entſtehe, oder mo: durch er zu vertilgen ſey, denn Die ſes gehoͤrt bloß für Gelehrte; fon: dern ich will nur durch einige Gruͤnde zu zeigen ſuchen, daß, wenn es nicht ganz unmöglich iſt, es doch hoͤchſt un: wahrſcheinlich zu ſeyn ſcheint, daß ein ſolcher Wurm oder Kaͤfer, wie einige glauben, eine geſunde Tanne, wenn fie nicht bereits durch andere Zufaͤlle vier len Saft verloren hat, und mithin an ſich ſchon zum trocken werden geneigt iſt, ſo weit beſchaͤdigen koͤnne, daß ſie trocken werden muͤſſe, und, was ich ferner dafuͤr halte, wovon das eine Jahr mehr, das andere aber weniger Trockniß, und daher vom Wurm an— gefreſſene Tannen im Harzwalde ent: ſtehen koͤnnen. Ein jeder Forſtverſtaͤndiger wird nicht in Abrede ſeyn, weil es der Au⸗ genſchein beweiſet, zu glauben, daß die Taune derjenige Baum fen, der zu allen Jahrszeiten den mehrſten Saft in ſich hat. Wie dieſer Saft befchaf: fen, und daß ſolcher, ſo bald er nur einen Augenblick an die kuft komt, zu einem zaͤhen Harz wird, iſt jedem Bor mann zur Gnuͤge bekant. Der Wurm, welcher den 1 80 Baum beſchaͤdigen ſoll, kan ſolchem nicht anders als von außen beikommen. Ich gebe zu, daß derſelbe ohne fonders lichen Widerſtand durch die aͤußere Borke bis an das Holz des Baums ſelbſt durcharbeiten kan, alsdenn aber wird er durch den zudringenden Saft, welcher ihm entgegen komt, und durch die zudringende Luft in einigen Minu⸗ ten ſehr zaͤhe und kleberich wird, an ſeiner Arbeit nicht allein behindert, ſon⸗ dern auch genoͤthigt werden, ſich entwe⸗ der zuruͤck zu ziehen, oder der Gefahr auszuſetzen, von ſelbigem, da er ihn unmoͤglich, wie doch ſeine Abſicht wohl ſeyn muͤßte, wenn man ihn nicht bloß einer Boßheit, den Baum trocken zu machen, beſchuldigen wolte, alle ver: ſchlucken kan, uͤberzogen zu werden und zu erſticken. Man verſuche es nur, und gebe einer ganz geſunden Tanne mit dem Beil einen maͤßigen Hieb der nur ein we⸗ nig in das Holz geht; nach Verlauf von weniger denn 24 Stunden iſt der Saft Uu un aus 1411 aus ſolchem bereits heraus gedrungen, und auf dem Hiebe ſo zaͤhe geworden, daß er Vogelleim aͤhnlich iſt. Folg⸗ lich iſt es, wo nicht ganz unmoͤg⸗ lich, doch aber hoͤchſt unwahrſcheinlich, daß auch viele Tauſende ſolcher Flei- nen ungeharniſchten Wuͤrmer oder Kaͤſer, wenn ſie zugleich einen Angrif auf eine friſche Tanne wagen wolten, dieſem Harz widerſtehen, und in ihrer Arbeit an einer geſunden Tanne, bis zum trockenwerden fortfahren koͤnten. Die im Frühjahr und Herbſt faſt ohne Ausnahme, beſonders aber am Harz ſtark wuͤthende Suͤd⸗Weſt⸗ und Nordwinde, find wohl die wahre Ur⸗ ſache, die die Verwuͤſtung in den Tan: nenforſten, das eine Jahr mehr, das andere weniger, nachdem auch das Fruͤhjahr und der Sommer naß oder trocken iſt, anzurichten vermögen, Man merke nur genau auf die Ge⸗ genden, welche dieſe Winde, wegen ihrer Lage, am mehrſten beſtreichen koͤnnen, und unterſuche, ob da nicht weit mehrere Trockniß entſteht, als an der Oſtſeite, obgleich dieſe auch davon nicht gaͤnzlich ausgeſchloſſen bleibt. Gemeiniglich haben wir die heftig⸗ ſten Sturmwinde bei Thauwetter, wenn das Erdreich los und am we nigſten gefroren iſt. Und da zu dieſer Zeit der Harzwald oͤfters mit Rauh⸗ froft oder Glaßeis bekleidet, mithin den Tannen mehr Laſt aufgelegt iſt, als ſie ihrer Natur nach haben ſolten und ertragen koͤnnen, fo muͤſſen fie ſolcher bei Sturmwinden nach Be⸗ ſchaffenheit des Erdbodens, die eine Vom Holzwurm oder Kaͤfer im Harzwalde. 1412 mehr, die andere weniger, nachgeben, und an den Wurzeln nicht allein werden, fondern ſogar auch viele von der Menge der zarten Wurzeln, die die Hauptwurzeln in der Nahrung unterſtuͤtzen ſolten, durch das allzu⸗ ſtarke Anſtrengen, verlieren, wodurch denn wohl uͤber kurz oder lang die Trockniß entſteht. Daß eine Tanne ſich mehrere Jabre mit wenigerm Saft behelfen und gruͤn erhalten koͤnne, habe ich ſchon vor 30 Jahren, da ich als Forſtaufſeher am Harz gebraucht wurde, und auch bei einer andern Arbeit, da man die For⸗ ſten noch beſſer kennen lernt, zu be⸗ merken, die beſte Gelegenheit gehabt. Ich bin an Berge und in Thäler gez kommen, wo der Wind einige Tannen umgeworfen hatte. Wegen der We⸗ nigkeit auch Entlegenheit der Oerter, und da ſonſt keine Hauungen in der Naͤhe vorhanden waren, blieben dieſe Baͤume ein, auch wohl mehrere Jahre, bis zu einer bequemen Zeit unaufge⸗ bauen, liegen. Da nun dieſe Tan⸗ nen nicht als ganz mit der Wurzel ausgehobene, ſondern nur als gegen die Bergſeite umgelegte, anzuſehen waren, an welchen die Wurzeln auf der Seite, wo der Baum hingefallen, noch in der Erde lagen, und auch die uͤbrigen mit Erde, ſo der Baum mit aufgehoben hatte, verſehen waren, konte man ganz deutlich, ſo wohl an dem Stamm ſelbſt, als auch an der gruͤnen Hecke wahrnehmen, daß die wenigen in der Erde gebliebenen Wur⸗ zeln, dem Baum, wo nicht den voͤlli⸗ gen, 1413 gen, doch notbduͤrſtigen Saft zu ſei⸗ ner Gruͤnerhaltung bis dahin mitge— theilt hatten, wie man dieſes deun auch öfters an von Wind geſchobeuen Tannen mit der groͤßten Zuverlaͤßig⸗ keit ſehen kan, daß ſolche mehrere Jah⸗ re gruͤn bleiben, und als denn erſt nach und nach trocken werden, welches kein ſein Revier oft durchkreutzender Forſt⸗ mann verkennen wird. Giebt man nun ferner nach Verfließung mehrerer Jah⸗ re auf die Stellen, wo man eine oder mehrere vom Winde umgeworfene Tan⸗ nen gefunden hat, genau acht, ſo wird es etwas ſeltenes ſeyn, wenn nicht ei; ner oder einige ſeiner naͤchſten Nach⸗ baren trocken geworden waͤren, wel⸗ ches wohl eben dem Winde zuzuſchrei⸗ ben iſt, der die erſtern umgelegt hatte, weil er letztere wahrſcheinlich zu eben der Zeit an der Wurzel, wie ſchon geſagt, mehr oder weniger wird losgemacht haben. Dieſes beweiſt alſo, daß eine Tanne, wenn ſolche an der Wurzel los geworden, zwar mit der Zeit, aber doch nicht gar geſchwinde, trocken wird. Das vom Wurm angegriffene Tan⸗ nenholz ift zum Gruben und andern Bau nicht ſo dauerhaft, ja ſogar zu Brennholz oder zum Verkohlen nicht ſo gut, als das vom Stamm gehauene geſunde Holz. Ein Beweis, daß er: ſteres gewiß nicht in einem Jahre trocken geworden, ſondern daß es ſchon mehrere Jahre die Krankheit an ſich getragen und mit ſolcher bereits in Faͤulniß uͤbergegangen iſt, ohne daß es auch von einem geſchickten Forſt— mann ehender haͤtte beurtheilt werden Vom Holzwurm oder Kaͤfer im Harzwalde. 1414 koͤnnen, wie es denn auch uberhaupt ſebr ſchwer iſt, in einem vollen Orte, die trocken werden wollenden, oder der Faͤulniß bereits in etwas unterworfe⸗ nen Tannen unter den gefunden zu er⸗ kennen, wenn es, da es denn aber ſchon zu ſpaͤt iſt, die Hecke nicht verraͤth. Weil, wie aus der Erfahrung bes kant iſt, faſt eine jede Tanne, die nicht Hauptbeſchaͤdigungen am Hell- oder Wipfelende hat, von der Wurzel auf trocken wird, ſo habe ich bei ehemals angeſtellten Proben einige Merkmale entdeckt, die aber nicht durchgehends anzuwenden ſtehen, das geſund oder krank ſeyn einer Tanne zu erfahren. Man mache an dem Baume (ſolche die auf Bruͤchern ſtehen, machen eine Aus⸗ nahme,) in beliebiger Höhe von der Wurzel vier Einſchnitte in die Borke bis auf das Holz, etwa 3 Zoll lang und 2 Zoll breit, (dieſes ſchadet dem Baume nichts, ſondern giebt nur eine Harzgalle,) loͤſe die Borke mit einem Meſſer von dem Stamm ab, beſehe aber ſogleich die Stelle, wo die Borke weggenommen worden; hat ſich dieſe leicht abloͤſen laſſen, und iſt das Holz, wo ſolche abgelöfet worden, weiß, und kommen in der Minute Saftperfen ber: vor, fo iſt es ein untruͤgliches Zeichen, daß der Baum völlig gefund iſt. Laͤßt ſich aber die Borke mit Mühe heraus: reißen, und ſteht der Stamm oder das Holz da, wo ſolche weggenommen wor⸗ den, gelb, gelbroͤthlich, oder wohl gar ſchwaͤrzlich aus, ſo iſt es eine fichere Anzeige, daß derſelbe den voͤlligen Saſt nicht mehr hat. Er wird von Un uu 2 a 1415 da an, weil der verdorbene Saft, der nicht mehr kleberich iſt, dem Wurm auch ſodann nicht mehr hinderlich ſeyn kan, ein Wohnſitz und Nahrung deſ— ſelben, doͤrret mit feſter Auſchließung der Borke an den Stamm, nach und nach aus, geht zur Faͤulniß über, und zu⸗ letzt erſcheint er mit rother Hecke unter den andern geſunden Bäumen hervor, alsdenn ift die Borke etwas wieder los, und von Wuͤrmen unterlaufen. Eine an der Wurzel viel oder went; ger beſchaͤd gte Tanne, kan drei, vier, und nach OBeſchaffenheit der Umſtaͤnde und des Erdbodens mehrere Jahre nach und nach abſterben, ehe ſie voͤllig trocken und verdorben iſt. Dieſes wird man am beſten an der Wurzel beur⸗ theilen koͤnnen, wenn nemlich gleich, nachdem ein ſolcher trockener Baum abgehauen worden, auch deſſen Stamm ausgerodet und ſorgfaͤltig unterſucht wuͤrde, welche Wurzeln der Faͤulniß am mebrſten unterworfen geweſen, oder welche dem Baum den letzten Saft mitgetheilt haͤtten. Wahrſcheinlich wuͤrde es wohl die ſogenannte Pfahl: wurzel ſeyn, die auch dem heftigſten Bom Holzwurm oder Käfer im Dazwolde. Sturm am beſten zu widerſtehen ver⸗ mag, weil ſolche e e mr in die Erde gehet. Aeußere Beſchädigungen einer 5 ne, find derſelben nicht fo ſchaͤduch, als die Verletzung der Wurzeln. Man gebe nur auf die Stellen Achtung, wo die Schachtholz und Blochfuhtlente, das Holz hinzuruͤcken pflegen. Um bequemer aufladen zu koͤnnen, bauen dieſe in die naͤchſten, und zwar, wenn ſolche zur Hand ſtehen, ſtaͤrkſten Tan⸗ nen, Loͤcher, die oͤſters voͤllig bis auf den Kern gehen, damit ſie die Ladebaͤu⸗ me bequem in ſolche legen koͤnnen, und doch erinnere ich mich noch vielen Jahren nur an wenige dergleichen Baͤume, die trocken geworden ſind. Komt man hergegen in Oerter, wo außer den gewoͤhnlichen Fahrwegen Nebenwege gemacht, und die Tannen dadurch an ihren Wurzeln ſtark be ſchaͤdiget ſind, ſo wird man bemerken, daß viele davon, wo nicht ganz trok⸗ ken, doch an ihrem Wachsthum gegen andere in eben der Gegend ſebe behin⸗ . 4 dert werden. Bemerkungen über die Wurmtreckuiß. u viel verſchiedene Meinungen uͤber das Abtrocknen der ſogenannten Rothtanne, werden gewiß gehegt, und ſo hat wohl ein jeder, welcher die Ur⸗ ſache davon nicht ganz gründlich ange⸗ ben kan, ſeine Aeußerungen an den Tag zu legen fi ſich billig entziehen muͤſ⸗ ſen. Da aber in dem 77" Stuͤck des Hannoveriſchen Magazins enthalten iſt, daß mehrere Meinungen von dem trocken werden der Tanne ans licht ge⸗ ſtellet werden moͤgten; ſo macht dieſes auch einen ſein Augenmerk auf obiges Uebel gerichteten ſo dreiſte, ſeine Mei⸗ nung und gehabte Erfahrung dem Ver⸗ langen gemäß bekant zu machen, je doch 1416 . — Aal = 1417 doch mit dem Vorbehalt, daß er ſich gleichfalls noch eines andern gern be— ſcheiden laßt, wenn ſolches durch ges babte Erfahrung zur Gnüge ſattſam dargethan werden kan. Der ſogenannte Borkenkaͤfer bat in verſchiedenen, und beſonders in den Harzgegenden ſich fo haͤufig eingefun: den, daß man einen gaͤnzlichen Ruin des ſo edlen Gewaͤchſes (der Tanne,) beſorgen muß. In den ſchon beruͤhr⸗ ten 77ten Stuͤck des Hannoveriſchen Magazins iſt zwar die Urſache des trocken werdens der Tanne nicht dem Wurm ſelbſt, ſondern der Ungefund: heit der Bäume zugeſchrieben. "Er; fahrungen aber, die fleißige Beobach—⸗ ter der Forſt gehabt, ſagen das Gegen⸗ theil, und behaupten, daß ſchlechter— dings der Borkenkaͤfer die Urſache des Abſterbens der Tanne ſen. In der ſchon ſeit einigen Jahren fo haͤufig ſich gezeigten Trockniß, hat die Erfahrung gelehrt, daß der Kaͤfer ſich im Fruͤhjahr, ſo bald als nur die warme Witterung ſein Leben befoͤrdert, in die Tanne einſetzet. Nachdem nun der Sommer ihm guͤnſtig iſt, fliegt fei: ne erſte Brut im Nachſommer wieder aus und beſaamet ſich ebenmaͤßig wie im Fruͤhjahr. Bei ſeinem Anfluge nun wählt er nicht bloß kranke Bäume, ſondern ganz geſunde, wie aus folgen: dem zu ſchließen iſt. Die Geſundheit der Tanne waͤre doch wohl daraus zu ſchließen, daß ſie in dem Jahre ihren gehoͤrigen Schuß oder Wade: ihum nach Verhaͤltniß ihrer Stärke thut; die Apfel an derſelben auch die Bemerkungen über die Wurmtrockniß. worden. 1418 gehoͤrige Laͤnge und Staͤrke haben, die Tanne ſelbſt aber auf dem beſten und fruchtbarſten Boden ſtehet, auch nicht risquiret hat, daß ihr der Wind im mindeſten Looſung gemacht, und fie dadurch entkraͤftet oder ungeſund ge— Dieſe vorbeſchriebene Tanz nen nun werden von dem Wurm beflos gen, angebohret, und, je nachdem es mehr oder weniger warm iſt, fallen in Zeit von 10 bis 14 Tagen auch wohl 3 Wochen die Nadeln ab, und ſo ſterben dieſe Baͤume gaͤnzlich. Bei ſolchen Bäumen nun, welche in vol: lem Orte ſtehen, wo ſie von vielen Tauſenden umgeben, und alſo der Kern von dem Orte ſind, iſt wohl nicht der Fall zu zugeſtehen, daß vie ſelben krank waͤren, indem wie vorge⸗ fagt, alle Kennzeichen der Geſundheit an denſelben offenbar vorhanden ſind. Die Tannen, welche eine außerordent⸗ lich ſtarke Borke und vieles Harz um⸗ geben, ſind dem Wurme am mehrſten ausgeſetzt, und es iſt angemerkt, daß, je nachdem der Baum viel Saft hat, der Wurm nicht gerade zu bohret, ſondern ſich erſt einige Zeit in der Oberfläche der Borke aufhaͤlt, und nicht ehenver auf die weiße Rinde, welche unter der Borke befindlich iſt, geht, bis der Baum den Saft verlieret, und er alfo gemaͤch⸗ lich weiter fortkommen fan, 2 den ganz glatten Tannen erlangt N Burn nicht die Groͤße und Stärke ie bei einer der vorbeſchriebenen.) Es wire wohl zu erwarten, daß ein gaga; geſunder, und in vollem Safte ſtebender Baum den Wurm durch zu häufigen Zufluß Uu un 3 des 1 41 9 des Saſtes toͤdten muͤßte; (wie denn auch wohl einige todt darin gefunden werden,) aber ſeine eben angezeigte Vor⸗ ſicht, und daß er, wie bekant, bloß von dem harzigen Safte lebt, macht, daß der Baum immer mehr und mehr eutkraͤf⸗ tet wird, und der Wurm am Ende ſeinen voͤlligen Endzweck erreicht. Man geſteht gerne zu, daß bei ei⸗ nem nicht zu uͤberhaͤuften Daſeyn des Wurms, derſelbe ſich auf Verfall oder kranke Baͤume ſetzt, und ſich daran naͤhret; aber bei einem ſo ungeheuren Daſeyn, wo er in einem Jahre einige hunderttauſend Staͤmme trok⸗ ken macht, kan er nicht die noͤthige Nahrung am Verfall haben; ſondern es leuchtet deutlich in die Augen, daß die mehrſten hierunter die geſundeſten Stämme find, und wird jeder Ken: ner der Tanne ihre Geſundheit, und denen, welche nun trocken da ſte⸗ hen, nicht abſagen koͤnnen, daß ſie die geſundeſten Staͤmme muͤſſen gewe⸗ ſen ſeyn. Soll man zu noch mehrerer Bekraͤſtigung, daß der Wurm ganz geſunde Baͤume verderbe anführen, daß er ſchon bereits junge Fichten, welche 13 bis 2ſpaͤnnig in Umkreiſe find, ver: derbet, und gleich jenen 4, 6, 8 und ıofpänniges Holz trocken macht? Bemerkungen uͤber die Wurmtrockniß. 18420 Die von mir und auch gewiß von mehreren Forſtkennern gehabte Erfah⸗ rungen, habe ich dem Verlangen ge⸗ maͤß, bekant gemacht, und. überlaffe alſo jedem darauf Nachdenkenden das Urtheil ſelbſt zu fällen, wie er dieſe Erfahrung vom Harze, mit jener vom Lande vergleichen, und daraus ſchlieſ⸗ ſen mag. Ich glaube, wiewohl ganz ein⸗ ſach, dennoch aber genugſam erwieſen zu haben, daß der Wurm die geſun⸗ deſten Tannen verderbe, und wuͤrden Bewohner ganzer Gegenden, dem Goͤn⸗ ner, welcher zu deſſen Vertilgung ein ſicheres Mittel vorſchlagen koͤnte, den ihm ſchuldigen Dank nicht verſagen; die, wenn Gott nicht Einhalt thun wird, ihrem Verderben ſo nahe zu ſeyn ſcheinen. 1 a, Darin aber bin ich mit dem Herrn Verfaſſer der im 77ten Stück des Hans noveriſchen Magazins enthaltenen Be⸗ kantmachung voͤllig einverſtanden, da man die Forſten von alle dem Hol ſaͤubern muß, woran ſich der Wurm finden laͤßt, und moͤgte hier ein allge⸗ meiner Grundſatz Statt finden, daß dasjenige Ungeziefer was getoͤdtet wird, fernerhin nicht mehr ſchaden kan. E n e 1 — Beantwortung der Iten Anfrage im 74ten Stuͤck des Hannove⸗ riſchen Magazins vom Jahr 17833. Da nächft den Metallen, Halbme⸗ tallen, Erzen und Kohlen von animaliſchen oder vegetabiliſchen Sub⸗ 1 Eu ſtanzen, das Waſſer der beſte Leiter der elektriſchen Materie iſt; letzteres aber ohnehin in der Erde mit mehrern 71 en 371% Thei⸗ 1421 Theilen derſelben in Beruͤhrung ftebt, als irgend mit einer von jenen bewuͤr⸗ ket werden kan, mithin dadurch die Vertheilung der elektriſchen Materie erleichtert, und deren Ab- oder Zufluß befoͤrdert wird: So folgt, daß zur Vollkommenheit eines Blitzableiters, deſſen Verbindung mit dem unmit⸗ telbar in der Erde befindlichen Waſ⸗ ſer, nothwendig ſey, und daß im ent⸗ gegen geſetzten Falle, die ſtille Lei⸗ tung, die immer ein Hauptzweck des Ableiters iſt, offenbar leide. Ein Strahl, der in Philadelphia auf einen fuͤnf Fuß tief in die Erde eingeſteckten Blitzeonduetor herabſchoß, zerwarf die Erde berum 8 Fuß breit in Umkreiſe. Trans. Phil, Tom. 53. pag. 94. Die Leitung zu einem nahen Bach oder Brunnen, kan durch thoͤnerne Roͤhren, in die man enge Bleiroͤh⸗ ren etwa 1 Zoll im Durchmeſſer ſtellt, bequemlich und mit wenigen Koſten geſchehen. Verſtattet dies aber das Locale oder die Caſſe nicht: ſo iſt der Conductor in einem Abſtande von eis nigen Fußen unten vom Gebaͤude, ſo tief in die Erde zu ſenken, daß ſolcher mit einer guten Waſſerader in Ver; bindung ſtehe. Sollen auch die ge Hannover. Beantwortung der ıfen Anfrage im aten Süd, 1422 ringen Koſten des Aufgrabens der Er⸗ de erſparet werden, fo Fönte die Tiefe, nach der Tiefe des naͤchſten Brunnen abgemeſſen, und die aus mehrern feſt in einander zu ſchraubenden Stuͤcken beſtehende Stange, in die Erde einge⸗ trieben werden. Doch dies Mittel iſt von mancher Seite ungewiß, und ich wuͤrde nur zu erſterm rathen. Die Abhandlung in den Commen- tat. Academiæ Eledt. Scient. Palatinæ. T. IV. p. 21. ſeqq. derem Inhalt auch der Herr Profeſſor Lichtenberg bei⸗ pflichtet, giebt zur Anlegung der Blitz⸗ ableitung, gewiß die vorzuͤglichſte Ans leitung; denn der Herr Abt zemmer hat nicht allein in Manheim an meh: rern Gebaͤuden, ſondern auch in den Gegenden um Manheim an den Chur⸗ fuͤrſtlichen und adelichen Schloͤſſern, an vielen Gebaͤuden in Bayern, und endlich zu Heidelberg und Duͤſſelderf, dergleichen mit dem beſten Erfolg ers richten laſſen, da einige ſeiner Ablei— ter, ohne den mindeſten Schaden der Gebaͤude und der Ableiter, Wen. getroffen worden ſind. Auch kan eine kleine Abhandlung, die ich uͤber dieſe Materie kuͤrzlich in die weſtphaͤliſchen Beitraͤge ruͤcken laß fen, nachgelefen werden. Wolff. Gemeinnuͤtzige Erfindungen. Die redende Sigur. err Antonio Gigli, Uhr: und Mas ſchienenmacher in Genua hat eine Figur verfertigt, welche einen Chine⸗ ſer in natuͤrlicher Groͤße vorſtellt, der auf einem großen Kuͤſſen ſitzt und ringsum die verſammelten Zuſchauer begruͤſet, mit ſeinen beweglichen Augen je 1423 jeden insbeſondere anſieht, den Mund oͤfnet und ſchließt und einige Worte in chineſiſcher Sprache hervorbringt. Während dem kriecht eine Maus aus den Falten ſeines Kleides hervor „ die ihm am Arm herab bis an die Hand laͤuft. Hierauf ſetzt er ſich in die gehoͤ⸗ rige Stellung und ſchlaͤgt eine Sonate auf dem Cymbal. Auf den erſten Schlag, den er mit der Hand macht, kehrt die Maus wieder in ihren Schlupfwinkel zuruck. Wenn er mit der Sonate fer; tig ift, dankt er den Zuſchauern und macht ihnen im Kreiſe ſeine Verbeu⸗ gungen, wobei er wieder einige Worte ſpricht, die von einem Glockenſpiel be⸗ gleitet werden. Nach allen dieſen Ver⸗ richtungen oͤfnet ſich endlich der Bauch dieſer Figur von ſelbſt, und das Ma⸗ ſchienenwerk, welches fie gleich ſam zu beleben ſchien, zeigt ſich den Zuſchauern. Neu entdeckte Vortheile der n Elektricitaͤt. ö Herr Kirchenratb Boͤckmann zu Carls ruhe hat das Verdienſt, der erſte zu ſeyn, der die Idee des Elektrieitäͤts⸗ traͤgers auf ein elektriſches Kranken⸗ zimmer angewandt, und dadurch für die Arzeneikunde aͤußerſt intereſſant ge: macht hat. Sein Vorſchlag, dieſe Idee praktiſch auszuführen iſt dieſer. Man muß den Boden eines ziemlich geräumigen Zimmers durchaus mit Ei⸗ ſenblech belegen und einen Rand von Gemeinnügige Erfindungen. ſchließen ließen. 4424 dem nemlichen Metall etwa 6 Zoll hoch um den Boden machen, und dieſen mit der harzigen Compoſttion des Elektro⸗ phors, die in einer Miſchung von Eos lophonium, Pech und Maftir beſteht, begießen. Nun muß ein mit Metall uͤberzogener runder Deckel, der etwa 4 Schuh im Durchmeſſer kleiner wäre, als die Breite und Länge des Zimmers, in 4 oder 6 ſeidenen Stricken durch eine Maſchiene in die Hoͤhe gezogen werden koͤnnen. Auf dieſen Deckel müßte ſich der Kranke entweder unmit⸗ telbar oder auf einen Stuhl ſetzen. Wuͤrde nun der Deckel in die Hoͤhe ge⸗ zogen, ſo wuͤrde er von einer ſehr ſtar⸗ ken Elektricitaͤt durchdrungen werden, einer Elektricitaͤt, die unendlich viel ftärfer wäre, als die von dem größten Conductor durch Huͤlfe der beſten Ma: ſchiene. An der Decke koͤnte an einer Art von Storchſchnabel eine metallene Kugel befeſtigt werden, die der Kranke gerade gegen einen beſtimmten Theil ſeines Koͤrpers richten muͤßte, um, wenn es noͤthig waͤre, einen ſtaͤrkeren oder ſchwaͤcheren elektriſchen Funken heraus zu ziehen, der ohne Zweifel von guter Wuͤrkung ſeyn muͤßte. Schwaͤ⸗ cher wuͤrde der Funken werden, wenn er erſt nach einigen Minuten beraus⸗ gelockt wuͤrde. Das Zimmer koͤnte oben einige Fenſter haben, die nach den Umſtaͤnden ſich öfnen oder ver⸗ 1425 we Haunoberiſches Magazin. 1426 * x gotes Stuͤck. Montag, den 10ten November 1783. Beitrag und Anmerkungen zum 84ten St. des Hannoveriſchen Magazins vom Jahre 1782, in welchem einige alte Behauptun⸗ gen von der Wartung und einigen Heilmitteln des Viehes 5 beurtheilet werden. Auſon. Ut aliquid ſcripſiſſe videamur. b unſere Alten in verfchiedenen Verhaͤltniſſen, inſonderheit im Gebrauch einiger Wartungs: und Heilmittel, gegen die Krankheiten der Hausthiere und des Gefluͤgels, ſich mehr als wir Juͤngern des Aberglau— bens und Irrglaubens ſchuldig ge— macht, bleibt immer noch eine unentſchie⸗ dene Frage; beſonders da jene bei weit mindern Sinſichten und Erfahrungen weit leichter in ſolchen Unſinn verfal⸗ len konten, als wir Juͤngern in un: ſern ſogenannten erleuchteten Zeiten an dieſer Seuche, zu unſerer großen Beſchaͤmung, billig nicht mehr krank liegen muͤßten. Wir treffen zwar noch allezeit im Reiche der Natur unbekan⸗ te, oder ihrer Wuͤrkungsart nach, ver⸗ borgene Eigenſchaften und Kraͤfte an; und laſſen uns von der Gewißheit und Wahrheit derſelben bloß durch wiedek⸗ holte Erfahrungen uͤberzeugen; dieſe 8 muͤßten wir aber nicht mit Aberglau⸗ ben vermengen, obgleich dieſes Kind der Dummheit und Unwiſſenheit zwar oft in laͤcherlichen, oft aber auch in ſo truͤglichen Geſtalten erſcheint, daß zu⸗ weilen der Flügfte dadurch irre gemacht werden kan. keine Abhandlung von dieſem Laſtet ſchreiben, das ſo tief eingewurzelt iſt, daß es vor dem Ende der Tage wohl nicht ganz wird ausgerottet werden koͤnnen, und auch zum Theil, wenn durchaus von zween Uebeln nur das beſte zu wählen iſt, zu einem guten Endzweck, ſowohl bei Menſchen, als bei dem Vieh angewendet werden mag, daher denn oft ein aberglaͤubiſches, oder mit Aberglauben gebrauchtes Mittel, zufaͤlliger Weiſe die verlangte Wir kung thun kan. Es ſey mir erlaubt ein Exempel anzuführen, das ſich auf eine wuͤrkliche Geſchichte gruͤndet. Vor SER äh, vie Doch ich wolte hier ja — 1427 t vielen Jahren lag zu Mietau in Kur⸗ land, eine ſehr vornehme Dame, an einem Geſchwuͤr im Halſe todtkrank und ohne Hofnung, weil auch die al⸗ lergeſchickteſten Aerzte kein Mittel gus⸗ findig machen konten, ohne augen: ſcheinliche debens gefahr, das Geſchwuͤr zu Öffnen. Die vornehmen Angehoͤ⸗ rigen der Dame, denen an deren Leben viel gelegen war, wolten, wiewohl al⸗ les verloren ſchien, alles verſuchen. Es lebte an genanntem Orte ein ſo⸗ genannter Wunderdoctor, der vom Poͤbel angebetet wurde, weil faſt alle feine Kuren gluͤcklich waren, fo pof ſterlich er es auch damit anfing. Er ſchrieb ſtets fuͤr alle ihm etwa einfal⸗ lende Krankheiten und Gebrechen, Re⸗ cepte, legte dieſe Zettel in ein Repoſt⸗ torium, unter welches ruͤcklings ein Lehnſeſſel geſtellet war. Wann er nun zu Rathe gezogen wurde, ſetzte er, oh⸗ ne ſich nach dem Zuſtande des Patien⸗ ten erkundigt zu haben, ſich in ſeinen Lehnſtuhl, that ein langes Gebet, Tang: te dann ruͤcklings uͤber ſich mit dem Arm nach ſeinem Receptvorrath, zog einen oder zwei Zettel, wie ſie ihm in die Hände kamen, heraus, gab fie uns. beſehen weg, befahl fie in die Apothe⸗ ke zu tragen, und die Arzenei dem Kranken zu geben. Es half immer. Dieſer Wundermann wird nun zur kranken Dame gefordert. Er fuͤhlt derſelben an den Puls, ſiehet ihr in die Augen, gebt ſtillſchweigend fort, und bedeutet nur, daß ein Bedienter ihm folgen ſolle. Dieſen nimt er mit in ſein Zimmer, macht ſein Hocuspo⸗ Ueber einige alte Behauptungen die Wartung die Recepte der Geſellſchaft. 1428 eus. zieht ein Paar Ntcepte hervor, giebt ſie unangeſehen dem Bedienten, mit dem Befehl, dieſelben eilig in die Apotheke zu tragen. Der Bediente hat aber andere Anweiſung, und bringt | Derje⸗ nige Anverwandte der Dame, der die Reeepte zuerſt anſteht, faͤngt unmaͤßig an zu lachen; dem zwoten und dritten gehts nicht anders, alſo, daß die Krau⸗ ke dadurch aufmerkſam und begierig wird, dieſe Zettel auch zu ſehen. Kaum hat fie ſelbige geleſen, als fie ſofort zu einem ſolchen erſchuͤtternden Gelaͤch⸗ ter gereitzet wird, daß dadurch das Geſchwuͤr ſo gluͤcklich aufſpringt, daß ſie in kurzer Zeit voͤllig wieder geneſet. Das eine Recept aber war eine An- weiſung zu einem Klyſtier, das an⸗ dere ein Huͤlſsmittel gegen die Kraͤ⸗ henaugen. Hier half ſchon das Re⸗ cept, ohne daß man die Muͤhe und Koſten anwenden durſte es verfertigen zu laſſen. Noch ein kurzes Beiſpiel anderer Art. In einer großen Reichs ſtadt, liegt eine reiche Frau in Kin⸗ desnoͤthen, faſt ohne Hofnung, und in großer Gefahr. Eine zur Geburts⸗ huͤlfe anweſende Anverwandtin der Gebaͤrerin erinnert ſich, daß ein Stu⸗ dioſus Medieinaͤ, der, bis auf beſſer Gluͤck, Hauslehrer bei ihren Kindern war, ſich einſt geaͤußert habe, daß er in ſolchen Faͤllen guten Rath wiſſe. Man fertiget bei ſpaͤtem Abend einen Bo: ten zu demſelben ab. Das Haus iſt verſchloſſen, inzwiſchen zeigt ſich der Studioſus im oberſten Stockwerk im Fenſter, frage was man verlange, 7 und 1429 und vernimt die Sache. Er ſchreibt ein Recept, und damit der Wind es nicht verwehe, falzt ers zuſammen, be⸗ ſchwert es mit einer guten Portion ibm zur Hand ſtehenden Silberſan— des und wirfts dem Boten hinunter. Dieſer meint, es ſey ein Pulver zum einnehmen, laͤuft eilig damit nach Hauſe, und man giebts der Gebaͤre— rin in der Angſt und Uebereilung ein, die dann ſofort uͤbetaus glücklich ent: bunden wird. Der junge Arzt fand in dieſem Irrthum die Grundlage zu einem großen Gluͤck. Viele unnuͤtze Heilmittel gegen die Krankheiten des Viehes koͤnnen auf gleiche Art entftan: den und beglaubt worden ſeyn, aͤußern aber dann nur einen geringen Grad des Aberglaubens. Hieher gehoͤren aber wohl meines Erachtens, diejeni⸗ gen Heilmittel der Alten für Vieh und Gefluͤgel, wenigſtens alle nicht, die der Herr Verfaſſer des 84 ten Stücks des Hannoveriſchen Magazins beleuch— tet hat. Da derſelbe mich auf der letz⸗ ten Seite 1344 gedachten Magazins bei meinem Namen aufgerufen hat, glaube ich das erſte Recht zu haben, auf ſein Begehren meine Meinung zu eroͤffnen. Fur erſten Behauptung. Pal⸗ ladius fagt: De re ruſtica J. 21. 2. Boves nitidiores ſient, ſi focum pro- _ xime habeant & lumen intendant. Das Rindvieh wird beſſer zuneh⸗ und Heilmittel des Viehes betreffend. ‚1430 „men, glatt und fett werden, wenn es „den Heerd nahe, und das Feuer im „Geſichte hat., Ich ſehe nicht ein, wie dem Herrn Verfaſſer, auch nur auf die entfernteſte Weiſe, die Muthmaſ⸗ fung, oder Frage habe einfallen koͤn— nen: ob dieſe Angabe zu Hlrngeſpin⸗ ſten, Aberglauben und Grillen gerech⸗ net werden moͤge: Palladius Worte ſind uͤberaus deutlich. Ein jeder, der auf dem Lande bekant iſt, erfaͤhrt es, daß, fuͤrnemlich in der Winterkaͤlte, beſonders in den Morgenſtunden, ein nahes hellbrennendes Feuer, Menſchen und Vieh erfreue und munter mache. Die dann aber damit verbundene im ganzen Haufe ſich ausbreitende ‘ges maͤßigte Waͤrme, fuͤrnemlich dem Vieh nicht anders als zutraͤglich ſeyn koͤnne, das Gedeihen deſſelben zu befördern; fo wie anhaltende, inſonderheit naſſe Kälte, daſſelbe offenbar hindert, Der in ſolchen Landgebaͤuden, die einen freien Heerd, ohne Feuermauer, oder Schornſtein haben, im ganzen Hauſe ſich ausbreitende Rauch, der unzer⸗ trennliche Gefaͤhrte des Feuers, iſt da⸗ bei auch von großem Nutzen, ſowohl für das Horn- als Federvieh, mehr als man vielleicht denkt. Er trennet die zaͤhen und kalten Duͤnſte, er macht die überall in der duft und dem Dunſt⸗ kreiſe verbreitete ſo heilſame Salz⸗ theilchen a) geſchmeidiger, und wi⸗ derſtehet der Faͤulung. Kırr 2 Der a) Daß von dieſen Salztheilchen, ihrer Art und Maaße, die Fruchtbarkeit des Ackers, und die Geſundheit der Menſchen und Thiere abhange, iſt laͤngſt von allen Naturkuͤndigern, als Wahrheit angenommen worden. Der wohlſelige Herr 1431 Der Ruß, der übrigens oft als ein Heilmittel gegen einige Krank⸗ heiten des Viehes gebraucht wird, legt ſich zwar uͤberall am Holz werk an, koͤnte auch bei entſtehender Feuersgefahr daſſelbe entzuͤndbarer ma⸗ chen. Doch dafuͤr muß man nach Feuer und Licht ſehen. Dagegen wer⸗ den auch die hoͤlzernen Beſtandtheile des Haufes, ſamt vielem hoͤlzernen Land wirthſchaftsgeraͤthe, vom Rauch dauer⸗ ſamer und bleiben vom Wurme befreiet. Der Rauch iſt zwar, wenn er zu ſtark iſt, dem Menſchen unangenehm, ſchadet auch wohl den Augen des Menſchen. Aber von dieſer Unbequemlichkeit iſt das Vieh frei, wiewohl doch auch be⸗ bauptet wird, daß häufiger Gebrauch des Hollunder⸗(Ellhorn) Holzes, zum Brennen, demHornvieh befonders aber den Pferden ganz nachtheilig ſeyn ſolle. Erfahrung hiervon habe ich ſelbſt nicht nehmen koͤnnen. Dieſes iſt aber un⸗ laͤugbar, daß in ſolchen Landwohnun⸗ gen, wo das Heerdfeuer in einer Kuͤche beſchloſſen iſt, und der Rauch durch Schornſteine abgefuͤhret wird, das Hornvieh ſchlechter ſtehe, und gewiß nicht glaͤnzend und glatt; ſondern rauh und ſtraubhaarigt werde. Die⸗ jenigen, welche das Klima und die Bauart Italiens kennen, werden es ſich wohl nicht einmal traͤumen laſſen, daß unſere Vorfahren die Einrichtung ihrer Hausmannswohnungen von den Ueber einige alte Behauptungen die Wartung 1432 Roͤmern haͤtten lernen muͤſſen. Da ſie ſelbſt den Verſtand hatten, die ge⸗ fügteften Verhaͤliniſſe ſelbſt ausfindig zu machen, wohin fuͤrnemlich auch der Vortheil zu rechnen, daß der offene Heerd, bei Nachtzeiten hinlaͤngliches Licht zu vielen Arbeiten, die auf der Vieh und Droͤſchdiele geſchehen muͤſ⸗ ſen, hergiebt. Der Landwirth kan übrigens aus des Palladius Behaup⸗ tung die Regel dreiſte ziehen, ohne ſich ſelbſt eines Aberglaubens ſchuldig zu wiſſen. 8 155 „Goͤnnet eurem Hornvieh, ſo viel „als moͤglich, den Genuß der trockenen „Waͤrme vom Feuerheerde, und dem „Rauch., N 7 So wie es ſich von ſelbſt verſteht, daß man hingegen das Vieh fuͤr ein⸗ geſchloſſener dumpfigter und feuchter Waͤrme, zu beſchuͤtzen ſuchen muͤſſe. Eine zweite Behauptung fin: det der Herr Verfaſſer im Columel⸗ la, der ein zu errichtendes Huͤhner⸗ haus beſchreibt, welches inſonderheit die Eigenſchaft haben ſoll, daß der Rauch in alle Behaͤltniſſe der Huͤhner dringen koͤnne: ut Fumus perveniat in utrumque Cella. Ich finde mit dem Herrn Verfaſſer ein ſolches beſonderes Gebaͤude fuͤr uns zu umſtaͤndlich, da unſere Land⸗ wohnungen zufaͤlliger Weiſe ſchon al⸗ les das leiſten koͤnnen, was Columella mit allem Recht will: daß nemlich die Huͤh⸗ Herr von Münchhauſen wuͤnſcht in feinem beliebten Hausvater im zten Theil ©. 531. daß wir nach Art der Barometer und Thermometer auch einen Salz⸗ meſſer erfinden koͤnten; nemlich ein Mittel, um abzunehmen und zu beſtim⸗ men, mit was fuͤr Arten von Salz der Dunſtkreis um uns angefuͤllet ſey. | EV 1433 Hühner, in ihrem Rubeftande-fein warm, infonderheit im Rauche ſitzen ſollen. Der Rauch befördert fuͤrnem⸗ lich beides, daß ſie wohl ſind, bald und fleißig legen, und vortheilhaft ausbruͤten. Die Erfahrung lehrt es. In ſolchen Landwohnungen, die eine befondere Küche mit einem Schorn⸗ ſtein haben, ſind die Huͤhner in der Winterkaͤlte kuͤmmerlicher, die Kim: me frieren ihnen ab, ſie legen ſpaͤter, und bruͤten ſchlechter. In ſolchen Ge⸗ baͤuden, wo Waͤrme und Rauch vom Heerde, das ganze Haus durchziehet; inſonderheit in kleinen Kothen, die faſt immer voll Rauch ſind, ſtehts gar an: ders. Die Huͤhner, beſonders die weißen, zeigen es zwar zur Genuͤge, daß der Rauch ihnen die Federn ruſ— ſig und ſchmierig mache, und alſo dieſelben, nicht wie der Herr Verfaſ— ſer will, erhalte, ſondern vielmehr ver⸗ derbe, daß ſie die Nutzbarkeit, die ſie zu Stuhlkuͤſſen und anderem Geraͤthe geringer Landleute leiſten koͤnten, ver: lieren. Sie legen aber und bruͤten deſto fruͤher, fo, daß ſolche geringe Ein⸗ wohner, deren Huͤhner ſehr im Rauche ſitzen, mit großem Vortheile, ſehr fruͤh, und um einen hohen Preis, er: wachſene Kuͤchlein in die Kuͤchen der reichen Leute liefern koͤnnen; ob ſie gleich noch das Kunſtſtuͤck hinzufuͤgen, daß ſie ihren Zuchthennen im Januar und Februar fogenannten Dahren⸗ kym, (Malzkeim, einen Abfall auf der Malfzdarre,) unter das wohl zugemef- ſene Futter miſchen. Hier iſt auch kein Aberglaube zu ſpuͤren, wenn Co- und Heilmittel des Viehes betreffend. I lumella die nuͤtzliche kehre giebt: Es ſey den Huͤhnern gedeihlich, in der 1434 Waͤrme und inſonderheit im Rauch zu ſeyn. Es iſt wahrſchein⸗ lich, daß der Rauch auch die ſoge⸗ nannten Huͤhnerlaͤuſe toͤdte, ein Lin: geziefer, welche dieſes Hausgefluͤgel ſehr im Gedeihen zuruͤck haͤlt. Der Herr Verfaſſer erwehnet hieſelbſt, weil doch vom Rauch und von Huͤhnern die Rede iſt, auch der ſogenannten Rauchhuͤhner, die als eine Lehns⸗ oder Meierpflicht, den Gutsherrn muͤſſen abgeliefert werden. Aber die gehoͤren gewiß nicht hieher; und ich kan mich nicht entſchließen, der Wortherleitung des Herrn Verfaſſers, und des Herrn Hellfeldts beizuſtimmen. Es hat da⸗ mit eine faſt aͤhnliche Bewandtniß, als mit der Verunſtaltung des Wor⸗ tes Mutterköorner im Getreide, wel: che von dem ſchwarzen Moder verdor⸗ bener Koͤrner, die man theils als den Aufenthalt, theils als die Eyer kleiner Inſekten anzuſehen hat, den Namen fuͤhren, und immer ſowohl im Hochdeutſchen als Plattdeutſchen Mo⸗ derkörner bleiben muͤſſen: obgleich ein Sprachverderber, weil mater, auf bochdeutſch Mutter, und plattdeutſch Moder heißer, dieſe Veränderung beliebt hat. Meine vielleicht richtigere Etymologie von den Rauchhuͤhnern ift folgende: Rooch bedeutet in um: ferer Gegend zwar der Rauch vom Feuer, (tumus,) aber es bedeutet auch einen ſchwarzen Raben? Man ſagt auch von einem Menſchen, der entwe⸗ der ganz ſchwarz gekleidet iſt, oder ſich Xx xx 3 im 1435 im Geſichte ſchmutzig und ſchwarz ger macht hat. Are ſüht uht aſe een Roock. Dieſe fogenannten Rauch⸗ huͤhner find ganz ſchwarze Hübner, Ich verlaſſe mich hier nicht auf Muth⸗ maßungen, ſondern auf Thatſachen. Die hiefige Kirche zu Sanet Jürgen, im Herzogthum Bremen, mußte noch vor einigen wenigen, und ſeit dem 15 Joten Jahre an eine gewiſſe vor⸗ nebme Familie in Bremen, allemal auf Martiniabend einen ſogenaunten Gefahrzins liefern, der ſelbe beſtand in einem ſehr ſelten gewordenen alten Bremer fünf Grotenſtuͤcke, eenen ol; den Seraren genannt, und einem alten Roockhahnen. Letzterer mußte nicht nur völligen Kamm und völlige Spor⸗ nen haben, ſondern auch glaͤnzend ſchwarz ſeyn. Eine einzige Feder, die von anderer Farbe daran zu finden war, machte, der Tradition nach, den Hahn völlig verwerflich b). Rauch: huͤhner mußten alſo Roockhuͤhner beißen, und ganz ſchwarze Huͤhner be⸗ deuten. Ich bin aber zu furchtſam, meine Meinung, als entſcheidend anzus geben. In der ſechſten Sammlung der belobten Herzogthuͤmer Bremen und Verden Seite 5 3. findet ſich, daß Se. Magnificenz, der Hetr General⸗Su⸗ perintendent Pratje in Stade, ein Mas nufeript beſitze, welches den Titel ueber einige alte Behauptungen die Wartung 1436 fuͤhret: Entwurf von des Landes Kehdingen Gerechtigkeiten, za darin etwas von Rauchhuͤhnern vor komt, deſſen Inhalt, zur Entſchei⸗ dung vielleicht beitraͤglich ſeyn koͤnte. Tine dritte Behauptung fuͤhrt der Herr Verfaſſer aus dem Varro und Columella an, die ſich mit den jungen Gaͤnſen befaßt, bei uns aber unguͤltig wird. Wir fuͤttern zwar die alten Gaͤnſe im Winter billig bei ein⸗ getretenem Froſt oder Schnee, und denn iſt eine Hand voll Haber im ganzen Tage genug; unſere jungen Gaͤnſe aber, wenn ſie aus dem Ey kriechen, wiſſen von keinem Morgen⸗ brodte, das ihnen die Schweine neh⸗ men koͤnten. Sie werden ungefuͤttert auf die Weide getrieben, und dann iſt ein reiner Grasanger, mit kurzem jun⸗ gen Graſe freilich beſſer fuͤr ſie, als ein mit langen Kräutern bewachſenes Feld. Wir erleben das nie, daß ſie aus Heißhunger ſich den Hals verdre⸗ hen, oder gar abreiſſen ſolten. Haͤtte Plinius fein huͤbſch eine junge Gans betrachtet, ſo wuͤrde er mit beiden Augen haben fehen koͤnnen, daß die jungen Gaͤnſe gegen das Brennen der Neſſel zuerſt mit weichen Pflaumen, hernach mit Federn hinlaͤnglich bewaffnet find, die Haut an den Beinen und Fuͤßen aber unempfindlich ſey. Die Heiterneſt 1% ſel b) Weil das alte fünf Grotenſtüͤck uͤberaus rar wurde, und oft gegen 60 Grote mußte eingewechſelt werden; auch der ſchwarze Roockhahn oft beſchwerlich zu haben; ja ein Paar mal zu 1 Rtblr. wolte in Rechnung gebracht werden; iſt nach vor⸗ her erhaltener hoben Genehmigung Koͤnigl. Conſiſtorii in Stade dieſer ganze fret und abgekauft worden. Gefahrzins von hieſiger Kirche, im Jahr 1772 mit 20 fthlr. auf ewig redimi⸗ EN n x 2 7 1437 ſel iſt den Gaͤnſen uͤberdem ein ange nehmes Futter und ihnen heilſam. Freilich findet man oft junge Gaͤnſe mit ſteiſem oder gar verrenktem Halſe. Dieſer Zufall ruͤhrt aber aus einer andern Urſache her. Zweimal ſind die jungen Gaͤnſe mit einer Art von Blattlaͤuſen an den Ohren geplagt, die ſie ganz wahrſcheinlich in langen Kraͤutern aufhacken, indem ſie darin berumwuͤhlen. Aus Schmerz, den ih⸗ nen dieſes Ungeziefer in und an den Ohren verurſacht, machen ſie mit den Haͤlſen ſolche Drehungen und Wen— dungen, daß dieſelben dadurch ver: renkt werden koͤnnen. Man darf aber nur zu rechter Zeit den jungen Gaͤn— ſen Baumoͤl in und an die Ohren ſtreichen, ſo iſt dem Uebel geſteuert. Mir faͤllt hiebei ein beſonderer Um— ſtand ein, der ein wenig nach Aber— glauben ſchmeckt, mir noch jetzt unbe⸗ greiflich, und doch nicht ganz unwahr iſt. Ich hatte auch einmal in einem alten lateiniſchen Haushaltungsbuche geleſen, daß man ſich ja enthalten muͤſſe, bei dem Neſte einer Gans oder Ente, eine Weidengerte zum anbinden oder Zaͤunen zu drehen und zuzuberei— ten, ſonſt wuͤrden deren Kuͤchlein krumme und verdrehete Haͤlſe bekom— men. Vor etlichen Jahren, ließ ich in meinem Hauſe einiges Korbwerk ausbeſſern, wobei eine große Menge Weidengerten mußten geflochten wer: den. Der Korbmacher ſaß nahe vor den Behaͤltniſſen, wo einige Enten und auch zwei Hennen bruͤteten. Mir fiel das geleſene ein, ich redete davon 1438 mit dem Arbeiter, und wir lachten herzlich über die Warnung. Als in deſſen nach acht oder zehn Tagen die jungen Enten auskrochen, hatten un— ter 80 bis go Stuͤck, mehr als der vierte Theil ſolche verdrehete Haͤlſe, daß ſie kein Futter nehmen, alſo auch nicht leben konten. Hier muß frei lich eine Qualitas occulta vorgewaltet haben, wenn nicht, wie ich lieber glauben will, dieſe krummen und ver⸗ dreheten Haͤlſe, eine andere unbekante Urſache, vermuthlich eine veranlaßte unrichtige Lage der Eyer im Neſte zum Grunde hatten. Bei den Hen— nenkuͤchlein waren keine Krummhaͤlſe zu finden. | Die vierte Behauptung bat der Herr Verfaſſer aus dem Vegetius, Columella und Plinius hervorgeſucht. Nach dem erſteren und zweiten, „ſoll „ſich das Bauchweh des Hornviehes, „der Pferde und Maulthiere verlie⸗ „ren, wenn fie ſchwimmende Gaͤnſe, „inſonderheit Enten zu ſehen bekom⸗ „men. „, Es muß doch in alten Zei: ten wunderlich hergegangen ſeyn! Hier zu Sanet Juͤrgen iſt eine ſehr große Menge von Enten allenthalben vor⸗ handen, und an Gaͤnſen fehlts uns auch nicht. Unſer Hornvieh und un⸗ ſere Pferde haben dieſes Waſſergefluͤ— gel faſt ſtets vor Augen, und muͤß⸗ ten alſo das Bauchweh niemals be⸗ kommen koͤnnen. Und doch ſind wir zuweilen genoͤthigt ganz andere, und zwar vernünftige und bewährte Mit: tel gegen dieſes Uebel anzuwenden, wie ſolches der ungenannte Herr Ver⸗ | faſſer 1439 ueber einige alte Behauptungen die Wartung x. 1440 faſſer in der Note nicht uneben anz fuͤhret. Was Plinius ſagt: „daß „das Uebel von einer auf den Bauch „gelegten Ente aufbören, und die En⸗ „te ſterben ſolle, hat etwas wahr⸗ „ſcheinliches. „„ Ich erinnere mich vor langer Zeit gehöre zu haben, daß ein an der Darmgicht toͤdtlich danieder liegender Menſch gerettet, und heil worden fen, als man eine Ente leben: dig aufgeſchnitten, und alſo warm und blutig auf den Bauch gebunden babe. Wenn ein mit der Gicht be⸗ bafteter Menſch ein fogenanntes Meer⸗ ſchweinchen zu ſich in fein Bette ge: woͤhnet, wird er ſtarke Linderung ſpuͤ— ren, das kleine Thierchen aber in zwei Tagen ſtark aufſchwellen und ſterben. Daß Hunde durch lecken der Fuͤße ei⸗ nem ſolchen Patienten die Heftigkeit ſeines Leidens richtig abgenommen, dadurch krumm und lahm worden und krepiret ſind, hat die wiederholte Erfahrung gelehrt. Daß aber der Sanct Juͤrgen. bloße Anblick ſolcher Creaturen, eine ſo heilſame Wuͤrkung haben koͤnne, daran zweifelt das Publikum billig, und mit Recht. Vor einigen Tagen bemerkte ich, daß mein Nachbar in feinen Miſthaufen etwas ſehr ſorgfaͤl⸗ tig ſuchte. Ich erkundigte mich nach feinem Verluſt. Er erzählte mir) wie er einem jungen Hunde, wie gewoͤhn⸗ lich, die Ohren abgeſchnitten habe; und nun zu ſeinem großen Leidweſen die abgeſchnittenen Stucke vermiſſe. Auf meine Frage, was er damit haͤtte machen wollen, gab er mir die Nach⸗ richt, daß, wenn er dieſe Ohrlaͤpplein in Butter gebraten und ſie dem Hun⸗ de zu freſſen gegeben haͤtte, wuͤrde der⸗ ſelbe nicht von Dieben beſprochen werden koͤnnen, und ſehr beißig und tapfer geworden ſeyn. Er mag es auch wohl im Vegetius oder Colu— mella geleſen haben, daß ſolches pro: bat ey, ER RER Joh. Wilh. Soͤnert. Ein dauerhafter Ofenkuͤtt. Mam nimt reine wohl durchgeſiebte K Aſche, vermiſchet ſolche mit Salz, macht es mit Waſſer zu einem Teig und ſchmieret damit die Ofen: ritze. Bei neu zu ſetzenden, beſonders den runden Oefen, iſt ſolcher Kuͤtt un: verbrechlich. Man kan auch, wann man will, etwas wenigen Leim dar⸗ unter nehmen. Doch iſt der Kuͤtt ohne Leim beſſer und dauerhafter. — 0 a 22 10002 Bnng ey 22 Don Do SE cr ns GRAN N MS... e e ee n wi 9 11 Stück. Rn. 2 e Freitag, den 14% November 1783. 0 a Vorſchlag au wu. Kartoffeln zu gelangen, als wir bis daher im Goͤttingiſchen gehabt haben. | ir haben bisher. in, der. götz > tingiſchen Gegend beſondere Kartoffeln gehabt. Ib Kraut iſt, ſo bald es hervor ekommen iſt, kraus geweſen, und bald arnach, wenn es einige Hoͤhe erreicht hatte, gelb geworden, verdorret, und umgefallen. Die Wurzeln aber von denſelben ſind, wenn man ſie in ihrem N Wachstbume aufgegraben, ſebr zaſe⸗ ig geweſen, und die Ausbeute im jerbfte davon fo geringe, daß man nur zwei bis vier, auch wohl gar kei⸗ ne, darunter gefunden hat. Der Schade waͤre auf dieſe Weiſe außerordentlich betraͤchtlich geweſen, wenn die Landleute in benannter Ge⸗ gend uͤberb ge dergleichen Kartoffeln auf ihren eeten und Aeckern gehabt ätten. So aber war es noch ein Gluͤck, daß ſie, wie ich melden muß, ur 085 von dergleichen Kartoffeln atten. D och, ſo wenig auch derſelben ter den Kin Kartoffeln waren, fo 112 doch derjenige, welcher viel da⸗ von auspflanzte, oft einen Verluſt von einigen Maltern. u m? Man kan daher leicht 1 daß ein ſorgſamer Hausvater bei ſolchem Verluſte werde auf feiner Hut gewe⸗ ſen ſeyn, und Mittel ausgedacht und angewandt haben, dieſem Uebel abzu⸗ helfen. Sie haben es auch gethan. Einige haben das bervorgeſchoſſene krauſe Kraut abgeſchnitten, in Mei⸗ nung, daß alsdenn ein beſſers bervor⸗ wachſen ſolte. Andere haben ein an⸗ ders Erdreich erwaͤhlt, als ſie zuvor zu ihrem Kartoffelnbau genommen ge⸗ habt. Wieder andere haben die Saa⸗ menkartoffeln an einem andern Orte aufbewahrt, als fie: ſonſt gethan. Noch andere haben fruͤher oder ſpaͤter gepflanzt, die Kartoffelnſtauden um⸗ duͤnget (Miſt um ſelbige gelegt,) und ſie mit mehrerm Fleiße bearbeitet. Endlich haben noch andere (was thut man nicht um des Gewinnſtes wil⸗ len,) die umgefallenen Stauden fruͤh⸗ zeitig ausgegraben, damit, wenn im Herbſte gerodet wuͤrde, keine von die⸗ ſen Baſtarten unter die Saamenfarz toffeln kommen moͤgte. Aber fo viel dure, f Py y frucht⸗ 1443 wieder gehabt, als im vorhergehen⸗ den, und alſo auch eben ſo wenige Ausbeute. was reichlicher geerntet, welche dieſe Kartoffeln, die aus der Art geſchla⸗ gen, zum Gebrauch ausgerodet, und alſo nicht wieder gepflanzet haben. Da dieſe Mittel nun ſehl ſchlu⸗ gen, die auch ich zum Theil erprobet hatte, ſo ſann ich auf ein anders. Viele Gewächſe, dachte ich, pflanzen ſich durch den Saamen, den ſie außer der Erde oben anſetzen, und durch ihre Frucht in der Erde zugleich fort. Mit den Kartoffeln iſt bisher das letztere nur verſucht; aber nicht das erſtere. Du ſollſt alfo hievon eine Probe mar chen. Vielleicht erhaͤltſt du als denn wohl eine beſſere, oder wohl gar die alte Sorte wieder. So gedacht, fo gethan. Ich ſam⸗ melte Michaelis 1781 einige Aepfel von langen und runden rothen, und wiederum von runden gelben Kartoffelnſtanden. Ich ließ folche einige Zeit zum nachreifen in der Luft hangen, ſchnitt ſie darnach durch, machte fie aus, ließ aber das ausge: machte in ein Glas Waſſer fallen, auf welche Weiſe das Gehaͤuſe der Kerne oben auf dem Waſſer blieb, die Kerne ſelbſt aber zu Boden fielen. Solche Kerne ſammelte ich denn, machte fie trocken, und legte fie an einen nicht allzufeuchten, und nicht allzutrocknen Ort. (Der Saame war ſo Man,‘ wie Tabasfefaame,, aber Vorſchlag zu beſſern Kartoffeln a einen ie ar Ri 5 Air Nur diejenigen haben et⸗ den 9 ef 9 782, faͤete ben hr ſehr dünne auf gailes tand. Man kan leicht ermeffen , 5 ich faſt alle Tage zugeſehn babe, ob er noch nicht keimete und aufginge. Endlich nach 14 Tagen kam etwas hervor. Aber welches waren Kartof⸗ felnpflaͤnzchen? Keiner konte ſie mir zeigen, und ich kannte fie auch ſelbſt nicht. Ich ließ inzwiſchen das kenn⸗ bare Unkraut ausgaͤten, und was man nicht kannte, mußte ſtehn bleiben. Und ſiehe, das waren mehrentheils Kartoffelnpflanzen, die nun wegen des Laubes immer kennbarer wurden. Die Erdflöͤhe, welche ſich nun auf meine junge Geburt haͤuſig ſetzten, und ſie zerfraßen, ſuchte ich auf die be⸗ ſte Art zu tilgen, bis ſie ſo weit her⸗ angewachſen war, daß ich ſie verſetzen konte. Und nun, wie verpflanzte ich ſie denn? Ich ſetzte ſie in ein nicht friſch geduͤngtes, aber doch gailes Land, 22 Fuß ins Kreuz von einan⸗ der, und gebrauchte dabei einen Pflanzſtock, welches mir wegen der vielen kleinen Wurzeln, die meine Pflanzen batten, noͤthig ſchien. Ich machte nach vier Wochen die Erde des Beets locker, und vertilgte da⸗ durch das bervorgekommene Unkraut. Darnach ließ ich ſie, wie andere Kar⸗ toffeln, behaufeln. Die Stauden wurden groß, die Stengel dick, die Blüte kam, Aepfel ſetzten an, und wuchſen ab. Und das Kraut, wel ches das vornehmſte iſt, das ich mel⸗ den muß, war nicht kraus. Vierzehn As 1445 dels wir bis daher im Göttingifen gehabt haben. 1446 Tage nach Michaelis ließ ich fie end⸗ lich ausroden. Und was fand ich? Unter einer Staude zwar viele; aber ſehr kleine Kartoffeln. (Es blieben viele in der Erde liegen, wovon ich im folgenden Jahre unerwartet wieder eine Ernte gehabt.). In Anſehung der Art, fand ich ſtatt der rothen Kartoffeln blaͤuliche, und denn fand ich auch gelbe. Die Sorten die⸗ ſer beiden Arten, die ich unten anfuͤh⸗ ren- werde, bemerkte ich hier noch nicht, eines Theils, weil ſie gar zu klein, an⸗ dern Theils, weil die Kartoffeln beim ausroden wegen des Froſtes, den wir gehabt hatten, voller Erde waren. Keiner durfte mir indeſſen eine davon nehmen. Ich ſchuͤttete ſie in eine Tonne, und ließ ſie bis aufs Fruͤhjahr im Keller liegen. Im April 1783 pflanzte ich ſie wieder. Der großen warf ich eine, der mittlern zwei, und der kleinern, die wie eine Haſelnuß groß waren, mehrere ins Loch. Ich ließ ſie ſo bearbeiten, wie andere Kar⸗ toffeln, und ſahe der Ernte mit Ver⸗ langen entgegen. Krauſes Laub hatten ſie gar nicht, und es muß das alles von ihnen hier wieder geſagt werden, was ich oben davon geſagt habe, da ich ſie als Pflanzen geſetzt hatte. Acht Tage nach Michaelis fing ich an ſie auszuroden. (Sie waren wegen des trocknen Sommers, den wir abermals gehabt hatten, zuruͤck geblieben.). Ich fand unter einer Staude bis an die 60 Kartoffeln; unter andern, wie leicht zu erachten, weniger. Ueber⸗ baupt erntete ich von drei Metzen, die ich gepflanzt hatte, vierzehn Himten. Die ſchwerſten wogen 4 Pfund. Ich fand in Anſehung der Sorten lange und runde rothe, davon die erſtern ſowohl auswendig, als inwendig roth waren. Ich fand von eben dieſer Sorte krappige und ſchuppige. Auch fand ich runde gelbe; aber welches zu verwundern war, von dieſer Sorte auch lange, und noch dazu einige, die, ſo wie die rothen langen, krappig und ſchuppig waren. i N Wie erſtaunte ich! Großer Gott, dachte ich, was fuͤr mannigfaltige Beſtandtheile liegen doch oft in einem kleinen Saamenkoͤrnlein verſchloſſen! Du haſt keine andere Kartoffeln, als lange und runde rothe, und gelbe runde gepflanzt, und wenn ja wieder Vermuthen deine Leute, welche den Saamen aufnehmen mußten, von mei⸗ nen Nachbarn Kartoffelnſaamen auf genommen haben: ſo haben die doch auch keine andere Sorten, als die ge⸗ habt. Unter allen Gedanken, die mir aufſtiegen, behielten endlich folgende die Oberhand. Die Saamenftäub: chen, welche die eine Blume der an⸗ dern in ihrer Blüte mitgetheilt haͤt⸗ ten, muͤßten dergleichen Veraͤnderun⸗ gen verurſacht haben. Ferner, da die Gewaͤchſe durch einen fortgeſetzten Bau, beſonders in einem und eben demſelben Erdreiche und Gegend ſich ehe verſchlimmern, als ſich vervoll⸗ kommen, ſo hat dies auch bei deinen Kartoffeln ſtatt. Dieſe ſind durch das Saͤen des Saamen wieder zu ihrer er⸗ ſten Vollkommenheit gediehen, Oder, PYy yy 2 der 5 „ der Ban der Kartoffeln, der durch den Saamen geſchehen iſt, hat fie in der: jenigen Geſtalt und Beſchaffenheit Wader dargestellte, die ſie zuerſt gehabt baben. Das, was mich in dieſen Gedanken beſtaͤrket, iſt dieſes! die hiefigen Einwohner verſichern mich, daß die erſtere Art ihrer Kartoffeln, welche fie bier gebauet haͤtten, und die ſie in nachfolgenden Jahren hier kaͤndiſche genannt haben, ſo, wie die meinigen beſchaffen geweſen waͤren. 9 5 and wigtigere Gründe und Vorschlag zu Seen denon u gauge . . Mutbmaſſungen von obiger Veräl⸗ derung der Kartoffeln anzugeben, will ich nicht verwerfen, 5 Mi Gekocht 1 mei, ne neuen Kartoffeln einen ſehr liebli⸗ chen und angenehmen Geſchmack, und waren auch viel chte „ als die gewohnlichen. 4405 Siehe alſo leſer, win un Gin nf: ro keine krauſe und ergiebigere Kar) toffeln haben, ſo mache es ſo, wie ich es gemacht babe, und lebe wohl, . v. beinen. a Schere 9 . Abſicht iſt jetzt nicht eine pathologiſche Erzaͤhlung von der Krankheit, welche man die Kraͤtze nennt, zu geben, denn in jedem Buche von der Heilkunde wird dieſes nur allzubekannte Uebel abgehandelt, und was die Kur dieſes Hautausſchlages betrift, ſo ſind unzaͤhlige Mittel an⸗ empfohlen worden, welche leider nur zu oft in den Haͤnden der Unerfahr⸗ nen, indem die Kraͤtze ſo leicht und oft unwiderbringlich auf die innern Theile und Nerven faͤllt, die traurig⸗ ſten Folgen nachgelaſſen haben. Ich will mich jetzt nicht einmal auf die Erfahrungen von Aerzten berufen, welche nur ſelten beim erſten Aus bru⸗ che dieſer Krankheit zu Rathe gezogen werden, 1 0 weil man die We Methode d die Krähe zu heilen. * Bi 2 34 Im ſo lange als moͤglich zu verbergen ſucht, und gewoͤhnlich nur dann den Arzt verlangt, wenn durch die vorher gebrauchten Schmierkuren als Schwe⸗ fel, Queckſilberſalben, u. ſ. w. ohne gehörige Anleitung der Aus ſchlag zu⸗ ruͤckgetreten iſt; ſo darf ich jetzt nur einen großen Theil unter dem gewoͤhn⸗ lichen Haufen von Menſchen „ die Rathgeber zu einer geſchwinden Kur dieſes Uebels haben ſeyn wollen, erin⸗ nern, wo durch ihre Unbehutſamkeit die zurͤckgetriebene Kraͤtze die Folge beinahe unheilbarer Krankheiten ge⸗ worden iſt. Die Kraͤtze koͤmt haͤufi⸗ ger unter einer geringen Klaſſe von Menſchen zum Vorſchein, wo ſowohl eine vernachlaͤßigte Reinlichkeit, ſchlech⸗ te Mamas als ſelbſt die Hand⸗ | thierung, 2 Aus dem FR Stuͤck der each Beitraͤge zu den braun valſchen Anzeigen. 1449 thierung, welche eine Außerliche An: ſteckung nicht immer gut verhüten kan, vorzüglich die Urſachen zur Ent: ſtehung dieſer Krankheit in den Saͤf⸗ des Koͤrpers abgeben. Bisher deucht mir, hat es noch immer an einem Mittel gegen die Kraͤtze gefeh⸗ let, welches ſelbſt Aerzte als untruͤg— Tich und weniger gefaͤhrlich gewuͤnſcht haben, und womit man die Patienten frei ſchalten laſſen kan, weil man in⸗ ſieirten Kranken, um nicht ſelbſt durch die Beruͤhrung angeſteckt zu werden, den Gebrauch der Arzneien, wohin die lange Mode geweſenen Queckſil⸗ ber: und Schwefelſalben gehoͤren, ib: rer eigenen unvorſichtigen Willkuͤhr anvertrauet hat. Der reine Schwe⸗ fel war bis jetzt das fpecifife Mittel gegen die Kraͤtze, man macht Salben daraus, wie bekant iſt, und laͤßt ihn zugleich innerlich nehmen. Seine kraͤf⸗ tige Wuͤrkſamkeit in Hautkrankßeiten iſt wohl nicht in Zweifel zu ziehn, nur waͤre noch manches bei ſeinem Ge⸗ brauche zu erinnern, vorzuͤglich wenn vornehmere Perſonen mit der Kraͤtze, wofuͤr man ſich fo ſehr ſchaͤmet, be: haftet werden, und welche ein jeder gern durch ein weniger ſich verra— thendes Heilungsmittel verheimlichen moͤgte. 5 Eine unter den Aerzten laͤngſt be kante Pflanze will ich jetzt in dieſer Krankheit ſehr empfehlen, es iſt die Alantwurzel (Inula Helenium L.) wel: che viele bei uns ſchon als ein Haus⸗ mittel kennen. Ich bin auch nicht der erſte, welcher die Wuͤrkſamkeit dieſer ‚Sichere Methode die Krätze zu heilen. ten. 1450 Arznei ſowohl den innerlichen als aͤuſ⸗ ſerlichen Gebrauch in Hautausſchlaͤ⸗ gen anempfiehlet, ſondern jetzt will ich nur die Methode bekant machen, wie man ſeit verſchiedenen Jahren in un⸗ ſerm Fuͤrſtl. Waiſenhauſe ſchon vor meiner Beſorgung deſſelben bei der Kur der Kinder verfaͤhret, die von der Kraͤtze angeſteckt worden ſind. Als ein Geheimniß, ſagte man mir, waͤre von einem Biedermann folgende Zu⸗ bereitung der Alantwurzel unlaͤngſt als das wuͤrkſamſte Heilungsmittel gegen die oͤfter vorkommenden von der Kraͤtze angeſteckten Waiſenkinder an⸗ vertraut worden. Um des gemeinen Beſten willen, war es alſo meine Pflicht, kein Geheimniß von dieſer Art zuruͤckzubehalten, ſondern meine beſtaͤtigten Erfahrungen zu weiterer Ruͤtzlichkeit öffentlich befant zu ma⸗ chen. g Man nimt ein halbes Pfund ge⸗ ſchaͤlte Alantwurzel, ſchneidet ſelbige vorher in Stuͤcken, gießt auf dieſe Portion etwa ein Stuͤbchen Waſſer, und laͤßt alles bis zur Conſiſtenz eines Breies einkochen, thut nachdem ein Viertel Pfund ungeſalzene Butter hinzu, und ſo laͤßt man dieſe Mi⸗ ſchung, welche die Beſchaffenheit einer weichen Salbe bekommen muß, erkal⸗ Während des Kochens iſt vor: ber noch zu merken, daß man die in der Hitze des Waſſers aufgeloͤſeten Wurzelfaͤſerchen ſorgfaͤltig mit einem Spatel wegnimt, damit nichts hartes zuruͤckbleibt, welches ſonſt dem Pa: tienten beim Einreiben in die Haut Yy yy 3 Schmer⸗ 1451 Schmerzen verurſachen wuͤrde. Die eben beſchriebene Quantitat von ei⸗ nem balben Pfunde der Alantwurzel braucht nur zubereitet zu werden, wenn in einer Familie mehrere Patienten der Salbe bedürfen, wie dieſes bei der Kraͤtze öfters der Fall iſt, ſonſt kan man mit einer geringern Portion erſt den Verſuch machen. Man verfaͤhrt mit dem Gebrauche dieſer Salbe auf folgende Art: des Abends vor Schlafengehn werden alle Stellen des Koͤrpers, die von der Kraͤtze angegriffen ſind, eingerieben, und zu gleicher Zeit trinkt der Patient Morgen und Abend ein Paar Taſſen von einem Aufguß der Alantwurzel, welcher wie gewöhnlicher Thee zube⸗ reitet wird, nur, daß man ſelbigen ein wenig ſtaͤrker ziehn laͤßt. 3 Zu erinnern habe ich noch, daß je⸗ desmal den folgenden Morgen nach der Einreibung die Salbe von der Haut mit Seife und Waſſer abgewa⸗ ſchen wird, um beſtaͤndig eine freie Ausduͤnſtung durch die Schweißloͤ⸗ Schere Methode die Kräte zu heilen. 1462 cher zu erhalten, eben ſo iſt hoͤchſt voͤ⸗ thig, um eine neue ckung zu ver⸗ meiden, oͤfters reine anzulegen. Dieſe ſimple Kur zeigt, nachdem die Kraͤtze mehr oder weniger heftig iſt, in wenig Tagen die beſte Wuͤrkt Der Ausſchlag trocknet an nd riebenen Stellen merklich ab, und ſo lange noch Unreinigkeiten im Koͤrper ſind, treibt die Salbe mit dem Thee von der Alantwurzel alles heraus, bis die Blutmaſſe völlig gereinigt worden iſt. Nie wüßte ich, daß bei dieſem Verfahren irgend ein Patient anderer Mittel noch noͤthig gehabt haͤtte, oder daß uͤble Folgen, wie bei den ſonſt gewoͤhnlichen Kuren von zu⸗ ruͤckgetriebener Kraͤtze entſtanden waͤ⸗ ren. Der Wunſch, welcher mir jetzt noch übrig bleibt, iſt, daß unſere Apo⸗ theken dieſe Salbe von der Alantwur⸗ zel zu jedermanns Gebrauch auf die von mir beſchriebene Weiſe vorraͤthig haben mögen, um dadurch den täglich von dieſer Art vorkommenden Patien⸗ ten auf die bequemſte Weiſe behuͤlflich zu ſenn ) . 18351184 Doct. S. O. Bruckmann, Jun. *) Unter dem officiellen Namen konte dieſe Salbe Unguentum Helenü contra ſca- } biem verſchrieben werden. Anekdote. Tableau de Paris Tome II. Bei Ludewigs des XVI. Gelan⸗ gung zum Thron, — thaten neue und menſchliche Miniſter eine Hand⸗ lung der Gerechtigkeit und Guͤte, in⸗ u N — 1 a Er ee a dem ſie die Regiſter der Baſtille durch⸗ ſahen, und viele der Gefangenen los; ließen. 1 7 Unter der Anzahl dieſer war ein Greis, * 1453 Ele Greis, der ſeit ſteben und vierzig Jah: ten, zwiſchen vier dicken und kalten Mauern ſeufzte. Gehaͤrtet durch Wir derwaͤrtigkeit, welche den Menſchen ſtaͤrkt, wenn fie ihn nicht uͤberwaͤl⸗ tigt, hatte er die Langeweile und die Schrecken der Gefangenſchaft mit ei; ner maͤnnlichen und muthvollen Stand⸗ haftigkeit ertragen. Seine weißen und feitenen Haare hatten beinahe die Härte des Eiſens erhalten; und fein Koͤrper, der, ſeit ſo langer Zeit in einem ſteinernen Sarg geſteckt, hatte ſo zu ſagen deſſen dichte Feſtigkeit an⸗ genommen. Die niedrige Thuͤr ſeines Grabes knarrt auf ihren ſchreckenden Angeln, oͤfnet ſich, nicht halb, wie gewohnlich, — eine unbekannte Stimme ſagt ihm, er koͤnne herausgehen. Er glaubt es ſey ein Traum; zwei⸗ ſelt; ſteht auf, geht mit einem zittern⸗ den Schritt, wundert ſich uͤder den Ranm den er durchwandelt. Die Treppe des Gefaͤngniſſes, der Bor: ſaal, der Hof, alles ſcheint ihm groß, unermeßlich, ja faſt ohne Schranken zu ſeyn. Er bleibt ſtehen wie verirrt und verloren; ſeine Augen koͤnnen den Glanz des bellen Tages nicht er⸗ tragen; er ſieht den Himmel an, als einen ihm neuen Gegenſtand; fein Auge iſt unbeweglich; — er kan nicht weinen; erſtaunt von einem Platz zum andern gehen zu koͤnnen, bleiben ſeine Beine ſo unbeweglich als ſeine Zunge; — endlich geht er aus der Thuͤr des Gefaͤngniſſes. 18055 Wie er merkte, daß er in einem 4 7 zZ er redet. 1454 Wagen, welcher ihn nach feiner alten Wohnung bringen ſolte gezogen wur de, gab er unartikulirte Toͤne von ſich; er konte die außerordentliche Be⸗ wegung nicht ertragen; man mußte ihn ausſteigen laſſen. Geſuͤhrt von einem mitleidigen Arm, fragt er nach der Straße, wo er ehemals gewohnt; er koͤmt dahin; fen Haus iſt nicht mehr da; — ein Öffentliches Gebaͤu⸗ de iſt an deſſen Stelle. Er erkennt weder die Straße, noch die Stadt, noch die Gegenſtaͤnde, welche er ehe mals geſehen hatte. Die Wohnun⸗ gen feiner Nachbarn, die in feinem Gedaͤchtniß eingepraͤgt waren, haben neue Geſtalten angenommen. Ver⸗ gebens fragten feine Blicke alle Ge⸗ ſtalten; er ſah deren keine, davon das geringſte Andenken in ſeiner Seele waͤre. Erſchrocken bleibt er ſtehen und holt einen tiefen Seufzer; die Stadt mag gleich mit lebenden We⸗ ſen bevoͤlkert ſeyn, fuͤr ihn iſt's ein todtes Volk; keiner kennt ihn; er kennt keinen; er beweint und vermißt ſeinen Kerker. Bei dem Namen der Baſtille, wel⸗ che er anrufte, und welche er als ei⸗ nen Zufluchtsort zuruͤckfordert; bei dem Anblick ſeiner Kleidung, welche von einem andern Jahrbundert zeugt, umgiebt man ihn. Neugierde und Mitleiden ſammeln ſich um ibn, die Aelteſten fragen ihn, und haben kei⸗ nen Begrif von den Dingen davon Zufaͤlligerweiſe fuͤhrt man einen alten Bedienten, einen Thuͤrhuͤ⸗ ter, zu ihm, welcher zitternd auf ſeinen Knien 2455 RR Knien und ſeit funfjehn Jahren in feinem Gemach beſchraͤnkt nicht mehr als die noͤthige Staͤrke hatte um das Seil der Thuͤr anzuziehen; er erkennt den Herren nicht, dem er ehemals ger dient hat, aber er erzaͤblt ihm, daß ſeine Frau vor dreißig Jahren von Hunger und Elend geſtorben ſey, daß feine Kinder nach unbekanten Laͤndern gegangen, daß alle ſeine Freunde nicht nehr da find. Er begleitet dieſe ſchreckliche Erzaͤhlung mit einer ſol⸗ chen Gleichguͤltigkeit, welche man bei vergangenen und faſt vergeßnen Be⸗ gebenheiten zu bezeigen pflegt. —-— Der Ungluͤckliche ſeufzt und ſeufzt allein. Dieſe zahlreiche Menge, wel; che ihm nichts als fremde Geſichter darſtellt, laͤßt ihn fein Elend in: fei: nem ganzen Umfang mehr fuͤhlen, als die furchtbare Einſamkeit in welcher er lebte. . u Vom Schmerz beſiegt, geht er zum Miniſter, deſſen edles Mitleiden ihm eine Freiheit geſchenkt hatte, die ihm zur Laſt iſt. Er neigte ſich und ſagt: „Laſſen Sie mich in das Gefaͤngniß zuruͤckfuͤhren aus welchem fie mich ge: zogen haben.. Wer kan feine Verwandten, ſei⸗ ne Freunde, — ein ganzes Men: Anfrage. iebt es wohl Arten von Schlan⸗ — gen, die ſich von Obſt oder Huͤl⸗ ſenfruͤchten; oder uͤberhaupt aus dem feinen Tagen ein Ziel zu ſetzen. ſchengeſchlecht uͤberleben; wer den Tod aller der Seinigen hoͤren, ohne das Grab zu wuͤnſchen? Alle die Todes faͤlle, welche andern Menſchen nur nach und nach einzutreten pflegen, ha⸗ ben mich in einem Augenblick betrof⸗ fen. Von der menſchlichen Ge ſchaft abgeſondert, lebte ich mit mir ſelbſt. Hier kan ich weder mit mir ſelbſt noch mit neuen Menſchen leben, denen meine Verzweiflung nur ei Traum iſt. Zu ſterben iſt nicht ſchreck⸗ lich, aber wie der letzte zu ſterben „ Der Miniſter ward geruͤhrt. Man verband mit dieſem Ungluͤcklichen den alten Thuͤrhuͤter, welcher noch mit ihm von feiner Frau und feinen Kim dern reden konte. — Er hatte keinen andern Troſt, als ſich davon zu unter⸗ halten. Er wolte nichts mit dem neuen Geſchlecht zu thun haben, das er nicht hatte entſteben ſehen: er hatte ſich mitten in der Stadt eine Art von Einſamkeit gemacht, die nicht weni⸗ ger einſam war als der Kerker, weh chen er beinahe ein halbes Jahrhun⸗ dert bewohnt hatte; und der Kummer keinen Menſchen anzutreffen, — der ihm haͤtte ſagen koͤnnen, wir haben uns vor Zeiten geſehen, zoͤgerte nicht, 2 eee een wuͤnſcht man in dieſem Magazine eine von einem Sachkundigen gewiſſe, mit Anfuͤhrung feiner Autoritäten Henan Pflanzenreiche ernaͤhren? Hieruͤber Nachricht zu leſen. 15 l | } Nin REF * 2 5 8 nA art 1 8 1 0 zu 8 9205 Stud. N bind Montag, den rt November 1783. Kurze Beſchreibung der vormaligen Stadt Meſſina. (Ein Auszug aus den Berichten eines Augenzeugen.) — Quis cladem illius noctis, quis funera fando, Explicet, aut poſſit lacrymis æqare dolorem! 1 Urbs antiqua fuit, multos dominata per annos erh, Plurima perque vias ſparguntur inertia paſſim eg un Corpora, perque domos, & plurima mortis * + ö } s \ Virg. I a | eſſina iſt ſowohl ihres Alters, f als auch ihrer ausgebreiteten f Handelſchaft, und ihres von der Natur ſelbſt angelegten Hafens hal: ber, imgleichen wegen ihres Miet Seidenbaues berühmt. Thueidides, Strabo, Polibius, Diodorus Siculus, Macrobius, u. a. m. erwaͤhnen ſchon dieſer Stadt, die anfaͤnglich, wie uns Thueidides und Strabo melden, wegen ihres Ufers, das krumm wie eine Sichel ging, Ian cle hieß, wie denn alles was krumm iſt, von den Sicilianern Zancla denen WENDE Nachmals aber, als 3 den Meſſeniern aus Pelopones, oder auch, wie andere wollen, vom Anaxilas, einem Tyrannen zu Rhegio in Italien, der von Meſſena gebuͤrtig war, ver⸗ „ „„ 2994 wuͤſtet und eingenommen, darauf aber wieder gebauet und hergeſtellet worden, bekam fie. den Namen Meſſena oder Met ina, im lateiniſchen Meſſana. Jedoch auch dieſen Namen verloren oder verachteten wenigſtens die nach he⸗ rigen Einwohner von Meſſina, und man nannte ſie aus folgender Urſache Mamertiner. Die alten Mamertiner waren ei⸗ gentlich gewiſſe alte italieniſche Voͤlker in Campanien. Sie gingen nach Sicilien über, und ließen ſich in Mef ſina nieder, wo ſie ſo maͤchtig wurden, daß ſie ſich von der Stadt Meiſter mach⸗ ten. Ihre Benennung Mamertiner behielten ſie bei. Meſſina, dieſe ſo ſeht 7 Handelsſtadt, welche mit Palermo nicht nur um den Vorzug, ſondern 31 auch 4% Beſchreibung der vormaligen Stadt Meſſina. 1460 auch um die Ehre, die Haupiſtadt im Lande zu ſeyn ſtritte, lag in dem oͤſtli⸗ chen Theile des ſogenonnten Val de De mona, auf der Kuͤſte des Pharo di Meſſina in Sicilien, dem feſten Lande von Italien gegen uͤber, wovon ſie durch das ſchmale wuͤthende Meer getrennet wurde. Vor dem ſie betroffenen Ungluͤck war ſie eine anſehnliche reiche Stadt, die vor der im Jahre 1743 daſelbſt graſ⸗ ſirenden Peſt, an die 80,000 Einwoh⸗ ner zaͤhlte. Ihre Vorſtaͤdte, welche man Furias nannte, ſollen allein im Stande geweſen ſeyn, auf jeden Wink 10, c Mann zu ſtellen. Unter den vielen ſchoͤnen und praͤch⸗ tigen Gebaͤuden, Pallaͤſten, Kirchen fanden, nahm wohl unſtreitig die Ka⸗ thedralkirche, die im Mittelpunkte der Stadt lag, den erſten Platz ein. Sie ſtand allein, auf einem freien Platze, war auf zwo Seiten von zwo Gaſſen umgeben, und der heiligen Jungfrau gewidmet. Man nannte ſie Sainte Marie neue, vermuthlich deß wegen, weil ſich daſelbſt eine aͤltere Marien⸗ kirche befand. Dem ungeachtet aber war ſie ſchon ſehr alt, denn ihre Un⸗ ſormlichkeit und die Schwere des Ge⸗ baͤubes zeigte mehr als zu deutlich, daß fie in jenen barbariſchen Zeiten erbauet worden, worin nicht viel Geſchmack war. Ihr Portal war von Marmor und geſchmacklos angelegt. Man ſahe folgende Worte mit großen gothiſchen Buchſtaben darüber geſchrieben: Grand Mercy A Meſſine. Dieſe nemlichen Worte fanden n mit eben dergleic aber kleiner en EN 4 des Glockenthurms. Die Meinungen tiber die Urſachen einer folchen öffent: lichen Dankſagung find getheilt. Die Sprache, in welcher fie gefchries ben, zeigt an, daß fie von Franzoſen oder Normaͤnnern herkommen, als welche viele Jahre lang von beiden Sicilien Meiſter waren. Einige bes haupten, die Franzoſen haͤtten dieſe Worte geſchrieben, um den Meſſinern dafuͤr ihre Dankbarkeit zu bezeigen, daß ſie ihrer in dem bekanten Blutba⸗ de, die ficilianifche Veſper genannt, geſchont haͤtten. Allein dieſes iſt un⸗ ſtreitig ein Irrthum. Denn ob es gleich wahr iſt, daß die Franzoſen zu und Kloͤſtern, die ſich in Meſſina be⸗ Meſſina damals nicht umgebracht wor⸗ den; ſo hatten ſelbige dennoch ſolches nicht den Meſſinern, ſondern der Klug⸗ beit und Tapferkeit des Generallfeu⸗ tenants Herberts zu danken, den der Koͤnig Karl uͤber die ganze Inſel ge⸗ ſetzt hatte. Dieſer wußte einige Tage lang die Bemuͤhung der Meſſiner zu verhindern, daß ſie ihn, nebſt ſeiner Beſatzung, nicht uͤberfallen konten. Endlich griffen ſie ihn mit Gewalt an, und zwangen ihn, da ihre Anzahl ſich vermehrte, ſich nach Calabrien zu bes geben. Es wurde hierbei niemand verſchont, als Wilhelm de Porcel⸗ lets, ein Edelmann aus Provence, der Gouverneur von einer kleinen Stadt war, und durch ſeine Verdienſte auch bei den Erbittertſten ſich eine gewiſſe Hochachtung zu erwerben gewußt hat⸗ te, Allein, da er feine Erhaltung au rade 5461 Beſchrelbung der vormaligen Stadt Meſſina. 1462 rade den Meſſinern nicht zu danken hatte, fo iſt auch nicht zu vermuthen, daß dieſe Dankbarkeit von ihm her⸗ komme. Von andern Franzoſen läßt es ſich gleichfalls nicht vermuthen, als welche ihre Erhaltung bloß der Wach⸗ ſamkeit ihrer Vorgeſetzten zu verdan⸗ ken hatten. Audere ſagen, zur Zeit der Kreuzzuͤge hätte eine franzoͤſiſche Flotte durch einen Sturm viel ausge: ſtanden. Man haͤtte ſie in dem Hafen zu Meſſina aufgenommen, ihre Schiffe ausgebeſſert, und ſie mit Lebensmitteln und allen Nothwendigkeiten hinlaͤng⸗ lich verſehen, und zur Erkenntlichkeit und Dankbezeigung haͤtte dieſe Flotte die erwähnte öffentliche Dankſagung an das Portal der Kathedralkirche und über die Thurmthuͤr ſetzen laſſen. Das Gewoͤlbe dieſer Kirche war mit Vergoldungen und einigen neuern ziemlich guten Gemaͤlden geziert. Der hohe Altar darin war ſchoͤn, beſtand aus einem Stuͤck und hatte vier große und vier kleine mit Agatſteinen einge⸗ faßte Saͤulen. Die Fußgeſtelle und Kapitale waren von Erzt und vergol⸗ det, die Monſtranz aber von Gold. Der Thron des Vice⸗Koͤnigs war auf der Evangelienſeite, zwiſchen der Sa⸗ kriſtey und dem Chore. Er hatte 10 bis 11 Stuffen, die beinahe 2 Schu⸗ be breit und einen hoch waren. Auf dieſen Stuffen befand ſich eine laͤng⸗ licht runde Plattforme, die auf der ei⸗ nen Seite ungefähr 8 Fuß, und auf der andern 6 betrug. Auf derſelben ſtand ein großer mit einem geſtickten Himmel bedeckter Lehnſtuhl. Hier nahm der Viee⸗Koͤnig feinen Platz ein, wenn er dem Gottesdienſte beiwohnte. Es waren auch viele Kapellen in dieſer Kirche. Die zwo praͤchtigſten darunter befanden ſich an der Seite des hohen Altars. Die auf der Evan⸗ gelienfeite war der heiligen Jungfrau gewidmet, deren ſilberne gut gearbeitete und mit vielen Edelſteinen, Ringen und andern Koſtbarkeiten ausgeſchmuͤckte Statuͤe auf dem Altar ſtand. Außer⸗ dem war der Altar mit einer erſtaun⸗ lichen Menge von Silberſachen, und beſonders mit einer großen Anzahl von kampen verſehen, die Tag und Nacht brannten. An den, inwendig mit ſchoͤnem Marmor und Agat ausgeleg⸗ ten Mauern ſtanden hin und wieder verſchiedene Denkſpruͤche mit goldenen und ſilbernen Buchſtaben eingegraben. Die Kapelle gegen uͤber war mit ſchoͤner Bild hauerarbeit und mit Sta⸗ tuͤen ausgeziert, und in der Sakriſtey wurde eine Menge koſtbarer mit Edel⸗ ſteinen beſetzter Silbergeſchirre auf⸗ bewahrt. Der zur Kathedralkirche gehoͤrige Thurm war ſtark gebauet, e und nicht viel hoͤher als der Gibel der Kirche. Da feine Baſts breit, ſtark und ſo groß war, daß der Schatz, die Archive, und die griechiſchen Manu⸗ ſeripte des Conſtantin Laſcaris darin aufbewahrt werden konten, ſo wuͤrde man ihn viel höher baben aufführen koͤnnen, allein vielleicht war die Furcht vor den Erdbeben die Urſache davon, daß man es nicht gethan. I. Die allbier befindlichen Kanoniet 3112 | was 1463 waren reich, und verwalteten ibe ant durch Procuratores. a Die Jeſuiten batten bis zu ter Aufhebung vier Haͤuſer zu Meſſina, und ein Collegium, welches mit den geſchickteſten Profeſſoren verſehen war. Ihre Kirchen waren ſchoͤn, ihre Ges baͤude praͤchtig, und ſie hatten unter andern ein Obfervatorium, von wel chem man den Berg Gebel entdecken konte, ungeachtet er beinahe 7⁰ Mei⸗ len davon entlegen war. Die Dominikaner beſaßen daſelbſt zwei: Kloͤſter. Auch gab es hier Thea: tiner, Karmeliter, Kapuziner, Augu⸗ ſtiner, Serviten, Maturiner, Kreutz⸗ berren, Patres agonizantes, roͤmiſche Patres Oratorii, zwo bis dreierlei Arten griechiſcher Moͤnche, und viele Nonnenkloͤſter. Ihre Anzahl war wuͤrklich groͤßer, als man ſich einbil⸗ den kan. Nur einiger davon zu ge⸗ denken, fo waren unter andern folgen: de mit guten Einkuͤnften verſehene Kloͤſter, Seminarien und Convente in Meſſina befindlich, als: Convento di St. Franceſco, del Carmino, St. Auguſtino, di St. Dominico, di St. Gironimo, di St. Maria Gieſu, del⸗ la Maddalena, de Scappueini, Mor naſterio di Donne, St. Clara, Santo Lio, St. Catarina di Belverde, Sans ta Barbara, del Spirito Santo, di St. Maria del Alto, di Baſieo, delle ripentice, del Monte di Vergine, di St. Maria della, u. ſ. w. Alle dieſe Kloͤſter waren reich, koſtbar gebauet, und ihre Kirchen auf das PIE aufgeführt, * iHv! Beſchreibung der vormaligen Stadt 3 Außerdem waren zu Meſſina viele Kirchen, worunter ſich zehn? nes kirchen befanden, und noch viel meh⸗ rere Kapellen, die verſchiedenen Brüs - denen an en Ha 65 4288 vanni, St. Leonardo, Santa Maria, de Greci, S. Giovanni di Greei, St. Luca, St. Pietro, St. Jacomo, St. Nicolao del Vescovato⸗ St. Angelo de gli orfanelli, St. Gioſeppe, St. Criſpino, St. Giorgio, St. Marco, St. Filippo, St. Blaſio, St. Giu⸗ liano de Crini, St. Nicolao de Tie, St. Maria della carita, St. Anto⸗ nio, St. Paulo, St. Sebaſtiano. Das erzbiſchoͤfliche Seminarium lag in der ſogenannten neuen Straße. Es war ein großes, anſehnliches und : geraͤumiges Gebäude, davon die eine Fagade auf die Straße, und die 5 dere auf den Damm zuging. Die darin befindlichen Seminariſten gin⸗ gen blau gekleidet. Ihre Kleidung beſtand in einem langen Unterrock, und einem Oberrock mit herabhangen⸗ den Aermeln, einem kleinen runden Kragen, und einem ſchwarzen aufge⸗ krempten Huthe zum Ausgeben. Zu Hauſe trugen ſie eine viereckigte Muͤtze mit 3 Hoͤrnern, die, ſo wie ihre uͤbri⸗ ge Kleidung, auch blau war. Das Geld zur Unterhaltung die ſes Semi; nariums ward von allen Kirchſpielen des Erzbisthums eingehoben. Jedes Kirchſpiel ward nach Verhaͤltniß ſeiner Guͤter, und nach der Anzahl ſeiner Ein⸗ 8465 Einwobner geſchaͤtzt, und jedes batte nach Maaß gabe der Abgabe, die es ans Seminarium bezahlte, das Recht, eine gewiſſe Anzahl von jungen deuten dahin zu ſchicken. Je mehr ein Kirch: ſpiel entrichtete, deſtomehr Stellen batte es auch im Seminarium zu be— ſetzen. Die Anzahl der Seminariſten belief ſich uͤber 200. Man nahm aber auch diejenigen auf, ſo ſich meldeten, wenn gleich die eigentlich geſtifteten Stellen ſchon beſetzt, und nur noch Zimmer ledig waren. Nur mußten ſolche alsdenn Koſtgeld bezahlen. Sie kamen im zwoͤlften Jahre hinein, und gingen ab, wenn ſie Prieſter waren. Sie hatten ein Recht an den Benefi⸗ cien des Erzbisthums und ein Privis legium, ſo, daß ſie allezeit denjenigen vorgezogen wurden, die nicht im Se— minarium erzogen waren. Der Pallaſt des Erzbiſchofs war in eben der Straße. Er war groß und gut gebauet. Das Hoſpital fuͤr Kranke, welches man Loggia nannte, war unter al⸗ len öffentlichen Gebäuden das ſchoͤn⸗ ſte, und ſuchte vielleicht in ganz Euro— pa vergeblich ſeines gleichen. So wohl Kranke maͤnnlichen als weibli— chen Geſchlechts wurden darin aufge⸗ nommen. Es lag auf dem großen Platze am Eude der Strade neuve. Dieſer Platz war mit vier Brunnen von ſehr ſchoͤnem inländifchen Mar; mor, und überaus prächtigen Gebaͤu⸗ den geziert. Außer der Loggia war bier noch ein weitlaͤuftiges praͤchtiges und ſehr Beſchreibung der vormaligen Stadt Meſſina. 1466 reiches Hofpital, in welches man die Armen, ſo entweder noch geſund, oder ungeſund, oder verſtuͤmmelt waren, imgleichen Waiſen, ausgeſetzte Kin— der, alte und gebrechliche Leute, wie auch Unſinnige und andere Nothleit dende aufnahm. Die in dieſem anſehnlichen Hofpis tale verſorgten Waiſenkinder wurden mit einem Rocke von weißer Leine— wand, die Findlinge aber braun ge— kleidet. Der Pallaſt des Montis Pietatis war nahe bei dieſem Hoſpital. Ge war groß, weitlaͤuftig und gut gebauet. Die ſchoͤnſten Straßen in Meffina waren mit dem Hafen parallel, Dies jenigen, welche von den Huͤgeln her— abgingen, durchſchnitten ſie faſt alle in geraden Winkeln, und machten kleine Plaͤtze oder Kreuzwege aus, die mit Brunnen geziert waren. Das Waſſer in den Brunnen war gut, wenigſtens das, welches durch unterirdiſche Kanaͤle durch die Stadt vertheilt wurde. Nahe bei Meſſina, ſo wie auch uͤberhaupt in den dortigen Gegenden, gab es heiße Quellen, deren Waſſer zum Theil nach Schwefel, zum Theil nach Vitriol ſchmeckte. Den Hafen hatte nicht allein die Kunſt, ſondern felbft die Natur ange— legt. Er mar für die Schiffahrt aufs ferordentlich bequem, laͤnglicht rund, uͤberaus lang, ſehr geraͤumig, und ſo tief, daß Schiffe von 80 Kanonen ſich ſehr nahe bei dem Damme vor Anker legen, und vermittelſt eines uͤbergeleg⸗ 3313 . ten - 1 r * * M m 1467 Beſchreibung der vormaligen Stadt Meſſina. 1468 ten Brettes landen konten. Dieſer Landes verſchloſſen, der ungefähr 1d0 Damm beſtand aus einer bloßen Ruthen lang, und von Natur krumm Mauer, obne alle weitere Befeſtigung. war, fo, daß er ungefahr die Hälfte Er war ungefähr 50 Ruthen breit, von der länglicht runden Figur aus⸗ und diente des Abends zum gewoͤhn⸗ machte. Der breiteſte Theil war auf lichen Spaziergange. Er war mit der Seite gegen Oſten. Man hatte Gedaͤuden von Werkſtücken eingefaßt, daſelbſt eine Citadelle von Baſtionen die vier Stock hoch, einander gleich, angelegt. Das weſtliche Ende von und in einer Linie angelegt, zugleich dieſem ſchmalen Strich Landes war aber gut und ſtark gebauet waren. etwas krummer, als es eigentlich haͤtte Dieſe Gebäude hatten wegen ihrer ſeyn muͤſſen, um eine vollkommen läng: Hoͤhe und Gleichheit von weitem ein licht runde Figur zu formiren. Man ſehr gutes Anſehen. An der Seite hatte auf ſelbiges einen ſtarken vier⸗ nach dem Hafen zu hatten ſie keine eckigten Doujon mit runden Thuͤrmen Thuͤren, ſondern man mußte den Ein geſetzt, und dadurch konte der Eins gang theils auf der großen Straße, gang des Hafen auf der Seite gegen welche nach dem Pallaſt des Vice Koͤ- Norden beſchuͤtzt werden. Daſelbſt nigs zuging, theils in einer kleinen war eine gute Anzahl von Kanonen engen finftern Gaſſe ſuchen, die eben auf vielen hohen und niedrigen Bat⸗ fo krumm war, als die Seite des Has terien gepflanzt, und auch ein Gou⸗ fen, nach deren Figur dieſe Gaſſen verneur und eine Beſatzung befindlich. angelegt waren. Dieſes Fort hieß St. Salvador. Es gingen fieben bis acht Straßen und zwar Caſtello del Salvado⸗ nach dem Hafen zu, deren Zugänge re, und Torrione de! Salvadore. mit Thoren verſchloſſen, dieſe aber Die Gegend in welcher das letztere mit Wachen beſetzt waren, die alles lag, beſtund eigentlich aus einem ein⸗ genau durch ſuchten, was in die Stadt zelnen Felſen, der von dem Ende des ein⸗ und ausging, damit der auf die ſchmalen Strich Landes, welcher den Waaren gelegte Zoll nicht defraudirt Hafen formirte, und von dem Ca» werden konte. Außer dieſen Wachen ſtello del Salvadore, das darauf fubren noch beſtaͤndig Tag und Nacht ſtund, 3 bis 400 Schritte entfernt viele Feluken um die Schiffe herum, war. e um den Contrebandhandel zu ver- Man hatte ſolches durch zwo Mau⸗ hindern. 5 ern mit felbigem vereinigt, die 30 bis Dieſer prächtige Hafen war in ſei- 60 Schritte von einander entfernt, nem größten Umfange 1200 geome- und mit einer platten Baſtion in der triſche Schritte, und in feinem klein: Mitte, mit einer auf der Seite des ſten 5 bis 500 groß. Auf der Meer⸗ Hafen, und mit einer dritten auf der ſeite war er mit einem ſchmalen Strich Seite der Rhede verſehen waren. 1469 Die Tete dieſes Werks, die fih am Ende des ſchmalen Strich Landes bes fand, war mit zwo halben Baftionen und durch einen trockenen Graben be; feſtiget, in den man das Seewaſſer leicht wuͤrde haben leiten koͤnnen, wenn man ihn vollends haͤtte durchſtechen wollen. Dieſe platten Baſtionen und die Courtinen derſelben, welche die Rhede beſtrichen, waren mit Batte⸗ rien verſehen. Der Eingang des Ha: fen war ziemlich enge, wurde von er— waͤhnter Fortereſſe St. Salva dor in einer verſchloſſenen Baſtion voͤllig commandirt, welche Porto royale hieß, und auf der ein alter ſtarker Thurm ſtand, der mit Kanonen be— ſetzt war, dergeſtalt, daß ein Schif ſchwerlich mit Gewalt durch dieſen Paß haͤtte kommen koͤnnen, ohne in Grund gebohrt zu werden. Auf eben erwaͤhntem ſchmalen Strich Landes, befand ſich auch noch ein Ur; ſenal, unweit von dem Torrione del Salvadore, dergleichen auch eins in der Stadt ſelbſt, nicht weit vom Haſen befindlich war. Br) Das Lazareth lag nahe an dem ſchmalen Strich Landes, auf einer klei⸗ nen Inſel, oder vielmehr auf einem Felſen, der ganz mit dem Meer umge⸗ ben war. Die Citadelle, ſonſt auch Palazzo Regio genaunt, hatte fünf regulaire und gut gebauete Baſtionen. Die Schanzen und Parapets waren mit Kanonen beſetzt. Mitten in dieſer Fortereſſe befand ſich ein viereckigter Waffenplatz, der mit Caſernen für die Beſchreiburg der vormaligen Stadt Meſſina. 1470 Soldaten, und Wohnungen für die Officiere umgeben war. Die Stadt Meſſina war unten an der Lehne vieler Hügel, die fie ordent⸗ lich umgaben, gebauet, und dieſerwe— gen konte man ſie nicht ordentlich, wenigſtens nicht recht regelmaͤßig befes ſtigen. Ibre Ringmauer war ſehr irregulair. Man bemerkte an derfels ben aus- und einlaufende Winkel ohne alle Abmeſſung, Baſtionen, Thürme von allen Zeitaltern der Welt, abge⸗ ſonderte Werke von allen Gattungen, die uͤberhaupt ein Werk ausmachten, das nichts taugte. Man hatte der Schwaͤche der Ringmauer der Stadt, und der Unmoͤglichkeit, eine beſſere anlegen zu koͤnnen, dadurch abzuhel⸗ fen geſucht, daß man auf den Hoͤhen, die fie commandirten, Forts angelegt. Die anſehnlichſten von dieſen Forz tereſſen außer der Citadelle und St. Salvador, waren Caſtello Matta⸗ grifoni, Caſtello Congasa, Porta Reale, Sorte del Caſtellazzo, Sorte di Jacomo, Conſagra und Caſtel⸗Keale. Allein nach dem Hafen zu hatte Meſſina an die 15 mit Wachen be⸗ ſetzte Thore. Sie hießen: Porta della Conzaria vechia, del Cam⸗ po, della Peſcaria, Porticella, della Doga nova, del Sale, del⸗ la Dogana vechia, vor welchem Thore eine ſchoͤne Fontaine gleichen Namens war, Porta del Marto⸗ riare, de Gotillmomini, del Doz zo lione, delle Cocule, di Camiz⸗ zaͤri, 1471 zari / delli Tintori, di St. Gio⸗ vanıı, und Porta del Borgo. Die drei Bruͤcken, die ſich uͤber dem an der Landſeite gelegenen großen Stadtgraben befanden, hießen Ponte di Porta imperiale, Ponte della Gindeica und Ponte di Porta Reale, über welche letztere man in die Vorſtadt gleichen Namens kam, die meiſtens von Fiſchern bewohnt wurde. Meſſina hatte vier Vorſtaͤdte. Sie hießen Zacra, Sant Philippo, Santo Dio und Porta Reale, In der letztern, die zugleich die volk— reichſte war, hatten ſich mitten unter den Fiſchern, auch die ſogenannten Minſtenbruͤder niedergelaſſen, und zwar in der Gegend, wo der heilige Franeiſeus de Paula mit feinen Ge faͤhrten angelangt ſeyn ſoll, nachdem er auf ſeinem Mantel uͤber den Faro von Meſſina geſegelt war. In den andern Vorſtaͤdten wohnten meiſtens Gartner, Winzer, Tageloͤhner, die Beschreibung der vormaligen Stadt Meffin. 147 die Weinberge, die Maulbeerbaͤume und die umliegenden Felder baueten, nebſt einer anſehnlichen Menge von Seidenarbeitern, Spinnern, Webern, u. f w. \ Auch war zu Meſſina eine beruͤhm⸗ te Univerfität, welche vom Raphael Volateranus eine hohe Schule des ganzen Sieiliens genennet wurde. Dieſes waͤre nun die kurze Beſchrei⸗ bung dieſer berühmten Haupt⸗ und Handelsſtadt in Sieilien, die am sten Februar dieſes Jahrs das traurige Schickſal erfahren mußte, welches am sten November 1755 die Stadt Life ſabon betroffen, daß nemlich eine ſchreckliche Erderſchuͤtterung ihre Haͤu⸗ ſer und Pallaͤſte, ihre Kirchen und Schloͤſſer in einen Schutt⸗ und Stein⸗ haufen verwandelte, fo, daß leider! von ſelbiger nichts weiter mehr vor⸗ banden iſt, als ein Theil der oben be⸗ ſchriebenen Citadelle, eine ee Br das Capıinerofen, Gemeinnützige Erfindung. Erfundenes Pfeifenrohr zum medicinſchen Gebrauch. Eine Schweitzer, Fedele Carmine, Machiniſt in dem Großherzogli⸗ chen Pallaſt zu Florenz bat ein Pfei⸗ fenrohr erfunden „ welches auf eine ſolche Art eingerichtet iſt, daß wenn man dadurch in irgend e einer Abſi 90 Tabacksrauch in die Eingeweide des Menſchen bringen will, der Rauch ohne Unterbrechung aus demſelben herausgebt, ſowohl, wenn man den Stoͤpſel vorn Fine als ß man Ion zuruͤckzieht. 3 a N 14374 Kammer ches Mogazi “ sir 3394 mu. — 93s Skuͤck. Ster, den 21ten Mevenber 1783. 8 iſt längſt von vielen ein klei⸗ Wnes Buch gewuͤnſcht worden, welches die große Lücke zwi⸗ ſchen der Ab cfibel und dem Catechis⸗ mus ausfuͤllete. Ein Buch, welches leichte Saͤtze enthielte, wobei die Kin⸗ der auf eine angenehme Art geuͤbet wuͤrden, gut zu leſen, aufmerkſam zu ſeyn, ihren Verſtand zu gebrauchen 995 nachzudenken; und welches ge⸗ r ieft waͤre, ihnen einige Kenntniſſe von Sachen und Handlungen des ge⸗ meinen Lebens beizubringen, die in al⸗ len Lebensarten und Ständen zuwei⸗ len nuͤtzlich fl ſind. Ein Buch, welches woblfeil waͤre, damit es auch den un⸗ vermögendern Kindern in die Hände kommen koͤnte. Dieſe Abſichten zu erreichen, hat Herr Paſtor Gladbach zu Oldendorf im Fuͤrſtenthum Calenberg, vor kur⸗ zem ein Buch auf ſeine Koſten drucken ſi laſſen, welches er zum Unterſchiede der Abefibel, eine Leſefibel nennet, die nur zwei Bogen ſtark iſt. In der Vor⸗ rede ſagt er, daß ſeine Abſt cht dabei geweſen fen 1) Die Binder auf eine ange⸗ 410 6 on einem nüfichen Lchrbuche für deutsche Schulen. nebrue; und leichte Art im guten leſen zu üben, Gut zu leſen ift eine Geſchicklichkeit, die man nur bei ſehr wenigen findet, und die ſelbſt ein Klop⸗ ſtock fuͤr ſo wichtig haͤlt, in der Vor⸗ rede zu dem ſechſten Geſange ſeiner Meſſiade Regeln davon zu geben. Un⸗ ter den Bedienten maͤnnlichen und weiblichen Geſchlechts, unter den Hand⸗ werkern und geringen Leuten, findet man ſehr ſelten einen, der nur einiger⸗ maaßen ertraͤglich, deutlich, verſtaͤnd⸗ lich, fertig und nach den Unterſchei⸗ dungszeichen leſen koͤnte. Dieſe Ge⸗ ſchicklichkeit kan, wie es ſcheinet, nicht beſſer erlernet werden, als bei Leſung ſehr leichter Gegenſtaͤnde, wie ſie in dieſer Fibel vorkommen. Und weil die Kenntniß der Unterſcheidungszeichen dazu unentbehrlich iſt, faͤngt der Ver⸗ faſſer mit denſelben an, und erläutert fie. mit Exempeln. 2) Anlaß zur Auſmerkſamkeit, zum Gebrauch des Verſtandes und zum Nachdenken zu gebenz welches bei leichten und ſinnlichen Ge⸗ genſtaͤnden am beſten geſchehen kan, die hier beſchrieben werden. Aaa aa 3 1475 3) Leichte Syprachůbungen zu geben. Die hochdeutſche Sprache iſt in Niederſachſen den meiften Bürger: und allen Bauernkindern lange nicht bekant genug, daß ſie ſie recht und leicht verſtehen, noch weniger, daß ſie ihre Gedanken darin ausdrücken Fön nen. Ja nicht allein Kindern, ſon⸗ dern auch den mehrſten Erwachſenen in niedrigen Staͤnden feblet dieſe Ge: ſchicklichkeit, weil ſie in den Schulen nicht genug dazu angeführt worden ſind. Da aber aller Unterricht, wo⸗ durch fie zu guten, nuͤtzlichen und glück lichen Menſchen gebildet werden ſol⸗ len, in hochdeutſcher Sprache geſchie⸗ bet; da auch alle Buͤcher, die fie zu dieſer Abſicht gebrauchen, im Hochdeut⸗ ſchen geſchrieben ſind, ſo iſt ihnen eine mehrere Uebung in dieſer Spra⸗ che ungemein nörhig. Denn, wie kan ſonſt ihr Verſtand durch Buͤcher und Öffentlichen Vortrag erleuchtet, und ihr Herz gebeſſert werden? Dieſe Kenntniß der hochdeutſchen Sprache aber ſcheint nicht beſſer befoͤrdert wer⸗ den zu koͤnnen, als durch Leſung und Unterredung über finnliche Dinge von Sachen und Handlungen des gemei⸗ nen Lebens, die in dieſer Fibel vor; kommen. ii 4) Den Grund 30 vielen nuͤtz⸗ lichen Kefintniffen : zu legen, Die fe wichtigen Abſichten hat der Herr Verfaſſer dadurch zu erreichen geſucht, daß er das leichteſte und noͤthigſte aus der Sittenlehre und Naturgeſchichte beigebracht, welches in allen Lebensar⸗ ten und Staͤnden zu wiſſen nuͤtzlich iſt. Von einem vitzlchen Lehrbuche 1476 Mit der Naturhiſtorie wird der Nina fang gemacht, und von S. 4. bis 8. vom Menſchen gehandelt, von der Seele, dem Leibe, den Sinnen und der Wuͤrde deſſelben. Darauf folgen ei⸗ nige Pflichten gegen den Leib in Ge⸗ ſundheit und Krankheit. Hierauf wird von der Erdkugel, vom Waſſer und Lande, und S. 10. von den Thieren geredet; von Fiſchen, Voͤgeln, vierfüßigen Thieren und Ge⸗ würme; S. 14. von den Pflanzen, Garten: und Feldgewächſen, Staus den und Bäumen; S. 17. von der Sonne, dem Monde und den Ster⸗ nen. Hierauf von den entbehelichen und unentbehrlichen Beduͤrfniſſen des Menſchen. S. 18. kommen die Pflich⸗ ten gegen unſer Vermoͤgen, Sparſam⸗ keit, Aufmerkſamkeit auf unſere Sa- chen, Fleiß, Entfernung vom Geitze, Liebe zur Ordnung vor, S. 20. werden die verſchiedenen Arbeiten beſchrieben, die geſchehen muͤſſen, um unſere Ber duͤrfniſſe zu befriedigen, Manufaktu⸗ ren, Fabriken, Handwerke; S. 22. Maaßen, Gewichte, Muͤnzen; S. 23. Sorge für unſere Ehre; S. 24. Den Naͤchſten zu lieben, niemand za ſcha⸗ den, redlich, gefaͤllig, mitleidig, ge⸗ recht zu ſeyn, nicht zu ſtehlen, oder 125 betriegen, Schulden zu bezahlen, und kein Hehler zu ſeyn; S. 26. Sanſt⸗ muth, Ehrerbietung gegen Aeltern und lehrer, Pflichten gegen die Ehre des Naͤchſten; Wahrheitsliebe, Friedfer⸗ tigkeit; S. 28. Sorge für die G⸗ ſundheit und das Leben des Naͤchſten, Dankbarkeit; S. 29. Namen ver⸗ ſchiedener 1477 ſchiedener Voͤlker; S. 30. Alles ſte⸗ bet unter der Herrſchaft Gottes. Den Beſchluß machen einige kurze Gebete und Verſe aus Geſaͤngen. Aus dieſem Inhalte ſiehet man, daß dieſes Buch lauter leichte und meiſt ſinnliche Gegenſtaͤnde enthaͤlt; und daß es, außer den Abſichten, die der Herr Verfaſſer angefuͤhrt hat, zu⸗ gleich geſchickt iſt, die Kinder zur Er⸗ kenntniß Gottes und der Religion vorzubereiten und anzufuͤhren. Die Betrachtung der Geſchoͤpfe, davon in dieſer Fibel geredet wird, fuͤhret einen Menſchen auf die leichteſte Weiſe zu der Erkenntniß des Schoͤpfers und Herrn der Welt. Sie enthaͤlt die deutlichſten und unwiderſprechlichſten Beweiſe der Macht, Weisheit und Guͤte Gottes. Denn, wenn wir die Größe und Menge der Kreaturen, ihre kuͤnſtliche Einrichtung und Na; tur, ihre regelmaͤßige Verbindung und beſtaͤndig fortdauernde Ordnung, auch ihren mannigfaltigen Nutzen zum Le⸗ ben und Wohlſeyn der Menſchen er⸗ kennen: ſo koͤnnen wir dem Gedan⸗ ken nicht widerſtehen, daß ein hoͤchſt 15 5 für deutſche Schulen. 1378 maͤchtiges weiſes und guͤtiges Weſen dieſe Welt hervorgebracht habe, auch noch jetzt erhalte und regiere; und daß dieſes hoͤchſte Weſen unſere größte tier be, Vertrauen, Ehrfurcht und Anbe⸗ tung verdiene. Daß dieſes die leich⸗ teſte Art ſey, die Majeſtaͤt Gottes zu erkennen, haben ſchon die Weiſeſten unter den Heiden bemerkt. Und die größten Volkslehrer haben bei Unwiſ⸗ ſenden und Einfaͤltigen allezeit von dieſer Betrachtung der Geſchoͤpfe den Anfang gemacht, wenn fie dieſelben zur Erkenntniß Gottes und zu hohen Religionskenntniſſen führen wolten. So macht es Paulus Röm. 1, v. 19. 20. Ap. Geſch. 14, v. 15 17. vergl. 11-14, Cap. 17, v. 24-31. vergl. 16. 22. 23. Es iſt zu wuͤnſchen, daß die wichtigen Abſichten, die der Herr Verfaſſer bei dieſer Leſeſibel gehabt, bei vielen Kindern erreichet werden moͤ⸗ gen. Denn wuͤnſchen wir mehr Auf klaͤrung, mehr Redlichkeit, fleißiges und getreues Geſinde und Tagelöhner, fo muͤſſen wir bei der Erziehung det Jugend anfangen. | 27 Einige Nachrichten von dem verſtorbenen D. William Hunter. Aus einem Briefe des Herrn Hofrath Loders aus London vom sten April d. J., an den Herrn Bergrath Doctor Buchbolz l in Ven medieiniſchen Nenigkeiten kan ich Ihnen keine intereſſantere, Weimar ). aber auch keine mir empfindlichere mel: den, als die, daß der Doctor Hunter Aaa aa 2 am Aus den Gothaiſchen gelehrten Zeitungen von d. J. St. 37. S. 297. u. f. * 1479 am zoten vorigen Monats, im 6 Jahre ſeines Alters, an einer zu & getretenen Gicht geſtorben iſt. Mich dem hat ſeit langer Zeit kein Verluſt fo ſehr affieirt, als dieſer. Ich hoffe, daß es Ihnen angenehm ſeyn wird, wenn ich Ihnen etwas von den te bensumſtaͤnden dieſes um unſere Wif ſenſchaft ſo ſehr verdienten Mannes melde. Sie koͤnnen ſich auf deren Glaubwuͤrdigkeit um fo mehr verlaſ⸗ ſen, da ich ſie groͤßtentheils aus ſei⸗ nem eigenen, und dem Munde ſeiner vertrauteſten Freunde geſchoͤpft habe. Doctor William Hunter war zu Kilbride in Schottland von ſehr ar⸗ men Aeltern, die ihn faſt gar nicht unterſtuͤtzen konten, geboren. Er war, wie Boerhaave, Linné und andere große Aerzte, anfangs zur Theologie beſtimmt, ſtudirte dieſelbe auch in Glasgow 5 Jahre, wiewohl nicht mit Neigung, als er mit dem noch leben⸗ den berühmten Doctor Cullen, der damals praktiſcher Arzt in Hamilton war, bekant ward. Dieſer ermun⸗ terte ihn, Mediein zu findiren, ſchafte ihm auch bald die Einwilligung fei: nes Vaters dazu, und nahm ihn in fein Haus, wo er die zwei gluͤcklich⸗ ſten und angenehmſten Jahre ſeines tebens durchlebte. | In Schottland pflegten damals die praktiſchen Aerzte im Lande auch die Wundarznei auszuüben; zu die⸗ ſer batte Deal Cullen ſelbſt nie teigung, und beſtimmte daher den jungen Hunter dazu, dieſen Theil der Arzneikunſt/ als fein Gehuͤlſe zu trei⸗ Nachrichten von dem verſtorbenen ben. Er e Edinburgh, wo Herr Hunt dem aͤltern Alexander Monro ſtu⸗ dirte, und hernach nach London zum Doctor Douglas, einem — 9 der, der als Anatom, praktiſcher Arzt und Geburtshelfer, in großem Anſehn ſtand. Dieſer verſchafte ihm den Zu⸗ trit ins Georgeſpital, und zu dem durch feine anatomiſchen Praͤparatio⸗ nen ſo bekanten Doctor Micholls. Am Ende des Winters, wolte Herr Sunter wieder nach Hamilton zu Doctor Cullen zuruͤck gehen, Doctor Douglas aber beredete ihn, in Lon⸗ don zu bleiben, ihin bei feinen anatos mifchen Arbeiten zu helfen, Net mit feinem Sohn nach Frankrei gehen, und dann in London die A tomie zu lehren. Hierin willigte Doctor Cullen gern, da er's als ein Gluͤc fuͤr den jungen Hunter anſah, zu⸗ mal, weil er ſelbſt eben einen Ruf des kommen batte, von Hamilton nach Glasgow zu gehen. Hunter blieb alſo eine Zeitlang beim Doetor Dou⸗ glas, und reiſete hernach 1742 nach Paris, wo er einem ganzen Curs uͤber die Anatomie bei Mr. Serrein, und einem über die chirurgifchen Operatio⸗ nen bei Mr. le Dran beiwohnte. Er ging hierauf nach London zuruͤck, und fing bald, nach dem Tode ſeines Leh⸗ rers und Beförderers Douglas, an, die Anatomie zu lehren, e etli⸗ che Jahre nachher eine Kran heit mit: ten im Laufe feiner Vorleſungen un: terbrach. Als er ſich von dieſer er: bolt hatte, ging er nach Holland, um den 1481 den großen Albinus zu boten, und nahm ſeinen Ruͤckweg uber Paris. Bei feiner Ruͤckkunft nach London, flug fein Beifall an beträchtlich zu: zunehmen; er trat in die Geſellſchaft der Wundaͤrzte, und uͤbte auch die Entbindungskunſt aus. Die Akade⸗ mie in Glasgow ſchickte ihm hierauf ein Dottordiplom zu, wovon er aber nicht ſogleich Gebrauch machte; dann ward er in die Geſellſchaft der Aerzte zu London, und in die Koͤnigl. So⸗ tietaͤt der Wiſſenſchaften aufgenom⸗ men. Die Königin conſultirte ihn bei ihrer erſten Entbindung; er ward dafuͤr ihr außerordentlicher Leibarzt, und ordentlicher Geburtshelfer, auch Profeſſor der Anatomie an der neu errichteten Akademie der Kuͤnſte. Zu— letzt nahm ihn die Pariſer Akademie der Wiſſenſchaften unter die Zahl ih⸗ rer acht auswaͤrtigen Mitglieder auf. Er ſtarb am zoten März nach einer etwa vierzehntaͤgigen Krankheit, von der er beinahe voͤllig geneſen war, als er ſich durch ſeinen zu großen Eifer verleiten ließ, wieder eine zweiſtuͤndige Vorleſung uͤber das Studium und die Pflichten eines Wundarztes zu halten, wodurch er ſo entkraͤftet ward, daß er unmittelbar nachher einen Ruͤck⸗ fall ſeiner Krankheit bekam, die ihm in wenig Tagen das Leben raubte. Er hatte beinahe vierzig Jahre gelehrt, und das Gluck gehabt, eine eigene Schule der Anatomie und Entbin⸗ dungskunſt in London zu ſtiften, aus der alle jetztlebende Lehrer dieſer Wiſ⸗ fenfchaften in England und’ Schott? Ooctor William Hunter. 1482 land, und eine beträchtliche Zahl aus⸗ waͤrtiger Lehrer derſelben ausgegangen Se Er hintetlaͤßt ein fürtrefliches jenfmal feines Fleißes und feiner Geſchicklichkeit, das er fich ſelbſt er⸗ richtet hat. Dies iſt ſein Muſeum, das ihn ſelbſt au roo, ooo Pfund Sterling gekoſtet hat. Es enthaͤlt außer einer unſchaͤtzbaren Sammlung | von anatomiſchen, phyſtologiſchen und pathologiſchen Praͤparaten aller Art, eine Bibliothek, in der die koſtbarſten und ſeltenſten Werke uͤber die Medi⸗ ein, Naturgeſchichte, alte Litteratur und Numismatik, u ſ. w. ſind; fer⸗ ner eine Menge von Seltenheiten aus allen Theilen der Naturgeſchichte, und ein Kabenet von griechiſchen, roͤ⸗ miſchen und andern alten Muͤnzen, das eins der ſchoͤnſten in Europa ſeyn ſoll, und ihn über 25,000 Pfund Sterling gekoſtet hat, die von ihm für drittehalb tauſend Pfund Sterling erkaufte frankiſche Muͤnzenſammlung aus Wien eingerechnet, die ein Paar Tage nach ſeinem Tode hier angekom⸗ men iſt. Das ganze Muſeum hat ſein Neffe Herr Bailley, ein junger Mann von 21 Jahren, und Herr Cruikſhank, fein Gehuͤlſe, auf 30 Jahre zum Gebrauch; zur Vermeh— rung deſſelben, hat er einen Fond von 8000 Pfunden hinterlaſſen, der, mit dem ganzen Muſeum, nach Verlauf der 30 Jahre, nach Glasgow gehen, und ein Öffentliches Inſtitut da mers den ſoll. Herr Bailley iſt der Erbe ſeines ganzen uͤbrigen betraͤchtlichen Vermögens, Herr Cruikſ hank, ei⸗ Aa a aa 3 ner 1483 ner der beſten praktiſchen Anatomen die ich kenne, wird ſeine Vorleſungen fort ſetzen. | Das Verdienſt dieſes in der That großen Mannes als Anatom und Geburtshelfer, iſt Ihnen bekant, we; niger aber das, als Lehrer und con⸗ ſultirender Arzt und Wundarzt. Es war in der That bewundernswuͤrdig, mit welchem ſcharfen Blick er die bis⸗ weilen ſehr verſteckte Urſache und den Sitz der Krankheit entdeckte, wenn andere geſchickte Aerzte und Wund⸗ ärzte fich oft nicht zu helfen wußten. Mir ſind mehrere Beiſpiele dieſer Art bekant. Unſtreitig hatte er dieſes dem . viefährigen praktiſchen Studium der Anatomie zu danken; einer Wiſſen⸗ ſchaft, deren Nutzen nur ein Unwiſ—⸗ fender verkennen, und ein eingebilde⸗ ter Pedant leugnen kan. Wollen Sie ſich von Doctor Hunters großem Verdienſt, als oͤffentlichen Lehrer, ei⸗ nen Begrif machen, ſo denken Sie ſich den deutlichſten, natuͤrlichſten, con: ciſeſten, und im Ausdruck und An: ſtand angenehmſten Vortrag, welcher mit einer Menge aͤußerſt intereſſanter, aus einer beinahe vierzigjaͤhrigen, an einem ſo volkreichen Ort gehabten Er⸗ fahrung genommenen Beobachtungen durchwebt, und durch eine, alle Er⸗ wartung übertreffende Anzahl der tref⸗ lichſten phyſtologiſchen und pathologi⸗ ſchen Praͤparate erläutert ward. Fuͤ⸗ gen Sie hierzu feine in Wahrheit be⸗ wundernswuͤrdige Kunſt, alle Theile ſeines Gegenſtandes in einen neuen und hellen Geſichtspunkt zu ſtellen; Nachrichten von dem verſtorbenen 1484 feine eigenthumliche Same, mit der er die trockenſte anatomiſche Beſchrei⸗ bung unterhaltend und angenehm zu machen wußte; feine große Beſchei⸗ denheit, nie in einem deciſiven Ten zu ſprechen, wo er doch unter allen am beſten decidiren konte; ſeine Achtung gegen fremdes Verdienſt; ſeine Be⸗ butſamkeit und Maͤßigung, mit der er von ſeinen Gegnern ſprach; endlich auch ſeinen Eifer, die Gemuͤther ſei⸗ ner Zuhoͤrer allemal zur Bewunde⸗ rung der Weisheit und Güte des Schoͤpfers und Erhalters der Natur zu lenken: nehmen Sie alles dies zue ſammen, und dann werden Sie meinen Enthuſtasmus fuͤr einen Mann gerecht finden, der als öffentlicher Lehrer wenig feines Gleichen gehabt haben mag, und ſchwerlich von jemand uͤbertroffen wor⸗ den iſt. Man mußte ihn genau ken⸗ nen, um ſeine ganze Groͤße zu fühlen; kein Wunder, daß er daher von vielen verkannt worden iſt. Ich zaͤhle die wenigen Wochen, die ich in ſeinem Hauſe zugebracht habe, mit unter die | glücflichften meines Lebens, und freue mich des Vertrauens, das er zu mir batte, mir einen Theil der Arbeiten zu ſeinen Vorleſungen 2 uͤbertragen, ſich auch meiner Beihuͤlfe in Anleitung der a unter ihm und ſeinem Gehuͤlfen, Herrn Cruikſhank arbeitenden jungen deu⸗ ten zu bedienen. Im ſeinem Umgang war er zwar ungezwungen, aber hoͤflich und unterhaltend. Man ſagte von ihm, daß er ſeine Groͤße fuͤhlte; dies mag ſeyn; ich weiß aber, daß er fe nicht in dem Grade fühlte, um frem⸗ ö des, — 1495 des, wenn auch noch ſo geringes, Ver⸗ dienſt daruber zu verkennen. Er ſchmei⸗ chelte ſelbſt nicht, und wolte daher ie geſchmeichelt ſeyn, ſo vielen indruck auch ein feines Lob und die e bezei ihn zu machen ſchien. 0 405 er aͤußerſt ſimpel: er trank keinen ein, und fein Tiſch war allezeit fru⸗ galer, als man ſichs von einem Manne von ſeinen Gluͤcksumſtaͤnden je vorſtel⸗ len durſte. Er lud nie Geſtüſchaſten zu ſich ein, eben ſo wenig als er zu Gaſtereien ging; fein frugaler Tiſch aber ſtand ſeinen Freunden, die er ein für allemal eingeladen hatte, taͤglich ffen. Der einzige Gegenſtand ſeines ode war ſein Muſeum, und das tudium der Wiſſenſchaft. Seine Tafeln -uͤber die ſchwangere Gebaͤrmut⸗ ter haben ihn an 2000 Pfund Ster⸗ ling gekoſtet. Er hielt einen eigenen Maler in feinem Haufe, der beſtaͤndig für ihn zu arbeiten hatte. Eine Men⸗ ge Kupferſtiche zu feinem Werk uber. die Steine im thieriſchen Koͤrper, und Zeichnungen zu einem vollſtaͤndigen Werk uͤber das Syſtem der abſorbi⸗ renden Gefaͤße, liegen in ſeinem Mu⸗ ſeum; dieſe werden, wie ſeine noch ruͤckſtaͤndige Beſchreibung der ſchwan⸗ gern Gebärmutter, von Herrn Cruikſ⸗ In ſeinem Hauſe hank und Bailley nach und nach herausgegeben werden. Vom Herrn Cruikſhank iſt in Abſicht der abſor⸗ birenden Gefaͤße um ſo mehr etwas Vollſtaͤndiges und Fuͤrtrefliches zu ers warten, da er hierin ungemein viel ge⸗ 8 Attention auf Ya ph 1486 177 8 I. 7 1 tigt hat. — Doctor Hunter war in ſeiner Praxis aͤußerſt behutſam, und vielleicht manchmal etwas furchtſam. Sein Grundſatz war, lieber gar nichts zu thun, da, wo er des guten Aus— gangs nicht gewiß, oder doch nicht hoͤchſt wahrscheinlich verſichert ſeyn konte. In der Entbindungskunſt uͤberließ er mehr als vielleicht irgend ein anderer Ge⸗ burtshelfer, der Natur; beſonders vers mied er den Gebrauch der Zange; er hat fie in feiner ganzen Praxis nur ein einziges mal gebraucht, die Faͤlle aus⸗ genommen, wo er nicht vom Anfang an da geweſen war. Vielleicht hatte kein Geburtshelfer mehr Gluͤck oder beſſern Succeß, als er. Sein Körper war ſo dauerhaft, daß er noch vor we⸗ nig Jahren, als er ſich mehr mit der Praxis beſchaͤftigte, oft nur zwei Naͤch⸗ te in einer ganzen Woche geſchlafen bat; ſeine Muͤhe ward ihm aber auch belohnt, weil er Zeiten hatte, wo er's in einem einzigen Monat auf mehr als 1000 Pfund Sterling bringen konte. Sein zu fruͤh erfolgter Tod vernichtete ein Vorhaben, das er hatte, ſich von allen ſeinen Geſchaͤften frei zu machen, und nach Frankreich, Italien und Deutſchland zu reiſen; und vielleicht wuͤrde er noch viele Jahre gelebt ha⸗ ben, wenn er ſeinen Freunden Gehoͤr gegeben, und ſeinem Eifer fuͤr ſeine Schuͤler Graͤnzen geſetzt haͤtte. — Ge⸗ — 1487 bei Seurung mit Steinkeh⸗ len zu backen ei dem einreißenden Mangel an Holz iſt es verdienſtlich, eine an⸗ dere Feurung anzugeben. Verſchiedene Verſuche, mit Steinkohlen den Back ofen zu beißen, find nicht nach Wunſch abgelaufen. Es koͤmt darauf an, zu verhindern, daß ſich der Geruch von Pech und Schwefel nicht ins Brod zie⸗ he, und der viele Ruß, den die Stein⸗ kohlen geben, das Brod nicht verunrei⸗ nige Auf Befehl des Königs von Preuſ⸗ fen find deswegen neue Verſuche damit gemacht, und durch einen beſonders dazu erfundenen Ofen iſt es dahin ge⸗ bracht worden, daß durch vierſtuͤndiges Heizen des Ofen mit 2 Berliner Schef⸗ feln Steinkohlen in 2 Stunden 165 Stück 6pfuͤndige Commißbrode aus; gebacken wurden; zum zweitenmale nach nochmaliger Heizung mit 2 Schef⸗ feln Steinkohlen wieder 175 Stuͤck; und zum drittenmale desgleichen 170 Stücke; alſo mit 6 Scheffeln Stein⸗ kohlen in 14 Stunden 510 St. Brode. Es geht alſo 1) das Backen viel ge⸗ ſchwinder; und dabei iſt 2) das Bak⸗ ken viel reinlicher, weil das Brod nicht zu den Kohlen koͤmt; 3) faͤllt das Rein⸗ machen des Ofen weg; 4) iſt weniger Feuersgefahr dabei, weil keine Kohlen aus dem Ofen gezogen werden, wie vom Holze; 5) die Vorraͤthe entzuͤnden ſich nicht ſo leicht, als Holzſtoͤße und nehmen nicht fo viel Raum ein; 6) - er Tan Re ö 827 > tina na Senetamützige Erfindung. e g neee 876 Neu erfundener Backofen, Brod vom Holze. ten; und 1000 Stück Brode kamen Berlin, 1781. N — u fir 2 * die Feurung iſt nicht fo theuer als die Chu Win it 2 700 b Wo die Steinkohlen nicht zu weit zu beben Find, ebe Ute ve Kosten gegen Holz überaus anſehnuch. Bei einer in Schleſten nr Ber gleichung erforderten 45,000 Stuck Commißbrode 26 Klafter ae Rehlr. 4 gar. gerechnet, am Werthe 108 Rthlr. 8 gr.; wogegen 118 Scheffel Steinkohlen zu 6 gr. nur 29 Rthlr. 12 ggr., alſo 78 Rthlr. 20 ggr. weniger, als das Holz koſte⸗ im Backen nicht mehr, als 15 dat. 85 pf. zu ſtehen. Wenn viel ba. ander gebacken wird, ohne daß d Ofen wieder erkaltet, fo iſt der Unter ſchied noch viel großer. 8 Der Ofen beßeht in 2 Gewölben übereinander, von denen der untere Ofen oder Herd zur Feuerung, der obere aber zum Backen iſt; der untere hat feinen, Schornſtein⸗ ‚fein Schür⸗ loch, feinen Luftzug, feinen Roſt und fein Aſchenloch; und der obere feine. dazu gehörigen Züglöcher. 15 1:5 Einen genauen Unterricht von die⸗ ſem Ofen ſamt deſſen Grundriß und den Erbauungskoſten deſſelben, findet man in des Königk Preuß. Ober Berge und Bauraths Friedrich . Beſchreibung eines neu inventi Backofens, bei Feurung von Steinkohlen Brod zu backen, x „nne u RE — = 2% 7 1 7 1 5 : 4 J 1 . 1 18 1 — — a 5 - ur ne DIE 5 N a * m tante; D 0:2 „ ME Nec 1490 5 Naga. Montag, den 241m November 1783. Man zu einer allgemeinen Niv'ſton des geſamten Erziehungs⸗ und Schulweſens von einer Geſellſchaft praktiſcher Erzieher.) (ie allgemeine Gaͤtzrung in Er: -$ ziehungsſachen, welche feit >. zehn Jahren in Deutſchland rege geworden iſt, hat ſchon jetzt viel gute Folgen gehabt, welche Hofnung. machen, daß ſie deren noch weit meh⸗ rere haben werde. Aber ſie hat auch, wie das bei jeder großen und ſchnellen Umwaͤlzung unvermeidlich iſt, bald durch Misverſtaͤndniſſe, bald durch enthuſtaſtiſche Uebertreibungen, der ſchaͤdlichen Folgen bie und da wohl nicht viel weniger gehabt. Man hat, indem man die auffallenden Fehler der alten Erziebungsweiſe erkante, wohl manch geſundes gutes Korn mit der ſtaubigen Spreu zugleich verworfen; man hat an die Stelle des Verworf⸗ enen. 9 A Plan iſt zuerſt in dem | Auguſtmonat der Berliner monatſchrift er; Nach den einzelnen Stimmen nen wohl nicht ſelten Ideale geſetzt, welche nur bei idealiſchen Kindern in einer idealiſchen geſellſchaftlichen Ver⸗ faſſung anwendbar waren; Vaͤter, duͤtter und angehende Erzieher find durch die Menge der Erziehungsſchrif⸗ ten und durch ſo manche darin herr⸗ ſchende Verſchiedenheit der Grundſaͤtze und Methoden ſo verwirrt geworden, daß ein großer Theil derſelben nicht mehr weiß, wozu er greifen, was er annehmen und was er verwerfen fell. Auf der andern Seite muß man ge⸗ ſtehen, daß über dieſe wichti,gjte Un⸗ gelegenheit der Menſchheit wuͤrkl ich ſchon fo viel nachgedacht, erfunden und an den Probierſtein der Aut 35 übung gebracht worden iſt, daß ein ı B bb bb ind bins zu urtheilen, welche man ſchon jetzt darüber hat vernehmen koͤnnen, ſcheint er einige Aufmerkſamfeit erregt zu ha⸗ ben. Dies beſtaͤrkt uns in der Hofnung, daß das Publikum die Ausfuͤhrung deſſelben waͤnſche, und deswegen erſcheint er jetzt in mehreren Abdruͤcken, und mit einigen Abaͤnderungen, welche man für noͤthig erachtet hat. Wegen der inulegen. 2% Fun Gemeinnätzigkeit und Wichtigkeit der Sache, hat man kein Bedenken getragen, ſolchen Plan auch durch dieſe Blätter bekant zu machen, und unſern Leſern vor⸗ nnn eee ene e a nnn 3 \ N ’ 149 Plan zu einer alhemeinen Reoifion binfängticer Wenath Ctäucharer, der hm der eläufifie, md Materialien zu einem n einer dem andern! 5 Ro ter vollſtaͤndigen und ſeſten Geb Hand ginge, und we der Erziehungslehre vorhanden zu ſammenſetzung des Ganzen mit uͤ * ſeyn ſcheint. Nur, daß dieſe brauch- einſtimmendem Gutbefinden aller ge: baren Materialien noch immer ohne ſchaͤhe? Es war mir ausgemacht, daß ſiſtematiſche Ordnung, mit Schutt und Unrath vermiſcht, bunt unter ein⸗ ander liegen! Nur, daß es noch im⸗ mer an einem — nein! dies iſt nicht eines Menſchen Sache, er ſey auch wer er wolle! — an einer Geſell⸗ ſchaft erfahrner, verſtaͤndiger und ger ſchickter Baumeiſter fehlte, welche nach einem gemeinſchaftlich verabredeten Plane und mit vereinigten Kräften, dieſe Materialien ausſuchten, ordne⸗ ten, zuſammenfuͤgten und das wuͤn⸗ ſchenswuͤrdige Gebäude errichteten! Ich ſchauete umher; meine Blicke ruheten auf fo manchem philoſophi⸗ ſchen, beobachtenden und durch Aus⸗ uͤbung erfahrnen Erzieher, von denen jeder einzeln da ſtand, und Materia⸗ lien zurichtete, welche andere wieder uber ſchuͤtteten, oder beſondere Theile des großen Gebaͤudes errichtete, wel⸗ che andere wieder niederriſſen. Wie? dachte ich da, wenn dieſe Maͤnner zu⸗ ſammentraͤten, ſich beredeten, einen gemeinſchaftlichen Plan entwuͤrfen; die ſchon vorhandenen Materialien zu⸗ ſamt denen, welche jeder von ihnen in der Fundgrube feines eigenen Nachſin⸗ nens und ſeiner eigenen Erfahrungen liegen hat, darnach ausſuchten, ord⸗ neten, zuſammenfuͤgten? Wenn jeder von ihnen grade denjenigen Theil der gemeinſchaftlichen Arbeit uͤbernaͤhme, auf dieſe Weiſe grade jetzt und grade auf unſerm deutſchen Grund und Bo⸗ den ein Werk hervorwachſen koͤnte, welches zu keiner Zeit und bei keiner andern Nation jemals ſeines Gleichen gehabt haͤtte. Der Gedanke war zu begeiſternd, um es dabei bewenden zu laſſen, ihn bloß gedacht zu haben. Anſtatt in un⸗ thaͤtiger, vielleicht eitler Hofnung die Zeit abzuwarten, da irgend einer der deutſchen Staaten uͤber das größte und dringendſte Staatsbeduͤrfniß die Augen im Ernſt eroͤfnen und eine Ge⸗ ſellſchaft reformatoriſcher Erzieher und Schulmaͤnner zur Verfertigung einer vollſtaͤndigen unſern Zeitumſtaͤnden angemeſſenen Erziehungs⸗ und Lehr⸗ form zuſammenberufen und beſolden wird, beſchloß ich, die oberwaͤhnten Männer — einen Reſewiz, Funk, Ehlers, Buͤſch/ Ebeling, ‚Pfeffel, Lerſe, Trapp, Gedike, Stuve, Lieberkuͤhn, Salzmann, Villau⸗ me, von Rochow, Bahrt, Mo⸗ ritz, Becker, Schummel „Meyer, u. ſ. w. — aufzuſuchen; ihnen einen vorläufigen Abriß des gedachten Gr baͤudes zur Verbeſſerung vorzulegen, fie zu bitten, ihre Erfahtungen, Ein: ſi ichten, Kräfte und Geſchicklichkeiten zu vereinigen, und durch Vollendung eines vollſtaͤndigen n I 1493 des geſamten Erziehungs ) und Schulweſens, e. 1494 und Unterweiſungsſyſtems, eines Corporis educationis & inſtitutionis. ſich um unſere Zeitgenoſſen und um die Nachwelt ein Verdienſt zu erwer⸗ ben, welches wohl das groͤßte ſeyn duͤrfte, welches in dieſem Fache moͤg⸗ lich iſt. ui a 1 Der Erfolg dieſes Entſchluſſes hat meiner Erwartung entſprochen. Die obgenannten Maͤnner alle, haben mei⸗ nen Wunſch und meinen Plan mit einem mir ungemein erfreulichen Bei— fall beehrt; alle a), nebſt verſchiede⸗ nen Ungenannten, baben mir auch ihre Hand zur Mitarbeit nach Maaß⸗ gabe derjenigen Zeit und Kraͤfte gebo⸗ ten, welche fie bei der Erfüllung ihrer naͤchſten Berufspflichten übrig haben werden; alle haben mich ermuntert, dieſe gemeinſchaftliche Angelegenheit zu betreiben, damit die Zeit, in wel⸗ cher die Vorſehung ſo viele in dieſem Fache erfahrne und geuͤbte Maͤnner von gleichen Grundſaͤtzen und von nicht gemeinen Talenten zugleich er— weckt hat, nicht ungenutzt vorbeiſtrei⸗ chen moͤge. Das ſoll ſie denn auch nicht; durch meine Schuld wenigſtens nicht! Ich eile, unſern Plan einem erleuchteten, und an der Beförderung des Gluͤcks der Menfchheit gern Antheil nehmen: den Publikum vorzulegen, damit ei⸗ nem jeden, der zur Vervollkommnung und zur Ausführung deſſelben etwas beitragen kan und will, die Gelegen⸗ heit dazu angeboten werde. Aber erſt erlaube man mir, die Art und Weiſe, wie die Ausfuͤhrung dieſes Plans un⸗ ter uns verabredet worden iſt, ſtuͤck⸗ weiſe aus einander zu ſetze : 1. Jedes Mitglied der Geſellſchaft iſt erſucht worden, und jeder ander re, welcher Luſt und Kraft zur Mits wuͤrkung in ſich fühlt, wird bier: mit erſucht, ſich diejenigen Faͤcher zur Bearbeitung auszuleſen, denen en am meiſten gewachſen uͤ lt. g 10 20 2 2. Jeder forſcht hierauf mit der groͤß⸗ ten Sorgfalt nach, was in den von ihm gewaͤhlten Faͤchern ſchon ge⸗ ſchehen iſt; ſammelt alles Gute und Brauchbare, was er ſelbſt, oder was andere ſchon darin vor⸗ gearbeitet haben; laͤßt ſeinen Geiſt mit Mutterwaͤrme eine Zeitlang daruͤber bruͤten, und ſtrengt hier⸗ naͤchſt alle ihm beiwohnende Kraͤfte an, um etwas ſo Vollſtaͤndiges und Vollendetes ans Licht zu bringen, als es ihm nur immer moͤglich ſeyn wird. 1 3. Das Produkt eines jeden wird ei⸗ nem jeden Mitgliede der Geſell⸗ ſchaft in einer leſerlichen mit Pa⸗ pier durchſchoſſenen Handſchrift zu⸗ geſchickt, und jedes Mitglied macht ſich anheiſchig, ſeine Anmerkun⸗ gen und Verbeſſerungen dazu zu ſchreiben. aid nu 4. Jedem Verfaſſer komt es nach het B bb bb2 b n zu, ) Den Herrn von Rochow ausgenommen, deſſen zerröttete Geſundheit ihm [ci der! nicht vergdante, ſich zu Arbeiten dieſer Art verbindlich zu machen. R 5 zu, dieſe Anmerkungen und Verbeſ⸗ ſerungen nach ſeiner beſten Einſicht zu nutzen, und fie ſeiner Arbeit ein⸗ V äßverkeibend se: n ene eee ee 5. Finder ſich darunter etwas, was der Verfaſſer fuͤr keine Verbeſſernng hält, fo correſpondiert er darüber mit dem Verbeſſerer, und der eine ſucht den andern zu überzeugen, Be von ihm ſich überzeugen zu nollaſſen nend au)” 6. Es wird nichts enden, als was von den meiſten Mitglie⸗ dern der Geſellſchaſt einſtimmig ge⸗ billiget worden. 7. Alles, worüber die meiſten Stim⸗ men der Geſellſchaft ſich nicht ver⸗ einigen konten, wird in denjenigen Theil des Werks zuruͤckgeſchoben, welcher die problematiſchen en! 3 mit den Gründen fuͤr und ee enthalten ſoll. 8. Jeder faͤngt ſogteich un Aan ans Werk zu legen; aber mit dem Drucke wird man ſo lange warten, bis erſt ein anſehnlicher Vorrath von Handſchriften fertig, von den ſuaͤmtlichen Mitgliedern beurtheilt, und verbeſſert worden iſt. 9. Um aber doch die Ausgabe ſo viel möglich zu beſchleunigen, wird man ſich beim Abdruck der einzelnen Theile nicht an die in dieſem Plan beobachtete Ordnung kehren, ſon⸗ dern diejenigen jedesmal zuerſt er⸗ ſcheinen laſſen, welche zuerſt fertig ſeyn werden. Dieſe werden dann — geheftet und mit einem Umſchlags⸗ tel verſehen den Sub et ibenten zu⸗ Plan zu einer allgemein 10 ſämtlichen⸗ Theile zu ordnen ſollen zuletzt erfolgen. LIT . a wi Der Unterſchriebene hat ſich zum Mittelpunkt der gemeinſchaftlichen Correſpondenz und Unterhandlun⸗ gen erboten; ihm werden die Hand⸗ 8 zugeſandt, und von ihm an alle Mitarbeiter weiter befoͤrdert. 1 1. Jedes Mitglied macht ſich anhei⸗ ſchig, die ihm jedesmal zugefertig⸗ ten Handſchriften, ſobald es ihm nur immer moͤglich iſt, durchzule⸗ RT und mit feinen Anmerkungen bereichert an das naͤchſte un zu befoͤrdern. n 12, Da die meiſten Mitglieder mit eigentlichen Berufsarbeiten dermaſ⸗ nige Theile unſers Plans zu ihrer eigenen Bearbeitung ausjumäpfen ſich getrauten; ſo bleiben, wie aus dem Folgenden erhellen wird, noch viele Rubriken uͤbrig, welche noch keinem beſtimmten Verfaſſer Zuges theilt find. Dieſer Umſtand würde mich von der Bekantmachung des Plans abgeſchreckt haben, wenn ich nicht wuͤßte, daß Deutſchland, auſ⸗ ſer den oben genannten Mitglie⸗ dern unſerer Geſellſchaft, noch ſo manchen philoſophiſchen und er⸗ fahrnen Schulmann und Erzieher aufzuweiſen hat, den ich, unſerer Unternehmung beizutreten, bloß deswegen nicht erſuchen konte, weil » bei meiner ee Reife der Ort feines chen Titel, ee Ende es 3 überladen find, daß fie nur we⸗ ufenthalts nicht auf } 4 | 4 1497 des geſamten Erziehungs und Schulweſens, x. 1498 auf meinem Wege lag, und ich 1 beſetzte Rubriken des nachſtehenden nicht Zeit hatte, den Plan in vielen Plans, wie auch diejenigen, bei de⸗ Abſchriften an viele herumzuſchik⸗ nen zwar ſchon ein oder der andere ken. Ich ſchmeichle mir daher, Name ſtebt, zu deren vollſtaͤndiger daß Maͤnner ſolcher Art diefen im: Bearbeitung aber noch mehrere ſtand fuͤr keine Vernachlaͤßigung Beiträge auch von andern erfodert halten, ſondern ſich nichts deſtowe⸗ niger werden bereitwillig finden laſſen, an unſerm Werke Theil zu nehmen. Sie werden daher er— ſucht, ſich von den noch mit keinem Namen bezeichneten Rubriken, oder auch von denen, zu welchen der werden, und die ich deshalb mit ei⸗ nem Nh. bezeichnet babe, zu öffent; lichen Preisfragen unter folgen⸗ den Bedingungen aus. Die ganze Geſellſchaft prüft: die eingeſandten Preisſchriften, die man, nach der bekanten Gewohnheit, mit einem Denkſpruche und mit dem verſtegel⸗ ten Namen des Verfaſſers zu ver⸗ ſehen bittet, und diejenige, welche durch die meiſten Stimmen fuͤr werth erklaͤrt wird, daß ſie aufge⸗ nommen werde, erhaͤlt, es mag nun Endesunterſchriebene ſeinen eigenen Namen, in Ermangelung eines wichtigern, ſetzen mußte, diejeni⸗ gen auszuwaͤhlen, durch deren Be⸗ arbeitung ſie ſich um dieſes Werk und um das Publikum verdient zu — machen geſonnen ſind. 13. Damit aber auch diejenigen wuͤr⸗ digen Maͤnner, welche entweder aus Beſcheidenheit ihr Licht im Verborgenen leuchten laſſen, oder deren oͤffentlich anerkante Verdien— ſte in Schul- und Erziehungſachen mir bei meiner eingeſchraͤnkten Be: leſenheit verborgen geblieben ſind, zur Vervollkommnung dieſes Werks etwas beitragen moͤgen: ſo ſetze ich, in Verbindung mit einem befanten und rechtſchaffenen Buchhaͤndler, Hrn. Karl Ernſt Bohn in Ham⸗ burg, alle noch mit keinem Namen Concurrenz ſtatt gefunden haben, oder nicht, einen der gedruckten Bogenzahl angemeſſenen Preis, der⸗ geſtalt, daß drei hollaͤndiſche Dur: katen fuͤr jeden Bogen gerechnet werden, und alſo der, einer Preis⸗ ſchrift von einem Alphabete zuer⸗ kante Preis, in neun und ſechzig Dukaten beſtehen wird b). Die Buͤrgſchaft für die richtige Ausge⸗ bung dieſer Preiſe leiſtet außer dem Unterſchriebenen, die Bohnſche Buchhandlung in Hamburg, und es iſt gleich viel, ob die Preisſchrif⸗ ten, die man je eher je lieber zu er⸗ Bbb bb z balten b) Vielleicht, daß beguͤterte Menſchenfreunde dieſe Gelegenheit, ihre Liehlinasnei⸗ gung zu befriedigen, ergreifen und uns in den Stand feken werden, die Preife zu. erhöhen, und von der Bogenzahl unabhangig zu machen. Sobald ſich dieſes ereignen wird, werden wir nicht ermangeln, das Publikum davon zu benach⸗ 1499 — halten wuͤnſcht, jenem oder dieſer zugeſandt werden. Man ſchraͤnkt aber dieſe Preisfragen vor der Sand nur auf den erſten oder theoretiſchen Theil des Plans ein, weil vermuthlich wohl erſt ei⸗ nige Jahre verſtreichen duͤrften, be⸗ vor, nach Vollendung dieſes erſten Theils, zur Ausarbeitung des zwei⸗ ten, welcher eine vollſtaͤndige plan: mäßig geordnete Schulencyclopaͤdie enthalten ſoll, wird koͤnnen geſchrit⸗ ten werden. 1 4. Unter der Vorausſetzung, daß das Publikum dieſes Un⸗ ternehmen durch eine anſehn⸗ liche Jahl von Unterſchriften unterſtuͤtzen wird: bietet man den reſp. Subſeribenten, welche zwiſchen jetzt und dem erſten Maͤrz 1 1784 bei einem der Mitglieder, oder bei dem Herausgeber und der mit ihm zu dieſem Geſchaͤfte ver: bundenen Buchhandlung, oder in jeder andern deutſchen Buchhand⸗ lung, oder bei dem Poſtamte des Orts, oder endlich bei jedem ſreund⸗ | ſchaftlichen Befoͤrderer des Werks unterzeichnen wollen, jedes geheftete und mit einem Umſchlagstitel ver⸗ ſehene Alphabeth zu dem geringen Preiſe von 10 ggr. an; ein Preis, der in Betracht der vielen Koſten, u Plan zu einer allgemeinen Neviſion 809 1508 er | welche die weitlaͤuftige Correſpon⸗ denz, das Hin und Herſenden der Handſchriften, und das fuͤr die Preisſchriften beſtimmte hohe Ho⸗ norar verurſachen werden, ſo unge⸗ wohnlich gering iſt, daß ein jeder, der da weiß, daß man ein Alpha⸗ beth ſolcher Schriften jetzt faſt durch⸗ gaͤngig zu 1 Rthlr. verkauft, leicht die Bemerkung machen wird, daß Gewinnſucht an dieſer Unterneh⸗ mung wohl keinen Theil haben kön: ne. Dafern aber die Zahl der Sub⸗ ſeribenten unſerer Erwartung nicht entſprechen ſolte: ſo behaͤlt man ſich vor, den Subſeriptionspreis um eine verhaͤltnißmaͤßige Kleinigkeit zu erhöhen, wovon jedoch die reſp. Subſceribenten erſt benachrichtiget werden ſollen. } . RER 37 ; u eI 15. Man erfucht übrigens alle Her⸗ ausgeber von Monatsſchriften, Ta: gebuͤchern, gelehrten Zeitungen, u. ſ. w. dieſen Plan da, wo es thun: lich iſt, nach feinem ganzen Umfanz ge, und wo dieſes nicht thunlich iſt, auszugsweiſe bekant machen zu helfen; eine Bitte, welche ſich auf die Hofnung ſtuͤtzt, daß man dieſe Unternehmung für gemeinnuͤtzig hal⸗ ten werde. Nunmehr ſey es mir vergoͤnnt, mit dem Plane ſelbſt her⸗ vorzutreten * 4 2 Grund⸗ 151 des geſamten Erziehungs, und Schulwefens, ic. 1502 rundriß der intendirten allgemeinen Reviſion des geſamten 8 92 Erziehungs» und Schulweſens. Ai l. ; 15 Theoretiſcher Theil. 1. Geſchichte des Erziehungs⸗ und 5. Notwendige Erforderniſſe einer Schulweſens c). guten Erziehung von Seiten der N Gedike. Aeltern vor und nach der Geburt des Kindes, — wahre eheliche Lie⸗ syn V „0 GR ur a RE | ”r; ö 2. Zweck der Erziehung überhaupt, — Verſchiedenheit der Zwecke derſel⸗ ben bei verſchiedenen Nationen. — WPWorauf ſie in Deutſchland uͤber⸗ be — moraliſche Guͤte — Haͤus⸗ lichkeit — ſimple, mäßige, arbeit⸗ ſame Lebensart u. ſ. w. Campe. 6. Diaͤtetik fuͤr Schwangere. Die Verfertigung dieſes Auf: ſatzes hat der philoſophiſche Arzt Markus Herz in Ber⸗ lin uͤbernommen. 7. Allgemeine Grundſaͤtze der koͤrper⸗ lichen Erziehung. Stuve. 8. Anwendung derſelben auf beſonde⸗ re Vorſchriften fuͤr die ee 7 haupt und in verſchiedenen deut⸗ ſchen Staaten insbeſondere ab: zwecken muͤſſe? r in b Bahrt. 3. Schaͤdliche Uebertreibung der Er⸗ ziehungsſorgfalt zum Schaden der Aeltern und der Kinder. ercer Campe. 4. Auseinanderſetzung der allgemein⸗ ſten Grundſaͤtze der Erziehung. | Stuve. c) Dieſe Rubrik iſt fo reichhaltig und weitlaͤuftig, und erfordert eine fo ausgebreite⸗ te Leſerei, daß ich mich nicht getraue, fie allein zu bearbeiten. Hoͤchſteus kan ich mich für jetzt nur zu einer Geſchichte des Erziehungsweſens unter den alten Völkern anbeiſchig machen. Aber die Geſchichte des Schul- und Erziehungs⸗ weſens Im Mittelzeitalter iſt in der That noch weit wichtiger, weil hier die Quelle der gegenwärtigen Schulverfaſſung und ihrer gemöhnlichfien Fehler und Mängel zu ſuchen iſt. Und hier, geſtehe ich offenherzig, bin ich bis jetzt zu we⸗ nig beleſen, um ſchon jetzt etwas verſprechen zu koͤnnen. Schon die Samm⸗ lung der Materialien würde viel Zeit erfodern. Denn hier iſt, wo ich nicht irre, noch zu wenig vorgearbeitet, wenigſtens was den innern Geiſt des Er⸗ ziehungsweſens beteift. Wenn daher dieſe Geſchichte ihrer Abſicht entſprechen und ein ſo intereſſantes und lehrreiches Gemaͤlde der wichtigſten Revolutionen im Erziehungsweſen werden ſoll, als ſie werden kan: ſo kan ſie wohl ſchwerlich als das erſte Produkt unſerer paͤdagogiſchen Geſellſchaſt erſcheinen. Auch it es, da dieſe Geſchichte von den übrigen Theilen unabhängig iſt, wohl gleichgäls tig, ob fie zuerſt oder zuletzt erſcheine. G er | i edite. 1533 Erziehung in den erſten 3 der Kindheit. Stuve. 9. Diaͤtetik für junge Kinder. — Vor⸗ ſchriften, wie man ſich bei den ge⸗ woͤhnlichen Krankheiten 1 zu verhalten habe. Ä Markus Herz. 10. Allgemeine Grundſaͤtze der See⸗ lenerziehung. | Campe. 11. Anwendung derſelben auf beſon⸗ dere Vorſchriſten für die Seelen: erziehung in den allererſten Jah⸗ ren der Kindheit. Campe. 85 12. Verhalten bei den erſten Uns arten der Kinder — Eigenſinn — baͤufigen Weinen — — Bosheit, u. f w. Mehrere Mitarbeiter geben die mit gutem Erfolge von ih⸗ nen angewandten Methoden an, und beſtreiten die fehler⸗ haften. Funk. Villaume. Lieberkuͤhn. 13. Mittel, die Aufmerkſamkeit jun⸗ ger Kinder zu erregen und ſie fruͤh zu üben nach anſchaulicher Er⸗ kenntniß zu ſtreben. — Nothwen— digkeit dieſer Uebung, hergeleitet aus einer Vergleichung des Nuz⸗ zens der ſpmboliſchen Erkennt⸗ niß mit dem uͤberwiegenden Nutzen der anſchaulichen. — Lieberkuͤhn. Plan zu einer allgemeinen Revoiſion, ce. 1504 NB. 14. Specielle Beifpiele ſolcher Uebungen. Faunk. Moritz. Trapp. NB. 15. Von der ſittlichen Erziehung uͤberhaupt. 3) welche Triebe muͤſſen in den jungen Kinderſeelen erweckt und geſtaͤrkt werden? welche nicht Campe. b) wie waſſen die guten Triebe erweckt, die e ge⸗ ſchwaͤcht werden? Lieberkuͤhn. Campe. NB. 16. Specielle Vorſchriften, die ſittliche Erziehung betreffend. 2) Beſchreibung abſichtlicher Tu⸗ genduͤbungen, welche die Na⸗ tur der Sache, Zeit und Um⸗ ſtaͤnde an die Hand gaben. Trapp. Funk. Ebeling. Campe. f b) Warnung vor pädagogifchen Kuͤnſteleien bei Erfindung ſolcher Tugenduͤbungen, Campe. 9) Bon der Bildung der auge lichen Sitten. Villaume. 17. Von Belobnungen und Strafen. Was man von poſitiven und willkuͤhrlichen Belohnungen u. Strafen ſich zu verſprechen habe? Welche, bei welchen Subjekten und unter welchen Umſtaͤnden ſie anwendbar ſin d Stuve. Der Schluß folgt kuͤnftig. TE IE K 1505 D Haulobet iſches Magazin. o ptes Stuͤck. Freitag, den 28ten November 1783. 1506 Plan zu einer allgemeinen Reviſion des gefamten Erziehungs: und Schulweſens von einer Geſellſchaft praktiſcher Erzieher. z (Schluß.) 18: C Preielles Verzeichniß ge⸗ f woͤhnlicher Fehler gegen die ſittliche Erziehung. N Campe. 19. Von der nothwendigen Sorge b) Der Einbildungskraft. Baͤhrt. e) Des Gedaͤchtniſſes. Gedike. Bahrt. d) Der Sinneskraͤfte. Bahrt. fuͤr die Erhaltung des Gleichge— wichts ſowohl unter den koͤrperli⸗ chen und geiſtigen Kräften über: haupt, als auch unter den man⸗ nigfaltigen Faͤhigkeiten der Seele inſonderheit. Beſondere War: nung vor dem Modefehler, die Sanpfiadfamfeit zu überfpannen, nebſt Vorſchriften, wie und in welchem Grade dieſe Seelenfaͤhig⸗ keit zu üben ſey. Campe. NB. 20. Umſtaͤndliche Beſchreibung einer Menge gimnaſtiſcher Lerbes⸗ uͤbungen. NB. 21. Gymnmaſtik der Seelenfaͤhig⸗ keiten: a) Der Vernunft und des Ver⸗ ſtandes. Bahrt. ©) Des Witzes und Scharfſinns. Bahrt. Hierher gehört unter andern eine Sammlung zweckmaͤßi⸗ ger Naͤthſel. ) Des ſittlichen Gefuͤhls und der Beurtheilung des Gu⸗ ten und Boͤſen, des Rechts und Unrechts. Hierher gehoͤrt eine Sammlung kleiner Erzählungen ſolcher Handlungen, bei denen die Beurtheilung. ob ſie gut oder boͤſe genannt zu werden vers dienen, etwas mislich iſt, nach Art der Diderotſchen. NB. 22. Anweiſung und Magazin zur angenehmen und nuͤtzli⸗ chen Unterhaltung der Kine der in den Freiſtunden: Ccc ee a)- * 1507 a) Durch Gewoͤhnung zur haͤus⸗ lichen Thaͤtigkeit. Wie man fie dazu gewoͤhnen koͤnne. d) Durch Erlernung nuͤtzlicher Handarbeiten fuͤr beide Ge⸗ ſchlechter. Empfehlung der bequemſten und am leichtes. ſten zu bewerkſtelligenden Ar⸗ ten derſelben. NB. c) Durch allerlei Spiele. — Be ſchreibende Sammlung der beſten. Schummel. d) Durch Leſung guter Kinder bücher, — Beurtheilung der bisherigen. 7 Trapp. NB. 23. Methoden, die Folgen einer fehlerhaften Erziehung, fo weit es möglich iſt, zu tilgen: 3) In Anſehung koͤrperlicher Fehler. b) In Anſehung geiſtiger und moraliſcher Fehler. Man wuͤnſcht hier vornem⸗ lich hiſtoriſche Beſchreibun⸗ gen wuͤrklich gelungener Austilgungen ſolcher Sehler, die dem Kinde ſchon zur Gewohnheit geworden waren. Ein weites Feld, auf dem wir uns der Mitarbeis ter viele wuͤnſchen! Trapp. Villaume. Ebeling. Pfeffel. Lerſe. =. 24. Ganz befondere Vorſchrif⸗ | ten, wie die junge Seele vor dem Gifte der Unzucht zu verwahren fey. — Traurige Erfahrung von den ſchrecklichen Folgen der Ona⸗ Plan zu einer allgemeinen Reviſin 1508 nie. — Erfreuliche Erfahrungen über bewährt gefundene Mittel, ſo⸗ wohl dieſem Lafter vorzubeugen, als auch diejenigen ungluͤcklichen Kinder, welche damit angeſteckt waren, gluͤcklich davon zu helfen. Campe. Villaume. 25. Von dem Unterrichte uͤberhaupt. — Zweck und Gegenſtaͤnde deſſel⸗ ben fuͤr verſchiedene Staͤnde. — Allgemeine Methoden und Grund⸗ füge, Trapp. 26. Von dem unterrichte inſonderheit: A. In Sprachen. a) Dringende Vorſtellung wegen gaͤnzlicher Abſchaffung der lateiniſchen Sprache fuͤr ſol⸗ che Kinder, welche keine Ge⸗ lehrte werden ſollen. Camp e. b) Beſtreitung fehlerhafter Me thoden, Sprachen zu lehren. — Bon der Leſung alter klaſ⸗ ſiſcher Autoren. Beſtreitung des noch ziemlich herrſchen⸗ den Vorurtheils, daß die an wahren gemeinnuͤtzigen Kenntniſſen fuͤr unſere Zeit⸗ beduͤrfniſſe groͤßtentheils ſo duͤrftigen Klaßiker noch im⸗ mer die erſte und faſt ein⸗ zige Quelle des guten Ge⸗ ſchmacks und jeder nuͤtzlichen Kenntniß ſeyn ſollen. NB. e) Darlegung beſſerer Methoden 2 und Handgriffe, das in gewiſſer Ruͤckſicht ſchaͤdliche und dem Kin⸗ de immer beſchwerliche Sprach⸗ ſtudium Br 1509 des geſamten Erziehungs; und Schulweſens, m. 1316 ſtudium zu erleichtern und unſchaͤd⸗ licher zu machen. Trapp. Gedike. Moritz. 8 Campe. B. in Wiſſenſchaften: 2) Was fiir Wiſſenſchaften für alle geſittete Staͤnde, und wel: che nur fuͤr einige noͤthig ſind? Gedike. b) In welcher Ordnung, Ver: bindung und Abſtufung ſie gelehrt werden muͤſſen? c) Allgemeine Methoden, die Wiſſenſchaften zu lehren. Die ſpeciellen Vorſchriften für jede beſondere Wiſſenſchaſt und fuͤr jeden beſondern Theil derſelben, werden in der nach? folgenden Schulencyelopaͤdie vor jedem beſondern Curſus N ihren Platz erhalten, C. in der Religion inſonderheit: Was und wie gelehrt werden muͤſſe? Salzmann. Campe. 27. Von der Erziehung und dem Un⸗ terrichte des Landvolks infonder; beit. Decke 28. Von der Erziehung der Toͤchter inſonderheit. N f a) Von der Erziehung des weib⸗ lichen Geſchlechts aus den hoͤhern Klaſſen. Villaume. — — — aus den geringern Klaſſen⸗ 29. Von der Erziehung des Bürgers inſonderheit. Refewig. 30. Von der Erziehung der Soldas ten infonderbeit, Dieſen Theil hat der Herr Feld: probſt Eletſchke zu Pots⸗ dam in Verbindung mit ei⸗ nigen um die Verbeſſerung der Regimentsſchulen ver— dienten Feldprebigern zu bes arbeiten uͤbernommen. 31. Von der Erziehung der Prinzen inſonderheit. Buͤſch. 32. Problematiſche Ideen, uͤber wel⸗ che die Stimmen der Geſellſchaft getheilt waren. 33. Bon der häuslichen Erziehung — ihre Vorzuͤge — Maͤngel Mit⸗ tel, ſie zu verbeſſern. Becker. 34. Ueber die oͤffentliche Erziehung: a) in Schulen. Gedike. b) in Erzie⸗ ihre Vorzuͤge — Mängel - Mit bungsanſtal⸗ tel, fie zu ders ten. Trapp. ) ßer 35. Von Verbindung beider in kleinen Erziehungsanſtalten, als einem Mittel, die hoͤchſt moͤgliche Vollkommenheit zu erreichen — Beſchreibung und Geſchichte eines ſolchen Inſti⸗ tuts. Campe. 36. Ueber die Erziehung in Waiſen⸗ haͤuſern. 9 Nö. 37. Anzeige und ausführliche Beurtheilung der erheblichſten Er⸗ ziehungsſchriften Trapp. 38. Freimuͤthige Darlegung deſſen, was der Staat fuͤr die Erziehung thun müßte, und bis jetzt noch nicht gethan hat. Handgreiflis cher Beweis, wie ſehr er feinen Bor; theil dabei verkennt. Reſewitz. Cec ec 2 I. 1511 l - Praktiſcher Theil, welcher eine planmaͤßige Folge von Lebrbuͤchern über alle Theile des ge: ſamten Schulunterrichts von den er— ſten einfachften Elementen an bis zu demjenigen Grade enthalten ſoll, den ein junger Menſch geſitteten Standes erreicht haben muß, wenn er ins ge: ſchaͤftige Leben treten oder die Univer- ſitaͤtsſtudien anfangen will. Der ge— ſamte Unterricht für die Nichtſtudi⸗ renden wird auf acht Jahr (vom ſech—⸗ ſten bis zum vierzehnten,) der geſamte Unterricht der ſtudirenden Jugend auf zwoͤlf Jahr (vom ſechſten bis zum achtzehnten,) calculiert, und dem zu: folge theils in drei, theils in vier Cur— ſus, jeder Curſus aber in genau be; fes Lektionen zerſchnitten werden, wobei man weder auf entſchiedene Dummkoͤpfe, noch auf Genies, fondern: auf Kinder von mittlern Faͤhigkeiten Ruͤckſicht nimt. Jedem Curſus wird eine insbeſondere herabſteigende Be: ſchreibung der jedesmaligen Metho— den, welche die Geſellſchaft fuͤr die be⸗ ſten erkennt, vorangeſchickt werden. Den entwickelten Plan zu dieſem praktiſchen Theile wird man dem Pu— blikum zu ſei ſeiner Zeit vorlegen. Jetzt iſtd iſt die Frage: ob das pub⸗ likum die Ausfuͤhrung dieſes vielumfaſſenden Planes wuͤnſche oder nicht? Die groͤßere oder klei⸗ nere Zahl der Subſeribenten, die ſich Plan zu einer allgemeinen Reviſion ce. dazu angeben werden, wird die Ant⸗ wort darauf ſeyn, und alſo auch zu⸗ gleich entſcheiden, ob die Unterneh⸗ mung vor ſich gehen koͤnne, oder nicht? Denn ohne die Gewißheit eines be⸗ trächtlichen Abſatzes, wuͤrde es, bei den uͤberhand nehmenden Raͤubereien ehrloſer Nachdrucker, Thorheit ſeyn, ein ſolches Werk, mit ſolchen Ko⸗ ſten, zu einem ſolchen Preiſe liefern zu wollen. — Ich fuͤge nur noch hin⸗ zu, daß die Verbindlichkeit, welche die Unterſchrift auflegt, ſich nur uͤber die drei erſten Theile des Werks erſtrecken ſoll, ſo, daß jeder, deſſen Erwartung nicht befriedigt wird, die Freiheit hat, ſeine Unterſchrift nach der Erſcheinung des dritten Theils zuruͤck zu nehmen. Auch verlangt man keinen Vorſchuß, ſondern bloß Bezahlung beim Em⸗ pfange. Die Namen der Subſeri⸗ benten ſollen dem Werke vorgedruckt werden; und die Herren Sammler er⸗ halten zu ihrer Entſchaͤdigung für ge⸗ habte Bekantmachungskoſten, u. ſ. w. auf zehn Eremplareseins, auf zwanzig drei Exemplare unentgeldlich. Alles, was man in dieſer Angele⸗ genheit an den Herausgeber oder an die Bohnſche Buchhandlung ge⸗ langen laͤßt, wird frankirt erwartet, Trittow, den 12ten Sept. 1783. Campe. Addreſſe. Abzugeben auf dem Koͤnigl. Schwediſchen Poſt⸗ comtoir in Hamburg. . A U ERETTEE Run 1512 ug | 15713 * . 1514 Wunderbare Errettung einiger Schifsleute. (Aus dem Journal Encyclop. vom J. 1780.) n dem benannten Jahrgange dieſes Journals, wird folgende merk— wuͤrdige Begebenheit von etlichen ruſ— ſiſchen Schifsleuten erzaͤhlt, welche ver⸗ ſchiedene Jahre auf einer ganz wuͤſten Inſel wunderbar erhalten worden; und da dieſe Geſchichte, laut dieſen Nach— richten, alle untruͤgliche Kennzeichen der Glaubwuͤrdigkeit hat, auch meines Wiſſens ſonſt nirgends gedruckt iſt, fo habe ich es der Mühe werth gehal: ten, fie in dem Hannoveriſchen ia: gazin befant zu machen, und in einer freien Ueberſetzung zu liefern. Im J. 1743 ſchickte Jeremias Okladinkof, ein Kaufmann von Mo; ſen, einer in dem Archangelſchen Di— ſtrikte belegenen Stadt, ein Schif, das mit 14 Mann beſetzt war, auf den Wallfiſchfang nach Spitzbergen ab. Die erſten acht Tage ging ihre Schiffahrt ſehr gluͤcklich, am neunten Tage aber aͤnderte ſich der Wind, und anſtatt den Strich nach der weſtlichen Seite von Spitzbergen zu halten, wur— den ſie nach den oͤſtlichen Gegenden ver⸗ ſchlagen, wo eine Inſel iſt, die bei den Ruſſen Malobrun heißt; von dieſer war das Schif etwa noch drei Werſte entfernt, als ſie ſich von allen Seiten mit Eis umgeben ſahen. Bei fo be: denklichen Umſtaͤnden hielten ſie unter einander Rath, und der Unterboots— mann Alexi Hinkof erinnerte fich, gehoͤret zu haben, daß vor wenigen Jahren einige Einwohner aus Moſen nicht weit vom Ufer eine Huͤtte auf dieſer Inſel erbauet, und den Winter daſelbſt zugebracht haͤtten. Dieſes gab ihnen wieder Muth und Hofnung, und ſie beſchloſſen alſo, ſich in dieſer Huͤtte ſo lange aufzuhalten, bis das Meer vom Eiſe wieder frei ſeyn wuͤr— de. Es wurden alſo ihrer viere erwaͤh— let, welche dieſen Ort aufſuchen, oder ſonſt ein Mittel zur Rettung des Schif⸗ volks, welches nichts anders als ſeinen Untergang vor Augen ſahe, ausfindig machen ſolten; ſelbige waren: 1) Der benannte Unterbootsmann. 2) Ein junger Menſch von feiner Verwandtſchaft. 3) Stephan Scharapof, und 4) Theodor Waregin. Die Inſel, wohin ſie ſich begeben ſolten, war wuͤſte. Sie verſahen ſich alſo mit etwas noͤthiger Geraͤthſchaft, doch ſo, daß ſie nicht zu ſchwer zu tragen hat⸗ ten; ſie nahmen nemlich eine Flinte, Pulver und Kugeln zu 12 Schuß, eine Art, einen kleinen Keſſel, ungefaͤhr 12 Pfund Mehl, ein Meſſer, ein Schieß⸗ kaͤſtgen, eine mit Taback angefuͤllte Bla⸗ ſe, und jeder eine Pfeife mit ſich. Sie mußten ihren Weg über die Eisſchol⸗ len nehmen, die der Wind und die Wel⸗ len beſtaͤndig in die Hoͤhe hoben, und alſo den Uebergang hoͤchſt beſchwerlich und gefaͤhrlich machten. Endlich kamen fie gluͤcklich ans Land, durchliefen die Jnſel, und entdeckten auch die Hütte, und zwar ungefähr 1 englifche Mei⸗ len vom Ufer. Sie war 36 Fuß lang, 18 Fuß boch und beinahe eben fo breit, Cee ce 3 und 15156 und vor dem Eingange war eine Abtheilung von einer Breite bon 12 Fuß. Diefe Huͤtte war durch die Laͤnge der Zeit ziemlich verfal⸗ len / indeſſen mußten ſie doch darin die Nacht zubringen, und mit Anbruch des Tages bes gaben ſie ſich ſehr geſchwind ans Ufer, um ihren Kameraden dieſe gluͤckliche Entdek⸗ kung bekant zu machen, und was ſie waͤh⸗ rend ihres Aufenthalts auf der Inſel etwa nöthig haben moͤgten mit ausladen zu hel⸗ fen. Allein, wie groß war ihre Verwunde⸗ rung und ihr Schrecken, als ſie nun an den Ort kamen, wo ſie ans Land getreten waren, und das Meer mit Eis und Eisſchollen be⸗ deckt, von ihrem Schiffe aber nicht das ge⸗ ringſte ſahen. Es hatte ſich nemlich in der vorhergegangenen Nacht ein Sturm erho⸗ ben, und ſelbiger das Eis zuſammen getrie⸗ ben, und vermuthlich alles zerſchmettert und in den Grund verſenkt, wie man denn we⸗ der von dem Schiffe, noch von denen dar⸗ auf ſich befundenen Leuten nachher jemals etwas erfahren hat. Denen vor dieſem Unfall zwar bewahr⸗ ten, aber doch allemal hoͤchſt ungluͤcklichen vier Perſonen, blieb alſo in dieſer Noth nichts weiter übrig, als nach ihrer Hütte zurück zu kehren, und daſelbſt der Gefahr und dem mancherlei Elende, das von allen Seiten her auf ſie wartete, entgegen zu ge⸗ hen, und das noch dazu ohne Hofnung, je mals ihr Vaterland wieder zu ſehen. Die Bretter in ihrer Wohnung waren von der Kaͤlte ganz auseinander getrieben, daher ſie, um den Schaden auszubeſſern, die Ritzen mit Moos verſtopften, wovon fie hier Vor⸗ rath genug fanden, und die Arbeit ward ih: nen nicht ſchwer, da in Rußland jeder Bauer mit der Art umgehen, und ſich fein Haus ſelber bauen kan. Vor allen Dingen aber waren ſie darauf bedacht, ſich Lebensmittel zu verſchaffen; mit den 12 Schuß, die fie mitgenommen hatten, erlegten ſie 12 Renn⸗ thiere, womit ſie ſich zwar eine Zeitlang naͤh⸗ ren konten, aber nicht auf die Länge, Die ſtrenge Kaͤlte, welche auch unter dieſem Him⸗ melsſtriche nur einige Arten von Thieren. leben laͤßt, hindert allen Wachsthum von Wunderbare Errettung einiger Schifsleute. 1516 Kräutern und Pflanzen. Man ſſehet da we⸗ der Baͤume noch Buſchwerk, und die armen Leute wußten nicht, wie fie es anfangen fols ten, um ſich vor der Kälte zu verwahren, und irgend durch andere brennbare Materie den Mangel des Holzes zu erſetzen. Unter die⸗ fen aͤngſtlichen Bewegungen gingen fie laͤngſt dem Ufer herum, und entdeckten endlich Stuͤcke von einem geſcheiterten Schiffe, wie auch Baͤume, ſo ohne Zweifel der Wind an andern Orten aus der Erde geriſſen, und die See hier ausgeworfen hatte. Dieſes dienete ihnen zur Feurung, wie ſie denn auch angeſchwemmte Bretter fanden, und in ei⸗ nem derſelben einen großen eiſernen S big® Zoll langen Haken, desgleichen verſchiedene Nagel und anderes Eiſenwerk, zwar Klei nigkeiten, aber dieſen Leuten lauter ſolche Sachen, die ihnen bei ihren jetzigen Umſtaͤn⸗ den von großem Werthe waren. Indeſſen hatten ſie das vorraͤthige Pulver verſchoſſen, ihre Lebensmittel gingen zu Ende, und fie. haͤtten, in Ermangelung eines andern Mit⸗ tels, Wild zu faͤllen, den Hunger und einen unvermeidlichen Tod erwarten muͤſſen, wenn nicht ein gluͤcklicher Zufall ſie aus dieſer Noth errettet, und den Abgang erſetzt haͤtte. Mit dem gefundenen Eiſen gruben ſie eine lange ſtarke Wurzel aus der Erde, welche in die Kruͤmmegewachſen war, und ihr Meſ⸗ ſer diente ihnen dazu, derſelben vollends die Geſtalt eines Bogens zu geben, nur fehlte es ihnen an einer Saite und an Pfeilen, und da ſie nicht wußten, auf welche Art ſie der⸗ gleichen ſich wuͤrden anſchaffen koͤnnen, ſo begnuͤgten ſie ſich vors erſte, eine Art von Lanze zu verfertigen, um ſich damit gegen die weißen Baͤren zu vertheidigen, welche ſehr grauſam ſind, und von denen ſie mit beftändigen Anfaͤllen bedrohet wurden. Hier aber ereignete ich eine neue Schwie⸗ rigkeit, indem ihnen ein Hammer fehlte, ohne welchen fie die Lanzen nicht zurecht mas chen konten. Nach einigen fruchtloſen Ver⸗ ſuchen fielen ſie darauf, den gefundenen Ha⸗ ken zu einer Lanzenſpitze zuzubereiten. Sie machten ihn alſo im Feuer gluͤhend, und das Loch, welches in der Milte war, mit 155 1317 ihrer gefundenen großen Nagel nach und nach weiter, ſo, daß ſie eine Stange an dieſe Spitzen anbringen konten; ein großer Stein dienete ihnen zum Ambos, und ein Paar Rennthiergeweihe anſtatt der Zange. Auf dieſe Art ſchmiedeten fie ſich zwei ſpitzige Ei⸗ en, welche fie mit Riemen von Rennthier⸗ Er, anlangenStäben oder Aeſten von Baͤu⸗ men befeſtigten, welche die See ausgeſpuͤlet hatte. Mit dieſen Waffen verſehen und ge⸗ ruͤſtet, machten fie ſich an einen weißen Bd; ten, und nach langem, heftigen und gefaͤhr⸗ lichen Kampfe toͤdteten ſie endlich das Thier, welches ihnen zu einem friſchen Nahrungs- mittel diente, und von recht gutem und faſt dem Rindfleiſche ähnlichen Geſchmacke war. Dan bemerkten fie auch, daß die Sehnen ſieſes Thiers geſchmeidig waren, und ſich von einander theilen ließen, ſo, daß ſie da⸗ mit eine Saite fuͤr ihren Bogen zurecht ma⸗ chen konten. Hierauf ſchmiedeten ſie kleine ſpitzige Eiſen, und befeſtigten dieſelben mit einem duͤnnen ſelbſt gemachten Stricke an den Pfeilen, und mit noch feinern, die gleich⸗ ſam wie Bindfaden waren, machten ſie an das andere Ende der Pfeile Federn, die ſie von den gefundenen Seevoͤgeln nahmen, und auf dieſe Art ed ie wehr, womit ſie uber drittehalbhundert Rennthiere und eine große Menge blauer und weißer Fuͤchſe erlegten. Das Fleiſch von dieſen Thieren mußte ihnen zur Spei⸗ fe, ihre Haͤute und Baͤlge aber zur Kleidung dienen. Auf der Bärenjagd waren fie nicht fo glücklich, fie toͤdteten deren ungefaͤhr nur ehen, und jedesmal nicht ohne Lebensge⸗ fahr, Den erfien fielen fie, wie gedacht, ſelbſt an, aber die übrigen wurden Vertheidi⸗ gungsweiſe erlegt, weil fie von dieſen Be: ſtien angefallen wurden, wie denn einige derſelben, gewißaus Hunger, ſogar auf die Hütte losgingen, und voller Wutb hinein zu dringen ſuchten. Ein ſolcher immerwaͤh⸗ render Krieg mit den weißen Baͤren war für die armen Lente ungemein beſchwerlich, welche beſtaͤndig auf ihrer Hut ſeyn, und beſorgen mußten, von dieſen wilden Thie⸗ ren zerriſſen zu werden. f Wunderbare Errettung einiger Schifsleute. 2918 Mitten auf der Inſel fanden ſie eine Art Thonerde, daraus ſie ſich Lampen verfertig⸗ ten, denn es war daſelbſt einige Monate bindurch faſt immer Nacht, und dies machte ihnen ihren Aufenthalt in dieſer Wuͤſte um fo viel ſchreckhafter. Eine Lampe war ihnen alſo hoͤchſt noͤtbig; fie fuͤlleten ſelbige mit Rennthierfett, und gebrauchten Searpie zum Tochte. Allein, das Gefaͤß war nicht halt⸗ bar, von der Hitze des Tochtes ſchmelzte es, und das warme Fett ſog ſich durch. Sie machten alſo die Lampen auf andere Art, machten ſie an der Luft trocken, legten ſie ins Feuer, und tauchten ſie darauf ganz heiß in einen Keſſel, worin ſie Waſſer und Mehl gekocht, und daraus eine Art von Kitt ges macht hatten. Dieſe Erfindung gluͤckte ih⸗ nen und das Fett drang nicht mehr durch, doch zu mehrerer Sicherheit traͤnkten fie eis nige Faͤden von Leinewand in ihrem Kitt, oder Kleiſter, und umwunden damit die Lampen, welche auf dieſe Art völlig feſte, und gleichſam als mit einer Glaſur uͤberzo⸗ gen wurden, Auf eben dieſe Art verfertig⸗ ten ſie noch ein Paar Lampen, wenn etwa eine oder die andere zerbrechen folte, und hoben das noch übrige Mehl auf, um es zum Kitte fur die Lampen zu gebrauchen, wenn ſie Fünftig deren mehrere noͤthig ba; ben ſolten. Fan ie Ihre Hütte verwahrten fie mit ange⸗ ſchwemmten Oackim, einer Art von Hanf, den man zur Ausbeſſerung der Schiffe ge⸗ braucht, und welcher ihnen zugleich dazu dienete, Tochte davon zu machen, wozu ſie, wenn ihnen dieſe Materie fehlte, ihre Hem⸗ de und Schifferhoſen nahmen, und auf ſol⸗ che Art ihre Lampen beſtaͤndig im Stande erhielten. Doch ereignete ſich hier ein neuer Mangel; ſie verbrauchten nemlich auf dieſe rt ihre Kleidungsſtuͤcke, die ohnedem ſchon zerriſſen, und ihre Schuhe, die abgetragen waren, und doch mußten ſte bei dem heran⸗ nahenden Winter etwas haben, um ſich ge⸗ gen die ſtrenge Kaͤlte zu verwahren. An Rennthierhaͤuten und Fuchsbaͤlgen fehlte es ihnen zwar nicht, die Hauptſchwierigkeit war nur, dieſelben zum nothduͤrftigen Ge brauche 1919 Wunderbare Errettung einiger Schifsleute. brauche zuzubereiten, und dies ſetzte fie in keine geringe Verlegenheit. Endlich ſtellten ſie einen gluͤcklichen Verſuch mit Gerbung der Rennthierhaͤute an, legten fie etliche Ta⸗ ge lang iafriſches Waſſer, ſo, daß die Haa⸗ re fi) davon losmachen ließen, und rieben fie hernach fo lange, bes trocken wurden, trankten fie darauf mit Rennthierfett, und dadurch wurden ſie geſchmeidig und eini⸗ germaaßen brauchbar. Mit den Fellen, die ihnen zu Pelzen dienen ſolten, verfuhren ſie eben ſo, nur mit dem Unterſchiede, daß die⸗ fe nicht länger als einen Tag in kaltem Waſ⸗ fer liegen bleiben durften. Ein Stück Drath war ihre Naͤhnadel, und die duͤngen Seh⸗ nen der Rennthiere vertraten die Stehle des Zwirns. N So ſinnreich machte fie bier die Noth, jene Lehrerin fo mancher ſchoͤnen und nüß- lichen Künſte. Sie uͤberwanden, um ſich ibr Leben zu erhalten, unzaͤhlige Hinderniſſe und Schwierigkeiten. Indeſſen blieb doch ihre kage immer ſehr traurig und elend, und wenn ſie einmal einen Blick in die Zukunft thaten, ſo ſtellten ſich ihren Augen nichts als niederſchlagende Ausſichten dar. Alexi Hinkof inſonderheit war Ehemann und Vater, ſeine Frau und Kinder lagen ihm ſehr am Herzen; alle aber dachten mit Schrek⸗ ken an den Fall, wenn einer nach dem an⸗ dern fterben, und der letzte von ihnen dann ein Raub der wilden Thiere werden wuͤrde. Dieſe aͤngſtliche Vorſtellungen vermehrten und verdoppelten fih, als Theodor Wa⸗ regin eine tödtliche Auszehrung bekam: er litte heftige Schmerzen, und ſo ſehr auch ſein Zuſtand ſeinen getreuen Gefährten zu Herzen ging, ſo war doch alle ihre ange⸗ wandte Sorgfalt und Bemühung vergeb⸗ lich. Er ſtarb, ward von den drei übrigen, als ein in dieſen Umſtänden doppelt lieber und fhärbarer Freund, beweinet, und dar⸗ anf fo tief, als möglich, in dem Schnee ver⸗ graben, damit ſein Leichnam den gefräßis gen weißen Bären nicht preis gegeben wer⸗ den moͤgte. a Endlich, nach ausgeſtandener Muͤhe, Laſt und Beſchwerde, machte Gott dem Elende Heinſen. — 1520 dieſer armen Leute ganz unerwartet ein glück. liches, ihnen erwünſchtes Ende. Am i 8ten Aug. 1749 erblickten ſie von weitem ein ruſ⸗ ſiſches Schif; alſobald zuͤndeten ſie auf den naͤchſten Hügeln Feuer an, und ließen auf einer langen Stange eine Rennthierhaut fat: tern. Das Schif naͤherte ſich hierauf nach und nach dem Ufer, fie wurden darin auf⸗ genommen, verſprachen dem Schifspatron bei ihrer Zuhauſekunft 80 Rubel zu bezah⸗ len, brachten darauf ihre mühſam erworbe⸗ nen Reichthümer an Bord, nemlich 2000 Pfund Rennthierfett, ferner Fuchsbaͤlge, Rennthier- und Baͤrenhaͤute, ihre Lanzen, Bogen, Pfeile, Nadel, Axt, Meſſer, und die übrigen mehrentheils ſehr abgenutzten Hab; ſeligkeiten. Und ſo kamen ſie den 28ten Sept. 1749 glücklich in Archangel an, nachdem ſie ſechs Jahr und drei Monate in der trau⸗ rigſten Wuͤſte und Eindde zugebracht hatten. Die Frau des Alexi Sinkof befand ſich von ungefaͤhr am Ufer, als das Schif an⸗ landete; ſie erkante ſogleich ihren Mann, und lief ihm fo eil fertig und ſo geſchwinde entgegen, daß ſie daruͤber ins Meer fiel, und noch mit genauer Noth gerettet wurde. Das Schif, welches dieſe Ungluͤcklichen befreiet, ſolte ſeiner Beſtimmung und Vorſchrift nach, ſich nach der weſtlichen Küste von 85 15 bergen halteg, war aber durch widrige Win de, zum großen Gluck dieſer armen Leute, nach Oſten verſchlagen worden. ’ Dieſebeute hatten fo lange Zeit ohne Brod gelebt, daß ſie ſich auch gar nicht wieder daran gewöhnen konten. Sie konten auch keine ſtarke Getränke mehr vertragen, u tranken alſo von der Zeit an faſt nichts als bloßes Waſſer. u | „Der Ober Auditeur bei der Admirali⸗ taͤt in Archangel, Klimſtaͤdt, hat dieſe te, und zwar jeden beſonders, uber die ers zahltenümſtande pernommen, und ihre Aus⸗ ſage in allen Stücken hbereinftimmend ge⸗ funden. Auch der Profeſſor le Roi zu Pe⸗ tersburg hat zween von ihnen zu ſich kom⸗ men laſſen, nemlich den alten Alextund den jungen Iwan Hinkof, deren Erzaͤhlung al⸗ les obige vollkommen beſtaͤtiget hat., J. C. G. Sornemann, P. ’ 1621 Hannoberiſces Magazin, Hötes Stuͤck. 1522 Montag, den ten December 1783. Oekonomiſche Beitraͤge. Die Kunſt ſey noch fo groß, die dein Verſtand befiget, Sie bleibt doch laͤcherlich, wenn fie der Welt nicht nuͤtzet. n 1.5 ir 1. m die in unſern Luſtgebuͤſchen ſich befindenden Baͤume und Straͤucher, nicht gleich vie⸗ len andern ihrer Bewunderer, ſo wie die Kuh das neue Scheunenthor an⸗ zugaffen, machte ich dieſen Herbſt ei⸗ nige Verſuche mit ein Paar Arten der: ſelben, in der Abſicht, etwas darunter zu finden, das man im Nothfall an⸗ ſtatt des chinefifchen Thee's gebrau: chen koͤnte. Meine Bemuͤhungen ſchlugen zwar bisher noch nicht nach Wunſch aus. Doch was nicht ge ſchehen iſt, kan noch geſchehen. Viel⸗ leicht werden auch andre Patrioten durch mein Beiſpiel angereitzt und er⸗ muntert, in dieſem Fache Verſuche anzuſtellen. Unterdeſſen bediene ich mich der Blaͤtter des Storaxbaumes Liquidambra Styraciflua L.), der abalebfirfche (Prunus Mahaleb L.), des ſproſſenden Hartheues (Hyperi- elle 8 Gellert. cum prolificum L.), und der Krons⸗ beeren (Vaccinium Vitis idæa L.), welche ich mit Waſſer infundirt, wie gewoͤhnlichen Thee mit Milch und Zucker gebrauche, und mich ſo gut da⸗ bei als ein anderer bei ſeinem Kaiſer⸗ thee befinde. Niemand glaube indeſ⸗ ſen, daß ebenbenannte Theearten dem gemeinen Thee gleich kommen, oder dieſen in Zukunft einmal wohl gar verdrängen werden. Nein, dieſes wird nimmermehr geſchehen. So viel aber iſt doch gewiß, daß einige derſelben beſſer ſchmecken, als die mehrſten an⸗ dern Pflanzen, die man bis dahin dem Thee hat fubftituiren wollen, ungeachtet unfere Finetten das Goͤttliche des Kai: ſerthee's nicht darin finden, und ihnen alſo niemals ihren Beifall ſchenken werden, eben fo wenig als unfere bo: tanifchen Impotenzritter meinen Auf; fügen im Hanneverifhen Magazine. Dod dd Aber 1523 Aber giebt es denn lauter Finettmäul⸗ x gel, als an Recepten wider die Wan⸗ chen und Impotenzritter 2) in der Welt? 2. Michts iſt unſern Kaffeſchwe⸗ ſtern empfindlicher, als wenn ſie bei der Zurechtmachung ihres Nelktars das Ungluͤck haben, daß ihnen die dazu noͤthige Milch gerinnt. Ich kan des⸗ wegen nicht umhin, dieſen ſchoͤnen Kindern bier ein Mittelchen an die Hand zu geben, wie fie in Zukunſt ih⸗ rem Verdruß vorbeugen koͤnnen. — Zu jedem Quartier Milch gießt man 10 bis 15 Tropfen zerfloſſenes Wein⸗ ſteinoͤl (Oleum Tartari per deliquium), ruͤhret es unter einander, ſetzt ſolches auf das Feuer, und laßt es aufkochen. Auf dieſe Art habe ich zuweilen Milch gekocht, die bereits blau und ſauer war, ohne daß ſich ſolche im geringſten zerſetzt hat. Nach Beſchaffenheit der Milch, muß man etwas mehr oder weniger Weinſteinoͤl nehmen, je, nach dem ſie mehr oder weniger alt iſt, denn eine groͤßere Menge Saͤure braucht natuͤrlicher Weiſe mehr Alkali zu ih⸗ rer Saͤttigung als eine kleinere. Das Mittel thut der Milch im geringſten keinen Schaden, ſondern macht ſolche vielmehr geſund, welches man bei klei⸗ nen Kindern am beſten ſehen kan, be⸗ ſonders ſolchen, die viel Säure in ib rem Magen haben. 2) Auch hat uns die Natur beſchenkt, Und einen Stachel eingefenft, Oekonomiſche Beiträge, davon ſo beſchaffen ſin ihnen ſchon von weitem anſtehet, daß | 124 3. An nichts iſt W zen. Nur ſchade! a die mehrſten daß man es ſie nicht das Geringſte wider dieſes Ungeziefer helfen koͤnnen. Ich wage es hier dieſe Wanzenmittel noch mit einem zu vermehren, das, wenn es auch ſchon keine totale Niederlage un⸗ ter dieſem ſtinkenden Geſindel verur⸗ ſacht, doch wenigſtens hier und da ei⸗ nem ſchoͤnen Maͤdchen Ruhe in ſeinem Bette verſchaffen wird. Und geſetzt, es thaͤt dieſes auch nur bei einem, iſt es deswegen nicht ſchon der Bekant⸗ machung werth? Hier iſt es: Rec. Hydrargyri puri Une. dus. Terebinthinævenetæ Unc. unam. Tere diligenter in mortario lapi- deo donec Hydrargyrum penitus diſparuerit, & tune adde Axungiæ Porci Uneias quatuor. Olei Lauri Unciam unam. Pulveris Radicis Veratri albi Unciam femis. Seminis Sabadilli Drach- mas duas. Mike, detur ad ollam lapideam & ſignetur: 5 N Wanzenſalbe. Bi: ; 2 Mit dem wir die beſtraken ſollen, Die, was ſie ſelber nicht verſtehn, Doch meiſtern und verachten wollen. ellert. KEełene Sandvoll Verſe. Wohlgemerkt! 1525 Der Gebrauch davon ift folgender. Man nimt einen kleinen Pinſel, und beſtreicht damit alle Ritzen und Win⸗ kel, wo ſich dieſes Ungeziefer aufhaͤlt, fo gut als möglich, und wiederholet ſolches ſo oſt es noͤthig iſt, bis man endlich ſeinen Endzweck voͤllig erreichet tc. vn 4. Waſſer hahnenfuß (Ranunculus aquatilis L.) iſt eine Pflanze, die meiſt in allen Fluͤſſen und Baͤchen waͤchſt, und nicht ſelten in ſolcher Menge, daß fie das Waſſer an feinem Lauf hindert. So viel mir aber bekant iſt, ſo wiſ— ſen unſere oͤkonomiſchen Schriftſteller eben noch keinen ſonderlichen Nutzen dieſes Gewaͤchſes anzugeben. Dieſen Sommer ſahe ich auf einer Reiſe über Hameln, Pyrmont, Bodenwer: der, nach dem Hundsruͤck und Harz, daß man in der Weſer und Emmer dieſe Pflanze, welche allda Saͤme ge nannt wird, ſorgfaͤltig ausftſchet, fol: che in große Haufen legt, und wenn ſie etwas gelb geworden, die Kuͤhe da⸗ mit fuͤttert, welche ſelbige, ſo bald ſie es ein wenig gewohnt ſind, nicht allein gerne freſſen, ſondern auch eine Menge guter Milch davon geben, woraus all⸗ da eine Butter gemacht wird, die ſo gelb wie Gold iſt. Da dieſe Pflanze auch im Winter gruͤn iſt, fo kan ſte vermuthlich auch dann gebraucht wer⸗ den, und vielleicht einſt, bei einem, in dieſer Zeit, leider! nicht ſelten eintre⸗ tenden, Mangel des gewoͤhnlichen Fut⸗ ters, ihre Dienſte thun, und verdie⸗ net alſo in dieſer Abſicht die Aufmerk⸗ ſamkeit unſerer Landwirthe. Oekonomiſche Beiträge, 1526 5. Hierbei erinnere ich mich noch einer andern Pflanze, welche im Wins, ter gruͤn bleibt, und beim Fuͤtterman⸗ gel nicht zu verachten iſt. Es iſt die⸗ fe, der, auch in biefigem Lande, an verſchiedenen Orten, auf Baͤumen haͤu⸗ fig wachſende Miſtel (Viſcum album L.). In der Schweiß wird ſolcher ber ſonders von denjenigen geſucht die Zie⸗ gen haben, welchen Thieren er beſon⸗ ders gut ſchmeckt und wohl bekomt. 6. Im Bremiſchen und Lüneburgi: ſchen waͤchſt beſonders viel Waſſerfe⸗ der, oder Waſſeraloe, (Stratiotes Aloi- des L.), und man trift allda nicht fek ten Graͤben und Teiche an, die ſo voll von dieſer Pflanze find, daß fie eher Wieſen als Waſſer ahnlich ſehen. Der ſelige Graf von Mattuſchka ſagt in feiner Flora ſileſiaca, daß fie von kei⸗ nem befanten Nutzen ſey. Ich bemer⸗ ke deswegen, daß man an einigen Or⸗ ten beſagter Provinzen ſolche heraus fiſcht, klein hackt, und den Schweinen giebt, welche fie ziemlich gerne freffen ſollen. Sie wird allda Buckelbas ge⸗ nennt. 7. Auch der Meerdreyjack (Tei- glochin maritimum L.) bat ſeinen Nutzen. Im Lande Wurſten, wo dieſe Pflanze an dem Ufer der Nord— fee in erſtaunlicher Menge waͤchſt, kocht man ſolche im Fruͤhling als Kohl, wozu ſie beſonders dienlich ſeyn ſoll. Sie iſt bei den Einwohnern un⸗ ter dem Namen Roͤhr befant, 8. Um Lüneburg ſammelt man die Baͤrenklau ( Hericleum Sphondylium L.), und die Schafgarbe, oder Reel⸗ Dod dd 2 ken, 1527 ken, (Achillæa Millefolium L.) zu dieſer Abſicht, ſo wie man hier um Hannover den Strenzel, oder die ſo⸗ genannte Geeſel, (Aegopodium Poda- graria L.) nutzt. 9. Im Amt Hohnſtein macht man die Früchte des Elzbeerbaumes (Sor- bus torminalis L.) mit Waſſer ein, und laͤßt ſie gaͤhren, ſo wie man in der Schweitz mit Aepfeln und Bir⸗ nen, und auf dem Harze und in Schwe⸗ den mit den Kronsbeeren zu thun pflegt. Sie werden auch gleich die⸗ ſen letztern gegeſſen, und ſollen ganz gut ſchmecken. 10. In der Schweitz macht man viel aus der Rapunzel (Campanula Rapunculus L.), und zwar nicht ohne Urſach, denn dieſe Pflanze giebt in ihrer Jugend einen Salat, der dem Laͤmmerlattig, oder Ackerſalat, (Va- leriana Locufta olitoria L.) nicht viel nachgeben wird, und nimt ſich mit ih⸗ rem weißen ſpindelfoͤrmigen Wuͤrzel⸗ gen, das daran gelaſſen und mit dem Kraut zugleich gegeſſen wird, auf dem Tiſche befonders gut aus. Ich ver wundere mich, daß man dieſe Pflanze, welche hier im Ueberfluß wild waͤchſt, nicht mehr zu benutzen ſucht. An ei⸗ nigen Orten, beſonders in Frankreich, ziehet man fie fo gar in Gaͤrten, deren Kultur man in kueders Anleitung zur Wartung der Kuͤchengewaͤchſe, S. 701, unter dem Artikel Nüberapun: zel, beſchrieben findet. 11. Im Luͤneburgiſchen, Bremi⸗ ſchen und Verdenſchen, wird, befon: ders auf ſchlechtem erg viel Raub: Ockonomiſche Beiträge. haber, Rauch haber, Gtaubabke, Pur⸗ haber, Purrhaber, oder Sandhaber, gepflanzt, von deſſen Anbau, Nutzen, und Vorzuͤgen uns der Braunſchw. Luͤneburg. Landwirthſchaftsgeſellſchaft Nachrichten, Bd. 2, S. 342, das Hannov. Magazin, Jahr 1770, S. 73, Kruͤnitzens Eneyelopaͤdie, Bd. 2, S. 661, und mehrere, , weitläuftigen Bericht ertheilen. Beſonders aber iſt es, da heut zu Tage beinahe alle unſere Oekonomen zugleich Botaniſten ſind, oder doch ſeyn wollen, daß uns noch keiner recht gruͤndlich geſagt hat, was denn eigentlich dieſer Raubhaber für eine Pflanze ey, fondern die mehrſten ſolchen fuͤr eine Abart des gemeinen Habers (Avena ſativa L.) ausgeben, und hierin dem Beiſpiel unſerer Im⸗ potenzbotaniſten folgen, die, wenn ſie eine ihnen vorgezeigte Pflanze nicht kennen, und dieſes doch nicht gerne ſagen wollen, ſolche geſchwind zu ei⸗ ner Abart von einer andern machen. Vor einem Jahre hatte ich Gelegen⸗ heit auf meinen Wanderungen durch oben genannte Provinzen, dieſen Rauß⸗ haber zu unterſuchen, und fand, daß es die Avena ſtrigoſa Schreb. ſpicil. p- 52, Gmelin. onomatol. v. I, p. 1020, Mattuſchk. ſileſ. n. 79, Retz. ob. v. 1; p. 11, iſt. Sein richtig beſtimm⸗ tes wahres Vaterland getraue ich mir aber noch nicht anzugeben, denn bis dahin ſcheinen mir Deutſchland und Schweden bloß feine Hofpitia zu ſeyn. Ebenfalls bin ich noch ungewiß, wann, wo, und durch wen, er zuerſt in hieſi⸗ ger Gegend angebauet worden, und er⸗ 1529 erwarte hierüber noch die Belehrun⸗ gen unſerer Botaniſten und Oekono⸗ men. Beilaͤufig muß ich noch anmer⸗ ken, daß der, in der Braunſchw. Läͤneburg. Landwirthſchaftsgeſellſchaft Nachrichten, Bd. 1, S. 117 und 330, angezeigte ſeelaͤndiſche Sand haber, im geringſten nicht zu unſerm Rauchha— ber gehoͤre, ſondern eine ganz andere Pflanze ſey, ungeachtet Kruͤnitz und Honkeny die eben benannten Nachrich— ten dabei anfuͤhren. Ein Beweiß, wie ſehr unſere oͤkonomiſchen Pflanzen noch mit Dunkelheit umgeben ſind, und wie noͤthig es wäre, daß, wenig: ſtens ſchriftſtelleriſche, Landwirthe et: was Botanik verſtuͤnden, damit ihre Leſer doch wuͤßten, wovon in ihren Abhandlungen die Rede iſt, welches, beim Gebrauch bloßer Provinzialna⸗ men, zum oͤſtern, wenigſtens fuͤr Frem⸗ de, platterdings unmoͤglich iſt. 12. Die Pflicht eines Floriſten be: ſtehet fuͤrnemlich auch darin, daß er ſeinen Landsleuten den oͤkonomiſchen Nutzen wildwachſender, von ihnen bisher vernachlaͤßigter, Pflanzen be⸗ kant macht, und ihnen den Ort anzeigt, wo ſich dieſe in Menge finden, und woher ſie ſolche alſo am beſten bekom⸗ men koͤnnen. Unter ſolche Pflanzen gehoͤret beſonders auch der Lichen tar- tareus L., den man in Schweden, und beſonders in Weſtgothland, fleißig fammelt, und eine Farbe daraus be⸗ reitet, welche allda unter dem Namen Boͤttelet verkauft, und häufig zum rothfaͤrben gebraucht wird. Die Art und Weiſe Br Zubereitung lehrer. Oekonomiſche Beiträge, 1530 Linns in ſeiner Weſtgothiſchen Reife, S. 170, und Kalm in den Schwedi⸗ ſchen Abhandlungen, Bd. 7, S. 250, worauf ich, um Weitlaͤuftigkeit zu ver⸗ meiden, meine Leſer verweiſe. Im Hannoveriſchen waͤchſt dieſe Pflanze beſonders auf dem Harze und Deiſter, und hat ihre Stelle gewoͤhnlich auf großen Steinen, nicht ſelten aber auch an den Staͤmmen der Fichten, A chen und Eichen. 13. Die Oelander und Gothlön⸗ der gebrauchen die Steinflechte (Li- chen ſaxatilis L.), und faͤrben damit roth und purpur, zu welchem End: zweck ſie ſolche bloß mit Waſſer und etwas Lauge kochen. Und Ferber ſagt uns in ſeinen Beitraͤgen zur Mineral⸗ geſchichte verſchiedener Laͤnder, Bd. 1, S. 455, daß bei Leith, in England, eine Fabrik ſey⸗ darin aus dieſer Steinflechte ein ſchoͤnes Roth bereitet werde, und daß ſich bloß mit Samm⸗ lung derſelben, daſelbſt gegen zwei⸗ bundert Perſonen befchäftigen, Da diefe Pflanze bier fo gemein iſt, daß man fie an den mehrſten Bäumen und Steinen findet, ſo duͤnkt mich, daß es wohl der Arbeit werth waͤre, wenn unſere Faͤrber auch einige Verſuche damit anſtellen wuͤrden. Denjenigen, die nach England reiſen, um nicht bloß ſagen zu koͤnnen, dieſes Land geſehen zu haben, ſondern daſelbſt etwas zu lernen, und einmal iheem Vaterlande nuͤtzlich zu ſeyn, empfehle ich dieſe dei: ther Fabrike beſtens. Mehreres will ich hier nicht ſagen. — 14. Eines unſerer ſchoͤnſten Hoͤlzer Ddd dd 3 | ift 1531 iſt gewiß das vom Eibenbaum (Ta- xus baccata L.), und komt es in die Haͤnde eines Schreiners, der damit umzugehen weiß, fo kan daraus Ar; beit verfertiget werden, daran ſelbſt Fuͤrſten Wohlgefallen haben, und die ſogar das koſtbare Mahagoniholz über: trift, fo gut als die Wangen einer ſchoͤnen Pariſerin das Geſicht einer von der Sonne verbrannten Dorfdir⸗ ne. Nur gehoͤrt ein guter Hobel da⸗ zu, und ein wenig Handwerkerehemie. Es iſt nur ſchade, daß man dieſen Baum ſelten von ſolcher Groͤße und Alter antrift, daß er in den Schrei⸗ nerwerkſtaͤtten kan gebraucht werden. Indeſſen habe ich doch in dem Walde binter dem Schloſſe Pleſſe, Baͤume ge⸗ ſehen, deren Staͤmme beinahe Manns⸗ dicke waren, welches ich hier unſern Kuͤnſtlern zur Nachricht bekant mache, damit dieſes ſchoͤne Holz nicht etwa in unrechte Hände gerathe. 15. Die islandiſche Flechte (Li- chen islandicus L.) iſt das einzige uns bekante Mittel b), welches ſeinen Nuz⸗ zen in der Schwindſucht beſtaͤtigt hat. Es war dieſe Pflanze ehedem haͤufig auf dem Brocken zu finden, durch das öftere Abholen der umliegenden Arz; neihaͤndler in den letztern Jahren iſt ſie aber allda ziemlich ſelten geworden. Auf meinen Harzreiſen habe ich ſie be⸗ ſonders auf der Achtermannshoͤhe haͤu⸗ Ockononiſche Beiträge. ge allein noch viele Centner zu haben ſind. Bei den Hirſchhoͤrnern, auf dem Lerchenfelde und Bruchberge iſt ebenfalls noch eine ziemliche Menge von dieſer Flechte. Ein Harzer, der gern ſein Brod mit Pflanzen ſammeln verdienen will, konte bei dieſer anfan⸗ gen, und damit ſein Gluͤck verſuchen. Auswaͤrtige Apotheker wuͤrden ihm feine Arbeit reichlich bezahlen. Sechs⸗ zebn Mariengroſchen muß er aber nicht fuͤr das Pfund nehmen, denn dieſes iſt zu viel fuͤr eine Pflanze, die man nicht noͤthig hat lange zu trocknen, und wovon man in einem Tage einen hal⸗ ben Centner ſammeln kan. Man muß denken, daß der Patient oͤſters arm iſt, und über den hohen Preis der Arz⸗ neimittel zu ſeinem Schoͤpfer ſeufzet, ja nicht ſelten deswegen gar elend und ohne Huͤlfe dahin ſterben muß. 16. Auf meinen vorsäbrigen Reiſen fand ich, daß von Ballje bis Droch⸗ terſen, an der Elbe, fuͤrnemlich aber auf den in der Elbe gelegenen Hanno veriſchen Inſeln, das Wiſchhafner⸗ und Krautſand genannt, eine große Menge zahme Angelica oder Engek wurz (Angelica ſativa Office) wachſe, und dieſes in ſolcher Rieſengroͤße, daß man fie bald für Ange icam atropur- puream L.) halten ſolte. Einige Stengel waren 8 bis 9 Fuß boch, AN und b) Leider! denn viele Aerzte, im Vorbeigehen geſagt, befünumern ſich wenig um die Entdeckung wuͤrkſamer Arzneimittel, fondern machen es wie die Poſtillen⸗ reuter, behelfen ſich mit den Recepten ihrer Vorfahren, geſetzt, daß ſolche auch wieder alle Grunde der Chemie und gefunden Vernunft ſireiten. Deiſpiele fin⸗ det man in Baldingers Magazin für Aerzte. 8 5 fig gefunden, fo, daß auf dieſem Ber⸗ | 3 \ E und eines Menſchenarmes dick. Da dieſes nun eine Pflanze iſt, die in Deutſchland eben nicht an vielen Or⸗ ten wild waͤchſet, und doc) täglich in der Mediein, beſonders in der Vieh: arzneikunſt, haͤufig gebraucht wird, ſo koͤnte einer, der in dieſer Gegend wohnet, und dem es an anderer Ber ſchaͤftigung fehlet, durch Colligirung der Wurzel dieſes Gewaͤchfes fein Brod reichlich verdienen. Die Apo—⸗ theker und Materialiſten wuͤrden ihm ſeine Waare gerne abnehmen, und gut bezahlen, beſonders wenn ſie im Fruͤhling, ehe die Pflanze in Blätter und Stengel ſchießt, gegraben, und geſchwinde getrocknet worden, und al⸗ fo nicht den Fehler vieler anderen ge: trockneten Wurzeln haͤtte, die man ge⸗ wohnlich mit der Baſis des Stengels verkauft, woran den leicht zu ſehen iſt, daß ſolche eben zu der Zeit gegras ben worden, wo ſie am aller unkraͤf⸗ tigſten waren. 17. Unter den Kleearten, welche in kuͤnſtlichen Wieſen angepflanzt zu werden verdienen, gehoͤret, meines Beduͤnkens, auch das Trifolium fle- xuoſum Jacquin. auſtr. v. 4, n. 386, t. 45, das in Deutſchland, Schwe— den, und vielleicht an mehrern Orten, haͤufig wild waͤchſet. Ich habe es oͤfters an ganz unfruchtbaren Stellen angetroffen, wo es demungeacht, zu meiner Verwunderung, friſch war, und eine anſehnliche Höhe erreichte. Ich vermuthe deswegen, daß es gerne mit einem geringern Boden zufrieden ſeyn wuͤrde, als ſeine Anverwandtin, der gemeine Wieſenkler (Trifolium . 1534 pratenfe L.) verlangt. Ich empfehle dieſe Pflanze unſern Landwirthen zu Verſuchen, denn dieſe allein koͤnnen und muͤſſen es entſcheiden, ob es der Muͤhe lohnet, daß ſolche im Großen angebauet werde. 18. Nach Verfließung der gewoͤhn⸗ lichen Zeit, worin Eyer ausgebruͤtet werden, bleiben zuweilen unter der Henne noch einige uneroͤfnet liegen. Man iſt ſodann nicht felten ungewiß, ob in dieſen Eyern ſich auch wuͤrklich lebendige Kuͤchlein befinden, oder ob ſolche faul ſind, und alſo das Bruͤten der Henne aufzuheben ſey. Das beſte Mittel dieſes, ohne Schaden der darin befindlichen Kuͤchlein, zu erfahren, iſt, wenn man ein ſolches Ey in maͤßig warmes Waſſer legt, und zuſiehet, ob ſelbiges ſich bewege, da denn, wann dieſes geſchiehet, man gewiß ſeyn kan, daß ein lebendiges Kuͤchlein darin iſt. 19. In einigen Orten des Hildes⸗ beimifchen iſt es gebräuchlich, daß der Vater einer jeden ſeiner Toͤchtern eine gewiſſe Menge Lein anſaͤet, und zwar ſchon von dem vierten oder fuͤnf⸗ ten Jahre ihres Alters an. Da mir dieſe Gewohnheit nachahmungswuͤr⸗ dig ſcheinet, ſo wuͤnſche ich, daß ein dortiger Oekonom uns in dieſem Ma; gazine eine Nachricht von der Be— ſchaffenheit, dem Urſprung und Nuz— zen dieſes Gebrauches mittheilte, die vermuthlich auch andern nicht unan⸗ genehm ſeyn wuͤrde. 20. Dieſen Herbſt ſahe ich in un⸗ ſerer Nachbarſchaft viele bis an den Gipfel aufgeſchneitelte Fichten, die, wie ganz naturlich, durch dieſe Zer⸗ ſtuͤm⸗ 1535 AO ſtuͤmmelung, fo gut als ein Menſch dem man Arme und Fuͤße abhauet, zu Grunde gegangen und duͤrre waren, Ich verwunderte mich zum Hoͤchſten daruͤber, daß in einer Gegend, wo Forſtwiſſenſchaft blühen ſoll, ſolche Mißbraͤuche gelitten werden. Am unbegreiflichſten aber kam es mir vor, daß ſolche Fichten, nicht ſo gleich als ſie abgeſtorben waren, abgehauen und fortgeſchaft wurden, ſondern erſt Jahre Kuͤnftig ein Mehreres, wenn's ſchmeckt. Serrenhauſen. Oekonomiſche Beiträge... lang ihre Dienſte bei der Ausbruͤtung und Vermehrung vieler tauſend In⸗ ſekten thun mußten. Mich duͤnkt, daß wir doch Exempel genug vor uns haben, die beweiſen, wie durch Nach⸗ laͤßigkeit große Waldungen in Ge fahr der Zerſtoͤhrung gerathen. Principiis obſta; ſero Medicina pa- x ratur, ’ Cum mala per longas invaluere moras. Oi. Ankuͤndigung. A Kurz, ſie faßte den Entſchluß, dieſe Gedichte Vieh hat ſich noch kein Dichter O aus edlerer Abſicht zur Heraus: gabe feiner Gevichte entſchloſſen, als die liebenswuͤrdige Verfaſſerin der hier anzukuͤndigenden Gedichte: Gedichte von H. E. Chriſtiane vom Hagen. Die Sammlung wird aus Liedern, Romanzen, Erzaͤhlungen, Gelegen— heitsſtücken, und andern kleinen GGedich— ten beſtehn, die ihr ſeit einigen Jah⸗ ren unter der Hand entſtanden ſind; da⸗ von einige in unſern Muſenalmana⸗ chen und andern periodiſchen Schrif— ten, mit und ohne Namen der Verfaſ— ſerin, vorkommen, der groͤßte Theil aber neu und noch niemals gedruckt iſt. Aber ohne weitern Umſchweif zur Haupt⸗ ſache. Schon zu wiederholten malen fo⸗ derten Freunde ihrer Muſe die Dichterin auf, ihre Gedichte zu ſammeln und heraus⸗ zugeben. Aber immer hatte fie keine Nei⸗ gung dazu; bis ſie endlich auf die Ent⸗ deckung gerieth, daß ihr Talent ihr ein Mittel zu hoͤhern Abſichten werden koͤnte. — zu nichts geringern, als einer immerwaͤh⸗ renden Quelle der Aufmunterung zu Fleiß und Tugend an ihrem Geburtort zu ma⸗ chen, und von dem, was ihre Herausgabe einbringen wird, ein Rofenfeft zu ſtiften. Die Roſenfeſte find zu bekant, als daß wir eine weitere Erklaͤrung davon zu geben bedurften. Was aber das Rofenfeft zu Stöckey (in der Grafſchaft Hohnſtein, am Harz) eigenthuͤmliches haben wird, und ſeine ganze Einrichtung, wird die Dichte⸗ rin ſelbſt in der Folge beſchreiben. Proben von ihren Gedichten zu geben, waͤre wohl überflüßig, da Freunde der Lit⸗ teratur die Manier ihrer Muſe kennen; und jeder Andre um der edlen Abſicht wil⸗ len mit Freuden an ihrer Unternehmung Theil nehmen wird, niemand aber gewiß mehr, als der Adel und das ſchoͤne Geſchlecht. Die Sammlung wird über 1 Alphabeth betragen, und auf das beſte hollaͤndiſche Schreibpapier gedruckt ſeyn. Die Voraus⸗ bezahlung ift ı Thaler, ſteht bis Oſtern 1784 offen, und Michaelis darauf erſcheint das Buch. So uͤberflͤͤßig und laͤcherlich die Praͤnumerantenliſten vor manchen Buͤchern ſind: ſo angenehm, hoffe ich, wird es hier ſeyn, fi in großer und guter Geſellſchaft beiſammen zu finden! . Halberſtadt. Kiſcher, Rektor. 1536 * * ER | 1537 1533 Hannoberiſches Magazin. 9ytes Stuͤck. Freitag, den Sten December 1783. Auszug aus Goͤze's Naturgeſchichte der Eingeweidewuͤrmer. in bisher noch ziemlich unbe⸗ kantes und doch uͤberaus weit⸗ laͤuftiges Gebiet der Schoͤp⸗ fung, — wer wolte das nicht gern kennen lernen! Das Buch, darin uns eine naͤhere Einſicht in dieſe Wunder Gottes geoͤfnet worden, iſt dasjenige, woraus ich bier einen Auszug liefe⸗ re a). Eine der merkwuͤrdigſten Er⸗ ſcheinungen dieſes, an naturhiſtori⸗ ſchen Entdeckungen ſo reichen Jahr⸗ hunderts. Zwar hatten ſchon vor ihin Linné, Pallas, und andere Gelebrte und mit ihm zugleich O. F. Müller, Wagler, Bloch, — verſchiedene wichtige Beobachtungen darüber an⸗ geſtellt und bekant gemacht. Aber ihre Bemerkungen find entweder nur zerz ſtreute, oder auch ſehr concentrirte Nach⸗ richten. Ausfuhr licher, weit genauer und zugleich mit vielen neuen Entdek⸗ kungen oder Berichtigungen des ſchon Bekanten bereicherter find die Beob⸗ Aeta gen des Quedlinburgiſchen Na⸗ turforſchers, eines Mannes, der ſich ſchon ſo viel Achtung und Beifall bei allen Kennern der Naturhiſtorie er worben hat. Billig ſolte ſeine Schrift ganz geleſen werden, zumal da ſie ſo faßlich geſchrieben, und mit den fuͤr⸗ treflichſten Abbildungen ver ſehen iſt. Um aber dennoch die Kenntniß dieſer ſonderbaren Klaſſe des Thierreichs weiter auszubreiten, als wahrſchein⸗ lich durch eigene Leſung geſchehen wird; eine Kenntniß, die in der Folge un⸗ fehlbar zur beſſern Erhaltung menſch⸗ licher und thieriſcher Körper ſehr dien⸗ lich werden kan, habe ich mich zu die⸗ ſer Arbeit enefchlefi en. Was Coo in der Erdkunde, das bat Goͤze in der Thierkunde geleiſtet. Jener mit vieler Gefahr und Mühe; dieſer mit ſiebenjaͤhrigen, ebenfalls boͤch chſt muͤh⸗ ſamen Unterſuchungen: Jener mit dem Compaß; dieſer mit dem Mi⸗ kroſkop in der Hand: Jener in der großen, dieſer in einer faſt unſichtba⸗ Eeeee ren a) Bauch einer Naturgeſchichte 5 nase derben thieriſcher Körner von Joh. Aug. Ephraim Böse, Paſtor an der Kirche St. Blaſſi zu Quedlinburg ꝛc. mit Kupfertafeln, Blankenburg 1782. 4. den N * 4710 1539 ren Welt, die es dennoch nicht weni: ger verdient, gekant und bewundert zu werden. Die Geſellſchaft der Wiſſen⸗ ſchaften zu Kopenhagen batte im Jahr 1780 die Preisfrage aufgege⸗ ben: „Ob der Saame der Inteſti⸗ „nalwuͤrmer, als der Bandwuͤrmer, „Draibwuͤrmer, Spulwuͤrmer, ie, den „Thieren angeboren ſey; oder erſt „von außen bineingefommen 2, Zwo daruͤber eingeſchickte Abhand⸗ lungen wurden den 2ten März 1781 gekroͤnt. Die eine des Herrn Doctor Bloch's in Berlin, der die goldene, und die andere des Herrn Paſtor Goͤze in Quedlinburg, der das Acceſ— ſit und die ſilberne Medaille zuerkant wurde. Herr D. Bloch ließ ſeine Preisſchrift auf wenigen Bogen druß; ken und mit erlaͤuternden Kupferſti— chen herausgeben. Herr Paſtor Goͤze aber ſetzte ſeine Unterſuchungen weiter fort, und lieferte auf 24 Alphabeten und 44 fuͤrtreflichen Kupfertafeln eine weit ausfuͤhrlichere Beſchreibung die⸗ ſer bisher nur zum Theil, nur oben⸗ Ge gekanten zahlreichen Einwohner thieriſcher Körner, Beide, Herr Goͤze und Bloch bejahen die von der kopenhagner Akademie aufgegebe⸗ ne Preisfrage. Der Saame dieſer Wuͤrmer kan nicht von außen hinein⸗ kommen, ſondern iſt den thieriſchen Körpern angeboren. Freilich wird die⸗ ſes Syſtem manchem auffallend ſeyn. Indeſſen, wie vieles iſt in der Natur unglaublich und doch wahr, zumal, wenn wir uns mit unſern Gedanken Auszug aus Goͤze's Naturgeſchichte 1540 ins unendlich Kleine wagen. Beide Naturforſcher beweiſen ihren Satz aus Gruͤnden, denen nicht leicht jemand feinen Beifall verſagen kan. Ich wer⸗ de mich aber hier fuͤrnemlich auf das⸗ jenige einlaſſen, was der ſcharfſinnige Paſtor Goͤze davon ſagt. Er zerglie⸗ dert ſeinen Beweiß und thut erſtlich dar, daß der Saame der Inteſtinal⸗ oder Eingeweidewuͤrmer nie von auf ſen in thieriſche Koͤrper gekommen ſey, oder kommen koͤnne, weder durch die tuft, noch durch die Erde, noch durch das Waſſer. Es iſt wahr, man fin⸗ det in dieſen Elementen, ſonderlich in dem letzten, einige Würmer, die viel Aehnlichkeit mit den in thieriſchen Koͤrpern haben. Aber, da ſie auch wie⸗ der weſentlich von denſelben unterſchie⸗ den ſind; da jene nicht in thieriſchen Koͤrpern, und dieſe nicht in den Ele⸗ menten der erſtern fortkommen koͤn⸗ nen: ſo muͤſſen die Eingeweidewuͤrmer eine ganz andere Art ſeyn, die den thieriſchen Koͤrpern eigen ift, wenn auch Linne, Unzer, vom Doͤvern, und noch andere, Bandwuͤrmer in Brunnen uud andern Gewaͤſſern ge funden zu haben, fich eingebildet. Hier widerlegt der Herr Verfaſſer ſonder⸗ lich die neuere ſehr ſcheinbare Erfaß⸗ rung des Herrn Hofrath Beireis, welcher dergleichen, und zwar Spul⸗ wuͤrmer, in verſchiedenen Brunnen will wahrgenommen haben, und dann noch die Meinung, daß, wo nicht an⸗ dere, doch wohl die Fiſchtaͤnien, durch bäufigen Genuß der Fiſchſpeiſen, in menſchliche oder andere Koͤrper kom⸗ men 1541 \ men koͤnten. Und da fogar Pallas dafuͤr gehalten, daß wenigſtens die Eyer der Eingeweidewuͤrmer, wenn fie zuvor auf irgend eine Art aus den thieriſchen Körpern gekommen waͤren, von außen wieder in andere derglei— chen Koͤrper uͤbergehen koͤnten, ſo fuhrt er auch hier die Gegengruͤnde an, die dieſe Meinung entkraͤften, mit einer Beſcheidenheit, die ihm Ehre macht. ec dieſem gefuͤhrten Beweiſe komt die zwote Hauptfrage: ob der Saame der eigentlichen Eingewei⸗ dewuͤrmer den thieriſchen Körpern an⸗ geboren, ob dieſe Koͤrper allein von der Natur zu ihrer Entwickelung, Nahrung und Fortpflanzung beſtimmt ſeyn? Nach vorangeſchickter Wider⸗ legung einiger, mehr ſpitzfindiger, als erheblicher Einwendungen, warum doch Gott dem Menſchen ſo viel quaͤ— lendes Ungeziefer anerſchaffen, was dieſe Wuͤrmer fuͤr Nutzen haben, und warum nicht in allen Individuis der⸗ gleichen angetroffen wuͤrden? - führt er zur Beſtaͤtigung dieſer Hauptfkage fol⸗ gende 6Gruͤnde an: erſtlich weil unter dieſen Eingeweidewüͤrmern die ſchoͤn⸗ ſte Ordnung, regelmaͤßige Geſetze und Abſichten gefunden werden. Schwerlich kan es alſo bloß Zufall ſeyn, daß hie und da dergleichen Thier⸗ chen in einem menſchlichen oder andern Koͤrper exiſtiren. Es iſt vielmehr eine neue Klaſſe animaliſcher Kreaturen, die mit den aͤhnlichen Geſchoͤpfen auſ⸗ fer ihnen, in keiner näbern, als einer allgemeinen Verbindung ſteht. Hier 2 der Eingeweidewuͤrmer. 1542 macht der Verfaſſer ein vollſtaͤndiges Verzeichniß dieſer zahlreichen, gröfe ſern und kleinern Wurmarten, und man muß erſtaunen, nicht allein uͤber ihre Menge, ſondern auch uͤber den ordnungsmaͤßigen Uebergang des ei— nen zu dem andern; über die Stufens leiter, die auch unter dieſer Gattung der Werke Gottes bemerkt wird. Es ſind eilf Geſchlechter, bei deren jed⸗ wedem wieder 4, 5 und noch weit meh⸗ rere Untergattungen, in Thieren, Bör geln, Fiſchen, Amphibien und Inſek— ten vorkommen. Von Bandwuͤrmern find allein 38 Arten angeführt, die wieder manche Spielarten unter ſich begreifen. Der zweite Beweis-ift der, weil die Verſchiedenheit dieſer Wuͤrmer ſich nach der Verſchiedenheit der Ordnungen, Geſchlechter und Gat⸗ tungen der Thiere richtet. Anders ſind die Bandwuͤrmer im Menſchen; anders in Voͤgeln; anders in Fiſchen und Amphibien beſchaffen. Deutli⸗ ches Zeugniß, daß ſie nicht bloß der Zufall in dieſe oder jene Koͤrper ge— worfen, ſondern daß es Ordnung der Natur ſey. Den dritten Beweis nimt er her aus der innern Oekono—⸗ mie der Eingeweidewuͤrmer in den in⸗ nerſten Organen thieriſcher Koͤrper, die bloß fuͤr dieſe Organe eingerichtet iſt. Ich moͤgte wohl wiſſen, heißt es S. 50. wie und wo dieſelben, fonder: lich die Blaſeuwuͤrmer, außer den thieriſchen Koͤrpern, an irgend einem Orte der Welt, ihre Oekonomie anles gen und leben koͤnten? — und ſchließt alſo mit Recht, daß fie thieriſchen Koͤr⸗ Eee ee 2 pern 1543 pern eigenthüͤmlich zugehoͤren, daß fie ſchlechterdings nicht außer denſelben fortdauern koͤnnen, folglich auch ihnen angeboren ſind. — Die Natur die⸗ fer Geſchoͤpfe, ihr Koͤrperbau, ihre Gliedmaßen und Organe ſind vier⸗ tens ſo eingerichtet, daß ſte nirgends anders, als in thieriſchen Koͤrpern le⸗ ben koͤnnen, ſondern außer denſelben nothwendig umkommen muͤſſen. Hier führe der Verfaſſer von vielen Arten ſehr merkwuͤrdige Eigenfchaften und Strukturen an, die ſeinem Beweiſe zum Belege dienen, die aber in dem Buche ſelbſt müffen nachgeleſen wer⸗ den. dem völligen Mangel der Augen her⸗ genommen, die fie auch in einem ſo finftern Aufenthalte nicht noͤthig ba: ben, der folglich einen unlaͤugbaren Grund abgiebt, daß ſie bloß fuͤr einen ſolchen Aufenthalt geſchaffen ſind, und endlich ſechſtens beruft er ſich noch auf Erfahrungen, daß man ſchon in Embryonen, in neugebornen Thieren, in ſaugenden Laͤmmern, u. d. gl. ſol⸗ che Eingeweidewuͤrmer angetroffen, da⸗ hin ſie doch unmoͤglich von außen haͤt⸗ sen kommen koͤnnen. Indeſſen fehlt es freilich nicht an Einwendungen gegen eine in der That ſo neue Meinung. Warum iſt es denn Krankheit bei den Menſchen und Hausthieren, wenn es gleichwohl Schoͤpfungsordnung iſt? — Hierauf wird geantwortet: Bei Thieren, die noch in ihrem natuͤrlichen Zuſtande le⸗ ben, iſt es keine Krankheit. In zwo Waldſchneppen, die uͤberaus fett und Auszug aus Goͤze's Natürgeſchichte geſund waren, fand Paſtor Goͤze üben Der fuͤnfte Beweis iſt von 400 Bandwuͤrmer. Auch wurde es bei den Menſchen und Hausthieren, * u a)! * 2544 Tg die wir durch häufige Abaͤnderungen in ihrer natürlichen kebensordnung ge⸗ ſtohrt haben, keine Krankheit ſeyn, wenn fie nicht eine verunſtaltete Diät liebten. Viele Menſchen haben viel⸗ leicht Bandwuͤrmer, ohne es zu wiſ⸗ ſen, oder uͤble Empfindungen davon zu haben. Wenn ſie ſich zur unnatuͤr⸗ lichen Groͤße und Menge vermehren, dann erſt wird es Krankheit. Selbſt in den innern Theilen, wo ſie ſich auf⸗ halten, bemerkt man keine Geſchwuͤre, oder andere Verletzungen, und was dergleichen Gruͤnde mehr ſind, die die⸗ ſen Einwendungen ihr Gewicht beneh⸗ men koͤnnen. Doch wir kommen auf die Natur⸗ geſchichte dieſer Eingeweidewuͤr⸗ mer ſelbſt, als den groͤßten Theil des Werks. Die Geſchlechter, in wel⸗ che er fie eintheilt, find folgende eilfe: 1) Der Rundwurm; Afcaris. 2) Der Haarkopf; Trichocephalus, fenft Trichuris, Haarſchwanz. 3) Der Zwirn, eder Drathwurm; Gordius. 4) Der Bappenwurm: Cucullanus. wurm; Strongylus. 6) Der Ba⸗ ſtardkratzer; Pfeudo echinoryn- ehus. 7) Der Kratzer; Echinoryn- chus. 8) Der Plattwurm; Planar ĩa. 9) Der Bindwurm; Faſciola. 10) Der Bandwurm; Tania, und 11) das infuſoriſche Chaos. Das er ſte Geſchlecht iſt alſo der Rundwurm; Aſcaris. Mir deucht, die eoneentrir⸗ ten — 5) Der Palliſaden⸗ — * ten charafteriftifchen Bechern des Paſtor Goͤze ſind uͤberaus faßlich und vollſtaͤndig. Linné hat das Ver⸗ dienſt/ i in dem ihm eignen Latein, mit wenigen, oft neu gemachten Worten, viel zu ſagen, und nicht leicht einen Hauptumſtand auszulaſſen. Es ſcheint aber, als wenn die deutſche Sprache nicht weniger zu dem nemlichen Zweck geſchickt ſey. Ich will zur Probe die Goͤziſche Beſchreibung des Rund⸗ wurms S. 62. berſetzen: Ein elaſti⸗ fiber, rundlichter Wurm, wie eine Nadel, Saite oder Seder— kiel, an beiden Enden duͤnne zu⸗ laufend: am Bopfende drei Knoͤt⸗ gen; am Schwanzende entwe⸗ der ſtumpf abgerundet, oder Pfriemenfoͤrmig zugeſpitzt. Er macht wieder 3 Hauptklaſſen dieſes Ge⸗ ſchlechts: den großen Rundwurm, Aſc. Gigas; den mitleren, ale. teres und den kleinern, Aſc. minutior. Die verhaͤltnißmaͤßige Größe moͤgte fonft wohl eben kein hinlaͤngliches Unter⸗ ſcheidungszeichen ſeyn; aber hier fin⸗ den ſich auch weſentlichere Abweichun⸗ gen, wo nicht in den Koͤrpern ſelbſt, doch in ihrer ganzen Oekonomie und Lebensart. Die erſte gigantiſche Wurmart befindet ſich fuͤrnemlich in Pferden. In Schafen, Ziegen, Och ſen und Kuͤhen hat der Verfaſſer noch nie Aſcariden entdeckt. dieſer Gat⸗ tung gehoͤren auch die Spulwür⸗ mer bei Menſchen, uͤber welche ſchon fo viel geſchrieben worden, deren Eyer, in ungeheurer Menge, nach Klein 10,000 an der Zahl von einem Wur⸗ der Eingeweidewuͤrmer. 1546 me, durch das Zerplatzen der Mutter verſchüttet worden. Der mittlere Rundwurm findet fich in allen Ord⸗ nungen und Klaffen der Thiere. Es iſt merkwuͤrdig, daß man ihn ſelbſt in dem Magen der Raubvogel angetrof⸗ fen, die doch fo ſtarke Muskeln has ben. Ihre runde Struktur und ela⸗ ſtiſche Kraft widerſteht allen Verlez⸗ zungen. Vom Gordius ſind fie fürs nemlich durch drei Knoͤtgen oder Klap⸗ pen am Kopfe verſchieden, und das ei⸗ genthuͤmliche dieſer Art beſteht darin, daß ſie das Kopfende ſtets als einen krummen Haken gebogen halten. Ei⸗ nige derſelben haben Backenbaͤrte, und ſie leben gern in Geſellſchaft anderer Wuͤrmer, doch ohne Vermiſchung. In einer Katze fand Goͤze 60 ſolcher Aſcariden und 250 Kettenbandwuͤr⸗ mer. Sieben nicht unerhebliche An⸗ merkungen machen den Beſchluß die⸗ fer Nachricht von Mittel⸗NRundwuͤr⸗ mern. Zu den kleinern Aſcariden, als der dritten Klaſſe, die ebenfalls in allen Thiergattungen gefunden werden, rechnet unſer Naturforſcher wieder 3 Arten; vier, die dem Auge ſchon ſicht⸗ bar, und eine, die mikroſkopiſch iſt, als den Nadelwurm, Fadenrund⸗ wurm, Pfriemenſchwanz, Haar⸗ rundwurm und das mikroſkopi⸗ ſche Rundwuͤrmchen. Ich will die merkwuͤrdigſten Beobachtungen dar⸗ uͤber herſetzen. Unter dieſen kleinern Aſcariden giebt es lebendig gebährende, Camper hat ſte bei Millionen in Kaͤl⸗ bern gefunden. In den Lungen einer Waſſerkroͤte traf Goͤze in einem lobo Eee ſee 3 a0 — 1547 20 Fadenrundwuͤrmer, und in jedwe⸗ dem wenigſtens 700 lebendige Junge an, mehr als einmal und von mehr als einem Auge gezaͤhlt, alſo 14,000; folglich in beiden Lungenfluͤgeln, an Alten und Jungen 28,040 Wuͤr⸗ mer b). Welch Wunder der Natur! Die Pfriemenſchwaͤnze gebaͤhren eben falls lebendige Junge. In einem der⸗ gleichen hat der Verfaſſer unter dem Compoſito vermittelſt des Preßſchie⸗ bers 300 entdeckt. Zu dieſen Pfrie⸗ menſchwaͤnzen gehören auch die Afca- rides vermiculares in Menſchen, oder die Springwuͤrmer, weil ſie bei Annaͤberung eines Lichts, von dem Finger oder Inſtrumente bei 3 Dau⸗ menbreit wegſpringen. Van Phel⸗ ſum ift bis jetzt der klaſſiſche Schrift: ſteller von dieſem Wurmgeſchlecht, def: ſen Schriſt D. Weiſe in Altenburg 1781 und 1782 uͤberſetzt in 2 Theilen berausgegeben, dem aber Paſtor Bose manche Irrthuͤmer und mangelhafte Kenntniſſe beweiſet. Haarrundwuͤr⸗ mer hat der Verfaſſer bloß in den Gedaͤrmen eines Dachſes gefunden; das mikroſkopiſche Rundwuͤrmchen bingegen beherberget der Erdregen⸗ wurm unter ſeiner Haut und in ſeinen innern Feuchtigkeiten, wie der Herr von Gleichen entdeckt, der Paſtor Goͤze aber ebenfalls beobachtet hat. Alſo Wuͤrmer in Wuͤrmern. Und ſo viel von dem erſten Geſchlecht, den Rundwuͤrmern. Das zweite Geſchlecht begreift Y Es iſt wobl ein Drucfehfer, wenn in dem Buche fiebt: 136% Auszug aus Gdzes Naturgeſchichte 1648 den Haarkopf, die Teichurnde, nf as auch Haarſchwanz genannt. Hinterende iſt dick und keulenfoͤrmig, und bei dem Männchen ſpiralfoͤrmig gewunden. Das Kopf und Vorder⸗ ende, wie ein feines Haar. Wagler und Röderer haben dergleichen im menſchlichen Koͤrper zuerſt entdeckt. Sie hielten das duͤnne Ende fuͤr den Schwanz, daher nannten ſie dieſe Art Saarſchwanz. Genauere Unterſu⸗ chungen aber haben gelehrt, daß es das Kopfende ſey, deswegen man die⸗ ſen Wurm lieber Saarkopf nennen ſolte. Dies Geſchlecht iſt ſelten. Den⸗ noch theilt fie Böse in zwei beſondere Gattungen: einmal mit einfachem unbewaffneten Kopfende; zweitens mit gekraͤnztem Kopfe. Die erſten fins den ſich fuͤrnemlich im Blinddarm der Menſchen. Man hat ſie aber auch in einem Pferde, in einem wilden Schwei⸗ ne, und unſer Verfaſſer in den Ge⸗ daͤrmen einer Maus, als eine große Seltenheit gefunden, und an denfelben fuͤrnemlich deutlich wahrgenommen, daß an der duͤnnen Hälfte das Kopf: ende ſey. Von denen mit gekraͤnztem Kopfe, iſt nur erſt ein einziger, und zwar von Pallas, in den Gedaͤrmen einer ohnfuͤßigen Eidechſe, entdeckt worden. e, Das dritte Geſchlecht enthalt die Gordien, Zwirn, Drath oder Sadenwuͤrmer. Man ver wech ſelt dieſelben gemeiniglich mit den Gor⸗ dien, die außer thieriſchen Körpern. baͤu⸗ 1549 häufig vorkommen. Unſer Verfaſſer aber haͤlt dafur, daß beide wuͤrklich vers ſchieden ſind. In Saͤugthieren hat er keine gefunden; wohl aber in Voͤ⸗ geln, als in einer leipziger Lerche — in Fiſchen und in verfchiedenen Inſek⸗ ten. Merkwuͤrdig iſt, daß er in einer gemeinen Birnmade, die nur einen halben Zoll lang war, einen fünf- zoͤlligen Gordius angetroffen, der ſich unten herausbohrte. | Zum vierten Geſchlecht gehört der Rappenwurm, Cucullanus. Sie find nicht viel von den Aſeariden un: terſchieden, nur daß ſie vorn am Kopfe eine geftreifte Kappe haben. Sie ge— baͤhren lebendige Junge. Unſer Beob— achter hat die weiblichen Geburtsglie— der deutlich geſehen. Er hat ſie ge⸗ funden in einem Maulwurf, ferner in einem Aale, wo er in einem einzigen mehr als 1000 Junge wahrnahm. Keine Vergroͤßerung der Sache, ſetzt er hinzu, wer es nicht glauben will, der mache es nach, ferner in einem Sandart, (Lucioperca) und ver: ſchiedenen andern Fiſchen. Hieher rechnet der Verfaſſer noch einen an- dern Wurm, aus dem Magen eines Welſes, ein Mittelding zwiſchen den Aſcariden und Kappenwuͤrmern, der⸗ gleichen außer ihm noch niemand wahrgenommen.“ Ehe unſer Schriftſteller zu dem zahlreichen Geſchlecht der Kratzer über: geht, ſchiebt er noch das fünfte Ge⸗ ſchlecht den Palliſadenwurm, Strongylus, den der Conferenzrath Muͤller entdeckt, und zwar ſchon ab⸗ der Eingeweidewuͤrmer. 1550 gebildet, aber noch nicht beſchrieben bat, und dann das ſechſte Geſchlecht, den Baſtartkratzer ein, den der Herr Graf von Borke in dem Ma gen einer maͤnnlichen Maus wahrge— nommen, und der auch hier abgebildet iſt. Ibm fehlt der eigentliche Cha⸗ rakter des Kratzers, nemlich der Sta; chelruͤſſel, und er macht alſo ein beſon— deres Genus aus. Was aber das ſiebende eſchlecht, den Kratzer, Echinorynchus betrift; fo iſt der Körper deſſelben cylindriſch, ſteif und rund, etwa wie ein zarter Rabenkiel, und hat das charakteriſti⸗ ſche, vorn einen walzenfoͤrmigen rund herum mit Widerhaken beſetzten Ruͤſ⸗ ſel, den er lebhaft aus und einziehen kan, wodurch er ſich fuͤrnemlich we⸗ ſentlich von den Bandwuͤrmern un: terſcheidet. Er findet ſich unter den Saͤugthieren bis jetzt nur im Schwein; haͤufiger in Fiſchen, Voͤgeln und Am⸗ phibien, ſonderlich in Fröfchen. Pa⸗ ſtor Goͤze macht davon zwo Klaſſen, 1) mit einfach bewaffnetem Ruͤſſel, 2) mit vierfachem Waffenruͤſſel. Zu der erſten Klaſſe gehort der Rieſen⸗ kratzer, Echinorynchus Gigas, den Pallas nur einmal in einem Schwei⸗ ne, unſer Verfaſſer aber nachmals haͤufiger in eben der Thierart ange: troffen, nur mit dem Unterſchiede, daß ihn der erſte zu den Bandwuͤrmern rechnet. Die größten find faſt 3 Elle lang In einem Buntſpechte hat er derfelben wohl 50, aber viel kleiner, gefunden, und an den Haken das ber ſondere bemerkt, daß fie wieder fägen: förmig Wir foͤrmig gezaͤhnelt ſind. Ferner im Reiher, in der Nachtenle, Bußhart / Kybitz, und dann in verſchiedenen Fi⸗ ſchen, wobei der Verfaſſer allerhand artige Bemerkungen macht. Unter den Amphibien trift man ihn haupt⸗ ſaͤchlich in den Froͤſchen an. Aber in den Waſſerkroͤten iſt er ihm nur ein einzig mal vorgekommen. Da die Froͤſche immer lebendig zu haben ſind, kan man bei ihnen die Kratzer am be⸗ ſten lebendig beobachten. Sonderbar iſt die Bewegung, die dieſer Wurm, nach der Beſchreibung des Verfaſſers mit ſeinem Ruͤſſel macht, und eben ſo ſonderbar, was er von einem, der ſich durch den Darm durchgebohrt hatte, anfuͤhrt. Naͤchſt dem Rieſenkratzer gehört dahin der Langhals, in Fi⸗ ſchen und Voͤgeln, und der Iwi⸗ ſchenhals, eine neue Art, deren Ent⸗ deckung ſich der Verfaſſer allein zueig⸗ nen kan, den er in wilden Enten gefun⸗ den, der etwa nur 3 Linien lang, am Ruͤſſel und auf der Bruſt zugleich mit Haken beſetzt iſt, zwiſchen beiden aber einen glatten Hals hat. Die zwote 7 Klaſſe beſteht aus denen mit vierfach bewaffnetem Ruͤſſel, oder mit 4Hoͤr⸗ nern, die wohl mit etlichen bundert Auszug aus Göze's Naturgeſchichte sc. 4152 Haͤkgen beſetzt ſind, und theils in ei⸗ ner Lachsleber, theils in dem Fleiſche des Lachſes ſelbſt gefunden worden. Das achte Geſchlecht macht die Plattwuͤrmer aus, Planaria. Er führt davon drei Gattungen an, 1) den breiten Plattwurm. Dahin gehoͤren theils die Leberegeln, (wel⸗ che doch mit den Waſſeregeln nicht muͤſſen verwechſelt werden,) die ei⸗ gentlichen Faſciolæ hepaticæ L. Dieſe haben zwo Saugmuͤndungen, eine vorn oder den eigentlichen Mund, die andere in der Mitte, oder das weibli⸗ che Geburtsglied. Sie find Herma⸗ phroditen, wie die Schnecken, und leben nirgends, ſo viel noch bekant iſt, als in den Lebern einiger Saͤug⸗ thiere; theils, in noch einigen an⸗ deren, als einer Fledermaus, Hecht und Huͤhnerweihe. 2) Den wal⸗ zenfoͤrmigen Plattwurm, Pla- naria teres. (Solte das nicht faſt ein Widerſpruch ſeyn?) und zwar bald mit einfacher Muͤndung, die aber ſelten ſind, bald mit doppelter Muͤndung, wobei er noch dreier zwei⸗ felhaften Plattwuͤrmer gedenkt, und 3) den keulenfoͤrmigen Plattwurm aus den Froͤſchen. 7 Die Fortſetzung folgt kuͤnftig. e e TEL 14515 ie: ’ r i 197 sel: 5 . N 74 “ — . S ER e dannoberiſches Magazin. 1554 Montag, den gen December 1783. Wurm in ſich, Fafciola, den lebergang zu den Bandwuͤrmern. nſer Schriftſteller kennet nur vier Arten derſelben: Den Nelkenwurm, den Stiefel: Bind: und Riemenwurm. Der Nelkenwurm hat oben am Kopfende viele gekraͤuſelte Blaͤtter, wie an einer Nelke, und iſt bloß den Fi⸗ ſchen eigen. Der Stiefelwurm, aus den Gedaͤrmen eines Maulwurfs, ſieht faſt aus wie ein Stiefel. Der Bindwurm kan mit voͤlligem Rechte ſo heißen, weil er vollkommen die Ge— ſtalt einer ſchmalen Binde hat. Der Herr Doctor Bloch hielt ihn anfaͤng⸗ lich für den Fiek der Fiſche, und glaubte, ſie kaͤmen aus dieſen in die Voͤgel, er hat aber dieſe Meinung ſelbſt wieder fahren laſſen. Der Kie⸗ menwurm, oder gewoͤhnlich ſoge⸗ nannte Fiek der Fiſche, iſt ein wahrer Abdominalwurm, der ſich nicht in den Gedaͤrmen aufhält, ſondern mit denfel: ben durchflochten iſt. Der groͤßte, den Auszug aus Goͤze's Naturgeſchichte der Eingeweidewuͤrmer. MR: en (Fortſetzung.) as neunte Geſchlecht faßt den flachen bindfoͤrmigen der Verfaſſer vom Grafen von Borke aus einem Braſſen erhalten, war 27 Ellen lang und z Zoll breit. Es iſt eis nerlei ob man einen Riemen oder dieſen Wurm ſieht; ſo aͤhnlich ſind beide ein⸗ ander. Er hat einen ſehr einfachen Bau und nur kleine Saugpapillen am Kopf⸗ ende. Er bohrt ſich zuweilen durch die Fiſche durch, wie den Fiſchern be⸗ kant iſt. Die Oefnung waͤchſt wieder zu und ſchadet nicht; ja es ſcheint denfelben eigen zu ſeyn, daß fie, nach abgeſetzter Brut, ihren Wohnort ver⸗ aͤndern. ö 5 Endlich komt der Verfaſſer auf das zehnte Geſchlecht, auf den ſo be⸗ kanten Bandwurm, Tania, reich an Klaſſen, wie er ſchreibt, reich an Gat⸗ tungen und Arten. Er macht zwo Hauptabtheilungen. Erſtlich die Bandwuͤrmer außer den Gedaͤrmen, in verſchiedenen Eingeweiden; zwo⸗ tens die Bandwuͤrmer in den Gedaͤr⸗ men. Jener ſind die wenigſten, nem⸗ lich der Blaſenbandwurm mit der Decke, ferner der Blaſenbandwurm Fe oßue 1555 ohne Decke, und der kleine geſellſchaſt⸗ liche koͤrnerigte Bandwurm. Dieſer aber der Darmbandwuͤrmer find die meiſten, welche er nach den thieri⸗ ſchen Koͤ pern, darin fie gefunden wer: den, eintheilt, als in dem Menſchen, in den andern Saͤugthieren, in ds geln, Fiſchen und Amphibien, von, welchen insgeſamt wohl 40 beſonders benahmte Untergattungen angemerkt ſind. I) Die Eingeweidebandwuͤr⸗ mer machen alſo die erſte Hauptklaſſe aus, und dahin gehört denn wieder a) der Blaſenbandwurm mit der Decke, Tenia hydatigena. Er wohnt unter einer Blaſe, und iſt ſelbſt eine Blaſe, die oben ein zartes Kör: perchen mit dem Kopfe hat. Noch zur Zeit hat er ſich weder in Fiſchen noch Voͤgeln gefunden, wohl aber im Men⸗ ſchen und andern Saͤugthieren. Am Kopfende ſitzen vier Saugblaſen und ein doppelter Hakenkranz, als welcher ein beftändiger Charakter der Band: wuͤrmer zu ſeyn pflegt. Hievon nun führt unſer Verfaſſer vier beſondere Species an: 1) den kugelfoͤrmigen Blaſenbandwurm. Seine Schwanz blaſe iſt ganz kugelfoͤrmig und oft ſo groß, als eine Citrone. Der Koͤrper iſt eigentlich gegliedert, aber dabei runzelich. Pallas hat gemuthmaßt, daß fie ſich bloß im beritonæo auf: bielten; aber Goͤze hat ſie auch ſelbſt in der Subſtanz der Leber eines Schweins gefunden. Die hoͤchſte Zahl, die er in Geſellſchaft angetroffen, iſt 18. Spuren von Eyern hat er bei Auszug aus Goͤze s Naturgeſchichte 1556 ibnen nicht bemerkt, macht Pr die Entſtehung dieſer Würmer, u einige, die er Zwillinge nennt, über ihren Hakenkranz, und dergleichen mehr, wichtige Anmerkungen; 2) den erbsfoͤrmigen in der Leber der Ha⸗ ſen, und zwar noch zur Zeit bloß in dieſen Thieren, oft wohl 200 an der Zahl. Sie ſind in nichts von den vorigen unterſchieden, als in der Groͤſ⸗ ſe, die doch auch wieder groͤßer oder kleiner, als eine Erbſe iſt. Einige haben nach drei Tagen, da der Haſe geſchoſſen war, noch gelebt. Das Kopfende mit dem Hals und Koͤrper⸗ chen iſt gemeiniglich in die Blaſe ein⸗ gezogen. Sie finden ſich mehr in alten als jungen Haſen; 3) den ſchlauchfoͤrmigen am Uterus ei⸗ ner Häfin und 4) den bandfoͤrmi⸗ gen gegliederten Blaſenband⸗ wurm, oder den Großkopf. Jener ihr Körper i war klein, und die Blaſe groß; hier aber iſt die Blaſe klein, und der Koͤrper groß. Jener Koͤrper war nur gerunzelt; dieſer aber wuͤrk⸗ lich gegliedert. Der Kopf iſt nach Proportion ſehr groß, ſo, daß man die Saugblaſen dieſes Großkopfs ſchon mit bloßen Augen ſehen kan. Er wird noch zur Zeit nur in den gli⸗ ribus gefunden, z. E. in den Lebern der braunen Erdratten, von wel⸗ chen der Verfaſſer beilaͤufig mancher⸗ lei zu ihrer Naturgeſchichte gehoͤrige Merkwuͤrdigkeiten anfuͤhrt, die aber eben ſowohl, dem Mikroſkop in dem Buche ſelbſt nach⸗ als die ſonderbaren Beobachtungen dieſer Wuͤrmer unter - 4557 jachgeleſen zu werden verdienen. Die mannlichen Mäufe muͤſſen mehr na⸗ tuͤrliche Diſpoſition zur Erzeugung dieſer Würmer haben, als die weibli— chen. Eine männliche Maus war an der großen Menge derſelben krepirt, und bei der Sektion, heißt es, konte ich von der Subſtanz der Leber, vor allen Blaſen, faſt nichts ſehen. Nach⸗ her fand er noch einmal eine ſolche Leber, mit 14 Blaſen, deren einige noch groͤßer, als die Erbſen waren. Er bat auch anomaliſche Bildungen unter ihnen wahrgenommen, und was in der That auffallend iſt, in einer Blaſe, die kaum einer Erbſe groß war, einen Wurm von 83 pariſer Zoll in der Laͤnge, mit viertehalbhundert Gliedern. usb | tun komt b) ein merkwuͤrdiges Geſchoͤpf, nemlich der Blaſenband⸗ wurm ohne Decke, in dem Hirn⸗ mark drehender Schafe. Vorlaͤufig gedenkt er hier des, zwiſchen ihm und dem Herrn Profeſſor Leske entſtan— denen Mißverftändniffes wegen der Entdeckung dieſer Würmer, und muth⸗ maßt, daß vielleicht bei manchen Kopf: krankheiten der Menſchen, eben eine ſolche Urſach vorhanden ſeyn koͤnte. Dieſer Wurm, der eigentlich die Dre: hekrankheit der Schafe verurſacht, ſitzt in keiner Blaſe, ſondern iſt ſelbſt eine Blaſe, die oft einige hundert Koͤpfe mit den Saugblaſen und dop⸗ pelten Hakenkranze hat, daher er ihn auch den Vielkopf nennt. Hier macht der Verfaſſer eine erſtaunende und doch gegruͤndete Ausrechnung, der Eingeweidewuͤrme. 1558 daß von zween ſolcher Wuͤrmer, die er in dem Gehirn eines Schafs ge— funden, 24,000 Organen, nemlich Haken und Saugblaſen, und zwar jedwedes an einem beſondern Orte, das Hirnmark berühren. Kein Wuns der, wenn ſie davon dumm werden. Die Blaſe iſt oft wie ein Huͤhnerey groß. An einer zaͤhlte er 427 Koͤpfe, welche ſie aus und einziehen koͤnnen. Ueberhaupt war das ganze Schaf, aus welchem er dieſen Blaſenwurm nahm, außerordentlich mit Wuͤrmern beladen. Außer 8 Inſektenlarven in den Gaͤngen der Naſe, traf er im Hirnmarke zwei vielkoͤpfige Blaſen⸗ bandwuͤrmer, in der Leber 28 bis 30 Plattwuͤrmer, im Darmfell 1; Ku⸗ gelfoͤrmige, und alſo uͤberall in einem einzigen Schafförper 53 einzelne Wuͤr⸗ mer an. Aus der Lage dieſer Hirn⸗ wuͤrmer, leitet er die verſchiedenen un⸗ natürlichen Bewegungen der Schafe die ihnen den Namen entweder der Dreher, oder der Seegler zugezo⸗ gen haben. Zu den Eingeweidebandwuͤrmern gehoͤrt e) der kleine geſellſchaftli⸗ che koͤrnerigte Blaſenbandwurm. In einer Blaſe aus einer Hammelle⸗ ber, die ganz voll davon war, eines Taubeneyes groß, etliche Tauſende. Alle mit Saugblaſen und Hakenkraͤn⸗ zen, freilich unter einer ſtarken Ver⸗ groͤßerung erſt ſichtbar. Sie haben verſchiedene Formen; aber über ihre ganze Oekonomie iſt noch nicht das gehörige Licht verbreitet. Sollen, frägt der Verfaſſtr unſere Nachkom⸗ Site men 1559 men nichts behalten? Und hiermit be⸗ ſchlirßt er die erſte eee ee der Eingeweidebandwuͤrmer. II) Die zwote Hauptklaſſe ma⸗ chen die Darmbandwuͤrmer aus, die eigentlichen Teenie, Eine genaue⸗ re Unterſuchung derſelben kan unfehl⸗ bar zur beſſeren Kurart der dadurch verurſachten Krankheit viel beitragen. Daß ſie alle einen Kopf haben, und auch haben muͤſſen, iſt nunmehr wohl ausgemacht Unſer Schriftſteller wähle eine doppelte Eintheilung derſelben und betrachtet A) die Darmbandwuͤr⸗ mer in den Nenſchen, wovon er vier beſondere Gattungen anfuͤhrt: 1) den langgliedrigten, oder Kuͤrbiskern⸗ foͤrmigen Bandwurm Tonia Solium L. Tienia cucurhitina. Hier erzaͤhlt er zuerſt, was ſchon Pallas davon gemel⸗ det, und worin er entweder mit ihm uͤbereinſtimmt, oder von demſelben abgeht. Er will nicht zugeben, daß einzelne Glieder fur ſich ein fortdau⸗ erndes Leben haben und einzelne Wuͤr— mer ſind, obgleich Pallas behauptet, daß er mit eigenen Augen geſehen, wie ſich ſolche einzelne Glieder einige Fuß boch an den Wänden hinauf ger arbeitet hätten, . Beilaͤufig wird hier des Herr uſchwandꝰ'ſchen, des Nuf⸗ ferfeben, des Waglerſchen Keil mittels, und dann zuletzt des Schot⸗ tiſchen, vom Pallas ſehr empfohl⸗ nen Hausmittels gegen den Band: wurm gedacht, welches letztere aus granulirtem Zinn beſteht. Zinn: aſche, auch das gefeilte Zinn ſoll nicht ſo gute Dienſte thun, ven theilt Auszug aus Göze s Naturgeschichte er ſeine eigenen merkwürdigen Bobs achtungen von dieſer Wurmart mit. Er kennt davon zwei Unterarten: eine mit dicken gemaͤſteten Gliedern; die andere eine Spielart, platter und durch⸗ fi hunger Unter den erſten fuͤhrt er einen 53 Fuß laugen Bandwurm aus einem faugenden Kinde an. Was er bierbei beſonders bemerkt, ſind die Kandmuͤndungen, davon er ſchon zuvor geſagt, daß ſie entweder als Oeffnungen, dadurch die Eyer ausge⸗ ſchuͤttet werden, oder als oſcula zum Anſaugen, oder als beides zugleich koͤnnen angeſehen werden; ferner die verſchiedene Stellung dieſer Muͤndun⸗ gen, die abweichende Form der untern Glieder von den obern, und der Zu⸗ ſammenhang dieſer Glieder unter ein⸗ ander. Die zween vollſtaͤndigen mit dem Kopfende und fadenfoͤrmigen f Hale, die er beſitzt, ſind etwa 3 oder 32 Ellen lang. Von den plattgedruͤck⸗ ten, mehr durchſichtigen fuͤhrt er eben⸗ falls verſchiedene Beiſpiele an. Der Stammbaum oder der Eyerſtock zeigt ſich bei ihnen in dendritiſchen Figu⸗ ren, die Randmuͤndungen haben eine ſebr veränderliche Stellung. Dieſe Wuͤrmer haben oft ſehr lange und breite Glieder, und was der merkwuͤr⸗ digen Beobachtungen, ſonderlich von der Eyerbrut derſelben mehr fi ſind. Das Anſetzen neuer Glieder geſchieht am Kopfende. Von der Befruchtung der Bandwuͤrmer getrauet er ſich noch nicht, etwas poſitives zu beſtimmen, nur haͤngt er noch einige Fragen an, über das Ausſpruͤtzen dieſer Wuͤrmer, 0 1561 und ſonderlich, ob es möglich ſey, junge Bandwuͤrmer aus frifchen reis fen Eyern zu erziehen, wobei er des Pallas Verſuche, inſonderbeit aber Waglers Gedanken daruͤber mit— theilt, welche zugleich auf die Kurart der ſelben ihre Beziehung haben. 2) Die zwote Gattung Band— wuͤrmer im Menſchen iſt der haͤutige Bandwurm mit kurzen Gliedern. Tx- nia vulgaris L. Tania membranacea, Pall. Iſt viel ſeltener, als der vorige und der folgende. Seine Länge beträgt 5 bis 8 Ellen. Auf der Flaͤche jedweden Gliedes hat er zwo ſichtbare Oefvun— gen und in der Mitte den Eyerſtock. Das Kopfende hat noch niemand ge ſehen. Er iſt ſchwer zu vertreiben; aber auch in unſern Gegenden, wie Goͤze ſchreibt, gar nicht anzutreffen. 3) Die dritte Gattung, der brei⸗ te Bandwurm, Tania lata, hat Glieder, die nicht ſelten uͤber einen halben Zoll breit und zugleich ſehr kurz find, hoͤch⸗ ſtens 13 Linien. An dieſem Wurme hat Bonnet zuerſt den Kopf entdeckt. Die Blumenfelder in der Mitte ſeiner Glieder ſind Eyerſtoͤcke. Die kleinen, nicht erhoͤheten Oefnungen aber auf den⸗ ſelben, der Eyerleiter. Der Verfaſſer hat vom Herrn Doctor Bloch eine, und zwar noch nicht vollſtaͤndige Strek⸗ ke dieſes Bandwurms erhalten von 60; Ellen. In der Schweiz iſt er am haͤufigſten. Wider dieſe Art braucht man jetzt, jedoch mit Vorſichtigkeit, das Rieinusoͤl, wovon in dem Buche ſel bſt ein mehreres vorkomt. Bei Gelegen: heit wird aus Selle's Handbuch der der Eingeweidewuͤrmer. * 1562 medieiniſchen Praxis angeführt, daß ſchon in neugebornen Kindern, ſelbſt in Embryonen Wuͤrmer wohnen. ) Nachdem unſer Naturſorſcher auf dieſe Art das vornehmſte von den Bandwuͤrmern im Menſchen beige⸗ bracht, wendet er ſich zu denen, die in andern Thieren, und zwar erſtlich in Saͤugthieren geſunden werden. Hier macht er die vorlaͤufige Anmer⸗ kung, daß dieſelben von den menſchli— chen Bandwuͤrmern weſentlich verſchie⸗ den find, und daß man in einigen Thie⸗ ren, als Rindern, Hirſchen, Rehen und Schweinen noch keinen Bands wurm in den Gedaͤrmen entdeckt habe. Es gehört aber hieher eine zahlreiche Menge ſolcher Wuͤrmer. Die erſte Gattung unter denſelben iſt der Net⸗ tenbandwurm. Tania cateniformis. Er hat ſich haͤufig in Hunden, noch haͤufiger, oft bei Hunderten, in Katzen gefunden. Sie ſehen aus, wie ein Halsband, das aus ovalen flachrun— den Gliedern beſteht, die oft durch ein Stielchen mit dem folgenden verbun: den ſind. Die reifen Glieder ſtrotzen zuweilen recht von Eyerbrut, ſo, daß fie deswegen blutroth aus ſehen, die Kopfenden aber ſind ſehr fein. Der Verfaſſer führt folgende Untergattun⸗ gen an: einen aus einer Woͤlfin 18 Zoll 9 Linien lang. Man kan die Eyerbrut ſehr deutlich gewahr werden, ſelbſt wie fie durchs Preſſen aus den Randmuͤndungen ausſchlupfen; fetner aus einem Fuchs; dann aus Hunden und Kotzen, Txnia canina welche bei⸗ den letzten fuͤr eine und dieſelbe Art Fffff 3 ge⸗ 1563 58 5 Auszug aus Goͤze's Naturgeſchichte gehalten werden. Merkwuͤrdig iſts, daß Pallas ſchreibt, ſie waͤren in Hun⸗ den ſehr gemein, in Katzen aber ſelte⸗ ner, und Goͤze hat ſie unendlich haͤu⸗ figer in Katzen, als in Hunden, wie 100 zu 1. angetroffen. So wenig all⸗ gemein find ſelbſt Erfahrungen in ver; ſchiedenen Gegenden. Hier werden der Blumenbachiſchen Hypotheſe, daß jedwedes Glied des Bandwurms ein beſonderer Wurm ſey, die nur an ein⸗ ander gereihet wären, wichtige Grün: de entgegen geſetzt, und dann die merk⸗ wuͤrdigen Reſultate der eigenen Beob⸗ achtungen des Paſtor Goͤze angeführt, aus welchen ich aber nur wenige aus; beben kan. In einer Katze 135 fol: cher Wuͤrmer. Wenn Linne ſagt, keiner hätte einen Kopf; fo hat er fie allemal in dem Darm ſtecken laſſen. Die abgeſetzten Glieder mit den reifen Eyern haben fo lange ein mechaniſches Leben, bis fie die Eyer von ſich gege— ben. Der laͤngſte dieſer Art war 24 pariſer Zoll. Die Randmuͤndungen ſtehen hier ſehr regelmäßig. Die Eyer: lage iſt eben nicht dendritiſch, außer bei einem in einem Eichhörnchen ge fundenen. Der Herr Verfaſſer bat aus den Eyerſchalen die wahren Ent bryenen ausgepreßt, dergleichen Ver⸗ ſuch ſonſt noch niemand gemacht hat. Hier wird zugleich ein ganzer Beob⸗ achtungsproceß des ſel. Doctor Wag⸗ lers uͤber dieſe Wuͤrmer eingeſchaltet, der ſich angenehm leſen laͤßt. Endlich fuhrt der Verfaſſer noch dergleichen Kettenbandwuͤrmer aus einem Eich⸗ hoͤrnchen, imgleichen aus Ratten und 156.4 Maͤuſen an, die aber ſehr klein find, und die er deswegen Tan; puſilla nennt. Die zwote Gattung iſt der zak⸗ kengliedrichte Bandwurm. Te: nia ſerrata, weil er an jedweder Unter⸗ ſeite eines jedweden Gliedes eine ſchar⸗ fe Ecke hat. Pallas hat denſelben mit dem langgliedrichten Bandwurm der Menſchen und Thiere fuͤr einerlei gehalten. “ Goͤze aber macht ihn aus 7 Gruͤnden zu einer beſondern Art. An einem hat er 204 Glieder gezaͤhlt. Das merkwuͤrdigſte iſt der große ſicht⸗ bare Kopf, welcher mit ſeinem Haken⸗ kranze eine ſchoͤne Erſcheinung unter dem Mikroſkope macht. Einige fand er, die ſich bis auf 3 Zoll verkuͤrzen, und im lauen Waſſer wieder bis zu £ Ellen verlaͤngern konten. Er bemerkte auch eine Mutter mit Jungen, und macht uͤber ihre ſonderbaren Bewegun⸗ gen leſenswerthe Anmerkungen. Die mehrſten dieſer Art ſind in den Gedaͤr⸗ men der Katzen angetroffen worden. Von den folgenden Arten Baud⸗ wuͤrmern in Saͤugthieren iſt nicht ſo viel zu merken. Es komt nemlich drit⸗ tens der kugelgliedrichte Band⸗ wurm. Tenia globulata, den er nur ein einzig mal in einer Katze angetrof⸗ fen, und der wie eine Schnur von Bernſteinkorallen ausſahe. Viertens der liniirte Bandwurm aus einer wilden Katze, der laͤngs jedweden Glie⸗ de eine erhabene weiße Linie hat, Tx- nia lineata. Fuͤnftens der durch⸗ blaͤtterte Bandwurm, oder der Prer⸗ debandwurm, Tania equina. Er unterſcheidet ſich von allen Bandwuͤr⸗ mern o mern durch vier beſondere Kennzeichen. In einer Note werden hier aus dem Pallas acht Arten Wuͤrmer ange⸗ fuͤhrt, womit die Pferde ſonderlich ge⸗ plagt ſind. Sechſtens, der ſtroh⸗ halmige Bandwurm, Tania ſtra- minea, im Hamſter gefunden. Er hat einen langen ungegliederten Hals und unendlich kleinen Kopf. Die Haͤkgen ſind kaum zu erkennen und die Eyer wie Weberſchifgen geſtaltet. Zum Siebenden, der ſtabfoͤrmiggeglie⸗ derte Bandwurm, Tænia bacillaris, aus einem Maulwurf. Achtens, der Seitenfadige, Tania filamentof. Eine befondere von dem Verſaſſer neu entdeckte Art. Kleine kurze gedrehete Seitenfaͤden, die er für Eyerleiter haͤlt, ſind das Charakteriſtiſche dieſes Wurms. Neuntens der kamm⸗ foͤrmige Bandwurm, Tania pedi- nata. Man findet ihn in Haſen und wilden Kaninchen. Er hat dreizehn auf einmal angetroffen, die mit den Kopfenden nicht feſt ſaßen und allda noch lebten. Der laͤngſte hatte 6 Zoll und 4 Linien und 204 Glieder. Die letzten abgeſchnittenen Endglieder leb⸗ ten eine Stunde fuͤr ſich. Sie haben Aehnlichkeit mit dem lanzetfoͤrmigen Bandwurm der Gaͤnſe. In einigen Kaninchen traf er 25 Alte und 31 Jun⸗ ge an, und ſahe, wie vor feinen Au: gen einige reife Glieder abgeſetzt wur: den. Zebntens, der Schaf band⸗ wurm, Tenia ovina, den Schafen und Saͤuglaͤmmern ſonderlich eigen. Iſt weder vom Linne noch Pallas angefuͤhrt, weil fie ihn mit der Tania der Eingeweidewuͤrmer. 1566 lata der Menſchen fiir einerlei hielten, da er dech, wie Goͤze mit verſchiede⸗ nen Gruͤnden darthut, weſentlich von demſelben unter ſchieden iſt. Er iſt der laͤngſte unter allen Bandwuͤrmern, und fie werden über Too Ellen lang. Man findet ganze Familien in einem Schafe, die eine ganze Schuͤſſel voll anfüllen, Selbſt in einem Lamme von 7 Wor chen bemerkte er 7 Alte von 30 Ellen, nebſt to bis 12 Jungen, und hiemit be⸗ ſchließt er die Bandwuͤrmer in Saͤug⸗ thieren, ſuͤgt aber noch als einen An⸗ bang ein ganz neues bewaͤhrtes Mittel wider die Wuͤrmer der Hausthiere aus dem Journal Encyclopedique 1781. binzu. Es beſteht in dem weſentlichen Terpentinoͤl mit einem brenzlichten em⸗ pyrevmatiſchen Thieroͤle deſtillirt. Von den Darmbandwuͤrmern in Dögeln macht unſer Schriftſteller 14 Arten bekant. Es ſind folgende: 1) Der lanzettenfoͤrmige Bands wurm, Tænia lanceolata. Hat viel aͤhn⸗ liches mit dem kammfoͤrmigen Band⸗ wurm aus Haſen und Kaninchen. Sie finden ſich fuͤrnemlich in Gaͤnſen und blieben ſelbſt in kochend heißem Waſſer lebendig. Sie haben wohl die 4 Saug⸗ blaſen, aber keine Spur von Haken⸗ kraͤnzen. Die größte tänge iſt 10 Zoll und die groͤßte Breite 5 bis 6 Linien. In einer Gans, nebſt einigen Alten, wohl 80 Junge: in einer andern waren alle Gedaͤrme beinahe eine lebendige Welt. An den Randecken der hinterſten reifen Glieder ſahe der Verfaſſer wurſt⸗ foͤrmige Faͤden heraustreten, welche nichts anders, als in Schleim eingewik⸗ kelte 1567 kelte Ener waren. 2) Der Hammer⸗ bandwurm, Tania malleus, deſſen Kopfende wie ein Hammer geſtaltet iſt. Außer dem Herrn Paſtor Böse iſt der: ſelbe noch von nienanden beſchrieben. Er hat ihn aber in Enten gefunden, doch weder Saugblaſen noch Haken an die⸗ ſem Wurme bemerkt. 3) Der trichter⸗ foͤrmige Bandwurm, Tonia infundi- biliformis in Hausenten und noch mehr in jungen Haͤhnen, die laͤngſten von 13 pariſer Zoll. Der Kopf hat einen mit Haken befegten Ruͤſſel. 4) Der ge⸗ ſchlaͤngelte Bandwurrn, Tania fer- pentiformis, in den Kraͤhen verſchiede⸗ ner Art. Es giebt derſelben gehalſete und ungehalſete, beide mit Haken verſe⸗ ben. Rach des Herrn Gr. von Borke Beobachtungen finden ſich dieſe Band⸗ wuͤrmer auch in allen Arten von Kram⸗ metsvöͤgeln. 5) Der Bantenfoͤrmi⸗ ge; Tænia crenata, aus den Gedaͤrmen eines Buntſpechts, 6) der Becherfoͤr⸗ mige, Tenia crateriformis, auch aus dem nemlichen Vogel, der nur einen ein⸗ fachen Hakenkrauz hat, 7) der wurſt⸗ gliedrichte Bandwurm, Lenin far- Cmincſa, aus einem Staar, außeror⸗ deutlich fein, doch oft 5 Zoll lang. Noch feiner, ſonderlich in Anſehung des Kopf⸗ endes iſt. 8) Der Sa denbandwurm, Tania filum, aus einer ſehr fetten Wald⸗ ſchneppe, in welcher der Verfaſſer 200 ſolcher Würmer zählte. Unerachtet fie nur 73 pariſer Zoll lang waren, konte er daran doch 560 Glieder ausrechnen, 9) der Linienbandwurm, Tænia li- nea. Die kleinſte Art unter allen, aus einem jungen Rebhuhn, kaum eine fir Auszug aus Goͤzees Naturgeſchichte . nie lang. Er fand deren einige tauſend, die er anfaͤnglich nur fuͤr Schleimzaͤ⸗ ſerchen anſahe, aber unter dem Compo ⸗ ſito die völlige Struktur erkante, 10) der kugelarmige Bandwurm, Tania bracchium globuloſum, aus einem jun⸗ gen Buß hart (falco buteo L.) der groͤß⸗ te wohl 12 Zoll lang. Er iſt ſonderbar geſtaltet; denn feine Glieder haben dreierlei Formen, und die hinterſten lau⸗ ter Kugelgelenke. 11) Der geperlte Bandwurm, Tænia perlata, auch in den Gedaͤrmen eines ſolchen Raubvo⸗ gels, dergleichen vor ihm noch niemand gekant hat. In der Mitte der hinter- ſten Glieder, oben auf der Flaͤche, ſitzt eine weiße Perl, ſo nichts anders, als ein Eyerbehaͤlter iſt. 12) Der Leuch⸗ terbandwurm, Tænia candelebraria, aus einer Nachteule. So viel Eulen auch der Paſtor Goͤze zergliedert, iſt ihm doch nie ein Bandwurm in denſel⸗ ben vorgekommen. Dieſen hat der Herr Gr. von Borke gefunden, und muß fuͤrnemlich aus der Zeichnung erkant werden. 13) Der Langfaden, Tania, longiſſima. Eine wahre Seltenheit aus einem afrikaniſchen Papagey. Er fand einige tauſend derſelben, noch le⸗ bend, ſo, daß die Gedaͤrme davon ganz aufgeſchwollen waren. Der laͤngſte hatte 7 Ellen 2 Zoll, und endlich 14) die Peit ſche, Tania flagellum, aus ei⸗ ner Huͤhnerweihe. Die untere Hälfte: beſteht aus Gliedern, die etwa 3 Linie breit ſind; die obere Haͤlfte im Gegen⸗ theil iſt kaum wie ein Haar ſtark, wel⸗ ches ihm das Anſehn einer Peitſche mit einem Stiele giebt. hen e 15 Der Schluß folgt kuͤnftig. ‚15609 we 1 5 1570 Hannoberiſches Magazin. 99 tes Stuck. | Auszug aus Goͤze's Naturgeſchichte der Eingeweidewuͤrmer. (Schluß.) | on dieſer zahlreichen Klaſſe komt der Verfaſſer zu den Band⸗ wuͤrmern in Fiſchen, und führt davon 6 Arten an. Der erſte iſt der runzlichte Fiſch⸗ bandwurm, Tania tetragonoceps Pall. Er berechnet auf 3503 derglei⸗ chen in dem Blinddaͤrmchen eines ein⸗ zigen Fiſches; 2) der Rolbenkopf, Tenia claviceps, vom Herrn Grafen von Borke in einem Aale entdeckt, jo wie 3) der gemuͤndete Band: wurm, Tenia oſculata, aus einem Wels. Der letzte hat eine ſehr deut; liche Ruͤſſelmuͤndung und ſaugt ſich zuweilen an ſich ſelbſt an. 4) Der wechſelsweiſe liniirte, Tænia al- ternatim lineata, auch aus einem Wels. Seine wechſelsweiſe angebrach⸗ ten Queerlinien machen den Haupt: charakter dieſes Wurms aus. 5) Der Schweinsruͤſſel, Tenia probofeis ſuilla, aus einem ſiebenpfuͤndigen Lachs vom Herrn Grafen von Borke ge: funden. 6) Der knotige Fiſch⸗ bandwurm, Tania noduloſa. Kan oft ſelbſt im Brantewein 24 Stun⸗ den leben. Er hat ein eigentliches Maul, mit 2 Paar ſonderlich geſtal⸗ teten Haͤkgen. Findet ſich in Hech— ten und Barſchen. Pallas hat, als eine ſehr ſeltſame Erſcheinung, ein Paar mal dergleichen wahrgenommen, ſo an beiden Enden zugeſpitzte aͤhnli⸗ che kopfartige Theile gehabt, auch mit beiden Enden in dem Darmkanale feſt geſeſſen. Endlich geht der Verfaſſer zu den Bandwuͤrmern in den Amphibien, als zu der letzten Klaſſe uͤber. Er bleibt nur bei unſern gewöhnlichen beidlebi⸗ gen Thieren ſtehen, und uͤberlaͤßt die Unterſuchung groͤßerer Amphibien an⸗ dern Naturforſchern, die dazu beſſere Gelegenheit haben. In Eidexen hat er noch keinen Bandwurm finden koͤn⸗ nen; in Froͤſchen und Kroͤten aber bat er dieſelben ebenfalls wohl 6 bis / Jahr vergeblich geſucht, endlich aber doch in einer Art recht kleiner Landkroͤ— ten auch angetroffen, und zwar eine ganz neue und beſondere Gattung, die er den ungleichen Bandwurm, Tenia diſpar nennt. Das ſonderbare deſſelben iſt, ©9999 daß 1571 daß das Kopfende nicht, wie bei allen andern Bandwuͤrmern, dünner, fon dern dicker und breiter iſt, als das Hinterende. Das allermerkwuͤrdigſte aber an dem ganzen Thierchen iſt der Kopf mit ſeinen 4 Saugmuͤndungen. Nachdem unſer aufmerkſamer Beob⸗ achter auf dieſe Art die 1o Geſchlechter der Inteſtinalwuͤrmer abgehandelt, komt er 11) auf die ſogenannten In⸗ fufionstbiere, das Chaos L. Sonft werden dieſe mikroſkopiſche Kreaturen gemeiniglich außerhalb thieriſchenoͤr⸗ pern gefunden. Da fie aber der Ver⸗ faſſer nicht nur haͤuſig in der Schleim: feuchtigkeit des Maſtdarms der Froͤ⸗ ſche und Kroͤten angetroffen, ſondern auch erhebliche Gruͤnde anfuͤhrt, daß dieſe von jenen infuſoriſchen Thierchen unter ſchieden find, wenigſtens nicht von außen in die Froͤſche kommen; fo trägt er kein Bedenken, dieſelben mit zu den Inteſtinalwuͤrmern zu rechnen. macht davon 6 Gattungen bekant: 1) das Mona denchaos, 2) die Pan: toffeln, 3) die Bouteillen, 4) die Kribelkugel, 5) die Slimmerwal⸗ zen, und 6) die Flimmer quadrate. Und nun liefert er noch einen Nach⸗ trag, den er ſelbſt die Seele ſeines Buchs nennt, von der wahren Begat⸗ tung einiger Darmwuͤrmer. Die erſte Erfahrung davon hatte er an zwei a: denrundwuͤrmern aus einer Waſſer⸗ kroͤte, die er in der wuͤrklichen Begat⸗ tung antraf, und die andere an zwei Pfriemenſchwaͤnzen, auch aus den Waſſerkroͤten, die er noch deutlicher beobachten konte, ſelbſt die fibrirende Auszug aus Goͤze s Naturgeſchichte 85 Bewegung der Genitalien ſahe, und 1572 nachher noch wohl 12 Paar in eben dem Verhaͤltniß antraf. Nun folgen noch zween Abſchnit⸗ te dieſes in allen Abſichten fuͤrtrefli⸗ chen Buches, nemlich einmal die An⸗ zeige der Inſtrumente und der Vor⸗ theile zur bequemſten Behandlung der Eingeweidewuͤrmer. Dieſer leidet kei⸗ nen Auszug, da der eine Handgrif, un⸗ ter den vielen, die hier erzaͤhlt werden, ſo wichtig, als der andere iſt. Wer ſich irgend mit der Beobachtung dieſer Ge⸗ ſchoͤpfe abgeben will, dem wird es nicht gereuen, dieſe Anweiſung zur großen Erleichterung feines Gefhäfts geleſen zu haben. Da der Verfaſſer dieſes Aus⸗ zuges den Herrn Paſtor Goͤz genauer zu kennen, das Vergnuͤgen hat; ſo traͤgt er kein Bedenken, von deſſen großen Geſchick, unermuͤdeten Nachdenken, ſchoͤnen Inſtrumenten, puͤnktlicher Ge⸗ Er nauigkeit und regelmaͤßigen Ordnung ein Zeugniß abzulegen, und da iſt denn wohl zu vermuthen, daß ein ſolcher Mann durch ſtebenjaͤhrige Uebung auf Kunſtgriffe und Methoden gerathen, die in der Anwendung ſehr viel verſpre⸗ chen. Den letzten Abſchnitt macht das Verzeichniß feines Rabinets von Eingeweidewuͤrmern aus, unſtreitig ei⸗ ner in ſeiner Art uͤniken Sammlung. Er ſchreibt davon in einer Note ſelbſt. „Auf dieſer Sammlung habe ich über 7 Jahr zugebracht. Die Würmer find alle mit Fleiß und Genauigkeit, in weiſ⸗ ſen Glaͤſern, wohl praͤparirt, nach mei⸗ nem Plane geordnet. Meine Arbeit abgerechnet, hat ſie mir ſchon ein 15 2 y ler n⸗ nun di 1573 de mir Freude ſeyn, wenn ich ſie noch bei Lebzeiten guten Haͤnden uͤberlaſſen koͤnte. ,, Der gauze Vorrath beſteht der Eingeweidewuͤrmer. ſehnliches Kapital gekoſtet. Es wuͤr⸗ 1574 aus 274 Nummern. Für große Ka⸗ binette, die ſich auf die geſammte Na⸗ turgeſchichte beziehen, wuͤrde es unfehl⸗ bar eine anſehnliche Zierde ſeyn. Beobachtungen uͤber eine beſondere Nervenkrankheit. - 11“ den fo mannigfaltigen Kranf; heiten der Nerven, die man fo oͤſters zu beobachten Gelegenheit hat, iſt die Epilepſie oder die fallende Sucht, unter den ſchrecklichen die erſchreck⸗ lichſte. Manchmal hat fie fo tiefe, fo verborgene und zugleich ſo verſchiedene Urſachen, daß der Arzt ſie kaum zu errathen, vielweniger ganz zu entdecken und zu entwickeln vermag; oder wenn er auch einigen näheren Urſachen der: ſelben auf die Spur komt, fo fehlt es oft an Mitteln, die Grundurſache in den Nerven ſelbſt zu tilgen, das heißt, die Krankheit nicht immer voͤllig und gruͤndlich heilen zu koͤnnen. Der Fall einer ſehr ſonderbaren Nervenkrankheit, den ich jetzt beſchrei⸗ ben will, und zu deſſen Bekantma— chung ich nicht nur die Erlaubniß ha⸗ be, ſondern auch durch den ausdruͤck⸗ lichen Willen des Mannes, der damit ſeit vielen Jahren behaftet war, ver: anlaßt werde, iſt folgender: Der aͤlteſte Sohn des Herrn Elb—⸗ zoll⸗Commiſſair Ehlers in Doͤmitz, ein junger Mann von 21 Jahren, von ſehr munterm Temperament und von ſchlanker keibesbeſchaffenßeit, hat ſeit eilf Jahren an verſchiedenen Krank heiten darnieder gelegen, die endlich vor acht Jahren in eine Nervenkrank⸗ beit ausarteten. Im Jahr 1772 nahm die Krank⸗ beit den Anfang mit dem kalten oder nachlaſſenden Fieber, das durch den haͤu⸗ figen Gebrauch der Fieberrinde zwar vermindert wurde, aber einen oͤdemati⸗ ſchen Geſchwulſt uͤber den ganzen Koͤr— per, ein heftiges Zittern der Glieder und Nachtſchweiße zurück ließ, beide, das Fieder und der oͤdematiſche Ges ſchwulſt, verloren ſich nach und nach durch den ſortgeſetzten Gebrauch der Fieberrinde. Im folgenden Jahre wurde der Patient mit den Maſern befallen, die einen heftigen Kopfſchmerz und Hu⸗ ſten, mit Eiterauswurf zuruͤckließen. Gleich auf dieſe Krankheit, fiel er in ein Entzuͤndungsfieber, wodurch aber weder die Kopfſchmerzen, noch der Huſten mit Eiterauswurf gemildert wurden. Im Fruͤhjahr 1774, uͤber⸗ fiel ihn das Faulfieber, welches gruͤnd⸗ lich kurirt wurde, und dem heftigen Huſten ſowohl, als dem Eiterauswur⸗ fe, ein Ende machte. Die grauſamſten Kopfſchmerzen, die immer die Stirne einnahmen, dauerten nachher noch immer fort, ſo, daß das Geſicht bald blau, bald blaß dabei wurde. Der Kopf war zu Zei⸗ G99 99 2 ten 1575 Srobuhknnhen ber eine Gefondere Retvenfranffeit. 1 ten eiskalt, mit kaltem Schweiße be⸗ deckt, und darauf wieder heiß. Dann kamen Ohnmachten, die in die ſtaͤrk⸗ ſten Convulſionen zuletzt ſich aufloͤſe⸗ ten, und taͤglich ſich einige mal ein⸗ fanden, die Zwiſchenzeiten wurden durch Schlafſucht ausgefülle, die aber in Jahrsfriſt von ſelbſt ſich verlor. Die Convulſionen waͤhrten, des ber ſten Arzeneigebrauchs ungeachtet fort, bis der Leidende im Jahr 1778 aber⸗ mal von einem heftigen hitzigen Fieber angegriffen wurde. Wie es mit die⸗ ſem zur Abnahme kam, ſtellten fi ich die Convulſionen nach Perioden ein, und wechfelten zu unbeſtimmten Zeiten mit der Epilepfie ab, bei der Bewußt⸗ ſeyn und Empfindung verloren ging. Soller und von Swieten halten dieſes für die eigenthuͤmlichen Kenn- h zeichen der fallenden Sucht, und ich felbſt bin zuerſt 1783 von dieſer Erz ſcheinung Augenzeuge geweſen, ſo, daß durch die Staͤrke und lange Dauer derſelben, meine ganze Seele erſchuͤt⸗ tert wurde, und ich in Gefahr gerieth, ſelbſt in Zuckungen zu verfallen. Dieſe periodiſchen Convulſionen, verwandelten ſich nach dem Gebrau⸗ che des damals oder im vorgedachten Jahre 1778 gerathenen Pulv. Corna- chini in den periodifchen Veitstanz; mit convulſtviſch zugedeckten Augen, ſprang nemlich der Patient zwiſchen einem Deſertaufſatze herum, ohne et⸗ was davon zu zerbrechen, kletterte an der Bettſtelle hinauf, ohne zu fallen, tanzte engliſch ohne es gelernt zu ha⸗ ben, u. ſ. w. und wenn dies alles vor⸗ bei war, wußte er von ſeinen Hand⸗ lungen durchaus nichts. Dieſe An⸗ faͤlle wurden nach und nach ſchwaͤcher, und dann traten die periodiſchen Con⸗ vulfionen, mit der darauf folgenden Epilepfie, zu unbeſtimmten * derum ein. 8 Der erſte Convulſionsparoxismus, den ich geſehen habe, fing des Morgens um 8 Uhr an, und endigte ſich um 10 Uhr mit kaltem Schweiße. Am Mittage um 12 Uhr, war der nemliche Auftritt mit gleicher Heftig⸗ keit wieder da, und erreichte ſein En⸗ de um 2 Uhr Nachmittages, mit kal⸗ tem Schweiße und Erſchoͤpfung an Kraͤften, wobei er aber unter der zu unbeſtimmten Zeiten eintretenden Epi⸗ fepfie, 1 das Bewußtſeyn De. ielt. i So bald die Convulſionen Aufi; gen, verlor ſich die Sprache, und ſie ergriffen allemal zuerſt den rechten Arm a und das linke Bein. ; Die Stirn und die mit Haaren. b bewachſene Kopfhaut, wurde uͤber die Maaße verzuckt; die Augenbraunen zitterten hin und her, fielen bisweilen nieder, oder ruͤckten ploͤtzlich, wie beim Zorne, nahe zuſammen, da indeſſen die Augen Haves ſtarr und ſteif waren. Die Geſi cptsmuskeln, fuͤrnemlich die von den Wangen, wurden ſehr merklich verzogen, und bewegten ſich ſo ſchnell und ſo ſtark, daß ſolches ſehr ſeltſame Gebaͤhrden hervorbrach⸗ te. Die Lippenmuskeln verlaͤngerten ſich, und dann wurden ſie wieder af 1 is * 1577 Beobachtungen uber eine beſondere Nervenktankfeit: 1578 bis an die Ohren zurück gezerret, wo⸗ bei der Speichel aus dem Munde floß. Der Unterkinnbacken, that ſich mit ſtarker Gewalt gleichſam von einan⸗ der, und ſchien bei dieſer heftigen Con⸗ vulfion öfters, als auf die Bruſt ger leimt zu ſeyn. Der Kopf wurde in ſo ſchnelle Be⸗ wegungen geſetzt, die faſt alle Ber greiflichkeit uͤberſtiegen. Zu Zeiten wirbelte er rund herum, und im fol⸗ genden Augenblick ward er mit un⸗ widerſtehlicher Gewalt, bald vor⸗ bald ruͤckwaͤrts gezogen. Dennoch blieb er manchmal in jeder dieſer Stellun⸗ gen ſteif und unbeweglich; und der Hals nebſt dem ganzen Koͤrper war ſtarr, und hatte eben fo wenig Bier gung als eine Bildſaͤule. Die Arme, Haͤnde und Finger, wurden mit unbeſchreiblicher Gewalt und Schnelligkeit nach allen moͤgli⸗ chen Richtungen hinbewegt. Doch wurden der rechte Arm und der linke Schenkel zuerſt von den Convulſionen ergriffen, die denn nach einigen Mi⸗ nuten ruheten, und darauf in den lin⸗ ken Arm und rechten Schenkel fuh⸗ ren. Hiernaͤchſt wurden alle Glieder zugleich, mit einer unbegreiflichen Hef⸗ tigkeit und Schnelligkeit ſo eonvulſi⸗ viſch gezerret, daß die Fuͤße im Zirkel berumgeriſſen bewegt wurden. Die Muskeln des Ruͤckens, der Bruſt und des Unterleibes litten eben⸗ falls Verzuckungen. Die Bruſt und die Bauchmuskeln wurden mit unge⸗ meiner Geſchwindigkeit erſchůttert, and der Rumpf einmal über das an⸗ dere empor gehoben, gedrehet und ger kruͤmmet. Gleich darauf wurden die Muskeln, die zur Bewegung des Ruͤk⸗ kens dienen, ſteif und unbeweglich, N und der Patient befand ſich in einer wuͤrklichen Erſtarrung, die dem Teta⸗ nus ſehr nahe kam. Dieſe wechſelte wieder mit Convulſionen der zuruͤck⸗ beugenden Muskeln des Rumpfs, wor bei der Kopf außerordentlich beftig nach hinten uͤbergezogen wurde. Ueberhaupt waren die convulſivi⸗ ſchen Bewegungen aller Muskeln fo mannigfaltig und ſtark, daß ſie die Kraft eines geſunden Koͤrpers unend⸗ lich uͤbertrafen. Dieſe beſchriebene Zufaͤlle dauerten ungefaͤhr 15 bis 16 Minuten abwech⸗ ſelnd fort. Alsdann ſprang der Pa⸗ tient in gerader Stellung in die Hoͤhe und fing an zu tanzen, ſo, daß er alle moͤgliche Bewegungen der Fuͤße mit außerordentlicher Staͤrke und Ge⸗ ſchwindigkeit machte, bis der kalte Schweiß ihm vom Kopfe berabfloß, und die Kraͤmpfe hierauf einige Mi⸗ nuten zu ruhen ſchienen. Nach 12 bis 14 Minuten trat gewoͤhulich eine neue Anwandlung der Convulſionen ein, worauf der Patient, fo bald er ſolche ſpuͤrte, ſich in den Stuhl warf, die beſchriebenen Auftritte mit voller Staͤrke wieder kamen, und jedesmal von 8 bis 10 Uhr Morgens, und von 12 bis 2 Uhr Nachmittages anhiel⸗ ten. Gegen das Ende dieſer periodi⸗ ſchen Zufälle, waren die Convulſionen am heftigſten. Der Magen entledigte ſich einer großen Menge von Blaͤhun⸗ G9 99 3 gen, gen, 15 70 Beobachtungen über eine beſondere Nerpenkrankheit. sb die ein ſtarkes poltern im Leibe erregten, ein Beweis, daß die inwen⸗ digen Muskeln ſich in gleichem con: vulſiviſchen Zuſtande als die aͤußern befanden. - Hierauf erfolgte, fuͤrnemlich an den Obertheilen des Kopfs, an dem Halſe und der Bruſt, ein ſtarker Schweiß, der mit außerordentlicher Mattigkeit und blaſſer Geſichtsfarbe vergeſell⸗ ſchaftet war; und dann wurde die Sprache ſehr vernemlich wieder her⸗ geſtellt. Schon vor längft 5 von jeher, bat man die Nervenkrankheiten nach den Urſachen oder nach dem Orte wo ſie ihren Sitz haben, in moraliſche und phyſikaliſche eingetheilt, woraus wiederum die Abtheilung in idiopa⸗ thiſche und ſympatiſche entſtanden = Die ſimpa tiſcheUrſache der Krank: heit war es, die die vorbeſchriebenen Zufaͤlle veranlaßte; und dieſe lag nach der allerwahrſcheinlichſten Vermu⸗ thung, in einem uͤbel geheilten nach⸗ laſſenden Fieber, das der Patient vor eilf Jahren gehabt, und welches uͤber deſſen ganzen Koͤrper Geſchwulſt her⸗ vorgebracht hatte. Bei genauer Unterſuchung der er⸗ ſten Urſache der Krankheit fand ich, das Hypochondrium dertrum geſchwol⸗ len, hart und ſchmerzhaft, und Die verhärtete Leber ragte ſehr hervor, die ich alſo für die naͤchſte des ganzen Uebels halten mußte, indem dadurch die Bereitung und Abſonderung der Galle geſtoͤret worden, als aus deren e 75 144 — Schaͤrfe jene convulſiviſche Zufaͤlle er⸗ zeugt und erklaͤrt werden koͤnnen. Dieſe Urſachen und jene Zufaͤlle, als ihre Folgen betrachtet, gaben die richtigen Heilmittel von ſelbſt an die Hand: ſolche mußten nemlich erwei⸗ chend, reitzend, und auch ausfuͤhrend ſeyn. Dieſe Eigenſchaften fand ich in dem Gummi Ammoniaco, dem ich das Pulver (Rhei und Tartar, Emet.) verhaͤltnißmaͤßig zuſetzte. Der Patient nahm des Morgens und des Abends einen Serupel bis zur halben Drach⸗ me in Pillen davon ein, und um den vierzehnten Tag ließ ich ihn mit Seid⸗ litzer Salz in hinlaͤnglichem Waſſer aufgeloͤſet, dem ich noch Anim. Rha-. barb. zuſetzte, purgiren. Mit dem Gebrauch dieſer Mittel wurde fuͤuf volle Monate unausgeſetzt fortgefahren, und der Patient bemerk⸗ te nach und nach eine Abnahme der Spannung, der Haͤrte und des Schmer⸗ zens, in dem rechten Hypochondrie, wobei täglich vermehrtere, ſchleimigte ſtinkende Ausleerungen mit Eiter er⸗ folgten. | e Vor ungefähre fünf Jahren, war der Patient auf das rechte Stirnbein gefallen, und hatte eine leichte Fleiſch⸗ wunde erhalten, die ſich aber nach richtiger Behandlung in 14 Tagen vernarbte und weiter keine eee zuruͤckließ. zn Bei dem fortgefeßten Gebrauche der bereits angefuhrten Mittel, ſchwoll jene Narbe ganz unerwartet und un⸗ ter heftigen Schmerzen if, und beim Schneutzen floß dem Pationsen, eine en⸗ 1581 Beobachtungen über eine beſondere Nervenkrankheit. 1582 Menge uͤbelriechender Materie aus dem rechten Naſenloche. Von die⸗ ſem Zeitpunkte an, verlor ſich Ge⸗ ſchwulſt und Schmerz, und die ſeit vielen Jahren getragene Fontanelle fing an ſtaͤrker zu fließen. Die für mich in aller Abſicht unerklaͤrbare Ab⸗ ſonderung aus der Naſe, wurde durch den Gebrauch eines medieiniſchen Ta: backs, der aus Merc. viv. Sachr. alb. und der Rad. Iris alb. Florent. zuſam⸗ men geſetzt war, mit ſehr gutem Er⸗ folg unterhalten. Unter dieſem großen Anſchein der zu hoffenden Beſſerung, dauerten gleich⸗ wohl die periodiſchen Convulſionen, nebſt der Epilepſie, die ſich jedoch nur zu unbeſtimmten Zeiten einfanden, in voller Staͤrke fort. Ich verſuchte da⸗ ber am 7ten Febr. dieſes Jahrs die Belladonna, wovon ich um den zwei⸗ ten Abend fuͤnf Gran, mit eben ſo viel Rhabarber vermiſcht, geben ließ, und die Arnica im Thee, die ich bis; kang nebenher gegeben, mußte widri⸗ ger Wuͤrkung wegen, da ſie heftiges Reißen im Unterleibe erweckte, aus⸗ geſetzt werden. | Der ſernere Gebrauch jener letztern Mittel, war ſo geſegnet, daß am ver⸗ wichenen z0ten März, die periodifchen Convulſionen, nebſt den epileptiſchen Zufaͤllen, gänzlich nachließen. Die hieruͤber empfundene Freude mußte der Patient theuer bezahlen; er ſetzte ſich nemlich einer Erkaͤltung aus, die eine Kolik zur Folge hatte, welche ihn an den Rand des Grabes brachte, und durch nichts als durch Opium geſtillt werden konte, wodurch nicht nur feine Kräfte ſehr geſchwaͤcht, ſondern auch der gute Fortgang der Kur ungemein verzoͤgert wurden. Nachdem die Kolik vertrieben war, ſtellte ſich des Morgens um 8 Uhr, ein ſtumpfer Kopfſchmerz, oder eine Doͤſigkeit ein, die mit Gliederreißen, Ruͤckenſchmerzen, und kaum merkli⸗ cher Fieberzeit, verbunden war. Die⸗ ſes Uebel dauerte abwechſelnd, bald ſtaͤrker, bald ſchwaͤcher, bis 3 Uhr Nachmittags fort, da der Patient, nach einem kurzen Schlafe, ſich erquik⸗ ket und wohl befand. Aber eben da⸗ durch, nahm die Krankheit den Charak⸗ ter eines periodiſchen Nervenſiebers an. Die Schwaͤche des ganzen Koͤrpers, die von der hartnäckigen Kolik zuruck geblieben war, ſuchte ich durch das Extr. Cort. Per. aq. in Tinctr. Rhabr. aq. ſolut. zu heben, wodurch zwar ein beſſerer Schlaf, Appetit und mehr Munterkeit bewuͤrkt wurden, aber dem Nervenſieber, dem ich fo ſehr wuͤnſchte Einhalt zu thun, kein Ziel geſetzt werden konte. Ich ſetzte demſelben das bloße In- fuſum aq. aus Cort. Peruv. und der Rad. Valerian. Sylo. mit einer verhaͤlt⸗ nißmaͤßigen Zuthat, von Rhab. und Sal Tartari entgegen, in der Hofnung, daß dadurch das weſentliche des Ner⸗ venfiebers, oder die Tonloſigkeit und Reitzbarkeit der Nerven gehoben, und die geſchwaͤchten feften Theile geſtaͤrkt werden ſolten. Die Wuͤrkung, jener ſonſt fo be ſonders ſtaͤrkenden und Krampf lin⸗ dernden — 1583 Beobachtungen über eine beſondere Nervenkrankheit. 1384 dernden Mittel, zeigten bald, daß ihr Plummerſchen Pillen bezwingen zu Gebrauch zu voreilig geſchehen war; der Patient ſpuͤrte darauf mehrere Spannung im Unterleibe, wenigere Ausleerungen, geringern Appetit, und der Leib war von Blähungen aufge trieben, wodurch ich auf die Schärfe der fluͤßigen Theile mehr aufmerkſam gemacht wurde. * Ich ließ daher das Serum Ladis mit Cr. Tartari bereitet, trinken, und beim Schlafen geben, eine Doſe Rha⸗ barber mit dem Sale Abſinth. verſetzt, nehmen, womit vier Wochen fortge⸗ fahren wurde. Dieſe ſonſt ſehr wuͤrk⸗ ſame Mittel hoben zwar die Span⸗ nung im Unterleibe, aber nicht das Necvenfieber, ſondern es kamen zu dieſem, noch eine gewiſſe Heiſerkeit im Halſe, und ein kaum merklicher hir⸗ ſenfoͤrmiger dartreuſer Ausſchlag im Geſichte, den vermuthlich die vorhin gehabten Maſern, die fo viel mit den Kinderpocken gemein haben, zuruͤckge⸗ laſſen hatten. Jene ſpecifiſche, ſo lange verborgen geweſene Schaͤrfe, glaubte ich mit den Luͤchow. —— Erfindungen eines Windmüllers. Ve einiger Zeit war zu Braunſchweig ein befonderes künſtliches Werkeines Wind: müllers, Namens Seller, zu Leinde, unweit Wolfenbüttel wohnhaft, öffentlich zu ſe⸗ hen. Es beſtand aus einem nußbaumenen Schreibſchrank, worin eine Orgel von ver⸗ ſchiedenen Regiſtern eingerichtet war. Es konte wie eine jede andere Orgel geſpielt werden. Außerdem war hinter dem Werke ein Gewicht angebracht, vermittelſt deſſen das Werk von ſelbſt ſowohl Choraͤle, als ans Gemeinnützige ErfindunFg. koͤnnen, wovon ich Morgens und Abends vier Stück geben ließ, die nicht den mindeſten Ptyalißmus verurſach⸗ ten; und uberhaupt mit ſo gutem Er: folge, daß der Patient nach einem an⸗ haltenden Gebrauch von dreien Mo⸗ naten, aller ſeiner, ſeit eilf Jahren gehabten mannigfaltigen koͤrperlichen Leiden, entlediget, und auch von der, ſeit acht Jahren angehaltenen Merven⸗ krankheit, vollkommen geheilt wurde. Die Belladonna iſt alſo ein zertheilen⸗ des Krampf linderndes und in die Ner⸗ ven wuͤrkendes ſicheres Mittel, das in kleinen Gaben mit Vorſicht angewand große und ſehr heilſame Veraͤnderun⸗ gen in dem menſchlichen Koͤrper her⸗ vorzubringen im Stande iſt; und ich freue mich doppelt, ſowohl meine Kennt⸗ niſſe in der Heilkunde durch dieſes Mit⸗ tel erweitert, als auch Gelegenheit ge⸗ habt zu haben, dadurch einen hofnungs⸗ vollen jungen würdigen Mitbuͤrger zur Wiedererlangung des koſtbarſten Guts, der Geſundheit nuͤtzliche Dienſte zu leiſtenn. BE O. J. Evers, Regimentschirurgus. N dere Stucke, nachdem die Walzen eingeſetzt wurden, ſpielte. Im Obertheil des Schran⸗ kes war eine Uhr, die ſowohl den Lauf der Sonne, als den Mondswechſel zeigte. Dieſe Maſchiene iſt für 100 Louis d'or verkauft worden. Eben dieſer Fünftüche Mann hat einen Wagen erfunden, mit welchem er vermittelſt eines mäßigen Windes von ſei⸗ ner Wohnung nach der eine halbe Stunde davon liegenden Muhle mit einigen Säf 100 Korn ziemlich ſchnell hin und zuruck rt, | 2585 D ZZ Hannoberiſches Magazin. 1586 rootes Stüd, Montag, den 1 5ten December 1783. Kurze Geſchichte einiger der s ſind wenige Abtheilungen in der Naturlehre, die dem Auge ſowohl als dem Geiſt ſo viel Unterhaltung zugleich gewaͤhren, und keine, die ſo merkliche Erweiterungen in den neueſten Zeiten erhalten haͤtte, als die kehre von den mannigfaltigen Luftarten, und da, was das Auge und den Geiſt zugleich unterhaͤlt, noth⸗ wendig uͤberall Liebhaber finden muß, fo glaube ich meinen Lefern einen Dienſt zu erweiſen, wenn ich ſie, wo nicht mit den merkwuͤrdigſten, doch gewiß mit den unterhaltendſten Erſcheinungen dieſer Koͤrper bekant mache. Schon vor geraumer Zeit haben die Chemiſten bemerkt, daß bei ihren ) Da die Lehre von den Fünftlichen Luftarten merkwuͤrdigſten Luftarten. ) Deſtillationen und Aufloͤſungen, bei der Gaͤhrung und andern Verbindun⸗ gen der Kötper ſich ein fluͤchtiges We⸗ ſen los macht, welches ſich nicht gut wolte auffangen laſſen. Dieſes nannte man ſchon vor des Paracelſus Zeiten den wilden Geiſt: von Helm ont gab ihm den Namen Gas, den auch meh⸗ rere neuere Schriftſteller noch beibe⸗ halten haben. Viele hingegen, und darunter einige, denen dieſe ganze Leh⸗ re ungemein viel zu verdanken hat, haben ihm den Namen von Luft bei⸗ gelegt, welchen wir in dieſem Aufſatze, ohne weiter uͤber Worte zu ſtreiten, beibehalten wollen; nennt man doch auch den Brantwein Eau de vie, und Hbb bb giebt gewiß eine der angenehmſten und wich⸗ tigſten der ganzen Phyſik iſt, und einige Entdeckungen darin, vorzüglich die mit der dephlogiſtiſirten Luft, nicht weniger die neuern Verſuche des Herrn Mont⸗ golſier mit der inflammabeln Luft, fuͤglich mit unter die groͤßeſten diefes Jahr⸗ hunderts gerechnet werden koͤnnen, ſo iſt der gegenwaͤrtige ſehr befriedigende Auf⸗ ſatz des berühmten Herrn Profeſſors L. von dem Herrn Eonfiftorial» Secrerair Wolf zum Einrücken in dieſes oͤffentliche Blatt, mit einem um ſo ſichern Vers trauen auf die beifaͤllige Aufnahme des Publici bergegeben worden, da derſel⸗ bige ſich wahrſcheinlich nur in weniger Händen befinden moͤgte, und vielen, des ren Sache es nicht iſt Bücher hierüber nachzuleſen, es dennoch bei denen zeit⸗ hero bekant gemachten auffallenden Erſcheinungen, angenehm ſeyn wird, eine Kenntniß von dieſen Euftarten zu erhalten. Webrs. „ giebt in der Chemie Dingen den Na⸗ men von Oel, obgleich jener mit dem Waſſer und dieſe mit Oel nur in ganz wenigen Eigenſchaften uͤberein kom⸗ men. Allein dieſe Subſtanzen, von denen hier die Rede iſt, (wenigſtens die meiſten unter ihnen,) haben ſehr vieles mit der uns umgebenden Luft gemein. Sie ſind fluͤßig, durchſich⸗ tig, elaſtiſch, werden durch die Hitze ſtark ausgedehnt, und umgekehrt, durch die Kaͤlte ſtark verdichtet, aber nie in einen feſten Koͤrper, (in Eis,) durch dieſelbe verwandelt; ſind alle ſehr viel leichter als das Waſſer, die leichteſten Oele und ſelbſt als die fluͤchtigſten Spiritus; freilich unterſcheiden ſich auch einige unter ihnen ſehr merklich von unſerer Luft; die meiſten ſind dem thieriſchen Leben nachtheilig und ma: chen ihm eingehaucht oft augenblick⸗ lich ein Ende; einige laſſen ſich ent⸗ zuͤnden, und andere vermiſchen ſich ſehr leicht mit dem Waſſer und zwar ſo leicht und ſo ſtark, daß oft ein ein⸗ ziger Tropfen Waſſer ſchon hinreicht eine große Menge derſelben in kurzer Zeit zu verſchlucken. Die vorzüglich ſten Luſtarten, und die wir hier berrach: ten wollen, ſind folgende: 1) Die at⸗ moſphaͤriſche Luft, und zwar bloß in ihrem reinſten Zuſtande, da man fie bephlogiſtiſirte Luft nennen kan. 2) Die ſogenannte fixe Luft. 3) Die brennbare Luft. 4) Die Salpeter Luft. 5) Die vitriol⸗ ſaure Luft. 6) Die ſalzſaure Luft. 7) Die eßigſaure Luft. 5 laugenſalzige Luft, und endlich 9) Die Spathluft. Von jeder wol Kurze Geſchich⸗ 8) Die nen, alsvann ihre vorzüͤglichſte genſchaften erzaͤhlen, und endlich, wo unterhaltende Verſuche damit ange: ſtellet werden koͤnnen, dieſelben unſern Leſern mittheilen. 1) Dephlogiſtiſirte Luft (Hru. Scheelens Feuerluft ) ſehr reis ne athembare Luft. N Dieſe Luft wird in großer Reinheit aus den Kalken der Metalle erhalten, die dieſelbe während der Verkaͤltung aus der gemeinen Luft an ſich ziehen, die dafuͤr das Brennbare derſelben auf: nimt und wegfuͤhrt. Dieſe eingeſaugte dephlogiſtiſirte Luft iſt vermurblich die Urſache, warum die metalliſchen Kal⸗ ke ſchwerer befunden werden, als die Metalle, die man verkalkt hat, ob die⸗ fe gleich ihr Brennbares verloren base ben, Um dieſe Luft rein nun heraus zu bringen, muͤſſen die Kalke ohne Zu⸗ ſatz eines brennbaren Stofs bloß durch ein heftiges Feuer reducirt werden, denn der mindeſte Zuſatz vom Brenn⸗ baren wuͤrde zwar die Metalle redu⸗ eiren und auch eine Luft geben, aber i eine, die gerade das Gegentheil von der iſt, von welcher wir hier reden. Da aber eine ſolche Reduction bei den ſchlechten Metallen ſehr ſchwer von ſtatten geht, ſo bedient man ſich dazu der edleren, und mit großem Vortheil hauptſaͤchlich des rothen Queckſilber⸗ kalks, den man unter dem Namen des rothen Praͤcipitats in allen Apo⸗ theken antrift. Dieſer Kalk wird in einer Retorte, an welcher ſich eine 8 Roͤhre befindet, deren Ende man ums ter 0. fen wir die bequemfte | Merhoden 1 12 Ä zeigen, wie fie We des Li n Ei 1589 ter dem Waſſer mit der Muͤndung ei⸗ ner Bouteille voll Waſſer verbindet, dem Feuer ausgeſetzt, wodurch das Queckſilber reducirt wird, und die de⸗ phlogiſtiſirte Luft in die Bouteille ſteigt. Auf dieſe Weiſe laͤßt ſie ſich mit un⸗ terſchiedenem Grade von Guͤte aus einer großen Menge von Körpern er: halten, aus keinem aber mit geringe: rer Muͤhe und groͤßerem Vortheil, als aus dem kryſtalliſirten Salpeter, mit welchem man eben ſo verfaͤhrt, als mit dem rothen Praͤcipitat, nur muß bier das Feuer ungleich ſtaͤrker ſeyn, indem ſich die Luft nicht eher entwickelt, als bis der Salpeter kocht. Die Menge der entwickelten Luft iſt im Vergleich mit der Menge des Sal: peters bewundernswuͤrdig. Der Abt Fontana bat aus einem Cubiczoll Salpeter 800 Cubiczoll Luft erhalten. Wenn man endlich in glaͤſernen mit Waſſer angefuͤllten umgeſtuͤrzten Ge⸗ faͤßen die friſchen Blaͤtter der Pflan⸗ zen dem Sonnenlicht ausſetzt, ſo be⸗ merkt man bald an denſelben kleine Blaͤschen, die bald darauf groͤßer wer⸗ den, und ſich oben im Gefaͤße ſam⸗ meln, dieſes iſt ebenfalls eine dephlo: giſtiſirte duft. Die Eigenſchaften die: ſer Luft ſind aͤußerſt merkwuͤrdig. In Gefaͤßen mit dieſer Luft angefuͤllt le⸗ ben die Thiere 7 bis 8 mal laͤnger, und Lichter brennen 7 bis 8 mal laͤn⸗ ger als in gemeiner Luft. Gluͤhende Schmiedekoblen brennen mit einer blauen Flamme unter einem lebhaften kniſtern. Raͤucherkerzchen und der Zunder brennen mit einer Flamme. Der brandiſche Phosphorus angezuͤn⸗ einiger der merkwuͤrdigſten Luftarten. 1590 det und hinein gehalten brennt ſehr lebhaft, und erfüllt das Gefäß mit einem weißen Dampf, der immer hel⸗ ler wird, und endlich in einen Glanz uͤbergeht, der den Augen unertraͤglich iſt, und alle Beſchreibung uͤberteift. Duͤnner Eiſendrath an dem man et— was angezuͤndeten Zunder befeſtigt und hinein bringt, ſchmilzt mit einem leb⸗ baften Licht. Die beſten engliſchen Ubrfedern laſſen ſich auf dieſe Weiſe in einer halben Minute wie Bindfas den abbrennen. Dieſes Abbrennen ge⸗ ſchieht unter einem beſtaͤndigen Spruͤ⸗ ben der lebhafteſten ſternfoͤrmigen Funken, der herabtriefende geſchmol— jene Stahl gluͤht oft noch einige Se kunden unter dem Waſſer. Kurz dieſe Luft gewährt eine Menge von Erſchei⸗ nungen, die jetzt noch vielen, die da⸗ von hoͤren, wie Fabeln klingen, und die Welt hat ſich die groͤßten Entdek⸗ kungen davon zu verſprechen. Dem thieriſchen Leben iſt fie ſehr zutraͤg⸗ lich. Herr Ingenhouß bat nur ganz kurze Zeit welche eingeathmet, und ſich ſehr wohl befunden, mit groͤſ⸗ ſerem Appetit gegeſſen und beſſer ge⸗ ſchlafen. Den Pflanzen Hingegen iſt fie ſehr ſchaͤdlich. Waͤre dieſer Um; ſtand nicht, ſo koͤnte man annehmen, Gott habe zuerſt die Erde mit reiner Luft umgeben, die denn nach und nach durch die Volkane zu dem Grade ver; dorben worden ſey, daß wir jetzt nur bis auf 70, und wenns hoch koͤmt 80 Jahre leben. Das hohe Alter der Erzvaͤter ließe ſich alſo aus dieſer Hy⸗ potheſe erklaͤren, aber die übrigen Hbbbbz2 Herr⸗ 1591 Herrlichkeiten des Paradieſes und der Verwelt nicht. 4. Sixe Luft, Luftſaͤure. Dieſe Luft, die am haͤufigſten bei den chemiſchen Operationen entwik⸗ kelt wird, erhaͤlt man am reinſten 1) aus gaͤhrenden Koͤrpern. Sie ſchwebt zum Beiſpiel in ſehr hohen Schichten uͤber dem Waſſer des Bot⸗ tichs, worin die Bierbrauer die Ger⸗ ſte gaͤhren laſſen. 2) Durch Gluͤhen aus den milden alkaliſchen Erden, als der Kreide, oder auch, wenn man Saͤuern auf dieſe gießt. Ihre merk: wuͤrdigſten Eigenſchaften ſind folgen⸗ de: Sie iſt ungefaͤhr noch einmal ſo ſchwer, als die gemeine Luft: arbem: bolende Thiere toͤdtet fie augenblick⸗ lich, auch den Inſekten bekomt ſie ſehr uͤbel, Fiſche ſterben in dem Waſſer, das mit dieſer Luft geſchwaͤngert iſt. Lichter werden faſt ſo ſchnell durch die⸗ fe Luſt ausgelöfcht, als durch Waſſer, auch kan man kein Schießgewehr darin losbrennen. Dieſe beiden Eigenſchaf- ten dieſer Luft laſſen ſich ſehr artig durch folgenden Verſuch auf einmal darthun: man ſetzt einen Vogel, oder wenn man ſeiner Neugierde kein Leben auſopfern will, ein Stückchen ange: zuͤndetes Wachslicht auf den Boden eines etwas tieſen Glaſes; (die hohen eylindriſchen Glaͤſer, aus denen man in hieſigen Gegenden das Bier zu trinken pflegt, ſind ſehr gut dazu,) als⸗ dann füllt man ein Gefäß mit firer tuft an, und gießt fie in das Glas mit dem Lichte, ſo wie man verfahren würde, wenn man Waſſer hinein gief- fen wolte, fo faͤllt die fire Luft vermit⸗ Kurze Geſchichte und loͤſcht das Licht aus. Der Duc de Chaulnes druͤckt ſich ſehr artig tiber dieſen Verſuch aus: Dieſer Ver⸗ ſuch, fagt er, zeigt die ziemlich außer: ordentliche Erſcheinung, daß man dem Augenſcheine nach nichts aus einem Becher, worin nichts iſt, in einen an⸗ dern Becher, worin gleichfalls nichts iſt, mit ſehr vieler Vorſicht nichts da⸗ bei zu verſchuͤtten, gießt, und dennoch in wenig Sekunden gewahr wird, daß in dem letztern Becher ein Thier, wenn ei⸗ nes darinnen iſt, ſtirbt, ein licht erloͤſcht. Sie vermiſcht ſich ſehr ſtark mit dem Waſſer, und giebt ihm einen fäuerli: _ chen Geſchmack wie dem Spaa: und Selterwaſſer, die auch ihre Wuͤrkſam⸗ keit hauptſaͤchlich der in denſelben ent haltenen fixen Luft zu danken haben, daher man in England Maſchinen erdacht hat, jene Waſſer durch Kunſt nachzumachen, die man nun auch in Deutſchland verfertigt. Allein, wer weiß, worauf es hiebei ankomt, kan die Sache auch ohne ſolche Maſchinen ausrichten. Sie hat uͤbrigens noch alle Eigenſchaften einer wahren Saͤu⸗ re, ſie bringt Laugenſalze zur Kryſtal⸗ liſation, und loͤſt mit Waſſer verbun⸗ den Metalle, und hauptſaͤchlich das Eiſen auf, wodurch denn die ſogenann⸗ ten Stahlwaſſer entſtehen, Die un⸗ terſcheidenſte Eigenſchaft dieſer Luft iſt, daß fie den gebrannten Kalk aus ſei⸗ ner Aufloͤſung in Waſſer als eine reine Kalkerde niederſchlaͤgt. 5 3) Inflammable Luft. Dieſe kan aus den Koͤrpern aller drei Reiche der Natur erzeugt m 5 1 Be >) 1592 9 1 1593 nicht ganz ausgemacht, es ift aber höchst wahrscheinlich. Am leichteſten und wohlfeilften erhält man fie, wenn man ein mit 2 bis 3 Theilen Waſſer ver duͤnntes Vitrioloͤl auf groben Ci ſenfeilſtaub gießt, und die dadurch ent⸗ ſtehende Blaſen durch eine auf das Glas geſteckte krumm gebogene Roͤhre in eine mit Waſſer angefüllte unge: kehrte Flaſche, deren Muͤndung unter dem Waſſer gehalten werden muß. lei: tet. Die Blaſen ſteigen in der Bou— teille in die Hoͤhe, und treiben das Waſſer aus derſelben heraus in das Gefaͤß, über welchem man fie umge kehrt hatte. Sie wird auch ohne viele Muͤhe aus den Suͤmpfen gezogen, wenn man in 4 oder ausgewunde⸗ nen Blaſen, ohne daß atmoſphaͤriſche Luft hinzu trit, die Blaſen aufzufan⸗ gen weiß, welche aus ſumpfichten Waf: ſern haͤufig aufſteigen, wenn man den Grund derſelben mit einem Stock et⸗ was aufruͤhrt. Man pflegt dieſes Sumpfluſt zu nennen. Athmende Thiere in fie hinein ge bracht ſterben augenblicklich, ſie laͤßt ſich durch brennende Koͤrper und den elektriſchen Funken ſehr leicht entzuͤn⸗ den, brennt aber nicht ohne den Zu⸗ trit der freien duft. Mit zweimal fo viel atmoſphaͤriſcher Luft vermiſcht, entzuͤndet ſie ſich mit einem Knall, der, wenn alles uͤbrige gleich iſt, deſto ftär; ker iſt, je reiner die damit vermiſchte Luft war; mit 2 oder auch 3 Theilen dephlogiſtiſirter duft vermiſcht, wird der Knall ſo heftig, daß ſelbſt einzelne Seifenblaſen betraͤchtlich knallen, und einiger der merkwuͤrdigſten Luftarten. Ob es verſchiedene Arten find, iſt noch 1594 eine Menge ſolcher Blaſen in einer Schuͤſſel mit Seifenwaſſer gemacht und angezündet, verurſachen einen Knall der in verſchloſſenen Zimmern dem Gehoͤr gefaͤhrlich werden kan. Auf dieſe Eigenſchaft der entzuͤndba⸗ ren Luft ließe ſich ein Inſtrument gruͤn⸗ den, die Guͤte der Luft zu pruͤfen, das den gewöhnlichen Pulverproben aͤhn⸗ lich ſehen müßte. Die Sumpfluft muß mit einem viel groͤßern Theil der rei nen verſetzt werden, wenn ſie ſich mit einem Knall entzuͤnden fol. Die Pi: ſtolen, Kanonen und Bombenmoͤr ſer, die mit dieſen Miſchungen gefuͤllt und angezuͤndet werden, find bekant. Auf die vorher erwaͤhnte Eigenſchaft dieſer Luftart, daß ſie ſich mit atmoſphaͤri⸗ ſcher oder reinen Luft unvermiſcht, ſtill entzuͤndet, gruͤnden ſich die Lampen, oder beſſer Feuerzeuge, denen man et was unſchicklich den Namen der elek⸗ triſchen gegeben hat. Man hat ihrer eine ziemliche Anzahl, unter denen aber die von Herrn Ingenhouß in ſeinen phyſikaliſchen Schriften beſchriebene unſtreitig den Vorzug verdienen. Dieſe Luftart iſt ſehr leicht, ihre Schwere verhaͤlt ſich zu der von der gemeinen Luft, nach einigen wie 1: 6, nach andern wie 1: 10. Wenn man daher Seifenblafen davon macht, fo ſteigen ſie ſehr ſchnell auſwaͤrts, da die, die man mit gemeiner atmo ſphaͤ⸗ riſcher oder auch ausgehauchter Luft anfuͤllt, ſehr bald zu Boden fallen. Die Sumpfluft iſt etwas ſchwerer, als die brennbare Luft; aus Eiſenfeil durch die Vitriolſaͤure hingegen iſt die aͤtheriſche brennbare Luft des Herrn Hbb bbs In, 1595 | Ingenhouß, die er durch Weingeiſt und Vitriolſaͤure erhaͤlt, ſchwerer, als ſelbſt die gemeine. Dieſe Luftart iſt, nach unſern jetzigen Kenntniſſen, wahr: ſcheinlich die Urſache von ſehr vielen 8 ne Erſcheinungen in der Na⸗ tur. Durch nichts anderes koͤnnen die Irrlichter und die großen Feuerkugeln ſo ſchoͤn erklaͤret werden, als durch ſie. Den Pflanzen iſt ſie zutraͤglich und die um die Moraͤſte wachſende Pflanzen ſcheinen gleichſam dahin geſetzt zu ſeyn, durch ſie zu wachſen und zugleich den athmenden Thieren ein gefaͤhrliches Gift zu entziehen. 4) Salpeterluft. Sie hat ihren Namen von der Sal⸗ peterſaͤure, ohne welche ſie ſchlechter⸗ dings nicht erhalten werden kan. Ob: gleich der berühmte Hales fie ſchon geſehen hat, ſo muß man doch den D. Prieſtley als ihren eigentlichen Er⸗ finder anſehen, und da ſie eine der merkwuͤrdigſten iſt, ſo iſt es wohl der Muͤhe werth, den Tag der Entdeckung anzumerken; es war der 41e Junius 1772. Sie ſcheint aus einer Ver⸗ bindung der Salpeterſaͤure mit dem Brennbaren zu beſtehen, und wird da; ber allemal erhalten, wenn man die Blaſen auffängt, die entſtehen, wenn man Salpeterſaͤure auf Metall oder andere Körper, welche das Breunbare enthalten, gießt. Auch bei dem Auf: guß dieſer Säure auf Zucker erhält man ſie, wenn man das Ganze er⸗ wärmt. Eben ſo entſteht fie bei der Goldaufloͤſung durch Koͤnigswaſſer, weil hier die Salpeterſaͤure beigemiſcht Kurze Geſchichte 1998 iſt. Am leichteſten und fuͤr unſere g Hauptabſicht, am beſten wird fie durch den Aufguß der Salpeterſaͤure auf Kupfer erhalten. 5 Ihre Haupteigenſchaft, und wodurch ſie ſich vor allen andern in dieſen Ta⸗ gen merkwuͤrdig gemacht hat, iſt die, daß, ſobald ſie mit atmoſphaͤriſcher oder dephlogiſtiſirter Luft vermiſcht wird, augenblicklich eine Scheidung ihrer Beſtandtbeile vorgeht. Ihr Brenn⸗ bares verbindet ſich mit dieſen beige⸗ miſchten Luftarten, und die Salpeter⸗ fäure fälle in Geſtalt orangefarbener Daͤmpfe nieder, uͤberdas entſteht ei⸗ ne betraͤchtliche Verminderung des Raums, den der Erwartung nach die Miſchung einnehmen ſolte, und dieſe Verminderung iſt deſto groͤßer, je freier die beigemiſchte Luft vom Brenn⸗ peterluft mit hundert Theilen einer guten atmoſphaͤriſchen Luft vermiſcht, nehmen nicht den Raum von zwei⸗ baren iſt. Alſo hundert Theile Sal⸗ hundert ein, ſondern zuweilen nur von hundert. Ja, iſt die Luft rein, de⸗ phlogiſtiſirt, ſo kan man zu 100 Theilen derſelben 300. 400. und dar⸗ über Theile Salpeterluft bringen, ohne daß eine Vergroͤſſerung des Volumi-. nis entſteht. 0 an bc Auf dieſe Eigenſchaften der Salpe⸗ terluft, ihre Salpeterſaͤure fallen zu laſſen, fo bald fie mit athembarer luft vermiſcht wird, und ihr Brennbares mit letzterer zu vereinigen, und ſie in einen kleinern Raum immer nach Maaßgabe der Guͤte derſelben zuſam⸗ men zu ziehen, hat man Inſtrumente von dem wichtigſten Gebrauch gegruͤn⸗ det, — — 3597 det, nemlich die Eudiometer, oder In⸗ ſtrumente, die Guͤte der Luſt zu pruͤ⸗ fen, unter denen das auch vom Herrn Ingenhouß beſchriebene Fontanai⸗ ſche unſtreitig den Vorzug verdient. Recht reine fire oder auch inflammable Luft mit der Salpeterluft vermiſcht, be⸗ wuͤrkt keine Verminderung des Raums, doch will man bei erſterer etwas von der Art bemerkt haben. Daß bei der Ber: miſchung der Salpeterluft mit der ge meinen die Verminderung nicht ſo groß iſt, als bei der mit dephlogiſti— ſirter, ruͤhret alſo wohl von den ſchaͤd⸗ lichen enftarten her, die mit der ge meinen die wir einathmen, vermiſcht find, die nach Herrn Lavoiſier auf jeder Luftmaſſe betragen. Dieſe Er: ſcheinungen leiden auch andere Erklaͤ— rungen; hier iſt genug zu wiſſen, daß die Verminderung des Volumens der Miſchung ſich ungefaͤhr ſo verhalte wie die Guͤte der mit der Salpeterluft ver⸗ miſchten Luft, oder eigentlicher zu ver den, daß die Menge der guten Luft, die in der zu probirenden enthalten iſt, ſich verhalte wie jene Verminderung. Dieſes iſt aber noch kein Beweiß, daß die Miſchung überhaupt dem thieri: ſchen Leben dienlich iſt. So koͤnte man dem beſten Waſſer „Is von Gift zu: ſetzen, welches das ganze ſehr ſchaͤd⸗ lich machte, obgleich die Probe 785 reines Waſſer angaͤbe, ſo hat es ſich auch wuͤrklich bei den Proben der aus reiner und brennbaren gemiſchten Luft gefunden. Ehe wir von den übrigen Luſtar⸗ ten, die ſich von den bisher beſchrie⸗ benen ſehr merklich unterſcheiden, et; einiger der merkwuͤrdigſten Luftarten. 1598 was ſagen, muͤſſen wir ein Paar Wor⸗ te von der phlogiſtiſirten oder phlogi⸗ ſtiſchen duft beibringen. Phlogiſtiſche Luft nennt Prieſtley eigentlich das Reſiduum von fixer Luft, das ſich nicht mehr mit dem Waſſer vermiſchen laͤßt. Sie iſt leichter als gemeine Luft, loͤſcht Lichter aus, toͤdtet Thiere, unterfcheis det ſich aber von der inflammabeln dadurch, daß fie nicht entzuͤndbar iſt, von der fixen, daß ſie das Kalkwaſſer nicht truͤbt, und von der Salpeterluft, daß ſie durch die atmoſphaͤriſche und reine Luft nicht verſetzt wird. Die Luft, worin Lichter ausgebrannt haben, und die von Thieren ausgehauchte, ſchei— nen von derſelben Art zu ſeyn, und ihr Eigenes uͤberhaupt von einem Brenn⸗ baren herzuruͤhren. Die Luft, die ſich aus den Fruͤchten der Pflanzen und den Wurzeln derſelben entwickelt, die in den Schwimmblaſen der Fiſche, und die, durch welche der elektriſche Funke oͤfters geſchlagen hat, iſt von eben der Art. Da die Natur dieſer Luft noch ſo wenig unterſucht iſt, und man oft die Luft phlogiſtiſch nennt, die man unter keine der andern Rubri⸗ ken fuͤglich bringen kan, ſo haben wir fie deswegen in der Seite 1587 gege— benen Liſte nicht mit aufgeführt. Wenn ſich verſchiedene Chemiker ge⸗ gen den Beinamen Luft aufgelehnt ha⸗ ben, den man den fluͤßigen Subſtan⸗ zen gegeben hat, von denen wir hier reden, ſo muß man bekennen, daß ſie bei denen Arten, die wir jetzt anzeigen wollen, ſo unrecht nicht haben, wie bei den andern, ob wir gleich, um nicht uͤber Worte zu ſtreiten, auch hier die⸗ 1599. Kurze Geschichte einiger der merfiwürdigften Luftarten. 1606 dieſen Namen beibehalten wollen, Diefe Arten nemlich unter ſcheiden ſich haupt: ſaͤchlich dadurch von den vorhergehen⸗ den, daß ſie ſo aͤußerſt ſchnell vom Waſſer und aller andern Feuchtigkeit verſchluckt werden, daß ſie gar nicht einmal auf die Weiſe aufgefangen wer; den koͤnnen, deren wir oben Erwaͤh⸗ nung gethan haben. Denn, ſo wie Der Schluß die aufwallende Blaſe in das Waſſer trit, ſo wird ſie auch von demſelben verſchluckt, und erhielt man ja am Ende etwas, was ſich mit dem Waſ⸗ ſer nicht vermiſcht, ſo wuͤrde dieſes gewiß gar das Weſen nicht ſeyn, das man ſucht. Man bedient ſich daher zu ihrer Verfertigung des Queckſilbers ſtatt des Waſſers. 8 10 folgt kuͤnftig. Entſtehungsart einiger Inſeln und Berge. us einem Grunde der 120 Fuß tief war, entſtand 1631 eine neue Azore. Ein Dampf ſtieg neben den Azoriſchen Ey: landen aus der See auf, und ſchleuderte Waſſer unter dem entſetzlichſten Getoͤſe der ausbrechenden Flammen in die Hoͤhe. Kurz darauf erblickte man ein kleines Eyland, wel⸗ ches nach und nach dergeſtalt anwuchs, daß es fünf Meilen in die Laͤnge betrug. Im J. 1720, den 31ten Dec. entſtand auf den Flimiſchen Inſeln ein heftiges Erdbeben. Des folgenden Tages erſchien eine kleine In⸗ ſel zwiſchen St. Michael und Terzora, die man anfangs kaum ſehen konte: ia wenigen Tagen erhub ſie ſich mit Klippen und Stei⸗ nes beſetzt, fo ſehr, daß man ſie in einer Ent⸗ fernung von 10 Meilen deutlich wahrneh⸗ men konte. Sie hatte eine Meile im Um⸗ fange. Die See war auf der einen Seite noch ſo tief, daß man mit einem Senkblei von 60 Faden noch nicht den Grund errei⸗ chen konte. Eben dieſe Inſel erniedrigte ſich 2 Jahr nachher im Maͤrz, daß ſie kaum Aber dem Seeſpiegel hervorragte. Santoriaſ eine Inſel im Archipelagus er⸗ litt im J 1707. den 21ten Mai ein Erdbe⸗ ben Am 23ten erhub ſich aus einer Tiefe von 80 Faden, eine kleine Inſel, den 13ten und syn Jun. hatte fie ſchon eine Meile im Umfange und ſahe 27 Fuß uͤber den See⸗ ſpiegel weg. Den nien Jul. erſchienen noch 18 ſchwarze Klippen, die ſich bald darauf mit der Inſel vereinigten und fie vergrößer: ten. Den 18tea Jul. flieg aus der Inſel ein ſchwarzer Dampf in die Hoͤhe, unter ei⸗ nem unterirdiſchen Getoͤſe. Den 29ten Jul. brachen Flammen hervor: der Abgrund don⸗ nerte: Felſen wie Bomben wurden ausge⸗ worfen, und fielen wohl 7 Meilen weit da⸗ von in der See nieder. 1711. den sten Jun. ging das Getoͤſe wieder von neuen an, und die Inſel ward bis auf 6 Meilen im Um⸗ fange vergrößert. So iſt Hiera, ſo iſt Thion entſtanden, deren Plinius Erwaͤhnung thut. 1538 entſtand der Monte nuovo bei Poz⸗ zuolo in einem fuͤrchterlichen Erdbeben. Die Erde ſpaltete ſich nahe bei der See; aus dem Schlunde ward Rauch, Feuer, Steine, ſchmutzige Aſche geſprengt und ein Getoͤſe, gleich dem lauteſten Donner, wurde gehört, Der Koth haͤufte ſich in weniger als 12 Stunden zu einem Berge von 1000 Schrit⸗ ten hoch. Am dritten Tage hörte der Ausbruch auf und ein neuer Berg ſtand da. Der Cra⸗ ter deſſelben war da Hamilton ihn ſah (dom: _ mit Stauden bewachſen. Noch 1770 ent⸗ deckte man zwiſchen den Gebuͤſchen ein klei⸗ nes Loch, aus dem ein kleiner Dampf ſteigt und bei Nacht ficht man wohl eine Flamme. Dieſe Thatſachen, deren noch mehr angeführt werden koͤnten, bei neuern Begebenheiten derſelben Art, beſtaͤtigen den richtigen Gedanken, daß man nicht nöthig: habe bei Erſcheinungen, die in gewiſſer Hin⸗ ſicht fo gewohnlich in der Natur find, auf ſerordentliche Dinge zu beſorgen. 2 x 160 r a E ar 1602 Humber Magazin. Fun 10 ftes Stuck. Freitag, den 19 en Detember 1783. Kun Geſchichte einiger der merkwuͤrdigſten Luſtarten. gik (Schluß.) ; 25 Vierielſaure Luft, beſſer Schwefelluft oder Pblogiti fi rte Vitriolſaure. . an erhält fie, wenn man Fehr reines Vitriolöl auf fettig⸗ te, oͤligte Koͤrper, die das Vitriolöl angreift, oder auch auf an⸗ dere Koͤrper gießt, die das brennbare Weſen enthalten, und das dadurch entwickelte elaſtiſche Flüͤßige, eben fo auffaͤngt, wie wir oben bei den an⸗ dern Luftarten geſehen haben, nur, pe ation gefährlich werden koͤnte, denn man Körper dazu gebrauchte, die des Brennbaren zu viel enthielten, ſo bedient man ſich am beſten dazu der Metalle und ſehr bequem des Queck⸗ übers. Auf einige Drachmen Que: ilber gießt man zwei Unzen vom be⸗ en Vitrioloͤl in eine kleine Caravine, die man oben mit einer krumm gebo; genen glaͤſernen Röhre gut verſchließt, alsdann fängt man an, das Ganze über, einem Kolgenftuer zu erhitzen, da daß das, was dort Waſſer war, hier ſich denn bald Daͤmpfe uͤber dem Bi: trioloͤl zu zeigen anfangen, die man, weil fie noch mit atmoſphaͤriſcher Luft vermiſcht fi KA fortgehen läßt, fo bald aber die Duͤnſte ſtaͤrker zu riechen an⸗ fangen, faͤngt man ſie in dem mit Queckſilber angefuͤllten und in Queck⸗ ſilber umgeſtuͤrzten Gefäß auf, wo fie denn in Geſtalt einer reinen von allem Nebel freien Luft aufſteigen und fi ich oben ſetzen. Dieſes ift nun die ſaure Vitriolluft. Sie iſt ſchwerer als ge⸗ meine Luft, entwiſcht alſo nicht leicht aus offenen Gefaͤßen; iſt aͤußerſt me⸗ phitiſch, (d. i. toͤdtet Thiere und loͤſcht Lichter aus,) nur das mindeſte einge⸗ haucht, erweckt Huſten und Convul⸗ ſtonen der Lunge. Vom Waſſer wird ſie aͤußerſt ſtark ver ſchluckt, ſo, daß es ſchwer hält eine Quantitat damit zu ſaturiren. Ein Cubiczoll Waſſer ver⸗ ſchluckt leicht 10 Cubiczoll dieſer luſt, und daruͤber, wenn ſte rein und von aller gemeinen Luft frei iſt. Ein Stuͤck⸗ chen Eis hinein gebracht ſchmilzt au⸗ genblicklich, und das daher entſtehen⸗ de Waſſer verſchluckt die Luft. Vi⸗ Jii ii iel. 1603 triolaͤther und die Oele verſchluckt fie ebenfalls, doch nicht ſo ſtark, der Ae⸗ ther behaͤlt dabei ſeine Durchſichtigkeit und Entzuͤnd barkeit; mit der reinen Vitriolſaͤure hat ſie die Aehnlichkeit, daß ſie, ſo lange ſie rein iſt, das Eiſen nicht angreift, hingegen greift das da: mit geſchwaͤngerte Waſſer das Eiſen an. Das damit geſchwaͤngerte Waſ⸗ ſer hat anfangs einen ſehr heftigen Ge⸗ ruch, der Geſchmack deſſelben aber iſt nur maͤßig ſauer; ſie wird von gut durchgetrockneten Kohlen ebenfalls an⸗ gezogen. Der Kampfer wird durch ſie in ein Oel aufgeloͤſet, ſpruͤtzt man aber Waſſer hinein, ſo verbindet ſich die Luft mit dem Waſſer und der Cams pher haͤngt ſich in ſeiner trockenen Ge⸗ ſtalt wieder an die Seite des Gefaͤßes an. Herr Profeffor Leonhardi hat auch eine Art von Niederſchlag im Kalkwaſſer durch dieſelbe bemerkt, wel: ches die groͤßte Aufmerkſamkeit ver⸗ dient, da man bisher dieſes als das untrüglichfte Merkmal der fixen Luft angeſehen hat; dieſer Luft haben ver⸗ muthlich die Aachenſchen Bäder ihre Wuͤrkſamkeit zu danken. a 6) Die Salzſaure Luft, See⸗ ſaure, ſaure kochſalzige Luft, luftige Salzſaͤure. Dieſe Luftart iſt eine Entdeckung des Herrn Cavendiſh. Er wolte ſich brennbare Luft verſchaffen, und goß zu dem Ende Salzgeiſt auf Kup⸗ fer, fand aber zu ſeinem Erſtaunen, daß die Luft, die er erhielt, nicht al⸗ lein nicht brennbar war, ſondern auch von dem Waſſer ſehr ſchnell abſorbirt Kurze Geſchichte e wurde. Man fand bald, daß diebe ein Fluͤßiges von eigener Art, die ſalzſaure Luft ſey. Wir uͤbergehen bier die Mittel fie zu verfertigen, de⸗ ren man ſich bediente, ehe man auf das bequemſte gerieth, und zeigen nur dieſes an. Man füllt eine kleine Phio⸗ le mit gemeinem Kuͤchenſalz an, und gießt darauf eine Quantitaͤt des beſten concentrirten Vitrioloͤls die hinlaͤng⸗ lich iſt daſſelbe zu befeuchten, ſetzt alles einer maͤßigen Waͤrme aus, und faͤngt, wie beim vorhergehenden Pro⸗ ceß, das fluͤchtige Weſen über Queck ſilber auf. Eine ſolche Phiole giebt nicht allein eine ſehr große Menge die⸗ fer kuft, ſondern dient auch viele Wo chen lang immer noch welche per 172 zubringen, wenn man nur etwas w niges Vitrioloͤl zugiefßt. Man hat ſich bei Verfertigung dieſer Luft ſehr zu huͤten, daß man ſie 0 im⸗ mern vornimt, wo koſtbare Aden mente aus Metall ſich befinden, indem ſie alle Metalle und ſelbſt das Gold angreift, und dadurch unter ſcheidet fie ſich von der Vitriolſaͤure, die die Me⸗ talle nicht unmittelbar, ſondern nur, wenn ſie mit dem Waſſer vermiſcht iſt, angreift. Sie wird vom Wa et dem Aether, dem Weingeiſt abforbii doch nicht fo ſtark, als Nr. 5., auı macht ſie den Aether truͤbe, wenn ſie durchgeht, und giebt ihm endlich ein gelbe Farbe. Sie wird ebenfalls der Kohle abſorbirt, oder vielm ihrer Oberfläche condenſirt wie Nr. 5. allein mit dem Unterſcheid, daß zu Kohle angreift, ihr Brennbares au 5 f Be. r nimt. 1605 nimt, und dadurch eine inflammable Luft erzeugt, welches Nr. 5. nicht thut. Uebrigens iſt fie im boͤchſten Grad mepbitifch und hoͤchſt gefährlich uathmen. Lichter in fie eingetaucht, verloͤſchen mit einer gruͤnlichen Flam⸗ me, die auch wieder erſcheint, wenn man fie wieder anſteckt. Daß dieſe Luft ſehr merkwuͤrdige Wuͤrkungen auf den Salpeter und den Alaun habe, zeigen wir nur an. Ihre Schwere komt übrigens der von der gemeinen kuft ſehr nahe, und verhält ſich nach Herr von Serbert zu letzterer wie 27182719, welches, wenn anders die Verſuche mit der noͤthigen Sorg⸗ falt angeſtellt ſind, gar wohl fuͤr die Verhaͤltniß der Gleichheit gelten kan. Uebrigens färben Nr. 5. und 6. die Lak⸗ mustinktur roth, und koͤnnen, weil ſie vom Waſſer ſo ſtark abſorbirt werden, dienen einen luftleern Raum zu machen. 7) Die Eßigſaure Auft; Eßig⸗ luft; vegetabiliſche ſaure Ne a Von dieſer von Prieſtley zuerft entdeckten Luft, die weiter nichts iſt; als eine unter Luftgeſtalt vermittelſt des Feuers dargeſtellte Eßigſaure, mol: len wir nur weniges melden, weil würklich Prieſtley in ſeinen neuern Schriſten die ganze Sache wieder zu⸗ ruͤck nimt. Denn er konte fie nie aus der hoͤchſt concentrirten vegetabiliſchen Saͤure durch das Feuer erhalten. Er glaubt daber, daß, weil er ſich bei feinen erſten Verſuchen immer derjeni⸗ gen Eßigſaͤure bedient haͤtte, die er vermittelſt des Vitrioloͤls aus ſolchen einiger der merkwuͤrdigſten Luftarten. 1606 Koͤrpern austrieb, welche dieſelbe ent⸗ balten, ſeine Eßigluft vielleicht blos eine etwas veränderte Schwefelluft koͤn⸗ ne geweſen ſeyn. Die Luft, die er er⸗ bielt, hatte außer einigen Eigenſchaf⸗ ten, die ſie mit Nr. 6 und 7 gemein hatte, dieſes beſondere; daß fie das Olivenoͤl weder verdickte noch truͤbte, ſondern grade umgekehrt, es duͤnne und klar wie Waſſer machte, ein Um: Rand, der für manche Künfte ſehr wichtig werden koͤnte. 8) Die laugenſalzige Luft. Nachdem es dem D. Prieſtley ge⸗ gluͤckt war, die Salzſaͤure in luftiger Geſtalt darzuſtellen, verſuchte er ein gleiches mit dem flüchtigen Aleali und es gelang ihm. Nach einigen Ver⸗ ſuchen, wodurch er eine mit ſixer ver⸗ miſchte alkaliſche Luft erhielt, fand er folgendes Verfahren fuͤr das beſte: man vermiſcht einen Theil Salmiae mit drei Theilen von geloͤſchtem Kalk, verfaͤhrt damit wie bei Nr. 5 und 6, nur, daß man der damit aufſteigen⸗ den Feuchtigkeit durch eine an die Roͤh⸗ re angebrachtes Flaͤſchgen Abfluß ver: ſchaffen muß. Gleiche Theile unge⸗ loͤſchten Kalks und Salmiac, auch Mennige ſtatt des ungelöfchten Kalks gebraucht, thun eben die Dienſte. Dieſe Luſtart iſt ſehr mephitiſch und wird ſtark vom Waſſer verſchluckt, eben ſo vom Weingeiſt; von Oelen wenig oder gar nicht. Kohlen und Schwamm verdichten dieſelbe auf ih⸗ rer Oberfläche. Eine wunderbare Er: ſcheinung gewaͤhret indeſſen die Ver⸗ miſchung dieſer Luftart mit den ſauren Jiiii 2 Luft 1607 man nemlich mit dieſen ſauren Luſtar⸗ ten alkaliniſche Luft vermiſcht, ſo er; zeugt ſich ein falmiacartiges ‚Mittel; ſalz, die Luft verſchwindet, und das Queckſilber füllt das ganze Gefäß an, in welchem die Miſchung veranſtaltet ward. Sie iſt nach Herr von Her⸗ berts Verſuchen um die Hälfte leich⸗ ter, als die gemeine Luft, wird durch den elektriſchen Funken in einen groͤſ⸗ fern Raum ausgebreitet, und laͤßt als⸗ dann mit dem Waſſer gemiſcht, eine brennbare Luft zuruͤck, ſo wie uͤber⸗ baupt dieſe Luft ſehr viel Brennbares an ſich hat. | 9 1 ſaure Luft, Spath⸗ 9 uff. Eine der merkwuͤrdigſten, und in gewiſſer Rückficht die merkwuͤrdigſte Tuſtart unter allen. Sie iſt eine Ent: deckung des berühmten Herrn Schee⸗ le, oder vielmehr, das, was Prieſtley daruͤber entdeckt hat, iſt eine unmittel⸗ bare Folge aus einem Verſuch des Herrn Scheele, da er nemlich eine eigene Saͤure in dem ſogenannten un⸗ ächten Schmaragd, oder dem gruͤnli⸗ chen phosphoreſeirenden Fluß ſpath ent⸗ deckt bat, (man nennt ihn phospho⸗ reſeirend, weil er in kleinen Stuͤcken auf heißes Eiſen geworfen, im Dun: keln ein ſehr ſchoͤnes Licht von ſich giebt,) welche Prieſtley in luftarti⸗ ger Geſtalt darzustellen geſucht, und auch wuͤrklich dargeſtellt hat. Man gießt in dem bei Nr. 5. erwähnten Apparat auf diefen Flußſpath ſtarkes Vitrioloͤl, und ſetzt den Aufguß dem f rau Kurze Geſchichte 1972115 1 EN 008 5; zuſtarten als Nr. 5. und 6. So bald Feuer aus, ſo gat twickelt ſich * | reine Luft, die dle höchſt merkwürdige Eigenſchaft hat, daß, indem fie von dem Waſſer abſorbirt wird, ſich aus ibr eine weiße Erde niederſchläge, die Haͤutchens überzieht, und wenn dieſ berſtet, ſetzt ſich wieder ein anderes. Zuweilen bildet ſich, um die durch das Waſſer auſperlende Blaſen dieſer zuft eine Rinde dieſer Erde, und wenn fie ſich ſchnell folgen, fo, bilden ſich Cylinder, die oft wie Orgelpfei⸗ fen neben einander hängen, Dieſe Er de iſt eben fo Feuerbeſtaͤndig und ſelbſt im Brennpunkt des ſtaͤrkſten Brenns ſpiegels eben ſo unſchmelzbar, als der Quarz, der Kieſel und der Sand. Man ſieht alſo hier eine ſteinigte Ma⸗ terie in einer in Luſtgeſtalt dargeſtell ten Saͤure dermaaßen aufgeloͤſt, daß fie weder die Elafticität, noch die Durchſichtigkeit derſelben im minde⸗ ſten hindert, ſondern daß ſie auch Trotz ihrer großen Feuerbeſtaͤndigkeit und weſentlichen Schwere an der ganzen Fluͤchtigkeit dieſer Luftart Theil nimt, mit welcher ſie mehr, als alle bekante Feuchtigkeit in die ſteigen kan. Das Glas wird von dieſer ſauren Luſt ſtark angegriffen, ſo, daß die dickſten Öfäfer f kaum eine Stunde aushalten, wenn man etwas ſtark Feuer giebt. Man bat geſtritten, ob dieſe Luſtart eine von allen bisher bekannten verſchiede⸗ ne, oder nicht vielmehr eine bloße Schwefelluft ſey. Prieſtley iſt ſehr fuͤr das letztere, ob aber gleich alle Gruͤnde, die er anfuͤhrt, einer Beant⸗ Wertung 109 einiger der merkwuͤrdigſten Luftarten. ir mühe wortung faͤhig find, ſo moͤgte doch der Streit ſo lange unentſchieden bleiben, bis man ein Mittel ausfindig macht, dieſe Luft aus dem Spath durch eine andere als die immer verdaͤchtige — Vitriolſaͤure, auszutreiben. Vielleicht wird dieſes durch die Phosphorſaͤure erhalten, die bereits Scheele maͤchti⸗ — als die Vitriolſaͤure befunden at. a Originalbrief einer Mutter von achtzehn Jahren an eine Freundin, als dieſe ihr nach der Niederkunft zum erſtenmal geſchrieben hatte. Liebſtes Minchen. u kanſt gar nicht glauben, welche Freude ich empfand, als ich den Brief von Deiner Hand geſchrieben zuerſt las. Gottlob! daß Du wieder Kräfte genug haſt, um ſelbſt ſchreiben zu Fönnen! Nim Dich aber ja ſorg— fältig vor Erfältung in Acht, denn ich weiß aus der Erfahrung, daß auch die kleinſte beim Stillen ſehr gefaͤhr— lich werden kan. Es freut mich ſehr, daß das kleine Mädchen fo huͤbſch ge bildet iſt, und ich weiß gewiß, daß Du Dich ſehr ernſtlich beſtreben wirſt, bei ſeiner Seele eben das zu thun, was die Natur an ſeinem Koͤrper gethan hat. Doch auch bei der Seele muß gewiß die Natur das meiſte thun. Mit dem beſten Willen und den ſchoͤnſten menſch— lichen Einſichten wuͤrden wir doch ganz verkehrte Geſchoͤpfe aus unſern Klei— nen bilden, wenn ihre Erziehung von uns allein abhinge, und nicht durch eine hoͤhere Macht regieret wuͤrde. Auch bei der groͤßeſten Sorgfalt ſind wir ja ) Wie gern nennte ich hier öffentlich die liebenswürdige Verfaſſerin dieſes Briefes, nicht einmal im Stande, alle koͤrperli⸗ che Gefahren von ihnen abzuwenden, wie wolten wir denn im Stande ſeyn, ihre Seele vor Faͤhrlichkeiten zu ſchuͤz⸗ zen, wenn nicht, beſſer wie wir, die Vorſehung uͤber ſie wallte? Mich duͤnkt, die gute Erziehung be— ſteht hauptſaͤchlich darin, unſrer groſ— ſen Wegweiſerin, der Natur, ſo viel als moͤglich zu folgen. Wir muͤſſen nicht den eigenthuͤmlichen Charakter des Kindes umzubilden ſuchen, ſon— dern wir muͤſſen ihn nur verhindern auszuarten, und die ſchaͤdlichen unre⸗ gelmaͤßigen Auswuͤchſe, die ſich zeigen, gleich Anfangs erſticken und beſchnei⸗ den. Der Saame zum Guten und Boͤ⸗ ſen liegt im menſchlichen Herzen ſelbſt. Unſer Geſchaͤſt iſt es, das Aufkeimen des erſtern zu erleichtern, und das an⸗ dere gleich in der Geburt zu erſticken. Es giebt in der Seele des Kindes ſo viele ſeltſame Erſcheinungen, die man nicht erklaͤren kan. Woher kan ein kleines Kind, das man immer ſorg⸗ Jii ii 3 faͤltig wenn ich nicht ſchon durch deſſen Bekanntmachung, die ohne ihr Wiſſen geſchieht, ihrer Beſcheidenheit einigen Zwang anzuthun glaubte. Adolf Moller. 1611 fältig bütere, nichts dergleichen bei de⸗ nen zu ſehen, die um es herum find, ſchon Trotz kennen? Und doch ſehe ich das Beiſpiel davon an meinem Karl. Wenn er bei feinen Mahlzeiten nicht geſchwind genug bedient wird, oder wenn ihm der dargebotene Biſſen zu klein ſcheint, ſo weigert er ſich mit ſtarken Zeichen des Unwillens, das Eſſen anzunehmen. Du kanſt wohl denken, meine Liebe, daß ich ihn in ſolchen Faͤllen nicht mit Bitten oder Schmeicheleien, oder mit der Dro⸗ bung, daß es ſonſt das Huͤndgen eſſen ſolle, zur Aenderung feines Ent: ſchluſſes zu bewegen ſuche. Ich ſetze, ſo bald er aus Eigenſinn ſich weigert, ganz kaltbluͤtig das Eſſen weg, und nehme, ohne mich um ihn zu bekuͤm⸗ mern, ein ander Geſchaͤft vor. Er iſt zu ſtreng gewöhnt, als daß er hierüber in ein heftiges Weinen ausbrechen ſolte; aber er iſt im Stande, beinahe eine Viertelſtunde da zu ſitzen, ehe ſich fein Eigenſinn bricht, und er ſich ent: ſchließen kan, mich zu bitten, ihm ſei⸗ ne Mahlzeit nun doch zu geben. Jetzt zwar laͤßt er ſich einen ſolchen Trotz nur ſelten einfallen, weil er ſieht, daß er den Kuͤrzern dabei zieht. Aber es Originalbrief einer Mutter von achtzehn Jahren, ꝛc. 1612 i iſt mir doch unerklärlich, wie ſolche und noch viel ſonderbarere Aeußerungen ſich ſchon bei einem ſo kleinen Kinde zeigen koͤnnen. Vergieb mir dieſe lan: ge Ausſchweifung, liebe Mina Es wuͤrde mir lieb ſeyn, wenn Du mir in der Folge auch Beitraͤge deiner Erfahrungen liefern wolteſt. Denn das Erziehungskapitel iſt doch für uns 5 beide jetzt das intereſſanteſte. Georgen gruͤße vielmals von mir und meinem F. Der letzte bedauert, daß er diesmal nicht Zeit hat, ſelbſt zu ſchreiben, empfiehlt ſich aber Dir und deinem Voͤlkgen recht ſehr. Adolf kan ſich nur vor meinem Zorn fuͤrch⸗ ten. Ich bin ſehr aufgebracht, daß er mir ſo lange nicht geſchrieben hat. Der Faule ſcheint zu glauben, daß ſeine 8 Verheirathung ihn aller andern Pflich⸗ ten, der Freundſchaft und ſchuldigen Höflichkeit. gegen das weibliche Ger ſchlicht entledigt habe Ihn ſollſt Du alſo von mir nicht gruͤßen, wohl aber ſeine liebe Frau, die ich fuͤr Mie een an feinem Vergehen halte. Leb wohl, läbstiren Nine. eu die Deinige. 5 m. gi Anfragen. 1 { 1. Da man den ruͤhmlichen und gewiß heilſamen Entſchluß gefaßt, die beſten Schriften von der Erziehung der Jugend, beſonders derjenigen 174 Juͤnglinge, welche fi 40 den Bien: ſchaften gewidmet, zu rewidiren und das Beſte heraus zu ſuchen; fo glau⸗ be ich, daß es von Nutzen ſeyn wuͤrde, wenn auf folgende Frage eine recht be⸗ 1613 beglaubte Nachricht eingezogen wuͤr⸗ de. Haben nemlich die Philantropi⸗ ne und andere ihnen aͤhnliche Erzie— bungsanſtalten, die zum Theil doch nun ſchon gegen die zwanzig Jahre, ja wenn man auf kleinere Verſuche derſelben Ruͤckſicht nehmen will, be: reits uͤber funfzig Jahre dauern, ſchon einen Colbert, einen Bernſtorf, einen Muͤnchhauſen, einen Bro: tius, einen Harprecht, einen Leib⸗ nitz, einen Neuton, einen Tho⸗ mas, einen Haller, einen Mos⸗ heim, einen Euler, das iſt, ſolche Männer geliefert, deren große, na tuͤrliche Faͤhigkeiten waͤren ermuntert worden, ſich anzuſtrengen, weitlaͤuf⸗ tige gruͤndliche und nuͤtzliche Wiſſen⸗ ſchaften zu erlernen, und durch diefel: ben bei einer anhaltenden und nicht zu ermuͤdenden Anwendung ihrer Kraͤfte der Welt recht nuͤtzlich zu werden? Solten fie dergleichen oder wenig⸗ ſtens junge Gelehrte, welche Hofnung gaͤben ſolche Männer zu werden, noch nicht erzogen haben; ſo waͤre genau nachzufragen, wodurch es verhindert wuͤrde, daß durch die neuen Erzie⸗ bungsinſtitute noch keine Männer ges bildet worden, welche ſich durch vor⸗ zuͤgliche Wiſſenſchaften und Arbeit⸗ ſamkeit einen Namen gemacht. Man kan ſich ſchon eine ziemliche Bibliothek von Schriften ſammeln, welche von der Erziehung der Ju⸗ gend bandeln. Es ſcheint nunmehr Zeit zu ſeyn, zu unterſuchen, welche Anſtalt die beſten und brauchbarſten Zoͤglinge liefert. Da man in allen W 2 1614 Arten von Schulen Verbeſſerungen verſucht hat; ſo wuͤrde es ſehr ent⸗ ſcheidend ſeyn, wenn man mit Zus verlaͤßigkeit wäßte, aus welchen Schu: len bisher die arbeitſamſten, geſchick— teſten, nuͤtzlichſten, redlichſten und geſitteteſten Ackerleute, Handwerker, Manufakturiſten, Kaufleute, Rechts⸗ gelehrte, Aerzte, Geiſtliche, Staats⸗ bediente ausgegangen waͤren. Der Erfolg wuͤrde alsdann zeigen, welche Anſtalten vor den uͤbrigen den Ver⸗ zug haͤtten. Solte es daher wohl nicht von vorzuͤglichem Nutzen ſeyn, wenn die⸗ jenigen Gelehrten, welche die wichtige Muͤhe uͤbernehmen wollen, die Erzie⸗ bungsfchriften zu revidiren, zugleich zuverlaͤßige Nachrichten einzoͤgen und mittheilten, was jede Erziehungsan⸗ ſtalt bisher geleiſtet und was fuͤr ei⸗ nen Vorzug ſie durch beſſer gerathene Zoͤglinge behauptet? 2. Der Nebel, womit die Luft vom. Zocten Jun. bis 18ten Jul. die ſes Jahrs auch in hieſiger Gegend angefuͤllt geweſen, hat verſchiedene male einem unangenehmen und ſtin⸗ kenden Geruch gehabt, beſonders am zazten und 27ten Jun. Der erſte ſtinkende Nebel am ge⸗ dachten 22ten Junius des Morgens fruͤh, verdunkelte die Luft ſehr, und es empfanden nicht allein Menſchen, wel⸗ che ſich in dieſer Zeit in freier Luſt aufgehalten, einen zuſammen ziehen⸗ den Schmerz im Halſe; ſondern — 1615 die hieſigen Ackerpferde, welche ſehr früh zur Arbeit ausgefuhrt worden, bekamen, wahrſcheinlich von dieſem auf die Lunge gefallenen Nebel, die Drufe, womit auch mehrere Pferde, welche um dieſe Zeit auf der Weide gegraſet hatten, befallen worden find. An dem auf dieſen erſten ſtinken⸗ den Nebel folgenden Tage, wurde die auf einem Berge im Haufen geſtan⸗ dene, voͤllig ausgetrocknete, ſchoͤn, friſch und gruͤn ausſehende Espar⸗ cette eingeſcheuert. Beim Abladen dieſer Esparcette bemerkte ich, ſo oft ein Haufe mit der Heugabel in die Luke geworfen wurde, einen weißen aufſteigenden Staub, welches mich in Verwunderung ſetzte, da in der Zeit des Maͤhens und Trocknen der Esparcette fo wenig ein Wind gewe⸗ het, als auch ein natuͤrlicher Staub darauf fallen koͤnnen, weil die eine Seite des Esparcettlandes mit Buſch⸗ holz eingeſchloſſen, der Grund und Boden ſelbſt ſteinigt und tohnartig, und die andere Seite mit Angergras bewachſen, mithin die ganze Gegend nicht zum Staube geneigt iſt. Ich erkundigte mich daher bei den Arbei⸗ tern, woher der Staub auf der Esparcette ruͤhre? Dieſe gaben zur Antwort: ſie wuͤßten es nicht, aber ſie koͤnten das Abladen kaum laͤnger aushalten, fie bekaͤmen von dieſem Staube einen brennenden Schmerz in den Augen und ein ſchrinnen im Hal⸗ ſe. Ich kam alſo gleich auf die Ver⸗ mutbung, daß der Nebel am vorigen Tage die Urſache dieſes Staubes und feiner Wuͤrkung ſeyn muͤſſe. 1610 7 Y 12 3 \ N In Erinnerung des im vorigen Jahre vom Mehlthau und andern ſchaͤdlichen Inſekten verderbten Rauß⸗ zeuges und darauf erfolgten Sterbens unterm Schafvieh, entſteht die Ber ſorgniß, ob dieſe vom Nebel befallene Esparcette der Geſundheit des Schaf⸗ viehes nicht nachtheilig ſeyn moͤgte, da man ſich genoͤthigt ſieht, bei der diesjährigen unzureichenden Heu- und Grummternte die eingeſcheuerte Espar⸗ cette, des Befallens ungeachtet, zur Futterung anzuwenden. Man erſucht daher nicht allein erfahrene Landwir⸗ the, ſondern auch Aerzte und Natur⸗ forſcher, ihre Meinung daruͤber in dieſem Magazin zu eroͤfnen, und die etwanigen Mittel anzuzeigen, wodurch dies befallene Futterkraut unſchaͤdlich gemacht werden koͤnne. Aue 5 e un Mariengareen C. S. 448 te e ene N 3. Joni Dr dieronimus Cardanus, paͤbſtli⸗ 9 cher Leibarzt ei er im Jahr 1576 ſtarb, behauptet in ei⸗ nem feiner Werke von der Subtili⸗ taͤt, im zehnten Buche, welches den Titel: von den von ſeines gleichen gezeugten Thieren fuͤhrt, daß alle diejenigen, die kein Fleiſch eſſen, nie von den Wanzen geplagt wuͤrden, wie man ſolches beſonders bei den Carthaͤu⸗ fern ſehen koͤnte, die, da fie ſich das ganze Jaßr vom Fleiſcheſſen enthiel⸗ ten, dieſer Plage nie ausgeſetzt waͤren. Iſt dieſe Behauptung gegruͤndet, oder nicht? Man wuͤnſcht ſich daruber in diefen Blättern belehren zu laſſen. 1 1617 N 2 Hannoberſſches Magazin. 1618 rotes Stuck. Montag, den 22ten December 1783. Noch eine Muthmaßung uͤber die Wurmtrockniß | der Harztannen. ar enn man die Harzgebirge paſ— ſirt, wie ich ſie in den erſten Oetobertagen durchgangen bin, ſo ſieht man in den dunkelgruͤ⸗ nen Waͤldern da und hie große Oerter abgeſtorbener Tannen. Beim nähern Anblick ſind es die hoͤllreichſten, ſchoͤn⸗ ſten Staͤmme, 100 Fuß und daruͤber lang, und oft kaum 3 Fuß dick am Wurzelende. Baͤume, die man in den beſten Jahren ihrer Vegetation glaubt, und deren fruͤher Tod jedem Naturfreund jammert. Dem gutge— ſinnten Unterthanen, der den großen Nutzen dieſes Holzes einſieht, geht es noch mehr zu Herzen. Der Wuͤrgengel iſt ein kleiner Ki: fer von eines Gerſtenkorn Größe. Er fliegt in den Sommermonaten in gan— zen Schwaͤrmen von einem Baum zum andern, legt in die Rinde feine Eyer, woraus innerhalb acht Tagen ſo viele Larven auskriechen, daß ſie die Rinde hoͤlen und in Wurmmehl verwandeln. Dann wird der Baum gehauen, be ſchneitelt, entrindet und Borke und Aeſte verbrannt. Das Abſchaͤlen und Verbrennen geſchieht größtentheils von kleinen Maͤdchen, deren noch kleinere Brüder ſchon in den Puchwerken ar: beiten. Es koſtet gleichwohl etwas, und das Holz haͤuft ſich, und wird unterm Werth verkauft. Dieſer Vorſicht ungeachtet Akira Greuel der Verwuͤſtung mit jedem Jahre merklich zu, und dieſes kleine Juſekt ſcheint den ſaͤmtlichen Harzwaͤl⸗ dern, mithin auch den Gruben- und Huͤttenwerken, die allein an Silber anſehnliche jaͤhrliche Ausbeute, und fo vielenMenſchen Nahrung und Noth⸗ durft geben, den gaͤnzlichen Untergang zu drohen. Was der Herr Oberforſter Ahlers in dem 77ten Stuͤck des Hannoveri⸗ ſchen Magazins über die Wurmtrock— nis anfuͤhrt, das hat auch der Herr e in feinem Forſt⸗ weſen 1766 Cap. III. $. 2. und Cap. VII. S. 3. ff. 3 80 und zugleich das beſchuldigte Inſekt, ſeine Haus haltung und Vermehrung beſchrieben. Nach ihnen iſt nicht der Fichtenkäͤ⸗ fer (ſo will ich den Kaͤfer qu. der Kuͤrze SI wegen . 1619 wegen nennen) des Verderbens erſte Urſache. Der Meinung bin ich auch; denn ich habe die Larve dieſes Kaͤfers nie allein, ſondern immer ſchon mit Larven anderer Juſekten vergeſellſchaf⸗ tet gefunden. Der Wind verſchiebt oder beſchaͤdigt die Wurzel; und, folgt eine Duͤrre, fo ſterben fie aus Manz gel der Nahrung. — Der Meinung bin ich nicht; denn dies Unglück muͤßte oft nur einzelne Baͤume, oder wenig: ſtens ſolche Oerter treffen, die am mei⸗ ſten Wind und Duͤrre ausgeſetzt ſind; folglich muͤßte die Seuche nach einer gewiſſen analogiſchen Regel, von der Beſchaffenheit des Orts und ſeiner La⸗ ge hergenommen, ſich richten. So iſts aber nicht. Man ſieht in eben demſelben Forſt nach allerlei Gegenden, und bald unten bald oben am Berge, i die Baͤume bei tauſenden umkommen, ohne daß einer darunter Kerßchenkt wird. Hier iſt meine Muthmaßung von der wohren Urſache (cauſa primaria) der Wurmtrockniß. FJaſt alle Bäume, beſonders die Nadelhoͤlzer, wenn fie in Umſtaͤnde geſetzt werden, die fie verhindern, ſeit⸗ waͤrts zu vegetiren, ſchießen deſto ſchneller und boͤllreicher auſwaͤrts; vorausgeſetzt, daß ſie ſonſt die Erfor⸗ derniſſe ihres beſten Wachsthums ge⸗ nießen. Die aufrechte Vegetation hat nothwendig ihre Graͤnze. Sie iſt fuͤr die Harztanne (Rolbtanne, Pechtan⸗ ne oder Fi ichte) etwa oo, 120 bis 130 Fuß. Iſt dieſe erreicht, und das Seitenwachsthum verbinden, ſo A Muthmaßung uber die Wurmtrockniß wird der Baum 1,1 nach der c. ö die Cirkulation der ; che, abftändig, er waͤchſt nicht meh: te hoͤrt au Hat aber der wachſende 3 Sei⸗ tenaͤſte, ſo dauert die Cirkulation, er wird an Dicke noch zunehmen, und zwar am meiſten nach der Seite, wo mehr Aeſte find. (Daher die Er⸗ eentrieitäͤt der Jahrringe. Weiß Forſt⸗ ie §. 210%. ö An allen Steilen, wo ble Wurm⸗ trockniß um ſich greift, ſteht die Fichte ſehr dichte, daher duͤnne und lang von Stamm, ohne grüne Zweige, den klei⸗ nen Wipſel ausgenommen. Aber die Blätter find ein ſehr nothwendiger Theil der Vegetation. (Du Hamel Phy haue des Arbres liv. II. ch. III. p. 163.) Sie ſind der Pflauzen Magen und Lunge; ſie inſpiriren und exſpiri⸗ ren; alle Unnahrung wird durch ſie abgeſondert; daß ſte den Nadelhoͤlzern beſonders nothwendig ſind, iſt wahr⸗ ſcheinlich. Denn ſie behalten ihre Na⸗ deln auch im Winter, Pinus larix aus⸗ genommen; und der gekoͤpfte Stamm verſohret; dagegen kan man der Weide Kopf und Wurzel abſchneiden, und der gepflanzte Stamm, bekoͤmt wieder neue Wurzel und Zweige. Ich ſchließe alſo, je mehr Wald eine Nadelpflanze bat, deſto ſtaͤrker iſt ceteris paribus, di Cirkulation ihrer Saͤfte. Die 1 ſtionirte Fichte hat viel Blut, (Harz, Pech, Theer, Terpentin,) und die mehrſten Blutgefaͤße (vaſa ſanguife- ra,) in der Rinde. Es iſt unmöglich, _ daß jener kleine gruͤne Wipfel, oder Krone, eine bunbersfüßigeiEieFulgan | leb⸗ 1621 lebhaft genug unterhalten koͤnne. Die trägen Säfte gerathen endlich in fan⸗ lende Stockung. Die Inſekten, dieſe Diener der Verweſuung, deren ſich die Natur bedient, den ewigen Kreislauf der Koͤrper durch ihre drei Reiche zu beſchleunigen, folgen dann ihren in⸗ ſtinkmaͤßigen Beruf. } Der holzgerechte Forſtmann wird ſich dieſe pathologiſche Muthmaßung durch die Beſchaffenheit der Quirlen, und parafitischen Moos- und Baum⸗ flechten, die immer ein Zeichen der ͤKrank⸗ beit find. (Du Hamel phyſique &c. Tom. t. L. 3. ch. 2.) noch mehr beſtaͤtigen. Ver Lichen glaucus, und beſonders der Lichen barbatus, der ſo häufig an den verdorrten Zweigen herz abhaͤngt, und den Baͤumen ein altes. baͤrtiges Anſehen giebt, ſcheinen das vollendete Wachsthum (die Abſtaͤn⸗ digkeit,) zu verkuͤndigen. Auch mag das Hypnum loreum dies glänzende Immergruͤn, wovon unſere Schoͤnen ihrem Kopfſchmuck weiche Kraͤnze mid: men, im Sommer kein vortheilhafter Fuß ſack fir die Fichte ſeyn. Solche Fichten wuͤrden nun frei— lich, wenn die Inſekten ſich nicht dar— uͤber hermachten, noch einige Jahre ohne Zuwachs ſich erhalten, aber dann am Rothlauf, (Rotbolm,) eine Krank; beit, die das Holz zum Bauen unbrauch⸗ bar macht, abſterben. Fuͤr ſie iſt alſo kein Rath. Aber die juͤngern Gehä: ge in laͤngerjaͤhrigem Wachsthum, und aus ihnen dicke, ſchwere Staͤmme, wie ſie der Grubenbau erfordert, zu Goͤttingen. der Harztannen. Ktet 1622 erhalten: laſſe man fie auf die ge wohnliche Weiſe bis zur Aöbe von 39 bis so Fuß auſwachſen; dann haue man die ſchwaͤchſten aus, damit die uͤbrigen mehr Luft gewinnen und gruͤne Sei⸗ tenaͤſte tragen koͤnnen. Wenn auf dieſe Art auch die halbe Stammzahl verloren gebt, fo wird nach 100 Jah— ren die conſervirte Haͤlfte doch eine dreifache Holzernte geben. Wie dichte fie eigentlich ſtehen muͤſſen, um in ei⸗ ner funfzigfuͤßigen Höhe grüne Aeſte zu behalten, muß die Erfahrung leh⸗ rem Auf einer ſehr geneigten Flaͤche, die die Fichte liebt, kommen ſte etwas dichter fort, als auf einer Horizontal⸗ ebene. Die Urſache iſt, daß die Kro⸗ ne des niedrigern Baumes an dem noch unbeaͤſteten Schaft des hoͤheren ſich wendet, ohne ſich alſo im Wachs⸗ thum zu biudern. Daher iſt jener mathematiſche Beweis, daß auf der Kugel groͤßtem Durchſchnitt ſo viel Holz wachſen koͤnne, als auf ihrer hal⸗ ben Oberfläche phyſikaliſch unrichtig. Des Herrn Oberfoͤrſter Ahlers angeführte Erfahrung, daß auf z Fuß abgeſchaͤlte Baͤume grün geblieben, ſindet kaum phyſtologiſchen Glauben. Entweder es iſt nur bloß die Epider⸗ mis und Parenchyina weggenommen, und der Baſt (liber) geblieben; oder das grün bleiben iſt vielleicht nur von Einem Jahre zu verſtehen (Von Broke Forſtwiſſenſchaft dritte Ab⸗ theilung §. 124.) Reinhard Woltmann. 2 Auf 1623 Burpmaßung über die Wurnttrockniß der Harztanne. BR 1 ir W 7 Sea ir 33; auf Berfangen des 1 Verfaſſers wird deſſen nachgeſhrer Brief hier angefuͤget. P. P. Sie ich die Muthmaßung von der eigentlichen Urſache des fruͤ⸗ hen Abſterbens der Harztanne nur et⸗ was eilig hingeſchrieben hatte, fi ſind ſchon ein Paar Meinungen im Ma: gazin wieder erſchienen. Sie ſind ſich entgegen geſetzt, die eine beſchulbigt den Wind, die andere den Wurm. Beide Urſachen waͤren in der That gleich fürchterlich, wenn fie wahr waͤ⸗ ren. Es ſcheint, daß man die Sa⸗ che nur von der Seite dieſes Alterna⸗ tiv betrachte, als ob kein drittes moͤg⸗ lich wäre, Und, wenn man fo fort: fahrt, fo wird die Wurmparthei die gerechte Oberhand gewinnen, weil die Windparthei keine Erfahrung für ſich bat. In der Moͤglichkeit, daß meine Muthmaßung ein Anlaß zur mehrſei⸗ tigen Unterſuchung werden koͤnte, er⸗ ſuche ich Sie ihr eine Stelle in J rem Magazin zu geben, und ihr dieſen Brief als eine Nachſchrift anzufuͤgen. Hier muß ich noch anmerken, daß man daraus, daß die Harztanne viele und vollkomne Zapfen träge, nicht fehliefe ſen muß, fi ie ſey vollkommen geſund, das heißt, in dem beſten Wachsthum. Je mehr der holzigte Theil eines Baumes zunimt, je weniger Fruͤchte entſtehen. Wird aber der markigte Theil durch Hitze getrieben, und die Vegetation des holzigten durch Man⸗ gel der Nahrung oder Zweige gebin⸗ dert, ſo entſtehen Fruͤchte. Auch kan ein Baum der andert er und zweiſpaͤnnig iſt, ſowohl abſtaͤn⸗ dig ſeyn als ein ſiebenſpaͤnniger, ꝛe. Goͤrtingen. . . Ueber die Wurmtrockniß am Harze. Di Frage von der Wurmtrockniß in den Harzforſten, und ob der Holzkaͤfer die Urſache von dem haͤuft⸗ gen Abſterben der Rothtannen ſey, iſt beſonders fuͤr den Harz um ſo wichti⸗ ger, je mehr die Meinung von der Schaͤd⸗ lichkeit oder Unſchaͤdlichkeit getheilt iſt, und die negativa den groͤßten Anhang findet. Die mebrften behaupten, daß Windſtuͤrme und die davon herruͤhren⸗ de Wurzelloſigkeit, oder aber andere Krankheiten, welche jedoch nicht ber nahmt werden, die wahre Urſache ſey, und fprechen dem Holzfäferdiefe Wür⸗ kung, ſowohl dieſerhalb, als um des⸗ willen ab, weil eines Theils der Saſt in der Tanne oͤligt, mithin für den Wurm toͤdtlich, andern Theils aber der Wurm ſelbſt zu klein und unbedeutend ſey, als daß man ihm dieſe Verwuͤ⸗ ſtung beimeſſen koͤnne; und endlich will man an geſunden Baͤumen weniger Inſekten wahrnehmen als an kranken. Ohne Zweifel kan dieſe wichtige Frage nicht anders entfchieden werden, als durch e Erkaͤnntniß. Be wel⸗ * 1625 welcher foöttefnd dieſen Wurm verach⸗ ten kan, der komme und ſchaue den Grund der Verwuͤſtung. Kan er als: denn noch, aus Gruͤnden und nicht bloß geſagt, die Trockniß von Wind⸗ ſtuͤrmen herleiten, dann ſoll das: in hoc acquiefco, erfolgen. Allein, wie traurig wird dieſe Ueberzeugung fuͤr den Harz ſeyn! Denn auf die Art muß man, bei noch fernern duͤrren Jahren, einer allgemeinen Trockniß, allmaͤhlig entgegen ſehen. Jedes Revier, wo Wurmtrockniß ſich anſpinnt, wird dem Forſtbedienten entgegen rufen: Spare deine Muͤhe mich vor dieſen Feind zu ſchuͤtzen, denn ich muß doch ſterben, weil ich die Urſach des Todes in meinem Buſen trage. Aber auch ſelbſt auf die⸗ ſen Fall ſoll gezeigt werden, wie noth⸗ wendig es ſey, die Forſten auf alle moͤg⸗ liche Weiſe von dieſem Feinde zu ſaͤu⸗ bern, und dadurch deren Vermehrung bis ins Unendliche vorzubeugen. Sol⸗ len nun aber Windſtuͤrme die erſte Ur⸗ ſache von der Trockniß ſeyn; ſo wird nothwendig gefragt: | 1) Was ſind fuͤr Anzeigen vorhan⸗ den, welche der Augenſchein als wahr erkennet, daß ganze Reviere, oder in Revieren auf einem Platze etwa 100 bis 1000 Stuͤck mehr und weniger wurzellos geworden find? a 2) Seit wie lange hat man dies in dieſem oder jenem Reviere bemerkt? 3) Sind eben nur dieſe Reviere und nur dieſe Theile und keine andere trok⸗ ken geworden? f 4) Kan man Beiſpiele von nemli⸗ chen Borfällen aus nemlichen Urſa⸗ chen aufweiſen? uber die Wurmtrockniß am Harze. 2 1626 Dieſe Fragen moͤgten ſich wohl nicht beantworten laſſen, weil die Sachen, worauf ſie gehen, nicht vorhanden ſind. Ueber dies aber ſtellen ſich ſowohl übers. haupt, als in dem gegenwärtigen Sal le, folgende Einwuͤrfe dar: 1) Wie kan man mit Grunde Sei) baupten , daß ein Baum wurzellos ſey, wenn man fo wenig an der Ober: fläche des Erdbodens, als an den Haupt: wurzeln, und an deſſen Geſundheits⸗ zuſtande die mindeſte Veranderung wahrnimt? 2) Wer kan laͤugnen, daß die mehr⸗ ſten Stämme von Wurmholze ganz feſte im Erdreiche ſtehen, und an den⸗ ſelben gar keine gewaltige Drehung vom Winde zu bemerken iſt? 3) Sollen die Zaſern von den Wur⸗ zeln getrennt werden, ſo muͤſſen noth⸗ wendig die Hauptwurzeln aus ihrer Lage bewegt werden, und wie lange wuͤrde ein ſolcher Baum gegen den Fall ſich halten koͤnnen? 4) Wuͤrden nicht auf die Art alle Tannen, die einzeln und im Freien ſte⸗ hen, mithin ſchon der Gewalt ſolcher Stuͤrme, welche man in geſchloſſenen Forſten kaum bemerkt, bloß geſtellt find, trocken werden muͤſſen? Gleichwohl lehrt die Erfahrung das Gegentheil. 5) Wuͤrde der Baum nicht uͤberall nach und nach abſterben, und wuͤrde man nicht dies an ſeinem Aeußerlichen, lange vorher bemerken? 6) Solten denn in ganzen Revie⸗ ren oder an den Enden, welche trocken geworden, nicht mehrere Bäume, wur; zelfeſte geweſen ſeyn? 14 Kkkkk 3 Die⸗ 1 Dieſe Einwärſe ſind doch wohl zu erheblich, als daß man ſich noch laͤn⸗ ger bei den Windſtuͤrmen aufhalten. koͤnte. Der Einwand, daß der Saft als eine oͤligte Materie dem Wurm toͤdtlich ſeyn muͤſſe, iſt von keiner Erheb⸗ lichkeit, weil uͤberhaupt dieſer Schluß a Specie ad genus gemacht iſt, und die Praͤmiſſen unerwieſen als wahr ange⸗ nommen worden. Man hat bemerkt, daß dieſes und jenes Inſekt vom Oele getoͤdtet wird; folgt aber daraus, daß alle Inſekten vom Oele getoͤdtet wer⸗ den? Die Ameiſe beweiſet doch gewiß das Gegentheil, das Harz als Oel an; genommen. Eben ſo wenig toͤdtet das Baumoͤl die Würmer im Eßig, ob⸗ gleich durch ein Tertium, welches von beiden gleiche Eigenſchaft hat, die Ver⸗ einigung bewerkſtelligt wird. Und ſo koͤnnen unter den viel tauſend Gat— tungen noch mehrere ſeyn, fuͤr welche das Oel kein Gift iſt. Inzwiſchen ge⸗ hört der Holzkaͤfer nicht zur Ausnah⸗ me; denn er wird vom Ruͤbeoͤle gleich bei der erſten, vom Baumoͤle aber erſt bei der zweiten Eintauchung getoͤdtet. Ein Beweis, daß die Oele nicht in gleichem Grade auf das Inſekt wuͤr⸗ ken. Allein, wem iſt wohl jemals bei: gefallen zu behaupten, daß der Saft in der Tanne Oel oder Harz ſey? Durch die Verwandlung, und erſt als⸗ denn wird er zu Harz, wenn er an die Luft komt. Wenn man die Hand an frifch abgeſchaͤlte Tannen ſtreicht, fo iſt der Saft anfänglich Seiſenartig, ſo wie die Luft daruͤber geht wird er klebrigt, und endlich erhaͤlt er feine, ueber die Wurmtrockniß am Harze 1628 völlige Conſiſtenz und wird barzig. Daß aber der Holjkaͤfer den Saft der Tanne liebt, wird dadurch bewieſen, weil er ſich 5 1) mehr an ſolche Tannen anlegt, 3 welche von jedem Kenner fuͤr geſund angeſprochen werden, als an kranke. 2) Weil er den Baum verlaͤßt, ſo bald er keinen Saft mehr hat, und 3) weil man dieſen Kaͤfer auf abge⸗ ſchaͤlten Tannen haͤufig klebend findet. Ein Beweis, daß er durch den Saft angelockt, und ſodann durch die von der Luft bewuͤrkte dickere Conſi⸗ ſtenz, feſte gemacht worden. Dem fer⸗ nern Einwande, daß Inſekten haͤu⸗ figer an kranken Baͤumen gefunden werden, widerſpricht wenigſten zum Theil die Erfahrung. Ein Obſtgar⸗ ten in voller Bluͤte kan jeden davon belehren. Die Raupe entblaͤttert den Baum ohne Ausnahme, und die Bie⸗ ne beweiſet ſogar den Gegenſatz. Je mehr Bienen auf blühenden Obſtbaͤu⸗ men und Ruͤbeſaat ſchwaͤrmen, auf deſto reichere Ernte kan der Beſitzer Rechnung machen; denn die Biene befliegt keine Blüte, welche nicht ge- fund iſt, fie leide denn Hungersnoth, und hier wird jeder Imker Ja und Amen ſagen. welcher von der Veraͤchtlichkeit und Kleinheit des Kaͤfers hergenommen iſt, bedarf eigentlich keiner Erwiderung. Die mehrſten Dinge auf der Welt werden durch den Ueberfluß ſchaͤdlich. Koͤnnen Laͤuſe Schweine und Fohlen toͤdten; koͤnnen Erdfloͤhe ganze Felder Saat abnagen, und in Geſellſchaft 1 5 der ; Der Einwand aber, 1 1629 der ſchwarzen Raupe, wie ſolches 1781 der Fall war, ganze Felder Sommerſaat, welche bereits Sten⸗ gel und Pollen hatte (dieſe iſt doch auch oͤligt,) verbeeren; kan der ſchwar⸗ ze Wurm ganze, Böden voll hart Korn zermalmen, und der elende Holz: 2 fer in unzaͤhlbarer Menge. aber auch, daß der Holzkaͤfer nur wurm Balken, Schraͤnke und Bert: ſponden, zernagen; warum ſolte nicht der Holzkaͤfer, welcher eine ſolche Staͤrke hat, daß er die Borke der dick⸗ ſten Tannen durchbohren kan, ſolche zerſtoͤhren koͤnnen. Aber freilich nicht einer, ſondern viele Tauſende an eis ner Tanne. Wer ſich davon uͤberzeu— gen will, der lege jetzo, da ſich der Wurm bereits zur Ruhe begeben hat, ein Stuͤck ſolcher Wurmborke auf ei⸗ nen warmen Ofen. Staunen wird er uͤber die Auferſtehung. Hier er⸗ ſcheint der Kaͤfer vom Ey durch alle Stuffen bis zum vollkommenen Kaͤß⸗ Geſetzt kranke Tannen antaſtet; ſo wird doch kein Forſtbedienter laͤugnen, daß kran⸗ ke Reviere noch Jahre lang ſtehen koͤnnen, ohne trocken zu werden, und alſo der Wurm, wenigſtens das ploͤtz— liche Abſterben ſolcher Tannen verur⸗ ſache, mithin dadurch dem Forſthaus— halt die Zeit und Gelegenheit ranbe, die Trockniß beſtmoͤglichſt zu verſil⸗ bern. Iſt es alſo nicht ſchon in die⸗ ſer Ruͤckſicht hoͤchſt nothwendig alle Aufmerkſamkeit auf die Unterdruͤk⸗ kung und Vertilgung dieſes Inſekts zu verwenden? Wenn man nun aber im Gegentheil ſiehet, daß Ueber die Wurmtrockniß am Hatze. ein Ende macht; 1630 1) die Reviere, welche vom Wurm angegriffen und ihrem Schiekſale uͤberlaſſen find, gaͤnzlich trocken, das gegen die Reviere, wo, ſobald ſich dies Uebel aͤußert, ſogleich werkthaͤtig Hand angelegt, und das ganze Wurm⸗ holz, ſamt den Schwaͤrmen, (denn der Holzkaͤfer fliegt in Schwaͤrmen, und hat feine Anfuͤhrer, welches die Borkenbohrer find Hwegheſchaſt wit, gerettet werden; 2) daß Reviere, die einen naſſi en oder graſigten Boden haben, vom Wurm angegriffen, entweder gaͤnzlich oder zum Theil trocken werden; dage⸗ gen Reviere, welche einen ſteinigten oder felſigten, mithin magern Boden haben, und wohin kein Wurm ge⸗ kommen, geſund bleiben; 8) daß in einem und dem nemli⸗ chen Reviere, welches an zwei ver⸗ ſchiedenen Enden angegriffen war, der eine Theil durch Hinwegſchaf⸗ fung der Wurmtannen, von fernerer Trockniß befreiet, dagegen der andere Theil immer mehr und mehr, und bis dahin verwuͤſtet wurde, daß man ihm zu Huͤlfe kam, und dem Uebel 4) daß Tannen, welhe wurzellos geworden, oder eine ſonſtige Krank⸗ beit haben, von allen Seiten und Theilen in gleicher Maaße abſterben; dagegen Tannen, die der Wurm an: greiſt, von oben herab trocken werden und vielfältig 6, 8, 10 Fuß uͤberm Stamme, gruͤn und geſund bleiben; 5) daß wurzelloſe oder ſonſtige kranke Tannen, allmaͤhlig, dagegen aber 1631 zaber Wurmtannen, binnen wenigen Wochen trocken werden; 6) daß geſunde Reviere, ganz oder zum Theil, nachdem der Wurm ſeine Wohnung daſelbſt aufgeſchlagen, trok⸗ ken geworden; dagegen Reviere, wel⸗ iche ſchon ſeit langen Jahren krank geweſen, aber vom Zuſpruch des Wurms verſchont geblieben ſind, ſich noch in dem nemlichen Zuſtande be⸗ finden; REIT 173% 7) und endlich daß Tannen, wel⸗ che voͤllig ausgeſchoben, und ihren Jahrwuchs vollendet, mithin ihren Geſundheitszuſtand ſattſam beglau- biget haben, noch im Nachſommer vom Wurm befallen und getödtet werden; was kan man hieraus an⸗ ders ſchließen, als daß der Holzkaͤfer die einzige und wahre Urſache von der Trockniß ſey. Dieſer Kaͤfer liegt vom September bis in den Mai ſtille und unthaͤtig. Sodann gehet er aus Seinem Winterquartiere, aus einem Baum, Stamm, Windbruch, Fall: ueber die Wurmtrockniß am Hare. 16 ‚oder Lagerholze hervor, und treibt den Sommer hindurch ſein Weſen. Er durchbohret die Borke von oben oder in der Mitte, loͤſet ſolche vom Stamm, und entzieht dem Baume ſeine Nahrung. In die Borke, wel⸗ che er fuͤr den groͤßten Kuͤnſtler un⸗ nachahmlich ausarbeitet, legt er ſeine Brut, und wenn er dies alles vollen⸗ det hat, ſo verlaͤßt er den Baum, um bei einem andern gleiche Wirthſchaſt zu machen. Es ſind keine andere Mittel, deſſen Vermehrung bis ins Unendliche vorzubeugen, vorhanden, als die, welche bereits von Koͤnigl. Hochpreißlichen Cammer vorgeſchrie⸗ ben, oder ſonſt von erfahrnen Forſt⸗ maͤnnern angerathen worden, und bei deren Befolgung und Anwendung man hoffen muß, daß fie ferner würks ſam ſeyn, damit es dem kuͤnftigen Wanderer durch den Harz nicht ſo gehen moͤge, wie jenem, der den Ort gejeben, wo ehemals Troja geſtanden hat. 132 2 u 7 | | 1 Wenn dem Fuͤrſten der Chaitaki 10 und Karrahaiti (einer Nation am eafpifchen Meere,) ein Sohn ger boren wird, ſo ſendet er ihn von Dorf zu Dorf durchs ganze Land, da⸗ mit er von allen ſaͤugenden Weibern an die Bruſt gelegt werde, und ſol⸗ 5 755 ches geſchieht ſo lange, bi b er entwoͤhnt 8 werden ſoll. Hierauf achten ſich die Einwohner verbunden ihn mit Leib und Leben zu beſchuͤtzen, weil ſie mit ihm an einer Bruſt geſogen haben. Muͤller Sammlung kuſſiſcher Ge⸗ ſchichte, Band 4. St. 1, 2 1633 1614 Hannoberiſches Magazin. 10 3tes Stuͤck. Freitag, den 26ten December 1783. 5 Von Werk, und Zuchthaͤuſern. uf dringendes Begehren des Verfaſſers der, in 7zten St. dieſes Magazins angezeigten Preisſchrift uͤber die ſchicklichſten und eintraͤglichſten Arbeiten fuͤr Werk- und Zuchthaͤuſer in Nie⸗ der⸗Sachſen, Herrn Commiffair Kulfs zu Einbeck, wird der nachſte⸗ hende Aufſatz, nach feinem wortlichen Inhalt eingeruͤckt. 1 * ö it * Ven unbekanter, aber gewiß freund⸗ 9 ſchaftlicher Hand, erhalte ich vo: rige Poſt, ohne Benennung des Orts und des Namens des Schreibers, fol; genden Brief: f Ihr Werk mein Freund wird fleiſ— ſig geleſen und findet Beifall, nur ſcheint es hieſigen Armenanſtalten ganz entgegen zu wuͤrken. . . 1) Einige Leute glauben mit beſtem Gewiſſen den hieſigen Armenanſtalten, inſonderbeit dem hieſigen Werfhaufe, daraus Vorwürfe machen zu koͤnnen. 2) Andere thun es, um auf eine vor der Welt anſtaͤndige Weiſe da: durch ihre Beiträge dem bieſigen Ar; menanſtalten entziehen zu koͤnnen, und 3) Andere um den redlichen Aufſe— bern der Armenanſtalten dadurch Ver; druß zu verurſachen. Hiezu komt nun noch, daß jetzt alle moͤgliche Einwuͤrfe gegen Ihr Werk hervor geſucht werden, die, wenn Sie ſelbige nicht beantworten, den Werth Ihres Buches verringern, und die Ausfuͤhrung Ihres nuͤtzlichen Plan verzoͤgern. N Die mir jetzt bekannten Eintwürfe ſind: 8 ö 1) Sie ſchreiben über Armenan⸗ ſtalten und bezeugten Seite 4. daß Ih⸗ nen die (benachbarte,) in Hannover, Braunſchweig und Berlin nicht ge nugſam bekant find. 2) Sie haͤtten den Gehalt des Auf: ſehers Ihrer Armenanſtalt, zu boch berechnet. d 3) Fuͤr das Spann Pferde, web ches Sie halten wolten, gar kein Fut— ter berechnet, und endlich 4) Sie kein den Flachs zu einem fo geringen Ankaufpreiſe angefchlagen, daß er dermalen noch halb fo viel Fo; ete. | ' Ich fürchte alles angeführte moͤgte gt Ih⸗ 1635 chen, deswegen habe ich unmaßgeblich folgenden Rath ertheilen wollen. Zeigen Sie im Hannoveriſchen Ma; gazin, daß Ihre Anſtalt auf ganz an: dere Vorausſetzungen und Zwecke ge⸗ richtet fen, als die bisherigen Armen; anſtalten, daß ſie alſo mit dieſer nicht verglichen oder gemeſſen werden koͤn⸗ te, am allerwenigſten aber, daß denen jetzigen Anſtalten dadurch Nachtheil zuwachſen ſolte. Folgen Sie meinem wohlgemeinten Rath; ich bin | 2 a Ihr Freund. . Antwort. 2 Mit dem waͤrmſten Danke erkenne S ich die edle Geſinnung meines mir jetzt unbekannten Freundes, und mit dem groͤßten Vergnuͤgen folge ich dem Rath des friedfertigen Schreibers. Der Unterſchied der bisherigen Werkhaͤuſer, gegen dasjenige fo ich bloß im Ideal in meinem Buche er: bauet, iſt jedem einleuchtend; damit man aber nicht die jetzigen ſchon vor⸗ handenen, ohne genugſame Urſache tadle, ſe ſey es mir erlaubt, folgendes anzufuͤhren. g Bei der Anlage aller jetzigen unter dem Namen Werkhaus errichteten Ar⸗ Von Werk⸗ und Zuchthäufern. | Ihnen Unannefmlichfeiten verurfas menanftalten, wird als gewiß voraus: geſetzt: eine ſolche Anſtalt erfodert mil⸗ de Gaben und Unterſtuͤtzung. In dieſer Vorausſetzung bewilligte der Landesherr, die Einrichtung eines fol: chen Werkhauſes a), und der ſonſt willige Allmoſengeber rief mit freudi⸗ ger Stimme: noch eiumal ſo viel wie jetzt will ich geben, wenn die Bettler ar⸗ beiten, und mich nicht me hr belaͤſtigen! Der Landesherr giebt willig und reichlich, voͤllig zufrieden, daß ſein Land von Bettlern befreiet wird. Der red: liche mitleidige Aufſeher, erfreuet über die reichlichen Gaben fo dem Hauſe ge⸗ ſchenkt werden, wendet das mehrere dazu an, die Armen nicht allein beſſer wie ſonſt zu verpflegen, ſondern auch junge Kindern mit mehrern Koſten, in ſolchen Arbeiten unterweiſen zu laſſen, welche ſie einſt uͤber ihren vorigen Stand in der ſogenannten honetten Welt erheben und gluͤcklich machen koͤn⸗ nen, und endlich der mwohlthätige Geber, gab mit willigen Herzen, ſein Wunſch war erfüllt, und kein Bettler belaͤſtigte ihn mehr. Wer wird hier nicht auf einmal ein⸗ ſehen, daß ein ſolches Werkhaus ehen⸗ der den Namen einer milden Stiftung verdiene, als daß man es ein fabrik⸗ maͤßiges Werkhaus nenne. 2) Man leſe hieruͤber das Muſter einer guten Armenanſtalt⸗Verordnung des jetzt verewigten Herzogs Carl von Braunſchweig, bei Anlegung des daſigen Werk⸗ hauſes, und Abſchaffung der Bettelei Ferner das Mandat Sr. Churfuͤrſtl. Durchl. von Sachſen, wegen Anlegung noch zweier Zucht: und Werkhaͤuſer. Dies fer güͤtige Regent ließ zuerſt eine Sammlung im ganzen Lande bewilligen, da aber ſelbige nicht hinreichend war, gleich darauf eine Claſſen⸗ Lotterie zum Beſten dieſer Haͤuſer anbefehlen, welche in dieſem Jahre zum eilften mal gezogen wird. 1637 Wer aber wird ſich nicht auch freuen, daß in jetzigen Zeiten, wo keiner mehr aus blindem Aberglauben Gutes thut, ſich noch ſo viele gute Seelen fin— den, die durch thaͤtige Liebe der Ur: quell aller Liebe aͤhnlich zu ſeyn ſich befleißigen. In einer ſolchen zwar Geld koſtenden aber immer Menſchen gluͤcklich machenden Lage, werden die jetzigen Werkhaͤuſer errichtet, und ſo befinden ſie ſich noch jetzt, und dieſes ſey genug, um noch aus nachfolgen⸗ dem die Unaͤhnlichkeit der jetzigen ge— gen die Meinigen zu beurtheilen. Koͤnigl. Societaͤt der Wiſſenſchaf⸗ ten fodert in ihrer Preisfrage ein von den jetzigen ganz unterichiedenes Werk: haus, deſſen Haupttugend darin beſte— hen ſoll, daß die Arbeiter ohne alle Gaben, oder Allmoſen, ihren Unter: halt ſich ſelbſt durch Arbeit verdienen. Aus theoretiſchen und praktiſchen Fa⸗ brikkenntniſſen machte ich folgenden gewiſſen Schluß. | Ich will annehmen, ein Fabrikant gebraucht in ſeiner Fabrik fuͤr Woche⸗ lohn, jede Woche 20 Maͤnner zur Ar⸗ beit. Dieſe 40 Hände arbeiten, ver: dienen und ernaͤhren zuerſt den Fabri⸗ kanten mit ſeiner Familie, und als⸗ dann den Arbeiter ſelbſt, und deſſen Familie; rechne ich nun nur jede Fa; milie zu 5 Perſonen, fo unterhalten Von Werk⸗ und Zuchthauſern. 1638 dieſe 20 Arbeiter 1o5 Perſonen. Sol: te denn nicht, wenn 20 fleißige Mens ſchen außer ſich noch 55 unthaͤtige mit erhalten koͤnnen, ein einziger Menſch bei ordnungsmaͤßiger Arbeit ſich ganz allein unterhalten koͤnnen? Mit dieſem Grundſtein in der Hand, fing ich nun an ein ganz neues noch nie geweſenes Werk- und auch Zucht⸗ baus zu bauen b). Um einen Maaßſtab in der Berech⸗ nung zu haben, ward jedes Gebaͤude zu 250 Perſonen eingerichtet. Eine dem Lande und dem Hauſe nuͤtzliche Garn: und Linnenfabrik, war die Ar: beit, und das Penſum der Arbeiter leicht und geringe. Ihr Unterhalt war ihren Stande augemeſſen, und nun zeigte ſich durch Berechnungen der Einnah⸗ me und Ausgabe, daß 250 Menſchen oder 500 geſunde Hände bei leichter Arbeit in einem Jahre nicht allein durch Arbeit ihren Unterhalt erwer⸗ ben, ſondern jährlich noch uͤberhin drei und mehr tauſend Reichsthaler ver⸗ dienen koͤnten. f Nicht allein durch dieſe jetzt ange⸗ führte Vergleichung, ſondern bei Le— fung des Buches, wird alſo nicht al lein mein unbekanter Freund, ſondern ein jeder einſehen, daß die jetzige Ar⸗ menanſtalten unter dem Namen Werk— haͤuſer, von meinem entworfenen Plan Lill 2 zu d) Nicht ein ſchon vorhandenes zu verbeſſern, oder nach meinem Plan einzurichten, weswegen ich denn auch zu erklaͤren noͤthig finde, daß, wenn ich uͤber meine bloß mit der Feder gebaueten Haͤuſer einen Inſpector Commiſſiarius, ꝛc. ſetze, dieſe Männer eben fo Ideal als ihre 250 Arbeiterfind. Hannoveriſchen Zuchthauſes, oder ſonſt wuͤrk⸗ jetzige wuͤrdige Herr Inſpeetor des lich lebende Perſonen dabei gedacht, Auf keine Art aber wird der — 163 9 zu einem fabrikmäßigen Landes hoſpital ganz unterſchleden find. Jene Arbeiter verdienen ihren Unterhalt nicht allein durch Arbeit, ſondern auch durch un⸗ ſer Mitleiden. Die Meinigen hoͤren gleich bei dem Eintrit ins Haus auf arm zu ſeyn, uud veraͤndern dieſen Namen Armer mit Tagloͤhner und Fabrikarbeiter, und fie find bei red⸗ licher Arbeit dem Fabrikanten nicht mehr Dank ſchuldig, als er ihnen. Aber jetzt iſt noch der allerwichtigſte Unterſchied. Die jetzigen Werkhaͤuſer haben ſchon Jahre hindurch Menſchen glücklich gemacht, mein Werkhoſpi⸗ tal aber ſtehet kraftlos allein und im Buche. Die Ausfuͤhrung eines ſolchen Plans iſt vielleicht auf immer entfernt, oder vielleicht nach meinem Tode ſpaͤten Nachkommen aufbehalten. Wie, wenn nun jetzt ſchon die milden Gaben fuͤr die jetzigen Werkhaͤuſer aufhoͤrten, oder weniger wuͤrden? Ge Von Werk und Zuchthäuſern. wiß mir ſchaudert bei dem Gedanken, anſtatt, daß ich geglaubt, mein Werk wäre aus den reinſten Abſichten zu Erleichterung des menſchlichen Elen⸗ des geſchrieben, es ein unglückliches Werkzeug werden koͤnte, eine große Anzahl jetzt durch Werkhaͤuſer gluͤck⸗ licher Armen in Ungluͤck und Elend zu ſtuͤrzen. ie Gute mitleidige Geber und Erhal⸗ ter jetziger Werkhaͤuſer, die Sie nun ſchon mehrere Jahre durch willige Gaben das Elend ihrer ungluͤcklichen Schweſtern und Bruͤder erleichtert und gehoben haben, bleiben Sie ferner oder doch wenigſtens ſo lange, bis eine Ver⸗ beſſerung unſerer jetzigen Werkhaͤuſer geſchehen, Vaͤter und Verſorger der ohne Sie ſonſt ungluͤcklichen Kinder und ſchenken Sie dieſer meiner Bitte fuͤr die Armuth, ſo wie meinem Buche Ibren Beifall, aber auch Ihre Er⸗ hoͤrung c). „ menen c) Die Urſache, weswegen ich die vier Einwuͤrfe jetzt nicht beantworte, liegt nicht allein an der Kuͤrze der Zeit, ſondern auch in folgendem: Br Da ich jeden. meiner Freunde erſucht, mein Buch auf das ſchaͤrfſte zu re⸗ eenfiren, damit, wenn ich zur zweiten Auflage ſchreite, ich durch gemachte Eins wuͤrfe auch die kleinſten Fehler vermeiden moͤgte, fo iſt hierin mein Wunſch ers fuͤllet, und ich beſitze außer den vier Einwuͤrfen meines obigen unbekannten Freundes noch mehrere, deswegen ich, wenn es das Intelligenzcomtoir erlaubt, ſelbige naͤchſtens anzeigen, und entweder widerlegen, od richtig geſtehen werde. er da wo ich gefehlt, auf⸗ 1 1 1 * u dem deutſchen Merkur 1783 Auguſt Nr. 3. befindet ſich in einem von Paris, den 18ten Jul. ge⸗ ſchriebenen Briefe ein fuͤr dieſes Jahr wegen der Erdbeben und des erfolgten Berichtigung. Nr Nebels merkwuͤrdiger Auszug aus des Abbé Richard Hiftoire de Pair & des meteores, Paris 1770, folgendes In⸗ halts: „Ein ähnliches Phaͤnomen ers ſchien im Jahr 1721 unſerer Aera, in 1641 _ ; ' in Perſien, dauerte zween Monate lang, und ſetzte alles in Furcht und Schrecken. Man ſahe nemlich die Sonne durch einen Nebel, womit der obere Luftraum angefuͤllet war, ganz gluͤhend roth, oder, wie man glaubte, blutig. Die Sterndeuter, deren die Morgenlaͤnder fo viele haben, weiße: geten die ſchrecklichſten Dinge daraus, und verbreiteten Beſtuͤrzung, Angſt und Muthloſigkeit uͤber das ganze Land. Dies erleichterte den Aghua⸗ nen ihre Rebellion unglaublich, und half ihnen gewiß zur Eroberung des ganzen perſiſchen Reichs, die ſie gleich darauf unter dem beruͤhmten Tha⸗ mas Bulikhan machten. Die Stadt Tauris, welche den 1oten April def; ſelben Jahrs (1721) durch ein Erd⸗ beben untergegangen war, und 24000 Menſchen unter ihren Ruinen mit verſchuͤttet hatte, hatte ſchon einen all⸗ gemeinen Hang zu Furcht und Schrek— ken verbreitet, und dieſen erhoͤhete das ſeltſame Phaͤnomen, das gleich dar⸗ auf eintrat, ſo gewaltig, daß es dem klugen Eroberer, der dieſe Difpofition glücklich zu benuͤtzen wußte, leicht ward ſeinen Plan auszuführen., So weit der Herr Abbe Richard, in deſſen Aufſatze verſchiedenes nicht ganz rich— tig zu ſeyn ſcheinet. Denn der Jeſuit Bruſinski, der ſich zur Zeit dieſer Begebenheiten zu Iſpahan in Perfien befand, ſagt von dieſem Phaͤnomen, daß ſich die Sonne zu Ende des Ju⸗ nius nur zehn Tage lang verborgen, und nicht mehr Licht gegeben habe, als wann ſie gaͤnzlich verfinſtert iſt; und Berichtigung. 1642 daß der Horizont mit einer rothen Wolke bedeckt geweſen ſey. Von dem Untergange der Stadt Tauris, wel— cher ſich den 26ten April ereignet ha⸗ ben ſoll, wird gar behauptet, daß 100000 Einwohner mit derſelben zu Grunde gerichtet worden; welches aber faſt allen Glauben uͤberſteiget. Sn: deſſen bildete ſich der perſiſche Schach nebſt allen Einwohnern von Iſpa—⸗ han nichts weniger ein, als daß die⸗ ſer großen Stadt ein gleiches Schick— ſal bevorſtuͤnde, weswegen man die Haͤuſer verließ, und unter Zelten woh⸗ nete. Daß aber dieſe Furcht die Re⸗ bellion der Aghuanen (Afghanen) erleichtert habe, daß ſie unter dem Bulikhan das perſiſche Reich haben erobern koͤnnen, iſt gewiß ganz un⸗ richtig: und es ſcheint, daß der Herr Abbé Richard alle die in Perſien von 1709 bis 1736 geſchehenen Re⸗ volutionen mit einander vermenget ha⸗ be, die durch den Mir Weis, Mir⸗ Mahmud, Eſchreff, und Bulik⸗ han ſind bewuͤrket worden; und be⸗ ſonders, daß die Abſetzung des Schach Auffepn durch den Mir⸗Mahmud, und die des Thamas durch den Bu⸗ likhan, fuͤr einerlei von ihm angeſe⸗ hen ſind. Welches ein kleiner Aus⸗ zug aus der Geſchichte jener Veraͤn— derungen zeigen wird. Mir Weis, Oberhaupt eines Stammes der Afghanen, hatte dieſe ſeine Landesleute, die Einwohner im Koͤnigreiche Kandahar, unter dem Scheine der Religion, ſeit dem Jahre 1709 wider die Perſer aufgewiegelt, Allez und 1643 und die gegen ihn ausgeſchickten per⸗ ſiſchen Heere oft geſchlagen, und ſtarb 1715 oder 1717, als Fuͤrſt und Sul⸗ tan ſeines Volks, ohne ſeinen Vorſatz auszufuͤhren, den er gefaßt haben mogte, Perſien zu erobern. Sein Sohn, Mir⸗ Mahmud, der ſich nach Ermordung ſeines friedferti⸗ gen Onkels Abdallah, zum Herrn der Afghanen gemacht hatte, ſetzte die Rebellion mit abwechſelndem Gluͤk⸗ ke, doch nur zuerſt in ſeinem Lande, fort. Der Neid aber der Großen am perſiſchen Hofe gegen den General, welcher gluͤcklich wider ihn gefochten hatte, und nun gefangen war, befoͤr— derte ſein Vornehmen, daß er ſich in Stand ſetzen konte, am Schluſſe des Jahrs 1721 in Perſien zu dringen, wo er theils Schaden litt, theils eini⸗ ge Truppen 1722 ſchlug, den Schach Suſſeyn zur Niederlegung der Krone zwang, und die ausgehungerte Stadt Iſpahan und das Reich einnahm: in deſſen ruhigem Beſitze ihn nur der Koͤnigl. Prinz Thamas (Tahmaſp) hinderte, der hie und da feine Trup: pen beſiegte: — gleichwie er auch zuletzt von den Arabern vielen Scha: den litt. Welche und einige andere Ungluͤcksfaͤlle Mahmud ſich ſo zu Gemuͤthe zog, daß er, bei einer ſich ſelbſt aufgelegten Buße, endlich muͤr⸗ riſch und tyranniſch ward, ſo, daß er alle Prinzen des Koͤnigl. Stammes, ſo viel deren in ſeinen Haͤnden waren, außer dem alten Schach Huſſeyn, umbringen ließ; aber kurz darauf ganz raſend ſich ſelbſt zerfleiſchte. Worauf eine Partei den Eſchreff,, Berichtigung. (Aſchraff,) ſeines ermordeten Onkels Sohn 1725 auf den Thron ſetzte: welcher aber die Zeichen Koͤnigl. Ge⸗ walt nicht eher annehmen wolte, bis man ihm des Mahmuds Kopf braͤch⸗ te; den man ihm, da er noch lebte, abhieb. Dieſer fuͤhrte den Krieg mit dem Thamas fort, und war gegen die Tuͤrken ziemlich gluͤcklich. Und nun erſt, 1727, wird der Na⸗ me des Kulikhan bekant, der damals noch Nadir Kuli hieß. Derſelbe, als das Haupt einer von einigen tau ſend beſtehenden Raͤuberbande, both ſich dem Prinz Thamas zur Huͤlfe gegen die Afghanen an: Der Prinz nahm ihn auf, machte ihn zum Khan oder Fuͤrſten, und beehrte ihn mit feinem eigenen Namen Thamas; daher er nun Thamas Bulikhan bieß. Er machte ſich dieſer Ehre werth, indem er dem Eſchreff einige gluͤckliche Treffen lieferte: und da ſol⸗ cher ſich endlich 1729 gedrungen ſah, nach Ermordung des Schach Huſ⸗ ſeyn, aus Iſpahan zu fliehen, verfol- gete er ihn nach Schiraz, und ſchlug ihn auch daſelbſt aufs Haupt; wor⸗ auf Eſchreff endlich, man weiß nicht recht wie, mit allen Seinigen umge kommen iſt. So ſtillete Thamas Kulikhan die bisherigen Unruhen der Afghanen, und machte ſich durch fernere gluͤckliche Thaten a beruͤhmtern Namen. 1 Es hat freilich dieſer berühmte und kluge Eroberer nachmals, nemlich im Jahre 1732, ſeinen Befoͤrderer und rechtmaͤßigen König vom Throne ges ſtoßen, deſſen kleinen Prinzen von ei⸗ nigen 1 - 1645 nigen Monaten zum Könige, und fich ſelbſt zum Generaliſſimus deſſelben keingeſetzet; endlich aber, nach aufge: rufenem Frieden und dem gluͤcklichſten Treffen mit den Tuͤrken, gar die Re⸗ gierung des perſiſchen Reichs und den Koͤnigl. Namen Schach Nadir 1736, gleichfam gezwungen, angenom⸗ 1646 men: aber das alles hat mit der Furcht des Volks vor den Zeichen des Himmels 1721, auch mit dem Afghanen Kriege gar keine Verbin: dung, ſo wenig, als ſeine nachmalige Eroberung von Indien, oder ſein 1747 erfolgter gewaltſamer Tod. Hannover. J. C. Winter. Etwas von den Kroͤten b ſich gleich die Kroͤten beſtaͤndig, Winter und Sommer, auf dem trockenem Lande aufhalten; ſo habe ich doch niemalen die geringſte Spur finden koͤnnen, daß ſie ſich auf dem Trockenen vermehren, ob ich ſchon ſeit verſchiedenen Jahren viele auf dem trockenen Lande gefunden, aber niemalen ihrer zwei oder mehrere beiſammen geſehen. Daß aber ihre Vermehrung im Waſſer geſchehe; ſolches habe ich einige Jahre her wohl bemerkt. | Im Fruͤßjahr nemlich, wenn es an⸗ fange. etwas warm zu werden, wel; ches im März gemeiniglich geſchiehet; laͤßt ſich ein dumpfiger pfeifender Ton auf der Oberflaͤche eines ſtehenden Waſſers von einem Froſch, der aber mehr die Geſtalt einer Kroͤte, als ei⸗ nes Froſches hat, hoͤren. Gleich dar⸗ auf verſammlen ſich mehrere Scharen⸗ weiſe um dieſen herum, als ob ſie durch dieſe Stimme zuſammen gelockt waͤren. So gleich paaren ſich einige, und etwa acht Tage nachher findet ſich auf dieſen Stellen, gemeiniglich nahe am Ufer des Waſſers, ein Leich, wel: cher dem Froſchleich ganz aͤhnlich iſt; nur daß der Schleim oder Gallert da⸗ x und ihrer Fortpflanzung. von etwas blaßer, wie der am Froſch⸗ leich, welcher ins Gruͤne faͤllt, aus⸗ ſieht, und daß die Brut darin ganz ſchwarz und von der Groͤße eines klei⸗ nen Hanfkorns und dabei rund iſt. Dieſe Brut faͤngt in 10 auch wohl 14 Tagen, nachdem es warm oder kalt iſt, an, lebendig zu werden, be⸗ koͤmt zuerſt einen Schwanz, mit wel⸗ chem ſie ſich fortbewegt, waͤchſt fort bis Ausgang Maies, und im Anfang Junii zeigen ſich die Hinterfüße, de nen nicht lange nachher auch die Vor⸗ derfuͤße folgen. Gegen Johannis fälle ihnen der Schwanz ab, und for gleich kriechen ſie auch in der Groͤße einer Biene von allen Seiten haufen⸗ weiſe zum Waſſer heraus, ſind ganz dunkelbraun, beinahe ſchwarz. Ihr Gang iſt erſt ein Huͤpfen, und ſo huͤp⸗ fen ſie eine gute Strecke vom Waſſer weg. Ich habe fie wohl einige Wo⸗ chen nachher, einige hundert Schritte von dem Waſſer, worin ſie erzeugt waren, entfernt angetroffen, und ſchie⸗ nen diejenigen, welche wieder ins Waſſer geworfen wurden, ſolches zu ſcheuen, indem ſie jedesmal geſchwind wieder aus demſelben hervorkrochen. Da 164) Etwas von den Kroͤten und ihrer Fortpflanzung. Va die junge Brut der Froͤſche vier le Feinde hat, die ſie verzehren, als Scoͤrche und mehr anderes Geflügel, worunter auch die Enten und Huͤner zu rechnen, welche ſehr begierig dar⸗ nach ſind; ſo laſſen doch alle dieſe Thiere die junge Kroͤtenbrut unange⸗ faßt, und gehen ihr aus dem Wege. Gegen den Herbſt find die jungen Krö: ten bereits wie eine mittelmaͤßige Gar⸗ tenbohne herangewachſen, und ſehen nun einer alten Kroͤte ganz gleich, ba: ben auch deren kriechenden Gang an⸗ genommen, und wuͤhlen gegen den Winter, oder wenn es kalt wird, gleich den Alten, in die Erde oder verkriechen ſich unter Steinhaufen, oder an den Zaͤunen, wo altes Gras und Laub zu; ſam̃en gehäuft liegt, oder in den Kellern, um vor Froſt im Winter ſicher zu ſeyn. Dieſes Verſtecken oder Wegkriechen verrichten ſie auf eine beſondere Art; es geſchieht ruͤckwaͤrts, und gehet lang: ſam zu. Sie ſtreben ſo lange mit den Hinterfuͤßen hin und her, bis ſie durch dieſe Arbeit immer mehr und mehr zuruͤckfallen, und die Erde hin⸗ ter ſich ſo weit vorwaͤrts bringen, daß 4648 Wo fie weiche Erde antreffen, da wüh⸗ In fi it aer Jh habe Re eine ge mal uber eine Elle tief in der Erde gefunden. So bald der len Früh⸗ i ling koͤmt, kriechen ſie aus ihrem Win⸗ terlager wieder hervor. Ob zur Fortpflanzung ſich eine be⸗ ſondere Art Kroͤte im Waſſer alba N oder ob einige vom Lande ins Waſſer geben, die Fortpflanzung zu beſorgen, ſolches habe ich, aller angewandten Bemuͤhung und Aufmerkſamkeit un⸗ erachtet, nicht erforſchen koͤnnen. on Ob die Kröten Gift an ſich haben, iſt noch wohl nicht ausgemacht. Ich habe von einem Mann, der gerne Pfer⸗ dekuren brauchte, geſehen, daß er eine gedoͤrrete Kroͤte zu Pulver gebrandt, fuͤr's Fieber eingenommen, und ſie ſchadete ihm nichts. Er ſagte: das Fie⸗ ber waͤre ſchwaͤcher darnach geworden. Daß aber ihr Waſſer, welches fie von ſich ſpruͤtzen, wenn ſie gereitzt wer⸗ den, und das ganz helle ausſteht, wenn es an die Haut koͤmt, einen Geſchwulſt, wie einen Bienenſtich verurſacht, ſol⸗ ches hat die Erfahrung gelehrt, welches aber mit Abwaſchen bald wieder ge⸗ fie, ihrer Meinung nach, ſich nun vor daͤmpft werden kan. der Kalte genug geſichert halten koͤnnen. Borſtel bei Achim. J. Bohne. Anfrage. eee e Nach öffentlichen Nachrichten wird . das Pfropfen des Weinſtocks, in den Gegenden am Rhein hin und wie: der bereits im Großen betrieben. Die gepfropften Stoͤcke ſollen bereits im zweiten Jahre tragen, und die Trau— ben fruͤher reif und edler werden. Hat man in hieſiger Gegend bereits Erfahrungen daruber? und wie wird das Pfropfen gemacht? Eine gefaͤllige Beantwortung der erſten, und kurze und deutliche Anweiſung uͤber die zwei⸗ te Frage, würde in dieſen Blättern ger; ne geſehen werden. n Hannover. . N. 649 2 an 1650 5 Sammoveries Maga. rotes Stüd, Montag, den 29 ten December 1783. Ueber Beſchaͤftigung und Langeweile. Di Menſchen haben kein natuͤr⸗ liches Vergnuͤgen, das nicht die Frucht des Beduͤrfniſſes waͤre. Je groͤßer dies Beduͤrfniß iſt, deſto empfindlicher ift das Vergnügen, das aus der Saͤttigung deſſelben ent⸗ ſpriugt. Bei dem koͤſtlichſten Gaſt⸗ mal, zu dem man nur den gewoͤhnli⸗ chen Appetit bringt, iſt das Vergnuͤ⸗ gen nur halb ſo lebhaft, als es bei demjenigen iſt, wo man einen wuͤrkli— chen Hunger mit einer Mahlzeit von Haus mannskoſt ſtillt. Die Kunſt er: ſetzt die Natur ſchlecht, und alles Nach⸗ grübeln kan das Vergnügen nicht fo zubereiten und würzen, als das Be⸗ duͤrfniß es thut. 5 Sowohl unſer Leib als Haß Seele haben die Ihrigen, und eines der groͤß— ten Beduͤrfniſſe des Menſchen beſteht in der Nothwendigkeit, die Seele be: ſchaͤftigt zu erhalten. Die Langeweile, die der Unthaͤtigkeit auf dem Fuße nachfolgt, fuͤgt dem Menſchen ſo ſchmerzbafte Uebel zu, daß er oft die ſchwerſten Arbeiten uͤbernimt, um nur ihren Qnalen zu entgehen. Die Seele beſchaͤftigt ſich nur auf Beſchaͤitigung. ſich den Eindruͤcken der aͤußern Gegen⸗ ſtaͤnde — fie empfindet; oder fie un⸗ ter haͤlt ſich mit Betrachtungen, theils nuͤtzlichen, theils neugierigen, uͤber verſchiedene Gegenſtaͤnde — fi rent legt oder denkt nach. Dieſes letzte wird ihr oft ie lich, ja ſelbſt unthunlich, fuͤrnemlich, wenn der Gegenſtand ihrer Betrach⸗ tungen nicht eine wirkliche oder neue Empfindung iſt. Alsdann muß ſte ſich anſtrengen, ihm achtſom zu fol: gen, und nicht felten beſchließen ſich dieſe Anſtrengungen mit der Ueberzen⸗ gung, daß ſie vergebens nachgedacht habe, oder die zu erhizte Einbildungs⸗ kraft ſtellt ſich nichts eigentliches mer vor, und verliert ſich in unendlichen Ideen ohne Verbindung und Bezug, die im Tumult auf einander folgen — oder der von der Spannung ermuͤdete Geiſt wird ſchlaff, und eine finſtre, ſchmachtende Traͤumerei, waͤhrend wel⸗ cher er, ſo zu ſagen, nichts denkt, iſt die einzige Frucht des Beſtrebens nach Alle Men ſchen wer⸗ den die Langeweile des Zuſtandes, wo man nicht Kraft hat etwas zu dene zweierlei Art: entweder uberlaͤßt ſie ken, oder die Quant desjenigen, wo M m in m m man 5 o 1 ge ſi fta nd nur fe pers en 5 fuͤhlen und ſich ſelbſt gute Geſellſchaf⸗ ter zu ſeyn. Nur eine kleine Anzahl verſteht die Kunſt, die, nach Hora⸗ den macht. Um bierzu fähig zu ſeyn, muß man eine gewiſſe gemaͤßigte Mi⸗ ſchung der Lebensſaͤfte haben, fuͤr wel⸗ che diejenigen, denen fie angeboren iſt, der Vorſicht nicht weniger danken ſol⸗ ten, wie die Söhne regierender Her: ren für ihre Erſtgeburt. Zueberdem muß man ſich auch von Jugend an aufs Studiren, und auf Geſchaͤfte, die viel Nachdenken fordern, gelegt haben. Der Geiſt lernt dabei ſeine Ideen in Ordnung bringen und uͤber das Geleſene nachdenken. Denn das £efen ohne Nachdenken, ohne eigne Betrachtungen, ohne Anwendung auf uns ſelbſt und die Gegenſtaͤnde um uns her, kan uns unmoͤglich lange unter⸗ halten, ſondern wir werden unfehlbar gar bald daruͤber ermuͤden und Lange⸗ weile empfinden. Man baͤndigt die Einbildungskraft, wenn man ſie uͤbt, und hat man ſie einmal gelehrig ge⸗ macht, ſo thut ſie, was man von ihr verlangt. Durch das oͤftre Nachden⸗ ken erwirbt man ſich eine Fertigkeit, ſeine Gedanken nach eignem Gefallen bald auf dieſen, bald auf jenen Ge⸗ genſtand zu richten, oder mit ſelbigen auf, einem ſtehen zu bleiben. Dieſer Umgang mir ſich ſelbſt bt nen, die En vaſteben, N eg Beſchäftigung dr 88 c mit ſich ſelbſt, ſeyn koͤnne. Sie „ 1 Gegenſtaͤnde, iſt viel leichter, un Aber, . * ind die Sterblichen, denen dieſe Unterhal⸗ geredet 0 ben. tung Vergnügen gewahrt. Viele ha⸗ f f ben nicht einmal Sinn genung, ſich zens Ausdruck, fie ſich ſelbſt zu Freun⸗ die Möglichkeit zu denken, wie man in einem ſolchen Sa des Umgangs und vergnuͤgt was ſie ſelbſt von der Einſamkeit aus⸗ ſtehen, auch das, was andre dabei ems pfinden, und halten die Einſamkeit fuͤr ein Uebel, dem man, ihrer Mei⸗ nung nach, auf das forgfältigfte auszu⸗ weichen ſich beſtreben muß. Die erſte Art ſich zu befchäftigen, | nemlich mit dem Eindruck der Außern die Zuflucht der meiſten Men ſchen wer die Langeweile; ja ſelbſt diejenigen, die ſich auf eine andere Art zu beſchaͤf⸗ tigen wiſſen, ſind, um nicht in die Ermattung zu fallen, welche die Fol⸗ ge des Einerleis iſt, je zuweilen gens⸗ tbigt, ſich zu den Arbeiten und Ver⸗ gnuͤgungen des groͤßten Haufens zu bequemen. Die Abaͤnderung der Ge⸗ ſchaͤfte und Vergnuͤgungen bringt di Lebensgeiſter wieder i eee ſcheint der erſchoͤpſten E inbildunge kraft einen neuen Schwung zu geben Dieſes iſt auch die Uefa, rum ſich die Menſchen mit ſo viel 1 5 ſchen Bemuͤhungen und unnuͤtzen ſchaͤften abgeben, dieſes bewegt mit ſo vieler Hitze nach dem, ihr Werznuͤgen e zu 5 aͤftigu ng und Langeweile. ö 16532 ſchaͤftigt waren. Die Menſchen find mehr leichtſinnig als verſtellt, und oft, wenn man ſie einer Argliſt beſchuldigt, ſind ſie nur unbeſtaͤndig. 8 Gewiß, die Bewegung, in der uns die keidenfchaften ſelbſt in der Einſam⸗ 1653 Beſchaͤftit und ſich Leidenſchaſten zu ergeben, deren üble Folgen fie oft ſchon aus eigener Erfahrung kennen. Die Un: ruhe der Geſchaͤfte und die Bewegun⸗ gen, welche dazu erfordert werden, koͤnnen den Menſchen unmoͤglich an und für ſich ſelbſt gefallen. Die kei: denſchaſten, die ihnen die lebhafteſten Freuden bringen, verurſachen ihnen auch ſchmerzhafte und anhaltende Leis den, allein die Menſchen fuͤrchten doch die Langeweile der Unthaͤtigkeit noch mehr, und finden in den Bewegungen der Geſchaͤfte und in der Trunkenheit der kLeidenſchaften, eine Veränderung, die fie thaͤtig erhält. Die Wallun⸗ keit erhalten, iſt ſo lebhaft, daß jeder andere Zuſtand dagegen gehalten, ſchlaͤfrig zu ſeyn ſcheint. Aus einem natürlichen Hange laufen wir nach als lem was ſie erregt, ſolten die Eindruͤcke davon uns gleich unruhige Naͤchte und traurige Tage koſten, weil wir uͤber⸗ baupt mehr ohne, als mit Leidenſchaf⸗ ten auszuſtehen haben. sur Es ſey uns erlaubt, dem bisher ger ſagten, noch einige abgeriſſene Anmer⸗ kungen beizufuͤgen, die ein weiteres Licht uͤber unſere Materie verbreiten koͤnnen. gen, die dieſe wuͤrken, wachen auch in der Einſamkeit wieder auf, und ver⸗ bindern die Menſchen ſich mit ſich ſelbſt allein unbefchäftigt, das iſt, ſchwer⸗ muͤthig oder langweilig zu befinden. Wenn keute, aus ſogenanntem Ekel vor der Welt, ſie verlaſſen, ſo koͤnnen Man kan ſich die Langeweile theils unter dem beſchaͤmendeu Bewußtſeyn einer gewiſſen Schwaͤche und Leerheit des Geiſtes, theils unter dem Unwillen über eine Einſchraͤnkung und Hinde⸗ rung, der wir nicht gleich abzubelfen wiſſen, vorſtellen. Viele ſchaͤmen ſich daher aus Stolz zu ſagen, daß fiefan. geweile haben. Einfaͤltige beſchweren ſich gemeinhin am wenigſten uͤber ſte; dieſes gilt aber nicht umgekehrt. Die Natur ſchuf uns zur Thaͤtig⸗ keit, und ſtraft den, der ſeine Kraͤfte nicht braucht mit Langerweile. Gewiß! fie konte keine haͤrtere Ruthe brauchen, um uns zur Erfuͤllung dieſes Zwecks ſie es ſelten aushalten. Sobald ſie die Unthaͤtigkeit kennen, ſobald ſie das Gewirre der Geſchaͤfte und die Unru: he der Leidenſchaften mit der Langen: weile der ſchlaͤfrigen Unempfindlichkeit verglichen haben, ſo bereuen fie ihren gethanen Schritt, fie ſehnen ſich wie: der nach dem unruhigen Zuftande, def: fen fie vorhin ſo muͤde waren. Man beſchuldigt ſie oft unrecht, daß ſie mit einer falſchen Maͤßigung geprahlt haͤt⸗ ten, da ſie ſich der Welt entzogen: ſie meinten es damals recht ehrlich, aber, fo wie die ausnehmende Bewegung ſie eine gaͤnzliche Ruhe wünfchen lies, ſo ſchaſten ſetzen uns ihr mehr als die macht eine zu große Muße, daß fie die praktiſchen aus. Kouſſeau, deſſen Zeit bereuen, in der fie beſtaͤndig bes Geiſt vielleicht alle Stärke beſaß, de- 2 | Mm m mm 2 zen anzutreibe. t Die bloß ſpeculativiſchen Wiſſen⸗ 1655 ren die menfchliche Seele fähig ift, rieth daher nicht ohne Grund die Erlernung eines Handwerks bei der Erziehung an, und eben dieſen Rath ertheilt der un⸗ ſterbliche Verfaſſer der patriotiſchen Phantaſien allen denen, welche ſich der Gelehrſamkeit widmen. ‚Man gebe recht genau auf jene grof: fen Weiſen acht, die ihr Vergnuͤgen als ununterbrechlich demonſtriren, man prüfe ihr Leben, und wir werden fin⸗ den, daß ihre Theorie zwar ſehr gut — ſey, daß ſie ſelbſt aber nichts deſto weniger dann und wann lange eile haben. Das Studiren iſt ein ſchuͤtzbarer Zufluchtsort, aber keine un: überwindliche Feſtung. Es ſcheint, daß bei den großen Gelehrten die Langeweile mit dem Koͤrper im Buͤndniß ſtehe, um fie zu erinnern, daß fe Menſchen und nicht bloß Geiſter ſind. Der Verſtand ſchafft ſich einen ſo weit als moͤglich freien Horizont, und fuͤhlt ſich bedruͤckt, wenn er ſich ein ſchraͤnken ſoll. Vielleicht wird aus dieſem Grunde einem ver⸗ nuͤnftigen Manne in den gewoͤhnlichen Geſellſchaſten und in gewiſſen Situa⸗ tionen die Zeit am erſten und am mei⸗ en lang. Das beſte Mittel gegen die fange: , weile moͤgte wohl darin beſtehen, daß man ſich nicht einem Geſchaͤſte mit Aus ſchließ ung der übrigen ergebe. Das ſchoͤne Geſchlecht hat hier eis nen großen Vorzug vor dem Unſrigen, und es waͤre zu wuͤnſchen, daß es ſich deſfelben fleißiger bedienen mögte. Ein Mann, der bloß mit dem Verſtande . 2 ſich, ſo zu fagen, ueber Befchäftigumg und Langeweile. der Wiſſenſchaften zum andern über⸗ geht, und wenn er ſich zu Geſchaͤſten wenden will, woran der Koͤrper etwas mehr Antheil bat, fo koſtet ihm dieſes eine Art von Herablaſſung und er er⸗ greift fie mit einer gewiſſen V erach⸗ tung, die ihre Reitzkraft 3 gen mindert. Das Frauenzimmer hin⸗ gegen hat eine unendliche Menge von Beduͤrfniſſen und Beſchaͤftigungen, denen es leicht abhelfen, die es leicht ausuͤben kan. Die Sorge für die Mit⸗ tel dazu hat nicht jene ermuͤdende An⸗ i ſtrengung noͤthig, durch deren Muͤhe der erhaltene Endzweck zuletzt am Wer⸗ the verliert. Ihre häuslichen Angele⸗ genheiten, ihre Handarbeiten, ihr Putz koͤnnen jederzeit mit der Munterkeit ber ſtehen, die die Wuͤrze des vergnügten Lebens iſt, und die die Geſchaͤfte un⸗ ſers Geſchlechts nur ſelten begleitet. Die Finger, die ſich dabei noch ſo ſehr ermuͤden, der Verſtand, der ſich, um ſie vollkommen zu machen, noch ſehr 5 angreift, ruht fich immer weit le als eine vom Studiren abgemattete, oder bei Amtsarbeiten traͤg gewordene Seele. Es waͤre gut, wenn man jedes muͤßige Frauenzimmer fuͤr nicht weni⸗ ger laͤcherlich hielte, als eines das ſich nach der Mode des vorigen Jahrhun: A, We derts tragt und bezeigt, und daß das 4 ſchoͤne Geſchlecht einſehen lernte, wie ſeine Beſtimmung eine reiche Quelle von Vergnuͤgen und Thaͤtigkeit ſey, als dann wuͤrde es die Gelehrſamkeit und den Beruf des Unſrigen weniger be⸗ neiden und in froher Ausuͤbung feines e 5 5 eigenen Berufs deſto gluͤckl ee a U 1657 Je tiefer man in viele Dinge zu dringen ſucht, deſtomehr ſieht man ein, daß man ſie nicht begriffen hat, und nicht begreifen wird. Dieſes lehrt die Erfahrung taͤglich beim Studiren. Wir wollen unſere Gedanken von der Nothwendigkeit der Beſchaͤftigung mit einem aͤhnlichen Satze ſchließen: Je ueber Befhäftigung und Langeweile 1658 mehr man ſich zu beſchaͤftigen ſucht, deſto deutlicher ſieht man ein, daß man es nicht immer dahin bringen koͤnne, und nothwendig bisweilen lange Weis le haben muͤſſe. Man troͤſte ſich mit der Allgemeinheit des Uebels, gluͤcklich iſt der, den es nur ſelten trift, und der es andern nur ſelten verurſacht! — % Beim Schluſſe des Ein Blick in die Vergangenheit, Macht weiſer fuͤr 1783ften Jahrs. die Ewigkeit; Denn ach! nicht einen Augenblick, Ruft ſelbſt ein Thraͤnenſtrom zuruͤck. N 8 0 m Ende eines ganzen Jahres be; A finden wir uns gleichſam in der Lage eines Reiſenden, der von ſeinem muͤhſamen und beſchwerlichen Wege eine Tagereiſe zuruͤck gelegt hat. Es iſt ſehr natuͤrlich, daß er auf ſeinen vollendeten Weg mit verſchiedenen Be⸗ trachtungen zuruͤck ſieht. Er freuet ſich, daß er ſeinem Ziele naͤher gekommen iſt, und der Gedanke an die Umar⸗ mungen feiner ihn erwartenden Freun— de, und an die ſanften Erquickungen eines haͤuslichen und ruhigern Lebens, ſtaͤrkt ihn auf den bevorſtehenden Tag, und lehrt ihn mit Vorſicht und Klug⸗ heit feinen noch übrigen Weg fortzu⸗ ſetzen. So bekannt und oft gebraucht die Vergleichung des menſchlichen fe: bens mit einer Reiſe iſt, ſo wahr und richtig wird ſie immer bleiben. Wir baden alle von der Wiege an bis ans Grab einen gewiſſen Wen zu vollen: den, deffen Graͤnzen der Allweiſe bes ſtimmt hat. Der Schluß eines durch⸗ N 18 | b lebten Jahres iſt gleichſam der Abend eines muͤhſamen Reiſetages; und was iſt natürlicher, als das Zuruͤckſchauen auf den Weg, den man bereits vollendet hat, und als es ſich ganz zu vergegen⸗ waͤrtigen, daß man dem Ende ſeiner Reiſe nun Einen Tag naͤher gekommen ſey. So wie der ernſthafte und be dachtſame Reiſende aus ſeinen bishe⸗ rigen Erfahrungen ſich Regeln fuͤr die Zukunft ſammelt, und nicht ohne Nuz⸗ zen auf ſeinen bisherigen Weg zuruͤck⸗ ſieht: So wird auch der Chriſt am Schluſſe einer jeden Periode feines tes bens, prüfende Blicke auf feine ver⸗ floſſenen Tage zuruͤck werfen. | Da wir bisher mit unferntefern wies der ein ganzes Jahr durchlebt, fo glaus ben wir ſie am Ende dieſes Jahrganges nicht unnuͤtzlich zu unterhalten, wenn wir mit ihnen einige Blicke in das Ver⸗ gangene thun. Ein ſolches Zuruͤck⸗ ſchauen ift immer ſehr lehrreich. Es bringt uns empfangene Wohlthaten, Mm m mm 3 ge 1659 genoſſene Freuden, ausgeſtandene Prü⸗ fungen, begangene Fehltritte und Schwachheiten ins Gedaͤchtniß; und man muͤßte eine ſehr verwahrloſete Seele haben, wenn dadurch nicht heil: ſame Empfindungen und Entſchlieſ⸗ ſungen in uns entſtehen ſolten. Welch eine Menge Wohlthaten und Seg⸗ nungen empfingen nicht alle nach dem Maaße ihrer Beduͤrfniſſe! Wohltha⸗ ten bei denen man nicht immer mit ei⸗ nem dankbaren Blicke zu dem Allie⸗ benden hinauf ſah, — oft murrete, weil man den Ausgang und die gute Abſicht dabei verkannte! War nicht jeder Tag ein Zeuge der Liebe und der Fuͤrſorge des Allguͤtigen? War nicht jeder Athemzug ſein Geſchenk? Mußten wir nicht an jedem erwachen⸗ den Morgen, und au jedem ſinkenden Abende, bei tauſend ruͤhrenden Pro: ben ſeine Liebe anbeten? 5 O ſchau in die Vergangenheit, Und fühle heiße Dankbarkeit, Fur den, der dich nach feinem Rath, Mit Vaterhand geleitet hat. Freilich waren die verfloſſenen Ta: ge nicht leer an manchen Leiden und Prüfungen. Hier, oder da, hat eine betruͤbte Familie unter der Laſt haͤus⸗ licher Leiden geſeufzet, die uns um ſo viel empfindlicher fallen, weil ſie un⸗ fer Herz weit näher und tiefer treffen, als alle aͤußerliche Leiden. Eine ein ſame und gebeugte Witwe weinte man⸗ che ſtille Thraͤne im verborgenen zu dem guten Menfchenvater hinauf; manche verlaſſene Waiſen ſahen mit naſſem Blicke zu ihrem allgemeinen Vater und Verſorger empor, und fanfte Troͤ⸗ Beim Schlufe des 1783ften Jahrs. ſtungen kamen in ihre Seele herni⸗ der; liebende Freunde, die ein Herz und eine Seele waren, klagten bei dem Grabe ihrer Hinweggeſchiedenen; ein Gatte beweinte den Tod des andern; Kinder umgaben, in unausſprechliche Wehmuth verſenkt, das Sterbelager ihrer Aeltern; epidemiſche Krankhei⸗ ten wuͤtheten, und riſſen viele hinweg, deren längeres Leben man wuͤnſchte, oder deren innerer Bau, Stärke und Alter ihnen noch manche Perioden des tebens verſprach. Und wer kan das zahlloſe Heer der widrigen Zufälle über: rechnen, an denen auch dieſes Jahr ge⸗ wiß nicht unfruchtbar geweſen iſt? Wie | belehrend iſt es, an dieſe truͤben Stun⸗ den zu denken! Wie viel Erfahrun⸗ gen, wie viel Veranlaſſungen zum Dank koͤnnen hier geſammelt werden! Die Blicke in die Vergangenheit fuͤhren auch manche Erweckungen, Er⸗ mahnungen und Nüßtungen vor un- ſerem Angeſichte voruͤber, die recht ſehr unſerer ernſtlichſten Beherzigung werth ſind. In den verfloſſenen Tagen tra⸗ fen manche Ruͤhrungen unſer Herz; wir hatten viele Gelegenheiten, wo wir unſere Tugend uͤben und ſtaͤrken konten; belehrende Warnungen er⸗ ſchuͤtterten unſer Gewiſſen; mancher nachdruͤckliche Ausſpruch des goͤttli⸗ chen Wortes drang tief in unſere Su le. Es iſt von der aͤußerſten Wich⸗ tigkeit, ſich ſelbſt zu fragen, wie man dieſe Gelegenheiten, Warnungen und Ruͤhrungen nuͤtzte? — Dieſe Blicke entdecken auch ſchluͤpfrige Verſuchun⸗ gen, denen wir ausgeſetzt waren; Ge⸗ legenheiten, die für unſere Tugend ge⸗ | Pa faͤhrlich 5 ER d 1606 ‚1661 Beim Schluſſe des 1783 ſten Jahrs. 1662 faͤhrlich wurden; Reizungen zu gehei⸗ gere Begriffe von dem wahren Werth men Suͤnden. Es wuͤrde ſehr un⸗ des irdiſchen Gluͤcks, und er wird die wieiſe ſeyn, wenn man bei ſolchen Dar: weiſen Abſichten nicht verkennen, die ellungen, geblendet von der Eigenlie⸗ ſich bei dem Verluſte deſſelben oder in be feine Augen verſchließen wolte; wuͤrklichen Leiden entdecken. Dies er: wenn man nicht die geheimen Blend: heitert feine Blicke, wenn er in die werke des Laſters recht zu enthuͤllen Zukunft hinein ſchaut. Sie iſt frei⸗ ſuchte, und voll wahrer edler Traurig⸗ lich dunkel, aber wer das Vergangene keit, uͤber ſeine Vergehungen weinen ernſtlich uͤberdacht hat, der wird vie⸗ wolte. — Und nun die Entwürfe, die les in der Zukunft aufhellen koͤnnen. man an den verfloſſenen Tagen mach: Seine geſammelten Erfahrungen laſ—⸗ te, die Entſchließungen die man faßte, fen ihn troſtvolle Schluͤſſe auf die Zus die Geluͤbde die man that, — was kunft machen. Freilich werden auch wird uns unſer Zuruͤckſchauen davon die kommenden Tage nicht immer Son⸗ ſagen? Gewiß manches, das uns be⸗ nenſchein haben, nicht immer wird er lehren und demuͤthigen kan. Viele auf blumigten Pfaden gehen, ſondern Entwürfe wurden nicht ausgeführt; er wird auch manchen rauhen und dor: ſo ſchoͤn ſie auch angelegt waren, und nenvollen Weg wandeln muͤſſen; nicht fo ſehr uns ihre Vollendung bei Gott immer wird er frohe und heitere Tage und Menſchen Ehre gebracht haͤtte; zaͤhlen, ſondern auch oft an manchem viele der waͤrmſten Vorſaͤtze erkalteten; truͤben und umwoͤlkten Morgen erwa⸗ und manche Geluͤbde, die man am chen. Aber dennoch weiß er, daß ihn Morgen gethan hatte, waren oft am immer eine hoͤhere ſicher leitende Hand Abend vergeſſen. | führen, und der Allguͤtige für ihn ſor⸗ Ach blick' in die Vergangenheit gen werde. Das giebt ihm heitern 4 e weiſer ſeyn 70 Br und getroſten Muth, auch der unbe⸗ So wird dich dieſe Pruͤfungszeit kannten, dunkeln Zukunft entgegen zu Am Ende nicht gereu'n. gehen. Nur der iſt glücklich, den die ver Ein ſolches Zuruͤckſehen in vergan⸗ floſſenen Tage weiſer machen; der gene Scenen des Lebens iſt wichtig und durch den Genuß der goͤttlichen Wohl- heilſam für Zeit und Ewigkeit. Denn thaten immer gehorfamer dankbarer es macht weiſer und bedachtſamer fiir und treuer im Dienſte Gottes und der die kommenden Tage des Lebens, leh⸗ Tugend wird. Jede Probe der Gnas ret die Fehltritte nnd Uebereilungen de und der Freundſchaſt feines alllie: erkennen, deren man ſich ſchuldig ger benden Vaters, verbindet fein Herz macht hatte, verhindert Eünftige Mi: immer feſter an ihn, und jedes prüfen: tritte und macht den Gang auf dem de Leiden macht ihn freier von der Ei⸗ Wege des Lebens feſter und gewiſſer. telkeit und Thorheit, welcher er bisher Dies iſt um ſo viel wichtiger und noͤ⸗ nachgegangen war. Er erlangt richti- thiger, da ein unſterblicher Geiſt in uns, 1863 uns wobnet, der höhere Beduͤrfniſſe bat, und der zu einer Ewigkeit beftimmit iſt, zu welcher bier ſchon die Anlage gemacht werden muß, wenn ſie froh und glücklich ſeyn ſoll. — Wir muͤſ⸗ ſen einmal ſterben, wir moͤgen noch ſo viel Ausnahmen machen, auf noch ſo viele Jahre hinaus rechnen, noch ſo weitlaͤuftige Plane entwerfen, und auf Jugend, Geſundheit und Staͤrke bauen. — Dieſe unwiderrufliche Stun: de komt gewiß und oft unerwartet. Wie heilſam iſt es alſo, wenn ein Blick in die abgeſchiedene Zeit uns laute Auf⸗ forderung wird, an das vielleicht nahe Ende unſerer Pilgerreiſe zu denken, und ſolche Vorbereitungen zu machen, die uns den Wink zum Aufbruch ru⸗ big erwarten laſſen! Aber auch wie noͤthig jetzt daran zu gedenken, weil wir nicht wiſſen, ob wir es Morgen werden thun koͤnnen! Wir leben im⸗ mer nur Einen Tag, denn der folgende iſt niemals in unſerer Gewalt. Von dem unzaͤhlbaren Heer der Krankhei⸗ ten und Seuchen darf uns nur Eine uͤberfallen; nur Ein giftiger Hauch uns treffen; nur Einer der edelſten Theile unſers Leibes verletzet; nur Eins von den kleinſten Gefäßen in unſerm Haup⸗ te zerriſſen werden, — und wir gehen in eine andere Welt hinuͤber!! Je mehr wir uns hierauf vorbereiten, deſto⸗ mehr verliert die fo gefuͤrchtete Stun: de des Todes von ihren Schrecken. Sie wird eine frohe erwuͤnſchte Stun⸗ Beim Schluſſe des 178 zſten Jahrs. 1664 de, ein Hinuͤbergang in das Land der 5 Ruhe. a l r rin - Schau hin, o Chriſt in die vergangnen tenen, Scenen, a Und ſammle Weisheit fuͤr dich ein; Und lerne dich vom Dienſt 3 ö woͤhnen, f um ganz der Tugend dich zu weihn! Dank Ibm, dem Herrn, 0 die genoß⸗ un, Men Freuden, Womit Er dich fo aft raucht f 15 Dank Ihm auch fuͤr die Prüfung feiner ö Leides, Die Er dir liebreich zugeſchickt. Vergiß es nie, wie oft Er dich befchäf f Wenn ſich Gefahr zu dir Be fee Wie Er dir gab, was deiner Seele nützte, So oft dein Herz Ihn darum bat. Erinnre dich an tauſend Gnadenſtunden Die der Allliebende dir gab! ' 405 Sind ſie im Dienſt 5 dir ver⸗ So fuͤrchte nicht das nahe Grab. Schau auch voll Schaam, und wahrer 5 Reue Zaͤhren In die Vergangenheit zuruͤk! Sie wird dich Ernft und wahre Weisheit lehren, Und Sorge für dein beßres Gluck. Ermanne dich, dies kurze Erdenlehen, Dem weiſeſten Gebrauch zu weihn, Zur Ausſaat für die Ewigkeit gegeben, Laß keine Stunde dich gereun? 1 Dann ſiehſt du einſt am Ende aller Zeiten, Voll Troſt in das Vergangne eg Und ſchwingſt dich auf, zu jenen Ewigkeiten, Wo nicht, wie hier, die Jahre fliehn. —— ͤ ————ñꝗ ęÄm! N IM MIN r U | = 50299 e u Ya — — 2 * * . ET: en & N 1 . 9 ern .