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JAMES WALKER, D.D., LL.D.

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^egeU Seben, SBerIc unb Se^re. I. 2^l^ei(.

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(Sari SBtnter'S Unt))erntAt^bud&^Qnbluns.

1901.

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Carl \Mn(r^'^ I'nivprsitäfsbuchhandlung in TIe:dclHerq

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Wit btm $BiIbni8 beS SJerfafferS tu ^elioQtatinre.

6nrl SBtntet'S U«tBerfttät86u(iÖ]^anbIunfl.

1901.

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Kllc Ktf^tc, bcfonbcti bai Kt^t bct ttciccfclniig in ftcmbc 6)>tcu^cn, loecbcn borbc^Itcn.

^oxxebe.

$ier erfd&etnt ba^ feit Salären in äfudftd^t gefleOte, ))on einem atogen Xl^eil ber plitofop^ifdgen Sefettelt erfe^nte SEBetl aber ©eotg SBil^elm Sfriebrid^ ^egel, baS nad^ ber S^oQenbung ber ad&ten unb legten Sieferung nunmel^r feinen Slbfc^lug erreid&t f)at. €8 t^eilt fi(^ in iXDtx, na4 il&rem Umfange einanber gleite 93inbe mit fort- laufenber Seitenga^I, iDie eS bem t^ortgange ber Lieferungen entfprid^t.

S)er erfte SBanb entl^ött bie ®ef(!^id^te beS SebenS unb ber 9Ber!e be« 5p^iIofop]&en, bie ßntfiel^ung unb bie Slnfftnge feiner Seigre, bie SarfteÜung feiner beiben ^auptmerte: ber ^l^ftnomenotogie bed ®eif}e8 unb ber SBiffenfd^aft ber Sogi{; ber jn)eite Sonb umfaßt bie Statur- ))]^iIofot)]^ie, bie äBiffenfd^aft ))om fubiectiDen ®eifle, b. i. bie 9(ntl&ro« pologie unb ^f^d^otogie, bie äBiffenfdgaft Dom obiectit)en ®eifte, b. i. bie 9ted6t8))|itofop]^ie nnb bie ^bilofopl^ie ber SBeltgefd^id^te, enblidg bie SBiffenfd^aft ))om obfotuten ©eifte, b. i. bie Sleft^etif, bie SRetigionS- t)l^itofot)|ie unb bie ®ef(i&idbte ber ^l^ilofop^ie.

3Qie bie bebeutfamen 99üd^er ttbec^QU})!, fo l^oben oudb bie großen t)]^i(ofo))]^ifci^en äBerle unb @^fteme i^re eigentl^ümlid^en Sd^idfale, bie im SBed&fel wn ßid&t unb SfinfierniS befiel&en, 3n ber erften ^alfte bed neunjel^nten ^al^rl^unbertd l^at ftdg bie Igegelfdge !p]^iIofot)]^ie entmidEelt unb burdg bie ®r3ge il^red Umfangl^, bie €inmflt]^igleit il^reS @^fiem8, ben met|obif4en, lel^r- unb leenbaren ®ang i|rer ©arfieHung eine ^errfd&aft erlangt bie ftd6 lodl^renb eines 3Jlenfd&en» alter«, ic^ nenne bie 3a|re 1820—1850, um eS in runben Sohlen auS3uf))re^en, in bie loeiteften 93ilbung8lreife ber SSBelt erflredt |at.

VI JBorrebe.

S)ann tarn ber l^anebüd^ene äJlaterialiiSinud ber fünfziger Salute, man ganüe ftd^ toitbn einmal über bie Seelenfubftang; aU ob Aant nie gelebt l^dtte; @d&ot)enl^auet trat enblidg ou8 bem ^xdxibi feiner Obfcuritftt, bie aud& ein SO^enfdgenatter gemAl^rt ^otie, ^erauS unb gelpann nod& t)or 5£l^orf(|tuB bie Iftngflerfel^nte unb t)erbienie SSead^tung unb Settunberunfl ber SBelt; ^egel ober, »ie e8 fd&ien, »ar in bie 9la^t ber tiefften SBergeffenl^eit geratl^en. S)od^ |atte @dgot)en]§auer fo befianbig unb fo eifrig ben advocatus diaboli »iber il^n geft)ielt, bag bie SBelt nun begierig fein mu^ie, biefen t)ertt)orfenen $l^iIofot)]^en teieber lennen gu lernen, t)on neuem unb oufs neue, ol^ne aDe fßox- urtl^eiU für ober »iber, o^ne alle 3bole, gleid^fam t)orau8feftung8lo8, tt)ie bie SSdter ber neuern ^l^ilofopl^ie geiooKt l^aben, bag n)ir und gu ben SDingen t)erl^alten follen.

SDiefeS 93ebürfm§ na(| einer foldgen Srienntnig ^egelS unb -feiner Seigre foll in biefem äBerle befriebigt »erben.

ftibtUltrg, bzn 25. Slprit 1901.

Mattsoetjeüfinig.

VIII

®rfte8 S3ud^. ^rgrfö 2thtn m^ fßttft.

eeite

l^etfuitfi ttit^ &€titia^tt 3

Sie erfle 3ugenbgeit in Stuttgart 3

1. (EltetntiauS unb @(iule 3

2. 3)et ?race<)tot ßöfflet ......... 4

3. 9l^etorif((e Uebungen 5

4. @tubien unb Sectüre. 2:ageb&d^eT 6

2)ie afabemif^en Se^rja^re in Sfibingen 10

1. ©tubiengang. Snagiftextum unb (Sanbibatur .... 10

2. ftant unb bie 9leDoIution 14

3. 8freunbf(iaften. 2)et polittfd^e Gfub 14

^t^tl üU f^au^it^ttt in Sern 14

2tUniplan unb HBanbetial^re 14

1. Sie ^auSlel^ret^etiobe 14

2. Slufent^alt in Stuttgart. Staublin unb ^Dlberltn . 15

3. Sie Sd^idfale unb 3uft&nbe Säemi 16

4. Sad ®ef4Ie4t bei ©teiger 18

^egeU SfottbilDung in ber S^mei) 20

1. Bpxaäit, Sitten unb ^olitil 20

2. KIpentoanberungen 21

90tife%tiitii« l^eüeld Zimlm in htt ed^Hieii 24

Sie einffu^tei^en S^itbegeben^eiten 24

. 1. $]^iIofopbie. Sfi^te unb 64etring 24

2. Seutf^e Si((tung. Sd^iHet 25

3. Sq8 neue aBeltalter 26

3n]iaIt<üeTset(int6. IX

eette

Wlo]opWibt etubien 28

1. 2;(eoIogif(ie VroBIeme . 28

2. CTtl^obosie unb $(iIofot))^ie 31

8. Büittiin^ all fmxtx 32

4. $ie Sfrage bcd aRoniSmu« 33

^erlitt« UttHtfithlun^ na^ ^tnitffiitt .... 35

^ie neuen SR^flerien 35

1. 2)eT britte im S9unbe 35

2. Sleufii 37

^ölbetlin im ^aufe ®ontatb 39

1. Sie PatapTop^e . 39

2. Sttfa^tten unb (Enbe 40

^egel im ^oufe ®ogel 41

1. eteUung 41

2. 2)er Oetleibete Kufentl^alt 42

3. 2:0b bee SSaterS. Cefonomifd^e Sage 42

4. 3uTunftSpI&ne 42

iFfinftes ۟f\itl

^t^M ftmmtitt etu^im nu^ mttHiim 45

Sie Urform beS e^ftemft . 45

1. Sie Sufaeid^nungen 45

2. erunbtl^ema. Sie Steligion aU SBeltproMem . . . . 45 Sie neligionicnttoicKung 47

1. SaS (Enbaiel 47

2. $(iIofop^ie unb Sleligton. B^Uitxmai^txa Sieben ... 48

8. Sie SBeltreligionen 49

4. d^J^aralter ber 4riflU4en IReügion 51

9ieIigion unb $(i(ofop(ie 52

1. Sie neue Kufgabe . . . . . . ' . . . 52

2. Sie (Brunbibee: bet abfolute (Bei^ 53

8. Sie eiiebetung beS ©^ftemft 54

4. (Bin politifd^er ^nttourf 54

^t^€l in 9nt4« »ie ttfttn f ed^iS ^al^t feiner HtietuHfd^en uit^

nfn^emifd^m f&itf^amMi 57

£itteratif((e SO^irffamfeit 57

1. V^ilofop^ifd^e @d(riften 57

2. (Eine politifd^e @d^rift 58

X 3n(aItBt)eTSetd(ni6.

6elte

idabemif^e aS^irlfamfeit 62

SBorlefungen 62

2. S3efdrbetuTigen 64

denaif^e 3up&nbe unb !Petfonen 65

1. 2)ex ntteratifiie Slüdgang 65

2. ^ntnonuel 9liet(ammeT 65

3. $(i(ofop(if4e S)occnten 66

4. Otfellifie Greife 67

2)ie fp^andmenologie unb bie @4Ia(it 68

1. ^aS 9&et! unb bet 6tteit mit bem SBerlegct .... 68

2. 2)ie 64Ia(!6t bei 3ena 69

3. 2)ie erfle 2)i|TeTcna steiften Stelling unb ^egel ... 70 meue Sebensptftne . . . 71

1. a)et »tief on 3. t. So§ 71

2. 2)ie Berufung nad( »ombetg 72

^e bamberger 3<itung . 74

1. S)a8 IRebactionSgefiiftft . 74

2. S)te aS^eltbefieben^eiten 75

3. Gin bto^enbet (Sonflict 76

S)et Uebergong gu einem neuen IBe^tamt 77

1. I^te S^itungl^galeere 77

2. 9lftmbetg, KUotf, (Etlangen 78

3. ^tt neue Bäiulplan 78

2)q8 Stedorat beS ®^mnafium8 in Sümberg . . . . 79

1. Sctufung unb SebenfttoenbepunTt . 79

2. fCmtlid^e IBet^ftltniRe unb Uebelfl&nbe SO

3. Sogif, $to|)ftbcutit unb 9iectorat8reben ..... 81 ^ie (Btünbung be8 $ou8{ianbe8 85

1. S)ie Sftage bef e^eli^en ®Iücf8 85

2. anatia tfon Sudler 86

t^t^tU Seit« un^ »eltnitfd^aiiititd 90

iBa^rifti^e an&ngel unb'UebelfIftnbe 90

1. S)te bureauftatifte d^entralifation 90

2. S)et SRongel an «utorttftt unb ^uMicität .... 91

3. S)ie altba^tifd^e 8ftnflemi6 93

4. 2)er fanatif(i^e ^l^ogoif mu< 94

^ie ba^rifd^e 9leaction 94

1. S)ic(i:onf[ictcinbet6tubiencommiffton. 91ict^ammerf 9)iebcrlage 94

3n(altSt)eTaei4ni6. XI

6eitc

2. S^ontgclaft' (Enllal^ung unb baS Concotbat .... 97

3. Tegels S^itonftouung vnb ^offttiittg 97

«eüel Uli» fßtoftff^ htt ^tfit^^pmt in «ei^elibef§ (1816-1818) 98

^el SBetufuttöctt .... * 98

1. (Etlangm 98

2. »etUn 99

3. ftelbelbetö . . . . ,100

Smei da^te in ^eibelbetg 101

1. I^ie (Enc^nopftbie 101

2. SDotlefungen unb StmlSdenoRen 102

S)te ^etbelbergif^en da^tbik^et 105

1. Sr. ©. 3o!obi« Sßerte 105

2. Sie müTttembetgtft^^en Sanbfiftnbe 107

V^Uofoptifd^e (iintoirfttngcn unb 9(nf finge bet 6d(u(e . . 116

1. DsHltt 116

2. ©inri4« 117

3. GatoDö 118

4. €oufln 119

5. S)oub 123

i^e^ai^ »emfuii^ ii44> »#rUn 124

2)a< aniniftetium ICItenflein 124

1. 6tein« Slefotmen 124

2. 9[Iten{ieinft 2)en!f((rift. S)er etfle ^reuftifd^e Cultutminlffet 125

3. Unitoetfitftten. (Biftnbungen unb (Befaßten .... 125

4. I^af geitgernftge 6))ftem 127

dol^anne« G^ulge 130

1. a^Ubungftgang unb 3ugenbf4idfoIe 130

2. Sie S^erbft^tigungen 136

^egel unb 3o|anneft ^Aulge 137

iit^tU »itf^^mMi in fBttlin 138

Kfabemifd^e unb littetanf(i^e SS^irffamleit . . . ' . . .138

1. Sie ttnf&nge. 6oIget 138

2. Sie InttÜtftebe . . ' 140

3. Sie a^onebe gut 9le(i»)»(ilofo)»(ie 142

4. Set ®ang bet S^otUfungen unb bie Sinfft^ning neuet . . 145 Br^fttm unb 64u(e 146

1. Sle^etitorien unb (Eont)eTfatoTien. Henning .... 146

2. Set %t]^WfipWo]opWä^t (Sloraftet be6 e^fleml^ ... 148

XII 3n^aUS))er8ei4nt6.

etile

8. aJlat^einefe, d^anS, Henning, SRtdftelet, ^ot^o, 9ldtf4er, SBcrber 149 4. IBatle, 6tTQu6, Sruno Sdaucr, 3. <ib. €tbmann, SRofenlrang,

$inri(!6iS itnb ® aBier 151

Sfreunbe unb Sfeinbe 158

1. 2)ie (eibelbetget Sf^eunbc 153

2. Knon^me Sfeinbe .154

8. €tn jp]6ilofo|)]6if(^er Gegner: €b» S3enele 155

4. ®oct(e unb ^egel 158

5. ^eibetg . . . 160

S)ic ^tfifungScommiffton unb bet pl^Uofop^if^e @^mnaftalunterti4t 161

^t^M ^erintreifm tm^ fStüfUtt, »im un^ 9ßatii^ ... 168

SCudpge na4 SRügen unb '2)reftben 168

S)ie Steife in bie 9liebcTlanbe 168

1. ®. t>an eifert 168

2. S)ie Sfal^tt nadft a^tünel unb bie 9l&(Ife|6r .... 165 S)ie 9leife nadft 9Bien . . . . 168

1. 2)eT Sufenll^aU in SDßieu. 2)ie italienifd^e Oper ... 168

2. 2)te 9lücfreife. 2)re8ben 169

Tegels SSer^ftUnig au <Sou|ln unb 9leife na^ 9ari8 .... 170

1. (S:oufin8 91ufent]^alt in Säexlin 170

2. Tegels SReifc na4 $arid . 178

3. S)ie mdUffc 174

2)er leite ^lufent^It in äBttmat 175

9xtift1ivit$ Ciqittel.

tittf htt «»»e feinet »itf^amMi 176

S)ie legten ffinf 3a|re 176

1. S)te (l^eburtfttag»feier 176

2. S)ie 3a(rbü4et für »iffenf(|aftlt4e ftriti! .... 177

3. ^egeU SBirffamfeii in ben 3a^tbüd(em. Hamann . . 181

4. ®öf4el8 ^p^orismen 188

5. SBerbftd^tigungen unb ^nfeinbungen. »2)afi (BeftnbeP . . 185

6. (Eine /{^öbige $olemif" . . ... . . .187

7. SubtDtg Sfeuetbad^ 188

2)a» (Bnbt ber SBirIfamfeit unb beS SebenS 191

L S)as 9lectorat 191

2. 2)ie 3uIireboIution 198

8. 2)ie tn^lx]^t Sleformbia 194

4. 2)ie e^oletcupibemie. 2)er Srief an $. SBeer. S)af ©(^reiben

an. (Band . 197

5. %6b unb aäegtftbnig 199

3nDaIt«ocraet4ni6. XIII

4^e§el9 ttetfe unh httm ^t^ammUml^^aiH 201

S)tc t)on Qegel felbfl herausgegebenen SBetfe 201

1. 3etta 201

2. SRümbetg 203

3. ^elbelbetg . 203

4. »etitn . . 204

2)ic @efammtau8gabe 205

1. 2)ie «ufßabe 205

2. 2)ie herausgebet unb bte 91u8gabe 205

2)ie Duellen gur KuSgabe ber Sorlefungen 207

1. 2)te $büofo))bie ber (Bef^itte 207

2. S)te Kellbetil ober |t.unp))btIofopbte 208

3. S)te !PbtIof Opiate ber 9leItgton . 211

4. 2)ie ®ef(|i4te ber ^l^tlofop^te 212

^egel auf bem ftat^eber 214

1. 2)ie $erfönli(|leit . . 214

2. S)er l(at(ebert)Ottrag 215

^egelS Seilte. (BtpB CatitteL

mm\älnn% 219

anoniSntuS unb dbentttätdiebre : 219

1. 2)te englifd^e (SnttoidlungSle^re. S)er S)artDiniSmu8 . . 219

2. 2)cr beutf^e S)aru)iniSmuS 220

3. 3ooIogtf(!6e $(i(ofop]^ie unb |)t|i(ofo|)]^tfd(e Soologie . . 220

4. 2)te p^ilofopl^if^e €nttt)i(IIungSle]^re oor l!anl. Seibnig . 221

5. S)ie fanttf^e (inttDidfungSle^re 222

6. S)ie ft^tefte (£ntn)ttf(ung8le^re . . . . . . .228

7. 2)te fd^eHingf^e .(EnttDtcKungSlebre 224

.2)aS. abfolute 3bentttätdft)|lem 225

1. S)er S)ur4brud6 225

. 2. S)er ©tufengang ber SBelt 226

8. @d^eEtng unb 6t>tnoaa 227

4. Sie neuen Aufgaben 228

. 5. S)er äBtg gut SBa^r^eit . . 280

Mtxtts CoiiiteL

i^t^tl im »unU mit e^eWnü 231

a)ie erflen 6d|riflen .231

, 1. SHe ^ionetenbo^nen . ... . . . 231

XIV 3n(aIt8Detaei4ni6.

Seite

3. S)ie t)^iIofo))]^tf(i^e 2)t|Tercn) stotfÄen 64eIIing unb ^egc( 242

Srlttes CotrtteL «e§di» «(uff A%e im 9HHf«eii Saunml . . . . .245

^(Uofopl^ie unb 1Inp(itofo)>^ie . 245

1. 2)ie |>(Uofo)>(tf4e ftritif ........ 245

2. S)et gemeine SJlenf^enDerllanb 248

3. 2)er neuefte 6IeptictSmud 250

(Blauben unb SS^iffen. S)ie SleflesionStil^ilofop^icn .... 255

1. S)ie Iantif((e ^l^Uofotil^te 256

2. S)te iacobifiie ^^Uofop^ie. 6(|teteTmad(er .... 259

3. S)ie fi(|tef4e ^^lofopl^ie . . 265

8f^Hff%uiitf« ^U Mffmfd^aftlid^nt »<|Kit0lttti§iMfim ^<il

9latii?ire4^ti( 270

^ie empirtf4e 99ebanb(ung«aTt 271

1. 9Dic ^^pot^efen ))om Slaturguftanbe 271

2. Xit pxati\\^tn StoedCe 272

8. ^ie unt^eorettf^c ^toeU unb bie unproltifd^e Z^eottc . 273

^ie reflectirte S^e^anblungsatt 273

1. ^te grobe @eite bet fantifd('fi4tef((en $(tIofop^te 273

2. 2)ie Unftttlt^Ieit bev fantif^en Gittenlel^te .... 274

3. 2)et ft4tef4e 9{e(i^ti)tt)QnQ. Gtrafe unb Cp^otat ... 276 2)ie abfolute 6itUi((!ett ; . . .' 278

1. 2)ajB SJolI unb bie Sölfet. $er fittlid^e CrfianiSmuS . . 278

2. 2)ie ftttli(!6e (Befunb^eit unb ber ftrieg 280

3. Sie Ctganifitung bet 6t&nbe unb Snbipibuen . . 280

4. Zrogöbie unb ftombbie. 2)ie Sonen beiS 6ittli((en . 284

5. Slatunedftt, aJloral unb pofttiPe tRe^tdtoiffenf^aft ... 286

iFfinftes ۟p\ttl

«iutl^eUtMig 289

JQortebe. Sie Kufgabe bet neuen Se^te 289

1. Sie Sfoim bet 9Binenf4aft 289

2. Sie 6ub|ian} als 6ub]ect. SaS $tittcip al8 9lefu(tat . 291

3. Sie leitet. Sie (Enttoidlung beS Si^tffens .... 294

4. 9)oTurt(eiIe unb 6elbftt&uf4ung 294

Cinleitung 296

^1. SaS (Etfenntni^Permögen als aDE^erl^eug' unb ÜRebium . . 296

2. Sie falfd^e (Brunblage beS StoeifelS. SaS erfcteinenbe SDE^iffen 297

a Sie SRet^obe bet SCuSffi^tung 800

Set etufengang beS Setou^tfeinS 304

1. Sie ^aupt^fen ^.804

3n(aUit)eraet4ni6. XV

6cite

2. S)ie ttiabif^e Crbnung . ^ 305

3. ^ie etettgen 305

^M §e§eiifNNiMi«e »eumfttfeiii 306

2)ie ^nnli^e ^ctoig^eit . . . BOG

1. I^te obiectiülie, rei^fle unb concretefle äOo^rl^ett . . .306

2. ^U fubiecth){le, &nn|ie unb abllrocteflc SBa^r^eit ... 306

3. S)a< 9iufi\pxt^tn unb ba0 Sufaetgen 308

^aS toaitne^menbe a3etou6tfetn 30^

1, S)Q< S)infi unb bie Cigcnf^often 30^

2. ^of fiuf^cben unb Kufge^obenfein 310

8. ^aft X^cma unb Problem bet fBa^rne^mung: bU Ctnl^ett bejB

2)inged unb bie Siel^eit ber (Eigenf^aften. 2)ie ZftufAund 811

4. 2)ie Sieltett ber 2)tngc unb (Etgenfctaften. 2)te Sogit unb bie 6o)»tifteteien ber äDa^tnel^mund ....... 313

2)aS 9{ei4 beS SBerftanbeS 314

1. Ilraft unb 9(eu6erung. 2)Qd 6|)iel ber Ar&fte ... 314

2. S)q8 innere unb bie (JEtft^^einung 316

3. 2)af innere M (Befe^. 2)a« 9leid( ber (Befe^e ... 317

4. (Etf^einung, ®efet unb ftroft 318

5. 2)tc S^Aiigfeit beS d^rllftrenS 320

6. Uebergang sum Celbflbemugtfein 320

SSitbtnitB Ca)rtteL

3)il# €t%^tH\fim%min 321

^af 6e(bflbctt)u6tfein unb fein Obiect 321

1. SBergleidtung mit btm gegcnpftnbli^en SeiDu^tfcin . . 321

2. 2)a« 6elb|lbettiufttfein alf aScgierbe 328

3. S)ic Objccte als lebenbige S)ittge 328

^ertfd^aft unb ftne^tf^aft . * 324

1. 2)te SBerbofi^elung bcd 6elbflbett>u6tfeini 324

2, S)er Stampf auf 8ebe)t unb Zob. ^ie ZobeSfur^t . . 325 8. $err unb I!ne4t. (Be^orfam unb 2)ienfl. Krbeit unb S3ilbung 327

4. 2)ie Sb^ftngigleit bef ^erm unb bte Unab^ftngigfeit beS Stnt^U 328

5. S)ie Befreiung beB S)enfens 329

2)te Sfreil^eit beS 6eIbflbett)u6tfeinS 329

1. eioicidttiud 329

2. SfepticiSnud 330

3. 7>a% unglücfli^e SetDufttfein 332

^1» 9€munfiUt0uW€in^ A. ^ie i^tofMä^imU »ttnunfi . . 33»

S^ema unb Xufgcibe 338

XVI 3n]ialt8üer3et(int6.

eeitc

^ie beobad^tenbe 93ernunft ......... 389

1. ^ei @tanbt)unft beS sleoliSmuS 389

2. Sai Iünflli(|e unb natflt(t(|e @^flem ber S)tn0e. ®efej^ ttnb eiptximtnt 340

8. S)ie orgonif^e 9latut unb ber 3te<<t^<dnff. (ftitlrntt^tx unb

B^ttimgi) 342

4. 8ogif(|e unb pf^^^ologif^e (Befeke 346

5. $^4^0(}nomtI unb @(|ftbeIIe^Te 848

HtntAtB €(ipütl

Mei« ^tt in fid» lieftieMütm Sn^iH^ueit ... 358

SlfidMid unb a^orblid 858

2)te t^fttige S^etnunft 355

1. 2)ie Suß unb bie 9lot^n)enbtgfett. (Qfaufl) .... 355

2. ^aS ®tfcj^ bei ^eraend unb ber SOßa^nflnn bed SigenbünfelS 357

3. 2>te 2:ugenb unb ber SEBeltlauf 361

S)aS netdft ber in ft$ befrtebtgten Snbioibuen 363

1. ^aü geiftige 2^ierrei4 363

2. S)te gefej^Qcbenbe S^ernunft 368

3. 2)tc gefe^firüfenbe SDcrnunft 369

^tt mtift^ A. 3)iii» Mei« htt eittli^feit uuh htt 9l€äimun^nh 371

SaS d^cmeintoefen. S)a6 gdttU^e unb menf^Iic^e ®efej^ ... 871

1. Sfaniilie unb etaat 371

2. SJflann unb Sfrau, €(tern unb Ütnber, SBruber unb S^mefler 873

3. S)er tragif^e (Sonftict. 2)ie 6(^ulb unb bad ©^idfal . . 375 S)er 9icd(t83u{lanb 878

1. a)er Ueberganß 378

2. a)ie ^erfonen 379

3. 2)er ^err ber Sößelt 379

4. 2)te Stau im SHe^tSjuftanbe 380

€lflt$ €üpiUl

9er «eifl« B. ^et fid^ entfremdete nn^ ^er feiner f el^H §ett»iffe

«ein 381

2)ie SBelt beS fi4 entftembcten (BeifieS 381

1. 2)aft 9lei4 ber aBilbung '. . 381

2. 6taatiSnia4t unb 9lei4t(um. S)ad ebelmütl^ige unb baS nieber* tr&4tige a3ett)u6tfein 382

3. 2)ae gerretgenbc unb bad gcrriffene 93ett)u^t[ein. (9lameau'e «Retfc) 885

4. ^aS Qlaubenbe SBetou^tjein 389

5. S)ie aufllÄruns . 391

X

9n^alUücrset4ni6. XVII

6eite

^ie abfolute Qfrei^cit unb bet e^xtdtn 398^

1. Sie ®Ict4]^eit unb bie a^emi^tunft 398

2. S)te Sfoctton unb bie @4ulb 399

3. e^xtdtn unb Zob 400

$et feinet felb^ aetoiffe obet motalif^e (Bei^ 402

1. S)te moraItf4e aBeltanfd^auunfi 402

2. 2)ie 93eTl)caung 405

3. S)aiS (Betoiffen, bie f 4öne 6eele. S)aft 935f e unb feine IBersci^ung 407

mt nett§i0n nnh hM ah^0luU üS^iffm 4ia

S^efen unb 6tufen ber dteligion« S)ie natütlic^e 9leUgion . 413

1. Religiondßttfen unb 9ieItgionS(|ef4t(!^te 414

2. 3nbif(i^e unb ftg^ptifcge Religion 414

2)ie ftunflTcIigion * 415

1. S)eT l^uUuS. S)a8 abfiracte ftun^vett 417

2. 2)ai» lebenbige ftunptt>et( 41&

8. ^ali geiflige ftunfttoerl 419

S)ic offenbare Sfleligton 423

1. 2)et Untergang ber ftunfireltgion 423

2. 2)te ajlenf^ioerbung ©otteS 425

3. 2)te ®em^tnbe 426

S^ad abfotute StBiffen 429^

1. ffteligion nnb gQßinenf(6ofl 429

2. $^&nomenoIogte unb Sogt!. 2)a8 @)){lem ber ^(ilofo^l^te . 431

^et «^üciilliiit^ unh hit Wltmoht htt fi^üif 433

50er Öegenftanb ber Sogt! 433

1. 2)ie aOöerfe 483

2. Kuf gäbe unb Z^enta 484

3. Einleitung . . '. . . 435

2)te Snet^Obe 48»

1/^te Itotegorien. 2)ie ^enlbeftimniungen unb bie 2)enft^&ttgfett 439

2.'S)er biafeTtif^e ^roceg unb bie (Enltoidrung .... 440

3. S)ie (Eintl^eilung . . .442

4. ^er S3egriff (Botted in ber Sogtf. '^afi ^txdi ber 6c6atten . 444

5. 2)ie Sogil unb bie (Befii^id^te ber $^Uofo))]^ie .... 445

6. ^er Anfang 44&

^itx}t1inttB €(i9ütl

^ie 2€^u t»0m. eein« A. 3)ie CunlitAt 44&

^00 reine 6ein 448

1. @etn unb 9l'iiiti . .448

2. S)a< SBevben. (Entftel^en unb SJerge^en . . .44»

XVIII 3n^aItSt)ersei4ntB.

Seite

2)a8 2)afetn 451

1. Oudüftt. (EttoaS ttnb 9tttberel{ 451

2. (SnbliiieS unb Unenbltd^ed. 2)te Serftnbetung ... 452 2)a8 SffiTntfcin 456

S)aS unenblidge @ein 456

^ie S<<^¥< P0m eein. B. 3){e Citnittitat 460

2)ie reine OuQntttftt 460

1. Sontinuttftt uitb ^tficrettoa 460

2. Seno, SCtifiotele«, Stan\, 461

2)a< Ouantum 463

1. %naa^( unb ein^U. 3a^( unb Sa^Ien . . . . . 468

2. Säl^Ieu unb »e^nen 464

8. 2>af e£ten|lt?e unb IntenftDe Ouantum (®rab) .... 465

S)ie quantitative Unenblid^{eit ... * 467

1. S)ie f Alerte quantitative tlnenbli(|!eit 467

2. ^ie etfte lantifdge ^tntinomte 468

3. 2)ie Unenbliiifeit be8 Ouantum« 468

^ai quantitative SSet^&Itntg 471

1. 2>te aSet^öItnigarten 471

2. S)er bop|)eIte Uebergang . 473

3. S)ie 3a^{enp^iIofo)>(ie . . . . . . .' . .474

^ie it^tt r^om eeim C. ^M Wt^0% 475

2)ie fpesifif^e (qualitotive) Ouantität 475

1. S)aft fpeciftf^e Ouantum. 2)ei Snaagflab .... 475

2. S)ie anat^ematif bet IRatut 478

8. 2>a< fpeciftcirenbe Snaag. 2)ie Siegel 479

^ai teale fOiaai 480

1. 2)ie Steige ber anoagver^aitniffe 480

2. 2)ie ilnotenlinie von SD^aagver^&Itniffen 482

2)af anaaglofe 484

1. S)aS auSf(i^Ue6enbe ÜJlaab unb ba« abfitact 3Jlaa6tofe . . 484

2. S)er Uebergang aum Sefen »485

3. S)ie Itategorien be< @ein< unb bie Sntmidlung . . . 486

S^itbitlfnltB CatiUfU

^ie Seigre \fmn fBefem A. ^ie WeHesi^n 488

^ic 9lef[e£ion«be|iimmungen. 2)ie 3bentit&t 488

1. 64cin, (Stfdfteinung, SBitUi^feit 488

2. 2)ie 2)enf8efe(e . 490

3. S)ie Sbentitat .491

dn^aUftoeTiet^nib. XIX

Seite

2)er Untetf4ieb . . 492

1. S)ie S9crf$ieben^eit 492

2. 2)er ®cgenfat^ 494

8. 2)et fEBiberipTut 497

(Bmnb unb Sfolge 499

1. ^er auteiiienbc C^runb . . 499

2. aJlaterte unb f^orm ' . . 500

3. 2)ie (S^ifiens 502

^ie Seilte \f0m »efeiu B. ^ie l^rfd^eitiiinii

^aS S)ing unb feine (Sigenfcgaften

Giftetnung unb i^tUfi

2)aS tDt]tniV\ä^t »er^dltnig ....

1. S)a8 SDeTb&Unig bei fangen unb ber Steile

2. 2)oS SSetl^&Itnig bet ftraft unb ber 9[eugetung 8. S)a0 93ex^ältnt6 bed Sleugeren unb inneren

508 508 507 509 509 511 512

Kentt;e^nttiSi CatiiteL

3)ie SelM^e \fmn »efeit« C. 3)ie »irfn^feU 516

2)aS tt>al^T^aft aßtiHtiie. S)a8 9(bfolute 516

$tc tnnete unb &u6ere SßirUid^feit 517

. 1. S)o8 SRett ber anöglid^feit 517

2. S)al{ !Ret4 be< SufallS 518

8. a)ie IRot^toenbiflfeit 519

2>al{ abfolute SSer^ftltni^ 521

1. S)ie 6ubfianHaIii&t ......... 521

2. S)tc SaufaUtat 522

8. S)ie aBe(i^feItDtt!un0 524

3)ie Se^re t^^m »t^tifl^ k. 3)ie eubiectiHtat 527

a)et »egriff beS ^Begriffe 527

1. aSom SBegtiff im Mgemeinen 527

2. 2)et aagemeine Sdegriff 580

8. S)er befonberc S^egriff 581

4. 2)a« (Einselne 582

2)aS Urt^eU 534

1. S)aS Utt^eil bee 2)afein8 586

S)a« Urtl^eU ber fRejIeston 537

3. %ai Urtl^eit ber 9lot()Dcnbigfeit 538

4. 2)a8 Urt^eil beS »egriffS 588

2)et 64Iu6 589

1. 2)et @4lu6 beS ^afeinS. 2)te €d^Iu6ftguten .... 589

XX 3n(aItSt>eract(|ni6.

2. a)et ©fttuS bct Steflejion ........ 541

3i 2)CT 64Iu6 bet IRot^menbiftleit 543

»ie £<»t< Pom »e^Hir* B. 34e eiiiectiHtöt 544

Cntologie itnb ftoimologie . ; * > 544

S)eT aRed^niSmuS 546

1. 2)er S)etetmtnUmuS . . . . 546

2. ^te d^entralifotion 547

3. 2)er abfolutc Ste^aniSmuS 548

2)et e^emtftmuft - .... 548

2)ie Zeleolodie 550

1. aile^anidmuf unb Sleleologte. S)er fubjecttbe SiocdE . . 550

2. S)a8 9lei(!6 ber Tixiitl 2)ie Sifi bet ä^etnunft ... 551

3. 2)er auSgefübtte 3tt>ed 553

3)U Seilte t»0m »e^if^ €. 3)ie 3^ee ....... 554

S)te 3bee als $roce6 554

2)a8 Seben 556

1. 2)a8 lebcnbige dnbbtbtum . . . . . . . . 556

2. S)et SebenSproceb 559

8. S)ic Gattung 560

S)ie 3bee beS (BtUmtni unb bel{ Sßoaend * 561

1. ^ie 3bce beS SOßa^rcn 561

2. 2)te 3bee be« Guten 565

3. 3)ie abfolute 3bee 568

9if4eT, «f f4. b. $(tIof. vm. 91.«.

I. Sic crfte 3uflcnbjcit in ©tuttflart.

1. (Eltetnl^attS unb G^ule.

Unter ben glauBenStteuen ^rotefianten, meldte ber Srgl^erjog Staxl, ber Später beS iefuitifd^ erjogenen unb geftnnten nad^maligen AaifetS S^erbinanb 11., aus feinen (Srblanben @teietmarl unb Hftrntl^en ber» trieben unb ber ^ergog Don SBflrttembers in feinem Sanbe aufgenommen ^atte, toar 3o]^ann ^egel, feines 3eid6enS ein Stltmpntx, ber Uralgn beS $I^Uofo))]^en. Sßir !ennen loeber ben Ort nod^ bie 3eit feiner Sintoanberung. 3u toieberl^olten malen finb im Saufe beS fedgSgel^nten 3a]gr]gunbertS Vertriebene Oefteneid^er bem 3nge in baS lut^erifdge SBarttemberg gefolgt. 9lod& am @nbe beS ^al^rl^unbertS l^at ber ^ergog

^ S)a für einige S3ftnbe ber SCßerle, inSbefonbere f ftr bie SDennifd^ten S^riften (XVI u. XVn) eine neue Auflage nöt^ig getoorben toar unb oon feiten beS SSer* legetS fieisünf^t tourbe (1885), fo l^at, flatt ber in S9b. XVH entl^oltenen fp&rlid^en ailitt^eilung einiger abriefe t)on ^egel, ber @o^n Aarl ^egel eine nt5gli<|{l k)oE> ^ftnbige Gammlung ber ^SBrief e t)on unb an ^egel' in <|ronoIogif<|er 9leil^en« folge oeranllaliet unb in muflergültiger SCßeife beforgt, rotKit Sammlung in gloei Steilen nunmehr ben XIX. SBanb ber SQßerle ausmalt. S)iefe ©ammlung a&^It 274 9lummem auf 820 (430 u. 390) Seiten, toft^renb bie in S9b. XVII enthaltenen SSriefe nur 153 Seiten umfaßten.

2>er gefouimte IBriefice^fel ^egels, toie er uns je|t vorliegt, ift in (Er- mangelung atttobiograpl6ifd)er Kufaeid^nungen bie nft^fie unb Dorafigli^fte OueHe einer S3iogra))4ie ^egels unb wirb in bem Dorliegenben Söerle IDO^I gum erilen male gu biefem 3tt>ecfe benutzt.

®. 9B. St. Tegels Seben, befd^rieben burd^ l^arl Sflof entrang, als Supple- ment gu ^egeU SBerlen. (S9erlin. 2)uncfer unb ^umblot 1844,) Sln^ang: Urfunben I— X.

91. ^a^m: ^egel unb feine S^it« 93orIefungen über (intftel^ung unb Cent« toidlung, SOßef en unb äBertl^ ber l^egelf 4en ^l^ilofopl^ie. (aSerlin, 9t. ®aertner 1857.)

1*

4 ^exfunft itnb Se^rialftre,

3o^Qnn (^riebrid^ eine ganje Sd^aar fold^er (SintDanberer qu8 ben Sergtoerfen ©teicrmorfö unb Äftrntl^cn« bei |td& aufgenommen unb QuS bem neubeüöllerten 6^rif)o))]^tl^etI einen blfll^enben ©d^iüatüiDalbort ge[d^Qffen, loeld^er ben Flamen t^teubenftabt erl^ielt. S)er 3lamt @^rtfto))]^ erinnert fogleidg an ben Dortreffli^en ^rjog, loeld^er bie Don feinem Spater Utrid^ eingefül^rte Sleformation in SBarttemberg organifirt unb ein- l^eimifd^ gemad^t l^ot (1550—1568).

2)ie 9tod^fommen jenes ^ol^onn ^egel aus Aftrntl^en l^aben bflrger« lid^e ©tedungen unb Remter befleibet, als ^onbtoerler unb Beamte, als Seigrer unb Pfarrer; e8 mor ein Pfarrer ^egel, ber, tote ®. Sd^toab berid^tet, unfern ©dritter am 11. 9lot)ember 1759 in SWarbadö getauft l^ot. 2)er SRame ^egel (ebt in Sßflrttemberg fort unb i{l in ben Ober- amtsbejir!en Don [Reutlingen unb 93öblingen bon 9ltterS Iger belannt; aber Don jenem ^egcl, ber um beS (BtaubenS loiDen feine öfterretd^tfd^e ^eimatl^ Derlaf[en mu^te, finb ber ^l^ilofop)^ unb bie ©einigen tool^I bie legten 9tad&fommen.

®eorg SQSill^elut Ofriebrid^ ^egel mürbe ben 27. 9(ugu{t 1770 in Stuttgart geboren, too fein SSater unter bem ^ergog Aarl (Sugen 9lentlammerfe{ret&r U)ar unb als (SspebitionSratl^, loeldger 2;itel il^m ertl^eilt tourbe, in ber altioürttembergifd^en SSureauhatie ju ber l^dl^eren 93eamtenorbnung gSl^Ite. 3m 99eginn feines üierjel^nten ßebenSjal^reS Derlor SQSit^elm ^egel feine äJlutter, beren ^nbenlen er treu unb liebe« Doli betoal^rt l^at (fie l^ieg Sllaria 9Ragba(ena geb. gfromme unb ftarb ben 20. 6e|)tember 1783). (gr l^atte nur sioei ©cfd&ioifter: fein Sruber Subtoig mad^te bie milit&rifd^e Saufbal^n unb ift als Offtiier unoer« l^eiratl^et Dor il^m geftorben, feine @d^tt)e{ler Sl^riftiane l^at il^n aberlebt. ' S)ie ftuttgarter Sel^rjal^re umfaffen in einem 3eitraum Don ad^t^ jel^n 3a]§ren (1770—1788) bie l^äuSlic^e (grgiel^ung, bie ßateinfdöulc unb baS ©^mnafium, loeld^eS SBill^elm ^egel n)ft]^renb eines S)ecenniumS, Dom §erbjl 1777 bis jum $erbfl 1787, Don ©tufe ju ©tufe burd&« laufen l^at, unb jioar als ein STlufterfd^fller, in jeber @(affe burd^ ^rftmien auSgejeidgnet, toorauS fo Diel erl^ellt, bog feine Sernf&l^tgfeit mit feinem Semeifer flets gleid&en ©c^ritt l^ielt. *

2. S)er $rAce))toT IBöffler.

Unter allen ßel&rem »ar ber 5PraceJ)tor Söfficr il^m ber Uebpe; er l^at benfelben toftl&renb ber erflen Sal&re (1777—1779) jum etajfen« lel^rer gel^abt unb ift fpftter atoeimal (in ben Salären 1780 unb 1783)

^etfunft unb Se^tjal^re. 5

))ttbottm Don tlgin untetridgtet tDoxbtn, baS erßetnal gufatnmen mit einigen SRitfd^üIem, baS })DeitemQl allein: in bent erften Untetrid^tS- gonge tDurben @urtiuS, &fo))ifdge (fabeln unb bad neue 5£eftament auS^ gelegt, in bent gioeiten einige ))]^iIofot)]^if(ie 93riefe @icero8, bie ))au- linifdgen 93riefe an bie fUtömer unb bie Sl^effalonid^er burd&genommen, $fa(men gelefen unb ettoaS ^ebrftifd^ getrieben.

^ntb S5ffler l^atte fflr biefen QtbüUx ein leblgafteS 3ntereffe ge« \a%t, feine gfilgigfeiten etlannt unb fid^ biel t>on x^m Deift)rod^en, er ^at bem ad^tj&l^rigen Anoben SßielanbS Sl^alefpeare^Ueberfe^ung mit ben SBorten gefcbenit: „2)u berftel^fl fie je^t nod^ nidgt, aber bu n)irft fte balb Derftel^en lernen". S)aS erfte StfldE, meld&eS ber Anabe lai, toaren bie lufHgen SBeiber bon ®inbfor. /

%te biefer geliebte Seigrer am 6. 3uli 1785 geftorben toax, toibmete SBill^elm ^egel in feinem Sagebuc^ bem Slnbenlen bejfelben folgenbe Stelle : „$err $r&cet)tor Sbffler toar einer meiner ))ere]^rung8s tDfirbigflen Seigrer, befonberS im unteren ®^mnafium barf idg iign ledEIidb faft ben üorgflglid^ften nennen. 6r loar ber redgtfdgaffenfie unb un|)arteiif(igfte ÜRann. ©einen ©dualem, fidg unb ber SBelt ju nfl^en, loar feine ^au))tforge. @r badete nidbt fo niebrig, mie anbere, mlä^t gtauben, je^t Igaben fie i^x 93rob unb bflrfen nidgt toeiter flubiren, toenn fie nur ben emigen, alle 3a]gre erneuten Slaffenfdglenbrian fort» madgen lönnen. 9tein, fo badete ber Selige nid&tl @r !annte ben SBertlg ber SBiffenfdgaften unb ben %xo% ben fie einem bei Derfdgiebenen Suf&Den geto&^ren. Sßie oft unb toie aufrieben fag er bei mir in jenem geliebten @tflbdgen, unb idg bei il§m! Sßenige lannten feine ä^erbienfte. Sin groged Unlgeit mar eis ffir ben SRann, ba§ er fo ganj unter feiner @t)]gftre arbeiten mu§te. Unb nun ift er audg ent- fdglafen! 9lber etoig loerbe idg fein ^nbenlen unDerrüdEt in meinem ^erjen tragen."

(Sin felgr t)iet&tDoneS unb gugleidg IlugeS, aud^ etioad altHuged Seugnig, toetd^eS Igier in fd^Kdgter ^ergenstrauer um ben gefdgiebenen Seigrer ber fflnfjelgniälgrige €dgfller niebergefdgrieben Igat. ^ad an- ft)redöenbe ©rinnerungSbilb Don bem traulidgen SBeifammenfein in bem geliebten @tflbdgen flammt aM einem treuen unb ban!6aren ©emfltlg.

3. Sfl^etorifd^e Uebungen.

\€d gelgSrte )um 93ilbunge- unb UnterridgtSgange ber @dgfiler, bag in ben Igö^eren klaffen beutfdge Stuffft^e üerfa^t unb in freier Siebe

6 ^etlunft itnb Sel^xjal^re.

Dorgettagen mutbett, tDeld^e rl^etorifd^e Hebungen „Seclamationen ober Slblegungen" l^iegen unb Don iebem @d^fller einmal im 3a]^re abjulegen ober gu leiften moren. ^egel l^at, feine ^fd&iebSrebe eingered^net, Dier Sieben biefer 3(rt gel^dten.

®a8 SE^cma ber erpen (30. 2Äai 1785) l^iefe «Unterrebung jioifd&en breien, n&mlid^ SlntoniuS, OctaDiuS unb 8e))ibuS, n)egen beS £rium- öirats", Sie Slrbeit tourbe Dom ßel^rer gelobt, toeil bie ©l^araftere gefd^idt nnb ber römifd^en ©efdgid^te gem&g bargefteQt feien. S)ie gtoeite Siebe (10. Slugufl 1787) l^onbelte „Son ber Sleligion ber ©riedfecn nnb gtömer*, bie britte (7. ?lugufi 1788) l^aite au il^rem Sl^ema: ,,@tnige d^arafteriftifd^e Unterfdgiebe ber alten 2)id^ter Don^ben mobemen". 99eibe male lourbe ber ^beengel^alt ber Sieben gelobt, bagegen bie ^rt beS 93ortragS, bie 93erebfam!eit fotool^I beS Aör|)ere als aud^ ber 6timme (celoquentia corporis» unb cvocis firmitas») fel^r mangel= l^aft Befunben. Unb babei ifi tool^I für immer geblieben. 6in f))&terejS 3eugni§ Beftatigt ben eben erlodlgnten SRangel unb fagt Don bem tflbinger ©tubenten: «orator haud magnus».

Um getoiffe d&arafteriflifd&e Unterfd&iebe ber alten Sid^ter Don ben mobernen gu erfennen, baju gel^ört eine SSereinigung l^iftorifd^er unb t>]^Uofop]^ifd^er ©inneiSart, toeld^e bei einem @d^fller lool^l ate ein fettener unb DielDerfpred^enber 3ug erfd^einen unb ben Seigrer ju bem Urtl^eile Derantaffen fonnte: «felix futurum omen». Äein 3c«flni6 ift fo Derificirt loorben loie biefeS.

' S)ie Slbfd^iebSrebe l^atte ein fel^r entlegenes unb frembartigeS £]§ema geioft^It: „2)er Deriflmmerte 3uftanb ber jtflnfte unb SBiffen- fdgaften bei ben Sflrien". 2)ie ^uSfülgrung ergab unb begtoedte xoofjH aud^ ben erfreulid^en @d^Iu^: ba^ eS in jeber ^infid^t in Stuttgart toeit beffer beftettt fei als in ber 2;ürlei, toofür bem $ergog (ber Siebner jagte «Äarln") unb ben ßel^rern ber Derbientefle S)an! gebfll^re unb bargebrad&t tourbe.

4. Stubien unb IBectfiie. Sagebfi^er.

S)ie $aut)tftubien galten ben claffifd^en Qpxai^m unb Sd^tift- ftellern, ben ©efd^id^tsfd&reibem, $]^iIofot)]^en unb S)id^tem, befonberS ben gried^ifd^en. 2)aS (Snd^eiribton beS 6t)iftet unb beS ConginuS @dgrift Dom (Srl^abenen ^at $egel flberfe^t, bie le^tere DoQfl&nbig. S)ie Sragöbien beS SuripibeS unb beS ©opI^oKeS: namentlid^ ben DebipuS in HoIonoS unb bie Slntigone, loeldge le^tere er fdgon bamalS

^etfunft unb Se^xjal^te. 7

ffir bie etl^aBettfte uttb DoQIommenfte aller Xragöbien erlannt unb feit- bem ftets als \ol6^t ge))riefen l^at. Unaufl^öttt(% toax ex bemül^t, ben Umfang fetner tDtffenfd^aftlid^en $rit)atlect&re }u erioeitem unb burdg fleigige ^fd^riften unb ^uSgflge aus ben gelefenen @d^rtftfteQem ben Snl^att fo treu unb obiediD toxt möglid^ feftgul^atten.

^ €r toar !etn Uoger ßefer, ber frembe ®ebanfen in fi(fi aufnal^nt unb begierig Derfdglang, fonbem er mad^te ftd^ über baS ©elefene toie über baS Erlebte feine eigenen ®eban!en unb SRefIejcionen, loeld^e er nieberfd&rieb unb gu biefent 3u)edEe ein 2;ogebud& Don ^itte beS S^^teS 1785 bis Slnfang 1787 filierte, ^m bemerlenSloerteften barin ftnb alle bieienigen ©teilen, toorin fid^ immer Don neuem ber SDrang nad& einem Segriff ber ©efd^idfete lunb gicBtjber uns bie JBebeutung ber großen SSegebenlgeiten unb äJl&nner erleud^tet unb erfl&rt: b. lg. nadg einem ))]^iIofo))]^ifd^en SSerfiänbni^ ber SBeltgefd^id^te, toeld^eS in ber 2;iefe gu begrAnben bie nad^Iantifd^e $]^iIofo))]^ie Berufen toar unb inSbefonbere in ber Steil^e il^rer ©timmfül^rer ^egel felbft. 3)ie crpe ©tufe (nid&t gur ßöfung, fonbem) gur ©rienntnife biefer Slufgabe ift eine gufammenl^ftngenbe unb gn)edEmft^ige ober ))ragmatifd^e ©efd^idbtSbetrad^tung, loie fie gerabe bamate in einem 3Ber!e l^erDor- trat, burd^ beffen eifrige Seetüre ber junge $egel in feinem 93e{lreben nad^ einer georbneten SSeraKgemeinerung feiner l^iftorifd^en SSorftellungen ftdg geförbert fal^: eS toar bie Don bem Aird^enl^ifiorüer 3. 3Jl. @d^r9dE]^ Derfafete „allgemeine aaBeftgefd&id6te'' (1774—1784). SBaS ^egefe ßel^rer, ber ftuttgarter ®^mnafiaIprofef[or ^opf, Don iener Sftebe beö ad^tgel^niftl^rigen Primaners gefagt l^at, gilt unS Don jebem äBorte beS jungen ^egel, toeld^eS ben S)rang nadg ]^iftorif(!6en 3been auSfprid^t: cfelix futurum omenl»

I @ein Zagebudg Igat er gu einem großen Sl^eil in lateinifd^er ©prad^e gef d^rieben. / 3n einer ^ufgeid^nung «»über baS (S^cipiren" au§ bem STOfirg 1786 finbct |td& eine für fein ?ßter üBcrrafd&enb fd^arf« finnige unb hitifd^e 93etrad^tung über baS Bei @dgülem l^errfd^enbe fd&mülftige Satein unb bejfen Urfad^en. SDiefer ÜJligbraudg rül^re bal^er, ba6 man aus ben Derfdftiebenartigjien ©d6riftjicttern ^pi&rafen anfammte ttnb in ber eigenen Snmenbung burd^einanbermenge, ol^ne bereu OueDe unb Slbfid^t gu erlennen, ol^ne gu unterfd^eiben, ob biefelben ein ©e^ fd&id6tsfd&rcibcr ober ein 3iebner, ein ^l^ilofop]^ ober ein Sid&ter gebrandet l^aBe. ^uSbrudEsioeifen, loeld^e gu rl^etorifd&en UmfdgreiBungen unb UebertreiBungen gebient l^aben, loerben angeioenbet, um einen l^iftorifd^en

8 ^etfunft unb Se^tja^e.

©egenftanb barjufteHen, tooxam bottn fd^tDAtfüge 9leben8atien ffttDox" gelten. „S)enn man nimmt gang attein unb Uo% auf Sßörter unb $^rafen, gar nid^t auf ben ®et{i unb bie 9tatur berfelben 9Ul(!{td^t. föon @ad^en ift gar ntd^t bie fütbt." »^DeS toirb burd^inanber ge« mengt Sine rebnerifdge $]^rafe, butd^ toeld^e ein ©ubject um ber 2)eutnd6!eit, um ber ^[ntitl^efe tDiSen, um barauS einen SSetDeiS l^ergu- leiten, umf daneben toorben ifl, toirb bann in einet l^iflorifdg gering- fflgigen Materie angebrad^t/' Sine ädetradgtung unb ein Urtl^eU, toeld^e im Sd^filer fd&on ben 2)en{er erlennen lajfen.^

\§egcfe Sugenb unb ©döulgeit in Stuttgart fftHt mit bem großen Stuffd^mung ber beutfdgen &itteratur jufammen unb erftredt ficb Don ©oetl^eS ^ufentl^alt in Strasburg bis )u feiner SladEfel^r au8 Stauen. Seffing fielet auf ber ^bl^e unb erreidgt baiS Snbe feiner Saufbal^n: im Sa^re 1772 (Smilia ©alotti, 1779 Stat^an ber SSeife. 2)a3n)ifd6en fallen ©oet^eS mftdgtige Sugenbioerle: ®9^ üon SSerlid^ingen (1773), bie ßeiben beiS iungen SBertl^erd (1774), (Slaüigo, Stella. 2)er @d&au» pla^ ber ^ugenbfdbidEfale unb :^ugenbn)er!e SdgiQerS, biefer g^oeiten ^od^flutl^ beS beutfd^en Stürmet unb 2)rangeS, ift Stuttgart felbft. ^ier erfd^einen bie fftHuUi im 3uni 1781, im @et)tember bed folgenben 3a]^red fliel^t ber S)id^ter aus feiner ^eimatl^ unb I&^t fein xtpnblih anifd^eS 2;rauerf|)iel ^ieSlo erfd^einen; auf ber O^tud^t, in ber äfer« borgenl^eit t>on ÖggerSl^eim unb SSauerbadg DoHenbet er fein bflrger» lid&es 2;rauerfpiel Aabale unb Siebe. SB&l^renb ber beiben legten Sd^uljjal^re ^egels erfd^eint ber 2)on AarloS unb bie „Gefd^id^te beS SlbfattS ber tjereinigten Slieberlanbe öon ber fl)anifd6en Slegierung" ; ©oetl^e toeilt in Stalien unb Ififet Don Stom au8 in ber erfien ®e- fammtauSgabe feiner 9Bet!e bie 3))]^igenie unb ben (Egmont erfdgeinen. %\U biefe SBerle t)on uuDergAnglid&er 93ebeutung unb l^inrei^enber Araft gelten, loie ed fd^eint, an unferem ©^mnafiumSfdgfller in Stutt- gart unbemerft Vorüber, toenigfteng finb t)on i^ren SBirlungen unb SinbrttdEen auf benfelben leine S))uren angutreffen; in feinen Samm- lungen unb Stufgeidgnungen toirb bed Srud^fiadEs einer 3(nal^fe beiS republilanifd^en £rauerft)iete t^ieSlo gebadet, aber ed fel^It jebe n&^ere Aunbe; in feinen f)}ftteren tflbinger Slufgeid^nungen finbet fid^ baS Sitaf einer angebtid^en SteQe auS SeffingS Slat^an, aber bie SteQe felbfl finbet fid^ nid^t in bem leffingfdgen Sßer!.'

1 »ofenhong: Uttunben. U. 6. 449. » «benbaf. HI. 6. 465.

^erfunft unb Se^tia^te. 9

2)agegen lefen toir mit einiflent 93efrmben in feinem ZageBud^ t>om 1. Sanuat 1787, bag et an biefem Sleuial^xStage Dielerlei ju tl^un SBittend getoefen, aber bon ber Sedate eines 9lomand bergefialt gefeffelt toorben fei, bag er ftdg nid^t l^abe loSmad^en lönnen. 2)iefer Stoman n^ar „^opl^im^ 9leife Don aTlemel nad^ @a(!^fen", eined ber etenbeften unb langmeiligften SDlacl^iDerle unferer bamaligen Sitteratur, eine in fed^iS bidEen 93&nben, in jalgHofen Briefen mit }a]^nofen ^n- l^ftngfeln unb (^ortfe^ungen Derfa^te ®efd^id^te ber ©dgidEfale unb Stbenteuer eines jungen SRdbd^enS, toAi^ti in ben legten Seiten beS fteben- jl&l^rigen Kriegs todl^renb ber £)ccu))ation OfipreugenS burd^ bie 0luffen t>on SRemel nad^ S)reSben reifen foQ, um bie ©d^idfale unb ben ^uf- entl^alt beS Verloren gegangenen ©ol^neS il^rer Pflegemutter au erfunben. SDer aSerfaffer »ar 3o6, Stimotl^euö ^erme», fpäter jprebiger unb ^Profeffor ber Zl^eologie in JBreöIau, ber nad6 bem Sftul^m geijte, ber beutfdbe Stidgarbfon ober gar t^ielbing ju n^erben, unb eS im Ofelbe beS ©ittenromanS ben ßeiftungen JliloIaiS in bem ber Sleifebefd^reibung nod^ juDorgetl^an l^at. @r mar bodg fo belannt gemorben, bag nod^ jmanjig ^al^re f))&ter ©dritter in einigen feiner 3Eenien, mie ,,S)er Äunftgriff", „©er ^Pfarrer g^ttariug" unb „gfür SEöd^ter ebler $er» !unft" (fo ^iz% eines biefer l^ermetijd^en 93adger), ben ^ann mit feinem „Sofenfrangöfifd^" unb „^afiorenlatein" gegeifeelt l^at,^

SDie unergö^Ii^en @d^Uberungen be8 breiten SlQtagdlebenS mit feinen ))Iatt gefd^m&^igen Seuten, feiner faben ©efeHigleit, feinen ®aft- ^fifen, SBirtl^SfhtBen unb ^oftfutfd^en, untermifd^t (loie man Aarten mifd^t) mit aQerl^anb feltfamen SIbenteuem, l^aben ben jungen ^egel bamalS fel^r amafirt. 6d l^errfd^t in il^m felbft etloaS ^Ütiglid^eS, Slelt- lidgeS« ^l^iliftröfeS, baS erfl burdg bie aQm&lgliti^ fortfd^reitenbe (Srl^öl^ung fetner ^beenmelt geiftig l^erabgefe^t unb untertoorfen mürbe. Sliemanb i^dtte bamate geahnt, bag in biefem fd^einlofen Sflngltng, ber fid^ in einen fo elenben unb langmetUgen 9loman vertiefen lonnte, ein tiefer 2)enler Der))u))))t mar, meld^er ftdg emt)orringen unb eines 5£age$ als ber erfte $]^iIofo))]^ beS Seitalters erfd^einen merbe. SltS @d^o)}en]^auer in ber t)on IRofenhanj Derfogten SebenSbefdgreibung ^egetS jene ÜJlittl^eilung aus bem £agebudge beS Unteren gelefen l^atte, fd^rieb er trium))]^irenb an feinen @d^filer R. 93&]^r: ,,anein Seibbudg i{l $omer, Tegels Seib= budg ifi @o))]^ienS Steife Don SJtemel nad^ ©ad^fen".

^i|i.-!titif«e SluSfiabe. »b. XL 6. 99 u. 100. (9lt. 18, U, 25.)

10 ^etfunft unb Sel^rial^re.

n. a)ic afabemifdöcn Sel^rial^rc in Sübitiflctt. 1. 6tubiengang. aTlogiflenuiit itnb ^anbibatur.

'am 27. DctoBer 1788 ift SBH^elm ^egcl ol8 ©tubetit bcr 3;]^eo= logie in 5£fl6ingen immatricuUtt unb als ]^erjogK(!^er SttpenbiariuS in baS tl^cologifd&e ©cminor ober Stift, tote btcfe in einem el^cmaligen Slufluftinerflofler gcftiftete ^od^fd^ule ber eöangelifd^cn Sl^eologie l^iefe, aufgenommen Sorben unb geleerte nunmel^r gu ben tfibinger ,;@tift= lern", aus beten So^^ ^ine fo ftattlid^e 9lei]^e geleierter unb l^o^- berül^mter SWftnner l^eröorgegangen finb. aSöQtg lopenfrei l^at er in biefer IIofterUd& cingerid&teten unb beaufRd&tigten Slnfialt feinen fünf= l&lgrigen AurfuS burd^gemaö^t, beffen Beibe erfte 3o^re Igauptfid^Iid^ pl^ilofopl^ifd^en, bie brei legten auSfdglie^Iic!^ tl^eologifi^en @tubien ge= toibmet toaren. 5Bon feinen pieilofopl^ifd&en ßel^rem pnb bie 5profefforen tJIatt unb Slöfeler, üon ben tl^eologififien bie jprofefforen ©dönurrer unb @torr gu nennen, ol^ne einen bemerlenjStoertl^en unb forttoirfenben einflug.

\ 3laäi SBottenbung beS pl^itofopl^ifd^en SienniumS tourbe «pro magisterio» bisputirt. ^egel öertl^eibigte eine moralpl^ilofopl^ifci^c Slbl^anbtung Aber bie ©renge ber ^ßflid^ten (de limite officioram) unb tturbe am 27. September 1790 3Kagifter ber 5Pl&ilofop$ie. SRa* Stt« lauf beS tlgeologifd^en 5£rienniumS (^erbfl 1793) mu^te bie Prüfung «pro candidatura» abgelegt »erben. / 2)ie Slb^aublung, loeld^e ^egel gu biefem S^pec! gu Dertl^eibigen l^atte, bel^anbelte ein Sl^ema aud ber toflrttembergif(!^en Äird^engefdöiiftte: «de ecclesiae Württembergensis renascentis calamitatibus». Srrtl&ümlid^ertoeife l^at man §egel für ben SBerfajfer ber beiben genannten Slb^anbtungen angefel^en, toaS toeber ben tübinger Sinrid^tungen nod^ bem S^aralter ber Slbl^anb' lungen, inSbefonbere bem geringen Umfange bcr erflen entfprad&. a5er= faffer ber moratpl^ilofopl^ifdeen Slbl^anblung mar ber ^Jrofeffor St. 8fr. SöI, SBerfaffer ber fird&eu]6iporifd&en ber Äangler 8e Sret. 6fimmtlid&e ©anbibaten mußten Aber biefe ©d&riften bisputiren.^

2)a3 Sl^ema ber erften @(6rift loar, loie aud^ ber (Singang be[agt, burd^ eine ^^reisaufgabe Veranlagt loorben, meldte gum S^^^ ber SJerlei^ung eines ©tipenbiumS bie Kuratoren be§ legieren uniftngfl

^ 93dl. 3. $. Sftiite: Settf^r. für 9]^tIofopf)ie unb fpeculatioe Sl^eologle. a3b. XIII. 6. 142. Stall $egel: Bttefe t)on unb an ^egel. I. 6. 16. 9lnm!g.2. 3rrtl^&mlt(^ fRofenfrana: ^egels Seben. €. 35-39.

(etfunft unb ßel^TJal^re. 11

geftellt l^atten: „£)h es ^flid^ten gebe, beten 93et6inbHd&!eit ol^tte bte llnficTbUd6!eit ber ©eele unbetoeisBar feien?" a)ie tJroge fottte in gtoei 3^eiten Beantoortet loetben: ber exjte foDte Don ber ^rt unb ben Zriebfebem berienigen ^flid^ten l^anbeln, ml^t ol^ne ben ©lauben an bie Un{ierb(icb!eit ber @eele, ja felbft ol^ne ben ©lauben an ®ott il^re ©eltunfl be]^am)ten. fflnx biefe csectio prior» tourbe auf einigen 931&ttem auSgeffll^xt. SBaS man aud^ Aber Urf))run9 unb Snbe beS SDtenfd&en für eine ?lnfid&t liegen möge, ob man beibe Don (Sott ab= l^&ngig maä^t ober biefen gan} au$ bem @piel laffe, ob man bie Unflerblid^Ieit ber @eele bejal^e ober Derneine: in allen Sf&Hen bel^arren bie moralifd^en ©efe^e unb bleiben biefelben. Sarin beftanb ber ®runbgeban!e beS @d^riftdgend, toie eS anäj bie Einleitung audfDrad^. 2)ag bie natätlid^e aRoral Don ber ^Religion gloar unabl^&ngig fei, aber beren Unterpü^ung, ndmüdfe bie refigiöfe SSegrünbung ber natürli^en ^Pflid^ten unb il^ter eintriebe fid^ »ol^I gefallen unb gur aSerflfirlung bienen laffe, toar loolfifdöe ©ittenlel^re Don reinfiem SBaffer. SBenn §egel barin ebenfo baii^te, toie ber SJlann, bejfen ©ä^e er Der= tl^eibigte, fo toar er bamals in ber 3)loral nid^t toeiter als fed^S ^aSjxt frfil^er in ber Sogi{, benn nadg einer f))&teren SluSfage l^atte er fd^on mit Dierjel^n Salären bie toolfifd^e Sogi! !ennen gelernt (1784).

2. Stani unb bie 9let)olittion.

\3n bemfelben Sal&re als ^egel tflbinger ©tiftler tourbe, erfd&ien ftants ^Äritil ber »)raltifd6en SSernunft'' (1788); er tourbe SWagifier ber 5p]^iIofol)]^ie, als Äant feine „flritil ber Urtl^eilShaft" l^erauSgab (1790), unb feine S^anbibatur ber S^^eologie fiel in baS 3a^r ber ,,SfteIigion innerl^alb ber ©renjen ber blofeen SBernunft" (1793). ®aS grunbicgenbe ^aupttoer!, toorauS bie genannten ©dferiften ]§erDot= •gegangen, toar bie Äriti! ber reinen SJernunft (1781), toeldöe ^egel im Saläre 1789 !ennen gelernt, alfo in ber gtoeiten STuSgabe (1787) gelefen l^atte./ SBenn er im 3a]&re 1790 fo bad&te, toie jene 2lb]^anb= lung, bie er Dertl^eibigen mugte, fo toar il^m bie Seigre Dom Primate ber t)raftifd^en 93ernunft unb ber moralifdgen ©runblegung ber Steligion bamals nodg unbelannt.

©leidggeitig mit ben mSdgtigen ©cifteStl^aten AantS in ben eben angcfül^rten SBerfen pnb bie SBettbcgebenl^eiten ber franjöfifd&en 9leDo- lution: bie SBerfammlung ber 9lotabeIn, bie Eröffnung ber Slationat- Derfammlung, bie SegrAnbung unb ber @turg beS neufranjöftfd^en

12 ^erfunft unb Se^rialftre.

Äöttifltl^utn«, ber StfidEaug bcr Ättürtcn, btc SIera bcr franaöfif(16cn 9te))ublt{, bte $inrt(!^tun0 beS AöntgS, bie ^errfd^aft beS ©d^redEenS unter 8lo6e8l}icrrc. Sffiftl^renb bicfcr ©ang ungel^curcr grcigniffc bie äBelt erfd^fltterte, burdglief ^^gel in ben befd^riebenen Stationen feine Saufba^n im tflbinger @tift.

3. Steunbfd^aften. S)er t)o)[tti{(6e (SXu'b.

fÜaiSi altti)flrttembergi[d^en Sd^uleinrid^tungen ^ieg bie QQjai^rlid&e, mit bem ©nbe bcS ©ommcrfcmcfier« fiottfinbenbc Scförbcrunfl einet Slnjal^I ©d^üler öom ©^mnofium jur Uniöerfität, Don ben nieberen ©eminorien ober flloperfiftulen in bog tübinger ©tift eine „^Promotion" unb beren ©lieber ^gom^romotionolen", bie nodö bem aOBertl&c il^rer gftl&igfeiten unb Seiftungen genau abgeftuft unb locirt mürben, ^egel mar in feiner ^Promotion ber britte, ber erfte toar ein gcioiffer Stena, tocldöcr bie großen Hoffnungen, meldte man t)on il^m liegte, burd^ feinen frfil^' aeitigen Xob nid&t au erfüllen öermod&t l^at. ©ein öertrautefter (Jfreunb unter ben 6omt)romotionalen toar ginl, fpftter Pfarrer in ^ol^em memmingen, bem mir aud^ unter ben ©tammbud^frcunben begegnen.

3mei feiner afabemifd&en Sugenbfreunbe pnb öon l^erDorragenber, aud& im Snbenlen ber SBclt fortlebenber, auf il^n felbp einftu^rcid^er 93ebcutung gemefen: bem einen mar bai^ unfeligfte aQer 3Jtenfd^entoofe, bem anbem eine« ber glüdtlid6fien befd&ieben. SJicfe beiben Jünglinge maren tJriebrid& ^ölberün au8 9lürtingen, geboren ben 20. SDlftra 1770 au ßauffen am SledEar, unb griebridfe SBill^elm 3ofef ©djelling au8 Seonberg, geboren ben 27. 3anuar 1775: jener einer ber gleidfeaeitigen ©tubiengenoffen Tegels, biefer fd^on in feinem fed^dael^nten ^al^re ©tubent unb ©tiftler, in feiner ^Promotion ber erfte, burdfe l^ebrftifd^e ©|)ra(!^!enntniffe auSgeaeidbnet, ein cingenium praecox», mie il^n fein aSater felbft beaeidftnete, al8 berfelbe, ?Prebiger unb 5Profeffor in »eben- Raufen, ben ©ol&n im Dctober 1790 in bag tübinger ©tift bradfete.^

S)ie entl^uftaftifdgen ©efai^Ie, meldte burd^ bie franaöfifd^e 9fteDo- lution erregt maren, l^atten fid^ bis in baS ©tiUleben beS tflbinger ©tift« fortge})flanat unb befonberS bei ben ©tubirenben au8 ber flberrlgeinifd&en ©rafjd^aft a}lömt)elgarb, meldte bamals nod^ a^m ^eraog- tl^um SBürttemberg gel^örtc, bie fcurigfie SCl^eilual^me gefunben. Tübingen galt als il^re ßanbeSuniüerrttat unb bot il^nen ©tipenbien. ^ier mürbe

1 »gt. tiefe« aOöer!. Sb. VI. (2. fiu\i.) »u« I. ©a»). I. 6. 9. Oubi« iattm«au«gabe a»b. vn.)

^erfunft unb Sel^tja^re. 13

nun ein potitifd^er (Siui gefitfinbet, bte ^ageSjettungen eifrig gelefen, bie ßretgnific bcfprod^cn, unb bie Scgciftcrung ging fo tocit, bQ§ eine« Sonntag« an einem l^etteten Oftfil^ial^tSmorgen bte jungen gfretl^eitö- fd^ttirmer l^inauSgogen unb auf einer Sßiefe bei £äbingen nac^ fran- }öftfd^em SRufler ben t^reil^ettsbaum pftanjten. S)arunter toaren auib ^egel unb ©dgeDing. S)ie @Qdge tourbe rud^bar, unb ber ^ergog Aarl etfffeien fettfi, um ben ©türm im SBafferglofe ju befd6n)ören, fSia^x- fd^einlid^ l^at bte l^armlofe gfier an einem Oftfll^i<t^tdfonntage beS 3a]^re8 1791 flattgefunben, nodg in ben fogenannten golbenen Zagen ber fran)5fif(!^en SteDotution. ^egelS @tammbud^6latter au8 jener 3eit finb t)oII Don Ausrufungen, bie jum Sfteil^ettSbaum paffen. S)a fielet baS §uttens©d6ittetfd6e SBort: «In tyrannosl» ?luf einem anbern Slatte: «Vive la libertöl» 3luf einem britten: «Vive Jean Jacques unb fo fort*

Auf ^egeto äußere (Srfdgeinung unb Haltung l^aben bie ©itten ber neuen Seit unb beS alabemifd^en SebenS Einerlei umgeflaltenben Sinflug auSgeflbt. (Sr blieb in ben f5rper(id^en unb ritterlid^en Aünften unbegabt unb ungetoanbt, er l^at baS Gleiten unb Of^c^ten lieber unter= laffen als gelibt mit ben an&bd^en lieber $f&nber gefpiett als getangt unb fid^ nad^täffig unb attmobifd^ gelleibet. S)aS Aeltlidbe unb Cang» fame in feinem SBefen mugte in Zäbingen, in ber ^itte feiner a!abemifd^en 3ugenbgenof[en nod^ auffaDenber unb abfted^enber erfdgeinen at« in Stuttgart. 6r l^iefe im 6tift ^ber atte 9Äann" ober „ber atlte". ©ein ^reunb Sattot aus SWompcIgarb l^at auf einem Stamm» bud^blatte Dom 21. ^^ebruar 1791 i^n mit biefem Stid^namen iKuftriit, er l^at il^n gegeid^net in gebfldEter Haltung, auf ArüdFen fd^Ieidgenb, unb bie SBorte l^ingugefflgt: „®ott ftel^e bem alten Tlanm beil"

3nbeffen toar ^egel leineSioegS ein 2)udEm&ufer, ber in mflrrifd^er unb gebrfldEter SSerfd^loffenl^eit abfeits flanb, fonbern ein l^eiterer @e- feQfd^after, ben man lieb l^atte (loie ja aud^ f^allots gutmütl^ige 9led(erei geigt), ber bei einem fröl^lid^en S^d^g^lt^ge frSl^lid^ mitt^ai, bei einem gefelligen Slitt Aber ßanb bie Dorfd^riftSmäfeige Ätofterjlunbe öergafe unb eine Sarcerftrafe bafflr empfing, ber fi($ in ein l^fibfd&eS STlAbd^en, toie Augufte ^egelmeier, bie Zod^ter eines Derftorbenen $rofeffor8 ber X^eotogie, Ieibenfd6aftlid& Verliebte unb fogar auf bem feinem gfreunbe Sfinf geioibmeten ©tammbud^blatte funbtl^at, toit to^nig er bem SBein unb ber Siebe abgeneigt loar: ;,©d&ön fdgtog fidg ber le^te ©ommer, fd^öner ber i^ige! 2)aS 3Jtotto Don jenem mar: SBein, Don biefem:

14 ^egel als ^auSlel^rer in Setn«

Siebe! ®en 7. Dctober 1791. V. A.lir SDafe er Bei bem xotxh lid^en ©efd&Iedgt !ein fottber(i(i&e$ ©lad gel^obt l^abe, (etid^tet bie felgr gtaublid^e Stabition. @eine @d^U)efler jtDQr ergftlglt, bo^ ed fi(^ um» gelel^it Derl^alten unb er „l^ier unb bo ben aSorgug gegeben, aber feine Hoffnungen erregt l^abe" ;/bod^ btefe Sluffaffung ift mol^I mel^r fd^toefler» ttdg ote rid^ttg. 93ei feinen StuSfid^ten unb P&nen fftr bie Sulunft tonnte üon ^eiratl^Sbetoerbungen &ber]^aut)t !etne Siebe fein.

3n ben Zagen, n)o f^atioi x%n ate alten aJlann bargeftellt Igatte, ber gefenften Hauptes auf ArfldEen einl^erfd^Uid^t, f(i&retbt il^m ^ölberlin bie SBorte beS goetl^efd^en $9labe8 ind @tantmbud^: „Suft unb Siebe finb bie gfittidfte ju großen SEl^aten. ©^mbolum. ^'Ev xal icay." SBalgrl^aft geflügelte SBorte!

^ie ©ro^tl^aten, meldte auSjufül^ren ^egel berufen toar, l^atten jttei Sfittidge nßtl^ig: bie Siebe jur l^ellenifd^en SBelt unb bie Sufl 3ur ^Igilofop^ie. deiner feiner {^reunbe !onnte bie erfte fo beflageln toie ^olberlin, feiner bie giüeite fo loie ©d^etting.

SlöciteS ©apitel. ^fgel d$ f ansU^tr in ßtxtu

h

I. SebenSpIan unb SBanberjal^re. 1. 2)te S^auHt^xttpttiobt.

S)er SBeg eines toärttembergifdgen Zl^eologen ffll^rt in ber Siegel Dom @tift unb ber €anbibatur burd^ baS SSicariat gum $fanamt. (Ein fold&eS 3iel ober l^atte fflr unfern ^egel gar nidgts SodEenbeS, ba ifjm bei feiner pl^ilofopl^ifdgen 2)en!art baS geiftlidge $at]^oS, bei feiner petfonlidgen langfamen unb unbel^fllflid^en 3(rt bie Gaben ber geiftlid^en Serebfamfeit mangelten, er loar unb blieb corator haud magnus». S)a^er fagte er für bie Suhtnft baS pl^Uofopl^ifd&e Sel^ramt, fflr bie (Segentoart unb n&d^fie Seit bie bagu nötl^ige tüiffeufd^aftlidge unb Slonomifdge SJorbereitung inS Sluge, bie ftdg mit ber Stellung unb 9Bir!fam!eit eines ^auSlel^rerS ober ^ofmeifierS am fflglid^ften Der» einigen liefe.

@o nal^m er ben 3Beg, loeldgen Dor il^m audg jtant unb gfid^te, nadg unb mit il^m ©d^eOing, fp&ter ^erbart gegangen toaren./ SBenn

^eget aU ^uilel^ter in Sdettu 15

ed fid^ fo glfidtidg trifft, bog ber juttge (Selel^rte in größeren unb tnteref[anten Stäbten, in angefel^enen ^Aufem unb Ofamilten als $qu8- leistet leben unb tDttfett lonn, fo übt feine Stellung unb S^l^dtigfeit rtt(!tDit!enb aud^ erjiel^enbe Sinflüffe auf il^n felbfl au8, unb eine fold^e ^aufilel^terj^eit bilbet in feinem SntuicflungSgange tedtit eigentlidg bie $eriobe ber SSanberiol^re. 9lun l^at eS fidg für ^gel fo glfldEtid^ ge- fügt, ba§ er in gtoei l^ifiorifd^ lel^rreid&en unb regierenben ©tdbten, in angef eigenen ^fiufem feine ^auSlel^rergeit gugebrad^t l^at, (Srgiel^ung Qudübenb unb em|)fanaenb. S)ie erfte Stabt mar 93em, bie gmeite gfronffurt am aWain, /

t^reilidg l^aben biefe Sßanberjal^re mit il^rem 3^itraum Don DoHen fteben 3ct^ren ettoaS ju lange gebauert ffir baS 3iel, toeldged erftrebt tourbe. 9It8 er ben Anfang bejfelben erreid^t Igatte unb fi(6 an feinem ©eburtstage 1801 in 3ena l^abilitirte, mar er einunbbreigig alt, n)ai^renb fein fo ))iel jfingerer t^reunb ©d^eHing fd^on mit breiunb= jtoanjig Sal&ren ^Profeffor getoorben toar.

2. Kufent^alt in 6titttgart. 6t&nblin unb ^ölbexlin.

3m ^erbft 1793 toar ^egel Don Tübingen in feine 93aterfiabt jurttdfgefel&rt, um fidfe l^ier einige 3cit ju erl^olen unb feine öon toicber« polten Sfieberanfätten angegriffene ©efunbl^eit l^erjuftettcn. 3)er SSater, altoürttembergifd&er Sureaufrat, confertatiö unb l^erjoglid^ gepnnt, loar ben revolutionären Slnftd^ten grAnblid^ abgeneigt, meld&e ber @o]^n Don 5£flbingen mitbradgte, unb eS ^aben bamate, n^o in Sfranheidg ber SonDent l^errfd^te, 3tDif(!^en beiben ))oIitifd^e @treitigleiten oft genug jtattgefunben, ol^ne flbrigenS ber toedlfetfeitigen Siebe Eintrag gu tl^un.

Sß&l^renb biefeS feines Dorttbergel^enben Slufentl^atteS in Stuttgart W fid^ ^egel mit St&ublin befreunbet unb l^&ufige Spajierg&nge mit il^m nad^ @:annflatt gemad^tr ioelc^e ber leitete fel^r anregenb gefunben unb in guter Srinnerung bel^alten l^at. S)iefer neue {^reunb mar nid^t, mie 0lofen!ran} erg&l^It, ein junger Stedgtdgelel^rter, fonbem ber ate Sitterat unb 2)id^ter be!annte ©ottl^olb gfriebridg @t&ubUn, fd^on ffinfunbbrei^ig alt, ber Herausgeber beS erften fd^to&bifd^en ÜJlufen- almanad^S (1781), bamals ber erbitterte, too^I aud& neibifdge Otinb SdgillerS, meld&er im ©egenfa^e gu jenem feine „Slntl^ologie auf baS 3a^r 1782" erfd^einen lieB* @))&ter entftanb eine begeijierte gfreunb» fd6aft gtoifd&en ©tftublin unb bem gtoölf Saläre jüngeren ^ölberün, ber eines feiner fd^dnfien ©ebid^te an il^n geridgtet l^at, baS feine gange

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16 ^ege( aU ^auMel^xet in S^em.

@m)}ftnbung^ unb ©entätl^Sart lenngeid^nenbe Sieb ,,®tted^en(Qnb''

(1794):

$&tt' i(i bi4 im @(l(atten bet Platanen, 9Bo butii Blumen bet dliffuiS rann, 9Bo bte dünglinge 1i<| 9lu^m erfannen, SBo bie ^eraen ©ofrateS geloann, SDo Sllpafia but« ^R^rten tDaOte, SBo bei brflbcrUiien Srteube SRüf 9tui bet I&tmettben flgora f<|a0te, SBo mein ipiato $arabie{e f^uf u. f. f.^

®Ietdggetttg mit biefem ®ebtd^t mag lool^I bie reuige ^[nn&l^erung @tftubltn8 an €d^tQer flattgefunben l^aben, ber, gu feiner !0rt)erUd^en unb gemfltl^Hdgen Srl^olung für einige 3^it in feine ^eimatl^ jurfidE» gelehrt, nadg einem I&ngeren ^ufentl^alte in ßubioigSburg mit bem beginnenben Sfrfil^ial^r 1794 nadb Stuttgart gelommen toar; er l^at burd^ @taublin aud^ ^ölberlin, feinen jüngeren Sanbdmann unb bidgterifd^ begabtefien feiner (Spigonen !ennen gelernt unb feiner t^reunbin Sl^arlotte Don Aalb jum ^ofmeifter empfol^Ien. @o lox\ ^ölberlin nad^ SßalterSl^aufen in baS ^auS ber gfrau Don Aalb unb Don ^ier nad& 3ena, loo er t^id^ten in ber erften 3eit feiner SBir!famIeit ge^ feigen, gel^ört unb belounbert l^at, to&l^renb ©d^eüing nodg im Stift gu Tübingen toeilte unb ^egel einem Stufe als ^audle^rer nad^ 93em gefolgt n)ar.

8. 2)ie ed^idCfale unb SuftAnbe 9enti». 3m 3a]^re 1791 l^atte bie €tabt 93em i^r fed^fteS ^al^rl^unbert erfüllt, unb \^(k% ®ebftd^tni§ il^rer ©rünbung burdg ben ^ergog 93erd^ tl^olb V. Don 3&^nngen (1191) foDte auf baS (^eftlid^fte begangen loerben, aber bie Sfeier unterblieb angefid^ts ber Don (^ranlreid^ brol^enben ®efa]^ren. 3n ben abl^&ngigen SanbeStl^eilen, loie tn Stargau unb befonberd im SBaabtlanbe maren fd^on aufrfil^rerifd^e, Don frangSfifdgen SlubS betriebene Unrul^en erregt, )Del(!be ben SlbfaQ Don ber regierenben ©tabt, ben Serfatt beö attbemifd^en Staate« unb ben Umflurg feiner Serfaffung begioedEten. %vx 10. Sluguft 1792 toar bie treue S^toeiger^ garbe beS AbnigS in ben Zuilerien burdg ben $arifer $5bel l^in- gemorbet unb Sem burdg ben SSerluft Dieler feiner ta))feren Söl^ne in tiefe £rauer Derfe^t loorben.

^ Sr. ^ölberlinS fdmmtl. SBerle. ^eiauSg. Don €^ti{i. X^eobor ^^toab (1845). asb. X. 6. 6. 2)i(litungen Don gfr. ^Dlbetlin. ^erauSg. Don 1^. MjKin (1884). 6. 166-168 (^iet peW ^eeWifuI* flott .3Iiflu8*). »fll. «inleitg. 6. IV.

^egel M ^auttt^xtt in fbtxn. 17

%M einer SAl^ringifdgen 93eft^ung mar 93ern nadg bem Balbtgen 6rl5f(i&en feines ^errfdgerfiammS (1218) eine unabl^&nfiige ©tabt beS l^eiUgen römifd^en Steid^d unb im Saufe ber S^it burd^ jtrtege unb 93ünbnijfe, buidg bie (Sroberung namentlidg beS Slargau unb ber Sßaabt, burdg bie Sinf&l^rung ber Sieformation mit allen bagugel^origen ©ficu- larifationen baS mdcbttgfle ©tteb ber alten (Etbgenoffenfd^aft unb eine toeitl^in regierenbe @tabt geworben, beren arif}o{ratifd^e 93erfaffung mel^r unb mel^r bzn €l^äralter ber auSgepr&gtefien Oligard^ie an» nal^m. Sitte SSerfud&e aur 8odrei§ung ber unterworfenen S&nber, loie in ^nfel^ung beS SBaabtIanbeS bie SSerfd^ioörung bed STlajord S)at)el in ßaufanne (1723), alle SSerfud&e jum ©turge ber DKgard&ie, toie bie ä^erfd&toörung @amuel ^engiS in 93em (1749), würben aU ^od^üerrat)^ Derurtl^eilt unb mit bem Siobe beftraft.

9n ber €))i|e ber @tabt unb beS Staates ftanb ^rifjaltt ber gefe^gebenben (Sewalt ber groge 9lat^, i,bie Su'eü^unbert", auS benen ber ©d^ultl^eig unb ber Keine dlatl^ a(S bie regierenbe unb ge« fd&äftSfül^renbe Sel^örbe l^erDorging. S)er grofee Slatl^ (conseil souvendn) war ber eigentlidfee ©ouöerftn, beffen SWitglieber auS ben regiments^ filzigen unb regierenben ©efd^Ied^tern ber @tabt gew&l^It unb alle ge^tt Saläre gu Oftem ergdngt würbe.

S)ie 9)litglieber beS großen unb Keinen [Ratlos als Präger unb 3n]^aber ber Bernifd^en Staatsgewalt waren bie gndbigen Ferren (seigneurs souverains) unb l^iefeen «Leurs Excellences de Beme». S)iefe gnäbigen Ferren l^aben ni^t gebulbet, ba^ ber ä^erf affer beS «Contrat sociale» unb beS «^ßmile» aBgefd&ieben öon ber 2Bett in jiittfier SBerborgenl^eit auf ber 5PeterSinfeI lebte (1765), unb fie l^aben einige Saläre früher, als Voltaire fid6 in ßaufanne auffielt (1756—1758), il^ren bortigen Beamten wiffen laffen, baß gewiffe Sleufeerungen unb @t)&ffe, Weld^e ä^oltaire in $ri))at!reifen aber unb wiber bie bemer Auto- ritäten gu mad^en gewagt l^abe, fel^r Abel Dermer!t worben feien. 9luf eine fd^ergl^afte, aber red^t !enngeid^nenbe Slrt l^at ber bamalige @d^ult]§ei§ ben berül&mten ©d^riftpeUer gewarnt unb bebeutet, ba^ eS weit vm- gef&lgriidger fei, Wiber ben lieben ®ott, bie Sieligton unb ben ^errn (Sl^riftum gu reben, als wiber bie bemer ©ewaltl^aber, ba jene 93e- leibigungen hergeben, biefe aber nie.^

^ «Monsienr de Voltaire, on prätend^ que yoüs ^crivez contre le bon Dien, c'est im mall Mais j'espäre, qu'il vous le pardonnera; on ajoute,

/"

X

18 $egel aU ^audlel^ter in Sern.

4. 2)a8 ®ef4(e4t ber Steiger. 3u ben ©cfd&Icd&tcrn ber altbcrnifcfecn Dügard&ic gcl&öttc baS ber ©teiger in jtoei Sintert, bcren eine, ba fie ben fdötoargen ©teinBocf im golbenen äBappenfc^ilbe fül^rte, bie fd^toaraen ©teiger l^tegen. 3n einigen fel^r Iritifd^en unb bebeutfamen SKomenten ber ©efd^id^tc SernS begegnen toir bem Slanten ©teiger int l^oii^ften obrtgleitlid&en Slmte. Sin 3fQaI ©tetger ftanb an ber ©pi^e beS ©taatiS jur 3ett ber fd^on eriDäl^nten S)aöelfd&en SBerfd&lDömng; ©J^riftopl^ ©teiger toar ©d&ultl&eife, als bie offenen Agitationen ^enjiS loiber bie oligard^ifd^en 3)liPr&ud^e il^rcn Slnfang nal^men (1744), unb Sßifolau« Sriebrit!^ ©teiger »ar ber le^te ©(i^uttl^eig beS alten unb nt&dgtigen 99ern; er l^at ^x^ äJlorgen beS 4. SKarg 1798 in ber legten SBerfantntlung beS großen Slatl^S ben SSorft^ geffll^rt unb, patriotifdg, arifto!ratifd^, l^elbenmätl^tg geftnnt, toic er toar, ben polttifd^en Untergang Sem8 im flampf gegen 5ran!= reid^ nid^t gu überleben geiofinfd^t. g^l^riftopl^ ©teiger loar burd^ 2)iptom öom 10. 3)ecember 1714 preufeifd&er Qfreil^err, JUiloIauS 8friebrid& ©teiger 3litter beS preugifd&cn DrbenS öom fd&loarjen 2lbter.^

que YOUB d^blat^rez contre la religion, c'eet fort mal encorel Contre Notre seigneur J^sos-Christ, c'est mal aassi; j'esp^re toute fois que, Ini aassi il Yoas le pardonnera dans Ba grande mis^ricorde; mala, Monsieur de Voltaire, gardez-YOUB bien d'^crire contre Leurs Excellences de Beme, nos souverainB seigneurs, car youb pouYez bien compter, qn'ils ne yous le pardonneraient jamais.» La vie intime de Voltaire aux Delices et ä Femey 1754—1778 d'apr^B des lettres et dea documents in^ts par Lncien Perey et Gaston Mangras. n. Edition. Paris (Galmann L^y^O. 1885. pg. 238.

1 S3elanntli4 ^at Seffing im 3a]^t 1753 bie Xragabie bei» ©amuel ^engi, toel^e k)ier ^fä^xt ^xxi%zx in aSern gef|)ielt ^atte, auf bie Sül^ne gu bringen bie tlbfi^t gehabt unb in bem XXn. unb XXIIT. feiner bamaligen ^Briefe einige ecenen mitget^eilt (SBb. m. @. 330—854). S)abei l^atte er fl4 @^a!efpeQreS 3uUu9 Gftfat, ben d. SBord, preugtf^er ®efanbter in Sonbon, jüngfi Derbeutf^t l^atte (1741), gum SSorbilbe btenen laffen. ^engi foffte bem IBrutuS, SBernier bem C^afftu^ ft^nli4 fein, U)&^renb 2)ficret ben egotftif^ unb ra^füd^ttg geftnnien C^mpbrer, unb einige aRUglieber beS großen Slatl^S tl^eiU 9lepublilaner na4 9(rt bes ^engi, tietls SlebcÜen nad^ 9(rt beS 2)ücret barfteüten. (Sinex gilt ale ber tugenb^aft unb patriotif^ gefinnte ^errf^er, glei^fam ber Spater beS SBoter- lanbeiS, ber bon ^engi t)ere^rt iDirb unb biefen bef^a^t, offenbar benimmt, in bem lefftngf^en Srauerfpiel eine groge 9h)tle au fpielen: baiS ifi ©teiger, ber als ^ifbrif^e $exfon lein anberer fein lann aU (S^l^riftop^ 6teiger. ^er 6o^n feineiS UrenleU »ar ^egeU S^tfing. (^er berühmte Rätter, feit 1745 aiflitglieb beiS großen 9lat^eS bon IBem, l^at in feiner IBeurt^eilung ber 2)i4tung SefftngS bie 9lt4tig!eit feiner Kuffaffung bon ber S^erf^iDörung ^engis unb i^rer (S^ataltere in Hbrebe gefieEt.)

^egel aU ^audlel^tet in IBem. 19

^Rarl fjricbrid^ ©tciger (öon bcr fii^lDotjcn ßinie), Urenicl jene« tDiebetl^oIt genannten Sl^riftot)]^ ©tetger, k)etnt&]^It mit 3Raüa k)on SBQttentt)^I-S)teg6ad^, ber Zoi^Ux eines altbemifii^en $atrtctergefdbledbt$, ^Kitglieb beS großen Slatl^S feit 1785, toar eS, ber unferen ^egel jum grjiel&er feiner Äinber Berufen l&at; toir toiffcn ni(i^t, auf toel^em SBege unb burd^ toelfte SBermittlungen. ©ein fjornifiengut toar baS ffiorf unb @d&Io6 Stfdftugg in ber SSogtei grlad^, eine l&albe Stunbe öon ber gleidgnamigen ©tabt am füblid^en ^bl^ange beS ^olimont im 3ura, an ben Ufern beS SBieler ©eeS gelegen; bol^er l^iefe er „©teiger t)on SCfd^ugg" unb bemgemä§ tourbe ^egel in einem Don ber Bemcr Slegie- Tung il^m auSgejiefften Sleifet)Q| afe «gouvemeur des enfants de notre eher et f^ citoyen Steiguer de Tschougg» Begeid&net.*

^ier tool^nte bie Sfamiüe im Srül^jlal^r unb ©ommer unb l^ier ijl Rarl {Jriebrid6 ©teiger am 28. ffiecember 1841 geftorbcn, fieBenunb= atä^tjig Sal&re alt. Die ju erjiel&enben flinber toaren jtoei Stöcftter unb ein flnaBe, griebricfi ©teiger, ber in feinem peBenten ßeBenSjal^re ftanb, als §egel ben Unterridftt Begann. Sßäl^ereS »iffcn toir toeber üBer bie 2trt beS Unterricfit» nodfe über bie ber Söglinge; eS fd^eint, bal ^egel ber fjamilie ©teiger, tro§ feiner breijöl^rigen SBirIfamfeit in il^rer SKitte, innerlich fid^ ftetö fremb gefüp l^at unb geBIieBcn ifl/ttcSl^alB öon einem Sriefn)e(!6fel, fo oft man auäi barnad^ gefpürt unb geforfd^t l^at, leine ©pur aufjufinben toar. Qfrau Sl^ormann in Sem, bie noi^ leBenbe Sod^ter beS l^egelft^en Sögfing«, toitt gel&ört l^aBen, bafe ein flnaBe aus SleuenBurg DlamcnS ?Perrot an bem Unter» ridfet tl^eilgenommen l&aBe, bod& aud& barflBer fep jebe nöl^ere flunbe.

3laii bem ©turg beS frangSftfdben Aaiferreid^S in ber (Spod^e ber aiefiauration (1815) ifi bie ^orm ber frül^eren SJerfaffung SernS toieberl^ergefiettt, aber in 3?otge ber Suüreöolution für immer aBgefd&afft iDorben. ?lm 10. Januar 1831 Befdölofe ber gro^e Slatl^ bie 3iieber= legung feiner ©cioalt,* 3u ben SWitgfiebern bejfelBen in ben Salären 1818—1831 ]^at 3fluboIf fjriebridö ©teiger, ber Sögfing ^cgefe, ge= l^ört unb ijl im Saläre 1858 im Slltcr Don cinunbfieBjig Salären ge« ftorBen.

1 $eute i^ in bem e^entattgen @$Ii)6 eine ^eilanfialt für €t»tlet»ttf4e. -— » »gl. SDÖ. St. ö. aRüIincn: »etn« ©efftiftte öon 1191—1891. SePf^rift jut 700ift]§rtgen ©r&nbung«feieT. vn. ©. 207ffgb.

20 $cgel als ^auslel^rer in Sern.

n. Tegels gfortbilbung in ber ©d^toeia. 1. SpTQ^e, Sitten unb $oIiti!.

^S iDat ein Dtetfaii^er Stufen, iDeld^en ^egel Don feinem Slufentl^alt in ber ©c^toeij geemtet l^at, gang abgefel^en t)on ben S^örbetungen, loeld^e iebem (Stgtel^er unb Seigrer feine reblid^e ^flidgterfüllung einträgt; benn aUt (Srjiel^ung entl^ilt einen 9lei(^t]^um Don Srfal^rung unb aDeS Seigren eine ^ütit beS ßemenS. 3n bem §Qufe, toorin er lebte, tourbe il^nt bie tdglidbe ©elegenl^eit, ftdg im ©ebraud^ ber frangofifd^en @prad^e gu üben, bie Sitten unb Slnfid^ten berner 5Patricier gu erfal&rcn, ben Sl^aralter unb bie Sinridbtungen einer ariftolratifdb^oligarc^ifd^en SSer- faffung in näd^fter SRäl^e lennen gu lernen, toaS il^n politifdö l^öd^Iid^ intercffirt unb beloogen l^at, felbfi über bie finangiette SJertooItung beö alten SBem fel^r genaue ©tubien unb Slufgeidfenungen gu mad^en; er ]^at enblidg einige ber fdbSnflen unb grogartigften ®egenben ber ©d^toeig gu feigen unb gu burc^toanbern ©elegenl^eit gefunben.

S)ie ^enfd^aft ber conferöatiöen Slnfd&auungen, loie fie in bem ©teigcrfd&en §aufe unb bem berner ?Patriciat l^erlömmKdö »aren, bilbeten ein fel^r folibes ©egengcmid&t gegen ben reöolutiondren 3been- raufd^, toeltften ^eget an^ bem tttbinger €Iub mitgebrad&t l^atte. ^3Äit bem ©turge 9lobe$pierre8 am 9. ST^ermtbor 1794 mar ber SInfang gu einer tool^Itl^fttigen readionären SBeioegung eingetreten, bie bem STerrorigs mu8 guttiberüef unb bagu filierte, bafe einer feiner öerrudfttefien Sin* l^änger, 3. S. ©arrier, burt!^ feine Stuttl^aten in 9?ante8 als eineß ber ÜTlonftra ber SteDoIution belannt, am 16. 2)ecember 1794 ent^ ]^au))tet lourbe. SBalb nad^l^er, in bem erften feiner fd^loeiger 93riefe on@d6etting, gebenft §egel biefer Segebenl^eit mit bcfriebigter ©timmung: „3)a6 ©arrier guiffotinirt ift, toerbet il&r toiffen. ßefet il^r nod& fran= göfifd^c ^Papiere? JBenn id^ mid^ red^t erinnere, l^at man mir gefagt, fie feien in SBirtembcrg verboten. 3)iefer ^Procefe ifi fe^r toic^tig unb l^at bie gange ©d^önblid^feit ber SlobeSpienoten enthüllt. "^

9tun foHten gu £)ftern bie (SrgöngungStoal^len in ben großen fftaif) fiattfinben. 3)a bie gnftbigen ^errn gu tt)A]^Ien l^atten, fo lourben il^re £öd^termAnner beuorgugt unb il^re £öd^ter beSbalb fel^r gefud^t. 2)iefe$ gange gur Sl^araßeriftil beS oligard^ifd&en SSJefenS l^öd^ft lel^r- reidge ©etriebe l^at ^egel red^t in ber 9l&^e gu feigen befommen. €r

1 2)eT »rief botirt: .SBem am ^eiligen SLbenb tox aOSei^na^ten, 24. S)e> cembcr 1794'. Äarl ^egel: »riefe öon unb an §egel. %%. I. ©. 6—9,

^egel aU ^auMcl^ret in Sern. 21

fd^reÄt am 16. ^pvl 1795 an ©icttinfl: „3)a8 SJerfpdten metner SntiDort ]§at tl^eils in manii^erlet ®t\äi&\ttn, tl^etld audg in 3erjlreuungen feinen ®runb, iDeld^e burdg ))ontifd^e Sfe^e, bte l^tet gefeiert iDurben, t)n^ anlaßt toaren. Slffe 10 Sal&re toirb ber Conseil souverain unb bie etU)a 90 in btefer Seit abgel^enben ©lieber ergSngt. 9Bie menfd^lidg eS babei äugelet, n)ie aUe 3ntrtguen an Sffirftenl^&fen burd^ ä^ettern unb 99afen ntd^tS ftnb gegen bie Kombinationen, bte Igter gemad^t »erben, lann id6 bir nid^t befdftreiben. S)er JBater ernennt feinen @o]^n ober ben Xod^termann, ber baS grSgte ^eiratl^iSgut jubringt, unb fo fort. Um eine ariftolratifd^e 93erfaffung lennen gu lernen, mit^ man einen foldgen SBtnter Dor ben Oftern, an »eldgem bte Srgftngung toorgel^t, l^ier gugebrad&t l^aben/^

2. 9ll|)en)9anberungen. \ einige SBod^en nad& btefem merftoflrbigen Diierfefie unternal&m ^egel im !Dlai 1795 einen SluSflug nodb ®enf unb in ber legten 3uItttod6e beS folgenben Sal^rcS, beöor fein ^lufentl^alt in ber ©d&ioei} gu 6nbe ging, in ©efcttfd^aft öon brei fftd^fifd^en §ofmcifiern eine Sfteife grö^tentl^eilS gu f^ug in bte Obera())en. 2)ie Sleife, »eld^e ^egel gemad^t unb in feinem Sagebud^e befd^rieben l^at, »ar eine ber fdgönften, nod^ l^eute beliebteflen SBanberungen in ber Sentralfd^toeig. /fßox einem 3a]^r]^unbert gab eS nod^ nid^t bie ^eufd^redEenpIage be8 S£ourtften- fdgtoarmS; freilidg fel^Uen aud& bie 9nne^mltd^!eiten bequemer ©aft» l^öufer unb fja^rgelcgenl^eiten, bie 6ifenbal^ncn, ffiampffd^iffe unb Serg» bal^nen; bie SBanberungen loaren mfil^feltg, erfd^5pfenb unb, loenn man, n)te ^egel, am Snbe mit »unben Sfügen laufen mugte, red^t peinlid^ unb fd&mcrgl&aft.*

SDer S3eg ging Don 93ern nad^ SEI^un, über ben S£l^uner See nad^ 3nterla!en („^interlaffen"), nad^ ßauterbrunn unb über bie SBengern* atp nadg ©rtnbelioalb unb bem großen ©rinbelioalbgletfd^er, über bie ©dgeibegg nad^ ben Sleid^enbad^f&den unb STleiringen, bann in baS ^aslttl^al bis gu ben OueQen ber Slar unb ben legten bernifd^en Ort« fdgaften, nad^ bem SRl^onegletfdber unb über bie ©rimfel unb O^urfa in baS ©ebiet beS @t. ©ottl^arb unb ber 0teug, nad^ Slnbermatt, burd^ baS Urner ßod6, über bte ScufcISbrüdCe nad6 Slmfleg unb glüelen, über ben SBierioalbftftbter @ee nad6 Srunnen, ©crfau, 2Beggi8, ßugerti unb k)on l^ier gurüdE nad^ 93ern.

» ©riefe öon unb an ^egel. I. @. 14. « Äof entrang: Urtunben. IV. 6. 470-490.

22 ^egel als (gaufütf^ux in S3em«

S>ie ^od^gebirge ber Sd^tteia, il^re 9ltefengt))fet unb etotgen @dgnee^ felber, il^re ©letfd^er, SBetgfttome unb @een gefeiten gu l^aben, ifl fonfl für leben ein unbefd^tetblidg groged Stlebntg. 9lid^t ebenfo bat eS ftd& bei §cgel Detl^alten. 3n ber SBefd^reibung feiner Sleiteeinbrüde begegnen ti)ir nirgenbS einem SluSbrudfe beS Staunens unb ber @r= griffen^eit; bie coloffaten fjete- unb ©Smaffen, bie ©ipfel unb ©letfd&er l^aben abftogenb, bie Xl^atengen unb ©d^lud^ten unl^eimlid^ unb be« ftugftigenb, baS anl^altenbe ©etofe ber ®ebirgSf(üffe in i^rem abmirtS ftfirjenben fiauf öbe unb langmeilenb auf il^n getoirH; nur bie äBaff er- fülle l^aben il^m einen erfreulid^en unb too^Itl^uenben Stnblicf gemft^rt. 60 fd^reibt er öom ©taubbadj: „©aS anmutl^ige, jtoanglofe, freie Slieberfpielen biefe» SBafferfiaubS l^at et»a8 ßieMid^eS. 3nbem man nid^t eine SKad&t, eine gro^e flraft erblidCt, fo bleibt ber ©ebanle an ben 3tt)ang, an ba8 SWufe ber Statur entfernt, unb baS ßebenbige, immer fid^ Sluflöfenbe, ÄuSeinanberfpringenbe, nid&t in (Sine SWaffe äSereinigte, emig fid^ Ororttragenbe unb S^ätige bringt Dielmel^r baS JBilb eines freien 6piel8 l^eröor." 6r befd^reibt bie l^erabfattenben SBeUen beS 0teidgenbad^S unb fagt k)om 3ufd6auer: „^n biefem Sfalle fielet er einig baffetbe 9ilb unb fielet gugteid^, bag nie baffelbe ift". 3)agegen l^eifet eS öon ben ©rinbetoalbgletfd^ern: ^3]&r SlnbUdC bietet toeiter nid&ts 3ntereffante8 bar. SWan fann nur eine neue ^rt Don @d^nee nennen, bie aber bem ®eift fd&led&terbingS leine »eitere SSefd^öftigung giebt", u. f. f.

(Sr ftel^t mitten in ber erl^abenften ^(peniDelt, ol^ne ettoaS Don ben Ihaften beS (SrbgeifteS au erblidEen, bie fold^e SBerte gefd^affen l^aben; l^&tte unfer SBanberer ben erbgef(!bid^tlid^en @:i^aralter ber Sllpen in feinem unaufl^örlidgen ßeben unb äBed^fel, l^itte er ben @^aralter ber ©letfd^r in il^rer befl&nbigen SBetoegung unb SSerftnberung mit !unbigem SßdEe ju erlennen Dermodgt, fo »firben il^m biefe 3)inge nid^t fo jlarr unb einförmig erfd^ienen fein; er l^ielt ftd^ an bie öftl^etifd^en SinbrttdEe, unb feine ©emfltl^Sart »eierte fid^ gegen bereu (Srl^abenl^eit; er mar Diel ju el^rlid^ unb aufrid^tig gegen fidg fetbft, um fid^ Smp^nb- ungen Doraul^eudgeln ober Dorjugauleln, bie er nun einmal nid^t l^atte; eS »ar ettoaS in il^m, »aS burd^ alle Ungel^euer ber Stlpenmelt fic^ nidgt inU)oniren unb fid^ nidgt Kein hiegen lieg.

^S er, auf ben oberen @tufen beS ^aSlitl^ateS in gang einfame unb 5be, bäum» unb Degetationslofe (Ifetegegenben gelangt toax, U)o bie Statur j[eben @d^ein einer bem menfd^lid^en 3)afein bienenben

$egel aU ^aul^Ie^Tet in !Betn. 23

3tt)C(fmö6tflIcit öcrttcxt, jlettte er über btc SHid^tiflleit fold^cr 3tt>c(I= bejiel^unQen unb oller 6et bei glftuBigen Zl^eologte iDte 6et ber Slufflftrung beS Seitalterd beliebten ^l^^filotl^eologie 93etrad^tungen an, meldte mit feinen gleici^jeitigen pl^ilofop^ifc^en @tubten fel^r genau sufammenl^ingen. ;/3(% }&)etfle, ob l^ier ber giftubtgfie £]^eoIoge eS magen märbe, ber Statur felbfl in biefen ®ebirgen äberl^au))! ben Stoed ber SBraud^» barfeit ffir ben äJlenfd^en gu unterlegen, ber baS SSenige, S)ürfttge, baS er benu^en lann, mit 37lül^e i^r abftel^Ien mug, aber nie fidler ift, ob er nid^t über feinen armen Siebereien, über bem Staub einer ^anb Doli ®ras Don Steinen ober fiaminen gerfd^mettert, ob nidgt baS Ifimmer- lidge SBerl feiner ^finbe, feine Armlid^e ^fltte unb fein Aul^fiatt il^m in einer fflaä^t jcrtrflmmert »irb. 3n biefen oben SEBttfieneien l^ätten gebilbete 3Renfd^en DieQeid^t el^er alle anberen Sl^eorien unb SBiffen- fdfeaften erfunbcn, aber fd^tterlid^ benjcnigen Sl^eil ber ?p]^^fiIot^eologie, ber bem Stolge bed SJlenfd^en beioeift, loie bie Statur für feinen ©enug unb SBol^Ileben a0ed l^inbereitet ^abe, ein @toIa, ber jugteid^ unfer Seitalter d^aralterifirt, inbem er e^er feine Sefriebigung in ber aSorfiettung finbet, mag alles für il^n öon einem fremben SBefen getl^an loorben ift, er fie in bem 93eiougtfein finben mürbe, baß er eS eigcntUdö felbft ift, ber ber Statur alle biefe SwedCe geboten l^at. S)od& bie 93eloo]^ner biefer ©egenben leben in bem ©efül^Ie il^rer 9(b^Angtg- feit öon ber SOtad&t ber Statur, unb bieg giebt il^nen eine rul^ige ©r» gebenl^eit in bie jerfiörenben SluSbrüd^e berfetben. 3fi il^re ^ütte 3ertrflmmert ober oerf^lüttet ober loeggefd^toemmt, fo bauen fie am gteid^en £)rt ober in ber Ställe eine anbere. 6inb auf einem SBege oft SDtenfd^en Don flürjenben pfeifen erfdölagcn toorben, fo gc^en fie bod^ rul^ig benfelben, anberS ald bie St&btebemol^ner, bie i^re 3^^^^ getoöl^nlidö nur burd6 eigene Ungefd&idttid&!eit ober ben böfen SBillen anbcrer gerfiört finben, barüber unlittig unb ungcbulbig toerben, aud6 toenn fie einmal bie SOtad&t ber Statur cmpfinben, bann SrofteS be« bürfen unb il^n ettoa in bem ®efd6tDft§e pnben, baS i^nen bemeift, audb biefeS UnglüdE fei il^nen DieHeid^t Dortl^eill^aft, benn baju lönnen fie fidg nid^t ergeben, i^ren Stufen aufjugeben. S)ie8 Don il^nen gu forbem, ba^ fie auf (gntfd^&bigung äSergid^t tl^un toolten, l^iege il^nen il^ren ®ott rauben/

24 ^egel als ^auSle^er in S^enu

I. ®ic einflufeteid^cn ScitBcgeBettl^eitcn. 1. $^Uofo))^ie. Sfi^te unb S^eQing.

3u ben mannid^fad^en (Stnflflffen, toAä^t ^egel toil^tenb fetner piffcn ^aufitd^rerjett in ber ©d^toeig felbft cntt)finfl, lamen bie möcfitiflen unb QugetorbentUd&en äBtr!ungen, toelcj^e bie großen SSegebenl^eiten in ben ©ebieten ber beutfc^en ^l^tbfopl^ie, ber beutfc^en S)id^tung unb ber politifd^en äBett auf il^n auSfibten.

9luS ber längeren !antif(igen @d&ule toar Sol^. ©ottlieb O^id^te l^er^ t)orgcgangcn unb mi) feinen beibcn erflen anonymen ©d^riften, ^Rritil aUer Offenbarung" unb ,,$Beitr&ge jur Seridgtigung ber Urtl^eite beS 5PuBUfum8 über bie franj5|ifd&c Steoolution", burdft feine ßel^rtl^fitigfeit in 3ena unb bie Segrflnbung feiner SBiffenfdöaftfilel&re in einer ffteil&e gleicbjeitiger Serie (1794—1799) gu bem Slnfel^en be8 genialjlen $^iIofo^]^en ber ®egentt)art emporgeftiegen. Aant l^atte im 3a]^re 1797 feine SBirffamleit auf bem Äatjeber befd^Iolfen unb im folgenben 3a]^re bie le^te feiner ©dgriften l^erauSgegeben. ^51berlin, ber Ofid^ten in 3ena l^örte, fd^ilberte i^n brieflich alis einen ©eifteStitanen. ^

©dgon xoax ber junge ©c^etting, ber bereits mit fiebjel^n 3a]^ren einen Sluffa^ Aber ^aii^tl^en, l^iflorifdge ©agen unb $^ilofop]^eme ber diteflen 3cit* in 5PauIufi' SKcmorabiUen DeröffentUd^t l^atte, bem S5or= bUbe O^ic^teS mit beflügelten ©dbritten gefolgt. (Sr l^atte n)&]^renb beS 3eitraum8 Don 1794—1801 in ber erflen ®xnppt feiner ©c^riften (1794—1796) ben ©tanbpunft ber SBiffenfcfeaftSleirc felbftönbig ent= loidEelt unb auf baS {)ellfte erleud&tet, bann in einer gioeiten ®ru))))e (1797—1799) ben ©tanbpunft ber Slaturpl&ilofopl^ie begrünbet, toomit er über O^id^te l^inauSging, unb gule^t bie SluSfü^rungen begonnen, totii^t ber fedgSunbaiDangigi&l^rige SJlann «,2)arftellung meines ©^ßemS ber ^P^ilofopl^ie" genannt l^at (1801). S)iefeS Softem toar baS ber 3bentitat8))l^ilofo))]^ie. Unmittelbar vorangegangen toar fein ,,©9{lem

^9}g(. tiefes aBert. Sb. V. (2.Kuf(.) (9b. VI ber Subilftutn^QuSgabe.) Su^II. dop. n. 6. 261-263, 6. 268-270.

^egeU etubien in bet S^ioeia. 25

beS ttanSfcenbentalen dbeansmud", unter ben 3ugenbtt)erlen Sd^elltngS baS am tneifien butd^gearbeiiete, forniDoIIenbete uttb umfaffenbe.^ 9lod^ fianb et eifl am Snbe feiner alabemifd^en Sel^rjal^re unb n)ar nod^ tflbinger @tiftler, aU ^&lberlin ben amangigiftl^rtgen, l^od^begabten, nac^ SrIenntniB unb Slul^m burfligen Ofi^eunb mit ben Sßorten tröflete: ^@ei rul&ig! ffiu Bift fo toeit toieSitftte; idft l^abe il^n ja gel^ört/

\ 3u bcr 3ett, t)on ber toir reben, »ar ©d^etting ber beutfcfie 3ufunft8« pl^ilofo))]^« Staute ^SHeligion innerl^alb ber ©rengen ber Bloßen Ser^ nunft", SfidfetcS „©runblegung ber gefammten SBiffenfdftaftglel^re'', ©d^eOingS @d^riften „lieber bie 3nöglid^!eit einer S^o^tn ber ^l^ilo» fopl^ie uberj^aupt", „SBom 3^6 afe 5Princt() ber ^Jl^ilofopl^ie" unb feine „99riefe Aber 2)ogmatidmuiS unb AriticiSmuS'' teurben k)on ^egel todl^renb feine« Slufentl&alteS in Sern eifrig gelefen unb flubirt*/^ S)er lungere f^eunb iDurbe auf bem SBege ber ^l^ilofopl^ie fein 93orbiIb unb O^fi^^si^/ bie @(i^rtften @(i^ellings erfd^Ioffen unb erleid^terten il^m ba^ 9}erftAnbni§ ber fiii^tefdgen; mit langfamen @d^ritten, loie eS in fetner Statur lag, iji er il&m nad^gefolgt; ber ScitpunH »irb fommeU; n)0 bie (Sinfic^t in bie S>ifferen3 jteifii^en gfid^te unb ScigeHing il^n bie Slufgabe erbliäen lA|t, gu bereu fiSfung er felbft berufen toar; er tDtrb biefe Slufgabe löfen unb eS bem frül^eren O^reunbe in ber tJfortbilbung ber $]^iIofo))]^ie juDortl^un. 9BaS ^riftoteleS ))on Slna^a« goraS gefagt l^at, inbem er i^n mit (SmpeboKeS Derglid^, gilt aud^ öon §egel in feinem ffierl^öltniffe ju ©d^eDing: b^m ?ttter mii frül^er, ben SBJerlen nad6 fpftter (i^Xixicf «pötepoc, Ip^otc oatepoc).

2. S)eutf4e 2)td^tung. @4tller.

3m aJlai 1789 l^attc ©d&iffer fein ßel^ramt in 3^na ongetreten, f d^on bamals t)on Stant^ gefd^idgtsp^ilofopl^ifd&en 3been erfflUt. äBdl^renb feiner burd^ Aranfl^eit ergmungenen äJlu^e l^atte er fid^ in bie fantifd^en ^au))tioer!e, namentttdg in bie Aritif ber UrtJ^eilsIraft ))ertieft unb aud congenialem 3)range ben Sntfdglug gefaxt, bie lantifd^en 3been auf bem ®ebiete ber 3(eft^etil fortgubilben. S)iciS gcfc^a)^ in ben 3a]^ren t)on 1792—1796 in einer Sleil^e ©(^riften, unter toetd^en bie „SBriefe Aber bie ftftl^etifd^e Srgtel^ung beS äftenfc^en" unb bie Slbl^anblung „lieber nait)e unb fenttmentalifd^e S)id^tung'', bie legten unb bie um= faffenbften toaren, ju bem SBcpen gel^örenb, loa« bie beutfd&e fß^xlo-

1 «gt. biefe« Sßöet!. »b. VL (2. «uf!.) (3u6U..au8g. »b. VII.) »u« n. »6f4n.I. (Siap.I. 6.282-286; C^ap. II. €.289-294.

26 $egel als ^auSle^tet in 8etn.

]o}ß^t in ber Sleftl^eti! unb $oettI l^erDorgefirac^t l^at« SBttt matt bte ®ten3en ber ))I^Uofo))]^tfd&ett ^eriobe ©c^tHetS burdg btd^terifd^e Zermitit bcgctd&ncti, fo ficl^ctt atn ©ingangc „®ie ÄflnfMer'' (1789) unb am SluSganflc „3beat unb ßebcn" (1795), ba8 öottfemmcnfic SBcrl unferer ^l^ilofopl^ifd^en S^ttf, geboren aus ben 3been, toetci^e @d^tller in feinen 93riefen Aber bte dfil^eiifd&e Srjiel^ung auSgefül^rt l^atte. S>er 2)urd^- brud^ aus bem 3beali8mu8 ber !riiifd6en ^^ilofopl^ie in baS objjectiDe gfelb ber SOBirllid^feit tfl gwcrii in ber Slefll&etil flefdfeel^en, unb g^cir burd^ @(^iller. Seine oben genannten Briefe l^at ^egel in 9em ftubirt unb in il^rer aÄeifierf(i6aft gcroürbigt.^

3m TOai 1794 »ar ©d&iffer t)on feinem grl^oIungSauf enthalte in Stuttgart (tool^tn er ftd^ Don Submigdburg im S)ecember 1793 begeben) nacb 3ena aurflrfgefebrt, mit bem 5PIan jur ©rflnbung ber „^oren", XDÜäit ben nftdgfien ^nla% gur litterarifd^en SInInflpfung mit ©oet^e boten, ©c^on im folgenben 3)lonat begann ber Srieftoedgfel beiber, unb eS entflanb jener l^errlid^e t^reunbfdgaftsbunb toeci^felfeitiger Oförberung unb @4iaffen8freubigleit, ber bis gum £obe ©dgiOerS fortgebauert l^at unb redgt eigentlidb bie golbene Sera unferer neueren Sichtung be- geic^net. ©dgiUer l^at feine !urge, fünfunbgttangigiäl^rige Saufbal^n mit feinen tragifdgen SSerlen gtorreid^ begonnen, glorreid^er k)oDenbet. @o entfpra* eS feiner 3Jliffton. 3n bie atftt Saläre ber TOitte (1788 biö 1796) fallen feine l^ifiorifd^en unb J)]^iIofop]^ifct)en C>auptfd6riften, bie ]§iftorif(!^en SBerfe ti)urben burd^ bie tragtfd^en l^erDorgerufen unb um- geleiert: auf bie Zragbbie beS 3)on AarloS ift bie „®^]iiWt bed SIbfattS ber 3iieberlanbe Don ber fpanifd^en ^errfc^aft" gefolgt, auf bie ©efd^idgte beS breigtgjiäl^rigen AriegS bie £ragöbie beS SBaQenftein in ©eflalt einer Srilogie (1796—1799), lool^I ha^ Dottfommenfte aller äBerle unferer tragifdgen Sid^tlunfl, ti)eld^ed aud^ ©dritter felbfi in feinen fpAteren SBerfen nid^t übertroffen l^at.

3. S)aS neue SOßeltoIter.

@S loar eine l^iftorifdge, nationale unb gugleic^ geitgemftge, Don bem ®ei{l ber ®egentoart infpirirte £rag5bie, benn bie ©egenmart batte ben äBeltlrieg unb bie $erfon eines rubm- unb glfldEumßra^Uen, betounberungSioflrbigen unb Don aDer SBelt betounberten (^Ibl^errn in

1 aneine 84ifler-64rtften. (2. Kuff.) »b. n. (1891.) »ud^ II. dap.U. 6. 19-34. dap. VI. 6. 106—170. €ap. IX. 6.209-224. »tiefe Don unb an ^egel, I. 6. 17. (»r. 16. «Dril 1795.)

Tegels 6tubien in ber S^toei). 27

ber $erfon beS jugenblidgen ©enetals SVa^oteon 93ona))arte Dor ^ugen« ®Ietd^a^itta mit SdbiHetS SBaKenflein ftnb bte S^^IbjAfle SVapoIeonS in Italien unb 9{eg^))ten, bie Siege Don Sobi, Saftigtione, Slrcole, bie @4Iad&t bei btn ^^ramiben, bie dlflcKel^t nad^ $Qrid, ber @tur} beS 2>irectotium8, bie Srtid^tung ber Sonfutarl^errfd^aft. 9[n ber @))i^e tJfranfreii« jiel^t ber breifeigiftl^riBe Sona|)arte, bcm yiarmrt nadfe erjler SonfuI, bem SBefen nad^ ^Ueinl^errfd^et, ber nad^ Italien eilt, um ben Stul^m ber franjöftfd^en Sßaffen tt)ieber]^erauftellen unb rul^mgehönt nai) ber ©d^Iad&t t)on 3Äarcngo (14. 3uni 1800) jurutßclftrt. ffier Siegesjubel ergreift gang O^^anheid^ unb bringt Bis in bie 3)ad^fQmmern Don ^PoriS, toie in einem feiner fd^önflen ßicber S36ranger biefe ©iege«» begeifierung unb neue Scitjlimmung befungen l^at: «A Marengo Bona- parte est vainqueuri Le canon gronde, un autre chant com- mence» u. f. f.

2fm fotgenben Starre ber gfriebenfifdglu^ oon SaneDiUe. O^tanheidg ift fd^on ein SBeltreid^, feine ®ren)en finb ber Stl^ein unb bie @tfd&, feine re^ublilanifd&en Stad^barlinber fo gut U)ie feine $roDingen: bie botaDifd&e, l^elDetifd^e, ligurifd^e, ciSalpinifd^e Stepublü. ^m Saufe beS erfien SeceniumS unfereS ^al^rl^unberts loirb SSonoparte als 3l(OfoUon I. Äaifcr ber {Jrangofen unb nad^ feinen neuen ©iegen über Defterreidö unb 0tug(anb, Aber ^reugen unb Stuglanb, gule^t toieber aber Oefter- reid^ ift unb ffll^It er fidg als ^errfd^er ber SBelt.

2)ie frangöftfd&e SteDoIution l^at nad& Zalle^ranbs DorauSfagenbem 9[uSf))rudg i^re Steife um bie Sßelt gemad^t unb DoDenbet: bie erfte Station xoax bie Aanonabe Don Salm^ (20. @e))tember 1792) unb ber StfldEjug ber Derbflnbeten ^eere Oeflerreid&S unb $reu§enS, tozli^t ausgesogen unb in O^ranfreid^ eingebrungen loaren, um ben Aönig gu befreien unb 5PariS gu beflrafen. ©oetl^e, ber biefen Sfrfbgug mitgemadfet, l^at ben Sag Don SBalm^ als Sugengeuge erlebt unb ben $erfonen in feiner Sßdl^e bie i)rop]&etifd6 treffcnbcn SBorte gugerufen: „JBon l^ier unb l^eute gel^t eine neue Spod^e ber Sßeltgefdgid^te aus, unb il^r I5nnt fagen, bafe il^r babci getoefen".^

Unb Sd^iller, ber bie Sd^Iad^t Don Slufterli^ nid^t mebr erlebt l^at, lool^l aber SJlarengo, bie U)eltumgeßaltenben OftiebenSfdglfiffe unb bie Äaiferlrönung; l^at ftirg Dor feinem SCobe feinem Jfteiterliebe, biefem Sd&Iugdgor in ,,9BaIIenfleinS fiager**, nod^ eine Sdglugftropl^e l^ingu-

> ®oetH f Ammtl. a&erle (1851). Sb.XX. 6.44.

28 ^egel ole ^auSle^rer in f&titu

gefflgt, burdgbrungen )Don ben !riegerifd^en Sm^ftnbungen unb 2:rtum))]^en bet ©egcniDart:

Huf bes 2)efien9 Spil^t bte SQßelt Je^t lieat,

2)Tttm frol^, (Der ben 2)egcn je^t filmtet,

Unb bleibt nur toadtx jufammengefügt,

Si%x atDtngt baS ©lud unb regieret.

(Ee flt^t leine Itrone fo fefi unb fo %o^,

S)er mutfiioe 6))rtnger erreicht fle bo^.^

3)icfer mutl^tgc ©prtngcr toat JRapoIeon. SÄan mufe ftd& bie ^crrfd^öft, tocld^e bicfcr cingigc SWonn nid&t Mofe auf bic Umgcftaltung ber SBelt, fonbern audg auf bie StnbtlbungSfraft ber ©emüt^er aus- geübt ]^at, toüfjH DergegenlDärttgen, um eS }u Derftel^en, tote ^egel, atS er am Sage Dor ber ©d^I^^t bei 3ena bett flaifer gefeiten l&atte, toic er burd6 bie ©tabt ritt, einem tJfrcunbe fd^retbcn lonnte: „3d& l^abe bie SBeltfcele reiten feigen".

IL 5p]^iIofoi)]^if(i6e ©tubien. 1. S^eologif^e Probleme.

SBir finb, um baS Silb ber Seit äu DcröoHfidnbigen, einige 3a]&re ))orauj3geeiIt unb leieren in baS fti^tDeijerifd^e ©tillleben Tegels unb feine bamaligen pl^ilofopl^ifd^en ©tubien jurfld. Sßie et im Januar 1795 bem (Jfreunbe in Tübingen fc^rieb, l^atte er „feit einiger Seit" bas ©tubium ber lantifd^en ^l^ilofopl^ie lieber aufgenommen unb tofinfd^te nun, entfernt k)on bem litterarifii^en ©dgaupla^, toie er mar unb burd^ eine fel^r l^eterogene t)xtl\a(Si unterbrod^ene £]^&tig!eit ge- l^emmt, ))on bem too^lgefc^ulten, mit ber ^uiSfül^rung eigener ©d^riften fd^on eifrig befd^dftigten ©d^eUing auf bem Saufenben gel^atten unb unterrichtet au Serben. 2)ieiS mar ber ®runb, meSl^alb er ben brief* lid^en SSerlel^r mit il^m auffuc^te unb fortfe^te.

©d^etting ^ai fomol^l «pro magisterio» aU «pro candidatura» nid^t blog bifputirt, fonbern aud^ eigene ju biefen Sieden beftimmte Sbl^anblungen Derfa^t: baS bebeutfame Sl^ema ber erften toax bie mofaifdge (Srjftl^Iung k)om ©flnbenfaH, baS ber gleiten, meldte im ^erbft 1795 erfd^einen follte, betraf ben dgriftlid^en ©noftiler ÜTlarcton, bem filfd^Iid^ermeife bie (Smenbation ber paulinifd^en SBrtefe augefd^rieben toorben (de Marcione, epistolarum Paulinaniin emendatore). 3n ben Sal&ren 1794—1796 l^atte ©d^eüing bie bereits genannten pl^ilo«

' 64iIIerS fämmtl. e^riften. ^ifl.-ItU. Ku^gabe. SSb. xn. 50^. II. 6. 59.

legete Stubien in ber e^v>t^. 29

fopl^ifdgen €d6tiften }ur Sfoitbtlbung ber lanttfd^en Seigre in ftd^tefd^em @tnne erfcbetnen laffett.^ SBqS et barin auSfül^rte unb begtiinbete, iDar ouf hitifdger (Sninblage ein montflifdgeS @9^em t)on ))Qnt]&eißifd^ent (Sfjaxaftzx: !ut}gefagt eS toar lanttfciger &pxnoix&mui, iDOtauS bie 9iatut))]^iIofop]^ie, ber tranSfcenbentale ^bealilSmuS unb baS dbentttdts- f^fiem l^etDorgegangen finb unb ^erDorgel^en niu|ien. Sluf btefer Sal^n ijl tl^m §cflcl gefolgt.

l SBenn ^egel Don ber äBieberaufnal^me feines @tubtum8 ber !Qnnf4en $^iIofo))]^ie rebet, fo ifl borunter l^auptf&dgUii^ AantS @))0(i^e maii^enbe unb |ang{l erfd^ienene ©d^rift ^Sleligion innerl^olb ber ©rengen ber BIo§en ä^emunff' }U k)erfie]^en, toetd^eS SBer! ^egel in bem erfien 3a]^re feines Slufentl^alteS in ber ©dgteeig gelefen l^at (1794), tief oon bemfelben ergriffen unb äbergeugt, bag eine burd^gängige Al&rung ber tl^eologifc^en SSegriffe notl^toenbig getoorben fei. Unb eben in ber {^ffung unb SSel^anbtung biefer Slufgabe fam il^m ©d^eDing l^filfreidb entgegen, /

Ss n)aren befonberlS brei $un!te, meldte au burd()ben!en unb Har» aufteilen ^eget baS bringenbe 93ebärfni6 em))fQnb. Aant l^atte in feiner Aritif ber ))ra!tifd^eu SSernunft bargetl^an, bag ber (glaube an (Sott unb Unfterblidgleit nid^t auf StaturaioedEe unb natfirlidge 3toedEmftgig!eit; fonbem lebigli(^ auf bie moralifd^e (Setoigl^ett unb ben ntoralifd^en (gnbatoedP au grfinben fei, bog eS !eine $^^ft!ot^eoIogie, fonbern nur Stl^ilo« ober äJloroItl^eoIogie gebe ober geben bärfe. 9lun entftanb bie Sfrage, toie loeit bie Stl^itotl^eologie auf bie $]^^fi!otl^eoIogie aurüdEioir!e unb biefetbe loieber gur ®ettung bringe.

f Rani l^atte in feiner SReligionSlel^re n)o^I unterfd^ieben a^if<%^n (Sl^rifluS ate bem SogoS, bem (Sottmenfc^en, bem Sor» unb @inn- bilbe belS religiöfen (Glaubens, unb ber $erfon Sefu, aU bem göttUdg gefinnten 3Äenfd6en, bem Stifter ber (ftrifilid&en Jfteügion, bem l^iftorif d^en €l^ara!ter*: ber Unterfdgieb betraf bie $erfon (Sf^nflx, aU (Segenftanb beS lird^lid^en unb bogmatifc^en (Glaubens, unb bie $erfon 3efu, aU (Segen» ßanb einer gefd^id^tlid^en 93etrac^tung unb SarfteHung. ^ier entflanb bie Qfrage, toie es fid6 mit bem toirlüdöen ütUn 3cfu nad6 ber 3lid6t= fd^nur unb Uebereinßimmung ber (Sk)angetien mit ^u8fd^lie|ung ber SBunber Derl^alte?

1 6. oben (iap. UI. 6. 25. « »gl. btefe« 2Ber!. »b. V. (4. «uff.) Su^n. C^at». IV. 6. 311-315, 6.326 f[gb.

30 ^eget als ^auSlel^ter in SBetti.

(Snblt(^ l^Qtte Rani amifc^en bem teinett SleltgionSglauben ober bcr SJcrnunftreligton unb ber t)opttoctt (ßcoffcnbartcn) Sleligion ober bem flQtutattfci&en Aird^engtauBen fel^r nac^brüdCItd^ unterf(|teben; unb ivoax fo, ba% er jeite biefer entgeflcnfe^t unb gunt 3iele Qt\t^t l^atte, morauS bie Slufgabe l^erDorgtng , baS SSerl^ftltnig beiber burd^ eine ^ttif ber pofitiDen IReligion fefljufieDen.

3)iefe O^^agen erfflDten ^egels ÜJlebttationen. 3)te erfle f^rage l^at t^n bis in jene ti)üften Sfetegegenben beS oberen ^aSlitl^aleS Der^ folgt, too au^ bem gläubigfien S^l^eologen bie ^l^^füotl^eologie Dergel^en müfete; bie jtoeite, auf ben l^ifiorifd&ett 6l&rtftu8 gerid^tetc, fud^te er fid6 ju löfen, inbem er fettp ein „ßeben 3efu" nieberfd&rieB (Dorn 9. TOai bis 24. 3uli 1795); unb ttaS bie britte Qfrage anging, fo t)erfa§te er eine fe^r auSfäl^rlid^e ,,AritiI beS 93egriffS ber pofiliDen Steligion" (in ber Seit ateifd^en bem 20. 9lot)ember 1795 unb bem 29. STpril 1796)./ Sflofenfeana l^Atte in ben ,,Urfunben", loeld^e er im Slnl^ange feiner S9iogra|)l^ie mitgeil^eilt ^at, biefe beiben @d^rifien loortgetreu unb k)oQ- ftftnbig geben foQen, a^mal er Don ber x^zxtm fagt, bag fte „an popvX&xn Araft ber 2)iction baS SSoQenbetfte fei, loaS ^egel ge- fd&rieben l^abe".^

3n ber SSenoerfung beS gett)5^nli(!6ctt ÄantianiSmuS, ber alt' fantifdöen Sd^ule (toetd^e bie „neufantifd&c" t)on l^eute »ieberl^erficttcn möd&te) toaren bie gfreunbe einoerftanben. 3tt bem ©ebraudfte, ber Don bem moralifc^en ©otteSbetoetS gemad^t mürbe, trat ber 9lfldEgang in ben S>ogmatiSmuS unb bie veralteten @otteSibeen redgt beutlidg a^ Sage. „^^ bin feji überaeugt", fd&reibt ©d^etting, „ba§ ber alte Slberglaube nic^t nur ber pofttiDen, fonbern audg ber fogenannten natürlid^en Steligion in ben köpfen ber meiften fc^on mieber mit bem lantifd^en JBudbflaben combinirt ifi. 68 ifi eine ßuft anaufel^en, toie fte ben moralifd&en SBetoeiS an ber ©dfenur au iitf)tn miffen, el^e man fid^'S Verfielet, fpringt bcr deus ex machina l^erDor baS ptx- fönlid^e inbiDibuelle SBefen, baS ba broben im ^immel ft^tr^

1 ^egeU Hieben. 6.54. Utlunben. V. gragmente tl^eologif d^er ©tubien. (6.490 bis 514.) ^aS Seben 3efu fftßte neunse^n gefd^rtebene SBogen; bie Ihtti! beS IBegrtffS ber ))o1ttit)en ^Religion bretgig. S)ie gftogmente tl^eologifc^et @tubien aetfaEen in folgenbe fieben 9lbf(!initte: ^^it ®ef$t$te ber 3uben. S)a8 @4icl- fal unb feine SDetfbl^nung. S)ie Siebe unb bie S^am. 2)et OotteS- unb ber ÜJlenf^enfo^. S)qS 9(benbma^I. 2)as SEOunber. S)ie Zaufe.' •- > fßx. bom Sanuar 1795. S)ie erfte feiner Unttoorten an $egel. Sriefe bon unb an §egel. 21^. I. 6. 11-13. 3lnmfg.

^egcls 6tubien in ber e^toeia» 31

3)enfeI6eit Zabel t)eTbtent in ^egels Slugen aud^ 3^t<^t^8 Ariti! otter Offenfiatung, toorin ber ®otie96egrtff auf folfd^e Strt Tnoralijtrt unb babuidg in alter Sßeife bogntatiftrt toorben fei. ,»3u bem Unfug, tt)0))on bu fd&reibfl, l^at aber unflreitig gfid^te in feiner ßritil ber Offenbarung Zl^flr unb Slngel geöffnet; er felbft l^at nt&gigen ©ebrauc^ gemad^t, aber loenn feine ®runbfä^e einmal feft angenommen finb, fo ift ber t^eologifd^en ßogi! lein 3iri unb 2)amm mel^r ju fe^en; er r&fonnirt au8 ber ^eiligleit ®otteS, tt)a8 er DermSge fetner 9latur t^un mflffe unb foHe, unb l^at baburd^ bie alte 2Ranier in ber ^oq^ matil 3tt bemeifen lieber eingeffll^rt eS lol^nte DieHeidgt ber 3JtSÜ)t, es ndl^er ju beteud^ten. SBenn id^ Seit l^fttte, fo n)firbe id^ fudgen, eS nftl^er gu beftimmen, toie »eit toir nad6 Sefeftigung bcS moralifdfeen ©laubenS bie legitimirte 3bee Don ®ott je^t rfidEioftrtS braudgen, g. SB. in SrIlArung ber B^^dEbegiel^ung u. f. \o., fte t)on ber Stl^ilo^ tl^eologie l^ier |e^t gur ^l^^fifotl^eologie mitnel^men unb ba j[e^t mit il^r toalten bflrfen." 3n biefen SBorten ifi baS Sl^ema entl^alten, beffen tt)ir oben gebadet l^aben.^

2. Ott^obo^ie unb $l^t(ofop^te.

Sludg über ben ®egenfa^ gtoifd^en Drtl^obo^ie unb ^l^ilofopl^ie, ®taubendgn)ang unb ®eifte8frei]^eit, tt)aren bie Sfreunbe k)öllig ein« Derftanben unb ergriffen unter ben eintrieben ber rek)olutionftren 3eit'' ftrömung unb il^rer lugenblidfeen SBeltauffoffung mit leibenfd&aftlid6em Sfeuer bie @ad&e ber ®eijle8frei]^eit unb $^ilofo))]^ie. ^egel, ti)ie er eS in feinem Sriefe Dom 3anuar 1795 auSfproc^, fanb baö ortl^oboje @^ftem als bas ber fianbeSlird^e bergeftalt mit ben tt)eltlid^en Sntereffen beS Staates Derquiät unb auf biefelben gefttt^t, ba§ bie ortl^oboje fiel^re bei bem äBortfram, ben fie il^re Uebergeugungen nenne, bel^agtid^ unb unerfd^fltterlid^ bel^arre, loaS man il^r au^ entgegenßeUe; fie braud^e baS Iritifd^e 93augeug gur 93efeftigung il^reS gotl^ifd^en £emt)elS unb gum 6d6u^ gegen bie ÖfeuerSbrunjl ber ®ogmatif, toeldfte ber hitifd^e Sd^eiterl^aufen anguftedPen brol^e; aber inbem fie bem le^teren il^r Saugeug entffll^re, nel&me fie gugleid& audg brennenbe Äol&len mit unb Derbreite auf biefe %ct toiber SBiHen ))]^ilofo))l^ifd^e Sermini unb 3been.*

1 IBttefe ))on unb an $cgel. SBr. Dom Januar 1795. S}gl. oben @. 22 u. 23. - « »tiefe, Z^, I. 6. 11.

32 ^egel aU ^auSlel^ter in 93em.

\2)te ^l^ilofopl^ie, t)on beren ä^oUenbung ^eget bte gtfinbtidbjle 3bcenrcöolution crtoartct unb fd^on DorBcteitet fielet/ tfi baö lantifd^c S^fletn. ^@r l^at t)on neuem bte ltrtti{ ber ))ra!tif(l&en Vernunft ge» lefen, itnb bte Seigre ))on bzm $rtmat bec praütfti^en Setttunft unb beren ^ojlulQten, Don ber äBütbe ber ^erfonlidglett, ber aRenfc^entoarbe als bem moralifd^en ünhimd im ©egenfa^e )U ben Dorl^anbenen Su- ß&nben ber menjd^Itd^en ©efeUfd^aft l^at il^n ergriffen unb fiberjeugt. „Snon iDtrb fdgioinbetn, bei biefer l^öd^ßen ^bf)t, tooburdg ber S^enfd^ fo fel^r gel^oben mtrb, aber luarum ifl man fo fpit barauf gelommen, bie SBürbe beS ÜTlenfd^en l^öl^er onaufd^Iogen, fein 93ermögen ber f^ei= l^eit onjueriennen, baS il^n in bie gleid^e Drbnung ber ©eifter fe^t? 3d^ glaube, eS ifl lein beffereS 3ei(i&en ber Seit aU biefed, bag bie 3Renfd^^eit an ftdg felbft fo ad^tungStoertl^ bargefleHt loirb; eS ifl ein SSeloetS, bag ber 9timbu8 um bie ^dupter ber Unierbrüder itnb ®ötter ber (Srbe t)erfd^n)inbet. S)ie ^l^ilofop^en beioeifen biefe SEBürbe, bie aSölfer loerben fie fügten lernen unb il^re in ben @taub emiebrigten Siedete nid^t forbem, fonbern felbft loteber annel^men unb fid^ aneignen. Sleligion unb $ülitil l^aben unter einer S>ed(e gefpielt, jene l^at geleiert, maS ber SeSpotiSmuS tDoIIte: SSerad^titng beS ÜJlenfc^engefd^Ied^tS, Un« f&l^igfeit beffelben gu irgenb einem ®uten, burd^ fid^ felbft etiuaS ju fein. SWit SJcrbreitung ber 3bcen, toie attefi fein foll, toirb bie 3n« boleng ber gefegten Seute, emig alleS gu nel^men, mie eis ift, Derfd^minben. S)ie belebenbc flraft ber 3been fofften fie aud6 immer nod6 ©in« fd^rftnlenbes an ftdg l^aben, mie bie bed 3)aterlanbed, feiner SSerfaffung u. f. tt). lotrb bie ©emütl^er erl^eben, unb fie ti)erben lernen il^nen aufguoi)fem, ba gegentoftrtig ber ©eifi ber SSerfajfungen mit bem 6igen= nu^ einen 93unb gemad^t, aud^ il^m fein Steid^ gegrflnbet l^at.''^

3. e^eCing a(S Sfftl^rer. 9tun fielet er auf bem SBege gur SSoIIenbung beS lantifdgen @^{lem9 ben jungen Sd^etting t)orbringen unb 93al^n bredgen; er ift ftolg auf ben gfreunb unb DoUer SDanI für bie SSelel^rungen, loeld^e er feinen beiben erften Sd^riften ^lieber bie ÜTlöglic^Ieit einer {^orm ber $]^iIo« fopigie fiberl^au^t" unb „S3om 3d& $rinci^ ber ^l^ilofopl^ie" fd^on Derbanit. „3)ie ©efd^enfe, mein SBefter, bie ®u mir gefc^iit l^ajl, fo*

^ 99rlefe Don unb an ^gel. €. 15 ftgb. S)tefer Don teDoIution&rem 9at6o8 erfüllte SBrief Dom 16. flptü 1795 ift unmittelbar na^ ben oligar^if^en SBa^l- fe^en in SBem gef^rieben (6. 14), beren toir gebaut l^aben. (6. oben @. 20 vu 21.)

^egete @tubien in bei 64)Deta. 38

toic ®ein Sricf, l^oBcn mit btc IcBl^aftcfte ^tcubc öcrurfad&t unb bcn tetdgflen ©enug gemalert, unb id& Bin S)tr aufs dugerfte bafür t)er= Bunbcn. ©eine erjic ©d&rtft, ber JBcrfud^, gfid^tcö ©runblage gu ftubtren, jum S£]^eil meine eigenen Sll^nungen l^aBen mi(fi in ben Stanb gefegt, in S)einen ®eijl eingubringen unb feinem ®Qnge gu folgen, t)tel mel^r aU id^ es nod^ Bei 2)einer erjien ©dgtift im Staube toar, bie mir aBer je^t burdö ©eine jtteite erltdrt »irb. 3d6 toor einmal im Segriff, eS mir in einem Stuffa^ beutlid^ ju m'ad^en, toaS eS l^ei^en lönne, fid^ @ott ju nöl^em, unb glauBte, barin 99efriebigung beS ^ofiuIateS gu finben, ba§ bie ))raliifd^e SSemunft ber 3BeIt ber Srfd^einungen geBieie, unb ber fiBrigen ^oftulate. 3Ba$ mir bunlel unb unentoidEelt t)or- fdgtDeBte, l^at mir ©eine @d^rift aufS l^errlid^fie unb Befriebigenbfle auf= gettftrt. ^anl fei ©ir bafür fflr mid6, unb j[eber, bem baS §eil ber SBiffenfdöaften unb ba^ SBeltBcjie am ^erjen liegt, toirb ©ir, toenn aud6 je^t nid6t, bod6 mit ber 3eit banlen." „©u l^ajl fd^toeigenb ©ein SBort in bie unenblid^e S^it getDorfen; l^ie unb ba angegrinft ju toerben, baS, toet§ id^, öerad^teji ©u." „SBemerfungen flBer ©eine ©d&rift fannft bu öon mir nid&t ertoarten. 3d& Bin l^ier nur ßel&rling/^

©d^on ©c&ellingS erfte ©d^rift l^atte auf §egel einen fo Bebeutenben ©inbrudE gemad^t, ba§ er in bem üorl^ergel^enbcn ©riefe mit ber l^öd&iien Slnerlcnnung baüon gerebet. „©otoeit id5 bie §au})tibeen aufgefaßt l^oBe, fel^e id& barin eine JBoIIenbung ber SBBiffenfd^aft, bie un8 bie frud6tBarPcn JRefuftate geBen »irb, iä) fel^e barin bie SlrBeit eine8 Stop% auf beffen Sfteunbfd^aft id^ fiolj fein lann, ber ju ber toid^tigen 9let)otution im Sbeenf^ftem t)on gang ©eutfd^Ianb feinen großen S3ei- trag liefern toirb/'*

4. 2)te Sfrage beS anontSmuS.

9iad6bem $egel Jene Beiben erfien ©d&riften be8 jüngeren 3freunbe8 gelefen unb burd^brungen l^atte, loar il^m tool^I eine Orrage entfd^ieben. toeli^e nadg ber SBjeberaufnal^me feinet ©tubiumS ber lantifdgen ^l^ilo- fo})]^ic lurj toorl^er nod& ungelBfi unb ungejjrflft t)or il^m gelegen. ©ic= felBe Betraf bie 9luffaffung ber neuen $]^Uofo))]^ie unb bie ©runbridgtung il^reS OrortgangS: koie loar bie lantifdge ißel^re gu nel^men: bualiflifd^

1 »riefe öon unb an ^egel. L 6. 17—21. SJet »rief Dom 30. «uflufl 1795 (ber le^te an ©Delling au8 ber 64tt)eta) ift batirt: i,2:f(^ugg (ei (Srlad^ über »ern". 2)ie ^ingufügung ^^Ux »em" beget^net ni^t bie Sage, fonbem ben bamaligen ^Pojienlauf. - * (Ebenbaf. I. 6. 14.

gfifcftex, Oef4. b. Wlof. Vm. «.«. 8

34 ^egel aU ^auSle^rex in 8em. Tegels 6tubten in bei Bäfiotx^.

ober tnoniftifd^? ®tefc gragc, angetocnbet auf bte ©otteSibee, l)n%t: lote ift bie lanttfdge ©otteSlel^re unb tl^r moratifd^et SSeioetS 3U Der« flel^en: tl^eiftifdg ober ))ant]^etf}ifd^? 3ji ntdgt ber inoraItf(|e SnbsioedE baS koeltbel^errfd^enbe, barum antSi baS loeltorbnenbe $rtnci))? 9Rug olfo bie (St^tfotl^eologte m(!^t bie ^l^^fitotl^eotogie ftd^ unterorbnen, bebtngen unb in einem neuen ©eift toieberl^erfteHeu? ^ege(, toie mir gefeiten, befdg&ftigte fid^ oiet mit biefer C^rage; ber junge ©d^elling moHte fte im moniftifd^en unb pantl^eiftifd^en Sinne entfd^eiben. Sr l^aite in feinem 99riefe t)om 5. Januar 1795 ben il^eifttfd^en ©ebraud^ beS morolifd^en SSeioeifeS mit äBorten t)erf))ottet, toeldge ben f^reunb in Sern fhi^ig gemad&t l^atten. „(&^ ift eine ßujl au feigen, toie fte ben moratifd&en SetoeiS Qn ber ©d6nur ju jiel^en toiffen el^e man fid^'S üerftel^t, f))ringt ber deus ex machina l^erüor, baS ))erfönHd^e inbiüibueffe SBefen, ba8 ba oben im §immet fi^t!" 3m ^inMidE auf btefe SBorte l^atte ^egel geantmortet: r,@inen SudbrudE in 2)einem äSriefe üon htm moralifd^en SSeioeife üerjiel^e id^ ntd^t ganj, ben {ie fo gu l^anbl^aben loiffen, ba§ bad inbtüibueQe ))erfönlid&e SBefen l^eraui^- f<)ringe? ©laubft ®u, toir reid^en eigentKd& nid^t fo tteit?"*

Sd^ettingS @))ott galt jener 9lrt t)on £]^eiSmu8, morin ber alte Stberglaube fotool^I ber ))ofitit>en als aud^ ber fogenannten natürlidgen Steligion ftdg mit bem tantifdgen 93ud^fta6en combinirt l^atte. ä3e= frembet unb jioeifelnb fragt ^egel, ob bie neue $]^iIofo))]^ie toirSid^ nid^t im ©tanbe fei, ben SC^eiömuS ju begrflnben, toftl^renb ©d^etting übergeugt ift, bag fie genDtl^igt fei, il^n gu Verneinen.

S)iefe jungfontifd^e ^^ilofopl^ie, inbem fie bie ©d^ranlen beS Sil^eiSmuS burdgbrid^t unb gur ^Heinl^eitSlel^re fortfd^reitet, dnbert mit ber ©otteSibee audg baS ©otteSbetougtfein unb ben @tanb))un!t ber 9teItgion; t)ielme]§r fie erfdgeint fid^ felbft als ber Anfang einer neuen religiöfen S))od^e, als ber ©amen, koorauS bie unfidgtbare Jiird^e l^er- ))orge^t unb mit il^r baS Sfteidg ©otteS, baS ba lommen foQ. S)ie $]^ilofo))]^ie toirb gur Steligion. Segeifterte ©efül^Ie koerben getoedEt, t)on benen audg ber fc^einbar fo nüd^terne ^egel ergriffen unb fort* geriffen loirb. ©eine JBriefe an ©d&etting geben baüon S^wgTiiB- «ßofe uns oft ® einen 3uruf toieberl^oten : «ttir toollten nid&t gurüdfbleiben»." „S)a8 Sleid^ ©otteS lomme, unb unfere ^änbe feien nid^t mü§ig im

1 abriefe k)on unb an ^ege(. I. 6. 18. 9(nm!g. 2. 6. oben dccp, HL 6. 30.

^08 (Enbe beS Aufenthaltes in bei €4tDeia. ^egel unb $51berlin. 85

©^oo^!" »rSBctnuttft unb Sfrcil^eit Bleiben unfete ßofung unb unfer S^eretmgung8))unlt bte unfid^tbate j^itd^e."

Sin Sßott aus ^ippA^ Sebendiclufen nad^ Quffleigenber Sinie ^Qtte ^egel bamaU ju feinem SBa]^lf))rud6e gentad^t. „3dg rufe ntir immer au8 bem ßefienSlftufer ju: «Strebt ber Sonne entgegen, ^reunbe, bamit bad ^eil beS menfd^Hdgen ®efAIed^tS balb reif koerbe! SBa8 tDoDen bie l^inbemben Slätter, tDoS bie ^efte? Sdglagt eudg butdg gut Sonne, unb ermübet i^r, qu4 gut! ®efto beffer Iftfet ftd& fd^Iafcn!»^

aSierteS &apxUl. Htbtt^ilms nadif Frankfurt

beff^ eic

I. ®ie neuen SDl^fterien, 1, ^er brttte im S^unbe.

®er ©ebanfe ber göttUd&en Sltteinl^eit, toeld^e man in ber S£iefe eigenen SBefenS ju erleben unb ber ftum))fen SBelt }u offenbaren l^abe, toar bie ®runbibee, toortn Sd^eDing unb ^egel ftd^ einüerflanben f Hielten. Sd gab in biefem 93unbe oud^ einen britten, im tübinger Stift mit beibcn bcfreunbet unb fd&on bamoIiJ mit Jener 3bee bid^terif(% t)ertraut: ^ölberlin, ben feine SBanberial^re erft nad^ Sl^ftringen, bann toieber in bie ^eimatl^ unb öon l^ier im S^nuar 1796 nad6 Öftanifurt a. 3Sl. gefül&rt l^atten. 3n 3ena l^atte er mit Sd^iller in nftl^erem JBerlel^r gelebt, Sid&te» SJorlefungen mit Segeifterung gel&ört unb benfelben in feinen Sriefen an $egel aU einen SCitanen gefd^ilbert, ber fflr bie äJlenfd^l^eit !&m))fe unb bef[en SBirlungSlreiS geioiB ntd^t tnnerl^alb ber SSdnbe beS ^ubitoriumd bleiben loerbe. 9lud6 t^id^teS (Sonflicte mit ben Stubentenorben l^atte er bem {^reunbe berid^tet, unb mie fel^r ^egel Don biefen SinbrfidEen erfflKt mar, jeigt unS einer feiner ba« maligen 99riefe an Sd^eding: „tJfid^te bauert midg. SSiergldfer unb SanbedDdterbegen l^aben alfo ber Rxa\t feines ©elftes toiberflanben. SBirKid^ l^ätte er mel^r auSgerid^tet, menn er il^nen il^re SRol^l^eit ge^ laffen unb fid^ nur t)orgefe^t l^dtte, fidg ein fliUeS, auSermäl^lteS ^duflein ju }te]^en. Sber fdg&nblid^ iji eS bod^ mol^l, feine unb Sd^iKerS 93e=

1 abriefe oon unb an ^egel. Zfi. I. @. 12, 13, 16. $it)t)el: Sebensl&ufe u. l f. (1781.) 2^. 8. I. ©. 260.

86 S)as (Snbe beS ^(ufentl^alteS in ber &äfiot\^.

l^anblung t)on fctntoollenben 5p]&itofoi)]&cn. Sölctti ©ott, »aS für Sud&« ftabenmcnfd&cn unb ©Hauen finb nod& baruntct!"*

9lQd6bcm bcr Bricfüdöe JBerfel&r Bcibcr (Jreunbe längere 3cit gerul&t l&atte, erl^tclt ^egel, als er im Sluaufl 1796 t)on feiner SHijenreife nadg Sfdgugg jurfidEgeiel^rt tt)ar, toteber S^ad^rid^ten üon ^olberlin gu» gleid^ mit bem eintrage einer ^auiSlel^rerfteKe in (^ranlfurt am 9Rain. ^od^erfreui über bie eröffnete Slüdffiel^r nad& 2)eutfd&Ianb unb bie SBieber» toereinigung mit bem geliebten ^reunbe, l^at §egel in feiner flüd^tig unb ungenau batirten Slnttoort (,,SEfd6ugg bei Sem, ^erbjl 1796") bie ©teile, fo Diel an il^m lag, fogleii!^ angenommen. Haltung unb £on ber Slntmort bejeugen l^inlclngli^, bag ber 99riefn)ed&fel einige 3ett ))aufirt l^atte, benn fte beginnt glei4 mit ben SBorten: „©o toirb mir bod6 einmal bie Orteube, tnieber etmaS üon 2)ir gu t^emel^men; aus j[eber 3cil^ S)eineS 93riefeS fpridgt 2)eine unioanbelbare (^reunbfdgaft gu mir; iäf !ann S)ir nidgt fagen, tüit t)iel {^reube er mir gemad^t l^at, unb no(i^ mel^r bie Hoffnung, S)id& balb felbft gu feigen unb gu umarmen".*

9Bir erinnern uns jenes ©tammbud^blatteS aus ber tübinger Seit, U)eld^eS ^ölberlin feinem Orteunbe ^egel getoibmet l^atte: eS entl^ielt bie äJlal^nung gu großen Sl^aten mit ben SBorten beS ©oetl^efd^en ^^labeS, benen xoxt ein gel^eimnigtooKeS Seifigen l^ingugeffigt toar: „©^mbolum. 'Ev xal wav." 6s toar ein ßieblingSioort ^ölberlinS, bas fid6 aud& in einem SBriefe an feinen ©tiefbruber (granlfurt, 2. 3uni 1796) toieberfinbct.» .

Ütunmel^r l^atte biefeS SBort für ^egel eine gang anbere unb tiefere 93ebeutung gewonnen, als eS n)o]^l beim erften ^nblid gel^abt l^aben modgte. 2Bar eS nid^t in ber bünbigften t^ormel baS Sl^ema ber neuen unb neueften $]6iIofo))]^ie, ber ©runbgebanle aller 9fleligion unb $]^ilofo))]^ie, baS 3ei(|en il^rer Sinl^eit, bas groge SR^fterium ber SBelt? 3BaS l^ätte man audg gu SleufiS in allerlei 3etd^en, ©inn« bilbem unb ©eftalten SlnbereS unb SiefereS üeriflnbigen teoUen unb !onnen, als baS göttliche Mleben in ben (Srfd^einungen ber SSelt? 2)iefe ©ottl^eit angufdgauen, fid^ il^r mit völliger ©elbftent&ugerun^ l^ingugeben, in il&re Xiefe fid& gu öerfenlen, mit il^r fid& gu bereinigen

1 »tiefe bon unb an ^egel. I. @. 17 u. 22. (16. 9l|}ril unb 30. Sugult 1795.) neber gfi^teS Sonfticte mit ben Stubentenoxben in 3ena t)gl. biefeS SBerf«. 38b. V. (2. auft.) »ud6 n. dop. m. 6. 278—388. « S3tiefe Don unb an ^egel. I. ©. 23—26. - »gl. oben «q«). L 6. 14. gfr. «JÖlbetlin« fammtl. as^ette. ^etauSg. ton df^x. Sl^eobor S^toab. »b. II. @. 28.

^egel unb ^dlbetltn. Ueberfleblung na^ gftanffurt. 37

toat tDol^l baö 3iel, toeld^cö bie cleujtnifd&ett aSeil^en nt^flifd& unb f^mbolifd^ batpclltcn.

3loä^ in Sfdguga l^ot ^egel jur freier beS Slll^Stnen unb beS Sfreunbcö eine Sltt SBeil&cgefQng gebidötet unb „(gicufis an ^ölberltn" genannt. S)er §^ninu3 ip bem SBriefe flefolgt unb fe^t benfetten öotau8.

2. (EleufliB* ®Ieid& bie etfien Sßotte bringen baS äBeil^egeffllgl }um ^uSbrudE, toetd^eS bie nAd^tlidge Sinfam!eit geioedt l^at. S)ie @lintmung ift ber bed t^uft nad^ feinem Dpexf))a3iergange toergleid^bar: ,,93erlaffen l^ab' td^ fjfelb unb Sluen, bie eine tiefe Stadgt BebedK''.

Um mx(i, in mir iDo^nt 9lu^e. ^er gefdg&ft'gen Stenf^en

^te mübe @otge fdgläft. @te geben gfreil^eit

Unb SRuge mir. ^anl bir, bu, meine

»efreierin, o SRad^t! aWit toeifeem SIebeiPor

Umaie^t ber SRonb bie ungeioiffen ®xenaen

S)er fernen ^ügel. gfreunblidg blidCt ber l^ede 6treif

S)ed @ecjB herüber.

(Ex ntol^nt ben {Jreunb, be8 atten SBunbe« Sreue feftjul^alten; S)eS S3unbc<, ben lein Gib beftegelte, ^er freien SBa^rl^eit nur au leben, Sfrieben mit ber @a|ung, 2)ie a^einung unb €m))finbung regelt, nie, nie einaugel^enl

2)iefe SBorte entl^alten in iQrjefier O^affung bte SLenbeng feiner ftirg üorl^er auSgefttl&tten „ßritif beS Segriffö ber Jjofitiöen SReügion". SQ5a3 er bem (Jreunbe öerlanbet, ifl mysterium magnum: er foff t)erne]^men, maS eS ^eigt, ftd^ ber ©ottl^eit ncll^em, fte erreid^en, in i^r öerfd&tDtnben:

aUein ^ug' erl^ebi fi^ au beS en>*gen ^immeU SB5Ibung

3u bir, 0 gl&naenbeS @ef}im ber IRa^t!

Unb aller SQßfinf^e, aller Hoffnungen

SBergeffen firbmt aus beiner dEioigfeit l^erab.

S)er Sinn verliert ft($ in bem ^nfd^au'n,

aODaS mein i($ nannte, fi^ioinbet.

34 gebe mi4 bem Unermeglid^en ba^in,

34 bin in ilftm, bin HlUs, bin nur ed.

^em iDieberle^renben ©ebanlen frembet,

3(m graut bor bem Unenblic^en, unb ßaunenb fagt

(Ex biefeS nn]6^am*i %xtU ni^t.

SBaS aber Sinne unb [Reflexion ju faffen aufeer ©tanbe finb, baS Vermag bie ^l^antafie in äSilbern, @innbilbern, bebeutungSDoKen

38 S)a9 d^nbe htü 9(ttfentl^aUe8 in bei 64tx>cts.

©eftalten barjufleDen, meldte baS groge ©el^etmnig gugletd^ Derl^flllen unb entl^flUen. S)arm befleißen il^m bie (Sleupnifd^en STl^fterien:

2)em @tnne nd^ert $^antafte baiS (Etoige,

iDermäl^U eS mit ®eftalt. SBittlommen, i^x

Sxl^abne (Beißet, l^ol^e €4atten,

S3on beten Stitne bie S^oKenbung fltal^It,

CEtfdgtedet nidgt. 3d6 fül^r, ift au4 meine ^eimat,

2)et ®Iana, bet (Etnß, bet eu4 umftieftt.

$a! fpt&ngen je|t bie ^fotten S)etneiS ^eiligt^umd,

6)eted, bie bu im (SIeuflS t^tonß!

aSegeiftetung ttunlen fül^' id^ jet^t

2)ie Stauet 2)einet 9lftie,

S3et{i&nbe 2)eine €ffenbatungen,

34 beutete bet S^ilbet ^ol^en €inn, t)etnS^me

^ie ^^mnen bei bet (Böttet SRa^Ie,

2)ie l^ol^en @))tüd^e il^tes Statins.

S)te ©Otter ®rie(|entanb8 {tnb fflr immer entf$munben unb t)on il^ren „entheiligten SHtdren" jum Dl^m}) l^eimgelel^rt, bie 2Ä^jierien t)on SleujtS finb für immer toerftummt; !ein (Singemeil^ter l^at biefe ©el^eimntfje Denat^en, leine Ororfd^ungiSneugierbe fie entr&tl^felt. S)er eingige SBeg gu il^rer iSrIenntnig ift bie Siebe gur SEßeiSl^eit, aus toeld^er bie 9leIigion ber Siebe unb äBeid^eit l^erüorgel^t. S)ai$ gebanfenreid^e unb bebeutungStooQe, in ber Oroi^m fel^r unt^oQIommene ©ebid^t (menn tt)ir es fo nennen tPoKen) fdgliegt mit ben äBorten:

9(tt(!b biefe 9la4t betna^m i4, l^eifge (Bott^eit, bidgl

2)i4 offenbatt mit oft au^ bcinet ftinbet Seben,

^i4 al^n' i^ oft a(8 Seele il^tet Saaten!

^u bift bet ^ol^e @inn, bet tteue (Blauben,

^et einet (Bottl^eii, loenn au4 aUeS untetge^t, nidgt koanlt«^

Unfere Sefer loerben in ber SBiebergabe biefeS SBeil^egefangeS tool^l gemerlt l^aben, ba% bei gettiffen ©teilen bem SJerfaffer „bie ®5tter ©ried^enlanbS" unb „bie Ättnfiler" t)orgef(5tt)ebt l^oBen. §egel l^otte aud^ bie „äSriefe über bie Aftl^etifii^e Srgie^ung beS ajlenfd^en" gelefen unb afe SWeiftertterl betounbert.* §ier toar au8 lontifd&en (Srunbfft^en gum erftenmal bargetlgan toorben, ba^ bie Sd^önl^eit auS bem SBefen ber SBelt l^eröorgel&e, ba& bie aKenfdö^eit in il&rem (gut« toidEelungSgange t)om SRotl^ftoot gum äJernunftPaat, biefem Sl^emo unb Snbgiel ber SBeltgefdgidgte, burd^ bie Slnfd^QUungen ber ©dgönl^eit unb

» Wofetthang: ^egel« Öeben. 6. 78—80. * »tiefe oon unb an ^egel. I. 6. 17. [fdx. 16. 54)tU 1795.)

^egel unb ^Slbeclin. Ueberfieblung na4 Sfxanifutt. 39

ber Auttft, b. \). Afll^etifd^ ju erjtel^en urtb ju Derebetn fei. S)te ®ott- l^eit unb bte Sd^önl^eit in ber SBelt l^dngen genau jufammen. 2)ie ©dbonl^eit ift bic Qfreil&eit in il^ret ©tfd&einung ober bie (Stfiftcinuna in il^ter g^reil^eit. 2)ie innermeltttd^e ©otil^eit unb bte Sdgönl^eit ber SBelt öer^alten jtd& tote Orunb unb gfolge. 3n bem SBilbungSflange ber aßenfd^lgeit gab ed ein Seitalter, in toeld^ent bie Sd^önl^eit gel^errfii^i l^Qt: bad ^eHenentl^um.

^ölberlin fud^te feinem großen SanbSmanne ju folgen, nidgi ato bem ^xä^Ux ber Stduber, beS (^ieSlo, ber StahaU unb Siebe unb beS S)on Carlos, fonbem als bem SHd^ter ber Orreunbfd^afiSobe, ber ))]^iIofO' ))]^ifdgen SSriefe atoifdgen Julius unb fficOfffad, ber ®5tter ®ried^enlanbs unb ber Afinftler. €eine @eele fdgtoelgte im ßntl^uftadmud für bie griedgifd^e SBelt unb in ber @e]§nfudgt nadg i^r, aU bem Verlorenen, einft leibl^aftig erlebten jparabicfe ber ?Kenfd6]6eit. 3n biefem ß^ris» muS, biefer toeid^en, elegifdgen (£m))ftnbung Derjel^rte fidg feine btd^te- rifd&e Äraft, fie trug bie SobeSfel^nfud^t unb ben SEobeöIeim in fid&, toie er e8 in ber ©d&lugftrorte feines fd^önen, fd^on frül^er erttftl&ntcn ©ebidgteS auSgef))rod^en l^at:

!DH$ Dexlaitgt xn*i beffere Sanb l^infibex

9la4 SllcftuiS unb ^nafteon.

Unb t($ f^Uef im engen ^aufe lieber

IBei ben ^eiligen in aHaxat^on.

1141 es fei bie le^te meiner Sl^r&nen,

2)te bem l^eil'gen Grte^enlanbe rann,

Sagt, 0 Tarsen, laii bie @($cere t5nen,

2)enn mein ^era gel^ört ben Xobten an.^

n. §5lberlin im ^aufe ©ontarb. 1* 2)ie Staia^xopf^t. 3n bem angefel^enen ^aufe beS ©rogl^ftnblerd ©ontarb ju x^xanh fürt a. 2R. mar ^olberlin im Anfange beS Sal^reS 1796 mit ber ßr» jiel&ung ber öier Äinber betraut toorben, wofür ber SJater nad& feiner eigenen SluSfage gar fein a5erjiÄnbni§ unb tool^l ebenfo toenig 3ntercffe l^atte; er Derftanb fid^ auf ben ä33rfenlur3 unb bradgte feine Sbenbe im ®lub gu. Um fo Icbl^after unb inniger toaren SSerfianbnife toie Sntereffe Don feiten ber fjrau ©ontarb, ber Sod&ter eines rcid^en Kaufes

1 drie^enlanb. 21. 6t SHefeS ®ebid|t, toit bie beiben anbem, „^aS 64idC' fal' unb i,2)em (BeniuiS ber Ml^n^eit« Sine ^^mne", tearen in €4itler< neuer S^alia erf^ienen (5. u. 6. $eft) 1794.

40 3)08 (Enbe beS Kufent^oIteS in btx e^toeia*

au8 Hamburg (@ufette Sorlenl^etm); fte l^atte ben ))oeitfd&en @tnn Don il^rer SRutter geerbt, bte fär Stlop^tod gefd^toärmt unb aud^ baS ^od^- gettsfefl il^ret Xod^ter mit unb bei bem 2)id6ier gu Dttenfen gefeiert i^atte. Sfrau ®ontarb mar t)on einer fo feltenen unb t)oIIenbeten @eelen- unb Aör|>erfd&5n]^eit, ba^ SBort im clafjtfd^en @inne genommen, ba§ i^r Slnblid unb äBefen ben an Salären jüngeren Srgiel^er il^rer Äinbcr, bicfen ©d&todrmer für §clIo8 unb „bie jparabiefe ^ßlatoS'' in einen 9taufd^ beS SntjüdenS t)erfe^te, Don htm feine gleidgjeitigen, Der- trauteften äSriefe erfüllt finb. S)ie jkoifd^en beiben l^errfi^enbe äBal^t« Derkoanbtfdbaft tourbe burdg geiftige Sflitt^eitungen unb ®ef))r&(i^e tftg- lid^ genftl^rt unb erl^Dl^t. Sluf tttdifd^e Slrt, Don feiten, toie fdgeint, einer BoSl^aft unb eiferfüdgtig gefinnten ©efeüfdgafterin koar bie (Sifer- fud^t beS Don ^usbrüd^en jdl^er ^eftigteit l^eimgefud^ten SDIanneS erregt tt)orben, unb eS !am im @e))tember 1798 eines ^enbS ju einer plö^« lid^en, Igödgß ))einHdgen @cene, ju einer fd^nöben, DieHeid^t fdgim))flidgen Sel^anbtung ^ölberlinS, nad^ »eldger biefer fofort baS $au8 für immer Derlieg, o^ne ba§ bie leibenfdgaftlid^e Segiel^ung gmifd^en il^m unb (^rau ©ontarb unb ber brieflid^e SSerlel^r beiber einen ^bbrud^ erlitten« Sie ift bie 2)iotima feiner S)idgtungen unb Igat bie Stata^xop^t nur toenige Saläre überlebt. @ie parb im Saläre 1802.^

2, dtrfal^Yten unb (l^ttbc.

^ölberlinS 92erDen toaren feit jener gekoaltfamen unb t)Io^lid&en Sirennung l^eiHod erfdgüttert, er felbfl in dugerft reijbarem Suftanbe unb in beftSnbiger Unrul^e; ed trieb il^n Don Drt gu Drt, einige 3eit Dertoeitte er bei feinem Qfreunbe 3. Don Sinclair in ^omburg, bann ofe ßel^rer erft in bem §oufe ßanbauer gu Stuttgart, balb nad^l^cr in ^au))tiDiI bei €t. ©allen, gule^t im ^aufe bei$ l^amburgifd^en €onful8 ^etl^mann gu ä3orbeau|; audg l^ier bulbet eS il^n nid^t, nadg loenigen äJlonaten ergreift er Don neuem ben Sßanberftab (^uni 1802), burd^»

^ Ueber ^blberUnft bttcfli^e Säuberungen biefer Sfrau ügl. man feine »riefe an Öubto. S^leuffer öom SWarg 1796, 10. 3uni 1796, 10. gebr. unb 10. 3uU 1797. (@ämmtl. SBerle. ^erauSg. bon S^r. Xl^. @d^n>ab. SBb. U, 6. 114—120.) S)ie abriefe sioif^en ^ölberlin unb ®oniarb ftnb in ben 8eflt feines StiefbruberjS, beS ^ofbom&nenrat^d üarl t)on ®od, gelommen unb ton ben IRa^tommeit feintr Softer in ^eibelberg aufbena^rt, Diefleidgt berni^tet iDorben. ($er Kaufmann (Bontarb koar bon einer fo unbegäl^mbaren ^efttgleit, baft er fi^ M üinb in ber SQßtttl^ ein ^uge ausgeflogen (at unb in gfolge babon auf bem einen Kuge blinb toar unb mit bem anbem f^ielte.)

^egel unb ^dlbetUn. tXebetfieblung na^ gfranlfutt. 41

pilgert mitten im l^etgen Sommer ©übfronlretdg, burd^ bie 93enböe ttaci^l tparis unb erfd^eint im Suli 1802 bei ben Seinigen in SRürtingen, elenb, obgeriffen, öertoal&rlofl, fronl an ©cele unb ßeib. 3n biefem' 3uftanbe l^at il^n Sd^elling gefeiten unb ben traurigen Slnblid in einem SSriefe an ^egel gefd^ilbert. @till, in ftdg geiel^rt^ menfd^enfdgeu, rettungStod melandgolifd^, l^at ber ungifldlidge 3>id^ter nodg Aber Dierjig ^al^re in ber 3laä^t bes äBa^nfinnd gelebt, in bem ^aufe eines ^anbmerferd in Tübingen, Dom ^erbft 1806 bis ju feinem Sobe am 7. 3uni 1843.

9Jlan l^at ^ölberlinS ^erfon unb Sd^idEfale bisioeilen mit Xaffo Der* glid^en, fte finb bem loirKid^en S£affo mol^I ft^nlid^er a(S bem ®oet^efdgen. S)aS bid^terifd^e ^bbUb feiner elegifdgen SebenSanfdgauung unb ©emütl^S» art ift fein I^rifd^er 9loman „$9))erion ober ber Sremit Don ©rted^em Ianb'\ ber einft in Tübingen begonnen unb in f^ranlfurt DoQenbet »urbe (1793—1798), bie erfien fSxnä^^Mt erfd&ienen in ©döitterS neuer Sl^alta (1794). §ier Dereinigen ftd6 bie ©ifeioftrmerei unb §in= gebung für ^eKaS mit ber für S)iotima, unb bas @nbe biefer S)o))))eI- liebe ift tragifdg. 3Benn man bie leibenfdgaftttdgen ^ßl^antafien unb 6rfd6fltterungen §^j)erionS in feinen ^Briefen an 3)iotima Derfolgt, fo toirb man Don bem SinbrudE einer ungefud^ten Slel^nlidgleit mit bem ©oetl^efd^en Sßertl^er betroffen. SHeDeidgt finb SBertl^erS Seiben in äBir{Iid^!eit Don feinem fo erlebt unb erlitten D3orben als Don ^5lberHn. Slud^ einer feiner Snttofirfe ber Sragöbie „@mt)eboIIeS" fSQt in bie SDflitte ber (Jranffurter (gpifobe (1797), toeld^e toir l^ier nur bcSl&att etmaS auSffll^rtid^er beleud^tet l^aben, loeil ber ein3ige (^reunb, ber fie in ndd^fter 9la^e miterlebt unb miterlitten l^at, ^egel loar.

lü. ^egel im ^aufe ®ogeI. 1. 6te1Iung.

\ SRad^bem ^eget im Döterlidgen ^aufe einige 3eit jugebrad^t l^atte, etmaS trüb unb in fid^ geleiert, toie bie Sd^toefter berid^tet, fo begab er fi(!6 gegen Anfang beS ^al^reS 1797 nad^ Oftanifurt, um bei bem Kaufmann ®ogeI am 9togmar!t feine ^auSlel^rerfteUe anautreten. lieber feine l^ftuSlid^en JBerl^altniffe in biefer Stellung, feine Söglinge unb ergiel^erifd^e SCl^dtigfcit toiffen D3ir nid&tS Stdl^ereS unb fönnen nur auS ben ©tubien unb 9lrbeiten todl^renb feines DierjÄl^rigen Slufent^alteS fd^Iiegen, bag er fid^ l^ier be^agUd^er gefül^It unb me^r ^uge gel^abt ]§at als in bem $aufe beS berner ^atricierS.

42 <S>ai (Snht beS Kufent^alteS in ber ©^toei}.

2. 2)et Derleibete SlufentlMt.

©ein Dcrtrautejicr Umgang toax ^ölbcxKn, ber in feinen bantals ]^5dgft aufgeregten ©emüt^dguft&nben bie 3lSf)^ biefeS OfteunbeS getoünfdgt unb ^erbeigefül^rt l^atte. /tBalb nadg Tegels Slnluifft fd^reibt er an 5Reuffer (16. gebr. 1797): „§egel8 Umgang tft fel^r ttol&Itl^fttig für mid^. 3($ tiebe bie rul^igen ä^erfianbedmenfdgen, toeit man ^6^ fo gut bei il^nen orientiren !ann, menn man ntdgt mi% in toel^em tfddt man mit pd& unb ber SBelt begriffen ift."*

3n einer foldöen ®emüt^8lage befanb fid^ ^ölbertin; er toar wn einer Seibenfd^aft ben)&ttigt, tteld^e fein ©etniffen gu betäuben, il^n felbfl in @d&ulb unb SSerberben ju ftflrjen brol^te. ^udg ^egel, bem er fidg gemig anvertraut l^at, toermod^te nidgt, il^n bergeftalt gu „orientiren", ba§ er bie ^crrfd^aft über feine ßage getoannASeit jener Äatafiro})]^e im ^aufe ®ontarb, koeld^e ben S^ob 2)iotimaS unb ben SBal^nfinn §ölberlin8 in ilferem ©efolgc gel^abt l^at, toar (Jranffurt aud& für $egel ein unglüdEIid^er Drt geworben unb ber Slufent^alt il^m Derleibet., ^I8 il^m Sinclair, fein unb ^ölberlind gemeinfamer O^reunb nod^ t)on Tübingen l^er, eine Slectoratsftelle in ^omburg t)or ber ^öl^e angeboten l^atte (16. Sluguft 1810), fagte ^egel am ©d6Iu§ feiner einige ^affxt lang Dergögerten Slntn)ort: „®rü|e mir aud^ ben l^ol^en (^elbberg unb Sniin, nad^ bem id& Don bem unglüdQidgen g^ranlfurt fo oft unb fo gern l^inflberfal^, loeil id^ bid^ an il^rem {^uge mu^te".'

3. Sob beS 93atet8. OefnnomifAe Sage.

SBenige äßonate nad^ jenem unglüdEfeligen Sreignig traf il^n ein fd6merglid&er aSerluji. 3n ber ?lad&t beS 14. 3anuor 1799 »ar fein JBater geporben, fanft unb ru^ig, toie bie ©d&toefier fd^rieb. Jladöbem bie ^interlaffenfd^aft feftgefteKt unb bai$ Däterlidge 9}erm5gen im 99e- trage Don ungef&l^r 10500 ©ulben fo get^eilt mar, bag feber ber beiben 93rüber gu ©unften ber ©dgmefter etmad weniger als ben britten Sil^eil erl^ielt, fa^ ftd^ ^egel im 93efi^e eines €at)ttate Don 3154 ©ulben, iDOgu nod^ bie (£rf))arniffe !amen, toeldge er aU ^auSle^rer erübrigt l^atte.

4. SuIunftSpldne.

9{unme]^r !onnte er $Ian unb 99eginn ber alabemifd^en fiaufbal^n n&l^er ins Sluge faffen, fobalb er ftd^ koiffenfd^aftlid^ bagu Dorbereitet

1 ^ölbetltnS f. SED. (6((iDab.) n. 6. 118. > SBriefe Don unb an ^egel. I. 6.268-274. SSgl. 9iof enttang. €.271.

^egel unb ^blbexlin. Uebetfteblung na4 Sfianlfutt. 43

genug fül^tte. 3)tc SBal^l beö Dttö erregte leine unfd&Iüffigen Sebenfen, 3ena mar bontate bie ^au))tfiabt ber beutfd^en $]§iIofo))^ie, äBeimar bie ber beutfd^en SDid^tung unb bramattfdgen Aunft; @(^tller tnar nad^ aaBcimar ttBerflcfiebeU (1799); gfid&te in golge beS Slt^etSmuSjireitg unb feines ©onflictg mit ber toeimarifd^en Stegierunfl l^otte 3ena öerlaffen unb feinen 3Bo]^nft| in SSerltn genommen (1800), unb Sd^eQing aU aufeerorbentlid&er ^ßrofeffor ber 5ß]&iIofo})]^ie (1798) voat, nad^bem er einige äJlonote in 99am6erg gemeilt l^atte, nad^ 2tena jurüdCgelel^rt (Dctober 1800). V

©eit bera Slugufi 1795 finbet ftd^ für uns in bem »rieftoedöfcl beiber fjreunbe eine lange jpaufc, ba §egel8 ©rief Dom 20. 3uni 1796 Derloren i{l. Sd^neKen fiaufeS toar ©d^eQing im (Fortgänge feiner 6d6riften öon 1795 bis 1801 emi)orgefticgen unb ftanb als felbfis leudgtenbeS ©eftirn in ber ^ö^e, ko&l^renb ^egel nod^ im XnnUl voax. 3natoifd6en l^atte fid& ganj in ber 6tiße fein 3}cr]^attni§ gu ©cfeeffing bod^ etmas geSnbert, namentlidg in bem SBemugtfein ^egels felbft: er toar nid^t mel^r berfelbc, ber im Stuguji 1795, als er bie ©d^rift „JBom 3d6 als 5Princip ber jp^itofopl&ie" gelefen l^atte, barttber faum 3U urtl^eilen koagte, fonbern bemflt^ig unb befdgeiben fd^rieb: «2ld^ bin l^icr nur ein ßcl^rling".*

\^c§t am Snbe feiner franifurter 3cit l^at er aus eigenjier 6r» mögung ben @ntfd^Iu§ gefaxt, nad^ 3ena ju gelten unb bort neben ©c^eUingS fd^on ermorbener ©röge unb fd^on bem&l^rter Sel^rfoaft bie feinige ju Derfudgen./ @in !fi^ner Sntfd^Iug, t)or beffen SluSfül^rung er feine JBorbcreitung ganj ungeftört in einer anberen ©tabt gu öottenben mfinfd^te, eS fei nun Srfurt ober Sifenad^ ober am Uebften Bamberg, um bort bte lat^olifd^e Sieligion in ber Sldl^e gu betrad^ten. 9liemanb lönne i^m bejfer ratzen als ©d^etting, ber fid6 ja felbft einige 3Äonate lang foeben in Bamberg aufgel^alten l^abe.

3n biefer Slbfid^t fd^reibt il^m ^egel am 2, 5Roöembcr 1800: „3d& benfe, lieber ©d^etting, eine Trennung mel^rerer ^dfyct lönne mid^ nid^t t)erlegen madgen, um eines particulSren äBunfd^eS miHen beine ©efalligfeit anguf})rec6en. 2Äeine Sitte betrifft einige Slbreffen nad6 Bamberg, mo iä) mid^ einige 3^it aufgul^alten münfdge. 2)a id^ mic^ enblid& im ©taube fel^e, meine biSl^erigen SSerl^öltniffe gu öertaffcn,

> «ßl. biefe« Sröerf. ob. VI. (2. «ufl.) öu« L ©ap. HI u. IV. 6. 29 bis 47, (3ubiWttm«auSgabe ob, VII.) « »riefe Don unb an ^egel. I. ©, 21. (SBr. 30. SluQ. 1795.) €. oben (So)). lU. 6. 38.

44 2)ai €itbe bed Kufentl^alted in ber S^toeta.

fo bin td& entfdgloffen, eine 3ett lang in einer unoBl^ängigen Sage gugu« Bringen, um fic angefangenen ©tubien unb Slrbeiten ju toibmcn. (£^e tdg niid& bent litterarifdöen ©aus unb SrauS t)on 3ena anjuöertrauen iDage, n)ill id^ tnidg Dorl^er burd^ einen 9luf enthalt an einem britten Drte ftSrlen/ „3)aS Uebrige gletdg, tDürbe idg eine latl^oltfd^e ©tabt einer ))roteftantif(i^en Dorgie^en, id& toxtl jene 9teIigion einmal in ber Jfiai^c fe^en."

^ier folgt nun eine für $egel ebenfo d^aralteriftifd^e ald für unS intereffante ©rHörung über fein toiffenfd6afttid6e8 aSerl^ältnife ju ©d^etting: ein fdöfinc« 3eugni6 jugleidö feiner SBefd^eiben^eit, feiner neiblofen ^J^eube an ben S^erbienften beS anberen unb audg feines eigenen burd^ felbft- {!&nbige Ororfd^ung errungenen ©elbftgefül^IS. ,;2)einem dffentitdgen großen ®ange l^abe id^ mit Sdemunberung unb gfreube gugefe^en. 2)u erlAgt eS mir, enttDeber bemütl^tg barüber ju fpred^en ober midg aud^ bir geigen gu looDen, td^ bebiene midg beS SRittelloortS, ba^ iä) l^offe, ba§ toir unS afe fjreunbe toieberfinbcn toerben. 3n meiner toiffcm fdgaftlid^en äSilbung, bie Don untergeorbnetern 93ebürfnif[en ber äRenfdgen anfing, mugte id^ gur SBiffenfd^aft borgetrieben loerben, unb baS Sbeal beS Jünglingsalters mugte {td^ gur SleflejcionSform, in ein ©^{tem gugleidg ))ern)anbeln; td^ frage mid^ je^t, loftl^renb ic^ nodg überaus befdgSftigt bin, toAäit StüdEIel^r gum (Singreifen in baS Seben ber äRenfd^en gu finben tft. ä^on allen ällenfd^en, bie td^ um mid^ fel^e, fel^e id^ nur in bir benjenigen, ben id6 aud& in SlüdEfid^t auf bie 2leu§erung unb SBirfung auf bie SBeft meinen ^reunb ftnben möd^te, benn id6 fel&e, ba§ bu rein, b. 1^. mit gangem ®emüt^ unb ol^ne Sitelleit ben SRenfdgen gefagt l^aft. 3d^ fdgaue barum aud^ in StüdEfid^t auf mid^ mit fo Diel 3utrauen auf bid^, ba§ bu mein uneigennüfeigeS Seftreben, wenn feine ©))]§ftre aud^ niebriger lodre, erlennft unb einen SSertl^ in i^r finben fönneft. 93ei bem äBunfdg unb ber Hoffnung, bir gu begegnen, mug td^, loie toeit eS fei, audg baS ©d^idEfal gu e^ren toiffen, unb Don feiner ©unft ertoarten, wie mir unS treffen »erben. "^

1 SBriefe Don unb an ^egel. I. 6* 27 28.

Tegels ftanffutter @tubien unb ^tbeiten. 45

OfartfteS f^apiUl

I. 3)ic Utfotm bc8 ©Aftern». 1. 2)ie ^ufaeid^itungen.

^ Son ben brei %^^iUn, tocld^c bo8 l^egclfdöc ©Aftern in feiner ent= totdelten ©eßalt umfagt, n&mlid^ Sogt! unb aReta^il^^ftl, 3latuxpf)xlD^ fopl^te unb ®etf}eS))]^iIofo))]^te, ftnb toal^tenb ber frcmifutter ^al^re bie (SnttDttrfe ber Beiben erften auf l^unbertsmei Sogen, ber beS britten, nftmlid^ bie Seigre Dom ©cifl ober Don ber ©ittUdfefeit (gtl^il) auf breifeig Sogen niebergefd^rieben toorben/ben Snl^alt biefer l&unbertjtoeis unbbrei^ig Sogen l^at 9lofen!ran3 in »ortgetreuen SluSgügen nad^ fetner SBal^I auf jkoeiunbbiergtg ©eiten barjufteQen gefugt. ^

S)ie ©pro(i&e biefer (Sntttürfe loic il^rer ?lu8jüge ift fo unbel^olfen, gel^emmt unb fdötoerfftCig, bafe eine genaue unb tool&Iorientirte Äenntnife beS gangen ©^fientS in feiner ööttig enttoidelten Qform bagu gel^ört, um biefe erften Uniriffe einigermaßen bcrftänblid^ |u finben. ®inc fold^e SorauSfe^ung burfte tool^t eine SebenSbefdgreibung be§ $^iIofot)]^en mad^en, bie fid^ als „©u)}))Iement'' gu feinen 3Ber!en gab unb \>ox einigen fünfgig Salären gefd&rieben tourbe, aber fie tottrbe bem 3toedCe unb ber (Sinrid^tung biefeiS unfereS SBerleS tt)iber{lreitcn, baS t)on bem SebenS^: unb Cl^aralterbilbe bei$ $l^ilofo))]^en gu ber €ntmidttung unb S)arjiellung feiner ßel^re fortfd&reitet.

2. (Bntnbt^ema. SHe 9ie(igton als 98en))toUem.

@$ toar ein ©runbtl^ema, ml(f)t^ x^n nadg ber Stidgtung unb bem ©ange feiner ©tubien frfil^ ergriffen, unaufl^örlid^ befd^iftigt unb feine gefammte ßel^re t)on il^ren Slnfdngen bis gur JBoffenbung geleitet unb bel^errfd^t l^at. S)iefeS ST^ema toar bas SBefen ber Keligion, nidgt als eines ©egenflanbeS, mit bem eS bie S^l^eologie in 6efonberer SBeife gu tl^un ^at, fonbem als beS 9BeIt))robIemS.

2)ie fontifdge fReligionSlel^re l^atte btn ©egenfag gloifd^en bem aOBefen ber Sleligion unb il^rer l^iflorifd&ctt ©cfd^einung, gtoifd^en ber

1 Äof entrang: ^eöet« öeben. 6.99—141,

46 ^egeU ftanifurter @tubten unb Strbciten.

unfttigtbaren unb ftd^tbaren Stxxä^t, teeld^e leitete irt einer flaatlid^ unb l^ierard^ifd^ be^errfc^ten S^oßS- unb (SuItuSreltgion t)or Sugen ftonb, auf baS @$Srffte erleud&tet. 2)er iugenblid^e ^eget nal^m feine Stellung in bem entfd&iebenftcn ©eijl ber lantifd&en ßel&re. Sr Derlangte bic ©eltung ber reinen ^Religion, ber unfid&tboren Äird^c. i^SBir tooffcn nid^t gurfldEMeiben!" @o l^atte il^nt Sd^eQing zugerufen. ,,S3ernunft unb gfreil^eit bleiben unfere ßofung, unfer 2JereinigungS})unR bie un= fi^tbare Äird&e!" l&otte il^m ^egel ertoiebert.*

lieber ben Urf))rung ber ^riefter^ unb @taat8reIigionen, tDeI$e ja anä^ bie €uItuS= unb ä^oltereligionen finb, l^atie bie ^ufllftrung, ins« befonberc bie franjofififte, bie Änfid^t öerbreitet, ba§ ber SBetrug ba- bei bie ^auJfttoUe gef))ielt l^abe; S)eS))oten unb Pfaffen feien bie 93e- trflger, baS obergldubifd^e SBoIf bie betrogenen geteefen. 2)emgemä§ l^Qtte bie fronjöpfti&e Sleöolution bie Slollte ber ©ered&tigleit fl)ielen unb bie 9lad^e ber ^Betrogenen an ben 33eträgern t)oD{tre(!en motten. „SBenn an beS legten ^Pfaffen ©arm ber le^te Äönig l^ängt!" @o lautete ba8 fd^redCIidbe SBort ©iberotS. «Ecrasez rinfämel» lautete aSoItaireS ceteram censeo! (gg gab eine 3eit, tt)0 aud& §egel im ©inne ber Sluflldrung gemeint toar, bafe jur §enf(i&aft ber })oftttöen aieligion unb beS ort^obojen ©Aftern« „Steligion unb ^Jolittl unter einer 2)e(ie fpielen unb jene lel^re, loaS ber 2)eSt)otidmu8 tooKe''.^

2)iefe ganje Slnfd&auungSmeife l^atte nod^ toft^renb feines Slufent- l^alteS in ber ©c^tteij eine toid^tige Umgepaltung erfal^ren unb, gtoar nidgt Uo% burd^ ben untoilllürlid^en Sinflug, toeld^en ba^ confertoatiDe 5Patricier]§auS auf il^n ausübte, ©ab eS bodft eine aSoIfö- unb ©ultuS- retigion, bie au8 retigiofen Siaturanfd&auungen l^erborgegangen. bid^te^ rifdg auSgeftaltet, !ünftlerifd^ t)oIIenbet toar unb burd^ il^re ©d^Snl^eit baS Snt Juden ber 9Belt, t)or allem bas SntaüdEen ber aufftrebenben beutfd&en 3ugenb, bie Don SBinfelmann unb ßeffing, Don Berber, ©oetl^e unb ©dritter l^erlam. SBer Ig&tte behaupten motten, bag bie ©Otter ©ried^enlanb« au8 eigennü^igen, betrügerifc^en SWotiüen Don ?Prieflem unb 3)e8j?oten erfunben toorben feien? SBal^rlidö nid^t unfere brei tübinger ©tiftler: ^ölberlin, ^egel unb ©d^etting! Unb bodft toaren biefe ©ötter auc^ ©taatSgötter, toeld&c nid&t l^atten bulben motten, ba§ man fie begmeifle ober Demeine, unb benen bie altgläubigen ^tl^ener fogar ben ©ofrateS geopfert l^atten.

^ e. oben dop. HL 6. 35. - > «benbaf. 6. 31 u. 32.

^egeli frantfuiter 6tubien unb fCrbeiten. 47

n. S)te SteltgtonSenttDidEIung. 1. 2)a< (Enbatel.

Sßenn aber bte ]^ellemf(|e Sfteltgion niiit auf betn SBege bei Sflge unb beS 93etrug8 gu @tanbe gefomtnen, fonbem aus beut Sßefen ber Sleltgton unb bem gef(i^id&tHdgen (Sänge bet 3Jlenfdg]^ett entflanben \% fo tt)irb eS ftiig, bte @a(i^e im ®rogen unb ©anjen Betradgtet, mit ben l^iftotifd^en unb ))ofttit)en Steligionen tool^I dl^nlid^ Dermaßen. Aant l^atte bie unftd^tbare RxxtS^e ber fiii^ibaren ntd^t blog entgegen-, fonbem Qud^ gunt 3 tele gefegt unb ben reltgiöfen Untoertl^ unb SBertl^ ber Unteren na(i^ bem SJlage gefcbft^t, in toeldgem fte ber unftd^tbaren Äird&e, b. ^. bem SBefen ober SBegriff ber Sleligion toiberftreitet ober entf))rid^t, gutotberlöuft ober fid^ annAl^ert.

9lud^ jiant ]§atte geleiert, ba§ ber tbeale ober gftttlidg geftnnte 3ölenfd& baS 3tel ber ?Kenfd6]&eit, ber enbgiDedE ber ©(]6öj)fung, ber SogoS, ber en)tge Sol^n ©otteS in feiner gefdgid^llid^en Srfd^einung bie $erfon ^efu Sl^rifti fei, ba§ bemnad^ baS SBefen ber [Religion in nid^td anberem befleiße als in bem ))ra!tifd&en ®Iauben, b. 1^. in ber Slad^folgung ^t\vi S^rifti, loie fd^on bie alten äR^ftiler SdEarbt, £auler, Sil^omaS a AempiS Derianbet Ratten; ber SBeg beS religiöfen STlenfd^en ]^at bie Srreid^ung ®otted, bie SSereinigung mit il^m, bie ®ottU)erbung jiim 3tel: nid^t bie JBergöttcrung, fonbem „bie Sergottung", loie bie 37l^{ti!er biefeS DöQige Slufgel^en in ®ott genannt l^atten. SBenn bie Slnnäl^erung an ®ott nid^t ein blofeeS ®erebe fein fott, fo mu§ bie ßneic^ung ©otted unb baS Slufgel^en in il^m ^ine 3Jl5gHd^!eit fein, U)a$ eine ®otte8ibee DorauSfe^t, meldte nid^t in bem S)ualidmu8 gioifd^en ®ott unb 3BeIt befangen unb ftedEen bleibt, fonbem bie SBelt in fid^ fdgßegt, freilid^ in einem tieferen @inn, als ber gemSl^nlidge ^antl^eis« muS auIS^t, nadg toeliibem SldeS, mie es gel^t unb fielet, in ®ott ift. Die ^rage jener ^nndl^emng, baS SBort emfll^aft genommen, l^atte unferen §egel fd^on lange bcfd&ftftigt. 3d6 erinnere an jene fel&r be» merfenStocrtl^e Sleufeerung in feinem ©riefe an ©döctting t)om 30. Slugujl 1795: „3<^ )Dar einmal im 99egriff, eS mir in einem Sluffa^e beutUd^ )u mad^en, toaS eS l^ei^en !önne, fid^ ®ott gu nftbem, unb glaubte barin SSefriebigung beS ^oftulats gu finben, ba^ bie ))ra!tifd^e fßtx^ nunft ber äBelt ber Srfdbeinungen gebiete, unb ber übrigen ^oftulate".^

Sluf bi'efem SBege fortfdgreitenb, lam er gu feinem eleufinifd^en SDl^fierium, gu bem ©runbgebanfen feiner »rgleufis":

1 »tiefe Don unb an ^egel. I. 6, 16. 6. oben Hap. 111. 6. 33.

48 Tegels franffutter 6tubien unb SCrbeiten.

99aS mein id^ nannte, fd^ninbet. 34 gebe mid^ bem UnennegUd^en ba^in. 3d^ bin in il^m, bin Stiles, bin nur ti.

2. !p^tIofo))^ie unb 9leIigion. 6d(teietmad(etS Sieben.

Sie fran!furter aRobificQtioncn l^aBen btcfe 3been auf bie d&rifts Ii$e SReltgton angeiDenbet idoI^I unter bem mittDtr!enben ßinflufye ber Sleid^iettigen SReben, toeld^e @dgIeiennQ$er „lieber bie 9leKgton an bie ©ebilbeten unter il^ren aSerad^tern" gerid&tet l^atte (1799). aOBirb in ber Steligion ®ott in SBal^rl^eit erlebt, fo ftnb in il^r ba8 gdttlid^e unb ntenfd^Hd^e ober baS unenblid^e unb enblid^e Seben toirt lidg t)ereinigt, nidgt blog baS Unenblid&e unb Snbli^e. 3n einigen Setradjtungen, toeld&e mit bem 3)atum beS 14. September 1800 unter« geid^net ftnb unb barum afe ©djlufepunft ber franffurter 5|Jeriobe gelten bürfen, legt ^egel einen fel^r nad^brüdlid^en %on auf ben Unterfdgieb glDifdgen ber (Sin^txt beS Unenblid^en unb (Snblidgen unb ber ßin^eit beS unenblid^en unb enblid^en ßebenS. 3)enn bie lebenbige Sin^eit befd^rSnft fid^ nidgt auf ben ©efül^ISgufianb unb fdglie^t bie ben!enbe 93etrad^tung nidgt t)on ftdg auiS, aU oh fte berfelben gar nid^t bebttrfe. SEBie fid^ in ber Steligion bie benlenbe ääetrad^tung gu ®ott t)txfiüt, fo t)er]§att fid& bie ^l^ilofop^ie gur Sleligion.

3n feiner tiefftnnigen, fprad^Iid^ etlDaS gel^emmten unb unftflfftgen Slrt fagt ^egel: „Xa^ ben!enbe Seben l^ebt aus ber ©eftalt, aus bem @terblid^en, aSergSnglid&en, unenblid^ Sntgegengefe^ten, fid^ SSelSrnpfenben l^erauS baS ßebenbige, X)om SBergel^en Sreie, bie Sejiel^ung ol^nc ba8 Sobte unb fid& SBbtenbe ber SWannid&faltigfeit, nid&t eine (Einl^eit, eine gebadete ääegiel^ung, fonbem alllebenbigeS, alßrAftigeS, unenblid^es fieben unb nennt eS ®ott. Siefe Crl^ebung beS SWenfd^cn nidfet üom ©nb« lid5en jum Unenblid^en, benn baS finb nur ?Probucte ber bloßen Sleftejion unb als fold&e iji il^re SCrennung abfolut , fonbem üom enbli^en gum unenblid^en ßebcn ifl Steligion." „SBenn ber 9)lenfd^ baS unenblid^e 8e6en als ©eiji beS ®angen gugleid^ auger fid5, toeil er fclbfi ein ajefd&rdnites ifl, fegt, fid& felbfi gugleidö auger fid^, ben befdgrAntten fegt unb ftd^ felbfl gum Sebenbigen tmpoxfftU, aufs Snnigfte fid& mit il^m t)ereinigt, fo betet er ®ott an." „S>iefeS Zl^eilfein beS fiebenbigen ]§ebt ftd^ in ber Stetigion auf, bas befd^rSntte Qeben erl^ebt fid& gum Unenblidgen, unb nuD baburd^^ bag baS Snblid^e felbfi Seben ifi, trdgt eS bie 2R5glid^!eit in ftd^, gum

Tegels ftantfurtet @tubten unb 9(tl6citen. 49

unenbHd^en fieben ftdg }u ergeben. 2>te ^|^tIofo))]^ie mvL% eben borum mit her aicUgion aufhören."*

SBitb bie Sinl^eit beS Unenblid&en unb Snblid^en in baS ©efül^l flefejt unb barüber reflectirt, \o gcl^t boS SQBefen ber ©adfec, bie objjccs ti))e Sntpfinbung ))erIoren unb toirb in bie ^Rannid^faltigleit ber eingelnen fttl^Ienben ©ubjede aufgelSfl. ,,®5ttIid&eS ©efai^I, baS UnenbUdge t)om (&nhl\(btn geftt^It, toirb erft baburii^ &ert)oIl[flSnbi8t, bag Sleftesion l^in- gu!ommt, übet il^m t>txtDtxlt. (Ein ä^erl^dltnig berfelben gunt ©efül^I tp aber nur ein (gtfennen bcffelben afe eine» ©ubjectiDen, nur ein JBetoufetfein be8 ©efül^I«, getrennte ÄefteEion über bem getrennten ©e« fül^L"' @$ ifl tDol^I nt(^t 3u Derlennen, bag ^egel an biefer @teDe ©d^leier« mad&erS SReben t)or Singen l^at unb il^ren @tQnb))unIt ber ©efül^Ureligion beldmpft, toie er aud^ in ber Qfolge bicfen ©egenfa^ ftet« fejtgel^atten. 9tid&t in bem ©efül^I, tool^t aber in bem SSetoultjein unb ber benfenben 93etrad^tung ift bie 9lot]^tDenbig!eit entl^alten, bag bie Sleltgion fttig bifferenjirt, b. )§. in befonberen SleligionSarten unb ©tufen entttitfett. ^ier geigt fid^ fd^on ^egels eigener StanbpunH im Unterfd^iebe nid^t bIo§ üon ©(fileiermad&er, fonbem aud& t>on gidfete unb ©d&ctting.

@r fagt: „9teIigton ift (Srl^ebung beS Snblid^en gum Unenblid^en, unb eine fold&e ift notl^toenbig. benn jeneiS ift bebingt burd^ biefeS. Slber Quf toeld^er ©tufc ber 6ntgegenfe^ung unb Bereinigung bie be= ftimmte Statur eined ©efd^ted^tis üon aßenfd^en ftel^en bleibt, ift gu» fallig in SlüdEftd^t auf bie unbeftimmte 92atur. S)te t^oQIommenfte ä^oÜftanbigleit ift bei fÖblUxn m5gtid&, bereu geben fo toenig als mSg- Kd5 gerriffen unb gertrennt iji, b. 1^. bei glüdUd&cn. UnglüdtKd&ere fönnen nid^t iene Stufen erreidgen, fonbem muffen in ber Trennung um Srl^altung eineiS ©liebeS berfelben um @elbftanbig!eit fid^ be« !ümmem. @ic bürfen biefc nid^t X)crlieren, il^r l^od^jicr ©tolg muß fein, bie Trennung feft unb balS @ine gu erl^alten, man mag biefeS nun t)on feiten ber ©ubjjectiDität als ©elbftSnbigfeit betrad^ten ober t>on ber anbem ate frembeS, entferntes, unerreid&bareS Dbiect."*

3. ^ie SOßeltreltgtonen«

S)ie beiben g^actoren, teeld^e baS SBefen ber ^leligion auSmad^en,

finb bas unenblid^e unb enblid^e ober baS göttlid^e unb menfd^Iidge

ßeben: t>on ber Slrt il^rer ©ntgegenfe^ung l^ängt bie Slrt il^rer Ser«

einigung, alfo aud^ bie ^rt ober ©tufe ber 9leIigion ab; nun ift bie

1 9lof enf rana. @. 95 ftgb. - > Sbenbaf. €. 96. » Sbenbaf. €. 98. Sifd&er, «efd^. b. WM. Vm. K. «. i

50 ^egeU franlfuttet 6tubten unb 9(tbeiten.

folDol^I ber Sntgegenfe^ung aU audg ber ä^eretnigung burd^ bad S^oÜSbetDu^tfetn itnb beffen em))mfd^ei$ S)afetn bebtngt: ballet bas SBcfen ber 3lcUflion notl^toenbigcrtocifc fid& in l^ijiorifd&cn ©cflaltcn auSprSgt unb entfaltet.

(SS giebt gtoei Sitten, auf xotlä^t fomol^t bte (Sntgegenfe^ung als aud^ bte aSereintgung jener betben g^ctoren ftd^ DoOgtel^t: ,,@S ift gu- fällig, tocldfee ©eite baS 95etou&tfein aufgreift, ob bie, einen ®ott gu fürd^ten, ber unenblid^ über aEer ^inintel Fimmel, über aUer 93er:: binbung Slngel^ören erl^aben, über ber 9tatur fc^ioebenb überrndd^tig fei; ober fid^ als reineS 2[d^ über ben SLtümmem biefeS SeibeS unb ben leud^tenben @onnen, über ben taufenbmal taufenb ä8elt!örpem, Aber ben fo t)iele mal neuen @onnenf^ftemen, als eurer aOe finb, il^r leud^tenben ©onnen ju fe^en. SBenn bie Trennung unenblid^ ip, fo ifi baS Qfisi^^«'^ i>cS ©ubjectiüen ober Dbiectit^en gleidjgültig, aber bie (Sntgegenfe^ung bleibt, abfoluteS SnblidgeS gegen abfoluteS Unenblid&eS."^ 3)ie Sfijirung beS ©egenfafeeS in ber erfien gform i|t bie ntofaifd&e Steligion, bie in ber gtoeiten bie fid^tefd^e.

9lud^ bie 93ereinigung gefd^iel^t auf bo))))elte Slrt: enttoeber in ben ®eftalten etoig gültiger menfd^lid^er 2[beale ober in ber Srfd^einung eines eingigen toirflid^en 3Renfd^en, in beffen ©efd^id^te bie ©ottl^eit il^r SBefen offenbart. S)ie Steligion ber Srl^abenl^eit ®otteS ift baS 2[ubent]§um, bie ber ntenfd^Ud^en @d^ön^eit baS ^ellenentl^um, bie ber SDlenfd^toerbung ©otteS baS Sl^riftentl^um.

3BaS bemnad^ baS SSerl^Sltnig beS göttlidgen unb menfdglid^en fiebenS (®ott unb äSelt) betrifft, fo ftnb es brei ^au})t= unb ®runbs formen, toeld^e baS menfd^lidge SBetougtfein erlebt unb burdglduft: 1. bie SSereinigung, toeld^e aDer Trennung unb €ntgegenfe^ung üorauSgel^t, barum füglid^ als bie natürlidge Sinl^eit (®ott in ber 9tatur) begeid&net toerben lann, 2. bie Betreibung ber natürlid^en ©inl^eit ober bie 6nt» gegenfe^ung beiber Söctoren: ®ott über aller SWatur, 3. bie ginl^eit, toeld^e bie Sntgegenfe^ung t)orauSfe^t unb auS il^r ]^ert)orge]^t, b. i. bie Sieligion ber 3Biebert)ereinigung ober 93erfö]^nung, in toeldäer bie ©runbibee aller 9leligion befielet, benn baS 3iel if^ <^ud^ baS SBefen ber @ad&e. S)aS Se^te ift auc^ baS Srfte.

S)ie toeltgefd6id6tlid&en formen beS religiofen SäetoufetfeinS finb bemnad^: 1. bie Staturreligion unb bereu l^öd^fte SSlütl^e unb g^rud^t

mofcnftana. 6.99.

Tegels franlfutter 6tttbien unb arbeiten. 51

bie l^ellenifd^e äTl^il^oIogie, toeld^e SBtr!Itd^!ett unb $oefie, Statur unb ®efd^tdgte, S)id&tung unb Aunfl in ftd^ Deretntgt, aber in !etne$ btefer Elemente ftdg auflofen lagt, 2. bie jübifd^e 9leIigion, beten XtAger baS 3ertif|en|!e aller 93öl!er ifi, 3. bie (i^riftli(^e Steligion, bie auiS ber iübifd^en ^ert^orgel^t, toie bie ^eQenifd^e aus ber natfirlid§en.

4. di^axalin ber 4ti|ili<Qen fReltgton.

3m SJttttetpunft ber d&rifllid^en ©laubensibeen {tel^t bie $erfon Cl^rifti. 2Ritten in einer flottentfrembeten, flottöerlafTenen, öößig ent gStterten SBelt, bie loie ,,ein entoeil^ter Seid^nam" baliegt, ift unter allen SJlenfd&en bicfcr ber einjige, ber fid& ^mit bem Slbfoluten eins ttei§", bicfe Sut)erfid6t in fid& trägt unb bie Äraft l^at, fie in anberen gu toeden. SRan ntug jt(i^ ben l^iftorifd^en SBettguftanb xoofjli t)ergegen= tD&rtigen, auS iDeld^em bie $erfon Sl^rifti l^ertoorgel^t. S)aS römifdge SBeltreid^, fd^on in ber ©eflalt ber SlQeinl^errfd&aft, l^at bie lebenbigen 3nbit)ibualitftten ber fBblUx gerf dalagen; baS SIQgemeine ift ol^ne lebenbige, inbit)ibuene ©lieberung, bas Singeine unb SJereingelie ift ol^ne SrfaUung: jenes ift unlebenbig, biefeS ift unt)erfö]^nt, bie SBelt iji 8be unb langtoeilig; bie cingige Offenbarung ©otteS in ber SOBelt ift baS religifife Setoufetfein biefeS 2Renf(i6en, ben bie SBelt öeriiiftt unb üerad^tet, mit allen Seiben überl^duft, ben fd^mad^^ unb quatooltften 2;ob fterben Isgt. SBaS in ben Slugen ber SBelt baS Sdgmdl^lid^fte unb Sntel^renbfle ift, ber ©algen, U)irb als Areug baS @^mboI beS d^riftUd^en ©laubenS, baS S3egeid^nenbfte» gleid^fam baS Signal feines Sl^arafterS. ^

3n grniebrtgung unb ßeiben, in Sob unb Sluferpelöung offenbart ftd^ ©Ott in ber SBelt unb ^Jlenfd^l^eit: bie ©efdgidgte Sl^rifti ift bie ©efdgid^te ©otteS. Unb toie ber lebenbigfte ©olt iebeS ä^oUeS ftets als beffen Jlationalgott erfd^eint, fo iji ©l^riftuS, ba in il^m ber alleinige ©Ott fein SBefen bartl^ut unb offenbart, „ber 3iationaIgott ber SKenfdftl&eit". SBie aber bie menfd&Ud&e ©efd&id&te 3efu unb bie gott= lid^e ©efdbid^te Sl^rifti in ber et)angelifd^en ©efd^id^te 3efu S^rifti fidb gufammengefflgt unb X)crcinigt l^aben: biefc grage l^at §egel unerörtert getaffen.

1 SHofenfrang. €• 35—40.

4*

52 ^egeU frantfurtet Gtubten unb 9(rBeUen.

III. fRcüßion unb ^ßl^ilofopl^tc, L 2)te neue Stufgabe.

3m @:^rtfient]^um ift bte SBelt tnit ®ott t)erf5^nt unb toirb bal^er glDar ntd^t toieber t)erg5ttert, tote in ber l^eUenifd^en SDl^tl^ologte, tool/t aber toiebet Qtmxfit unb gd^eiligt. 3)ie aScreinigung ber SBleufd^l^etl mit Sl^rifluS üoQjtel^t fi<^ im €uliu8: t)or allem in bem @acrament beS Slbenbrnal^lS; bie ®efd6i(i^te ©otteS toirb in gbttUd^en unb l^eUigen ©eftalten gur %nf(^auung gebrad^t: bieS gefd^iel^t burd^ bie Aunft; unb ba bie ©efdgid^te ©otteS ein Sl^ema Don etoigem ^nl^alt ifl unb aU fot^ed eine etoige SBal^rl^eit auSmad^t, \o miQ biefelbe gebanlem tnftgig gefaxt unb fi^irt fein: bieS gefd^ie^t burd^ baS 2)ogma, oor Quem burdb bad ber Zrinitftt.

2)ai$ S^riflentlgum ald fd^one 9leItgion ifl ber Aatl^oIiciSmuS. 2>a aber bie Offenbarung aU ett)ige SBa^r^eit nidgt blog angefd^aut, nid^t Mo6 bogmatifdfe feftgefteHt, fonbern in ber il^r allein gemäßen Oform beS ©ebanlenS er!annt unb getougt fein toiO, fo mug ber @nt- toidSungdgang beS S^riflentl^umS oom Aat^oticidmuS bur(( ben $ro» teftantismud gur ^^ilofopl^ie fortfd&reiten. S)er 3sitpun!t ift gefommen, in toeld&em baS ©^rifientl^um im Segriff jiel^t, biefeS 3irf ju erretd^en. S)ie $^iIofo))]^te l^at mit ber 9leIigion aufjul^Srcn, unb bie Sleligion mit ber ^l^Uofopl^ie. 3n biefem AreiSlauf befielet unb OoIIenbet ftd^ baS Softem ber le^teren. 3n einer fold^en religiöfen ^l^tlofopl^ie unb ))]^iIofo))]^ifdgen 9fteIigion fal^ ^egel fd^on in O^ranlfurt bie gettgemSge Slufgabe ber ^^ilofopl^ie unb erlannte barin bie feinige. SBir fönnen fagen» bag bie f^ftematifd^e Sbfung biefer ^lufgabe ben €]^ara!ter unb bie 93ebeutung berjenigen Seigre fonnjeid^net, toeI($e man l^egelfd^e !p]^iIofo))]^ie nennt.

Caffen ©ir ben 5|J]^iIofol)^en felBfi reben: ^9lad&bem nun ber $roteftantiSmu3 bie frembe SBeil^e auSgejogen, (ann ber ©eift fid^ aU ©eifi in eigener ©eftalt gn l^eiligen unb bie urfprflnglidge ä^erfol^nung mit ftd^ in einer neuen SReligion l^ergufteQen toagen, in n)eld^e ber unenbli($e @d^merg unb bie gange @(^toere feines ©egenfa^e§ auf» genommen, aber ungetrübt unb rein fidg auf(öß, toenn eS nSmlid^ ein freies 93oIf geben unb bie SSemunft i^re Slealitdt als einen fittUd&en ©eift toiebergeboren ^aben toirb, ber bie Aül^nl^eit l^aben fann, auf eigenem Soben unb auS eigener aRajefldt fid& feine reine ©efialt gu nel^men. 3eber Singeine ift ein blinbeS ©lieb in ber Rette ber abfoluten 9?ot]^»enbig!eit, an ber fid& bie SOBelt fortbilbet.

Tegels franlfuYter Gtubicn unb 9(r(etten. 53

3cbcr (Einjelnc lann fid& jur ^errfd^aft über eine Qxb^nt ßattße btcfcr Äelte allein ctl^eben, xotnn er erlennt, tool^in bie flrofee SRotl^toenbigleit toiQ unb aus biefer Srienntnig bie 3aubern>orte auSfpred^en lernt, bie il^re ©eftalt l^erDorrufen. S)iefe Srienntnig, bie gange Energie beS fieibenS unb belS ©egenfaffed, bie ein paar taufenb ^al^re bie SBelt unb alle ({formen il^rer StuSbitbung Bel^errfd^t l^at, gugleid^ in ftd^ }u fd^Iiegen unb fi(i^ ilber il^r gu erl^eben, biefe (Erlenntnig t)erma0 nur 5ß]^iIofop]^ie gu geben/ ^

2. 2)ie ®runtibee: bet abfotute ®ci9.

2)'te SBeltreligionen ftnb bie Stufen, toeld^e baS ®otte8ben)ugtfein ober bie ©otteSerfenntnig t)on feiten ber äJlenfd^l^eit erlebt unb burd^- iSuft. S)a nun ®ott allein in allem unb auger il^m niii^tiS, fo mug jener S38clt= unb ßrfenntnifeprocefe fo gefaxt »erben, baft er auS bem SBefen ©otteS ]^ert)ors unb in baffelbe gurfidgel^t, bag alfo ©ott biefe beiben SBefeniSeigentl^flmli^feiten t)ereinigt: 1. er ifi baS unenblid^e, in fid^ t)oIIenbete ober befd&Ioffene @ein, baS abfolute, toie audg @))inoga ©Ott ens absolute infinitum genannt l^at; 2. er ifi, ba er fid5 im (£rfenntni6})roce& offenbart, felbft erlennenben SBefenS, b. 1^. ©eift. ©Ott ifi bemnad^ ber abfolute ©eifl, ber fid^ im SffieltproceS, b. 1^. in bem SnttoidlungSgange ber SBelt nad^ en)igen ©efe^en offenbart, inS« befonbere in ben Steligionen ber SBelt, beren l^od^fte leine anbere fein lann als bie „Steligion beS ©eifted", n)ie fte im S^riftentl^um gu Sage tritt.

©dfeon in ben fran!furter 95etrad6tungen, in ben erftcn Umriffen beS @^ftem8, finb bie folgenben ^Begriffe gleid&toert^ig: balS abfolute ©ein = baS «bfolute = ©ott = ber abfolute ©eifl = SJemunft (abfolute SJcmunft) = ©clbjierlenntniB (©elbflunterfd^eibung) = ©elbfl« Derboppelung beS Slbfoluien. S)ie „93erbo))peIung" befagt, bag in ber ©elbfter!enntnig unb ©elbftunterfd^eibung beS ^bfoluten ber ©egenfianb lein btogeS ©egenbilb, lein blog t)orgefteIl[te8 ober gebadetes Objject ifi, fonbem ebenfaDS abfolut, b. 1^. in fid^ üollenbet, felbftSnbig ober real, bas toal^rl^aft „9lnbere", in meld^em ©ott fomol^I fid& felbft anfd^aut unb er!ennt als t)on i^m angefd^aut unb erfannt toirb. Sion nun an ift unb bleibt ber abfolute ©eift unb feine Offenbarung in ber SBelt- enttoidtung ber ©runbbegriff unb baS ©runbtl^ema ber l^egelfd^en fiel^re.

1 Slofenfratts. €. 140 u. 141.

54 Tegels franffutter 6tubten unb SttBeiten.

3. 2)te eiieberung beS S^ftemg.

3n bcm g^flem bcö Qbfolutcn ©cifieS finb brci ^QUptformen ober ©tufcn ju untcrfdöctben, bic toir in bcr Äürgc afe feine 3bee, feine Srfd^einung unb feine S^oDenbung bejeid^nen fönnen. 9lnberS auS- gebrücft: bcr abfolute ©eijl, ©ie er an ftd& ifi, toie er in bcr SBctt ober aU äBett crfdgcint, toic er ats Stcligion, (toomit Aunfi unb ^l^ilo- \op^xt auf bas ®cnaucfie gufantmcnl^ängcn) gu fid^ gurflcücl^rt.

S)iefen Untcrfd&icbcn Qtmi^ fliicbert ftd^ baS ©^jicnt junftd^fl fo, bafe ber religiifc ®eift ober ©lauBc ate bcr pttlidöc ©cmcinaeifl gefaxt toirb, tocld^cr alle erfttQt unb fid^ in Sitte unb Staat, in 9leIigion unb ®uttu8, in Äunfl unb SBijfenfdöaft barftefft. 3)er abfolutc ®eijl ent=: faltet fein SBcfcn afe 3bcc, SRatur unb ©ittli*feit. Sic 5ß^iIofop^ie afe bic (5r!cnntni§ beS abfolutcn ©eifleS t^eilt fid& bemnadj in bic ßcl&re t>on bcr 3bce, t)on bcr SRatur unb t)on bcr @ittlid6!cit, b. ^. in bicfe brci SE^cilc: ßogif unb 3Rttap^^l SRaturpl^ilofopl^ic unb etl^ü.

3n bcn franifurtcr Umriffcn finb Sogil unb TOctapl^^fit oBttol&I in einer SBäijfcnfdJaft, bod& t)on einanber nod& gefd^icbcn: bic ßogif iji bie ßcl^re X)om ©ein, S)cn!en unb grfennen, bic SWctajjl^^fil bie ßcl&rc 4)on bcn ©runbfa^cn, t)om SBcfcn ber 3)ingc unb üom 3d6. 9lfe bie ßcl^re X)om JBcfcn ber S)ingc, . ndmlidö t)om SBäcfcn bcr ©cclc, bcr Seit unb©ottc8 nennt jte ^cgcl „bie SWctapl^^fil ber DbiediDitöt" ; afe bic ße^re t)om 3cl^, namlicfi t>om tl^corctifd&cn, praftif^en unb abfoluten 3(ft, nennt er fic „bic ajletapl^^fi! bcr ©ubicctiDitdt", ttoBci pd6 un= fd&tocr ericnnen Wfet, bafe il^m unter iener bie atte, toolfifd&e, X)on ßant öcrurtl^cilte SWctapl&^pI bc3 ffiogmatiSmuS, unter bicfer bagcgen bic neue, öon ßönt bcgrünbetc, t)on gfid^tc unb ©cficßing fortgcfttl^rte 3Reta))]^9{tI ber ©egenmart t)or 9lugcn ftanb.

4. (Bin politifd^er CnttDutf.

SBai^renb ^cgcl bantit bcfdgäftigt toar, bcn @ntn)urf unb bie Utn= rijfe eines ))^itofo))l|ifd6cn SBcItf^ftcntiS ju gcftaltcn, tourbe er int 3al^rc 1798 Don poUtifd^cn O^ragcn auS bcr unmittelbaren ©egenmart feines rcformbcbürftigen f)cimat]^Ianbc8 fo tief ergriffen, bafe er bcn 5|Jlan fafete, bic barouf Bcjügüdöcn fragen unb Sorbcrungen in einer 5Iug= Wrift auSjufül&ren, tocld^e feinen ßanbsicutcn gctoibmet unb „an baS ttürttcmbcrgifd&e SSoIf gcrid^tet tocrbcn follte. S)a8 SCl^cma l^ic§: „Safe bie ©ürttcmbcrgcr aJlagiftrate öom SJoII getoöl^lt werben müjfcn''. Ober „t)on bcn Sürgern". 3n bcr legten Qfaffung: „lieber bie ncucflcn

^egeliS frantfuttet €tubien unb 9(tbetten, 55

inneren SSetl^dUniffe aOBürtteraberflg, Befonbet« über bie SWagi^ fhateöerfaffung". StaiS brieflid^er SBeraftung mit einigen fjrcunben in ©tuttgort ntuBte ftd^ ^egel fiberjeugen, bag feine ©dgrift gut Äenberung unb Seffcrung ber politifd^en Supönbe feines ^eintatl^IanbeS nid^td betoirfen ober beitragen toerbe. @o ift bie ©d^rift bis auf einige 93rudgftä(!e t)erIoren gegangen. 2)er 3eit))un!t i^rer Slbfaffung ifi fel^t bemerlensioert]^. 2lm 6d&Iuffe beS 3a^re8 1797 l^atte in SOBürttemberg ein SEl^rontoed&fel fiattgefunben, im anfange be« Saläre« 1798 l^atte bas beutfd^e (römifdge) Sleid^ auf bem @:ongreg gu Slaftatt baS linle Äl^einufer an 5ranfreid& abgetreten.

@eit ben Xagen ber frangofifd^en SleDoIution toar ein 93Ub bejferer unb gered^terer 3^iten lebl^after in bie @eelen ber SJlenfd^en gefommen, bie @el^nfud^t, baS @eufgen nad^ reineren unb freieren 3uft&nben l^at alle ©emfltlger betoegt unb mit ber 993irIIidg!eit entgleit. 2)a8 Staats- geb&ube, toie eS je^t nod^ befielet, ift unl^altbar unb biefeS ®effl]§I ift allgemein unb tief. S)ie Oftage ift: toaS gur Unl^altbarleit gel^Srt? ällle (Sinridgtungen unb a3erfaf[ungen, alle ®efe^e, bie mit ben Sitten, Se» bürfniffen unb 2Reinungen ber SDtenfdfeen nid&t mel^r gufammenjiimmen, aus benen ber ©eift entflol^en ift, bürfen nid&t länger bejiel&en; fie finb ©rftber, meldte nid^t mel^r mit fdgönen Sorten gu übertflnd^en finb.

3)a§ SSeranberungen notl^toenbig finb, fü^ft jeber, aber fobalb gur ©ad^e gefd^ritten mirb, ^üten bie meiften ängfllid^ il^ren SJortl^eit unb looDen üon 93erönberungen nid^ts toiffen, als foioeit biefelben il^ren $articularintereffen nid^t gun)iberlaufen: fie gleid^en ben äSerfd^menbern, bie genfitl^igt finb, il^re SluSgaben eingufd^rSn!en, aber fobalb gur @ad^e gefd^ritten toirb, jeben Slrtifel il^rer bisherigen SluSgaben unentbel^rlid^ finben. 3)iefe ßeute merben gu ben SJerdnberungen burd^ bie Stngjl üor ber ©efal^r getrieben, toeld&e ber ©infturg beS ©taatSgebftubeS brol^t, mSl^renb bie anbern burd^ bie 3bee ber ®ere(^tig!eit fi(^ über il^r Keines 3nteref[e erl&eben unb mutl^ig bie politifd^en ^Reformen X)erlangen. S)ieS ifi ber Unterfc^ieb gtoifd&en ber „Sing ft, bie mufe" unb bem „5Kut^, ber ©iir.

6S ift ein S^abel, toeld^er bie äßittl^eilung ber {Fragmente, oiel- lei(^t bie @d^rift felbft trifft, ba^ mit leinem Sßorte gefagt toirb, toaS „bie loürttembergifd^en SWagiprate" finb. Offenbar üerftel^t ^egel barunter nid^t ftdbtifdge Obrigleiten, aud^ nidgt bie l^ergoglid^e, allem fjortfdferitt abgeneigte SBeamtentoelt, fonbern bie ßanbiiftnbe, inSbefonbere ben lanbfiönbifd&en SluSfdJuB unb beffen Seamte ober Dfficialen,

56 ^egetS franffuttet @tubten unb $(xbeUen.

SfbDocaten unb (Sonfutenten u. f. f. (£s l^anble ftd^ um eine totale Umaepattung bet toürttembcrgifd^cn SScrfajfung unb il^reS 9leprafcntatit)= f^ftemS, iDoju bie 3ntttatit)e Don ben SanbftSnben auSgel^en unb mä^ einem Sßal^Imobud gejtd^ert toerben muffe, bet il^re SBal^t in bie ^anb unabl^ängiger, aufgellartcr unb red^tfd&affencr aRdnner bringe. Sie attn)ürttembersifd^e S^erfaffung fei fo eingerid^tet, ba^ fidg in il^r „am ®nbe atteS um einen SWenfii^en l^erumbrel^e, ber ex Providentia ma- jorum aDe ®en)Qtten in fid^ t)ereinigt unb für feine 3lner!ennung unb Sld^tung ber SJlenfd^enred^te !eine ©arantie giebt".

SBie bie S)inge liegen, fo merbe ber lanbftanbifd^e SluSfd^ug unb mit il^m ba^ fianb t)on ben Dfftcialen belS SluSfd&uffeS an ber 9lQfe gefül^rt, Slidjt ber SluSfd6u§ fei QnmQfeenb, er fei nur inbolent unb geban!enIoi$, tool^t aber bie SDflftnner, xoüift er l^inter fid^ l^at, bie fflr il&n reben, fd&reiben, au(i& tool^I bcn!cn; feine Dfpcialen, feine 9lbt)ocaten unb Sonfulenten feien anmagenb, eigeuffl(^tig unb eigenmäd^tig. Aein ©eifUid^er l^abe je eine grSB^re STlad^t über bie ©etoiffen feiner SSeid&t- finber gel^abt, al8 biefe })oKtif(ften Scid^töftter über baS SlmtSgemiffen ber 9lu8fd^ugt)ertoQnbten. 93i§n)eilen l^abe ber STuSfc^uB aud^ SJlänner }u Sonfulenten gel^abt, bie Aopf unb ^erg am redeten O^IedE l^atten, bie itoax ben SluSf^ug gdngelten, toeil er aQein gu gelten nid^t gelernt l^abe, aber il^n nie, n)enigftenS nid^t n^iffenttid^ unb kool^IbebSd^tlid^ in ben Aotl^ fül^rten. S)ie @onfuIenten gelten a(S ein toefentlid^er 93e- ftanbtl^eU ber lanbfidnbifc^en SSerfoffung, unb fte l^aben oft genug baS 3nlereffe ber ßanbf(^aft an ben jürften oerratl^en. „3)er SluSfd^ufe felbfl toar nie anma&enb. ©eine ©onfulenten unb Slbüocaten toaren es. (Sr mar nur inbolent unb gab gebanlenloS gu allen Sigenmäd^tig» leiten jener ben Flamen l^er. 2)iefe toaren eS, bie ben SIujSfd^uB S^ einer Ofreigebig!eit gegen ben ^of t)erleiteten, ber nichts gleid^fommt, aU bie O?nl)olit&t ber ©rünbe, burdg bie man bergleid^en S)eDotion8' begeugungen gu redgtferttgen fudgte. @ie maren eS, bie ber $of gu getoinncn fud^te, »eit er ftd^er »ar, feinen 3»edE gu erreid&en, toenn er ben Slböocaten unb ben ©onfulenten in fein 3[ntereffe gu giel^en getoufet l^atte."^

%n^ biefen g^ragmenten erl^eOt fo oiel, bag ^egel eine in mobernem ®eift umgeftaltete re))rftfentatit)e 93erfaffung SBürttembergd begn)edEte, gur Sinfd^rdnhing ber erbmonard&if(!^en ®en)att unb gur ^bfc^affung

1 9lofenIrana: ^cgetd Beben. @. 90—94. ÜBgl. ^a^m: SSorlefung IV. e. 65-67. StuTOfg. 6. 483-485.

^egel in 3ena. S)ie etlien f e^S dal^te fetner littetarifd^en u. alab. aSitlf amf eit 57

%CT aRifebraud^e. %U et jtoaTtatfl Sal&rc fpdlcr (1817) feine öffent- lid^e S3eurt]^eUuns bed tDArttentbergifd^en ajerfaffung^ftreiteS fdgrieb, in toAibtm bxt QanbftSnbe bie SBteberl^erflellung ber altottttiembergifd^en Serfanung forbetten, fianb er auf feiten beS ÄintgS.

©ed^fie« Sapitel. i^esel in 3tm. 9te trpen fei^s 3aljn feiner litt^rortri^en mi

I. ßitterarifd&e SBirIfamlett. 1. $(|t(ofo^^if4e €4nften.

V;:^Ieid6 nQd^ bem Seginne unfereS ^al^r^unberts, im ^Qnuar 1801, tfl §egel, ol^ne jenen 3»if(i&enQufent]&Qlt, ben er im ©inne gel^abt l^atte, X)on gronffurt nadö Sena gefommen; er ift l&ier bis in ben SDWrj 1807 geblieben unb l&at in biefer l&öd&jl bebeutungS« unb fd^idtfalSöoHen 3eit bie erfle ipcriobe feiner 8ffentlid&en SBirf jamfeit üoffenbet.

aRit einer ©d^rift, beten S£^ema il^n Diel befd^äftigt l^atte unb au« feinen ©tubieu unmittelbar l^etöotging, „Uebet bie SJiffeteng beS gfi(fttefd&en unb ©d&eßingfd&en ©^jiemS bet ^pi^tlofopl^ie", l^at et feine littetatifd&e ßaufbal^n begonnen unb mit einet Slb^anbtung übet bie ^lanetenumlAufe (de orbitis planetarum) an feinem 31« ©ebuttSlage, ben 27. Slugufi 1801, feine a!abemifd&e ßaufbal^n etoffnet; et l^at im SBunbe mit ©d&eHing, mit »eld^em et aud& in bet etften 3eit jufammen» xod^nU, ein „Ätiiifd&eS Soutnal bet ^pi^ilofoplöie" löetauSgegeben (1802), ba« il^tet gemeinfamen ))]^iIofo))]^ifd^en Slnf^auung gum Otgan bienen unb bet Unpl&ilofopl^ie mit attetl^anb SOBaffcn, „Änittel, 5|Jeitfd6ett unb 5Ptitfd&en", mie ^egel einem ftanffuttet fjteunbe im 3)ecembet 1801 fd^etjenb fd^teibt, ted&t betb ju ßeibe gelten foBte: et l^at enblid^, »aS bie ^auptfad^e ift, in 3ena bad gtunblegenbe SBet{ feines neuen ©^fiemS auSgeatbeitet unb untet bem SCitel: „©Aftern bet Sffiiffenfd&aft, etpet S£]&cil. ?P^änomenologic beS ©eifteS" Detöffentlid&t.

6t ^atte aud^ bie 9lbjtd&t, jum ®ebtaud& füt feine SBottefungen ßel^t^ Hiitx J^etauggugeben, fotool^I füt bie SSotlefungen übet ßogif unb aÄeta= pl^\)[\t als aud^ füt bie übet baS gange ©^fiem, alfo ein ßel^tbud^ bet ßogi! unb SRetapl^^fi! unb ein ßel^tbui^ bet ))]^iIofo))]^if(^en (Snc^!Io))dbie;

58 gefiel in 3cna.

in feinen Slnfünbiflungen fielet immer üon neuem ju lefcn, bafe fein Sel^rbud^ in ben ndd^flen SBod^en ober toft^renb bed laufenben @emefter8 erfc^einen toerbe, aber eS if} nie baju gelommen. /@eine neue Sogit nid^t aU Sel^rbud^, fonbem als jmeiteS ^auptoerf lam erft in 9lflrn» berg, bie (Snc^I(o)}äbie eifl in ^etbelberg gu @ianbe.

2. Sine ))oltttfd^e €4tift.

@8 mar ein iDettl^tflorifdgeS ^al^r, in meldgem ^egel nac^ ^ena !am unb feine alabemifd^e Saufbal^n begann: baS beS g^rtebeni^ gu 8anet)tDe, mit meldgem ber gmeiie SoaütionSfrieg befd^Ioffen unb baS ©nbe beS taufenbjälörigen römifd^en SleidöeS beutf(^er Station (801 1801) fd&on befiegctt toar; ber Sll^ein l^atte aufgel&Brt ber beutfd^e Strom gu fein, er toar nur nodfe bie beutfc^e ©renge. §egel füllte fic^ innerlich be- rufen, Iritifdfte Setradfetungen ber 3lrt, toie er öor einigen Salären in fjranlfurt gur Seleud&tung ber toürttembergifd&en 3uft4nbe, il^rer ©runb» übel unb ^Reformen niebergefd^rieben l^atte, nun auf baS beutfdge Steid^ unb bie 9teid^dt)erfaffung angun)enben, um bie Urfac^en il^reö Untergang^ unb bie 2RitteI gur SBiebererneuerung anä ßid&t gu jiellen./

3)ie ©d&rift felbji, beren Slbfaffung nid&t, »ie Slofenfrang an» genommen l^at, in ber 3ßit oon 1806—1808, fonbem, »ie ^o^m bar« getl^an, in bie Saläre oon 1801—1803 (alfo nad& ben öfrieben X)on SflneDiUe unb oor ben 9leid^8be))utation8]bauptf(blu6) f&nt, ift, loie iene frühere, ungebrudt geblieben. 2)er Untergang beS Steigs lag oor 3(ugen, aber feine legten @d^idEfa(e maitn nod^ nid^t etffltlt. S)ied gefd^al^ erft burd^ bie (Srrid^tung beS Stl^einbunbeg unter bem ^rotec» torate 3lapoUon^ unb bie Slbbication beS römifdäen AaiferS Strang ü. (3uli unb Sluguii 1806). »on biefen (greignijfen ift in legete ©d^rift nid^t bie Siebe, ber le^te griebenSfd&Iufe, ben fie ertoftl^nt, ift ber t)on SüneDiDe. S)ag bie Sd&rift l^inter bem @ang ber @c^idEfaIe, bie alsbalb über 2)euli(^(anb ^ereingebrod^en ftnb, gurfldftanb, barf als ein ®runb i^rer Slid^toerSffentUd^ung gelten.^

2)eutfdglanb§ @6idEfat in Slnfel^ung feiner 2)ecentraIifation unb Seriifltfelung ift bem 3taüen8 gu Dergleidfeen unb Tegels })olitifd6e ^nf(^auung ber 3)lad&iat)eni8, toeld^er bie Sinl^eit Italiens gemoDt unb gur ^luSfü^rung biefeS 3^edEd einen politifd^ unb Iriegerifc^ tl^at-

1 «ofenfranj. €.235—246. »gl. §a^m: »otlefung IV. 6.60-83. «n- metlungen. @. 485 492.

^ie etßen fe^S Saläre feinet littetarifd^en unb alabemif^en aQßttlfamfett. 59

hSfttgen O^rften geforbert l^at. ^egel tougte bte SSebeutung unb geiftige @röge 37lad&ia))elItlS üoDIommeii gu toürbigen unb fanb, bog gfriebridb bet ®roge gtoat in feinem ^ntimad&iat)eQi bie ®runb|ä^e be§ ttatientfd^en Staatsmannes be{&mpft unb t)erleugnet, ober in feiner ftrie98))oIiti! praltifdg befolgt l^at.

2)a8 ©runbüerberben 2)eutfd^Ianb8 ift feine JtriegSuntüd^tigleit unb fein STlangel an Sl^atlraft ober feine OI§nma(^t }u l^anbeln; bie Itrfad^e aber biefer Uebel liegt ieineStoegS in ben 93efd&affen]§eiten beS fßdlts, fonbern (ebtgUii^ in ben 3u{t&nben feiner SSerfaffung, in bem SJled^aniSmuS beS (Bangen. 2)iefe$ ift ein unbel^fllfUdger Körper, in meldgem leine SSetoegung fo gefc^ie^t, mie fie gefe^mägigertoeife gu ge- fd^e^en l^at. ®er politifd&e 3ujianb SJeutfd&lanbfi ift eine üerfaffungS- magige @efe^IofigIeit, loeSl^alb ein frangofifd^er SdgriftjteQer t)on bem beutfd&en Steige treffenb gefagt ^at, e8 fei eine ^conftituirteSlnardfeie".

2)eutfd&Idnb ift buri^ feine S^erfaffung gur Zl^atlofigfeit ffirmlic^ t)etbammt, benn ber Uebergang Dom ©ebanfen gur Sl^at, oom ^Begriff in bie SRealitdt ift geld^mt unb biefe Sft^mung oerfaffungSm&Bis ^^i^' niftrt, meSl^alb ^egel baS beutfd^e 9lei(^ einen „©ebanfenftaat" ge« nannt. ®r l^at bicfen ßdl^mungSgufianb öortrefflid^ gefd^ilbcrt. «6« n)irb eine allgemeine Slnorbnung gemad^t, bie foQ ausgeführt unb im Weigerungsfall gerid^tlidg t)erfa]bren toerben. äBirb bie SBeigerung, ba% geleiftet mirb, nid^t gerid^tlidg gemad^t, fo bleibt bie StuSfül^rung an fidfe Hegen. SQBirb fie geri(fttHd6 gemadöt, fo fann ber ©prud^ t)er= l^inbert merben. Aommt er gu @tanbe, fo loirb il^m nidbt O^olge ge» leifiet. S)ieS ©ebanlenbing Don SBefd^Iug foQ aber auSgefül^rt unb eine Strafe Derl^ftngt toerben. So toirb ber 93efel^I ber gu ergloingenben a3oDftred(ung gegeben. S)iefer SBefel^l mirb mieber ni($t ooQftreät. So mufe ein SBefd&Iufe gegen bie Jiid^tDottftredtenben erfolgen, fie gum SSoffs firetfen gu gtoingen. ffiiefem toirb ©ieber nid^t (folge geleijiet; fo mug becretirt toerben, bag bie Strafe DoQgogen n)erben foD an benen, loeld^e fie an bem nid^t DoHgiel^en, ber fie ni(^t DoQgiel^t u. f. ko. S)ieS ift bie trodEene ®efd^id^te, toie eine Stufe nad^ ber anbern, bie ein ®efe^ ins SBerl rid^ten foU, gu einem ®ebaufenbing gemad^t toirb." 3ener Uebergang Dom Segriff in bie 9lealit4t ift unmogUd&, benn bie SßiUfür unter bem Sd^ein irgenb eines 9led^tS !ann fid^ auf jeber Stufe ber SluSfä^rung ber 93efc^lüffe Dernid^tenb entgegenfteDen.

Seitbem Seibnig über bie Sid^erl^eitSguft&nbe beS beutf(^en Sleid^S feine berül^mte StaatSfd^rift Derfagt l^at (1670), ift in ber ))]^iIofop]^ifd^-

60 ^egel in 3ena.

^oltiifd&en Ü3ttteratur ba3 innere SIenb ber alten äfteid^Stoerfaffung ti)o]^[ nirgenbs fo treffenb gefd^tlbett toorben als in ber eben angeffll^rten @teDe. 2>er leibnijifd^en ©d^rift ging ber Sll^einbunb t)om ^al^re 1658 t)ors au«, ber l&cfletfd&en folgte ber fRl^einbunb t>om ^affxt 1806; bie lieget» fd^e ©l^araKeriftif erinnert uns an bie leibnijifd&en SQBorte: „Unb felbji koenn aDe biefe @d^tDiertg!eiten fiberiDunben toerben fönnten, fo barf man fidger fein, bag ber ©efd^AftSgang mit feiner $arabe bie Singe t)etfdgle))pen unb nid^ts ^auptfSd^Iid^eS ausrid^len toerbe".^

2>ie Sel^eniS« ober ä^afaUenftaaten be§ beutfd^en SRittelalterS toaren im ßaufe ber 3«l reid&Sunmittelbarc, felbjidnbigc Territorien unb, nad^bem ber OfeubaliSmuS in ber SBäirfUd^feit entfd&iounben xoax, gule^t bad gange 9leid^ ein ^aufe fouDerSner ©ebiete t)on t)erfd&iebenartigfter @r5ge getoorben, beren iebelS fein Kontingent fieDen mugte ju bem buntfd&eäigen S)inge, toeld^eS man bie Sleid^Sarmee nannte. S)iefe S;rup})encontingcnte fonnten an Saldi, Setoaffnung, milit4rifd&er Uebung unb Sdgulung nid^t ungleidgartiger fein. (Sin Steid^gftanb fieDte ben SLrommler, ein anberer bie Srommel; bie @oIbaten einer 9leid6iSjiabt8> mad^e, bie Seibgarbe eines' SlbtS u. f. f. toaren $arabefoIbaten, aber feine ßrieger, {eine Seute t)on militSrifd^em @elbflgeffi^l, n)eld6e8 mit ber ®rö6e ber Slrmec jieigt unb faßt. SBd^renb fonjl eine grofee, hiegöbereite unb ttol^Igeorbncte SWajfe oon ©olbaten einen erfd&retfenben unb furd^tbaren (SinbrudE mad^t, fo loirlt im ©egentl^eil ber Slnblid ber beutfd^en 9teid6garmee erl^eiternb unb ift ein gemol^nter ©egenfianb beö ©})otte8, ben fte bei ffreunb unb g^einb l^eröorruft unb öerbient.

Saju {ommt, um bie Ariegduntfld&tig!eit bed Steid^S gu DoUenben, bie Unfid^er^eit ber großen (Sontingente, ba bie Sleidfespönbe Jraft i^rer ZerritoriaH^ol^eit bai$ unerl^örte Siedet l^aben, S3flnbntffe fomol^I unter einanber aU anä) mit auSmärtigen STlAd^ten ju f(^Iiegen, freilid^ mit bem SSorbel^alte, infofem fold&e Sünbnijfe ben ^Pflidfetcn gegen Äaifer unb Steid^ nid&t »iberfprcd^en, aber toenn fie fogar gegen Äaifer unb 9teidd unb gum Unl^eile beS le^teren gefd^toffen toerben, fo !eine SKad&t oorl^anben, um bie ?PfIid&tX)ergef[enen gu ftrafen unb gur (grfflUung il^rer 5ßflid&ten gu gmingen. «S3ei ben großen Kontingenten {ann baS 9leidd meber auf il^re gefe^m&gige Störle gAl^Ien, nod^ barauf, baß fie flberl^au^t gefleüt toerben, nod^ baß auc^ nid^t ber @tanb, ber aud& fein Kontingent gefieüt ^at, mitten im Äriege unb in ben gefai^r*

» Sögl. biefe« SOÖerf. »b, III. (3. «ufl.) »u« I. (&ap. V. @. 79-83. @. 86,

2)ie etilen fe^S Sa^re feiner Uttetaxif^en unb afabemtfd^en SQ3irlfamIeit. 61

Kcftpen SDlomcnten für fidd Sleuttalitätfi» unb griebengöctträge mit bem 9lcid(|8feinb eingebt unb bie angegriffenen aJlitjiänbc il^rcr eigenen @d&n)ft(ige unb ber t)ernid&tenben Uebermad^t belS S^einbeS ))retlSgiebt.'' „Unb ntd^t blog bie Xl^at, fonbern ft&nbifd&e 9lei$StaglSt)otQ lonnen bal^in gelten, bog il^nen il^re fonfiigen SSerbinbungen ni(i^t erlauben, an ber ^uffleOung eines Sleid^ScontingentS unb an ber Slbfai^rung ber 93eitrftge gu bem Ariege tl^eiljunel^men."

2)ie ©efunbl^ett beS Staates offenbart ftd& nid^t fomol^I in ber Stulpe beS O^tiebenS aU in ber 93emegung beS Kriegs, toeil in btefem bie Araft beS Sufammenl^angeS aller mit bem ©anjen erfd^eine, toie t)tel t)on il^nen forbem gu lönnen ber Staat ftd^ eingertd^tet l^at, unb mie Diel baS taugt, loaS fte auS eigenem 5£rieb unb ©emtttl^ fflr il^n tl^un mögen. „@o l^at in bem Ariege mit ber frangdfifd^en 9lepublt! SDeutfdglanb an ftd^ bie Srfal^rung gemad^t, n>te eS fein @toat mel^r ift, unb ift feines politifd^en SujtanbeS fomol^t an bem Ariege felbft, ate an bem ^rieben inne geworben, ber biefen Ärieg enbigte unb bcffen l^anbgreiflid&e Slefultate fmb: ber SBerluP einiger ber fd^Bnflen beutfd&en ßänber, einiger aHiHionen feiner JBeiool^ner, eine ©d&ulben= lafl, auf ber fübUd&en §alfte flarfer als auf ber nörblic^en, toeld^e baS Slenb beS AriegS notig toeit l^inein in ben Gerieben t)ertSngert; ba§ auger benen, toeld^e unter bie ^errfdgaft ber Eroberer unb gugleid^ frember @efe^e unb Sitten gelommen, nod^ Diele Staaten baSjenige Verlieren toerben, »oS i^r l^bt^fteS ®ut ift, eigene Staaten gu fein."^

S)iefeS l^odgfte ®ut ]§at S)eutfdglanb oerloren. „@S ift !ein Staat mel^r." ®ie Sd&ulb trägt feine bisl^erige SJerfaffung in il^rer t)er= faffungSmäfeigen ©efe^lofigfeit, in il&rem 2Rangel aKer energifd&en gentralfroft, in il^rer „Staatlofigleit" unb „gfinanglofigfeit". 3n einer DerfaffungSrnftfeigen ©oncentration feiner militarifd&en unb finan- gießen Aräfte liegt bie erfie Sebingung gu einer SBiebererneuerung beS beutfd^en Sleid^S.

2Ba8 §egel mit biefer feiner Sd&rift über S)eutfd6Ianb t)or allem begtoedt gat, toar ein Qfortfd&ritt beS beutfd&en »etoufetfeinS. SBaS bas beutfd&e 9leid6 nunmel&r toar unb getoorben toar, toollte er erleud&tenb ins allgemeine SBemufetfein erl^eben, bcnn baS rid^tigc Setou&tfein über unfereSBergangenl&eit unb ©egentoart, über baS, »aS loir erlebt unb erlitten Igaben unb nunmel^r l^abcn unb finb, ifl ber unumgdngR(fte Slnfang

1 Sögt. fRofenttang. ©. 239 u. 240. ^o^m. @. 481 1

62 ^egel in 3ena.

einer neuen bejferen 3ctt. Unb td^ weine, bafe eine foI(!ö« ©(i^rift ganj im Sßege unb in ben Sluf gaben beS $^iIofo))]^en log, toeld^er bte „^^äw ntenologie bed ®ti\it^" fti^reiben n^ollte unb fd^rieb. @r fagt ed felbft: „2)ie ®ebanfen, »eld^e biefe @d&rift entl^ftlt, lönnen Bei i^rer öffentlid^en äleugerung leinen onbem S^^ä nod^ SBirfung l^oben aU baS ä^er^ pelzen beffcn, tood ift, unb bamit bic rul^igcte 2lnfid&t, fotoie ein in bet mirltid&en 93erfl^rung unb in äBotten geniSgigteiS Ertragen berfelben ju beförbem".

n. ajabemifdöc SaBirffamfeit.

L ä^orlefungen.

^§egel8 Slnfflnbigungen erjireden pdö nad^ bcm jenaifiäöen Driginols faialög (Don bem bie Unit)etfttAt8bibnot^e! nur ein einjigeS €£emp(ar auf» betOQl^rt l^at) burd& einen Seitraum t)on breijel^n @eme{tern: t>om SBinter 1801/1802 bis gum JBinter 1807/1808. 3n bem ©emeper nad& ber ©Alad&t (1806/1807) feP fein 9lame. 3tt ben beiben ©tm^^txn 1807 unb 1807/1808 toar er nidftt mel^r in Scna, f onbem auf Urtaub fd^on in 93amberg: bal^er rebucirt p$ bie Sd^^ feiner j[enaifdgen ©emeßer auf gel^n. 2)ag er, n)ie 9tofen{ranj annimmt, in ben beiben ©ommer« femepem 1802 unb 1804 nid^t gelefen l^aben foD, ba er bod^ a3or= lefungen angefttnbigt l^at, n)ügte id^ nid^t gu Begrflnben. Ütid^i immer tP bie ©tunbe ber SSorlefungen angegeben, niemals bie S^tfil ber ©tunben unb bie SBoc^entage.

3n ben t)ier erpen ©emePern (1801—1803) fjat er nod& mit ©d&eßing gufammen geleiert, ia in bem erpen ©emePer (1801/1802) fogar ein ))^tIofo)}]^ifd^eS 2)iSputatorium unter feiner unb ©d^eDingd gemeinfamer ßeitung onge!ünbigt.

S)ie burdbgSngigen ^au))tt]^emata feiner S^orlefungen koaren ßogil unb 37letap]^^fi!, baS breitl^eilige ©^pem unb 9laturred^t ((e^tered PetS nad& ffiictaten). 3)ie ßogif unb TOetapl^^p! l^eifet „fpeculatiöe 5p]^iIo=: fo))]§ie'' im Unterfdfeiebe oon ber empirifdfeen (grlenntniftlel^re; al8 3n= begriff ber Sbeenlel^re l^eifet Re ^tranSfcenbentaler 3beoIi8mu8", im Unter» fd^iebe t)on toeld^em bie Statur» unb ©eipeSpl^ilofopl^ie aU „9teaU)l^iIo- fopl^ie" begeid&net »irb. 3m SBinter 1805/1806 l^at §egel gum erPem mal ©efd^id^te ber ^ßl^ilofop^ie gelefen, unb für ben ©ommer 1807 3um erpenmal Sogif unb SJletapl^^pI nad^ t)orauSgegangener ^l^Ano» menologie beS ©eipeS mit gu ©runbelegung feines nunmel^r er-

2)te erflen fed^S 3a(Te feiner littetarif^en unb afabemtf^en äBirtfamtett. 63

fd^iettenen SßerfeS ottgeßlnbigt, aber biefe 93orIefuttg ntd^t gel^alten, bentt et loot ttid^t ntel^r in ^ena.

3n bcn ©cmeficrn 1805/1806, 1806 unb 1807 M €>e8cl Qud& 93orIefungen Aber reine STlat^emati! ongelfinbigt unb jtear ^xiti)^ nietil nod^ bem 2t^ibnä^ Don Stölzl unb ©eometrte nad^ bem Sel^rbuc^ t)on Sorenj, ober nur in ben beiben erflgenannten Semefiern, gel^alten. SBarum Slofenhanj be]^QU))tet, bag er biefe 93orIefung nur ein eingigeS mal gel^alten l^abe, ift aus feinen SBorten nidfet erftd^tlid^.^X

3(6 laffe onmerfungötoeife bie Slnfünbigunflen feiner ienaifd^en SJorlefungen folflen, toie fte im ßectionölotalofle Derjeidönet finb.*

^ SlofcnfranaenS Angaben (6. 161 flgb.) finb na4 ben obigen ju benötigen, s 2)ie SBorlefungen, toeld^e ^egel bom ^etbß 1801 bid Oftem 1808 im jcnaif^en UnibetfÜ&tdfQtalog angejeigt ^at, ftnb folgenbc:

VIS 9Tit)atbocent.

1. aOßinter 1801/1802: Ge. Wilh. Frid. Hegel D. privatim Logicam et Metaphysicam docebit b. VI VII, gratis introdactionem in philoso- pbiam tractabit et disputatoriam pbilosopbicum communiter com Excell. Schellingio diriget.

2. Sommer 1802: G. W. F. H. Logicam et Metapbysicam sive Bystema reflexionis et rationis secundam librum sub eodem titulo proditurum b. V— VI, deinde jus natnrae, civitatis et gentium ex dictatis b. III— IV tradet.

3. SBinter 1802/1803: G. W. F. H. 1) Logicam et Metapbysicam secundum libmm nundinis instantibus proditarum b. VI VU; 2) jus naturae ex dictatis b. X— XI tradet.

©ommet 1803: G, W. F. H. 1) Pbilosopbiae universae deline- ationem ex compendio currente aestate (Tub. Cotta) prodituro, deinde 2) jus naturae ex dictatis tradet

5. SGÖintet 1803/1804: G. W. F. H. privatim 1) Jus naturae b. HI— VI; 2) pbilosopbiae speculativae systema, oomplectens a) Logicam et Metapbysicam sive Idealismum transscendentalem; b) pbilo- sopbiam naturae et c) mentis b. VI VII e dictatis exponet.

6. ©omni er 1804: G. W. F. H. Pbilosopbiae systema Universum ita tractabit, ut aliis lectionibus Logicam et Metapbysicam et pbilosopbiam mentis, aliis pbilosopbiam naturae doceat.

7. SBintet 1804/1805: fe^lt ba« betreffenbe ©tfld befi Katalogs.

VIS auftetorbentlid^eT ^ofelTor.

8. Sommer 1805: G. W. F. H. Totam pbilosopbiae scientiam, i. e.

a) pbilosopbiam speculativam (Lo^cam et Metapbysicam), naturae et mentis ex libro per aestatem prodituro b. VI— VII vespertina;

b) jus naturae ex eodem b. IV V tradet.

64 ^egcl in 3ena.

2. SBeförbetungen.

^octl^c, bei ©etcgcnl^cit bcr SBermftl^Iunflöfeicr bc8 6tb})rittaen Äarl gricbrid& mit ber tufpfd^cn ®ro6fürjiin ajlaria ^ßautotona aur „ßEccKcnj" ernannt, loar unfercm ^egel unb feiner ©ad&e günflig 9e= finnt unb förberlid^. 3m fjebruar 1805 tourbe ^egel Don ben fürjts lid^en ßrl^altern ber UniDerfitftt 3ena gum aufeerorbenttid^en ^Profeffor ernannt unb im folgenben Saläre t)on SBeimar mit einer jäl^rUd&en Sefotbung Don l^unbert SCl^atern bebad&t, waä il^m ©oetl^e in einer freunblid^en Sufd&rift Dom 27. 3unt 1806 mitgetl&eilt l&at^ S)ie »e= folbung toar freilidö fel^r Hein, aber aud& ba8 ßanb toar Kein, bie jtaflen erfdgö))ft, ber Arieg in @id^t unb ber ^ergog in ber ©enel^migung neuer SluSgaben Äu6erji fifetoierig. „Selben @ie SeüommenbeS", fd^rieb ©oet^e, „aü einen Semeis an, bafe id& nid&t aufgel^ört l^abe, im ©tillen für @ie ju n3ir!en. 3^cir loünfd^te id^ mel^r angulünbigen, allein in fold^en Sollen ift manche« für bie 3ufunft getoonnen, toenn nur ein- mal ber Slnfang gemadfit ip."*

9. ä&tnter 1805/1806: G.W. F. H. a) Mathesinparam,etqiiidem Arith- meticam ex libro: Stahls «Anfangsgründe der reinen Arithmetik», 2te Aufl., Geome triam ex libro: Lorens' erster Cursus der reinen Arithmetik h. n III. b) philosophiam realem, i. e. naturae et mentis ex dictatis h. IV— V. c) historiam philosophiae h. VI— VII tradet.

10. Bommtx 1806: G. W. F. H. a) Mathesin puram et quidem Arith- meticam ex libro: Stahls «Anfangsgründe der reinen Arithmetik», 2te Anfl., Geometriam ex libro: Lorenz' Grundriß der Arithmetik und Geometrie, 2te Aufl., h. 11— III. b) philosophiam specula- tivam 8. logicam ex lihro suo: «System der Wissenschaft» proxime proditnro h. IV— V. c) philosophiam naturae et mentis ex dic- tatis h. VI— VII tradet.

11. SQßinter 1806/1807: S)te anlünbtgung ^egelS fel^It.

12. ©ommer 1807: G. W. F. H. a) Mathesin puram etc. (tt)ie oben); b) Logicam et Metaphysicam, praemissa Phaenomenologia mentis ex libro suo: System der Wissenschaft, erster Theil (Bamb. u. Würtzb. hey (roebhardt 1807). c) philosophiam naturae et mentis ex dictatis. d) historiam philosophiae docebit.

13. SB int er 1807/1808: G. W. F. H. Lectiones suas phUosophicas redux ex itinere indicabit.

> IBrtefe Don unb an ^eget. I. @. 39.

2)ie erften fe^s 3aite feiner litteratif^en unb atabemif^en aOßitlfamteit. 65

ni. ScnQifcftc 3ujiÄnbc unb ?Jerfonen. S)er litteratif^e SRfldgang.

®cr littcrarifd&e ©au8 in 3cnQ, locld^en ^cgcl gefflrd&tct l^atte, tt)ar fdgon im Slüdgange begriffen. 2)ie ®ebrflber @d^legel unb S^ted, biefe §ftut)tet ber neuroniantif(ften ©d^ulc, l^atten 3ena öerlaüen. gricbritft ©(Rieflet ^atte jum erften- unb einjigenmal im SBintetfemefler 1800/1801 aSorlefungen über 5£rQndfcenbentaI))]^iIofo))]^ie unb bie 99e- ftimmung be8 ©elel^rten gel^alten; 9{oDQÜd mar geflorben, Bä^iUtx nad^ SBeimar, tJfidgte nadg 99etlin flbergefiebelt. 2)ie allgemeine Sitteratur» aeitung, mit ©cld&er 31. SQB. ©cölegel unb ©d&elling fo l^Äfelicfte ^ftnbel gel^abt l^atten, ftanb im 93egriff, nad& einer ad^tjel^niftl^rigen aBirIfam= feit (1785—1803), Don großen S5erfi)re^ungen gelotft, unter ©ottfrieb ©d^ü^, il^rem Segrünber, in bie bcnad&barte preufeifd&e UniDerptät ^QÜe Q. @. au8}un)anbern, lo&l^renb ©oetl^e fd^on für bie Unternel^mung unb Segrünbung einer neuen ßitteroturjeitung in 3ena ©orge ge= tragen l^atte, toeld^e unter (gic^pabt» Ceitung mit bem 1. Sonuar 1804 ins Seben trat.

a)ie 3eitöer]^Ättniffe ftanben für ^ma ungünjKg. ©eit bem leibigen Sltl^eiSmudftreit unb ber Sntlaffung (^idgteS l^atte ftd^, toie ©oetl^e fd^reibt, ein l^eimlid&er Unmutig ber ©emütl^er bemftd&tigt; baju !am baS JBorgefü^l eines beDorfiel^enben SBerfallä, ju toeldftem Diele Urfad&en jufammengettjirft l^aben. SDer 3ug bon 3cna fort lam jur §errfd&aft unb übertoog bie anjiel^enbe unb feft^altenbe Araft, tt)eld^e 3ena in ben testen 3)ecennien beS vorigen ^al^rl^unbertS fo glänjenb beioiefen unb feit ber 3Ritte biefeS Sal^rl^unbertd Don neuem ausgeübt ^at.

6ine ftarle Sugfaßft ging gerabe bamals Don ber lur- unb neu» ba^rifdöen, neu organifirten UniDerptöt SBürjburg aus, tool^in ber 3urift §ufelanb, ber Drientalift unb SEl^eoIoge jpautuS unb ©d&elling im §erbjl 1803 gerufen mürben. ?JauIuS l^atte no^ lurj Dorl^er pd^ in 3ena ben älul^m erisorben, bie erpe ©efammtauSgabe ber SBBerfe ©pinojaS auf eigene ßoften beforgt ju l^aben. ®er erpe Sanb, Don §cgel freubig begrüßt, toar Dpern 1802 erfd^ienen.

2. Immanuel ^liet^ammer.

N^Ieid^jeitig mit ^auIuS unb ©dgeQing ^atte nod^ ein britter SanbS=

mann ^egels 3ena DerlaPen, um bem Stufe nad^ äBürjburg i^olge ju

leipen: Sfriebr. Immanuel 3?iet]^ammer aus JBeitPein, unter Tegels

i^reunben tool/l ber treuepe, ))robe]^altigpe unb ^ülfreid^pe. ^ Sr l^atte

66 (Qt^tl in 3ena.

ate aufectorbentlt^er ?Ptofcffor bcr ?p]^iIofo>]^tc flcmciitfam mit Si^te ba8 ^rtUofo^l^ifcfte 3oumar (1795—1797) l&erauSflcgcben, toorin icnc gorbergsOfi^tcfd&en SluffS^c crfdfitcnen loaren, toct^e bic Slnflage unb 93erfoIgung loegen Sltl^eiSmud l^etDorriefen. 3n ber Sad^e, in il^ter SSertl^eibigung unb getic^tlid^en SSerantoortung, toax ^lietl^ammer mit Sfic^te gana einDerflanben gmefen, nid^t ober in ber Slxt unb SBeife, tt)te biefer bie loeimatifd^e Slegierung Dor ber Sntfdgeibung bebrol^t unb baburd^ ben 93ertt)ei8 unb bie Sntlaffung gleic^fam an ben paaren l^erBeigcjogen l^ottc*

3n feiner 93efonnen]^eit l^atte er bie mol^Igemeinte SBarnung ru^ig über {td^ ergel^en kffen unb feine Sel^rfreil^eit fo ungefr&nft betool^rt, bag biefer megen SUl^eidmud angeKagte unb t)erfoIgte $rofeffor ber ^l^ilo- fopl^ie an berfelben UntDerfität nad^l^er als $rofeffor ber Sll^eologie unb Seiter bed l^omiletifd^en Seminars n)ir!te. Sin fold^er QaU ifl faum ie in einer alabemtfd^en Saufbal^n t)orgeIommen. 3e^t mürbe SWetl^ammer als eDangelifdfter DBerpfarrer unb 5Profeffor „ber ©ection ber für bie JBilbung ber religiöfen SJoßSle^rer erforberlic^en Äenntniffe" berufen. @o l^ieg in ber Qpxaiit ber neu organiftrten UniDerfit&t fürflbifdgöflid&en %nben!enS bie tl^eotogifd^e O^cuItAt.

Slls bie ba^rifc^e ^errfd^aft in SBürjburg nad^ bem i^rieben Don ^e^urg (26. 2)ecember 1805) ein DorlüufigeS ©nbe genommen l^atte, blieb 9Het]^ammer in ba^rifdgen 3)ienflen unb tourbe jur Seitung ber tl^m anvertrauten Unterric^tSangelegenl^eiten erft nad& 93amberg als „SanbeSbirectionSratV (1805), bann nadg ailflnd^en, ber ^auptflabt beS neuen J!önigreid^S, als ,,&ntralfd^ul' unb Stubienratl^" {Dhex- fd^ulratl^) im ^^^l^jal^r 1807 berufen. 6r lebte in einer fel^r glüdt» lidgen &^t mit ber äBittioe beS Z^eologen unb Airdgenratl^S 3)öberlein, ju beren ©J^arafteriftil l^ier nur bemerft fei, ba§ §egel mit il^r auf baS tJrreunbfd&aftlid&pe berlefirt, aud6 correfponbirt l^at unb, fo oft er il^rer gebeult, fie gern „bie befie Qfrau" a^^ nennen })flegt.*

3. ^^Uofop^if^e 2)ocenten.

S£ro^ bem SBeggange ber S^elebritAten unb ber ^bnal^me ber i^requenj blieb bie Heine UniDerfit&t nod^ eine 3eitlang Don pl^ilofo-

1 »ßl. bief 2Bet!. »b. V. (2.«uf[. 3ub..Slu«ö. ©b. VI.) »u* n. (S.Qp.lV. 6. 284—303. s SBon ben 274 fflummem, locl^e ^egels gefammter adneftte^fet 3&^lt, tommen auf feinen S9rieftt)e$fel mit Slietl^ammet 101, Don benen $egel 84, 9liet^ammer 17 gefd^riebcn (at (bagu 1 SSrief an bie Srrau).

^ie etflen fe^S Sa^re feinet IttteTattf^en unb afabcmifd^cn SQßirtfamteit. 67

l)]^if(ften ßel^rfrfiften gerabcgu übcrf^iDemmt. 3m ©omtnct 1803 bc= trug bie ©efammtial^I aUet S)ocenten 52; baDon l^ielten 12 pj^tlo^: fo))]^if(^e äJorlefuitgen: 3 otbentUd^e, 2 augerorbentitdge $rofe{foren unb 7 ^Priöatboccntcn. 3)tc Sö^I ber ^PrtDatboccnten bet 5piöitofo})l^ie Derl^iett ftdg ju bet 3^^I bet ^riüatbocenten bet ))]^tIofo))]^tfdgen i^acuttat toie 7:9. 3m SBinter 1803/1804 gab eS 48 ©ocentcn, alle geregnet; 12 baDon l^telten ))^iIofopl^tf^e 93otIefuttgett, alfo budgflabltd^ bet Dtette 5£tizil bed ganjen ßel^tperfonals. 3tn @ommet 1804 jA^Ite bie ))]^iIo= fo))]^tfAe f^cutt&t fieben $rtt)atbocenten, barunter fec^S ^rit)atbocenten far $]^t(ofo))]^te; bie S^U ber ))]^iIo[o))]^ifdgen Seigrer Derl^iett ftdg ju ber 3^^! ctDec Seigrer xoit 9 : 42. Sd toai ein ^idi^t t)on Special- coQegen, in meldgem ^egel ftedte. 9teben i^m lefen loir in ber an^^ gefeierten Seit bie SRamen Äirften, 3. 3t. gfrieä, Ä. gl^r. Äraufe, 3. S. @*ab, SBermel^ren, Sr. 9lfi, ®. ©ruber, ®. ^enrici.

Srft mit ber Sdglad^t unb in t^olge berfelben ftnberten ftd^ biefe unnatürliti^en unb ungefunben SBerl^AItniffe, bie SSudgerungen ber ^j^ilo^: fopl^ie l^örten auf, aber bie gange UniDerfitAt geriet]^ nunmel^r in 9%üd(gang, in einen tiefen unb lange anbauernben ä^erfaff.

4. (Befelltge ittetfe.

S)er gefeQige SSerlel^r, einfad^, vielfältig unb ergö^ttd^, U)ie er an bem anmutl^igen Drte geioefen unb geblieben ift, l^atte burd^ bie 3totf) unb bie Unbilben ber 3eit leine bauernbe @inbu§e erlitten. 3n einigen Käufern, beren jjebed aDe Dierjel^n S£age feinen ©efeQfdgaftSabenb l^atte, tt)ie bod {^rommannfdge, jtnebelfd^e, ©eebedfc^e ^oud, isar ^egel ftets ein gern gef eigener, l^eiterer unb unterl^altenber ®afl, ben man ungern cntbel^rtc unb jiets in guter unb vergnügter (Erinnerung bel^ielt. 3)er ajlaior R. ßubtoig Von Änebel toar im ^a^^x 1805 von SBeimar nad^ 3ena übergefiebelt; ber ^l^tjfüer ä^ljomad ©eebed, berül^mt burc^ feine ^ntbedungen ber SEl^ermoelettrtcitat unb ber entoptifd^en t^arben, l^atte adöt ^df^x^ l^inburcö feinen 5ffio]&nft§ in 3ena genommen (1802—1810) unb fid^ bort mit ^egel befreunbet. @ie l^aben fid^ fpftter in 92ürnberg unb jule^t in JBerlin »ieber Vereinigt. 3n 3ena tourbc il|m fein ©ol^n 3Äori§ geboren (8. S^nuar 1805), beffen einfid&tS« unb froft* Vollem ßurotorium bie Univerfitftt 3cna in ber jioeiten ^ölfte biefeS 3a]^r]eunbert3 il^re gtoeite SBlütl^e verbanlen follte.*

^ 9>gl* meine ,, (Erinnerungen an SJloti^ @ee(ed'. lln^ang von ©oetl^e unb X^omofi eeebed. (^eibelbetg 1886.) Sap. I. @. 1—21.

68 ^cgel in 3ena.

/

IV. S)ic Jpi^aitomcnologie unb bic ©(ftlod&t. 1. 2)afi SQßett unb ber Streit mit bcm S^etlegcr.

Stani l^atte bcn vierten unb legten Il^etl feiner metopl^^fifcöen 3latur= ober Äötperlel^re (SetoegungSlel^re) ^l^ftnomenologic genannt, ba l^ier bie ©runbfä^e Don ber SRobalilftt ber aSetoeguna, b. 1^. Don ber 2lrt unb SBeife, toie btc Bewegung Dorgefiettt toerben muß ober toie biefelbe erfc^eint, auögefül^rt lourben: bie Seigre Don ben ©rfdöeinungS« arten (^^dnomena) ber Seloegung.^ 3)ad ^anpttoexl, loeldged $egel in 3ena Derfafet l^at unb fdöon ju ßnbe beä ^al^reS 1805 l^erauö« gugeben hoffte, l&anbcfte Don ben ©rfdöeinungSarten (nid^t ber Setoegung, fonbern) beS SBiffenS, Don ben not^toenbtgen (SntioidlungSftufen beS 93eU)ugtfetnS Don ber niebrigften ber finnlid^en ©etoig^eit bt§ gur l^oc^flen beS abfoluten SBiffenS; bie[e feine Se^re Don ben €ntioi(!(ungd- formen ober ©rfd&einungSarten (5P5änomena) beS SBiffenS nannte er „^pi^ÄnomenoIogie beS ©eifteS".

2)ad SBer! foKte bei bem 93ud&]^dnbler ©öbl^atbt in Samberg gebrudt unb Derlegt merben, aber ^egel befolgte nid^t ben loeifen ©runb» fa§ Äant3, ber ben ®rudE feiner SBerle erft beginnen liefe, toenn bie» felben Dom erflen bis jum legten Sud^ftaben fertig auf bcm Rapier ftanben, gefdgrieben unb abgefd^rieben. SBdl^rcnb bie ^l^dnomenologie nod^ in ber SIrbeit mar, befanb ftd^ baS unDoüenbete SBer! fd^on im S)rud(. Srttt ben 93ogen foDten 18 ©ulben bejafjlt n)erbcn unb bie erfle ^filfte bed ^onorarS föDig fein nad^ Slblieferung beS gangen SDlanufcril)t8. ijl miBKd&, Don einem unter ber 5eber befinbUd^en SBerl gu bcfiimmcn, toetd&eS bie erfle ^cltfte ift.

3m Sf^bruar 1806 l&atte bec ®rudE begonnen, im ©e})tember toaren 21 ©rudtbogen fertig gefieüt unb §egel beS ^onorarS in öufeerfier SBeife bebürftig, aber ber SBcrIeger, nadöbem er bie Dertragä« möfeigc 3ö^t ber ©jemptare Don 1000 auf 750 l^erabgefe^t unb bem= gemAg bad Honorar abgeminbert l^atte, Dermeigerte |ebe S^^ltung, el^e baS gange ajlanufcript in feinen ^dnben fei. $egel, Dotter aJlifetrauen gegen bie 9leblid&leit beS SSerleger«, ber guglci^ ber Suc^l^önblcr unb Suc^brudEer loar, l^atte bie ^ülfe feinet i^reunbeS Stietl^ammer in- Sambcrg angerufen, unb biefer l^atte in einem SJerlrage Dom 29. September 1806 ftd6 anl^eifd&ig gemad&t, bie gange Sluflage, fotoeit fte gebrudtt ©ar, gu laufen unb gtoölf ©ulben für jebeS ejemplar gu gol^Ien, toenn

1 aSgtbiefeÄSQÖerl. 93b. V. (4.aup.) »ud^I. €a<).I. 6.8. (S.ap.iy. ©•45fl8b.

^ie erftcn fe^il 3a^te feiner litterarifAen unb ofabemtf^en SDirtfamtett* 69

ntc^t ba8 ganjc SKanufcript Bis gum 18. Dctobcr abgeliefert fei. 3l\xn gal^Ite ber ä^etleger boS Honorar für 24 Sogen ate bie angenommene ^Älfte beö ©anacn. 3Jlit biefer feiner Sürgfd&aft l^atte SRietl&ammer bem S^eunbe in 3ena einen mal&ren ^^eunbfd&aftfibienft ertoiefen, ,,einen l^eroifd&en", fagte ^egel, ber nun auc^ feine SBer^ftiti&tung um jeben $reis erfflOen tooQte. Sis gum 18. October!

„SDic §auptfad6e, baS Slbgel^en be« gangen SOfianufcriptS, foK un« fel^Ibar biefe SBoc^e öon mir erfolgen." @o fd^rieb er SWontag ben 6. Dctober. 8(m 8. Dctober fenbet er bie §Slfte, bie anbere foll Freitag ben 10. nad&folgen. „Sie ®rö§e meines ©anfeS für S^te ^reunbfd^aft !önnte ic^ nur gang fagen, menn i$ S^nen befc^riebe, in toeld^er jperplerität icft über biefe ©ad6e getoefen bin." „®inge ein Sll^eil biefed 97lanufcri))t3 Verloren, fo loügte id^ mir !aum gu l^elfen, i4 toürbe a \i^totx loieberl^erflellen iSnnen, unb biefeS ^al^r nod^ tonnte bann bad 3Ber! gar nid^t erfd^einen."^

2. 2)ie 64Ia4t bei 3enQ.

3n feinem ©riefe öom 17. September l^atte ^egel gefürtfttet, ba6 allem Slnfc^eine nad& ber Ärieg, „ber ®ott fei bei un8", ausbrechen n)erbe; er l^atte bann auf baS Selben ber i^riebenSlüfte „ber Cctober- gepl^^re" umfonfl gel^offt, nad^bem fd^on 3lapoUon in 93amberg baS ))reugif(^e Ultimatum erl^alten (7. October) unb bie Jtrieg8))ro!Iamation an fein $eer erlaffen l^atte. 3e^t ging aOeS na))oIeonif^, b. ff. UHj- fernen. 2)er SluSbrud^ beS jtrieged xoax ba; er ftanb nid^t blog Dor ben Il^oren 3ena8, fonbem war fd^on in feinen SWauern. Slm 13. Dctober tourbe bie ©tabt t)on ben grangofen befe^t, 9iapoleon felbft toar er= fd&ienen. „Sen Äaifer, biefe SBeltfeele, fal^ idö burdft bie ©tabt gum SlecognoSciren l^inauäreiten; e8 ifi in ber SEl^at eine ©unberbare @m))finbung, ein fotd^ed 3nbit)ibuum gu feigen, baS l^ier auf einem 5ßunlt concentrirt, auf einem 5Pferbe ft^enb, über bie SBelt übergreift unb fie bel^crrfd&t." „33on SonnerStag bis 5Wontag finb foldfie fjort« f (dritte nur biefem augerorbentlid^en äJlanne mögli^, ben eS nid^t möglid^ ift, nid^t gu beiounbern." 93on feiner SBol^nung aus fielet ^egcl um 11 Ul^r nad^ts auf bem gangen 3Äarfte bie Qfeuer ber fran= göpfd^en SBataiüone, Dor fid& baS Ie§te nod^ übrige 3Äanufcril)t ber $^anomenologie.

1 abriefe Don unb an ^egel. I. 6. 66. 0&x, \>om 8. Oct. 1806.)

70 ^egel in 3ena«

Slm 18. OctoBer rtd^tete ©oet^e ein Stunbfd^retBen an bte gfreunbe in ^ma, um gu etfol^ren, ipte eS il^nen gel^e unb tt)Q8 fie in ben Zogen ber Sdgtai^t gu erletben gel^abt. Sine feinet Slbreffen lautete: „2ln §errn 5Profeffor ^egel auf bem alten Sed^tboben". ^cget gel^ötte gu ben ®e))tfinberten unb befanb \iä^ in einer fotdgen ©elbnotl^, ba| ®oet]^e j!nebeln beauftragte, il^m „Bis gu gel^n Zl^alern" gu geben (28. Dctober).

Snbtid^ am 20. Cctober fonnte er ben äfteft beS äRanufcriptS, bie legten loenigen Sogen, xoAäit er fett ber 9{ad^t beS breigel^nten in ber 5£af(^e mit fid^ l^erumgetragen l^atte, nad^ Bamberg fdgidFen. 3m 3anuar 1807 folgte bte SSorrebe. Site er bie 3ufenbung beS SBerleS feinem gteunbe ©d^elling in 5Wand^en anfünbtgte (1. SKai 1807), bemerÜe er im ^inblidt auf bie ©t^lugabfdgnitte: „Xie größere Unform ber legten ^artieen l^alte S)eine 9lad^{tdgt aud& bem gu ®ute, bag id^ bie SRebaction überl^aupt in ber ajlitternad6t öor ber ©cftlad^t bei 3ena geenbigt l^abe**.^

ein SKenfc^enalter f})öter l^at ^riebr. Stapp fein @d^rift(^en* „®. SB. Qf. §egel ate ®^mnafialrector" mit ben SBorten begonnen: ,,Unter bem ©onner ber ©d&lad^t bei 3ena l^atte §egel feine jpi&dno- menologie beS ®eißed t)oIIenbet. 3Slan l^at bie oft mieberl^olte Eingabe biefer SEl^atfa^e ffir gefud^t gel^atten. 9Bir beginnen aber mit berfelben unfcre ^arftettung" u. f. f. S)iefe freilidö oft toieberl^olte Slngabe ifi nid^t bloß gefud&t, fonbem falf^. @o tl^eatralifd& bie ?P^rafe Hingt, fo unDorfteDbar ift bie @adge. 9Bir l^aben bie SSorgdnge gefd^ilbert, wie jte in SBirftid^feit getoefen finb.

8. 2)te etfie 2)t{fcren3 gtotf^en S^etftng unb ^egel.

Sd^etting l^atte Don bem SBer!e groge (Srioartungen gel^egt, fo- lange er §egel gu ben ©einigen, b. 1^. gu feinen SRa^folgern gäl&lte./ ,,Sluf ®ein enblid& erfd^einenbeS SBcrf", fd&rieb er ben 11. 3anuar 1807; „bin id6 Doli gef})annter (Ertoartung. SBa8 muß entfielen, toenn ©eine Steife {td^ nod^ Seit nimmt, il^re ^xüä^U gu reifen! 3d^ mfinfd^e 3)ir nur ferner fo rul^ige Sage unb äJluge gnr SluSffi^rung fo gebiegener unb gleid^fam geitlofer SBerfe." ^te er baö SBerf erhalten unb an- gelefen l^atte er l^atte nid&tS toelter gelefen ate bie SSorrebe , fo antwortete er nad^ einem l^alben Saläre, fid^tlid^ gereigt unb oerflimmt

^ 99tiefe Don unb an ^ege(. I. 6. 71 u. 202. > aRinbcn 1885.

^ie etilen fed^S 3a(te feinet littetattfdften unb atabemifdften SSittfamteü. 71

aber bte 93erurtl^ei(ung feinet 9lad&(eter, totli^t in bet SSortebe ju lefen ftanb. 3R\t biefem 99ttefe Dom 2. 9lobetnber 1807 enbet bte Sorte- fponbeng gmifd^en Sd&eQing unb ^egel, unb Don feiten @d^e1ItngS aud^ bie 8fteunbf(i6Qft.>^SDie Beiben el^emoUgen ^wunbe Don Xflbingen unb 3ena l^er l^aben ftd^ nod^ gtoeimal loiebetgefel^en: im October 1812 in Slümbetg unb am 3. B^ptmUx 1829 in Äattebab.*

V. Sleue ßebenöplftne. 1. 2)et SBtief an 3. $. SSo^.

\3laä) ber unglücflidgen Sd^Iadgt mugte ^egel auf eine ^enbetung feinet Sudeten ßebenSDetl^ftttnijfe Sebad&t nel^men. ©ein Heines 33ets mögen xoax längfl DetbtQud^t unb feine Sinnol^men burd^ Schriften, SBotlcfungen unb Sefolbung biet ju gering, um bat)on leben ju lonnen; bie ItniDerfttfit loar im Stüdgange begriffen, bie t^requen} gefunfen, @tabt unb Sanb in ArtegSnotl^ unb SIenb. $ren§en, o^nm&d^tig, jer- tiffen, Don AriegSf Bulben erbrüdt, lag barnieber unter ber Saft bed i^riebenS Don Slilfit OuU 1807), loogegen bie St^einbunbftaaten unter bem Sunbe mit ^lopoleon florirten, toxt 99a^em, SSurttemberg, ©ad^jen unb bad neue Aurfürftent^um SSaben.

%uf biefes le^tere l^atten fid^ ^egete ndd^fte Hoffnungen fd^on Dor ber ©d^Iod^t gerichtet: auf eine 5Profeffur an ber UniDerfitÄt ^eibelberg, »eld&e einfi Äurfürft gtupred&t Don ber Jpfalj gegrünbet (1386) unb ie|t Äurfürft Äarl griebrid^ Don Saben unter bem Slamen „9luperto= garola" erneuert l^atte (1803)/ SJon bem SBunfc^e nadö einer ?Profe|fur in ^eibelberg beniegt, fc^rieb ^egel an ^oif. ^einridb 93o§, ber in ben 3a]^ren 1802—1805 in 3ena gelebt l&atte, unb je^t Don Äarl griebridö mit einer 5ßenfion nad& ^eibelberg berufen toar, toie einfi ÄlopfiodC na^ Äarterul^e. 6r liefe in fein ©^reiben ein SQBort einfließen, toeld&e8 bei 5Bofe eine gute ©tStte fanb; Sffiie ßutljer bie Sibel, 5Bo§ ben Homer beutfc^ l^aben reben laffen, fo l^abe er, ol^ne ftd^ mit fold^en

^ SBtiefe ton unb an ^eget. I. 6. 102 u. 103 SnintQ. (SBambetg, 1. IDlai 1807.) »fil.btefe« 2Bet!. »b. VI. (2.auP.) »udj I. 6a|). XI. 6. 145 u. 146. - 3 (JEbenbaf. a9u4 L ^op* XVI. 6. 215 f[gb. Sdtiefe Don unb an ^cgcl. L 6. 350. (SBt. an 9liet]^ammet oom 23. Oct. 1812.) IL 6. 326. (SBt. ^cgeU an feine Sftau in Aatifibab Dom 3. @e^tembet 1829.) SS^ie ^egel übet 6(ieaing8 etfle gftau (AatoUne) gebadet fiat, fe^en lott aufi einet Stelle feines S3tiefe8 an 9liet^ammet Dom 4. €ctob. 1809. Stiefe. I. G. 248. @o($e Sftauen »aten gat ni^t m^ feinem Ginn.

72 ^tgel in 3ena.

SSorgingern irgenbloie Dergleidgen ju loollett, ben 93etfu(% geioagi, bie beutfd&e Spradge in bie 9lu8bTU(!dtt)eife ber ^l^itofopl^te eingufai^rett. S3og ^atte alsbalb mit bem Stegierungdbeamten (D. IReijenfleiti) ge^ f))rod&en, tt)e((%er bie Slngelegenl^eiten ber neubabifd^en Unit)etfitai }U leiten l^otte, biefer aber l^atte mit SBebauern erll&rt, bog bie Aaffe ber 2l!abemie auf bringenbe SBebürfniffc cinaufc^ranlen fei. SBal^tf^einlid^ ©ar über bie Sefcfeung ber rtilofortifd&en ?Jrofef|ur fd^on t)erfügt.

„®ott fegnc 3]&rcn entfd&Iufe", l&atte SSofe in feiner Slntioort be= merlt, «bie ^P^ilofopl^ie au8 ben SBolfen toieber jum freunblid^en SJer- lel^r mit tool^Irebenben 5Dlenf^enIinbern jurttdfjufü^ren! 68 fd&eint mir, bog ein inniges Sf^ernel^men unb Smpfinben auger ber traulidgen ^erjenSf))rad^e nid^t einmal mögli^ fei, unb baB unfere reid^e Urf))rad^e für bie freieflen unb jarteften Biegungen beS ©eifteS enttoeber 93Ubung l^abe ober gefd&meibige Silbfamleit. 6in DI^m})ier in ^irtengefialt toürbe größere SBunber tl^un, afe burd& übermenf(^Iid&e (Erfd^einungen.^

Unter Tegels ©pecialcoHegen, Don beren Uebergal^I toir fd&on ge- fproc^en l^aben, loaren gniei, bie burd^ il^re fpdtere SBir!fam!eit fid^ einen 92amen ertoorben unb @d^ule gemad^t l^aben: 3ac. g^riebr. t^rieS aus S3arb^ unb Ä. ©l^riflian ^riebr. Äraufe auS 6ifenberg.* 3ener, innerl^alb ber fantifd&en ©d&ule ber bel^arrlic^e ©egner ber metapl^^fi- fc^en unb moniftifc^en Slid^tung, loeld^e in Steinl^olb il^ren Anfang ge« nommen unb in ^^id^te unb @dgelling il^re feitl^erige ^öl^e erreid^t ^tte, toar im 3a]^re 1805 nad& ^cibelberg berufen toorben, tool^in fi(^ ^egel gett)flnf(^t l^atte; biefer, fdgon mit 21 3al^ren $rit)atbocent (1802), ber fid& innerl^alb ber öon bem Sbentitätäprtncip bel^errfdfiten Siid^tung mit einem ))anent^eiftifd^en @))ftem trug unb eine neue beutfd^ lautirenbe ^uäbrudtStoeife ber jtoedtlDibrigfien unb abftrufeften 8(rt in bie ^]^iIofo))]^ie einfttl^ren looDte, xoat nad^ 2)reiSben gegangen: „ber aufgeblafene Traufe", fagte SRietl^ammer.^

2. 2)ie SSenifung nad^ SBamberg.

^^egete Slidte rid^teten fid^ nadö Sägern unb fpftl^ten uml^er nac^ einer il^m angemeffenen alabemifd&en 5Profeffur. 35a aber Sürjburg nid^t mel^r unb (Erlangen nod^ nidgt ju 93a^ern gel^örte, unb ajlund^en

1 »tiefe öon unb an ftegel. I. 6. 57. (?Br. ö, 24. Stug. 1805.) ©gl. biefe» SBer!. »b. V. (4. «uP.) »u* IV. €q|). V. 6. 630 flgb. 6. 637. - »riefe Don unb an $egel. I. @. 48 u. 56. »t. 9liet^. SOßüraburg, 19. 2)ec. 1804. »r. ^eget«. 3eno, 4. IDiara 1805.

SHe erfien fe^S ^al^re feinet Ittterarifc^en unb alobemtf^en äßtilfamfcit. 73

nodg leine UntDerfttAi l^otte, fo gab e8 bomals feine anbete bo^ttfdge Unimptat als ßonbg^ut toomit angolfiabt feit bem Salute 1800 t)et= einigt toat. ^ict abet fanb pcft feine füt ^egel offene ©teile. a)ie afqbemif^en Pdne mußten t)otI&uftg gutfldgefteHt metben gegen bie loutnoliftifdgen. 3(m liebften l^dtte et in SOtfln^en ein ftttifd^eS Soutnal bet beulfd^en Stttetatut gegtfinbet, unb gn3Qt im Slnfdglug an bie bott neu geftiftete lontgltd&e SKabemie bet SBiffenfd&aften, beten 5Ptafibent 3acobt unb einflu§teid&e8 5Witgtieb ©d&eQing roax, obet biefet felbfl to)ibentetl^ ben ^kn unb lieg 3acobtS ungünftige unb Able Sinftüffe fütd&ten.

3)a etSffnete i^m 9lietl)ammetd befteunbete, flets l^ülfbeteite ^anb ben Sugang ju einet ))ublicifttf(j^en 5£]^fttig!eit nid^t unettoünfd^tet unb einttÄgtid^et 3ltt. 68 l^anbelte ftd^ um bie Slebaction bet SBambetget Seitung, toeld^e, im 5ßtit)at6efi§ befinblidö, untet bet Slufft^t bet ßanbeS» bel^otbe ftanb unb Don einem ftonjöfifd^en Smigtanten tebigitt n^otben tt)Qt, toeld&en bet aJlatfd^aH S)Qt)oufi mit ficft genommen l^atte; bann loat jte in bie ungefd&idtten ^ftnbe eines 5Ptofeffot Staubet getatl^en, bet bie ^(bonnenten nid^t angog, fonbetn Detfd^euc^te. S)et ©e^eimtatl^ S3a^atb l^atte 9liet]^ammetn felbft bie Stebaction ongettogen, biefet abet, aU SanbedbitectionStatl^ fdgon mit 9lmt8ge{d^aften flbetl^auft, l^Qtte obgelel^nt unb feinen t^teunb ^egel in 93otfdglQg gebta(%t. 93a^Qtb, ein l^eOet unb getoanbtet J!o))f, ging gleid^ auf bie ©adge ein, befeitigte fd^nett einige nod& im SBeg befinblid^e ^inbetniffe unb tebigitte felbfl bie 3fitung, bis §eget 3ena Detloffen fonnte,

9lo^ el^e et lam, loot 9lietf|ammet aU (Senttolfdgul^ unb ©tubien- tatl^ nacö aKünd^en Detfe^t tootben, toobutd^ fein SBitlungSfteiS be= ticad^tlid^ etioeitett unb übet baS gonge neuba^njc^e Aönigteidg auSge» bel^nt tüutbe. 3Jiii bem Sßotte be8 gelteugigten ©d^ad^etS fc^tieb ^egel: „§ett, toenn ®u in ©ein 9leid& fommfl, gebenle mein, toitt idö beten!*\/

1 SBriefe ))on unb an $egeL I. ©. 61. (S3t. Dom 6. ^ugufl 1806.) 9)g(. 6. 145. ßBt. t)om 23. a)ecembet 1807.) »gl. ©. 83-89. (»tiefe öom 16. unb 20. Bfebt. 1807.)

74 Tegels pudiciftif^c unb pftbagogif^e 9BitIfamleit im ü5niQ¥et4 Sa^cni«

@te6entel^ €apttel. Aajmi* 9te (SdlnHung feines ^mtspattlies.

I. S)tc SBombcrger S^itung. 1. 2)ad Sflebaction8gef$&ft.

\ @dgon auf bie erfle Stnfrage t)on feiten SltetJ^ommerd ^atte $egel geantmortet, bog il^n baS StebocttonSgefd^Aft tntereffiren totxht, benn er ]^a6e bie SBeltbegeben^eiten fietd mit 9leugierbe Derfolgt. Sr tarn im anfttj 1807 unb blieb bid ©übe SloDember 1808, alfo etmaS über anbertl&alb Saläre. SBft^renb bc8 erften Sabreä (öon Dftcrn 1807 bi8 Dftern 1808) galt er ate beurlaubter ?Profe|for in 3ena, fo ba§ er noc^ ein 3al^r long feine bortige Sefolbung bejog. 9iad&bem bie Sin- !ünfte ber Seitung fo georbnet maren, bag ber ©etoinn gmtf^en 93e= ft^er unb Slebacteur }u gleidgen Hälften Dertl^eilt tourbe, fo !onnte C»egel feine bamberger ginnal^me auf 1300 1400 ©ulben jäl^rlid^ Deranfd^Iagen.

3)ie «^Samberger S^itung mit Jtöniglid^^aQergn&bigfter t^reil^eit", in Quartformat auf Söf(i^))a))ier gebrudt, erfd^ien tAglic^ im Umfange eines l^alben Sogeng, ber au8 jioei 93(attern ober ac^t Spalten beflanb, beren le^te unb (tl^eilmeife) Dorle^te gu Hein gebrudten Socalnad^irid^ten unb 93elanntma4ungen Dern3enbet mürben. SSerlag unb Stebaction blieben ungenannt; fogenannte fieit= ober ^orrefponbenjartüel gab eS fo gut tt)ie leine, bie £ageiSereignif|e l^erDorragenber Slrt, an benen bie Seit rcid& unb überreif \oax, mürben aus anbern S3Iöttern gefammett, in ber Äürje mitgetl^eilt, flberftdötKd^ jufammengefiellt unb georbnet» Sine ber mic^tigften ^auptqueQen mar ber «$arifer äRoniteur". Sin einjigeS mal mer!t man ben pl^ilofopl^ifd^en Stebacteur: in ber 99e- ridftterßattung über einen ®ebäi^tnig!ünfller, ber in $ariS feine j!unfl- ftüde jum SJeften gegeben l^at, in ber SBeurtl^eilung biefer ailnemo- tedbnü, bie ein S^i^^n ber äJerrüdt^eit m&re, menn fie nid^t gefliffentlid^ unb fpielenb, fonbern unbelougt unb gleid^fam im natürlichen ®ange beS ©eifleS ausgeübt mürbe. ^

1 IBambergetSeitg. 9lr. 16. 19. aRdr^. %l.$a^m. SBorl. XII. e.270f[Qb. e. 505.

^te ®¥ünbun$| feines ^auUftanbeH. 75

2. 2)te SBeltbegeben^etten.

SBtr {tnb im na))oIeonifd6en SBeltteidge, in ber xitiUt uttb auf bet ^bfft fetner 3Slai^t, nod^ nid^t auf bent ^ödgfien ®ip\tl 3loäi tft bet fieareid&e Äriefl mit Stufelanb unb ?Pteu§en (1806—1807) nid&t beenbet, nodg ^Qt ber ftegreid^ Arieg gegen Oeflerreii!^ (1809) ttt^t Begonnen. 3lapoUon als Aatfer ber f^ronjofen unb A5nig Don dtolien, als iProtector beS Stl^einbunbe» (feit 12. 3uK 1806) pe^t an ber &p\^t ber SBelt. Sag l^eiKge romifd&e IReiiS beutfd^er Station ifl unter- gegangen (6. Sugujt 1806). UnDerföl^nlid^ bauert ber Arieg auf Seben unb Stob jmifd&cn 3tanlretd& unb gngtanb.

SBenn loir bie Beiben Sal^rgÄnge ber SamBerger S^itung Don 1807 unb 1808 burdöBlattern, toeld&e SWaffe ungel^eurer welterfd^ütternber Sreigniffe gte^t an un8 DorüBer: bie ©c^lac^t Bei ß^lau (7. ^eBr. 1807), bie einnal^me Don Sangig burtft SeffeDre (21. 3Jlat 1807), bie ©d&Iadöt Bei grieblanb (14. 3uni 1807), ber triebe Don lilpt (3uli 1807), Don fetten ber 93eftegten bie 9Iner!ennung beS ©rogl^ergogtl^umd SBarfd^au, beS AönigreidgiS Sad^fen, beS neufran3öftf(i^en ftönigreid^S SBeftfalen unter ^ieron^muS 9la))oIeon, beS neufrangöftfd^en jtöntgreid^d ^oQanb unter SouiS 3lapolton, beS $rotectorat8 beS IRl^einBunbeS unb ber Sonttnentalfperre, bie fraugöftfd^e (S£))ebition nadg Portugal unter 3unot, bie 2]^ronentfe^ung beS ^aufeS Sraganja in Portugal, bie englifd^e €s))ebition nad^ Jtopenl^agen, bad 93omBarbement ber Stabt, bie SuS* lieferung ber bfinifd^en (Jlotte (©e<)t. 1807), ber Sl^ronflreit in ©})anien jtoifdöen SSater unb ©ol^n, Äarl IV. unb g^binanb Vn. (^ßringen Don Slflurien), bie £]^ronentfe^ung beS ^aufeS SourBon in ©panien, baS neufpanifd&e Äonigrei^ unter Sofepl^ Slapoleon, ber franjöfifd^» englifd^e ßrieg auf ber p^renäifd&en ^alBinfet, ber franjöfifd&e ßrieg in ©))anien mit bem Slufftanb bed fpanifd&en 93oI!e8 (^ier lag ber aud^ Don yiapoUon Dorempfunbene Äeim feines SSerberBenS), ber Don 3lapoUon gelabene gürftencongrefe ju @rfurt, too in ben Dctobertagen 1808 bie Äl^einBunbfürjiett, an ber ©pi^e bie flönige Don Sägern, SffiürttemBerg unb ©a^fen, fic^ um bie flaifer oon gfranlreidö unb Slufelanb f^aarten, bie gl&njenben tlf^fte in SBeimar, bie ©efprdc^e Stapoleond mit ®oet^e unb SBielanb, (auter @reigniffe ber erftaunlid^ften unb intereffanteften Slrt, loorüBer $eget Don AneBel als Slugengeugen entjüdte 3Jltt' tJ&eilungen unb ©d^ilberungen erl^telt.^ 3)er ßaifer Don Deperreid^ toar

1 »riefe öon unb on^egel. 1. 6.184—186, 6.187-190. (©riefe öom 28. 6e|)t. «.7.Oct.l808.) a39I.a5amber9er3eug.l8O8. Sflr. 277-295. (3. bi« 21. Oct. 1808.)

76 ^egets ^ub(ictfiif4e unb ))ftbago(|tf4e 9BtrIfam!eit im Aömgreid^ SBa^cm.

m$t getaben unb nttjgt erfd^ienen. 3)te antinapoleonifd^en @timmungen in SBicn, in bct SScrmel^runfl unb ©tcigerung begriffen, trieben jum Ariege Don 1809, loomit fid^ Slapoleon auf ben ®i))fel feiner äJlad^t unb ^errfd^aft erl^ob.

£)bglei(6 bie 3eitung, Don äugen betrautet unb mit heutigen Slugen, ein red^it elenbed Sludfel^en l^at, fo lann man burd^ Strt unb 3n]^alt il^rer SSeric^terflottung {td^ nod^ l^eute gefeffelt füllen unb U)irb einige loeittragenbe SSegebenl^eiten mit gefpanntem 3nteref[e Don 93Iatt gu Slatt Derfolgen, n)ie nomentlid^ ben fpanifdgen Xl^ron- unb i^omilien- fireit, ber in feiner gangen Sudbel^nung Dorgefül^rt unb gefd^ilbert n)irb, Dom $3belaufftanbe in 9(ran|ueg, ber ®efangennal^me beS S^rtebeniS- fflrften unb ber Slnlunft 9la))oIeon8 in Sa^onne bis gur Sll^ronentfe^ung bed ^aufed 93ourbon unb ber ©rünbung bed neuen AönigreidgS unter 3ofe))]^ S3onat)arte, in aQen @cenen, bie ftd^ in 3(ranjueg, 3Jlabrib unb bem ©d&lojfe SWarrac abgefpielt l^oben. *

aWan toirb e3 unferem 3ßitung8rebacteur nic^t im ©mfle gum 93ortt)urf mad^en, bag berfelbe in ^Bamberg, mitten in einem Aönigreid^ Don iüngper napoleonifd^er ©d&öpfung, fclbft DoHer Sewunberung Dor Sla<)oIeon8 militärifd^em unb poKtifcftem ©enie, Dor il^m als g^bl^erm, Staatsmann unb ©efe^geber, «,bem grogen StaatSred^tSlel^rer Don $arid", fid6 nid^t in Datriotifd^er Siebe toiber bie Srembl^errfd&aft ergangen l^at. S)agu pa^\t loeber bie S^it nodb bie Seitung nod^ ber 3Slann. Sin antinapoIeonifc^eS SBort, unb bie Seitung loar Derloren. 2)ie Stimm- ungen, »eldie in ben Salären 1807 unb 1808 l^errfd^ten, toaren toeit entfernt Don ben Stimmungen, »eldge in ben ^al^ren 1813, 1814 unb 1815 gur ^errfd^aft unb gum Siege gelangen foQten.

3. (Ein bro^enbcr 6;onf[ict.

Sie mit ber Seaufftdötigung ber Jprejfe im Äönigreid& Sägern ftanb, l^atte ^cgel gelegentli^ gur ©enflge erfal^ren. 3n einem Slrtilel „3Jlfindben, ben 13. Sluguft" l^atte er bie Sladgrid^t gebradgt, bag nad^ föniglid^em 3)ecret bie ba^rif^e Slrmee in it)ren brei 2)iDi{ionen brei UebungSlagcr bei ?piattling, 3tugSburg unb Slürnberg begiel^en fotte.* 3)ie Sa^e loar fd^on in anbern Seitungen berid^itet n)orben. SufAUig

» JBamberaet Seitung uon fflx. 98 on (17. npxxl 1807 bifi aHabrib, ben 19: an&ra 1807) bie forttauf enben Säuberungen ber f^anif $en SSorgänge. Regeln X6&tigf eit rei^t bis sunt anfange bet SBuHetiniS bet flrmee in epmxtn, 9lr* SSO bi« 833 (1808). > Sbenbof. 9lr. 232, ben 19. Hugufl 1808.

2)ie Gtfinbung feines ^ouSflanbeil. 77

xoat il^m ein @tfldE Don einer Sl6f^rift beS föniglid^en S)ectet3 in bie ^dnbe ge!ommen, unb er l^otte um ber ®enauig{eit toillen ben äBort== taut in ben Slrtüet aufgenommen. Pö^Ud^ tourbe er Don feiten beS 9)lini{ierium8 mit ber @u$))enfion ber 3eitung (mag mit bem ofonomifdben 9luin beS 99efi$er8 unb StebacteurS gleici^bebeutenb toar) bebrol&t, loenn er nidfet bic SWiUtftrperfon nenne, toeld&c il§m bie SWit- tl&eilung gemalt l^abe. 6r geriet)^ in bic peinlid&ftc SJcrlegenl^eit unb fd&rieb an SRictl^ammer: ^S)a in einem fold^en fjQlIe f^Ieunige §ülfe notl^ig ifl, fo »ürbe id& feinen 9iatti finben, aU in aWüncften felBft burd& |)erf5nlid6e (Begentoart ®nabe gu erfKel^cn".^

Sr loar fd^on in 9lfim6erg, als er erful^r, bog bie Samberger Seitung plo^Iid^ Verboten unb bie ^reffen Derfiegelt morben feien; er begog bie ÜJta^regel auf jene frühere Slnbro^ung unb geriet)^ abermals in* bie l^cftigfte Unrul^e, bi« er pdfeer toar, ba^ Jtoifd&en beiben SSor« fällen lein 3ufammen]^ang befleiße.*

II. S)er Uebergang gu einem neuen ßel^rami 1. 2)tc ScitungSgalecre.

^ber eine fotd^e abgefd^iebene Unabl^Angigfeit, beren fic^ ein SeitungSrebacteur in einer ba^rifd^en ^roDingialftabt erfreuen !onnte, xoai IeineStt)egS nad& Tegels 3Bunf$ unb Sinnesart, benn er xoat, toie feine ßel&re, öiel ju fiaatlidö gepnnt, um in einer arbeit JBefriebigung gu finben, bie nid^t in bie Orbnung unb baS ®efüge ber offentlid^en 3ntereffen eingegliebert toar unb nid^t felbfl an il^rer ©teile förbemb unb leitenb in baS @ange eingugreifen Dermod^te. Sel^r balb feufgte er über ba8 „3"tung8iod6", über bie ^SeitungSgaleereV ©d^on ben 30. SDlai 1807 fd^reibt er an SRietljammer: „®iefc Arbeit lann nid^t als ein foIibeS gtabliffement angefcl^en toerben". „©o Dcrfül^rerifdö bie ifolirte Unabl^öngigleit ifl, fo mufe jebe im Sufammenl^ange mit bem ©taat unb in ber Slrbeit für benfelben jtel^en. 3)ie Scfriebigung, bie man im ipriöatleben gu finben glaubt, ifi boc^ tdufd&enb unb un= genügenb."' Unb ein Sal^r ]\iäkx: „6in Slufentl^alt in einer 5ProDingiaI= ftabt fann immer ats eine SSertoeifung angefel^en toerben, toenn man eS aud^ l'elbft toftre, ber fid& öertoiefe. SRur eine Uniöerfitftt, bie ftd&

1 »tiefe tt. f. f. I. 6. 183. (»r. öom 25. 6e|)t. 1808.) - « «benbaf. L 6. 220 Pub. (»r. an Sflietl^ammer tom 20. gfebr. 1809.)- » ©benbof^ I. 6. 112.

78 Regelt ))ublict|}ifdic unb pabagogifd^e SOßtrlfamlett im Adnlgrcid^ Säa^ent.

gleid^faÜS jutn oberften Sientrum Don £]^dttg!eit unb 3ntereffe ntod^t, !ann mit einer ^auptftabt rtDalifiren unb ftdg felbft }u einer machen. ''^

2. 9iarnberg, mtorf, Erlangen.

^^egete fcl^nlid&fler SBunfdft ging auf eine Ba^rifdbe Uniöerfttftty 3n 5olfle ber 9H^einbunbSacte (12. 3uli 1806) tourbe baS ®ebt^ ber otten unb berül^mten 9leid^Sftabt 9tflmBerg mit ber baguge^örigen Uniöerjttftt Slltorf bem Äönigreidfe SBa^em einöerleiBt. Sie Unitoerfitdt Sntorf n)urbe im Solare 1809 oufgel^oben unb mit (Sriangen bereinigt.

S)q8 Orfi^li^ntl^um Sa^reutl^ mit ber il^m }uge]^5rigen Unit>erftt&t Erlangen, öon 1791—1806 unter ^rcufei^cr 8legicrung, t)on 1806 bis 1810 unter franjoftfc^er Sertoaltung, tourbe ebenfall« bem Äönig* reidfte SSa^ern cinDcrleibt (29. 3uni 1810). 6in löniglid&eS SJecret bom 25. 9lot>ember 1810 t)erlflnbete, bag nunmel^r baS AönigrSid^ 93a^ern iXod DoOftdnbige UniDerfttdten l^aben foKte: Sanbdl^ut unb Sriangen. 3ene8 tt)ar bie !at]^oUfd^e, biefeS bie proteftantifd^e SanbeS= uniüerfitftt. >^eitbem concentrirten fid& Tegels SDBünfdöe auf eine ?Pro- feffur ber ^^Uofopl^ie an ber UniDerftt&t Sriangen. 2)od& lag biefeS 3iet in ber 3ferne unb lonnte im Saläre 1808 nod^ niddt in 3frage lommen. /

Sine proteftantifd^e UniDerfit&t l^atte il^m fd^on in ^Bamberg ate Siel feiner SBünfdfte öorgefdöwebt. „2lIfo, befier gfreunb", fd^rteb er ben 23. SJecember 1807 an JRietl^ammer, «eine mel^r ober toeniger ^roteftantift^e Uniberfität n)erben @ie und gen)i^ not^ belommen ober gurid^ten, unb bann, in biefem Sl^rem Sleid^e, gebenlen Sie meiner! §icr unb an ber Scitung laffen ©ie mid^ ntd^t."*

8. 2)er neue @4uI|)Ian.

2ll8 Oberfdftulrat]^ in aWünd^en unb einflufereid^ßeS SWitglieb ber „©ection für bie öffenttid&en Untcrrid6tS= unb Srjiel^ungSanflalten" l^atte ?(iet^ammer ben neuen @d&ul= unb ©tubienplan ausgearbeitet, ber burdö ba8 löniglic^e Sbict t)om 3. SRoöember 1808 ©efefeeSiraft erl^ielt unb als «?lßgemeinc8 SRormatit) für bie Sinrid&tung ber öffent= lidften Unterrid&tSanftaltcn" ben SBel^örbcn öerlünbet tourbc. 2)lan nannte il^n aud^ ben Slietl^ammerfd^en Sd^ulplan.

» abriefe bon unb an §egel. I. 6. 169. (»r. t>. 20. fOiax 1808.) « dEben« baf, I. B. 145. $gr. biefeS SBerl oben iS^ap. VI. 6. 731.

S)ie ®tfinbuno feine» ^auSftanbeS. 79

ajtefcm ^ßlane gcntäfe folltc bcr öffcntlid&c Untertid^t ton ben @(ementarfd^ulen, b. f). ben in gioei klaffen obgefluften ^rim&rfdguten ju ben Jßrog^mnaficn unb Sleal» ober SBürflerfd^uten fortfd&reiten, bann ju ben ©^mnafial- imb Slcaltnftituten auffieigen, fo bafe bie ß^ceen eine getoiffc Stoifd&cnflellung gtoifdftcn ©^mnapnm unb Uniöetfttftt fibrig bel^ielten, ol^ne ein not]^n)enbige8 2)urd^gQnggflQbiuni ju fein.

S)ie Slufgabe ber ©^mnofien foQte boS geleierte Sprad^flubium fein, bie bcr Jftealinflitute (beren eS gtoei gab: in Slfirnberg unb in Augsburg) boS geleierte ©addftubiuni; ber ^l^ilofopl^ifd^e Unterrid^t follte bort in ber „Einleitung in boS fpeculotiüe @tubium ber 3i>een", l^ier in »bem contem))Iatit)en @tubium ber ^^been" befleißen. 9uf biefe 3lri gelangte bie ^^ilofop^ie ju einer ungemeinen ^fibagogifd^en ®eltung. 3n jeber ber t)ier ©^mnapalclaffen (Unterclajf e . untere unb obere ajlittetclaffe, Dberdaffe) foHte ber pl^ilofopl^ifd&e Unterridftt in öier ©tunben loöddentlid^ bergeftolt ertl^eilt merben, bag in ber Untercloffe (Unter* fecunba) Sogil, Sted^tS- unb ^flid^tenlel^re, in ber unteren 3JlitteIs claffe (Dberfecunba) Aodmologie unb notärlit^e Sll^eologie, in ber oberen Söiittelctaffe (Unterprima) 5Pfl)d(|oIogie unb 6tl^il, unb in ber Dberclaffe (Oberprima) pl^ilofop^ifd^e (Snc^flopfibie gu leieren toar. S)ie ©runbtage beS gefammten ©^mnaftalunterridgtg blieb bas @tubium ber alten ©pradden unb Sitteratur.^ 9liet^ammer l^atte feine päba= gogifd^en ©runbanfd^auungen in einer gleid^geitigen @d^rift über ben „©treit beö ?piöiö^t^^opini8mu8 unb Humanismus" öffentlid^ bargetl^an, er l^atte barin bie beiben entgegengefe^ten Stid^tungen ber $&bagogiI, U)eld&e man l^eute als bie realiftifd^e unb ^umaniftifdge begeid^net, in il^rer Sebeutung getoürbigt, il^re SBered&tigung erörtert unb bie ©ijmnafien in il^rem gangen Umfange ffir ben l^umaniftifd^en Unterrid^t in 3lnfpru4 genommen.*

ni. S)a8 Slectorat beS ©^mnafiumS in Siürnberg.

1. Berufung unb SebenStoenbepunft. 3loäi n)ar baS allgemeine Slormatib nid()t erlaffen, al§ 9liet]^ammer fd^on am 26. Dctober 1808 bem gfrcunbe in Bamberg fd&rieb: „3d&

1 lötiefe t)on unb an ^egel. I. 6. 204—207. « S)et Zxitl biefer ton ^egel l^b^n^ gebilligten €4rift, al8 beten SSerfaffer 9liet6ammer fid^ mit allen feinen 2:iteln genannt ^atte, ^ie^: ,^er Streit bed ^^ilantl^TopiniSmuS unb Humanismus in bet S^eorie bed $rsie^ungd*Unterrid^t8 unfrei Seit, bargefteHt bon Sfrieb. Smman. !Riet^ammer, bet pl^ilof. unb t^eol. S)oct.; bet A5nigl. 9l!abemie

80 $egeU ^uMictfiifd^e unb ^ftbagogifd^e SBittfamTeit im Itdnigteid^ S^o^ern.

l^obe S^nen gu tnelben ben Stuftrog, bog Sie gum ^ofeffcr ber ^]§Uo- fot)]^tf(i&en 93or6ereitungdn)t{fenf(!^Qften unb gugleidd gum 9lector beS ©^mnoftumS gu 9{ürn6erg etnannt n)orben ftnb, unb bog ntau n)flnfd^t, @te mSd^teu ^l^re 9leife fo einrid^ten, bag @te fd^on im Anfang ober fpdteftenS in ber Witte ber folgenben SSod&e in 9lfirn6erg, too 2[^re Slntoefenl^eit bringenb erforberIi«i& »erben toirb, eintreffen".* /

^egel fül^lte ftd^ burdg biefe feine 3lufna^me in ben actiD^ Staats» bienft, burd^ biefe 93erufung in ein ^l^ilofopl^ifc^eS unb p&bagogifd^eS Sel^r« unb SSerlpaltungeamt l^öc^ft beglfldt unb befriebigt; gugleid^ rfll^rte il^n tief biefer neue SemeiS ber @d^ft^ung unb ber freunbfd^aft- lidden ©efinnung t)on feiten Slietl^ammerd ; benn er gel^örte gu ben S]^ara!teren, toeld^e ber S)an! unb bie S)an!e8fd^ulb niddt brüdEt, fonbem l^ebt, bie gern unb au8 freubigem ^ergen ban!6ar ftnb. „S)ie Siebe meiner gfreunbe gu mir, bie n&dgfl meiner Sßiffenfd^aft ober loenn biefe Seite nid^t gum @tfldEe gel^ört, allein baS ®IüdE meines SebenS auS- mad^t, toerbe id^ gu erl^atten mid^ beftreben, mein meitereS ®tüdE aber ber Seit unb meinem bergen, unabl^Angig bon nid^t gebieterifd^en Um- flftnbcn, flberlaffen unb anvertrauen."*

^n feinem Seben toar ein SBenbepunß eingetreten. @8 fdgien i^m, als ob baS SdgtdEfal gleidgfam feine ^flid^t gegen il^n erfüQt l^abe. Unb er Derbanite eS bem üielbetoA^rten i^reunbe, ba^ nun aud^ baS Sd^idfal feine Sd^ulb begal^tt l^atte, n)ie er eS i^m gu berban&n gel^abt, ba§ einft ber SSerleger ber ^l^änomenologie bie feinige abge» tragen, „^tn gangen SluSbrudC meiner Sefriebigung lann id& nid&t ]^ier= ]§er fd^reiben, l^^ute alfo trete id^ in biejenige, in loeldger man Don bem Sd^idEfal nid^tS meiter gu forbern ]§at, um baS gu tl^un, toai man Dermag, nod^ auf baffelbe eine Sdgulb fd^ieben !ann in ^(nfel^ung be{fen, toai man nid^t tl^dte. Sie ftnb biefer mein Sdgöpfer, id^ ^^^x ®efd&opf, baS 3]&rem SQSerfe mit bem ©efü^I entfpred&en »irb unb, toill'S ©Ott, b. ^. je§t id&, mit ben S38er!en, unb id& toitt efi."*

2. nmili^t S^er^aitnifTe unb ttcbelitanbe.

§egete nftd&fler »orgefe^ter in ben Salären 1808—1810 toar ate Sd^ulratl^ bes $egni^(reifeS (jtreisfd^ulratl^ in 92ümberg) ber il^m Don

ber aOSiffenf^. su STlfinten augerorbentl. ttntl^I., Sa^erif^. €entTaI-@4uI- unb

6tubien«lRat]^ bei bem @e^. 9Rini{t, beS Ämtern. 3ena bei Sfrieb. Sfromman. 1808.

1 »riefe bon unb an igt^tl. I. 6. 191 flgb. > Qbenbaf. I. @. 195. (8t.

t>. 28. October 1808.) * (Ebenbaf. @. 195 u. 196. (»r. b. 29. October 1808.)

2)te Otftnbung feines ^audßanbet. 81

3ena ttnb 93aniberg ]§er idoI^I befonnte itnb Befreunbete ^rcfeffor ^QitlitS, bet in betnfelben SSettoaUungSjipeige fpiter nad^ SlnSbad^ ber^ fc^t (1810) unb noii in bemfelBcn Sol^r ate ^itofeffot ber S^^cologic unb $]^iIofop]^ie an bie neubabifdge Uniüetfttät ^eibelberg Berufen tourbe« 2)a8 @d^ulamt in 9%arnBerg Btad^te ber SDIftngel unb UeBelftftnbe, nantentlidö todl&renb ber erflen 3a^rc, redöt öiele mit ftd^; bie 6infünfte tDoren, mit benen in SSomBerg üerglid^en, um ein drittel geringer. ai8 ?Profei|or erlieft §egel 900 ©ulben ift]&rad&, ate SRector 100 ©ulben mit freier SQBo^nung, toafi ber Slbminiflratör unBegreifüd&er« unb unanjtänbigermeife fo auslegte, ats oB eS gel^eigen l^dtte „l^unbert ©ulben ober freie SBo^nung", in toeld^em {JaÖe §egel entfd&Io|fen toar, baS Slectorat aBjuIel^nen.* \3!)ie finanjietten SJerl^ftltniffe toaren fc loenig georbnet, ba% eS immer SBefoIbungSrfldEftdnbe gaB, unb ^egel mitunter in bie Sage lam, ben t&glid^en SeBenSunterl^alt nid^t Begal^Ien ju ISnnen./ toar lein Jpebett Dorl&anben, lein Ro^ifl, lein ?lt)erfum für Sd^reiBmaterialien, bie priDilegirten Sd^uIBud^l^anblungen bertauften bie ©d^uIBfld^er tl^eurer ate bie geioSl^nlid^en SBud^l^anblungen ! 2)ie ©dgullocale maren in elenbem 3uftanbe unb ol^ne @d(iu^ gegen bie ©onnenBIenbung; unb load enblid^ einer ber unertrdglid^ften unb fd5impfli(jfien UeBelp&nbe toar, toorüBer ^eget in feinen Sriefen an 9liet]^ammer immer t)on neuem berB unb braftifd^ ßagen unb jammern mu^te: baS ©^mnafium loie bie Beiben ^rim&rfd^ulen in 9lürnBerg (@eBaIbu8= unb ßorenjfd&ule) entBel^rtcn jegttd&er ßloaleneinriddtung.*

3. Sogt!, $TO))abeuttI unb IRectoratSteben.

\ Stm 12, 3)ecemBer 1808 l^atte ber Unterrid^t in bem neuBa^rifdöen ©^mnaftum gu 9%firnBerg Begonnen. 2)ie 2)inge rüdEten ftd^ aUmftl^Iidg gured&t unb lamen in einen geregelten rul^ig fortfd^reitenben ©ang. Sie ad&ti&^rige Sauer feiner S33irlfamleit ate 5profeffor unb SRector be8 Slegibieng^mnafiumS ju JlümBerg bilbet im ßeBen ^egete eine fel^r arBeitdüoQe, fel^r fru(^tBare unb glfldEIid^e ^eriobe.'

2)ie $]^&nomenologie bed ©eifteS loar ate «, Softem ber SBiffen- fd&aft. ®r^er Sl&eil" erfd6ienen unb l&attc ben ©tufengang beS 35etou6t= feinS t)on ben niebrigflen Slnfftngen Bi8 jur toal^ren 6r!enntni6 ober 3um «aBfoIuten äßiffen" bargetl^an. 3l\xn mugte ate 3n)eiter Sl^eil baS

1 »riefe öon unb an ^egel. L 6. 217. (ör. b. 12, gfebt. 1809.) - « ©ben- baf. 6, 216—218. » ^tx erfte »tief aud Slümbetg xft öom 14. S)ecembeT 1808, ber letzte t)om 16. October 1816.

fiW^tx, «ef(^. b. mW. VIII. n. «. 6

82 Tegels ))uBticijlif4e unb pAbagogifd^c aßirffamfeit im (t5nigtei4 SBa^ern.

©^pcm bcS abfolutcn SBijfen« folgen, bcffen ©runblagc unb toicberum erfler Sl^etl bie So gif audmadgte. @8 n)ar eine neue Sogt!, meldte in ber @efd()td^te biefer Stffenfd^oft eine Spod^e bilbet. S)ie erfle €pod&e ift begeid^net burd^ 9[riftoteIe§, bie gtoette burd^ Aant, bie britte burd^ ^egel. Sie fid^ bie ^l^önomenologie ^egels gut jenaifdgen !ßeriobe berl^&U, fo Der^&It ftdg bie Sogil jur närnberget: il^re erfien beiben SCl^cile erfd&ienen 1812, ber britte unb le^te 1816.

Site ?Profeffor ber pl^ilofopl^ifdöen SJorbereitungStoiffenfd&aften f)at ^egel mit einiger Slbtoeid^ung bom SlormottD in ber Unterctaffe 9ted&t8= unb ?PfIid&tenIe]^rc (inbegriffen bie ^olitifdften unb religiöfcn 5PfKd^ten), in ber SWittelcIaffe ^I^Snomenotogie unb ßogif, in ber Dberclaffe p]^ilo= fo))]^ifd^e (Snc^itopibie geleiert. 3luS feinen Crtginall^eften unb qu8 ben 9lQd^fdgriften feiner 2)ictQte U)ie feiner münblic^en @rlftuterungen ifl btefe feine „?p]^iIofol)]^ifd&e ^PropftbcutiT, bie in ben Salären 1809—1811 entpanben toar, bon gtofenfranj ate ber XVIII. S3anb ber SBerle l^erou^gegeben U)orben (1840), 2)q bie ßogi! gloeimal t)orIommt: 1. ate Unterrid^tfiobicct ber SWittelcIaffe unb 2. ate erfier Sl^eil ber t)]^iIofo))]^tfc^en Snc^IIopdbie, ml6)t ba§ Unterrid^tSobiect ber Dberclaffe auSmaddt, fo umfaßt ^e bei toeitem: ben größten S^^eil ber ^ro^ibeuti! (80 ©eiten Don 205) unb entfprid&t aud& baburdö bcm ßl^aralter ber nürnberger ?Periobe.

©d&on in ^Bamberg l&atte il^n IRictl^amnier aufgeforbert, ein ßel&r- bud^ ber Sogi! gu fd^reiben, gugleidg looHte er i^ni eine ©teile ate SteligionSlel^rer an einem bortigen @eminar Derfd^affen. ^ber gtoif(|en ienen pant^eiftifd^en @otteS» unb 9leIigionjSibeen, toeld^e er in ber ©d^toeig gel^egt unb fp&ter logifdö entroidEelt l^atte, unb einer ateligionS» lel^re nad^ bem ©inne einei^ proteftantifd^en ©eminard in 99amberg mar ein fo greHer Sontrajt, bag ^egel über bie 3umut^ung ber beiben gleid^geitigen ©efd^&fte einen l^umoriftifd^en ©dgredEen empfanb unb bie ©ad&e ablel^nte. „S^eologifdften Unterrid^t geben unb ßogif fd&reiben, toiffen ©ic »ol&I, toftre SBei^tünd^er unb ©d^ornfieinfeger gugleid^ fein/ a33iener Xränfd&en nel^men unb Surgunber bagu trinfen, ber xä^ Diele 3a]^rc lang auf bem freien Sfelfen bei bem Slbler nijiete unb reine ©ebirgi^Iuft gu atl^men gen)o]^nt toar, foQte ie^t lernen, Don ben ßeic^namen Derftorbener ober (ber mobernen) tobtgeborenen ©ebanfen leieren unb in ber Sleiluft beö leeren ©efd^m&^cS Degetiren; benn Sl^eologie auf einer UniDerfttät tooKte idg gern Dortragen unb l^dtte eS tool^l nad& einigen ^al^ren fortgefe^ter pl&itofopl&ifd&er SSorlefungen ge=

^te Qrünbung fetned ^autflanbeS, 88

t^an, aber a) aufgeüdrte SteltgtonSlel^re, ober ß) für ©deuten, aBcr t) itt SBa^crn, aBer 8) unter ber 2lu8ftd&t bcr barau« cntpcl^cnbcn Slnfprüd&c bcr d&riillid^ protcflantifdöcn J&icfiacn itirdde an mid^, eine Serül^rung, beren ©ebonle mir eine ßrfd^ütterung burd^ aQe 92erDen giebt, als ob bie d^rtfUid^e Aird^e eine gobanifd^e Sotterie toftre e, C, >3 tt. f. f. §err gieb, bo^ biefer Äeld^ öorübergel^e!"^

2[n feiner nürnberger ^ropibeuti! k>ertragen fid^ Sogif unb Steli» gioni^Iel^re fel^r toofjH miteinanber unb l^&ngen genau jufantnten. 9{ad^ bem 3a]^re§beridbt beS ©^mnaftumd Don 1812 l^at ^eget in ieber ber brei Slaffen iDöd^entUdd nid^t Dier pl^ilofopl^ifd^e Unterrid^tSfiunben ge= geben, fonbern brei unb eine ©tunbe JfteUgionSlel^re.^

Sin fd^ßneS S)en!mal ber ©^mnaftaHeitung ^egeld ftnb feine fünf ^lectoraiSreben, ipeldde er am @d&Iuffe beS Sd^uIial^reS aur Of^ier ber ?Prei8üert]^eiIung unb ber Slbituricntensgntlaffung gel^alten l^at: am 29. @ej)tember 1809, 14. September 1810, 2. September 1811, 2. September 1818, 80. augufl 1815.»

@Ieid^ bie erfle biefer hieben erleud^tet bie Slufgabe unb Sebeutung ber l^umaniftifd^en Sd^ule in einer fo l^errlid^en Alarl^eit, bag koir einige il^rer Stellen, ba fie bie ©efinnung unb 2)en!Qrt be§ 9tebner8 d&arafterifircn, unferen ßcfem toorfül^ren. ^S)er ©eijl unb^SwedE unferer Slnftalt ifi bie Vorbereitung aum geleierten Stubium, unb jttar eine SSorbereitung, loeld^e auf bem ®runb ber@ried()en unb 9l5mer erbaut ijt. Seit einigen ^al^rtaufenben ifl baS ber SBoben, auf bem aQe fiultur gefianben l^at, au8 bem fie berDorgefprogt unb mit bem fie in beft&nbigem Sufammenl^ange geioefen ifl. SBie bie natürlid^en Drganifationen, ?PfIanjen unb Siliere, fidft ber Sd^toere enttoinben, aber biefeS SIement il^red 3Befen§ nid^t Derlaffen lönnen, fo ifl aQe Aunft unb SBiffenfd^aft itntm 93oben entuad^fen, unb obgleid^ in ftd^ felbjiftnbig getoorben, l&at fie fidft oon ber ©rinnerung jener Älteren 93ilbung nid^t befreit. SBie ^nt&u§ feine Ar&fte burdg bie SSerül^rung ber mtttterlid&en 6rbe erneute, fo l^at jeber neue Sluffd&toung unb SBe- feäftigung ber SBiffenfd^aft unb 93ilbung fid^ au§ ber SlüdEfel^r gum Sntertl^um ans ßid&t geboren." „ßaffen toir eS aber gelten, bafe flber- l^aupt t)om aSortrefflidgen auSgugel^en ijt, fo l^at für baS l^ßl^ere Stubium

1 »riefe tjon unb an §egel I. 6. 138. (»amBetß, Sloüember 1807.) « Cbenbof. I. 6. 330. Unrnfg. - » »ermif«te ©djriften. »b. I. (»b. XVI ber aSöetle.) 6.131-199.

6*

84 Tegels ^uBIicißifAc unb ))abQG0fitf4e SSHtlfamleit im |{5mgTet4 ada^etn,

btc ßittctatur bcr ©ttcd&cn bomc]^tnKd6 unb bann bie bcr Sftömer bte ©runblage ju fein unb gu Heiben. 3)ic JBottenbung unb ^errltd^* leit bicfer SKeiflertoerlc mu^ ba8 geifltge Sab, bie profane Saufe fein, toeld&e ber Seele ben etfien unöerlierbaten Son, bie Xinitur für ®e= fd&matf unb SQSiffenfc^aft gtebt. Unb gu btefer Cintoeil^ung ifl nidftt eine affgemeine, ftufeere Sefanntfd^aft mit ben Sitten l^inreid&enb, fonbern tote muffen un8 tl&nen in ßofl unb SBol&nung geben, um il^re ßuft, tl^re Sorfiettungen, il^re ©itten, felbfl, toenn man toill, il^re 3rrt]§ümer unb SSorutt^eile eingufaugen, um in biefet Sffiett einl^etmifd^ gu Serben, ber fd&önfien, bie je getoefen ifl. SBenn ba8 erfie ?Parabie8, ba« ^arabieS ber 3Renfd&ennatur tpar, fo ift baS gtoeite, baS l^öl^ere, ba« 5Parabieö be« SRenf^engeifleS, ber in feiner fd^öneren 9latür= ttddfeit, Sfreil^eit, Xiefe unb ^eiterleit, toie bie Sraut aus il^rer Äammer ]^ert)ortritt. S)ie erße loHbe ^rad^t feines SlufgangS im 9RorgenIanbe ift burd& bie ^errlic^feit ber fjorm umfd&rieBen unb gur ©d&onl^eit ge= milbert; er l^at feine Stiefe nid&t mel^r in ber SJenoorrenl^eit, SrüB- feligleit unb Slufgeblafenl^eit, fonbern fie liegt in unbefangener Älarl^eit offen, feine $eiter!eit ift nid^t ein linbifd^eS Spielen, fonbern Aber bie SBel^mutl^ l^ergebreitet, loeld^e bie ^Arte beS @d()i(!fals lennt, aber burd^ fie nid^t auS. ber greil^eit über fic getrieben unb auS bem fOla^t ge- trieben loirb. 3d& glaube nid^t gu oiet gu bel^aupten, loenn id^ fage, bag, U)er bie Serie ber Sitten nid^t ge!annt l^at, gelebt l^at, ol^ne bie ©d^önl^eit gu lennen.''^

3n feinem erfien Sriefe aus Slflmberg, nad^bem er baS SRormatit) lennen gelernt unb bie barin entl^altene Sßfirbigung ber clafftfd^en ©tubien, fd&reibt §egel an SRietl^ammer: „SWeinen S)anl fage id& Sinnen nid^t nur ffir baS @ange, fonbern bomel^mlidg aud^ für bie 6m))or- l^ebung beS @tubiumS ber ©riedden; feien @ie bafür brei, fieben unb neun mal gepriefen, fomie für baS 9legatiD ber SluSmergung aller ber ©d&nurrpfeifereien, toie Sed&nologie, Defonomie, ^apittonfangen u. f. f., toie bie toeife ©laffensSertl^eilung u. f. f., für SJertoeifung nid^t biefer 2)inge an bie Stealabtl^eilung, fonbern für bie (Erridgtung eines gleid^» falls grünblid&en ©tubiumS ber toal^ren, b. 1^. ber toiffenfd&aftlidften Äeallenntniffe in berfelben".*

SßaS baS SSerl^alten Tegels als 9lector unb Seigrer gu ben ©d^ülem betraf, fo l^at einer feiner filteften ©d^üler unb fpdterer SlmtSnad^folger,

^ fStxmiWt €4nften. 6. 135, 138 u. 189. SSgl. S3r. an Sriiet^ammer. « »riefe üon unb an ^egel. I. 6. 211 flgb. (SBr. b. 14. SJecember 1808.)

2)ie OtfinbttitQ feinet ^auSflanbed. 85

Slector ßod&ner barüber einige intcrcffante, an §a^m ßcrid^tete brief^ tid^e 9Ritt]§eiIungen gemaci^t, bie aud^ loir unferen Sefern niddt t)orent- l^Qlten KDoUtn. @r mugte ben @(i6ülem gegenüber (Srnft unb äBfixbe mit tl&cilnel^menber, bie SSerl^ältniffe bcr ßinjelnen bcratl^enber gfreunb= Kd^!eit ju Dereinigen. 3laä^ altem ^erlommen mnrben bie @d&filer im ©^mnafialgebdube im [Reiten, Ofe^ten unb ä^ottigiren untenid^tet, fte brad^ten nebft Tlappt unb SSfld^ern aud^ bie 9fta))iere mit in bie @d^ule unb fod^ten mit einanber ip&l^renb ber @d^ul))aufen im ^ofe, in ben ©ängen unb in ben eia{fen. @o !amen ftubentifd^e @itten in t)or= jeitige Slufnal^me unb fül^rten gule^t au Suetten mit gefäl^rlid^em 2lu8« gange. 9lod^ im legten ^al^re beS l^egelfd^en 9lectoratS mu^te biefen Unfttten burd& JBerbote unb ©trafen energifd& entgegengetreten toerben. 3&ax eine Snorbnung getroffen unb feftgefteQt, fo l^ielt ^egel mit aller Strenge auf beren (Sinl^attung. 3m ^a%x^ 1812 l^atte ein Sang» meifter feinen Unterrid^t mit (Sriaubnig beS StectorS ben @d^fltern bed ©^mnaftumd angeboten, unb fa^ aOe l^atten fubfcribirt. S)ann loottten bie meiften ol^ne triftige ©rfinbe gurfldEtreten unb fd^idEten Sod^nem unb nodd einen SRitfd^aler ju ^ege(, um beffen (Sriaubnig gu erbitten. „Slber toie mürben toir angelaffenl Äaum toeift id& nod&, toie »ir bie Sreppe l^inabfamen. Offenbar toottte er ba8 bem SDlanne garantirte @in!ommen nid^t gefd^mdlert feigen, unb toir mußten taugen, bis ber ©ommer gu 6nbe toar."^

IV. 2)ie ©rfinbung beS ^auSftanbed. 1. 2)te Sfrage beS e^elid^en Qlücft.

\^8 §egel nad^ Jiflrnberg lam, l&atte er ba« 38. ßebenäjal^r über» fd^ritteH, unb nod6 l^aben toir nirgenbg eine emfte ^nbeutung gefunben, ba^ er btn 3unggefellenfianb aufgugeben getoiQt ober beftrebt geioefen fei. @r loar foineSmegiS ein grunbfd^Iid&er ^ageftolg, aber er liegte Don bem SSefen unb SBertl^ ber el^elid^en ©emeinfd^aft, bon ber 9lot]^= toenbigleit toed&felfeitiger Sefriebigung fo burd&bad&te unb rid&tigc a5or= fteüungen, ba^ er 93eben!en trug, ob er ftd^ eigene, in einem Sl^ebunb glfidEUd^ gu fein unb glfldEIid^ gu mad^en. @etn ))]^iIofo))]^i{d&er 93eruf lapete fddtoer auf feiner ©eele; er muftte mit ben 3beett unb il^rem SluSbrudE ringen, er l^atte, toie SDIofeS, eine fd^mere 3unge unb eine fd^tt)ere ©prad^e unb pflegte gu fagen, bag ®ott il^n Derbammt l^abe,

1 ^a^m. 93orI. XII. 6. 276. attmlg. 6. 505 u. 506.

86 Tegels ^uMictfit((!6e unb ))&bago(|tf4e aßittfamlcit im Itönigteid^ SBa^em.

^Pl&ilofoi)]^ ju fein. /»et folgen intettectuetten Unrul^en unb dualen mo^te er too^ itotx^An, ob er fflr ein retneS SebengglfidE gefd^affen fei, noä) bagu fAr bad ^opptlQlüd beS el^eßd^en SebenS,

9^cn ben fd^Iimmen unb bofen Slffecten, biefen ©emaltl^abem ber menfd^Kd^en Statur unb ä^erberbern beS menfd^Iid^en ©lüdES, loar ^egel gang frei; eS regte fid^ in il^m nid^ts Don 3Ri^gunfi unb 9%etb, nidgts t)i)n ^od^mutl^ unb (Sl^rgetg, nid^td Don Sitellett, S)änlel unb f^alfd^- l^eit. Um fo unberbtenbeter, o^ne aDe 93itter!eit ftets mit einem An- fluge t)on @d^erj unb ^umor Dermod^te er bad ©etriebe ber meufd^» ttd^en 2)tnge unb ^anblungen im ©rogen unb im fileinen ju beurtl^eUen. !Stefer ^egel, grunbgefd^etbt unb grunbel^rlid^, lebendüug unb gugleidd gang natfirlid^, einfad^ unb unDerfteQt in fetner fdgtodbifdden Srt unb @))red^n)eife, l^od^geftnnt unb gefeÜig l^eiter unb letd^tlebig, tro§ einer getüiffen grämlid&en Slrt, bie il^m Don jefter anl^aftete, toar n)irHid& eine fe^r liebenötoürbigc unb intereffante jperfönlid&feit, loenn man ben @tnn l^atte, il^n gu ttflrbigen, unb bie {^ül^Iung für ben Aern feines tief gegrflnbeten äBefenS.

2, STlaria t)on Xu^er.

\S)ie Sebeutung, id& möd&te fagen ben SöuBer btefe« SDlanne« l&atte SJlaria Don Sudler em))funben, bie Zod^ter eines berfll^mten, frei- l^errtid^en ©efd^led^ts ber alten Sleid^Sftabt 9lflrnberg. ^l^r SSater, 3. SQ3. ®arl ^reil^err Sudler Don ©immelsborf, toar Senator ber ^leid^Sftabt geioefen, il^re 9Rutter @ufanne, geb. gfreitn Malier Don ^aüer» ftetn, loar bie Sod^ter bed SReid^gfd^uItl^ei^en, ber erften obrigleitlic^en ?Perfon Don Jiürriberg, fte felbfl, geb. ben 17. SWdrg 1791, bie ftltefte Don fieben ®efd&tt)iflem. ^

SBir !ennen ntd^t bie SBorgefd^id^te i^rer Siertobung, bie nad^ längerem gefeßigen JBerlel^r im Slpril 1811 pattgefunben l^at unb Don ^eget mit iubeinber Seele in ©ebid^ten gefeiert tourbe, bie unS mel^r burdg bie £tefe il^rer ßmpftnbung als burdg bie ©Idtte unb ben SBol^l« Hang il^rer JBerfe anmutigen.*

3n ben DertrauKd^en ^usfpred^ungen ber SJerlobten finb aud^ in ber Seele ber Sraut mitunter Stoeifel an ber Sidfterl&eit il&reS toei^fet feitigen ©IfidEs erregt iDorben. @S l^atte i^r toel^ getl^an, in bem 93riefe, toeld^en fte an ^egels Sd^toefter gefd^rieben ^atte, folgenbe Don feiner ^anb

1 Stofenlrana t^eilt bie beibcn ®ebidftte bom 13. unb 17. Kpril 1811 mit unb Ift^t bie 93erIobung in ber Stvifd^engeit gefd^e^en fein. (6. 260—262.)

2)ie erflnbung feine« ^auSjlanbeS. 87

l^injugefügtc SQSortc ju lefen: „Xn fiel^ft barau«, toic glüdflidfe td^ für mein gangeS äbrigeS Sßefen mit il^t fein !ann, unb toie glflcüidg mtd& fold^er ©eminn einer Siebe, auf ben id^ mir !Qum nod& Hoffnung in ber SBelt mad^te, bereits fddon mod^t, infofern ®IüdE in ber ä3e- flimmung meine« ßebenS liegt". 5Dtefe ginfd&räniung, biefeS „3nfo« fern" \oax i^x fc^merjlid^ oufgefaden. €in 93r&utigam, ber in Be» geifterten JBerfen i^r feine Siebe betl^euert l^atte, unb nod6 im 3toeifel fein !onnte, ob eS in ber 93eflimmung feined Seben§ liege, gfAdüä^ gu fein!

3(tebQlb fud^te ^egel fte in einem 99riefe gu berul)igen. „^i^ l^abe beinal^e bie gange 9tad^t l^inburd^ an bid^ in @eban!en gefd^rieben. SS mar nid^t nur biefer unb jener etngelne Umftanb gmifdden uns, um ben ed in meinen @ebanlen ging, ionbem ed ging notl^toenbig um ben gangen @eban!en: »erben n)ir und benn' unglüälid^ mad&en? @3 rief in ben liefen meiner ©eele: bieS fann, bie« foQ, bieö barf nid&t fein! 68 toirb nid&t fein!" „3d6 erinnere bid& baran, liebe SWarie, bag audg bid^ bein tieferer @inn, bie 93ilbung beineS $5]^eren in bir, e$ geleiert l^at, ba^ in nid^t oberftädglidgen ©emfltl^ern an aDer Smpfinbung beS ©IfldEd fidg aud^ eine (Smpfinbung ber SBel^mutl^ anlnü^ft! 2td^ erinnere bid^ ferner baran, ba^ bu mir Derf^rod^en, für baS, loaS in meinem ©emütl^ bon Unglauben an Bufriebenl^eit gurüdE toire, meine Heilerin gu fein, b. 1^. bie JBerföl^nerin meine« toal^ren inneren mit ber 2lrt unb 2Beife, toie id6 gegen ba8 SBirHidde unb für ba« SBirlÜd&e gu ^äupg bin; ba§ biefer ©efid^tg^junlt beiner SBejlimmung eine l^öl^ere Sebeutung giebt, bag id& bir bie @t&r!e bagu gutraue, ba§ biefe ©tfirle in unferer Siebe liegen mufe" u, f. f.

€in aubereS mal l^atte in einem i^rer t)ertraund()en 3tt>iegefpr&c^e ^egel il^rer ©efül&temoralit&t bie £auglid&!eit gu praltifdgen ®runb= fd^en beftritten, looburd^ er fie abermatd peinlid^ berührt unb eine Seugerung i^reiS UntoiHend l^erborgerufen l^atte. fflnn lann nid^ts Ueben8n)ürbiger unb liebreid^er fein als ber Srief, kooburd^ er fie Der- föl&nt. „3ule§t toeiftt bu, bafe e8 böfe Scanner giebt, bie bie Stauen nur barum qudlen, bamit il^nen au8 bem SSerl^aften berfelben babei i]6re ©ebutb unb Siebe gur Bepönbigen SInfd&auung lomme. 3d& glaube nid&t, fo böfe gu fein, aber »enn einem fo lieben SBefen, toie bu bifl, nie toel^ getl^an toerben fott, lönnte a mir beinal^e nid^t leib barum fein, bag id^ bir loel^e getl^an, benn id^ fül^le, bag burd^ bie tiefere Snfdgauung, bie id^ baburd^ in bein SSSefen l^inein erl^alten l^abe, bie

88 Tegels ^uMict{ltf((e unb ^ftbagogifd^e BttlfainleU im |{5nigrei(!6 Saliern.

^nnigleit unb ®rünbH(i&!ett meiner Siebe gu bit nodi Detmel^rt toorben ift; trdfle bid^ barunt aud^ batflber, bog, loaS in meinen ßrmieberungen nnItebeDoHeS unb untoeid^eS gelegen l^aben mag, baburd^ oDeS üer» l^inberi, ba§ id& bid^ immer tiefer, burd^ unb burd^ liebenStofirbig, liebenb unb liebetooQ füllte unb erlenne. 3d& mu6 in bie ßection. ßebe too^I, liebfie. tiebpe, l&olbfclige SWarie."*

SSSenn eS nod^ eines @d^riftbeloeifeS bebarfte, toie fe^r ^egel SRarie üon Xud^er geliebt l^at, fo lo&re e8 biefer 93rief. S)aS SHd^tigfte toax, bag Quem enblofen 9ftef[ectiren unb 3tocifeln über glfldEIid^ fein unb glfldEIic^ mad^en baburd^ nod^ e(^t l^egelfd^er Srt ein @nbe gefegt tourbe, bag man gur Sod^e fd^ritt 91m 16« September 1811 mürbe gmifd^en bem 41 iftl^rigen 5|J]^iIofol)l&en unb bem 20iä]^rigen fjrdulein in ®egen= mort bed beflen f^reunbeS unb ber beften i^rau ber Sl^ebunb gefd^loffen, ber in gmangigi&^riger S)auer einer ber ben!bar glüdEli(!^ften fein unb merben foQte. 2)enn baS ed^te, aus bem 3nnerften queHenbe ©tfldE Dermel^rt ftd& flünblid&.*

SDie tud^erfd^en S}ermögen8t)er]§&Itni{fe iparen fo eingefd&r&n!t ober fo ungleid^ Dertl^eilt, bog bie Sod^ter nur eine ^uSfteuer erl^ielt unb einen iöl^rlid&en Sufdfeu^ Don 100 ©ulben.' »einölte l^fttte aus ©elb» mangel bie ^od^geit aufgefd^oben toerben muffen, benn ^egels Sefolbung U)ar mieber einmal im 9lfldEftanbe. 93ier SSod^en t)or ber ^od^geit fd^rieb er an Stietl^ammer: „(&f^ fel^It am beflen, ndmlidg an ®elb. Srl^alte id& nimlid^ nid^t in !urgem bie SluSgal^Iung ber 5 monatlid^en 93e« foIbungSrüdEftinbe, ferner ber flbrtgen mir fd^ulbigen (Smotumente ober loenigftenS bie beftimmte S^erfid^erung Aber ben Xermin biefer SuS'» gal^Iung, fo vermag id^ ol^nebin !aum sustentare vitam quotidianam als Sinfiebler, k>ieltt)eniger als S^oeifiebler/

N^nimai^Iid^ befferten fid^ bie ö!onomifd(ien Sufi&nbe. 9lad^ gioei Salären mürbe ^egel Sd^ulratl^ unb erl^ielt als fold^er ein OfunctionS»

^ aSriefe t)on unb an ^egel. I. @. 320—824. (Sdriefe an aVlarie bon %n^tx. @ominer 1811.) * 9la4 bem SSerlujI einer Sod^ter, bie balb na4 ber ®eburt ftarb, linb au% biefex d^^e )mei loürbige 6ö^ne l§ert)orgegangen: ber filtere (nad^ bem ®ro^t)ateT genannt), Aarl ^egel, ber aU Vrofeffor ber ®ef4i(We an ber Unit)er1it&t {U (irlangen am 7. 3uni 1898 fein 85. 3a^r DoQenbet, unb ber iüngere (na4 feinem $at^en 9iiet^ammet genannt), Immanuel ^egel, ber aU Gonftflonal- ))ra^bent ber ^ot)ina Stanbenburg )u ben Sfü^rem ber lirdtrli^^ort^obosen $artei ge]^0Tte unb Iura na4 bei 9lieberlegung feine» 9imM am 26. Slobember 1891 in »erlin flarb, 77 Sa^re alt. ©riefe t)on unb an ^egel. I. 6, 817, (»r. ö. 16, «ugttfi 1811.)

2)te (Srünbung feines ^auBflanbeH. 89

gcl^alt tooburdö feine idl^rUd&e Scfolbuna. alleg ßeted^net, fid& auf mel^r ote 1500 ©ulbcn erl^öl&te. 2lm 25. JRoöemBet 1813 l^at er biefeS neue Slmt angetreten. 3ni crflen SQBinter feiner (Sfjt tourbe ber erfle Sl^eil feiner ßogil in stoeiaSfid&em gcbrudt, berDjlem 1812 erfd&ien. / „^n meiner ßogil finb 9 Sogen gebrudEt", fd&ricb er am 5. gfebrua/ 1812 an JRietl^ammer, „öor Dpern foQen btetteid&t noäi 20 mel^r ge= brudEt toerben. SffiaS !ann id^ t)crl&uftg baDon fagen, aU baS bie 25—30 Sogen nur ber erfle %^til finb, bafe fte öon ber getoöl&ns lid^en fogenannten Sogtl nod^ nid^ts entl^alten, bag fie bie nteta^l^^fifd^e ober ontologifd&e ßogil finb; erfieS Sud& t)om ©ein, jtoeite« Dom SBefen, toenn anberS baS atoeite nod^ in ben erften Xl^eil !ann. ^[d^ ftedEe bis über bie Dl&ren barin; ift leine Äleinigleit, im erften ©emefler feiner SJer^eiratl^ung ein »udft beS abflrufefien Sn^att« bon 30 Sogen au fd&reiben." auf biefe« SQBerl, beffen Snl^alt er fettfl al« ben Der« borgenden Bejeid&net, toerben toir ein l^eitereö SÖort au8 ben erften SSSod^en feiner (Sfjt, toomit er bie junel^menbe 33erftdnbHd&!eit feiner Sortrftgc in SluSpd&t ficßt, nid&t bejiel^en bürfen: ,,id& fül^le mid& jebeS 3a]Ör l&erablaffenber, bottenbS bieg 3a]§r, feit idft gl^emann bin".*

äßieber \Dax in feinem ßeben ein SSenbepunIt eingetreten, loeld^er il^m, ber ftd^ nid^ts oon Iflnftigem SSeltrul^m trdumen lie^ unb gar nidfet barnad^ geijte, toie ein 2lbfd&lu§ erfd^ien. „SDlein irbifd&eS 3iel ifl erreid&t", fd^rieb er am 10. Dctober 1811 an Slietl^ammer, ,,benn mit einem Smte unb einem lieben SDBeibc ift man fertig in biefer SBelt; eS finb bie $au))tarti!el beffen, maiS man für fein ^nbibibuum ju erftreben l^at, baS übrige finb leine eigenen Sapitel mel^r, fonbern nur ^arogra^j^en uxA Slnmerfungen."*

1 S3nefe t)on unb an ^egel. I. @. 880. (S9r. an iRiet^ammer t)om 10, £)ct. 1811.) Cbenbaf. 6. 334 Pöb. » «benbaf. L 6. 324118b.

90 seit- unb Tteu-Sa^ern. 2)ie ba^xifd^e gfinjIeTniB unb SReactton.

^d^teS Sapttel.

I. »Q^rifd&e anängcl unb UcBcIflftnbc. 1. SDie buteaufratifd^e (S^entralifotion.

3n bem furgcn Seittaum, bcr Dorn Stieben gu ßflneöillc unb bcm 9letd^8be))utQticnSl^au))tfd^Iug (1801 unb 1803) 6t8 gu ben beiben Ofriebendfddtfiffen in $atis (1814 unb 1815) unb bem Songreg in S38ten (1815/1816) teid&t, ifl ber mobernc Staat »a^crn, toie er nod^ l^eute befielet, betgeßalt gufammengefe^t ober, rid^ttger gefagt, gufammen- getoflrfeU toorben bcnn ba^ SBürfelfpiet ber Ärießc toar babci einer ber ^au^tfactcren , ba§ beut altBa^rifdden ^ergogtl^unt, U)eld^eS als i^ü^rer ber latl^otifci^en Siga im brei^igjäl^rigen Ariege ftdg bie SOIad^t unb äßfirbe eines fiurfflrftent^ums gen)onnen J^aite, eine äKenge neuer 93e|tanbt]^eile l^ingugefflgt lourben: bifd^öflid^e ^errfd^aften, tote äBfirg« bürg, aSamberg, ?Paffau u. f. f., reiddsfläbtifd&e ©ebiete, loie 3lümberg, Slugöburg, 9legen8burg u. f. f., marlgräffi^sbranbenburgifdfte, toie ?ln8« bad^ unb SSa^reutl^, gefürftete ^opfleien, toie 93er(^teSgaben u. f. f. S)a mürben Sänber l^ingugetl^an unb loieber loeggenommen unb mieber l^ingugetl^an, lote SBflrgburg, anbere einverleibt unb loieber abgetrennt, loie 2^rol unb ©algburg. 3n bicfem auf= unb abflutl^enben Cänber- gemifd^ gab eiS gun&d^fl !eine anbere ©taatSeinl^eit als bie bureaulratif($e ber gentraüfation nadö frangofifd5em Souper, toie fte unter bcm SDfliniflerium SKontgela« (1799—1817) eingefül^rt unb auggeübt tourbe, ol^ne SRüdC jtdfet auf bie l^iftorifd^en SBefonberl^eiten, auf bie Unterfd&iebe beS ©laubenS unb ber Sitten, ber !at]^oIifd^en unb ^roteftantifci^en SBeoöKerungen: bal&er biefe ©cntralifation mit ben ©runbfä^en ber ZoUxaui unb SlufHftrung, ber ®lauben8= unb ©etoiffenäfreil&eit ate politifd&en Jlotl&ttenbigleiten Der!niH)ft loar.

3Jtit ber neuen StaatSeinl^eit foHte aud^ eine neue SSilbungS» unb Aultureinl^eit ^anb in ^anb gelten, bas neuba^rifd^e Aönigreid^ foHte ein SJhtfterftaat ber ^ttteOigeng U)erben, loomöglid^ ber erfte in S)eutfd^s lanb, toomöglidb in !flrge{ter 3eit. 2)eS]^aIb berief man eine SJlenge

Tegels S^it- unb SBeltanfd^auung. 91

Betfll^mtet unb geleierter SRänner in baS Sanb, toxt bte 3enenfer $QuIuS, ^Itetl^amnier, Sd^eOing u. o. ^nbeffen liegen fidd fold^e 2)inge, tDie SSoUsbilbung, nid^t \>Dn oben l^erunter mad^en unb importiren, fonbern loollten bon innen l^eraus erjogen unb entoidEelt merben.

Siefer *Ärt ber ©entralifation gab man eine Sejeid&nung, bic fie am aOertoenigflen toerbiente: man nannte fie «Drganifation". UnauS- gefegt tDurbe crganifirt unb bie gemaci^te Drganifation koieber DerAnbert, toas man fdfterjl^aft „SJerorganifiren" nannte. Äeiner ber neuen SBeamten fül^fte ben SBoben fefl unter feinen fjügen, fonbern immer bebenb.^ Sie einen n)aren „organifationSneugierig" bie anbem „berorganifationg- gierig''. Sine neue SD^obe ^ennl^flte nannte man ^.DrganifationSl^fite''. S)a ^egel feinen f^reunb, ben Sd^ulratl^ Paulus in 93amberg, gern bort bel^alten looQte, fdgrieb er an Slietl^ammer: „äierorganifiren @ie un8 nur nid&t ben Jpaulus!"

2. 2)er Unangel an ^utotit&t unb $ubUcU&t.

2)ie SRetl^obe ber fogenannten Organifation litt an gioei @runb- mingeln, loeld^e ^egel mit aller Sd^&rfe er!annt unb in feinen ^Briefen an SRietl&ammer erlcud&tet l^at: fel^Ite bie rid&tige ärt ber 9lutorität, als totliit nid^t blog im Aommanbo befleißt unb bie rid^tige ^rt ber ^ublicit&t, ol^ne loeld^e t)on SSoIIderjiel^ung unb SSolIdfreil^eit nid^t bic SRebe fein lann.*

2)em litterarifd^en unb mi^fenfc^afttid^en Seben, toeldgeS einen fel^r U)efentlid&en Zl^eil ber nationalen SBilbung auSmad^t, gebred^e eine öffentlidöe, getoid^tige Autorität, ein litterarifd&er SWoniteur, toeld&er im ©tanbe fei, bie unreifen unb fd&Ied&ten ©eburten, pruritus, toie jic ^egel nennt gleid^ aus bem Sege ju fdgaffen, bie fonft, menn man jte geto&l^ren I&gt unb fd^ioeigt, nid^t ol^ne SBirlung bleiben, benn fte l^aben ben ungel^euren SSortl^eil ber 9lebe Aber bie ©tumml^eit. 6r l^atte elenbe ©döriften Dor Äugen, toie bie eines getoijfen Slottmanner über SacobiS 9flebe in ber 9l!abemie, bie eines geioiffen StitterSl^aufen über ©dfeettingS 0lebe. ^SaS cigentlid&e SWittel, bergleid^cn pruritus gu begegnen, fel^It ^l^nen", fc^teibt ^egel an Slietl^ammer, „benn fie l^aben !einen äJtoniteur. S)aS ungen)afdeene äßaul mug man burd^ Slutoritit begäl^men unb fd&Kefeen." „SSon ber Slutorität muffen toir ol^nebin anfangen, b. 1^. Don bem ©tauben, ba§ um il^reS Slul^meS miUen

i STtcfc Don unb an ^egel. I. 6. 188f(gb. (^egel an fliet^ammer. öambetg, 15. ^tpt. 1808.) « (gbenbaf. I. 6. 149-154. (»r. b, 22. 3an. 1808.)

92 tttit unb ffltvi'Sba\)txn, ^ie Ba^rtf^e Sfinßemifi unb SReaction.

bie anbern }un&d&fl um bed ^nfel^end in einem Staate toitten $tato, ^riftoteleS, toenn koir fte f($on nici^t berftel^en, b. 1^. toaS fte jagten, als fdgled^teiS 3eug finben, inbem jje^t unfere @eban!en unb bie irrigen einanbet entgegenftel^en, fte mel^r Sutrauen aU unfere ®ebanlen öerbiencn" u. f. f. ^

^egeliS 9Reinung Betrifft einen fel^r mid^tigen päbagogifd^en ©runb» fa^, ben loir tool^l am (eften mit bem goetl^efd^en Sßorte auSfpreci^en: „3fl ©el^orfam im ©emütl^e, »irb nid&t fem bie ßiebe fein". Sa8 gilt au$ t)on bem inteQectueQen ©el^orfam, ber iener Slutoritat bebarf, Don meld^er ^eget fddreibt: ,,93on ber 9lutorit&t mug man ol^nel^in an- fangen" u. f. f.

S)ann fdl^rt er fo fort: „©ie litterarifd&e ©eite eines SWoniteur mu^ übrigens als 9le(enfadde erfd^einen, unb bie ^auptfad^e bleibe baS politifc^e Sleugere unb innere, maS eben auf jene aud^ einen ©d^ein öon Slutorität toirft. Slttein ©ie l^aben aud^ leinen ^olitifd&en äJtoniteur; um baS SSort gu tranfd^iren, €ie l^aben ©d^reib- unb 5Pre§- (l&ätte fd^ier gefagt 5«6-) Steilheit, aber leine ?PubIicität, b. 1^. ba^ bie Stegierung il^rem 3)oI!e ben 3uftanb beS ©taateS Dor^ legt, SJertoenbung ber ©taatSgelber, ©d&ulbenaefen, Drganifation ber »el^drben u. f. f. S)ieS ©pred&en ber [Regierung mit bem JBolIe Aber i^re unb feine 3ntercffen ifi eines ber größten ©lemente ber firaft beS frangofifdgen unb engUfd^en SSoIIS. @S U)irb t)iel gu biefem ©l)red6en erforbert, Dor aQem aber SKutl^."*

©d^on ben 8. 3uli 1807 Igatte ^egel gefd^rieben: „Sfber t)on äJlfind^en auS fc^eint bie ^ublicitftt nid^t geliebt ober gefudgt gu toerben. Unb bodd ift bie ^ublicitdt eine fo götttid^e ajladdt, gebrudEt fielet bie ©adde fo oft gang anbers auS als gefagt unb getl^an, il^re ©d^iefl^eiten fommen ebenfo fe^r an ben £ag als il^re SSortrefflidgleit, bie il^ren ©lang baburc^ erl^&lt. ©iefen Haren unb un^jarteiifd&en ©piegel in feiner ^leinl^eit gu erlgalten, bagu l^abe id^ aud^ fdbon baS alleinige getrau* (fügt er fd^ergenb l&ingu), „inbem id& je^t ettoaS loeifeereS 5papier gu meiner S^itung nel^men laffe." '

3n ber SBamberger Scitung fianb in ber 3lx. Dom 8. {februar 1808 unter ben SJermifd&ten 9lad6rid&ten gu lefen: w3n mel^reren Sl^einbunb* lanben toirb bon ©infül^rung beS Code NapolÄ)n unb ber confiitu»

^ a3riefe t)on unb an ^egel. L 6. 151. (aSambeTg, 22. Januar 1808.) « «enbaf. 6. 151 u. 152. » «benbaf. L 6, 119.

fl^t^tU Seit* unb aßeltanf^auun]}. 93

tiottellen tJfortnen, loeld^e 6et ber Otgantfatton beS Aöntgretd^S SBeft- falen 3U ®runbe gelegt loerben, aU )oon einem nal^e 6e)}otfle]^enben ßreignife gefprod^en". SKit Sejiel^ung auf biefe SRadörtd^t fd&reibt ^egel einige Soge fpflter an Stiet^ammer: „©ie SBid^tigfeit beS Code fommt ober nod& in leinen äJergleiciö mit ber SBid^tigleit ber Hoffnung, bte man barauiS fd^ö))fen !5nnte, bag aud^ bie ferneren Sl^eile ber franjöpfd^en ober toefifdlifd^en ©onflitution eingeffli&rt toürben. SfrcttoiDig gel^t'g fd6tt)erlicl&, aM eigener ®infid6t benn too ift biefe Dorl^anben? aud6 nid^t; toenn eS j|ebo(ö nur beö §immete, b. 1^. bes fronjöfifd^en AaiferS äSiQe ift, bog eS gel^t, unb bie feit^erigen d^aralteriftifd^en SDtobQlitdten ber ©entratifation unb Organifation Derfd^toinben, in toeld^en !eine ®ered^tig!eit feine ©arontie, leine Popu- larität ift, fonbern bie SBiöfilr unb Älügelei be8 ©njelnen. 3d& toeife nid^t, ob pe bieS fflr einen Befonbcren 5PunIt bei ber SBeanttoortung anfeilen looKen, aber barum erfudge id^ @ie loenigftenS meine anfangenbe Hoffnung, ob toir und weiterer Sladgal^mungen ju )}erfe]^en l^aben, für ein Heined ^nftdgen anjufe^en, looran mein ganjeS politifd^es ©emütl^ l^öngt. 3n ber 3eitung ift Don einem Äunbigen ettoaS ber 2lrt ju Derflel&en gegeben toorben."^

3)iefe SQSorte entl^alten ein Scicnntnife. SBa« er Dertoünfd^t, tfl bie ©entralifation ol^ne ©onjittution. 3)ie Hoffnung auf einen SBcr« faffungSfiaat ift baS 5pünltd&en, tooran fein ganjeS potitifd^eS ©emütl^ l^angt.

3. S)ie altBa^rif^e SftnjteTnig.

3n Slttba^em lagen bte ©cifiegguflanbe, Derfd^Ioffen unb un= empföngltdö gegen baS Sid^t ber SReuaeit, »ie fte toarcn, in bidCem ®unlel. „ffiiefeS Sägern ijt ein toal^rer ©intenRedEs im Sid^ttableau S)eutfd&Ianbg'', l^atte §egel gelegentlid^ gef))rad^§n)eife gu bem ©el^eim» ratl^ Sa^arb gefagt, ber bie SDtontgelaS'fd^c SlufHdrung in ©d^u^ nal^m unb pd^ große ®inge baDon Derf))rad6. 3n feinem Sriefe an ?liet= l^ammer l^atte §egel biefe ^eugerung loieberl^olt unb barauf l^ingen^iefen, in »eld^em 3uftanbe ber SLrdgl^eit unb 3lid6tigleit fid^ bie ^ö^cte ©e» lel^rfamfeit, $^iIoIogie unb ^l^ilofopl^ie in Sägern befdnben. @eit fflnfjig, Dtetteid^t feit l^unbert Sal&ren fei in Sägern leine bemerlen8= mertl^e Ausgabe eined claffifd^en Slutord erfd^ienen, ber SectionSfotalog ber SanbeSuniDerfität SanbSl^ut entl^alte gar !eine pl^ilofopl^ifd^en SSor»

^ SBxtefe bon unb an ^egel. L 6. 158 u. 159. (9lninl0.) (S3antberg, 11. gebr. 18080

94 Sirt- unb 9^eu-9}a^ern« 2)ie ba^rifd^e Sfinflerntg unb 8leaction.

lefungen tnel^r, nid^t einmal foldge fi(er ßogtl; in 9(tborf fei nid^t ein- mal ein 5ßrofeffor her ^ßl^ilofoDl&ie Dot^anben u, f. f. ^

äBie es mit ber 9}oIfd6iIbung in 99a^ern auSfal^, Igatte ^egel feinem (^reunbe in SDlündgen an einem ifingft erlebten t^aU mitten aus ber ©egenioart gefdgilberi SSa^rifd^e ©olbaten, bie im ^al^re 1809 lüiber £)eßerrei(!^ inS (^etb rftden foQten unb naib einigen XageSmftrfdgen bie bo^rifd^en ®rengen nod^ nid^t überf(!^ritten l^atten, glaubten in ber S£ür!ei gu fein unb l^ielten bie Slltba^ern für SLürfen.'

4. 2)er fanatifd^e ^^o^otiStnuS.

3)a8 2llte unb 9leue gingen in bem gufammengctoürfelten Äönig= reid^ nid^t gufammen. S)ie altba^rifd^e O^inftemig toar bem Sid^t ber SIeujeit nid^t bIo§ abgelDenbet, fonbem audg t)on ©runb oud abgeneigt unb erboft über aKe bie neuen 3Jl&nmx, tt)eld^e man gur ©rünbung unb Verbreitung jeitgemöfeer Silbung ins ßanb gerufen l^atte. ®iner ber l^öl^eren SBeamten in aRfind^en, Sl^rifio^]^ t)on Slretin, l^atte eine fogenannte 5Patrioten|)artci gefliftet unb gegen bie neuberufenen pro* tepantifd^en ©elel^rten ge^efet. 3acobi tourbe im Sweater öffentli(i& bef einimpft, 91. {^euerbad^ burd^ $obeI^aufen in feiner SBol^nung l^eim- gefud^t unb infultirt, £]^ierf(!^ burd^ ein m6rberif(!^eS Attentat bebrol^t, Jacobs leierte fo \i)mU als möglid^ nadg ©ot^a jurüdE u. f. f. '

§egel bejeid^ncte biefe unerl^örten ©ccnen, 2IuSbrüd&e ber Slol&l^eit unb bes toitben OfonatiSmuS, mit bem SBorte „^^ojoiSmuS", um nid^t in gutem Sd^mSbifd^ „@auU)irtl^fd^aft" gu fagen, tt)as er übrigens aud^ fagte unb mit aUtn bajugel^örigen ienngeidgnenben SBorten aud^ auSfül^rte.*

n. 3)ie ba^rifdfte JReaction.

1. 2)ie €onf[icte in ber @tubtencommifflon. 9ltetl^atnmer8 9lteberlage*

93alb aber tourben bie SSerl^&Itntffe loeit fd^Iimmer unb bebrol^Iid^er, als bie 9leaction aus ben Slbgrünben beS ^öbels auf bie ^öl^en ber

1 Stiefe üon unb an $egeL I. 6. 168—177. (SBamberg, 20. fOiai 1808.) 2)tefer 93rtef (9lr. 54) ifl einet ber auSfü^rlid^lten unb toid^tigflen. * (Ebenbaf. I. 6. 226-230. (Sflümberg, 7. an&rg 1809.) » SBgL biefeS SÖßert ob. VT. (e^eQing.) 2. fbifL. SBud^ I. (S.ap. X. 6. 126—130. 2)ie ertD&l^nten 6cenen gegen 91. Sfeuerba« unb Sl^ierf« l^atten am 15. Hpril 1810 unb 28. gfcbr. 1811 liatt- gefunben. * »riefe t)on unb an §egel. I. 6. 265—267. (SHümberg, 7. 5lug. 1810.) 6. 274—277. (Slürnberg, 27. 6eJ)t. 1810.) HI« ©egel biefen »rief f^rieb, toar 3acoW gfatnilie fd^on na4 ®ot^a burd^gereili. (6. 276.) »gL »riefe I. 254f[gb. (»r. t>. 15. Sn&ra 1810.)

^egeliS 3eit> itnb SBeUanfd^auung. 95

aicgieruttß empotfüeg unb fclbfl bcn Äöntß SDlaj 1., ber jene 5Pobel« fcencn ^SBuBcreicn" genannt unb Dcrurtl^ciU l^attc, gefangen nal^m. Sladö bem Slbfatte JBa^ernS Don yiapoUon im SBertrage ju [Rieb (8. DctoBer 1813), nad^ bem Betounberung8mürbigen, aber unglüdfid^en f^elbjuge Slapoleond im 3a^re 1814, DoÜenbS nad^ feinem Untergange auf bem gfelbe Don SBatertoo (18. 3uni 1815), dnberte fid& bie ßage unb Slid^tung ber 3)inge. ©eit bem oflerreid&ifien €injlu§ lam in SBa^ern bie ®eltung ber flodfat^olif^en Partei inS Uebergeioid^t, toaS t)or aDem 9ltet]^ammer in feiner Stellung gu fällen befam.

3loii im t^rü^jal^r 1811 l^atte 92iet^ammer trium))^irt. @r l^atte aU ))roteftantifc^eS Sflitglieb ber @tubienfection beim Aönige feine @nt(affung ober bie feineg !at^oIif(!gen ©egnerS (SBiSma^r) verlangt, bie Untere toax erfolgt unb fein Sinflug t)on neuem befe^igt. SlidgtS !onnte unferem §egel nad^ feiner eben erfolgten 9}erIobung erfreulid^er fein al8 biefe Stad^ri^t: „Seit gefiem toeife id6, bo§ ber Äönig unter* fd^rieben l^at. 3d6 bleibe alfo. Quod felix faustunque sit/^

8fünf 3a]^re \p&Ux fallen bie 3)inge ganj anberS au8. 3n einer @i^ung ber @tubiencommiffion Dom 26. Slpril 1816 toar 9lietl^ammer fiberftimmt unb ed toar burdg bie latl^olifd^e SDtel^rl^eit (loogu iener SBiSma^r unb ber un8 Don ©dfeetting l^er belannte ©aj; SBeiller gel&örte) befd^loffen tt)orben: bag für ben Eintritt in bie ^rog^mnaften baS Sllter ber Söglinge l^erabgefe^t »erben fotte, tooburd^ ber (Slementarunterrid^t be» fd^Ieunigt, Derfürjt unb alfo Derfdgled^tert tt)urbe, unb bag in ben ©Qmnafien ber Unterrtd^t in ber SJlatl^ematif unb in ber ))]^iIofop]^if(!^en 5Borbereitunggtt)i|fenfd6aft aufgul^eben fei* darüber toar e8 in ber @i^ung aum Streit gefommen. Slietl^ammer l^atte ftd^ abermalig an ben Äönig getoenbet (28. Slpril) unb Dorgefteöt, bo§ jene SBefd^lüffe auf bie |)rotefiantifd&e ©rjiel^ung unantoenbbar feien. S)er Äflnig aber l^atte in feinem Jftefcript Dom 4. 3uni 1816 bm ©egnern Siedet gegeben, il^re SBefd^lüffe belröftigt unb bem Dberfdöulrat)^ Jlietl^ammer ,,ba8 atter^öd^fie aWifefaDen" eröffnen laffen, fowol^l über fein SBene^men in iener ©i^ung als aud& inSbefonbere borüber, ba§ berfelbe in feiner ©ngabe fi(i& „bie 3let)rdfentantfd^aft bes protefiantifdöen ffteligionStl^eife in ©d^ulfad^en" angemaßt l^abe, to&l^renb in ©cigulfad^en bie S^onfeffton nid^t in fjrage lomme.*

1 SBriefe. I. 6. 303. (»rief Slietl^Qinmer« Dom 7. a^ai 1811.) Cben- bQf. I. ©. 396-398, (^iietl^ammer an ftegel D. 16. Suni 1816.)

96 9llt- unb 9leU'S9a^etn« 2)ie ba^tifd^e gfinftetnig itnb 8leactton.

3lictl^Qtnmcc l^attc t)on einer fold^en 3lel)räfcntQntfd6aft md6t gc^ tebet, fonbem blog üon fetner Slmtdpfitd^t unb ber bartn entl^altenen aSeranttoortltd&feit 68 toäre ben ©egnern fidfeerlid^ ertoünf^t gctoefen, luenn 9ltet]ganimer feine (Sntlaffung genommen l^dtte, aber er toax t)iel 3u Befonnen unb ta))fer, um fein fjetb ju öerloffen, afe boS trübe SBetter l^ereingebrodgen koar, toie er t)oraudgefe]^en. @d&on in feinem Srtefe Dom 19. 3loöember 1815 l^atte er feinem Qfreunbe ^egel t)ers ffinbet, bQ§ eine attgemetne Sleaction im SInauge fei, unb bereu 3etcl&en gefd^ilbert. „SQSie bie SBürmer, tJröfd^e unb anbercS ©efd&meis oft bem Siegen noc^aiel^en, fo bie SBeiller unb ©onforten bem trflben SLag, ber fid6 über bie ganje ciDilifirte SBclt ausbreitet, Sn ber allgemeinen (©ünb=) gftuti in ber alles SBcrattete aurüdflrömt, gtaubt biefe« litte« rarifd^e unb |)äbagogif4e, toie ba« übrige ©efinbel feinen SMoment gefunben au l^aben; unb id^ fürd^te faft, eS l&at il^n gefunben! SBaS id6 ^^ntn fd^on münblid^ öon JBorfd^tägen aur Slufl^ebung ber 5ßrimftr= fd^ulen gefagt l^abe, ^at ftd^ inbeg toeiter umgetrieben, unb man ift in ber Sfred^l^eit fo toeit gelommen, ba§ man bie 5Profefforen nitfet nur ber $]^ilofop]^ie, fonbem fogar ber SRatl^ematif an ben ®^mnaften für entbe]^rli(iö unb nad&tl&eilig erHört unb gerabeau 6 glaffen (3lubt* ment, ©rammatif, $oefte unb Sll^etorif) als bad @ine, toaS notl^ fei, |)rebigt; unb bergtcid^en nid^t ettoa nur tauben Dl&ren! SBaS barauS toerben toirb, ifi mir an fid^ fel^r gleid^gültig, ni^t bIo§ für meine 5Perfon, fonbem felbji beinal^e aud& fd^on für bie ©adfte. 3)a8 bumme 5ßfaffettDoK in SBa^em toirb faul unb bumm bleiben, toenn man'S fo l^aben toiQ aum ©lud bebarf bie 93ilbung il^r Slf^I nid^t mel^r in äSa^ern au fud^en, too man fie ol^nel^in nur l^ereingelodt au ^aben fd^eint, um fie tobtauf dalagen! 916er fie foQen uns bod^ nit^t fo im @tillen abtl^unl unb fte foQen uns nid^t nadg bem @d^nitt t)ormaHger SDflond^fd^uIen unfere protcfiantifd^en ©tubienanfialten Derftümmeln! S)agegen toill id^ mid^ toel^ren bis auf ben legten SDIann, ber id^ nod^ au fein l&offe/^

SQSie rid^tig feine Äuffaffung unb JBeurtl^eilung ber 3citlage toar, betoieS i^m baS Iflniglid^e 3lefcript Dom 4. 3uni 1816, „ein mcrl= toürbigeS SDocument ifi attcrbingS biefe atterl&öd&fte entf(i&Ue§ung, mir infofern nidfet unertoflnfd^t, als eS mir aum ffletoeiS bient, bafe bie 5Protefianten in biefem ßanbe förmtid^ ret^tloS ftnb."*

1 »riefe. L @. 387 u. 388. > (Ebenbaf. I. €. 898.

$(0eU Sttt* unb SBeltanfd^auttttg. 97

2. aHontgelad' QEntlonititg unb baS (Soncorbat. am 2. {Jcbtuar 1817 toutbc bo» aRiniftctium SWontflcIafi etit= laffen uttb im Saufe beS Sal^teS gioifdgen 99a^em unb Stom ein (S^on- corbat gefdgloffen, ,,ba8 ©eineSgleid^en gor nid^t l^at". @o fd^rieb 9tiet]^Qmmer am 27. S)ecem6er 1817. Siner ber ^auptgefd^ftftlSfül^tet biefeS @:oncorbat8 luar Safimir ^Affelin, 99ifd&of i. p. t)on @:^erfone9, Don bem S^ietl^ammer berid^tet, ba^ er felbft bei einer amtlidgen ©elegen- l^eit 3euge toor, to\t biefer 93ifd&of fidg im Streifet barttber befanb, ob bad 9leue £efiament jur 93ibet gehöre ober nid^t.^

8. ^egeU S^itanfd^auung unb Hoffnung.

^egel lebte ber Ueberjeugunfl, bafe mit bem ©turg unb ber ©elbfl« jerftörung 3lol)oleon8 ba8 Zeitalter ber franjöfifdöen giebolution Dottenbet unb ba^ beS betougten unb befonnenen S^i^^tfd^rittS ber Stößer unb ber großen SOlajfen gelommen fei.

3laäi ber ^bbanlung 3lapoUon^ in Sfontainebleau (IL 9[))ril 1814) fd^rieb er an 9lietl^ammer: »@d finb große S)inge um uns gefd^el^en, eS ift ein ungelgeures ©d^aufpiel, ein enormes ©enie, fi(!^ felbß g^rftören ju feigen ba« ift baS tpa^ixcöTaTov, baS eg giebt; bie ganje SDflaffe beS Jülittelmfißigen mit feiner abfoluten bleiernen ©d^toerlraft brfldEt ol^ne Slafi unb SBerföl^nung fo lange bleiern fort, bis eS baS ^öl^ere l^erunter, auf gleid^em 9tiüeau ober unter fid^ l^at; ber 3Benbepun!t beS ©anjen, ber ©runb, baß biefe SWaffe ©etoalt l&at unb als ber (Sf)Ot übrig unb obenauf bleibt, ifi, bag bie große ^nbiDibualität felb{l baS Sted^t baju geben muß, fomit fid^ felbfi gu ©runbe rid^tet. S)ie gange UmtoSlgung l^abe xä^ übrigens, voit iäf midg rül^men tt)ill, t)orauSgefagt in meinem SBerfe, baS idg in ber Stadgt üor ber @(!^Iad^t t)on 3ena DoDenbet" u. f. f.*

Unb teaS fagt er gu ber ba^rifd^en 9leaction, bie il^m Slietl^ammer gkoei 3a]^re fpdter fo l^anbgreiflid^ gefd^ilbert? „S)ie allgemeineren Sßelt= begebenl^eiten unb Srtoartungen, foioie bie ber naiveren j^reife oer- anlaffen midg meijl gu allgemeineren 93etrad^tungen, bie mir baS @ingelne unb fflli^tu, fo fel^r eS baS ©efül^I intereffirt, in ©ebanfen meiter toegrüdEen. 3d^ l^alte mid6 baran, baß ber SQBeltgeiji ber 3eit baS @:ommanbon)ort gu aDanciren gegeben; fold&em @^ommanbo toirb parirt; bieS SBefen fd^reitet toie eine gepangerte, feftgefd^Ioffene ^l^alans untoiber-

» »tiefe. I. ©. 13. (9lietl^ammer an ©egel. anündjen, 27. a)ecembec 1817.) - « CbenbQf. I. 6. 371. (ör. ü. 29. «pr« 1814.)

98 ^egel al8 $rofeffox ber $6Uofi)p^te in ^etbelberg.

ftel^Iid^ unb mit fo untnerUtd^er S3ett)eguttg, als bte @ontte fdgreitet, t)ortDfttt§, burd^ btd unb bann; ungftl^Ibare leidste £ru))pen gegen unb für boffclbe flanfiren brum ^erum, bte tnciften totffen öon gar ntd&ts, um toaS ed fic!^ I^anbelt, unb friegen nur @töge burc!^ ben Ropl tote öon einer unfid&tbaren §anb." „®ie fidöerfie ?Partic iji tool^I, ben SlDancirriefen feft im Sluge gu bcJ^altcn, fo lann man fogar l^inpel^en unb 3ur (Srbauung gefammter üielgefcigäftiger unb eifriger @:omt)anfd^aft felbfl ©d^ul^ped^, boS ben Sfliefen feft^alten foD, mit anfd^mieren l^elfen unb jur eigenen ©emüt^Sergö^Iid^Ieit bem ernft^aften (Betriebe JBors fd^ub leiften. S)ie Steaction, üon ber toir fo t>xA bermalen f^red^en ]^5ren, l^abe i(6 ern}artet, fte toxU i^r Sted^t l^aben: la v^ritö en la repoussant, on l'embrasse, ifi ein tief finniges 3acobtfd^e8 SBort/'^

Sd^t l^egelfd^e SBorte! äBorte Don bem unnad^a^mlidgen @temt)el biefeS $]^tIofo^]^en. 3)er äBeltgeifi ift nid^t pxt]fxxt. S)ie äBeltgefd^itite ifi ber fjortfc^ritt im SBetoufetfein ber fjrei^eit. Sioc^bem bie gro§e SnbiDibuontftt in einer ungeheuren Zragöbie fid^ felbfi gerflört l^at, bleibt nid^ts übrig qI8 ber g^l^or. 3e^t !ommt ber @]^or obenauf unb beginnt gu l^anbeln. S)a3 Sommanboioort beiS SBeltgeifteS ^eigt: bie 3Raffen a)}anciren!

SßaS ^egel im Stnfang beS neunjel^nten ^al^rl^unbertd, nad^ ben S£agen Don tJfontainebleau unb SBaterloo DorauSgefel^en unb DorauS- gefagt ]§at, bad ift ^eute, am (Snbe biefeS ^al^r^unberts, tool^I ein gemein- Derftönblic^eS Sßort. @r l^at gefagt: bie äKaffen aDanciren.

9leunteS (S^apittt

l^tstl ül» |lr0fe|f0r htt ffiüoft^plflt in l^txhtlbtts. (1816—1818.)

I. 3)rei SBerufungen.

1. Stiangen.

\©eit bem 25. SloDember 1810 lag bie Uniöerptät ßrlangen in ber ba^rifd^en SD^ad^tfpl^&re, unb toir tt)iffen, nield^e inbrünftigen, Don DHetl&ammer unterfiü^ten unb beftörltcn Hoffnungen §egel feit lange

1 »riefe. I. 6. 401 u. 402. (f&x. t>. 5, 3uli 1816.)

^egel aU $rofe{{ot ber fp^Uofop^ie in ^eibeOberg. 99

getabeouf biefe Uniüerfttät gerid^tet l^atte. Qi^on im 9Rat 1811 ^atte i^m 9lietl^Qmmer gef(|ne6en, bag feine 93erufung nad^ Srlongen un« gmeifell^aft fei unb fpSteftenS nad^ bem @d^Iuffe beS loufenben @d^ul- jial^ted erfolgen toerbe.^ 9lid^t8 erfolgte. Umfonß martete ^egel üon ^a^i gu 3a]^r unb am @nbe, beS SßartenS unb ^offenS mflbe unb überbrfiffig, fo^te er ben bel^ergten Sntfd^Iug, ba er üernal^m, bag man in (Srlangen einen $rofef[or ber ^^tlologie nötl^ig l^abe, fic^ ber ba^rifc^en 9legierung aus freien @tadEen ju biefer @telle felbft anzu- bieten.*/

/ 2. »erlin.

®Iet(!^3etttg mit ber 93a))arifirung SrlangenS loor bie Uni))erfit&t SBerlin gegrünbet toorben, gleid^aeitig mit feinen neuen SluSfid^ten auf eine SlnfleQung in Erlangen erftffneten ftd^ für ^egel günftige ^M- fid^ten auf eine SBerufung nad^ Serlin, too bie feit bem 3anuar 1814 erlebigte ^rofeffur fjid&te« nod6 immer nid^t befe^t toar. Unter ben 93orfd^Iögen, bie ^on feiten ber f^acult&t jur äBieberbefe^ung biefer @telle gemad^t tt)erben foUten, loar aud^ fein SRame. {^riebrid^ üon 9laumer, ber mit bem SDIinifler t)on @d&udmann gute SSejiel^ungen unterl^ielt unb fid^ fflr bie @ad^e unb bie $erfon nad^ feiner lebhaften 2Irt interefprte, l^atte auf einer Qforfd&ungSreife nadft Italien, bie er gum S^^dte feiner ^ol^enflaufengefc^id^te unternommen, ben ^^ilofopl^en in 3lürnbcrg befud^t.* S)er SOlinifler Don ©d^udfmann, ber öon Slicbul^r tougte, bag ^egel eine 93erufung nad^ 93erlin toünfd^e, l^atte fd^riftlid^ bei bem $l^iIofot)]^en felbß angefragt, ob er, fc^on feit ^al^ren bem nlabemifd^en Aatl^eber fern unb DieDeid^t entfrembet, nod^ bie Aroft beS lebenbigen unb einbringenben SSortrogS DoDig beft^e, bie gur SluS- Übung beS ))]^iIofop]^ifd&en Cel^rfad^S unumg&nglit^ nötl^ig fei, nament» lidö iefet, too baö leibige treiben in ben SBrobfiubien überall fic6 be= merlbar mad^e,* S)o §egel fid& bie ^Berufung »ünfd&te, fo mugte er fid^ bie fraglid^e Araft loo^l gutrauen. S)a er od^t ^df^x^ long als ?Profeffor am ©^mnofium ju Jiürnberg tl^ötig getoefen, fo ^atte er feine ßel^rfraft nid^t ungeübt gelaffen, fonbern betoäl^rt. 3)ie ^rage be« 2Kinifler8 »ar offen, gut gemeint, aber red^t überjlüjfig. Äurj

1 »tiefe. I. 6. 301. («r. t>. 5. SDlai 1811.) »qI. ©. 308-320. (»r. ^egcU öom 27. «ug. 1811.) - « Cbenbaf. I. 6.395fCöb. (»r. ö. 8. 3uni 1816.) »gl. über etlangen: 6. 319 u. 333. » Cbenbof. I. @. 410-413. (IRaumer qh ^egel. anfingen, ben 7. 9(ugufl 1816.) « CEbenbof. I. 6.415 u. 416. (»erlin, ben 15. Huöup 1816.)

100 ^egel aU $rofeffot bet ^^ilofoplftie in ^eibelbetg.

nod^l^er l^ottc Slietl^ainmer bei feiner Slntoefenl^eit in SBetlin mit bem ©toatSTotl^ 3HIoIot)iu8 über bie Slngelegcnl^cit ßefproiften iinb mar Don ber ©id^erl^eit ber Berufung Tegels überjeuflt. Sber bie ©tunbe für a3erlin l^atte im ßeben ^egeld no(!^ nid^t gef^Iagen.^

3, ^eibelbetg.

^nSi in ^etbelberg, iDol^in ^egel fiigon t)or elf ^^^ten nad^ jenem ©riefe an 3. §. SSofe ftd6 eine »emfunfl fletoflnfd^t ^atU*, jeißten fid& neue ^udftc^ten. S)Qmal8 loar 3. t$. gfrieS bagteifdgen getreten unb lüurbe ie|t aU ^rofeffor ber $]^i(ofot)^ie unb $^^fi! iDieber naA 3ena berufen. S)ie SteDe voax frei. 3m Sluftrage ber bobtfd^en [Regierung fd^rieb ber ^rorector ber Uniüerfit&t an ^egel, um il^m bie orbent- lid^e ^rofeffur ber ^I^Hofopl^ie anjutragen mit einer 93efolbung Don 1300 ®ulben unb einigen Slaturalien. S)er $rorector bed loufenben ©tubienjal^reS loar Aarl 2)aub, feit gujanjig Sorten $rofeffor ber £]^eo(ogie in ^eibelberg, einer ber tiefften t^eologifd^en S)en!er, toüä^tt Don Aant ju Sd^eQing fortgefd^ritten luar unb unter bem Sinflug ber fd^eÜingfd^en gfreil^eitdlel^re feinen ,,3uba8 Sfd^ariotl^ ober baS 93öfe in SSer^ältnig gum ©uten" ausarbeitete unb baS erfte §eft l^atte erfdgeinen laffen (1816). @r loar fd^on Don bem @tubtum ber i^egelfci^en $^iIo« fopl^ie ergriffen unb l^at fid^ il^r balb mit ganger @eele gugeioenbet. S)ag bie ^Berufung burdg biefen 3Rann gefd^al^, burfte aU eines ber günftigften Slufpicien gelten.

ffiaub f(i&rieb: „3lun toürbe aber ^eibelberg an 3^nen, toenn ©ie ben Stuf annfil^men, gum erjten mal (©pinoga »urbe einji, aber Der= geben», l^ierl^er berufen, toie ©te Dermutl^lidö ttiffen) feit ©tiftung ber UniDerfttat einen ^P^ilofcpl^en l^aben. {Den gfleife bringt ber ^Jl^ilofo})]^ mit, unb ber ^l^ilofopl^, ber ^egel l^ei^t, bringt nod^ Dieied anbere mit, ttoDon freili^ bie toenigflen l^ier unb überaß bis Je^t eine Sll^nung l^aben, unb toa^ burd^ bloßen ^n^ nidgt errungen n^erben lann" u. f. f. „ßrleb' id6'8, ba§ ©ie ber UniDerfität ^eibelberg an» gel^ören, bie id^ tote meine Pflegemutter liebe unb bis anS Snbe lieben teerbe, fo ift ein reiner unb erquidEenber Sid^tftral^I in mein 2^Un gefallen."'

„S)ann loürbe ^eibelberg gum erften mal feit ©tiftung ber Uni- Derfitftt einen ^ßl^ilofo^en l^aben." Sin grofteS DielumfaffenbeS SEBort!

^ SSriefe. J. 6. 425 tt. 426. Oeno, ben 13. September 1816.) * 6. oben Cap. VI. 6. 71. »riefe. I. 6. 406-408. (^etbelberg, ben 80. 3ttU 1816.)

^egel als $rofe1Tor bet ^^lofopl^ie in ^txhtlUx%. 101

3(te S)au6 btefe äBorte fdgriefi, sdl^Ite bie UniDerfitAt, bie dltefie beS beutfd^en älet^S, 430 ^al^re!

ffia ^cgcte nürnberger ßinfünfte 1560 (Bulben betrugen, fo mad&tc bie 93efoIbungSbifferen3 nodg eine fleine @c^miertg!eit. @r mar freubig bereit, bem Stufe (^olge ju leiften, menn man il^m freie äßol^nung unb bie 3ufage einer !flnftigen ®e]^alt8)}ennel^rung geben tooUz. 3Jlan tx^b^tt bie 93efoIbung auf 1500 (Bulben, toomit bie ©d^mierigleit DoK« lo muten aud bem SBege geräumt mar.^

Xsim 24. Sluguft 1816 l^atte ^egel fein (SntlaffungSgefudg aud ba^rif(!^en S)ienfien eingereiht. Unter bem 4. September 1816 Der- ffinbete bad St. SBa^rifd^e 9legierung8b(att, bag am 25. 9(ugufi bie ffiirectorflefle an bem i)l^iIoIogifc^en ©eminar gu erlangen nebft ber orbentlid^en fiel^rfteDe ber S3erebfamfeit, S)i(i^tfunß, bann ber claf jtfd&en, gried&if(6en unb rftmifd^en Sitteratur, bem bisl^erigen Stector unb $rofeffor am ©^mnaftum ju Slürnberg, ®. SB. gr. §egel, t)erUelöen toorben fei.* (Srtangen toax um einen STag gu fpöt, 99erlin nodg nidgt gu redgter @tunbe gefommen. S)er SBeg Don 92ümberg nadg 93erKn ging burdb §eibelberg.

n. 3tt)ei Saläre in ^eibetberg. 1. 2)ie €nc^tIopftbie.

92ad^bem ^egel in ber Oberclaffe beS närnberger ©^mnafiume ad^t 3a]^re l^inburd^ in ber p]^iIofot)^if(i^en ßnc^Hopäbie unb to&l^renb beffelben 3eitraum8 in ber Unterclaffe unb SWittelclaffe in ben rtiIo= fopl^ifd^en £]^eitmiffenf(|aften, mie frfll^er ertDiül^nt, unterrid^tet l^atte, lonnte gur ßrneuerung feiner alabemifdften ße^rtl&fttiglcit unb im (Snt* midlungdgange ber le^teren nidgts n&^er gelegen fein, ate bie (£nc^f(o= ))öbie gum ©egenftanb feiner erften SSorlefung unb gum Xl^ema feines erfien litterarifd^en SBerleS gu nel^men. (Sr lad gleiiig im SBinter Don 1816—1817 über bie ^(gnc^flopabie ber pl^ilofop^ifd&en SBiffenfdfeaften", im folgenben @emefter über Sogil unb äJletap^^fil „mä^ Anleitung feiner bemnfld&ft erfc^einenben (Snc^Hopäbie ber pl^ilofopl^ifd^en SBiffen* fd&aften", unb im ©ommer 1818, feinem legten @em«per in Reibet berg über „bie ipi^ilofopl^ie in il&rcm gefammten f^jiematifd&en Umfange" nac^ feinem enc^flop&bifdben Se^rbud^. S)af[elbe toar im Sfrül^ial^r

^ Tegels ^InttDOTten an 2)aub ftnb bom 6. 9(ugu1i, 20. 91uq. unb 8. 6ept. S)ie er|le \ft untcraeiiinet ^^egel, ©d^ultat^ unb Slectoi". aSriefe, I. 6. 408 bis 410, @. 417-419, 423 u. 424. - > (ibenbaf. I. @. 423. llnmfQ.

102 ^egcl aU ^rofeffor ber ^^ilofopl^te in ^eibelBerg.

1817 erfd&ieticn, btc Sortebe Pammt auS bcm SMai bicfcg Sol^reS, „enc^IIopäbie ber t)]&ttofop]^tfd6cn aBiffenfdÖQftcn im ®runb-

rtffc*. 3loä) 6ci fcineit Scbjctten ^at ^cgel jtoct neue ^^luftogen ber

enc^Mopabie erlebt, 1827 unb 1830, bte vierte ftammt Don aiofem frona (1845.)

SBie ftd6 bie 5ß]^anomenotoflie gu ^egelg ienaifd^er 5ßertobe unb

bte ßogif ju feiner nürnberger öerl&ält, fo Derl^ftU jid^ bie ßnc^flopöbie 3ur l^eibelberger.

2. SBorlefungen unb ^Imtlgenoffcn.

MBJai&renb feiner öier ©emefier in ^eibetberg l&ot §egel fed&8 Dcr= f<i6iebene JBorlefungen gel&ütten. 3u ben fd^on in 3ena gel^oltenen SBorlefungen Aber ßogif unb aJletap^^pI, JRatur' unb ©toatSred^t unb ®efd^id^te ber $^iIofo))l^ie fommen bie SSorlefungen Aber p^ilofop^ifd^e ßnc^Mopöbie, über SCnt^ropologie unb 5ßf^d&oIogte unb über aepl^etif/ ©ie ®efd6id6ie ber 5P^iIofop^ie ^ebt fid& in ben ^eibelberger Sortefungen loeit mel^r ^ttoox aU in ben jenaifd^en, er l^at barüber in ben beiben SQSinterfemeftern (1816/1817 unb 1817/1818) gelefen; ba8 erfle mal l^eigt eS in ber Slnfflnbigung: „nadg eigenem ^lan"; bad jteeite mal: „mit auSffil^rlid^er Sel^anblung ber neueren ald 3ur Einleitung in bie ^l^tlofopl^ie, nod^ ffiictaten". ®ie erfigenanntc SBorlefung l^ftlt er fed^Sjiflnbig, bie anbere fünffiünbig.

ais ^egel »a^renb beS SBinter« 1805—1806 jum erfJen mal bie ©efd^ic^te ber $]&i(ofo^^ie in 3ena vortrug, mürbe bie ©d^lacigt üon ^J(ufterli^ gefd^Iagen unb ber 9t§etnbunb gegrilnbet. Slls er fte gum jtteiten mate vortrug unb feine Se^rt^atigfeit in §etbelberg am 28. Dctober 1816 bamit eröffnete, toar bie äBett im (^rieben unb 3lal)oleon auf 6t. ^elcna. ®ie 3«it ber SBcltbetra(i&tung, ber ßinfel^r beS ©eifteS in ftdb, ber ^^ilofopl^ie mar gelommen. ^egel \pxaii e8 in feiner Slntrtttdrebe aus unb na^m ben ®eniuS beS beutfdgen SSoIfS fflr bie !ß]^iIofop]^ie in ^[nfpruc!^. »98 ir l^aben ben l^öl^eren 93eruf öon ber SRatur erl^atten, bie Semal^rer biefeö l^eiligen geuer« gu fein/ ,,Sßir ftnb fiber]^au))t je^t fo toeit gelommen, gu fold^em größeren Srnfl unb SSeiougtfein gelangt, bag uniS nur Sbeen, unb baS, toag fid^ t)or unferer 93ernunft red^tfertigt, gelten !ann; ber ))reu§tfd^e Staat ifl eS bann nai^r, ber auf 3ntettigeng gebaut ifi." „ßaffen ©ie un8 ge« meinfd^aftlid^ bie SOlorgenröt^c einer fd&öneren 3ett begrttfecn, ttorin ber bisher nadg äugen geriffene ®eifl in fid^ gurAdEgu!e]^ren unb gu fid^

^egel al8 $iofef[or ber ^^tlofop^ie in ^eibelberg. 103

felbft ju !ommen Detmog unb fflr fein eigent^fimltd^elS 9tetd^ 0lQum unb Sobcn gctotnncn lann, too btc ©emütl^cr ü6cr bic Sntetcffcn bc8 Stoge» ft(!^ erl^eben unb für bog äBal^re, @tt)tge unb ©öttttd^e em))f&ngU4 ftnb, empfänglic!^ boS ^öd^fle ju betrad^ten unb ju ctfoffen/ „3dg l^abc mein ßcbcn bcr SBiffcnfd&aft getocil^t, unb tfl mir erfrcuttdö, nunmehr auf einem Stonbortc mid& gu befinben, too i4 in l&öl&erem Sna^e unb in einem auiSgebel^nteren äBir!ung8!teife gur SSerbreitung unb Belebung bed l^öl^eren toiffenfd^aftltdgen 3ntereffed mitmirlen unb gunödfefi gu 3^rer ßinleitung in baffelbe beitragen !ann." „®er 3Kut^ ber SBa^rl^eit, ber ®Iaube an bie äJlad^t beiS ©eifleS ift bie erße 93e- bingung bcr ^Pl^ilofopl^ie.''^

Seine Sel^rt^ötigleit in ^eibelberg toar eine fel^r eifrige unb an- gef))annte. 3m erften unb legten @emefler l^at er {e gn)ei ä^orlefungen gu fünf unb fecös ©tunben unb »fl^renb ber beiben mittleren ©emeffer (t)on Dpern 1817 bis Djiern 1818) je brei SBorlefungen gel^alten, fo bag er tobS^mÜi^ fed^Sgel^n Stunben laS. „SaS mid^ betrifft'', fd^reibt er am 11. S)ecem6er 1817 an Sliet^ammer, „fo tefe t(ö in biefem ©emeper brei ©ollegien, bie mir fo gut aU alle meine ©tunben toegnel^men, ic^ bin erfl ein ange^enber Unit)erfitdt8t)rofeffor, unb in» bem id^ bie SBBiffenf(ftaften, bie ic^ Vortrage, etgentlidö meiji erfl gu maiitn l^abe, fo erttören ©ie fid& l^ierauS bie fonft SBortourf öerbiencnbe ©elten^eit meiner brieflichen Sleufeerungen."*

3d& taffe anmerfungdtt)eife bie geitlid^e 9leil^enfoIge fetner S3or- lefungen folgen, toic fie in ber urfunblid^en ,,?(ngeige ber SJorlefungen" Dergeidönet ifi.*

» SBetfe. SBb.Xin. (©ef*. b. $^iIof. I.) 6.8-6. »»riefe. IL 6. 11 flgb. > ®ie Flamen ber fünf Sff^cult&ten feigen: «®ottedgeIa^rt^eit, IRe^tS- gele(rt(ett, Strancigelal^rt^eit, StaatdtDirtl^fiiQft unb gur p]^iIofot>^tf(ien gfacultftt ge^brige SelrfA^cr, tt>eld^e leiteten folgenbe fed^d gf&^et umfaffen: Sittetar- gef^id^te, p^ilofop^ifd^e aOtilenfiiaften, $$iIoIogte unb $[ltert^umslunbe, ^ijtorte neb^ i^ten ^Ülf8> unb 9lebenn)inenfd^Qften, ÜTlat^ematif^e SBifTenf^aften, Tlatur- funbe.

L Sßintetl^Qlbial^t 1816—1817: 1) Snc^no|)abie ber pl^ilofopl^if^en aSiffenfd^aften, 4 6tunben toöd^entli^, üon 10—11 U^r.

2) Qef^i^tc ber V^üofop^ie, na^ eigenem ^lane, 6 ©tunben, bon 3—4 U^r.

IL ©ommer^albjal^r 1817: 1) Sogil unb SO^etap^^flf müi SCnleitung feiner bernnft^fl erfd^etnenben QEnc^IIo|)dbie ber ^16iIofo|)$if4en SOiffenf^aften (^eibelberg, bei K. Ogtoalb), 6 ©tunben tob^entlid^, Don 11—12 U^r, tooDon bie ©tunbe am ©onnabenb bon ber 3Ritte beS ©emeflers einem (Sonberfatorium ge> toibmet tDirb.

104 (Qt^tl all $Tofe{for bet ^l^ilofoplftie in ^eibelberg.

\S>tc 3o^I bcr Sul^fttcr toar ju Slnfatiß fc^r QmnQ uttb l^at fiäi m&]^tenb beS erfien SetnefletS na^ einigen @tunben in ber Snc^Ro- p&bit auf einige smanjig, in ber ©efd^id^te ber $]^i[ofo))^ie auf einige breigig gel^oBen. @ine bie @tubenten[d^Qft (eloegenbe unb in äJlenge ergreifenbe Sßirffamfeit, toeldfee Srabition ober gar Bi^nlt ^fltte ftiften unb l^interloffen lönnen, l^at ^egel in §eibeI6erg taum ausgeübt, ba« ju toar bie ^rt feiner Qel^rDortr&ge ni(!^t geeignet unb aud^ bie S)auer berfelben gu lurj. /

S)ie Uniüerfttöt toax in fünf t^acultdten getl^eilt, t)on benen bie loierte bie ftaatstoirtl^fd^aftlid^e l^ie^. Unter ^egels ^mtdgenoffen leud^teten in ber tl^eologifcigen O^acultöt bie Flamen 5i>avib unb $au(u8, in ber iuriftifd^en £^i6aut Dor aßen unb Aarl @al. 3ad&ari& Don Singen- tl^al, bcr äJetfaffer ber öierjig a3üd&er Dom ©taat, in ber mebicinifcften ber Anatom £iebemann unb in ber pl^ilofop^ifd^en ber $l^i(otoge ®eorg tJriebr. ©reujer, ber feit Dflern 1804 in §eibelberg »eilte, burd^ feinen d^aralterlofen ßiebeSl^anbel mit bem 3frAu(ein Caroline Don ©ünberobe ben ©elbflmorb berfelben (26. 3uli 1806) Derfd&ulbet\ burc^ fein SQSerl: ^S^mbolif unb SW^t^otogie ber alten JBölfer, BefonberS ber ©ried^en" ftd^ eine groge geitgemd^e unb jeitmeilige SBerül^mtl^eit erworben unb bie erbitterte ©egnerfd^aft Don 3. ^. 93o§ l^erDorgerufen l^at. SltS biefe A&m))fe bie UniDerfitat in toeiten Areifen aufregten, D)ar ^egel nid^t mel^r in §eibelberg.

Paulus unb S)au6 »aren ^(ntipoben, 2)aub unb @:reu}er gingen gufammen unb gaben gemeinfam bie „©tubien" l§erou8, §egel unter« ^ielt freunbfd^aftlid^e unb geifieSDertoanbte 93ejie^ungen }u S)aub unb Sreuger, am lebl^afteflen gu Sreuger, mit bem er bie gemeinfamen

2) Hnt^TopoIogie unb ^f^d^ologte, nad^ S)ictaten, 5 6tunben tDöd^entltd^, üon 5—6 U^r.

3) Sefl^etif na^ Pietäten, 5 6iunben tDÖd^entlt^, üon 4—5 U^r.

m. aSintcr^albja^r 1817—1818: 1) Stnt^ropologie unb ^f^^ologte, an ben f&nf etilen SBo^entagen, t)on 4—5 U^r.

2) Qej^i^te ber $^tIofop^te, na4 2)ictaten. 5 mal, Don 8—4 Ul^r.

8) 9laturTe4t unb StaatStDiffenf^aft, na4 S)ictaten, 6 mal, üon 10—11 Ulftr.

IV. Sommerhalbjahr 1818: 1) ^(ilofo^^ie in i^rem gefammtf^flemattf^en Umfange naii feinem Se^rbu4 Snc^flopftbie ber pl^ilofop^ifd^en SBiffenf^aften unb crlftutemben S)ictaten, t&gUd^ t)on 10—11 U(r.

2) Sefl^etif, na(( Pietäten, 5 mal iD5d(entIt4, Don 5-6 U^r«

1 Sfrieb« dttuitt unb Caroline Don Ülünberobe. IBriefe unb ^i^tungen« ^erauSg. oon CErioin IRo^be. ^eibelberg 1896.

^egel aU ^rofcffor ber $^iIofo))^te in ^etbelbetg. 105

99erü^run8S))un!te ber gtiedgifd^en 9leUgton uttb $]^Uofot)]^te, inSbefonbere ber tieuplatontfd^en $^tIofo))^te, itamentKd^ beiS $ro!(u8 l^atte, mit beffen ^erouggabe Sreujer befc^Sftigt toar. S^agegen erlitt feine fünf- jel^niäl^rige, in 3ena, Bamberg unb 9lärnBerg genftl^rte (Jfreunbfd&aft mit $QuIuS einen @ti)§ unb ging in bie 93rüc^e. Sin neuer SlmtSgenoffe, beffen äSefanntfd^aft ^egel no(!() mad^en fonnte, unb beffen loieliöl^rige SBirffamleit ald Seigrer unb @d&riftfteDer ber Uniüerfitftt }u l^ol^em Slul^m gereid^t l^at, toax ber ^iftoriler ^^rifto^l^ t^riebrid^ @d^Ioffer, ber in bemfelben ©emefter feine £el^rt]^ötig!eit begann, als ^eget bie feinige befd^Io^. 6S toax ber ©ommer 1818. ®ie für ben ©tanb^ punft ©dglofferS d^aralteriftif(!^e SSorlefung l^ieg: „^Qgemeine ©efd^ic^te ber ©uttur, öorjüglidft in Stüdffic^t auf bie ßitteratur Don ben Seiten ber 9lömer biö auf bie neuen 3citcn".^

m. 3)ie l^eibelbergifc^en Sal^rbüd^er. 1. Sr. §. 3afobi8 Sffiette.

"^eit bem Saläre 1808 toar mit ber neubabifd^en Uniuerfttöt eine feitifd^c 3eitfd&rift berbunben, ;,bie l^eibelbcrgif^en Sal&rbüt^er ber ßitte* ratur", on toeld&cn ^eget, Don ©reujcr aufgcforbert, fdfton in Slflrnberg mitgearbeitet l^atte unb je^t für eine Sleil^e geleierter ßifteraturjtoeige (au(^ für bie tj^eologifd^en) baS ©efdgäft ber 9lebaction fibernal^m./ ©eine beiben erfien ^Beiträge betrafen ben ^pj^ilofoDl^en gr. ^. Safobi, Don beffen gefammelten SBerlen ber erfie unb britte Sanb in ben 3o]&reri 1813 unb 1816 erfddienen toaren.

^egel l^at über 3afobi brei Sluffö^e Deröffentlid^t: ben erfien in bem fritifdften 3ournat in 3ena, toeldfeeö er mit ©(fieding gemeinfam l^erauSgob (1802), bie beiben anbern in ben J^eibelbergifd^en Sal^r^ bfld&em (1813 unb 1816). 3n jenem Stuffa^, bem gtoeiten Sl^eil einer größeren Slb^anblung über ©tauben unb SBiffen, l^atte §egcl in Doffem ßinDerfiänbnife mit ©cbeüing« 3bentität8le]ere bie ©tanbpunfte ber lantifdfeen, iafobifd&en unb fidötef^en tp^ilofojjl^ie als fotd^e gefügt unb beurtl^eitt, toeldöc, ttie alle 9lcfIeEion8|)]eiiofop]eie, in ber bnaliftifdöen ^nfdeauung§U}eife, toeld^e UnenbUcbed unb Snblid^eS, ®ott unb äBelt trennt, )urüdE- unb ftedEen geblieben fei. 3afobi l^abe eS bem @t)inoja 3um

» ai8 t^ toöl^Tenb meine« erfien €ommeryemefler8 la«, ^ielt 64Ioffer feine le^te SBoxIefung, bie i^ gel^ört ^abe. <£d toar ber Sommer 1851. 2)ie SSor* lefung l^anbelte «Ueber bie ^ifiotifd^-^nlittf^e Sitteratur feit bem amerilanif^en Äriege*.

106 $egel aU ^rofeffot ber ^^lofopl^ie in ^etbelBerg.

SSomurfe gemad^t, bag berfelbe aUen S)ualtSmu8, aDe €nblt4leit unb 3eitlid6feit in bcm SBefen ©ottcS aU bcr einen unenbliificn ©ubfionj l^abe aufgeben xooUtn, aU ob €t)inoja biefe Sluf Hebung l^atte t>tX' nteiben fönnen unb follen, als ob jte nid^t gerabe baS £l^enia ttnb ber StDtd feiner gangen Se^re gen^efen loSre. S)iefer Sabel erfd^ien in ben klugen ^egels fo ungereimt, bag er il^n läd^erlidg mad^te unb 3aIobi mit einer alten 0leid&8ftabttt)ad6e öerglid&, ttJeld^e bem fjeinbe, als er anrfldtte, jurief: er möge um ©otteäwiOen nid&t fd^iefeen, e8 lönnte fonji ein UnglüdE geben.^

2l(S nun ^eget fo Diele Saläre fpäter feine beiben STuffa^e in bie ]^eibelbergifd6en Sa^rbüd^er fd^rieb, l^atten fid6 ingteifdöen feine SSer^ätt« niffe fotto^t ju Salobi afe aud6 gu ©döeöing fel^r geänbert, ni^t bloß bie t)^itofop]^ifd^en, audg bie perfönlidgen SBejiel^ungen. 3toifd&en l^alobi unb ©Delling, bie in SDtünd&en ate Sßabemiler lebten, einanber un- f^mpat^ifdg unb abgemenbet, toai eine litterarifd^e Stobfeinbfd^aft aus» gebrod^en, naci^bem 3afobi feine @d^rift „ä^on ben göttticigen S)ingen unb i^rer Offenbarung" (1811) unb ©d&etting atebalb feine ©cgem f^rift ,,a)enfmal ber ©d&rift öon ben göttlid&cn ©ingen u. f. f. be8 §errn ^riebridö ^einridfe Salobi" (1812) oeröffentlid^t l^atte.' 3»if(i6en ©d^eHing unb §egel lag bie $]^&nomenologie unb bie ßogil, b. 1^. bie l^egelfd^e ^^ilofoplgie, für ©d^eÜing ein unflberioinblici^er ©tein beS SlnftogeS unb beS ^ergerniffeS. 9lun ^atte ^egel burd^ Slietl^ammer ben Safobi perfönlid^ lennen gelernt unb liebgemonnen, er l^atte in biefer ^erfönlic^feit aud^ ben $^ilofo))]^en unb ©^»riftfteller tt)ieber3uer- lennen, ja felbß 3U)if(!^en ber ße^re 3<^{obiS unb feiner eigenen toefent- lic^e Uebereinftimmungen aufgufinben gen^ußt, ol^ne bie SDifferenj au8 ben Sugen gu laffen. fßon biefem ^aud^e ber äJerel^rung unb Siebe finb feine äuffft^e in ben ^eibelberger Sal^rbflcöern bewegt. Sl^re Uebereinftimmung liegt barin, bag na($ beiben ^^ofopl^en baS Slbfo« lute JU f äffen ifi als ®eift, Qfrei^eit, ©clbfibetoußtfein, toftl&renb iftre S)ifferen} barin liegt, baß naii 3afobi bie @rfaffung bed ^bfoluten im unmittelbarem SBiffen, b. 1^. im ©effll^l unb ©lauben befielet, ^egel bagegen in ber t)emiittelten unb k)ermiltelnben, b. 1^. met^obifdben @r!enntniß ben Sl^ara!ter unb bad ®en)id^t feines ©^ftemS entfaltet. „3aIobt l^atte biefen Uebergang üon ber abfoluten ©ubftanj jum ah^

1 $e(^elS |)l^Uofo|)^tfd6e 9[6^anblungen. L (SBetle. S3b.I. 6.52—115. 6.62.) - » »gl. btefc« aOöerf. »b. VI, (2. «uff.) öu* I. €ap. XI. 6. 156-161. öu*n. abf*n.IV. 6ap. XXXIX. 6.668-686.

^egel als ^rofenot bei ^^Uofopl^te in ^eibelbcrg. 107

folutcn ©cipc in feinem Snncrpen gemalt unb mit untoiberftel^lic^em ©efül^I ber ©etoifel^eit ausgerufen: „®ott ift ®eift, baS 3t6foIute ifi frei unb petfönlidö". S>ie unerfd^ütterii^c ®ett)i§]&ett biefer Ueber» jcugung, öon »cld&er Safobt getrogen ift, onerfennt ^egel ats beffen nid^t genug 311 fd^ö^enbe pofttiDe 93ebeutung; bag biefe Ueberjeugung leine anbcre gform l^at unb lennt, q(S bie be§ unmittelbaren Sett)u6t= feins unb ©efü^IS, ber 93erficl^erung unb Sl^nung, bes ©laubenS unb ber intettectuellen 2lnfc6auung, ift unb bleibt ber d6arafteripifcl&e 50langel feiner ^^ilofopl^ie. „SBad aber bem 93ortrage Don Serfid^erungen unb bem bloßen Serufen auf fold^e ©runblagen bie Irodfenl^eit benimmt, ifl ber eble ©eift, baS tiefe ©emtttl^ unb bie ganje Dielfeitige Silbung be« öere^rten liebevollen SnbiDibuumS."^

2. S)te toürttembergifd^en Sanbft&nbe.

Stuf ben ^ergog Aarl Don äBürttemberg toaren fc^nell nad^ einanber feine Jbeiben 93rüber Subioig Sugen unb Ofnebric^ Sugen gefolgt, mit meldiem Unteren (Sd^miegerDoter beS AaiferS $auld I. Don 9luglanb) bie aJl&mpelgarber Sinie belS ^aufeS SBinnent^al auf ben Sl^ron SBflrttemberg« lam, too fie nocö l^errfd^t. 64on am 23. ffiecember 1797 folgte i^m fein @o]^n Sfi^tebrid^, ber eben ^erjog gemorben mar, aU §egel in Oftanffurt feine un« befannte ©d^rift Aber bie SRotl^menbigfeit mürttembergifd&er ffteformen Derfafete.*

2)er ^ergog S^riebrid^ ^atte an bem gleiten @^oalitiondhiege gegen 3fran!rei(i& tl&eilgenommen, aber bei 3«iten feinen ©eparatfrieben ge* mad&t unb nad^ einer erflen ©ebietSDermel^rung bie SBürbe eined Aur- fürflen angenommen, loie fein fRaifiax, ber SRarfgraf Aarl gfriebridb Don 93aben. 9lad^ einem in Stuttgart mit 9tat)oleon perfbnlid^ ge« fdgloffenen SlQianjDertrage unb einem neuen Sänberjukoad^S in t^olge beS Sfrieben« Don 5Pre6burg rourbc er Äönig Don SBürttemberg unb eröffnete mit ber feierlid&en ©rHärung biefer (Srl^öl^ung feiner ^erfon unb feines SanbeS baS ^di^v 1806. 3llS baS ©eftirn 9tapoleonS M jum Untergange neigte, erilörte ber JtSnig im äJertrage gu {^ulba (2, 3loDember 1813) feinen Stbfaö Don Jftapoleon unb feinen Uebertritt ju ben Sllliirten.

©emö§ feiner politifc^en Älugl^eit unb trofe feiner getoalttl^ötigen unb bcSpotifdften ©innefiart, bie i^n für feine Umgebungen gu einem

>~ Setmif^te ©Stiften. I. (SOBerfe. XVI. @. 203-218.) »b. n. (9SÖerte. XVII. 6. 3-37, 6. 9, 6. 28.) 6. oben Cap. V. 6. 54-57.

108 ^eget al0 $rofe(|or ber $^Uofop]^te in ^eibelBerg.

fel&r a^fürd&tcten SKonnc modele, toor Äönig Oftiebrid^ I. t>on SQßflrttcm» Berg bcr crfic beutfd&c SunbeSfürp, ber feinem iteumürttemBergifd&en jtönigteid^, iDeld^ed um baS boppelte gröger ald boS Dormalige ^erjog- ll^um mar, eine StaotSDerfaffung gab. 9Iuf ®runb biefer SJerfaffung l^at ber StbniQ bie Sonbfl&nbe gufammenberufen unb benfelben in feiere lidger ©i^ung am 15. 3Jldr) 1815 bie 93erfaffung8ur!unbe gur SSe- rat^ung unb Slnnal^me flbergeben, nad^bem er felbft ftd^ barauf Der- ))flidgtet l^atte. S)a8 neue fiönigreid^ SBflrttemBerg, nad^ äugen ge- grünbet unb feftgefteEt, foDte nad^ innen einen DerfaffungdmftBiS^n @taat bilben au8 einem ®ug, reprdfentirt in einer Aammer burdb fünfjig 93irit{limmen unb breiunbfiebjig geio&l^Ite Slbgeorbnete; bie actiDe SBftl^Ibarleit follte in einem ^(ter Don 25 Sauren unb 200 ©ulben iäl^rlid^en Ertrages au8 liegenben ©rftnben, bie ))afftt)e SBäl^Ibarfeit in einem Sllter Don 30 Salären befleißen. 2)en @tänben toai bie Zl^eit- nal^me an ber ©efe^gebung, baS Stecht ber SteuerbeiDiOigung, ber ®eie^e8Dorfd^Uge, ber Petitionen, SSejd^ioerben u. f. f. gugefid^ert.«

SBon feiten ber ©tänbe tourbe biefe SBerfaffung abgelel^nt unb bie SSieberl^erfteDung ber fadifd^ unb formell aufgel^obenen altmürttem« bergifd^en SanbeeDerfaffung unb beren Uebertragung auf bie neuen fianbedtl^eile geforbert. @o loar gioifdden bem Aönige Ofriebridg I. unb feinen Sanbft&nben ein 93erfaffung8f)reit entflanben, meld^er bis jum £obe beS ßönigS (30. Dctober 1816) gemährt l^at unb erfi unter feinem €o]^ne, bem Könige SBill^elm I., jur enbgültigen Sofung gelangt ifi (1819).

S)ie Stimmung beS SanbeS im ©angen unb ©rogen loar auf feiten ber ßanbfiänbe. ®ie ^Parole l^ie^: „ba8 alte gute Siedet!", fo n)ie Submig Ul^Ianb in feinem be{annten gleidgnamigen unb gleid^geitigen Siebe eS auSgefprod^en ^at:

9Bo je bei altem guten SBetn ^er äBfirttemberget se^t, 2)a fod ber erfle Xtinffpru^ U\n: 2)al alte gute Sle^t.

®ie aSerl^anblungcn ber ßanbftänbe toölötenb ber SDauer be« ©treiteS unter 3friebrid& L bilben ben ©egenflanb einer Äritif §egel8, meldte ben britten, an SSebeutung unb Umfang loeitaud U)id)tigften feiner ^Beiträge in ben l^eibelbergifd&en Sal^rbüd&ern auSmad&t: „SBe« urt^eilung ber im S)rudE erfd^ienenen SBerl^anblungen in ber SBerfamm»

^egel aU $rofeffor bet $M(ofo|)]^te in ^eibelBerg. 109

lunfl bcr ßanbfianbc bc8 Äönigreid&S aBfltttcmBerg in bcn Saluten 1815 unb 1816. abt^ettung I-XXXIH".*

3la6i bcm 2Iu8brud5 bcö aSetfoffuitgSfirctteS l^ottc Ä. 31. ^xtifftn Don SBanflcnl^cim, feit 1806 im S)icnftc bc8 ÄJnig« gfriebrid& I. nnb in l^ol^cn toütttcmBcrflifd&cn ©taatöftmtern, eine ©d&rift öctöffenttid^t: n^k 3bee bcr ©toateöerfajluna in Slntocnbunfl auf SBütttemberg« alte SanbeSöcrfaffung unb ber €ntmurf gu beten ßmeuetung" (1815).

^ier tft nun ber $unft, to)o $aulu8' unb ^egets SBege ftd^ fflr immer getrennt l&aBen unb i^re Bisl^er bejianbene gteunbfd&aft ju 6nbe ging, ol^ne in eine foldfee offene unb gel^äffige fjfeinbfd&aft QuSjuorten, to)ie fie 3n)if(6en ipoulud unb @d&eDing fd^on in Sßflrgbutg entftanben toar unb bi« in il^re f})ateften Soge fortgcbauert ^at. ?JauIu8 fd^rieb für bie @ad^e ber loarttembergifdgen Sanbßänbe, ^egel baioiber, beibe toaxtn in SSejiel^ung auf ben to)ärttembergifd&en ^erfaffungSflreit bie auSgemadgteften ®egner. $auIuS l^atte eine „$^iCofop]^i|d^e Seurtl^eilung" ber eben ermftl^nten SBangenl^eimfd&en „3bee ber ©taatSDerfaffung" u. f. to. öeroffentlid&t, toorüber ^egel an SRiet^ammer fdferteb: „©ein Wangenheimium exenteratum ift, quoad personam, l^ämifd^ unb quoad rem l^öd&fi pl^itifterl^oft unb gemeinen SWenfdfeen DerjianbeSmdfeig" u. f. f. „er ifi ber ®ott ber ßanbflänbe."* 3im blog »)ubUcipifd&, fonbern aud^ ))erf5nltd^ agitirenb l^at fid^ $auIuS in bie 93erfaffunge= l^änbel feines ^eimatl^Ianbed bergeftalt eingemifd^t, baB A5nig S&iU l^elm I. il^n ou8 SBürttemberg auStoeifen lie§, als er unter bem ©d^ein einer gferienreife, um feinen Ironien ©ol^n in ©tuttgort ju befud^en, im 3uU 1819 nadg SubmigSburg lom, n)o bie SonbeSDer- fommlung tagte unb bie Derföl^nenbe 9(uSgIeid6ung beDorjtonb.

legete SBeurtl^eilung be3 »ürttembergifd^en SBerfaffungSfireiteS ijl eine l^ifiorifd^ - })]^ilofop]^if d&e ©d^rift, fo burd&brungen öon bem ©eift feiner ße^re, bofe man beren etl^ifd&cn ©l^orafter nnb gefd&id&t8i)]§ilo» fol)^ifd6e SJenlort fel^r gut borouS erlennt; fie iji jugleidö fo einteud^tenb, bünbtg unb mit einer fo l^etten Seic^tigleit gefd&rieben, bog man in biefem 5ßubliciflen mit SSertounberung ben SJerfoffer ber ^^anomeno= logte, ber ßogil unb ber €nc^Ho})äbic toieberfinbet, ®a8 Sl^ema lag i^m feit longe öotlig im ©riff. Unb eS »ar für ben SBerfoffer ber

» ^eibelbergiWe Sa^rbü^er ber ßittetatur. 1817. mx. 66-68, 73-77. SBetmif^te 64Ttften. Sb.I. (aBßetfe. »b.XVI. ©. 219-361.) » »tiefe. II. ©• 6. (SBr. öom 19, fipxil 1817.)

110 ^egel aU $rofeffor btx $]^Uofo))6te in ^eibelberg.

^ßl^finomenologie, bie eS ja tnit ben SBiberf))rfl(^en bed 93etüugtfetnd }U tl§un l^at, eine intereffante älufgoBe: eine toorl^anbene, in feinen ßonbßleuten l^errfdfeenbe 5orm be« ffletoufetfeinS ju fd^itbern unb ted&t intenftö gn etleud&ten, »eld&e einen Raufen alter unb fcfelimuier Um redete für „ha^ a(te gute 9ted^t" anfal^. ;,SBir l^aben fd^on mond^en @d&tt)abenfireid& flemad&t, fo ober nodb feinen", fd&tieb er an ^ietl&ammer, ber eine leife ©^mpat^ie für bie @adge ber Sanbft&nbe liegte.

1. 2)Qd Sdnberaggregat, to)eld^e8 nunmehr fiönigreidg Sßflrttemberg l^ieB, beburfte ber ©taatiSeinl^eit, um einen felbftönbigen poUtifd^en Kdrper }u bilben; bie 93e{)anbt^eile, miä)t, mie bas ^ergogtl^um Sßflrtteniberg, Sleid^Slel^en geioefen loaren, l^atten biefen Sl^arotter un= iDieberbringlid^ t>txloxtn, nac^bem baS l^eitige r&mifd^e 9leid^ beutfc^er Slation, biefe ,,conjiituirte Slnard^ie", unter ben ©türmen ber 3eit gufammengebrod^en U)ar unb fein t»erbienteS, fd^impftid^eS @nbe für immer gefunben l^atte. 2)em neutüürttembergifdgen Aönigreidge ben Sl^orclter eines einl^eitlidgen unb fouDeränen Staates gu geben: barin (ag ber Sinn, bie Slufgabe mie bie 93ebeutung ber löniglid^en SSer- faifung. S)er i^üx^t, meld^er ald ^ergog ^on SBürttemberg bie ba- matige ßanbegöerfajfung befcfemoren l^atte (1797), mu^te aU Äönig t)on SBürttemberg biefelbe aufl^eben (1806), ba fte factifd^ ))ernid^tet mar.

2. 6s gab brei Slrten, mie bie Sanbjiänbe gu ber Dom Itönige Derliel^enen ober bargebotenen SSerfaifung ftd^ Derl^alten !onnten: fie lonnten entmeber bie ^nnal^me berfelben nad^ t»orangegangener ^üfung ober bie Slnnal^me mit nad^folgenber OfortentmidEtung ober enblid^ bie unbefel^ene SBertoerfung befci^Iiefeen, felbfl eine SBerfaffung mad^en unb beren Slnnal^me Dom ßönige forbem. 93on biefen brei SSerl^altungS- arten möl^tten bie Sanbftänbe bie britte, meldte „bie ungefd^idtefle, un= fc^idfUc^fte unb unDergeil^Iid^fte" mar. S)a fie bie 93erfaffung toermarfen, auf ®runb beren fie boc^ gufammenberufen unb gufammengelommen maren, fo l^atte biefe SanbegDerfammlung ntd^t einmal bie ©emigl^eit, ob fie ejiftire ober nid&t,

3. S)ie Sanbfiinbe forberten bie SBieberJ^erfleEung ber attmflrttem- bergifd^en 93erfaffung mit gemiffen SRobificationen, meldte aus bem @tubium beS fianbeSard^iDS als ber OueDe pofitioer Siedete unb ^ritoi« legien erft gu ergrünben unb feftguftellen feien: aus alten Dermoberten ^Papieren. „SBeld^er SDlob erbe griff einer SBerfaffung!" ruft ^egel aus. €r Dergleidgt biefe Sanbfldnbe mit einem Kaufmann, ber fein ganges 93erm5gen auf einem @d^iff l^atte, baS @d^iff ift burd^ Stürme

^egel als ^rofeffor ber $M(ofo))(ie in ^eibel^erg. 111

t»erni($tet iDorben, ober ber Kaufmann toid fortleben, als ob ©d^tff unb @d^a^ nod^ Dorl^anben lo&ren; er t)ergleid^t fte aud^, um baS 93ilb naäi beiben Seiten audjufül^ren, mit einem ®utdbeft^er, bem eine to)ol^tt]^itige Ueberfd^U)emmung feinen ©anbboben mit frud^tbarer 2)amm= erbe über}ogen f^ai, aber ber (Sutdbefi^er n)ia nid^t mit bem frud^tbaren 93oben mirt^fd^often, fonbern ben alten @anb mieber l^aben.

4. Dl^ne Silb gu reben: biefe Dernid&tenben ©türme, biefe tool^l* tl^ötige Ueberfd^ttemmung finb bie legten fünfunbjttanjig, meift fürd^- terlid&en Saläre getoefen (1790—1815), ©ol^l bie reid^jien, toetd^e bie SBeltgefd^id^te gel^abt l^at, bie lel^rreid^flen für uns, ba unfere SBelt unb unfere SJorftellungen biefem Seitalter angel^ören. (Ss !onnte laum einen furd^tbareren ailörfer geben, um bie falfd^en Sled^tlSbegriffe unb SSorurt^eile über ©taatSDerfaffungen gu gerftampfen, als bad ©erid^t bed legten SSierteljal^rl^unberS, aber bie mürttembergifc^en Sanbft&nbe finb unt)erfe]^rt barauS l^eröorgegangen, fo toie fie t>orl§er toaren.^ ©ie »ollen bas £obte, unmieberbrtnglid^ SSergangene »ieber beleben, fie f orbern bie SBieberl^erfieaung feubaler, mittelalterlid^er, Verrotteter 3uftftnbe unb legen baburd^ an ben S£ag, „bog fie ))on il^ren Aufgaben nid^t bIo6 leinen Segriff, fonbern feine Sll^nung l^aben*. S)ie äJerl^anb* lungen biefer fianbest)erfammlung bilben ein merfmürbiges SBiberfpiel gur frangöfifd^en 9tek)olution: l^ier f))ielen bie fianbftAnbe ancien regime, unb ber jtonig re))räfentirt bie ©taatSDernunft unb ben Vernünftigen ©taat. 3n bem Sta\np\ beS Vernünftigen ©taatSred^tS mit ber ailaffe ))ofitit)er 9led^te unb Privilegien, finb eS bie Sanbftftnbe, meldte aU bie 93ert^eibiger ber Privilegien unb ^articularintereffen erfd^einen.

5. einer ber n)efentlidgften unb eigentl^ümlidgften SSefianbtl^eile ber altttürttembergifd^en SSerfaffung roax ber t)ermanente ft&nbifd^e SluSfdguB in ©tuttgart, ber bie ©teueifaffe beS SanbeS nid^t b(o§ gu bekoal^ren unb gu controliren, fonbern au$ gu vermalten, 93eamte unb €onfuIenten anguftellen l^atte, Sefolbungen unb 93efoIbungSgu- fc^üffe, 9lemunerationen unb ^enftonen ol^ne aUe Sontrole anorbnen burfte, tvaS eine ^rivatplünberung ber ©taatsfaffe, eine innere 3er- rüttung unb fittlid^e SBerfum^jfung gur ^olge l^attc unb bagu führte, ba§ in ben 26 ^al^ten Von 1771—1796, bem Seitraume gwifd&en ben beiben legten SanbeSVerfammlungen, Von feiten beS ftAnbifdgen S(u8- fd^uffeS nad^gemiefenerma^en nid^t V)eniger als 4238000 ®utben ge- fe^toibrig verttenbet »orben finb. 5Bon bem Siedet, Steuern nid^t

» aOÖerfe. fflb. XVI. ©.266.

112 (egel aX» ^rofeffor bet $(i(ofop(te in ^eibelberg.

6(o§ }u betDiDigen, fonbern ju t)etn)Qlten unb gu toerioenben, tfi eS ntd^t to)eit 6tS gu bem SRed^t, £rit))))en gu werben unb gu l^olten, to)te bie Stabt Smben in OflfrieSlonb ein fold^es SRed^t befa^.

3n ber oltmürttembergifd^en SBerfaffung ftanben Ofürft unb ßinbifd^er ^usfd^ug mie gmei StegierunsSgettalten , to)ie Staat unb (Segenflaat einanber gegenüber, ba^er lonnten gn)if(i^en Beiben, loie e8 aud^ in 9BirIIid^!eit gefd^al^, ^Anbel unb €d^U)ierigIeiten entftel^en, loeld^e t)on einer l^ö^eren, fd^iebdrid^terlic^en ©ekoatt aufigemad^t unb entf (Rieben »erben mußten. S)iefe ^öl^ere ©ettalt mar Aaifer unb 9%eid^. Aaifer unb SReid^ finb nid^t mel^r; bal^er aud& ein fold^er bualiflifd^er @taat unb eine fold^e bualiflifd^e @taatlSt)erfaffung, koie bie alttDflrttem* bergifd^e geU)efen to)ar unb bie Sanbßdnbe in ben Sauren 1815 unb 1816 gurfläforberten, nid^t mel^r fein fann, benn bie feubaliftifc^e ©runblage unb 93orau8fe^ung, Don benen fie abl^tng, ftnb fttr immer gefallen.

6. 2>iefe 3ufammenge]^5rig!eit ber altn)ürttembergifd^en lanb- ßAnbifd^en 93erfaffung mit bem l^eiligen römifd^en SReid^ (legt am £age. ginige Heinere, ))ormate reid^SunmittelBare ®ebiete, loie g. 99. bie ©raffd^aft Simpurg, maren bem Adnigreid^ SBürttemBerg einverleibt morben, unb i^re S^ertreter gel^drten in ber neuen SBerfaffung gu ben aSirilpimmen. 3lun erICdrte ber SJertreter ber ©raffd&aft ßimpurg, bag fftr biefe baS l^eilige römifc^e 9teid^ nod^ befleiße, ba baS l^od&grftf» lidge ^au3 bie ^bication beS rdmifdEien AaiferS (6. Slugu^ 1806) nid^t anerlannt lsabel 3)ie8 tüar eine ber Dielen gegenflanbsleeren SSe» grttnbungen unb S)ebuctionen, toeld^e §egel ate «quereile d'allemand» begeid^net l^at, Don benen bie 9}er]§anb(ungen ber mttrttembergifd^en Sanbß&nbe n)immelten: „S)er ®eifi beS (^ormatidmuS unb ber $articularit&t l^at be{anntlid^ Don je^er ben ^l^aralter unb baS UngtüdE S)eutfd^Ianbd in ber ©efd^id^te gemad^t; btefer ©eifl l^at fidg l^ier in feiner gangen ©tfirfe gegeigt. SaSitt man il^n ©eutfd^l^cit nennen, fo l^atte nid^td beutfd^er fein fönnen, als bie ©eftnnungen ber alttoürttembergifd^en S)eputirten, ben ?lbel miteingefd&toffen. SBer» {Iftnbe man aber unter S)eutfd6^eit etmad, bei aller S^erfd^iebenl^eit ber Xerritoriall^errfdgaft feinem 93egriffe nad& allgemeines unb S^er^ nflnftigeS, fo tt)irb eS fd^mer fein, etioaS ttnbeutfd^ereS gu finben, ate iene ©efinnung."* „€8 entjiel&t aud fold^er SluSeinanberfe^ung baS gen)5]^nHd^e enblofe ^in- unb ^erreben, loeil fold^e ©rflnbe unb

Mibcnbaf. 6. 295.

^egel a(9 Vtofcffot bet $]^tlofo|)ile in ^ibelletg. 113

©egengr&nbe !eine le^te Sntfd^eibung in ftd^ l^aben, koenn ber $r&tor fel^lt, ber btefe (Snifd^eibung geben mü^te. äSotouf eS anlommt, ifi alletn bie Statut ber Sod^e, nnb btefe in t)orIiegenbem Qati fel^r einfad^. 2)te äJerftnberung, bie fid^ feit ^a^rl^unberten Dotbeteitet unb \p&t genug t)oDenbet \)at, ifl ber fd^on genannte Uebergang ber Be- trftd^tUd^eren beutfdgen fiSnber auS bem SSer^ältntg Don 91 ei(!^ Sielten in ba« gSerlöaltniB Don fouöerSncn ßänbern, b. i. Don Staaten."^ 7. Unter ben Scfd&toerben öon fetten ber ßanbpanbe, befonberS aus ben neutüürttembergifd^en ©ebieten, tüurbe als eineiS ber aUer« fd&Ummften Unioefen unb Uebet ber @d^reiberunfug aufgeführt, meiere Sinrid^tung ben altttfirttembergifd^en S^erfaffungSguft&nben an- l^ing nnb barin U)ur}elte. 3n bem testen £^et( feiner ,,93eurtl§eitung" l^atte ^egel ben ©d^reiberunfug aU eine ber unertrdgttd^ften Sanb- ))Iagen fel^r anfti^auUd^ gefd^ilbert unb 9itet^ammern auf btefe ^uS- ffll^rungen tn feiner @d^rift ganj befonberS l^ingemiefen.' 2)te ©d^reiber toaren juriftifd^e unb lameratijiifd&e 5ßraftifer, ungebitbete unb un- fiubirte ßeute, feiner toar aus ber Stajfe ber ftubirten 3uripen; in iebem 93e)irf gab eS einen @tabt= unb SlmtSfc^reiber, ber aUeS, tt)aS in biefem SSejir! StnttlidgeS unb ©eridgtlid^eS gu red^nen unb ju fd^reiben xoai, fd^reiben gu laffen baS 97lono))ot l^atte, U)ie SSerträge, (Sl^epacten, Seftantente, (Srbfd^aftSt^eitungen, €omntunaIredgnungen u. f. f. t^ür biefe ®ef(^&fte, mogu nid^ts als eine gemiffe 9t outine gel^orte, l^atte ber SlmtSs ober ©tabtfd&reiber mel^rere ©d&reibfubjecte ober @d&reib= gefellen gu feiner ä^erfagung, meldte in bie frieden unb S)5rfer gefd^idt mürben unb bie ßeute branbfd^a^ten. $ier lag ein meiteS ^^elb ber SBittlür, SebrüdEung unb Seutelfd&neiberei. ®ie ©d&reibgebül^ren über« fd&ritten atteS 2Ra§ unb betrugen in mand&cn 33egir!en ein JBielfad&eS, biStoeilen baS ©ec^S^ bis ©iebenfad6e ber Sal^rcSfteuer, toobei bie in« faniften ^Prellereien nid6t ausblieben. ®ine aied&nungSanfertigung, toeld&e in einem ber neumttrttembergifd^en SanbeStl^eite 1 ©ulben 30 Areuger gefojiet l^atte, mufete nad& alttoürttembergifcfien ©d^reibgebfil^rcn mit 50 ©utben begol^It toerben. ®er ©d^reiberunfug trug an feinem SEl^eile bie ©d&ulb ber aSoIISDerarmung unb l^at in Sllttoflrttemberg bie l^äuftgen ^uStoanberungen inS ^uStanb Derurfac^t, mie über]§au))t bie alten SSerfaffungSguftAnbe t)iele SluSkoanberungen gur {^olge gel^abi Unb foId^eS pxit^ man als ,,baS alte gute Sted^t".^

1 (gbtnhal 6. 257. » »gl. ebenbaf. 6. 826f[öb. 6. 380. »riefe. H. 8f i f 4 e T, «d«. b. fp^tlof. Vm. 91. IC. 8

114 ^cfiet al0 $rofe|for bei $^tIofo))l^te in (eibelbeTg.

8. 9lud^ in ber Dom Aöntge nad^ mobentem @d^ema t)erKe]^enen aSerfajIung fonben ftd^ 93otfd&riften unb SBeßimmungen, mit iDeld^en ^egel feine8to)eg8 Obereinftimmte, mie natnentlidg bie 9trt ber 93e- btngungen, morauf bie SSft^Ibatfeit beruhte. %(ter unb S^ermSgen finb SSefd^affenl^eiten, bie bad einjelne Subject fflr ftd^ l^ot, unabl^&ngig Don feinen SSegiel^ungen im unb gum Staate, unab^dngtg t)on fetner 93ebeutung in ber ©üeberung unb im 3)ienfte beS ©anjen. <Sine fold^e 93ebeutung giebt ein Slmt, bie angefe^ene Stellung in einer Korporation, eine ©etoerbegefd^icHid^feit, eine SReifterfd^aft, ein S£a(ent u. f. f. SBenn iemanb ein Slmt l^at, fo ifi er in ben klugen ber Seute ettoaS; U)enn er bagegen nichts totxttx \)at, ate eine ^Injal^I Saläre unb eine Slnjal^I ©ulben, fo ifl er in ben Slugen ber SBelt nid^ts unb foDte aud^ nid^td reprafentiren. ^egel Dertoirft biefe atomifitfd^e ©taatSanfd&auung ate eine „frans5itfd&e Stbftraction", toetd&c ju »er« laffen fei. „93eftimmungen fold^er 9trt, loeldge baS !BotI ftatt als einen Staat tielmel^r als einen Raufen t)orau8fe^en unb biefen nun nadg Slnjal^t in befonbere Raufen unb nad^ Slter unb einer einzelnen 93erm5genSbef}immung in }ioei 6^(affen fiber^au))t abtl^eilen, !önnen eigentlid^ nid^t StaatSeinric^tungen genannt loerben. Sie reid^en nid^t l^in, beut Slntl^etl beS äJoUeS an ben allgemeinen Sngetegenl^eiten feine bemoftatifd^e Unf3rmlid^!eit )u nel^men unb nftl^er ben S^td, fünftige S)e))utirte fflr bie Sanbed))erfammlung ju erl^alten, bem 3u- fatt gu entjiel&en/^

9. 2)a]^er l^at ^ege( eS aud^ getabeft, baB nad^ ber föniglid^en aSerfaffung Staatsbeamte, ®eifllid&c, Slergte u. f. f. Don ber SQBft^Ibar- feit gu S)e^utirten auSgefd^Iojfen fein foQten, {eineSmegS aber bie SlbDocaten, in benen bod^ ber ®eifl beS $riDatredgt8 l^errfd^t, unb ber Staatdfinn, b. 1^. ber Sinn fflr ben Staat fel^It. l^at Diel gu ber ISntgfinbung unb ber ^artn&dEig!eit bed auSgebrodgenen SSerfaffungS- fireiteS beigetragen, bag btefer ftreit» unb eigenffl(^tige „9lbDocaten= geift" in ber Säerfammlung ber tofirttembergifdöen Öanbflänb. l^eimifdg loar.

£)b bie SluSfd^liegung ber fflrfUid^en Smtdbiener ober ber !öniglid^en Seamten Don ben fianbfiänben geredet unb Dernflnftig ifl, l^dngt Don ben gegebenen 3eitDer^iltniffen, b. 1^. Don bem gefdgid^tlid^en Suflanbe beS 93oIId ab. (^rfll^er toar eine fold^e ^uSfd^Iiegung Dernflnftig, jie^t

»riefe, n. 6.240-244.

^egel al8 ^ofeffor btx $(Uofo))]^ie in ^eibelbug. 115

ifi fie a ntd^t tnel^r. „Sd ifl gerabe bie ©efdgid^te, »el^e bte UmflAnbc erfcnncn Iftfet, unter benen eine »erfajfunflSBcflimmung t)ernflnftifl to)aT, unb l^ier 3. 93. baS Slefultot %xtU, bag, menn bie ^udfd^Iiegung ber föniglidgen 93eamten t)on ben Ißanbßftnben fra^exl^m t)emflnftig toai, nunmel^r unter anbcren Umjiftnben eS nit^t mel^r ift."^

2)er ©taatdfinn forbert, ba^ ber @ad^e beS SSaterlanbeS aUe $rit)Qt" unb ^articulartntereffen untergeorbnet unb aufgco))fett toerbert muffen. 2>iefe $ro6e l^aben bie marttembergifdgen Sanbftdnbe fd^Iedgt bejianben. S)a8 größte Sßeltereignig, meld^eS to&^xtnb il^rer SSer» fammlung unb gleid& nad^ beren Sufammentritt fiottgefunben ffat, toax bie 9fia(!!e^r StapoIeonS Don SIba nad^ Oftaniretdg. S)er SBelttrieg ftanb Dor ben 2:i&oren unb bebrol&te ®cutfd&Ianb, bie toflrttembergifd&en Sanbfianbe aber mad^ten il^re £)))fertt)inig!eit t)on ber SEBieber^erfienung ber altlQnbß&nbifd^en SSerfaffung ab^&ngig.

2)te äJerl^onblungen biefer Sanbftftnbe ftnb refuttatloiS geblieben unb l^aben baS Sßort t»eriftcirt, koeld^ed ber Oberfd^uttl^eiB Sleinl^arb Don Ober-Sglingen in il^rer SDlitte aulSgeft)ro$en l^ot: „9Benn bie 6d^iDQben freien SBiQen l^aben, fo gefdgiel^t gar nid^td". 3u einem ftlgnlid^en @c^Iu§ergebni§ !ommt ^egetd 93eurtl^eilung. ^9lad& biefer fo toeitlAuftgen S)arfleIIung, beren ©egenflanb man t)er!ennen to)flrbe, iDenn man il^r ben 3tt)eä einer SJertl^eibigung Don ettoaS anberem, ate toon bem mit bem l&5d&flen Sntcreffe öer!nlH)ften Segriffe ber Sanbflanbe gegen bie il^m fo unangemeffene unb bod^ fo anmaglit^e SBirIIid^!eit, bie ftd^ burd^ ben 2)ruä il^rer SSerl^anblungen bem ?Publi!um gefd&ilbcrt unb jur Seurtl&eilung ^ingeficttt l^at, unterlegen toollte, ifl nun nod^ baS mcrtoürbige ©nbrefultat anjufül^ren, baS Sd^idEfal biefer SJerfammlung nSmlid^ burd^ ben gangen Sauf il^res langen unb tl^euren Sufammenfeind, ol^nel^in nid^t eine Ueberein!unft mit bem Äönige, aber aud& nid^t innerl^alb il^rer felbft irgenb einen Sefd^tuB über irgenb einen 3nl§alt eine3 JBerfaffungögegenftanbeS 3U= toege gcbrad&t ju l^aben."*

^egete aSetra^tungSart, toie er fie in feiner Seurtl&cilung aus« gefttl^rt unb gleidg im Eingänge berfelben erftirt l^at, ifl bie ))]^iIo' fol)]&if*-]^iftorifd&e. „®ie fogcnannten geheimen Sriebfebern, Slbfid&ten eingetner Swbiöibuen, 2lne!botcn unb fubjcctiDe ©ntoirfungen tourben in einer nod^ Dor jturgem beliebten pf^dgotogifd^en Slnfid^t ber ®e-

1 aSriefe. n. 6. 280-239. - « «ficnbaf. ®. 359 u. 360.

116 ^cgel aU $tofe1fot bet $trUofo|)]^te in ^etbd^erg.

fd^id^te fflr baS Std^tigfle ge^alien. S)tefe 9tn{ic^t iebod^ nun auger Arebit gelommen, unb bie ©efd^tdgte jirebt lieber na6) tl^ter äBtttbe, bie yiatux unb ben ©ong bet {tubftantiellen @ad^e batiuftellen unb bie S^Qtaftere bet l^anbelnben ^erfonen ouS bem, toaS fie tl^un, }u erlennen au geben; bie Ueberjeugung tfl allgemein gettotben, ba^ auiS SufdUigfoiten tteber bie @a$e nod^ bie S^ataftere in il^ter ©ebiegem l^eit ]§eröorge]&en unb gu crfennen finb/^

SBiQ man bie StK&rung au8 t>f^(%otogifd^en Zriebfebern unb a^otitoen auf Tegels SBeurt^eilung fetb^ anmenben, fo i{i eS mo^I glaublid^, bag ber ajlinifter t)on äBangenl^eim ftd^ gu biefem StoedEe an ben l^eibelberger ^^Uofopl^en geioenbet unb il^m bie AanglerfteDe ber UniDerfxtdt Tübingen in au8p4t gejiellt l^abe. §a^m berichtet e8 mit ber S9emer!ung: „3d^ ftä^e mid^ ffir biefe Angaben auf bie mfinb= lid&e aRitt^cilupg eines ni)d& Sebenben, bei biefer Slngelegenl^eit Se« tl&eiligten".* €in fold^er SlebcngtoedC toürbe ben obiectitoen SOBert^ feiner 93eurt]^eilung nid^t im minbeflen abf d^loädgen ; aud^ gioeifeln toir nid^t, baB ^egel mie bie SfAl^igleit, fo ben äßunfd^ gel^abt ^at, bie lel^renbe SC^dtigfeit mit einer getoiffen regierenben unb tertoaltenben S^dtigfeit gu t)erbinben, DieDeid^t fid^ gang bem leitenben @taatsbienfle gu loibmen* als er fein 2lbfd&ieb8gefud& an bie babifd&e Slegierung rid&tete, um bem Stufe nad6 Scrlin gfotge gu leiten, l^at er e3 gerabegu auSgefprod&en, bafe er bie ©elegenl^eit fuc^e, bei toeiter toorrfidtenbem Sllter Don ber pxMxm gfunction, 5p]^iIofol)]&ic an einer Uniöcrritdt gu bociren, gu einer anberen Z^dtigleit übergugel^en unb gebraud&t »erben gu fönnen.*

IV. 5ß]^iIofop]^ifd&e ßintoirfungen. ®te Slnfdnge ber ©d&ule.

1. ^^AfitL ^egel fal^ baS gtoette feiner ßel^rfemefier in ^eibelberg toor fid^, ate im fjfrftl^ial^r 1817 eine epi^tdubifd^er (Sbelmann unb ©utsbefi^er, 93orid Don ^£ffill, ber aU 9littmeifler in ber laiferlidg-ruffifd^en ©arbe ben Ärieg gegen 3ftanfreid& mitgemad^t l^atte, fid6 bei iixa einftellte, Dotter SBegierbe unb toott SBertraueng, bie Quinteffeng atte« SQBiffenS öon il^m leidet unb fd&nett gu emi)fangen. 3iad&bem er ben ^ßrofeffor befudgt unb in il^m nid^tS to)etter ate einen einfad^en unb fd^Ud^ten 3Äann fennen gelernt l^atte, laufte er ftd& beffen Süd&er, um fie in atter l^duSlid^en »el^agKd&feit gu lefen. gr taS unb öerftanb nid^t«,

* »riefe. IL 6. 220. - » ^a^ra: »otlef. XIV. ©. 350. »gt 6, 507. «nmfg« 18. CEbenbaf. 14. €. 356.

^egel al0 ^ofeffot ber ^ülofo^l^ie in ^eibelbet^. 117

<£t ging in bie S^orlefungen, fd^tteb naä^, lad }u ^Qufe, \oai er ge< fd^Tteben l^atte, unb t»etflanb bie eigenen ^efte nid^t. .^egel rietl^ tl^m, einen fd^utoiffenfd^aftU^en Surfui^ nad^trftgtid^ burd^jumad^en unb ein ))^ilofo))^ifd6e8 9te))etitorium ober Sont)erfQtortum bei einem jungen SRanne anjune^men, ber feine Sorlefungen l^örte unb bie 9tb{id^t liegte, fid^ für l^egelfd^e $]^ilofo))]^te in ^eibelberg gu l^abilitiren. S)ie meiflen 3(nregungen emt)fing ^li&ti Don ^egel felbfl im ))erfönlid^- freunbfd^aftlid^en SSerlel^r, ber briefltd^ fortgebouert l^at, oIS $^flQ in toeiter gerne toar, auf großen SQßeltreifen in ©fanbinaöien, Stufelanb unb im Orient begriffen. UeberaU führte er Regele Sogi! mit fi(^. 6r l^at in 9lu§Ianb ben öielreifenben S^anj Don Saaber lennen gelernt unb f))dter in 93erlin bie perföntic^e 93e!anntfc^aft beiber $l^iIofo))l^en Dermittelt,

$eget l^atte bie rid^tige SSorauSfid^t ber großen ßnttoidEIung unb 3u!unft Stu^IanbS unb gab feinem Of^eunbe unb ©dualer, ber nid^t rec^t gu »iffen fd^ien, nmS er mit fid^ anfangen foQte, ben guten ffiatti, fid^ einen koirifamen $la^ in ätuglanb gu fud^en. ,,@ie ftnb fo glüdC- iid6'', fd^rieb \im ^egel am 28. SRoöember 1821, „ein SJaterlanb gu l^aben, baS einen fo großen $(a^ in bem ©ebiete ber SEBeltgefd^id^te einnimmt unb baS ot)ne 3n)eifel eine nod^ t)iel Igölgere 93eftimmung l^at. 2)ie anbern mobemen ©taaten, fSnnte eS ben Slnfd^ein l^aben, Ratten bereits mel^r ober weniger baS 3iel il^rer Snttoiätung erreid^t; t»ieQeid^t l^fttten mand^e ben SuIminationdpun!t berfelben fd^on l^inter fid^ unb il^r Suftanb fei ftatarifd^ geworben, Stugfanb bagegen, fd^on t>ielleid&t bie ftdrffie SWad&t unter ben übrigen, trage in feinem 6d6oo§ eine ungel^eure äJlöglic^feit Don SntmidEIung feiner intenfiDen 92atur. @ie l^aben baS perfSnlic^e ®Iüä, 3^r SSermögen, S^re Talente unb Äenntniffe, für bereits geleiftete S)ienflc bie nfi^ere Slnmartfc^aft gu l^aben, in biefem coloffalen ©ebftube eine nid&t btofe untergeorbnete ©tettung eingunel^men."^

Sener junge SWann, bei bem (toie Äofenirang berid^tet) ^jlütt auf ^egels 9tat^ ein ))]^iIofot)]^ifd^eg SonDerfatorium befud^t l^at, mar

> aiofenftang. ©. 802—305. 3n ben .©riefen öon wnb an ^eßel* fel^It bet Jiamt ^S^üll. Slofenfrang (at loa^rfd^einlii^ briefli^e ^opitxt qu8 bet i(ni belannten, fe^r angefe^enen baltif<l(en gfamtlie etl^alten unb benü|t. SBatum aber f^ai et ben fe^t intereffanten 93rtef Tegels unter Slnffl^rungSgeid^en in l^olb btrecter, ^alb inbirecter Cprad^e tt)iebet0egeben?

118 (egel aU $tofe|for ber ^p^ilofopl^ie in ^eibelberg.

^enn. ffx. SBtIlg. ^inrid^S aus DIbenBurg, ber, nadg $eibeI6erg ge^ fomtnen, um ^ed^tsmiffenfd^aft gu ftubiren, ftdg burdg ^egels SSor» lefungen unb 6d6rtften gefeffelt füllte unb fein ettt^uftafitfd^er Sd^üler )ourbe, lool^I ber eingige in bem bantaligen ^eibelberg unb, abgefel^en Don ®abler, ber f(^on tn 3ena ^egels SSortefungen gel^öri ^at, eines ber erpen unb ilteften ©Heber ber @d&ule. ^inrid^d tft »ol^t ber erfte @d^üler ^egefö gemefen, ber bie empfangene Seigre fogletd^ auf bem a!abemifd^en Aatl^eber fortjupflanjen gefud^t unb auf btefe Sßeife ben Anfang ber l^egelfd^en @dgute in ber [Reil^e ber UniterfitAtSle^rer gemad^t l^at

6r l^at {id^ in $etbe(6erg im Saläre 1819 |a6t(itirt, feine Sel^r^ tl^Atigleit mit gutem Srfolge begonnen, ftd& t)on 3)au6, Sreuger unb ©d&Iojfcr tl^eilnel&menber fjförberungen erfreut unb Aber „bie [Religion in tl^^em inneren SJerl&ältniffe gur ^P^itofopl^ie" eine ©dferift »erfaßt, tt)eld^e ^egel ni$t blo^ burd^ nfi^Iid^e Statl^fd^lAge geförbert, fonbem fogar mit einer SSorrebe terfel^en unb baburd^ auSgegeid^net l^at (1822). 3n 9otge bat)on ift ^inrtd^S ate augerorbentttd^er ^ofeffor nadg SreSlau unb gttei 2lal^re fpdter als orbentKc^er ^rofeffor an bie Uni- toerfit&t ^aDe - SBittenberg berufen loorben, too er nad^ toieliä^riger äBir!famfeit fein Seben befd^Ioffen l^at (1861), ein 3Renfd&enatter nad^ bem £obe ^egels.

8. C^arot)^.

Unter ben l^eibelberger 3u]^5rem unb ^nl^ftngem Tegels ißOftiebrtd^ SBUl^elm Sarot)^ aus Sobleng gu ertoAl^nen, ber gttiar burd^ feine 9lb« ftammung unb 3ugenb toftl^renb ber frangöftfd^en Seiten fetner ä^ater* fiabt !at^oItfd& unb frangöfifc^ ergogen, aber beutfd^ gefinnt »ar, als l^eibelberger Stubent an ben burfd^enfd^aftUdgen SSemegungen fel^r leb^ l^aften 9tnt^eil nal^m, ^egels SSorlefungen eifrig ]^5rte unb fp&ter eine 9lei]^e Sdgrtften über „aUeinfeligmad^enbe Airdge", „baS g^oelibatgefe^ beS römifd^=fat^oßfdgen ßleruS", «3)ie testen 2>inge beS rSmifd^en ßat|o- lictömuS in 3)eut{d&tanb'' toäl^renb ber Sa^re 1826—1832 in beutfdft unb frei geftnnter Slid^tung gefd^rieben ]§at; bagu lommt ein 93ud^ aber ,,@t. Simonismus unb bie neuere frangofifd^e $]^iIofo))]^ie (1831) unb cHerl^anb Settr&ge gur Sitteratur, ©efd^tdgte, Sultur unb Aunfigefd^id^te, bie unter bem SEitel ^^Sieorama" erfd&ienen ftnb (1838). 3n ber SJor« rebe beS erftgenannten SBerfeS fagt er Don ftd^: „Seine Ainbl^eit »ar in eine 3^it gefaQen, in toeld^er ein fd^ioereS ©efd^idE ft($ aber feine

^egel alfi $rofe|for ber $^Uofop^te in ^eibelberg. 119

^eimat^ Derbrettet unb ein allgemeines Ungifiä bie S^erfd^iebengläubigen burd^ 3flo\^ mit einonber toerfd^iDifteri l^atte. S)ie SlufÜ&rung loar Vorangegangen unb l^atte ben @tnn für baS ^llgemetnsSJlenfd^- lid^e eröffnet @o !am eS, bag bad ©effil^t unb boS 99ebUrfntg beS »trütd^ Singemeinen bem 93etDugtfein ber ^bfonberung bur^ bie ©onfeffion, toeld&er er burd^ bie ©eburt einverleibt toorben, voranging/*

4. Soufln.

6in junger frangöfifd&er ^Pl^ilofo»)]^, SBictor ©ouftn auS 5Pari3, @d^filer unb 9la(^foIger beS jur fti^ottifd^en @d^ule gel^örigen $]^iIofopl^en 8flo5er=6;oirarb (1813), ?Jrofeffor ber ©cfd&id&te ber 5pi&iIofopl&te an ber «facultö des lettres» unb an ber <^cole normale», l^atte na$ jtoeis iäl^rigen, fe^r angeftrengten SBorlefungen fid& fo ermübet unb er^otungSs bebürftig gefül^It, ba§ er in ber legten 3uUiood6e 1817 eine Serien» reife unternal^m, um S)eutfd^Ianb unb beutfd^e ^l^ilofopl^en lennen ju lernen. 6r fanntc bie beutfd6e ^Pl^ilofopl^ie, inSbefonbere bie ber ncueften Seit, eigentlid^ nur vom ^örenfagen. 3»ar l^atte er bie Äriti! ber reinen SSernunft in SornS tateinifd^er Ueberfe^ung mit mfll^feliger SSergleid^ung bed beutfd^en Originals gu ftubiren gefud^t unb bie|etbe aud^ fo weit verftanben ju l^aben geglaubt, bag er in feinen SSorlefungen leidet unb getoanbt barüber fVrad^.

3n 3ftan!furt a. 9DI. l^atte er ft(!& einige Seit aufgel^alten unb mit bem ©rafen Steinl^arb, bamals franjöftfddem 93unbeStagggefanbten, befreunbet, einem geborenen ©d&toaben, gett)efenem tübinger ©tiftler, ber in ber franjöfifd^en Sle^jublif unb unter yiapolton eine gWnjenbc biplomatifd^e Saufbal^n gemacht ^atte unb mit ©oetl^e einen freunb- fd&aftlid&en Sriefioed^fet unterhielt*; er l^atte aud& ben burd& feine magnetifd^en ßuren befannten ^Irjt ^affavant, 5^iebrid& ©d^toffer unb 5riebrid& ©d&Iegel, bamalS öflerreid&ifd^en ßegationSratl^, !ennen gelernt unb fi($ mit bem le^teren viel unterhalten. @c^tegel l^atte in Vor- güglid^em S^ranjöfifd^ i^m auSeinanbergef e^t , bag ber unvermeiblid^e Sßeg ber ip^ilofopl^ie von jtant au f^idgte, Von biefem ju ©d^eUing fül^re, bag bie brei eminenteften ^l^ilofopl^en beS gegenU)ärtigen 3)eutfd^IanbS 3aIobi, ©d&elltng unb x^xani von Saaber feien unb ba| ein neuerer, l^öl^erer, d^riftlid^er unb ürd^Iid^er @m))iriSmuS bie Aufgabe unb ba^

^ Ueber a1IctnfeItgtno4enbe Aix^e. Sßonebe. @. IX. ^ai S9udi l^at 3 Sßtb> »ungen, 8 !Olotti, eine 93ortebe t)on 50 6citen, tDorauf toiebetum 6 Sllotti folgen, ^er Se^t toimmeU t>on Sperrungen. * Staxl Sfriebr. Sleinl^arb aus S^ombotf (1761-1837).

120 ^egel al0 ^rofcffor bei ^(Uofo^l^te in ^eibelberg.

nad^pc ju ctfircbenbc 3irf ber 5pi&iIofoj)]&ic fein müffc, 3ener ^ricbriift ©d&IoRcr aber, öon bem ©oufin in feinem Jfteifcberid&t rebet, ift fein anbetet gtiebtid^ @l^ti|iot)]§ ©d^loffet qu8 3et)et in DpftieS- lanb, bet untet Satbetg ote ?Jtofe||ot bet ©efd&idfetc am ß^ceum in Oftanffutt angeMt (1812) unb eben je^t aU ^tofeffot bet ©efdgidgte nad& ^eibelbetg betufen »otben toat (1817). €t toat fein 8leife8efefl= fd^aftet nad^ ^eibelbetg unb l^abe il^n, um beutfd^e ^^ilofopl^ie unb 5P]&iIofot)^en lennen ju Ictnen, an feinen (Jteunb S)aub getoiefen; biefet abet l^abe il^n bebeutet, ba§, wenn in ^eibetbetg nad^ ?p]^iIi)foi)]^en geftagt tt)etbe, nut öon ^egel bie Hiebe fein fönne. ®a il^m füt feinen ^ufentl^alt in ^eibelbetg nod^ ein paar @tunben abtig waten, fo l^abe et biefe benäht, um ^egel }u befud^en, et fei butd^ beffen 5ßetf5nlid&!eit unb ®efptäd6 tto§ feinem fcfeled&ten 5tangofifd& fo angetegt unb gefeffelt Wotben, ba§ et nid^t ein paat ©tunben, fonbetn ein ))aat Sage geblieben unb mit bem SSotfa^ gefc^ieben fei, auf bem SlfldEwege langete 3^it in ^eibelbetg 3U t)etweilen unb im nftdgfien ^ol^te wiebetgufommen.

ßoufin ]&at auf biefet feinet etften Steife in ©eutfd^tanb in 3ena ben ?P]^itofo)3]&en 3ftie3, in SQBeimat ©oetl^en, in ffletlin ben aU St^eo= logen unb ßanjeltebnet betül&mten ©d&Ieietmad&et befuc^t. 3ftie8 flanb im Säegttff nad^ (Sifenad^ ju bem bet^Sngni§t)oDen unb folgeteid^en SBattbutgfeft (18. Detobet 1817) gu teifen, unb fptad& Diel t>on ben in Sluffd^wung begtiffenen (ibetalen 3been. 9lm 26. Detobet Wat bet junge ftangöftfd^e !ß]^iIofo))]§ nac^ ^eibelbetg gutüägefel^tt unb blieb l^iet bis jum 14. SRoöembet 1817.

©oufin etfteute fid5 einet öößigen ))oIitifd&en Uebeteinflimmung mit C^egcl, es ^abe in feinem tiietjel^njäl^tigen Setfel^t mit ^eget !einen 3eitt)unlt gegeben, bet biefe Uebeteinflimmung toctönbett l^abe, unb feinen gweiten SDlann, mit toeld&em fein politifc^eS 6inbetftdnbni§ fo butd&göngig in aßen Seiten fid& gteid& geblieben fei. SQBie et felbji, fo l^abe aud^ ^egel bie ftanjofifd^e SleDoIutton ^oc^gefd^&^t unb getn t)on il^ten Segebenl^eiten unb ©tofet^aten gefptoc^en; Wie et felbfl, fo Wat aud^ ^egel libetal unb monatd^ifd^ gefinnt, „et wat blau", fagt (Soufin mit einem SQBotte, Weld^eS SRapoIeon öon fid& felbfl unb feinet politifd^en f^atbe gebtaudgt l^aben foE, ftnnbilblid^ nadg ben ftangöfifd^en 9lationaIfa;:ben.^

1 S&qL Revue des deux mondes. T. XL (1851.) pg. 545-560. T. LXIV, (1866.) pg. 594— 619. pg. 606.

^cgel al0 ^cofelfot bet $l§itofo))]^tc in ^tbellerg. 121

SnberS t)etl^telten fidg t^te 9[n{idgten unb S^mpatl^ten auf bem @ebiete bet 9leUgion unb ^l^ilofopl^te. Souftn, tote ed feine ^etfunfi unb Stjiel^ung mit fid^ brad^ien, fianb auf feiten bet römifd^-fat^olifd^en Stilist, 6f)nt aVen S^^natiSmus, toftl^renb ^egel ein fel^r entf^iebener ^oteftant toax unb ben ^roteflantidmuS, n)ie er eS oft genug in feinen SStiefen an 9lietl^ammer gut unb treffenb au8gef))to4en l^at, nid&t bIo6 für eine ©onfef jton anfa^, fonbem fftr einen anbern l&öl&eren v99ilbungd}ußanb'\ Domel^mlidg aud^ beS f&olU, ^eget mit feinem iDeiten l^iflorifd^en SlidE mugte bie frangöfifd^e $^iIofo))l^ie beS ad^t» gel^nten Slal^rl^unbertiS in il^rer gangen SSebeutung gu fc^ft^en, toft^renb Soufin mit feinem fd^ottifd^en @piritualijSmu8 berfelben abgeneigt toax.

3lnn brannte Souftn t»or S3egierbe, bie l^egelfd^e Jp^ilofopl^ie fennen gu lernen, öon toeld&er 5riebrtd& ©d^Iegel in 3franffurt il^m nur ge« legentUdö bemerlt l^atte, fie fei ,,fubtir'; er felbft glaubte gu toiffen, bag ^egel t)on Sd^eDing in ber 9laturp]^iIofi)))]^te abl^änge unb inner- ]§alb biefer gur Seit in S)eutfd^tanb l^errfd^enben ©d^ule loo^I bie midgtigfte Srfd^einung fei, aber Don Sd^eUing unb ber 9taturt)^i(ofot)]^ie l^atte Souftn einigermaßen eingebenbe, Hare unb genauere äJorfteQungen fo gut toie gar leine. S)a8 jüngpe, eben erfd&ienene SQßer! ^egete toar bie (Snc^Kopftbie ber t)^tIofo))l^tfd6en SBiffenfd^aften. SRit ^ülfe Sarongs, ber frangofifdg fprac^ unb Tegels 3u]^5rer unb 9(nl^&nger mar, l^offte Soufin baS gel^eimni^DoOe 93ud& fd^nell gu burd^bringen. ^n bem l^eibelberger Sd^Ioggarten unb auf bem $^iIofo))^entoege ^aben bie beiben jungen SWönner in ben ^erbfltagen beS 3a^re8 1817 gemein= fame Spagiergänge gemacht, bie (Snc^flopäbie in ber ^anb, meldte SaroDö nad^ SBort unb @inn gu Derbotmetfd^en fud^te. Slbenbs gur St^eeftunbe erfd&ienen pe bei §egel unb fragten ba8 Drafel, ba 6aroö6, mie CEioufin balb bemer!t l^atte, ))on bet eigentlid^en ©ad^e laum mel^r ijerfianb al8 er felbft. (Sx fül^tte fi4 öon ungelöften fragen unb ^Problemen beftürmt, aU er öon §egel Slbft^ieb na^m mit bem Snt« fd&IuBf im näd^ften 3a^re to)teberguIommen unb nad^ 3Rflnd^en gu gel^n, um bort Don jenen „brei eminenteflen ^^ilofopl^en ber ©egenmart" bie beiben anmefenben lennen gu lernen: 3acobi unb Sd^eOing.

93ei bem SRüdEblidE auf feinen erften ^(ufentl^att in S)eutfd&Ianb, in ber SRad^t öor ber 9lüdEfel&r in fein SBaterlanb, am 15. 3loöember in ßel^I, fud^te Souftn bie gemonnenen (Sinbrüäe gu fammeln. 2)ie Unterfudftungen ber beutfd&en Äritif mit il&ren flreitigen unb bejlrittenen Srgebniffen ummirbelten i^n mie ein S^aoS: eS foQte !eine römifdgen

122 (c^el all ^cofcffot bcr $^i(ofo|)^ie in ^t\htlUx%,

jtöttige tnel^r geben, aud^ !etnen dornet, fonbetn nur ^omeriben, ^piotoS SBerf „bie ©efcfee'' foHten nid&t t)on ipiato l^crrü^ren, baS erfte Sud& anoftS (®enefiiS) erft nadg ber bob^Ionifd^en ©efangenfd^aft toerfagt unb k)on mebo))erftfd&en aSorfteEungen erfüllt, bie Si^angelien erfl gegen Snbe beS gmeiten ^al^r^unbertd ju @tanbe ge!ontmen fein, unb ed fel^Ite nid^t ))tel, fo tt)ar ber 92ame 3efu Sl^rifti ein SH^t^uS, loie ber beS ^omer!^

3n bem a3rief»ed&fel legete ifi ber le^te fetner l^eibelBerger Srtefc (t)om 5. Slugufl 1818) an ©ouftn gerid&tet, ben er fflr feine fübbeutfd&e Sleife mit ßmpfel^tungen für Stuttgart, Tübingen (€fd&enmater) unb SKünd^en auSftattet, tDo er ^acobi unb ©d^eUing lennen lernen foK, aber, wenn er mit bem einen Don beiben fpred^e, j[a nid^t fagen möge, bag er ben anbem lenne. Unb ba Soufin ^eibelberg in fo guter (Erinnerung bel^alten unb eS brieflid^ fein 9lbo))ttt))3aterlanb genannt l^obe, fo l^offe ^egel il&n auf feiner 9iüdEreife nod& in ^eibelberg »ieber» jufe^en, t)or ber Ueberfieblung nad^ 93erlin, toelc^e im Saufe beS näd^fien 3Jiomt^ betoorftel^e. *

\Stoifd&en ^egel unb ßoufin l^ottc pdfe ein Sanb ber Qfreunbfd&oft unb loed^felfeitigen Slnl^ftnglid^fett gefnflpft, toeld^eS bis jum Slobe Tegels beftanben unb auf beiben @etten eine Slei^e benfkoürbiger Sr^ lebniffe jur Ofolge gel^abt l^at, loeld^e loir in ben nftd^ften ^bfd^nitten erg&l^len merben. . Unb mie eS fid^ aud^ mit €ouftn8 aSerftdnbnt^ ber l^egelfd^en unb beutfd^en ^l^ilofop^ie über]^au))t Derl^alten l^aben möge, fo ifl bod^ nidgt ju t)er!ennen, ba% er ^egels 93ebeutung unb ®rö§e foglei(i^ empfunben, für feine gefd^id^tspl^ilofopl^ifd^en 3been unb ®ef))rftd^e fid& tebl^aft intereffirt unb baS meifie bagu beigetragen l^at, ba% ber 9tame ^egel in {^ranheiii^ rül^mlid^ belannt lourbe. SUS ^egel auf ber ^bf)t fianb, ))flegte @oufin ju fagen: „id^ l^abe i^n l}rol}]§ejeit unb fd&on nad& meiner erjien SRüdffcl^r öon S)eutfd&lanb Der« !flnbet, baf^ id^ einen STlann Don ®enie gefunben".

» Revue des deux mondes. T. XL (1857.) pg. 548—560. pg. 551. s 9[uB bemfelbcn SBtiefe erfaßten toir, bai ^cgel im Sfrü^ial^T einige Sage in 6tuttgaTt bcnoeilt (ot, )ttm erflen mal feit s^oangig ^a^ren unb too^l gum leisten mal in feinem Seben« %U bie jüngfle (eibelbetger 6tabtneuigfeit erjft^t et bem Sfteunbe in $ari0, bab bie 2:o(l^tet be0 S^eologen $ou(u0 ft4 borgeflern (3. 9(uguP) mit K. 909. ©Riegel derlobt ^abe. Km 30. Kuguft folgte bie $o4)ett, »el^et na4 toenigen klagen bie €4eibung folgen fottte. IBriefe bon unb an ^egel. IL 6.19-22.

^egel als Vrofeflox bet ^^ilofopl^ie in ^eibelberg. 123

5. J^aub.

Tegels gt5§ter ©d^fller in ^etbeUers toat unb Mieb ber tief- finnige S)Qub; er Derfenite fidg in bad ©tubiurn ber SEBerfe Tegels, als biefer fd^on in Berlin iDar, er burd^brang bie Cogif unb t)erfianb nun erp bie ^pi^onomenologie: biefen nad& logifd&er JDletl^obe erieud&teten 993eg bed menfd^tid&en SetDugtfeinS jur ISrfenntnig ©otteS. Hßa^ l^Stte für Sl^eologie @tubirenbe nfl^Iid^er unb lDi(|tiger fein !önnen aU bie (ginfül^rung in eine fold^e SBiffenf^oft? S)aub Ia8 im ©ommerfemefier 1821 über bie l^egelfd^e ^l^dnomenologie beS ©eifleS Dor einer ^al^t- reid^en Sul^örerf^aft unb Heg nad^l^er feine Einleitung in biefe SSor- tefung bruäen. SSon aQen ^ulbigungen, meldte ^egel erlebt l^at, giebt ed n)O^I !eine, bie geioid^tiger kofire, aU biefe Seilen beS fiebenunb- fünfjigiftl^rigen S)aub: „Sluf ba« Slngeftrengtejie l^ab' id^ 3]&re ßogi! ftubirt unb erft fo ifl mir enbKd^ ber Slnl^alt ^l^rer $]^dnomenoIogte be9 ©eifted gang offenbar tt)orben'\ ,;S)te Umgebungen, baS duger- Kd&e ßeben unb feine 3laritftten »aren mir längji, fd^on Dor Sl^rem ^ierfein gleidggüttig; burd^ €ie aber, ©ro^er, ebler SJlann! bin idg, feit ben legten beiben Salären erfi eigenttid^ in ber SBiffeufd^aft ein» I^eimifd^ U)orben, unb l^off id^, loirb mir anberS baS innere Qeben nodd einige Stal^re gefriftet, nodg burd^ bie Sl^at gu beioäl^ren, ba§ im Süben, toie im Slorben, flrenge SBiffenfdöaft gebeil^e/^

^ aStiefe Don unb an $egel. IT. 6. 80. {fßx. S)aub8 tom 30. €ept. 1820.) fßi^. €. 44-46. (C^egel an S)aub. »ctlin, 9. ^pxxl 1821.) «benbof. @. 55-58. (eteuger an §egel. ^cibelberg, 8. 6ept. 1821.) 6. 58-60. (SJaub an ^egel. ^eibelberg, 19. @ept. 1821.) 2)te 9Inaeige bet biet in 9lebe fie^enben SDotlefung l^ic^: .(Einleitung in bo8 6tubium bet t^eologifdgen aj^oral, Sfteitag unb 6onn- ttbenb t>on 8—9, öffentU^V

SBgl. ben fdgbnen Sluffa^ toon ^. gfr. Sttaufe: e^Ieiernta^et unb S)aub in il^tet SSebeutung ffit bie ^^eologie unfetet Seit (1889). @ttau6' (S^ataftetiftilen unb Ätitifcn (1844). 6. 1-212.

124 ^egeU Setufung na^ IBetlin.

Tegels ßttnfmi ntOi ßtxütL

I. ®a8 SDflintflertutn Slltetiftctn. 1. 6tetn8 Slefotmen.

2lm 3. WoDember 1817 l^atte ^riebridö SBill^elm HL eine ßabinete« orbre etlaffen, Iraft beten auS einer Bifil^erifien ©ectton ober Sfttl^eilung im SWittiperium beö 3nnern ein befonbercS aRiniftetiunt, ba8 ber ©eiftlid&en«, Unterrid^tgs unb aJlebicinalanaelegenl^eiten gefd&affen unb ber ©taotfiminifier ^rei^err Don SKtenflein an beffen ©pi^e geftettt tourbe.

Rad @iegmunb g^reil^err Don @tein gum ^Itenflein aM 3(n86ad& (geboren ben 7. Ddober 1770), Don altfränüfdöem Slbel, l^atte unter ^arbenberg, aU t)reugifcl&em ©taatsminijler, feine Saufba^n im 93er« »oltungsbienjl ber bamalß mit ^ßrcufeen Dereinigten frdnKfdöen 5ürjien= tl^flmer StnSbad^ unb Sa^reutl^ begonnen, er toax bann naä^ Berlin in ben preugifd^en @taatd- unb f^inanjbienft berufen loorben unb l^atte 2U ben äJt&nnern gel^ört, neld^e mä^ ber @d^Ia$t bei 3ena fi(^ in Königsberg jufammenfQnben, um im ©laubcn an bie Sufunft ?Preu6en8 baS SBerl feiner Umgefialtung unb Siegeneration Dorjubereiten unb )u begrflnben. Sin ber^@j)i|e biefer i)atriotif(!ö unb reformatorifdft ge- Rnnten 2Jlftnner fianb ber gfreil&err Don Stein, »el^er nad6 bem ^rieben Don Stilpt bie ßcitung beS t)reu6ifd{ien ©taatefi übernal^m unb auf bem SBege neuer, befreicnber, bie Kräfte beS SoKeS loedenber unb entfaltenbcr ©efe^e fortfül^rtc, btfi ber Äönig burdft Slapoleon ftdft ge* üwungen fal^, il^n ju enttaffen (SloDember 1808).

SBenn ein @taat fid^ Deriflngen miS, fo mug er feine iugenblid^en SSoIISlräfte planm^gig zntrDxdAn, b. 1^. erjiel^en, um fte ben großen StaatSjioedEen bienftbar ju mad^en, er mug bie nationalen ©eftnnungen fiärlen unb erl^öl^en. 3e^t toar für ben mobemen Staat bie 3eit gelommen, too er ein öffentUdgeS Srjie^ungSf^ftem auSbilben unb feinen Aufgaben gemäg ein (Srjiel^ungSflaat merben mugte, loie einft ber gried^ifdge Staat nad^ ben 3been beS $(ato unb beS ^riftoteleS eine ben StaatSjioeäen bienfibare (Srjiel^ung bejioedEt l^atte. 3ene ßrjiel^ungSart, loeld^e $eflaIoj3i im Seginne ber neueften 3eit entbedEt, auf bie inteU lectueDe Selbftt^dtigleit (Snfddauung) gegrflnbet, in il^ren elementaren

^egeU SBetufung na4 Setlitt. 125

Sformen auf bad atme niebere SSott angelDenbet unb er))ro6t l^atte, foQte eriDeitett, fiufenm&gtg geotbnet auf baS gefammte 93oIf aus- gebel^nt unb Dom Staate fetbft geleitet tt)erben. S)ie8 tt)ar Steins SIbftddt, iDomit audg O^d^te gan} flbereinfiimmte, ber n)ai^renb feine« Slufentl^alteS in A5nigS6ers bie SJletl^obe beS il^m Befreunbeten $efta< lo}ji jtubitte unb bie Slationalergiel^ung in biefem Sinn alsbalb }um SE^ema feiner „Sieben an bie beutfd&c Slation" mad&te (1808).^

2. mtenfiein» 2)en!f4nft. 2)eT erße preu^if^e (SuItuSminifier.

Son bicfen 3been erfüHt, mit Stein« Sieformen unb ?Reformi)ianen einDerfianben, ein ^reunb ber fid&tefien 5p]&iIofol)]^ie, l^at SHtenfiein nad6 bem {^rieben Don 3;ilfit über bo8 neu gu geflaltenbe ßrjie^ungfi» toefen eine fficnffcjrift Derfafet, tocld^e er Dorl^er mit §arbenbcrg, Sd65n unb SRiebu^r berat^en (1807). SWad^ ber (Entla|fung Stein« tourbe er Staatfiminificr unb mit ber ßeitung ber gfinanjen Betraut, um bie SJlittel unb SBege jur SlBjal^Iung ber ungelgeuren AriegSfd^nlb ^reugen« auSfinbig gu mad^en. 2)a er biefe Aufgabe finangieQ nid^t gu löfen Dermod^te, fo rietl^ er bem Itönige gu neuen ©ebietdabtretungen, wogegen §arbenberg, feit 1810 i)reu6ifd5er StaatStangler, SHtenpein« (Sntlaffung empfahl, oBmol^t er beffen aufrid^tiger t^reunb unb ®önner loar unb BlieB.

3m 3a^re 1813 tourbe SKtenjiein ©DilgouDcrneur Don Sd&lcfien unb gtoei Saläre fpöter nad6 5Pari8 gefenbet, um mit SBUl^elm Don ^umBoIbt bie älflänal^me ber im Kriege geraubten JTunftfd^ä^e gu Be= forgen. Seine ßaufBal^n l^atte il^n mit bcn erfien Scannern ber Seit, wie Stein, ^arbenBetg, Qä^bn, SRieBu^r, SB. D. fcumBoIbt u. a. in ent= fdöeibenben SWomcnten unb bcbeutungSDolIen SBirffamteiten gufammen* gefül^rt, BeDor er am 3. JloDemBer 1817 „SuItuSminifter" tourbe, ber erfie biefer Segeid^nung, ben ^reugen gel^aBt ]§at, unb einer ber rfll^m«' Keiften, D)ft]^renb einer SlmtSfQl^rung, koeld^e gtoei ^al^rgel^nte flberbauert ]^at (3. JloDember 1817 Bi« 28. S)ecemBer 1838).

3. ttniberfltftten. (drünbungen unb ©efal^ren.

S)a« Derl^eigungSDoDe unb troftreid^e 9Bort be« ^önig«, bag ber

Staat an geipigen Ärftften erfe^en muffe, loa« er an pl^^fifd^en Der«

loren l^aBe, foQte burd^ bie neue flaatlid^e SSoIIdergiel^ung, burd^ bie

©rflnbung neuer Sd^ulen unb UniDerfit&ten erfüllt loerben. SBftl^renb

i 28gT. biefes aBext »b. V. (gfi^te. 2. «ujl.) »u« II. dop. V. 6. SUfföb. SBu4 IV. Cap. vn. 6. 731-747. (3wbüÄ«m»ou«gabe SSb. VI.)

126 Tegels S3erufund na4 Serlin.

SB. t). $um6oIbt bttS ^reugtfd^e Unterttd^tSioefen leitete (1809), gebtel^ bie Iftttgft ge))lQnte ©rünbung einet UntDerftt&t in 93erlin jur Steife; mit bem ^etbfl beS folgenben Sal^reiS trat fie inS Seben. ®(eidg im erften Semefter laS Sd^Ieiermad^er Aber bie ßnc^Kop&bie ber tl^eologifd^en SBiffenfd^aften, ©aDign^ über römifd&e« 9ied6t, Siiebul^r über römifd^e @ef(j(|i(!bte, ^. 9(. äBoIf über ben 2;^u!^btbeS unb über bie Slnnalen ba £acitu9, ^bäf) über bie @nc^!Io))ftbie unb aJleil^oboIogie ber gefammten t)]^iloIogifd^en SBiffenfdgaften, x^xi^U über baS @tubium ber $l^iIofo))l^ie unb über bie SBiffenfc^aftSlel^re. Sr tt)ar ber erße gett)ft]^Ite 9lector ber UniöerFttät.^

3n ben preugifdgen Sanben gab eS einige aufjul^ebenbe Uni^lr- fitöten, bie auö ÜÄangel an Srequenj ober »egen il^rer blo§ jjroDin» aielten SBebeutung überflüfftg unb unnü^ gett)orben maren, tt)ie 2)uiiSs bürg, t^ranlf urt an ber Dber, @rf urt unb SBiitenberg ; anbere nunmel^r notl^iDenbige tt)aren }u grünben: bie altm&rüfd^e UniDerfitftt in ^$ran^ fürt a. b. Dber mürbe aufgel^oben unb m<b ^reiSlau Dertegt (1811), tt)o bie erfte preugifd^e UniDerftt&t mit itoti tl^eologifd^en t^acult&ten entftanb; bie Uniöerptät in §atte a. ©. tourbc »ieberl^ergcflellt (1813) unb 2Bitten= berg mit il^r Dereinigt (1817); bie erfte fd(|öt)ferifd&e 3(ufgabe, mli^t baS SJliniflerium ^Itenfiein gu löfen unb ju ben^ftUigen l^atte, ba t)iete @d^n)ierigleiten auS bem SSege gerftumt merben mußten, toax bie ©rünbung ber neu))reuBifd&en unb r^einlänbifd^en UniDerfitftt in 93onn (1818).

3n)U)tfd^en l^atte fidg mitten in ber afabemifd^en Sugenb ein burd^ bie Ofreil^eitSlriege erniedEter ®eifl ))atriotif(l6er a3eftrebungen unb t)oIi' tifd^en SleformeiferS unter bem 92amen ber beutfd^en 93urfd^enfd^aft er- l^oben, bie im 3uni 1815 ju 3ena gefiiftet toorben toar, fi* fd&nett über bie beutfd^en UniDerfitäten inSgefammt ausgebreitet l^atte unb nunmel^r „bie allgemeine beutfd&e Surfd6enfd6aft" l^ie§ (1818). 818 il^r ju erftrebenbeiS 3iel galt bie Sinl^eit unb SKad^t beS großen beutfd^en JBaterlanbefi im ©egenfa^e ju bem ol^nmfid^tigen unb aerflüfteten S)eutfd^Ianb, loeldgeS in bem neubeutfdgen 93unbe unb 93unbedtage t)or ben Slugen ber 9BeIt fianb. Stud^ bie 2:urnanflatten, mlö)t einen fo iDefentliÄen 93eftanbt]^ei( ber neuen aSoRSerjiel^ung auSmadgten, unb beten erfte gf. ß. 3a]^n auf ber ^afenl^aibe ju Serlin erbffnet l^atte (1811), tl^eilten bie burfd&enfd&aftlid&en 3been unb »irften gu beren

» »gl. biefe« ©etl. »u* IL €ttp. V. 6. 315-318.

^edeU iBetufuttd nadft Seilin. 127

SSexbrettung. S(n bem SBartburgfefie am 18. Dctober 1817 \Dax bte beutfd^e 9}etgansett]^ett unb 3ulunft in f^retl^eitSreben gefeiert unb eine llnjal^l üer^agter unb mißliebiger @d^riften Verbrannt iDorben, baninier bie bee Sid^terS 9. Ao^ebue, ber ein potttifd^ tt)te moraßfd^ elenber unb grunbDerberbßd^er @(|riftfteDer galt. @8 !onnte nid^t ausbleiben, bag biefe gemeinfame ent]^ufiaftif(!be Srregung ber 3ugenb aud^ in fanatifd^e SluSartungen unb Sbloege geriet^. 2)ie Dereinjelte Xl^at eines fold^en (Fanatismus toai bie Srmorbung beS @dgriftfieDerS 9. Ao^ebue in SDlannl^eim burdg St. ü. @anb (23. Ti&xi 1819), n)eld^er jenaifd^er ©tubent, SWitglieb ber allgemeinen bcutf d^ien Surfd&enfdftaf t unb Surncr »ar. ®em Sflrpen SKetternidö in SBien, bem SBcl&errfd&cr beS beutfd&en 93unbeStageS, lam biefeS SSerbred^en als ein toilllommeneS €ignal gur Unterbrfidhing beS gangen, auf ben Uniüerfttäten in SJortr&gen, @d^riften unb aSerbinbungen l^errfd^enben t^reil^eitSmefenS: bie larlsbaber SBe^ fd^laffe mürben gefaßt unb Dom SunbeStage am 20. September 1820 fanctionirt. 2)ie burfd^enfd^aftlid^en SSerbinbungen mürben Derboten, bie £umanftalten gefd(|Ioffen , ^rofefforen unb Stubenten auf baS @trengf)e flbermad^t, SentraIunterfud^ungS!ommiffionen eingefe^t, fRegier» ungSbeDoHmfid^tigte als SBftddter ber UniDerfitftten ernannt u. f. f. 3R\t einem SBorte, bie UniDerfit&ten mürben nad^ bem ^uSbrudEe 2)al^(mannS „fe))tembrifirt'' ; aud^ 9liebu]^r, ber bie 93adgerDerbrennung auf ber SBartburg mit Siedet eine „xfxa^t" genannt l^atte, erbüdfte in ben farlsbaber 93efA(flffen eine Derberblidge SRagregel; aber Aönig griebrid& SBil^elm ÜL, fc^on Aber 6. 3». «rnbts ,®eift ber Seil" fo Derfiimmt, baß er ben @tiftungSbrief ber UniDerftt&t 93onn beinal^e gurflägel^atten l^fitte, Don ben burfd^enfddaftlid^en 93emegungen an ben UniDerfitftten beunrul^igt unb angemibert, über baS 9>erbre$en @anbs auf baS Sleußerfte empört, ließ ftd^ Don 9)letternid& für baS @^jiem ber 9ieaction unb UnterbrüdEung geminnen. fjürfi SDBittgenfiein jiimmte mit aRetternid^ unb l^atte baS D^r beS AönigS. 3ur Suffpflrung unb SBerfolgung ber fogcnannten Demagogen biente unter ben preußifd&en S3eamten gang befonberS Ü. Sl. Don Aamp| als SSorftanb ber €ection beS $oIigeimefenS im ajlinifterium beS Innern (1817). @r mar aud^ ber SSerfaffer einer @d(irift, bie man auf ber SBartburg Derbrannt l^atte.

4. S)aft aetigem&ge @^ßem.

©0 jlanben bie 3eid&en ber 3eitr als in bem genannten 3eit= punfte ^ttenftein baS preußifd^e SuItuSminifterium übernal^m: gmei

128 ^t^M aSerufung na4 Setlin.

Sßodgen Dotl^er boS SBattburgfefi, ein Sal^r ttod^ biefem bte SonfUtu- irunfl bcr allaemetnen beutfdjien SutWenfd&aft (18. DctoBer 1818), fünf ajlonate f))dter bte (Srmorbimg jto^ebued! S)ie @tiftung8ur!unbe bet allgemetnen SSurfdgenfd^aft l^aile erflftrt, bag bte auf bett beutfdgen ^od^f deuten fiubirenbe 3ugenb ein ©anjeS audmadgen loolle, „gegrünbet auf baS SSerl^ältnig bet beutfd^en 3ugenb 3u ber loerbenben (Einheit beS beutfd^en SSoHs". 9Bte eS bem öfterretd^tfd^en @taat8lan}Ier, feinen älnl^ftngem unb gefügigen SBerljeugen fd^ien, fo maren bie beuifdgen UniDerfttäten in einem Sufrul^r begriffen, loeldger um ieben ^eid ]u unterbrfldEen unb auSjuIof^en n)ar, loftete es aud^ ba^ fieben unb ßebendUdgi ber UniDerfttaten felbf).

2)ie8 aber tt)ar !eine8tt)eg8 bie SJleinung beS t^teugifd^en @taat9« langlerd unb aller iener Staatsmänner, bie an ber Siegeneration $reugen$ gearbeitet unb fid& um ben Staat bie größten 93erbienfte ertDorben l^atten. @iner biefer SR&nner loar Slttenftein. 6r tt)oQte aud^, bag bem unreifen @eba]^ren ber ftubirenben Sugenb, il^rer t)or- }eitigen (Sinmif^ung in bie pra!tifd^e ^olitü, il^rer (etbenfd(iaftKd&en 93erfo{gung unbefiimmter Siele ernftlid^ entgegengetreten tterbe, aber auf bem SBege nid^t ber ©ttoolt, fonbern ber Sßiffenfdgaft unb ber 93ele]^rung. 9let)oIutionen ftnb in ber Siegel bie S)urd(ibrfld^e gettjalt» fam gel^emmter (Snttt)idEIungSju{tönbe. Sine rid^tig geleitete @nttt)id^ lung !ann eine UmiD&Igung üerl^fiten unb bie ret)oIution&ren eintriebe 2um ®uten koenben. Unb burd^ baS rid^tig geleitete SSerft&nbnig ber 9BeItjuft&nbe unb ber SBeltenttDidttung toirb biefer groBe S)ienfl bem Staate Don fetten ber SBiffenfd^aft geleiftet, unb gtear einer ))]§iIof o))]^ifd6en äBiffenfd^aft, loeld^e im Staube ift, ben @ntn)idEIung8> gang ber Sßelt, indbefonbere ber ftttßc^en unb politifc^en äBelt, metl^o» bifdd 2U erleudgten unb ju leieren.

\ Unter allen l)]((ilofortif<ä{lcn 3eitrid6tungen gab eS im Saläre 1817 nur ein einjiged S^^em, tteld^eS biefer gforberung entf))rad(i: ein Softem, loeld^eS bie Seigre ton ber geifligen SBeUentmiätung fomol^t pl^dnomenologifdd ate audg logifdg begrflnbet unb enc^Üopftbifd^ aus- geführt l^atte. S)iefeS in ber Se]^rmir!fam!eit begriffene unb aufßrebenbe Softem mar bas l^egelfd^e. Unb eS gereid^t ber Sinfid^t beS neuen SuItuSmintfterS gur guten $robe, bag er gleid^ in ben erflen Stagen feiner SlmtSfübrung an ^egel gefdgrieben unb il^m ben nodd immer Garanten Sel^rflul^I gi^teS angetragen l^at (26. Secember 1817). 3n bem rid^tigen @efü]^I, ba% feine Seit für ^Berlin unb ebenfo umge!e^rt ge-

^egeU Sexufuns na4 SSetltn. 129

lomwien fei, toax ^egel jur Slnnal^me bereit. ./®ie JBebingunflen xoavtn bie gflttfltgflett: bie angebotene 99efo(bung betrug }n)ettQufenb Sl^ater, bie Sntfd^ftbigung ffir ben Umaug taufenb, unb jebe n)ünf(i^en8iDext]^e Odrbetung fflr bie 3u!unft lourbe in ber el^renDoDfien SBeife in 9ud= fid^t gefteKt. ,;2)aS STlinifierium fd^Ugt ben ©eminn eines fo tiefen, mit gtfinbH(|er SBiffenfd^aft anSgerflfteten unb oon fo emfient unb tid^tigem ©tteben befeelten ©enfer« unb atabemifd^en Cel^rerö gu l^od^ an, als bag eS nid^t gern aOeS beitragen foQte, n)a8 gur Erleichterung 3l&re8 l^iefigen Slufentl^alteS nötl^ig fein follte. S^flr je^t tofinfd&t eS nid^t uiel^r, ate ba« SBerlangen fo Dieler, bie auf bie fflefe^ung beS Sel^rfiul^td ber ^l^ilofopl^ie fd^on lange gel^ant l^aben, red^t batb t)oII> lommen befriebigt gu fel^en.**^

Tegels 9(nfid^ten Aber $reu§en Igatten fidö mit ben Seiten ge&nbert; bie Seiten toaren in biefem 5alle toeItgefd6id&tUd6e Ärifen getoefen, 3n feiner Äritif ber SBerfaffung ffieutfd&Ianbfi, bie bor ber ©d^tad&t bei 3ena gefd&rieben mar, l^atte er ben abfolutiftifd&en SWiUtftrftaat t)or Sugen, morin aOeS Don oben Igerunter geregelt unb commanbirt mar, mie in ber centralifirten frangöfifd^en 9lepub(il (Sin fotdgeS @taatsmefen entf))radg leinesmegS ber @taatsibee Tegels. „9Ba8 in einem fold^en mobernen @taat, morin Wlt^ Don oben l^erunter ge^ regelt tjt, mie ftd& bie frangöfifd^c gfiet)ubnf gemad&t l^at für ein leberneS geijHofe« ßeben fi^ ergeugen mirb, ifi in ber 3u!unft erfl gu erfol^ren ; aber meldjieS ßeben unb meldte ffiürre in einem anbcm ebenfo geregelten Staate l^errfdgt, im ^reugifdgen, baS fftDt jebem auf, ber baS erfte 2)orf beffelben betritt, ber feinen DöSigen SJlangel an miffen- fd^aftUd^em ober Iflnfllerifd^em ®enie fielet, ober feine @t&r!e nid^t nad^ ber epl^emerifdgen Energie betrad^tet, gu ber ein eingelneS ®enie il^n für eine Seit l^inaufgugmingcn gemußt l&at/" SRad&bem nun 5Preu§en aus feiner Jiiebertage Iraft feiner eigenflen Siegeneration nid6t bto§ als ein neuer Snilitärfiaat, fonbern gugteid^ als ein neuer SrgiebungS^ flaat l^erDorgegangen mar, lonnte ^egel in feiner l^eibelberger Antritts» rebe am 28. Dctober 1816 mit {^ug unb Sfled^t fagen, baß bie ^err- fd^aft ber Sbeen begonnen l^abe, unb baß eS n&^er ber ))reußifd&e Staat fei, meld^er auf SnteQigeng qtbant fei.^

^ 9lofen!rana. 6. SlSffgb« Seiber fel^Icn mit einet HuSna^me in ben .^Tiefen Don unb an ^egel' bie gtotf^en f[Iten{letn unb $egel detoe^fetten »tiefe. s Sflofenhana. 6. 244. > oben Qiap, IX. @. 102.

9if4eT, «cf«. b. Wlof. Vm. 9t «. 9

130 it%M Berufung na4 SBetlin.

n. 3o]^annc8 ©d&ulje.^ 1. SilbungSgang unb dugenbf^idfale.

?lod5 in bemfclben 3a^rc, in »cld&cm ^egcts SBerufung erfolgt mar, l^atte $[(tenftetn, Don 9lnfang barauf Bebad^t, bie SltbeitSlräfte in feinem Dietumfaffenben, mit fd^toeten ^rbeitslaften flbetl^ftuften SWinifterium ju öermel^tcn, eine Dotaftglid&e Äraft in bem iugenb- li^en 3o]^anne8 @d^ul}e gett)onnen, ben er auf ^arbenbergS aus ^erfön» lid^er jtenntnig gefd^ö^ften, nad^brüdEHd^en em))fe^Iung ate Stat^ für ben 3toeia ber l^ö^eren Unterrid^tiSanflalten, }un&d6fl ber ©^mnaften, bann audd ber UniDerfii&ten in baS preugifd^e SuItuSminifterium be- rufen l^attö föufi 1818).

3ol^. Sd^ulje aus 2)ömi^ in 3Jled((enburgs€d&n)erin (geboren in bem ©täbtd^en 93rflel ben 15. Januar 1786), ©ol^n lool^Il^abenber (Eltern, auf ben geleierten Sd^ulen gu ^anau in Reffen unb jtlofler 93erge in $reugen gum @tubium ber $]^iIoIogie Vorbereitet, in ^alle, loo audg S^teiermad^erS 93orträge ifin tief ergriffen unb angeregt l^atten, entl^uftafiifdeer Sd^üler beS großen $^iIoIogen 9- ^* SBolf unb 3nitglieb feines ©eminarS, in Seipjig unter ©ottfrieb ^ermann ge» f^ult, burdg O^tang $af[o)o, mit bem er in Vertrauter unb beft&nbiger t^reunbfd^aft Derbunben loar unb blieb, an ba§ @^mnafium nadg SBeimar gur SSilbung unb SluSbilbung einer @electa im ©ried^ifdgen, unb oon l^ier nad^ einer faft Dierjäl^rigen SBirIfamleit (@e))t. 1808 bis ÜJlarg 1812) nad^ Reffen gur Umgeftaltung unb Seitung ber ©d&ule in §anau berufen, toar er im Srül^ia^r 1816 mit tJreubcn einem SRufe als Sc^ulratl^ nadg Sobleng gefolgt unb !onnte auf einen unvergleid^lid^ intereffanten, l^öd^fi erinnerungS« unb fd^idCfalSreidgen ßebenSlauf gurfldEblidEen, als er mit gtoeinubbreifeig Salären feinen neuen SBirlungSireiS in 93erlin antrat, ben er Aber mergig ^al^re (1818 bis 1859) gum 9lu|en ber ^ireugifd^en UniVerfttaten, tote gum eigenen fRul^m auSfflHen foKte.

6r l^atte in ^atte bie Spod^e beS Untergangs erlebt unb er« litten: bie ßrfd&cinung JRapoIconS, bie Slufl&ebung ber Uniberfitftt, bie Vertreibung ber ©tubenten, beren einer er felbfl toar. 6r toar nad^ Serlin getoaubert unb bort an bem Sage eingetroffen, an loeldgem 9la^oIeon an ber @))i|e feiner fiegreid^en Slrmee trium))]§irenb

^ 3u togl. Dr. (S, S^atrentta^)): Sol^anned 64u(se unb baS l^ö^ere |)teu6tf4e UnteTTt^tStDefen su fetner Seit. 8ei))gig, Seubner, 1889.

^gell SBetttfuna na4 SSetlin. 181

butd^ baS branbenburger Zl^or einsog, ftnftet bUdCenb, in feinem grauen 9{od, leintet fid^ bad (befolge bet 3Jlatf(!6dlIe unb ©enerale in \ixa^U DoDem @d^mu(!; er l^atte am anbem £age ben Aaifer gefeiten, mie er im Suflgarten unter feine @oIbaten bie Sl^renlreuge auStl^eilte; bann iDar er in feine ^eimatl^ nad^ 2>fimi^ gurüdgefel^rt , um bei ben S)ur(i&3flgen ber franjöfifd^en Zxnpptn l^älfreid^en SSeifianb )u leifien, unb l^atte bei biefer ©elegen^eit 2)rouet, ben $oflmetfler Don €t.anene]^ouIb, fennen gelernt, ber bie ©efangennal^me Subioigd XVI. in SSarenneS Betoirlt l^atte. 3n Mpm, tool^in er ben ©rafen Don 5PüdEler begleitet, l^at er bie Sfreunbfd^aft @eumeS gewonnen unb ftd^ in ben £)iben ber fifreimaurer aufnehmen laffen, um in ber Soge ju ben brei $almen t)atriotif(!be, ben franaSfif^en @))&]^em Derborgene Sieben ju l^alten.

3n SSeimar toar er balb nadd feiner Stniunft ein Sfugenjeuge ber gifinjenben ^apoleonöfefie, toel^e ber Dom Äaifer ber Qfranjofen in ben Octobertagen 1808 gelabene Of&i^fiencongreg gu (Srfurt mit ftd^ brad^te. 3n ber ^Begleitung SflapoteonS mar S^atte^ranb, ber baS gro§e 3agbfeft am 6. Dctober mitjumad^en meber bie $f[id&t nod^ n)eniger bie Suft ]§atte, fonbern eS Dorgog, in SBeimar gu bleiben unb fid^ bie SBibHotl^el geigen gu laffen, mogu @d^ulge, ber frangöfift^en ©prad^e mftd^tig, ben Sluftrag erl^ielt. Unter ben @d^ä^en ber SBibUotl^el ^at ber frangöpfdfte Staatsmann mit befonbercm 3ntereffe ßucafi eranad^ö ^anbgeic^nungen gu Cutl^erS SSibelfiberfe^ung unb S^ifd^beinS ^omer« iQuftration in forgf&Itigen Slugenfdgein genommen. SIm 9benb biefeS £age8 toaxm im parterre bed ^oft^eaterS gu SBeimar Abnige unb tJürflen Derfammelt, in bereu SRitte bie beiben Äaifer tl&ronten; ber £ob SdfarS mürbe auf gef flirrt, S£alma f))ielte ben S^Afar. 93on ber ©alerie au8 betrad&tete ©d^ulge bie beiben granbiofcn 6d&auft)icle im parterre unb auf ber SSül^ne. 31m ^benb beS folgenben SEageS flanb er in SCatmaS JWftl^e unb fonnte beobad^ten, toie biefer mit gefl)anntem unb befriebigtem Sntereffe baS @))iel beS % 9. äBoIff in ber 9lolIe be« 5Pofa Derfolgte. SHJeldjie ©ontrajle: gcflern f})iett Xalma ben 3;ob €afar8, l^eute ergoßt er {td^ an ber S)arfteDung beS fd^iHerfd^en $ofa!

Um ))atriotifd& gu n)ir!en, ift @d^ulge audd in ber ^malienloge gu äSeimar ate fRebner aufgetreten, unb, maS eines feiner mer!mfirbigften Sriebniffe ift: er l^at im ^ril 1809 bie Stnrebe an SBielanb gel^alten, aU biefer in ben ©unb ber (Freimaurer eintrat, bem aud& Äarl atugufl unb ®oet]^e angel^örten. 2)er loeltbargerlidgen ©eifteSart bed 9lejlor8 ber beutfd^en S)id{iter gegenüber l^at er in fetner fRebe bie ))atriotifd&en

132 ^cgeU SBerufung na4 Setlttt.

(Seftnnungen unb ^fltd^tgefai^Ie nad^btttdEtid^ l^erDorgel^oben unb gefeiert. (Sr mar breiutibjiOQngig alt, SBielanb fed^Suttbftebjig. S)er 2)rQng gu rebnerifd^r unb l^crgbetoegenber SBirffamfcit »ar in il&m fo ftaxt, baß er, ol^ne burd^ bas Siubium ber Sl^eologie, burd^ Prüfung unb Drbi» nation bagu t)orbereitet unb berufen gu fein, als religiöfer Stebner bie Aongel betrat unb fott)o]^{ in ber @tabtlir$e gu SBetmar als audg in ber alten @d^Iog!ir$e gu @d&tt)argburs eine Stetige Don ^rebigten gel^alten (Dom SioDember 1808 Big gum ^erbfi 1810) unb in gtoei Sammlungen l^erauSgegeben Igat (1810 unb 1811), bereu gioeiie bem erften latl^o- lifdden Airdgenfürften beS bamaligen S)eutfd(|Ianb8, Aarl Don 2)aI6erg, bem $rima9 beS 9ll^ein6unbeS, gett)ibmet ifl. Unter ben Sd^fllern unb SSerel^rern ©d^Ieiermad^erS ift 3o]^. @d^ulge lool^I ber erfte gen)efen, ber bie Jtangel ^erberS beftiegen l^at. 9(8 er fein fünfgigi&^rigeS 3)ienfts iubilaum feierte (1858), ifl in ber tt)eimartfd6en @tabtfirdE)e jener ^rebigten rfl^menb unb banibar gebadet morben. S)ie fflrfUid^en gfrauen, tt)ie bie ®ro^l^ergogin fiuife, bie Srbgrogl^ergogin äJlarta ^aulomna, bie $ringefftn Caroline (bie audg litterargefd^id^tlid^en Unterrid^t Don il^m em))fing) unb bie t^flrftin-^Tlutter Caroline Don IRuboIfiabt l^aben i^n gern gel^ört. f^rau S^arlotte Don @d(|iller ffll^Ite fid^ burd^ bie Sinfad^^eit ber l^erberfd^en ^ebigt mel^r angefprod^en aU burdg bie entl^uftaftifd^e UeberfflUe ber Sieben @^ulge8, bodg mar fte il^m Don bergen freunblid^ unb ban!bar geftnnt unb l^atie bagu audg aQe Urfad^e, ba er aus Rietst unb Semunberung far ben großen 2)id&ter i^ren Sol^n Srnfl foiool^l an feinen Sel^rftunben im (S^mnafium Stl^eil nel^men Keg aU t)riDatim unenigetbUdd unterrid^tete. 9[u$ f^rau Sulie Don Sengefetb unb ^xau AaroKne Don SBoIgogen (©d^illerS Sd^mieger» mutter unb @(!biofigerin) l§at er fennen gelernt unb ber le^teren auf il^ren SBunfd^ bie Sragöbien beS ©opl^olles in Siolbergd Ueberfe^ung Dorgetefen.

91m SO. Sanuar 1811, bem ®eBurt8tage ber ©rog^ergogin Suife, tt)urbe SalberonS erl^abened 5{:rauerf))iel „2)er ftanbl^afte $ring" gum erften mate im meimarifd^en SEl^eater aufgeffll^rt unb 3o]^. @d(iulge Don biefer tiefftnnigen religiöfen S)id&tung fo mftd&tig ergriffen, ba§ er eine SdEirift baraber Deröffentlid^te, bie gtt)ar auf ben SQSunfd^ ©oetl^eS Der« fa§t, aber burd^ il^ren gu aberfdgm&nglid^en Sa{beron«Sultu8 gar nid(|t nadg feinem @inne ausgefallen loar. SBeit mel^r bem @inne unb SBunfd^e ©oetl^eS gemftg loar bie Verausgabe ber SBer!e SBindEel» mannS, inSbefonbere ber Aunftgefd^idgte, mogu 3ol^. @(^ulge fi^ mit

Tegels aSentfung na4 Berlin. 138

^einri^ SDte^er ouf ben S(nttte6 beiS leffteren Deretntgt l^atte. 9)ltt tooller Eingebung l^ai et biefe Arbeit aui^gefül^tt unb tl^t einige Sa^re l^inburd^ feine äJlugefiunben gen)ibmef.^

3(6 öermntl^e, ba§ im Qfrül^iQl^r 1811 bie Äufffll&rung be8 jlanb= l^aften ^n}en in SBeimat toiebetl^olt iDorben ifl, unb bag bamols ein iunger, nod& in feinen a!abemifd&en ßel^tjal^ren begriffener SKonn jenen tiefen unb forttoirfenben (ginbrudE erlebt ^at, ben feine fpöteren @(i^riften bejeugen: id^ meine 9[. @$o))en^auer, ber in ben Solaren 1808 unb 1809 ba9 teeimarifd^e ®^mnafium befuc^t Igat unb als ein @Iieb ber @e(ecta ni(i&t blog ^affotoS, fonbern aud^ 3. ©d^uIjeS ©dualer gen^efen ift. 93on allen feinen @dgalern toai @($open]^Quer ber merlwflrbigpe unb nad&mals berfl^mtefte. 5Dod& l^at, fo Diel xtb fel^e, Sd^ulge fid^ niemals biefeS Sd^ftterg erinnert, unb Qi^opm^amx niemals biefeS Sel^rerS. Slud^ bag ein ße^rer @dgot)en]^auerS ein fo tDiddtiger @d^fl(er ^egels gemorben ifl, n)ie Sol^anned ©d^ulge, bärfte ftdg lool^I nur ein einjigeS mal gugetragen l^aben.

3lad6 einer fafl Dierjiöl&rigen 2Birffamleit in SDBeimar toirb er im gfrül^jal^r 1817 Don Äarf Don S)afterg, bem ©rogl^erjog Don gfran!furt, als Oberfd^ulrat)^ unb @(!6uIbirector nad^ ^anau berufen, um bie bortige „l^ol^e ßanbesfd&ule" gu reorganifiren unb gu leiten. ®ie Se= rufung neuer ßel&rfräfte ifl i^m anDertraut. 6ine ber erjlcn Serufungen ift gfriebridö 9lüdfert, ?PriDatbocent ber 5ßl^ilotogte in 3ena (1811), ber bie Berufung Dom 1. 2)ecember 1812 annimmt, nad^ ^anau lommt, fid^ mit @d^ulge befreunbet unb Dertraulid^e 3n)iegefprdd&e pflegt, aber nod& Dor ber Eröffnung beS neuen ©^mnaftumS (1. Sfcb» ruar 1813) p\b^\xiSi ol^ne Sfbfd^ieb Derfdfttoinbet unb ben f^reunb brief= lid^ um @d^onung bittet, ba er Don Sd^koermutl^ niebergebrflät fei. S)ie 3eitl&ufe finb l^öd^ft fd^iäfalSDoII unb J^öd^ft aufregenb. 2)ag 3a]^r 1812 fal^ ben Selbgug 9la})oIeonS gegen fRufelanb, ben SBranb Don 9}toSlau, ben 9lüdEgug unb Untergang ber großen Strmee.

€S loar am 16. ©ecember 1812 3iad&mittag8, als ©d&ulge im ©afl« l^aufe gum ^Riefen am gfenfler fianb, auf bie tiefbefdfeneite Strafte l^erab* blidfenb. „(gin ©d&ütten ful^r Dor, id6 erlannte beim Slußfieigen SlaDoIeon unb eilte l^inein, bem ©afltoirtl^ ©bermaier Äunbe gu geben. ©d^toerfftDig beloegte er ftd^ aus bem ©aftgimmer unb hl^rte balb feud^enb mit ber

1 S)et ölette f8anh ber Äunligefc^idjte erfc^ien Oftern 1815, bie SBorrebe iP öom 22. aR&TS 1815, »gl. S8orrentra<)p. 6. 176.

134 ^cgeU Berufung na4 iBerlin.

3lai^xiä)t gurfldE, bog ber Aaifer, um ein 2)tner bei il^m einjunel^men, Itd^ in einem Simmer beS etften @to(in)erl8 befinbe. Reiter tänbelte ber Aaifet mit ber il^m aufioartenben Sfrau Sbermaier tinb eilte SlbenbS aber {^ran!furt tro| beS (SiSgangd im Sll^ein nadg ÜJlainj." @o fddilbert ©d^ulge biefeS ßrle&nig in feinen S)en!n)firbia!eiten; er fei ber erfte gen)efen, ber 3lQpoUon erfannt l^abe.

3)a8 3a]^r 1813 brad^te bie Srl^ebung 2)eutf(i6IanbS, bie groge europdifdge ßloaUtion gegen ba8 franjöfifd^e Aaiferreidg, bie ^uflöfung beS Stl^einbunbeS, bie SSSlforfdglad^t bei Seipsig, 3lapoUoni Slfldjug nad^ Of^anfreid^, ber burd^ bie @d&lQd(|t bei ^anou nod^ erlftm))ft loerben mugte. 93on bem Sl^urm feines ®^mnaftum8 l^at 3. ©d^ulje bie @d&Ia$t gefeiten, biefe le^te Sd^Iod^t ytajfoUoM auf beutfdgem 99oben. 9lun lonnte Siadert feinem get)regten bergen ßuft madSien, er t^t es in ben „gel^arnifdöten Sonetten", toelc^e bie ^Befreiung ©eutfd&Ianb«, bie aSernidgtung 3lapoUon^ jaud^jenb t)erfflnbeten, unb beren eines Qud& ben ^elbentob 2:^eobor AornerS get)riefen l^at.

SS tarn bie 3eit ber Sieftauration, unb 3- ©^ulge l^ot in ^anau nod^ bie Slnfdnge ber l^effifd^en Steftaurotion erlebt unb erlitten, er ]§at in bem n)ieberge!ommenen Aurfürfien SBill^elm I. ben X^))US eines gflrften Dor Sugen gel^abt, Don bem baS SBort in DoIIer äBal^rl^eit galt, bag fie nidgtS gelernt unb nid^ts ))ergeffen l^aben. SDiefer gurfld^ ge!ommene AurfQrft offm Aur tooUtt aUeS fo toieberl^ergefteQt feigen, mie eS DormalS gett)efen roax, felbft bie SipU ber Solboten, S)q 3. Sdgulje aber ausgelebte 3uftftnbe loieberl^ergufteEen gar ni^t geneigt, Dietmel^r neues geiftigeS Seben gu fd^affen aus allen Säften beftrebt loar, fo rid^teten ftd^ feine SBünfdge nad^ ^reugen, unb gtoar nad^ ben neu« preugifd^en Sll^einlanben, too bamals 3ofef ®öneS, ber 93egrfinber unb Herausgeber beS „Sll^einifd^en 3Rer{ur" in ßlobleng, feiner SSater» ftabt, ben öffentlid^en Unterricht gu leiten l^atte unb ie^t, Dom Offner beS S)eutfd6t^umS ergriffen {xdiz Dorl^er Don bem beS f^rangofentl^umS unb f))&ter Don bem beS UltramontaniSmuS), bem entl^uftaftifd^ ftets erregbaren ©d^ulge i,S)onner unb 99li^e" in feiner 3^itfd^rift gu reben fd&ien. (&x »ürbe ©örreS' Slntrftgen gern gefolgt fein, aber fie ffil^rten gu feinem SRefultat, ba fie nid^t bie Unterftfi^ung ber 9tegierung fanben. SQSirfungSDoDer tt)aren bie Smpfel^lungen Don @$leiermad^er, SBolf unb namentlid^ @flDern in Serlin, loeld^er le^tere htm ^öl^ere^ Unterrid^tsn)efen im ällinifterium beS Innern Dorftanb. 3m Slprit 1816 tturbe @d^ulge als ^roDingialfd^ulratl^ nad^ €obleng berufen unb

^t^M ^etitfttitg na4 S^erlin. 135

mit bet Slufgabe Betraut, bte rl^etntänbtfd^en G^tnttafien }u teorgamfiteti. 3ur SluSfai^tuns btefeiS Stotdfi l^at er in ber oberflen Alaffe beS (S^rnttaftumS gu Soblen} felbfl ben Unterrtdgt in ben alten ®pxaä^tn ertlgeilt. Stner feiner bamaligen @d^fller n)ar ^ol^anned SÄäUer aus Soblenj, ber nadg ber Slbftd^t feines SSaterS ^anbtottUx unb nadg bent Statine Sd^uljed ein SJlann ber Siffenfcigaft merben foKte nnb ber berfll^mte ^l^^fiobge geworben i{l, ber feine SBiffenf^aft reformirt unb ber UniDerfitftt 99erUn ju l^ol^em Stul^me gereicht l^at.

2)a Sd^ulge guglei^ äRitglieb beS (S^onfifioriumS ti)ar, fo lieg er fid^ bte Orbination gum !ird(|{id^en Siebner ertl^eiten unb l^at aU fold^er gteei ^ebigten gel^alten: bie erfie gur Xobtenfeter ber ©efaQenen, bie gtteite gum 9teformation$fefte am 31. Dctober 1831. 3Jlxt bcm Slefor- mationSfefte l^atte ber Siebner bie Don t^riebridg SBUl^elm m. gteid^- geitig fiefliftete Union ber eDangelifclen Äird&e gu feiern.

2)er na(fe feinem Stange erfte, bebeutenbfte unb intereffantefte SRann, bem 3. @d^ulge gteid^ mä^ fetner Slnlunft in Sobleng ftdg Dor- gufteSen l^atte, loar ber commanbirenbe ©eneral 9leib]^arbt@rafk)on ®neifenau, Aber beffen $erfönK(i^{eit unb 6inbru(f er bie entgüdCteflen Briefe an feine (Jrau g^fÄneben. ©neifenau fam mit bem Ucberfe^er beS Slrrian atebalb auf ^ej:anber ben ®rogen unb toeiter auf 9lapoIeon gu fpredöen, unb biefem ®efprftd&c gab ber gro§e Örfbl^err, toeld&er fo \>\d gu bem @iege Don SBaterloo, bem enbgflitigen unb Derni^tenben @iege aber 9lapoIeon, beigetragen l^atte, bie fd^Sne unb treffenbe Sc^tug- toenbung: „Unfere Alug^eit l^at il^n nid^t flbertounben, fonbern bie l^ol^e il^m unDerfiftnbUd^ gebliebene 93egeißerung unb 93aterlanbsliebe be« preufeifd&en JBoIte".^

9lun lernte er aud^ ben Sbef beS ©eneralftabd A. Don Staufe- D)i| iennen, ben bur($ feine nad^gelaffenen 3Ber!e fo beräl^mten äJlilitdr- fddriftfteOer, toel^en il^m @neifenau als feinen n&d^ften g^reunb begeid^nete^ unb ber ate ber üflgfte unb toiffenfd^aftUd^fie Offigier ber gangen t)reu6ifc&en Slrmee galt. Äeine größeren ©egenfft^e lonnte man pc& Dorftetten ate ©örreS unb €taufen)i|, bem bei fei"^^ ©etool^nl^eit an bie militärifdgen Orbnungen unb an bad concrete, beftimmie unb präcife ©enfen toie Sieben bie t)oKtifd6en SIgitationen, bie unbeflimmten 3been unb baS beclamatorifd^e Untoefen beS anbem Don ©runb au8 guD)iber »aren,

1 S^artentrap^. 6. 180. SSgl. in SBeatel^ung auf ba9 SSot^crgel^enbe qu4 146 u. 6. 156.

136 fQt^tU SBetufung na4 »etliii,

tDftl^renb ©d^ulje feiner fiflrmtfdgen Stebegetoalt nad^gafi unb fogar eine polttif^e, Don ®ötreS Detfagte nnb an ben Rbnxq serid^tete S(breffe, meldte bie S3itte um aSecfaffung entl^ielt, untergetd^nete, toa^ tl^m eine offtjielKe 9tfige gujog, bie einjige, bie er ie erl^olten.

£ro^ ber leibenfd^aftlid^en Erregungen, bie il^n fflr ober loiber fiefiflrmten, mar er in feiner Slnttdffll^rung ein l^öd^ft pf^id^ttreuer, \aä^ lunbiger unb auSgegeid^neier ©efd^&ftSmann. 918 fid^ ber }>reu6tfd^e ©taatölangler im 3al^re 1817 in ben 9t^einlanben aufl^ielt, lernte er il^n ))erfönnd^ lennen unb feine amtlichen 9)erbienfte unb Talente fd^d^en, unb eS gefd^al^ auf feine Sm))fe]^Iung, ba^ il^n Stttenftein im 3uU 1818 3u fid^ nad^ 93erlin rief. 2)er in ben Sll^einlanben bt^ koanberte unb Bemftl^rte ©d^ulratl^ !onnte il^m bei ber eben im äBerfe befinbUdden ®ranbung ber UniDerfit&t SSonn gute S)ienfte leiften.

2)ie SBerbft^ttgungen.

93id au meldten Unge^euerlid&!eiten bie SBefflrddtungen Dor ben UniDerfitftten unb ben fogenannten bemagogifd^en Umtrieben unb nad^ bem 3na§e ber g^urd^t au4 bie SSerbftt^tigungen gro§ gemad^fen maren, bat)on l^at Sd^ulge in ben Slnfftngen feiner SBirffamleit ate ©el^eimer Oberregierungfiratl^ im preugifd^en SultuSminiflerium ju Serlin eine red^t merlmflrbige $robe erfal^ren, loeld^e il^n felbfl betraf. S(uf einer 3nf))ectiondreife im ^erbf) 1819 l^atte er bem 93efu^ ber @d(|u())forte einige S£age genibmet unb eines @onntagd Don l^ier aus einen SluS» f[ug nad^ €d&Iog SDornburg unternommen, um eine bort anioefenbe, il§m Don Sßeimar l^er befreunbete ^amt toiebergufel^en. @r tt)U§te nidgt, bag audg ber ©rog^ergog Aarl Slugufi fid^ 3U berfelben Seit bort aufl^ielt. Siefer aber, aU er Don @c^uI}eS Snmefenl^eit ge]()ört l^atte, iDünfd^te il^n gu fpred^en. Sie DUtraulid^e Unterrebung, bei joeld^er nur bie Erbgrogl^ergogin unb gmei ^ofbamen jugegen toaren, betraf bie 3)emagogenunterfud6ungen, bie bem ©rogl^ergog fd^on Diel gu f Raffen gema(!^t unb Dielen ^erger unb UnmiQen erregt l^atten. @d^ulge fpradd fid^ gegen biefelben au8 unb fd^ilberte fie als übertriebene unb im SQSefentlid^en grunblofe äJlagregeln. 2)iefeS ©efDrAdg tourbe aus« fpionirt, nad^ 93erlin berid^tet unb !am au<!b bem ^bnig gu Clären. 9lun l^atte @d^ulge bei SHtenfiein ein förmlid^eS 93er]^5r gu befleißen, loorin es il^m leidet gelang, ben SJlinifter burd^ bie (Srgdl^Iung beS Hergangs DöDig gu berul^igen, aber bie Sn&nner ber SDemagogenfurd^t, gu benen aud^ ber Aönig gel^örte, bel^ielten i^n argioo^nifdd im 9uge, unb er

$e()ell Serufimg na4 SSeilin. 187

l^otte Saläre lang )u fai^Ien, bog feine $etfon nid^t gel^euer erfdgien. @8 loar bie 3stt nadd Ao^ebueS Srmorbung. 2)et iprofeffor 2>e äBetie in Setiin lourbe loegen feines £ro{lbtiefe6 on bie SRutter @anbs ah^ S^f^lt @d)Ietetmad^er8 $rebigien t>on einem ^otigetagenten flbemad^i, 9tnbt8 Sorlefungen verboten, beibe SSeldEer in Sonn gefftl^rbet, unb bei ©rog^etjog Aart 3(ugu{) t)on Sad^fen-äBeintar loat in ben %ugen SD^etternid^S bet Derl^agtefle aOer (^firßen unb l^teg bei il^m ,,bet Sllt« burfd^e'', ate ob er eS gekoefen fei, bei bie 93urfd(ienfd^Qfi gemod^i l^abe.

in. ^egel unb ^ol^anneS @d^u(}e.

Sßir l^aben fd^on ber 93ebeuiung gebadet, loeld^e in biefen Seiten gtoeifad&er SSewortenl&eit bie Seigre ^egeU l^atte unb Slltenftein mit t>oUtm Siedete i^r audg jufd^rieb; fie toax in feinen Slugen baS befle, ftiff unb tief toirfenbe Heilmittel gegen bie l^errfd^enbe, nad6 beiben Seiten um ftd^ greifenbe Detberbtid^e Sonfufion. 9lu8 eigenem eintrieb, tDoi)l QUd^ angeregt bur$ bie @d(|S^ung bed äJlinifteri^, em^fanb ©dE^uIje baS SBebfirfnig, biefe Seigre fennen gu lernen unb aM pl^ilofopl^ifd^em @tanb))un!te, beffen StuSbitbung burd^ eigene @tubien il^m bisl^er ge« fel^It l^atte, fid^ Aber ben UmfreiS unb 3ufammen]^ang ber Sffiiffen- fc^aften enc^flo))ftbifd^ gu orientiren. Soffen n)ir il^n felbfl reben. r,3d& befd&Io^', fo ergö^It er in feinen ©entoürbigfeiten, „gunfidfefi ein umfaffenbeS @tubium ber $l^iIofop^ie in il^rem neueften @^fiem um fo mel^r eintreten gu laffen, als idg baffelbe bisl^er auf @pinogad @t]^it auf Sd^Ieiermat^erS SSorlefungen fiber bie ))^iIofop]^ifd&e unb «ibriftlidge Stl^it, auf AantS Aritil ber reinen S3ernunft unb auf einige toenige fpecuIatiDe S)iaIoge $IatoS befd^rdnft l^atte. 3u biefem 3toedEe befud^te id& Don 1819—1821 tdglid6 in gioei Slbenbftunben fftmmtUdöe JBor- lefungen ^cgels über Snc^ßop&bie ber p]^iIofo))l^if$en äBiffenfdgaften, Sogif, ^f^c^ologie, ^l^itofopl^ie beS ^let^tS, ©efd^id^te ber ^l^itofopl^ie, 9}aturt)]^iIo|op]^ie, ^^ilofopl^ie ber Aunfi, $]^tIofop]^ie ber ®ej(!^id^te unb ^^ilofopl^ie ber Steligion unb fd^eute bie SDRül^e nid^t, mir ben Snl^alt f Ammtitdder SSorlefungen burd^ forgfältige, t)on mir nad^gef d^riebene ^efte nur no<!b mel^r angueignen. 9}ad6 Seenbigung feiner SSorlefungen pflegte er midg burd^ feinen 93efuc^ in meiner SBo^nung gu erfreuen ober bei einem gemeinfd^aftlid^en @pagiergang auf bie Weitere @r= örterung eingelner Don mir aufgetoorfencr fragen über ©egenpSnbe feine« äJortragS cingügel^en." „SBie Diel id& feinen aSorlefungen, feinen SBerlen unb feinem Dertrauten Umgange in SJegug auf meine n)iffen=

188 $c0eU aBirffamfeit in Serlin.

fd^aftltd^e StuSbttbung, meinen folaered^t 6e]§QU))teten t^olitifd^en Stanb» punÜ unb meine l^terburdEl bebingte 9ffentlid^e SEßttIfam!ett ju bQn!en ]§Q6e, Detmag td^ loentget in Stngell^etlen aufjuiDeifen, aU idg mid^ melmel^t aud inntget $iet&t gegen meinen l^eimgegangenen gfreunb t)et^)f[i$tet fül^Ie, fteimütl^ig ju Befennen, bog er mir jiets in ^inftd^t auf Se^anblung beS ^öl^eren Unterrid^tsmefend im t^reugifc^en Staat ein treuer, einfic^tiger, felbjHofer Seratl^er gewefen i^."^

®iefe SBorte finb ein 5Wenfd6enaIter nad& ben ©rtebniffen, toeld&e fie berid^ten, niebergefd^rieBen tDorben.*

elfte« gapitet. ^ts^lB Hirkfamkeit in Berlin*

I. 2lfabemif(i&e unb litterarifd&e SQBirlfamleit. 1. 2)ie Stnfänge. 6oIger.

3n bem fidleren unb l^eiteren SSorgefül^I einer naiven unb erfolge: reid^en 3u!unft l^at ^egel ben @ommer 1818, fein t)ierted unb Ie|ted ©emefter in ^eibetBerg, gugebradgt unb feiner {^rau loSl^renb il^reiS jhiraufentl^altel} in Sd^toalBad^ Dergnfigte 93riefe gefd^rieben. Doli frol^er SluSfidgten auf 93erttn. S)ie Umft&nbe, unter benen er nad^ S3ertin ging, iDaren bie freunblidgflen. 2)ie Sd^toefter be$ äKinifterd Don Sntenflein l&atte felBfi bie SBol^nungöangelegenl^eit beforgt." ©ein nftd^fter SlmtSgenoffe unb St^ecialtoQege, Aarl SBill^. f^erb. @oIger aus ©d&loebt, jprofeffor ber ^pi^itofopl^ie gu ffranffurt a. b. Ober (1809 Bis 1811), tDO man il^n gum OBerBfirgermeifler l^atte to&l^len tooQen, nac!^ Slufl^eBung ber UniDerfit&t als ^rofeffor ber $]^iIofo))]^ie nad6 93erlin gerufen, Ueberfe^er beö ©opl^oHefi, JBerfaffer beS „erttin" (1815), Der-

^ Sögt. Saxtentrapp. 6. 432 flgb. > ^ierauS ertl&rt eS fi^ too^l aU eine @eb&4tnt6t&uf4ung, bog in ben genannten doloren e^vl^t nt(!gt alle Don i^m angefahrten Sorlefungen Tegels in ben Stbenbftunben t)on 4—6 gel^ört ^aben !ann, ba a* 93. bie fel^r tt)i<ttige SDorlefung über $l^iIofop]^ie bet SBeltgefd^i^te in eine fp&texe Seit f &at. > ^egeliS exfie SBo^nung lag in bex Setpsiger Strafe, bie 5b)eite an bex @t)xee, bem ®axten Don 3)^ontbijou gegenübex, bie bxitte toax !Rx. I am Aupfexgxaben, »ber", toie 9lofen!xans (8. 319) [4xeibt, «bux^ i(n fo toeltbexü^mt gettoxbcn, toie €an8fouci bux4 feinen I5nigli4en $(iIofop(en'. Obioo^l bieje ^araQele ftUer ifi aH ein ^albeS Sa^r^unbext, fo ^ätte fie'bo^ nie gemalt »exben foQen, benn fie ift nid^tig.

$egcU BiTffamfcit in SBetUn. 189

trautet {^reunb Ü. Zxtäi, l^atte ^egels SBerufung 8ett)flnfd^t unb U- antragt. ®r fd&rctbt feinem Qfreunbe Sie* (26. aj)ril 1818): ^3d& bin begierig, mad ^egets ©egenmart fflr eine 9QSir!ung mad^en toirb. ®e)Dig glauben biete, bag mir feine SlnfteKung unangenel^m fei, unb bod^ l^abe id^ tl^n ^uerft borgefd^Iagen unb lann flberl^aupt t)erfid&ern, bag, »oenn id^ ettoaS t)on il^m ermarte, eS nur eine grSgere 93elebung bed Sinnes für $]^iIofot)l§ie, alfo etmaS ®ute8 ift. 9llS id& nod^ neben Oid&te flanb, l^atte x(b ae^nmal fo Diel 3u]^örer atiS ie^t. 3d^ Dere^re ^egel fel^r unb ftimme in Dielen @tüden l^öii^ji auffaQenb mit il§m überein. 3n ber S)ialeltt! I^aben toir beibe unabl^&ngig Don einanber faft benfelben Seg genommen, D^enigflenS bie @ad^e ganj an berfelben unb jD^ar neuen Seite angegriffen. Ob er fi$ in mand^em anberen, als mir eigentl^ttmlid^ ifl, ebenfo mit mir Derftel^en n)&rbe, meig \(b nid^t. 3c^ m5d^te gern bad 2)enlen mieber ganj in baS ßeben auf» gelten Iaf[en'' u. f. f. S)iefe legten äßorte bebeuten bei @oIger, ba§ bie 2)iatefti! n)ieber als lebenbigeS, lunftmfigig geflalteteS ®efpr&d^, b. ^. als S)iaIog bet^ötigt loerben foQe, unb er l^atte gur S)arlegung ber ©runbibeen beS SBal^ren, @uten, ©d^bnen unb ©ottlidgen in ben Dier @efprad^en feines Srmin baS STlufter eines fold^en biatogifd^en $l§iIofot)birenS gu geben Derfud^i S)aS 93ud^ blieb ungelefen. 2)aS ))latonifirenbe ®ef))räd^ mit feinen aus lünftterifd^en SJlottDen geredet- fertigten Hemmungen, S)igreffionen unb rüdt&ufigen Sßenbungen ent« fprad^ ju tütniQ bem S)en{- unb SrIenntniBbebürfnig beS S^italterS, baS in feinen inteDectueDen 93e{trebungen nidfit burd^ bialogifd^e 93er^ toidClungen aufgel^alten fein looQte, unb bie bertinifdge ®eijteSart DoQenbS, tütlSit fdbneU unb birect auf baS Sxd loSjugel^en liebt, toax ben bialogifd^en @d&n)ierig!eiten unb Ummegen abgeneigt. S)urd6 biefen SRigerfolg fül^lte fid^ ber eble unb liebenSmürbige SRann tief Der» fiimmt; er toürbe, toenn eS nad^ il^m gegangen toäre, bie UniDerfit&t in tJftanffurt ber in Serlin Dorgejogen l^aben. §egel l^atte feine ßel^r» tl^fttigfeit in 93erlin eben begonnen, als @olger am 22. 9loDember 1818 an StiedE fd^rieb: „^äj toar begierig, n)aS ber gute ^egel l^ier für einen @inbrudE mad^en toüxht. SS f^rid^t niemanb Don i^m, benn er i{t fiill unb fleißig. @S bürfte nur ber bümmfte 92ad&beter ^ergelommen fein, bergleid&en fte gor gerne einen l^fttten, fo toürbe großer ßärm gefd^lagen unb bie Stubirenben 3U^eil unb Sflettung il^rer @eelen in feine (SoHegia getoiefen merben."^ SluS biefen Sleufeerungen cr= ^ Slofenhana. 6. 319 u. 820.

140 ^egeU SBirffamfeit in »ctlin.

l&cfft, tote tief ©olflet Verbittert toar. Unb fo l^Qt anäi ^egel in fetner jtritil ber nadflgelaffenen ©d^riften @oIgerS biefe Stelle genommen (bie er anfttl^rt, tnbem er bie JDSorte „ber gute" bei feinem Flamen toegläBt). ^5Won fonn nid^t obne fdömerjlid&e €m))finbun9 fold^ ©döilberung ber bis jum äeu^erfien ßel&enben aSerjiimmunfl unb be8 Ueberbruffe» an bem ©eifte feigen, beffen SBilb ©olgcr fid^ quo fetner erfaJ&rung gemod&t l^ot/ „3nbcm ©otger biefe« »ilb feiner ©rfol^rung 8U mädötifl in ftd& fein lägt, mu^te er bo8 tiefere »ebflrfniS, baS in feiner nnb jeber Seit borl&anben ip, »erlennen unb fid& abl&Qlten laffen, feine Stl&ätigfeit unb Arbeit nur nod^ ber Statte, bie berfelben toürbtg iji, 3u rid&ten, bafetbft feine SBirfunfl ju fud^en unb ju ertoarten/^ SDlan fie^t, toie ^egel bie peffimijiifd&e »erbüfierung ©olgerg tool^I erflftrt, ober im ^inblidt auf bie in feiner unb jeber Seit Dorl&anbenen tieferen »ebürfniffe nid^t gelten iS&t. „SBo aber fold&eö ©ebarfnig nid&t t)or]^anben unb ber ganje Suftanb bes toiffenfd&aftlic^en unb flber= l^aupt beS geiftigen 3ntereffeS burd^ unb burd^ gu einer gleigenben Dberfiftd&e getoorben, toie ©otger eine fold^e ?lnfd&auung t)or fi(^ l^at, ba ift fold^e grfinbtid^e SSerfladgung il^rem Sd^idfale, bem ®lüdt il^rer eiteßeit, ju überlaffen."* 2)er ©taube an bie unDertoüftlid&en, oft DerbedEten, nie DertUgten Siefen ber SRenfd^^eit ifl bafi in ^egelS ^er» fönlid&feit unb feiner Seigre eingetourjelte ©egengift toibcr atten 5Pefft= miSmuS. SJie beiben SOUftnner l^aben nur ein Sol^r gufammengetoirft. SBöl^renb biefer beiben ©emefler l^at Solger tlber 2)iale!ti! unb ^olitit Aber bie ©runblel^ren ber ^^ilofopl^ie unb Sleftl^etil gelefen. (Sx ftarb am 25. Dctober 1819, erfi neununbbrei&ig Saläre alt^

2. S)te SlntttttStebc.

Slm 22. October 1818 l^at ^egel feine SSorlefungen mit einer Slnrebe an bie Sul^drer eröffnet, toeld^e @inige8 \)on bem toieberl^olte, toa« er jtoei 3a^re früher (28. Ddober 1816) bei bem gleid&en änlaß in ^eibelberg gefagt l^atte: bag bie beutfd^e Station ben 93eruf l^abe, baS l^eilige f^euer ber ^l^ilofo^l^ie gu betoal^ren unb fortgupflangen, bag mit bem Sfrieben bie S^it gelommen fei, biefe Slufgabe gu erfflKen; bog in bem ^üuifi gur SBal^rl^eit unb in bem ©lauben an bie straft ber

* Viibtx @oIgerd na^gelaftene @d^Tiften unb S3rtefioe((feI. $etau8g. Don Subtoig 2:iecl unb Sfriebttd^ Don Slaumer. 2 SBänbe. Setpatg 1B25. ^egeld Axittt: 3a^Tbü4ex für loinenfe^aftlie^e ftritü. 1828. ^egeU SBetle. S3b. XVI. 6. 436-506. (6. 497 fiflb,) « Cbenbaf, 6. 498.

^efleU BtTtfamlelt in SBctlin« 141

aSexttunft au beten (Stlenntnig bie Sdebingungen Befleißen, meldte bie $^Uofo))]§te t)orauSfe|e. ^

3e^t I^Qtte er in bie äBagfd^ooIe ber $]^tIofo))]^te nod^ baS ®t- tDxä^t ju legen, loetd^eS bent ))reugif(6en Staate inn)ol^nte, bais {lAr!{}e ®e)Didgt in bem miebergeborenen SDeutfd^Ianb, bie 3Raäit eines @taate8, bet bie SluSbilbung unb Sraiel^ung allet intellectueQen 93oI!8!rAfte, bad ©ebeil^en unb Smporblfl^en ber SEBiffenfd^aften als eine feiner t)orgügUd^{len Slngelegenl^eiten unb Slufgaben nid^t 6Io^ anfal§, fonbern betrieb. 9lun foQte in bem (Sebiete ber nationalen (SeifteSbilbung unb (Srjiel^ung aud^ bie $^itofo))]^ie gu einer n)ir!famen Säebeutung, gu einer ffll^renben ©tellung gelangen. 3u einer fold^en Slufgabe fül^Ite fid^ ^egel berufen burdfi fein ßel^ramt an ber neugegrünbeten UniDerj^tAt im 9]tittelpun!te biefeS @taated. @r badete über bie 93ebeutung ^Berlins ganj anberS aU @oIger: gar nid^t romantifd^, fonbern ^olitifd^. fSon biefer Slufgabe mar ^eget erfQQt, mie Don einer ajliffton. toar feine SWiffion. gfreilid^ mu§te er bagu eine ^l^ilofo^l^ie l^aben, koetd^e auf bem SBege ber (Srgiel^ung, b. ff. ber met^obif^en Ofortfdgreitung ober SutmidEIung beS 2)enlen8 jur @r= !enntni§ beS SEBefend ber SBelt unb bed SRenfd^en fttl^rte: bied n)ar feine^^l^ilofo^l^ie unb feine SRetl^obe. S)a]^er aud^ erllArt fid^ ^egel mit aller ©d^roff^eit gegen bie Seigre Don bem UnDermbgen ber menfdg- Ud^en SBernunft unb il^rer Unf&^ig!eit jur Srlenntnig beS SBefenS ber S)inge, gegen ^ibiefe Se^re Don ber Untoiffenl^eit, ber bie !ritifd^e ^J^ilo- fo))]^ie ein gutes ©emiffen gemad^t l^abe''; er fleSt feine ^l^Uofopl^ie ber httifdgen aufS fd^rofffte entgegen, als ob guoifd^en beiben ein W>- grunb lAge unb Aant einer lAngft übertt)unbenen Sergangenl^eit an- gel^5rte; er lA^t bie lantifdge $]^iIofo))]^ie bie [Rotte beS ^ilatuS fpielen, ber, als Sl^rifluS Don ber Sßal^rl^eit rebet, bie Oftage tl^ut: .,9BaS ifl SBal^r^eit?'' SQSenn bie @r!enntnig ber SBa^rl^eit Demeint loerbe, fo bleibe nid^tS äbrig als bie @eid^tig!eit beS SBiffenS unb bie (Sitelfeit ber älleinungen. 6r nennt feine 9tamen, ober man fielet »ool^I, bag bie frieftfd^e ^l^ilofopl^ie unb bie SEBartburgfdgioArmereien fdgon bie Obiecte feiner $oIemiI flnb. ^Ißad^bem bie beutfd^e Station flberl^aut)t il^re SlationalitAt, ben ®runb atteS lebenbigen ßebenS, gerettet l^at, fo tft bie 3eit eingetreten, bog in bem Staate, neben bem Sflegimente ber loirüid^en SBelt aud^ baS freie Sleid^ beS ®ebanIenS felbftAnbig

^ S. ol^en ^ap. IX. 6. 102 103.

142 Tegels SBttlfamfeit in SSexIin.

€in})0t61ü]6e/ ^SBq8 im ßeBen tüdf^x, qxo% unb 95tttt(i6 ifl, tji e8 bur(5 bie 3bcc; ba8 Siel bcr ?p]^itofo})]^ic x% ftc in il^rcr toal^rcn ©ejlalt unb Slffgemeinl^cit ju ctfaffen/ „3d6 borf toflnfd^en unb l^offen, bag e8 mit gelingen loetbe, auf bem SEBege, ben loit betreten, 3]&r aSertrouen ju gewinnen unb ju Derbienen. Sunftd&ji aber batf id^ nid^tS in ^[nft^rud^ nel^men aU bied, ba^ Sie ä^ettrauen unb ®lQu6en au fid^ felbft mitbringen. S)er SRutlg ber SEBal^rl^eit, ©tauben an bie ^aijt bed ®et{te8 ifl bie erfte Sebingung bed ))Pofot)]^ifd^en etubiumd; ber Snenfdg foQ fi^ felbft eieren unb itd^ beS ^Sd^ften Mrbig od&ten."*

8. 2)ie aSortebe gut ffttd^UpWo^opf^it.

3n feiner Sntrittötebe, biefem münbtid&en S5ortoort feiner SSor* lefungen, in beren Steil^e guerfi bie 9led^tS))]^tIofo))]^ie ftanb, l^atte ^egel im Stilgemeinen unb ol^ne Flamen gu nennen, loie eS am $ta^e toar, bie UntDertl^e geiDiffer im Sd^ioange beftnbtid^er SSorfteDungSarten be» 3eidgnet, toeld^e bad Sffenttid^e Qeben ))erberben unb in bte 3rre filieren; er l^atte ats ben ®runb bie ©eidgtigleit bed SBiffenS unb bie Sitelteit ber SReinungen IgerDorgel^oben. 3n ber gebrudEten SJorrebe feiner 9led6t8))^iIofo))]^ie Dom 25. 3uni 1820 Igat er nun bie unbenannten ®rögen jener Unioertl^e realifirt unb l^anbgreiftid^ gemad^t. SttS ben ,,^eerfü^rer ber ©eid&tigfeit" nennt er ben 5p]&itofol)]^en Qfrieö, inbem er fid^ auf ein in ber Einleitung feiner SBiffenfd^aft ber ßogil oud- Sef))rod^eneS Urtl^eit juradbegiel^t loetd^ed über adgt Saläre Atter mar.' Um aber bie (Sitelfeit ber SDleinungen gu esemt)tificiren, lAgt er auS ber SEBartburgrebe beffetben 97lanne8 einige Sffenttid^ belannte @&$e l^erDortreten: ^^n bem fßolU, in metd^em ed^ter ®emeingeifl l^errfd^e, mürbe jebem ®ef(!^Aft ber bffenttid^en Stngelegenl^eiten ba8 Seben Don unten aus bem SSotfe !ommen, mürben jebem eingelnen Sßerle ber a3ot!9biIbung unb beS t)ot!iSt]§ümtid^en S)ienfte8 ftd^ tebenbige ®efeQfd^aften meil^en, burdg bie l^eitige Araft ber (^reunbfd^aft um Derbrüd6lid6 Dereinigt " unb bergteid&en. „©icS", fo fAl^rt §eget fort, «,ifl ber ^auptftnn ber ©eid^tigfeit, bie Sßiffenfdgaft ftatt auf bie Snt- mid(elung beS ®eban!end unb 93egriff8, Dielmel^r auf bie unmittelbare SBal^mel^mung unb bie gefAKige Sinbilbung gu ftelten, ebenfo bie reid^e

» «gl. aBette, »b, VI. 6. XXXV-XL. - « «enbaf. »b. Vni. (2. fCufl.) Sorrebe. «gl. €.3— 20. aBßincnf 4aft ber Sogif . (Mmbetg, 1812.) (Eint.€.XVn.

$egeU SBitffamfeit in SBetlitu 143

©Iteberung beS ©itttid^en in fid^, toetc^e bet @taat ifl, bie Std^ttettoni! feiner aJemünftigfeit, bie burd& bie bcftimmte Unterfdöeibung ber Äreifc beS 9ffenttt(fien ßebenS unb tl^re Sered^tigungen unb butd^ bie Strenge bei» aRaogeS, in bem ftd^ jeber Pfeiler, Sogen unb @trebung l^Alt, bie €tdr!e beS ©anjen aus ber Harmonie feiner ©lieber l^erDorgelgen mattet, btefen geBilbeten Sau in ben Srei «be« ^erjcnS, ber (Jfreunb* fd^aft unb SBegeijierung» aufommenflieSen au laffen/ ,,2Rit bem eim fad^en ^auSmittel, auf baS ©efül^t baS ^u fteKen, toaiS bie unb )tt)ar nte^rtaufenbjäl^rige Strbeit ber Vernunft unb il^rel» Seiftanbed i% xft freilid^ aDe bie äJlai^e^ber ))on bem ben!enben Segriff geleiteten Ser« nunfteinfid^t unb (Srlenntnig erfdgSpfL fffitpfji^opfitUS bei ©oetl^e eine gute Slutorit&t fogt barüber ungefül^r, loaS id& aud& fonfl angeffll^rt: «Seradfite nur Secftanb unb SBiffenfd^aft, beS SJlenfdgen aQerl^odgjle ®a6en, fo l^afl bem Xeufel bid^ ergeben unb mugt )u ®runbe gelten»."*

3n ber SBirHidgfeit l^errfd^en ©efe^e, in ber fittlid^en fo gut \Dxt in ber natürlid^en; e8 fdllt !einem. Vernünftigen ein, bie ©ettung ber 9laturgefe|e gu bejtt^eifeln, ju befreiten unb ftatt il^rer nur perfSnlid^e Sneinungen unb ©efttl^Ie gelten laffen gu tooKen. S)iefelbe Stnerfennung Derbient unb forbert aud^ bie ftttitdge SEßelt ober ber Staat als eine gefe^Iid^e, tebenbige, gefd^id^tlidge Drbnung ber S)inge, loeld^e nid^t erfl ))on l^eute batirt ober ))on l^eute ju morgen gemad^t koirb, fonbern in ber Sergangenl^eit tourgeU unb @ntmid(etung9gefe|en gel^ord^t, bie man erlennen unb ))erfte]^en mug, um fie nad^ ben n^al^ren Sebfirfniffen ber ©egentoart gu Anbem. S)er @taat ifl ein 9teid^ ber gfreil^eit, nidgt ber SSilRfir. SBo ©efe^Iid^ieit l^errfdgt, ba ifl Semflnftig!eit, er!ennbare unb gu er!ennenbe Sernunft. 9tidgtS ift fatfd^er unb tl^örid^ter, ate bie );)oIitifdge Srfenntnig unb SBiffenfd^aft burd^ fogenannte SoI!8» freunbfd^aft erfe^en gu tooKen. „S)aiS ©efe^ ift barum bal» ©d^ibbo- ietl^, an bem bie falfd^en Srüber unb gfreunbe beS fogenannten Solls fid& abfd^eiben/

S)a nun baS ©efe^ allein in ber SEBelt Seftanb, S)auer imb SEßir!« Ud6!eit l^at unb gugtei^ ba§ Sernflnftige ift, bie er!ennbare unb gu erlennenbe Sernunft, fo l^at ^egel SBirllid^Ieit unb Semunft einanber

^ $egel toüibe gut getrau (abeit, feine (Sitate in biefem Qfall tote in ftl^n« U4en, nidftt au8 feinem (Bcbft^tnift, toel^ed bie SBorte entffeQi, fonbern aul bem Se£te felbfl angufü^ren.

144 $cgel» aOOttlfamfeit in IBerliit.

glettfigefe^t unb in aller Afltje gejagt: „SEBaiS toitüidg ifl, baS ifl Dernfinftig, unb maS Dernflnfttg ifl, baS tfl iDtrllid^". @ine8 feinet abfc^redenben, Derbu^enben unb aÜeiDerfd^rieenfien SEBorte, ob- gleid^ bet @a$, loenn man lool^I beadgtet, load il^m ))or]^ergel§t unb nad^fotgt, ftd^ Don felbß Derßel^t. <Ss iji in ber $]^iIofo))l^ie JDon jelger fo Diel öott «bem loal&rl^aft SBirflid^en" bie Siebe getoefen, ba§ man voofjH tttffen !onnte, eS gebe audi ein nid^t toal^tl^aft SBirüidged, eine unioal^re Sßit!Itd&!ett, loogu g. 93. bie fdgle(|ten S^iftenjen, bie t^&rid^ten SReinungen, bie elenben SSefttebungen u. f. f. geböten.

99acon Igat bte Sßal^tlgeit bie Zoä^ltx bet 3eit genannt unb feine eigene $]^itofo))]^te bie grfigte ®ebutt bet 3ett. ^993ie iebeS Stibi« mbuum ein ©ol^n feinet 3eit ifl'', fagt ^eget, „fo ift aud^ bie $]^ilofop]^te il^te 3eit in ®eban!en etfa^t." 9ltemanb !ann feine 3eit fl6etf))ttngen, bie ©egenmatt ift bet @d^au))Ia$ unb ®egenftanb unfetet SGBitffamfeit; aud& fflt bie ^]^iIofoJ)]&ie gilt ba« SBott: «hie Rhodus, hie saltus». 2)te S^etnunft ald ^l^itofopl^ie unb bie SBet» nunft als Dotl^anbene Sitflid^Ieit finb fteilid^ feine einfädle ©leid^ung, benn bie Dotl^anbenen ©eiftedauftSnbe ftnb Dielfad^ gel^emmt, gebunben unb unftei. 3n tl^tet fteien pl^ilofop^ifd^en Entfaltung gleid^t bie aSetnunft bet 9lofe; in il^ten nod^ gebunbenen (Seifledgufl&nben gleid^t bie Dotl^anbene SBitQidgleit obet ©egentoatt bem Ateuj. S)atum fagt Regelt ^ffiie SJetnunft iji bie Slofe im Äteug bet ©egentoatt". (Sin bunHeS SBott, tottäit^ man nid^t anfül^tt, toeil man ed nic^t Detjtel^t; eS befagt bie 9lidgtibentitöt jloifd^en SSetnunft unb SBitllid^feit, toAl^tenb man jenes ftül^ete SEBott Don bet 3bentitdt juoifd^en äSetnunft unb aStt!lid^!eit fo oft angeffllgtt unb Detfd^tieen f^at, fletS in falfd^em unb mi^Detftanbenjtem @inn.

S)ie tp^ilofopl^ie l^at ben 93etuf, nidgt bie 9EBit!(td&!eit ju mad^en, fonbetn bie gegebene unb gegentoöttige gu etlennen. „S)aS, toaS ift* ju begteifen, ifl bie 8fufgabe bet jpi^ilofopl^ie." ©ie fe^t bie SBitl- lid&!eit Dotaud unb itoat in DöIIig enttoidEelten unb geteiften ©etfleS» gufldnben, loeld^e il^te SJlittagSl^&l^e fd^on fibetfdgtitten l^aben unb ^if bem Untetgange guneigen. S)atum fd^liegt fein SSotaott gut Sted^tS- t)]^ilofo))]^ie mit biefem etl^abenen unb fd^5nen 9uSf))tud6: ;,Sßenn bie ^l^ilofop^ie il^t ©tau in ©tau malt, bann ijt eilte ©ejlcflt beS SebenS alt geiDotben, unb mit ©tau in ©tau lägt fie fid^ nid^t Detiflngen, fonbetn nut etlennen: bie Sule bet JDlinetDa beginnt etfi mit bet ein» bted^enben 2>ammetung il^ten Slug".

Tegels aOßuffamfeit in Sexlin. 145

S)a bie Sdelel^ntng ü6er ba§ SEBefen unb bte 93ebeutuna beS Staate eine ber iDtd^ttgften unb geitgeniftgeften Aufgaben ^egels auS« ntad^te, fo loar too^lbzbaä)t, bog gletdg bie erfle mit jener SlntrittS» tebe eröffnete SJorlefung „Slaturred^t unb 6taQt8tt)iffenfd&aft" ju i^rem ongelänbigten SEl^ema l^atte. 2)ad einzige Serl, toeld^eiS ^egel »odl^renb feiner breigel^njA^rigen 3Btr!fam!eit in 93erlin l^erauSgegeben ^at, toax bie „9le(i6tS<)]^i(ofo))]^ie'' (1826), t)on ber man fogen fonn, bofe p^ biefelbe ju feiner berliner ^eriobe Derl^olte, loie bie @nc^Ho))äbie jur l^eibelberger, bie Cogil 3ur nürnberger unb bie ^l^dnomenologie bed ©eifleS gur jenaifÄcn.^

4. 2)ex ®ang bet IBoxIefungen unb bie (Einffl^rung neuer.

Um bie biba!ti|d^e Orbnung feiner Qel^rDortrdge abgurunben unb gu DoIIenben, tooren noc^ gioei Sll^emata auSguffll^ren: bie StdigionS- ))]^tIofot)]^ie unb bie ®e|(Iiid^tS))l|ilofo))]^ie; er \)at Aber bie $]^iIofo^]^ie ber ^Religion gum erfien mal im ©ommer 1821 (Dierfiflnbig Don 4—5), über bie Jpi^itofo^l^ie ber SBcItgefd^id&te gum erften mal im SBinter 1822/1823 (öierjiünbig öon 4—5) getefen.

3d^ gebe nodg bem amtlid^en Sectiongt>ergeid^nig bie berliner SSor^ lefungen an, toie id& frül&er mit ben SSorlefungen in 3ena unb in ^eibelberg gel^alten l^obe. S)er ©ong unb bie SReil^cnfoIge erfiredfen fid^ ununterbrod^cn burd& 26 ©emcpcr (öom 22. Dctobcr 1818 bis gum 11. SRoöember 1831). 3d& beobad&te bie S^itfolge ber ©tunben unb l^ebe bie neuen 9}orIe{ungen burc^ ben S)rudE ]^ert)or.^

1 6. oben €q^ VH. 6. 81 u. 82.

a I. SBintet 1818: 1) IRaturre^i unb etaoUtoijfenfe^oft, 5 mal t^on 4—5. 2) Gnc^Ho^äbie ber p^iIofo:p^if4en SBiffenf^aften nadft feinem Scitfaben, 5 mal Don 5—6. II. Sommer 1819: 1) Sogi! unb SReta^l^^ftt na4 Anleitung feines Se^xbu^iS, («nc^n. ber pftilof. SDÖilfenf^aften § 12-191), 5 mal Don 4—5. 2) ®ef4i((te ber $^Uofop]^ie mit auSfa^rlt^exer S3e(anb« lung ber neuexen, 5 mal üon 5-6. IIL aOßinier 1819: 1) 92atur^]^tIofop^iena4 Anleitung feines Se^rbud^SCdEnc^' no^äbie. § 191-298), 5mal üon 4-5. 2) Ü^atuxxe^t unb @taat8b)tifenf4aft obex $]^ilofop^te bed IRediitg, 5mal t^on 5—6. IV. ©ommex 1820: 1) ßogi! unb IDletalJ^^fit (wie oben), 5 mal oon 4—5. 2) Slnt]6ro<)ologie unb ^f^ejologie (€nc^n., § 299-399), 5 mal oon 5 6. fjfif^er, Oef«. b. Wlol vni. 91. «. 10

146

^egeU aßittfamfeit in SBetlin.

V. SQÖinter 1820 :

VI. eommct 1821 VII. SBinter 1821:

IL elftem wnb Qä^nlt.

1. Sle^eUtotien unb (SonDerfatorien. Henning.

SSenn @oIger glaubte, bog oud^ in il^tem tJ^origange bie afo-

bemifd^e 3BtrIfam!ett Tegels fo ftiQ unb gerftufd^IoS, fo unBemerft unb

un6ef))rod6en bleiben merbe, xoit bei intern erflen 3(nfang, ba niemanb

1) Oefd^i^te ber $^tIofo:p^te, 5 mal Don 4—5.

2) Hell^eti! obet $^tIofo^^ie ber üunfl, 5ntal Don 5-6.

1) 9le(igiond^^iIofo^l^ie, 4mal Don 4—5.

2) Sogt! unb aJletapl^^ftt (rote oben), 5 mal Don 5—6.

1) SlationeHe VW^ o^^^ $^tIofo|)^te bet 9latur na4 feinem (Sompenbium (dEnc^!!.), 4 mal Don 4—5.

2) 9lQtuTxe4t unb 6taat8to)iifenf4aft obet $liiIofo))liie be9 IRed^tS na^ feinem Se^tbu^ vGtunbltnien ber $^iIofop^ie be< 9le4tS' (Serlin 1821), 5 mal Don 5-6. 9)^tt beiben SBorlefungen toerben Siepetitionen Det> bunben.

1) 9lnt(ropo(ogie unb $f^4ologie (ßnct^tV), 4 mal Don 4-5.

2) Sogt! unb Titiap^^f, 5 mal Dou 5—6.

1) $^ilofop(ie ber SBeltgef^i^te, 4mal Don 4—5.

2) 9latur- unb etaatiSred^t ober 9^iIofop^ie bei Sle^ts naA feinem 8e^rbu4, 5 mal Don 5—6.

1) «cü^eti! ober $]^ilofop]§ie ber Aunfl, 4mal, 4—5.

2) Sogit unb arietap^^fit ((inc^tl.), 5 mal Don 5—6.

1) $^ilofop^ie ber 9latur ober rationelle $1^4ftf nadft feinem ©ompenbium, 4 mal Don 4—5.

2) ®ef4td^te ber ^^ilofop^ie, 5 mal Don 5—6.

1) 9leligion8p^ilofop(ie, 4mal Don 11—12.

2) Sogit unb STletapl^t^fif, 5 mal Don 12-1.

1) 9latur- unb 6taatdre4t ober $%ilofop^ie beS 9le<ttd na4 feinem Sc^rbud^, 5mal Don 12—1.

2) $^ilof op^ie ber Sßeltgef ^id^te, 4mal Don 5—6.

1) Sogit unb SRetaplt^ftf, 5 mal Don 12—1.

2) Slnt^ropologie unb ^f^^ologie ober ^^ilofopl^ie bei ®ei{!ciS (Snc^fl.), 4 mal Don 5—6.

1) ®ef4id6te ber ^^Uofop^ie, 5 mal Don 12—1.

2) $^ilofop^ie ber 9latur ober rationelle ^^^fif (Snc^tl.), 4 mal Don 5—6.

1) Sogif unb aRctapl^^fit ((Sno^H.); 5 mal Don 11—12.

2) Sleft^etit ober $^ilofop^te ber üunfi, 4 mal Don 5—6.

1) ünc^IlopAbie ber p^lof. aBiffcnf^aftr 5mal Don 12—1.

2) ^^ilofopMeberaOSeltgefd^idite, 4malDon5— 6.

1) Sogit unb anctap^^fit (finct)tU), 5 mal Don 11-12.

2) 9leligionlp(ilofop(ie, 4mal Don 5-6.

VIII. @ommer 1822

IX. SBinter 1822:

X. eommer 1823; XI. gSßinter 1823:

XII. €ommer 1824: Xin. gSßinter 1824:

XIV. ©ommer 1825:

XV. SBinter 1825:

XVI. Sommer 1826: XVn. SBinter 1826: XVm. Sommer 1827:

^egeU aSittfamfeit in Setiin. 147

bttöon fpradö, fo l^atte er fid& fel&r geirrt. ®ie ©taleftil, mlt^e ^eßcl auSäbte, iDar eine lel^r« uitb lernbare SJletbobe, toeld^e naS^Qtafjmt, ge- brandet, angemenbet n^erben lonnte unb tooUU, eine frud^tbare äJletl^obe, tt)eld&e in bie a33if[enfd6often einbringen, fie l)]&iIofot)]eifd& in geftalten, gu t)erfnü))fen, enc^Ilopabifd^ gu orbnen tQugte. S)ie Seigre, loeldge ^egel vortrug, roat ein einleut^tenbed, im SBerben nnb Sßad^dtl^unt be= griffeneS Sßer! ber SQSiffenfd^aft unb @rfenntniB, meld^ed ber Snitmirtung

XIX. SBintet 1827: 1) ©efdJiiäStc ber ^fttlofop^ie, 5 mal öon 12-1.

2) $f))4oIogte unb Snt^ropoTogte, 4 mal bon 5—6. XX. 6ommer 1828: 1) Sogif unb aRetap^^fif (Snc^fl. 2.9(ufl.), 5nial t)on 12-1. 2) ^^ilofop^ie ber 9latur ober lattoncHe !P^^fiI, 4 mal bon 5-6, XXI. lEßinter 1828: 1) Slelll^eti! ober $^ilofop^ie ber Aunfl, Smal bon 12—1. 2) V^ilofop^ie ber SBeltgef ^i^te, 4mal bon5— 6. XXII. ©ommer 1829: 1) Uebet bieSäetoeife bom 2)afetn (BotteS, anitt- )x)0(!g bon 12—1. 2) Sogi! unb SRetapl^^fit (Snc^fl.), 5 mal bon 5—6.

XXIII. aBinter 1829: 1) Gef^i^te ber ^l^ilofoljiie, 5mal bon 12-1.

2) $f^(!goIogie unb !(nt^TO))orogie ober $^ilofop(ie beS

eeijled ((Snc^ü. 2. «[ufl.), 4mal bon 5—6.

XXIV. €ommer 1880: 1) Sogi! unb aneta)>4^ft! (Snc^fl. 8. HuSg. 1. 9(b^.),

4mat bon 12-1. 2) $]^tlofop^ie ber 9latur ober rationelle $^^fl( (na<t bemfelben Sel^rb. 2. ^ht%), 4 mal bon 5—6. XXV. aßintet 1830: 1) ^latur« unb StaaUre^t ober ^^tlofopl^te beS ÜRe^tS, 5 mal bon 12—1. 2) 2)er erfle X^eil ber $l|tlofo|)Me ber SSelt' gefd^icgte, 4mal bon 5—6. XXVI. @ommec 1881: 1) Sogt! nad^ bem Se^rb. (Snc^fl. 3..9ufl.), 5 mal bon 12-1. 2) SHeligionSp^tlofop^ie, 4mal bon 5—6. XXVII. SBintet 1831: 1) 92atut- unb 6taat8te4t na^ feinem Se^tbu^, 5mal bon 12-1. 2) ®efd^ii(te ber $]^ilofo))l)ie, 4 mal bon 5—6.

aOie aus biefem Itataloge l^etborge^t, l^at ^egel U)&]6tenb ber etflen elf €emefter (bom ^erbfl 1818 bis gum gfrül^ia^r 1824) feine beiben SSorlefungen in ben beiben 9^a4)mittaQ«Punben bon 4—6 gel^alten, im gtoölften €emefiet (kommet 1824) lad er bon 11—1, unb loftl^renb ber le|ten breiae^n @eme|ler (bom ^erbfl 1824 bis ^um ^erbjl 1831) f^ai er, U)o]^l gu feiner ürleid^terung, bie Seitfolge ber beiben S^orlefungen getrennt unb bie eine immer a^ormittags, ge- tt)5inlid> bon 12—1, einige mole au4 bon 11—12, bie anbere ftets bon 5—6 gehalten«

10*

148 Tegels SEBlrffamtett in SBctIin.

fieburfte unb baju anregte unb einlub. @o U)utbe ber $]^tlofo^]^ ein Sneifier, ber fel^r batb @d^fller fanb, tnel^r ober loemger gelel^rtge, tnel^r ober toenifler gefdöidte, bte in feine 5u6paj)fen traten unb il^m nad^fotgten.

©dgon nad^ fed^S ©emeflern n^ar Don ilgm unb feinen SBorlefungen fo Diel bie Äebe getoefen, fie l^atten fo t)iel 3ntereffe unb ßerneifer erregt, ba§ ^egel felbp im SBSinter 1821 ju feinen beiben SSorlefungen (Ißaturpl^itofopl^ie unb 9ledgtS))]^ilofo))]^ie) Siepetitionen anfflnbigte, koeld^e bamit t)er(unben fein foDten. €o(d^e dlepetitionen toaren redgt etgentlid^ bie Slufgabe lel^renber ©dualer. @d^on im @ommer 1822 Iflnbigte fieopolb Don {>enning an, bag er über beibe SBorlefungen ^egetS, nAmlid^ Sogil unb SJletQpIg^rtl/ $f^dgoIogie unb Slnt^ropologie, tt)0(!^enllid^ jtoeimat [Repetitorien unb @onDerfatorien ju l^alten bereit fei, unb im folgenben ©emefter erioeiterte er feine 3In!anbigung bal^in, bag er über jebe ber beiben Sorlefungen ^egels (SledbtSpl^ilofopl^ie unb $]^iIofo))]^ie ber SBeltgefdgid^te) möc^entli^ gtoei 9fie))etitorien Italien toerbe unb augerbem nod& ein @onDerfatorium. ^

€8 toar aber nic^t genug, bag ber 3Jlcijier feine SBorlefungen ]&iett unb gleidftjeitig einer feiner Sünger ate 3)ocent biefe ajortejungen ben 3u]^orern in ^^orm ange!flnbigter 9le))etitorien unb SonDerfatorien toieberl^otte, erörterte unb einübte: berfelbe 3)ocent l^at in ber gotge JU loieberl^olten malen €>eget8 SJorlefungen gu ©egcnftönben eigener ajorlefungen gemad&t, er l^at über ßogil unb SWetapl&^rif unb über 9ledbt8))]^iIofo))]^ie nad^ ^egels fiel^rbüd^ern, b. 1^. er l^at über Igegeifcbe ^pi^ilofoDl^ie SBorlefungen ongefünbigt unb gel^atten (1823—1827), tt)or= aus auf baS S)eutlid6fte er^eQt, bag bie Igegelfdge Seigre in 93erlin fe^r ft^nell als ©d^ulp^ilofopl^ie unb €d^utf^ftem gu n)irfen begonnen l^at. S)a3 Seifpiel ^enningS blieb feineStoegS öereinjelt. Äu« ber »ad&fenben So^l fetner ©d&üler, feiner Sul^örer unb ßefcr traten immer Don neuem iugenblid^e ße^rfräfte l^erDor, bie fid6 berufen füllten, unter ben Singen beS 3ReifterS bie neue ßel^re ju Derbreiten unb auSgubilben, Don il^m felbft baju angeregt unb gefSrbert,

2. 2)et gcfd^t4t8:p4i(ofop^tf4e S^araftcr bei 6^ftcind. 9tad^bem bie $l^ilofo))]^ie ber 9leligion unb bie ^l^ilofopl^ie ber SBeltgefd&idöte in ben Äreiö feiner SBorlefungen eingefül^rt toaren, lag in

^ Henning ^at fi4 Ofletn 1821 l^aBilittTi unb ifl 1825 augeroTbentU^er, 1835 orbentli^cr ^xofeffot geworben.

^egell SBitffamteii in SBcrlin. 149

ben SBerfen unb SBoricfungcn ^cgds ein öoUjiftnbig gcsKcberteS ©Aftern öor, »Die ein fold&es feit ben Seiten ßl^rijiiQn SBoIf« in ber bentfi^en unb neueren $]^ilofo))^ie aberl^oupt nxiii gefeiten tQotben. 9tad& bem neunten ©emefter, im Srü^Ql^r 1823, toax biefer ^öl^epunlt crteid^t. Wxi fpred^en je^t Don bem ©Aftern bet Seigre bbg 6iogrQ))]^ifd^ unb ergö^lenb, nid6t barftcBenb, gefd^toeige beurt^eilenb, ttjaS erfl in bem folgenben S3ud^e gef^el^en foQ. 2)Qd ©^{tem mar in ber ^au))tfad^e ein gefd^id^tSpl^ilofopl^ifcl^ed. Sin n^efentlid^er Stl^eil ber fReligiond« p^ilofopl^ie xoax pl^ilofopl^ifdge 9%eIigion8gefcf)id6te, ein toefentlid^er %^nl ber Sleft^etit t)]^iIofo))l^if(4e Aunflgefd^idgte unb bie ©efdgidgte ber $]^iIo= fopl^ie tt)Qr })]&iIofo})^ifd6e ©efiftid&te ber ^^ilofopl^ie. 3n ber fpäteren ©ommlung ber SBer!e erfd^einen bie SSorlefungen aber ^I^Uofop^ie ber aäJeltgefd&id&te, gicligionfip^ilofopl^ie, »eftl^etit unb ®efd&id6ie ber ^ßl^ilo« fopl^ie (nid&t ber 3öl&lung, m^l aber) ber ©rSfee unb ©onberung nad^ in ber flattlid^en Slnjal^I t)on neun Sönben, toelc^e äße SBerfe, bie ^egel felbft l&at brudtcn laffen, inbegriffen feine Slbl^anblungen, an Umfang bei »eitern übertreffen.

8. anor^einefe; ®an8, f^enning, STli^eUt, ^otl^o, füHl^tx, aBetber.

S)er erfJe unb öltcfie ©d^fller §egel8 in SBerlin, ber fid6 fil^nlidö ju il^m Derl^ielt, »ic Äarl 3)aub in ^eibelberg, toar fein tl&eotogif^er STmtSgcnoffe Jß^iti^p SOflarl^einele au8 C^ilbeSl^eim (1780—1846), einft ^rofeffor ber l^omiletifd^en unb bogmatifdgen Stl^eologie in ^eibelberg (1805—1810), bann an ber Uniöerptftt ju Serlin, ber er feit il^rcr Eröffnung in einer fafl Sejöl^rigen 8e^rt§ätig!eit als ^rofeffor unb Uni= Derfitätg^rebiger angeljört l^at. Unter bem €inf[u6 ber SBerfe unb JBorlefungen Tegels l^at 3Jlar^eineIe ftl^nlidö toit ®aub ftd& Don ©d&effing ber ße^re Tegels jugetoenbet, ttjie au8 ber gmeiten Sluftage feiner „Orunbtel^ren ber S)ogmatif" (1827) erl^eHt.

@8 ift bemerfensmerll^, bag aus ber afabemifd^en ;3ugenb einige 3uri{ten, Don Tegels 9led^tgp]^Uofo))]^ie getodft unb gefejfelt, ben (S^titlM feiner JBorlefungcn burd&gcarbcitet unb fic& ber afabcmifd^en ßaufba^n getoibmct l^aben, bie pe, mit einer 2lu8nal&me, in ber <)]^iIofo<)^ifd&en f^acultät gefud^t unb gefunben. @$ finb Dier geborne SSerliner: (Sbuarb ©an« (1798—1839), ber in ber iuriftif^en SaculWt ftdb l^abilitirt unb feine ßaufbal^n gemad&t l&at als ^ßrofeffor beS römifd^en 9led&t8, SJerfaffer ber ©efd&id&te beS ©rbred^ts auf toeltgefdftid^tlid&er (uniDerfafc red^tSgefd^id^tüd^cr) ©runblage, 9%iDaI unb ©egner ©aDign^S, bem atS

150 Tegels aOßitffamleU in SetUn.

bem Segtünber ber l^ifbrtfd^en Sfled^tiSfd^uIe er bie ))]^tIofo^]^tfd&e ent- gegenfe^en sollte; Seopolb Don Henning, bem ate Stepetenien ber l^cflelfd&en aSorlefungen toir fd&on begegnet finb, unb ber feine Sl^fttig* !eii befonberd auf bie S^ortbilbung ber reti^td- unb fiaatSp^ilofopl^ifd^en @eite beS ©^fiemS geridgtet l^at; Statt Subkoig aRidgelet (1801 bis 1894), ber einige ber etl^ifdgen ^i^tx auSjubilben unb bie ©efdgid^te ber neueflen $]^iIofop]^ie feit jtant borjufteDen beftrebt toar; im 3ctl^r 1892 toor er unter ben Berliner SJocenten ber SRefior, ber brei SWenfd&cn* alter fal^, unb iDurbe aU fold^er begrübt; ^einrid^ ®ujlaD ^otl^o (1802—1873), ber über enc^Hopdbie ber <)]&itofo})]öifd&en SBiffenfc^aften aber bie ©efdgit^te ber öft]^etif(!ben @^fteme feit SBoIf, über $oeti! u. f. f. S3ortefungen gel^alten unb ftii^ f^&ter burd^ feine lunfll^iftotifd^en SSerfe über bie ©efd^id^te ber beutftfien unb nieberUnbifd^en SKalerei, über bie äJtaterfd^uIe Huberts Dan (E^dE u. f. f. einen auSgejeid^neten 92amen ertoorben l^at.*

3n feinen SSorlefungen über bie ®efd^id^te ber ^l^ilofopl^ie l^atte ^eget über bie 93ebeutung unb Sd^ulb bed @ofrate8, über baS SBefen unb ben S^aralter ber platonifdgen unb ariflotelifd^en ^l^ilofopl^ie eine ailenge neuer 3been nid^t blog audgeftreut, fonbem im 3iif<^Tnmen]^ange beS (Sangen enttoidCett unb aud bem S^italter fo einleudgtetfb l^erDor* gelten taffen, bag eS eine fel^r lodEenbe unb lol^nenbe Aufgabe tt)ar, biefe 3been in SBorlefungen unb äRonograpl^ien genauer auSguffll^ren. @o !am eS, ba^ einer feiner frfll^eften @dgüler, ^einrid^ £]^eobor 3l5tfd&er aus 3»ittentt)albe (1803—1871), ber afe p]^iIofot)]öifd6er S)ocent, gleid^jeitig mit ®anS, Henning, SO^id&elet unb ^otl^o, geleiert unb SSorlefungen über bie ©eft^id^te ber alten $I^Uofo))l^ie, über Pato unb SlrifloteleS gel^alten, eine Sdgrift über „Sriflopl^aneS unb fein 3eit« alter" »erfaßt l^at (1827), ttjorin Tegels »nfid&ten über ben ©ofrateS entmidfett tourben. Slbtfdger ift f))ftter @^mnafia())rofeffor in Sromberg geiDorben unb l^at als ^riDatgelel^rter in SBerlin fein ßeben befd&loffen, er l^at feine litterarifd^-pl^ibfopl^ifdge £l^dtig!eit in Dorgüglid^er SEBeife ber bramatifd^en Aunß, foaol^t ber 2>id^tfunfl als aud^ ber ©d^aufpiel- tunfi, gugeiDenbet unb burd^ feine ©dgriften fel^r Diel jur Srleud^tung bramatifdger Sl^araltere, gur n)i{fenfd^aft(id6en Srienntnig unb Hebung ber ©d^aufpießunft, gur SBürbigung grofeer ©d&aufpieler beigetragen,

1 aSon ben benannten l^at fid^ Henning Cßern 1821, ajli^elet 1826, ^ot^o 1827 l^abtlUirt; ber etfte i|l 1B25 augerotbentlid^er $Tofeffor getoorben, biebeibcn anbem 1829. Henning »urbe 1835 otbentli^cr frofeffor.

^getd aBitIfamteit in S^erlin« 151

toie burd^ feine ßebenSgefd^ifi&te @e^belmann8; it. f. f. €r tofitbe nie btefer ©d^rtflfleller gemorben fein, ol^ne bie ääefrud^tung unb SluS» bilbung feines Talents burd^ bie l^egelfdge $]^tIofo))]^ie.

3d^ mug ben fRamen ^otl^o unb Slötfd^er einen britten l^inju- fügen: Äatt SBerber aus »etltn (1806—1893), ber nod& qua ber un« mittelbaren ©d^ule ^egete ]§ert)otgegan8en, aber erft einige Salute nad^ bem S^obe beS ÜTleifterS ald S)ocent ber $]^iIofo))]^ie aufgetreten ift (SBinter 1834), $^iIofot)]^ unb S)idgter, nidgt fo ))ielfeittg unb Diel» tl^Attg aU bie genannten, er l^at anregenbe S^orlefungen Aber 8ogt! gel^atten, aud^ über ben erften ^bfdgnitt (QuaKtöt) eine ettoaS ))]^ans tapifdöe ©d6rift l^erauögegebcn (1841), BcfonberS anregenb aber burd& feine SBorlefungen über ^amlet, SDlacbetl^ unb ©d^itters SBattenflein geiDirlt unb fortgettirft.

4. aSatfe, @ttQu6, SSntno SBauet, 3. üb. (Srbmann, 9loten!tana, ^intidftS utib (BaMer.

9Bie legete Sled^tSpl^Uofo^^ie unb feine SSorlefungen über jtunft- ))]§iIofo))^ie unb ©efd^id^te ber ^^i(ofot)l§ie eine SRenge Slufgaben ent- stielten, bie l^erDorgel^oben unb bearbeitet fein »ooKten, fo Derl^iett ed ftd^ aud^ mit feinen 93or(efungen über SleligionSpl^Uofopl^ie, mit feinen 3been über bie jjübifd^e unb dgrifllid^e Steligion, über bie Sleligion beS ^ten unb beS bleuen SeftamentS. Um bie %rt unb 3eitfolge ber biblifd^en 9leIigionSibeen )u er!ennen unb fefljufleDen, bagu loar bie I^iftorifdg-Iritifd^e Unterfud^ung unb (Srforfdgung beS AanonS erforber- lid^, bie itoax t>on bem ©eijl unb ber Einlage ber l^egelfdgen $]^iIofo))]^ie nid^t auSgefd^Ioffen, Dielmel^r geforbert, aber ber ))er{önUd6en @etfteSart Tegels felbfl nid^t gemäß toar unb bem erften SQBurf be8 ©^pemS fel^tte. SBad bie Ariti{ beS AanonS, namentlid^ bie beS Snten Sefia- ment« betraf, fo l^atte SK. 8. 2)e SBette auS Ulla bei SBcimar (1780 bis 1849) burd^ feine ffleitrfige jur Einleitung in baS Site Stepament (1807) unb feine l^iporifd&^Iritifd^e ßinlcitung in bie Sibet Sitten unb 9teuen SeftamentS (1817) bie Spodge auf bem ©ebiete ber altteßament» lidben Sll^eologie begtfinbet, toeldge bis in bie jflngflen Oforfd^ungcn l^inein forttoirft. 6r l^atte in ben tl^eologifd^en CJocuttäten ju 3ena, Reibet» berg unb 99erlin feit Eröffnung ber UniDerfit&t geleiert unb l^ier wegen feine« SroflbriefeS an bit SDiuttcr ©anbs fein ßcl^ramt auf Sefel^l bcs Äönigs öerloren (1819), in feinen j)]^ilofo))^if(6en Stnpd^ten l^iett er eS mit fJrieS unb ©dftleiermad&er, ben ©egnern Tegels. 3ni Sal^r 1828 flanb an bem $la^e, loetd^en S)e SBette innegel^abt l^atte.

152 ^egell 9BirffQm!ett in Sctlin.

^engflen&erg mit fetner ff<Sk)angeUfd^en jttrd&engettung''. 3m t)oIIf}en ©egenfa^e ju ^engftenberg unb in ber ^Bftd^t, bte rationelle SSibel- forfd^ung in bem Don S)e Sette Begränbeten ]^tftorifdg»!rittf(i&en ®eifte fortjubilben, etf^ien quS ber l^egelfd^en @d^ule SBill^elm fSatU auS »erlin (1805—1882), ber im SBinterfemePer 1830 feine t^eolojjifd^eßel^rs tl^&tig!ett begonnen unb im Solare 1835 ben erften unb einjigen S:i^eil feiner Biblifd^en Stl^eologie, „bie Sleligion beS SKten SeflamentS", oer» öffentli(^t l^at, ein SBert meldgeS man aU bie gemeinfame ^^luti^t ber Igiftorifd^^fritifd^en unb ber pl^ilofopl^ifd^en SteligioniSgefd^id^te tejeid^nen !ann. ©(eid^jeitig erfd^ien nod^ ein onbi^reS, geifteSDertoanbte^, bem Ofelbe ber neuteftamentlid^en S^l^eologie angel^örigeS, burd^ fein Stl^ema, feine Srgebniffe unb feine bemunberungdn)ürbigen, litterarifd^en Sigen» fd^aften n)ettbeit)egenbeS, bis gum l^eutigen Sage burd^ feine ä3ebeutung fortroirfenbeS SQSerl: baS ßeben 3efu Don S)aD. Sfriebr. ©traufe au8 ßubttigsburg (1808—1874), ber im ffiintcrfcmefler 1831 nad6 Serlin gelommen toar, um §egel unb ©d^Ieiermad^cr ju l^ören, unb ju feinem größten ßeibn)efen bie Stad^ric^t Don bem S^obe legete aus bem SJlunbe ©d^Ieiermad^erS Dernal^m.

SDlit bem Sal&rc 1835 beginnt bie SDifferengirung ber l^egclfd&en ©d^ule, in bie beiben Stid^tungen, meldte ©traug mit ber regten unb linfen ©eite eines Parlaments Derglid^en l^at. ^uf bem tl^eotogifd^en Selbe gilt SWarl^einefe olS Äepräfentant ber redeten, ©traufe bagegen als S^fll^rer ber linlen. 2)rei ^a^xt nac^ bem 3:obe beS äJleiflerS ge= lo&l^rt bie b^g^If^^e ©d^ule in i^rer @oncentration an ber UniDerfttdt Sertin einen fel^r ftattlid&en SlnblidE. 3m SBinterfemefier 1834 leieren: JDlarl^einefe, Sruno Sauer aus ©ifenberg (1809 1881), bamals noc^ auf ber öu^erfien red&ten, SBatfe, ®anS, Henning, SDWc^elet, Cl^^l^o, SBcrber, 3o]&. ©b. ©rbmann aus SBolmor in SiDlanb (1803—1892), ber fein 9lmt als ?ßrebiger in feiner JBaterftabt oufgegebcn unb fidb für l^egelfd^e ^l^ilofopl^ie in 99erlin l^abilitirt l^atte, er tourbe im 3^^^^ 1836 na^ §alle gerufen, tt)o er, toie ber SBerfaffer biefeS SBSerfeS auS eigner (Srfa^rung bejeugen lann, als einer ber beliebtefien unb burd^ feine biboftifc^e Aunfi Dorjflglic^ften S)ocenten faft gtoei SDlenfd^enalter ^in- burd^ gen)irlt l^at.

S)ie ©enannten finb f&mmtlid^ unmittelbare ©dualer Tegels. 93on feinen berliner ©d^fllern leierte Aarl 9%ofen!ran} aus 3}lagbeburg (1805—1879) feit 1833 in ÄSnigSberg, Don feinen l&eibelbcrger ©(ftülern leierte ^inridgs feit 1824 in ^aUe a. ©., Don feinen jenaifc^en ©d&fllern

^egeU aBirIfamlett in IBeTÜn. 153

Icl^rtc ©corg «tibreaß ©abicr aus SKtorf (1786—1853) ote Slector be8 ©^mttaftumS gu SSa^reut^ fett 1821 unb tDurbe aU ä^erfaffer eines üt^xbni^^ ber ))l^iIofo))]^if(i^en ^ropöbeutil 1827, .bte auf ^egeld ^^öno» menologte gegrfinbet loar, im {^rfil^ial^r 1835 ber 9tQ(|f olger ^egetS in SBerKn. ©r l^otte beffen le^te SBorlefungen in 3ena »ftl^renb ber 3a^re 1805 unb 1806 gcl^ört.

SBir l^obennod^ einen bem berliner Areife ber Slnl^dnger unb i^reunbe Tegels gugel^örigen SRonn 6ert)or)u]^eben, ber 2tt)Qr fein ftubentifd^er Sul^&rer geioefen, aud^ fein lel^renber ©dgflier beS ^l^ilo» fopl^en geroorben ifl, aber fein begeiflerter SSerel^rer unb treuer §au8= unb gamilicnfreunb toor: 3ricbrid& Qförfter auS SWflnd&engofferftäbt im Äreife ©oalfelb (1791—1868), Iü^o»fd&er 3äger unb fjreunb Ä5mer8, ©id&ter unb l^iflorifd&er ©(i^tiftpeller, er l^at als fotcfier fid^ namentlid^ burd^ feine ©d^riften unb Slrbeiten über SSodenfiein belannt gemod^t, beffen 93riefe er l^erauSgegeben unb beffen ^roce^ er bargefteUt l^at, um feine ©d&utblofigfeit in Slnfel&ung beö ^od&öerratl^« nad^ju* loeifen. Site er ftdi forfd^ungSl^alber in $rag auffielt, l^at ^egel in l^eitercr Scitfd^rift il^m 6m<)fe^lungen nad&gefenbet, um feinen SwedEen bel^ülflicft ju fein.^ (gr ijl ber ältere »ruber beS aU Äunfifd6rift= fteöer, JBerfaffer eines JReifel^Qnbbut^S fflr 3talien unb burd& feine ©d&riftcn über Seon 5PauI, feinen 6d()n)iegert)ater, tool^lbefannten 6rnfl görfier. )

in. greunbe unb Sfeinbe. 1. 2)ie ^eibelbergcT gf^eunbe.

S)er Sluf ber rofd^en (grfolge Tegels l^atte fid6 balb Derbreitet unb bei ben O^teunben in ^eibelberg miQfommene ^ufnal^me gefunben, iDte aus einem 93riefe SreujerS t)om 30. SKai 1820 erl^eQt: „3a, eS ifi in fo furger Seit tounbcrbar fc^nell mit ben SBirfungen 3]^rer SSor« träge gegangen, roit uns aQe junge Seute t)erfid^ern, bie t)on bort gu uns l^ergetoanbert. S)ieS ift fo bie toal^re Strt bes ©eifteS, ber mit untoiberflel&Iid&er $Dlad&t fid& aöer bemciftert, bie ba felber nid^t ganj unb gar Don il^m öertaffen finb. S)aS l^aben toir tool^I gefül&It, S)aub unb id&; unb barum loar id& aud& bis gur Subringtid&feit Derlangenb, ©ie l^ier feftgulgalten. Sie aber lonnten fid^ l^ier nid^t l^eimifd^ füllten auf einem SSoben, ber, fo reid^ auSgeftattet t)on ber ©unfl ber 9latur, bod^

1 ^Briefe k>on unb an ^egel. U. (ßx. D. 8. Oct. 1829.) 6. 320 u. 321.

154 ^egeU aOßirffamIcit in IBetlin.

fo mattd^em ^l^ilifterium eine breite unb loeidg bequeme Unterlage bar- bietet. €o mußten loir €ie too^l ^iel^en loffen, aber mir bilben uns tttoa^ barauf ein, @ie eine SBeile befejfen ju l^aben, unb unfere guten SBflnfd^e mflffen tote @ei{ier unfi($tbarer SBeife intmer um @ie fein/ ^

2. fLnotit^mt ^einbe.

99ei feiner errungenen ^öl^e unb toeitl^in anerlannten 93ebeutung lonnte eS natarUd^ertoeife ntc^t ausbleiben, bag balb aud^ S^inbe unb @egner ins fjfelb rädten, perfönlid^e unb fadgUdge, anonyme unb offene, neibifd^ fd&mäl^ffld^ttge unb el^rlidg bewaffnete, ßaum mar bie Sled^tS- t)]^ilofo))]^ie mit il^rer gel^arnifd^ten ä^orrebe etfc^ienen, fo !amen anonyme Slnfeinbungen in ben l^eibelbergifdgen 3ci^tbfld^ern unb ber ^aOifd^en allgemeinen Sitteraturgeitung. 2)er l^eibelbcrger ^non^muS mar nad^ Tegels mol^I gutreffenber Uebergeugung fein alter Sanbsmann $aulu8, feit ben uns belannten mürttembergifd^en ^Anbetn fein erbitterter Ofeinb.^ 2)er l^aUifd^e Slnon^muS l^atte ^egelS^SluSfdlle gegen {^ried befonberd Abel emt)funben unb als eine t>^^fbnlid&e, an^ uneblen SO^otiDen begangene jträniung unb ^erabmflrbigung eines fd^on feines t)]^ilofot)]^if<^en Sel^ramteS Derluftigen SRanneS ^ingefteüt. @oIdbe SBe- ]^aut)tungen, unter bem SedEmantel ber 9(non^mitdt t)orgebrad^t, maren freitid^ @c^mä]^ungen, gegen meldte, als derflbt in einer preugifc^en, Don ber Slegierung unterfifl^ten 3eitung, ^ege( a(S „preugifd^er 93e' amter'' €d^u^ unb ©enugtl^uung bei bem üninijterium nad^fud^te. 3lttenflein lie^ ber Slebadion eine brol^enbe SWiBbilligung gufommen, im flbrigen aber DermieS er ^egel auf ben SBeg ber geric^tlid^en Ulage, ben biefer nidgt betrat.^ 3ni ^inblic! auf feine 9led^tS))]^iIofo))]^te l^atte er 2)aub gefc^rieben: ,,9Rit meinem Sormort unb einfc^Iagenben Sleu^erungen l^abe ic^ allerbingS, mie Sie gefeiten l^aben merben, biefer lal^Ien unb anmagenben @ecte, bem jtalbe, mie man in @c^maben gu reben ))flegt, ins Sluge f erlagen mollen: fie mar gemol^nt, unbebingt baS SBort gu ^aben, unb ift gum 2:^eU fel^r Dermunbert gemefen, bag man Don miffenfd^aftlic^er @eite nichts auf fte l^alte unb gar ben SWut^ l^abcn I5nne, öffentlich gegen fie gu fpred&en" u. f. f.* 3lad5 feiner foeben angefttl^rten SlebenSart lonnte er fid^ füglid^ nid^t munbern, menn geblo{t mürbe.

1 SStiefc Don unb an $eaeL IL 6. 25. * 6. oben dap. XL 6. 109ftgb. » Äofenfrana. 6. 336 u. 837. * »riefe Don unb an ^egel. II. (»r. Do« 9. «pril 182L) 6. 46.

^edeli» aBittfamteit in »erlin. 155

3. din t)^Uofo))|if4er Gegner: (Eb. SSenefe.

3d& ^obt in bem neunten 93anbe biefeS SBerlS, ber t)on ©i^optn- Iraner ^anbeli, eines jungen ^l^ilofopl^en gebadet, ber ben äJerfaffer ber „SBelt aU SSftiKe unb SSorfteDung'' burd^ feine 9tecen{ton unb bie SIrt il^rer (Eitate auf baS Steugerfle ergürnt unb fid^ eine Uiterarif^e 3uTüdn)eifung in fd&rofffler O^orm t)on i^m gugegogen l^otte: Sbuarb »enele au8 SBerlin (1798—1854), ber einige 3«t nad^ ©d^openl^auer ebenfalls in ber ))]§iIofot)]^ifdgen g^acultät aU $rit)Qtbocent auftrat.^ 93eibe lafen in t)öl[tg entgegengefe^ten 9lid&tungen Aber bie ©runb- legung ber gefammten $^iIofo))^ie, (eibe fteUten nod^ !urger 3cit i^re aSorlefungen ein: @d^o))en^Quer aus 3RangeI an i^uft unb an 3u]^5retn, SBenefe, »eil il^m ba3 SRinifierium bie venia legendi entgog, unb giDar, tDie eS l^eigt, auf ben äBunfdl^ unb bie 93eranlaffung Regele. 6r ]§atte gmei @emefier l^inburcb fel^r fleißig gelefen (^erbfi 1821 bis ^erbfi 1822): ^Ueber bie ©runblegung ber ^^ilofopl^ie mit 3ugie]^ung ber t)on il^m l^erauSgegebenen Srfal^rungSfeelenlel^re ats ©runbtage alles SBiffenS, über Sogt! unb SRetapl^^fil, Aber 9leIigionS))l^iIofo))]^ie unb über Seeten!ron!]^eiten". 35ie 8ln!ünbigung ber erflen SBortefung begeic^net feinen @tanbt)un!t. Unmittelbar erfennbar aus innerer (Er- fahrung ift nid^t blog ber SBiQe, mie @d6o))en]^auer lel^rt, fonbern unfer ganges pf^d^ifd^eS Sein: bal^er bie em|)irifd^e ^f^dgologie bie @runblage altes SBtffenS; bal^er ^at ßant t)on ®runb aus geirrt, als er ber empirifdgen ^f^dgologie bie @rlenntni§ t)om Sßefen ber @eele abf))ra(%; bal^er ifl bie nad^Iantifc^e $^ibfo))]^ie in lauter 9lbn)ege unb ^irn- gcf<)innfle geratl^en, öor aDen gidfete mit feiner ßel^re Dom 3d6, ben Sd^eQing ergängt unb gu »eld^em ^egel gurfldgefü^rt \)at 9lid^t auf bie 3netat)]^9fi! ifl bie ^f^c^ologie gu grfinben, toit ^erbart Derlel^rter^ meife verlangt, fonbern umgele^rt auf bie $f^(^oIogie bie SO^etap^^fif, toie bie IReligionSlel^re, bie @ittenlel§re unb bie (Srgiel^ungSlel^re. Tlan lann fagen, bag biefer jüngfle ^ßriöatbocent, er toar fafl ein aKenfd&en= atter jünger als ^egel mit QfrieS, ^erbart unb ©döopcnl^auer in gemiffem €inne t)ereinigt, gegen ^egel gu O^^Ibe gog, obtool^I er aucb leben ber brei genannten ^l^ilofo^b^t^ be!amt)fte.

£^alfa(^e iß, ba§ bem $ridatbocenten SBenele bie venia legendi entgogen unb fünf 3abre fpöter toicbergegeben tturbe (1827), unter unb Don bemfelben SJlinifterium. ^at bie (Sntgie^ung auf ^egels 93eranlaffung ßattgefunben, fo n)irb aud& bie 3urflÄgabe gur 3(it feiner

^rTbiefe« SKerf. »b. IX. »u« I. i&np. IV. 6. 60-64.

156 ^egel« aBiilfamfeit in IBetlin.

t)olI{}en äBtrlfamleit tttd^t ol^ne fein 6int)erfiänbni§ erfotgt fein. SSeld^e Sloöe ^eget bei tiefen fonbcrbaren JBorgftngen Qt\piAi l^at, barüber ip bisl^er ouS urlunblidgen 3eugnif{en nid^ts belannt. Stofenican) fagt nid^td t)on ber @Qd&e, ^o^m ebenfotoenig, bo(i^ fdbreibt 3o^. @b. Srbmann, ber treue @d^ü(er unb Serel^rer ^egeliS, in feinem ©runbrig, ba^ ^egete ^nbenlen burd^ fein SSet^oIten gegen 93enele befledt tDotben fei, er ^at biefeS fcblimme SBort niebergef(i^rieben o^ne jebe naivere, gefd^meige urlunblid^e SBegranbung, er l^at in feinem früheren oui^fa^rlic^en SBeile nidöts t)on ber ©ac^e gefügt.^ 3n ben ©riefen t)on unb an $egel lommt ber 92Qme 93enefe nid^t Dor. @iS l^eigt, bog feine ^©runb- legung jur 5ß^^fi! ber ©itten" (1822) SBebenfen gegen feine ©ittentel^re erregt l^abe, aU ob fie jum <St)i!ureiSmu8, olfo Sltl^eiSmuS ffll^re u. f. f. äBad l^Qt man in ienen 3eiten, »o ber tad^gierige Sd^atten ßo^ebueS in 93erlin umging, ni<^t aUeS gefagt unb t)erbä(!6tigt! 2>er Staats« rat^ @dbul^ toar als ber StegierungSbeDoHmöd^tigte ber UniDerfität aus einem l^armlofen SDann ein mfltl^enber 2)emagogenDerfoIger ge- tt)orben; @dgma(}, ber erfte t)om ßönig ernannte Stector ber Uniderfitat SBerlin, DrbinarinS ber 3uriftenfacultät, l&atte fogar ben „Xugenbbunb" bemagogifd^er Senbenjen Derböi^ttgt, ber jtönig felbfl ^atte befohlen, bag SSorlefungen Aber OlenS 9^aturp]^i(ofo))]^ie, meldte ein geföiffer Dr. gfenner für S)amen l^alten »oßte (getoife ein l&öd&fl ungereimte« Unternel^men) ju derbieten feien, ttorflber fid& §cgel im ©ommer 1821 brieflich gegen @reuger auSf))rac^: „2)er JtSnig l^at t)or einigen SBodgen, als ein frember Dr. Renner ein Sropf ben unfere gfacuUät abgemiefen l^atte, SSorlefungen für 2>amen Aber OfenS S'taturpl^ilo- \o)p^xt bölten »oute, bieS inl^ibirt unb ben 3Winifter öeranttoort« lid^ gemacht, bag biefe 9latur))l^i(ofot)^ie unb anbere ä^nlid^e $^iIo- fo^jl^ie, bic auf Sltl^eiSmuS ffll^re, auf feinen UniDerptfitcn nidfet geleiert toerbe". „3d& fagte ju unferem SiegierungSbeüoDmädötigten barttber: eS laffe fidg aUe fpeculatide $^i(ofop^ie Aber bie 9leIigion auf ben Stl^eiSmuS führen; eS fommt nur barauf an, teer fie fül^rt, bic eigentfeümlid&e 3fr5mmig!eit unferer Seit unb ber üble SBitte ber S)emagogen, bei benen belanntlicb bie Of^ömmigteit l^od^ blü^t, mirb leidet für foldfee fjü^rer forgen unb baS faji dergeffene ©c^Iagttort: Sltl^eiSmuS n)ieber in ^ufnal^me bringen".^

1 9o^. (Eb. ^rbmann: !Berfu4 einer toi{Tenf(|aftIidien 2)arfleEung ber neuen Wlo\op^t. 93b. IIL 2. %m. (1853.) § 46. 6. 686-709. Grunbrig ber ®ef4. b. ¥§ilofop^ie. (1870.) 5Bb. H. § 334. 6. 633. SSriefe öon unb an ^eßel, II. 6. 53 u. 54.

^eftels Birffamfeit in IBetTtn. 157

Um tiefen fcltforncn unb Dtel be^roifieneti SJorgang ju t)et|ie]^en, mu^ man ftd^ bie eben gef^ilberte S^itlage t>ergegenn)&rttgen unb ju^ gleich batan erinnern, ba§ nad^ ben befle^enben ^unbeSgefe^en iebem ^riöQtbocenten bie venia docendi tt)iberrufli(i6 ertl^eilt »urbe unb ber 9legterung bie STlod^tbefugnig guftanb, btefe Srlaubnig, mnn eS il^r }»edEbienIi(& fd^ien, ju fufpenbiren ober aufju^eben, tod^renb biefelben SunbeSgcfe^e jebem beuifd^en ©toate unterfagten, einen fold&en öer« botenen 2>ocenten irgenbmie ote Se^rer angufteQen. @etne ^octnUn- laufbo^n xoax Dernid^tet. 2>ie Slnkoenbung fo gemalttl^ättger STlaBregeln, koenn nid^t bie oDertriftigfien ®rflnbe Dotliegen, toai bal^er l^öd&fi unbillig unb unitug.*

1 SRan fonn ni^t fagen, ba% ®rünbe foI((eT Srt baS IBetfal^ren totber Sende gcTe^tfertigt ^aben. (Et (atte eine Sd^rift t>erfa6t, bie f(|on in il^tem Sitet ben geflinentUten Qegenfa^ totber PoniS @tttenle^re au8fprad^: »(Brunb« legung nid^t sux aJletal>(^fit fonbern jur $l^^fi! bei bitten!" (E< gebe feine aügemetnen unb not^toenbigen ©ittengefe^e, feine enbgflitige STloralitAt, au4 bie @ittU4feit fei t)on natürlichen, emptrif^en SBebingungen abl^ängig unb borum buT^gftngig telatiü. 3n biefer Vnftd^t, bie feineStoegS neu XDax, tooVte ba< SJltniflerium eine gefö^rlid^e dnletre etblicfen. So^annef ©^ulge in feinem QuSfü^tli^en Guta^ten, ba8 in ben Sitten aU (Korreferat auftritt, ^at bie €4rtft als einen „fur^tbaren ^rtt^um* beaet(|net, bet ^empörenbe gfolgerungen' nad^ ft4 Sie^e unb ben 93erfoifer aU gur Su8fibung ber pVtIofop^if4<n Se^rerlaubnig untaugU^ eif feinen loffe, fo lange er in biefer S}erblenbung beharre. €cbuI4, ber au^crorbentn^e 9legierung8bet)o1Imft((tigte, gut SBeri(|terftattung oufgeforbert, ging in ber .^erurt^eilung no(i toeiter unb empfahl ni^t bIo| bie etn{!u)eiltge, fonbern bie gSnali^e (Entfernung SBenefeS t)om afabemifd^en Aat^ebet. Unter ben IDlinifterialrät^en toax nur einer, ber baS getoaltfame CEinf(|reiten gegen SBenefe auf baS (Entf^iebenße toiberriet^: 9licoIot>iuS in feiner (ErflArung Dom 9. gfebr. 1822. ^ie SBorlefungen SBenefeS mürben fufpenbtrt auS IBebenfen gegen feine p^iCo- fo)7^ifd)e Se^rfä^igfeit unb (Sinfi^t, mie il^m ber HJlinifter fd^riftlicb unb münbli(| erflart tat. %n biefem Scugniffe ifl bie in SBeimar gebegte SCbft^t, il^n na(^ 3ena gu berufen, gefd^eitert. 9tad6bem er einige ^al^re in (Bbttingen gelehrt unb neue 6d6rtften herausgegeben ^atte, lourbe er in ^Berlin burd^ ben STlinifter Sllten« flein tel^abilitirt (19. «prir 1827).

^ol^anneS ©d^ulge l^atte mtberratl^en, Don ber tl^eologifd^en unb ptilofop^if^en Qfacultät (dutadftten über IBenefe einaufnrbern, bie t^eologifd^e merbe ausmei^enb anttoortcn, in ber ptilofop^if^en aber fei nur ein einziges SRitglieb, meines ba& Qfadi ber ^^ilofopl^ie reprftfenttre. SBer ben €tanbpunft unb bie SIBeife biefeS IDlanneS fenne, miffe im ooraud, mie berfelbe über 93enefe urtl^eiten muffe, toenn er nid^t mit ftd( felbfl in SBiberftreit getat^en tooQe; oielmel^r fei bie p^ilo* fop^ifd^e QfacuU&t barfiber aur SBeranttoortung gu ^ufitn, ba% fte einen SRann toie IBenefe gur Habilitation gugelaffen l^abe. ^ieS toar im 6ommer 1820 ge« fd^el^en, alfo burd^ ^egel.

158 Tegels aBirffamfett in ^Berlin.

4. ©oetl^e unb $egel.

Unter ben Orteunben, toeld&e bte Itunbe t)on ^egeld erfotgtetd^er

SBirlfamleit in SBetUn gern t)ernQ]^men, iDor oudg ©oetl^e, beffen il^m

iDol^Igeneigte, in fetner jenaifd^en 3ett mel^rfac^ UtoSf^ttt ©efinnungen

toir fennen fleternt l^aben. ?lun ft^rieb il^m ©oetl&e nad& ^Berlin:

^ierattS exl^ellt, bag 5ur Slnflage ober 9)erbft4tigung 8ene!e9 ^egel leinen 6d(ritt get^an ^ai, ber fein 9(nben!en Witt beflecfen lönnen, toie Srbmann ge« fagi, ober bur^ ni^ts eil^ftriet l^ot, ni((t einmal but^ S^eingrünbe. (Ebenfo unrid^tig xfi, tooS Xteitfilfe in fetner ^eutf(|en ®ef(|i(|te am 64Iu| einer tool^I- gef^riebcnen unb treffenben ©d^ilberung ber Se^re ^egeU unb il^rer Sebeutung (in)ufügt: ,3n feinen legten 3a|ren f^tog er fi^ eng an bte Slegiernng an unb benu^te unbebenfU^ bie ®unfl SlltenfleiniS unb 9o^anned Bä^uUti, um feine YDiffenfö^aftli^en (Begner gu befeitigen'.^ 2)er einsige gfall biefer ^xt, ber in Siebe unb in ben STlunb ber Seute gelommen ifl, betrifft Senefen; biefer einzige SfaH fpieCt ni(|t in ben legten ^al^rm bei SBirffamfeit $egeU in Setlin, fonbent in ben erflen (1822); biefer einsige gfaH ^at ni(|t flattgefunbcn, bie barfiber lanb> lAufig getooxbene Ißegenbe ifi falf4 unb ßammt au< felbßgefStligen Keu6erungeu tBenefes, tote man auf ben Sobf^riften erlennt, bie i§n sum ©egenftanbe baben.'

2)ie pMlofopbifd^e SfacuUät, fiber 93ene!e unb feine Sorlefungen su gut> a^tli^ei (Srllörung aufgef orbert , bat einflimmig geurtl^eitt, bag SSenefc ein fleißiger, unbemittelter 9Rann fei, beffen toiffenf^aftn^e Sebeutung na4 feinen bidbcTigen IBetflungen nur mittelmäßig erfd^eine unb au4 niä^t su größeren Hoffnungen bered^tige (2L 3anuar 1822). ®Iei(| im S9eginn bes ®uta(iten< »urbe erftSrt: .2)ie aJlitglieber ber 8facu(t&t finb toeit entfernt, ibre Slnft^t ber $^iIofo|)^ie monopolifiifdi aU bie einsig rid^tige aufsufletten'. Unter ben unter- Seid^neten Snitgliebem flehen bie 9lamen fbbd% Seifer unb ^eget. SJlan toirb bem Herausgeber unb (Erllftrer ber gfragmente beS $^tbagoreerd $biToIao<, bem Herausgeber ber SSerfe beS !p(ato, beS 9(rif)oteteS unb bes 6e£tuS (EmpirifuS too^t nid^t baS 9ied^t unb bie gfftbtgteit beftreiten, obiectit) ftber bie SSebeutung eines pbtlofop^ifd^en Potenten stt urtbciten. S)iefe IDlftnner finb toegen ibreS abfd^ä^igcn Urt^eitS nid^t alS bie SOßiberfa^er SBenefeS su betrad^ten. ^affetbe gilt t)on H^gel.

2)an{ @. (g. bem Abnigl. prrußifd^en ^uUuSmtnifier H^^rn Dr. IBoffe, babe idi t)on ben in ber ®ebeimen 9legiflratur beS SRinifterii ber (Beiflttd^en Sn« getegenbciten unb beS Unterrid^ts befinblid^en, ben Vrofeffor Dr. (Eb. Sdenefe be> treffenben Scten, DoQe (Einfidit nehmen bürfen, unb auf biefe Quelle ats bie urlunblid^e grünbet fid^ meine ^arfiellung.

^ 2)eutfd6e f^efdii^te beS neunse^nten Sa^rbunbertS t)on H^inrid^ Don XreUfd^Te. ULXbeil. 4. «ufl. (Seipsig 1896). €.721. ^ftbagogifd^cS Sabrbud^ fflr Sebrer unb Sd^ulfreunbe Don ^bolpb ^ieflertoeg. dabrgang VI. SBerlin 1856. STlit bem SBilbniß SSenefeS. IBiograpbifd^e d^arafteriflif t>on Gd^mibt. €. 1—23. SBieberersäblt in cFr. £d. Beneke, the man and his pfailoBophy». An intro- dnclory study by Fr. B. Brand. New- York. 1895. 6. 15—25.

^egeU SBitffatnfeti in »erltn. 159

„Wxi greuben l^ör' id6 t)on matid&cn Orten ^cr, bQ§ Sl^rc SBemü^ung, iungc aJlÄnncr nad&juBilbcn, bic BcPcn 3früd&tc bringt* (7. Dctobct 1820). ^ 3n bcm natur<)]^ilofoj)]^tfd&en %^t\l feiner gnc^!Io})äbte (1817) l^attc ^egel feine Uebereinftimntung mit (Soetl^eS gfarbenlel^re Htterarifd^ be« urlunbet (§§ 317—320) unb boburd^ ©oetl^en ouf baS §ö4fie erfreut; bie Sorlefungen Aber Snc^flopftbie gel^drten gu feinen erfien unb ^ertobifd^ iDieberl^oIten Vorträgen in 99erlin. 3um erften male l^ielt Q. Don Henning im ©ommerfemefler 1823 eine öffenttit^e SSortefung „über bie Sfarbenlel^re nad^ ®oet]§e t)om Stanbpunlte ber 9lQtur))]§Uofo|)^ie aus". 9luS ©(^openl^QuerS gum Smd feiner Habilitation in SSerlin Derfagtem cVitae curriculum» l^alte §egel biejenigen ©teilen mit befonberem Sntereffe gelefen unb fid& abgefd^rieben, mlä)t Don feiner Sinftt^rung in bie goetl^efc^e gfarbentel^re burd& ©oetl^e felbß l^anbelten.*

©d^on am 8. 3uli 1817 l^atte ®oet^e folgenbe 3eilen an $egel nadg ^eibelberg gerid^tet: ,,Sio. Sol^Igeboren fo tt)tIIIommene als ent= fd^iebene ^rt, fid^ gu ©unften ber uralten, nur Don mir aufd neue Dorgetragenen gfarbentel&re ju erflören, forbert meinen aufrid^tigllen 2)anf bo))))eIt unb breifad^, ba mein (Sntfc^lug Aber biefe ©egenfiänbe mid^ n)ieber bffentlidg Deme^men gu laffen, ft(^ nad^ S^reunben unb S^eilnel^mern umfielet.'

3n bem eingigen unS erl^altenen Sdriefe ^egels an ©oetl^e Dom 24. g^ebruar 1821 l^atte er ben großen geizigen SRaturjtnn gerül^mt, toomit ©oet^e ba8 SJBefen ber 6rfd&einung in il^rer etnfad&fien fjonn ald „UxJf^nomen*' gu erfaffen toiffe in färben, SQBoßen, ©teinen, ^ftangen unb jtnod^en; er l^atte bas Urpl^änomen nad^ ©oetl^e mit bem Ur^jrincil) ober bem 9lbfoIuten nad6 friner eigenen ßel^rc Derglid&en unb bafür in ber Slnttoort ©oetl^eS ein 3eid&en beS angenel^mfien 2)anle8 geerntet. S)aS SBefen ber Sf^rbe, biefer SSermft^Iung beS Sid&te8 mit ber Sinflemiß (SWaterie), »ie ©oetl^e lel&rt, bepelzt in ber Srflbung be8 Reffen unb in ber ©rl^effung be8 S)unfetn. 3ene Trübung ift baS ©elbe, biefe (Srl^eDung ba8 93Iaue. 9lun fenbet er bem $^iIo- fo^jl^en ein giertiefte«, gelb gefärbtes 3;rinlgla8, gefüDt Don einem ©tfldC

» »riefe J>on unb an ^egel. 11. ©. 32. « ü. €4openl^auet» fämmll. aSßcrIe. ^erauSg. Don erifeba«. »b. VI. 6. 247-252. (8. 259f[gb.) Uebet (Boet^eS Sfarbenle^re unb ©d^openl^QuerS fßtx^aUtn au bctfelben Dgl. IBb. VIII. biefe« SBer!«. a3u4 I. <Sap. III. 6. 42-47. $Bu4 II. (S.ap. UI. 6. 189--193. > abriefe t)on unb an ^ege(. II. 6. 7. (S}on ben a^t »riefen Ooetl^eS an ^egel ift biefer ber britte.)

160 Tegels aBittfamfett in aSertin.

fd&iDQtactt ©eibettgcugS, tocid&es ba8 ®cI6c Mqu burd^fd^eincit Ift^t, mit bcr ciflenl^änbigen 3uf<fetift: „3)em Slbfolutcn cnH)fie]^ft fidö fd&önfien8 gu freunblid^er Slufnal^me baS Urpl^änotnen. SSetmar. Sommers 9[n« fanfl 1821." 1

2)er erquidlid^fte unb fdgöttfle feiner 93riefe an ^egel ifl im 3Rai 1824 gefd^rieben, ber ^uSbruc! eines fel^r bebeutfamen S^HpunlteS im Seben beS 2)idgterS unb ein 3cugnig feiner fortbouernben unb fiets be« iDäl^rten S^mpot^ie. Sie Sufd^rift f daliegt mit ben Sorten : „SRöge odeS, loaS id^ nod& ju leiften f&^ig bin, ftd& immer an basjenige anfd&Iiegen, tooS Sie gegranbet l^oben unb auferbauen. Srl^alten @ie mir eine fo fd^öne, Ungfl l^erldmmlid^e Steigung unb bleiben überjeugt, bag id^ mid^ berfelben ald einer ber fdb5nflen Slfit^en meines immer mel^r unb mel^r fi(( entmideinben @eelenfrfl^lings ju erfreuen burd^auS Urfac^e finbe."*

SBeld&eS öelenntnife! 3n feinem 75. 3a]^re erfreut ftd^ ©oet^e feines immer mel^r unb mel^r ftd^ enttt)idelnben @eeIenfrfl]^UngSl 3m 3a]^re 1824 l^at ©oetl^e unter ben ®intoir!ungen ®dEermannS ben Sntfc^Iug gefagt, ben jmeiten 2:^cil feines f^aufl bid^terif(^ ju geftalten unb auSjuarbeiten. 2)iefeS fein (e^teS SBerl ift im 2:obeSla]^re ^egelS t)ottenbet toorben.'

5. ^etberg.

2)a in ber auSl&nbifd^en ^Verbreitung ber l^egelfd^en ^l^ilofopl^ie ftd& ©Ianbinat)ien unb befonberS SJänemar! l^erDorget^an l^at, fo ifl l^ier ber 3lamt beS l^od^üerbienten, in feinem SSaterlanbe toirlungS» reid^en SRanneS gu nennen, ber burdg eine ))]^ilofo))]^ifdge ®elegen]^cits= fd&rift ^eget unb feine ßel^re guerft in ffidnemarf belannt gemaiftt: 3o]^. ßubttig §eiberg aus Äopenl^agen* (1791—1860), ber als ßector ber bönifdgen @))rad^e unb Sitteratur an ber Unit)erfität ßiel nad^ 93erlin ge!ommen mar, Regeln gel^ört, aud^ ))erfönlidg in feinem ^aufe befu(^t unb il^m balb nac^l^er eine in bänifd^er @))rad6e t)erfagte @d^rift ^lieber bie menfd&Iid&e S^reil^eit, in JBeranlaffung ber neuefien Streitig^ feit über biefen ©egenflanb" gugefenbet l&at (20. Ofebr. 1825). ®er 93rief ift erfaDt t)on ^usbrflden perfönfid^fler SSerel^rung unb Slnl^Ang- lid^Ieit; unb bag ^eiberg mit ber beutfd^en ^l^ilofop^ie tiefer Dertraut

1 IBitefe t)on unb an ^egel. II. €. 47. (2)er SBrtef Dom 13. Hpril 1821.) » Cbenbaf. II. 6. 145. « »ßl. mein aöerf über .©oetl^e« gaup*. (3. Hüft.) »u4 II. 6. 111-113.

^egeU SBirlfamfeit in SBetlin. 161

mar, etl^eDt quS einer 93emetfung Aber baS SEl^etna feinet 9{6I^Qnb(ung: er begeid^net ben Streit Aber ^^reil^eit unb ^lotl^toenbigfeit ald „bie äBtebergeburt ber britten lantifd^en 8(ntinoniie''. 3ur »eiteren ^u8- bilbung ber l^egelfd^en 3beenle]^re ftanb er im SSegriff, „®runbHnien }u einem @^{lem ber Sfefl^eti! ab f))eculatit)er SBiffenfc^aft" in beutfd^er Sprad^e ju fd^reiben itnb gu t)er5ffentlid^en. @r ift im ^al^re 1829 Sl^eoterbic^ter in Aopenl^ogen geworben unb loar in ben ^al^ren 1844 bis 1856 2)irector beiS föntglid^en S^l^eaterS, n)ä]^renb Siol^. Sutfe $ei- berg, feine ©atttn, als ]^oci& gefeierte ftünfileritt toirlte.^

IV. 2)ie ^rflfungScommiffion unb ber ))]^iIofo))]^if(^e (S^mnafialunterrid^t.

^egeld SBorlefungen, in ber Siegel gel^n @tunben möd^entlid^. Aber äBiffenfd&often, totli^t er, tDie eS in einem feiner l^eibelberger 93rtefe an SRietl^ammer l^eifet, fettfl erfl gu mad&en unb ju geflalten l^otte*, waren fo gewaltige unb anflrengenbe ©eifieSarbeiten, bag baneben eine amt- lid^e Zl^ätigleit anberer unb geitraubenber 3(rt nid^t auf bie 2>auer fortbejiel^en fonnte. Sine fold^e l&atte unfer ^Pl^ilofopl^ als 2JlitgIieb ber teniglid^en toijfenfd&aftlidöcn 5ßrüfungScommiffion ber 5ßroöing SBranbenburg in ben Salären 1820—1822 auSguflben; er mu^tc in biefem 2lmt bie 8el6ramt8canbibaten prüfen, bie Don ben ©^mnajicn eingelieferten ^biturientenarbeiten nebft ben barüber gefällten Urtl^eilen ber Seigrer burd^fel^en, 3lid&tabiturienten, toeld&c bie 3ulaffung gum Uniöerritfttgflubium unb Stubcntentl^um begel^rten, auf i^ren Silbung8= guflanb prüfen unb über aDc biefc Singe an bas SOWnifierium bcrid&ten. »icüeid&t l&at ber Umflanb, baß ^eget in bem SQSinterfemefler 1822/1823 gum erften male feine SSorlefung über bie $]^iIofop]^ie ber SBeltgefdgi^te Ratten tDoIIte, il^n mitDeran(agt, nod^ Dor bem 93eginn biefeS @eme{terS feine ßnttaffung au8 ber ^ßrüfungScommiffion gu betoirlen, um feine Seit ungel^emmt braud^en gu fönnen.

Slm 1. 9tot)ember 1822 l^atte baS SOflinifterium ben ^l^ilofopl^en aufgeforbert, über ben Srfotg ber l^enningfdöen 3lepetitionen gu U- rid^ten unb gugleid^ über bie StoedEmägigleit unb ^rt beS pl^ilofopl^ifd^en Unterrid^tö auf ©^mnafien feine 9Infid&t gu fagen. Ueber biefcn gleiten 5Pun!t ]^at §egel unter bem 7. gebruar 1823 feinen SBerid&t bal^in

1 IBttefe k>on unb an ^cgel. IL 6. 176- 179. > Gbenbaf. II. (SBr. t>. 11. a)ec. 1817). 6. llfföb.

Sfifil^er, «cfd^. b. 9(iIof. Vm. 91. H. U

162 ^egete SBttIfamlett in SSetUn.

crfiattet, ba^ er bic fernere Sulaffung Don SRid^tabiturtenten jur 3mmQ= trtculation unb gum Untt)erfitfttsfiubimn entfd^ieben toiberrAt]^, bagegen bie t>^Ko{o))]^i[(^e äJorberetiung bcr 3(btturtenien burd^ ben ©^mnafial- untent(^t fär gmedmdBtg erad^tet unb bie WA beS il^m au8 eigenfter (Srfal^rung vertrauten Unterrid^tS barlegt: ber @toff beS ))]^tIofo))l^tfd^en ©^mnajtalunterrtd^tS fei burdg bie claffifd&en @tubien unb bie d^rifl- tid^e IReligionSlel^re gegeben; bie {^orm, b. i. ber förmlidge t)]^iIofo))]^ifd^e (S^ninafialunterrid^t möge (nid^t ettoa in ©efd^id^te ber ^l^ilofop^ie, fonbern) in empirif^er ^f^c^ologie aU erftem unb in ben anfangs« grünben ber Sogi! (Segriff, Urtl^eil, ©d&IuB, Slrten ber ©d&Iüffe, S)efinitton, Sintl^eilung, SSetoeid) als gmeitem Sl^eile befleißen unb in itoti @tunben loöd^entlic^ iD&l^renb eines ^al^reS ertl^eilt toerben. S)er logifd^e Unterrid^t möge fid^ auf bie lantifc^e Seigre Don ben jtategorien erflreden unb bie @d^ttler barauf l^intoeifen, ba§ eS reine ©ebanlen unb ein Softem ober 9leic^ berfelben gebe, ^egel bemerlt, ba§ er als gtoölfidl^riger ©dualer in Stuttgart SBoIfS Seigre Don ber ßlarl^eit unb 2)eutlid^leit ber SSegriffe unb gtoei ^al^re fpäter audg bie Se^re Don ben @d^Iflffen innegel^abt l^abe; bag eS ratl^fam fei, Don SBoIfS natflrlid^er 3:i^eoIogie bie SBekoeife Dom 2)afein ©otted al8 baS eingige €tädE ber STletapl^^ftl in ben ))]^iIofopl^if(^en @dbulunterrid^t aufgu* nel&men. „®er ©^mnafialunterrid^t »irb Don felbjl ben Sufammens l^ang ber Seigre Don ®oit mit bem ©cbanlen Don ber Snblid^feit unb 3ufdl[igleit ber toeltlidgen 2>inge, mit ben 3^((Ibe}ie]^ungen in ben» felben u. f. f. nid^t umgel^en lönnen, bem unbefangenen SRenfd^enfinn aber loirb fotd^er 3ufammen]^ang eloig einleud^tenb fein, maS auc^ eine Iritifd&e 5p]^iIofo|)]^ie bagegen eintoenbe. 3ene fogenannten SBetoeife ent= l^alten aber nidgts ald eine förmlidge ^uSeinanberlegung ieneS Snl^altS, ber fid^ Don felbft beim ©^mnaftalunterridgt einfinbet. @ie bebflrfen gioar einer loeiteren 93erbejferung burd^ bie fpecuIaüDe $l^iIofo))]^ie, um bem, loaS ber unbefangene @inn bei feinem ®ange ent^&It, gu entfpred&en/' ©ieS mar audft ber ©runb, toarum §eget im ©ommer 1829 Aber bie 99etoeife Dom 2)afein ®otteS eine öffentUdge IBorIcfung gel^alten l^at.

t ©ämmtl. aööerfe. »b. XVH. 6. 357-367. « ^ege» SBetfe. »b. XVII. e. 857-367. (6. 365.)

. Tegels Sfetienteifen ttaft 99tftffel, SEBten unb ^ati«. 168

3tt)oIfteS Kapitel. ^tgtlB ftxxtnxtxfM mii ütrfiffel, Wfen m^ |lttri$*

L fluSflflge nadg Stflgett itnb S)re8ben.

3lad& bcn Stnjltettattngcn bcr ©cmcfier fül^ttc jid6 ^cgcl bei bcm (Eintritt bcr 6otntnerferien Tc$t erl^olungSbebürfttfl unb fud^te burd& Heinere unb größere SReifen, ju tDct^cn legieren ba8 Unterri^tßminiflerium il^m gern unb freigebig bie Sölittet getoai^rte, eine il&ni toolöltl^uenbe Srfrifdgung unb 9[u8f))annung. S)ie et^en ^uSfläge gingen nadg giügen (1819) unb S)re8ben (1820), tt)o e8 il^m fo gut gefiet, bofe er mit feinen l^eibelberger O^reunben Sufamnteniflnfte in 2)reSben ))Iante unb borttber an Sreujer fd&rieb.^ S)ie brei größten Steifen in ben gal^ren 1822, 1824 unb 1827 tooren nadft ben SRiebertonben, Defler^ reid& unb 5ran!reid& gerid&tet unb l^atten ju il^ren 3irf>>un!ten SBrüffet, SQBien unb ^ßaris.

n. ©ie Steife in bie Slieberlanbe. 1. ®. t>an ei^ett.

3ln ben Siicberlanben tebte einet feiner erfien unb banlbQrften ©d&üler nod& au8 ben Slnfftngen bcr ienoifd&en 3eit: 5ßeter ©abriel Dan ©l^ert, bon fot^olifd&er ^erlunft (1782—1852), Don })]^iIofop]^ifd&eni Srlenntnigburfte nadg 3ena getrieben, l^atte juerft, ba er lein 2>eutfd^ Derftanb, Ulri^S <)l^iIofo|)l^ifd&e SBorlefungen in toteinifier Qpxaä^t gel&ört unb toar unbefriebigt gu §egel gelomnten, ber fid& feiner an= genommen, i^n nid^t bIo6 burd& feine JBorlefungen, fonbem burt^ unterrid&tenben 5Prit)att)erIe^r in feine Seigre eingefül&rt unb in il^m fid& einen ber eifrigficn, treuejien unb banibarflen ©d^fller für immer getoonnen l^otte. Unter ßouiS 3lapolton toar er in ben l^ottönbifd^en ©taatsbienfl getreten (1809) unb l^atte eine Stellung im 6uftu8= minijierium erl^alten, toorin er gur Drgonifation beS öffenttid^en Unter= ridgtS mittoir!en foDte. %li balb nad^l^er ^ollanb franjöfifd^eS 2)e- partement getoorben, tourbe er im Sntereffe feine« S)ienfte3 nad& ?Pari8 gefenbet, too er mit ©utjot, SSiQemain unb g^ouftn Derlel^tt l^at. 3laäi bem Sturje 9ta))oIeon8 unb ber ©rünbung beg niebetl&nbifc^en @in=

^ Sriefe Don unb an ^cgel. II. (IBetlin. im ©ommet 1821). 6. 54.

11*

164 ^egeU gfetienreifen nad^ SBtüfTel, SBiett unb ^arU.

l^ettdflQQieS unter ber oranifd^en Jt5ntgi$]^etrf(&Qft iDor üon @]^eri jut Sötbctung bcr oronifd^cn ^JJoIttif unb i^rcr SwedEc befitcbt, bic pro* teftanttfdgen unb fatl^olifdgen €(eniente ber nieberlänbifd^en SSeDöIIerung auf bem Sege ber 93oI!dbt(bung unb beS öffentlid^en Unterrid^tS ein» anber gu nSl^crn. 3n biefer 2lBfid6t würbe in aSrüffcl ein coUegium philosophicum gegrunbet, toorin bte Iflnfttgen 5ßriefler, beöor jic in bie Bifd&oflid&cn ©eminore eintraten, in ben allgemeinen SBiffenfd^aften, Sprachen, ©efc^ic^te unb Sitteratur, unterrichtet »erben foQten. %xo^ aDen Einräumungen tDottte bie oppofttionell gefinnte, fatJ^olifd^sürd^Uc^e Partei eine fold^e im @inne ber SEoIeranj geftiftete Slnftalt nic^t bulben unb l^örte ntdgt auf, biefelbe angufeinben, bis fte ben @l^aralter einer ftaat- li$en Unterric^tSanftalt einbüßte unb am 6nbe gang aufgel^oben würbe. Unter bem A5nige SSid^elm ü. na^m Dan ®l§ert feinen Sbfd^ieb unb ftarb fiebaigiftl^rig, nad^bem er nodg lur} Dor feinem Zobe einen S^IIud Don aOortr&gen über ^egel unb feine Seigre eröffnet l^atte.^

Aaum war baS unbeftimmte unb fpate ©erüdgt ju il^m gebrungen, bag $egel (in O^olge ber @(^Ia(^t bei 3ena) in ö!onomif(^ed SIenb geratl^en, 3eitungdfd^reiber unb €onrector in Bamberg geworben fei, als er fogleidg einen 93rief in beutfdger @prac^e üoQer Q^ijUtx, aber audg DoDer Siebe unb 3&rlli(^er 2>anlbar{eit an ben Derel^rten Seigrer rid^tete unb ftd^ an^eifd^ig madgte, il^m eine ^rofeffur ber ^l^ilofopbie in ^oDanb mit 6000 ®ulben 93efoIbung unb für feine €d^riften eine gut jal^Ienbe 93ertagdl^anblung in bem Don SSrodl^aufi gegrflnbeten Äunjt- unb Snbujhiecontor in Slmfierbam gu Derfd^affen. ©er SBrief Dom 4. Slugufl 1809 begann mit ber Serfid^erung, bag er Don ben ^eiligften ©efül^Ien ber Sld^tung unb (^reunbfc^aft erfaßt fei, unb alleS, was ^egel angelte, il^n mel^r interefftre als bie gange äBelt. Sifrig erfunbigt er fid&, ob ber jweite Sl^eit „ber gottliien 5pi&ftnomenotogie" unb bie 9laturp]^iIofop]^ie nodg nid^t erfdgienen fei? 91IS ^egel biefen räl^renben SSrief am 15. October 1810 beantwortete, war er fd^on Aber )Wei ^al^r-e Stector in Stürnberg unb feine Sage weit trßflHdger, als fid^ ber g^reunb in 9[mfterbam DorgefleDt l^atte; bodg war er leineS- Wegs abgeneigt, unter ben in ^uSfid^t gefteüten Sebingungen einem Stufe nad^ ^oDanb ju folgen. 2)er briefliche SSerlel^r beiber Sn&nner bauerte fort. 2)er nieberlänbifd^e Orteunb flberrafd^te ben beutfc^en $l^iIofop]^en mit einem ^rad^te^emplar ber Ser!e 3[aIob SBöl^meS (beS

1 IBrief e Don unb an $cgeU IL 6. 286 flgb.

^cgeld gfcttcntcifen na4 a3tüffel, SDien uitb 9atid. 165

etgeittlid^ erßen beutf(6en $]^tIofo|)]^en) unb ^egel fettbete att batt ®^zxt feine Sogt! t)ott 9lflrn6erg unb feine Snc^f(o|)&bie Don ^eibelberg auS.^

2. 2)ie 8fa6tt no4 Stfllfel unb bie mdU^x.

S)a8 3iet feiner ntcberianbifc^en Sleife (15. 6e})tentber bis 19. Dc= tober 1822)' toor 93raffel, loo Dan ©l^ert bamals lebte unb feinen fleliefcten ßel^rer einige Sage bei fi(% bel^erbergte; er l^at il&n auf bo8 €d&la(^tfelb t)on SBaterloo begleitet unb loar ein 3euge ber tiefen SSe^ loegung, toontit ^egel bie loalbbetoad^fene ^(nl^öl^e betrachtete, Don n)o aus fflapohon, „ber O^flrft ber Sd^Iadgten", feinen Untergang Dor ^ugen gefeiten unb bei ber Snlunft beS ))reuBif(i&en 9[rmeecor|)S unter SBüIott) ausgerufen l^at: „3fran!reid& ifl Verloren!"

93ei einem SRanne tote ^egel ift eS nid^t gleicbgültig, toeld^e Srten t)on Db^jfee er erlebt, toeldje ©tftbte, ÜJlenfd&en unb Sitten er Icnnen gelernt l^at. SWit lebl^aftem Sntereife Verfolgen »ir bie Sleife» berid^te an feine O^rau. Sßdre eS nad^ il^m gegangen, fo to)flrbe er ant liebflen gar nid^t gereift, fonbem ju ^aufe geblieben unb feine freie 3eit ^toifd^en t^antilie unb Stubien getl^eilt l^aben. fflnn aber l^atte er Don feiten beS SninifleriuntS baS ©elb gu feiner Sr^olungS" unb ©efunbl^eitßfal^rt fd&on erhalten unb mu^tc gleid^fant nolens volens auf Steifen gelten. @8 fel^lte nicbt Diel, bag er Don 3Jlagbeburg nod^ einmal umge!el§rt to)äre nadg 93erlin. SRit ber Steid^l^altigleit unb ®röge ber 6inbrfidEe loud^S auii bie Steifelufi unb ber ^umor, obtool^l bie Sorge um bie Seinigen, bie 93egierbe 9la((rid^ten gu l^aben unb baS ^timtotf) mit ber Entfernung gunal^m unb er eigentlidg beftänbig auf ber SlüdErcife begriffen loar.

S)ie erfie TOerltoürbigleit, bie er auffud^te, toar ber Derbannte, in ))reuBifd&er ^aft gu ÜJlagbeburg lebenbe Sag. 9licolaS ÜRarg. @arnot, einft TOitglieb be3 SBol&lfal&rtSaufifd&uffeß, ÄriegSminijler unter bem S)i= rectorium unb bem Sonfulat, »äl^renb ber l^unbert Sage Don 9la))oleon gum ©rafen unb $air Don gfranfreid) ernannt, ber ©ro^Dater beS @abi €arnot, toeld^er in ber britten, no(^ beftel^enben frangöftfd&en 9le))ubli! ber Dierte 5ßräfibent toar unb Don einem italienifd^en Änard^iflen er= morbet tourbe. ®ie Slufmerlfamfeit, toeld&e §egel burdö feinen SBefudö bem berül^mten @amot ern)iefen, l^atte benfelben fid^tlidg erfreut. 3D)ei

1 IBtiffe Don unb an ^egel. I. 6. 238—240, e. 278-280, €. 315 u. 316. - « «benbaf. n. 6. 87-173.

166 ^cgeU Sfettenmfen na^ aStüffel, SBien unb !Parid.

groge Erinnerungen aud ben Seilen ber 9te))oIution unb beiS ßatfer» reid^S bejeid^nen Slnfang unb Snbe btefer nteberl&nbifd^en Steife ^egeld: Sarnot unb SBoierloo.

Son SBcrIin nad& S3rttj|el ginfl bie Sleife über SWagbeburö, Sraun= f(%tt)eig, ©ötttngen, Staffel, ®teBen, Soblena, äSonn, A&tn, ^ad^en unb Sattt(|, bie Sladreife aber @ent, ^ntmerpen (bis tool^in Dan ®l^ert il^n begleitet l^atte), 93reba, 2)ortred&t, 9lotterbam, 2)elfft, ^aag (@c^et)eningen), ^mfterbam, Utreci^t, 2>et)enter, Osnabrüd, Bremen unb Hamburg. SSorgflglid^ l^aben bie großen ®egenß&nbe ber Aunft, n)el$e bie Steife i^m barbot, ^egete S^ntereffe unb 9lufmer!famleit in ^nfprud^ genommen: bie berfil^mten Airii^en, 3(Itarbilber unb @emätbefammlungen, bie S)ome gu Aöln unb ^ntmerpen, bie SBaOraffd^e ©emälbefammlung in Aotn, bie SSettenborffd^e in ^ad&en, bie Siubend unb Dan S)^I in SnttDer^jen, bie Sflcmbranbt in Slmilerbam. ,,®cn S)om in Stbln", fd^reibt er, ..l^abe ic^ gleid^ aufgefuc^t, eS !ommt einem barin ein anberer Suponb, eine onbere SWenfd&enteelt, fo »ie eine anbere Seit in iebem @tnne red^t lebl^aft Dor %ugen. @$ ifl aber nii^t eine Sdraud^» barleit, ein ®enu§ unb Vergnügen, ein befriebigteS SebfirfniB, fonbem ein toeitmantlidgeS ^erumtoanbeln in l^ol^en, fflr fidg beftel^enben ^aQen, benen ed gleid^fam gleid^gflltig ift, ob 3Jlenfc^en fic^ il^rer, ju toeld^em 3»edEc fei, bebienen, ein leereS Dpernl^auä, eine leere Äird^e ifl ein 9JlangeIl^afte8 l^ier ifi ein ^od^toalb unb jtoar ein geiftiger, lunfireic^er , ber für fidö fielet unb ba ifl, ob 3Jlenf(ften ba brunten berumfried^en unb gelten, ober nidgt, ed liegt il^m nichts baran, er ifl filr fid6, loaS er ifl, er ift fflr fid^ felbfl gemad^t, unb mer fi(( in il^m ergel^t unb betet, Derliert fid^ fammt bem Aflfler Dor il§m; bieS aDeS ifl, n)ie eS in il^m fielet unb gel^t, in il^m nur Derfc^tounben/ Unb im StfldEblitf auf bie jtatl^ebralen Don ®ent unb SInttoerpen l^eigt es fil^nlid^: «Sie eS fid^ barin fo loeitl&ufig unb frei l^erumtoanbett!" i,S)ie Aird^en in ®ent unb Slntioerpen mug man feigen, xotnn man erl^abene latl^oUftfte Äird&en feigen loiB grofe, toeit, gotl^ifd^, maje« flfttifd^."*

3n ^odanb ift il^m tool^I unb bel^aglid^, l^ier ifl il^m gang anberd gu fDlntii als einfl auf feinen ^penmanberungen in ber @d^ioeig. „^oUanb ifl ein l^errlid^eS fianb gum @))agierengel^en, l^ier ift Statur unb Äunft in Dotter Uebereinflimmung, man reifl unter lauter 5PotterS

^ SBricfe Don unb an ^egel. II. 6, 98. 6. 105 u. 106.

f^t^tU Sfettentcifeit ita4 IBrüffel, 9Bten unb !partil. 167

unb S3erg]^emd, jebe @tabt rein, ntebU(i^, teid^ttd^ mit il^ten RanÜtn itttb 93aum((ftngett, !ein Derfallened ^auiS, !ein gi^tbtüd^igeS 2)ad6, feine öerfaulten Xl^ore, feine jctbrodöenen Srettjler."* 6r iji Don ben gegentt)ätiigen Sinbrflden fo erfüllt, bag er mit feiner @iI6e t)on ber SJergongenl^eit rebet: er ifl in ©elfft unb benft nid^t an ben großen Oranier, ber l^ier ermorbet tourbe, er ift in SSreba unb benft nid^t an S)eScQrteS unb ben ^ringen 50lori$ öon 3la|fQu, er iji in Slrnfterbam unb befud^t beibe Synagogen, ol^ne fic^ ber Sd^idfale SpinojQS }u erinnern.

3n biefen Slcifebriefen jtnb aud^ bie fleinen genrebilbUd&en 3iebem erjftWungen bemerfen^toertl^ unb d&Qrafteriflifd&. $ier finb ein paar foldger 3flge ed^t l^egelfc^er Slrt. ^uf bem SBege Don ß5(n nad^ Slad^en ift unter feinen IReifegef&l^rten „ein ^btocat aus Stbln, ber ©oetl^eS fjaufi ate feine Sibet immer auf bem ßeibe trägt, babei unbefangener SBeife fid^ felbfi tool^Igefäßt". 3n Slad&en toirb il&m ber Stul^l gejeigt, auf bem Jtarl ber ©roge als Seid^e einige ^al^rl^unberte getl^ront l^aben foÖ, unb nad&malö, toie ber Äüfter t)erfid&ert, 32 Äaifer gefrönt toorben feien. „3d& fe^te mid& auf biefen ©tul^I fo gut ttie ein anberer, unb bie ganje ©atisfaction iji, ba§ man barauf gefeffen l^at."*

@ani erfflUt Don ben angenel^men SinbrfldEen feiner nieber» lonbifd&en 9leife loar $egel nad& SBertin jurüdtgefel^rt. 3)ie iüngjl er= lebten ©egenfiSnbe toaren il^m fo gegenioSrtig, ba§ er fid& gegen einen @tubenten, ber eben gefommen toar, um fidg fflr bie äBtnterDor(efungen 3u melben, in manidgf altigen unb lebenbigen @d^itberungen ^ollanbs erging. S)iefer ©tubent foKte einer feiner bebeutenbjien @d&üler »erben

1 »tiefe öon unb an ^egel. n. ©. 108. « €benbof. II. ©. 100 u. 101. .€« toitb immer t)iel C^reibetei", bemerlt ^egel in einem feiner IReifebert^te an feine gfrau, vtoenn i^ au4 meine, ni(|t Diel gu er^ft^Ien gu ()aben; i(| \Dtxbt ba< gur lluf> munterung bem Sfreunbe beS ® te^ener €tubenten f agen, ber einige Stationen mit uns fu^r'. SBei ber Kbfol^rt Don (Biegen l^atte ^egel gehört, toie ein mitreifenber @tubent Don feinem Sfreunbe mit ben SBorten Slbfil^ieb na^m: «Sebe toobi unb f treibe mir gleiil'. „äOie foQ i(| bir benn f^reiben, i(| b^^be bir ja nid^tS )U fcbreiben', antUDortet ber Sfreunb. ^S^reib^ mir nur gleicb, leb' \doW ruft no^ einmal ber 9teifenbe unb bamit f(!^U)an9 er fidb mit Stiefeln unb 6|)oren in ben $of!« toagen (@. 98). 3m Stillen Dergleid^t ^egel feine Situation mit ber bed (die^ener Stubenten, ber f^reiben foU unb ni^ts gu fd^reiben b^t. Snbeffen botte ^ege( aSieleS unb ^ntereffanteS gu berieten unb gebord^te gern ber Stimme, bie ibm am ber gfeme surief: ,,S4Tetb* mir nur glei(b'.

168 ^egefö gfetientetfen na4 SBtüffel, Wxtn unb $atiS.

unb fid^ in ber ®efd^t$te ber l^egelfdgen !ß]^tIofot)]&te tt)te in ber fünft* gefd^i^tltd^en Sitteratur einen tt)i$tigen Stamen erkoerben: ^. ®. ^otl^o.^

in. Sie Steife nadg Sßien. 1. S)eT 9uf enthalt in SBten. 2)ie ttalientf^e €per.

S>ie nädgfie gferienteife nal^m bie entgegengefe^te Stiftung, fie ging nad^ Often unb l^atte ju il^rem Siet ben 3(ufent]^Qlt in SBten »öl^renb einiger §erbptDod6en beS Sal^reö 1824. SSon allen feinen Steifen toat biefe bie ungetrftbtefie unb ergö^Iid&fle. 2)ie erjle unb le^te Station toar SDreSben (7. ©cptember unb 11. Dctober), bie Beiben Stoifd^enaufentl^alte S^epli^ unb $rag. $ier madgte er bie 93e!annt- fiftaft eines ber ndd^jien JBertoanbten feiner grau, be8 greil&errn Rätter t)on ^atterfiein, ber al8 Dberfl ba8 Stegiment Äutfd^era in 5Prag Be* fel^ligte, feinen Berül^mten Steffen au8 JBerlin mit öertoanbtfd&aftlid^er §erjlid6Ieit aufnal^m unb in beffen ^Briefen fietS als „ber §err Dnlel" pgurirt.

3n äBien ift unferem ^l^ilofopl^en aQeS intereffant unb gefällig: bie alte enge @tabt, bie großen Weitläufigen 93or{täbte, bie 93af}eien unb ®(actS, bie näd^ften börflid^en unb länblid^en Umgebungen, bie weite, fiftöne, mannic^faltige Umgegenb, bie SBolfögärten unb SBoUst^eater, bie l^errli^en jtunftfdgä^e unb Sammlungen (S3elt)ebere, Sid^tenftein, (Sfterl^aj^), bie erftaunlidgen Sammlungen Don ^anbgeidgnungen unb ltut)ferfti(i&en im Seft^e bed ^rgl^erjogS Aarl u. f. f. SBaS i^n aber in bag l^ödgfte SntjfldEen Derfe^ie, foba^ er bie $en(icl^!eit unb @(j&5n= l^eit biefcr ©ad^e gar nid&t genug t)reifen !onnte, war bie italienifdöe Dl) er. Sie Sänger, wie Stubini, SDonijetti, 8ablad6e, bie Sängerinnen, wie bie (^obor unb bie SDarbaneQi, Stoffinid 93arbier Don SeDiQa (ffigÄto), Dtl&etto u. f. f. „3wci SCcnore, Stubini unb SDonijetti, weld^e Ael^Ien, Weldge SJtanier, 8iebli${eit, äSoIubilität, Stärle, ^lang, baS mu§ man l^ören! @in S)uett berfelben Don ber l^ödgften {force. S)er Saffift Sabiadge l^atte feine $au))troIIe, aber fd^on l^ier, wie mu§te i^ feine fd&öne, fräftige, eben fo al8 licblid^e SaPimme bewunbem! 3a, biefe aJlännerfiimmen mu§ man l^ören, ba iji Älang, Steinl^cit, Äraft, DoDfommene greil^eit u. f. f." „So lange baS ®elb, bie italienifd&e £}ptx unb bie ^eimreife gu beja^Ien, retd^t, bleibe id^ in äBien.'' „®egen baS SJtetall biefer, befonberS ber SJtännerftimmen, l^at ber jtlang aOer

1 a^otfiubien für 8eben unb Stmft Don Dr. $. ®. ^ot^o. ((Sotta. 1835). 6. 884.

^egeU afcrientcifen na$ aSxfilfcI, SSien unb tpatil. 169

@timmen in Sertin, bte SRilber tote immer ausgenommen, ein Unreines, Stolpes, Staul^eS ober Sd^toad&Iid&eS, toie 99ier gegen burd^fid^tigen, golbenen, feurigen JSBein, feurigen Sffiein füge id^, feine Sfaufc l^eit im Singen unb $ert)orbringen ber Zone, niii^t feine Section auf= gefagt, fonbem ba ifi bie ganje !ßer)on brin, bie @Anger unb SOta- bame {fobor inSbefonbere erjeugen unb erfinben Koloraturen auS fidg felbft; es finb Rün^Ux, SompofiteurS fo gut, als ber bie Oper in ajlufil gefegt/ „3d& laS l^eute in einem Sßiener Zl^eaterblatte, bag bie Srfal^renften barüber eins feien, bag nad^ il^rer Idngften (Erinner- ung fett fflnfjig 3a]^ren leine fold^e italienifd^e ®efeQfd&aft in Sßien geioefen ifi unb getoi^ bie n&d^fien fflnfjig 3a]^re nidgt loieber !ommen toerbe." „SKorgen, toaS fagjl Su baju ifl gigaro oon SKojart ßablad^e, Qfobor unb Sonijetti!" „3d6 öerjiel^e nun oottfommen, toarum bie Stoffinifdge äRufil in S)eutfd&(anb, insbefonbere SBerlin ge» fd&mftl^t toirb", „eS ifl nid&t bie SKufil als fold&e, fonbern ber ®efang für ftd^, für ben aUeS gemad&t ift; bie Mufi!, bie für ftd^ gelten foH, fonn aud^ gegeigt, auf bem f^ügel gefpielt toerben u. f. f., aber Sloffinifd&e SRufif l^at nur @inn als gefungen/^ „SBarbier oon ©eotlla ))on Sloffini! gum gioeiten male; id^ l^abe nun bereits meinen ®efd^maä fo oerborben, ba^ biefer 9loffintfd^e gfigaro mid^ unenblid^ mel^r oergnügt l^at als SJlogartS 9lo3je, ebenfo toie bie @ftnger unenblid^ mel^r con amore fpielten unb fangen; loaS ifl baS l^errli^, untoiberPel^lii^, fo bafe man nid6t oon SQBien fortfommen tarn." „Sei ben Italienern ift gleidg fel^nfud^tslofer A(ang unb baS SRetall beS SiaturettS Oom erfien Slugenblitf an entjünbet unb im Suge, ber erfte Älang ifl gfreil^eit unb ßeibenfd&aft, ber crfJe %on gel&t fogIeid6 aus freier Srujl unb ©eele feiig ins Sßug! baS göttlidfie gfurore iP Oon $auS melobifd^er Strom unb befeligt unb burdgbringt unb befreit jjebe Situation!" „Äofpnifd&e !Dlufif ifl anup! fürs C^era."*

2. ^ic Mdxti\u 2)reSben.

Sein Slufentl^alt in Sßien mar fo genugreid^ unb freubenl^eH, bag er nid^t einmal burdg ^eimtoel^ getrübt lourbe. ^IS er auf feiner IRüdreife am 10. October ^benbs nad^ SreSben gefommen toar, ging er fogleid^ gu XiedE, loo er feinen Sd&üler §inrid6S traf, auf bem

1 »riefe öon unb an §egel. II. (ör. o. 21. u. 23. 6ept.), ©. 154—156. (28. ©ept.) 6. 159. « «benbaf. H. (»r. 0. 25. ©epl.) 6. 159 u. 160. (»r. ö. 29. €ept.) ©. 164 u. 165. (ör. 0. 2. u. 4. Octob.) 6. 169, @. 172 Pöb.

170 Tegels aferienreifen na4 Sr&lfel, Sßien unb $ati9.

UmiDege t)on 99reSlau nadg ^aOe Begriffen; aud^ S^riebrtd^ t)on €dglegel toar unter ben ^ntoefenben, maS ^egel aber er^ erful^r, nad^bem jener fid6 entfernt l^atte,*

2(m anbern Sage (11. Dctober 1824), bei feiner 2(breife t)on ffireSben, traf er ^ier t)on unßefäl^r SJictor 6ouftn auf feiner britten Steife in SDeutfd^lanb, mol^in er auf ben Sunfd^ ber (Semal^Iin beS aWarfd^an« Sanncg, ^erjogin t)on SWontebetto, beren ©ol^n begleitet l^atte unb nun auf eine ^öd^fl unertoartete unb unfreitt)iaige %[rt Don 2>reS^ben nad^ Säerlin gelangen foQte.

IV. Tegels a)er^dltni§ ju ©oufin unb Steife nad& 5Pari8, 1. €oufln8 Slufent^alt in 93erlin.

SEBir l^abeu Don (Soufln anlegt gel^ört, a(8 berfelbe auf ber fH&ä^ It^x t)on feiner jtoeiten Steife in S)eutfd&lanb (1818) ^eibelberg berfil^reit fottte, too il&n ^egel nod& bor feiner Uebcrfiebelung nad& Serlin toieber« gufe^en l^offte.* Sladfe 5ßari8 jurfltfgefel&rt, ^atte Soufin burd& feine Sorlefungen in ber ©orbonne fo t>iA SBeifaÄ unb Auffeilen erregt, ba§ bie Eröffnung eines neuen @urfu8 Don ber Stegierung gel^emmt unb burd& eine 9lote im SDtoniteur unterfagt tourbe (29. SloDcmber 1820). @8 loar ein 3eid^en ber SteftaurationSpoIitil unter fiubtoig XVIII. (Soufin ald ©dualer unb Slnl^änger Stößer SoDarbS mar eine pl^ilo« fot)]^ifd& Derbdd^tige $erfon, unb er lourbe burd6 fein vertrautes gfreunb* fd^aftSDerl^Altnig au bem @rafen @anta Stofa, beut ))iemontefif(6en SteDolutionftr unb SflftAtUng, mit bem er in ber SSerborgenl^eit Don Sluteuil eine Seitlang aufammengeiool^nt ^atte, audg t)oIitifd6 Derbäc^tig. <S8 l^atte far Soufin bie Seit einer ad^tj&l^rigen Surfidgejogenl^eit unb SDtuge begonnen, toeldge er au feiner Ofortbilbung unb aur ^uSfül^rung einer Stetige pl^ilofopl^tfdger SBer!e Dortrefflid^ a^^ benu^en getougt l^at. 3n bie SWitte biefer Seit fallt feine britte Steife nad6 SDeutfdöIanb (1824).

$ier ftanb, loie toir loijfen, bie SDemagogenernte in DoQen ^almen. Stuf Verlangen ber t)reugifd&en $oliaei mürbe Soufin in 2)reSben Der» l^aftet unb nad^ 93erlin in bie ^auSDogtei geliefert, aus meldger ^aft i^n au befreien, ^egel burdg fein an ^errn Don Sd^udEmann, ben SRinifter beS Innern, geridgteteS Sd^reiben mefentlid^ beigetragen l^at

1 ^egel brüdt fi4 barübet in bem 93nefe an feine Srau ettoaS unKar auf: .34 traf bott $rofeffor ^inti^il nebfl $ertn gfriebri^ Don €$IegeI, ber mir iebo4 txft, na4 feinem SGOeggel^en belannt tourbe.' (U. 6. 176.) > 6. oben €a|).IX. 6.122.

^egcU Sfettenteifcn na^ a3xft1fel, SBien unb $art9. 171

6t l^ot in btefcm 6d5reiBen bcm SWiniper bic Art unb Sauer [einer 93e!Qnntfd^aft mit Soufin bargelegt, beffen tDtjfenfd^aftltd^e 93ebeutung unb SIrbeiten begeic^net, bie Unbefd^oltenl^eit feinet S^^arofterS Derftd^ert, bag er nod^ !arjlid^ benfelben in SreiSben getroffen, bie Or^eunbfc^aft erneuert, unb ba§ Bei feiner SJerl^aftung ein unerHftrter Srrtl&um ol^ne 3tDeifeI obgetoaltet l^abe; er bitte um bie (Srlaubnig, ben Derl^afteten Ofteunb feigen unb \pxt(btn gu bürfen.^

fftaä^ feiner (^reilaffung, unter poligeili^e Sluffidgt gefteKt, blieb Soufin Aber fed^S SRonate in S3er(in (Don @nbe October 1824 bis Anfang SDlai 1825), bejlftnbig in freunbftftaftUd^em ©eifteSöerfel^r mit ^egel, eifrig beftrebt, beffen ßel^rc ju fiubiren unb ju burd&bringen. 3n biefer S(bji$t lieg er ftdg Aber ^egelfd^e 9ted^td))]^ilofop]^ie, ßogü, 0leIigionS))]^iIofo))]^ie unb ^eßl^eti! ä^orlefungen in franjöfifdger Sprad^e Don ®and, SOtid^elet unb ^otl^o polten, er fudgte fid^ forgf&ltig nad^« gefd^riebene ^efte l^egelfd^er SSorlefungen gu Derfdgaffen, um fie über= fe^en gu laffen; namenttidg toai i^m fel^r Diel baran gelegen, jtoei Don ^ot^o nad^gefd^riebene ^efte ber ®efdgid^te ber $]^iIofo))]^ie unb ber $l§iIofo))]^ie ber ©efd^id^te fflr einige Seit benu^en ju lönnen, unb er f)at nod^ fpater Don $arid au$ ^eget loieberl^oU unb bringenb gebeten, il^m boju bel^iUflidg gu fein.^

S>ie Srüd^te feiner Dieljäl^rigen 972u§e beftanben tl^eits in eigenen pl^ilofortifd&en SttJ^onblungen, bie unter bem Flamen «Fragments philosophiques» Deroffentlidgt lourben, t^eils in ben ausgaben ber SBerle beiS 2>e8carte8, beS $ro!Iu8 nad() ben in $QrtS befinblic^en §anbfd&riften, unb be8 5piato in feiner eigenen frangöfifdöen Ueber« fe^ung. 6r l^at ben Dierten S^l^eil feiner ^rofluSauSgabe (Kommentar bed ^roüuS über ben $armenibe8) beiben getoibmet: ^egel unb @d^eQing afö feinen gfreunben unb ben tmxmi ber gegenmirtigen $]^itofo))^ie («amicis et magistris, philosophiae praesentis ducibus» 1821); ber britte SBanb feiner 5ßIatoüberfe^ung, toeld^er ben 5protagora8 unb ©orgiaS entl^telt, ift Regeln gugeeignet als S^tdgen feiner {^reunbfd^aft unb feines 2)anfe8 ffir bie Errettung aus ber preugifd^en ^aft. ^egel ]^Qt biefe &)xt banibar angenommen unb fdgergenb bemerlt, ba% ber preugifd^en ^oligei tro^ il^rer 9intt)iffenl^eit ber platonifd^e ©orgiad »ol^l ftets ein Verborgener Drt fein unb bleiben toerbe.*

1 9fiofen!rana. 6. 368 u. 869. > SBtiefe Don unb an ^egcl. IL (SSr. Q^oufinS t>om h ^uguß 1826 unb 15. STldrg 1827). 6. 235. > Sbenbaf. IL (SBerltn, 1. 3ttU 1827). 6. 243.

172 $cgeli( Sfetienteifen na^ SStüftel, SS^iett unb $oril.

€reujer l^otte Urfad^e, mit S^ouftn fel^r un}uftteben )u fein, bet ilgm fär bie Ueberlaffung feiner Sammlungen gum ^roHuS eine ge^ ringe Summe ®elbes geboten unb in ber 93orrebe ju feiner Xudgabe erllArt l^atte, bog ^egel unb er Sreugern Vergebens ]ur ^eraudgobe be8 5ProHu8 gebrängt* „9lber unfer ^err 5Profeffeur ©oufin", fc^rteb (S^reujer an ^egel (30. SRoi 1820), „Igat fid^ nici^t fdgön gegen mic^ benommen. Sßad l^elfen aQe (^(atterien? @ie miffen bodb, bag er felbft fagte, er üerftel^e lein ®ried^ifd^. 3lnn mutl^ete er mir gu, id^ foQe il^m meine Sammlungen gum $ro!IuS abgeben, unb bietet mir 500 Oulben ol^ne bie STOfll^e; id& fotte il^m, bamit er ben ?ProfIu8 l^erauSgebe, einen beutfd^en 93erleger fud^en. 3d& badete, leine 9(ntmort ift audg eine, unb lieg eine SlnEflnbigung bruäen. 9tun lommt er mit feinen lateinifdgen Ueberfe^ungen Don Stflden be9 ^roQud, bie grogen- tlgeitt bei O^briciuS ftel^en, fd^idEt idg meig nid^t tt)aS aud Siebemann unb Sennemann t)orau8 unb Derfid^ert baS publicum, mein $ro!IuS loerbe in etoiger 3^it nid^t erfdgeinen. 3d& l^abe alfo barauf bem publicum bod^ fagen muffen, bag loirflidg an meiner Sbition gebrudEt loirb, unb bog ^err Soufin mel^r t)erftd^ert, aU er loiffen fann, unb loorum il^n niemanb gefragt l^at."^

SDiefer S3rief ift gur 99eurtl^eilung SoufinS redgt beadgtensmertl^. @ein Sl^rgeig loar größer als feine ©elel^rfamfeit unb pl^ilofopl^ifd^e ^Begabung; er glaubte mirfUdft, auf bem SEBege eines fpiritualiftifdg ge- finnten (SKelticiSmuS ben Sl^ron ber mobernen $]^iIofot)]^ie erreid^en gu fönnen, feine Sfelbgüge, loie er feine polemifdgen ^efhebungen nannte, gingen gegen SodEe, SonbiUac, ^elretiuS, Voltaire, SabaniS u. f. f.; eS toar il^m teic^tig fagen gu lönnen, Sd^eOing unb ^eget feien bie beiben größten $l^i(ofo))]^en bed gegenm&rtigen, ibealiftifd^ ge- ftnnten 2>eutf(6IanbS, fte feien unter fidd uneinS, aber in gemiifen $auptt)unEten flimmten fie flberein, unb biefe t^ül^rer ber beutfdgen 3eitp^i(ofop]^ie feien beibe feine guten Orteunbe. 6r glaubte fid^ bem Siele nal^e, ats er am 30. Oftober 1829 an Sd^eKing fcbrieb: „(&» ift meiner S3e^arrlid&Eeit, meinem Sifer, meiner !(ugen Umftd^t gu banlen, bag ber ©efdgmadE an ber ^l^ilofop^ie in t^ranlreid^ gunimmt. 3d6 bin in $ari8, nid^t in 2)eutfd(|lanb, unb $ari8 bebeutet ßonbon, bebeutet Cbinburg, bebeutet Selgien, bebeutet 3talien."*

1 ^Briefe Don unb an ^cget; II. 6. 28 u. 29. ~ > Sbenbof. II. Hnlftang. 6.384-886. S)er »xicftDe^fel 5tt)tf4cn (Soufln unb $egel bcße^t an» 22 »riefen, Don benen iencr 17, biefer 5 geftricben l^ot; ^cgel antwortet {letl in fransbftf^er 6|)ta4e, toofjlL mtf^t gur Uebung aU aus Uebung.

f^t^tU Sfectenteifen no^ aSrflflel, !Bten unb $aTt9. 173

®an8, ber ©ouftn ntd&t Mo§ in Serlin fcniien gelernt, fonbern gu üerfd^iebenen Seiten unb auf t)erfd6iebenen @tufen fetner Saufbal^n in $artS miebergefel^en unb ju beobod^ten ©elegenl^eit gel^abt l^at, rebet feinem (Sl^arafter lein ftünftigeg Seugnift.* !Kad& bem SEobe Tegels mad^te er mit Sd^eHing gemeinfame @Qd^e unb lieg eine neue STuflage feiner ^gfrogmente" Don biefem in einer SBeife beöortoorten (1833), bie bem abgefdgiebenen $]^Uofot)]^en gur ^erabloürbigung unb SBegtoerfung gereid^en foQte.* 68 toar nidgt unDerbient, toenn §. $eine im Slnl^onge gu feiner ©d&rift Aber »»Seutfd^lanb" (1835) ben frangSfifc^en ^l^ilofopl^en fai^rifd^ burd^l^ed^elte. „^err Soufin l^at in ber Sl^at einige Seit, ber Demagogie berbdd^tig, in einem beuifd^en ©ef&ngniffe jugebrad^t, eben fo gut toie Safa^ette unb [Rid&arb ßotoenl^erj. 3)a§ ober §err Soupn bort in feinen 3Ku§e« flunben Aants Itriti! ber reinen SSernunft ftubtrt l^abe, ifl au8 brei ©rünben gu begtoeifeln. ßrftenS, biefed 93ud^ ift auf beutfd^ gefd^rieben. 3toeiten8, man mug beutfd^ Derfiel^en, um biefeS »ud& lefen gu lönnen. Unb brittens, §err ßoufin Derjiel^t fein SDcutfdfe/' ' Äurg öorl^er l^atte in ben S3erliner Sal^rbfld^em (^uguft 1834) ^inrtd^S eine jtritif Aber unb gegen Soujin t)er&ffentlid^t, um nad^gumeifen, bag berfelbe bie beutfd^e $l^ilofo))]^ie nid^t t)erftanben l^abe.

2. Tegels 9itx\t na^ $aris.

SBir feieren in bie 3(it gurfldE, )oo nad^ feinem Sufentlgalte in Serlin CoufinS freunbfd&aftUd&e SBegiel^ungen gu ^egel unb ben a3erliner Hegelianern in DoQer Slfltl^e ftanben. 9Id bie @ommerferien beS 3al^re8 1827 l^erannal^ten, lourbe ^egel t)on bem ©ebanlen einer äleife nad^ $arid angetoanbelt, ben er in einem Sriefe an Soufin ertoAl^nte unb toie ein Suftfd^Iog J^infteQte. 2)a nun biefer DoK feurigen unb ^)raftifd6en ßifcr« auf bie 3bee einging unb feine ^ßerfon, Seit unb SBol^nung gu i^öQiger SSerfügung ftellte, fo nal^m baS fiuftfdgloB greife bare Oformen an unb gebiel^ gu einem 9leife))Ian, ber binnen ad^t S93od^en auögefül^rt mirbe (19. Sluguii bis 17. Cftober 1827).*

> 9l1i(!Mtdfe auf ?Perfonen unbSupanbe (1886). ©• 2fröb. o* a. O, « »gl. blefe« SBÖetl. »b. VI. (C^efling. 2. «uft. 3ub. VII.) »u« I. dap, XVI. 6. 215 bi« 229. - » §eine: Ueber a)eutf*lQnb. 25. ZW> (1815). 6. SB. (1875). «n^ang. €. 283—294. (6. 287). * JBon ben 16 SHeifebttefen an feine ffrau lommen 7 auf ben Snfent^alt in $ari9, biefer ^^au^tflabt ber cit^iltfiTten a&elt' ()?om 3. 30. 6e))tembet). »riefe, n. 6. 249-281.

174 Tegels fferienrcifcn no^ aSrüffcI, SS^ien unb $ari0.

S)ic JReifc ginfl Aber ©oblenj, SEricr, ßujcnburg, SÄc^, SJcrbun burdg baS 2;]^qI bet 3Jlaxm unb bie g^lgantpagne; et fal^ bte aRfi^Ie t)on SSalm^ unb gebadete belS 20. September 1792, eines ber ®egen- pdnbe, tDoran er in fetner Sugenb ba8 größte 3nterc|fe genommen.* 3n $QriS betDol^nte er eine chambre gamie nal^e bem ®arten Sugem^ bourg, er toax tftgli(6 mit Soufin jufammen unb l^at in feiner ®efeD« fd^Qft aUt Orte befud^t, tDO bie benimürbigjlen Säegebenl^eiten ber fran- göfifd^en 9let)oIution gefpielt l^aben, Qudg bie Umgegenb bon $ari8, SSerfailleS unb SDlontmorenc^ mit feinen Erinnerungen an Stouffeau, ]^Qt er lennen gelernt; Don ben ©egenftänben bed inneren ^orid l^oben il^n bie ©emälbefammlung im Sout)re unb bie S^eoter üotiflglid^ intereffirt, er l^at bie berühmte 3Jlax^ gefeiten unb auS il^rem be» tounberungöroürbigen ©piel in SWoIifere« 3;artüffe erfl erlannt, toarum bas @tfldE ben €^ara!ter einer Itomöbie l^at; in einer englifd^en S3ül§nengefeQfd&aft fol^ er ben ^amlet in ber 2)arftell[ung Don j!emble unb Derglid^ bie beutfdge ©dgaufpiellunft mit ber englifdgen fel^r jum 9lQd^t]^eiIe ber le^teren. S3on 3(bel älemufat eingelaben, l^at ^egel einer ©iftung in ber tAcademie des inscriptions» beigetool^nt, einer jmeiten in ber «Äcademie des sciences», bei meldten ®e(egenl^eitett er Diele geleierte unb berfll^mte 5Perfonen gu fe^en unb gu f<)red6en belom.

Zxo^ ber t^fllle neuer (Sinbrfide, oon benen er gu fd^reiben unb }u ergAl^ten l^atte, bemer!te feine S^rau mit Siedet unb gu il^rem Se- fremben, ba§ feine Sriefe an^ 5ßQri8 meniger getoetft, l^citcr unb mit- t^eilfom feien, afe Dor brei S^^ren feine SSriefe Don SBicn. (&x gab il^r bie gutreffenbe CrHftrung, bag er fid& in ?Pari8 in CJolge einer !DlagenDerflimmung, loeldge il^n einige ^lage an ba$ 99ett gefeffelt unb bie er bem @einemaffer gufc^rieb, unmo^I gefill^It, unb baß bie ungeheure @tabt, bie coloffalen ßntfernungeu, ber SCumuIt neuer unb ge= toaltiger Sinbrüde i^n in einen 3uftanb ber Betäubung Derfe^t l^abe, ber auf bie Sauer befd^toerlid^ fei, unb aus bem er ftd^ l^erauSfel^ne. @eine ®runbfiimmung in Sßien toar luftig, in $arid bagegen gebrfidEt.

S>ie angenehme StfldEreife in ®emetnfdgaft mit Soufin ging burdg bie 5picarbie nac6 S3rüffel, too er nod^ einmal feinen Qfreunb Dan ©l^ert loieberfal^, unb Don l^ier über Sömen, Süttid^ unb Stadien, )oo er nod^

oben (S.ap, I. 6. 12 1

^cgeld Serienteifcn na$ Sdrüffel, Sßien unb $ai;t8. 175

einmal bie ©atigfactton bt^ Stax\tx^n\jHfx^t^ genoffen, nadg Rbln, big iDol^in ©ouftn il^n beftleitet l^at. 2)iefet ergäl^Itc einige Sa^re f^)4tcr, ba§ ^egel beim SnblicE bet ^Anblet, meldte t)or bem @ingQngg))ortQl beS 2)omed geteeil^te SRebaiDen unb ^eiligenbilber gum SSertauf anboten, untoiDig ausgerufen l^abe: „S)ad ifl eure latl^olifdge äleligion unb ber @{anbal, ben fie barbieiet! SBetbe idg fierben, beDot id^ baS aUed l&abe fallen feigen?" ©oufin toill barauS bie Slu^antoenbung giel^cn, bag ^egel in ben ä^oturtl^eilen ber $]^ilofo))]^ie beS ad&tgel^nten ^al^r» IgunbertS fteden geblieben fei, toogegen ©d^eDing in bem legten S^l^eil feined fiebenS fid^ gu neuen erl^abenen unb ))^ilofo))]^if(!6en Slnfidgten emporgel^oben l^abe.*

V. 3)er le^te Slufentl^alt in SBeimar.

S>ie gnbftation ber Stfldreife xoax SBeimar, loo ^egel am 16. DItober Slbenbd eintraf unb fid^ aliSbalb gu ©oetl^en begab, ber im ßreife ber ©einigen il&n auf bafi ©afilidöfle unb ^erglid^fie aufnal^m. ^ud^ Stiemer unb 3^lter tearen ba. @r fanb baS ^auS iSuminirt. S)er ©rog^ergog l^atte fid^ anfagen laffen, blieb einige ©tunben unb unterl^ielt fid& mit §egel über ?Pari8. „Ooetl^e ftanb babei immer, idg mer!te biefem nad^ unb nad^ ab, bag ber ^err ettoaS taub toar, unb bag man, toenn eS ftiU mit bem ©pred^en, nidgt il^n gu unter- l^alten fud^en, fonbem warten foDe, bi$ il^m lieber ettoaS einfdUt; fonfl ging alles gang ungenirt, id& mufete ein paar ©tunben auf meinem ©ofa genagelt ausl^alten." 2lm anbern Sage ful^r er in ©oetl^eS SBagen mit Seiter nadg %elt)ebere, um bie neuen l^errlidgen ®artenanlagen gu feigen, n)ogu ber ©rogl^ergog il^n eingelaben ^atte. „2)ann einen ®ang in bie alten befannten, Dor 25 Salären begangenen 2Bege beS fd^önen 5ßarle8, JBegrügung ber Ufer ber Keinen 3lm unb il^rer leifen Sßellen, bie mand^eS unfterblidge fiieb gel^ört. Um gtoei U^r gum SKittageffcn gu ©ötl^e, baS öorttefflid^ unb t)om beßcn ?lj)petit ^onorirt tourbe/' „3d& mu^te ©otl^e t)on ben politifd^en unb literarifd&en Slnfic^tcn unb Sntcreffcn in 5ran!reid6 Diel ergftl^len, eS intcreffirte il^n atteS fcl^r; er ifl gang fröftig, gefunb, überl^aupt ber alte, b. 1^. immer iunge ettoaS fiiller unb ein fold^eS el^rtoürbigeS, gutes, fibeleS $au))t, ba% man ben ^ol^en 37lann Don ©enie unb unDerftegbarer (Energie beS SlalentS barüber Dergigt; toir fmb als alte tteue fjreunbe

1 Vict. Ck>U8in: Souvenirs d'Allemagne. Eevue des deox moDdes 1866. S^dl. S3riefe Don unb an gefiel. U. 6. 388. ,

176 9luf ber $5^e feinet IQ^ttffamfeit

olgnel^in nid^t auf bent S^uge ber fdtobaä^tnn^, lote et jtdg geige ober maS er gefprod^en, fonbern corbat sufammen, unb iiidgt um bed Stul^med ober ber @l^re koiDen, bied t)on tl^m gefeiten utib gel^ört gu l^aBen u. f. f. S>er @o]^n l^ot mir itad^ SÜfdg fe^r QuSbrfidFtid^ gejagt, loie ®5t]^e fidg ber Hoffnung, bag idg bei il^m auf meiner 9tü(f reife Don $Qri8 t)orft)redge, erfreut l^abe; et fpradg mir über]^au))t audffl^rlid^ t)on feinen SSerl^aUniffen unb 6mt)finbungen gu feinem Sater in ieber 9tüäfid^t, unb man mug ©otl^e in feinem Sllter unb Sebioeife glfldEIid^ |)reifen, il^n in fold^er Siebe unb Pflege gu miffen unb ben @o]^n barum ad^ten unb lieb l^aben." ^egel l^atte feinen $Ia^ gkoifdgen ©oetl^e unb Ulrife Don 5PogtDifd&, bie übrige Sifd&gefettfd&aft bepanb Qud Seiter, SSogel bem ^rgt, Scfermann, bem @o]^n Sfugujt Don ®oet]^e unb ben beiben Sn!eln SBaltl^er unb SBoIfgang. (Sr blieb Dom 16. bis gum 19. Dctober, um mit Seiter gemeinfom nad^ SSerlin ju reifen.^ @r l^Qtte gum legten male Sßeimar, Itarl ^ugufi unb ©oetl^e ge» feigen: e8 loar nod^ bad alte SBeimar, toeld^eS ein l^albeS 3<^^i^^unbert frül^er bad Junge ^ieg. Sldgt äRonate fp&ter fiarb ®rog^ergog Aarl Sluguft (ben 14. 3uni 1828 in ®rabi^ bei SCorgau). ^egel jianb auf ber ^öl§e feiner SBebeutung unb feineiS Stul^meS, mogu er ben ®runb in 3ena gelegt l^atte. Stoangig 3a]&re Djaren feitbem Derftoffen.

2)reige]^nteS Sapitel. 3inf ber Hiülit feiner Vtrhfamheit*

I. S)ie legten fünf Saläre. 1. 2)te ®eBurt8taa9feicr«

Tegels S93irlfam!eit in 99erlin l^atte fidb Don Sal^r gu ^a^x immer einftugreid^er entfaltet unb eine fold^e f^flKe banlbarer Snerlennung getoonnen, ba§ feine Slnl&dngcr unb (frcunbe il§re SJercl^rung öffentlidfe gu begeugen unb ben 27. 3lugufi 1826 in folenner SQBeife gu feiern loünfc^ten. ^eget lourbe an biefem Sage 56 Saläre alt unb l^atte furg Dorl^er baS fed^Sgel^nte @emefter feiner berliner Sel^rtl^Atigfoit DoÜenbet. 3n biefen Stielen lag lein SInlag gu einer freier, fie l^atten leine

» abriefe Don unb an ^egcr. II. B. 276—281.

a«f ber $55e fein« aSßirlfamfeit. 177

pertobifd&e SBebeutung, aber SJcrel&runfl unb Sonfbatfcit l^aben aud& leine. 68 bilbete fid& ein gfepcotniti au8 etoa a^ö^äifl ^Perfoncn: 8fßr|ier ate g^potbiter, ©an«, §otl&o, bem Hauptmann Don hülfen, einem eifrigen Sul^örcr ^egefe, bem ßanbWaftSjeici^ncr 0löfel, Setter, bem S)irector ber ©ingalabemie u. f. f. 2)er 3KittelJ)un!t ber geier lag in bem Sfejimal^I, toeld^eS am Slbenb in einem ©afil^auS unter ben ßinben ftattfanb. Unter ben ©ratulanten, bie fidfe 5Bormittag8 eingepettt i^atten, toar aud& ber Supijminifter Don Äamp§, ber öiel gefflr(|tete unb gel^agte S)emagogenDerfoIger. Sei bem {feftmal^I er» fd^ien eine Deputation Stubierenber, bie bem ©efeierten einen Sl^ren^ polal unb eine Slnjal^I gebunbener ©ebidgte flberreid^ten. ßiner ber 61^reng&ße toar !ßrofeffor SBid^mann mit bem auftrage, bie 99fifie ^egete anjufertigen, bie je^t in ber Slula ber UniDerfttftt fielet. SWan Der» längerte bie freier Aber SJlitternad^t l^inauS, [oba§ man ben ®eburts= tag ©oetl^eS bamit oerinflpfen lonnte. 9m anbern SKorgen in ber gfrül^e fam nodg ein |)oetif(6er ®rug Don ^einrid^ ©tiegli^. S)a feine 0rau mit ben @5]^nen abmefenb toar unb fidg bei ben 93ern)anbten in Nürnberg aufl^ielt, fo fd^ilberte il^r §egel mit Dergnflgten SBorten biefeS jftngfte @rlebnig. „2)u !annft nidgt glauben, ttield^e l^erjlid^en, tiefge- fttl^Iten äSegeugungen beS SutrauenS, ber Siebe unb S($tung id^ an ben lieben Sreunben gereiften unb jüngeren erfal&ren; eS iji ein für bie Dielen SRül^en beS ßebenS belol&nenber Sag/*

2. S)ie 3a^rBü()^er für kDiffenf^aftli^e Uritif.

Sffiir toiffen, toie eifrig §egel bie ©rünbung einer !ritif (i&en Öitteratur« geitung im ©ienfie ber gebiegenen ^Pl^ilofopl^ie unb SBiffenfd&aft flets betrieben unb erfirebt l^at. ©(eid^ bei feinem Sintritt in bie alabemifd^e ßaufbol^n l^atte er gemeinfam mit ©d|ening jenes „flritifd&e 3ournal ber 5p]^iIofoJ)]^ie'' in 3ena herausgegeben, beffen erfie ^efte in ben Salären 1802 unb 1803 erfd^ienen finb, aber nid&t fortgcfe^t lourben. Sic JBam« berger Seitung, loeld&e er rebigirte, l^atte nid^tS mit feinen lournalifÜfdöen Slbfidöten ju tl^un. 3n SRürnbcrg trug er fid& mit bem 5pian einer in SWünd&en ju grünbenben Iritifd&en Seitfd&rift, bie mit ber bort neu geftifteten Slfabemie ber SBiffenfdöaften als einer Dom ©taat autoriprten geifligen TOad&t DerfnüJ)ft fein fottte. 3n §eibelberg Djaren bie bor= tigen Sal^rbüd^er, Don ber ^Regierung gegrünbet unb unterftü^t, Don

1 »riefe öon unb an ^ejjel. H. (»r. ö, 28. Slußuft 1826.) ©. 209-212» gfitifter, ®eW.b.Wtof. Vin. 9».«. 12

178 Slttf btx m^ feinet SBirffamleit.

ber ltntt)etfttdt ocgantftrt unb geleitet, als ^egel l^inlam. 3e|t in SBerlin fa^te et ben $lQn einer in SSerlin aU ber ^au))tjiabt beS preugifdgen SteidgS, al$ bem @i^ ber ))reugif$eti Sllobemie ber Sßiffen- fd^often unb ber ^QU))tuni))er{it&t beS gangen SanbeS }U errid^tenben hitifd^en 3eit[d^rift ber Sitteratur, toeld^e nadg bem SSorbilbe unb ber Änoloflie beS Journal des savants» eine SlegierungSanftalt fein, ben Spanien beS SuItuSminifteriumS an ber ©pi^e tragen, Dom Staate autoriftrt, t)on ber oberften Unterridgtdbel^örbe abl^Angen unb t)on einem SoQegium geleierter unb ertodlglter STlänner geleitet toerben follte. (Sine fold^e Seitfd^rift foQte bie bebeutenben, ber tDiffenfd^aftlid^en SBelt- litteratur angel^örigen SBerle beurtl^eilen unb fennen Icl^ren, fte foHte ben auSgef|)rodeen{ten ©egenfa^ loiber bie üorl^anbenen Slecenfiranftalten bitten, toorin bie SWittelmä^igfciten jid6 gegenfeitig beftönbig fotool^l ))f[egen als l^erabfe^en, unb loeldge red^t eigentUdg für i,ben S)ünger }u Italien finb, ber bie Oftud^tbarfeit biefer SnittelmäBifll^it ind Unenblid^e erl^ol^t". @S fe^Ie in ^eutfd^Ianb an „einem imponirenben, loiffenfddafts lidgen unb Utterarifd^en 3nittel))un!te'', an einer baS öffentlidge Urtl^eit über ben SBertl^ ttiiffeufd^aftlidger SBerie normirenbenStid^tfd^nur: „ballet biefe ©ud^t nac^ etn)a$ 93efonberem, bie ju einem negattt)en ®eift gegen bas ®ebiegene, ®eltenbe, SlnerEannte loerbe, bal^er bie 3Aenge falfd^et Originale, iDie fd^on 93oltaire Don S)eutfdeianb 6emer!t l^abe, ed fei «un pays fertile en mauvais originaux». SaS »irlfamfte SKittel gegen biefe Uebelftönbe fei ein beurtl^citenbeS Snflitut, auSgerüflet mit bem ®etDid(|t ber ftaatlid^en ^utoritdt. „S)ie8 SBebürfnig einer Slutoritdt, um fid^ bei il^r gu berul^igen, ober erft auf fie l^in felbft angufongen, ifl ber toid^tigfte Umflanb, ber bie fritifd^slitterarifdge Sßirifamteit nad^ außen einleitet unb begünftigt unb bann fie fclbfl gum Slnfel^en erl^ebt." 3>iefen feinen ©nttourf einer in SBertin gu grünbenben ßitteratur= Seitung l^at ^egel bem preugifd^en UnterridgtSminifterium Vorgelegt, baffelbe aber nid^t für bie ÄuSfül^rung getoonnen.^

SDurd^ eine {^ügung günftiger Umftdnbe, teobei fomol^I Preußen als aud^ ^egel gang außer bem @))iel blieben, ift nun eine bem Ie|teren toilHommene S^itfd^rift bod^ gu @tanbe gelommen. SBenige 3eit nad^ SoufinS Slufentl^atte in 93er(in unternal^m ®anS, Don feinem O^reunbe ^ot^o begleitet, in ben @ommerferien 1825 feine erfte Steife nad&

1 Uebct bie (Sinti^tung einer fritifd^en Seitf^rift ber Sitteratut. IQ^erfe. »b. XVII. 6. 368-393. SBftl. oben Cop. VIII. 6. 91 fKßb.

Auf her ^ö^e feiner SDirlfamfeit. 179

$att§ au einem längeren ^ufentl^alte, ber 6iS gum (Snbe be§ ^al^reS QttoSf)xt ^at 3n ber franjöfifd&en ©prad^e etn]^einttf(i&, in bie ?PQrifer ä}er]^ftltntffe unb Sufl&nbe Balb mit SBol^IgefaDen eingelebt, l^atte er in bem @aIon beS SD^alerS ®irarb eines Slbenbs ben beutfc^en ©rog» inbuftrietten unb Bcrül^mten JBerlagSbud&l^ftnbler Sol^. gfricbr. gfrcil^errn Don Sotta Eennen gelernt, unb biefer l^otte Bei einer neuen Begegnung im Saufe bed ©efprAd^S i^m ben SBunfti^ einer litterorgefdgäftlid^en fött- binbung auf angenel^m entgegenlommenbe Strt geäußert. SDlit (Ifteuben l^atte ®anS biefen Antrag ergriffen, unb e8 »urbe ju nöl^eten S^ft- fteKungen eine 3ufammen!unft fogteid^ t)erabrebet, teel^e auf ber Stfid» reife ber Beiben berliner ^l^ilofop^en im ^aufe SottaS gu Stuttgart ftattfinben foDte. 93ei biefer 3ufammen!unft l^at ®ang ben Pan einer n)iffenfd6aftnci6en, in fflerlin §u errid&tenben, auf bie neue Unitoerptat unb bereu l&erDorrogcnbe geifiige Äräfte ju grflnbenben Seitfd^rift bem groggeftnnten ®efd^dftsmann t)orgetragen, ber bie SBid^tigleit ber @ad^e fogleid^ anerlannte unb barauf einging, naci^bem einige ber t)on il^m erl^obenen Sebenfen in Slnfcl^ung fotool&l feiner au§erpreu§if(i^en ^ßerförn liddleit als aud^ ber gu geiDinnenben großen SJlenge tflci^tiger 3Jlitarbeiter befcitigt toaren. „^ier lam mir", fo berici&tet ®anS, „gum erfien male eine gang lounberbare ßrfd^einung Dor. 2[d6 l^atte eine beftimmte Oforberung an €otta gefteDt über baS, toaS man ben t)erf(^iebenen ®t^ leierten anbieten follte, er ging ni(ftt barauf ein, aber in einem anbem @inne als baS gemö^nlid^ gefd^iel^t; er looDte bas Honorar erl^öl^t toiffen." „3(i& glaube bcrjenigc gu fein", fagteSotta, „ber guerfl ben größeren (Sl^renfolb ben ©elel^rten gegenüber einfül^rte, unb id^ l^abe in ^aufdg unb S3ogen nie ©elegenl^eit gel^abt eS gu bereuen. S>ie ßitteratur fann fi* nur lieben, tocnn man fie toirflic^ ad^tet, unb bie @mt)fdnglidg!eit beS ^ublicumS fielet in genauefter 9ßed6feltt)ir{ung mit bem Selbe fiber]^aut)t, baS man ben ©elcl^rten eröffnet/^ SDiefe SBorte c^ara!terifiren ben SJlann: ben 93erleger ber 3Ber!e ®oet]^eS unb ©d^iHerS.

3la(Si S3erlin l^eimgelel^rt, l^at ©ans mit bem fertigen $lane einer fritifd^en ßitteraturgeitung im 3. ®. 6ottafd&cn SJerlage feinen ßel^rer unb gfreunb $egel angenel^m überrafdöt, er l)ai bie ©ad^e gunöd&ft mit §egel unb JBarnl^agen t)on (gnfe, ber fie entl^ufiaftifc^ aufnal^m, bc=

1 ®anS: mdblxdt u. f. f. S)ie etiftung ber 3a(rbüd^er für tDtf[cnfd^Qft> li^e Artti!. e. 215-256. 6. 226 u. 227.

12*

180 Huf ber $o^e feinet aGOtrffamteU.

fprod^en, unb nadgbem ^egel bie einletienben Sd^ritte fietl^on, mutbe in feiner SBol^nunfl am 23. 3uH 1826 „bie ©ocietöt für toijfcnfd&aft lidge Itrtti!'' gegrflnbet unb in brei @ectionen getl^eilt: bie t)l^iIofo))^ifd^e, natur»iffen|d&aftli(i&e unb })^iIoIo9tf(^=]&tjiorifd&e; jum ©ecretör ber erpen tDurbe ®anS gettiftl^U, ju bem ber jmeiten @d^ul^ Don ©d^ul^enftein unb JU beut ber brttten §einrid& ßeo; bie 3eitf(4rift fottte „3a]&rbfld6er für tt)tffenfd6QfiUd&e Itrittl'' l^etgen unb in iDöd^eniUd^en Sieferungen mit bem ^[nfanfle be8 Sal^reS 1827 erf^einen.

. S^tfdgcn ^egel unb ©c^leiermad^er beftanb ein Slntagonidmud perfdnltdder unb pl^Uofopl^ifd^er Slrt, meldten bie Saläre ntdgt abgefdgmftt^t, Dtelmel^r burd^ unnfi^e $olemi! t>on beiben @eiten gefd^ärft unb Der« bittert l^atten. ^egel l^atte in fetner SSonebe au ^inrid^S' 9leItgton8- pl^ilof Opiate burd^ ein böfeS, ungered^ifertigted unb redgt überflüfftgeS fSioxt t)iel )u biefer Sd^irfung beigetragen. Sßenn fidg bie ^Religion nur auf ein ©efül^I grünbe, baS aU foId^eS lein anbereS ald baS ber ^bl^Angigleit fein lönne, „^o toäre ber ^unb ber befte Sl^rift, benn er trdgt biefeS am fiftrlfien in fid^ unb lebt Dornel^mKd^ in biefem ®efü]^I. Slud^ @rl5fung8gefü]^( l^at ber ^unb, menn feinem junger burd& einen Änod&en SBefriebigung toirb."^ ©d&leiermad6er l^at bie 3(ufna]gme Tegels in bie !önigltd^ ^reugifd^e 9l!abemie ber SBijfen- fd^aften gu Derl^inbern getDugt, tooburd^ ber Stellung unb Sßirifamleit Tegels in SBerlin ein bauernber ^bbrudg gefd^al^ unb il^m t)erfönlid^ eine fel^r empfinblid^e unb ungered^te Iträntung augefügt tourbe. 9(ls nun in einer Si^ung ber genannten €ocietftt bie unumgdngKd^e gfrage entftanb, ob ni(^t @dgleiermad&erd S^l^eilnal^me an ben S^^rbüdgern au tofinfd^en unb au bemirlen fei, fo geriet!^ ^egel in bie teibenfd^aft- lid^fte SSerftimmung unb erüArte, ba% biefe Sinlabung feine 3^ertrei6ung bebeute. & loar eine ftürmifc^e @i^ung, bie einaige foldger 9rt. S)ie Sinlabung unterblieb, toal^rfd^einlidg loürbe fie @(^Ieiermadger abgelel^nt l^aben, aber bie ^uSid^Iiegung eineiS äJlanneS t)on feiner 93ebeutung l^atte bie fdblimme Sfolge, bag nun bie ^df)xhüä)tx aU eine auSfdgliegenb l^egelfd&e Scitfdftrift erfd&icnen unb bon ben ©egnern „bie §egel* aeitung'' genannt »urben.*

> SBetfe. »b.XVII. 6.295. - > GanS: Slüdbliclc. 6. 251 flgb. 3ene fiarmifte Si^ung ^at im ^ecember 1826 ßattgefunbcn. 3u ben cingelabencn anitt^Itebern ber Socictfit gehörten t}on ber aScTÜnet UniDetfitat: SBocd^, 93o)))), 9lat- l^einele, (S^axl Glittet, t)on 9laumeT u. o., bann in SBerlin: ^o^anneS S^ulae, SBatn^ogen unb »aogen (€. 233). <^a^u tarnen U% sum 3a^re 1828: ®oet^e, Seffel,

9(uf ber ^hfit feinet SS^itlfamfett. 181

SBeDor bie Seitfd&tift mit bcm 1. Sanuar 1827 ins ßcben trat, mußten nod^ einige gefd^Aftlid^e S3exl^anb(ungen mit Sotta gepfKogen unb eine unuermutl^ete @dgmietigleit aus bem Sßege gerdumt werben. 3u biefem Stotä reiften ©ans unb ^otl^o erft nadg ffl&xnUxQ, um t)on einem bortigen ä^ertrauenSmann SottaS ju erfal^reu, mo biefet jur 3eit fid& auffielt/ bann nadö Stuttgart, too bie Confcrenjen mit €otta pattfanben, unb enblidö auf beffen SBunfd^ nad& SDlünd&en, »eil es fidg um bie Sf^age l^anbelte, ob in ber neuen Sitteraturgeitung ein 3ufammcntt)irfen ber berfll)mten ©elel^rten beiber ^auptftöbte, ber preugifdgen unb ba^tifd^en, gu betoerlfteOigen fei. fftai^btm baS ©egen- tl^eil fefigefleDt mar, nal^m bie Sad^e il^ren ungel^emmten gfortgang.^

2)a bie 33erU)aItungSgefd^dfte für ©anS ju lAftig unb geitraubenb lourben, fo übernal^m Henning baS Slmt eines ©eneralfecretArS. 9ta4 bem Sobe ^o% gfr. ©ottaS (1832) lamen bie Sal^rbüd&er in ben »er« lag ))on S)unrfer unb ^umblot gu Serlin unb l^aben nadb einer fafl gtoangifliai&rigen SBirlfamleit gu erfd^einen aufgel^ört (1846), als bie Jüngere l^egelfd&e ©d&ule burdö bie l^attifd&en Sal^rbüd&er (Januar 1838 bis 1. 3uni 1841) biefe in ben ©d&atten gebrftngt l^atten.

8. ^egeld SQ^itlfoinleit in ben 3a^Tbü((ent. Hamann.

Tegels gtDeiter unb le^ter Seitrag in ben l^eibetbergifdgen ^df)X' büd&ern l^atte Don 3fr. §. 3acobi gel^anbelt; fein britter ^Beitrag in ben neuen Sa^rbüd^ern, meldte man gern bie berliner nannte, obtool&l fte biefen 9?amen toeber l^atten nod& l^aben moDten, l^anbelt öon 3. ®. Hamann, beffen SQBetfe in ber Don gr. 9lot]& beforgten ©efammtauSgabe in ben Salären 1821—1825 crfd&ienen maren (ber ad^te unb le^te S3anb fianb nod& gurüdt). SBie $egel in ber S^aralteriflif 3acobiS ben 5PunIt ber Uebereinflimmung mit ber eigenen ßel^re befonberS l^eröorgel^oben unb erleud&tet l^at*, fo t^at er je^t bajfelbe in Slnfcl^ung Hamanns, beffen felbfiergäl^tte 3ugenbgefd6id&te (1730—1758), eigent^ümlid^e Sreunb^ fd&aften, eigentl^ümlid^e gfrömmigfeit, ©d^riften unb ©d&reibart er t)cr=

as^il^elm üon ^umbolbt, 91. D. ©i^^Iegel, t>. SBaer, SBoiffer^e, Sreuget, GcfeniuS, «toalb, afx. IRücfert, X^iBout, SOÖeldcr u. q. (@. 250).

1 ®an«: SlüdfMidfe. 6.238-248. »gl. ^Briefe öon unb an ^egel. U. Gans an ^egel: StfteS SBuIIettn (9iarnbetg, 20. etpt 1826). Stoeited S3u(Ietin (etuttgatt, ben 26. @ept. 1826). ^egel on ®anjS (S3erlin, 3. Octobex 1826). 6. 212-222. « 6. oben €al). IX. @. 105-107.

182 ^uf bet $ö]§e feiner SS^ttffamfeit.

ftinbnt^t)oII Qufaufaffen unb in feinet ^arfteHung bed mer!n)ürbigen SRanneS gu t)ettDeri]gen geU)ugt ^at^

2)en $unft ber burd^gftngigen Uebereinftimmung fott)o]gI oIS Stfferena 2n)if$en il^m unb ^omann l^at ^egel treffenb bejei^net unb bem ßcfer, id& mo^tc fagen, brQJHfd& t)ot ^ugen geratft. ffiiefcr 5Punft liegt in ber Seigre öon bet ßinl^cit ber ©egenfd^e (coincidentia oppo- dtoram) in bem SBefen ®otteS, ber SSielt unb beS SJlenfd^en, in ber Strt unb Sßeife ber 2)Qr(egung biefer Seigre, bie ©iorbano 93runo in feiner ©d&rift de Uno Der!ünbet Igatte. Sie Igamannfd&e Raffung biefeS $rinci))S t)erglei$t ^eget mit ber gebauten gfauft, bie feinige mit ber offenen entfalteten ^anb, inbem er ein t)on Hamann gebraustes ©leidg* ni§ ftd& aneignet. SieÄeidgt giebt es leine anbere ©tette, in toelcfier ^egel feine ßcl&re fo futj, fo bilblidg unb fo treffenb auSgeflJrod&en Igat, als Igier in biefem ^uffa^ über Hamann. „SDIan fielet, ba^ bie Sbee beS g^oincibirenS, loeldge ben ©elgalt ber ^^ilofoplgte aus«' ma$t unb oben in S3ejie]gung auf feine Slgeologie, foU)ie auf feinen SlgaraHer fdgon bef))rodgen loorben unb t>on ilgm an ber €))tac6e gleid^nifetoeife öorjiettig gemad&t toerben follte, bem ©eipe Hamanns auf eine ganj fejte SBeife t)orfle]gt; ba§ er aber nur bie «gebaute Qfauji» gemacigt unb baS SBeitete, fttr bie SEBiffenfdgaft allein S^erbienftlidge, «fie in einer ftadgen ^anb ju entfalten» bem Sefer Aberlaffen Igat. Hamann Igat jidg feinerfeitd bie a^ülge nidgt gegeben, toeldge, menn man fo fagen I5nnte, ®ott, freilidg in Igö^erem Sinne fidg gegeben Igat, ben gebauten jtern ber SBalgrIgeit, ber er ift, in ber äBir!Udg!eit ju einem ©Elftem ber IMatur, ju einem S^ifiem beä ©taat«, ber Sted&tU^- !eit unb Sittlidgleit, gum €^{tem ber SBeltgefdgicigte gu entfalten, gtt einer offenen §anb, beten Qfinger auSgejiredt finb, um be8 SWenfdgen ®eift ju erfaffen unb }u fi$ gu gtelgen, loeldger ebenfo nidgt eine nur abftrufe SnteDigeng, ein bum))fe8, concentrirted Sßefen in fidg felbft, nidöt ein blofecS gaiglen unb 5Prafttciren ijt, fonbem ein entfatteteö elftem intelligenter Drganifation, beffen formale 6j)i^e bafi ®enlen/*

S)ie Uebereinfiimmung mit ®. JBrunoö (ginl&eit ber ®egenfä^e, bie fo oiel bebeutet als bie SBefenSetnIgeit aller 2)inge ober bie Sßelt- einlgeit (äJloniSmud), ging in Hamann §anb in ^anb mit feiner dgrifi» lidgen unb lutlgerifdgen ®runbäber)eugung in ber Seigre oon ber Sreteintg-

» 3aM. fftt »tffenf^aftl. Uritif. 1829. SBÖerle. »b. XVIL ©, 38—110. » aBÖerle. 5Bb. XVIL 6. 87 u. 88.

«uf ber «ö^e feinet 9(Bix!fQmIeii. 183

feit ©otteS unb öon bet ated&tfertiflung blo§ burd& ben ©laubcn, toic er aud^ biefe beiben ©runbübeigeugungen gegen äJlenbelfol^nS „^erufalem" in ber bcbeutenbpen feiner ©d&riften „©olgatl^a unb ©d&eblimini" bejeugt l^ai. @r galt bei ben frommen @eelen, fotool^I bei ben @tUIen im ßanbe, toie Qfräulein bon Älettenberg in granffurt a. SÄ., ate Qud6 bei ben Iird&lid& unb lat^olifd^ Qftommen, »te bie gfürftin ®alli|in in aJlflnfier, »etd^e bie ä3ibel unb ben AatedgiSmuS nici^t fannte, als »ber 3Ragu8 im Slotben", wftl^renb er ber 3«taufHärung, namentUd^ ber berlinifd^en, ber beiftifd^ gefinnten lote ber gottlofen, Don ®runb ber @eele ab- geneigt »ar unb griebrid^ ü. fpotttoeife «Salomon du Nord> nannte. 9Rit bem Snl^alt ber ^amannf(|en ©runbübergeugungen oon bem 3Koni8mu8, ber Srinität unb ber sola fides toar ^egel einöerftanben, aber bie 2lrt, toie jener fie au8fpra(§, ber Ungufammenl^ang unb baS Unf^ftem feiner 3been, bie abfid^tlid^e SDunfell^eit feiner Siebe, bie ge« fud^te äl&tl^fet^aftigleit feiner ^[udbrflde fliegen il^n ab unb loaren il^m guAtber. ©erabe im ©egenfo^e gu Hamann mollte ^egel in feiner eigenen Seigre bie religiöfen ©runbtoal^r^eiten beS S^riftent^umS f^fte- matifd^ unb metl^obifd^ beloiefen ^aben. SDieS einleud^tenb gu mad^en, nftmlid& biefe Uebereinflimmung unb biefen ©egenfa^ gtoifd^en ibm unb Hamann: barin beflanb baS leitenbe 3)lottt) feines erften Sluffa^eS in ben 3al^rbttd&ern für loiffenfd&aftUd&e Äritü.

4. ®5f(!^el8 %pf^ox\9mtn, S)a]Öer gereid^te e8 unferm ^ßl^ilofopl^en gu fjreube unb S)anl, aU eben je^t ein angefel^ener SKann mit einer ©d&rift ]§ert)ortrat, toorin biefer 6l§aralter feiner ße^re erfannt unb ^epriefen tourbe. S)ie ©d^rift l^iefe: „2ll)]&ori8men über 3iid6ttt)iffen unb abfoIuteS SBiffen im S5er= l^&ltnife gur d&riftUd&en ®Iauben8erfenntni§. ein Beitrag gum a5er=

ftänbnife ber 5ß^iIofo})]&ie unferer Seit. SBon 6arl ffriebridfe © V^

®er aSerfaffer toar Äarl ^rtebridö ©ofc^el, DberlanbeSgeridfetSrat]^ in SRaumburg (1818—1834), f})äter 6onfiflorialt)rdrtbent in JWagbeburg (1845-1848); er 1861 ad&tgtgjäl^rig geflorbcn. ©öfd^el l^atte ftd6 Diel mit ber l^egelfd^en 5ß^iIofo})]^ie bcfd^öftigt unb fd&on öor fünf 3a]^ren (1824) in feiner ©d^rift „Ueber ©oetl^eS Sauft unb beffen Sfortfe^ung" »ol^I ben erften SBerfudö gemad^t, biefe ^pi^itofopl&ie gur Srllftrung biefeS ©ebtdgteS angutoenben, auf bogmatifd^e SBetfe, b. 1^. ol^ne ftd6 um bie (gntfie^unggart be§ goetl&efd^en SBerleS gu fümmern.

1 »etUn bei Sronflin 1829.

184 Kuf bet ^5(e feinet 98irltamleit.

3n feinen „^p^oximtn" l^atte ©öfd^el bie brei ©tanbpunfte untcrfd^icben: 1. ©laubcn unb SRid&totffcn; 2. abfolute« SBiffcn im SBiberfttcite mit bem ©lauten; 3. ©tauben unb SBiffen, bie ©IauBen8= erlenntnig, baS obfoluie Sßiffen im SinHange mit ber f^fiUe beS ©laubens. Sluf bem erfien @tanb))un!te fielet Sacobi unb bie fdgönen @eelen beS jacobifd^en unb l^amannfd^en AreifeS, il^r ©laube ifl Sufionb, ni$t ©egenflanb, fte l^aben bie QüUt beS ©laubenS, nid^t beffen Sid^t. Stuf bem giDeiten @tanb))un!t erfd^eint baS abfotute SQSiffen ats ben ©tauben nid^t erteud^tenb, fonbein t)er3e]§renb, atS ein Sßiffetr ©otteS, ipetd^eS nidgt @ein in ©ott ifl, fonbem ©otteg @ein fetbft, ba^er t>on feiten beS menfd^tid^en SSetDugtfeinS baS abfotute SQSiffen ober baS Sßiffen ©otteö ats ©etbfibergöttcrung crfd^eint, toetd^er SSortourf bem 5ßans tl^eismus mit Siedet, bet l^egetfd^en $]^itofo))]^ie bagegen mit Untedgt gemadgt tt)erbe. Stuf bem britten @tanb))un!t ift ber ©taube fotool^l Sufianb at3 ©egenjianb, fotool^t ^fllle at8 ßid&t; l^ier toattet bie ©taubenderlenntnig, unb ba§ äÖSort beS 9t))oftetd $autu§ toirb jur SBal^r^eit: „3d6 toeife, an »cn id6 gtaube". 6g ift ein I9jitid& SDing, bag bas ^erg fefl toetbe, unb eS toirb feft unb gett)ig, loenn es loeig, an totn eS g täubt. 3m ©tauben fügten loir und abl^ftngig Don ©Ott; t)on ©Ott abl^dngig fein l^eigt frei fein, 3lb]^Angig!eit t)on ©ott ift Ofteil^eit in ©ott. S)er ©taube ift bie SBiebergeburt, ol^ne loetd^e !einem baS Steidb ber SQSal^rl^eit aufgellt. SDer ©taube filiert burd^ bie SBal^rl^eit jur Ofrei^eit: toenn il^t gtaubt, fo toerbet il^r bie SBal^rl^eit erlennen unb bie SBal^rl^eit toirb eud6 frei madften. ?lud& in bet $^itofo))]^ie lann ol^ne @etbftt)erteugnung, b. 1^. ol^ne Sßiebergeburt unb ©tauben baS Steid^ ber SBal^rl^eit nid^t aufgellen unb bie Sludgiegung beS götttid^en ©eifleS ntd^t big gu ben ^o^en ber begreif enben 93er- nunft emporfteigen. 2lud^ bie 5ß]^itofop]^ie l&at il^r ?Pfingftfeft, beffcn Slnbrud^ ber SSerfaffer ber SI})]&ori8men in ber l^egetf^cn ^^itofopl^ic erbtidtt unb feiert. S)arum l^at §eget biefe ©t^rift in ben Sa^rbfld^em fo freubig begrübt atd „bie äRorgenrötl^e beS Or^iebeng" jtotfdgen ©tauben unb aSBiffen, atg ein guteg Seugntß, abgetegt Dom ß^rifiem tl^um über bie ^pi^itofopl^ie. „®ie ©efal^r beg bofen ©d^eineg ber ?ßarteitid6Ieit für bie eigene ©ad&e l^at ben 9lef. nit^t abl^atten fönnen, mit freubiger ^nerlennung beg ©el^attg unb beg SSorfd^ubg 2U f))redgen, toetd^en fie ber SQSa^r^eit getrau unb t^un toirb, nod^ bat)on, gnm ©d^tuffe bem §rn. 5Berf., ber perfönlid^ bem 9lef. un- belannt ift, für bie ©eite ber nöl^eren Segiel^ung ber ©d&rift auf

9luf bet ^6^e leinet Sßitffamleit. 185

bcffen arbeiten für btc fpeculatiöe ipi^ilofopl^ic, bie §anb banfbat gu brflden." ^

5. ä}etb&(!^ttgttngen unb ^tnfetnbungcn. «2)Qd (^eftnbel."

Sd^on ouf bet gifldfrcifc bon ^Patt« l^atte ^egel in (Slbetfelb (12. Octobet 1827) feinet gftau fd&etgenb flefdfttieben, bog er bie fd&önen Uni))eritt&tSgebäube in Sfittid^ toie in Sötten unb ®ent beirad^tet unb fid^ bort nad^ einem bereinjiigen 9lu]^e))lQ| umgefel^en l^abe, ttenn bie 5ßfaffen in Serlin il&m felbjl ben ßu})fer8rQben boBenbg entleiben; bie „Äurie in 9iom toftre auf ieben i^aU ein el^rentoertl^erer ©egner, als bie atmileligfcitcn eine» armfeliaen ^ßfaffengefdd&ö in Serlin*. ©eine Seigre xoax toegen Undgtiftlic^Ieit bei bem Aönige ))erbdd&tigt unb t)on !at^oIifd^en Aitd^enbel^ötben bei bem SRinifler ))er!lQgt »orben ttegen getoiffet ^eugerungen, bie übet bie iotl^olifd^e Vbenbmal^tele^te in feinen aSorlefungen Dotgelommen fein folKten.*

2)et S)enunciQnt unb Slnfldget mat ein Kaplan bet @t. ^ebtoigg- ürd^e in ä3erlin, bet auf ber OuAflur einen $Ia^ im ^ubitorium legete belegt l^atte unb in fpionitenber $[bfi(^t regelmäßig unter btn Sul^örern erfd&ien, big eine ®emerlung §egcl8 auf bem ftatl^eber eine ©cenc l^erborrief, bie il^n fflr immer Derfd^eud^te. 3n feinem SRed^t» fertigungSfd^reiben, baS er auf amlüd^^DertrauIidgem SBege an ben SRinifler gelangen ließ, l^at er ftdg fo entfdbieben tt)ie treffenb gegen fold^e Slngcbereien Dermal&rt. „®a8 SImt eineö 5ßrofejfor8, inSbefonbere ber ^l^ilofopl^ie, mürbe bie penibelfte Stellung fein, menn er fid^ auf bie äbfurbitAten unb SoS^eiten, bie, mie anbere unb id^ genug bie ßrfal^tung gemad^t, über feine SJortrSge.in Umlauf gefegt tperben, ad^ten unb einlaffen ttoQte. @o finbe id^ unter ben mir angefd^ulbigten Sleußerungen DieleS, tt)a8 id^ mit ber Oualitftt Don SRißoerftftnbnijfen !ur2 abmeifen unb bebeden lönnte, aber eS mir fc^ulbig gu fein glaube, nAl^er einen Stl^eil für Unrid^tigteiten unb äJtigt^erfiftnbniffe eined fd^madgen SSerftanbeS, eine anbere nid^t blog bafür, fonbern für Un- mal^rl^eiten, unb einen S£l^eil aud^ nidgt bloß für falfdge ©d^lüffe aus falfd^en ^ßrAmiffen, fonbern für boshafte SJerunglimpfungen gu et=

1 3oftrb. f. toiR. Stxltxf. 1829. SOÖetfe. »b. XVII. 6. 110-148. ^a6^ btcfcr 9lecenfton ^at fldft Göf^el tn Hoffnung auf eine ffinfttgc pexfönli^e aSelannt« t^oft bem ^^üofop^en btteflid^ genjil^ett unb für bie Slnerlennung gebanlt (9louraburö, 14. Octobet 1829). »tiefe oon unb an ^cget. II. 6. 332—335, « »tiefe. IL ©. 276 «nrnfg.

186 9(uf bct $54e feiner aSitlfamleit.

Haren." Äat^olifd^c Sul^örer, bie an flctoijlen Sleu^crungen Änftoft neunten, loürben beffer tl^un, i^pl^Kofop^tfd^e 3}or(efuttgen auf einet eDQngeKfd^en Unt))erfitdt bei einem $rofef[or, ber ftd^ tfll^mt, ote ßutl^eraner getauft unb etgogen in fein, eS ift unb bleiben toitb", nid^t gu befugen, (»erlin, ben 8. STprit 1826.)^

©leid^geitig mit ®5fd^e(S 3l))^oriSmen toot eine anonyme @d^rift erfd^ienen, loeld^e im ©egenfa^ gu jener bie ^egelf^e ^l^ilofopl^ie ber €elb{it)ergötterung befd^ulbigte unb il^r bie Seigre t)om abfoluten Sßiffen im t)ant^eiftif(i6en Sinne gufdörieb: ^lieber bie l^egelfd&e ße^re ober obfolutes SBiffen unb mobernen ^Pantl^eigmug".* ®er anonyme SBer- foffer biefer confufen, bofil^often unb untoiffenben ©d^rift lom tovifjH au8 bem fatl6olifd&en ßager ber Sf^inbe. Sr »irft bem ^pi^ilofopl^en beibeS t)or: @elbfl))ergötterung unb Selbjlbegrabation. 2>ie 3(rt unb Sßeife, »ie {)egel baS SSerberben ber Aird^e gefd^ilbert l^abe, fei eine 2>egrQbQtion beS ^immelS; loer aber ben ^immel begrabire, begrabire fid^ felbfl. 2)Qg ^egel in feiner 9led&td})^ilofo))l^ie baS SBermögen ftd^ felbfl gu t)erfiammeln unb gu tSbten oIS einen ber Unterfd^iebe an« gefttl^rt l^abe, toeld^e ber SReufd^ t)or ben Stl^ieren t)oxan^ l^abe, be^ trad&tet ber SBerf. als eine Stl^eorie ber ©elbfiöerjiümmelung unb ©elbfl« tobtung, bie ftdg mit bem S^^rifientl^um nid^t Dertrage unb nid^t in ein 9laturred^t gebore, teeld^eS in einem d^riftttd^en Staate gefd^rieben fei. 2)er 93erfaffer ift unfähig, gegebene @d^e tid^tig aufgufaffen unb fo gu nel^men, mie fie finb: biefeg Unvermögen !enngeid^net ^egel atS eine S&l^mung feines SSerftanbeS; bagu !ommt, iDag fdblimmer i% nod^ bie S&l^mung burd^ bie l^^pod^onbrifd^en Effecte ber 93o8]^eit unb ©d^mftl^- fud^t, Iraft beren bie gegebenen @d|e nidgt blog unrid^tig aufgefaßt fonbern nod^ t)erbte]^t unb ))erf&Ifd^t toerben, um fte verunglimpfen gu lönnen. SBaS in bem SBuft von SDeclamationen unb falbungdrei^en ^l^rafen nod^ gebanlenmdgig erfd^eint, ift aus ber ^l^ilofopl^ie ent- nommen, loeld^e et verunglimpft unb fd^mdl^t. 6r Verl^dlt ftd^ gu ^egel als ein fredger ^araftt, er fd^maro^t unb fd^impft, gemig ber Xenie: „^at man @d^maro|er bod^ nie banibar bem SÖSirtl^e gefeiten!''

^Siefe ©d&rift", fagt §egel am ©d^Iuifc feiner Ätitif, „ip l&in unb tt)ieber far fel^r bebeutenb unter ber ^anb ausgegeben ivorben; e8 ifl bem aief. fauer angefommen, gu bocumentiren, »ie fte befd&affen ip;

^ $Q^m: ^egel unb feine Seit. Snmerlungen 6.509—512. * Seipgtg 1829 bei S^r. üollmann.

9(uf beT $5l^e feiner aßirffamfeit. 187

tt)etin es erlaubt toire parva componere magnis, fo l^fttte er fid^ mit bem ©d&iiffole eine» Qxo^m ÄSnigg getröflet, ber einen Raufen bon ^albbarboren (fd^Iimmere als bie gongen) einem SBegteiter mit ben SBorten geigte: «©iel&t er, mit fold&em ©epnbel mug id& mid& l^erum- f dalagen >/^

6. Sine i^f^äMge ^olcmit'.

3n feinen beiben legten ^Briefen on §egel Dom 9. SKai unb 17. augufi 1827 l&atte ©oetl&e mit lebhaftem ^ntereffc Don einem jungen 3Ranne gerebet, bem er bur(!^ {)egete Sinflug eine Aufteilung in SerKn ju Derfd&affen loünfd&te, er l^at in bem erpgenannten ©riefe biefe Sl^eilna^me erbeten unb für bereu 93etl&ätigung in bem jtoeiten gebanft*: ber junge SWaun toar Äarl grnft ©d^ubart^, ber ein gtoei- b&nbigeS SBer!, „Sw S3eurt]^eilung ©oetl^es mit 93egie]^ung auf Sitteratur unb ßunjl", audft eine ©d^rift über «^omer unb fein 3eitatter" Der» fafet l^atte unb im ^af)xz 1830 „SJorlefungen über ©oetl^e« gfauft" ]§erau8gab, bereu 9ti(!^tig!eit, 93ertt)orren]^eit unb t)]^iIofo))]^ifd^e Unfa^ig- !eit 93ifd^er in feinen jlritifdgen ©äugen nad^ SSerbienfi getoflrbigt l^at. ©d^ubartl^ l^abe etioaS Don ber Sbee ber SE^eobicee gel^5rt unb fpiele nun mit biefem ))]^iIofop]^ifd&en ©eban!en, tt)ie bie Affen in ber ^ejcen» !ttd^e mit ber gl&femen Augel.^

2)iefer ©oet^efd^maroffer ^atte bie Anmaßung unb £^or]§eit, im Sdunbe mit feinem v^reunbe Sargantco in ä3erlin, öffentlid^ gegen ^eget aufgutreten unb ben 2)an!, ben er il^m fd^ulbig toar, in einer feinblid^ geftnnten ©dgrift abgutragen: „lieber $^i(ofop^ie über]^au))t unb ^egeto Suc^Hot)ibie ber ))]§itofo))]^ifd&en Sßiffenfc^aften inSbefonbere. 6in 93et« trag gur SBeurtl^eilung ber festeren."* SDa bie l^egelfd&e ^pi^ilofopl^ie „baS bergeitig intereffantefte ©eifte8))]^ftnomen" fei, fo nal^m fie ©d^ubart^ aufs Äorn unb Derf<>rad& fid6 Don feiner 5ßoIemif toegen biefer il&rer „S)er= geitigleit" einigen SEageSrul^m. Um auf eine ))]^i(ofo))]^ifdge Seigre ©el^&ffig« !eit gu tterfen, giebt eS auger ben politifd^en SSerbdc^tigungen fein beffered äJlittel, als il^r ben ©lauben an bie Unfterblid&feit ber ©eele

» 3o^r5. f. »iff. Ätitif 1829. Söerle. »b. XVII. 6. 149-197. - « SBriefe Don unb an ^cgel. n. 6. 236—238, 6. 248 flgb. * Sfr. 2:(eob. fß\\6^tx: Ihitif^e ®&ngf. (Xttbingen 1844.) 9b. II. 6. 69, (G^ubartl^ iDurbe aU $rofeffor ber Sttteratur unb ®ct4i4te am (B^mnofium au ^irf^berg [1830], f|)ftter an ber Unioerftt&t )u SBreSlau angejlellt [1841].) « Serlin, dnslinfdfte aSu^^anblung 1829.

188 auf bet §ö^e feiner SDÖulfamfeit,

aBgufpred&en ober bie 93erneinutig beffeI6en Dorgunoerfen. SDtefen 93ortt)urf Ttd^teie ©d^ubortl^ gegen bie l^egelfd^e ^l^tlofopl^ie: eS fel^Ie in x%x bie ßcl6re Don Stob unb Unperblid&feit; in bem l)f5(i6oIo9ifd6en Steile ber (Snc^!to))&bie, loo t)on ben ßebenSoItern gel^anbelt loirb, l^Atie bie Seilte t)om S^obe {teilen foUen, er l^abe fie bort Dergeblid^ gefud^i. (Sr ^at fo öerbeutlid^t §egel bie ?lbfurbitftt bicfe« SiniourfS „baS SebenSalter beS SobeS" üetmigt. 3laä^ feiner elenben Sudgt )u fd^Ied&ten ©pägen l^aite @d^u6artl^ gefragt: ob ^egel glaube, ba§ er ben £ob nic^t fd^meäen unb bei lebenbigem Seibe gen ^immel fal^ren ober aU etoiger 3wbe auf ber @rbe uml^ertoanbern toerbe? SDie Art toie bie SCenbenj feiner 5ßoleniiI ijl baburift gur ©enüge gelenngeid^net. „®ine 5ßotemiI, bie fid& auS gel^äfftgen Snpnuationen unb l^öftnifd^ fein foüenben Slbgefd^ntacft^eiten gufammenfe^t, ifl gu örmlid^ man toeig nit^t, ob eS gu t)iel loäre, pe fdöäbig gu nennen , um pd^ nic^t mit 6Iel babon abgutoenben unb pe in ber üDleinung roxt in bem ©enuffe ber felbpgcl)riefenen «gel^origen Siefe unb ©rünblid^Ieit» toeiter un- gepört gu laffen."^

7. SubtDTg Sfeuerbadft.

äßie Armlid^ unb fd^&big biefe ^olemil aud^ fein modgte unb loie üergePen bie beiben 9tamen, bie gu bem elenben äJlad^toerle pc^ gu- fammengetl^an l^atten, fo toollen loir boc^ nidgt unbemerft laPen, bag bie toidfetige, fpäter t)iel öerl^anbelte Sfrage nad5 bem 5Ber]§aitni6 ber l^egelfd^en $]^iIofo))l^ie gur Unperblid^ieitSlel^re l^ier lool^l gum erPen male litterarifd^ aufgetaud^t unb ))on ^egel fad^Iit^ unbeanttoortet ge« blieben ip. Or^p gleidggeitig erfd^eint in Ttflrnberg eine anonyme, bem Unperblid^leitstl^ema geloibmete ©d^rift: „®ebanlen über 2;ob unb Unperbücftleit" (1830), toorin ber ©laube an bie l)erf5nlid&e ober inbi= bibueUe v^ortbauer ber @eele mit aQer Seibenfd^aft unb aQem ^ag einer ))ant]^eiftifd^en ©runbanfc^auung Verneint unb t)erf))ottet toirb; ber Stejct bePel^t gum grögten S^l^eil in SSerfen, furgen 9leim))aaren (Änitteberfen) unb „fat^rifdö^tl^eologifd^cn S)ipid&en*; bie SBerfe pnb fd^led^t, bie S)ipid^en namentlid^ gel^ören gu ben ungefd^idtepen, bie in bcutfdfeer ©prad&e gemad&t pnb, eg pnb ber ^erfe beiber Slrten, felbp wenn pe beffer geratl^en toSren, Diel gu Diele, aud& abgefel^en Don fl)fiteren 3u« tl&aten. S)a8 Sntereffe, tocld^e« bie ©d^rift geioöl^rt unb Derbient, liegt

» 3o^rbü*er ffit toiifenft!^. Äritil 1829. Söerfe. »b. XVII. 6. 197-228.

9tuf bei ^öl^e feiner äBttIfamfcit. 189

in tl^tcr Xenbenj unb in ber 5ßcrfon beS JBcrfaffer«. 9lid^t blo^ bcr ©laube an bie ))erfönlid6e Unflerblid^Ieit, gegrünbet auf ben ©lauben an bie leiblid^e ^ufetflel^ung. aud^ bie bogu gel^öiige $rifilt$e SHeligion unb S£]^eoIogie, bie ortl^obo^e loie bie rotionaliflif^e unb m^fltf^e, au($ bie baju gel^örige ft)eculQttt)e $]^iIofo))l^ie unb ))l^iIofo))l^if(i^e 5Dog- matif geböten nadg ber 9(nftd^t beS äJerfafferi^ in bas 9let$ ber 5£aufd^ung unb Sflge unb foOen noc^ feinet ^bfid^t beut Spott unb ber 93erntd&tung anl^eimfallen.

S)er aSerfoffer ift ßubtoig SlnbreaS gfeuerBad^ auS ßanbsl^ut (1804—1872), Don ben fünf ©öl^nen be8 Berühmten griminaltjien Slnfelm t)on Ofeuerbad^ ber vierte; er l^atte boS ©^mnaftum in SlnSbad^ burd^gemad^t unb fic^ bem @tubium ber SEl^eoIogie guerft in ^eibelberg gettibmet. Stat^bem er l^ier .ein Saffi ftubirt l&atte, angetoibert t)on $QuIu§, mäd^ttg angezogen unb ergriffen t)on 2>Qub, loar er, um ^egel gu Igoren, nod^ 93erlin gegangen unb l^ier }U)ei ^al^re geblieben (Oftern 1824 bis Dflern 1826), toä^renb toeldfeer 3ett er alle Sorlefungen ^egete geprt l^at, färnnttUdfee gfäd&er feines ©Aftern« mit 9lu8na]§me ber aefil^etif. ßr füllte fid& t)on ber SBal&r^eit ber ^egelfd&en 5p^iIo« fopl^ie üoQtg burd^brungen unb, ba er biefelbe mit ber S£]^eoIogie nid^t ju Dereinigen Dermod&te, fo fd&rieb er im SWftrg 1825 feinem SSater (loa« biefen felfer übel afpcirt l^at): „3(^ lann nid^t mel^r S^eologic flubiren". 3n bie ^eimatl^ gurüdfgeJe^rt, l&at geuerbadö in griangen promoDirt unb fid& 5ßrioatbocent ber ^pi^itofopl^ie ^abilitirt mit einer im Oeift ber l^cgelfd&cn ßel^i^e öerfafeten 3nauguroIbiffertation «De ratione una, universali, infinita», loeld&c er bem aJleifier in SBerlin mit einem fel&r eingel^enben, jur Äenntnig unb SBeurtl^eilung geuer= badgS Augerfi mertofirbigen 93riefe oon SlnSbad^ auS gugefenbet (ben 22. SRoDember 1828). SBir reben l^ier oon geuerbadö um biefeg »riefeS toitten, bcr bie größte 93ere]^rung unb S)anlbarleit für §egel an ben Sag legt unb barum ju ber ßenngeid^nung ber 3eit gebort, toorin ^egefö SBirIfamfeit in S3erün fid6 auf il^rer ^öl^e barfiettt. 3)er ganje geucrbadö in feiner ungebulbig fortbrängenben Spanier unb leiben* fd^aftlic^en Sbeenl^afi fielet oor unfercn Slugen; nur feine ©dftreibart l^at nid^tS Don bem ejptopöen ßl^arafter, bcr fie fpätcr fo einbringUd& unb für Diele „padfcnb" gemad&t l^at. 3n bem Briefe an §cgel finb bie ©Ä^e fe^r auSgebel^nt, lab^rintl^ift^, toeitläupg unb gefd^ad^tclt, einer 5Periobe Don 31 3cilcn folgt unmittelbar eine jtoeite Don 29 Seifen. SBenn 5cuerbad& für baS grofee ^Publicum fold^e ©ä§e gefd^rieben l^ätte,

190 Stuf bcT ^ö^e fetner SBtTlfamfett.

toie an ^cflel, fo toürbe er ntd6i8 bon bcm (gffecte crrcidöt l^abcn, ber il^tn mit SHed^t ju S^^etl geiDorben.

S)ic§ ip bcr conceiitrirte 3n^alt bcS ®ricfe8. 6r fei jtoei 3ö|re long Tegels unmittelbarer ©d^üler gemefen unb l^abe beffen lel^rretdgen unb bilbenben Unterrid^t genoffen, babur(i^ feien Sbeen in il^m erjeugt ober getoedft toorben, loeli^e fd&affenb in il^m forttoirften, unb er glaube, ba6 oud& feine S)iffertation bei atten i^ren 5WöngcIn bod& eine ©pur bon einer 3(rt beS ^l^ilofopl^irenS an fid^ trage, meldte man bie 93er- tt)irnic6ung unb SSertoeltlid^ung ber 3bee, bie SnfarlofiS ober ^ncar^ nation beS reinen 8ogo8 nennen fonnte. (Sine foldfte Slrt beö ^pi^ilo« fopl^irenS gSl^re in feinem 3nnern. 3n ber nad6 §egel genonnten $]&Uofopl^ie l^anMe eS fid^ nid^t um eine @ad^e ber @d^ule, fonbem ber SWenfc^l^eit, ber ©eifi biefer neueften ?P^iIofopl&ie bringe bal^in, bie Sdgranlen ber @d&ule ju burd^bred^en unb allgemeine, toeltgefd^id^t^ Ixä^z, offenbare Slnfd&auung ju loerben; biefer ®eift entl^alte ben Samen }u einer neuen SBettperiobe, eS gelte ie^t, ein 9%eid^ gu ftiften, bad 9teidg ber 3bee beS pd^ in aQem 2)afein fd^auenben unb feiner felbfl betougten ©ebanfenS, aQen 2)uaIiSmu8 gu (vertilgen unb jene £ebenS- anfdgauung „t)om St^rone gu ftargen, bie feit Anfang ber d^riftlid^en ?{era befonberS bie SBelt bel^etrfd&t l^at", „auf ba§ bie 3bce »irlKd^ fei unb l^errfd^e, ein Sidbt in allem unb burd^ alle§ leud^te unb baS. alte äleicig bes Drmugb unb Sll^riman, bed S)uaIiiSmu8 fiberl^aupt, über« tounben loerbe". „€s tt)irb unb mug enblid^ gu biefer SlQeinl^enfc^aft ber SSernunft lommen." „68 lommt bal^er je^t nid&t auf eine Gnt« toidttung ber 33egriffe in ber ^orm il^rer Slögemeinl^eit, in il^rer äff« gemeinen SReinl&eit unb abgefd^loffenem Snfid^fein, fonbem barauf an, bie bisherigen toettgefd6id&tlid&en Slnfd&auungStoeifen bon Seit unb Job, ©ieffeitS unb 3enfeitg, 3d&r 3nbiöibuum, Jßerfon, ©ott u. f. f., in »eld&cn ber ©runb ber bisl^erigen ©efd^id^te unb aud^ bie OueDe be8 @^ftemd ber dörifilid^en, fotool^I ortl^obojen afe rationalijiift^en SSorfteöungen entlöölten ifi, toal^rl^aft gu öernid^ten, in ben ©runb gu bol^ren" u. f. f. „3)ie aSemunft iP bal&er im Sl^riftentl^um tool^I nod^ nic^t erlöft. Auf eine gang geip(ofe SQSeife gilt bal^er audg nod^ ber STob, oblool^l ein blog natflrlit^er Slct, für ben unentbel^rlidbften SCagelöl^ner im SQ3einberg beö §erm, für ben bas SBerl ber Srlofung erft gang Doffenbenben 9lad&= folger unb ©ef&^rten g^rifti."^

^ Subtttg Sfeuerba(( in feinem Sneftoe^fel unb ffia^lai. S3on üarl ®rfttt. (1874.) a3b, I. ©. 214-219. »gt. »riefe Don unb an §egel, n. 6. 247. Öeiber

«uf bcr ^öl^e feiner 2Dirffainfett. 191

SDiefer ®rief 3f uertadfe» entl&ftlt fd^on einen Äuö^ unb SBorblicf auf feine Probleme unb S£]§emato. Sr l^at fein Programm auSgeffil^tt. Um bie loal^re $(nf(!^auung bom £obe batjutl^un unb bie falfd^en, in ber d^tiftlid^en Steligion unb Zl^eologie einl^eimifdgen 9}orfieIIungen Don ©ieffeits unb 3enfeit8 gu gerßören, fdftreibt er jene „Oebanlen über 2ob unb UnperMid&Ieit'' (1830). Um bcn ©egenfaff itoi\ä^tn ber ^l^ilofopl^ie unb ber c^rißlid^en [Religion gu crleud^ten unb ben falfd^en ober fftlfd^Iid^en @d^ein il^rer Uebereinflimmung gu Dernid^ten, fd&reibt er in bie l^attifd^en SoJ^rbfid^er ben Sluffo^ „Ueber 5p^iIofop]^ie unb 6§riftent]&um'' (1889). Um ben ®ott be8 ©J^riPent^um«, ber nid^tö anberes fei aU bas unbelougt Vergötterte Sßefen bed SRenfd^en, gu entl^fiHen unb gu enttl^ronen, bamit ber d^rifiUd^-buQUfUfd^en SQSelt» unb ©otteSanfd^auung Don ®runb aus ein 6nbe gemad^t loerbe, Der- fagt er feine ^auptfd&rift „5Da8 äßefen beS Sl^riflentl^umS'', bie ge^n Sa^re nad^ bem 5tobe ^egete erfdgeint (1841). SBieOeid^t tt)Qr baS SBort, iDomit S^euerbod^ im 9lfldFbIidE auf feine gefammle fd^riftjlellerifd^e Saufbol^n in einer ungebrudKen SSorrebe feinen pl^ilofopl^ifd^en @tanb- ^un!t begeidgnen iDoCte, ber gem&gefle StuSbrudE: er nannte il^n „anfijxo- J)oIogifd6en ^Pantl&cigmu»". »drc red^t interejfant gu toiffen, »aS ^cgel gu jenem obigen 93ricfc, ber tl&m in otter g^rerbietung unb ^ulbigung mit ber befdgeibenen SRiene beS @dgfl(er8 eine 9leDoIution an!flnbigt, gefagt l^at. S)a jiebe @))ur einer Slntloort fe^ft, fo ift tool^I mit ©ic^er^eit angunel^men, baß er ben ®rief unbeantioortet gelajfen unb gu jenen lugenblid^en ©d^todrmereien gered&net l^ot, bereu il^n bamalS Diele angetoel^t ^aben.

n. S)ag Snbe ber Sßirifamleit unb beS ßebend. 1. S)a8 Slectoiat.

5ür baS ©tubienial^r Don Dctober 1829 bis gum Dctobcr 1880 tt)or §egel gum Slector ber UniDcrfitfit getodl^It »orben. 6r l^at toöl^renb feiner SlmtSfül^rung gtoei öffentlid^e Sieben in lateinifd^er ©})rad&e gel^alten: bie erpe nadft üblicher SBcifc gu feinem SlmtSantritt am 18. Dctober 1829, bie gmeite im Auftrage beS afabemifd&en ©enatS

l^at bet herausgebet ber leiteten btefen SStief nid^t abbruden laffen, toobur^ toii um bte genaue unb cotrecte äBiebergabe beffelben getommen ftnb, benn bie ®rünf(!^e SS^iebetgabe ijl incotrect, ba bet herausgebet na^ feinet eigenen SluSfage fe^t toiele @t)ettungen l^tneingettagen l^at, bte im S^ejt nid^t Dotl^anben tt^aten.

192 $(uf ber ^d^e feiner SBtrltanileit.

)ur brüten Sdcularfeter ber Uebergobe ber augSburgifd^en (Sonfeffton am 25. 3um 1830.

3n feiner STntrittörebe ^al er, nad^ SluSfftl&rung ber l&criömm« lid^en rebnerifdgen Oro^tnalii&ten unb ^rttg!etten, ben @tubirenben ben nötigen ©ebraudb ber olobemifd^en S^reil^eit ans ^erg gelegt unb fte Dor bem SRigbraud^ geioarnt, tt)orau§ allerl^anb 3ügeni){tg!etten ]^er))or gelten; ber ridgtige ©ebrauc^ befleiße in ber g^reil^eit gu flubtten, um ftd^ bie )pert]^))oIIen ®üter angueignen, iDetd^e bie Unt))eTfitftt in i^ren QfacuItätJtoiffcnfd&aftcn, ßel^ranjlatten unb ßel^rbortrftgcn barbiete.*

S)a8 %f)tma ber SubU&umSrebe toar bie d^riftlid^e (jfreil^eit, aU iDet(i^e baS SQSefen beS ^oteßontiSmuS aui^mad^e: biefe l^abeSutl^er tt)iebererobert unb gur «Magna Charta ber et)ange(ifd6en Itird^e» ge« mad^t, nad^bem er in bem SSerlel^r gtoifd^en ®ott unb fSRtn^ä^ bie @d6eibett)anb niebergeriffen, biefcS «schisma religionis», bie ftluft gn)ifd^en ^rieflertl^um unb Saientl^um, neld^e bie römtfdge Aird^e auf= getl^an unb fijirt l^atte; er l^at bie ©runblagen ber ^terard^ie gerftört, on bereu SBiberftanbc alKe früheren xeformatorifd&en SJerfud^e gefti^eitert iDaren. S)er ^roteftantiSmui^ begrQnbe unb erltAre baS allgemeine ^rieflcrt^um ber gläubigen ßl^rifien, ba j|cber, um gu ®ott gu ge« taugen, {tdft felbft unb fein etgenffld^tigeS ^erg gu o))fern l^at: eben barin beßel^t baS loal^re £)))fer))rieftert]^um. Unb toie nun (Sfft unb Ofamilie, 9(rbeit unb Sigentl^um, UebergeugungS- unb ^{Udgttreue gur Slufopferung ber @elbftfudgt beitragen unb gel^ören, fo bienen fie aud^ gur Heiligung beS SebenS, tD&l^renb bie ©elflbbe beS c5Ubatiren 2>afeinS, ber befi^Iofen Slrbeit unb be§ blinben ©el^orfamS Dermerflid^ feien, toie alle SBerll^eiligleit. ^

%m 3. Sfugufl 1830 ate am ©eburtiStage beS AönigS, l^atte ^egel als Slector ber UniDerfttät bie feierlid^e 93er!anbigung ber greife unb $reiSaufgaben in ber $(ula gu ))er!flnbigen. S)ie })^iIofo))]^ifd^e S^acult&t l^atte eine Unterfud&ung «De Düa fatalibus» (über bie ©d&idtfategott« l^eiten) gur ^PreiSaufgabc gcfteDt, fünf Slrbeiten toaren eingeliefert tDorben, eine baDon erl^ielt ben $rei8. ^egel Derlünbete baS Urtl^eil ber Qfacultät unb entftegelte ben JRamen beS SBerfafferS: «Aperio sche-

^ ao^etfe. S9b. XVII. 6. 314 fTgb. 3n bem ilectorotsial^re ^egel« toaren 2)efone: Snatl^eincle, t)on SancisoQe, SBagner unb Don ber ^agen. 3ni Senat Hieben €traui unb S3e((er, bie neugetoft^Iien Senatoren toaren S35d(, SBilfen unb ®on0. - « aöetfe. »b.XVU. 6.818-330. (6.320, 323f[gb.)

9luf bet $ö(c feiner 2DitIfam!eit. 193

dulam, invenitur nomen Carolus Ferdinandus Gutzkow Berolinensis».^

2. 2)ie Sttitxeüolutton.

SßA^renb biefer alabemifd^e %ct ))or fid^ ging, ivaren bie berliner 3ettunflen erfüllt öon ben toefterfd^fltternben Segebcnl^eiten, bie fid& in ber legten SuIitDod^e in $ortS angetragen. SRan nannte biefe Zage „bie groge SBod&e". 3m Slugufl 1829 l^atte Äönig Äarl X. ba8 SQWniperium SWartignac cntlaffcn unb feinen greunb, ben mit ben 3efuiten eng üerbünbcten gfflrflen 5PoUgnac, gum SWtnijlcrt)raftbenlen berufen. S(m 26. 3uU iDaren im SRoniteur bie föniglid^en Orbonnanaen erfd^ienen, tDoburd^ bie ^regfreil^eit fufpenbirt unb ein neues fEiaffU f^jiem eingefül^rt »erben foBte. 6g folgte bie jproteftation ber ^ow> naie unb ©(J^riftpelKer, an beren ©pi^e Stl^ier« fianb. 3n ben ©trafen« !ftmpfen ber nftd^ften Zage tourben bie {dnigli^en Gruppen befiegt, ber Aönig unb fein ^aM mürben enttl^ront unb bertrieben, bie fBti^ faffung nad^ bem principe ber 93oI!8fou))erftnitAt umgeftaltet unb bie Arone bem ^ergog Souis $^ili)))> t)on Drl^nS (bem ©ol^ne beS ^l^ilip)) £galit^) angeboten (3. Stugujl). 6r nal^m fie an unb beftieg

1 dol^annes^xoclg: 2)a« junge S)eutf4Ianb (Stuttgart, dloita 1892). 6. 273. St. Sf. eu^Iott) (1811—1878) im 3(|)tU 1829 in ber t)iUofo|)^tf(!^en Sfacultfit imma- triculirt, l^atte bei $cgel 8ogi! unb ^tiapl^^^fif, 9laturpiiIofo|)]6ie, ^^ilofop^ie bet Sßeltgef^t^te unb im @ommet 1881, bem lej^ten Scmcftex ber Sel^tt^ftttgleit Tegels, no4 9le(igion8p^i(ofot)6ie gel^ört. Uebetgeugt, bag bie großen ^nteteffen bei GegenioaTt moToIif^et, t^olitif^er, religiSfet unb ^](|tIofo|)^if4et %xt aud^ bie Gegenf&nbe ber SageSittteratur fein foHten, l^atte er aur SBeurt^eilung ber le^teren fd^on aU neunsc^nj&l^riger @tubent eine Settfd^rift in S3erlin gegrfinbet: ^Sforum ber 3outnanittetQtuT', bie auiB Sllangel an flbonnenten in luraer 3^it einging. 2)ann beigab er ft^ au SBolfgang SJflenael nad^ Stuttgart unb betrat bie fel^r ungettiffe unb bomenDoHe Saufbal^n eine« SagcSfd^riftlteEerS, unter ben Sfftl^tem ber neuen Sitteraturri^tung, toel^e man ,ba8 iunge 2)eutfd^Ianb' nennt, einer ber begabteflcn unb tenntnifireidftiten. ^Vorangegangen loar ^einrid^ Saube aus 6|)rottau in 6d^(efien (1806—1884), unb als SSorbilb in feinen Sieifebilbern unb Siebem, ein l^rif^er S)i4ter erficn 9langes, ^einrid^ $eine au8 2)üffe(- borf (1799 (?)— 1856), einft §egel« eifriger SuWrer in »erlin (Ojiern 1821 bi» £)fitxn 1823), nad^ bem 6iege ber 3ttIiret)oIution in 9aris, er^ in freitoiUiger, fpAter in not^gebrungener SBerbannung. 6ein Grab ftnbet ftd^ auf bem üird^- iofe Don STlontmartTC au $aril, feine anarmorjlatue oon einem bfinif^en SBilb» Iraner liegt au €orfu in bem Sfeen|)ala1i ber l^aiferin (SHfabetl^ üon Oefterreid^, feine 8iebcr leben in aa^llofen muftlalifd^cn Som|)ofttionen.

(If t f 4 e t, ocfd^. b. $(tiof . vm. n. «. is

194 «uf bet §55e feiltet gööitlfamfeit.

ofe „fiönig ber Stongofen" bcti SEl^ron granlreid^», ber ctpc unb eingtge SleprAfeniant ber S^^noftie beS ^oufeS Orleans.

®q8 9lei(i& ber liberalen Sourgeoifie war gefotnmen. SJictor ßoufin tcurbe ©taatSrat)^ unb aJlitglieb ber Unterrid&tgfiel^örbe, in toeld^er ©tettung er im SWoi 1831 nod& einmal in SBerlin erfd5ien, um bas ))reugi[dge Unterrid^tStoefen !ennen gu lernen. (Sx ift im folgenben Saläre gum ^air bon gfranfreidö crnonnt toorben unb im Saläre 1840 einige JWonate Unterrid&tSminijier in bem SWiniperium getoefen, toeld^em S^^ierS t)orftanb.

2)ie ^uUreDoIution unb bie europdifdben @rfd6üiterungen, bie fteg» reid^e Belgifd^e, bie unglüdlid^e ^olnifd^e 9le6eIIion unb allerl^anb Un- rul^en aud^ in 2)eutfd6Ianb, bie il^r auf bem OfuB^ gefolgt xoaxtn, ent- fprad^en leinesmeg« bem ©inn unb ben (Srtoartungen ^egete. 6r ^atte geglaubt, bag bie Slera ber 9let)olution unb ber ©taatSumm&lgungen mit bem ©turge 9lapoleond DoUenbet unb nun bie 3eit einft$t8t)olIer Setrod&tung unb gfortfdöreitung gelommen fei, toie er e8 in feinen 2lntritt8reben in ^eibelbcrg unb Serlin öerfflnbet l^atte: bie Slera rul^iger, betou^ter unb befonnener @ntn)i(!lung, bie aud^ in feinem ©^ftem als ber SSetSl^eit le^ter ©d^lu^ galt, bie ßt^olution ber ©e- red^tig!eit in ber SSelt, wlä^t audg na(!b Aant bie Slufgabe ber 3u!unft fein follte. 9lid&t ba3 3citalter, nur ber erfte Set ber Slebolution toar mit bem Sal^r 1815 gu ßnbe gegangen, bie fflufgeJ^niäl^rige Slejlau* ration erfc^ien loie ein 3n)if(i&enact. 2)ie StuSbrfld^e ber SteDotution tobten Don neuem auf ber SBeltbül^ne unb getoftl^rten bem ^Jj^ilofo^en ^egel tt)ie bem ©efd^idgtsforfd^er 9liebu]§r einen l^Sd^ft unertoarteten unb U)tbertt)&rtigen OfemblidE. ©elbfi ber englifd^en SSerfaffung brol^ten burd^ bie in S^rage unb ©treit ftel^enbe Sleform beS Parlaments ret)o- lution&re ©efal^ren.

3. S)ie engttf^e 9lefotm(iIl.

@S ftnb brei ^anpii^tmaia, loeld^e ^egel lodl^renb feiner ala= bcmifd&en ßel^rtl^ätigfeit, bie ein $Kenfd6enalter gebauert (1801-1831), gu ©egenflftnben feiner politifd^en ä3eurt^eilungen unb ©d^riften ge» nommen l^alte: bie beutfdftc 9leid68berfaifung, ber toürttembergifd&c SBerfaffunggfireit unb bie engüfd&e SHeformbill. ®ie erfte biefer ©d&riften fällt in bie ?lnfänge feiner ienaifd^en 3eit, bie gtoeite in bie ber ^eibcl= berger, bie britte in ba8 (Snbe feiner SBirffamIcit in Serlin. Jftur bie beiben le^igenannten l^at er Deroffentlid^t: bie erftere in ben ^eibel»

/

^uf bex ^ö^e feinet SBirlfamfeit« 195

bergifd&cn 3o]^rbüd&crn, bic testete, toeld^c feine le^te ©d^rift überl^aupt iß, in ber })reu6ifc^en ©taatögeitung. 3tt)ifd&en biefen beiben bebeutcn= bcn unb interejfQnten l)ubliciftifd6cn ßeiftungen §egel8 liegen bie brei Öuflra ber Sleflauration unb bie 3ulitage 1830. 9luS ber toerftnberten Seittage eifldrt fid^ bie t)et&nberte ©runbanfd^auung unb ©runb- {iimmung beS $]^iIofo))]^en. 3n feiner jtritif ber SSerl^anblungen ber tDürttembergifd&en ©tönbe Dertl&eibigt er ba§ neue ffizä^i gegen baß atte, ba8 rationelle gegen ba« l&ijiorifd&e, bic ©toatSeinl^eit unb bereu 3let)rafentQtion nod^ frongöfifd^em aJluper gegen bie ottttürttembergifd^e ßanbeSDerfaffung unb Steci^töguflAnbe; l^ier bagegen in feiner 93eur= tl^eilung ber englifd^en gieformbitt fielet er auf feiten be« alten SRed^tS gegen bas neue, be8 l^ijiorifd&en gegen baS rationette, ber altenglifd&cn JBer* faifung unb il^rer Sled&tdgufl&nbe, bie grogentl^eite ein Aggregat ))ofittt)er 93eftimmungen ^rit)atre(!^tUd&en UrfprungS bilben, gegen baS mobeme, quantitati))e, auf @enfuS unb S^umeruS gegrflnbete SBal^If^ftem nad^ frangöfifcöem ©d^emo: gegen biefe „franjöfifd&en Slbflractionen" mit il^ten ffir bie Srl^altung unb ben 93eftanb beS britifd^en Sleid^S gefäl^r- lid^en Sonfequengen. 3m ©runbe I^Att er es mit ben ^od^tor^S unb f^m})at]Öifirt mit SBeffington unb 9lobert 5PeeI gegen bie ^Parlaments» reformer ®re^ unb Sol^n fftuffel.

2)ie ))ofitit)eu äledgtSgufl&nbe Ratten bal^in gefai^rt, ba^ t)erfattene SBurgfleden t)on fleinfter, ©t&bte t)on geringer (Siniool^nergal^t baS Sßal^Ired^t befa^en, loäl^renb groge ^anbelsplö^e, t)oI!reid^e ©tdbte ))on l&unberttaufenb unb mel^r (Sintool^nern, toie SBirmingl^am unb 50lan= d&efter, baDon auSgefd^Ioffen toaren. ©oldften Uebeljiänben abjul^elfen erf^ien bie JReformbiff; fte tourbe im folgenben 3ta^re (1832) ®efe§ unb bobur(5 bie englifd&e SBfil^lerga]^! t)erbo})l)elt. 3n ber 3eitfoIge ftnb bie Sleformbejirebungen unb SReformbittS, erfi burd^ S)i8raeli, nadft il^m burd^ @Iabftone, loeitergeffil^rt unb im Saufe eines l^alben 3a]^r= l^unbertS ift bie fd^on üerbo))))elte ScifjH ber englifd^en SB&l^Ier mel^r als üergel^nfad^t loorben.

S)od6 fianb bie ©ad6e ber Steform im Saläre 1831 nod& fo frag» lidö, ba6 t)on bem 3ufatt einer ©timme bic SKajoritöt abl^ing, burdfe toeld^e bie 93itt gur gioeiten Sefung gelangte. 5Diefe il^m nod^ ungemiffe unb bcbenflid&e ßagc loar eS, bie Tegels SBetrad^tungen in ber l)reu§if(!6en ©taatSgeitung l^eröorrief.

aaSie irrationett audft bic gegebenen 3ufiänbe beS englifd^en fl&di)U red&ts fein mo(!6ten, fo »aren bic Sflcfultate öortrefftid^ unb na(!6 bem

13*

196 9tuf bei ^öl^e feiner Birlfamfeit,

Seugnife öon ajlfinncrn »ic SBcttington unb JftoBcrt 5Peel fonnte bie 93ef$affen]^ett be§ Unterl^aufeS nid^t beffet unb bem Sßol^Ie Snglanbd eifprieglid^et fein, aU eS tl^otf&d^Iid^ ber OfaQ toax. SBeQtngton kDamte t)or bem Ätämcrtl^um, bem in gfotgc ber 9ieformbitt, toenn fie ©efe^eS- Iraft erl^telte, bog UebergekDtd&t im Parlament )ufQlIen toerbe. ©erabe bie Heinen öcrfaffenen SBurgfteden (rotten boroughs) mit i^ren Idufs lid^en ober t)on einzelnen 3nbtt)tbuen unb Of^iniKen abl^ingigen 3BqI^I- {limmen l^oben ))orjügU(i&en ©taat^minnetn unb fad^Iunbigen SSertretern ber größten ftnongieOen Sntereffen ben 3us<^ttg jum Parlamente er- öffnet, ^egel beruft ftd^ gern auf bie kleben beiS ^erjogS t)on SSeOing- ton, ,,ber gioar nic^t baS Slnfel^en eines 9tebnerd ^at, loeil i^m bie tt)ol^IfIie§enbe, flunbenlang fortunterl^altenbe unb an ©elbftofientation fo ret$e ®ef(i^n)ä^tglett abgel^t, burdft loeld^e Diele ^arlamentSgtteber ju fo großem 9lufe ber Serebfamleit gelangt finb, beffen SSorträgc aber tro^ bes Sbgeriffenen ber @a^e, loaS il^m jum SSoriourf gema^ tt)irb, eines ©e^altö unb baS SQSefen ber ©ad^e treffenber ©eftdgtspunite ni(i&t ermongctn". SBom 3al^re 1688 an (bem Saläre ber SleDolution, mel^e baS foil^olifd^ gefinnte ^auS Stuart t)om S^l^ron flürgte) bis ie^t, burd^ ben 93erein Don Sleid^tl^um, Talenten unb mannigfad^en Äenntntffen, ber bie großen 3titereffen beS Äönigreid^S reprflfentirte, finb nad^ bem ^usfprudfte SBeQingtonS bie ^ngelegenl^eiien beS SanbeS auf bas 93efte unb Slul^mtonfte geleitet toorben.

SDaß bie SBal^Ircform in 2(nfe]§ung toirHid&er ©c^dben, loie beS Sel^nten, ber gutsl^errlidgen 9le$te, ber ^agbred^te u. f. f., praKifd^en Jlu^en fiiften merbe, läßt §egel aus ©rünben, bie er mit genauer Sa^fenntniß erörtert l^at, fel^r 3n)eifel]§aft erfdgeinen. 93or aQem aber befürdgtet er, baß bie ©eltung ber realen 3ntereffen teerbe abgeminbert unb gefd^te&d^t loerben burd^ bie ftdg DorbrAngenbe ©eltung fogenannter ©runbfä^e ober ^ßrincipien, baß gegen bie thommes d'ötat» bie thommes k principes» im SBertl^e fieigen unb baS abfiractc 8laifonnc= ment mel^r Sinfluß geloinnen tt)irb, als il^m gebül^rt. ,,2)er ©egen» fa^ ber hommes d'^tat unb ber hommes k principes, ber in 3franf= reid^ ju Stnfang ber SleDoIution gleid^ gan) fd^roff eintrat unb in (Snglanb nod^ leinen Ofuß gefaßt ]§at, mag m^l burd^ bie (Sröpung eines breiten SBegeS für SJarlamentSfi^e eingeleitet fein; bie neue Älaffe fann um fo leid&ter gfuß faffen, ba bie ^ßrincipien felbfl als fold^e t)on einfad^er 9latur finb, beSttjegcn fogar Don ber Untoiffenl&eit fd^nett aufgefaßt unb mit einiger ßeid^tigleit beS StalentS (»eil fte um il^ret

9(uf bet $5]^e fetneT SlBirlfomleit. 197

Mgemeinl^eit totllen ol^nel^in bte $r&tenfton f)aUn, ffir alles auSju« xtxä^m), foiote ntit einiger (Snergte beS Sl^oralierS unb beS ßl^tgeijed f&r eine erforbetlid^e, alleS angreifenbe Seiebfamleit austeilten unb auf bie aSernunft bet jugleid^ ebenfo l^ietin unetfal^tenen SJlenge eine blenbenbe Sßitfung ausüben; toogegen bie Aenntnig, Stfal^tung unb ©efd^aftStoutine bet hommes d*ötat nid^t fo leidet fid^ anfd^affen laffen, toeld&e füt bie Slntoenbung unb (Sinfül^rung bet öetnünftigen ©tunb» fa^e in boS toitllid&e ßeben gleid^ notl^toenbig ftnb." Unb bet Äantpf gtoifd&cn ben })ofitit)en 3ntctejfen unb ben fjotbetungen bet teetten Steilheit toetbe um fo geffil^tlidöct fein, aU bie monatd^ifd^e Oetoalt in Snglanb gu fd&mad^ ift, um bagmifd^en gu tteten unb gu betmitteln. „S)ie anbte 9Kad&t toütbe baS SSoß fein, unb eine Oppofition, bie auf einen, bem 99eflanb beS ^atlaments bisl^et ftemben ®tunb gebaut, im ?ßatIoment bet gegenübetpel^enben ?Pattei fic^ ni^t getoad^fen fül^Ite, toütbe öetleitet toetben fönnen, im JBoIfe il^te ©tdtfe gu fud&en unb bann ftatt einer Steform eine Steöolution l^etbeiguf ulkten. "^

$Wit biefet Äaffanbtaßimmung fd&Keßt ^egelS Ie|te, etft in ben gefammten SBetJen öoüftdnbig Detöffcntlid&te ©dfitift,

4. 2)ie Sl^oletaeptbemte. $er 99rief an ^. S3eet. 2)a8 6d^retben an ®an8. Sine fe^t bttflete Seit toat ge!ommen, als im @ommer 1831 bie afiatifc^e ß^l^oleta gum etjlenmale bie ©tengen 3)eutfd&IanbS fibetfdgtitt unb in Setiin lobtbtingenb um ftd& griff. ^Witten untet ben a5et= l^eetungen bet Atanll^eit l^atte ^egel baS (Snbe beS @ommetfeme{letS glfldElid^ etteid^t unb loat alsbalb gu ben ©einigen in baS €d&l5gd&en im ®tunon)'fd^en ©atten am Kteugbetge l^inauSgegogen, teo et bie Samilie gum 6d6u| bot ben Slnftedtungen bet Seud^e bei Seiten ge« botgen l^atte. §ict, im Äteife bet ©einigen, l&at et bie ©ommctfetien tul^ig unb bel^aglid^ gugebtad^t.

6nbe Sluguft toat feinem gteunbe §eintid6 Seet (bem Stubet beS @om})oni{len ©iacomo SOIe^etbeet unb beS btamatifc^en 3)i(^tetS 3Jiid5ael SBeet) ein ©o^n im ftü^en Änabenaltet geftotben. SJon feinet ©atteniool^nung auS fd^tieb il^m ^egel einen ä3tief üoQ innig^et unb ttöftlidöet Sl&eilnal^mc (1. ©et)tembet 1831). ©eine SEtofigtünbe waten bie einfad&ften, natütlit^ften unb feltenften. ßt ttöjiete ben ttauetnben aSatet nit^t mit bet Unbetgönglid^Ieit beS l^immlift^en jenfeitigen

1 m^. pxeu6. ©taatsgeilung 1831. !Rr. 115-118. SBetfe. »b. XVII. ©. 425-470. (6. 446 u. 447, 461, 479.)

198 Stuf bei $ö^e fetner aBirffamfeit.

ßcfien«, fonbcrn mit ber SJcrgängltd&Icit beS irbtf^en unb gcacntoätttgen. SQSenn totr ein löfHid^eS ®ut Derlieren, fo liegt in beut SSertufte ber ©dgnterj, barin aber, bag mir baS ®ut gel^abt, befeffen, erlebt l^aben, ber unjerftörbare unb troftreid^e ©eioinn. Di man mol^I iDünfd^en möd&te, ein foId&eS ®nt, um baffclbe nid&t ju verlieren unb ju cnt« beirren, lieber gar nid^t gel^abt gu l^aben? „3d^ l^ätte @ie nur bieS fragen fönnen, toaS i$ meine grau bei einem öl^nlid&en, aber frfll^ern aSerluft beS nodft einjigen ÄinbcS fragte: ob fie e8 borjiel&en fönntc, bad @lü(! ein fotddeS Ainb gel^abt, unb in feiner fdgönften 3eit gel^abt 3u l^aben unb beffen toerluftig gu Serben, ober aber biefed ©enuffeS gar nid^t tl^eill^aftig geioorben gu fein? ^l^r ^erg toirb bem erften 8<iff, ber ber Sl^rige iji, ben SSorjug geben."*

als ber @))at]^erbft unb baS neue ©emefler l^eranna^te, loar bie @))ibemie in ber ^[bnal^me begriffen unb, n)ie eS fd^ien, im S^er- fd^toinben. ^egel unb bie Seinigen toattn in il^re SQSol^nung am Äu))fergrabcn gurfldgefel^rt, er l^atte für ben SBinter gtoei JBorlefungen angefanbigt: StedgtSpl^ilofopl^ie (bie er aud^ im erften @emejier gelefen l&atte) oon 12—1 unb ©efdöid&te ber 5P]^itofot)]^ie t)on 5—6. 3)a t)affirte bei ©elegcnl^eit ber Slnfd&laggettct im Unit)erfitÄt8= gebftube ein il^m red^t ürgerlid^er, t)on ©ans t)erfd&ulbeter SSor- faH. S)iefer n&mlid^ l^atte Unit)erfalred^tSgefd&id^te unb ©efc^idgte ber Snpitutionen bcS römifd^en JRed&tS angelünbigt. 3ttifd&en ber ti^- genannten 93orlefung unb Tegels 9led&tS))]^ilofo))]^ie fd^ien eine S^on- curreng gu befleißen. 5lud5 toar bat)on gteifd^en beiben bie SRebe gc* toefen. 5lutt l&atte ©anS auf feinem Stufd^laggettel biefer ©oncurreng gebadet unb ben ©tubirenben ben S3efud& ber SSorlefungen ^egete nadö* brüdElid& empfol^len. ®ie 6m))fe§lung toar in feiner SBeife übel, aud& nid^t anfprud&S))oIl gemeint, aber fie loar in l^ol^em ©rabe ungefd^idEt unb unfd^idnid^ unb ))errietl^ etmas t)on jener Unfeinl^eit, t)on jenem SKangcl an verecundia, weld&en ©dftopenl^auer für einen ©runbgug beS jübifdgen Sl^aralterS erfl&rt l^at. ©ans toar Tegels ftets banfbarer unb pietötooffer ©d^üler, einer feiner ßieblinge, fein College unb 28 Saläre jünger als jener, ßr l^atte il^m ben Snfd&lag felbji gu« gefd^idt. 2)arauf erlieg ^egel an ©anS ein @d^reiben, toeld^eS in

1 Briefe bon unb an ^egel. IL 6. 365. Uebet ^einrit ®cer unb beffen Qfreunbf^aft mit ^cgel Dgl. ^einri^ ^einc'f farfaßif^e 2)atPell[ung in feinen »«eflftnbniffen-. Sßerfe. »b. XIV. 6. 277 flgb.

a[uf ber ^dl^e feiner SBtxlfamfctt. 199

einem einjigen ©a|c befionb, ber nid^td ungefagt lojfen »ottte, barutn auä) bte SSBorte ni^t fporte, fo bog er tro§ feiner Sinl^eit lang genug auSfieL S)er @q^ lautet: »Suf baiS, tnie id^ e8 nennen iDtD, a(en= teuerlic^e SlugfunftSmtttel, ouf ba« Sie, tDertl^efier ^err 5Profeffor, öetfatten pnb, einen Snfd&Iag gu mad&en, toorin 6ie ben be||)rod&enen Untfianb einer ßoncurren} an bie @tubenten bringen unb eine 6nH)fel^lung meiner SJorlefungen on biefelben gu geben fid6 erlauben, lonnte id& ei$ mir fd^ulbig gu fein fd^einen, Don meiner ©eite einen öffentlid^en ^nf(^Iag gu mad^en, um bem nal^eliegenben, mid^ in ein albemeS Sic^t fe^enben ©d^eine bei Kollegen unb @tubirenben gu be= gegnen, ate ob fold^er Sil^r Slnfc^Iag unb 9tecommanbation meiner aSorlefungen Don mir, toie @ie in 2S]&rem Sillete, mit Sbgel^ung Don meinen SluSbrflden, mir faft gu Derftel^en geben, gemoKt, Veranlagt, aU ob i(^ bamit einDerftanben fei; bie Hoffnung, ba6 toenigftens toer midg !ennt, fold^es S)erfal^ren nic^t auf meine Sled^nung fe^t, unb bie Säeforgnig, 3^nen gu neuen Ungefd^idlid^feiten ober Ungefd^idEtl^eiten ®elegenl^eit gu geben, veranlagt mid^, Sinnen meine 9(nfidgt Don ^l^rem 9[nfd(|Iage nic^t burd^ einen fold^en, fonbern mit biefen Seilen gu er» Hüren. 3l§r ergebender §egel/ 3)a8 ©dftreiben toar batirt: „SBerlin, ben 12. gfloDember 1831".^ 6g ftnb tool^I bie legten Seilen, »eld&e $egel gefd^rieben l^at

5. Xob unb aScgrftbntg.

Sn DöQigem SBol^Ifein ^atte ^eget 2)onnerStag, ben 10. 9loDember, feine SSorlefungen eröffnet unb am folgenben S^age fortgefe^t; er l^atte mit ungeioöl^nlid^er Araft, mit ungemöl^nlid^em (Jfeuer gerebet unb feine begierig laufd^enben Sul^öter mit fid^ fortgeriffen. „@S ift mir l^eute befonberS leidet geioorben'', fagte er gu feiner (Jfrau, aU er l^eim- ge!e^rt mar.

@onntag ben 13. SSormittagd et{ran!te er plb^Iid^, Don l^eftigen ajlagenfi^mergen befallen, toogu Srbred^ungen !amen. 2)en eingelabenen Sifd^g&ften lourbe abgefagt. 3laä) einer fdglaflofen unb qualDoQen 5Wadbt, SWontagS frül^, fd^ien er pc^ beffer gu ffll^Ien, bie ©d^mergen maren Derfd^tounben, aber bie AraftIofig!eit mar fo grog, bag er nid^t aufguftel^en Dermod^te. @r lag mie im ©d^tummer. VLm brei Ul^r fiettten fid& SBrufifrümpfe ein, bie ©lieber fingen an gu erfalten, um

^ S)ori)tt): S)enlf4riftcn unb Stiefe gur C^^araltcnfiit ber SDßerlc unb 8Uteratur. S9b. VI. »etltn («lesanbcr ^nndtx 1840). 6. 147-177.

200 Stuf ber ^öl^e feinet 9Birffamfeit.

5^4 Ul^r toar er Dcrfd&iebcn, ol&nc bcn 34)b flcfcftmerft unb mit tl^m gerungen }u l^aBen. Slud^ bte legten ^ugenblide ftnb il^nt &>ie bte legten SBorte auf bem Aatl^eber leidet geU)orben. Sie SfamiKe !ntete an feinem Sett, ber einjige iJreunb, ber il^n fierben fa]&, tjon ber grau l^erbeigcrufen, war So^anneS ©d^ulje. ®ie 2lerjtc, toeltfee fogleid^ gugegen unb juerft unbeforgt maren, l^aben feine Aranl^eit aU i,bie ei&olera in il^rer intenfiöften Sorm" bejeidönei %n bemfelben Sage 115 Sa^re Dor i^m (ben 14. 3flot)ember 1716) »ar ßeibnij in ^annot)er geflorben.

ajltttiDod^, ben 16. 9tot)ember 9lad&mtttagiS um 3 Ul^r l^at baS feierli^e SBegribnife ftattgefunben. 3n ber Slula ber UniDerfitfit l^iett SDiarl^einefe als Slector bie Xrauerrebe, am ©rabe l&at (Jörfler ate (^reunb, SJlarl^einele als ^rebtger gefprod^en. S)a3 @rab ift, \oit §egel es gemfinfci^t l^atte, ntUn bem ®rabe f^idgteS unb in ber 3lSf)z Don bem ©olgerS.^

2)ie fo bered^iigten ©efttl^Ie ber £rauer, Siebe unb 93e)Dunberun8, nod^ m&d^tig erl^öl^t burdg ben SinbrudE bei$ t)tö|Udgen SBerluftelS, l^aben fid^ in beiben Sieben au§get)ragt unb ben Slbgefd^iebenen mit t>oUtx 93egeifterung Derl^errlid^t, audg in fiberfd^m&ngüd^en StuSbrüdEen. Tlax- l&einefc l^at ben Deretoigten ®enler, beffen gange ßel^re auf bie ßnt* tDtdlung unb @r!enntniB bed SogoS gerid^tet toar, mit bem fleifd^- geworbenen ßogoS felbji öerglid^en. 3n einer anbern ©teile Wfet er uns bie ^erfönlid^en Sl^araltergflge ^egels in il^rem natarlidgen unb wol^ltl^uenben Siddte erfd^einen. ,,SBir !önnen bem Sobe !ein Sted^t Vergönnen Aber il^n, er Igat uns Don il^m nur entriffen, toaS nid^t @r felber toar. S)ieS ift Dielmel^r fein ©eift toie er l^inburd&blidEte burdg fein gangeS SBefen, bas l^olbe, freunblid&e, wolglwottenbe, wie er ftd6 gu er!ennen gab in feiner eblen l&ol^en ©efinnung, wie er fid& ent* faltete in ber Steinl^eit unb Siebend wflrbig!eit, in ber ftillen ©röge unb finblid^en (Sinfad^l^eit feines gangen @l^ara!terS, mit weld^em aud^ iebeS S^orurtl^eil, würbe er ndl^er erlannt, fid^ leid&t Derfö^nte: fein ©eift, Wie er in feinen ©d^riften, in feinen gal^treid^en SBerel^rern unb

1 Ucber ben Xob ^cgcls, feine letzten Sloge unb Stunben t>gl. bcn SBticf feiner gfrou an feine Bäfiotfitt Sl^rißiane, bte biete Salute (itsie^crin in bei grftf« Ii(( SBeTU4ingenf((en gfamilie im 64lo{fe au 3ag{t^aufen getoefen unb ft>&ter in ein fd^toereS ®e^trnletben betfallen wat, futg beoot fte bie Ülad^ti^t bom 2obe i^tef SBtubetd eui))fing ; baS ßeben wat il^t eine unetttfiglid^e 8ap gen>otben, bon ber fte ft4 anlegt in ben SBeUcn bct 9lagoIb befteit l^at. 9lofen(tana. 8. 422—426.

^egeU SBetfe utib beten ®efammtauSgabe. 201

6d6fllem lebt unb unDergdnfllic^ leficn tDirb/'^ (Jör|ier fotttc tl&n mit htm ]§eiHgen @etft nid^t blog Detglid^n, fonbern ate foldgen bejetd^net l^oben, eine Serteumbung, »eld&c SBoIfgoitfl Menjcl nadft feinet Slrt t)er- breitet unb S). (^r. @trau^, bet bei bent ßeid^enbeg&ngni^ Sugegen toai, aU Slugen« unb DJ&renjeugc toiberiegt l&üt.*

SKit Steifet Ifeabcn bie Slebncr bie forttoirtenbe Ätaft feine« ©cniuS unb feiner SBerfe, bie Unftetblidfeleit feines Spaniens gefeiert; mit 3led&t Ifeaben fie fidfe unb bie SrauerDerfammlung glücflidfe ge))rtefen unb ge* tröftet, bofe fie biefen SWann in ilferer SDflitte gehabt, in feiner SBir!= famteit erlebt, erfQlferen unb genoffen öaben. ©dfet l&egelfdfee Sroflgrünbe!

Sir, bie n)ir am @nbe beS neungelfenten ^[Qlferlfeunbertd flelfeen, fd&on im britten SDflenfd&cnalter ber nodfelfecgelfdfeen 3eit, bürfen ]fein3u= fflgen, »aS bie SHebner nic^t fogen unb felfeen lonnten, A)o^I aber bie 6t)äteren erfannt Ifeaben: bafe §egel nidfet blofe fanft, fonbern audfe tDo]feI= jeitig (eöxaepwc) geworben i^, in ber DoQjien Äraft ber Salfere, ber SBerle unb beS Stul^mS; er Ifeatte bie ilfem Ifeifiorifdfe geworbene Slufgabe qIS ))lfeUofo))]^ifdfeer @<!ferift{leller unb Selferer in feinen 9Ber!en unb in feinen SJorlefungen t)on!ommen erfüllt. SRid&tS an i^m toax überlebt, ate er ftarb.

SSiergel^nteS ßopitel.

L 2)ie Don ^egel felbft IfeerauSgegebenen SBerfe. 1. 3ena.

®Q toir in ber ßebenSgefd&id^te beS 5ß^iiofo))lfeen Don ber ©nt* ftelfeung feiner @dferiften unb SBer!e fdfeon ausfülferli^ gelfeanbelt Ifeaben, fo finb Ifeier bie un§ belannten litterarifd^en ä^lfeatfadfeen nur überfid^t- lidfe unb dferonologifd^ ju Derjeidfenen. @ämmtlidfee @d^riften fallen in bie Salfere feiner ßelfert^ötigfeit 3u 3ena, Sftürnberg, ^eibetberg unb »erlin (1801-1831),

1. ©iffereng beS gfid&te'fcifeen unb @d&etKing'f(^en ©^fiemS ber 5p]feiio= fopliie in Sejielfeung auf Sfieinlfeolbs Beiträge §ur lei^teren Ueberfidfet

1 Slofenfrana. 6. 562—566. « a)otiib &riebridj ©ttauft: ©ttettWriftcn (Xübinflen 1837). S)ntte8 ^eft. ©. 212 flgb.

202 ^egeld SOßetfe unb beten ®efammtaudgabe.

beS SuflanbeS ber $I^Uo|o))]^te bei bem Sfnfatige be§ neungej^nten 2[Q]^r» l^unbertd, erfled ^eft. 2t^na in ber afabemifd^en SBud^l^anblung bei ©eibler 180L SDie »orrebe ift batirt; ,,3ena im 3uli 1801\

2. Dissertatio philosophica de Orbitis planetarum. (Pro venia legendi. Jenae 1801.) S)ie ^abititotion flef^al^ am 27. Slufluft 1801.

3. flritifd&eS Sournal ber 5piöiIofot)]^ic, l^erauSflegeben Don 3fr, 2Bi(]^. ^o]tp^ Sd^eUing unb @e. SBill^elm ^x. ^egel. Sfibingen in ber 3. ®. 6ottafd6en »ud^l^anblung 1802— 1803. ®ie atoei JBönbdöen bed Journals, beren iebeS brei Stade i&m (ba§ le^te mit ber ^al^reS« ififjH 1803) entl^alten ad^t fritifd^e 9(uff&^e, beren ungenannte SSerfaffer bie Herausgeber jtnb ober fi(j& ate foldde geben. SBon biefen 8luffft§en finb folgenbe fed&8 in ^egelö SBetfe aufgenommen »orben, id& nenne fie nüd6 ber Sieil^enfolge im 3ournai:

1. Sinleitung. Uebcr bad Sßefen ber ))]^itofot)]^ifd&en Ariti{ über- ]^aut)t unb il^r 93er]§&(tnig gum gegenm&rtigen Suftanb ber 5ß^iIofopl^ie insbefonbere. I. @t. 1.

2. SBie ber gemeine SWenfi^enöerjianb bie 5p]^iIofo))]&ie nel^me, bargepellt an ben SBerlen beS §erm Ärug8. I. ©t. 1.

3. aSerl^&Itnig be§ ©lepticiSmuS jur ^l^ilofopl^ie, 3)arftellun8 feiner berfti^iebenen SWobificationen unb SBergleiiJ beä neuefien mit bem alten. I. ©t. 2.

4. Ueber ba« »erl^aitnife ber 9laturplöiIofot)]&ie jur ^pi^ilofopl^ie flberl^aupt. I. ©t. 3.

5. ©lauben unb 2ßiffcn. ®ie 3lefIeEion8t)^iIofop]öie ber ©üb« lectiDit&t in ber 93oIl[ft&nbig!eit i^rer g^ormen ald jtantif(^e, 3acobifd&e unb afidfttefd&e ^pi&ilofopl^ie. II. ©t. 1.

6. Ueber bie miffenfd^aftlidgen SSel^anblungSarten bed 9laturre(ibtör feine ©teQe in ber praftifd^en ^l^ilofopl^ie unb fein ä^erl^&ltnig ju ben pofitit)cn 3flc(6tSn)iffenfd5aften. 11. ©t. 2. unb 3.^

SßaS bie Dierte ber erftgenannten ^l^anblungen betrifft, fo M ©d^eßing, oon bem ßeipjiger ^pi^ilofoDl^en 6^r. ^erm. SBeifee über bie Äutorfd&aft befragt, fd(irifHid& erlldrt, bafe biefelbe il^m jufomme, too» gegen SDflicbelet au8 bem 2Äunbe Tegels gel^ört l^aben toiff, ba^ btefer bie ©d&rift Derfafet l^abe. Sie ?lutorf(baft ift alfo in biefem ^Punlte fireitig unb barum fraglid&. ®er 3luffa| jiel^t nun in ben SBerfen beiber 5p]&iIofot)]^en. 3. 6. ©rbmann unb §a^m l^aben fid&, ieber aus

> S>ie 9(uffftte 1—3 ße^cn in« ben a&etlen a9b. XVI, wogegen bie 9Iuffa|t 4—6 in anbetex Dtbnung in ben SBetlen SBb, I gu finben finbl!

^egeld SOßexIe unb beten ©efammtouSfiabe. 208

eigenen ©rflnben, für bie Stutorfdfeaft ©(feettingS auSgefproi^en. ^ SRad^ ber ©d^reib- unb 2)arfteQung8Qrt gu uttl^etlen, totrb man il^nen itu jiimmen ntflffen, ber ^ragc felbji aber lein »eitereg ©etoid&t gu- fd^reiben fönnen.

4. ^pi^änomenologie beS ©eipeS. ©^pern ber SDßiffenfdöaft. erjier SEl^eiL Hamburg unb aBflrjburg, bei ©öBl^arbt. 1807,* SWad^ 24 Salären toar t)on biefem SQBerf eine jtDeite ^luflage nötl^ig getDorben, mit bereu SJorbereitung §egei furj öor feinem Sobe befd^öftigt toar.

2. Sflünibetg.

Sa3iffenfd&aft ber ßogif. ©rfler X^eil: S)ie obiectit)e ßogü. @rfte Slbtl^eilung: 2)ie Seigre Dom ©ein. 3tt)eite Slbt^eilung: S)ie ßel^re Dom SBefen. SRflrnberg 1812. 3toetter SEl^eil: ®ie fubjectiDe 8ogi! ober bie ßel&re Dom Segriff. SRürnberg 1816. S)ie SBorrebe Sum erjlen Sl^eil ip batirt: 5Rürnberg ben 22. SWftra 1812, bie gum gtoeiten: 9lflrnberg, ben 21. 3uU 1816.'

^egel toar mit einer neuen Auflage biefeS feineg gioeiteu ^aupt« loer!8 befdgäftigt, aU ber S£ob bie (Jfortffil^rung unterbrad^. 2)ie 93or- rebe gu ber neuen $[uflage beS erften 93udg8 ber ßogi! toar lool^l feine le^te ben SDßerfen angel&orige ©d6rift, fie ifi batirt „SBerlin ben 7. SRo« Dember 1831". 6ine S&oi^t Dor feinem SEobe.

3. ^etbelberg.

1. (Snc^üopAbie ber ))]^iIofot)]^ifdgen Siffenfd^aften im ©runbriffe. 3um ©cbraud^ feiner SJorlefungen.*

S)iefe8 SBerl ]§at Dier Sluflagen erlebt. §egelg SBorrebe gur erfien iji batirt „^tihzlbtxi im 5Dtai 1817", gur gioeiten (gel^n Saläre ft)atcr): ^Serlin ben 25. SWai 1817", gur britten: „Serlin ben 19. ©ep« tember 1830"; bie Dierte unDcrftnberte Sluflage l^at 9iofen!rang Deran= paltet unb mit einem JBortoort Detfel^en: „ÄönigSberg ben 29. Dc= tober 1844".

2. „Ueber fjr. 3acobi8 SBerle, britter Sanb. ßeipgig, bei ©. ®er= ^arb 5Ieifd&er bem jüngeren 1816." ^eibelbergifd^e 3a5rbüd6er ber ßitteratur 1817.^

1 3o^. (B. (Erbmann: SSetfu^ einer miffenf^aftli^en S>arftell[unfl ber d^ef^. ber neueren ?J|iIofot)iie. DI. 2. fLbt^. (ßeiwig, SSogel, 1853.) 6. 693 fiflb. 91. ^a^m: ^egel unb feine Seit (SBerlin, Gaertner, 1851.) SSorlefung VII. 6. 495. - 2 »gl. oben €(0). VH. ©. 68-70. ' «benbaf. (lap. VII. 6. 81 Pflb. * Cbenbaf. (&ap, IX. 6. 101 flgb. » mwc biefer «uffa^ über Sacobi tjl üon

204 ^egeU äDerle unb beten ©efammtauSgabe.

3. SBrudöflüdfc ber im ®ru(f ctfd&ienencn aSerl^anblungen in bcr Setfatumtuttg ber SanbfiSnbe beS Aönigtetd^d SQßfirttemberg im ^aJ^re 1815 unb 1816. 1. XXXHI «bt^. ~ ^eibelbergifd&c Stal&rbüd&er 1817.^

4. a3erlin.

1. ©runbUnicn bcr 5p]^iIofot)^ic bc8 Sied^ts ober 3latnx' rcd&t unb ©toatgtoiffenfd&aft im ©runbriffe. SBcrlin 1821. S)ie aSorrebe ifi botirt .»erKn ben 28. 3uni 1820".«

2. Sd&t-auffä^e in ben SQl^rbüd&ern für toiffenfd&aftlid&e Äritil aus bem 3a^re 1827—1831.

1. 9lecen{ton Don „Ueber bie unter bem Flamen ä3]^a8at)ab=®itQ be!annte (£))tfobe beS SDlal^abl^arata; Don 9B. D. ^umbolb, »erlin 1826". Sal^rbüd&er für loijfenf^af«. Äritif. 1827.

2. lieber „©olger 8 nad^gelaffene @d^rtften unb »riefmed^fel. ^eraujSgegeben Don Subioig %xtä unb f^riebrtd^ Don IRaumer." ebenbof. 1828.

3. Ueber „^amannS ©dftriften, l^erauSgegeben Don {Jriebrid6 9lot^. Vn SE^eile. Serlin bei Sfteimer 1821—1825." gbenbof. 1828,

4. Ueber ..Slpl^oriiSmen über 9lid&tn)if[en unb obfoluted Sßiffen im Sßerl^dltnig gur d^riftlidgen ©laubenSerlenntnig; Don Statt gfriebri* ® I". gbenbaf. 1829.

5. SRecenfton bcr ©d^rift: „Ueber bie l^egelfci^e ßel&re ober abfo* lutciS SStffen unb mobemer ^ant^eismud". Sbenbaf. 1829.

6. Slecenfion ber ©d^rift: „Ueber ^]§iIofot)]^ie flbcrl^QUpt unb Tegels Snc^flopäbie bcr ))]^tIofo))]^if(!ben SBiffenfd&aften indbe« fonbere". Sin SSeitrag jur Scurtl^cilung ber legieren; Don D. Ä. g. ©(^ubari^ unb D. ß. 21. ©arganico. (Sbenbaf. 1829.«

7. Ueber ^3)er abealrealiSmuS. (Srfter Sl&cil. SSon D. Sllbert ßeopolb 3uKuS D^Iert." gbenbaf. 1831.

8. SRecenfton ber ©d&rift: „Ueber bie ©runblage, ©lieberung unb Seitenfolge ber SBeUgefd^id^te. 3)rei Vorträge, gehalten an ber ßubü)ig'9DlaE=UniDcrfität gu SKünd&en; Don 3. ©orre»/ ebenbaf. 1831.

^egel, nidjt aber ber über 3acobtÄ SBetfe »b, I. (^etbelbergiWe Sa^rb. 1813), ber irrt^flmli^ in bie Ausgabe ber S&exfe ^egeU (9b. XVI) aufgenommen toorben iß. 34 bitte, bemgemftg bie obige Angabe (6. 105—106) gu dnbern.

» 6. oben ddp. IX. 6. 105-107. Cbenbaf. €ap. IX. 6. 107— II«, « übenbaf. €ap. XL ©. 142—145. » »gl. über bie 3—6 genannten Slecen- flonen oben Co»). XIII. 6. 181-188.

$cgcU 90er!e unb bereit (Befammtaui^gabe. 205

3. Uebcr bie englif^e gtcformbtll. Mitmüm preufetfd^c Staat«- gcitunfl 1831. ^icr crfd&ien toegcn jjctDijfct eenfurfd&toierigfeiten nur bcr crfie SEl&eil bt^ äuffa^eS, her t)ottfiftnbi9 etji in bcr ®efammtau8== gäbe bet SBerfc Sb. XVII abgcbrurft tourbe.

n. 2)ie ©efamnttauSgabe. 1. ^ie Aufgabe.

®Icid6 nad& bem Sobc ^cgcls t)ercint9ten jtd& feine Serlinet gfreunbe unb ©d&üter gur SBeranfiattunfl einer t)oIIfianben SluSgabe ber ©d&riften beS SUleifierS, toorin bie fd^on gebrudften (ginjeltocrfe unb Sluff&^e gefammelt, bie nad^gelaffenen SBerle an baS Sid^t treten unb baS ©anje fo eingerid^tet unb georbnet fein foffte, ba§ fotool^I bie d^ronologtfd^e al§ aud^ bie f^ftentatifd^e Sleil^enfolge aur ©eltung !&nien. 3n ben ))ter gebrud(ten ^auptaerlen, ^^änomenologte beS ©eifteS, Sogt!, @nc^I(o))ftbie unb Sted^tSpl^tbfopl^ie, toar bie ^ifiorifd^e Ofolge audb bie fQ{tematif(%e. 2)te naddgekffenen SQSerfe beftanben in ben fdgriftlid^en 3lufieid&nungen ber ßel^rborträge tl^eitfi i)on ber ^anb beS 3Jleifler8, tl^eite in auSerlefenen, BefonberS braud^baren SRadöfd^riften t)on ber §anb ber 3uprer. ®ie (^ronologifd&e Sieil^enfolge biefer SBorlefungen in l^anbfd&riftlidöer ©cflalt tDar: ©efd^ic^te ber ^pi^ilofopl^ie, Slefll^etif, 9leIigtonS))]^iIofo))]^ie unb $]^iIofo))]^ie ber ©efc^id^te. 9lad^ §egel bilbet ben erften S^^eil beS @^{temS ber SBiffenfd^aft bie $l^ftnomenologie beS ©eijieS, ben jtoeiten bie ßogif unb 5Dteta})l§^fif, ben brüten bie SRatur- unb ©ei}ieS})]^ttofot)]^te; bie le^tere aber gliebert fid& ttieberum in brei Xl^eile ober ©tufen: fie ift aU bie 2Biffenfd&aft öom fubj[ectit)en ©eiji Slntl^ropologie unb $f^d^ologie, als bie 3Biffenf(^aft Dom obiectit)en ©eifl 9ledgt§= unb StaatSpl^ilofopl^ie unb ^l^ilofopl^ie ber SBeltgefd^id^te, als bie SQBijfenfdöaft öom abfoluten ©eiji Slefi^etif ober Äunfi))]^ilofo))l^ie, afle= IigionS))]^iIofo))]^ie unb ©efd^i^te ber $l^iIofo))]^ie. 2)ie Slaturpl^ilofopl^ie, unb 2lntl&ro<)ologte (^Jf^d&ologie) l^at §egel nur in ber ®nc^fIo})ftbie auSgefül^rt.

©iefer Stnorbnung gentftfe ntufete fid& bie ©efammtauägabe ber SBerle geftalten unb gliebern.

2. 2)te herausgebet unb bie ICuSgabe.

3ur §erfiellung berfelben l^atten ftdö fieben ©elel^rte bereinigt, fftnimtlid& legete greunbe unb ©d^üler unb mit Sluönal^me beS erften unb

206 ^egeU äBetle unb beten ®efammtau8gaBe.

legten anä) feine goKegen: Sol^anneS ©ci^uljc, 5pi§tlipp Sölarl^etncfe, Sbuatb ©ans, Seopolb Don Henning, ^einrid^ ©ujlat) ^oil^o, Aatl ßubtoig aJlid&cIet unb gfriebrid^ fjörfter, lauter unS tool&lbefünntc ®e= ftalten. 2)er ©eneraltitel l^ieg: »©eorg äßil^etm (Jfriebridg ^egelS äBetle: SSoDflSnbtge SluSgabe butd^ einen ä^etein Don f^teunben beS SSetetoigten: (folgen bic peben Flamen in bet obigen JReil^enfoIge).'' 3ebeiS 2;itelblait fäl^rt aU aRotto bas iDol^Igetoa^Ite fopl^oHeifd^e SBort: TaXT)*§(; isl TcXstatov lo^osi Xö^oo.^ ®te 3lu§gabe etfdöien ini SSer« läge Don 3)un(!er unb ^umBTot ju 93erlin.

3)ie Herausgeber Ratten fid^ in bie 9(rbeit fo getl^eilt, ba| 3. ©dftulje bie ^pi^änontenologie, SDlarl^cinele bic SBorlcfungen über bie 5leKgion8rtiIofo))]^ie nebfl einer ©d^rift über bie ffletoeife Dom ©afein ©otteS, ©ans bie fRed^tSpl^ilofopl^ie unb bie SSorlefungen über bie ^l^i» lofopl^ie ber ©efd^id^te, Henning bie SBiffenfd^aft ber ßogü, ^otl&o bic SDorlefungen über bie ^[efl^eflit, ^Jlid^elet bie ))]^ilofo))]^if$en ^]^anb= lungen unb bic 93orIefungen über bie ©efiigid^te ber $]^i(ofo))]§ie, Henning, SDlid^elet unb ßubtoig 93ountann bie @nc^ßo))&bie, f^örfier unb 93oU' mann bie Dermifd^ten 6d&riften, unb fiarl Siofenlrana bie pl^ilo^ fopl^ifd^e ?Jrot)räbeuti! (au8 ber nürnberger Seit) l^erauSgaben, ®te ©ammtung jöl^tt ad^tgel^n Sönbe unb erfc^ien in einem Seitraum Don ad6t Salären (1832—1840). SJa aber bie brei Seile befi SBanbeS, totlä^tx bie ä^orlefungen über bie Sleft^eti! entl^ielt, ebenfo gut, loie bie beiben Steile ber SReligionSpl^ilofopl^ie unb bie brei Sl^eile ber ©e- fd&id&tc ber 5p]&iIofot)]&ic l^dtten 35 a übe fein unb l^eifeen !önnen, fo be= lief ftd^ bie ©ammlung ber ©töge nad& auf jtoangig 93dnbe, tooju bie SSriefe Don unb an §egel in jwei SSönben (XIX 1. unb 2.) unb Hegels ßebenSgefc^i^te Don S^ofenfranj nebfl ben angel^ängten Ur!unben als „©ut)plementbanb" gefügt tourben.

3n bem legten Saläre beS genannten S^itraumS finb bie 9led&tS* })^iIofop]&ie, bie SSortefungen über bie ^piftilofopl^ie ber ©efd&id&te, über bie SleligionSpl^ilofopl^ie unb über bie ©efd^id^te ber ^l^ilofopl^ie in jtoeiter Sluflage erfd&ienen (1840). ®er ^ttan^tUr ber atociten ?luf« läge ber SBorlefungen über bie 5p]^Uofo))5ie ber ©efd^id^te toar ber HiPorifer Äarl H^ß^I-

^ 2)a8 SBort fie^t im 9(n^angc autn SflotiUgtum beS ©tobttul». fSitintdt, 9(u8g. bed Stobaeus IV, pg. 242, A. Kauck : tragicorum Graecorum fragmenta, pg. 244.

^egeU U&txU unb beten GefammtauSgabe. 207

93on biefen gmongig 93änben fomtnen neun auf Me 93orlefungen, unb tDenn man bie ))^iIofop]^ifd^e $ro))äbeuti{ baju red^net, gel^n, fo bag bie ^ftlfte bed ©anjen in ben nad^gelaffenen SBer!en befielet.

®ie ^Reihenfolge ber SBönbc i|i biefe: 93b. I 5p]öiIofo))]^if(ie 2l6r l^anblungen, SSb. 11 ^ßl&änomenologie beS (BeipeS, a3b. III— V bie SQBi|fen= f(i&aft ber ßogÜ, SSb. VI unb VII (1 unb 2) bie (gnc^Hopdbie, Dermel^tt butd^ Sufä^e unb SluSfü^rungen aus ben 93ortefungen unb ^eften, a3b. Vm bie dtt^ÜpVi\o\t)p^k, a3b. IX bie SBorlefungen über bie ?p]&iIofo})]Öie ber ©efd^id^te, SSb. X in brei Xl^eilen bie SBortefungen über bie Sleftl^eti!, SBanb XI unb XII bie JBortefungen über bie 9leIigion8= gefd&id&te, S9b. XIII— XV bie Sorlefungen über bie ©efd&id&te ber 5ß^iIofo})^ie, SSb. XVI unb XVII »ermifd&te ©d&riften, SSb, XVIH bie ))]^i{ofop]^ifd6e ^ropAbeutil.

ift 3U tabeln, baß ^egelS ^abilitationSfd^rift De orbitis planetarum erft im XVI. SSanbe fielet fiatt im erften an erfter ober 3tt)eiter ©teile. SBarum liegen in ber ©efammtauSgabe ber 9ßer!e Tegels merjel^n 93önbe gmifd^en bem erfien ä3anbe unb ber erfien*@(i&rift Tegels? ifl aus bemfetben ©runbe ju tabeln, bag t)on ben Regeln gugefd^riebenen Sluff&^en aus bem iritifd^en Journal ber ^^ilofopl^ie bie brei legten in SBanb I unb bie brei erfien in SSanb XVI ber ©e= fammtauSgabe gu tefen flel^en. ^[ud^ n)ürbe eS rid^tiger gemefen fein, mnn man bie (Snc^Kopöbie, tDie biefelbe in 3. Sluftage aus ^egels Ie§ter §anb l^erDorgegangen ift, ol&ne 3ufft|e unb JBermel^rungen Don fecunbftrem SBertl^, in bie ©efammtauSgabe als SSb. VI eingereil^t l^ötte.

III. ®ie Quellen gur SluSgabe ber SBorlcfungen. 1. 2)te $l^trofot>^ie ber* ©ef^i^te.

Ueber bie ^l^ilofopl^ie ber ©efci^id^te l^at ^egel erft in 93erlin 93or- lefungen gel^alten unb gtoar in bem 3eitraum t)on 1822—1831 aKe gtoei 3a§rc to&l^renb beS SBinterS, im ©angen alfo fünfmal; er l&at baS erftemal breiDiertel feiner 3eit auf bie Einleitung unb ßl^ina Der» toenbet, er l^at baS le^tcmal (im Saläre 1830) eine förmlid^e 2luS= arbeitung ber Einleitung begonnen unb breiöiertel bat)on auSgefül^rt (73 ©eiten Don 98), toeld&eS ©tüdt als ein ^tQA'\iftx 2orfo um toer&nbert in bie SluSgabe aufgenommen tourbe.

®er Herausgeber ber erfien Sluflage (©ans) l&at als Quelle gtoeiten SRangeS bie nad&gefd&riebenen ^efte Don 3. ©d^ulge, ^otl^o, SBerber, ^eimann, Aarl ^egel unb beS Hauptmanns Don ©rieSl^eim benü^t,

208 Tegels SBetle unb beten ®efammtauSgabe.

eines auftnerlfamen unb fleißigen Sul^öretS, ber forgfSlttge unb 6taud^- bare $efte nadbfd&rieb, bte t)on ben ^erauSacbern »icbetl^olt unter ben ^ülfSquetten genannt »erben, ©an« l^at pdö befonberfi nad& ben 5Bor^ tefungen in le^ter ©eflalt (1830—1831) gerid&tet. *

2)a aber in ben frfil^eren Sal^rg&ngen ber ^l^itofopl^ifd^e S^a« ra!ter ber SBorlefung ntel^r entioidelt unb auSgefül^rt toar, in ben fpütercn bagegen ber ]§iftorifd&e €^arafter ober bie erjül^Ienbe Sar« fteDung, fo l^at naäi ®and' Sobe (1839) ber Herausgeber ber jmeiten Sluflage, Aarl §egel, in genauem ^Infdglug an bie eigen- l^&nbigen Slufseid^nungen feine« 9}ater« betbe 2)ar{teIIung«arten gu er- gangen unb namentlid^ gelüiffe SluSbrfide ber erflen in il^rer urfprflngs lid&en Äraft unb gfrifd&c toteberl^erauftetten gefud^t, toa« aud6 3. ©d&ulje, Henning unb ^oif)o, gleid^fant fein S^l^orat in ber S3earbeitung ber }tDeiten Sluflage, gebilligt l^aben.

. 3tt feinen JBorlefungen über bie Jßl&ilofoplöie ber ©efd&idöte l^at H^gel bie gleiij^e n)öd^entlid^e ©tunbenaal^I aufgetoenbet al« }u feinen SSorlefungen über bie $[eftl^eti!; betbe SSorlefungen finb in il^ren manb» lid^en 9lu«fü^rungen gleid^ gro§. SBenn man fie aber in ben gebrudKen 5lu«gaben Dergleid&t, fo finb bie SJortefungen über bie Slefil^etif fafl breimal fo groB at« bie über bie ^l^ilofopl^ie ber ©efci^id^te: bie ©eitenjal^I biefer (»b. IX) belauft ft(i§ auf 547, bie ©eitenjal^I jener (SBb. X in feinen brei Slbtl^eilungen) auf 1593. Hieran« erl^ettt, bafe ber t^ortgang in ben SSorlefungen über bie ^l^ilofopl^ie ber ©efd^id^te toeit langfamer, bie S)etaiQirung unb ©Keberung toeit geringer, bte SBieberl^oIungen ineit jal^Ireid^er gemefen ftnb al« in ben SSorlefungen über bie STeftl^etil.

2. S)te 9[efi]^etif ober ftunftp^Uofop^ie.

^ä^ mU fogleid^ ]^ert)or]^eben, bag unter allen SluSgaben ber l^egelfd^en SBortefungen biefe bie Dorjüglid^fte unb befie i% 3laS^ feiner lünfHerifc^en 3)enl= unb ©eifle«art, »eldöe bie @olger=3;iedf'fd6e unb ^tid]i^z ^nfd^auung«toeife in fid^ Dereinigt, l^at H^tl^o ftd^ ju feiner Slufgabe Derl^alten, loie ein treugefinnter Sleftaurator }u einem alten ©emdibe, ganj Derfenft in ba« SBerf, ganj erfüllt Don bem SBe« fireben, in ber H^^^^ung nid&t« Don fid& felbfi, nidftt« Don feinen Hin^ufügungen unb Slenberungen mer!en gu taffen. @r fal^ in ben eigenl^dnbigen Slufjeid^nungen ^tQtU bie Sügje Don ber H<^ii^ ^^ äUeifter«, in ben nad^gefd^riebenen Haften 9lu«fü]§rungen Don ber ^anb

Tegels SQßctfe unb beten d^efammtauSgabe. 209

bet ©d^fiter, dlaäjlbxlhtx, in benen bte Süfle unb ber $u{8fd&lag beS fieben« erlofd^en toatcn, unb bie ftd& gu bem Silbe bcr toirHid&en 5Bor- lefungen Detl^ielten, mie bie SobtenmaSfo junt ^ortrdt.

^udg über bie ^eftl^etil Igat ^egel fünfmal gelefen: }uerft in ^eibetterg »ftl^tenb beö Sommers 1818, bie folgenben mole in SBerlin in ben @ommer)emeftern 1820, 1823, 1826 unb gute^t im SBinter 1828/29. 2)ie frül^efle l^anbfd^riftlid^ie Sufaeidgnung aus bem Saläre 1818, tool&l f$on in SHümberg enttoorfen, paragrapl^ifd^ georbnet unb au 3)ictaten beflimmt, toie audg bie 3[n!ünbigung ber 3(efl^eti{ im ^eibelberger ßectionS))erjei4)nig befagt\ toaren in ben Slugen ^egetS veraltet, ote berfctbe in Serlin bie Äejil&etil jum Stoecf feiner SBor» tefungen im ©ommer 1820 ganj bon SReuem bearbeitete unb bie Sluf- aeidgnungen mad^te, toeld^e bie fortbeftdnbige ®runb(age aKer fotgenben 93orIefungen geblieben ftnb unb bie ^auptqueffe unferer 9{uSgabe auS= mad&en. SJie Sinleitung ift ft^lifirt, bas Uebrige bejiel&t jum größten £l^eil in (atonifd^en AerniDorten, {urgen, unjufammenl^&ngenben @&^en, baju Eommen Don ^al^r a^ Sal^r gel^&ufte, bunt burd^einanber ge- fd^riebene Stanbanmerfungen mit Seid^en, bie balb Don oben nad^ unten, balb Don linlS nad^ re^tS toeifen unb eine augenbli(ftid^e Orientirung, toie fie ber Seigrer auf bem Aatl^eber nötl^ig l^at, redgt erfdgtoeren. ®ie abftnberungen au8 ben Salären 1823, 1826, 1828/29, toeld&e tt)efentU(^er Slrt finb, jiel&en auf einjelnen, beigefügten SBIdttern. 3n ben 3a]&ren 1823—1827 Ht §egel auf feiner ^öl^e; ifl bie ge» ]&attrcid6|ie 3eit aud& in ber fortfd&reitenben ©urd^arbeitung feiner JBor« lefungen; ber SBertl^ unb bie 93ebeutung ber ©egenft&nbe erl^öl^t fidg in feinem ©etft, fo oft er fie Don 9leuem burdgbentt unb bearbeitet. S)ie8 gilt namentlid& unb DorgugStoeife Don ber 3lep]^etif.

SltS ^ülfSqueQen bienen aud^ l^ier bie nad^gefd^riebenen ^efte: aus bem Saläre 1823 l^at ^otl^o fein eigenes, auS bem 3a]^re 1826 l^at er gur 93enu^ung bie ^efte Don ©rieSl^eim, bem 9leferenbar SBolf unb bem 3)id&ter ©tiegli^, aus bem SBinter 1828/29 bie Don Sruno JBauer, 5Profeffor S)ro^fen unb ßicentiat S5at!e.

S)er ä^erein ber Herausgeber ]§atte ber SQßelt Derfprod^en, ba§ in ben SSortefungen Sßort unb SluSbrud fo gefaxt toerben foQten, toie fie bem ©inn unb ©eijie beS SSerftorbenen am meijien entft)rftd^cn. 6s fönten bie l^egelfd^en SSorlefungen nid^t bto§ in gebrudHe 99üd^er

> @. oben (&Qp. IX. 6. 104 KnmYg. 9t f 4 er, «ef4. b. V^ilof. vni. 91. «. U

210 $egeU aOS^erfe unb beten d^efammtauSgabe.

t)eTiDanbett mxbtn, fonbern in SBfld&er, ioeldge ft)red^en; unb )tt)Qr fo fpred^en, tute ^egel felbfi, bet anä^ anberiS gefpro(^en afö gefd^tteben l^atte, bamit feine el^entaligen 3u]^5rer il^ren Sekret &>iebererlennen, bie neuen Sefer aber ben ^l^ilofopl^en nidgt blog lefen, fonbern aud^ l^5ren follten. SWorl^einele unb SWid&elet l^aficn in ben SSorreben tl^rer 3Iu8floben fid& auf biefeS SSerfpred&cn berufen, um il^r SSerfal^ren au bcflrünben. ^otl&o ]§at biefe $[ufgabe ber SBieberbelebung unDertoanbt Dor ^ugen gel^abt unb auf baS ®Ifl(!(idgfle gelöfl. @S toar il^nt nidgt barunt gu tl^un, bem l^anbfdgriftlid^en unb nad^fd^riftlii^en 97lateriat ber l^egelfd^en äJorlefungen Aber bie Slefil^etil burdg ©t^Iiftrung einen bu(!^li(]^en ^axaltti gu geben, looburd^ niii^tö anberes }U @tanbe getommen toiu, ein tobteS 93udg; aud^ nidgt barum, burd^ 9lad&befferung in Slnfel^ung ber ©lieberungen, ber ©eift)iele unb ber Uebergftnge u. f. f. getoiffe innere ©ebred^en gu l^eilen (toie ntand^e iDoQten), looburdg lein beffereS 93udg entflanben n)Sre, lool^I aber ein tobteS unb ein falfci^eS gugleidg: audb bie ä^erdnberungen, &>o fte notl^ioenbig fd^ienen, fofften bem €inn unb ®eifl ber l^egelfd^en SSorlefungen angepaßt unb eingefügt totxbtn bamit ba$ 93ud& lebe unb ft)red&e, bem Original dbnlid^, nur befreit Don ben 3nf&ni gleiten, toeld^e ber münbtid^e SSortrag mit ftd^ bringt. 3u biefem 3tt>edE mufete an mand^en ©teilen bie Slnorbnung bed @toff8 fiberftd^tlid^er unb Harer geflaltet toerben. „Sßer aud^ l^ierin ein Unredgt feigen loiQ", fagt ber Herausgeber, „für ben neig idb gut Sid^erfteKung nid^tS aU eine breigel^nt&l^rige 93ertraut^eit mit ber l^egelfd^en ^l^itofopl^ie, einen bauernben freunbfd^aftlid&en Umgang mit il^rem Url^eber unb eine noci^ in nidgtiS gefd^io&d^te Erinnerung an bie 9hlancen feines 93ortragd entgegengufe^en." „3Rtxn §au))taugenmer{ toar barauf gerid^tet, bem aus f o vielartigem 97lateriat mfi^fam gufammen« gefteOten Se^t, foioeit eS biefe SHebactionStoeife forberte unb baS ©Ifld es gulieg, bie @eete unb innere Sebenbigleit toxthtx eingul^aud^en, n)elc^e fid^ burdg alles l^inburd^gog, toaS ^egel fagte unb fdgrieb/ ,,9Ser bem eigentl^fimlid^en Vortrage ^egels I&ngere 3eit mit Sinftci^t unb ßiebe gefolgt ifi, toirb bie SBorgflge beffelben, aufeer ber 2Rad&t unb gfflQe ber ®ebanlen, l^auptf&d^lidg bie unftci^tbar burdg baS ®ange l^inburd^leud^tenbe Sß&rme, fotoie bie ©egentoArtigleit ber augenblids ltd6en Steprobuction anerlennen, aus ioel(^er fid§ bie f(^&rffien Unter« fdgiebe unb Dollften SBieberDermittlungen, bie granbiofeften Slnfdgauungen, bie reidgflen Singell^eiten unb loeiteften Ueberfidgten glei(!^fam in lautem ©elbftgefprdd^ beS ftdg in ftd^ unb feine SSal^rl^eit Dertiefenben ®eifteS

Tegels SBcrfe unb beren d^cfammtauSgabe. 211

etgeugten ttnb gu ben Hetnfien, in t^ren (Seiool^nl^eiten immer bod^ neuen, in il^ren 9[bfonbetHd^!eiten immer boäi el^riDfirbigen unb altei= tJ^fimUdgen Sorten t)er!5rt)erten. 9(m tounberbarften aber xoaxtn jene erfd^flttemb gttnbenben S3Ii^e beS ®enieS, ju benen ^6^ meifl unerlDariet Tegels umfaffenbfte« ©eftfl concentrirte unb nun fein SieffteS unb Heftes au^ innerftem ©emütl^e ebenfo anfd^auungSreid^ a(d gebanlenRor fflr bie, n)eldge il^n gang gu foffen befai^igt n)oren, mit unbefdgreibbarer SBirlung auSfprad^. S)ie ^ugenfeite bes SJortragS bagegen blieb nur für fotd^e nid^t l^inberlidg, benen fie burdg langeiS ^5ren bereits fo fel^r gur ©etool^nl^eit geU)orben tt)ar, bag fte nur burd^ Seid^tig!eit, @{ätte unb eteganj fid^ tDfirben geftört gefunben l^aben/^

8. S)tc 9^t(ofot>(te ber 9leUgion«

Sin ]§albes Stal^r nad^ bem Xobe ^egeld l^at SRarl^einele fd^on bie ä^orrebe }u feiner 9lui$gabe ber SSorlefungen Aber bie $]^tfo[o))]^ie ber gieligion untergeidftnet: ^^»erttn ben 6. SWai 1833", »innen Sa^re^ frifl erfd^ien biefc Ausgabe in il^ren gtoei »ünben (XI unb XII); pe mar bie erfle auf bem Pa^ ber ©efammtauSgabe ber SBerle; binnen 3a]&re8frifi erfdftienen audfe bie beiben Sönbe ber „gtoeiten, t)erbeffertcn aufläge" (1840).

^egel l^at Aber bie 9fleligii)n§))]^ilofo))]^ie erft in 93erlin SSorlefungen gel^alten unb gioar biermal in bem Sal&rgel^nt öon 1821—1831, toöl^renb ber ©ommerfcmefler 1821, 1824, 1827 unb 1831. ®ie eigenl^&nbigen Sufgeidgnungen ^egels flammen aus bem ^al^re 1821; ber Hauptmann Don ©rieSl^cim l^ot fein nad^gefd^riebeneg §eft (1824) abfc^reiben laffen unb bie Sbfd&rift Regeln gum ©efd^enf gemad&t, ber fie mit 3ufft|en Derfel^en unb auf bem flatl^eber gebrandet l^at (1827). S)affelbe gilt Don bem ^eft, toeldgeS SRe^er auS ber @d^toeig nadg- gefd^ricben, unb beffen il^m gefd^enlte Slbfd&rift ^egel ebenfattS mit Suffixen Derfel^en unb auf bem flatl^eber gebraud&t ^at (1831). SluS biefem legten @emefter flammt baS nadggefdgriebene §eft Don Aarl ^egel.

SBäl^renb bie erfle Sluflage ber SSorlefungen Aber bie ^l^ilofopl^ie ber Steligion fidg l^auptfädgUd^ an bie le^te ©eflalt berfelben (1831) gel^atten l^at, fo ifl bie gioeite 9tuflage baburdg Dermel^rt unb Derbeffert

1 SBerfc, »b. X. »orrcbe bei» ©crauBaebcr» 6. XII-XIII, 6. XV. IBb.X in feinen brei ^llbt^eilungen etf^ien in ben Sauren 1835—1838.

14*

212 ^egeU fB^txU unb btxtn Gefammtaui^oabe.

iDorbeit, bog auf bie erfte SSorlefung unb ^egels eigenl^anbige 9{uf> ieid&nungen juriliigegangen unb bie nad^gefd^riebenen ^efte \>on ^erniing (1821), TOiiftcIct unb gfötjlcr (1824), S)ro^fcn (1827), ©eljet. 9letdgeno)D unb 9luienberg (1831) benfl^t tootben ftnb. 3)a SDlorl^etnefe üugleid^ mit ber StuSgabe ber SSerfe 3)au6s befdg&ftigt mar, fo ifl für bie ^erßellung biefer glDeiten Sluflage bed XI. unb XII. 93anbe8 ber l^egelfAen SBerfe bie ^fllfeleiftung bed Qicentiaten 93runo 93auer, bamate $rit)atbocenten in 93onn, Don ganj befonberem SBettl^e geioefen. SKar- ]§eineie rttl^mt feine „(Sinrtd^t unb ®ele]^rfam!eit, fein ^l'^culatibeft Xdent unb feinen %aci". Stoet Sai)xt ]p&Ux erfd^ien feine „Aritif ber @^not)tifer", um bie SReboIution, toeld^eSaD. Qfr, ©troufe mit feinem „ßeben 3efu" auf bem ©ebiete ber biblifdgen Sl^eologie l^erDorgerufen ]§atte, }u flberbieten unb nati^auiDeifen, bag bie eüangelifd^ 2)arftet[ung bes Sebend 3efu nidgt m^t^ifd^, fonbern {^iction, bemugte Unmal^r^eit unb 2&ufdgung to&re.

4. S)ie ®ef4i$te ber $|ilofo))(ie.

lieber !einen ®egenftanb l^at ^egel l^&ufiger getefen; er l^at über bie @efd^id&te ber $]^iIofot)]^ie in 3^na, ^eibelberg unb 93erlin 93or* iefungcn gel^alten: in 3cna einmal (1805/1806), in §eibelbcrg jmei* mol (1816/1817 unb 1817/1818) unb in »erlin fed&ömal (1819, 1820/1821, 1823/1824, 1825/1826, 1827/1828, 1829/1830), alfo im ©anjen neunmal, unb er l^atte bie S^orlefungen über biefeS S:^ema }um gel^nten male begonnen unb jtoei @tunben (am 10. unb 11. Sloöember öon 5—6) barüber gelefen, als ber Job feiner Sel^rtl^&tigleit ein fo fd^neOeS unb pIö^KdgeS 6nbe fe^te. 2)ie 3}or« lefung tourbe fänfftünbig unb mit SfuSnal^me beS @ommer§ 1819 in SBinterfemeftem gel^alten.

^ie $aut)tquene fflr bie SluSgabe ber SBorlefungen über bie ®t^ fcjid&tc ber 5p]^iIofol)ie im XIII.— XV. »anbe ber SBerfe pnb bie eigenl^dnbigen Slufjeii^nungen ^egel8 in bem jenaifd^en Quartl^eft au8 bem Saläre 1805 unb ein in ^eibelberg öerfafeter fürgerer ?ftri6 ber ©efd^idgte ber ^l^ilofopl^ie mit ben gu beiben $anbfd§riften gel^örigen Sufä^en, 9tanbbemer!ungen, einjetnen 931&ttern u. f. f. 2)a}u fommen aU ^ülfSqueOen bie 9lad^fd&riften Don SD^id^elet (1823/1824), ©ried' l^eim (1825/1826) unb flampe (1829/1830). 68 ifi fel^r bemerfenS« toertl^, bag bie SluSarbeitung ber ^l^änomenotogie bed ©eifteS unb bie ienaifd^en Slufjeid^nungen über bie ©efd^id^te ber ^l^ilofopl^ie gleid^-

^coels fBkxtt unb bereit ®efammtaulfiaBe. 218

geitigen Utf))rung8 ftnb, 6etbe flammen aud ben Saluten 1805 unb 1806. ^ier entmidEeln {td& bie ®runblagen beS sangen @))fiem9.

£)btt)o]^t ^egel über bie ©efdgid^te ber $]^tIofopl§te fflnfftünbtg lad, fo toar baS Sl^enta nad^ fetner Slrt ber Sluffaffung unb SSel^anblunfi bod& toeit größer aU ein alabemifci&eS Semefler, beffen erpe ^olfte tjorüber mar, beDor er ben SCttfloteleS ))etlaffen lonnte, unb ba8 @emefler neigte ftd^ gu Snbe, )oenn bie neueflen Stfci^etnunaen ber $]^iIofo))l^ie, 3a!obi, Aant, t^id&te, @(i&ell[ing u. f. f. bargefteQt loerben foQten. S)ie l^ifiotifc^en ®egenftdnbe loaten fo ungleid^ t>ert]§eilt^ bag, nad^ bem Umfange ber gebruäten ä^orlefungen gu red^nen, tiroa ber elfte Sil^eil beS ®angen auf bie ®efd^id^te ber neueflen $]^Uofo))]^ie ))ern)enbet tt)urbe.* S)iefer SJlangel ber l^egelfd&en fflorlefungen l^at ben §erau8« geber ))eranlagt, über bie ©ef^id^te ber $]§iIofo^]^ie feit Aant fotool^t SSorlefungen gu l^alten als aud^ ein 93ud& gu fd^reiben.

3n bem aJlaterial gu feiner SulSgabe ber legelfd^en SSorlefungen ToxU äRid^elet brei Elemente unter fd^ieben iDiffen: 1. ,,bie reiflid^ burd^- badöten^erioben", b. )§. bie auSgefill^rten unb fl^Urirten Sl^eile, barunter nomentlid^ getoiffe ?Jartien ber (Einleitung, 2. bie münblidfeen, t)om Sugen« bliä eingegebenen ^robuctionen auf bem Aatl^eber, 3. bie fd^riftlid^ i^^^ függirten, mfinbßd^ au§guffl]^renben ^ufgeid^nungen. 3m ^inbltdE auf baS t)on bem ä^erein ber Herausgeber bem ^ublifum gegebene ajerfpred^en l^at SRic^elet befonberS baS gn)eite l^er))orgel^oben ober, loie er ^d^ mit einer curiofen Umfd^reibung auSbrüdCt, ,,baS erfte t>on ben beiben legten", loetd^eS ber Sefer lool^l am leid^teften er!ennen »erbe. *

S)ie a^orrebe gur erften 9luflage ift ben 28. ^pxxl 1833 batirt, bie gur gleiten ben 8. September 1840 (alle brei »änbe finb in ben Salären 1840, 1842 unb 1844 erfd&ienen). 3tt Slnfelöuna biefer gleiten Sluflage ^erftel^e idg nidgt red^t, loaS ber Herausgeber gemeint l^at, menn er fagt: „id^ l^abe bie für bie erfte Sfuflage benfi|ten CueDen burd^gftngig umgearbeitet" (?). „^abei führte id& bie SSerfd^melgung ber 5ß^rafe (sie) t>ottfifinbiger als in ber erften SluSgabe burd^" u. f. f.*

1 3uT löerflleii^unö: a)er Umfang ber toon ftotl^o ]fterau«geflebenen SBor« lefungcn übet bie ICefl^etit (S9b. X iit brei Hbt^eilungen) beirftgt 1593 6ettett, ber Umfang ber SSorlefungen über bie $bUofop]^te ber fteligton (S^b. XI unb XII) beträgt 1009 Seiten, ber Umfang ber ajorlefungen über bie ©ef^i^te ber V^ilofop^ie (»b. Xin, XIV unb XV) betragt 1516 Seiten, tooDon 188 ber ®e* f^i^te ber neueften $^Uo{op^ie getoibmet finb. > SS^erte. 8b. XIII. Söorrebe. 6. Vin unb IX. » Cbenbaf, Söortoort gur gtoeiten «ufigabe. 6. XVII.

214 Tegels Bette unb beten (BefammtauSgabe.

IV. gefiel auf bcm Äatl^ebcr. 1. 2)ie $etfönn4!eit.

^egel erfd^ten auf bem Aatl^eber mit bem sanjen 9lfifiseug feiner SJorbereitung, immer bctoaffnet mit feinen QfoUoboflcn, bie mit Sufd^en, 9lanbbemerlunsen u. f. f. bebeät »aren. Sßie eS unter ben SluSgaben feiner S^orlefungen leine beffere giebt aU bie feiner SSorlefungen über bie S(ef)]^eti! ))on ^otl^o, fo giebt es ouc^ leine beffere, nadg bem Seben getroffene @d^ilberung feiner ^erfönlid^feit unb Sel^rart, ate iDetd^e un8 ^otl^o am ©d^Iug feiner ,,93orfiubien fttr Seben unb Aunft'' gegeben l^Qt. 6r l^atte in ber l^egelfdgen SBeltbetrad^tung gefunben, loaS er aus innerem S)range fiets gefud^t: bie ä^erföl^nung ))on Seben unb Aunft, ))on SßirHitj^Ieit unb $oefte. „@8 toar", fo fd^ilbert unS ^otl^o btn erften Sinbruä beS 3Jlannt^, „noc^ im 99eginn meiner @tubien= ial^re, als id^ eines 3JlorgenS, um mid^ il^m DoraufteQen, fd^eu unb bod& autrauungSDoQ gum erften male in Tegels 3immer trat. Sr fag Dor einem breiten ©d^reibtifd^e unb tt)ü^Ite foeben in unorbentlid^ übereinanber gefd^id^teten, burd^einanber gett)orfenen SBfid^ern unb papieren. 2)ie frül^ gealterte O^ifiur loar gebeugt, bod^ Don urfprfing» lid&er SluSbauer unb Araft; nadgUfftg bequem fiel ein gelbgrauer @c^tafrodE t)on ben @d&ultern über ben eingegogenen Seib bis gur 6rbe l^erab; toeber k)on im))onirenber ^ol^eit no^ Don feffeinber 9fnmut§ geigte fid^ eine Augerlid^e &pvii, ein 3ug altbürgerlid^ el^rbarer ®rab- |eit loar baS üRAd^fle, toaS fid^ am gangen SSel^aben bemer!bar mad^te. S)en erften (SinbrudE beS (Sefi^tS loerbe id^ niemals Dergeffen. Ofol^t unb fd^Iaff l^ingen alle 3üge mie erftorben nieber, leine gerftörenbe Seibenfd^aft, aber bie gange SSergangenl^eit eines Xag unb 9{a(||t Der- fd^toiegenen fortarbeitenben S)enIenS f Riegelte fid^ in i^nen loieber; bie Cuat beS 3u)eifelS, bie ©dl^rung befc^ioid^tigungSlofer @eban!enftarme fd^ien biefeS Diergigi&l^rige ©innen, @ud&en unb {^inben nidgt ge|)einigt unb uml^ergetDorfen gu l^aben; nur ber rafttofe 2)rang, ben frttben Aeim glfidElid^ entbedter SBal^rl^eit immer reid^er unb tiefer, immer ßrenger unb unabto)enbbarer gu entfalten, l^atte bie @tirn, bie SEBangen, ben aJlunb gefurd^t/ »9ßie lofirbig mar baS gange ^aupt, loie ebel bie 9tafe, bie l^ol^e, toenn aud^ in etioaS gurfidfgebogene @tirn, baS rul^ige Ainn gebilbet; ber Slbel ber Sreue unb grflnblid^en 9ted^tßd6- leit im ®rd|ten lote im llleinften, beS Haren SBeiougtfeinS, mit beften

^cflclil 9Ber!c unb beten ®cfammtau<gabe. 215

ArAften nur in bet Sßal^rl^ett eine le^te 93efriebigung gefud^t gu l^aBen, to)ar aQen gfotmen aufs inbit)ibueQfie f))red^enb einge|)r&gt/ ^

2. ^et Aatl^eberbortrag.

„9l(S id^ il^n mA loenigen %a%m auf bem Sel^rflul^le toieberfol^, !onnte id& ntid^ }unä# toeber in bie 9[rt bed Augeren SBortragS nod^ ber inneren Sebanlenfotge l^ineinfinben. 9ngef))annt, grAmltd^ fag er mit nieberge6fldftent Aopf in jtd^ jufamntengefaQen ba unb blätterte unb fud^te immer fortf))red6enb in ben langen f^oliol^eften t)ortDftrtS unb rflätDArtjS, unten unb oben; baS jtete 9tAuft)ern unb Ruften ftörte allen f^lug ber Siebe, jeber @a^ ftanb Dereingelt ba unb lam mit Sin* ftrengung itx^üdt unb burd^einanber geto)orfen l^etauS; iebeS SBort, iebe @ilbe löfte {td^ nur iDibertoiSig loS, um Don ber metaKleeren Stimme bann im fd^ioAbifd^ breiten S)iale!t, als fei jebed baS loid^tigfte, einen to)unberfam grünblid^en SRad^brud gu erl^alten. 2)ennod^ gioang bie gange ßrfd^einung gu einem fo tiefen 9lef|)ect, gu fold^ einer @m))finbung ber SBürbig!eit unb jog burd^ eine SlaibetAt bed aber- mAltigenbften SrnßeS an, bag idg mid^ Bei aDer ajligbel^aglic^leit, ob= fdgon id^ loenig genug Don bem @efagten mod^te Derftanben l^aben, unabtrennbar gefeffelt fanb. Aaum loar id^ j[ebod^ burcl^ Sifer unb €onfequeng in lurger 3eit an biefe 3(ugenfeite beS 99ortrag8 getodl^nt, al8 mir bie inneren JBorgüge beffelben immer l^cOer in bie ?lugen f))rangen unb ftd^ mit jenen StAngeln gu einem ©angen t>erti)ebten, loeld^eS in fid^ felber allein ben SJlajsftab feiner SSoQenbung trug." „dl l^atte bie mAdgtigften (Sebanfen aus bem unterften ®runbe ber S)inge ]^eraufguf5rbern, unb foQten fie lebenbig eintoirien, fo mujsten fie fid^, toenn aud& jal^relang guDor unb immer Don 9leuem burd^fonnen unb verarbeitet, in ftets lebenbiger (Segenioart in il^m felber lieber ergeugen. Sine anfd^aulid^ere $lafti! biefer @d^U)ierig!eit unb l^arten SRül^e Iftgt fic^ in anberer SEBeife, als biefer SSortrag fie gab, nid^t erfinnen. 9ßie bie Alteften ^ropl^eten, je brangDoQer fie mit ber €))rad^e ringen, nur um fo !emiger, toaS in il^nen felber ringt, bett)Altigenb l^alb unb l^alb überlounben l^erDorarbetten, !Am))fte unb fiegte aud^ er in fd^ioerfAHiger ©ebrungenl^eit. ®ang nur in bie ©ad^e Derfen!t, fd^ien er biefelbe nur auS il^r, il^rer felbft loiQen unb !aum auS eigenem ®eift ber ^6rer n)egen gu entto)iäeln, unb bod^ entf))rang fie aus il^m

f^oii)Oi a}orPubien fflr Sebeit unt ftunfl. @. 883—389.

216 $egeU aO^ctlc unb beten Oefatnmtaulgabe.

allein, unb eine faft Däterlid^e ©orge um Alarlgeit mUberte ben {hatten (Srnfi, bet Dot ber ^ufnal^me fo mül^feliger ®ebanlen ^Atte 3urfl(!- fc^redfen !önnen. StodEenb fd^on begann er, floate toeiter, ftnfi nod& einmal an, l^iett iDteber ein, fprad^ unb fann, baS treffenbe SQBort fd^en für immer ju fel^len, unb nun erfl fd&lug e8 am ftci&erfien ein, eS fd^ien geiDöl^nlidb unb loar bod& unnad^al^mltd^ ))Qffenb, ungebrftud^tid^ unb bennod^ baS einjig redete. S)a8 (Sigentlid^fle fd^ien immer erfl folgen )u foUen, unb bod^ mar ed fd^on unDermerÜ unb fo toUftAnbig als mdgUd^ aujSgeft)rod6en. 9lun l^atte man bie Kare ISebeutung eines €a|eS gefaxt unb hoffte fel^nlid^fl toeiterjufd^reiten. S^ergebend. S)er ©ebanfe ftatt DormArtS 3U rfidFen brel^te fid^ mit ben Al^nlid^en Sorten ftets toieber um blnfelben $un!t. Stl^meifte jebod^ bie erlal^mte 9uf- mer{famleit jerftreuenb ab unb leierte nad& ä^inuten erft ))Iö^Iid^ auf« gefd^redH ju bem SSortrage jurfldE, fo fanb fte gur Strafe fid^ auS aQem 3uf<^mmen]^ange l^erauSgeriffen. S)enn leife unb bebac^tfam burd^ fd^einbar bebeutungSlofe 3JlitteIgIieber fortleitenb, l^atte ftd^ irgenb ein t)oQer ©ebanfe }ur (£infeitig!eit befd^rAn!t, }u Unterfd^ieben auSeinanber» getrieben utib in SBiberft)rfld6e Dermidfelt, beren ftegreid&e Cöfung erft ba$ SBiberftrebenfle enblid^ )ur SBieberDereinigung gu begtoingen IrAftig mar." „3n ben liefen be« anfc^einenb Unentgiff erbaren gerabe mü^lte unb toebte biefer getoaltigc ®cifi in großartig felbftgcmiffer SBe^agUd&- leit unb Stulpe. S>ann erft erl^ob ftd^ bie @timme, baS Sluge bU|te fdgarf fiber bie SSerfammelten l^in unb leud^tete in ftiU auflobembem Qfeuer feines flbergeugungStiefen ©langes, loAl^renb er mit nie mangeln* ben SEBorten burd^ alle ^ol^en unb liefen ber @eele griff." „9lur im Ofagli^ften mürbe er fi^merfAlliig unb erm&benb. @r toanbte unb brel^te ftd&, in allen 3figen flanb bie 3Wi§launigfeit gefd&rieben, mit ber er ftd^ mit biefen 2)ingen ]^erum))Iagte." „2)agegen bemegte er fi^ mit gleid^er STleifterfc^aft in ben finnlid^!eitSlofeften Slbftractionen, mie in ber regften S^äQe ber (Srfd^einungen. 3n einem biSl^er un- erreid^ten ®rabe oermod^te er fid^ auf j[eben, aud^ ben inbitibueUften @tanb))un!t gu ))erfe^en unb ben gangen UmheiS beffelben l^erauSgu» fteffen." «3n biefer SBeife ej)od&en, »ölfer, »egebniffe, 3nbit)ibuen gu fdbUbem, gelang il^m ))oQfommen; benn fein tief einbringenber 93IidE lieg il^n überaQ baS 2)urd&greifenbe erlennen, unb bie Energie feiner urfprflnglici^en Sfnf^auung t^erlor felbft im SKter nid^t i^re iugcnblid&e Äraft unb fjrifc^e."

219

I. SOloniSmug unb SbcntitdtSlel^re.

9Ba3 l^eutjutage, am @nbe unfereS ^ol^rl^unberts, SJlonidtnuS genannt toirb, ba8 ]^tc§ im Slnfange bcffclbcn, als ^egcl feine l)l&iIo= fo|)]&if(ä6e SQufbal^n begann, 3bentität ober 5ßrincip ber 3betttität. 93eibeS bebeutet (Sinl^eitSlel^re, b. i. eine Seilte, toeld^e bad äBeltaÜ auiS einem einjigen principe l^erjuleiten unb ju exüdren fud^i S)ad burdg- gängige £]^ema biefer Sinl^eitdlel^re, foiDol^l bed 3Jloni8muS als ber 3bentitatSt)]^iIofo:|)]^ie, ifi bie 3bee ber SQSettenttoiälung ober (gDoIution aller Srfd^einungen ber äBelt, indbefonbere aKer ßrfd&etnungen beS SebenjS, baS 3Bort @k)o(ntion fo ))erftanben, bag ben SSegciff ber (Srjeugung ober ©eneration (ßpigenefis) in fid& fdöliefet.

1. Sie engUf^e @nttoi(I(ungSlc^Tc. S)ct SattoinidmuS.

3n ber jtoeiten ^dlfte unfereS Sal^rl^unbertS jtnb eS bie eng- lifc^en 9laturforf(j^er unb 2)en!er geioefen, loelc^e bie 6nttt)idE(ungd(e]^re aus» unb ))orge(ilbet l^aben: auf beut ®ebiete ber ©eologie d^axUl Sijett (1797—1875) bur(^ feine 5Principien ber ©eologie (1830—1833) unb feine Unterfud^ungen Aber bad 9Iter bed 9)lenfd^engefd^Ied^td (1874), auf bem ©ebiete ber Biologie (Sl^arled 2)arn)in aus ©l^reioSbur^ (1809—1882) unb Jl^omaS ^ujle^ (1825), ber legiere bur^ feine 9lrbeiten auf bem Sfibe ber ))ergleid^enben 9lnatomie unb feine Unterfud^ungen über bie ^bftammung beS STleufd^en unb ben Urfprung beS ßebenS, enblid^ in ber $l§i(ofop]^ie Herbert Spencer burd^ fein Softem ber f^ntl^etifdgen ^l^ilofopl^ie in einer Steige barauf bejOglid^er 2Ber!e (1860—1880).

220 Regelt ttuSflongS^^unttc unb Kufgaben.

2)er eigentlid^e f^ül^rer ber mobernen Gntoidlungslel^te, bie t>on il^tn Stid^tuttg, f^orm unb 3lamm empfangen ^at, ifl S)QttDtn burd^ feine epod^emad^enben, l^öd^fl lel^rreic^en unb ItdbtooQen SBerle t)on ber Sntfiel^ung ber Wirten ))emiöge ber notttrlid^en Sud^ttoal^t (1859), ^on ber 9[6fiammung beS 9J}enfd&en Vermöge ber notürßd^en unb ber ge- fd^tedgtUd^en Sud^ttoal^I (1871) unb ))on ber aiuSbrudEsmetfe ber Effecte bei bem SWenfd^en unb bei ben Silieren (1872).

2. ^CT beutf<l^e ^amintSmuS.

SntwidEIungfilel^re unb S>arU)ini3mud gelten in unferer 3ett fflr ibentifd^. 2)eutfd6e 9iaturforfd&er finb in ber 9[u8- unb Sfortbitbung ber SntmidFIungSlel^re bem SSorbilbe beS ßngl&nberiS gefolgt, nic^t auf fd^filerl^ofte Slrt, fonbern felbfi als aO^eifter unb gffi^rer: auf bem Ge- biete ber menfd^Iid^en unb ber Dergletd^enben Slnatomie jtarl ©egenbaur aus Sßarjburg (1826) burdb feine Unterfud^ungen unb Cel^rbfid^er (1864—1898), auf bem ©ebiete ber Soologie unb »iologie (gmfl ^ddel aus $otSbam (1834) burdg feine „®enerelle SDlorpl^ologie ber Organismen" (1866) unb feine SBorlefungen über bie ^notflrIid6e Sd^öpfungSgefd^id&te" (1868), n)orin er ben einl^eitlid^en (mono- pl^^Ietifd^en) Stammbaum ber SQBirbeltl^iere bargufteUen unb bie tl^ierifd^ Slbftammung beS SRenfd^en auf eine Slrt nad^gutoeifen gefud^t, toetd^ ^arn)in einige 3a]§re fp&ter, als er feine Unterfud^ungen fiber biefefi Zl^ema unb beren Srgebniffe ))eröffentUd^te, im t^oQflen SRage an- erfannt unb befl&tigt l^at.

3. Soologif^c $(Uofo)>]^tc unb p^tIofo)>^if4c Soologie.

2)ie <Sntn)idElungSle]^re felbft l^at ftc^ entttiäeln mfiffen, unb il^re @runbibeen finb !eineSn)egS erfi im Aopfe S)arto)inS entflanben. S>en Sforfd^ungen ber SnglAnber unb S)eutfd&en, mie to)ir fie in ber @egem iDort ))or uns feigen, finb in bem ®ebiete ber 3ootogte unb Der* gleid^enben Slnatomie bie frangöfifdgen 9laturforfd^er Vorangegangen, etiennc ©eoffro^ 6aint«$i(aire (1772—1844) tootttc in bem »üu unb ber 93ilbung ber tl^ierifd^en Drganifationen bie <Sinl^eit beS ®runb» planS (l'unit^ de composition organique) entbedEt ^aben unb nal^m bie Gattungen unb Wirten als beffen 3)lobificationen, lodl^renb Sutiet (1769—1832) bie gonfiang ber X^pen ober «rten oertl^eibigte unb feftl^iett. 2)er @treit beiber Slfabemiter loar fo intereffant unb l^eftig, bog aud^ bie 3eitungen baran tl^eilnal^men, unb ®oetl^e, gong auf

S)ic 3bee ber SBeltenttoidlung. 221

feiten be8 ©eoffro^ Saint «^ilaire, bie flleiddgeitiae 3uIiret)oIution borüBcr öergo^ ober Jjielmel^r gering fd^ä^te. ©dion ein J^olbe« ^dfix- ]§unbert Dor ©arwin l^atte Sean ßantartf (1744—1829) bie entfiel^unfl ber Slrten niii^t burd^ @d^ö))fung, fonbern burci^ Slbftammuna unb Umgeftaltung (2)efcenbena unb Transmutation) )u erflären gefud^t (1809). 93eibe Oforfd^er lougten tool^I, bag bie @runbibee, toetd^e il^re 9{nfd^auungStueife belgenfddte unb berfelben jur Siic^tfd&nur biente, ^)]^ilofol)l&ifd6er Slrt unb ^crfunft toar, guöier nannte fein SBerl aooloflifdöe ^pi&ilofopi^ie (philosophie zoologique), ßamard baS feinige |)]§iIofop]§ifd&e Soologie (zoologie philosophique).

4. ^ie pl^ilofop^tf^e (l^ntn)icl(ung6le^re dot Üant. Seibnia.

®ie brei großen ajlctart^pler ber neuen Dorlantifd&en 3cit pnb 3)eScorte3, ©pinoga unb ßeibnig. Sl^re ©runbibeen jlnb bie brei ©runbioal^rl^eiten, meldte aus bem gegebenen SBeltjuflanbe jebem ge* reiften unb offenen ©inn fofort einleud^ten: 1. 3n ber Slatur ber 3)ingc ]§enfd&t ein burd^gdngiger ©egenfa^, ber pe in gtoei Srten trennt: bett)ugtIofe unb (etoujste SEBefen ober ßörper unb ©eifter; 2. in ber 9latur ber 2)inge l^errfd^t ein burd^gdngiger Sufamnienl^ang, ber alle S)inge mit einanber t>erfnlH)ft; 3. beibe J^errfd^cn, ber ©egenfa§ unb ber Sufammenl^ang; fte l^errfd^en t>ereinigt, inbem bie SBeltorbnung einen ©tufengang bilbet, ber t>on ben nieberen Crbnungen gu ben l^öl^eren, Don ben ß5rt)em gu ben ©eiftern emt)orfteigt unb ftetig fort- fdfereitct.

S)ie erfte ©runbtoal^rl^eit ifi ber äBeltbualiSmud, bie gtoeite ber SBeltgufammenl^ang ober bie SBelteinl^eit, bie britte bie äBeItet)oIution. Aein $]^i(ofo))]^ l^at ben SBeUbnalidmuS fo ^eU unb grunbfä^Iid^ er= leuchtet loie 2)e8carteS, !einer ben SBeltgufammenl^ang, bie SBelteinl^eit, bie ^errfd^aft ber S^aufaKtdt fo toie @))inoga, !einer bie SBelteDolution, loeld^e er aud^ bie SBeltl^armonie genannt l^at, fo toie Seibnig, bas SBort SDoIution bei il^m fo Derftanben, baß eS bie Sntftel^ung ober <Srgeugung, bie ©eneration ober S))igenefi8 Don itd^ auSfd^Iiegt. 2)ie @ntn)idt(ung8le]^re, toie fie Seibnig in feiner SJlonabenlel^re bargefteHt l^at, i{l entfd^ieben antibualiftifd^ unb antimoniftifd^^

» »aL biefe« aöetf. »b. I (4. «ufl. 1897). S9u« U. 6q|). XII. 6. 443flöb. »b. II (alte ausgäbe. 3. «ufl.). SBu« II. ©ap. vm. ©. 455-463. i^ap. XIX. 6. 599-608 (inSbefonbete 6. 601-604),

222 Tegels f(u8Qanfi8))un!tc unb ^(ufgoben.

5. 2)ie !antif$e CnitDtdlungSlel^Te.

®ie fantifdftc ?p]^tIofoJ)]^te ifl Don ber 3bce ber aBeltenttoidlung crffiöt unb burd&btunflcn, nid^t ettoa nur in il^rer DorIrittfd6en ?Pcriobe, fonbern Qud6 in ber SJernunftfrttif felbji unb in allen folflenben, Don tlgr abl^Angigen SBerien, loenn man btefe Sd^riften nid^t nadg bem 93ud^ftaben, fonbern nai^ bem @inne unb ®eift beS ©angen ju »flrbigcn öcrftel^t. 6in 3al§rl&unbert Dor ©artoin l^ot Äont ba8 ge« tDid^tifie SBort au89efl3rod6en, bafe toir jtoar eine 9iaturbefd&reibunfl, aber nod^ leine 9{aturgefd^id&te l^aben; eS fei „toal^re $]^Uofo))]^ie, bie JBerfd^iebenl^eit unb 5IRannid^fottigfeit einer ©a^e burd^ alle 3«ten gu »erfolgen*. 6r l^at bie allflenteine SRaturgefdöid^te befi ^immets felbji außgefül&rt unb gtoar als ber ©rfte, ber biefe« ^Problem gu faffen unb gu lofen getoufet; er l^at bie ©efd&id&te ber ßrbe unb il&rer orflanifd&en ©efd^ö^fe geforbert unb leine anbere Drbnung ber Siliere gelten lajfen als ben Stammbaum ober bie ©enealogie: er l^at bem- gem&js bie 9laturgefd^id^te ber menfc^lid^en Slacen gu geben unb in feiner S3ernunft!riti! bie ©ntpel^ung unb gnttoidflung, ben ©tufengang unb bie ©rl^ebung unferer a5orpenung8= unb @rlenntni§guflänbe gu erforfd^en unb bargulegen gefud^t; er l^at nid^t blo§ bie med&anifd^e, organifd^e unb inteQectueQe, fonbern aud^ bie fociale unb politifd^e, bie moralifdöe unb religiöfe ©nttoidElung ber SBelt, ber JBernunft unb ber aJlenf^l^eit in il^ren SRotl^toenbigfeiten er!annt unb bie öfH^ctifd^e bcrgeftalt begrflnbet unb vorbereitet, baja ©d&iller in feinen SSriefen über „bie öftl^etifd&e €rgiel&ung be8 5Kenfd&en" biefe« Sl^ema ergriff unb feinem S^italter gur Slufgabe mad^te. Aurg gefagt: Aant l^at bie SBeltenttoidClung au8 ber Siefe feiner ?Princi))ien fo an baö ßid&t gebrad^t unb crleu^tet, ba§ biefelbe nid^t anberg berftanben »erben lann, benn als bie Srfd^einung ber 2)inge an fid^, b. 1^. beS SBiQend ober ber Sfreil^ett. 3)a§ bie SBeltgefd&id&te ber gfortfd^ritt im SBetou^tfein ber tJtetl^eit ifi: biefer ©a^, ben $egel unter fein S3ilb gefd&ricben l^at, itammt fd&on auS ber lantifd^en ßel^re.

3d& l^abe in meiner ©arftettnng unb Seurtl^eilung ber fantifd&en $]^ilofo))]^ie alle biefe fünfte fo genau unb auSfai^rlid^ erörtert, aud^ einen bemer!en$tt)ert]^en @inti)urf ober Stoeifel bagegen fo loenig gu Dernel^men gel^abt, ba% iä) mid^ l^ier barauf gurfidbegiel^e.^ 3n ber

^ Söfil. biefe« SBctI: 3ubUftuin<au<g. 990. IV u. V (4. «ufl.). 3n8befonbete ~ fflb. V. fduii IV. (Pthif ber fantifdjen ^^ilofop^ie.) 6ttp. ni. B. 567-585. anetne „$t|Uofop(tf4e 64nften'. @. 202—223.

2)ie 3bce ber aBeltenttoicflund. 223

foctolen SnttDidElung bet aRenfd^l^eit l^at Aant „ben 3(ntQgoniSmuS bcr Snteteffcn", b. 1&. bcn Äamt)f um ba8 S)Qfein, Qfe einen fel^r toefcntU<i&en, fortbetoegenbcn Factor erfannt, ol^ne ben iene nQtürlid&e Su^ttoal&I nid^t flattfinben fönnte, tootau« ©artoin bie ^ßetfectionen unb entporfietgenben Ofomten beS tl^terifd^en SebenS l^erlettet. 2)a man in S)eutfd^lQnb ben beutfd^en ^l^ilofo^^en Aant \>on neuem unb bejfet als t)or]^er fennen gu lernen belam, nad^bem man foeben ben englifdgen 9{aturforf(i&er S)atto)in unb feine Seigre r>on ber (Sntflel^ung ber Srten fennen gelernt l^otte, fo fing man an, t)on „lantifdftem ffiartoiniömu«" }U reben, iDa§ ein red^t curtofeS oatspov Trpötepov to)ar.

6. 2)ie ft^tef^e Snt)otcf(unglIc]^te.

SBic entfielet unfere gemeinfame ©innenttelt? SBte ijl Srfal^rung, Siaturtoiffenfd^aft, bie Slatur felbft möfllid^? S)iefe fragen unter bem @efid^tS))unfte ber !ritifd^en ober tranSfcenbentalen $l§iIofo))]^ie finb ))ofl!ommen gleidgti)ert^ig. dlun ift k)on ben 93ebingungen, loeld^e unfere gemeinfame @innentDe(t ermöglid^en, inbem fie biefelbe mad^en, bie tieffte, aQe anberen in fidi fd^liegenbe unfer gemeinfame^, t)on aller inbiDibueKen SSefonberl^eit unabl^ängige, barum reine SSeiougtfein, baii 3d^ ober bie trandfcenbentale (Sinl^eit beS @eI6Peto)ugtfein8 mit feinen notl^iocnbigen Qformen ober §anblungen, »eld^e !eine anberen finb at§ bie reinen aSerftanbeSBegriffe (Äategorien), toie Äant in feiner „tranö* fcenbentalen S)ebuction ber reinen SJerpanbeöBegriffe" tiefbenlenb Be» grflnbet unb auSgeffll^rt l^at. S)a6 3«^ ift bas ^xxndp affeS SSiffeniS, bal^er ift bie Seigre t>om ^Si unb feinen notl^toenbigen ^anblungen bie ©runblage ber gefammten äBiffenfd^aftSlel^re unb iene 2)ebuction in ber lantifd^en ^l^ilofopl^ie bie SBurgel, auS toeld^er bie fidgtefdge l^erDorgegangen ift unb l^erborgel^en mu|te. 2)ie Seigre Dom 3d6 unb bie metl^obifdge @£))Iication feiner notl^ttenbigen ^anblungen, beren Urtl^at ber SBille ift, biefeS ®runbtl§ema ber fid^tefdgen ^l^ilofof^l^ie ift bie (SnttoidElungSlel^re beS ©eifteiS, loeld^e aQer 9ßeltenttt)iälung )u ©runbe liegt. „STOir l^ilft ber ©eifl, auf einmal fel^' id6 Slatl^ unb fd&reib* getrojl: im Anfang »ar bie Sl^at!" ffiiefer 2lu8ruf beö goetl^efd^en f^auft barf afö ein Urioort gelten, toeld&eS baS SBefen ber gleid^jeitigen beutfd^en $]^Uofo))]^ie entl^üQt unb erleud^tet l^at.^

1 Uebct Sfi^tc togl. btcfe« mtxt a3b. V (alte KuSfiabc). »ud^ m. (£ap, III. 6.428-432. (6.431.)

224 Regelt 9(u<Qang<)>unfte unb Suf^^aben.

S)te Uirtl^aten ober ^anblungen be8 3d^ finb bte Ut> ober ®runb- fd))e ber SBiffenfd^oftStel^re: bte @etbfife))ung, bie ©elbflunterfd&eibung unb bie SSeretnigung ber Sntgegengefelten. SlQeS, loaS ifi, ifl unb gefd^tel^t im 3d^ unb burd^ bajfelbe. 2)ie @etbftunterfd^eibung be8 3d^ ifl feine Sntgegenfe^ung, alfo bie @e^ung beS 9li(l^t=3d&« 3n ü^rer a^ereinigung aber t^erl^alten ftd& bie Sntgegengefe^ten not]^to)enbigern)eife fo, bog bie aSermel^rung ber einen @eite in gleid^em 3Jla%t bie S^er- minberung ber anberen mit fid^ bringt unb umge!e]^ri 9Bq8 ftd^ t)er» meieren unb lierminbern Idgt, baS ift tl^eilbar. S>Qrum lel^rt Ofi^te: ,,2)a8 34 W im 3<^ i>^«i tl^eilbaren 3d& baS tl^eitbare 9iidgt:^3d& ent» gegen''. X]^eilbar!eit ifl OuantitotSfdl^igfeit. ^ier ober lann bie Xl^eilbarleit unmoglid^ im estenfit»en @inne genommen toerben, aU ob es ftd^ um Steile ober @tflde bed 3<^ l^anbelte; fie fann nur im @inn ber intenfi))en ®röge gelten. 3d& unb 92td&t'3<% finb Sl^eite« b. ^. (nid^t StüdEe, fonbem) Stufen belS 34 SCl^eilborlcit in an= fel^ung bei^Sd^ bebeutet 9tbfiufung: ^otenjirung unb S)e))oten}irung.

S)a$ tl^eilbore 3d^ unb 9iid^t=3d& finb bemnad^ %^tiU ober ©lieber, b. J). Stufen ober ^otenjen einer unb berfelben SReil^e, n)eld^er eine gemeinfd^aftlid^e SSoftS ober SEBurjel )u ®runbe liegt unb ba baS 3d& äffe« in M fd6He&t (3d& = Ma), fo ifl biefc SReil^e gleid& bem UniDerfum ober ber SBeltentoidnung. SEBir fe^en, tote aus ber SBiffen- fd^aftslel^re bie 3bee ber SBeltentmidEtung auf eine l^öd^fl einfädle unb einleud^tenbe 9lrt, id& mödgte fügen auf lürjeftem SBege l^erborgel^t. S)iefen SBeg l^at Sd^eQing erleud^tet unb ben ,,2)urdibrud& in bqs freie, offene 8frft> bbiectiöer SBiffenfd^aft" genannt.^

7. 2)ie f(|entngfdie Cntlotdlttngfilc^Te. 2)ie Stufen ber SBeltenttDidEIung finb 9lid^t»3d& unb 3d& ober 92atur unb ®eifl. 3um Stufengange beS @eifleS gel^Srt aud^ baS Steidb feiner SSorflufen: biefeS 9leid& ifl bie 9latur; jur (Entloidlung beS Seiougtfeind gel^Srt aud6 baS 9leid^ beS Unben^ugten, loorauS jenes entfielet unb l^eroorgel^t: biefeS 9leid^ ifl bie 9latur; bal^er jener 2)urd^ brud^ in bie offene Slnfd^auung unb @r!enntnig ber SBelt, ber mit Sd^ettingS „3been au einer ^ß^ofo^ie ber SRatur" (1797) feinen Anfang nal^m. ^erber l^atte. fein gefd6id6tS))]^iIofot)]^ifd^e8 Sßerf »3been jur ypofo»]^ie ber ®cfd6id6te ber SWenfd&^eit" genannt (1784—1791). ' ä^ftL biefcS »Ber!. 8b. V. »ud» m. (la)). IH bU V. 6. 443-454. 6. 462 bi« 465. »b. VI (alte «uSgabc). 2. 9(ttf[. »u« U. ^er flbf(|nitt. C^p. V. 6. 307-312.

S)te 3bee bet SOßcItenitoidlung. 225

3)ic anfange bcr 9ioturt)Pofort« (1797—1799) lagen nod6 tnncrl^att ber aBijfenfd6Qft8le]^re, tt)ie ba8 5Rid&t'3d6 im ©cMcte be8 3(|. f[ud5 bas ^@9^em bed transfcenbentalen ^bealt^ntud" (1800), eines bet auSgefai^rtejien unb f(i^tiftfleQertfd^ beften äBerle @(j^ellinge, trennte fid^ nod^ nid^t gtunbf&^Hä Don ber ftd^tefd^en Seigre, ^nbeffen trugen btcfe ©d^riften ben Äetm ber 2;rennüng unb ßoöreiBung fiä^on in fid^, benn bie @nttDtdElung8ftufen ber SBelt (ba§ tl^eilbare ^ä) unb bad tl^eilbare 92tdgt=3d^) galten als ^otengen, aU ©lieber einer 0leil§e, tteld^r aU gemeinfd^aftlid^e S3aftS ein unb baffetbe Urn)efen }u @runbe lag: bie einl^eitlidge SEBurjel unb baS SEBefen aller 2)inge, meld^eS fomol^l Statur aU ®e\% jugleid^ aber loeber blog 9latur nod^ blog @eift fein unb Igeijsen, barum aud^ nid^t bem fid^tefd^en 3d& in feiner ©elbftfe^ung, ©elbjiunterfd^eibung u. f. f. gleid^gefe^t »erben burfte. ^ier tt)ar bas 3Jloii\>, n)eld^e8 bie beiberfeitigen Seigren Don einanber trennte. ©c^eHing nannte biefeS neue 5Princit>, um feine ginl^eit unb ®iefelbig!eit auSjubrüdfen: 3bentitit abfolute 3bentitdt, auc6 fd^Iedöttoeg baSSlbfoIute. S5on bem barauf gegrfinbeten ©^fiem ber ^pi^ilofopl^ie fagte er: „®ieS ift mein @^fiem", unb nannte bie einjige, SBrud&fiudE gebliebene S)arfteffung beffelben: „®arfiettung meines ©^flems ber 5ß]&iIofot>]&ie" (1801). ©r ]§at biefen 3eitl3unft afe feine epoc^e bejeid&net. „3m Saläre 1801, als i^ baS ßid&t erblidfte." Slel^nlidg l^at S)eScarteS Don jenem 3eit))un!t, too il^m in ber (Sinfam^ feit ber SQSinterquartiere gu Nienburg an ber ®onau baS «cogito sum» aufging, gefagt: „Slm 10. 9ioDember 1619, als mir baS öid^t einer lounberbaren SntbedEung tagte".

IL S)aS abfolute 3bentitätSf9fiem. 1. S)er 2)ur4Btii4. SRad^ Dielen 3al)ren, als ©dftcKing in SWünd^en »ieber baS ala- bemifc^e Äatl^cber betreten l&atte (1827), fagte er im SftüdEblidt auf jene feine Slnfdnge: „SllS id6 Dor balb brei^ig Salären juerft berufen lourbe, in bie öntmidflung ber p]§ilofo))]^ifd&en Xl^ätigleit einjugreifen, bamalS bel^errfd^te bie ©d^ule eine in fid& frftftige, innerlid^ l^öd^ft lebcnbige, aber aQer SEBiillidgleit entbel^renbe $l^ilofo))]^ie. SBer l^dtte eS bamalS glauben foOen, ba§ ein namenlofcr ßel^rer, an Salären nod& ein 3üng= ling, einer fo möd^tigen unb il^rer leeren Slbftractl^eit ol^nerad^tet bod6 an mand^e SieblingStenbengen fid^ eng anfd^lie^enben $^ilofo))l^ie foHte SWeiper loerben? Unb bennod^ ift eS gcfd&el^en, unb er fann ben S)an!

^ifd^ev, Oefd^. b.Wlof. VUI. 91. V. 15

226 ^cgeU 9(u8gan09ptttt!te unb Aufgaben.

unb bte freubige Slnedennung, bte t§m bamaU t)on ben erflen ®et{{ern bet Station ju Sl^etl lourbe, nie tergeffen, totnn aud^ l^eutjutage toenige mel^r tDtffen, t)on toeld^en @dgrQn!en unb äSonben bie $]^itofo|)]^te bamate befreit loerben mugte, bag bet 2)urd^brud6 in bas freie offene Ofelb ber obiectiüen SBiffenfd&aft, biefe O^t^eil^eit unb Se6enbig!eit beS S)enlen9, hamaU errungen toerben ntngte/^

2. ^er Stufetifiattd bet SBcIt.

entttidlung ifl ©ifferenjirung: bcSl^olb l^at ©d&eHing baS Urtoefen ober Urt)rinci)), toeld^ee aller SEBeltenttotdlung 3U ©runbe liegt, barum nid&t felbft in bie S)ifferenjirung eingeigt, al8 bie „totale Snbifferenj beg ©ubjectiDen unb Dbiectiöen" Bejeici6net. SBaö in SBirf- liileit egipirt ober erfdöeint, ift bie Sbentität be8 @ubiectit>en unb DbjlectiDen, aber bie bifferenjirte, b. 1^. bie grabuette, ober eine 5potenj ber Sbentitftt, loedl^alb ftdg bie äBelt ober bie enblofe Sleil^e ber eingelncn S)inge in gtoei JReil^en tl^eilt: bie reelle unb bie ibeeffe; jene ift d^aralterifirt burd^ baS Uebergett)id6t beS objecttDen f^actorS, biefe burdft bie be8 fuBjectiöcn; bie reelle Slcil^e befielet in ben betoufet^ lofen ?Probuctionen ber Statur, bie ibeeße in ben Betoufeten ^Probuctionen ber Einteiligen} ober beS ©eifteS. Um in ber SBeife @))inogad unb nad^ beut 3Slunht @d^eQing8 gu reben, fo ift bie reeOe Steil^e (Statur) bem «ordo rerum», bie ibeette (®eiji) bem «ordo idearum» unb baS SBeltaff in feiner Srfd&einung ber öbentitöt Beiber tergteid^Bar («ordo rerum idem est ac ordo idearum»).

2)emgem&§ unterfd^eibet ftdg baS @^{tem ber aBfoIuten 3bentitat, loetd^eS Sd^eDing fein ©Aftern ber ^l^iIofot)l^ie genannt l^at, in gioei ^auptt^eile, nämlid^ in bie 2)arftel[ung ber reeUen unb bie ber ibeetten Steige: jene ift bie 92atur))]§iIofop]^ie, biefe bie £ranSfcenbentaI))]^iIo« fo))]&ie („elftem beS trangfcenbentalen SbealiSmu«"). ®aS Sl^ema ber 3laturp]^iIofo))]^ie liegt in ber ^rage: „SBie fomntt bie SRatur gur Sntettigeng?" S)ag ber 3;ran8fccnbentaIJ)]^iIofo))]^ie liegt in ber Qfrage: „SBie lommt bie Snteßigeng gur Statur?" 68 toirb gegeigt, »ie in ber auffleigenben füti^t iffxtx ^Potengen bie 9latur im meufd^Iid^en Organismus bie 3ntettigeng, unb tote in ber auffleigenben Jfteil^e feiner

' Sgl. biefcs mtxt (oCte »umgabt). 8b. VI. 2. %u!i. »u« H. CEo)). V. 6, 307—318.

S)te Sbet ber 98eUentiDi(flttng. 227

Stufen ber ©etfl im tnenfci^ttd^en ®enie unb burd^ boffelBe bie 9kiur ote Äunfttoetl l^ertJorbringt. ^

3. Gd^eHing unb @))inoso.

3nbeffen ftnb ttt bet Seigre ©(j^etfingS iette beiben Stetigen {3latux unb ®etp) einanbet fcineStDcg» paxaUtl ober coorbinirt, toxt in ber ßel^e €))ini)3aS. S)ie Sergleid^ung Iginft nic^t Mog, fonbern ijl folfd^ unb oerbirbt baS SSerfianbnt^ ber 3bentität9))]^itofo|)]^ie. 3ene €oorbination n)irb bebingt unb geforbert burc§ ben cartejtanifc^en S)uati8muS t)on 2)enlen unb STuSbel^nung, loetd^er bie Seigre @))ino3QS nod^ bel^errfd&t, über t>on Seibntj burd^ ben Segrtff ber SRonabe flbertüunben Sorben ift unb feitbem feine onbere 93ebeutung ntel^r l^aben fann ate eine rüdf- fällige, ©d^elling, ber fo gern ber Qpxnoia feines 3citaIterS l^eigen tooUU, %at jener falfd^en äSergleid^ung ba8 SBort gerebet; baffelbe ^at aud^ ^egel getl^an in bem 3eit))unfte, t>on beut loir reben.'

Um bie ©ad^e üar gu fieDen, fo t)er]^alten fid& in bem 3bentitAt8- f^ftem jene beiben 0lei]^en felbfl ote ^otenjen: bon ber reellen Sleil^e tt)irb fortgefdöritten jur ibeeHen. S)q5 SSBeltatt bilbet eine ©tufenreil^e, bie Don bem STOinimum ber ©ubiecttöitftt (SOTosimum ber ObiectiDitdt) oIS ber niebrigften Stufe em})orfieigt gu bem SDla^imum ber Subjectioität (Sninimum ber £)biedit)it&t) aU gu ber l^Odgßen: t)on ber beiougt- lofeften 3Jlaterie biiS gu ber im ftorften 93etougifein leudgtenben SEBol^r' l^eit unb Sd^onl^eit. @o erfdgeint bie SBeltentioidnung im Sid^te ber 3bentitatd(e]^re aU bie fortfd^reitenbe Steigerung ber @ubiectit)itat.

1 SOgl. übet bie Se^te 6dieffing8 biefeS aBexf (frü^cte 9(uf gäbe). S3b. VI. (3ttbiI.-«M8g.) JBb.VIL »u*IL «rfterabf^n. ©op.!— IV. 6.281— 807. 3»etteT mm. aat>. VI-VII. 6.815-382. S)ritter «bf«n. 6a»). XXVIII -XXXII. 6. 491 -565. * ®Iei(| in bem crflen 6tücle bei Iritif d|en SournaU finbet ft(|: ,Ueber ba« abf olute ^bcntitätsf^flem unb fein SBeil^ältni^ au bem neueflen (SRein^oIbif^en) S)uan«mu«. ein ©efpTftdS Steiften bem S8erf äffet unb einem gfreunbe* (6. 1—90), Sex SBerfaffer foiDO^I be« in 9lebe fle^enben €^ßcm« aU au4 biefeS ®efpr&(|d ift 6dieaing, bet gfteunb ^egel. ,34 glaube", fagt bet Sftcunb, «nun beutlidft 3tt fe^en, baft bet (Begenfa^ t)on 9latut»)l|Uofo)>^ie unb 2tan<fcenbentaI|)^iIofo»)^ie bei Sinnen feinen anbeten 6inn l^aben fann, als e8 f^at, locnn S»>inoga baS etfle !Bu4 feinet dEtl^if de natura, bon bet SlH^eit, ba8 gtoeite de mente obet Dom 3* übetfdjtieben ^at.* 3)et S5etfaf[et antioottet: »Äeinen anbeten' (6. 14). 9(bct ba8 etfte Sdui^ bet diW l^anbelt nid^t «de natura», fonbetn de Deo, unb ba8 gleite Ifianbelt «de mente», ni^t al8 Dom 34f fonbetn aU bon einem SDlobuS beS ^tnttni,

15

228 ^egete Hu90Qnod))unfte unb Huffiaben.

3n einem, gteic^jeitigctt Sluffafe ,, lieber ben tOQl^tett SBefltiff her gflaturp^Uofopl^ie'* (1801) foflt ©(^ettttifl gatij im ©tun unb Oeift feiner ^bentitätrtel^re: ,,€§ fliebt nid&t jiDei öerfd^iebene SBetten, fonbem nur bie eine fettige, in toetd&er oOeS unb aud& baä begriffen ifi, toa» im gemeinen SBemufetfein als Statur unb ®eifi fi<i entgegengefe^t toirb'\ „®iefe SQ3eltanfd6auung l^alte x^ für bie allein toal^re; bur<i pe toirb aller ®uali8muS auf immer öcmidfetet unb alle» abfolut eine»/ ^ Sßol^lgemerÜ: aller S)ualidmu8, alfo au$ ber im\i^tn S)enfen unb auöbcl^nung, toeldfeer in ber Seigre @})ino8a8 fortbeftel^t unb burd^ il^r ganjeS @^flem ]^inbur$tt)irft! @$elling8 ^Igilofopl^ie ifi entmidlung»^ leiere, xoa^ @finoga» ^l^ilofopl^ie nid^t ift unb fein !onnte.

4. 2)te neuen ^ufgabetr.

3n biefer entoidlungdlel^re, to)ie fie €cbelling im Saläre 1801 begrflnbet unb f^ßematifirt l^at, finb jmei ä^eftimmungen entl^alten, tt)eld^e ben @]^aro!ter bed ganjen €^ftemS betreffen unb O^i^agen ober Aufgaben ungel5{ter unb unentn)t({elter 9lrt in ftd^ fdgliegen. (S8 ^anbelt fid^ um ba8 ^rincip unb ben (^ortfd^ritt.

1. @d^elling l^at bas $rincip als bie abfolute ^bentitdt (@ub)ect- Dbject) ober bie totale Snbifferenj beS ©ubjectitoen unb Objectiöen, als bie SBernunft ober baS abfolute ©elbflerlennen bejeid^net, »orin alle Strien beS @einS als eto)ige 3been begriffen finb. @S ifl aber nid^t genug, baS ^rincip gu begreifen unb burd^ SBorte gu erfldren, bie tioieber gu eiftären finb, fonbern alle in il^m entl^altenen 9e= fitmmungen moQen georbnet unb entmidelt werben. S)ie lurje O^^age l^eigt: SBaS ifl bie ^bentitdt ober bie 93ernunft, bie fid^ in allen (Sr- fd&einungen offenbart? ffiie entioidEelte Slnttoort auf biefe Sfwge ge- l^ort in baS ^^bentitdtsf Aftern als beffen ©runblel^re ober ^etapl^^fiL eine fold^e aJlctapl^^fil fel^lt bem ©^jicme 6d&eHingS, toic er baffelbe im 3a]^re 1801 beurlunbet unb in biefer ©eftalt niemals t)erleugnet l^at.

2. S)ie SJemunft ober baS abfolute ©elbfierlennen erfd^eint in ber SSelt als ^roceg, als ber @tufengang beS SrlennenS bon ber niebrigfien ©tufe tiefper 93ett)u6tIoftg!eit (9Äaterie) bis jur l^öd^jien Stufe beS aSetPufetfeinS, too bie 3bentität olS SBal^rl^cit unb ©^ön^eit einleud^tet. SBaS im Slbfoluten 3becn finb, baS finb in ber Statur ^otenjen. S)iefe fortfd^reitenbe Steigerung ber ©ubjecti^it&t, !raft

(Ebenbaf. »ud^ II. Smeiter SCbf^n. (S,ap. XXIV. @. 454.

2)ie 3bee bet SOßcItentttticnunfi. 229

beten bolS @u6jectit)e aud jeber Objecttk>irutt3 ftdg ju einet neuen Stufe obet $oten) feinet £^ätig!eit etl^ebt, l^at Sd^eUing „bie äJletl^obe bet $oten)en obet beS ^otenjitens'' genannt, et l^at biefelbe ald feine (Sx- ftnbung ftets in Slnf^tud^ genommen, niemals t)etleugnet, abet aud^ nie logifci^ batgelegt unb getel^tt.^

8. SBit mflffen biefen beiben 9lufgaben noäi eine btttte ]^in)ufflgen. ©d^eUing l^at bie 3BeUentn)idIung mit einem lebenbigen Aunftn)et!e t)etgUd^en, unb nid^t blog t)etglid^en, fonbetn aU ein foId^eS bettad^tet, aU ein lebenbiged Aunftmet!, n)etd^'eS in bem dfil^etifd^en Aunftmetl ald bem menfd^Iid^en @enie))tobucte gipfelt unb fein SSefen offenbatt. (St ]^at beSl^atb bie ))bUofot)bifd^e SBeltetfenntnig mie bie St!enntni^ eines AunfliDetfs genommen, bie nid^t in einet nod^ fo genauen SBe» f(^teibung beftel^t, fonbetn in einem bet genialen ©d^öpfung congenialen SSetftanbe, bet baS Aunftn)et! nad^fd^afft obet teptobucitt. Songenialität ifl aud^ ©enialität, ^lad^fd^öpfung ift aud^ ©d^öpfung, 9le))tobuction obet äteconfttuction ift aud^ Sonfttuction. 2)ie Sßetle bet Statut mie bie beS ®enieS ftnb t)et!5t))ette 3been, bie als fold^e nid^t etfannt toetben, inbem man fie blog anfd^aut, toie bie Stbxpex, aud^ nid^t, in- bem man fte bIo| tnteKigitt, n)ie bie 3been, fonbetn inbem man beibe (Stfenntnigatten in bet intellectuellen ^nfcigauung (tntuiti^et SBet= ftanb) t)eteinigt, meldte Aant t)on ben menfd^Iid^en SBetnunftt)etmogen auSgefdgloffen l^atte, @d^eQing bagegen als baS eigentlid^e @tfenntnigotgan bet $^iIofo))]^ie anfielet unb angefel^en toiffen toiä. @inet fold^en Sin- fc^auung etfteute fid^ @oetl^e in feinet 3(tt, bie 9iatut ju bettad^ten. „3d& bin ftol^, bafe id6 meine 3been feigen fann", fagte et in einem feinet etjien, unDetgeffenen ©efptöd&e mit ©drillet (1794), als et biefem feine Seilte t)on bet $f[an3enmetamot))]^ofe ootgettagen unb ben Utt^puS bet $flanje auf bem ^apiet t)otge2eid^net , ©drillet abet ben ed^t lantifd^en (Sintioutf gemadgt l^atte: ^S)aS ifl feine Stfd^einung, fonbetn eine Sbee'/

SBcnn man ©d^ettingS ^pi^ilofo^jl^ie, toie öftet gefd&e^en, mit bet platonifdgen ^etgleidgt, fo batf man fid^ l^auptfäd^lid^ auf biefe jmei $un!te betufen: auf feine Seilte bon ben 2tbeen ats ben eföigen Sitten beS ©eins unb auf feine ^nfd^auung bet SSklt als eines lebenbigen AunftioetlS.

1 Cbenbof. fBu* IL 3»etlet Hbfdjmtt. (&ap. XXIV. 6. 454. Col). XXV. 6. 461. dap. XXXII. ©. 548-563. JBgl. »ietter ^Ib^nitt. ©ol). XLVm. 6. 828-831. SSgt. »u* I. ©ap. XIX. 6, 265-267.

230 $egel im SBiinbe mit ©beding.

5. 2)eT SBeg ^ux SBal^rl^eit.

9lun aber liegt gn)if$en bem geioöl^ntid&en 99e)Dugtfetn uttb ber genialen, gum erfenntniSorgan ber ?P^i(ofo»)]^ie B^'^öxiflen Seflabung eine Aluft, loel^e feine Seilte auSguffiQen unb gu ebenen Detmag. SBenn bie ^pi^itofopl^ie bic (grlenntnil ber SBal&rl&eit fein fott unb min, fo mag fte au$ ber SBeg gur SBal^rl^eit fein, fte inu§ ben 993ea geigen unb fahren, ber t)on ben Anfängen bed gemol^nüd^en 93e« toufetfeinß t>on ©tufe gu 6tufe em})orfieigt bis gu ben ^öJ^en beö ai^ fotuten ®eifle8, ber fxäi im äBettüH offenbart unb baffelbe burd^maltet, unb gttar bebarf eS, um biefen SEBeg gu finben, feiner genialen ober ^ribilegirten ®eifle8art, fonbern, mie eS im äßefen ber ^l^itofopl^ie liegt, nur ber aufrichtigen Siebe gur SSal^rl^eit, benn t& ift ber SSal^r- l^eitdtrieb, ber bad meufd^Iiii^e ä)elDugtfein betoegt unb fortf freiten mad^t bid gum (Snbgiet, loo bie eneid^te Sal^rbeit gleid^ ifl ber ge- mottten unb gefud^ten. lERid^tiS anbereS aU bie el^rlid^e Siebe gur 3Ba^r^ l^eit ifl ber (&ompa%, ber baS menfd^lid&e 99etougtfein auf feinem äBege gur SBal^rl^eit leitet unb ftufenm6§ig bis gu bem ©tanbpunft erl^ebt, mo il^m baS Sßefen ber Singe einleudgtet. S>iefer @tufengang ifl bie< ienige Sutmiillung beS 93elDugtfein8 ober beS ©eifteS, meldte ber ))l^itofot)]^ifd^en Srfenntnig DorauSgel^t unb biefelbe begrünbet. S)iefe Stufen finb bie @tanb)^un!te, meldte bas 93ett)ugtfein auf feinem SSege burd^Iduft unb tooburd^ bie 9lrt unb SBeife bebingt ifl, mit bem Se^ ta)u§tfein bie Objecte, bem ^l^ilofopl^en aber, ber bem ®ange be9 SBetou^tfeinS nad^forfdbt unb gufiel^t, beffen äSetrad^tungStioeifen unb Srten be9 SßiffenS erfd^einen: biefe SSorflufen ber ))]^iIofo))]^ifd&en Sr» !enntni§ finb barum bie Srfd^einungen be§ SBiffenS ober bie $^&nomena be9 ®eifled, unb bie SBiffenfd^aft biefer äSorflufen eine „^^nomenologie beS ®eifle8\

S)ie n&dgflen Aufgaben, ald ^eget im ^al^re 1801 an ©d^eOingS Seite trat, lagen in ber JBert^eibigung ber Sbentitfttölel^re, in ber SBegrdumung unb äkmid^tung miberflreitenber Vnfidgten, bie in ben Slid^tungen ber 5£age9^]^ilofop]^ie t)on feiten ber kleinen unb ber ®rogen fid^ ber neuen Seigre in ben SBeg fleSten. Unter ben Ateinen erfc^einen Steinl^olb im 99unbe mit 93arbili, ber fogenannte gefunbe Sleufdgen^ toerflanb, uoie benfelben 9ß. %x. Arug in feinen Sd^riften (1800 unb 1801) nal^m unb reprAfentirte, ber @!e))tici8mu9, loie i^n ®. 6. Sd^ulge («enefibemud) in feiner «Aritif ber tl^oretifd^en $]^Iofo))l^ie'' (1802) erneuert l^atte; unter ben ®ro6en finb bie fantifd^e, jacobifd^^e unb

^egel im SBnnbe mit 64eQing. 231

fiddief^e $]^tIofD))]^ie ju t&c^efitn, bie als bualifltfc^e €^ftetne 6ef&m^ft itnb 9ie{Ir£tonSt)]^ilofot)ldien genannt loerben. Unb ba% 9tetnl^oIb ben Untcrfdöicb stoifd^cn ber SBiffcnfcfiaftfilel^re unb ber 3bentitat8^)]^iIofop]die nod^ nid^t begriffen l^atte, gab bie SSeranlaffung gu ber „3)tfferen3 bed fid^tefd^en itnb fd^elllingfdden @4ßemd ber ^l^ilofopl^ie'', momit ^gel feine t^J^ilofopl^ifdge Saufbal^n als Sd^riftfleller erö^nete.

Stpeite« «apiteL ^egel im Umit mit Si^eUins*

L a)ie erften ©d^riftcn. 1. 2)te ^lanctcnbal^nett.

^te ^egel auf bem ©ianbpunfte ber SbentitätSpl^ilofopl^ie, bie tt)ir aU Sinl^eitS- unb SntmidnungSlel^re er!I&rt l^aben, feine 3been f^fieinatifil )u orbnen begann, um ein aDumfaffenbeS, butd^gdngig gegliebetteS, lel^rbaieS ®anje§ baraud ju mad^en, fa^ er biefe bret Slufgaben &or fi^: bie metapl^^fifd^e, bie metl^obologifd^e, meldte mit ber logifd^en ^anb in ^anb gel^t, unb bie pl^ftnomenologifd^e. 6r ]&ot nie einen früheren ©tanbpunit gel^abt, er l^at ben ergriffenen auÄgebilbct, aber niemal« t)erdnbert, aud^ nid&t in bem Sinne, in »eld&em t)on Sfid^te unb ©d&etting gcfagt toerben barf, bafe fie, ol^ne ))on fidg abjufaQen (mie man unDerftänbigerioeife oft gemeint l^at), eine 9lei6e &on @tanbt)un!ten Dor ben Sfugen ber SBett burdggemadgt unb in ©d^riften befunbet l&aben. ffiiefe tJfefiiglcit unb Cinmüt^igleit in bem S]^ara!ter be8 l^egelfci^en @^ftem8 bat mit Siedet )u feinem Slnfel^en in ben Slugen ber SBelt fel^r Diel beigetragen.

a)a8 ?Prinap ber 3bentität beS Sbealen unb Slealen ober ber S5ernunft unb 9latur (identitas rationis et naturae) in Slntoenbung auf bie ®efe^e ber ^lanetenbal^nen ifl ber ®runbgeban{e biefer l^egelfd^en 3nauguraIbiffertation.* 68 fott gejeigt toerben, ba§ SBernunftgefe^e in ben ^tanetenbal^nen l^errfd^en, tt)a8 aDe t)ier fünfte betrifft: bie t^orm ber SSal^n, ba8 SSerl^ältnig ber Seiten unb 9ldume innerl^alb ber Sal^n, ba8 SSer^dltnig ber Umlauf8)eit gu ben Entfernungen t)on

aSÖerle. SBb.XVI (de orbitis planetarum). 6.1-29. (6.28.)

232 ^eget im S3unbe mit e^etting.

bet ©onne unb baS SBerl^ftlttiift biefcr gntfernungcn fclbfl. 3n An- fel^uug bet bret ecjien $un!tc l^ertfci^en bte t)on bem großen beutf^en 3(flconomen ^ol^ann Aepler entbeäten ®efe^e: 1. bie platteten be* fireiben, toie intern aScgriffe cntfpridöt, ba fie tl^r gentrum fotool^l in ftdg ate äuget ft^ l^aben, eine escentttfd^e Senttalbemegung, b. ff, eine S(Ii))fe; 2. in biefet 93ett)egung befd^teibt bet StabiuS t)ectot in gteidgen Seiten gteid^e @ectoten; 3. in ben Umläufen bet Planeten t)et^Qlten ftd^, loie eS ben 93egtiffen bet Seit unb beS 9laumed ent= f))ti$t, bie Ouabtate bet UmlQufSjeiten toie bie Auben bet mittleten @ntfetnungen beS ^kneten Don bet €onne,

SEBqS abet bie @ntfetnungen obet Sbfidnbe bet Planeten t)on bet €onne bettifft, fo foQte baS ®efe^ bet batin l^ettf^enben ^topottion noc6 entbeät tioetben. Aant im a^ten ^auptflüä feinet allgemeinen 9iatutgefd6id^te bed ^immelS l^atte ben ungel^euten 3tx>ifd^entQum )to)ifd6en bem t)ietten unb fttnften Planeten, jmifd^en äRatd unb 3u))itet, gtöget aU bie v$flä(i^e allet unteten ^anetenlteife gufammengenommen, aus bem SJted^anidmud bet (Stgeugung beg 3u^itet gu etKdten gefud^t: biefet gtögte aUet Planeten l^abe gu feinet SJlaffe ben Utftoff, bet einft jenen 3tt>ifd&entaum ausfante, an fid^ getafft unb Detbtaud^t. S>a]^et bie ßeete.^

9lun l^atten bie Slfttonomen 93obe in 93etlin unb S^itiuS in Sitten- betg eine atit^metifd^e ?Ptogteffion aufgehellt (»obe^XitiuS'fd^e Sleil^e)^ na^ meldtet jene Stbßdnbe betgeftalt fottfd^teiten, bag an fttnftet @teDe eine 3<^^I ftanb, bet gto)at !ein k)ot^anbenec planet entf))tad6, abet ein nod^ gu entbedEenbet gmifd^en SJtatS unb ^npxitx entfpted^en foUte. (2)ie 9teil^e i{l butd^ f))dtete (Sntbedungen l^infdQig geiDotben.)

^egel tabelte unb )}etto)atf ben gangen SSetfudd als unt)]^iIofD))l^ifd&, ba baS SBetnunftgefe^ l^iet eine Slei^e fotbete, bie ni(6t nad^ atitl^- metifd&en ®iffetengen, fonbetn nad& 5Potengen fotifd^teiten muffe; ballet meinte et, ba| bie ^i^tl^agoteifd^e S^^^^Ientei^e im SiimduiS, toeld^e nac^ $otengen bet 3cil^len 2 unb 3 fottfd^teite, loeit ti(^tiget, toeit natut» unb mnunftgemdget fei. St ift biefet ^^potl^efe gu fiiebe in ein ted^teS 9lefl t)on ^^tttl^fimetn getatl^en: et l^dtte etftenS ni^t fagen foQen bie p^tl^agoteifd^e 3<^^Ientei]^e im S^imduS, fonbetn bie plo' tonifd^e 3<i^tentei]^e im £imdud, et l^dtte gto)eitenS bie geocenttifd^e unb bie mu{t!alifd^e 93ebeutung biefet 3al^Ien nic^t äuget ^d^t laf[en

^ PantS aS^erff . ^attenfieinf^e ®efammtau9galbe. (8ei))gio 1838.) a9b. VIII. €. 356 flab.

^egel im SSunbe mit 6(ffeaittg. 233

foKcn, Qudg l^at et in ben urfunblid&cn Sal^Ien eine SBertefferung an= bringen iDoIIen, bie baS ©egent^eil mar. 2)te utEunblid^en Bohlen fmb 1, 2, 3, 2^ 3», 2», 3^ ülfo 1, 2, 3, 4, 9, 8, 27. ©latt 8 tDottte ^egel, um ben gfortfd^ritt nidfet aufaul^alten, 16 lefen. SBoS aber bie ^au))tfa(i&e mar: an t)ierter ©teile ftanb bte Sa^l 4, an fflnfter bie So'&t 9; jener entfprad^ in ber ^pianetenrei^e ber SWarS, biefer ber 3ui)iter, ba laß nun ber grofee Stoifd&enraum gmifc^en 3Jlar8 unb Supiter offen unb Har t)or aller klugen.*

ffiä^renb ^egel am 27. Slufluft 1801 in 3ena biefe feine ®iffer» tatton mit ber 99e]^aut)tung ju tertl^eibigen l^atte, bag gioifd^en SKard unb 3upiter fein ?}lanet ju fud&en fei, mar Don ^Piagji in ^Palermo am 1. 3anuar 1801 a»if^en SOiarS unb 3u^)iter ftfton bie ©eres ent« betft morben!

S)arüber ifl nun bei ben ©egnern ber $l()iIofo))]^ie, insbefonbere ber l^egelfd^en, beS ©elftd^terS unb 3ubeld lein @nbe gemefen, nament» Ud& bei fold&en, bie Don ^egel unb feinen äSerfen an^ eigenem @tubium nichts lennen gelernt unb burci^ ^drenfagen aud^ !aum mel^r erfal^ren l^atten ate biefen 3rrt^um. 3u tabeln ift ^egel, menn man eS einen Sabel nennen »itt, bafe il^m bie einige SWonote frfil^er in ^Palermo burd^ ^taggi flattgefunbene Sntbedung ber Sered unbelannt geblieben toar, UebrigenS »ar ber entbedte ©tern lein 5pianet, fonbern ein <)Ianetenä^nU<|er Äör})cr, ein „^ptanetoib ober Slfteroib\ »ie man beren gioif^en äRarS unb 3u))iter im Saufe unfereS 3<i^t^unbertS fo Diele entbedt l^at, ba^ [xS^ beten S<^i^ nunmel^r tool^I gegen Dierl^unbett beläuft.

9lud6 mug x(b, mi$ felbft beridgtigenb, barauf l^inmeifen, bog ^egel ni^t in ber fjorm einer Sel^au^)tung, fonbern einer bloßen ^^potl^efe auSgefprod^en l^at, ba^ bie fifläe 3to)ifdgen SKard unb 3upiter einleud^te, menn bie Don i^m angeführte 9teil^e rid^tiger unb naturgemäßer fei als jene aritl^metifdfee ^Progtcf fion : «quae series si verior naturae ordo sit> etc. 3n biefer unb äl&nlit^en fragen finb Don jel^er mannid^fad^e ^^potl^efen gemad^t n)orben, aus beren Siicfetigleit ben ©rfinbern fein SBormurf ertoädöfl,*

^ «Qaae series si verior naturae ordo sit, quam illa arithmetica pro- gressio, inter quartum et quintum locum magmim esse spatium, neque ibi planetam desiderari apparet.» (S. 28.) » Sgl. barübcr 3). 3fr. ©trauß' !(einen unb tteffenben Kuffa);: „^te Slftcroiben unb bie ^^ilofoip^en". (1854.) ®efammeltc Gd^riften. S9b. IL @. 353-356.

234 ^egel im IBunbe mit G^etting.

3m SSorbergruttb ber Sd^rtft baS ju betdnipfenbe Obiect ftel^t 9tett)ton tnit feinet matl^ematifd^en SegtUnbung ber !e))terfdgen ®efe|e unb ©rKärung ber ^lanetenBol&iien, toic fiift biefelbe in feinem be« Tül^mten SBerl: „3)ie mat^ematifcfeen iprincipien ber 9?atut})]^itofop]^ie'' finbei 993it foQen und DorfteQen, to)te bie $immel8{ör))er, n)eld&e bie ©onnc umfreifen, burd& Äcäfte getrieben toerben, tote bie Slepfel, bie gut (Srbe l^erabfaDen, unb bie Steine, bie gefd^Ieubett toerben unb itQ(!^ burd^toufener {^ugbo^n aud^ lieber jur €tbe l^erobfaKen. S)ie ^(aneten mttffen Iroft i^rer eigenen ©$n)ere beflftnbig faOen unb Iraft i^re« Don ®ott empfangenen @toged gugleidg befiänbig fliegen, medl^atb fte gen5tbigt finb, nad^ bem ^aradelogramm ber Ar&fte in jebem unenbßd^ Keinen 3eitt^eil bie biagonale 9%id^tung ju nel^men, b. 1^. fi(^ in heis* förmiger Sal^n ju betoegen. S)ie8 aUeS n)trb matl^ematifd^ ober geo« metrifd^ Deranfä^auHd^t, burcb $un!te unb Cinien, bie $un!te finb bie Sentra, bie geroben Sinien bie Ardfte unb bereu Slid^tung, bie Zentri- petal- unb (Zentrifugal- ober Sangentiallraft; bie OueDe ber erften Araft ifl bie SRaterie, bie ber jtoeiten ifl ®ott beibed ifl auf matl^e» matifd^-med^anifd^e SBeife unbegreifßd^ unb m^fieriöS, bct man nic^t begreifen !ann, mie ®ott flö^t, unb ebenfon)enig, toit bie allgemeine Slttraction ober ®raoitation, bie in unb burd& aOe Qferne toirlt, olfo ol^ne ffirudt unb ©tofe, einen Äörper betoegen lann. 3)ie SD^latl^ematif l^ai e8 mit bloßen ®rögen, bie 9lf}ronomie bagegen mit 9laum unb S^ü, SRaterie unb Gräften, ^immeldfSrpern unb beren freier fdt- n'egung }u t^un: bal^er bie Möge SKatl^ematit nid^t l^inrei^t, bie pl^^fifaUf^e ^{Ironomie ju begrfinben unb bie $tanetenba]^nen ju n- üdren. 2)a)u gel^ört ber naturpl^ilofopl^ifd^e ^griff ber 9Raterie unb i^rer not^menbigen Sntjioeiung ober 2)ifferen3irung (2)iremtion) in entgegengefeftte Äräftc. ^

3lid6t biefelbe Äraft ift eS, toie SRetoton geleiert l^at, bie ben Äpfel 3ur (Srbe giel^t unb ben Planeten um bie @onne betoegt. SDie Sepfet, toie ^eget an biefer ©teile fd^erjl^aft bemerlt, l^aben in ber SBett Diel Unl^eU angeridfttet, namentlid^ bicfe brei: ber ^fel ber (Boa, ber be« $ari8, unb gule^t ber, n)eld6en 9lett)ton gefeiten l^at, tt)ie er Dom 99aume l^erabfiet, bei beffen StnblidE i^m bie ©ruDitationSlel^re aufgegangen fei. ©0 lautet ba« abgegriffene ^iftördöen (tritissima historia). S5er erfte Gipfel l^abe ben t^Q ber STlenfc^l^ett, ber }tt)eite ben Untergans

* De orbitis planetamra. 6. 5—17.

iQt^tl im a^nbe mit G^eHing. 235

SEtoiaS, ber bttttc bie aRifetien bet äjironomie öerf<|u{bct. ®ic 5p^iIo« fo^te möge ftcft Dor bcm 9fl)fel in 2lc6t nel&mcn, er i^ ein fi^Iimnie« Dmen!^

3la^ SiceroS Sßorten l^obe SohateS bie $l^iIofop6ie t)on ber a3e= trad^tung beS ^immels auf bie Srbe l^erabgeftt^rt, um baS menft^« lid^e Seben gu erlennen unb ju lAuiern; eS fei nunmel^r Seit, ba% bie !ß^iIofo))^ie lieber jum ^immet emporfieige, um nad^ StoptxnxlM, ®alilei unb Aepter bie ^lanetenbal^nen &on 9leuem gu betrad^ten unb il^re ®efe^e fo gu erfennen, bag baraud bie Sbentitdt ber äSernunft unb ber ?latur einleuchte.*

2. ISic p^ilofo))^if4c S)ifTeTcna gtoif^en Si^te unb ^d^clling.

gßenn man biefe erpe ©d&rift, toeld&e ^egel in SBudbform l^erauÄ» gegeben l^at, mit feinen Suffö^en im Iritifd^en Journal Dergleid^t, fo finben ficft eine 9leil()e bon $un!ten, meldte bort als felbftdnbige Sil^emata auftreten unb l^ier im Saufe ber Sbl^anblung ato einfc^Idgige Ofragen t^eils berftl^rt, tl^eild erdrtert »erben, toie 3. 93. bie gefd^id^tlid^e Snfidgt ber ^l^ilofopl^ie, bie ))]^iIofo))l^ifd^e Aritü, ber gefunbe SReufd^en- oerftanb, bie Steflesion als ^njtrument ber ^l^ilofop^ie u. a.' Ueber» ^au))t entl^dlt baS fleine SBud^ fdgon einen angefammelten SSorratl^ l^egelfd^er Sbeen, bie fi(( bem Jttenner ber !anftigen Seigre aU Aeime entmidUungdbebfirftiger unb ent)oidE(ungdfd^iger Strt barfteUen. Ofi^eilic^ entbel^rt bie @))rad{)e nod^ }u fel^r bie gur 99elel^rung beS SeferS cr> forberlidge plaftifd^e S)eutli(^!eit unb 9Iue))rägung unb I&gt in i^rer abfiracten, farblofen Haltung ol^ne aUe ^nfd^autid^feit bie ^d^toierig- feiten unb äJl&ngel em))finben, »eld^e bie Alagen Aber bie UnDerft&nb- Ud^feit l^egelfd^er @d^reibart nic^t mit Unre^t ]^er))orgerufen l^aben.

1. 3>ie n&c^fte SBeranlaffung ju ber genannten @d6rift mar burc^ SReinl^oIb gebmmen, ber in feinen „SBeitrdgen'' bie 9leul^eit unb Driginalitdt ber fc^eQingfd^en ^^ilofop^ie beflritt unb biefelbe immer nod^ aU einen Sprogting unb SIebengmeig ber fid^tefc^en SBiffenfc^aft^- (el^re angefel^en miffen moQte. 3n ber beftdnbigen STletamorp^ofe feines t)]^ilofo))^ifd^en @tanb))unltd, bie man eine ..SRetempf^c^ofe" genannt ^at, mar 9leinl^oIb üon Aant gu Ofid^te, ))on Orid^te gu 3acobi, t>on 3acobi gu 93arbiU fortgegangen ober öielmel^r, toie ^eget meinte, er

* De orbitis planetarum. 6. 17-18. « «enbaf. »b. XVI, ©.2. ^iffcreng beS ftd^^en unb f^eOingfi^en @^ftem9 ber $tiIofo))]iie. 9Betfe. 3öb. L ©. 159 -296.

236 ^egel im SSunbe mit e^eQing.

iDQt auf biefem feinem testen Sßege, ber tl^n gu SSarbtli geffil&rt l^atte, n)teber )u feinet eigenen „Slementarpl^Uofopl^ie'' gutflägegangen unb ftanb nunmel^T, nad^bem er biefen ßteielauf tioUbxaiit, im Sunbe mit Sarbili gegen ©d^eKing im 93unbe mit ^egel, meldten (enteren bie ©efd^iäe ber bautfd^en ^l^ilofopl^ie far bie näd^fle 3u{unft anoertraut tDoren.^ Sel^r ungleid^e ©egner!

2. 3lun xoax ed bie Slufgabe ^egeld, bie S)ifferenj ber beiben ))^i(ofo))]^ifd&en S^fleme, 3tt)ifd^en benen ber ©treit um bie Hegemonie gu fahren tt)or, in il^rem gangen Umfange unb in il^rer gangen ä3e- beutung gu erleud^ten; er l^atte na4)gun)eifen, bag Ofi^te gioar bie 3bentität8p]^ilofo^)l^ie begrttnbet unb il^r 5princip fefigeftettt, Ieine8= megd aber au8- unb gu Snbe gefül^rt l^abe. 2)ied fei burc!^ ©d^eUing t)ermöge feiner S^aturpl^ilofot^l^ie, feines transfcenbentalen ^bealiSmuS unb ber S)arfleQung feined @^ftemS ber $^i(ofopl^ie gefd^el^en, bed- l^alb fei er als ber eigentlid^e Slepr&fentant beS @^ftemS ber abfoluten 2lbentitAt unb als ber fiegreid^e $^iIofo))]^ auf ber ^öl^e ber Segen» »art gu betrad(ften.

3n bem obigen ©a^tel öon ^ber 3bee ber SBeltcnttoidlung", bie ii) gefliffentHc^ an bie €))t^e biefeS gleiten SBud^eS gefteKt ^abe, finb fc^on im SSefentlid^en bie S)ifferengen bargetegt n)orben, meldte gtoifd^en ber ftd^tefd^en unb fd^ellingfd^en ^]^iIofo))]^ie obtioalten unb aud^ baS SEI^ema beS l^egelfc^en 93üd^leinS bilben.^

3. anit t)on{ommener 9lid^ttg{eit l^at ^egel in AantS fiel^re, in ber SSernunflfritil unb gtoar in ber S)ebuction ber reinen SSerfianbeS» begriffe bie SBurgel erlannt, n)orauS bie fid^tefd^e ^l^ilofopl^ie l^erbor» gelten mugte. 3n biefer Unterfuci^ung l^atte j!ant entbedFt, loie baS 34 ober baS reine 99en)ugtfein auS feinen SinbrädFen unb reinen Sfnfc^auungen (Staum unb 3eit) bie @rfd^einungen, aus feinen Sr» fcbeinungen unb reinen SSerfianbeSbcgriffen (Aategorien) bie Srfal^rungS- Dbjecte unb beren 3ufammen§ang, b. 1^. unfere gemeinfame @innenU)e(t ]^ert)orbringt unb t)orflent. S>iefeS 3d^ ift baS reine, nanbellDfe, ftd^ felbft gleidge, mit ftd^ ibentifd^e 3d&. ^ier ift baS $rinci)) ber 3bem titat: 3d& = 3d& nad& bcm ©a^e A = A, tocId^eS gfid&te an bie epitie feiner äBiffenfd^aftSlel^re gefteQt l^at.'

> a^gl. über 9ieinboIb bicfe« SOS^ert. 9b. V (alte 9(u«gabe). SBu4 U. (S4ip. I. e. 118^129. UebcT 9ietn4olbS Se^re: eoD. II— V. 6.129-171. Sgl. S)tffeTeng «. f. f. 6. 290—293. « »gl. oben 8u4 n. 6ap. I. 6. 219. » «enbaf. 6. 222-224. «egd« 9ßcTle. »b. I. 6. 161 f[gb.

^egel tm Sunbe mit ©Delling. 237

SDiefeö 3^ ba8 unfete öemcinfamc, ofciectiöc SBclt ]^crt)or* bringenbe unb t)orfteIl[enbe 3d6, bal&cr bic 3bentitat beS 3(i& unb bcr SBelt, beS Sbealen unb 9teaten, beiS @ubiectit)en unb £)6iecttt)en, bei$ 3* unb be8 3lit]&t=3(ft: l^ict tfi ba« 3bcntität8i)rinci)): 3* = «HcS nadg bem €a$e Ä = B, red^t etgentlid^ baS ©runbtl^ema ber ftdgtefd^en $]^tIofo))]^te. 2)QiS 3$/ ^te ^egel in larjefler Ofotmet fagi ift Subject- DBject; es tft ©ubicct=Dbicct al8 3(i6, b. 1^. eS iji ,,fubiccttt)e8 ©ubiect» Dbiect", 3n biefer Sfaffung liegt bie unflbertounbene unb innetl^alb ber SBiffenfd&aftdtel^re aud^ unftbertoinbliii^e Stnfetttg{ett unb @dgrQn!e ber fid&teWen 5P^iIofo})]^ie. ^2)08 reine ©enlen fetner felbfi, bie 3ben= tität beä ©ubject« unb beS Dbiect«, in ber gform 3* = 3* tft ^rtncip bed ftd^tefd^en S^flemS; unb menn man fi(^ unmittelbar an biefed $rinci^, foiDte in ber fontifd^en ^l^ilofopl^ie an bad tranSfcen- bentale, toeldged ber 2)ebuctton ber Kategorien ju @runbe liegt, aSein l^Alt fo l^at man baS Ifll^n auSge{))rod^ene äd^te ^rinci^ ber Specu» lation." Ober toic eS in einer frül^eren ©tetfc J^et^t: „3^ bem ^Princip ber 2)ebuction ber J!ategorien ift biefe $l^i(ofo))]^ie ftd&ter 3beatt8muS; unb biefed 5Princi)) iji eS, toaS gfid^te in reiner unb ftrenger 5orm l^erauSgel^oben unb ben ®ei{t ber lantifd^en $]^Uofopl^ie genannt l^at". ,,3n jener SDebuction ber SSerftanbeSformen ifl baS ^rincip ber @pecu> lation, bie 3bentit2t beS ©ubiects unb bed Objecto aufS Seflimmtefte auSgefprod^en. S>iefe 5£^eorie beS SSerftanbed ift t)on ber SSernunft aber bie SCaufe gel^alten toorben."^

4. 3lun aber forbert ba« ^Princip ber 3bcntität 3d& = ?lüe8 bie fotgertd^tige €rgdngung, bag aud^ SlQed (mitl^in aud^ baS 9lid6t=3d^, b. 1^. bie Jftatur unb bie SBell) = 3d& fei ober gefegt »erbe. SäJiö man fid^ biefen 3beengang in ber (^orm eined ©^Qogismud t)or{leIIen toir Iftaben l^ier mit ibentif^en ©ö§en ju tl^un , fo lautet berfelbe: 3d& = 3*, 3* = «ttes, alfo SlDeS = 3d&. ®ie «uSfü^rung aber biefed testen ©a^e8 bebeutet nid^ts ©eringereS ald ba8 loerbenbe 3d&, bie »erbenbe 3ntenigenj, b. 1^. ben ©tufengang ber Sfflelt, bie ©nttoidttung ber Statur unb beS 93ett)u§tfein8 : biefe beibcn großen S^l^emata ber 9latur))]^iIofot)]^ie unb be§ transfcenbentalen 3beali8mu§. S)a§ 5Princi}) ber 3bentität 3d& = 3d& impticirt, tote au8 ber obigen ©dölu^form fogleid^ erl^eOt, ben ©a^ ,2ltteS = 3d&", b. % ben ©tufen= gang ber 9tatur unb be8 ©eifteS ober bie SBeltentttidlung; btefeS

» a)iffetena u. f. f. Söetfe. »b. I. Söoretinnerunfi. @. 161 PQb. 6. 163.

288 ^egel im SBunbe mit Stelling.

3benttt&t8))rinci)) forbert ben „S)urd56tud& in baS freie offene gttb ber objectitoen SBtffenfd&oft" unb in biefem ®ebiet feine S)urd6fa]^rung unb aSonenbuno, ol^ne tt)eld&e ba8 34 in Sßal^rl^eit nidgt gteid^ 3(j& ifl.

5. 2)ie8 aber l^at Ofi<%te n)eber getl^an nod^ t)etniodbi; er ffat bie gforberung seflellt, aber nid^t erffiQt. S>Ql$ fidgtefci^e @^^em beginnt mit bem $rinci^ 3dg = 3(16 unb enbet mit bem ^tnci)): bad 3(i| foU gletd^ 34 fei«- ®e^ «i^P« @ö| öertoanbelt fidfe im Sfortgonfle befi @9{tem8 in ben jtoeiten, ober um in ber l^egelfd^en O^otmel gu reben: bad Ißrinci)) ber fi^tef^en ^l^ilofopl^ie i^ 3bentität bed €ubjeä9 unb beS Obiectd, eS ifl Subject-Dbiect, aber nur fubiectioeS; baS $rincit) ber f^eUingf^en $l^iIofo))]6ie ift Sbentitftt beS 6ubiectd unb beS DbiectS, ifi ©ubject'Obiect, aber o6|ectit)e3 ober t^ietmel^r foiool^I fubiectik>ed aU obiectioed, eS ifl beibeS t)ereiniat. S>iefen Unterf^ieb l^at Steinl^olb nidbt ju erfennen Oermod^t. ^3n feinen SBeitrftgen ift foiool^I bie ©eite, ^on toel^er bad fitfttef^e ©Aftern ftd^te @t>ecuIation unb alfo $l^iIo« fopl^ie ift, überfeinen loorben, aU aucb bie Seite bed fd^etiingf^en €^ftemS, ^on mltbtx biefeS fid^ Dom fid^tefc^n unterfd^eibet unb bem jubjectioen ©ubject^Object ba8 objecti^e @ubiect-Obj[ect in ber Statur« p]^iIofo))]^ie entgegenfleUt unb beibe in einem ^bl^ern, aU ba9 Subject ift, oereiniflt barfteHt".*

6. S^id^te l^at bur^ bie 93ebeutung unb Energie feiner 3been Suffe^en unb S))od^e, aber burdg beren @infeitigleit unb @d|ran!e Ieine9n)egS ®IfldF gemad^t, benn bie inteHedueQen 93ebflrfniffe beS Seit« alters maren fd^on nadg jener entgegengefe^ten @eite ber SBelt unb Stenfddl^eit gerietet, toeld^e bie fid^tefd^e ^^ilofop^ie unbebaut lieg. S)te entl^ufiaftifd^e Slufna^me, toel^e Sddleiermad^erd Sieben Aber bie Steligion gefunben l^atten, nal^m ^egel aU ein @^m))ton ber geiftigen Snftincte befi Seitalterfi, bie nad& SBelt, Statur unb Äunfi u. f. f. trad^teten. „äBenn (Srfd^einungen, loie bie Sieben fiber bie Steligion, baö f))eculatit)e Seb&rfnig nic^t unmittelbar angelten, fo beuten fie unb il^re Slufnal^me, nod^ mel^r aber bie Sflrbe, n)eld^e mit bunderem ober bemugterem ®t\iü)l $oefte unb Aunft fiber^aupt in il^rem toal^ren Umfange gu erl^alten anfingt, auf baS SBebflrfnig nad^ einer ^l^ilo- fo))^ie l^in, oon meld^er bie Statur fttr bie ajtigl^anbtungen, bie fte in bem lantifdden unb ftd^tefd^en Softem leibet, Derföl^nt, unb bie Sernunft felbfi in eine Uebereinftimmung mit ber Statur gefegt »irb."*

SHfferena w. f. f. I. 6. 164. « «benbaf. ©. 166.

^rgel im SBunbe mit GAeOing. 289

7. S)ie gefd^i(!^Uid^e Sltiftd^t l^at in ben t)or]^anbenen @^ftemen ber $]^tIofo))]^te bidl^ex tiid^td anbexeS gefeiten als eine SoQection t)on SKumien unb einen Raufen t)on SufAlIigleiten: fie l^at nid^t et!annt, bag es SBal^rl^eit giebt 2)iefe ift ^u aQen 3eiten eine unb bie- felbe, ndntli(i& bie @r!enntnig bed 9{b[oluten ; bad Slbfolule ift ju ollen Seiten @ined unb baffetbe, näntlidg bie ßin^eit ober bie 3bentit&t ber l^errfd^enben ©egenfd^e, )3on benen ber menfd^Iid^e @et{l ftc^ bergeftalt tnnerlid^ ergriffen unb entgmeit ffil^It, bag er nad^ ber Ueberminbung unb aSerfSl^nung biefer ®egenfd^e ftrebt; in biefem Streben beftel^t bad aSebflrfnig ber $]^ilofo))]^ie, unb audg biefed 93ebfirfnig ift gu aQen Seiten ein unb baifelbe, feine jQueHe ift bie SntjiDeiung bed ©eifteS, unb eine fol^e Sntgtoeiung ift notl^menbig, ba ber ®eift eto)ig entgegen« fe^enb fid^ bilbet. ,,9Benn baS 9(6foIute, tt)ie feine Srf ((einung, bie Siernunft, eiDig ein unb bojfelbe ift {toit ed benn ift), fo l^at jebe SBer- nunft, bie ftd^ auf fid^ felbft gerid^tet unb fidd erlannt l^at, eine toal^re $l^iIof^^ie ))robucirt unb fid^ bie Aufgabe gelöft, meldte, tioie il^re Sluflofung, gu aQen Briten biefelbe ift/' ,,2)te ©egenfä^e, bie fonft unter ber (^orm t)on ®eift unb SJtaterie, Seele unb )8eib, ©tauben unb 93erftanb, S^reil^eit unb 9tot(to)enbig!eit u. f. \o. unb in einge» fd^rfinlteren @^l^dren nod^ in mandgerlei %rten bebeutenb toaren, ftnb im t^ortgange ber 93ilbung in bie Sform ber ©egenfd^e t>on SSernunft unb @innlid^{eit, SnteQigeng unb 9tatur, abfoluter SubjectiDitAt unb abfoluter Dbiectibitdt übergegangen/^ 3n biefer ßntgtociung liegt ber 3uftanb, in feiner SSerföl^nung bie Slufgabe beS gegenn^&rtigen ©eifted.

8. 3n feiner „ffiarfteQung be« ©Aftern« ber fid&tef4en 5pi&iIofoi)^ie" l^at nun ^egel bie fdgon bargelegten d^ara!teriftifd^en ©runbmdngel im Singeinen t)erfoIgt unb an ber tl^eoretifd^en unb t)t<^Ittfdgen 9Bi{fen= fd&aftSlel^re, an ber Sted5tS= unb ©ittenlel^ire nad&getoiefen: toie Jlnfang unb Snbe, ^rincip unb StefuUat bed fxd^tefd^en @^ftemd !einedtoegS fibereinftimmen, n)ie ba§ 3d& fid^ felbft obiecti)) fein voxU unb foQ, aber nid^t toirb, öielme^r baS 5Princi^) 3<ft = 3^ im Qfortgange be« e^ftemS fid& in ba§ ^Princip ,,3d& foll = 34 fein" öertoanbett unb bamit eigentlid^ in fein ©egentl^eil ,,3d^ nidgt = 3<%" terlel^rt, n)ie bie 3bentitdt beS Subjects unb bed ObjectS, biefeS $rinci)) bed gangen €^ftemS, am Snbe nur aU @nbgiel, aU 3bee im lantifd^en @inn, b. 1^.

^ 2)iffereng u. f. f. «ünand^erlei gformen, bie bei bem ie^igen ^ßl^ilofo^lftiTen borfommen. QefAiAtn^e 9(nftd^t )}^t(ofo^^if4cr e^ßeme/ I. 8. 167—169.

240 ^egcl im Sunbe mit G^elling.

in beflänbigem ©egenfa^e jum tDirllidgen ßeben gilt unb ju gelten l^ot, n)te biefe 3bentit&t nic^t erlebt, fonbetn immer nur etftrebt lotrb unb erfltebt toerbcn fofl, fo ba§ ein „cnblofes Streben unb ©ottcn* ber SEBeiSl^ett legten Qpxxid^ in ber ftd^tefc^en Seigre audmad^t. Suc^ bie @taQt8n)etiS]^eii lann l^ter baS bürgerlidde Seben nur burd^ ein enblofed SBefttmmen unb SteguHren bel^errfd^en, roit eS ft(6 red^t beut^^ ltc6 in bem unerträglid^en ^oltjeU unb ^agf^ftem jeigt, mlä^ti O^td^te )ur äSerl^inberung unb SSerl^fitung ber ä^erbred^en ouSgebad^t f)at. „«3)ic ®cmemfd&aft vernünftiger Sffiefen» erfd^eint al8 «bcbingt» bur(6 bie not^ttenbige 93efd|r&nhtng «ber Oftetl^cit, bie fid^ felbft bad @efe| giebt, ft(6 ju beftferinfen»." ,,Unb ber Segriff be« Sef darauf enfi con« jlitutrt ein 9teid^ ber S^reii^eit, in n)eld^em jebeS loal^rl^aft freie, für fid^ felbfl unenblid^e unb unbefd^ränlte, b. %. fd^öne äBed^felt)erl^altni§ bes ßebend baburd^ Dernid^tet n^irb, bag boS Sebenbige in 93egriff unb SWaterie jerriffen ift, unb bie Siatur unter eine Sotmäfeigfeit tommt." „^ti 9lot^ftanb unb feine unenblid^e ^uSbel^nung über aQe Biegungen beS CebeniS gilt aU abfolute 9tot]^tt)enbigfeit. 2)ie|e ©emeinfd^aft unter ber ^errfdftaft be8 Söerfianbes »irb nicbt fo öorgeftellt, bag fte felbfl es fi^ gum oberften ©efe^e mad^en mügte, biefe 3lot\i beS SebenS, in bie es burc^ ben SSerftanb gefegt mirb, unb biefe Snbloftgteit beS 93e- flimmenS unb SBe^errfd^enS in ber loal^ren Unenblidg!eit einer fc^onen ©emeinf^aft oufjul^eben: bie ©efe^e burdg Sitten, bie SfuSfd^meifungen beS unbefriebigten SebenS burd^ gel^eiligten ©enug unb bie SSerbred^en ber gebrühten Araft burdg m5glid&e £^atig!eit für groge Dbjecte ent^ bel^rlidft ju mod^en; fonbern im ©egentl^eil bie ^errfd&aft bc8 Se* griffs unb ber Aned^tf^oft ber Statur ift abfolut gemad^t unb ind Un- enblicbe auSgebel^nt." SDiefer fd^önen, für ^egels 3)en!Qrt bot^fl dbaral- teriftifd^en Stelle füge id^ nocb bie fotgenbe l^ingu, bie ed bem fid^tefd^en S^fteme t)or^öIt, bog bie ©ered^tigfeit in feinem Sinn bie Sßelt nit^t befreit unb J)erfdf|önt, fonbern öcrunpQltet unb öertoüflet. ^Fiat jus- titia, pereat mundus ifl baS ©efe^, nid|t einmal in bem Sinne, tt)ie Aant aufgelegt l^at: «SDolS Siedet gefd^e^e, unb menn aud^ aDe Scbelme in ber SBelt )u ©runbe gelten»; fonbern: bo8 Siedet mug gef^e^en, obfd&on bedtoegen SSertrauen, Suft unb Siebe, ade ^otenjen einer ädbt fttttid^en ^bentität, mit Stumpf unb Stiel, toie man fagt, ausgerottet »erben toürben"*.

» S)ifferens u. f, f. ^^arfiellung bei ftd^tef^en S^ficm«.* aßette. I. 6. 205 bii 249. v®. 236flgb., 6.238-240, 6,242|l8b0

^egcl im iBunbe mit S^eOing. 241

9. 9lu9 ber „SBergletd^ung bei» fd^ellittgfd&en Ißrtncips ber ^l^ilo- fo^l^ie mit betn fid^tef^en" erl^eEt nunntel^t bte SDifferettg beiber, meldte eben bann beftel^t, ba§ bte ^beniitdt ber @ubj|ectit)ttdt unb £)biectit)i= tftt bte ald foldge alle ©egenfA^e in ftdd bereinigt unb barum bte ab» folute 3bentitdt ^eigt, ni(^t blog ber SSelt k>orf(i^tt)ebt als bie 3bee ober ba8@nb3iel, bad fietS gu erfhebenbe unb nie gu errei^enbe, fon« bem ber äBelt aU il^r innerfteS SBefen )u ®runbe liegt unb fie betioegt, pdö in il&r offenbart unb in ber fortfd^reitenben ©tufenreil^e ber 3)inge erf^eint, b. 1^. in ber SntioidKung fouool^t ber Statur als beS @ei|teS, toeSl^alb au$ bie äBiffenfd^aft ))om ^bfoluten ober bie $]^iIofo))]^ie fid^ in jtoei SBif[enfd^aften barfteUt, n&mlid^ in ber Staturpl^ilofopl^ie unb in bem transfcenbentalen ^bealiSmuS. „Aeine ber beiben äßiffenfdgaften fann ftd^ aU bie eingige conftituiren, !eine bie anbere aufl^eben. S)a8 Slbfolutc toürbe l^ierburd^ nur in €iner Qform feiner SjiPenj gefegt; unb fo tt)ic efi in ber 5otm ber ©siftenj fid^ fe^t, mu6 eS ftd6 in einer 3n)ei^eit ber O^orm fe^en. S)enn Srft^einen unb Sidgentgioeien ijl 6inS. SBegen ber inneren Sbcntitdt beiber SBiffenfdöaften ba beibe baS Slbfolute barfteKen, loie e8 fid^ auS ben niebrigen S^otengen einer ^orm ber ©rfd^cinung gur Zotaütdt in biefer Qform gebiert ifl icbc SBiffenfd&aft il^rem Sufammenl^ange unb il^rer Stufenfolge nad^ ber anberen gleid^. €ine ift ein äSeleg ber anbern, toie ein diterer ^l^itofo))]^ bat)on ungefdl^r fo gefprod^en l^at: «S>ie Orbnung unb ber 3ufammen]^ang ber Sbeen» ,(beS ©ubjectiöen)' «ifl berfelbe, als ber Bufammenl^ang unb bie Drbnung ber SDinge» ,(beS £)bj[ectit)en)'. JlDeS iji nur in einer STotatitdt, bie objectiöe STotaHtdt unb bie fub= iectit)e Stotalitdt, baS ©Aftern ber Statur unb baS ©Aftern ber 3ntcÜi= gcng iji eines unb baf[eI6c; einer fubicctiDen Sepimmtl^cit corrcfpon» birt Atn biefetbc obiectit)e Säeftimmtl^eit/ ^

SDer diterc ^Idilojo})]^ , toeld^en ^cgel audft angefül^rt l&at, ift ©pinoga im gtoeiten Sudft feiner etl^ü. SBir l&aben fd^on oben biefer 93erglei(^ung beS fc^ellingfd&en ©QftemS ber $^iIofo))]^ie mit bem ©Qfteme ©pinogaS gebadet, unb ba§ ©d&etting unb §egcl il^r baS SBBort gerebct l^aben, aud^ bafe fie bem erftcren fel^r toiüfommen »ar; aber fofern biefe aSerglcid&ung gur erlduterung unb gum aSerftdnbnife ber ßel^re ©Dellings bienen fott, mu6 fie gurüdEgetoicfcn »erben, benn fie ift falfd6 unb filiert in bie 3rrc. S)ie angefül^rten ©d§e ©pinogaS grünben fidft auf

^ SDiffexena u. !• f. »SSetgletd^ung beS f^eUingfdlen $rinct))8 bei $|tlofo))^te mit bem fidJteWen/ I. ©. 250-272. (6. 263.)

fjifcftet, «eT4. b. Wlof. Vm. 51. H. 16

242 ^cgel im Sunbe mit ^d^eOing.

ben bölltgen Dualismus gtt)ifd^en S)etilen unb SluSbel^nung ate ben beiben göttlid^en 9(ttri6uten, baS @^{lent Sd^eQtngd bagegen toiD t)5Dt8 anttbualiflt^ fein unb legt auf biefen feinen anttbuatiflifiiben Sl^QTQlter ein fel^r nad&brflcIKd^ed ®ett)i(i^t.^

3n ber Seilte ©pinoja« finb bet ordo rerum unb ber ordo ide- aram 3tt)ei einanber cootbintrte 9lei]^en unb muffen ed fein; in ber fiel^re @d^eUtng8 bagegen finb fte in einer unb berfetben continuirlidg fort^ f^teitenben Sleil^e Begriffen unb mttffen e8 fein, benn fie Bitten bie Stufen ber SBeltentmidlung unb Vermitteln ben reellen (Segenfa^ ))on 9latur unb ®ei{l. S)arfiBer Id^t ^egel leinen 3u>eifel. ,r9BetI baö «Bfolute in beiben baffelBe iji, fo ftnb bie aBiffenfd&aften felBfl nidgt in ibeeQer, fonbern in reeller Sntgegenfe^ung unb beStoegen muffen fie 3uglei<| in Siner Kontinuität old eine iufammen^dngenbe 3Bijfenf(^aft barge^eOt uoerben/ „2)ad SDlitttere, ber ^unftbeS Ueber^ gangiS Don ber fi<| ots 9latur confiruirenben 3bentitAt ju il^rer Son^^ flruction ald 3nteQigena. ift bad ^nnerlic^merben beS Sid^tS ber Statur; ber, tt)ie ©d&etting fogt, «einfd&lagenbe SBIi^ be8 3beetten in ba« SteeOe»." „S)iefer $unlt, ald Vernunft ber Sßenbepuntt Beiber SBiffem fd^aften, ift bie l^Sd^fle Spi^e ber Iß^ramtbe ber Statur, il^r le|ted 3>robuct, Bei bem fie, fid^ öottenbenb, anlommt."*

8. 2)ic ^l^tlofop^ifd^e ISitferctis stoifii^en G^eÜitig utib ^egeL

1. €8 entfielet nun bie Qfrage, oB ^egel, inbem er bie „ffiifferenj bed fidgtef^en unb fd^ellingfd^en @^ftem8 ber ^^ilofopl^ie'' auSeinanber^ fe^t, mit bem legieren, tote eS ben Snfd^ein l^at, DöQig üBereinftimmt, ober oB ni$t im (Fortgänge biefer feiner t>ergteid^enben unb {ritif^en Setrad^tung audg ber S)ifferen3))un!t gmifien Sc^eDing unb il^m jtoar mtSft in ^er)3orgel^oBener unb audbrfidli^er, bod^ in BemerlBarer Sffieife }um 93orfdgein fommt? 2)a bie hitifd^e S^ergleid^ung biefer Beiben iflngfien unb toidgttgften S^fteme ber nod^tantifdgen ^l^ilofopl^ie ftd(> Bid gu beren Sntgegenfe^ung ft)annt, fo loar ed ber l^egelfd^en 9e« tradgtung unb S)enlart fel^r nal^e gelegt, aud^ l^ier bie SSerfö^nung ber ®egenfd|e gu fud^en unb eine S^ntl^efe gmifd^en f^id^te unb @d^eUing gu erfireBen, geioiff ermaßen bie Sbentitdt Beiber, bie bann einen neuen il^r eigenen @tanbt)un!t auSmadgen loilrbe. @4on in

e. oben aSudi n. (2£ap. I. 6. 228. * 2)iiretens f. f. I. 6. 267 u. 268.

^egel im Sunbe mit Gd^eHing. 248

feinen ftanlfutter @tubien tOQt ein fold^er Stonb^unft angelegt unb öorbereitet.*

2. 3u biefem Stt'ed mußten bie $rincit)ien ber beiben entgegen- gefegten S^fteme aufornmengeboc^t unb ineiniSgefe^t werben : ba% 3<^ im !antifd&-fi4tefd^en @inne unb bie absolute ^bentitftt im Sinne Sd^eaingS, baS Slbfolute unb baS ^i) aU Selbßbetougtfein ober ®eifl, IDOYQUS jtd^ Quf !ürgeflem Sßege bie 3bee bed absoluten ®etfte8 ergiebt, als baS burd^gftngige $rinci)> unb Zl^ema ber l^egelfd^en $]^iIofo))]§ie, ate bereu Stnfang, 3Ritte unb Snbe.

3. Sn baiS Softem ber fc^eOingfd^en $I^Uofo))l^ie, loie mir bie- felbe im Saläre 1801 Dor unS feigen, tfl eine Sfrage au flellen, loeldge a^ar nid^t unbeantwortet, aber ungelbft bleibt, eine ®runbfrage Don tieffler Sebeutung: mie Derlgdlt fidg baS Sfbfolute iu ben SHngen, }u ber SBelt unb SBettentkoidEIung? ec^eOing ^at biefeS ä^erl^dltnii fo erllart, bag baiS Slbfolute in ber „totalen 3nbifferenj beS ©ubiectiöen unb CbiectiDen", bie SBelt bagegen in ber SDifferenairung beiber befielet unb barum ato Sntloicftung erfd^eint, fomobi ald reeDe toie als ibeeOe Steil^e, bort mit bem flbern)iegenben $oIe bed Obiectiüen, Igier mit bem beS SubjectiDen, 3nner]§alb ber abfoluten ^bentitAt gtebt eS leine ©rabunterfdgiebe beS SubjectiDen unb CbiectiDen, bie le^teren !önnen ba^er (loenn fie finb) nur au^erlgatb ber erßeren fein unb, ba biefe glei$ ifl ber abfoluten STotalitAt, augerl^alb biefer. „SBaS augerbalb ber abfoluten Totalität ifl", fagt ©d&elling, „nenne idj in biefer Slü* fidftt ein einjelneö ©ein ber SDinge*. SKitl&in ifl bie 3)ifferen3irung beS ©ubject'ÖbiectS ber ®runb aQer Sbflufung unb Snttoidlung, aQer Sinjelnlgeit unb Snblidgleit.'

^ier jeigt ftdg in bem Softem ber fdgeOingf^en $]gi(ofot)lgie ein neuer 2)uaU8mu8 att>if(%en bem abfoluten unb ber SQSelt, ber ben ein- l^eitlidgen unb antibualiflifdgen @^l§ara!ter beS ©^flemd gefdl^rbet unb n)eldgen au tilgen, jule^t au behAftigen ©c^eKing Diele Seit unb aRfilge aufgeioenbet Igat, nidgt melgr in ber Sf^l^Iung unb im Sinllange mit feinem Settalter. 2)arflber ifl ein IgalbeS ^algrlgunbert Vergangen, bie erfle ^dlfte beS neunaelgnten.

Slun ifl fein Sweifel, bafe §egel biefen ber ßelgre ©Dellings in= loobnenben bualiflifc^en ®runbaug mol^I er!annt Igat unb felbfl bebadgt

1 6. oben Sdudft I. dop. V. @. 53. > SSgL biefeS SDßeil (frü^ete SuS- gäbe), »b. VI. »u« n. 2)rUteT llbfd»nUt. (&ap. XXXII. @. 551,

16*

244 ^eget im SBunbe mit Sdftelling.

tt>ar, ben etnl^eitltd^en obet tnonifltfd^en Sl^orolter ber SbentiidtS^l^tli)- fopl^ie gu loal^ren unb fefigul^attett. ^ter liegt bie 2)tfferen3 atDtfd^n Sd^eDing unb xfjtn, bte in feiner @d^rift über bie 2)ifferen} jtDifd^en Sfid^te unb Sc^eKing unauSgefproc^ene, gefcfiioeige in gegnerif^er SBeife berfll^rte, tDol^I aber qu8 il^ren g^onfequengen erlennbare.

2)ie Sonfequengen nAmliti^ ftnb folgenbe: bie Sßelt unb il^re Snt= nidlung ift nid^t augerl^alb belS abfoluten ®ei{}e8, fonbem in il^nt, t)on il^m burd^brungen, geleitet unb gu feinem SBefen gel^örtg, fo ba^ ber abfolute ®eifl in bie Sßeltentmidlung eingeigt unb biefe felbft bie Gefd^id^te beS ^[bfoluten ober ®otteS oudmad^t, bie 3engung unb jOffen^' barung be8 Sogo8. SS ifl l^ier nid^t ber Ort, fiber unb gegen biefe Suffaffung O^^agen unb Siniofirfe gu ergeben, biefe gel^ören in bie Seurt^eitung bed l^egelfd^en @9fiem8, n^etd^e ber S)ar^eIIung beffetben nad^gufolgen l^at; es ifi l^ier nur feftguflellen, bag ^egel fd^on in feiner @d&rift fiber bie 2)iffereng gloif^en t^idgte unb ©d^etting er^^ Hart l^at: bie Sntgloeiung ober S)ifferengirung beS ©ubjectiDen unb ObiectiDen, b. 1^. bie 9Bettentn)idIung ift nid^t augerl^alb beS S(bfo= luten, fonbern in il^m. S)Qnn aber ift baS Slbfolute aud^ nid^t „bie totale 3nbiffereng beS @ubiectit)en unb £)biectit)en'\ twn toeld^er ^egel in ber äSorrebe feiner $]gdnomenoIogie benier!t l^at, „fie fei bie 3ia^i, in ber, loie man gu fagen ))f(egt, alle Afil^e fd^loarg ftnb''. @r %at eS nid^t erft bort, fonbem fd^on l^ier gefagt, mnn aud^ nidgt mit ben- fetten ©orten.*

3n biefer SSegiel^ung mfiffen folgenbe Stellen als ]^5$ft bebeutfam unb Aarafteriftifd^ erfd^einen. „S)a8 Slbfolute ift bie 9lad^t unb bas Sid^t iftnger als fte, unb ber Unterfd^ieb beiber, fo loie baS $erau8= treten beS ßid&ts au3 ber 9lad&t, eine abfolute ©iffereng; baS SRid^t« ba8 Srfle, looraud alled €ein, alle Snannid^faltigleit beS Snblid^en ]§ert)orgegangen ift. 2)ie Slufgabe ber $]^iIofot)]§ie beftel^t aber barin, biefe SJorauSfe^ungen gu Vereinen, baS @ein in baS 9tid&tfein als 9Berben, bie @ntgtt)eiung in baS Slbfolute als beffen Srfd^ein^ ung, bas @nblid^e in baS Unenblid^e als Qeben gu fe^en/' „2)ie aSernunft fe^t fte (nftmlid^ baS Subfect unb bas Obiect) als @ub= jcct-Dbiect, alfo als baS Sttfolute unb baS eingige Slnfid^ ifi bas abfolute. @ie fe^t fte als @ubiect^Dbiect, meil fte eS felbft ift, bie fid^ als 9tatur unb als 3nteQigeng probucirt unb fid^ in il^nen

> $6anomenoIogie. Söortebe. aBeife. 9b. II. 6. 13.

^cgeU Suff&t^e im Irttifd^en Soutnal. 245

crfctmt." ^S)ic UTf|)rünflIid&c Sbentität mufe beibe» öcrciniBctt in bte ^InfdgQuung beS fid^ felbft in Dottenbeter Xotalitdt obiectit) merbenben Slbfoluten: in bie Slnfd^auung ber eioigen SRenfd^tDerbung ®otteS, bed Beugend beS SBortiS t)om ^Infang/^

2)rttte8 €apitel. l^titlB Tittfßfft im kritiff^ett SnutnaL

I $]§ttofo))]^te unb Unp^Iofopl^te.

1. S)ie t)]6tIofot)]6tf4e Ihtttf.

Stoanjig Sal&te »oren feit ber erfd&einung ber fanttfc^en »er« nunftfriti! Derftoffen, aU ©d^eUing unb ^egel im S^^re 1801 baS Irittfd^e Journal grflnbeten, um bem Stnjuge il^rer neuen ^l^tlofopl^ie ben äBeg gu bereiten unb ber Un))]giIofo))]^ie, loie ^t^tl feinem franf^ furter f^reunbe gegen @nbe bed ^al^reS gefd^rieben l^atte, mit aÜerl^anb SBoffen, Änitteln, ipritfd&en unb 5Peitfd&en red&t berb gu ßeibe gu gelten.* 6r toax es, ber bie SBoffen gu fül^ren l^otte. Sie möd&tigen unb unöergleid&= lid&en Slnregungen, bie Don ben SBerfen Aants ausgegangen unb in bie »eiteflen, geifitg belegten Areife eingebrungen toaren, l^atten bie ))]^iIofot)l^ifd^en 3ntereffen augerorbentlid§ geförbert, bie ))]^tIofo))]^ifdgen Steigungen unb Xalente, xoa\)xt unb eingebilbete, gemedft, p^ofopl^ifd^e 93erfud^e unb @^fteme in 3}lenge ]^er))orgerufen, mit einem Sorte eine ))]&iIofo^]^ifc^e €aat auSgeftreut, bie in ü))t)igfter SBeife em))orgefd^offen toar. 9tod^bem groge SDid^ter in ber @prad^e gel^errfd^t Igaben, loerben bie SJerfe tool^Ifeit. „SQBeil ein SSerS bir gelingt in einer gebilbeten Sprad^e, bie für bid§ bidgtet unb beult, meinft bu ein Sidgter gu fein?" SRad&bem gro^c SDenfer bie SSerftanbeScuItur öerDielföUigt unb gefd&firft l^aben, toerben bie 3been tool^tfcil, unb nun beireiben Diele ba8 3been= gefd^&ft, bie fid^ gum $^Uofo))]^en Derl^alten, tt)ie fener ä^erfemad^er gum 3)id6ter. Sei ber großen ©oncurreng unb bem 2[ngebot p^ilo- fopl^ifd^er 5ßrobucte, bie auf ben Südfeermarft lommen, ifl gu fürd^ten,

1 ^tffetena u. f. f. S^ebfixfnig ber ^^ilofopl^ic. @. 177, SBetglei^ung beS ffleningf^en 9rtnct^S ber 9]6tIoiot)]6ie mit ber fi^teft^en. 6. 257. 6. 269. (3$ l^abe bie SBotte gefpetrt, bie i4 bem Sefer Dot Kugen rüden tooUte.) ' @. oben S3u4 I. (S^ap. VI. 6. 57.

246 ^egclB Kuffdf^e im fritifdften Soumal.

bafe bie ßefet in ©ottfufton unb in bte 3rrc gcrotl^en, toenn pe ni^t über bcn SBertl^ unb bcn Untoettl^ bcr pl^tlüfo^l^ifcften S38aarcn belel^rt toerben unb boburd^ lernen, ®oIb unb Aa^engolb 3U unterfdgeiben. SDtefe SBele^rung ertl^etlt bte t^l^ttofopl^ifd^e Aritil. SDarum l^at ^egel feine ioumaliftifd&e Il^atigfeit mit bem 2fuffa§ „UeBer bo« SBefen bcr ^]&tIofo»)^if(6en Äritil" eröffnet.*

SBie bie Aun{|{ritt! bie 3bee ber [d^önen Stnn% fo fe^t bie p^filo* fopl^if^e Ariti! bie 3bee ber ^pi^ilofopl^ie Doraud, um i^r bad gegebene ))]^iIofo))]^ifd^e SBerl gu fubfumiren unb nad^ biefer Stic^tfd^nur 3U be* « urtl^eilen. 3)a nun bie 3bee ober Aufgabe ber ^l^itofopl^ie in ber 6rfenntni6 ber aSernunft'beftel&t, biefe aber eine ifl, benn eS giebt nid^t Diele unb t)erfd^iebene SSernünfte, fo ifl auc^ bie $l^i(ofo))]^ie nur eine, ilgre SBerle aber finb Derfd^ieben na6) ber ^rt unb bem ®rabe, toie bie 3bee ber ^pi^ilofo^l&ie in benfelben l^eröortritt, unb nac^ bem Umfange, in loeld^em fte fi$ ju einem toiffenfd^aftlid^en @^ftem ber $]^iIofo;)]^ie l^erauiSgearbeitet ]§at. 2)ie8 finb bie $un{te, tteld^e bie ))]^i(ofot)]^ifdge Ariti! in bas $(uge ju faffen unb beutlidg gu mad^en l^at.

68 giebt auii l)]^tlofo})]§ifd6e !3[been, bie Sntercffc erregen unb oeibienen, aber unentloidFett, alfo ol^ne Umfang geblieben finb unb bleiben, bol^er fte leinen anberen Sßertl^ ]§aben, ald bie ©eburten ober SbbrfldCe fd^5ner @eelen ju fein, n)e(d^e bie Arbeit beS 2)en{euS gefd^eut l^aben, ober, toie ^egel fagt, „bie gu träge voaun, um ben @finbenfall beS 2)en{en9 gu begel^en".

Ober bie 3bee ber ^l^ilofopl^ie tritt uns rooijH in entloidfelteren Sformen entgegen, aber burd& bie ©ubiectiöität, es fei nun ate ?Jerfon ober (xU ^rincip, gel^emmt unb getrflbt, toenn nid^t gar unterbrflcft unb beldmpft; ber Äern ifl in ber ©d&aale ber ©ubjectiDität fiedfen geblieben unb nidgt gum toal^ren 2)urd^6rud& gelangt, toenn er ni(6t etma gar oon biefer ©d^aate geh)alifam gurfldgel^alten unb am 2)urd^' brud& gel^inbcrt loirb. „Sfn ben l^ierburd^ getrübten ©d^cin ber ^P^ilo« fopl^ie l^at fidg bie Ariti{ Dorgüglid^ gu loenben unb il^n l^eruntergU'^ reißen. " @ie loirb, too fie bie 3bee im Suflanbe ber Hemmung finbet, baS @treben beS ^l^ilofopl^en anerlennen unb bie ©d^aale aufreiben, bie bas innere ^ufftreben nod^ ^inbert, ben £ag gu feigen; fie loirb, too fie bie Subjectioitat im Aampf mit ber 3!bee finbet, bemül^t, ftdb berfelben gu erwel^ren, bie 9BinIe(güge unb bie Ol^nmad^t biefeS Aamt)fe8

« aBctfe. SBb. XVI. 6. 33-49.

^egeU KuffiH^e im hitif^en 3ourna(. 247

aufbeden. ,,3)enn Wtffxt (Snergte ienet 3bee ttnb @ubiecttt)itdt i{i unüertraglid^/'^ SDtefer 9{u8f))tud6 ^egelS tfl fel^r toid^tig unb erKAri uns Sltd^ttng unb ®ang fetner !ntif((en Sfuffd^e, er eniJ^Alt fd^on bie 9[n!ünbfgung feines O^IbjugS gegen bie @ubiecttDttdt8^l^iIofo;)]^ten beS S^ttalterS.

@S tfl Don benjentgen Slrten t)]^itofot)]&ifd&er SBer!e bie Siebe ge- »efen, toeldje ettooS mit ber 3bec ber 5ß]^ilofo^]^ie gemein l^aben. 9lun aber giebi eS au$ fold^e fogenannte ))]^tlofo))]^ifdge Serie, »eld^e mit biefer 3bee gar nid^ts gemein l^aben, bie leerer SSiortbunft ftnb ol^ne allen inneren ©el^alt, nur ^ä^aaU ol^ne allen Aern, eitles ®erebe ober üielmel^r .»©efd^ttd^", bie f^ormen unb Sorte, in loetd^en groge ))]^iIofo;)]^ifd6e @Qfteme fid^ auSbrädfen, nad^&ffenb, leer unb toegen biefer Seere aQgemein terftdnblid^: lauter äBer!e, bie nid^tS anbereS re))r&fen- tiren als bie Un)>]&iIofot)]^ie unb bie ^tattl^eit. „S)a eS nid^tS @IeI^aftereS giebt als biefe SSerloanblung beS (SrnfieS ber $]^iIofo))^ie in $(att]^eit, fo l^at bie Aritif aQeS aufzubieten, nm bieS UngIfldE ab- »eieren. " „Stefe öerfd&iebenen gformen", fo ffi^rt §egel fort, „finben ftdg im ungemeinen mel^r ober mentger l^errfd^enb in bem je^igen beutfdgen $^i(ofo^]^iren, loorauf biefeS Iritifd^e Journal geridgtet ift."^

©old^e ]^aIb))^iIofo))]§ifd^e unb t)öll[ig unpl^ilofo^l^ifd^e ^robucte finb, ba baS $]^tiofo;)]^iren in bie SJlobe gefommen tfl, in äJlenge t)or]^anben, unb ba bei ber £eid^ttg{eit beS $]^iIofo))]^irenS ieber S)ilettant ein Originalpl^ilofo))]^ fd^einen möd^te, fo !önnte man fid^ üerfud^t fttl^len, baS gegenioärtige 3eitatter in SDeutfd&Ianb mit jenem Sufianbe ber 5ß]^iIofo})]^ie in ©riedfeentanb ju öergleid&en, als j[cber öorjüglidöere t)]§i(ofo))]^ifdge Ao;)f bie 3bce ber $]^i(ofo))]§ie nad^ feiner 2^nbit)ibualit&t ausarbeitete. 3lber bie SBiell&eit unb aWannid^faltigleit ifi nid&t gleid^ ber gfrud&tbarfeit, unb bie Originalität beS ©enieS ift öerfd&ieben Don ber SBefonberl^eit, bie fid6 für Driginalitfit l&ött unb auSgicbt. „(Sine aScrfammlung fold&er origineller S^enbenjen unb beS mannid&= faltigen fflefirebenS nad& eigenen formen unb ©^jiemen bietet mel&r baS ©d&aufpiel ber Dual ber SBerbammten, bie enttoeber il^rer a3c= fcftrfinlt^eit etoig Derbunben finb ober Don ber einen ju ber anbern greifen unb atte burd^betounbern unb eine nad& ber anbern tocgtoerfcn muffen, als baS ©Aaufpiel beS freien Slufwad&fenS ber mannid^faltigpen

1 Söerfe. »b, XVI. ®. 38-38. - « «benbaf. ©. 38.

248 ^egeU Suffdj^e im hittfdben 3ottmat.

lefienbigen (Beflalien in ben ))]gtIofo))]§if(i6en (Sdrten (Stted^enlanbS bar/^ Unter ben «ä^etbantmten'', bie alled burd^bemunbern unb loiebet \x>tQ» merfen, fielet und Steinl^olb Dor Singen.

2. 2)er gemeine SDlenfc^enDet^anb.

1. SBenn bte f))eculQttt)e ^l^tlofopl^ie gu Stgebmffen geffll^rt l^at, toAS^t bem geioSl^nltd^en S3ett)u§tfein mit feiner natfirlid^en Slnfid^t ber 2)tn8e iDtberftreiten, fo erlgebt fid^ bie le^tere ote «bon sens» ober ^gefunber SJlenfd^enDerftanb" unb mad^t baS 9^ed^t ber natürlid^en ^df)X' l^eitcn geltenb, bie nid^t ju beftreiten, nid^t tDegjureben, aud^ nid^t gu begrünben finb, ba fie Dielmel^r alle onbem SBal^rl^eiten ju begrünben l^aben. @o l^at in ber beutfd^en S[uf!iarung ßngefö „^pi^ilofop]^ fflr bie Sßelt" fid^ 3U ben meta))]^^fifd^en @Qjlemen ber neuen 3^it, fo aud^ Stomas 9teib unb bie fd^ottifd^e @d^ule ju ^unte uerl^alten. 2)iefer I^Qtte fomol^I bie Subftantialit&t ber 2)inge aU aud^ beren notl^menbigen 3ufamnten]^anfl (goufoKtät) befiritten unb in 2lbrebe geftettt; Il^onta« 9teib unb bie fd^ottifd^e €dgule fteOten beibeS unter ben unantaftbaren 6c6u^ be8 common sense» ober „gemeinen 9Dlenfd^cnt)cr|iQnbe8". SRun fud&te gegenüber bem tronsfcenbentolen 3beaIiSmuS, toie fid& berfelfie in Aant, Oriente unb Sd^eOing, namentlid^ in ben beiben le^teren ent« ttidCelt ^otte, 9BiI]§. S^raugott Arug mit feinen „SSriefen über bie aBiifenfd^aftSlel^re", „Ueber ben neuejien 3bcQli8m" unb feinem „€nt* njurf eines neuen DrgQuon» ber ^pi^ilofopl^ie" (1800 unb 1801) ein a^nlid^eS S^erl^&ttnig einjunel^men. @r toax mit ^egel gleidgaltrig (1770—1842), bamaU äbiunct ber t)^itofo»)]6ifd6en Sacultftt in bitten« berg unb ifi in ber golge als ?Profeffor in (Jranlfurt a. D., Äönig8= berg unb Sei^jig ein maglofer 93ielfdgreiber geworben, als h)eld&en er fid6 fd^on in ben genannten ©d^riften angcfünbigt l^at. 2)ie ?lrt unb äBeife, toit Ihug mit feiner nüd^ternen, bün!elt)oQen unb langn)eiligen üRanier bie Sted^te beS gefunben SRenfd^enDerfianbeS gegen ben £ief'' finn ber £ranSfcenbental))]gilofo))]^en jur ©eltung bringen xootiU, erfd^ien in Tegels klugen als ein befonberer Sf^Q beS ©egenfa^eS ber Un* ))]^ilofo))l^ie gegen bie ^l^ilofopl^ie; bal^er fd^rieb er ben Sluffa^: «SBie ber gemeine SWcnjd&enuerflanb bie ^jJ^ilofojjl^ie nel^me, bargefiettt on ben 3Berfen beS ^errn Ärug*.*

» SBÖerfe. »b. XVI. 6. 139 u. 140. - « Ptit. 3outnaI. I. 6t. 1. (1802.) SBöetfe. »b. XVI. 6.50-69,

Tegels Kuff&f^e int Itittfdften 3oumaI. 249

2. S>er gange Stuffo^ trägt bie gtobfat^tifd^e SfArbung, todtbt ßtug fd^on burd^ feine t&d^erlic^ manieritte Sd^reibart, bie ortl^ograpl^tfcfie tt)ie bie grammatifdge, l^erauSgeforbert Igatte. @r f(!^rieb ^2)ebu!ston'', ^Slbftrafaion" u. f. f.; er fdbrieb bie Sermint jur SBejeid&nung p]&ilo= fopl^tfd^er IRid^tungen unb ^Begriffe in einer Sßeife, bie loeber grted^tfd^, nod^ lateinifd^, nod^ franjöftfd^, fonbern ftnn- unb gefd^madloS loar: „S)ogmati8m", „abealiöm", SfleaUöm", „DrganiSm", unb bedinitte fte aud^: „beS 2)ogmati8me8", «^bem 2)ogmattdme'' u. f. f.

3. S)a8 SD^ateriat feiner ^^Uofopl^te loaren ,,bte STldatfa^en beS 93ett)ugtfein8'\ barunter bret ©runbtl^atfad^en als pl^Uofop^ifd^e (Ifunba» ntentallDal^rl^eiten, ndoiltc^ bie imeifellofen ©etotgl^eiten bed eigenen 2)afein8, be8 S)afein8 anberer S)inge unb beS 3ufanimen]^angS beibet. 2)a8 gefammte SRaterial I&gt fi^ juradCffll^ren auf eine eingige ®runb- fomt, ndmlid^ bie SJerbinbung ober @^nt]§efe gtDifd^en SSetDugtfein unb Sll^atfadge, toorin bie SranSfcenbentalpl^ilofopl^ie unb bie Srfal^rungS- ))l^iIofo;)]^e Dereinigt ftnb, benn jene legt i^r ©etDidftt auf baS 93ett)ugt- fein unb biefe ba8 irrige auf bie Xl^atfad^en. SDal^er nennt Arug feinen Stanbpunit „ttanSfcenbalen S^ntl^etiSm''. S8 giebt ber ZljaU fad^en be8 SSemugtfeinS gal^Hofe ol^ne ©ammlung, Orbnung unb @in- l^eit, nadg Tegels ©pottDerS: ,,@8 gel^t MeS burd^einanber, tt)ie SD^dufe- bredE unb Aortanber". 2)iefe Xl^atfad^en gu orbnen unb eingutl^eilen, ifl bie Aufgabe eined neuen OrganonS ber ^l^ilofopl^ie, gu beffen 3(u8ffil§rung Arug ad^t 93dnbe in SluSftdgt {teilt.

4. S)iefe STI^atfad^en foDen georbnet, nidbt aber bebucirt toerben, XDxt bie S£ranSfcenbentaI))]^iIofo))]^en bie notl^menbigen ^anblungen ber SnteDigeng, ber bemugtlofen unb ber beiDugten, bebuciren unb forbern, ba§ fie bebucirt werben. Um pe ad absurdum gu fül^ren, Deriangt Arug Don €d^elling, ba& er feine (ArugS) @(^reibfeber bebuciren möge, als ob biefe feine ©d^reibfeber eine notl^nenbige ^anblung ber SnteDigeng todre, ba fie bod^ nid^t einmal ein gufdDigeS SBerlgeug ber 3nteIIigeng ift! 2)urd^ eine fold^e ^bfurbitdt eine fo loid^tige loie fd&tt)ierige Slufgabe ber 5pi^iIofo|)]&ie ad absurdum führen gu tooÖen, toax in ber Zl^at fel^r (dd^erlid^, unb ^egel l^at audg biefe als 93eif))iel ausgebotene @d^reibfeber ArugS nadg ©ebäl^r Idd^erlid^ gemad^t.

5. 3)ie £]^atfad^en ftnb im 93en)ugtfein, unb baS 93en)ugtfein ift (nid6t gleid^ 3d&; fonbern) im 3d&, als ob baS 3d& ein großes ©efdfe »dre, baS alleS ailögUdge in ft(^ fd^Iiegt. 2)aS ift nun ArugS eHeHifdge SIrt, bie mit bem gemeinen 50lenf(^enDerftanbe ^anb in ^anb gel^t.

250 Tegels SCuffftj^e im frittf^en 3otttna(.

^9lad^ betn fBxÜjtxiim'* , foflt ^egel, „inu§ bcr ©^ntl^cttgmu« be« ^rn. Ar. auf folgenbe äBeife gebadet iDecben: 3Ran fteOe ftd^ einen Ärug öor, iDorin reinfjoIbifÄeS SBaffer, fantif^efi abgefianbene» SBier, aufHärenber ©^ruj), ScrliniSmu« ßenannt, unb anbete berßteiiften ^ngrebtenaten buri^ irgenb einen 3ufaa aU Sll^atfadgen entl^alten finb; ber ftrug ifi baS ©^ntl^etifd^e berfelben = 3d&; nun ober tritt ©inet l^inju unb bringt in ieneS ©eföbel baburdg eine (Sinl^eit, bag er bie 3)inge fonbert, eines nad^ beut anbern ried^t unb fd^medt ober toie bas gu ntad^en ifl, Domel^mlidg t)on anberen 1^, loaS ba l^ineiu^ gelommen fei, unb nun ätu thetfilffimi 1)aüon mad^t; biefer ift nun bie formale Cinl^eit ober pl^ilofojjl^ifd&eS SBetoufetfein/ ^SBenn id5'', fagt Arug, „nur bie S^l^atfadgen meines a9ett)ugtfeinS ridgtig aufgefaßt unb t)crjidnblid& bargefteDt l^abe, fo »irb fein ?pi|itofol)^ in ber SBelt bie Don mir aufgeflellten ^inci))ien ableugnen !önnen; fetbft ber 6!et)tiler »irb fie jugeben muffen." ^

3. 2)eT neuefle 6leptict8mu8.

SDer ©lejjlifer fam mie gerufen. 5ßor jeftn Sfal^ren (nid^t ad6t, toie ^egel fd^rieb) mar ®. @. Sd^ulge unter bem Flamen beS alten @fet)ti!erd SlenefibemuS n)iber Aant unb 9lein^olb aufgetreten unb l^atte bie äJemunfthritil beS einen, bie 6Iementart)]&itofo|)l&ie beS anberen, inöbefonbere bie ßel^re beiber »on bem 3)inge an ftd& mit einer Sleil^e t)on ©rflnben angefod^ten, ioet(^e bie bejtoedCte SBiberlegung ber {ritifd^en $]^iIofo))^ie gtear leineSkoegS erreidgt, »ol^I aber eine loid^tige Ser- önberung im äJerfiänbnife berfelben unb in ber Äuffaffung il&rer ßel^re oon htm Singe an fid6 gur (folge gel^abt l^atten.* Se^t nad&bem gfid&te unb ©beding il^re fortfd^reitenben ©^fieme auSgeffll^rt, erfd&ien ©d^ulge Don Steuern auf bem ©d^aupla^ mit einem fel^r umfangrei^en SBert beffen erfter Sanb öier SHp^abete gdl&lte: „Äritil ber tl^eoretifd^cn ^ß^ilofop^ie" (1802).

1. Sei ber Sebeutung, n)eld^e ber @!e;)ticiSmuS in ber ®efd^id6te ber $l^itofo))]§ie, ber filteren tt)ie ber neueren, gel^abt unb Derbient ^at !ann natütlicb ni^t bie Olebe baDon fein, il^n gur Un))]^i(ofo))l^ie gu red^nen; lool^I aber mug im äBefen beffelben bie eble ^rt Don ber ge^^ meinen unterfcbicben »erben: bie gemeine 2lrt gel^ort gur Unp^ilofortie, biefer neuefie fd^ulgefdge ©lepticiSmud ift Don ber gemeinen 9lrt unb

> «Bcrfe. »b. XVI. 6. 65. 6. 69. » »gt. biefe« Söcrl (frühere «u«. gobe). SBb. V. »u* I. Hap.V. ©.164-171.

$e(|eU StuffAj^e im fritif^en Sountol. 251

ein 6EenH)eI bei UtH)]^iIofo|)]&ie. ©al^er fd6rcibt ^cgcl feinen !titif($en auffa§: ,,a5er]^altni6 beö ©leptictSum« gut 5P]&lIofo»)]&ie, ©atjiellung feinet Derfd^iebenen Snobiftcationen unb ^ergleid^ung beiS neuefien mit bem atten".^

2. @d^on bie Sit unb SBeife, tote btefer neuefle 9(eneftbemu8 feinen @Ie))ttctDTiH4, b. t. bie Seigre \>vn ber Unmöglid^feit einer (Erlenntni§ bet legten @rflnT)e, «I|d t)on ber ^tnfällts!eit aDer Snetop^^ftf unb tl^eoretifd^cn ipi^ilofopl^ie, begtHnkt^ ip ein red&teS Seifpiel ber Un= ))^iIofo))]§ie. SBeil bie ))^tlofo))l^ifd&en 3ln{t($)enim^^€^me nid&t flber= einpimmen, fonbern einanber »ibetflreiten; toeit bie ©eftrebungen „f^ t)teler mit ben flröfeten Solenten unb manniiftfattigjicn einfidbten Der» fel^ener TOänner" fid6 als etfolgto« erliefen l^abenl S)a8 l^cifet bem ä^oRe fo red^t naäi unb aus bem äJlunbe reben: bie Uebereinflimmung aller gilt ate ein Kriterium ber ffial^tl^eit, tDdl^renb fie Diel el^er olS ein Äriterium ber Sl^orl^eit gelten fottte. 2lu8 ber Ungunjt beö ßr» folg« ober be8 ©d^idfafe toirb auf ben Untoertl^ ber SSefirebungen gefd&Ioffen. ^S38enn ia bie (grtoögung beö ©d&idffote ein 3Jloment in ber Sichtung unb Ergreifung einer ?p]^i(ofo))]^ie »erben lönntc, fo müfete nid^t bie Slffgemeinl^eit, fonbern im ©egentl^eil bie Slic^tattgemeinl^eit ein äJloment ber @mpfe]^Iung fein, bo es begreifßd^ ift, bog bie äd^teften ?p]^itofot)]^en nid^t bie pnb, »eld&e allgemein »erben/-

3. 2)iefe SSegrflnbung beS @fe))ticiSmuS auS bem aRangel ber SnigemeingflUigleit unb $o))uIarit&t ber @^fteme tfl nidgt Uo% gan} un;)]^iIofo))]gifdg, fonbern aud^ tl^atfädglid^ folfd^. SBenn man bie be» beutenben ©^fteme öergteid&t nid&t ieber „©ebanlenjjila'* ifi ein ©^jiem ober eine ?ß^iIofo)?^ie , fo i|i il^re Uebereinftimmung »eit grftfeer olS il^re ©iffereng. „^ij l^abe gefunben", fagte ßeibnij, M% bie @dgulen gum größten Zl^eil in il^ren Behauptungen Stedgt l^aben, nid&t in bem, toas pe Verneinen/' 3)er Streit ber 6^pemc beweift ifire Uebereinpimmung in ben ?Principien, benn fonp wfire lein ©treit möglid^: «contra principia negantes non est disputandum». aßenn aber nad6 einer rul^igen unb tiefer bUdfenbcn SSergleid^ung ber ©^peme in ben ^aujjtfad^en bie Uebercinpimmung, in ben 5Rebenfad6en bie SJifferenjen bepel^en, fo ip eS baS 3eid&en einer fel^r oberPäd^Uc^en ?lnpd6t ber »jl^ilofopl^ifd^en @^peme, wenn man nur i^re 3)ifferenjen erblidft. Sluf einer fo oberPftc^lid^en unb folfd&en Slnpe^t oon ben

» Ärit. 3ournaI. I. €t. 2. (1802.) gOßetfe. 93b. XVI. ©.70-130.

252 ^cgeU Xuffdf^e im Iritif^en doutnaL

^iflorifd^ gegebenen ^^Uofopl^ien berul^i ber neuefte @Ie^ttciiSmu8. $tet ^nbet fi$ !ein ®iunb, an ber Sr!enntnig ber Sßal^rl^eit gu gmetfetn ober, tote ^egel fid^ auSbrttift» tnbcm er feine Sorte lateinifd^ com firuirt: „e^ t^Qi bte Sdefd^etbenl^eit unb bie ^offnungsloftgleit loeg, baS ju eneid^en, looS nur bte oberflfid^Iidge Stnftd^t ben el^riofirbtgen 9Rdnnem mißlungen )U fein ftd^ berebet".^

4. BoU bennod^ bie toal^re (Srienninig ber 2)inge unmögliii^ fein unb bleiben, fo mu^ fid^ biefeft UnDermbgen ber menfd^tiil^en Vernunft auf einen Srbfe^Ier grttnben, loeliiben ©d^ulge in feinem SBerfe ent« bedft unb bargetigon l^aben toill. SDiefer Srbfel^Ier liege barin, bag tt)ir unfer SBemu^ifein nit^t }u äberfd^reiten unb bie il^m t)erborgenen 3)inge nid^t gu er!ennen Dermögen, alfo in ber Uner!ennbar!eit ber Singe an fidg. SQSir l^aben Dor uns bad O^^Ib ber gemeinen Srfalgrung ober SBirHid^!eit unb t)ermui]§en l^inter il^m bie 2)inge an ftdg »ate @ebirge Don einer ebenfo gemeinen SBirlUdgleit, bie jene anbere SBtrl^ lid^Ieii auf il^ren @d^uliern trage". „3)a8 93ernflnftige, baS Slnficb !ann fidb $r. @d^. gar nid^t anberS DorfieDen ate lote einen O^Ifen unter Sd^nee." „Ss ift nid^t möglid^, baS SJemfinftige unb bie ©Jjeculation auf eine rol^re Jffleife aufgufajfen/ „©r l^at", fagt §egel an einer f))dteren Stelle, „bie {antif(^e $^i(ofo))]^ie in bie möglid^fl fraffejie Oform gegoffen, tt)ogu ber SBerf. burd& ben SBorgang ber reim ^olbifd^en Xl^eorie unb anberer Kantianer aÜerbingS bered^ttgt toat, unb fte nid^t anberS als in ber ©eftalt beS Iraffeften S)ogmati8mu8 begriffen, ber eine Srfd^einung unb Sad^e an fid^ Igat, bie l^inter ber Srfd^einung n)ie unbanbige Zittere l^inter bem SSufcb ber ßr^ fd&einung liegen."*

5. 2)em neuejien SfeneftbemuS gelten „bie Zl^atfad^en beS SSelougt- feind", bie äußeren @m))finbungen, bie Srfal^rungen, bie bogmatifd^en SSiffenfd^aften, mie ^l^^ft! unb ^ftronomie, aQe Siffenfd^aften mit SluSnal^me ber $]gi(ofo))]^te f&r unleugbare ©emig^eiten; nur Don ben 2)ingen, bie auger ben efiftirenben S)ingen e^iftiren, laffe fid^ ni(bts loiffen. S)iefe aM grellem 3)ogmatiSmu3 unb ber migDerflanbenen Seigre Don ber Unerlennbarfeit ber 2)inge an fid^ gufammengefe^te Ariti! ber t^eoretifd^en $biIofo))]^ie ift, tote ^egel treffenb fagt, ein 93aftarb Don ©lepticiSmuS, oigne aQe bie eblen S^araftergQge, loelc^e bad äBefen ber anti{en 6Ie))fi9 auSgemacbt l^aben; bal^er XeneftbemuS^

» äöcrfe. »b.XVI. 6. 70-73. - » »enbaf. 6. 74-77. 6. 127 u. 128.

Tegels Kuffftf^e im ftitif^en Soumaf. 253

@<i&ulae fein Sfted^t l^at, fi($ auf ben @e£tuS @m];)irtfu8 unb ben ed^ten Äenepbewu« ju Berufen.^

6. SestuS I^Qt in ben Stid^tungen bet griec^ifiigen ^^ilofoDl^ie fetneStDegS nur, toie @(6ulje meint, S)osmaiifer unb SIeptiler untere fc^ieben, fonbern SJogmatüer, ©fejjtifet unb Äfabemiler, »eldfte leitete aus ber t)tatonifd^en Sd^ule l^etDotgingen. %ud^ loar bei ben ^ten leinegmegd, me ©d&ulje meint, ber @!e];)tici8muS Don ben @9ftemen ber bogmatif^en $]§Uofo^]^ie nur (odgetrennt unb benfelben (log entgegengefe^t, fonbern er toar in biefen felbft enil^atten als beren negative ©eite, benn il^re SSBal^rl^eit beflanb in ber fiegrei^en lieber- loinbung beU S^eifete. 2)er ffeptifd^e g^arafter ifl in jebem ed&ten Softem ber $]§iIofo))]^ie implicite entl^alten ; er ifi auf baS S>eut(id^{le bargelegt unb e|];)licirt in bem platonifd^en ^ParmenibeS.'

7. ©er gried&if^e ©lejjticiSmuS in feinem Qfortgange Don ben diteren }u ben f))dteren @tanb^un!ten toar gegen bie ©d^eingemi^l^eiien ber finnlid^en SBal^mel^mung unb beS bogmatifd^en SDenlenS gerid^tet unb erfd^eint aU baS DdQige ©egentl^eil beiS neueften €fe^tici8mu8. ®erabe bieienigen ©emig^eiten, toeld^e ber neue Slenejtb^mud für bie ftd^erften auSgiebt, bie Z^atfad^en beS ftnnlid^en 93etou6ifeinS, l^at ber atte SeneftbemuS, ber ben ^^rrl^onidmud erneuert l^at unb Dielleic^i ein Seitgenoffe bed Sicero mar, für bie unfic^erften erflArt.

2)ie alten SIeptifer reben nid^i Don ©runbfö^en, fonbern nennen il^re SeloeiSgrflnbe SQBenbungen ober Srojjen (xpöwot). 3n ben fieb= ael^n Zrojjen, tocld&e ©ejtu8 anführt, Derfolgt §egel ben Sfortgang Don ber Alteren @!e))fiS beS ^^rrl^o gu ber fpdteren: bie er^en ge^n ZxoJßtn (SlenefibemuS) ftnb gegen bie ©id^erl^eiten ber ftnnlid^en SBaJ^r- nel^mung gerid^tet, bie folgenben fünf (Stgripjja) gegen bie beS bog= matifd^en, DerftanbeSm&^igen 2)enfenS, alfo gegen ben 2)ogmatigmuS ber ^^itofo})]^ie. 3[ene befleißen in ben §intt)ei|ungen auf 1. bie SJer- fd^tebcnl^eit ber Siliere, 2. ber aRenfd^en, 3. ber ©inne, 4. ber Um= ftftnbe, 5. ber ©teOungen, gntfernungen unb Derter, 6. auf bie a5er= mifd&ungen (burd^ meiere ben ©innen fid& nid&tö rein barbietet), 7. bie Derfd&iebenen ®rö§en unb Sefd&affenl^eiten ber S)inge, 8. bie a5er= l^ftttniffe (ba§ ndmlid^ attcS nur im SBerl^ältnijfe ju einem anbern ifl), 9. ba« l^dufigere ober feltenere ©efd&el^en, 10. bie »erfd^ieben^ l^eit ber ©ittcn, ©efc^e, beS m^tl^if d&en ©lauben«, ber SBorurtl&eile.

> aDöetle. »b. XVI. ©.77-83. » Cbenbaf. ©.84-88.

254 ^egeU Suffft^e im (ritif^en Soutnal.

®iefe, bie fünf fpftteren Sropen, toeld&e bie ciflcntü^e SHüfllammcr ber Sßaffen voihtx b^ 3)ogmattSmu8 enil^alten, befleißen in ben ^in- toeifuttgen 1. auf bie ä^erfd^iebenl^eit ber menfd^ttd^en 9}leinungen unb ^(nftdftten, bie SSetfdgiebenl^eit ber pl^Uofopl^iid&ett ^nftti^ten unb @^{tente, unb bie äSerfd^tebenl^eit, totli^e glDifd^en beiben obiDaltet, ben geto5]§nlt(|en unb ben pl^ilofopl^ifd^en Slnftd^ten (btefer erfte S£ro))o8, lurjgefagt, be= fielet in ber S)iQ^]^onie), 2. bie Snbloftgleit beS 99egrfinben9, 3. baS Serl^dttnil ober bie burd^gängige 9flelatit)it&t ber 93el§au))tungen, 4. bie unbemefene ä^oraudfe^ung unb 5. bie ®egenfettig!eit (S>iaIIeto6), t)er> möge beren bas 93en)tefene jum SSeiDeidgrunbe bient, A burd^ B unb B burd& A betoiefen totrb.^

8. Slud ber t)öQtgen Unfidgerl^eit unferer ftnnlid^en ^orfleDungS- arten, loelt^e bieerflen jel^n 2;ro^en feflgefieOi l^oben, eigiebt fid^ bie Unmogtid&!eii ber 93e]§auDtungen, bie 9tot]§menbtg!eit, . jt(6 aller 93e« ]^au))tungen unb oDeS Urtl^eilenS 3u entl^atten {im^i), unb l^ierauS folgt ber Suflanb einer unerfci^fltternd^en @eelen= unb ®emütl^Sru]^e (atapaS(a); looburdg ber antile @Ie))tict8mug nid§t in ber ©eflatt einer ßel^rart ober. 6d&ute (aTpeaic) auftritt, fonbern ben ©l^arafter einer Sebendrid^tung unb SebenH^ffll^rung (&t<>>>T^) annimmt, alfo einen fitt- Ud^en £^t)ud geiotnnt, toeld^er bem neueften @Ie))ticiSmu8 ebenfatts gänglidö fel^It.*

9. hieraus erl^ellen nun jur ®enflge bie 3)ifferengen bed antifen unb neueften ©leptictSmuS, gtoifd^en toel^en, loenn man $^rr]§o mit @d^ulje t)erg(eid^t, mel^r aU ffoti ^al^rtaufenbe liegen. S)em le^teren festen aOe eblen S^araftergüge beS @!e^ticiiSmu8; er ifi SDogmatidmuS unb itoax auf ber unterften @tufe, loo ber SlepticiSmuS unb ber ge« meine 3Ren|d^en))erftanb, @$ul}e unb jtrug mit einanber gelten unb einDerjlanben ftnb. „3laib unten faOen 2)ogmatiSmu8 unb @!e))ti- ciSmuS gufammen unb beibe reichen ftd^ bie freunbbräberlid^fle ^anb. S)er fd^ulgifd^e SIepticidmuS bereinigt mit fid^ ben rol^eflen 2>ogma- ttdmue, unb ber Irugifd^e 2)ogmati8mu8 trägt gugleid^ jenen @!e))tts ciSmud in fu^/ ^2)iefer 93arbarei, bie unleugbare @ett)ig]^eit unb äßal^il^eit in bie S;]^at[ad^en beS S3ett)ugtfein3 gu legen, ]§at fid^ toeber ber frül^ere ©!eptici8mu8 nod& ein ajlaterialismu», toenn er nid^t ganj tlöierifdö ifi, fd&ulbig gemad^t, pe ifl big auf bie neueften Seiten in ber 5ß]&iIofoj)l^ie unerl^ört/'

» äüerfe. SBb. XVI. 6. 95-102. - « Cbenbaf. 6. 99 flgb. - » «benbof. 6.95. 6.108.

^egel« Kuffftj^e im fritifd^en Sournal. 255

IL @Iau6en unb SBtffett. 2)ie 9lefle£tond))]gtlofo))]^ten.

@eit ber S))od&e Aantd unb but4 biefelbe l^at ftd^ baS ä^erJ^Altnig jiDif^en (Stauben unb SQSiffen Don ®runb au8 gednbett. Sfrfllgex iDor btefeS 93er]gAlinig gleid^ bem jmifii^en 9leltgton ober S^^eologie unb $]^itofo))]^te, b. \). bie $]^itofot)]^ie ftanb auf ber einen @ette unb Der» l^ielt ftA jum ®Iau6en, jur Steltgion ober Xl^eologie als gu ber anberen. Sfuf bem ^dl^enflanbe ber Sd^olaflil tourbe bte $]^Uofot)]gie Don ber lird^ttd^en Steligion bel^errfii^t unb l^ieg bte SD^agb ber X^eologie. @o »ar eS im elften, jioölften unb breije^nten 3al^rl^unbert. S)ann lourbe btefeS Sanb burd^ bte Sd^olaflil felbft aufgelöft, unb bte Snigegen» fe^ung beiber filierte }ur @r]g5]^ung bed ®Iauben8 unb jur ^erabfe^ung ber fp^Uof Opiate: ber fupranaturale €^ara!ter unb ^nl^alt beS ©laubend lourbe oon fetten ber ^l^ilofopl^te als ber meufd^Iid^en SJernunft ent« rüdt unb unbegretflid^ anerlannt unb bejal^t, loftl^renb fie felbfl jtd^ auf baS ®ebtet ber loeltlid^en unb ftnnlicj^en 2)tnge etnfd^r&n!te: fo mar eS im oterjel^nten, fflnfgel^nten unb fed^gel^nten ^algrl^unbert. 3n ber xfoxia einer frommen, glaubenel^eQen unb gottinnigen 3Jl\)^xl, toxt biefelbe im 2Rei|ier ßdart, in ber „bcuifd^en Il^eologie" unb tn ßutl^er gu Zage tritt, l^at bie SleKgton fid^ Don ber $^i(ofo))]^ie abgemenbet unb biefe i^re SBege gelten laffen, toeldge in bie @d^u(e ber Sitten ge« f&]^rt l^aben. SluS bem 3eitalter ber Sieformation, „bem Sefen beS ^roteftantismus", nac^bem beibe Iird^li(ig ausgelebt unb erf((ö))ft maren, ift im fiebjel^nten ^algrl^unbert bie neuere ^l^ilofopl^ie l^erDorgegangen unb ]§at im a^tjel^nten gegen bie Steligion unb beren ^ofitiDen ®lauben8in]galt ben $roceg ber Sluffl&rung ftegreic^ gef&l^rt, bis gule^t „bie gebilbeten äJeröd^ter ber ^Religion" felbft Don i^r ergriffen mürben unb audg bie ^l^ilofo^l^ie fi$ bem ®lauben untermarf, mie eS SU gef^el^en pflegt, koenn bie eroberte unb beftegte SOIa^t bie geiflig ^Sl^ere auSmad^t. 9lun ifi ber ©taube in bie $l§ilofo];)l^te felbft ein= gebrungen unb l^ot in il^r eine l^errfd^enbe Stellung eingenommen, ber ftd^ baS Sßiffen unterorbnet. @S ift nid^t mel^r mie frfll^er, bag in bem äSerl^altnig gmifd^en ®lauben unb SBiffen bie $]§ilofo^^ie auf ber einen ©eite fle^t, fonbern fie umfafet beibe in il^rem eigenen ®ebiet. 3n bem Primat beS ®laubenS befielt einer ber mefentlid^ften ®Tunbjüge ber neueften ^l^ilofopl^ie, mie fid^ biefelbe in il^ren brei C>auptDertretem: Äant, 3acobi unb ^id^tc barftcHt. „3)ie grofee 3form beS aBettgeijieS aber, meldte fid^ in ienen 5p]^ilofo;)]öien erfannt ^at,

256 Tegels Suffä^e im fTttif^en Soutnol.

ifl baS $rtnct)) beS 92orben8 unb, eS teligiöS angefel^ett, beS $ro' tejiQntiSmu« bic ©uBicctibität, in tocl^cr ©dftönl^ctt unb SQSal^rl^it, in ©effll^Icn unb ©cfinnungen, in ßiebc unb Serftanb jtd6 barPellt: bte 9leIigton baut im ^etjen beS ^ubiDtbuumS il^re Semmel unb ^Itfire, unb ©eufjet unb ®ebete fud^en ben (Sott, beffen Slnfd^auung eiS ftd^ Derfogt, iDeil bte (Sefal^r beS SSerftanbeS t)or]^anben ift, iDetd^er baS 9(ngef$Qute als 2)tng, ben ^ain als ^öljet er!ennen lofitbe/

2)er Primat beS (glaubend l^errfd^t in ber !antifd^en $]^iIofo)i]&ie als ))ra!tif(]^e SSetnunft, in ber jacobifd^en aU ®effl]^I, in ber fii^tefdgen a(8 bie S^ntl^efe Beiber. 2>ad SBiffen aber ober bte $]gitofo)>]^te im engeren @inn ift unb (leibt €ad^e ber tl^eoretifdgen SSernunft, b. 1^. beS aSerflanbed, ber jBerfianbedtl^fitigleit ober beS refKectirenben SDenlenS, neSl^alb biefeS 93er^Altnig 3ioifdgen (Blauben unb SBiffen ^bie Ste^ PeponSpl^ilofopl^ie ber ©ubjectiDitöt" genannt »irb; fie bleibt im 2)uaIiSmuS befangen unb ba^er im SBiberftreit mit ber ^bentitdtS' pl^ilof Opiate, tDeld^e ben 2)uansmu8 überiounben unb l^inter ftd^ l^ot. Um nun bem ginjugc biefer ben 2Beg ju bereiten unb ju erlÄm))fen, Toat bie Sßiberlegung jener, bie il^r bid^t im SBege ftanben, eine not^ menbige S(ufgabe beS hitif^en Journals. S93ir l^aben fd^on oben angebeutet, bag ein fold^er Sfelbgug beDorftanb. 2)e8^alb fd^rieb ^egel biefen feinen auSffll^rtid&fien Sluffa^ im Iritifd^en Journal: „(Stauben unb SBiffen ober bie 9tefle£ionS))]§iIofo))l^ie ber Subiectiüitftt, in ber SBoIIfiänbigfcit il^rer (formen als lantifd^e, jacobifd^e unb fid&tefd&e 5|J^iIofo^)^ie^*

1. 2)ie !antt{4e $^itofot)Me.

2)er ^au))t))unlt in ber SSeurtl^eilung ber !antifd^en $]^iIofot)l^ie betrifft baS SSerl^&Itnig t)on (Stauben unb SBiffen, b. 1^. baS S^erl^&ttnig ber prahtfd^en unb t^eoretifd^en S^ernunft (SSemunft unb SSerßanb), ben Primat jener unb bie Unterorbnung biefer. ^egel l^atte fd^arf unb richtig erfannt, bafe Äant in feiner S)ebuction ber reinen äJer- flanbeSbegriffe nad^getoiefen unb entbedCt l^atte, mie haft unferer tl^eo- retifd^en äJemunft unfere gemeinfame Sinnentoett auS beren 93es bingungen entfielet unb l^erDorgebrad^t mirb'; er fal^ aut^, bag bte

^ Ittitif^eS 3ournal bet $^iIofot)6ie. 995. II. et. 1. (1802.) ^egeU aOetfe. SBb. I. 6. 1-157. Cinleüunö. 6. 3-17, (6. 5 Pgb.) »gl. oben 6.247. * SBgl. btefes SBetl (neue «uSgabe). 99b. IV. 4. Kufl. Sauden. Sap. V. 6.401 bt0 415. 93g(. oben SSu^ H. ^CLp. II. 6. 236.

Tegels ^uff&^e im Iritif(ien ^ouTnal. 257

iransfcenbentale @tn]^eit bet ^t)|)erce];)tion ober beS reinen 93elDugifetnd (3d&) nic^t blofe ben Urfjjrung unb btc DBiectiDität ber reinen SSegriffe erllait unb red^tfertigt, fonbern aud^ bie @Qntl§efe ber 3(n[d^auungen unb Segriffe. Unb feine ßinfidfet brang nod^ tiefer in ben ©eifl ber fantifdfeen Seigre: unfere flemeinfame ©innenioelt entfielet ol^ne 9leffeEion unb i)or oüer SiefleEion; fic ftel^t ba, el^e toir auf unb über biefelbe refKectiren, fie ifl alfo ein SQBerf ber betoufetlofen ?Probuction, beren SOßcrfweifter unfere })robuctiöe ßinbilbungSlroft ift, bog betoufettoS probucirenbe 3d&.*

es ifl l^ier nid&t ber Ort, ^egete Seurtl^eilung ber fantifd&en 5P]^ilofot)]^ie felbft ju beurll^eilen unb in bie Sroge einjugel^en, oB unb inmietoeit er bie S3ebeutung ber tantifd^en ${|iIofo|)]^ie il^rem ganjen Umfange nadfe gu »ürbigen gctou^t l^ot; er ^at ju toieberl^otten ntalen il^re «großen SEl^corien", il^rc „unfterblid&en aScrbienfte" gerül^mt unb getoiffe (ginfid&ten getoid^tiger unb orientircnber 2(rt, toie j. 93, bie 6rfcnntni§ ber ßaufalitot unb beS Unterfd&iebeS a^if^äö^n bcm SSegriff ber Urfadöc unb bem bcS ©runbeS, alä fold^e bejeid&net, bie toir nödbfl biefem ^pi^ilofopl^en ben ©öttem öerbonlen, atfo iljm allein. Unter ben gerühmten ginfid^ten ÄantS ertoöl^nt er nid&t beffen ßel^re öon Seit unb Slaum,

2tm meiften n)iberfprad& il^m Äant« ßel^re ton ber Unerfennbarleit ©ottes unb ber UnbetoeiSbarfeit feines SDafeinS, feine Äritil ber fpecu= Iatit)en SEl^eoIogie, nantentlid^ bie ^rt unb SBeife, xok Rani ben onto- logifd&en SSemeiS genommen unb loiberlegt l^atte, h)eil biefe SBiberlegung barauf gegrünbet »ar, ba§ SSegriff unb Oleatitfit ober ©siftenj grunb* öerfd&ieben feien unb bie ejipenj fein 3JlerImal ober 5ßräbicat, toeld^eS man aus bem Segriff „l^erausltauben" lönne. SRid^tS war bem 3bentitätSt)]^iIofot)]Öen mel^r jutoiber afe biefer lantifd&e 3)uaU8mu8 jtt)ifd&en fflegriff unb ^Realität: „ber bornirte SBerftanb geniest l^ier feines SErium})]^eS über bie SBernunft, »eld^e ift abfotute Sbcntität ber l^öd&flen 3bee unb ber abfoluten SReaKtfit, mit böttig mifetrauenlofer ©elbft- genügfamleit. ßant l^ai fidg feinen S^rium)))^ baburd^ nod^ gl&njenber unb bel^agüdger gemai^t, bag er baS, loaS fonft ontologifd^er S3eh)eis fürs S)afein ©otteS genannt lourbe, in ber fd^Ied^teften JJorm, toeld&er er fdl^ig ift, unb bie il^r t)on JDtenbelSfol^n unb anbercn gegeben lourbe

1 ^ejjel: (BlauBen unb SöiRem aOÖctfc. I. A. Äantift^e ^ffilofopWe. 6.18 bis 51. (@. 21—27.)

afift^er, eef($. b. Wtof. VIII. 3». «. 17

258 ^egeld ^uffdtfe im {ritifcgen Soutnal.

locldöc bic ©Eiftena ju einer ©igetifd^aft mad&te, »oburd^ alfo bie Sbentttät ber 3bec unb ber SRealitat als ein ^injutl^un t)on einem SScgriff gu einem anberen erfd&eint , aufgenommen ^at; toie benn flant ü6er]^au<)t burd&auS eine Unmiffenl^eit mit |)]^iIofol)]^if(i&en ©^flemen unb aJlangel an einer Äenntnife berfelfien, bie ü6cr eine rein l^iflorifd^e 3lot\i ginge, befonberS in ben SBiberlegungen berfelben seigte.''^ S)iefcr 5Eabel flaut« in Slnfel^ung feiner Äenntni§ ber l^iftorifc^en ©^fteme ift feineStoegS unberetfetigt,

®ic lantifdfee ßel^rc geratl^e mit fid6 felbft in SBiberfprud&, ba fie auf ber einen ©eite ben ontologifd^en SemeiS öerurtl^eile, meil jt<fe berfelbe auf bie 3bentität be8 Segriff« unb ber Jftealitöt grünbe, mäl^renb fie auf ber anberen ©eite ben praftifd^en ©lauben an ®ott forbere, ber boc^ bic Sbentitöt beS Segriff« (©otteSibee) unb ber Siealität DorauSfe^e. 3n bicfem ©tauben ift „nid&ts anbere« au8- gebrütft als bie 3bee, bafe bie Vernunft gugleidö abfolute ^Realität l^abe, bafe in biefer 3bee aller ©egenfa^ ber gtei^eit unb ber SRotl^menbigfeit aufgel^oben, bafe bag unenblid^e S)en!en jugleid^ abfolute SRealitftt fei, ober bie abfolute 3bentität beS ®enfen8 unb beS ©ein«. S)iefe 3bec ift nun burd^auS leine anbere als biejenige, toeldfte ber ontologifd&e aSeioeiS unb alle malere 5ß^ilofop]&ie als bie erftc unb einjige, fowic allein toal&re unb pl^ilofopl^ifdöe erlennt."*

Sreilid^ öerbirbt Äant biefc feine ©otteSibee toieber burd^ feine Seigre öom €nbätt)edEc ber SBelt unb ber SKenfd^l^eit, nftmlid^ burd& feine 3bee beS l^öd&ften ©utS, meldfee nid^t real ift, fonbern §u realiftren; unb loaS realiprt ;oerben foll, ift nid&ts l^öl^ereS als bie Harmonie öon 5Woralität unb ©IfldEfeligfeit, biefeS 3beal beS gemeinen SKenfc^en« öerfianbeS unb ber gemeinen SlufHflrung, ober, ttiie §egel fidft t)or= tt)urfSt)ott unb d6aralterifiifd& auSbrüdEt: „fo toaS ©d^led&teS, toie eine folcfte 3Jloralität unb ©lüdffeligleit'M*

S)er 5ßrimat ber praftifc&en Vernunft forbert bie ^errfd^aft ber fittlid&en SBeltorbnung ober ber ^reil^eit, toeld^e aber in ber Entgegen» fe^ung jur ©innentoelt unb ju ber SHotl^menbigfeit ber Slatur befangen unb im S)ualiSmuS ber praltifd^en unb ber tl^eoretifd^en Vernunft ftedEen bleibt, toie bie le^tere in bem ©ualtSmuS einer reinen JBernunfts einl^eit unb einer JBerfianbeSmannid&faltigfeit. „2llS ^reil^eit fott bie

1 ebenbaf. I. 8. 38. ^ gbenbaf. ©. 48. » (Sbenbaf. @, 48.

^egtU 9(uffa^e im Iritif^en ^outnal. 259

SBernunft afifolut fein, aber bos SQScfen bicfcr Steilheit Bepelzt barin, burd^ ein gntgegengefelteS gu fein. 2)ie§ ifl ber bem !antifd^en @^{lem unübertoinblid&c unb boffelfie jerftorenbe SBiberfprud^."*

^ie tieffle Sntbedung AantS liegt nad^ ^egel in ber 2)ebuction ber reinen SBerpanbeSbegriffe unb jtoar in ber „orgonifd^en 3bee ber @in6ilbungdlraft'\ loelc^e (qI8 betougtlod t)robucirenbeS 3d^) unfere gemeinfame ©innentDelt ans bem gegebenen Stoff ber Smpfinbungen ober ©inbrüdfe ergeugt, beren Urfad&en bie S)ingc an fid^ fmb.* S)ic für §egel intereffanteften 5PunIte be8 fantifd&en ©^fientS finb, »ie man tjorausfel^en lonnte, in benjenigen Seigren entl^atten, toeld^e ber 3ben» titöt8)>]§i(ofop^ie am n&d^ften lommen unb biefelbe aud^ unmittelbar ))otbereitet unb l^erDorgerufen ^aben: eS iji bie 3bee ber ©d^öul^eit unb bie 3bee bes ßebenS, toie fie Äant in feiner tiefftnnigen Äritil ber Urtl^eifelroft, bem britten feiner ^QUptloerle, entmidCelt l^ot. 5£>aS burdögängige Zi^tma ifl bie 3bentitftt ber 3bee unb ber 9lealitÄt: bie 3bee, toie fie uns erfd^eint in ber ©d^önl^eit unb (Erl^abenl^eit ber ffiinge, unb bie 3bce, toie fte fid^ \>nlbxpttt in bem ©tufenreidö ber Drganifationen. S)ie 3bee erfd&eint, fie toirb angefd^Qut: toir ffil^Ien uns emporgel^oben auf ben ©tQnb<)unIt ber intettectuetten Sin« fd^auung, bie ))robuctit)e @inbilbungs!raft erl^ebt fid^ in bie $oten} beS intuitiven SßerftanbeS, fie »irb ober i^ intuitit)er Serpanb. ®Q ober Äant einen foltften intuitioen aSerjlanb t)on ber ßinrid^tung unferer S3ernunft als eine bem SWenfdöen unmogtid&e 6rlenntni§art QuSgefdbtoffen ^at, fo bleibt anij unfere Aftl^etifd^e unb teleologifd^e 3lnfd6auung nid&ts toeiter als ein reflectircnbeS Urt^cil, eine 3Jlajimc ber Sleflesion, eine jtoar notl^toenbige, aber tjollig fubjectiöc Se« trad^tungStoeife.

SBir ftnb unb bleiben in ben ©dferanlen einer bualifiifd&en SQBeU= Qnfdöouung befangen. „SJiefer g^arafter ber !antifd&en ^P^itofopl^ie ifi ber aÖgemeine 6^ara!ter ber 9flefIeEionS<)]^ilofo})]^ien, von benen toir fpred^en."^

2, ^ie iacobifd^e ^^ilofoplftte. . BäftUittmaä^tx,

ajiefer jtoeite 2(rtilel feines Sluffa^eS über ©lauben unb Siffen iji öon einer ganj anberen STrt ber ©d^d^ung 3acobiS unb ber ®e= finnung gegen il^n, als jene uns fd^on belannte Äritif ber 2Ber!e,

' (Sbenbaf. I. ©. 35. « dbenbaf. © 26 u. 27. - » Cbenbof. 6. 50.

17*

260 ^egeld ^uffä^e im fritif^en Sournal.

iDcId&c ^egel tjicrjcl^n ^a^xt fpötct in bic l^cibelbcrßtfd&en Sal^rbüd^cr 9cf(i^ric6cn l^at (1816), um in 3luSbrüdEen toärrnftcr STncrlcnnung bie i^m f^nipQtI)ifd6c unb öcrmanbic ©eite bcr Seigre SacobiS ju ericud&ten, nämlid^ feine Sejal^ung bcr Steilheit, 5ßerfönüd&!cit unb bc8 abfolutcn ©cificS.

®ie Sd&riften 3acobig, auf Xodä^z ^eflel in feiner Slbl^onblung t)om Saläre 1802 l^inroeijiS ftnb bie „»riefe über ©pinoga* (1785), baS ©efpräd^ „S)Q))ib ^ume über ben ©lauben ober ^bealidmuS unb SiealiSrnuä" <1787) unb in ben reinl^olbifd^en SBeitrdgen ber Sluffafe „lieber baS Unternel^nien beS ÄriticiSmuS, bie SBernunft gu SScrfianbe ju bringen unb ber ^ß^ilofopl&ie überl^aupt eine ntnz Äbfid&t gu geben" (1801). 9lun gereid^t eS ben im fritifd^en Sournol enthaltenen SluSeinanberfe^ungen nid^t eben jum ßobe unb il^rcn ßefern gett)i& nidöt jum ®anle, bafe §egel fid& in feiner Äritif ber jacobifd^en Äritif ber ßel^re @<)inoja8 unb ber ßel^re ÄantS crgel^t, ol^ne gutjor mit einer ©ilbe ben ©tanbpunit 3acobi8 unb ben ©tanb ber ^rage feflgejieflt gu l^aben. (Sr beginnt gleid& mitten in ben SDkterien unb fe|t ßefer öoraus, toeldfee mit ben ©cgenftinben nid^t blofe titterarifdö öertraut, fonbern gteid& il^m felbft befd^öftigt unb in biefer Sefd^öftigung be« griffen ftnb; roie man benn überl^aupt ben ©d^riften §egel8 aus ben Salären 1801 unb 1802, fotool^I bem S3ud&e über bie „SDiffereng beö fid6tefd6en unb fd&eHingfd&en ©ijftemS ber ^ßl^itofopl^ie", aU aud& feinen ?luffħen im Iritifd&en Sournal, nur gu fel^r anmer!t, bafe feine ©d&rcib= unb ßel^rart nod^ gar nid^t burd^ bie ©d^ule unb 3ud^t beS J^atl^eberS ergogen ift.

3lai^ SacobiS grlenntnifelel^re befielt aÜe SetoeiSart in ber fortfd&reitenben ®emonftration na^ bem ^Principe beS aBiberfprud^S Obentität) unb bem ©a§e bcS ©runbe«, toeld&er, logifd^ genommen, auf ben ©a^ ber Sbentitöt gurüdffül^rt, »fil^renb ber ©a§ ber ©aufatitöt aus ber (Srfal^rung ftammt. „3)ie 3lrt, mie er bieg bartl^ut, iji ein merlttürbigeä ©tüdC bcS lodfefd^cn unb l^umefd^en empiriSmuS, in mli^tn ein ebenfo greQeS ©tüd Don beutfd^em ana())firenben S)og= motiSmuS l^ineingefnetet ift, Don tt)eld&er befreit toorben gu fein, bie SBelt ben ©öttern, näd&ji Tanten, nid&t genug banfen lann/*

1 ebenbof. I. B. atacobtWe ^l^ilofop^ie. 6. 52-115. »ftl. tiefe« SBerl (frühere «u^ßabe). JBb. V. »u« I. (Jap. X. @. 216-234. - « ^egel« Söetfe. I. 6.55.

^tqM Stuffa^e im Irittfdften Sournol. 261

3acobi ]&q6c bic ßcl^rc ©pinojoS falfd^ toicbergcfleben unb Der« unpaltct, tocil er in bcn Scgriff bcS etoigcn Qfolgcn«, ttftmltd& ber SQSal^rl^eitcn, bic t)on 6»igfcit gu 6tt)ifl!cit fmb, bic ©oufalitöt unb Seitfolflc einaemtfiftt unb baburdft beut ©pinojQ bcn ungeteimtcn Se= griff bcr „elüigen Seit" gugef^ricben l^abc; »Äl^renb 3eit ©uccefpon, cmt)iri|4eS ©efdöcl^en Bei ©pinoja JBorjiellungSQrten bcr Smagination jtnb. Sreilic^, tt)a8 bic ßaufalität betrifft, fo l^ftttc 3ocobi gegen ^egel ftdg barauf berufen lönnen, bog ©pinoaa au8brfldf(i(& geleiert l&Qbe, ©Ott fei bic bctoirlenbe Urfad&c (causa efficiens) nid&t Blofe befi SBcfcn«, fonbcrn oud& bc8 SJafeinS aller 2)inge (Eth. I. Prop. XXV).^

3)ie ^Quptpunltc aber, gegen weld&c §egel feine Singriffe fammclt unb fd^ftrft, betreffen 3acobiö 5poIemi! tt)iber Äant, bic 2lrt unb Xcnbcnj biefer ^ßolcmil; er nennt ftc bitter unb bifpg, gel^äffig unb ]&ämifd&, t)erf(i&reienb unb t)erunglimj)fenb, in gebanlcntccrcr S38cifc Dolternb unb ganfenb unb, maS bag @(!^Iimmf}e ifi, ungered^t unb falf($, ba 3acobi bic ßel&re ÄantS nid&t Mofe fd^mäl^füd^tig bel^anbelt, fonbern fatfd^ citirt unb „galimatl^ifirt" , b. 1^. burd& falfd&e Crüärung unb S)entung flants ©inn in Unfinn Dcrlel^rt l&abe; toie er ja anä) ben ©pinoja burd& bic il^m gugefd^tiebene Slbfurbitflt einer ctt)igen 3eit „galimatl^ifire''. S)ie ?PolemiI 3acobi8 fonnte nid^t fd^ärfer öcrurtl^eilt »erben: pe bc^iel^c aus brei Sefianbtl^cilen: ©d&mol^en, falfd^cm ©tiren unb „©alimatl^ia«".*

Äant l^at gctel^rt, ba§ e8 im SBcd^fel ber Srf^cinungen cttoaS SBcl^arrlid&eS geben mflffc, bafe biefeS Sel^arrtid^e bic ©ubftang unb bic cinjige er!ennbare ©ubpanj bic SWatcric fei; bagegen fei baS 3d& lein ©cgenftanb ber 6rfat)rung, alfo ol^nc ericnnbarc Sieatitat unb @ub= flantialität (SBcl&anllc&Ieit). 3lun laffe 3acobi t^n Icl^rcn: „baS 3d& borge feine Siealitflt unb ©ubjJantiatitftt öon bcr SKatcrie". „Reifet nidftK, fo fäl^rt ^egel fort, inbem er jencß crfd^rcdfenbc SQSort, baS ßcfjing in feinem ©efpräc^ mit Socobt t)on bcr 2lrt unb S33eifc gebraud^t ^at, loie bic ßeutc noc^ ie^t ben ©pinoja bcl^anbcln, nun= mel^r, inbem er eS Dcrftftrit, auf 3acobi8 aSer^alten gegen flaut an» toenbet: „l^eifet nid&t flaut fo gu citiren unb be^anbeln, mit il&m fc^ilcd^tcr als mit einem tobten ^unbe umgel^cn?"*

flants grofec Sl^coric, bafe ber SBerfianb nur ßrfc^einungen er= !enne, ni(!^t3 aber t)on ben S)ingen an fidg, flantS unfterbüd^eS SDer^

' Tegels ©erfe. I. 6. 62-79. (6. 64.) « Cbenbaf. 6. 79-97. (©. 84.) - » CEbenbaf. 6. 83.

262 ^egell ^Cuffa^e im intif^en Soutnat.

bienfi, jmifdgen 2)tng an ftdg unb Srfdgeinung unterfd^teben unb baburd^ bie burd^gfingtge Sonfufion ber bogmatijd^en ^^ilofopl^te für immer Qufgel^oBen unb jerjlort gu l^aben: btefe et)0(|emQ(^enbe Stl^at Aantd l^abc Socobt nid^t gu crfcnnen unb gu »ürbigcn gctoufet, ba er fclbjl bte2)inge unb bte S)tnge an fid^ nid^t unterfd^eiben lonnte unb nid^t untcrfdöicbcn l^at, ©araufi erflärt fid&, bofe i^m bic fantifd^e 6r- fdöcinungfitoctt als t)öfftg Bobcn= unb tocfcnloS, als burd& unb burdö nid^tig unb gefpcnftif^ oorlam unb ebenbcS^alb 6nt[c^cn unb ©d^aubcr erregte* „®a6 fold^e Sfbfoluta ber objcctben ßnbliifeit negirt unb als ni^ts an fid6 ernannt unb confequenter SBeifc ebenfo bie fubjecttöe gublidöleit, baS finnUd^e unb reflectirt benlenbe 3d&, mein 2ttte8, aud& nur leeres S3Ienbn)er! ))on (&troa^ an fid^ märe: bag mein enbUd^eS SldeS ebenfogut t»or ber 93ernunft gu ©runbe gel^t, als baS ^QeS beS objectitjen ßnbUd^cn; ba« ifl für 3acobi ba8 Cntfe^Kd^e unb Sd^auberl^afte. 2)ie Sßerabfdgeuung ber 93erni(^tung beS Snbltd^en ifi ebenfo fijirt, als baS Sorrefponbtrenbe, bie abfolute ©ettifel&ett beS Snblid^en, unb loirb fid6 aU ben ©runbd^arafter ber iacobifdöen ^J^ilo» \op^k burd&au8 ertoeifen/*

Sag bte 2)inge auger uns unb unabl^&ngtg t)on unS in aller SBa^rl^eit unb SBtr!Iid^{eit ejctjliren: baS ifl für Sacobi @ad&e ber Cffenbarung unb beS ©laubenS. ^uf biefen ©lauben, bem bte lantifd^e $l^i(ofo))]^ie fd^nurfiradFS gutoiberUuft, grünbet ftdg aQe loeitere jjacobifd^e 5J}]&tIofop^ie. „SBir »erben alle im ©(auben geboren unb muffen im ©tauben bleiben. S)urd^ ben ©tauben miffen loir, bag loir einen florl)er l^aben, unb ba§ außer uns anbere ßörper unb anbere benfenbe SBefen t)or]^anben finb. (Sine mal^rl^aft teunberbare Offenbarung! a)enn wir empfinben bod6 nur unferen Äör^jer, fo ober anberS bc» fc^affen; unb inbem mir i^n fo ober anberS befdftaffen füllten, »erben mir nid^t altein feine SSeränberungen, fonbern nodg etmaS^ baDon gang äierfd^iebeneS, baS toeber btog Stnpfinbung nod^ ©eban!e ifl, anbere toirftid&e ®inge getoal^r unb gtoar mit eben ber ©eteigl^eit, mit ber toir uns getoal^r werben; benn ol^neDu ifi baS 3d& unmöglid^. SBir ermatten atfo, btog burdfe SBefcftaffenl^eiten, bie mir annel^men, äffe SJor* fießungen, unb eS giebt feinen anberen Sffieg reefler ßrfenntnig; benn bie SBernunft, wenn fie ©cgenftönbe gebiert, fo finb eS ^irngefpinjic. So l^aben toir benn eine Offenbarung ber 5latur, metd&e nid^t affein

(g6enbQf. 6.59.

^cgel« 9(ufföfte im {Tttif<|en Journal. 263

beficl^It, fonbern olle unb jebe lDlcnf(i6en atoingt, su glauben unb burd^ ben ©louben etoige SBal^rl^ett anjunel^tnen/' ^

99ei jtant unb ^idgte ifl bad S^l^ema beS ©laubenS bog 9lbfoIute unb Sttige, toorin atte« 6ingclnc unb 3eitlici&e t)crfd&tt)inbct unb, toie ^egel fagt, „bic SJlüden bcr ©ubiccttt)ttät" tjcrjel^rt toerben; bei ^ocobi baS %J)tiaa beS ©laubenS bie Slealilät ber @innentt)eU, bet n)ett= liä^tn unb aud^ ber göttlid^en 2)inge, beS 9lbfoIuten unb (Smigen, morin er feine eigene ©ubjectiöitat öernid&tet unb jugleid^ gerettet fü^lt, fid& felbft ffll^It aU eine Don ©ott ergriffene $erf&nli(i)!eit, bie un- gefd&riebenen ©efe^e bed ©uten im ^erjen, eine fitttid& f(^one Snbi« Dibualität, erlauben über bie gemeine ^Pflid^tcnlcl^re unb bie 2;^rannei lontifd^er ©ittengebote: „bu foflfi nid^t lügen, betrügen, morben, eib* brüd^ig toer'ben" u. f. f. 3n feinem Sriefe an gid^te l^at 3acobi biefe fittlidfee ©eelenfd&önl^eit in einer ontifantifd&en SBeife auSge- fprod^en unb belannt, weld&e Qud& §egel fd^ön unb gonj rein finbet: «3a, id6 bin ber Sltl^eifi unb ©ottlofe, ber bem SBittcn, ber nid&ts toiü, jutDtber lügen xdiü, ttie ^eSbentona fterbenb log; lügen unb be- trügen toitt, tt)ie ber für Drefi fid& barfteücnbe ^P^tabeg; morben wiß, n)ie 5£imoIeon; ©efe| unb @ib bred^en, mie SpaminonbaS, n)ie3o]^ann be 2Bitt; ©elbflmorb befd^Uefeen, »ic Dt^o; S^empelraub begel^en, toic 3!)at)ib ja, Slel^ren ausraufen am ©abbatl^, aud& nur barum, loeit niid& l^ungert unb baä ©efe^ um ber aWenfdöen toißen gemad&t ift, nid^t ber STlenfd^ um beS ©efe^eS miHen. 2)enn mit ber l^eiligften ©ett)i|l^eit, bie id& in mir l^abc, toeife td&, ba§ baS Privilegium aggra- tiandi loegen fold^er S5erbred&en toiber ben reinen SBud&fiaben beS abfolijt allgemeinen SSernunftgefe^eS, bag eigentlid^e SJtaiefi&tSred^t beS 5Kenfd&en, baS ©iegel feiner SBürbe, feiner göttlid^en SRatur ift.» „SBir l^aben", fügt §egel l^inju, „biefe ©teile 3acobi8 ganj rein gc« nannt, benn baS ©prec^en in ber erften $erfon: 3d& bin unb 3d& toill, lann il&rer Dbiectiöität nid&t fd^aben."*

2)oc^ finbet ^egel, loenn aud^ nic^t an ber angefül^rten ©teUe, biefeS ^eröorl^eben ber eigenen Jßerfon, biefcS 9iid6tIo8fommen!6nnen öon fid6 felbft unb ber eigenen Stibioibualität für ben ©tanbpunlt 3acobi8 überhaupt tt)ie aud^ für bie ^rt feiner Sloman^elben, 9llln)ill unb Solbemar, burdgauS bejeidgnenb unb d^ara!teriftifc^. 2)iefe eioige ©elbfibefd^auung, biefeS a3e]^aftet= unb SefledEtfein unb »bleiben mit fid&

» «benbQf. 6. 99. * (gbenbof. 6. 105 u. 106.

264 ^egeU Kuffftt« im fritifdften 3ottrnat

feI6fl ]^Qt ^egel ats einen inneren ©o^enbienft, als eine ^öUe beS SetoufetfeinS beaeid^net unb ftc^ auf bie großen ©ici^ter berufen, toeld^e erlannt l^aben, mag eU)ig, unb toaS enbüdg unb t)erbammt ift: bie Sitten, S)ante unb ©oetl^e in feinem fd^on im ßeben eine Seitlang ber ^bUt l^inaegeBenen Dreft. a)iefc §ötle ifl nid&tg anbereS als „baS etoige SSerbunbenfein mit ber fubjectiöen SEl^at, ba8 Sltteinfein mit feinen eigenen ftd^ felbft Stngel^örigen unb bie unfterbtidge 93etrad^tung biefeS ©igentl^umS". „@o feigen toir on ben gelben ^UmU unb SBoIbemar eben biefe dual ber emigen 93efd^auung il^rer felbft nid^t einmal in einer SEl^at, fonbern in ber nodft größeren ßangetocile unb flraftlofigleit beS leeren ©ein8, unb biefe Unjud&t mit fid& felbfi, al8 ben ©runb ber Äataftropl^e il^rer unromanl^aften SBegebenl^eiten bargefiettt, aber gugleid^ in ber Sluflöfung biefeS ^rincip nid^t aufgel^oben, unb aud^ bie un!ataftro)>]^irenbe 5£ugenb ber ganjen Umgebung t)on G^^aralteren »efenttid^ mit bem 3Rt^x ober SBeniger jener ^otte tingirt/^

®ie etoige ©ebftbeia^ung ber eigenen 3nbit)ibualitat, baS 5cft= l^ftngen on bem geitlid&en, lieben 3d6, fei eS in ber gorm beö @elbfl= genuffeS ober ber ©elbftqual, bie aud& jum ©enuß loerben !ann, mar unferm 5ßl6ilofol)l&eu in ber ©eele jumiber; fie erfd&ien il^m tragifd^ in bem Silbe bc8 goetl^ef^en DrefieS, pl^ilofopl&ifcb gel^egt in 3acobi unb feinem Äreife, lomifdö unb ^)ofprlid6 in jener el^rlidfeen 8leic^gftabtmad6e, bie bem xiexnbt jurief, er möge ja nid^t fd^ießen, »eil eS fonfi ein Un= glüdC geben lönne. €ben biefe aSergleid&ung l^at fidfe au8 ber erften flritil SacobiS in bie jtoeite fpdtere fortge<)flan3t, too toir berfelben fc^on begegnet pnb.*

^[acobis ©laube bejal^t bie Slealität ber loettlid^en unb aud^ ber göttlid^en S)inge, baS 3eitlid^e unb audg baS €mige, baS Snblidge unb auc^ ba« Unenblic^e. ®ie l^ö^ere (Jform unb baS 3id biefer ©lauben8= rid^tung befielet nun barin, baß man beibe SSejal^ungen ))ereinigt unb ftd& mitten im 6nblid&en eine« fü^lt mit bem Unenblid&en, mitten im Seit- lid&en eine« mit bem ©migen, mitten in ber 2BeH eine« mit ©ott. ©iefeS 3iel ifi erreid^t in ©dfeleiermad&erS Sieben über bie gieligion. „SaS jacobifdöe ^ßrinci)) l^at bie ^öc&jle ^ßotenjirung erreid&t, beren fällig ift, unb ber ^ßroteflantiSmuS, ber im ®ieffeit8 »erföl^nung fud&t, l^at fi(^ auf baS ^ödgfte getrieben, o^ne aus feinem €^aralter ber @ub=

» Cbenbof. ©. 108 u. 109. - * Cbenbaf. 6. 62. »gl. oben »u« I. Sap. IX. 6. 106.

^tqM 9(uffate im fritif^en 3outnaI. 265

icctiüitftt l^eraitSjutretcn. 3tt bcn Sieben über bte Sleliflion tft biefe ^Potenjirung gcfd^^^cn." Selbe Seiten beS iocobifd&en ©laubenS, bie fubjectiöe toie bie obiectit)e, Rnb in bie l^öd^fie ^ßotena erhoben: bie objectiöe erfd&eint qIs bo8 göttlidfee Unit)erfum, bie fuBjectitje olS ber religtofe jtftnftler, als ber ä^irtuofe be$ SrbauenS unb ber 33e= geiflerung, an beffen Sigent^flmlic^feit aud^ biejentgen tl^etlnel^men, mläjc i\)it teligiöfen Snfd^auungen t)on t^m empfangen. ^(Ss foK einer fubjectiDen (Sigenl^eit ber Slnfd^auung Obiot l^eigt einer, infofern Sigenl^eit in i^m tfl), fiatt fte ju t)ertilgen unb menigftenS nid^t an- 3uer!ennen, fo Diel nachgegeben mihzn, ba^ fte balS $rtnci)> einer eigenen ©emeinbe bilbe, unb bag auf biefe SEBeife bie ©emeinbd^en unb S3efonber]&eiten ins Unenblic^e fid& geltenb mad^en unb DcrDiel« fältigen, nad& SufStttgleit au8 einanber f^ioimmen unb gufammcn ftd^ fud^en, unb aQe ^ugenblidEe toie bie Srtguren eineS bem @t>iel ber SBinbe preisgegebenen €anbmeerS bie ©ruppirungen Anbern unb in einer aUgemeinen ^tomiftif aUe ru^ig neben einanber bleiben fönnen."

$ier l^aben mir in aQer Aürje unb Sd^drfe bie fd^on in ben franifurter ©tubien ^egelS berül^rtc, nunmehr offene unb fortbejiftnbige 2>ifferen} gtoifc^en Sd^Ieiermac^er unb ^egel, n)eld&e ber le^tere an biefer ©teile (ol^ne ben Siamen 6d6leiermad6er8 gu nennen) erleud&tet, inbem er ber fubiectiöen ©effli&lsreligion ben obiectiöen Segriff ber Sieligion unb ber religiöfen Sefonbet^eit ber ©emeinbe unb ©e« meinbd^en ben Segriff ber Airc^e entgegenl^ält.^

3. 2)ie ft^tefd^e $^tIofop^ie.

©eit bem 3. 3uli 1799 lebte ber aus 3ena öerbrdngtc gid^te in Serlin, in alter Qpreunbf(ftaft mit Qfriebticö ©dfelegel, in neuer mit ©d&leiermad^er, in ber SBoHenbung ein^r ©d&rift begriffen, Don toeld&er er feiner Qftau gefd^riebcn ^atte: „3fd6 l^abe bei 9luSarbeitung meiner gegenwärtigen ©d^rift einen tieferen SlidC in bie Sieligion get^an als nod& je".* ®iefe ©4rift toar „bie »eftimmung beS SDlenfd&cn" (1800), unb an fie l^at fic^ ^egel, toie er eS aud^ auSfpric^t, in bem brüten Sl^eil feiner ^b^anblung über „©laubenunbSEBiffen'' Dor^üglid^ gel^alten.

6S finb bie brei ©tanbpunfte unb ©tufen ber menfd^lic^en ©elbft= Betrachtung, toeld^e gid&te in biefer feiner ©d&rift bialogifc^, b. 1^. in

1 §egel« SOßerfe. I. ©. 112-115. »ßl. oben Öu* I. (Jap. V. ©. 48. s S3gl. biefeS 9BetI (frühere 9luftgabe). 935. V. »u^ II. (Sap. V. 6. 306 flgb.

266 $ege« Kuffft^e im ftitifc^en 3ournaI.

belel^renben ©efpradgen enttotdelt, tt)o6et baS „^ä^" aU ber ju 6e« lel^renbe ©d^M^t crf^etnt. ©ol^er l^cifet biefc8 3(J6 bei ^efld „bcr 3d&". 3«tic brci ©tanbpunltc aber ftnb: bcr bogmatifd^e, bcr trottS- fcenbeniale unb ber reltgtöfe, ober um mit Ofi<%teS SQBorten }u fagen: bie Srfal^rung, bas SBiffen unb ber ©taube. S)er erfte Stanbpunlt grünbet fid^ auf bie Srfal^rung unb fragt nad^ ber Sntftel^ung unfereS natürlid^en 2)a{einS etneS ©liebed in ber Aette ber 2)inge. hieraus ergiebt {td& ein 9laturf))fiem, loelc^eS bie fjfreil^eit üerneint unb audfd^Iiegt. S)er joeite @tanbpun{t grflnbet ft(( auf baS Selbfibe- touBtfein unb fragt nad^ ber (Sntftel^ung ber ßrfal^rung ald unferer not^menbigen 3BeItt)orfteIIung; ber britte @tanb))unlt enbKidb erleud&tet bie gHeaUtöt ber finnUd&en unb überfinnlidben SBelt alö bie Offenbarung unb (Srfd^einung beS etoigen gottlid^en Sebend, aus ber ßin^eit mit toeld^em in un« „ba3 feiige ßeben" aufgellt. ^

SBad baS 2;^ema bed ®la übend betrifft, nftmlic^ bie 9ftealit&t ber 3BeIt unb ©otteS, fo ift fjfid^te ju einer t)5lltgen Uebereinftimmung mit 3acobi gelangt unb felbfl baöon fo ergriffen, baß er jenen neben Aant als einen gleid^jeitigen Steformator ber $]^iIofo))]^ie, als einen ber erften SOfänner beS 3eitatterS t)er{änbet.^ SBaS baS äSerl^Altnig ©otteS jur SBelt betrifft, fo fe^en mir Sid&ten üon ber 3bec ber gött« Hd^en ^Qeinl^eit erfäQt in Uebereinftimmung mit ©dgleiermad^er, nid^t unberfll^rt t)on bem (Sinfluffe ber Sieben über bie Sleligion. yiun l^at eS $ege( mit bem SBer^&Ktnig }tt)ifd6en ©tauben unb SEBiffen gu tl^un unb fielet in einer fdgarfen @ntgegenfe^ung, tozli^t mir lennen gelernt ^aben, fomol^I gegen 3cicobi ats gegen ©c^teiermadger. O^id^teS S^mpatl^ien unb Tegels 2lntipatt)ien treffen in benfetben ©egenftänben jufammen unb auf einanber; eS ift tjorausjufel^en, ba% an ber ©teile, loo toir finb, bie 93e^anbtung ber fid^tefc^en ^l^ilofopl^ie t)on feiten ^egelS am menigften f^mpat^ifc^ ausfallen mirb, toeit weniger als in ber ©d^rift über bie „S)ifferenj beS fid&tefdöen unb f(ftellingfcben ©^jiemS ber ^pj^ilofop^ic",

2)ie fic^tefd^e Ce^re tfi teineSmegS, toie 3acobi ))on i^r geäußert ^at, ein ©anjeS, ein gebiegeneS, aus einem ein}tgen ©tfidE formirteS ©^{tem ber $l^itofop]^ie, fonbern i^re ^aupit^eite, jene ©tanbpunite unb ©tufen ber menfd^Iid^en ©elbftbetrod^tung, finb jufammen ge^

» SSgl, biefe« aOöet! (frühere «uögaae). fflb. V. SäudS IV. Cap. U u. III. 6. 651-680. * «benbüf. 6.668 (in ber ©djrift .©onnenflarer öericöf u,f.f.). (1801.)

^egeU Sluffäte im fritiftcn ^outnat. 267

jiütft nadö fubicctit)cn aSebürfniffen unb ©efül&Ien: bur(]6 bic ©cfül&Ie ber 9ltd&tbeftiebigung unb ber (Smpörung, beS äJlangelS unb ber Seere, be§ ©d^tnetjeS unb ber ©e^nfud^t. ^ug bem Statutf^ftem gum {^rei- l^eitsf^flem gefd^tel^t ber Uebetfiang burd^ baS g^reil^eitSbebürfniB unb bie @e]^nfud^t nadg bem 3d^. 2)a3 Ortetl^^itdbebflrfntg, tote ed an btefer @teQe erfd^eint, als eine Sntpörung gegen bie 9latur unb il^re ©efe^e, qIS ein Jffiibertoitle gegen bie ©inl^eit ntit bem Uniöerfum, ficl)t fo fel^r im SBiberfprudft mit bem ©eift ber Sbentitätg^J^ilofopl^ie, bafe §egel biefc fid6tefc6en ©efül^fejujiÄnbc in ben fcferoffficn StuSbrüdCen bejeit^net unb tjertoirft. „®iefer ungcl^eure ^odömutl^, bicfer SQBal^nfinn beS S>ünfel3 biefeS 3d&, fid6 t)or bem ©ebanlen ju cntfe^en, i^n ju t)er= obfc^euen, loel^mütl^ig ju »erben barüber, bofe e8 6in8 fei mit bem UniDeifum, bag bie etoige 92atur in il^m l^anble: feinen S^orfa^, fid^ ben etoigen ©efe^en ber Siotur unb il^rer l^eiligen, ftrengen 3iot^- toenbigfeit ju untertoerfen, ju öerabfdöeuen, fidfe barüber gu cntfe^en unb »el^mflt^ig gu toerben : in Ser)meifl[ung ju gerollten, h)enn er nid^t frei fei, frei \>on ben etoigen ©efe^en ber Slatur unb i^rer firengen Slotft* toenbig!eit: fid^ unbef(6reibli4) elenb burd^ jenen ©el^orfam gu mad^en gu glauben fe|t äberl^au^)t f^on eine öon aDer SBernunft entblößte aÜergcmeinftc Slnfid^t ber SRatur unb be« SBerl&ältniffeä ber Sinjetnl^eit JU il^r öorauS; eine Slnfid^t, toeld&er bie abfolute Sbentität beS ©ubiectS unb DbiectS burd6au8 fremb, unb beren ^ßrincip bic abfolute S'lid&tibentität ifi." „aSon ben ©cfe^en ber SRatur toirb öfters toieber- l^ott, bafe «in il&r SnnereS fein erfc^affener ©eift bringe»/' „9ll8 ob fie zttoa^ gang anbreS toären a(§ Vernünftige ©efe^e."^ 2)iefe l^aKerfd^e, ins (Snblofe nod^geleicrtc 5ß]^rafe t)om „3nnern ber Dlatur" u. f. f. ^at ^egel ebenfo ungereimt unb falfd& befunben aU ©octl^e.

S)er Uebergang aus bem Sfi^eil^eitSf^ftem ober bem SBiffen (SBiffen- fdgaftSlel^re) gum ©tauben gefc^iel^t burdg baS ©efül^l beS 37langels unb ber ßeere im 3d& unb ber ©e^nfud&t nadft ©ott. S)ie SBiffen» fd^aftSlel^re geigt, toie baS 3d^ mit fid^ gu tl^un l^at unb immer nur mit fid6, toie eS fid6 empfinbet, fein @m^3pnben anftftaut, fein 2lnfd6auen tjorpeKt, fein SBiffen toeife, lauter leere SSorfteDungSlreifc giel^t, in bereu SWittelpunlte eS fielet unb befangen bleibt, untjermögenb bie Areife gu burd&bredgen unb bie SBirllid^feit gu ergreifen, ^eget Der- gleid^t biefeS fi(^tefd^e 3c^ mit einem leeren ©elbbeutel, aus bem baS

«>egel« aöerfe. I. 6. 132. 6. 141 u, 142.

268 Tegels SCuffA^e im trUifd^en dournat.

(Selb l^erjulcitett tft aU baSicntgc Sing, todd&e« borin fein fotite, aber ttid^t i% afe bo« baju a^^örige Dbiect mit bem negatiben SBorjeid&en. SBic fid& ber leere ©elbbeutel ju bem ®elb, fo tjerl^alte fid6 ba« ficfttefd^e 3(( )u ben 2)ingen. SluS bem leeren SSeutel lann bo8 ®etb unmittel- bar bebucirt toerben, toeil eS in feinem SDtangel unmittelbar gefegt \% ©0 öerl^alte eS fid& mit ber S)ebuction ber ©innenmett au« bem reinen aOBiffen.*

Stud^ ber SßiKe, ber bem tl^eoretifiJ^en 3(^ unb feiner (SntloicHnng gu ©runbe liegt unb beffen aSorfteDungStl^Atigleit beft&nbig treibt unb erl^ö^t, fott auf ba8 3lid&t-3d& »irfen unb eS übertoinben: „S)iefe Oforberung ift ber Aulmination8))unIt beS @^{iemS: Sd^ foU gleid^ 9li4t'3d& fein, aber ift lein 3nbifferenj<)unft in il^m gu erfennen". S)aS ^ii ate bie (Sinl^eit ber SBeltgegenf&^e, als bie SbentitAt bes ©ubjectiüen unb Cbjectiöen l^at biefen feinen Segriff gu realifiren. SBenn eS feinen Stoed erfüßt unb biefe Slufgabe getöft l^at, bann gilt im toal^ren ©inne be« SOBortS fottol^I ber ©a§ «3<ä& = 3(i&'\ ctte aud^ ber 6a§ ,,3d6 = Sli*t«3d6". S«un aber ifl in ber fid^tefd^en ^pi^ilo^ fot)]^ie biefeS 3i^I nie gu erreidben, eS !ommt nic^t gum ©ein, fonbern bleibt beim ©ollen. @ben barin befielet nad^ ^eget ber ©runbmanget ber fid^tefd&en Seigre: bie 3bentität be8 ©ubiectit)en unb Dbiectiöen bleibt ein SenfeitS unb lommt nid^t im SBiffen, fonbern nur im @Iauben gu ©tanbe. 2)iefen mefentlid^en äJlangel unb inneren SBiber= fprud^ ber ftc^tefdben !ß^iIofop]^ie l^at ^egel fomo^I in feiner ©d^rift über bie ,,®iffereng beS fic^tefd^en unb fc^eüingfc^en ©^ftemS'', a(8 audg in feiner Slbl^anblung über ,,®Iauben unb SBiffen" erleud^tet unb nad^getoiefen. 68 ift bol^er bei aller fonjligen SBerfd^iebenl^eit lein SBiberfprudg gn)if(^en ben beiben genannten ©d^riften, toenn in ber erfien baS ^auptgetoid^t barauf gelegt toirb, bafe 3d& = 3d& fein foll, aber nid&t »irb, unb in ber gtoeiten barauf, ba§ 3d6 = yiiä^U^äi fein foU, aber nid^t mirb.^ 2)a8 3d& besagt fi^ in bem ©efül^te ber frud&tlofen @r^aben§eit feines SBoIIenö unb ©offenS. „Unb bleibt nid^ts als bie l^ol^le S)eclamation, bag baS ®efe^ um beS ®efe^e8 toitten, bie ^ßflid^t um ber ipflidfet toillen erfüllt »erben muffe, unb tt)ie bas 3d& ftd^ über baS ©innlic^e unb Ueberftnnlid^e erl^ebe, über ben SErümmern ber S38elten fd&toebe" u. f. f.*

' Tegels SOßerfe. I. 6. 123. - > fß%h oben SBu« II. €ap. U. @. 238. ^egeU 9BcrIe. »b. I. @. 117 u. 6. 163flgb. 6. 209 u. 210. - * «benbaf. 6. 139.

Tegels 9(uff&te im fxitifc^en douTttal. 269

Wit einem fold^en ©efü^l ber ßrl&abenl^eit über btc SBeü; toie fic i|i, gcl^t natürlid&enoeifc bie JBorftcffung t)on ber ttiebrigen unb fd6Icd&tcn Seld^affenl^cit, \>on bem p^^|ifd6en unb moralifdöen ßlenbe ber toirüid^en SOSelt ^anb in ^anb. ^egel, tief burd^brungen unb fiberjeugt Don bem SBert^e unb ber SSemünftigleit beS SBeltaQ^, nennt bie Srgiegungen feneg erl^abenen Selbftgefül^te eine .^l^ol^Ie S)edamation" ober „eine erl^abene ^o^Il^eit" unb bie fliagen über bie ©d^Iedötigleit ber mirllidgen Sßelt „bie gemeinfien Sitaneien". ßant l^abe ben S£on beS ?Pefpmi8mu8 angeflimmt, toorin il^m Qfid&te gefolgt fei; gegen beibe erfd^eine SSoItoire rül^mensmertl^, ber nad^ bem gefunben SDlenfd^en« üerjianbc, ttomit er in einem fo l^ol^en SKaa^e begabt »ar, in feinem cCandide» ben $effimiSmu8 jur rid^tigen unb tt)o]^tt]^uenben ®eltung gebrad^t l^abe, nämlid^ im ©egenfa^e ju einem frommeinben Dpii- mismus, ber nad^ ben Siegeln ber $]^^{i!otl§eotogie in ber empirifd^en SQSelt alles tounberfd^on finbe; ba fei eS benn gong in ber Drbnung unb mol^l angebrad^t, auf bie Uebel, plagen unb ßeiben l^injumeifen, toeld^e biefelbe emt)irifd&e SBelt erfüllen; ba »irb ber 5Peffimi8muS nid^t geprebigt, fonbern als berechtigte ©egenftimme gel^ört unb erl^ält als fold^c feine relative SBal^rl^eit, bie fofort tjerloren gel&t, mnn |te atS aügemeingflitige SBal^rl^eit ouSpofaunt loirb. „S)a eine ^)]^ilofol)]&if4e 3bce, in bie ßrfdbeinung I)erabgegogen unb mit ben ^ßrincipien ber ßmpirie öerbunben, unmittelbar eine ©infeitigleit toirb, fo ftettt ber toal^rl^aft gefunbe aJlenfd6ent)erjianb i^r bie anbere ©infeitigfeit, bie fid& ebcnfo in ber 6rfd&einung finbet, entgegen unb jeigt bamit bie Unioal&rlÖeiten unb ßäd6erlic&feiten ber erpen."^

S)ie 5ßef|tmiften muffen „bie SRotl^toenbigleit ber als SBeltlauf eEifiircnben SBeiSl^eit'' öerneinen unb ebenfo toaS 5ßlato Don ber SBelt gefagt l&at, ba§ „bie SBcrnunft ©ottcS fie als einen feiigen ©ott ge= boren l^abe".* ©ie bel^alten nid^ts übrig, als baS Setoufetfein ber eigenen SEugenb unb moralifd^en SBortrefflid^Ieit im ©egenfa^e gur übrigen SQ3elt unb jur ^errfd^aft ber ©efe^e unb ©ittcn. ®aS ift ein fel^r bebenllid^er ©tanbpunft, ber auf ©elbflgered&tigleit l^inauSläuft. „2Benn bie loal^re ©ittlid^Ieit ber ©ubjectiöität aufgel^oben ift, fo toirb bagegen burdö jenes moralifd^e Sctoufetfein baS SSernidöten ber @ub» iectiöitöt ©enufe unb bamit bie ©ubjectiöität in il^rem SBernid^ten fetbft feftgel^alten unb gerettet, unb SEugcnb, inbem fie fi^ in ajloralitftt

^egeld 9Ber{e. I. @. 143 u, 144. - > Cibenbaf. @. 146.

270 ^egeU Sluffätfe im fritif^en Sournal.

Dcrtoonbelt, gum notl^wcnbigen SBijIcn um tl^rc Suftenb, b, 1^. jum 5p]^arifäi8mu8."^

a)ie 9lcfleEion8pl&itofo<)]^ie, »ctc^e ^t^^l fd^on in feinen franifurter ©tubien ,,bic SKctopl^^nf ber ©ubjcctiDität" genannt f^at (»etd&en ^uSbrudE er Qudg l^ter toieberl^oU), l^at in Rani, ^ocobi unb t^iditt i^rc ©tonbpunftc burd&Iaufcn unb bic teflectircnbc SCl^ätiglcit ober boS fubfecttDe S)enlen bid ju einer Or^tnl^eit unb ^ol^e entn)i(!elt, tt)el(i^e im ©ebiete ber bilbenben 5£l^&tig!eit bte Sec^nil erreid^t l^aben mug, beDor unb bamtt bie fd^öne Aunft eintritt. SBie bie SSoDfommenl^eit ber fd^önen Aunfl gur SSoÜlommenl^eit ber bilbnerifc^en SEedgntI, fo Derl^ftlt fi^ bic f^)eculQtioc 5P^iIofop^ie jur reflectirenben. ^3)enn, tote bie aSoUenbung ber frönen Aunfi burd^ bie SSoÜenbung ber med^anifd^en ©efd^idFIid^feit, fo ift Qud^ bie reiche Srfd^einung ber ^l^ilofopfaie burd^ bie aSottjidnbigleit ber S3ilbung bebingt; unb biefc SBoUftdnbigteit ifi burd^laufen."*

SSicrte« &apxUL

Sd^on in Ofranlfurt l^otte C^egcl fein ©Aftern ber fpeculatiöen ^l^ilofopl^ie, toie er eS bomate enttoorfen, in brei ^aupttl^eile gegliebert unb ben britten, toelc^er bic gefammtc ®eifte§p]&itofop^ie auSmodfeen foKte, bie 2Biffcnfd&Qft ber ©ittli(^Icit ober ßtl^il genannt, toorunter bie Seigre t>on ber fittlid^en 3latnx, Don bem menfd^Iid^en 9lcd^t§gu= jianbc ober bem 3loturred&t ju öerftel^cn toar, ba§ SBort im tocitefien ©inne genommen. S)a nun ^cget guerft auf biefem ©ebiet feine neue

> «^egel« Sßerte. I. ©. 150. « Cbenbaf. 6. 155-157. S)iefc8 Äefultol SieM ^egel in einem nat^tT&alicben Sd^Iugfa^, ber 26 3<i(tn beträgt unb auft SBorberfa^ unb 9lad^fat befielt; ber SSorberfa^ beträgt 20 3<i(en mit gtoet ein« gefd^alteten ^arentbefen (6. 155 u. 156). 3d^ ma^e biefe SBemer!ung, bomit ber Sefer eine 93or{le1Iung Don ben flilifiif^en Sd^loierigfeiten erbftlt, meldte bei ber Xiefe feined S)enfen« bie Unbe^olfenbeit feiner @cbreibart unb 9(usbru(!dn»eife berurfod^t bat. 9(u(( bie Stüx^t tonn aud grammatif d^en , {iiliflifdien unb logif^en ©rünben f^toierig fein. @o begegne i(6 in ^a^mft SBorlefungen fiber ^egel gerabe in feinen Erörterungen fiber ben in SRebe fiebenben Stuffo^ ^egeU einem 6atfe Don fraglid^er S9ebeutung; er befinbet ftdb att)if4en itotx fünften, bellest in ^toti Söorten unb lautet: ,Unb ebenfo\ (»orlefung IX. 6. 200.)

2)ie iDtnenf^aftnAen Se^anblungSatten beS iRatutte^ti». 271

ßcl^re öffcntUdö bartl^utt unb ben öorl^anbcncn ©^fiemcn unb Slic&tunaen cntgeflcnfc^cn xooUk, fo mußte er gut n&l^excn Sefiimmung ber ©ad^e brct 5Punftc erörtern unb feftfteöen, toetd^e bie toiffenfcfeaftKd^e SSel^anb^ lungSart beS Slaturred^tS, feine ©teile in ber <)rQftif(i6en ^ßl^ilofopl^ie unb fein Serl^öltniB äur <)ofitiöen 9le(^tStoiffenf(i6Qft betrafen. 3u biefem Swedfe fc^rieb er im ©ommer 1802, feinem gioeiten jenaifd^en ©emefier, in toelc^em er über Staturred&t, ©taatSred^t unb SBöRcrredfet nad^ S)ictaten loS, biefen Sluffa^, ben legten im fritifd^en Journal: „Ueber bie tt)iffenfd6aftlid&en JBe^anblungSarten beS 3laturredE)t8, feine ©teile in ber praftifd^en ^pi&Uofopl^ie, unb fein SBerl^ältnife ju ben pofitiDen SRed&tSroiffenfd^aften". finb brei toiffenfd6aftUd6e a9e]&anb= lungSarten gu unterf Reiben: bie enH)irifd&e, bie reftectirte unb bie f^)eculatit)e; ber ©egenpanb ber le^teren ift „bie abfolute ©ittUc&Ieit".^

I. ®ie empirifd^e Sel^anblungSart. 1. 2)te ^^potl^efen Dom !Ratursuf)anbe.

2luf bem ©tQnb})unft beS 6ml)irigmu8 follen bie S^atfod&en, mläjt bie ©rfol^runa giebt, gergliebert unb auf bie toefcntlid^en Se= bingungen gurüdtgefül^rt »erben, tt)orau8 pe l^eröorgel^cn. SSon ben SEl^atfad^en gu ben Urfadöen: fo lautet bie Seigre unb Segtoeifung SSaconS. S)iefe Slufgabe unb @r!larungsart l^at ^obbeS auf bie Stl^ü, auf ben 9flt(^t3guftanb unb ©taat angetoenbet unb bie C^rage gefleQt: toie folgt auS ber l)]^^fifd^en SWatur bie fittlid^e, an^ bem status naturalis ber status civilis? SBie !ommen bie atomen menfd^Iic&en 3nbit)ibuen ol^ne aßen Sufammenl^ang, toie fie öon 3latur pnb, gu bem 3uftanbe ber ffiinl^cit unb Orbnung? 3n feiner S)arlegung ber eml)irifd6cn Sel^anblungSart be3 Slaturrcd&tS ^at ^eget ben ^obbeS öor Slugen gel^abt, ol^ne i^n gu nennen.

S)ie eml)irifd&e ßtl^i! folgt bem S3eif^3iel unb SSorbilbe ber em= pirifd&en ^JJI^^jtl, bie gur (Srüfirung ber natttrlidfeen SE^atfad&en unb Drbnungen einen Suftanb be§ €l^ao3, aU beS t)oIIigen ©egentl^eils aller Drbnung, unb barin ©toffe, firöfte, Vermögen u. f. f. t)orau§= fefeten, toeld^c gur ©rlldrung ber 9latuierfdf)einungen fid& fel^r bequem

^ Jööl. oben SBudJ I. (S,ap. V. ©. 45 u. 54. Sap. VI. ©. 62. Ärit. gournol. SBb, IL ©. 2 u. 3 (1802-1803). JlBerle. I. 6.321-423. (S)ie em- t>xxi]^t Seftanbtunglart 6.329-343, bie rcflectirte 6.343—371, bie abfolute 6ittli4feit 6. 371-423.) SBfll. unten 6. 278 antnfg.

272 ^egeld ^uff&^e im frtttf(|en Journal«

brausen taifen, toeit fic au8 eben biefen Singen flefci&öpft ober ah fira^irt fmb.

©ana dl^nlidg t)er]^ält eS ficg mit ben ^^potbefen beS empirijd^en 9laturred6t8. 95orau8flefe|t toitb ein 5IÄenfd6end6ao8, ber fogenannte Slaturaujianb ober ber SDlenfd& im SRQturjuftunbe, ber nadte SRatur- menfdö, ein ^robuct ber 9l6ftraction t>s>n allem, toaS ©eftttung unb SBitbung qu8 bem 5ölenfd5en gemad&t l^aben. 3n biefem Jlaturauilanbc l^errfd^t ber flrieg aller gegen alle unb mit il&m eine 5üÜe t)on UeBeln, toeld^e ber JRed&tSjuftanb tilgen fott unb barum notl^toenbigertoeife ein» tritt, fei e«, bafe e8 ber ©ettfierl^attungStrieb ifl, toeldfeer bie Sinjelnen jtoingt, ben gefäl^rlidöen 3ufianb ju öerlaffen, ober ber ©efeHigIeitS= trieb, toeld&er fte nötl^igt, fid& gu cinanber gu gefetten, ober bafe bem Ariege baburd^ ein (Snbe gemalt toirb, bag bie Sinen, meldte bie SWäd&tigeren finb, bie 3lnberen, ober bafe ®iner, toeld^er ber SDtac^tigfte ifl, Sitte untertoirft unb auf biefen 3uftanb ber Untertoorfenl^eit unb Unter jod^ung bie attm&c^tige ©taatSgemalt, baS SJtaieftätgred^t ber ^enf^aft als baS irbifc^e äbbilb ber ©ottl)eit grünbet.^ M fel^tt nun bei jener ©(Reibung bem 6m<)iri8mu8 furS ßrfte überl^aupt atteS Äriterium barüber, too bie ©renje gteifd^en bem 3uffittigen unb 9lotl&» loenbigen gel^e, loaS alfo im S^^aoS beS 9laturgu{tanbe3 ober in ber Slbftraction beS 2Ken}d6en bleiben unb toaS toeggelajfen toerben muffe. S)ie leitenbe SBepimmung lann l^ierin nid^t« anbereS fein, als ba§ fo oiel barin fei, aU man für bie S)arfiettung beffen, toag in ber SBirllid^^ leit gefunbcn toirb, brandet: baS rid&tenbe ^ßrincip für j[ene8 9l^)riorif(6c ifi baS 2lpoiieriorifd6c."* 3)a ber Statur juftanb ober baS menfd6lid&e Sl^aoS t)5ttig ftaatSloS fein fott, fo mu§ gefli{fcntlid& atte3 t)on i^m abgefonbert toerben, toaS gum ©taate gel&ört, ober toic §egel fid6 au8- brüdEt, inbem er feine Sorte toieber einmal lateinifd^ confiruirt, „toaS in SBegiel&ung auf ben ©taat gu fein erfannt toirb". ^

2. a)ie prafltfdSen 3toecle.

3n ber em^)irifd6en SSe^anblungSart beS 5laturred&tS ejiftiren bie 5ParticulargtoedEe unb Sfifl^lid&Ieitcn, toie Re baS 3ufammenlebett mit itd6 bringt, gur SBegrünbung ber SftedötStjerl^ältniffe, fotool&l ber priöaten ate ber öffcntlid^cn. @o toirb g. 33. ba8 ei^ered^t burd^ ben StoedC

1 gefiel« SDÖetle. I. 6, 333-338, - « Cbenbof. 6. 335. - » ebenbof. e. 334.

^ie tDinenfd^aftÜilen 9cliQnbIun(iSQTtcn btS S^atuTTe^td. 273

ber Ainberetieugung ober ber ©fltergetneinfdgoft u. f. f., bas Strafred^t burd^ ben S^oed ber 93e{ferung bed SSetfired^erS ober ber Sfbfcdredfung onberer Dom SSeibred^ett ober ben ))f^d^oIo8if(i6en 3tt)Qttg unb bie noil^= menbig au8}ufül^renbe Slnbrol^ung ber Strafe u. f. f. begranbet. ^

3. ^ie untl^eotetif^e $rQsU unb bie unpraftifd^e Sl^eone.

UebrtgenS ffll^rt ber emptrifd^e @tQnb))unIt tro$ aDen feinen tl^eoretifdgen äßdngetn bie großen ä^ortl^eite ber €rfa Irrung mit fid^, meldte mitten im Sufammenl^ang ber S)inge fte^t, in ber lebenbigen ätnfdgauung beS ©ongen lebt, burd§ bie praftifd^e Sted^tSaudfibung bie SWftngel ber Sl^eoric erfennt unb aufbedft, »eSl^olb biefe @mpirie il^re 3nconfequen2en ben unproftifdgen SEI^eorien ber ^l^ilofopl^en unb SRetQpl^^filer mit Siedet oorjie^t. 2)iefen ä^orjug ber proltifdgen SRed^tS» auSttbung ^ai ^egel fel^r nadgbrfldlid^ unb umftAnblid^ ]^ert)orge]^oben, bo nad§ feiner eigenen $lnfdgauung bie lebenbige Sted^tSerfal^rung einen mefentlid^en SSeftonbtl^eil be^ientgen SuftonbeS auSmad^t, meldten er felbfl a(S bie abfolute @ittltd()leit bejeidgnet.' @r fagt QuSbrfldf(id^ : »3n biefer ßraft ber ^nfdgauung unb ®egentt)Qrt liegt bie Araft ber @ittlid^leit überl^aupt unb natilrlid^ audg ber @ittlid^leit im ä9efonbern'\^

IL S)ic reflectirte Sel^anblungäart. 1. 2)te groge 6eite ber Ianitf4-fi4tef4en 9^iIofo))^ie.

SBenn §egel auf bie unpraftifd^en Sl^eorien ber SRetapl^^fifer unb 5p]^ilofop]^en l^intoieS, fo l^atte er gugleic^ als baS SBeifpiel ber reflectirten SSel^anblungSart beß 9laturred6t3 bie fantifd6=jtd&tefd&en ßcl^ren bid6t oor Slugen, insbefonbere bie fantifc^e SKoral unb bie fid^tefdöe ?PoIttif: er öerurtl^eilt ÄantS Seigre öom ©ittengefe§ unb gid&tcS ßc^re t)om ©pl^orat afe 2;i&eoricn, toeld&c nid&t unpraftifd^er unb g»e(f»ibriger fein fönnen, als fic finb. (gß ift jum britten male, ba§ mir in ben Anfängen feiner fcöriftfteQerifc^en Caufbal^n §egel im fritifd^en Äampfe gegen Äant unb gfid^te begriffen feigen, unb gmar mit gunel^menber ©d&ftrfe ber 9legation: in ber ©d^rift über bie .S)ifferena beS fid^tefc^en unb fd&eüingfd&en ©^fiemS", in ber 9lb^anb=

1 ftcgel« Söerfe. I. 6. 329—333. « „*Dtc (gnH)irie gic^t Dor/ SOßenn toir »iffen tooHen, toa8 fie toem öoraic^t, fo muffen toir elf 3«iJ^« Icfen, um bon bem „ste^t' su bem „1)07" au gelangen (8. 841). (itn fti(t{)if4eS ip^änomen mcTfmütbiger, aber nid^t I5blid^er tCttl > ^egels SQS^eile. I. @. 357. Sfifdiet, 9efd&. b. Wlof. Vin. 91. «. 18

274 ^egeU tCuffft^e im Irttif^en ^outnol.

tung Aber ,,®lQubcn unb SBiffcn" unb ic^t in bcm 5luffa§c ^Ucber bie tt)t{fenfd^aftltci^en 93e]^anblung8arten beS Slaturrec^tS''/

(S9 ift }un&(^{l bie Sntgegenfe^ung ber SSernunft gegen bie ^t- fal^rung, eS ift bie 9lpriorttät ber ))rQltif(i6en SSernunfterfenntnig, tQeld^e bie @tQnb))unIte jener Betben ^l^ilofopl^en d^arafterifirt; unb batin, ha^ ber ^Pflid&tBeariff eine« ift mit bem Sßefen be8 benlenben unb tooDenben @uBiectö, Befielet „bie groge @eite ber lantifdgen unb ftd^tefd^en ?ß^iIofol)]^ie". SJon biefer ©eite Bctrad&tet, jcigt biefe ?P^iIofol)]^ie i^re UeBereinpimmung mit ber SbentitötSlel^re: Bcibe Bejal^en bie Sbentität ber SSernunft' unb ber @ittengefe^e, bie 3bentii&t ber @uBiedi))it&t unb ber ftttlid&en DBicctiDitöt, aBer nid^t eBenfo toirb Don Beiben bie 3bentitftt ber ©uBjectiöitöt unb ber natflrlid6en ober finnlid^^n £)Biectit)ttftt Bejal^t; Dielme^r l^errfdgt in ber lantifd^sfid^tefd^en ^ffilt^ fop^ie ber Dolle ©egenfa^ gtt)if(igen bem SBefen beS Sled^tS unb ber ^flid^t auf ber einen @eite unb bem Sßefen ber Dielen, eingelnen, finn- Itd^en @uB)ecte auf ber onberen, gioifd^en ber ä^ernunft unb ber @inn- lid^feit, bie fid^ gu einanber Derl^alten, wit bie reine ßinl^eit }ur SBiel» l^eit. „S)er em))irifd^e unb ))0))uläre %n^hxud, looburd^ biefe SSorfteKung, toel^e bie ftttUd^e 9tatur Blog Don ber @eite il^rer relatiten Sbentit&t auffaßt, ftdg fo fe^r em))fo]^(en l^at, ift, bog ba^ 9teeIIe unter bem mamen Don ©innli^feit, Steigungen, unterem 93egel^rungSDermögen u. f. f. (3)loment ber SSiell^eit beS SSer^ftltniüefi) mit ber SSernunft (Slloment ber reinen (gin^eit beS äJerl^dltniffeö) nid^t flBcreinftimme (aWomcnt ber ßntgegenfe^ung ber Stnl^eit unb SSiell^ett); unb bag bie SSernunft bartn Beftel^e, ouS eigener aBfoIuter @eIBftt^&tigIeit unb Autonomie ju mollen unb jene @innltd^!eit etnjufd^rdn!en unb gu Bel^errfdgen (SWoment ber SBepimmt^eit biefeS SBcrl^ftltniffeS, bofe in il^r bie (gin* l^eit ober bie 9{egQtion ber ä^iel^eit baiS Srße ifl).''*

2. 2)ie Unflttli4!ett ber lantif^en Sittenlehre.

^a^ Artterium bed ©ittengefe^es Beftel^t nad^ Aant niddt im 3n]&alt, fonbern in ber gorm beS SBittenfi, nid&t in bem toaö, fonbem mie geiDont loirb, in ber gemoQten ^lUgemeingflltigfett ber 9]|a£ime, b. 1^. in ber 9Bfidgt ober in ber ©efinnung, tt)eld^e mit bem ®efe^ fiBereinftimmt. €in foIdgeS €iitengefe^ ift leer, eS fagt nid^t, maS unter aDen Umft&nben gu moDen unb gu tl^un ift, fonbern roa» nid^t;

^«gel« aOÖerle. I. 6. 860. - « Cbenbaf. 6. 348.

Sie noinenf^aftliilen Se^anblundiaTten bei 9laturre(|ti. 275

eS iji nidöt pofitiD abfoliit, fonbern „ticgaüD übfolut", gatig unbefttmmt ober „unenblid^", bo8 Sittetigefe^ inug feinem SBefett nad^ abfolut unb ))ofittD fein: borunt ifl boS fontifd^e ©ittengefe^ nid^t ftttlid^. S)er SSerfud^, in bem negottt) Slbfoluten ein lool^rJ^aft SlbfoIuieS Quf- augeiflen, iji falfd&.*

2)a8 unbeftimmte ober unenblidge Urt^eil (A ifl lein Non-A) x% ))ofttir) QU^gebradCt, ber @q$ be8 SBiberfpruddS * ober ber ^bentiiftt A = A, b. u eine S^outotogie; ba6 lontifdge @tttengefe$, meld^eS Btog in ber ©efe^ntdgigleit ber a)lQ{ime befleißt, «,in ber Oform ber2:QUg= lidgteit ber 3Jlai\me ber SilHflr gum oberfien ©efe^e", ifl ol^ne aUt 93eßtmntt]^eit, unüerntogenb, aud^ nur eine SRel^rlgeit t)on ®efe^en qu8 ftd6 ]^ert)orfle^en gu loffen, e8 ifl unb bleibt nur fidö felbfi gleidö, »ie ber @a^ A = A. „Unb in ber ^robuction t)on ^Tautologien befielet nad^ ber äBalirl^eit ba6 erl^abene SSermögen ber Slutonomie ber ®efe^= gebung ber reinen ^raltifd^en SBemunft. Sie reine 2tbentit&t beS aSerftonbed, im Xlgeoretifd^en aU ber @q$ beS 9Biberf))rud6d au6- gebrfldt, bleibt, auf bie ))rQfttfd&e t^orm gelehrt, ebenbaffelbe. SBenn bie Ortage: tt)Q8 ifi äBa^rl^eit? an bie Sogi! gemad^t unb Don il^r be» Qutmortet, Aanten ,,ben beladgenSioertl^en SlnblidE giebt, bag einer ben SBodE melft, ber anbere ein Sieb unterl^ält", fo ifi bie {Jrage: tooS ifl 9led§t unb ^flidgt, an jene reine ))rQ!tifd6e Semunft gemod^t unb üon il^r beanttoortet, in bcmfclben gotte".*

SSoQte man 3. S. ein 2)e))ofiium, beffen 9lieberlegung unbetoeid- bar ift, ableugnen, um fein SSermogen auf ftd^ere %ct gu )}ergrögern, fo tt)ürbe ein foId^eS 3)lottt) nad^ fantifdger SDloral niemote gur äRa^tme loerben tonnen, tt)eil beren ^(Igemeingflltigteit aDe 2)e))ofttQ unm5glid^ madgen mflrbe. S)agegen ober lägt fi(^ ber (Sinmurf rid^ten: ,,9BaS tl^ut e6, menn ed leine SDepoftta giebt?'' Unb moDte man gur meiteren Segrünbung jener 5IÄoraI fortfahren unb fagen, bafe ol^ne bie 9W5g- lid^feit ber 2)e))ofita bie Slufbemal^rung beS ßigent^umd fel^r erfd^tt)ert unb am @nbe baS @igent^um felbfi unmöglid^ gemacht loerbe, fo liege ftd§ audg jener Sinmurf tttonitxn, auf ba^ Sigentl^um felbfi antt)enben unb ber grunbfä^lid^en 93e]a]^ung beffelben bie grunb)ö^lidge SSerneinung entgegenfleHen. 63 giebt nad6 fantifd^er ?lrt !ein ©ittengefe§, beffen a9e= flimmtl^eit unmittelbar burd^ fid& felbft einleud&tet, unDermifd&t mit anber« n^eitigen 93eflimmungen, ol^ne loeitere^ unb ol^ne SBiberf))rud^. 3ebeS

1 ebenbaf. I. 6. 349, - « «benbof, 6, 350 u. 351,

18*

276 ^egeU StuffA^e im tritifd^en dournal.

beftimtnte @ittengefe^ tfl eine leere 93e]^au^tung, eine md^tsfagenbe Sautologie nad6 ber gformel A = A (ba8 a)et)ofitum ifl bo» ^tpo» fttum, baS @tgent^um ift bod (Sigentl^um n. f. f.)« (S8 giebt aud^ !etne 93eflimmt]^eit, bie fid& nid^t jur äRosime ber Sßtlltür modgen unb }ur Oform ber Slllgemeinl^eit erl^eben liege, loetdde Aunfi bie @Ifli!- feligfeitSmoral unb bie il^r gleid^wertl^ige ^roBQbilitfttdmoroI ber ^efuiten belonntlidg fel^r gefd^idt auSjuflben Derfionben ^at unb t)erfte]^t. ^

Slber bie fantifd^en @ittengefe$e in il^rer jur unbebtngten ®eltung gefteigerten Sefiimnttl^eit finb ni^t Mog bem äBiberfprud^ anberer ausgefegt, fonbem fie miberfpredgen ftdg felbft, fie toerben baburd^ in il^r ©egentl^etl Derle^rt unb ^eben ftdg auf. 2)q8 @ittengefe^ gebietet: „^i(f ben Slrmen!" S(ber bie mirHidge ^ilfe befleißt barin, bog fie Don ber 9[rmut^ erl&fl toerben; ober mit ber Slrmutl^ l^ören audg bie Slrmen ouf, olfo oud^ bie ipflidgt, il^nen gu l^elfen. Sftgt man aber um ber ^llmofen miDen qu$ bie 9rmen fortbefiel^en, fo loirb burd^ baS 93efte]^en{Qffen ber ^Irmutl^ unmittelbar bie S^ftid^t nidgt erffidi „Bo bie 9Dla{ime, fein IBaterlanb gegen bie S^tnbe mit (El^re ju Der- tl^eibigen unb unenblid^e mel^r lieben ftd^ als $rinci)) einer allgemeinen ©efe^gebung gebadet auf; benn jene 3. 99. fo ern)eitert, l^ebt fotool^t bie ^eftimmt^eit eines 9)ater(anbe8, ate ber O^inbe unb ber Ser« tl^eibigung auf".* (SDiefeS l^egelfd^e jparabojon ift mol^l fo ju Der= ftel^en, ba^ bie $flid^t bie Sluf Opferung für baö ä^aterlanb bis gur Eingebung beS eigenen 2)afein6 gebietet; nadd bem Xobe aber giebt e6 fein SSaterlanb mel^r, aud^ {eine gf inbe, aud^ feine SSertl^eibigung.)

2Ba6 ^eget ber lantifd^en ©ittenlel^re gum fiugerften SDorlourfe utac^t, liegt barin, bag burc^ biefelbe ein beftimmter, barum bebingter Snl^alt eine abfolute ©eltung gewinnt. „fBo aber eine SBeftimmtl^eit unb Singelnl^eit gu einem Slnfid^ erl^oben toirb, ba ift 93ernunfttt)tbrig» feit unb in 93egiel^ung aufs @tttlid6e UnfittUd^feit gefegt." 6ine foldde 93eftimmt]^eit fdgliegt audg bie aRöglid^feit einer anberen in ftd&, ,,in toeldfeem möglid&en SlnberSfein bie Unftttitd&feit liegt".*

3. 2)er ft(|tef4e Stcd^td^toang. Strafe unb Spl^orat.« 3n 3lnfe^ung ber ©ittenlel^re trifft §egete Äritif unb ber SJor^ n)urf, bag fte eine unpraftifdde S^eorie fei, l^auptfädglid^ bie fantifd^e

' @benbaf. 6. 350-355. - « «benbof. 6. 356. - « «bcnbof. 6. 354. 6. 859, - * Uebet gfi^te« 9le4t«Iebte toßl. biefe« SOßerf (frühere «uÄfiabe). »b. V. »u4 III. 60p. VIII. ©. 512-516. ©ap. IX. 6. 516-526. ftegeU SBerfe. fBb.L 6.362.

S)ie toiffenfd^aftU^en SBcl^anblutialKatten bed iRaturred^td. 277

?P^iIofot)]^ie, in Slnfel&ung ber Sled^tSlel^rc feiert fid& betfelbe SBortourf gegen bte ftd^tefdde, meldte naS) Tegels ^(nftd^t bte 9le(l^t8))rinci))ien auf bem @tQnb))unfte btefer nod& im S)uQli8mud befangenen Sleflesiond- )>]^Uofo))l§ie am confequentefien bargeftellt Igabe. 2)a9 Problem beS 9te(i^t§guftanbe8 grflnbet fid^ auf bie Sntgegenfe^ung ber allgemeinen unb ber inbiDibueDen ober einzelnen O^reil^eit unb befielet barin, bie- jenigen SBeronPaltungen ju treffen, burdft »eld^e bie Uebereinpimmung beiber bett)ir!t unb im 92ot]^faIIe erjtDungen totrb. S)tefer 97oi]^faII ift bie geiDoDte Ungered^ttg!eit ober baS 9Ser6red^en, t)on feiten ber einjelnen 5Perfonen bie gefefeioibrige §anblung, Don feiten ber SRegierungSgetoalt bie SSerle^ung ber StaatSgrunbgefe^e.

S)te ganje Seigre Dom Sled^tdgioange berul^t auf ber falfd^en 33orauS= fe^ung Dom 2)UQlidmu8 jmifd^en ber aDgemetnen unb inbiDibueUen Sfrei^ett, bie in bem tt)Q]^r]^aft fittlid^en Sled^tSguflanbe bergeftatt Der» einigt finb, bafe fie gar nid^t getrennt toerben fönnen. SJie Sfrei^eit ift nid&t ju Dernid^ten; fie toirb aud6 im SJerbred&en burd& bie ©träfe leinedD^egd Dernid^tet, fonbern toieberl^ergefteDt. „^it Strafe lommt aus ber S^reil^eit unb bleibt felBft als bein)ingenb in ber t^reil^eit. SBenn l^ingegen bie ©träfe al8 3toang DorgefteÖt toirb, fo ift fie blofe als eine S3eftimmt^eit unb aU ettt)aS fd^Ied^tl^in (Snblid^eS, leine S3er= nänftigfeit in ftd& fttl^renbe« gefegt unb fdöt gonj unter ben gemeinen JBegriff eine« befiimmten SDingeS gegen ein anbercS ober einer SBaare, für bie etioas anbered, n&mlid^ ba§ S3erbred^en, gu erlaufen ifl. S)er ©taat l^ölt als ridöterlid&e ©eioatt einen SKorlt mit SBepimmtl^eiten, bie aSerbredöen l^ei^en, unb bie il^m gegen anbere Sepimmt^eiten feil pnb, unb baä ©efe$bud& ip ber 5Prei8courant."^

S)ie SSeranpoItung aber, meldte gegen bie SlegierungSgetoalt, tt)enn pe bem ©taatSgrunbgefe^ a^^ii^^^^^ni^clt' i>^n Sioang angutoenben bered&tigt, ip bie ©inrid&tung einer gtoeiten beaufpdötigenben ©taat8= bel^orbe, ber 6l)]^oren, benen bas 8ledf)t unb bie Sefugnife gupe^en fott, im Dermeintlid&en Slotl&faö baS ©taatsinterbict ouSgufpred^en, bie 5Rc= gierungSgemoIt gu fu8})enbiren, bie ©secutoren gur SSeranttoortung gu gießen unb Dor ber Dcrfommelten S3oI!ögemeinbe gerid&tlid& gu Derfolgen. 9lid^t8 fann un))raltifd^er fein, aU eine foldge Sinridgtung, als eine fold&e möglid^e ©etoalt neben ber loirllid&en, als eine fold^e ,,gtt)eite getoaltlofe ©jipeng beS gemeinfamen SBittenS". ?llS ob bie wirflid&e

&>tnhal 6.367—371.

278 f^t^tU 9[uffa|e im Iritif^cn 3outna(.

®emalt nttt bet SD^oii&t, bie fte beft^t, bte tnöglid^e ©emalt ol^ne 3ilaä^t, tote btefelbe tft, beilegen lajfen, unb ein ©taatsfiretd^, bet bie tjorl^onbene 9)erfQ{funs aufi^ebt, nic^t gugleid^ i^re madgilofen SB&d^tet mittDegfegen »flrbe! Offenbar l&atte ^egel bei bem @taQt«jireid&, auf toeld^en er Qnf))ielt unb l^tnmeiP, ben 18. Srumairc 1799 öor Singen.^

ni. SDic abfülute ©ittn^teit.« 1. S)aS aSoK unb bie SS&Itct. 2)et pttU^e OtganiSmui.

Sin äBort in ber aRitte biefer Slb^anblung, meldte ^egel felbft „bie 5p]öiIofo|)]&ie ber ©ittUd6feit" genannt l^at, bicnt jur ßrleud^s tung unb S^araltertfti! beS ©anjen; eS giebt ju biefem 3tt)e(!e !eined, baS einfad^er unb DerfidnbU(!6er märe, „fl&ix bemerlen l^ier au4 eine 3lnbeutung in ber ©pradfte, bafe eS nftmlicft in ber Jlatur ber ab« foluten @ittli(!61eit ifl, ein Sllgemeined ober Sitten 3U fein, bag alfo ba8 gried^ifd^e äBort, mlä^a @ittlid&!ett bebeutet, unb baS beutfdde biefe i^re Statur Dortrefflid^ auSbrfiden; bag aber bie neuern C^fleme ber @ittlid^leit, ba fie ein gffirftd^fein unb bie Sinjelnl^eit jum $rincip mad^en, nidgt ermangeln lönnen, an biefen äBorten il^re SSejie^ung auS- aufteilen, unb biefe innere ^nbeutung ftd^ fo mäd^tig ermeift, bag jene @^fteme, um il^re @ad&e gu begeidgnen, jene äBorte nidgt baju mig« braud^en fonnten, fonbern bad SBort a)lora{itftt annal^men, maS gmar au(!6 feinem Urfprunge nadg gtetdgfaSd ba^in beutet, aber meil eis mel^r ein erjl gemad^teS äBort iß, nid^t fo unmittelbar feiner fd^Ied^teren Sebeutung miberftrftubt. S)ie abfolute ©itttid^feit aber ift nadd bem

1 «benbttf. 6. 361-867. (365. 366.) - « IRa* Slofenfrani ael^ört »ba« 6^{)em ber eittli^teit" in ben britten S^eil bei ]^egelf(!gcn €^ficini in ben frontfuttet SCufaeid^nungcn üom ^erbfi 1799; tia4 ^a^m bagegen fott bai S^ßem bet 6itÜi4!eit brci ^a^re f^ftter im ^etbfl 1802 in 3ena t>erfa6t fein unb )tDar in birectet SSeaie^ung unb aSorbeteitund )u ber Sotlefung über bai 9laturTe((t, bie für ben äBinter 1802/1803 angelfinbigt loar* 3n ber elften ftnmerlung ju feiner a^ten SSotlefung bemerlt ^^m turstDeg: «S)a4in ift bie Kngabe ))on 9lofen!tQna 6. 103 gu berid^ttgen' (6. 496). ^a i^ au4 im Ztii bie gureid^enbe SBegrünbung üermiffe unb t4 mir nid^t üorffeHen tann, bog ^cgel fo gut loie gleid^geitig ,,bai Brifttm bet Sittli^Teit' gefd^tieben unb ben Huffotf übet «bie unffenfd^aftUdften SSe^anblungiatten bei iRatutte^ti' l^abe btuden laffen, fo bin i4 bet tofenftanaifd^en 2)atftenung gefolgt (f. oben IBud^ I. <Sap. V. unb 9ud6 II. (&ap, IV. @. 271) unb gebe ben ®ang bei S^ftemi, loie ^t%tl benfclben öffentlid^ beutlunbet f^i, toobet, mai bie Gintid^t in bie (Sntftel^ung bet Seilte bettifft, nid^ti SBefentlid^ei üerloten ge^t.

2)ic tDtffenfd^aftU^en »cl^anblungdatten beS 9laium4». 279

SätiSl^erigen fo mefentlidg bte @ittUd&!eit oller, bag man tion il^r nt(^t fügen lann, fie f))ieale fid^ ate fold^e am ßinjelnen ob. S)enn fte ifi fo fel^r fein SBefen, al8 ber bic Jlatur bunftbringenbe Stetiger ba§ untrennbare SBefen ber ®eflalten ber 9latur unb al8 bte 3bentitAt il^rer erfdfteinenben Qformen berJftaum." ^@ie lonn fi(i§ ni(^t im ßin- gelnen auSbrüden, loenn fte nid^t feine ©eete ift, unb fte ift es nur^ ittfofem fie ein Slllflemeineö unb ber reine ©eifl eines SJolteä ift. 'S)a9 5ßofitiüe ip ber Jlatur nadfe el^er oU ba« DiegatiDe, ober, toie 9lriflo= tele«" (flleid& im ?lnfanfle feiner 5PoUtiI) „e8 fagt: «S)a8 Sol! ift el^er ber 9iatur nadg als ber Singelne; benn loenn ber Sinjelne abgefonbert nid^ts @elbft&nbigeS ift, fo mu§ er gleid^ aDen Zueilen in einer @in- l^eit mit bem ®an}en fein; toer aber nid^t gemeinfj^aftUd^ fein iann,. ober aus ©elbftftnbigfeit nid^ts bebarf, ift {ein Sl^eil beS SSolIeS, unb barum entioeber Silier ober ®ott>/^ »3n änfel^ung ber ©itttid&feit ift bas SBort ber n^eifeften aßftnner bes Stltertl^umS allein baS SBa^re: fittlid^ fei ben Sitten feines SanbeS gemAg ju leben; unb in 3lnfel^ung ber Srjie^ung baS, loeld^eS ein ^^tl^agoreer einem auf bie Of^cige, loeld&es bie bejte ©rgiel^ung für feinen ©o^n loftre? antioortete: «SäJenn bu il^n juin Bürger eines lool^letngeridgteten SSolfeS mad^ft»."'

SBaS im Slaturjuftanbe e^iflirt, ift ein ^aufe Don Snbiotbuen, ein SRenfd^end^aoS; unb loas aus bem ^laturguftanbe l^erDorgel^t, ift eine S^ereinigung t)on 3nbit)ibuen, eine SKeng«, ein 9)lenfd6enaggregat ober g^oDectiDum, loelt^eS in irgenb einer 93etfaffungSform bie $err- f((aft auSfibt. 2)a giebt eS {ein SoK; baS S3ol{ {ommt nid^t auS bem S^aoS, fonbern auS bem $lut itnb ber ^bflammung. äBenn eS fidd um ein ©anjeS unb beffen 5£^eile l^anbelt, fo {ommt alles barauf an, U)aS Don beiben frfll^er ift: bie Sl^eile ober baS ©anje? SBenn bie Sl^eile frai^er finb, fo ift baS ®an}e ein $lggregat, ein @ammel= mefen, tt)ie teuer Staat, ber aus bem S^aoS l^erDorgel^t« Sßenn aber baS ®an}e früher ift als bie S^l^eile nad^ bem @a^e ber ^(ten: «t6 8Xov ÄpöTspov töv iJLepöv», fo l^aben toir ein ®anjeS, loeld&eS fid& felbff t^eilt, orbnet, gliebert, b. 1^. nid^t ein Sfggregat, fonbern einen Dx- ganismus bilbet. @in fold^eS ®angeS ift eine i^SotalitAt". Unb toenn baS®an}e ein 93ol{ ift, f o ift fein @taat ein fittlid^er Organismus. Um bie $^ilofo})]^ie ber @ittlid6{eit gu begränben, „fe^en mir", fagt ^egel, ,,bas ^ofitioe DorauS, bog bie abfolute fittlidge Slotalit&t nid^ts

> aöerte. I. 6. 396 u. 397. » ßbenbof. @. 400.

280 ^cgeto 9(uff&|e im hitif^en Sournal.

anbcrcö, als cm SBoK ift", unb boS abfolut @ittlid6e nid&tö anbete» 3U feiner Sebingung unb SKateric l^at, als „einem JBolfe angel^ören".

2. ^ie ftttlt^e Qefunbl^eit unb bet Krieg.

®ie SöHer fmb Snbiöibuotitäten unb öerl^alten fid6 tt)ie bicfe; fie fiel^en ju einanber foiDo^I in pofitiDer als in negativer SSejiel^ung: bie })ofitiöc ift ber griebcn, bie negative ber Ärieg. Unb ba im Suflanbe langen O^riebend ber fittlidge Organismus in bie (Sefal^r gerätl^ ju iiagniren, ju Derfnöiftern, fefijutoerben unb in fortbauernber fouler tRul^e felbft in faulen, fo giebt eS jur ©enefung unb Sßieberl^erflellung ber fittlid^en ©efunbl^eit !etn !rftftigereS Heilmittel als ben Arieg, ber ben äSeftanb ber 5Dinge Bis auf baS Seben felbfl t)on ®runb aus erfd^üttert unb bie Slid^tigleiten ber Söelt als baS erfd^einen l&gt, tt)aS fie finb. 3loSi beüor @d^iller burd^ ben @^or in ber Sraut Don SJleffina eS auSf))rad^, ba^ ber STlenfd^ im t^rieben Derlümmere, unb baS ßeben nidgt ber ©fiter l^DdgfteS fei, l^at ^egel im dgarafterifiifd^en ©egenfa^e gu Aant unb gu beffen 3bee beS etoigen O^riebenS, als beS ^od^ften fittlid^en ®uteS, ^ier an ber Stelle, tpo mir finb, bie fittlid^e C^eillraft beS AriegeS gepriefen. „@S ifl burd§ biefe 3tt)eite Seite ber »egiel&ung für ©efialt unb 3nbit)ibualität ber fittlic^en Sotalitftt bie 9}otI|tt)enbigfett beS AriegeS gefegt; ber (tt)eil in il^m bie freie 9R5g« üijlttxt ift, bag nid^t nur eingelne ^eftimmtl^eiien, fonbern bie @elbft= fldnbigleit berfelben als Seben t)ernidgtet n)irb, unb gn)ar für baS 9lb= folute felbft ober für baS SSolf) ebenfo bie Rttlid^e ©efunbl^eit ber S55l!er in i^rer Qnbiffereng gegen bie Sefümmtl^eiten unb gegen boS 9ngem5l^nen unb Or^ftmerben berfelben erl^ftlt, als bie 93e)oegung ber SBinbe bie Seen t)or ber 3fäulni§ betoal^rt, in toeld^c fie eine bauernbe ©titte, tt)ie bie SJolfer ein bauernber ober gar «ein etoiger Qfrtcben» öerfe^en Mrbe."^

3. ^te Organifttung ber @tänbe unb SnbiDibuen.

3n bcm Suftanbe ber ftitlid^en ©efunbl^eit ift bie @ittlid^Ieit ab- folut, tt)eil t)oIl!ommen lebenbig, ba iebeS eingelne ^nbimbuum ein @lieb beS fittlid^en ©efammtorganiSmuS ifi unb ftdg als fold^eS ffil^lt unb betl^ätigt: l^ier n)irb nid^t erft barüber reflectirt ober nadggeba^i, tt)aS gu teoDen unb gu t^un fei, unb ob bie gemeinfamen, in täglidger

(Ebenbaf. @. 373.

S)ic lotfTcnfilQftli^cn fBe^anblungSarien beS !naturte4tiB, 281

Srfadung Begriffenen 3n)e(ie aud^ bte guten unb ri(!^tigen ftnb; ed XDxxb über ben gflufe bc8 fittlidfeen ßeben» eben fo »entfl reflcctixt nnb aefitflbelt, tt)ie über ben be8 })]^5fifd&en ßebenS: ob man bie ßuft ein* unb auSd^men unb ba8 S3lut in ben ©efdgen bejS AörperlS Ireifen loffen foKe? (Sine $]^iIofo})]^ie, loie bie lantifd^e unb Iritifd^e, xo&xt für ben Suflanb ber abfoluten ober lebenbigen @iitKd^Iett glei^ ®tft, »es^alb ja ^egel bie tontifd^e @ittenle]^re oudg unfittUd^ genannt l^atte. ^I8 @oIrate8, mit toetd^em Aant Derglit^en 3U tt)erben p^t^i, über bad @ute unb Sd^öne, über bie menfd^Iid^en Xugenben unb ßeben82tt)ede ju xcflectircn begonnen unb in ©ef^röd^cn bie 3ugenb an fold&e Unter» fud^ungen getoö^nt l^atte, fo erfd&ien biefe neue ?lrt ber {ReflejionÄ« unb @ublectiDitfttd))]^iIofo))]^ie aU ein Seid^en, n)enn nidgt gar bie Urfad^e be8 eingetretenen ä^erfaQd unb SSerberben^. Unb bod^ n)ar 6oIrat«8 Don bem ©eift ber abfoluten unb lebenbigen Sittlid^Ieit fetbft nod& bergepalt erfüöt, bafe er ben ©cfe^en feineÄ ffiaterlanbes ge- 6ord^en unb barum lieber flerben aU fliegen moHte, benn er l^abe fd^on in feinen SItem ))rae£i{tirt als ein aSürger Sltl^enS. 3lu8 biefem ©efit^tdpunlt l^at $egel bie tragifd^e @d&ulb bed €ofratefi unb bie SBebeutung feiner 6pü(^e in ber gried^ifd&en 5p]&iIofol)]öie toie in ber ®cfd6i(ftte ber 5p]^itofol)]^ie überhaupt mit einem XiefblidE erlannt unb in einer SBeife erleud^tet, bie einer SntbedEung gtetc^fam. Slud^ l^ier, an unferer ©teile, finbct fid& fc^on eine auf biefen 6]^ara!ter ber foIra= tifdgen @))od^e l^inioeifenbe Slnbeutung. «Sine $oItS», fagt $Iato, «l^at eine jum Setounbern ftar!e 9latur.> ,,€ine fo(d6e fittlid§e Dr= ganifation n)trb fo g. 93. ol^ne ©efal^r unb Stngft ober SReib einzelne ©lieber ju S^tremen beS Salentd in ieber jtunft unb SBiffenfd^aft unb ®ef^idflidg{eit l^inauiStreiben unb fie barin ju etioaS 93efonberem mad^en, il^rer felbfl fid&er, baft foltfte göttlid^e SDtonftruojttdten ber Sd^önl^eit il^rer ©eftalt nid^t fd^aben, fonbern lomifdge 3üge finb, bie einen 3)loment il^rer ©eftalt erweitern. S(IS foI(^e l^eitere (Srl^öl^ungen einjelner 3üge loerben tt)ir, um ein beftimmteS ä^ol! anaufül^ren, ben #omer, ^inbar, 9lefd§^Iu8, ©opl^oHeS, 5ßIato, Slrifioj)]^aneß u. f. f. anfeilen lönnen; aber au(( foiool^I in ber ernftl^aften 9teaction gegen bie ernftl^after n^erbenbe 93efonberung bes ©olrateS unb üoDenbS in ber Steue barüber, aU in ber ))uQuIirenben äJlenge unb l^ol^en Energie ber gugleid^ aufleimenben SnbiDibualifirungen nid^t Der{ennen: bag baS bie innere Sebenbtgleit bamit in i^re S^treme l^erauSjutrelen , in ber Sfteife biefer ©aamenlörner il^re Äraft, aber

282 ^egeld Huffä^e im tritif^en ^outnal.

Qud^ bie 3l&^t beS SobeS biefeS Rbipn^, ber fie trug, an» fflnbigte/^

S)cr jtttltcHic DrgantStnuS ift in ©tänbc unb SnbiDibuen flcglicbert, mli^t ^egel nad^ bem 93ot6t(be ^atod in feinem ,, Staatsmann (icoXtttxöc)" unb feiner ^©taatslel^re («oXiteJa)" barfteöt. 5piatü gliebert ben @taat in bie brei @tönbe ber äBiffenben, loeldge bie ®efe^geber unb älegierenben finb, ber Arieger unb ber Slrbeiter: in biefen @tänben t)er!ör))ern fid^ bie 2;ugenben ber SGBeiSl^eit, %ap^txUxt unb äJl&gigteit, beren ridgtiged SSer^ältnig bie ©eredgtigfeit im ©rogen ober ben Staat ausmacht, ^eget fagt bie Reiben erften @tanbe in einen gufammen, toeld^cr ber erfte ifi, unb nennt i^n ben ©tanb ber ^freien; er unter* fdgeibet ben britten @tanb in ^mi @tdnbe: bie ®eU)erbetrei6enben unb bie SldFerbauer ober 99auern, meldte Unteren ton ber S^ugenb ber 3:a))ferfeit unb ber 93aterlanbdt)ert]6eibigung nid§t ausgefd^loffen ftnb.

5Die @efe^e foKen gelten, aber nid^t bie tobten, fonbern bie lebenbigen, })erfonlidäen, tteld^e in ben SOFlfinnern ber geborenen unb entniidelten anteiligen) Detlör))ert finb. „@8 ifl Kar", fagt ^ato in feinem @taatlSmann, „bag gu ber iSniglid^en Aunft bie ©efe^gebungS- fünft gel^ört. S)a8 93efte aber ift, nid^t bag bie ®efe^e gelten, fonbern ber äJlann, ber n^eife unb f5niglid^ ift." ,,5DaS ®efe^ feigen U)ir gerabe ouf @in unb S)affelbe fid^ l^inrid^ten, mie ein eigenfinniger unb rol^er SRenfdg, ber niddts gegen feine Slnorbnung gef^e^en nod^ aud^ oon jemanb fi(6 barfiber fragen (ögt, mnn einem etttai^ Ruberes, 93effered üorfommt gegen baS ä^erl^öltnig, baS er feftgefegt l^at; e8 ifl alfo unmöglid^, bog ffir baS nie @id^felbftgleid§e bas fidg burc^auS ©elb|igleid&e gut fei/'*

2)er Staub ber S^reien ift baS ^nbioibuum ber abfoluten Sittlid^- {eit, beffen Organe bie einjelnen 3nbit)ibuen finb, feine Sil^itigleit befielet in ber Sr^altung bed ©anjen, beS ftttlid^en Organismus, il^ gel^ört unb gebührt baS icoXttsöstv, b. 1&. in, mit unb fflr fein 95oK (eben, ein allgemeines, bem Oeffentlid^en ganj gehöriges Seben fftl^ren, toomit baS $^i(ofo))]§iren als bie @r!enntnig b'eS ^Mgemeinen, bes SBal^ren unb Smigen üerbunben fein foD: bie regierenbe unb bie ))]^iIo- fop^ifd^e X^ätigleit gel^ören gufammen, bal^er beibe ®efd&ftfte $(ato nacb feiner l^öl^eren Sebenbigfeit nid^t getrennt, fonbern fdgledgtl^in Der-

> (S6cnbaf. @. 389. S^ l^abe btejenigen fiOSorte (eroorge^oBen, um beten- loiaen xä^ biefe ©teile angefft^rt (abe. ^ Cbenbaf. S. 876 \u 377.

2)ie toiffenf^Qftli^en Sel^anMungiBaTttn be(S ^laturre^tiS. 283

fnfl})ft fc^en toiff,^ §ier l^crrfd^cn bte ©toatßjtoctfe unb bic ©taatS' intercffen: bic SWftnncr, »cld^c |te t>txlbxptxn, ftnb bie ^crrfd^cr.

3>er @tanb ber Unfreien ift ber btenenbe, bieienigcn ®efd6äfte be^ treibenb, loeldge gnr })^9ftfd^en unb öfonomifd^en (Srl^oltung beS ©anjen notl^ig ftnb; bas St^ema biefer ©efc^dfte ftnb bie 93ebürfniffe unb bereu Sefriebigunfl, bte ftrbeit unb ber Srtoerb, ber ^e|t§ unb baS eigene tl^um, baS ^raßifd^e unb bod Sled^tttd^e, b. t. baS ganje untergeorbneie ))ralttfd^e Seben unb bie boju gel^Srige 9le(i^tdf))]^dre. ^ier l^errf^en bte ?PriöQtjtoede unb bie ?Jriöatintereffen, xotl^t inSgefornrnt ju bem fittüdöen ßeben fiti^ öerl^alten, »ie bie unorganif^e 9latur $ur organifdgen. 9lid^tS anbereS ifl gemeint, toenn ^egel für) t)or^er fagt: ^äBir werben gletd^ feigen, maS biefe unorganifd^e Statur beS ©ittlic^en ip,"*

5Die beiben @t&nbe in il^rer })oIittf(^en Ungleid^l^eit gel^ören aU ©lieber beS ©anjen notl^n)enbig gu einanber; n)enn ber erfte ni(i^t mel^r ifl, fo ifl Qud^ ber gtoeite nidgt me^r unb umgelel^rt. 91(8 im römifc^en Katferreiti^ bie politifdge Ofteil^eit gu ®runbe gegangen toar, fo gab es nur nod^ einen jlDeiten €tanb, biefer aber ti)ar nid^t ettea ber erfte gelDorben, fonbern er toar ber einzige, eS gab überl^aupt feine ©tftnbe mel^r, fonbern, bie $erfon beS ^errfd&erS ausgenommen, nur jpriDatleute, ^ßriDatgefc^äfte, ^ßriDatgefinnungen unb bie unenblid^e Setriebfamleit beS 5Priöatred&t8, loeld&e f(fton ?P(ato in feinem Staate mit ber ^^bra Derglidgen l^atte. Um biefen Sufianb ber vernichteten ©ittlid^Ieit gu fc^ilbern, ^at ^egel ben 9(u8f))ru(i& ©ibbond angeffll^rt: «S)er lange Orriebe unb bie gleici^förmige ^errfd^aft ber 9lömer fül^rte ein langfameS unb gcl^eimeS ©ift in bie ßebenslrftfte be§ SleidöS. S)ie ©efinnungen ber SWenf^en teuren allmä]&lid6 auf eine ©bene ge= brad^t, baS treuer beS ©eniuS auSgelofd^t unb felbft ber militArifd^e ©eifl terbunpet. 3)cr perfönlid^e JWutl^ blieb, ober fie befugen nic^t mel^r biefen öffentlid&en SWutl&, »eld&er öon ber ßiebe jur Unab* l^üngig!eit, bem ©inne ber SRationale^ie, ber ©egenmart ber ©efal^r unb ber ©etool^nl^eit ju befel&Ien genöl^rt toirb. ©ie empfingen ©efe^e unb SBefel^tSl^aber öon bem SQBiUen il^reS SWonord^en, unb bie SRat^» !ommenfd&aft ber fül^nften Häupter toar mit bem 9tang öon ^Bürgern unb Untertl^anen jufrieben. 3)ie l^öl^er ftrebenben ©emüt^er fammelten fid& JU ber tJa^ne ber Äaifer. Unb bie öerlaffenen Cönber, politifd^er

» (Ebenbof. 6. 380 u. 881. - « «benbaf. 6. 879. ©• 881 Pftb.

284 ^egeU 9(uffa^e im ttitif^en Sournal.

©tÄrfc ober (Sinl^eit Beraubt, fanlcn unmer!tid& in bie matte ®Ieid&» gültififcit be8 ?Prit)otIeben8.»^

4. Siagdbie unb l^omdbie. 2)te 3i>nen btS ©ittli^en.

atudö innerl§al6 ber organif^cn unb abfoluten ©ittUd&Ieit, toie fid^ biefelbe in ber gried^ifd^en äBelt, am grogarttgften unb f(!6ön{ten in bem golbenen Scitolter Sltl^en» offenbart l^at, gebül^rt bem ?Priöot= unb gfamilicnrcddt eine il^m ongcmeitene, öon bem ©eiftc ber öffent- lid^en ©ittlid^feit n)o]^I untetfd^iebene @tötte ber 3(ner!ennung unb ©eltung. (SS ift bieS ber endige Stnl^att einer S^ragöbie, bie ftd^ im äfeid^e beS @itllid^en jutrdgt unb t)on ^egel in ben Sumeniben bed 2Iefd&^tu8 angefd^aut »Irb, toie er \p&ttt ben tragifd&en (Sonflict atoifd6en ben aJldd^ten beg ftttlid&en ©eifteS in ber ^ntigone beS Bop^olU^ bargefteKt feigen tooKle. ^aS S^eid^ beS ©ittlid^en erfd^eint unferem ^]^iIofo)}]^en in bem 93oIf Don %ti^m, beffen l^öddfter ©erid^tdl^of ber SIreo))ag if); ber ©ott ber öffentlichen, lid^tDoDen ©ittlid^feit ift ^poQo, bie bunllen 3Rä6te, bie baS $rit)at= unb Orc^milienred^t befd^ü^en unb ben aSerbred&er, ber boran gefrevelt l^at, verfolgen, finb bie ßrinn^en; fic l^aben ben SDluttermörber Orefted, ben Mä^tx beS 93ater8 unb Aönigi^, bid nacö Sitten verfolgt; fie finb bie Slnf läger, 2H)oIIo ifi ber SBertl^cibiger, ba3 93oI! im ^reopag rid^tet; bie Stimmen in ber Urne finb gleid^ get^eilt gtoifd^en SSerbammung unb gfreifpred^ung; ba crfd^eint ^t^ene, bie @Sttin 3(tl^end, bie @tifterin beS $[reopag8, ber fe^t feinen erften SRid^terfprud^ gefftHt l^at, unb erllört, bag bie ®lei(^t^eilung ber stimmen t^reifpred^ung bebeute; aber bie Srinn^en toerben beSl^alb nid^t fortgetoicfen unb bel^alten nid&t Unred^t, fonbern fie toerben ote bie Täterinnen ber natürlidgen fftti^U in ben 99ejirl Don Sltl^en auf- genommen, fie pnb ate fold^e nunmel^r tool^Igefinnte ©ott^eiten unb SWit« betool^ner befi fittlid&en 3ieid&3: pe finb nic^t mel^r gfurien, fonbcm @umeniben. S)er SluSgang biefefi $rogeffelS gtoif^en ^poDo unb ben erinn^en befielet alfo barin, bag «bie ^t^ene Slt^enS mit ber ©d^eibung ber SRöd^te, bie an bem SSerbred^en beibe Z%M l^atten, aud^ bie SSer» fö^nung fo Dornimmt, bag bie Sumeniben Don biefem 93oIIe aU gott= lid^e SDiäd^te geeiert toflrben unb il^ren @i^ ie^t in ber @tabt ^fttten, fo bag il^re toi(be Statur beS ^Infd^auend ber i^rem unten in ber

' Cbcnbaf. @. 383.

2)te tDtffenf^aftl^cn SBe(anb(ung«arten bei 9laiutTe4tiB. 285

Stabt errtdgteten SHiare gegenäber auf ber 93uts l^od^ tl^ronenben Sltl^ene genöffe unb l^ierburc^ 6erul^tgt \Din."^

äBeitn bie ftttlid^en Suftdnbe utt8 in einet fold^en SBeife bargeftellt unb entl^adt merben, bag toir bie 9li(igtig!etten, Ungereimtl^eiten unb Sdd^erlid^Ieiten bec menfd^Ii(%en 99eflre6ungen; (Stnielintereffen unb @igen- l^eitcn in g^araftcrcn unb ^anblungcn öor Slugen feigen, fo crfd&eint un6 baS menfd^Ii^e Seben in ber ©eftalt einer jtomöbie. Unb ba baS Sleidg beiS ©ittlidgen in bie beiben 3onen jerfäHt, bie ber abfotuten @ittlid6!eil, in »eltßer bie erl^abenen unb gottlid&en Stoedte ]^errf(i&cn, unb bie beS ?Prit)QttcbeniJ, toorin bie Ilcinen Sntereffen il&r nid^tifleS unb bflnMl^QfteS &pxtl treiben, aU ob fie bie l^öd^ften tt)ären, fo ent= toidFett ftd^ bentgemag oud^ bie jtomobirung beS menfd^Ii(!6en fiebenS in ben bciben Oefiolten ber „alten" ober „flöttlid^en" unb ber „neuen" ober „mobernen Äontöbie". 3)aS Sll^ema ber erfien finb bie bem erl^abenen 99au bed fittlid^en Organismus jutoiberlaufenben @onberbeflrebungen ber Singelnen, bie mefenlofen ©egenfd^e in il^rer groteS!en Ungereimtl^eit unb fiädgerlid^!eit, baS S^ema ber }meiten bie in i|r f (eines ©el^Aufe eingef))onnenen, ftc^ tt)i(i^tig unb abfolut bünlenben 5Prit)atintereffen unb bercn ©etriebe. „3)ie Äomdbie trennt bie gloei 3^tien beS @ittlid&en fo Don einanber ab, ba^ fie jjebe rein fflr fid& fletoftl^ren Iä§t, bafe in ber einen bie ©egcnfä^e unb baS ßnb* lid^e ein loefenlofer Schatten, in ber anberen aber baS Slbfolute eine SEAufd^ung ift. S)aS tt)a]^r]^afte unb abfolute 9}erI|d(tniB aber ift, ba^ bie eine im Srnfte in bte anbere fdgetnt, )ebe mit ber anbern in Ieb= l^after 93e}ie]^ung, unb bag fie für einanber gegenfeitig baS ernfle @(^idEfa( ftttb. 3)a« abfolute SBerl^ältnig ift alfo im 2rauerf»)iel aufgefteöt/'*

S)er fittUd&e Organismus ift fein jiarreS ©ebdube, fonbcrn traft feiner ©lieberung fo befd^affen unb Veranlagt, bag aus feiner fittlidgen unb geiftigen fiebenSfüDe einzelne l^od^begabte, talentDoIIe, geniale ^fnbioibuen l^erDorgel^en, bie burd^ geiftesl^errli^e äBerfe in jebem ©cbiete ber Äunft unb SDSiffenfd&aft biefe ©eftalt ber fitt= lid§en SBett jugleid^ erl^öl^en unb erl^eitern. §ier nennt lieget bie 3lamm §omer unb ^inbar, 9lefd^^IuS unb Qop^olU^, ^riftopl^aneS unb $Iato. 6ine fold&e ^eröorragung großer ©eifter trägt fd^on bie ©efal^r ber 3lbfonberung in fid&, bie fortfd&reitenbc SBcfonberung fül^rt gur ßrl^ebung mibcr baS Sfteidö ber fd6öncn ©ittlid&feit unb gu beffcn

1 (gbenbaf. 6. 386 u. 387. - « gbenbaf. ©. 387-391.

286 ^egeli Suffft^e im tritif^en Soumal.

Sluflöfutifl. §ter ift eö, tDO ^cflel ben SRamcn bc8 ©ofrate« nennt, um btefe „ernftl^after toerbenbe SSefonberung'' gu dgaroltenftren. SßaS bie alte Aomdbie in @d^attenbi(bern gefd^ilbert l^atte, btefe )>olittfd^en, |)]^tIofo))]^tf(igen unb ftttlid^en, centrifugal geridgteten @onberftte6ungen, loud^S etn))ot )u einem fibermftd^ttgen, üerberblid^en Sdgidfal. 3n ben SBoIIen beS Slriftopl^aned ^atte SofrotelS bie 9loDe beS Idd^erlidgen unb abfurben ^l^ilofopl^en gejpielt; ber neue ®otter mac^t unb eine neue (Srjiel^uns ju Zöge förbert; ))terunbin)an3ig ^al^re fpftter l^oBen il^n bie ^tl^ener aM eben biefen ©rflnben )um Xobe Deturt^eitt, toeil er neue ©oltl^eiten eingeffll^rt unb bie ^ugenb berborben l^abe.^

5. 9loturte4t, SRoral unb ))oflttt)e 9lc4t8tDtffenf4aft.

3Bit fe^en ben @egenfa^ }n)ifc]^en bem l^egelfd^en unb jenem frül^eren naturaliftild^ geftnnten !RQturredgt, baS qu8 bem tollen, ge- fd^id^islofen Staturgufianbe auf bem SBege ber Sertröge, toeld^e bie eingelnen atomen Sinbiüibuen fd^Iiegen, bie ))rit)aten unb loeiter bie öffentlid^en SFled^tSgufi&nbe l^atte l^erleiten tooDen. ,,3u ben neuen 3eiten l^at in ber inneren ^auSl^altung beS ^Raturred^tiS biefe fingere ©ered^ttglett ftd^ eine bcfonbere Oberl^errfd^aft über baS @taai8» unb S3öl!erred&t ertoorben. 3)ie 9orm eineö folgen untergeorbneten JBer« l^attniffed, toie ber SSertrag ift, l^at fid^ in bie abfolute SRaieftfit ber ftttltd^en Sotalitfit eingebrfingt; unb eS ifl g. 5B. bie SDlonord&ie balb nad^ bem SBeDoHmfid^tigungSüertrage als ein SBerl^Altnig eines oberften Staatsbeamten gu bem ^bftractum beS @taats, balb nad^ bem SSerl^filtnig beS gemeinen SSertragS überl^au|)t als eine @ad^e 3tt)eier beftimmten Parteien, beren jebe ber anberen bebarf, als ein 93er^ältnig gegenfeitiger ßeiftung begriffen unb bur(^ foldfte SSerl^filtniffe, »eld^e gang im 6nbfid6en finb, unmittelbar bie 3been unb abfolute SRaiefifit Dernid^tet tporben. @o mie eS aud^ an 1t(6 tt)iberfpred6enb ift, toenn fflr baS 93öIIerred^t nadg bem SSerl^filtniffe beS bfirgerlid^en SßertragS, ber unmittelbar auf bie ©ingelnl^eit unb Slbl|öngig!eit ber ©ubjede gel^t, baS SSerl^&ttnig abfolut felbftfinbtger unb freier fßblUx, toeli^e fttttid^e Zotalitfiten finb, beftimmt merben foD."^

5DaS dlalnnti^i im @inne Tegels Der^fitt fid^ gur fttttid^en 9latur nidgt als ©runb, fonbern als gfolge, eS fe^t biefelbe t)orauS, gel^t aus il^r ]^ert)or unb fott bartl^un ober „confiruiren, toie bie fittlid^e Slatur

1 Cbenbaf. 6. 388 n. 389. »gl. 281. - « Söerle. I. 6. 410 u. 411.

2)te toiffenf^aftn^cn aBc^anblungiarten bei 92aturTe(|ti. 287

)u t^rem loal^rl^aften Sted^te gelangt".^ Sbenfo t)er]^&It {t(^ ber @in« gellte )ur fittlid^en Sotalitftt nid^t als ®runb, fonbern aU ©lieb; ba- ^et i^ bie ©ittlid^Ieit beS ßtnjelnen in bet abfoluten @ittlid^!ett, toeldge boS Ceben beS (Sangen ifl, „ein ^utsfc^log bed gangen S^ftemS". S)te 3fort))f(angung beS ftttlid^en ©eifieS ober bae S3)etben ber Sittlich' !ett gefd^tel^t burd^ bie Srgiel^ung, beren SBefen unb ))oftlit)er (Stfaxalttx nad^ ^egete treffenbem %udbrucf barin befielet, ba^ „baS Äinb, an ber Sruji ber attflenteinen ©itllid&fctt getränft, in i^rer ' abfoluten Stnfd^ouung guerft a(S eines fremben SBefenS lebt, fie immer mel^r begreift unb fo in ben allgemeinen ßetft fibergel^t". 2)a]^er anä^, mie n)ir ben l^egelft^en äBorten l^ingufflgen tooDen, $Iaio unb SliifioteleS Staaten gelehrt unb geforberf l^aben, loeld^e bei aDer fonftigen SSer^^ fd^ieben^eit Srgiel^ungSfiaaten toaren, benn beibe $]^iIofo))]^en an- er!annten bie organifd^e €ittltd^Ieit ober, toa^ baffelbe l^eigt, bie Priorität beS ©angen öor feinen Sl^eilen.*

S)ie StocdEtl&atigleiten be8 ftttlicften Organismus, bie fid& in feinen ©liebern, ben @tdnben unb ^nbiDibuen, ))er!ör))ern, finb feine Sigen- fd&aftcn: bie etl^i! ift „bie 9laturbefd&reibung biefer (gigenfd&aften", @tmaS anbereS ift bie 971 oral, beren ©egenftanb bie SDIoralität ober bie fubiectiDen £ugenben ftnb. SRoral ift Xugenblel^re, bie Sugenben pnb nid&t angeborene unb ergogene, b. 1^. „anorganifirte" fittUd^e Stgenfd^aften unb ©efinnungen, fonbern entmeber großartig erl^b^te Energie unb SCl^atlraft, mie bei ben gelben beS Slltertl^umö ^egel nennt in ettoaS feltfamer 3ufammenftell(ung ßpaminonbaS, $annt= bal, ©ftfar , ober fie finb bie ermorbenen SSorgüge ber eingelnen, in ber JBefonberung befinblid&en ©ubjecte, b. f). „bie fittlid^e 5Ratur beS gmeiten ©tanbeS, bie ©ittUd&feit beS Bourgeois ober beS ?ßriöatmenfd6en".^

S)a bie ©ittlidgleit in ber ©eftalt ber ©itten ejciftirt unb biefen ber ß^aralter ber 9lttgemeingültig!eit unb ^errfd&aft gu!ommt, fo muß aud^ bie gform unb baS ©Aftern ber ©efe^gebung il^nen entfpred^en, CS mu6 aus ben ©efefeen eiuleud&ten, „toaS in einem SBoKe red^t unb in ber SBirllidfeleit ip" , unb eS ifl ein 3cid&en ber Unlultur unb aSar= barei, toenn ben ©itten entmeber bie 3fürm unb baS ©ejjräge ber ©e* fefemäftigfeit feljtt, ober bie t>or^anbenen ©efefee mit ben ©itten, b. 1^. mit bem ßeben eines SSolfeS nid^t übereinjiimmen. 3n feinen ©itten

1 ebcnbaf. 6. 397. - « ebenbaf. ©. 899. »gl. oben 6. 279. - » Sßerfe I. 6. 398 u. 399.

288 ^egelft 9[uf f . im f rit. Soutnd . S)ie toinenf d^. SBe^onblungSaTten b. 9laturre4t8.

^errfd^t bei ©eniud beS SBolfeS, bte nationale ©ott^eit, bie ate fotd^e aud6 öoracfteHt, Dcrcl^tt unb angcfd&aut fein toitt: biefe SBerel^runfl ifl bte äteltgion, biefe ^nfdgauung ber jtuItuS.

SBaS enblidö baS »er^ftniB ber ?p]^itofot)l^ic ber ©itttldöleit unb bed Slaturrecbtö jur t)ofittt)en SftedgtStoiffenfd^aft betrifft, fo ifl nid^t einjufel^en, t)on toeld^er ärt biefe „^ßofitiöttät" fein fott, um bie 8fled&t8= toiffenfd^aft öon einer enttoiÄelten unb ausgebreiteten ?P^ilofo»)]öie auS« gufd^lieien ober il^r entßegengufe^en. gntweber nömlidö ifl biefeS ?ßo- fitiöe, baö fid6 auf grfal^rung unb aBirflid^Ieit beruft, gar ntd6t« JRealeö, toie g. 39. ber SBegriff be8 Swöngeä gur Segrttnbung ber Strafe, ober baS 5pofitiöe ijl eine Keatitdt unb gel^ört gur ?P§iIofortie unb in biefelbe, fei eS als Dbject ober aU Slufgabe, benn „alles in ber ?P^itofot)^ie ijl 9leaUtät\

@oId^e 9lealitaten finb g. 99. bte geograt)l^ifd&e unb l^iflortfd^e S9e« flintmt^eit eines SSolIS, feine Himatif^e Sage, feine 99orgefdgid^te unb ber 3eitt)unft, in bem eS fielet, xok bie Aulturfiufe, auf loeldger eS fid^ befinbet. „9BaS in ber (Segentoart leinen n)a]^r]^aft lebenbigen ®runb l^at, beffen ®runb ifl in einer 39ergangen]^eit, b. 1^. eS ifl eine 3eit aufgufud&en, in wlä^n bie im ®efe^ fisirte, aber erflorbene 39e* jlimmt^eit lebenbige ©itte unb in Uebereinfiimmung mit ber übrigen ©efe^gebung ©ar." äffe gactorcn, beren ^ßrobuct bie tebenbige 3n= bi))ibualit&t unb ben S^arafter eines 99oI{eS auSmad^t, tooQen erlannt unb gufammengefagt toerben, um barauS bie nationalen Sitten unb ©efe^e gu erfiAren, niie eS SRonteSquieu in feinem unfterblid^en 9ßer!e oom „®eifl ber ©efege" auSgufül^ren gefudgt l^at.

S)ie l^egelfd^e $]^iIofot)]^ie ber @ittlid&!eit ober bie Stl^it l^at ftd^ nodg nic^t bifferengirt in bie Seigren ))om fubiecti))en unb Dom objjec^ ti))en ©eifl ober in ^f^d^ologie unb (St^if, fie erfd^eint gunadbfl nur a(S ein ©runbrig ber le^teren; aber fie toeift fdgon l^inauS auf bie !ß]^iIofot)^ie ber SBeltgefd^id^te unb nod^ l^ö^er auf bie ^l^ilofopl^ie bed abfotttten ©eifleS, bie fid^ in bie 5P^itofoi)]^ie ber Äunfl, ber Sfieligion unb ber ©efd^id^te ber $lgUofo^^ie bifferengiren toirb. ^aS 3i€l leud^tet fd^on l^od^ in ber (^erne, ber 9Beg bal^in ifl fc^toierig unb fteil. S)iefen SBeg gu entbedFen unb gu leieren ifl bie $[ufgabe unb bas S^ema ber $]^&nomenotogie beS ©eifleS.

S)ie V^&nomenologie beS d^tifiti. fQvxxtht, (BinUWm^ uiib Cint^eilung. 289

OfanfteS Sapttel.

I. JBorxebc. ®tc Slufgobe ber neuen ßel^re. 1. 2)te Sform bet SDßinenfd^aft.

äBaS ^eget in feiner etften 2)ruäfd^nft t)om Solare 1802 jur SBejal^ung, SSegrflnbung unb SluSbtlbung ber ^bentitat^Iel^re erfiftrt l^Qtte, entl^iett fd^on bie jtetme fetner neuen Don Sd^eQing Derfd^iebenen Se^re, bie fid^ n)ä]^renb fetner ßel^rtl^ättgfett in 3enQ, nadg bem SBeg- gange ©d^eKingS, t)om ^erbfl 1803 bis jum ^erbfl 1806 ju einem ^©^pent ber Jffiiffenfd&Qft" entfaltete, beren erfler S^eil unter bem 9lamen einer „^l^&nomenologie beS ©eified'' im O^rfl^iol^r 1807 an ba§ fiid()t trat. SBir l^oben bie Sntfiel^ungSgefd^id^te biefeS SBerleS ouSfül^rlldö lennen gelernt.^ Sc^n 3Ql)re toaren feit ben Slnfängen ber fd&eßingfd^en SHaturpl^ilofopl^ic tjerfloffen. S)ie beiben Sreunbe maren nunmel^r innerlid^ fflr immer getrennt. Jturg r>t)x feinem legten SBriefe an ^egel (2. SRobember), ber eine fel^r öerfiimmte Slntroort auf bie 3ufenbung ber $^dnomeno(ogie loar, l^atte ©dgeSing in ber 3({abemie gu äJländ^en feine 9lntritt8rebe aber ,,baS SSerl^altnig ber bilbenben fiflnjle 3ur Statur'' gehalten, bie ben Jtront)rin3en ju lauter 99en)unberung, Sacobi, tt)ie e8 l^ie^, jum Staunen l^ingeriffen l^atte.'

3m offensten ©egenfa^e nid&t blofe gegen bie fd&ettingfd6e ©dbute unb aiid^tung, fonbem gegen ben ß^aralter ber fc^ellingfd&en ße^re felbfl tDar, ol^ne Flamen gu nennen, bie SJorrebe gur ^^änomenologie Derfagt, bie nad^ ^a^mS treffenber 93emer!ung eine Slbl^anblung „über bie ©iffereng beS fc^eßingf^en unb l&egelfd&en ©Aftern» ber 5p^ilofol)]^ie" l^fttte l^ei^en fönnen. 3)er l&auptfftd&lid^e ©ifferenjpunft, toeld^er aöe anberen gur O^olge l^atte, lag barin, bag bie ^^ilofopl^ie SBiffenfd^aft fein muffe unb biefe nur in ber gform eine« 6^ftem8 auSgemad&t werben lönne; toeS^alb §egel aud& feine neue ßel^re Softem ber

» JBöI. biefeö aBer«. JBu« I. «ap. VI. 6. 57, 6. 68—71. S3u« II.

Sap. II. S. 242—245. « »gl. meine ©ef*. b. neuem ?f^tIof. »b. VI. öu* I. dap, XI. @. 147 u. 148.

gtfd&et, ^\it. b. WIoT. VIII. W. «. 19

290 ^te 96ftnomenüloaie be< OeifieS.

aBtffettfd6aft" a^^önnt utib bic 5p]^änomenotoflic ots bereit etften %\)til bejetd^net l^at.

hieraus folgt, bag aSeS gegentl^etltae SBefen, tote bte ®efa^l8= utib ^InfdgauuttgSpl^tlof Opiate, bte 93e8eifterungS= uitb StbauuitgSpl^tlo« fot)^te, bte ®&]^rung uttb (Sfftafe, baS entl^ufiafttfd^e utib ptopl^etifil^e ©erebe für nichtig erlldrt toirb. @8 gtebt, fogt ^egel, eine leere Stefe, tote es eine leere 93reite gtebt, beibe finb oberfUdglidg. „^it toal^re ©eftalt, in toeld^er bie SBo^r^ett e^iftirt, !ann aKetn ba^ totffenfd&Qft:' Kc^e ©Aftern berfelben fein." „Saron mitjuarbeiten, bafe bie ^Pl^itofopl^ic ber 5orni ber SBiffenfdöaft nä^er lomme, bem 3iri«r i^ten Stanten ber Siebe jum Siffen oblegen gu fSnnen unb toirÜid^eS SBiffen in fein , ifi eS, toa« id& mir t)orgefefet." „S)o8 Slbfolute foB niil^t begriffen, fonbem gefül^lt unb angefd^out, nid^t fein Segriff, fonbcrn fein ©effll^I unb Snfd^auung foKen baS SBort filieren unb au8geft)ro4en toerben." „S)a8 ©dftöne, ^eilige, ßmige, bie Religion unb ßiebe finb ber jtöber, ber geforbert mirb, um bie Suft gum Snbeigen }u er» Toecfen, nitbt ber Segriff, fonbem bie (Slftofc, nid^t bie lalt fort« fd^reitenbe 9>lot]^toenbigIeit ber @ac^e, fonbem bte gfil^renbe 93egeiftemng foQ bte C^oltung unb fortfd^rettenbe Ausbreitung beS 9%ei(^tbumS ber ©ubfianj fein." „S)ic 5p]^ifofop]^ie aber mu6 fid6 lauten, erbouKdö fein }U moOen." ^^nbern fie fidg bem ungebAnbigten ®d]^ren ber Subfiana überlaffen, meinen fie, bur* bie ßinl^üllung beS ©elbftbetougtfein« unb Slufgeben bed Serflanbed, bie Seinen ju fein, benen ®ott bie SßeiS^eit im @d()lQfe giebt; »aS fie fo in ber %\)at im @d^Iafe empfangen unb gebaren, finb barum auc^ nur Srfiume."^

S)ie Oform ber SBiffenfd^aft unb ber f^ftematifciien SluSbilbung f daliegt bie ber allgemeinen 9>erftanblid^!eit in ftti^, toomit aQem efoterifd^en treiben ein Snbe gefegt unb bie O^orberung audgeft)rodben toirb, bag bie ^^itofopl^ie nunmel^r e^oterifdg, begreiflid^, le^r» unb lembar gemadfet toerbe. „S)ie t)erjlanbige Sorm ber Sffiiffenfdöaft ip ber aOen bargebotene unb fflr aOe gleid^gemad^te 9Beg, ju i^r unb burd^ ben Serflanb jum t)ernünftigen SBiffen ju gelangen, ifl bie ge* redete Oforberung beS 33etougtfeind, baS jur SSiffenfd^aft l^injutritt, benn ber Serfianb ifl ba8 S)en!en, baS reine 3dg flber]^au))t, unb baS Serfiänbige ift baS fdgon 93e!annte unb baS ©emeinfcbaftlicbe ber aßiffenfdgaft unb bed untoiffenfd^aftUd^en 93etougtfeinS, tooburd^ biefeft

Tegels SOerfe. S9b. II. (^^Anomenotogie bed OeifteS.) SBorr. 6. 6—9.

SBorrebe, CEinleitung itnb gintl^etlung. 291

unmittelbar in jcncfi cinjutTeten öermag/* Slunmel^r l^cbt fid6 toiebcr ber SBcrtl^ be8 tcflectirenben, berftanbigen ®enfen8, bcr begtifflidften 99eftininit]^ett, beS Spoc, !ur3 QDer jenet 9%ef[e|ton€ifotmen, toeld^e bie allgemein t^erftAnbli^e, eiotetifdge $]^itofot)l^ie not^toenbig braud^t, unb auf toelifte bic cfotettfti&e in il^ter trüben SBegetfierung berä(i&tlid6 l^erabftel^t.

2. 2)ie 6ubflana <^l< ^uBject. 2)a8 Vrinctp aU 9lefultat.

@d ift natfirlic^ bie erße 93ebingung einer fotd^en allgemein ))ers Pönblic^en, im befien ©inne beS SBortS efoterifd^en ^pi^tlofo^l^te; bog il^r ?ßrtncit) ober bie Slttgemeinl^eit fo gefofet toirb, ba§ fie nid^t etwa baS ©elbfibetDufetfein unb bamit bie SDlöglidöfeit aüeS ©rfennenS unb ©rfanntroerben« auftebt. So oer^ielt eS fid^ in ber ßel^re @t)inojaS mit bem ^rincip ber @inen Subflanj, bie a\i8 i^rem SBefen, barum an^ aus bem ber S)inge boS SelbflBemu^tfein unb mit il^m bie Sn&gliddfeit QÜed @r!ennen§ audfd^lo^. ,,S93enn ®ott als bie @ine ©ubfiang ju f offen, baS S^üölter empörte, toorin biefe Seftimmung auSgefprod^en tourbe, fo lag ber ©runb l&ieröon in bem 3nftinct, ba§ barin baS ©elbflbetöufetfein nur untergegongen, nid&t erl^olten ifl/ S)iefe S^ffung läßt in ben Slugen Tegels ben @l)inoji8mu8 ol« un= möglidö erfc^einen, unb ba ber Segrflnber ber 3bentitftt8p^ilo|o^]&ie jugleid^ ber Erneuerer beS ©pinojiSmuS fein wollte, fo nimmt §eget ben le^teren als a3eift)iel, gleid&fam al8 bie prärogatiöe Snftanj, um boron feinen Unterf(^ieb Don @d()elling red^t l^ell ju erteud^ten. „2)ieS eine SBiffen, bofe im äbfoluten aÜeS gleidft iji, ber unterfd^eibenben unb erfüllten ober Erfüllung fud&enben unb forbcrnben ©rienntnife ^ entgegenjufe^en, ober fein SlbfoluteS für bie ^od^t ouSjugeben,^ worin, wie man gu fagen |)flegt, äffe flü^e fdftwarj finb, ift bie Siaioitdt ber ßeere an ßrlenntnife. " *

S)ie aWöglidöfeit ber jpi^ilofopl^ie l^öngt alfo babon ob, bofe t^te j ©ubftanj ober baS Slbfolute eine fold&e jfead^t nid&t ift, öielmel^r W Unterfd^iebe in fid& l^ot, ober, nö^er gefagt, m^ fie fid& in fid^ unter» * fd&eibet, bafe fie al8 ©elbftunterfd^eibung ober ©elbfttl^fttigfeit, b. ^. als @ub je et gefaxt wirb. 3efet erfi Derftel^t man bie für je unb bünbigc €rHdrung §egete, bie jebem unöertrouten ßefer unferer SBor= .

1 ^benbaf. 6. 10 unb 11. * (Sbenbaf. 6. 13 u. 14. SSgl. oben SBud^ II. 6ap. IL 6.242-245.

19*

292 S)te $^ftnomenologie befi ®eifie<.

rebe tDunberlid^ unb bunfet erfdgetnen tnug: „@d !oinmt na<!6 meiner Sinftd^t, tDelc^e ftd^ tiut burdg bie S)atfteIIuns beS @^{temd felbft ted^t- fettigen mug, aKed batouf an, baS SBal^te mdgt als @ubfianar fonbcrn ebenfo fel^r ate ©uBjcct aufjufajfen unb au^jubtüdEen".' Seibe O^orberungen finb gletdgtoertl^fg unb gleicgbebeutenb: etfienS bag bie $]^iIofo))]^te Siffenfdgaft, @^flem bet 9ßi{|enfd6aft, Derftdnbli^ unb ej:otetifdg fei, unb ))oeitenS bog bie Subßanj als @ubiect gefogt n)erben muffe.

9Bie midgtig nun ani^ biefeS ^rinct^ ift, fo befleißt in ber rid^tigen i^ffung beffe(ben nodb nidgt bie aßa^t^eit bed €^{temd; baS SBal^te ift baS ®an)e, baS @^flem gleid^t bem streife, ber feinen Sauf DoQenbet, inbem er in feinen Einfang jurfldEfel^rt; in ber S3ernunft^ erlenntnig l^errfd^t ber S^^^, tt>ie in ber Statur na<!^ S(rifioteIeS; \do aber bie 3»edtt]^ätigfeit toaltet, ba fefeen wir einen Segriff Doraufi, ber fid^ t)ertDir!(id^t unb gleid^ bem streife in feinen Anfang jurüdE- !el^rt: ^ier ift S^oKenbung, ber Anfang ift aud^ ba§ @nbe, baS $rinci)i aud& baS Slefuttat, ber 93egriff ift burd^ feine ä^ertDirflid^ung ju ftd^ fetbft gelommen: er ifi nun ^fflr fid^" geworben, »ad er im Slnfange nur „an fid&" »ar. @o ip ber gmbr^o jtoar an fid& ÜTlenfc^, aber nod^ nid^t für fic^, mag erft burd^ bie @ntioidE(ung unb Ofortbilbung gefd^iel^t, in loeld^er bie ©eburt unb baS SBeiDugtfein Spodgen finb: „für fid^ ifl er eS nur aU gebilbeie SSernunft, bie fid6 gu bem gcmacbt l^at, »aS fie an fid& ift",*

(£8 lommt aQeS barauf an, bag bie ©ubftan} als Subject gefaxt »irb: Subject bebeutet l^ier nidgtS anbereS, als bie Setbftüenoirf- lid^ung beS Begriffs, b. 1^. feine SnttDidEIung. ^anbelt ed fid^ aber um bie SntmidEIung, fo !ommt ed fel^r toefentlid^ barauf an, nid^t i)lo% iDaS im anfange voai, fonbern »aS am Snbe geworben ift, loaS bei ber gangen Sadbe ^erauSlommt, b. 1^. auf baS 9tefuttat. SSir iDoQen nic^t blog ben Rtxm feigen, fonbern ben 93anm mit feinen Ofrüdbten, ntd^t b(o§ bie @id^el, fonbern bie Sid^e. 3n Snfel^ung ber Sntu)idE(ung gUt gang Dornel^mtid^ ber @a^: „^n il^ren O^rfid^ten follt i^r fie erfennen!" Sin fogenannter ©runbfa^ ober ^rtncip ber $lgitofo))]^ie, menn er toal^r ift, ift barum auc^ falfd^, infofem er nur als ®runbfa^ ober !ßrincit) ift. €8 ift beSioegen letd^t, il^n gu loiber^ legen. '

^egeU aOßerfe. U. 6. 14. - * dbenbaf. 8. 16. > (Ebenbaf. 6. 18.

aSotrebe, (Einleitung unb dEint^etlung. 293

S)icfcr Scfltiff ift anjutocnbcn auf bo« Sbfolute fclbfl ober ©ott. @$on barin, bo^ ®ott als bie motalif^e äBeltotbnung ober bte Siebe u. l f. gefaxt »urbe, letgte ft(i bas SBebflrfntg, t^n als @u6ject Qufjufaffen. „2)as 9QBort ®ott, fflt fidg fienotnmen, ifl ein ftnnlofer Saut, ein bloßer Stome, erft boS $t&bicüt fagt: voai er ift, unb feine SrfäQung unb 93ebeutung; ber leete 9[nfang loirb nur in biefem @nbe ein tDirÜic^eS SBiffen/ «S)ad SSol^re ifl bais (Sänge. S)aS ©ange aber ifi nur baS butdg feine SntiDidEIung fi$ DoKenbenbe SBefen. 6d ift Don bem SIbfoluten )u fagen, bag eS mefentlid^ 9lefultat, bag eS erfl am @nbe boS ifi, load e8 in SBal^r^eit ifi; unb l^ierin eben be* fle^t feine Statur, äBirltid^eS, Subject ober @i(!^feIbfltoerben )U fein. @o toiberfpred^enb eS fdgeinen xaaQ, bag baS Slbfolute toefentlid^ al^ Stefuttat gu begreifen fei, fo fteOt boc^ eine geringe Ueberlegung biefen Sd^ein Don SBiberfprud^ jured^t/ S)er gange 9Biberft)rud& fdQt toeg, fobalb man fid^ !lar ma^t, bag ©ott unb baS göttlid^e Seben 9QBir(= Iic^{eit ift, ni(6t blog ein Spiel unb Spielen mit fic^, fonbern toal^r- l&afte JRealität unb beren Uebertoinbung. „S)a8 ßeben Qotteö unb ba^ göitlid^e @rfennen mag alfo lool^l als ein Spielen ber Siebe mit fi(6 felbft auSgefprod^en merben; biefe 2[bee finft gur Srbaulid^feit unb gur gfabl^eit fterab, wenn ber Crnfi, ber ©d^merg, bie ©ebulb unb Slrbeit beS 5Regatit)en barin fel&lt."* SÄit anbern SBorten: ber gange Srnft unb bie Arbeit ber Sßeltgefd^id^te gel^Srt in baS götttidge Seben unb gu feiner Offenbarung, ol^ne meldte er nic^t toAre, xoa9 er an ftd^ ift: ©eifl, abfolutet ©eift. ^^a^ bad äBal^re nur als 6^flem »irflidö, ober ba§ bie ©ubfiang toefentlidö ©ubject ifi, ifl in ber SJorfteKung audgebrüdEt, meldte baS ^bfotute als ©eif! ausfprid^t, ber erl^abenfte Segriff, unb ber bet neuen 3^it nnb il^rer Dteligion gebort.'' „2)er ©eift, ber fid^ fo entloidEelt als ©eift toeig, ift bie SBiffenfd^aft. 3)a ift feine SirHid^Ieit unb baS [Reid^, baS er fic^ in feinem eigenen Elemente erbaut."" 3n biejen @&^en fiedt bie gange l^egelfd^e ^^ilofopl^ie. Um iljren @inn bid()terifd& auSgubrfldEen, tooQen toir fc^on Igicr baS fd^iUerfd^e SBort tiorwegnel^men, womit ^egel feine ^^dnomenologie beS ©eifteS befc^loffen l^at: SluS bem field^ beS gangen 6eelenreid&e8 fd^öumt i^m bie Unenblidbleit. *

» «benbaf. 6. 15 Pflb. - « «benbaf. ©. 15-19. Sögl. @. 591. ^egel, ber feine (S^itate gem5f)nlid6 aui bem Itopfe unb barum feiten ganj bem Zt^it gemft§ SU Siage fbrbert, fagt: „%ui bem l^et^e biefeS (deifleTrei^ed fd^&umt i^m feine Un> enbli^Ieit'.

294 S)ie ^^ftnomenologie bed GeifieS.

8. S)ie Setter« 2)te GnttDidlung beS SEBiflend.

S)ie Sßtffenfd&aft Dom abfotuten ®eift ober baS a6fo(ute SStffen ift bemnad^ bas gemeinfame 3iel, lool^in unfer SBeg fü^rt, ber Dom unmittelbaren SBeiou^tfetn, b. 1^. t)on ber unterflen Stufe beS äBiffend aUmäJ^Iid^ aufioArtS fteigt Don Stufe ju Stufe unb barum eine fel^r (äuge unb loeite StredFe ju bur(%n)anbern unb burd^ biefelbe {t<!6 l^in- burd^juarbeiten l^at. SllleS loal^re Sßtffen ift begrünbet ober Dermtttelt, b. ]^. eS refultirt, bal^er bad fogenannte unmittelbare SBiffen auf ber nie^rigfien Stufe fielet unb niii^t btn S^aralter eines StefuItatS ^at, fonbern nur ben bed StnfangS. hieraus erl^etlt, loie ungereimt ^bie 93egeifterung ift, bie mie aud ber $iftoIe mit bem abfoluten SBijfen unmittelbar anfängt unb mit anberen Stanbpunften baburd^ fil^on fertig ift, bo6 fte feine Slotij baDon ju nel^men erHart''.*

2)aS 3nbiDibuum Verlangt mit ätecbt, ba^ 3ur Srl^ebung auf ben Stanbt)un!t ber abfoluten (Srfenntnt^ il^m bie ßeiter gereid^t unb in i^m felbft bie Stotl^ioenbigfeit biefeS StanbpunIteS aufgezeigt toerbe. S)er Stufengang beS äBiffenS ift barjufteOen: eben barin befielet bie Slufgabe ber $]^Anomenologie bed ©ei^eS, beren Segeid^nung tt)ir fc^on frül^er erllfirt l^aben. Soiool^l als Stufen beS Siffend (©eifteS), tote ald bie ©egenftönbe ber pl^itofop^ifd^en 93etrad^tung beiden bie Dbiede, bie nunmel^r erfannt toerben follen, ^ß^dnomena beß ©eifieS unb beren Sßiffenfc^aft „^l^dnomenologie beS ©eifted".'

4. SBorurt^eile unb 6elbflt&uf4ung.

3Ran möge uns nic^t einmenben, bag eine fold^e ^iffenfd^aft unnötl^ig fei, benn nid^ts in ber äBelt fei befannter als baS eigene Setoufetfein unb beffen unmittelbare (Erfahrungen. S)a8 Sefannte ift feineSmegS er!annt. @S bafflr ju nel^men ift eine ber gemöl^m Ui^ften Selbfttäufcbungen unb eine ber fcblimmften, ba fte uns ben SBeg jur SBal^rl^eit Derfperrt, 3u biefen Selbfitöuf^ungen gel&ört audg bie S^orfteOung, toeld^e man Don ber SBal^rl^eit ju l^aben ffl^gt» bag fie ein für allemal fertig unb ausgeprägt fei, meSl^alb eS Don einer unb berfelben Sa(fte nicbt Derfc^iebene SBal^rbeiten geben lönne. 3)ieS mar ber Strrtl&um beS lefpngfd&en Salabin, als er Don Slatl^an miffen tooDte, melc^eS bie ma^re Sieligion fei, unb bie Antwort in aQer Aürge

' Sbenbaf. S. 21. - > 33gl. oben »u« II. (S.ap. I. 6. 230 u. 231. (Sap. II. 8.242-245.

SBottebe, Sintettung unb (Eint^eilung. 295

unb @(i&ncßiflfeit üerlatigtc. ^SOSal^rl^cit, SBal^rl^cit! Unb toitt fic fo, fo baat, fo blani, al8 ob bic Sffio^rl&cit SRünjc todrc! SBie ©etb in &ad, fo ftridge man in Aot)f aud^ SSBa^r^eit ein?" Sine untDtlßüttiii^e ^araHelfleQe bagu finbet fidg l^ier in ber föoxxtbt jur ^4}]&anomenoIogie ganj an intern $Ia^. «S)a3 SBa^re unb S^alfdge fle^ott ju ben befiimmten ©ebanfen, bie betoegunflrtoS für eigene SEBefen gelten, beren eine« brüben, boS onbere l^üben ol^ne ©emeinfi^aft mit htm onbern ifolirt unb fefiftel^t. S)Qgegen mug bel^auptet »erben, bog bie fflal^rl^eit nic^t eine ausgeprägte aKünje ifi, bie fertig gegeben unb fo eingeftrid&en »erben !ann."*

S)ag bie SBal^rl^eit felbfl in einer fortfdgreitenben entioidlung be- fielet unb fid^ DoKenbet, unb ^xoax in ber il^r abaquaten Ororm bei» 93egriffS ober bed reinen ©ebanfenS, biefe Sinfidgt geigt Aber bie ^Igönomenologie IginauS, bie eg nur mit ben Srfdgeinungen bei^ SBewufetfeing ju tlgun Igot, fie gelgört in ben att>eiten Slgeil beS @#em8 ber SBiffenfdgaft; bie Seigre, loeli^e bie reinen äBefenlgeiten barfieQt unb aufbaut, barum aucg bie SRet^obenlelgre entlgait, ift bie Sogil ober bie fpeculatibe ?P^ilofop]gie. ^

3n ben ©dglufettorten ber SJorrebe fpridgt Rcft ntit aller @ic^er= Igeit unb aller 3urfl(f^aUung bie Ueberjeugung ^egels aud, bag bie Seit fflr ilgn unb feine neue ßelgre gefommen ift, fte ift in aller ©tillc Igerangereift unb mit ilgr ein empfängtidgcS 5ßublifum. S)ie Seid&en ber ßpodge einer neuen ©eifteögeburt finb ba. S)ie aBiberfirebcnben pnb bie SEobten unb bie hinfälligen. SSon jenen Igei^t eS: „ßaffet bie Sobten ilgre Stobten begraben!" JBon biefen: „Sie gfüfee berer, bie bidg IginauStragen »erben, flelgen fdgon t)or ber SElgürr' S)er neue ©eifl unb feine 3üngcr toirb in einiger Seit bie SWilttelt gewinnen unb nadg biefer audg eine ^ladgmelt Igaben, bie anbem bagegen nidgt. 3(ig ttiC bie bebeutfamen Sorte felbfi anführen. „SOBir muffen über- jeugt fein, ba§ baS SBalgre bie Sftatur Igat, burdgjubringen, wenn feine Seit gefommen, unb bafe es nur erfdgetnt, »enn biefe gelommcn, be8= »cgen nie gu frülg erfdgeint, nodg ein unreifeö 5PubliIum pnbet. §ier= bei aber ifl Igäuftg baS 5publilum oon benen ju unterfdgeiben, toeldge fidg aU feine Slepräfentanten unb ©precger betragen. 3ene8 öerlgölt fidg in monc^en SflädEfidgten anberS aU biefe, ia felbfl entgegengefe^t.

1 ^egeU lZSer!e. II. SBott. 6. 29. S3gt. meine @4rift über Sef[ingd JlQtian. (4. «uP. €olta 1896.) 6. 144-150, ©. 188-190.

296 ^ie ^^ftnomettotogic hH ®eifle9.

äBenn eS gutmüt^tger 993etfe bte @(^ulb, bog tl^r eine t)]^tIi)fo))i]^ifi|e 6d&rift nic^t i\i\aQi, cl^cr ouf fid5 nimmt, ]o fc^teben l^inflcgen biefe, i^rei Sompetena geiDig, aDe. @d^ulb auf bie @d&ttftfteller. 2)ie SBirfung ift in jenen ftiQer, als bas Z^nn biefer Sobten, loenn fte il^re Xobten begraben. Sßenn je^t bie aQgemeine (Einfid^t flberl^aupt gebilbetet, bie 9leugierbe toaii^famer unb il^r Urt^eit fd^neDer beftimmt ifl, fo bag bie i^ü^t btxtx, bie bic^ l^inauStragen loerben, fd^on Dor ber %\tüxt fielen, fo ifl l^ieTüon oft bie tangfame 9Bir!ung ju untetfc^eiben, toüi^ bie 3(ufmer!fam!eit, bie burd^ imponirenbe SSerfid^erungen ergioungen toutbe, fon)ie ben Derioerfenben Sabet berid^tigt unb einem Steile eine 9nitn)elt erft in einiger Seit giebt, m&lgrenb ein anberer nad^ biefer feine Sttad&mett me^r l&at/*

SRan möge nidbt . Dergeffen, bag bie SSorrebe jur ^l^änomenologie nadg ber ©d^lad^t Don 3ena gefd^rieben ift, im 9Benbet)un!t ber 3a^re 1806 unb 1807.

II. Einleitung.

1. ^ai ^rtenntnigüermögen aU aBerfaeug unb anebtum.

@egen bie SRöglid^Ieit ber ^l^dnomenologie, ald toetd^e ben SBeg beS natürlid^en 93en)u§tfeind jur abfoluten Sr!enntni^ ^dxdo^ bart^ut als burdblauft, ergeben ftd& ©tfttoiertgleiten unb Stocifel »cld^ie fftmmt= lid^ baS menfd^Iid^e @r!enntnigt)ermögen betreffen: ob baffelbe nad^ 9(rt unb Umfang im Staube fei, bie genannte 3(ufgabe gu löfen, unb nic^t bielmel^r Iraft feiner 9latur baS 3«^ öerfe^len unb in bie 3rre gerat^en muffe? ®enn baS meufd^Iidöe erfenntnifeöermögen gilt ent^ h)eber atS bad 3Ser!)eug, loeld^eS bie ®egenftdnbe auS bem S)unfel in baS 8id6t be« 93ett)u§tfein8 bringt, alfo ergreift, bearbeitet unb baburd& Derdnbert, ober als baS äJlebium, moburd^ uns bie ©egenft&nbe er^ fc^einen unb eiuleud^ten, aber jugleid^ nad^ bem ©efe^e gleid^fam ber ©tral^Ienbred&ung biefeS SWebiumS mobificirt unb öcränbcrt merben, fo bag toir in beiben göffen bie ©egenftänbe nicfit unb nie erfcnnen, toie fte finb, fonbern ftets nur, loie fte uns erfc^einen, ober loir ge- nSt^igt finb fie ju betrachten. S)amit aber loirb bie ganje $l^&no« menologie beS ©eifteS als jene Seiter, bie fte fein foQ unb mitL, als jener 38eg ber mal^iren @rfenntnig unb jur maleren Srfenntnig jielloS

» ^egel« aöetfe. II. Söotr. 6. 55 u. 56.

fßoxxtht, Einleitung unb dEintl^eitung. 297

unb Ijinfftttig. ©tott bes ^iminelS bet SBol^tl^eit crfaffen »ir fletS nur bie SBotlen beS ^irtl^umd. ^

Sßenn bie obigen älnna^men rid^tig xo&xtn, fo Mrbe bie ^J^Sno« inenologte nid&t „bcr erfte Sl^eil beS ©^jicmS bet SBBi|fenfd6Qft", fotibern Don Doml^erein bie 93eute beS SfepticiSmud fein; bod^ ifl {te bem leiteten ungugänglid^ unb unübettoinblid^, {te l^at il^n nid^t ju fflrd^ten, ba fie il^n in fid^ trägt, mit fid^ ffll^rt unb als einen n)efentlid^en O^Qctor i^rer äJletl^obe [elbft ausübt. S)ieS 3u geigen unb ju t)erbeut= Itdgen, ift ted^t eigentlid^ ba§ Sllgema i^rer ,, (Einleitung".

2. S)ie falf^e ®Tunblage bed StoetfelS. 2)a8 erfd^etnenbe SBiffen.

S)ie obigen Slnnal^men unb 9luffaffungen finb falfd^, benn fie U- rul^cn auf jener bualiftifd&en ©runbibee, nac^ melc^er 2)inge unb S)enfen, DbiectiüeS unb SubiectiDeS, bie ©egenftönbe unb baS 93elDugtfein, bag SKfoIute unb boS @r!ennen getrennte unb teie burd^ eine jtluft ge- fd^iebene SBBefen finb: ba« Slbfolute auf ber einen 6eite, bag griennen auf ber onberen. Unter biefer Söorausfe^ung freilidö erfdfeeint affeS SBiffen unb bie gefantmte barauf gerid^tete $]^änomenoIogie als un= niöglid&. Slber biefe SSorauSfe^ung felbft ijl grunbfalfd^ unb fd^eitert an ber SEl^atfad&e be§ SQäiffenS, be3 erfd^einenben unb fortfd&reitenben SBiffenS, an ber Srfd^einung beS unma^ren loie beS toaljren SBiffenS unb ber Sl^atfadfte beS Soii^tgangö t)on jenem ju biefem. S)iefen Sottgang in feinem ganjen Umfange f^fiemotifc^ ju begreifen unb auSjufü^ren: eben barin beftel^t bie gegen aQen buatiftifc^ gefinnten SlepticiSmuS tool^lbegrflnbete Aufgabe ber jp^dnomenologie.*

SSBaS bie Öojung ber 3lufgabc betrifft, fo follen bie ©tufen, b. 1^. bie Oformen ober Srfd^einungen beS 9Biffen3 fotool^l in ber S3ollft&nbigs feit als in ber 51 otl^ioen bi gleit i^rcr Sieil^enfolge erlannt unb bar« geftefft toerben. „Sieje ©arfteüung", fagt ^egel, „!ann als ber SBeg beS natürlid^en SetoufetjeinS, baS jum »a^ren SBiffen bringt, genommen toerben, ober olS ber 2ßeg ber 6eetc, toeld^e bie JReil^e il^rer ®e» ftaltungen, als burd& il^re 9latur il^r borgeficdCter Stationen burd^« toanbert." „3)ie Siei^e feiner ©epaltungen , »eld&e baS Setoufetfein auf biefem SBege burd&läuft, ift bie auSfütirtid^e ©efd&id&te ber a3ilbung beS SBetoufetfeinS felbft jur SBiffenfd^aft." 2)ie S5olIftönbig!eit biefer

1 ebenbaf. dinleitunö. 6.57 u. 58. « Cbenbaf. ©.58—61.

298 S^ie $^ftnoinenoIogie btü ®etfle<.

©eftaltungen erl^eüt aud ber 9tot]§tDenbig!ett i^reS t^ortgangS utib

S)er htm 93eiDugt)ein intDol^nenbe StoedE xoxU erfäKt loetben: biefeT Stoetf ip lein anbetet al8 bet SQBiHe jum gtlennen obet SBijfen, toe«- I^q16 ^egel fagt, boS natütltc^e Setougtfein fei ,,nut bet 93egtiff beft S38iffen8 obet ntd&t teatc« SBiffen", abet eS l&abe bicfcn SBegtiff (Stoedt) ju teaKRten, alfo bie JReatität feinet iebefimaliflen ©tlenntnife obet bte äBal^tl^eit beS getoonnenen SBiffend gu ptfifen, b. 1^. bie gewollte obet bejtoeiite SBal^tl^eit mit bet etteid^ten gu Detgletd^en unb babutd^ bie Stfal^tung gu ntadgen, bog ein anbetet fRefultat etgielt ein anbetet ettett^t tootben. Unb gn)at t)et(öuft btefet gange $toceg aus bem eigenften Slntttebe beS SetoufetfcinS felbfi, ol^ne ba§ eS t)on außen be* le^tt, geti)iefen unb gegängelt toitb; eS ift butd^ ftd^ felbft genötl^igt, an ftd^ unb mit ftd^ Stfal^tungen gu machen, unb groat befielet bad butd^gangige ST^ema aOet feinet (Stfal^tungen batin, baß bie Slefultate fletd anbetS audfaQen als bie Slbfid^ten obet S^otauiSfe^ungen, bag im aSettauf feines 6t!ennenS immet am (Snbc jebet Station etwa« gang anbeteS l^etauSfommt, als im 93eginn gefuc^t unb gemeint toat, ba§ aus jebet feinet ©tufen baS Setoufetfein als ein anbeteS l^etöotgel^t, als l^ineingel^t. @oId^e Stfa^tungen finb eS, butd^ bie man bele^tt n)itb; ballet I5nnte man bie l^egelfd^e ${)dnomenologie, bie baS menf<!^' lid^e 93eiou§tfein ben t)oIIftänbigen S^KuS folt^et Stfa^tungen mad^en unb etleben läßt, füglidö unb ttcffenb bie ßel^tial^te beS SBetoufet* feinS nennen, baS SQBott fo genommen, »ie cS ©oetl&e in feinem 9BiI]^etm SJleijtet angeioenbet l^at.^

@S liegt in bet Statut unb bem ®ange beS 93eiougtfeinS, baß eS eine beftimmte Sßal^t^eit etgteift, fic^ aneignet unb burd^btingt, eben babutd^ in il^tet 9tid(|ttgTeit erfemit unb niiebet aufgiebt, fo baß fein SBcg, nut Don biefet ©eite bettadfetet, als bet S38eg beS 3ti>eifelS, ja bet aSetgmeiflung etfd^eint, »enn baS Slcfultat bet Slefuttate fein anbeteS ift als bie 9lid^tigfeit aQet. Unb bie ^l^dnomenologie, tnbem fte biefen S35eg beS 3weifelS etleud^tet unb batfteüt, ift felbft ,,bet auf ben gangen Umfang beS etfd&einenben SBiffenS fid& tid^tenbe ©fepti- ciSmuS'\ bet abet !eineSn)egS niljilifiifd^ gu nel^men ift, als ob eS mit aKen äBa^t^eiten eitel nid)tS mdte, fonbetn eS ^anbelt ftd^ ftetS um eine beftimmte SBa^tl^eit, bie etlebt unb ausgelebt, butd^bai^t, gu Snbe

» dbenbaf. einleihmg. S. 61 u. 62. « Cbenbaf. 6. 68 u. 64.

^onebf; Q^inleitung unb (Sint^eilung. 299

gebadet unb Verneint iDttb, tDorau9 ftd^ ate baS Snbrefultat {eineStuegS Stid^tS, fonbeTtt eine neue unb I^SI^ere SBol^rl^eit ergiebt. S)er SSerlufi jeber beßimmten SBal^rl^eit i{l ber @elDtnn einet neuen, ebenfalls be- ftimmten. S)ie SSebeutung bed f^ortgangS ift ballet ntd^t ni^tüfiifd^, VDo\)l aber negatit), baS 2Boct in bem eben erKAtten €inn Detßanben. ,,2)er @!e))ticiSntuS, ber mit ber ^bfiraction beS 9'iic^tö ober ber Seer» ^eit enbigt, !ann t)on biefer nid^t meiter fortgeben, fonbern ntug eS ern)arten, ob unb toad i{)m etma Steuer ftd^ batbietet, um eS in ben- fetben leeren Slbgrunb gu »erfen. 3nbem bagegen baö SRefultot, xoit eS in SQBö^t^eit ift, aufgefaßt wirb, als bejlimmte 5Regation, fo iji bamtt unmittelbar eine neue Oform entfprungen unb in bet 9legation bet Uebetgang gemaiftt, toobutc^ fid6 bet f^ottgang butd6 bic t)ott= jiänbige Sfleil^e bet ©ejlalten t»on felbji etgiebt/*

3ur aSoKftänbigfeit bet Steige gel^ött baS 3iel. 3)et Qfortgang ift toeber ergebnislos noci& jielloS. S)aS Settju^tfein ift genöt^igt, fiber jebe feiner (Sefialten ober Srfc^einungen l^inauSjugel^en, bis eS nid^t weiter lann. Um bie ©cwatt biefer 9'lotl^wenbigleit, bie Unoufl^altfam* feit biefeS gfortgangS red^t beutlic^ auSjubrflden, bejeid^net fte ber ^ß^ilofoj)]^ als ein „^^inauSgetrieben« unb ^inauSgeriffenwerben". ©er $un!t, Aber weld^en baS 99ewugtfein nid^t me^t l^inauS fann, ift baS 3iet, wotin eS Stu^e unb 93eftiebigung finbet. SBelc^eS biefeS 3iet fein wirb, Id^t fidg DotauSfel^en. S)ie ®eftaUen obet Stfd^einungen beS SSewu^tfeinS ftnb gleid^fam ^fillen, bie Don @tufe gu Stufe butc^» fid^tiget wetben, bis bie le^te ^üDe fällt unb nunme^t in baS DoUfte ßid^t tritt, was aüen Stfd^einungen gu ©tunbe lag unb pe l^erDor= getrieben l^at. 2)ann i{l, bilblic^ ju reben, baS SBilb Don @a'iS ent= fc^leiett. Unb WaS anbereS l^at allen biefen €rf(6einungen gu ©runbe gelegen, tl^ren fiern unb i^r Sßefen auSgemad^t, als baS SBewugtfein felbft, baS SBiffen? S)ieS war ber gu tealifitenbe fflegriff, baS I^ema bet gangen Cntwidtlung. SQSenn nun baS SBBiffen felbft gum ©egenjianbe bcS Se« wufetfeinS gewotbcn, baS SBiffen als fold&eS, baS teine, unDettittüte, abfolute SBiffen, fo ift baS i^ema ausgeführt: bet SBegriff ift gleidö bem ©egenjianbe, bet ©egenftonb ift gleid& bem SBegtiff, beibc ent» fpred^en einanber DoDIommen. @o erflört fid^ bie folgenbe, fc^wierige unb für baS SSerfiönbnife ber ^Phänomenologie ]^5(Jft wid^tige ©teile: „S)oS 3iet aber ift bem SBiffen ebenfo notl^wenbig, als bie Sflei^e beS

1 Sbenbaf. Einleitung. 8. 62 u. 63*

800 2)ie $^&nomenoIo|)te bed (BeifteS.

OfottgangeS, geftedt; eS tft ba, too t8 ntd^t tnel^r fl6er ftd^ feI6fl l^ittauS» guge^en nötl^ig f^at, tDO eS fi(^ felbfi ftnbet; unb btx S3egriff betn ©egenftanbe, btx ®cgenf!anb betn S3egriffe etitfpttd^t. 2)er Ofo^tgattg gu biefem Stele tft ba^er aud& uttaufl^altfam, uttb auf !ettter frü^erett Station tft 93efriebtgung ju finben. 9Ba8 auf ein notürlidgeS Seben befd^rAnlt ifl, Derntag butd^ ftd^ felbft nidgt fiber fein unmittelbares S)afein l^inauSguge^en; aber eS mirb burd^ ein anbereS barüber l^inaud- getrieben, unb bieiS ^inauSgeriffeniDerben ift fein S^ob. S)a8 SBetougt« fein aber ift für ft* felbfi fein »egriff."*

3. S)ie SO^et^obe ber 9(uftfü^rung.

1. S)er gefammte Qfortgang beS SBetoufetfeinö t)on ber niebrigften €tufe bis gur l^öd^ften gefdbielgt burdg bie immer erneute Srfal^rung, bag ber ©egenftanb in Sßal^rl^eit ntd^t fo ift, iDie baiS Semugtfein ge^ meint l^at, ha^ er fei, bog er bem 93egriff, toeld^en bad 99etDu6tfein Don il^m gefaxt unb gel^egt, nid^t entfpric^t: ber ©egenftaitb unb ber 93 e griff, baS finb bie beiben äJtomente, in beren ä^ergleid^ung baS burdggdngige Xl^ema beS SSemu^tfeinUb^ftei^, ber S9egriff ift ber äJtaagftab, ber an ben ©egenftanb gelegt unb mit biefem ))ergli(i6en loirb, um gu ))rfifen, ob beibe einanber gleichen ober nid^t, ob ber ©egenftanb bem 93egriffe entf))rtd^t ober toiberftrtitet. ,,2)enn bie ^Prüfung befleißt in bem anlegen eines angenommenen SJlaa^fiabeS unb in ber fic^ ergebenben ©teid^l^eit ober Ungleid^^eit beffen, loaS geprüft n)irb, mit i^m, bie @nt)d^eibung, ob ed rid^tig ober unrid^tig ift, unb ber SJlaagftab flberl^aupt, unb ebenfo bie äBiffenfd^aft, »enn fie ber 3}iaagftab todre, ift babei als baS äBefen ober baS S(nfid5 angenommen."* *

2. S)aS 93etougtfein Derl^&It fid^ jum ©egenftanbe auf gn^eifad^e %rt; es mug ftd^ fomol^I auf btn ©egenftanb begießen als r>on bem- fetten unterf d&eiben : in ber Segic^ung beS SSewu^tfeinS auf ben ©egen- ftanb befielet baS SBiffen: baS ift ber ©egenftanb, mie er im a3etDu6t« fein ftd^ barfteHt ober erfd^eint, ber gefugte ©egenftanb; nun aber fommt bem ©egenftanbe als fold^em aud^ ein Dom 93emugt[ein unter« fc^iebeneS, i^m felbft angel^origeS @ein gu, ein Sein an fid^ fettft. 6s finb bemnatft, mas ben ©egenftanb betrifft, biefe beiben 9Jlomentc U)o]^I gu unterfd&eiben: fein (auf baS SSemugtfein) 93egogenfein unb

ebenbaf. Einleitung. S. 63. « ©benbaf. B. 64.

93otrebe, (Einleitung unb Sint^eilung. 301

fein (Dom SSetDugtfein) Unterfd^iebenfetn; unb ba ein anbetet ber ©egenfianb, ein anbereS boS SBelou^tfein tft, fo fann bad SBejogenfein beS ©egenßanbed ober ha8 Sein beffelben für baS 93etDU^tfein aud^ fein ^ütanbereSfein g^nönnt »erben, S)ie beiben in Slnfel^unfl beS ©egenfianbe« tool^l gu unterfd^eibenben Seiten ober aWontentc finb bemnad^ fein „SütetnanbreSfein" unb fein ^Slnfid&felbfifein". S)iefe abftracte unb flreng logifd^e SfuSbrudFsioeife ift nid^t Don ^ege( erfunben, fonbern in il^rer Slnioenbung auf ba8 93eU)u^tfein unb beffen (SntioidElungSgang fd^on Don g^id^te Dorgebilbet. ^

S)qS 93eiougtfein bejiel^t unb unterfdgeibet: unterfd^eibet bie 3lrt, toie ber ©egenfianb il^m erfc^cint (für baS SBeiou&tfein ober für ein anbereö ift) unb toie er an fid& felbfl ifl, eS unterfd&eibet bie 6r= fd^einung beS ©egenfianbed Don feinem SBefen unb Dergleid^t beibe: eben barin bepelzt feine ^Prüfung unb bie SRotl^toenbigfeit feine« 3fort= fdgrittd. SBqS bol^er bad SBefen ober boS Wnfidg beiS ©egenflanbeS genannt loirb, ift leinesioegs augetfialb beS SeD^u^tfeinS unb unab- l^öngig Don il^m, fonbern ebenfalls für baS SSeiougtfein unb burd^ boffclbe. 6onft fönnte ia audfe baS SBetoufetfein ben ©cgenjtanb unb feinen Segriff, ben ©egenjlanb, »ie er für ein anbereS unb toie er an fid6 ifi, nid^t mit einanber Dergleid&en, toenn nidfet beibe SOtomente DoÖs lommen in baS 99etDugtfein felbfl fielen. „S)aS 9BefentIi(^e aber ifi, bieS für bie gange Unterfud^ung feftgul^alten, ba^ biefe beiben SJlomente, Segriff unb ©egenpanb, fJüreinanbreS* unb Slnfidöfelbpfein, in baS SBiffen, baS loir unterfud^en, felbfl faffen unb l^iermit wir nid&t nötl^ig l^aben, Sfflaafefläbe mitgubringen unb unfere ginföffe unb ©e= ban!en bei ber Unterfud^ung gu at)^Iiciren; baburd^, ba^ wir biefe weglaffen, erteid^en wir eS, bie @ad^e, wie jte an unb für fid) felbfl ifl, gu betrad&ten/*

3. SKer Ofottfd^ritt beS 93ewugtfein§ Don einer @tufe gur anberen berul^t auf bem SBiberflreit gwifd^en bem ©egenftanbe unb feinem Se* griffe, gwifc^en ber ßrfd&einung beS ©cgenftanbeS unb feinem SBefen, gwifd^en feinem gfflreinonbreSfein unb feinem Slnfidöfelbflfein: auf biefem bem SBewu^tfein einleud^tenben SBtbcrftreit; biefer SBiberflreit felbft aber erl^etlt aus ber Prüfung, wie fid^ jene beiben äJlomente gu einanber Derl^alten, unb biefe Prüfung befleißt in ber S^ergleid^ung beiber, bie fid6 ol^nc jebeS anberweitige 3utl^un au8 bem Scwufetfein felbfl ergiebt

^fß^l. biefes aBerl (altere fluSgabe). »b. V. »u« III. ^ap. V-VH. @. 462 bis 465 flgb. (@. 465—498.) - » ^egelS Söeife. IL ßinl. 6. 66, JOgf. ©. 69.

302 2)ie ^^änomenologte beS ©elfte«.

unb red^t etgentlid^ beffen Xl^etna ttnb £]^ättg!eit auSmad^t. 2)q nun boS Sefen ober boS ^nftd^ bed ©egenfionbeS nad& bem 2)offlr]^aIten be§ 93etDu^t{etnS felbft btefem gor nid^t anfitl^rt, fonbem DöKig auger» l^alb feiner liegt unb DDUig utiabl^Angig Don ilgm befleißt, ober, anberS QuSgebrficft, ha baft 99en)ugtfetn, inbem ed Don ber Srfd^etnung beS ©egenfionbeS bad SBefen ober 9(nfid& beffelben unterfd^eibet, fi(^ ber SSoifteOung beS (edieren ol8 feine§ ©egenftonbeS unb feines ®e= banlend gor nid^t beiougt \% fo gefd^iel^t feine Prüfung unb SSergleic^ung unto!nfflTnd6 unb unbetouftt, unb ebenfo unn)itt!ürKd& unb un= betonet ber barauf gegrünbete Qfortfc^ritt, b. 1^. bie JBeränberung feines StonbpunltS, unb mit bent @tanb))unfte beS SBetou^tfeinS (SSiffenS) Qud^ bie SSerdnberung feines ©egenftanbS. „S)er ©egenftanb fc^eint gioar fttr baffelbe nur fo gu fein, lote eS il^n n)eig; eS fd^eint gleidgfam nid^t bal^inter lommen gu fönnen, toie er nid&t fflr baffelbe, fonbern teie er an fid^ ifi, unb alfo aud^ fein SBiffen nid()t an il^m prfifen ju !önnen. Slllein gerabe barin, ba^ es überl^aupt t)on einem ®egen= flanbe n)eig, ift fd^on ber Unterfdgieb Dorl^anben, ba^ il^m etioaS baS Slnfid^, ein anbereS äJloment aber baS SSiffen ober baS @ein beS ©egenftanbeS fflr baS Setou^tfein ift. Stuf biefer Unterfd^eibung, tt)eld&e Dorl^anben ifi, berul^t bie 5ßrüfung. 6ntfprid6t ftd& in biefer SSergleid^ung beibeS nid^t, fo fd^eint baS SSeiougtfein fein SBiffen finbem }u mflffen, um eS bem ©egenftanbe gemäg ju ma($en, aber in ber !Derdnberung beS äBiffenS änbert ftd() il^m in ber S^l^at aud^ ber ®egen= flanb felbft." 1

4. SBaS bem SSemu^tfein als ber toirltid^e ©egenftanb erfdgien, l^ört auf ats fold^er gu gelten, er gel^t im Setougtfein unter unb ftnft l^erab in bie Stegion ber fubjectiDen äJleinungen unb SSorfteOungen irriger ^rt; loaS bagegen baS 93etou^tfein als baS SBefen ober baS Slnfi^ beS Objects angefel^en ^t, ge^t nunmel^r auf ais ber toal^re unb neue ©egenftanb. (Eben barin befte^t bie umoiKfürlid^e unb un- befugte SRetamor^l^ofe beS SeiougtfeinS, »eld^e gu erlennen unb bar- gufteOen baS Sl^ema ber $^&nomenoIogie ausmacht. „3)ies bietet ft(^ ^ier fo bar, bag, inbem baS, loaS guerft ats ber ©egenftanb erfdgien, bem 93en)ugtfein gu einem äBiffen Don il^m ^erabfinlt, unb baS Sfnf id& gu einem fflr baS 93ett)ugtfein @ein beS Snfidg n)irb, bieS ber neue ©egenftanb ift, loomit aud^ eine neue ©eftalt beS 93en)ugtfeinS

Sbenbaf. Einleitung. €«67,

aOonebc, (ginleitung unb üitit^eilung. 803

ouftritt; mlä^tx ettnaiS onbereiS baS SSefen ift, aU ber üorl^ergelgenben: biefer Umflanb ed, toeld^er bie ganje O^olge ber ©eflalten beS 93e- »ugtfetniS leitet. 9lur biefe 9lot]^tDenbigIett felbft ober bieSntftel^ung beiS neuen ®egenfianbeS, ber bem 93ett)uBtfetn, o^ne )u tt)tffen, n)te ilgm gefd^tel^t, ftd^ borbtetet, ifi eis, idqS für und gleid^fam l^tnter feinem Sftüdten t)orfle^t."^

5. S)aS ntenfd^Itd^e Seben gleid^t barin einem ®ef))räd&, bag fid^ im fioufe ber Lebensalter unb SebenSerfa^rungen unfere Slnftd^ten t>on SJlenfdgen unb 2)ingen aümdlglid^ umgeftalten unb t)eränbern, tt)ie bie SReinungen ber Unterrebenben im Saufe eines frudbtbaren unb ibeen^ reid^en ©efpr&d^s. 3n biefer untt)iDffirli(i^en unb notJ^toenbigen Um« geftaltung unferer SebenS- unb SBeltanfidgten befleißt red)t eigentlid^ bie @rfal^rung, toit mir fd^on eben bargelegt l^aben.' S)arum ^at ^egel ben ®ang beS 99eiDugtfeinS, inbem er benfelben mit bem ©onge eines ijl^tlofopl^ifd&en ®efl)rad&S (8iaXiYsa*at) Dergleid^t, mit bem äBorte S)iale{ti{ ober bialeftifd^e SSetoegung bejetd^net, meld^er ^(uSbrud fd^on t)on $Iato, SriftoteleS unb Aant in l^erüorragenbem unb öerfd&iebenem ©inn gebroud6t ttorben ifi, ober in feinem ©^flem eine fo umfaffenbe 93ebeutung erlangt l^at, als in bem l^egelfd^en. „Siefe bialeltifd^e 93ett)egung, tt)eld^e bas 93eli)ugtfein an i^m felbft, > fottol^l an feinem SSBiffen, als an feinem ©egenjianbe ausübt, infofern 1 i^m ber neue toa^xt ©egenftanb barauS entfpringt, ifi eigentlid^ ( basjenigc, tt)aS ßrfal^rung genannt »irb."'

@o totxt bie 92ot]^tDenbigIeit l^enfd^t, fo toeit erftredft ftd^ baS ®ebiet ber Sßiffenfd^aft. Ser ®ang beS 93etDugtfeinS, ba er ben Sl^aralter ber 9lot]^menbig{eit l^at, ift ®egenf}anb einer Sßiffenfc^aft: S)iefe aSiffenfd&aft ift bie ?J^ftnomenologie. SBir l&aben fd&on gefagt, ttie auf ber l^öd^jien ©tufe, »o ber ®ang beS SetoufetfeinS enbet, baS Jffiiffen ober bie SBiffenfdftaft felbft als ber roal^re, bem Segriff völlig gemäße ®egenftanb an baS Sid^t tritt. 3)arum fagt ^egel t)on bem not^toenbigen ®ange beS SetoufetfeinS unb feinem 3i«fe: «©urd^ biefe/ 3lot^tt)enbigfeit ifi biefer SBeg jur Sffliffenfdfeaft felbP fdfeon 5!Biffen=i fd^aft unb nadg il^rem ^nl^alte l^iermit 9Eßiffenfd^aft ber @rfa]^rung beS SBetoufetfeinS".*

6. SBenn )oir bemnad^ bie ^J^dnomenologie mit il^rem ©egenfianbe Dergleidgen, fo trägt biefer fo fel^r ben 6^aralter ber inneren fRoÜ)'

1 (gbenbttf. 6. 69. 6. oben 6. 298, ©. 302. ^egeU Sßetle. n. (EtnI. 6. 67. - * aSgl. oben €. 299 ftgb. ^egclS SBerte. II. iBinl 6. 69.

304 2)te ^^ftnomenologie bed ©eifiei».

koenbigleit unb eigenen ©efe^mAgigtett in fid^, ba% biefe nid^tg qnbreS ju tl^un l^at, aU ben ®ang beS ädelDU^tfeind ju Verfolgen unb ju be« ttad^ten. @8 bleibt il^r, »ie ^egel fagt, ,,nur bad reine Bufe^en". .,9ltd^t nur nad^ biefer Seite, bog 93egriff unb ®egen{tanb, ber Tlaa^» {tab unb baS }u ^rüfenbe, in bent SSelouBtfein felbfl Dor^anben i{t, toirb eine Sutl^at t)on und flberflüffig; fonbem )Dir toerben aud^ ber 3Slti^t ber 93erglei(l6ung beiber unb ber eigentlid^en ^rflfung'über^ ^oben, fo bog, tnbem boiS 93eto)ugtfein ftd^ felbft prfift, und au(( t>on biefer Seite nur ba9 reine 3ufel^en bleibt/' ^

Stmad aber l^at ber SSetrad^ter t)or feinem ©egenfJanbe üorauS, unb eben barin unterfd^eibet ftd^ bie ^l^ftnomenobgie beiS ©eified t^on il^rem ©egenftanbe, nftmlid^ bem in feiner unioilßarlid^eit Umgefialtung unb aJletamorp^ofe begriffenen aSemugtfein: mag nad^ bem ilMhtndt $^g^Id ^gleid^fam l^inter bem StfldEen beiS 99elDugtfein8 gefd^iel^f, bad ift bem t^j^ftnomenologifd^en Setrad^ter einleud^tenb unb gefd^iel^t Dor feinen Sugen. ^aS 93emugtfein glaubt, bag ieneiS Slnfid^, iDomit ed ben ©egenjianb t)ergleid6t unb ))rflft, au^erl^alb feiner @))lgare ifl unb MQig unabhängig t)on feinem SSiffen unb äJleinen, e8 meig nid^t, baB biefed Snftc^, ber SJlaagftab feiner 93ergleid^ung unb Prüfung, auc^ fein ©egenftanb unb @eban!e ift; bied aber mti% ber ))^anomenoIogifc(e Setrad&ter. S)ie ^erfonen, bie eine ®efd6id6tc erleben, toiffen nW, tt)ol^in fie treiben; »ol^I aber toeig eS ber ßrjöl^Ier, ber bie ®efd^id^te mit t)ölltger Dbiectiüitöt fd^reibt unb biefelbe genau fo gefd^e^en {dgt, ttie fie in SBal^rl^eit t)erlaufen ift. SBie ftd^ bie @r)äl^Iung t)on ben ^erfonen il^rer ©efd^icftte unb bereu ©d^idtfalen unterfd^eibct, fo unter- ftfeeibet fid6 bie ^l^dnomenologie t)on bem ®ange unb ben Srlebniffen ober Erfahrungen bed SemugtfeinS. 3u bem ®ange unb ben Erfahrungen beS 93ett)ugtfetnd gel^ören eine 9lei^e not^toenbiger S^Aufc^ungen unb ©elbfttaufdöungen, bie erlebt unb erlitten »erben muffen, um'erlannt }u loerben; bie ^l^dnomenologte bagegen burdgfd^aut biefe Zftufd^ungen unb felbfl baDon frei.

III. 3)er Stufengang bed SSemugtfeind. 1. 2)ie ^au^tftufen.

2)a baS SBemugtfein fidg felbfl fottol^l auf bie ®egenftAnbe bejie^t als baDon unterfd^eibet, fo finb bie S)inge unb baS eigene @elbfl bie

1 Sbenbaf. ^Einleitung. 6. 66.

S)ie 9^änomenolx)gic beS ®et{ie8. SSorrebe, (iinIcUung unb (iint^ctlung. 305

Sl^emata fetner (etben erßen ^auptftufett: bie erfte Stufe bad gegen- ftAnbUd^e 99eto)ugtfetn, bie jmeite ba0 SeKfibetDU^tfein. 9ßit miffen bereits, bag bie l^d(^jle unb le^te Stufe baS reine, unüerl^Uttte ober abfolute SBiffen fein toirb.* SDamit ftnb brei ^auptflufen gegeben, bie beiben erflen unb bie le^te: baS 99eto)u^tfein, baS @elbf}ben)ugt= fein unb baS abfotute äBiffen.

2)ad gegenftdnblid^e Semugtfein unb baS @elbflben)ugtfein Der- maßen fid6, »ie bie ©egenjlftnbe unb unfer ©elbji, »ie Dbiectiöe« unb ©ubjectiDeö, beren ßinl^eit ober Sbentität gemftfe ber abentitfttslel^re bie äJernunft ift: bal^er ift bie SJernunft baS Z^tma ber britten ^auptftufe, bie fid^ q(3 baiS SSernunftbetougtfein lennjeid^nen I&gt. 3)ie SJemunft aber nad6 l^egelfd^er ßel^re ift, um in l^egelfd&en SluS= brflden ju fagen, nidöt ©ubjianj, fonbern ©ubject, b. 1^. fie ift felbji= betDU§te aSernunft ober ®eifi; bie Offenbarung beö ©eifieS ift bie SBeltorbnung unb beren l^öd^fte @tufe bie ©otteSibee in ber SSelt, b. i. bie 95orfteIIung be§ ©öttlid^en (9lbfoluten) ober bie JUeHgion, bie fid^ in ber toal^ren ©otteiSerfenntnig DoIIenbet. 2)ie malere ©otteS« erlenntnig ifl bai^ abfolute SBiffen.

2)emnad6 unterfiigeibet bie ^l^Anomenotogie jioififien ber jloeiten unb legten ©tufe, atDifc^en bem ©elbfibetoufetfein unb bem abfoluten SBiffen biefe brei §au|)tftufen: bie „Vernunft", ber „©eiji" unb bie „Sleligion".

2, ^ie ttiabtf(|e Otbnung. Um nun bie (Sintl^eilung ber ^I^AnomenoIogie mfigUd^ft in ber il^m mufiergflitigen triabifd^en Drbnung barjupeßen, ^at ^egel brei ^au))tftufen unterfd^ieben unb bie le^te Dierfad^ gegliebert. S)iefe brei ^aut)tiiufen finb: ^A. Setoufetf^it, B. ©elbpetoufetfein, C. Vernunft", bie Dier ©lieber ber britten ©tufe finb: „AA. SBernunft, BB. ber ©eift, CC. bie Sfteligion unb DD. baö abfolute SBiffen". 3n biefer 2lrd6ite!toniI erfdfeeint bie SSernunft jioeimal: fie ijt bie britte ^aupt» fiufe C. unb jugleid^ beren erjieS ©lieb C. (AA.).*

3. S)te ®rensen. S)ie erfte ©tufe beS gegenftdnblidöen SäetoufetfeinS fann feine anbere fein als bie ber finnlid^en ©ettifel^eit, toie aud6 5piato in feinem Sl^eätet

» 6. oben ©.299. « A. SBctoufttfeln. 6.71-126. B. ©elbflbetoufttfein. ©.127-168. 0. (AA.) aSernunft. ©.169-316. BB. S)er ®eiii. ©.317-491. CC. S)ic Siciijjion. ©.492—573. DD. 3)a« abfolute SBiUen, ©.574-591.

306 2)a8 flegeitfi&nbltd^e IBctou^feiit.

bte alodifja!!; ali bte erße unb untetfle @tufe beS SßiifenS er- flfttt l^Qtte. 2)er ®ang bed a3eto)u§tfein8, toxt bte ^^dnomenotogte benfelben barfteOt, erfiredt ftd^ ballet toon ber ftnnlid^en ®eto)i§^t bU 3um Qbfoluten äBiffen.

@ed^{le8 Sapitel. 9ii$ gegenfUnMii^f irnnftfetn.

I. 2)ie finnlid^e ®ett)tg]^ett.

1. 2)ic obiectiDfie, tct^fie unb concrctefie tBal^r^eit.

3eber Stnfang gefd^iel^t unmittelbar, benn toaS oertnittelt tt)irb, fangt nid&t on, fonbern tfl fd&on im Ofortgange beflriffen. S)a8 um mittelbare, toeil burd^ !eine befugte ®eban!enfoIge t)ermittelte SBiffen ift ftnnli^, unb ba allein unmittelbare SSiffen ben (Sf^axalUx ber ®e- toig^eit l^at, fo !enn)ei$net ftd^ ber Anfang unb bie erfte @tufe bed 93ett)ugtfeind aU bie ber finnlid^en ®ett)ig]^eit. Sem 93etDuitfein felbjt erfd^eittt biefe ®e{lalt feines SBiffend al§ bie gegenftfinblid^fte ober reatfte, ate bie reid^fte unb aU bie loal^rl^afteße: fie erfd^eint als bie gegenßftnblid^fte, benn ber ftnnlid^e ®egenf}anb, tpie biefeS 93etcugt- fein meint, ift bie ameifellofe Siealitftt, er lönnte nid^t empfunben iDerben, loenn er nid^t m&re, er ift, gleid^Diel, ob xdxx il^n empfinben, t)or{ieaen unb loiffen. 2)ag ber ®egen{}anb ift, bieg iflbaS Sßefent> lid^e; ba% er gemußt n)irb, ift unmefentlid^, gleid^gültig unb gufAlIig; baS @ein be8 ®egenftanbeiS ift bie ^auptfad^e, baS Sein beS l^etougt« feinS bie t)bllig abhängige 9lebenfad^e, bie au(^ eben fo gut gar nid^t ju fein brauchte. 2)ie finnlid^e ®etDig^eit erfd^eint fid^ ate baS reid^fte äBiffen, »eil feine ®egenftanbe ftcb fo »eit erftreden als 3eit unb SRaum; enblid^ gilt fie il^m als baS mal^rl^aftefte, meil t>oU' ftAnbigfie SBiffen; benn fie ligt il^re ®egenftdnbe, mie fie finb, fie nimmt nid^ts t>on i^nen n)eg, mie eS baS SDenlen oermöge feiner Vb- flraction tl&ut.^

2. 2>te fulbiectiDile, ftrmfie unb abjlractefte SS^a^rl^cit.

93ei n&^erer ^[hrilfung aber jeigt ftd^ aldbalb, bag eS ftd^ mit ber finnltd^en SBa^rl^eit feineStoegS fo toerl^ilt, toie baS Semugtfein glaubt:

i übcnbaf. II. A. Setoufttfein. I. ^ie flnnlt^c Oetotgl^ett ober bai SHefei unb- bai aOlleuicn. 6. 71—82. 6. 71 flgb. 6. 75 flgb.

S)aiS gegenflftnbli^e Sdetougtfein. 307

fte i{l nid^t Don allen SBal^rl^etten bte realfie, rei(^jie unb concretefte, fonbetn im ©egentl^eil bie fubjectiDfie, ärmfie unb abfiractefte. Unb itoax fiefd^iel^t biefe ^tfifung nid^t burd^ und, fonbetn burd^ bie finn- litte ©etoiBl^eit felbft, inbem fte il^ren ©egenfianb auf bie ^obe fleQt unb mit ber t>ermeintlid^en äBol^rl^eit t>ergleid^t. 2)a]§er gem&l^rt fie uns fogleid^ ein SSeifpiel bed im Dorl^ergel^enben Sapitel enttt)idEe(ten X^pud jener ^rflfung, bie ben Gang bed 99ett)u§tfeinS belegt unb Dotloartö treibt.

2)Qd Dbject ber ftnntid^en ®en)ig]§eit ifi ettoaS fd^led^t^in Sin- aetneS, ein S)iefed im Unterfd^iebe t)on allem anberen, geitlid^ ge^ nommen, ein Se^t, rfiumlid^ genommen ein ^ier: btefeS gegenftdnblid^e 3e^t; biefes gegenftAnblid^e^ier, beneu aU Subject biefeiS einjelne, ftnnlid^e 3d^ entfprid^t. 5Diefe8 Se^t, tt)eldge8 ba8 einjelne ftnnlit^e 3d^ t)orfteIIt, ift ytaä^t, nad^ einiger 3^it tft eS nit^t mel^r IRad^t, fonbern STlittag, »ieber nad& einiger 3ßit 5lbenb u. f. f., aber immer ift unb bleibt eS „biefe« ^e^t". S)o nun „biefem ^e^t" unenblid^ t)iele eingelne Seit* beftimmungen julommen, ba eS fotool^I 9lad^t als aud^ SJlittag fein !ann unb toeber IRad^t nodg STlittag au fein brandet, fo ift biefeS ^t^t nif^t ettoaS fd^Ied^t^in SinjelneS, fonbern ))ielme]^r ettoaS fd^Ied^tl^in allgemeines.^ S)iefelbe Setoanbtni^ l&at eS mit „biefem ^ier", toeld^eS 93aum, ^aus u. f. f. fein lann; biefelbe 93ett)anbtnig l^at es mit bem einjelnen, ftnnlid&en 3d&, »eld&eS jeber fein lann. SDie finn= lid^e ©etoi^l^eit erfährt bemnad^, ba§ meber il^r ©egenflanb nod6 i^r ©ubject ben €l^arafter ber Sinjelnl^eit l^at, »orauf fie pod^t fonbern bag, bei fiidgt befel^en, b. Ig. nAl^er geprfift, ftdg beibe als bie abftractefie SlQgemeinlgeit ertt)eifen.

MeS bemnadg; n)aS bie ftnnlidge ®ett)i§]geit Don i^rem ®egen* ftanbe unb ftdg auSfagt unb ausfagen !ann, finb lauter Slllgemein* l^eiten.* SDiefeS 3e§t fmb alle möglichen S^tpunfte, biefeS $ier aße mbglidgen DrtSbeftimmungen unb 2>inge, biefeS 3d6 aVe möglidgen ^erfonen. S)ie ftnnlid&e ©etoi^^eit Igat auS ©rflnben ilgrer Selbfi= Prüfung ftd^i über ilgre ©egenftftnbe unb il&r eigenes 3d& ju erflären, b. ^. auSaufpret^en. Sinen ©egenflanb auSfpredgen, Igeigt benfelben DeraQgemeinem, loie eS bie logifdge ober, toie ^egel fagt, ,,bie g5ttlidge Slatur ber ©pradge" mit ftd& bringt.

» ebenbttf. 6. 72-76. - Cbenbaf. 6. 76-79.

20*

308 S)aS gegcnfi&nbli^e SetDugtfein.

3. Xai 9IuSfptc4en unb baS Hufaeigcn.

3)te ftnnttd^e ®ett)igl^ctt erf&l^tt, fofialb ftd^ biefelbe in SBorten erll&rt, baS (Segentl^eil t)on bem, loaS fte eigentltd^ meint; ha^ Sinjelne, »eld^eS fte meint, ift unfagbar. SBiQ fte an il^tem ©egenftanbe feft- l&altcn, biefem 3c§t, biefem §icr, fo mu§ fte an bie ©teile ber fpraiift« lid^en SrHArung bie J^anbgreiflid^e S>emonjh:ation treten laffen, fte mug ben ©egenftonb auf geigen, biefeS Dbiect, unbelflmmert um ade anbern, boS etnjelne €ubj[ect muB ed tl^un, unbelammert um ade anbeten ©ubjecte.

äBenn aber baS SBefen unb bie SBal^rl^eit ber @ad^e barin be« fielet, ba% fie gejeigt unb geiDiefen ttirb, toa^ aOein burd^ bag ftnn« tid^e ©ubiect gefcbel^en fann, fo ift au(^ nidgt mel^r ber ©egen^anb baS 9Be[entIid^e, t)on bem ba8 9ßiffen abl^Angt, fonbern bie ®ett)igl^eit gel^t in baS ©ubject gurfldE unb biefeS mit feinem ^anbgreiflid^mad^en ift bie ^auptfad^e. „Beigen mflffen mir eS und laffen, benn bie 9Sal^r^eit biefer unmittelbaren SSejiel^ung ifl bie SBal^rl^eit biefed 3(6r bad ftd^ auf ein 3e^t ober ein ^ier einfd^ranlt." ^@d erlgeQt bag bie 2)iale!ti{ ber finnli(^en ©emig^eit ni(^t8 anbereiS als bie ein- fädle ®efdgic(te il^rer 99emegung ober i^rer Srfal^rung unb bie ftnn- lidge ®en)ig]^eit felbfl nidgtd anbereS ate nur biefe ®efd^i(^te ift."

SBie unfelbfiftnbig unb nid^tig bem ©ubject gegenflber bie finn- Ixittn Dbjecte finb, erbeut nod^ befonberS aug ben ))raftifd^en SSe- giel^ungen, au9 il^rem ®ebraud^ unb SSerbraud^ ber 3Jl\tUl, namentliiib ber 92a]^rung8mittet, tt)orauf ^egel auSbradflid^ m^t^ologtfirenb l^inmeift. ,,a9ei biefer Berufung auf bie allgemeine Srfal^rung lann eiS erlaubt fein, bie SRadfid^t auf bafi ^raltifdge gu antictpiren. 3n biefer Stfid- fi(^t lann benjenigen, n)eld&e iene SBeiSl^eit unb ®emigl^eit ber Siealitat ber ftnnlid^en ®en)i§^eit bel^aupten, gefagt loerben, haf^ fie in bie unterfte ©tufe ber SBeiSl^eit, nftmlid^ in bie alten eleufinifd&en SDl^perien ber €ere8 unb beS Sacd^uS gurfidautoeifen finb, unb bad ®e]^eimnig beS SffenS bed Srobed unb beS Sprintend bed äßeined nid^t gu lernen ^aben, benn ber in biefe ®e^eimni{fe Singemei^te gelangt nid^t nur gum 3tt)eifel an bem ©ein ber ftnnlid^en 2)inge, fonbern gur 93ergtDeif= lung an il^m unb )}oIIbringt in il^nen t^eite felbft i^re 9{id^ttgleit, tl^eils fielet er fie t)ot[bringen. Sludg bie 3:^iere finb nid^t t)on biefer SBeiS^eit auSgefd^loffen, fonbern ern)eifen ftdg oielmel^r am tiefften in fte eingetoeil^t gu fein, benn fie bleiben nit^t oor ben finnlid^en 2)ingen ald an fid^ feienben fiel^en, fonbern t)ergtt)eifeln an biefer Stealitftt, unb

2)aS gegenpdnbU^e SBetoufttfein. 309

in bcr ööttigen ©etoifel^cit il^rcr JHti&tigfcit langen Itc ol^nc SBeitcreS au unb jel^rcn ftc auf; unb bie ganje 9?atur feiert, »ie fte, btefe offen« boren äß^flerien, roAä^t ed lehren, toa^ bie SSal^rl^ett ber finnltd^en ©inge ip.^"

IL 2)a3 toalrnel^ntenbe SSetDugtfetn*' 1. 2)aS 2)tng unb bie ^iigenftj^aften.

SluS ber ©ioleftif ber finnlicfeen ©ettifel^eit folgt i^r ©egcnt^eil: fie bel^QUptet; bag i^r ©egenftanb ettoaS fd6led|)t]^in @tnjelned ift, unb mufe erfol^ren, boft biefeö cinjelne S)ing, biefeö 3e|t, biefe« §ier u. f. f. aQeS SJtdglidge fein lann, bog il^m eine 9)lenge einjelner 93eftintmungen 3u!ommen, beren Inbegriff ntd^t§ @ingelne9 if}, fonbern ettoaS fd^let^t- ^tn Slllgemeined. S>q8 fc^led^tl^in Stnaelne ift bad UnauSfpred^= lid^e, Unt)ernflnftige, 6lo§ ©emeinte; baS 9lefultat ober bie SSa^rl^eit ber finnlid^en ©eioiBl^eit tfi bemnod^ bas finnlidge S)ing nid^t in feiner ©injelnl^eit, fonbern in feiner Slffgemeinl^eit, ni(i&t in feiner Unmittel« barleit, fonbern in feinem burd^ eine Sleil^e ))on Sefttmmungen t)tv mittelten 2)afein. 3RH beut ©egenftanb dnbert fid^ audg ber €tanb- :pun!t beS 93eu)ugtfein8: eS \>txfi&lt ftd^ 3U feinem ©egenflanbe nod^ aufnel^menb, ober eS nimmt benfelben nidgt me|r, tote bie finnlid^e ©ekoigl^eit meinte, bog er fei, fonbern eS nimmt il^n, to)ie er in SBol^r» ^eit i|i, b. 1^. e8 öer^ftlt fi(^ ju feinem ©egenftanb ttol^rnel^menb.*

SDaS lool^mel^menbe 9}en)ugtfein ift foiool^l gegenftdnblid^ aU ftnnlid^. @ein ©egenfionb ift bod finnlid^e 2)ing, nt(^t in feiner ßinjelnl^eit, fonbern in feiner Slttgemeinl&eit, bie Diele« umfaßt unb in ^ä^ fd^liegt. @d^on bie finnlid^e ©emigl^eit, inbem fie il^r £)biect oufjeigte, mußte an biefem ^ier, um eis gu lennaeic^nen, t)iele firtlid^e Sepimmungen unterfd&ciben. ©benfo öerl^att fid& mit bem 3e§t. S)o8 3e§t ttirb aufgejeigt, fd&on ift üergongen, eS ift lein t)or- l^onbeneg 3e^t mel^r, fonbern ein getoefened, ober gilt nod^ aU 3^^t. Sllfo toirb bos 3e§t erweitert, fo baß Diele 3e^t in il^m entl^olten ftnb, es ift ein allgemeines 3e^t, nid^t mel^r ein S^itpunlt, fonbern eine 3^tt, toie man bon ber ©egentoort im gefd^idbtlid^en @inne rebet unb fie im fd^led^ten unb mißtönenben S)eutfd& „bie 3e§tjeit" nennt.

3n bem ©egenfionbe bed lool^rne^menben SetoußtfeinS ftnb bem= nad| t)iele SSeftimmungen unb Unterfd^iebe gu einer Sinl^eit gufommen«

^ Cbenbaf. @. 80. < Sbenbaf. II. $ie SQßal^mel^inung ober baS 2)ing unb bie Xäufftung. 6. 82-97. » ftbenbaf. @. 80-82.

310 ^ad gegenfiftnblid^e Setoufttfein,

gefaxt, ^tefe Sin^eii ^eigt Sing, btefe Unterfd^iebe Me Sigenfd^aften beiS 2)tnged. 5Dte Objecte bet SBol^rnel^mung fiitb bte iDtrntd^en 2)inge, bie Augeten ©egenjiinbe, beten Aenntnii erji ben äleid^t^um be8 SBiffenS auSmad^t, meieren bie ftnnU(^e @eiDt^l^ett ntit Unred^t in Xn» tprud^ nal^m; baS reidge SSiffen gel^Srt in bo8 ®e6iet bet SBa^tnel^mung. Unb ba bie tt)itni(igen äugeten 2)inge alled üorl^anbene objectiüe Safein umfaffen, fo lommt il^nen ntit bem toeitejlen Umfang aud^ bie grSgte Mgemeinl^eit 3u.

2. S)aiS Sttf^elben unb 9(ufgctobenfctn.

S>ie finnlid^e ®ett)igl^eit unb baS tDal^tnel^menbe 99ett)ugtfetn ^aben etoafi gemein: bad finnlid^e Dbject abet mft^tenb bet finnlid^en ©e- nig^eit biefeS Dbject in lautet Sinjelnl^eiten aetf&Qt, loetben biefe leiteten t)on bem toal^tnel^menben SBeiou^tfein t)etfnfipft unb ju einet Sinl^eit jufammengefagt, to)otau8 bie SSotfteOung bet «.Singj^eif unb beS r.SingeS" ]^ett)otge]^t. S>a8 SSetl^Altnig biefet beiben Stanbpunite bed SetDu^tfeinS, beS niebeten unb l^Dl^eten, gu bejeid^nen, l^at $ege( einen fel^t glAdHid^en unb tiefgebad^ten XuSbtud gettft^lt, bet in feinem Softem eine ebenfo tt)i(^tige unb umfaffenbe 93ebeutung gewonnen l^at, roie bet StuSbtudE ^Sialettif. @t I&^t ben Stanbpunit bet finnlid^en ®ett)ig^eit in bem beS iDa^tnel^menben 93etDu^tfein8 „aufgel^oben fein" unb koeifi auf bie bo))))eIte SSebeutung biefeS XudbtudiS l^in: „e8 ifl ein 9tegiten unb ein Slufbemal^ten jugleid^". Siefen beiben Sebeutungen ifl nod^ eine btitte l^injugeffigt tootben, bie aud^ in bem SBotte «aufgeben" liegt, nämlid^ bie beS Strebend obet St^ö^enS: bie niebete €tufe ifl in bet ^öl^eten oetneint obet negitt, aufbema^tt unb et^öl^t (negare, conservare, elevare). ?ln unfetet ©teile toetben nut bie beiben etften 93ebeutungen lenntlid^ gemacht unb gtoat an bem ©egenfianbe felbfl. 9Ba8 auf bet @tufe bet ftnnUd^en ©emigl^eit audeinanbetfaDenbe (Sinjeln^eiten finb, etft^einen auf bet beS roa^x- nelgmenben Setou^tfeinS al8 aufammengefagte @igenfd^aften. 2)a, fo t)iel id^ fe^e, l^iet jum etflenmale biefe XuSbtudEsiDeife gebtau(^t unb etöttett tt)itb, fo toxU id^ bie fel^t bebeutfame Steife felbft anfaßten. ,,S)a8 2)iefeiS ifl alfo gefegt aU nid^t S>iefeS obet aU aufgehoben unb bamit nid^t 9tid|tS, fonbetn ein beftimmteS 3lii^t9, obet ein Slid^tS Don einem ^nl^alte, uAmlidg bem Siefen. 2)a8 €innlicbe ifl l^iet^ burd^ felbfl nod^ t)ot^anben, abet niddt, toie eS in bet unmittelbaten ®ett)i^]^eit fein foOte, als bad gemeinte Gingelne, fonbetn ali allgemeines

2)Qf gegcnfl&nbUile aSetougtfein. 311

ober aU baS, toaS fid^ aU (Sigenf(^aft befittnmen tohb. 2)ad Stuf» lieben fteOt feine »al^rl^aft gebopt^elte SBebeutung bar, toeld^e toir an bem 9tegatit)en gefe^en l^aben; ed ein 9legiren unb ein %uf- betoal^ten augleid^; ha& 9lid^t8 ate 9lid^tS beS liefen ben)Q]^rt bie Unmittelbotieit auf unb ift felbfi finnlid^, aber eine allgemeine lln» mittelbarlcit."^

8. 2)a9 %^tma unb $toMetn bet 9Sa|rne]^mung: bie d^in^ett beiS l^ingeft unb bie SSicI^eit ber CEigenfd^aften. 2)ie 2:ftuf(l6un({.

SSie bie finnlit^e ©emigl^eit, fo t>tx^lt fi(^ aud^ baS toal^rnel^ntenbe 9eto)ugtfein 3U feinem ©egenflanbe empfangenb unb aufnel^menb. S>a8 Obiect erf^eint il^m ate i^iAm, aU ba9 ^au))tfäd^Ud6e unb Sßefentlid^e, bagegen nebenfftt^Iid^ unb untt)efentli(i^, ob eS gett)ugt toirb ober nid^t. 3Cber in ber ?lrt i^rer ©etoifel^eit unterfd^eiben ftd^ biefe beiben ©tufen beS gegenflAnblid^en !Bett)uBtfetnd. 2)ie erfte ift tl^reS ©egenftanbeS, ba berfelbe etmas fdglet^tl^in ßinjelneS ifi, baS aufgejeigt unb bemonflrirt werben fann, »ie biefeS 3e§t, biefeö §ier u. f. f., unmittelbar gen)t§, loai^renb bie jloeite, ba il^r ©egenjtanb etioas SlQgemeineS unb S^ermittetted, SineS unb SSieleS jugleidg xft, ber unmittelbaren @eU)ig- ^eit entbel^rt unb in il^ren eigenen 9(ugen ber „Xftufd^ung" au8> gefegt ift. 2)enn e8 fragt fid6 nid^t bIo§ für uns, fonbern für baS mal^rnel^menbe ä9eiougtfetn felbft, loaS fein ©egenftanb in äBal^rl^eit ift unb ob Cinl^eit ober SBieD^eit ober beibeS gugleidö? ©e^en tt)ir, ba§ äBefen beS ©egenftanbeS befiele in einer S^ieD^eit t)on 93eftimmungen, fo fällt feine ßinl^eit in baS »al^rnel^menbc SSetoufetfein ; fe§en toir, baS SBefen beS ©egenftanbeS befiel^e in ber Sinl^eit beS 2)ingeS; fo fftQt bie S^iell^eit ber Sigenfd^aften in baS mal^rnel^menbe SSetougtfein; fe^en mir enblid^, baS äBefen beS ©egenftanbeS bejtel^e in beiben, in ber ©in^eit be« S)inge8 unb in ber JBiell^eit ber ©igenfd^aften, fo ent= fielet bie i^rage nai!^ bem 993 ie ober nadg ber Strt beS 3ufammen^angS.

S)a nun ber ©egenftanb bie $au))tfad6e unb baiS SBefentlid^e, fein SBa^rgenommen» ober ©emufetmerben baS SRebenföd&Kdöe unb Un= mefentlid&e iji, fo ift im erften Satt bie gegenfiänblid6e ober fadöKd&e (Sinl^eit, im jtoeiten bie gegenfianblid^e ober fad^Iic^e SSiel^eit ©dgein unb 5EÄufd6ung. Dber, »aS baffelbe Reifet: baS ma^rnel^menbe SBemufet*

(lEbenbaf. B. 83. SSgl. bicfed SBetf oben @. 298 u. 299.

812 ^a« gegenflänblt^e S3etDu6tfein.

fein täufd^t fid6 im crjlcn gfatt über bie 6inl&eit, im gtoeiten über bie Steilheit feines ©egenftanbeS« Senn nid^t blog n)tr fe^en bie obigen SJlbglid^Ietten ober x^&tit, nidgt blog mir mad^en biefe ^nnol^men, im bem n)ir über baS loal^rnel^menbe 99elou^tfein reflectiren, fonbem biefeS felbfl mad^t fie, inbem eiS feinen ©egenftanb nimmt unb }u nel^men l^at, toie er in SBa^rl&eit iji.*

fl&ai olfo bas aSerl^Altnig beS SDingeS unb feiner Sigenfd^aften betrifft, fo l^oben n)ir e8 mit brei 97löglid^!eiten }u tl^un. 3m erften x^aU finb, load n)ir bie Sigenfdgaften nennen, in SBal^rl^eit ,,9]flaterien", bie gleid^güttig neben einanber unb beifammen ftnb unb toon bem loQ^r- nel^menben Semugtfein gu einer (Sin^eit jufammengefagt tt)erben, bie nid^t aU 5Ding, fonbem aU „Singl^eit" ju beaeic^nen ift. @o bilben 3. SB. bie 9)taterien ber toü^tn S^arbe, ber lubifd^en ©eftalt, ber @d^irfe, ber beßimmten @dgtt)ere u. f. f. ein 3ufammen ober eine 2)ing]^eit, bie loir Qali nennen. 3m atoeiten ^^H erfd^eint ber ©egenflanb ate eine tt)efentlid^e (Sin^it oii ein für ftd^ befiel^enbeS SSefen, ein auS- fdöliefeenbe» ©ins, nid^t q18 eine ^©ingl^eit", fonbern aU ein „3)ing", beffen <£igenf(^aften nid^ts anbereS finb als bie SSiel^eit unferer Sinnes^ toal^rnel^mungen: in Seaiel^ung auf unfere Slugen ift eS toti^, in B^ giel^ung auf unfern ©efd^mad fd^arf, in äSejiel^ung auf unfer Xaftgefül^I !ubi|* u. f. f.*

2lm erften O^aQ l^aben tt)ir eS nid^t mit (Sigenfd^aften, fonbem mit SOtaterien, im gtoeiten nid^t mit fad^Iid^en, fonbern mit ftnnlid^en, nid&t mit obiectioen, fonbern mit fubjectioen Sefd&affenl^eiten, alfo in feinem ber beiben gfftQe mit @igenfd^aften im maffttn @tnne beS SBorteS au t^un: bal^er ift in feinem ber beiben O^&Qe bie eigentlidge O^rage bed n)a]^rne]^menben SemugtfeinS gelöft, benn bie Sigenfd^aften gel^Sren bem 2)inge, fie finb fein eigen, fie conflituiren baS äBefen unb ben. S^aralter beS S)ingeS, unb bie ganje O^rage a^el^t ftd^ bemnad^ in biefen ^ßunlt aufammen: fflie Derl^ölt fid& im SBefcn unb in ber yiaiux beS ®egenftanbe§ bie (Sinl^eit beS SDingeS au ber 9}iell^eit feiner (Sigenfd^aften? @S I&^t fid^ t)orauSfe]^en, ha% in ber 3luf(5fung biefer {^rage baS toa^rnel^menbe %en)uBtfein, auS einem. @£trem ins anbere getrieben, genotl^igt fein loirb, nod^ nid^t über feine ®egenft&nblid^{eit, tt)o]^I aber über feine Sinnlid^Ieit, b. 1^. über bie SBal^rnelgmung l^inauSguge^en.

^egel« gOBerfe. IL 6.86-90. » Cbenbaf. ©.85-89.

2)0« gegentlftnblid^e SBctoufttfcin« 813

4. S)ie aSiel^eit bcr ^tngc unb (Etgenfd^aften. ^ie Sogil unb bie @op^ifietetei?

äBie jebe Sigenfdgoft Vermöge il^rer S3efitmmt]^eit t)on anbern uittetfd^ieben unb barutn in einet ä^iell^eit t)on Sigenfc^aften gel^ori, fo iji Qudg jlebeS S>ing t)enn&ge fetner SBefUmmtl^ett t)on anbern unter« fd^ieben unb batum ein 2>ing unter fielen. S)Q]^er mug iebem 2)inse ein bo))))elteiS unb entgegengefe^teS @ein gugef (^rieben loerben: ein Sfflrfid^fein unb ein O^flranbereSfein: e8 ift fttr ftd^ ober ^in jtd& refKectirt", toie ^egel fogt, infofern eS ein für fi(^ befiel^enbe» SBefen, ein auSfd^IiegenbeiS (Sind auSmad^t; eS ift fftr anbereS, infofem e8 burä feine Sefiimmt^eit bon ben anbern fingen unterfd^ieben, auf biefelben bejogen ift unb mit i|nen sufammenl^angt. S)iefed ,,3nfo= fern" bejeid^net bie ^rt ber Unterfd^eibung, loeld^e nunmel^r bie Sogi! beS n)a]^rne]^menben SelougtfeinS gu ntad^en ftd^ genSt^igt fte^t. Sben» fo ntug eS bie Sigenfd^aften in »efentlid^e unb unn)efentlid6e unterfd^eiben: loefentlid^ finb biejenigen @igenfd^aften, bie bem 5Dinge als foldgem ober an fid^ jufommen unb fein O^ürfid^fein auSmad^en, untoefentlidg bagegen biejenigen, toeld^e in feine Segiel^ung nadg äugen faQen unb feinem gfflranbereSfein angel^dren. 2)a nun aber bicfe 93e« 3ie]^ungen ebenfalls notl^ioenbig ftnb, fo gerötl^ bie Cogil ber äBal^r- ne^mung in9 ©ebrdnge unb in äBiberftreit mit ftd^ felbft, fo bag fie ge« nötl^igt lotrb, il^re StuiSfagen loteber aufjul^eben unb biefelben fotool^l gu bejal^en aU gu bemeinen. S)arin beftel^en, n)ie ^egel treffenb fagt, bie „©opl^iftereien ber SBal^rnel^mung", bie fid& für ben gefunben 9Jlenfd6en« t)erftanb ausgeben unb baburd^ für bered^tigt galten. „2)iefer fßn^ lauf, ein beß&nbig abtoed^felnbeS 93eftimmen beS SBal^ren unb ^uf« lieben biefeiS 99eftimmend, mad^t eigentlid^ baS tägliche unb beftänbige Seben unb treiben beS SBal^rnel^menben unb in ber SBal^rl^eit fid^ gu belegen meinenben 99elougtfein8 aus. Ss gel^t barin unaufl^altfam gu bem 9lefultate beS gleid^en Slufl^ebenS aKer biefer mefenttid^en S9efttmmt- l^eiten fort, iji aber in jebem eingelnen aJloment nur biefer ©inen 93eftimmt]^eit als beS SSal^ren ftc^ betougt unb bann n)ieber ber entgegengefe^ten. 6S »ittert wol^l il^re Untoefenbett; fie gegen bie brol^enbe ©efal^r gu retten, gel^t eS gur €o))^ifterei über, baS, maS eS eben felbfi als baS Sltd^ttoal^re bel^auptete, ie^t als baS Sßal^re gu be- l^aupten. SQßogu biefen SBcrflanb eigentlid& bie SRatur biefer unioal^ren SBefcn treiben toiU, bie ©ebanlen t)on jener ^Dgemeinl^eit unb Stngeln« l^eit", „Don iener Sfflefentlid^feit, bie mit einer Untt)efenttid&!eit

314 S)ad gegenfiftnbli^e a9ctDu6tfetn.

not^iDcnbig t)erlnfl))ft i% unb t)on einem Untoefentüd^en, baS bod^ not^toenbia ifi, bie®ebon!en oon biefem Unmefen jufammen» jubr tagen unb fte baburd^ aufjul^eben, bagegen fttftubt et ftd^ bur(^ bie @ta^en beS ^nfofern unb bet )}erfd^iebenen SlfldEfi^ten ober baburd^, ben einen ®ebanlen auf ftd^ gu nel^men unb ben anbern ge- trennt unb als ben maleren gu erhalten. Slber bie Statur biefer Slb- ftractionen bringt fte an unb für ftd^ gufamnien, ber gefunbe SBerßanb ifi ber 9tQu6 berfelben, bie il^n in il^rem to)irbelnben Areife um^er- treiben." *

@o lange baS 93ett)ugtfein ftc^ bie SBelt üorßeQt ate einen 3m begriff Don S)ingen, beren jebe« für fid& bepelzt unb bie aUe mit einanber gufammenl^Angen, beren jebeS feine mefentUc^en unb untoefent- Ud^en Sigenfdgaften l^at, bleibt e8 in ben €d^tt)ierigfeiten unb SBiber^ f))rfic(en fieden, bie mx bargetl^an l^aben, unb tt)eldge baS »a^rne^menbe »etougtfein felbft auf Sdgritt unb Xritt erfAl^rt.

S>er Siberftreit, rein Iogif(^ auSgebrfldt, befielet gtoifd^en bem Ofür- ft(^fein ber Singe unb i^rem Offtvanberedfein, b. \), gioifd^en ben 2)ingen ate Singetoefen unb i^rem 3u)ammenl^Qnge. „2)er 3ufammen]^ang mit anberen ift bad 9(uf^oren beS Ofürfid^feinS. 2>urd6 ben abfoluten 6^]^arafter gerabe unb feine (Sntgegenfe^ung Derl^ölt eS fid^ gu anberen unb ift mefentlid^ nur bieS 93er^a(ten; baS 93er]^aitni^ aber ift bie 9legation feiner @e(bftanbig!eit, unb ba8 2)ing gel^t t)ielme^r burd^ feine mefentlid^e Sigenfd^aft gu ®runbe."'

2)a3 93ett)u6tfein ifl genfitl^igt, ben S)ingen auf ben ®runb gu gelten unb biefen üorgufteQen. S)er ®runb ber 2)inge ift loeber ein Sing nod^ bebingt. Slufgel^obene Singelnl^eit ift SDgemeinl^eit, auf- gel^obene Sebingtl^eit Unbebingtl^eit. Sie SorfteDung ber unbebingten, abfoluten SfQgemein^eit ift nid^t mel^r finnlid^, fonbern reiner SSegriff, ber Aber bag ®ebiet ber SBa^rne^mung l^inauSgel^t. ^SaS SSeiougt- fein tritt ^ier erft loal^rl^aft in baiS 9leid& bed SBerfianbed ein/'

m. SaS 9leid& be8 »erftanbe«.* 1. Ataft unb Seubcning. 2)q8 Bpitl btx Atftfte. Sag unbebingt ober abfolut 3(IIgemeine ift nod^ gegenftftnblid^, aber nid^t mel^r ftunUd^; eS ifi ein reiner Segriff, ben aber ber 35er»

» ebenbaf. 6. 90-96. ^ (gbenbaj. B. 94. » Cbenbaf. 6. 95. * Sbenbaf. III. »J^raft unb )8eTJ!anb, dErftbeinung unb überfinnUite fBitlL' 6. 97-126.

^as gegenfiftnblid^e aSttoufttfein. 315

ftanb als ®egen{lanb nimmt unb aU bas äBefeit ber S>tnge betrad^tet. ®a§ Sl^ema ber finnU(^en ©etoigl^eit »ar baS f(^led|t]^tn Stnaelne, btefeS ^tl^t, biefeiS ^ier u. f. f., baS S^l^ema be8 iDol^me^menben SSe» muBtfeinS loaren bte 2)tn8e unb t^re Sigenfd^aften, baS Zl^ema bed 93erf}anbeS ift bte Ataft unb i^te Sleugerung. S>o8 Unbebingte ift burd^ ntd&tS anbeted bebtngt fonbern bte SBebingung QQed anbeten, ballet ed un)}ermittelt unb in btefem 6inne unmittelbar: ber 93egriff beS unbebingt Slllgemeinen Dereinigt bal^er ben S^ara!ter bed Unmittelbaren unb be8 SHIgemeinen. @o bemftl^rt ftd^ aud^ l^ier baS Ser^ftltniB ber Stufen: bie Cl^araftete ber finnlid^en ®en)i§^eit unb ber SBa^rnel^mung finben fid^ aud^ auf ber britten unb l^fid^ften Stufe bed gegenfldnbUd^en SetDugtfeinS fottol^l aufgelgoben, a(8 aud^ entl^alten unb Dereinigt. „S>em SSelDu^tfein ifi in ber SDiafefttl ber finnlidgen ©emigl^eit baS ^5ren unb Selben u. f. to. Vergangen, unb aU äBaJ^r« ne^mung ift eS ju ©ebanlen gelommen, koeldbe ed aber nid^t im uu> bebingt ^gemeinen aufammenbringt." ^

2)ad unbebingt ungemeine ift ber ®runb, meld^er bie @rf(^einung ber 2)inge unb il^rer Sigenfd^aften l^etDorbringt: biefer iDirffame ®runb unb feine Ofolge l^eigt Araft unb Steugerung. Sine Araft, bie ftd^ nid^t Äußert, ift leine Araft; eine Araft, bie in ber ^eugerung erlifdgt unb ju fein auf^drt, ift aud| leine; barum erllArt ^egel bie eigentlicbe Araft als ^bie auS i^rer 3(eugerung in ftd^ jutüdEgebrangte", b. i., tt)ie iDir fagen iDflrben, bie gelabene Araft, bie Araft im 3u= ftanbe ber Sateng ober in ber @))annung. 93on ber Sinl^eit, tt)eld6e unmittelbar in bie Entfaltung flbergel^t unb Don biejer mieber in bie 9febuction jurfldfgel^t fagt ^egel: «2)iefe Semegung ift aber bad jenige, toad Araft genannt mirb: baS eine 3Dtoment berfetben, nAmUd^ fie als 9(uSbreitung ber felbftfinbigen SRaterien in i^rem @ein ift il^re Sfeu^erung; fie aber aU bad 3)erf(^tDunbenfein berfelben ift bie in fid^ aus i^rer 9leugerung jurftdEgebrdngte ober bte eigent- U«e Araft/'«

Um fidb 3U iugern ober Don bem 3uftanbe ber 9tid^tftugerung iti ben ber Sleu^erung ju gelangen, mu^ bie Araft erregt ober foQicitirt »erben: ba^er Derboppelt fid6 ber JBegriff ber Araft; eS finb jtoei Ar&fte notl^toenbig, bie fid^ Derl^alten als bie foOicitirenbe unb foQi- citirte, erregenbe unb erregte, t^Atige unb leibenbe. SBie jur ^eugerung,

» «enbaf. 6. 97. * ebenbaf. 6. 99 u. 100.

1

816 2)a« gegenflftnblitj^e aSetDU^tfcin.

ebenfo bebarf bte Ataft au$ gut dtüdlt^x aM bet Steugerung ttt ft(J6 (Sutfidgebrdngtoerben) bet Erregung ober SoDicitatton. Unb ba leine Araft ftd^ dugert, ol^ne t)on einer anberen erregt gu fein, fo ift jebe ber beiben Ärdfte fotool^t foKicittrenb aU foHicittrt. SBeibe erregen einanber medgf elfeitig : barin befielet .»baS @))tel ber Arftfte" unb in i^m bie SBirllid^feit, tt)ie fte bem SJerponbe erfd^eint. »S)iefe8 toal^rs -fl^ofte SBefen ber 2>inge l^at ^d^ ie^t fo beflimmt, bag eS ni^t unmittel- bar für ba^ Settufetfein ifi, fonbem bog biefeö ein unmittelbare« 5Ber* l^öltnig gu bem !3nnern l^at unb als SSerftanb burd^ biefe STlitte bes Spiels ber Arftfte in ben »al^ren ^intergrunb ber S)inge blidtt/* Cr blidt in ben toal^ren ^tntergrunb ber 3)ingc, ol^ne il^n gu burd^fd^auen unb gu erfennen. SBad ber 93erftanb er» blidt; immer nur bie burd^ baS @))iel ber Aröfte (Araftftugerung) betoirfte Srfd^einung, im Unterfdgiebe toon toeld^er baS Sßefen ber 2)inge, jener koal^re ^intergrunb berfelben, nunmel^r baS innere auSmad^t.

2. S)a8 innere unb bie (JBtf^etnung.

2)ie Strt beS SSetou^tfeind, toit fid^ biefelbe auf ber eben begeid^« neten Stufe bem Setradgter barflellt, lögt fid^ nid^t beffer d^aralteri> firen, als mit ben Sßorten beS ^}]^ilofo))l^en felb{}: „Unfer ®egen- ftanb ifl l^iermit nunmel^r ber @d^lug, totli^tx gu feinen @£tremen baS 3nnere ber ®inge unb ben SJerftanb unb gu feiner SDlitte bie 6r= fd^einung l^at; bie 93en)egung biefeS ©d^luffeS aber giebt bie Weitere 93eftimmung beffen, maS ber SSerftanb burd^ bie STlitte l^inburdg erblidEt, unb bie Srfal^rung, mAä^e er über biefeS SJerl^dltniB beS Sufammen- gefd^loffenfeins mad^t."^

S)ie ®egenftftnbe beS 93erftanbeS finb (Srfd^einungen unb nur ßrfd^einungen. ^egel l^at eS ber 93ernunftlritil als eine il^rer grdgten Sinfid^ten nad^gerül^mt, bag Aant biefe @ntbedung gemalt unb feft- gefteÜt bat. 3BaS nid^t Srfc^einung ift, lote baS innere ber 2)inge, bleibt ffir ben SSerflanb aud^ ungegenftänbti(i^. SDaS unbebingt ^U- gemeine galt guerft als ber Segriff unb ©egenfianb beS S^erflanbeS; nunmel^r l^at ftcb aus bem S9egriffe ber Araft unb beS Spiels ber Ar&fte ergeben, baB r^als beren älefultat baS unbebingt SlQgemeine als Ungegenftänblid^eS ober als inneres ber 2)inge l^erüorgel^t''/

» ebenbaf. 6. 105. S5ßl. 6. 109. - » gbenbaf. ©. 105-107. » Cben- baf. 6. 101.

^aS gegenflftnbli^e S9eto)u^tfein. 317

2)emna(jg untetfd^eibet unb fpaltet ftd^ bie SBelt belS 93er{}atibe9 in eine gegenftartblid^e imb ungegetifiänblicge, erfd^einenbe unb nidgt erfd^einenbc Onnereö), finntidöc unb überftnnH(6c, in ein S)ieSfeit8 unb Senfeitö beS Sdeiougtfeind. 2)a nun aUeS ®egenf}anbli(^e unb Srlennbare in ben Srfd^einungen liegt, fo Detflel^t eS fid^ Don felbfl, bag ba8 3nnete leer ifl unb nidgis batin gu erfennen; ber JBerftanb t)et]^Alt fi(!^ 3U btefem Innern, tote ber ^Hnbe gu ben Sf^rben ober ber @elgenbe gum reinen Sid^t unb gur reinen Oftnfiernig, beibe feigen nid^tg. ,,2)aniit in biefem fo gang ßeeren, »eld^elS anä^ ba§ ^eilige genannt mirb, bod& etnaiS fei, bliebe nid^tS flbrig, aU eS mit Sr&umereien, Srfd^einungen, bie baS 93en)u§tfein ftd^ felbft ergeugt, gu erfüllen; eS mügte {t(!^ gefallen laffen, bag fo fd^Ied^t mit il^m um= gegangen mirb, benn eS to)&re feines befferen loflrbig, inbem Träume- reien felbfi nod& beffer finb, al8 feine Seerl^eit/ ^ 2lud& öerfiel^t eS fid6 öon bem Innern als bem SenfcitS beS SemufetfeinS t)on felbfi, bag n)ir nid^ts t>on il^m loiffen lönnen. 9)tit biefer Seerl^eit unb Unerfennbarfeit ifl alfo nid^ts »eiter gefagt als eine ärmlid^c SEau- tologie.

3. 2)a« 3nnete aU ®efe^. ^ai ^txüi ber 0efc^e.

2)ie @rfd^einung Bilbet bie SJlitte gmifdgen bem Serßanb auf ber einen ©eite unb bem 3nnern ober bem SBefcn ber ®inge auf ber anberen, ?lls biefe aWitte ifl bie (£rfd&einung Don ben beiben Seiten fotool^l unterfd&ieben, als auf biefelben begogen: ol^ne biefcn Unterfd^teb unb biefe Segiel^ung lann fte tocber fein nod& gebadet toerben. 3n bem SBegriff ber ßrfd^einung finb fogleid^ gtoei Sfragen cntl^alten: »aS I erfd^eint unb toem erfd&eint eS? 2luf bie le§le fjrage ifl in Slnfel^ung affer 6rfd6einungen gu antworten: fie finb für ben SSerftanb, benn ber Serjlanb ifl baSjenigc Setoufetfein, beffen ©egenflänbe ßrfd^einungen finb, SRun fielet bie ^ragc gu beantworten: toaS erfd^eint? SBaS ift bie ßrfd^einung in ffiegiel^ung ouf baS innere ober baS SBefcn ber 2)inge, ol^ne n)eld^e Segiel^ung Don Srfdgeinung überl^aupt gar nidgt gerebet »erben fann? 2)ie Dbjecte ber finnlid^en ©etoifel^eit unb aOBal^r» nel^mung l^aben nod^ !ein inneres als €orrelatum unb finb beSl^alb aud^ leine Srfd^einungen.

SBaS ift baS Snnere im Unterfd^iebe Don ber ©rfd^einung? ©S ifl leer unb unerf cnnbar: fo lautet bie erfte 5lntttort, bie aber

1 ebenbaf. S. 101-108.

818 lZ)a8 geflenjlftnbli^e SBetDufitTein^

feineStDegS bie le^te unb einjige tfl. 3e^t tDtrb gefragt: maS tfl bai Snnere in fetner unouflöSlidgen Sdejiel^ung auf bie Srfd^einung, }u ber eis notl^toenbig gel^ört? fiaffen n)ir ben $]^iIofo))]^en fetbfl teben: ^S)a8 3ttnere ober ba^ Uberfitintidfee S^nfeiW ifi aber entfianben, es fommt aus ber (Srfd^einung l^er, utib fte ifl feine 93ennittlung ; ober bie (Srfd^einung ifi fein SBefen unb in ber £]^ot feine <Er» ffiDung. 2)a8 Ueberfinnlid^e ifi baS €innlid^e unb Sßal^rgenommene, gefegt, n)ie in SBal^rl^eit ifl; bie Sßal^rl^eit beS ©innlid^en unb SBal^rgenomntenen aber ift, Srfd^einung gu fein. SDag Uebers jpnnlidbe ift alfo bie ©rfd^einung alfiJSrfd&einung: SHJenn ba» bei gebadet loirb, baS Ueberfinnlic^e fei alfo bie ftnnlicbe SBelt ober bie SBelt, toit fte für bie unmittelbare finnlic^e ©en^iglgeit unb SBal^rnel^mung ifl, fo ift bieS ein berlel^rteS SSerfiel^en; benn bie (Stfd^einung ift t)ielnte]^r nidgt bie SBelt beS ftnnlic^en 993tffen8 unb SBa^rnel^ntenS als feienbe, fonbern als aufgehobene ober in SQßal^r^eit als innere gefegt. Ss pflegt gefagt }u werben, baS Ueber= finnlic&e fei nid^t bie Srfdgeinung; babei »irb aber unter ber Sr» fd&einung nid^t bie ©rfd&einung öerftanben, fonbern öielmel^r bie finn= lid^e SBelt als felbft reelle S)ir!ltd^!eit/' ^ S)ie angeführten SBorte finb ein 93eifpiel fdgtoiertger, bunfler, anfd^einenb parabo^er, in SBal^r* l^eit fd&arf= unb tiefgebac^ter, lurger unb treffenber Siebe,

S)aS innere in feiner unauflöslichen S3ejie]^ung gur Srfdgeinung I ift bie Srfd^einung felbft, b. 1^. beren SBefen ober toefentlidger, aUge^ ', meiner, fidg gleid^bleibenber ^nl^alt, baS 93eftönbige unb (Sonftante im SBec^fel berGrfdgemungen: baS ®efe| ber Srfcgeinungen, ober, ba alle @rf(^etnungen Itraftöu^erungen finb, unb baS @piel ber Gräfte ftd^ in il^nen barfteDt, baS ®efe^ ber Kraft. „SBaS in biefem abfoluten Sffied^fel ifl, ift nur ber Unterfd&ieb als allgemeiner ober als ein fold&er, in toeld^en ftdö bie Dielen ©egenffl^e rebucirt ^aben. SJiefer Untcr= fd^ieb als allgemeiner ift bal^er baS Sinfadge an bem ©ptel ber Kraft felbft unb baS SBal^re beSfelben: er ift baS ®efe| ber Äraft."»

4. (JErf^einung, ®t\t^ unb Praft.

2luf bie tJtage: „für »en pnb bie @rfd6einungen ober toem er=

Md6 einen bie Singe?" lautet bie Slntloort: für ben SJerflanb.. Auf

bie f^rage: „tt)aS erfd^eint ober toaS ift ber toefentlid^e 3n^alt ber

Sbenbaf. 6. 108 u. 109. - * Gbenbaf. @. 110.

2>a« degcnliftnbli^e SBctoufetfein. 819

^rfdgetnungen?" lautet bie 9lnttt)ort: baS ®efe^. 2)q8 ®efe^ aber, bo es beflimmt, atfo üon anbern untctfd&icben i|i, Befielt in einer !BieI]^eit bon ©efe^en, in einer georbneten SSiell^eit ober einem ,,9%eid^ Don Gefe^en".. S)qS ®efe| ifl ^boS (eftftnbige 93ilb ber unflftten Srfd^einung. ^S)ie übetfinnlid^e äBelt ifl l^iermit ein rul^igeS SHeid^ t)on ®efe^en, atoar fenfeits bet tt)Ql^rgenommenen 9Belt, benn biefe fiellt boiS ®efe$ und burdg (eftönbige a^erönberung bar, aber in il^r ebenfo gegenm&rtig unb i^r unmittelbares fiiQeS Slbbilb/.^

S)te (Einheit bed ®efe|eS als beS tt^efentlidgen, fid^ gleiddbleibenben 3n]^alt8 ber ©rfd^einungen entfprid&t bem aSerjianbe, beffen 5Prtncip bie unbebingte SLDgemeinl^eit unb Sinl^eit ift, unb aus eben biefem @runbe toibetjlreitet il^m bie ä^iel^eit ber ®efe^e: bal^er fud^t ber ä^er^ ftanb bie SSiel^eit bet ®efe^e gu bereinfad^en, auf allgemeinere ®ete^e gurfldjufft^ren, »o möglid^ auf eineS. @o i{! g. fd. baS gfaQ= gefe^ ber irbifd^en Aorpet unb baS ber l^tmmlifd^en Dereinigt morben in bem ®efe^ ber allgemeinen Slttraction ober @raDitation, »obei freilid^ bie Sinl^eit beS ®efe^eS nur burd^ bie 9BegIaffung ber Untere fd^iebe getoonnen, alfo nidgt bie Sinl^eit ber beftimmten ®efe^e er» reid^t toirb. Slbet ,,ber ^uSbruä ber allgemeinen ^ttraction l^at batum infofern groge SBid^tigleit als er gegen baS geban!enIofe a^orflellen gerid^tet ift, loeld^em atteS in ber ®eftalt ber Suf&Higfeit fid& barbietet, in toeld^em bie 93eftimmt]^eit bie g^orm ber ftnnlidgen ©elbftönbigfeit f)aV^ Sie abflracte (Sinl^cit beS ©efe^eS ifl nid&ts/ anbeteS als bie Sinfadgl^eit ber Araft, loie benn bie allgemeine I ?tttraction niddtS anbereS bebeutet unb befagt, a(S bie Itraft ber 9(ttraction. Araft unb ®efc| l^aben benfelben 3n^alt unb biefelbe Sefd^affenl^eit, bal^er eines für baS anbere gefegt unb burd^ baS anbere begrünbet toirb: bie (Srfd^einung burd^ baS ®efe$, baS ®efe^ burdg bie Itraft, unb bie ßraft »ieberum burd^ baS ®efe^. S)ie a3eioegungS= erfd&einung befielet barin, bafe ein Äorper in einer getoiffen 3«t einen getoiffen Sflaum burd&lduft; nun l^eifet baS beflimmte äJer^ftttnife Don [Raum unb 3eit baS ®efe^ ber 93ett)egung. Sa§ in ber faOenben ober {teigenben Seioegung ber Stbxpzx bie St&ume ftd& Derl^alten (nid^t toie bie 3eiten, fonbern) toie bie Ouabrate ber 3eiten: biefes 3itxf)ilU nig Don [Raum unb 3eit, melcgeS nid^ts anbereS ift, als ber toefent^ lid^e Sinl^aU biefer 93en)egungSerfd^einung, nid^ts anbereS als bie @r»

^ (Ebenbaf. ©. 119. - « «btnbaf, ®. 111 u. 112. »gl. oben SBu« H. eop.II. 6.234f[öb.

320 S)aS geoen1ianbli4e SBetDultfein.

fd^einung ber befd^Ieuntgten ©efd^iotnbtgbti, nennt man boS Sfall- gefel. Unb ben ®tunb beS SfaQgefe^eS nennt man bte Of^^Dfraft. €o toirb boS ®efe^ ber ©d^toere bur^ bte ßraft ber Sd^lDere be^ grünbet unb eBenfo umgelel^rt.^

5. 2)ie S^dtigfeit beS erUftrenS.

9(uf biefe SBeife totxbm Segrtffe, tote Srfdgeinung, straft, ®efe^, unterfd^ieben unb einanber gletd^gefe^t, alfo Unterfd^iebe gemadgt unb aufgehoben, Unterfd^iebe gefegt, toeld^e, bei Stdgt gefe^en, {eine ftnb. 93et Sid^t befe^en! SBenn man biefe Unterfc^iebe erleud^tet, fo ^ören fte auf, Unterfd^iebe gu fein: baS Ungleid^e toirb gleid^. Sßenn man bie Sinl^eit beS unbebingt SIDgemeinen erleud^tet, fo. muB man fie unterfc^eiben in flraft unb ?leu§crung, in foHicitirenbc unb follicitirte Itraft, in Itraft unb @efe^ u. f. f.: baS ©teic^e toirb ungleid^.

S)a9 burd^göngige X^ema biefer ganzen inteHectueUen äSetoegung benn eS ifl eine Setoegung ber Segriffe Idfet jtd& lurj in bie äBorte faffen: «idern per idem, A burd^ A». S)iefeS tautologifd^e 9)er> ftel^en l^eigt er!lftren, unb barin befielet red^t eigentlid^ bie SerftanbeS» tl^&tigfeit. S)a8 SrIlSren, loeit eS fidg in Xautologien beioegt, ift barum leineSmegS leer ober nid^tsfagenb, fonbern biefeS beftftnbige @e^en unb ^ufl^eben ber Unterfd^iebe, biefeS beftftnbige Unterfddeiben unb ®Ieid^fe|en beS Unterf^iebenen ift ein toirflic^eS Srleud^ten.'

6. Uebetgang gum 6elb{l6etott6tfein.

3nbem nun bie ®inge, »ie eS nidbt anberS fein fann, auf biefe Slrt betrad^tet unb erÜ&rt toerben, erf^einen fie bem 93ett)uBtfein im 8id&te beS JBerflanbeS unb bamit erfd^eint il^m biefeö Öidfet felbp. ®em aSemu^tfein aU S3erfianb »irb fein eigenes ßidftt gegenfiftnbUd&, unb bamit erfennt eS fid^ felbfl: bieS ift ber einfache unb einleud^tenbe Uebergang t)om ä3ett)ugtfein jum Selbflben^u^tfein.

2)ie X^ötig!eit beiS erltSrenben 93erßanbeS, toeld^er Unterfd^iebe fe|t unb aufl^ebt, ®(eid^e$ ungleid^ unb Ungleidged gleidg fe^t, l^at ^eget burdg baS ®efe^ ber ^olaritöt auSgefprod^en, nad^ toetd^em ®Ieid^namigeS fidg abflögt, Ungleid^namigeS fid^ anjiel^t, ober ^bentifdgeS ftdg entgegenfe^t unb Sntgegengefe^teS fid& bereinigt. Sben barin be« flel)t aud^ bie 2;]^&tig!eit bed €eI6ftbelou6tfeinS, bag fidg bad 93en)ugt'

(Ebenbaf. 6. 112-116. - « «benbaf. 6. 116 vu 117,

2)a8 BttbftbtxonWtin, 321

fein Don fid^ felBfl untetfdgetbet unb baS Unterfd^tebene mit fid^ ibcntifdö fe^t unb tt)ei§,^

S)er $]^Uofo^^ fagt bte S)iQ(eIti! belS gegenfl&nblic^en 99en)uBt:= feinS ate beS SDetfianbeS in fotgenbem @d^(ugtt)ort -gut unb treffenb jufammen: „dx^oUn über bie SBal^mel^mung, fleQt fid^ baS BetDU^t» fein ntit bem Ueberftnnlid^en burdg bie SRitte ber Srfd^einung gufammens gefd^Ioffen bat, burdg n^eld^e eS in biefen ^intergtunb fddaut. S)ie beiben (Extreme, bad eine beS reinen Snnern, baS onbere beS in bieS reine innere fd^ouenben inneren, finb nun sufontmengefaDen, unb n^ie fie als Gjctreme, fo ift aud^ bie 3MU, etoaS anbereS fte, t)er= fd^munben. S)iefer SSorl^ang ift olfo Don bem Innern tt^eggegogen unb baS @d^uen bed Innern in ba^ innere Dorl^anben; baS Sd^auen beS ununterfd^iebenen ©(eid^namigen , koeld^ed fid^ felbfl abflögt, ate unterfd^iebened SnnerelS fe|t, aber fflr meld^eS ebenfo unmittelbar bie Ununterfdgiebenl^eit beiber ift, baS Selbftbemugtfein. Ss jeigt fid^, ba^ l^inter bem fogenannten Sl^or^ange, »eld^er baS innere Der« beden fod, nid^ts gu fe^en ift, toenn tt)ir nidgt felbft ba^intergel^en, ebenfo fe^r bamit gefeiten »erbe, als bag etmas bal^inter fei, baS ge» feigen toerben lann. Slber eS ergtebt fid^ gugleid^, bag nidgt ol^ne alle Umftftnbe ba^inter gegangen »erben Unne; benn bieS Siffen, »aS bie SSal^rl^eit ber SSorfteUung ber Srfd^einung unb il^reS Snnern ifl, ift felbft nur Stefultat einer umfiönblic^en Semegung, »oburd^ baS aSefen beS SBettugtfeind, bad 3Reinen, SBa^mel^men unb ber SJerftanb Derfdgtoinben; unb ed tt)irb fid^ ebenfo ergeben, ba% bad Sriennen beffen, toaS bas 93ett)ugtfein totx^, inbem eS fid^ felbft toeig, nod^ Doeiierer Umftftnbe bebarf, beren SluSeinanberlegung baS gfolgenbe ift.'

Siebented @:a))itel. HiüB SelbfUremigtfttn.^

I. ®a8 6elbfibetou§t|ein unb fein Dbject. 1. SDeralei^ung mit bem gegenfi&nbU^en ^etDu|tfein.

Sie ©etoift^eit liegt im »ewußtfcin, bie SBal^rl^eit im ©egen= fianbe. 3)a nun auf allen ©tufen bc8 gegenftftnblid^en SetoufetfeinS

1 «benbaf. 6. 121—124. - « Cbenbof. @. 125 u. 126. » Cbenbaf. B. ©elbfibetoufttfeln. 6. 127—168.

9 i f 4 e T , Oef4. b. tatüof . VUI. 91. «. 21

322 2)ai» 6eIBflbekDu6tfetn.

ein anberes bog 99etDU§tfein, ein anbereS ber ©egenftanb iß, ber au^er bem äSeiDu^tfein unb unobl^ängig t)on i^m befielet ober aU ein fold^et angefel^en toirb, fo lönnen ^ier SBol^t^eit unb ©ettigl^eit fid^ nid^t bedfen, fonbern wflffen QuSeinanber fatten. ®a8 SBetoufetfein mad^t mit bem ®egenftanbe feine (Stfal^rungen, in S^olge beten bie gemeinte SBal^rl^eit Derfcgminbet, unb bie 3(uffaffung unb SSorfteUung bon bet SBal^rl^eit beS ©egenftanbed ftc( Derdnbert. @o l^at ed {td^ mit bem feienben Objecte ber finnlid^en ©etoigi^eit, mit bem concreten 2)inge ber SBa^rnel^mung unb mit bem l^roftbegriff bed 9[^erßanbej$ berl^alten. SlnberS bagegen üerl^fttt eS ftdg auf bem @tQnb))un!te beS @eIbft6eD}u§t= feinS. ^ier fallen ©egenftanb unb 93etpu^tfein, alfo aud^ SBa^r^eit unb ©emigl^eit böQig gufammen, toeS^alb ^egel bie @tufe bed @el6ft- beföugtfeinS ate „bie äBal^rl^eit unb ©en)ig]^eit feiner felbfl" d^ara!teriftrt unb burd^ biefe äSegeid^nung t)on bem gegenftänblidden Setou§tfein unterfd^eibet. ^

2)ie Stufen bed gegenftdnblid^en Säemu^tfeinS finb im €elbft« bemu^tfein aufgel^oben unb a(8 Snomente enthalten in bem fdgon er- S&rten unb gu toieberl^olten malen e£em))Iificirten @inn. S)a8 S^ema ber finnlidgen ©emi^l^eit u>ar bie Singelnl^eit als ein 2)iefeiS, bad ber SBal^rnel^mung mar bie finnlidge, bad beS Sßerftanbed bie unbebingte Allgemeinheit. S)a3 @elbflbett)u^tfein unterfd^eibet unb ermeift fi(6 als biefeS eingelne, audfd^Iiegenbe, fürfid^feienbe SBefen, als biefeS finn» lid^ inbi))ibuene unb gugleid^ unbebingt altgemeine @e(bft. S)o- burd& finb feine Dbjecte, fein SSerl&alten gu benfelben unb bie Slrt biefeS aSerl^attenS befiimmt: eS unterfdöcibet fi(^ fomol^t öon btn S)ingcn al« Don anberen felbftbemugten Sßefen, eS ^at barum einen gebot)pelten ©egenftanb: erftenS bie Dbjecte ber finnlic^en ©eloigl^eit unb SBal^r^ nel&mung unb bann ftd6 felbfi.

S)aS gegenftdnblid^e 93eiDu^tfein lenngei^net ftd^ aU baS äBiffen ))on Ruberem, baS Selbftbemugtfein aU baS SBiffen üon ftd^. S)ie SBal^rl^eit befielet barin, ba^ Segriff unb ©egenftanb übereinjlimmen. SJiefe Uebereinjiimmung ift im Selbflbeioufetfein gegeben, benn ift bie (Sinl^eit beiber, bie Stbentitdt t)on @ubject unb £)bject. S)arum fagt §egel: „9Äit bem ©elbftbewu^tfein jinb toir alfo nun in baS einl^eimifdfte ?Reid& ber SBa^rl^eit eingetreten".*

« ebenbaf. VI. ^ic SBal^rlfteit unb ©etotfel^eit feiner felbfl, 6. 127-135. « Cbenbaf. ©. 127 u. 128.

2)ad 6eIb|lbekDtt6tfetn. 323

2. ^ad 6eIbflbetougtfetn oU S^egierbe.

S)Q8 ©cftflBctoufetfein ifl SBiffcn bon ftd^ felBp: bicS iil fein Sl^etna uttb feine Slufgobe. Um aber ju totffen, loaS eiS ifl, l^ot ed mit bem eignen @elbfl feine (Srfal^rungen au madgen. SDiefed @elbft mug ftd6 bolzet öerfleflenftänMidfeen, eS mu^ ^ä) als flraft fiuftern, aU änncres etfd^einen, es mu^ bie ©efefee feine« SBefenS erfüllen, furj flefagt, es mufe fid& betl^fttigen, um im ©tanbe gu fein, fid^ ju er- fennen. 6tfi aus feiner ©ettftbetl^fitigung ergiebt fi(6 feine Settjis erfenntnife. @i(i6 betl^fttigen aber l&eifet fid& praüifd^ öerl^alten ober l^anbeln; bie ©runbiraft unb Xriebfeber alles ^anbelnS ifl SBoden ober Segel^ren : barum l|at §egel baS ©ettfibett)u|tfein in erfier ßinie als SBegterbe d&arafterifirt. „Siefer ©egenfa^ feiner (£rf(%einung unb feiner SBal^rl^eit l^at aber nur bie SBal^rl^eit, nämlid^ bie Ginl^eit beS ©elbfibetoufetfeins mit fi(i& felbjl gu feinem SBefen: biefe mu6 il^m »efenttidft toerben, b. ^. eS ifl JBegierbe über]^au^)t."*

6s Derl^ölt fidfe mit bem ©elbfibeteufetfein, biefem ©l^arafter ber 3Jlenf(^]^eit im allgemeinen, n)ie eS fid^ mit bem ß^l^aralter jebes SRenfd^en im 93efonbern Derl^ölt. S)er Sl^ara!ter tfl bie ©runbqueHe unb ber Slealgrunb feiner ^anblungSioeife, bie ^anblungStoetfe ifl ber 6rfenntni§grunb beS SfeötafterS. Sßiemanb fennt einen meufd^tid^en ©l^arafter, aud& ben eigenen nid^t, beDor er gel^anbelt l^at; fo »enig man toeig, n^ie Diel 3<tt ein 9)lenf4 braud^en toirb, um eine @treäe SBegeS gu gelten, bet)or man gefeiten l^at, toie er gel^t.

$[ud^ barin unterfd^eibet fid^ ber €^ara!ter beS gegenfldnblid^en 93ett)u§tfeinS k)on bem beS ©elbflbelou^tfeinS: jenes l^at unb nimmt feine ©egenftänbe als gegebene unb Derl^ält ftd^ barum toefentlid^ t^eoretifd^ ober betrad^tenb, biefeS bagegen foH fid^, baS eigene @etbft, gum ©egenftänbe mad^en unb Derl^&It ftd^ barum toefentUd^ t)raltifd&, b. 1^. I^anbelnb, »ottenb, begel^renb.

8. 2)ie Obiecte alS lebenbige 2)inge.

SBaS alfo bem ©elbflbeioufetfcin gunfid^jl gegenüberfte^t, finb bie finnlit^en 3)inge als ©egenftänbe nid&t mel^r ber 5öetrad&tung, biefe gel^ort bem gegenfiönblid^cn aSeloufetfein , fonbern ber SBegierbe; noc^ nid6t als felbfibetoufete SBefcn ober 5Perfonen, todf)i aber als felbftdnbige unb felbfitl^ätige, bie fid& aud& praftifd& öerl^atten, beren SEl^dtigleit aud&

» (gbenbaf. 6. 128 u. 129.

21*

824 2)a8 6tIbi)betDuBtfein.

in ber ©clbftBct^ätiflung Bepelzt, inbem pe aus eigener flraft 1id& fettjl gepalten unb gliebern, fid^ felbfl crl^alten unb fortpflanjen, furjaefofit- inbem fte leben, iebeS in feiner ?lrt unb auf feine Slrt. S)ie ©elbp« bet^dtigung ber S)inge reidgt nid^t loeiter als ber QebenS))roce6, unb biefer bepelzt in ber ©elbflentoicftung beS natürlid&en 2)afein8, toie ^egel aQeS gufammenfaffenb fagt: ^S)iefer gange Itreidlauf ntad^t bad 8eben aus, totbti bai, toaS guerfi auSgefprod^en tt)irb, bie unmittel- bare (Sontinuitdt unb ®ebiegen]^eit feines äBefenS, nod^ bie beflel^enbe ®eftalt unb baS fflr ftd^ feienbe S)iScrete, nod^ ber reine ^oceg ber» felben, nod^ baS einfache 3ufammenfaffen biefer SOtomente, fonbern baS fid^ entn)id(elnbe unb feine Snttoidlung auffbfenbe unb in biefer 99e« toegung fid& einfadd erl^altenbe Gange/ ^

S)aS SetbjibetDugtfein ifl 99egierbe, feine Obiecte finb bie lebenbigen S)inge, gu benen eS ftd^ praltifd^ t)nii&lt, b. %. eS betl^fttigt ftd^ als beren äJlad&t unb SBal^rl^eit, ober, negatit) auSgebrildCt, eS erlebt unb erf&^rt beren 9lid^tigleit, inbem eS fie Derbraud^t, Dergel^rt, geniest unb baburd^ bernid^tet.

S)iefe 9tid6tigleit ber eingelnen finnlid^en 2)inge l^atte ^egel fd^on früher als baS tl^eoretifc^e Slefultat ber finnlid^en (Setoigl^eit auSge« fprodgen unb babei fdgUeglidd gur 93erfiftr!ung beS SetueifeS „bie fUtid- ftdiit auf baS $ra!tif((e anticipirenb'' ermftl^nt. ^Darunter n^ar bai$ aSer^alten beS SelbftbeiougtfeinS gu t)erfie]^en, bon bem toir foeben ge» rebet l^aben.*

n. ^errfd^aft unb jlned^tfdjiaft. 1. Sie a!)erbop))eIung bcB 6cIbflbc)ou|tfetn8.

S)er natflrlidge Sfortgang ber 2)inge Don ben leblofen gu ben lebenbigen, bon ben (ebenbigen gu ben befugten f)at gur Ofotfi^^ bag bem @elbflbeU)ugtfein baS @eIbflbeiDugtfein, bem einen baS anbere gegenflbertritt, bafe fid& bas 6elbflbett)u6tfein \>tibop)ftlt unb öerDiel» fftitigt. S)a nun baS praltifd^e SSer^alten beS SelbftbetougtfeinS ober feine @elb{lbet^ötigung barin befielet, ba^ eS ben ©egenfianb, auf ben eS fid^ gu begießen l^at, begehrt, t>ernid^tiget, aufgebt unb baburdg be- friebigt in fid6 gurüdCIel^rt. fo toirb bie ©ad&e bop^)eIfinnig, unb gtoar in allen brei SWomenten.' ®enn ber ©egenflanb iji baS ©elbfl«

^ (Ebenbof. 6. 132 u. 138. < S^gt. oben 6. 808flgb. $b&uotnenoIogie. 6. 80. ebenbaf. A. ©elb^&nbigfeit unb Unfetbftftnbtgicit beB eelbflbetoufitfeinS; ^etrfdSaft unb Pne«tf(J6oft, 6. 135-145.

2)oS 6el(f}betDuBtfetn. 825

6ett)u§tfetn in anbetet @eßQlt, alfo ein anbetet unb gugleic^ eS felbft; biefer 2)oppelfinn trifft audg baS Slufl^eben unb bie 9)fidEfe]^t in ftd^. @o etHftten ftd^ Tegels SBotte: „S)ie8 bopt)eIftnnige Sluf leben feines bo))))eIfinnigen 3[nbet8feinS ifl ebenfo eine bo^))eIftnnige Stfidlel^t in fidb felbfi; benn etfllid^ et^dlt eS butdg bas Stuf^eben ftd^ felbfl ju- xüä, benn ed n)itb fid^ tt)iebet gleid^ butd^ baS ^ufl^eben feines SlnbetSfeinS; gtt^eitenS abet giebt eS baS anbete €elbPen)U§tfein il^m tt)ieber ebenfo autild, benn ed n)at fid^ im Slnbetn, eS l^ebt bieS fein ©ein im Anbeten auf, entlftfet alfo ba8 3|nbete toiebct ftei".*

Um baffetbe in allet Afltje unb S)eutlid61eit 3u fagen, fo l^anbelt ed fi($ um bie (Einheit bes ©elbflbemugtfeins in feinet SJetbo^^elung: eS ^anbelt ftci^ batum, bag fid& baS eine Selbflbetou^tfein im anbetn toei^ unb ebenfo umge!el^tt, alfo batum, baB beibe fid^ gegenfeitig anet!ennen unb biefet i^tet 9lnet!ennung fid^ bemüht finb. »3ebe8 ifl bem 3(nbetn bie 3Jliitt, butd^ totti^t jebeS fid^ mit fid^ felbfl bet» mittclt unb gufammenf(i6Ue6t, unb iebeö fid6 unb bem Änbetn unmittel= bateS ffit fid^ feienbeS äÖefen, n^eld^eS gugleid^ nut butd^ biefe 93et= mittlung fo ffit fidg ift. @ie anerlennen fid^ als gegenfeitig fid& anetfennenb/*

2)iefe ^fnettennung abet i{! nicgt mit einem ©dgtage bot^anben unb fettig, fonbetn fie ifl ein $toce§, bet t)on bet du^etflen Ungleidg- |eit gut Gleid^l^eit fottfd^teitet: ein aDm&l^IidgeS ®Ieid&U)etben, beffen flufenmftgigen Sfottgang toit nfll^et gu bettad^ten l^aben. S)ie StuS- ffi^tung beffelben, ben ^bfd^nitt t)on bet «r^ettfd^aft unb Itnedgifd^aft, bet @e(bflftnbig!eit unb Unfelbfl&nbigleit beS SelbflbettugtfeinS" ted^nen toit gu ben gelungenßen ^attien bet ^^Anomenotogie, gu ben ^tobe- unb aReifletftflcfen bet l^egelfdgen S)ialeftil.

2. !^et $tamp\ auf Scbcn unb £ob. ^ie ZobeBfur^t.

S)ie öu^etfle Ungleid^l^eit, U)eld^e ben Slnfang madgt, befielet in bet abfoluten (ginfeitigfeit beS SlnetfennenS: nut baS eine ©elbfl» bctougtfein ijl anetfannt, »äl^tcnb baS anbete fid6 nut anet!ennenb t)et]^ölt. 9(bet audg biefeS SJetl^dttnig ifl nid^t unmittelbat gegeben unb nidgt bad etfie, nidgt etgentlid^ bet SCnfang, fonbetn Detmittelt unb ettungen. S)ie beiben ®e{la(ten beS ©elbflbemugtfeinS fc^Iiegen einanbet Ddllig auS: jebeS ift ein unmittelbateS, eingelneS 3nbit)ibuttm, bem ein

» Cbenbaf. 6. 136. Cbenbof. @. 137.

826 2)a8 @erbftbett)ugtfein.

anbereS, ebenfo untnittelbareS, einjelneS 3ttbit)ibuum gegenüber- unb entgegenflel^t, febes bie 93ernt($tung bed anbeten begel^renb, bolzet ifl i^r gegenfettigeS praltifd^eS 9}er]^alten ber ltQm))f auf fieben unb %üh.

Slun aber ifl baS ßeben bie natürlid&e ^Joption beS SBett)u§tfetnö, ber SEob bie natürlidöe 3legatton beffelben, bal^er »irb mit htm Sobc beiber 3nbit)tbuen ober aud^ nur beis einen ))on beiben nid^t erreid^t tt)aS bad Selbßbemu^tfein erreid^en toiti: e$ {ann nömlid^ baS 93ett)u§t- fein nid^t bernid^ten tDoQen, ba eS fa in bemfelben fid& obiectioiren unb betl^ötigen tt)iQ; eS \% loie ^egel Don beut ßam))f ber 3nbi))ibuen trcjfenb fagt, baS ©})iel ber Ärftfte, ba8 fid6 l^ier barfiellt, „aber im Setoufetfein". SJal^er fann bem ©inn unb 3irfe beS ©elbfibemufet« feinS gem&g ber Aam^f nur fo enben, ba§ SetDugtfein unb ßtitn erl^alten bleiben, unb ba8 eine ber beiben Snbiöibuen enttteber im Aam))fe unterjod^t mirb ober aus Siebe gum Ceben unb aud Ofurdgt öor ber XobcSgefal^r fid& freitoittig unterioirft. ®enn bie 3lrt, toie baS 93etougtfein negirt unb negirt loirb, ift nid^t bie brutale beS Zobt- fdglageniS, fonbem „bie 9legation bed 93ett)u^tfein§, n)eld^e8 fo auf- gebt, ba§ eis baS Slufgel^obene aufbetoa^rt unb erl^Slt unb l^iermtt fein Slufgel^obentoerben überlebt".*

S)ad ©elbftbemugtfein l^at feine erfie Srfal^rung gemad^t. €8 er» fdgeint aU „jtoei entgegengefe^te ®e{talten beS 93ett)ugtfeiniS; bie eine ba^ felbftönbige, n)eldgem baS g^ürfid^fein, bie anbere baS unfelb» ftftnbige, bem bas ßeben ober ©ein für ein anbereS bais Sßefen ift: ieneS ift ber §err, bied ber flnedfet".*

S)em Aned^te ifl fein natürlid^ed, finnlid^eS SDafein lieber ald bie ^erfonlid^Ieit; baiS Möge ÜtUn lieber als ber auf bem ©elbftbetougt^ fein rul^enbe SBertl^ bed SebenS^ er fd^&^t fid^ nid&t l^öl^er ald ein Sing unter 2)ingen, il^m gilt baS 2)ingfein ober bie S)ing]^ett als bad äBefentlid^e, baS SBemugtfein als baS Unmefentlidge: eben barin befleißt baS Inedgtifd^e 93etougtfein. SBaS ben ^errn 3um ^erm mad^t, ift, bag er ben Sob nidbt gefürd^tet unb fein Seben baran gefegt unb gemagt ^at SBaS ben Anedgt gum Itned^t mad^t, ift, bag er ben 2ob gefürd^tet unb fein fieben über aUeS gefdgä^t ^at, ganj Derfenft in fein ))l^9ftfd^eS2)afein: „baS ift", tote ^egel fdgön unb trejfenb fagt, <, feine Itetie, t)on ber er im Aampf nid^t abftral^iren !onnte unb barum fid^ als unfelbftänbig , feine ©elbftinbig!eit in ber 2)ing]^eit gu l^aben,

» SBflI. oben 6, 310. ^^ftnomenologie. 6. 137—140. « «enbaf. 6. 141.

S)aS @elbpett)ttgtfein. 827

ftd^ emieS. 2)er ^err aber ift bie SRadgt Aber bieS @ein, benn er erioteS im Kampfe, ba^ e8 il^m nur aU ein 9legatit)ed galt; inbem er bie äRad^t barüber, bieS @ein aber bie SDIad^t Aber ben 9(nbern, fo f)ai er in biefem ©bluffe biefen Slnbem unter fld&." *

3nbe|fen liegt in ber ^urd^t öor bem SEobe, als bem abfoluten ^erm, fc^on bag ©efül^I ber Stid^tigteit beS eigenen SDafeinS unb barin ein Aeint gur (Srl^ebung bed Inedgtifd^en äSeiou^tfeinS. ,.S)ie8 93ett)u^t- fein ^at n&mlid^ nidgt um bie[eS ober jenes, nod^ für biefen ober jenen Slugenbliä 9(ngft gel^abt, fonbern um fein ganges SBefen ; benn eS l^at bie f^urd^t beS %ohti, beS abfoluten ^errn, em))funben. Ss ift barin innerlidö aufgetöfi toorben, l^at burd^auS in fid& felbjl erjittert, unb aDeS f^i^e ^at in i^m gebebt. S)iefe reine allgemeine 93en)egung, baS abfolute Oflüfftgmerben aOeS äSeftel^enS, ift aber baS einfädle SBefen beS SelbPemugtfeinS, bie abfolute 9legatit)it2t baS reine f^firfid^fein, baS l^iermit an biefem Setoufetfein ifi/*

3. ^err unb Stnt^t ®e^or{am unb $iett|t. Arbeit unb SBUbung.

3un&d^ft l^at ber Anedgt baS @eIbftbetDU§tfein unb beffen erl^abeneS fjfürjtd&fein im ^errn Dor Äugen, nur in il^m: ber §err beftel^lt unb l^errfd^t, ber Itned^t ge^ord^t unb bient; er tl^ut, maS ber ^err xoxti, fein SCl^un ift eigentlid^ baS Sigun beS ^errn. 2)iefer bejiel^t ftd^ auf beibeS, auf ben Aneckt unb bie SDinge, fomol^t unmittelbar als mittel^ bar: er begiel^t fid^ auf ben Anedgt mittelbar burd^ bie SDinge unb auf bie S)inge mittelbar burd^ bm Aned^t. Slud^ ber Aneckt bejiel^t fid^ burd^ ben ^errn auf bie SDinge, b. 1^. er l^at bie SDinge nidgt gu genießen, fonbern nad& bem SBiflen beS §errn gu bearbeiten: ber flncdfet arbeitet, ber §err geniest. „SDer §err aber, ber ben Itned^t gtt)if(^en eS" (bie @elbfidnbigleit beS 3)ingeS) „unb fidg einge» fd^oben, fd^liegt fid& baburd^ nur mit ber Unfelbftönbigleit beS SingeS gufammen unb geniest eS rein; bie Seite ber @elbftönbig!eit aber ttberlöfet er bem flned^te, ber eS bearbeitet."*

S)er ©el^orfam unb 3)ienft beS flned&teS befielet in ber Arbeit, biefe aber barin, ba§ er bie SDinge gum ®ebraud& unb ©enuffe beS §erm bearbeitet, b. ^. gefialtet unb formirt. ©efiatten unb formtreu l^ei^t bilben. 3nbem ber ßnedgt burd^ fein eigenes SE^un bie 2)inge bitbet, bilbet er fid^ felbft. 3(rbeit ift unb mad^t 93ilbung. 2)urd^

Cbenbof. 6. 141. * Cbenbaf. ©. 143. » ©benbaf. ®. 141 u. 142.

328 2)ai eelbjIbetDufctfeiit.

bte 3(rbett lommt baS 93eiDugtfetn beS Rmi^ia gu ftd^ fetbft unb erl^ebt fid^ über feine SDingl^eit. 9tunme]^r voxxb ber Aned^t fetner ft(i bemüht. ®e]^orfam, 2)ienfi unb 9[rbeit tfi bte Sud^t, looburd^ baS {ned^ttfd^e 93ett)u§tfein ftd^ bilbet, erl^ebt unb befreit, ed fommt auf biefem SSege gu ftd& felbft unb ifi nunmel^r nid^t hU>% fflr ben ^erm, fonbem audg für fid^. @o erlebt unb beftfttigt ftd^ baS biblifd&e SBort; „®ie (Jfurd&t be« §crrn ifi ber SBeig^cit «nfang".*

9lunme^r ift bai SelbftbemuBtfetn beS Aned^teS ntd^t VU>% on ftd^ t)or]§anben, fonbem aud^ für ftd^ geworben, b. 1^. eS ift an unb für fid^, bte 3Jlomtnit feiner fortfdgreitenben (Erl^ebung unb SSefreiung finb bie SobeSfurc^t unb bie Orurd^t beS ^errn, ber ©el^orfam unb S)ienft, bie 9[rbeit unb SBUbung. „^m ^errn ift t^nt baS Ofürfid^fein ein anbereS unb nur für eS; in ber Sfurd^t ift bad Sfürfid^fein an i^m felbft; in bem Silben toirb baS grürftd^fein aU fein eigenes für eS, unb es lomntt gum SSeiDU^tfein, bog eS felbß an unb für fid& ift." „Ol^ne bie 3udgt beS S)ienfteS unb ©el^orfantS bleibt bie Ofutdjit beim Oformeüen fte^en unb verbreitet ftd^ ni^t über bie bett)ugte 3BirQidi|- {eit bes S)Qfein8. Dl^ne ba^ Silben bleibt bie gfurd^t innerlid^ unb ftumm, unb baS 99ett)ugtfein »irb nidgt für eS felbft/' '

4. 2)te Sb^Angigfcit beS ^etrn unb bie Unabl&ngigfeU beS Pned^tf.

SDie S)iale!ti! beS @elbftben)u§tfeind in bem Serl^öltniffe ber ^errfd^oft unb Anedgtfd&oft l^at bemnad^ bie O^olge, ba^ iebe ber beiben @eiten fid^ in i^r ©egent^eil Verfe^rt. S>er ^err geniest, toaS ber Itned^t erarbeitet, unb teirb baburd^ ab]^ftngigt)om Itned^t; biefer aber, inbem er bie S)inge geflaltet unb bilbet, gewinnt bie ^errfdgaft über biefelben unb baburd^ aud^ bie ^errfd^aft über ben ^errn, fo ba§ am Snbe baS gange Serl^dltnig fidg umle^rt: ber ^err toirb ab^&ngig Dom Itned^t unb biefer unabl^ftngig Dom ^errn; ber ^err mad^t fid^, ntoralifd^ genommen, ium Itned^te beS Itned^tS unb biefer gum ^erm beS $errn. S)ag ed ftdg fo Der^ftlt, erlebt unb geigt bie Sßeltgefc^id&te in il^ren großen unb baS Suftfpiel in feinen Keinen 2)imenfionen. „2)ie SBa^rl^eit beS felbftönbigen Semu^tfeinS ift bemnac^ ba^ Ined^- tifd^e 99eiou6tf^tn. SHefeS erfd^eint gtoar gunAd^fl auger fid^ unb nid^t als bie SBal^r^eit beS @eIbftbetougtfeittS. Slber toie bie ^errfd^aft geigte, baß i^r JBJefen baS SSerlel^rte beffen ifi, toaS fte fein toiff, fo

A (ibtnbaf. @. 142-144. ~ « (Sbcnbof. 6. 144 u. 145.

2)a8 BtllftUtDVLii^tin. 829

koirb Qud^ tool^l bte ßnedgtfdbaft ütelmel^r in il^rer SJoIIbringuna autn ©egentl^eite bejfen toerben, lood fte unmittelbar ifi; fie toixh aU in ,,ftd& jutädgebrftngteS SBemu^tfein in fidg gelten unb au toal^rer 6elbjl&nbigleit ftd^ umlel^ren''.^

5. S)te SSefreiung bes 2)enlen0. Sie STrbeit beS flned&tö flejd^iel^t atoar nad^ bem SBillen unb bem ©inn be8 ^ertn, alfo nad^ frembem ©inn, aber, ba fie im Oeftalten unb 93ilben befielet, fo totdl unb enttoiäelt fte notl^ioenbig in bem ^[rbeitet ben eigenen ©inn, b. ^, baS eigene SHadfebenlen unb SJcnlen. arbeit ifl gel^emmte »egierbe unb fül&rt aur ©eIbfibe]§eTrf(i6ung. SJurd^ bie Slrbeit mirb bas SSetDu^tfein feiner eigenen ßraft unb Sl^itiglett inne unb lommt ftd& felbfl. „68 »irb alfo burd^ bieS SBieber^ finbcn feines burc^ fid& felbfi eigner ©inn, gerobc; in ber 2(rbeit, njorin eS nur frember ©inn au fein fd^ien/'^ Unb ba baS fned^* tifdge ääetpu^tfein in ber abfoluten SobeiSfurd^t ftd^ Don aDer fd^Iecgten (Sigenl^eit geläutert unb befreit l^at, fo ifl biefer fein eigener ©inn ni(^t „eitler eigener ©inn" ober „ßigenfinn", ate loeld&er nod& in ber Äned&tfd^aft ftel^en bleibt, fonbern in fid& gelehrte», reincg unb freies Senfen.

in. S)ie greil^eit beS ©elbfibetoufetfeinS.* 1. ©toicifimuS. ^m 2)en{en ift baS 93etPugtfein bei ftd^ felbfl unb barum frei, unabl^dngig Don ben gegebenen SBelt« unb ßebenSaupÄnben, fei eS ber ^errlid&Ieit ober beö (SIenbö, frei auf bem Sl^rone toie in Äetten, als ^err »ie als ©claDe, gana in fid& felbfl gcgrünbet unb auf fid^ felbfl berul^enb, bem Sßeltgetriebe gegenüber DoÜ!ommen gleid^ga(tig unb DoD- fommen erl^aben. S5a8 eigene SJenlen allein entft^eibet ben SBegriff beö unbebingt Stttgemeinen in tl^eoretifd&er »ie i)raltift6er C^infidftt, ndmlid^ bie ©eltung beS Salären unb ®uten. 3)a$ ifl biejenige t¥ret= l^eit beS ©elbftbemugtfeinS unb ©efinnungSart, meldte mon ©toiciSmuS nennt. S)ie gönalid^e Slbl^öngi gleit Don ßeben unb S)afein mdd^t baS SSemu^tfein aumÄnedgt, bie gdnalid^e Unabl^&ngigleit boDon mad^t ed aum ©toüer: bad Inedgtifcge äSetou^tfein ifl bie Itette, meldte ba^

> aUnhal @. 141 u. 143. - > Sbenbaf. ®. 145. - > Q^benbaf. B. gftei- ^cit bc8 ©elbßbetou^tfeini; @toicidxnu9, @lepttciSmuS unb baS unglüdlic^e S9e* tDugtfein. @. 145-168.

330 SDa« 6eI6{lBc)Dugtfcin.

3nbtt)tbuum feffelt unb fefil^dtt; baS ftotjdge 93ett)ugtfetn ifl in unb t)on ftetteit frei, oud^ loenn baS 3nbtmbuuin fte tt&gt. „S)tefe Sftei^ett beS @eI6ft6ett)u6tfettt8 l^at befonntltd^, inbem fie ate il^re bemühte St« fd^eiitung in ber ®efd^id&te bed ®eifieS aufgetreten ift, @totciSmuS ge^eigen. @ein $rinci)) ifl, bog boS 93ett)ugtfein bentenbeS SBefett x% unb etmaS nut SBefenl^eit für baffelbe l^at ober tua^r unb gut fär tfi, aU bag Setoufetfein ftdft bartn als ben!enbe8 SBcfen ber^ält."^

2)ad Ser^&Itnig ber ^errfd^aft unb Itned&tfdgaft unb bie bnrd^ Slrbeit unb 9lad^benfen errungene SSilbung d^aralterifiren bieienigen Sufidnbe, aus n^eld^en baS floifd^e 93ett)u6tfein l^erüorge^t unb l^ißorifd^ l^erüorgegangen ift, tote $egel aud^ mit einigen SBorten bemerft, mo er bie felBftdnbige eigene SDen!- unb Sinnesart beS @toi!erS t)om Srol unb (Sigenfinn fein unb rid^tig unterfdgeibei „S)er @igen= finn ifl bie ^reil^eit, bie an eine ginjelnl^eit fid& befefiigt unb inner* l^alb ber Aned^tfd^aft fielet, ber ©toiciSmuS aber bie S^rei^eit, meiere unmittelbar immer auS il^r l^er unb in bie reine ^lllgemeinl^ett beS ©ebanfenS jurüdCfommt unb als allgemeine ^oxm beS SBeltgeifieS nur in ber 3eit einer allgemeinen t^urd^t unb Aued^tfd^aft, aber aud^ einer allgemeinen Silbung auftreten fonnte, meldte baS Silben bis jum S)enfen gefteigert l^atte."*

2)arin liegt audg bie Sc^möc^e ber floifd^en S)enlart: fie ift in il^rer ber äBelt abgeloenbeten Stid^tung abftract unb unföl^ig, fid^ in bie 2BirI(id&!ett auSjubreiten unb biefelbe gu burd^bringen, bal^er fte baS Itennjeid^en ober Kriterium ber SQ3aI)r]&eit nid^t in bem lebenS» öoüen ©el^atte ber SBelt unb SBirflid&Ieit, fonbern nur in ber formellen Ofeftig!eit beS fubjectiüen 2)enIenS ju finben vermag, unb il^re allge- meinen SBorte Don bem SBal^ren unb ®uten, t)on ber SBeiSl^eit unb Sugcnb too^I er^ebenb pnb, aber auf bie 3)auer ermübenb unb lang- weilig »erben.'

2. @fc|)ticUtnu8.

SBaS bem Selbflbetou^tfein beS @totciSmuS entgegenflel^t, ifl baS auf bie* ®eltung ber S)inge unb 3uft&nbe gegrflnbete SBeltbemugtfein; bal^er muffen, um bie ®eltung beS floifd^en @eI6ftgeffll^(S gu befefligen, aQe objecttDen Sßal^rl^eiten, aDe ^ofitionen beS äBeltbetougtfeinS auS bem SBege ger&umt metben : aDe iene Sic^erl^eiten, tteld^e bie finnli(^e

» Cbenbof. 6. 145-147. - » «6enbaf. 6. 148. - » «benbaf. 6. 148 u. 149.

2)a« etlhfibttouitUin. 881

©etoifel^eit, bie S33Q]&me]6mun8, bct JBerflQnb, btc l^errfd&cnbcn ©ttten unb ©efe^c u. f. to. Bieten, ©iefen JDienfl letftet bcr ©fcpticiömuö, ber beS« l^alB mit bem @toici9tnuS ttot^iuenbig Detbuttben ift unb gufQmmenge^t. äSeibe Det^alten fid^ »ie ^err unb 2)ienet; ber @fepitci8mu8 reolifirt ben StoiciSmuS, er erarbeitet bie @id^er^eit unb ^errfdgaft, »eld^e iener begel^rt unb braud&t, inbem er attc »iberfireitenben ?Pofitioncn beS SemugtfeinS umftfirjt unb nid^ls fibrig Idgt, aU bie Unerfd^ütter» Iid^!eit ober Sltarosie beS eigenen 2)enlen§.^

%Ut bad fbptifd^e @elbftben)u^tfein gerdt^ mit unb gegen fidg fetbfl in ein ^eer unauftöSlid^er Sßiberfprfld^e, ba eS genDtl^igt ifl, baffelbe gu bejal^en unb gu berneinen, praltifd^, b. 1^. in feinem %f)nn toieberl^ergufieffen, »aS eS tJ^eoretifd^, b. 1^. in feinem SDenfen erfc^üttert unb umgeftürgt l^at; eS ift gugleid^ biefed eingelne, em|)irif(i^e, gufdüige @ubiect unb biefeS allgemeine, unmanbelbare 99en)ugtfein, baS uner= fd^fltterlid^ auf fidg felbft rul^t; tp&l^renb baS em))irifd^e @ubject t)on aSorftcüungen, beren feine SBcfianb l^ölt, Dermint »irb, toie öom @4»inbel einer fid^ immer ergcugenben Unorbnung befallen. „6S iji bieS für fid& felbft, benn e8 felbft erl^ött unb bringt biefe fid& be= toegenbe SSertoirrung l^erDor. 68 bcfennt fid^ barum audg bagu, bcfennt, ein gang guffinigcS, eingelneS Seioufetfein gu fein, ein äSeiDugtfein, ba§ em))irifd^ ift, ba$ fid^ nacb bem rtdgtet, n)aS feine afleolität für eS l^at, bem gel^ord&t, toaS i^m fein SQBefen ifi, baS tl^ut unb gur SBirflid^feit bringt, roa^ il^m feine SBal^rl^eit l^at. SIber ebem fo, iDie es [xä) auf biefe äBeife als eingelned, guf&lligeS unb in ber %Jial tl^ierifd&ed Seben unb ))erIorene8 €eIbftbeU)ugtfein giebt, mad^t eS fidg im ©egentl^eil aud^ U)ieber gum allgemeinen, fid^ felbjl gleid&en, benn eS i|i bie Jiegatiöitdt aller ©ingelnl^eit unb alles Unterfd&iebeS. SJon blefer ©id&felbfigleic^^eit ober in i^r felbfl Dielmel^r fdllt eS »ieber in jene Sufdßigfeit unb SScrmirrung gurüdt, benn eben biefe ftcg beroegenbe 92egatiDitdt l§at eS nur mit (Singelnem gu tl^un unb treibt fid& mit SuföHigcm l^erum. ®ie8 SBenjufetfein ift alfo biefe bciouBtlofe ^afelei, öon bem einen Sjtrem beS fit^ felbft gleidften ©elbfibctoußtfeinS gum anbern beS gufdlligen, Dertoorrcnen unb Dertoirrenben SetoußtfeinS l^inüber unb l^erüber gu gelten. (£ä felbft bringt biefe beiben ©ebanfen feiner felbft nid^t gufammen; cS erfennt feine ^rei^eit immer als (grl^ebung über äße aSertoirrung unb SufdÜigfeit

Cbcnbaf. 6. 149-151.

332 2)a0 6eIbPeiDu6t{etn.

beS 2)afetniS unb be!enttt ftdg ebenfo bas anbete mal toieber als ein SurfidfaQen in bie Untnefenttid^fett unb als ein herumtreiben in il^^^. €8 I4§t ben untocfenttidöen ^n^alt in feinem ®enlen bcr» fd&tt)inben, aber eben barin ijl es baS SBetoufetfein eines UntoefentUd&en, es fprid^t baS abfolute SSerfd^minben aus, aber baS 9(uSft)red&en ift, unb bieS SBeiou^tfein ijl baS auSgeft)ro(^ene SSerfd^ninben; eS fprid&t bie Slid^tigfcit beS ©el^enS, ^örenS unb fofort auS, unb eS fielet, ^ört unb fofort felbfi; eS fpridgt bie 9lid^tig!eit ber ftttlid^en äBefen* l^eiten auS unb mad^t fte fe(bf} au ben STldd^ten feines ^anbelnS. @ein Xl^un unb feine SBorte toiberfpred^en fid6 immer, unb ebenfo l^at eS felbft baS gebopt^elte miberfpredjienbe Säetou^tfein ber Unn)anbelbarlett unb ©leid^l^eit in ber ))ö([igen SufADigleit unb Ungteidg^eit mit fid^." ^

8. 2)aS un0lfl(I(i4e »elougtfein.

3n bem SSerl^äHniB Don ^errft^aft unb Äned&tfd&aft erfd&eint baS t)etbo))))elte Selbftbemu^tfein in jmei Derfd^iebenen ©eftalten; in ber Sfrei^eit beS SelbflbelDugtfeinS, im @toiciSmuS unb @!e))ticiSmuS er- fd&eint eS in einer: ber ©toifer fraft feiner erl^abenen ©elbftbel&errfd&una ip fotool^t fein eigener ^crr als aud6 fein eigener Äned&t, fein benfcn= beS @elb1}bett)u§tfein ijl ber ^err, fein finnlid^eS unb begel^renbeS ©elbjibewufetfein ift ber flned&t, ber möd^tig nicberge|attene unb untere brüäte; ber unn)anbelbaren 2)en!- unb ©ertnnungSart beS @toi!erS gegenüber Derjiummen bie ©eijler ber ©inntid&Ieit, »eld^e ber ©feptüer auSfü^rlid^ reben lägt unb anl^Srt, bereu tl^eoretifd^e ©emigl^eiten er tt)iberlegt unb t)ertt)trft, iD&l^renb er (gleid^ bem gemöl^nlid^en 99en)ugt= fein) pe praftifd& l^errfd^en Iä§t; feine ^ßrajiS, b. 1^. fein SEI^un unb SEreiben, toiberftreitet feiner Sl^eorie, fein tocd^felnbeS, »anbelbareS, giDifd^en Xl^eorie unb ^ra^iS ^in unb l^er gelDorfeneS SSemu^tfein preitet mit Jenem unwanbelbaren Semufetfein, mit iener ätarajie beS S)cnfenS, toorin ber @fe})tifer mit bem ©toifer wetteifert. Unb fo geigt pc| ber €!et)ticiSmuS als ein nidgt blog in pdg gebo))))eUeS, fonbern pdg jelbp toiberßreitenbeS unb entgegen gefegtes 93en)u6tfein, jerllüftet gleid^fam in ben bo^^tten ©egenfaft jtoif^cn SJenlen unb i^un (Sl^eorie unb ^PrajiS), unb gwifd&en ber toanbelbaren unb un= toanbetbaren ©epnnung.

1 (gbenbaf. 6. 151—158.

S)ad eeaflbetDubtfetn. 383

2)iefer SBtbetftteit ifl im f&pttfd^en Sdetougifetn, ntd&t für ed. SBaS im 93elDugtfein lebt unb l^ettfdgt, mu^ aud& im Sid^te beffelben erfdgeinen. 9Bq8 bad aSeiDugtfein an fi^ ifl, mug eS aud^ für fi(i^ fein; ballet mug qu8 bem SIepticiSmuS eine neue ©eflaU beS Semugt- feinS ]^ett)orgel^en. 3)a nun biefe neue ©eflalt ftd^ il^ter 3et!Ififtung unb inneren (Segenfä^e betougt ifl, unb )lDar ate unt)erf&]^ntet, unb na(b bem SOVaage ber eigenen Araft unt)etf&l^nlid6er ®egenfft^e, fo l^at ^egel biejelbe „ba$ ungladtid^e aSetougtfein" genannt. (Is gel^ört }ur S^teil^eit beiS €eIbflben)uBtfein8, ha e$ in bem ^roceg feiner SBe« freiung eine notl^toenbige @tufe bilbei; eS ifl bie britie @tufe, ba ed ben @toici8muS unb ©le^iicidmud t)orQU8fe^t unb aus bem legieren refuUirt. ^3)iefe neue ®eflaU ifl ^ierburd^ ein foI(i^e8, »eld^eS für fid^ baS gebopt)ette SdeiDugtfein feiner, ate be$ fidg befreienben, un» toanbelbaren, fid^ fetbfl gleid^en, unb feiner als beS abfolut fid^ t>tX' toirrenben unb t)er!e^renben unb baf^ 93en)u6tfein biefeS feines SBiberfprudgS ifl. 3m @toici8muj^ ifl bad @elbflbemugifein bie ein- fädle Orteil^eit feiner felbft; im SfepticiSmud reatifirt fie fid^, t)emi(l^tet bie anbere ©eite beS be^immten S)QfeinS, aber t>txboppAt fidg t)iel- mel^r unb ifl fid^ nun ein 3)Deifad^e8. ^ierburd^ ifl bie 93erbo))))eIung, U)eld&e frfll^er an gloei (Sin)elne, an ben ^errn unb an ben RntS^t, fid^ t)ertl^eilte, in SineiS einge!el^rt; bie 9}erbo))))eIung bed @elbß- bekougtfeinS in fid^ fetbfl, meldte im Segriffe beS ®eifle8 mefentlid^ ifl, ifl l^iermit t)or]^Qnben, aber nod^ nid^t il^re Sinl^eit, unb baS un- glüdlid^e aSemugtfein ifl bas 93elDugtfein feiner als bed gebo^))eIten unb toiberf^)red6enbett SHJefenS.''*

S)iefeS in fidg geboppelte unb miberf))rudgSt)oIIe 99en)ugtfein !5nnte man oud^ al8 baS feinem SBefen entfrembete, als baiS entjtoeite ober )er- riffene 93ekougtfein bejeid^nen, n)eld^en ^uiSbrüdEen loir in einem f))ateten ^bfdgnitte ber $l^ftnomenoIogie begegnen loerben, mo eS fid& barum l^anbelt, eine ßebenSanfdgauung unb ©efinnungsart )u d&aralteriftren, loeldge ber t)terten ^au))tflufe be$ 99en)ugtfeinS angel^ört unb, l^iflorifd^ genommen, in bem SntioidKungSgange ber 3Renfdgl^eit auiS bem S^i' alter ber 9luf!I&rung f)txt>ox' unb ber Sßettepod^e ber IReüoIution un- mittelbar Doraudgegangen ifl, mie ber ©toiciSmuS unb @Ie))ticiSmud ber beS (S^riflentl^umd. Sin unb baffelbe 93elDu^tfein, meldgeS t)on entgegengefe^ten SOflAd^ten bemditigt ifl unb fidg bemditigt ffil^It:

1 Ofbenbaf. €. 153 u. 154.

834 2)ad eelbftbetDufttfein.

Stoei €eelen lool^nen, ad^! in meiner fßxuft, 2)ie eine toiU fl4 ^on ber anbern trennen; S)ie eine l^ait, in berbcr SiebeSluft, 6td^ an bie SDOelt, mit Kammemben Organen ; ^ie anbre (ebt geioaltfam fi^ t^om 2)uft Su ben ®efl(ben l^o^er 9(^nen.

3n einem foldgen 3)o^))eI6elDu6tfein, tote eS bie SBorte l}eS Boetl^efdgen gfauft auSfDred^en, ifl eine foldge gfäUe Don ßtQft= unb @el6ftgefü]^I, t)on (St^e6ung unb ^errlidg!eit enthalten, bag man Don i^m nidgt fagen fann, eS fei unglfidlidg. S)iefe @eftalten beS mobernen aSetoufetfeinS, bie ats Serrtjfen^eit, SBeItf(i6meta u. f. f. fotool^l gelten ate gelten tooHen, loiffen ftdg Diel gu Diel mit intern Ungtfld unb madgen bamit Diel gu Diel Staat, um in SBal^rl^eit unglfläli^ 3u fein. S)a2U gel^ört baS Slenb unb bie Ol^nmad^t beS SBtffenS. 3)atum l^at ^egel baS ungtfltflid^e 93emugtfein, loeld^eS in ber $l^dnomenoIogie ber gegenko&rtigen @teDe, nftmlidg ber jtoeiten ^au))tftufe beS 93en)u§tfein8 angel^ört unb biefelbe DoQenbet, Don jenen mobernen ®eftalten tooijl unterfdgieben.

3)ie entBegenBefe^ten 3R&ä)h, xottä^t hai unglüdnidge 93en>ugtfein als feine 3D}ei Seelen in fid^ trdgt unb nidgt ^ufammengubringen unb 3u Dereinigen Dermag, mflffen tl^m ebenbeS^alb als getrennte unb etnanber frembe Sßefen erfdgeinen, als ©egenmdd^te, bie einanber ber= gefialt auSfd^Iiegen, ba^ jebeS bie ©eftalt eines einzelnen, fflrftd^feienben SBefenS annimmt. S)ie beiben SJlAd^te finb baS unn)anbelbare unb baS toanbelbare 99en>u6tfein : jenes erf d^eint als bie einjelne, unioanbeU bare, göttlidge ^ietfon, biefeS als baS einjelne, em))irif^e unb gufAttige Subject, als ein foId&eS gilt fid^ baS unglfldtlid^e SSeiougtfein felbft. 3toifd&en beiben befielt eine unübetpeigUdöe Äluft, fie Dermaßen ftd^, tt)ie 3enfeitS unb 2)ieffeitS, ber Suflanb, ttortn fid6 bie aftöd^te bes SetougtfeinS befinben, ift ber eines unfibetminbßd^en S)uaIiSmuS, ber bie Seeleneinl^eit s^^f^^^t ^^^^^ ^^^ ä3eD}ugtfein unglfidfelig unb »al^rl^aft unglfidHidg mac^t unb bie Segeid^nung motiDirt, loeld^e ber antibuatiftifdg gefinnte ^pi^itofo))]^ gemd^It l^at: „baS ungtfldKidge Setou§tfein'\ „biefeS unglüdtltd^e, in fid& cntgtoeite Setoufet- fein".^

9lunme]^r finb bie ®egenftfinbe ober Sl^emata biefeS SeiougtfeinS ju entioidfeln. S)aS @rfte ijt feine Sesie^ung ju jener göttlidöen

' (Sbenbaf. 6. 154.

^a8 6eI6fl(etDU^tfein. 335

$erfon, aU loeld^e t^m baS umoanbelboTe SelbfibeiDu^tfein etfd^eint; ed erfd^ctttt il^m als ein obfolute» SenfeitS, mit »eld&em 6in8 gu fein baS Subject, Don bem mir reben, ebenfo notl^ioenbig mie t)ergeblidg trad^tct: biefeä ©tteben nodö einem uncrteid^baten 3iel ift bem unglüds lid^en 93etDugtfein eigen nnb gel^5tt gu feinem SBefen, eS bejeidgnet ben ©ipfel unb bie ©d^ranfe feine« SBiffeng, eS ift fein „teine« Sett)u§t= fein, nid^t aber reined S)en!en, fonbexn eS gel^t, fogufagen, nur an ba« 2)en!en ^in unb ift Slnbad^t. ©ein 3)enlen als fold^e bleibt baS geftaltlofe ©aufen beS ©lodengeläuted ober eine loorme Siebet» erfflttung, ein mufilatifd^eS ©enlen, baS nid^t gum ^Begriffe, ber bie eingige immanente gegenftönblid&e SQBeife todre, fommt," 68 bleibt „reines ©emütV' ober ©efül^l/

S)a nun baS ©ubjlect beS unglüdEIidben a3eti)ugtfein8 ein eingelneS, eml)irifd&eS, ftnnUd^eS ©ubject x% fo erfdgeint il^m baS 3enfeit8 als ein finnlid^eS, b. 1^. rfiumlid^eS unb geitlidgeS 2(enfeitS, unb jenes un- n)anbeI6are ©elbftbemu^tfein, bas ats Singelmefen tl^m jenfeitig gegen« flberftel&t, erfd^eint in uncrreid^barer geitU^er Qferne, b. fj. als ein Der= fd&wunbcnes, gewefeneS, »ergangenes ßeben, öon bem nid^ts flbrig geblieben ift, als fein @rab. ©o entfielet aus bem ©efül^Ie ber ^n^^ bad^t bie ©el^nfud^t nadg bem ^nilid, nad^ ber ©egentoart unb bem Sefi^e biefeS ©rabeS. „©tatt baS SBefen ergriffen gu l^abcn, »irb nur bie Unn)efentli(^!eit ergriffen/ „ä8o eS gefud^t toerbe, !ann eS nid^t gefunben toerben, benn es foQ eben ein ^enfeits, ein foId^eS fein, toeld^eS nid^t gefunben toerben !ann. @S als (SingetneS gefud^t, ift ©egenftanb ber unmittelbaren finnlid^en ©etoißl&eit, unb eben barum nur ein foId^eS, »eld^eS berfd^njunbcn ift. ®em Setoufetfein fann ba^er nur baS ©rab feines SebenS gur ©egenioart lommen. ^ber ttie btes felbft eine SBirlUd&feit, unb eS gegen bie SRatur biefer ift, einen bauernben a3efi§ gu getoö^ren, fo ift aud& bie ©egentoart beS ©rabeS nur ber Äomi)f eines Semül^enS, ber öerloren toerben mu§."*

Dbnjol&l §egel fid& aller ndl^cren ^iftorifirung entl&atten l&at, um bie ©efdgid&tS))^iIofo))]^ie nid(it mit ber $^dnomenologie gu t)ermifd&en, fo toirb bei ber angeführten ©teile bod& nicmanb öerlennen, bafe er auf bie ©emfit]^St)erfa{|ung ]^inn)eifen moQte, auS beren Stnbadbt unb ©el^nfud^t bie fiömpfe um ben SSefi^ beS l^eiligen ©rabeS ]^eröor= gegangen finb: bie fireuggüge, in toeld^cn ber döriftlid^c SReliquien»

» ebenbof. ©. 154—159. ^ übenbaf. 6. 160.

386 S)a8 6eI({lbetDuBtfein.

unb ®x&6etcutt feilten ^öl^epunlt etreidgt ffat. 3n ber ©egenlDatt unb im 99eft^e beS ©rabeS foDte biefeS 93eti)u§tfein erfahren, ba§ e8 fid^ getftufdgt l^abe. ,,@tatt baS SBefen ergriffen ju l^aben, ^otte ed nur bie Unmefenilid^Ieit ergriffen/' SBenn man ein Seifpiel bafflr l^aben toiQ, toie baS menfd^Iid^e SBemugtfein in feinem (SntoidKungS- öange, b. 1^. in feinen ßel^rial^ren, jebe ©tufe mit ganj anbern 6t= nmrtungen betritt a(S t)erl&gt unb immer etmaS gan} anbereS fud^t ate finbet, fo giebt eS tool^I feines, meld^eS größer unb gett)altiger mfire, als bie Areugjfige. Sine fold^e ©elbfttöufd^ung, baS ^enfeits mit ber gr5gten 3nbrun{t gefui^t unb baS S)ieffeit8 in ber öbeften @eftalt gefunben gu ^aben, !onnte nur baS unglüdHid^e Semugifein erleben.

©ein €^ara!ter unb fein Unglüd befielet eben barin, bag eS })oifdgen 3enfeit8 unb 2)ieffeit8 befidnbig get^eitt ift unb bleibt. ,,2)iefe8 unglüdüd^e, in fid^ entgmeite 93eti)u&tfein mug alfo, mil biefer Sßiberfprud^ feines SBefenS jid^ (Sin 99ekou^tfein ifi, in bem einen 93e= nugtfein immer aud^ baS anbere l^aben unb fo aus jebem unmittelbar, inbem eS gum Siege unb gur Stulpe ber Sinl^eit gelommen gu fein meint, toieber barauS ausgetrieben merben/^

^6 ein finnlid^eS ©ubject ftel^t biefeS 93ett)u6tfein mitten in ber mirHid^en SBelt, gu ber eS ftd^ audg moDenb unb begel^renb, geniegenb unb arbeitenb, ermerbenb unb beft^enb t)erbdtt, aber eS mu§ fein tl^fttigeS S)ieffeitS beflAnbig auf baS SienfettS begiel^en unb fommt beS« l^alb gu feiner ©ekoigl^eit feiner felbfi, gu feiner Seti^ft^rung feiner Xl^ätigfeit, gu feiner maleren Slnfcbauung ber gegenftdnMid^en SEBelt, fonbem eS bleibt bei einer „gebrod^enen ©etbftgelDigl^eit'', einer ,,ge« brod^enen SSemd^rung"', „einer entgmei gebrodgenen SSirflid^feit" : feine eigenen tl^ierifd^4eibli(!^en Ofunctionen erfd^einen il^m als ffinbl^aft'« bie gfrfld^te feiner Slrbeit unb Zl^fttigfeit, Srmerbung unb Sigent^um, er» f(!^einen il^m als „®aben t)on oben", bie eS als foldge anguerfennen, banfenb gu empfangen unb gu genießen l^at; aud^ fül^tt eS fidb ju Gegengaben feinerfeits t)erl)flid^tet, gu geloiffen ^Aufopferungen, fon)o]^l maS fein burdg Arbeit ermorbeneS ftugerlidgeS Sigentl^um als ben ®enu§ betrifft, eS muB etu^aS Don bem Sigentl^um ablaffen unb für ben gel^abten ®enu§ fidg toieber ben ®enu§ t)erfogen unb baS ®egen' t^eit auf fid& nel&mcn, inbem eS fici^ fajteiet unb fafiet. 3)iefe ®egen-

dbenbaf. @. 154. - > dbtnbal €. 161.

2)aS ScIbllbetDitfitfetit. 387

gaben gelten ats Oj)f ergaben, ate S)anIe8oi)fer, bie man bem ien= fettigen @eber, bent ®eber t)on oben, fd^ulbet.^

€o ift baS ungtflditdge 33en)u^tfetn in ben 2>uali8mus jioifd^en 3enfeit8 nnb ©ieffeitiJ t)erftri(It unb burdSgftngig t)on il^m be^errfd^t. ®ie SBejiel^ung gtt)ifd6en ben beiben 3lcid6en ijt beftSnbig, bie Äluft jtütfd^en beiben unüberfteiglid^; ballet bebaxf baS bem 2)uali9mu§ nntermorfene 93ett)ugifein bet SRiitelSperfonen ober 93ermittler, bte aU beiS 3enfett8 {unbige, il^m geloei^te 2>iener gelten unb bie dnU fd^Kefeungen beS bieffeitigen 93ett)u§tfetn8 berotl^en unb leiten. „2)iefer Vermittler, ofe mit bem untoanbelbaren SBefen in unmittelbarer Se- aiel^ung, bient mit feinem 9tat]^ aber baS 9le$te. S)ad ungtfltflid^e a9eti)ugtfein t)oQenbet feine Untertt)orfen]§eit, inbem eS etioad Don SlHem oufgiebt, toaS ju feiner Sigenl^eit unb @elbftfinbtgfeit, barum audg gu feiner ©elbftbefriebigung gel^ört: ben eigenen 6ntf(fttu|, ben eigenen 93eft^, ben eigenen ®enug; eS ifl ^örig unb fd^ulbig, eS fd^ulbet t)on feinem ßigentl^um baS D))fer unb ffir feinen ®enug bie Aafleiung.

SBenn toir biefe ©runbjflge beS unglüdEHd^en Seiou^tfeinS l^iftori» pren, ©aS ^egel nid^t get^an unb t>xtUtxä^t gefIiffcntKd6 Dermicbcn l^at, unb aus ben obftracten, unbeftimmten unb barum bunllen Oformen feiner Spiai^t an bad Sid^t lieben, fo feigen mir ba§ d^riftlid^e 33e= tougtfein beiS ürd^Iidgen STlittetalterS t)or uns, baS römifd&'!at]^olifdge, für toeld&eS baS ßeben unb SQBer! Sfefu S^rifti ein t)onbra(6teS gjoctum, eine jenfeitige, einmal für immer fertige SE^atfad&e ift, loonad^ ben ©Idubigen nid^ts anbereS fibrig bleibt, aU ber IReliquiencuIt unb bie SBafffal^rt, afö bie ^ierard&ie, bie jtt)if(^en ScnfcitS unb S)icffeit8 Der= mittelt, bie Äußeren D^jfer unb bie STsIefe. S)iefe8 ärmUdfec unb toert^Iofe Sl^un gilt bem unglüdlid^en SSemu^tfein aU l^öd^fie @elb{i= befriebigung, alß fetiger ©enufe unb abfoIuteS Sl&un. ®arin bcftel^t ber ©i^jfel feiner SBerlel^rtl&eit. JBcnn eS biefe JBerfel^rt^eit burd^fd^aut unb bicfelbe nid^t bIo§ an il^m, fonbern für gctoorben ijit, bann ]&at eS aufgel^ört, unglüdtlid&eS Senjufetfein ju fein.*

SBaS bas Senjufetfein an fid6 ifl, muft aud6 für fid6 fein unb »erben nad^ bem uns ttol^Ibelannten ©runbgefe^c feines SBefenS unb feiner ßntioidtlung. ®ieS gilt je^t öon bem ungtüdEIid^en Sctoußtfein.

» ebenbof. @. 164—166. SBflI. oben, »hiermit öcriieren %iun itnb @enug aQen allgemeinen Snl^alt unb SBebeuiung." „^\x feigen nur eine ouf fi(!b unb il^r ÜeineS 2:^un bef(!bTftn!te unb fi4 bebrütenbe, ebenfo unfilfiiiltdie ale ftrmli^e ^exfönlt^feit/ (€. 164 u. 165.) S3gl. biefeS S&er!. 6.175.

9if«eT, «efd^. b. «l^ilof. VUI. 91. tC. 22

888 2)a8 SDentunfibeiDu^tfcin.

Sie SelbfUAufdgung, bie eS gefangen nimmt unb t)on feiner buqlifiifd^n 9[nf4QUungSn)eife l^ertfil^tt, liegt in ber falfc^en unb t)er!e]^rten €d&a^ung jenes ärmlicden unb tt)ertl^Iofen 2:i^unS, baS in lautet eingelnen, .ftu§er= tid^en Serjid^tleiftungen unb Slufopferungen befielet, lauter Sd^ein« o)>fern, ba fie bod^ im @runbe bad SBol^I unb ben SSortl^eil beS lieben 3(i8 mit feinem bieffeitigen ©etriebe gum 3»e(f l^aben,^

Um aUe biefe )>artieDen unb frut^tlofen Sleftgnationen einmal für immer lod gu toerben, muB biefe i^te SQSutjet, ba$ eingelne ©ubiect, bie befd^Tftnlte 3nbiüibualitat, baS liebe 3^ mit feinem bieffeitigen (betriebe aufgeo)>fert toerben. SDamit ift ber S)ualidmuS 3tt)if(i&en SenfeitS unb 3)ieffeitS, auf bem bad gange unglfldKid^e Setougtfein rul^t, entmurgett, unb ftatt feiner erl^ebt fi^ im SSemugtfein bie (Einheit ber ienfeitigen unb bieffeitigen SBelt, bie (Sinl^eit beS @elb{tbemuBtfein8 unb ber SBirllid^Ieit, beS @ub|ectiDen unb £)b)ectit)en. 3)iefe Sinl^eit ift bie ä^ernunft, mit beren Slnerlennung unb ©emgl^eit ber (Snt- midElungSgang beS 93ett)u6tfetn8 gu feiner britten ^au^tftufe gelangt.'

Sld^teS (S^aptitl

I. £]^ema unb Slufgabe.

3)a bie ä^ernunft bad innerfte SBefen beS €elb{tbett)ugtfein8 unb ber gegenfldnblid^en äBir!li(i&!eit, foti)ol^l beiS fub|ectiüen als beS objectiDen Seins, auSmad^t, fo ifl fie bie OueDe aUer ©emigl^eit unb SBa^rl^eit, bal^er ^egel baS SCI^ema biefer britten ^auptftufe beS 93eU)uBtfeinS als «©etoigl^eit unb SBa^rl^eit ber ä^ernunff' begeid^et l^at.^ S)aS SCl^ema enthält bie gu löfenbe Aufgabe. S)ag bie 93emunft ade SlealitAt ift: biefe ©etoigl^eit foU gur SBal^r^eit etl^oben toerben unb als fbld^e bem 93en)ugtfein einleudgten; fie foD, um in ber t^pifd^en gformel gu reben, im 93emugtfein nid^t blog an fid^ gelten, fonbern fflr eS fein.

SDagu gel^ort nun 1., bag bie SSernunft in ber obiectit)en 9Belt gefunben mirb, nid^t gufäDig, fonbern fte toirb gefud^t unb gefunben,

i $^&noinenoIogie. fßStxtu II. €. 166 u. 167. > dbcnbaf. 6. 167 u. 168. »fli. 6. 154. «benbaf. G. (AA.) »ertiunft. 6. 169-816. V. Oc toiW^i unb maf^tfitxt bet SBemunft. 6. 169—176.

^te bcobad^tenbe SSernunft 839

toeldged gef[tffentlt(!^e ttnb itotdm&^x^ ongefteKte @ud^en bteienige Se» trad^tungiSatt ift, toüä^t man SSeobodgtuttg ttenttt; 2. tnfiffen bie fubjecttoen ä^etnunftaiDeÜe, bie ttod^ !etne 9tealttat l^ofeen, in ber o6|ectit)en SBett gut @eltung gelangen, maS ^egel ^bie SSexmirflid^ung beiS t)ernflnftigen @eIbßbelDugtfetnS burd^ fid& felbfl" genannt i)at; enbltdg ifl 3. ju jetgen, mortn bie Dernunfigemage Sßitl(td^!eit im fubjectiüen nie objectiDen @inne befleißt.

n. S)te beobati^ienbe 93ernunfi 1. 2)et ©tanbpunit beS 3beaU8inu9.

„Sie aScrnunft", fagt ^egel, „iji bie ©etoiglöeit beS ffletoufetfeinS, alle 9lealitdt ju fein; fo fj)rid&t ber 3beaUsmu8 il^ten SBegriff au8."^ S)er @tanb);)unft beS 3beaIiSntuS ifl nid^t, um einen fcfll^eren l^egelfd^en ^uSbrud 3U braud^en, „mie aus ber $iftoIe ju fdgiegen", fonbern ein langer SnimidlungSgang beS aSenugtfeinS ift nötl^ig, um il^n }u be- gränben, ein gmeiter, um il^n auSjufül^ren. S)er erße S93eg ifl burd^'^ laufen, ber jiDeite liegt Dor unS. 2)ie ^l^ftnomenologie fd^eibet ftdg l^ier in biefe Beiben ungleid^en ^Alften.

3m gef[iffentlid^en ©egenfa^e ju allen, loeld^e ben 2ibeansmu8 Derfid^ern, fiatt il^n ju bcgrünben, toeift §egel auf ben SBeg ber JBe« grflnbung unb beffen Stationen gurüd. ,,2)ad Selbftbemu^tfein ift aber nid^t nur für fid^, fonbern aud5 an fid^ aQe IRealit&t erft ba- burd^, bag eS biefe IRealitit n>irb, ober t)ielme]^r fid^ aU ]olä^t er= toeift. @$ ertoeift ftd^ fo in bem SBege, morin guerft in ber bia- leüifdgen 93en)egung beS SJleinend, SBal^rnel^menS unb beS 93erf}anbe3 baS ^nberSfein als an fidg unb bann in ber Setoegung burd^ bie €elb{tfiftnbig!eit beS 93etougtfein8 in ^errfd^aft unb ßned^tfdgaft, burd^ ben ©ebanlen^ber Orteil^^it, bie fleptifd^e ^Befreiung unb ben ^am))f ber abfoluten 93efieiung beS in fidg entgleiten 93eiougifetn3 ba§ SlnberS^ fein, infofern nur für eS ift, für eS felbft öerfd&winbct. 68 traten gtoei ©citcn nad& einanber auf, bie eine, morin baS SQBefen ober baS SBal^re für baS 93en)U^tfein bie 93efiimmt]^eit beS ©eins, bie anbere, toortn eS bie l^atte, nur für eS gu fein. Slber beibe rebucirten fid^ in Sine SBal^rl^eit, bag loaS ift, ober baS $[nfid^ nur ift, infofem es für baS Setougtfein, unb toaS für es ift, aud^ an fid^ ift« 3)aS 93eti)uBtfein, ti^eld^eS biefe SQSal^r^eit ift, l^at biefen SBeg im 9lflden unb

A. SBeobod^tenbe IBemunft. 6. 170, @. 176-254.

22*

840 2)oS IBernunftbetou^tfetn.

t)ergeffcn, inbcm eS unmittelbar ote SJernunft auftritt, ober btefe unmittelbar auftretenbe SBernunft tritt nur ol8 bie ©cttifel^eit jener SBa^r^eit auf. @ie t)crfi(i^ert fo nur, alle SlealitÄt ju fein, begreift bieg aber felbfl nicftt; benn jener öergeffene SBeg ifl baS Se» greifen biefer unmittelbar auiSgebrfldten 93el^au|)tung. Unb ebenfo ifl bem, ber il^n niddt gemadgt l^at, biefe Se]^au))tung, menn er fie in biefer reinen tJform l^ört benn in einer concreten ©eftalt mad&t er fte »o^I felbfi , unbegreiflid^/ ^

2. 2)aS fünflU^e unb itatürlt^e 6^{tem ber ^inge. ®efc| unb (Ss))enment.

3n ber ©ettiftbeit, bafe bie SBett ein 8*eid& ber Vernunft ober, toie ^egel mortf))ieIenb fagt, baS €ein ba$ Seine ifi, ge^i bas 9)ers nunftben)ugtfein an bie SSetradgtung ber 2)inge. „2)ie ä^ernunft ]§at je^t ein äff gemeine« Sntereffe an ber SQBelt, toeil pe bie ©emifel^eit ifi, ©egentoart in il^r gu ^aben, ober bafe bie ©cgentoart Vernünftig ifl, ©ie fud^t il^r ?lnbere8, inbem fie mcife, baöon nid^tö anbere«, aU fid6 felbfi ju beft^en; fie fud&t nur il^re eigene Unenblid^Wt. 3uerfl fiäi in ber SBirHid&feit nur al^nenb ober fie nur ald baS 3l&rige überl^aupt miffenb, fdgreitet fie in biefem @inne jur affgemeinen 93e- fi^nel^mung beS i^r Derfid^erten @igent]^um$ unb ^flangt auf äffe §ö]&en unb in äffe 3;iefen baS S^idfeen il^rer ©ouöerftnetftt/* 3n il^rer gortfd^reitung rid^tet ftd6 baS beobad^tenbe SSerfal^ren auf bie Slatur, ben ©eifi unb bie ßinl^eit beiber im aJlenfd&en."

®ie beobad&tenbe SBernunft Derloanbett bie pnnlid&en Dbjecte, ba8 9leid6 il^rer ©innlid^Ieit, in ©egriffc, inbem fie bie SDlerlmale ber 3)inge l^erDorl^ebt, gru))l)irt unb orbnet: biefeiS l^erDor^ebenbe (£r!ennen ber SDlerfmale befielet im 93efd&reiben ber ®inge, bie gru})J)irenbe 5£]^Atig{eit barin, bag fie bie toefentlid^en SRerlmale t)on ben un« toefentlid^en unterfd^eibet; bie SWerlmate »erben georbliet, inbem bie affgemeinen Don ben befonberen, bie gemeinfamen Don ben f|)ecififd6en unterfd^ieben toerben, unb ouf biefe JBeife in fortfd^reitcnber SBefonberung fid& eine Söegriffswelt gefialtet, bie Don ben ©attungen burdfe bie Slrten unb Unterarten l^erabfteigt bis gur unfagbaren ä^ereingelung ber S)inge.*

S)ie DernunftgemAge 93eobad^tung ift Don ber ftnntidgen Sßal^r- ne^mung tool^I gu unterfd^eiben, Djeldger le^teren eS um bie ^ergil^Iung

i «benbaf. 6. 170 u. 171. « (Pbenbaf. ©. 177. » «benbaf. @. 178|lgb. * (Benbaf. ©• 179 u. 180.

3)ie beobad^tcnbe a^crnunft. 341

bcr jtnnüd&ett 6i9cnf(i6aftcn, nod6 fetneStoegS um btc Drbnunfl unb bas Softem bcr ©inge ju t^un ijl; bie Seobad&tutig bagcgcn gcfit auf boö SBefcn ber SDiitge, auf bereit inneren Sufommenl^Qng unb (Sin- Iieit, fie ip auf ben Stotd ber erfenntnife gerietet unb Don bcmfetten geleitet. 3n biefer äbfidöt unterfd&eibet fie bie toefentlid&en SWerlmoIe t)on ben unmefentlid^en. „SBenn eS btefem @u$en unb S9ef4rei6en nur um bie 2)inge gu tl^un ju fein fdgeint, fo feigen mir eS in ber SI^Qt ni(^t an bem finnlidgen äBal^rne^men fortlaufen, fonbern baiS, moran bie 2)inge er!annt merben, ifi il^m »id^tiger als ber ftbrige Umfang ber finnlidgen Sigenfd^aften, meldte baS 2)tng felbft nid&t entbel^ren lann, aber beren baS Semufetfcin fid& entflbrigt. ®urd& biefe Unterfti^eibung in baS SBefentlid^e unb UntoefentUdge l^ebt fidg ber SSegrtff auS ber ftnnlidgen Serfireuung tmpdx, unb baS @r= fenneu crllört barin, ba§ i^m toenigftenS eben fo mefentUd^ um fid^ felbft, ats um bie 3)inge gu t^un ift."^

S)a nun bie mefentlid^en SDfter!maIe gugleidg bie toefentlid^en (Er- fenntnifegrünbe finb ober fein foHen, fo rebet §egel l^icr Don „biefer gebopJ)eIten SOBefentlidöIeit", auf bie ft(^ alle Dernunftgcmöfee ©rlenntniS bcr S)inge grünbet, benn pe grönbet pd6 barauf, bap, toaS bie SJer= nunft als bie toefentitd&en Unterfd^iebe erlennt, aud^ in ber SRatur ber S)inge bie mefentlidfeen Unterfd^iebe pnb. „S)ie SWerlmale foHen nid&t nur mefentlid^e 93e}ie]^ung auf bas Srlennen l^aben, fonbern aud^ bie toefentlidöen SBepimmt^eiten ber ®inge, unb bas Iflnftlid^e @^pem fott bem @9ftem ber 9?atur felbp gema§ fein unb nur biefeS auSbrütfen."*

2)iefe Uebereinftimmung }n)if(i^en bem logifd^en unb bem natflr« tid&cn ©Aftern ber S)inge, jicifd^en begriff unb SirlKd&Ieit, 3tt)ifd6eu S)en!en unb Sein ift red&t cigcntlidö baS S^l^ema unb 3iel ber be= obad&tenben SSernunft. SBeDor biefe (Sinl^eit gefunben unb feftgepeflt ift, ttaltet in bem ©ud&en ber toefenttid^en TOerf male ber un©ittfürtid&e 6r!enntni§trieb ber SBernunft ober ^ber Sernunftinpinct", tote ^egel tteffenb fagt, „benn bie SSernunft Derl^filt fid^ hur ate fold&er in biefcm Seobadöten".«

3u ber SRatur ber a)inge gel^ören il^re SBerÄnberungen unb beren mefentlid^e SJlerlmale unb 93ebingungen; bie mefentlid^en SSebingungen, unter melden bie SSerönberungen gefd^el^en, pnb bie ®efe$e, ba^er lann ol^ne bie @rlenntnig ber ®efe^e ber loal^re unb reine 93egrtff

(gbenbaf. 6, 180 u. 181. - « «benbaf. ©. 181. » «benbaf. e. 181.

342 2)ad SBemunftbetDu^tfein.

ber @ad^e ntd^t gefunbett unb feflgefieQt Serben; baS ®efe^ aber liegt nid^t am SCage, tote bte finnlidgen Sigenfd^aften, fonbern i^ verborgen unb mu6 ballet etgrflnbet ober etforfdgt loerbett. S)iefe Stforfd^ung gefd^iel^t burdg ben SSerfud^ ober baS @{pertment, loeld^eS bal^er eine mefentlic^e unb d^araiteriftifd^e Slufgabe ber beobad^ienben SSemunft bilbet. Sacon atö ber SBegrflnber ber Srfal^rungd^^tlofop^te ^atte bog Ssperintent 2ur SluSübung ber naturmiffenfd&oftlid^en unb pl^ilo» jopl^ifd^en 3Wetl^obe geforbert unb aU «experientia quaesita» ebenfo bflnbig toie treffenb erflSrt; er ^otte bie toefentlt^en 93ebingungen einer 6rfd6einung «vera diflferentia» genannt, »eit jie gefunbeit loerben, inbem man t)on ben gegebenen 93ebtngungen bie unn)efent(id&en abjtel^t. ^ Ol^ne 99acon )u nennen, l^at ^egel biefeS ä^erfal^ren ber ei^ ^erimeniirenben 93eobad^tung ganj nadg beffen 93orbiIb gefd^ilbert. @r fogt t)om 93ernunftin{tinct: „(&x fteQt 93erfud^e aber bad ®efe^ an. Sßie bas ®efe^ guerft erfd^eint, fteDt es fid^ unrein, uml^fillt t)on einjelnem, finnüd^em ©ein, unb ber Segriff, ber feine SRatur auSmad&t, fid6 im empirifd6en ©toff t)erfenft bar. ®er SBernunftinjiinct gel^t in feinen ä)erfudgen barauf, au finben, toaS unter biefen unb ienen Umftdnbeit erfolgt." «2)iefe Sforfd&ung ^at bie innere SBebeutung, reine ©e= bingungen beS ©efe^eS gu finben; ma$ nid^tiS anbereS fagen toxti {mnn aud^ bas S3ett)u^tfein, maS fid^ fo auSbrädt, meinen foQte, eS fage bamit etn)a8 anbereS) als baS ®efe^ gang in bie ®eftatt bed 33egriffd gu erl^eben unb alle ®ebunbenl^eit feiner SOtomente an bcftimmteö ©ein gu tilgen."*

3. ^ie organifd^e 9latUT unb ber Stoedbegrtff. (üielme^er unb ©d^eOing.)

Um ben reinen Segriff eined 3)ingeS gu geminnen, meldten ber 3Jernunftin|linct fud^t, muffen bie fammtlid^en 5Werfmate beffelben U- fd^rieben, bie loefentlid^en unierfd^ieben, bie ®efe^e feines S)afein8 unb feiner Jßerftnberungen auf ejperimentettem SBege erlannt fein, ffiiefe ®efe^e finb not^menbige SSegiel^ungen, beren Seiten Srfd^einungen, dugere Objecte, feienbe Seftimmtl^eiten finb. 2)ieS gilt nur t)on ben Singen ber unorganifc^en 9latur.^ ^nberS terl^&It ed fi(!6 mit ben S)ingen ber organifdgen SBelt, beren ®efe^e ber beobad^tenben Semunft

^ 9)gl. mein 9Bert über gfrancis 93acon. (2. fLnU. Seipgigr S^odlftauft 1875.) »u« n. 6a|). IV u. V. ©. 177 flgb., 6. 200-210. « «Phänomenologie, aS^erfe. U. 6. 185 u. 186. - > Ofbenbaf. €. 218.

2)ie beoba^tenbe S^etnunft. 348

nid^t ebenfo augSnglid^ finb^ ba eS ftdg l^tet um bie Sdejtel^ungeit jtDtfd^en einem inneten, bem SSItde ber ä^entunft t)erfd6U)ffenen SBefen unb duBeten Srf(!^etnungen l^anbelt (um SSegtel^unsen tti^t }tt)ifd6en Seugerem unb Sleugerem, fonbetn gtptfd^en innerem unb Sleu^etem). 9lun fielet bie beobad^tenbe, auf bie Äußeren Objecte geridgteie Semunft fid^ Qt- nöt^igt, bai Snnete einem Sfeugeren gleiti^jufe^en unb bobutd^ t)öDig }U t)er!ennen unb ju t)et!e]^ren; fie n)irb in biefer Settad^tungSari bis ju einem Sjrtrem fortfdbteiten, au^ n^eld^em bie SSetfel^tti^eit ein- leud^tei unb babutd^ eine Umn)anblung beS 93eiDugtfeind, 1^. feine Srl^ebung auf eine neue @tufe l^erbeigefül^rt toirb.

S)ie 93eira(!^tung ber organifd^en S)inge etloedEt in ber beobad^ten» ben ä^emunft einen 93egtiff, ol^ne n)eld^en biefe £)b|ecte, bie fid^ felbft gliebexn, erl^alten unb fort^flanjen, b. 1^. fi(i felbf! entmideln, nid^t gebadet nerben fönnen, b. i. ber 3tt>edEbegtiff ober bie £eIeoIogie. ©iefer SSegriff toitt auf btei, immer tiefer einbringenbe Strien gefaxt merben: 1. ats bie äußere, iU)e<fm4§ige 93e}ie]§ung ber organifd^en Statur auf bie unorganifdge, ber tebenbigen Sßefen auf bie dugeren Sebendbebingungen, ate ba finb fiidgt, £uft, SBaffer, Srbe, Sonen, .ßlimate u. f. f.; 2. als bie jmedtl^Stige, intelligente Araft, n)eld^e bie organifd^en SBefen baut unb geflaltet, ttie ber SJledganüer feine 3Waf(iine; benn ber 3toedfbegriff ifl fotool^l ein be»u§ter äJemunft« begriff al8 aud^ gegenßAnUid^, alfo m\x% er ..in einem anbern fUtt- panbe" fein, ber ate 5Ber!meifier ber organifd^en ®inge gilt; enbßd& 3. als ber ben organifdgen äBefen felbft iniool^nenbe SebenSjiDed, aU bie organifd^e (Einl^eit, mld^t nad^ bem SSorbilbe beS SlriftoteleS (ben ^egel nid^t nennt) mit bem SBorte @eele )u bejeid^nen ift.^ 92un fud^t bie beobad^tenbe 93ernunft bie 9frt unb SBeife gu er!ennen, mie bie @eele unb @eelent]^&tig!eit erfd^eint, ober baSjenige Sleu^ere, U)eld^e8 ber SluSbrudE biefeS Innern (Seele) ift. 3d^ lofigte nid&t !ür}er boS S^ema auSguf^red^en, n^eld^eS bie $]^&nomenologie unter ber Ueber= fd&rift „öeobad&tenbe SBernunft" in einem il^rer Idngflen unb f})rad6Iid& fc^toierigften Slbfd^nitte auSfÜl^rt.'

3n aDer 3tt)edEt]^&tig!eit l^anbett eS fid^ um bie SBertoirllid^ung eine« öegriffS: ber )u Dertoirltid&enbe Segriff ifi ba« Crfie, ber Der^ iDirHid^te ift boS Se^te; jener t)erl^filt fid6 3U biefem, mie ber ^lon bes ^aufeS iu bem ^lanmAgig auSgeffll^rten 99au. 3)a§ auf biefe

» Cbcnbaf. 6. 187-191, 6. 194. «benbaf. B. 169-ai6.

344 2)a8 93ernunftbe)Du6tfein.

SBeife baS @ttbe in ben Sfnfang gurttdlel^tt unb ein SBefen {t(i^ felbß mteber J^ert^otbringt: eben borin befleißt ber AreiMauf beS SebenS, ben ber 3»etfbeBtiff bel^errfd&t, ober biefcr Stoed felbfl ift ber Seobadötung Derborgen. „®ie Sfiotl^iöenbigleit ift an bem, toa« gcf^iel^t, tjetborgen unb 3eigt ftdg etfl am @nbe, abet \o, ba^ eben bied Snbe geigt, ba^ fte au(j^ baS Srße geloefen ifi. 3)aS @nbe aber jeigi biefe $rioritAt feiner {elbfi babur^r bag bur$ bie SSerftnberung, loeldge bad Zl^un Dor» genommen l^at, nid^ts anbereS l^erauslommt, aU \x>ali fd^on n)aT. Ober, roznn toir Dom Srjien anfangen, fo ge^t biefe^S an feinem Snbe ober in bem Stefultate feines ZffüM nur }u fid^ felbft juräd; unb eben ^ierburcj^ ermeifi ed ftd^, ein foId^eS ju fein, ti^eld^eiS fidb felbft in feinem @nbe l^at, alfo als SrfieS fd^on }u ftd^ jurfidgelommen ober an unb fflr fid^ felbft ift. SBaS eS alfo burdg bie 99emegung feined SEI^unS erreid^t, ift eS felbfl, unb bag eS nur fidg felbft erreid^t, i^ fein ©elbflgefü^l/ „2)a8 S^ier enbigt mit bem ©elbflgeffll^le/' „S)a8 Drganifdöe jeigt fid^ als ein ©id&felbfterl^altenbeö unb 3nfid^}urfldE!el^renbeS unb SurädEgelel^rteS. 9l6er in biefem ©ein erfennt bieU beobad^tenbe SBeioufetfein ben 3toedEbegriff nid&t, ober bieS nic^t, bag ber dn)edEbegriff nid^t fonft irgenbtt)o in einem 93erftanbe, fonbern eben l^ier e^iftirt unb als ein 2)ing ift." ^

2)ie ©runbformen ber ßebenSt^Atigleit ober bie ®runb!rafte beS Gebens, inSbefonbere beS animalifd^en, finb, mie eS ber fiebenSgiDedE unb beffen ©elbftüermirnid^ung mit ftd^ bringt, @elbftem))finbung, ©elbftbemegung unb ©elbfterl^altung fomo^l ber 2;i^eite beS ^nbioi» buumS aU ber @attung, ober Senf ibilitftt (@m))finblid&!eit), Irri- tabilität (9fleiaem))fänglid^Ieit unb IReactionSfft^igleit auf em))fangene Steige) unb Steprobuction (Sßieberl^ertorbringung beS 3nbiDibuum8 mie ber ©attung). S)iefen QebenStl^&tigtetten entf))red^en bie Organe, beren Functionen fte finb, unb jtoar ber ©enfibilitat baS 5lert)enf ^flem, ber 3tritabilitöt baS 9Jlu8!elf4ftem, unb ber 9te))robuctton bie Sin» geioeibe. lieber biefe organifdgen jtrftfte ober Sigenfc^aften ^atte Ä. gfr. Äielme^er, ?)rofeffor ber ^ol^en Äarlsf^ule ju Stuttgart, am 11. {^ebruar 1793, bem legten @eburtstage beS ^erjogS ßarl, feine berfll^mte Siebe gehalten: „lieber baS ä^erl^ättnig ber organifd^en Gräfte unter einanber in ber Steil^e ber t)erfd^iebenen Organ ifationen, bie ®efe^e unb ^folgen biefer Serl^dltniffe". 9luf baS ®efe| i^rer

Cbenbaf. @. 190-192.

S)ie htohaÜ^Utibt SBernunfi. 345

93ettl^etlunB l^atte Atelme^er baS Snttoidlungdgefe^ ber Organtfation, „bm $Ian ber 3lainx", tote er eS nannte, gegrünbet. Sr toar ber Seigrer guDier^S. Sluf biefe Stebe Aielme^eriS l^atte fid^ Sd^elltng be- }ogen, als er in feinem „Stfien ßntmurf be$ @^ftemS ber 3lal\it- l)]&iU)jo^)]^te'' bie b^nantif elfte ©tufenfolg« ber organifd^en SWatur con* flruirte."^

Aielme^er Iftatte bod (Srunbgefe^ ber orgonifc^en SBelt burd^ bie ©rößenöerWltniffe ber ©enpbilität unb ^rritobilitöt, ber ©enpbUität unb Ste^robuction, bad birecte ber beiben erflen, baS inbirecte ber beiben onberen beftimmen moQen. $egel nannte meber SdfteDing nodft Aietme^er, aber man fielet beutlidft, bag er bie 2:^eorie beS legieren t)or Singen l^at unb t)ertDirft; er finbet ed „ein (eered ©piel bes ©e« fe^gebenä", »enn man im ©inne ber beobad&tenben SBcrnunft ®cfe§e beiS organifdften gebend fudften unb feftfleQen woDe, nodft bagu burdft quantttatitke SSerl^dltniffe ber organifd^en Gräfte, n)a8 ein ungereimter, im ©runbe ntii^tsfagenber Serfu^ fei. ^n bem Organifd^en fei bie SorfteDung bes ®e|e^eS im ©inne ber beobadfttenbeu S3ernunft üer- loren.* S)a8 ©#em ber organifdften Äröfte ücriftalte fid^ gu bem ©Aftern ber Organe (bie ©enfibilitAt gum !Rert)enf^ftem u. f. f.), xoxt baS innere jum Sleufeern, mie ber flüffige, unaufl^örlicbe ßebenS^jrocefe ju ber äußern feften Oeftalt, ba^er toeber bie met^felfeitigen 93e= jie^ungen ber organifdften Arftfte nodft beren Begleitungen gu ben fingeren Organen fidb in bie f^orm ber ©efe^e bringen laffe, mt bie beobadfttenbc SJernunft foldfte tjerlangt unb fu^t,*

@3 giebt feine ber ä3eobadfttung einteuc^tenbe ©efdftii^te bed ox- ganifdften SebenS, toie eS eine ©efd^idftte be§ Sen)ugtfein8 giebt, in xotiäitx bie beobadfttenbe SBernunft felbft eine beftimmte ©tufe ein= nimmt, eine 9leil^e nieberer Stufen hinter fidft, eine JÄeil^e l^öl^erer Dor fidft l^at; biefeS ©^ftem ber ©eftaltungen beS Seföugtfeind bilbet bie äHitte gtoifdften bem allgemeinen ©eiß unb feiner Singein ^eit ober bem finnüdften SBewugtfein, aber gioifdften bem allgemeinen ßeben unb bem lebenbigen (Singelroefen giebt leine anmft]^Iid& fortfdftreitcnbe 3Jermilt= lung. ©egeben ift ber SSeobadfttung bie unföglidfte O^üDe beS (Singel- (ebenS. „3nbem alfo in feiner SBirflidftleit bie Stllgemeinl^eit beS

1 SBßl. biefe« Söett »b. VI. SBu« IL tlbf*n. II. ©ap. X. 6. 342-347, €op.XX. 6. 410-444. - « $WnoraenoIogie. SOÖerfe. U. ©. 192-202, 6. 199 Pöb., 6.202. - » «benbaf. 6.196-201.

346 2)ad 93ernunftbeiDuBtfetn.

organif^en SebenS ftd^, ol^ne bie mal^r^afie ffltftd^feienbe SSermitt- tung, unmtttettat in ba§ Sjctrem ber Sinjelnl^ett l^erunterfallen Id^t, fo l^at bad beobad^tenbe SSeiou^tfein nur baiS SOteinen als S)tng t)or fi(6, unb »enn bie SSetnunft baS müBigc Sntereffe l^abcn lann, biefed SJleinen au beobad^ten, tfi fte auf baS 93ef(i&teiben unb ^erjAl^len t)on SOteinungen unb einf&Qen ber fflatnx befdgrAnlt. 2)iefe geifllofe Oftei- l^ett beS 3JleinenS tt)trb gtear QÜentl^alben SInf&nge t)on ®efe^en, Spuren t)on Stot^iDenbigleit, Slnfpielungen auf Orbnung unb Steigung, mi^ige unb fd^einbare 93e}iel^ungen barbieten, ^ber bie SSeobad^tung lommt in ber SSejiel^ung beS Organifd^en auf bie feienben Unterfd^iebe beS Unorganifd^en, bie SIemenle, 3onen unb Alimate, in Snfel^ung bed @efe|e8 unb ber 92otl§n)enbig!eit nid^t fiber ben großen @influ6 hinaus/ Unb auf ber anbern ©eite, in Slnfel^ung ber 3nbit)ibuaHtat, „!ann eS bie 99eobad^tung ntd^t aber artige 93emer!ungen, in- tereffante SSegie^ungen, freunbUd^eS @ntgegen!onimen bem ^Begriffe l^inauSbringen. Aber bie artigen SBemerlungen finb fein SBiffen ber 3lot^toenbig!eit, bie intereffanten Sejie^ungen bleiben bei bem ^ntereffe flehen, baS Sntereffe ift aber nur nod6 bie SOteinung Don ber 93ernunft; unb bie g^reunblid^Ieit bed 3nbim- bueOen, mit ber e8 an einen SBegriff anfj)ielt, i|l eine finblid&e gfreunb« Ud^Ieit, meldte linbifd^ ift, toenn fte an unb fflr fid^ ettt)a8 gelten roiti ober fott/^

4. fiogif(!6e unb ))f^dfroIogif4e Gefej^e.

^[nnerl^alb ber beobad^tenben SSernunft loieberl^olt fid& ber ®ang beö SBetoufetfeinS, ber ju i^r gefül^rt l^at unb t)on ben ©egenftänben ober ©ingen gu bem ©elbfibemufetfein fortgefd&ritten mar; bie ©eob^ ad^tung l^at ^d^ auf 2)inge, ßigenfd^aften, ®efe^e gerid^tet unb ifl barin mit ber finnlid^en ©emigl^eit, ber SSSal^rnel^mung unb bem ä^er« ftanbe gu t)ergleid^en. 93on ber 93eobad^tung bei$ ßebenS, ber leben« bigen 3nbit)ibualitdt erl^ebt fid^ bie 93ernunft jur 93etrad^tung beS SemugtfeinS, ber felbftbemugten !3nbit)ibualit&t unb fommt gu fid^ felbft, 2U ber 93eobad^tung i^rejS eigenen inneren ßebenS, ber ®efe^e i^rer ®eifte8t^&tig!eit, i^reS t^eorettfd^en unb );)ra!tifdgen S^erl^altend, il^reS S)enlen8 unb SSoDenS: jenes ftnb bie S)enlgefe^e, biefeS bie ))fQ4ologifd^en ®efe^e. 2)a biefe ®efe^e blog beobad^tet, b. 1^. als

1 «benbaf. 6. 216-218.

2)ie Uoha^ttntt SDcrnunft. 347

Begebene Jjorgefunben finb, fo lönncn fte bie Äraft ber SBefonberung unb concreten ©eltiing ebenfo toentg in 9[nf))rud^ nel^men, tote bie ©efe^e beS Sebens/

2)ie ©runbformen beS ^enfenS ftnb baS @e^en einer 93eßimmung, bas Unletfd^eiben unb baiS 93ejieben ober a3erfnfl^fen. SDtefen O^ormen enif))redgen bie fogenonnten 2)enlgefe^e ber ^^bentitAt, beS Untetfcbiebed (ä^erfd^iebenbeit, ©egenfa^, Sßiberf^rud^) unb beS ©runbeS. Sieje 2)en!gefe^e ftnb (ebigltd^ formal, abftract unb leer, ba^er obne 3nbalt, obne SfiealitAt ifnb SBo^rbeit. 3bte SSielbeit flebt im SBiberftieit mit ber Sinbeit bed ©elbftbetougtfeind. SDie g^rage nacb ber Sinl^eit unb 93egrOnbung biefer fogenannten S)enlgefe^e, bie !eine mirflicben ©efe^e finb, bleibt offen unb ift Dom @tanb))unft ber 93eoba(itung nicbt 3u beantworten.'

SDie l)f^d^oIogifd^en ©efe^e, toie ^egel fie nennt, begieben ficb auf bog tbötige ober b^^tbelnbe SSeiougtfein unb betreffen eincrfeits bie äBtQenSarten unb IRid^tungen beS felbftbetougten i^nbimbuumS, anberer- feits bie Sebingungen, aujS benen baffelbe betDorgebt, unb tooburcb e$ befiimmt toirb, fo unb n\ä)t anberS 3u fein unb ju b^nbeln. 2)ie Säeobad^tung finbet in bem 3nbiDibuum eine SRenge Don SiQenSarten, ttJie SBegierben, Steigungen, Seibenf(baften u. f. f., bie als SQBitten«!räfte gefaxt »erben unb glei(b ben SBorfiettungfifrfiften atte inSgefammt in bem ©eifte ftedten foBen, „xok in einem Bad". SDie ©nbeit biefer Dielfod^en (^äbisl^eiten ifi bie loirlücbe 3nbiDibuaIität in ibrer be- ftimmten SBiUeniSrid&tung unb ^anblungsmeife, bie toir au(b aU ibren (Sbarafter bejeicbnen !onnen. 9lun aber ift biefe felbftbemugte unb ^aralteriftifd^e ^nbiDibualität fetnestoegs DorauSfe^ungSloS unb nur in fi(b gegrünbet, fonbern fie bot gu ibrer SBorauöfe^ung eine SBelt, in ber fte entfj)ringt, au8 ber fie bexDorgebt, auf ber fte berubt, unb ju toelcber fie fi(b Derbält, tote baS lebenbige Snbioibuum gur um organijcben Statur. @o ^ai aucb ber inbioibueOe @batalter gleiibfam feine unorganifd^ie 9latur: bag finb bie Umftänbe, bie ibn bebingen unb ftcb in ibm au^px&itn, ber SBeltauftanb unb bie SBeltlage, tReligion unb aSoIf, ©itten unb ©etoobnbeitcn u. f. f.

1 ebenbaf. 2)ie SBeoba(btung bes GelbftbetoubtfetnS in fciiur IRetnbeit unb feiner Segtel^ung auf ftugere SBirKid^feit; logif^e unb ^f^d^ologif^e ®efe|e. 6. 218-224. - 8 «benbaf. ©. 218-220.

348 2)aS S^ernunftlbetoubtfcin.

2)te 3Bett in bem angefül^rten @tnn unb ber inbtt^ibueDe €^a« raüer ober baS t^&tige SSeiDugtfein Derl^alten ftd^ }u einanber, unb in ber S3ejiel^una biefer beiben @eiten finb „bie ^f^d^olügifc^en ®e= fe^e" entl^alten, »eld^e bie beobad^tenbe SSernunft fu^t, aber nid^t Qud^ }umQd&en k)ermQa, benn bie SSejtel^ung ifl toed^ feifeit ig. S)q8 ^nbi- Dibuum n)irlt ebenfo fe^r auf bie 993eItDer^dltntffe gurüd, biefelben DerAnbernb unb umgeftaltenb, aU eS il^re Sinftüffe empfängt unb in fid^ ausprägt. „2)a um biefer Ofteil^eit »iden bie SEßirHid^leit biefer geboppelten Sebeutung fd^ig tft, fo bie SEßelt beS SnbioibuumS nur aM biefem fetbft gu begreifen, unb ber Stuf lug ber aSirlHd^feit tt)eld^e aU an unb für fid^ feienb t)orgefteIIt toirb, auf boS SnbiDibuum erl^&It burd^ biefed obfolut ben entgegengefe^ten @inn, bag eS enttoebet ben Strom ber einfliegenben 9Eßir!Iic^{eit an il^m getoA^ren Idgt ober bag ed i^n obbrid^t unb k)er!el^rt. ^ierburc^ aber toirb bie pf^d^ologifdge Slot^toenbigleit ein fo (eereS Sßort, bag Don bem, maS biefen Sinflug foU gehabt l^aben, bie abfolute SRöglic^Ieit Dor* Rauben ift, bag eS i^n auc^ l^dtte nid^t l^aben {önnen/^

5. $^4flognomt( unb St^&beHel^te.*

2)ie 9)ernunft, inbem fie bie Seit Uoiad^M, fud^t il^r eigene^ SBefen in ber Statur ber 2)inge tt)ieberjufinben unb in bie gform t>on ®efe^en gu faffen, »eld^e bie 93ejie^ung gioifd^en ber Snnen- unb ber 9[ugenn)elt bergeftalt bel^errfd^en, bag ein ^eugereS ber SluSbrud bed 3nnern ift ober als fold&er gilt. Sei ben Oefe^en ber organifd^en 3lalnx l^anbelte eS fid^ um bie 93egie^ung gtt)ifd(ien ber organift^en Sin^eit (€eele) unb ben dugeren SebenSorganen; bei ben 2)enfgefe$en um bie SBegie^ung gn)ifd^en bem S)enlen unb ben 2)tngen; bei ben pf^c^ologifc^en (Sefe^en um bie 93egiel^ung gtoifd^en bem felbßbemugten dnbiDibuum unb ber 9BeIt. 9lunme]^r ^anbelt eS ftd^ um bie f&t» gic^ung gtt)ifd^en einem Innern unb Beugern, meiere beibe in ben SRilrofoSmuS ber felbjtbemugten Snbimbualit&t fallen: auf ber einen Seite ber inbiDibueQe S^arafter, biefer inteDectueDe unb moralifc^e S^arafter in feiner gangen (Sigentl^ümlicbleit, mit feinen Einlagen unb trieben, feinen Segabungen unb 93egierben, auf ber anberen Seite

1 Gbrnbof. 6. 220—224. « SBcobac^tung unb SBcatel^uns bei Bühp bett)u6tfein< auf feine unmittelbare äBitftic^Yeit; ^^l^floQnomil unb G^dbelletre. 6.224-254.

SHe beoBa((tenbe SBemunf». 349

bie äußere (Stfd^einung beS ^nbiDtbuumS, bei i^m angebotene unb burd^ eigene £l^ftttgleit angebilbete unb geflaltete Seib.

3Jlan lönnte t)erfud&t fein, aU ba$ Sleugete, toeld^eS bet SluSbtudf beS 3nnexn fein fott, ein Drgan beö ßeibeö gelten ju laffen, toie ben f))re(i^enben 3!ft\xnb, bie arbeitenbe ^anb, ober bie SBetle bet ©ptQC^e unb Sltbeit offenboten baS Snnete bet SnbiDibuolitöt t^il« }U t)iel, tl^eite gu »enig: 3U Diel, ba fte bad ^nnete in feinet fteien, felbfibetougten 3;i^dtigfeit gut Satftellung btingen, gu menig, ba bie 993et!e bet @))tad6e unb Stbeit in bie SuBenmelt faDen unb biefet angel^öten. 2)iefe SBitfungSioetfen ftnb nid^ts SleugeteS, fonbetn äleu^etungen; bie SSegiel^ung abet, um bie e8 bet beobad^tenben SSetnunft gu t^un ift, befielet gtsifd^en bem inbit)ibuellen (Sl^ataltet auf bet einen unb feinem leiblichen !3)afein auf bet anbeten Seite.

S)tefe 93egie]^ung ift nid^t in ben SBegen bet Slfitologie unb &)\xo' mantie gu fud^en. 2)enn in bet 9lfttoIogie beftel^t bie SSegiel^ung gtt)ifd&en biefet ßonpettation bet ©ejiitne unb ben ßebenfifd&idfalcn biefed 3nbik)ibuums, alfo (nid^t gioifc^en ^nnetem unb Sleugetem, fonbetn) gtoifd^en Sleugetem unb 9(eugetem, ftetlid^ batf man nidE)t an bie goetl^efd^e Slfltologie, ben „Sämon" nad& bem ot^l^ifd&en SQBotte beulen: „SBie an bem Sag, bet bid& bet äBelt Detliel^en, bie ©onne fianb gum ©tufee bet 5ßlaneten" u. f. f, ?lm el^eften teütbe fic^ bie ^anb, biefeS Otgan bet Otgane, bagu eignen, als bet SluSbtudE bet inneten @l^ata!teteigent]^ümti(^feit beiS 3nbit)ibuumS gu gelten. „@te ift", fagt §egel fd^ön unb tteffenb, „bet befeelte SBetlmeifiet jeinc« ®lüdE8; man fann t)on i^t fagen, fte ift baS, mag bet äJlenfd^ tl^ut, benn an il^t als bem tl^dtigen Ctgane feine« Sid^felbfiDoÖbtingen« ijl et als 93efeelenbet gegenmöttig, unb inbem et utiptänglid^ fein eigenes ©döidffal ijl, ttitb fie alfo bieS Slnfid^ auSbtüdfen."^ 2)a in biefen Dtganen, mie äftunb unb ^anb, baS S^un, alfo baS ^[nnete als fo{(^eS gegentoättig ift, fo finb Älang unb Umfang bet Stimme bie inbit)i* buelle Sdeftimmtl^eit bet @))tad^e, bie einfad^en 3üge bet ^anb unb bie ^anbfd^tift meniget als SleugeteS, benn als Sleugetlid^Ieit unb SleufeetungSroeifen gu bettad&ten, meldfee in bem SSetlcl^t gtoifd^en bem 3nbiDibuum unb bet Slufeenmelt gleid&fam bie 9Jlitte bilben.'

» Gbenbaf . @. 228. « €benbaf. @. 229 ffgb. Um ber jiiliflif^en ©igen- tl^ümltd^fett totUen laffe t^ ^egel teben: „^enn nftmli^ bie Organe überl^aupt battttn ni^t aU SluSbiüde beg Innern genommen loetben sn fönnen fl4 geigten, \Dtxi in tl^nen baS Sll^un aU 2:]^un gegentvätttg, ba§ Sl^un aU 2:i^at abet nur SleuBeteS t{l' u. f. f. 2)et @q^ ift lateinifd^ gebaut.

350 Sad SBernunftbeiDufittein.

S)q8 etnjige Organ, toelt^eS baS innere, d^arafteriflifd^e £^un qIs ein 6Iei6enbe9 ausprägt unb an jid^ %at, nid^t aU eine äteu^erung, fonbern ald ein SleugereS, ba8 ©efid^t, ber (Sefid^tdauSbrud ober bie ^l^^fiügnomie, unb bad @tubium ber Dernteintlid^en ®efe$e, tueld^e bie Sejie^ung be« Snneren ju biefem 3Ieu§eren bel^^rrfien fotten, ift bie Jpi^^fiognomif. ®8 giebt eine natürlidöe, auf ben a5emunft= tnflinct gegrünbete ^^^ftognomil, bie in ben ©efid^tSjfigen bie inneren SSorgAnge erlennt ober 2U er!ennen meint unb eS 3. S3. einem unmittet bar anfielet, ob eiS il^m mit bem, toas er fagt unb tl^ut, €mfl ifl ober miit S)a aber baS @elbftben)u§tfein {raft feiner tJfrei^eit fein 9[eu6ere8 }u bel^errfd^en unb ju nnterbrflcfen k)ermag, fo {ann baS ©eftd^t au4 ein loiDfarlid^ed Seid^en fein, um innere SBorgAnge, ®ebanfen unb ^bftc^ten fotoo^I 2u Derratl^en als }U Der&ergen, fotool^I gu bejeid^nen als gu k)er]^eimli(^en. S)a8 Slienenfpiel Derl^dlt fid^ gu ben inneren aSorgdngen, n)ie bie Siebe: bas ©efid^t ifl Organ unb S^id^ctt, bie $]^^ftognomie ift (Sefid^t unb SDtadfe; bal^er gtoifd^en bem inbiDibueDen S^aralter unb bem (Sefid^tSauSbrudE {eine gefe^mftgigen 93egie^ungen folifeer 9(rt l^errfd^en, bag fie baS @eI6ft6etougtfein nic^t gerreigen iönnte.

Sefanntlic^ l^atte 2(. S. Sak)ater in feinen ,,^^l^^fiognomifd^en Sfragmenten" (1775—1778) bie ^piö^fiognomif al« ben JBSeg genialer unb untrüglicher SRenfd^enfenntnig gepriesen unb il^r ein auger- orbentlid^eS ^(nfel^en k)erf(6afft, er l^atte aud^ feine ®egner gefunben, unter benen ber ^l^^filer ®. €^r. Sid^tenberg in ©öttingen befonberS ]^ert)ortrat; feine $o{emi{ flutte ftd^ auf bie Stad^t beS menfd^Iid^en SelbftbemugtfeinS unb ber menfd^Iid^en gfreil^eit. ^egel ^at ben 9lamen SaDater nid^t genannt, »ol^I aber ben Sid^tenbergS, beffen t^erurtl^eilenbe 9lu8[prüd^e er anffil^rt unb befr&ftigt. S)ie Stnfid^ten ber ^ß^^fiognomiler fd^ö^t ßidgtenberg als toert^Iofe SReinungen, bie in feinen 9lugen nid^t ^ö^er flehen, als bie 3Better{unbe ber Ardmer unb Hausfrauen. „Ss regnet, fo oft 3al^rmarft ifl", fagt ber Ärdmer. „CS regnet, fo oft idb SBAfd^e ^abe", fagt bie ^ausfrau. „®efe^t, ber $]^^fiognom l^afdgte ben SRenfd^en einmal, fo {fime eS nur auf einen braDen (SnU fcblug an, fi^ toieber auf Sal^rtaufenbe unbegreiflid^ gu mad^en/ „Sßenn jemanb fagte, bu l^anbelfl gtoar toie ein el^rtid^er SDlann, id^ fe^e aber auS beiner Qfigur, bu gtoingft btd^ unb bift ein ©d&elm im bergen; fürioal^r eine fold^e Stnrebe toirb bis ans (Enbe ber SBelt t)on iebem brauen Aerl mit einer Ohrfeige ertoibert toerben/ @o ßiifitenberg. *

MEbenbaf. 6. 231, 6. 233 u. 234.

2)ie beoBa((tenbe SBetnunft. 851

(Eine bei ©xunbüberjeugungen ^egels itnb feiner Seigre liegt in bent @a^, ba^ ber menfdglid^e (Seift genau baS ift, toogu er ftdg felbft gemad^t l^at, nid^t mel^r unb ntd^t n>entger, gleid^Diel toeld^e gfäl^igleiten er im Uebrigen ^at, tooS er barnad^ atteS l^dtte fein unb merben fönnen; gletc^Diel loie ber äRenfd^ im Ue&rigen ausfielet. @ein loal^r» l^aft SeuBered x% toaS er k)oIl[brad^t l^at: bad ifl fein 9EBerI unb feine S;^Qt Sein n)a]^r]^Qft inneres ift feine |ert)or&ringenbe (Seifle8> unb SBiDenSfraft, nid^t aber aQerl^anb SfA^ig!eiten unb anlogen, fonbern tDoS bie (Sl^araiterenergie borauS gemoddt unb eniioidFelt ^at. (Sang anberd urtl^eilt ober M^nt bie ^l^^ftognomü. 2)ie %f)at unb ba8 SBer! eines SRenfd^en gilt il^r als ,,ba9 unttefentlid^e Sleugere''; ba> gegen bie ^ai^igfeiten unb Einlagen, alled, toaS ber 3Renfd^ I^Alte toerben lonnen, au4 to^nn nid^ts baraud gett)orben ift, aDe biefe Stöglid^feiten unb 9lid&tm5glic^!eiten gelten i^r ,,baSi loefentlid^e innere". S)ad 9leu§ere in i^rem @inn ift nid^t baS loal^re Sleugere, fonbern ein gemeintes 3(eu^ereS, baS innere in i^rem Sinn ift nid^t baS »al^^e Snnere, fonbern ein gemeinte« 3nnere8, unb pe felbft ijt bie 93egie^ung gttifd^en biefem gemeinten 3nnem unb biefem gemeinten Sleugern: auf eine folc^e SSejiel^ung grflnbet fie il^re oermeintlid^en (Befefee.*

(Ss bleibt ber beobad^tenben Siernunft bie in bem SleuBeren ber felbßbetou^ten 3nbit)ibuaUtAt ben SludbrudE beS inneren fuc^t, nur nod^ ein ©d^ritt äbrig, um biefen SEßeg il^rer gforfdöung gu DoQenben. (Sefudtit tt)irb ein foId^eS 3[eugereS, in meld^em ba8 ^[nnere nid^t in fpredgenber, betoegter unb betteglid^er ©egentoart fidg barfleUt, U)ie in ber !ß^9ftognomie, fonbern bem eS inmol^nl, als einem rul^enben, um belegten, feienben 2)inge: ein SeugereS, baS ftd^ baS innere felbft» tl^dtig auSgett)ir!t, gebilbet unb gleid^fam gebaut l^at, fo bag giDifd^en beiben, bem inneren unb biefem Sleu^eren, ein Saufalgufammenl^ang ftottftnbet t)eTmittett burdg baS leiblid^e Organ beS S)en{enS unb beS SelbftbelougtfeinS. 2)iefeS Organ ift baS ©el^irn, biefer 93au ift ber ©d^abel, in beffen Unebenl^eitcn, Änorren, Patten unb Sliefen fid6 bie rdumlid^en formen beS ©el^imS abbilben. 3lnn mxbtn bie k)ers fd^iebenen Einlagen unb @inne, fo Diele beren finb, bie tnteDectüeDen tt)ie bie moralifdgen, ber @inn gu bid^ten, mie ber gu flel^len unb gu morben u. f. f., an gekoiffe ©teilen beS (Sel^imS Dertl^eilt, benen getoiffe

i Sbenbaf. 6. 231—233. Ueber bie yi^^ftognomif im (Sangen: @. 224 bis 235.

352 2)aS ^etnunftbetDultfetn.

@leQen bed @(i^öbeIiS entfpted^en, fo ba§ auf ber Oberfldd^e beS leiteten bie ganje (Stnrtd^tutig beS inneren SD^enfd^en betaftet, alfo auf baS ^anbgreifliddfle erfonnt unb beobadgtet n)etben lonn. SJi&ten biefe ©teilen empftnbltd^, fo iDurbe eS einen „3)ieb8« SRötberg- Sid^terS« Aot)f!i^er' geben. SBte eine natürlid^e ^l^^ftognomil, fo giebt eS aud^, fogt ^egel fpottenb, eine natarlidge Sd^äbelmiffenfd^aft, bie über bte ©dbtanfen beffelben SnbibibuumS l&inauSgel^t: „fie urtl&eilt nicfet nur, ba^ ein fd^Iauer äJlenfdg einen faufibtcfen Unorren l^inter ben Olgren fi^en ^abe, fonbern fie fteUt auc^ k)or, ba% bie untreue Sl^efrau nid^t felbft, fonbern baS anbere el^elid^e 3nbit)ibuum Anorren an ber €time

S)a8 äu6erfte ®strem ift erreidgt, »eldöe« bie beobadötenbe SJet« nunft inflinctit) gefugt l^at; fie Igat nadd einem @ein, nac^ einem S)tnge gefuc^t, auf toeldgeiS fie l^intoeifen unb fagen !önnte: „Sielte ba! l^ier bin idg!" S)iefe8 S)ing f(6eint gefunben: ber ©eifi ifi auf ber @dgäbel{ldtte angelangt. Sßtr finb fo meit gefommen, bag im bu(b= {tdblidgen Sinne ge[agt toirb: „2)aS @ein bed ©eifteS ift ein Stnoä^tn". „S)amit fdgeint aber aud^ bie beobad^tenbe SSernunft in ber Z^at i^re ©pi^e erreid^t 8U Igaben, öon »eld^er fte fidg felbfi t)erlaffcn unb ftdb überfdglagen mug; benn erft baS ganj @d^Ied^te l^at bie unmittelbare 9iotl^toenbig!eit an fid&, fidg gu t)erf eieren." „@o ift biefe le^te ©tufe ber beobadgtenben äSernunft i^re fdgledgtefte, aber barum ilgre Um!e^rung notl^mcnbig."*

$ng ^egel einen längeren Slbfd^nitt ber !ß]gftnomenoIogie biefer feiner jtritil unb SBerurtl^eilung ber ©d^öbede^re tt)ibmete, bie ftdb f|)dter unter bem 92amen ^l^renologie weiter audgebilbet unb bis in unfere Seiten fortgepftangt ^at, loar biefelbe eben erft burdg feinen 8anbS^ mann Strang 3of. @all in Slufnal^me unb 3Robe gelommen. SSBtt erinnern uns, bag ^. @d&o))en^auer gerabe bamals aU ^anblungd- befliffener in Hamburg bie JBorlefungen fel^r eifrig befu(^t l^at, toelcfec ©all über feine ©dfedbellel^re ]&ielt.® ^egel l^at toie ben ßaDater fo audb ben ®aD ungenannt ge(affen, er l^at bie Sl^eorieen beiber Der- U)orfen unb gur l^anbgreifliclbsn SEBiberlegung ber le^teren fid^ Sichten- berg« SJerfal^ren toiber ben ^pi^^fiognomiler gum JBorbilb genommen. „SBenn einem 50lenfd&en gefagt U)irb, bu (bein 3nnere8) bip bie«, meit bein Anodgen fo befdgaffen ifi, fo Igeigt nidgts anbered, aU

> (Sbenbaf. 6. 248, 6. 245. « (Sbtnbal 6. 249. - » »fil. biefe« aOÖer!. »b. EX. (2. «uff.) 6. 25.

^ie tl^&ttde HBemunft unb baS ffiti^ bet in fl4 befrtebigtcn 3nbit)ibuen. 858

id^ fel^e einen Ihtod^en für beine 9ßtrIUd&!ett an. S)ie bei bei ^^^{tognomt! etniAl^nte SrtDtbetnng eines fold&en Uttl^eils burd^ bie Ol^rfeige (ringt gunAd^fl bie loetd&en Xl^eile aus il^rem Slnfe^en unb Sage unb erioeift nur, bag biefe !ein loal^reS Snfic^, nid^t bie 9BirI= lüjleit beö Oeiflcö finb; ffiti müfete bie drtoiberunfl eigentlid^ fo votit gelten, einem, ber fo urtl^eilt, ben @d^&bel einjufd^Iagen, um ge« rabe fo greiflid^, als feine äßeisl^eit i{i, }u ermeifen, ba| ein Anoden für ben SRenfd^en nid^ts 3[nfid6, biet weniger feine n)a]^re äSirüid^» feit iji/^

9leunte8 (S^apittl

9aB UnrnunfUr^nrnftfiein. B. Mt t^fitlge Hornunft nn]i ^m ^tüi ^tx in |tf^ befrt^Mgten 3nMmbu^n.

I. fftüdhiid unb ä^orblid.

3n ber ©d^äbellel^re toar bie BeoBad&tenbc Vernunft ju einem 9lefultate gelangt, aus beffen UnmSglid^feit bie 9lot]^tt)enbtgIeit beS ©cgentl^eilS, b. 1^. ber Umfel^rung fofort einlcud^tcte. §egel l^atte biefe Umfel^rung einen Umfd&Iag genannt, gleid&fam bie ^Peripetie in bem SnttoidFIungSgange beS Setou^tfeinS. Unmöglid^ ift, ba^ bie SSemunft einem äußeren ©inge gleid^gefc^t toirb, il^rc [Realität tjl fein S)ing, fonbern eine 9[ufga6e, fte i^ nid^t in ber ©eftalt eines gegebenen 2)afeinS niirflid^, fonbern als abfoluter S^otd ju k)ern)irfltd^en burd^ il^re eigene Energie. 3)arum erl^ebt fid^ auS ber beobadgtenben 93er- nunft bie t^fttige, bereu erfleS Zl^ema ^egel als „bie Siermirflid^ung beS vernünftigen ©elbjibemufetfeinS burc^ fid^ fclbji'' fennjcid6net.

Um nun bas Si^l biefer neuen (Sntmtdiung fogIei(^ ins 9(uge gu faffen, fo tootten toir gubörberji auf bie Slnfftnge beS ©elbftbettufetfeinS jurüdfblidEen, auf beffen 2Jerbo})})eIung, ben Äampf bcS einen ©e(bji= bett)u§tfeinS mit bem anbern, baS SSerl^ältnife bon ^errfd^aft unb Ihted^tfd^aft. 2)ort geigte ftd^ fd^on fe^r einleudgtenb, tool^in ber SBeg fül^rt: er begann mit ber öugerften Ungleid^l^eit guiifd^en bem einen 3d& unb bem anbern, feine ^ortfd&reitung beflanb in bem attmöl^tid&en ®Iei(^n)erben beiber, baS 3tel fonnte fein anbereS fein a(S bie

^ ^l^ftnomenologie. Tegels 2Be¥le. II. 6. 248. Uebet bie 64abelle]^re im ©angen. ©.235—254.

854 S)a8 S^ernunftbctougtfein.

tDed^felfetttge %ner{ennung unb ba$ 93ett)u^tfetn bed gegenfettigen Sn» erfanntfeinS. ^ 3n biefem allgemeinen ©elbftbetou^tfein, toeld^e» bic felbftbemufeten Snbibibucn in fid& bereinigt, beftel&t bet ®eifi unb baS 9leid^ ber ©ittlid^Ieit. 3d6 toill bie Stelle, auf bie idg ^ier aurüdioeife, mit Tegels eigenen SBorten anfüllten, „hiermit iji fd^on ber SBegriff bed ®eifle8 für unS k)or^Qnben. SSaS fflr bas 93en)ugtfein toeiter tDirb, ifl bie Srfal^rung, toaS ber ®ei{i ift, biefe aSfoIute gubftang, mläat in ber k)oQIommenen tJfreil^eit unb @eIbflAnbig!eit il^reS ®egen= fa^eS, nftmlid^ k)erfd^iebener, für fid^ feienber @eI6flben)ugtfein, bie (Sin- ^eit berfelben ift: 3d&, baS SBir, unb SBir, bog 3d& ijl. 3)08 »e= tDufetfcin ]^at erfl in bem ©elbftbetoußtfein, ate bem Segriffe beS ®eifte8, feinen 9Benbe))unft, auf ben eS aud bem farbigen ©d^etne bed ftnnlid^en 2)ieffeit8, unb aud ber leeren 9lad^t bed flberfinnlit^en 3enfeit8 in ben geiftigen Sag ber ®egentt)art einfc^reitet."*

Sßad ^egel unter bem ,, Steige ber @ittlidgleit" Derftanben »iffen toxfi, l^atte er fd^on in bem legten unb n)td^tigften feiner Sluff&^e im Aritifd^en Journal entn)idfelt unb an bem 93eif))iele ber daffifd^-l^eUenifd^en 3BeIt l^iflortfd^ bargetl^an.® 9S}enn n)ir in ber ^l^AnomenoIogie bie ^us^ füi^rungen lefen, toeld&e bie „SSertoirflid&ung bed Vernünftigen @elbfi= betoufetfeind burd^ fid& feftii" einleiten unb auf beren 3iel l^inroeifcn, fo fül^Ien loir und ganj in jenen 9(uffa^ über „bie »iffenfdgaftlid^en Se^anblungdarten bed 3laturred&td" jurüdberfe^t, indbefonbere in ben Slbfd^nitt über „bie abfolute ©ittlit^feit". ^ier iji jtoifd&en beiben bie fpred&enbe 5ParaffeIe: „3)iefe allgemeine ©ubftang rebet i^re aU= gemeine @prad^e in ben @itten unb ®efe^en bed ä^olld; aber bied feienbe untoanbelbare SBefen ifi nid^td anbered ald ber Sudbrud ber il^r entgegengefe^t fd^einenben einzelnen SnbiDibualitftt felbft; bie ®efe^e f))red^en bad aud, toa^ jeber Sinjelne ift unb tl^ut; bad Snbi- Dibuum ertennt fie nid^t nur ald feine allgemeine gegenftAnblic^e S)ing]^eit, fonbern ebenfo fel^r fid& an il^r ober ald bereinjelt in feiner eigenen Snbiöibualit&t unb in jebem feiner SÄitbürger". „3d& fd^aue ed in allen an, ba§ fie für fid^ felbfi nur biefe felbftAnbigen SBefen ftnb, ald 3c^ ed bin; 3c^ fd^ciue bie freie Sinl^eit mit ben Ruberen in il^nen fo an, bag fie toie bur^ !Dltd^, fo burd^ bie Snbern felbfi ift. @ie ald 3Rid&, 3Rid& ald @ie. 3n einem freien »otfe ifi barum in Jffial^rl^eit bie SBernunft DertoirHid&t , fie ift gegentoftrtiger

1 @. oben @. 324 u. 325. -- > $^&nomenoIogie. SOeTte. n. @. 135. Sgl. 6. 254-256. » »al. oben 6. 278—288.

2)ie tl^&ttQe SBernunft unb baS ^t\(i bet in ft^ beftiebtgten 3nbit)ibuen. 855

Ie6enbiger ®etjt, toorin baS 3nbik)ibuum feine SSeftttnmung, b. 1^. fein allgemeines unb eigenes 9S}efen, nid^t nur auSgefptod^en unb ald 2)ina]^eit Dorl^anben finbet, fonbern felbfl biefed 9Befen unb feine 93eftimmung aud^ erreid^t ^at. 2)ie toetfeflen 9J{anner beS ^(tettl^umS ^a(en barunt ben S(u8fj0rud& getl^an: ba^ bie 993eifi]^ett unb bie Sugenb barin befleißen, ben @itten feines fßolU gernftg ju leben."*

S)a8 Siel, auf weld&e« toir loSfieuern, ijl ber fittlid&e Oeijl, bie- ienige (Sinl^eit ber felbftbelDu^ten 3nbiDibuen, n)el(^e ^egel gern unb gut bie „gebiegene ffiinl^eit" nennt. 916er baS ©elbftbetoufetfein ip nid&t 3U binben. @S ifi k)orauS3ufe]^en, bag aud^ biefe gebiegene Sinl^ett fidb auflöfen unb jerfe^en wirb, toorauS neue ©efJalten beS Settufet* feinS ]^ert)orge]^en. SBir unterfd^eiben bemnad^: 1. biejenigen ©eftatten beS SBelDugtfeinS, Uield^e bem fittlid^en ®eifl t)orau§ge]^en, ben Uebergang gu il^m bilben unb bie Stationen ber tl^tigen äiernunft auSmad^en; 2. ben ftttlic^en ®eift felbft; 8. biejenigen ©efialten beS SetoufetfeinS, loeld^e aus il^m ]^erk)or' unb über il^n l^inauSgel^en. S)tefcS finb bie ttod6 auSjufül^renben SE^emata ber ^Phänomenologie.*

n. Sie tl^ötige SBernunft. 1. 2)ie IBuft unb bie 9lot^loenbigYeit (Sauß.)

@S gab ein gmifd^en SenfeitS unb 2)ieffeitS ftets getl^eilteS, in fid^ entjtoeiteS unb gebrodgeneS, barum in Sßal^rl^eit unglfidEüd^eS 93e- toufetfein. 3m öoöigen ©egenfa^e baju giebt es ein toal^rl^aft glüdE^ lid^eS SdelDU^tfein: eS befielet in jener gebiegenen Sinl^eit beS fittUd^en ©eifteS, toorin jeber einjelne als ©lieb fid6 tool^l unb befriebigt fül^lt. S)iefeS ©lud mirb gefud^t, erreid^t unb »teber t)erloren. (Sin SlnbereS finb bie ©eßalten beS ^etougtfeinS nac^ bem 93erluft, ein SlnbereS bor ber 6rreid^ung: biefe le^teren gelten ben SBeg, ber oor uns liegt. SlUe ©e= ftalten ber tl^atigen SBernunft fud&en infiinctmäfeig in ber 2Belt ©lüdC unb SBcfriebigung: barin befielet i^r gemcinfameS Sl^ema. S)a§ fte biefeS 3i^l/ i^be auf il^rem SBege, Derfel^len: barin befleißt il^re 3Belt= erfal&rung. Sluf jeber biefer ©tufen finben tt)ir bie felbfibetoufete 3nbi- DibualitAt im ©egenfa^e gur 3Belt unb in k)ermeintlid^er Srl^aben^eit über biefelbe il^re botte ©elbpefriebigung fud&en unb berfel^len. 3n biefer il^rer öermeintlid^en ßrl^abenl^eit liegt bie ©elbfitöufd^ung. S)arin,

1 ^PWnomenoIoöie. SBÖetle. IL ©, 257 u. 258. » (Ebenbaf. 6. 254—262.

356 ^ad SBernunftbetougtfein.

bQ§ fie an bei SBelt fdgeitetn unb bie[e mAd^tiget, gel^alt- unb loett^- t)vUti befunben tt)irb, als fte gemeint l^aben, liegt bie Sßeltetfal^rung. ^ S)ad 3nbt))ibuum, fo tt)te eS ifl, in feinem etl^abenen @e(b{lgef&^I toiU bie Seit an fi(6 reiben, fi(6 in bem 93eA)ugtfein ber anbem aud^ |)tagen unb genießen, nid^t auf bem 9S}ege ber Sßiffenfdgaft unb Sr» !enntni6, ber SSeobad^tung unb Aenntniffe, ber Sitten unb ®efe|e, aDe biefe Sformen ^at ed „aU Sl^eorie, ate einen grauen, tbtn t)er= fd^toinbenben ©d&atten l^inter fid6" , fonbern burd& bie Oetoolt feine« unmittelbaren SBolfend, feines ÜtaturtriebeiS unb feiner 99egterbe. Dl^ne ben Flamen ju l^bren, feigen toir ben fjfaufi beö goetJ^^fd^en Qfragment« (1790) Dor uni$, als ben Stepr&fentanten biefeS toettbege^renben unb tDeltftflrmenben @eIbflbett)u§tfeinS/ Don bem ^egel gut unb treffenb fagt: „es ift in eS ftatt beS l^immlifdg fd^einenben ®etfte8 beS SU« gemeinen beS SßiffenS unb S^unS, morin bie ßmpfinbung unb ber ©enufe ber ©njelnl^eit fd^ioeigt, ber grbgeijl gefahren, bem baS ©ein nur, meldgeS bie 993irHid&{ett beS einjetnen 93eiou§tfetnS ift, ato bie tDal^re SßirHid^Ieit gilt. Ss k)erad^tet Sierflanb unb SBiffenfc^aft, be§ Stenfc^en aDerl^öd^fle ®aben, eS l^at bem £eufel fic^ ergeben unb mug 2U @runbe gelten. €s flürjt alfo ins Seben unb bringt bie reine 3nbi))ibuatitAt, in loeld^er eS auftritt, 3ur ^usffil^rung. Ss mad^t ftd^ weniger fein ®tfldE, als bag eS ba^elbige unmittelbar nimmt unb geniest. 2)ie @d^atten Don 9S}iffenf((aft, ®efe^en unb ®runbfö^en, bie allein jtoif(^en il^^ unb feiner eigenen SBirflid^feit fiel^en, Der« fd^minben als ein leblofer Stebel, ber eS nidgt mit ber ®en)ig]^eit feiner, ätealitat aufnel^men !ann; eS nimmt fid^ baS Seben toie eine reife 3frud&t gepflüdt, toeld&e ebenfo fei^r felbji entgegenkommt, als fte ge= nommen toirb."^

3)ie (Srfüffung ber SBegierbe ift bie ßufi, ber ®enu§ ber ßufi. SBaS biefem toettbegel^renben @elbfibetou§tfein gegenüberfiel^t unb feiner (Sinjelnl^eit Sro^ bietet, fic^ burd& feine ©etoalt ergreifen unb an fid& reiben I&gt, ift bie Sßelt als ber fefte Sufammenl^ang ber 2)inge, biefe ebenfo l^arte als continuirlidge SBirtlid^Ieit, an loeld^er baS 3nbt- Dibuum gerfiöubt unb fc^eitert. 2)iefer 3ufammenl^ang ifl bie 9lot]^=

1 €benbaf. 8.258-262. > ^benbaf. 6.262 u. 263. 2)ie »Borte bei S)i4tetS flnb ungenau unb mangeD^aft angef&l^rt. ,6« nimmt ft4 bat Seben', 11(( nel^men tjt ))ofttit) in t^erße^en (sibi sumere), ntd^t negatiü« Uebct bie etcHe t>%l Vttin aSerl: ®oct^e8 Sfaufl. (3. 9(uf[. Stuttgart, (Eotto«) »uit U. (^ato.IV. @.92flab.

^ie tl^Atige SBernunft unb baS Ket4 bei in ft4 Befrtebigten Snbibibuen. 857

toenbigieit ober ba^ Sd^tdfal. Um ben 3ufatnmenl^ang unb baS innere 9Befen bei SBett ju etfaffen, gte&t e8 nur einen etnjigen 9Seg, ben ber 93ernunft unb S^iffenf^aft, ber lebendt)ol[flen unb gebanlen» reid^ften Xl^eorie. S)iefen SBeg f^ai jenes toeltburftige ©elbpeiougtfein ))on ftd^ geiDiefen, eS l^at baS geiftige ißeben in fid^ jerftort, unb erf&l^rt bie Sfolgen biefer @elbftjerftörung. @o erleud^tet ftdg bag bunlle 993ort ^egete: „fiatt QUS ber tobten Zl^eorie in baS Seben ftri^ gefifirgt gu l^abeU; l^at eS fid^ t)telme]^r nur in boS a9en)u6tfein ber eigenen Se6> lofigteit geftürjt unb mirb ftd^ nur aU bie leere unb frembe 9tot]^- »enbigfeit, ote bie tobte SBirüic^&it }u Zl^eil". „€8 erfAl^rt ben S>o))pel{tnn, ber barin liegt, toad ed t6ut, ndmlid^ fein S eben ftd& ge- nommen 3u ^aben: eS nal^m baS Seben, ober t)ielme]^r ergriff e8 bomit ben Sob."^

2. Xai Qefel^ bei ^erjenS unb ber Sßal^nftnn beS üigenb&nlels.

2)q8 erfte Sl^ema beiS Selbftbeiougtfeind, baiS in ber Sßelt fid& gu ))ertt)irni$en unb gu befriebtgen fud^t, ift ber 3Seltgenu§, ber rojltofc, in toelc^em ba8 3nbit)ibuum bie SBelt öcrgel^ren mßd^te, aber öon il^r Dergel^rt toirb, benn bie ?Partie fielet ungleid^: auf ber einen Seite ba8 eingcine ©elbflbemufetfein unb il^^ gegenüber auf ber anbern bie Orbnung ber 2)inge, bie unbegriffene äJlad^t ber SlDgemeinl^eit, bie 3?ot]^n)enbigfeit ober bas ©d&idtfal, looran bas Snbiöibuum gu ©runbe gel^t unb fd&eitert. ?[ber bas ©elbftbetoufetfein an fid^ über^ lebt biefen Untergang unb mad^t feine (Srfal^rung mit ber 3Bett. 9lun toitt ben Oegenfafe gtoifd&en feiner Snbiöibualitöt unb ber SBelt nid^t mel^r befleißen laffen unb barin befangen bleiben, eiS toiD biefen ©egenfo^ Dielme^r aufibfen unb mit ber SQBelt in einer toeit l^ö^eren Qform ein« toerben als im ©enuffe ber ßuft: eS toitt bie Stotl^toenbig» leit nid^t mel^r erleiben, fonbern felbß fein, baS @d^idfal nid^t mel^r ertragen, fonbern bel^errfd&en, ber allgemeinen Drbnung ber S)inge nidbt unterworfen n)erben, fonbern biefelbe aus eigener Araft unb nad^ feinem eigenen äBiffen gehalten. Aurggefagt: eS lotQ bie 3Rad^t fein, toeld^e bie S3e(t orbnet.

2)a]^er ift baS neue Sl^ema beS SelbjtbetougtfeinS, baS in ber Sßelt ftd^ gu Dermirllid^en unb gu befriebigen fud^t, (nid^t mel^r ber

1 $^&notnenoIoQte. SS^erfe. 11. 6.265 u. 266. 2)er gange Hbf ((nitt: ,,$ie IBufl unb bie 9lotl^n)enbiafett\ @. 262—267.

358 S)a8 SBemunftbeiDttBtfein.

JBBeltgenuS, fonbertt) btc aSBcltDcrbeffetung. Der SBißc Qfter gut 9Settt)et6efferung ift nod^ Sinjelioille unb StgeniDtde, bet 9S}tlIe biefeS !3nbtt)tbuumd; er begtoedt bie Drbnung ber S)in8e: bal^er btefer äBtlle ©efe^ unb gilt ftdg als foId^eS, aber baS ®efe$ aU fol^ed foO unb miD unabl^öngtg t>on ben ^nbtmbuen gelten; l^ier gilt ed gunftd^fl nur aU biefer inbik)ibueDe Sinjel- unb Sigentt)iQe, ate ein 3n)e(ierfflQteS Segel^ren, baS tt)ir mit bem SBorte ^erg begeid^nen; baS ®efe^, Don bem tDtr reben, ifi bal^er „bofi ®efe$ be3 §ergen8", toeld^eS in ber SBirflid^feit jur ©ettung unb ^errfd^aft gelangen miU. ^erg ifi, xoit ^eget [agt, „bie unmittelbar allgemein fein toottenbe ©ingelnl^eit'', ®efe^ bes bergend ifl ,,ein $erg, baS ein ®efe^ an il^m ^at''.^

2)amit eröffnet ftd^ ein neuer ®egenfa^: ber gn)ifd^en ^erg unb SBirllid^Ieit, gn)if(!^en bem bergen, in meinem ®efe$ unb (EigeniDiOe unmittelbar unb untrennbar Derf^molgen finb, unb ber SBelt, bie il^ren eigenen ®efe^en folgt, unbefflmmert um ba8 belieben unb bie Sßflnf^e ber Singelnen; es ift ber ®egenfa$ gtoifd^en bem ®efe^e beS ^ergenS unb bem ftarren ®efe^e ber äBirllid^feit: auf ber einen @eite baS ®efe^ be§ bergend mit feinem guten, in ber SBelt gu Dermirllic^enben 3toe(f; auf ber anbern bie entgegengefe^te SBirÜid^feit, bie il^r aU eine ieinedUiegS n)ol^It]^dtige; fonbern gett)altt]^atige Orbnung ber 2)inge er- fd^eint, unter beren t^rannifdgem S)rudE bie äRenfd^l^eit feufgt. 2)en Seibenben foll gel^olfen, ber graufamen 9{otl§n)enbtg!eit foU bie ®en)a(t/ »etdge fie l^at unb ausübt, entriffen koerben: baS SBol^I ber SDtenfdb« l^eit ift baS ®efe$, meldged bem n)ettoerbeffernben 3nbik)ibuum am bergen liegt, k)on i^m gehegt unb gepflegt loirb.'

S)iefe3 3nbik)ibuum, loie eS ber SBelt gegenflberfte^t unb ftd^ fa^tt, l^at in unb an feinem ©elbftgefül^l aud^ feine ßuft unb S3e« friebigung; eS ift fid^ ber ^ol^en Srnftl^aftigleit feines 3n)ede8 unb ber SBortrefflid^Ieit beS eigenen SßefenS tool^t betonet, ffl^It unb gefdUt fid^ in btefer feiner perfönlid^en Srl^abenl^eit: bad SBeltelenb k)or feinen 9lugen unb bie SBeltDerbefferung in feinem bergen! S)iefe Sr^aben^eit freilid^ gel^t fogletd^ oerloren, koenn, n)ie es bod^ bie Slbftd^t beS 3nbi- mbuums ift, boS ®efe^ beS ^ergenS in bie S3irnid6!eit eingeigt; bann löfi ftdd ber ®egenfa^ gteifd^en ^erg unb SSirUidgleit, bie Aluft ebnet fid|, bie @rl^abenl^eit ber einen Seite k)erfd^n)inbet, baS ®efe^ beS ^ergenS ifi auSgefai^rt, bie SBelt ifi gut geworben, bie 3BeItt)erbefferung

Cbenbof. @. 273. « «enbaf. 6. 267-269.

2)te t^ätifie S^etnunft unb baS 9lei4 bei in lic^ befttebidten 3nbit)ibuen. 359

ifi flefd&el^cn, olfo ber aBeltöertefferer ntd&t tnel^r bon nötigen. 3jl bas ®cfe§ bc8 ^«aeng a«^ ^ertfi^aft ßclaitflt, fo ift eS bcm Sigen- tttttcn cnttfldt, ifi nunineftx ®efe$, aber ittd&t tnel^r ®cfe§ be« ^eraeniS. „2)ad ®efe$ beg ^eraeniS l^ört eben burdg feine SBetiottf» lidgung auf, ®efe^ beS ^eraenS a^ f^^"* ^^^^ <^ ^^^^^^ ^^^^^ ^^^ Oform bes ©eins unb ip nur allgemeine SWad^t, für toeW^e biefeS ^eta fileid^s&tttg tfl, fo bag baS 3nbtk)ibuum feine eigene Otbnung baburcfe, bafe eS fic aufhellt, nid^t mel^r als bie feinige finbet."^

S)a8 weltöerbeffernbe Snbibibuum mad^t mit ber SBelt tDieberum feine @rfal^Tungen, loorauS-eS gana anbetS ]^erk)orge]^t, aU eS l^inein^ ging. S)ie[e SBelterfal^tung l^at brei gföDe. <Sntn)ebet gelangt bag ®efe^ beS $eraen§ inx ^etrfd^aft unb ift al8 l^errfd^enbeS ®efe^ ein ebenfo fiatreS, ebenfo unbeugfameS ®efe^, als baS t)eTabfd^eute; ober bie SBirllidöfeit ijl gar nid^t bie graufame unb t^rannifc^e Slotl&toenbigs feit, »eld^e belämpft »trb, fonbem eine belebte Drbnung ber S)inge, toorin fid^ bie SRenfd^en bel^aglid^ unb aufrieben ffll^Ien unb barum ntd^tS öon bem ®efe^e beS ^eraenS unb Don bem $eraen biefeS 3n« biöibuumS toiffcn toollen, baS fid5 il^nen aufbringt unb i^re Slul^e ftört: bann erfd^einen bie 3Renfd^en bem äBeltDerbefferer nid^t mel^r als bemitleibenstoert)^, fonbern als abfc^eutid^ unb aQer SSerbefferung unf filzig unb untoürbig; ober enbUdö jebeS 3nbtt)ibuum folgt bem ®e= fe^e feines ^eraenS, eS lebt feinen 93egierben, SBftnfd^en unb ^ntereffen nad^ unb geniegt fein Qthtn, fo Diel eS Dermag unb fo lange eS !ann: barin befielet ber SBeltlauf, bem ber SBeltDerbefferer mit bem ®efe^e feines ^eraenS nid^t beifommt, benn bie ©oncurrena ifi in grofe.

Slber nid^t blog mit ber SBelt unb SBirfHdgleit, fonbern nod^ mel^r unb nod^ fd^limmer mit ftd^ felbft geröt^ baS loeltDerbeffernbe 3nbimbuum in unaufl5Slid^e SßiberfprUd^e, bie fein SSemugtfein a^t- rfttten. 3nbem eS feinen B^edf, baS ®efe^ feines ^eraenS, Derioirflid^t, aerßbrt eS augleid^ feinen SigenmiDen, ber bod^ in feinem äBefen unb e^arafter gel^ßrt; feine ©elbflbejal^ung ijl iniUxä) feine ©elbftent= frembung, feine ©elbfiDertoirllid^ung a^gleidö feine ©elbfibernid^tung; btefer ganae SBibcrpreit, biefer gegen fid^ felbft gefeierte SlntagoniSmuS ift fein SBefen unb erfc^eint il^m auc^ als fold^er: bal^er ift fein SBefen im ^nnerften DerrfldEt. i,2)ie betben Seiten gelten il^m nad^ il^rem SBiberfprud&e unmittelbar als fein S35efen, baS alfo im Sfnnerfien Derrfldft ift."^

1 ebenbaf. 6. 269. - » Cbenbaf. €. 272.

860 SDod SBemunftbetDuBttein.

@8 giebt in ber Seit k)iele SEßeltDerbeffereX; bie eS ftitb, nid^t aud refütmototifd^em 93eruf, fonbern aus SelbflbemuBtfetrtr aud gefietgertem @elbftgefül^l, ani ^erjenSbrattg itnb ^eraendbflttf el : baS ®efe^ i^teS Zeigend ift !etn toal^red, fonbern ,,etn blog gemeinte^, ba$ ni^t mie bie beflel^enbe Orbnung, ben £ag oufigel^atten l^at, fonbern bielmel^r, toie ed ftdg btefem geigt iu ®runbe gel^t". ©olbene äBorte! 2>iefe ®e|e$e bed ^ergeniS ftnb unmal^r. 2)q8 Kriterium ibrer Unmal^rl^eit ift, ba^ fte bie 9Eßtr!H(l&!eit nid^t vertragen {5nnen. @ut unb treffenb toerben biefe SBeltberSefferer Don ^egel ddaralterifirt: „2)ad $er)!Io)>fen fflr baiS fBofjH ber SRenfd^l^eit gel^t barum in bai$ Xoben beS Derrildten ^igenbünleld über, in bie SBut^ beS 93ett)ugtfeini3, gegen feine Stt' fldrung ftd^ gu erl^alten, unb bad boburd^, ba^ eiS bie S3er!e]^rt^eit, meldte es felbfi i% auS fid^ l^erauStoirft unb fte als ein anbereS an> jufel^en unb auSjufpred^en fi(b anflrengt".^ äBie oft ^at bie Sßett foldbe Sßeltüerbefferer erlebt, bie einen Zag auf ber SBeUbfll^ne gauleln unb gegaulelt l^aben! @ie gel^ören nid^t in bie äBeltgefd^i^te, toofjli aber in bie $l^ftnomenoIogie.

2)er SigentoiKe mit feinem @igenbün{el unb feiner (Sigenfud^t ift ba^ ^xincxp ber 93erlel^rt]^eit unb ä^erfel^rung. S)emgem&^ fie^t ber Dermeintftc^e SBettöcrbefferer, felbft öon biefem principe bel^errfifit, aud^ bie Orbnung ber 2)inge auger i^m in biefem k)erf eierten Sid^te: er ftel&t überaß fanatifd&e ?Priefter, fd&toelgenbe ffiefpoten, ni^tStottrbige 3)iener, bie fid^ erniebrigen, um anbere toieber emiebrigen gu tonnen. S)aS ®efe^ beS ^ergens, tteldgeS bas SSol^I ber Steufd^l^eit loill, er« fd^eint in ber SßirHid^Ieit Döllig k)er!el§rt unb t)emid^tet, benn bie Dor» *^y^aM l^onbene ^errfd^aft begmedEt unb bemirJEt nid&ts anbere« als bas namen- lofe eienb ber betrogenen SReufdöl^eit. * @o fie^t bie 3)inge ber Det« meintlid^e SBeltDerbefferer.

aSenn nun baS @e{bftbeU)ugtfein feine Sßelterfal^rung gemad^t unb bie Sinbilbungen burd^fd^aut |at, bie bem ®efe^e bes ^ergenS gu ®runbe liegen, fo entfielt eine neue ®eflalt beS 93eU)ugtfeinS: baS ®efe$ beS ^ergenS, biefeS gemeinte ®ute toirb aufgegeben, unb an feine @teDe tritt baS n)a]^r]^aft ®ute, baS nur erreid^t merben (ann burd^ bie 3[ufot)ferung ber 3nbik)ibualitat mit aller i^r anl^aftenben Sigem Hebe. S)iefe Aufopferung ift bie Sugenb. SQBaS il^r entgegenfle^t, i^ baS egoiftift^e ®etriebe ber menfd^Iid^en 3ntereffen, baS loir mit

Sbenbaf. @. 272 u. 278. * Sbenbaf. S. 278 fi^h.

S)te t^fttifie SBetnunft unb boS 9let4 ber in fi4 befriebtgten 3nbiotbuen. 861

^egel als ben äßelllauf bejeid^net l^aben.^ 2)a8 SLl^enta unb bte 9[uf- QQbe ber Xugenb befielet in bem Aompf mit bem SBeltlauf unb in bcm ©icge barflber.

3. 2)te Slugenb unb bei SBeltlauf.*

^a^ @el6ftbeu)u§ifetn, bolS fi(^ in bet SBett t^erlDitlttd^en unb befriebigen foQ, l^at brei Zl^emata: bas er{!e toat ber SSeItgenu§, baS jtocite bic SOBcliöerbeffcrunfl, baö btittc ift bic SBeltbcfämpfung. (£8 ijl bic 3rogc, ob bie Sugenb im Äampfc mit bem ffieltlauf bcffere Erfolge baöontragen toirb, olg bic ßujl gegenüber ber Slotbtoenbigleit unb ba% ®efe| beiS ^ergenS gegenüber ber n)tr!ttd6en SBelt?

S)ie Sugenb, Don ber tt)ir reben, ip leineStoegS bie Slufo<)ferung ber ganjcn ?PerfonIi(^feit, benn il&r J)erfönlid&e8 Setoufetfein opfert fic nidgt auf, üielmel^r beti)a]^rt fie baffelbe unb l^äU groge @tü(ie barouf ; aud^ gel^ort ju il^rem Sffiefen, bQ§ pc bie ßrl^abenl^ett il^rer 3toc(fe »reijl unb gern baüon rebet; il^r Smd aber ift bie abfolute ©eltung bed SBol^ren unb @uten, aU tt)et(i^em bie fSJlaä^t iniool^nt, ftd^ felbfl gu ))ern)irHidgen, totifioXi ber 9titter ber Sugenb @piegelfed^terei treibt, toenn er für fie fdmpft.

Slffe SWittel unb SBoffen, bie bem Jffial^ren unb Outen bienen, erf ((einen bem tugenb^aften 93eU)uptfein aU ®üter ober ,,eble Xl^eite bes ©Uten" unb finb oI« fold&e gu fd&ft^en unb gu betool^ren. ©old&e SSerlgeuge unb SEßaffen finb bie menf(i^U((en ©oben, t^a^igfeiten unb Ärdfte, bie brad& liegen, toenn fie bas 3nbit)ibuum nid^t gur SJerwirl» lid^ung feiner 3ti)e(ie brandet unb baburd^ in 93ett)egung unb Z^atig- feit fefet. S)ie8 tl^ut nun ber SBcttlauf Quf ©d^ritt unb Sritt, benn feine 3nbit)ibuen finb unouSgefe^t für i^re 3roedEe rührig unb toirffam; bol^er ber a33elt(auf für bic Sugenb, too fie il^n Qud6 anfaßt, unan- greifbar, unücrmunbbar, barum aud6 unbcfieglid^ crfd6eint. S)enn bie ©aben, (Jfäl^iglciten unb Äräfte, toeld&e ber SBeltlauf in Slrbeit unb Xl^ätigfcit fe^t, erad&tet bie Xugenb felbft aft gu fd^ü^enbe unb gu er= l^altenbc SBaffen.

S)ie 5£ugenb glaubt an bas SSal^rc unb ©utc unb m5d^te biefen ©lauben gum @d^auen erl^eben unb ba^ ©utc DertoirfUd^t feigen; fic lebt alfo in unb bon ber Uebergeugung, bafe baS ©ute nid^t tt)irflid&, ha% es nid&t in ber JBJelt, fonbern nur in bem tugenbl^aften Sc«

«benbof. 6. 275. - « übenbaf. ©. 275—284.

362 2)a9 SBernunftbetou^tfeiit.

»ufetfein gegenmftrtig fei, unb mit tiefet abfirocten, leeren unb t^at= lofen STttgemeinl^ett tritt fte bem arbeitSöotten SQBeltlauf entgegen, ©iefet fämpft unb arbeitet, bie SCugenb fte^t mflfeig unb rebet. 3)er Ritter ber Slugenb braud^t feine SBaffen nid^t, fonbern ift nur barauf bcboc^t, fie blonf ju erl^alten. Äeine S^agc bal^er, ba§ ber SBeltlouf gegen« über ber Sugenb nid^t bIo§ unbefiegbor ift, fonbern fiegreid&. ^3)ic SEugenb toirb alfo öon bem SBclttauf befiegt, toeil baS abflracte un= »trflid^e SSefen in ber Z^at if^x S^oedf ift, unb metl in 9{nfel^ung ber SBirHid^teit il^r Zl^un auf Unterfdgieben berul^t, bie aQein in ben äBorten liegen." „2)er äBelttauf fiegt alfo über baS, toai bie Sugenb im ©egenfa^e gegen il^n auSmadgt; er fiegt über fie, ber bie toefentofe Slbftraction bad SBefen ift. @r fiegt aber nidbt über etioaS gieeBeg, fonbern über baS ©rfd^affen t)on Unterfd^ieben, loeld&e feine finb, über biefe ^ompl^aften hieben Dom 93eften ber STienfdgl^eit, Don ber Unterbrüdfung berfelben, öon ber Slufo^ferung für'3 ®ute, oon bem 3Wi§braud& ber Oaben; fold&crlei ibeale SBefen unb 3w«dte finfen ate leere 3Borte gufammen, n^eld^e ba^ ^er} erl^eben, aber bie ä^ernunft leer laffen, erbauen, aber nid^ts aufbauen, 2)ec(amationen, toetd^e nur biefen ^nl^alt beftimmt auSfpred^en, bag baS SnbiDibuum, toelc^ed für fold^e eble Stotde gu l^anbetn üorgiebt unb fold^e Dortrefflid^e Sieben^'' arten fül^rt, fic^ für ein Dortrefflicfeeg SBefen gilt; eine Slnfd&weßung, loelc^e ftd^ unb anbern ben j^o^f grog madgt, aber grog Don einer leeren ?lufgeblafen]&eit." „Sic 3li(6tigfeit jener Slebnerei fd^cint aud6 auf eine beiougtlofe 3trt für bie 93ilbung unfereS 3eitalterg ®en)i6]^eit erlangt ju l^aben, inbem aus ber ganjen SRaffe jener 9fteben9arten unb ber SBeife, fid^ bamit aufiuft)rei3en, aOeS 3ntereffe Derfd^munben ift, ein SBerluft, ber fid^ barin auSbrüdtt, bafe fie nur ßangetoeile mad^en/'^

luc^ baS tugenbl^afte SSetougtfein geioinnt feine SBelterfal^rung. €d mug erfal^ren, ba% feine S£ugenb leer ift, !eine toir!lid^e Sugenb, fonbern eine blo§ gemeinte (barum anä^ nic^t mit ber antuen £ugenb }u Dergleichen ober gar ju Dermed^feln); bie SSorfteQung unb baS ©e^ rebe Don bem an fid^ ®uten, toeld^eS nodb leine SBirHic^Ieit l^at, ifl ein leerer 9Äantel, in toeld&em ber Slitter ber Sugenb ein^erfloljirt, er t|ut gut, ben SRantel faxten ju laffen; er mug erfahren, bag audb ber SBeltlauf fo übel nid^t ift, als er auSfal^; bag bie eigennü^igen

> «benbof. 6. 281-283.

^te tl^atige I93ernunft unb hai 92ei4 bet in fi4 befricbigten ^nbibibuen. 363

Slbjtd^ten unb äBorte feiner 3nbit)ibuen äBerljeuge ftnb, bie bem ©uten btenen, Beffer btenen, als boS Sieben Aber bie Siugenb. Sie gemeinte Sugenb iioirb befiegt burd^ ben äBeltlouf, unb ber gemeinte SBeltlouf, ber bem tugenbl^aften SSetoufetfein nur lofierl^aft erfd^eint, toirb befiegt burd^ ben iDQl^ren SBeltkuf, in XDtlä)tm boS ®ute ftdg felbft t)oD6ringt. „(&^ ift alfo baS 2;]^un unb treiben ber 3nbit)ibuQlitdt Stted an fid^ felbft; ber ®ebraud& ber Äräfte, ba« @j)iel ber STeufeerungen ifl eS, mag i^nen, bie fonfi bo8 tobte 2lnfid& tDfiren, geben giebt, ba§ on ftdg nidgt ein unauSgeffll^rteS, e^ifien^lofeS unb abftracteS allgemeines, fonbern eS felbft ift unmittelbar biefe ©egen- toart unb SBirflid^Ieit be8 5Proceffe8 ber 3nbit)ibuttlität."*

III. 3)a8 3leid& bet in fid6 befriebigten 3nbiöibuen.*

S)q8 vernünftige ©elbfibeioufetfein l^at feine Slufgaben gelöfl, e8 l^at bie Sl^emata feiner ©clbjiöertoirfUd&ung in ber SBelt QuSgefül^tt unb bie negativen . 6rfoIge feiner ©rfal^rungen fid& jur JBelel^rung bleuen laffen. Jlunmel^r ifi feine 3nbimbuoHtdt ntd&t mel^r ju t)er= tt)irfüd^en, fonbern tt)irflid& : fie ift reell. SDiefe Sfteolitat iji nic^t blo6 feine Seftimmung, fonbern fie iji t]&Qtfftd&tid& erfüllt, fo bafe man i^r nid^t« ai^ unb jutl&un fann, fie ift aU t)oIIenbete SEl^atfad^e in bem Sctoufetfein ber 3ttbit)ibualität felbft öorl^anbcn : biefe (entere ifi bal^cr nidfet blofe reell, fonbern „an unb für fid& reell". Unb jmar ift biefe il^re toDe SBirHidöfeit nid^t blo§ für uns, ben 3ufd&auer, fonbern ber agirenben 3ttbimbualit4t felbft bergeftalt einleud^tenb unb gegenioärtig, ba§ biefeS Setoufetfein il^r ganjeg ©ein unb STl^un bel^errfd&t. Um aud& biefe reflejioe SBejieldung genau ju beaeid^nen, l^at §egel baä Z^^ma ber brüten Stufe be§ SBernunftbetoufetfeinS, toeld&e bie be= obad&tenbe unb t^ötige SBcrnunft in fidfe bereinigt, in folgenben SluS« brudC gefaxt: „2)ic 3nbit)ibualität, loelt^e fi(^ an unb für fic^ rcett ift". ein ettoaS unbel^otfener unb gunödöft unöcrftönblid^er ?lu8brudf, ber SrHärung bebürftig, bie tt)ir gegeben l^aben.

SDer SQBeltlauf gegenüber ber SCugenb lieg lein anbereS Sftefultat erioarten. SDer gemeinte ober oermeintlid^e ffleltlauf ift baS ©etriebe

1 CEbenbaf. €. 283 u. 284. > Sbenbof. „%\t 3nbit7tbualit&t, loel^e \\^ an unb füT fi^ reell ifi/ 6. 284-316. > 2)aS geiftige S^icnetd^ unb ber aSctrug ober bie ©a^e felbft. 6. 286—304.

364 2)a8 S^etnunftbeiou^tfetn.

bei etgennfi^tgen 3tibtotbuen, ber iDOl^re äBelttauf ift btefeS ®etriebe als bas unbetDugte SBerljeug beS ®uten in bem $rocej|e feinet Selbft- t)ern)ir!(id&ung. 3n beiben ^i&\i^u ift bie Slod^t ber SBirtfamleit bei ben teelttAufigen 3nbit)ibuen (3nbtt)ibuen beS SBeltloufd), nid^t weit fie eigennü^ifl, fonbern toeil pe rfll^tifl, betriebfam, »etltl^ätig finb, »A^renb bie Sugenb mägig fielet unb Sieben l^Att. Slber Sigennu^ unb SBerttl^atigfeit finb ni(i^t ju trennen, biefe iDAre nid^t, xotnn jener nid^t tt)dre. S)qB g^l^anbelt toirb unb bie Arifte in Xl^dtigleit finb: barin liegt baS ©etoid^t unb bie Sriebhaft.

2)ie 3nbik)ibuen !önnen alfo gunfid^ft nidgtS SefferelS tl^un als il^te @ad^e betreiben, jebeS bie feinige, unbelümmert um aQe anbertoeitigen Stoedfe, Städfid^ten unb a3orfd&riften. ,,S)a$ 93emugtfein l^ot l^iermit aDen ©egenfo^ unb oQe 93ebingung feinei^ Xl^unS obgeloorfen; eS gel^t frifd() üon fid^ aM, unb nid^t auf ein onbereS, fonbern auf fi(b felbft. Snbem bie 3itbit)ibuQKtdt bie aBirHid&!cit an i^r fclbfi ifl, ifl ber Stoff beS SßirlenS unb ber StoedE be8 Sl^uniS an bem Z^un fetbft/^ 2)aiS 3nbioibuum !ann bal^er nid^ts Seffcred unb nid^ts SlnbereS t^un ofe fid^ ungenirt gelten loffcn unb fid6 in feiner SBirf' Kd&Ieit todf)l unb bcfriebigt füllen, toie ber Qfifd^ im SBaffcr, toie bie Xl^iere in il^ren Slementen, toeSl^alb ^egel biefe SSelt betougter unb in fidg befriebigter ^[nbtüibuen gut unb treffenb „baS geifttge Silier- reidö'' genannt l&at.* SBarum l&at er l^injugcfügt: „unb ber SBetrug ober bie @ad&e felbft"? 6in rdt^fell^after unb curiofer Slul^brutf, beffen S3ebeutung erflört fein toiff.

S)a bie Snbtüibualitöt an unb fflr fid^ reell ift unb fidg als fold^e fe(b{l fai^It unb betrad^tet, fo brandet fte nid^t ftd^ }u erarbeiten unb ^erüorjubrtngen, fie brandet nur fid^ ju geigen unb barguftellen, aus bem aSerborgenen ans ßid^t, auS ber fßad&t ber 3R5gIi^feit an ben £ag ber ®egentt)art gu treten, tote eS ^egel gu loieberl^olten malen l^eroorl^ebt. @r fagt Don biefer ©elbfibetl^dtigung be9 SnbioibuumS: «2)a8 £]^un ift an il^m felbft feine SBal^rl^eit unb SBirltid^Ieit, unb bie S)arflenung ober ba§ 9lu9fpred^en ber 3nbit)ibualitdt ift il^m Smd an unb fttr fid^ felbft". „S)a9 Sl^un üerdnbert nichts unb gel^t gegen nid6t8, c8 ift bie reine Qform bcS Ueberfe^en» au8 bem 310^1- gefel^enmerben in bo8 @efel&entt)erben" u. f. f. „SDaS Il&un ifl ndmlid^ nur reined Ueberfe^en aus ber S^orm beS nod^ nid^t bar- geflellten ©ein« in bie be8 bargcftettten ©ein«/"

i~«benbQf. 6. 285. - « Cbenbaf. 6. 287. «benbaf. 6. 285, 286, 288.

2)ie ti&tige 93exnunft unb bai 9let4 bet in fi4 beftiebigten 3nbtoibuen. 365

2)et Sn^alt fetnei^ Xl^unS ifl unb !ann ntd^tS anbered fein als bte gegebene 9latur beS 3nbtt>tbuum8, loie biefelbe urfprflngltd^ bc- fiimmt tfl burd^ Anlage unb t^d]^tg!eit, burd^ Xalent unb S^arofter; Qud^ tt)irb btefeS Xl^un nid^t ettoa burd^ Slufgobe unb Seruf l^erDor- gerufen, fonbem burd^ bte UmflAnbe unb baS Sntereffe. S)te Untfl&nbe mod^en ben Slnfong bel^ £^un8, boS ^ntereffe ifl ber 3tt)edE, S^öl^tg- leiten unb (St^axalitx ftnb bte TlitUl 2)er ^nl^alt unb bad Stefultat bed Sl^und tfl boS 3&txt, in toelc^em boS ^nbiüibuum geigt, moe eS ifi; boS aßer! ifl baS ftd^tbar geworbene, in bie S)arfieIIung getretene 3nbit)ibuum, toelc^eS felbfl nid^t toiffen lann, loaS ed ifi, beüor e$ gel^onbelt l^at, bal^er !ann eS oud^ !einen 3^^d l^oben, ber feinem ^anbeln DotauSginge unb baffe(6e erfl t)erurfad^te unb ermöglid^te. ,,@6en barum l^at eS unmittelbar anzufangen, unb unter meldten UmftAnben ed fei, ol^ne loeitered 93eben!en um SInfang, SRittel unb @nbe 3ur S^fitigfeit }u fd^reiten, benn fein 993efen unb an fid^ f eienbe 9latur ifl aOeS in Sinem, Slnfang, SJlittel unb @nbe. %U Anfang ift fte in ben Umfldnben bed ^anbelnS üorl^anben, unb baS 3n« tereffe, loeld^eS baS ^nbiDibuum an Sin)aS finbet, ifl bie fd^on gc» gebene Slntloort auf bie S^age, ob unb toaS l^ier gu i^un ifl."^

S)a8 3nbik)ibuum ifl, loie e8 ifl; eS !ann loeber beffer nod^ fd^Ied^ter fein; baffetbe gilt üon feinem SBer!. 2)ie begriffe beS @uten unb Sd^Iedgten l^aben in bem Sleid^e beS 99eU)uBtfein$, Don bem toir reben, leine ®e(tung, benn fte fe^en 3tt)edEe Doraud, in SSergleid^ung mit U)eld&en bte S)inge (bie ^nbiüibuen unb il^re SBerle) enttoeber gut ober fdgled^t pnb, Je nad&bem fte biefe Stoedfe erreid&en ober öerfel^Ien, enttoeber me^r ober toeniger erfüllen, ©old&e 3toedEe giebt c8 im geifligen Sl^ierreicft nid^t, e8 giebt l^ier feine ^anblungen, bie )u erl^eben, gu beflagen ober )u bereuen mdren. 2)a8 ^nbitribuum enei^t immer feinen Stotä unb !ann bal^er nur ^^reube an fid^ erleben. Aein SBort erleud^tet unb d^aralterifirt ba8 SBefen beS geifligen Sll^ierreid^S fo treffenb unb glfldf= lid^ loie biefes. SKan !ann ben @a^ umfel^ren unb fagen: bie 3n- biDibuen, loeld^e immer, loie e8 aud^ gel^t unb fielet, O^reube an fid^ erleben, gel^ören inS geiflige S£l§ierreid^ unb lommen aM Ufm. „(&9 finbet bal^er über]6aut)t meber (Srl^ebung nod^ ftlage nod^ Sleue flatt; benn bergleid^en alles !ommt aus bem ©ebanlen l^er, ber fid^ einen anberen ^nl^alt unb ein anbereS Slnficb einbilbet, al$ bie

^ (übenbaf. @. 289.

366 ^a« aSexnunftbetou^tfein.

urft)rfingltd^e Statut beS ^nbtütbuumS unb il^re in ber SBtrHtd^Ieit üorl^anbene ^uiSfai^rung tfl. SBoS eS fei, ba$ eS tl^ut, unb t^m n)iber* fö^rt, biel^ l^Qt eS getl^an unb ift e$ felbfi/' ,,S>a8 3nbit)ibuum !ann alfo, ba ed U)eig, bag eS in feiner Sßttlüd^teit nid^tS onbreS finben {ann, old il^re Sinl^eit mit xf)m, ober nur bie ®en)ig]^eit fetner felbfl in il^rer SBal^rl^eit, unb bag eS alfo immer feinen 3tt)ed erreid^t, nur fjreube an fid& erleBen."*

SBenn nun im geiftigen Xl^ierreidg alles St^un barin befielet, ba§ fid^ bas Snbiüibuum feigen lägt unb geigt, fo begiel^t eS fid^ baburd^ auf bie anbren Snbiüibuen unb mad^t fid^ unb fein 3:^un ju einem ©egenflanbe, ber Don ben anbern loal^rgenommen loirb unb fein toiO. S)iefe$ fein gegenft&nblid^ed Sl^un ift unb l^eigt fein SBerl. SS^ir l^aben ©egenfidnbe ber SBal^rnel^mung !ennen gelernt, uoeld^e baS 93e^ toufetfein öorfinbct unb als gegebene anfielet; fte erfd&einen il^m als t)on äugen gegeben. 2)iefe ©egenft&nbe finb bie S>inge. 2)iefe finb bem 3nbi))ibuum gegeben, nid^t burd^ baffelbe; fie finb t)on il§m t)or= gefunbcn, niiftt aber gemad&t, fic finb fein Dbject, nid&t fein SBerl. fS)a^ SQBerl, toorin baS Snbitibuum feine ?lotur fotool&l ftd& fcttfl öö onbern gegenftfinblid^ mad^t, ift nid^t S>ing, fonbem @ad^e. Unb ba in biefer @ad^e Xl^un unb @ein beS 3nbioibuumS bereinigt finb unb ftd& jufommen barin barfieffen unb geigen, fo ift eS feine beliebige @ad^e, fonbem eS ift bie @ad6e felbft. ^egel fagt Don ber @ad&e: irfte ift ber aus bem ©etbftbetougtfein als ber feinige l^erauSgeborene ©egenfianb''. „hierauf berul^t ber Unter fd&ieb eines S)inge8 unb einer ©ad&e."*

@S giebt, U)ie aud^ ber @t)rad&gebraud^ lel^rt, feine binglidge, lool^I aber eine fad^Iic^e ©eftnnung, loorunter man „baS el^rlid^e Se» mugtfein" Derfiel^t, bem eS nur auf bie Sad^e anlommt unb nur um biefe gu tl^un ift, nid^t um bie eigene $erfon unb beren S^ort^eile ober 3ntereffen. Slunme^r erlennen toir ben Sufammenl^ang gtoifd&ett bem „geifiigen Zl^ierreid^" unb „ber ©ad&e felbft", aud& gtoifd&en biefer unb bem „el^rlidgen SSemugtfein", baS ia nid^ts anbereS ift als bie fadglid^e ©eftnnung; aber toie lommt baS el^rüd^e ffletougtfein in baS geifligc Zfjxtixtiä^, beffen loerKl^&tige 3nbit)ibuen nur barauf bebadgt finb, il^r ©ein unb Xl^un, b. f). pd& felbft ol^ne »eitere Stüdffid^t, gur S)arfieffung unb ©eltung gu bringen?

ebenbaf. 8. 291 lu 292. - ' (ibenbaf« B. 297.

2)ie tlftätige IBentunft unb bas 9leid^ bei in fi(^ befriebigtcn Snbiüibucn. 867

@d t)er]^&It fi(6 mit betn el^rltd^ett SBett)ugtfetn, tt)te frfll^et mit htm SBeltlauf. S)iefer toax tiid^t fo Abel, qIS er auSfal^; baS el^rlid^e Se^ toufetfein ifi ntd^t fo cl^riid^, ote el^ ben änfd&ein Ifeot. S38qS bo« 3n= bioibuum Qud^ tl^ut ober nid^t tl^ut, erreid^t ober nid^t erreid^t, immer f)at es bie @Qd^e ooObrad&t unb offen @runb, mit fid& gufrieben }u fein. 3ft nid^tiS get^an toorben, jo l^at baS 3nbit)ibuum menigfienS nid^t am SBoffen f eitlen laffen, unb biefeS SBoUen »ar bie @Q(^e; ifi nid^t alles gefd^el^en, ober etmaS erreid^t »orben, fo toar biefes StmoS bie @Qd^e. 3{1 fein SBerl burc^ anbere Dernid^tet morben, fo l^at boS 3nbit)ibuum bie onbern bogu gereijt, eS trägt felbfi bie @d^ulb, unb biefe Sd^ulb ift bie Sod^e. 3ft nidgtS getl^an, nid^tS erreid^t, nid^t einmal etioaS Derfud^t unb geteoDt loorben, fo l^at bad 3nbit)ibuum nid^t gemocht, unb biefeS fein 9lid6tgemod&tl^aben »ar bie @ad&e u. f. f. @enug, eS mag gelten, loie ed n)iQ, immer l^at bas 3nbit)ibuum feine €ad6e üoQbrad^t unb erreid^t.^

2Ba3 alfo baS el^rlid^e ober fad^tid^e 93elDugtfein betrifft, fo feigen voxx, tt)ie eS bamit fielet. Unter bem Sd^ein ber @ad^e felbfi ift eS bem 3nbit)ibuum nur um fid^ unb feine @ad&e }U t^un. „(&^ tritt bamit ein B\>xd ber Snbiöibualitäten miteinanber ein, toorin fic fo« mol^I fid^ felbft aU fid^ gegenfeitig fomol^l betrügen als betrogen finben/' „6§ ift ebenfo 93etrug feiner felbft unb ber anbern, loenn eS nur um bie reine @ad^e ju tl^un fein foll; ein SSemugtfein, baS eine fold^e auftl^ut, mad^t Dietmel^r bie Srfal^rung, bag bie anbern, loie bie t^iegen gu frifdg aufgefteQter Wlilä^, l^erbeieilen unb ftd^ babei gefd^&ftig miffen looQen; unb fie an il^m, bag eS il^m ebenfo nidgt um bie @ad^e als ©egenpanb, fonbern als um bie feinige ju tl^un ifi."*

Se^t !ann in bem geiftigen Zl^ierreid^ baS ^nbioibuum toirlKd^ nur ^reube an fid^ erleben, ba, toie eS gel^t unb fielet, loaS es tl^ut unb I&gt, es immer bie Qaiit toat, bie eS getooDt, betrieben unb DoII= brad&t l^at. @S l^eifet: ,,bie ©ad&e felbji". Unter biefer Qftagge fegclt boS 3nbit)ibuum too^Igemutl^ mit feinen fieben ©ad^en. S)a8 fad^Hd^e ober e^rlid^e $ett)ugtfein ift alfo mirllid^ nid^t fo el^rlid^i, als es ben Slnfd^ein l^at; eS ift, bei Sid^t befel^en, €elbftbetrug unb n)ed^fel= feitiger 93etrug. @S liegt alfo bocb eine red^t tiefe unb menfd^enlunbige 6infid6t in ben SBorten unterer Ueberfd&rift: „baS geiflige Silier» reidö unb ber SBetrug ober bie @a(^e fetbft".

» «bcnbaf. 6, 299-301. « «bcnbaf. @. 801 u. 302.

868 ^aS SDernunftbciDu^tfcin.

2. 2)te gefetsebenbe IBetnunft.^

©0 lange unb ido immer baS gcifitge Zl^ierretdö befielt eS ifl ia in getDiffem Sinne offflefleniDartig , toirb boS falfd&e 6ptel mit ber @Q(i^e getrieben. S)iefe9 @))iel liegt ^etl am Xage unb bamit aud^ ber SBeg gur Srl^ebung auS bem geifltgen £l§ierreid^ unb Aber bajfelbe. 9Rit bem ©piel mug ein @nbe unb mit ber Sadge felbfi mu6 Smfl gemacht loerben: bann bient fte bem ^nbiDibuum aud^ nid^t mel^r }u felbflgefattiger 2:&ufc^ung, fonbem fte ifi bie aOe burd^bringenbe, be» lebenbe unb bel^errfd^enbe ©ad&e: ^bie abfolute ©ad^e", bie fttt« Kd&e ©ubpanj unb ba8 SBetoufetfein berfclben „ba8 fittlid^e a9ett)u6t= fein". 3)ie @ad&e erfüllt iebefi @elbjibetou§tfein, fie ip gleid^ 3d&, unb bas 3d& ifi gleidg ber @a$e, fte ifl ^ba$ @ein, baS 3d6, ober 3d&, bad ©ein ift".* 9lun ip eS au8 mit bem geifiigen SC^ierreid6, erbebt ftd^ ber (Seift unb mit i^m baiS Steid^ ber ©itttid&Ieit, mie toir eS fd^on oben erH&rt ^aben, als ber SBeg unb bad ^xt\ ber tl^dtigen JBernunft ju bejeid^nen toar.'

2)a xm un^ aber no$ in bem ®ebiete ber mad^tt)oIIIommenen, in ftd^ bef riebigten 3nbit)ibuen befinben, bie aus ber ,,5BertDirlHd6ung bes öernflnftigen ©elbjlbetDufetfeinS bur(5 fid6 felbfl" ^eröorgegangen .finb, fo toirb aunAd^fl baS t)emflnftige ©elb^beiougtfein Don fid^ aus ^anb an bie ©ad^e legen, bie fittlidge ©ubfianj feftjuftellen, i^re ®e« fe^e gu unterfd^eiben unb gu beftimmen fudgen. S)iefen S^erfud^ ma^t .,bie gefe^gebenbe 93ernunft'\ bie als gefunbe 93emunft unmittelbar xm% U)aS red^t unb gut ift. „©o unmittelbar fie eS toeig, fo unmittelbar gilt eS il^r aud^, unb fte fagt unmittelbar: bieS tft red^t unb gut. Unb gioar bieS: eS finb beftimmte ©efe^e, eS ift erfflilte in]&alt8t)otte ©ad&e felbjt."*

S)ie ^uSfprfld^e ber gefe^gebenben SSernunft foOen ber ©efinnungS^ unb ^anblungsmeife gur Sti^tfdgnur bienen unb ftnb bal^er ®ebote, loeldge unbebingte unb allgemeine ®eltung in Snfprudg nehmen, n)d]^renb fte burdg baS unmittelbare 93ett)ugtfein ber gefunben JBernunft bebingt, alfo fubjectioen unb guf Affigen Urft)rungS finb; bal^er bie unbebingte

> (i6enbaf . 8. 804—309. (üin ttagift^eS !BetfpieI, tote bie 6adfte bagu bient, bie fi^tecIUdften Seibenf^aften ber (üiferfu^t, IRa^fud^t unb STlorbgier )tt be« fdftönigen. KIS Othello bie drmotbung bei 2)ejSbemona bcf^Ioffcn (at, ruft er au8: ySHe 6a4e )mVi% bie Ga^e )bM% mein ^era!' (It is the caase, it is' the caase, my Bonll V. 2«) * $^ftnomeno(ogie. aSerle. II. 6. 808f[gb. 6. oben 254f[9b. « $(ftnomenologie. aSerfe. n. 6. 805.

S)te tl^&tige SBcmunft unb baS 9lei4 ber in fld^ befxtebigten ^nbibibuen, 369

5ortn bicfer ©cbot^ mit ber SBcbinßtl^cit unb SufftÜisfeit beö Stil^dtfi in SBibetf))rud& gerdtl^. @o mirb 3. 93. geboten: lieber foQ bie SEBal^r^ l^eit fpred^en". (SBir fommen t>om fleiftigen 2l&ierrei(3& l^er, »0 jeber bte Untoal^rl^eit ft)rad^, inbem er fid& unb onbere mit bem SDorl^oUen ber @Qd6e tdufc^tel) S)aS ®ebot l^at !etnen @inn ol^ne bie nöl^ere 99e= ftimmung: i^ieber fott bie aBaJ^rl^eit fi)reci&en, toenn er jtc tt)ci§; er foff fte ft>red&en nad^ feiner lebeiSmaligen ftenntnig unb Ueberjeugung". 3ene8 unbebingte ®e6ot fann nur erfüOt »erben unter SSebingung^n, bie t)on lauter 3uf&Qig!eiten abl^&ngen. Sautet aber, um biefe 3u- f&aig{eiten loSjumerben, bad ®ebot fdgled6ttt>eg: „jeber foll bie SSal^r^ l&eit tti-ffen", fo fteigert ftd& ber SBiberffrudö jur Unmögli(i&!eit 3ltte8 SQBijfcn ttitt begrünbet unb Vermittelt fein; bie geiioufete SBal^rl^eit lonn barum niiftt unmittelbar auSgefagt loerben unb eine fold&e SluSfage nid^t ber ©egenftanb eined unmittelbaren ©eboted fein.

^el^nlid^ t)erl^dtt eS fid^ mit bem berül^mten ®ebot ber Ti&d^fien- liebe: „2)u follft bcinen Jläd&fien lieben, toie bid& felbfi". SBenn biefe« ®ebot in ber Slbtee^rung aDer Uebel unb in ber aüfeitigen @orge für ba8 aSBol^I beö JRöd&ften nid&t mit ber gfürforge be8 Staates, biefcS grö&tcn aller SBol^U^ftter, in gonflict geratl^en foII, fo bleibt ju feiner (SrfüQung nid^ts weiter übrig, als bie augenblidflid^e unb ju* fattige 3lotmW

3. ^U gefet^pTÜfcnbe S3etnunft.

S)ie ®efe^e muffen ioiberft)rud^3loS fein, n)ie ber @a^ A = A, baS ®efe§ ber 3bentitftt, baö ^ßrincij) ber formalen Slllgemeinl^eit. Salier muffen bie ®efe^e geprüft unb in bie gorm ber toiberfprud&S« lofen SlDgemeinl^eit gefaxt toerben. S)ie3 gefd^iel^t burd^ „bie gefe^- prüfenbe »ernunft\*

Snbeffen ift bie SBibcrfprud&Slojtgfeit ober 2;autologie, biefe leere SlUgemeinl^eit, leineStoegd ein Kriterium beS Siedeten unb ®uten, föaS bod& nad^ bem StuSfprudö ber gefunben SBernunft ber Slnl^alt ber ®efe^e fein foII. ®efefee fönnen einanber t)olIfommen toiberjireiten, loöl^renb jebeS, für fid& genommen, toiberf))rud6Slo8 ifi, toie ber @a§ A = A. SBaS ifi nun red^t unb gut? (Sigentl^um ober 3lid6t=6igent^um? 2)a3 @efe^, loeld^eS bas (Sigentl^um für notl^ttenbig erll&rt, fd^liegt leinen S8iberft)rud^ in fidg, aber bag gegentl^eiltge ®efe^, n)eld&ejS bas 9lid^t-

1 «benbaf. 6.304—308. - « Cbenbaf. ©..309—316.

af i f «5 e t , ® ef*. b. mHol Vin. «. «. 24

370 S). S^etnunftbetott^tfein. 2). t^ätige S3etn. u. b. 9let4 b. in M befneb. 3nbttib.

Sigentl^utn, bte ^errenloftglett ber 3)tnge ober bte ©fltergetneinfdgaft für notl^tsenbig erKört, fd^Iiegt aud^ feinen äBiberf))ruc^ in ftd&. gfrei^ lid^ treten bie SBiberfprfld^e fogleid^ l^etüor, xotnn jebeiS ber beiben ®efe^e n&l^er Beflimntt b)erben foll. 2)te (Sütergemeinfd^aft grflnbet ftd^ Quf bog ^rincip ber (Steid^l^eit; ba gegen in ber ®fltert)ertl§eilung, menn iebem jugetl^etU loerben foII, mad er gur 93efrtebigung feiner aSebürfniffe Brandet, erl^ebt fid^ atebalb bai ^rincip ber Ungteid^l^eit. Sßir feigen nunmel^r, bag bie gefunbe 93ernunft mit il^rem un= mittelbaren 93etDugtfein beS Siedeten unb ®uten unb oller borouf ge^ grünbeten ©efe^mod&erei nid^tfi au8rid&tet. „3ene8 unmittelbore Oefe^gcben ifl ber t^rannifdfte ^reöel, ber bie S33iQ!ür aum ®efe^ mad&t unb bie ©ittlid^Ieit ju einem (Be^orfam gegen fie." „So toic boS jtoeite Moment, infofern e8 ifolirt tji, ba« ?Prflfen ber ®efe|e, baS ^emegen beg Unbettegboren unb ben S^ret)el beS äBiffenS bebeutet, ber t)on ben obfoluten ®efe^en frei rdfonnirt unb fie für eine frembe SßiDIfir nimmt. 2)ie ®efe^e U)erben nid^t gemad^t unb erKügelt, fonbern fie finb t)on göttlicher ^er!unft unb eioigem 93eftanbe. „@o gelten fie ber Slntigone bed ©opl^olled a(S ber ®ötter ungefd^riebeneiS unb untrüglid^ed fUt^t: «nid^t ettoo je^t unb geftern, fonbern tmmer= bar lebt e8, unb feiner toeift, öon toannen eS erfd&ien>. ©te finb. SBenn id^ nad^ il^rer (Sntflel^ung frage unb fie auf ben $untt il^rel^ UrfprungS einenge, fo bin td& barüber l^inaudgegangen ; benn id^ bin nunmel^r bad SlUgemeine, fie aber baS 99ebtngte unb 93efd^rAnIte. SBenn fie fid& meiner ßinfitftt legitimiren foDen, fo l^abe id& febon il^r unttanfenbeS Slnftd^fein bett)egt unb betrad^te fie als StmaS, baS t)iel= leidet loal^r, t)ielleid^t aud^ nid^t föal^r für mid^ fei. 2)ie fittlid&e ®e- finnung befielt eben barin, unöerrüdCt in bem fefl ju bel^orren, »aS bas Sted^te ift, unb fid^ alleS SeioegenS unb Slüttelnd unb SurücE^ führen« beffelben gu entj^alten."^

i Sbenbaf. @. 314 u. 315.

3>tx (&tift. SM tütiit bei eUtliitlttt unb bn Re^ttjuftanb. 871-

Sel^nteS dapHtl !Dnr (Setß. A. 9ia$ Httd) in SttUti^iutt vmi ürr l{«#$|n^aiili.

I. 2)qS ©emeiniDejen. 2)a8 gSttltd^e unb menfd^Iic^e @efe^. 1. SfamUte unb @taat«

©d&on in feinen fronlfurter ©tubien l^otte ^egel bie (gtl&i! ober bie Sffiiffenfd^aft toon ber ftttlid&en SHJeB, toorin ber ©eifl fein toal^re» SBefen üetmirKid^t, als ben britten unb legten 5£t)üi beS @^|tem8 ber $]^itofot>]^ie Bejeidbnet. 3n feinem Sluffa^ über „bie toiffenfd&aftlidöen a3e]^anblunfl8= arten be8 Slaturred&tS" erfd&ien „bie ^pi^Uofopl^ie ber ©ittfid&feit" bie %bii^t biefer äSel^anblungSarten unb aU beren ©egenftanb „bie abfolute ©itttid^Ieit'', bie in einem ©emeintoefen, in bem Seben eines 93oI!8, in ber ©Keberung eines fitttid^en ©an3en gur Sßirfltd^Ieit ge- langt, toie fidg biefelbe in ber claffifd^^l^eSenifcl^en SBelt unb in bem Sbealftaate ^atoS bargefteHt l§at. Um bie Studföl^nung unb lieber- einfiimmung jmifdgen bem ^^«^mUienred^t unb ber ©taatSgered^tigfeit, unb bie ©fll^nung ber Stutfc^ulb, bie au8 bem Or^milienred^t unb ber Ofamiüenrad^e ]^ert)orgegQngen n)ar, in bilblid^-bramatifd^er Oform bar= jutl^un, l^atte $egel ben ©treit ber @rinn^en mit bem 9lt)oIIon über bie ©dgulb beS CrefieS unb bie Sntfd^eibung beS ©treiteS burd^ ben ^reopag ton Sltl^en unb bie ®5ttin Silibene in ben @umeniben beS äefd^^Iog uns öor 2lugen gefttl^rt.*

Sben biefer Segriff beS ©eifteS als beS fttttid^en ©emeintoefenS ift eS, ber fid^ nun in ber $^&nomeno(ogie als baS älefuUat aQer öorangegangenen ©tufen ergeben l§at unb l^ier in bem (gnttt)iÄIungS= gange beS 93etDugtfeinS bie Dierte ^au))tftufe bi(bet. ^ud^ in ber $]§dnomenoIogie felbfi l^atte ^egel f^on )u n)ieber]^oIten malen auf biefen 99egriff beS ©eifieS als beS 3U erreid^enben 3i^ls l^ingetoiefen: auf biefeS ©etbftbetDugtfein, loetd^eS ©emeinbeiougtfein ift, auf biefeS 3d^, toeld&eS äBir, auf biefeS SBir, n>eId^eS 3d^ ifi, ober, tt)ie fid^ ^egel an ber gegento&rtigen ©teQe auSbrüdEt: „2)er ©eift ift baS fitt= lid^e ßeben eineS SSoüS, infofern er bie unmittelbare SBaJ^r« l^eit ijl; baS 3nbit)ibuum, baS eine SBelt ift".*

1 «gl. oben »u« I. dap. V. 6. 53 u. 54. JBu« II. ©ap. VI. 6. 278 bis 288. > S3gl. oben (S,ap. IX. 6. 354 u. 855. ^l^ftnomenologte« Sßerle. II. 6. 819. A. S)er toabre ©eip unb bie ©Ittlic^teit. ©. 320—348.

24*

372 3)er ®ei{l.

S)a8 ©cmcintoefcn aU SBoH totrb öon itotx ©efc^cn ober ®efe|e«* atten bel^crrfd^t, bic in feinem SBefen beßtiffen finb: t)on bem ©efeft ber gemeinfamen Sfbftantntung unb Don bem ber gemeinfomen Sebend- orbnung; j[eneS, in ber SButjel ber !Boll8gemeinf(i(iaft, alfo in ber Ziefc il&reS S)afein8 gelfgen, l^eifet «baS unterirbifd&e ®efe^", aud& .»bad göttliche", ba eS unabl^Angig t)on aller menfd^lid^en SBittfür l^errfc^t, un))orbenIIid^en UrfprungS unb untoiberfiel^Iid^er ©ettung; biefeö, bie befannten ©efe^e unb ©itten in fid& faffcnb, ijl bog menfc^- lid^e ©efe^, auS bem ©emeinbemu^tfein l^ert^orgegangen unb offen» funbig, wk boS ßx6)t beS Soges.

3)em unterirbifd^en unb götttidöen ©efefe cntfpri(i6t in ber SDoßS- gemeinbe bie gfamiUe, biefe cIementQrif(l6e ©runblage aller @ittüd&* lett unb aOeS ©emeinlebenS, l^ier l^errfd^t ber ©ötter ungefd^riebenes unb untrflglid^eS Siedet, t>on bem ed ^eigt: „nic^t etwa ie^t unb gefiern. fonbem immerbar lebt eö, unb feiner toeife, Don toannen c8 erfddien".* 3)em menfd&tid&en ©efe^ entfpridöt baS bürgerlid&e ßeben im Staat. 2)ie S^imitie Derl^&It fid^ inm Staat, mie bie Renaten }um allgemeinen ©eift.

€ine anbere ©eltung l^at baS Snbitibuum atS S^amiliengUeb, eine onbere als 93ürger. 3(te f^milienglieb, im 9leid&e ber Renaten, gilt es als biefer Sin^elne, fd^Ied^tl^in unerfe^Iid^e; als 93ürger, im Sleid^e beS öffentlii^en ©eifles, gilt eS nad^ feiner ^anblungSioeife unb feinem SSertl^, nad^ feinen 2)ienfien unb 93erbienften; ba ifi (in normalen 3ufiänben) leiner, ber nid^t ju erfe^en toäre. ffier gamilientoert^ beS 3nbioibuumS liegt in feiner ©eburt, in feiner ongeborenen 3ttbi0i= bualitdt, biefer unfagbaren unb unDergleid^baren (Sinjelnl^eit, bie ein- mal war unb nie wieber lommt; ber bürgerliche ober politif^e Sßert^ beS 3ttbiDibuum8 liegt in feiner ßeifiung, in feiner öffentlid^en ober allgemeinen 93ebeutung.

S>arum ifl audg bie (Srl^altung unb Pflege beS @in}elnen als fold&en bie ^flid^t ber Familie unb ber 5omilient)ietftt. S)iefe barf nidf)t bulben, bag ber Slngel^örige nad^ feiner äJoKenbung, b. % nad^ feinem Stöbe, ben »ilben 3;^ieren ober ben gerjiörenben Katurirftften l^ingettorfen unb |)reiSgegeben toirb, fonbern fte erfüllt an bem SBoff* enbeten bie le^te unb barum audg l^öd^fle il^rer $fli(^ten, inbem fte il^n beftattet unb bem mütterlid^en @c^oo^e ber Srbe Derm&l^lt. 2)a8

8. oben €. 870. ^^ftnomenologie. @. 814.

2)a« 9let4 bei eutltdftleit unb ber 9lc4t«aufianb. 873

SBer! ber entel^renben 3et{iöTung l^&It bie Or^^milte t)on bem SEobten ab, „fe^t bad irrige an bie Stelle unb DerntAl^U ben' SSerlDanbten bem Sd^ooge ber @rbe, ber elementartfd^en unDerg&ngUci^en 3nbit)tbuaUt&t; fte mad^t tl^n baburd^ gum ©enoffen etned (Semetnmefend, meld^ed t)telme^r bie Äröfte ber einjcinen ©toffe unb bie niebrigen ßebenbig^ leiten, bie gegen il^n frei »erben unb i^n jerflören »ottten, über= toÄlttgt unb gebunben l^filt."^

2. Tlann unb fjfrau, (SItcrn ttnb Hinbcr, ^tuber unb e^mejier.

3ebe8 ber beiben Oefe^e l&ot feine Unterfd^iebe unb ©tufen. 3)q8 obere ober bürgerlid^e ©emeintoefen, „baS an ber ©onne geltenbe", ber ©taat im Unterfd^iebe Don ber Of^milte, fagt fid^ in ein 3nbi- oibuum gufammen, toeld^ed ben l^Sd^fien äSStHen reprdfentirt unb au8= flbt. 3)iefe8 Snbioibuum ifi ber §errfd&er ober bie Slegterung. S)ie ]§od^fte $f[id^t ber ©taatSgetealt ift bie Srl^altung bed ©anjen auf Aoflen ber @inje(nen, bie @rl^altung ber ^errfc^aft beS ©emeiniool^IS Aber bie ©injelintcreffen; toenn aber biefe Unteren fid& ifoKren, ba« ©emeinteol^I überioud^ern unb ba9 ©anje gefAl^rben, fo ift bie $fl(id^t ber 3legterung, ton 3eit gu 3^it burd& friegerifdbe ©rf^ütterungen bie ©efunb^eit beS SSoIIS ju erneuern unb gu üerjüngen, bamit baS Seben beS ©an Jen nid^t ftagnire, fonbern in ^ni bleibe. „Um fie ntd^t in biefeS 3foIiren einmurjeln unb feftioerben, l^ierburc^ baS ©ange audeinauber- faOen unb ben ©eip Verfliegen ju kffen, l^at bie ^Regierung fie in il^rem 3nnern Don 3^it ju 3"t burdft Äriege ju erfd&üttern, il&re fid& jured&t« gemad^te Orbnung unb Siedet ber ©elbftftdnbigfeit baburdb gu Derte^en unb gu Dermirren, ben 3nbiDibuen aber, bie ftcb barin Dertiefenb Dom ©angen lodreigen unb bem unDerlegbaren Orürfid^fein unb ber ©id&erl^cit ber ^Perfon gufireben, in jener- auferlegten Arbeit il&ren ^errn, ben Stob, gu ffil^fen gu geben. 3)er ©cip wel&rt burcft biefe äluflofung ber Qform be8 93efiel&en8 baS SBerfinlen in bafi natürlid&e S>afein aniS bem fittlid^en ab unb erl^ebt unb erl^ölt baS ©elbft feines 33erou6tfein8 in bie gfrei^eit unb in feine Äraft/*

SBenn nun al9 Opfer beS .ßriegS ein Aömpfer fddt, bem a(3 einem Or^inbe be9 ©taatS ber ^errfc^er bie el^renDoOe 93eftattung Der- Weigert, bie t^amttienpietät aber unDergügUd^ geiodl^rt unb angeheilten

» ebcnbaf. 6. 820-327. - » (ibenbaf. 6. 328 u. 329. ©fli. oben SBu« II- eop. IV. ©.280.

374 2)er ®et{l.

Iftfet, fo crl^cbt fid& jtDifd&en bicfcn bciben ptttic^en Mftd^tcit, ber Sfamtite unb Um Staat, bcm unterirbtft^en, göttKd&cn unb bcm Bffentlid5en, mcttfcl&üd6en ®cfe^ ein J^eiUofer ©onfßct. j-

S)te Samiltcngemeinfd&aft unb ti^rc SoIKommenl^cit beftcl^t int)f«ta äJerl^&Itni^en, bie }u itnterfd^eiben unb abguflufen finb : bal^ äietl^dltniB ' iiDtf(6en Mann unb S^tau, baS iDed^felfettige SSerl^&Uni^ jmifd^en Sltern unb Atnbern, baS SSerl^dltnig ber ®efd^tt)tfier. ^n biefen SSet^Altniffett erfd^eint bie grau in tierfadjer ©eftalt: al8 Oottin, SWutter, Softer unb Sd^mefier. 3ebeiS biefer S^erl^dltniffe l^at feinen eigentl^flmUd&en Sl^araHer, t)on bem fein SBertl^ unb feine iBoD!ontmen]geit, feine ^öl^e unb Sfleinl^eit abl^Angt. 2)a8 SSerl^Sltnig 3n)ifd&en SDlann unb O^au befielt in ber gegenfcitiflen Slnerfennung ber ©leitfil^eit, eS ifi natura U$ unb sefd^Ied^tlid^ bebingt unb berul^t auf ber 93egierbe unb Sufi. 2)a8 SSerl^Altnig jmifd^en SItern unb jtinbern bei aller med^felfeiiigen t^milienpietät ift dgarafteriftrt burc^ bie Ungleid^l^eit ber ©eneration: bie Altern finb baS untergel^enbe, Derfdg^inbenbe, bie Ainber baS auf- gel^enbe neue SDlenfd^engefd^Ied^t, unb auf ben beft&nbig ftd^ forttoAljenben ®ef(^Ied^tern berulgt ber 99eftanb bed äioUd; bie SItern l^aben in ber aufflrebenben ©elbfiAnbigfeit ber Äinber i^ren Untergang, bie Äinber in bem 93erf(^n)inben ber SItern ben 9(ufgang il^rer @eIbpAnbigfeit Dor 9(ugen. Unter ber ^errfd^aft ber Or^milienpietAt, n)eld^e @ltem unb Äinber bereinigt, trennt beibe bie Ungleidö^cit ber ©eneration, fie Der* galten fid^, tt)ie SSergangenl^eit unb 3ufunft. 3n bem Serl^AItni^ ber ®efd^tt)ifier gleid^en ©efd^Ied^tS feimen eiferffld^tige Biegungen, bie ben ©runbton ber S^amilienpietAt (©efd^tt)iftetliebe) ftören. Slber eS giebt in Änfel^ung ber ©efti^toifier ein SJerl^Ältnift einjig in feiner Urt, mit leinem anbern Dergleid^bar, beftimmt burd^ bie 93erf(^iebenl^eit beS ©efd^Iec^td, bie ®(eid&]^eit ber ©eneration, bie reine, t)öl[ig begierbe^ lofe (Smpfinbung: bad SBerl^AItnig jloifdgen äSruber unb @d^n)efler. 9lid&t aU ©attin, nid^t aU SRutter, nic^t aU Xod^ter, mo^l aber ali @d^tt)efter erfd^eint bie Oftau in ber ganzen ^öl^e unb Steinl^eit il^teiS 93erufS gur ^eiligl^altung ber Renaten, gur Setoal^rung ber ^milien- fttt(id(|!eit, gur SrffiDung beS unterirbifd^en unb göttlid^en ©efe^eS, jenes ungef^riebenen unb unträgtid^en Sted^tS ber ©ötter, baS nic^t etloa ie^t unb geflem, fonbern immerbar lebt, unb feiner XDti%, Don loannen eS erfi^ien. Unb mie baS ä^erl^Altnig jioifc^en 93ruber unb ©d^mefier einjig ifi, fo gilt aud^ ber @d6tt)efter bal^ Seben beS 93ruber8 als ein unt)ergtei($Ud^eg ®ut unb fein £ob als ein unDergleit^tid^er,

2)afl [Ret4 htx €tttlt(^lett itnb btx Sle^tiaußanb, 875

burd^ ntd^ts 3U etfe^enbet ä^erlufl. 2)te Sltern ftnb bal^ unaufl^altfatn Detgel^enbe ©efd^Ied^t, nt(i(|t8 lonn fie bouemb erl^alten; Atnber lönnen erfe^t toerbett, benn fie ftnb baS unaufl^altforn ftd^ erneuenbe ®efd^Ied^t, aber bet 93ruber tft fflr bie @d&toefter unetfe^Kc^. „2)a8 urtt)eimtj($te SBetl^attmS finbet jtt)ifd&en »ruber unb ©Ätocfler ftatt. ©te ftnb baffelbe 99(ut, baS aber in tl^nen in feine Stulpe unb ©leid^geioid^t gefoinmen ifl. Sie begel^ren bal^er einanber ni(i(|t, nodd l^aben fie bieS Offirfidbfein einer bem anbem ititicn, noe^ empfangen, fonbern fie ftnb freie 3nbi))ibualitdten gegeneinanber. S)ad SEBeiblid^e l^at bal^er als Sc^ioefier bie I^Sd^fle Sll^nung beS fittUd^en SBefenS; gum fBtton^U fein unb ber ä8ir!U(i(|!eit beffelben lommt el^ nid^t, toeil baS ®efe^ ber Sfamilie bae anfidg feienbe innerlid^e SBefen \% bad nic^t am Xage bed SBemuBtfeinS liegt, fonbern innerlid^ed ©efül^t unb baS ber SirHid^feit entl^obene (göttliche bleibt. %n biefe Renaten ift baS SBeib^ Ii(i(ie gelnüpft." „Xtx SSerlu^ bed 93ruberS ift ber ©d^mefter unerfe|= li(^ unb il^re ^Pflid^t gegen tl6n bie ]^5d&fie."^

SBenn nun bie @taatSgemalt in ber $erfon beS ^errfdgerS biefen 93ruber, ber für fein t^amitienredgt im jtampfe gegen ben @toat ge- fallen ift, ben toiiben Zitieren }um {(rage ]^inU)irft unb um bie le^te @^re ftraft, fo toirb bie ©d^mefier, bie fidg al8 folc^e ffi^U unb il^rem äBefen entfprid^t, nid^t einen SlugenblidC }ögern unb il^re l^eilige ^flic^t erfflKen, inbem fie ben tobten 93ruber beftattet. @o ^anbelt bie Slntigone beS ©opl^oIIeS, au8 bereu Zl^at unb 6d(iulb bie Xragöbie l^eroorgel^t, U)eld&e ^egel ftets für bie größte unb tioU- !ommenfte aQer 5£ragöbien erfidrt l^at.

3. S)cr tragifi^e donftict, 2)ie €4ulb unb baS 64tdfal.>

2)ie beiben ®runbgefe^e ber fiitUc^en SBelt finb einanber toeber entgegengefe^t nodb fremb, fonbern l^Angen bergeftatt gufammen, bag baS menfd^Iid^e ®efe^ t)on bem göttlid^en, ba8 auf Srben geltenbe Don bem unterirbifdben, bad bemühte Don bem bemugtlofen audgel^t unb ebenfo bal^in gurüdfel^rt, Don tt)o ed ausging; fie l^aben an Of^^milie unb aSoK il^rc SBirfßd&feit, an Mann unb grau il&r natürli(fte8 ©etbfl unb i^re bet^ötigenbe 3nbiDibuaKtÄt. „S)a8 ftttlid&e gieid& ift auf biefe SQBeife in feinem Sefiel^en eine unbefledtte, burtft feinen 3»icfpQK

' d^benbaf. 6. 830 u. 381. * ,S)ie fittlt4e ^anblung, baS mtnWxt^t unb göttlid^e SSiffen, bie S^ulb unb bas e^idfol.« €. 335>848.

876 S)er ®ei{l.

Verunreinigte SBelt. Sbenfo ift feine SSemegung ein rul^igel^ SBirlen her einen 5Wü(^t beffetten jur onbern, fo ba§ jebc bie onbere felbft erhalt unb l^erDorbringt." S)te beiben ©efe^e ftnb in bem notfirlid^en ©elbfibcwufetfein beS SWanne« unb ber grau inbiöibnoKfirt unb l)er= fonificirt.

2)ie[e8 SetbftbetDugtfein ifl aU fittlid^eiS 93en)ugtfein bie einfädle reine 9lid^tung Quf bie fttilid^e SBefenl^eit ober bie ^flid^t. „Aeine SBiDtür unb ebenfo lein Aantpf, leine Unentfc^iebenl^eit ift in il^m, inbem baS ®eben unb baS prüfen ber ©efe^e aufgegeben toorben, fonbern bie fittUd^e Sefenl^eit ift il^m bae Unmittelbare, Un» tt)anlenbe, SBiberfprud^Slofe/' „S>a8 fittlici^e Setougtfein n^eig, toa9 ed 3U tigun l^at, unb ift entfc^ieben, e$ fei bem göttlidgen ober bem menfc^- lid^en ©cfe^e angugcl^örcn."^

2)iefe entfdgiebene, burd^ nid^ts gu beirrenbe unb abjulenfenbe SiKenSridgtung ifi ber 6^]^arafter; bie 3Jlaiit, Don ber ftdg ber @E)arofter getragen fül^It, unb meldte il^n treibt, ift baS $at]^oS. @o- ba(b fid^ bad $at]^o8 erl^ebt unb als S^l^at ]^er))ortritt, t)erl^AIt e8 fidb audfd^Iiegenb unb gegenf&^Iid^; nun erft toirb ber €^ara!ter ftd& feiner bemugt unb fär fid^, mas er im Steid^e ber @ittlid^feit, loo beibe 9)lö(^te frieblid^ bei einanber unb gleid^fam latent finb, an fid& tt>ar. ,,$ierburd^ erl^alten bie fittUd^en SDlöd^te bie 93ebeutung, einanber au8- juf fliegen unb entgegengefe^t gu fein; fie finb fo bem @elbftbe&)u^t- fein für ftd&, toie fie im Sleidbe ber ©ittlid&!eit nur an fidft finb."

3eber ber beiben €^ara!tere in feinem ]&o(!6gefDannten ^atl^od fielet nur auf feiner Seite bie ^flid^t unb bie Stot^toenbigleit, bagegen bie red^tlofe SBirHid&feit auf ber anbern. „3nbem eS" (baS fittlicftc ©elbftbetoufetfein) ^baS ?Red6t nur auf feiner ©eite, ba8 Unred&t aber auf ber anbern fiebt, fo erblidEt ton beiben baSienige, loelc^eS bem göttlid^en ©efe^e angel^ört, auf ber anbern Seite menfd^Iii^e jufdDige ©etoalttl^fitigfeit; baS aber bem menfd^Udgen ©efe^e juget^eift ift, auf ber anbern ben Sigenfinn unb ben Ungel^orf am beS innertidgen 0fürfi(!bfein9; benn bie SBefel^Ie ber 9legierung ftnb ber allgemeine am Xage liegenbe öffentlii^e Sinn; ber SBiQe beS anbern ©efe|eS aber ifl ber untcrirbifdbc, ins 3nnere öerfd&Ioffene ©inn, ber in feinem S)afein als SBiUe ber (Sigenl^eit erf(^eint unb im 9S)iberft)rud^ mit bem erften ber tJrcöel ifl."*

» Cbenbaf. ©. 332-334, 6. 836. - « (gbenbaf. 6. 837.

S)a« 9lei4 ber 6tttlt41ett unb bcr Sled^tSaufianb. 377

3n biefen SBotten l&at ^egel bic Stntiflonc unb ben Äreon öor kugelt. S)ie %f)at ift bie @(fiulb, benn fie ift bas offene ^eroustreten ber ®eftnnung in bie 9Bir!U(i^Ieit, h)oburd& bie unbetoegten S^Qd^te ber le^teien in SSelDegung unb Slufrul^r gebrod^t metben. ,,Un[d^uIbtg ifl bolzet nur bod IRidgttl^un, tt)ie baS @ein eines @teine8, ntd^t einmal eine« ÄinbeS." 3)ic ?frt il&rer Stfiulb ifl auf feiten ber beibcn ßj^arafterc nid&t biefelbe. S3on fetten be§ menfd&lidften ©efe^eS l^at ber ®etoaft= l^aber bie i^olgen feiner Zffat nid^t DorouSgefel^en, er l^at fid^ an bem gött(id^en ©efe^e Derfünbigt, unb e8 ifl feine Srinn^e, toeld^e bie Städte betreibt; benn feine ^nbitibuttlität, fein SBIut, lebt im ^aufe fort. 6r mug bie f^otgen feiner Z^t^at erleiben, um feine Sd^ulb gu erlennen: ^tocil toir leiben, anerfennen mir, bafe toir gefcl&lt". „3lber ba« fittlid^e 93en)ugtfein ift üoHjl&nbiger, feine @d^ulb reiner, n)enn e8 bad ®efe^ unb bie SJlad^t Dorl^er lennt, ber eS gegenüber tritt, fie für ©eioalt unb Unred&t, für eine fittliiiöe SufäDigfeit nimmt, unb toiffent^ lid6, tt)ie 3lntigone, ba« Söerbred^en begel^t."^

SQBie ou8 ber SE^at bie ©d&ulb, ebenfo notl^menbig folgt au« ber ©dftulb j baS ©dSTidtfal. Unter ben SWdddten bcr S3Bir!lic^fcit, beren JBetoegung unb Slufrul^r bie Stl^ot beS t)on feinem 3w)edEe leibeufd^aftlic^ ergriffenen (S^aralterS t)erurfod&t unb barum Derfd^ulbet, iji eine, bie ftd& toiber il|n erl^ebt unb il^n gu ©runbe rid&tet. 3n jebem t)on il^rem ^Jatl^o« . . leibenfd&aftlidb getriebenen unb erfüllten 5|iaJI)o8 liegt eine Serblenbung, (^Kdf^äM. y fie l^at bie SBirflid&feit in bem ©egenftanbe, ben fie betrifft, feft unb euer gif d^ im Stuge, eben baburdb DerbunMt fid^ ber S^aralter bie anberen SDtäd&te bcr 5ffiirKid6!eit, unb fo fc^afft er ficft felbp eine bunfle aJladöt, loeld&e Rd^ gegen il^n auft^ürmt. SDicfe bunlle, lid&tfd&eue aJlad&t ift baS ©d^idEfal.

S3on biefem gegenüber ber SBirflid^feit nadb ber einen ©eite leiben- fd^aftlid^ erleud&teten, nad& ber anbern eben baburdfe terbunfclten a3e= toufetfein fagt Regelt „68 entfiel&t l&ierburd) am aSemufetfein ber ©egen* fa$ beS ©emugten unb be$ ^lic^tgeiou^ten, roxt in ber ©ubftanj, beS 93eU)ugten unb 99eU)ugtlofen; balS abfolute Stecht bed ©elbft« bett)u6tfein8 lommt mit bem göttlid&en 9led6te beiJ SBefenS in ©treit". DebipttS fielet in bem Seteibiger, ben er erfd&lägt, nidfet ben aSater, in ber Äönigin, bie er jum SQBeibe nimmt, nid^t bie Mutter, er toeife, baft er fold&e ©d^idtfale ju fürd&tcn l^at, unb fflrd^tet

1 (iUnbal 6. 339 u. 340, 6. 341 u. 342.

378 S)er ®ei{}.

fie, er l^fttte jtc mit einiger SBefonnenl^eit Dermeiben Önnen, oficr eben biefe SSefonnenl^eit ))erträgt fid^ nic^t mit ber Srt feines S^arafterd unb feiner Seibenfd^aft. „2)em fittlid^en €eI6ftben)u^tfein ftellt auf biefe SBeife eine lid^tfd^eue 3IlQd)t naä), totliit erfl, loenn bie Zl^oi gefdgel^en, l^erüorbrid^t unb eiS bei il^r ergreift; benn bie ttMtai^tt Z\)at ift ber aufgel^obene ©egenfa^ be§ toiffenben @elbfl unb ber i^r gegenüberflel^enben SBirHid^Ieit/ Stief finnig unb treffenb fagt ^egel t)on bem tragifd^en ß^l^aralter: ,,inbem burd^ bie Sl^at aud^ baS 9li<%t' »ijfen fein SBerl iji, feftt er fid& in bie ©d&ulb, bie il^n Derjel^rt".^

3)08 ©d&idCfal ifl bunfel, ,toeil e8 ber ßl^arafter in ber Oetoalt feines $atl^od burd^ feine 5£]§at unb ©d^nlb ftcft felbfl Derl^aUt; e8 ift gerecht, meil eS bie beiben toiber einanber emt)5rten unb Io8» ftürmenben SWöcfite ber fittlid&en SBelt unterwirft unb öerfd&Iingt. „€r|l in ber gleid^en Unterwerfung beiber Seiten ifl baS abfolute 9ted^t t>oII- brad^t unb bie fittlid^e ©ubftan) als bie negative SRad^t, weld^e beibe Seiten Derfd^Iingt, aU baS oDmdd^tige unb geredete ©d^idfal auf- getreten."*

IL S)er gied6t83uftanb.^ 1. S)er Uebergong.

3n bem Sd^idfal, melc^eS bie beiben Snödbte ber fittlid^en äBelt, biefe Slncarnationen beS göttlid^en unb beS menfd^Iid^en ©efe^eS, Der- fd^Iungen unb bamit aud^ il^ren lebenbigen (Sinllang Dernid^tet l^at ifl boS 9teid^ ber @itt(id^!eit felbft au ©runbe gegangen unb lägt nid^tS übrig aU bie Stemente, bie au§ feiner ^uflöfung l^erDorge^en. aSir fennen ja ba$ SBefen beS fittlic^en ®eifte§: jenes 3d6, weld^eS SBir, jenes Sßir, meld^eS 2ld^, jenes 3nbit)ibuum, meldgeS eine SBelt ift.'^ 2)iefe Sßelt ijt untergegangen, eS bleibt nid^ts flbrig als baS 3d^; baS SBir ift aufgelöft unb I&gt nidgts gurüd als baS 3dg, baS leere, unerfüllte 3d6. Sie fittlid&e SBcU ift in baS ©elbfibetoufetfein surüdf« gegangen, auS bem fie l^ertjorgegangen mar. S)iefeS ©elbftbemufetfein ift baS Sd^idEfal, meld^eS fie Derfd^Iungen l^at.

S)as ©d&idfal l^at ftcb uns in brcifad^er SBebeutung bargeftettt unb erflärt: als baS bunlle ©(biäfaf, meldgeS man Serl^fingnig nennt, oIS baS geredete ober bie IKemeftS, gulefet als baS leere, beffen Slotl^«

> ebenbüf. S. 337 u. 838, ©. 341, 6. 343. « Cbenbaf. 6, 343, - » «benbaf. 6. 348-354. - * 6. oben 6. 354 flgb., 6. 373,

S)a9 9let4 ber Sttta^Iett unb ber 9le4tiau|ianb. 379

menbiglett „nid^tS anbete» tft ate baS 3(i^ beS @eI6fl6etx)u§tfein8".* 3)QbuTd^ ift bte ®e{lalt befttmmt, gu n)el(|er iDtr buT$ ben Untergang be« |tt«i<l|cn ©eifleö gefül^tt merben.

2. a)ie ?etfonen.

S)ad 9tetdg ber Sittlid^feit gerfe^t ftd^ in feine SItome. SEBenn baS 38 ir ntci^t mel^r gufammenl^&It, fo }erf))Iittert e8 in bie Sltome ber abfolut Dielen 3nbit)ibuen, beren iebed ein felbjl&nbigeS OrQ^fi^f^in ausmacht unb ntd^tis mittt ift als ein leeres @in8. S)er ftttlic^e ®eifl, ber in aDen Ie6enbige, ift tobt, „biefer geflorbene (Seift ift eine ®Ieid^» l^eit, toorin Sllle als 3ebe, als 5Perfonen gelten". 3)aS neue SeBenStlgenta ijl baS SOtein unb S)ein, ber 93efi^ unb baS Sigentl^um, b* f), ber allgemein aner!annte unb gültige SBefi^, ber bie 0led^tSgemein« fd^aft t)orauSfe^t, biefeS geiftlofe ®emeinmefen, bem bie abftracte @eI6ft&nbig!eit beS Singeinen (bie im StoiciSmuS gebadete O^reil^eit) gu ©runbe liegt. «9Bie oorl^in nur Renaten im SSoIISgeifie, fo gelten bie leb enb igen 93oIISgeifter burd^ i^re ^nbiüibualitöt je^t in einem allgemeinen ©emeintoefen gu ®runbe, beffeu einfad&e ?ingemein= l^eit geiftloS unb tobt, unb beffen ßebenbigleit baS eingelne 3nbi= Dibuum als @tngeIneS ift. 2)ie fittlic^e ®eftalt beS ®eiftes ifl t)ers fd&»unben, unb eS tritt eine anbere an il^re ©teße."*

3. 2)er $err ber as^eü.

SBie fid^ bie $erfonen gum diedgtsftaat, fo t)er]^alten unb Der» einigen fid^ bie 9}ol!sinbit)ibuen gum aSeltreid^. S)aS aSeltreid^ bebarf ber (Sinl^eit. SS giebt l^ier aber leine anbere Sinl^eit als baS Sltom, bieS Snbiöibuum, ben ?Punft, loorin jene Sei^ftteuung in bie abfolute 93iel|eit ber ))erfdnlid^en Sltome „in Sinen il^nen fremben unb ebenfo geifllofen ^unft gefammelt ifl". S)iefer Sammelpunit ifl burd& feine $erf5nlid&leit ben anbern ^erfonen fomol^l gleich als entgegengefe^t: gleid^, ba er ebenfalls eingelne aSirtlic^Ieit unb leere Singelnl^eit ifl; entgegengefe^t, benn er ^at jenen gegenüber bie SBebeutung aUeS 3n- l^altS, er ifl bie allgemeine ^ac^t unb abfolute SBirllic^Ieit. ,,2)iefer §err ber ÜBelt ift fld6 auf biefe SBeife bie abfolute, gugleidö aüeS S)afein in fid& befaffenbe 5Perfon, für beren SBetoufetfein fein l^öl^erer ®eift ejiflirt." 6r ifl iperfon, aber bie eingelne iperfon, toeld^e 311 len gegenübergetreten,

Cbenbaf. 6. 349. « €benbaf. 6. 347.

380 ^er (Beifi.

btcfe alle tnod&cn bic gettenbc Slllgemcinl&ett bcr ^ßcrfon aus, benn ba« ginjdne al8 foId&eS ifl toa^r nur olfi allgemeine SSiel^eit ber (Sinaelnl^eit t)on biefer abgetrennt tjl baS cinfame ©elbft in ber Sl^at ba« unmirlKd&e Iraftlofe ©clbft. Sugtei* ift e8 bag »etoufetfein beS ^nl^atts, ber jener ottgemeinen ?PerfönIid&feit gegenübergetreten ift. S)icfer ^nl^alf aber, t)on feiner negativen SOlad&t befreit, ifl ba8 S^aoS ber geijiigen aWäd^te, bic entfeffelt als elementarif^e SBefen in »über Sluöfd&meifung fi(i6 gegen einanber tott unb gerfiörenb bewegen; il&r Iraftlofe« ©etbfl= bemuBtfein ift bie mad^tlofe Umfd^liegung unb ber S3oben t^reS 2;umulte8. „©id^ fo als ber 3nbegriff attcr ttirUicfeen 3Hftd6te »iffenb, ift biefer ^err ber Sßelt bas ungel^eure Selbftbemugtfein, baS ftc^ ald ben mirlticben ©ott mi^; tnbem er aber nur baS formale @elbft ifl, baS fie nid^t gu bAnbigen ))ermag, ift feine S3etoegung unb @elbftgenug bic eben jo ungcl^cure SluSfd&toeifung."^

4. S)te SftQU im 8%e4t8su{ianbe.

3m Sleid^e ber ©ittlid^fett toar bie O^rau bie SBetoal^rerin beS unterirbifd^en, göttlidgen ©efe^eS, fte n)ar ber ®eniuS ber @itte unb gfamiticnpietöt, bie ber ?Pftege beS (Sinjclnen als biefeS 3nbit)ibuumS galt, tt)ie eS aus bem Sd&oo§e ber Familie l^eröorgebt unb nad6 feiner 5Bottenbung bem mütterlid^en ©ci&oofee bcr 6rbe Dermd^lt mirb. 9lun l^at fid& bcr ^crrfd^er im Siamen beS menfd&lid&en ©efe^eS burdft baS i'^t gugefügte gcmalttl^&tigc Unred^t an ber SBeiblid^Ieit feinen inneren fjfeinb erjcugt. «3)iefc bic etoige Sronic beS ©emeinioefenS tcrönbert burd^ bie ^ntrigue ben attgemeinen 3n)edE ber 9legicrung in einen ^riDatamed, t»crtoanbelt i^re attgemeinc Sll^&tiglcit in ein SBerl bicfcS beftimmten ^nbiDibuumS unb t)crfe]^rt baS attgemeinc Sigentl^um beS ©taateS 8U einem »efi^ unb 5ßu§ ber gfamilie/* „S)er tat)ferc 3flngting, an n)eld&em bic 33eiblid^Ieit il^re Suft l^at, baS unterbrfldEte ^rincip beS 9}erberbenS tritt an ben Za^ unb ift baS ©cltcnbe."

1 (Bbtnhaf. 6. 851 u. 852. - > (ibenbaf. @. 346 u. 347.

2)eT fi4 cntfiembete unb bei feinet felbß gekDtffe ®eift. 381

elftes (SQpitel. 9tr <Sf iß. 6. 9tr fii^ etttfrm)»ete nnft )»tr reiner ftlbß ]|mt|f( <Sfiß«

I. 3)ie SBelt beS fid^ entfrembeien ©eifted.^ 1. 2)ai 9lei4 ber SBUbung.

äStr orientiren uns gern Aber ben äBeg, ber Dor uns liegt, unb über baS 3tel, bem toir }uflreben. Unfer SBeg fül^rt Don bem Steige ber @ittKd&{ett unb beffen ^uflöfung in ben IRedgtSguftanb gur Tloxa^ litdt: t)on bem fittlid^en ®eift jum moralifd^en, ber lein Stei^ ift, leine SBelt t)on 3nbit)ibuen, $erfonen unb äSöIIern auSmad^t, fonbern (ebigs lid^ in ber abfoluten f^reil^eit unb Stiefe beS SelbfibemugtfeinS . lourjelt, toeSl^alb ^egel il^n als ben feiner felbft gemiffen (Seift fennjeid^net. S)iefe ©tufe mufe erlebt, erfal^ren unb flberiüunben »erben, um jur SSoQenbung, gum abfoluten ®eijt unb mit il^m }u ben IgSd^ften ^e* friebigungen ber 9teIigton unb beS äBiffenS gu gelangen, mit beren 2)arlegung bie $^dnomenoIogie il^ren fiauf befd^Iie^t. 2)ie a^oralität als ber feiner felbji geioiffe ®eifl fe^t einen SBeltgufianb DorauS, ben itoax ber ®et{t aus fid5 gebilbet l^at, mortn er aber fid^ leineSioegS ^eimifdg unb U)o]^I, fonbern fremb ffll^ft. S!)aS ift im Unterfd^iebe t)on bem 3uflanbe ber fd^önen Sittlid^feit unb ber innerlid^en 9D^oraIit&t ,,bie SBett beS fic^ entfrembeten ®eijteS'\ eine SBirKidgleit, mogu ber ®eijt fid^ boppelt )Dtxf)&ii: foiool^t il^ren SBertl^ unb Untoertl^ beurtl)eilenb unb fd^&^enb als aud^ il^r eine SBelt beS ®laubenS entgegenfteQenb, gu tteld^er fid6 baS reine, ber SBübung abgetoenbete SBetoufetfein erl^ebt, unb gegen »eld&e ber ®eift in ber ®efiatt ber 2luf!lärung fid6 rjj^tet.

Um ab^r fogleid^ ben neuen unb eigent^flmlid^en S^aralter biefer Silbung l^eröorgul&eben, beren 3flcid& fid& eröffnet, fo finbet fic& öon einer fold&en SBilbung nid&ts in ber Sd&önl&eit unb ßebensfüüe ber fitt= lid&en, in fid& gegUeberten SBelt, too ein ®eift, beioufet ober unbetoufet, aUt burd^bringt unb erfflDt; eS ^anbelt fid^ je^t um fold^e SilbungS- gufidnbe, toeld&e ber ®eift be»er!ftelligt unb macfit, gugleid^ erfennt unb abfd^&^t, beurtl^eilt unb berebet, baS SBefen biefer 3uftönbe nadg

1 Sbenbaf. I. S)ie äSelt beS ft4 entfrembeten ®etfteS. . @. 836 u. 837. a. »a)ie »ilbung unb t^t «eldj bei 2Btr!Ii«fett.- ©. 357-384.

S82 2)er ®eift.

ollen Stid^tungen ix9 in il^te SSerborgenl^eiten l^inein fd^arf unb grell ctleud&tcnb, fo bofe bicfc Slrt geiflreid&ct SBUbuna unb ©ci&IaflfcttigWt beS Urtl^etU in SBitHicfefcit bcn ^crm unb 2Weijicr nW blofe fpielt, fonbern bet §err unb SWeiper in SBal^tl&eit tfl. SDcgl^aft J^ot ^cgel biefe ©eflolt beS Setou§tfein8 in bet Ue6etf(|rift 6e}eid&net ote «bie »Übung unb il^r Äeid& bet aBirKi4Ieit\

2. StaatSma^t unb 9lei4t^um. S>a8 ebelmüt^ige unb bai niebevtr&^ttge

SBetougtfetn.

2)ie beiben Mädgte ber SEBirnidgleit, U)eld^e au8 bem äledgtdguflanbe, aus bem Sted^tsflaate unb bem SBeltreidge, quS bem Staat unb aud bem Siedet, aud ber ^errfdgaft unb aud bem S3efi^e ]^ert)orge]^en, finb bie ©taatsmad^t unb ber üleid^tl^um, bie fo t)iel Slnfe^en unb @^re getoinnen, ald baS 93en)u^tfein il^nen gufdgreibt, bie fo gut unb fo fd^Ied^t finb, aU baS S3etougtfein finbet, bälget biefeS in bie beiben Sitten bet Seuttl^eilung obet SSertl^ung auSeinanbetgel^t: nämlidg baS anetlennenbe unb bag megioetfenbe, ba$ gleid^finbenbe unb baS ungleid^» finbenbe Seioufetfein.

3)aS Sewufetfein fielet jiDifd^cn Beiben unb ffll^It fid6 frei; e8 fann jmifd^en beiben n)&|Ien, aud^ leined t)on beiben. Ob bie €ad^e gut obet fd^Ied^t ift, l^&ngt gan] boDon ab, loie ba9 SelbPetou^tfein ftd^ baju t)et]^&tt unb ben ©egenflanb anfielet: e8 finbet in bet ©taats* madbt ben ©tunb unb bie ßueKe bet Untetbtüdtung unb finbet fic batum fd^Ied^t; e8 et!ennt im üleidgtl^um ben allgemeinen SBol^Itl^Atet, ben taufenb^Snbigen ®ebet, unb finbet i^n batum gut. €8 fie^t in bet €taatSmad^t ben @tunb unb bie Ouelle allet ©efe^Iidgleit unb beftel^enben Otbnung unb finbet fie batum gut, im üleid^t^um bagegen ni^tS aU eitlen, t)etganglid^en, t)et&d()tlid&en S3e{i^ unb finbet il^n batum fdgled^t.

@o loerben ®ut unb Sd^Ied^t 93egriffe t)on gang entgegengefe^tem Snl^alt, $röbifate, bereu iebeS entgegengefe^te ©ubjecte l^at, ie nad^bem baS SBetoufetfein bie Sad^e nimmt unb beurtl^eilt. S)al&er ift ber eigent* Itc^e ®runb unb @i^ beS ©uten unb €dgled&ten ba8 SSetou^tfein felbfl in feinen entgegengefc^ten Sejiel^iungen ju jenen beiben realen SBefem Reiten. 3)a8 SciouBtfein iji gut ober fd^led&t: ba8 anerfennenbe, toeld&e« bie realen 3RAc{|te ber Sßelt fid^ gleidg finbet, ift baiS gute SSemu^tfein; bad megtoerfenbe, metd^eS bie realen äR&d^te ber 3BeIt fid^ ungleid^ finbet, ift baS fd^led^te 93etouBtfein. 3ene8 Derl^filt fidg ber ©taatdmad^t

2)ex fl4 cntfrembete unb ber feiner felbft getoiffc @etfl. 383

gegenüber gel^orfatn, bienenb, oufopferungSlDillig unb bem Stetd^t^ume gegenüber fflr bie eni))fQngenen SBol^It^aten ban!bar: eS ifl baS ebel= mfit^ige äSetou^tfein; biefeS bagegen, baS f^Ied^te 93en)ugtfein, fül^It bie ©taatömadgt nur al8 O^effel unb Unterbrüdung, ed bient n)tber= iDiHig/ eis ifl l^etmtüdUd^ gel^orfam unb immer auf bem ©prunge 3um Slufrul^r, es nimmt bie SSol^Itl^aten beS Stetc^tl^umS o($ toerg&nglid^e unb üerid^tltc^e ©enüffe, eS entttertl^et ftd^ bie realen MAd^te ber SBelt unb ift f0ritt)dl^renb beftrebt, fie l^erunter- unb l^erabjufe^en; e$ mad^t oHeS niebertrdc^tig unb ift felbft nieberirfidgtig, barum nennt e8 ^egel ba§ niebertr&d^tige 99eiDuBtfein.

S)a$ ebelmütl^ige SSemu^tfein l^at leinen anberen Sto^ä cil8 bie Eingebung an bie @taatdmadgt in aufo))ferungdt)oIIer ®efinnung, bie €taatiSmad6t foK erl^öl^t, perfonificirt, jum abfoluten {»errfd^er ge» jtetgert, aU irbifdge ©ottl^eit t>^xif)xt merben; baS @elbfibemu^tfein unb gfflrfidöfein, beffen fid& i^r gegenüber baS eble SBetoufetfein burd& feine freimiDige unb entl^uftafiifd&e Untermcrfung entöuftert, toirb ber ©taatSmadöt glcidfefam eingeflößt, fie ttirb baburd& belebt, befeelt, Der» göttert. ^tm Sntdußerung unb biefe SSergötterung l^dngen genau jufammen unb öerl^alten fid^i, mie bie Sebingung gum Sebingien, »ic bie ©runblage jum ©ebAube, mie bad $ofiament jur 93ilbföu(e. SBo Slufopferung ifi, ba ifl ^eroiömuS. 3ene ©elbftentöufeerung, bie ben (S^aroher ber freiwilligen unb entl^ufiatifdgen Unterorbnung, b. 1^. ber 3luf Opferung beä eigenen ©elbfteS l^at, beftel^t in bem „^eroiSmuö beS ©ienfteS"; aber ber 2)ienft ifi ftumm unb ftolg, er Dermag nid^t bie ganje ^errlid&!eit, bie im ^errfd^cr angefd^aut »erben foö, bie Sebeutung beffclben in il^rer Slttgcmeinl^eit unb SnbiöibuaKtät (5per= fönlii^Ieit) ol^ne allen SSorbel^alt unb SflfldEl^alt auSgubrüden. S)aS t>tt= mog nur bie @prad^e. ^ter l^at ^egel iDo^I gum erften male in ber SQSelt jtoei ^Begriffe combinirt, bie fonfi ben dufeerfien ©egenfa^ ju bilben pflegen, er l^at biefe beiben SBegriffe in einen SluSbrudE gufammem gefoSt »eld&er, rid&tig Derftanben, einen ganjen Suftanb bc8 »eioufet* fcin§ treffenb lennjeid&net : ber Heroismus be§ ©ienjieS DoDenbet fld6 im „C^croiSmuS ber ©d^meid^elei". 3d6 laffe i^n felbfl reben. „6§ ttirb l^ierburcö ber ®eift biefer 3Jlad&t ein unumfc&ränüer aWonardö ju fein unumfd&rdnft, bie ©prad^e ber ©d^meid^elei erl^ebt bie Sölad^t in il&re gelduterte 9lUgemcinöeit." „SSeftinimter erl^ebt fie bie ßingelnl&eit; bie fonfl nur ein ©emeintcS ift, baburcft in il^re bafcienbe Jfteinl&eit, ba§ fie bem SWonard^en ben eigenen Flamen

384 S)eT ®eifl.

gtebt, benn ed ift oDein ber 3lamt, mottn ber Unterfd^ieb bt^ ginjctncn x>on aUtn Slnbern nid^t gemeint, fonbern t)on aüen xoitU lid^ gemad^t mtrb; in bem Atomen gilt ber Sinjelne als rein (Sinjelner nid&t mel^r nur in feinem SBeiou^tfein, fonbern im Setoufetfein flffcr. 2)ur(l^ il^n alfo toirb ber aHonard^ fd^Ied^t^in Don Wim abgefonbert, ausgenommen unb einfam; in i(|m ifl er bad %tom, bog Don feinem SBefen nid^ts mittl^eilen lonn unb nid^t feines ©leidgen l^at/ „(&x, biefer ©injelne, »eiß umgelel^rt baburdft fid& biefen ©injelnen als bie oDgemeine SRad^t, ba^ bie @beln nid^t nur aU 3um 2)ienfi ber Staatsmacht bereit, fonbern als 3ierrat]&en fid& um ben SEI&ron fteDen, unb ba§ fie bem, ber barauf fi^t, eS immer fagen, maS er ift/ „a)ie ©prad&e i^reS ?JreifeS ifl auf biefe SBeife ber ®eift, ber in ber Staatsmacht felbft bie beiben @£treme gufammenfd^liegt; fie reficctirt bie abjtracte 3Wad&t in ftd6 unb giebt il^r baS SDloment beS anbern SjctremeS, baS moHenbe unb entfd^eibenbe t^flrfidbfein unb l^terburd^ felbftbemuBte Stiften}; ober baburd^ lommt bieS etngelne mirllid^e ©elbftbemugtfein baju, ftd^ als bie äJladgt gett)i§ )u »iffen. ©ie ift ber ?Punft beS ©elbfi, in bem burcft bie gntäufeerung ber inneren ©emiftl^eit bie oielen ?Punfte gufammengeftoffen finb."^

3)er SuItuS ber monard^ifd^en StaatSmad^t unb ber monard^ifd^en ®eftnnung, loorauS baS ©elbftbemu^ifein beS äJlonard^en l^erDorge^t ober in tteld^em ber 9Konarcft erft jum SBetoufetfein feiner felbfl fommt, lann nidgt tiefer erfaßt unb gefd^ilbert loerben, atS in ben angefül^rten SBorten gefd^el^en ifl. 3)iefer SOlonardö, in ben burdö il&re ©elbPent« iufeerung „bie oielen ?Punfte jufammengefloffen finb*, fagt mit öollem Siedete t)on fid&: «ber Staat bin id&"; il^n greift unb vergöttert bas aOBort: «le roi soleil». ^egel l^at ben Flamen ßubtoigS XIV. nid&t genannt, aber er l^at bie Stufe unb ben S^^aralter beS SSemugtfeinS gefd^ilbert, b. 1^. entmidelt, auf baS fi(!^ bie teud^tenbe unb aDeS Aber- ftral^Ienbe ^errlid^Ieit biefeS AönigS gegrfinbet ^at.

S)ag ^egel ben 9{amen beS SonnenlönigS nid^t nennt, gefd^ic^t gefliffentlidö unb ift rid&tig, benn bie ©eftalten beS S9ett)u§tfeinS, toeld^e bie ^l^önomenologie entmidfelt, finb nicftt an l^iflorifd&c Seitpunfte ge« bunben. S)arum toar eS aud^ nid^t bie Slbfic^t beS $]^i(ofo))l^en, fie ju l^ifioripren; eS ift eine falfd&e, obwol^t oft gel^örte 9lnfid&t, nac6 meldger'bie ^l^dnomenologie unter anbern ülollen auc^ bie einer ^l^Uo^

» Cbenbaf. 6. 372-374.

^er ftd^ entfiembete unb bei feiner felbfl getoiffe ®etji. 385

fo))]^te ber ®efd^idgte f))ielen foD. €d giebt mel^r Stoibr, b. 1^. jloifci^ed aSemultfein in ber 3nenj(i6^ett, als im xSmtfdgen fiaifetrei^ unb ntel^r ro^attflifd^e ©eftnnung aU in O^rantreid^ }ur 3^it Sub- migS XIV. Sto^aKfüfd^e @eftnnung ober monar^tfci^ geftnnteS fßt- n)u6tfetn, »o fte auci^ ftnb, 06 in äierfaiHeS ober in !Potdbam, beßelit im ^erotj^muS be8 2)ienjled unb im Heroismus ber @(|mei(i&elei. 2)qS ift eS, tt)Q8 bie ^l^önomenologie in ben angeffil^rten Stellen befogt: baS @elbfibemugtfein beS SOtonard^en grflnbet ftd^ auf baS monarc^ifdge Setoufetfein ber Untertl^anen.

3. 2)a8 ieiretgenbe unb aerriffene SBekDufttfein. (9lameQU*i 9leffe.)

3nbe{fen ifl bie ®runblage ber ganaen monard^ifc^n ^errlid^teit nid^t ))on ©ranit; fie befielet in bem @eifl be8 3)ienQe8 unb ber ä^erel^rung, ber nid^t fefl unb fiill fielet, fonbern feines 3uflanbe8 tnne loirb, ju {1(6 !ommt, jum O^ürfid^fein gelangt unb nun bie ungel^eure Aluft unb Ungleidgl^eit ertennt amifdben bem ^errfdger unb bem Unter= tl^an. Sßte fidg biefe Ungleichheit im 93en)ugifetn erleud^tet, fo ift bie unDermeiblid^e O^olge, ba% an bie Stelle bed gleid^finbenben 99etDuBt' fein8 bod ungleid^finbenbe tritt, meld^eS fid^ toiber feine Ungleid^l^eit ^etmlid^ em))ört; ba^ 2)ienft unb @d^meid^elei ftd^ auf ben ^interl^alt ber Sntereffen ftü^en unb aufl^ören l^eroifd^ gu fein, ber 2)ienfl totrb interefftrt, b. % egoiftifdö, bie ©d^meid^elei, wenn fie fortbQUcrt, toirb gur 3RaHt, fie geftaltet fidb gur ^eud^elei unb Sr^^Ifd^l^eit, momit baS ebelmfltl^ige SSetougtfein feinen (Si^axaHn aufgegeben unb fi(6 auf bie S3afig feines ©egentl^eilS gefleüt l^at. „& erl^eUt, bag bamit feine S3e{ttmmt]^eit, bie eS im Urtl^eile gegen bas l^atte, loeld^eS nieber» träd^tigeS 99etougtfein l^ie^, unb l^ierburd^ audE) biefed t)erfd^n)unben ift. ®q8 le^tere l^ot feinen StoedC erreid&t, ndmlid^ bie aEgemeine SKoddt unter ba« Qfürfid&fein gu bringen." „3nbem alfo bas SSerl^ältnife biefeS Scttufetfein« mit biefer abfoluten S^rriffenl^eit terfnüi)ft ift, fdHt in feinem ©eifte ber Unterfcfeieb beffelben, als ebelmfitl^igeS gegen baS nicbertrftd&tige befiimmt gu fein, l^inioeg, unb beibe pnb baffelbe."^

2)ie Ungleid^l^eit gtoifd^en bem SBeltguftonbe mit feiner gefeUigen 93ilbung unb bem 93ett)ugifein ift aufd l^Sd^fte geftiegen unb tann nic^t mel^r größer fein, aU fie ift, als fie gebadet, beurtl^eilt unb auSgef))rod6en toirb; jebeS ä3anb, loelc^es bie aBirfiid^Ieit mit b^m S3elougtfein ))er=

» ebenbaf. 6. 375, 6. 377.

afif*eT, ©ef4 b. «Pöilof. VIII. 9*. «. 25

886 2)er (&tift.

fniU)ft, alles ©leid^e unb aDeS SSeftel^en totrb setriffen, unb ba aud& biefeS SeiDugtfein 3ur SBirfitd^Ieit gel^Srt, fo gel^t ber fftx^ mitten butdb baSfelbe l^tttburdg; ballet ntitg eS aU baS jerreiBenbe unb jerriffene Semugtfein bejeic^nel n>erben: eine (Beftalt beS äBiffenS, auf bie toir l^tngetotefen l^aben, als t)on bem ungladfltci^en SeiDU^tfein bie 9tebe »ar, unb bie unS je^t ))or Stugen fielet. ^

2)er 9teid^i]^um erfdgeint nid^t mel^r ate ber taufenbl^finbige SEBol^I- tl^Ater unb @eber, ber 2)anl Derbtent unb erntet, fonbem er tfl ber l^od^ m&tl^ige Sd^melger, ber burd^ eine SRal^ljeit fid^ ein frembeS ^ unb beffen innerfte Untertoerfung ertoirbt ober gu ertoerben glaubt; aber er tdufd^t ftd^: bem Uebermutl^e bed 9teid^en entfpridgt auf ber^anbexn Seite bie 6m))örung beS Klienten, ber bem Sleid^en gegenüber gmar bie St^tadge ber fd^led^ten unb uneblen @(6meid&elei rebet, aber fid^ ber eigenen SSertoorfenl^eit t»6Dig betDugt x% bod^ fid^ mit ber SRal^Iiett, mit bem Soufe ber SBelt unb feiner SSerad^tung bed Steid^en fo toeit tröflet, bo§ er bie eigene SBertoorfen^eit toieber öerioirft. S)ie (Siteßeit, @d^Ied^tig!eit unb 93ern)orfen]^eit ifl fo allgemein unb l^enfc^enb, ba^ aud^ ber ©d^maro^er mitten in feiner Selbfloerad^tung fid^ mol^t ffll^It unb bie 9Btr!Iidg{eit ftd& gleid^ finbet ,,S)ie8 SelbftbemuBtfnn, bem bie feine SJertoorfenl^eit öertoerfenbe Empörung gufömmt, ifi un^ mittelbar bie abfolute ©id&felbfigleid&l&eit in ber abfoluten Serriffenl^eit, bie reine 5BermittIung beg reinen ©elbflbetoufetfeinö mit fid& felbfl."* „fSüa^ in biefer Sßelt erfal^ren mxh, ift, bag loeber bie n)irllid&en SBefen ber 9)lad^t unb beS dleid^tl^umd unb il^re befiimmten 93egriffe, ®ut unb €d&led^t ober ba$ SBemugtfein beS ®uten unb @d^Ied^ten, bad ebelmfitl^ige unb niebertrAd^tige 93en)u§tfein, Sffial^rl^eit l^aben, fonbem aQe biefe äRomente oerlel^ren fid^ Dielmel^r eines ins anbere, unb |ebe8 ifl ba« ©egentl^eU feiner felbfi."*

aber nid^t biefe SBeltjupönbe »oDer ßug unb Xrug, toorin ber Uebermut^ in ber 3JtaSh ber ©ro^mutl^ unb Sol^Itl^at, ber Unbanf, bie 93era(btung unb (£mt)örung in ber SRaSle ber 2)an!barleit unb @d^metd&elei il^re 9toDen fpielen unb fi(b )oed^feIfeitig an^eud^eln, ifl bie @ad^e, auf bie eS antommt, fonbem baS Setou^tfein, baS biefe SßeltmaSlerabe erlennt unb burdgfd^aut, mit ©eift erleud^tet unb be^ urtl^eilt, biefe geiflreid&e ©pradbc ber 3erriffen]^eit, gleid^fam bie SRuftf ju biefem (SarneMl ber SBett unb ©efeQfdgaft, ijt in ber 6:^ara!teri{ttE

' @. oben 93u4 IL Sap. VIL 6. 332 u. 333. - > ^egel. aOBerle. II. 6. 379 u. 380.

2)cr ftd^ entfrembete unb bei feiner felbfi gemilfe ®ei{i. 887

btefer (Seftalt beS »elDugtfeütS boS eigentlid&e unb SBefentltc^, baS ift ber tDO^re ®eift, t)on bem ^egel fagt: „Stin S)afein ift bod oiKsejnetne @))xe4en unb getreigenbe Urtl^eilen, »eld^em oDe jene STtomente, bie als Sßefen unb )DtrIIi(i^e ©lieber be8 ®anaen gellen foDen, ftc^ aufI5fen, unb mlä^ti ebenfo Med ouftöfenbe €)>tel ntit fid^ felb^ ifl. S)te8 Urtl^etlen unb Spred^en ift ballet bog SSBal^te unb Unbejming» bore, mAl^renb ed oDed flberiDAftigt, badjenige, um n>eId&eiS ed in biefer realen Sßelt allein toal^r^aft au tl^un ifl. 3eber zitil btefer Seit iommt barin bagu, ba^ fein (Seift audgef))ro4en, ober ba| mit (Seift iwn il^m gefljrodöen unb gefagt toirb, n)Od er ift/ „S)er 3nl&alt ber Stebe beS (Seifted Don unb über fidg felbjt ift alfo bie Serlel^tung aller 93egrtffe unb Stealitdten, ber allgemeine Setrug feiner felbft unb ber anbeten, unb bie @(6amlofigIeit, biefen Setrug au fagen, ift tbtn barum bie grS^te äSa^rl^eit. S)iefe 9tebe ift bie SSerrücftl^eit bed 3)lufi{erd, «ber brei^ig Slrien, italienifdge, frana5ftf$e, tragifd^e, lomifc^e Don aller 9[rt (Sl^oralter I^Aufte unb Dermtfd^te; balb mit einem tiefen Saffe flieg er bid in bie ^öQe, bann jog er bie jtel^te aufammen, unb mit einem (ififtelton a^^^i^ et bie ^ol^e ber ßüfte, med^feltoeife rafenb, be« fdnftigt, gebieterif<$ unb fl)öttif(!ö»/ „S)em ruhigen Setoufetfein, ba« el^rUd^ertoeife bie SJtelobie be8 (Suten unb SBa^ren in bie ©leid^l^eit ber Jone, b. f). in (Sine SWote fe§t, erfd&eint biefe 0tcbe aU «eine Ofafelei Don äSa^rl^eit unb S^oD^ett, als ein ®emtfd& Don ebenfoDiel ©efd^td als Sttebrigleit, Don ebenfo rid^tigen ate falfdgen 3been unb Don einer fo DöDigen 9}er{el^rtl^eit ber Smpftnbung, fo DoDflommener 6(i^änblidg!eit, als g&naUdger Offenl^eit unb SSal^rl^eit»." ^

S)er Derrfldie SRufilud ift „9^ameau^8 S^effe", ba8 rul^tge unb el^rlid^e 93en)U§tfein ift 2)iberot, ber unter bem £itel „Slameau'd 9}effe'' ein,(Sef))rA(i^ ^interlaffen, loelc^eS (Soetl^e aU ein l^ödgjt geniales SBerl gefd^&^t, in bie beutfc^e Sitteratur eingeffll^rt unb als ein DoDft&nbigee^ unb treffenbeS (Sem&Ibe ber ganaen menfd^Udgen (SefeQfd^aft beaeid^net l^at. 2)iberot l^at fein (Sefpr&d^ tool^I nidgt Dor bem 3a^re 1765 ntebergefd^rieben, menn fc^on in ber erften SIbfaffung Don ber burd^ SSottaire betoirften geric^tüdgen @r!lörung ber Unfd^ulb beS l^ingerid^ieten 3. galas bie Siebe mar. ©oetl^e, bem ©dritter eine Slbfdbrift beS nad&= gelaffenen JffierleS mitgetl&eitt, l^at baffelbe im Sanuar 1805 flberfe^t; in biefer @efta(t ift baS biberotfdge Ser! nod^ in bemfelben ^al^re er«

Sbenbaf. @. 380 u. 381.

25*

888 3)eT Oeifl.

fd^ienen unb l^at auf $egel offenbar ben tiefge^enben SinbrudE getnacibt» bog in bemfelben ber 3uftanb bed ftttltd^en äierberbenS, mie er in bei franjöfifd^en, insbefonbere partfer ©efeUfd^aft unter Qubmig XV. ge- ^errfd^t unb in ber fron}5ftfd^en Sieoolution ein Snbe mit Sd^redEen genommen l^at, unflbertre^id^ gefd^ilbert fei. S)a8 9Ber{ lam i^m tote gerufen; ed mar eine l^od^fl intereffante parallele gu ben ®eflalten bti SetDugtfeinS, bie er als „bte äBelt beS ft(( entfrembeten Seifted", als «bie SBilbung unb il^r 0letd^ ber SBirHidgleit" in ber ^l^änomenologie barjuflcQen bie Aufgabe l^atte. 2>a]^er bie 9tei]^e oon Slnf|)ielungen unb ^nfül^rungen, bie ftd^ auf baS goetl^e-biberotfd^e SBert bejiel^en.^

S)ie ^^ilofop^ie, bie in bem ©efprftc^e l^errfd^t, ifi bie bed ^el^ t)etiud unb beS äJtaterialiSmud; bie 93egriffe beS ®uten unb Söfen, ber "SRoiai unb O^i^eil^eit finb Unioefen, bie Sntn^idtung bed Sltenfdb^n ifi beterminirt burd& bie 35ererbung: «manes suos quisque patimur». 2>ie Sr}ie]^ung Ireugt bie 93ererbung unb ))er]^ungt ben SOtenfd^en, fie madgt ^rten, aber !eine 3nbtt)ibualitAten. ^3ft er beftimmt, ein red^t- lid^er SKann gu »erben", fagt 9lameau'8 SReffe Don feinem ©ol^n, ^fo mfirbe id^ nit^t fd^aben; aber mollte bie Srbfafer, bag er ein Stauge» nid^ts iDürbe, tt)ie fein Spater, fo loftre bie fdmmtUd^e 3Mf)e, i^n gu einem el^rlid^en 3Ranne gu mad^en, il^m fe|r fd^äbHdg. 3nbem bie dt^ giel^ung immer ben ^ang ber Srbfafer burd^Ireugt, fo mflrbe er, lote burd^ gtt)ei entgegengefe^te ^&fte gegogen, ben SBeg beS Sebend nur f(6tt)anlenb gelten, teie man beren fo Diele fielet, bie fid^ gleidb linlifcb im ®uten mie im S3öfen benel^men. 2)ad l^ei^en mir @8))eced; ooti aQen @))i^namen ift bieg ber fürc^terlid^fte, %enn er begeid^net bie 3JlitteIm&BigIeit unb brüdft bie l^öc^^e @tufe ber IBerad^tung au8. @in groger 2:augeni(6t8 ifi ein groger Saugenid^tS, aber er ift leine espece."

2)tefer fel^r d^ratteriftifd^e SuSfprudg ift baS erfte 9ßort, meld^8 ^egel au3 bem biberotfd^en 2>iaIoge angeffll^rt l^at^: e8 enthält bie gange Sntmert^ung beS Sdlgemeinen, alfo auc^ beS Salären unb ®uten,

> (Ebenbaf. 6.356-385. ^gl. Goethe: .SHamcatt'S 9lc1fe. dxn S)taIog Don ^iberot. ttiti bem !Dlanufcript fibctfe^t.' 6&mtn(I. Betfe in 30 »ftnben ©ollQ 1851). ob. XXIII. 6.211, 212, 217, 218. - <S>\t genannten 6tflcfe ber $tänomenoIoQie finb mo^I im ^erbfi 1805 üerfagt toorben, ein ^a^r Dor ber B^la^t bei 3ena, in toeld^em Seitpuntte ba8 SBer! befanntlicb fein Cnbe erreiilbt f^at. »gl. oben »u4 1. (lap. VI. 6. 68-70. > Sbenbaf. 6. 388. «oetl^el aOBerfe. XXIII. S. 217flgb.

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2)CT ft4 eittfrembcte unb bei feiner felbfl gekDtffe ®eifl. 889

boS 93etfpie( einer guten ^anblung, bU bet Srjä^Iet ertDfil^nt, toirb als etoaS abfolut 9)eretn3elte8 angefel^en unb nur als Slnelboie ge« tüürbtgt. S^tgt balS einfädle 99eU)ugtfetn, bog baS SSortrefflid^e lein leerer fflamt, fonbern Dor^anben ift, „fo fielet bie allgemeine 9Bir!lidgfeit befi t)er{e^rten S^l^unS ber gangen realen SSelt entgegen, n)orin jenes Seifpiel alfo nur ettoaS gang äJereingelteS, eine S8))ece aus- niad^t, unb baS Dafein beS ®uten unb @beln als eine eingelne Stnelbote, fte fei fingirt ober toal^r, bar^eDen, ip baS Sitterfle, toaS oon il^m gefagt merben lann". S)iefeS gerreigenbe unb gerriffene 93en)U^tfein ift xod^jii im @tanbe, baS SubjtantieUe gu beurtl^eilen, aber eS l^at bie Sföl^igfeit Derloren, eS gu faffen.^

(\ ! 4. 2)a< glaubenbe ©etoujtfein.« .. mm;

3nbeffen befielet im (Segenfa^e gu bem gerriffenen SBetoufetfcin unb ber il^m gemäßen SBirflid^feit nodg ,,baS reine SBeiou^tfein", melc^eS in ber Or^rm ber religiöfen ©emigl^eit ben ®lau6en an baS SSal^re unb ®ute beioal^rt unb beffen SrfflDung unb SSoUenbung in einer SBelt beS ®tau6enS erblidt, bie eS ber »irfUdgen SBelt entgegenfteQt. 2>ie SJldc^te ber (enteren ftnb @taatSmad^t unb 9%eid&tl^um unb ber ©eift beS 2)tenfieS unb beS $reifeS als uneble unb falfc^e ©((meid^elei im 3Jlunbe ber C^^fünge unb ber @d&maro^er. 3n ber äSelt beS ©laubrnS l^errfci^t ®ott, bie malere unb abfolute äJlad^t, bie gur €r= löfung ber äfteufd^^eit fid^ felbfl Eingegeben unb aufgeopfert l^at: baS ift ber abfolute unb loal^re 9teid^tl^um, bie »al^re unb abfolute ®fite; in ber t)om gSttlid^en ®eift burd^brungenen, Don Slnbad^t unb 2)anl erfüllten ®emeine, in biefem teal^ren ®eift beS 2)ienfteS unb ^reifes, ifl baS abfolute SBefen gu fi(6 gurfidgelel^rt unb DoDenbet. 3toif<l6en biefer SSelt beS ®IaubenS unb ber n^irüidben äBelt ber 93ilbung befte^t eine geioiffe Sufammengel^örigfeit. 2)ie Sn&c^te jener Derl^alten fi(E gu ben SRöd^ten biefer, »ie bie äBal^r^eit gur Süge, loie baS ^ibeal gur jtaritatur, n)ie bie f^ülle beS göttlid^en breieinigen SebenS gur eitlen, leeren unb gerriffenen 93ilbung beS menfd^lid^en.

2)ie l^ier befinblic^en Erörterungen über baS reine 93en)ugtfein, »eld^eS ben ®lauben unb bie reine Sinfid^t in fid^ fc^Iiegt, gel^ören gu ben bunlelften 93lättern ber $l^önomenologie unb erl^alten i|r Sid^t

S{^

' ^egeU aOßerfe. II. @. 383 u. 384. > (Sbenbaf. 2)er (glaube unb bie reine (Einfi4t. @. 885-398.

390 S)et ®etfl.

QuS bem eben gebadeten SSetl^dltntg foiDol^I ber Stitgegenfe^ung q(8 ber 3ufammenge]^öttglett unb ^oraKele gtoifd^en ber SBelt bed ®Iauben3 unb ber SBcIt ber Silbung. 3)er ^l^tlofot)^ tebc felbp: „®te ©ette be§ 9ln« unb g^ürfid^feinS im glaubenben 93en)u§tfein tft fein abfoluter ©egenftonb, beifen ^nl^alt unb 93eftimntung fid^ ergeben l^ot. S)enn er ift nad^ bem ^Begriffe bed ©laubenS nic^lS anbereS als bie in bie ^IKgemetnl^eit beS reinen SemugtfeinS erl^obene reale Seit. 2)ie @Ueberung ber le^teren mad^t bal^er aud^ bie Organisation ber erfiereit aus, nur bafe bie Xl^eile in biefer in il^rer Segeijlung jid& nidftt cnt= fremben, fonbern an unb ffir fid^ feienbe SBefen, in fid^ jurüdEgelel^rte unb bei ftc& felbft bleibenbe ©eifler jtnb." „@ie nad& ber du|eren Seflimmung il^rer gorm furj 3U nennen, fo ifl, toie in ber SBelt ber 93ilbung bie @taatdmad^t ober baS @ute baS @rfte mar, aud^ ^ier ba9 erfte ba8 abfolute SBefen, ber an unb ffir fid^ feienbe ®etft, infofern er bie einfädle etoige ©ubftanj ifl. 3n ber 9lealiftrung i^reg S3egriff$, ®eifi ju fein, gel^t fie in baS Sein fär anbereS Aber, il^re ©id^felbftgleid^l^eit mirb gum mirllic^en fid^ aufo))fernben abfoluten SBefen, eS toirb jum ©elbp, aber jum tjergönglid^en @elbft. 2)al^er ift bag britte bie ütfläfelgr beS entfrembeten @elbftS unb ber erniebrigten ©ubftang in il^re eifie Sinfad^l^eit, erft auf biefe äSeife ifl ftc al8 ®eift öorgefteHt." ^

SBenn aber baS glaubenbe SBetougtfein baju gelangt ifl, ®ott ald ®eifi oor}uftellen, fo lann autb bie religiöfe Snbad^t nid^t bobei flel^en bleiben^ nur an ®ott gu benfen unb fid& in biefe SBorfteBung gläubig gu oerfenlen, fonbern fie mug bagu fortfd^reiten, bag ®oit mirflid^ gebadet toirb (gum ®ebad^tmerben ®otted), unb eS mug aus bem @lauben als beffen Orolge unb Or^ud^t bie reine Sinfid^i ^ertor^ gelten. 2)arum l^ei^t baS Xl^ema: „^tx ®laube unb bie reinig <Ein= ßd^t", meldte beibe baS reine SSetougtfein in {td& begreift. SEBeil biefeS bie Sflud^t au8 ber SBirflid^Ieit in eine ienfeitige 3Belt ift, barum i^ es ©laube; meil eS 99en)u^tfetn beS SefenS, b. 1^. beS einfad^en 3nnern ifi, barum ift eS 3)en!en. 3)iefeS ift „baS ^auptmoment in ber 9tatur beS ®(aubenS, ha^ geioSl^nlidg flberfel^en toirb''. 9Bie baS Semugtfein gum @elbPetougtfein, fo mug aud^ bas glaubenbe Semugt* fein gur felbftbemugten 9}ernunft fortf (freiten: eben barin befte^t bie reine ©infid&t. „©ie ift nid&t nur bie ©etoife^eit ber felbfibetoufeten

1 Sbenbaf. @. 388 u. 389.

S)cr fl4 cntftembctc unb bei feiner felbft geioiffe (Beiß. 391

93etnunft, alle äBol^rl^eit )]u fein, fonbetn fie toti^, bag fte bied tft." ,,2)tefe reine Sinfid^t ift alfo ber ®eijl, ber allem Semugtfein juxuft: feib für eu(ft felbfi, loaS il&r alle an eu(% felbft feib, Der' nftnftig."'

5. S)ic ttufKärung.

3)ie @infi(6t ift ixoax bie fj^olge unb S^rud^t beS ®lau6en$ unb ber il^m intoo^nenben ®ebanlen, aber fte mu^ al8 (Sinfic^t beut 3uftanbe bed gtaubenben 93en)u^tfeinS entgegentreten, biefeS als t^r ©egent^eil, als fatfcfte einfielt, als Srrt^um unb Sorurtl^eil, b. ^. ate Slberglauben auffaffen unb als fold^en bet&mpfen: in biefer il^rer Sntgegenfe^ung unb SSerbreitung mirb bie reine Sinfidbt gur %uf» IlArung. @d ifl bie i^iaQt, toeld^er 9lrt ber Stampf ber 9lufflärung mit bem Slberglauben ift, unb morin il^re Sa^rl^ett befielt?*

1. 3n ber erften 5orm gel^t bie 9lufllftrung §anb in ^anb mit jenem jerreifeenben unb jerriffenen Seiou^tfein, toelcfiefi bie l^errfcficnben 3uft&nbe ber Sßirflicfefett, barunter aud^ bie ®lauben8juft&nbe geiflreid^ unb mi^ig, ä^enb unb aufl5fenb beurt^eilt unb berebet, auf melc^em Sßege fidg bie 3luf!(ärung g(eid^ einem penetranten 2)ufte unmerllid^ ausbreitet unb baS glaubenbe 93eU)u§tfein anftedEt. @o ^at bie Stuf- Ilärung gar ntd^t nSt^tg, als eine befonbere (Sinftdbt über bie äBelt ber Silbung aufzutreten; „biefe l^at t)ielme]^r felbft baS fd^merjlid^fte ®effi]^l unb bie mal^rfie Sinftdgt über fid^ jelbft, baS ®efü^l, bie Sluf* lüfung aDeS fid^ 93efeftigenben, burd^ aQe aJlomente i^reS 2)afeinS l^inburd^ gerabert unb an allen ^noc^en }erfc^lagen ju fein; ebenfo ift fie bie Spradge biefeS ®efü^ls unb bie beurt^eilenbe geiftreid^e 0lebe über aOe Seiten iljreS 3uftanbeS".' S)er 3)uft ber 3luf!lärung, überall einbringenb, mirft fo aUmd^lid^, bag bie 9lnftedEung erft gemerft mirb, nac^bem fie gefc^e^en ift, mie Stameau^S Steffe biefen Uebergang Dom ®lauben jum Unglauben, ber bem ®ö^en ben ^als bricht, fd^ilbert: «Sin einem fdgönen äJlorgen giebt fie mit bem SQbogen bem Aameraben einen Sc^ubb unb 99au|! 93arabau^! ber ®ö^e liegt am Soben». „2ln einem fd^önen aJlorgen, bcffen IDlittag nic^t blutig ift, toenn bie SInfiedCung äße Drgane beS geifiigen SebenS burc^brungen i)at; nur baS ®ebdd^tnig bemal^rt bann noc^ als eine, man meig nicbt

' Sbenbaf. 6. 388, 6. 391-393. » Sbenbaf. II. 2)ie ^ufK&tung. 6. 393 bxi 426. a. S)er l?ampf bei StufH&rung mit bem Slberglauben. 6. 395-419. b. a)ie aOÖQ^r^eit ber «ufflftTung. ©. 419—426. » ebenbaf. 6. 393.

392 2)eT ®eift.

mie, Dergangene ®e|d^id^te bie tobte äBeife ber Dortgen ®e{lalt bed ©elftes auf; unb bie neue für bie Anbetung erl^dl^te ©dglange ber SBeiSl^eit j^at auf biefe Sßeife nur eine melfe ^aut ft^merjIoS ab= ftreift."*

2. 3n ber jtoeiten gform erfd^eint bie Sfufllärunfl nid&t mel^r gletife einem 3)uft, ber ftd^ in ber Stille Derbreitet unb il^r ©egentl^etl ge- räufc^IoS fiberioältigt« fonbem im lauten unb lärmenben Aampf mit bem ©lauben, ben fie als einen falfdgen ®(auben, als Aberglauben Derfd^reit, als ein 0lei(^ beS ^rrtl^umS unb ber S^orurtl^eile, als Sug unb Srug, looburdg man bie groge 3Ra{fe betl^ört l^at unb im Suftanbe ber Unterbrfldung ]§&It. SDal^inter ftel^t in böjer Ab^d^t eine betrfigerifcbe ^iefterfc^aft im 93unbe mit ben toeltlidgen ^errfd^ern, beibe aus (Stgett- nu^, aus Habgier unb ^errfc^fud^t Dereinigt unb Derfd()moren, bad fßott gu täufd^en, ju Derbummen unb in ber ©eifleSDerbunletung ju erl^alten. S)a]^er rid^tet ftdg ber Aampf ber 9(uf!lSrung nad^ brei Seiten, fie fämpft gegen bie S^oIfSreligion, gegen bie $riefterfd^ft unb gegen bie S)eS))oten: gegen 2)umm]^eit, 93etrug unb UnterbrfidEung.

3. S)ieS ifl nun gleid&fam baS ®ogma ober bie fable convenue ber Aufft&rung, nad^ roeld^er ber Urfprung ber üleligion in lauter fiügen unb unlauteren 3ö>edCen befielen foß. S)iefe Stupdöt aber ifl grunb- falfdö, unb jtoat Dom ©tanbpunfte ber 2lufH4rung felbft, bie eS ja ber JBolfSreligion jum SBortourfe mac^t, baft in feinem ©louben an ®ott baS aSolI fein eigenes SBefen Dorfteile. 2)arflber aber, n>aS baS SBefen eines 9}ol!eS ijt unb il^m als folc^eS erfd^eint, giebt eS leine SEftufd&ung. !ölan lann SKeffing für ®olb, falfd^e SBedöfel für ed^te ausgeben unb eingelne SSegebenl^eiten erlügen ober Derf&lfdgen, aber man lann einem ä^olle nidgt baS SBewu^tfein über fein Sßefen, ni(!bt bie ®en)iBl^ett feiner felbft anlügen. „Sßenn bie allgemeine S^rage aufgefteOt »orben ift, ob eS erlaubt fei, ein JBoIf ju töufd&en, fo müfete in ber S^at bie Slntwort fein, ba§ bie gfrage nidftts tauge, »eil es unmöglidö ifl, l^ierin ein SBol! ju täufd&en."* CS i|t bal^er eine Süge, unb itoai eine bemühte, toenn bie Slufflärung Don ber SBolfSreligion bel^auptet, bafe pe il^rem SBefen unb Urfprunge nadb ßüge fei. hieraus erflört fid&, bafe unb »arum ber SBolfSreligion in il^rem rid&tigen Selbftgefü^l bie SlufHörung fetbfl als ßüge erfd^eint.

1 Cbenbaf. ©.397 u. 398. - ®oetf)e« ©eile. »b. XXIII. ©,211f[8b. - « ^egel. SBetfe. n. 6.398-402.

^er ft4 cntfrembete unb ber fetner felbß getDiffe (Beifl. 393

4. 9ßa8 bie Sigenid^aften ber 93oIf§reItgion nä^er betrifft, fo finb QU(i6 l^ier brei Seiten, toeld^e bie 3(uf!(äruitg ins 9[uge fa^i unb be« fämpft: bie ®Iauben8objecte, bie ©laubenSgrflnbe unb ben ®Iauben8> ober ©ottedbienfl, anberS ouSgebrfldEt: bie religiöfen ®egenflänbe, boS religidfe äBtjfen unb baS religiöfe 5£^un (g^ultus). 9Ba£ fie in allen brei Sejiel^unscn bef&m))fi, ift bod obetgldubifc^ie SBefen, toeld^eS in ^nfel^ung ber S^orjtellung Don ©ott ate ^(ntl^ropomorpl^ifirung l^ertior' tritt, in Snfel^ung ber @(auben8s^Ant^ ober beS religiöfen SBiffend in bem Minben SJertrauen auf einjelne, fogenannte l&ifiorifd&e 9la(b= rtd^ten ober 3sugni{fe befielet, enblid^ in Snfel^ung beS religiöfen 5£]^un3 ober bed Sultud fidi in ber SSerel^rung einjelner finnlidger S)inge, toie Stein« unb ^olgblödfe, eines Stfidd^en SrobteigS u. f. f., iurjgefagt in bem „^ocuSpocuS taf(i6enf))ielerifd^er ^riefler" barfieOt. ^näi erfd^eint eS ber ^ufOdrung unjmedmfigig unb unred^t, bag ficb baS religiöfe S^l^un in einjelnen öugerlid^en Opfern, tt)ie in gett)iffen S3efi^eSentdugerungen, gen)iffen Sntl^altungcn, Or^ften u. b. offenbaren foD.

2)arin befielet bur(i6g&ngig ber Unmertl^, baS Unreii^t unb bie Otinmad^t ber ^ufHörung gegenüber ber SSoüSreligion, bag fie in beren S3ett)ugtfein nid^t einjubringen, nid^t aus biefem l^erauS gu urtl^eilen oerfiel^t, fonbem öon Stufen l^erein rebet unb beSl&alb in ibren Urtl^eilen unb 5Berurtl|eUungen baS Object nid^t trifft, öielmel^r in ben Slugen ber SSoIfSreUgion als SSerbrel^ung unb SUge erfd^eint.

3)ie Slntbropomorpl^ifirung @otteS, melcbe bie Slufftörung oertotrft, grünbet fid^ in ber 93oIfSreIigon auf baS tiefe unb malere 93ebürfni§ nad6 ber 8ebenbig!eit ©otteS, ol^ne tocid&e oon einer 3ncarnation unb ^nnertteltlid^feit ©otteS nidfet bie Siebe fein lann. S)ie 2(uf!Iftrung aber, bie aDe SSerenblid^ung ©otteS, aUt antl^ropomorpl^ifd^en SBefiimmt- l^eiten, bie il^m jugcfcbrieben toerben, als «ein ftrfiflidbeS Seilager" Der* urtl^eitt, aus bem bie Ungel^euer bcS 3(berg(aubcnS geboren toerben, Idgt oon ©Ott nid^ts übrig als ein „SSacuum'', als baS fogenannte böd&fie pr&bicatlofc SBefen «l'etre supreme», ber SluSbünftung etneii ©afeS t)ergteid^bar, xoit bie 3(ufHörung fclbft jenem unaufl^altfam fid) auSbreitenben 2)uft. 3n biefer leeren SBorfieQung oon ©ott liegt, tt)aS man „bie ^piatt^eit" ber 2luffl&rung nennt, unb baS ©efi&nbnife biefer ^tatt^eit.^

ebenbaf. 8.408,6.411-413. »qI. 6. 429.

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394 2)er ®eift.

5. 3ene ^iatS^xii^Un unb Seugnijfe fiifilifd^et unb Iegenbarif((er |[rt toerben Don fetten ber 3(uf!I&tung gletdg SettungSnod^rtti^ten g^ f(!^&$i, ttiorauS tt)tr bie jEenntntg geiotffer SBegebenl^eiten fd6ö))fen, mäl^tenb fie bem reltgiSfen SSeton^tfein nxäit gut ClueQe, fonbem )ur Seßöttgung feines @Iauben8 bienen, ber Diel ju tief tDurgelt, um Don ber Suf&Oigfeit fold^er 9lQdgri(i6ten, il^rer Stufjeidgnung, Slufbeioal^rune, Uebertrogung u. f. f. abl^&ngig ju fein. SSienn baS religi5fe 93ett)u§t- fein boju fortgel^t, biefe Slat^riti^ten aU ©laubenSqueOe angufel^en unb a(8 fold^e ju prüfen, fo ifl e$ f^on Don ber 9[ufHärung angeftedt unb Derffl^rt.^

6. 2)ie Stufflörung totVi baS religiöfe Xl^un nur naä^ ^ttjug feines religiöfen €l^ara!ter8 gu fd^&^en, xotltbtn leiteten fie nici^t Der» ftel^t; bal^er bel^&It fie nid^tS flbrig qIS ein äugereS ^anbeln, beffen Unjmedmdgigieit unb Unrid^tigfeit fie Dem)irft; fte fielet in ber ^o^ie ein Stfldd^en Srobteig, im £)))fern unb f^ften Sntfagungen, bie ben 3D)eden unb Siedeten beS natürUd^en SnbiDibuumS Hbbrud^ tl^un. Sienn baS religiöfe 93ett)ugtfein baS SBebarfnig fül^U, fid^ Aber feine natflrlid^e (Singetnl^eit gu erl^eben unb beSl^alb fid^ getoiffe notürlid^e (Benüffe unb ^Vergnügungen ]u Derfagen, aud^ etmaS Don ben Stitteln baju freitoiQig aufgugeben, fo fann ed in bicfer ^bfid^t, olfo in feinem @inn nid^t gioedEmägiger unb rid^tiger l^anbeln olB gu o))fern unb gu foften.

7. ^ter ift ber $un!t, in D)eld^em Religion unb 9lufII&rung fi^ toiber einonber gufpi^en. 9lad^ ber ^uf!(&rung ifl baS natfirlid^e Snbioibuum, ber 9)lenfd^ aU bemugtes Stl^ier ber @d^5))fungSgn)ed; nac^ bem ©lauben ifl bie Uebertt)inbung unb ^ufo))ferung beS natttr^ Hd^en SRenfd^en ber 9leligionSgtt)edE.

2)er äJlenfd^ lebt, um glüdEtid^ gu fein, um fid^ feiner unb ber Seit gu erfreuen, um fo Diel SBergnügen unb Srgb^en aU möglich «gu erleben, um aKe 2)inge gu nfl|en unb felbfi lieber fid^ gum gemeinnü|« lid^en unb allgemein braud^boren SJlitgliebe beS %x\ipp^ gu mad^en. „dl ifl, n)ie er unmittelbar ift, aU natürlid^eS 93en)ugtfein an fid^, gut, als SingelneS abfolut, unb anbereS ift für il^n, unb gioar, ba für i^n als baS feiner ben)u§te Xl^ier bie 9)lomente bie SSebeutung ber SlUgemeinl^eit l^aben, ifl SlleS für fein S^ergnügen unb Srgö|UA^ feit, unb er ge^t, tt)ie er aus ®otteS ^anb gefommen ift, in ber 99Belt

' (JEbenbaf. S. 406.

S)er M entfrembete unb bcr feinet felbfl geatffe Qeifl. 395

als einem für i^n gefdgoffetten ©orten uml^er. Sr mug auc^ Dom SBaum ber Srfenntnt^ bed ®uten unb beS 93ö{en gepftüdi l^aben, er beft^i bartn einen 92u^en, ber tl^n Don allen Slnbern unterfd^eibei, benn suföaigermeife ifl feine an ft(6 gute Slatur aud^ fo 6ef(i6affen, ba§ il^r ba8 UebermaaS ber (grflö§Ud&feit ©d&aben tl^ut" u. f. f.

2)08 menfd^Iic^e S)afein ift Doffer Stufen in actioem tote ))afftDem ©inn. SRodft nü^lid^er iji bie (Srfenntntfe, ba fie ben SWettfdfeen oor @(|aben beioal^rt unb i^m bie t^euben beS 2)Qfetn8 fi^ert. Unb ba alles S)afein Don ®ott !ommt, in ber SBejiel^ung bed aßenfd^en gu ®ott aber bie fReligion befielet, bie einer folc^en begIfldEenben SebenS« anfc^auung ju ®runbe liegt, fo ij! bie Steligion unter aller 9?fl^Ii(b' feit baS Sinernü$U(i6jie, benn fie ifl ber reine 9lu§en felbfl, fte ift bied SSeftel^en aller 2)inge ober il^r S(n- unb Orürfici^fein unb ba« Sfattcn aller ®inge ober il^r „Sein für anbere«".^ @o beult bie ^ufüdrung, unb eben biefe ^uffaffung, toelii^e bie Sleligion nad^ il^rem 9ifl$Iid^!eitStt)ert]^e abf(!^d$t, ifl in ben Stugen biefer fd^IedEitl^in abfd^eulic^.^

8. 3nbeffen l^errfd&t gteifd^en Sleligion unb «ufHftrung ein Weit«« jireit, ber niii&t bIo§ nad& bem ©inn ünb 3ntereffe ber Religion ou«» getragen unb entfi^ieben toerben barf. Sie« l^iefee bie ^Partei jum aiidfeter mad^en. 3n bem fd^5nen unb l^armonifd&en SÜeic^e beS fitt= lid^en ®eißeS lag ber ®egenfa$ beS göttlid^en unb bed menf(!^Iid&en ®efe§eS, toorauS ein tragifd&er (Sonfßct l&erDprging, ber ben Untergang biefer SBelt l^erbeifül&rtc. 3n ber SBelt bei pdö entfrembeten ®eifleS unb bem jerllüfteten Sfteidbe ber Silbung erl^ebt fid& ber ®egenfafe )tt)ifd^en ^Religion unb StufH&rung, gtoifd^en bem gSttlid^en Steckte jener unb bem menfd^Iid^en 9led^te biefer, loorauS aud^ eine 5£rag5bie tierDorgel^t, in loeld^er bie 9BeIt beS ftd^ entfrembeten ®eifted unb ber aerriffenen 9ilbung ein Snbe mit ©c^redEen nimmt.

@S l^anbelt fid^ um ben @nttt)i(f(ung8gang unb bie (Srl^ebungen beS menfd^lid^en Seiougtfeind: l^ier ftel^t bie ftegreid^e ®en)alt fletlS auf feiten beS menfd^Iid^en 9%ed^t8. 2)ie8 gilt aud^ Don bem menfd^Iid^en JRedbte ber äufflfirung. Unb biefe ©ejoalt ift um fo fiegreid&er unb untt)iberfie]^Kd&er, als in ber ^Religion unb bem religiöfen Seioufetfein felbfl beibe ©eiten unb beibe Siedete, ba« göttlid&e unb menfd&Ud&e, ent« l^alten ftnb unb mit einanber fömpfcn. S)a8 glaubenbe SBetoufetfein

> (Sbenbaf. 6.410 u. 411. < (Sbenbaf. 6.412.

y

896 2)eT Qeift.

lebt in gtoei äBeltett, im 3en)ett8 unb 3)tejfeitd, im ^immel unb auf erben, nid&t etwa mit gleid^ gctl&cilten, fonbem mit fo ungleich ge* tl^eilten ^ntereffen, ba§ beten Uebergemid^t in baS irbifd^e S)ie{feit8 föKt: ^l opfert etioad Don feiner ^obe unb feinen ®enüffen, ntc^t alles, nur etmad, nur ein toenig, um mit befto größerer ©id^er^eit aQeS anbere bel^alten unb genießen gu fönnen» ©eine (Sntfagungen finb, bei Si^t betroii^tet, SBerftd^erungen, feine Opfer ftnb (Srmerbungen, mo^I angelegte, jindtragenbe Kapitale. SSei Sid^t betrad^tet! (Sben biefelS Sid^t l^at bie Slufflörung angejflnbet, l^ölt tl in ber ^anb unb burd^leucj^tet bas religiöfe 93eiDU§tfein bis in aDe feine SBinM. Sfle Sntfagungen, fie mögen fo grog ober fo gering fein, toie fie moOen« aKed Ofaf^en unb Aafteien, felbfi bie Sntmannung eines £)rigineS, l^elfen nid^tS gegen bie SBelt, bie im 3nnern \\%i, b. i. bie SSegel^rlid^Iett unb bie Segierbe nacb Qufl. Sd ift nait) ju meinen, ba§ man auf folii^e Srt, burdb ein äugereS X^un ober Sfid^ttl^un im @tanbe fei, bie Sefiibaffen^eit beS SBiUenS ju Anbern. „3)ie ^anblung felbft ermeift fid^ als ein Au^erlid^eS unb einjelneS Sl^un, bie 99egierbe aber ifi innerlid^ eingett)utielt unb ein allgemeines; i^re Qufi Derf(^n)tnbet loeber mit bem SEBerljeuge nod^ burd) eingelne Sntbel^rung."^

3m ^inblid auf biefeS loiberfprudbSooQe 2>oppeneben, toeld^eS ber ©laube fäl^rt, fagt ^egel: „2)aS glaubenbe Semugtfein fft^rt boppelted 9Raa§ unb ©emid^t, eS l^at jmeierlei Stugen, gn)eierlei O^ren, jtteierlet Sunge unb ©prad^e, eS ^at alle SSorfteDungen terboppelt, o^ne biefe S)oppeIfinnig!eit )u Dergleid^en. Ober ber ©laube lebt in jtoeierkt SBa^rnebmungen, ber einen, ber SBal^rnel^mung beS fd^Iafenben, rein in begrifflofen ©ebanfen, ber anbern beS madfeen, rein in ber finnlicöen SBirlüd^feit lebenben Seiou^tfeinS, unb in jeber fülirt er eine eigene ^auSl^altung, bie ^ufUdrung beleud^tet jene l^immlifd^e Sßelt mit ben SSorfteHungen ber finnlid^en unb geigt jener biefe (Enblidb!eit auf, bie ber @Iauben nid^t Derleugnen !ann, meil er Selbflbemugifein unb l^iermit bie (Sinl^eit i{t, meldger beibe SBorfteDungStoeifen angel^Sren, unb iDorin fte nid^t auSetnanberfallen, benn fie gehören bemfe(ben un= trennbaren einfad^en @elbft an, in meld^eS er übergegangen ift. J&t i{l aus feinem 9lei(6e Vertrieben, ober bieS 9leid^ ifl auSgeplünbert, in bem aQe Unterfd^eibung unb SluSbreitung beffelben baS load^e 99e- tou^tfein an ftd^ ri§ unb feine Sl^eile aQe ber @rbe als il^r Sigentl^um oiftbicirte unb gurüdtgab."*

» «benbaf. 6. 412-417. - « «bcnbaf. 6, 418.

3)cr fi(ö cntfrcmbctc unb btx feiner fclbft getoifte ©eifi. 397

9. 2)Qd 3enfeit8 ifl leer geloorben. <SlS 6Iet6t bem im Siamp^ mit ber Stuffldrung befiegten ©tauben mi^Ü flbrtg als bie @el^nfu(^t nad& einem leeren 3enfeit3, b. 1^. ein blogeS €ebnen. S)er @Iaube ift auiS bem Aampf mit ber Slufflörung aliS aufgeHdrter ®Iaube ^erDor* gegangen: er ift bie unbefriebigte StufÜärung, bie 9[uffl&rung ifi bie befriebigte. 9Bir l^aben nidgt mel^r ben ©egenfa^ g^ifd^en Steligiün unb ^ufllfirung, fonbern nur nod^ ben in)if(i^en ben beiben Srten ber ^ufll&rung, ber unbefriebigten unb befriebigten. @d giebt nid^tS ale 9(utn&rung. 3)te O^age l^eigt: morin befielet beren äBal^r^eit unb not^menbigeiS (Srgebni^? ^

2)ie jtegreic^e ^ufÜfirung tl^eilt fidb nunmel^r in gn^ei Parteien, benn barin geigt unb bettiäl^rt ftd^ il^r @ieg, bag il^r ®egner unb Ofeinb nid^t mel^r il^r gegenüber unb augerl^alb il^rer ftel^t, fonbern innerl^atb. „@ine Partei bett)d]^rt fid^ erft baburd^ als bie fiegenbe, ba§ fie in gioei ^Parteien gerfößt, benn baburdft geigt fie ba« ?PrinciJ), bas fte beldmpfte, an il^r felbft gu beft^en, unb hiermit bie Sinfeitig= leit aufgel^oben gu l^aben, in ber fie Dorl^er auftrat." »@o ba§ alfo bie in einer Partei entftel^enbe 3^ictra(bt, tt)eld)e ein UnglädE fd^einl, öielmel^r i^r ®IüdE betoeift."*

S)ie Ofi^age, in n)eld^er bie Parteien fid^ fd^eiben, betrifft ha^ abfolute SBefen, ienfeitlS unb unabl^ängig t)on aKem äSetou^tfein, biefeS eigenfd^aftS- unb ))räbicatIofe SBefen: ob baffelbe als @ott o§ne alle antl^ropomorpl^ifd^e JBeflimmtl^eiten, b. 1^. al§ bas l^öd^fte SBefen (1 etre supreme) ober ob aU Rbxpn ol^ne oQe ftnnlid^e 93ef(!^affen]^eiten (@enfattonen), b. 1^. als SRaterie gefaxt merben foK? S)emnad6 unter- fdfeeiben fidfe bie beiben ^Parteien ber Slufll&rung: bie gläubige unb un« gläubige, jene ift bie beiftifd^, biefe ift bie materialiftifd^ gefinnte SlufHärung. S)er l^errfd^enbe Segriff ber SlufHärung, ben beibc ?Par= teien bejahen unb forbern, ift, n)ie xdxx fd^on oben gegeigt ^aben, ber beS 9lfl^Hd^en, b. i. bie S3egie]^ung aQer 2)inge, ©otteS unb ber SSelt, auf baS menfd^Iid^e SBol^l unb baburd^ auf ben menfd^Iid^en SßiKen, ber in feiner t)6llig uneingefd^rön!ten g^reil^eit für fouoerön erllÄrt unb auf ben S^l^ron ber SBelt erhoben »irb.

2)ie abfolute Of^eibeit l^at nid^tS, baS auger il^r toaxt unb unab= l^öngig t)on i^r: ber ©egenfa^ einer jenfeitigen unb bieffettigen SBelt ^at aufgel^brt gu gelten. ,,S3a]^rl^eit toie ©egentoart unb 9Birflid^Ieit

» Cbenbof. 6.419. - « «enbaf. 6.420 u. 421.

398 2)er Qeiil.

ftnb Dereintgi 93eibe äBelten ftnb Detföl^nt unb ber ^intmel auf bie Sibe l^erunter Der)){{Qn3t/' 2)er ®egenfa|, ber ^ä) je^t auftl^ut, he- Qel^t 3tt)tfd&en ber obfoluten ^retj^eit unb bem Sieid^e ber 99tlbung mit allen feinen Unterfc^ieben unb Ungletd^^eiten. ,,3nbem bie (Segenfd^e auf bie @))i^e beiS 93egriff8 herausgetreten ftnb, tpirb bieS bie nftc^^e @tufe fein, ba^ fie jufammenfiürjen unb bie Slufflfirung bie Orrfid^te il^rer Staaten erfäl^rt"^

IL 3)ie abfolute ^^^i'&cit unb ber ©d&recfen.* 1. ^te ®Iei4l^eU unb bie SBetni^tuni).

SQBir muffen fosleidö an ieneS ©runbbogma ber Slufflftrung er= innern, bafe ber einjelne SÄeufd^, toie er au9 ber §anb ber 9}atur l^erDorgel^t, untjerfünpelt unb unöcrborben bur(^ bie ber S3ilbung, gut ift unb beftimmt, in ber SBelt ate bem ©arten ®oif es gtt mnbeln unb lauter S^reube an fi(!^, ber Sßelt unb feinen ällitmenfd^en ju er^ leben, beglüdt unb begifiäenb. 2)ie$ l^at 3n)ar ber aufll&rungdfeinblicl^e ©taube t)erneint unb beftritten, aber bie auffldrungsfreunblid^e Sleligion, b. i. bie religiöfe, beipifd^ gefinnte ?lufHarung, um fo flÄrfer befrftftigt unb auf biefeS 3)ogma eine entl^ufiaftifd^ erl^Sl^te unb feurig belegte fiebenSanfd^auung gegrfinbet, bie fid^ unaufl^altfam ber ©emiltl^er be^ mäii^tigt l^at. SOäir rcben Don 3. 3. 9iouffcau, ben ^cgel nid&t nennt, ber i^m aber l&ier unb an ben oben angefül^rten ©teüen feiner ^^äno= menologie ol^ne S^^ifel t)or Singen ftanb.

%u8 biefem ©tauben an bie äBa^rl^eit beS natürtid^en üAenfd^en ertt)ad&jt bie Ueberjeugung Don ber Ungered&tigfeit aller S)ifferenjirung ber 3nbiöibuen burdft ßnttoidttung, SBUbung, focialc Slbflufung, ©tanbe8= untcrfdftiebe u. f. f., furjgefagt ber ©taube, ba§ bie 9Wenfd&cn Don Statut %U\(S^ feien unb ba% aUt i^re Ungleidgl^eiten im Steid^e ber 93ilbung unter ber ^errfd^aft ber StaatSmad^t unb beS Sleid^tl^umd, aDe biefe Ungleid&l^eiten an SBeft^ unb Slang, ju ben Derborbenen Sufiönben unb ben Derberblid&en Uebeln gel^ören, toeld&e man ausrotten mftffe. 3u ber Ofteil^eit !ommt bie ©leid^l^eit, gu ber «Liberte» bie «^galite». aSeibe oerl^alten ftd^, toie ©runb unb g^olge. 2>ie abfolute t^eil^eit befielet im ©leid^mad^en, im SSertilgen ber Unterf(!^iebe, in biefer toid^ litten Ummaljung ber Sffiirllid^feit, b. 1^. in ber Sleöolution. „3n biefer obfoluten 3^rei]^eit finb alfo alle ©tönbe, toeld&e bie geifligen

1 (Sbenbaf. €. 425 u. 426. - ' Sbcnbaf. €. 426-436«

i

3)er fi4 entftembete unb bei feiner felbf! geatffe ®etfl. 399

äBefen ftnb, toorin ftc^ balS ®ange gltebett, getilgt; bad einjelne 93e- iDuBtfein, bas einem folilgen ®Itebe angel^örte unb in il^m tooQte unb DoDbrad^te, l^at feine Qä^vanlt oufgel^oben; fein 3tt)e(I ifi bei ollgemeine S^d, feine @))rQ(i^e bad allgemeine ®efe^, fein SQSet! baS oHgemeine äBerf." «rS^ieS eingelne 99ett)u^tfein ift ftd^ feinet ebenfo unmittelbar ate allgemeinen SSillenS bett)ugt, ei$ ifi fid^ bettu^t, ba§ fein ®egen» ftanb Don i^m gegebenes ®efe^ unb Don il^m DoDbrad^ted 9Ber! ift; in S^l^&tigleit übetgel^enb unb ®egenflanbU(i6feit erfdbaffenb, mad^t ed nidgtiS SingelneS, fonbern nur ®efe^e unb €taat8actionen/ ^

S)ie allgemeine t^reil^eit (A§t ftd^ nici^t t^eilen, befonbem unb untetorbnen, fte befielet nic^t im ®el^orfam gegen felbfigegebene ®efe^e, benn biefe ®efe^e finb nur mittelbar felbfigegebene, ba fte t)on ben 9le))r&fentanten ober 93ertretern ber einzelnen 3nbit)ibuen l^errfll^ren; aber baS natürlid^e ^nbioibuum M%i fid^ nid^t burd^ feine äleprfifen- tation beim ®efe$geben unb allgemeinen 5£l^un um bie SBirüic^feit betrügen, nid^t um bie SBirflid^ieit, felbfl baS ®efe$ gu geben unb nid^t ein einjelneS SBer!, fonbern baiS Mgemeine felbft }u DoQbringen; benn loobei baS €elbfl nur reprdfentirt unb Dorgeftellt ifi, ba ift eS nid^t mitüid^; unb mo es Vertreten ift, ift es nid^t". 2)ie abfolute Ofreil^eit gel^ort bem eingelnen natürlid^en SDlenfd^en. Stuf biefen $un!t/ bis ju toelc^em bie SufH&rung fä^ri unb fortf (freitet, lommt eS mefentlidfe an. S)ic Qfolgc, toie fie ^egel treffenb bcjeid&net, ift eins leudgtenb: „Aein ))ofitit)eS SBer! nod^ S^at lann alfo bie allgemeine f^reil^eit l^erDorbringen; eS bleibt il^t nur baS negative Xl^un: fie ift nur bie f^urie beS ä^erfdbttinbenS." ^

2. ^te Sfactton unb bie 64ulb.

9lun aber !ann bie Staatsgemalt nid^t bei allen 3nbit)ibuen ol^nc Unterfd&ieb, fonbern nur bei einigen fein, moburd^ ber Unterfd&icb gmifd&en IRegierenben unb Siegierten immer loieber l^erDortritt unb ficb bonnit immer Don neuem eine Ungleid^l^eit erjeugt, bie im @inne ber abfoluten t^reil^eit, bie iebem (Sinjelnen unb Stilen ol^ne Unterfdgieb jugel^ört, als eine fdireienbe Ungered^tigfeit erfd^eint, n)eld^e alsbalb burdft ben 6turj ber regierenben ^Partei ju Dertilgen ifi. 6s giebt l^ier eigentlid^ !eine Parteien, bie burc^ baS gemeinfame patriotifd^e 3ntereffe }ufammengel^alten finb, fonbern nur {^actionen, beren eine

ebenbof. @. 429 n. 430. > (Sbenbaf. @. 431.

400 3)cr ®eifr

im Stege Begriffen i% bie anbeten im 9(ufnil^r. Unb fo 6e{}e]^t ber 9leDoIutton8f}Qat in einet fottn^d^tenbet Ummölgung, bie eine Of<tctton mirb noti^ oben gemAljt, bie anbete !ommt untet bie SR&ber. „2)te fiegenbe O^action nut ^eigt Siegierung, unb eben battn, bag fie f^action ifi, liegt unmittelbat bie 9lot]^tt)enbtg!eit il^teS UntetgangS; unb ba% fte Stegietung ifi, bieS mad^i fie umgelel^tt jut Of<tction unb fdiulbig/'

€0 jetf&at bet SleDoIutiondftaat immet t)on neuem in ®egenfA^e, bie man niii^t ?Patteien nennen fann, benn fie fmb 8f<tctionen unb x^tx- Italien fid^ aU Sieger unb 93efiegte. 2)ie Sieger fe^en in ben 9e= fiegten nicj^t il^re ®enoffen unb Sniibfltget, fonbetn nut il^te gu t)er« tilgenben fjfeinbe. S)et SBiOe bet Sieget ]&ei§t vae victis! 3n biefem 99BiIIen jut SBetnid^tung befielet, loie ^egel tteffenb fagi, ,,bie Ofutie beS 93etfd^U)inbeng''. 2)ie fiegenbe ^action ift bet mitÜid^e aQgemettie SBiUe, tt)el(|et tegiett; il^t gegenäbet unb entgegen fielet bet unmirE- Ii(i6e allgemeine fE&xUt, ber nid^t in S^l^aten unb SBetfen, fonbetn nur in ©efinnungen unb SObfid^ten befielet, in aKetl^anb ftaatsfeinblicben ®e{tnnungen. S)ie fiegteid^e $attei ift fd^ulbig, benn {te tegiett unb begel^t babutd^ ein SBetbted^en an bet aKgemeinen ©leid^l^eit, bie ft(b auf bie abfolute O^teil^eit gtflnbet. SHe ®egnet finb fd^ulbig, benn fie jtel^en im SBetbad^t einet ftaati^feinblid^en, loibet bie fiegteid^e Ofoction auftä^tetifc^en ®efinnung. 93etbad&tig fein l^eigt je^t fd^ulbig fein. SSetbad^t ifi Sc^ulb unb mitb als fold^e bel^anbelt, b. 1^. Dettilgt: batin befielet bie ^ettfd^aft bed Sd^tedEenS obet bet S^ettotiSmuS. r,ä^et- böd^tig metben ttitt ballet an bie Stelle obet l^at bie SBebeutung unb SBitfung beS Sc^uIbigfeinS, unb bie äugetli^e Sleaction gegen biefe SBitHid^feit, bie in bem einfad&en Snnetn bet Slbjtd&t liegt, be= fielet in bem ttotfenen SBettilgen biefeS feienbfen SelbjlS, an bem nid&ts fonft »egjunel^men ift, alfi nut fein ©ein felbfi."^

3. @4red(en unb 2:0b.

SeneS ®tunbbogma bet SlufflAtung, ba§ bie 3Jlenfd^en Don Statut gleidg ftnb unb butd^ bie Sultut ungleid^ gemad^t metben, ift 9^^^^= falfdfe: fie jtnb Don Statut ungleidfe unb lommen, bei fottfd^teitenber 9)iffeten3irung, auf bem SBege bet (Suttut unb bet fittli^en Otgant- fationen gu bet med^felfeitigen ^net!ennung unb motatifd^en ®ettung,

< Sbenbaf. 6. 433.

2)et ft4 cntfrembetc unb bet feiner felbfi getDiffe ®eiß. 401

koortn bag 9Raag bet erteid^fiaren unb gefe^Iid^en ®Iei(i61^eit befielet: %bet bie abfolute Ofi^eil^eit forbett bie notfirlid^e ^Uidifftit, unb ba tl^r bad ©egenÜ^eil beft&nbtg im SBege fielet unb ttibetftrebt, nAmlid^ bie Unglei^i^eit bet n^itllid^en 3nbtüibuen, fo fielet fiä^ bie obfolute Steilheit genöt^tgi, biefe 3Birf(id6!eii ju Dertilgen unbi bie megen ber Ungleic^l^eit il^rer ®eRnnungen Derbäii^tigen 3nbiDibüen gu tobten, ©leid^ntad^en l^eigt bie StopU obfci^netben, benn biefe bergen bie Ungleid^- l^eiten ber 93egabungen, Aenntniffe, @e{tnnungen, Sinbilbnngen n. f. f. SSie bie f^rifeute bie ^aare fil^neiben unb gleid^mad^en, fo l^at bie fronadftfd^e 9tet)oIution ben Staat friftrt, in ber (£rn)artung, bag bie Qiixtdtn bed Sobed bie Ungleid^l^eiten ber ®efinnungen bis auf bie legten Spuren t)erfd^eu(|en merben. Um bie SDlenfd^en ju egaKfiren> ^t man fie becat)itirt unb bie Stbp^t abgefii^nitten, mie man ^aare abfd^neibet. 9lie in ber SBett ift ber Xob bebeutungSlofer gen)efen. „S)ad einjige Sßer! unb S^^at ber allgemeinen f^reil^eit ift bal^er ber 2:0b, unb gmar ein Sob, ber {einen inneren Umfang unb dt- füllung l^at, benn toad negirt n^irb, ift ber unerffiHte $un!t beS abfolut freien Selbjig, er ift alfo ber föltefte, ))Iattefle Sob, ol^ne mel&r 33e« beutung aU baS SDurd^l^auen eines Üofjltl^aupÜ ober ein BäiUnd SSafferd. 3n ber Patt^eit biefer Silbe befielet bie SBeiS^eit ber [Regierung, ber SBerfianb beS affgemeinen SBiffenS, fid6 ju Doffbringen."^

Snbem ^egel bie abfolute S^reil^eit unb ben Sd&rcden als bie folgen ber SlufHSrung f^ilbert, al5 ben 3uftanb^ roorin bie Sluf- flÄrung bie grüd&te il^rer Sl^aten erfäl^rt, unb in ben angefül^rten Sorten ben Sal^nfinn unb bie jOebe ber ©leid^l^eitSmod^erei Dortreff- lid^ lennjeid^net, l^at er offenbar bie franjofifd^e SleDoIution, 9%ouffeau, 9iobeS})ierre, bas Sal^r 1793 t)or Singen, o^ne irgenb einen Flamen }u nennen, toorauS t)on neuem erließt, bag eS il^m in ber ^l^&no- menologie nid^t um baS ^ijtorifiren ber @tanb|)unlte beS 93emugtfeinS ju tl^un loar, fonbern um bercn Cntbcdtung unb Darlegung. Unb mer fielet benn batoor, ba% ber Stbetgkube an bie natfirlid^e ©leid^l^eit ber SWenft^en in einer tom Älaffcnl^afe fanatiprtcn Sffielt nid^t »ieber* !e^rt unb mit il^m bie n^al^nfinnige SDtetl^obe beS (SgalifirenS, biefe fjurie beS SSerfd&toinbenS?

SBir l^aben fdgon gu tt)ieber]^olten malen erfal^ren, tt)eId^eS groge ©etoid^t ^eget barauf legt, bag ein 93en)ugtfein burd^ bie SobeSfurc^t

1 übenbQf. ©. 432. »gl. @. 435.

9 i f 4 c T . ®ef4. b. !B6iIor. VIII. 9). «. 26

402 2)er ®etfl.

l^inbutii^gegangen ift unb ben S£ob, btefen feinen abfotuten ^errn, ju fai^Ien beloQimen l^at. S)ie8 gilt nun au(i^ Don bem @elbfiben)ugtfein, kDelii^eS in ber ©c^teäenSaeit ben Sob glei^font burdblebt unb bte 9ltd6tigfeit feiner eigenen 3nbit)ibualit&i t&gttiib t)or Slugen gefeiten l^ot. ,,S)iefe, mel^e bie gfurd^t i^red obfoluten ^errn, bt9 XobeS, enit)funben, laffen fic^ bie Slegation unb bie Unterfd|iebe mieber gefaOen, otbneit fid6 unter bie ajlaffen unb klaren gu einem geil^eilten unb 6ef(i^rAn!ten aSer!e unb baburd^ ju %er fubflontiellen SBirlliti^feii gurfld/^

2)ie abfolute Ofteil^eit unb ber allgenteine SBiKe fdllt nid^t mt%x mit bem eingelnen @eI6fi unb beffen unmittelbarer SBirüid^ieit gu- fammen; biefe ifl aU aufgel^oben }u betrQ(|ten, tt>&l^renb bie obfolute Sfreil^eit befielet, aber nid^t mel^r ol8 ber ungeUuterte äBiOe aller (Einjelnen gu faffen ifi, fonbern als ber uneigennft^ige ober reine Sßille unb beffen reineS Selbflbemugtfein. „Ss ift bie neue ®eftalt be8 moralifd^en ®eifle8 entflanben."

III. SDer feiner felBfi getoiffe ober moralififte ®eift. 1. 2>te moraltf^e aOeltanfd^auung.*

2)iefe neue ©eftalt beS SemugtfeinS, momit beffen t)ierte ^aupU fiufe fid^ t)oVenbet l^at il^re l^iflorifc^e (SntmidRung in ber !antifc6en $l^iIofo))l^ie gefunben, toelti^e ^ege( im Caufe feiner 6d^riften l^ier, o^ne fie ju nennen, gum brittenmol gum ®egenf}anbe einer einge^enbcn aSeurt^cilung gemod^t l^at, nad^bem er fie frül^er in bem %uffa| aber «,®Iauben unb SSiffen" unb in bem Aber „bie loiffenfd&Qftti^en Se» l^anblungSarten belS 9laturred^td" beurt^eilt l^atte.^ Um feiner Se^re ben Sieg gu bereiten, mugte ^egel ben Stam)f] gegen Sd^elling, Sichte unb Aant ffll^ren. (Segen Oriente ging feine erf}e @d^rift Aber bie „S)iffereng bed fic^tefd^en unb fc^eDingfd^en @))fiemS ber ^j^ilofopl^ie", gegen Sd^eQing bie Sorrebe ber $l^änomenoIogie, gegen Aant bie brei genannten Slb^anblungen, indbefonbere in ber ^^Anomenologie ber abfd^nitt aber ben feiner felbft geuiffen (Seift ober bie SDHoralitdt.

Um gleidi in aller Aarge gu fagen, teaS ^egel in aDer SuSfai^r* lid^Ieit erörtert unb in einer Steige oon Argumenten gerfafert l^t, fo

' (Ebenbaf. 6.434. S^l. biefei »eiL »u« IL (^o)». IV. 6.280|[at. Ga|>. VII. €. 325flab. > ^ege(. SScrfc. II. C. ^ct feiner felb^ getoilfe •ciff: bie 9RoTaIit&t. 6. 437—492. a. 2)ie moralif^e SBeltanf^outtiti). 6. 438—448. < Sgt Mefei »erf. »u4 II. Sap. ID. 6.256-259. Gap. IV. 6.273-278.

^er fi4 entfrembete unb bei feiner \tlbfi fletotne Oetft. 403

liegt baS ^au))tmottt) bei 2)ar{bQung unb Sßtberlegung ber fantifc^en SRoralpl^ilofopl^te unb beS tnoralifd^en ®etfie8 übetl^out)! in folgenbetn $untt: bie !DloraIitfit befielet in Sforbetungen, notl^koenbigen unb un< bebingten gforberungen ober $o{lulQten, beten SrfüHung bie Stuf- l^ebung unb Sernid^tung ber SRoralitftt ift. 2>ie SRotatttfit ißt }u intern 3iel bie 9{i(i^tmoraIitftt! 2)ag ber morolifti^e ®eift einen ,,Areid Don ^ofiulQten" befd^reibt unb fidb barin betoegt, nennt ^egel „bie moralifc^e 9BeItanf(|auung''. 2)ag in biefett ^oflulaten „ein ganjeS 9Ie{t ber gebonfenlofeften 9Biberf))rfid&e'' ftedEt (Aont l^atte ben !o8moIogif(i6en SSemeiS „ein 9{e{l bialeltif^er ^Inmo^ungen'' genannt), nennt ^egel „bie SSerftellung", ba ber moralifd^e ®ei{t burd^ baS SeiDugtfein ber 993iberft>rfld^e fid^ genötl^igt fielet, bie Stellung ber gforberungen immer lieber ju dnbern, b. 1^. anberS ju {teilen ober ju DerfteÜen. S)a8 äBort ifl bo})))eIfinnig unb bei^l^alb getoA^It. 2)a8 moralifdge SSemugtfein DerfteHt ni4t blog feine $ofitionen, fonbem {tdb felbjt, ba ed il^m mit ben a3e]^au))tungen, bie eis auffteüt, nid^t Srnft fei unb fein !5nne.^

S)ad Xl^ema ber moroUfd^en SBeltanfd^auung ift baS SBerl^&Itnig gmifd^en ber StoraUtfit unb ber SEBelt. 2)a bie moralifd^en 3toede unbebingt gelten unb auSguffll^ren ftnb, fo ift t)oraud}ufe^en, ba§ a^ifd^en ber anoralit&t unb ber SBelt, als bem Qi^aupla^t beS motalifd^en ^anbelnS, !ein ®egenfa^ befleißt, fonbem Uebereinftimmung ober Harmonie. 2>iefe Harmonie ift gu poftuKren. (StmaS ))oftuIiren l^eigt forbern, bag ed ate feienb gebadet toerbe. S)ie Harmonie ber SRoralitat unb ber Sßelt ifl baS erfte $o{tu(at ober t)ietme]§r baS butd^- g&ngige Xl^ema aller $oftu(ate, in betten bie moralifd^e äBeltanfd^auung beftel^t.

1. S)ad Xl^ema aber ift breifad^. 2)ie SBelt ßel^t bem moralifd^en $en)u§tfein gegenüber aU Slugentoelt ober 9ktur, bie il^re eigenen ®efe^e befolgt unb il^re eigenen 3tt)edFe ausfül^rt, unbeffimmert um bie moralifd^en. S)ie moralifd^e ®eftnnung ift augleid^ perfönlidge unb inbiDibueKe Ueberjeugung, bal^er bie Sludfül^rbarfeit unb ^uSfü^rung ber moralifdgen 3toedfe einen 3ußanb inbiDibueUer SSefrtebigung, tiefer tinb bauernber SSeglfldEung mit ftd^ fül^rt, ber bie Harmonie t)on 9RoraUt&t unb ®Ifld(feligfeit auSmod^t unb ju ber Harmonie t)on anoralitat unb 9latur gel^ört: fte f&IIt in baS @ebiet beS erfteu

Sbenbaf. 6. 441, @. 449.

26'

404 ^ti Oeift.

$o{tuIatS unb t)etl^&tt ftd^ )u btefetn, tote ber (efonbere gfaH jum all« gemeinen. *

2. 2)ie 9latur fielet bem motoltfdgen SBemugifetn ntd^t Uo^ a(S Hugenmelt gegenüber, fonbem ift in i^m felbfl entl^alten cH^ feine eigene 9lainx, b. 1^. als Sinnli^feit aU Stiebe nnb Steigungen. €o !ommt }u bem erften $ofiuIat bat giDeite. 2)a8 Xl^ema be9 erflen ift bie Harmonie jttifd^en SßoialitAt unb Statut (®lfi(ffelig!eit), baS beS gmeiten bie Harmonie jmifd^en SRotalitAt unb Sinnltc^feit. Ol^ne bie (Geltung beS etflen !ßofluIati$ )et!(fiftet fi4 bas Uniüetfum in jlDei einanbet entgegengefe^te SBelten: bie SEBelt bet @ittengefe^e unb bie bet 9latutgefe^e; ol^ne bie (Bettung beS gleiten $oftuIatlS jetUüftet fid6 bie menfd^tt(i6e Statut in itoti einanbet entgegengefe^te Gebiete: baiS bet $fli(l6ten unb baS ber Stiebe. 2)ie (Sinl^eit bet Sßeltotbnung fotbett bie teale (Seltung beS etfien ^oftulats, bie Sin^eit bet motalifd^en €eI6{tbeU)ugtfeinS fotbett bie teale ®eltung beS gmeiten; obet anberd auSgebtüdt: bie ^atmonie Don SJlotalitfit unb Statut ift bet Snbjoed bet aSelt; bie ^atmonie Don SOtoralit&t unb @innli(i^!cit ift ber Snb^ iXDtd bet motalifc^en @el6ftbett)ugtfeint. ^S)at etfte ^oflukt mar bie Harmonie bet SDtotalitSt unb bet gegenftAnblifi^en Statur, ber Sub» iwd ber aSelt; bat anbete bie ^atmonie bet aitotalit&t unb bet finnlid^en SBiKent, bet Snbgtted bt^ @eIbftbeU)uBtfeint alt folget; bat etfte alfo bie ^atmonie in bet gfotm bet 3(nfid^, bat anbete in bet S^otm bet S^ütfid^feint. 2Bat abet biefe beiben egttemen SnbgmedFe, bie gebadet finb, alt SDtitte Detbinbet, ifl bie Settegung bet toitlUdfeen ^anbelnt felbfl"*

3. St ifl ein btittet $oftuIat notl^teenbig, tteld^et bie beiben ^ßofiulate, bie beiben ^atmonien, bie beiben Subgmetfe, bie 9BeIt- otbnung unb bat motalifd^e @eIbflbeU)uBtfein Deteinigt. liefet leitete !ennt nur einen S^td: bie reine ^flic^t. ,,(St giebt nur €tne Zugenb, nur 6ine reine ^JfliAt, nur ßine SDtoralitftt."* Segiel^ung aber auf Statur unb SSelt DerDielfAltigen fi(^ bie $flid^ten unb @ittengefe^; et entftel^en eine SOtenge moralifd^er Ser^dltniffe, bie ju i^rer SBe^ grünbung unb Heiligung ein anberet 99ett)ugtfein alt bat menfd^liiibe Dorautfe^en unb f orbern. S)iefet anbere 93ett)uBtfein ift „ein ^err unb äde^errfd^er ber SBelt, ber bie Harmonie ber SDtoralitfit unb ber

CbenbQf. ©. 438-443. - ^ «benbaf. ©. 443. - » (ibenbaf. S. 455.

2)er fi4 etitfrembete unb bcr feiner felbft gctDiffe (&ti% 405

®Ifi(ifelisfett l^ert^otbringt unb augleid^ bte ^fiidgten als biete l^eiligt".^ 3n aSergleid^ung mit bem göttlid^en Semugtfetn erfd^eint bas menftfi- Itc^e burd feine 93e{(^r&nltl^eii f o unDoUfornmen, butti^ fein t»on ber @innli(^feit afficirtelS aSoIIen fo unlauter, bag e8 bie ©IfldffeUgleit old eine ntd^t burd^ SBarbigleit Detbiente, fonbern nur aud freier ®nabe gefc^enlte ermarten (ann. 9tein tfi nur fein 2)en!en. ,,2)a8 abfolute SBefen ift eben bieS ®ebad^te unb jenfeitd ber äBirtli^Ieit ))oftutirte; (^ ba^er ber ®eban!e, in metd^em baS moraltfc^ unboQIommene n unb SBoQen für DoIIfommen gilt, l^iermit aud^, inbem eS baffelbe für DoQmic^tig nimmt, bie @IüdEfeIig!eit nad§ ber 9Sürbig!eit, nftmlid^ nad^ bem Hfym }ugefd^riebenen SSerbienfte ertl^eilt. 3)te SBeltanfd^auung ifl hierin Doffenbet." *

4. ^ier aber treten und fd^on bie 9Siberf))rüd^e in ber moralifd^en SBeltanfd^auung entgegen. S)ie 9KoraIität ifi enttoeber gang ober gar nid^t, fie I&gt fid^ nid^tS abbred^en. @ein ober 9tid6tfein! Sntmeber DoDenbete SRoralitAt ober !eine. Senn ^flic^tbemugtfein unb SSirf- lid^feit, feine eigene äBirflic^Ieit nid^t üBereinftimmen , fo giebt eS !ein moralifd^ DoIIenbeteiS n)irllid&e8 ©elbftbelougtfein, alfo überhaupt lein moralifd^ mirüid^eS.^

^aburd^ loirb baS gioeite $oftuIat erfdbüttert: bie Harmonie ber 9}}oraTität unb ber @innlid6!eit. S)a biefe beiben einanber fortn)A]^renb loiberflreiten, fo mirb aus ibrer Harmonie eine Aufgabe, beren ßöfung fidg ins Unenblid^e l^inauSfd^iebt, obkool^I il^r Snl^alt reales S)afein Derlangt. 2)aS 3nbimbuum l^t beft&nbig baran gu arbeiten, feine @innltd|feit ber Snoratit&t gemfi§ gu machen unb in biefer älid^tung fortgufcbreiten, obmol^t eS baS Siel nie etreid^en fann unb barf/

9lun aber lann eS bem moralifd^en Semugtfein mit einer nie gu löfenben Slufgabe unb mit einem nie ju erreicbenben Siele unmöglicb^ ßrnfl fein; bal^er muft eS biefe feine 5ßofitionen unb fid& felbft Der« fteUen.

2. S)ie SBerfiettung.:»

9liemals ift bie moralifd^e äBeltanfd^auung ber !antifd6en $^iIo- fo))]^ie auf eine fold^e Steige gegen fte geklärter, epigrammatifd^er @))i|en gefteüt koorben, als in biefem ^bfcbnitte ber ^^Anomenologie.

1. 2)ie ®tädEfeIigfeit als Sol^n ber SBürbigfeit gel^ört an baS fernfie 3iel ber Seiten. Unb bodg fpQ iebe gegenwärtige ^anblung

1 Cbenbaf. 8. 445. - « Cbenbaf. @. 446. » ebenbaf. @. 448. * (gben- baf. @. 442. - * Qbenbaf. b. a)ie »eTpettuna. 6. 449-460.

\

406 ^er ®ci{l.

gut unb lauter fem; unb bod^ ift jebe gute ^anblung eine OueUe ber 93efrtebtgung unb bed ®Ifl(i8. @o toirb )ur ©egentDart gentad^t, maS nid^t in ber ©egenmart fein foDte. 2)a8 SBetou^tfein fprid^t eS olfo butä^ bte S£l^at aM, ba% e8 mit bem ^oftultren nic^t Srnfl ift.

2. 3m Sinjelnen unb burci^ eingelne ^anblungen gefd^iel^t in ber Seit unenbltd^ t)iel ®ute8. 3)a8 moraltfd^e SBetDugtfein aber f(6A^t bte einjelnen ^anbtungen gering unb fdfjaut empor gu bem abfotut (Buten aU bem erl^abenen, Ober alles Stnjelne »eit l^inauSgefiellten SnbaiDedFe ber Sßelt ober bem Sßeltbeften. Unb fo t)erflridEt ftd) bas moralifd^e 93emtt§tfein in folgeuben Sßiberfprudg: ,,9BeU ba§ aQgemeine Sefie auSgefül^rt merben foH, barum mirb nid^ts ®uteS getl^an".^

3. SnieS moralifd^e ^anbeln befielet im fortttä^renben Itampf mit ber Sinnlid^Ieit. Sie in iebem Itampf, fo toirb aud^ in biefem ber enbgültige @ieg erflrebt. Sie nad^ jebem @iege, fo mug aud^ nad^ biefem ber Stampf aufl^ören unb barf nidgt mel^r fortbeftel^en. Sa^er biefer Siberfprudb: ^Sei( baS moralifd^e ^anbeln ber abfolute Stt>e(f ifl, fo ifl ber abfolute S^^i, bag baS moralifd^e ^anbeln gar niefit öorl^anben fei".*

4. %6er ber @ieg ober bie S^oIIenbung ber 9RoraIttät, ba fie in feiner ©egentoart ftattfinben barf, n)irb in eine !änftige Seit aU in eine neblid^te Of^me l^inauSgerfidK, loo nid^ts mel^r genau )u unter» fd^eiben ifi, fo bag in aller ©egenioart unb SirHi(fi!eit bie SRoralitAt in 3tt)if4en: unb anitteljuftanben befleißt, b. 1^. in einer unt)oinommenen 3)%oraIitAt, bie fo gut ifl als gar feine.

3)a nun baS moralifd^e Sevu^tfein im Settu^tfein bes ItampfeS mit unb beS ®egenfa|eS gu ber Sinnlid^fett befleißt, fo ifl mit bem abfoluten €iege fiber bie le^tere am Si^tc ber Seiten baS moralifd^e Sevu^tfein unb bamit bie SRoralitAt felbfl erlofd^en unb aufgel^oben. @e$en loir nun, bag Don jenen Snittelguflänben gu biefem abfoluten 3iele ein beflänbigeS f^ortfd^reiten flattfinbe, fo mügte biefe fort- fd^reitenbe aRoralit&t ftd^ mel^r unb mel^r il^rem Untergange annähern, alfo ein beflAnbigeS Untergel^en unb Sbnel^men fein.^

€inb aber alle SRittel« unb 3mif(fiengufl&nbe unDoHfommene 9RoraIitat unb barum fo gut als gar feine ober gleicfi ber 9tid^t= moralitAt, fo fann audg bie ®IfldEfeIigfeit nid^t burd^ Sflrbigfeit ikt- bient, fonbern nur auS freier ®nabe empfangen Serben, b. 1^. fte koirb

' (ibenbaf. 6. 451. < »enbaf. e. 452. - > CEbenbof. 6. 454.

Ser fi4 cntfrembete unb ber feiner felbß gelDiffe ®eift. 407

nidbt Berbient unb ertootSen, fonbetn nur ermattet unb etl^offt. „2)te 91t(i6tmotaKt&t fpriii^t eben l^iertn aM, toaS fie x% bog eS nid^t um bte ailoraUt&t, fonbern um bie (BlOdfeligfett an unb far ftdb ol^ne 93e}te^ung auf jene }u t^un ifl/'^

@d fann barum oud^ füglid^ ntd^t bie Siebe fein Don einer 2)i8« Harmonie ber SD^oralttfit unb ®lü(ifelig!eit in ber fiegenm Artigen SBelt, ttiorin bie @äter unb ®enüffe fo ungereii^t t)ett]^eUt feien, bag eS bem @uten f^Ied^t unb bem Sd^Iec^ten gut gel^e. SBer ifl l^ier gut ober fc^Iedbt )u nennen, ba bod^ bie 9li(6tmoratttät l^errfctit, unb juiar o^ne SluSnal^me? „S)er @inn unb Snl^alt bes Urtl^eite ber (Erfal^rung ift baburd^ aOein biefer, bog einigen bie ®lfl(ifelig!eit an unb für fid^ nid^t julommen foOte, b.l^. er ift 9leib, ber fidft jum 2)eämQnte( bie SRoroIitfit nimmt. ®er ®runb aber, toarum anberen baS fogenannte ®lfl(f ju Z^eil toerben foUte, ifi bie gute Ofteunbfdlaft, bie i^nen unb fic^ felbft biefe ®nabe, b. 1^. biefen BufaQ gönnt unb mfinfd^t."'

Sd giebt bemnad^ leine ^ofttion bed moralifd^en äSetou^tfeiniS, bie burd^ bie 9lad^tt)eifung ber il^r iniool^nenben äBiberf))rüd^e nid§t }u erfd^üttern toixt, {eine Seial^ung, bie nid^t jurfldEgenommen, anberS geflettt unb Demeint »erben mfigte, fo bog eS mit ber Sadge Aber* ^au)>t nid^t^mft gu nel^men ift. 2)er $att))t))un{t, U)eld^en bie l^egelfd^e Ariti! unb ^olemi! trifft, unb Don bem fte nad^ allen Slid^tungen audflral^It, ifl ber S)ualidmu8 )tt)tf(^en äRoralit&t unb SEBirl« (id^feit, auf bem bie gange moralifc^e äSeltanfd^auung rul^t, unb gegen n)eld^en fid^ eine neue ®eflalt bed moralifc^en @eifled ergebt.

3. 3)a« OetDiffcn, bie f^dnc @ecle. ^d IBdfe unb feine SBersei^ung.'

Xa% eS ein moralifd^ed SBemugtfein giebt, unb bog e$ (eines giebt; bog toir genotl^igt finb, baffelbe ju Uiafitn unb gu Demeinen, begeid^net f^egel aU bie 3(nttnomie ber moralifd^en SBeltanfc^auung unb begrflnbet fie aud bem S)uaUdmuS gtoifd^en ^ßflid^t unb SSirKidt)» feit, ber bie ^ßfüd^t unwirflid^ unb ienfeitig, ba« SBetoufetfein ber SWoralitat unwirffam unb tl^atloö mad^t. äu8 bicfem t^atlofen 3u- ftanbe fe^rt ber moralifd^e ®eifl in fid^ unb feine Selbftgeloigl^eit als bie alleinige Quelle feiner ^anblungen |urftrf : in feinem @elbfl ifi ber SSiberftreit gtt)ifdgen ^ftid^t unb aSirfiid^Ieit aufgel&ft, ber 2)uaIiSmuS

' (Ebenbaf. @. 455. ~ » (Bhtnbal B. 455 u. 456. - » (Sbenbaf. c. S)ad (Bemiffen, bie f^öne 6eele. baft 95fe unb feine Seraei^ung. S. 460—492.

40S 13)er Oetf}.

beiber getitgt, ed ift fid^ beS 9lecbten unb ®uten unmittelbar bekougt unb t^ut ed, ol^ne ftd^ t)tel mit 9%efIesionen unb aKetl^onb SttoAgungen ju plagen. €etne ^jTidgten finb feine Ueberjeugungen, feine 9leigungen unb Sriebfebern. 3)a !ann t)on einem ®egenfa^ }n)if($en Sernunft unb @innlid^!eit, jn)ifd(^en $fli($t unb Steigung nid^t mel^t bte 9tebe fein. <Sd l^eigt je^t nicfit niel^r: „iib l^abe bie Ueberjeugung, bag i(6 bte $fli(i6t erfaaen foU um ber $f[i(6t wiQen", fonbern eS l^eigt: ^id^ ^abe bie ^ftid^t, nad^ meiner Ueberjeugung 3u l^anbeln, uad6 meinem beßen äBiffen unb ©emiffen, loeit eS mein Sßiffen unb meine lieber* jeugung ifl\

Siefe (Seßalt hti moralifd^en (BeifteS, um il^r baS SBort aus beut aRunbe ju nehmen, i{l »baS ®etDiffen'\ 2)aS ©euiffen uctl^eilt ton ber $flid^t, roit 3efu8 Dom Sabbat^: S)er SDlenfcb nid^t um bei €abbatl^8 miDen^ fonbern ber Sabbat^ ift um beS äJlenfd^en toUIen. ^2)ie $fli(bt ift nid^t mel^r bai bem @elbft gegenfibertretenbe WL- gemeine, fonbern ift getougt, in biefer ®etrenntl^eit lein @elten ju l^aben; eS ift je^t baS ®efe$, ba& um beg 6elbßd tMtn, nid^t um beffen millen baiS @elbfi ift."^ ^ieS toar e8, ma& fix. Ig. 3acobi loiber bie !antif(6e SRoratpl^ilofopl^ie in feinem 93rief an ^Wt (1799) gefagt l^atte; unb ed ift ber @tanb))un!t 3acobid, meldten C^egel, ol^ne xfftt ju nennen, an biefer @teDe feiner ^l^Anomenologie, in ber Sl^aralteriflit beS ®eU)if[enS unb ber moralifi^en @d(^5nfelig!eit Dor Sugen l^ai, tool^l eingeben! feiner Seurtl^eilung ber t^icobifd^en $l^iIofop]^ie in ber ^bbanblung über „®Iauben unb äBiffen".'

2)aS ©emiffen, meldgeS in Stebe fielet, ift alfo leinetoegS baS ge» meine ^fttd^tbekougtfein, baiS aQe unfere ^anblungen rid^tet, ob fie pflid^tma^ig ober :t)fltd^tmibrig finb, fonbern bie @elb{lgeu)t6l^eit einer fic^ il^red 9Sert^e9 ooUbetougten 3nbioibuaIitit, beren @elbfibeßimmungen, XDtil fie bie i Irrigen finb, gar niddt anberiS fein lönnen aU p^xi^U mägig. „SiejeiS ©emiffen ift oon iebem 3nl^alt flberl^au))t frei, eS abfoloirt fic^ oon ieber beftimmten W^^t, bie aU ©efe^ getten foK; in ber Araft ber ©ekoigl^eit feiner felbft l^at eiS bie Majefldt ber ab* fohlten Sutartie, ju binben unb gu löfen." „2)aiS ©eioiffen alfo in ber 3Jlaieflät feiner Srl^abenl^eit fiber baiS beftimmte ©efe| unb jebeti Sn^alt ber ^ftic^t legt ben beliebigen 3nl^alt in fein SBiffen unb SBoden; eS ift bie moraUfdge ©eniaUtftt, loeld^e bie innere Stimme

> Cbenbaf. 6. 465. - > 93g(. oben »u4 II. (&ap. III. €. 259-263.

2)et fi4 entfrembete unb bet feiner fclbll geioiffe ®etfl. 409

i^red untnittetbaxen Sßiffend aU gottüd(^e @ttmme mi^"; „^t ifl ebenfo ber ©otteSbtenfi in fid) fetbft, benn tl^c ^anbeln ifl bad 3(nf(^auen biefer iftrcr ©öttlicöfeit".^

S>tefeiS ®ett)tnen tft fd&dnfeüg, barum au(( rebfeltg unb fc^Dit^ rebnerifc^. S)q ed ft(6 t)ot aQem um feine ))erfönli(6en, eigenen unb eigentl^üniKd^en Uebergeugungen ^anbelt, bie nid^t jebermann l^at unb »ei^, fo befleißt bie SBa^r^eit berfelben gunäd^fi nic^t fomol^I in %\)aUn, qIs tn ber SB er fidler ung, bog man fol($e Uebergeugungen l^egt, in bem 9lu8f))red6en berfelben, in bem [Reben barfiber, unb gang befonberd barin, bog [läi bie gletcfigearieten €eelen i^re Ueberjeugungen gegenfeitig mtttl^eilen unb einanber in il^rer @en)if[enl^aftig!eit beftät!en, bie mit ben gemeinen ^flidbtgefai^Ien unb ber orbinären 37lora(ttftt nid^td gu tl^un l^at ,,S)cr ®ei{l unb bie @ubftana i^rex Serbinbung ift atfo bie gegenfeitige SBetfid(^erung t)on t^rer ©emiffenl^aftigleit, guten ^bftd^ten, baS Erfreuen fiber biefe loec^felfettige 9teinl^eit unb baS Saben an ber ^trlid^leit bed SiffenS unb 3(udfprec^en8, be$ ^egenS unb pflegend folget aSortrefflid^feit/*

2)te lantifd^e SRoral gebietet: bu \oUft ni^t lägen, nie unb auf feine 9Irt! 3)u foDfl nid&t tobten! u. f. f. Sagegen ereifert ficb 3acobt in jenem Srief an i^ic^te: „3a, id^ bin ber SCt^eifl unb @ott(ofe, ber bem äBiUen, ber nid^ts koill, gumiber lugen mtQ, koie 2)e8bemona fierbenb log, {figen unb betrügen toill, mie ber für Oreft fidg barfleDenbe $^Iabed, morben miD, tt)ie Ximoleon" u. f. f. 3n biefem Sufammen^ l^ang rebet er anä^ Dom 8(e|renraufen am @abbatl^, unb toie ber Sabbatl^ fidb gum äJlenfdgen berl^alte. ^egel l^at biefe Stelle ge))riefen, aber aud^ ba^ Bpxtä^zn in ber erften $erfon „3d& bin" unb „3cb toiir nid&t unbemerft gelaffen.^ Um bie Strt oon ©etoiffen unb @ett)iffen9^o]^eit anfd&autid^ gu madgen, bie ftc^ gleid^fam bie moralifc^e @d^lflffelgen)aft gufd^reibt, ift baS angefül^rte äSeifpiel t>orgflgIic^.

@d liegt nun fe^r nal^e, bag in biefer moralifc^en Selbftbefpiegelung bie @itel!eit mädbft unb bad Sdeiougtfein fid^ . lieber im Urt^eilen uub Sieben al8 im ^anbeln ergel^t, um burd^ bie äSerfil^rung mit ber SBirt- lid&!cit fidg nicbt bie 3:oiIette gu Derberben unb feine äleinl^eit gu be» fledEen. @o entfielet aus bem @emiffen bie fd^dne @eele (nid^t im 6inn ber goetl^efd^en 99e!enntniffe, fonbern) in il^rer f^toäd^Ud^en uub

» ^egel. aeßertc. II. 6. 473, @. 478. - « (gbenbaf. 6. 478. » btefcS SBerf. 6. 263.

410 2)ct tteifl.

fc^euen @entimentaUiät, toeldge buftet unb i}erbuftet. 2)iefem SeiDuBt* fein fe^It bie Araft ber 6nt Äußerung, „ti lebt in ber Sngft, bie ^err* lic^Ieit feines Snnern buic^ ^onblung unb S)Qfein in befletfcn, unb um bie äletnl^eit feines ^erjenS gu betoal^Ten, fliel^t e< bie aSerfll^rung mit ber SirHid^Ieit unb bel^arrt in ber eigenfinnigen Araftlofigfeit feinem gur legten Slbfiraction jugef pikten Selbfl )u entfagen". ^^tx boffU ©egenfianb, ben eS fid^ erjeugt, erffillt eS bal^er nur mit bem 99en)ugtfein ber Seer^eit, fein Z^un ifl baS SeJ^nen", „in biefer burd^ fiii^tigen [Reinheit feiner SRomente eine unglfliflid^e, fogenonnte f(6one @eele Derglimmt fte in ft($ unb f(jgn)inbet aU ein geftaltlofer 2)uft, ber fitift in ßuft aufI^jt^*

2)em ®etDiffen, U)eI(6eS feinen €d&n)er))unlt nid^t in ben Segriff ber $f[id6t, fonbern nur in feine ))erfönli(i&en Ueberseugungen unb äBiDendrid^tungen gelegt f^at, bieten fid6 jtoei 9Bege, bie ed 3u feiner Selbfientfoltung ergreift: ber eine ffil^rt burd^ boS ^M^pttiftn ber Ueberjeugungen unb baS SSerftd^ern ber eigenen ©etotffen^aftigteit }u jenem tl^atlofen 2)afein ber fd^önen Seele, bie in ftd^ verglimmt; ber anbere ffll^rt burd^ energifdgeS ^onbeln auS eigenften SRotiDen unb £riebfebern ju einer folc^en Sntgegenfe^ung gegen baS affgemeine 33e« U)u6tfein unb bie geiool^nlid^e ^if^tmoral, ha% biefed ®eu)iffen auf eigene Of^^uft eigenfinnig, eigennfi^ig, im ^öd^ften ®rabe felbfitfdb^ (ursgefagt ali böfe ®eftnnung erfd^eint, bie in ber aiflaSfe geioiffen- l^after Ueberjeugungen, unter bem Scheine beS Siedeten unb (Buten bo^ Spiel einer gu entlorüenben ^eud^elei treibt. ,,@8 gefleht ftd^ in ber Ztfüt als SöfeS burd^ bie Sel^auptung ein, bog eS, bem anertannten SlQgemeinen entgegengefe^t, nad^ feinem inneren ®efe^ unb @etDiffen ^onble. S)enn mAre Med ®efe$ unb ©eteiffen ntd^t boS ®efe^ feiner (Singetnl^ett unb äBilllflr, fo »Are e8 nid^t tttoaB SnnereS, (SigeneS, fonbern boS allgemein Slnerlannte. SBer barum fagt, ba§ er nod^ feinem ®efe^ unb ®emiffen gegen bie flnbern l^nble, fagt in ber J^at, ba6 er fie mife^anble/*

@o entfielet ber ®egenfa^ gteifd^en bem ,,böfen'' unb bem ^^be- urt^eilenben 99eiDu§tfein". 2)iefe8, fiberaD nad^ eigennfl^igen unb fc^Ieddten 9lbfi($ten fpAl^enb unb fiets entlarDungdbegierig, redgnet av^ bie großen üRAnner ber SSelt gu ben böfen unb ff^ted^ten, ba fie i^re geiDaltigen 3n)e(Ie ergriffen unb t)oDffi]^rt laben, niiii nad| ber Stidbt-

' ^egel. 9Bet(e. II. 6.480 u. 481. >- > (fbcnbaf. 6.481-483.

2)er fi4 entftembcte itnb ber feiner felbft getotfle (Beift. 411

fd^nur ber getoöl^nliii^en ^fltd^teninotal; fonbetn im Snttetften boDon beiDegt, aM r>otitx letbenfd^aftltd^eT Seele, f)aUn fte bie gtoge Sad^e fo fel^T 3u ber übrigen, ju il^rer eigenfien t)erfftnU(6fien Slngelegenl^it gemalt, ba% f)m jkDtfd^en (Eigennu| unb Eingebung gar nt(6t unter« Id^ieben toerben fatin. S)a8 beurtl^eilenbe 93eU)u6tfein unterfd^etbet au(& ittd^t, fotibem erÜArt bie SRotiDe tnSgefatnmt für etgennfi^ig, fie l^aben nur ou§ Sllu^mfud^t, Sorget)» ®Ifi(ifeItg!eit8trieb u. f. f. ge< ^anbelt. „(Es tann nd& ttint ^anblung foltiftem 93enrt^eUen entate^en, benn bie $f(id^t um ber ^fltd^t loiDen, biefer reine S^otd, xfl ba% UnmirlUdle; feine SSBirHiiibleit |at er in bem S£l^un ber'2(nbik)tbüQlitSt unb bie ^anblung boburdg bie @eite ber Sefonber^eit on il^r. (EiS giebt leinen gelben für ben Aammerbiener; nid&t aber, koeil jener nid^t ein ^elb, fonbern »eil biefer ber Äammerbicner ifl, mit weldftem jener nid^t als ^elb, fonbern ate €ffenber, 2rin!enber, ftd^ Aleibenber, überl^aupt in ber Singelnl^eit beS SSebfirfniffed unb ber IBorfteOung )u t^un ]^Qt. @o giebt eS fflr boS Seurtl^eilen leine ^anblung, in »eld^er ed nt(bt bie Seite ber (Stnjelnl^eit ber 3nbik)ibuQlitit ber allgemeinen Seite ber ^anblung entgegenfe^en unb gegen ben ^anbelnben ben Aantmerbiener ber äRoralitit mod^en Idnne. 2)te9 beurt^eilenbe SSe- n>ttgtfein i{} l^iermit felBfl nieberlrä(6tig, toeil e8 bie ^nblung tl^ilt unb il^re Ungleid^^eit mit il^r felbft l^erDorbringt unb fefll^ält. 6$ ift ferner ^euc^elei, loeil eS fotdbed Seurt^eilen nic^t fflr eine onbere 3)lQnier, böfe m fein, fonbern fflr baS recbte Sekougtfein in ber ^anblung audgiebt, in biefer feiner Unu)irflid&!eit unb Gitelteit beS gut unb beffer SSiffenS fic^ felbft aber bie l^eruntergcmad^ten Zitaten l^inauf- fe^t unb fein tl^otlofed Sieben fflr eine ))ortreff{i(6e 9BirIIid&!eit ge- nommen toiffen miD/ 3n biefen SBorten ftedEt fd^on bie Sogil, U)eld6e in ^egeld ^^itofoD^ie ber (Sefc^id^te bie Sd^ä^ung ber l^iftorifd^en ®r6§en bel^errf dbt. ^

^ ((bcnbaf. 6.484-486. SSqI. ftegel, »otitfungen über bie ^^ilofoD^ie ber ®ef4i(!^te. SSb. IX. S. 39-41. ^ter W ^e^el auf bte oben angeführte stelle ^tngett>iefen, o6ne ben Ort gu nennen, tto fie fte^t; ®oetbe ^abe ^e^n 3a(re f|)äter baffelbe gefagt, aber bie 9(eu6erung ®oet]^e< finbet fl4 f(^on in ben „föal)(« oettoanbtfftaften' (1809,) too fie unter ben fiefeftü*ten fte^t, bie fi^ Ottilie in i^r Zagebit« fitreibt (3Berfe. 1850. a»b. XIV. 6. 352): .d« giebt, fagt man, ffir ben ftantnterbiener (einen gelben, ba< f ommt aber blog ba|er, tteil ber ^elb blo6 Dom gelben anerfannt locrben tann. SDer Aammerbiener mxb aber loabr* f4einli4 feine« Gleiten su ^ä^^i^tn aiffen." SO^er ifi ber ,fogt man'? ©ottte man niftt meinen, bag ®oct^e8 Öttifie einen fblid in bie ^egelf^e $6önomcnoa logie getl^on f^abt, loo bie Stelle o(ne ,fogt man' fte^t?

412 2)et ®eifl. 2)er 1td( entfrembete unb bet feiner felbfi geaiffe ®ei{l.

SluS bem SudiSmuS Don ^flidbt unb aSirRtd^tett l^atten ftd^ jene ^o^ulote unb 9BtbeTf))rfld&e ergeben, bie boi^ Zfftma unb Mt 93erfteDung'' ber motdifd^en aSeUanf^auung oudmod^ten. S>iefer 2)uQli8mud ift auffielöfi: bie (Sinl^eit t>on $f[i($t unb SSirlUdlifeit (notfirlic^er ^nbiDibuGlitAt) ift baS (Semiffen, xooxaM auerfi bet ®egett- fo^ bed t^athräftigen, praüift^en unb beS t^atlofen, tl^eoretiid^ea de» miffenS in ber gform ber Mbntn Seele" l^eiDorgegangen mar unb }ule^t ber ®egenfa^ be$ ^böfen" unb beS „beurtl^eilenben 9eiDu|t- feinS", morin ber bualifiifdbe Sl^aratter bed moralifd^en ®eified gipfelte. 9tun finb bie beibeu Seiten biefeS (Begenfa^ed einanber gleid^ gett^orben. S)aiS beurtl^eilcnbe Seiougtfein, »elc^eS fid^ unb uns al9 ba8 aUgemetne 99eU)U^tfein ober ofö bie Stimme ber Sßelt gilt, ift in ber Zl^at eben fo beft^affen, U)ie bo8 nad^ feiner SReinung böfe Semugtfein geftnnt fei, barunter bie gro^n äR&nner ber SBett: fte feien nid^tMflrbig^ egoiftif($ unb l^eut^lerifd^. 2)Qd 99öfe jeigt ftd^ auf beiben Seiten: bie Seurtl^eilungSart auf ber einen Seite ift ebenfo böfe, ebenfo f^tedbt unb gemiffenloS ald bie ^anbtung8n)eife auf ber onberen. SSenn nun, U)ie e9 baS Selbjtbemugtfein mit fttb bringt, jebe ber beiben Seiten il^re 9li(i^tig{eiten erlennt, fid^ lAutert unb bie Steinzeit beS Selbfl« bemu^tfeinS ober beS ^äfi U)ieber]^erfteDt, fo löft fid^ ber ®egenfa^ auf unb es entfielt Don unb auf jeber ber beiben Seiten „bie SSec» föl^nung", tteld^e ^egel .»baS 95fe unb feine aSetieiJ^ung" genannt l^at. „S>ie aSunben beS ®etfieS l^eilen, o^ne bag Starben bleiben/ 2)er ©egenfa^ ift nid^t Derf(6&>unben, oietmel^r befielet berfelbe in voller aSirlUd^feit unb Araft: auf jeber Seite fte^ baS n)ir!(i(f)e aßiffen, bafi SeIbfibeU)u§tfein, baS 3d6, aber fo, bog fte ftd^ gegenfeitig nid^t oer» neinen, fonbern aner!ennen. ^ti^t erft ift baS Selbftbeiougtfein im maleren Sinne beS aSortS Derboppelt. 3)iefe8 gegenfeitige 9Iner!ennen ift ber abfolute ®eift. 2)er ®egeufa^ ift nid^t Derfd^munben, fonbern Derfö^nt. „2)ieS terfdl^nenbe 3a, menn beibe 3(6 Don il^rem ent= gegengefe^ten 2)afein ablaffen, ift baS 2)afein bed jur Smei^eit auSgebel^nten ^ä^i, baS barin ftc^ gleidb bleibt unb in feiner DoS- fommenen €nt&u6erung unb ®egent^eile bie ©ekoigl^eit feiner felbft {|at; ed ift ber erfc^einenbe ®ott mitten unter il^nen, bie ftcb als bad reine aSiffen ttiffen." ^

» «benbaf. 6.487—492.

$te Steligion unb bo8 abfolute Riffen. 418

3tt)olfteS Sapttel.

I. SBcfen unb ©tufcn bcr 9lcUflion, S)ic natürlid&e StcHgion.*

2)ie Srfd^etnung beS abfoluten @etfteS, b. 1^. fein @ekDu§tiDerbcn ober er aU ®egenftanb beS äSetougtfeinS ifi bie 9teItgion. 3n biefer fünften $au))tftufe be$ ^en)u&tfetn9 ftnb bie früheren als aufgel^obene 3)lomente entl^alten: bad SetDugtfein, bad @eIbfl6en)uBtfetn, bie SSer» nunft unb ber (Seift. Slud^ finb mir bort ber 9leligion ober bod^ reltgiöfen SSorfteÄunflSarten fd&on in Derfd&iebenen gformen begegnet: auf ber Stufe beS ©elbpetoufetfeinS erfd&ien fic in ber ©eftalt be8 unglttdE* lid^en 93en)uBtfein§, in ber Sßelt bed fittUd^en ©eifteS old bie äleltgion ber Untertoett, biefe toax ber @Iaube an bie furd^tbore unbelannie SJlac^t beS @(igi(!fate unb an bie SrinnQe beS abgefd^iebenen ®eifte$, in ber SBelt beS fid^ entfrembeien ©eifteS aU ba^ Steid^ beS ©laubenS im Aam:t)f mit ber SlufHorung unb aU bie Sleligion ber 3IufHörung, enblid^ in bem feiner fetbft geioiffen ©eifte als bie Sieligion bcr aWoralität.

®a bie 3leIigion baS SQSefen ©otteS nit^t burt^ SBegriffc erlennt, fonbem ftets in ©eftalten anfc^aut, fo ifl fie nod^ nid^t bie l^öd^fte unb t)oa!ommenfte @tufe beS 93en)ugifeind; fie ift eS in Slnfel^ung n)o^I beS ©egenfianbei^, nid^t a5er bed SBiffenl^. 3um Siffen gel^ört bie 3form beS begreif enben ®enlen8; in ©eftalten benfen l^cifet öorflcUen: bieS ift bie 9lrt ber geiftigen STl^atigleit, an loeld^e bie Sleligion ge« bunben bleibt, unb über bie fie nid^t l^inauSgel^en lann.

2)ie Stufen aber ber 9leIigion merben burd^ bie nö^ere 99eftimmt- l^eit ber ©eftalten d^aralteriftrt, bie nac^ ber fortf^reitenben Crbnung ber 2)inge ftd^ t)on ben natfirlid^en ju ben gei{ligen erl^eben, bis fie biejenige ©eftalt erreid^t l^aben, in neld^er ber abfolute ©eift fo er- fd&eint toie er in SBa^rl^eit ift, b. 1^. fid6 offenbart. S)a8 abfolute SBefen erfd^eint in ben SBerten ber Statur, in ben anfd^aulid^en 3Ber!en beS ©eifteS, baS finb bie jtunftn)er!e, unb jule^t in ber il^m abdquaten ©efialt: bemgemdg unterfd^eibet ^egel als bie brei ^auptftufen ber

* Cbenbaf. CC. a)ie »eligion. 6. 492-573. VII. S)ie IRetigioii. 6. 492 bU 500.

J

414 2)ie fRcIigion unb bad abfolute SQßiRen.

gieliBton ,,bic natütlid^e Äcligion", „bic Äunfir^Iigion" unb „bie offenbare Sieligion".^

2)te Sleltgionen merben nid^t getnod^t, fonbecn erlebt. 3tai^ ben €dbt(ffQlen, toelcbe bet menfAlidge ®ei{l erffll^rt unb bie i^n an^pxigtn, richtet fid6 bie 9lrt unb 9Bet|e, mie t^m ba9 @öttU$e, b. t. fein eigenfteiS, innerfieiS SBefen, erfd)eint unb fi(^ geftoltet. ^n feinen (Sattem malt fid& ber SRenfc^.

1. 9leIigionifiufen unb 9lcU0ionigef4t(l^te. SSenn bie genannten Sleligiondftufen mit ber ätettgiondgefc^icf^te Derglic^en merben, fo l^at unferem $^i(ofo))l^en bei ber natarlid^en bie orientatifd^e Sleligion in einigen tl^rer ^au^tformen, bie er nid^t nftl^er begeid^nei, Dorgefd^ioebt; bei ber itunftreligion ^at i^m bie ^ffenifdb^ üor SCugen geflanben, bei ber offenbaren bie (bri{Uid(^e. 2)ie parallele jmifd^en ber natflrUd(^en unb orienta(ifd(^en Sleligion motiDirt fid& nur anbeutungemeife burd^ ^iniocifungen auf bie inbifd^e unb dg^ptif^e älteligion. ^egel unterfd^eibet in ber natflrlid^en 9teIigion brei fort- fc^reitenbe 9rten, bie ftd^ Sid^t, Seben unb Serie begeid^nen (äffen bei il^m l^eigen fte „baS Sid^tmefen", „bie ^flanje unb bad S^ier" unb .ber SBerlmeifler".*

2. :3nbif4e unb Qg^ptifite 9leItgion. 3)ie Slnfd^auung bed ®öttlidgen a(8 Sic^tmefen, in „Sid^tgAffen" unb „oerje^renben Or^uerftrdmen" erinnert un8 fogleicb an bie tnbtfs^c SmmanationSte^re: ed ift bafi Sid^t, n)e((bed aufgellt unb bai$ aßeltaO burd^ftrömt, ol^ne in fidft nieber^ugel^en, b. |. o^ne ficb gu lebenbigen unb bemühten (Srf (Meinungen gu geflalten; eS ifl ber ^antl^eiSmuS be$ Sll'iSinen, beffen Attribute ,,nid^t gur 6elbft&nbig!eit gebei^en, fonbern nur S^amen bed Dielnamigen (Einen bleiben. 3)iefed ift mit ben mannid^fad^en Ardflen bed S)afeini$ unb ben ®eftalten ber Sßirt^ lidgteit ä(8 mit einem felbfilofen @(bmude angelleibet; fte finb nur eigenen SBiDenS entbe^renbe 93oten feiner SRad^t, ^[nfd&auungen feiner ^errlitbleit unb Stimmen feine« 5ßreifeS".*

^ A. Slatfirlid^e 9lc(igton. 6. 500—509. B. 2)ie Itunß'dleligton. €• 509 bis 543. C. ^ie offenbare Steltgion. @. 542—573. ^egel ^at bie gmeite ^aupt- ftufe «fünPIic^e 9leIigion' Don «ber natftrli^enf unterfc^ieben (6. 499—500), btcfen 9(u«brucf aber ali einen migoet^dnbU^en unb Derfe^Iten bux^ ben beffeien ^ftunPreligion" erfe^t. > übenbaf. a. 2)ai Si^ttoefen. 6. 502—504. b. 2)ie Vflanae unb ba< £^ier. 6. 504—506. c. ^er 9&er!mei1ler. @. 506—509. » ebcnbaf. 6. 504.

2)ie iReltsion unb baS abfolute äBiffen. 415

2)ie Unfd^ulb ber Slumenreligion unb bafi totlbe Z^terleben aU ein ©tnnbilb t)ernid6tenbcr SßöHcrfrieae, ein ©üb bcr SßbllcrfcÖQften, bie, koilben Silieren glet^, fid^ segenfeittg getretgen, bie (Sroberung unb ^Unterjod^ung )u Sta^tn'' erinnern Don neuem an baS inbifd^e 9leItgion8U)efen, bas ben 3(ufgang beS freien @elbftben)u^tfein8 erbrütft.

S)er 3Ber!meifier, ate beffen SBerle beif))ieten)eife bie ^^ramiben unb ObeliSfen angefül^rt loerben, bebeutet bie bemiutgifdde 2:i^ätig!eit beS &g^))tifd^en ©etftefi, ber foldge SBerle Don ftarrer Stegelnii^igleit. riefenl^aften Ar^ftaffen vergleichbar, infKnctartig l^erDorbringt, mie bie 93ienen il^re 3eQen bauen; biefer bemiurgifci^e ä)ilbungdtrieb erl^ebt fidb über bie unorganifd^en ^formen unb greift 3ur Sl^iergeftalt, um in fiummen unb bebeutfamen Silbern ft($ einen ]^terogI^))l^ifd^en 3(uS= brujIF ju Derfd^affen, er Dermifd^t bie beuu^tlofen ©efialten mit ben bekDugien gu r&tl^fell^aften ®ebi(ben, unb fd^reitet fort bis gur SDlenfc^en^ geftalt, gur äJlemnonSf&uIe, bie aber nod^ nidgt Dom (Seift ber @))rad^e bcfcelt i% fonbern, Dom erflcn ©tral^Ie beö 2id&t8 getroffen, nur er= Hingt. ,,2)ie @eele ber menfd^Iid^ geformten 93ilbföule !ommt nod^ nid^t aus bem Innern, ift nod^ nid^t bie Sprache, bad 2)afein, ba§ an i^m felbfl innerlid& ift/ „SDer SBerfmeifler Dereint bal^er beibcS in ber 93ermifd)ung ber natürlidgen unb ber felbftbemugten ©eftalt, unb biefe gtoeibeutigen fid^ felbft r&tl^fell^aften Sßefen, baS SSekougte ringenb mit bem 93ett)u§tIofen, bad einfach innere mit bem Diel- gefialtigen .^eugeren, bie 2)unlel]^eit beS ©ebanlend mit ber Alarl^eit ber 9leugerung ))aarenb, bred^en in bie Qpxaiit biefer fd^ioer Derfl&nb= lid^en SBeifil^eit au$/'^

IL 3)ic Äunftreligion.

@d finb bebeutfame unb r&t^fel^afte ®ebilbe, biefe SRifd^loefen Don S^ier unb SWenfdfi, in bereu ^erDorbringung ber aBerfmetfter fid& an baS Sid^t ringt. 3)ie Safung beS Sflfttl^fete ift ber @ieg beS ®eifted über bie nieberen t^ormen ber 9latur unb feine 2)arftellung in ber il^m aböquaten SRenfd^engeftalt. 2)er SBerfmeifler ift gum Aünftler unb geifligen Arbeiter, bie Sieligion ift gur Äunftreligion geworben, in ber ftd^ alled gum Aunftmerf geftaltet: ber jtultud, bad öffentlii^e mie bad geiftige Seben. 3)er wirllid^e ®eift, ber in ber jtunflreligion fein SSefen barfteDt unb anfd^aut, ift „baS freie 93olf, morin bie Sitte bie

^ ebenbaf. 6. 506-509.

416 tDie Sieligion unb ba< ftbfolutc SSiffen«

Subftana aOer aMmai^t, beten Sir!(id6!eit unb 3)Qfein aüt unb jeben Sinjelnen aU fetneu äBiDen unb 2:^Qt »eig". S)a ber StnltM nicbt bad t)oI!e concrete Seben in ftdb begreift, fonbern qM 2em)}elbienfit ber SBirflidbteit gegenfiberfte^t unb ftcb t)on tJ^r obfonbert, fo l^at i^n ^egel als ,,ba8 abfirocte Aunftmexf bejeid^net im Unterfcbiebe bon htm „lebenbigen" unb beut „geifligen Äunfltoerl", 3ht bicfer bretfad&cn ^ilbflufung fielet er bie Sntn)tdKung ber fiunfheligion«^

3n !einem (^elbe feiner ^^änomenologie l^at ^egel aus fo trollen unb entl^ufiafiifc^ beiDegten ^nfd^auungen gefdgöpft al8 l^ier, n)o eS ft(( um ben @eift unb bie Steligton beS l^eDenifii&en äiolls l^anbelt; unioiD^ türlidb gebenlen mir ber Stnflüffe feiner ^ugenbfreunbfc^aft mit ^ölberttn in ben tübinger unb fronifurter Seiten; t>on feinen früheren ©d^riften bergegeniD&rtigen mit und ben Suffa^ „über bie miffenfd^aftKdgen 9^« ^anblungSarten be§ 9laturted6t8", insbefonbete ben Stbfd^nitt fibet ^bte abfolute Sitllid^Ieit".* S)ie Sufifü^tungen, roeld&e ^bie ÄunftreUgion" bel^anbeln, ben Slufgang unb Untetgang einet Sßelt t)oQet 3been unb Sd^ön^eit, entl^alten aud(^ bie fd^onften @teQen bet ^l^AnomenoIogie.

2)ie apodiz ber abfoluten fiunfl, mie ^ege( fte nennt, ift babutcfe d^ataftetifitt unb bebtngt, ba% bie 93anbe beS fittlid^en ©eified fic6 ff^on gelodett unb gelöft l^aben; bad Sdgmetgemid^t bet ftttlt^ett Subfiang, bie alle Singeinen buttbbtingt unb ju ®Uebetn einefi l^ar- monifdgen ©angen mad^t, ift gel^oben unb leidet gemorben^ bamit ift ,,ber abfolute Seid^tfinn beS ftttlid^en ©eifteS", bie Oftei^eit ber 3nbt- t)ibuen eingetreten, baS @elbftben>u6tfein, gugleid^ erfttOt unb frei, l^at fid^ ber ©ubftanj bemd6tigt unb etl^ebt i^ten 3nMt aus bet nftd^t^ Ud^en ä^iefe feinet funflletifd&en 3:i^Atigfeit in bie DoQenbete O^otm beS fiunfimette. Sin l^Dd^ft methofltbigeS unb tief BebeutfameS SBott, mie ^egel biefe äJlenfd^metbung ©otteS butdb bie gtied^ifc^e Aunfi be* geid^net. „S)iefe O^otm ift bie 9lad^t, toorin bie @ubftanj üertatl^en marb unb fid^ jum @ubject mad^te; aus biefer Stad^t ber reinen ©e= mig^eit feiner felbfi ift eS, bag ber ftttlid^e ©eift als bie t)on ber Siatut unb feinem unmittelbaren 2)afein befreite ©eftatt aufetfie^t."'

^ (£6enbaf. a. 2)a< abfiracte Itunftoctl. @. 509—522. b. Xa% (cbenbtge ÄunpiDetf. 6. 522—527. c. ^aS geipige Äunfhoetf. S, 527—542. »gl. biefe« aßet!. a3u<6 I. €op. IL 6. 17—19. dap. IV. 6. 35-41. SBu* U. 6ap. IV. 6. 278-289. ' ^egel. 3Bet!c. IL ©, 511 u. 512.

S)te 9leIigion unb baS abfolute SBiflen. 417

1. 2)er Kultus. Sa< abstatte üunlltoerf.

3n bem Stempel erfd^eint bie tnenfd6It(fi geformte Sitbfdule beS ®otte§, nid^t cils bunHeS ^lahtrtDefen, ntd^t in tttanenl^after Ungeftolt, fonbem in ol^mpifdger Alar^eit unb ©d^önl^eit. SBie fic^ aud^ bie aWengc baju tjetl^olte, betounbemb unb Derel^renb, onbetenb unb opfernb, ober auä^ einige mit jtennermiene urtl^eilenb unb meifiernb: ber ßünfiler ijiber ©(ftöpfer unb ÜKeifter unb fülfttt fidfe ol8 fold&er. ®aS ftumme Aunftkoerl ift lein ©egenftonb bed AuItuS. @oD ber @ott in feiner ©emeine a^S^w^^ärtifl f^in, toie eS ber ÄuItuS forbert, fo muffen Beibe Seiten burd& bie ©prod^e geifüg befeclt toerben : bie Sprad&e ber onbäd^tigen ©emeinbe ifi ber l&^mnift^c ©efong, bie ©prod&e ber ©Otter finb bie Drofel unb, loie 2lntigone gefogt l^at, ieneS fiebere, ungefd^riebene ©efe^ ber ©otter, baS ett)ig lebt unb Don bem niemanb toeife/ öon toannen eS erfd&ien. Slber „in ber SRod^t, n)o bie @u6f!an3 Derratl^en toarb unb fid^ 2^^ ©uBiect mod^te'', l^aben audg bie en)igen ©efe^e beS SSal^ren unb ©uten aufgel^ört bie ©prad^e ber ©Otter 2^ f^in, unb baS ©elbftbemugtfein, ba$ n)iffenbe 2)enlen ent= pQt fid) als beren ClueQe. 2)ie Oralel bleiben bei ben ©öttern, unb bei ben Drofeln finb nid^t bie allgemeinen SBJal^rl^citen, fonbem bie befonberen Angelegenheiten beS fßolU unb bie nü^ßc^en Sflat^fd^löge, bie baS 3ufäBigc unb Sefonbere betreffen. „SBic jener SBeifc beS Sntertl^umd, toad gut unb fd^ön fei, in feinem eigenen 2)en!en fud^te, bagegen ben fd^ted^ten guf&Qigen ^n^alt bed SSiffenS, ob eS i^m gut fei, mit biefem ober jenem umgugel^en, ober einem Selannten gut, biefe Steife ju madgen, unb bergleid^en bebeutungSlofe 2)inge bem S)ämon ju »iffen überliefe, ebenfo l^olt ba3 affgemeine Semufetfein baS SBiffen t)om 3ufftQigen oon ben SSögeln ober t)on ben 93öumen ober bon ber göl^renben 6rbe, beren ®ampf bem ©elbfibetoufetfein feine aSefonncnl^eit nimmt; benn ba8 SufäHige ift baS Unbefonnene unb f^rembe, unb baS fittlid^e Semufetfein lagt fidg alfo aud^, mie burdg ein SBürfeln, auf eine unbefonnene unb frembe SBeife borüber be= flimmen."^

2)er anbdd^tige ^^mnuS ift leine ^anblung unb l^at {ein fort- bauernbeS gegenftönblid^eS SSeftel^en. 93eibe3 gel^ört gum Aultud. 2)ie toirflic^c §anblung ift baS Opfer ber SE^iere unb 3früd()te, bie ^in= gäbe eine« aSefi^eS, bie fid& aber burd^ bai Dpfermol^I toieber aufgebt

1 (Ebenbaf. 6. 514-518. gf i f di e t , ©eT($. b. milol VIII. «. ». 27

418 2)ie 9le(tgion unb baS abfolute SBilfeit,

unb in ®enu| l^etloanbeU; bie gegenftftnbli($e Orottbouet ber Snbad^t befielet in bem Sd^ntud bet ©dttetiool^nung unb in ®ef(!6en!en, bte bem ®otte gen)ei^t ftnb. „(&S ifi aber nt($t nur bie ©^re be9 ®otte8, bie ju @tanbe lommt, unb ber Segen feiner ©eneigtl^eit fitegt niilit nur in ber SSorfiellung auf ben 9(rbeiter, fonbem bie Arbeit |at anäi bie umge!e]^rte 93ebeutung gegen bie erjie ber Snt&ugerung unb ber fremben Sl^re. 2)ie SBo^nungen unb fallen beS @otte8 finb fflr ben @e6rau(jg beS äJlenfd^en, bie @d^ä|e, bie in jenem aufbekoal^rt ftnb, im 9lot^faae bie feinigen; bie Sl^re, bie jener in feinem Sd^mudEe geniest, ift bie Sl^re beiS tunflreid^en unb grogmfltl^gen SSoßeS." «@S i)ai in ber Sl^renbegeugung unb 2)arbringung ber ®aben unmittelbar ben ®enug feines eigenen 9leicbtl^umi$ unb ^u^eS."^

2. 2)aS (elbenbige l^unfiioer!.

Seiner Sinl^eit mit ben göttlid^en Sebenl^mftd^ten fi4 beiou^t» begel^t ba^ religiöfe Soll bie m^fiifd^e gfeier ber SereiS, bie offentlid^e bed f&actS^M, unb erfd^eint in ber 2)ar{teIIung ber eigenen @tdr!e unb Sd&önl^eit ben 93ilbf&ulen feiner ®ötter Dergleid^bar, nid^t rul^enb, fonbem im 9Bett!am))f ber 93en)egung unb Araft. @o entfaltet fic^ bie 9leIigion ber Aunft in ben eleufinifd^en STi^fierien, in ben 2)ion))ften unb in ben nationalen @))ielen als „baS lebenbige ftunfttoer!'. «^SDoS äJt^ftifd^e ifl nid^t 93erborgen^eit eines ®e^eimniffeS ober Untoiffenl^eit, {onbern befielet barin, bag baS €elbft fic^ mit bem SBefen SinS toti% unb bicfeS alfo geoffenbort ift. JRur baS ©elbjt ifl [\ä) offenbar, ober toaS offenbar ifl, ifi eS nur in ber unmittelbaren ©etoifel^eit feiner.**

3)er 9taub ber $rofer))ina^ bie Alage ber (SereS, ber Xrium|)|iug beS ädacd^us, ber t)om 3(ufgang beS SidgteS ]^er!ommt, l^aben fid^ in ben griedgifd^en g^res« unb aSacd^uSfeften jum lebenbigen ftunftioert geftaltet. „Sl^eilS jur ftiD!rdftigen @ubftang, tl^eilS aber gur gei^gen ®&l^rung ift ber Srbgeifl in feiner 3)letamor))|ofe'bort jum meibUd^en principe ber Srnftl^rung, '^ier }um m&nnlid^en ^inci))e ber ftcb treibenben Araft beS felbflbeiougten 2)afeinS gebiel^en." «,9ßaS hiermit burd^ ben AuItuS bem felbftbenjugten ©eifte in il^m felbft offenbar getoorben, ifl baS einfädle äBefen als bie 93en)egung, tl^eils auS fetner nöd^tlid^en SDerborgenl^eit l^erauf in baS Seiougtfein ju treten, beffen fliKerna^renbe Subftana ju fein, tl^eils aber fid^ ebenfo toieber in bie

(Sbenbaf. @. 522. - > CEbenbaf. 6. 524.

2)ie ftcHgion unb bafi abfolute as^iffeii. 419

unietirbifd^e Slad^t, in baS @elbft 3U t)eTlteTen unb oben nur mit fttKer 372utterfe]6nfu(l6t gu t^rioeiUn. S)er laute Zrieb aber tft baS t>ielnami{ie Sid^ttoefen beS SlufgangS unb fein taumeInbeS Seben, baS k)on feinem abfiracten 6ein ebenfo abgelaffen, fid^ guerft in bad Qt^tn- ftfinblif^e S)afetn ber C^rud^t befaßt, bann bem ©elbßbeiDuBtfein fid^ l^ingebenb, in il^m gur eigentliiiben SBirtlid^feit gelangt, nun als ein Raufen fd^ioärmenber SSBeiber uml^erfd^ioeift, ber ungebAnbtgte Taumel ber Statur in felbfibetougter ®efialt." Sir geben!en ber SSorie @d^iller8, toie er ben 99acd(iu8)ug f^ilbert: „S^aun unb @at^r taumeln il^m t)oran, um i^n fprtngen rafenbe äßAnaben" u. f. f.

UnmiHlarücb Dergleid^t ftd^ im (Seifte unfereS $]^iIofo))^en baS 37l^{lerium ber Itunftreligion mit bem ber offenbaren Steligion: bie Eingebung beS menfdbgetoorbenen 9taturgetfted mit ber Eingebung beS menf($gett)orbenen ®otted (abfoluten @eified). @r fagt k)om 9taturgeift: ,,6ein felbftbeiougted Seben ift bal^er nur bad aJl^fterium beS SrobeiS unb bed Seins, ber €ered unb bes 93ac(^uS, ni^t ber anbem, ber eigentlid^ oberen ®ötter, bereu ^nbiotbualität als toefentlid^eS SJloment baS @elbfibeiDugtfein als foId^eS in ftd^ fdbliegt. Slod^ l^at ftdg i^m alfo ber (Seift als felbftbetougter @et{t nid^t geo))fert, unb baS äR^fterium bes SBrobeS unb beS SBeinS ift nocb nic^t baS 9}l^fterium beS Ofleifc^eS unb beS SluteS."^

2)ie malere Offenbarung beS menfd^getoorbenen 92aturgeifieS ift bie Sd^önlgeit unb Araft bcS loirüid^en äRenfdben unb beffen feftlidge SSer^errliddung. r,<Sin foldber JtuItuS ift baS Or^ft, baS ber äRenfdb gu feiner eignen ßl^re ftift giebt." ^3)er SKenfd^ ftettt alfo an bie ©teile ber 93ilbf&ule fi4 felbft als gur DoQIommen freien 93en)egung er= gogene unb ausgearbeitete ©eftalt, toie jene bie Dolüommen freie S^ul^e ift*, ein befeelteS lebenbigeS Aunfttoer!, baS mit feiner @$ßnl^eit bie St&r!e paaxi, unb bem ber €$mud, toomit bie äSilbföuIe geeiert iDurbe, als $reis feiner Araft unb bie @^re, unier feinem fßolU ftatt beS fieinernen (SolteS bie l^ödbfte leibliche 2)arfteQung i^reS 9BefenS gu fein, gu Sl^eil toirb."

3. 2)a< geiftige itunfiweTf.

2)ie beiben Seiten beS lebenbigen AunftkoerlS finb gu k)ereinigen: bie bacd^ifd^e 93egeifterung unb bie fd^one Aör))erlid^leit; in jener ifl

> (ibenbaf. 6. 521—525. - « ^benbof. 6. 525 «. 526.

27*

420 2)ie Sleligion unb bai abfolute aSßiffen.

bafi €elbfi äuget {id^, in biefer ba9 fietfitge aßefen; bad einzige SIement, in toeld^em bie Seteinigung ftd& t)all)ie]^en l&%\, \o bag inneres unb 9eu§ere8, bie aSegeifterung unb bie ®ef}altung, einanbet t)oDIomnien entf))red^en, ifi bie €))rQd6e, nid^t bie bocd^ifdge; fonbecn bie bid^terifd^e unb befonnene Segeiflerung, nid^t ber jiDeibeutige Oratel- f))tud^, nid^t bei ^^ntnud, ber nur ben einjelnen ®ott ))reift, nt($t ba« in^altlofe @tammeln ber bacd^ifd^en SHaferei, fonbem bie gebQn(ent)one, gepaltenreid^e, mol^ItSnenbe Sptai^t ber 2)idbtung, bad ))oetifd6e Aunft^ tt)erl: boS Spo8, bie Zragöbie unb bie Aoni5bie.

1. 2)er €d^QU)){a^ ber 99egeben^eiten, bie baS SpoS erjdl^It, he^ fte^t nidgt in 3nbit)ibuen, tt)eld6e bie ©lieber eines fittlt($en ®on]en (bed Staats) auSmaf^en, fonbern in ben 93oItegei{lern ober SSöIIer^ fd^aften, bie )u einem ®efammtDoI! gel^ören unb ftc^ unter bent Dber» befe^t (nid^t unter ber Ober^errfd^aft) eines il^rer 9)ol!sffirflen gu einer gemeinfamen Unternel^mung t)eretnigen. 2)te SSoßSgeifter inbiDtbuali^ firen ftc^ in il^ren ©Ottern unb gelben, ber ätilferlrieg, ben uns baS @poS fd^tlbert, in ben fi&ntpfen ber gelben unb in bem ©ötterfirett, ber ben Arieg erjeugt ^at unb in bie St&mp^t ber gelben eingeigt, lieber biefer ganzen 3Be(t t)oIler Araft unb @d^5nl^eit fd^mebt baS blinbe @d&idEfaI, baS Aber aQe biefe ®eftatten> bie SSöÜer, i^re ©Btter unb gelben ben Untergang, baS SooS alles Serg&nglid^en, Der^dngt l^at. Ss ift gleid&fam ftnnbilblic^ fttr biefe ganje 9BeU, ba§ bem !raft))oDf}en unb f^iönften il^rer gelben befdgieben ift, in DoDfter 3ugenb 3U fierben; er lennt biefeS fein @d&i(ffal unb trauert barflber.

9(ber bie S^^aten ber gelben unb il^re Sd^idfale toerben auf^ bewal^rt im ©ebdd^tnig unb fortgepflanzt burdb ben SDlunb beS @änger8, ber in ber @prad(ie beS 6poS bie ©cftalten ber gelben aus bem Der- gönglid^en 2)afein in ben Slet^er ber ajorftellung (beS ä^orgefteOtfeinS) ergebt unb l^ter Deremigt „@ein ^at^oS ift nid^t bie betöubenbe Statur^ madgt, fonbern bie äRnemof^ne, bie 93eftnnung unb gett)orbene ^nner^ lid^teit, bie Erinnerung beS Dorl^in unmittelbaren SBefenS. @r ift boB in feinem ^nl^alte Derjd&kotnbenbe Organ, nid^t fein eigenes @elbfi gilt, fonbern feine SRufe, fein allgemeiner ©efang/^

2. 3)aS epif(^e @d^iäfa[ ift leer unb mug mit bem 3nl§alt ber ^anblung erfflDt metben. 3)ie gelben follen il^r Sd^idffal nid^t bto^ etleiben, fonbern aud^ bemirten. 2)iefeS @(6id(fal, baS bie Sl^araftere

» ebenDQf, 6. 528.

2)ie Religion unb ba< abfolute SBiffen. 421

(ettegt unb aus i^rer 9rt, il^rem $at^od unb i^rer ^anblungsioetfe l^eiDorgel^t, ifl bad tragifc^e Sd^idfal unb feine S)atfieBung in bet Sprach befi Xitbtti^ bie Ztagöbie. 9Sir finb ni^it mtffx auf bem @(6QU))la^e einet aDöHerDerfammlung, fonbem auf bem 93oben be9 fittUd^en @eifte8» bet ftd^ in ben ®egenfa^ ber gfamilie unb Stoati^- mac^t, beS unterirbifd^en unb oberen Sled^tS, beS göttlid&en unb nienf(6- lid^n @efe^ed, beS meiblid^en unb männ(i($en S^araÜerd fd^eibet; toit erinnern unfere ßefer an MeS, »aS toxx im ^inblidE auf bie %\)pen tragifd^et Sonflicte t)on ^egel Aber bie Sumeniben bed 3(efd6^Ioi$ unb bie Sintigone bed Soplfotlt^ bereits gel^ört l^aben.^

3. ^ud^ t)ergegeniD&rttgen »ir und, luad ^egel über bie unDer- meibUd^e SDerblenbung tragifdger @:^ara!tere tief^nnig gefagt l^at: tote fie burd^ il^r ^atl^od jugleic^ erleuchtet unb Derbunlelt tt>erben, fo bag fie bie eine 3)la$t, auf toeld^e il^re ^anblung ftdd rietet, fe^r beutltd^, bie anbete bagegen, toeld^e fie toiber fic^ aufregen, gar nid^t feigen. Sie feigen tool^l bie S^ede il^tet S^l^aten, nid^t aber bereu O^olfi^n. S)a]^er ift i^r Sd^idfal bo))))etfinnig: bie Srreid&ung bed S^edfS unb bet @tur) ins 93erbetben. S)a|et ftnb aud^ bie @c^i(ffatefptfld^e boppel* finnig unb gmeibeutig: bie bet $^t^ia ebenfo roit bie bet ^ejcen im äJlacbetl^; aud^ ^amlet fütc^tet, ba^ bet (Seift feines 93atetS, bet il^m baS ®efd^e]^ene offenbatt l^at, ein ßflgengeift fein tonne. i,2)ie IRafetei bet ^rieftetin, bie unmenfdblid^e ®e^alt bet ^ejen, bie Stimme beS Saumes, beS SDogelS, bet Ztaum u. f. f. finb nid^t bie 9Seifen, in meldten bie SBal^tl^eit etfd^eint, fonbetn loatnenbe Seid^en beS 93ettugS, bet SRid^tbefonnenl^eit, bet Sinaelnl^eit unb SufADigleit beS SiffenS/'

4. 2)aS ttagifd^e @d^idfal befielet in bet €fl]^nung bet @d^ulb obet in bet ttagifd^en 33etf5l^nung unb ift enthebet bet Untetgang bet feinblidben 3Jl&d^te, b. i. bet S^ob, tote bet Untetgang bet Sntigone unb bet Orantilie beS Ateon, obet bie O^teifpteddung nid^t k)on bet Sd^ulb, bie nichts ungefd^e^en machen lann, fonbetn Don bem SSetbtedgen, toie bie O^tetfprei^ung beS OtefteS butdg bie ®5ttin 9(tl^ene in ben Sumeniben beS %[efd6^(oS. 2)aS ttagifdge ©cbidfal bet erften Sltt nennt ^egel „bie Set^e bet Untettoelt", bas bet jtoeiten nennt et fel^t fd^ön ^bie ßetl^e bet Dbettoelt".'

5. 2ln bem )ufc^auenben 93etougtfein toedt bet SDetlauf bet ttagifcben ^anblung eine lÄeil^e toeifet, ben Seiben. unb Sd^idfalen bet €^ata{tete

» «ftlToben »u« IL (S^ap.IW. 6.281-286. €a|). X. 6.371-378. §egel. aSöetfe. IL 6. 533 u, 534. - » «bcnbaf. 6. 535-537, - » «benbaf. 6. 537.

422 2)ic Slcltgion unb baS abfotutc W\f\tn,

angemeffener Sefiendbetrocbtungen, iDeldge, ha fte sur Sad^e geboren, ber tragifd^e Aflnftler in fein SBer! aufnimmt unb burdt) ben „S^or beS alters", oIS ben Steprafenianien beS SBoIte, Qui$ft)Te(6en lägt. Unter bem SinbrudE ber ^anblung, ber bartn ^errfc^cnben Setben- fd^often unb maltenben l^5l^eren fOl&iiU mirb ber C^or Don ben ®effi^Ien beS SRiileibS unb ber f^urd^t bekoegt. „3n ber gfurdgt bor ben l^öl^eren äUftd^ten, toeld^e bie unmittelbaren Srme ber Subftong |tnb, t)or il^rem Kampfe mit einanber unb oor bem einfügen @elbft ber Slotl^menbigfeit, baS oud^ fie, mie bie Sebenbigen, bie an fte geinfipft finb, sermalmt; in bem SDHtleiben mit biefen, bie eS jugleid^ ald baffelbe mit ftd^ felbft mx%, ifl für eS nur ber unt^ötige €d6red(en biefer Seioegung, baS ebenfo l^fiIf(ofe Sebauern unb aU Snbe bte leere 9tul^e ber Srgebung in bie 9totl^n)enbigfett, beren SBerf nic^t bie not^ttenbige ^anblung beS Sl^aratterfi unb nid^t aH baS Zl^un beS abfoluten SBefen« in ftc^ felbft erfagt »irb/^

6. 3m Ofottgonge ber Aunfireligion ermeifl fid^ immer einbring- lid&er unb mAd^tiger ber totrHidge 3Renfd6 a(8 bei fc^öpferifd^e @runb, aus bem biefe Sieligion mit i^rem gongen ^n^alte ]^ert)or* unb in ben fie jurüdFge^t. 3m ®tunbe ift eS ber Aflnfller, biefer n}irni(6e SRenfdg, ber bie jtunftreltgion mod^t, er ift ber Schöpfer unb SReifier ber 93ilbfaule beiS ©otteS unb oDer i^r gegoQten Semunberung unb 93ere^rung; er ift aU 2)id&ter ber @d^öpfer unb 9Reifier ber ZragSbie, ol8 Sd^Qufpieler, aU biefer mirRid^e SJ^enfcb in ber Staate, ber jtünftler, ber bie S^araftere l^onbelnb unb (eibenb borfteDt; enblid) finb t^ boc6 bie n)ir!Ud^en SJlenfd^en, »eld^e bo$ guf(6auenbc Sdemugtfein, baS SoU unb ben S^or auiSmad^en, ber ben ®ang ber Qeibenfd^aften unb ber ©d^idfaldmAdbte betrod^tet, erfennt unb fic!^ eben baburd^ auc!^ barflber erl^ebt. 9luf biefen gfortgang ber jtunftrcligion, auf biefen Slfidgang ber 9teIigion burd^ bie jtunft in bie liefen bed mirüid^en S3en)ugts feins, auf biefe (Erhebung beS le^teren legt unfer $t)iIofopI| boS größte ©eteidgt. (Es gefd^ie^t auf bem SBege ber jtunfireligion, bog bud mirÜid^e Setougtfein ben ^immel entDöIfert unb bie religiöfen 3näc6te ber SBett erjeugenb, barfteQenb, betra^tenb unter ftd^ bringt, „^x ^elb, ber Dor bem Sufd^auer auftritt, gerföDt in feine 3}las!e unb in ben 6<|anfpieler, in bie ^erfon unb bofi »irtlid^e €e(bft, baS Selbfi* bekou^tfein beS gelben mug au8 feiner 2]fta$te l^erDortreten unb fti^ barfteHen, n)ie e8 fttb aU baS @(6i(f fat folool^I ber @5tter bed' (SXiOxfi

' (Sbenbaf. 6. 532 fCgb., ogl. 6. 539.

2)ie Sielidton unb baS abfolute Sßiffen. 423

ate ber abfoluten 9)l&d^te felbft toeig, unb t)on bem &)ox, bem aD» gemeinen 93etDugtfein, nidgt titel^r getrennt i{}." ^

7. 2)q3 U)irf(t(i^e @elbftbeto)ugtfein fteOt ftd^ aU bad @(Kit(i{aI ber (Sötter bor. S>ied gefd^iel^t in ber Aomöbie. 2)Qd ©el^etmnig ber ®5tter ift an baS iDir!Ii(ige SBetougtfein t^erratl^en, ii^re natflrltd^e SBefen- Igeit flammt aM bem Steid^ ber (Elemente, ^e finb Sßoüen unb t>ers fc^minben U)ie2)un{t; i^re {tttlidge SBefenl^eit befte^t in ben 3been beS @d^6nen nnb ®nten, bie gum @t)i(I ber 2)iale!ti! gemad^t, mit jebem beliebigen 3nlgalt erfütttunb bem 8ei(6tftnn ber auf foldge Srt t)er' fttl^rten 3ugenb ^preisgegeben merben. (SS bleibt nxtbü aU baS einzelne @elbft. ^S)ie Sfleligion ber Aunft l^at ftii^ in il^m t)oDenbet unb ift t)oI][{ommen in fid^ jurfidEgegangen. 2)aburd&, bag bad eingelne 93e« lougtfein in ber ©emig^eit feiner felbjt eS ift, baS oIS biefe abfolute ajlad^t ftd^ barfteDt, ^at biefe bie O^orm eined Sorgeftellten, t>on bem Semu^tfein fiber]^au))t ©etrennten unb i^m O^remben t^erloren, iDie bie 93ilbföule unb bie lebenbige fd^one Adr))erlid^feit ober ber 3n]§aU bed dpo^ unb bie ÜRAd^te unb ^erfonen ber Sragöbie »aren; aud& ift bie @in^eit nid^t bie betougtlofe beS AuItuS unb ber SW^flcrien; fonbern ba« eigentlid^e ©elbft beS 6d6auf))ielcr8 fällt mit feiner $erfon gufammen, fo mie ber 3ufd^auer in bem, loaS i^m oorgejteUt loirb, t)oDfommen gu ^aufe ift unb fid^ felbft \pHUn fielet. äSag biee @elbftbeiougtfein anfd^aut, ift, bag in il^m, maS bie (^orm \>on SBefen^eit gegen ee annimmt, in feinem 2)enfen, S)afein unb 5£l^un fid^ oielmel^r auftöft unb ))reii$gegeben ift, ed ift bie diüdhi^x alles ungemeinen in bie ©eioigl^eit feiner felbfl, bie l^ierburc^ biefe DoQIommene 0^urd&t> unb SBefenIoftg!ett aQeS f^remben unb ein SBo^I= fein unb @i(6*3Bo]^Ifeinlaffen beS Sdetou^tfeinS ift, n)ie ftd^ auger biefer Äomöbie leineS mel^r finbet."*

III. 3)ie offenbare Sleligion.® 1. S)ec Untergang ber ftunftteltgion.

S)er ftttlid^e ®eift unb bie «Runftreligion gel^ören gu einanber unb bilben gufammen ba§ SEBefen unb bie @d^ön^eit beS l^eDenifd^en SBeltalterS. 5Run ifi ber fittlit^e ©eifi in bem gflet^tSguftanbc unb bie ßunfireligion in ber Aombbie untergegangen, unb baS Sted^tS»

' ftbenbaf. 6. 539. SBgl. @. 531 ßgb. ' Gbenbaf . @. 541 u. 542. 8 ebenbaf. c. S)ie offenbate 9leIigion. 6. 542—573.

424 ^ie 9leIigion utib baS aMolttte SBiffcn.

bemugtfetn, tote ba9 !omtfdge SBeiDugtfein l^aben ju tl^tem Subiect boiS einjelne tPtrflid^e @elbft. 3e$t gilt her @a^: «ba9 6e(6fl baS obfolute 3Befen\^ 3n i^m tfl eine äBeU üott ^ertltd^tt uttb @d^önl^eit Derfun!en; in unb aud i^m, aus bem einjelnen VDXih lid^en €elbft, fott ber ^eilanb unb Sriöfet ber SBelt elfteren, loeld^r ben ©egenflQnb ber offenbaren Steligion audmodEit. S)tefen Untergang ber AunfiteKgton unb ben 9(ufgang bed l^öl^eren S3eU)ugtfein9 ^at ^egel auf einem 93Iatte feiner ^^dnomenologie gefdbilbert, toeld^eS nad^ 3m l^att unb Sform tt^ol^I bie fdgßnfte Stelle beS gangen Serte enthält, bie u>ir ate fold^e l^ier anfahren, „^n bem 9le(!^tS)ufianbe ift alfo bie fitttid^e SEBelt unb bie Steligion berfe(ben in bem !omifc^en Semugt^ fein ))erfunlen unb baS unglücfHc^e baS SEBiffen bicfeS ganjen 93er- lufteS. @ott)o^l ber Selbftmert^ feiner unmittelbaren ^erfönlid^Eeit ift il^m Verloren, ate feiner vermittelten, ber gebadeten. Sbenfo ift bas aSertrauen in bie ewigen ®efe^e ber ®ötter, toie bie Dra!el, bie bafi aSefonbere gu »iffen tl^aten, öerfiummt. ffiie SBilbfäulen ftnb nur ' Seidbname, benen bie bebbenbe @eele, fo mt bie ^^mne äBorte, beten ®Iaube entftol^en ift; bie Sifd^e ber ®ötter ol^ne geiftige Sptx\t unb Siran!, unb aus feinen @))ieten unb O^eften fommt bem 93ett)ugtfein uid^t bie freubige (Sinbeit feiner mit bem SBefen jurfld. 2)en SBerten ber ÜRufe fel^It bie Araft beS ®eif}e8, bem aus ber 3ermalmung ber ®btter unb SWenfd&en bie ®ett)i6]&eit feiner felbfl l&eröorging. Sie finb nun ba«, loaS fie für un8 finb, oom SBaum gebrod&ene fd&5ne Sfrfld^te, ein freunb(i(i^e8 Sd^idEfal reid^te fie unS bar, mte ein äJläbdb^n jene 0^rä(!bte ))rafentirt; eS giebt nidgt baS mirüicbe ßeben i^reS S)a- feinS, nid^t ben 93aum, ber fte trug, nid^t bie Srbe unb bie Elemente, bie i§re Subjtan}, nod^ baS Alima, baS il^re 99eftimmt^eit ausmachte, ober ben SBed^fel ber ^al^redgetten, bie ben $roce^ i^reS SBerbenS be* l^enfd^ten. @o giebt baS Sd^idEfal uns mit ben SBerfen jener Aunft nid^t i^re SBelt, nitS^i ben Sfrül^Iing unb Sommer beS ftttlid^en fiebenS, tt)orin fte blfll^ten unb reiften, fonbern aDein bie eingel^iflÜte (Er- innerung biefer 9BirfIid^!eit. Unfer Sl^un in i^rem ®enuffe ift bal^er nid^t baS gotteSbtenftUdbe, looburd^ unferm Semu^tfein feine üoO^ lommene, eS auSfüQenbe SBal^rl^eit »flrbe, fonbern eS ift baS duger« Ii(!b^ %f)ux\, baS t)on biefen t^rücbten etma 9legentro))fen ober StSubd^en abmifdgt unb an bie SteQe ber inneren Elemente ber umgebenben, er=

1 (Ebenbaf. @. 548.

2>te Religion unb baS obfoluie SOßiffetu 425

aeugenbett unb begeiftenben aSirÜiiigieit beS 6tttlt(!^en bad loeUIaufifie ®erfi{le bet tobten (Elemente i^rer dugerUd^en @|tfienj, ber 6pra(i^e, beS ®efd6i(i&tlid&en u. f. f. ettid^tet, nid^t um ft^ in fte l^ineinguleben, fonbern nur um fte in fic^ üorjufteDen. Slbet tote bad SDtfibd^en, bad bie fle^jflüdCten ^xüittt botreid^t, mel^r ift, ofe bie in i^re SebinguuBen unb (Elemente, ben Saum, 8uft. Si4t u. f. f., ausgebreitete Statur berfelben, meldte fte unmittelbar barbot, inbem e8 auf eine l^öl^ere aBeife bieS aüefi in ben Stral^I bed felbflbetougten 3(uged unb ber barret((enben ®eberbe 3ufammenfa6t,jfo ber ®etft bt§ &i^id]aU, ber und jene Aunfttoerle barbietet, tne^r aU baS fttttt(|e 2eUn unb 2BirMt(5!eit jene« SSoIfe, benn er ip bte gr^Snuerung bc8 in i^m nod& öerduSerten ©eijieö, ifl ber ®eift beö trogifd&en ©d&idfate, ba« aUt jene inbtt)ibueDen ®dtter unb Slttrtbute ber @ubfiang in baiS @tne ^antl^eon Derfammelt, in ben fetner ate ®eift felbfibemugten ®eifi*"^

2. 2)te aUenf^kDetbung ®otteS.

Um nun ben $au))tunterfd&ieb gmifd^en ber AunftreKgton unb ber offenbaren Sfeltgion itoax ntd^t mit ^egete SBorten, aber bem @tnn unb ®eift feiner $:^&nomenologte unb feiner fortbeftftnbigen fiel^re gemög fogleid^ in aQer ßttrje unb @d^arfe auS^ufpred^en, fo befielet in ber Aunftreligion bie (Sinl^eit beS ®öttUd^en unb 3Renf($Itd^en in ber ©ottioerbung beS 3Jlenfd^en, in ber offenbaren ^Religion bagegen in ber 9!}}enfd^n)erbung ®otte8. 3ene ift 9t))ot]^eofe, biefe ift 3ncarnation. 3)te «RunftreUgion tt)trb gemacht burd^ bie ßunft, unb bie ^unft burd^ bie ^flnftler. ^omer unb ^eftob l^aben nad^ ^erobot ben ®ried^en i^re ®5tter gemalt. 2)ie SSilbl^auer, bie @önger, bie tragifc^en unb fomifd^en S)id(iter, bie Sufd^auer unb ber @l^or finb lauter etnjelne toirllidge SOtenfd^en: biefe ^nb bte Urheber ber Aunft= religion, nid^t beren ©egenftanb. 3)ie ®5tter ftnb Vergötterte STlenfd^en, nid^t in bem eul&emeriftifcben ©inne, baß jte öcrjiorbene 5Kenfd&en, 2Bol^I= tl&ftter, tJffltjien u. f. f. getoefen pnb: fte finb bie ®ef(öö))fe einer öon ber religiofen Slnfd^auuttg ber ^laturmfid^te gu ben 3bealen menfddlid^er Araft unb @d^5n]^eit l^inaufgelöuterten unb bat)on inf))irirten $^antafie.

2Ba8 in ber SRatur» unb flunfireltgion SBerlmeifter unb Urheber ber Sieligton loar, mirb je^t beren ©egenfianb; maS bort in ber bunHen Stefe beS ä3etDugtfetnS t)et]^flllt »ar, mirb ie^t entl^flUt unb baburd^ offenbar. @o forbert eis ber groge ®ang bed menfc^Iicben

i Gbenbaf. 6. 545 u. 546.

426 2)ie ^Religion unb bad abfolute SBIffen.

93eiDugtfetnS, mit mlä^tm bet groge ©ang ber tnenfci^Iid^en 2)tnge ^anb in ^anb gel^t. 3n ber l^egelfd^en {^ormel ju reben: U)q8 baS SBett)u§tfetn an fid^ n)at, toirb eS nunmel^r fät ftd^.

S)er ©egenftanb ber offenbaren Sleligion tfi ber einjelne tDirl» lid^e aJtenfdg in fetner 9latürlid&!eit ^aifsbebttrfttgfeit, ^laät^ett, eiS ift, bibUf({^ )u reben, beS aRenfd^en €o^n, ber ntd^t ^at, mo er fein $au))t l^tnlegt; gugleifig aber ift unb totx^ fid^ fein ©elbfibetDugi* fein eines mit bem emigen SBefen, bem Urgrunbe aUed 2)afeinS, ed ift, biblif(6 3U reben, bet @ol^n beS lebenbigen @otte8. <Sr tfi als SRenfd^enfol^n ein 3Jlenfdg, loie jeber anbre; er ift aU (SotteSfo^n, b. 1^. aU religiöfeS ©elbftbemugtfein fd^Ied^tl^in eingig. 2)en Unterfd^ieb unb bie Sinl^eit biefer beiben Seiten feines SBefenS, b. 1^. feines religiöfen @etbftbeiDugtfeinS, l^at ^egel in einem il^m reii^t etgent^üm- tid^en, bun!e(n, nad^ bem ®efagten t)erftän blitzen ^uSbrudE gu {ennjeid^nen gefud^t. ^@S fann ba^er t)on biefem ©eijte, ber bie O^orm ber ^nb- ftanj öerloffen unb in ber ©eflalt beS ©elbftbetDuStfeinS ins S)afein tritt, gcfagt »erben »enn man fid6 ber aus ber natürli^en Scugung l^ergenommenen SSerl^&ftniffe bebienen miQ , ba§ er eine tpirüid^e a}lutter, aber einen anfid^feienben 93ater l^at, benn bie fS&ixUiii* !eit ober baS @e(bftben)ugtfein unb baS 9lnfi(^ als bie @ubftan) ftnb feine beiben SJlomente, burc^ beren gegenfeitige <Snt Äußerung, jebeS jum onbern toerbenb, er als biefe il&re (Sinl^cit tnS 3)afein tritt/ ^

S)affelbe anberS unb ffirger auSgebrfldt: baS abfolute Sßefen ift ®eift, b. 1^. @e(bftbeiou^tfein. Senn eS als foId^eS erfdgeint, bann er^ fdfecint es fo, »ic eS in SBBal^cl&eit ift, b. 5- eS ift offenbar. ©ieS ift ber €tnn unb baS S^l^ema ber offenbaren Sleligion. „2)ie Hoffnungen unb @rU)artungen ber t)or]^erge]^€nben SBe(t brAngten ft^ aQein auf biefe Offenbarung ^tn, anguft^auen, »aS baS abfolute SBefen ift unb fid& felbfl in il^r gu finben, biefe (Jreube »irb bem ©clbfibetouStfein unb ergreift bie gange Sßelt, im abfotuten SBefen fi({| gu fc^auen, benn eS ift ®etfi, eS ift bie einfache 33emegung jener reinen 3Jlomente, bie bteS felbft auSbrüdft, bag baS SBefen baburd^ erft, ba% eS atS un» mittelbares Selbfibemugtfein angefd^aut mirb, als ®eift gemußt mirb/ '

3. ^ie (Bemeinbe. 2)iefeS religiSfe @elbftben)u^tfein ift nid^t gu erlünfteln ober gu erbidbten, fonbern nur gu erleben: eS ift ein loirlUd^er SD^lenfc^

' Sbcnbaf. 6. 547. SBgL 6. 572. « (Ebcnbaf. 6. 552.

S)te SRcHgton unb bofi obfolufe Sßtffen. 427

unb ber ©taube an il^n bie ©emeinbe, gleid^fam bie Seile, auS bereit ajeroietfaitiflunfl unb Orflonifirung bie neue unb obfolute aBcItreligion l^etüorgel&t. „68 ift ber (Staube ber SBcU, bafe ber ©eift ate ein ©elbflbettu^tfein, b. 1^. als ein tt)trf(i(l6er SDlenfd& ba ift, ba§ er für bie unmittelbare ®ett)i|]^ett tfl, bag baS gtaubenbe äSemugtfein biefe ®ott(id^Iett fielet unb fül^lt unb l^ört. @o ift e8 nidgt Sinbilbung, fonbern eS iji »irflid^ an bem." „3)iefe SKcnf deiner bung be« gbttlid^en SBefenS, ober bag ed »efentUdg unb unmittelbar bie ®e= {talt beS ©elbfibemugtfeinS l^at, ift ber einfaij^e 3n^alt ber abfoluten [Religion."'

%U ©egenflanb ber ftnnlid^en ®en)i|]^eit ift ber ®ottmenf(!6 ein einjetneS, ber a3ergängli(6!eil })reiSgegebeneS Dbject, »elftes auf= ^ört ba 3u fein; um feiner eioigen Sßal^r^eit »iDen erl^ebt er ft(i^ aus bem 9leid^e ber ftnnlid^en ®egenn)art in baS beS SSorgefleOtfeinS im ®eift unb ®Iauben ber ®emeinbe; nunmel^r erfd^eint er, tt)ie ed bie 9Beife beS SJorfteDenS mit fid^ bringt, in jeitlid^er unb rdumlid^er Sferne, benn baS SBorfiellen bleibt in ben formen t)on 3eit unb SRaum befangen unb barum mit bem ®egenfa^ ober ber gntgioeiung <S)on 3enfeit3 unb 3)ieffeit8 bel&aftet: Derwed^fclt ben emigen Urfprung mit bem geitlid^en, baS emige €ein mit bem geitUdgen ®efd&e]^en unb ®efd()e]^enfein. S)a man i^n ni(6t mel^r fielet, fo roxti man toiffen, maS biejenigen ergäl^Ien, meldte il^n gefeiten l^aben; ba man il^n nic6t mel^r l^ört, fo miQ man t)on benen, bie i^n gel^ört l^aben, erfal^ren, xoa^ er gefagt l^at.^

®emdg ber Statur beS SSorfieQenS, »orin bie ®(aubenS- unb ©eiftedtl^atigleit ber ©emeinbe beftel^t, gerfdüt ber emige 93egriff beS ®ottmenf(^en in eine 3eitfoIge Don ^er[onen unb Segebenl^eiten, toorauS fi^ eine ©efd^id^te geflaltet, bie SioigeS unb 3eitIid^eS Der« mifd^t unb bie Sleicfee beS SenfeitS unb SDieffeitß gu Derfnütjfen fut^t. MeS SSorjleQen bleibt im 3)ua(i8mu8, unb bie abfolute [Religion, mie fte im ®Iauben ber ®emeinbe lebt, bleibt im 93orfteQen befangen.

äBirb ber ®ottmenfd^ DorgefteDt aU ©otteS ©ol^n, fo mug ®ott Don il^m unterfdöieben unb Dorgefiefft »erben ate fein SJater, bie SBelt unb bie 3Jlenfd()l^eit aU baS Sffier! ober ®efdgö))f ©otteS, alfo ©ott at8 ber ©t^öpfer ber SBelt, bie aRcnfdbl^eit aber als ^cilsbebürftig, alfo ald Don ©ott getrennt unb abgefallen, mesl^alb fie eines 3Ritl(erS,

» (gbenbaf. e. 549. - « «benbaf. €. 553-555.

428 ^ie 9le(tgton unb baS absolute SBiffeit.

ajeriö^neriS, ^eilanbeS bebarf, a(8 toelifien ®ott feinen @ol^n gejeugt unb in bie 3Be(t gefenbet l^at. ^2)er ÜRenfd^ toitb fo t)orge{leIIt, bag ßeft^e^en ift al« etwa« nirfet Stot^toenbigeÄ, bo6 et bie 5onn ber @ic^fel6f}gletc6^eit bur^ bad fßflfläen Dom SSaume beS (grfenntmjfeS be9 ®uten unb SBöfen t>er(or unb au9 bem Suftanbe belS unf(i^ulbtgen SemuBtfeinS, au$ ber QtbeitSbS fic^ barbtetenben Statut in bem 5ßatabiefe, bem ©atten bet SEl&iere, öetttiebcn toutbe."^

SBo^et ühn\)anpt bet Utfptung bed 99öfen? SBol^et bet Abfall Don ®ott? 3ft ®ott toaS et in SBa^tl^eit ift, ba« abfolute äBefen, fo giebt eS Don il^m feinen Abfall, toebet Don feiten beS STlenfd^en nodb eines Dotmeltlid^en Sidgtfol^neS, no(^ in ®ott felbfl eine OueDe bed aSöfen, bie man ate feinen 3otn gu foffen gefud&t l^at. hierbei et= innetn mit uns, bag, mAl^tenb ^egel feine $^änomenoIogie f(!^tieb, €(6eDins8 ©c^tift «^l^ilofop^ie unb ^leligion" (1804) etfti^ien, motin Don einem foldgen in ®ott felbft g^f ((eigenen SlbfaQ Don ®ott bie Siebe mat.^

SSaS eS nun au4 füt eine SBetoanbtnig mit bem Utfptunge be$ S3öfen l^aben mbge, fo gi(t ed a(S bet S^fltft biefet 9ße(t bie 9Be(t ballet ate mibetgöttlid^ unb böfe, bie Slbmenbung Don bet SBelt, bad Slbftetben bet @flnbe als baS etfte 3Jloment bet ä^etfölgnung. äBirb nun bet ©ottmenfc^ DotgefleDt a(S bet anittlet, bet bie abgefallene unb fQnbige 3Renf(6^eit gu ®ott miebet jutfldffll^tt unb mit i^m Det^ föl^nt, fo gefdftie^t biefe SBetföl^nung butcft feinen fteimilligen D|)fertob, bet eine il^m frembe @(!^ulb ffll^nt unb eine ben @(^u(bigen ftembe ®enugt^uung leiftet. Unb jmat etfdgeint btefe SSerfö^nung unb (&f nugt^uung als eine in bet 93ergangenl^eit gefdge^ene, einmal fflt immer DoDbta^te ^anMung. SBie mit bet SSetfö^nung unb ®enugtl^uung, Det^ält eS ftdd im ®(auben bet ®emetnbe aud^ mit bet 9}Unf(^tDetbung, mit 2:0b unb Sufetftel^ung beS ®ottmenf4ien: eS ftnb DoHbtat^te 2;^ot= fad^en, toelc^e bie götUid^e Siebe gum $ei(e bet SDtenfdbi^eit l^at ge- fc^el^en laffen, unb bie fic^ im Selbftbemugtfein bet ®emeinbe gum ®laubenSbe!enntnig auSgeftalten. 3n biefem ®IaubenSbefenntnig unb in bem ®effl^( bet emigen Siebe tu^t baS 93emugtfein bet ®emeinbe. „S>et geftorbene göttlid^e STlenfi!^ ober menfd^Iid^e ®ott ifl an ft(( baS aOgemeine Selbftbemu^ifein, et l^at bieS fflr baS @elbftbemugtfein gu U)erben/' ,,2)er 2^ ob beS göttlichen SJlenfc^en als Sob ift bie ab- ftracte 9tegatiDit&t, baS unmittelbare 9lefultat ber SSetoegung, bie nur

» ebenbaf. B. 560. « «benbaf. 6.560-562. ©gl. biefe« SDÖert. »b. VU. (2.Slu|I.) »u4ll. Äbf4n.IIL €ap. XXXVI. 6.616-623.

$te SHeligion unb bot abfoIuU Btf(en. ' 429

in bie natürlidfec SlBgenieinl^cit fi* enbigt S)iefc natüriid&c SBebciitunfl verliert er im geiftigen SelbflbeiDugtfein ober er loirb fein fo eben ongeflebener SBegriff; ber %ob »irb Don bent, »a« er unmittelbor 6e= beutet, öon bem SRid^tfein biefc« einjelncn öerllärt jnr SHIacmetn-- l^eit beS ©eifteiS, ber in feiner ®emetnbe lebt unb in il^r tftglid^ fiirbt iinb Quferfiel&t." „3nbem an fi* biefe ßinl&eit beö SBefenö unb beS @elbfid 2U @tanbe ge!ommen, fo l^at baS SBemugtfetn qu(6 nod^ biefe 93orfleUung feiner 93erfö]^nung, aber als SBorfteDung. @d erlangt bie SBefriebigung baburd^, bag feiner reinen 9legattt)itat bie pofttiDe SSebeutung ber Sinl^eit feiner mit bem äBefen äu^erlidg l^inguffigt; feine Sefriebigung bleibt alfo fclbfi mit bem ©egenfa^e eines 3enfeitS bel^aftet. @eine eigene ä^erfö^nung tritt bal^er als ein {fernes in fein aSettufetfein ein, aU ein Orctne« ber Sufunft, »ie bie JBerföl^nung, bie baS anbere ©elbft t)oIIbrad^t, als ein OrerneS ber SSergangenl^eit erfd^eint. @o &)ie ber einjelne göttlid^e SJlenfd^ einen anfi(!6feienben 93ater unb eine »irüic&e SDlutter 6at, fo l^at au(6 ber aDgemeine göttliche SKeufdö, bie ©emeinbc, il&r eigenes S^un unb SBiffen gu i^rem SSater, %vl il^rer 3Jlutter aber bie emige Siebe, bie fte nur fai^U, nid^t aber in i^rem 93en)u^tfein als toxxtliä^ unmittelbaren ©egen» ftanb anfd&aut. Sl&re JBerfbl^nung ifl in il^rem bergen, aber il^r a3e= mu^tfein no(% entgmeit unb i6re SBirHtd&!eit nod^ gebrod^en."^

©0 entfaltet fid6 in bem üorfüettenben Settufttfein ber ©emeinbe bie offenbare SleKgion als eine 3eitfo(ge beS ©efc^e^enS, in todä^n S^orm unb Sf^ffung bie eu)ige Sßal^rl^eit in aDerl^anb 9Biberf|)rüd&e gerdtl^* S)enn bie eloige SBal^rl^eit ift unab^&ngig t)on 9laum unb Seit, baS ä^orßeDen aber ift burdg beibe bebingt.

IV. SDaS abfolute SBiffen.* 1. ^Religion unb SQOiffenfdftaft. (gs ift bie Ic^te Slufgobe unb ©efiatt beS »cmufetfeinS, toomit bie ^Jl^dnomenologie beS ©eifteS il^ren ßauf befd^Iiefet: bafe ber Snl^alt ber offenbaren SReligion in bie il^r abäquate {^orm ber @r!enntnig, aus ber O^orm beS äSorftcQenS in bie beS begreifenben S)enIenS, aus htm 3uftanbe beS ©laubenS in ben beS SBiffenS erl^oben loirb. ^nberS auSgebrudEt: bie Sßal^rl^eit toiU ben @:^ara!ter ber ©etoig^eit liaben. S)tefer bie $]^dnomeno(ogie leitenbe €a^ gilt aud^ Don ber religiöfen

» (gbenoaf. 6. 567, 569, 572. - » DD. 3)08 obfotute SQÖiffen. VIII. 3)aft obfotute aOSiUen. @. 574—592.

430 S)te 9leIigion unb baiS abfolufe SS^tffen.

SBal^rl^eit. 2)ie Ouelle aller ©eipigl^eit ifi bad €eI({16eiDU^ifetn unb feine l^öd^fie 3;]^öttg!eit ifl baS begreifenbe 3)enfen. 3)a8 Semugtfetn ^at ben teltgiöfen ^nl^Qlt in ber (^otm ber ©egenfidnblid^feit aU i^m Don äugen gegeben unb geoffenbart. 2)iefe Sdbranle ift gu flbertoinben. 2)ie [Religion ift ald baS eigne, innere, felbflbemugte Seben gu be- greifen: de te fabula narraturi „SJiefe SBerfol^nung beö Se»u6t- fetnd mit bem Selbftbeföugtfein", tok $ege( bie Aufgabe nennt, t)oQgiel^t fid& im abfotuten SBiffen. ^ „SBaö in ber fReligion ^ntjalt ober Qform beS aSorflellenS eines an bem loar, baffelbe ifi ^ter eigene^ £^un beS @eIbftS; ber 93egriff üerbinbet eS, bag ber^nl^att eignes Xl^un beS @eIbftS; benn biefer SSegriff ifl, mie U)ir fe^en, baS Sßiffen beS Xl^unS beS @elbfl8 in ftdg als aüer äBefenl^eit unb aOeS 2)afetnS/ „2)ic äßal^rl^eit ift ber ^nl^alt, ber in ber [Religion feiner ©emigl^eit no6^ ungleid^ ift. S)iefe ®Iei(^]^eit aber ifl barin, bag ber ^nl^alt bie ©eftatt beS SelbftS erl^alten." „2)er ©eift, in biefem dlemente bem 93ett)ugtfein erfd^einenb, ober, »aS l^ier baffelbe ifi, barin Don il^m l^erDorgebrad&t, ift bie SBiffenfd&aft."*

hieraus erl^eDt, bog Steligion unb Sßtffenfd^aft (^l^ilofopl^ie) ben- felben abfoluten Snl^alt l^iaben, jene in ber O^orm ber Sorfteüung, biefe in ber Sform beS SSegriffS; bag bie ^^l^itofopbi^ clvl^ ber SHeligion l^erDorgel^t unb il^ren 3n]^a(t Dorausfe^t, aber aud^ Aber bie- felbe, xoxt fie in ber {y^'tm ber SSorfieDung als ©emeinbebeiougtfetn, als S3oI!S- ober SEBeltreßgion e^iftirt, entfd^ieben l^inauSgel^t. SBaS ben Urfprung ber SBiffenfd^aft ($l^iIofo))]^ie) aus ber [Religion unb religiöfen SBeltanfd&auung betrifft, fo l^at fid6 ^egel in einer fel^r be= beutungSDoDen @teDe barüber auSgef))rod&en: „(Ss mug aus biefent ©runbe gefagt loerben, ba^ nid^tS gemugt loirb, n)aS nid^t in ber Srfal^rung ifi, ober, tt)ie baffetbe audg auSgebrfiät mirb, toaS ni((t als gefül^Ite SBal^r^eit, als innerlid^ geoffenbarteS (SuigeS, qIS geglaubtes ^eiliges ober meldte SluSbrüäe fonfi gebrandet »erben, öor^anben ift. ®enn bie ©rfal^rung ift eben bieS, ba| ber 3nl&att unb eS ifl ber ©eifl anfid^ ©ubflang unb alfo ©egenpanb beS SBemugtfeinS ift, biefe ©ubftanj aber, bie ber ©eifl ifi, ift boS SBerben feiner gu bem, »aS er anfid^ ift, unb erft als baS fid^ in fid^ reflectirenbe Sterben ifl er an fid^ in SBal^rl^eit ber ©eifl. Sr ift an fid^ bie SBetoegung, bie baS Grlennen ift." „S)er Önl^alt ber

ebenbof. 6. 574-578. »gl. @. 585. - » «benbaf. €. 581 u. 582.

^ie Sielioion unb bofi abfolute aBiffen. 4B1

SReligton fprid^t barum frfl^er in ber Seit aU bte SSt^enid^aft e8 aus, toaS ber ®eiß i% aber biefe aQein ifl fein ma^reiS SBiffen oon il^m felbp."^

2. $^&nomenoIogie unb Sooil. S)aS @^|iein ber ^^Uofop^ie.

S)er ®ei{i al9 bte offenbare Steligion, rotlä^t ben ©tauben ober bad ®enietnbebeU)ugtfein einer 3BeIt auSmod^i, ift ber SBeltgeift, unb „ifit ber ®eift nid^t an ftd^, nid^t als SBeltgeift ftc^ t)oIIenbet, fann er nid^t al« felbfibetouftter ®eifl feine SBottenbung erreichen", ©iefeö Siel loitt erarbeitet fein unb forbert einen Slufroanb Don S^it unb SWü^e. ^®ie Setteflung, bic 3form feines SBiffen« Don fid^ ^eri>orju= treiben, ift bie Slrbeit, bie er ote »irllid^e ®efd6id&te öoCbringt." 2)enn ber Sr!enntni6|ianb beS ®IaubenS if! niebrig. „3)ie reügiöfe ®enteinbe, infofern fie guerft bie ©ubfiau} beS abfoluten ®eifteS ift, ift baS ro^e 93emu§tfein, bai ein um fo barbarifc^ereS unb l^ArtereS S)ofein l^at, je tiefer fein innerer ®eift ift, unb fein bumpfeS ©elbji eine um fo l^ärtere ?lrbeit mit feinem SBefen, bem il^m fremben 3n^alt feine« aBctoufetfcin«."*

2)iefe Arbeit befielet in ber Srlenntni^ feine« SBefen«. 9ßa« fte ]^ert)orbringt, finb nid^t mel^r beftimmte ®eftalten be« 93en)ugtfein«, bie immer mit bem ®e9enfa^ öon ©ubject unb Dbject be^oftet finb unb bleiben, fonbern beftimmte 93egriffe, beren ieber ba« SBefen be« ®ei{te« ou«brüdft, bie alfo reine SBefenl^eiten fmb, beren jebe bie ein» l^eit be« ®enIenS (©ubject) unb be« ©ein« (Dbject) bartl^ut. 3)ie8 ift «bie 2BiffenT4aft ber ßoflif", bic al« Siffenfd&aft fottol^l öon ben SBefenl^eiten a(« t)on ben ^Begriffen ben S^ara!ter ber Ontotogie unb TOetapl^^pf mit bem ber ßogil bereinigt. „3nbem alfo ber ®eifi ben ^Begriff gemonnen, entfattet er ba« 3)afein unb SSetoegung in biefem %et^er feine« ßeben« unb ift SBiffen fd^aft. 3)ie SRomente feiner S3ett)egung fleHen fidb in il^r nic^t me^r at« beftimmte ®eftatten be« Setou^tfein« bar, fonbcm inbem ber Unterfd&ieb beffelben in ba« ©elbft« jurüägegangen, at« beftimmte 93 e griffe unb at« bie organifd&e in ftrfe fetbft gegrflnbete a3ett)egung berfetben." SJiefe SBiffenfc^aft ber Sogt! eröffnet ben }n)eiien £^eit be« ©^jtem« ber SBiffenfd^aft unb bitbet beffen ®runbtage.*

3)ie ^^Igdnomenotogie fd^tiegt mit einem f^ernbtiä auf ben ®ang unb ba« Sxtl be« ganjen Softem«. 9tad&bem ber ®eift fein SBefen

ibenbaf. e. 584 u. 585. - > (JEbenbaf. @. 585. - > ibenbaf. ©. 588 u. 589.

482 2)te tieltgion unb baS abfolule SBiffen.

logtfd^ etlonnt unb feinen 93egriff erfaßt l^ot, ifl fein S)Qfein ber ©egenfionb feines unmittelbaren, b. 1^. finn(id^en 93etDU§tfein9, er fd^Qut fid^ an: fein @eI6ft aU bie Seit auger il^m, fein Sein aU 9laum, fein SBerben jum ®eift, b. 1^. fein (eteugtlofeö äBetben aU Statur, fein betoufeteS SBerben (»ba8 »iffenbe, fidd Dermittelnbe") aU ©efd^ic^te. 2)iefe bilbet ein 9teid^ geiziger Drganifationen in ber Spornt beS freien gufölligen ©ef^el^enS, ein ©tufenreid^ ber SSdller unb SBoßSgeifier; jebe biefer Stufen n)irb ertannt unb t)erfin!t in bie Stacht beS SetbftbemugtfeinS, morin fie erinnert unb aufbemal^rt n)irb, unb U)oraud ein neugeborenes 2)afein, eine neue SBelt« unb ©eifteSgefiolt ]^ert)orgel^t. .,3)a8 ©eijlerreid^, baS auf biefe S8eife fid^ in bem 3)afein gebilbet, mad^t eine Slufeinanberfotge aus, iDorin eine ben anbem ob- Iö{te unb jjeber baS Steidg ber SBelt t)pn bem üorl^ergel^enben fibema^m." ,,S)aS 3iel, bas abfolute SBiffen, ober ber fid^ als @eift miffenbe ©eifl l^at }U feinem SBege bie Erinnerung ber ®eifier, mie fte an i^m felbfl finb unb bie Organifation il^reS SReid^S boübringen. 3]^re 9uf= beioal^rung nad^ ber Seite il^reS freien, in ber Oform ber 3ufADigIeit erfd^einenben 2)afeinS ifl bie ©efd^ic^te, nadg ber Seite il^rer begriffenen Drganifation aber bie SBiffenfd&aft beS erfd&einenben SBiffen»; beibe jujammen, bie begriffene ©efd^id^te, bilben bie (Erinnerung unb bie Si^äbelftötte beS abfoluten ®eifteS, bie SBir!Hdö!eit, Sßal^r^eit unb ©emig^eit feines Sl^ronS, ol^ne ben er bas leblofe ßinfame mAre; nur •aus bem Aeld^e biefeS ©eifterreid^eS fdgduml il^m bie Unenblid^{eit/

3Jlan ^at biefe Sd^IugiDorte ber ^J^AnomenoIogie ganj falfd^ üer^ ftanben, menn man fte für einen SffldblidE auf bie in ber $^&ni)= menologie burdglaufenen ©eftalten beS ä3en)ugtfeinS nimmt; Diel^ mel^r entl^alten fte einen OfernblidE auf ben ©ang unb baS 3iel beS ganjen S^ftemS, auf bie $]^ilofo))]^ie ber ©efd^id^te unb bie ©efd^id^te ber $]^itofot)l^ie, meldte festere im U)eltgef(fii(!6tlid6en Sinn „bie SBiffen- fc^aft beS erfd^einenben SEBiffenS" unb barum audg baS le^te ©lieb beiS ganzen S^ftemS auSmad^t.

S)eT (Beoenßanb unb bte SRetl^obe bei Sogil. 433

2)ret}e]^nteS S^apitel. Her (S^enltatüi tmH iite jMet^üiie in ün^k.

I. 3)er ©egettfianb ber Sogt!. 1. S)te SBeTle.

Um uns aunAdgfl ben Uttetarifd^en X^otbefianb 311 t)er8egen- »artigen, fo fei batan erinnert, bafe ^egel »ai^renb feiner nürnberger 5Periobe bie SBiffenfd^aft ber ßogif in jwei SBdnben ausgeffll^rt unb in ben Solaren 1812 unb 1816 X)cr5ffentli(!6t l^at. S)er erfle »anb entl&ielt „bie objectitoe", ber a»eite „bie fubjectiöe ßogif; jener gab in gtoei Il^eilen bte Seigre t)om ©ein unb t)om SBefen, biefer im britten bie Seigre t)om SSegriff. S)ie S3orrebe jur erfien StuSgabe ift üom 22. 3Jlärj 1812, bie jur jtDeiten SluSgabe, »eld^c ober ba« erfle SBui nid&t überf (Stritten l^ot, 00m 7. Sftoöember 1831, eS toaren bie legten »iffenfc^aftlid^en SBorte qu9 ^egete {^eber. 3n ber ©efammt- ausgebe ber Sffierfe bilben biefe brei Sll^cite ben ni.— V. Sanb.

3n t>erittngter unb compenbiöfer O^orm, in ber ©eftalt eines ßel^rbud^S, l^Qt ^egel bie ßogif in feiner „ßnc^Itopdbie ber pl&Uo» fop^ifdöen SQBiffenfd^Qften im ©runbrife" bargefteHt unb bie ^arograpl^cn in feinen Jßorlefungen erläutert, SBfil^renb feiner afabemifdften ßcl^r» t^Atigfeit, bie 43 Semefter jAl^Ite, l^at er 22 mal fiber bie ßogif ge- tefen, et l^at biefe JBorlefung fÜetS als ßogif unb 5KetQ))^^fif, in 3ena aucb einmal als „ftiecutatioe ^^ilofopl^ie" ober „transfcenbentalen ^bea» liSmuS" angefünbigt. !Kad& ben Jßorlefungen iji bie ßogif, t)on bcm Herausgeber mit „(grWutcrungen unb 3ufä§en" öerfel^en, als ber erpc Sl^eil ber @nc^flo))&bie erfd^ienen unb bilbet in ber ®efammtauSgabe ber SDBerfc ben VI. Sanb. ©0 ejiftirt in ^egets SBerfen bie ßogif in breifa(^er ©ejlalt: als baS auSfäl^rlid^e ^anptmxt als ©runbri^ in ber @nc^fIo))Abie, meldte Hegel felbft in brei Sluftagen l^erauSgegeben l^at (1817, 1827, 1830) unb als biefer enc^flo))äbifd6c ©runbrig, mit Erläuterungen unb 3ufA§en üerfel^en, in ber ©efammtauSgabe ber SBerfe.^

> ^aS au<fü]^rli(|e ^aupttDCif in ben btet S3&nben ber (SefammtouSgabe betr&gt 1030 Letten, bie Sogil in ber (Enc^Hop&bte 199 6eiten unb 241 Para- graphen, mit irl&utetungen unb Suf&t^n (fßb. VI) 414 @eiten unb 244 Para- graphen. 3<t citire bie enc^flop&bifd^e Sogif als SBb. VI ber 9D3erfe.

Sfif 4cx. «efdd. b. «aMiof, VIII. m. «. 28

434 ^er ®egenftanb unb bie ^JRetl^obe bcr Sogt!.

2)09 &omt)enbtum einer ))l^iIofo))l§tf(iben Seigre barf aU eine t)OT^ güglid^e OueDe angefel^en loerben, tt)enn il^m ein üotumtnSfeö 9Ber! beffelben 93erfQffet$ unb beffelben ^nl^alts vorausgegangen ift unb nun bie in ber Ausbreitung fc^on zxpxoblt unb ben)äl^rte Araft in il^rer Sott= centration erfd^eint. 2)iefe 93ebeutung l^at bie l^egelfc^e (Snc^Ho^iäbie allein in 9{nfel^ung ber ßogil, ba t>on ben fibrigen Zueilen beS ©^ftemS nur nod^ bie 9%ed^t3))^i(ofop]^ie fd^riftfielleriff^ auSgeffll^rt iDorben ift, biefe aber ber (Snc^HopAbie na^folgt. 3Ba8 bie ber Qogif einDerleibten, aus ben SSorlefungen gef(i^ö))ften 3uf&^e angebt, fo {tnb biefe mit aSorjtd^t gu braud^en, ba fie mandgerlei fe^Ierl^afte Slad^f^reibungen entl^alten.

2. ^lufgabe unb Z^ema.

2)urd^ baS Slefultat ber $^dnomenoIogie ift bie Slufgabe befiimmt. 3n bem ,,abfoIuten SBiffen'' l^atte fxi^ ber ®egenfa^ beS ©ubjectiDen unb Dbiectioen, morin aDeS 93ett)u^tfein, gule^t noii^ baS religiöfe, befangen blieb, t)oDfianbig aufgel^oben. 93eibe Seiten roaren einanber t)oDfommen gleich geworben. 2)ie fubiectiDe @eite mar baS reine S)enEen als bie begreifenbe 5£^AtigIeit, bie objectiDe loar baS reine 2)enfen als baS Sßefen beS ©eifteS: bie Sogi! bal^er bie SBiffenfd^aft Dom reinen 3)en!en im ©lemente beS reinen S)enfenS. ©a fie als fold^e gugleic^ bie SBiffenfd^aft t)om SBefen beS ©eifteS unb baburd^ Dom SEßefen ber 2)inge ift, fo Dereinigt fte mit bem Sl^ara!ter ber Sogil jugleid^ ben ber Ontologie ober 9Reta))]&^ft{.

9lad^bem Aant bie ^Jlttap^fti^l als bie äBiffenfc^aft Dom Sßefen ber 2)inge (3)ingen an ftd^) jerftört l^at, ift baS beutfdge SJoß o^ne aRetat)^^fi!. »@o merlmfirbig eS ift, loenn einem 93olfe ). 93. bie SBiffenfiigaft feines ©taatSred^tS. loenn i^m feine ®efinnungen, fittli^en ©eiDo^nl^eiten unb Sugenben unbraud^bar gemorben finb, fo merfmürbig ift eS menigftenS, loenn ein 93ol{ feine Snetap^^fil Derliert, menn ber mit feinem reinen SSBefen fid^ befdgäftigenbe ®eift lein mirüid^eS S)afein mel^r in bemfelben ^at." „3nbem fo bie SBiffenfd^aft unb ber gemeine 3Renf(^enDerflanb ftc6 in bie ^Anbe arbeiteten, ben Untergang ber Tltta: p^^fi! gu betoirlen, fo fd^ien baS fonberbare @d^aufpiel l^erbeigeffl^rt gu werben, ein gebilbeteS 93ol{ ol^ne SJletap^^fi! gu feigen, mie einen fonft mannigfaltig auSgefd^mfldEten Stempel ol^ne Sraerl^eitigfteS."^

^ aSorrebe jur erflen SluSgabe. 38etfe. III. 6. 3 u. 4.

^et ®egenflanb unb bie SRet^obe bct Sogif. 435

3lQ6)bm feit 9lrijlote(e8 bie äBiffenfd&aften burd^ baS tnenfci^Itdge Senfen unaelöcutc gott^ritte unb Utngcfioltungett erfol^ren l^oben, ift e8 fonberbor genufl, baS bie aBiffcnfrfeoft t)om 3>enfen fetbfl, nöm« K(!6 bie Sogif, gmet ^^^^tiaufenbe lang im SSBefenttid^en in betn 3ufi<^nbe geblieben i% in toelc^en fte SdiftoteleS gebrodgt unb iDorin et fte ge« loffen l^at. Um fo mel^r beborf jte einer totalen Umarbeitung, „benn ein 3tt)eitaufenb)&]^rige8 Ofortarbeiten beS ©eifted mu§ il^m ein l^öl^erelS 99ett)ugtfetn Aber fein SDen!en unb Aber feine reine äBefenl^eit in fid^ felbfi Derfd&offt ^aben\^

SBaS Aant einft t)on ber 9Reta))^9fi! gefagt ^at, bag fie bie fdgaerfte aller Sinftc^ten fei, aber nodg niemals eine gefd^rieben tDorben, mad^t ^egel Don ber neuen, oöQig umjugeftattenben Sogil geltenb, »etd&e mit ber 9Dfleta))]6^fif gufammengel^t. @ie fei bie fd&tt)terigfte aDer 2Biffenf(^aften. SBenn $Iato feine 93üd6er t)om Staate ftebenmat umgef^rieben l&abe, fo bü'rfte ber SBerfajfer biefer neuen ßogil fidö eine Tlu^t »flnfd^en, bie eS il^m mbglid^ madge, biefe SBiffenfd^aft fieben unb fiebenjig mal burd&guarbeiten. ©o fagt §egel in ber JBorrebe jur jtoeiten 3(u8gabe biefeS Jffierfö.*

8. Citnlettuiig.

2)er $^iIofo))]^ l^at gu feiner Sogil jtoei Sinleitungen gefd^rieben: eine fürgere, metd&e ben allgemeinen Segriff unb bie ottgemeine (Sin» t^eilung ber Sogif bel^anbelt, im ^aupttoetle unb eine audfül^rlidge, f9J)ematif(^ georbnete in ber (Enc^Hopftbie. ^ier unterfd^eibet er bret aSotftufen unb begeid&net fie ote „erfie, gweite unb britte ©tettung be« ©cbonfen« gur Dbiectiöität". 3m toeiteften ©inn borf bie gange ^l^änomenologie aU (ginleitung gur ßogil gelten, fie l^ieg auf bem Sitel „ber erfle Seit beö ©^fiemS ber ffliffenfdftaft", toelcbe Segeid^nung aber, mie ^egcl fd&on in feiner erjlen SBorrebe gur ßogi! bemerft ^at, in ber neuen 3luflage ber ^pi^ftnomenologie loegfaßen fottte.'

1. Sie erfte ©tettung bed ®ebanfen8 gur Objedioitdt berul^t auf bem aSertrauen ober bem guten ©tauben, ba& bie meufd^Iidfee SBernunft burd^ georbnetes 9lad^benlen baS SBefen ber 3)inge gu ergrfinbelt titr- möge: bie§ mar ber ©tanbpunft ber atten, Dormatigen 90^eta)>]^^fif,

» ebenbaf. «inleüung. ©. 35. « (gbenbof. 6. 23. » »b. III. »on. €.8. «tnleitung. 6.24-52. »b. VI. »otbegtiff. 6.28—60. A. «tfle 6lcttung be« ©ebanfen« gur Obiectiottat. 6.61—77. B. 3»eite etettung. 6.78-125. C. S)ritte eteöung. 6. 126-162.

436 ^er Gegenftonb unb bie Siletl^obe ber Sogif.

mie Sl^rtfttan SBoIf benfelben bargefleQt unb in feinen „SSentünftigen ®ebanlen Don ®ott, ber SSSelt unb ber @ee(e bed 3Jlenf(!^en, aut^ ollen fingen üUxfjaupi" auSflcfül^rt l&at (1719).* ®Ieid& bie erflen (S^apiUl l^anbeln Don bem Sßefen aller 2)inge überl^oupt. 3n biefem erfien unb aDgemeinften S^l^eile ber 9neta))]^^ft!, ber bie Seigre Don ben enüa ober Don ben Svra entl^j&U, befielt bie Cntologie, beren Sebeutung ^eget auc^ für feine fiogil in 9nft)rud^ nimmt, menn er biefelbe mit ber äJletQpl^^fil ibentificirt, benn feine Sogi! »iQ nid^t bie Se^re Don ber @eele, Don ber Sßelt unb Don ®ott fein.

2)ie moIfif(i^e 3RetQt)1^9fit n)ei( fte fid^ auf jenen guten ®tauben an bie menfd^Ii^e 93ernunft grttnbet, ifl S)ogmatiiSmuS, ber ben @fepti= cidmuS tt)iber fid^ ^erDorruft. Sie @{eptiler, fagte SBoIf in ber 9}or= rebe }ur jueiten Sluflage feiner SJletapl^^fif, finb bie 3n>eifler, bie aKeS ungeioig laffen, bie S)ogmati!er aber finb „bie Sel^rreid^en"; unb er fetbft tooDte feinem 3eitalter unb ber SBelt ein folc^er (el^rreidber ^l^ilofop]^ fein, er moQte e8 mit aDem (Sifer: barin lag feine Stufgabe unb fein älul^m.

2. 2)ie 3tt)eite SteQung beS ®ebanlen8 jur DbjlectiDit&t grflnbet ftd^ auf ben (SmpiriSmuiS unb bie Iritifc^e ^J^ilofopl^ie. 2)eT SmpiriSmui^ in feinem folgerid^tigen f^origange fül^rt jum StaturalidmuS unb SRaterialiSmud unb fd^eitert an ^umeS @{eptici8mu8; bie fritifc^e $^i(ofop^ie U)irb in i^ren ^auptpojitionen, ben brei Aritilen ber reinen SJernunft, ber praftifd^en SSernunft unb ber Urtl^eilShaft, Don neuem (im SJerlauf ber l^egelfdgen @d^riften gum DiertenmaP) beurtl^eitt: e9 tt)irb getabelt, bag fie bie Kategorien auf ber bequemen ^eet- firage ber ©dbuUogi! nur aufgefunben unb nid^t aus bem 3^ als ber trani^fcenbentalen (Sin^eit bed @el6fi6emugtfeind abgeleitet l^abe, morin gfid^ted tiefes 9)erbien{t befianben; eS loirb gerfil^mt, bag fte bie in ber Slnmenbung ber Aategorien auf baS SBefen ber 2)inge, bie 3been ber @eele, ber SBelt unb ®otteS, entl^altenen SBiberfprfld^e entbedt unb in ben Antinomien bargelegt \iabt, aber fold^e SBiberfprfld^e feien nic^t blo§ in ben Dier loSmoIogifc^en ^Begriffen, fonbern in aQen SSegriffen ober S)en!bejtimmungen enlbalten; in ber SntmidEIung biefer Sffiiber^ fprüd^e befiele bie S>iaIe!tiE beS 2)enlend, unb eS fei AantS grogeft

^ S^ie Dtette tfl Dom 3a^re 1727. Sti^if^^n bie atoeite unb britte Auflage biefeS fS^txU (1721-1724) fAfft bie SSettietbung lEBoIfiS au8 ^aUe (1723). S)iefeft SBerf IDQT ber ^auptgegenftanb ber anflöge. * SSgl. biefeS SBerl. fbvi^ II. C^op. XI. 6.402.

S)et eegenfianb unb bie ÜRet^obe ber Sogtl. 437

aSetbienft, bie Sebeutung ber 2)iale!ti! tDiebereriannt unb aur (Seltung gebraut gu l^aben. äßaS ober feine SBiberlegung ber 93en)eife fflr ha^ 2)afein ®otteS betrifft, fo berul^en aDe jene SBetoeiSarten auf ber folfi^en aSorauSfe^ung beS 2)uQ(t8mu8 jtoifc^en ®ott unb SBett, »Al^renb bo({) bie Sl^fttigfeit bed SDenlend felbfl, boS fid^ Aber bie SBeft ju er» lieben unb Don i^r loSjureigen t^ermdge, eine !9>li(6tigfeit ber Seit be^ geuge, melij^e fid^ mit ber baatiftifd^en ®runblage ber ©otteSbetoeife nid^t bertrage. SBenn Aant ben ontologifd^en a3en)eis baburcb jerfiöre, ba§ er ben ©otteSbegriff mit bem Segriff üon 100 Sl^olern Dergteid^e, fo fei biefe (££em))Ufication barbarifd^, ba 100 Xl^aler fiberl^aupt !ein SBegriff feien, gef(!^meige ein mit bem ©otteSbegriff Dergletd^barer. ^

S)ie Se^re oon ber Stutonomie ber praftifd^en Vernunft fei ein großes, mit DoIIem Siedet ^od^gefd^ö^ted SSerbienft AantS, aber mit bem S)uaIiSmujS jmifc^en @ittlid6{eit unb ©Ifläfeligleit unb mit bem ®efe^ „bie $flid&t um ber $fUcbt toxUtn" lomme man nid^t meiter unb ge» rat^e jule^t, mie ed aud^ Oftd^ten begegnet fei, in ben ^rogrcg beS enblofen Sollend.

92ad6 ber 8e^re AantlS finb aDe 2)inge Srfd^einungen fflr unS: bieg fei ber @tanb))un!t be$ „fubjectit^en (})Iatten) 3bealidmud". 3n SBa^rl^ett finb aDe S)inge (Srfdgeinungen (nic^t btog fflr und, fonbern) an fid^: biefer €tanb))unft, ber ben ©runbgebanten ber l^egelfd^en Seigre entl^dlt, ffl^re gum ^abfoluten SbeaUsmuS".'

^egel ]§at eS ber lantifd^en $l^iIofot)]^ie gu mieberl^olten malen t^orgetoorfen, baft fie „bo8 ßrfennen Dor bem 6r!cnnen" forbere unb barin bem läd^erlid^en 93orl^aben jenes @cboIafti!ud gfeid^e, ber ftdb nic^t el^er ins SBaffer magen moDte, als bis er fd)n)immen gelernt. 2)er aSormurf ift leineSmegS gutreffenb.^ Unfere leiblichen unb geiftigen 2;^dtigleiten gefd^e^en, o^ne baB tt)ir berfelben beiou^t, gefd^tteige

1 »b. vr. §§ 40-52. 6. 85-113. ^egel rfl^mt bie iDoIfifd^e Snetap^^fif gegen Rani unb üer^etgt fi^ in feinem SBibertDtllcn gegen bie leitete, als koel^e oHe SRetap^^fif be« tteberfinnli^en bertoorfen Iftabe, bi« gu folgenber il^m na«)- gef(!6tiebenen Keufterung: ,^er %xtx em&^nte @tanbpunft ber alten 9Reio|)]^^fif ift ba< ®egentbetl beffen, toaS bie tritifd^e ^^ilofop^e gum fRefuUat (atte. SRan Tann »obl fogen, bog na4 bie{cm SRefultat ber SDlenfti bIo6 auf Bpxtn unb SiT&bern loürbe angetoiefen fein. SBb. VI. § 28. Sufa^. (@. 62.) fludb bie a^oiMUixt @pinoaa8 iaht bie SQßelt nur aU ^^ftnomen genommen unb fei r>\tU mtfyc ali (.ntodmiSmuS' su be^eiilftnen, benn ol8 Ktl^eidmuS. (@. 110). * »b.VI. 6.97. » »b. VI, § 10. 6.16. § 41. 3uf. 1. 6.81. (a)ie 8uf&t?e flammen au« ^egeI8 SBorlefung.) 6. oben 6. 434.

438 2)ct Gegcnfianb unb bte SRetiobe bet ßogif.

iDtfTenfd^Qftli^ betDU^t ftnb. Wix betbauen ol^ne ^^^fiologte, bcnfeit ol^tte Sogt!, teben, l^5ren, feigen olgne ©rammotif, 9l!ufii(, 0))ti( u. f. f. SBte fid^ bte ^l^^ftologte gum SSerbauen, bte Sogit gum natürlid^en S)en!en, bte ©rontmattl, SKufttf, D))ti! )um 9teben, ^ören unb Se^en Derl^olten, fo Derl^Alt ftd^ AantS 93emunftftitt( unb (Srlenntniglel^re ju unferem natürlid^en @r(ennen unb beut barauf gegtflnbeten gemeinen ober gefunben Snenf^enderftonbe: fie tft baS (Edennen ntd^t ))or, fonbem nad^ bem @r!enuen. Unb »qS bad €d^tt)tninten angelet, fo Derl^ölt fid^ Aont gum (Sriennen, U)te ftd^ gum €({)n)immen nic^t jener ©c^oIaftifuS Derl^ait, fonbem Sfr^tmebeS, ber boS Sd^toimmen erflArt unb bte Se- bingungen ertannt l^at, »eld^e moii^en, ba% ein Stbxptt ftfetoimmt.^

3. 2)te brüte SteDung be9 ©ebontenS gur Dbiectt))ttat ift baS unmittelbare Siffen, toit ^acoix boffelbe gefaxt, aU @efü^(, ®lQuben, ^nfd^Quen begei(&net, bem 2)en!en entgegengefe^t unb fomo^t miber bte Seigre SpinogoS ate au(b mtber bte Seigre- AantS gelehrt l^ot. ^Ked S)enlen fei ein 93egrflnben, Sebingen, Vermitteln unb borum unt)erm5genb, ®ott unb bie O^reil^ett, bad malere unb mirf^ lid^e @ein gu erfaffen. S)tefer ©egenfa^ gmifiiben bem unmittelbaren SBiffen unb bem logifd^en 2)en(en ift ber ^auptpunlt, meieren ^egel bei aQer $[ner!ennung ^acobis flets belAm))ft l^at, unb an ber gegen» m&rtigen @teDe feiner @nc^I(o))Abie feinefimegd gum erftenmal. S)er ®egenfa^ ift grunbfalfd^ unb gtoar naiib beiben Seiten. 9((Ie Unmittet barfeit, auc^ ba8 unmittelbare SSiffen, ift 9lefu(tat einer Sermittlung; eS ift, nacbbem ti getoorben ift; unb baS 2)enfen ift ni(bt blog Der^ mittelnb, fonbem erlennenb unb bte malere Srfenntnig DoQenbenb. 9Ba8 bem unmittelbaren SBiffen, mie eS 3acobi behauptet, feblt, ifl bas 2)en!en, unb »aS bem S)en!en, mie eS 3acobi anfielet, fel^It, ifl bie SDlet^obe.

aSon bem ©otte beS unmittelbaren 9Biffen8 lagt ftc^ nid^td »eiter bel^aupten, ate bag er ift; im übrigen ift unb bleibt er ein beftimmungS- Iofe8, unerfannte« S3Befen, beffen Slltor längfl in Sitten fianb: ^bem unbelannten ©otte!"

Sßenn bad unmittelbare SSiffen nadi 3acobi uns ntd^td loeiter unb nid^t me^r gu Derfic^ern l^at ali bie unmittelbare ©eai|]^eit beS eigenen Seins, ©otteS unb unferer SSal^me^mung öu|erer S)inge, fo ftnb »ir gurflcfoerfe^t auf ben erften metapl^^ftfdden Stanbpunit ber

> Sgl. btcfe« mtxt Oubiiaumfaufflabe.) »b. IV. (4. «uft.) »tt4 1. Sap. I. 6. 12 u. 13.

S)er (BegenRanb unb bte SOlet^obe bet Sogif. 439

neuem $]^Uofo))^te, itötnltd^ ben @tQnb))unft 2)eScQtted' mit feinem cogito, ergo sum, Deus cogitatur, ergo est u. f. f. Slid&t oDe ©ä^e finb ©d^Iüffe, in benen ba8 SBort ergo Doxfommt! S)ie angcfül^tten Sd^e finb unb aoKen unmittelbare ©emigl^eiten, SluSbrudeiDeifen beS unmittelbaren äBiffenS fein.^

2)er Unterfc^ieb aber 3tt)if(6en 2)e8carted unb 3acobi befielt barin, ba§ baS cartefianifd^e 2)en(en metl^obifi!^ ift unb fortfd^reitet, wogegen bas unmittelbare SBiffen ^acobis aKen metl^obifd^en Sl^arafter entbel^rt unb au8f(|Iie§t. „2)iefer Stanb^unft ))ern)irft biefe SRetl^obe unb bamit, tt)eil er feine anbere fennt, alle 3)fet^oben für bad SBiffen ))on bem, »aS feinem ©el^alte nad^ unenblid^ ift; er flberlögt fi^ barum ber milben SSiDfttr ber (Sinbilbungen unb ä^erfic^erungen, einem 3RoraUtatd=(Sigenbiln!eI unb ^od^mutl^ beS @m))finben8 ober einem ma§Iofen ®utbfln(en unb 9löfonnement, meld^eg fid^ am ft&rlften gegen ^l^ilofopl^ie unb $^ilofo))l^eme ertlArt. S)ie ^^ilofopl^ie geftattet nAm- lidi nid^t ein bloieS ä^erfid^ern, nod& (Sinbilben, nod^ beliebiges ^in» unb ^erbenfen beS 8läfonnement8."*

Unmittelbare^ SBiffen unb logifd^ed 2)en(en finb !eine ®egenfä^e, fonbem gelten in einanber über unb au8 einanber ^n\>ox. „@S ifi l^iermit aU f actifd^ falfd^ aufgegeigt Sorben, bag eS ein unmittelbares SBiffen gebe, ein Sßiffen, tteld^eS o^ne 3)ermitt(ung, eS fei mit anberen ober in i^m felbft, mit fid^ fei. ®(eid^falls ift eS für factifd^e Un= mal^rl^eit erllArt morben, bag baS 3)en(en nur an burd^ anbereS oermitteltcn Seftimmungen »irlH^en unb bebingten fortgebe, unb bag fid^ nid^t ebenfo in ber SJermittlung biefe Siermittlung felbfi aufgebe. S^on bem Or<^ctum aber fold^en @r(ennenS, baS meber in einfeitiger Unmittelbarfeit, nod^ in cinfeitiger SJermittlung fortgel&t, ift bie ßogif felbji unb bie ganje 5p]^itofol)]^ie ein a3eif|)iel."*

n. Sie aOfletl^obe. 1. 2)ie Itategotien. ^ie S)enIbe{timmunQen unb bie ^enltl^äügTeit.

S)iefelbe äJletl^obe, tteld^e bie ^l^dnomenologie befolgt l^at, gilt aud^ für bie fiogif : bort l^anbelt eS fid^ um bie ©eftalten unb Stufen

^ 9Bie (QOi^o in feiner S)inettQtton Aber bie caTteftf^e fl^ilofop^ie (1826), iDel^e ^egel citirt, na^oetoiefen l^abe. Cbenbaf. @. 144. Knmerl. < übenbaf. § 77. 6. 145. »gl. § 64, 6. 151-158. § 76. 6. 143—145. dbenbaf. § 75. 6. 143.

440 2)er ®egenflanb unb bie SUlet^obe ber Sogt!.

beS 99e)Dugtfeind, l^ter l^anbelt e8 ji^ um bie not^toenbigen Senl= beftimmungen ober reinen 93egriffe, tteld^e ^riftoteleS als bie ^tibi- cQte aKed 2)enlbaren, Aont ote bie ®runbfotmen alles Urtl^eitend Kategorien genannt l^atte. (Sben btefen ^usbrucf braucht nacb betn Vorgänge jener beiben grogen $^iIofopl^en aud^ ^egel, aber bei i^m erfd^einen bie Kategorien nid^t in ber Ofotm einer Slufgdl^Iung, toit bei älriftoteleS, audg nid^t in ber einer SCafel, »ie bei Kant, ber i^nen gern ben @d^ein eined @^{temfi geben möcbte, aber nur eine ®ri4>)>irung giebt, fonbern in ber Spornt eines n)ir!(i(^en S^ftemS, »oburd^ 3UgUi4 il^r 3ufanimenl^ang unb i^re 93olIftänbigteit Verbargt toirb. O^ne Softem !ein( SBiffenf^aft, o^ne aJlet^obe (ein Softem: bad finb uns »o^lbelannte l^egelfd^e Sfunbamentalfd^e.

2)ie Sogif ift bie SBiffenfd^aft ber Kategorien. 3ebe biefer Kat^ egorien voiU genau befiimmt, grfinblid^ burd^bad^t, erf^öpft unb Der^ neint, bie entgegengefe^ten äSeftimmungen, in meldte ber 99egriff au^ einanber ge^t, tt)o(len bereinigt »erben. 2)eninad^ entl^Alt ieber @d^rttt unb gfortfd^ritt beS S)en!enS brei Seiten ber £I^Atig!eit, bie xdxx aU bie beftimmenbe (fe^enbe), entgegenfe^enbe unb Dereinigenbe begeic^nen lönnen. §egel nennt bie erfie „bie abftracte ober öerftdnbige", bie gtueile ^bie bialeltifd^e ober negatiü-Dernflnftige", bie britte „bie fj)eculatiöe ober pofitiO'Dernünftige".^

2. 2)eT bta(ellifc(e ^xocti unb bie (Enttoidlung.

S)ie Ofortf^reitung beS S)en{en8 gefdbielgt alfo bur<^ bie 2)arlegung unb ^uflöfung ber ben Gegriffen inmol^nenben SBiberfprflc^e. ^gel ^at biefen gangen $roceg S)iale(ti( genannt, n)el(ben %\abxnd mix fc^on in ber ^^änomenologie angetroffen unb erd&rt l^aben.^ 6r rül^mt Kant, bag er in feiner 93ernunftlriti( bie S)ialelti( tt)ieber gut Snerlennung gebrad^t l^abe; er felbft aber in feiner eigenen S)ialeftif ]^at baS Sorbilb $Iato8 oor Singen, bei loelddem bie Sialefti! mit ber 99egriff8entu)iälung, ber 99egriff8eint^eilung unb als folc^e mit ber ttal^ren erfenntnife gufammenfdttt. SDlit Unred^t ta§t er Pato bei ben alten als ben „(gtfinber ber S)ialeltil'' gelten.'

1 fflb. VI. § 79-82. 6. 146-160. - « 6. oben »u* IL €ap. V. 6. 303. s aSerle. iBb. VI. § 81. 3uf. 1. €. 153. (2)te 3ufd|e linb na^gef^ricbene Hcufterungen; cd ift bo4 ftagli^, ob ^egcl btefc Xeufietung tDtrfli^ flet^n (at, ob er na4 bemfclben 3ufQ| (6. 154) ben platomf^en ^tolagorad {tatt beft SReno genannt l^at?) (@. oben 6. 434, 437.)

Set Gegeitfianb unb bie STlet^obe bei Sogtf. 441

®er aBtbctfpru(i& bepelzt in bcm Streit cntgegcnflcfc^tcr föt- fthnmungen, bie Stuflöfung beS SBibeifprudbi^ in beten 93ereimgung: in biefem Sinne baxf bie (Einheit ber ©egenfä^e aU baS burd^gAngige Sl^ema bet ]§ege(f(6en 2)iQ(e!tif gelten: jene ccomcidentia oppositorum», iDeldbe ®iorbano SBruno natutaliftifd^ unb ))Qnt^eiftif4, ®eotg ^omann religiös unb m^ftifd^ gefaxt l^atte. S)Qrtn kg bie ))on ^egel em))funbene unb aufigefpro^ene SBermanbtfd^aft mit beiben.

3ebe S)arlegung eines Sßiberfprud^S befielet in ber SSerneinung einer S)enfbeftimmung, n)eld^e nod^ eben gefegt unb bejal^t n)erben niugte; jebe 3(ufl6fung eines SBiberfprud^S ift beffen SSemeinung. $[uf biefe SBei|e betoegt fid^ boS S)enlen burd^ gtnei 9legationen unb gelangt auf bem SBege ber bop))eUen SSerneinung mieber jur SSeiol^ung ober ?lffirmation. Duplex negatio afl&rmat. ffiiefe boi)|)eIte SRegation l^at ^egel „bie obfolute 9legatiDit&t" genannt unb bie S)ialeltif für beren SDtetl^obe er!(&rt, »eldber StuSbrucf nacb Slrt ber ftnm))fen unb geban!enIofen Un))erfi[&nbni{fe ffir baS 9e!enntni^ einer ungel^euer negativen S^tii^tung genommen morben ift, n^elc^e barauf auSgel^e, oQeS gu ruiniren. 2)ie SD^et^obe ber abfoluten ÜKegatiDitAt bebeutet genau baffelbe als bie 3)f et^obe ber 2)arlegung unb Sluflöfung ber ben notb- loenbigen S)en!beftimmungen ober reinen 93egriffen inn)ol^nenben 9ßiber= fprfi^e. 2)er SBiberfprucb ift bie erfte 9%egation unb feine 9ufI5fung (SBemeinung) bie gmeite.

©iefe SWet^obe aber befielet barin, bafe öon ben einfallen SBe* griffen gu ben gufammengefe^ten, üon ben unmittelbaren gu ben t^er« mittelten, Don ben unbefiimmten gu ben beflimmten, üon ben abftracten gu ben concreten ober, um aUeS in einem gu fagen, t)on ben nieberen gu ben bö^wen, Don bem niebrigften gu bem bB#cn, ©lieb für ©Heb, fortgef^ritten toirb. S)iefe 9lrt ber Srortfcbrcitung giebt bem ^roceffe beS logifd^en S)en{enS ben Sl^aralter einer Stufenrei^e ober einer @ntai(flung.

SBir lennen fd^on aus ber ^l^änomenologie baS SSerl^ältnig ber nieberen gu ben b^^cren Stufen unb umgefel^rt. @S Derl^ält ftdb mit ben Stufen ber Segriffe, tt)ie mit benen bcS 93etou6tfeinS. 3>ie l^öberc Stufe ift bie SBabtl^eit ber nieberen, benn fie ift in i^r angelegt, erftrebt, geiooKt; bie niebere Stufe ift in ber l^öberen aufgehoben in jenem bo))))eIten unb breifacben Sinn, ben mir in ber $^&nomeno= logie f(bon angetroffen unb erörtert l^aben^ als eS fi^ um baS a3er= l^ältni^ ber finnti^en ©ett)i^]^eit gum tea^mel^menben Seiou^tfein

442 2)ct ®c9enfianb unb bte SRetl^obe ber Sogit.

l^anbelte.^ ^ufgel^oben fein Gebeutet Gemeint, bemal^it, erl^Sl^t fein, tt)ie tollere erl^eben unb Dernid^ten bebeutet, meldtet S)o))))eIfinit burcfe ben cicetonianif^en S3Bi^ ctoUendum esse Octavium» jur öe= rfll^mtl^eit gelangt fei.^

Sm ^ebel nennt man bie beiben angreifenben unb gemetnfam mir!enben SBeioegungelr&fte, nftmlic^ bie Entfernungen unb bie Ge« to)id^te ober bie 8&ngen ber Hebelarme unb bie SDlaffen bie nted^amfd^en (ftatifd^en) SOtomente. AeineiS üon beiben mirlt fflr fid^ allein, fonbem nur mit bem anbern gufammen. @o finb in ber fortfd^reitenben Snt- toidlung bie nieberen @tufen mitU)ir!enbe Or^ctoren in ben ^ö^eten; barum l^at ^egel, inbem er il^re SBirIfamleit mit ben SRomenien am ^ebel Derglid^, bie nieberen Stufen a(S aufgehobene SJlomente in ben l^Sl^eren bejeic^net.^ Unter bem Sinftug ber l^egelfc^en $^Uo» fopl^ie ift biefe SuSbrud8n)eife gang unb g&be geworben. SBenn eS fid^ barum ^anbelt, ben SBertl^, bie 99ebeutung, ben 93cgriff einer @a(^ ju fc^&^en, fo rebet man oon ben SDlomenten, meiere babei gu er- tt)&gen unb in SBetrad^t nu giel^en feien.

S)ie met^obifd^e S)ar(egung unb 9[ufl5fung ber ben SSegriffcn immanenten SBiberfprüc^e (abfolute 9legatimtät), ober bie bia» leftifd^e äftetl^obe, ober bie Sltetl^obe ber Sntttidtlung bebeuten baffelbe. Unb ba alle reinen SSegrtffe foioo^l 2)en!« a(8 €einfibegrtf[e finb, b. ^. foteol^I logif({)e als ontologifd^e unb meta))]^^ftfd^e ®ettutig l^aben, fo bte @d^ranle aioifciben bem S)enlen unb ben S)ingen auf» gel^oben, baS S)en{en bal^er nicbt mel^r befd^rAnlteS ober „enblid^dS", fonbem „unenblic^eS S)en{en'', baS in ber 93etra(!btung ber S)tnge bei fid^ felbft bleibt unb in bem äBefen ber S)inge fid^ felbft unb fein eigenes SBefen mie im Spiegel (tanquam in speculo) erlennt unb mtebererlennt. S)arum l^at ^egel biefe auf bas metl^obifc^e (bialeitifd^e) ober unenblidbe 2)en!en gegrttnbete Srt ber @rlenntnig bie fpeculatiüe $]^ilofo))]^ie genannt unb indbefonbere feine Sogil ate folc^e 6e« lüi^mt unb in feinen jenaifd^en Sorlefungen audi angelfinbigt/

^te CEint^eilung.

atte entttJidtung ifi ©elbflenttoidlung, ©elbftglieberung, ©ettfl« eintl^eilung. SEDad fid^ in ber Sogil in bem Elemente beS reinen

» 6. oben (Sap. VI. 6. 810, » 9Betfe. »b. KI. ©. 108-105. » Cbttt- bof. 6. 106. - * »gl. Bb. VI. § 28. 3ufafc. S. 68.

S)ct ®egenfianb unb bie SRet^obe bet Sogtf. 443

3)enfen« entttitfdt, ift nid^t» anbcrc« ate ber ©egriff ober btc 3bce ber @ttttt)t(!Iung felbfl, fo bog l^ier, tDte e9 ^egel öfter ]^er))or^ebt, Snl^olt unb gform öottfommen ein« ftnb. 2)er Crlenntnifeinl&oU ftnb bie notl^tDenbigen 2)en!6eflinimungen ober bie reinen 93egriffe, b. ^. bad reine 2)enien; ebenbaff eibe reine 2)enlen ift bie @t!enntni§fornt. ®er 6r!enntnt6in]^aft ifl bie ©elbftentoicHung bes reinen 3)enfen8, b. ^. bie 3)lei^obe ber logifAen (SntaidElung ; eben benfelben (S^aralier ^Qt bie @r!enntnigform. 2)ie Sntmicflung mirb entmidelt.

9Ba8 fid^ enltoidelt, mu^ fidg xooxanS entoitfeln unb n)03u. 2)ie8 finb bie brei in bem S^l^ema ber (Snttoidlung entgoltenen ^ou^t» beftimmungen: baS SBad, bad SßorauS unb boS SBoju. ^a^ SBaS (S)afein ober 6t©aS) in feiner einfocfeflen unb obfiractefJen gorm ift boS ©ein; ba8 SBorauS unb JBBoburdö (5*£v f^ apxh '^^ xivTjoewc) ift ber ©runb ober ba% SBefen, boö ifiJoau (oo evexa) ift ber 3»ecf, b. i, ber ju realiftrenbe ober ftd^ felbft reoliprenbe SBegriff. ®emgrtnä6 ftnb bie brei ^Qupttl^eile ber ßogif: 1. bie ßel^re t3om ©ein, 2. bie Seigre öom SBefen (®runb), 3. bie ßelire Dom »egriff (S^edf).

S)en ftd& felbft reoliftrenben 3roe(f, um e3 jur Drientirung öorouö- junel^men, Iiot ^egel ben ©elbftjtoed ober bie 3bee genannt: eS ift bie l^od^fte Kategorie, in loeli^er aQe t^or^ergel^enben als aufgel^obene STOomente entl^alten ftnb. 3)a^er ift biefer SBegriff gleiAfom in nuce ba8 gange ©Aftern ber Äolegorien. SBenn man ben Segriff beS ©eI6ft= gmedS grünblid) anal^ftrt, auSeinanberlegt unb in feine Elemente auf» loft, fo ergiebt ftd^ bie Sleil^enfolgc ffimmtlidber Äategorien.

3)er ©elbftjtoecf ift ber »egriff in feiner ©eIbftüertoir!Iid&ung: ba« ^er Derftelit ^egel unter bem 93egriff ba9 ©elbft ober baS ©ubject, mäl^renb ba§ 3Befen, aU toelc^eS allen S)ingen unb Srfd^einungen gu ©runbe liegt, ben g^aroftcr ber Sfiotl^wenbigfeit ober ber ©ubftang l^at. 9lun erinnern mir uns |eneS SBorteS aus ber 93orrebe gur $6AnomenoIogie. „@S fommt nad^ meiner €inftd&t, n)eld&e ftd^ nur burd^ bie S)arfteDung beS ©^ftemS felbft red^tfertigen mug, aKefi barauf an, baS SBal^re nic^t als ©ubftang, fonbern ebenfo fel^r als ©ubject aufgufaffen unb auSgubrüdfen."* (3)a6 aber ber SBegriff in feinem logifd^en S^arafter als ©elbft ober ©ubject gu nel^men fei, fagt bie ^^anomenologie nirgenbS, obgleid^ fte an ungegA^Iten ©teilen baS SBort „Segriff" in biefem ©inne gcbraud&t. ©o wirb an fielen ©teDen,

> €. oben dap, V. €. 291 u. 292.

444 ^ct (Begenflanb unb bte aRet^obc bet Sogif.

etgentlid^ burd^gfingig, bte Sogt! üott ber $l^&notnettoIogte DorauSgefe^t, loA^renb fte berfelben ttad^folgt. fflmmt man ba8 SBoit 93egriff in bem gett)ö^nU(&en logifc^ett @intt abftracte SorfleDung ))on aS- getneittcm Umfang, fo finb eitte SRettge €A^e iit ber $]^Attomeno(ogi€ buttlel unb unDerft&nblid^. S)Q{TeI6e gilt üon bem 93egrtff bet 9legQtton, 9legQtit)ttät u. a.)

S)a nun ber 93egrtff im €tnn ber l^egelfd^en Sogt! gletdgbebeutenb ift mit bem €elbft ober Subject, fo erllArt ftd^ auii, toaxum ^egel ben britten Heil feiner ßogil „bte fubjectiDe ßogil* genannt ^ot unb im Unterfd^iebe bat)on bte beiben er^en 2:i^eile, n&mlid^ bie Oel^re öom ©ein unb Dom Sefen, „bie objectiDe ßogif".*

4. S)et Scgtiff Gölte« in ber ßogif. ^a« 9lei4 ber Statten.

2)ie Kategorien, obto)o]^I fte nad^einanber, alfo in einer geitltci^en 9lei(ienfoIge, toie e8 nid^t anberS fein (ann, entn^idfeU unb in baS 93e> lou^tfetn gel^oben n>erben, finb alle guglei^, alfo aetttoS ober eiotg unb !önnen bal^er als S)efinittonen hti Smtgen ober beS Slbfoluten ober @otteS angefel^en n>erben. S)a^er loirb burd^ bie logifd^e 3bee, a(8 tt)eld^e alle Kategorien in ftd^ fd&Iiegt, baS S93efen @otteiS begriffen, abgefel^en Don feinen Sejiel^ungen aur Sßelt ober Don feinem €ein, b. ]^. feiner (Segenmart in ber Slatur unb in bem enblid^en ®eifte. „^it Sogif ift als bas Softem ber reinen SSernunft, als baS Sleid^ beS reinen ©ebanfenS gu faffen. S)iefeS 9lei4 ift bie SBal^rl^ett, n)ie fie ol^ne ^fllle an unb für fidi felbft ift. 9Ran lann ft4 beSioegen auSbrfiäen, bog biefer 3nMt bie S)arftellung ®otte8 ift, mie er in feinem emigen SBefen Dor ber (Srfd^affung ber 9latur unb eines enblid^en (SeifteS ift."'

9Beil bie Sogil baS äleid^ ber SBal^rl^eit ol^ne ^üKe ift, barum gea&^rt il^r Stubium „bie Kraft, meiere in aKe ^a^rl^eit leitet'. Seil i^re ©egenftönbe bie einfachen, Don aller ftnnlid&en Soncretion befreiten SBefenl^eiten finb, barum nennt ^egel i^r Softem ^baS Steid^i ber @d&atten\ „^afi @tubium biefer 9ßiffenf(ibaft, ber SlufentMt unb bie Arbeit in biefem Sd^attenreid^ ift bie abfolute SBilbung unb 3ucbt beS 9eiDu|tfeinS."^ 2)iefe 3ud^t befielet barin, bag »ir in bei 9luSflbung beS logifc^en S)en!enS uns entmöl^nen, an uns felbft gu

^ äOerfc. Sab. III. @. 46^52. > SO^erle. III. Sinlettuns. Xllfiemetner Sefitiff unb Sogtt. 8. 33. »gl. (Ebcnbaf. 6. 69. S3g(. »b. VI. (€nc))f(o)>&btr.l § 85. 6. 163. > »b. III. (EinleUung. 6. 44.

2)ct ecgcn^oiib unb bic SDflctiobe bei Sogif. 445

benfen unb unfer 3Rt\mn, SoDett, SSanfd^en itt bte ©ebanlen etn)U' tntfd^en. „3nbem tdg bettle, gebe ic^ meitte [ubiectioe SBefonbet^eit auf, Derttefe tnid^ in bte @Qd^e, (äffe bad S)en!en fflr lid^ gen)&]^ten, unb id^ beule fc^Ied^t tnbem ic^ Don bem SDleinigen eltoaS ^injutl^ue/^

5. 2)u Sogt! unb bte Ocf^i^te bcr $]^Uofop^te.

9lu8 bem SEl^eniQ bet Sogt! erbeut, bag gtoifd^en ben Aategorten, ben Seftntttonen beS Slbfoluten, unb ben ^rincipien ber pl^ilo» fo))^tf(!^en S^fteme eine geioiffe Uebereinflimmung ^errfd^en niug, »orauf {t(6 bie untoiQfflrUd^e SSergleidgung beS (ogifd^en (Fortganges ber Kategorien mit bem gefd^ictitlicfien O^ortgang ber ©^fteme grflnbet. 9(uf biefen 3ufammen^ang amifi^en feiner Sogil unb ber ©efd^id^te ber $]^iIofop]^ie l^at ^egel gern unb oft l^ingen^iefen als auf eine le^rreid^e $robe, mli^t bie 9%i(i&tig!eit ber Sle^nung nad^ beiben @eiten befi&tige. SBenn biefe [Red^nung ftimmt, fo mug ftd^ baS iüngfte unb le^te @^ftem 3u aüm t^orl^ergel^enben $^iIofo))]^ten Der^olten, tote bie Iogif(6e 3bee gu ben Kategorien. 3Jlit anbern SOSorten: aKe gefcfeid^tlid^en @^{teme ber ^^ilofopl^ie finb aufgel^obene SDlomente in bem Softem ber l^egelfd^en ^^ofop^ie. „S)ie ®ef(iid^te ber ^l^ilofopl^ie geigt an ben Derfd^ieben erfc^einenben ^l^ilofop^ien t^eilS nur Sine ^^ilofopl^ie auf Derfd^iebenen SluSbilbungsjtufen auf, tl^eite bog bie befonberen ^rincipien, beren eines einem @^f}em gu ®runbe lag, nur Sroti%t eines unb beffelben ®angen finb. S)te ber 3eit nad^ le^te ^^ilofopl^ie ift bas SRefuttat aDer Dorl^erge^enben ^^tlofop^ien unb mug ba^er bie 5Princi})ien aöer entl^alten; pe ift barum, »enn fie anberS ^^Ho- fopl^ie iji, bie entfaltetfte, retd^fie, concretefte."*

2)iefen 3ufammen]^ang gioifd^en ben Kategorien unb ben $^iIo- fopl^ten, gioifc^en ber Sogi! unb ber ©efd^id^te ber $^ilofo))]§ie l^at ^egel, als er bte Kategorie beS @einS mit ber Seigre beS ^armenibeS Derglidgen, feinen 3u^örern in grogartiger unb ^öd^ft einbringlid^er SBeife t)orgeftettt. „SJie oerf^iebenen ©tufen ber togifcfeen 3bee finben toir in ber ©efd^id^te ber ^l^ilofop^ie in ber ©eftatt nad^ einanber l^erDorgetretener ))]^iIofo^]^ifd&er @^fteme, beren jebeS eine befonbere S)efinition beS Slbfoluten gu feiner ®runb(age l^at. So n^eit nun bie Sntfattung ber (ogifd^en 2ibee ftdg als ein O^ortgang Dom Slbftracten gum Soncreten ertoeift, ebenfo ftnb bann aud^ in ber ®efd^id^te ber

1 »b. VI. a)ie SGBiffenfftoft ber ßogif. »orbegriff. § 24. 3ufafe 2. ©. 49. « €benbaf. VI. (Einleitung. § 13. 6. 21.

446 2)eT ®egenflanb unb bie SDletl^obe bei Sogif.

$]^tIofo))l^ie bie frül^efien @^fleme bie abftracteflen unb bomtt 3ug(etd^ bie &tm{)en. ^oS SSerl^öItnig aber ber frfil^eren ju bett fp&teren )>^t(o- fop^ifc^en @^ftemeu iR im ^Dgemeinen baffelbe, toit baS 93er^ä(tniB ber früheren ju ben fpftteren Stufen ber logifcifeen 3bee, unb jioar Don ber 2lrt, bafe bie fpöteren bie früheren als oufgel^oben in ft(l& ent= l^olten. S)ie8 ift bie n)Q^re Sebeutung ber in ber ©efd^id^te ber $^Uo' fot)]^ie t)or!ommenben unb fo oft migDerflanbenen SBiberlegung be§ einen ^]^iIofo))]^if(6en @i)ftem8 burd^ ein anbereS, unb ndl^er bed frfl^eren burd^ bie fp&teren. SBenn Dom SSiberlegen einer ^l^ilofop^ie bie Siebe ift, fo pflegt bieö gw^^^P «"^ abflract negotiDem Sinne ge» nommen gu merben, bergeßalt, bog bie miberlegte $]^iIofo))^te fiber» l^aupt nid^t mel^r gilt, bog biefelbe Befeitigt unb abgetl^an ift. SBenn bem fo todre, fo mügte bod Stubium ber ©efi^t^te ber ^^ilofopl^ie aU ein burd^auS trauriges @ef^dft betrachtet merben, ba biefeS Stubium le^rt, toit aUe im SSerlauf ber 3^it ]^ert)orgetretenen p^ilofopl^ifd^en S^fleme i^re Sßiberlegung gefunben l^aben. 9lun aber mug, ebenfo gut als zugegeben ift, bog aQe ^^ilofopl^ien miberlegt toorben finb, äuglet^ aud^ bel^auptet toerben, bag (eine $^i(ofop]^ie toiberlegt tt)orben ifl, nod^ aud^ miberlegt ju werben tiermag." „Sie ©efd^id^te ber ^j^tlo^ fopl^ie l^at eS fomit i^rem toefentli^en ^n^alte nad^ nid^t mit Ser» gangenem, fonbern mit (Smigem unb fd^Ied^t^in ®egena&rtigem gu t^un unb ift in il^rem SRefultat nid^t einer ©atterie Don SJerirrungen beS menfd^Iid^en ®eifteS, fonbern Dielme^r einem ^antl^eon Don ®dtter= geftalten ju Dergleid^en. 2)ie ©öttergeftalten aber fmb bie Derfd^iebenen Stufen ber 3bee, toit folc^e in bialeltifd^er (SutmidFIung nadg einanber hervortreten."*

6. 2)er Anfang.

3)er Slnfang ber fiogil unb ber $^iIofopI)ie überl^aupt befinbet fi(6 in einem 2)ilemma, toeldbeS fd^on bie alten Sfeptifer erlannt unb für unlösbar erKdrt l^aben. (Sntroeber ift biefer Anfang vermittelt ober er ift unmittelbar: im crften gaö fel^tt ber Sin fang, benn baS »ermitteln, aSegrünben, SSetoeifen fül^rt in« (Snblofe; im anbern gfaD feblt bie SBegrünbung. S)ort l^aben »ir einen »ettjeis ol^ne Änfana, l^ier einen Anfang ol^ne SBeweiS, in feinem Don beiben gellen lonn bie SBiffenfd^aft beginnen. 3)iefeS S)ilcmma gilt, folange bie ?P^ilo=

1 dbenbof. VI. § 86. 3uf. 2. ©. 166-1G8.

2)er Qegcnfianb unb bie SRet^obe bei SogU. 447

\op^it mit einet Sel^QUptung ober einetn @Q^e beginnt; eS ifl J^infaKig, fobolb ben Anfang bet ^l^ilofopl^te ntd^t ein €a^ ober eine 93e= ^Qu))tung, fonbern, mie gfid^te geleiert l^t, eine O^orberung, ein Snt' fd^Iu^, eine Zf)ai aMmai^i: „SSSerbe bix beiner betonet", ..fe^e bein 3*", «t)oaaie]^e bie I^at beö ©elbjibetoufetfeinö!"^

Sei ^egel l^ot ber Slnfong ber 5pi^iIofol)^ie (ßogi!) fotool^r ben S^arofter beS SSiffenS al8 ben beS Sollend ober Sntfd^IuffeS; bei il^m ift bae SBiffen, meld^eS ben Anfang ma^t, fomol^I vermittelt als un= mittelbar, benn aKed Unmittelbare ift baS Stefultat einer a}ermitt= lung: eS ift, nac^bem eS gern or ben ift. 3Ran l^at ben Anfang ber Sogif 3u betrachten als Vermittelt burd^ bie gefammte $^&nomeno- logie, beren le^ted S^tefultat baS reine SBiffen »ar. Slunmel^r ift bas reine SBtffen geworben: eS ift unb l^at ben dkaxalUx ber Unmittel= barleit; nod^ aber ifi eS DöQig unbeftimmt unb unentmidelt. SBaS eS ift, foQ erft beftimmt unb entmicfelt »erben: eben bartn befielet ja bie Slufgabe unb baS Sl^ema ber Sogil. 33on bem reinen äBiffen ober reinen 2)enfen als einem geworbenen fRefuItat, nunmel^r feienbem ober unmittelbarem 3uftanbe !ann gunäd^ft nid^tS weiter auSgefagt unb be- griffen »erben, als bog eS ift. 2)a^er Idgt fid^ ))orauSfc]^en, ba§ aud^ bie erfte Äatcgorie ober ber erjie 93egriff, womit baS Softem ber ßogif beginnt, lein anberer wirb fein !önnen, als ber SBegriff beS @einS.^

3nbeffen ift ber Einfang ber Sogi! nid^t b(o§ als ein burd^ 33er- mitt(ung geworbenes, nunmel^r unmittelbares SEBiffen anjufel^en, fonbern aud^ nad^ fid^tefd^er SIrt als ein toorauSfe^ungSlofer Sntfc^Iug, als eine 9tid^tung nidgt beS (ErlennenS, fonbern beS SBoQenS. „Qoü aber leine SSorauSfe^ung gemad^t, ber Anfang felbfl unmittelbar genommen werben, fo beftimmt er fid^ nur baburdb, ha% eS ber 9(nfang ber ßogü, bcS ©enfenS fflr fid&, fein foü. 9lur ber entfdölufe, ben man aud^ fflr eine Sßiißflr anfeilen lann, bog man baS 2)enlen als foI^eS betrachten woKe, ift oorl^anben. @o mu% ber Anfang abfoluter ober, was l^ier gleid&bebcutenb ift, abflracter Sfnfang fein; er borf fo nid^ts oorauSfe^en, mug burd^ ni^ts vermittelt fein, nod^ einen ®runb l^aben; er foD oielmel^r felbft ©runb ber ganjen SBiffenfc^aft fein. @r mug bal^er fd^Iedbt^in ein Unmittelbares fein ober toielmel^r nur baS Unmittelbare felbft. Sßie er niddt gegen ^nbereS eine

^ aSgl. biefed aS^ctl. OubilAumSauSgabe.) S9b. VI. a9u4 III. Sop. III. 6. 428-432. « ^egel. SGÖerle. »b. III. CrPe« SBu«. 6. 55-58.

448 !Ste Sc^re t>om @ctit.

Sefltmmung f^aitn !ann, fo laitn et audg leine in fid^, feinen 3n^alt

enthalten, benn bergleidgen todre Unterfd^eibung unb Sejiel^ung t>on

Derf^iebenen ouf einanber, fomit eine SBermittlung. S)er Anfang ift Qlfo ba« reine ©ein."^

aSiergel^ntcS ®Q|)iteI. Sie Ce^re ti0m Sein. A. Sie ($nalitat

I. 2)a8 reine €ein. 1. @etn unb !fli4U.

2)er erfle ^Begriff ift Don oDen ber einfac^fie, abfiroctefie unb un- mittelbarfie, er ifi noc^ DöIIig unentmidelt, unbejlintmt, barum in^atts* loÄ ober leer. S)iefer Segriff, toie ftifeon erHftrt toorben, ifl boS reine ober blo^e Sein. „@6 ifl bie reine Unbeftinimtl^eit unb Seere. €8 ift nic^td in il^m angufd^ouen, toenn Don Slnf^Quen l^ier gefprocben loerben !ann; ober eS ift nur bieiS reine, leere Stnfd^ouen felbfl. SS ift ebenfo wenig etmoS in il^m ju ben!en, ober ed ift ebenfo nur bted leere 2)enlen. 2)ad Sein, baS unbeftimmte Unmittelbare in ber 2:]^Qt 9li4td unb ni^t me^r no(^ weniger alis SUcbtd."'

SBie in ber legten unb ^öc^ften Kategorie alle Dorl^ergel^enben als aufgel^obene SDlomente entl^alten finb, fo in ber erften unb niebrigfien aQe ^olgenben ate unentmicfelte Einlagen. 2)iefed im @ein begriffene, aber nod^ DoQig unentn)i(felte, barum inl^altslofe 2)eu(en ift fomo^I rein als leer, fottol^l @ein als Sticht 8. @ein unb Slid^td ftnb baffelbe, benn fie finb ber ^JluiSbrucf beS reinen S)en!en8 in feiner ein- fädelten O^orm; bad €ein ift ber po[iim 9tudbruä beffelben, bad Slid^td ber negative. S)aS Sein ift Stid^tS, benn e8 ift nid^ts in i^m au er^ lennen, meil eiS inl^altSloS ober leer ift. Sein unb 9}id^t8 finb aber nid^t blog baffelbe, fonbern aud^ unterfd^ieben: baS Sein befagt, bag baS 3)en!en ift; ba8 9lid&t§ befagt, bag eS nod^ D5Dig unentmidelt unb inhaltslos ifl.'

S'^id^tS lann einleu(6tenber fein als biefe (Sinl^eit unb biefer Unter- fd^ieb gtoifd^en bem Sein unb bem ^lic^tS; mir muffen Don bem 93e-

^ €benbaf. SBb. III. 6. 59. > C^bcnbaf. CEtflet $(bf<J6nitt. SBe^rantt- ^eit. (Dualität) «rfte« gapitcl. @ein. A. ©. 73. »flL »b. VI. § 86. 6. 165, 3 UL abfdjnitt I. »eRimmt^eit, (OualitÄt.) «nmetf. 2. 6. 88-85.

S)ie Dualität. 449

griffe beS @ein8, ba in il^m tuetter nid^td }u er!ennen ifl als bie ^m^altloftgieit unb bie Seete, ju bem äSegriffe beS 9%id^tS fortgel^en, nur JU il^m. S)iefe betben S)en(6eflimmungen, baS Sein unb baS ^xä^t8, ftnb ungettennt unb untrennbar: in biefer Ungetrenntl^eit ober Untrennbarleit befielet, loie ^ege( auSbrAcflidg iitxt)Oif)tf>i, xffxt (Sin^ett, n)eld&e alfa letneSWegS 2)iefelbig!ett ift, fonbern ben Unterfd^ieb in fid^ fd^Ke^t unb bie ^Bereinigung forbert.

2, S)a8 as^erben. (gntfielien unb S^erge^en.

2)ie SSereinigung Don @ein unb üßidgts (üßid^tfein) ift baS SQSerben, n)ortn jene beiben aufgel^abene SDlomente ^nb. S)a8 im SBerben be- griffene ©ein ift baS entfielen, baö im SBerben begriffene Slid^tfein ifi bas 93 er gelten. ,,2)ie SSal^r^eit beS @einS, foioie bed fflxä^U ift bal^er bie ßinl^eit beiber; biefe ßinl^eit ijl baS SBerben/'^

2)er €a^ ))on ber Sinl^eit beS @einS unb beS 9lid^td l^at bie äufeerjien aJlifeDerflfinbnilfe l^eröorgerufen, inbem man an bie ©teöc ber obftractepen SSegriffe bie concreteften aSorfteOungen, »ie baS ©ein ber 3)inge, be« aRenfä^en, ©otteß u. f. f. gefegt unb fo ben ©inn in Unfinn t^erlel^rt l^at. ©ei eS ettt)a einerlei, ob ein ^auS ift ober nid^t i% ob toir felbfi finb ober ni(6t finb, ob ®oit ifl ober nic^t x% ob ]§unbert 5£l^aler finb ober nid^t finb? u. f. f. ^egel l^at gar ju gern unb barum gar gu oft fid^ bie l^unbert X^aler geliehen, loel^e Aant 3ur SBiberlegung beS ontologifd^en SetoeifeS gebrandet unb t)erbraud^t ^atte. Slud^ an ber gegenioüirtigen ©teile lommt er barauf jurüä.^

SBeil aber ber 2lnfang feiner ßogil, bie fogenannte ßinl^eit üon ©ein unb Slid^tS, l^äufig fo Diel unDerftdnbigeS Aopffd^ütteln unb un= nötl^iged Aot)f3erbred&en Derurfad^t l^atte, fo mad^te ^egel ben ,,a3or= Wc^i 3ur ®üte'\ bog man mit bem Slnfange felbft anfangen möge: mit bem S3egriffe be« Slnfangg, aus beffcn änal^fe fid& bie ßinl^eit t)on ©ein unb Tlid^tfein fogteid^ ergebe. SBaS ju fein erft anfange, fei nod^ nid^t unb bod^ aud& fd^on, loeil eS anfange 3u fein. 3eber Anfang ift ein SBerbejuftanb, aKeS SBerben aber entl^atte ©ein unb 9li(!^tfein jugleid^, )oaS noc^ niemanb Der!annt ober beftritten l^abe, eS mü^te benn fein, ba^ man bas SBerben flber]^au))t in ^brebe ftelle.'

1 SBb. IIL 6. 102 Pgb, « (gbenbaf. ©ein. «nmer!. 1. @. 77-80. »gl. VI. § 88. ©. 172jlflb. - » m. e.esPöb. »gl. VI. § 88. 6. 174. Sri f 4 er. «ef^. b. $«tIof. VUI. 91. %. 29

450 ^ic fid^te tu)m 6cin.

S)ie eieatett ^abtn ben 93egttff beS €einS gum ^rtitctpe ber $^iIi)fo))]^ie gemad^t unb Itnb babutd^ bie Segrüttber ber Ontologte ober 9Reta))^^fit gemorben. ^armenibeS ^at erflftrt: «,nttr baS €etn tfl, unb balS 9li(^td (SKd^tfein) i{i gar iric^'', tootanfi bie Unm5glid^ foit beS SBerbenS folgt. S)er ttefjtttmge ^eraüit 1)aU ben Segriff bed SBerbenS }um $rtncit) ber $^iIofo))]^ie genuuit ba eS bin blogeft €ein gebe, fonbern aOeS im beß&nbigen SSerben oba Sftuffe Begriffen fei, baS SBerben aber fei bie (Einheit t)on @ein unb 92i(^tfein.^

S)er @a^ Don ber ltnnt5gti(i^!eit beS SßerbenS ober bog aui$ nid^td nid^tS loerben !5nne (ex nihilo nil fit) flreitet nic^t mit bem Segriffe beS SSBerbenS, fonbern mit ber @(i^9^fung aM 9K(l^tS, inbem er bie Cioigfeit ber 3Äaterie beftäftigt, tteSl^alb §egel bie JBer= neinung beS SßerbenS ffir einen (Srunbfa^ beS ^ant^eiSmuS anfielet, atd ob bie Seigre beS ^eraKit nid^t aud^ Pantheismus fei!^

S)er @a§ beS ^craflit l^eifet: „Sein unb 9lid&tfein finb baffelbe', „toir pnb fotoo^l ate toir nid^t pnb", „aDeö ift im SBerben begriffen, alles fliegt, n&vca psi". 3ugletd& lägt man ^egel bem ^erafftt einen €a$ jufd^reiben, meldten biefer $^iIofop]§ unm5g(id6 gefagt l^aben lann. 2)er @a^ gel^ört in bie atomiftifd^e Se^re unb flammt ton S)cmofrit: „tö 8v o&Äv |i.dXXoy 4otI, toö (f}) 8vtoc", baS ©eienbe tfl nidgt in l^öl^erem SRage als baS 9lidbtfeienbe, biefeS ifi ebenfo fe^r als baS Seienbe. Unter bem €eienben ifi «baS SoDe", unter bem 9Kd^t' feienben „baS ßeere" ju toerfle^en. »eibeS ifl in gleid^er SBeife: baS SoSe ]o\oofiH als baS 8eere. ^egel fannte ben €a^ unb feine ^erfunft fel^r tool^I unb l^at in feinen Sorlefungen über bie ®e== fd^id^te ber ^^ilofopl^ie benfelben atS einen HuSfprud^ beS 2)emotrit angefül^rt.'

S)aS Serben ifi Sntfiel^en unb SSergel^eu; aber biefe Bctben SItomente finb im SBerben nid^t etn^aS geitlid^ unterfd^ieben unb Auger^ lidg Oerfnüpft, fo bag erft baS Sntftel^en, bann baS Serge^en ftatt= f&nbe, unb gioifd^en beiben nodg eine bur^ baS SBörtd^en «unb" be= jeid^nete Serbinbung Pa^ ^Atte. Stfifd^en beiben giebt eS nidbts S)ritteS. 2)as dntfte^en ift an il^m felbfl baS Sergel^en: baber ift baS

i m. 6. «nmert. 8. 6. 88. -~ t ni. 6. «nmcr!. 1. 6.68fl0b. f^h VI. § 88. 6. 174. - » »fli. »b. VI. § 88. Sufot. 6. 177 mit »b. XIU. (2. 9ufl. 1840.) @. 825. SRan barf ben SufAten aU na^gef^ncbcnen, oon bem Herausgeber nid|t gerabe mit Ititifdler Sorgfalt beianbelteit fCeulerungen (ie unb ba mtfitrauen, loie an ber foeben angeführten 6te0e.

2)ic Ouatitat. 451

Setben ein befldnbigeS SSergel^en ober ^erfd^minben, eS i{l bais 3er- gelten beS Sergel^end ober baS SJerfd^iotRben be« äkrfd^iombenS: eS lonn bal^r nur begriffen merben als bergangenes 99ergel^n, als t^r« fd^vunbeneS Serfdftminben, a(S Vergangenes Serben ober ®en)orben- fein, b. 1^. als S)afein.

SßUlt man ft(]^ ben Segriff beS SBetbenS unb biefen Uebergang t)om Serben ium 2)afein anfd^auKd^ mad^en, fo gieM eS fein beffereS a9eif)>iel als bie Seit, nrie aud& ^raSit fogletd^ auf bie S^t als bie anfd^ttlid^fie xSotm beS SerbenS ^ingen)iefen l^at. SHe S^t baS beflftnbige 93ergel^en ober bielmel^r SSergangenfein. 3(1^ erinnere an ben fc^iKerfc^en @))nid6 beS SonfuciuS: „2)reifad^ ber Sd^itt ber 3eit/ g5gemb fontmt bie Sufunft l^ergejogen, ))feilfd^nett ift baS 3e^ entflogen, etoig {KD ßel^ bie SBergangenl^eit". 3)ie l^rgangene Seit ift ba, baS (Befd^el^ene lann lein (Sott ungefd^el^en mad^en; eS ifl baS ^erfectum, »eld^eS ^räfenS ift: Tl^ova = id^ bin ba.

n. S)aS S)afein. 1. Oualttftt« (ElttKiS unb Slnbere«.

3n bem 93egriffe beS 2)afeinS ift baS SDa toeber Srtlidg nod& itxU lid^, fonbern logtfd^ ju nel^men, als ein beftimntteS, fo ober fo it- fdgaffenes Sein, als ein SaS ober ein Ouale; biefe mit bem 6ein ibentifd^e, toon il^m unabtrennbare SBeftimmtl^eit ifl bie duaUtAt, mit roeld^em 9lamen ^egel baS erße (SxipiUl feiner Sogi! fiberfd^rieben l^at, totxl ber ^Begriff ber Oualitftt im 3RitteI))un{te ber erßen ®tvüfpt ber Kategorien ßel^t unb biefelbe gleid^am bel^errfd^t. 2)aS 2)afein ift bcflimmtcs ©ein ober feienbe Seftimmt^eit, bie als fold&e ben Unter* fdfeicb t)on anberem 3)afein, alfo baS IRii^tfein ober bie Jiegation in fid& fd&Iie^t, »eSI&affi ^egcl „älealitftt unb SRegation" fogleidft als bie beiben SRomente begeic^net, meldte ben 93egriff beS SDafeinS auS- mad^en. (Sx legt baS grdgte ®e)oid^t barauf, ba% im 2)afein ber 99egriff ber 9}egation in feiner Seftimmtl^eit an baS Sid^t tritt, inbem er auf ben ©a^ ©pinojaS l^inloeifl: «omniß determinatio est negatio». Unter ber Jlegation in il^rer »ejiimmt^eit ifl bie 3u« fommengcl&&rig!eit beS ©eins unb Slid^tfeinS (ÄnberSfein*) ju Der» ftel^en, ol^ne n^eld^ fein Stberf))rud^, fein Seben, !eine (SntmidSung ftattfinben !5nnte.

2)aS SDafein ift nid^t me^r baS unbeflimmte ©ein, meld^eS gleid^ n^ar bem Slid^ts, fonbern ein burd^uS befUmmteS ©ein ober dualitAt.

99»

452 Sie Se^te t)om 6cin.

2)a aber atteS blo^e Sein immer unbeflimmt unb bleibt, fo mug baS Safein nodg nöl^er beflimmt unb unterfd^ieben, ed mug ate ein unterfc^iebeneS S)Qfein, b. 1^. ds ein 2)afeienbeS ober Qtioag gefaxt n)erben, n^eld^eS mit anberem fo unmittelbar gufammen^ingt unb Der- {nüt)ft ift, bag 9lealitat unb Tlegation als (&ttoa9 unb 3(nbere8 bie 3nomente bed SafeinS ftnb. 93eibe 99e{timmungen gel^bren ju einanber unb Idnnen nid^t getrennt loerben, baS (StioaS !ann nid^t für ft(^ fein, audg nid^t bas SInbere, jebe ber beiben 93eftimmungett ifl bas Rubere bed Ruberen, jebe ift etn)a8 anbereiS, U)ie tt)ir im 2)eutfd^en fagen: «ein 3(nbere8 ein $[nbereS", ober „etn)aS SlnbereS ettoaS atnbereS" ober im ßateinifd^en «aliud aliud», ober bei 5ptato bas SlnberSfeitt fd&te^ttoeg (tö itepov = därspov) im ©egenfa^e 3u bem, loaS fid^ gleid^ ober baffelbe bleibt (taoröv).

2. (£nbU4cS unb Unenbli^eS. 2)ie 9}erätibeTung.

(&ttoa9 unb SlnbereS l^&ngen bergeftalt gufammen, ba§ }n}ifcben beiben nid^tS S)ritteiS ift. 993ad loir aU «»unb" bejei^net l^aben, ift il^re ®ren}e, »eld^e beibe ebenfo unmittelbar t)er!nflt)ft toie unter» fd^eibet. (StioaS ift burc^ anbereS begrenzt unb ebenfo umgele^rt 93egren}t fein l^ei^t enblid^ fein. 2)ad'@nblid^e l^&ngt mit anberem bergeftalt )ufammen, bag e8 mit i^m bel^aftet ift unb e8 an fidg l^at, n)e8]^alb @))ino)a baS (Snbli(6e (^JlobuS) gut unb treffenb ate bad» ienige erll&rt l^at, tt>aS in anberem ift unb o^ne anbereSMtid^t begriffen loerben !ann (quod in alio est, per quod etiam- coucipitur). S)a8 SttoaS Dermbge feiner 93egren}tl^eit ober @nblid^!eit ift unmittelbar foiool^I Don anberem unterfddieben als auf anbereS bejogen; ballet finb in il^m biefe beiben 3Jlomente gu unterfdbeiben: fein Unterfd^ieben- fein unb fein 99egogenfein; jenes ift Sein an fid^, biefeS ift @ein für anbereS. 93eibe 93eftimmungen, bie in ber ^l^inomenologie eine fo groge 9loDe gef))ielt unb ben @ang beS SBemugtfeinS bel^errfd^t l^aben, treten uns ie^t im Elemente beS reinen S)enIenS in i^rer 93e= beutung als Kategorien entgegen. Sie fe^r man aud^ bemül^t ift, fie ju trennen unb auSeinanberjul^alten, fo faKen fie in eines }ufammen, ba baS StmaS Dermöge fetner ©renge beibeS jugteid^ ift: es ift an ftd^, »aS eS fflr anbereS ift; eS gel^t ol^ne S^teft auf in feine 93e}ie]^ung auf anbereS ober fein @ein fflr anbereS. ^ä^ braudbe, um biefe Sßalgrl^eit red^t beuttidg )u mad^en, ein 93eif))iel aus bem geloben-

3)te Duolitat. 453

Itdgen Seben unb bem geiDöl^nltd^en Sptad^gebraud^. SRon fagt: ^btefe @a(^e l^at fflr unS einen grogen Sßertl^, an fi^ ift fie tuettl^- lod", b. ]^. bte @Q(i6e ift in Sejiel^ung auf und tt)ert]^t)oD, in äSejiel^ung Quf QQe anbeten ift fie xottttflo^; fo ift audg il^t ^nfi<$ (ebiglidg il^re a3e}ie]^ung auf ober il^t @ein für anbereS. S)arin befielt ber ^l^arafter beS gnblidgen, bag eiS bad anbete an fid^ Igat unb ol^ne 9teft in baiS @ein für anbetet aufgellt. SS ift \oxDofjll SlnbereS aU au^ fHi^i- anbereS. 2)ie Sinl^eit Don @ein unb 9li<$tfein ift SBeiben, bie @in- ]§eit Don SlnbereSfein unb 9li(^tanberedfein ift S{nber§n)erben ober S3eränberung. 2)a8 SttoaS ift enbli^ unb Derdnberlid^; eS ge^t ni6t erft in bie aSerSnberung über, fonbern ift in ber SBerönberung begriffen, loie baS @ein unb Stid&tfein im SBerben. ^egel fagt Dom 2)afein: „Sial^er ift baS SlnberSfein nid^t ein gleichgültiges auger il^m, fonbern fein eigenes 9Jloment". „6tD)a8 ift burd^ feine Duolitftt erft» lid^ enblidg unb jioeitenS Dcranberüd^, fo ba% bie Snblid^feit unb 5BerftnberUd&!eit feinem ©ein angel^ört." „(&txoaS voxxb ein SlnbereS, aber baS 9(nbere ift felbft ein StmaS, alfo n)irb eS gleitJ^faHS ein Slnbere« unb fo fort in« Unenblid^e." ,,S)iefe Unenbtid&feit ift bie fc^led^te ober negatiDe Unenblid^teit, inbem fie niti^ts ift als bie 9legation beS (Sublimen, »eld^eS aber ebenfo lieber entfielet, fomtt eben fo fe^r nid&t aufgel^oben ift, ober bicfe Unenbüt^feit brfldCt nur baS ©oUen beS Sluf^ebend beS gnblidgen auS/^

SBir finb an einer l^Sdgft tt)id^tigen @teDe. SSon ber fd^Ied^ten Unenblicftfeit, bie nitifetS anbereS ift afe ber enblofe 5Progre§, ift bie toafiu Unenblid&feit gu unterfd^eiben. 6s l^anbelt fi^ l^ier nm bie 93eftimmungen beS (Snblid^en, Snblofen unb tt)a]^r]§aft Unenblidgen, alfo um baS SSer^Sltnig beS Snblid^en unb Unenblid^en in ber abftracteften, rein logifd&en gorm, bie in ber concreteften fortbeficl^t unb il^r gu @runbe liegt: ed l^anbelt fid^ um eine ©runbanfd^auung unb ©runb^ ibee ber gefammten l^egelfd^en Seigre.

2)a8 (Snblid^e foU feinem Segriffe gem&B ^in Snbe nel^men, eS foU enben, aber in feinem Snbe ift eS immer burd^ ein SlnbereS begrenjt, baS mieber burd^ ein SlnbereS begrenjt ift, unb fo gel^t eS fort ins @nbIofe. 2)a8 (Snblidge ift ins Snblofe enblid^, eS nimmt lein @nbe, eS ift nit^t enblid^, fonbern enbloS, loeSl^alb ^egel baS Snblofe bie negatiDe Unenblid^Ieit genannt l^at. S)ie ©renge unb

» »b. VI. § 92. ©. 181. § 98. § 94. 6. 184.

454 ^ie Seilte oom 6ein.

mit il^t bie SnbKd|feit ftnb immer toieber ba, biefe fottbe^nbige ober ))erenntrenbe Gtenae ifl Bi^xanU. S)er enbtofe $togteg ober be^e^i barin, bo§ )iDei entgegengefeite SBefttmmungen ))ereinigt loetben foffett unb nidbt !5nnen, toeSl^Ib fte mit einonber toed^feln unb biefen SaSedgfel in9 Snblofe fottfe|en.

2)tefe beiben Seflimmungen im Segriffe beS Snblid^en finb bQ§ Xnfidgfein unb ba« 6einffltanbere8 ober fein SlnbereSfein unb 9Kii^ anbereSfein: bieS finb bie beiben im begriffe hei 2)QfeinS ober beS @tma8 entl^altenen SRomente: SttoaS unb 9nbereS. StloaS gel^t in anbereS aber, bad fetbft »ieber StmaS ifl unb in anbereS fibec gel^t u. f. f. 3n bem logifii^en Segriff ber 93erftnberung erfd^int in feiner abfirodeßen Ofotm ber enblofe ^rogreg. S)er SBiberftreit gmeier Se^immungen in Sinem ifl ber SEBiberf)»rud^; beider befielet ber enb« lofe $rogre^ flberall, mo berfelbe erfd^eint, in einem nngelö^en äBiberf|)ru(b. S)enn fobalb ein 2Biberf))rud& nüi^t geldft, fonbem figirt mirb, bleibt niibts meiter fibrig, att il^n gu loieberl^olen unb bie beiben SBe^immungen (A unb B, 6tma8 unb StnbereS), bie nid^t gufammen !ommen iSnnen, alterniren )u laffen. Sben biefe SSieberl^oIung ifl ber enblofe $rogreg: ein enigeS (Einerlei, bad nit^t erl^aben ifl, fonbem (angioeilig unb einftl^Idfernb, totifjalb ^egel ben enblofen $rogre§ treffenb bie fd^Ied^te UnenbUd6!eit genannt l^at.

3n ber anftigaulit^flen unb fflr bie meiflen erflaunli^flen Of^rm tritt und biefe %rt Unenblid^feit in ber Seit unb im 9taum entgegen : bie enb(ofe Seit, ber enblofe 9tauml di nimmt {ein Snbe, ienfeits jeber begrenzten Seit, iebeS begrenzten 9laume8 ift immer tt)ieber Srit, immer tt)ieber 9laum! 3n ber !antifd^en unb fiibtefd^en !Pbi(ofo))l^te be^el^t aud^ bie ajloralit&t, ber SSiberftreit unb itamp^ gloifd^en $fli^l unb Steigung, in einem enbtofen Streben unb @oDen. 2)iefe !pi^iIo- \opfiit „giebt aU ben l^bd^flen $un!t ber SufUfung ber 9Biberf)»rfi(be baS SoKen an, mad aber t)ielme]^r nur ber @tonbt)unIt beS 99ebarren§ in ber Snblidlteit unb bamit im Sßtberfprm^e ift". M^ @oUen ifl (StmaS Aber feine Qi^ianU erl^aben, umgelel^rt aber ^t nur aU @oUen feine 6(i6ranfe. 93eibe8 ifl untrennbar." ,,2)tt !ann9, meil bu follft, biefer SluSbrudE, ber Diel fagen foHte, Hegt im Segriffe beiS ©oOend." ^Stber umgelel^ri ifl eS ebenfo richtig: bu fannfl nid&t, eben tt)eil bu follfl. 2)enn im SoDen liegt ebenfo febr bie Sd^ranfe Sd^ranle: jener gformaliSmuS ber SRög« lid^feit l^at an il^r eine StealitAt, ein qualitatibed SlnberSfein ftd^ gegen*

2)ie Cualit&t. 455

fiBer, unb bte Sejtel^ung Betber auf einanbet tft bet SBiberfpxud^, fo« mit bad 9tt(igt-Aönnen ober bielmel^r bie UnmögUcBfeit/^

SBetm ein Siberf))tud^ ttngelö^ Hetbt ober ftdg ft£trt, fo faQen bie beiben Seiten beffelben onBeinonber unb bilben einen unt)etfö]^n< litten ®egenfa^ ober ^ualiimu^; bal^er fiberoll, wo eine bnali^ifd^ 2)en!art l^errfd^t, ber enblofe $rogreg Seid^en ober Ofotge ber^ felben l^etkwtttitt, totsifalb ^gel nad^ feiner anlibuolifitfdgen 2)en!art gegen ben enblofen $rogreg in aOen feinen ®eftalten ju gfelbe giel^t unb il^n t>or alleni in feiner logifdgen ®runbform be!&m))ft unb fiber- toinbet. Sr maii^t bem gemdl^nlidgen Semugtfein unb au6i ber $]^i(ofo))l^ie, inSbefonbere ber fantifd^en unb fic^tefd^en, aunt 93ortt)urf, bag He ben enblofen ^rogreg, fei e9 in ber O^orm beS 6einS ober beS Sollend, bejal^en, beiounbern unb fomit bie fd^Iec^te Unenblid^Ieit ftatt ber molaren gelten laffen.

2)er SDualiSntuS bel^errfd^t bie gete5^nli(^e ä^orfteQungBtoeife aud^ in ber Slrt, tt)ie fte bad SSerl^ättnig be9 Snblidgen unb Unenblidgen betrad^tet: beibe merben einanber entgegengefe^t, bad eine l^flben, baS anbere brfiben unb gmifd^en beiben eine unüberfleiglid^e ßluft. 6S bebttrf feiner befonberen logifd&en ©djarffid&tigfcit, um 8U feigen, ba§ auf biefe Strt beibe S3egriffe in il^re ©egent^eile berfel^rt toerben. 2)qB Unenblid&e, meld^eB bem Snblid^en entgegengefe^t toirb unb boffelbe Don ft(6 auSfdftlieBt, l^at an il^m feine @d&ranfe unb tt)irb baburd^ felb^ befd^Tfinlt unb Derenblid^t; baS SnbUdde aber, toeld^eS bem Unenblid^en gegenüberftel^t, nimmt lein Snbe unb tt)irb Derunenblid^t.^ hieraus erbeut fogleid^, toie baS teal^rl^aft Unenblid^e baS Snblid^e nid&t auSf^Iiegt, fonbern einfd^Iiegt unb baS (Snblidge nidgt auger ftd^ ^at, fonbern in fid6.

SDaS (Snblofe ift barum mangell^aft, toeil il^m etn^aS fel^It. Sßas i^m fel^It, ifl baS Snbe, n^eld^eS erreicht tt)erben foQ unb nidgt !ann. SBenn a fein 6nbe erreid^t, bann ifl eS, tt)ie bie beutfdge Sprad&e Dor« trefflid^ fogt, Dollenbet. S)o« Cnblofc ifi unDoDenbet: barin befielet fein üAangel. 2)arum ^aben anä^ bie ^^tl^agoreer, meil fte nad^ l^eQenifd^er 2)enfart bie Oform l^öl^er gehalten l^aben als ben Stoff, baS äretpov in Sergleid^ung mit bem nipa<: als baS SRiebere unb Geringere angefel^en. 9lu8 eben biefem ©runbe l^at STriftoteleS baS

» »b. m. ß. a)ie eeSranfe unb baS ©offen. 6. 183—189. »b. VI. § 94. 3ufoi. 6. 184-186. » »b. VI. § 95. 6. 186fl8b,

456 ^ie Seigre t)om 6etn.

areXec ote baSienige bejeid^net, toaS bie geftattenbe Statut ntd^t fud^t, fottbern mcibet.

9lun tfi im Segtiff ber aSerAnberung, toenn tDtr benfelben nid^t tn§ (Snblofe fortfe^en unb tmmet baffelbe fagen xooUtn, ber Segriff beS t)ol[enbeten SDafeind entl^atten. (SttoaS loirb SitbereiS. S)a eS an fid^ felbfl SlnbereS x% fo toirb ed, tt)Q8 an fid^ i^, eS gel^t alfo tnit fi^ fe(6{l jufQtnmen ober, tote ^egel fagt, eS !ommt bei ftdg an, es erreid^t fein @nbe unb 3tel, b. 1^. eS iDtrb DoIIenbet. 2)a8 DoK^ enbete 2)afein tfl nid^t mel^r ouf anbered begogen, fonbem auf ftc^«. eS ift ni^t mel^r burd^ onbereS begrengt, fonbern burd^ unb in fidb» es tfl ttid^t mcl^r fftr onbere«, fonbern fflr fid&. ©icfc begriffe ftnb bal^er glei^bebeutenb: t)oIIenbeteS 2)Qfetn = unenbUd^eS @ein = gfürfid&fein.^

III. ©Q§ Sflrfid&fein. ^aS unenblid^e ©ein.

Um bie begriffe bed Sublidgen, Snblofen unb loal^rl^aft Unenb^ lidgen fogleidg in ber anfc^aulid^ften gform borgufteUen, fo Derftnnlid^t bie gerabe Sinie AB ben Segri^ be§ (Snblid^en (Segrenjten), bie über il^re ®renjpun!te ^inauS ins Snblofe forttoufenbe gerabe Sinie ben a3egriff beS (Snblojen, bie in il^ren SlnfangSpunft A gurfid!el^renbe, !reisförmige Sinie ben begriff beS Unenblid^en, toie benn aud^ t>on iel^er ber AreiS aU ein @inn6ilb ber Unenblid^teit ober Su)ig!eit ge^ gölten l^at. S)er ÄreiS ift bie DoDenbete Sinie, ein in fid^ gefdgloffener, fürfidgfeienber 9taum.^

3m 6inn unb ©eift ber l^egelfd&en Seigre fönnte man biefe SBer- gleidgungen fortffligren unb erl^öl^en. @o ift bad 93ebfirfnig bad ®e= ffi^l eines aWangelS unb aU foId^eS ein »eifpiel ber ©d^ronle unb gnblid^teit, baS ^eer ber 93ebflrfniffe, bie ftd^ immer Don neuem er= jeugen, ein Seifpiel ber (Snblofigfeit, ber ®cnu§ unb bie aSefriebigung ein aSeifpiel ber Unenblid^teit unb beS f^ürfid^feinS, U)ie man benn im Supanbe boBer »efriebigung fid6 niifct nod& aufeen unb auf anbete« bejogen ffi^tt, fonbern für fid& ift. 3lu8 fold^en 5BcrgIeid6ungen erl^ettt, toie tiefftnnig, gel^a(treid^ unb auSbrudSDoH bie beutfdge ©pradge in

> «Ibenbaf. e. 188. - ^ S3b. III. 2)ie affltmatioe UnenbUdftleit. 6. 152 bU 155.

2)ie Oualitat. 457

ber SluSt)rdgung btefer SBotte, n)te baS Slnfid^fein, boS @einfäranberei», baS t^flrftd^fetn u. f. f. \% tote ^egel bem ©entuS ber @)n:a(i6e gemag biefe SluSbtuddmeifen ergriffen unb gebraud^t l^at. S)te @elbftfud^t tft auSft^Iiegenb unb bor um enblid^, fte t{]t gierig, unerfatilidg, toie baS Sfag ber S)anQtben, ein &ff$tpov, unb borum enblos, aber bie Siebe, toeld^e bie @emüt]^er t)ereinigt, fo bog etneS fid^ im anberen n)eiB. nur im onberen n)a]^r]^aft bei unb für fid^ ifl unb fi^ ffl^U, ifl un= enblitig.

3<i^ m5(|te aud^ borauf l^inioeifen, bog bie j^elfenifd^e SR^tl^oIogie in i^rem Slbfdgeu Dor bem (Snblofen für bie l^öd^flen Oftet)eI feine fd^red^ lidgeren ^BDen^ofen gu erftnnen iDu^te, ate bie Srtragung be$ enb- lofen SBed^fete immer berfelben SuftAnbe, mie ben junget unb S)urft bed XantaluiS, ben @tein beS 6if9t)]^u$, baiS Stab beS 3sion, bod @ieb ber SDanaiben u. f. f. SDie d&rijilid^e ßegenbe l^at ben. endigen 3uben unb bie grauenDoUfte oder Strafen erfunben: bie enblofe (Sjpifüenj auf ber erbe.*

SDie toäffxe Unenblit^feit ift aufgel^obene (SnbUdgfoit, tt)ie bie loal^re @n>ig!eit nid^td anbereS ift als aufgel^obene 3eitlid&{eit. S)a mm bod SDafein unb mit il^m baS Sublid^e gleic^gefe^t toorben ift ber 9lealit&t, fo ift baS Unenblidge bie aufgel^obene 9tealitat ober bie 3bealitdt. Um aber bei bem SSorte ;,ibear nid^t an bad 3bea( bed 6d^onen unb toas bamit gufammenl^Angt gu ben!en, tooQte ^egel ftatt „ibeal" baS Sßort „ibeeir gebraud^t tt)iffen. 5Da8 Snblid^e ober 9teale fei im Unenblid^en aufgel^oben ober ibeeU gefegt. SDie Sbealitdt in bem eben erüArten Sinn loirb ber IReatttät nidbt etioa entgegengefe^t ober coorbinirt, fonbcm ße ift beren Aufhebung, b. 1^. in ber loal^rcn 6t= !enntnig ber 2)inge ift baS (Snblid^e nid^t ate ha& Subgültige, fonbern als baS 9lid6tige ju betrad^ten. „SDie SBal^rl^eit bed (Snblid^en ift Diel* me^r feine Stbealitfit/' „2)iefe 3bealität beS (Snblid^en ift ber ^aupt- fa^ ber $]^tIofo))]^ie, unb jebe malere ^Igilofoplgie ift besmegen 3bea- liSmuS. es fommt aQein barauf an, nidgt baS als baS Unenblic^e ju nel^men, toaS in feiner Seftimmung felbft fogleid^ ju einem 9e- fonberen unb Sublidgen gemad^t n)irb. 9uf biefen Unterfd^ieb ift beS=

1 Steine Öogl! unb aJUetort^fil ober 9DÖtffenWaft«Ie]^re, 2. «ufl. (1865), feit lonae öetgriffen; x<i citite biefelbe, um ben Cef et toiHen )u laffen, baft bie angeffl^Tte 6telle oon mit l^ettfil^rt unb 5ut (Etl&utetung bet l^egelfd^en Sogil bienen ]oU. »u« II. abf«n. I. ©o^. I. § 84-87. 6. 238-248.

458 $ie fiel^re Dom 6etn«

loegen l^ter iDetiläufiset oufmerffam getnad^t motbett. 2>et Oruttbbegtrff bet $]§tIofot)]^te, bas t^al^rl^Qfte Unenblidge, l^dngt babon a6/^

SunSt^fl ifl ber Segriff bc« unenbH(Jen ©cinö ober be« affltfiifts feinS, fo abjhact ttte er i% logifdg }u entiDtdeln. 2>er Segriff beS 2)afetn8 ifl DoQenbet, eS l^at baS 9(nbere nt(|t tnel^r an fi4 fonbtm in ft(^, es i^ nidgt auf anbereS begogen, nidgt mel^r fttr anbereS, fonbent für fi^. S)al^er ift t)on einem Qebergel^en in anbereS ober t^on einer SSerAnberung nid^t nte^r bie Siebe. SDie OualttAt als folt^e ift Der' Anberlid^ unb in ber S^erdnberung begriffen. 9(ufge]§o6ene aSerftnber^ Ud^teit unb SBerdnberung i{l oufgel^obene Oualitit. 3Bo ä^er&nberung unb äSed^fel ifi, ba ifi, nad^ ntenfd^Iid^er Srfal^mng gu reben, aui^ äRäl^fat unb Oual, ba i^ ber Ort ber Uebet, xoxt bie Slten gefogt l^aben. 2)iefed ©effl^I l^at ber ungelel^rte, aber tief finnige 3üco( 935]^nie gel^abt, als er „Qualität" unb „Qual" gufammengebrad^t unb Don ber SBerdnberung als einem „Oualiren" ober „Snqualiren* gerebet l^at.

5DaS Dollenbete 2)afein ober Offitftd^fein ift als auf gel^obene QualitAt ein unDerAnberlic^eS @ein, b. 1^. ein foId(feS, baS in aDe Smig* feit eineSunbbaffelbe bleibt. 9Bie baS SDafein als S)afeienbeS ober etioaS/fo. ift baS Of&rfid^fein als Ofürfid^feienbeS ober CineS ju faffen; baS @tnS aber als beftimmteS @ein i^ Don anberen unterfd^ieben, beren iebeS aud^ SinS ift. SDaS tjfflrftd^fein ifl bemnad^ Diele Sin§ ober @inS unb Spieles.

3ebeS eins ift fflr fid^ unb fdgUegt bie anberen SinS Don ftd^ auS: bal^er i^ baS ä^er^Altnig ber Dielen SinS baS ber tottbUl* fettigen SluSfd^Iiegung, barum ani^ ber koed^felfeitigen 9e* Stellung, dlnn ift bie Segte^ung fold^er, bie etnanber auSf^liegen, eine Augere 93egiel^ung ober 3ufammenge]^örig!eit, in toeld^er jebeS ®Iieb bleibt, toaS eS ift, unb !eine8 in baS anbere flbergel^t: tl^re fßtt^ Inü))fung ift bal^er eine Äußere, toeld^e toir mit bem SBbrtd^en „unb" auSbrfiden. @o entfielet bie aggregatiDe Stetige: „<SinS unb 6inS unb SinS" u. f. f. $ier giebt eS !eine anbere 93erAnberung als bie ä^er- me^rung unb SSerminberung, b. 1^. bie quantitatiDe SSerAnberung. SDieS ift ber Uebergang Don bem 93egriffe ber CualitAt gu bem ber QuantitAt. SBeber ift bie dualitAt eine eingelne Kategorie, fie i^ ein @^fiem Don Aategorien, D)aS DorauSfid^tlid^ aud^ bie QuantitAt fein

1 ^egcL SOerfe. III. c. ^ts affirmative Unenbli(l^!eit. C 157, Sttmerf. JBb. VI. § 95. 6. 188 u. 189.

2)ie OualUftt. 459

»irb, nod^ ift bte Cluaiititdt eine ber Oualttdt nebetigeotbnele unb Don üugen l^tnjugefflgle Aotegorie, man toeig ni^tr tooldet fte lommt; fonbetn ^e gel^ ouS bem Segttffe bet Oualitftt l^erbor, fte refulttrt ant beten logifd^et Snttoidlung: fte ifl bie aufgel^obene Oualttät unb trSgt btefe ob SDbment in fid^, fo ba%, mie ft(i& t^otouSfel^en lägt, bie Ouanltt&t jute^t toieber in bie OualitAt gurfldEgel^en toitb.^

@d ifl gtoax gott) rid^tig nnb notl^toenbig, bag gut (ErHdtung unb OfefIfieOung ber niebeten Kategorien fddon bie l^dl^eren au8 fprat^Iici^en ©rünben gebrauibt »erben, aber eS ifl nid^t ridgtig, bag ^öl^ere Aategorien als ®Iieber in ber Sleil^e ber nteberen auftreten. 60 ge» l^drt ber 93egriff ber Ataft ni(6t in bie Kategorien ber Qualität, flber]^au)»t ni(i^t in bie beS €ein8. 9le))nIfion unb Sttraction finb Kräfte, toetd^e Kant gur b^namifd^en Sonftruction ber SRatetie gebraud^t l^at, unb ^egel, inbem er Kant tabelt, gur logifd^en 64)n- ftruction ber Ouantität einfül^rt. 5Die 9lepuIfton foll bie t)ielen €inft fe^en, inbem baS SinS ftd^ Don fid^ felbft abflögt; bie 9tet)uIfion foQ abflogenb unb audfd^Kegenb, bie flttraction gufammenfe^enb unb Der» einigenb toirlen. SDaburd^ i^ ber Uebergang Don ber Qualität gur Quantität ol^ne 9tot]^ befd^toert unb erfi^toert loorben; ed toixt ju mflnfd^en gemefen, bag bie (Snc^IIot)äbie aud^ an biefer @teDe ben ®ang ber @ad^e Dereinfad^t unb DieteS toeggelaffen l^ätte, maS auf bem großen @d^iff gum SaDaft gel^Drt l^at.

Sßie in ber ®ef(^id^te ber $]^iIofot)]^te bie SIeaten, inSbefonbere ^armentbeS, bie Kategorie be9 SeiniS, ^eraKit bie Kategorie beS SBerbenS aU $rincip unb (Brunbbegriff bargefieOt l^aben, fo l^aben bie Sltomiflen, inSbefonbere S)emofrit, baffelbe in Slnfel^ung be$ Sürfid^feinß unb ber Dielen ®n« (äroji-a) get^an, beren jebeS ein un« Deränberlid^ @eienbeS ift. 3]§re toed^felfeitige SluSfc^Iiegung ifl baS Seere, i^re äußere 3ufammenffigung finb bie Sltomenaggregate, ttorin bie toirllid^e 9latur ber S)inge be^el^t. ^egel tagt aud^ l^ier bie 9le))uIfton unb Slttraction i^re StoUe fpielen, toogu bie atomiftifd^e Seigre felbfl gar leine ^anbl^abe bietet; er loeifl mit IRet^t au(^ auf bie politift^e Stomifiif l^in, toorin bie menfdblid^en 3nbiDibuen bie ?ltome finb, il^re toedöfelfeitige Äugft^Kegung mit bem bellum omnium Derglid^en toerben foQte, il^re äußere Sufammenfflgung als ©efeOfd^aftS- Dertrag erfd^eint. „2)ie atomi^ifd^e $l^i(ofop^ie ifl biefer Staub-

«benbaf. 6. 178-200. »b. VI. § 97. Sufa^. 6. 191 flftb.

460 2)ie Se^re Dom @etn.

))unlt, auf toeld^em ftdg bad Slbfolute als Offirftti^fein, ate Sind unb aU Diele Sind beftiinmt. %te il^re @tunblraft ift autfi bie im S3e^ griffe beS (Sind fidg jeigenbe Slepulfion angenommen tootben; ntc^t aber fo bie Slttraction, fonbern ber Sufall, b. i. baS ©ebanfenlofe, foK fie jufammenbringen. Snbem bad Sind als Sind ft^irt ifl, fo ifi bad 3ufammenlommen bef[el6en mit anbern aDerbingd ald ettoad gati} ^eu^erlid^ed angufel^en. SDad Seere, melti^ed ald bad anbere $rinct|) gu ben 9(tomen angenommen mürbe, ifi bie 9le))uI{ton felbft, norgefiellt ald bog feienbe 9lid6td }tDi|(6en ben Sltomen/' „3toäi tt)i(i&ttger ald im ^l^^fifd^en ifi in neueren Seiten bie atomtflifd^e Slnftd^t im ^olitifd^en geioorben. 3laii berfelben ift ber SBiOe ber Singelnen ald fold^er bad $rinci|) bed @taatd, bad Slttral^irenbe ift bie $arti= cutaritAt ber SSebflrfniffe, Steigungen, unb bad Mgemeine, ber @taat felbfi, ift bad ftu^ertid^e »erl^ftttnife bed »ertragd/^

Sfänfjel^nted eat)itel. Sie ^t\fxt wm Sm. B. 9U (^uantttfit.

I. 2)ie reine OuantitSt. 1. Gontinuit&t unb ^iScrction.

SDie Sluf^ebung ber QualitAt l^at junStigfl bie negatit)e Sebeutung, ba^ bie aSermel^rung ober SSerminberung bed @eind mit feiner 9e= fd^affen^eit nid^td gu tl^un l^al, fonbern @r5ge unb Qualität einonber gleid^gültig finb. SDer Sßatb bleibt SBalb, ob er grd^er ober Heiner ift; baffelbe gilt oon Slder, SBiefe u. f. f. 2)a loir bei bem SBort ®roge an beftimmte ©rbgen ju beulen p^titn, fo l^at ^egel für gut ge- funben, ben aOgemeinen unb unbeftimmten Segriff ber ®r&ge ald ^^Cuantitat" }u bejeic^nen unb im Unterf(i&iebe babon bie beftimmte /^ ©röfee ald Quantum.*

©egeben finb und aU Slefultat ber borl^ergel^enben Sntioicflung biele (Sind, bereu jebed für fid^ ifi, oon ben anberen fomol^l bSHig unterfdgieben ald aud^ nid^t unterfd&ieben, fonbern jebem gleid^. SBeil bie Dielen (Sind einanber DöDig gleid^ ßnb, barum bilben fte eine

» »b. VI. § 98. 6. 192 u. 193. »ßt. »b. III. 6. 176-200. « «ben- baf. «nmerl. 6. 202 u. 203.

^te-OuantUat. 461

Sinl^eit unb gmar eine ununterbrod^ene ober ftetige, benn ed gtebt jtDtfd^en Sims unb SinS nid^ts 2)riiteS. SDtefe Ununterbrod^enl^ett ifl boS üRoment ber @tettglett ober SontinuitAt, toeld^eS f|um SBefen ber ®r5ge gel^Srt. äBetI aber bte t)ieten 6tn9 gttar nid^t Derfdgteben, lool^I aber unterfti^teben ftnb, ntd^t burd^ t^re Sefd^affenl^eti, benn fte ftnb quQ(ttAt8loiS, fonbern nur burd^ i^re @onberung, ober, anberS au8- gebrfiät, mil fte nid^t ju btflinguiren, ttiol^t über gu biScemiren ftnb, fo befielet in biefer Xrt ber Unierfd^eibung (Sonberung) bad SRoment ber 2)iScretion, loeld^eS ebenfatts jum äBefen ber ®r5§e gel^ört.

2)a]§er ift eS falfdg, Don Sontinuit&t unb SDiScretion ßl^ 9rten ber ®r5ge ju reben, ate ob eS continuirlic^e unb bidcrete ®r5gen gäbe als einanber nebenjuorbnenbe Wirten; (S^ontinuitftt unb SDidcretion ftnb nidgt bie Strien, fonbern bie SRomente ber ®r5ge: jebe ®röge als folcbe ifl fo^ol^I continuirttd^ ate biScret. 9Vad&bem ^egel jur (SrflSrung ber t)ielen (SinS in il^rer toed^felfettigen SluSfd^Iiegung unb Säejiel^ung bie jtrifte ber ätepulfion unb 3(ttraction eingeführt ^atte, fül^rt er nun au^ bie SRomente ber QuantitAt auf biefe Gräfte ber- geaalt }urädF, bag bie SDiSaetion aus ber 9le))ulfion, bie 6^ontinuität aus ber ^ttraction l^ergeleitet mirb.^

S)ie conttnuirli^e @rbge ifi nid^t fo ju Derftel^en, als ob fte aus biScreten ®rögen als auS il^ren Elementen gufammengefe^t m&re, oietmel^r ift bie SDiScretion in ber (Sontinuitftt als ein aufgel^obeneS 9)loment entl^alten; in bem SBefen ber ®röB^ cils eines (SontinuumS ift unenblid^ Diel ju unterfd^eiben, bereu jebeS SinS ift; b. 1^. bie ®r5Be Dennöge il^rer g^ontinuitAt, alfo jebe ®röge, ift ins Unenblidb^ tl^eilbar. 2)ie ^ufl^ebung beS Untl^eilbaren ift bie logifd^e @e|ung ber unenb- lid^en S£]^eilbar!eit, toaS leineStoegS foDict l^ei^t als unenblid^eS ©e» tl^eiltfein ober eine unenbtidge 97lenge gegebener SEl^eile, moburd^ ber begriff ber ®rö§e ungereimt unb unbenibar gemad^t loirb.

2. 3cno, HriftoteleS, Itont.

@oba(b bie 2)iScretion nid^t als äJloment, fonbern als baS alleinige äBefen ber Ouantitit ober biefe nur als biScret gefaxt loirb, fo Der» ftriät ftd^ ber Segriff ber ®rbBe in lauter SBiberfprflt^e unb Slbfur» biböten, bie il^n als logifdg unm5glicb ober unbenibar erfd^einen laffen. Unter biefem ®eftd&tSi)untt l^at 3eno ber ßleat, biefer eigentlid^e 6r=

1 d^beitbaf. A. ^e reine Ouantit&t. @. 204 flgb. )8gl. B. Sontinuirlt^e unb biÄcrete ©röfte. ©, 220 u. 221. »b. VI. § 100. 1. S. 201,

462 ^ie Se^u tum Sein.

ftnber ber 2)tale{tif, feine SSemetfe geften bie 3JlbqJAi^Uii ber 9ro§e tinb ber SeiDegung gefül^tt. SBte {td^ baS Sind aur Ouantttdt, fo Der- l^lt fidi ber $un{t gum Staum, ber }ett(ofe Stoment jur 3etL 6S l^et^t 9t(mr« unb 3eit oemetnen, menn man jienen cÜM }ufam«en9€fe|t aus (auter SRauml^unften, btefe att gufammengefejjt au€ lauter Sttt- ))un!ten f äffen tooQte. äBenn «bie Sinie AB fi)e0en tl^rer unetiblidben 2^eit6ar!ett als ins Unenblt^e getl^eilt ober als aus einer unenbtUi^ ^enge Dan Zueilen 6efite|enb augefe^u mtrb, fo ifl btefe ®rdge foioo^I begrenjt a(S unbegrenjt, b. ^. unoiöglid^, fo tft eS aud^ unui5gli{^, ba§ biefe unenbliii^e ®r&|e in einer enblid^en 3<it burd^Iaufen unrb, b. ^. bie Semegung ift unm&glidft, fo fann Sd^iKeS, ttenn er im $unCte A ftel^t, bie @c6Ublr5te im ^nlte B nie erreid^en ober, menn bcibe fünfte als beioegt gelten foSen, niemals einl^olen. SRag nun 2>iogeiieS no(i& fo oft oor bem 3eno auf- unb abgelaufen fein, um nadg 9Irt beS gemeinen äRenfd^enDerftanbeS il^m bie Setoegung ad oculos gu benunt= ftriren, fo bel^ätt 3eno äted^t. SBir mögen uns (Sr&ge unb Semegitng finnUdb borfielfen ober imaginiren, aber toir fönnen fie nicfet benfen, fte finb logifdb unmdglid^, menn bie S)iScretion nic^t ein in ber ®rö§e enthaltenes SJloment, fonbern bereu Sßefen auSmad^t. S)ag 3eno bte bialeftifc^en äBiberft)rtt(6e in ben Segriffen ber ®r5ge unb^SBettegung erfannt unb in feinen 9en)eifen toiber bie 9R5glid&!eit beiber auSgeffil^rt i^abe, gereid^e il^m gur l^fidgflen S^re, toxt bem Slri^oteleS bie ®egen= beweife. ^

2)ie ^iScretion ifl in ber continuirlid^n ®rS^e aufgel^oben, mie ber $un!t in ber fiinie, ber als fol(6er erft l^erbortritt, too bie Sinie aufl^ört (©renae), in il^r felbfl aber nidfet als ftr ficb befte^enbe« Clement entl^olten ift, benn bie Sinie ift feine @umme Don $unltcit, fonbern biefe finb ber SWöglidWeit nad^ ober potentiett in i^r «iit= l^alten. 2)arauf gränbeten fi6 bie ®egenbeiDeife beS Sri^oteleS, todi^t % Sa^le tpitoyable» gefunben, loeil er fie nidfet oerfianben, er l^abe y^ nid^t oerftanben, maS eS l^eigt, ba% bie Slaterie nur ber anögltd^-

feit na (6 ins Unenblid&e t^eilbar fei; er ermibert, loenn bie SRaterie ins ttnenbli^e tl^eilbor fei, fo entl^lte fie »irflidg eine unenblii^ 3Äenge Don Sielen. Dies fei alfo nid&t ein Unenblid^eS en puis- sance, fonbern ein Ilnenblid^eS, baS reeO unb actuell est^ire.*

1 995. m. (irliee (S^aptitl 2)te Ouantttat. A. ^ie reine Ouantit&t. Vn« merf. 1. 6. 206, 6. 218—220. €benbftf. 6. 21». P. Bayle: Diotionnaire Art. Zenon.

2)te Ouaniit». 463

Strb bte conttnuirUdge ®röge aU eine gufamtnen gefegte be* ttaä^tti, loeU^e au8 ben biScreten (Elementen tl^ren etnfa$en S^^etlen befielt, fo ift t9 um bie unenblid^ Xl^eilbarleit ber Quantit&t beS 9laume§, ber Seit» ber SRaterie u. f. f. gefdbel^n. 2)te beiben SRo^ mente ber Quantit&i, ß^ontinnttdt unb S)t9cretion, toerben einanber ent' 6^8^naefe|t, auf unberfdl^ttlüi^e Srt getrennt, unb ber 93egrtff ber GuantitAt gerate in eine grunUofe Vntinomt«. @o Derl^AIt es ftcft mit ber jn»eiten fontifd^en Slntinomie, meld^ in il^rer Sil^efis bie Stotl^toenbigleit ber einfad^en @ubficm)en bartl^ut, meil ol^ne fte bie }ttfammengefe|ten Subftangen, \otlä^z in äBal^rl^it esiftiren, ni(!|t ben!bar feien, in i^rer SlntitHiS bagegen bie Unmdglid^ieit einfati^er Subßon^en bemeifi, iDeil fie in einfügen StAnmen e^iftiren mflgten, bie q(S fold^e unmdg= Iid& finb. ^egd l^at bie SBeweiSfü^rung ber Xntitl^efiS ein 9teft fe|Ier= ^after SSeftimmungen genannt, xotil baS Subetoeifenbe immer lootaM- gefegt toerbe. „2)ie gan}e 9nttnomte rebucirt fidg olfo auf bie Trennung unb birecte 93e]^QUptung ber beiben SDlomente ber Quantität unb gttar berfelben als fdglecl^tl^in getrennter. 9ta4 ber bloßen SiS« cretion genommen, ftnb bie Subftanj, 97laierie, 9laum, Seit u. f. f. f^ledgtl^in getl^eilt, bad (Sind i{t il^r $rindt). 3laä^ ber @ontinuitAt ift biefeS Sing nur ein aufgel^obeneS; baS Zl^etlen bleibt Z^eitbarleit, eS bleibt bie aRöglidftieit au tlgeilen als SR&glid^eit, ol^ne nntüid^ ouf baS SItome ju fommen/'*

3[nbeffen i^ bie S)iScretion nid^t MoB als ein aufgel^obeneS SRüment t)otentteIl[ ober ibeeO in ber Duantitftt entl^alten, toie ber $unlt in ber Sinie, fonbern aud^ als ein d|araIteriftif(|eS Slomeni, loeldM bie OuantitSt beflimmt unb begrenzt, toie ber !Pun!t bie Sinie. @onft mflrbe bie Ouantität i^ermbge il^rer @^ntinuit&t ins Snblofe fortfliegen. S)ie ttirlHdge Bereinigung ber @4)ntinuitat unb SHScretion ifl bie be- gren)te ober beftimmte Quantität, b. 1^. baS Quantum, toeld^eS fid^ jur reinen unb unbeftimmten Quantität t^erl^dlt, mie baS SDafein gum reinen unb unbeftimmten ©ein.

U. 2)as Quantum. 1. 9(nsa^I unb (Sinl^eit. Sa^t unb 3&Men.

2)ie 3)iScretion ift im Quantum entl^alten als beftimmtc 93ieII)ett ton (Eins ober als ^njal^I, bie Kontinuität als bie beftimmte ä[)er=

» «benbaf. JBb. m. 6. 208-218. (©. 217 Pgb.)

464 3)ie Se^e Dom ©ein.

einigung berSiitS ober als ©inl^ett 2)te Stnl^eit ifl nic^t melgi baS dxn^, fonbent bie Sind (Sinl^eii), ntii^t tnel^r @r5gent)rtncip, boS fic^ in ber Oröfte aufl^cbt, toie bcr ?ßunft in ber ßinie, bcr SKoment in bcr 3ett, fonbetn fie ifl ®rö§ent^ei(, tt)e(d&er gu jftl^Ien ifl unb gejäl^U mtrb.

S)aS Ouantum ifl Derntöge feiner ©renge ober Seflimmt^eit Don anberen OuantiS unterfc^ieben, mie baS (SttoaS t)on anberem. 3)er ttnterfd^ieb ber Cluanta befielet in il^ren ntel^r ober weniger 6in8, b. %. in il^ren ntel^r ober loeniger gleid^en (Einheiten. 2)ie Sftoge l^eigt: loie grog ifl bie Snga^l folc^er Sinl^eiten? 2)iefe ^njal^l mug benimmt, b. 1^. bie (Sin^eiten muffen gegäl^It koerben. 2)a^er fonn boS Quantum ni(!^t anberS a(8 numerifcl begriffen &>erben. SDer SogoS ift l^ier ber 9lumeru8 ober bie 3^^!- 3)ie Sinl^eiten jAl^Ien l^eigt numeriren.

2)a8 9lumeriren ifl bad SiW^ ber (Sinl^eiten, n)eld6ed fortfc^reitenb jur (Sinlgeit bie Sinl^eit l^injufägt. @o entfielet bie Steil^e ber t>eT- f(i&iebenen Soif)Un, in meld^er bie nSd^flfoIgenbe flets um eine (Sinl^feit größer ifl, al8 bie nöd^ifl t)or]^erge]^enbe: 1, 2, 3 n. f. f.

2. 3&^I<n unb Sled^nen.

2)aS 3&l^len ber So^W^ ^ci§t Sted^nen; unb ba bie Saluten ftc^ nur SuBerlic^ gu einanber Derl^alten, fo lönnen fie fottol^I Derbunbcn aU getrennt, fon)o]^( comt)onirt als becomponirt merben. 2)ie ®runb= formen aOeS äled^nenS finb bal^er Sufammengäl^Ien unb ^bgftl^Ien. SS giebt, logifti^ genommen, nid^t oerfd^iebene Sted^nungSarten, bie fo- genannten @pegie8, fonbern nur eine: bie foeben genannte. Slbex bie Aufgabe bed ^ed^nenS l^at brei logifd^ gu unterfd^eibenbe ^Ue, ie nad^bem bie gu gftl^Ienben 3a^tsinl^eiten oerfc^ieben ober gleid^ unb il^re Slngal^I beliebig ober nid^t beliebig ift.

1. (gegeben ftnb t)erfd^iebene 3al^len in beliebiger Sngal^L 3i^te fie gufammen: bied gefd^iel)t burd^ baS 9(bbiren. S^W f^^ ^^n einanber ai, bie Heinere oon ber größeren: bied gefd^iel^t burd^ baS @ubtral^iren.

2. (Begeben finb biefelben S(^W^ (gleidge 3üi^tsin]^eiten) in be^ liebiger ^ngal^I. 3Q^e fte gufammen: bieS gefd^ie^t burdb baS anultt= ))Iigiren, b. i. ein mit ^ülfe beS SinmaleinS befd^IeunigteS Slbbiren. 2)aS entgegengefe^te ^(bgäl^Ien ifl baS S)it)ibiren, loeld^eS geigt, mie oft (quoties) eine Sa^l in ber anberen (bie Heinere in ber größeren) entlgalten ifl.

2)ie Ouantitftt. 465

3. ©egeben ftttb biefelben So^W^ (flieidfte Sct^teinl^iten) nic^ft in beliebiger, fonbern in berfelben (gleiten) Slngal^I, b. 1^. fo oft als bie gegebene Sal^l «inl^citen gäl&It: 2X2, 3X3 u. f. f. Säl^Ie pe jufamnten: bie§ gefdgiel^t burd^ baS $oten}iren (junädg^ Ouabxiren). 2>ag ent^ gegengefe^te Slbgftl^Ien ifi bad äSurjelgiel^en (}und(i^{l baS 3iei^en bet jQuabrattDurgel). S)ie ^oteng ifl ein !ßtobuct au8 gleid^en gfoctoren, ttie baS $robuct eine @umme aus gleidften ©ummanben.^

fßon l^iet aud loffen ft(i^ bie pofitiDen unb negativen, bie gangen unb gebrod^enen, bie commenfurablen unb incommenfurablen, bie rationalen unb irrationalen Sctl^ten u. f. f. logifti^ leidet unterfc^iben.

3. ^ad estenfitoe unb intcnflbe Ouantum (Otab).

SDaS Ouantum fd^Uegt innerl^alb feiner Grenge Diele Sinl^eiten in fid^. äBerben biefe aU biScrete ®rögen ober aU Sonbergrdgen be» trad^tet, fo bilbet il^r Sufammen ober il^r äußerer Inbegriff eine 37lenge (Raufen), b. i. eine ©amntel* ober €ottcctit)grö6e, toie in concreto g. 93. ber Sßalb, bie ^eerbe, bad ^eer u. f. f. SSSenn nun eine 97lenge fold^er Sinl^eiten, tt)ie eS ber Segriff ber Ouantitdt forbert, ein U- fttmmteS Quantum ober eine ®r&^eneinl^eit bilbet, fo entftel^t unS ber 99egriff bed e£tenfit)en Ouantum 8, n)eld6e8 nid^t ol^ne bie 9Kenge feiner ®rö^ent^etle gebacbt, aber feineSwegd ber SJlenge gleid^gefe^t unb ol8 folddc begriffen »erben barf. SDaS eEtenfit)e Ouantum ifl ein ß^ontinuum, maS bie @ammelgr&ge nit^t ift: biefe ifl coIIectit)ifd6, aber nid^t continuirlid^; 24 gtunben finb eine 9Renge €tunben, aber il^re @r5Beneinbeit, ber Sag, ber fie in fid^ begreift, ifl ein @^ontinuum unb als foI^eS ein e^tenfiDeS Ouantum, toie bie @tunbe in Slnfel^ung il^rer 60 SJlinuten, bie, für jtcö genommen, eine SJlenge ober ein Raufen oon SJlinuten finb.

2)a3 Ouantum als e£tenftt)e8 ß^ontinuum ifl in8 Snblofe tl^eilbar, e3 ift als begrengte OuantitAt „einfa^e 93eftimmt]§eit'', untl^eilbareS @inS, toeld^eS bie 93iell^eit in ftd^ entl^Alt nidgt als 9Kenge, fonbern als 93erm5gen, nid^t fummarifd^, fonbern t)otentiel[, nicbt als @£tenfion, fonbern a(S ^ntenfitSt. 2)aS intenftDe Ouantum ift ber @rab. 2)er numerifdge SluSbrudF ber @rabe finb nid^t bie 9lumeratien: 1, 2, 3 u. f. f., fonbern bie Drbinalgal^len: ber erjle, ber gtoeite, ber britte u. f. f. ^ier geigt ft^ fd^on, maS tt)ir gleid^ im Seginn ber Ouantitat torl^er»

1 »b, m. ©ap. n. Duantum. A. a)ie 3«^. ©. 224— 236. »b, VI. § 101 u, 102. 6. 202—205,

^ifdftcT, «ef(2^. b. W(of. VIII. 9}.«. 30

466 $ie ütixt t)om 6ein.

gefeiten, bag fte aU aufgel^obene Qualität in ben Segtiff ber Oualitäl aurfldgel^en tt)etbe. 3tt)ifdben Sind unb (Sind ifl gar lein Unterfd^ieb, jtDifc^en bem Srften unb S^oeiten ein gtoBer. (.»ßieber ber (Erfte im %I))enftabt(l&en, ate in fHom ber Streite!" foQ Sdfar gejagt Igaben.)

S93ie bie continuirlidge unb biScrete ®r5ge, ebenfo »enig finb hai e£tenfit)e unb intenfiDe Quantum Slrten ber ®xv%e; fonbern jebe ifl jugleid^ bie anbere. Ss giebt !eine e^tenfibe ®r5ge ol^ne 3nten{Uftf unb umgelel^rt. SDie ej^enftDen ajlaflen werben intenfiD burdg bai @e^ tDid^t, bad fte l^aben, unb ben ^tud, ben fie audBben. SDer )tt)an2tgfte ®rab SB&rme ift ein ®rab, aber entl^Slt eine gleid^ groge Sßdrtne^ menge, mie man audg fagt: ed finb 3»anjig @rab Sßarme. 3ugleid& erf(i^eint biefer @rab an ber QuedfilberfAuIe beS Zl^ermometerS aU e^tenfiDe ©röge. 2)er menfd^Iic^e Sl^arafter ift in Snfel^ung feiner ®ei{led- unb SBilfenSfifirle eine intenftt)e ®r56e, ber eine getoiffe SRenge Don Seiftungen, eine geteiffe SluSbel^nung beS SBirlungSfreifeS entfj^ri^t. 2)en militärif^en ®raben entfpred^en bie SJlengen ber befel^Iigten 3Jlann= fd^aft, bie ®r5gen ber ^eereiSabtl^eilung u. f. f.^

3n bem ®rabe getuinnt bie Quantität eine gettiffe Säefd^affenl^eit unb 2)iflinction. SDie Sefd^affenl^eit ift t)erAnberU(6. 3eber ®rab ifl ein @rd§engu{tanb unb bilbet als fold^er ein ®Iieb in einer @fala ober Stufenleiter Don ®r56cnaujiänben berfelben ©efdöaffenl^eit. SDie Steil^enfotge fold^er Derfd^iebenen ®r5§eniuftAnbe finb eine @r5genDer= änberung, bie burdg fteigenbe ober faKenbe ®rabe, burd^ pofttii>e8 ober negatiDed SBad^St^um fortfc^reitet. Uta Don einem ®rabe gum anbern gu gelangen, mflffen aöe Sroifd&engrofeenjuflanbe, beren unenb= lidi Diele finb, burdglaufen toerben. SKeS gefd^ie^t ^ier grabatim, b. ^. aUmäl^Iidg unb ftetig. S)ie grabueDe ®r5genDeränberung ifl ein Son= tinuum. 3ebe i^rer ®rögen}uftAnbe i{l bur^ bie anberen DoUIommen bebingt, alfo nid^t mel^r eine gegen anbere gleid^gültige, fonbern auf anbere bejogene ©röfee, b. 1^. ein ®rö§enDer]^attni6.*

ääefd^affenl^eit, SBeränberung, SBejiel^ung auf SnbereS, 93er^altni| finb fd^on qualitatiDe Seftimmungen, bie in ber gntmidEelung ber Quantität mit bem 93egriffe beS ®rabe8 unb burd^ benfelben toieber l^erDortreten.

1 ößt. »b. III. B. 6. 242—253. VI. § 103. 6. 203-207. » »enbaf. C. 2)ie quantitaüDe Unenblt^fcit. c. S)ic Unenblt(i!cit beS OuantumI« 6. 269 bis 272. SBqL ineine;^Sogtf. (2. flnfi.) 6. 288 f(gb.

S)ie Ouantitat 467 / /

in. Die quQntitatit)e UnenbU(i6fcit. 1. S)te f^Ieittc quantitatit)e Unenbliitfeit.

2)te ä^ermel^ruiig unb SBerminberung ber üuantttfit, mie bie 3al^I unb ha% S^W^t fl^^t inS Snblofe fort, bte SSertnel^rung na6 ber @eite beS UnenbItd^=®rogen, bte SSermtnberung nad^ ber beS Unenbltd^- jtleinett; eS gtebt Igier leine ©renje, mo tnir ^alt tnod^en tnflBten, Aber toeld^e ber Segriff ber duantitöt und nic^t l^inaudioiefe unb l^inouS- fdgidte in ein 3enfeit8 bon ©rögen, bie toieber begrenjt finb, unb fo fort ins Snblofe. 2)ieS i^ ber quantitative enblofe ?h:ogreg, nadftbem toir ben qualitatioen fdfton fennen gelernt.

@S giebt im $^iIofot)^if4en »ie im äJlotl^ematifdben itdti Srten ber Unenblid&Ieit: bie [d^Ied^te unb bie toal^re, jene ift ber enblofe ^rogreB/ biefe ifl aufgel^obene Snbloftgleit. 2)ie§ gilt in ber OuantitAt xoxt in ber Oualit&t. SDie fd^Ied^te Unenb(id6!eit erfd^eint in ben klugen ber SBelt al8 bie toal^re, unb nirgenbs erfdfeeint fte impofanter, er= ^abener, [a erbaulid^er, fo ba§ ein förmlidger ©ottesbienft mit il^r ge« trieben »irb, ol8 in i^ren quantitativen formen, in ber aSorftettung ber unerme6lid&cn 9loume, Seiten, ©terntoelten u. f. f.

J&egel gebeult jener berül&mten SBerfe, in benen 81. t). IgaUti burd& bie Häufung coloffaler OuantttSten, }ule^t burdg bie Slufl^ebung aQer bie Sttigfeit gefd^ilbert l^at. Aant l^atte biefe Sd^Uberung, tt)eil fie ben @d6auber beS @r]^abenen erjeuge, „eine fdgauberl^afte 93efd^reibung ber ßtoigfeit" genannt:

S^ l^ftufe ungel^eure 3al^l(n,

(Bebirge SJltdionen auf,

34 feje Seit auf Seit

Unb aOOelt auf äBelt au ^auf,

Unb tDcnn i^ »on ber gtaufen S^bV

SJflit @4n)inbeln toieber na^ bir fel^':

3fi alle aHa^t bei Sal^I,

fßtxmt^xt SU taufenbmal,

9lo4 nt<|t ein Xl^eil Don bir,

34 siel^' fie ab, unb bu liegft gang Vor mir.

jtant erblidFte in ben coloffalen Quantitäten ben SluSbrudE l^öd&fter erl^abenl^eit, §egel fanb fie ©d&ioinbel erregenb unb langtoeilig unb legte aOeS ©eioid^t auf bie le^te 3eUe.^

1 $egel. 9Ber!e. f8h, III. C. 2)ie quantitatiüe Unenbli^leit. €. 253—260. »fit. VI. § 104. 3uf. 2. 6. 209 u. 210.

80*

468 2)ie Se^te Dom 6ein.

2. 2)ie ctfle fanitf^e Antinomie«

Set Segriff ber continutTlid^en unb biScteten ®röge l^atte unfern ißl^ilofopl^en Detanlagt, bie jioeite lantifdge Snttnomte Don ben nufoininen' gefegten unb etnfad^en ©ubflanjen auf ben ©egenfa^ ber Sontinuit&i unb SiScretion jutflägufül^ren unb gu jeigen, bag bie su ieteeifenbe €ad&e ntd^t beriefen, fonbern k)orQu8gefe^t iDotben fet.^ 3e^t fud^t er btefelbe Arittl auf bie erfle Slnttnomie angumenben, inbem er biefelbe auf ben (Segenfa^ ber un6egren)ten unb begrengten Quantität jurttdE» filiert. Sie S^e^S Don bem }eitli((en anfange unb ber rftumlic^en Segrenjung ber SBelt loirb beioiefen burd^ bie UnmSglid^foit einer Der» floffenen Unenblid^Ieit ober abgelaufenen @U)ig!eit, bie Sntitl^efiS bur<6 bie Unmöglid^Ieit ber leeren Seit unb beS leeren StaumS. Xo% eine enblofe ober anfangdlofe 3eitretl§e (leinedioegS gleid^bebeutenb mit ber Sloigteit) biiS gu bem gegentoArtigen 3eitpun!t abgelaufen fei, istrb baburd^ beriefen, bag ber gegenioärtige Seitpunit fefigel^alten unb fijcirt loirb, als ob bie 3eit nid^t beftSnbig fortfliege unb Dergel^e. S)ag eS einen fold^en ftgen 3sitpun!t unb mit il^m eine Derfloffene Unenb« lid^Ieit gebe, ijl alfo nid^t beioiefen nodg beweisbar, fonbem Dorau^ gefegt. Sbenfo loirb in ber Slntit^efiS baS anfangdlofe unb unbegrenjte Safein ber SBelt burd^ bie Unmöglic^feit ber leeren 3sit unb beS leeren SlaumS, b. ^. burd^ bie Unbegrenjtl^eit ber SBeltgröge nid^t bemiefen, fonbern oorauiSgefe^t.^

3. !^ie UnenbU^fcit bc8 Ouantumd. |

@d lönnte fd^einen, als ob bie 93ermel§rung unb Serminberung i bed DuantumS einem erreid^baren 3iele ju^rebe: bort loinK in ber j Sferne baS Itnenblid^-lSroBe, l^ier bad Unenblid^'ltleine; aber bei | nSl^erer 93etrad^tung jerfliegen beibe in nid^tigen 9tebel unb @d^ein; ed finb immer toieber ®rögen, jenfeitd beten mieber ®rögen finb. 2)er quantitative enblofe $togre| i{i gu ooQenben unb aufgu^eben, toie ber qualitatioe. 9lun ifl bie jQuantitit in il^rer SBurgel aufgel^obene Dualität, ba^er bie aufgel^obene Ouantit&t boppelt negirte, b. 1^. be= lallte unb loieberl^ergefteQte Qualität, lurggefagt qualitative Ordgen» beftimmtl^eit fein mug.

2)ad Unenbltd&-®roge iji nad^ mat^ematifdger Seftimmung eine ®rbge, ate meldte eS eine größere nid^t giebt; umgelel^rt t)er]^&lt eS

> ©. oben 6. 403. ^egel. Sflöetfe. »b. III. <S>tx quantitattoe «ueiib- li^e $rogrc^. Unmetl. 2. 264—269.

2)te Ouantttdt. 469

ftd^ mit bem UnenbHd^»Ateinen. 2)q nun jebed Ouantum nod& Der- meiert unb Dermtnbert iDctben lann, fo ftnb baS Unenblid^-Oroge unb Unenblidg'AIetne Ouania, bte tetne Duanto mel^r ftnb. ^egel l^at Aber „bte äSegriffSbeftimmtl^eit beiS motl^ematifcl Unenbli^en'', über „ben 3a>e(! bed 3)ifferentiQlcQlcald'' unb „nodg anbete mit ber quoIitatiDen @r5|enbe{ttmmtl^eit iufammenl^Angenbe O^^tmen" in feiner großen Sogil brei iDettlSufige, in ber giDeiten Slufloge no(j^ \>n^ meierte 3(nmetlungen gefd^rieben, mxxn er bie Seigren Aber ben ^n- finitefimalcalcfll, mlä^t Sanob) (Seigrer yittotoni), 3lm\on, Seibni), 6u(er, ßagrange unb Sarnot t)orgetragen l^aben, eingel^enb bel^anbett. S)iefe Sfnmerlungen ftnb in ber enc^flop&bifd^en Sogit mit 9le$t ganj U)eggeblieben. „^a^ unenblid^ Ouantum", fo l^eigt ed in ber erften Snmerlung, „enthält erjlens bte Sleugerli^feit unb jmeitenS bie 9tegation berfelben an il^m felbft; fo ifi es nidgt mel^r irgenb ein enbUdgeS Duantum, ni^i eine @r5gebefiimmtl^eit bie ein 2>afein als Ouantum l^&tte, fonbem eS ifi einfacj^, unb ba^er nur ate Stoment; ed ifi eine ©röge- beftimmtl^eit in qualitatit)er O^otm; feine Unenblidgfeit ift, aU eine qualitottoe Seftimmtl^eit ju fein/^

@S finb einige togif$ bemerlenStoertl^e ^nlte, loelc^e ^egel be« fonberd ]^ert)orl^ebt.

1* 2)ie f Alerte Unenblidgteit ift ber enblofe ^rogreg, aritl^mettfd^ bie enbtofe Sleil^e, loie ber nie ju öottenbenbe ®ecimolbrud&, j. S. *A =

0,285714 .... ober -j^ = l+a+a«+a» .... SDer enbU(^e »ru* X""~*a

ifi ber t>offenbete, mangellofe SuSbruc! ber enbtofen Steil^e unb Derl^ält

fid^ barum ju biefer, loie bie tt)a]^re UnenbliAIeit jur fd^Iei^ten. @t)tno2a

l^at ben enblofen $rogreg, biefe f^Ied^te Unenblic^Ieit mlä^t bie @im

bilbung far bie todfixt l^ält, bad «infinitum imaginatioms» genannt

unb bie SoQenbung beffelben in einer gefd^Ioffenen unb begrenjten

®rö6e baS nirKid^ ober »al^rl^aft Unenblidbe, «infinittun acta». S)aS

S9ilb ber legieren finb bie beiben ungleid^en, nid^t concentrifd&en Areife,

Don benen ber größere ben Heineren umfd&Iiegt; il^r Stoifd^enraum iji

begrengt unb entl^Att unenblid^ Diele Ungleid^^eiten, bie aud& begrengt

finb. 9ßo bie beiben Areife am loeitefien Don etnanber abfiel^en, ifi

^ iSbcnbaf. Ouanttttn. C. ^ie quantttattDe Unenbli^feit. c. ^ie UnenbU^teit bH jQuantum«. 6. 269—865. Slnmctt 1. @. 272—815. (6. 278.) tCnmerf. 2. e. 315-851. 9(nmerf. 3. 6. 852-365.

470 2)ie Se^re bom 6cin.

tl^r 3Ra£imum; U)o ber 9[6ftanb ber Ilemfle i% il^t aRtntmum. S>iefe$ 93ilb bet S^offenbung unb be§ loal^rl^aft Unenbßd^cn iDor bem$]^Uo[i)t»]^eit fo »td^tig, bag er eS }um SJlotto fettieS ^Qut)tn)erl8 gemalt ^at.'

2. 2>er 93tud^ '/? ifi ber ^[udbrudE ober Sgponent eines qiiantt^ tatiDen SSerl^attniffed, innerl^afb beffen StnjQl^I unb (Sinl^ett (3&l^Ier unb Stenner) unenblic^ Diele Sßertl^e burd^Iaufen lönnen, loäl^renb il^r (Rfr ponent conftant bleibt. 2)en SBert^en 2, i, 6, 8 u. f. f. auf ber einen @eite entft)red6en auf ber anbern bie SBert^e 7, 14, 21, 28 u. f. f. SBenn aber eine ©röge unenblidg üiele befonbere ober bestimmte S^f^U XDtxÜft l^aben tann, fo Derl^ilt fie fid& ju biefen als allgemeine ober unbeftimmte ®r5ge, bie al8 fold^e ni^t numerifii, fonbern algebraifc^ begriffen unb nid^t burd^ Stielen, fonbern bur$ 93ud^fiaben bejetf^net fein will. „Xtx Sru^ */b fd&eint ba^er ein paffenberer ?lu8brucf be« Unenblid^en gu fein, loeil a unb b aus il^rer 99e)iel§ung auf einanber genommen, unbeßimmt bleiben unb au(6 getrennt leinen befonbem eigentl^flmlid^en SBertl^ l^aben."^

3. 2)ie geometrifd^en ®rogen befleißen in ®rogent)er]^&ltniffen, bie als fold^e algebraifd^ unb burd^ ©leid^ungen ertannt loerben (anal^tifc^e ®eometrie). @o loirb bie Sage jebeS $un{te8 einer geraben Sinie burd^ bie Sfinge ber i^m gugel^Srigen Orbinate (y) beftimmt, meiere felbft abhängig ift t)on ber S&nge ber il^r jugel^örigen Slbfciffe (x), unb ba bas 93er]^&ltnig ^/x bie conjlante ®röge (a) ausmacht, fo ift y = ax bie ©leid^ung ber geraben Sinie. 9ll8 bie Don x abl^dngige @ro§e l^eiftt y bie Function Don x.

SBenn aber nid^t y, fonbern y* fidft ju x Derl^ält unb ber com

flaute Quotient p iji, fo entfielet bie ®lei(l6ung ber jparabel: = p

(Ißarameter) ober y* = px. „SRid^t x unb y, fonbern nur x unb y* l^aben einen beftimmten Ouotienten. 2)aburd^ finb biefe Seiten bed 93er]^ältniffeS, x unb y, erftenS nic^t nur leine beftimmten Ouanta, fonbern gmeiteni^ il^r äJerl^Altnig ift nid^t ein fijed Cuantum (nocfi ift babei ein fold^eS toit a unb b gemeint), nid^t ein feßer üuotient, fonbern er ift als Ouantum fd^led^tl^in Derdnberlid^. S)ied aber ift allein barin entl^alten, bag x nid^t )u y ein SSerl^dltnig l^at, fonbern 3um Ouabrate Don y. 2)a8 SSerl^dltnig einer ®roge jur ^otenj ift nid^t ein Ouantum, fonbern toefentlic^ qualitatiDefi Serl^iltniB;

» Op. ed. Paulus. Vol. I. Ep. XXIX. pg. 581. VoL JI. E&ica. pg. 1. fß%l «eaeU IIL @. 28.5 flgb. - > ^(enbaf. 6. 279 u. 280. 9^g(. 6. 287 u. 288.

S)ie jQuantiiüt« 471

baS $oten)Der]^&Uni| tjl ber Umftatib, bet ®runb« beflimmunö anjufcl^en iji. 3it bcr fjunclton bcr gcraben ßinie y = ax aber ifi ^U = a ein getoöl^nlUler Srud^ wb Ouottent; biefc t^unction tft bal^er nur formell eine O^unctton t)on DerAnberlid^en @rögen, ober x unb y finb l^ier, toaS a unb b in ''jt, fie finb nid^t in berienigen ä3eftimmung, in meld^er bie 2)ifferenttQl^ unb integral« red^nung fie betrachtet." Sie f^unctionen beS erften (Srobed mie bie ®Ieid^ung ber geraben Sinie gel^&ren fo menig in bie ]^5l§ere Stnal^fid unb ben ^nftniteftmolcalcfil aU ber 93rud^ ^Ih, ber unenblic^ toiele Sal^Itoertl^e burd^Iaufen tann, xotnn nur ber Sjcponent fid^ gleid§ bleibt. 4. Slber eiS iji nod& eine weitere @tufe, auf ber bad matl^ematifd^ Unenblid^e in feiner Sigentl^ftmUd^Ieit l^erbortritt. 3n einer ©(ei^ung, moriu X unb y, gundd^fi aU bur$ ein ^otenjenüerl^Altnig beftimmt, gefegt finb, foDen x unb y a(8 fold^e nod^ Öuanta bebeuten; biefe SSebeutung nun gel^t DoDenbS in ben fogenannten unen blieb f leinen 2)ifferen}en g&n}Iid^ Derloren. dx, dy finb !eine üuanta mel^r, nod& follen fie foldge bebeuten, fonbern l^aben allein in il^rer Sejiel^ung eine Sebeutung, einen @inn blog aU SOtomente. @ie finb nid^t mel^r ditoas, baS @ttt)a8 aU Ouantum genommen, nic^t enblid^e 3)ifferen3en; aber aud^ nid^t 9{id^tS, nid^t bie bejiimmungSlofe 9luO. Sluger il^rem S^erl^Altniffe finb {te reine flutten, aber jte foDen nur ate äRomente beS 93er]^&ltniffeiS, aU 93e{timmungen bed 2)ifferentials

©oefficienten j- genommen »erben. 3n biefem Segriff beS Uncnb*

Ud&en ijt baS Ouantum »al^rl^aft gu einem qualitativen 2)afein DoQ- enbet; ed ift ate mirlUd^ unenblid^ gefaxt; eS iji nid^t nur aU biefeS ober jenes Ouantum aufgel^oben, fonbern als Duantum fiberl^aupt. (Ss bleibt aber bie OuantitdtSbejiimmtl^eit ald Clement Don CuantiS $rincip, ober fie, toie man aud^ gefagt l^at, in il^rem erften Segriffe." ^

IV. 2)a8 quantitative 93erl§iltnig. 1. ^ie ^erl^ftltnigarten.«

Duanta üerl^alten fid^ gegen einanber gang fingerlid^ unb gleid^- gfiltig. Stber bag quantitative Serl^Sltnig l^at gu feinen €eiten Ouanta,

1 dbenbaf. €. 289. - > dEbenbaf. (S>ap. UI. 6. 866-380. S^dl- VI. § lOö. gufat. ©. 217.

472 ^te .Se^te t>om 6etn.

bte etnanber ntd^t gleid^gfilKg, fonbern augel^Srig ftnb unb fid^ ber- gejlalt auf etnanber begleiten, bog fie nut in biefer Sejiel^ung gelten unb il^r Serl^Altnigesponent baS ®efe^ unb bte Orenje tl^rer Set* änberung auiSmad^t. 2)te 9Romente bes OuantumS ftnb Stnjal^l unb Sinl^eit. SSenn ^rua^l unb (Sinl^eit bte Seiten bed quantitativen Set» l^dltniffeS audma(&en, fo ifl btefeS unmittelbar ober birect. Sßenn bie Sinl^eit bie numerif^e Sind ift (^li), fo ift ber Sjcponent bte 9(n= jal^I (a). Um fo t)iel bie eine @eite Dergrögert ober t>ermtnbert toirb, um fo t)iel mug aud^ bie anbere t>ergr5gert ober t)erminbert »erben. 2)a Stnjal^l unb Sinl^eit bie 9Romente beS OuantumS finb, fo ftnb bie @eiten biefeS unmittelbaren ober birecten quantitativen fÖttff&lU niffeiS !eine DoHft&nbigen Ouanta. Unb ba aud^ nid^t befümmt ift, toeld^e ber beiben Seiten ate Stnaal^I ober als @inl§eit gelten foll, fo !ann aud^ il^r conflanter Ouotient ober 93er]^dItniBes))onent foiDo^t Snaal^I aU Sinl^eit fein.

2)aiS feiner SefUmmung entf))red&enbere reeOere äJerl^Sltnig entfielt, U)enn ber Sst^onent bie Sinl^eit ber Snjaj^l unb SinJ^ett, b. )§. baS conßante $robuct beiber ift: biefeS Ser^&ltnig ijt baS umge!el^rte. ^ier ijt ber @£))onent ,,nid^t fijre Snjal^l )u bem SinS beS anbem OuantumS im SSerl^Altniffe; biefeiS im Dorl^ergel^enben fefle Ser« l^ältnig ift nun toielmel^r al8 Deränberlidg g^fe^t; tt)enn gum Sind ber einen Seite ein anbered Ouantum genommen mirb, fo bleibt nun bie anbere nid^tmel^r biefelbe Snjal^I Von Sinl^eiten ber erften." «3)ie beiben SJlomente begrenjen fid^ innerl^alb beS Ssponenten unb ftnb bad eine baiS 9legattt)e beS anbem, ba er il^re be^immte Sin^eit ift; baS eine nirb um fo viel mal Seiner, atö baS anbere größer toirb": ,.fo viel iebe an Stnja^l ift, l^ebt fie an ber anbem ald Slnjal^l auf unb ift, toaS fie ijt, nur burd^ bie 9tegation ober <dren)e, bie an i^r Don ber anbem gefegt toirb" ; „iebe l^at nur fo viel Sßert^, als bie anbere nid^t l§at, il^re gange Seftimmtl^eit liegt fo in ber anbem." ^

3m birecten Serl§aitni| finb ^[njal^l unb Sinl^eit beliebig unb !5nnen unenblid^ Viel SSertl^e l^aben, nur il^r äSerl^dttnig, b. t. il^r Quotient, bleibt conftant unb mad&t bie vielfältige Sermel^rung ober Serminbemng beS einen Ouantum von ber ebenfo vielfältigen 9kr= mel^rung ober 93erminbemng beS anberen abl^ängig. 3m ttmge!e^rten 9)erl^ältnig finb Slngal^l unb (Sinl^eit 0^<ictoren eines conflanten ^o-

i »b. III. 6. 370-374.

S)ie Ouantitftt 478

buctd unb 6e}tel^en ftd^ negatiD auf etnanber. 2)q8 quantUatiDe äkr» l^ftlhiig DoDeubet ft(%, mnn Sn^al^I unb Sinl^eit einanber gletd^ ge< fe^t finb, fo bag bte Slnjal^I buc(| bie Stnl^ett befitmmt tft. 2>te Sttjal^I ber Sinl^etten ift bte Sinftett felbfl. S)ie $oten) ifl eine äJtetige Don Sml^eiten, beren jebe biefe 3Renge felbß ifl. 2)tefe Dolßommenfie Oform ifl baS ^otenjenDetJ^Altnig. ^2)ied SSetl^ältmg ijl bte 2)Qt* ßeffttng beffen, toaS baS Ouantunt an ft(j^ tft, unb brflät beffen 9)e« fttmmt^eit ober Oualit&t aus, toobutd^ es ftd& toon anbem unterfd^eibet/ 2)a8 Ouantum i{i im lßoten}ent>et]^aItnig fo gefegt, bag fein ^inauS- gelten Aber ft(i^ in ein anbereS üuantum burd^ eS felbfl beflimmt ifi.^ 2)a8 t^pifd^e Seifpiel, toeldgeS ^egel fflr baiS bitecte äJerl^dltnig brandet, ifi bad 93er]^ältnig Don Staunt unb 3eit in ber gleid^fSrntigen @efd&U)inbig!eit ober unfreien Setoegung (s/t); baS t^t)ifd^e a3eif))iel fflr baS ^otenjenDerl^altnig ifi bad Serl^&ttnig Don älaum unb 3eit in ber befd^Ieunigten ®ef(6n>tnbig!eit ober relatiD freien 99emegung, in tt)eld^er fid^ bie Stdume Derl^alten, tt)ie bie Quabrate ber 3<iten (s/t*), unb baS 9)er]^Altni6 ber Stdume unb Seiten in ber abfolut freien SBetoegung ber Planeten: l^ier Der^alten fidg nad^ bem !eplerfd6en ®efe^ bie Ouabrate ber UmlaufSgeiten, mie bte Sflrfel ber ntitüeren Entfernungen* ^

2. ^cx hoppelte ttebergang.

Sd^on bei bem Segriff beS ®rabed l^atten toir auf bie ®r5Ben' DerAnberung unb auf bad ®r5genDerl^ältnig, roxt auf ben baburd^ angejeigten 9lfld(gang ber QuantttAt in bie Oualitdt l^ingemiefen. ^egel legt ein großes ®en)id6t auf biefen boppelten Uebergang Don ber Oualitdt gur OuantitAt unb Don biefer n)ieber gurfldE )u jener, metl barauS erJ^eOt, bog burd^ bie 93er!nflpfung beiber bie Seigre Dom @ein fid^ Dottenbe. „Xaf^ bie Xotalitöt gefegt fei, baju gel^ört ber geboppelte Uebergang, nid^t nur ber ber einen Seftimmtl^eit in bie anbere, fonbem ebenfo ber Uebergang biefer anbem, il^r 9lfldgang in bie erfie. 2)urd6 ben erfien ifl nur erfl an fid^ bie 3bentitAt beiber Dor^anben; bie OuatttAt ift in ber Ouantit&t entl^atten, bie aber bamit nod^ eine einfeitige 99eflimmt]^eit ifl. S)ag biefe umgefol^rt ebenfo in ber erflen entl^atten, fte ebenfo nur eine aufgel^obene ijl, ergiebt fid6 im itDtiUn Uebergang, ber Slfidflel^r in boS erfle; biefe 93emerlung

■;

> «benbaf. 6. 375-377.

474 IDie Seilte t)om 6cin,

Aber bie Stotl^lDenbisfett beS boppelten Uebergangd tji Don fito^er aStd&tisIett ffir bad ®ange ber tDtffenf(|aftli(|en Tlti^obe." ^

Sßie bie @(eaten ben SSegtiff bed @etn8, ^eroflit ben beS SBerbenS^ bie Sltomifien ben beS t^ürfiii^feind (ber Dielen Sind), fo l^aben ^ift^a- goraS unb feine @4ute bie Sctfil unb bie Sol^lenDerl^Altniffe jum $rincit) ber ^l^ilofopl^ie gemad^t unb )ur f^mboUfc^en SBejeid^nung unb %u8btU(f8U)eife ber SSegriffe gebraud^t. ^egel I&gt im iQxnllid auf $^t]^agora§ bie Sa^l ciliS ba§ logifdge Snittelglieb jn^ifd^en bem finnlid^en unb reinen S)enlen unb benigemög bie ^^tl^agoreer als baS SJlittelglieb )U)if(i^en ben ionifd^en ^l^^fiologen unb ben Sleaten er^ fc^einen, il^re Bci^l^npl^ilofopl^ie bilbe ben Uebergang Don ben ^rinctpten ber ®runbl5r))er gu benen ber ©runbbegriffe. Slud^ bie 3ußfinbe unb SSerl^attniffe ber S)inge l^abe ^^tl^agorad aus ber S(^^l unb ben aSerl^aitniifen ber S^W^n ju eröfiren gefud^t. ^Sic8 ift namentlicö ber tiaü mit bem Unterfd^ieb ber %bnt unb il^rem l^armonifd^en 3u= fammenflimmen, Don loeld^em $]^&nomen belanntlid^ erjAl^It loirb, bab burd^ beffen SSal^rnel^mung ^l^tl^agoraS }uerfi Deranta^t loorben fei, ba« aOBefen ber Singe aU Sa^ aufjuf offen."* 3nbeffen l&at ^egel fettfl bie 3q^I itid^t al§ finnlid^en, fonbem aU reinen Segriff bel^anbelt, fonft toürbe biefelbe nid&t in feine SBiffenfd^aft ber ßogif gel^dren.

SltteS 3ö]&lcn unb Sled^nen \% loie eS ber begriff ber 3ä]^ wit fid& bringt, ein dugerlid^eS, oggregatiDeS, med^anifd^ed Senlen, eine Z^atigleit, bie aud^ rein medboniftfi Derrid^tet merben fann, tt)ie eS bie Sled^enmafcbinen bereifen. „SBenn man aber bie Statur bed Sled^nenS nur biefen Umftanb aDein lennte, fo löge barin bie Sntfd^eibung, loaS es mit bem 6infaQ fflr eine 93ett)anbtnig l^atte, baS Sted^nen jum ^aupU bilbungiSmittet beS ®eifted gu mad^en unb il^n auf bie (Wolter, fid^ aur 9Wafd6ine gu Deroottlommnen, ju tegen."*

^obbed l^at adeS 2)enfen fflr Sledgnen mit SBorflellungdjeid^en ober SBorten erfl&rt. ^eflatogji l^at ben päbagogifdgen 9lu|en ber 3a]^( fel^r l^od^ gefd^ä^t, loeil, mie er in feinem 93ud6 über ®ertrub

^ 6. oben 6. 466. ^egeL Betle. III. 6. 378. - * III. Sa)>. U. Ouan« tum. Slnmeif. 2. 6. 236 flgb. (Sop. III. 2)q8 quantitative 93cx]^&Itmft. VnmcT!. 6. 378-380. fBb. VI. § 104. 3uf. 3. 8. 211. ^egel f^teibt untt^tig ,9^t6a> florfter'. ^te ^ntbedung, toel^e er im Sinn ^at, ift bie 2:onItiter (Harmonie}, - » »b. ni. 6. 241 u. 242.

2)aS fOiaai. 475

unb Sien^orb fagt, „Si^i^n unb Slec^nen ber ®runb aDer Dtbnung im Äopf fci\ (2^. H. ©. 30flflb.)*

£el|re 00m Sein« G. 9üb jMaa||«^

I. 2)ie fpectfifd^e (qualitattDe) OuantitSh 1. 2)q8 ipecififd^e Duantum. $ex SJlaagflab.

3ener boppelte Uebergaitg Don ber CualttAt jur Ouantit&t unb mieber jurücf jur Qualität nöt^igt und beibe ääeßimmungen bereinigt ju benlen: ed giebt lein 2)Qfetn, meld^ed blog SSefd^affen^eit ober blog ®röge lodre, jebed ift beibeS jugleic^, fott)o^l Ouale atö Ouantum, bie untnittelbate, feienbe (Einheit ber Oualität unb Ouantitat. S)tefe @tm l^eit ift baS SJlaag, meld^ed bie beiben SSejIimmungen htü €einiS gu^ fammenfogt unb baburc^ ben 93egriff beS €einiS felbjl, toie fid^ g^^fl^n n)irb, DoDenbet unb aufl^ebt.

2)iefe Sinl^eit ber ®egenfS^e nad^ ber un8 befannten SHid^tfd^nur beS metl^obifdben 3)enfen8 (@e^ung, Sntgegenfe^ung, 93ereinigung) l^at ]u i^rem t^))ifdben SluSbrud bie 2)reifaUig!ett (tnplicitas) beS SSegriffS, toelc^e ^egel l^ier im ^inblidE auf ben 93egriff beS SRaaged aU ^bie unenblicb aid^tige Oform ber 5£ri))licität'' begeic^net, bie bei Aant nur als „ein formeOer fiidgtfunlen" erf^ienen fei; er l§abe bie 2:ri))Iicitftt nid^t auf bie ©attungen, fonbern nur auf bie Srten feiner Kategorien angenienbet. 2)er lantifd^e Segriff ber SRobalitAt folge U)eber auf bie Dualität unb Duantität aU britte 99eftimmung, nod^ l^abe fie bie Sebeutung bed SRaageS. 9(ud^ bie brei ®runbbegriffe SpinogaiS, Subftanj, Slttribut unb SD^obuS, bilben fo menig eine 3:ri))Iicität, mie bie brei ®öttergef}alten ber inbif^en Sieligion (Srimurti). 2)ied finb 2)reil^eiten ol^ne Sin^eit, ol^ne Entfaltung ber Sinl^eit, ol^ne bie 9%fld= le^r ber fubflantiellen (ginl^eit ju jid^ felbft. 2)ie Sriplicität beS 93e» griffe ift bie ßin^eit in ber S)reil^eit ober bie 2)rei^eit in ber @inl§eit, med^alb bie l^egelfd^e Seigre fi(^ Don leider bem d^riftlid^en 2)ogma ber Srinität fo Dermanbt gefül^lt ^at.'

1 aRctnc ßogif. »u« IL § 94. 6. 265-267. - « ^eßcr. aöetfc. III. ^Mief S9u4. ^ie Se^re Dom 6ein. S)titter Kbf((n. £q8 Slaag. 6.381-452. öfli. VI. C. S)a» SWaQfe. 6. 215-222. » SBb. m. 6. 382 ffgb.

476 ^te Seilte bom ©ein.

Sie 93ebeutung ber Aategorte bed 3Raaged ift etfl ber l^eaemfd^n 2)enf= unb (SefinnungSart aufgegangen unb bel^ertfd^t il^re SBelt- unb Sebendanfc^auung. SBer im €tol3 auf bte ffütlt fetner ßebenSgOter ober in ber ®eiDaIt fetner Seibenfd^aften fein 3Slaa^ flberfd^reitet, ftd^ gu grog ober ju l^ocb mad^t, furggefagt, toer ftc^ Dermigt, ben er» greift bad S^idfal in ber ®efialt ber 9leniefi8 unb fd^Ieubert t^n Igerab gur Siid^ttgfett biefem anberen S^trem beS UefierntaageS. 2)te 9temeftg ifi bie ®ott]^eit, toeld^e )ebem }umi§t, tt)a8 il^m gebfll^rt unb toaS er Derbient l^at; eS gtebt eine ri^iige SRitte, ein äRittelmaag ber SebenSffiQe, loeld^eS feiner ungefhaft gu loeit flberfd^reitet. Uebermut§ ift Uebermaa§. Sarum toecÜ bie ^^briS bie 9lemefid, n^etd^e jene ri(i&tige SKitte, baS ritjtige 3Woa6, toieberl^erfieöt.

Sitte« ift SKaa6. Sa« Sölaafe l^errfd^t in ber Drbnung ber Singe, in ber SSerbtnbung ber leblofen Itörper, in ber ®(ieberung ber leben» bigen, in ben Proportionen beS ntenfcj^lid^en Aörper«, in ben ©rSgen* Derl^altniffen ber Staaten u. f. f. Unter ben bifil^er entmicfelten Aategorien iji gur Sefinition beS Slbfoluten ba« Maa% bie l^öc^fle: ®ott ift ba» aJlaag unb fe^t atten Singen il^r 3!llaa^ unb 3iel.

Sie beiben STlomente beS 3)laage« finb Öualitat unb Quantität: ift qualitative Quantität unb qualitatives Quantum, ^eget XDäf^tl ben SluSbrud ^fpecififd^e Quantität" unb ^fpecififd^e« Quantum*, ßtload unb @r5ge (Quale unb Quantum) gel^Sren unmittelbar gufammen aU bie beiben Seiten ober 3)lomente beS SafeinS. ^ebed Safein ift qualitative ®röge. SSeil beibe unmittelbar gufammen unb gu etnanber gel^Sren, fo ijt baS Sttoa« nid^t gleid^gältig gegen feine ®röge; bal^r finbert fid^ mit ber ®röge aud& bie SSefdgaffenl^eit, unb ba« (StmaS, U)ie e9 befd^affen ift ober loar, gel^t unter; bie quantitative 3)er&nberung fü^rt eine qualitative, ein Umfd^Iagen ber Qualität mit fid^.

^ierl^er reii^net ^egel jene Slenc^en ober Or<tngf4Iflffe Der Slten, bie nadb Slriftotele« jeben nötl^igen fottten, baffelbe gu bejal^en unb gu Verneinen, alfo fi$ felbft gu miberfpred^en. @oId^e Sfangfd^lflffe {tnb g. S. ber Raufen (owpet-njc, acervus), ber Äal^ßopf (y aXaxpöc, cal- Yus) u. a. Sin Aom mad^t (einen Raufen, ein gtoeited unb brttteS aud^ nid^t, unb gule^t ift eS ein Rom, metd^eS, gum 9{id&t-{^aufen l^in- gugefflgt, biefen gum Raufen mad^t, aber ein Aorn mad^t !etnen Raufen. Stefelbe Seioanbtnig l^at mit bem Slbnel^men be« Raufend. Ser ä^erluft eines ^aared macfit {einen Aal^Hopf, eine« gmeiten unb britten au(^ nid^t, unb gule^t mug bod^ ber 93erlujt eine« ^aare« fein,

2)a8 fOiaa^. All

mia^t^ ben 9lid6t4tal^lIopf lal^l mQ(|t. Slfo ftnb, foKie man fdgliegen, ber ^Qufen, ber Aal^llot)! u. f. f. unmögltii^, benn fie !ontten »eber ent^el^en nod6 Dergel^en. SHefe ganje Sttt gu betoetfen ober gu« toiber- legen gehört gu ber S)tQle!ttI beS 3eno, ijl eleatifd^en Urft)rung8 unb t)on fopl^ilttfd^'megarif^er Srt; fie gilt ber SBiberlegung ber SSiell^eit ober ber SRenge.

3)arum l^tte fie ^egel nt$t für baS SRaag in Snfpruc^ nel^men foffen. Sin Aorn, ein ^aor u. f. f. finb quafitatioe ®rö6en, aber Raufen unb SRenge finb bloge üuanta: l^anbelt ftd^ l^ter um ben Uebergang Don ber 9{id&t«9Renge gur SOtenge, ntd^t um ben Uebergang t)on einer Oualit&t gu einer anbern. 2)ied bemerft aud^ ^egel felbß, xovxn er fagt: „9)lan Dergag, bag fidg bie far ftclg un- bebeutenben Quantitäten fummiren unb bie @umme baS quantitativ ®ange audmad&t, fo bag am ^nht ber Raufen toerfd^iounben ift, ber Aopf Icüji u. f. f." Sbenfo rid^tig fagt er in 93egiel^ung auf iene @len(|en felbft: .,3ene SBenbungen {tnb barum au(^ fein leerer unb ))ebantifd6er @))ag, fonbern in fic^ rid^tig unb @rgeugni{fe eines 93e= mugtfeiniS, bad ein 3ntere{fe an ben (Srfd^einungen l^at, bie im 2)enlen Dortommen".^ 9lur ge]^5rt baS 99et)>tel unb bie Erörterung nidgt in bie 93etrad6tung beS SOtaaged unb beffen logifdge Snltoidlung.

2)on SJlaaB lann nur ba gerebet n)erben, too mit ber Ouantit&t eine Qualität unmittelbar gufammenl^Angt. @o l^at ein @taat in ber ®r&ge feined @ebieted unb feiner 93et)ölferung eine gen^iffe Quantit&t, mit tt)e(d^er eine beftimmte 2)erfa{fung, eS fei bie bemolratifd^e ober republilanifd^e, gufammenbefiel^t, aber bei fortf(j^reitenbem SBad^Stl^um ber Quantitäten fid^ am @nbe nid^t mel^r toertrSgt, fonbern in eine anbere aSerfaffungSart (Qualität) umfd&lfigt. 2)ie ®leid^gültig!eit ber Quan= titit gegen bie Qualit&t ift ein trflgerifd^er @d&ein, unter bem man iDäl^nt, jene Deränbem, biefe aber unDeranbert laffen gu lönnen, n)a§ nid^t angelet. (Einige SJlel^rauSgaben tl^un gun&d^ft nid^ts, aber, ge» l^&uft unb fortgefe^t, merben fie Derfd^ioenberifd^ unb l^aben im öffent« Ud6en loie im ))rit)aten fieben ben ölonomifd^en 9tuin, b. 1^. einen Der* änberten 3ufiönb ber Singe gur Sfolge. SBenn man auf bem aOBege ber Quantität in fold^er SBeife abfic^tUd^ unb unmerüidg ber Qualität beigutommen unb ben 3u{tanb einer @ad^e ober ^erfon gu Derberben fud6t, fo befielet in einem fold&en »erfal^ren „bie ßift be8 ©egriffs",

dEbenbaf. 6. 391—392.

478 ^te Se^re t)om 6em.

ein red^t l^egelfd^er StuSbrud, bent toit „2x^ ber ä^emunft'' in einem anbern unb l^ö^em Sufantmenl^ange fpäter tDteberbegegnen tt)erben. ,,*3Da8 Quantum, inbem es als eine gleid^gfiltige ©renje genommen mirb, tfi bte @eite, an ber ein S)Qfein unloetbad^tig angegriffen unb 3u ©runbe gerichtet tt)irb. 6S ift bie Sifl beS 93egrifflS, ein 2>afein an biefer @eite gu faffen, Don ber feine OualitSt ni(j^t iniS &pttl ju !ommen fd^eint, unb gaar fo fel^r, ba§ bie SBergrdgerung eined @taatelS, eines 93ennogend u. f. f., mel$e baS Unglfic! beS Staates, bei äSefi^erS l^erbeiffll^rt, fogar aU beffen ®Ifld aundd^fl erfd^eint/^

2. 2)ie anatl^ematt! ber 9latur.

3ebe ®r5^e xdxU gegol^It, b. lg. als eine ^njal^I t)on Sinl^etten begriffen tt)erben, aud^ bie qualitative ober fpecififii^e @roge. ^ier aber mug bie )u jäl^lenbe Sinl^eit qualitativ fein. 2)iefe qualitative ®rögenein]^eit ifi ber SRaagftab. 2)en SRaa^ftab jAl^Ien l^eigt mef fen. 9(IIe ®r5gen in ber 9}atur finb qualitative ober fpecififd^e ®r5B<n, bie Körper l^aben il^r fpecififd^eS ©etoid^t, il^re fpecififd^e 3B&rme u. f. f. Um biefe @rogen gu meffen unb baburii^ gu er!ennen, mug man ben il^nen angemeffenen äJlaagftab erfl finben unb feflfteOen, bie (Rtroid^l^ einl^eit, bie SBarmeeinl^eit u. f. f. 2)ie Sngalgl bec SSärmeeinl^eiten mad^t bie SB&rmemenge, unb ba nac^ ber Seigre Von ber Sinl^eit unb 6rl&altung ber Äraft bie ßeifiung ober SCrbeitSgrofee ber bett>egenben Slaturfrfifte gleid^ ifl einer getoiffen aSfirmemenge, bie baburdft entflel&t ober Vergel^t (erzeugt tt)trb ober verfd^toinbet), fo gilt baS me^anif^e SBarme&quivalent als ber STlaa^fiab aller bemegenben IRaturtrofte. ^dtte ^ege( bie gro§e (SntbedEung feines jüngeren SanbSmanneS Stöbert SKa^er erlebt unb gc!annt, fo »flrbe er feine fel^r bemerfensioertl^en ©ä^e von ber ».aKatl^ematif ber Slatur" toeit umfaffenber unb tiefer l^aben auSfpred&en unb efcmptificircn fönnen. „S)ie ßntbedtung beS aRaafeeS, bie in gfolgenbem Verfud^t »orben, ifl eine ber fd^ttierigflen 3Äotcrien; inbem fie an bem unmittelbaren dufeerlid^en SKaafec an= fangt, l^atte fie einerfcits gu ber abftracten fjortbeftimmung beS Quam titativen (einer SWatl^ematif ber JRatur) fortgugel^en, anbrerfeits ben Sufammenl^ang biefer äJlaagbeftimmung mit ben Qualitäten ber natürlid^en S)inge angugeigen" u. f. f. Unb an einer fpftteren, ]&ier= l&ergel&örigen ©teile: „3n ffiüä[\i)i auf bie abfoluten SWaafevep

aUnhal @. 392.

^a% SRaag. 479

l^ältniffe botf mo^l erinnert werben, bag bte äJlatl^emattf ber Statut, Mnn ^e beS 9lamenS einer Siffenfd^aft iDflrbig fein xoxU, tt)efenttt(b bie SBiffenfdftoft ber aKoafee fein mflffe, eine SBiffenfcfiaft, für »el^e empirifd^ mol^l Diel, aber eigentliii^ toiffenf^aftlid^, b. i. pl^ilofopl^ifd^, nod^ menig getl^an ift. SRatl^ematif d^e $rinci))ien ber 9laturp]^iIo- fo})^ie wie Sleiöton fein SBer! genannt l^at , ©enn fte biefe SBeftimmung in einem tieferen @inne erffiUen foDten, aU eS baS gange baconif^e ©efd^Ied^t Don $]^iIofo))]^ie unb SBiffenf(6aft l^atte, mflgten ganj anbete SDinge entl^atten, um ein Si$t in biefe noä^ bunKen, aber l^ö^ft betradbtungSMrbigen Siegionen gu bringen/^ 3nbeffen finb in ber 9Rat]^emati{ ber 9latur, loie ^eget bie Aufgabe rid^tig begetd^net l^at, bie großen O^oi^tf^ritte in einer leineSioegS antinen^tonfd^en Slitfetung bur(6 äJlänner, tt)ie 9lobert SRa^er unb ^erm. Don ^elml^ol^, gefd^el^en.

3. 2)af fpccificirenbe fOiaa^. 2)ie Siegel. S)ie qualitatiDe ©rdge ifl 3Jlaa^ 2>a nun bie S^erAnberung ber ®rdge au(^ bie äSerSnberung ber SSefd^affen^eit, alfo biefe felbfi be- ftimmt, fo ift bie qualitatiDe ®r5ge nidgt blog qualitatiD, fonbern aud^ qualificirenb, eS ift ba$ fpecififd^e Quantum nid^t blo§ fpecififc^, fon- bern aud^ ft)ecificirenb, unb ba eS als fpecififd^ed Quantum felbft fd^on 3Jlaai ift, fo l^at ^egel biefe jtategorie baS fpecificirenbe SRaag ge- nannt. aSenn biefeS Snaag bur(^ bie ^ngal^l ober äJtenge gleid^er OfaQe (»efd^affenl^eiten) f))ecificirt, fo ent^&lt eS ben SSegriff ber Siegel. Sie qualitatiDe ©rögeneinbeit ift ber fDlaagftab, ber ftd^ gur quali« tatiDen ®r5ge Derl^Slt, mie g. SB. ber t¥u§ gur menfd^lidgen ®rage. (Sine groge Sngal^l gemeffener menfd^lid^er ®rögen beftimmt bie regel^^ mäßige ®röge beS 3nenf(!^en ober roxt groB bie SRenfd^en in ber Siegel ftnb. €o Derl^ält eS ftdg nun mit ben Seflimmungen ber Siegeln aber» ]^au))t, ald ba finb SBetterregeln, SebeniSregeln, @pra$regeln u. f. f. 993a8 nur burd^ Siegeln erlannt unb beftimmt loirb, grünbet fid^ auf eine SJlenge gleid^er fi&Ut unb l^at eine quantitatiDe ®renge. 2)iefe ift DerSnberlic^ unb beloeglid^; ba^er l^at bie Siegel aud^ toiberfpred^enbe OffiOe ober SluSnal^men. Sie SuSnal^men gel^ören gur Siegel nad^ bem logifdgen Segriff ber le^teren. Sarum ift eS logifd^ tid^tig, bag ed teine Siegel oljne SluSnal^me giebt, unb bag bie SuSnal^me bie Siegel nid^t aufl^ebt, fonbern beirdftigt, ba bie ^ngal^l ber regelmäßigen OfäOe fo grog unb bie ber ^uSnal^men fo gering ift. Sie Siegel ift nod^

' (Ebenbaf. @. 886. e. 406.

480 2)te Se^re tjom Sein.

leiti ®efe^. S)a8 ®efe^ begränbet, bie 9tegel g&^It; jeher tDtberfprec^enbe t^aU ntad^t baiS ®efe^ 3unt(6te, iDOgegen bie SuSnal^me bie Siegel nid^ aufl^ebt, Dielmel^r beji&tigt, e8 fei benti, ba§ bie SOtaffe ber SuSnaJ^men betgeftalt anioAd^fl, bag bie Siegel ni$t tnel^r gilt ober gelten follte (loie mandge lateinifd^e ®enu§regeln). S)ann ift eiS toieberutn bie Cuon^ tttftt, iDeld^e bie Siegel unb bamit bie Sefd^affenl^eit ftnbert.^

n. 2)aS reale SKaag. 2)ie fütif^t bet SRaa^Detl^ftttnine.

3ebeiS 2)afein ifi qualitatiDe ®röge ober 3Jlaag unb bejie^i ft^ auf ein anbered 2)afein, bafi aud^ qualitative ®röge ober ÜJlaai ift, ttorau« ber Segriff eines JBer^filtnilfe« l^ert)orge]&t, beffen beibc ©eiten 33laa^t ftnb, alfo ber 93egriff eines äJlaagDerJ^filtniffeS ober äßaageS, beffen äJlomente nid^t nur Gualit&t unb Ouantit&t, fonbem felbfi äRaage finb. ^ier geigt fid^ ber Segriff beS SJlaageS in feiner SoD^ fommenl^ett: iebes feiner STlomente ift, toaS eS fein tann, rot^fiafb ^egel biefen Segriff baS realifirte ober reale SRaag genannt l^at. Ünb ba iebeS 37laag t)ermöge feiner Seflimmtl^eit, feiner Sefd^affenl^eit unb ®r5fee pd& toieber auf anbere aRaafte bejiel^t, fo entfteöen oiele 97laa§t)er]^ältniffe, bie innerl^alb berfelben Sefd^affenl^eit ober 3(rt eine Sleil^e oon SKaagüerl^altniffen bilben.

@o ijt jeber Alang ober Son ein 97laag oon äJlaagen, benn er befielet aus einer ^ngal^l geitlid^ gemeffener @d^tt)ingungen eines AotperS (€aite) Don bejtimntter Sefd^affenl^eit unb ®r5Be ejctenftDer tt)te intens fioer Srt. Unb bie Xonleiter bilbet toieber ein 3Slaa% Don £önen ober eine Steige Don XonDerl^filtniffen, bie nad& bejtimntten SRaQ^en Don ber Siefe jur ^öl^e emporfieigen.

Sie materielle 3Belt befielet aus ben d^enttfd^en ®runbftoffen unb beren Dielf&ltigen Serbinbungen, meldte in unabSnberlid^ feflen ®ett)id^tSDer]^ftltniffen gefd^el^en unb burd^ bie d^emifd^e Slnjiel^uns ober Sertt)anbtfd&aft (Slffinit&t) bewirft merben. 9[uf jenen ®ett)td^tSDer* l^&ttniffen, bie eines ber Dorgäglid^ften Seifpiele ber in ber 9latur l^errfd^enben äRaa^Derl^ftltniffe finb, berul^t bie Seigre Don ben d^emif^en

1 $egel ^at fel^t tutg unb unbeftimmt fiber bie 9legel geiebet, ba et fle all vfpectficiTenbeS !DlaQ|' begreift unb bo4 gleidbfett bem aRaa^ab, ber gum „i^eciflften duantum' gel^btt. (Ex fagt: ^^\t Siegel ober beraRaal^ab' u. f. f. ni. 6. 393. VI. § 108. ä^ol. meine SogÜ, S3tt4 II> § 106, 6. 304—308.

^a8 anaab. 481

^ SlequiDalenten; bte d^emifd^e SBettDanbtfd^aft betul^t auf bem ©egen» ' fa^ ber @äuten unb 99afen (SKIalten) unb untetfci&etbet ftdg in tifil^ete unb entfenttete, {iat!ere unb fd^ioäd^ete 93erU)Qnbtf4Qft6gtabe; jene l^eigen SSBal^lDermanbtfcJ^aften, unb ber ^auptunterfd^teb ber Säuren befielet in il^rer flröSercn Dber geringeren SBaJ^Iöertoonbtfdöaft ju einem ober mel^reren ber entflegengefe^ten bapfcfien (falift^en) jtörper. SSergleid^t man bie üerfd^iebenen äJermanbtfd^aftiSgrabe einer @äure 2u ber Steil^e ber baftfd^en übipn ober umgelel^rt, fo ergeben ft(ig aud ben äSerl^ftltnigaal^Ien eine Sleil^e d^emifc^er SRaagDerl^attniffe, XDtli^t ^ege( aud^ au& ber Oualit&t ober SigentJ^fimlidgleit ber l^örper erllärt unb begrünbet miffen looUte.

9lls er in 9lürnberg feine Sogt! fd^rieb unb l^erauSgab (1812), toar ber berü^mtejie ®l^emi!er ber 3"t ber fronjöpfd^e (nopoleonifd^e) ®raf @. &. S3ertl^oUet; als ^egel in 99erltn ben erfien Stl^eil feiner Sogif Don 9teuem bearbeitete, mar ber erfte Sl^emifer ber 3eit ber fd6U)ebifd6e gteil&err 3. 3. SBerjeliu«; in ber ©tette, tteld^e fid6 auf bie dgemifd^en SDtaagDerl^öItnijfe unb SBa^lDerioanbtfd^aften be^iel^t, l^atte ber ^l^ilofopl^ in ber erften ^[uSgabe feiner fiogif SSertl^oDeiS Slbl^anblung «über ben SBegriff ber Sßertoanbtfd&aft in ber ßl^enue" öor Slugen, in ber jnjeitcn Scrjcliuö' „ßel^rbuc!^ ber ©l^emie". 3n ber @runbanf(^auung beiber (Sl^emiler l^errfc^te, toit $ege( fanb, ,;bie Debe ber (Sor))uScu(artl^eorie'\ äSergeliuS urt^eilte abfd^ft^ig über bie in Seutfd&Ianb angefel&ene ©dftule ber „b^namifdften 5p]§ilofoj)]&ie''. Slun fül^Ite ftc^ ^egel Deranlafet, ba er ben Segriff ber SBal^löertoanbtfd&aft in feine ßel^re Dom SDlaag aufgenommen ^atte, eine Slnmerfung über ädertl^oQetd Slnfid^ten unb in ber neuen SluSgabe aud^ über bie beS Sergeliud auSgufül^ren. ^er ^auptpunlt, gegen ben biefe ^nmerfung gerid^tet mar, finbet fid^ in ben folgenben Sorten auSgefprod^en: ,,3nbem l^iermit bie SSertoanbtfd^aft auf ben quantitativen Unterfd^ieb jurüdEgefül^rt ift, ifi fie aU SBal^lDerloanbtfd^aft aufgehoben; baS 9lu8= f^Ueftenbe aber, baS bei berfelben fiattfinbet, ift auf Umflänbe aurüc[= gefül^rt, b. i. auf SBeftimmungen, toetd^e aU et»ad ber SSerloanbtfd^aft Sleu^erli^eS erfdgeinen, auf ßol^dfion, Unauflödlid^Ieit ber gu @tanbe gefommenen JBerbinbungen" u. f. f. SSon ben aSertoanbtfdftaften fommt ^egel gute^t aud^ auf bie fpecififdEien @ttDx6)te gu fpred^en: „(&^ to&re bie Slufgabe Dorl^anben, bie aSerl^aftnifecEponenten ber Sleil^e ber f))ecififd^en @(!^meren al3 ein Softem aud einer Siegel gu erfennen, meldte eine blog aritl^inetifd^e SSiell^eit gu einer 9flei^e ^armonifd^er

Of ifd^cT, «ef«. b. ^mol Vm. 91. «. 31

482 2)ie Seigre Dom @ein.

Änoten fpectficirtc. ®tcfcI6e gforberung fftnbc für bie 6rfcnntni§ her Qitgefül^rten dgentifd^en äJertoanbifdgaftSteil^en fiatt. 9ber bie 9St{Teti= fd^aft l^ot nod^ tocit, um bol&tn ju flelotiftcn, fo toeit aU bal^in, bie Saluten ber Entfernungen ber ^kneten beS @onnenf^ftem8 in einem SWoaSf^flem ju f offen. "^

Siefer lefete ©at| fielet nid&t in ber erftcn Ausgabe ber ßagif. fonbem in ber jn^eiten unb flammt au8 ^egels le^ter SeBenfigeit: breigig ^al^re toorl^er ^atte er feine ^abilitationSfd^rift «de orbitis planetarum» t)erfa^t, iDorin er Aber bie Entfernungen ber ^aneten eine falfd^e ^^potl^efe aufgefteDt unb eine Sficfe l^atte begrfinben iDoUen, IDO leine mar* „Ss ift nod^ meit bal^in, bie Saluten ber Entfernungen ber ^Planeten be8 ©onnenf^ftem« in einem JKaafef^jiem gu faffen!"

2. ^te Ihtotenlinie t)on SRaagtietl^äUninen.

®aS fpeciftcirenbe Waa% bcfiimmt burd^ bie SJerfinberung feiner Ouantitöt, c8 fei üJlenge, ejtenfiöeg Quantum ober ®rab, bie ber Oualit&t unb t)eränbert baburd^ bad SRaagDerl^dltnil felbft. S)q nun Oualitit unb Ouantitftt ftd^ junfid^ft gleid^gfittig unb Sugerlid^ gegen einanber Derl^alten, fo gefd^iel^t bie quantitatit)e SSerAnberung, tt)&]^renb bie Qualität öorberl^anb nod6 biefelbe bleibt, aber tritt in bem forfc fd&reitenben SBad&Stl^um bes Quantum«, bem pofttiöen toie negatiocn, ber 93erme]^rung tt)ie ber 93erminberung, bem Steigen toit bem ^^Uen ber @rabe, ein $unft ein, loo bie Qualität fi(!^ t)lö^lid& toeränbert unb umfdblägt. 2)iefe fünfte, morin Quantität unb Qualität loieber gufammenfatten unb einanber gleidftfam heujen, l^at §egel „Änoten* unb, ba in lebem berfelben ein neues SJtaaBoerl^ältnig entfielet, bie ßinie, »eld^e fie t)erfniH)ft, eine „flnotenlinie Don SWaaSüerl^älts niffen" genannt.* ®er 9lu8brudt ift t)on ber Stflronomic entlel^nt, loeld^e bie fünfte, in benen bie ellit)ttfd^en 93al^nen ber $immels!örper unfercS ©onnenf^flemS bie Erbbal^n [EHiptif] fd^neiben, „Änoten"* unb bie burd^ baS @onnencentrum gejogene gerabe ßinie, bie jene fünfte t)erfnlH)ft, „Änotcnlinie" nennt.

^ II. €ap. II. 2)aS reale SRaa^. Knmetf. 6. 417-429. (<B. 429.) Sgl. dErße Slusgabe (1812). Knmerf. @. 801—806. 3n ber enc^flopftbifd^en 2oq\t ftnb biefe Slnmetlunqen neBft ben 6tcIIen, su benen fte gehören, mit Sle^t toeg» flelaffen toorben. S3b, IIL Crfle« Sud^. Äbjd^n. III. B. Änolenlinie oon SWaafttoeTWItniffen. 6. 430-436. »ßl. ob. VI. § 109. SufaJ. 6. 220.

2)aS anaag. 483

2)ie SSeränberung bei Quantität gefdgiel^t allm&l^Iid^, bte bahnxii l^etbeigefäl^rte a^eränberung ber Qualität plo^Iidg: mit einem ©daläge ifl bic ®ad&c öerftnbcrt unb ein ganj anberer 3ufianb eingetreten. 3)arum ifl ber @a^ nidöt ridötig, ba§ eS in ber Statur feinen ©»)rung gebe, benn bie Sefd^affenl^eiten toerftnbern fid& fprungtoeife, nacfebem il^re ©rögenauftAnbe in bem 9(uf unb S16 il^rer @!ala einen gett)i{fen ^un!t erteilt l^aben. a)lan fönnte auf ben ft)rfld^mörtnd^en SluSbrudE l^intteifen, ber im Sinn unb (Seift unferer Äategorie fagt: „baS SRaag ift t>oU"\ es l^at ftd^ allm&I^Itc^ geffillt, enblic^ ift eS Doli, mit einem male t>oU, eg ifi am Ueberftiegen, nun tritt ein neues 90taag, ein neues SJlaa^Derl^äUnig, eine anbere Qualität ein. 6s giebt in ber SBelt !eine Sleform, ol^ne bag jic^ bie Uebel unb SKi^bräudge ber gegebenen ßuftänbe bergeftalt gel^&uft Igaben, bag il^re Unerträglid^{eit, bie UnmögÜd^feit il^rer g^ortbauer, bie unauf^altfame Siotl^toenbigleit il^rer Umgefialtung ju Sage tritt, ^egel giebt als baS einfad^fic/ qualit&tslofe 93eift)iel bie natürlid^e Sci^Ienreil^e/ in toeld^er bie SBieber« lel^r getoiffer Sö'&Iein^eiten, toie j. 33. ber S)efaben im Secimalf^ftem, gleid^fam Anotent)un!te bilben.

(Sin fel^r einleud^tenbeS 93eift)iel einer Anotenlinie t)on 3Jlaa^^ t)er]&ä(tni{fen bietet baS SBaffer, beffen Sufl&nbe ber g^eftigleit unb ^cirte, ber tro})f baren unb ber elaftifd^en STfiffigfeit ((£is, SBaffer, 2)am))f) ton ber (Srö^e feiner Zzmpexatnx, b. 1^. feiner SBärmemenge abl^&ngen; ber (Sefrier= unb ber @iebet)unlt finb bie Anoten, in benen bie 3uft&nbe beS äBafferS fid^ ))Iö^Itd^ umtt)anbeln, aus btm flüffigen in ben feflen unb bampfformigen übergeben, ^m (Sänge beS menfdg- li^en 2)afeinS ftnb ©eburt unb Siob bie Auotenpunfte, in benen baS inbiDibueOe Seben beginnt unb aufl^ört. 3Ran lönnte aud^ bie (Srengen unb <£))od^en ber SebenSalter als Anotent)un!te betradgten, in benen baS Sßad^Stl^um beS AorperS unb ber äSilbung einen neuen SebenS» guftanb aOmä^Hd^ t)orbereitet, plö^Iic!^ I^erbeiful^rt.

3)ie Äategorie ber Änotenlinic löfet fid6 aud^ im moralifd^en ®e= biete nad^toeifen. S)er ßeid^tfinn unb bie ßeid^tfertigleit im ©enuffe beS ßebens l^aben il^r SUlaafe, beffen Uebcrfd^rcitung ju ßafter unb JBer» bred^en ffll^rt, burd^ bie ßebenS= unb SßiQenSart in baS SSerberblid^e umfd^Iftgt, 9led6t gel^t in Unred&t, SEugenb in ßafter über. @o er= l^alten aud^ Staaten burdQ i^ren ©rogenunterfd^ieb, tt)enn baS Uebrige als g(eid& angenommen toirb, einen öcrfd&iebencn quaUtatit)en ßl^aralter, ©efe^e unb SS^rfaffung loerben ju etmaS Ruberem, toenn ber Umfang

31*

484 $te Se^re üom 6etn.

beS Staates unb bte ^njal^I bei ^Bürger ftdg etaettert. 2)er Staat l^at ein 3Raag feiner ®röBe, übet tt^eld^eS l^inauSgetrieben, er l^altungS- Ip3 in fid6 jerfäßt, unter berfelben Serfaffung, tteldöe bei einem anbetn Umfange fein ßlüd unb feine @t&r!e audmadgte. „Xit SSerfaffung eines Keinen Sc^tteijeriantonS pa^t nid^t fflr ein grogeS 9leid^, unb eben fo unpaffenb »ar bie SSerfaffung ber romif^en SRepublil in i^rer Uebertragung auf Keine beutfd^e Steid^Sft&bte/' ^ 2)ie S3ergleid^ung beS Staates mit bem 2Raage l^at ^egel in ber (SnttoidE(ung biefeS Segrtffs glei^ im Vuge gel^abt unb bel^alten, tteSl^alb tt)ir berfelben )u mieber- "f)olttn malen begegnen.

m. S)aS aJlaafelofe. 1. 2)a8 auftf^Iiegenbe ÜTlaag unb boS abflract a^aaglofe.

2)aS 3Jlaagt)er]^&Itnig, metd^eS eine beftimmte Qualität an eine beftimmte Cuantit&t btnbet, nennt ^egel ein auSfd^liegenbeS 3Raa%, burd^ beffen Ueberfd^reitung baS (StmaS in feiner SBefdgaffenl^eit gu ©runbe ge^t. 2)ied gefd^iel^t burd^ bie 9tegation feines äRaageS, b. 1^. burd^ feine äJtaaglofigfeit. So loirb ein 93erm5gen burd^ gu t)iele unb l^&ufige ausgaben, eine ©efunb^eit burdg ju t)tele unb l^&ufige Genfiffe t)erge^renber Slrt gerrüttet; nun ^eigt eS, bag ber äJermögenSjuftanb burd^ maaglofe äierfd^iDenbung, ber ©efunbl^eitSjufianb burd^ maag- lofe ©enugfud^t Dernid^tet morben fei, obiDol^I »eber bie 3Renge ber ausgaben nod^ bte ber ©enüffe im eigentlichen Sinn maagloS toaren.

3n ber Änotenlinie ber aKaafeöeriftltniffe geigt ftdfe auf iebem fünfte eine fold^e relatit) gu nel^menbe 3]|aa^Iofig!eit. SCber bie 9let§e ber 3]|aa^t)er]^&Itniffe felbfl loie bie Anotenlinie gel^t inS (Enb* bfe fort: barin befielet baS abfolut ober abftract SDIaaglofe. (ES ift ber enblofe ^rogreg im ©ebiete beS SKaageS, »ie bie S^erAnberung ber enblofe ^rogreg im ®ebiete ber Qualität unb bie grengenlofe f&tx- me^rung unb Sierminberung ber enblofe ^rogreg im @ebiete ber Quantität »ar. ®ie Qualität fül^rte burdfe ben Segriff beS 8fürftd&= feinS, beS (£inS, ber t)ielen 6ins gum Segriff ber Quantität, biefe führte burd^ ben Segriff beS ®rabeS, ber ®r5^ent)eränberung,. beS quantitativen Serl^ältniffeS gurfldE gur Qualität, fo bag tt)ir genöt^igt »aren, bie Sinl^eit beiber, b. 1^. ben Segriff beS SOtaageS gu benien.

1 »b. III. ©. 432-436. »öl, »b. VI. § 108. Sufofc. 6, 219.

l^aS anaafi. 485

3lmmt^x toirb ber ^Begriff be8 SDIaa^ed burd^ ben beS 3)laagIofen negirt unb oufgel^oben.

2. %tx Uebergang jum SBefen.

fetter boppelie Uebergang, toorauS ber Segrtff beS äJlaageS l^et- t)orge]^t, l^at gejeigt, tote Qualität unb Quantität ftd^ med^fetfeitig forbern. 3e^t jeigt ber enblofe ^rogreg ber 3Raa^t ober baiS Snaag» lofe, loie betbe.ftd^ u^ed^felfettig aufl^eben nnb nunmel^r bie Sufl^ebung beS 90taage8 ober bie Sluf^ebung jener unmittelbaren Sinl^eit ber Qualität unb Quantität gebac^t »erben mug. Xa nun aOed 2)afein in biefer unmittelbaren Sinl^eit befielet, fo ift bie Stuf Hebung ober 9tegation beiS 2)afein$ gu ben!en. StlleS Sein mugte aU beftimmted @ein ober S)afetn begriffen »erben; mitl^in ift bie Slufl^ebung bei$ 2)afein8 bie Slufl^ebung beS Seind fiberl^aupt, »omit fid^ ber Segriff beS ©eins unb bai il^m angel^drige Softem ber Kategorien, biefer erfte ^bfd^nitt ber Sogif, befc^Uegt unb t)oQenbet.

2)ad aufgel^obene SBerben mar t)ergangene8 SBerben ober ®ett)orben> fein (S)afein). @o ift baS aufgel^obene ©ein Vergangenes ©ein ober ©etoefenfein (SBefen). S)aS SBefen ift baS t)ergangene ©ein nidfet im geitlid&en, fonbern im logifd&en ©inn: baS bem ^Begriff nadj t)er= gangene ober frühere ©ein, ba8 logifd&e ?Priu8 ober Xö^cp (yooet) irpö- tspov, baSjenige, »aS einem anbern notl^menbig Dorl^ergel^t, b. i. ber ®runb. ^egel l^at in bem Sßorte SBefen mit Steddt auf bie S3er= gangenl^eit beS ©eind, unb gioar bie geitlofe SJergangenl^eit l^ingemiefen; er l^ätte an biefer ©teDe fflglid^ auf ben SlrifioteleS l^intteifen foQen, ber ben lerminuS biefe« SBegriffS in ber SBebeutung beö ©runbeS auf ba« f(ftärfjie, toie fein anberer ^Pl^ilofopl^, au8ge})rägt l^at: er bejei(i6net bas SBefen als baS ©ein. toeld&eS »ar (tö tt f^v elvat).*

Qualität, Quantität, a»aa§ finb nid^ts gfürftd^beftel^enbeS, fonbern SBeflimmungen, bie einem älnbern julommen ober inl^ärent finb. Xu aiei^en ber SKaaftDerl^ältniffe »offen als Suftänbe gebadet fein, benen ein ©ubftratum ju ®runbe liegt, als il^r Sräger, als 2)ing, 3Jlaterie u. f. f. „JRun ftnb foI(^e aSerJ&ältniffe nur als Änoten eines unb beffelben ©ubflrats beftimmt. 3)amit finb bie 3Jlaa^e unb bie bamit gefegten ©elbftänbigleiten juSufiänben l^erabgefe^t. S)ie S^eränberung ift nur

> »b. IV. @. 3. »b. VI. § 110. Sufa^. ©. 221. »fll. meine 8ogt!. (2. auf[.) § 110. 6. 319-322.

486 S)ie ü^el^te Dom 6ein«

Slenbcrung eines Suftanbcö unb bQ8 Uefcergel&enbe tfl al« bann baffclbe bleibenb gefegt." «S)ci3 ^rinci}) i|i itod6 ntdöt bet freie 35e= griff, iDeld^er allein feinen Unterfd^ieben immanente SBefiimmung giebt, fonbern baS ?Princi^) i|i junafifeft nur ein ©ubiirat, eine SWaterie* u. f. f.' SBad toxi l^ier aU bad ju ©runbe Siegenbe ober aU Subfirat bcjeid&net l^aben unb aud& Don ^egel bejeiinet finben, i|i ni^tS anbereS ate ber ^Begriff beS SBefend. @8 giebt Dom Sein aum äBefen leinen Uebergang, ber einfod&er unb einleud^tenber ttftre.

8. 2)te Itategorien bes Seins unb bie d^ntioicflung.

3ur burdbgöngigen SrI&uterung ber l^egelfc^en Sogit l^abeit loir gleid^ in ber Einleitung jene i^r eigentl^ttmlid^e @in]^eit ober ^bentitdt oon gorm unb Snl^alt erfiftrt, toelti^e ber ?pi&iIofot)]ö fo oft unb nacfe^ brüdlidb an i^r l^eröor^ebt. 3)ie SWetl^obe ber €ntn)i(Ilung ifl fotoo^I ber Snl^olt als bie gform ber ßogif. SBaS entioitfelt wirb, tft bei öegriff ber entwidlung. fflenn toir bie borgepellten Äategorien mit bem Segriff ber ©ntwicMung Dergleid^en, fo cntl^fttt biefer gtoat mc^r unb tiefer liegenbe Segriffe, aber eS ifi ni(ftt ju Derlennen, bofe bie bisl&erige fReil^e ber Äategorien mit jebem ©(dritte ben Segriff ber @nttt)i(ilung aböquater auggebrfldt l^at. Xa9 SBenigjle unb %bftracte{le, baS oon l^m gcfagt werben !onnte, »ar ber Segriff beS ©eins. 3)ie SntioidEIung ifi, aber burd^g&ngig unrul^ig, loie fte ift, mug i^r bloge« ©ein negirt werben: fie ift im forttoftl^renben gluffe be8 2Bcrbcn8 begriffen, jeber neue 3upanb ift baS Sergel^en eines Dorl^anbenen, fie ift ein befifinbigeS (Sntftel^en unb Sergel^en, fte ifl ni^t blog Sterben, fonbern ^nberdwerben ober Ser&nberung, bie fd^on eine concretere 3lrt be« SBerbenS barfteßt. SOBa« ftd& enttoitfelt, ge^t auf ieber ©tufe unb in jebem SDIomente feiner (Sntioidlung mit fid^ felbfl jufatnmen: bal^er ift baS ©ubject einer (Sntwitflung als gürfid^fein ober GincS JU faffen. SBaS ftc^ entmidelt, ift guglei^ 6ine8 unb SieleS, b. t es ifl ®roge, biScrete unb continuirHc^e ®röge, eS ift n&l^er tnten= fit)e ®r5ge ober ®rab: bal^er ift bie @ntioidEIung nid^t blog Scf dnberung, fonbern ®rögent>er&nberung, grabuelle unb con- tinuirlid^e, fie ifi in jebem ilferer SWomente unb ©tufen ein SRaal, ein 3JlaagDerl^äItnig, eine 9ieil^e ober eine Anotenlinie Don SRaag' oerl^&Itniffen. 2)ieS ift bie l^öd^fle aller biSl^erigen Jtategorien unb

^egel. SOßetle. SBb. III. 8. 488 u. 489.

2)ad anaag. 487

bteienige, loetd^e ben Begriff ber SntiDtdEIung jmar !etneSioegS t)datg ober DoKIommen, aber Dergleid^ungSiDetfe, b. 1^. t)ergItdoen mit aDen t)or]&ergel^eitben, am ab&quateften ausbrfldt.

Um unfcre entoidelten Äategorien mit bem Segriff ber ®ntiDitI= lung t)erglei(i^en ju fönnen, l^aben loir t)on bem, roa^ ftdg entiotdelt, b. 1^. t)on bem ©ubjjecte ber SntiDtcIlung fpred^en müffett. ä3id ju btefer SEiefe bringt feiner ber bisl^erigen ^Begriffe, alle finb baDon nod6 loeit entfernt. 2)iefen ^Begriff feigen n)ir in ber Ofeme aU bad ®runb= t^ema beS britten unb legten Zf^tiU ber Sogü.

SBaS in ber SntiDidlung gefc^iel^t, juflanbe !ommt unb als um mittelbares 2)afein l^erDortritt, ift vermittelt unb begränbet; es ift einer feiner geniic^tigen @&$e, bem mir Don feiten Tegels fo oft fd^on begegnet finb: bag eS in einem aDe SSermittlung auSfd^Iiegenben Sinne gar feine Unmittelbarleit giebt; bal^er aQe Seigren t)on ber Unmittel» barfeit beS @einS, beS SBiffenS, ©laubenS u. f. f. unmal^r unb nid^tig finb. Slße SJermittlung aber bepelzt in ber Segrünbung, in ber Unterf^eibung unb SBegie^ung Don ©runb unb gfolge, b. I§. in bem SSerl^ältnife fold^er Seftimmungen, bie immer ju unterfd&eiben unb nie gu trennen finb: fie fönnen nid&t fo bereinigt »erben, bafe fie eine ä3e{timmung auSmad^en, bie in eine anbere Ubergel^t; fte laffen fidg nid^t fo trennen, bafe fie gleidftgftltig auSeinanber fallen; fie finb jioei unb ge^dren jufammen, n)ie ä3e}iel^ung unb Unterf^ieb, ®runb unb Ofolge, S)ing unb @igenf((iaft, Araft unb 3teugerung, SnnereS unb Sleu^ereS, Urfad&e unb Sßirlung u. f. f. 3)ie Äategorien ber Vermittlung finb bie beS fflefenS: i^r ©runbt^ema ift ber 3ufammen]^ang, tt)ie jebe SBiffenfd^aft einen fold^en Verlangt unb gu ergrünben fuc^t, u^eSl^alb bie Äategorien beS SBefenS biejenigen finb, teeld^e in ben erUörenben SBiffenfd^aften DorgugSioeife gebrandet loerben. 2)a bei aQen biefen 93e{limmungen gugleid^ i^re 3u)ei^eit ober 2)u))Ucitdt unb il^re Ver- einigung in baS 3luge gu faffen ift, fo liegt barin eine bcfonbere il^nen anl^oftenbe Sd^mierigleit, bie aud^ ^egel a(S fold^e empfunben l^at, benn er erMärt bie ßel^re Dom SBefcn für ben fd^toerfien SEl^eil feiner ßogif.^

S)ie aSegriffe bcS ©einS »oren einfad^, benimmt, burd& i^rc a3e= ftimmtl^eit unterfd^ieben, mit il^rcr Jlegation ober il^rem änberSfein behaftet unb boburd^ genot^igt, in anbere 93eftimmungen übergugel^en. 93on einem fold^en Ueberge^en ift in ben Äategorien beS SßefenS nid^t

ob. VI. § 114. ©. 229.

488 S)te Se^re tom SEBefen.

mel^t bie 9lebe: l^ier ftnb immer gmei SBefltmmungen }u fe^en unb auf emanber ju (ejtel^en. „^m @ein tft adeS unmittelbar, im ffiefen bogegen ip atteS rclatiö."^

Siebael^nteS Kapitel. Hu £e^re wm Wtftn. A. Ute lle^fri0ti.'

L S)ic tftefleEioitSbeflimmuTigcn. 3)ie 3bcntitdt.

1. 64ein, (fiY^einung, aOBirtli^teit.

„2)te SBal^rl^eit be8 @ein8 ift ba8 aBefen." 3Jlit biefem Sa^, ber bie ganje Dorl^ergel^enbe (Sntioidlung in ttdb f^Iie^t, beginnt ^ege( ben gmeiten 5£fitil feiner Sogü. SBaS ben Uebergang t)om @ein gum SBefen betrifft, fo nimmt baS natflrlic^e 2)enlen ganj biefelbe fRid^tung, iDie ba8 met^obif(!6e unb fpecuIatiDe: eS glaubt ni(!6t an bie SBa^r^eit beS unmittelbaren @ein8, gu bem eg ftd^ emt)finbenb, g&l^Ienb, meffenb Derl^&It, ]§inter loeldgem, tt)ie l^inter einem SSorl^ange, crft ba8 toa^re @ein verborgen fei, baS burd^ 9la4ben!en ober 9teflectiren erfannt fein tooUe. 2)a8 @ein ift baiS Unmittelbare. ,,2[nbem ba8 äBiffen baS SBal^re erfennen iDill, roa^ baS @etn an unb für fic^ ifl, fo bleibt eS nid^t beim Unmittelbaren unb beffen SBefiimmungen fielen, fonbem bringt burdä baffelbe l^inburd^, mit ber S3orauSfe$ung, ba^ l^inter biefem Sein nod& etmaS SCnbereS ifl, aU ba8 Sein felbfi, bag biefer ^intergrunb bie SBal^rl^eit bed €einS auSmad^t. S)iefe 6r{cnntni§ ifi ein Dermittelted äBiffen, benn fie befinbet ftdg nid^t unmittelbar beim unb im SBefen, fonbem beginnt Don einem Slnbern, btm @ein, unb ^at einen vorläufigen SBeg, ben SBeg be9 ^inauSge^enS Aber baS @ein ober Dielmel^r beS ^ineingel^enS in baffelbe gu madben. Srft inbem ba8 äBiffen ftd^ auS bem unmittelbaren Sein erinnert, bur(6 biefe aSermittlung finbet eS ba« äBefen. „35ie @t)rad&e l^at im S^itmort: ©ein ba8 äBefen in ber Vergangenen 3"t: getoefen bel^atten; benn baS äBefen ift baö vergangene, aber geitloS vergangene ©ein."'

1 »b. VI. § 111. SufaJ. 6. 222. « »b. IV. Sioeite« »u*. S>a« SBefen. 6. 1—235. S3gl. 9b. VI. Stoette Slbt^eilung ber Sogt!. S)te 8e^re Von SBefen. 6. 223—414. » »b. IV. 6. 3. ©. oben 6. 485.

2)ie 9lefIe|ion. 489

Sßenn bie Streikten eines leu(!6tenben AörperS eine fpiegeinbe OrId<^s treffen, fo »erben fte gurütfgetoorfcn ober reflectirt. SBie fid& bie Aörper gum @t)tegel, äl^nltc^ t)er^Qlten fid^ bie ©egenftdnbe jum nienf$= Ud^en ®eifl, ber fie betradbtet, in fid^ abbilbet unb DorfieQt. ,,SBir l^aben", fagt ^egel, „fomit l^ter ein ®tbopptltt9, einmal ein Unmittel» bares, ein @eienbed unb bann jiDeitenS baffelbe als ein 93ermittelte8 ober ®e)e^teS. SDieS ift nun aber eben ber SfaQ, menn mir Aber einen ©egenftanb reflectiren ober (mie man aud^ gu fagen pflegt) nac^benfen, infofern eS l^ier n&mtic^ ben ©egenjtanb nidgt gilt in feiner Unmittet barleit, fonbern mir benfelben als t)ermittelt mijfen tooHen/^

Snbeffen fafet §egel bie Äeflejion, toeltfte er bem SBegriffe beS SBefenS gleid^fe^t, nid^t blo^ einfeitig, fonbern boppelfeitig, n&mlid^ fo, baS nid&t bIo§ bie eine ©eite reflectircnb, bie anbere reflectirt ift, fonbern jebe ber beiben ©eiten bie anbere fotool^l reflectirt als öon il^r reflectirt toirb: bie beiben Seftimmungen Derl^alten fid^ fo ju einanber, bag jebe bie anbere gleidbfam gurfiämirft (reflectiit), ba^ jebe, »ie ^egel fid^ gern auSbrüdt, an ber anberen gleid^fam fd^eint (t)on i^r reflectirt ttirb). 3)er ^Begriff A jmingt micfe, ben Segriff B gu beulen, feinen anbern als biefen, unb ebeufo umgelel^rt. 3d& fann bie beiben aScgriffe nie ibentificiren unb nie trennen. Sfficnn fid^ gioei' Segriffe fo ju einanber toerl^alten, fo nennt man fte SlefleEionSbeftimmungen« ober aieflejionsbegriffe. S)iefe Sejcidinung ftammt nid^t erft oon ^cgel ]§er, fonbern pnbet fi4 bei flaut in ber SBernunftlritif, loo er Don ber 3tDeibeutig!eit ober „Slmp^ibolie ber ^ieflejcionsbegriffe" l^anbelt. Slls fold^e 93egriffe nennt er Sinerlei^eit unb Serfd^iebenl^eit, €in' {limmung unb SBiberftreit, SOtaterie unb Sfotm, inneres unb ^eugereS. @ine anbere ift il^re SBebeutung, loenn fte unter bem ©efidbtspunlt ber €innli$feit Derglid^en merben, eine anbere unter bem beS SerftanbeS. ®arin beflel&t il^re S^eibeutigfeit. *

@oId^e 9tef[e£ionSbegriffe ftnb nid^t blog bie foeben genannten, fonbern aud^ alle jene, bie loir fcbon am @d^Iug beS legten SapitelS beifpielsmeife angeführt l^aben, unb t)or allem ber 93egriff beS SSiefenS felbft, ber uns gmingt, im Unterfd^iebe Don il^m unb in ber notl^ioenbigen Segiel&ung auf il^n ben Segriff beS Scheins unb ber (Srfd^einung gu beulen, to)ie ®oet^e in ber ,,9iatarlid^en Zoäiitx" feine Sugenie fagen IftfeMH, 5):

1 »b. VI. § 112. 3ufa|. ©. 224. * »gl. aJleine ©tf«. b. niuern «P^ilo« fop^ie. (3ubilftum«au«gabe.) S9b.IV. (4.9(ufr.) SBu« IL ^ap. VIII. 6.461-465.

490 2)ie Se^re Dom Sßefen.

«2)er @((ein, toaS ifl er, bem hcA SSefen fe^It? S)qS SBefen loär' t», loenn eft nid^t erj^iene?"

2)a§ SBefen ift bte SBalgr^eit beS @etn8, btefeS ift aufgel^obenH äJloment im SBefen. 3lu8 btefett beiben ©runbbefiimmungen erl^eSi, lote SBefen unb Sein (S)afetn) ju einotiber fte^ett: jenes tfl ba§ tDefentli^e unb loal^re, btefeS ift baf^ uniDefenUid^e unb unioal^re Sein, unb ba es nid^ts S^firftd^beftel^enbed ift unb leinen 93ef}anb in ftdb §Qt. fo ift es nidgt blog unmefentlid^. fonbern mefenloS unb nifi^tig, b. % Biotin, ber im äBefen felbft ift, benn ba^ SBefen ijt bie Sin^ett aViti 2)Qfein8, baffelbe fotool^l unterfd^eibenb aU Dereinigenb. ©arum fogt ^egel: „S)qS SBefen f^eint in fi^ felbft". 9lße8 unmittelbare ©ein ifi. toie fd&on gefagt, vermittelt ober begrünbet: fo ifi aucb baS ©afein im SBefen begrttnbet unb gel^t auS il^m oIS feinem ®runbe l^erDor, eS i^ balger nid^t b(og Sd^ein, fonbern begrünbeter, teefentltd^er @(bein, b. ^. Srfd^einung. 3tt)ifd&cn SBefen unb (Srfdgeinung befielt !ein 2)uali8mui baS SBefen behält in fid^ nid^ts jurüdE, U)aS nic^t erfc^iene; eS erfd^int gang unb DoUfommen, »ie eS ift, b. 1^. eS offenbart fid^.

S)er 93egriff beS SBefenS entmidEelt fidg bemnadg in biefen brei SSeftimmüngen: „boS SBefen fd^eint juerft in fid^ felbft ober ift SReflesion; 3tt)eitenS erfd^eint eS, brittenS offenbart eS ftdg. ds fe§t fid& in feiner Semegung in folgenbe SBefiimmungen: L als ein^ fad^eS, anfid^feienbeS SBefen in feinen äSeftimmungen innerl^alb fetner; n. als l^erauStretenb in baS 3)afein, ober nod^ feiner Stiften} unb @rfd^einung; ni. als SBefen, baS mit feiner (Srfd^einung eins ifi. als SBirfIi*feit/^

S)ag bie ©tnnenmelt als eine @d&einn)elt gilt, lögt ^egel ben SIepticiSmuS begeugen; bag fie als ßtfd^einung gilt, bezeuge bei SbealiSmuS.^ @tatt @fe))ttciSmuS, ba eS fid^ nid^t um bie Baäft brr Srtenntnig, fonbern um bie beS @einS (SHealitat beS 2)afeinS) l^anbeß, ^&tte fad^gemdger bie inbifd^e 9ieIigion mit ilgrer Seigre Don ber SRoja unb beS ^armenibeS Sel^rgebi^t in feinem gtoeiten ä^^eile ton ber 2:&ufd^ung (Sö^a) genannt merben foQen.

2. 2)te 2)en!gefe^e.

9iad6 ber gettöl^nlidöen ßogiJ ift affcS 5Den!en eine reflectirenbe 3:^öttg!eit, föeld^e bie ©egenftdnbe Dergleicbt, unterfd^eibet, auf etnanbci

» «»egel. »b. IV. ©. 6. »gt. VI. § 112-114. 6. 228-229. - « »b. IV. 6. 10.

2)ie 9fle|l[esion. 491

6e}te]^t: ballet koeiben bte StefKe^ionSbefitmiiiungen als 2)enlgefe$e be- trad^tet, gflitis für alles 2)eii!en, alles 2)eti{bare unb Setenbe. 2)teS ift nun in ben Slugen ^egels ein jtDeifadber ^rttl^um: bte 3)enfQefe^e loerben etßenS gu eng gefaxt, ba bod^ iebe Kategorie nadg ber 2)efinitton beS Slri^oteleS t)on bem @eienben auSgefagt tt)irb, alfo ein 2)enlgefe^ bebeutet, gaeitenS aber ift baS reflecttrenbe 2)en{en leineSttregS alleS S)enlen, n)eS^aIb bie 9tefIe|ionSbe{ltmntungen, als S)en{gefe^e genommen, nidgt blog 3U eng, fanbern falfd^ ftnb. Unter btefem ©eftdgtfipunit l^at ^egel bte SDenlgefe^e betrachtet unb Derurtl^etlt. S)tefe fogenannten 2)en!gefe^e ftnb baS ber 3bentil&t, baS ber SSerfd^tebenl^eit, boS beS ®egenfa$eS, beS SBtberft)ru(I^S unb beS jureid^enben ®runbeS (prin- cipium identitatis, diversitatis, exclusi tertil, contradictionis unb rationis sufficientis).

8. 2)ie 3bentUAt.

äJlit bem @etn ftnb aQe i^m angel^örtgen Kategorien, mz 2)afein, SlnberSfein u. f. f. oufgel^obene 9ßomentc im SBefen: bal^er tp baS SBefen fogletd^ als aufgehobenes SInberSfein, b. 1^. als €id&felb{lglei(^]^eit, als 2)iefelbig!ett ober ^bentitdt gu faffen, ntc^t im @inne ber @tnerlei- l^ett nad^ 9Irt ber getoöl^nlid^en Sogt!, fonbern als bie in fi^ untere fdgiebene (Sinl^eit. ^egel unterfdgeibet gmei %rten ber S^bentit&t: bie concrete, meldte bie Unterfd^iebe in fid^ fd^Iie^t, unb bie oon ben Unterfd^ieben abftral^irte, teeldöe er ^bie abflracte" ober „formelle", aud^ „bte aSerftanbeSibentit&t" nennt, ba eS bie @ad^e beS äSerftanbeS ift, bie ^Begriffe abgufonbem unb gu trennen. 2)aS 2)enlgefe^ ober ber €a^ ber ^bentitAt grflnbet ftd^ auf bte abfiracte 3bentität unb lautet A = A, b. 1^. älleS ift mit fid& ibcntifdö, ober, negatit) auSgebrfidEt: A {ann nid^t gugleid^ A unb 9lid^t-A fein. 3)ie t)ofitit)e gfaffung bittet ben @a^ ber 3bentit4t, bie negative ben beS SBiber^ ft)ruc^S; jener ift baS jtriterium aDer S)en!bar(eit, biefer baS aOer Unbenfbarfeit.

S)aS fficnlen ift leBenbiger unb fortfd6reitenber Statur, ber ©a^ A = A rfil^rt fid^ nid^t Don ber Stelle. Unb baS tDiU ein 2)enfgefe^ fein! Äein SeiouBtfcin benft, lein SWenfd& rebet, lein S)ing egiftirt nad^ biefem ®efe^; ber @a^ ber Sbentitit ifl bal^er lein S)enlgefe^, er ift nic^t Mog lein 3)enlgefe§, fonbern DoQlommen nid^tsfagenb: A ift A, ©Ott ift ©Ott, ber ©eift ift ©eifi u. f. f. ©old^e Sö^e finb nid^t 6Iog ni(!6tsfagenb unb albern, fonbern audb, maS fie am aöerwenigfien fein ttollen, \\ä) felbft n)iberft)red6enb, benn fte er*

492 2)te Seigre Dom SSefen.

regen ben @d^ein txnti Urt^eiliS, ben fte fogleid^ ju ©dQanben tna^n, fie laffen, inbem fie ein Subject fe^en, ein ^robtcat emarten unb bringen ni^tö jum 93orf$ein qU xoxtbtx boS SuBject felbft. 3nbein aber biefeS fogenonnte 2)enl8efe^ qIs ein @q^ ober Urtl^eil auftritt, unterfd^eibet e8 @ub)ect unb $r&bicat unb entl^Alt alfo mt^x, als eS entl^atten tt)iQ unb ju entl^alten meint: n&mlidb ben Unterfd^ieb.^ „€8 iji t)on großer SBid^tigfeit", fogt §egel, ^fidfe Aber bie idqI&ic Scbeutung ber 3bentität gel^örig gu Derpänbigen, tooju bann t)or allen 2)ingen gel^ört, ba^ biefelbe nW blog als abftracte ^bentitftt, b. 6. nid^t als 3bentit&t mit 9luS[$Iiegung beS UnterfäiebeS aufgefaBt n)irb: bieS ift ber $unlt, tt)obur(i^ ftdg ade fc^Ied^te ^l^ilofopl^ie bon bem unterfd^eibet, »aS aOein ben Flamen ber $^iIafot)]&ie Derbient. Sie Sbentitat in il^rer SOSal&rl^eit, al« Sbealitat atteS unmittelbor ©eienben, ift eine l^ol^e 99eflimmung fomol^I für unfer religiöfeS SBeiDugtfetn, aU aud& für atteS fonflige ^tnlm unb Settjufetfein fiberl^aut)!."*

II. S)er Untcrfdfeieb.

3)cr Unterfiieb entmidfelt ftdj in breifad^er, mit iebcm Schritte tiefer einbringenber gorm: bie crfte ifl ber oufeere Untcrfd&ieb, baS Unterfdbicbenfein, bie gtoeite ber innere ober immanente Unterfc^icb, meld^er barin befielet, bag etttaS fid^ oon anberem, loeld^ed fein 9(nbere§, b. 16. fein ©egent^eil x% unterfd^eibet; bie brittc 5orm ift ber Untere f^ieb feiner öon i^m felbft. Sie erfte 5orm be« Unterfd&iebe« ifl bie SSerfdbiebenl^eit, bie imitt ber ®egenfa^, bie britte ber Sßtber= ft)rud^. Snie brei O^ormeu gel^ören gufammen unb bilben bie ©lieber einer fortfd^reitenben 9lei^e, beren gemetnfameS ©runbtl^ema ber Unter« fdgieb ift. @o ftnb fie aud^ in ber enc^Hopöbifc^en Qogif gefagt, richtiger als in ber großen ßogil, bie in il^rer ©lieberung Unterfc^ieb unb SBiberfprud^ Don einanber getrennt l^at.

1. S)ie aSerfdgieben^eit.

3)a8 Senlgefe^ ber Sbentitftt l^eigt: „SllleS ifl mit ftd& ibcntifd^*, baS ber S3erfd^ieben^eit : „StUeS ift oerfd^ieben, jebeS t)on jebem, eS giebt nid^t gioei 2)inge, bie DoDIommen gleid^ ober nid^t gu unter=

^ S9b. IV. ^Qp. II. 2)ie aOßefen^eiten ober bie 9lef(c|ion8beflimininigen. 6. 26-71. A. S)ie 3bentitat. 6. 29—36. »fll. JBb. VI. A. ^aS aßefen al4 ®runb ber ejipenj. ®. 229—260. a. ®ie reinen «ePeEionfibeftimmungen. a. ^e Obentitdt. § 15. @. 229-232. - ^ ^benbaf. Sufafe. 6. 231.

2)ie ffitfitiion. 493

f^etben finb. 2)te erße {Raffung ifi bie pofttiDe beS So^eS ber SSer- fc^iebetil^eit (principium diversitatis), bie jtoeite, ber €q^ be8 Sltd^t- juunterWeibenben, bie negative (priDcipium indiscemibilium). 3»et S)inge finb nidgt blog numerifd^ Derfd^teben, fonbern itnglei^.

%IS Seibnij biefe @d$e in feinen 9)orträgen Dor ber Aönigin ©opl^ie ©garlotte audseft^rodgen l^atte, bemfil^ten ftdg bie ^ofbanten, jiDei gleid^e 991&tter }u finben, um ben ^l^ilofop^en gu toiberlegen. „@lüdixi^t Seiten ffir bie SDIetapl^^fi!, mo man fidg am ^ofe mit il^r befd^&ftigte, unb tt)o eS leiner anberen ^nftrengung beburfte, il^re @&^e 3U prüfen, als 9)aum6I&tter 3U t)ergleid&en/' „@d ift bieS", fagt ^egel an einer anberen barauf be}flgli(i^en Stelle, „eine bequeme, aud^ nod^ l^eut ju Zage beliebte äBeife, ftc^ mit SKetapl^^fif gu befd^&ftigen/' 2)er eigentliche 93en)eiS beS leibnijifc^en @a^ed liegt tiefer, als bie Der- glei(!6enbe 93etra(i^tung }u faffen vermag; er Hegt barin, bag bie 2)inge ni(!6t blog unterfd^ieben finb, fonbern fi4 unterfd^eiben, ober ^bag eS ben S)ingen an il^nen felbfl gufommt, unterfdftieben gu fein/^

3taik bem @a^ ber ä^erfd^iebenl^eit ifl aUeS t)erfc^ieben, alfo aud& A ein befiimmteS, Don anbern Derfd^iebeneS A; bal^er ift ber @a^ ber ä^erfd^iebenl^eit bem ber 3bentit&t entgegengefe^t. „^Is mit fid^ iben- tifc^eS A ift eS baS Unbefiimmte; aber atd beftimmteS ift ed baS ©egentl^eil l^ierDon, eS l^at nid^t mel^r nur bie 3bentit&t mit fid^, fonbern aud^ eine SHegation, fomit eine S9erfd&iebenl6eit feiner felbfl Don fi(6 an il^m/*

!&ie 93erf((iebenl§eit befielet in ber Anderen, Dergleid^enben 9leflesion. 2)ie ©runbbegriffe ber duneren SReflesion finb bie Augere 3bentität unb ber Äußere Unterfc^ieb, iene ift bie ®leid^]^eit, biefe bie Un= glei^l^eit; eS giebt nid^t gmei S)inge, bie fo gleid^ mAren, bag fie nid^t unterfd^ieben n)erben fönnten, ni^t gioei Singe, bie fo ungleidQ tD&xtn, bag fie nid^t Dergli(!6en totxhtn !önnten, in geioiffen 9iüdEfid^ten, nac^ gett)iffen Seiten, ^ier fpielen bie „^nfofern'' il^re Stolle. 3e Der^edter bie ßteid^l^eiten ober bie Ungleid^l^eiten, um fo geifireic^er il&rc 3luffinbung unb ^erDorl^ebung, im erften gatt bie aSerglcid^ung, im gtoeiten bie Unterftfteibung. Sxotx ®ingc, »ie Derfc^ieben fte fein mSgen, finb fd^on infofern gleid^, als fie S)inge unb jebeS Don il^nen eines ifi.^

^ ob. IV. 6. 44. «b. VI. § 117. Sufa^. ©. 236. ©b. IV. B. 2)er Unterf«iib. ©. 36-55. 2. S)ie »erf^icbenl^cit. 6. 38-43. «nmert. @. 48. - » »b. VI. «nmerf. ©. 43-46. »gl. »b. VI. § 117. 3ufat. ©. 234-236. (©. 235.)

494 2)ie Se^xe tom Gefeit.

2luf bte Dcrgleidbcnbc JfteflcEton unb bic Stuffitibung bcr n)e|enl= lid&en ©leid^l^eiten unb Ungleii^^l^eiten gtflnbet fid^ bte Sebeutung ber üergleid^enben äBiffenfd^often, üon betten ^egel bte Detgfetcj^nbe ^natotnie unb bte Dergletd^enbe @t)ra(igforfdgung befonberS l^eiDot^bt. 3)tefe öcrgleidöenben SBtifenfd&aften ftnb bie unentbel&rlid&en SBoriaufcr unb ^fabfinber auf bem SBege ber $]^iIofo))]^te gut (Er!enntttig ber @tnl^eti ,,<EiS ift nid^t gu t)er!ennen, baf^ tnan auf btefent 23ege gu manchen fel^r lotd^ttgen SRefuUaten gelangt tft, unb ift in biefer 93e= gtel^ung tnSbefonbere an bte großen Seiftungen ber neueren Seit aur ben ©ebteten ber t)ergleid^enben Slnatomie unb ber Dergleic^enben Sprac^forfd^ung gu erinnern/ Unter ber Sinl^ett, rotlä^t bie ^f^ilo= fopl^te gu erforfd^en fud^t, ift bie ^[bentit&t in il^rer nal^ren Sebeutung gu t^er^el^en. „SBenn man bie neuere ^^ilofop^ie nidbt feiten fpott= loeife ali 3bentitätSp^tbfot)]^ie begeidgnet ^at, fo ift e8 gerabe bie $^Uofot)]^ie, unb giDar gunäd^fl bie ft)eculattt)e fiogü, xotli^t bie 9{id^ttg{eit ber Dom Unterfdgieb abßra^irenben, blogen 93erftanbe8ibentitdt aufgeigt, bann aber aUerbtngd aud^ ebenfo fel^r barauf bringt, ed nid^t bei ber bloßen 93erfd^teben^eit ben)enben gu laffen, fonbem bie innere Sinl^eit atteö beffen, loaö ba ift, gu erlennen."*

2. S)et 9egenfa|.

3e beutUd^er unb fd^&rfer bie 93erfd^tebenl^eit gebadet toirb, um fo beutlid^er unb fd^drfer treten i^re beiben @etten, bie ©letc^l^eit unb Ungletd^l^eit, l^erDor unb etnanber entgegen. S)ie entu)idelte S3erf(^ieben= l^eit ift ber @egenfa^. S)ad britte 3)enfgefe^ ift ber @a^ ber @nt= gegenfe^ung: „^lU^ ift entgegengefe^t". ä^on gmei contrabictorifcfi entgegengefe^ten $r&bicaten mug iebem S)inge eines gubmmen, ed entn)eber A ober 9tid^t»A, eS giebt !ein brittelS, bal^er ^ei^t btefed S)enfgefe§ ,,ber @a5 be§ auSgefd&Ioffenen SDritten (prindpitim ezclusi tertii)": unmöglid^, bafe etwa» foioo^I A als ?iid&t-A, unmöglidö, büß eS ttjeber A nod6 9lid6t=A iji. Sie beioiefene Unmögtid&!eit ber erfien 9[rt ift bie ^Intinomie, bie ber gtoeiten ift baS S)ilemma. SBenn etumS fomol^I A als aud^ 31W'A ift, fo n)iberft)rid^t eS fid^ felbft unb unmöglid^, lote ein geraber AreiSbogen, ein t)ieredKger Sirlel, ein ^ölgemeS (Sifen u. f. f. S)er @a^ beS auSgefdgloffenen S)ritten fül^rt uns gurüdE auf ben @a^ beS SBiberfprud^S, biefen negativen SluSbrud

' d^benbaf. § 118. @. 237 u. 288.

l^ie 9lef[e£ion. 495

beS @a^eS ber Sbentii&t unb unterliegt benfelben @intt)üifen, bie ienem erften ber fcgenonnten S)en!gefe^e getnadgt morben ftnb.

1. 3m ©egettfo^ finb 3bentttöt unb Unterfcfeieb vereinigt. (&nU gegengefe^tc finb tbentifd&, bcnn nur Scgriffc berfelben ärt (glcit^- arttge) lönnen einanber entgegengefe^t tDerben, toie g. 93. fed&S SReilen nad^ Often unb fec^iS 9)leilen nad^ SBefien ibentifd^ ober gleichartig ftnb aU SBege; tote toeig unb fd^toarj, l^eU unb bun!el ibentifdg finb als Sic^tarten u. f. f.

2. 6ntgegengefe§tc [inb Derfd^iebcn, »te fed^g SDleilen nad6 Dften unb fed&6 SDIeilen nod^ SBeften t)erf(^iebene SBege unb jiDöIf Derfd^iebene SWcilen ftnb.

3. (Sntgegengefe^te ftnb entgegengefe^t unb \>tx^aUtn fid^ ju einanber ttie ^ofitit)ed unb SlegattDeS. @o finb jene beiben SBege in SCnfel^ung tl^rer fRic^tung einanber entgegengefe^t. SBenn biefelben fed^jS ajleilen nac^ Dften burd^Iaufen unb bann nad^ SBeften gurüdE» gelegt toerben, fo ift man loieber an biefelbe Stelle gelommen unb ber Suflanb ber £)rt8t)eränberung gleid^ 9luII.

4. $ofitit)eS unb 9iegati))ed finb 9tefte£ion$6eftimmungen unb gel^ören bergefialt gufammcn, bag ber begriff beS $ofitit)en leinen anberen als nur ben beS 9tegatit)en l^erDorruft, unb ebenfo umgefe^rt. ^ofitiDed unb 9tegatit)e8 aber Derl^alten fidg fo gu einanber, ba^ fie ft(^ gegenfeitig aufl^eben, jebe @eite alfo ben ®runb aui^mad^t, loarum bie anbere (gang ober gum Sl^eil) nid^t ifi: jebe Seite ifl negativer @runb. @o ent^&It bie Sntgegenfe^ung fd^on ben Segriff beS @runbeS, ber baS ©runbt^ema aQer SBeftimmungen beS SBefenS aul^ mad^t. 3)ieS mar oudg bad 97totit), meld^eS unferen Aant aU il^n ba8 Problem ber ^aufalitfit tiefer gu befd^ftftigen anfing, veranlagt l^at, feine gebanlenreid&e ©d&rift gu öerf äffen: „SJcrfu^ bie negatit)en (großen in bie SBelttoeiSl^eit einguf flirren ".^

5. (Es ifi gun&d^ft gleichgültig, meldte ber beiben Seiten beg ©egenfa^ed pofttiD unb toeld^e negatit) l^eigt, jebe ift in Segiel^ung auf bie anbere negatit). SBad in ber einen SSegiel^ung negativ ift, gilt in einer anberen ffir ))ofitit). So ftnb bie Sd^ulben negatives S^ermögen in 93egie]^ung auf ben Sd^ulbner, t)ofitit)eS bagegen in 93egie]^ung auf ben ©laubiger.

1 93gl. meine ®ef4. b. neuem ^^ibfop^te. 3ubt(.-Kuftg. SBb. IV. (4. Sufl.) S3u4 I. (&ap, Xni. @. 206 flgb.

Jtejr::^ 3«^ (Srujiiei. 'OffflrrT mm tei irr 5jriaJ^e3aii»j. Z. 3iü''^ct 7ifi joviifaid^ rärz äeräct Sracr jatermeäei: anfi tf tir*

:in^ mäi&et Set 3e§ Tls^ccses folinur. 2as Snye 'Sfliirra' ^"

3^«re. H^rsd^^yre^re dt laä Sonrrat 3a§ jm finjjr^nijpgga irr

SeU vAi^e:r, ist H xacrSctnäarac erdennex xzd mir' "lar'.ter ^^ fttee Seüi«! CiöTafrete. Sccx es »Lfi v 5. aar tet Sgyalia jBrz,r.

aer ^^aciitx:e:^^ 9or Xii^es fjurv, m piereli Tcxsuzb. kos löe Soa^-u

kes i€^ '}U:;:tti9e:i. €6e:i'''i3 Berf;dlt e$ n^ seit dcK wlte^rsäizsr: B;Ti Uf^z^.Cu% ^j«*'2|e pK^djca ©ListSea ssd Si?inL^ 25er: ixx:xn 3t :t ^e-;e( ivMx Bttun be# 6€geTr.z|» mit kcK bicri^ crr- iicitemn ^czmeutm bei 0^:itttit sufi be$ U:itrrvdiede$ Btrarrnt:. *: (litt n4 mit -^a^i ba$ X'cntine al$ ba$ mit n4 SIo^ cfc '^t^vtlM^, bc^ ^ke^cniot aäer al$ baS bwvn, feir.jrgru*^efeyg^ nagV^. ftnd Uuuxidneibtnu tzfüäztu. ,XaS 5ce3Jti9( $ btf ftr ici k^ futfeuht ^tit^tn^m^ti, gegen baS $ontioe, ba$ bie SScvoikmbs tfs (tv^^^cittun (Rt^ewa:^ in, ber auf fu^ bein^cibe gam|e Scges' fa5, vx\ofi%ttnitit^ htm mit ib««tif4«i ©ffe|t?€nL'*

7. Xn ifazatUriniiiit Untertc^ieb beS ^ontomi sab Slcgstioe::. ftie htr^tlbt an^ U^vd^en Orünben einleuchtet^ beflätigt ti4 «u6 aritb= wetift!^ in bn l:e6re 0on ben nesoüDen Größen. 3iKi Sodorca. beten einet pcntio, bet anbete negatio i^, geben ein ncgatincS ^ßrobnct |0ei negotioe /^fadoten geben ein pofittDeS. 9ng logif #en Orönben! Xet ifadfft 5 lagt: fe^ fünf obet fe|e bie Sin^ fftnfnial; bei anbete !^ctat 3 lagt: fe|e 5 bteimal entgegen, alfo i^ haS ^robuc:

» »gl, tUvbal «b. V. 4. «ttfl., »u* IL M». VIL 6. 378 flfib. - * l^^tU ISttU. 9b. IV. €. 48 flgb.

2)ie »eflesion. 497

bie btetmal entgegeitgefelte fünf, b. 1^. 15. S)QJfeI6e $robuct er- giebt fid^, toenn bie 3q^I 3 fünfmal aU fold^e gefegt ober mtebei> l^olt toitb. @inb bagegen beibe Ofactoren negattt), fo mu^ bad $robuct poftttü QuSfatten, ba @ntgegengefe^te8 entgegenfe^en foDtel l^eigt aU fe^en, koie eine Slegation negiren fo t)iet l^eigt als ))ontren ober afftt= mircn. „@o ijl bcnn au(6 a = +b,^, bontnt, »eil bas negatioe a ntd^t blog auf bie entgegengefe^te SBeife, fonbetn rotxl es negattt) genommen nietben foll. S)ie 9tegatton ber 9legation aber ifl ba« Jpoptioc."^

3. S)et aOtbexf^TU^. Stus ber Statur beS ®egenfa|e§ erl^eUt, bag lebe ber beiben Seiten notl^toenbig auf bie anbere bejogen ifi, mit il^r üufammenl^ingt, barum ba9 ©ein berfelben fe^t unb forbert; gugleid^ erl^eKt, bog iebe Seite als negativer ®runb, ber fie ifi, bad 9lid^tfein ber anberen Seite fe^t unb forbert, bag alfo iebe Seite ju ber anberen fid^ foiool^I fe^enb als aufl^ebenb, fou^ol^t pofitio aU auii negatit) Oerl^ält, alfo felbft foiool^I pofitio als au(6 negativ iji, mitl^in ben ganjen ©egenfa^ bilbet ober, n)as baffelbe l^eigt, fid^ felbft entgegengefe^t ifl. ^n biefem fid^ felbft &ntgegengefe|tfein bejtel^t baS SSefen beS SBiberft)rud&S. C^ier ift ber $un!t, in toeldbem ber ©egenfa^ jn)ifd^en ber f))eculatit)en unb gett^öl^nlidgen 8ogi! fidg auf baS fd^&rffie auS))rftgt unb jufpi^t. 2)ie l^erfömmlid^e £ogi{ erHArt: „^IleS ift mit ftd^ ibentifd^, ober 9ltd^tS niiberfprid^t fid^"; bagegen bie f))ecuIatiDe Sogü: 9tid^tS ift fid^ felbft gleid^ ober ^QeS toiberfprid^t ftd^. Ol^ne ben 9Btberft)rud6, biefe Sinl^eit entgegengefe^ter 93efiimmungen im SSefen ber S)tnge, giebt eS fein aSBerben, leine SBcränberung, feine SBetocgung, fein ßeben, feine @ntn)idEIung, fein SelbPen)u^tfein, feinen ®eift u. f. f. S)iefe 93e- beutung beS äSiberfprud^S als ber Sinl^eit entgegengefe^ter SBeftimmungen (coincidentia oppositorum) j^aben tiefe unb fül&ne ffienfer, toie ^eraflit t)on @))]^efuS, 9ltfoIauS Don Sufa, ©iorbano 93runo Oon 3lola in t)onem ^aa^t geltenb gemad^t, »dl^renb bie fiogif ber Sd^ule biefe (Sinftd^t nid^t ^at unb baS ©egent^eit berfelben bel^auptet. ^egel ftimmt mit jienen S)enfern überein unb fteUt bie ©eltung beS äBiberft)rudgS in ben SWittelpunft feiner ßogif unb il^rer SOletl^obe. „SBaS überhaupt bie 2BeIt bemegt, baS ift ber SBiberf))rud^, unb eS ift I&d^erli^ gu fagen, ber SBiberfl)rud5 laffe fid^ nid^t benfen."*

1 «benbaf. ob. IV. 6. 55. - » »b. VI. § 119. 3ufot 2. 6. 242. W^tv, Oef((. b. 9MIof. Vm. 91. 9(. 32

498 ^ie Seigre bom IBefen.

Ss gtebt einen notJ^kDenbigen unb einen unmdgUdgen SBibetf)iru4; es i^ beSl^alb jum 9}erfldnbniB unb jur rid&ttgen SSeuttJ^eilitng ber l^egelfd&en Sogt! toidgtig, bie Seigre t>om 9Biberf))tud^ flar gu fteDen unb nadg beiben Seiten ju erleud^ien. S)er unmöglid^e SBiberfpra^ befleißt barin, bag einem 93egriffe ein n)iberf))red^enbe8 SOterlmat bev gelegt mirb, ttoburd^ ein unmdglid^er ober abfurber 93egriff entfielet, toit ber gerabe AreiSbogen, ber t>mtäx%t 3irlel, bad l^ölieme (Sifen u. f. f. S)Qgegen ber notl^ttenbige 9Biberf))rud& ift jene im äBerben unb in aDen SIrten beS SBerbenS entl^oltene (Sinl^eit t)on @ein unb Sttd^tfetn, meldte einen ber erfien ®runb(egriffe ber fpecutati))en ßogil ausmacht ^ Dl^ne biefen aBiberf))rud^ giebt eS feinen $roceg, atfo aud& leinen SBett^roceg. S)arum jagt ^eget: „äBaS flber]^Qu))t bie SBelt beiDegt, baS ift ber äBiberfprud^"*. 3Ran fönnte biefe beiben Srten beS SEBiber^ f))rud^8 lurg unb treffenb in folgenber SBeife begeidgnen unb untere fd^eiben: ber unmdgtid^e SBiberfprud^ ift, um in ber @d^ulf|)rad^e ber ßogil ju reben, bie «contradictio in adjecto», ber not^toenbige SBiberfprudg, meldger bie SBelt betoegt, ift bie contradictio in sujjjecto. S)en SBiberfl)rud6 in ber ©eftolt ber contradictio in adjecto l^ot bie ©d^ullogil, t)on ber oud^ ber 9lu8bru(f l^errü^rt, aEetn im %uge unb l^dtt il^n für bie eingige {^orm beS aBiberfpruc^d. 2)ie Unmdglid^Ieit biefeS SBiberfprudgS f)at, toit SlriftoteleS begeugt, aud^ ^eroHit nid^t geleugnet, toAl^renb ^egel ))on einigen 99eif))ielen jener unbenibaren SBiberfprfid^e mit Siedet bemerft, bog fte leineSmegS fo abfurb finb, di man meint; ed ftnb nid^t bie l^ötgernen @ifen, fonbem bie 93eifpiete, meldte t)on geometrifd^en 93egriffen l^anbeln. ^£)b nun gleidg ein t)ieIedEiger 3ii^lel unb ein gerobltniger AreiSbogen ebenfofe^r biefem @Q^e miberftreitet, fo l^aben bie ©eometer boc^ lein SSebenlen, ben AreiS als ein ä^ieledE t)on gerablinigen @eiten gu betrad^ten unb gu be^anbeln."* @S ift gu bemerfen, bafe in ben ongeffll&rten SBei^ f))ielen eS ftd^ nid^t um SBegriffe unb bereu miberfpred^enbe 9}lerfmoIe (contradictio in adjecto) l^anbelt, fonbern um bie ©ntftel^ung ber SurDe aus ber geraben ßinie unb beS AreifeS ouS bem ^ol^gon, alfo um 3uftdnbe beS SBerbenS unb be§ UebergangeS auS einem ®r5Ben= guftanbe in einen anberen; l^ier ober l^errfd^t ber SBiberft)rud&, toeld^er notl^menbiger» unb einleud^tenbertoetfe in allem SBerben ftattfinbei, unb ben toir bie contradictio in subjecto genannt l^aben.

©. oben »u(5 II. 6ap. XIII. 6. 441. - « S3b. VI. § 119. 6. 239 u. 240.

S)ie Rellesion« 499

III. ®tunb unb S^otge. 1. S)er 5urci4enbe ®xunb.

2)er SBiberfprudg, melier in bem ftdg felBfl @ntgegense[e$tfetn, in „bem Unterfdgiebe feiner t)on il^nt felbft" befielet, mu^ fxii auflofen: bie Sntgegenfe^ung g^f^^i^^ ^^^ \^^ U^W entgegengefe^te SBefen ftS^t {t(!^ t)on {td^ felbfl ob unb gel^t in iXoti 93eflimmungen auS* einanbet, beten eine bie fe^enbe, bie anbete bie babutd^ gefegte ifl: iene ift bet ®tunb, biefe baS SSegtAnbete ober bie Sfolge. @8 giebi nid^iS UnmittelbateS; olleS 2)afein i{i ))etmittelt unb miS oIS t>tX' mittelt, b. 1^. oXi begtünbet gebadet toetben. SHIeS, toaS ifl unb gefd^iel^t, l^at feinen guteid^enben ®tunb. @o lautet bafi le^te ber fogenannten SJenfgefe^e (principium rationis sufficientis). (gigent* lid& iji flbetfiflfftg ju fagen: „ber jureidfeenbe ®runb". SBenn bet ®tunb 3um SBegtfinben nid^t juteid^t, fo begtünbet er nid^t unb ift alfo lein ®tunb: bolzet mug bie Sejeid^nung „jureid^enb", ttenn fie nid^t ))Ieonaftifd^ fein miD, me^r bebeuten, aU bet 99egtiff beS ®tunbe8 befagt. . Unb fo t)etl^&tt eS fidb auc^ im Sinne Seibnijend, bet baS 3)enlgefe^ in bet genannten f^otmel au8gef))tod^en l^at. 2)a8 blo^e 93egtanben fttl^tt ins Snblofe unb lommt gu leinem enbgüttigen, t)oUenbeten, n)Q^t^Qft guteid^enben ®tunbe, bet als fold^et übet ben 3}led6aniSniug bed blogen 93egtünbenS ^inauSgel^i 2)ieS toat Seib- nigenS 3bee. 9lad^ il^m ift bet guteid^enbe ®tunb nidgt bet nied^anifd^e (bas SBatum beS SBatum), et liegt in bet Slei^e nid^t bet causae efficientes, fonbetn bet causae finales: e8 ift bet teleologifcfie @tunb, b. 1^. bet S^^ä unb SnbgmedE, alfo in 9lnfel^ung aUeS beffen, toaS in bet SBelt ift unb gefd^iel^t, ber SBitte bet göttlid^en ®eted§tig- leit unb SBetSl^eii^

3n bem SSetl^Altnig t)on ®tunb unb gfotge finb 3bentitftt unb Untetfd^ieb aU äJlomente cntl^alten. ®tunb unb S^olge finb ibentifd^ unb l^aben benfetben 3n^alt. ®tunb unb {^otge finb t)etfd^ieben: bie ))on bet t^olge t)erfd&iebenen ®tünbe finb bie 93ebingungen unb Um» ft&nbe, aus beten t)oUftänbiget 93eteinigung bie O^olge tefultitt. 2)ie SSetfd^iebenl^eit entn)id(eit ftd^ gum ®egenfa^, bie ))etfd^iebenen ®tünbe finb in SBegiel^ung auf bie gfolge einanbet entgegengefe^t: bie einen f^ted^en bafüt, bie anbeten ban)ibet. 2)aS 93egtünben in biefen

» »b. IV. i&ap. ni. 6. 77-114. «nmer!. 6. 74 w. 75. »gl. »b. VI. 121. 6.246-248.

82*

500 S)te ^fixt )9om aßefen.

manntd^foltigeit Stid^tungen be0 SrfIdTenS, S3ebingen8, S)QrIeflen8 unb Seleud^tenS ber ®rfinbe pro unb contra bilbet ben Sl^araltet bedienigen 2>enlend, meldgeS man SRdfonnement nennt, baS aQem Sutoritfttd- glauben, ber nt^t nad^ ©rfinben fragt, gumiberiftuft unb in ber ®e^ f($i(]^te ber ^^Uofopl^te burd^ baS Seitatter ber @o^l^tfti! gut (Er- fc^einung unb Geltung lommt. %IIed 9lafonnement t|i iDia!ttrIi4, unb es l^dngt t>on ben fubjecti))en 3Jletnungen, @((ft^ungen unb 3ntereffen ab, tteld^e ®rflnbe als gute unb meldte als fd^Ied^te gelten follen. (Es gtebt ntd^tS, loaS ftdg auf bem Sßege beS 9l&fonnemeni§ ntd^t begrflnben unb bef^öntgen Iftgt. i,3n unferer reflestonsreic^en unb rdfonntrenben 3ett mn% eS @tner nod^ nid^t mett gebrad^t ^aben, ber ntd^t für aUeS, auc^ für baS Sd^Iec^tefte unb ä^erlel^rtefle einen guten (Srunb anjugeben meig. SlDeS, toaS in ber SBelt t)erborben loorben ift, baS i^ aus guten ©rünben t)erborben n)orben/^

2. SRatetie unb gform,

^egel unterfii^etbet in feiner großen 8ogi! „ben abfoluten (Srunb", teeld^er ber allgemeine (Srunb ober ber (Srunb * im SOgemeinen ifi, „ben beftimmten ©runb" unb „bie Sebtngung". S)iefe Srten beS ®runbeS finb 9lefIe|ionSbeftimmungen ober bie Seiten einer SSegie^ung, tteld^e burdg bie gtoeite @eite erft ))eri)oQftAnbigt unb erg&njt tnirb. S)aS ©runbtl^ema ift bie Sejiel^ung ))on ®runb unb gfolge. 2)te gfolge ifl burd^ ben ®runb gefegt, fie i^ baS begränbete ober t)ermittelte @ein, alfo beflimmt unb unterf dgieben : fie ift n)efentlid6e Seflimmtl^eit ober Sform. 9BaS aber ber ^orm correfponbirt, fid^ auf biefe(be be^iel^t unb mit i^r jufammenl^ängt, ift ber ®runb als ®runbtage ober €ubftrat, als SRaterie unb als 3n^aU: ba^er unterfd^eibet ^egel ben abfoluten ®runb in biefe brei SSejiel^ungen: „t^orm unb SBefen, (Jform unb SWaterie, {Jorm unb anmalt".'

S)er ZtfpM biefer Segiel^ungen ifl baS ä^erl^&Itnig ^on SRatexie unb f^orm. 3(Ue toefentUd^e 99eftimmtl^eit ift f^orm, „ber t^orm gel^ort 11ber]^au))t aQeS SSeßimmte an", aOen t^ormbefltmmungen liegt bas äBefen als baS unbeftimmte unb beftimmungSfAl^ige @ubftrat gu ®runbe; unb ba eS bie einfädle Stnl^ett beS ®runbeS unb beS 93egrünbeten (®runb unb golge) ifl, b. 1^. bie (Einheit beS Unbeflimmten unb a3e=

1 «benbaf. § 121. Sufat^. @. 248 u. 249. »gL »b. IV. S. 100. -- s Sb. IV. <Sa|).ni. 3)er ®Tunb. @. 71~1U. A. S>er abfolute ^runb. €. 75 bi« 87.

2)te Reflesion. 501

fttmmten, ^fo tann ntd^t gefragt iDetben, tote bte t^ottn 3um äBefen ]§tngu!oTnme, benn fie ift nur baft ©d^etnen beJTelben in ftd^ felbfl, bie eigene il^m intool^nenbe 9tefIeston".^

^I8 bad un6efltmntte unb be^mmungSfai^tge €u6fhat i^ ba8 Sßefen bte SDIaterie, bte fomtbfe, fonnem))fdnglt(6e, geformte äJlaterie, benn e8 gtebt !etne abfolut formtofe SRaterie, auger in ber Sbfhactton, benn aOe aOtaterte, bie mir em))ftnben, t)orfteaen, erlennen, ntit einem äBort alle gegenftSnbli^e 97laterie i^ geflaltei. 60 t>tifiält fid^ ber STlarmorbtod 3U ben Aunftformen, bie au8 il^m gema($t »erben, tote @AuIen unb 6tatuen, jttar em^fAnglidg, aber nur ))afftt); bie £]^&tig' leit ift auf feiten ber t^orm ober ber lanflterifd^en ©eftaltung, aber ber aRarmorblod i^ nidgt an ftd^ formlos, fonbem l^at als Steinart feine beftimmte geologifd^e S^orm. @o enthalt bie SDtaterie fl6erl^au|)t eine in i^r t)erf($Ioffene unb angelegte Oform, bie fid^ ]§erauSauge{ialten unb 3U enttoideln l^at; bie SRaterie ifl bie f^orm an ficfe, .»biefe i^ il^re an fid^ feienbe Se^immung. S)ie SJlaterie mug bal^er formirt »erben, unb bie fform mu6 fid6 materialifiren, fid& an ber SWaterie bie 3bentitat mit fi(i& ober ba8 Seflel^en geben."*

3fi aber bie 5orm in ber SDlotcrie entl^alten unb in i^r angelegt, fo ift bte 5£]^ötig!eit ber gform gugleid^ bie eigene 93ekoegung ber Sfaterie felbft, unb eS gilt nunmel^r bie Sinl^eit üon äJlaterie unb f^orm, toelcfee ^egel mit bem SBorte ^nl^alt bejeidgnet: fie ifl ber Sinl^aU alled beffen, maS ifl unb gefd^iel^t. aibgefe^en ton ber in il^r t)erfc^Ioffenen Oform, ift bie 9Raterte formlos, borum unterfdgiebStoS unb einig ober einl^eitlidi, fo bag alle ®eftalten ber aRaterie, aDe formirten Stoffe, b. ]^. aQe 2)inge als SntioidElungSformen ber einen aRaterie erfd^einen. „SBir erl^alten bie eine SWaterie überl^aujit, an toeld&cr ber Untcrfdbieb als berfelben öugerlid^, b. 1^. als bloge t^orm gefegt ift. S)ie Stuf» faffung ber 2)inge als fAmmtlid^ bie eine unb felbe SRaterie jur ®runb- lage ^abenb unb blog dugerlid^, i^rer O^orm nad^ ))erf4ieben, ift bem reftectirenbcn SetDufttfein fe^r geläufig. S)ie SRaterie gilt l^ierbei als an ftd^ burd^auS unbeftimmt, iebod^ aller 93eftimmung fällig tfnb jugleid^ fd^led^t^in ))ermanent unb in allem SBed^fel unb aller ä^erAnbentng fid^ felbfl gleicSbleibenb."*

®en befiimmten ©runb unterfd&eibet §egct in ben formellen unb realen: in jenem l^aben ®runb unb f^olge (SBegrflnbeteS) benfelben

' (&bti\t>al ©. 77 u. 78. - SBb. IV. @. 81. »gl. VI. § 128. Sufo^. 6. 257 Pgb. »b. IV. @. 83. SBb. VI. § 128. Sufat?. 6. 257.

502 S)ie Se^te Dom Befen.

3n]^a(t, in btefem Derfdgiebenen; er nennt bte ©tfinbe ber erfien Vrt fotnteQ, toetl fie in ber @ad^e nid^ts leißen, fonbern nur ben 3n^alt ber Srfd^etnung ober beS Sdegrflnbeien t)erbop))eIn; man Derlangt loenn man nad^ einem ®runbe fragt, eine anbere Snl^altSbeftimmung, a(8 bte« jienige ifl, nadb beren @runbe man fragt, unb erl^&U biefelbe. 3n ben pl^^ftfalifd^en äBiffenf(6aften toimmelt ed t)on foldften @d^einerQärunsen, t)on fold^en SIetiologien, bie im ®runbe Tautologien ftnb, tote toenn bie Sentralbetoegung ber Planeten bnxii bie loed^felfeitige Sngie^ung ber €onne unb Planeten, bie Ar^ftaÜifation burd^ ein entf))re((enbed Arrangement ber 9Ro(ecflIe, bie magnetifd^en unb eleltrifd^en €r= fd^einungen burdg magnetifd^e unb eteftrif^e SRaterien u. f. f. erHdrt »erben. „S)er ®runb ifl baS, toorauS baS S)afein begriffen loerben fon, umgefe^rt aber U)irb t)on biefem auf il^n gefd^Ioffen unb er aus bem S)afein begriffen." ,,SBeiI er nun burd^ bieS SSerfal^ren nacb btm ^l^Anomen eingerid^tet ifl, unb feine Seftimmungen auf btefem berul^en, fo fliegt biefeS freilid^ ganj glatt unb mit gfinfligem SBinbe aud feinem ®runbe auS. W)tx bie Srienntnig ift ^ierburd^ nicfet üom Oflede gelommen, fie treibt ftdg in einem Unterfd^iebe ber Ofotm ^etum, ben bieS SOerfal^ren felbfl umlel^rt unb aufgebt. (Sine ber ^aupU fd^ioierigleiten, fidg in bie SSBiffenfd^aften einguftubiren, toorin bied ä^ei^ fal^ren l^errfd^enb ift, berul^t beStoegen auf biefer SSerlel^rt^eit ber Stellung, baS ate ®runb DorauSjufdgiden, U)a9 in ber X^at abgeleitet ift, unb inbem gu ben fjfolgen fortgegangen U)irb, in il^nen in ber %S)at erfl ben ®runb jener fein foDenben ®ranbe anjugeben/ ^

3. Sie (Esiftena. S)ie ^Bereinigung ber formellen unb realen ©rünbe giebt ben t)olI= ftdnbigen ®runb, ber t^ermdge feiner 93eftimmt]^eit t)on anberen ©rünben unterfdgieben ifl, mit benen er gufammenl^ängt, oon benen er abl^ängt. S)iefe ®rflnbe beS ®runbeS ftnb bie 93ebingungen, Umfi&nbe, Sei:- anlaffungen u. f. f. 2)ie 93ereinigung Don 93ebingung unb ®runb mad^t erft bie 3bentitAt ober baS ®an3e ber 93ebingungen, ol^ne U)eld6ed nid^tS gefd^ie^t. SBenn aQe Sebingungen einer ©ad^e Dorl^anben, loenn, toie bie €d^rift fagt, bie Seiten erfflQt ftnb, tritt bie Sac^ ]^ert)or. S)iefe8 vermittelte, begrünbete, au8 bem ®runbe l^erauSgetretene Safein ift, koie baS äBort bie @ad^e begeid^net, bie Sstfteng* S)ofein unb S^ifteng unterfd^eiben fidg burdg ben ®runb: jenes i^ unmittelbar,

» »b. IV. ttnmet!. 6. 89-93. (6. 91 «. 92.)

S)ie (Erft^einund. 508

biefe 6egrfinbet. 3n ber Ssiflen) tritt ans fitc^t, toa9 im @d^ooge bet SBebingungen unb beS ®tunbe8 t)erfd^toJTen unb t)erborflen mar: ballet ift bte (Sjcifieng Stfd^etnuttg.^

S)er ®rttnb ate fold^er tfl ntdgt :t)tobuctil), er bringt bte gfolge rniii }ftxt>ox l^eröorbrinßenb tfl erft ber Stoedf unb ber »egriff , fonbem bte (Jfolge gel^t aus tl^m fittt>ox, toenn bie XotalitAt ber Se» btngungen looxffanbtn, ber 3u^anb bed ©runbeS reif unb ))oQenbet x% 2)iefe SSoDenbung ift ti, bie ^egel in Slnfel^ung ber (Jfolge ,,bQS retatit) Unbebingte", in Slnfe^ung ber €ad&e, bie jur Srfd^einung brdngt, «boS abfolut Unbebingte" genannt l^at.' Ss mug t)on ber gfolge gefagt toerben, bag fte ni&t blog ifl unb gefdgiel^t, fonbern ^ert)orge]§t (existit), fie gefd^iel^t nitbt blog, fonbem fie refultirt, fte folgt ni(^t blo^, fonbern fte erfolgt. S)ie (Erfolge, koelc^e ben 3uflanb ber S)inge t>^x^ ftnbern, treten ein unb \^txt>ox, loenn, um bie frfi^ere Aategorie toieber ansutoenben, baS 9Raag ber ®rflnbe üoU ift. 9Bie man ftd^ aud^ gu ben (Erfolgen, [toetc^e bie l^iflorifd^en SußSnbe umbilben, ))erl^alten möge erl^ebenb unb t)ergötternb t)on ber einen Seite, l^erüeinernb unb abfdgioad^enb t)on ber anberen , fo bleibt il^re logifdge SBe- beutung unantapar: fte finb bte grogen Sel^rmeifter ber 9Renfd^en unb 3)inge, fte madgen er!ennbar, b. 1^. fie offenbaren ben bis ba^in t)er]^flDten unb ))erborgenen Sufianb ber SBelt, unb, toie bie @d^rift fagt, bie S)inge mflffen offenbar »erben, um gerid^tet, b. 1^. er!annt unb beurtl^eitt ju toerben.

SBir lieben biefe "Sßnnftt auSbrüdClid^ l^ert)or, um ben @inn unb ®eifl ber l^egelfd^en Sogi! auf biefem il^rem Uebergange t)on bem SBefen als ®runb jur (Ssiftena ate (£rfd^etnung unferen Sefem red^t fiar unb beutlid^ einleuddten ju laffen.

Sld^tje^nteS Sapitel. IDie £e^t wm Wefem B. 9xt (txf^tinms.^

I. 2)aS 3)ing unb feine Sigenfd^aften. S)a8 @st{tirenbe ift ein SDing. SBie fid^ baS 2)afetenbe ober baiS (SttoaS )um S)afein, fo ))er]^&It fi(| baS S^iftirenbe ober baS S)ing gur

1 IV. 6.118. - « (Ebenbof. C. S)ie »ebingung. 6.104-114. - » IV. SloeUer Sbf^n. S>ie (Etf^einung. 6. 174—177. »gL VI. £. 2)ie (Erft^etnung. §§ 181-141. 6. 260-281.

504 S)te Seilte tfom Sßefen.

S^tftenj.^ S)ad GttoaS ifl burd^ feine SSe^mmil^ett Don Xnberem unterfd^teben unb auf SInbereS bejogen, tteldgeS aucfe ShoaS ifl ((EtmoS unb SlnbereS); bad f^ürftii^feienbe ober (Eines ifl burd^ feine ^fümmU l^eii l)on Anbetern unterfd^ieben unb auf SlnbereS bejogen, beten iebeS Qud^ SineS ifl (SineS unb 93iele8). 2)Qd 2)ing ifl fotool^I (SttoaB aud^ Sined: bal^er finb notl^toenbigetkoeife mehrere unb Diele 2)inge, bie fid^ Don einanber unterfd^eiben, auf einanber bejiel^en unb im tot^UU fettigen Sufammenl^ange flel^en. „S>ie Stiften) ifl bie unmittelbare Sinl^eit ber dtefle^ion in fid^ unb ber Sfleße^ion in Slnbered. @te i^ ballet bie unbeflimmte 3}lenge Don S^iflirenben als in fi(^ teflectttten, bie jugleidg ebenfo fel^r in SlnbereS fd^einen, relatiD finb unb eine äBelt gegenfeitiget 3lb^Angig!eit unb eined unenblidgen Sufammenl^ngd Don ©rflnben unb SBegrfinbeten bilben. 3)ie @ranbe finb felbfl (Ssiflenjen, unb bie Sjciftirenben' nad^ Dielen Seiten l^in ®ranbe foloo^l Qte aSegranbete/

^gefel^en Don ben S3e{limmungen, bie bem S)inge gulommen im Unterfd^iebe Don Slnberem unb in äSejiel^ung auf Slnbere, ift ber 99es griff beiS 2)ingei$ ein leeres Slbflractum, »elcfeeS ^egel S)ing an fidft nennt unb mit bem lantifd^en 99egriff beS S>ingeS an fid^ Dergletd^t, ber ettoaS ganj anbereS bebeutet. SBie toenig baS l^egelfdge SHng an fid^ mit bem !antif(^en gemein l^at, jeigt fidg in ber Urt unb SBeife, tt)ie ^egel baS feinige e£em))lificirt. 2)er äJlenfdg an ftd^ ift baS Ainb in feiner äSernunftanlage unb 93ilbung8fi]^ig!ett, bie ^flange an fld^ ifl ber Aeim, baS S)ing an ftcfe ba8 nod^ unbeflimmte, burd^ feine €ntD)iälung näl^er gu beflimmenbe S)ing. 3n biefem €inne fann ntan freilid^ audg „Don ber Oualitfit an ftd^, Don ber Ouantitdt an ftd^' reben, toaS bem 99egriff bed lantifd^en 2)inge8 an fid^, ebenfo loie Ainb unb Aeim, fd^nurflrad(8 gutoiberlAuft. „S)a8 S)ing an fidg ifl nid^td anbereS, ald baS gang abftracte unb unbeflimmte S)ing überl^aupt/ „^Ut S)inge finb gun&d^fl an ftd^, aOein eS l^at babei nidgt fein Se« toenben, unb fo mie ber Aeim, toelc^er bie $f[ange an ftdg ifl, nur bieS ifl, ftd^ gu entioidCeln, fo fd^reitet aud^ baS 2)ing ftberl^aupt Aber fein blogeS Slnftd^, ald bie abfiracte 9lefle£ion in fidg, bagu fort, ftti^

' 6. oben SSud^ II. (S^op. XIV. 6. 451 fi^h. ^egel. Bb. VL § 128. 6. 250. di fei iiex bemetlt, ba^ in ber Se^re Dom SBefen bie groge 2o%it ben Mf4nitt Dom S)tnge aU ben Knfang bed stoeiten %itiiS, bie enc^flopftbif^e bagcgen all ben 64Iu6 beg elften be^anbelt ^at.

S)ie Srf^einuTig. 505

aud^ Qte tUt^tiion in SnbereS gu enoetfen unb fo l^at e8 (Sigetts f(6afteit."^

S)ie aSeflimmtl^eit eines 2)in8e8 befielet in feinen SBefd&affenl^eiten, bie fein äßefen unb feinen (SkaxaUtx auSmad&en unb aU il^nt geistige unb eigene nid^t blo^ äSefd^offenl^eiten ftnb, fonbern @igenf(^afien. SBir feigen und l^iet auf ein Zl^ema jurttdCgetDiefen, toelij^es ^egel fdgon in ber $I^Anomeno(ogte auSseffll^Tt l^otte, in ber Seigre t)om tDal^r- nel^menben SBetDugtfein, t)ont SSetftanbe unb beten ®egenfi&nben: nAm» U(( S)ing unb Sigenfd^aften, Ataft unb Seu^erung, ®efe| unb Sr» fd^emung. 9Bad bort @tufen beS SBetDUBtfeinS ober not^menbige fßox- ^ellungSarien (^I^Anomene) tooren, baS finb l^ier @tufen ber Iogif($en 3bee ober Kategorien.'

3n beut SBegriff be8 S)inge8 unb fetner Sigenfd^often fireitet bie (&inf)t\t beft S)inge8 mit ber äSiell^eit ber Stgenfd^aften; l^ierauS ent- fielt eine S)enlfd&n)ierigleit, bie biiS gum SBiberfprud^ fortgel^t. Um bie (Sin^eit beS S)inge$ feftaul^olten, merben bie (Sigenfii^Qften ote bie äSejiel^ungen bed S)inge8 auf anbere S)inge, inSbefonbere auf bie menfd^- lidgen Sinne aufgefaßt, fo ba^ bod S)ing an fid^ genommen eigen= fc^oftstod ifl, finnlic^ genommen ober, eine SSiell^eit fenfibler (Sigenfd^aften ftd^tbarer, l^örborer, ried^ftarer, fd&medEbarer, fü^Iftorer Art u. f. f. l^at. S)iefe ßigeufd^aflen ober JBejiel&ungen lommen bem S)inge gu, e8 ifl il^r 3n]^Qber, ed ^at fie, bad ä^erJ^Altnig beS S)inge$ gu feinen @igen- fd^aften ifl ba$ ^aben. S)q8 SttoaS ifl Sefd^offenl^eit ober Qualität, baS S>ing bagegen aU SrAger ober ©runblage ber SSefd^affenl^eiten ^at fie.

2)a aber bie Sigenf(^aften gum SBefen ober S^aralter beS 2)inge8 gel^oren, fo !5nnen fie nic^t blo^ feine Äußeren SSegie^ungen fein, fonbern mfiffen tiefer in ba8 S)ing einbringen unb beffen SBeftonb aM^ malten; eS ifl nid^t genug ober oielmel^r nid^t fa^gemAg gu fagen, bag ba$ S)ing feine (Sigenfd^aften l^at: eS befleißt au§ il^nen, eS ifl nicbt il^r 2[n]^aber, fonbern il^r ^ompUi^. S)a]^er mfiffen bie (Sigen- fdgaften als bie SRaterien ober Stoffe gefaxt Serben, au8 benen baS 2)ing befielet. S>ie 2)inge unterfc^eiben fid^ nad^ ber Slrt il^rer Stoffe, nadg bereu 3Q^t unb nad^ ben SDlengen il^rer SSeflanbtl^eile. äBie fie atö 3n^aber il^rer Sigenfd^aften nur fingere SSegiel^ungen in

» »b. Vf. § 174. 3ufQt. e. 252 u. 253. ~ « »ßl, oben »u« II. €Qp. VI. 6. 809-321.

506 2)ie Se^re Dom SBcfen.

ftd^ ))eretiit8en, fo ftnb fie aU Som))Ie£e t^tei 3Jlaterien ober @ioffe nur bereit äußere SSeretnigung ober ©ammlung, ein Sufammenl^ons, ber in SBal^rl^eit !ein Sufornmenl^ans ift. ^S)Q$S)in0 btefeS iH biefe il^re blog quantitative 99egiel^ung, eine bloge Sammlung, ba§ %uib berfelben. d^ befleißt au8 irgenb einem Ouantum Don einem @toffe, aud& au8 bem eines anberen, au<i6 anberen; biefen Sufammem l^ang, !einen Sufammenl^ang ju l^aben, ma^t allein baS 2)tng aufi.'^

äBenn ))on ber ))or^anbenen Sammlung geioiffe Stoffe auftfc^tben ober burd^ anbere erfe^t merben ober neue l^injutreten, fo ^5rt ba§ S)ing auf, biefei^ )u fein, unb toirb ein anbereS: barin befielet bie 93er&nberlidbfeit unb SSerduberung ber S)inge. S)ad S)ing ate bie äußere SSereinigung ber Stoffe mug fo gebadet merben, baB bie fletnfien 5£]^eile beS einen in ben Heinften $oren beS anberen gelagert ftnb, mo}u bie Slnnal^me ber Stome unb beS Seeren, ber STloIecfile unb bet leeren 3toif(i&enraume ober $oren erforberlidg unb bientidg i{t. «Sie bie $oren (oon ben $oren im £)rgant[(^en , benen beS ^olgeS, ber ^aut ift nidgt bie 9lebe, fonbein oon benen in ben fogenannten Sßaterien, mt im t^drbeftoff, SBArmefloff u. f. f. ober in ben aRetaÜen, Ar^ftaDen u. bgl.) nid^t in ber 99eoba4tung il^re 93eu)äl^rung l^aben, fo ift au(^ bie SRaterie felbft, ferner eine t)on il^r getrennte gform. gunftd^fl baS 2)ing unb baS Seflel^en be{felben aus SDlaterien, ober ba§ es felbft befielet unb nur (Sigenfd^aften l^at, ^robuct beS reflectttenben 93erftanbeS, ber, inbem er beobachtet unb baS angugeben t)OTgiebt, toos er beobad^tete, Dielmel^r eine SOteta^l^^fil l^erDorbringt, bie nad^ atten Seiten äBiberfprudg ift, ber il^m jebod^ t)erborgen bleibt/'

Suf biefe SBeife fönnen in einem S)inge beifammen fein d^emifilb^ Stoffe, auc^ SBArmefloff (loie bie bamalige ^l^^fil nod^ fagte), aui!( fo^ genannte magnetifd^e unb eleltrifdge SRaterien u. f. f. Unb lote bie $]^^fi{ ju ben förperlicfeen S)ingen, fo t>tx^iU fid^ bie $f4d^oIogte jur Seele, bie als ein immaterieOeS, mit t)erf(^iebenen Sigenfd^aften unb ArAften auSgerafteteS 2)ing gefaxt loirb; biefe Seelenhäfte Derticfeten iebe ibr befonbereS ©ef^Aft unb fd^lie^en einanber auS^ mie Geb&dbtnig. einbilbungSfraft, »erfianb, SBiOe u. f. f.

Snttoeber alfo gilt baS 2)ing als ber ^nl^aber feiner Sigenfd^aften unb biefe als bie 93e3ie^ungen, »etd^e baS S)ing l^at, ober eS gilt all ber (&ompUi feiner Sigenfd^aften unb biefe als bie SOtaterien, ous

1 »b. IV. 6. 188. « S3b. VI. § 180, @. 259 u.

2)ie Stft^einung. 507

benen ba^ ffiing befielet. 3m etjien gott fommt bic toefcntttd^e SSiet l^ett, im jtpetten bte mefentUii^e Sinl^ett, kueld^e betbe )um Sl^araiter beS S)inged gel^öten, ntd^t ju il^rer ®eItunQ. Sben batin befleißt ber aBibcrfprud& im SBcBriffc be8 ©inflcg, eine jener ffienlfddtDterißfeiten, bte boS metQt)]^^{tfc6e 2>enfen ))on leider befd^&fttgt l^aben unb aud^ in ber na(6fQnttf(!^en Seit tion^erbort )U ben funbomentolen SEBiber- f))rfiAen gered^net motben ifi, ipeld^e bie SDIetapIg^fif gu bearbeiten unb )U berid^tigen ^obe.^

II. Srfd^einung unb ®efe^.

Sßir finb genau in ber Snitte bed S^flemS. S)te erfie ^ftlfte ifl t)on bem begriffe beS €eind bis gu bem beS S)inge8 fortgefd^ritten; ben in biefem ^Begriff entl^altenen unb bargelegten SBiberfprud^ t>oU' ftdnbig aufgulöfen, ifl bie Slufgabe ber gefammten gn)eiten ^ftlfte. S)te Sluflöfung gefd^iel^t burd^ ben 93egriff beS (SrunbeS, ber baS burc^» gängige SCl^ema ber gangen folgenben Sntmidlung auSmad^t unb mit iebem ©d&ritte tiefer ergriffen »irb. Stte folgenben Äategorien finb ©nt* midHungSformen ht^ (SrunbeS: baS ®efe^, baS ®ange, bie Araft, baS Snnerc, bie Sirffamfeit, bie Siot^wenbigfeit, bie Urfad&e, ber Stoedf, ber Snbgipedf.

3)a8 2)ing ifi fotool^I toefentlidge Sinl^eit xok ali loefentlid&e aSiel^eit gu faffen; ed i^ Uiefentlid^e Sinl^eit ®runb, eS ifi »efentlid^e SSiel^eit, a(8 S)ing]^eit mit il^ren Sigenfd&aften, SRaterien unb SSerAnberungen Srfd^einung; ber ®runb, oeld^er bie Srfd&einung fe^t unb beftimmt, ift baS ®efe^, oie aud^ ber beutfd^e SfuSbrudE ®efe^ biefe SBefiimmung entl^ölt. 3)er SQ5iberf})rud6, ber im begriffe beS 2)inge8 unb feiner Sigenfd^aften liegt, finbet feine näd^fte 9luflöfung in bem SBegriff t)on ®cfe^ unb 6rfd6einung.

(&i giebt t>\tU unb mannid^faltige S)inge, ebenfo giebt eS aud^ t)iete unb mannid^f altige Srfd^einungen: in ber ÜTlannid^faltigfeit unb im SEBec^fel ber grfd^einungen ifl ba8 ®efc^ ba8 gonflante, SBIeibenbe, mit fi$ 3bentif4e, toie g. fd. baiS ®efe^ bed O^aKd in aDen (Sr^ fc^einungen faDenber Aör))er. S^aS ®efe^ ifl bie Sinl^eit in ber Sr» fc^einung, e8 nid^t jenfeits ber (Srfd^einung, fonbem in berfelben unmittelbar gegenmArtig unb mad^t bereu ttefentlid^en ^nl^alt; iebefi ®efe^ ^at feinen beflimmten 3n^a(t, ipoburc^ eS fid^ \>on anberen @e-

^ S. meine Sogit unb URctap^^fif. Säud^ I. § 62. @. 131-184.

508 S)ie Seigre Dom 99efen.

fe^en unterfdgeibet: ballet gtebt eS t>xtU ®efe^e, mit ed Dte(e dt^ fd^etnungen giebt, ein Steid^ ber ®efe^e gegenfiber bem Stetd^ ber Sr^ fd^etnungen, ,,bQ8 Steid^ ber ®efe^e t{l baS rul^tge Sbbilb ber esifKrenben ober erfd^einenben SEBelt". SSetbe SRetd^e l^aben benfelben mefentltc^ 3n^Qlt, aber bte Srfd^einung enil^Att nod^ tnel^r, nSmlidg ben unmefent: lid^en 3nl^Qlt il^reS unmittelbaren €etn$. „S>ie @r|d^etnung tfl eine SD^enge naiverer SBefiimmungen, bie bem 2)iefen ober bem Soncreten angehören unb nii^t im ®efe^e enthalten, fonbern burd^ ein SnbereS beftimmt finb/'^

9Bir unterfd^eiben bemnad^ bie äBelt ber ®efe^e unb bie ber (Si= fd^einungen: jene ifl bie toefentlid^e S&tU, biefe bie erfdgeinenbe; bie teefentlid^e äBelt i{i ber ®runb ber erfc^einenben, ber fe^enbe unb beflimmte ®runb. Slber Iraft beiS 3ufammen]^angS, ber bie 2>inge t)er!nfl))ft, l^oben bie erfd&einenben 2)inge il^re @rfinbe unb SSebtngungen in anberen erfdgeinenben S)ingen, mel^e 9lrt ber 93egränbung auc^ §» ben 9lot]^tt)enbigIeiten gel^ört, bie ben S^aralter ber ®efe|e ^aben. ,,S)qS, maS Dorl^er ®efe^ mar, bal^er nid^t nte^r nur Sine Seite bed ®Qn}en, beffen anbere bie (Srfd^einung al8 fold^e toar, fonbem i^ felbft baS ®ange. @ie ifl bie toefentlic^e SCotalitdt ber <grfd&etnitng, fo ba^ fie nun aud^ baS äJloment ber Unteefentlid^feit, baS nod^ biefer 3ulam, entl^Alt/' „2)a8 Sfteidg ber ®efe^e entl^&It nur ben einfa^en, toanbellofen, aber t)erfd^iebenen 3nl^alt ber e^iftirenben SBelt 3nbem ed nun aber bie totale 9lefIe£ion t)on biefer i% entl^&It e8 a\x^ bai SWoment il^rer »efenlofen SWannidbfaltigleit/ *

S)aS Sleid^ ber ®efe^e t)er]^&It ftd^ jum Steid^ ber (Srfd^einungen, mie baS ®efe^ jur (Srfd^einung. ^egel unterfd&eibet bie beiben 9tet(6e ate fold^e, bie ttefenttid^ benfelben 3nl^alt l^aben, er bejeid^net bas gteid^ ber ®efe^e als „bie an unb fftr fidg feienbe'', ba8 ber @rfd^ei= nungen ate „bie erWeinenbe SBelt", jene fei „bie überfinnlidfee", biefe „bie finnlidge SBelt", beibe feien aU fold^e einanber entgegengefe^t iebe „bie Derfe^rte" ber anberen, fo bafe alle SJerl^dttniffe in ber einen bie umgefe^rten finb in ber anberen, fomol^I bie pl^^ßfd^en als bie fittlid^en SSerl^dltni^e: loaS in ber einen 2BeIt pofitio fei, baS fei in ber anberen negatit) unb umge!e]^rt; toa^ in ber einen böfe unb unglfld(idg fei, baS fei in ber anberen gut unb glfld((id^ unb umge{el^rt.

1 SBb. IV. 6. 145 u. 146. SBgl. oben ©. 817-320. « ©b. IV. 6, 148 m 151.

S>ie dEtf^einung. 509

S)ai3 ®efe^ bleibt, iDdl^renb bte Srfdgeittunsen med^feln; eS ift baS 93letbenbe im SBed^fet bet S)inge, ballet nennt t% ^egel oudg bie @runblage ber (Srfd^einunsSiDelt, toit man ein ©taatSsntnbgefe^ bie ©runblage nennen barf, auf mti^tt bais StaatSgeb&ube tulgt; bas ®efe$ ifl bie Sinl^eit ober 3bentitftt in ber Sflannid^faltigfeit ber (Er- fdgeinungen: e8 ift bie Sinl^eit in ber SSieD^eit (nid^t bie numerifd^e) fonbem bie toefentlid^e (Einheit in ber tpefentlid^en SSiell^eit. S)q biefe beiben Seiten notl^toenbig ju unterfi^eiben, U)ie auf einanber gu be» giel^en finb, fo bilben {te ein ä^erl^dltni^, unb jkQar, ba eS {tc^ um bas SSSefen ber 2)inge l^anbelt, „baiS toefentUd^e ä^erl^AUni^", beffen t^ormen fi^on bie 9lrt unb SBeife barfleOen, toie SBefen unb Srji^einung 3U t)ereinigen ftnb; bal^er ))oIIenben biefe f^ormen bie Kategorien ber €rf(|einung unb bilben ben Uebergang su ben Kategorien ber 993irf- Iid^!eit, toetd^e bie (Einheit beS äBefenS unb ber (Srfd^einung auSmad^t.^

ni. 2)a8 mefentlid^e S^erl^&ItniB* 1. S)a8 ä^erl^mtnift beS d^anjen unb ber Zf^txit*

S)ie erfie, barum unmittelbare unb du^erlid^e %vt, baS UiefentUd^e SBerl^altnife ju faffen, befielt barin, bofe bie SBiell^eit als in ber ßin= l^eit entl^alten, b. 1^. als beren Sl^eile unb biefe als baS ©anje be- griffen koirb. S)aS loefentlid^e SBerl^Altnig erfd^eint als baS S^erl^Alt- ni§ beS ©angen unb ber Steile. S)aS SSerl^AltniB ift loefentlid^: leine Seite fann ol^ne bie anbere gebadet loerben, eS giebt lein ©angeS ol^ne Sl^eile unb feine SCl^eile ol^ne ©angeS. 3ebe Seite fe^t bie anbere DorauS: baS ®ange fe^t bie Sl^eile DorauS unb ebenfo umge!e^rt.

fflaii ber einen Sluffaffung iji baS ©ange öor ben SEl^eilen, nad6 ber anberen t^erl^Alt eS fid^ umge!el^rt: bte Sl^eile ftnb Dor bem ©angen. 2)ort ge^en bie ^l^eile auS bem ©angen l^erDor, l^ier baS ©ange aus ben Streuen. Sßirb baS ä^erl^AItnig beS ©angen unb ber SC^eile auf ben Staat unb bie 3nbiDibuen angeloenbet, fo lönnte man bie beiben antinomifd^en S&^e burd^ bie ontile unb bie neuere StaatSlel^re fel^r gut

^ fdh. lY. £. 2)te exf^eincnbe unb bie an flt^ feienbe SBelt. @. 48—153. C. Ituflöfung bei Stf^einung. @. 153-155. S3gl. S9b. VI. B. 2)ie (Etf^einung. §§ 131—134. €. 260-267. 2)a8 SBetl^ftltnift t)on Gefe^ unb ScfcJ^einung, totl^ti bie gro^e IBogil in auiSfftl^tlid^et, ftugeTfi ft^tDietiget unb bunTIer SEBeife barfieQt (6. 189—155), be^anbelt bie enc^IIo^abifd^e Sogil fo gut tt>ie gar nid^t unb bringt Itatt be|fen ball ISer^ftltnig t)on „3n^alt unb Sform" (@. 263—266). tDobur^ ber ®ang ber i^ategorien einige loid^tige SSeflimmungen einbüßt.

510 S)ie Se^te t)om SBefen.

e{eni))Iifictten. ®tli ber Staat aU Saterlanb, fo merbett bte Sinselnen in utib aud tl&m geboren: er ifl ba8 ®anje, baö ben Zweiten dot= l^etgel^t, mit Pato unb ^riftoteleiS ben @taat betrai^tet l^abett (t^ SXov Tcpötepov TfiÄv (ispcov). ®tlt ber @taat als 9lotl^ftaat, als @ti!^er= l^ettSanftalt, fo gelten i^m bte Stnbtotbuen t>oxan^ unb machen ben Staat burd^ ben SBertrag. 3ene8 tfi bte organifd&e, biefe» bie nted^anifd^e Staatdibee. Sin ©angeS, loeldgeS ftd^ gltebert, ifl toett mel^r unb fielet toett l^dl^er aU ein ©anjeS, toetd&eS Sl^eile ^at ober getl^eilt ift; bal^er ifl bas SJerl^ättnife be« ©anjen unb ber Steile nod^ 3u niebrig unb unentn)td(elt, um ben äSegriff be8 Sebend gu faffen.

S)a beibe Seiten ftd^ gegenfeitig t)orau8fe$en unb bebingen, fo iji iebe ber anberen gegenüber fotool^I felbftAnbtg als cAl^&ngtg. i,SDteS 93erl^&ttnig entl^ftlt fomtt bie SelbftAnbigfeit ber Seiten, unb ebenfo fel^r il^r Slufgel^obenfein, unb beibeS fii^Ie($tl^in in einer äSegiel^ung. S)as ©anje iji ba8 Selbflfinbige, bie Zf^tiU fmb nur Slloinente biefer (Sinl^eit; aber ebenfo fel^r finb fte audg baS Selbflftnbtge unb il^re rcftectirte (gin^eit nur ein SKoment; unb iebe» iji in feiner Se(bftcinbig!eit fd&Ied^tl^in baS 9lelatt))e eines anberen. S)ieS aSer» l^dltniB ift bal^er ber unmittelbare äBiberfprudg an il^m felbft unb ^ebt fi* auf."^

SEBie jeber SBiberfpru^, tocnn er ungeißji bleibt, in ben enblofen 5Progre§ gcratl^, fo aud^ biefer; er beftel&t in ber relativen Selbft&nbig= feit ber Xl^eile, b. 1^. barin, ba% jeber Xl^eil toieber als ein (ganzes gilt, loeld^eS %^tiU ^at, beren ieber xoitbzx als ein ©angeS ju nehmen ift, toeld^eS Sl^eile l^at, u. f. f. ins ©nblofe. 3)ie enblofe Xl&eitbarfeit ber SWaterie, biefe jtteite fantifd^e Slntinomie, bie fd&on oben in SHebe ftanb, als eS ftd^ um ben 99egriff ber OuantitAt unb beren beibe SKomente, Kontinuität unb S)iScretion, ^anbclte, tritt uns l&ier öon neuem entgegen.* „SBeil baS ©ange ni^t baS Selbjifinbige ifl, ifl ber £]^eil baS SelbflAnbige; aber loeil er nur ol^ne baS ®an]e felbflänbig ifl, fo ift er felbftänbig ni^t als S^eil, fonbem als ©anjeS. 2>ie Unenblid^!eit beS ^rogreffeS, ber entftel^t, ifl bie Ünfftl^igfeit, bie beiben ©ebanlen jufammen ju bringen, loetd&e biefe aSermittelung entl^ält, bag nämlid^ iebe ber beiben SBeflimmungen burd^ i^re Selbftcinbig!eit unb Trennung t)on ber anbern in Unfelbflinbig^ leit unb in bie anbere flbergel^t.'

1 »b. IV. 6. 59. « ebenbaf. !tnmett. 6. 163-164. »gl. oben »u4 IL ßa^. XV. 6. 468. » fjcßel. IV. @. 164.

2)te dtf^einung. 511

2, S)a8 Ser^&ltnifi bei Ihaft unb il^re Steufietung.

S)er SEBiberfprud^ liegt in ber relotiDen @el6flaitbtglett ber Z^tiU ober, maS boffelbe l^eigt, ttt bei i!fa{Yung beS Gatigen als eitted „tobten meddanifd&en SlggregotS". 2>ie SluflSfung biefeS SSiberfptuci^iS befielet in ber Slufl^ebung jener €el6jlanbtg!eit ober in ber OroJTung beS ©angen einer Sinl^eit, loetd^e bie SelBflAnbigfeit ber Steile negirt, atfo, toie ^egel fogt, als beren „negatit)e Ginl^ett". 3)Qd ©anje i{i bemnadb fo 3U begreifen, ba§ eS bie Xl^eite nid^t ate gegeben l^at, fon- bem bo^ es biefelben mod^t, inbem es niii^t getl^eilt tft, fonbem fi(i^ tl^eilt unb bifferenjirt; bQ§ bie Sl^eile nid&t Hofe entl^ftlt, fonbem aud^ Sufammenfo^t unb gufanimen^dlt: eS ift, fui;) gefagt, nidgt medganifd^, fonbem energifd^; ed ifi Snergie ober Araft beren Sorrelatunt bie Sleugerung ift. 3)er Segriff beS ©angen unb ber Sl^eile erl^ebt fid^ in ben S3egriff ber Araft unb il^rer Sleu^erung: bie gmeite unb l^Sl^ere Ofornt beS loefentHd^en ä^erl^AltniffeS. SSon ber nted^antfd^en SrllArnngSart ber (Erfd^etnung8n)elt toirb fortgefd^rttten }ur b^nomifcfeen.

S)ie Araft ift nidgt gu beulen ol^ne einen StrAger, b. i. ein @ub= ftrat ober eine Snoterie, ber fie gulommt unb inteol^nt, toie bie mog- netifd^e Araft bem Sifen, bie eleftrifd^e beut SSernftein u. f. f. SBegen biefer il^rer Sufamntengel^örigfeit ftnb Araft unb 9Raterte aBed^fet- begriffe, man rcbet balb Don ber niagnctifd^en unb eleftrifd^en Äraft, balb Don ber mognetifd^en unb eleftrifdgen SJlaterie. 60 mirb auii^ ftatt ber Sngiel^ungShraft ber äJlcterie ober SRaffe ein feiner ^etl^er angenommen, ber aQeS gufammenl^&It.^

SHe Araft als Sigenfd^aft eines S)ingeS ober einer SAaterie befinbet fid^ im Suftanbe ber Slul^e; in i^rem 9Befen liegt aber, bag fie tl^&tig ift, bal^er mu^ fie aus bem Suftanbe ber Slul^e in ben ber 5£^&tig= !eit fibergel^en, maS nur baburi^ gefd^e^en lann, bag fie jur Sl^dtig- feit erregt ober foHicitirt toirb, fie mu§ einen SlnfloS empfangen, ber auf fie nur Don einer anberen Araft auSgefibt merben lann. Araft fe^t Araft DorauS. „S)ie Zl^fttigfeit ber Araft ift burd^ ftd^ felbft als burdg baS fid^ Slnbere, bur(| eine Araft bebingt."'

93eibe ArAfte Derl^alten fid^ fo gu einanber, bag bie eine foSici» tirt ift, bie anbere foöicitirt toirb; jene giebt ben erregenben Slnfio§,

1 übenbaf. B. ^aS SSetl^&Itnig bet ^aft unb i^ter Keuficrung. a. S)aS ein bei Ätaft. 6. 164-167. - ©benbaf. 6. 167.

512 S)ie Sede bom SBefen.

btefe empfAngt il^n. %ber btefer Stnflog fonn ttid^i gefd^e^en, ol^ne bag bie foUtcititenbe ^aft ftd^ Sugeri unb in Xlg&tigfeit tritt; looju fie felbft foQtcitirt fein toiU. SBie baS ©ange unb bie Xl^eile einanber mec^felfeitig Bebingen, fo ntflffen bie ArSfte {td^ n)e<i&felfeitig erregen ober fotticitiren. 3ebe Äraft »itt öon oufeen erregt fein, fie ruft ben SlnfloB, ber il^re Sl^Ätigleit toecft unb erregt, felbft l^eröor; il&r Solli- citirtnerben ift il^re eigene 2:]^ättg!eit unb Sleu^erung. ff2)ag fte foDi= citirt U)irb, i^ bal^er i^r eigenes Sil^un, ober e8 ifl burd^ fie felbfi be= ftimmt, bag bie anbere ^aft eine anbere flber]^au))t unb bie follici« citirenbe ift/ „Ober fie ifl foÖicitirenb nur infofem, al8 fte bogu befiininit toirb, fotticitirenb ju fein/ „@o ifl clfo bie«, bafe auf bie ßraft ein Slnftog burd^ eine anbere Araft gefd^iel^t, bag fie fid^ info= fem ))af f it) Der^&It, aber ]§inU)ieber t)on biefer $affit)it&t in bie Sctim^ tat übergebt, ber 3lttdfgang ber Äraft in fie fclbfl. Sie äußert fid&/ „S)er Slnftofe, looburift fie gur SC^aiigleit foHicitirt toirb, ifl i^r eigenes SoQicitiren ; bie 9leu§erlid^!eit, meldte an fie fommt, ifl fein Unmittelbares, fonbern ein bur(| fie äSermittelteS; fo loie ilgre eigene toefentliii^e 3bentit&t mit fid^, nii^t unmittelbar, fonbern burdg tl^ie SRegation Vermittelt ifl; ober bie Äraft ftufeert bieS, bag il&re %eu§er= lid^feit ibentifd& ift mit il^rer 3nncrli(|feit/^

®cr ©ebanfe §egete ifl tief unb rid^tig. 2)ie äußeren Sinbrüde, tooburtib g. ffl. bie menfd&lidöen ©eifleSfrdfte, tnsbefonbere bie genialen. gctt)edft unb erregt »erben, finb bur(| bereu Slrt unb Slid^tung 6ebingt, fie finb beS^alb bie eigenften SleuBerungen biefer Arifte unb eben beS» balb fo intereffant unb erleud^tenb.

SBeil es im SBefen ber Äraft liegt, bag fte foOicitirt ober üon äugen erregt loerben mug, fo toirft fie nod& nid^t auS unb mit Doller Ofreil^eit, no(^ nidgt felbftbeflimmenb unb gkoedEtl^Atig, fonbern 6Iinb. tteSbalb es falfd& ijl, bie Ärdfte auf eine Urlraft gurüdffül&ren ober boS Urtoefen als Äraft begreifen ju lootten; l&ierauS entfielet ,.eine »er toirrung, an ber §erberS ©ott öomcl&mlid6 leibet".*

3. S)a8 SBer^ftltni^ be» Heugeren unb 3nneten. S)ie Äraft, ©aS fo©o^l il^re ©oöicitation (©rregungSauflanb) aU il^re Sl^fttiglcit betrifft, dufeert fid& unb nur fid^, il&re Steufeerung ifl

1 Sbenbaf . IV. b. S>te SoUicitatbn ber Stxa% c. 2)te Unenba^leit ber Kraft. 6. 168—171. »gl. über bau toefentli^e »er^ftltnife. »b. VI. §§ 185—136. 6. 267-275. - » übenbaf. § 136. 6, 270. Sufat 1. 6. 271 u* 272.

2)ie (Stf^einung. 518

fie felbfi, tl§r 9leu6ere8 ift il^r 3[nnere8 unb itmge!e]^rt unb betbe btiben eine „gebiegene ßinl^ett", eine ööttige Sbentttftt; fie finb nid^t mel&r Seiten eines äJerl^ftltniffeS, fonbetn ein unb boffelbe SBefen, m^fialb ftdg mit biefem 93egtiff bie Ofomten be9 loefentlid^en SSerl^dltniffes DoD- enben unb aufl^eben unb bamit bie Kategorien ber Stfd^einung aber^au))t.

9lidgtl$ ifl beliebter unb populärer, nidbtd aber aud^ unrid^tiger unb Derlel^rter aU 3nnerel$ unb SIeugereS einanber entgegenjufe^en. StmaS gonj 9lnbere8 fei baS innere, ettoaS ganj Xnbered baS Xeugere. @erabe bie Sntgegenfe^ung Derfel^rt leben ber beiben ^Begriffe in fein ®egentl^eil. SBad btog innerlidg fein foD, ift ebenbeS^alb 6Iog du^erlid^ unb um«: gefeiert. @o finb ®ebQn!en, bie bIo§ innerlid^ finb unb fein tüoUtXir bie man gar ni(^t du^ern unb au8fpre<ien !ann, offenbar l^ödgft un- enttoidelte, unburd^brungene, nur ftugerlid^ angenommene S^orfteHungen ol^ne allen SBert^ unb ^nl^att. @6enfo finb ©efinnungen, bie nur innerlich finb unb bleiben, fid^ gar nid^t in ^anblung unb C^aralter dugern unb barfteOen, offenbar nur äugerlid^, nx6)Ü leeres ®et]^ue unb ®erebe. SBoDon bad ^erg DoQ ift, bat)on gel^t ber 3Jlunb Aber. 9Ba8 man loal^rl^aft intoenbig loeig, bad \Dti% man auSloenbig, cpar coöur», toie bie franjöftfd&e Sprad&e DortreffUdft fagt.^

©anj in biefem Sinne ]§eigt e8 in Tegels Sogü: „Qo ifl ettt)aS, bag nur erfi ein 3nnere8 ijt, eben barum nur ein aieufeereS. Cber umge!e]^rt, etioaS, baS nur ein 9 entere S ift, ifl eben barum nur ein inneres." 3)ied jeigt fid^ fogar in ber äJtetl^obe ber (SnttoidEIung felbfi. Solange bie 93egriffe nod^ in ber Xiefe liegen, nod^ nid^t in ber ab- aquaten (^orm enttoidelt unb ausgeprägt finb, finb fie nur erft innerlidb unb erfdbeinen ebenbeSl^alb jundd^ji in ber aDerftu^erlid^ften Sform, loie man g. 93. ben 93egriff beS äBefenS gunftdgft aU einen duneren ^n» begriff geioiffer gleid^artiger Srfd^einungen fagt unb Don Sd^uIloefen, 3eitung8toefen u. f. f. rebet.*

StirgenbS aber ifi baS loal^re SSerl^dltnig beS inneren unb Sfeugeren, ndmiidb il^re DöHige ^bentitdt, fo einleudgtenb, loie in ben O^ormen unb ®epalten ber JRatur, bie, toa« fie ifi unb Dermag, offen barlegt unb gur Sd^au trdgt, unb gar nicibt im Staube ift, etioag gu Der^eimlicben unb gurüdEgul^alten. S)arum ift auc^ bie Sntgegenfe^ung beS 3nnem unb Beugern nirgenbd fo ungutreffenb unb Derlel^rt aU in il^rer ^n»

» ©. meine Sogif unb SKetQpl^^lif. »u* IL § 131. 6. 377—380. » ^egel. IV. «nmetl. 6. 174-176.

514 S)ie Se^re bom SDefcn.

loenbung auf bte Statut, loie e8 91. Don Raffer in einem feiner frfl^ejlcB ®ebid^te in jenen Diel ge^rief enen unb loieberl^olten Serfen Derfud^t ^ai:

.3ns 3nnere bei 9latttt

2)tin(|t lein erf^affenet i&tx%

3u glftdli^, toaim fte no4 bie ftuftete 64aaU oeip.'

(^egel citirt, roxt e8 il§m l^Auftg begegnet, ungenau unb uttriiitig: «r3u glfidlid^, iDenn er nur bie Andere @d^aale n^eift''.) Xuci^ 9hcotai ^at bie angefül^rten S^erfe ato „einen unbeftrittenen unb unbefirettbaien SuSfprud^ bed ^]^iIofot)]^if(|en S)id^terd" ]§od^get)riefen. 2)agegen ^ot fie ®oet]^e aud innerjter ^erjenSäbergeugung DoOig Dertoorfen. Sein bid^terifdber ®egenn)urf int 3. ^eft ber äRorpl^ologie (1820), ni^t ol^ne Seitenblid auf ben 93en)unberer lautet:

,3n« 3nnere ber 9>otuT *

O bu ^^Ui^et! -

.2)ringt lein erf^affenet ®eifl/

iDli4 unb (&t]äfiDxfitx

iDldgt il^r an foI^eS SBort

9lut md^t erinnern;

SBir benlen: €rt für Ort

6tnb toir im 3nnem.

„eiftdfelig, toem fie nur

2)ie ändere @4ale tt)eift!'

^a% f^bt* i4 felsig Sa^re tt)ieber(oIen,

^^ flu^e brauf, aber ber^ol^Ien,

&a%t mir taufenb, taufenb iDlalc:

9llle< giebt fte rei^U^ unb gern;

ffiatux (at toeber Sttxn

SdeS i^ fie mit einem HRale; S)i4 prüfe bu nur allermetß üb bu l^em ober G^aU feiß.

3n ber Sammlung ber @ebi$te fielet biefeiS unter ber tteberfd^rift: „9[IIerbingi3. 2>em $]^^fi!er" in ber eiuppt Don »®ott unb äBelt'. & tarn unferem $l§iIofot)]^en in feiner Sogil an ber ©teile, ido toir ftnb, im ^inblid auf boS 93er]^&Itnig beS inneren unb Seugeren nk gerufen, er fai^rte bie J^aQerf^en SSerfe an unb bagegen bie goet^f^i: 9ßorte: «,S)a8 l^ör' id& fed^jig Saläre »ieberl^olen. Unb flud^e brauf. aber Derfiol^Ien, Slatur l^at »eber jtem nod^ @d^ate, alled ifl jie mit einem ÜRale" u. f. f. SRatürlitft lonnte biefe Slnfül^rung erft in ber gtoeiten Auflage ber enc^!Io|)&bifd^en Sogil {tattfinben.^ 1 ©b. VI. § 140. ©. 276. «nmerlfl.

2)ic Grf^cinung. 515

S)tefe SBorte enthalten fo fel^r ®oetl§e9 ^etaenSmetnung, bag er fie Ql8 fein ,, Ultimatum" »icberl^ott unb befriftigt l^ot: Unb fo fag' t(i sunt Ie|ten HRale: 9latur l^at meber (ttvn 9I04 ed^ale;

2)u prfife bi4 nur aUermeifi, £)b bu l^eni ober 6(!^ate feifl!

3n feiner Snfd^ouung t>on ber Sntflel^ung unb @ntlDi(!(ung ber organifd^en ©ebilbe fommt bie Of^age nod^ bem 9}erl§äItniB beS inneren unb ^eugeren in il^rer eigentlichen unb Dorne6mIi#en 99ebeutung jur Spxaä^e. S3elQnntIi(^ %ai ©oetl^e feine morpl^ologifd^en Sbeen audg in giDei @ebi(^ten bargefleDt, bie ju ber oben genannten ®xn}fpt gel^ören: „®ie 5Dletamor|)]^ofe ber ißflanjen" unb „SWetomorpl^ofe ber Siliere", ^uf baS erfte ©ebiii^t folgt ein dlaii]pxnii, ein „Spirr^ema", loeld^eS in ber (ünbigften unb farjeßen äBeife jenes Serl^&ItniB fagt unb fefl- fleQt unb Don $egel geioig ongefai^rt toorben m&re, toenn er eS ge- launt l^&tte:

anüffet im 9laturbetra4teu

dmmet (Bxni tote 9l1Ied a^ten;

3l\iit^ ift brinnen, md^U ifl braugen,

^enn maS innen, ba< ift ou^en.

@o ergreifet o^ne ©ftumni^

heilig öffentlid^ ©el^eimnift.^

äßtr leieren ju ben bialeltifd^en Sludfül^rungen ^egete gurüd, nad^= bem beren le^teS Srgebnig eine fo entfd^iebene unb fo toörtlic^e 93e- ftatigung burd^ bie Sludfprfid^e ©oetl^eS erl^alten l^at. Innerei» unb 9(eu^ere8 finb nid^t mel^r @eiten eines äier^dltniffeS, fonbern SRomente eines unb beffelben äBefenS; i^r 9}er^&ltnig ifl il^re (Sinl^eit ober^ben* titftt: bamit ifi baS »efentlid^e SSerl^&Uni^ DoHenbet unb aufgel^oben.

S)iefe odQige ^bentit&t beS inneren unb ^engeren l^eigt \x(S) Äußern, fid^ ooHfommen dugern, aDeS innere in 9(eugereS Der^ loanbeln, „benn loaS innen ifi, ift aufeen", b. 1^. fid6 offenbaren ober toirfen. 2>aS SBefen fdgeint, es erfd^eint, eS offenbart fid^: eS ift toirl^ lid^. S)amit eröffnet fid^ ber 93ndE in eine neue ®ru))))e ber jtategorien, bie britte unb le^te in ber Seigre Dom SBefen. „©eine 9(eu§erli(!bfeit

^ Ueber biefe brei ®ebid|te, „fifitxb\nQ%' , i,Uttiinatttin' unb »(Epirrl^ema', t^gl. Goethes SOßerfe (nm^aU ^empel.) S9b. XXX. @. 123flgb. €.492. 9lr. 33. (3n bem 3. ^eft aur SRorpl^oIogie ße^t bat (Bebid^t unter bem Xitel: ^gfreunblid^er 3uruf*.) »b. IL @. 230 u. 237.

33*

516 2)te S^tfßt Dom 9ßefen.

ifl bie STeu^etung beffen, toaS ed att fid^ ift unb itibetn fo fein 3n^It unb feine gform fd^Ied^tl^in ibentifd^ finb, fo ifl eS nichts an unb fflr fi$ als bieiS, fidg ]u Äußern. Sd ifl baS Cffenbaten feines äBefenS. fo ba% biefeS SBefen eben nur barin befielet, baS ftd^ Offenbarenbe )u fein. 2)aS n)efentlid&e SSer^ältniB l^at fid^ in biefet 3bentitAt ber (Ei» f^einung mit bem inneren ober bem SBefen jur 9Bir!Ii$!ett be> Pimmt/*

9leun}el^nte8 Sapitel. 9te Ceifre Mm mtftn. 0. fie )»trUt4kett.

I. 3>aS loal^r^Qft 3Bir!li(^e. 2)as 3[bfoIute.

3)ie SBirKidgfcit Don ben Segriffen beS @ein8 unb S)afetnS, ber @£tfien] unb Srfdgeinung tool^I gu unterfd^eiben: baS 3)ofetn ifi bod bejiimmtc ©ein, bie (SEipenj ip baS begrünbete ©afein, bic fc fd^einung ifi bie toefentlid^e (äBefen offenbarenbe) Sjctfleng; bie SBitHulb' feit tt)iQ aU äBir!fam!eit, nidgt als tobte, fonbern als tl^fttigc 2BirIIid&!eit, als Sßirfen gefaxt fein, gleid^bebeutenb mit bem, toai bie ^Iten baS loal^rl^aft Sßirflid^e ober baS loal^rl^aft @eienbe (to SvT(0(; Sv) genannt l^aben. 9tad& ber ®runbibee ber l^egelfd^en fie^fie ift bie ä^emunft baS abfolut »irffame 9ßelt))rtnci^, bal^er lotrb bie 9ßirIIid|!eit (9Bir!fam!eit) gleid^gefe^t ber 93emunft, unb eS folgt bie SrÜdrung: „maS mirflid^ ift, baS ift Demfinftig, unb toaS Demflnftia ift, baS ift mirHid^/ SBir finb biefem Sa^e fd^on biogra))]§ifd^ in bei 93orrebe gur 9led&tS))]^iIofo))^ie begegnet^, er murgelt in ber Sogif an ber Stelle, *n)o loir uns befinben. 3)a]^er l^at ^egel bie SBicflic^Ieit ^ier gleid^ gefegt bem Slbfoluten, unb man mdge eS \oofjH beai^ten, bag in feiner Seigre nid^t ol^ne äBeitereS baS Stbfolute unb ®ott all SBed^felbegriffe gu be^anbeln finb.'

3nbeffen bient an unferer @teQe baS Sbfolute weniger x^m Sfort» gang ber Kategorien, als Dielme^r ju einer 3)igreffion in bie ®ebiete beS @))ino}iSmuS, ber orientalifdgen ßmanationslel^re unb ber leib* nigifd^en $^iIofo))]^ie, um ju geigen, toie loenig biefe S^fteme, nantent^

' «egcl. »b. IV. 6. 177. 9}gl. »b. VI. § 141. 6. 281. - > »fil. oben Sitdt L i&ap.XL 6. USfIfib. - > ^cgef. IV. Kbf^n. III. 2)ie aOSirm^IeU. <l(at». I 2)aS Kbfolute. 6. 178-193.

2)te aS^irta^tett. 517

lid^ bie beiben erfien, bent ^Begriffe beS 9(bfoIuten, ber il^r Sl^etna aus» mad^t, entfpred^en, unb tote unrtd^ttfl fte bettfelben auslegen. SDenn nmS bem $II-@tnen in bet Seigre Spinoiai loie in bent ber SmanationS- f^fleme, »qS fott)o]^I ber f))ino)i{tif(i&en @u6{tan3, bie aUeS in fid^ fa^t, als bent Urlid^t, Don bent aDeS in abnel^menber SJoISontntenl^eit unb junel^menber S)un!el]^ett auSflr&mt, mangelt, ifl ^bie 9lefle£ton in ft(^'\ bie mältfit 3u fidg felbß, b. i. bie 3nbit)ibualit&t, bie $erfönKd&!eit, ber @eifl, iDoburdg fidg baS 9(bfoIute DoHenbet, b. 1^. )u bent ntad^t, toas e$ ift. 9lac6 bem ©runbfa^e ©pinojaS |ebe 2)etermination eine Verneinung: bal^er !önnen bie naiveren Seflimmungen ber @u6- flan}, bie gal^tlofen Slitribute, beren iebed unenbtidge Steatitdt auSbrfldt, bie beiben beftimmten 9(ttri6uie bed S)en!end unb ber StuSbel^nung, jule^t bie enblid^en SSefUmmtl^eiten ober bie ÜJtobi nidgt aus ber Subflanj felbft ftammen, fonbem muffen il^r burdg bie Äußere 9lefIe£ion jugefc^rieben n)erben, tt)aS bem 93egriffe beS Slbfoluten toiberftrettet.

S)arin fielet bie (eibnijifAe Subftan] al8 SKonabe l^Sl^er mie bie f))ino)ifiifd&e unb biefer entgegen: bag fie ftd^ auf ba§ $rincip ber SnbiDibuation grflnbet unb „ben äRangel ber fRefte^ion in fid^, ben bie fpinojiftifd^e SluSlegung beS Slbfoluten loie bie SmanationSlel^re an il^r l§at, erg&ngt". 2)er 3JlangeI aber ber SRonabe befielet barin, bag il^re Sefd^rAnlung ober il^re ©renje ,,notl^n)enbig nid^t in bie fid^ felbfl fe^enbe ober Dorfteltenbe SDRonabe, fonbem in il^r Slnfid^« fein fftUt, eine ^rdbeftination, loeld^e burd^ ein anbereS SBefen, aU fie felbp ift, gefegt toirb\^

S>ie[e 6|)ifobe Dom ^^Slbfoluten" if) in ber enc^Itopäbifd^en Sogi! toeggeblieben. ^ier tt)irb jene Sinl^eit ber 93ernunft ober 3bee unb ber SBirlUd^Ieit einleud^tenb be^anbelt, unb eS n)irb gegeigt, ba% ber beliebte unb popnl&xt ©egenfa^ beiber auf einer gebanlenlofen unb falfdgen aSorfteHung fomol^I oon ber 3bee als Don ber 9Bir!Iid&{eit berul^e, unb ba% l^ieraus aud^ bie lonblftufige unb fatfci^e Slnfid^t Don bem ®egen- fa^ ber |)Iatonifd^en unb ariftoteßfd^en $biIo{ot)^ie folge.'

n. 2)ie innere unb dunere Sßirüid^feit. 1. S)a8 9lei4 bet SOfldgli^Ieit. 3)ie 9Bir{Iid^!eit atS bie (Einl^eit beS inneren unb 9(eugeren fd^tiegl biefe beiben SRomente in ftd^ unb unterfd^eibet fid^ bemgemd^ in bie

' Sbenbaf. SBb.IV. S)ttttei 9lBf$n. S)ic aOSiria^fcit. dop. I. ^ai Kbfolute. @. 178-193. (6. 191.) - « »b. VI C.a)iegQßirfa*feU. § 142. 3uf. ©. 281-284.

518 2)ie Se^te bom SSDefen.

innere unb dugere SBtrIltdgfett. 2)ie SBirlKd^fett als Sßirffamleit fd^Iiegt bad tDtrlfante SBermdgen unb bie baburc^ benoittte ftugere Zl^atf&d&Kdbleit in jtd^ unb unterfd^eibet fi(^ bentgem&B tn ))otentteae 9ßir!U(i6!eit unb dunere Zl^atfad^üc^Iett. 2)ie innere ober potentielle Sirftid^foit ift bie ajldglidgleit. 3)ie SBirüidgfeit umfaßt aüt^, toas ejcifiirt bie ganje SnannidgfaUigfeit ber 2)inge. 9[bgefel^en x>on ber Serfd^iebenl^eit ber S^iflengen unb 2)inae, erfdgeint bie äRdglicifeit unter bem ®eft(^t$))un!t ber bloßen ^bentitat: aUed ifl mSgltcft. toad mit fic^ ibentifd^ ift ober fid^ nid^t »iberfpricbt, b. i. baS SDen!bare. unb alles ift benibar, mad nid^t gerabe ein eiferneS $oIs ift, atlt§, au4 baS ^[bfurbefte. @iS ift ja benlbar, bag ber 3Ronb l^eute auf bie (Srbe, bie Srbe in bie @onne fftDt, bag ber Sultan fic^ belel^rt, S^rifi, ^riefter, ^apft »trb, unb mad bergleidgen Slbfurbitftten mel^r finb. 3n biefer Slrt ©enttarleit, b. i. ber formellen aBiberfprud&rtoftgfeit. befielt bie „abftracte" ober formelle Snöglidgleit: baS Sleid^ ber gal^IIofen, nidgtsfagenben, l^o^Ien SDRögüd^feiten. ^

©obatb aber ber 93egriff ber äHögUdbleit mit ben gegebenen @£i^en)en, mit ber Sage ber S)inge, mit ben 99ebingungen unb Um= ftanben Derglid^en loirb, bie baS Steid^ ber SBirllid^Ieit barbietet, fo ift eS mit bem 9lei(i^ jener jal^Hofen 3R5gIid&!eiten iu Snbe, unb eS ent= fielet ber 93egriff ber beftimmten ober ,,realen 9^5glid^lett'', bie i^re t)erfd^iebenen SfäDe l^at. S)ie ä^erfd^iebenl^eit gel^t in ben (Segens fa^ Aber. <Ss giebt auc^ entgegengefe^te SRöglidbleiten, ®egenmog[t# leiten, Don benen bie eine bie anbere aufl^ebt. @o lange titoa9 nur möglid^ ift, ift aud| fein (Segentl^eil möglidg. S)ie aRögIid^!ett befielt im @einIonnen, audb 9lic^tfeinlönnen, auc^ ^nberSfeinlönnen.

SBenn alle ©egenmöglid^Ieiten auSgef^Ioffen finb, fo ift ber Areis ber 93ebingungen erfüllt, unb bie Sad^e tritt ins Beben, bie, einmal gefc^e^en, nid^t me^r anberd fein !ann, ate fie ift; eis ift gu Snbe mit bem @einlönnen, aud^ Stid^tfeinfbnnen, aud^ Slnberdfeinlbnnen. XaS @ef(^e^ene unb SBirHid^e l^at ben S^aralter bed Stic^tanberSfeinfönnenS. S)arin befte^t ber 93egriff ber 9lot^tt)enbig{eit, i. bie enttoicfelte SBirüid^Ieit ober bie Sinl^eit ber realen 9Jl5gIi(|)!eit unb ber SBirllic^teit.

2. ^ai 9leid6 beS Sufall«.

2)er 3ufaII ge^i)rt in baiS ©ebiet ber dugeren SBirRid^teit, et fpielt auf ber Oberft&d^e ber 3)inge, bie dugerlid^ ft(6 auf einonbei

^»bTiv'. a)titlet llbf*n. (Sop. IL A. 6.195-200. B. e. 200-206. »b. VI. § 143. 3uf. 6. 284-287.

3)ie »irflid^feü. 519

bestellen unb etniDirlen, ))on benen eineiS bem anbeten Don äugen be» a^snet, iVi^^i unb gleid^fant guf&Ut (accidit): eben barin befielet bie 3ufftatg!eit. 3n ber Sleugerlid^Ieit, bie }um SBefen ber äBirüidgleit gel^ört, benn btefe tji bie Ginl^ett bed inneren unb %tn%txtn, Hegt bie ^bQli^Uxi beS 3ufaQi$ unb beS gufaaigen ©efd^el^enS. 6in foId^eS (Sefd^el^en l^ot !etnen inneren ®runb: botum ifl ber SufaQ grunb- lod. 2)a abet nid^tS ol^ne ®runb gefd^iel^t, fo l^at qu(| lebet Sufatt feinen ®runb. Sr folgt nidgt aud bem 3ufammenl^ang ber 2)inge, ber SufaU ifl gufammenl^angSloS unb barum gefe^IoS, ed giebt feine @efe|e beS SufaDlS; fonbern eS ifl baS Äußere Sufamutentteffen ber Umft&nbe, tt)orau9 ber 3ufaa erfolgt, meSl^alb berfelbe ben Sl^aralter eined einjelnen Or^ctuntS l^at unb bel^ilt; xotSkoXb audg iebe9 Sfactunt benn iebeS ift eine eingelne, auS ben Umftinben entf))rungene Xl^at«" fad^e eine Seite ber Suf&Digfeit l^at unb bel^ftlt. StuSbrfldßid^ l^at ^egel baDor getoarnt, toa^ in feiner €d(iule nid^t genug bel^ergigt morben ift: bag man biefe Seite ber SufiDigfeit in ben eingelnen SBegebenl^eiten ber SBett nid^t Der!ennen unb benfelben burd^ fopl^ifiifd^e S)ebuctionen ben @d^ein ber 9tot^tt)enbig!eit Derleil^en mdge, als ob fie in aQen Singelnl^eiten nid^t anberS aU fo ^dtten gefc^e^en iönnen.^ 9ßad in ben Segebenl^eiten ber Sufatt, bad ift im ®ebtete beS menfii^adgen äBoüend unb ^anbelnS bie Silüfir: fie ift ber 3ufatt bed äßoHenS, ebenfo grunbloS, ebenfo nur dugerlid^ begrfinbet, ebenfo gufammen^angSloS unb gefe^loS, barum fo loenig ber gfreil^eii gemftg, bag fie il^r Dielmel^r auf baS dugerße loiberftreitet.^

3. 2)ie 9lot^lDenbtgIett.

3)ie 9tot]^tDenbtgIeit ift ald bie (Sin^eit ber (rea(en) äJlöglic^Ieit unb SBirflidgleit erfl&rt loorben. 9BaS gefd^el^en ift, fann nid^t un» gefd^e^en gemad^t tt)erben, aQed 9li(^tfein!önnen unb SlnberSfeinfönnen ift auSgefd^Ioffen: ed ift, nie ed ift, unb fo ift ed notl^toenbig.

Slber bie 9'lot]^tt)enbtgIeit gilt nidgt b(og t>on bem, loaS gef(^e^en ift, fonbern im eigentlid^en unb eminenten Sinne beiS SBortS oon allem, ioa9 gu gefd^el^en l^at. 9lot^menbig ift etioaS nid^t blog, loie t% ift, fonbern loeil eS ift. (gS ift, loeil eS ift; eS ift burd^ fic^ felbft, nur burc^ fid^: barin beftel^t ber S6ara!ter ber 9tot^toenbig!eit. SBad notl^ioenbig ift, bad i^, loie ft(^ Don felb^ Derftel^t, aud^ begrflnbet unb

» 5Bb. IV. A. Sufftaigleiten. 6. 195 ffab. VI. § 144 u. U5. 3uf. ©. 287 (id 291. - s (Ebenbaf. @. 288frgb.

520 S)ie Se^e Dom Sßefen.

Dermtttett. äBenn eS abtx nur burd^ aitbered unb Augered begrünbet i% fo ift es nid^t not]§tt)enb.ig, fonbem gufADig ober nur bebiitgungSiDetfe notl^tDenbig. SHIed 3uf&0ige tfl beut 9tot^U)enbtgen gegenfiber ttid^ttg unb benimmt t)on bemfelben flberuunben unb bel^errfd^t ju loerbcii.

S)a]^er !ann baS 9lot]^menbtge ate folcbeS ntd^t Don jenen 9^ btngungen unb Umfl&nben, aus benen bte @Qd^e not^n)enbigenDet|e J^erDorging, abl^&ngig fein. SHelmel^r Derl^&tt eiS ftd^ umgehört. Ss ift bie notl^loenbige @Qd^e felbfl, tDtlibt jenen DoDftAnbigen JtreiS oon ^ebingungen, unter unb aus loeldden bie teole äRdglid^teit 1t$ oep mirllid^t, fe|t nAnttid^ DorauSfe^t, bie gerfheuten Umflänbe fammelt unb in eine fold^e 3ufammenmir!ung bringt, ba% etnaS gang anberei, al9 barin entl^alten \oat, barouS l^erDorgel^t. S)ie not^ioenbige @a(it ift ba^er al8 fd^Ied^tl^in unbebingt gu faffen, nidgt bebingt burd^ anbereiS, fonbem nur burti^ fidg felbft.

2)ie unbebingte ober abfolute @Qdge ift 3Jt aä^t, no(b nid^t S^md unb Snbgmed; fie betoirlt fid^ felbft, ober fie begioedEt nodb nidbt M felbft, fie ift, toai fte ift, erft an fid^, nod^ nic^t fflr fid^, b. 1^. fie ift blinb. 2)arum l^aben bie SUten bie Stotl^menbigleit aliS @d^t(!fa(, aU blinbed äJerl^&ngnig (ir8icpo>|iivov, eE[iap{jL§yY)) DorgefteOt, bem allei rettungslos Derf&Dt. 2)aS @dgidEfaI ift IroftloS ober I&gt feinen onberen S£roft, als U)eld6en bie SUten au(!b gel^abt unb gepriefen l^aben, tt&miti bie unbebingte Ergebung. SnberS Derl^&It eS ftd^ im S^riftetitl^uni, meld^eS ftatt beS SdgidEfalS bie ä^orfebung »alten Idgt.^

Um bie begriffe ber aRbglidgieit, Suf&Qig!eit unb 9lot]§n>enbigIcii beutlid^ Dor Slugen ju l^aben unb Sertoirrungen gu Dermeiben, und iäi fte burdg tbre ©egent^eile d^aralteriftren. 2)ie SJtöglic^Ieit b<^t i^ ®egent]^ei(e: 9lidgtmöglid^fein, b. i. bte Unmöglid^Ieit, unb mbgUd^eS 9li(bU fein, b. i. bie gegentl^eilige 3JlögIid&Ieit ober eine äJtbglic^feit anberer %rt. Sbenfo bat bie 9totbloenbtgfeit gtoei ©egentb^ile: 9ti(btnotbtt)enbigfein, b. i. bie 3ufä(Iig!eit, unb notbkoenbigeS 9lidgtfein, b. i. bie UnmbgUdbteü, n)eSbalb bie 9totbn)enbigIeit aus ber Unm5glid^!eit beS ®egentbei(8 aud^ beloiefen unb erbetlt tt)irb. 2)a nun aDeS SRöglid^e unb Suf&Oige in baS Sleid^ ber Stotl^toenbigfeit f&Qt, unb baS ©egentl^eil ber Unteren unmöglid^ ift, fo berrfd^t bie 9lotbtt)enbig!eit als abfoIuteS SSerb&Itnig.'

i~ebenbaf. C. «bfolute Slot^toenbiöfeit. 6. 296—810. VI. § 147. 3«?. 6. 292-298. » »gl. SHeine ßogi! unb Hnetart^fit. § 182-187. 6. 381—396. $egcl läftt nur bie ünögli^Ieit aU btog fuBjectiDe 2)cnIforin ober a^lobalüät gelten, ni^t aber bie SOi^irtlttteit unb bie 9lot^tt)enbigfeit. 9Bcr!e. S3b. VI. § 143. 6.284flgb.

. 2)te as^ttmdleit. 521

m. 2)ad Q6folute SJerl^ältnig. 1. Sie Sub^antiatit&t.

S)a8 noil^menbtge SBefen tfl fd^Ied^i^tn un6ebingt, eS ifl nur burd^ ft(|, alfo etnjtg, benn ein anbereiS unbebtngteiS SBefen neben ober Qugec il^m Mrbe eS etnfdgr&nlen unb in ben Bufionb ber Slbl^änsigfeit unb Sebingtl^eit öerfe^cn. „68 ifl aOein felbftänbig unb liegt oDen übrigen ©ingen ju ©runbe; eSf ifl nitfet Mofe ©ubftrat, fonbcm ©ubpang. ^Ife ftbrigen 3)tnge ftnb nidgi not^iDenbtg, fonbern guföHig ober acct^ b enteil, ©al^cr tjl bie erpe Sform be« Slbfoluten bog „aScrI&ältnife ber @ubftQntiaIitftt unb Stccibentaütat", noie bie erfte Oform beS toefent» lidfeen Serl^aitniffe« baS SBer^ftltnife beö ©anjen unb ber SCl^eile toar. S)ie €ubftQn3 ifl bie ganje, alles in ftdg foffenbe 9BtrHt(|Ieit, auger toeldger ni(^t8 tft unb befielet; bie eingelnen 2)inge finb nid^t il^re Steile, fonbern il^rc SCeufeerungen, i^r SleufeereS, il§rc SWanifeflation, fte ge^en au8 i^r l^erDor unb in fte jurflc!. SDte Subftan] aber ifi baS äSeftdnbige unb SSel^arrlid^e, bie 2)inge finb in unauf^örlidgem 3Bed^feI, fie entftel^en unb Derge^en; bie ©ubflang adein ift baS nift^tige 3Befen, bie S)inge finb ol^nmdc^tig, ^infdQig, nid^tig. ,,S)ie Subftanj manifefiirt fid^ burc^ bie 9Btr!Iid^!eit mit il^rem 3n^alt, in bie fte baS äRögiid^e ilberfe^t aU fc^affenbe, burd^ bie SDlöglid^feit, in bie fie bad SSirHid^e gurfidffil^rt, ate gerflörenbe SJlac^t. 9lber beibed ifi ibentifc^; baß ©d&affen jerfiörenb, bie S^rftörung fd&affcnb."^

2)ag bie 2)inge Sccibenjen finb, ha% fie, n)ed^felnb unb Derg&ng- tidg, fu6ftan}Io8 unb nichtig, DoKig unb ol^ne 9teft in bie SDlac^tfpl^ftre ber ©ubflang fallen, bar in offenbart fidg bie 3Jlaä^i ber ©ubftang: fie offenbart fi(^ in ber Dl^nmad^t ber 2)inge, nur in biefer. 3Ran !ann barum nid^t fagen, bag fie fd^affenb fei, fie ift in SBal^rl^eit nur ger^ ftörenb. äBenn bie S)inge nid^t loAren, fo noäre auc^ bie €ubflang ni(^t, nun offenbart ft(6 bie @ubfianj in ber SSemid^tung ber 2)inge, fie lebt a(fo üon il^rem ©egentl^eit, fie arbeitet an i^rer eigenen 3ctft5rung: eben barin befielt ber biefem 93egriff inioo^nenbe äBiberfprud^. '

3n ber ©efd^id^ie ber ^^ilofo|)]^ie ift biefer 9ßiberf|)rud^ bargeftellt unb auSgcffll^rt loorben in bem ©^pcnte ©^jinogaS. @o oft ftdb nur bie ©elegenl^eit bietet, !omntt ^egel auf biefe Seigre gurfldE, um il^re

' Sb. IV. (S.Qp. UL fS>ai aBfolute »eT^ältnig. 6. 211-235. A. S)a8 SBer- ^ältnifii bei 6uBflantiaIitat. @. 212—216. (@. 214.) > 9}gl. meine Sogif unb mttapmt. §§ 138 u. 189. 6. 396-400.

522 ^ie Se^re oom SOSefen.

Srl^abenl^ett gu preifen unb il^re Sinfettigfett unb äRängel jit {enn= geit^nen. 2)ie Seigre SptnogaS fei ntd^t atl^eifltfd^, toie man i^r i>or gemoxfen ^aU unb Dormerfe, fonbern ))ant]^eifltf(^ unb itoax fo fe^r pantl^etflif^, ®ott fei nad^ il^rer Slnfd^Quung fo fel^r SOed in ätOcm, bag i^r bie äleatttät unb ©elbft&nbigfeit ber äBelt ate beiS ^nbesriffs bei 2)inge, botüfier Derfd^toinbe, toeiS^alb biefer $ant^etl$niud eigentUi^ „Sllodmidmud'' fei. S)ie ganje 3lnf(|auungiSU)eife, nat^ melier bie $errli${eit beiS Stnen unb eingigen SBefenS ft$ in ber 9li(bttg!eit aOei übrigen 2)inge offenbare, fei orientalifd^en (Sl^aralteriS, unb ^eget unter* lägt nid^t, barauf ^ingutoeifen, bag ©pinoga jubifdger ^erlunft toor. 2)ie abenbUnbifd^e i&zlU unb fiebenlSanfK^t bejal^t unb begrünbet bie ©eltung ber 2[nbiDibuaIit&t; ba^er loar eiS ein notl^ioenbiger unb erg&ngenber ®egenfa^, bag nadb Spinoja Seibnij erf((ien ttnb bie €ubftan3 als ^nbiDibualitftt ober SJlonabe gefaxt toiffen tooHte. ^^it Subßang eine toefentlidge @tufe im SutttidEIungiSproceg ber logiff^en 3bee, iebocft nid&t biefe felbfi, nid&t bie abfolutc 3bce, fonbern bie 3be€ in ber nod^ befd^rftnften Ororm ber 9tot]^tt)enbigfeit/'^

2. 2)ie (Saufalitat.

2)er äBiberfprud^ im Segriffe ber ©ubflang liegt am Zaqt. S^te Subftan} ifl nidgt eigentlid^ bie erjeugenbe, fonbern nur bie Dernidbtenbe SRad^t ber 2)inge, fte fe^t bie SDinge niddt, fonbern fe^t beren Skifetn Doraud unb mad^t fie gu Sccibengen, offenbart ober manifeftirt ftd^ in beren 9lid^tigleit; fie i^, tt)eU fie bie 2)inge nidgt fe^t, fonbern als gegeben Doraudfe^t, nid^t toal^rl^aft unbebingt unb l^at alfo nidbt bem jenigen S^arafter ber 9lot^n)enbigfeit, n)e(d^en fie in 3(nfprud& nimmt unb forbert.

Um bem begriff ber 9lotl^U)enbig!eit gu entfprec^en, mu% bie @ubftang als bie tt)a^r]^aft unbebingle ober urf|)rangli4e @a((e gefoBt merben, b. 1^. als Urfad^e, unb bie 3)inge nid^t als i^re Xccibenyn. fonbern als il^re äßirlungen. 3)ie gtoeite unb l^öl^ere t^onn hti abfoluten ä^erl^dltniffeS ifl bie Sauf ali tot, loie bie gnoeite unb l^o^eie Sform beS »efentlid^en äJer^dltniffeS baS SBerl^ältnig ber Araft unb SCeugerung noar.

StnaS anbereS ifl ®runb, etn^aS anbereS Urfad^e. S)er @runb ift nid^t l^erDorbringenb; fonbern auS bem ®runbe, noenn er reif ift, b. b. nenn aUe inneren unb ftugeren ©rDnbe beifammen ftnb, folgt

1 ^egel. Söerfe. SBb. VI. § 151. 3uf. 6.800-303.

2)te a&itfa^Iett. 523

ober gel^t etoad l^etDor. S>te Urfod^e ergeugenbe ober l^etoorbringenbe 9ßir!fatnlett. (StoaS anbereS i^ Araft, etioaS anbereS Urfad^e. 2)ie Araft tnug gur Steugerung foDtcitirt tterben, bte Urfad^e bagegen ifl initiatt)), ^fte ifl felbPenoegenb, aus jtd^ anfangenb, ol^ne Don einem onberen foHtcittrt )u loetben unb felbftftnbige Ouelle beS hervor- bringend aus fid^; fie mug tt)ir!en, il^re Urf))rflngUd^feit bieS, bag il^re 9lef[e£ion in fid^ beflimntenbed @e^en unb umge{el^rt beibeS eine ginl^eit iji".*

Srfl aU Urfad^e ifl bie Subflang toirffam unb barum U)irl(td^. @tfl in ber Sßirlung geigt fidg bie Urfod^e als Uifad^e. „S)ie Urfad^e ifl nur Urfad^e, infofern fte eine 9Bir!ung l^erDorbringt; unb bie Urfac^e ift nid^tiS qU biefe SSeflimmung, eine 9ßir!ung gu l^aben, unb bie äBir!ung nidgtd aU bieiS, eine Urfad^e gu l^aben/' S)ie Urfad^e gel^t in bie SSirfung über, beibe finb bem 3n= ^alte nad^ ibentifd^; fo ift ber Stegen bie Urfa^e ber 9t&ffe unb t^eud^tig« leit, unb baffelbe SBoffer ifl ber ^nl^alt foioo^t ber Urfadge als ber aaßir!ung.'

2)a nun bie SBirtung ba9 ^erfectum bed 9Sir!enS ifl, fo offen- bart ftd^ bie Urfad^e nid^t btog in ber 9Bir!ung, fonbern erlifd^t aud^ in il^r. 2)a aber bie SBirfung bie Urfacbe offenbart unb bem Snl^alte nad^ mit il^r ibentifd^ ift, fo ift fte felbfl aud^ caufal, b. ^. fte ifl toieberum Urfad^e, loetdge 3Bir!ungen l^at u. f. f. Unb ba ber Snl^alt in ber gorm be« ßaufatoerl^aitniffefi ein befiimmter ifl, fo ifl er auc^ ein enblidger unb Derfd^iebenartiger, fo bag bie Aette t)on Urfad^en unb SBirlungen fid^ nad& beiben €eiten inS Snbtofe erflredEt, unb gloar in ben t)erfd^iebenartigflen ®eflalten. 9lun toerben aQer^anb äußere ©rfinbe, toie Sebingungen, Umflänbe, ä^eranlaffungen Ueinlid^fler unb geringfügigfter 9(rt, gu ben Urfad^en gered^net unb mit leidbter SDiä^e eine Aette gufommengereil^t, in U)eld&er an ben fogenannten fleinften Urfad^en bie aOergrögten unb erflaunlid^flen 3Bir{ungen ^dngen. 92ament* lid^ n)irb biefed ©piel gern auf bie SrflArung groger l^iflorifd^er dx- eigniffe angeioenbet. 3)ie8 ift eine S&ufd^ung, bie Don einer a3eru)trrung ^erifl^rt; bie SSerioirrung aber befielet barin, bag man bie Slrten beS ©runbeS unb ber ®rünbe nidgt gu unterfd^eiben m\% unb barum con= funbirt ober Derioirrt.*

» ©b. IV. B. ^a€ (KaufQlitdtdöerWItniS. 6. 216-281. (S. 218.) »ßl. VI. 158. 6. 303 flßb. - * ebenbaf. 6. 218 fL%b. - » €benbaf, ©. 221 ii. 222.

524 2)ie Se^re Dom äSefen.

(g§ ifl aber notJ^toenbig, bag bie Sräger beS (SaufalititSMt^dU^ niffeS enbltd^e Subflanjen ftnb, unb ber SaufalnepS ober bie AetU ber Urfadden unb SBitfungen barum enbloS ifl: ein enblofec ^ßrogreB ffl^rt aufm&rtd Don Urfoc^e ju Urfad^e, ein enblofet $rogte^ abtoöitl Don Sßirhing }U SBirlung.

3. 2)ie aBetfelmirtung.

3)er enblofe @QufQ(ne£ud, lote bie enblofe aSer&nberung laffeti fic^ mit ber geraben Stnte oergleid^en, bie ins Snblofe fortl&uft, bagegen baS unenblid^e @ein mit bem Aretfe, ber in feinen Slnfang gurflcRe^rt. @o oerl^&It e9 fi(^ audg mit ber unenblid^en Saufalit&t, loelcbe ben SSiberfprucid ber enblofen aufl^ebt, inbem fie biefelbe DoDenbet. 2)er Kreislauf Q6er ber ^aufoIitAt befielt barin, bag fie in il^ren Anfang, bie SBirlung in i^ren Urf))rung jurüdfel^rt. Urfadge unb SEBirfung beiDirfen unb Derurfod^en fid^ gegenfeitig: bieS ift ber Segriff ber SBed^feltoirfung. 2)iefe ift bie britte unb l^öd^fte gform bed obfoluten SSerl^AltniffeiS, toie baS SSerl^dltnig beS inneren unb 9(eugeren bie britte unb p(^fte Sfonn beiS toefentlid^en äJerl^ältniffeS loar. „2[n ber äBed^felloirlung, obgleiii^ bie (S^aufalit&t nod^ nid^t in il^rer toal^rl^aften 99eftimmung gefegt ift. ift ber ^rogreg oon Urfadgen unb äBirlungen inS Unenblicibe ali ^rogreg auf toal^rl^afte SBeife aufgel^oben, inbem baS gerablinige ^inouSgel^en Don Urfad^en )u SBirlungen unb Don Sßirfungen ju Urfad^en in fi(^ um^ unb gurüdEgebogen ift."'

6s ifi fein 3toeifeI, bag jmifd^en ben 2:]dei(en einel! lebenbigen Sidxptx^ ein notl^ioenbiger Sufammenl^ang befielet, ber nid^t als cim feitige, fonbern als toedgfelfeitige ßaufalität, als bie burd^gdngige SBed^felioirfung ber Organe gefaxt fein n)iQ. 6benfo oerl^ält e8 fid^ mit ben 93eflanbt^ei(en eines fittli(!^en Organismus, tt)ie bem (S^aratler unb ben Sitten eines SSoIIeS auf ber einen unb feiner SJerfaffung unb ®efe^gebung auf ber anberen Seite: beibe bebingen unb ben)ir!en fid^ loed^felfeitig, ber 93oI!Sdgarafter mad^t bie 93erfaffung unb biefe ben ß^aralter. 3nbeffen finb bie angefül&rten ©egenft&nbe, »ie baS ßeben. baS aOoII, ber Staat, bod^ gu l^od^, um oon ben Kategorien ber 9lot^ menbigleit erreidgt unb begriffen merben gu lönnen. SRan muB bie 3bee, b. i. ben inneren S^edC ober Segriff eines JBoKeS, wie j. 93. beS fpartanifd^en, einfel^en, um l^ierauS ju erfennen, loarum baffelbe ein

1 (ibenbaf. 6. 225 flgb. SBgl. »b. VI. § 158. @. 304 u. 305. > «cn» baf. § 154.

^te aa)it!(i4feit. 525

folii^eS aSoH mit einem foldgen (Sl^ataltet, fold^en Sitten, folgen ®e' fe^en, fold^en Sc^idfalen fein mugte unb »oQte; bann etfc^einen @itten unb aSerfaffung nid^t me^r ate felbflAnbige @etten einer 9Se(i6feItt)irIung, fonbem bte 3Rontente eined unb beffelben 99egriff8.

@8 ift ber 99e griff im eminenten Sinne beS SßortS, an beffen Sd^toeQe unb auf bem Uebergange )u »eld^em xdxx {teilen: baiS brittc unb le^te $au|)ttl^ema ber Sogit 2)er Üebergang ifl einleud^tenb. 3n bem Segriff ber SBed^felioirlung liegt, ba^ bie Urfad^e in ber SBirhing nid^t mieber bie Urfad^e einer anberen 9BirIung ift, fonbem ju fid^ jurfldfel^rt, ba% fte in ber SBirlung fid^ felbfl als Urfa^e nid^t Uo% offenbart, fonbem DertoirlUd^t, bag alfo ber Segriff beS not^koenbigen SBtrlend fid^ in ben begriff ber @eI6ftDerU)irI(id^ung unb bamit ber 93egriff ber 9lotl§tDenbigfeit fid^ in ben ber (^rei^eit erl^ebt. 2)ie {(teil^eit ifl bo9 ©egentl^eil beiS Stranges, nid^t bad ber ^lotl^ioenbiglett; frei fein l^eigt fid^ felbft betl^&tigen unb begtteden, in aDer äBirIfamfeit bei fid^ felbfi fein unb bleiben: bieS ifl baS @egent6eU alles StoangeS, benn ein fold^es 9Bir!en ifl eigenes SBotten, unb baS ©egentl^eil ader SBiUIflr, benn ein foId^eS SBoDen l^at einen not^menbigen 3nl^alt. S)te ^reil^eit ifl »bie entl^üOte 9lotl^n)enbigIett\ «2)er ftttlidge Sneufdg ift ftd^ beS 3nl^aItS feines Sl^unS als eines S^otl^ioenbigen, an unb fflr fid^ ®flltigen betonet unb leibet baburdb fo »enig SIbbrudb an feiner Sfreil^eit, bag biefe Dielmel^r erfl burd^ biefeS 93etDu§tfein jur tt)irHid^en unb in]^altst)o0en Ofteil^eit tt)irb, im Unterfd^iebe üon ber SBiQIflr als ber nod^ inl^altlofen unb blog mög(td(ien Ofteil^eit/^

2)aS neue, }u Zage getretene SLl^ema ifl baS @elbft ober baS @ubiect 2)er Üebergang ober bie Srl^ebung (SSerK&rung) ber 3loti^ n)enbig!eit gur Ofreil^eit fäOt jufammen unb ifl gleid^bebeutenb mit bem Uebergange ober ber (Srl^ebung ber Subflang gum Subject. 2)ie @ub- flau] ifl baS notl^ioenbige, fd^Ied^tl^in unbebingte SBefen, loeldgeS ifl, meil es ifl: eS ifl bIo§ burd^ fid^. S^inoja l^at fein Softem mit einer Sleil^e Don Definitionen begonnen, beren erfte ber fflegriff ber causa sui mar, um burd& biefen »egriff in ber britten SDefinitton ben ber Subflanj ju erüären. 2)ie €ubflang ifl gteid^ ber causa sui, fte ifl bie Urfad^e il^rer felbfl, fie ifl fd^on in il^rem innerflen ®runbe ein ©elbfl: bal^er mug, toenn ber 93egriff ber Subflanj ooOfommen entmidelt loirb, loaS burd^ bie Orormen beS abfoluten SSerl^AltniffeS, ©ubflantiatität, Saufalitdt unb 3Bed^feItt)ir!ung, gefdgiel^t, ber fbt-

1 »b. IV. 6. 238. »b. VI. § 156, 3uf. 6. 308. § 158. 3uf- 6. 810 u. 811.

526 2)u Seilte t)om Sßefen. 2)te aBiini^fcit.

griff beS @elbfl an baS Sic^t beS SeiDugtfeinS l^etDottteten. ,2)ie 9ßed&felmir!utig tft nur bte SaufoIitSt felbfi; bte Urfa^e l^at nid^t nui eine 9ßtr{ung, fonbern in ber 9ßir{ung ßel^t fie als Urfa^e mit fi(( felbp in Segiel^unfl." '

S)ie obtectiDe Sogil ifl gu Snbe, bie fubtecti))e beginnt. Sit lönnen fogen, bag im @ange feiner Sogif an biefer @teUe ^g^I bei fid^ felbfl anlommt, inbem toir un8 an feine Sorrebe gur ^l^Anotneni^ logie beS ®eifled erinnern: ^@8 fommt nad^ meiner Sinftd^t, loelcbe fi(^ nur burd^ bie 2)arftell[ung beS @^flem8 felbfl red^tfertigen inu§, oßeS barauf an, baS SBal^re nid^t als ©ubftang, fonbern ebenfo fe^i aU @u6ject aufgufaffen unb auSgubrüden".'

Sir ftnb nun in ber S)arßeIIung beS @^fleniS fo toeit fort« gefd^ritten, bag biefe Slec^tfertigung ftattgefunben unb bie Stotl^toenbig^ leit beS SrottgangeS Don ber 9lot]^n)enbig!eit gur O^teil^^it unb Don bei @ubfiang gum Subject fid^ ertoiefen l^ai ,rS)iefe äBal^rl^eit ber 9lotb' menbig!eit ifl foniit bie t^rei^eit, unb bie SBa^rl^eit ber @ub' fiang ift ber ^Begriff/ „Xzx 93egriff ift l^iermit bie äBa^r^eit bd @einS unb beS SBefend." „3nbem ber ^Begriff ftd| als bie SBa^rl^il bes ©eins unb beS SBefenS ern)iefen l^at, tt)eld^e beibe in il^n als in il^ren ®runb gurudEgegangen finb, fo l^at er umgelel^rt ft4 aui bem @ein als aus feinem ©runbe entloidelt/ S)ie blinbe 9lotb tt)enbig!eit ober baS @(^idEfaI l^art. ^S)aS 2)enlen ber 9lot^- tt)enbig!eit ifl bagegen Dielmel^r bie Sluflöfung jener ^ftrte, benn eS in baS Sufammenge^en ©einer im ?lnberen mit @id6 felbfi. 2)ie a9e= freiung, loeld^e nid^t bie Sftud^t ber Slbflraction ift, fonbern in bem anberen SSirltic^en, mit bem baS SBirllid^e burd^ bie SDlad^t ber 9lot^ loenbigfeit gufammengebunben ifl, fid^ nid^t als SlnbereS, fonbern fein eigenes ©ein unb ©e^en gu l^aben. SKs fflr fi(( e^iftirenb l^ei^ biefe Befreiung 3d&, als gu il^rer SotalitSt entioidelt freier ®ei^. als 6m))finbung Siebe, als @enug ©eligleit. 2)ie groge Xn^ fc^auung ber fpinogifüfd^cn ©ubftang iji nur an fid& bie Sefrciung oon enblid^em ^ärfid^fein; aber ber 93egriff felbfi ift ffir fid^ bif STlad^t ber Slotl^toenbigleit unb bie toirllidbe Qxtiffzit^

' JBb. IV. 6, 232. - » 6. oben »u* II. €o»). V. 6. 291 u. 292. - ^egel. »b. VI. § 159. 6. 311—313.

^ie Se^re Dom IBegriff. S)ie ©ubjectioität. 527

Sie Cetire trom iBegrif. A. IDte Sttb|ertiQttäh

I. 2)er »esriff beg SBcgriffS. 1. S3oin Segtiff im KtCgemeincn»

3n ber Ausarbeitung fetned 3tt)etten ^auptnerfiS fal^ ^egel Diele @(^lDierigIeiten üor ftd^, ganj anbetet %tt in bet objectiDen Sogil als in bet fubjectiDen. SDott l^ettfd^ie ein Dödiger äRangel an SSotatbeiten, l^iet iDimmelte eS t)on Sel^tbüdgem; bott galt eS, ,,in einem oben Sanbe eine neue ©tabt ju erbouen", ^iet ^ einet alten, feflgebauten, in fott* ttftl^tenbeni Sefi§ unb SeiDol^nung etl^altenen ©tabt eine neue Einlage ju geben".

2)a2U !omnit in Slnfel^ung bet fubjectiDen Sogil baS SRi^ttauen ber SBelt. @S l^anbelt ftd^ um bie 6t!enntni§ betjenigen gfotmen, in U)eldgen allein bie SBal^tl^eit gett)uBt tt)irb, unb bie naA ben Sel^r- büc^ern als leere unb l&o^le Sotmen gelten. „SOSaS ift SBal^tl^it?" ftagt Pilatus unb mit il^m bie Sßelt, aud^ mit ber SRiene, iDie Silop^ podt in feinem „SWefjiaS" ben fragcnben ?ßilatu8 fd^ilbett: „mit ber SOtiene be$ ^ofmannS, bet {urjfidgtig, bod^ l&d^elnb beS StnfteS Sadge öetbammet".^

Unter aQen ftfil^eten $]^ilofo))]§en l^aben nut imi in bet @efd^id^te bet 8ogi! ald Stfennlniglel^te @pod^e gemad^t: AtiftoteleS unb jtant. 3enet l^at jum etftenmal bie fficnf* unb ©tfenntnifeformen gleidftfam natutl^ipotifdg befd^tieben, biefet l^at jum etftenmal etleud^tet, maS bie JBegtiffe finb unb toeld^en Utfptung fie l^aben. „68 ifi ein unenb= lid^eS 93etbienft beS SlriftoteleS, toeld^eS uns mit ber l^Dd^ften föv munberung ffir bie ©tdrle biefeS ©eifteS erffiHen mug, biefe Sefd^reibung guerft unternommen ju l^aben. Slber eS ift nötl^ig, bag meiter gegangen unb tl^eils ber f^ftematifd^e 3ufammen^ang, tl^eilS aber ber fBtxtt) ber gfotmen etlannt toetbe."*

Um abet ben 3Bett^ bet begriffe tid^tig ju et!ennen, ift Dot allem nötl^ig, bie falfd^e 93ot{te(lung loSgumetben, toeld^e in ben Sel^tbfld^etn

' ^egel. aßetfe. S3b. V. IBorberi^t. (9lütnberg, ben 21. 3uni 1816.) @. 3 U.4. »b. V. 6.1-843. aSgt. a3b. VI. Stritte Kbtl^eUung ber Sogil. 2)te Setire oom »egriff. §§ 160-243. 6. 315-414. « »b. V. ©. 30.

528 ^te Se^re Dom Segriff.

^errfd^t, nad^ loelc^er bte Segrtffe ntd^ts anbereS als bte affgemetnes unb abfiracten 93or{leIIungen ftnb, meldte ber Setfianb au8 bea $[nfd&auungen geminnt, bel^ält unb l^at. 3(i& l^abe ben Setflanb, im: baS 2)tn8 (Stgenfd^aften f^at, id^ ^aU Iraft be2 93erf}anbe6 „Segrifte' unb ben SSegriff, „me id^ aud^ einen IRod, (^atbe unb anbere öu^tr lic^e ßigenfd&aften l^abe".^

Unter bem 93egrtff, Don bem nunmel^r bte 9lebe ift, unb tm beffen tid^ttger Sfuffaffung baS S)er{tänbntg ber l^egelfd^en Sogtl un^ Seigre abfängt, ift !etn Sbflractum gu t^erftel^en, »ie 3Renf(|, 2^ ^flanje, Stein u. f. f., fonbem, toit fd^on am @d6Iu§ beS Ie|te£ Sapitete barget^an toorben ift, unb loie aM ber SntmidKung ber 9t- griffe ber 9tot]^menbig!eit, ber Subftang, Saufalitftt unb SBed^felioitbnia b. ]^. „aM ber ®enefi6 beS ^Begriffs" ecl^eKt: baS 3d&, baS Selbt bemugtfein, ober bie SubjlectiDit&t, tt)eld&e bte Srienntnig, baS loabn ober objectiüe S)en!en begrflnbet unb ntad^t, bie Stotl^toenbigfett an^ ^ebt, inbem fie biefelbe t)er!tftrt, b. 1^. !tar ober erfennbar moi^t S)e8^alb nennt ^egel bie (^reil^eit fel^r gut ,,bie entl^flOte ^tot^loenbig^ feit'. äBenn ber @))inoai8mu§ gilt unb bie Subftanj ber ^^bi^flt aün Segriffe ifi, fo ift bte ©ubiectiöität unb mit il&r bie Srienntitig um ntöglid^, fo ift unb bleibt bie Slotl^loenbigleit blinb, fte !ann ft^ ni(|: entl^üKen, unb ed lann aberl^aupt nid^td entl^flQt loerben. S>en 6tnRr- gidmuS loiberlegen l^eigt nad^ioeifen, bog biefeS @^ftem m(|t ber ffbäfit Stanbpunit, bag ber Segriff ber Subftang nid^t bie ^öd^fte Aategorif ift, ba§ ed einen l^ol^eren Stanbfunit giebt, ber ftd^ bem St'inogttans nicdt entgegenfe^t, fonbern benfelben fid^ unterorbnet. Unb bie ehiitg richtige äBiberlegung befielet barin, bag man ben Segriff bei SuBftan; enttoidEelt unb t)oQenbet. ,,9lber biefe SoKenbung ift nidbt me^r bi; ©ubflang felbfi, fonbern iji ein^öl&ereg, ber Segriff, bad ©ubject/^

SBir finb Don bem Segriffe beS @ein8 gu bem Segriffe beS SBefenl fortgefd^ritten unb l^aben es nunmel^r mit bem Segriffe beS Se= griffd gu tl^un ate bem britten unb legten ^anpitiftma ber Sogil Unb ba ift eS benn Dor allem nötl^ig, ba^ man Don bem Segrtff ber rid^tigen Segriff l^at, um nid^t in aUerl^anb aRi^Derft&nbniffe unb Ser- »irrungen gu geratl^en. SBir !5nnen Don l^ier auS fd^on eine Ueber- fid^t Aber ben @ang be$ legten Ziftmai geioinnen. 2)ie @u6j[ectiDitc: ift ber (Brunb aller erlenntnife, aller loal&ren unb objediDen ©egrin? aOer CbiectiDitdt; bal^er fül^rt uns ber ®ang unfereS Xl^emad t>on bet

' «benbaf. 6. 14. > dUnbal 6. 9 u. 10.

2)ie 6ubiectit)it&t. 529

Subjecttüttät }ur OBjlectiDitai ober t>om fu6iecttt)en Segttff jum objecitDen unb gule^t gut Sinl^ett beiber, totläit ^eget mit betn 9Borte 3b ee begetAnet.^

aSBtr l^aben ben Sesrtff gletd^gefe^t betn Subject ober ber @elb{}= oeriDtrfltc^ung, loaS ftd^ mit ber SubjectibUftt becft. jteitte ber biSl^er entmtdCelten jtatesorten !ommt bem begriff ber SntmidEIung fo gleid^ unb brfldK benfelben fo abftquat auS, tote ber SSegriff ber @etbftt)er= toirüid^ung, bie ots fold^e fd^on SntmdEIung ifl. SBaS ftd^ entioicfelt, gel^t in Ruberes über (@ein) unb ift in Snberem ibentifd^ mit ftd^, alfo bie Sinl^eit ober Sotalit&t atter 93eftimmungen (äBefen). ^Xai Ofortgel^en beS SegriffiS ift nic^t mel^r Uebergel^en nod^ Scheinen in SlnbereS, fonbern ßntmicf (ung/ ' SDer Segriff ber Selbfloerttirüid^ung unterfd^eibet fiti in baS @elb{t (@ubjlecttk)it&t), beffen SBerioirHid&ung ober 9lea(ifirung (Stealit&t ober ObjectiDit&t) unb ifl bie (Sinl^eit beiber (@ubiects£)bieä ober 3bee).

3ioei äSebingungen mfiffen erfflttt fein, um bie Seigre Dom 93egriff 3U ber aSebeutung ju erl^eben, in loeld^er ^egel biefelbe gefaxt unb auSjufül^ren fid& bie Slufgabe gefegt l^at. SrftenS mußten bie S)enl- formen, ba finb bie Segriffe, Urtl^eile, ©d&lüffe unb beren JBer* l^ftttniffe atd gegebene Sl^atfad^en er!annt, befci^rieben unb inS Semu^t» fein erl^oben fein, toa^, tt)ie fd^on bemerft, baS augerorbentliAe Serbienft bes SrifloteleS toar; jioeitenS mugte bie @ubiectik)it&t ober boS Selbfl« bemugtfein (34) al8 bad $rincit) atteS maleren unb objectitoen S)en!en8, b. ]^. als ber Segriff im eminenten @inne beS SBortS enlbedEt unb bargetl^an fein. SDieS l^at Aant getl^an in feiner Seigre t}on ber f^n- t^etifd^en Sinl^eit ber Spperception unb ber transfcenbenlalen S)ebuction ber Kategorien. »@8 gel^ört au ben tiefften unb loid&tigften Sinfid^ten, bie ftd& in ber Aritif ber reinen Semunft finben, bog bie Sinl^eit, bie baS äBefen beS SegriffS auSmad^t, als bie urfprfinglid^s f^ntl^etifd^e Sinl^eit ber 3[))))ercet)tion, al8 (Sinl^eit be$ «3d6 ben!e» ober beS ©elbflbelougtfeind er!annt toirb. 2)iefer @a^ mad^t bie fo» genannte tranSfcenbentale 2)ebuction ber Kategorien auS; fie l^at aber Don feiger für eines ber fd^ioierigflen Stüdfe ber lantifd^en ^l^ilo» fot)]&ie gegolten."*

1 (gbenbaf. (iinl^eilunö. 6. 30-32. - « »b. VI. § 161. 6. 317. - 3 S3b. y. 6. U. »gl. meine ®ef4. ber neuem $f)Uofo))^te. 3u6.-9(n<i|. SBb. IV. (4. «up.) !Bu(( IL (Sap. V. 6.401-410, inSbef. 6.407 u. 408.

8fit4eT, «cf«. b.^^ilof. Vm. 91.«. 34

580 ^ie Seigre bom äSegriff.

2. ^et attgemeinc Scgtiff.

5Der Segriff ober baS ©ubject, ttie uns berfelbe aus ben ent^ toxdüUn SSegrtffen ber 9lot]§menbtg!ett unb ber Subflau) l^erüorgegaitsci:. tfl bte freie, unbebtngte, urfprflnglid^e, aQeS in ft4 begreifenbe Stn^tt, er ifl als fold^e ber allgemeine Segriff ober baS Sttlgemeitte, bte l^erDorbringenbe ober concrete, nid^t bie l^erborgebrad^te ober abfirori! XQgemeinl^ett. S)iefe le^tere mad^t ber SSerflanb, inbem er feine SSor^ {ieQungen Dergleid^t, Don il^ren üerfd^iebenen 9Dler!maIen abfielet ober abflral^irt, biefelben loegl&gt unb bie gemeinfamen Dereinigt. 9uf bec SBege einer fold^en Sbftraction unb 3ufammenfaffung entfielet hai abfiract SlUgemeine ober ®emeinfame. (Es ifl ein groger Unterf^ieb gmifd^en bem ttal^rl^aft SlQgenteinen unb beut ®enteinfamen. €o r. ber loal^rl^aft allgemeine SBiUe ber Vernünftige 3BiIle, ber nid^ts anbem miQ als baS bem 93egriff ober Stt^ed eines 93olfS gemäße, barum au& ber gefe^geberifd^e 9Bille ift ober fein foD, lo&l^renb ber gemeinfaiEf SßiDe ober berjenige SBiDe, in iDeld^em alle (Sinjelnen flbereinfHmmes fel^r Dernunft» unb amedfmibrig fein fann unb in Dielen Or^Hen i^ Slouffeau l^at in feinem ccontrat social» biefen Unterfd^ieb beS toa^r^a^ allgemeinen unb beS gemeinfamen SBiKenS treffenb bejeid^net: er nenn jenen «la volonte gönörale», biefen <la volonte de tous»^ unb *ct iDflrbe", toit ^egel rid^tig bemer!t, „in Sejiel^ung auf bie £^eorte bd Staats ®rflnblid^ereS geleiftet l^aben, loenn er biefen Unterfii^ieb immr Dor Singen gel^abt l^&tte. 2)er allgemeine SSiDe ifl ber 93egriff bd SBiKenS unb bie ®efe^e finb bie in biefem SSegriff begränbeten be= fonberen Seflimmungen beS SBillenS/ SBenn man bie «volonte de tous» gleidfefe^t ber «volonte gönörale», toie eS bie franjöfifc^ 9lew:= lution unter bem Sinfluffe SlouffeauS getl^an l^at, fo merben bie @t fe^e nid^t mel^r Don ber @taatSge)Dalt, fonbern in ben AlubS unb at' ber ©trage gemad^t.

Srft aus bem 93egriffe beS loal^rl^aft Slllgemeinen, angettenbet or ben 3Renfd^en als foldgen, erl^eOt ber Segriff ber SRenfd^eniDflrbe ober ber $erfönlid&!eit, ber aus einer 93ergleid^ung ber Sinjeliiec niemals l^erDorgel^en, niemals als etmas abftract allgemeines obe: ®emeinfd^aftlid^eS aufgefaßt toerben tann. 2)arüber l^at ^egel in feinei logifd^en 93orlefungen einbrudSDoQ unb bebeutfam gerebet: «S^as 91!' gemeine in feiner n^al^ren unb umfaffenben Sebeutung ifl ein ®ebanh. Don meld^em gefagt toerben mug, bag eS 3[a]^rtaufenbe ge!oflet ba; beDor berfelbe in baS äSemugtfein ber SDlenfdgen getreten unb xoAin

2)te ^ubjectbitftt. 531

erfl burd^ bad ^l^tifieittl^um ju fetner DoDen 9lner!ennung gelangt i% 5Dte fonfl fo l^oc^ gebUbeten ©riechen ^aben loeber ®ott in fetner tt)a]^ren Sldgemeinl^ett getougt noc^ aud^ ben äJlenfd^en. 2)ie ®ötter ber ®ried^en toaren nur bte befonberen Tl&äite beS ®etftei$, unb ber allgemeine ®ott, ber ®ott ber Stationen, mar ffir bte Sltl^ener notb ber verborgene ®ott. @o beftanb benn aud^ far bte ®ried^en gteifci^en il^nen felbft unb ben ^Barbaren eine abfolute Aluft, unb ber äRenfc^ als foldger tt)ar nod& nid^t anerfannt in feinem unenblid^en SBertl^ unb feiner unenblid^en Sered^tigung." „2)er loal^rl^afte ®runb, noeSl^alb eS im d^riflHc^en Suropa leine @cla))en mel^r giebt, ifi in nid^ts anberem als im principe bed @^riftent^umS felbft gu fudgen. 2)ie d^riftlidbe 9leIigion ift bie 9leIigion ber abfotuten t^reil^eit, unb nur bei ben €l^riften gilt ber SJlenfc^ als fold^er in feiner Unenblid^!eit unb 91D- gemeinl^eit. SaS bem @clak)en fel^It, bas ifl bie Slnerlennung feiner $erf5nlid^!eit; baS ^rincip ber $erfönlid&!eit aber ift bie 3[IIgemein« l^eit." Sin einer anberen, l^ierl^ergel^örigen @tetle fagt ^egel: „€s ifl ber- lel^rt, anjunel^men, erft feien bie ®egenfl&nbe; loeld^e ben Snl^alt unferer SSorfteDungen bilben, unb bann l^interbrein !omme unfere fubjectiDe S£l^ätigleit, loelc^e burd^ bie Dorl^er erio&l^nte Operation beS Stbftral^irenS unb beS 3ufammenfaffenS beS ben ®egenftinben ®emeinfcbaftUd^en bie begriffe berfelben btiben. S)er SSegriff ift Dielmel^r baS loal^rl^aft (Srfte unb bie SDinge finb baS, loaS fie finb, burd^ bie 5£]^StigIeit beS il^nen inmol^nenben unb in il^nen ftd^ offenbarenben 93egriff8. 3n unferem religiöfen Settugtfein !ommt bieS fo Dor, bag mir fagen, ®ott l^abe bie Seit aus 9tid^tS erfdgaffen, ober, anberS auSgebrfldt, bie SBelt unb bie enblid^en S)inge feien aus ber gfftlle ber gSttUd^en ©ebanlen unb ber göttlichen Statl^fd^täffe hervorgegangen. 3)amit ift anerfannt, bag ber ®eban!e unb n&l^er ber 93egriff bie unenblid^e (^orm ober bie freie fc^Spferifc^e 2:i^&tig!eit ift, loelc^e ni^t eines augerl^alb i^rer vorlganbenen ©toffs bebarf, um ftd^ ju realipren."^

3. S)er befonbere ©cgriff.

3)cr allgemeine Segriff ift nid&t abftract, fonbern concret, er unter=

fd^eibet fid^ Von ftd^ felbft, loie eS im Segriff ber @ub|ectivitat (beS

©clbftbemufetfeinS, beS 3d&) liegt: er befitmmt fic^. 2)er allgemeine

SSegriff in feiner Seftimmtl^eit ip ber befonbere Segriff ober baS fdt-

1 ^egcl. V. A. S)er allgemeine »egtiff. 6. 35-41. »b. VI. A. S)er fub« iectb* »cgrtff. a. S)eT »egriff aU folfter, § 163. 3uf. 1. 3uf. 2. @. 320-323.

84*

532 2)te Se6re oom SSegriff.

fonbete, bie 6eftimmte ®attung ober bte %xt S)amti tfi unmittelbar eine äJerfd^iebenl^eU be« Sefonbcren, ein Untetfdfeicb ber 9rteti gefe^. bie einanber ergftnjen unb eine looUt Wtzifttizxt auSntad^en, an ber milii fel^It: bied ifl ber äSegriff ber Sini^ett ober 93oIl{ianbtg!eit; ©attung aber ate ber Inbegriff il^rer Srten ifl bie Zotalt tftt

S)ie Selbfiunterfd^eibung bei) StKgemeinen ifl feine 2)ifferen3tTung, 93efonberung, @t>ecification, bie alfo nic^t t)on äugen an baffelbe ^am gebrad^t loirb, fonbem aus il^r felbft ]^ert}orge]^t. SDer Begriff i| baS $rinci)} feiner Unterfd^iebe. ,,2)aiS $rincip entl^ftlt ben Slnfang unb ba8 3Befen feiner 6ntmi(f(ung unb Stealifation; irgenb eine anbete »efiimmtl^eit beS »egriff» ober ifl unfrud&tbar." «tte ©elbfhitttcr= fd^eibung ifl ISntgegenfe^ung, unb ba ber Segriff ftdg nur Don üti felbfl unterfdbeibet unb e8 !eine anbere SSerfd^tebenl^eit in i^m gtebt, fo !ann eS int ®runbe oud^ nur aioei Slrten geben: ber beflimmte 9e= griff unb ber unbeilimntte, „eine äSeflimmtl^eit aber ifl bie Unbeflinimt' l^eit, tDtil fie beut Seflimmten gegenüber flehen foU''. (&§ ift bal^ !eine anbere loal^rl^afte lEintl^eilung, als ba% ber Segriff fid^ felbfl aut bie Seite fteUt; als bie unmittelbar unbeflimmte SlKgemeinl^ett; ebea bieS Unbeftimmte mad^t feine Seflimmtl^eit ober bag er ein Sefonbere^ ift. SBeibeS ifl baS Sefonbere unb ift bal^er coorbiniri S3eibeiS vi Qud^ als SefonbereS baS Seflintmte gegen baS SUgemeine; eS l^tBt bemfelben infofern fuborbinirt."^

4. ^aS Sinaelne.

SDaS Sefonbere ift aud^ ein SlQgemeineS, bie Sfrt ifl audft eine ®attung unb als fold^e ber ©pecification fonool^l beb&rftig ats f&l^ig. bie bis gu einem $un!te fortfdgreiten mug, ber ftd^ nid(|t weiter ^ptä^ ficiren lägt. 2)te t^oKenbete @):>ecificQtion ifl bie ^nbtoibualifirung. 2)er inbioibualiftrte Segriff ifl baS (Sinjelne, biefeS einjelne, a&e# Rubere Don fid^ auSfd^Iiegenbe Subject, nid^t bie begrifflofe Sinaelm l^eit, nid^t baS eingetne 2)ing, melc^eS man nur meinen binn unb mit bem (Ringer geigen (monflriren) mug, um noiffen gu laffen, loai man meint, toie bie $^&nomenoIogie bargetl^an ]^at^ fonbern bie ht- grifflic^e Singelnl^eit ober ber eingelne Segriff, ber bie (Sinl^ett hH ^tdgemeinen unb Sefonberen auSmad^t.^

» »b. V. B. S)et befonbere »euriff. 6.41—58 (bef. 6.41-43, S.46 «.47. 2 6. oben »u4 n, dap. VI. 6. 306—309. » ^eßel. V. C. SkiS Ctn^elBe. €.58-63. VI. § 164 u. 165. 6.323-325.

2)ie 6ttbicctit)tt&t 533

9Bie ftd^ baS etttgelne mtrSid^e Subject jur @u6iectiDttät, bo^ eingelne tnbiDibueKe 3(^ jutn @eI6pett)uBtfetn, fo t^erl^&It fid^ baS Stn}elne gum SSegriff üfietl^au^t. SlDgetneinl^ett, SBefonberl^eit unb Sinjelnl^ett finb bte SRomente beg Segriffg. 3Ba8 im SBefen aU Steftesion bie 3benttt&t loar, baS ifi im Segriff baS SHIgemeine; load bort ber Unterfd^ieb toax, ifi l^ier bai SBefonbere; toas bort ber ®ntnb tDQt, ifi l^ier baS Sinjelne. »^XDgemeinl^eii, Sefonberl^eit uttb Sinjeln- ]§eit ftnb abftrocl genommen boffelBe, loaS 3bentität, Unterfc^ieb unb ®ntnb. Sfber baS SlQgemeine ifi baS mit ftd^ ^bentifd^e auSbrädE- lid^ in ber SBebeutung, bag in il^m gugleid^ bo8 Sefonbere unb (Singeine entl^alten fei. (ferner ifi bad Sefonbere baS Unterfd^iebene ober bie 93efiimmt]^eit, aber in ber Sebeutung, bag e8 allgemein in ftc^ unb SingelneiS fei. Sbenfo l^at. baS (Singeine bie 93ebeutung, bafe e8 ©ubject, (Brunblage fei.*^

S)er 93egriff ifi fottol^I bie Unterfd^eibung al8 bie (Sinl^eit feiner SRomente, unb gioar bereu unmittelbare (Sinl^eit. Slls fold^e l^at ber 93egriff fid^ gu fe^en (auSeinanbergufe^en) ober gu entmideln. SDiefe feine SntmidlungSform ifi bai$ Urtl^eil, baiS ftd^ in feine äJlomente al8 in Subject unb $r&bicat unterfd^eibet unb burd^ bie @o))uIa beibe unmittelbar Der!nttpft ober ibentifdg fe^t. S)em Subject toirb ba8 $r&bicat ertl^eilt: biefe (Ertl^eilung ifi baS Urtl^eil, loie eine gerid^tlid^e (Sntfd^eibung, ein Urtl^eil im eminenten @inn, ertl^eilt loirb. ^egel n)iD baS Urtl^eil ald eine Ur-Zl^eilung, urf))rttnglid&e Sl^eilung bes Se« griffs in feine SRomente angefel^en loiffen unb möd^te bemgem&g fic^ bie (St^mologie bed SBorteS einrid^ten. ^S)ie et^mologifd^e 93e= beutung beS Urtl^eiU in unferer ©prad^e ifi tiefer unb brüdt bie Sinl^eit beS 93egriff8 al§ ba^ (Srfie unb beffen Unterfdgeibung aU bie urft)rünglid&e Sl^eitung ani, tood baS Urtl^eil in Sßal^rl^eit ift.'''

3n ber getodl^nlidgen Sogi! f))ielen bie 93egriffe, Urll^eile unb Sd^Iüffe unb bereu Sintl^eilungen eine fel^r ausgebreitete SloDe; ba ifi bie Siebe Don bun!Ien, üaren unb beutlid^en Gegriffen, le na(^= bem il^re SJlerlmale unterfc^ieben ober nic^t unterfd^ieben loerben, Don abSquaten unb inabSquaten, je nad^bem fte mit il^ren (Segenfi&nben übereinftimmen ober nid^t fibereinfiimmen, Don bem ®egenfa^ ber a3e- griffe, bem contriren unb contrabictorifd^en, bem Serl^&Itni^ ber 93e=

» »b. V. 6. 59. VI. § 164. @. 323 u. 324. « »b. V. 6. 63/ VI. 166. 6.326.

534 ^ie Seigre k)om SSegriff.

griffe, ber Soorbtnation unb Suborbtnation, üon bem Sn^att un^ Umfang ber ^Begriffe na$ ber Sül^I t^i^^i^ 3ner!inale u. f. f. SDlerl^ male ftnb S^ic^^n für baS fubjectiDe ßrfenneit, fär bie äußere Steflertoii 2)a es ftd^ in ber SBiffenfd^aft ber 8ogi! um bie SntmicÜung ber Se» ! griffe unb beren immanente Sefiimmungen ^onbelt, fo lann nxdiU^ unmiffenfd^afttidger fein als bie Seigre üon ben „SRerlmalen", loeltbe i bie Sc^uitogif bel^errfd^t unb ein red^teS 3ei(i&en il^rer „Serfommen^eit' ifi: fiatt ber inneren SBeflimmungen beS Begriffs giebt fie bie aRerf= | male ber duneren SlefKe^ion! 2)ie O^ormen ber 93egriffe unb Urt^eile , werben nid^t entmicfelt, fonbem, iDie ftd^ biefelben in ber ^rfo^ruiig oorfinben, aufgenommen unb neben einanber gereil^t. „3Ran erl^Alt', fagt ^egel, „auf biefe SBeife eine empirifc^e ßogil, eine fonberbate Siffenf^oft, eine irrationelle ßrfenntnig beS Stationelleti." ^

S)iefe fogenannte formale Sogi! betrachtet bie Segriffe, Urt^tk unb @(i^iaffe als leere 2)en!formen, beren SBal^rl^eit bon bem ^n^alte abl^&ngt, ber il^nen fremb unb gleid^gfiltig ift. „Sß&ren loirDicb bie logifd^en O^ormen beS ^Begriffs tobte, untt)ir!fame unb gteid^fltttge Sr- l^dltniffe Don SorfteQungen ober ®eban!en, fo loSre il^re Aemihtig eim ffir bie Sal^rl^eit fel^r überflüfftge unb entbel^rlid^c ^iftorie. 3n ber Sl^at aber finb fte umgelel^rt als C^ormen beS ^Begriffs ber lebenbige ®eifi beS SBirllid^en, unb oon bem SBirltit^en ift tt)a]^r nur, idqI !raft biefer O^ormen, burd^ fie unb in il^nen mal^r ift. »2)ie SBal^rl^eit biefer formen ift aber feitl^er nie betrad^tet unb unterfu^t ©orben, ebenfotoenig il^r notl^toenbiger Sufammenl^ang/ *

n. SDaS Urt^eil.

3)aS Urtl^eil ift Kategorie, b. ]§. eS ift eine notl^toenbige Oform nidgt blog beS 2)enIenS, fonbern aud^ beS Seins ober beS SBefens ber 3)inge. SBenn ein 3)ing feine ßigenfd^aften entfaltet, fo mantfefliit eS fidg oIS ein Subject, melc^eS feine ^räbicate auSeinanberlegt, b. b. eS offenbart fi(^ als ein Urt^eil. SDaS Problem beS 2)ingeS unb feiner Sigenfd^aften loar aus bem Segriffe beS 3)ingeS nid(|t ooDtommen au^ gulöfen; bagegen ift baS SSerl^ättnig beS einen SubjectS unb ber SSteb ^eit feiner ^rdbicate auS ber @ntn)idnung beS SubjectS ober au8 bem Segriffe beS Segriffs DoDfommen einleuc^tenb. 3ebeS Sing ift eia Segriff unb als folc^er ein Subiect, baS ftd^ entmidEett.

> ©b. V. «nmerf. 6. 50-58. (6. 51.) - « »b. VI. § 162. 6. 819.

mt 6itbiecttt)it&t. 5S5

SDaiS Urtl^etl ift eine jtategorie ber @u6iecttt)itat. 2)te Se« griffe als aOerJ^anb (Gattungen unb Sitten fleden nid^t blog in unferen Aö))fen, fonbem mir felbfl finb 93egriffe ober Subjlecie; unb ebenfo ifl bie Subiectiüit&t in il^rer Sefonberl^eit ober Seflimmtl^eit in jebem 2>ing entl^alten unb ntad^t baS SBefen bef[elben aus.

@S l^anbelt fidg um bie Stlenntnigioertl^e ber Uril^eile, bie nieberen unb l^öl^eren : bieS ftnb bie Stufen beS Urtl^eilS, loelc^e entloidCett fein n)oIIen, eine Slufgabe, meldte ^egel gum erfienmale gefleQt unb gu löfen t)erfu(i^t l^ot. 3)a bie $aut)t{lufen beS 2)en!en8 boS @ein, baS SBefen unb ber SSegriff ifi, fo unterfd^eibet ^egel bemgemA^ als bie @tufen beS Urtl^eilS baS Urt^eil beS S)afein8; baS beS äBefenS unb baS beS SegriffS.

©er aSegriff beS SBcfen« tl^eilt pdö in bie »egriffe ber Steflejion (Segiel^ung) unb bie ber 9{oi^tt)enbigIeit, Don jenen gu biefen fort= f(6reiienb. SDemgemdg I&gt ^egel audg baiS UrtJ^eil beS 3Befen9 in bas Urtl^eil ber 9tefIe£ion unb baiS ber 9loi]^menbig!eit jtd^ tl^eilen unb oon jenem gu biefem forifc^reiten. @o unterfc^eibet er in feiner Seigre t)om Utt^eil biefe oier Slrten: „hai Urtl^eil beS 2)Qfein8, bad ber Sleflejcion, baS ber ^lotl^ioenbigleit unb baS bed Segriffs". Stber ^bie .Derfd^iebenen Slrten beS Urtl^eilS finb nid^t atS mit gleid^em SBertl^e nebeneinanber ftel^enb, fonbem Dielmel^r aU eine Stufenfolge bilbenb ju betrad^ten, unb ber Unterfd^ieb berfelben berul^t auf ber logifd^en »ebeutung beS $r&bicatS/^

3!Han mug mo^I unterfd^eiben gmifd^en @d^en unb Urtgeilen. 9lid|t ade @a^e finb Urtl^eite. 9{otigen, »efel^Ie u. f. f. ftnb !eine Urt^eile. 9lur fold^e @ä^e ftnb Urtl^eile, in benen eS ftd^ um äSe» grflnbungen unb SBegriffSbeftimmungen l^anbelt. Sludd mug man mol^I unterf(^eiben gtt)ifd5en Urtl^eit unb Urtl&eil unb bie begrifflid& Der» fd^iebenen Urtl^ei(e nid^t für gleid^mertl^ig anfeilen, mie bie gemo^nlid^e Sogif tl^ut, bie gmei Urtl^eile, mie bie folgenben, nid^t gu unterfd^eiben toeife: ,,bie Stofe ift rotl&" unb „bie SRofe ift eine 5PfIange", „baS ©olb ift gelb" unb „baö ©olb ifl aJletatt" u. f. f.

3)er 93egriff ift gunfid^ft gmar bie unmittelbare Sinl^eit feiner SJlomente; ba biefe aber in einanber gegrünbet finb unb logifc^ gu- fammenl^Sngen, fo ift er aud^ beren Dermittelte ober begrttnbeteSin= l^eit, meSl^alb bie Kopula „ift", biefer ?lu8brudf ber unmittelbaren

» »b. VI. § 171. 3uf. @. 333.

528 2)te Seigre oom Segtiff.

^errfd^t, nadg loeld^er bie 93egrtffe ntd^tS anbered aU bte aKgemettten unb abfiracten JBorfteKungen ftnb, mläit ber aSerftanb aus ben ^nfd^auungen geminttt, bel^ält unb l^at. 3dg l^abe ben SBerfianb, urie bas 2)ing Sigenfd^aften ^at, idg l^abe traft beS 93er{}anbe8 ^^SBegrtffe" unb ben 99egrtff, ,,tDie id^ aud^ einen IRod, (^atbe unb anbete Augei- lic^e ßigeufd^aften l^abe".^

Unter bem 93egriff, Don beut nunmel^r bte 9lebe i^, unb Don beffen rtd^ttger Sluffaffung baS S)erftänbnig ber l^egelfc^en fiogt! unb Seigre abfangt, ift !etn Sbfltoctum au Derftel^en, »te 3Rm](b, %f)m, $flan)e, Stein u. f. f., fonbem, loie fd^on am @d&lug bed legten @apiteli^ bargetl^an lootben ift, unb loie aud ber (SnttoidDung ber Se« griffe ber 9totl§n)enbig!eit, ber @u6ftanj, Saufalitftt unb äBed^feltoixbtng, b. ^. „aus ber ®enefid bed 93egriffd'' erl^ellt: baS 3d^, bas Selbfl bemugtfein, ober bie Subjectiüität, loelc^e bie Srienntnig, bad loal^re ober obiectioe S)en!en begrflnbet unb ntad^t, bie Stotl^ioenbigleit au^ ^ebt, inbem fie biefelbe DerU&rt, b. 1^. fiar ober er&nnbar ntad^t. S)ed^alb nennt ^egel bie (^eil^eit fel^r gut „bie entl^fiDte IRotl^toenbig' feit'. äBenn ber @))inoaii3niug gilt unb bie @ubfiang ber l^öd^fie aUer 99egriffe ifl, fo ifl bie Subjectiüit&t unb mit il^r bie Sr!enntniB um ntöglid^r fo ift unb bleibt bie Slotl^ioenbigleit blinb, fte !ann fid^ nid^t entJ^üKen, unb e6 lann aber]§au):>t nid^td entl^flOt merben. SDen @)>ino= }i§muS miberlegen l^eigt nad^toeifen, bag biefed ©Aftern nid^t ber l^ödb^e SlanbpunH, bag ber 93egriff ber ©ubftanj nid^t bie ^öd^fle Aategorie ift, ba§ es einen l^bl^eren @tanbt)un!t giebt, ber ftd^ bem @))ino}i8mu8 nicbt entgegenfe^t, fonbern benfelben fid^ unterorbnet. Unb bie eingig rid^tige SBiberlegung befielet barin, bag man ben 93egriff ber @ub^an} entmidCelt unb DoQenbet. „W)zx biefe ä^oUenbung ifl nidbt mel^r bie ©ubflang felbfi, fonbern ifl ein ^ol&ere«, ber SBegriff, bad ©ubject/*

SBir finb Don bem 93egriffe beS Seins gu bem 93egriffe beS SBefenS fortgefd^ritten unb l^aben es nunmel^r mit bem ^Begriffe beS 9t' griffs gu tl^un als bem britten unb legten ^au))tt]^ema ber Sogit Unb ba ifl eS benn Dor allem nötl^ig, bag man Don bem Segriff ben ridgtigen Segriff ^at, um nid^t in aUerl^anb aRi^Derft&nbniffe unb 93er^ n)irrungen gu geratl^en. SBir fdnnen Don l^ier aus fd^on eine Ueber^ fid^t Aber ben @ang beS legten Zl^emaS geioinnen. 2)ie @u6|ectiDit&t ifl ber ®runb aller @r!enntni§, aller loal^ren unb objediDen Segriffe, aller ObjectiDität; ballet fäl^rt unS ber ®ang unfereS Xl^emaS Don ber

' Sbenbaf. 6. 14. - * Sbenbaf. 6. 9 u. 10.

2)te 6ubiectimt&t. 529

@tt6)ecttt)tt&i jur OBiecttDitat ober Dom fubjecttDen Segriff )utn objectben unb gule^t }ur Sinl^eit betber, loeld^e ^egel mit bem SBorte 3b cc bejciAnct.^

3Btr l^aben ben Segriff gteiti^gefe^t bem Subject ober ber @elb{}= t)ertt)ir!U(i&ttng, loaS ftd^ mit ber Subiectibit&t becft. steine ber bisl^er enttoidCelten jtategorien !ommt bem begriff ber (Snttt)t(!Iung fo gleid^ unb brfldt benfelben fo abAquat aitd, loie ber SSegriff ber Selbftber- loirfltd^ung, bie als folti^e fd^on (SntioidEIung ifl. SBaS ftd^ enttoidCelt, gel^t in Ruberes über (Sein) unb ifi in Snberem ibentifd^ mit ftd^, olfo bie Sinl^eit ober Sotatit&t aDer 93e{limmungen (äBefen). ^2)a8 Ofortgel^en bed Begriffs ift nid^t mel^r Uebergel^en nod^ Scheinen in atnbereS, fonbem enttoidtung/* SerJBegriff ber ©elbliDertoirflidfeung unterfd&eibet fitj in baS ©elbfl (©ubiectiöitftt), beffen SBcrtoirllicbung ober 9lea(i{trung (Stealität ober DblectiDitfit) unb ifl bie (Sinl^eit beiber (©ubiectsDbject ober 3bee).

3ioei SBebingungen muffen erffldt fein, um bie Seigre k)om 93egriff gu ber aSebeutung )u erl^eben, in loetd&er ^egel biefelbe gefaxt unb auSjufü^ren ftd^ bie 3tufgabe gefegt l^at. SrjlenS mußten bie SDenl- formen, aU ba finb bie Segtiffe, Urtl^eile, Sdglflffe unb bereu f8n« l^&Itniffe als gegebene Sl^atfad^en er!annt, befd^rieben unb ins SSemu^t- fein erhoben fein, roai, mit fc^on bemer!t, baS au^erorbentliAe 93erbienft beS SlriftoteteS toar; gioeitenS mu^te bie ©ubjectiDität ober baS @elbft- ben)ugtfein (3d^) als bas $rincit) atteS toafixzn unb objectitoen S)enfenS, b. 1^. als ber Segriff im eminenten @inne beS SBortS entbedEt unb bargetl^an fein. SDieS l^at Aant getl^an in feiner Seigre t}on ber f^n» t^etifd^en Sinl^eit ber Slpperception unb ber transfcenbentalen 2)ebuction ber Kategorien. »@S gel^ört ju ben tiefften unb loic^tigften Sinfid^ten, bie ftd^ in ber jhitil ber reinen SSernunft ftnben, bag bie Sinl^eit, bie baS SBefen beS SegriffS ausmalt, als bie urfprflnglid^s f^ntl^etifdge Sinl^eit ber Wfpzxttptidxi, als (Sinl^eit beS «3d^ ben!e» ober beS ©elbPeiou^tfeinS erlannt mirb. S)iefer @a^ mad^t bie fo- genannte tranSfcenbentale S>ebuction ber Kategorien auS; fie l^at aber t)on feiger für eines ber fc^ioierigflen Stüdfe ber lantifd^en $]^iIo- fopl^ie gegolten."*

1 ebenbaf. einl^eilung. 6. 30-32. - « »b. VI. § 161. 6. 317. - 8 S3b. y. 6. 14. fß^i. meine ®ef4. bet neuem ^l^ilofop^te. 3ub.-9(n<g. SBb. IV. (4.auf[.) »U(6 IL 6ap. V. 6.401-410, in8bef. 6. 407 u. 408.

580 Sie Se^re bom äSegriff.

2. Set attfiemeinc Segriff.

SDer 93egrifF ober baS Subject, tote und berfelBe oud ben ent» iDtcfetten SSegriffen ber 9lot]^U)enbtg!ett unb ber Subflanj l^erDorgegcngnt, tfl bte freie, unbebingte, urfprflngltd^e, aUeS in ft4 begreifenbe (Sin^eit, er ifl ate fold^e ber allgemeine 93egriff ober baS Stllgemeine, bte l^erDorbringenbe ober concrete, ntd^t bie l^ertoorgebrad^te ober abflrocte Xttgemetnl^eit. S)iefe te^tere mod^t ber SSerftanb, inbem er feine Sox« fieUungen bergleid^t, bon il^ren t>erf(i^iebenen STlerlmalen abfielet ober abflral^irt, biefelben toeglA^t unb bie gemeinfamen Dereinigt. Xuf bem Sege einer foldgen Sbftraction unb 3ufammenfaffung entfielet bad abfiract SlUgemeine ober (Semeinfame. (Ss i{i ein groger Unterfd^ieb jtoifd^en bem mal^rl^oft ^IDgemeinen unb bem ®emetnfamen. @o ifl ber loal^rl^oft allgemeine SSiQe ber Vernünftige 3BtIIe, ber nid^ts anberefi miQ ate bai bem 93egriff ober Su^ed eines 93oI!i3 gemäße, barum aud^ ber gefe^geberifd^e 9BiIIe ift ober fein foD, ttSl^renb ber gemeinfame äßiUe ober berjenige SBiKe, in meld^em aQe @in}elnen flbereinftimtnen, fel^r Demunft» unb jmedEmibrig fein !ann unb in t>ielen tS^Utn tfl. Slouffeau l^ot in feinem ccontrat social» biefen Unterfc^ieb beS loa^rl^aft affgemeinen unb beS gemeinfamen SBiffenS treffenb bejeic^net: er nennt jenen <la volontö gön^rale», biefen <la volonte de tous», unb „er mflrbe", loie ^egel rid^tig bemerlt, „in SBejiel^ung auf bie Xl^eorie bH Staats ©r&nblic^ereS geleiftet l^aben, n)enn er biefen Unterfd^ieb immer bor Xugen gel^abt l^&tte. 2)er affgemeine SBiffe ifl ber Segriff beS SBiffenS unb bie ®efe|e ftnb bie in biefem 99egriff begrfinbeten 6e^ fonberen 93e{iimmungen beS 3BiffenS/ SJBenn man bie c volonte de tous» gleid^feftt ber «volonte gönörale», toie e8 bie franjöfifd&e Sleoo^ lution unter bem (Sinfluffe SlouffeauS getl^an l^at, fo merben bie ®e= fe|e nid^t mel^r bon ber Staatsgemalt, fonbern in ben AlubS unb auf ber ©trage gemad^t.

Srft aus btm begriffe bes mal^r^aft Slffgemeinen, angeioenbet auf ben SRenfdgen als foldgen, erl^efft ber 99egriff ber SReufd^enmürbe ober ber $erfönlidg!eit, ber auS einer SSergleid^ung ber @in)elnen niemals l^erborgel^en, niemals als ettoaS abftract ^IffgemeineS ober ®emeinfd^aftlid^eS aufgefaßt merben tann. SDarüber l^at ^eget in feinen logifd^en 93orlefungen einbrudESüoQ unb bebeutfam gerebet: „S)aS Stff* gemeine in feiner maleren unb umfaffenben Sebeutung ifl ein ®ebanfe, bon meld^em gefagt toerben mug, bag eS 3[a]§rtaufenbe geloflet l^at, bebor berfelbe in baS äSemugtfein ber 97lenfdgen getreten unb meldtet

S)tc @u(iectbttat. 531

erft burdg ba^ gl^tifteittl^um ju feiner DoDen 9[ner!enttung gelangt \% 2)ie fonfl fo l^oc^ gebtibeien ©riechen ^aben meber ®ott in feiner loal^ren SlOgemeinl^eit getDu^t nocb ciud^ ben äJlenfd^en. 2)ie ®ötter ber ©ried^en mren nur bte befonberen äJläc^te bed ®eiftei$, unb ber allgemeine ®ott, ber ®ott ber Stationen, mar ffir bie Sft^ener notb ber verborgene ®ott. @o beflanb benn aud^ fttr bie ®ried^en jioifdden il^nen felbft unb ben ^Barbaren eine abfolute Aluft, unb ber äRenfc^ als foldger tt)ar nod& nid^i anerfannt in feinent unenblid^en SBertl^ unb feiner unenbtid^en 93ered^tigung." ,,3)er loal^rl^afte ®runb, melSl^alb eS im d^riflli(i^en @uro))a leine @cIaDen mel^r giebt, ifi in nid^ts anberem aU im principe bed @^rifient]|umd felbfi gu fu^en. S)ie (i^rifilidbe 9letigion ift bie 9leIigion ber abfoluten ^^reil^eit, unb nur bei ben €]^rif}en gilt ber SJlenfc^ aU folc^er in feiner Unenblid^Ieit unb 9ID' gemeinl^eit. SaS bem ScIaDen fel^It, ba2 ifl bie 9[ner!ennung feiner $erfönlid^!eit; baS ^rincip ber $erfönli(^!eit aber ift bie 3[IIgemein« l^eit." Sin einer anberen, l^ierl^ergel^örigen ©teile fagt ^egel: «(SS ift ber- fel^rt, anjunel^men, erft feien bie ®egenftfinbe, meldte ben ^nl^alt unferer SSorfteKungen bilben, unb bann l^interbrein !omme unfere fubjecti^e 5£b&tig{eit, loelctie burc^ bie Dorl^er erto&l^nte £)t)eration beS Slbftral^irenS unb be$ 3ufammenfaffen8 beS ben ®egenftänben ®emeinfcbaftlidgen bie begriffe berfelben btlben. 2)er SSegriff ift Dielmel^r baS mal^rl^aft Srfie unb bie 2)inge finb baiS, loaS fie finb, burdg bie 5£]^Stig{ett bed il^nen inn)o]§nenben unb in i^nen ftd^ offenbarenben 93egriff8. 3n unferem religiöfen SSeiougtfein lommt bied fo Dor, bag mir fagen, ®ott l^abe bie Sßelt auS 9ti(^t8 erfc^affen, ober, anberS audgebrßdEt, bie SBelt unb bie enblidgen 2)inge feien au8 ber gfülle ber gottlidgen ®ebanlen unb ber göttlid^en 9latl^fd^lüffe ]|ert)orgegangen. 2)amit ift anerfannt, bag ber ®ebanle unb naiver ber 93egriff bie unenblid^e gform ober bie freie fc^5t)ferif(^e S£]§atig!eit ift, meiere ni^t eines augerl^alb il^rer oorl^anbenen ©toffg bebarf, um ftd^ ju realifiren."*

3. S)er befonbete Jöcgriff.

2)er allgemeine 93egriff ift nic^t abftract, fonbern concret, er unter«

fd&eibet fid6 öon ftd6 felbft, toie c8 im Segriff ber ©ubiectioitit (beS

©elbPemu^ifeiniS, beS 3d&) liegt: er beftimmt fi(|. 2)er allgemeine

SSegriff in feiner Seftimmtl^eit ip ber befonbete Segriff ober baS 93e»

1 ^egel. V. A. S)ex allgemeine »egiiff. 6. 35-41. »b. VI. A. S)cr fub- iectio* »egriff. a. S)er »egtiff aU folfter, § 163. 3uf. 1. 3uf. 2. @. 320-323.

34*

582 S)ie Se6re oom 93egtiff.

fonbere, bte beflimmte ®atiung ober bte %tt. SDamtt tfi unmittefbar eine ä^erfd^iebenl^eit be9 Sefonberen, ein Unterfd^ieb ber Xrten gefegt, bte einanber ergftnjen unb eine DoDe äfle^l^ett auSntad^en, an ber ni^tft fel^tt: bied tfi ber Segrtff ber Sltll^eit ober 93oU^Anbis!eit; bte ©Qitung aber al9 ber Inbegriff i^rer Xrten tfi bie Zotalitfti

SDte Selbflunterfdgetbung beiS ttKgenteinen ifl feine 2)tfferen}ining, Sefonberung, €))ecification, bie alfo nid^t t)on äugen an baffelbe l^eran- gebrad^t loirb, fonbern aus il^r fetbfl l^eroorgel^t. SDer Segriff tfi baS $rinci)) feiner Unterfd^iebe. «S)ai3 ^rincip entl^ftlt ben Anfang unb baiS 3Befen feiner Sntmidftung unb 9lealifation; irgenb eine anbere »epimmtl&eit be« Segriff« aber tfi unfrud&tbar/ «ffe ©elbfiunter« fd^eibung ifi Sntgegenfe^ung, unb ba ber Segriff ftd^ nur t)on ft(6 felbfi unterfdbeibet unb e8 leine anbere SSerfc^iebenl^eil in il^nt giebi, fo !ann e$ int ®runbe aud^ nur jtoet Slrten geben: ber befiimmie Se» griff unb ber unbefiimntte, ^eine Sefiimmtl^eit aber ifi bie UnbefKinrnt^ l^eit, toeil fte htm Sefiimmten gegenüber fiel^en foQ". Sd ifi bal^er !eine anbere toal^rl^afie Sintl^eilung, als bag ber Segriff ftd^ fetbfi auf bie Seite fieUt, aU bie unmittelbar unbefiimmte SlKgenteinl^eit; eben bieS Unbeftimmte madgt feine Seftimmtl^eit ober bag er ein SefonbereS ifi. SeibeS ifi baS Sefonbere unb ifi bal^er coorbinirt. SeibeH ifi auc^ als Sefonbered balS Sefiimmte gegen bas StUgemeine; eS ^t|t bemfetten infofern fuborbinirt."^

4. Xai Stnaelne.

S)a8 Sefonbere ifi aud^ ein SlQgemeineiS, bie Sri ifi aud^ eine ®attung unb al8 folc^e ber S^iecification folool^I beb&rftig att fä^tg, bie bis ju einent $un!te fortfd^reiten ntug, ber ftd^ nid^t loeiter f))ed^ ftciren I&gt. 2)te DoKenbete S^^ecification ifi bie 3[nbtDibuaIifirung. 2)er inbiüibualiftrte Segriff ift baS Sinjelne, btefeS einjelne, aOeS Rubere \>on ftd^ auSfdgliegenbe Subject, nid^t bie begrtfflofe Sinjelm ]§eit, nid^t baS eingelne 2)ing, loelc^eS man nur meinen binn unb mit bem (Ringer geigen (monfiriren) mug, um miffen )u laffen, soad man meint, tote bie ^l^&nomenologie bargetl^an ]^at^ fonbern bie be= grtfflid^e Singelnl^eit ober ber einjelne Segriff, ber bie Sinl^eii bes StQgemeinen unb Sefonberen auSmad^t.'

1 »b. V. B. a)er befonbete »egriff. 6.41-58 (bef. 6.41-43, 6. 46 n. 47). 2 @. oben »tt4 n. ©ttp. VI. 6. 306-309. - » §egel. V. C. ^a< €itt|elne. €.58-63. VI. § 164 u. 165, 6.323-325.

2)ie 6ubiectit)it&t. 533

9Bte ftc^ bad einzelne U)irlli(i&e @ubiect jur SubiecttDit&t, boS einjelne tnbit}tbuelle 34 3um @eI6fi6eiDugtfetn, fo ))et]^äU ftd^ baS @in}elne gum 99egnff überl^au^t. Mgemeinl^ett, SBefonberl^eit unb Sinjeln^eit finb bte SRomente beS Segriff^. äBat im SBefen aU 9tefi[e£ton bte 3bentttftt tDüt, ba8 ifl int Segriff baS Slttgenteine; loaiS bort ber Unterfd^ieb loar, ifi l^ter bad SBefottbere; toas bort ber ®ntnb toar, ifi ^ier boS (Singeine. ,,9lIIgeniein]^eit, 93efonberl^eit unb Sinjeln- l^eit ftnb abflract genommen baffeße, toaS 3bentitat, Unterfd^ieb unb ®runb. Sfber baS StOgemeine ift baS mit ftc^ ^bentifd^e auSbrädE« Iid& in ber Sebeutung, bo^ in il^m gugleid^ boS Sefonbere unb Singeine entl^alten fei. Sferner ifl bad SBefonbere baS Unierfd^iebene ober bie 93eflimmt]^eit, aber in ber 93ebeutung, bag eS allgemein in ft(^ unb als (Eingelned fei. Sbenfo l^at. baS (Singeine bie 93ebeutung, bafe ©ubiect, (Brunblage fei.*^

2)er 93egriff ifl foiool^I bie Unterfd^eibung ate bie Sinl^eit feiner SRomente, unb gioar bereu unmittelbare Sinl^eit. ^U fold^e l^at ber 93egriff ftd^ gu fe^en (auSetnanbergufe^en) ober gu enttoidfeln. 2)iefe feine SntnoidEIungSform ift bai$ Urtl^eil, baS ftd6 in feine äJlomente als in @ub]ect unb $r&bicat unterfd^eibet unb burd^ bie @opuIa beibe unmittelbar t>er!nttpft ober ibentifd^ fe^t. S)em Subject toirb bas $r&bicat ertl^eilt: biefe (Srtl^eilung ifl baS Urtl^eil, toie eine gerid^ilid^e €ntf(beibung, ein Urtl^eil im eminenten @inn, ertl^eilt toirb. ^egel will bas Urtl^eil als eine UrsXl^eilung, urf))rfinglid&e Sl^eilung beS 93es griffs in feine SDIomente angefel^en loiffen unb möd^te bemgemfig fic^ bie (St^mologie beS SBorteS einrid^ten. „2)ie et^mologifd^e SBe^ beutung beS Urtl^eilS in unferer @prad()e ifl tiefer unb brädt bie Sinl^eit beS Begriffs als baS (Srfle unb beffen Unterfd^eibung als bie urfprünglid^e £^eilung aus, loaS baS Urtl^eil in Sßal^rl^eit ift/'^

2[n ber gelodl^nlidgen Sogi! f fielen bie 93egriffe, Urll^eile unb Sd^lflffe unb bereu Sint^eilungen eine fel^r ausgebreitete 9loDe; ba ift bie Siebe t>on bun!len, üaren unb beutlid^en Segriffen, je nad&= bem il^re SJlerimale unterfdgieben ober nid^t unterfd^ieben loerben, Don ab&quaten unb inabäquaten, je nad^bem fte mit il^ren ®egenfl&nben fibereinflimmen ober nid^t flbereinfKmmeU; ))on bem ®egenfa^ ber be- griffe, bem contr&ren unb contrabictorifdden, bem Serl^&Itni^ ber 93e-

» 93b. V. 6. 59. VI. § 164. @. 323 u. 324. - « »b. V. 6. 63; VI. §166. 6.326.

534 S)ie Seilte k)om SSegriff.

griffe, bet Sootbination unb @uborbtnatton, t>on htm 3n^alt unb Umfang ber ^Begriffe na$ ber SafjH x^itx 97lerlmale u. f. f. 3Rerl^ male ftnb Seichen fflr baS fubjecüüe Stfennen, fär bie Äußere Steflestoit. 3)a es fid^ in ber äBif[enfd^aft ber 8ogi! um bie Sntmidlung ber 93e^ griffe unb beren immonente 99eftimmungen ^anbett, fo !ann niclitt unn)iffenf(|aftli(|er fein al8 bie ße^re Don ben „SWerlmalen", toeld^e bie @d^uIIogif bel^errfd^t unb ein red^teS 3eid^en il^rer ^9)er!ommen^eit" ifi: ftott ber inneren 93e{timmungen beS 99egriffS giebt fie bie 3RtxU male ber Süßeren Slefte^ion! S)ie ^^ormen ber Segriffe unb Urtl^eile werben nid^t entnoidEelt, fonbem, tt)ie ftd6 biefelben in ber ^rfal^rung oorfinben, aufgenommen unb neben einanber gereift. ^3Ran erhalt", fagt ^eget, „auf biefe SBeife eine emt)irif<6e Sogil, eine fonberbare Siffenfd^aft, eine trrationelle (Sr!enntnig beS 9tationeIten/^

SDiefe fogenannte formale ßogi! betrachtet bie Segriffe, Urt^eile unb @(i^I&ffe atd leere 2)en!formen, beren äBal^rl^eit bon bem ^nl^atte abl^ängt, ber il^nen fremb unb gleid^gültig ift. „Sßären loirHid^ bie logifd^en O^ormen be9 Segriffs tobte, unn)ir!fame unb gleid^flltige 93e- l^ältniffe t)on SorfteKungen ober ®eban!en, fo toAre il^re Aenntnig eine fär bie SBal^rl^eit fel^r fiberflüffige unb entbel^rlid^c ^iflorie. 3n ber Sl^at aber finb fte umgelel^rt aU Oformen beS SegriffS ber lebenbige ®ei{l beS SBirüid^en, unb üon bem SBirltit^en ifl loal^r nur, )dq6 !raft biefer Oformen, burd^ fie unb in il^nen toal^r ift. «2)te SBal^rl^eit biefer ^^ormen ifl aber feitl^er nie betrad^tet unb unterfuii^t morben, ebenfouenig il^r notl^menbiger Sufammenl^ang/'

n. S)ag Urt^eil.

3)a8 Urtl^eil ift Kategorie, b. 1^. e8 ift eine notlgttenbige Oform nid^t blog beS 2)enfen8, fonbern aud^ beS @ein8 ober be8 SSefenS ber 2)inge. äSenn ein 3)ing feine @igenfd^aften entfaltet, fo manifefiirt eS fid^ als ein @ub]ect, melc^eS feine ^rfibicate auSeinanberlegt, b. ff. es offenbart fidg als ein Urt^eil. S>aS Problem beS 2)ingeS unb feiner Sigenfd^aften loar auS bem Segriffe beS 2)ingeS nic^t ooQtommen auf» }uIofen; bagegen ift baS Serl^filtnig beS einen SubjectS unb ber Siel« ^eit feiner $r&bicate auS ber (SntioidEIung beS SubjectS ober aus bem Segrtffe beS SegriffS DoDIommen einleuc^tenb. 3ebeS S)ing ift ein Segriff unb als fold^er ein @ub|ect, baS ftd^ enttoidfelt.

> ©b. V. «nmetf. 6. 50-58. (6. 51.) - « 93b. VI. § 162. 6. 319.

2)te 6ubiecti))itfit. 535

S)qS Urtl^etl tft eine Aategorie ber @u6iecttt)tt&t. 2)te Se- griffe als allerl^anb ©attungen unb Sitten fteden nidgt blog in unferen Äöpfen, fonbem »ir felbji pnb Segriffe ober ©ubiecte; unb ebenfo ifl bte @ubiectit)it&t in tl^rer SBefonberl^eit ober Seftimmtl^eit in )ebem S)ing entl^alten unb ntad^t baS SBefen beffelben aM.

Ss l^anbelt fid^ um bte Srlenntnigtoert^e ber Urtl^eile, bie nieberen unb ]§ö]§eren: bieS finb bie Stufen bed Urtl^eiU, toeld^e entioidelt fein »offen, eine Sfufgabe, toAäit ^egel ^um erftenmole geftefft unb 3U löfen oerfud&t l^oi. 2)q bie ^auptftufen beS S)en!enS boS @ein, baS Sefen unb ber 93egriff ift, fo unterfd^eibet $egel bemgem&g aU bie Stufen beS Urtl^eUs boS Urt^eil beS 2)afein3, boS bed SBefeniS unb baS bei» 93egriffS.

S)er aSegriff beS äBefenS tl^eilt fid& in bie Segriffe ber 9tefIe£ion (Sejiel^ung) unb bie ber 9lot]^tt)enbig!eit, t)on jenen 3U biefen fort- fd^reitenb. 2)emgemdg I&gt ^eget audg boS Urtl^eil beS SBefenS in baS Urtl^eil ber Slefle^ion unb baS ber 9tot]^ioenbig!eit fid& tl^eilen unb oon jenem gu biefem fortfd^reiten. @o unterfd^eibet er in feiner Sebre t)om Urt^eil biefe t)ier ^rten: „ba^ Urtl^eil beiS SDofeind, baS ber Sftefle^ion, bad ber Ütotl^wenbigfeit unb bai beS 93egriffiS". Slber ^bie •t)erfd&iebenen Wirten beS Urtl^eito finb nidgt a(d mit gleid^em SBertl^e nebeneinonber ftel^enb, fonbem t)ie(me]^r aU eine Stufenfolge bilbenb gu betradgten, unb ber Unterfdgieb berfelben berul^t auf ber logifd&en »ebeutung be« 5ßräbicQtS/^

9Ran mug mol^I unterfd^eiben gtoifd^en SA^en unb Urtl&eilen. 3liäit offe @&^e ftnb Urt^eile. Stotigen, Sefe^Ie u. f. f. finb !eine Urtl^eile. 9lur fold^e @&^e finb Urtl^eile, in benen eiS fid^ um Se« grttnbungen unb 93egriffSbeftimmungen l^anbelt. 9(ud& mug man mo^I unterfd^eiben jtoifd&en Urtl^eil unb Urt|eil unb bie begrifftid^ öer* fdgiebenen Urtl^eile nidgt für gleidgtt)ert]^ig anfeilen, mie bie gett)öl^nlidge Sogi! tl^ut, bie gmei Uril^eile, koie bie folgenben, nid^t gu unterfi^eiben tteife: „bieÄofe ift rotV unb „bie »ofe ift eine ^Pflange", „baS ®oIb ift gelb- unb ,ba8 ©otb ift SDfletaff" u. f. f.

S)er Segriff ift gunöd^ft gtoar bie unmittelbare Sinl^eit feiner SDlomente; ba biefe aber in einanber gegrünbet finb unb logifd^ gu- fammenl^dngen, fo ijt er aud^ bereu t)ermittelte ober begrflnbete Sim l^eit, »eSl^alb bie ßopula ,,ift", biefer SluSbrudC ber unmittelbaren

> S3b. VI. § 171. 3uf. 6. 333.

586 2)ie Se^re Dom Sedttff.

Stn^eit 3tt)ifd&en ©ubject unb $r&btcat, olfo atui^ baS Urt^eil als fold^es, biefe unmittelbare SBerinfl^fung atotf^en Subject unb ^rdbicat, }ur (SntioidKung beS SSegriffd ntd^t auiSreid^t; bal^er mug in bet (gnt- toidlung unb gfortbeftimmung beS Urtl^eild ein $unft erreicht mexben, in loeld^em bie €o))uIq „fi(^ erfflllt" unb bie !Bet!nü))fung stoifd^en Subject unb $r&bicQt nid^t Uo% burd^ «Sein'', fonbem burdg ,,@etn muffen" QuSaebrfldEt mirb. SEBir !önnen t)otQUiSfe]^en, bog biefe« ]§öd&fle Urtl^eil „bod apobütifd^e** fein mirb, in toeldgem fdgon bei Sd^Iug ftedEt unb aM meld^em berfelbe unmittelbar l^etDorgel^t.

2)er 93egriff, bad Urt^eil unb ber ©d&Iug finb bie Kategorien bei ©ubiectiDitftt.

1. 2)a8 Urtl^eil bei 2)afeinl.

3luf biefe erße unb niebrigfte Stufe beS Urtl^eilS lommeit bie« jenigen Urtl^eile 3U {teilen, U)eld&e bie gelDol^nlid&e fiogi! bie qualita- tiven Urtl^eile ober bie Urtl^eile ber Qualitit&t nennt: ba« ))ofttit>e, baiS negatioe unb baS unenblid^e Urtl^eil. @8 gel^ört ein fel^r geringe« Urtl^eilsoermögen baju, nid^ts loeiter als bie SBal^rnel^mung finnltcl^cr Ouatitil&ten, um au urtl^eilen „bie Stofe ift rotl^", ,,bie SBanb ifl toeig", ber Ofen i^ toarm u. f. f. SDa« Singeine ifl ein StUgemetneS (E == A): ba« ))ofitit)e Urtl^eil. Stber t)iele8 Slnbere ifl aud^ rot^, aud& neig, aud^ U)arm ober !alt u. f. f. S)a]§er mug baS Subject n&]§er beftimmt loerben burd^ SluSfc^Uegung geu)iffer ^dbicate; bie« gefd^iel^t burdg ba« negatit)e Urt^eil: ba« Singelne ifi nid^t biefe ober jene %xl (E nid^t = B). ®enau genommen ift ba« Sinjelne nur fid^ felbfl gleich (E = E), ift ba« Mgemeine nad^ 9[u«< fdölieftung aKe« beffen, loa« nid&t E ift (E = 3lid&t:'A). S)ie er|le Oform ift ,,ba« ibentifd^e", bie gtoeite ,;ba« unenblidge Urt^eit". !ommt alle« auf bie Stellung ber 9legation an: 06 n&mlid^ bie (S^opüla oerneint mirb ober ba« $r&bicat (Slllgemeine). S>ie !Bemeinung ber Sopula bebeutet bie Trennung ^mifc^en Subject unb tprftbicat, b. L ba« negatioe Urtl^eil; bie !Berneinung be« ^rflbicat« ober be« VSqp meinen ijt ba« unenblid&e Urtl^eil. 3n einem 9led&t«ftreit oerneint |ebe Partei (nid^t ba« 9ted^t fl&er]§aut>t, fonbem) ba« Stecht be« ®egner«: ein 93eif))iel be« negativen Urtl^eil«. S>agegen oemeint ber !Berbred^er ba« 9ted^t unb ba« ®efe^ al« foldge«, feine $anblung«n)eife ift ba« Stid^t- Siedet, ba« 9ti(6t-®efe^: giebt ein' SBeifpiel be« unenblidgen Urt^eil«.^

' f8b.\\ Cap.n. A. 2)alUrt^ei( bei 2)afeinl. 6.73-89. »gl. »b.VI. § 172. 6. 384-887.

2)ie 6ubiectit)Uftt. 537

2, $a« Uttl^eil ber 9lef(e£ion.

S)Qrunter t)erfie]§t ^egel bie Urtl^eile ber jQuanttt&t, tote fte in ber getoö^nlid&en Sogif l^eigen: bad ftngulare, particulare unb unt- DerfeUe Urtl^eit. S)te ©ubjecte btefeS Urt^etlS ftnb bie (Sin^elnen in ber iBegiel^ung ju il^reS ©leid^en, ju ben 3nbit)ibuen il^rer Slrt unb ®attun8; bie ^rAbicate biefeS Urt^ei(8 ftnb bie mefentlidgen 93e- jiel&unflen, toie nfl^Ii^, flefäl^rlid^ u. f. f. 3n ben Urtl^etlen beö ©a« feinS tft bas ^r&btcat bent Snbjecte inl^&rent, ba eS eine finnitcbe aSefd^affenl^eit ift, l^ier bagegen, in ben Urtl^eiten ber Steflefion, tft eS t]§m übergeorbnet, ba e9 fid^ auf Slrten unb ©atiungen erftredt. 2)ort l^errfdgt baS !Bcrl^&(tnig ber Stnl^&reng, l^ier baS ber @u6> fumtion.

S)a]^er befielet aud& bie (Sntniidlung biefeS Urtl^eits in ber fort- fd&reitenben SntttidKung beS @u6j[cctS: biefer Sinaetne, Einige biefer Slrt ober ©attung, aUe Sinjelnen; bad Urtl^eil ber Sinjelnl^eit, baS ber 93efonber^eit, baS ber Stillzeit. 9Ran !önnte als ein fel^r gutes unb edgt l^egelfd^ed, an biefer Stelle nid&t gebrauchtes a3eif))iel bie menfd&Iicfte tJreil^eit neunten, „einer tft frei: biefer ßinjelne." @o urtl^eitt ber orientalifdge S)ef))oti8niu8 : baS ftngulare Urt^eil. „ßinige ftnb frei: ndutlicft bie Sflrger." ©o urtl^eilt bie ariftolratifd&e StepuHil im SHtert^unt: baS particulare Urtl^eil. „%Ut ftnb frei/ @o urtl^eilt baS S^lgrifientl^uut: baS unioerfeUe Urtl^eil, baS Urtl^eil ber Ml^eii S)a8 ftngulare Urtl^eil ift ))ofitio, baS particutare ifi foiool^I pofttio ate aud& negattO: tt)enn einige frei ftnb (bie 93ürger), fo liegt barin, bag (Einige anii nidgt frei finb (bie @cIaoen). 2)a8 uniOerfeUe Urtl^eil loeift fdgon l^in auf baS koal^rl^aft SlKgemeine, ben Segriff ber ©attung, unb fd^reitct fort gu bent Urtl^eile ber SRotl^loenbigs !eit. 9lUe SJlenfdgen finb ber SJUeufdg. „^aS Slllgemeine erfd^eint l^ier nur als ein äußeres 93anb, loeld^eS bie für fid^ beftel^enben unb bagegen gteid&gültigen Singelnen untfagt. 3n ber Sl^at ift iebod^ baS ungemeine ber ®runb unb Säoben, bie Surgel unb bie @ubftang beS (Singelnen." „S)aS Slllgenteine ift nici^t nur ettoaS auger unb neben anbem abftracten Qualitäten ober blogen 9lefIe;ionSbeflinimungen, fonbern t)ielme]^r baS aUeS SSefonbere burdgbringenbe unb in fid^ 93e= fd^Iieienbe."^

» »b. V. B. 2)Q6 Urt^eil ber Weflesion. ©. 89-98. VI. § 174. 3uf. §175fl8b. ©.337-340. (6.889flöb.)

538 2)te Seilte Dom S^egtiff.

8. 2)ad Urt^eil ber Slotl^toenbigfeit.

3)ic ]^icr]§cr flcl^örtgcn Urt^eile finb, um mit bcr lantifd^en ßoflt! gu reben, bie Uttl^etle ber ^Relation: baS iategorifc^e, baS l^9)>o« tl^etifdge unb boS bisjunctit^e. 9EBa8 in ber Sp^iu beü^ Segriffs bai aSerJ^ältni^ feiner aHomente, baS ifl in ber @))]§&re beS äBefeng baiS notJ^toenbige SSerJ^Altni^, nnb atoar entf))rid&t baS Slllgemeine bem Segriffe ber SubRanj, ba$ Sefonbere bem ber Caufalit&t, baS Sinjelne bem ber SBed^feIiDir!ung; bal^er baS !ategorif(|e Urt^eit bem !Ber]§&Itnt§ ber @ubfiantiatität, baS l^^potl^etifd^e bem ber Saufalit&t, bas bid- junctiüe bem ber SBed&feltoirfung correfl)onbirt.

S)aS ginjelne toirb befiimmt burd^ feine fubftantieHe SQgemein^ l^eit ober Oattung (E = A): bieS gefd&ie^t im lategorifdften Urt^eil; bie ©attung ifi ber erjeugenbe ®runb i|rer Sefonber^eiten (toenn A ift, fo ifl B): baS !ategorifd^e Urtl^eil gel^t in baS ^^))i)tlgettf4e Aber, S)ie ©ottung ift ber 3nbegriff il^rer Arten, fte ifi beren pofiüx>t unb negatiöe SEototitÄt (A = fotool&l A qI« B; E = entoebet A ober B); baS poetifd^e Aunftioer! t)erm5ge feines Segriff 8 ober feiner ©atiung ift foiool^I l^rifd^ als epifi^ a(S bramatifd^; baS ))oetifd6e ftunfltterl in feiner Sefiimmtl^eit ijl enttteber l^rif(i& ober e>ifd& ober bramotifd^. S)ie g^rbe nod^ il^rem allgemeinen Segriff ift fotool^t l^eUer als bun!(er ^rt; bie beftimmte g^arbe gel^ört entmeber }u ben J^eOen ober gu ben bunüen. @o tautet baS bisiunctit)e Urt^eil in feiner ))ofiti))en unb negatit)en S^orm. Subject unb $r&bicat ftnb gleid& bem Segriff. ^

4. ^afi Uit^eK bei 93egriffd. Sns fotd&e »in $egel biejenigen Urt^eile gefa§t miffen. totliit bie gettö^nlid^e Sogt! bie ber 3)}obaIität genannt l^at: baS affer- torifd^e, ))robIematifd^e unb apobiftifd^e. S)aS ^rdbicat befUmmt ob bas @ubiect feinem Segriffe entfprid^t ober bemfelben gemAg ifi, b. 1^. ob eS baS ift, loaS eS feinem Segriffe nai^ fein foQ. @8 l^anbelt fid^ l^ter um Seftimmungen, tt)ie fd^ön, gut, rec^t, ))affenb u. f. f., unb beren ©egentl^eile. 2)ie erfte unb unmittelbare S^orm biefeS Urt^eilS ifl bie einfache Serfidfeerung, ba6 eS ftd6 mit biefcm SBerle, biefer ^anblung u. f. f. gut ober übet öerl^atte (bafi affertorifd&e Urtl^cil). Stber ebenfo bered&tigt ift bie ®egent>erfidgerung, bag eS ftd& nid^t fo

» »b. V. C. 2)ad Utt^e« ber Skotomen bigfeit. 6. 98-197. »gl. »b, VL §177. 6.340-342.

S)te 6ubiectiDit&t. 589

))er^atie; e8 !ann fo fein, ober eiS lann awi^ nid^t fo fein (baS pxohU- ntatifd^e Urtl^eil, meld^eS, tote baS ))atttcnlare Urt^eil, foiDol^I ))oftttt) als negattt) ifl). S)a8 ^rabtcat miU niiit blog t)erft(igett, fonbern be« grfinbet fein, e8 grfinbet ft(i^ auf bie äSefdgaffen^eit ber 6ad&e. S)aS Subject ate ein fo 6ef(i&affene8 ift fo unb ni^t anberiS gu beurt^eilen (baS apobiltifd^e Urt^eil). $ier ift bie beftintnite SSegiel^ung beS @u6|ect8 unb ^rdbicati^; „fi« ift bie erfflUte ober inl^attdoolle Coputa beS UrtJ^eilS". „S)utd(i biefe (ErfflUung ber @:o))uta ifi baS Urt]§eil 8«ni ©d&Iuffe geworben. * *

in. SDer ©(^lufe.

Der ©d6Iu6 ifi ber Segriff als bie Vermittelte ©inl^eit feinet SDlomente, unb ba bie SBenntttlung ober Segriinbung burd^ baS Urtl^eit gefd^iel^t, fo ifl „ber @dgluB bie (Einheit beS Segriffs unb beS Urt^eilS". 3Jlan l^at Don jjel^er bem Serflanbe baS Vermögen beS Urtl^eilenS, ber SSemunft baS beS @dgIiegenS gugefdgrieben unb bie legiere gugleid^ als bie CueQe emiger unb unbebtngier SSal^rl^eiten betrachtet. Son feiten i^rer gorm gilt bie SJernunft als ©c^Iufe (SBernunftfdbluS), Don feiten il^reS 3n^a(tS ift fie Sal^rl^eit (SBernunftmal^rl^eit). O^omi unb ^n\)alt finb eines. S)ie SBal^rl^eit mirb nur in ber f^orm beS ©d^IuffeS ge« rovi%t, benn aUe @rlenntni§ ift DermitteÜ, begrflnbet, erfd&Ioffen unb erft in ber ®eftalt beS ©d^IuffeS DoQenbet. S)al^er fagt $ege(: „S)er ©dglug ift baS Sernflnftige unb ^HeS Sernflnftige\ Unb ba aUeS SBirHidbe vernünftig ift, fo folgt ber ©afe: „«HcS ifl ein Sc^lufe*.'

S)er ©d^Iug ift baS Vermittelte Urtl^eil. SBir ertt)arten bal^er als Wirten ober ©tufen beS ©d^luffeS ben ©d^lug beS 2)afeinS, ber Sleflejcion, ber Stotl^menbigleit unb beS SegriffS. 2)a aber ber ©d^lug beS Segriffs fd^on in bem apobiftifdben Urtl^eile entl^alten ift, fo er» Italien koir nur biefe brei ^rten ober ©tufen beS ©d^luffeS: ben ©d^lug beS S)afeinS, ber 9lef(e£ion unb ber 9{otl^tt)enbig!eit.

1. ^tx €4Iu6 bei 2)afeind. ^te S^Iugfiguren.

3)er ©d^lufe Derfnüpft bie Segriffc nid&t unmittelbar, fonbern burdö ben Segriff. 3n Segiel^ung auf bie beiben anbern Segriffe (ßjtreme)

' »b. V. D. 2)aB Urt^eil bei »egtiffl. 6. 107-115. (6. Uiflgb.) »gl. VI. § 170-180. 6. 342-844. « 9BqI ^iet oll bie atoeite ©(ftluSfiöur ex- ft^eint (B £ A), ift in ber l^exfömmli^cn Sogif bie btitte, unb bie britte an ^ieftger 6teae (E A B) ijt in ber ^erlömmli^en Sogif bie atoeite.

540 2)ie Se^te t^om iBegriff.

l&eifet bicfer üerfnüpfcnbe Segriff her btitte obct tnitttcrc 99egriff (terminus medius); unb ba jebeiS ber bret SäegriffiSmotnente biefer SWittettcflriff fein fonn unb bejfen ©teile ouSjufüKen l^at, fo ergeben ficft ate bie ©d&lüfte bed ffiofetn« bie brei ©d^IufePflwten : E— B— A, B ^E— A, E— A— B, toobet ^egel, tote er in ber nad&folaenben Am merhing erll&rt, gefliffentUdg fotool^l oon ber negottDen aU t)on ber ))QrticuIaren (Rettung ber @d^(ugf&^e (in ber atoeiten unb britten S^tgur) abfielet. 2)te vierte ©d^Iugftgur, toelc^e nidgt t)on SIrifioteleiS, fonbem t)on ®a(enu8 l^enül^rt, f^at ^egel nid^t ongefül^rt- Dielmel^r ^at er bie oierte, Don ben brei anberen toerfd^iebene @d(|(u^ftgur, toetl fte nid^t Don 93efonber]^eiten ober 93efd&affen]§etten, fonbem nur t)on Cuantitaten unb beren SSergtetd^ung l^anbelt, ben ntatl^ematifd^en ©d^Iug ge^ nannt (A— A— A): toenn jtoei @rö§en einer britten gletd& pnb, fo ftnb fte audg unter etnanber gleid^.^

3n ber erfien ©dölufeforin finb bie beiben ^Prämiffen B = A unb E = B unbetoiefen unb unvermittelt. %n^ ber SSerntittlung ber erßen ?ßrämiffe B = A ergiebt ftd6 bie jtoeite ©d&Iu§fürm: B E A. Äu8 ber SJemtittlung ber gtoetten SJrSmiffe E = B ergiebt fid6 bie britte @d&lu6fonn: E A B. Slber baS SBetoeifen unb SJermitteln fü]§rt iniS Snbtofe.

S)ie ©runbform ber ©dgiflffe beS S)Qfein8, auf toeld&e bie anberen gurüdtgefül&rt »erben, ifl bie erpegigur: E— B A. 3)a8 €mjelne ift burd^ feine 93efonber]§eit ein SdlgenteineS. 9lad^ ber 3rt beS 3Jl\ütU begriffe ridgtet ftd^ ber ©d&Iug. 3nbent man t)on t)ielen Sefonber^ l^eiten ober SSefd^affenl^eiten biefe ober jene l^eroorl^ebt, oon aKen anberen aber abfielet, ligt fidg aQed 3}lögli($e betoeifen. S)er SReufd^ ifl ate ein ftnnUd^eS 9Befen toeber gut nod^ böfe; t)on feiner geifiigen unb moralifd^en 9iatur ifl nidgt bie 0lebe. 2)eT SJlenfd^ aU focialeS 9Befen ift ®Ueb einer ©emeinfd^aft, bie ber alleinige (Sigenll^ümer aVer ®&ter ift; bal^er ift bie ©iltergemeinfdgaft notl^toenbig unb bas $rit)ateigent(um t>emunftttibrig. 3)er aÄenfdfe ate aufifd^IiefeenbeS (ginjetoefen ifl oöBiger @goifl linb ^arttcutarift ; aller SommuniSmuiS ifl Unfinn. „©o mie auiS bem 97lebiu8 SterminuS ber ©ocialit&t bie ®fltergemeinfd6aft ber 93ürger gefolgert toerben lann; aug bem 3Jlebiu§ ZerminuS ber 3nbi-

1 SBb. V. eap. III. 2)er ©^lu^. @. 115—174. A. 2)er Bäfiui hH 2)afein<. 6. 118-137. Unmert. 6. 138-143. (6.124. ®. ISöflßb.) - »gl. »b. VI. e. 344 flgb.

2)ie 6ubiectit)it&t. 541

Dibuattt&t aber, loenn er e6enfo abflract t)erfoIgt totrb, bie Slufföfung beiS Staates folgt, mie fte ]. 93. im S)eutf4en ffttiii erfolgt tft, tnbem ^ij an legten aJlebiuS 5£erminu$ gelgalten toorben."^

2)te ganje S^Kogifii!, toie fidg btefelbe in ber alten Sogt! breit madgt mit ber 9)lenge i^rer Sdglugfonnen, Sdglugarten unb €((Iu6s regeln, olgne alle Sinftiigt in ben (Srlenntnigtoertlg ber 6d&tfl{fe unb beffen 9(bftufungen, erfdgeint unferem $^iIofo))]gen als unnfl^er unb leerer Aram. Seibni) tooQte auf combinatorifdgem SBege gefunben Igaben, bag eS 2048 Sdblugmögtidb&iten gebe, bie fidg auf 24 braudb- bare surficffft^ren, loobei aber bie f^rage nadg ben Srienntnigtoertigen, fflr loeldge bie SSiiffenfdgaft ber Sogi! fidg aQein ju intereffiren Igat, gar nidftt in SBetrad^t !am.*

2. S)er Bdfini btx IReftesion.*

S)er Snittelbegriff ift nidgt melgr bie abftracte S3efonber]geit, eine unter Dielen , benn auf biefem SBßegc Isfet fid& atteS SWöglidge betoeifen, alfo niemafe bie SBalgrIgeit crfennen , fonbern ber SKittettegriff ift bie concrete 99efonber]§ett, bie aQe (Sinjelnen in fidb begreift, bie toefentlidge Sagemeinlgeit ober, koie $eget fagt, ^bie 9tefle£ion8t)oQ!ommen]§eit'', {urggefagt: bie eilige it.

S)er @dglug ber Xlllgeit Qe^t unter bem @d&ema ber erften (Jfigur: E-B- A. «Ile B = A, E = B, alfo E = A. & ift ber in ben Sel^rbüdgern ber 8ogiI aU 93eif))tel unfterblidge CaiuS. „SrOe aRenfdgen finb ^erblidg, 9lun ift SatuS ein SJlenfdg, Srgo ift (S^aini fterblidg/ 2)er @dglug ift mangetlgaft, ba ber Sd^lugfa^ nidgt burdg ben Dberfa^ bettiefen »irb, fonbern umge!e]gtt btefer jenen DorauSfe^t. Um t)on allen STlenfdgen etmaS auSjufagen, mu^ man fdgon loiffen, bag auii Sa jus ein STlenfdg ifk^

®er ©d6Iu6 ber Ml&eit ift ju begrünben; bie erfte ^Jrftmiffe (alle B = A) mufe betoiefen loerben, toaS burd& einen SKittelbegriff gefd&icl&t, ber bie öoHpÄnbige Steige ber ginjelnen enthält: A— E.E.E.E . . . .B. ®iefer ©dftlufe, unter bem @(6ema ber jttciten Qfigur (B E A), ift ber @dglu6 ber 3nbuction ober ber Srfa^rung, ba er fid) auf bie SBa^me^mung ber einjelnen SElgatfac^en grünbet. Au))fer,

» »b.V. 6. 124. - « «ettbof. anmerf. 6.138-143. - »»b.V. ^tx 64Iu6 ber fiflejlcjiott. 6. 144-156. »gl. VI. § 190. 6. 355-858. * »b. V. 6. 145-147. »gL VI. § 190. 6. 855—358. (§iet IJeiftt bie gfotmel be« 3n- buctionlf^Iuffed genauer: B £. E. £. E A.)

542 ^te Se^re Dom Sediiff.

©ifter, ®oIb u. f. f. finb elc!trifd6c ßciter, Äupfcr, ©ilbcr, ®oIb u. f. f. ftnb aRetoOe, alfo ftnb bie SRetalle eteftrifd&e Setter.

JBemiefen ift, bag biefe aRetaUe eleÜrifdge Ceiter ftnb; ju betoetfeit ift, bag biefelbe Stgenfdgaft üott allen aJletallen gilt: bie Steige ber (Singeinen ift }u DertooQft&nbigen. 2)te8 gefd^iel^t burd^ einen Sd^Iug Don einigen auf alle, b. 1^. t)on einer SReil^e gegebener eingelner Ofäffe einer geioiffen 9[rt auf alle flbrigen berfelben Slrt: burd^ einen ©d^lug, beffen SOIlittelbegriff in ber mefentlic^en ^el^nlidgleit ober Stnalogie 3U)ifd&en ben gegebenen unb aDen übrigen Stallen berfelben Slrt befielet S)ieS ifl ber ©d&lug ber Slnalogie. „Sbit SBal^r^ett beS ©d&luffe« ber 3ttbuction ift bal&er ein foldfeer 6d6lu§, ber eine €iiijeln= ]§eit gur aRitte l^at, bie unmittelbar an fic^ felbfi ^lagemein^eit i^, ber@d&lu6 ber Analogie/ allein ffleifpitf giebt eine jutreffenbe Slnalogie, nämlid^ bie loefenttid&e %el^nli(|{eit jlcifdgen ben einzelnen aJletaQen, meldte ber Sd^lu^ ber Snbuction anführt, unb aOen übrigen A0r))ern, loeld^e aRetaOe ftnb unb als foldge aud& eleltrif((e Seiter.

Sßenn bie Sinalogie oberflAd^lid^ unb barum nidgt gutreffenb \% fo t&gt ftdg auf eine fotd^e !ein beweifenber @d^lug, fonbern nur ein gfel^lfc^luB grünben; bann ift bie ajlitte nidgt „eine Singetnl^eit, bie unmittelbar an fid^ felbfl SlQgemein^eit i^", fonbern fie i^ in ber SBejie^ung auf baS eine Sjctrem blog ein SingelneS, in ber äSejiel^ung auf bad anbere blog ein ungemeines, nid&t aber beibed iUiUxii; barum bepelzt ber @d&lu§ nid^t au8 brei, fonbern auS Dier Segriffen (quatemio terminorum) unb ift beSl^alb nid^t f^IIogifUfd^, lonbern paralogtfiifd^. 2)a8 l^egelfdge SSeifpiel lautet: ,,SDie @rbe ]^at Senol^ner, ber SRonb ifl eine 6rbe, alfo l^at ber ajlonb ffletoo^ner". S)ie 6rbe biefer planetarifd^e, t)on einer ^tmofpl^äre umgebene ^anet ifl beioo^nt. S)er a)lonb ift eine 6rbe, b! ^. aud& ein äBeltlörper, voxt jebeS ®efiim o^ne Unterfd^ieb fo ]^ei§t. S)ie Segriffe fd^lie^en nid^t jufammen. fonbern fallen aus einanber. ^ier ift il^re Sierga^l: 1. bie Srbe als biefer planet, 2. UmW, 3- ber aRonb, 4. äBeltför))er im SO^ gemeinen.^

2)er Sdglug ber 9lef(e£ion l^at bie ©d^lüffe ber Slll^eit, ber 3nbuction unb ber Analogie burd&laufen, unb ber ajlittelbegriff ifl nunmel^r baS loalgrl^aft Slllgemeine, b. i. bie ®attung, loelc^e baS Se« fonbere unb Singeine in fid^ begreift. ..Ueberfel^en loir ben ®ang ber

»b. V. 6. 154f(9b.

2)ie Gubiectinitftt. 543

@4lü{fe ber 9lefIe£ton, fo ift bte SSermtttlung überhaupt bie gefegte ober concrete (Stnl^ett ber fjformbeflttnmungen ber Sstreme: bte Steflesion beftel^t in biefem Se^en ber einen Sefttmmung in bie anbere; ber Dermitteinbe ift fo bie Slll^eit. SHS ber mejentlic^e ®runb ber= felben aber geigt fid^ bie (Singelnl^eit, unb bie %Qgemein^eit, nur als äugertid^e $eftimmung an il^r, al8 SSoIIft&nbt gleit. 2)ie Wi- gemein^eit ift aber bem (Singelnen mefentlidb, bag eS gufammen- fii^tiegenbe SQflitte fei; eS ift bal^er aU an fidg feienbeS SlUgemeined ju nehmen/ ^

3. 2)er 6$lu6 ber 9lot]^lDenbig(eit.

2)iefer @d&IuB ift baS Vermittelte Urtl^eit ber Ütotl^menbigleit, alfo ber iategorifd^e, ber ]^^))ot]^etifd^e unb ber biSjunctiDe Sdblug. S)aS Singelne ift burd^ feine 9(rt ober Sefonberl^eit ba8 Mgemeine ober bie ©attung (E B A): ber lategorifd&e ©d^Iufe. S)a8 801» gemeine ober bie @attung ift ber erjeugenbe ®runb bed 93efonberen, ber ^5l)ot]^etifd6e ©d&Iufe: SBenn A i^, fo ift B, nun ift A, alfo ift B. S)ie @attung ift bie 3;otaIit&t ber 9(rten, ba$ SlOgemeine bie SEotatität bed 93efonberen. 2)er bi8iunctit)e @d&Iu§: „A ift enttoeber B ober C ober D; A ift aber B, alfo ift A nid&t C nod& D. Ober aud6: A ift cntloeber B ober C ober D; A ift aber nid&t C nod6 B; alfo ift es B/«

S)er biSiunctiDe @d^tu§ ift ber ]§dd^fte; er ift biejenige f^orm, in nield&er ber begriff DoQIommen in abftquater SSeife beftimmt toirb. ,,S)ie t)erfd^iebenen @atlungen ber ©d^lfiffe fteOen bie Stufen ber Sr- fallung ober Soncretion ber ÜJtitte bar. 3n bem formalen Sd^luffe mirb bie SJtitte nur baburi^ als Sotalitdt gefegt, ba^ alle Scftimmt* l^eiten, aber jebe ein j eine, bie Function ber SJermittelung burd^laufen. 3[n ben ©d^lüffen ber SReflcEion ift bie SWitte als bie bie JBeftimmungen ber ßjtreme äufeerlidfe jufammenfaffenbe ßinl^eit. 3m ©d^luffe ber 92ot^tt)enbig!eit ^at fie fid^ jur ebenfo entioidFelten unb totalen, als einfad^en ßinl^eit beftimmt, unb bie gform beS ©d&luffeS, ber in bem Unterfd^iebe ber 3Witte gegen feine ßjtreme beftanb, l^at fid6 baburd^ aufgcl^oben. ®amit ift ber ^Begriff flber]^au})t realiftrt toorben; be- ftimmter l^at er eine fold^e Stealitftt genommen, meldte Dbjecti- t)itat ift."»

1 m. V. 6. 150-155. VI. § 190. 3ufa|. 6. 356-358. « »b. V. c. 2)er @4Iu6 ber 9lot]^toenbigfeit. 6.155-166. VI. §191—192. 6.358—360. - »b. V. 6. 165.

544 ^ie Seilte Dom ^Begriff.

S)a ^egel lein SBeif))tet beS biSjuncKDen Sd^IuffeS gegeben l^t (tt)ie er fiber^ai4)t mit 93eif))ielen, »o fie am nötl^igften ünb, oft am meiften gurfldEl^&It), fo brause i^ a^ biefent 3v>tdt Stanü berft^mte Seilte t)on Slaum unb Seit. SlQe SBorjteQungen ftnb entteeber Sn^ fd^auungen ober Begriffe; nun ftnb SRaum unb Seit feine Segriffe, Qlfo finb 9taum unb Seit Snfdgauungen. Mt ^nfc^auungen finb enU toeber empirif^ ober a priori, nun finb 9taum unb Seit nic^t em^irtf^e Slnfd^QUungen, alfo finb fie Slnfd^auungen a priori ober urfprttngßilbe S(nf(^auungen, S^ortnen ber Stnfd^auung, b. 1^. anfd^auenbe @ubiectioitdt.

S)ie 93egriff8beflimmung grAnbet fid^ auf 93egriffiSeintlgeiIung, mie $tato getel^rt unb in ber Storni bisjunctioer Sd^Iflffe in Seif^iden audgefaigrt ^at, beren eines ber Segriff beS @o))^iften toor; barum galt i^m aud^ bie SegriffSeint^eilung als bie 2)iale!ti!, in loeld^er alle toal^re 6rfenntni6 befielet (^l^&bruS).

2)er burd^gftngig beflimmte Segriff ijt ber reale Segriff ober bas Objlect.

SinunbgtDanjigfteS Sapitel. $te f ei|re tum Kegrif. B. 9te Obferttnititt.

I. Ontologie unb AoSmotogie.

Sllle Unmittelbar!eit ifi t)emiittelt, unb aUeS t)ermittette S)afetn f^at, loenn eS ))erfect getoorben ift, b. ]§. nad& t)oIIenbeter unb auf« gel^obener Sermittlung, ben Sl^aratter beiS unmittelbaren 2)afein8: bieS finb amei @runble]^ren, meld&e ^egel nidgt oft unb nad&brfltftidb genug einfd^&rfen !ann. SluS leinem anberem ®runbe ^at er bie |acobifd^e Seigre oom unmittelbaren SBiffen fo oft unb nafi^brAcüid^ betempft.

2Ba8 innerlid^ entkoidelt, OoQtommen bejtimmt unb oermittelt ifl, baS ifl nid^t mel^r in fiii^ t)erfd^Ioffen, fonbern e8 tritt l^eroor unb nad^ äugen, eS ifl ba, e8 erfd^eint, eS ifl nic^t mel^r b(og fubjectiD, fonbern obiectit): bied gilt nunmel^r oom Segriff, nad&bem er feine Suttoid- lungiSformen in Urtl^eil unb @d&lu§ bur^Iaufen l^at.^ ^SDer Schlug

1 93q(. mit ber Seigre t^om fubiectioen Segiiff Urtl^eil unb 6dfttv6 meine SoQtf. abfd^n. m. dop, vn. § 142--I66, 6. 408-474, inibefonbere bie 8ette Dom e4Iu6 § 156-166. 6. 448-474.

2)te Cbiectt))it&t. 545

ifi SSertnittcIung, ber Doffftanbifle SScgtiff in feinem ©cfe^tfcin. @eine SBettegung ifi ba8 Sufl^eben feinet SBermittelung, in iDetd^et nid^tS an unb für fid^, fonbetn jebeS nur t)etmittelft eines anbem ifi. S)a$ Stefultat ifl ballet eine Unniittelbat!eit, bie burd^ Sufl^eben bet SBermittelung ]&ett)otgcgangen, ein ©ein/ ,,S)ie8 ©ein ift bol^er eine ©ad^e, bie an unb für fid& ifi, bie DbicctiDttät." ^

S)er Uebergong öon ber @ubiectit)itat jur DbicctiDitftt, öom Se» griff jur SlealitAt, Dom logifd^en gum nirßid^en ©ein, U)eId^eS man au(6 baS äußere S)afein nennt, l^at ben $]^iIofo))]^en Veranlagt, biefed S^ema aDer Ontologie Don neuem }u erörtern, auf ben ontotogtfd^en 93en)ei8 oom S>afein ®otte8 mieber gurüdfju!ommen, um Don neuem bie !antifd&e Ariti! beiS legieren gu entfrftften, nadg ioeld^er baS ©ein ober bie 9tealit&t ein Ttedmal fein foQ, baiS ouS bem 93egriff nidgt lönne „l^crauSgeltaubt* toerben; ber SSegriff ©otte« fei fo toenig bie S^ifiena ©otteiS als l^unbert S^l^aler im Ao))f ]§unbert SCl^aler in ber ftaffe finb.«

3(uiS bem @eifi unb @ange ber l^egelfd^en Sogit l^ot ftd& ergeben, bag bie 93egriffe ©ein, S)afein, S)ing, Srfdgeinung, Araft unb Sleu^erung, inneres unb SteugereS, SBirllidgfeit, ©ubfiong, Saufotit&t u. f. f. in bem JBegriffe be« JBegriffS (©ubiectiüitfit) aufgel^obene SWomente ober, toie §egel tieffinnig unb treffcnb fügt, in i^m „untergegangen" finb unb nunmel^r in ber ©efiatt ber Slealitat ober Obiectit)itat &)ieber auS i^m ]§cröorge]&en. „S)ie 06iectit)itftt ift bie Unmittelbar!eit, ju ber fid^ ber SJegriff burd^ ^uflgebung feiner Slbfiraction unb SSermittelung befiimmt/' n^a^ Obiect !ann ate 2)ing mit 6igenfd^aften, al8 ©angeS aus SE^eilen befiel^enb, aU ©ubfiang mit Slccibengen unb nad^ ben anbem aSerl^filtniffen ber Sleflejion befitmmt »erben; aber biefe S5er= l^Altniffe finb äberl^aupt fd&on im 93egriffe untergegangen; baS Dbj[ect l^at ba^er nidgt (Sigenfd^aften nod^ Slcctbengen, benn fold^e finb oom SDinge ober ber ©ui&fianj trennbar; im Dbiect aber ift bie SBefonbets l^eit fdöled&t^in in bie Totalität reflectirt/'

^udg Aant l^at bie Objectbität unb Siealitat ber 93egriffe, ©runb= fäfee u. f. f. geleiert unb barunter beren allgemeine ©eltung im Unter= fd&iebe öon ber blofe fubjjectiöen unb inbiüibuetten öerflanben: bie objectiüe, allen t)ernünftigen ©ubjecten gemeinfame, auf bie reine ©ub=

» »b. V. @. 165 u. 166. - « ©. oben »u« IL ©ap. XIV. ©. 449. » ^egel. SQÖexre. »b. V. Stoeitct flbfftti. a)ie Objectiöität. 6. 167-174. (6. 171, 176.) Ofif^cT, «ef4. b.$(iIof. vm. 91.«. 85

546 $te Seigre toom fBegtiff.

j[ectit)it&t ober baS reine @el6{lbetpugtfetn gegrünbete, auS il^tn etgeugte SBeltDorftenung.

;3ebe8 Obiect ifl ein eingelneS, anbere QuSfd^IiegenbeS Obied; bal^er befielet bie ObiediDttAt in einer 3Jl^%xf|txt ober !BieI^eit ton 2)in8en, um eS in einem jener S^egriffe Qu8}uf))red&en, n^eld^e in bem beS SubjectS aufgel^oben ober untergegangen finb. 2)a aud^ bie Obiecte ))erm5ge il^rer @ubiectit)it&t Segriffe, esiftirenbe ober er- f^einenbe 93egriffe finb, bie ate fold^e ben S^arolter ber SHIgemcinl^eit, Sefonberl^eit unb Sinjelnl^eit ^aben, baiS loa^rlgaft ungemeine oBer bie (Sinl^eit bed SBefonberen unb Sinaelnen ift, fo bilbet bie ObjeditnUt eine ^Ul^eit ber Objede, meldte fid^ in bie Sinl^eit gufammenfagt, ol\o bie Sineinl^eit ober (Sefammtl^eit ber S)inge. Site baS 9(0 ber 5Dinge l^eigt bie ObjediDit&t bie SBelt; ate beren Sllletnl^eit ^eigt fte bad UniDerfum. S)ie Segriffe ber Obiedioitat finb bal^er SBeltbegrtffe ober !oiSmotogifd^e Kategorien unb gelten als fold^e nid^t blo^ ffit bie ))]^9fifd&en Dbiede, fonbern aud^ für bie geifitgen.

2)a]§er bürfen U)ir, um ben SBertl^ unb SntmidKungSgang biefet Sßeltbegriffe iool^t }u toerflel^en, biefelben nid^t btog auf bie 9{atur be^ giel^en, aU ob l^ier fdgon ber Uebergang auS ber Sogit aur Statut^ pl^ilofop^ie ftattgufinben l^abe, unb n)ir muffen ftetS im Sluge freihalten, bag bie Objede als ©ubjede, b. ff, als bie fetbft&nbigen unb felb^* t^&tigen SBefen, loeldge fie ftnb, il^re Orbnung unb Sinl^eit feßfl J^er» vorbringen; bag biefe @in]§eit, bie als SBett ober UniDerfum erfd^eint, aus bem eigenften unb innerften SBefen ber Dhiede felbfl ^ert)orge]^t ober folgt. Sinjelne Subjede, loie fie fd^on finb, fönnen bie Obiecte ftd^ nid^t Dereinjeln, fonbern nur tl^re Sufammenge]^örig!eit, SEgemeinl^tt unb UniDerfalit&t betl^Atigen unb beioirten.

n. 2)er aOled&aniSmuS. 1. 2)er 2)etenninti»inuS. S)ie erfte S^orm il^reS Bufammenl^angS beftel^t barin, ba% bie Objede, beren jebeS ein einzelnes, für fid& beflel^enbeS Objed ift, eine STotalitat, Dergleid&bar ber leibnigifdgen Sllonabe, einanber loed&felfeitig auSfd^Iiegen, bal^er fid^ }u einanber jioar notl^^oenbig, aber nur Auger- tid& üerl^alten, alfo leinen anberen Sufammenl^ang bilben !dnnen als ben Äußeren ber Buf^mmenfe^ung ober beS SIggregatS. Unb toie il^r S[^er]§aUen, fo ift il^re ^irffam!eit: iebeS £)b|ed toirb oon äugen beftimmt ober betermintrt buri^ ein anbereS, loeld^eS toieber burd^

S)ie 06jectt))Udt. 547

ein anbercß t)on Qufeen Bcfiitnint ober betcrtniittrt »itb uitb fo fort ins Snblofe. S)tefer Augerlid^e Bufanttnenl^ang ber 2)in8e, ber in ber Sufammenfe^ung ober in ber aggregirten @in^ett befielet, ift ber ^ed^oniiSmud ober bie nied&anif(!6e Orbnung; biefe dugere Sßtr!» fomfeit iii ber medöonifd^e ?ßroce§ ober ber S)eternitniSmtt8.*

(&9 giebt eine medganif^e SBeltorbnung, neU^e bem SBefen ber S)inge entfpri^t unb biefelben bel^errfdgt, infotoeit jte einanber qu8- fd&ttegenbe, Augerlid^ mit einanber )}erlnü))fte unb t)on einanber ab- l^&ngige äBefen finb, unb bied finb nid^t Uo% bie förperlidgen, fonbem auii bie t)or{leIIenben unb Dorgefiellten S)inge; eS giebt barum aud^ eine medganifd^e SBelterll&rung ton unit)eri|ell[er, aber befd^rfinüer ®ültigleit leineSioegd bie t)oI[Iomniene unb ]^5dgf}e äBetterltArung, toofjH aber eine notl^ioenbige, beren erfie @tufe unb S^^lfung ber SDeterminiS- ntuS i% }ufoIge beffen jebeS 2)ing ton äugen fonool^t beterminirt ioirb aU aud& beterminirt. S)ie 2)etermination ift loed^felfeitig, fo bag ber Singriff ben SBiberßanb, bie Sction bie if^x gleidge Steaction ausl5{}.

2. 2)te (Sentralifotton.

S)ie Objecte ftreben nad^ Sinl^eit, nad^ med^anifd^er (Sinl^eit, b. ]§. nad& einem G^entraloBject, in loetd^em aQe Sin^elobjecte eines fein tootten, unb loeld&cs alle in fid5 gu bereinigen ftrebt; baS centrale Cbiect ift ein einjelne« ober inbiöibuclIeS unb jugleid^ ein allgemcineg, ba es alle anberen Dbjecte in fid& oercinigt unb biefe in il^m aufgellen toollen, benn, tool^Igemerlt, bie Dbjecte pnb nur unfelbfidnbig baburd^, ba§ fte es fem tooüen, il^re Unfelbjianbigleit iji il^r eigenes 3;]^un unb Streben, il^r SEBiKe unb Strad&ten, eS gefd^iel^t nidgts n)iber fie, fonbern alles burd6 fie unb auS bem ©runbe i^rer ©ubiectiöitöt. ,,3n ber centraten SBelt ift eS ber @:entral!br))er, ber bie ©attung, aber inbiöibuelle SOIgemeinl^eit ber einjclnen Objecte unb il^reS med&an= ifd&en iproceffeS ift. Sic untoefentitd&en eingelnen Rbxptx öerl^alten fid& fiofeenb unb brüdfenb gu einanber; foItfteS SBerl^ältnife finbet nid&t gtoifd^en bem 6entraIIor|)er unb ben Dbjecten flatt, beren SBefcn er ift; benn il^re Sleugerlii^feit mad^t nidfet mel^r il^re ©runbbefiimmung aus. 3§re 3bentität mit i^m ift alfo öieltjiel^r bie SRul^c, namlid^ baS ©ein in il&rcm Zentrum; biefe ©nl^eit ift i^r an unb für fid& feienber »egriff."^

1 a3b. V. Sap. I. S)er SDfledJaniSmu». A. 3)a« med^anif^c OBject. B. S)ct me^anifd^e ^roceft. @. 175—188. (6. 178, 183.) 55öl, S5b. VI. § 195. ©. 368 lU 371. « SBb. V. C. S5er abfolute aÄcd^onifimufi. a. S)a8 Zentrum, ©. 189.

35

548 S)ie Seigre t)ont Segriff.

3. S)et Qlfolute IDle^anilmul.

^nbeffen ift unb iUxit bet med&anif^e $roceg, in toeld^em bie SentraUfation befielet, ein beftAnbigeS Streben unb Sollen, toetd^eS nie erfttttt »erben !onn, ba mit bem ©ein ber Obiecte im (fontrum xffu 9[euBertid&!eit unb aJlel^rl^eit, alfo bie £}biectit)it&t unb bie SSBelt Qufgel^oben koftre. ^2)ie Sinl^eit bleibt nur ein Sollen, bie gugleit^ naii gefegter Steugertidgleit ber Objecte jener Sinl^eit nid^t entf priest '

S)ie Objede ftnb il^rem SBefen unb Begriffe gemdg foloo^l feI6fi= ft&nbig unfelbft&nbig, fie moHen il^r Zentrum fokool^I ouger ft^ aU anäi in ftd^ ]§aben unb innerl^alb beS umfd^riebenen ®^biete3 bet eigenen Selbfiänbigleit ton einem gemeinfamen ^entrolobiect obl^&ngcn unb gelenft toerben. 2)arin beftel^t ber abfolute ober DoSenbete unb gefe^lid^ georbnete anedganiSmuS.

SBaS bie Sentralifatton betrifft, fo geigt fxii biefelbe in ber un« bebingten ^errfdgaft beS SrbcentrumS aber aOe irbifd^en jtörper, bie i^m beftänbig guflreben unb barum fallen, in ber ^errfdgaft leibem fd&aftlid& begel^rter Dbjecte, in ber unumfd6rSnIten ©toat«« unb 8BeIt= l^errfdgaft: 93eif))iele, toeld^e, loie man jtel^t, fokool^l pl^^fifd^er als pftjd^ifd^er, etl^if^er unb ))oliti[dger 9lrt ftnb. 2)er abfolute SRed^antd^ mug erfd&eint im ^lanetenf^ftem, in bem gefe^lic^ georbneten, na(6 feinen allgemeinen unb befonberen ©ebieten abgefiuften ©taatSioefen, in ben föberatit)en StaatiS- unb 935l!erorbnungen u. f. f.

2)te Cbiecte finb 93egriffe, barum ftnb fte aud& Urtl^eite unb Sd^lüffe. S)aS relatioe Senlralobject ijt bem abfoluten Sentralobject untergeorbnet: biefe Subfumtion ift ein Urtl^eil. SDaS einjelne Dbj[ect ift burd^ fein relatiDeiS Zentrum bem abfoluten Zentrum untergeorbnet: biefe Vermittelte Unterorbnung ift ein Sd^lug. @o ift aud& ber Staat ein Sdglug, ber auiS brei £erminig beftel^t: biefe finb bie Slegierung, bie aSürger (3[nbit?ibuen) unb bie SBebürfniffe, ieber biefcr brei Sennini bilbet bie SJlitte, tteld^e bie beiben anberen gufammenfd^liegt, ber Staat ift ein Softem ober ein Sd&lufe oon Sd&lftffen. „68 ift nur burcft bie 9latur biefeS Bufammeufd^liegenS, burd^ biefe S)rei^eit t)on Sdftlüffen berfelben terminorum, ba^ ein ©anjeö in feiner Organifation ioa^t= l^aft öerfianben toirb."*

m. ®er ©l^emiSmuS.

S)ie med^anifd&e (Sinl^eit ber Objjecte toKenbet ^ä^ nidgt in ber Oform ber abftracten €entralifation unb bie tt)a]§re Orbnung ber 2)inge

^ Sbenbaf. @. 191-193. S3b. VI. §§ 196-199. 6. 371-373. (6. 378.)

a)ie Objectiöitat. 549

tttd^t in bet Ofotm bed äRed^amStnuS. S)ettn Qudg baS abfolute Sentral» object ift telatiD uttb l^at ate etngelneiS £)6j|ect immer mieber anbete Obiecte auger ftd^. @o nieit ber STledganiSmuS reiii^t, Derl^alten fid^ bie Dbjecte &ugerlid^ 3U einanber unb bleiben, koaS fie finb: fie ftnb unb bleiben bifferente ^nbitibuen. ©oO ed 3U einer Sin^eit !ommen, toeld&e bie Dbjecte iDirHid^ t)ereinigt unb butd^bringt, fo mug i^re SDifferenj aufgel&oben »erben, b. 1&. jte mflffen fid^ toed^felfeitig nid&t blog beterminiren, fonbern inbifferenjiren ober neutrolijiren: bieS aber gefdgiel^t im d^emifd^en ^roceg.

Stnberd Derl^&It fid^ ba^ mtd^anifd^e Object, anberS ba§ dgemifd^e. 3enem ip bie SSefd&affenl^eit, bie eigene loie bie frembe, ganj gleid&* gültig, eis begiel^t ftd^ unb noirÜ nadg äugen nidgt haft feiner @£ifteng, nid^t tiermdge feiner 93efd6affen]^eit, fonbem btog n)eit e8 ein SDing, nid^t »eil eis ein fo befd^affeneS 2)ing ifi, »ogegen bie d^emifd&en Obiede burd^ il^re 93efd&affen]§eit auf einanber bejogen finb unb nad& il^rer 93er- einigung ftreben: fie finb einanber toeriDanbt unb, folange fie nac^ i^rer ^Bereinigung fireben, im Sufianbe ber gegenfeitigen Spannung. Aein medganifd^eS Object ift gegen baS anbere gef))annt, eS giebt !eine med^anifd^e SSerttanbtfd^aft, Uiol^l aber eine d^emifdge.

2)ie ^Bereinigung ber d^emifd^en Objecte ifl il^re Steutralifaiion, bie SBieberauflbfung belS neutralen IßrobuctS unb feine Suradffül^rung in bie urf))TangItd^en (^ctoren ift bie Stebuction. 3n bem neutraten $robuct ift ber d^emifdge $roceg erlofdgen unb lann t)on felbft »eber fid^ t)on neuem anfad^en nod& audg bie Stebuction looUixt^tn. @ott)o]^I bie ^Bereinigung als aud^ bie Sd^eibung finb tion 93ebingungen ab^&ngig, bie augerl^alb ber d6cmifd&en Objecte liegen. „SDie d6emifd&=bifferentcn Objecte finb baiS, tt)a8 fte finb, ausbrfldflid^ nur burdg il^re SDifferena, unb finb fo ber abfolute %xxtb, ftd^ burd^ unb an einanber gu inte» griren.'' „SIber baS uril^eilenbe ^incip, koeld^eS baS 3ltulxaU in bifferente (S^treme birimirt unb bem inbifferenien Objecte flberl^aupt feine S)iffereng unb 93egeiftung gegen ein anbered giebt, unb ber tproceg ate fpannenbe Trennung fflUt auger jenem erften ^roceffe." „^m neutraten ^robuct ift ber tßroceg ertofd^en, unb bad Srregenbe fsat außerhalb bcffetben."*

SDer S^emiSmut ift eine Aategorie ber Dbiectioitdt unb betrifft aU fotd^e nidgt blog bie äBorgAnge, bie fidg akoifd^en Aör))ern t>oUixtf)m,

1 »b. VI. §§ 200-202. (3ufQ|0 6. 373-875. »b. V. «Qp. H. a)et €^emi8mu8. 6. 195. 6. 300,

550 ^te Seigre Dom ^tgtift*

fonbern audg Me 9teutra(tfattonen im gemfitl^ltdien, gefeHtgen, loeltgefd^i^t' li^en a3er!el§r, jtotf^en getfitgen dnbtDtbualttdten, SSöKern, Sleligionen, ^^Uofopl^ten u. f. f. SSaS man in leitetet ^infid^t @9n!reti8mu8 gu nennen pflegt, bie SDtifiiungen religtöfer unb t>l^tIofot)^if4er Snfd^auungfi- toeifen, toie fte ber 93öl!ert)erfe]^r mit fi^ bringt, ftnb ein 93eif))iet folget 9leutraIifationen auf geiftigem ©efiiet.

2)te Slufgabe ber OfiiectiDitit Ugt fid^ loeber bur$ ben met^anifi^en no4 burdg ben d^emifdgen $roceg auflöfen. ®eforbert ifl bie Sinl^eit Quer Objecte, bie uniüerfeHe (Einheit, bie S(E-@in^eit. S)iefe aber fonn meber ein medganifdgeS nodg ein d^emifdgeS £)6j[ect fein, loeber ein ceit' tralefi nodg ein neutrales, benn baS centrale Object ifl immer loieber ein einjelneS, toel^efi anbere auger fid^ l^ai, unb baS neutrale ift ntd^t allgemein, benn eS !ann loeber ftdg fe(6^ jerlegen unb befonbem nod^ alle Objecte in fidft Dereinigen. 3ene uniüerfeHe Sinl^eit aUer Dbiede, meldte ber 93egriff Verlangt, ift alfo !ein Ofiiect, fonbern jun&dg^ ein bloger, Don allen Ofiiecten unterfd^iebener 93egriff, alfo ber fubiectit^e 99egriff, ber allen Objecten gegenfifierfte^t mit ber S£enbeng, in biefeCben einjubringen, um fte gu beftimmen unb )u orbnen. 2)iefer Segriff ifl nid^t objectiD, aber er foU eS fein, er ift auf bie DbiectiDit&t not)^ loenbig (egogen, barum audft notl^toenbig nodg gu i^r gel^örig bereit le^te unb ^öd^fte Aategorte. S)iefer 99egriff, ber nidgt ob|eäiD ifi, a6er fein foU, ift ber 3tDedE: eS ifl ber SSegriff, beffen DoUflAnbige dnU toidHung baS le^te unb ^öd^fte Xl^ema ber gefammten !ßogi! auSmad^t.

IV. ®ic Seleologie. 1. SDleAanilmui unb Xeleotoflie. S)eT ful^icctibe Stoeif.

2lm ©egenfa^e gu bem fubj|ectit)en, Don allen Obiecten unter» fd^iebenen Segriff in feinem freien Or&rfid^fein l^aben Sfled^niSmuS unb Sl^emiSmuS ben Sl^arafter ber 9latumot^menbig!eit unb bfirfen beSl^alb beibe gufammen al8 SffledganiSmuS begeidgnet merben, foferti man 9latumot]^iDenbig!eit unb Slled^aniSmuS in ablid^er 9Beife als gleidgbebeutenbe ^Begriffe anfielet unb brandet. S)ann finbaned^anidmulB unb Xeleologie bie beiben umfaffenben SBeltbegriffe unb Slid^tungen ber äBelterllirung.

3m ©egenfa^e gu ben Dbiecten, benen ber Segriff gegenüberfle^t unb auf toelAe ft^ berfelbe Don äugen begießt, um in ü^nen unb bun6 fie Dertoirfliddt gu »erben, ifl ber Segriff gunSd&fl ber fubiediDe, enb* Ud^e unb äugere 3^edE, toeSl^alb bie teleologifdde Segie^ung gun&d^ll

S)ie CbicctiDität. 551

nid^t anberS gefaxt iDetben !ann, benn aU fu6iecttt)e, enbltdge unb Su§ete 3tt)e(im&§i8!eit, Don tt)e($er bie innere ober imma- nente 3tee(!mftBig!eit loo^I 3U unierfd^eiben ift. S)ag S(riftotele8 unb Aant biefen Unterfd^ieb erleud^tet, bie innere Stoeiimdgigleii er!annt unb auf baS Sefien angetoenbet ^aben, jener in feinen SSad^em Aber bie @eele, biefer in feiner Ariii! ber Urt^eilShaft, gel^Srt gu ben großen SSerbienflen betber $]^iIofot)l§en.

S)er fubjectiDe (enbltd^e) 3^edE l^at einen befonberen, barum mannidg- faltigen Snl&alt unb Befielet in ber Sülenge fubjectiöer, i)aritcutorer 3ioedEe, benen bie Objecte untermorfen ftnb unb bienen; fte loerben im S)ien{ie jener Stotdt gebraud^t unb Benfi^t: bie Äußere 3te(dEmftgig!eit ifi bie 9lfl^Iid^!eit. 3n auSffll^rlidien 93etrad^tungen aber ben 9lu^en ber S)inge ^aben, um bie SBeiSl^eit ®otte8 gu ))reifen, fotool^I bie beiflifdg geftnnte Kufflftrung aU audg bie t>ra!tifd&e OfrSmmig!ett fidg gern ergangen. 93eim äBeinfiodE tourben bie ^nne]^mlid&!eiten ertoft^nt, toeld^e ber äDlenfd^ aus feinen tjfrädgten getoinnt, beim Aorlbaum aud^ beS pfropfend gebadet, ber bie SBeinflafd^en t)erfd^lie&t, toie eS in bem (Epigramm ft)ottn)eife l^ei^t: «,9BeId^e 9}erel^rung tierbient ber SBelten- fd&5|>fer, ber gndbig, als er ben Aorlbaum fd^uf, gleidg aud^ ben gtflpfel erfanb".^

2. S)aS 9lei4 ber aTltttel. 2)ie Sifi bct SBemunft.

©er fubjectiöe Stoedt mit feiner ber ObiectiDitdt jugelel^rten 5£enben3 ifl im 3uflanbe ber @t>annung unb barum beS 9ßiberf))rudiS, 3tt)ifd^en feinem 3u{lanbe unb feiner Xenben), jlDifd^en feiner ©üb« lectiDitdt unb feinem SBiUen ]ur Dbjectitiitdt, loeld^er SBiberfprud^ nur burdg bie 3tt)edEt]^dtig!eit, b. 1^. baburdg gelöft toerben !ann unb gäöft toirb, ba^ ber 3rocdE fid6 realifirt ober objectiöirt, inbem er fid& ber Dbjecte bemddgtigt, fid^ biefelben unterorbnet unb in feinem S)ienfle brandet. 2)ie Unterorbnung ober @ubfumtion beS ObjectS unter ben fubjlectiöen 3wedE ift ein Urt^eil; bie Slealifirung be« 3wedf8 ift ein BäjUn^, in meld^em ber S^^ä burd^ bie Objecte fid^ mit ftd^ felbft jufammenf daliegt: er ift Stnfang unb Snbe, Urfad^e unb S^A, alfo enburfad^e; bie Sfflittel be« ©d^Iuffe« aber finb bie jtoedtbienüdöen Dbjecte. JRirgenbS flbt ber medius terminus feine SBebeutung unb

1 fflb. V. dap. m. Xeleologic. 6. 203-211. A. S)er fubjectiüe Stoed. 6, 211-214, »gl. VI. §§ 204-209. 3uf. ®. 375-379.

552 ^ie 2tfixt Dom ^egtiff.

t^unctton in einer fo ausgefprod^enen tlform, tote l^ier, too ber 3!fiitUU begriff fettft JDlittel ifl unb 1)ti%t

S)ie med^anifd^en unb d^emifd^en £)bj[ecte ftnb je^t med^anifd^ unb d^emifdge 3}HtteI, meldte bie 3n)edEt]&itig!eit, loomit Sr!enntni6 unb @rftnbung $anb in ^anb gelten, ins Snblofe ))erDieIf&Itigt. Stbet erreidgte 3ti)e(i tt)irb fogleid^ äJlittel ]u einem neuen Stoed, ber toieberum 3}littet 3U einem neuen S^oedEe loirb, unb fo.erflreiit fid^ bai 9ttxdf ber änittel ins Snblofe. Unb anbererfeitö niirb lein S^^ä erreicht, o^ne ba^ baau eine SDlenge Mittd aufgelDenbet, b. 1^. eine SRenge Dbjede bienfibar gemad^t unb in SDlittel tiermanbelt toerben, bamit baS €uB^ ieci ftdg felbft fo toenig als mögtidg brandet unb t)erbrQud&t ^n biefer erfinberifd^en Aluglgeit, flatt ber $erfon bie Objecte arbeiten unb ftd^ abarbeiten gu laffen, befielet, loie ^egel fagt, „bie Sift ber fßtv- nunft'\ ^ier finb toir an ber Stelle, auf toeldle i(^ l^ingeiotefen l^atte, als in ber Seigre t)om 3Raa^ fdgon Don ber ,,Si{t beS Begriffs" bie Siebe loar.^

,,S)iefe ääegieJ^ung", fagt $egel tion ber gmedEmigigen Xl^&tigleit, „ifl bie ©pl^Sre beS nur bem Btoede bienenben SRedganiSmuS uvb €^emiSmuS, beren ä&al^rl^eit unb freier S^egriff er ifL 2)ieS, ba^ ber fubiecti))e Stozd, als bie SJlad^t biefer ^roceffe, loorin baS Dbjecitt)e ftd^ an einanber abreibt unb aufl^ebt, ftd^ felbfl auger il^nen ^dtt unb baS in il^ncn fid6 erl^altenbe ifi, ifl bie 8ift ber JBernunft* .,S)ie 9}ernunft ift ebenfo liftig als m&d^tig. 2)ie Sift äberl^aufit befielet in ber Dermittelnben Sll^ätigleit, tt)€ld&e, inbem fie bie Objede il^rer eigenen Statur gem&g auf einanber einmirlen unb fidg an einanber abarbeiten lägt, ol^ne fid^ unmittelbar in biefen ^oceg eingumifd^en, glefd^tool^I nur i^ren Smä gur SluSfa^rung bringt SRan lann in biefem Sinne fagen, bag bie göttUd^e SSorfel^ung ftd^ ber Sßelt unb il^rent $roceg gegenüber als bie abfotute Sifl )^txfiOlt ®ott Idgt bie SReufd^en mit il^ren befonberen ißeibenfd^aften unb ^^ntereffen getodl^ren, unb umd baburd^ 3U @tanbe fommt, baS ift bie äSoHfü^rung feiner S(bft((ten, meldte ein anbereS finb, als baSjenige, um toa^ eS benjenigen, beren er ftdg babei bebient, gun&d^ft gu tl^un toax." S)ieS ift einer jener d^aratteriftifd^en @&^e, aus loelc^en Tegels gange fiebenS» unb Sßelt:: anfd^auung ]^ert)orIeud^tet!^

> »gl. oben »u4 II. (&Qp. XVI. 6. 478. - « ^egeL »b. VI. § 209. 3uf. @. 382. 9}gl. »b. V. B. S)ad mUttU @. 215—218. C. S)er au»gef&^ttc Stoerf. ©. 219 u. 220.

^ie ObiectlDitSt. 553

8. S)er auBgefül^rte Stoedt.

2)er fu5)ecttt)e S^^i fül^rt uttS in bett enblofen $rosreB» ba jeber cncid^te 3wed! toicber SDflittcI für neue Stoecfe tji, unb j|cber ju crrcid&cnbe Stotd TixM forberi unb t)orau8fe^t. SBie baS Snbltd^e ate foldged I

ben enblofen ^rogreg gut notl^toenbigen Ofolge l^at, fo gerfttl^ in btefen ' äBiberf))rud^ auc^ bie enblid^e unb ftu^ere 3tDe(!mä^ig!eii Unb iDie ;

bafi loal^rl^aft UnenbUd^e ben enblofen ^rogreg äberl^autit ))oQenbet unb Qufl^ebt, fo loitb baburdg allein audg l^ter int ©ebiete bet Xeleologie biefer enblofe ^rogreg tioHenbet unb aufgel^oben, in loeld^em jebed 3ÄitteI SwedC ifi unb jeber Stozd toieber SOWttel fo bog am (Snbe nidgts anbereS gu Staube !omntt als lauter ÜJtittel. S)a8 n)a]^t]^aft XtnenbUd^e ift in biefem gfaH ber unenblidge Stoed: ni$t bie dugere, fonbern bie innere StoetfmflBigleit.

SHe SluSfül^rung be$ St^eäS ifl, »ie fc^on bemer!t toorben, ein ©döluft, beffen SKittelbegriff bie SWittel ftnb. Sie »egtel&ung beS fubjediDen S^td^ auf bad Object als ÜJtittel ift bie erfte $r&miffe; bie SBegiel^ung bed SRittelS auf baS Object ate SDlateriat in unb an meldgeni ber 3toe(! ftdg gu geflalten l^at, ifi bie gtoeite. 3ebe ber beiben ^rftntiffen ger&tl^ in unenblid^e SBermittelungen, ba ftd^ baS 9letd& ber 3!flxtttl nad^ beiben Seiten ins Snblofe erjtredEt. 2)a]^er fontmt bie fubiecti))e Stoedtlg&tigleit aud ben ÜRitteln nidgt l^erauS unb tior lauter SWitteln nidöt gum Stoed.

Unb ber fubiectiöe S^^d felBft mit allen feinen SBefonber^eiten, feinen gufflllfigen unb mannidöf altigen Snl&altsbejlimmungen iji, Bei Si^t befel^en, nidgtd anbereS aU baS eingetne Subiect, baS als foIdgeS ein Dbicct iji unb gur Dbiectiöitdt gel&ört, toie ber a}lenfd& gur 9latur, obmol^I er ftiS^ t)on berfelben unterfd^eibet unb mit feinen ^articularen 3tocdten unb 3nterejfen il^r gegenüberftel^t unb fie brauet. S)ie Senologie als enbli(ie unb ftugere StoecfmdBigleit !ommt fo loenig aus ben Objecten loie auS ben Mitteln IgerauS; Dielmel^r tl^eilt ftd^ bie Dbiectiöitat in gtoci ©ebiete: in baS Sleid& ber gtoedfe^enben Dbiecte (fubjlecte 3wede) unb baS ber gmedbicnlid^en Dbicctc (5KittcI). 3)ie Seleobgie gel^ört bal^er niddt Blog gur Objectitiitdt, fonbern ift nodg gang unb gar in i^r begriffen.^

a)er toa^rl^aft unenbli^e 3toed l^at feine Sfflittel nid&t aufeer fid&, fonbern in ftd^: er vermittelt fid& felbft burd& fid6 felbft. ®r ift ber

> (gbcnbaf. 6. 224 u. 225.

554

2)ie Seilte \)om iBegriff«

ftd& fclbfi rcQKjtrenbe Segriff, bic ftd& fclbft oBiectiöitenbe ©uBiectiöitöt, alfo bte Sinl^eit beS 93e(irtffd unb ber ^Realität, ber @u61ectiDität unb ber £)biecti))ität: biefe Sin^eit tft bte 3bee, b. t. ber 93egrtff ntci^t blog, tüte er an fidg ift im 3}ledgQni§mu8 unb (S^fftmimni, nid^t 6(06 tote er für ft(( ift als fubjecttoer 3toeä, fonbem tote er an unb für ft(i6 tft, ba er in feiner Slealifirung {td& felbft Aar unb einleud^iet. S)Q bie 3bee aUe äJlittel unb 93ebingungen gu il^rer Stealiftruns in fid^ fd^ttegt fo brandet fie nidgt erß auf bie ®unfi ber Um^nbe }U tt)Qrien, um an baS SBerl il^rer 93ern)irIItd&uns ]u gelten, fte f^at fidg nidgt blog gu realiftren, fonbem l^at fidg Don @toig!ett l^er reolifttt, unb es ift bie XAufdgung aufgul^eben, aU ob ber unenblidde Stotd tiod^ nid^t ))oI[ffil^rt fei* „^m Snblic^en !önnen loir ed nidgt erleben ober feigen, ba^ ber S'^^ä toal^rl^aft erreid^t tt)irb. 2)qS ®ute, baS abfolut @ute ))oIIbringt fidg eioig in ber äBelt, unb baS Slefultat 1% ha% H fdgon QU unb fflr fid& tioUbrad^t ifi unb nid^t erft auf und gu toarten brandet. S)iefe St&ufd^ung ift eS, in ber tt)ir leben, unb gugleid^ ifi biefelbe allein bad SSetl^dtigenbe, vorauf ba» 3ntereffe in ber äßett beruht." '

3toeiunbgtt)angigfte8 Sapitel. IDie Ce^re 00m ütegrtf. G. IDie 3itt.

I. S)ie 3bee aU ^roceg.

S)ie JBorftellung, ba§ bie abfolutcn 3toedCe in ber SQBelt erretd^t finb, !Snnie in unferer SebenSanfdgauung einen QuietiSmud gur Sfolge l^aben, ber ))om Uebel ifi, unb bem bie S^&ufd^ung fid^ entgegenfiefft als ob jene 3^^dEe feineSmegS eneid^t ftnb, fonbem eS an un5 liegt unb bon uns abl^ftugt, fte gu t)ern)irHid^en. 3nbeffen lo&re bie ^nfid^t bag bie 3bee fertig unb bie SluSfül^mng ber äßeltgtoedCe ))oIIenbet fei, eine ebenfo groge S^äufdgung. 2)ie abfoluten 3toeÄe ftnb ebenfomol^I erreid^t als nod& gu erreidgen, tl^re SSenoirllidgung ifi fotool^I ber enttoidFelte SBeltgufianb als bie barauf gegrfinbete äßeltaufgabe, bie gu erlennen unb an bereu fortfd&reitenber ßöfung mitgutoirlen bie ©adfte ber fortgefd^rittenen unb gur toeltgefd^id^tlid^en S(rbeit berufenen ©eneration ifi. (Ss ifi

1 eaenbaf. 6. 227 u. 228. SBgt. VI. §§ 211 u. 212. 3uf. 6. 883 u. 384.

2)ie 3bee. 555

falf$, bte 93ettt)trIIi4ung ber 3bee ote einen fertigen 3u{}Qnb ju befradgten, ber und nid^te gu il^un übrig loffe* Sd ift falfd^, biejelbe als eine Sßeltaufgabe ]u nel^men, bie nunmel^r erft gu ergreifen unb gu löfen fei. 3ebe biefer beiben ^tnfid^ten ifl eine S^&ufd^ung. Um biefe irrigen Sluffaffungen logifd^ gu enilrifien, mu^ bie 3bee, »ie $egel auSbrädlid^ unb tieffinnig geleiert ^ot, fotool^l ate bie abfotute Ginl^eit ber ©egenfd^e loie att $roceg begriffen »erben.

1. 2)ie 3bee ift bie (Sinl^eit ber @ubiectit)itftt unb £)biecti))itSt, biefer l^öd^ften ®egenfä^e, meldte äffe übrigen ©egenfd^e in unb unter fid^ begreifen: fie ift barum ab folute (Stn^eit. @te ift Sinl^eit, nid^t 93egie]^ung ober Stelation, tooburd^ immer gioei 93eftimmungen gefegt finb. S)a]^er finb bie 93egriffe beS SSefenS (^eflejcion) nid^t im Staube, bie 3bee gu faffen, 3cnem ^Begriffe gemäß pnb Sebingung unb Se» bingtei^, Anfang unb Snbe, ®runb unb Qfolge, Urfad^e unb 9Bir!ung immer gteeierlei; bagegen in bem Stoedt, ber fidg felbft reaKfirt, ift bad €nbe ber Anfang, bie t^olge ber ®runb, bie 2Bir!ung bie Urfad^e; es ift nid^t mel^r ein SrfteS unb Se^teS, bie auf einanber begogen merben, fonbem l^ier gilt in genauem SSerfianbe baS SBort: „bie Seiten merben bie Srften fein". ,,9Ran lann Don ber teleologifd^en Sl^Atigbit fagen, bag in il^r baS Snbe ber Slnfang, bie gfolge ber ®runb, bie äBiriung bie Urfadge fet, ba^ fie ein SBerben beS ®etDorbenen fei, bag in il^r nur baS fd^on Sjciftirenbe in bie @£ifteng !omme u. f. f., baS l^ei^t, bag überl^aupt äffe SSerl^iltni^beftimmungen, bie ber ©pl^Are ber 9flefIe£ion ober beS unmittelbaren @einS angehören, il^re Unter« fdgiebe oerloren l^aben, unb toaS aU ein Ruberes, tt)ie Sube, (Jfolge, Sßirfung u. f. f. auSgefprodgen ttirb, in ber 3)i>eäbegie^ung nidgt mel^r bie 93eftimmung eines Slnbern l^abe, fonbern üielmel^r als ibentifd^ mit bem einfad&en Segriffe gefegt ifi."^

2. S)iefe Sinl^eit ift aber leinesmegS, loie es ben ^nfd^ein l^aben lönnte, eine in ftdg rul^enbe unb befc^Ioffene, fonbern bie 3bee ift be- ftänbiger $roce^, fte ift ettig (ebenbig, fo bag bie Subjjectitiitdt nie- mals in ber £)biecti))itat, ber 93egriff niemals in ber Stealitdt erftant, ))ielme^r Aber biefelbe l^inauSgel^t, in fidg gurfldfel^rt unb auS bem untierfieglid^en ®runbe ber @ub)ecti))itdt ben ^roce^ immer Don neuem anfad6t unb fieigert. Sic ©ubjectiDitdt, toeld^e ber Dbjectiöitdt nur gegenflberftel^t unb bie eine Seite beS ©egenfa^eS bilbet, ift ,,bie ein-

» 935. V. 6. 221 u. 222.

556 2)te Seigre t)om Scgriff.

fettige"; bte Subjectbität, iDeld^e über bie Objectbitat l^tnauSge^t unb in fid& gurüdSel^rt, ifl ,,bic überateifcnbe*. ©afe bie 3bee al8 ^hücefe unb bafe bie ©ubiectiöitdt ol8 bte fibetflreifcnbc aufsufaffen fei: biefe beiben @ft^e, pl^ilofopl^ifd^ genommen unb ))er{tQnben, bebeuten bajfelbe. Sine in ber ^bentitätiSlel^re fel^r gebtftud^Hdge Ofotmel befintrt bie 3bee burdg bie ^(Sinl^eit beS Sublimen unb Unenblid^en, bed S>enIenS unb @etnd, bt^ SäegtiffiS unb ber S^ealit&t, beS @ubiect8 unb 06^ jectö" u. f. f., iDorau§ nid^t l^erDorleud^tet, bog bie 3bee ol^ ^roce^ unb bie ©ubiectiöitat ote boS übergreifenbc ?Princi}) gu faffen fei, Dielniel^t baß ©egentl^eil flefolgert toerben fönnte. ®arum l^at ^eget an ber ©tette, tto toir finb, jene gformeln für mi6t)erfi4nbU(6 unb cS für geratl^ener erßftrt, fie nidfet gu braud^en. ,,933eil bie 3bee 1. ^roceB x% ift ber SludbrudE für baS ^bfolute: bie (Sinl^eit bed (Enbltd^en unb Unenblidöcn, be8 S)enfen8 unb ©eins u. f. f., toie oft erinnert, falfdi; benn bie ©inl^eit brüdtt abfiracte, rul^ig bel&arrenbe Sbentitdt au«. SBeil fie 2. ©ubjectiöitat ift, ift jener SluSbrudE ebenfo falfd^, benn jene Ginl^eit brüdt baS ^nfid^, baS ©ubftantieUe ber toc^x^ l^aften (Sinl^eit aus. S)a$ UnenbUcbe erfdgeint fo als mit Snbltc^em nur neutraUfirt, fo baS ©ubjectiüe mit bem Dbjectiüen, boS 2>afetn mit bem ©ein. %ber in ber negati))en Sinl^eit ber 3bee greift boS Unenblid^e über baS SnbUd^e l^inüber, baS 2)en!en über baS Sein, bie ©ubj|ectit)iiät über bie Objectiöitdt. Sie ßinl^eit ber 3bee ifl ©ubjectiDitdt, S)enlen, UnenbU^!eit, unb baburd^ toefentlii^ x>on ber 3bee als ©ubftan] gu unterfd^eiben, tt)ie biefe übergreifenbe ©üb» iecti))itftt, S)en!en, Unenblid^!eit ))on ber einfeitigen ©ubjectiültöt, bem einfeitigen S)en!en, ber einfeitigen Unenbttdgfoit, menn fie fi^ urtl^eilenb, beftimmenb ]^erabfe|t, gu unterfd^eiben ift."^

S)iefe (Srflarung ift lool^I gu bead^ten, ba toir anäi bei ^egel jenen Sinl^eitSformeln nid^t feiten begegnen, bie Don jel^er baS ©tic^ blatt ber ®egner getoefen unb geblieben finb. Um affeS mit einem eingigen SBorte gu fagen: bie 3bee lebt unb ift Seben.

II. 2)aS Seben. 1. S)Q< Icbenbige Snbbtbuum. Stiles unmittelbare S)afein ift oermittelt, unb alle ajermiittung, ba fie nidgt inS Snblofe fortgel^t unb refuttatloS Verläuft, fonbern ftd^

1 »b. VI. § 215, 6. 890 u. 391.

S)ic 3bee. 557

immer »ieber öoUcnbct unb auftcbt, erfd&eint ate unmittettorcS S)Qfein. 2)Qd unmittelbare S)afein ber 3bee baS 8eben ober, toie $egel fagt: „bie unmittelbare 3bee aber ifi ba« ütitn**.^ SltS Stoetf, ber feine aJlittel nidöt aufeer fid^, fonbem in fidö l^at, barum fti^ fetbft t)er« mittelt unb barum nidgts anbereiS BeglDedt als fic^ felbfi, ifi bie 3bee ©elBflätoedC; fie iji al« ©elbfiatoed juflleidö enbjmecf, ba fte niiä^t SWittel für ettoa« anbere«, fonbern nur für ftdft feftft ift, nid^t um eine« anberen ©infleg toitten, fonbern um i^rer felbjl toitten ejiflirt; fie befielet bal^er in einem foldfeen aSerl^ältnig Don 3wecf unb SOHittel, tt)eldge8 nur innere 3tt)e(!magig{eit begriffen werben !ann.

3toecf ifl »cflriff, ber ©elbftatoed ift ber ftdö felbfi realiprenbe ober obiectiöirenbe Seflriff: biefen Segriff nennt ^egel bie ©eele, biefe 9lealit&t ober £)(j[ectit)itAt nennt er Seib unb biefe Sinl^eit ber Seele unb beS SeibeS bad lebenbige 3nbi))ibuum.

3)er SBegriff, Don bem l&ier bie giebe ifi, ber fi<i6 toerför})ert unb Seele l&eifet, ifi lein Äbfiractum, fonbern baffelbe, toad Slrifiotele« bie erfie Snteledgie eined organifd^en Aör))er8, b. i. bie il^m inlool^nenbe atoedtl^ätige ftraft, unb in unferen Zagen 6d6oJ)en]&auer ,,bett SBillcn 3um ßeben" genannt l^at, b. i. ber Strieb ftd& gu objectitoiren. SBenn man unter ben Segriffen nur abfiracte JBorftellungen toerfiefit, »ie bie gemöl^nlid^e Sd^ullogi! tl^ut, fo mug man bie l^egelfdgen €a|e finnlog unb ungereimt finben, loie Sdgopenl^auer biefelben fiets genommen unb unablöffig öerfd&rieen l^at. SJon bem Segriff, ber fid& rcalifirt ober mlörpert, fagt ^egel: „er ifi ©elbfijtoecf unb 2rieb". S)te 3bee ifl „ber Segriff, ber unterfdjicben t)on feiner Dbiectiöitftt einfad^ in fid& feine DbjectiDität burd^bringt unb aU Selbflamed an il^r feine anittel l^at unb fie als fein a^ittel fe^t, aber in biefem SRittel immanent unb barin ber realifirte mit fi^ ibentifd^e 3toedE ifi".*

68 fommt barauf an, »ie bai SWittcl ifi: ob fünfilid& ober natürlidö iji, ted&nifd& ober organifd&. 3ji eS tcd&nifd6, fo ifi ber 3»ed!, bem es bient, bie ®efd&idtlid6!eit be« Äflnfilcr«: fo öerl&ält pd^ bie SEl^fttigfeit beg 3itnmermanng jur 3ljt. 3fi es organifd^, fo iji ber 3tt)edt, ben es erfüllt, feine Seele: fo öer^ftli pd& bie Sel^Iraft unb baS Se^en jum Sluge. SeibeS ftnb ariftotcUfc^e SBcifpiele. S)ie ^lA ifi ein SOHittel, ein tobteS gEBertjeug; baS ?luge iji ein Organ* 3)as Icbcnbigc 3nbit)ibuum ifl ein OanjeS unb ]§at Stl^eile, aber biefeS

' S3b. V. 2)ritter W>m. 2)ie 3bee. 6. 229—843. (^ap. H. S)a8 2tUn. @. 237. »gl. S3b. VI. § 216. 6. 391. » »b. V. 6. 234 u. 235.

558 2)ie Se6te t>om ISegriff.

®ange ntd^t @utnme, SolIecttDutn, Aggregat, fonbetn eS tfl Stoetf, bet 3tt^ed! ju leben, auf biefe beflimmte ^rt 3U leben; bemgemfi^ ftnb oud^ bie Sl^eile btefeS ©anjen nidgt blog Xl^eile, fonbem Wtttl, natürlidde, felbßergeugie unb enttoidfelie fDlttiel, b. f). Dtgane ober ©lieber: baS ©anje tft nid^t getl^eilt, fonbem e8 tfl ber ^oceg, ft(& iu tl^etlen, gu organifiren, ju sliebern. „S)a il^m ber 93egriff immanent ift, fo tfl bie 3ti)^iinidgtg!eit be§ Sebenbigen als innere gu f äffen; er ifl in il^m ate befitmmier, Don feiner Sleugetlid^feit unterfd^iebener unb in feinem Unierfdgiebe fte burd^bringenber unb mit fid^ ibentifd^r Segriff. S)iefe ObjjectiDttdt beS Sebenbigen ift Organismus ; fte tfi baS aniltel unb äßerigeug beS Stotdf^." „3lai^ ber 9eugerlid^!eit beS Organismus ifl er ein ä^telfadgeS nid^t Don Xl^eilen, fonbem Don ©liebem."^

3m Organismus begriffen, ftnb bie S£]§ei(e lebenbige ©lieber; Dom Organismus getrennt unb loSgeriffen, ftnb fte !eine ©lieber me^r, fonbem tobte ASrper, toie eine abgel^auene $anb !eine ^anb me^r ift. 3nit Stecht fagt man, bag im Zobe ftd^ bie @eele Dom Seibe trennt/ ber 8eib loirb jum Sei^nam, unb bie gfrage ift nid^t, ob bie ©eele ben iob flberbauert, fonbem ob jte einen nod6 l^öl^eren Stoeä gu erfüllen l^at, als nur ben gu Uim.*

SBaS tt)ir Segriff, @eele, Organismus genannt l^aben, ift ein ©ubiect, ein einfad&eS, untl^eilbareS Selbft, toeld^eS, in feine Seibltd^^ feit ergoffen, in feinen ©Hebern aUgegentoftrtig, Aber biefe 3(euBerIidb« !eit l^inauSs unb in fid^ gurüdge^t, auf fid^ begogen ift unb bleibt @onft toAre eS lein @elbft, !ein @ub|ect, leine lebenbige 3nbiDibuaKiät. S)arin liegt baS groge ©el^eimni^ beS 8ebenS, feine Unbegreiflid^leit fär ben Serftanb. SDenn ber Serftanb loitt unterfd^iben unb bie Unterfd^iebe ftjiren: ein anbereS ift bie @eele, ein anbereS ber Seib; bie Mgegentoart ber €eele im ßeib ijt il^m ebenfo unfa^Iidg, toit bie Slllgegenmart ©otteS in ber Sßelt.^

SBie ber Segriff bie SWomente beS Slffgemeinen, Sefonberen unb Singeinen in fid& fd^Iie^t unb Dereinigt, fo Dereinigt aud^ bie €eele als bie lebenbige ^nbiDibnalitat, teeldge fte ifl, biefe brei S^araftere in ber Oroi^nt beS $roceffeS unb ber ©elbflbetl^Atigung: fie all- gemeine ©elbpeflimmung, bie ©inl^eit bcS Seflimmten, inbem fie baffelbe in fid^ fe^t, finbet unb ftd^ barin empfinbet unb fä^lt; „fie ifl

»"cbenDof. 6. 248 u. 244. « »b. VI. § 216. 3uf. 6. 891 u, 892. » ©b. V. 6, 289 u. 240. »öt. VI. § 216. 3uf. 6. 892.

S)ie 3bee. 559

l^iettnit erfiltd^ nur Mgenteittl^ei^ baS rein nur in fid^ felfiji Srjittem ber ßcbenbigfcit, bie ©cnfiBiliidt." „@ic ifi bo« 3nft(i6fcin, tticftt als Qbftracte Sinfaii^l^eit, fonbem eine unenblidde beftimmbare ffitctp- tii)itat/ „Sie ©enfibilitat fann fonitt alß baö ©afein ber in fidö feienben Seele fietrad^tet toerben, ba fte alle S(eugerltd6teit in ftd^ auf= nimmt, biefelbe aber in bie DoQbmmene Sinfadb^eit ber {td^ gleidgen Sragemeinl^eit gurütffül^rt/' m% befonbere ©elbfltl^fttififeit tritt fie ber 9lu§enn)elt entgegen, Dernianbelt beren (£inbrüd!e in Steige unb @r= regungen, tierl^ält fid^ bagu aU reigem))f&nglid^e unb erregbare Snbitiibualitdt, loeld^e ben em))fangenen Sinbruä burd^ Slcte ber @elbfi= beaegung auSibfl: bie @))]^&re ber Irritabilität. (Snblid^ ifi eS nidgt genug, bag bie Seele fid^ t)erf5r))ert, il^ren Organismus mad^t unb geftaltet, baS Seben ift fein tobteS $robuct, fonbem \dxU immer t)on neuem toiebererjeugt ober reprobucirt loerben. @o betl^&tigt fid^ bie Seele als lebenbigcS ©ngeltoefen. S)ie brei 5Procejfe ber inbi= ))ibuellen Selbfibetl^&tigung finb bemnad^ bie Senjtbilitdt, 3rritabi(itSt unb 9le))robuction ober baS Selbftgeffll^I, bie äBiberftanbShaft unb bie bejidnbige Sffiiebergeugung, Äeiner biefer ^Proceffe iji ol^ne bie beiben anbern: fie jtnb bie notl&toenbigen fjormen ber ©elbpetl^dtigung, bie Iogifd6 notl^toenbigen Qformen, bie nur ba fiattfinben fSnnen, too Seele ober Selbfi iji, 3nbioibttaKtat im genauen Sinne beS SffiortS.^ SBaS ift (Smtifinbung? SBte Derloanbelt M ber fiugere Sin- brudt in Smpfinbung, Selbjlemt)finbung? S![uf biefe gfrage muft ber SSerftanb unb bie fogenannte erlUrenbe Sßiffenfd^aft el^rlid^erloeife antworten, loaS {te Don jel^er geantuiortet l^aben: mysterium magnuml Me Dermeintlid^en 6r{lSrungen finb nid^tsfagenb unb laffen bie un* ergrünblid^e Sll^atfad^e ftel^en, tt)o unb toie fie ftel^t. Um baS Selbft gu ertennen, bagu gel^ört eine Setbfterfenntni§, toeld^e bie ^l^ilofopl^ie, inSbefonbere bie f))eculatit)e, t)or ber bogmatifd^en SBiffenfd^aft unb bie SSernunft üor bem SSerftanbe DorauS l^at.

2. 2)et 8c(en<proccg.

S)a aDeS Seben in ber SBelt fid^ gu entttidEeln unb eine Sleil^e Don Stufen unb gntioidEfungSformen gu burd^Iaufen l^at, beren l^öd^fle baS inbiöibuelle ßeben ift, auS ttjeld&em bie gmpfinbung, baS Selbfl« gefü^l, baS SelbPetou^tfein, ber ©eift ^eröorgel^t, fo i|l ntd^t attcS

1 »b. V. 6. 248-248. Sßfil. VI, §§ 217 u. 218. 6. 373.

560 S)ie Seigre bom IBegriff.

Seben inbtoibuell, befeelt, fenftbel, t^e j. fö. bie ^flanje nod^ feine SnbtDibualitSt, Um @elbfl tfl unb barutrt aud^ !etne Smpfinbitng ^at. äBol^I aber ift aUed Seben ©eflaltung, (SrnSl^tuns unb Ofortpftangung ober älrttculatton, Slfftmttation unb ©eneratton. 2)te SlffimtlaKon i^ Aneignung, baS lebenbtge Subject bemAd^tigt {t$ ber il^m gioedEbten- Ud^en Objiecte ber 9lugenn)elt, nimmt biefelben in fi(( auf, DermanbeU fte in feine SRittel unb Organe unb ertoeift ft4 baburd^ ate bie 3Rad&t , Aber bie Obiecte, als bie 3Ra((t beS Slffgemetnen ober ber ©attung, „3n biefem Sufammcngel&en bc8 3nbiDibuum8 mit feinet junid^ft il^m als gleid^gfiltig t)orau8gefe^ten ObjediDitAt l^at ed feine SSefonberl^eit aufgel^oben unb ficb jur SlUgemeinl^eit erl^oben. ©eine 93efonber]^eit beftanb in ber S)iremtion, moburd^ bafi Seben als feine S(rten baS inbit)ibuette ßeben unb bie il^m Augertidge £)biectit)itAt fe^te. S)urdg ben Anderen ßebenSt^toceg l^at es fidg fomit ate reeQeS, allgemeine^ Seben, aU ©attung gefegt." ^

3. 2)ie Gattung«

S)er ©attungdproceg ifl bie Igödgfte gform unb @tufe ber fiebenS-- tl^Atigteit, aber bie ©attung erfddeint nur in ber Sftut^ ber ©enerationen, in bem enblofen Sntftel^en unb SSergel^en ber 3nbiDibuen. „©eburt unb %db ein etoigeö SKeer!" SBieberum ber enWofe SJrogrefe: bie fd^ledgte Unenbßd^Ieit beS gebend I (Sbm barin befte^t ber äBiberfpnu^ beS 8eben8, toie ber enblofe $rogreg, tt)o er aud^ erfdgeint, aus bem äBiberf))rud&e flammt unb benfelben bart^ut unb ))er))etuirt. SDie 3n' biDibuen entfiel^en unb t)ergel^en, unb loenn eS babei fein S^enienben l^at unb nid^tS meiter erfolgt, fo bel^arrt ber ungelSfte SBiberfprud) beS ßebenS, biefer enbtofe ^Progreft, ber felbji ben aRel)]^iftopl§eIc8 jur aSerjtoeiflung bringt: „Unb immer circulirt ein neue» frifd^cS Slut, fo gel^t es fort, man mSd&te rafenb toerben!"

Snbeffen fd^reitet baS geben, inbem eS fid^ aus innerfter firaft erl^öl^t, baau fort, jenen SSiberiprud^ gu lofen unb bie ©attung in il^rer abAquaten unb unDergAnglid^en ©eflalt gu erzeugen, in ber gform nid&t ber SnbiDibuen, fonbern ber begriffe, biefe aber »erben erjeugt burdg baS 2)enien, uield^eS ftd^ im Srlennen unb SSoffen DerlDirfiid^t. S)aS 3nbiDibuum ftirbt. Ss ift bie 93ebeutung feines XobeS, bag fid^ über baS btoge geben unb bie inbittibueHen SebenSgtoede, bamit

»b.V. ©.251. »öl. VI, §219. 3uf. 6, 393f[öb.

2)ie 3bee. 561

audg ü6er bte eigene ^nbiDtbualit&t erl^efit, bag es ftdg felBft beraU" gemetnert, Dergeifltgt unb ben 3n)e(!en beS ®etfie$ lebt, nAmUdft ber @t!enntnig ber SBol^rl^ett. S)Qrfl6et l^at bet platonif^e ©olrateS im $^&bon fo tief finnig gerebet: aber biefen Sufammenl^ang jtoifdgen Sob unb (Sr!enntnig, atoifc^en Sterben unb $]^iIofo))]^iren; er j^abe ben Sob nid^t gu färd^ten, ba er fdgon I&ngft gefiorben, nämlidg ben 3tt)eäen beS bloßen ßebenS abgefiorben fei. ^9)a9 Sebenbige fitrbt, tt)eU eS ber Sßiberfprud^ ift, an fid^ bal^ Slllgemeiner bie Gattung gu fein unb bodg unmittelbar nur ate SingelneS ju esiftiren/' «,S)ie 3bee beiS fiebenS aber l^at bamit ftdg nid^t nur ton trgenb einem (befonberen) unmittelbarem 2)iefen befreit, fonbern Don biefer erften Unmittel» barleit aber]^au))t; fie fommt bamit gu fid^, gu il^rer SIBal^r^eit; fte tritt ]&iermit als freie ©attung für ficfe felbft in bie gsifieng, ber £ob ber nur. unmittelbaren eingelnen Sebenbigleit ift baS ^er- Dorgel^en beS ®eijicS/*

III. S)ie 3bee be§ (SrIennenS unb beS SBoUenS. 1. S)te 3bce bed SSSal^ren.

3nbem baS inbiötbuelle Seben fid6 aufl^ebt, biefe unmittelbare ginl^eit beS SBegriffS unb ber 9lealit4t, biefcS unmittelbare S)afcin ber 3bee, fo eröffnet ftd^ Don neuem ber ®egenfa§ ber ©ubiediDitöt unb ber Dbiectiöität unb bie 3lufgabe ber Vermittlung unb Bereinigung bciber. S)ie ©ubjectiDitat iji ber ©eift, bie ben!enbc JBemunft, ber feiner betoufete @clbji= unb ßnbgioedt, b. i. bie il^rer betoufete 3bce; bie DbiectiDitat ift bie SBelt, ber Snbegriff ber S)ingc ober Dbjlecte, ber in feiner 3flealitöt unb Sleatifirung begriffene 6elbfi= unb gnbgtoedE, aUo aud^ 3bee: bie beiben Seiten beS ©egenfa^eS finb bal^er als bie fubjlectiDe unb bie objectiDe 3bee gu begei^nen. Sie Sluflöfung unb ^Bereinigung biefeS ©egenfa^eS ift bie l^öd^fte unb le^te Aufgabe ber Sogil. SSeibe Seiten beS ©egenfa^eS, bie fubiectiDe unb objecttDe 3bee, finb ibentifd&, fie finb eS an fid&, fie foKen eS aber aud& für fid& fein. 3)iefe an= unb für ftd& fcienbe (ginl^eit ifi baS nod6 auSgufül^renbe Sl^ema. „Sie SScmunft lommt in bie SBcIt mit bem abfoluten ©tauben, bie 3bentität fe^cn unb il^rc ©etoifel^eit gur SBal&rl&eit er= lieben gu !önnen, unb mit bem Sriebe, ben für fie an fid& nid^tigen ©egenfa^ audg als nid^tig gu fe^en." ^

» ©b. VI. § 221. 3uf . § 222. 6. 395 f(flb. - « «bettbaf. § 224. 6. 396. 9t f 4er, Oef4. b. $(Uof. Vni. 91. 9(. 86

562 2)ie Seilte t^om aSegriff.

2)er $roceg, in toeU^em biefe SSereinigung DoUjogen unb bie 3bentittt ber beiben Seiten g^f^t tüirb, tfl im Slffgenieinen baS €r^ lennen, totli^t^ eine bo))peIte STufgabe gu ISfen l^at, ba bie Sinfeitig- !cit ieber ber beiben ©eiten, b* 1&. i^r im ©egenfa^ befongener ^^axatttt, Qufaul^eben ifl. 2)ie (ginfeitig!eit bei fubjectiDen 3bee toirb babu»^ aufgel^oben, bag bie gegebene SBelt in ben (Seift aufgenommen loitb: bieg gefdgie^t butd^ baS Srlennen im engeren Sinne, bie tl^eoretif(6e 2;^ätig!eit ber 3bee ober bie 3bee beS SBol^ren. S)ie einfettig!ett ber objectiüen 3bee toirb babur$ aufgehoben, bag bie Demünfttgen 3tDed!e bed (BeifleS in bie SSelt eingeffll^rt unb in il^r auSgeffll^rt loerben: bieS gefdgiel^t burii^ bie ))ra!tifc^e 3:i^dtig!eit ber 3bee ober bie 3bee beS ®uten.

S)aS Srtennen, meld^eS ben @egenfa| jmif^en ber @ubjectiuitftt unb ObjlectiDit&t gu feiner 93orau§fe^ung f^at, ift enblid^ unb befc^reibt gtoei SBege ober SDletl^oben: bie erfte SDtetl^obe gel^t auS Don bm con- creten SE^atfad^en, bie als gegebene tiorgefunben n)erben; fie löfi btefe Sl^atfadgen auf in il^re allgemeinen SBebingungen, ®efe^e, Ar&fte, ®attungen; fie gel^t tiom Sinjelnen )um Slffgemeinen, t)on ben SQat^ fad^en gu ben Segriffen unb ^ei^t, toeU fie abftra^irenb unb auflofenb Derfftl^rt, bie anal^tifd^e SJletl^obe. S)iefe SJletl^obe fe^t DorauS, bag bie S)inge ober £)bj|ecte gegeben finb, unb bad @ubj|ect gar nid^tö »etter gu tl^un brandet, als ftd^ gu benfelben blog empfangenb gu Der^alten, xoit ein leeres 93Iait (tabula rasa), um gur loal^ren Sr!enntnig gu gelangen. 2)ie8 ifi freilid^ !eineSloegS, mie man meint, ber Stanb^ ))un!t beS SlriftoteleS, tool^I aber ber SodEeS unb affer tmpm\i^ $]^iIofo))]^en, bie il^m folgen» ,,9)er anal^tifd^ bel^anbelte ©egenfianb toirb l^ierbei gleid^fam als eine 3ti)isbel betrad^tet, ber man eine ^ut nad6 ber anbem abgiel^t/^

Gelten aber bie 2)inge für Srfdgeinungen, l^tnter meldten baS um erlennbare S)ing on fid& liel^t, fo gerötl^ baS enblid&e €rlennen in ber ©eftalt ber anal^tifdgen äRetl^obe in einen SBiberf))rud& mit fid^, looburcg eS fid& felbft aufl^ebt. „2luf biefem ©tanb|iunlte toirb bem Dbied eine unbelannte 2)ing^eit-an:fid^ l^inter bem @rlennen gugefd^rieben unb biefelbe unb bamit aud& bie SBal^rl^eit als ein abfoluteS 3enfeitS fttr baS ßrfennen betrad&tct." „3luS biefer Sejiimmung bcS enblid&en @r!ennenS erl^efft unmittelbar, bag eS ein SBiberfprudg ift, ber ftd^

» »b, VI. § 227. 3uf . ®. 399.

2)ie 3bee. 563

felfiß Qufl^eBt; ber SBiberff^rud^ einer SBal^tl^eit, bie gugleidg nid^i SBa^rl^eit fein foff; eines Stlennend bejfen, ttoS iß, toeld^elS jugletd^ bad S)ing an fid^ nid^t erlennt/'^

@o l^abe Aont bie SRetapl^^fi! beS @eifieS, b. i bie rationale $f^d^oIosie, toiberlegt, tnbem er baS SSefen beS ®eifle8, baS Selbft' beiDugtfein ober baS 3d^ fttr ein @d^einobiect erfl&rte, auf jenen ^ara» logtSmuB gegrftnbet, ber aus beut „3d^ ben!e" ein benlenbeS S)ing, eine @eelenfu6fian3 ntadgt. S)a baS 3dg baS ©ubject aller Urti^eile fei, fo fSnne ed nie fein eigenes Object loerben unb flel^e gu feiner @elb{ls er!enntnig gleid^fam fici^ felbfi im SSege. „Um Stein l^at biefe VLn- bequemlid^!eit nid^t; loenn er gebadet ober toenn über tl^n geurt^etlt nierben foff, fo fte^t er {tA felbft babei nid^t im 993ege; er ift ber 93efd^n)erlid^!eit, ßdg feiner felbft gu biefem ©efd^ifte gu bebienen, ent- l^oben; eS ift ein Ruberes au^er il^m, meld^eS biefe SRül^e äbernel^men mu|. 2)a^ bei bem 2)en!en beS 3d5 baffelbe als @ub|ect nid^t loegs gelaffen tt)erben !önne, l^alten „biefe barbarifd^ gu nennenben SSor» fleHungen" für ben 5KangeI, ber feine ©elbjierlenntnife öer^inbert.*

2)aS enblid^e (Sr!ennen mu^, um feinen ®ang gu üoffenben, gtoei SBege befd^reiben: ber erfle fül^rt tion ben Zl^atfad^en gu ben S^egriffen, ber anbere, ber umge!e]§rte unb ergSngenbe, gel^t \>on ben 99egriffen gurüdf gu ben Sl^atfad^en; jener ift bie anal^tifd^e SD^tetl^obe, biefer, ber con- ftruirenb ober gufammenfe^enb ))erf&l§rt, l^ei^t bie f ^ntl^etif d^e STletl^obe, fte beginnt mit ben aSegriffSbePimmungen {Definitionen) unb fd^reitet burd^ bie SegriffSeintbeilung fort gu ber Orbnung unb 0lei]^enfoIge ber eingelnen Sßal^rl^eiten (ßel^rfä^e ober Sll^eoreme). 3ebe ber beiben 3Ret]^oben nimmt einen ben Momenten beS 93egriffS entf^red^enben ®ang: bie anal^tifd^e fteigt Dom Singeinen, inbem fie eS auflöfi, burd^ baS SBefonbere empor gum SlKgemeinen, bie f^ntl^etifd&e Dom 9111« gemeinen, inbem fte eS befinirt, burdg bie Sefonberung beS Mgemeinen (ßttttl^eilung) abtoArtS gum Singelnen.

3e reid^er, Dielfeitiger unb complicirter ber ®egen|ianb iji, loie g. S3. baS ßeben, ber Staat u. f. f., um fo fd&ioieriger ifi feine Definition, unb um fo mel^r Definitionen ftnb möglidg; benn bie Stanbpunfte, unter benen ber Segriff eines fold^en ©egenfianbeS aufgefaßt unb be* ftimmt loirb, ftnb fo Derfd^ieben, tt)ie bie anal^tifd^en äBege, loeld^e gu jenen @tanbt)un!ten gefül^rt l^aben. Die ®eometrie l^at gut befintren,

1 »b, V. A. S)ie 3bce beS SBaÖten. ©. 268. « Cbenbttf. dcop. II. S)ic 3bee ber «tlernitnift. 6. 255-266. (6. 258 u. 259.)

86*

564 ^ie Seigre üom SBegtiff.

ba fte einen fo abflraden ©egenflanb l^at, tote ben Staunt; ba ftnb bte nad^fie ©attung unb bte fpectftfd^e 2)tfferen3 leidet gu beßtmtnen, n)ie 3. 93. baS Ouabtat tioUIotnnten etflärt x% tomn eS als ein xtd^t' loinlligeS gleid^feitiged ^araUelograntnt befinirt toitb. dagegen ^at bie ^l^itofo^l^ie bor allen S)ingen bie 9lot]^n)enbig!eit il^rer (Segen» fiAnbe barjutl^un, loeSl^alb n)ebet bie anal^tifd^e nodg bie f^ntl^etifii^e SRetl^obe fid^ ffir jte eignen. ©leid^tool^l ift bie leitete, insbefonbere bie geomettifd^e SRetl^obe nad^ bem 33or6iIbe beS @uIIibeS auf fte an- gemenbet U)otben. S)a8 berfll^nttefte Seifpiel biefer 3(tt giebt €)>ino)a. ,,3n feinen S)eftnitionen ift ba§ @))eculatit)fle entl^alten, aber in ber tjfornt Don SSerfid^erungen. S)affelbe gilt bann audg Don Sd^etting.'*^

2)ie geometrifd^en @ft^e ftnb f^ntl^etifd^, bie arit^ntetif^en aber feien anal^tifd^, toftl^renb jtant biefelben mit Unred^t aud^ für f^n* tl&etifdö erllftrt ^abe, »ie ben @a^ 5 + 7 = 12; l^ier fei Dom ©ubjcct gum ^rAbicat !ein f^ortgang gu ettt)a§ ^nberem, fonbern baS ^t&btcat 12 entftel^e auf bemfelben SBege unb burd^ biefelbe Operation, toie im €ub][ect 5 unb 7, biefe entfiel^en burd^ bie $lbbition ber Sin^eiten, ba§ ^rftbicat entfielet auf biefelbe 9lrt. S)ort toirb abbirt, l^iet mitb fortabbirt. „^ier ifl im ©eringjicn fein Uebergang ju einem Snbetn, eS iji ein btofee« fjortfe^en, b. 1^. SBiebcrl^oIen berfelben Operation, burd^ toeld^e 5 unb 7 entftanben ift."^ UebrigenS l^at ^egel in ben S(nf fingen feiner 9laturp]§iIofopl^ie gu betoeifen gefud^t, ba§ aui^ ber geometrifd^e @a|, nadg toeld^em bie gerabe Qinie al§ ber Ifirgejle Sßeg Stoifd^en göJei Jpunften erflärt toirb, nid&t f^ntl&etifd&, fonbern Qna= ft)tifd6 fei.'

®ie f^ntl^etifd^e SOletl^obe fd^reitct oon ber Definition jur ©ins tl^eilung fort, bereu ®runb nid^t Augerlid^, toiHIfirlid^ unb ffinfllid^ fein barf, fonbern au8 ber ©ad&e felbfl l^erDorge^t, benn ber ©egriff toirb nidgt eingetl^eilt, fonbern tl^eilt fid^ felbft ein, toie baS Sdlgemeine fidg felbft befonbert: bann folgen nadg bem ®ange ber äJlet^obe bie eingelnen concreten SBal^rl^eiten, bie Orbnung ber ßel^rfa^c, bcren ieber betoiefen fein toiff. S)er Setoei« ift bie Ie|te ©tufe ber f^ntl^ctifdben SJtet^obe unb bamit bie l^öd^fie Seijtung beS enblid^en Srfennens überl^aupt. jtraft beiS 'BetoeifelS foll bie SBal^rl^eit bem Subject ate eine not^toenbige einleud^ten: bamit erl^ebt ftd^ aus bem $roceffe beS

1 »b. VI. §§ 228 u. 229. 3uf. 6. 399-401. - » ob. V. a. S)a8 anQl^tif^e «ilennem ©.270-279. (6. 274-276.) S3b. VII. «bt^Iö.I. §256. 6. 49 u. 50.

2)ie 3bee. 565

enbltd^en (£r!ennett8 bie ^bee ber 9tot]^kDenbig!ett. SDer $roceg beginnt bamit, bag ber ^nl^dt als ein gegebener ober Dorgefunbener genommen nnb anal^tifd^ bel^anbelt loirb; er enbet bamit, bog biefer ^riffalt nid^t als ein gegebener, fonbern ote ein notl^koenbiger gilt. „^n ber Slotl^koenbigfeit als foldger l^ot baS en.blt$e @r!ennen felbft feine SSoroulSfe^ung unb ben 9lu8gQngS))unft, boS SSorfinben unb ®e geben fein feines Snl^altS, üerlaffen. 2>ie 9{ot]§n)enbtg!eit als fold^e ifl an fidg ber fidg auf fidg bejiel^enbe S9egriff. 2)ie fubjiectiDe S^bee ift fo an ftd^ ju bem an unb für fid^ SBeflimmten, Slxä^U gegebenen, unb bal^er bemfelben als bem Subjecte-Srnmanenten gefommen unb gel^t in bie 3bee beS äBoIIeng flber/^

2. S)ie 3bee be« ®uten,*

9{uS ber Sbee ber 9iot]^n)enbig!eit, toie in ber Sinffll^rung unfereS britten ^aupttl^eils auf bem Uebergange Don ben ^Begriffen beS SBefenS gu benen beS SSegriffS fd^on gegeigt loorben ift, erl^ebt fid& bie 3bee ber Ofteil^ett, meldte gufammenfallt mit bem @eIbftbekDU^tfein, ber @ub- jiectit)ität, bem 93egriffe beS 93egriffS im eigentlid^en ©inne beS SBortS. „2)ie @))l^dre ber 9totl^kDenbig!ett ifi bie l^öc^fte @))i^e beS @einS unb ber 9tefIe£ion; fie gel^t an unb für ftd^ felbft in bie Of^eil^eit bed ä3e- griffe, bie innere 3bentit&t gel^t in il^re ÜRanifeftation, bie ber 93egriff aU 93egriff ift, über. SBie biefer Uebergang aus ber Spl^dre ber Siotl^ioenbigfeit in ben Segriff an fi(6 gefd&iel^t, ift bei SBetratfetung ber erfteren gegeigt loorben, fo loie er aud& als bie ©enefis beS SBegriffS fid& bargeßettt l^at. „^it 3bee, infofern ber SSegriff nur für fi(6 ober an unb für ftd^ beftimmt ift, ift bie ))ra!tifd&e 3bee, bas ^anbetn."® «3n ben S5orIefungen (enc5Hoi)dbifd6e ßogi!) erltftrt ^egel benfelben Uebergang in folgenber SBeife: „2)ie 9tot]^- n)enbig!eit, gu toelc^er baS @r!ennen burd^ ben SSeloeiS gelangt, ift baS ©egentl^eil oon bem, toaS für baffelbe ben ^uSgangS))un!t bilbet. 3n feinem 9[uSgangS))un!t l^atte baS Sriennen einen gegebenen gufftUigen Snl^alt; nunmel^r aber, am @d^Iug feiner SSemegung, loeig eS ben 3n]^att als einen notl^toenbigen unb biefe Stotl^ioenbigfeit ift burd^ bie fubjectiöe Sl^ätigleit Vermittelt, ßbcnfo toar gundd&fi bie ©ubjectiöitdt gang abftract, eine bloge tabula rasa, mol^ingegen biefelbe fi(( nun-

» m, VI. § 283. ©. 405. « fflb. V. B. SJte 3bee beS ®uten. ®. 810-317. » «Ibenbaf. 6. 309 u. 810. SBgl. biefe« gSßer!. »u* II. 6o|). XX. 6. 527 bt« 529.

566 2)te Seilte »om iBegttff.

tnel^r als befltmmenb emeift« Sterin aber liegt bei Uebergang t^on ber 3bee beS (£r!ennenS }ur 3bee be$ SßoQenS. SDiefer Uebersang befielet bann nä^er barin, bag bad StUgemeine in feinet Sßal^rl^eit ati €ubiectit)itdi, als ftd^ bett)egenber, tl^dtiger unb 93eftimmungen fe^enbet »egriff aufgufaffen ifi/^

Sflunmel^r gilt bte Sf^^eil^^it als ber abfolute, in ber SBelt auSiu^ f&l^renbe S^^d, b. 1^. als bte 3bee beS ®uten, toeld^er bte £)6= iecüDitdt gegenüberfle^t folDol^I in il^rer 9%td6tig!eit, ha fte bte unmal^re, ber 3bee bSDig inabftquate SStrHid^Ieit ift, atS aud^ in ibrei UnflberttinbUd^Iett, ba fie ber SluSfül^rung ber 3bee beß&nbtg kotberflrebt unb biefelbe Derl^tnbert. 3n biefen beiben ber Dbjecttüitdt }u= gefc^riebenen, einanber entgegengefe^ten SSertl^en liegt ber 3Biberf{)ru4 koeld^er ber ))ralttfdgen 3bee, ber ^bee beS ®uten unb beS SBoIlenS in^ iDol^nt: er liegt in beut ie|t auf baS ^öd^fte gef))annten ®egenfa|e itoi^äiett ber ©ubjectiöitdt unb ber DbjectiDitdt, jtDifd6en bem ©elbflbemufetfcin unb ber SBelt. §egel Iftat fid& barüber in feiner ßogil ntrgenbs fo !(ar unb beutlid^ au8gef))rod&en, als in folgenben €teDen. „fB&i^xtnh es ber Sntettigenj nur barum ju t^un ifl, bie SEBelt fo gu nel^men, n)ie fie ifl, fo gel^t bagegen ber i&iUt barauf auS, bie SSelt erfi gu bem gu maä^zn, loaS fie fein foll. S)aS Unmittelbare, baS S^orgefunbene gilt bem SEBiUen nid&t olS ein fefteS ©ein, fonbem nur als ein ©^etn, als ein an fid^ 9tidgtigeS. Ss !ommen ^ier bie SBiberfpräd^e Dor, in benen man fid^ auf bem @tanbt)un!te ber 9RoraIitdt herumtreibt. & ifl bieS fiber]^au|)t in ))ra!tifdger SBegiel^ung ber €tanb))un{t ber f antifdgen unb audg no$ ber f id^tef dgen $l^itofot)]^ie. S)aS ®ute foH realifirt toerben, man l^at baran gu arbeiten, unb ber SiDe i{l nur baS ftd^ betbdtigenbe ®ute. SBdre bann aber bie Seit fo, loie fie fein foff, fo fiele bamit bie S£]^dtig!eit beS SßillenS l^intteg. 3)er SSiDe forbeit atfo felbfl, bafe fein 3»edE audfe nid^t realifirt »erbe, ©ie ßnbUcftfett beS SSiUenS i^ bamit richtig auSgef))tO(^en. 93ei biefer <^blid^!eit ifl bann aber nidfet flel^en gu bleiben, unb ber ^ßrocefe beS SBillenS fettjl i|l es, tt)oburd& biefelbe unb ber in ibr entl^altene SBiberfprud& ouf« gel^oben »irb. S)ie SJerföl^nung bejiel^t barin, bafe ber SBille in feinem giefultat gur SSorauSfe^ung beS (SrfennenS gurüdftel^rt, fomit in ber Sinl^eit ber tl^eoretifd^en unb ))ra!tifdgen 3bee. SDer SßiQe toeig beti Srotd als baS ©einige, unb bie 3nteQigeng fagt bie äßelt als ben

' ^egel. 9Ber!e. fdb. VI. § 232. Sufa^. B, 405.

J

^ie 9bee. 567

toirllidgen S9egriff auf. 2>ie8 ijt bie toal^tl^afte Stellung beS Der- nfinfiigen SrIennenS. S)a8 üflid^ttge unb 93erfdgkDtnbenbe madgt nur bie Oberflad^e, nidgt baS toal^tl^afte SBefen ber SBelt au8. S)tefe8 ifi bei an unb ffir fid^ feienbe Segriff, unb bie SBelt ifi fo felbfi bte 3bee. 2)q3 unbefrtebigte ©treben Derfcigtoinbet, toenn iDtr erlennen, ba^ ber SnbjtDedE ber SBett ebenfo DoDbradgt x% aU er ftdg eti)ig DoD«» bringt 2>ie8 ijl ttber]^au))t bie Stellung beS äJlanneS, toAl^renb bie Sugenb meint', bie Sßelt liege fdgled^tl^in im %rgen, unb eS mflffe au$ berfelben erft ein gang Ruberes gemad^t merben. 5Do8 religiöfe 93e= tDu^tfein betrad^tet bagegen bie SBelt als burd^ bie göttlid^e 93orfe]§ung regiert unb fomit aU bem entf))redgenb , maS fie fein foH. SDiefe Uebereinflimmung öon ©ein unb ©offen ifi inbe§ nid^t eine erftarrtc unb proceglofe; benn baS ®ute, ber Snbjmed ber SBelt, ijt nur, in- bem es fid& jtets l^erDorbringt, unb jtoifd&en ber geifligen unb natür» lid^en Seit befielet bann nod^ ber Unterfdgieb, bag, »dl^renb biefe nur beftdnbig in fid^ felbft gurfidflel^rt, in jener afferbingS oudg ein iSoxt^ fd6reiten ftattfinbet/ ^

SBir erinnern uns, ha% $eget fd^on in ber ^l^ftnomenologie beS ©eifteS biefen $un!t fel^r auSfü^rlid^ bel^anbelt unb bie SSiberf))rfic6e .»ber morolifd^en SBettanfd^auung" in befonberem ^inblidE auf bie {antifd^e $^iIofot)]^ie mit affer et)igrammatifdgen ©dgirfe bloßgelegt ^at. 6r felbfi begiel^t fid^ auf feine bort gegebenen SluSfäl^rungen gurudC.*

S)ie 3bee beS SBal^ren ifi bie Srfenntnig ber SBelt, U)ie fie in SBirfltd^Ieit ift, bie SBirüidgleit fo Derftanben, »ie bie Sogi! il^ren Segriff genommen unb fefigeflefft l^at. 3n SBal&rl^eit ijl bie SBett niemals fertig unb abgefd^Ioffen, fonbem in befl&nbiger SntioidEelung begriffen, beren 3i^I( itt i^^ f^Ibft entl^atten unb angelegt finb. 2)ie 3{ufgaben ber SBett gel^ören aud^ }u il^rer SBirllid^feit, unb jioar im eminenten ©inne beS SBortS. ^l^r ©offen gel^ört ju il^rem ©ein. SBaS fie fein toirb unb fein foff, ttegt tief begrünbet in bem, »aS fie

1 »b. VI. § 234. 3uf. 6. 406 u. 407. »ftl. fflb. V. ©, 812-315. > tiefes Qixiat, baS notürli^ nut bie CtiginalauSfiabe ber $6&nomenoIogie t)om 3a^re 1807 t)or Slugen l^abeit lonnte, l^ot ber Herausgeber gebanfenloferioeife {leiten laffen. S)er Sefer fu^t baS Citat in SBb. II ber ^efammtauSgabe unb lommt bei einer gans falf^en 6telle an. Um ben Sefer su orientiren, fo fu^e er bie €tette, loel^e ^egel als 6. 453 flgb. begeid^net, S9b. II. @. 548—581, lie l^anbelt t)on .ber inoraIif4en SS^eltanf^auung' unb ber barin enthaltenen .SBer- nettung'. SBgl. biefeS mein Sßerf. »u4 n. (S^ap. XL 6. 400-407.

568 2)te IBel^te üom Begriff.

toax unb ift. ^afftx ifl bte 3bee beS ®uten eines mit ber 3bee beS SBo^ren.^

3. 2)ie abfolute Sbee.

S)iefc ßinl^cit, bie 3bentität ber tl^eoretifd^en unb ))tQftifd^ 3bee, iji bte abfolute 3bee, bie Ie|te unb ]§öd6fte aller ßategorieti, ber erfülltefte, barum concrctefie ollcr Segriffe, tteld&en ^egel als folii^en bie concrete Stotalitöt nennt. S)a alle frül^cren Segriffe in i^m aufgel^obene aJlomente jtnb, fo ift fein Snl^alt baS Softem ber ßogif. 2)ie abfolute ^bee ifl gleid^fam baS @:om))enbium beS (Sangen. SBenn man biefelbe auflöfi, fo »irb man, auf anal^tifd^em SQBege rfitoarts fd^reitenb, bie georbnete Steil^enfolge f&mmtlid^er Kategorien bis ju ber erflen unb ärmfien, bem Segriffe beS unmittelbaren ©eins, barauS loieber l^erborgel^en laffen, unb aus biefem Segriffe toirb man, auf f^ntl^etifdgem SBege t)ortt)irtS fd^reitenb, burd^ bte georbnete Sleil^enfolge fämmtlicfeer Äategorien toieber gu ber ftöd^ften unb reid^flen, bem S3e= griffe ber abfoluten 3bee, gelangen. SBaS in ber Xiefe beS anfangs unenttoiäelt fdglummert, baS ift in ber QixUt beS @dg(uffeS gu gebiegener Steife enttoidelt. S)al^er ift jeber ©dferitt, toeld^cn bie ßogif in metl^obifc^er SBeife tl^ut, eine l^erDorl^ebenbe Sertiefung in ben Anfang unb eine DortoirtS gerid^tete (Srl^ebung gum SiA: er ift beibeS gugleid^. „Sluf biefe SBeife ift eS, bag jeber @d&ritt beS OrottgangS im SBettet^ beftimmen, inbem er Don bem unbeftimmten Anfang fid^ entfernt, oud^ eine StüdEannäl^erung gu bemfelben ift, bag fomit baS, maS gunöc^ft als berfd^ieben erfdgeinen mag, baS rüdEtoärtS ge^enbe Segrünben beS anfangs unb baS borte&rtS gel^enbe SBeiterbeftimmen beffelben in einanber faßt unb baffclbe ifl." Son biefem ^ortfc^reitcn beS Segriffs fagt ^egel: „SS erl^ebt auf jebe ©tufe toeiterer a3e= ftimmung bie gange SOtaffe feines Dorl^ergel^enben ^nl^alts, nod^ lagt es etn)aS bal^inten, fonbern trftgt aQeS erworbene mit ft(( unb be^^ reid&ert unb öerbid^tct fid& in fid&".*

S)iefe (Sin^eit ber anal^tifd^en unb f^ntl^etifd^en SRet^obe ift bie bialeltifdge äJletl^obe, tt)etc^e ^egel bte abfolute nennt, inbem et auf baS Sorbi(b $IatoS l^inmeift, teeld^en 2)iogeneS SaertiuS als ben Urheber ber 2)iale!ti! begeidgnet l^abe, tt)ie ben £]§aIeS als ben ber 9iatur})]^iIoforti« wnb ©olrateS als ben ber 3JloraL 3)ic mobeme

» »b. V. c. 3)te abfolute Sbee. 6. 817-343. ob. VI. §§ 236-244. ©. 408 bU 414. - « »b. V. e. 339.

S)te 3bee. 569

3neta))]^^ftt tote bie ^o))u(art)]§iIofo))]^te fotool^I in ber alten al^ in ber neuen 3ett l^aben ben SEBertl^ unb bie JBebeutung ber S)ialeftif nid5t gu er{ennen Dermodgt unb barum Derfannt unb abfd^A^ig beurtl^eilt. ^

2)et Snl^att ber abfoluten 3bee ift baS Softem ber Sogü, il^re f)form ift bie bioleltifd^e SJletl^obe, t>on ber »ir gu mieberl^olten malen gang im Sinne ^egeld fd^on erlldrt l^aben, bag fie mit bem Snl^alt ibentifd^ fei. SBa3 bal&er ^egel unter bem Segriff unb SHamen ber abfoluten 3bee oerfiel^t unb bel^anbelt, ifi nidgts anbereS als baS äSefen ber biale!tifd&en SDIetl^obe, bie in ber ^Darlegung unb ^uflöfung ber ben ^Begriffen intool&nenben SBiberfprüd&e befielet. „Unb »a« bie Seifpiele öon Setoeifen l&iergu betrifft, fo befielt bie gange ßogif barin/'*

S)er Segriff loirb beftimmt, ber in i^m entl^altene Siberfprud^ loirb bargetl^an unb aufgelöft: bieS finb bie brei äJlomente, meldte ben @ang ber biale!tifd^en 3Jttifjobz begeidgnen. 2)aS erfte ifl bie @e^ung beS Begriffs, baiS gmeite ber 2Biberf))rud^ (Sntgegenfe^ung), baS britte bie Sluflöfung; baS erfte SJtoment i^ bie ^ofition, baS gioeite bie erfte 9legation, ba§ britte bie gmeite 9legation, moburd^ bie ^ofition auf einer l^öl^eren ©tufe toieberl^ergefleDt ttirb. S)er ^ortfd&ritt gefd&iel^t burd^ biefe brei äJlomente, burd^ biefe gmei 9legationen, burd^ bie 9legation ber Slegation, n)eiS^alb ^egel bie 3Jlet^obe ber S)iate!tif audg bie ber abfoluten 9legatit)itit genannt ]§at. (£r l^at bie 2)rei]^eit ber 3Jlomente ober beren S)reifaltigleit (ba fie in ber Sinl^eit gufammen- gefagt finb) als bie „S£ri))licitit'' ber SJtetl^obe begeidgnet, meldte, ba baS gtoeite ÜJloment in ber €ntgegenfe^ung, alfo in einer S^cil^eit t)on aWomenten befielet, aud& SBierfaltigleit ober „£luabru})licitdt" ]§eigen lönne. 9lur möge man biefe £n))licität u. f. f. begrifflich, nid^t fc^ematifd^ bclganbeln unb fiatt ber 2>ialeftil nidgt blog @onftructionen geben, »aS $egel mit 93itterleit tabelt, lool^l im ^inblidE auf ba$ treiben ber bamaligen natur))l^ilofo4>]^ifd^en @d^ule. „2)er ^ormalis« muS l^at ftd^ gtoar ber S£ri))licit&t gleid^faQs bemddgtigt unb fid^ an baS leere ©d^ema berfelben gel^alten; ber feid^te Unfug unb baS Aable beS mobernen ))]^ilofo))]^ifdgen , fogenannten @onftruiren§, baS in nidgts befielt, als jenes formelle @d&ema ol^ne 93egriff unb immanente 93eftimmung überall angul^Angen unb gu einem dugerlid^en Orbnen gu gebraud^en, l^at jene Oform langtoeilig unb übel berüd^tigt gemad^t.

Sbenbaf. @. 326. - > Sbenbaf. 6. 330.

570 Sie Seilte bom SBegrtff.

2)urd^ bte ©dgaall^eit biefeS ©ebraud^d aber !ann fte an il^tem inneren SBertl^e nii^t t)etlieten, unb ei iji immer l^od^ au fd^ft^en, bag aunöc&fl audb nur bte unbegriffene (Beflalt beS 93ernflnftigen aufgefunben/ ^

Um aber baS ä^ernflnftige in feiner begriffenen, beutltd^en (Seftatt mit beutfd^em Flamen }u bejeid^nen, fo ifi bie 2)iale!til im @eifte ^egete nichts anbereS ate bie 3Ret]^obe ber SntiDidEIung, rein begrifftidb ober logifdö gefagt 3n iebem ©tufengange ifl bie l^öl^ere Stufe bie äBiberlegung unb äSerneinung ber nieberen, »eld^e felbfl bie SSibei» legung unb ä^erneinung einer nod^ niebrigeren toax. !Dlan !ann nicbt Äinb, Änabe, 3flngKng, SDlann u, f. f. »erben, ol^ne fidft enttoirlett, b. ^. bie 30tet^obe ber abfoluten 9}egatit)ität ausgeübt }u l^aben. S)er 3n- l^alt ber abfoluten 3bee ifl baS Softem ber ßogü, b. i. ber SBegriff ber (Sntmidlung; bie Ororm biefeS @^ftem$ ijl bie SRetl^obe ber Snt* midlung. 3Ba8 entföidelt U)irb, ifl ber 93egriff ber Dernunftgem&gen (Snttoidlung felbft: bie 9}oIIenbung biefeS 93egriffd ift bie abfolute 3bee. Sir l^aben in bem 9}erlauf ber frül^eren 2>arfteIIung ftberoD« too fidg ber ^nlag bot, fc^on barauf l^ingemiefen.'

2)ie abfolute 3bee ifl )u betradgten nic^t etioa nur als baS 3iel unb bie le^te Station, »eld^e man enblid^ gewonnen Igat, unb too man t)on ber Steife auSrul^t, fonbern biefeS 3tel ifl ber gange $roceg ber (Sntloidlung in allen i^ren aJlomenten, bie Steife nid^t um ber Snbftation, fonbern um il^rer felbft »iDen, koie jebe loal^rl^aft belel^renbe unb befrud^tenbe Steife eine fold^e ®eltung in Slnfprud^ nimmt unb l^at. 2)aräber l^at fi^ ^egel mit aUer toftufd^ensmertl^en 2)eutlid^(eit auSgefprod^en. SBftre es il^m nur Vergönnt getoefen, bie gmeite 9(uS^ gäbe ber beiben legten ^aupttl^eile feiner fiogil, ndmlid^ ber ßel^re Dom SBefen unb Dom SSegriff, auszuführen unb mit gleid^er 2)eutltc^ {eit gu bel^anbeln. „SSenn Don ber abfoluten 3bee gefprod^en n)irb'', fagt ^egel, „fo !ann man meinen, l^ier mxbz erft baS Sterte !ommen, l^ier muffe fic^ aKeS ergeben, ©el^altlos beclamiren fann man allere bingS über bie abfolute 3bee, in baS SBeite unb SSreite; ber maf^xt 3nl^alt ijt inbeg !ein anberer als baS gange Softem, beffen Sntmd- lung »ir biSl^er betrad^tet l^aben/ ..ßbenfo Derl^dlt eS fid^ bann audb mit bem menfd^lid^en fieben fiUxfiavLpt unb ben 93egebenl§eiten, bie ben 3n^alt beffelben auSmad^en. Sllle Slrbeit i{t nur auf baS 3iel gerichtet,

1 QEbenbaf. & 383 u. 334. > »gl. biefeiS SOßet!. »u4 H. ^p. I. €. 219 bU 231. Sap. V. e. 292fl0b. 6. 300—804. Sap. VI. 6. 310 u. 811. (Eap. XIII. €.439-442. Cap. XVI. ©.486-488.

2)ie 3bee. 571

unb iDenn bieS ettetdgt tfli fo ijl man t)etn)unbert, nid^ts anbeteS ju finben, aU eben ba8. 008 man tDoUtt. 2)a8 3ntete{fe liegt in ber ganjen Seoegung. Sßenn ber ÜJlenfd^ fein Seben Derfolgt, bann !ann xf^m bQ9 Snbe aU U^x befd^tAnÜ erfd^einen, aber ber gange decursus vitae iji c8, »eld6er batin jufammengenommen ifl, @o ift benn au(i& ber ^nl^alt ber abfotuten ^bee bie gange SluSbrettung, bie to)ir btSl^er t)or uns l^atten. S)aS Se^te ifl bie Sinfid^t, bag bie gange Entfaltung ber Snl^alt unb baS Sinteteffe auftmad^t. Sßeiter ifl bied bie ))]^iIofo))l^tf(^e S(nfid^t, bag Sllles, xoafi, fflr fid^ genommen, als ein Sefd^rSnUeS erfd^eint, baburd^ feinen Sßertl^ erl^dlt, bag ed bem ®angen angel^ört unb SDloment ber 3bee ift. @o ift eS, bag mir ben ^nlgalt gel^abt l^aben, unb n)aS toir nod^ ]§aben, baS ift baiS SBiffen, bag ber 3n]^aU bie lebenbige Sntmiälung ber 3bee ift, unb biefer einfädle Stüäblid! ifl in ber Oform entl^alten. Sine j[ebe ber bidl^er betrad^teten Stufen ift ein 93ilb beS 9lbfoIuten, aber gunid^ft in bef(^rdn!ter SSeife, unb fo treibt fie fid^ fort gum ®angen, beffen Entfaltung basjjenige ift, oaS n)ir als 9Retl^obe begeid^neten."^

SDaS Srfennen unb bai SBoQen, bie 3bee beS Salären toie bie beS (Buten, bie t^eoretifc^e U)ie bie praltifdge 3bee finb SBett!ategorien, bie gum äBefen unb 93egriffe ber SBir!Iid6!eit gel^oren, toa9, toie id^ meine, bie l^eutige Seit nid^t mel^r Dertounbem fo8te, nad^bem fte in ber gtt)eiten ^Alfte unfere9 3a]^r]§unberti$ ein Softem in {tdg auf« genommen ]§at, »eld^ei» aus biefen beiben $dlf ten befielet: ,,bie SBelt als ä^orflellung'' unb „bie SBelt als äBille" obej:, um beibeS in Einem gu fagen: „bie Seit als ^bee", loaS nid^ts anbereS bebeutet, ats bag bie Sßelt einen il^r inmol^nenben EnbgtoedE l^at, ben fie auS- fül^rt, nid^t erfi ie^t ober !ünftig, fonbem Don Emig!eit l^er. „S>er Segriff ift nid&t nur Seele, fonbern freier fubjectiöer SBcgriff, ber für fid^ ift unb bal^er bie $erf önUdg!eit l^at, ber ))raltifd&e, an unb fflr fid& beflimmte, objectiDe 93egriff, ber als ^Perfon unburd^bringlid^e, atome SubiectiDitAt ift, ber aber ebenfo fel^r nid^t auSfc^Iiegenbe Eingeln^eit, fonbern fflr- fid^ ^Ilgemeinl^eit unb Er!ennen ift unb in feinem Snbem feine eigene ObjlectiDitdt gum @egenftanbe l^at. MeS Uebrige ift ^rrtl^um, Zrflb^eit, äQfteinung, Streben, SBiaiflr unb SSergdngUd^feit: bie abfolute 3bee allein ift Sein, untoergdngUd&eS

' S3b. VI. § 237. 3uf. 6. 409 u. 410. S3gL kleine Sogil unb 9Reto))]^^ftt. (2. Kuft.) a3tt4 U. etilem ber ftategotien. § 184. S)er 6elbfl)tt>e(f als üntiotd* lung. 6.534—536.

572 ^ie Seilte k)om Säegtiff.

ßeben, fid& toiffenbe SBol^rl^eit unb ifi atle SBal^rl^eit."^ ^S)tefe ©inl^ctt tji l^icrmit bic abfolutc unb atlc SQBal^rl&cit, btc fti^ fclBfl benlenbe 3bec, unb atoor l^ter aU benfenbe, qI« Cogifdfte 3bcc/ ,,SiS]^er l^aben iDtr bie 3bee in ber @ntmt(flung but(6 tl^re Detfd^iebenen Stufen l^tnburdg au unfetem ®egenfianbe gel^abt; nunmel^r aber ift bie 3bee fid& fettfi fle9enft&nblid&. S)icj5 tji bie vönjatc voifjoeco?, loeliiöe fd^ott 9lriflotcIe8 als bie l^öd&fie gorm ber 3bee begeidftnet l^at"*

3m amölften Sudg ber anetapl^^ftf l^at SlrifloteleS gefagt, bog ®ott oIS bas DoQtommenfle unb befte aller Sßefen auc^ in ber DoUIommenflen aller Sl^dtigfeiten öon gtoigfeit l^er begriffen fei unb ein felige« ßcBen f flirre; bie DoDfommenfte aQer Sl^&tigleiten fei aber nid^t bie 4>raftif4e, aud& nid^t bie })oietifd&e, fonbcrn bie tl^eoretifd&e, b. i, baS S)enlcii, unb guar balSjentge S)en!en, toeld^eS feinen anberen ©egenflanb ^ahz als nur fid& felbfl (aotöv äpa voet, efjiep IotI xpdttoTOv, xal lortv i^ vöTjotc voTijasco? vöY]ot(;). ®ie Uebereinflimntung gteifd^en bem ariftotelifd&en Segriffe ®otted im Unterfd^iebe Don ber SBelt, tt)ie berfelbe am @d^Iuffe ber aWetopl^^fi! erfc^eint, unb bem l^egelfd^en SBegriffe ber abfoluten 3bee am ©d^Iuffe ber ßogi! I^at bem ^Pl^ilofopl^en öorgefd^toebt, ate er fd&on in ber Einleitung feiner ßogil auf biefen gdtt liefen @]^ara!ter belS reinen, nur auf fid^ felbft geridgteten 2)en!enS l^intoieS: ,,bie ßogi! ift fonad^ als baS @^fiem ber reinen Vernunft, als baS Steidg beS reinen ©ebanlenS ju faffen. 3)iefe8 Sfleid& ifl bie SQSal^rl^eit, »ie fie ol^ne ^ülle an unb fttr fid^ felbft ift. aJlan lann fid& bedmegen auSbrfidEen, bog bicfer Snl^alt bie.®arfleUung ©otteS iji, toie er in feinem etoigcn SBefen Dor ber Srfd^affung ber 9latur unb eineS enblid^en ©eiftes ifl."^ Ss ift alfo in ber l^egelfd^en $l^iIofot)]^ie kool^l ju unterjc^eiben jmifd^en bem SSegriffe beS abfoluten, bem ber abfoluicn 3bee unb bem beS abfoluten ©eifteS. SDer erfte begrflnbet bie ßel^re öon ber SBirHid&Ieit, ber jtoeite fielet am ©d^luffe ber ßogü, ber britte bilbet ben legten £]^eil be8 ganjen @))fiemiS.

2)a8 SBerben ber abfoluten 3bee jum abfoluten ©eift ift nun baS Stl^ema ber gefammten folgenben, auf bem @))ftem ber ßogif rul^enben $^iIofo))]^ie. SDie beftinbigen SJlittelglieber, burd^ meiere biefer $roce§ fid^ DoKaiel^t; finb bie 92atur unb ber enblid^e ©eift, »eld^er Untere als ber fubiectit)e ober inbiDibueQe, als ber obiectit>e, b. i. ber bie ®e=

1 C^egel. SOßerfe. ®b. V. ©. 317 u. 818. « »b. VI. § 236. 3uf. €. 408. » öoßif. (Ülümberu. 1812): €inletlunö. 6. XIII. (»erlin 1831.) «inl. ©. 33. 9}gl. biefeS SBerf. a9u4 II- ^Cip' XIII. @. 444.

^te 3bee. 578

nteinfamlettett beS menfd&Iti^en fiebenIS geftoltenbe, unb als ber toelt- gcfd^tcfttttd&c in bcn SJöIfem unb 9leid6en ber SBelt offenbare ©eift (aBeltgeifi) fiä^ barfleDt unb enttotdelt. 3)er anbegriff ber SRatur unb beS ©etfieS, beS enbltd^en tDte beS abfoluten, ifl ber SSeIt))roceg ober bie aOBcU.

SBtr jiel^en auf bem Uebergange Don ber 3bee jur Sßelt, unb jtoar aundd^fl jur 9lotur, benn ber ®etfi mu§ fidfe aus ber 3iatur ent))or!fim))fen unb enit)ontngen, um ju fein, toafi er ift; er mug gu fidö felbfl lommen unb barum nid^t bei fi(fi, fonbem aufeer fid^ fein im realen @inne beS SßortS. 2)ie logifdge 3bee tragt il^re gange Of&Qe in ftd^, il^rc ßnttoiiciung ifl geitloS, nid^t für un8, bie toir Don Stufe gu Stufe aKmil^Iid^, atfo geitlid^ fortgefci^ritten finb, tool^I aber an ftd^; es ift in ber Sogif, b. i. in unferer @ntn)iälung ber abfoluten 3bee gioar aud^ Don 9taum unb Seit, Don ber SSirüid^Ieit unb älealitdt, Don ber ObjectiDitSt unb SSelt bie Stebe gen)efen, aber nur rein begriffe Ud^, nur im SIemente beS reinen 2>en!enS, tt)obei aUeS reale %uger= einanber, alle ftufeeren einflüffe, SRotl^toenbigfeiten ftufeerer Slrt unb Suföttigleiten, bie nur auS biefem realen Slufeereinanber ^erDorgel^en, Döllfig auggefd&Iojfen pnb unb bleiben, 68 ift ein großer Unterfdfeieb, ob id& ben Slaum benfe, ober ob idg mid^ in il^m befinbe unb bie Sd^ranlen beS 9taumeS unb ber Seit gu tragen, gu leiben unb gu fiber- loinben l^abe.

S33er biefen Unterfd&ieb gtoifdöen ber 3bee in ber ©eftalt beS reinen ©enlenS unb ber 3bee in ber ©eftalt ber Sffielt, biefen Unterfd&ieb gn)ifd6en bem logifdgen ^Proceß unb bem SBeIt))roceg, gtt)ifd&en ©ebanlen unb Sachen, nid&t gu Derflel^en Dermag, ber laffe ftd^ burd& ©d^iller« SQBallenflein bclel^ren:

üng ifl bie SOßelt, unb bog (Bel^im ifl loeit, Seicht bei einanber tool^nen bie ©ebonlen, ^o4 l^art im IRourne flogen M bie ©ad^en, aBo (SineiS $Iat nimmt, mu6 baS Unbre rfiden, SQ^er nid^t vertrieben fein toiO, mug bertretben, 2)a tierrf^t ber @treit unb nur bie ®t&r!e ftegt.^

3Jlan l^at ben Uebergang Don ber logifd&en 3bee gur SRatur unb Don

ber 8ogi! gur 9tatur))]^iIofo))]^te Don jel^er als eine ber fc^mierigften

©teilen in bem l^egelfd^en Softem angefel^en, loie fte benn eine ber /

» SBattenflein« Xob. H. 2. ». 787—792. e^iütxi 6. 2Ö. ^ifl.«!ritif(5c

9[usgabe. XII. 6.248.

574 ^te Seigre Dom S9egriff.

tntgüerftanbenfien ifl. Sßemt l^ier Don einem ^Uebergange" bie Stehe fein foQ, fo laffe man bie logifd^e ^bee, nid^t bie Sogif, jnr 3latux „fibergelen", bie ßogi! aber gut Staturpl^ilofopl^ie. (S8 l^anbelt ft^ um ben üermeintUd^en »Uebergang" ber logifdben ^htt gut yiatnx, man fage nid^t: „t^on ber logifd^en 3bee'\ ba eS bann nid^t bie2tbee felbjl, fonbem Dielmel^r bie SBiffenfd^aft berfelben, b. 1^. bie Sogt! %% bie ntd^t gut Statur, fonbem }ur Staturpl^ilofopl^ie fortgel^i 2)ie Statur ift bie materielle, Uxptilxä^t, in 9taum unb 3cit erfd^einenbe SBelt. 2)er Unterfdäieb gmifd^en ber logifd^en 3bee unb ber Statur, loie aus meiner obigen Skriegung einteud^tet, liegt nid^t im ^nl^lt, fonbem in ber Oform bed S)afein8, in ber Augeren Ofonn, in ber Staum- unb 3eit* erfaQung, in bem Slugereinanber, loeld^eS fomol^l ein Stebeneinanber (Staum) aU ein Stad^einanber (Seit) ift, alfo in 9taum unb 3eit, nid^t fofem fie ^Begriffe ober ®eban!en, fonbem fofern fie bie realen SOtftd^te ber SQSelt ftnb.

2)ie logifd^e Sbee ift t)o1IflSnbig enttoidEelt. %üt (SnttoidEIung ift fortfdgreitenbe 9}ermittlung; toollenbete (EnüoidRung ift tooDenbete, banim aufgel^obene ^Vermittlung ober unmittelbares 2)afein, benn nac^ einer ber ge|)fIogenflen Seigren $egel8, toeld^er mir fo oft fd^on begegnet ftnb, ifi aQe Unmittelbarfeit nid^tiS anbereS als aufgel^obene aSermittlung. „Snbem bie 3bee fidb als abfolute Sinl^eit be8 reinen ^Begriffs unb feiner StealitSt fe§t, fo ifi fie als bie Sotalitdt in biefer gform Statur/ Unb unmittelbar Dörfer mirb ber Sl^arafter ber logifc^en 3bee genau fo bestimmt, mie mir benfelben gefaxt unb erS&rt l^aben: „biefe 3bee i^ nod^ logifd^, fie ifi in ben reinen ®eban!en eingefd^Ioffen« bie aSiffenft^aft nur beS göttUd^en Begriffs".

!Z)ie logifd^e ^btt tr&gt il^re ganje S^üIIe in fid|, benn fie ent- faltet biefelbe im (Elemente beS reinen 2)en!enS. SUS Statur ift fie auger ftd&, in bem Sugereinanber beS 9taumeS unb ber 3ett, meldte ettoaS gang anbereS ftnb als baS reine SDenlen. 2)amm fagt ^egel: „SDie Statur ift bie 3bee in il^rem ?i[nberSfein". „S)ic Sform il^rer 93e{timmt^eit ift bie Sleugerlid^Ieit beS StaumeS unb ber Seit."

SBaS bie 3bee unmittelbar ift ober loaS auS il^rer inneren jeii- lofen SntmidEIung l^erborgel^t, mug a(S eine etoige xiolzt il^reS Sßefens angefel^en merben: baS mirb bie ^bee nid^t erft unb brandet eS nid^t erft gu »erben, fonbem baS ift fie t)on Cioigfeit l^er. SDal^er mfiffen mir mit ^egel fogcn, nid^t bafe bie 3bee Statur toirb, fonbem fie ift

S)ie 3bce. 575

Statur; ballet fann Qudg Don einem Uebergonge bet logtfd^en 3bee jur 3latnx, bei ßidgt bettod^tet, nid^i einmal begrifflid^, gefd&tt)eige aettlit^ gerebet toerben, toeSl^alb ^eget felbp ba8 SEBort Dom „Uebergange*, nad^bem er e8 laum gebrandet l^at, fogleid^ bertd^tigt. @r fagt am Sd^Iuffe feiner Sogt!: ^2)iefer lieber gang bebarf l^ier nur nod& angebeutet 3u toerben''. Unb nad^bem er angebeutet l^at, bag au^ ber DoDenbeten @ntn)iälung ber 3bee bie Unmittelbarhit il^reS @einiS ober bie 9latur l^erDorgel^t; fdl^rt er fo fort: „^it]t 93eftimmung ift aber nidgt ein ©etoorbenfein unb Uebergang, urie ber fubjectiDe 93egriff in feiner Zotalit&t gur Cb]ectiDitdt; aud^ ber fubjectiDe 3tt)edE gum Seben ti)irb". 2>ieS loaren Ueberg&nge rein begrifflid&er 9lrt; atfo aud^ Don fold^en ift l^ter nid^t bie Siebe.

9^un l^at fidb bie (ogifd^e 3bee in ber abfoluten 3bee DoQenbet, b. 1^. in ber 3bee beS SBal^ren unb (Buten, bie {tdg Don Sn)ig!eit l^er in ber SBett realifirt l^at unb unabWfftg realifirt. 3)ie 3bee beS Outen roax baS SBoIIen unb äSoUbringen, b. i. ber 3BiIIe gur SBett, h)eld^e Sfiatur ift, alfo ber SBille jur Sßatur. S)cr fogenonnte ober Der= meintßd^e Uebergang ber 3bee gur Statur ifl alfo gleid^bebeutenb mit bem Uebergange, ber Don htm SBiOen gur SBelt ober bem SSiden gur Statur l^infiberleitet gur D)irflid^en SSelt ober gur toirflic^en Statur, gur ßörperitielt in Siaum unb 3stt. SDarum |at ^eget biefen fo^ genannten Uebergang ber 3bee gur Statur in ftiner SBurgel ergriffen unb treffenb begeidgnet, teenn er il^n als SßiDen unb SßiDenSact auffaßt. @r fagt Don ber logifd^en, in ben reinen ®eban!en ein- gefdgloffenen unb barin gleidgf am Derfcgloffenen 3bee: bag fie ftd^ auffd&Kefet unb entfd&tiefet, bafe fie fidft felbjl frei enttäfet, il^rer abfolut fidler unb in fid& rul&cnb. „3n biefer greil&eit finbet ba^er !ein Uebergang jtatt, baS einfädle ©ein, gu bem fid6 bie 3bee bejiimmt, bleibt i^r DoDIommen burdöfid^tig unb ijl ber in feiner SBeftimmung bei fidfe felbft bleibenbe Segriff. S)a8 Uebcrgel&en ift alfo Dielmel^r fo gu faffen, ba§ bie 3bee fidö felbft frei entlaßt/ il^rer abfolut ftd^er unb in fid^ rul^enb. Um biefer S^reil^ett tt)iDen ifl bie O^orm il^rer SBeflimmtl^eit ebenfo fd^led^tl^in frei, bie abfolut für ftd6 felbft ol^ne ©ubjectiDität feienbe Sleugerlid^feit bes 9taume§ unb ber Seit.*" Unb am ©d&lufe ber enc^Ilo))dbiftien ßogif: „S)ie abfo= lute Sfteil^eit ber Sbee ober ifl, ba^ fie nid^t bloB inS ßeben

1 »b. V. 6. 842 u. 343.

576 ^ie Seigre t)om SBegiiff« S)te 3bee.

überflcl^t, nod& olg cnbli(i6e8 erlernten boffctte in fi(i6 fti^etncn läßt, fonbetu in ber abfolutcn SBal^rl^cit il^rcr felbfl fid6 entld^Iiefet, bos aJloment il^rcr SBcfonberl^eit ober bc8 erjicn SBcftimmenS unb anbcr§= feinS, bie unmittelbare 3bee afe il^ren SBiberfd^ein, fid6 als Statut frei au8 ji(i& ju entlaffen."* SJtefeS „©idöentf^Iiefeen unb 6t4» entlaffen" l^at man unl)erfianbener unb barum unDcrjiänbiger SBeije aU befonbere ^anblungen unb gettlid^e 9}orgönge aufgefaßt unb ftc!^ t)on gegnerifdger @eite in Spaffen barüber ergangen. %ud& ©(Delling in feiner erbitterten unb böfen ßaune toiber ^egel l^at fid& einer folgen jpolemi! befleißigt. ^

3ixäiü anbereS aber ift bie togifd^e i^bee in il^rer SJoQenbung als ber SBiKe gur füHtli, ber SBiDe gur Statur. Su'ifd&en bem SiUen gum 2>afein, gum Seben, gu biefer be^immten ^rt beS fiebenS auf ber einen unb bem SDafein, bem Seben, biefer beftimmten 9lrt beS Sebend felbß auf ber anberen @eite befielet nadg ©d^openl^auerS tieffinniger unb rid^tiger ßel^re feinerici Uebcrgang, leinerlei toed&felfeitige ©aufalität, fonbem beibc finb ööllig eins unb ibentifd^.* ©ang ebcnfo öer» l^ftlt ftdg nad^ Tegels »ol^lDerftanbener Seigre bie abfolute ^^bee gu i^ret a5erföri)erung, ber aOSille gur Jffielt, gur SHatur, gur SWateric auf ber einen gur SBBctt, gur SRatur, gur aJlaterie felbfl auf ber anbcm ©eitc: beibe ^nb DöDig eins unb ibentifd^, biefe ^bentitftt im ©elfte Tegels fo Dcrpanben, ba§ fie ben Unterftiöicb unb baö 9lnber8fein nidfet auS= fd&Keftt, fonbcrn in fid& begreift.

3fe^t laßt fid& in aller Ättrge fagen, toie bie ©ad^e pel^t: ber Uebergang, um toeld^en an ber gegenmartigen ©teUe eS ftd^ allein l^anbelt, ifl ber Uebergang nid&t ber 3bee ober beS ßogo8 gur SHatur, fonbem ber Sogif gur Slaturpl^ilofopl^ie.

> fflb. VL § 244. 6. 413 u. 414. - « «gl. aWcine ®ef4. ber neuem Wlo]opfixt. 3ub.-au88. ab. vn. (2, SlufC. 1899.) öu« I. 6ap. XV. 6. 209 u. 210. S9u« II. abfd^n. IV. 6a^. XLVm. 6, 209 u. 210. » »gl. baffefte Söerf. 95b. IX. (2. Hüft.) 99u* IL ©aj). VH. a)ic SCßelt aU miUt, bet aBiCe als Selb. 269 u. 270.

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