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Homöspathifcer Hausarzl.

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0 Bering(Baehl)

Homöopathiſcher Bansarst.

Fünfundswanzigfie Auflage

vollftändig neu bearbeitet

von

RKichard Haehl

Dr. med. und Dr. med. homoeop. (Hahnem. Medic. Colleg. Philad.), Mitglied des hompo⸗

pathiſchen Bentralvereins Deutihlands, Ehrenmitglied bes homdopathiſchen Ürztevereins

von Rorbamerifa (American Institute of Homoeopathy), jowie der Hahnemann Alumni

Association in Philadelphia, Ehrenmitglied des württembergifhen Landesveretns für Homdopathte, der HSahnemannta Pforzheim uſw.

Stuttgart. Fr. Frommanns Berlag (E. Hauff). 719

Alle Rechte vorbehalten.

Drud der Chr. Belferfhen Buchdruderei, Stuttgart.

Den

homöopathiſchen Laienvereinen | im Deutichen Reiche, 3 anferer großen Sadje größten Hoffnung,

a aus vollem Herzen

gewidmet.

Zu

Vorwort zur 25. Auflage.

Mitten im dröhnenden Lärme des ungebeuerften aller Striege it das Erſcheinen einer neuen Auflage von Hering-Hnehl’3 homöo⸗ pathiſchem Hausarzt notwendig geworden. Der Verleger und namentlich der Verfaſſer Hatten fich für die Herausgabe gerade dieſer Subelauflage, die eine durchgreifende Neubearbeitung werden follte und mußte, günftigere Zeitumftände gedacht und gewünſcht. Beide hätten auch mit Rüdficht auf die Schwierigfeiten, die ber Heraus:

gabe während der Kriegszeit im Wege ftehen, gerne rubigere Zeiten «a abgewartet. Jedoch das dringende Verlangen nad) dem Bud), das ſeit Monaten vergriffen war, ließ eine weitere Verzögerung nicht

mehr zu. Der Verleger forgte für die Freigabe des erforderlichen

Papiers und der Bearbeiter zog ſich aus feiner praftifchen Tätigkeit

zurüd, um in ländlicher Stile die längfigeplanten Anderungen für die 25. Auflage vorzubereiten.

Wer die vorliegende Auflage mit der vorhergehenden vergleicht, wird finden, daß nicht nur der alte Zert eine gründliche Über- arbeitung erfahren bat, fondern daß vor allem zahlreiche Lüden ausgefüllt worden und eine Reihe neuer Abhandlungen BHinzu- gelommen find. An der Seitenzahl des Buches läßt fich freilich der Umfang dieſer Arbeit nicht bemefjen, da zahlreiche veraltete Stellen geftricden oder erheblich verkürzt wurden. Abfchnitte mit ähnlich Iautendem Inhalt wurden miteinander verſchmolzen und es wurde dadurch viel Raum erfpart; an wirklich Wertvollem und Not- wenbigem bat das Buch dadurch jedoch Feine Einbuße erlitten.

Einen bejonderen Dienft glaubt der Verfaſſer den Lefern mit der Hinzufügung der einleitenden Abjchnitte Über „die Grundzüge der Homöopathie” zu erweilen. Er ift damit den Wünjchen vieler Befiter der älteren Auflagen des Buches entgegengefommen, Hofft

=. zugleich auch mit den Abhandlungen über da3 Wefen der Homöo-

pathie und ihren Entdeder geeigneten Aufllärungs- und Werbeſtoff x für die weitere Ausbreitung der Homöopathie zu bieten. Leider > Hat bie zwingende Rückſicht auf den Umfang- des Buches es un- möglihd gemadit, eine ausführlide Charalteriftit der wichtigften

3 bomdopatbifchen Arzneimittel einzufügen. &3 liegt aber in ber

Abſicht des Verfaſſers, die bereit3 vorhandenen beträchtlichen Bor-

* 4. ir a

f

vm Vorwort zur 25. Auflage.

arbeiten zu erweitern und fie in einem bejonderen Bande als Homöo- pathiſche Arzneimittellehre erjcheinen zu lafien.

Ganz erheblide Anderungen und Kürzungen mußte fidh der zweite Teil des Buches über die „Häufigften Krankheitsurſachen“ gefallen laſſen. Berichiedene Abfchnitte, wie der über „Vergiftungen“ u. a. wurden ganz neu geichrieben, weil ihr Inhalt den beutigen Anforderungen nicht mehr genügte. Der neu binzugelommene Text überwiegt aber auch in diefem Zeil die Streichungen.

Am dritten Teil find zahlreiche neue, in den biöherigen Auf- lagen noch nicht oder nicht ausführlich genug befprochene Krank⸗ beitäformen aufgenommen worden. Dadurch ift der Hausarzt nun allerdings allmählich mehr „Haehl“ als „Hering“ geworben; ich hoffe aber, daß dies feinem Wert. und feiner Brauchbarkeit feinen Eintrag tut.

Bei der Überarbeitung des alten Textes wurden nicht nur alle Rberflüffigen Fremdwörter oder frembartig klingenden Ausdrücke, fondern auch zahlreiche fprachliche Unebenheiten der bisherigen er lagen bejfeitigt.

Möge denn unfer Hausarzt in feiner 25. Auflage wieder eine ebenſo freundliche Aufnahme im Volke finden wie bisher, möge er fih zu feinen bisherigen Goͤnnern recht viele mene Freunde erwerben und möge er überall, wo er binfommt, reichen Segen ftiften!

Stuttgart, Ende 1918. Obere Birkentsalbftr. 118.

Dr. med. homoeop. Richard Haehl.

Inhaltsüberſicht.

Vorwort zur fünfundzwanzigſten Auflage - - - - 2200. Einleitung. = = see a Das Buch und feine Berfaller .- - - - Henne Der Gebrauch des Buches - : - -- >: 2

Erſter Teil.

Einführung in die Homöopathie.

Einleitung 8-2: © 2 0 2.8 = Dr Chriſtian Friedrihd Samuel Hahnemann. - - - - - - 200. Die wiſſenſchaftliche Bedeutuͤng Hafnemanıs . - - - - .. 2... Die Srundzüge der Homdopatlie . - - - --: 2: 220er

1. Das Ahmlichleitsgefee - - - >20

2. Die Homdopathifhe Arzneimittellehte - - - - . .

3. Die Homdopathiihe Sabenlehte .. - - >. nn. Bergleihende Statifil - --.. 2: 222m Statiftit des Mmternationalen Homdopathiigen Rates... . - - . - Zubereitung und Aufbewahrung homdopathiſcher Arzneimittel . . . Die Wahl des hHomöopäthifhen Arzneimittel . -. -. - -.-...- Über das Einnehmen - - -- >: >22 Bie man einen homdopakhiſchen Arzt Bericht erftattet. . . . . . - gifte der in diefem Buche Öfterd erwähnten Arzneien . - . . . - Die Emährung des Kranlen .-. .. .: 22 rennen Über Mabunn - =. 2 2% 2 = ua una . .

Bweiter Zeil. Die häufigften Krankheitsurſachen.

1. Abſchnitt: Gemütsbewegungen. Schreck und Furcht - - : 22er Summer und dran 2: >: 22er. Knete Bd a Sr ee ee re Zom na a ae ee

Algemeineeess * | Bönunfen: 2:2. 40 02 25 scan aaa Hufen und Ütembefhwerden .. - - - rennen Durchfall und Bauchfhmergen . . - -: >: men

X Inhalts übe rſicht.

Seite 62 «na 2. de ee ee ae 62 63 63 e 63 tEbelteit 64 GPILEDOTFEIBER. u ee EEE ER RE 64 EICHER ara ee 65 ——— 65

3. Abjchnitt: Folgen von Erhitungen, übermäßigen An: frengungen und Erichöpfungen. Koyricamerzen: infolge. don SiBe. : » » = »s 0 om a3 67 Sonnenfih und Hißfhleg - - - -»- -: 2-00 0. RE Geh 67 KDAHEBERDEEIDTBLIE: 207.2 en a ne re 69 WERNE u ee ee ee 69 IERIBEIBGIDER. .. 2. 45.4, le a ee a a 1 Stubenfißen und viele Studieren. - - - - - » 22220200. 72 METIRATERGR 26 6 ne ar ee Are 72 EDER 5 0 ae Eee PORN ST 73 4. Abſchnitt: Beſchwerden vom Überladen und Berderben des Magen?.

Kopfweh nach verdorbenem 75 Erbreden von berdborbenem Magen. - » » 2: 2 2 nn en 76 Blähungen, Leibjchneiden und Durchfall nach verdorbenem Magen... 76 Sclaflofigteit nah Überladung des Magend. - - : - 2.2.2... 77 Fieber und Friefel nach verdorbenem Magen. - -. » - 2.2.2... 77

Beſchwerden von Waffertrinten, kalten Getränken und kalten Speifen 75

5. Abjchnitt: Folgen von geiftigen und heißen Getränten, von Kaffee, Tabak, Gewürzen und Saurem.

e 80 Nachwehen vom Genuſſe geiſtiger Getränk. 8 82 Skuferwut. (Delirium. tremens): ; = u... “ea au 84 Rachtelle Dont; Sarfeeftinien +. = wen a. ea 85 Behiwerben bont m... u... una 0. um re 86 Yefhwerden vom Tabattauden . -. - - » >: 2:2 86 Beichwerden bon. Sewiizien. +4... u... 5 ran IN 87 Beicanierben 87

6. Abſchnitt: Vergiftungen.

Var ERDE TR AFTER 88 Die erſte Hilfeleijtung bei Vergiftungen . . nn nn 88 Die Hauptmittel bei Vergiftungen - - - - rennen 90 ſ 93 Vergiftungen mit mineraliſchen Gifteenn.... 96

Vergiftung mit metalliſchen Giftenn.. 99

Inhaltsüuberſicht. XI

Seite Vergiftung mit Pflangengiften - - - 2222er. 102 Arzneivergiftungen.......... ............ 106 Bergiftuingen mit Tiergiften - - >: 22er. 111 Sniettenflide - -. - - -- 2... U ep BR ehe De Sie '. 113 Schlangenbilie - - - >: >20 115 Biffe wütender Ziere (Hundswut, Wafleriheu). - - - - -..... 116 Üble Zufälle infolge von Zierkantteiten ae a ag ee a 117 Burkveraiftüng » 2 + 2.0.2.2 44 re ee .. 119 Bergiftungen duch Gelbitalfte - - - - >> 22er. 121

7. Abſchnitt: Die erfte gitfefeiftnng bei plößlidhen Er: krankungen und Unglüdsfällen. Allgemeinesssss............ .. 122 Künftlide Mimung - - >: 22 nn ...123 Das Tragen plöglich Erkfrankter oder Berunglüdter. . ....... 124 ee tee ee . 124 Kollaps oder Kräfteverfall - . >: 20 nn 125 Schlagfluß oder Hirnfchlan - . - - >>>. Hrn 126 Sallfucht oder u ee 128 Scheintod .. . ee ae ee eh hr 99 DUNgeELIOD: 2 ara ur a a a 130 Erwürgte, Erdroffelte, Erhenlte - - - - > 2: > 20m 130 Ertrunkennnn. ......— 131 Erftidung durch Ather oder Chloroforn.......... 132 Vom Blitz Getroffene - - >> 2220 132 RERIEDTENE 4 er ee Be en ind a are 132 8. Abſchnitt: Äußere Verletzungen

Erichütterung: 4 = 3:40. zn ee a ea ee 134 BETHEDeN. u ee a 135 Fehltreteen... ae ee 136 Queiſchunge a ee erde 136 IBETHAUHUNG ee ee 137 Berrenkung. =... 137 Snodenbiühe . - - - >: 138 Wunden... ................ 143 Das Vereinigen und Verbinden von Wunden.. 144 Blutungen aus Wunden.. 145 Reinigung der Wunde - .. > 2:2 nn 146 Nachbehandlung und Dit . . - 2. nennen 147 Arzneimittel gegen äußere Berleßungen - - - - - > 2-20. 148 Starrkrampf oder Mundllemme - . .:.: 22er. .. 148 Blutungen aus dem Bahnfleif.. - - - -. 150 Innere Berlegungen und Shod. . - -.... nennen 150 Verbrennunggen.. ** 152 Erfrierungeee.11186

9. Abſchnitt: Verletzungen durch Fremdkörper.

Fremdkörper im Aug.. * 156 Fremdkörper im Ohrr..... 157

| XII Inhaltotberſicht.

Seite Fremdkörper in der Naſe....... ........ 158. Fremdkörper in Schlund und Speiferöhte . . . - - - . a er 158 Stemdlörper in Magen und Dam .: ». >: 2: 222 20mm 159 Ytemblörper im Kehllopf und in der Be ee RE 160 Fremdkörper in der Haut . . - - ea. 162

Dritter Zeil.

Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten. 1. Abſchnitt: Krankheiten und Beichwerden im Kopfe.

Ehwinde +. 22:2: 00 ee are 163 Die Seekrankheit > >22 164 Gedächt nis ſchwäche.. ....... 164 Kopfſchmerzen............. . . . . 165 Kopfſchmerz infolge von und Entzuüundung....... 165 Kopfſchmerz infolge von Rafenlatatıh. - - - 2220. 167 Rheumatifhe Kopffchmerzen . - - - - >: 2222. 167 Kopfichmerzen infolge von Berdbauunggförungen - - - 168 Die Migräne. 2.2... 2 2 wa 2 aaa ee en 170 Nervöſe Kopfſchmerzen - - - >22. 172 Geſichtsſchmerz (Gefichtsneuralgie) - - - - > > >22 nn 176 Gaarausfall una ee ee re . 178 Kopilamie. 2.2.0 oe ae ach 180 2. Abſchnitt: Krankheiten der Augen Allgemeines: u: an m a Be a re le ee 180 Entzündung und Anſchwellung der Augenlider . - -. - . . 2.2... 181 Berkenlorn:. = 2... Zw a, aa 183 Augenentzündungen - - > >: 222m ... .... .... 184 Skeofulöfe Augenentzündungen - -. - -...... SEEN 186 Hornhauttrübungen - - >>: mann 187 Einige Bemerkungen über Sehfehler und Brillen -. - - -..... 187 Anfälle von Blindheit - - > > 22220 1% BB DeI. 1. 2.0 190 Das Scyielen bei Kindern . - -: >: Cr 191 3. Abſchnitt: Krankheiten der Ohren. Wlgemeines. u... 2.55 warn ak es ee ee 192 Dhrenentzündung. Entzündung des äußeren Ohres . ....... 1% Dhrenswand: = = u 05 ee a ee ae rei 193 Katarrh und Entzündung des Mittelohres, Ohrenfiß. . . - . . . - 194 Korenjaufen. = =. a0. 5. 0 00 en en eek 197 Schwerhörigleit - - - > 220 ........ 198 Die Ohrendrüfenbräune . - > > >22 Hm 199

4. Abſchnitt: ISrantheiten der Rafe.

Ausichläge an ber Rabe - - >>: oe 200 Geſchwulſt der Naſe....... . . ... . .... 200

Ä Geite Malente .- -. 2: ernennen. en A ee Re 1 Maienbluten „au... ink abi iear 1 Ozaena (Stinnale) - ---- 2-2 203 Schhnüpfeen .... 00. . Er Be Se u dr en 204 Heufhnupfen . . --- Here en 207 Rofenpolypen . - - - rennen 208 Rachenntandel (adenoide Wuderungen) - - - - ern 209

5. Abſchnitt: Krankheiten in der Bruſthöhle. Beilerlet .. -- Here 49 Ouflen .. rennen ee 211 KReuhhuiten... - - 2. Fe ee an 2 219 Krupp (Croup) - - rennen 222 Influenza (Grippe) - -- >: Henne 284 Blutandrang nad der Brut . . . .. . - 386 Blutſturz oder Bluthuften - - - > - 2 nenn 2.2.37 Serzllopfen . - rennen 2320 Afſthma (Bruftttampf) .- - - 2000 281 Seitenftechen, Bruftfell- und Lungenentzündung . - » +... 284 Die Lungenſchwindſucht (Bungentuberkuloje) . - - - ** 238 6. Abſchnitt: Halskrankheiten. | galaweB - -::- 222er 241 Akute Iatarchalifche Halsentzündung. Wandelentzündung. - - - - - 242 Diphtherie 7 246 Schilddrüfenerkkanfungen . - - nern 247 Propf.- u: ns. we ee Deren 248 Grein ern Be Eee 248 MirÜdem .- -:- Senne 9 Bafedowiche Krankheit. - -- -- rennen 249 7. Abſchnitt: Krantgeiten der Mundhöhle. Veränderungen im Gefhmadsfinn . - - - nenne 250 Übler Geruch aus dem Munde .. -..: 2. . 1 Der Skorbut oder Scharbod . . - : rennen 252 Zungenkrankheitenn. ; 253 Zahnfhmergen - - ren 254—266 Ratfchläge zur Echaltung eines guten Sebilfeg - - » - 254 Berfhiedene Arten von Babnmieh . - - - 6* 256 Hepertorium der Bahmwehmittel - - - - - rennen 37 Die wichtigften Homdopathifhen Zahnwehmittel . . - -.... - : &1 Badengefhwulft. - - - - Hrn 26 8. Abſchnitt: Magentrantgeiten. Appetitmangel - - - een 257 Magenſchwäche, Dyspepiie, Berdauunggfhwädhe . - - - - . . - 268 Mogenkatarch, Magenverfleimung . - - - rennen 271 Sodbiennen . - rennen. 272

Übelkeit und Erbreden - - - nennen 213

XIV Snhaltsüberficht.

Seite Magenkrampf und Magenjchmerzen - » 2 2: 2 m nn 274 ERHBENDINIIRGEN. - 2.55 u A rer a ee 278

9. Abſchnitt: Krankheiten des Unterleibes. BO BEHNaneden © : 280 BIRBUNGER- ur iu ee ae ar re 282 Blutandrang nad) dem Unterleib . . > 2 Eon nn nn 283 Entzündungen im Magen und Unterleib (Bauchfellentzündung) . - - 283 Blinddarmentzündung (Appendicitis) . . -:» 2.22.22... 286 IE a a Da Eee a rät 289 DEE: 2 An le A a a ee ae 291 EHE TEE, an N Be 291 DRELELTINIERONE 2.005 ee ee 291 reis ober Makbarmiborfell. -..-,2.0 wur sie a. ar Fi 292 Hämorrhoiden oder goldene Über . - - - - 2:2 2 2 nme 293 JJ 2 ne 296 DEREN A 302 Brehdurchfall (Cholera nostras) . .»» 2: 222 ne 304 Cholera (ajiatiiche Cholera). - - - - . . - a ae 305 IUHtErleiBHluNuE 3.2: ee ee re Stußfperfiohtüng. +. = 22 3.200 2 sa ER RN 310 Scmerzhafte Seberkrankheiten 313 GECHERRENLIDIER 58 er er 314 ö ara Re ae ee Be Re De ee aa rm. 314 10. Adjchnitt: Krankheiten der Harnwerlzeuge und der männlichen Geſchlechtsorgane. Miweihhätuen.: Uräntie 2a au u an wre 315 11 BE 318 RERDETARDELDEN 4.2. a a a 318 Bilbao. 223 0 er re WR Er 320 Zuckerharnruhr (Diabetes mellitus) . ». 2.2... 320 ——— aus Der Darhtöllte:. »=5 sr “0. ii imma ae ee 321 SH TETDER at: Bilede ua en. nee Se 3 322 eee 323 Die Onanie oder Selbjtbefledung . - - » - = 22mm 323 J a N ee ee ee 325

11. Abſchnitt: Krankheiten des weiblichen Geſchlechts. RERTRBENNOER: = 327 Murpiuchuna Der Rede. 5040 a een ar 327 ME Er a ei ee 328 Zu ftarle Rege - 329 JJ su sn na ven en 330 DIR IR REHERTE. 2:4: 2. 4 na Er N A Et 331 ſſ 332 a en a EEE 333 Beichwerden während der Shwangefhaft - - - 2.2... 334 Band Bihreben =... ee ee 334 Kopfweh, Zahnweh und Neuralgie (Rervenihmerzen) - - - . . . 335

BiOHIDErROHTINE =: ae een Br wre 336

En Seite Krampf oder WVehaderluoten . - - > >22 nen 336 Hämorrgoiden (Afterlnoten) - - - >: 22m on 7 Unvermögen, ben Ham zu halten.............. 338 Brambie 2.3.0000 ee een al aa 338 Schlafloſigkeite. ............ 338 Wortus (Fehlgeburt), Frühgeburt 339 Blutungen während der Schwangerſchaft und Entbindung - - - - - 341 Entbindung und Wochenbett......... . . . .. 343 Verzögerte Geburt......... . . . . . ... 343 RNachwehhe a ee er ee 344 Rilhrieber:: u 345 Unterdrüdung der Milhaugideidung - - - - - >: 22 220 345 Das Auslaufen der Mlb - --. - >»: >22 222. Di a ee ‚346 Das Wund werden der Bruftwargen . - - - >: 222220. . 346 Boſe Tüte > 222 347 Schlechte Milh . - » > > 22m 347 Schwäde beim Stillen. - - : >: >: Com m nn 348 Berftopfung im Wochenbett . - - >: 2:2 onen 348 Durchfälle im Wochenbett - - » > >: 2m. 348 Neſſelausſchlag im Wochenbett - - - > >: ........... 349 Haarausfall im Wocenbett - - > 22m nr. ‚349 12, Abſchnitt: Krankheiten der Kinder. |

Sceintod der Neugeborenen - - - - > >22 nn 349 Geihwülfte am Kopfe . - >: 2: mr. 350 Multermale .. au u ee na ehr 351 Mißgeburten und Mißgeftaltungen.. - - - - >»: >: 22m. .361 Anſchwellen der Brüßchen - - - > >: 22m nn .361 Augenentzundung, kranke Augen der Neugeborenen....... 361 Schluchzen der Kinder..... ............. 352 Stockſchnupfen oder verftopfte Raie - - - - > >: 2222. 352 Shwämmden (Soot) - - - >: : 2: ........ .. 353 DAISWEN: 3-2 re ee 353 Gelbfucht der Neugeborenen . - : > 2:2 2m. 364 Wundſein oder Srattlein - - - - - > .......... 365 Oamverdaltung +... & ur: 0.0 ua a ir Ben ne 355 Stublverftopfung - - > >: 2m mon 355 Sclaflofiglet >: > > >22 mn 356 Shieien on. 2 2 ee en he ee A 356 EDEL: un ee De res er 357 Krämpfe oder Gichter........... ... 358 Stimmribentrampf (Bruſtkrämpfe, Blauwerden) - - - -. 2... .- 360 Bahnen der Kinder . - > >: Com onen 2.861 Überfüttern der Minden 22222 363 Sommerdurcfälle der Kinder -. - >: 2 Cm 364 Das Erbrechen der Säuglinge - - > > > 222 366 Die englifche Krankheit oder Ahaditi8 -. - - --- . nen 367 Hinten der Sinder.- - >: 22m 369 Stollen. u u ee ee ie A re en 370 Beltnätien 2.2 .2u..0 2a ee wis ae en ta 370 BEIDE: 0 ee re a a a 372

XVI Inhaltaũuberſicht.

Bköfuloie 2: 2 5 a. ee en a a a ANiyAing 4 3. ee AU Ropfarind (Rufen) - - - > 2er 13. Abſchnitt: Hautkraukheiten mit Fieber (Zufektiongtrantheiten). Einleitung (Allgemeines über Seuchenkrankheiten) - - - - - . . . Meafern (Mote Fleden) - - - >>: 220mm NROLElNN =, 2: en 2, are a a ee ee Ghorlapfrielel +4... 3 ...% we; .. . . .. Shatlab: 0 2 ar ee ee Spitz⸗, Wind-, Waſſer⸗ oder Hühnerpoden . - - - 2... Boden oder Blatten...... . Roſe oder Rotlauf - - >: 2m 14. Abſchnitt: Zangwierige Hautkrankheiten. Hauljuden = 3.5 se. De ee gene Rräbe: u. Da. en nee er ra re ——— Reffelfriefel oder Neflelfieber - - - - - - 22m Bortllemten. .:%. nu. Blutfhwäre oder Furunkel (Aiſenn... Karbunkel oder bösartige Blütſchwüäärre..886

Erkrankungen der Fingernägel, Fingergeſchwüre oder JJ Hautſchtundddee nein en nn Stolbeulen = 2 nern sea een Geſchwure, Krampfadergefhwüre - - - - - nn Das Einwachſen der Nigel >22 Diiteljer ru 2 un a. Zara a ee en er a Eee Hühneraugen oder Leihdornen - - - - - rennen Bindliegen su. 0-2 ee ern nieni

15. Abſchnitt: Einige allgemeine Krankheiten.

Arterienverkallung (Schlagadernverkaltung, Arteriojfleroje) - - - - - DES. 0.02 0 een 6666 P Der akute Gelentrheumatigmug . - - - - 2m Der hronifhe Rheumatismuß . - : nn Kniegelenlsentzündbung - - - > Steifer Naden » -- nennen Die Geniditatte - -:: onen Kfreuzſchmerzen .. 2864 Hüftweh oder Bchiad . . - 2 Babenftampf .: -:: .. 4 SE Mpprüden .- --- Heer rer rn nenne Schlaflofiget .- Henn Wecfelfieber (Malaria) - - - >: - Suheegilet » - - - 2-0

Einleitung.

Das vorliegende Buch will lehren, wie man ſich in den gemwöhn- lichſten Srankheitsfällen mit homöopathiſchen Arzneien felber helfen kann. Es ift daher für Leute bejtimmt, die durch ihre Er- fahrung bereit3 don den großen Vorzügen der bon Dr Samuel Hahnemann entdedten Homöopathie überzeugt find. Es möchte aber auch denen, die noch feine Gelegenheit hatten, fich davon zu überzeugen, die alfo die Homöopathie überhaupt noch nicht Tennen oder wohl gar Nachteiliges über jie gehört Haben, zu beflerer Ein- ſicht behilflich fein.

Man darf nur bei leichteren Erkrankungen, derenthalben man doch nicht immer nad) einem Arzt jchidt, 3. B. bei Zahnweh, Kopf- weh, Gliederfchmerz oder auch in gefährlichen Fällen, ehe der Arzt zur Gtelle fein fann, 3. B. bei Lungenentzündung, Scharlachfieber, Diphtherie u. dergl. einen Verſuch machen, und man wird jich bald von der fanften, fchnellen und außerordentlichen Heilkraft der homöopathiſchen Arzneimittel überzeugen. Wer aber einmal an feinem eigenen Körper die Vorzüge der homöopathiſchen Heil— methode erfahren hat, der wird ihr nie mehr untreu werden.

Ganz beſonders ift das vorliegende Buch für Familien und Perfonen beitimmt, die weit von einem —— Arzt ent⸗ fernt wohnen und mehr oder weniger auf ſich ſelbſt angewieſen ſind. Wie angenehm iſt es beiſpielsweiſe für einen auf dem Lande wohnenden Familienvater, wenn er ſich bei plötzlich auftretenden Krankheiten mit Hilfe eines ſolchen Buches bis zum Eintreffen eines Arztes zu helfen weiß. Auch auf Reiſen kann es nützlich werden oder wenn Familien aufs Land gehen und ſich nicht gern einem fremden Arzt anvertrauen wollen.

Da das Buch für Laien bejtimmt ift, Hat ſich der Verfaſſer ernftlich Mühe gegeben, in der Wahl feiner Ausdrüde ftet3 genau und einfach zu fein, um Mißverſtändniſſe nad) Möglichleit zu ver- meiden. Gelbitverftändlich kann und will aber der Anhalt des Buches den homöopathiſchen Arzt nicht erfegen; denn eine bloße Kenntnis homöopathiſcher Arzneimittel, die bei gewiſſen Krant- heitzfällen in Betracht kommen, genügt keineswegs, um aus dent Laien einen homöopathiſchen Arzt zu machen. Co wenig jemand, der weder mit den Schiffahrtögejeken noch mit der Seemanns- funft vertraut ift, ein Schiff mit gehöriger Sicherheit in den Hafen leiten kann, ebenjowenig wird der, dem die notwendigen Kenntniſſe über Bau und Berrichtungen des menſchlichen Körpers, über

Sering-Hachl, SM. 1

2 Einleitung.

Krankheitslehre und Chirurgie, über Arzneimittellefre, Chemie und Botanik abgehen, eine ernite Krankheit mit der notwendigen Umficht und Gefchidlichfeit behandeln fünnen. Dr Hahnemann, der Entdeder der Homöopathie, war einer der tüchtigften und gelehrteften Ärzte feiner Zeit; mer ein tüchtiger Nachfolger dieſes Mannes fein will, muß in allen Fächern der mediziniichen Wifjen- ichaft voll und ganz bemwandert fein.

Das Buch iſt alſo einerjeit3 als Ratgeber bei einfacheren Er- krankungen, deren Behandlung nicht unbedingt einen Arzt erfordert, zu betrachten ; andererfeit3 will e8 den Laien darüber belehren, was bei plölich auftretenden fchwereren Krankheiten bis zum Eintreffen des Arztes getan werden kann.

Das Buch und feine Verfaſſer.

Der urfprüngliche Verfafler des vorliegenden Buches, Dr. Con- ftantin Hering, erblidte al der Sohn eined Lehrer? am 1. Sanuar 1800 im Städtchen Oſchatz in Sachen das Licht der Welt. Schon al Knabe zeigte er große Vorliebe für Naturftudien. Nach erfolgreich beftandener Reifeprüfung am Gymnaſium zu Bittau bezog er 1817 die chirurgiſche Afademie in Dresden und ipäter die Univerfitäten Leipzig und Würzburg, um fid) dem Studium der Medizin zu widmen. Sn Leipzig wurde er Schüler und fpäter Alliftent des berühmten Chirurgen Dr Robbi. Diefer wurde eine3 Tages von dem befannten Leipziger Verlagsbuch— händler Baumgärtner aufgefordert, ein Bud) gegen Hahnemann und die Homdopathie zu fchreiben, das diefer „Irrlehre“ den Todes- jtoß verfegen jollte. Dies war im Jahr 1821, alfo zu der Zeit, als Hahnemann von Leipzig vertrieben worden war. Dr Robbi lehnte den Auftrag aus Zeitmangel ab, empfahl aber dem Berleger, feinen jungen Aſſiſtenten damit zu beauftragen. Hering, der ſich durch dieſes Vertrauen hochgeehrt fühlte, verjchaffte jich fofort Hahnemanns Schriften und ftudierte fie mit Ernft und Fleiß, um geeignete Material al3 Unterlage für feine GStreitfchrift zu ge- winnen. Dieſe Studien veranlaßten ihn zu Nachprüfungen und praftiihen Verſuchen und bald war aus einem Saulus ein Paulus geworden. Hering machte aus feiner Belehrung fein Geheimnis, fondern trat bereit in feiner Poltordiffertation „De Medi- cina futura‘‘ (über die Medizin der Zufunft) offen für die neue Lehre ein. Am 23. März 1826 wurde er Doktor der Medizin.

Dr Hering nahm nun zunädjt eine Stelle ala Lehrer der Mathe- matif und Naturmwifjenfchaften beim Inftitut Blochmann in Dresden an. Sein Drang zum Reifen veranlaßte ihn, diefe Stelle bald wieder aufzugeben, um ſich einer Forjcherfahrt nach Surinam in Südamerifa anzuſchließen. Da ihm feine fchriftjtellerifhe Tätig- feit ald Homdopath dabei unterfagt wurde, kehrte er feinen Ge- fährten den Rüden und wurde praftifcher Arzt in Paramaribo.

Das Buch und feine Rerfaffer. 3

Im Jahr 1833 kam er auf einer Befuchgreije nach Deutichland über Philadelphia, mo ihn Berufsfreunde veranlaßten, fich als Arzt niederzulafjen, um gemeinfam mit ihnen für die mwiffenfchaftliche Weiterentwidlung und Ausbreitung der Homöopathie in Amerika zu wirfen. Bereit? im Jahre 1835 gründete er im Verein mit Dr Weſſelhöft die erjte Bildungsſtätte für Homöopathie in der Welt, die „Nordamerilanifhe Akademie für Homöopathifche Heilkunſt“. Infolge der Umtriebe der Gegner und der Untreue eines Sekretärs, der mit einem größeren Zeil des Stammlapitals durchging, konnten die Vorlefungen nur wenige Jahre fortgeſetzt werden. Die Gebäude mußten verfauft werden, um Pfandanfprüche zu befriedigen, und die Schule wurde geichlof en.

Hering ließ fi) durd) diefen Mißerfolg nicht entmutigen. Im Februar 1848 gründete er zufammen mit Dr Williamfon und Dr John Jeanes ein neues Lehrinftitut für Homöopathie, nämlich das heute nod) beftehende Hahnemann Medical College in Phila— delphia, dem er bis zum Jahre 1869 als Profeffor der Arznei- mittellehre und Mitglied der Fakultät angehörte.

Dr Hering war dreimal verheiratet und erreichte ein Alter von über 80 Jahren. Am 23. Juli 1880 ftarb er ganz unerwartet fchnell an einem Herzichlag, nachdem er furz zuvor bon einem Kranken⸗ befuch nad) Haufe zurüdgefehrt war.

Selten ift ein Leben jo reich an Arbeit und Erfolgen geweſen, wie das Sonftantin Herings. Sein Name ift unzertrennlich mit der Homöopathie verwachſen. Seine Kleine Anzahl wertvoller Heilmittel hat er an fi) und einem erlefenen reife von Männern und Frauen geprüft und jo der Homdopathie dienftbar gemadit. Wir nennen bier nur 3. B. Glonoin, Psorinum und Lachesis. Als Arzt, al Lehrer, als Schriftiteller und Forfcher er der Homöopathie die wertvollſten Dienſte geleiſtet, und es homöopathiſche Arzte gibt, wird fein Andenken unver- gänglich ſein. Hahnemann hat Conſtantin Hering als eine der erſten Größen der Homöopathie anerkannt, und der Briefwechſel en beiden Männern blieb biß zu Hahnemanns Tod rege und herzlich.

Un der Politit Hat Hering wenig aftiven Anteil genommen, dejto mehr lebte er der Wiffenfhaft und Kunſt. Sein Haus in Philadelphia bildete lange Zeit den Mittelpunkt geiftigen Lebens und Strebens. An feinem alten Baterland und an allem, mas un war, hing er mit hoher Begeijterung und raſtlos nahm er an allem teil, wa3 die Entwidlung des deutfchen Volksteils in Amerifa fördern Eonnte.

AB Schriftiteller war Hering vermöge feiner außerordent- lien und vielfeitigen Begabung äußerft fruchtbar. Neben einer Reihe jelbftändiger Werfe, die aus feiner Feder ftammten, war er einer der fleißigiten und gelefenften Mitarbeiter an allen deutjchen und amerikaniſchen homöopathifchen Zeitichriften. Eine Samnı-

4 Einleitung.

lung feiner zahlreihen Aufjäße würde viele Bände umfafjen. Die mweitefte Berbreitung hat fein „Homöopathiſcher Hausarzt” gefunden, der zum erftenmal im Sabre 1835 im Frommann'ſchen Verlag (damal zu Jena) erſchienen ift.

Jedes Buch hat feine eigene Gejchichte, aud) der „Hausarzt”. Hering ſchildert und in der Vorrede zur 5. Auflage des Buches in der folgenden anfchaulihen Weife, wie er zum Verfaſſer wurde und was er mit der Herausgabe ſeines Homdopathifchen Hausarztes bezweden wollte:

„Der Berfaffer ift auf einem Ummege zur Berfaflerfchaft ge- fommen; er hätte fich fonjt niemals getraut, ein „Volksbuch“ zu ichreiben. Er war in Paramaribo Hausfreund und Arzt bei der Miffionsanftalt der evangelifhen Brüdergemeinde, die damals aus 7 deutſchen Familien beftand. Weiler nun geſonnen war, diefe für die neue Heillunft gewonnenen Freunde zu verlaffen, jo wurde ein „Hausbüchlein“ angelegt, da3 beftimmt mar, feine’ Stelle zu erſetzen. Als der einzelnen Blätter immer mehr geworden waren, und auch die fchwierige Lehre der Behandlung bösartiger Tyieber in ihren Hauptzügen einfach und verftändlich zu werden fchien, da fuhr ihm, an einem jener jchönen, ruhigen tropifchen Yrühlings- morgen de3 Januar, der Plan wie ein Strahl durch die Seele, daraus ein Büchlein zu machen für alle Miffionare auf Erden .. .

„Der Berfafler wurde jpäter veranlaßt, ja genötigt, jenen Ent- wurf umzufchreiben und zwar für die Nachkommen der deutjchen Einwanderer in Pennſylvanien und die Anfiedler deutfcher Zunge im Weiten Nordamerikas. Wa3 ihm blätter- und bogenmeije abgezmwungen, ja für die Preife abgerufigen wurde, fam als zwei— taufendfach vervielfältigt „im umkehrenden Laufe der Dinge“ wieder über ihn als eine drüdende Schuld und eine noch größere Laſt auf dem Oberboden (1836). Lange ftemmte fich der Verfaſſer gegen den Vorſchlag, zur Minderung bejagten Drudes einige Hundert Abdrücke nad) Deutihland zu jchiden. Endlich) willigte er ein. Kaum aber fam dieſe Sendung im Baterlande an (1837), fo war fie auch fchon verkauft.

„Sp gehe denn Pu mein Büchlein, Gottes befter Segen fei ferner mit dir! Bleibe auf deinem guten Wegel Wo bleidhe Kindergefichter durch die Fenſterſcheiben fehen, da dränge dich hinein und fei jo unverfchämt als möglich. Wo du rotbadige Kinder um rotbadige Apfel Herumfpringen ſiehſt, da ſprich: Man kann ja doc) nicht wiſſen, ob’3 immer fo ift, und ftelle dich befcheiden in irgend ein Eckchen. Und wenn dann einft in fummerbollen Nächten „Batertreie, Mutterliebe” fich über dich neigen und in deine Blätter ihauen, tue dein Beftes, lehre fie das rechte Mittel finden, wenn e3 möglich ift. Und wenn fie dich ſchelten, fo Sprich: fie follten nur Geduld Haben, bald kämeſt du wieder, da Hätteft du wieder etwas Neues gelernt.

Das Buch unb feine Berfaffer. 5

„Einft beftimmt für die fernen Heidenboten und ihre Wilden, bift du nun jo viel ander? geworden, haft du dich eingebürgert im geliebten Baterlande, bift ein williger, beratender Hausfreund geworden, ein Helfer in mancher Not, hochgehalten und gejchägt bei Land⸗ und Stadtleuten, bei Schullehrern und Pfarrern, und wurbeft troß mandjer Ungebührlichleit mit großer Nachſicht auf- genommen. Möge dir die große Nachſicht auch fernerhin zuteil werden, nachdem du nun ernftliche Anftalten zu deiner Ausbildung getroffen Haft. Immer beſſer zu machen bleibe dein Zweck und immer befjer zu werden dein Wille!

Budiſſin, am Chriftabend 1845. Dr Sonftantin Hering.“

Das Bud) erfchien zuerft nur in deutfcher Sprache; e3 umfaßte nicht ganz 300 Seiten Tert in Heinem Format. Mit der Zeit wurde e3 immer umfangreicher, bis e3 ſchließlich zu dem jebigen ftattlichen Bande angewachſen war. Heute ift e3 in acht verfchiedene Sprachen überjegt und faſt über die ganze Welt verbreitet.

Sm Jahre 1902 erhielt der jebige Bearbeiter des Buches: Dr. med. homoeop. Rihard Haehl, der feine ärztliche Ausbildung an der von Hering gegründeten mediziniſchen Bildung3- ftätte erworben hat, vom Berlag den Auftrag, die deutſche Ausgabe bon Herings homöopathiſchem Hausarzt einer gründlichen Durch- ficht zu unterziehen. Aus diefer Durchficht wurde eine vollitändige Umarbeitung mit beträchtlicher Erweiterung und teilweife neuer Anordnung des Stoffes. Nur auf diefe Beile war e3 möglich, das Bud, das damals nahezu 70 Jahre alt war, für den praftifchen Gebrauch und den Geſchmack des Heutigen Leſers zu retten und genießbar zu machen. Daß diefe gründliche Umarbeitung Fein Fehlgriff geweſen ift, zeigte der reißende Abſatz, den das Buch in feiner neuen Geftalt gefunden hat. Eine weitere gründliche Über- arbeitung, unter Einfügung von annähernd 100 Drudfeiten neuen Textes erfolgte im Jahre 1918. Wa3 der urjprüngliche Hering'ſche Hausarzt Gutes, Brauchbares und Bewährtes enthalten hat, wire der Leſer aud) in der vorliegenden Auflage wiederfinden. Was geftrichen wurde, dürjte er kaum vermiffen, jedenfalß in den neu eingefügten Abjchnitten reichen Erfaß dafür finden.

Der Gebrauch des Bucher.

Das Buch wird nur dann von Nutzen fein, menn man die ge- gebenen Zorjchriften genau einhält und auch zumeilen darin Tieft, ohne daß man gerade in der Not ift. Zur leichteren Auffindung einzelner Krankheiten und Befchwerben ift vorn eine Inhalts⸗ überficht und hinten ein ausführliches Regifter angebracht.

6 Einleitung.

Der erſte Teil des Buches ift ganz der Erläuterung der Homöo⸗ pathie gewidmet. Er foll dem Leſer Gelegenheit geben, ſich in Hahnemanng Leben und Wirken zu vertiefen und die Homöo- pathie in ihren Grundzügen fennen zu lernen.

Der zweite Zeil behandelt die gewöhnlichen Urſachen der Krankheiten und gibt bei jeder die paſſendſten Mittel an. Läßt ſich mit einiger Sicherheit darauf fchließen, daß eine Diefer Urſachen der Unpäßlichkeit zugrunde liegt, jo empfiehlt es ſich zuerft aufzufchlagen, was hierüber gejagt ift; dann erft lieft man den Ab- ſchnitt über die betreffende Krankheit durch. Die Beſprechung der Krankheiten und der dagegen angezeigten Mittel, die den dritten Zeil des Buches bilden, folgt in der Ordnung, daß zuerft die des Kopfes, dann die des Haljes, der Bruft uſw. befchrieben werden. Am Schluß find noch einige allgemeine Kranfheiten aufgeführt, die in diejer Reihenfolge nicht untergebracht werden konnten.

Die Abjchnitte Über „die Wahl des homöopathiſchen Arznei- mittel3” für den einzelnen Krankheitsfall und über „das Ein- nehmen” follte man vor dem Gebrauch des Buches wiederholt durchleſen.

Erſter Teil. Einführung in die Homöopathie.

Einleitung.

Mehr al ein Jahrhundert ift verfloffen, jeit Hahnemann feine - Heillehre, die Homöopathie, der Öffentlichkeit übergab. Trotz aller Hinderniffe, die ihr von der Ärztemelt entgegengeftellt wurden, troß der zahlreichen Berjuche, fie mit Wort und Schrift zu be— kämpfen und aus der Welt zu Ichaffen, hat fie in immer meiteren Kreifen des Volkes und in aller Herren Länder Eingang gefunden. Neben Millionen begeifterter Anhänger und dankbarer Belenner, neben den nad) Taujenden zählenden homöopathiſchen Ärzten gibt e3 Heute bereit3 eine Reihe von Heil- und Lehrftätten, die von den Borzügen der Hahnemannſchen Heilmeife beredtes Zeugnis ablegen. Die Zeiten dürften aljo wohl ein- für allemal vorüber fein, in denen man e3 feiner Bildung ſchuldig zu fein glaubte, mit einem Scherziwort zur Tagesordnung übergehen zu müſſen, jobald die Sprache auf die Homöopathie fam. Aber troß der weiten VBer- breitung und troß der fteten Fortentwidlung der Homöopathie - find unter Ärzten und Laien noch fo viele Vorurteile und irrtiimliche Auffafjungen verbreitet, daß eine furze Beichreibung von Hahne- mann Leben und Wirken und eine kurze Darftellung der Grund- ——— Homöopathie an dieſer Stelle beſonders angebracht ein dürfte.

Dr. Chriſtian Friedrich Samuel Hahnemann,

der Begründer der Homöopathie, wurde am 10. April 1755 zu Meißen in Sachfen als der ältefte Sohn eine armen Porzellan maler3 geboren. Schon al Schüler zeichnete ich der lernbegierige Knabe durch Fleiß und Eifer derart aus, daß er bald zum aus- erforenen Liebling feiner Lehrer wurde. Mit 15 Jahren fam er auf Wunſch feines Vaters in eine faufmännifche Lehre. Der Drang nad) Erweiterung feiner Kenntniſſe war aber jo groß, daß er feinem Lehrherrn entlief und den Vater um die Erlaubnis zur Fortjegung des Schulbefuches beftürmte. Durch bejondere Vergünftigungen und da3 weitherzige Entgegenlommen der Lehrerſchaft wurde dem jtrebfamen jungen Hahnemann der Befuch der berühmten Fürjten- ihule in Meißen ermöglicht. Dort erwarb er fich die Grundlagen iener klaſſiſchen Bildung, die ihm in feinem |päteren Leben, be»

8 I. Einführung in bie Homöopathie.

ſonders bei feiner großen, bielfeitigen fchriftftellerifchen Tätigkeit, fo außerordentlich zuftatten fam.

Nach ehrenvoll beftandener Abgangsprufung bezog der ziwanzig- jährige Züngling im Frühjahr 1775 die Univerfität Leipzig, um fid) dem Studium der Medizin, zu der es ihn unmibderftehlich 508, zu widmen. Seine Studienjahre mögen nicht allzu freuden- reich geiwejen fein. Sein Vater hatte ihm 20 Taler mit auf den Weg gegeben. Weitere Geldunterjtügungen hat er von den Eltern nie erhalten, jo daß er fich jeinen Lebensunterhalt jelbit verdienen mußte. Durch Überfetung wiſſenſchaftlicher Werke und Erteilung bon Sprachunterricht überwand er auch diefe Schtwierigfeit.

Bom Jahre 1777 an finden mir ihn in Wien, wo jchon damals die Univerfität fi) vortrefflich ausgeſtatteter Krankenhäuſer und tüchtiger Lehrer zu erfreuen hatte. Der große Fleiß und die bor- treffliden Charaftereigenichaften de jungen Studenten machten auf den berühmten Univerfitätsprofejlor und kaiſerlichen Leibarzt . Dr Quarin fo tiefen Eindrud, daß er ihm Vergünftigungen gewährte, deren fi) vor ihm nie ein Student rühmen fonnte. Nach kurzer Friſt waren Hahnemanns geringe Erſparniſſe aufgebraudit, und er mußte fein Studium, fo ſchwer e3 ihn anfam, unterbrechen. Er nahm die Gtelle eine Sekretärs und Bibliothefard beim Statt⸗ halter von Siebenbürgen an und fam fo nad) Hermannftadt. Dort boten ihm die reichen Schäße der ihm unterftellten Bibliothek Ge- legenheit, feine Kenntniſſe zu ergänzen und zu erweitern.

Anderthalb Jahre fpäter finden wir Hahnemann als Kandidaten der Medizin auf der Univerfität Erlangen, wo er feine Studien zu Ende führte und am 10. Auguft 1779 den medizinischen Doktorgrad erwarb.

Die nächſten 10 Jahre, die dem Abjchluß der Studienjahre jolgten, waren ein reine Wanderleben. Bald finden wir ihn in einer Stadt bald in einem Dorf, bald ala Arzt bald als Chemiker und Schriftiteller tätig. Die Ausübung des ärztlichen Berufes hatte ihm mehr Enttäufchung als Befriedigung gebradit. Die Heilfunde jener Zeit befand fich in einem fo traurigen Zuftand, daß es Hahnemann gegen fein Gemifjen ging, „auf diefe Weife Mörder einer Menfchenbrüder" zu werben. SHeiltheorien, die ſich nur auf vereinzelte Beobachtungen ftüßten, perfönliche Anfichten und Aus» iprüche berühmter Arzte, die gewaltſam in Syſteme gezwängt wurden, ein Gemenge von Widerfprüchen und Aberglauben bildeten zur Zeit, aB Hahnemann ind Berufsleben trat, da3 Rüftzeug für die Ausübung des ärztlichen Berufes. Kein Wunder, daß ein jo jcharf denfender, gewiſſenhafter und zartfühlender Mann ſchließlich vom Ekel erfaßt auf die ärztliche Tätigkeit verzichtete und fih der Chemie zumandte. Pen Unterhalt für ſich und feine anſpruchsloſe Familie erwarb er durch fleißiges Uberſetzen englifcher, franzöjifcher und italienifcher Werke. Hiebei machte er 1790 die Entdedung, daß die bemährteften Heilmittel,

Hahnemanns Lebenslauf. 9

wie die Chinarinde, der Arjenik, das Duedfilber ufm. im gefunden Körper Bergiftungserfcheinungen hervorrufen, die eine auffallende Ahnlichkeit mit der Krankheit Haben, gegen die fie Heilmittel verordnet wurden. Erſt jech® Jahre jpäter, nachdem er fich von der Richtigkeit der Entdedung hinreichend überzeugt hatte, machte er den erften Ichüchternen Verſuch, feine Berufsgenoſſen zur Nach— prüfung am Krankenbett anzuregen.

Durch feine medizinischen, chemiſchen und fchriftftellerijchen Reiftungen Hatte fih Hahnemann bis dahin eines bedeutenden Anſehens unter feinen Beitgenofjen erfreuen dürfen. Der be- rühmtefte Arzt jener Zeit, Dr Hufeland, bezeichnete ihn als den „ausgezeichnetiten, geiftvolliten und originellften Arzt”. MB aber Hahnemann mit rüdficht3lofer Offenheit und unerbittlicher Schärfe die Fehler der damaligen Heilfunde aufdedte, als er gegen die verbreitete und oft lebengefährdende Unfitte des Aderlaſſes auftrat, al er die Anwendung von Abführmitteln verwarf und auf die ſchädlichen Folgen ihre Mißbrauches hinwies, und als er ichließlich gegen die jinn- und zmediwidrige Anwendung von Arznei- gemijchen Iosdonnerte, da verwandelte fich die Liebe und Ver— ehrung feiner Berufsgenoffen mit einem Schlage in unerbittlichen, leidenſchaftlichen Haß.

Sabre des Kampfes fchloffen fi) an die Veröffentlichung feiner Entdedung an, wie jie nur wenige Sterbliche durchleben mußten. Wie ein gehetted Wild zog er mit feiner Yamilie von Ort zu Ort, da der Neid feiner Gegner ihm überall den Aufenthalt zu entleiden verftand. Inmitten diefes tobenden Kampfes baute jedoch Hahnemann fein Heilfyitem immer meiter aus. Er nahm jelbft Arzneiftoffe ein und prüfte fo ihre Wirkung auf den gejunden menſchlichen Körper; er durchjuchte die Ärztliche Literatur und fammelte Beweiſe für die Richtigkeit feiner Lehre; er behandelte Kranke mit Arzneien, die an Gefunden ein dem Leiden ähnliches Krankheitsbild hervorgerufen hatten, und erzielte Erfolge, wie jie ihm nie zuvor bejchieden waren. 1810 trat er dann mit einer au3- führlihen Begründung feiner Heillehre vor die Offentlichkeit und bald darauf begann er an der Leipziger Univerfität Borlefungen über jeine aufjehenerregende Entdedung zu halten.

Leipzig wäre wahrſcheinlich aud) für immer die Stätte feiner Wirkſamkeit geblieben, wenn nicht Neid und Mifgunft der Ärzte und Apotheker es fertig gebracht hätten, daß ihm nach zehnjähriger erfolgreicher Tätigkeit da3 Selbftabgeben von Arzneien verboten wurde. Dadurch war ihm der weitere Aufenthalt in Leipzig unmöglich gemadt. Am Mlter von 66 Jahren fiedelte er 1821 nah Cöthen über, wo ihm der großmütige Herzog bon Anhalt völlige Freiheit in der Ausübung feines Heilverfahrens zugejichert Hatte.

Hahnemanns Ruf al erfolgreicher Arzt war inzwifchen weit über die Grenzen feines Heimatlandes. Hinausgedrungen, und bald

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10 I. Einführung in die Homöopathie.

war er einer ber befchäftigtften Arzte der Welt. Nicht nur aus der Umgebung fondern ſelbſt aus weiter Ferne famen die Kranken ſcharenweiſe herbei, um der Segnungen de3 neuen Heilverfahreng teilhaftig zu werden. Seinen hohen Beſchützer, den Herzog, rettete er bon ſchwerer Krankheit und wurde dafür zum Hofrat und Leibarzt ernannt. Neben diejer anftrengenden ärztlichen Tätigkeit fand Hahnemann immer noch Zeit, feine Lehre weiter zu vervolllommmen und die Ergebniffe feiner Forſchungen in zahlreichen Bänden niederzulegen.

Das Jahr 1835 bildete einen wichtigen Wendepunkt in feinem Leben. Seine treue Gemahlin, die Tochter eines Apothefers aus Deflau, mit der er 48 Jahre lang in glüdlicher Ehe gelebt, die ihm zehn Kinder geſchenkt und alle Sorgen und Entbehrungen mit bewundernswerter Hingebung mit ihm geteilt Hatte, war ihm 1830 durch den Tod entrifjen worden. Die Sorge für den Haushalt lag inzmwijchen in den Händen feiner unverheirateten Töchter, die fich alle Mühe gaben, ven Wünjchen und Gewohnheiten des zärtlich geliebten Vaters nachzuflommen. Umfo peinlidher überrafchte e3 fie, al3 der Vater ihnen Ende 1834 mitteilte, daß er fich entſchloſſen habe, wieder zu heiraten, und zwar eine feiner Patientinnen, die Söjährige Franzöſin Melanie D’Hervilly-Gohier.

Bald nach der Hochzeit, Pfingften 1835, verließ Hahnemann auf Drängen feiner Gattin Cöthen und fein Vaterland, um ſich in Paris, der Heimat feiner rau, niederzulafjen. Dort entfaltete er troß feiner 80 Jahre eine ausgedehnte ärztliche Tätigfeit. Acht Jahre jpäter, am 2. Yuli 1843 ftarb er im Alter von 88 Jahren an den Folgen eines Brondhiallatarrheg; auf dem Friedhof Pöre La Chaiſe ruhen feine Gebeine.

Hahnemanns Ruf war bereits in alle Weltteile gedrungen und Zaufende von Schülern und dankbaren Anhängern, die ihm ihre Wiedergenejung verdankten, betrauerten in vem Dahingejchiedenen ihren gefeierten Meifter und Wohltäter.

Die wiſſenſchaftliche Bedeutung Hahnemanns wird heute unter dem Einfluſſe der gegneriſchen Beſtrebungen, die Homöo- pathie totzuſchweigen, noch viel zu wenig gewürdigt. Seine herbor- ragenden Verdienſte um Chemie, Pſychiatrie und Geſundheitslehre ſind merkwürdigerweiſe in der ärztlichen Welt ſo gut wie unbekannt. Daraus erklären ſich auch die ungerechtfertigten Vorwürfe, die heute vielfach noch gegen ihn erhoben werden. Selbſt unter ſeinen Anhängern ſind ſeine bedeutenden wiſſenſchaftlichen Leiſtungen, ſoweit fie nicht mit der Entdeckung der Homöopathie zuſammen⸗ hängen, noch viel zu wenig bekannt. Die folgende furze Zuſammen⸗ ftellung von Hahnemanns PVerdienften um Chemie, Pſychiatrie, Chirurgie und Gefundheitslehre dürften wohl den bejten Maßſtab für feine wifjenfchaftlihe Bedeutung abgeben. |

An dem wiſſenſchaftlichen Ausbau der Chemie hat Hahne- mann ſchon in jungen Jahren eifrig teilgenommen. Er hat das

Die wiffenfhaftlihe Bedeutung Hahnemanns. 11

chemiſche und pharmazeutiſche Wiſſen feiner Zeit durch mwichtige Sntdedungen bereichert. Die Fachzeitichriften feiner Zeit ent- halten zahlreiche Beiträge von ihm. Schon 1784, im Alter von faum 29 Jahren, überjegte er das zweibändige Werf eines be- rühmten franzöſiſchen Chemikers und verfah es mit wertvollen Zuſätzen. Seine Zeitgenofjen bezeichneten es geradezu al ein glüdliches Creignis, daß Hahnemann, ein mit fo reichen Kenntniffen ausgeftatteter Gelehrter, die Überfegung diejer wertvollen Arbeit unternommen habe.

Einen bejonderen Ruf ala Chemiler hat er durch ein von ihm entdecktes Berfahren erlangt, fremde Beſtandteile im Wein auf- zufinden. Bis in die Mitte des lebten Jahrhunderts mar diefe jeine Entdedung in der ganzen Welt als die Hahnemannſche Wein- probe befannt. 1786 gab er ein Werk über Arjenikvergiftung herau3 und wenige Jahre ſpäter Fündigte er die Entdedung eines löslichen Duedfilberpräparates an. „Das allerwirffamfte und gelindefte Duedfilberpräparat verdankt die Chemie dem befannten und dadurch unfterbliden Hahnemann”; da3 waren die Worte, mit denen die Entdedung von den Ärzten der Damaligen Beit ent- gegengenommen wurde. Die hemijchen Fachzeitſchriften waren voll des Lobes iiber Hahnemann.

Einen faft ebenfo bedeutenden Ruf genoß er auf dem Gebiete der Pharmazie (der Arzneibereitungslehre). Sein in den Sahren 1793 bis 1799 herausgegebenes zmweibändiges Apothefer- —— ee jahrzehntelang die Richtſchnur für den deutichen

otheler.

Hahnemann war überhaupt ein Schriftfteller, deſſen Fleiß und Gelehrfamkeit uns in Erftaunen fegen. Nicht leicht hat ein Mann unter glei) ungünftigen Verhältniſſen eine ſolche Menge brauchbarer Werke veröffentlicht wie er. Abgejehen von den zahl- reichen Beiträgen, die er an Fachblätter und Tageszeitungen ein- jandte, war er der Verfaſſer von nicht weniger ala 21 Original- werfen und der Überfeßer von etwa 25 teils franzöfiihen teil engliihen teil3 italienischen Büchern. Wahrlih, ein Blid auf die Niefenarbeit, die Hahnemann als Schriftiteller vollbracht Hat, jollte allein fchon genügen, um die jpottenden Gegner zum Schweigen zu bringen!

Die Schilderung, die Hahnemann von feiner Wundbehand- lung entwirft, könnte ebenfo gut geftern erft verfaßt worden fein, fo fehr entjpricht fie den Auffaffungen der modernen Chirurgie. AB Beifpiel ſei ein Fall von Knochenfraß am Mittelfußfnochen der großen Zehe mit ftarfer Eiterung und Fiftelbildung erwähnt. „Ich ermweitere die Wunde” jo jchreibt Hahnemann „ver- binde fie etliche Tage mit Digeftiv (Berubaljampräparat), den Knochen fchabe ich rein aus und fondere das Verdorbene ab, ver- binde ihn mit Alkohol und fehe dem Erfolg zu.” Die Nachbehand- lung erfolgte unter Sublimat- und Perubalfamverbänden, kräf⸗

12 I. Einführung in die Homöopathie.

tigender Diät und innerlien Mitteln. Welcher moderne Chirurg fünnte e3 beſſer machen?

Sahnemann mar einer der erften Vorlämpfer, der für men- ihenwürdige Behandlung der Geiftesfranfen ein- trat. Turmhoch ftand er mit feiner Auffaffung, wie diefe Armften aller Kranken zu behandeln feien, über dem Durchſchnitt feiner Beitgenojjen. Mit Schreden ſehen wir, in welch tieriſch-roher, herz⸗ und gefühllojer Weiſe Geiltesfranfe noch vor Hundert Jahren miß- handelt wurden. Tollgäujer, Narrentürme und regelrechte Zucht- häujfer, die meift von Schmuß und Ungeziefer ftroßten, waren ihre einzigen Zufludhtftätten. Durch ein Loch wurde ihnen die tägliche Nahrung gereicht, vermodertes Stroh bildete gewöhnlich ihr Nacht⸗ lager. Die Tollfnechte, die die Pflege der bedauerndwerten Srren zu bejorgen Hatten, waren rohe, meift dem Trunfergebene Menfchen, deren Zuchtmittel Peitſche und Zwangsjacke waren.

Nicht viel mehr Verſtändnis hatten damal die Ärzte ſelbſt, welche mit Vorliebe efelerregende Arzneien verordneten. Wider- ipenftige und aufgeregte Kranke wurden wie wilde Tiere behandelt. Zobjüchtige wurden auf Bretter gejchnallt und in einem Drehſtuhl mit raſender Geſchwindigkeit im Kreiſe gedreht. Kurzum, Die Einrichtung einer Srrenanftalt zu Lebzeiten Hahnemanns glid) tatfächlich mehr einer Folterfammer al einem Krankenhauſe.

Da trat Hahnemann mit der ihm eigenen Entichiedenheit gegen diefe Grauſamkeiten auf und forderte eine menſchenwürdige Behand- lung für die Opfer geiftiger Umnachtung. Schon im Jahre 1792 be—⸗ handelte und heilte er einen Wahnjinnigen nad) den Grundfäßen der Menjchlichkeit. „Nie laffe ich,” ſagte er in einer feiner Schriften, „einen Wahnfinnigen mit Schlägen oder anderen fchmerzhaften förperlichen Büchtigungen beftrafen, mweil es für Unvorſätzlichkeit feine Strafe gibt und meil diefe Kranken bloß Mitleid verdienen und durch old) rauhe Behandlung immer verjchlimmert, wohl nie gebejjert werden.”

Tür den Gebildeten und für den modernen Arzt gibt es wohl faum einen beſſeren Maßftab zur Beurteilung Hahnemanng, als feine Arbeiten auf dem Gebiete der Hygiene oder Gejundheitg- pflege, dieſes Zweiges der ärztlichen Wiſſenſchaft, der fast durchweg für eine Errungenjchaft der Neuzeit gilt, und dem man zu Hahne- manns Beiten jo wenig Verſtändnis entgegenbracdhte, daß ein Mar von Pettenfofer darüber fchreiben fan: „Wa3 man früher, etwa zu Hufelands Zeiten, unter Hygiene verftand, gilt nicht mehr; die früheren Stüßen der Gejundheitslehre Haben fich in dem fcharfen analptifchen Scheidewaffer der gegenwärtigen Phyfiologie auf- gelöft, jonft ift nicht? übrig geblieben.“

Hahnemann nimmt tatjähhli eine Ausnahmeftellung als Arzt jener Zeit in allen Fragen der Hygiene ein und ift feiner Zeit um mehr al ein Jahrhundert voraus geweſen. Ylößen uns fchon feine vernünftigen und zwedentfprechenden Abhandlungen über Lüftung,

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Die Grundzfige der Homdopathie. 13

Kleidung, Bewegung, Ernährung, Hautpflege, Abhärtung und Kindererziehung Hochachtung ein, jo jeßen ung feine unübertreff- Yichen, weitblidenden Abhandlungen auf dem Gebiete der öffent- lichen Gefundheitspflege förmlich in Erjtaunen. Hier ermweilt ſich Hahnemann wirklich als Aberragender Geift und Meifter. Seine „Borfchläge zur Tilgung bösartiger Fieber” find fehr originell und Icharffinnig und dabei fo ausführlich, daß man fie getroft zur Unter- lage eines modernen Reichsſeuchengeſetzes machen könnte.

Ein ebenjo großes Verftändnig zeigt Hahnemann für die Waj- ferheillunde, die er freilich immer mit weifer Mäßigung ſowohl in feinen Schriften als auch bei der Behandlung feiner Kranken zur Geltung fommen ließ. Noch im 86. Lebensjahr ſchreibt er an Dr Schreter in Lemberg: „Ein guter Homdopathifcher Arzt hat von jeher zur rechten Zeit in geeigneten Fällen herrlichen Ge- brauch vom falten Waffer gemacht, ohne Übertreibuna, ohne Schaden damit anzurichten. Jedes an feinem Orte!“

Alle diefe Verdienſte Hahnemannz haben mit der Entdedung der Homöopathie nicht? zu tun, fie lajlen aber die Größe und Be- deutung dieſes außergewöhnlich hervorragenden Gelehrten und Arztes im hellften Lichte erfcheinen und wenn ihm nod) vor wenigen Jahren einer der grimmigjten Gegner der Homöopathie jede Fähig- teit naturwiffenfchaftliden Denkens abfpricht, fo Hat diefer damit neue den Beweis für die Wahrheit des Dichter wortes erbracht:

„Es liebt die Welt das Strahlende zu ſchwärzen Und da3 Erhab’ne in den Staub zu ziehen.“

Die Grundzüge der Homöopathie.

Das Wort „Homdopathie”, dad Hahnemann zur Bezeichnung feiner neuen Entdedung prägte, ftammt aus dem Griechiſchen und bedeutet „ähnliches Leiden”. Der Entdeder wollte damit zum Ausdrud bringen, daß das Eigenartige feiner neuen SHeillehre darin beftehe, daß Krankheiten mit ſolchen Arzneiftoffen behandelt werden, die am gefunden menjchlihen Körper ein dem Leiden des Kranken ähnliches Arzneibild hervorzubringen vermögen. Heute ‘haben die Worte „Homöopathie“ und „homöopathiſch“ bereits eine jo allgemeine Verbreitung gefunden, daß fie die Eigenſchaft als Fremdwörter längft verloren Haben. Ihre Verwendung im täg- lichen Sprachgebrauch ift freilich höchſt einfeitig. Man benüßt fie faft nur dann, wenn man irgend einem Gegenftand den Stempel unfaßbarer Kleinheit aufzudrüden ſucht.

Daß die Homöopathie nicht? anderes als ein Heilverfahren mit Hilfe Heinfter Arzneimengen fei, ift übrigens auch Heute noch ein in den mweiteften reifen des Volkes verbreiteter Irrtum. Es ift überhaupt eine leider nicht erfreuliche Tatſache, daß ſelbſt unter den Anhängern der Homöopathie die Flare Kenntnis von dem,

14 I. Einführung in die Homdopathie.

worin das eigentliche Wejen der Hahnemannſchen Heillehre beiteht, wenig verbreitet ift. Mancher ift einfach zum Anhänger geworben, weil er die Vorzüge der Hombdopathie an fi) oder an einem feiner Angehörigen erfahren Hat; um die Grundzüge und das Wefen der Homöopathie Hat er fich nie gefümmert, und gilt es dann einmal, die Lehre Hahnemannd gegen Einwürfe, die von gegneriicher Seite erhoben werden, zu verteidigen, jo fehlt dazu jede Kenntnis.

Wir bitten dringend, es möge ſich jeder Leſer unferes Buches die nadhitehenden Ausführungen (über das Wejentliche der Homöo- pathie) recht gründlich einprägen und fie immer wieder und wieder lefen. Er wird dadurch nicht nur in die Lage verjeßt werden, ge- legentlich die Homöopathie gegen die Einwürfe von Gegnern und irrtümliche Anſchauungen wirkſam zu verteidigen, ſowie ihre Bor- züge Unmiffenden gegenüber ind Licht zu ſetzen, fondern er wird bor allem für fich felbjt die in unferem Buche gegebenen Ratſchläge mit viel größerem Berftändnis befolgen fönnen.

Die Homöopathie ftügt fich auf drei unerfchütterlide Grund- pfeiler, nämlich das Ühnlichkeitögefeß, die reine Arzneimittellehre und die Gabenlehre.

1. Das Ahnlichleitsgefep.

Ale Beobachtungen, die Hahnemann über die Ähnlichkeits- wirkung bon Arzneiftoffen angeftellt, und alle Schlüffe, die er daraus gezogen hat, faßte er zufammen in die Worte: „Similia simi- libus curantur‘“, d.h. „Ähnliches wird mit Ahnlichem geheilt!” oder mit anderen Worten: die Heilung von Krankheiten erfolgt durch Arzneiftoffe, die beim Gefunden Wirkungen herbor- bringen, die der betreffenden Krankheit ähnlich find. Je mehr dieſe Urzneireize beim Gejunden mit den Erjcheinungen beim Kranfen übereinftimmen, dejto wirkſamer wird der Arzneiftoff fich im ein- zelnen Kranfheitsfalle erweifen.

Diefer ſcheinbare Widerſpruch, Durch den die damals Herrfchenden Anfichten über Wirkung und Gebrauch der Arzneimittel auf den Kopf geftellt wurden, mutet heute weit nicht mehr fo fremdartig an, nachdem auch von der Schulmedizin neuerdingd Stoffe zur Heilung von Krankheiten benübt werden, die in inniger Ahnlich- feitöbeziehung und naher Verwandtichaft zur Krankheit und ihrer Urfache ftehen. Es braucht dabei nur an die Behandlung der Diphtherie mit Diphtherieferum, der Lungenſchwindſucht mit Tuberkulin, des Wundftarrframpfes mit Tetanusferum erinnert zu werden. Zur Behandlung diefer Krankheiten bedient fich ber moderne Arzt eined Serum, dad mit Hilfe der Erreger derjelben Krankheit im Tierlörper gewonnen wird.

Suchen wir uns das Ähnlichkeitsgeſetz klarer zu machen. Be⸗ kanntlich kommen alle unmittelbar oder mittelbar dem Blute ein- berleibten Stoffe mit allen Teilen ded Organismus in Berührung,

1. Das Ahnlichkeitsgeſetz. 15

es werden aber nicht alle Teile von ihnen in gleicher Weife beein- flußt. Nicht alle Zellen, Gewebe und Organe antworten auf den bon dem Eindringling ausgehenden Reiz, jondern nur die, melde in dem befonderen Wahlverhältnis einer phyſiologiſchen Verwandt⸗ Schaft zu ihm ftehen. Eo jehen wir beijpielsweije, daß Bella- donna hauptſächlich da3 Gehirn zum Schauplatz ihrer Ein- wirkung ermählt; dad Gehirn ift jomit eines der Organe, zu dem diefer Arzneiftoff eine bejondere, e8 bevorzugende Verwandtſchaft bat; während eine unabjehbare Menge anderer Arzneiftojfe das Gehirn wenig oder gar nicht beeinfluffen. So fehen mir, daß Cactus und Spigelia bejonder3 auf das Herz einwirken, daß Sepia und Pulsatilla befondere Beziehungen zur Gebär- mutter haben, vaß Cantharis und Terebinthina haupt- fächlich die Harnorgane beeinfluffen ufw. Kurzum allen Xrznei- ſtoffen ift ein ganz beftimmter und umgrenzter Wirkungskreis eigen. Dabei ift e8 gleichgültig, auf welchem Weg der Arzneiftoff in den Körper gelangt, ob durd) den Mund, ob durch die Haut in Form von Einreibungen, ob unter die Haut dur Einſpritzungen oder in den Darm al Kliftiere, immer wird fich die Wirkung in gejeglich beftimmter Weife vollziehen und in mehr oder meniger ftetigem Bilde beobachtet werden können. Belladonna, in ſtarken Gaben dem Körper einverleibt, wird ftet3 und immer wieder auf da3 Gehirn einwirken und eine Art von Blutüberfüllung her- borrufen, das Duedjilber wird entzündliche Neizerfcheinungen in der Schleimhaut der Mundhöhle erzeugen, der Phosphor Knochen⸗ fraß am Unterkiefer bewirfen. So bejigt jeder Arzueiftoff die Tähigfeit, das phyſiologiſche Gleichgewicht de3 Körpers aufzuheben und beftimmte Gefundheitsftörungen herborzurufen. Dan bezeichnet dies als den pathogenetifchen oder Frankheitserzeugenden Wirkungskreis eines Arzneimittel.

Durch jahrelanges unermüdliches Forſchen inder Kiteratur, durch eingehende Erforſchung der Arzneifräfte am Gefunden und durch langjährige Beobachtungen und reiche Erfahrungen am Sranfenbett hat Hahnemann den Nachweis erbracht, daß allen Frankheiterzeu- genden Arzneiftoffen die Fähigkeit innewohnt, Krankheitserſchein⸗ ungen zu heilen, die denen ähnlich find, die fie am gefunden Kör per hervorrufen.

Da die Art und Weiſe, wie Hahnemann zu der Entdeckung des Ahnlichkeitsgeſetzes geführt wurde, nicht allgemein bekannt ſein bürfte, wollen wir etwas näher darauf eingehen.

Im Sahre 1790 war er mit der Überfegung von Cullens Arznei- mittellehre befchäftigt. Die darin gegebene Crflärung bon der Ipezifiichen Wirkung der Chinarinde gegen Wechielfieber jchien ihm in höchftem Grade unbefriedigend. Verſuchsweiſe nahm er eine größere Gabe des Mittel ein und erkrankte zu feinem Erftaunen an wechjelfieberartigen Erjcheinungen. Dies war der erfte Anftoß, der zur Entdedung des Ahnlichkeitsgeſetzes geführt hat. Inzwiſchen

16 I. Einführung in die Homöopathie.

ift es millionenfach durch Taufende gemiffenhafter Arzte geprüft und immer wieder als durchaus richtig und zuverläſſig anerkannt worden. Hahnemann fuchte den Heilungsvorgang (vgl. Organon 5. Aufl.) nad) dem Ahnlichkeitsgeſetz jo zu erklären, daß das ähnlich wirfende Mittel die Lebenskraft anrege, wodurch die Krankheit leichter über- wunden werden könne. Die Trage, ob dieſer Erflärungsverfud) richtig ift oder nicht, ſpielt feine erhebliche Rolle, die Hauptjache tft und bleibt, daß Kern und Wefen der Homöopathie taufend- und millionenfach durch Erfahrungen am Sranfenbett erprobt und betätigt morden find. Übrigens hat Hahnemann felbft ausdrücklich hervorgehoben, daß er jeinem Erflärungsverjuche fein befonderes Gewicht beilege. Eine in jeder Hinficht befriedigende Erklärung für den Heilvorgang nad) dem Ahnlichkeitsgeſetz gibt es auch heute nod) nicht. Um meiften dürfte vielleicht noch der folgende Erflärungs- verfuch befriedigen, weil er unferer heutigen Auffaffung vom natürlichen Heilbejtreben des Körpers entipricht: Alle Kranfheits- eriheinungen jind als mehr oder weniger Fräftige Abwehrbeſtre—⸗ bungen des Körpers gegen bejtimmte Krankheitsurſachen aufzu- jfaffen. Da das homöopathiſche Arzneimittel in ähnlicher Weije wirkt, jo unterftüßt e3 diefe Abrbehrbeftrebungen und bejchleunigt damit die Heilung. Aber auch diefer Erflärung meſſen wir feine große Bedeutung bei. Die Homöopathie ift eine Heilfunft, die auf den praftifchen Verſuch gegründet ift, und wer ein ernftliches Urteil über da3 Ühnlichleitögejeß gewinnen will, dem bleibt fein anderer Weg, al vorurteilßfreie Verſuche am Krankenbette anzuftellen.

2. Die homöopathiſche Arzneimittellehre.

Der zweite Grundpfeiler der Homöopathie ift die homöo— pathifhe Argneimittellehre, d. h. die Prüfung der Arznei- wirfung am Gefunden. Will man einen Arzneiftoff nach dem Ahn- lichfeitögejeß verordnien, jo müfjen zuerft feine Wirkungen auf den gefunden menjchlichen Körper befannt fein. Won einigen wenigen zu Hahnemannd Zeiten gebräuchlicden Arzneien, wie XArfenif, Dpium, Quedjilber uſw., war die aus der Vergiftungslehre ber der Fall. Im übrigen lag aber die Kenntnis der Arzneimwirfungen noch fehr im argen. Die Heilfunde befand fich zur Zeit Hahne- mann auf einem bedauerlichen Tiefjtand. Arzneigemifche, bei denen Dubende von Arzneiftoffen willkürlich und planlog zu einem Arzneitranf vereinigt waren, bildeten die gebräuchlichſte Art der damaligen Arzneiverordnung. Kein Wunder, daß Hahnemann feine Berufsgenoffen aufforderte, „fid) von den Seichtheiten, Unbeftimmt- heiten, Weibermärchen und Unmahrbheiten der Erzväter der Arznei- mittellehre loszumachen und da8 Joch der Unmifjenheit und des Aberglaubens abzujchütteln”.

Was Hahnemann auf dem Gebiete der Arzneimittellehre vor⸗ fand, war für feine Bmede gänzlich unbrauchbar. Wollte er das

2. Die Homdopathifche Urzneimittellehre. 17

bon ihm entdedte Heilgefeg weiter verfolgen, jo blieb ihm nichts anderes übrig, al3 jeden einzelnen Arzneiftoff auf feinen eigenen Körper einwirken zu lafjen, um fo feine Beziehungen und Eigen- ſchaften zum gefunden menfhlihen Organismus zu ergründen. Das war nun freilich eine Aufgabe von folch gemwaltigem Umfang, daß wohl die Mehrzahl der Gelehrten davor zurüdgefchredt wäre. Hahnemann ging aber and Werk und zwar mit einer Liebe und Be- harrlichfeit, die ung heute noch in Erſtaunen jet. Schon nad) einem Zeitraum von 15 Sahren fonnte er die arzneilichen Eigenjchaften bon 27 Arzneiftoffen, die er an ſich und den Geinigen geprüft hatte, der Öffentlichkeit übergeben. Bei diefen Prüfungen fand Hahnemann immer neue Bejtätigungen für die Richtigkeit feiner Heillehre. Mittel, die er bis dahin als „Spezififa” zu verordnen war, von denen er genau wußte, daß ſie ſich bei ganz eſtimmten Krankheitszuſtänden als heilkräftig erwieſen, brachten bei der Prüfung am geſunden Menſchen Arzneiwirkungen hervor, die hr auffallende Ahnlichkeit mit den von ihnen geheilten Buftänden atten.

Hahnemann Hat einen großen Zeil feines fegensreichen Lebens der Prüfung von Arzneien gewidmet, fo daß er feinen Nachfolgern koſtbares Vermächtnis die Befchreibung von Hundert verjchiedenen Arzneiftoffen Hinterlaffen fonnte, die er an fi) und feinen Schülern geprüft hatte, eine Leiftung, die in der ganzen Gefchichte der Medizin fein Gegenjtüd aufzumeijen hat.

&3 ift nun allerdings nicht zu leugnen, daß Hahnemanns Prü- fung3ergebriffe nicht alle gleich wertvoll find. Die beften find zweifellos die zuerſt veröffentlichten, weil fie ausschließlich aus Symptomen bejtehen, die am Gefunden beobachtet wurden. In feiner legten Lebensperiode ift er infofern von feinem urjprüng- lichen Plane abgewichen, aB er auch Beobadhtungen, die an Kranken gemacht worden waren, in die Prüfungsergebnifje auf- genommen hat. Daß ſich dabei mandherlei Mängel, mandje Un- genauigfeiten und Fehler mit eingefchlichen haben, ift wohl ver- ſtändlich. Hahnemanns Nachfolger faßten denn aud) bald nach dem Tode ihres Meifter den Entjchluß, durch forgfältige Nachprüfungen Tehlendes zu ergänzen, Überflüffiges zu ftreihen und Wichtiges hervorzuheben. Im Grunde genommen haben aber alle dieje Nach⸗ prüfungen, die im Geifte der neuzeitlichen Wiffenjchaft bis zum heutigen Tage fortgejegt werden, die Zuverläfjigfeit der bon Hahnemann gejchaffenen Arzneimittellehre nur beitätigen können.

Die Wirkungen eines Arzneiftoffes auf den gefunden menſchlichen Körper werden ermittelt, indem man ihn bon einer Anzahl von Berfuchsperfonen bald in Hleineren, bald in größeren Gaben einnehmen läßt und zwar fo lange, bi3 fich deut-

iche Arzneireize bemerkbar machen. Es ift wichtig, daß ſich an einer folhen Arzneiprüfung möglichft viele Perfonen beteiligen, die nach Alter, Gejchlecht, Temperament, Charafter, Lebenzftellung und

Hering-Dachl 8%, 2

18 I, Einführung in die Homöopathie.

Lebensgewohnheit verfchieden find, und die über die ganze Dauer der Prüfung ihre üblichen Lebensgewohnbeiten beibehalten. Daß dabei nur Perfonen in Frage fommen fönnen, die ſich einer vol ftändigen förperlichen und geiftigen Gejundheit erfreuen, bedarf wohl faum einer befonderen Erwähnung. Nachdem die Verſuchs⸗ perjonen fich eine Zeitlang beobachtet haben, beginnen fie mit dem Einnehmen des Arzneiftoffes, dejien Name ihnen über die Dauer der Verſuchszeit unbelannt bleiben muß. Die auftretenden Be— ſchwerden und Symptome werden genau nad) der Reihenfolge, in der fie bemerkt werden, aufgejchrieben. Ale Kunft- und Fach⸗ ausdrüde find hiebei möglichjt zu vermeiden. Nach Abjchluß einer Prüfung werden die gemachten Beobachtungen jorgfältig verglichen und die Wirkungen des Arzneimittel zufammengeftellt. Fehler und Ungenauigfeiten müſſen natürlich durch forgfältige Anordnung und Vorbereitung der Verſuche nach Möglichkeit ausgefchaltet werden.

Nicht alle Menſchen eignen fich glei) gut zu diefen Arznei- prüfungen. Es ift merfmwürdig, wie raſch und ausgiebig einzelne Prüfer ſchon von Fleinen Mengen der Arznei beeinflußt werden, während andere felbft von ftarfen Gaben nahezu unberührt bleiben. Uber gerade die nach Heinen Gaben beobachteten Erſcheinungen haben fich in der Praris oft a die wertvolliten erwieſen.

Man hat die Homdopathiiche Arzneimittellehre Häufig wegen ihrer zahlreichen, verfchiedenartigen und oft jo merkwürdigen Symptome verjpottet. Dazu hat man bei näherer Betrachtung fein Recht. Manches Prüfungsſymptom, das mit dem übrigen Urzneibild jcheinbar feinerlei Zuſammenhang hat, fand [päter durch zufällige Vergiftungen oder Tierverſuche feine Rechtfertigung. Übrigend merden aud) bei Krankheiten zahlreihe Symptome beobaditet, die troß aller Yortfchritte der Heilfunde mit den heutigen Hilfsmitteln der Wiffenfchaft nicht zu erflären find, obwohl jie dem ganzen Krankheitsbild zumeilen ein eigenes Gepräge verleihen. Es ift biß heute 3. B. noch) unaufgeflärt, warum der eine Rheumatiker Verſchlimmerung, der andere Beſſerung feiner Beſchwerden bei Bewegung verfpürt. Sicher wird die Zeit einmal fommen, in der ſolche merfwürdigen Unterfchiede ihre Erflärung finden. Vorerſt müffen wir ung aber einfady mit der Tatjache abfinden, daß es fo ift. Als De dürfen wir jedenfalls froh darüber fein, daß wir mit Hilfe unjerer hHomdopathifchen Arzneimittellehre im- ftande find, folch eigenartige Krankheitsſymptome zu heilen, indem wir Arzneimittel verordnen, die ähnliche merfmwürdige und eigen- artige Erfcheinungen am gefunden Menjchen hervorgerufen haben.

Bei Arzneiprüfungen merden übrigend in neuerer Zeit gleichzeitig‘ neben den Verſuchen am gefunden Menſchen ſtets auch Verſuche an Tieren angeftellt. Hier werden bie Gaben de3 Arzneiftoffes immer ftärfer und ftärfer bemefjen und oft bis zur mirflicden, zum Tode führenden Vergiftung ge— fteigert. Die dabei zutage tretenden Wirkungen auf Organe,

3. Die Fomdopathifche Gabenlehre. 19

Bellen und Gewebe geben und häufig Auffchluß über Bedeutung und Bufammenhang einzelner Prüfungsiymptome.

Wer übrigens den Wert der homöopathiſchen Arzneimittellehre anzmweifelt, dem bleibt es völlig unbenommen, Verſuche an ſich felbft anzujftellen. Dazu ift vielleicht fein Arzneiftoff beffer ge- eignet al3 die gewöhnliche Zwiebel. Schon beim Schälen und Berfchneiden ruft fie gewiſſe en hervor, die an Er- fältung und Schnupfen erinnern, wie Tränen der Augen, ber- mehrte Schleimabfonderung aus der Naſe, Niefen u. dgl. Nimmt man bon der homöopathiſchen Zwiebeltinktur (Allium cepa), wie ſie in jeder homöopathiſchen Apothefe vorrätig gehalten wird, 2—3 mal täglich einen Saffeelöffel voll in etwas Waſſer ein- ar ein, jo wird man finden, daß alle ſchon beim Scälen

eobadhteten Bejchwerden hervorgerufen werden, nur noch etwas

fräftiger und ausgeprägter. Man wird neben anderen Begleit- erjcheinungen noch die eigentümliche Wahrnehmung machen, da der herborgerufene Schnupfen und Huften im Freien befjer, im warmen immer fchlimmer werden.

Hat man ſich nun eined Tages einen flarfen Schnupfen zu- gezogen, der mit Tränen der Augen, reichlicher Schleimabjonderung aus der Nafe, Häufigem Niefen, Kopfmweh u. dgl. verbunden ift und find alle dieje Beſchwerden befjer im Freien, jchlimmer im er- wärmten Raume, fo wird man mit demfelben Arzneiftoff (Allium cepa) in 3.—6. oder 12. Verdünnung, ftündlid) 3 Tropfen, eine überrafchend jchnelle Heilung erzielen.

Wer übrigens ſelbſt einmal an Arzneiprüfungen teilgenommen bat, wer aus eigener Erfahrung die mühevolle Arbeit fennt, die mit der Prüfung eines einzigen Arzneiftoffes verbunden ift von den Beichwerden und Unannehmlichkeiten während der Prüfungs- periode ganz zu ſchweigen der wird Hahnemanns Verdienfte um die hHomdopathifche Arzneimittellehre erft in ihrem ganzen Um⸗ fange zu würdigen vermögen. Wa3 und zu unauslöſchlichem Dante gegen Hahnemann verpflichtet, das ijt, daß er ung nicht allein den wahren Weg zur Erforfchung der Urzneifräfte gewiejen hat, jondern daß er jelbjt ein Leben lang in vorbildlider Weife mit feinem eigenen Körper an den Arzneiprüfungen teilgenommen hat.

Und nun zum dritten SHauptpfeiler der Homöopathie, zur homdopathifchen Gabenlehre,

d. h. zur Lehre von der Bemefjung der Arzneimenge für den einzelnen Srankfheitsfall. Bon allen Grundſätzen Hahnemanns ift feiner jo oft Gegenftand höhnenden Spotte3 gemwefen und feiner tft jo oft zum Angriffspunft von unfern Gegnern augerlefen worden wie die homdopathiſche Gabenlehre. Die Gegner glaubten, die anze Hahnemannjche Heilmeife fiber den Haufen werfen zu können, em fie die Kleinheit der Homöopathifchen Arzneigaben ing Lächer⸗

20 J. Einführung in die Homöopathie.

liche zogen, und fie bemerften dabei nicht, daß fie das Opfer einer unverzeihlichen Begriffspermwirrung geworden waren. Denn Kern und Wefen der Homdopathbie beruht nit auf der Gabenfrage, fondern auf dem Ahnlichkeitsgeſetz und der homöopathiſchen —— Hahne⸗ mann hat noch jahrelang nach Entdeckung des Ahnlichkeitsgeſetzes die Arzneimittel in großen Gaben verabfolgt und die Wahrheit der Homöopathie Hatte bereit ihre Beltätigung am Krankenbett gefunden, ehe noch von einer homdopathifchen Gabenfrage die Nede mar oder fein fonnte.

Die homödopathiſche Gabenlehre ift ganz allmählich durd) zahlreiche Beobachtungen und Erfahrungen am Krankenbette ent- ftanden. Es konnte einem jo audgezeichneten und jcharfjinnigen Beobachter wie Hahnemann nicht entgehen, daß franfe Gewebe und Organe gegen Arzneireize viel empfänglicher ſind als gejunde und daß daher Arzneimittel, die nad) dem Geſetze der Ähnlichkeit in den damals gebräudjlihen Arzneigaben verordnet wurden, zuerſt fajt immer eine Steigerung der Beſchwerden herporriefen. Bereit? im Jahre 1797 jchildert er die Behandlung eines Schrift- jeßer3, der an Kolif litt und dem er Veratrum album in 4 Rulbern zu je 4 Gran verordnet hatte mit der Weifung, jeden Morgen ein Pulver zu nehmen. Der Kranke wollte aber möglicht Schnell gefund werden und nahm jeden Tag 2 Pulver, worauf „die fünftliche Nerventolif”, wie Hahnemann fie nennt, ſich jo fteigerte, daß der Kranke fat daran ftarb. Gleich darauf trat aber dauernde Heilung ein.

Bahlreiche derartige Beobachtungen veranlaßten Hahnemann, die Arzneimengen immer mehr zu verfleinern. Da aber eine gleid)- mäßige Berteilung diefer faum noch faßbaren Arzneimengen außer- ordentlich ſchwierig war, fam er auf den ausgezeichneten Gedanken, den Arzneiftoff mit einem nicht arzneilichen Stoffe zu verdünnen. Schon 1799 verdünnte er 1 Gran Arznei mit 500 Gran Weingeift. Erſt mehrere Jahre Später begann er dann die VBerdünnungen in beftimmten Verhältniſſen planmäßig durchzuführen, indem er einen Teil Arzneiftoff mit 99 Teilen Weingeift verjchüttelte und dies al die erfte Verdünnung bezeichnete. Ein Teil dieſer erften Verdünnung mit 99 Teilen Weingeift verjchüttelt war feine zweite Verdünnung uſw. An Stelle diefer Zentefimalverdün- nungen (1:99) find heute faft durchweg Dezimalverdünnungen (1:9) im Gebrauch. (Genauere Angaben hierüber findet man in einem ſpäteren Abjchnitt über „Bereitung und Aufbewahrung homöopathijcher Arzneimittel" © 29 ff.).

Hahnemann fuchte alfo einfach die Arzneiftoffe jo weit abzu- ſchwächen, daß fie ihren Zweck als Heilmittel erfüllten, ohne die tiblen Erfeheinungen der Prüfungsbilder herborzubringen. Dabei konnte er zu feiner eigenen Überraſchung beobadıten, daß die Wir- fung der Arzneien gar nicht immer im Berhältnig zur Menge

3. Die Eomöopathifche Gabenlehre. 21

ſtand, ſondern daß fie ſich im verdünnten Zuſtand oft noch auf- nahmefähiger und wirkſamer erwieſen als im Urſtoff. Manche Stoffe wie Kieſelſäure (Silicea), Bärlappſamen (Lycopo- dium), Holzkohle Carbo vegetabilis) uſw., die im rohen Buftand gar feine oder doch nur geringe arzneiliche Eigenjchaften befigen, wurden erjt Durch diefen Verdünnungs⸗ und Berfeinerungs- borgang zu wirkſamen Arzneimitteln. Dieſe merkwürdige Be— obachtung, die eine Kraftentfaltung bedeutet, veranlaßte Hahne- mann, feine Verdünnungen und Berreibungen fpäter als „PBo- tenzen” (Sraftentwidlungen) zu bezeichnen.

Daß fo ftark verdünnte Arzneien, bei denen jede Wäg- und Meßbarkeit aufgehört Hatte und weder Geſichts- noch Geruchd- nod) Geſchmacksſinn dad VBorhandenfein von Stoff mehr erfennen ließ, noch wirkſame Heilmittel fein follten, war für die damalige

it etwas fo Unfaßbares, daß man Hahnemanns Behauptun

zerhand für Unfinn erklärte. Heute wird es ein gebildeter Menſ faum noch wagen dürfen, die Wirffamfeit von Arzneimengen, wie fie unfere niederen homöopathiſchen Verdünnungen enthalten, in Bmeifel zu ziehen, denn gerade neuzeitliche Forſchungen haben erbrüdende Beweiſe für die ungeheure Teilbarfeit der Stoffe und die Wirkſamkeit Heinfter Arzneigaben erbracht.

Eine fo winzige Menge wie 1 Gran (= 6 Bentigramm) Karmin ann in 2 Milliarden Teile geteilt werden und ift dann noch immer für das unbemwaffnete Auge deutlich fichtbar; diefe Verteilung entfpricht einer 9. homöopathiſchen Dezimalpotenz. Arzneimittel wie Arjenif, Jod, Bleioryd, Blaufäure u. a. laſſen fi) noch in der 6. Dezimalpotenz auf chemifhem Wege nachweifen. Bei Höllenftein (Argentumnitricum) fann man durch chemifche Reaktion. die in der 4. Verdünnung enthaltene Menge des urjprüng- lichen Arzneiftoffes noch mit größter Genauigkeit feftitellen.

Schlagende Beweiſe für da3 ftofflihe Vorhandenfein bon Arzneifubftang in Homöopathifchen Verdünnungen hat ung aud) die Speltralanalyfe geliefert, durd) die man einzelne Arznei- förper in 5., 6. und fogar in 7. Dezimalverdünnung nod) deutlich zu erfennen bermag.

Ebenfo ift mit Hilfe des Mikroſkopes der Nachweis gelungen, daß homöopathifche Verreibungen noch in der 6., ja felbit in der 10. und 14. Verdünnungsſtufe Teile des Urftoffes in feinfter Ver⸗ teilung enthalten. Kupfer 3. B. zeigt in der 6., Eifen in der 8., Blatin, Gold, Silber und Quedfilber in der 10., Carbo vege- tabilis in der 13. und da3 gefällte Zinn fogar in der 14. Dezi- malverreibung noch deutlich ſichtbare Stoffteile.

Wo und Chemie und Phyſik im Stiche laffen, da belehrt ung oft nod) der Geruchfinn über dad Vorhandenfein feiniter unwäg⸗ barer Arzneiteildhen. Profefjor Doyle ließ einft 1 Gran (= 6 Benti- gramm) Mofchus 20 Jahre lang in einem Zimmer auf einer Wage

22 I, Einführung in die Homöopathie.

liegen. Das Moſchuskörnchen hatte nach diefer langen Beit nicht das mindefte an feinem Gewicht eingebüßt, obmohl e3 das Bimmer mit unzähligen Millionen feiner Duftteildden erfüllte. Diefe nicht einmal wägbaren Mofchusmengen wirkten aber felbft in einer atmo- Iphärifchen Verdünnung noch krankmachend auf verfchiedene Per⸗ jonen ein. Faſt die Hälfte aller Leute, die fich auch nur vorüber- gehend in dieſem Verſuchszimmer aufhielten, wurden gefund- heitlich angegriffen.

Läßt man ein Gläschen der 3. Verdünnung von Chamo- milla über Nacht offen ftehen, fo wird man am nädjften Morgen beim Eintritt in das Zimmer deutlich den Kamillengeruch erfennen.

Die chemiſchen und phyſikaliſchen Eigenjchaften eines Arznei- ftoffe3 find aber für feine Wirffamkeit gar nicht maßgebend. Eine ganze Neihe von Giften bringt in Verdüinnungen, in denen fie weder chemijch noch phyſikaliſch mehr nachgemwiefen werden fönnen, am menjhlichen und tieriihen Organismus Funktionsſtörungen hervor, daß man an der Wirffamleit diefer hochverdünnten Stoffe nicht zweifeln kann. Ein Tropfen einer Atropinlöfung, der Y 0ooood Atropin gleichfommt, bringt noch eine Pupillenermweite- rung zuftande, obgleich von diefem Tropfen kaum der 50. Teil zur Auffaugung gelangt. Mit Eserinum erzielte man noch in der 6. Pezimalpotenz Pupillenverfleinerung bei Kaninchen und Meerfchweinchen. Strychnin und Curarin beeinfluffen aud in außerordentlich hohen Verdünnungen Rüdenmarf und Nerven- endigungen bei lebenden Fröſchen. Zuberkulin bringt noch in Gaben von Y,oo0000 Gramm deutliche Wirkungen beim Menjchen hervor; der Nebennierenertraft (Adrenalin) e fogar in Gaben bon Yrooooo Gramm noch giftige Eigenfchaften. Und wie un- endlich flein ſind erft die Nadiummengen, die bei ungenügender Gorgfalt oft noch gefahrliche Störungen und Zerſtörungen im Kör per hervorrufen

Nun wird man und entgegenhalten: Alle dieſe hochverdiinnten Gifte bringen noch phyſiologiſche Gegenwirkungen am menſchlichen oder tierifchen Körper hervor, homöopathiſche Verdünnungen er- mweifen ſich aber beim Gefunden als völlig wirkungslos. Iſt eg doch Schon vorgefommen, daß unbeauffichtigte Kinder ein ganzes Arznei- glas Homdopathifcher Arznei auf einmal austranfen, ja jogar ganze homöopathiihe Hausapothefen leerten, ohne ernftlichen Schaden Davonzutragen. Darauf ift zu erwidern, daß bon unferer Seite niemal3 behauptet wurde, daß homöopathiſche Arzneimittel in höherer Verdünnung phyſiologiſche Reaktionen am gefunden Körper hervorrufen müßten, obgleich e& nicht wenige empfindliche Perſonen gibt, die auch im gefunden Zuftand die Wirkung fein berdünnter homöopathiſcher Arzneipotenzen deutlich verjpüren. Profeſſor Imbert Gourbeyre konnte an einer Reihe von Verjuchen nachweifen, daß Arſenik bei befonderd empfindlichen Perjonen noch in der 7. Verdünnung Hautausſchläge und Brenngefühl in

3. Die homdopathiſche Gabenlehre. 23

den Augen herborruft; und der belannte Militärarzt Dr von Grau- bogl, deſſen Glaubmwürdigfeit jeden Zweifel ausfchließt, hat bei Verſuchen an fich felbft mit Arzneien wie Arsenicum, Thuja u. a. in höheren Verdünnungen noch deutliche und charalteriftifche Arzneiwirfungen beobachtet.

Sm übrigen find unfere hHomdopathifhen Arznei- berdünnungen gar nicht für geſunde Menſchen beftimmt, fondern für Kranke, aljo für Leute, bei denen infolge des Krank⸗ ſeins gewiſſe Organe, Gewebe und Zellen für Arzneireize viel empfänglicher geworden find. „Wie fehr jich die Empfindlichkeit des Körpers gegen Arzneireize in Krankheiten erhöht," ſagt Hahne- mann, „hievon hat nur der genaue Beobachter einen Begriff. Sie überfteigt allen Glauben, wenn die Krankheit einen hohen Grad erreicht hat.” Dieſe gefteigerte Empfindlichkeit des Franken Organis⸗ mus gegen Arzneireize kann heute auch von der Schulmedizin nicht mehr geleugnet werden, denn darauf gründet jich ja eine ihrer neueften Errungenfchaften: die zu diagnoftiichen Zwecken fo viel benütte Tuberfulinrealtion. Stark verdünntes Tuberkulin in die Haut eingeimpft wird bei Leuten, die zu Tuberkuloſe neigen, deutliche Reaktionserſcheinungen auslöſen, während es bei geſunden Menſchen vollſtändig wirkungslos bleibt.

Wer Übrigens die Geſchichte des Tuberkulins während ber legten drei Sahrzehnte verfolgt hat, muß zur Einficht kommen, daß die Homöopathifche Gabenlehre nicht? weniger als Spott oder Hohn verdient. Als einft der Entdeder des Zuberfelbazillus, der gefeierte Bakteriologe Profeſſor Dr Robert Koch, die Einfprigun einer Lymphe als Heilmittel gegen Lungenfchwindfucht empfahl, die er mit Hilfe von QTuberfelbazillen am Tierförper gewonnen hatte, Häuften fi) unter den damals benützten Tuberkulin⸗ mengen bie Todesfälle derart, daß die Regierungen mehrerer Ränder die weitere Anwendung dieſes gefährlichen Giftes verboten. Mehrere Jahre jpäter begannen die Schüler Kochs neue Berfuche damit anzuftellen, ſchwächten aber das Zuberkulin, deſſen Gaben ſchon zu Kochs Beiten für ſehr Hein gegolten Hatten, erheblid) ab und machten dabei die Wahrnehmung, daß mit jeder meiteren Verdünnung die Bahl der Heilungen zunahm, während die ge- fürchteten Verſchlimmerungen und üblen Zufälle ſich immer feltener einftellten. Schließlich wurden die Tuberfulinmengen jo unmwänbar Hein (bis zur 9. oder 10. Dez.), daß fein anderer Ausweg blieb, als den NArzneiftoff nad) Hahnemanns Verdunnungsverfahren im Berhältnis von 1:9 zu „potenzieren”.

Iſt es nicht eine merkwürdige Tatſache, daß Hier ein Giftftoff, der in enger Wahlverwandtjchaft zur Krankheit jteht, in der Hand ichulmwiffenfchaftlicher Arzte erft dann zum wirffamen Heilmittel wurde, aB er nad) Hahnemanns vielverjpotteten Vorſchriften verdünnt und in Fleinen „homöopathiſchen“ Gaben dem Kranken einverleibt wurde?

24 I, Einführung in die Homöopathie.

Es fällt und heute in ver Tat nicht ſchwer, aus dem Lager unferer Gegner zahlreiche Beweiſe zu erbringen für die Wirffamfeit von Urzneimengen, die mit unfern niederen homdöopathifchen Ber- diinnungen übereinftimmen. Sein Arzt zweifelt z. B. an der Wirk- famfeit de3 arfenifhaltigen Levikowaſſers, troßdem e3 Arſenik nur in einer Menge enthält, die etwa unferer 4. homöopathifchen Arzneipotenz entjpricht.

Wie fteht es nun aber um die mittleren und hohen Potenzen, bei denen felbit die feinften Unterfuchungömethoden feinen Beweis für das PVorhandenfein von Stoff zu erbringen vermögen? Diefe Frage hat vielleicht öfter als jede andere die Gemüter der homöopathifchen Ärzte in Aufregung gebracht und zu vielen unlieb- ſamen GStreitereien in Verjammlungen, Beitjchriften und Büchern geführt. Zunächſt ift gar nicht fo einfad) zu fagen, wa3 man unter hohen Potenzen verfteht. Arzte, die ſich ausſchließlich niederer Berdünnungen bedienen, werden vielleicht fchon die 30. ala eine hohe Potenz betrachten, während die wirklichen Hochpotenzler noch die 200. für nieder halten und ſich bis zur jchwindelhaften Höhe einer Hunderttaufendften und millionften Verdünnung ber- fteigen.. Da in folden Hochpotenzen vom VBorhandenjein bon Urzneiftoffen kaum noch die Rede fein kann, fo behaupten fie, daß die Kraft nicht an den Stoff gebunden fei und daß von einer be- ftimmten Verdünnungzftufe ab die Arzneifraft auf den Weingeift oder Milchzuder übergehe.

Die einzigen Bemeismittel, die bisher zugunften der Hoch⸗ potenzen beigebracht werden fonnten, waren Erfolge am Kranken⸗ bette. Diefe zu bezweifeln haben wir nicht das geringfte Recht, daß aber dabei auch Irrtümer und Selbſttäuſchungen mit unter- laufen fönnen, darf unter feinen Umftänden außer acht gelafjen werden. Auch foll nicht unerwähnt bleiben, daß viele augfchließ- lichen Hochpotenzler nicht immer diejenige Selbitkritif üben, die bei wiſſenſchaftlichen Beobachtungen ſtets notwendig if. Gegen die Hochpotenzen jpricht jedenfalls fchon der äußere Umftand, daß zu Herftellung außerordentlich viel Zeit und eine ungeheure

nge von Berdünnungsftoff notwendig iſt und daß fie fich jeder Nachprüfung in Bezug auf Sorafalt und Zuverläfftgfeit in der Her- stellung entziehen. Außerdem find die Beweife, daß mit foldhen Hochpotenzen tatfächlich größere Erfolge erzielt werden können al mit niederen (d. H. der erjten bis dreißigften), für die meiften homöopathiſchen Arzte nicht überzeugend genug; da zudem bei einer 30. Potenz von Arzneiverfchlimmerungen faum mehr die Rede fein kann, hält e8 die Mehrzahl der Homdopathifchen Arzte für überflüffig, bei ihren Verordnungen im allgemeinen über die 30. Potenz Hinauszugehen.

Solange übrigens die Gabenfrage nicht zu einem alljeitig be- friedigenden Abſchluß gelangt ift, gibt e8 für den einzelnen homöo⸗ pathiſchen Arzt feinen befjeren Standpuntt, als fich auf feine eigenen

Bergleihende Statiſtik. 25

Erfahrungen zu ftüßen, und fid) von Anfang an die ganze Stufen- leiter hbomöopathifcher Verdünnungen offen zu halten. Nur auf dem unerjchütterlihen und untrüglichen Grunde der Erfolge und Srfahrungen am Kranfenbette läßt fich der Streit fchlichten, in welchen Verdünnungsſtufen unfere Homöopathifchen Arzneimittel am wirffamften find. Sedenfall3 bildet die Frage der Arzneigabe für den einzelnen Arzt nicht das geringfte Hindernis, ein tüchtiger und wahrhafter Jünger Hahnemanns und der Homöopathie zu fein. Die Hauptjache ift ftet3, daß er bei Verordnung feiner Arzneien dem Ahnlichkeitsgeſetz treu bleibt, bei der Bemeſſung der Arzneimenge für den einzelnen Fall aber feine Erfahrung mitjprechen läßt.

Bergleihende Statiftit.

Wir haben wiederholt hervorgehoben, daß der beite Beweis für die Borzüge der Homöopathie die Erfolge jeien, die am Kranfen- bette mit ihr erzielt werden. Someit e8 mit Hilfe homöopathiſcher Krankenhäuſer möglich war, Vergleiche zwiſchen den Heilerfolgen bei allopathilcher und homöopathiſcher Behandlung anzujtellen, ift ba3 Ergebnis ftet3 zu Gunften der Homöopathie ausgefallen. Daß in der PBrivatpraris ähnliche Ergebnifje zu erwarten find, haben die wiederholten Umfragen über SHeilerfolge bei u. Krank⸗

eitöformen ergeben, die von einer größeren Anzahl homödopathiſcher zte beantwortet wurden.

Die folgende vergleichende Statiſtik, aug der die Erfolge Homöo- pathiſcher Kranfenhäufer und die Überlegenheit der Homdopathifchen Heilmweife deutlich hervorgeht, wurde bor einigen Sahren vom - „nternationalen Homöopathifchen Rat" zufammengeftellt. Diefe Statistik Spricht ihre eigene Sprache, fie dürfte auch denen zu denfen geben, die der Homöopathie bisher aus Unkenntnis oder Vorein- genommenheit gleichgültig gegenüberftanden.

Daß in diefer Statiftif hauptſächlich amerikaniſche Kranfen- häufer erwähnt werden, hat feine guten Gründe. Während in Deutichland, dem Heimatlande Hahnemannz, der Homöopathie bis auf den heutigen Tag jegliche ftaatliche Anerfennung und Unter- ſtützung verfagt geblieben ift, gibt e8 in den Vereinigten Staaten Nordamerifas bereit3 zahlreiche homöopathiſche Heil- und Lehr- anftalten, die aus öffentliden Mitteln erbaut wurden und ſich einer jährlichen Staatsunterſtützung erfreuen.

Nach dem homöopathiſchen Weltadreßbuch von 1911/12 befigen die Vereinigten Staaten Nordamerifa3 etwa

56 rein homöopath. allgemeine Kranfenhäufer mit einer Betten- zahl von je 35—1400. 13 5 Srrenanftalten, Bettenzahl 150—2000. 7, Kinderſpitäler, Bettenzahl E—1%. 9 ä Krankfenhäufer für Frauen (einjchl. Geburts⸗ hilfe), Bettenzahl je 30—100. 21 n Sanatorien, Bettenzahl zwiſchen 30—250.

26 I Einführung in die Homöopathie.

8 Waijenhäufer une rein homdopathifcher Behandlung mit Raum für je 50-825 Inſaſſen.

Außerdem gibt e8 23 allgemeine Sranfenhäufer, eine Anzahl

u und andere gemeinnüßige Wohlfahrtseintichtungen, in denen fich die Kranken nach allopathifchen oder homöopathiſchen Grundfägen behandeln laſſen können.

Tür die wiffenfhaftlihde Ausbildung der homöo— pathiſchen Ärzte forgen homdopathifch-mebizinifche Fakultäten, beren ältefte dad Hahnemann Medical College in Philadelphia

im Sahre 1848 von Dr. Conſtantin Hering gegründet wurde. Das homödopathiſche College in Cleveland befteht feit 1850, das in St. Louis feit 1857, in Chilago feit 1859 und in Newyork feit 1860. Die übrigen können auf ein Alter von 1942 Jahren zurüdbliden.

Bergleichende Statiftit des Internationalen Homdopathiichen Rates Über Die Erfolge homöopathiſcher Krantenhäufer und die Überlegenheit der homöopathiſchen Heilweile.

a) Allgemeine Krantenhand-Etatiftiten,

Sterblichkeit bei allopathifher Behandlung - -. - - - . ... 9 bis 10

„homðöoopathiſche.. ren. 4 bis 6

b) Siatiſtiken einiger allgemeiner Krantenhänfer in den Vereinigten Staaten von Rordamerita.

ne er Todes⸗ Gterblichleit

Sabre tienten fälle is Proz.

. Maffachufetts Homdopathifches Krankenhaus . 4926 178 3,61

1911

1909 Haynes Memorial Krankenhaus f. anftedenbe j

je nn (Teil des Maff. un Krankenh. * do.

iſche TE RER 3,9 Allopathiſche Kranfenhäujer:

1910 Maffachufett3 Allgemeines Kranfenhaus . . 63% 450 7,04 1910 Worcefter Staatskrantenhag . . . . . - 4630 410 8,85 1910 Rhode Island Kranlenhaug ....... 63%2 638 9,97

Allopathifhe Durchſchnittsſterblichkert 8,62 6) Statiftiten Über Griftestrantheiten. Faͤhrlicher HSomdopathifhe Inſtitute: „sum Reiten di ae Sähe ——

ü Middletown Staatskrankenh. ann) 371000 2046 7— 31 1136 46 ai) 1008-12

Weſtborough n (M of .) Patton (ſtalif.) 266 723 1296 44,36 1896 -10 Watertown (Illinois) 175 000 1600 42, * 1907, 08, 10 4 Allopathifde Snfitutein Kalifornien:

zen es re ae ee en ee ee .

tOdlon- 3:5. ; Napa a8 Tr 8 LL Le Tr Tr Tr Tr Tr TL TFT TFT TC CF CC 0 202 24,37 18%—10 VONEIDB- . ia a u ee ES kan re ar 19,42

11 WllopathHifheinftitute in Reuh ort 23,92 1908—12 Alſo Durchſchnitt der Heilungen aller Fälle:

bei 4 homdopathifhen Inftituten . . - - - 48,31 %

bei 15 allopathifchen Inftituten - - - - - - 28,80 %

Vergleichende Statiſtik. 27

d) Dabei ift die Durchſchnitisbehandlungsperiode in ben homdopathiſchen Anftolten faſt um die Hälfte füryger als in ben allopathifchen, und zwar (mie 3. 8. in Weftborough) 3,47 Monate gegen 6,76 Monate

Dan ftelle fich vor, was bieje Erfolge an Gelderſparnis für den Staat im Verlaufe von 10 oder 20 Jahren bedeuten Il

6) Lungenentzündung, Allopathiſche Sterblichleit in den legten 32 Jahren .. . - - „29,50 Homdopathiſche J a a er 3,90 ft) Cholera Asiatlea. Mlopathiihe Sterblichkeitszahl, Nber = Sabre gereinet . . . 49,57 & . 16

Homoopathiſche n 1 n n IE 5,83 g) Hamburger Epidemie, 1892—1898.

Allopathiſche Sterblichleitsgahl .- - - - nennen. 42,—

Homdopathiſche (in einem Krankenhaus) .. . 18,60

(in anderen Krankenhäuſern) 20—

h) Diphtherie. Allopathiſche Sterblichkeitszahl, mit Serumeinfprigung - . - - 16,1 Homdopathijche a ohne = rer A I) Herzleiden nach Gelenk⸗Rhenmatismus. a) Mlopathie unter Anwendung von Salicyl und Biebermitteln:

nah Albutt „Syitem der Medizin“, Band II, ©. 16: bei 889 Sällen -. -. 0000. .. 57,5% Herafehler

en

nah DOsler „Praxis der Medizin”:

nad der I. Erkranlung - » - + +. J Herzfehler o

"n n

n . n wi " oe 8 ee ee vv 8 0. 0 71

" n LI. " b) Homöopathie: Londoner homdop. Krankenhaus 15,8% .

k) Blinddarm-Entzändung (Rad) einer Gtatiftit von Dr. med. Dammholz⸗ Berlin CHomöop. Rundſchau 1912, 1)). a) bei allopathifher Behandlung:

Fr Nicht operiert Free Berichtägeit 60,06 % 338) ——

b) bei hombopathiſcher Behandlung (bei dem Mangel an Krankenhäufern mußten die Zahlen durch Umfrage aus bet Brivatpragis ge⸗

wonnen werben und find deshalb Hein): HOperiert Richt operiert Tobeställe Berichtsgeit 46% 95,4% 2,76 % 1%2 D) Burchfchnittäfterblichteit bei verſchiedenen Krankheiten in den letzten 100 Jahren: Bel allopath, Bei homdopath. Behanblung Behandlung EHolera - » «rer 0er. 49,57°) _ 16,83 Gelbes Sieber . - - : - - + » 43,68 : 5,33 Zungenentzündung . - - - - - 31.22 (28,8 in Schweden") 5,34

*) Medizinifhe Klinik 1913, Rr. 10, ©. 391, „nur 37,7 % in ber Epibemie

bon Dftrumelien (Ballankrieg). “+, Berichtszeit von Schweden: 1907—1911.

ZUrUUE: 3 35,95 BIOHIDERIE ae ar h BBUNDWiE 44 Zu. 8,6 2, re ES er 33,3 N 6,3 Wajjerlopf (Hydrocephalus) %,— Nippenfellemizunvung 13,5 Bauchfellentzündung . - - - - 20,5 a ee 20,6 EUED a a ara 78,5 VIRECHDR: 3 10a Ss each 21,— N RR Te 2,—

I. Einführung in die Homöopathie.

Bei allopath. Behanblun

Bei homdop.

g. Behan dlung. (19,08 in Schweden) d,b8 ‚2 (6,8 " " 1,6 18,5 BD: a A. er 57,— 2,5 4,5 2,17 21,5 g,—

-

Um wieviel die Sterblichleit bei Homdopathiicher Behandlung geringer ift als bei allopathijcher, zeigt noch deutlicher folgende Gegenüberftellung:

E3 fommen nämlid

Lungenentzündung (32jähr. Durchſchn.) n (100jähr. Durchichn.) Cholera (Hamburger Epidemie 1892/93) „WGahrhundertdurchſchnitt) Diphtherie (ohne Serum) (Jahrhundertdurchſchnitt) Gelbem Fieber

Blinddarmentzundung etwa Rippenfellentzund. (Jahrhdtdurchſchn.) Bauchfellentzündung

Waſſerkopſ (Hydrocephalus)

n "

unter a unter allopath, Behandlung Be lung

2 Zovesjälle aufrund 15

1 n " n

3 n " n 7

1 n " n 3

1 " n n 4 (m. Ser.) 2 " n n I

1 " " " 8

1 " " n 4

1 "n " " 5

5 . 9

5 " n " 8

1 annähernd 10

5 n " " 18

3 " " " 7

1 n " " 7

3 Dr, Dammbolz, Hont, 8

" Runbichau 1912/10

2 auf unnäyernd 11

2 n " n I 5 8

Die Geneſungsausſichten ſind unter homöopathiſcher Behandlung größer

al3 unter allopathiifcher bei

Qungenentzündung

Cholera NG Diphtherie nn Geibem Fieber a Typhus TER ae Wundroje u „; 99 Poden „Mi, Mafern " " 1'/ıo " Scheriach a un Krupp " n 8°/s n Diarrhöe n n 2/ X Ruhr n n 7 Blinddarmentzündung m 2Yı Rippenfellentzündung BY Bauchjellentzündtung nm Ya

Wajjerlopf (Hydrocephalus)

um das 6 (Jahrhdtdurchſchn.) bis 7 Kfache (Durchſchnitt

der Ickten 32 Jahre)

21/3 (Hamburg) bis Sache (Jahrhdtdurchſchnitt) 3/a (jeit der Serumbehandlung) bis 4 %4jache SY/sjache (Jahrhundertdurchſchnitt)

4

n

(Homöop. Rundfhau, Dr. Dammholz) (Jahrhundertdurchſchnitt)

Subereitung und Aufbewahrung homödopathifcher Arzneimittel. 29

Aubereitung und Aufbewahrung homdopathiicher Arzneimittel,

Seder echte Anhänger der Homöopathie wird gewiß den Wunfch haben, die Borfchriften kennen zu lernen, die Hahnemann für die Serftellung homöopathiſcher Arzneimittel aufgeftellt hat. Braf- tiichen Gebrauch wird er allerdings kaum davon machen fünnen, denn bei den außerordentlich Fleinen Gaben, die zu einer homöo⸗ bathiihen Behandlung erforderlich find, lohnt e3 fich nicht, die Mittel für den Hausgebrauch ſelbſt Herzuftellen. Man denfe nur an den ungeheuren Beit- und Materialaufmand, der zur Herjtellung mittlerer Verdünnungen erforderlih iſt! Die homöopathiſche Urzneibereitung febt außerdem auch Kenntniſſe voraus, die man fich nicht im Handumdrehen aneignen kann. Sie bleibt deshalb am beften einem Apothefer überlaffen, der fich mit den Vorſchriften

nemannd genau vertraut gemacht hat und der außer den nötigen Sachlenntniffen aud) über die Geräte und Räumlichkeiten berfügt, ohne die eine zuverläflige Herjtellung homöopathiſcher

Arzneien nicht wohl möglich ift. Nur bei einigen wenigen Mitteln zur äußerlihen Anwendung, wie Arnica, Calendula, Hypericum ufm. ift die Selbftbereitung für den Hausgebraud) einigermaßen gerechtfertigt. Im übrigen halten wir es aber. für einen Unfug und eine bedauerliche Entgleifung, wenn die Mit- glieder einzelner homöopathiſcher Vereine bei botanischen Aus- flügen Feld und Wald ihrer nüßlichen und oft fogar feltenen Arznei- pflanzen förmlich berauben, um Arznei davon Herzuftellen, die fie bei wirflid) Homöopathifcher Anwendung in einem ganzen Menfchenalter nicht verbrauchen können.

Hahnemann ſelbſt hat ung Fein in ſich abgefchloffenes Buch über die homöopathiſche Arzneibereitung Hinterlaffen. Seine Vorſchriften wurden aber bald nad) feinem Tod durch Schüler au3 den verjchie- denſten Werfen und Schriften de3 Altmeifterd gefammelt und zu Lehr büchern der homöopathiſchen Arzneibereitungglehre vereinigt. Wir beſitzen im ganzen nicht weniger al 9 folcher Lehrbücher, mobon heute allerding3 nur nod) 2 für den praftiihen Gebrauch srnftlich in Betracht fommen: Das von Dr. Schwabe-Leipzig und ya3 von Apotheker Gruner. Leider weichen die Vorſchriften diefer eiden Arzneibereitungslehren nicht unerheblicy voneinander ab. fine ganze Reihe friſcher Pflanzen wird 3. B. in ganz verſchiedener Beife zu Zinfturen und Ejjenzen verarbeitet; bei andern foll nad) er einen Vorſchrift die ganze Pflanze, nach der anderen dagegen ur ein Zeil derjelben verwendet werden, bei wieder andern gibt e eine Vorſchrift der vollentwidelten Frucht, die andere den Tüten Den Vorzug. Dieſe Abweichungen find fehr bedauerlich, eil Die auf fo verichiedene Weife gewonnenen Arzneien jich nicht ır Durch ihre äußere Beichaffenheit, fondern auch durch ihren neren Arzneigehalt beträchtlich voneinander unterfcheiden. Es ift

30 I. Einführung in die Homöopathie.

einleuchtend, zu was für Verwirrungen und Mißverſtändniſſen dies führen Tann.

: Dr. Schwabe? homdopathifche Arzneibereitungslehre ftüht ſich wortgetreu auf Hahnemanns Vorſchriften; fie trägt aber durch forgfältige Verfuche im Laboratorium aud) den neueften Anfchau- ungen und Forichungen auf dem Gebiete der Arzneibereitung Rech- nung. Leider hat fie noch immer nicht die allgemeine, offizielle Anerkennung in Deutichland gefunden. In Württemberg ift von Umtsmwegen die homöopathiſche Arzneibereitungslehre von Apo- thefer Gruner für Einrihtung und Betrieb homdöopathijcher Apotheken und Herftellung homöopathifcher Arzneien maßgebend. Ein Verſuch des deutichen Apothefervereing, einheitlihe Vor⸗ ihriften für die Herftellung hHomöopathijcher Arzneimittel aufzu- ftellen, die dann für dag ganze Deutſche Neid) behördliche Gültigkeit erlangen jollten, hat leider feinen Erfolg gehabt, und es befteht borerft noch die Zwieſpältigkeit im Verkehr mit homöopathiſchen Mitteln weiter.

Die dem Pflanzenreich entnommenen Arzneien werben entmweder zu Efjenzen oder zu Tinkturen verarbeitet.

Eſſenzen find alkoholiſche Auszüge aus friſchen, faftreichen Pflanzen. Die in Betracht fommenden Pflanzenteile werden aufs feinfte zerfchnitten und zerftampft und in einem reinen Preßtuch ausgepreßt. Non einer dem Gewicht de3 gewonnenen Gaftes. gleichkommenden Menge ftarfen Weingeiftes werden dann 25 % ſo⸗ fort dem Saft zugejeht, mit den übrigen 75 % wird der Preßrück⸗ ſtand noch 48 Stunden lang ermweicht, dann außgepreßt und der Aus⸗ zug mit dem Safte vermilcht. Das fo gervonnene Produkt enthält in der denkbar vollfommenjten Weife alle Beftandteile der zur Ber- wendung fommenden Pflanze. Bei einer Temperatur von 8—10 Ar eine homöopathiſche Eſſenz durchſchnittlich 5—8 Monate nötig,

is fie auögeflärt ift. Dann erft ſoll fie filtriert und zur Herftellung bon Berdiinnungen verwendet werden. Die 1. und 2. Verdünnung folder Eſſenzen wird mit verdünntem, von der 3. Dezimalpotenz ab mit ftarfem Weingeift hergeftellt.

Zinktturen werden aus faftarmen, frifchen oder getrodheten Pilanzen oder Pflanzenteilen bereitet. Die Pflanze frijch oder getrodnet wird fein zerfleinert und je nach Umftänden mit der doppelten bi3 zehnfachen Gemwichtsmenge ftarfen Weingeijtes über- goflen, dann in einem gut verfchloffenen Gefäß an einen fühlen dunklen Ort geftellt und täglich mehrmaß kräftig gefchüttelt. Nach 10—14 Tagen wird der Saft ausgepreßt und filtriert.

Die von Hahnemann überlieferte Vorjchrift zur Vereitung von Berdünnungen beruht auf dem Bentefimaliyftem, d. h. auf einem Berdünnungsverhältnis von 1:99. Nun fanden aber die Anhänger mittlerer und tiefer Potenzen, daß der Sprung von 1:100 ein zu großer jei und erjegten allmählich das Zenteſimalſyſtem durd) das Dezimaliyitem, d. h. man ftellte die Verdbiinnungen und die Ver-

Bubereitung und Aufbewahrung homöopathifcher Arzneimittel. " 31

reibungen im Verhältnis von 1:9 her. 1 Teil Tinktur mit 9 Teilen Weingeift durch 10 kräftige Schütteljchläge innig vermiſcht bildet die 1. Verdünnung; ein Zeil der erften Verdünnung mit 9 Teilen Weingeiſt verjchüttelt bezeichnet man al 2. Verdünnung ufm. Man braucht alſo zur Herftellung einer 30. Potenz indgefamt 30 Gläfer mit zufammen etwa 150 Gramm Weingeift. Dies = ih doch etwas ander3 an, al die unfinnige Behauptung unſerer Gegner, daß der ganze Bodenfee nicht genügend Wafler enthalte, um aus 1 Gramm Tinktur eine 30. Potenz herzuftellen | |

Die zum Potenzieren verwendeten Gläfer müſſen peinlich fauber und fo groß fein, daß fie nach Aufnahme der erforderlichen Slüfigfeit nur zwei Drittel angefüllt find. & darf feine Ber- dimnungsſtufe überfprungen werden ; die dritte Dezimalverdünnung darf 3. B. nicht in der Weije bereitet werden, daß 1 Zeil Tinktur mit 999 Teilen Weingeift gemijcht wird. Der 3. Dezimalverdünnung muß ftet3 die Bereitung einer 1. und 2. vorhergegangen fein.

Der zur Bereitung der Zinftur und Potenzen verwendete Weingeift muß jelbftredend möglichit rein fein. Dies erreicht man am beften durch nochmalige3 Dejtillieren. Zur Verdünnung des Weingeiftes darf nur deftillierte8 Waſſer benützt werden.

Die Streufügelpotenzen werden durd) Befeuchtungen von Streufügelchen mit der entjprechenden nn bereitet. Da diefe Streufügelchen aus Rohrzuder und Stärfemehl bejtehen, fo kann die Befeuchtung nur mit Verdünnungen vorgenommen werden, die mit ſtarkem Weingeift hergeftellt find, andernfalls würden fie fich auflöfen und zerfließen. Mit wenigen Ausnahmen können daher Streufügelpotenzen aus Mitteln, die dem Pflanzen- reiche entnommen find, erft von der 3., folche, die au8 dem Mineral» reich ſtammen, erjt von der 10. Dezimalverdünnung ab hergeftellt werden. 180 GStreufügelchen mittlerer Größe entiprechen etwa einem Tropfen der Verdünnung.

Die dem Mineralreich entnommenen unlöslichen minera- fifchen und metalliihen Stoffe werden durch Verreibungen in dem⸗ felben Berhältnis verkleinert wie die Verdünnungen; d. h. ein Teil

des Arzneiftoffes wird mit 9 Teilen Milchzuder verrieben und al 1. Dezimalpotenz bezeichnet. Bon diejer erſten Berreibung wird ein Zeil mit 9 Teilen Milchzucker verrieben, das iſt die zweite Dezimalverreibung; ein Zeil davon mit 9 Teilen Milchguder ver- trieben ftellt die 3. Dezimalverreibung dar uſw. Bon einer 6. Ver- reibung fann man dann eine 8. Dezimalverdünnung her- Pu indem man einen Gewichtsteil der 6. Verreibung in 80 Teilen

eftillierten Waſſers durch kräftiges Schütteln auflöft und diefer Zöfung noch 19 Teile Starken Weingeiftes hinzufegt. Von dieſer 8. Verdünnung wird dann in befannter Weife unter Benüung bon verdünntem Weingeift die 9. Verdünnung hergeftellt, alle weiteren Stufen bereitet man mit ſtarkem Weingeift..

Hahnemanns Behauptung, daß unlögliche Stoffe von der 6. Ver⸗

32 I. Einführung in die Homöopathie.

bünnung an löglich feien, hat jelbjt bei feinen Anhängern vielfach 3 erregt. Heute lehrt uns die Chemie, daß es nur ſchwer⸗ lösliche, aber feine ganz unlöslichen Stoffe gibt, und beſtätigt damit auch in diefer fo viel umitrittenen Trage, daß Hahnemann recht hat.

Ter zu homdopath. Zmeden verwendete Milhzuder muß aufs feinfte pulverifiert, vollfommen rein und frei von jedem Geruch und Geichmad fein. Bur Herftellung der Verreibungen verwendet man Schalen und Reibefeulen aus Porzellan. Die Bearbeitung nie- derer Verreibungen aus Metallen und Mineralien ift teilmeife außerordentlich ſchwierig und zeitraubend. Selbſt bei verhältnis- mäßig leicht zu bearbeitenden Arzneiftoffen, wie Calcarea, nimmt die Herftellung einer 1. Berreibung 1—11, Stunden in An- fpruch, während Stoffe wie Graphites einen Zeitaufwand von mehreren Tagen erfordern, bis die Urfubftanz in der 1. Verreibung in vorſchriftsmäßiger Weife gleichmäßig verteilt und zerfleinert ift.

Die neuerdings häufiger angewandten homöopathiſchen Arz- neitabletten werden unmittelbar aus Berreibungen hergeftellt; zur Preſſung darf aber Feinerlei Bindemittel wie Stearin, Weizen- stärke u. dgl., ſondern Höchftens etwas Weingeift verwendet werden. Eine Tablette in der üblihen Größe von 0,1 Gramm entipricht etwa einer erbfengroßen Gabe der Vertreibung.

Für die Bereitung einzelner Arzneiftoffe wie Arsenicum, Phosphorus und gemwifler Säuren enthalten die Lehrbücher ber Urzneibereitungslehre noch bejondere Vorfchriften, auf die hier im einzelnen näher einzugehen nicht nötig ift.

Die aus dem Tierreich fiammenden Vrzneiftoffe werden teils zu Tinkturen teild zu Werreibuncen verarbeitet und in ber bereit3 gejchilderten Weife mweiter potenziert.

Mancher Lefer wird darüber erjtaunt fein, welch mühevolle und zeitraubende Arbeit die Herftellung Homöopathijcher Arzneimittel erfordert. Der Erfolg am Krankenbette hängt aber unmittelbar Davon ab, ob die für die Arzneibereitung erlafjenen Borjchriften pünktlich befolgt worden find. Deshalb ift größte Vorficht beim Be- zug homöopath. Arzneimittel geboten. Die bejte Gewähr für Güte und Wirkſamkeit der Mittel bieten und Apothefen, deren Betrieb aug- ſchließlich für homöopathiſche Arzneibereitung eingerichtet ift.

Die Aufbewahrung homdopathifcher Arzneien gejchieht am beiten in gut verjchließbaren Holzfälten, die an einen geruchfreien, trodenen, fühlen, aber froftfreien und womöglich dunklen Plaß zu jtellen find. Die Gläſer müſſen geftellt fein und dürfen nicht gelegt werden. Zur raſchen Auffindung ift jeder Kork mit dem Namen des Mittel zu verjehen; eine Verwechſlung der Korfe ift peinlich zu vermeiden. Ebenfo dürfen Gläſer nur für die urfprüng- li) darin enthaltene Arznei verwendet werden und zwar erjt nad) borausgegangener Reinigung, die mit aller Sorgfalt zuerft mit Iochendem Waſſer und dann inreinem Weingeift vorgenommen wird.

Niedere Verreibungen gewiſſer Mittel, wie jchwefel- oder jod⸗

Die Wahl bes KHomöopathifchen Arzneimittels. 33

- Haltiger, dürfen niemals in Schächtelchen aufbewahrt werden, jondern ftet3 in Gläfern, da fie fonft ſehr fchnell ihre Wirkſamkeit verlieren. | Starfriechende Stoffe, wie Kampher, Moſchus u. dgl. in niederen Berdünnungen müfjen gefondert aufbewahrt werben.

Die Wahl des homöopathiſchen Arzneimittel.

Hahnemann verlangt bei der Wahl des Mittels, daß die Symp- tome der Arznei in Zahl und Eigenart möglichft mit denen des Kranken übereinjtimmen follen. Mit andern Worten: ein Arznei- mittel wird ſich umſo wirffamer ermweijen, je mehr feine Prüjungs- iymptome mit dem Gejamtbild der vorliegenden SKranfheits- erfcheinungen de3 Kranken übereinftimmen. Pie Beftimmung des pafjendften Arzneimittel3 nad) diefem Geſichtspunkt erfordert allerdings einige Mühe und Geduld; aber ohne genaue und ein- gehende Unterſuchung des Kranken wird man in der Homöopathie nie zum Ziele gelangen. Am beften fchreibt man die verfchiedenen Beſchwerden, die der Kranke äußert, genau auf, ehe man das Bud) zu Rate zieht. Dann erſt vergleicht man fie mit den Arzneianzeigen im Buche und fucht da KrankHeit3bild durd) geeignete Fragen, die man an den Kranken ftellt, zu ergänzen. Unter feinen Um-

änden darf man ihm das Buch felbft in die Hände geben oder ihn Be ob er dieje3 oder jenes Symptom eines beftimmten Arznei- mitte auch habe. Er wird nicht jelten die Frage bejahen, obgleich feine Krankheitserſcheinungen in Wirklichleit ganz anderer Art find. Bringt man dagegen die Befchwerden zuerft zu Papier, fo kann man fie mit den Arzneianzeigen de3 Buches viel beſſer ver- gleihen. Bei der Ergänzung des Krankheitsbildes durch meitere Tragen find bejonders die folgenden Punkte zu berüdjichtigen: 1. Genaue Angabe über die Körperftelle, an der der Schmerz empfunden wird. 2. Nähere Schilderung über die Art der Schmerzen, ob fie reißend, ſtechend, fchneidend, bohrend oder Hopfend find. 3. Wann oder wodurch fie fehlimmer werden, ob gewiffe Zageszeiten, Witterungseinflüffe, Körperftellungen, ob Ruhe oder Bewegung, Ejjen oder Trinken, Wärme oder Kälte, Berührung oder Drud irgend eine Veränderung des Buftandes bewirfen. 4. Ob verfchiedene Krankheitszeichen zufammen, alfo in Verbindung miteinander auftreten, 3. B. ob Huften von Kopfweh begleitet ift oder ob mit dem a zugleich Übelkeit mit Neigung

zum Erbrechen auftritt, oder ob Übelfeit mit Froftgefühl verbunden iſt. Klagt z. B. jemand über Kopfweh, Halsweh und Geitenftechen, ſo ſchlägt man alle drei Beſchwerden im dritten Teil des Buches nach und vergleicht die dort genannten Arzneianzeigen. Eine weitere ausführliche Anleitung zur Aufnahme des Krankheits⸗ bilded findet man im übernächſten Abfchnitt: „Wie man einem hHomdopathifchen Arzt Bericht erjtattet”. (Seite 37.)

Sering-Haehl, OU,

34 L Einführung in die Homöopathie.

Nicht immer wird ed dem Laien gelingen, da3 paflende Mittel auf die ſoeben geſchilderte Weife zu finden. Bumeilen wird er tafcher zum Biele gelangen, wenn er die Krankheitsurſachen des alles berüdfichtigt und mit deren Hilfe die Wahl des Arznei- mittel3 zu treffen ſucht. Hat ſich 3. B. jemand erfältet und befommt Kopfſchmerz und Durchfall, fo jieht man zuerft bei Erfältung nach, dann erjt bei Kopfmweh und bei Durchfall. Oft treffen mehrere Urfachen zuſammen, und nicht immer paßt ein Mittel gegen alle. In einem ſolchen Falle muß eins nach dem andern gegeben werden. Dan wählt dann zuerft ein Mittel gegen das fchlimmfte oder nod) bejfer gegen die zulegt entjtandenen Krankheitszeichen. Folgen berjchiedene Urſachen nacheinander, jo verordnet man zuerft gegen diejenige, welche zulegt eingemwirkt Hat. Wer fich erfältet hat, wird nachher leicht fich den Magen verderben; wer ben Magen berdorben hat, erfältet ſich leicht. Man nimmt deshalb die letzte Urfadhe al3 die wichtigere zuerft.

Am beiten und fchnelljten wird zweifellos demjenigen die Wahl de3 pafjenden Arzneimittel gelingen, der ſich die wichtigften Mittel in ihren SHauptzügen eingeprägt Hat. Gewiſſe charakteriſtiſche Symptome werden ihm. oft jchon beim erften Blid das Mittel berraten, dad im einzelnen Yall in Frage kommt. Blähungs- beichwerden werden ihn 2 an Lycopodium ober Carbo vegetabilis erinnern, Übelkeit und Erbrechen laſſen ipn an Ipecacuanha denken, Blafenbejchwerden mit Harn- zwang rufen ihm Cantharis in Crinnerung, Berftopfung mit bergeblihem Drang weiſen ihn auf Nux vomica hin, Ber- ihlagenheitsjchmerzen rufen den Gedanken von Arnica in ihm wach, ftechende Schmerzen und Berfchlimmerung bei Bewegung bringen Bryonia in die engere Wahl, Ubmagerung bei gutem Appetit laſſen ihn Jodum in Erwägung ziehen ufm. Zum mindeften wird er diefe Mittel mit einiger Berechtigung bon der Wahl ausfcheiden können, wenn diefe Eigentümlichkeiten nicht vorhanden find. -

Bor allem darf man aber den Mut nicht verlieren, wenn man nicht gleich das richtige Mittel trifft. Je öfter man das Buch ge- braucht, defto leichter und rafcher wird man das pafjende Mittel finden, denn Übung macht auch hier den Meifter. Und Hat man je einmal ein falfches Mittel gegeben, fo hat da3 nicht gar viel zu jagen; der Kranke wird allerdings nicht beffer werden, aber es treten auch feine Vergiftungen und beläftigenden Arzneifymptome auf, wie da3 bei unrichtiger Verwendung allopathifcher Arzneien nicht jelten gejchieht. Fit das Homdopathifhe Arzneimittel nicht richtig gemählt, jo ſchadet es wenigſtens nicht.

haben kann man mit homöopathiſchen Mitteln nur dadurd), daß man diejelben in zu großen oder zu rafc aufeinander folgenden Gaben verordnet oder daß man eines nad) dem andern einnehmen läßt, ehe die Wirkung des zuerft genommenen abgelaufen if. Man

Über das Einnehmen. 35

laſſe den Mitteln Zeit zum Wirken und höre auf mit Einnehmen oder gebe fie jeltener, ſobald fie deutliche Zeichen der Befjerung hervorrufen. Nicht felten führt die Nachwirkung eine Mittel zu einer rafchen Heilung.

Über das Einnehmen.

Die Berdünnungen läßt man am beiten tropfenmweife (3 big 5 Tropfen) mit einem Kaffeelöffel voll Waſſer vermijcht einnehmen. Bei Hitigen, friſch entitandenen Krankheiten empfiehlt es ſich, etwa 10—15 Tropfen Arznei in ein Weinglas voll Waffer zu träufeln und davon je nad) Dringlichkeit des Falles dem Kranken ein- bis zweiftündlich, oder wenn Gefahr im Verzug ift, alle 10, 15 big 20 Minuten einen Saffeelöffel voll zu geben. Dan muß aber für diefen Zweck durchaus faubere Gläſer verwenden; ebenjo foll das Waffer rein und klar fein. Hat man fein gute Quellmaffer zur Berfügung, fo ift abgefochtes Wafjer oder reines Regenwaſſer vor⸗ zuziehen. Die Gläſer müfjen forgfältig zugededt werden, teil um ein Berdunften der Arznei zu verhüten, teils um Gerüche, Staub und andere Fremdkörper fernzuhalten. Im Sommer follte die Arzneimifchung täglich, im Winter fpäteftend jeden zweiten Zag erneuert werden. Zum Einnehmen und Umrühren find Horn-, Glas⸗ oder Porzellanlöffel den metallenen vorzuziehen. Hat der ſtranke wie dies bei hitzigen Krankheiten nicht felten der Yall ift zwei oder mehr Mittel im Wechjel zu nehmen, fo muß für jede Arznei ein bejonderer Löffel benüßt werden.

Bei hronifchen, d. H. ſchleichenden und langwierigen. Krank⸗ heiten find die Arzneimittel in felteneren Gaben zu verabreidhen. &3 genügt 3. B., den Kranken täglich dreimal 3—5 Tropfen oder auch nur morgend und abends 3 Tropfen auf je einem Kaffeelöffel boll Wafler nehmen zu laffen. Beſonders tiefmwirlende Arz- neien wie 3.8. Sulphur follten nur in feltenen Gaben und nach längeren Zwiſchenräumen angewandt werden, damit fich die Wirkung des Mittel? einige Tage oder Wochen lang ungeftört ent- falten kann.

Bon den in Pulverform hergeftellten Verreibungen läßt man bei afuten Krankheiten Halbjtündlich bis zu ein- und zivei- ftündlich eine Feder meſſerſpitze voll oder eine erbjen- oder bohnen- große Gabe einnehmen. In chroniſchen EN genügt eine erbjengroße Gabe de3 verordnneten Mittels täglich 2—3 mal.

Zabletten find nicht? al3 eine im Gebrauch bequeme Form der Berreibung; eine Tablette von 0,1 Gramm entfpricht einer erbfengroßen Gabe der gewöhnlichen Verreibung. Berreibungen und Zabletten werden meift troden auf die Zunge genommen und mit einem Schlud Waſſer hinabgefpült.

In der Kinderpragis jind die Streufügelchen fehr beliebt, da fie jelbft von Säuglingen jehr gerne genommen werden. Sonſt

36 I. Einführung in die Homöopathie.

möchten wir aber zu ihrem Gebrauch nur bei Anwendung hoher Potenzen raten. Bei akuter Erkranfung eines Säuglings gibt man ftündlich bis 145-ftündlih 3 Körnchen troden auf die Zunge oder man löſt 5—10 Hörnchen in einem halben Trinfgla voll ab- gefochten Wafferd auf und gibt davon 1—114-fündlich einen Fleinen Saffeelöffel voll. Bei langwierigen Krankheiten genügen 3 big b Körnchen, morgend und abend3 troden oder in etwad Wafler aufgelöjt genommen. Wenn ein Arzneimittel nicht den geſamten Serankheitserfcheinungen entfpricht, fo iſt man durdjaus berechtigt, namentlich wenn e3 ſich um afute Krankheiten handelt oder wenn Gefahr im Verzug ift, 2 oder 3 Mittel im Wechjel miteinander nehmen zu laſſen; dagegen find die fogenannten Tompleren Mittel, d. H. folche, bei denen eine Anzahl ähnlich wirfender Arzneien zu einem einzigen Mittel vereinigt werden, verwerflich. Auch follte man nie mehr al 2, höchſtens 3 Mittel im Wechſel geben.

Als allgemeine Regel merke man fid) bei Anwendung homöo- pathifcher Arzneimittel: Je higiger und je gefahrvoller eine Krankheit einjegt, defto häufiger ift die Arznei zu ber- abreihen; je langſamer dagegen ein Leiden entſteht, und je langmieriger der Verlauf ift, deſto feltener laffe man einnehmen.

Über die Verdüinnungsgrade und PBotenzitufen, in denen homöo⸗ pathiſche Mittel am zmedmäßigften angewandt werden, herrjchen immer noch große Meinungsverfchiedenheiten. Jedenfalls follte ſowohl auf Körperbejchaffenheit als auch auf Alter, Geſchlecht und Empfindlichfeit eines Kranken gehörige Rüdliht genommen werden. & ift eine viel erprobte Erfahrung, daß bei Kindern die höheren, bei Erwachſenen die niederen Potenzen wirkſamer find. Ebenfo haben ſich in afuten Krankheiten die niederen (2.—6.), in chroniſchen dagenen die höheren (6.—30.) Berdünnungen am beiten bewährt. Cines fchidt fi) eben nicht für alle.

Um dem Leſer menigftens einige Anhaltspunfte zu geben, haben wir bei der Lifte der mwichtigften homöopathiſchen Mittel die Potenzftufen angegeben, in denen fie am häufigjten Verwendung finden. Bei weibliden Kranken ift die monatliche Negel fein Hindernis für den Fortgebraud) homöopathiſcher Mittel, nur iſt e3 ratjam, Über die Dauer der Periode nicht mit dem Einnehmen eine3 neuen Mittelß zu beginnen.

Sollten id) die Beichwerden dur) da3 Einnehmen ber- jchlimmern, fo ift da3 Mittel entweder zu oft oder in zu ftarler (d. h. zu niederer) Potenz oder in zu großer Menge genommen worten. Man fete dann fofort mit dem Einnehmen au3 und warte, bis die Verjchlimmerung vorüber ift. Dann erft kann das ee in etwa höherer Verdlinnung wieder mweitergenommen werden.

Solange man in homöopathiſcher Behandlung fteht, dürfen äußerlihe Anwendungen, wie 3. B. Schmierfuren, Kampher⸗

Wie man einem homdðo pathiſchen Arzt Bericht erftattet. 37

einfprigungen, $odpinfelungen und Ahnliches nicht vorgenommen werden, da die Wirkung der innerlich verabreichten Mittel darunter leiden würde. Anders ift eg mit Maffage, mit Bädern und Wide- ungen. Cie unterftügen und ergänzen die Wirkung der innerlid) gegebenen homdopathijchen Mittel, und in gewiſſen Fällen benügt die Homöopathie dieſes oder jene3 ihrer Mittel zu äußerlichen Anwendungen, wie3.B.Arnicazu Umjchlägen bei Quetfchungen, Calendula bei Hautriffen, Hamamelis bei Srampfader- fnoten, Thuja bei Warzen, Hydrastis bei Krebs uſw.

Wie man einem homöopathiſchen Arzt Bericht erftattet.

Im Verhältnis zu den vielen Anhängern der Homöopathie in Deutfchland ift die Zahl der hHomdopathifchen Arzte eine noch viel zu Heine. In manchen Gegenden ift in ftundenmweiten Umkreis fein homdopathifcher Arzt anfällig, fo daß Kranke, welche feinen Rat einholen wollen, oft große Opfer an Zeit und Geld bringen müffen. Diejer Umftand bringt e3 mit fi, daß dem homöopathifchen Arzt häufig briefliche Kranfenberichte zugehen, mit der Bitte um Verordnung homdopathifcher Arzneimittel gegen die gefchilverten Beichwerden. Noch häufiger laufen Berichte von Kranken ein, die zwar fchon einmal in der Sprecdhftunde des Arztes waren, die es aber au3 bejonderen Gründen, wie 3. B. der großen Entfernung wegen vorziehen, fich brieflich weiter beraten zu laffen. Gelbft- verftändlich eignet fi) nicht jedes Leiden zu einer brieflichen Be- Handlung. So ift beifpieläweife bei afuten Erkrankungen ein der- artiger Bericht ganz wertlos, da fich die Erfcheinungen nicht felten ändern, noch ehe der Brief in die Hand des Arztes gelangt. Auch bei einer Reihe von chroniſchen Krankheiten, 3. B. bei Herzleiden, wird der gewiſſenhafte homöopathiſche Arzt die Behandlung des Kranken nicht übernehmen, ohne ihn felbjt gefehen und genau unterfucht zu Haben. Überhaupt follte der Kranke nur in Aus- nahmefällen zur brieflichen Beratung feine Zuflucht nehmen.

Es ift außerordentlich wichtig, daß die Kranfenberidhte forgfältig und möglichſt ausführlich abgefaßt werden und felbit ſcheinbar nebenfächliche Dinge nicht unermähnt bleiben. Die bloße Mitteilung irgend eines Namens einer Krankheit genügt für eine erfolgreiche Homöopathifche Behandlung nicht, fondern der Kranke muß ein ausführliches Bild von ſich und feinem Leiden entwerfen. &3 darf daher bei Abfaſſung eines Krankenberichts weder Zeit ei Kt gefpart werden, und das Gefchriebene muß leicht eferlich fein.

Sn einem Stranfenbericht find namentlich die folgenden Punfte zu berüdlichtigen:

Man jchreibe Furz und biindig, worin die Beſchwerden beftehen, meide aber dabei alle allgemein gehaltenen oder irgendwo auf- gefchnappten gelehrten Ausdrüde. Wenn 3. B. jemand berichtet,

38 I. Einführung in bie Homdopathie.

er leide an „Kopfmeh” oder gar an „Migräne”, jo kann der Arzt damit nicht? anfangen, wenn nicht gejagt ift, wo die Schmerzen fich befinden (Schläfe, Stirn, Nafenmwurzel oder Hinterfopf, recht? oder links); wie fie jich äußern (Flopfend, drüdend, von innen nach außen oder umgekehrt); jeit wann fie beftehen, wie fie ent- ftanden find (plötzlich, allmählich, ob immer oder nur zu gewiſſen Tageszeiten, ob zu- oder abnehmend oder immer gleich ftarf), wodurd fie gebefjert oder verjchlimmert werden (im Liegen, im Sreien, in der Wärme, bei Bewegung oder in der Ruhe). Be— ſonders wichtig ift eg, die Art der Schmerzen möglichft genau zu be- ſchreiben, alfo 3. B. bei ftechenden Schmerzen, ob es wie mit einer feinen oder groben Nadel, wie mit Stacheln oder einem Meſſer jticht; wenn es fchneidet, ob wie mit einem fcharfen oder ftumpfen Meſſer uſw.

Des weiteren gibt man eine Beſchreibung ſeines Ausſehens, der Augen und Haarfarbe, Größe, des Körpergewichtes u. dgl. und legt womöglich eine Photographie bei; denn der homöopathiſche Arzt behandelt nicht die Krankheit, ſondern die Kranken. Dabei ift Ulter, Gejchlecht, Beruf, Stand (ob verheiratet oder ledig) zu erwähnen. Dann bejchreibe man furz die Körper- und Gemüts- anlage (Temperament) und ob die legtere ſich während des Krank⸗ ſeins in irgendwelcher Weife verändert Hat. Man vergeffe nicht zu bemerfen, ob die Haut troden oder feucht, ob ein Leibſchaden, ob Warzen oder Ausſchläge vorhanden find. Dann füge man hinzu, was jonft noch Über Verrichtungen des Körpers, die bisher noch feine Erwähnung fanden, zu fagen ift, 3. B. ob Gehör, Geruch, Geſchmack, Zaftjinn oder dag Sehpermögen beeinträchtigt find, ob irgendwelche Veränderungen im Hunger- oder Durftgefühl mwahr- genommen wurden, ob eine Abneigung gegen mandje Speiſen oder Getränke bejteht und, wenn gewiſſe Nahrungs- oder Genuß- mittel Beſchwerden hervorrufen, ob ſich diefelben jofort oder erft nad) %, % Stunde oder noch ſpäter einftellen.

Ferner ift als ein Hauptpunft zu erwähnen, ob der Stuhlgang geregelt und die Bejchaffenheit der Ausleerungen normal ift. Ebenſo ift alles, was zu den Berrichtungen der Harn⸗ oder Geſchlechtsorgane in Beziehung fteht, zu erwähnen: wie oft Harn gelaffen wird, ob dies von irgendwelchen Schmerzen begleitet ift, ob häufige Samenverlufte ftattgefunden haben u.a. Frauen müfjen genaue Angaben über das Auftreten der Periode machen, ob jich

dieſelbe regelmäßig alle 28 Tage einftellt, oder ob fie zu früh oder zu fpät fommt, wie lange jie anzuhalten pflegt, ob der Blutverluft jan oder ſchwach ift und ob fich vor oder während derfelben Unter- eibsbefchwerden oder Kreuzſchmerzen einftellen. Ferner muß eine Frau mitteilen, ob fie Kinder geboren und ob und wann fie zum leßtenmal eine Fehl- oder Frühgeburt gehabt hat.

Auch die Entftehung der Krankheit follte gefchildert werben,

bejonder3 die Reihenfolge, in der die Krankheitserſcheinungen auf-

Lifte der in dieſem Buche öfter erwähnten Arzneien. 39

getreten find. Ebenjo find frühere Krankheiten, die man durch⸗ gemacht hat und die dagegen angewandte Behandlungsweiſe, womöglich auch die Namen der Arzneien, die man befommen hat, in den Krankenbericht aufzunehmen. Schließlich darf auch die Urſache, ſelbſt eine mutmaßliche Urſache des Leidens nicht ver- Schwiegen werden. Namentlich follte au) Erwähnung finden, ob eine beftimmte Krankheitsanlage befteht, ob 3. B. Erkrankungen an Schwindfucht unter den Blut3vermwandten vorfamen, und an was die Eltern gejtorben find.

Kranke, die bereit3 in Behandlung ftehen, dürfen nie vergefjen, ihre Krankenkarte mit einzujchiden oder die vom Arzt im letzten Briefe angegebene Kranfennummer zu erwähnen, damit dem Arzt die Zeit zum Nachfchlagen in den Büchern erfpart bleibt.

Um nicht3 zu vergefjen, jchreibe man den Bericht zuerft auf ein gefalztes Blatt und lafje für etwaige Ergänzungen genügend Raum zwifchen den Beilen. Erft wenn man ganz fertig ift, fchreibt man den für den Arzt beftimmten Bericht ab und bewahrt da3 Konzept für fpäter auf.

Lifte der in dieſem Buche Öfter erwähnten Arzneien,

Am folgenden Verzeichnig find diejenigen Arzneien aufgeführt, die in der Behandlung der wichtigften Krankheitsfälle in Betracht fommen und deren Anſchaffung ſich beſonders für Yamilien empfiehlt. Um foldhen, die mit der Homöopathie noch wenig ver- traut find, einen Anhaltspunkt zu geben, ift jedem Arzneinamen eine Zahl beigefügt, welche die Verdünnungzftufe (Potenz) bezeich- net, in der die Mittel mit Vorliebe verwendet werden.

Aconitum 4 Caulophyllum 4 Antimonium crudum 6 * Causticum 6 Apis 6 | Cepa 3 Argentum nitricum 6 - Chamomilla 6 Arnica 6 China 3 Arsenicum 6 Cimicifuga 6 Baryta carbonica 6 * Cina 6 Belladonna 4 Cocculus 6 Bryonia 6 Coffea 30 Cactus grandiflorus 3 Colchicum 6 Calcarea carbonica 6 * 2 Colocynthis 6 Calcarea phosphorica 6 * Conium 6 Cantharis 4 Crocus 4 Capsicum 6 Cuprum 6 * Carbo vegetabilis 6 * Drosera 6

Anmerkung: Tie mit * bezeichneten Arzneimittel bezieht man am befien als Berreibungen, d. h. in Pulver- oder Tablettenform; die übrigen als Verdännungen, alſo in flüljiger Form.

4 I. Einführung in bie Homöopathie.

Dulcamara 4 Nux vomica 6 Euphrasia 3 Opium 6 Ferrum phosphoricum 6 * Phosphorus 6 Gelsemium 3 Phosphori acidum 4 Glonoinum 12 Platina 6 * Graphites 6 * Plumbum 6 * Hamamelis 3 Podophyllum 4 Hepar sulphuris calcareum 6* Pulsatilla 6 Hydrastis 6 Rheum 6 Hyoscyamus 6 Rhus toxicodendron 6 Ignatia 6 Ruta 4

Jodum 4 Sabina 4 Ipecacuanha 6 Sambucus 3 Kali bichromicum 6 * Sanguinaria 4 Kalı carbonicum 4 Secale 6

Kali phosphoricum 6 * Sepia 6 * Kreosotum 4 Silicea 6 * Lachesis 30 Spigelia 6 Lycopodium 6 Spongia 3 Magnesia phosphorica 6 * Staphysagria 6 Mercurius cyanatus 6 Sulphur 30

Mercurius solubilis H. 6 * Tartarus emeticus 4 Mercurius subl. corrosivus 6 * Thuja 6

Natrum muriaticum 3 * Veratrum album 6 Nitri acidum 6 Zincum 6 *

Bum äußerlihden Gebrauh: Arnica-Tinkttur, Calen- dula-Zinktur und Hypericum- Tinttur.

Da nun nicht jedermann in der Lage fein wird, eine Haus- apothefe zu faufen, welche ſämtliche oben angeführten Arzneimittel enthält, jo wollen wir noch ein zweites Verzeichnis mit den

40 wichtigſten homöopathiſchen Mitteln folgen lafjen:

Aconitum China Antimonium crudum * Cina

Apis Colocynthis Arnica Drosera Arsenicum album Gelsemium Baryta carbonica * Graphites * Belladonna Hepar sulphuris * Bryonia Ignatia

Calcarea carbonica * Ipecacuanha Cantharis Lachesis

Carbo vegetabilis * Lycopodium Causticum Mercurius cyanatus

Chamomilla Mercurius solubilis H. *

Die Ernährung des Kranken. al

Natrum muriaticum * Spigelia

Nux vomica Spongia Phosphorus Sulphur Pulsatilla Tartarus emeticus Rhus toxicodendron Thuja

Sepia * Veratrum

Silicea * Zincum *

Die folgenden 10 Mittel jollten in jedem Haushalt vorrätig fein, auch in Städten, wo ſich homöopathiſche Apothefen befinden. Es jind Mittel gegen akute Erfranfungen, die man oft mitten in der Nacht nötig braucht:

Aconitum Mercurius Belladonna Nux vomica Bryonia Pulsatilla Colocynthis Rhus toxicodendron Ipecacuanha Veratrum

Die Ernährung des Kranken.

In früheren Zeiten haben ftrenge Nahrungsporfchriften ohne bejondere Rüdficht auf die Art der Krankheit einen weſentlichen Zeil der Homdopathijchen Behandlung gebildet. Der Begründer der Homöopathie erflärte gewiſſe Beichränfungen in der Auswahl bon Speiſen und Getränfen während einer homöopathiſchen Kur für notwendig, weil er befürchtete, daß die unendlid) Fleinen homöo— pathilchen Arzneigaben durch manche Nahrungd- und Genußmittel in ihrer Wirfung beeinträchtigt werden könnten. Geine erjten Schüler hielten an ven Borjchriften ihres Meifters unerjchütterlich feſt, und e3 gibt auch heute noch eine geringe Anzahl homöopathiſcher Ärzte, die ihren Kranken über die ganze Behandlungsdauer eine fogenannte homöopathiſche Diät auferlegen. Die Mehrzahl der Ärzte hat aber diefe weder durch Erfahrung noch durch die Phyſio— - logie begründeten ftrengen Koftverordnungen fallen laffen, wie ung ſcheint, mit Recht, denn folange weder der Zuftand des Kranken noch die Art feines Leidens eine beftimmte Ernährung erheijchen, iſt eine einfache Hausmannskoſt, d. h. eine leicht verdauliche Koft, ohne jtarfe Gewürze, mit * Fleiſch, viel Gemüſe, Mehlſpeiſen, Kartoffeln und Obſt, bei reichlicher Abwechſſung im Speiſezettel, Ernährungsweiſe während einer homöopathiſchen Be—

andlung.

Bei vielen Krankheiten jedoch iſt die Regelung der Ernährung und der ſonſtigen Lebensweiſe von größter Wichtigkeit. Die Ver— dauungstätigkeit liegt oft mehr oder weniger darnieder. Die Fähig- feit der Verdauungswerfzeuge, die gewöhnlichen Speifen zu ver» arbeiten und dem Körper nubbar zu machen, ift vorübergehend aufgehoben oder mwejentlich herabgeſetzt, jo daß der Kranke wenig Epluft zeigt. Handelt e3 fi) nun um fette, vollblütige und gut

42 I. Einführung in die Homöopathie.

ernähtte Perjonen oder um Kinder mit borübergehendem Fieber oder akuten Verdauungsftörungen, fo läßt man den Franken einfach fajten, bis der Hunger wiederfehrt. Unter feinen Um- ftänden nötige man ihm das Efjen gewaltfam auf. Meift ftellt ſich dann die Eßluſt fchon nad) kurzer Zeit von felbft wieder ein oder es bedarf nur eines freundlichen Zuredens und einiger Aufmunterung bon feiten der Pflegerin.

Kranke mit geſchwächtem Magen follen oft (alle 2—3 Stunden) etwas zu ſich nehmen, aber immer wenig auf einmal. Gpeife- reſte find nach der Mahlzeit fofort aus dem Krankenzimmer zu ent- fernen. Leidende, deren Kräfte jehr notgelitten Haben, müffen auch nachts eine Heine Mahlzeit befommen. Man frage den Kranken nie, wa3 er zu ejjen wünſcht, denn entweder verlangt er Dinge, die ihm verboten find, oder er verliert ſchon durch die Unterhaltung über das Ejjen feine geringe Ehluft. Seht man ihm aber ganz unerwartet eine recht leder zubereitete Speife vor, fo ftellt jich oft auch das gemünjchte Hungergefühl ein.

Die Berdaulichkeit der Speifen hängt viel von der Art ihrer Zubereitung ab. Für Krankenkoſt dürfen nur die beiten Roh⸗ ftoffe verwendet werden. Alle unverdaulien Zeile find zu ent- fernen und die nahrhaften durch geeignete Zerfleinerung und ge- nügend langes Kochen derart aufzujchließen, daß fie, ohne allzu- große Anforderungen an Magen und Darm zu ftellen, möglichft vollftändig ausgenüßt werden. Dabei vermeide man es forgfältig, daß Küchengerüche ind Zimmer des Kranken dringen.

„But gefaut ift Halb verdaut”, jagt ein altes Sprichwort. Dies gilt nicht nur bei Gefunden, fondern in noch höherem Maße für den Kranken. Perjfonen, deren Verdauung darniederliegt, Die an ſchwachem Magen leiden und bei denen eine fräftige Ernährung befonder3 erwünſcht ift, müffen immer wieder zu langſamem Eſſen und ſorgfältigem Kauen angehalten werden.

Bei der Verordnung bon Krankenkoſt muß die Art der Krank⸗ heit, der Sräftezuftand des Kranken und die Leiftungsfähigfeit feiner Verdauungdorgane berüdjichtigt werden.

Fieberkranke müſſen eine leicht verdauliche, wohlſchmedende, aber zugleich nahrhafte Koft befommen, befonders wenn es ſich um langdauernde SFieberzuftände und ftarfen Kräfteverbrauch handelt, wie dies 3. B. bei Tuberkulöfen, Typhuskranken u. dgl. der Fall iſt. Milch, Milchkaffee, Rahmfpeifen, Fleiſchbrühe mit Eigelb, Kraftbrühe, Haferſchleim, Reisbrei, Zwieback, Fruchtſäfte, Apfel- brei und Puddings (Formklöße) verdienen vor den feſten und ſchwerer verdaulichen Speiſen den Vorzug.

Nierenleidende müſſen Gewürze und alkoholhaltige Ge- tränke ſtreng meiden und dürfen nur eine fleiſch- und ſalz— arme Koft befommen.

Gichtleidenden ift eine mehr vegetarifche Lebensweiſe, unter Ausſchluß von Alkohol, zu empfehlen.

Die Ernährung bes Kranken. 43

Bei abgemagerten, ffrofulöfen, tuberfulöfen und nervöſen Kranken ift eine Fräftige Nahrung mit reichlichen Zu- gaben von Fett in Form von Mil, Rahm, Butter, Milch⸗ und Mehlipeifen angezeigt.

Reute, die zu Fettſucht neigen oder fi) ihr Leiden durch Überernährung zugezogen haben, müffen fid) an fnappe Mahlzeiten gewöhnen und dürfen fettbildende Stoffe wie Milch, Eier, Butter, Käſe, Mehlipeifen und Kartoffeln nur in ganz befcheidenen Mengen zu fich nehmen. Mageres Fleiſch, Gemüſe und Obft müſſen ihre Hauptnahrung ausmachen. An Flüfjigfeiten, durd) die die ett- leibigfeit fo jeher begünftigt wird, darf insgefamt (einſchließlich les Guppen uſw.) nicht mehr ala 114 Liter täglich aufgenommen werden.

NRervenleidende und zu Schlaflofigfeit neigende Kranke fühlen fi am wohlſten bei einer fräftigen, fettreichen Nahrung und wenig Fleiſch. Die abendlihen Mahlzeiten dürfen nicht zu furz dor dem Sclafengehen genommen werden, auch dürfen Schlafloſe abends fein Fleiſch eſſen.

Eine ganz beſondere Koſt müſſen Leute einhalten, die an BZuderharnruhr leiden. Während Mehlipeilen, Süßigfeiten, Brot und Kartoffeln verboten oder doch nur in ganz Fleinen Mengen geftattet find, follen Fleiſch, Gemüfe und fettbildende Speijen in reichlicher Menge genoſſen werden. |

Kinder, diean VBerdauungzftörungen leiden, und Perſonen mit ſchwachem Magen fönnen oft die einfachſten Speifen nicht ertragen. In foldden Fällen greift man zu borverdauter Nah- rung, wie wir fie 3. B. in Neftles, Muffler3 und Kufekes Kinder⸗ mehl befiten. |

Kranke, die mit Darmbeſchwerden und Durchfällen be- haftet find, müffen blähende und zu Gärung Anlaß gebende Speiſen meiden und fi) in der’ Hauptfadhe an Schleimfuppen, Reis in Fleiſchbrühe, Sartoffelbrei, Zwieback, geſchabte Rindsſchnitten, Beefſteak, Hühnerfleiſch, mageren Schinken, Heidelbeerabkochung und ähnliches halten, kalte Getränke jedoch ſtreng vermeiden.

Leberleidende, beſonders Gelbſüchtige müſſen die eiweiß- reiche Ernährung einſchränken und auf Fett, Ol und Butter mehr oder weniger ganz verzichten.

Ms Getränke eignet ſich für Kranke am beſten reines, klares, nicht zu kaltes Quellwaſſer. ift das natürlichſte aller Ge- tränke, das namentlich auch von Fieberkranken gerne und in reich- liher Menge genommen wird. Kranke mit ſehr hohem Fieber, die lic) in halbbewußtem Schlummerzuftand befinden, follten in regel- mäßigen Zmifchenräumen aufgefordert werden, Waffer zu trinken.

bei Herzleidenden, bei Fettſüchtigen und bei Kranken, die zu Erbrechen und Durchfall neigen, muß der Flüffigfeitsverbraud) ein- geſchr änkt werden. Alle übrigen Kranken dürfen ihren Durſt nach Delieben ftillen. Gefchmolzenes Eis und Eiswaffer find ſchädlich,

44 J. Einführung in die Homöopathie.

fünftliche und natürliche Mineral- und Sodamajfer für Kranke nicht geeignet. Hat man fein reined Quellwaſſer zur Verfügung oder ift man über die Reinheit des Wafjerd im Zweifel, fo filtriere man Fluß- oder Seewaſſer, koche es ab und gebe es dem Kranken, nad)- dem e3 genügend abgekühlt ift.

Bur Gefdymadsverbefferung werden dem Waſſer vielfach Fruchtſäfte beigefügt. Ihr Nachteil befteht darin, daß fie leicht den Durft fteigern ftatt ftillen und dadurch zu allzuvielem Trinken berleiten. Jedenfalls find die felbftbereiteten Fruchtſäfte den käuf— lichen vorzuziehen. Die im Handel befindlihen Limonaden enthalten häufig Beftandteile, die Kranken nicht zuträglich find. Während des Einnehmens von Aconitum müljen alle fäuer- lihen Getränfe, namentlih Bitronenfaft und Bitronenlimonade, ſtrengſtens vermieden werden.

Für die Geneſungszeit find die alloholfreien Getränke (Fruchtſäfte aus Apfel, Birnen, Trauben, Sohannisbeeren, Heibel- beeren u. dgl.) wegen ihres Gehalte an Nährſalzen allen Alter3- —5— ſehr zu empfehlen und allen alkoholhaltigen Getränken ent⸗ chieden

Die Milch iſt nicht allein leicht verdaulich ſondern auch ſehr nahrhaft, ſie iſt daher das unentbehrlichſte aller Nahrungsmittel für Kranke. Säuglinge, Magenleidende, Fieberkranke und Nieren- leidende können nicht gut ohne Mil auskommen. In rohem Bu- ftand ift fie leichter verdaulich als abgekocht. Mit Rüdjicht auf die weite Verbreitung der Perljucht, der Maul- und Klauenfeuche und anderer anftedenden Krankheiten unter den Kühen ift e8 aber rat- ſamer, dem Kranken nur abgekochte Milch zu geben. Ein fehr erfrifhendes Getränk ift abgejottene und darauf in kaltem Waſſer tafch abgefühlte Milch, dabei darf aber der unten im Glas fich bildende jchleimige Sat nie getrunken werden, denn er enthält meift unreine Beftandteile.

Ein wahres Labjal für Kranke und Gefunde, namentlich wäh- rend der Sommermonate, ift faure Milch nad folgender, von Pfarrer Klett angegebenen Regel bereitet:

Man füllt eine Flafche mit fogenanntem Patentverſchluß biz zum Hals mit abgelochter, noch etwas warmer Milch und fügt von einer auf gewöhnliche Weife geftandenen (jauren) Mil einen EHlöffel Rahm Hinzu. Darauf verfchließt und fchüttelt man die Flaſche, läßt fie 24 Stunden in etwas wärmerer (etma 22—25 ° C.) und 24 Stunden in fühlerer (12—16° C.) Umgebung (Keller) ftehen, worauf fie zum Genuß fertig ift. Vor dem Gebrauch fchüttle man die Flaſche Fräftig. Wenn diefelbe leer ift,reinige man fo fort den Verſchluß pünktlich und gieße, ohne fie auszufpülen, eine bereitge-

altene abgefochte und fafterfaltete Milch nach, worauf die angegebene handlung von neuem beginnt. Bei guter Reinhaltung der Ylafche

ift es möglich, diefen Kreislauf monatelang fortzufeßen, ohne neue Bakterien vermittelft gewöhnlicher faurer Milch beifügen zu müffen.

Die Ernährung bed Kranken. 45

Letzteres ift aber notwendig, fobald die Milch einen unangenehmen fauren Gefchmad zeigt, denn in diefen Fall haben die fogenannten Milchjäurebazillen über die guten Gärungspilze die Oberhand ge- wonnen. Der große Vorzug, den diefe nn bor der fonft üblichen hat, bei welcher alle Keller- und noch fchlimmeren Gerüche von der Milch aufgenommen werden, leuchtet von felbit ein.

Auf diefe Weife zubereitete faure Milch wird befonder3 von nerböfen Kranken, die viel an Blutandrang zum Kopfe und an Shlaflofigfeit leiden, jeder anderen Zubereitung der Milch vor- gezogen. Abends genofjen wirkt fie tatjächlich beruhigend und Ichlafjördernd. Kephyr ift ebenfallß leicht verdaulih. Dan gewinnt ihn, indem man die Kuhmilch durch Zuſatz von Kephyr- pilzen zum Gären bringt. Nach zwei Tagen ift der Kephyr am ihmadhafteften. Durch den leicht fäuerlihen Geſchmack und die darin enthaltene pridelnde Kohlenfäure wirkt er außerordentlich erfrifchend. Dazjelbe läßt fih von Joghurt fangen. Der ebenfalls aus Milch hergeftellte Quark (auch Luckeleskäs genannt) ift leicht verdaulich, angenehm Fühlend und dabei doch nahrhaft, bewirft aber leider bei manchen ftarfe Blähungen.

Buttermilch, d. H. der bei Herftellung von Butter bleibende Milchr ückſtand, kann als Krankengetränk für Er wachſene Verwendung nicht aber für drüſenleidende Kinder und ſtark abgemagerte

anke.

Der Bohnenkaffee iſt ein wohlſchmeckendes Genuß⸗ und An- regung3mittel. Infolge feines ftarlen Koffeingehaltes Hat er aber manche üble Nebenwirfung, jo daß er weder für Gefunde noch für Kranke als tägliches Getränt empfohlen werden kann. Beſchränkt man den Genuß desjelben auf Sonn- und Teittage, fo fann man jich ſeines lieblichen Gefchmades erfreuen, ohne an der Gejundheit Schaden zu leiden. Nur Herzleidende, Nervöſe, Kinder und ftillende Mütter müſſen jich des Kaffees ganz enthalten. Man fann übrigens auf den Bohnenlaffee leicht verzichten, nachdem e3 jetzt wirklich gute Erfagmittel dafür gibt. Die bekannte. Firma Heinrich Trand Söhne in Ludwigsburg ftellt eine Reihe vortrefflic) Ichmedender und mwohlbefömmlicher Kaffee-Erſatzmittel her, von denen namentlich der „Feigenkaffee“ und der „Kornfrand” weite Verbreitung gefunden haben. Da jie frei von allen jchäd- lihen Nebenwirkungen find, können fie täglich von Gefunden und Kranken getrunken werden. Einen ebenfall3 aut jehmedenden und unſchädlichen Kafſee-Erſatz ftellt die Firma Wittig & Co. in Cöthen der. Sie hat ihn unter der Bezeichnung „Dr. Lutze's Homöo- pathifcher Gefundheits- Kaffee” in den Handel gebradit.

Chineſiſcher Tee follte ebenfalls nur bei außergemöhnlichen Sreignifjen getrunfen werden. Nervöſe und Herzleidende müſſen ganz darauf verzichten. Abends genojjen regt er auf und ver- ſcheucht den Schlaf. Neiner chineſiſcher Tee ift nad) großer Er⸗ müdung und bejonder3 bei Nahrungsmangel ein vorzügliches Ge-

46 J. Einführung in die Homdopathie.

tränf. Für mande Kranke ift eine Taſſe Tee ein wahres Labfal, befonder3 für folche, die an ſchwachem Magen oder an zu ſtarker Säurebildung leiden.

Kakao und Schokolade find dem Kaffee und Tee in vielem borzuziehen. Mit Milch und Buder zubereitet find fie nicht nur ein wohljchmedendes, fondern vor allem aud) ein nahrhaftes Ge- tränk. Durd) Beimifchung von Hafer (Haferkafao) fann der Nähr- wert des Kalaos noch weſentlich erhöht werden. Für Kinder und Kranke darf nur entölter Kafao benügt werden. Ein jehr nahr⸗ haftes und mohlbefömmliches Nährmittel mit Kakaogeſchmack ift Dr. Theinhardt’8 Hygiama, das mit Waffer und Milch zu- bereitet von Sranfen mit ſchwachem Magen gerne genommen wird.

Fleiſchbrühe ift nicht allen Kranken zuträglid) und ihr Nähr- tert ift außerordentlich gering. Herzleidende Flagen nach einer Taffe Fleiſchbrühe oft über verftärktes Herzflopfen. Genejenden dient fie zur Anregung der Eßluſt. Häufige Verwendung in der Krankenpflege findet die fogenannte Kraftbrühe, ein jelbit- bereiteter Sleifchertraft. Rohes, mageres Fleifch, frei von Haut und Sehnen wird in feine Würfel gefchnitten, in eine Flaſche getan, mit etma3 Waffer übergoffen und 6 Stunden lang im Wafjerbade gekocht, worauf die Flüſſigkeit abgefeiht wird. Ihr Vorzug gegen- über der Fleiſchbrühe liegt darin, daß fie einen gewillen Nähr- wert hat.

Noch diel umftritten ift die Frage, ob man Kranken alkohol⸗ hHaltige Getränke geben darf oder ob ein ftrenges Verbot ohne jede Ausnahme iſt. Früher hat man den meiſten Kranken, jedenfalls allen Geneſenden Wein verordnet. Davon iſt man heute mit Recht wieder abgekommen. Bei Anfällen von Herzſchwäche iſt ein Glas Champagner oder etwas Kognak mit Ei oft ein unerſetzliches Belebungs- und Anregungsmittel. Auf Ge- neſende und alte Leute wirkt ein Glas Wein belebend und reizt zum Eſſen. Im übrigen ſollten aber Kranke auf alkoholhaltige Getränke lieber verzichten.

Ein wichtiges Nahrungsmittel iſt die Butter. Wegen ihres Wohlgeſchmackes und ihrer leichten Verdaulichkeit, worin ſie alle andern Fettarten übertrifft, iſt ſie zur Ernährung Kranker beſonders geeignet. Gemüſe, Braten und andere Speiſen für Kranke, deren Herftellung Fett erfordert, dürfen nur mit frifcher Butter zu- bereitet werden.

Weniger befömmlich, aber wegen feines Reichtum an Eiweiß- ftoffen von bedeutendem Nährwert ift der Käſe. In ganz Heinen Mengen regt er oft die mangelhafte Verdauung an, in größeren Mengen ift er aber ſchwer verdaulich und daher als Srankenkoft nicht verwertbar.

Eier ſind als Rühreier oder wachsweich gekocht eine nahr⸗ hafte und gut verdauliche Krankenkoſt. Rohe Eier ſind ſchwer verdaulich. Gegen hartgeſottene Eier iſt nichts einzuwenden,

Die Ernährung des Kranken. 47

wenn der Kranke dazu angehalten wird, fie lange und gründlich zu fauen. Schwerverdaulich und zur Krankenernährung meniger geeignet find Spiegeleier. Die Giedezeit für weiche Eier ift 3 Minuten, für wachsweiche Eier 4 und für harte Eier 5 Minuten; längeres Sieden ijt immer ſchädlich. Belanntlid) dürfen die Eier aber nicht gleich in kochendes Waſſer gelegt werden, weil jonft die Schale zerfpringt und Waſſer eindringt. Vor übermäßigem Genuß bon Eiern, dem man früher in der Kranken⸗ und namentlich aud) in der Stinderernährung jehr Häufig begegnete, ift dringend zu warnen. Mehr als eines, höchſtens zwei Cier täglich follte ein Kranker nicht zu ich nehmen.

Puddings (Formflöße) unterfcheiden ſich durch ihre ſchaumige, lockere Beſchaffenheit von Aufläufen und anderen Milchmehl- ſpeiſen. Sie ſtellen wenig Anforderung an die Kauwerkzeuge und können daher beſonders auch Kranken gegeben werden, die ſchlechte oder überhaupt keine Zähne mehr haben. Kalt genoſſen werden ſie von Fieberkranken oft allen andern Speiſen vorgezogen. Mandelpuddings ſind außerordentlich ſchwer verdaulich und daher ſtreng vom Speiſezettel für Kranke auszuſchließen.

Unter den pflanzlichen a NE der Reis wegen feiner leichten Verdaulichkeit an erfter Stelle. Aber auch Hafer, Grieß und Sago find nahrhaft, nicht allzuſchwer ver- dauli und können daher zur Herftellung von Suppen, Auf. läufen uſw. für Kranke verwendet werden. Ein Grief- oder Sagoauflauf ift leichter verdaulih aB ein aus gewöhnlichem Mehl hergeſtellter. |

nter den Eierteigmaren fommen beſonders Nudeln und Makkaro ni Krankenkoſt in Betracht. |

Brot darf nie frifch gegeſſen werden. Altgebaden oder leicht gerditet ift eg für Kranke am zuträglichften. Weißes Brot ift leichter verdaulich als ſchwarzes. Zwiebad und Keks (Kruſtenküchlein), frei von Gewurzen, find für Leute mit ſchwachem Magen oder bei akuten Verdauungsftörungen noch mehr zu empfehlen.

Gemüje find wegen ihres Gehaltes an Mineral- und Nähr- falzen wertvolle Nahrungsmittel. Ihr Nährwert und ihre Ber- daulichkeit hängt aber zu einem großen Teil von der Art ihrer Zu- bereitung ab. Zur Herftellung von Krankenkoſt darf nur ganz frifcheg Gemüfe verwendet werden. Alle ſchwer verdaulichen Zeile, wie Stengel, holzige Blattrippen, zähe Faſern u. dgl. müflen forgfältig befeitigt werden. Das zum Dämpfen benütte Waffer enthält eine Menge leichtlözlicher Nährſalze und darf daher nicht weggegoſſen werden.

Bu den leichtverdaulichen Gemüfen zählt man den Spinat, der jich wegen feines hohen Gehaltes an Eifen und andern Nähr- falzen befonderd für die Ernährung blutarmer Patienten eignet, ferner gelbe Rüben (Karotten), Schwarzwurzeln und grüne Erbjen. Hülfenfrühte wie Bohnen, Erbjen und Linfen

48 I. Einführung in die Homöopathie.

find zwar fehr nahrhaft, aber ſchwer verdaulihd. Kohl⸗ und Krautarten geben leicht zu Blähungen Anlaß. Manche Kranke ertragen aber ſelbſt Sauerkraut überrafchend gut, wenn e3 mit Butter oder Gänfefett zubereitet wird. Bei Magen- und Darm- franfheiten ift natürlich größte Vorſicht am Platz.

Kartoffeln befommen den Kranken gewöhnlich ala Kurtoffel- brei beſſer als in irgend einer andern Form. Geröftete Kartoffeln find ſchwer verdaulich und nur Geſunden zu- trägli.

Die Pilze, deren Nährwert etwa den Gemüfen gleichlommt, ftellen an die Verdauungsorgane ziemlich große Anforderungen; Kranke verzichten daher befjer ganz darauf.

Reich an Nährjalzen ift dag Obſt. Es wird aber bon vielen Kranken in rohem Zuftand fchlecht ertragen. Steinob ft ift ſchwerer verdaulih aB Kernobſt. Apfelmus ift Fieberfranfen und foldhen, die an Stuhlverftopfung leiden, fehr zu empfehlen. Trau- ben, Himbeeren und Erdbeeren werden mwegen ihres G©aft- reichtums von Kranken, die ſehr durftig find, gerne begehrt. Xo- hannisbeeren regen die natürlichen Darmbewegungen mächtig an, und finden daher, wie gelochte Zwetſchgen, Hausmittel egen Stuhlverftopfung Verwendung. Frühmorgens in den eeren Magen genommen wirken fie am beiten.

Bon den Fleiſchſorten find Kalbfleifch, Ochjenfleifch, mageres Hammelfleiſch, vom Geflügel junge Hahnen, Tauben, Yafanen und Truthähne, vom Wildbret Hajen- und Nehrüden am befümm- lichſten. Schmweinefleifch und das Fleifch von Gänfen und Enten ift wegen jeined großen Fettgehaltes außerordentlich ſchwer zu verdauen und daher nidht3 für Kranke. Auch beim Fleifch Hängt viel von der Zubereitung ab. Gut durdgebratenes, aber noch weiches Fleiſch iſt Kranken am zuträgliciiten. In rohem und halb- fertigem Zuftand iſt das Fleisch als menjchliche Nahrung überhaupt nicht zu empjehlen. Man läuft dabei nicht allein Öefakr. den Bandwurm oder Trichinen u. dgl. zu befommen, fondern kann durch Berfebungen, die im Darm vor fid) gehen, aud) an Eelbft- vergiftung erkranken.

Bon den Fiſchen find die Seefifche leichter verdaulich als die bei und einheimifhen Süßwaſſerfiſche. Als Krankenkoſt können nur Forellen, Hecht, Karpfen und Schleien in Trage fommen; die übrigen, befonder® Wal, Lachs, Salm und Heringe find wegen ihres hohen Tettgehaltes ſchwerverdaulich.

Krebſe, Hummern, Auftern und andere Schaltiere rufen bei leicht empfindlichen Stranfen Hautausfchläge hervor und können, un fie nicht mehr ganz friſch find, geradezu Vergiftungen ver- anlaffen.

Der Zuder wird irrtümlichermeife noch von vielen Leuten für ein reined Genußmittel, für eine Art Schledware gehalten. Reiner BZuder ift in Wirklichkeit ein ganz wertvolles Nahrungs⸗

Die Ernährung bes Kranken. 49

mittel, ein großer und jchneller Kraftſpender und daher für Leute, die fich Zörperlich fehr anftrengen müſſen (Radfahrer, Turner, Bergfteiger u. dgl.) beſonders zu empfehlen. Die Vorliebe der meiften Sinder für Güßigfeiten findet in diefer Cigenfchaft des Buder3 feine Erflärung und Berechtigung. Im Übermaß len ſchadet er allerdings den Zähnen und ruft eine franfhafte Anfamm- lung von Säure im Magen hervor. Sacharin und andere künſtliche Süßjtoffe bejigen nicht den geringjten Nährwert und können höchſtens zur Gejchmadverbefjferung bei Kranken, denen der Genuß bon Zucker verboten ift, angewandt werden.

Ein an BZuder außerordentlich reiches Nahrungsmittel ift der Honig. Er ift fogar noch nahrhafter und leichter verdaulid) al der Buder. Bei Huften und Schleimhauterfranfungen ber oberen Luftwege ift er ein bemwährtes Löjemittel. Ihn aber als Mllheil- mittel zu preifen und ihn gegen alle erdenklichen Krankheiten zu empfehlen, wie die von mancher ©eite immer wieder von Beit zu Beit gejchieht, geht vielzu meit. Kranke dürfen nur reinen Schleuderhonig genießen, alle Zutaten und Mifchungen, die meijt nur dazu beſtimmt find, den Honig zu ftreden, beeinträchtigen feine Berdaulichkeit.

Das Salz, ein unentbehrlicher Beftandteil des menfchlichen Kür- per3, gehört zu den notwendigften Lebensbedürfniſſen. Der Koch- ſalzbedarf unſeres Körpers ift ganz erheblich, er wird täglich auf etwa 15 Gramm gefchäbt. Da mir faft alle unfere Speijen jalzen, nehmen wir bei der gewöhnlichen Hausmannskoſt Hinreihende Mengen Salz zu uns, um den täglichen Bedarf zu deden. Im Übermaß genoffen wird es zum Gift und fchädigt befonderd die Nieren.

AB Gewürze bezeichnet man die Zuſätze, die Nahrungs- mitteln beigemengt werden, um fie wohlriechender und mohl- Ichmedender zu machen. Da die meiften der in- und ausländischen Gemwürze wie Pfeffer, Nelfen, Zimt, Muskatnuß, Ingwer, Kümmel, Ani, Safran, Zwiebel, Knoblauch uſw. ſtark arzneiliche Eigenſchaften beſitzen, dürfen fie bei der Zubereitung von Kranfen- foft nicht angewandt werden.

Dad Tabakrauchen ift nur Gefunden geftattet. Kranke, namentlich) Herz» und Nervenleidende, müſſen darauf verzichten. Wer nad) erfolgter Genefung glaubt, dem Tabakgenuß nicht ganz entjagen zu können, verjuche es einmal mit nioltinfreien Bigarren.

Tabakſchnupfen ift ebenfo häßlich wie das Tabakkauen. Geſunde und Kranke ſollten von ſelbſt auf eine ſo abſcheuliche Gewohnheit verzichten.

Zum Schluß noch einige Bemerkungen über die

Kleidung. Kleider ſollen nicht nur bequem ſitzen, ſondern auch für den Beruf taugen. Alles, was die Bewegung hindert, iſt für Körper Hering⸗KNRaehl, HU. 4

I

50 I. Einführung in die Homöopathie.

und Geift ſchädlich. Modetorheiten, die eine unnatürliche, gefund- heitsſchädigende Einjchnürung oder eine übermäßige Entblößung einzelner Sörperteile verlangen, follte fich fein vernünftiger Menſch unterwerfen.

Vom hygieniſchen Standpunft aus ift die Unterfleidung nod) weit wichtiger al die Oberkleidung. In gefundheitlicher Beziehung muß die Unterfleidvung unter anderem folgende wichtige Aufgaben erfüllen: 1. Regelung der Wärmeabgabe durch die Haut; d. h. fie muß einerfeit3 imftande fein, unfere Haut in Fühler Um- gebung vor zu reichlicher Wärmeabgabe zu ſchützen und andererjeit3 bei warmer Außentemperatur die in unferem Körper gebildete überfhüffige Wärme leicht durchgehen laffen. 2. Begünftigung der Berdunftung durch die Haut; d. h. die Unterfleidung darf der fortgejegten, durch die Haut ftattfindenden Waſſerverdunſtung fein Hindernis entgegenfeßen; jie muß vielmehr auch imftande fein, die Schweiß ausgeſchiedene Flüffigkeit in fich aufzunehmen. Daraus geht hervor, daß die Unterfleidung vor allem porös, d.h. uftdurchgängig fein muß, und daß es ebenfofehr auf die Art des Gewebes ald auf den Grundftoff anfommt, aus dem die Unter- Heidung hergeſtellt wird.

Die meiften Vorzlige vereinigt die von Prof. Dr Guſtav Jäger eingeführte Wollunterlleidung in fich, weil die Wolle jich weit mehr zu einem loderen Gewebe verarbeiten läßt als 3. B. Grund- Stoffe, die aus Pflanzenfafern gewonnen werden, und meil fie auch viel mehr Feuchtigkeit in fih aufnehmen kann. Kränfliche, nament- Ich zu Erkältung und Rheumatismus neigende Perfonen follten unbedingt mollene Unterwäfche tragen.

Wer fi) auß irgendwelchen Gründen dazu nicht entichließen fonn, wer 3. B. eine fo empfindliche Haut Hat, daß er Wolle unmittelbar auf dem Körper nicht verträgt, der wird in der Lahmannſchen Reformwäſche, einem aus Baummollfafern hergeftellten Zrifotgemwebe, eine pafjende Unterfleidung finden.

Am menigften eignet ſich Leinengewebe als Unterfleidung, namentlich) wenn es auch noch gejtärft und dadurd) feiner ohnehin geringen Ruftdurchgängiafeit noch mehr beraubt ift. Nur Fräftige Menſchen von berber Natur können es ohne Gefährdung ihrer Gefundheit wagen, die von Pfarrer Kneipp empfohlene leinene Unterfleivtung Sommer und Winter hindurch zu tragen.

Kleider, Betten, Deden und Wäſche kann man nicht oft genug lüften und an die Eonne bringen. Die Sonne bleicht beſſer als der tückiſche Chlorfalf und reinigt befjer als ftinfende Seifenbrühe. Für Kranfe ift ein Wechfel der Wäſche nicht felten jchädlich: man ſei aljo vorfichtig in der Anlegung frifcher Wäfche.

Zweiter Teil. Die häufigſten Krankheitsurſachen.

Erſter Abſchnitt. Gemutsbewegungen.

Schred und Furcht.

Der nachteilige Einfluß eines Schredend zeigt ſich entweder fofort oder erft nad) einiger Zeit. Nach einer freudigen Über- raſchung, die bei Kindern und Frauen nicht felten Zittern, Ohn- macht und Schlaflofigfeit hervorruft, gibt man, befonderd wenn fie viel weinen und jchreien, Coffea.

Nach einem gewöhnlichen Schreden mit Entfegen über irgend ein Getöfe oder dergl. gibt man, wenn ſich die nadhteiligen Folgen ſofort einftellen, Opium, treten fie jedod) erft eine Stunde fpäter auf, befier Aconitum.

Sit der Schred mit großer Furcht und Hitegefühl im Kopfe verbunden, fo ift Opium angezeigt. Schred mit augenblidlichem Arger verlangt Aconitum, wenn Betrübnis und Gram darauf folgen, Ignatia.

Denn nad einem Schreden Gchmerzen in der Gtirne, faure8 Erbrechen oder Aufftoßen, Schwäche und kalter Schweiß oder Betäubung mit innerer Hite, Angft und Schwere im Unter- leib oder Kälte des Körpers mit Zufammenzuden oder Bittern, Bruftbeflemmung, Atemverjegung mit Angſt, Starrwerden, un- natürlicher Schlaf mit lautem Schnarchen auftreten, fo gibt man Opium in Waſſer aufgelöft, alle Viertelftunden einen Teelöffel voll. Hilft die nicht innerhalb einer Stunde und überfommt den Kranken nach Erbredhen oder nad) wenig Huften da3 Gefühl, al3 müſſe er erftiden, wird das Geficht bläulich, ohne daß der Patient Ichnarcht, weinen Kinder vielund greifen um ſich, zittern ermachjene Leute ängftlich und behalten einen pfeifenden Atem, fo ift Sam- bucus da3 angezeigte Mittel. Gteigert ſich die Atemnot bis zum Erftiden und treten heftige Schmerzen in Magen und Herzgrube auf, jo gibt man Aconitum.

Wenn Krämpfe und Zudungen der Glieder auf den Schred folgen, und ver Kranke bewußtlos ift oder nicht mehr gut fehen kann,

52 II. Die häufigften Krankheitsurſachen.

zittert, fchwer atmet, den Stuhl von ſich gehen läßt, wenn das Geficht ftarf gerötet und die Gliedmaßen kalt find, Hilft Opium, und wenn daraufhin nicht baldige Beſſerung eintritt, Ignatia oder Glonoin. Letzteres fommt hauptjählich dann in Betracht, wenn fich Störungen im Sehen einjtellen, wenn der Kranke fchlaff zufammenfinft und totenblaß wird oder wenn feine Gefichtöfarbe bald rot bald blaß wird, wenn er die Finger frampfhaft augeinander- ſpreizt und wenn id) ein Zuden um den Mund und in den Gliedern bemerfbar macht. Sit dagegen der Rüden ſehr fteif, jo paßt Ig- natia beller. —*

Wenn Kinder infolge eines Schreckens Krämpfe bekommen, laut aufſchreien, mit Armen und Beinen zucken und zittern, mit heißem Kopf, viel Schweiß und Röte im Geſicht, jo Hilft Opium oder jpäter Belladonna. Bei bleihem Ausfehen baßt Ig- natia und bei großer Kälte und unfreimilliger Stuhlentleerung Veratrum. (Giehe auch den Abjchnitt über „Krämpfe“ im III. Zeil, Seite 358.)

Erbreden und Magenbefhmwerden nad) Schred erfordern Aconitum.

Gegen Durchfälle, die ſich nach heftigen Gemütserjchütte- rungen wie 3. B. nach unangenehmen Nachrichten, nach heftigem Schreden oder großer Furcht einftellen, ift Gelsemium hilfreich). Bei gleichzeitiger Kälte und Bittern hilft Veratrum, mährend bei innerlicher Hite und äußerlicher Kälte oder bei heißem Körper und Talten Gliedern Pulsatilla, bei heißem Kopf Opium da3 geeignete Mittel ift.

Ohnmachten von Schred verlangen Opium. Wenn der Kranke kalt wird, fprigt man ihm kaltes Waſſer ing Geſicht und wäjcht die Füße mit faltem Waſſer ab. Kehrt die Ohnmacht mehr- mals wieder, jo läßt man den Patienten öfter an Kampher riechen.

Wenn auf einen Schred da3 Blut jehr nad) dem Kopfe fteigt, fo gibt man zuerft Opium, wenn das nicht Hilft, Aconitum, und wenn der Blutandrang nad) 6 bis 8 Stunden oder noch [päter ji wiederholt, Belladonna.

Bleibt der Kranke nad) einem Schreden fortwährend in Angst und Aufregung und wollen die andern Mittel nicht helfen, jo wird Belladonna gute Dienfte tun. Belladonna ifthaupt- ſächlich dann angezeigt, wenn auf einen Schred oder eine Kränkung Bermwirrung des Berftandes folgt, wenn Blutandrang nad) dem Kopf, ermeiterte Pupillen, gerötetes, brennend Heißes Geficht, trodene Nafe, ſchmerzhafter Hal und Schmerzen, die ſich dom Naden nad) dem Kopf eritreden, vorhanden find. Daneben befteht gewöhnlich große Aufregung. Der Kranke tobt und mwütet und fürchtet jich vor Dingen, die er bor fich zu ſehen glaubt.

Bleibt der Hals empfindlich und ift der Kranke jehr geſchwäztzig, deflamiert, redet und erzählt viel, jpringt beftändig bon einem Gegenſtand auf den andern über, fo Hilft Lachesis. Bei großer

1. Gemütsbewegungen. 53

Gleichgültigkeit und Traurigkeit, befonder3 abends, dann und warn mit Lachen wechjelnd, bei großem Stolz und Verachtung anderer, bei ungebeurer Angjt und Todesfurcht und bei zu ftarfer Regel gibt man Platina. Bleibt nad) großer Furcht die Regel plößlich aus, jo verfuche man zuerft Aconitum und fpäter Pul- satilla.

Wenn Belladonna gegeben wurde, aber nicht alle Er— fcheinungen zu bejeitigen vermochte, wenn der Kranke ängſtlich bleibt und nad) der geringften Anftrengung über Bittern und Blut— wallungen klagt, infolge fürchterlicher Einbildungen nicht einjchlafen kann, nachts fich Schlechter fühlt, die Bettwärme nicht ertragen kann und im Bett Gliederreißen befommt, wenn er immer dabonlaufen und entfliehen will, jehr zankſüchtig ift und fich über feine Familie und jedermann beflagt, jo Hilft Mercurius,

Furcht iſt überhaupt fehr oft mit Schred und Angſt ver- bunden, und e3 helfen dann die dort angegebenen Mittel.

Sind Rinder furchtſam, fo Hilft entweder Aconitum abends oder Belladonna morgens gegeben. Fürchten ſie fich allein zu fein, fo gibt man Arsenicum, bei Furcht vor allen Menſchen Pulsatilla. Fürchten fie ji) nur im dunklen Zimmer und verlangen fie ftürmijch nad) Lit: Stramonium.

Bei Durchfällen von Furt Hilft Veratrum, befonders wenn die Furchtiamen kalt und zittrig werden; find fie innerlid) heiß und äußerlich falt oder der Leib Heiß und die Glieder kalt, Pulsatilla, ijt der Kopf heiß, Opium. Wenn die Furdt anhält und die Kranken fich einbilden, Tote zu jehen, fo gibt man Arsenicum; meinen fie, ®iebe feien im Haufe verborgen: Natrum muriaticum.

Bei Furcht vor dem Tode, verbunden mit großer Aufreguna, heißem Kopf und rafhem Puls, wobei der Kranke fogar den Tag jeine3 Todes vorherjagt, ift Aconitum am Plate. Fürchtet fih der Kranke vor dem Tode, iſt er blaß, hinfällig und gänzlich hoffnungslos: Arsenicum.

Krankhafte Furcht vor einer Schulprüfung oder vor einem erftmaligen Auftreten in der Offentlichkeit (Bühnen- oder Lam- penfieber) bejeitigt Gelsemium.

Furcht, geiftesfranf zu werden und andere könnten e3 bemerfen, mweift auf Calcarea carbonica hin.

Furcht verbunden mit Stumpffinn, Schlingbeſchwerden, Lachen im Schlafe oder Zufammenjchreden verlangt Hyoscyamus.

Kummer und Sram

ziehen meift üblere Erfcheinungen nach ſich als andere Einflüffe auf dad Gemüt. Die plöglichen Folgen laffen ſich in der Regel bald befeitigen; bei den langwierigen trifft Dieß nicht immer zu. Aber ohne die rechte Arznei für die Seele helfen auch die andern Mittel

54 U. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

nicht3. Wer daher bei der Wahl der Arzneien die Gemütsfymptome nicht berüdfichtigt, wird Häufig eine Enttäufchung erleben müffen.

Bei ftillem, innerem Verdruſſe mit Scham oder bei verbifjenem Ürger und großer Betrübnis, von der fi manche nicht faffen und erholen können, nach großen Berluften oder wenn irgend etwas fortwährend am Gemüt nagt, nimmt man Ignatia.

Wenn Erbrehen, Magenbejchwerden oder Kopfweh und Schwindel durch) Gram hervorgerufen werden, ift ebenfalls Ig- natia angezeigt; tritt nicht baldige Beſſerung ein, fo gibt man Phosphori acidum,. Sann jemand infolge angreifender, niederfchlagender Ereignifje nicht ſchlafen und liegt er nädhtelang im Bett, ohne daß jih ein Schlafbedürfnis einftellt, jo Hilft Sulphur.

Bei Fallſucht, die durch Gram oder Kränkung veranlaßt wird, gibt man zuerft Ignatia. Während des Anfalß ift Opium und einen Tag nad) jedem Anfall Phosphori acidum zu geben.

Wenn unglüdlihe Liebe die Urjache Stillen Kummers ift, jo paßt Ignatia, befonders wenn die eine Wange oft rot wird. Einige Tage fpäter läßt man, wenn der Kranke ſehr ftill und in ſich gefehrt iſt oder ein jchleichendes Sieber mit zeitweiliger Nöte der Wangen befommt, Phosphori acidum nehmen. Glaubt ſich der Kranke zu fehr gefränft und meint, er habe e3 nicht verdient, jo gebe man ihm Staphysagria.

Fühlt ſich jemand durch aroße Teilnahme an ber Krankheit oder fonjtigen Leiden eine Freundes ſehr angegriffen, jo hilft Phosphori acidum. Bird der Gram durd) Eiferſucht ver- anlaßt, jo gibt man, wenn der Kranke vermwirrte Dinge Spricht und fehr heftig if, Hyoscyamus. Manchmal Hilft Lachesis beſſer, bejonder3 wenn der Eiferfühhtige mürriſch und tückiſch ift, wenn er mit jedermann darüber [pricht und ſich beim Erwachen und nach jedem Eſſen ſchlimmer fühlt. Zanken fich Liebespaare oder Eheleute aus Eiferfucht, fo verfudde man Hyoscyamus.

Folgt nad) Kränfungen eine Verwirrung des Berftandes, jo vergleihe man Belladonna, Hyoscyamus, Mercu- rius und Platina, wie fie unter Schred angeführt wurden. Kommt dem Kranken alles, was er fieht, größer vor, jo gibt man Hyoscyamus, erfcheint alles Heiner, Platina; fieht er alles trüb, ſchwarz und doppelt, Belladonna oder Mercurius und [päter Sulphur.

Leidet jemand an Heimmeh und kann nicht fchlafen, ift er heiß und im Geficht rot, fo hilft Hyoseyamus. Tritt dar- nad nicht vollitändige Beſſerung ein und klagt er über Hitze im Hals, hinten im Rachen, fo gibt man Capsicum. Folgt nad)» her ein Morgen hüſteln, das jedesmal eine halbe Stunde anhält, jo verordne man Drosera. Bekommt der Kranfe eine Art Ab- zehrung und will er nicht [prechen, weil die Bruft zu ſchwach Sei, iſt er jehr Ichläfrig und ftumpf, gedankenlos, in fich gefehrt, mürriſch,

1. Gemütsbewegungen. 65

hat er oft abends Hige und ſchwitzt morgens viel, will er nicht efjen, weil es ihn im Magen drüde, jo hilft Phosphoriacidum. Wenn er fehr angegriffen, fröftelnd, zitternd, unruhig, ängftlich ift und unter Nachtſchweißen leidet, fo ift Mercurius angezeigt.

Wenn Sram, Schred, Angſt, Furcht oder Ärger einen zu frühen Eintritt de8 Mo natsfluſſes veranlaffen, oder wenn er ſich zu start und mit Schmerzen einftellt oder durch Gram unterdrüdt wird, hilft Platina.

Bei langwierigen Folgen von Gram oder Summer, wenn der Kranke verdrießlich, ärgerlich, unruhig, furchtfam, traurig und wegen ber Bufunft bejorgt ift, wenn er immer gleid) das Schlimmite denft, wenn feine Sprache matt wird, befonder3 wenn er tagsüber Ichläfrig ift, in der Nacht aber doch wenig ſchlafen kann, wenn er Tag und Nacht ſchwitzt, über Haarausfall Hlagt, fo paßt Staphys- agria. Wenn er aber nur aus Verdruß nicht ſprechen mag, abgezehrt und fiebrifch wird, fo ift Phosphoriacidum an- gezeigt. Iſt er hingegen zänkiſch, widerwärtig, empfindlich und leidet an Anfällen von Angſt, fo verfucdhe man Mercurius.

Ärger.

Bei nachftehenden Folgen eined Ürger3 gebe man Chamo- milla: bei bitterem Mundgeſchmack, Würgen und Erbrechen von Galle, Kopfichmerz, Übelkeit, Magendrüden, Leibfchneiden, Durch— fall, Sieber mit Hiße, großem Durſt, rotem Geſicht und geröteten Augen, Gallenfieber oder Gelbjucht verbunden mit Angft und Un- ruhe. Das Mittel ift nur in feltenen Gaben, nach Zwiſchenräumen bon 6, 8 oder 12 Stunden zunehmen. Wenn Kältegefühl, Fröfteln, bittere3 Aufftoßen, Herausmwürgen von bitterem Wafjer, Stuhlver- ftopfung oder Morgendurchfall auf einen Ärger folgen, jo gibt man Bryonia, und wenn die3 nicht helfen follte, Veratrum. Bei Fiebererſcheinungen mit furzem Atem, Herzklopfen oder Drud im Magen wie von einem Stein paßt Aconitum.

Wenn jemand mit Ärger gegeffen oder getrunken hat und bitterer Geſchmack, bittered Aufftoßen, Erbrechen von Galle, Leib» weh, Hitze im Kopf, Unruhe, jchledter Schlaf, Empfindlichkeit oder andere Beſchwerden darauf folgen, jo hilft Chamomilla.

Hat jemand wegen eines Fieber3 nach Ärger ſchon Kamillentee getrunfen, jo gibt man Coffea, wenn ba3 nicht hilft, Nux vomica; bleiben dann noch Schmerzen zurüd, Colocynthis oder bei jonft fanftmütigen Perfonen Pulsatilla.

Gegen Ärger mit Kränkung, ftillem Verdruß, Gram oder Scham hilft Ignatia. Folgen Kälte des Körpers oder Froſt und bleibt der Kranke fehr ärgerlich, dann wende man Bryoniaan. Hilft Dies nicht, jogebe man Nux vomica. Letzteres ift auch bei ftarfer Neigung zum Born angezeigt. Wenn der Ärger mit heftigem und gerechtem Unmillen verbunden ift, wenn der Krane alles, mas

56 II. Die häufigen Krankheitsurſachen.

er in der Hand hat, von fich wirft oder auf dem Tifch immer alles bon fich mwegjchiebt, fo verorvne man Staphysagria. Bei Neigung zu heftigen Bewegungen, ferner bei Leibweh, nament- lich wenn es jich nach dem Eſſen einftellt oder ärger wird, ift Colo- eynthis beffer.

Arsenicum gibt man gegen Unruhe, Todedangft, Schlaf⸗ Iofigfeit, Furcht vor dem Mleinfein und Atemnot. Folgen Huften oder Herzklopfen, Kurzatmigfeit mit Bruftfrämpfen und Erftidungs- anfällen, fo nimmt man Chamomilla. Ein erprobte Mittel für foldhe Fälle ift da8 Eintauchen der Hände in kaltes Wajfer, etwa 1 Minute lang, ober falß e3 daraufhin nicht befjer werden jollte, der ganzen Arme in warmes Waffer, bis die Beſchwerden nachlaſſen.

Berichlimmerung nad) Mitternacht weift auf Arsenicum hin; dauern die Beſchwerden nod) bis gegen Morgen und ift e8 dem Kranten zu Mut, als ob er den Verſtand verliere, fo iſt an Vera- trum zu denfen.

Born,

Wenn bei heftiger Gemütdart nad) einer fchnellen Aufmwallung des Zorns Beichwerden entitehen, hilft Nux vomica, bei glühen- den Baden, rotem Gejicht und warmem Schweiß nad) Born Cha- momilla. Dasſelbe Mittel ift auch angezeigt, wenn nach einem heftigen Zornesausbruch oder einer feeliichen Erſchütterung Gelb- ſucht entjteht. Born mit gerechtem Unmillen verbunden, bei Leuten bon nachdenflicher Gemütsart, die über allgemeine Schmerzhaftig- feit, über Tagesſchläfrigkeit und nächtliche Schlaflofigfeit klagen, verlangt Staphysagria. Tolgt eine Verwirrung des Ber- ftandes auf einen Zornausbruch, folgt Ärger mit Angft, Furcht vor dem Tode und rafcher Wechfel zwifhen Lachen und Weinen, fo ift Platina ein trefjlicheg Mittel.

Geraten Kleine Kinder leicht in Zorn und verlieren den Atem oder verfallen gar in Krämpfe, jo gibt man Chamomilla; wenn fie den Atem verlieren und e8 im Halfe raffelt, als ob er voll Schleim wäre, einige Gaben Tartarus emeticus. Wenn fie viel weinen und fchreien und deshalb viel huſten müfjen, oder wenn Born und Geſchrei zudendes Herzklopfen und Bluthuften hervorrufen, auch wenn nur große Berichlagenheit auf den Born folgt; wenn der Gefchmad bitter ift und der Atem faulriecht, wenn fie matt und teilnahmlog daliegen, Kopf und Leib heiß, Arme und Beine kalt, wenn fie zuerjt jehr gereizt und dann ganz gleichgültig find, Stuhl und Harn von fich gehen laffen, fo wende man Arnica an. Weinen fie lange Zeit fort und laffen fich nicht beruhigen oder fteigt ihnen dag Blut nad) dem Kopf, fo daß fie verwirrt reden oder bemwußtlo3 find, jo gibt man Belladonna und wenn dies nicht ausreicht, Heparsulphuris. Sieber, das einer großen Auf- regung folgt, dürfte durch Aconitum leicht zu beheben fein.

1. Gemütdbewegungen. 87

Empfindlichleit und Reizbarkeit.

Viele Menjchen werden bon den geringiten Gemütsbewegungen jo angegriffen, daß allerlei förperliche Beſchwerden darauf folgen. Wenn dieſe große Empfindlichfeit mit Ürgerlichfeit, Schlaflofigfeit, Schmerzhaftigfeit der franfen Teile verbunden ift, fo daß der Patient weinen muß, und wenn leicht Tränen Herborgerufen werden, hilft Coffea. Daß dann fein Kaffee getrunfen werden darf, verjteht ſich von jelbft.

Bei großer Angegriffenheit und Gereiztheit der Nerven, großer Empfindlichkeit aller Sinne, Schredhaftigkeit, Angftlichkeit, Neigung zum Liegen, Wider willen gegen freie Luft, heftigem, widerjpenftigem Sinne, wenn bei Frauen die Regel zu jrüh erjcheint, unterbrochen wird und fich zu jehr in die Länge zieht, verordne man Nux . vomica. Sind die Sranfen dagegen geduldig und mehr zum Weinen geneigt, Klagen Frauen über zu |päten, zu geringen oder unterdrüdten Monat3fluß, jo gebe man Pulsatilla. Beigräm- lichen Frauen hilft Ignatia, während eine Ärgerliche, zornige Gemütsanlage am beiten mit Chamomilla beeinflußt wird.

Wer liberreizt ift, viele Pläne macht und zu mandyen Stunden, befonder3 abends ſehr aufgewedt ift, erhalte China. Wenn jemand vor Schmerzen außer jich fommt, jo gebe Man ihm Cof- fea; hat er dabei Fieber mit hartem, vollem, rafhem Puls, fo ift Aconitum zu verſuchen und, fofern dies nicht helfen follte, Chamomilla. Perſonen, welche durch Schmerzen leicht außer lich geraten, namentlich, wenn dieſe nach jeder Erfältung oder jedem Witterungsmechfel wiederlommen und durch Berührung jchlimmer werden, werden durch China geheilt. Verſchwinden darnad) nicht alle Ericheinungen, fo gibt man nad) 6 Stunden eine Gabe Mercurius. Wenn die Schmerzen da3 Gemüt bis zum Irre⸗ reden angreifen, fo paßt Veratrum. Wenn Kopfweh, Ohn- macht oder Blutandrang nad) dem Herzen jeder Gemüt3erjchütte- rung oder Geiftesanftrengung folgt, jo hilft meift Glonoin; da3 Mittel kann bei jeder Berfchlimmerung wiederholt werden. Bleibt der Kranke troßdem fehr angegriffen und erjchöpft oder mutlos und unruhig, fo gibt man eine Gabe Cuprum und martet die Wirkung ab.

Berurfacht jede geiftige Anftrengung, wie 3. B. Leſen, Lernen oder Nachdenken Beſchwerden, fo gibt man je nach der Gemütsart de Kranken Nux vomica oder Ignatia.

58 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Zweiter Abſchnitt. Folgen von Erkältungen.

Die Einwirfung von alter Luft, von Zugwind, Feuchtigkeit oder Näſſe auf den Körper, beſonders auf die Hautoberflädhe, bewirkt jehr oft eine Störung oder völlige Unterbrechung der Aus- icheidungstätigfeit.. Wir ſprechen dann von Erkältung. mehr die Haut zur Zeit der Kälteeinwirfung mit Blut überfüllt ift, deſto Schlimmer find in der Regel die darauf folgenden Buftände. Man fürchtet im Volle nicht mit Unrecht den „zurüdgejchhlagenen Schweiß“, d.h. Abkühlung der Haut zu einer Zeit, in der fie eine ihrer michtigften Aufgaben, nämlih die GSchweißabfonderung verrichtet. Je nach der Körperanlage de3 einzelnen find die durch eine Erfältung hervorgerufenen Beſchwerden fehr verjchieden. Bei dem einen entjteht Schnupfen, beim andern Huften oder Fieber, bei einem dritten Kolik oder Durchfall, bei einem vierten Reißen in Zähnen oder Ohren, bei einem fünften rheumatifcher Gelenf- oder Musfeljchmerz. |

Sobald man fühlt, daß man ſich erfältet Hat, Halte man jid) mäßig warm und achte darauf, daß die Füße möglichft teoden bleiben. AltoHolifche Getränke und Gewürze find ganz zu meiden, ebenjo ift da3 Eſſen von Fleiſch einzufchränfen. Sind noch feine beftimmten Folgen der Erfältung wahrzunehmen, jo empfiehlt es fich, um Schweiß zu erzeugen e8 mag Sommer oder Winter fein vor dem Schlafengehen ein Glas kaltes Waffer zu trinken, worauf man ſich gemöhnlid) andern Tages wieder mwohler fühlt. Wenn Sinder nicht zum Waffertrinfen veranlagt werden können, oder wenn man ſchon im voraus weiß, daß e3 bei dem einen oder andern feinen Schweiß hervorbringt, jo gebe man gleiche Teile Milch und Waſſer mit etwas Buder verjüßt oder Lindenblütentee recht warm zu trinfen. Wöchnerinnen fommen durch Chamomilla leicht in Schweiß; Haben Sie infolge von Zugluft Kopfweh, befonders auf der rechten Seite, oder Schmerz im Naden vom Aufligen und Bloßmerden, ME Belladonna. Treten Schmerzen in den Schultern beim Tragen de3 Kindes auf, joift Rhus toxicoden- dron angezeigt. Tritt aber der Kopfichmerz mehr linksſeitig auf und ift Hopfend und ftechend, fo Hilft Bryoniaoder Spigelia, da3 erftere, wenn die Schmerzen bi3 in die Unterkiefer, Arme oder Bruft ziehen, das leßtere, wenn die Beſchwerden zum größten Teil in = Schläfe, dem Auge, Oberfiefer und am Herzen empfunden werden.

GStarfe Männer und Fräftige Frauen mögen gegen eine Er- fältung nad) Erhigung abends Heißes Wafjer mit Buder und etwas ano, einen Grog, trinfen. Bei heftigem Kopfweh nüßt

onoin.

2. Folgen von Erkältungen. 69

- Wenn jemand im Winter naß gemorden und dann fteif ge- froren war, jo gebe man ihm eine Taſſe ſchwarzen Kaffee und, jollte er darauf nicht ihlafen können, nacht3 einige Gaben Nux vomıca.

Gegen Kopfweh von Kindern, die winters fchneeballten, turnten und fi) erhigten, dabei najje Füße befamen und ſich erfälteten, hilft Glonoin, namentlich bei heißem Kopf, gerötetem Geficht, raſchem Puß, roten Augen und Flopfenden Halsſchlagadern. Glonoin paßt aud, wenn fie den Kopf halten oder die Stirn gedrüdt haben wollen und jagen, der Kopf fei zu groß, oder wenn fie anfangen zu raſen und zu toben. Manchmal ift nachher noch Belladonna oder Bryonia zu geben.

Iſt infolge einer Erkältung der Schweiß zurüdgetreten und stellen fic) Schmerzen im Kopf, in den Ohren, Bähnen oder im Unterleib ein, fo nehme man Chamomilla, bei Schmerzen nur in den Ohren Rhustoxicodendron. Wurde man in einem ftarfen Schweiß vom Wegen durchnäßt, jo hilft Rhus, und wenn dies nicht ausreicht oder wenn man Jich gleichzeitig ſchwer anftrengen mußte, Bryonia.

Wenn im Spätjommer die Temperatur nad) großer Hibe plößlich ſehr zurüdgeht und jedermann ſich erfältet, ift meift Belladonna das paſſende Mittel. Hält naßkaltes Wetter lange an, jo ijt bei Kindern, Frauen und fehr empfindliden Männern Nux mo- schataam Plate. Crlältungen im Yrühjahr und Sommer mit Fieber, VBöllegefühl im Kopf und Fröfteln den Rüden entlang oder Srfältungen und Schnupfen bei jedem Witterungswechfel können dur) Gelsemium raſch befeitigt werden.

Biehen naffe Füße Schnupfen nach fi, jo gibt man CGepa; folgen auf Erfältung Huften und Gliederjchmerzen, Rhus toxicodendron; maden ich andere Beſchwerden bemerkbar, jo mähle man je nach den einzelnen Erſcheinungen zwiſchen Cha- momilla, Pulsatilla und Mercurius.

Gegen vertriebenen Fußſchweiß Hilft Silicea. Zur Unterftügung nimmt man einen Kübel voll Roggen- oder Weizen- fleie, erhitt fie im Badofen, jchüttet eine hHandhohe Lage in den Kübel, ftellt die Füße darauf und ftreut fodann die übrige Kleie, jo heiß man fie leiden kann, um die Füße, bis dieje über die Waden hinauf bededt werden. Das Kleienbad muß mwenigiten eine ftarfe halbe Stunde genommen werden. Tritt nach zurüdgetretenem Fußſchweiß Reißen in den Füßen auf, fo hilft oft Kochſalz, das man heiß macht und in die Strümpfe ftreut.

Nah Haarſchneiden folgen Häufig, befonders bei Kindern, Kopfmweh und Erfältungen. Belladonna ift in diefem alle Vorbeugungd- und Heilmittel. Stellt fi) nach Haarſchneiden Ohrenweh ein: Ledum.

Iſt infolge einer Erkältung ein Ausſchlag zurüdgetreten, jo gibt man Bryonia, Ipecacuanha oder Sulphur.

60 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Schnupfen ift mohl eine der häufigften Yolgen von Erfältungen. Schnupfen, bei dem der Kranke weder riechen noch ſchmecken fann, erfordert Pulsatilla, Hite im Kopfe und den Augen, Schmerz in ber Nafe Belladonna. "Bei Perftopftiein der Naſe Hilft Nux vomica oder Ipecacuanha. ®erurfahen von der Cee fommende Winde einen Fließfchnupfen, der ſich abend? und im Zimmer verfchlinmert, im Freien beffert und mit Kopfjchmerz, Augentränen und Fieber verbunden ift, jo nimmt man Cepa.

Ein bemwährtes Mittel gegen heftigen Fließichnupfen ift eine weitgehende Beichränfung der täglichen Flüſſigkeitsaufnahme und zwar mehrere Tage lang.

Sit ein bereit3 bejtehender Schnupfen durch neue Erfältung zurüdgetreten, verjchlimmert fi) der Zuſtand nachmittags und ift der Kranke fehr mweinerlich und niedergeichlagen, jo gibt man Pul- satilla;ijt dagegen nacht3 oder gegen Morgen eine Berjchlimme- rung wahrnehmbar oder ift der Kranke ſehr verdrießlich, empfindlich und aufgeregt, jo läßt man ihn China nehmen. Wenn nad) zurüdgetretenem Schnupfen Heftige SKopfichmerzen über den Augen auftreten, befonder3 rechts, und da3 Geficht ftarf gerötet ift, fo hilft Belladonna; bei linksſeitiger Verſchlimmerung und blaffem Geficht iſt jedoch Spigelia angezeigt.

Huften und Atembeſchwerden.

Tritt nach einer Erfältung trodener Huften auf oder bleibt, nachdem die übrigen Folgen der Erfältung befeitigt jind, ein trodener Huften zurüd, jo nehme man Nux vomica; ift er von Würgen oder Erbrechen begleitet: Ipecacuanha; ein hohler Huften, der Erbrechen verurfadht, verlangt Carbo vegetabilis. Bei Erfältungshuften der Kinder mit zähem Auswurf im Winter hilft Chamomilla; bei feuchtem Huften paffen Pulsatilla oder Dulcamara. (Giehe die Seite 215 ff. unter „Huften” aufgeführten Mittel.) Für Huften, der nach jedem falten Luftzug wieder fommt, paßt Acidum phosphoricum; fommt der Huften wieder durch Bloßliegen eines Armes oder Fußes und ift er hohl und angreifend, fo gibt man Hepar; wird er jchlimmer nad) dem Zubettlegen und beim Warmwerden im Bett, fo Hilft Nux moschata.

Wenn der Huften von Falter Luft herrührt, troden und krampf⸗ artig ift, mit Erbrechen oder blutigem Ausmwurf einhergeht, von ftehenden Schmerzen in der Ceite, im Kopf oder unter den Rippen und raſchem harten Pulfe begleitet ift und durch einen Kitzel im Halfe hervorgerufen wird, gibt man Bryonia. Bei weichem Puls und bejtändigem Wundheitsſchmerz mit wenig Stechen, viel Brennen, Herzklopfen und Bruftbellemmung paßt Carbo vegetabilis.

Wenn auf eine Erlältung Utembejhhwerden folgen,

2. Solgen von Erkältungen. 61

müßte der Kranke erjtiden, fo gibt man Ipecacuanha, wenn nötig, ſtündlich oder Halbjtündlich eine Gabe; follte das nicht helfen, fo verfudhe man Arsenicum. Manchmal pafjen aud) andere Mittel wie Nux vomica, Cuprum oder Sam- bucus, bei heftigen Erftidungganfällen Kali carbonicum. (Siehe übrigen? auch „Aſthma“ und „Krupp“.)

Durchfall und Bauchſchmerzen.

Bei Leuten, die ſchwache, empfindliche Verdauungsorgane al äußern ſich die Folgen einer Erfältung mit bejonderer Bor- iebe in Durchfällen. Wenn jogleich auf eine Erfältung Durchfall eintritt und die Ausleerungen ein grünes Ausfehen haben, gibt man Aconitum. Erfolgt der Durchfall erft nach) mehreren Stunden oder noch [päter, ift der Kranke vorher naß geworden und klagt nun über Leibmweh, jo paßt Dulcamara. Schmerzloſe Durchfälle nach Erfältungen, die den Tag Über am ſchlimmſten find und nachts befjer werden, verlangen Ferrum, bei Verſchlimmerung gegen Morgen Acidum phosphoricum.

Kommt der Durchfall vom Eiswaffertrinten, fo ift Arseni- cum das Hauptmittel (vergleiche Abſchnitt 4).

Wenn Durchfall nach großer Hite durch Erfältung bei ſchwitzen⸗ dem Körper oder in kaltem Waffer entjteht, mit viel Hitze im Kopfe, und wenn etwas Leibſchneiden oder nur Schmerz beim Drüden in der Herzgrube und im Leibe vorausgeht und der Stuhl viel Un- verdautes enthält, jo ift Bryonia angezeigt. Bei Blähungen, Schneiden um den Nabel beim Stuhle, großem Zwang, Schwäche, wenn die Stühle mit Blut und Schleim gemifcht find oder wenn der Keanke viel Higige Getränfe genoffen Hat, it Nuxvomica am Plate. Wenn viel Schleim und Blut abgeht, gebe mar die auf Seite 302 ff. gegen Ruhr empfohlenen Mittel. Bei lang- wierigen, aber weniger heftigen Durchfällen Hilft Sulphur.

Heftige, drüdende, krampfartige Leibjchmerzen nach einer Cr- fältung, denen fcharfe, dünne, bräunliche, ven After brennende Durchfälle folgen, fönnen mit China befeitigt werden. Dieſes Mittel ift namentlich auch dann von Nuben, wenn man nad) einer Erkältung mitten in der Nacht mit Frampfartigen Schmerzen erwacht; oft Hilft es, noch ehe jich der Durchfall entwideln kann. Biehen die frampfartigen Schmerzen unter den Rippen von recht? nach links und find fie mit völlig erfchöpfenden Durchfällen ver- bunden, hat der Kranke ftet3 eine meißbelegte Zunge, klagt er viel über üblen Mundgerucd) und Kopfweh nad) jedem Frühſtück und ift er den ganzen Tag dufelig und fchläfrig, fo paßt Nux moschata.

Sit der Leibſchmerz heftig reißend, mit der Empfindung, als ob die Gedärme fich wänden, jo daß der Kranke vor Unruhe Hin- und herläuft, und als ob der ganze Leib hohl wäre, befteht Übelfeit, Erbrechen und find die Durchfälle wäſſerig, ſchleimig oder grünlich, wie faule Eier riechend, fo gibt man Chamomilla.

62 - HD. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Wenn die Erfältung von der Abendluft herrührt und der Durdy- fall grün und mäfferig ift, wenn der Entleerung viel Preſſen voraus- geht, mit Neinung zur Ohnmacht, die Schmerzen im Unterleibe ichneidend, im Oberleibe drüdend find mit ftetem unficherem Gefühl, ob nicht Durchfall eintritt, wern Kollern im Leibe, Kneipen in der Herzgrube, Reifen im Unterleibe mit Übelkeit, Schütten und Soft dabei find, fo it Mercurius angezeigt.

Iſt teilmeife auch Magenverderbni® mit [hub am Durchfall, hat der Kranke viel Schweinefleifch oder Fettes, Backwerk u. dergl. gegefjen, ift das Leibfchneiden nachmittags, befonder3 aber abends oder nacht ärger, gehen Blähungen im Leibe umher oder ift der Baud) äußerlich fchmerzhaft, jo wende man Pulsatilla an. Diefes Mittel paßt befonders audh bei Schwangeren, wenn mwehen- artine Schmerzen mit auftreten.

Wenn auf eine Erfältung Schmerzen mit Weinerlichkeit, großer Empfindlichkeit und Schlaflojigkeit folgen, gibt man Coffea.

Eind die Schmerzen fehr heftig und ift der Kranke ganz außer ſich darüber, fo paßt Chamomilla, wenn die nicht hilft, Cuprum arsenicosum.

Bei Verfchlimmerung der Schmerzen im Freien und alten, bei Beſſerung in der Wärme und bei fehr veränderlicher Stimmung greife man zu Nuxmoschata.

Kopfweh.

Bei heftigem Kopfweh von Erkältung mit Blutandrang nach dem Kopfe und Klopfen in demſelben, Verſchlimmerung beim Gehen, Treppenſteigen, bei jedem Schritte, jeder Erſchütterung, beim Büden oder bei Bugluft, al3 jollte der Kopf auseinander- getrieben werden, gibt man Belladonna. it das Kopfweh mehr drüdend, nur an einzelnen Stellen vorhanden und mit Obren- braufen und Schwerhörigfeit verbunden, fo paßt Dulcamara. Iſt es, ala wäre das Gehirn loder und loſe und fchlüge beim Schütteln des Kopfes an die Schädelmände, hat man Kopfweh nad) dem Frühſtück, ift eg nach jedem Eſſen ſchlimmer, und ift Schwindel, Schläfrigfeit und Dufeligfeit dabei, foift Nux moschata angezeigt.

Kopfweh, das durd) Aughufi entitanden ift und nur die äußeren Teile des Kopfes bejällt, verlangt Nux vomica; find die Schmerzen aber mehr im Innern des Kopfes, joift Belladonna am Plage. Gegen Kopfmweh, dad vom Baden entjtanden iſ und auf Belladonna nicht weichen will, mit Übelfeit, Schwindel, ver- dorbenem Magen verbunden ift und beim Tabakrauchen jchlimmer wird, empfiehlt ſich Antimonium crudum oder Bryonia.

Augenbeichwerden

infolge von Erkältung lafjen fi) durch die unter „Augenfrant- heiten” (jiehe Seite 180 ff.) aufgeführten Mittel befeitigen. Sehr

2. Solgen von Erlältungen. 63

oft it Dulcamara dagegen angezeigt. Bei Augenentzündung nad) ſcharfem, kaltem Winde ift Aconitum fehr nüblid. Gind viele Schmerzen, Hige, Entzündung der Augen, ſcharfes Tränen und Lichtſcheu vorhanden, fo Hilft Belladonna oder Mer- curius,

Wenn die Schmerzen nicht fo ftark find, fondern mehr Be- ichwerden beim Sehen und Leſen mit Funkeln vor den Augen beitehen oder wenn dem Kranken jede Erfältung in die Augen zieht, gibt man Dulcamara und ſpäter Sulphur oder, wenn der Stranfe die erwähnten Mittel bereit befommen Hatte, Galcarea carbonica. |

Ohrenbeſchwerden

entſtehen oft nach einer Erkältung. Bei viel Sauſen in den Ohren und Schwerhörigkeit wendet man Dulcamara an; kommt es nad) einiger Beit wieder und bringt Dulcamara feine Befferung, fo iftan Sulphur zu denfen. Bei einer mehrjährigen Taubheit nad) Erfältung half Bryonia.,

Bei heftigem Ohrenzwang von Erkältung hilft bei Kindern faft immer Rhus toxicodendron. Bei äußerlidem Reifen und innerlihem Stechen, großer Trodenheit des Ohres und ärgerlicdem Gemüte gibt man Chamomilla; bei Reifen, Stechen und Obrenzwang: Nux vomica. St das Gemüt mehr ftill, weiner- lich, da3 Ohr feucht oder laufend oder jehr heiß und rot, find die Schmerzen reißend und zudend, manchmal auch im Gefichte, fo hilft Pulsatilla. Neißen, Stedhen und Braufen im Ohr mit wenig Hite und Nöte, aber vielem, wundmachendem Ausflug von Blut und Eiter ſowie Anfchwellung der Ohren und Halsdrüfen weifen auf Mercuriusbhin. Bleibt daraufhin noch Eiterausfluß mit Saufen und Brennen in den Ohren zurüd, fo hilft Sulphur.

Zahnſchmerzen nach Erkältung werben gewöhnlich durch Chamomilla, Rhus toxicodendron oder Nux moschata gehoben. Siehe darüber bei „Bahnfchmerzen” nad. Wenn bei jeder Erfältung die Bahnfchmerzen mwiederfommen, fo Hilft China oder Mercu- rius, fpäter Sulphur.

Haldichmerzen,

die bon Erfältung herrühren, können in vielen Fällen durd) Bella- donna, Dulcamara, Sulphur oder Mercurius be- feitigt werden.

Wenn das Halsweh vom Falten Trinfen fommt, ift Bella- donna angezeigt; hat man fi) über und über erfältet: Dulca- mara. Sit der Haß innen fehr troden und heiß, zeigt ſich viel

64 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Drang zum Schlingen, viel Speichel im Munde, find die Mandeln angefhmollen und verurfadden Sprechen und Sclingen ftechende Schmerzen, iſt da3 Schlingen bejchwerlich, räufpert der Kranke viel, befürchtet er zu erftiden, weil alles zu eng ift, und kommen Getränfe wieder die Nafe herab, jo gibt man Belladonna im Wechfel mit Mercurius. Für zankſüchtige Kranke, die jich Durch eine Erfältung Halsbeſchwerden zugezogen haben, die viel ſchwitzen, ohne Erleichte- rung zu finden, deren Zunge wie gelähmt erjcheint, die jich aber weniger über Schmerzen beflagen, paßt Dulcamara. Mer nach jeder Erkältung Mandelentzündung befommt, mird durch regelmäßigen Gebrauh von Baryta carbonica 30. davon befreit werden. Giehe übrigend auch den Abjchnitt fiber „Halsentzündung” im III. Teile (Seite 242 ff.).

Übelkeit und Erbrechen.

Wenn dieſe Erſcheinungen einer Erfältung folgen, fo ift be- ſonders nad) zurüdgefchlagenem Ausſchlag oder Friefel Ipeca- cuanha, ein-, zwei- oder breiftündlich gegeben, angezeigt. Tritt darauf Feine Befjerung ein, und ift das Erbrechen jehr jauer, bitter und mit viel leerem Würgen verbunden, fo paßt Belladonna; befteht das Erbrechen aus zähem Schleim, fo tan Dulcamara zu denken. Übelfeit nad) einer Erfältung, die fehlimmer wird nad) Bewegung, Eſſen, Sprechen, beim Fahren oder nach dem Schlafe, verlangt Cocculus. Kommt die Übelfeit bei jeder Bewegung und kann der Franke fich trotzdem nicht ruhig verhalten, ift er ſehr ſchwach, durftig und verträgt er da3 Trinfen nicht, jo paßt Ar- senicum. Geſellen fich zur Übelkeit noch Krämpfe, fo gibt man Cuprum. über Erfältung des Magens durch falte Früchte oder Eiswaſſer jiehe Abfchnitt 4, Seite 78.

Gliederreißen,

das nach einer Erkältung entſteht und von großer Unruhe im kranken Teile begleitet iſt, ſo daß er immer hin und her gelegt werden muß mit dem Gefühl, als läge das kranke Glied überall zu hart oder als ſei es taub oder wie verrenkt, ſchlimmer beim Auftreten und Er— ſchüttern, manchmal ſo heftig, daß der Kranke laut aufſchreit, wenn jemand im Zimmer umhergeht oder laut ruft, verlangt Arnica. Iſt viel Hite und Fieber damit verbunden, jo gibt man zuerft einige Stunden Aconit und dann erft Arnica.

Bei Gliederfchmerzen, die nachts und in der Ruhe fchlimmer jind, mit Lähmung und Kälte der Glieder, blaſſer Geſchwulſt, Brennen an den Füßen oder roter Geſchwulſt an der großen Zehe, fteifem Naden, trodener Haut und übelriechenden Schweißen ohne Erleichterung, gibt man Dulcamara und fpäter, wenn not- wendig, noch Mercurius.

Kommt da3 Bliederreißen beij jeder Erfältung wieder, ift es

2. Solgen von Erlältungen. 65

mit Schlingbeſchwerden verbunden, fchlimmer in der Ruhe und befier beim Hin- und Herbemwegen, mit Schwellen der großen Zehe, vielem Weißen, Brennen und Slopfen, fo ift Phosphori acidum zu empfehlen. Sind die Öliederfchmerzen von Anſchwel⸗ lungen de3 Knies oder Gelenkknoten an Hand und Finger begleitet, jo gibt man Sulphur, und wenn das nicht ausreicht, Cal- careacarbonica.

Wer Eis angreift oder trägt, hat nachher oft Schmerzen in den Händen und Armen; wenn Wärme lindert, hilft Arsenicum, bisweilen au) Carbo vegetabilis, wenn Wärme verjchlim- mert, Secale. Wenn da3 Glied blau und ſchwarz wird und ihwillt, paßt Lachesis.

Weitere Mittel gegen Gliederreißen findet man im III. Teil bei „Rheumatismus“ (Seite 407).

Sieber

nah Erkältung, befonder® wenn Arger oder andere Gemüts— bemegungen mit Dazu beigetragen haben oder wenn das Eifen und Trinfen nicht gut befam, wenn Froft und Hite miteinander ab- wechleln, verlangt Nux vomica. Bei trodenem Sieber mit großer Unruhe, beſonders bei Kindern, gibt man Aconitum. Wird die Haut etwas feucht, fo gibt man kaltes Waſſer oder warme Milch mit Waffer zu trinken, worauf fi) gewöhnlich Schweiß ein- jtellt und das Fieber verjchwindet.

An manden Fällen können au) Belladonna, Chamo- milla, Dulcamara, Ignatia oder Pulsatilla in Frage

fommen. Erkältlichkeit.

Es gibt Leute, die das ganze Jahr hindurch an den Folgen von Erkältungen leiden. Jeder kalte Luftzug bringt einen Schnupfen, jeder Wetterveränderung folgen Gliederſchmerzen, bei jedem kalten Nordoſtwind ſtellt ſich eine Halsentzündung oder Zahnweh, a u. dergl. ein. Diefe übergroße Empfindlich- feit gegen Kälte und Ruftzug kann man durch nicht3 beifer befämpfen und allmählich los werden, als durch planmäßige Abhärtung wäh- rend der Sommermonate und den innerlichen Gebrauch pafjender homöopathifcher Mittel. Aber man muß die Sadje nicht nur Flug, womöglich vom Arzt beraten, anfangen, fondern auch planmäßig, borjichtig und beharrlich durchführen. Die vorzüglidhe ee Wirkung täglicher Fühler Waſchungen des Gejichtes, Halſes, der Bruft, öfters aud) des ganzen Körpers ift allgemein befannt. Aber nicht alle Leute ertragen kalte Wafchungen. Vielen Empfindlichen - tun tägliche Quftbäder von fteigender Zeitdauer, die man ebenſo wie die Wafchungen zu Haufe bei geöffnetem Yenjter vornehmen fann, viel befjere Dienfte. Wie man ſich jo vom Sommer in den Herbit und fchließfich in den Winter Hinein an das Fühler werdende

Hering-Haehl, HU. - 5

66 II. Die häufigiten Krankheitsurſachen.

Waffer und die fühlere Außentemperatur gemöhnt, fo erhöht ſich die Widerftandsfähignfeit des Körpers, und die Empfindlichkeit gegen Kälte und Zugluft fchwindet.

Die allzugroße Erfältlichfeit kann aud) dadurd) gemindert werden, daß man jich viel im Freien aufhält, mehr Falt als warm trinft und Kaffee und erhitende Getränfe möglichit felten und ſparſam genießt. Bon den homdopathifchen Arzneien fommen befonder3 Coffea, Belladonna, Nuxmoschata, Nux vomica, China, Dulcamara, Silicea, Carbo vege- tabilis und Calcarea carbonica in Betradit; die drei leßteren gibt man in feltenen Gaben nad) größeren Zwiſchenräumen.

Scheut ſich jemand vor der Kälte und fühlt fich doch zugleich fhlimmer im warmen Bimmer, jo gibt man Apis; hat er große Luſt ind Freie zu gehen, wobei er fich aber ftet3 einen Schnupfen holt, fo verordne man Cepa.

Berfonen, die ſich troß Abhärtung immer wieder erfälten, und bei denen jedes kalte Lüftchen Fröfteln hervorruft, werden durd) Nux vomica oderChamomilla günjtig beeinflußt. Werden die Schmerzen durch Kälte verfchlimmert, fo iftan Arsenicum zu denken. Für Leute, die fich leicht Finger oder Nafe erfrieren, empfiehlt e3 jich, die gegen Kälte empfindlichen Körperteile mit Kampherjpiritus einzureiben, ehe fie ins Freie gehen.

Wer feinen Wind ertragen fann, nehme Carbo vege- tabilis; bei großer Empfindlichfeit gegen Bugluft laffe man nad) Zwiſchenräumen von 5 bis 6 Wochen Belladonna, Sulphur, Silicea und CGalcareacarbonica nadeinander nehmen. Erfältung infolge von naßfaltern, ftürmifchem Wetter verlangt Nux moschata, wenn äußere Wärme die Schmerzen lindert, und Mercurius, wenn Wärmeanmwendungen die Schmerzen fteigern.

Bei Erkrankungen durch feuchtfaltes Wetter muß man haupt- fählih an Dulcamara, Nux moschata, Rhus toxi- codendron oder Veratrum und vielleicht [päterhin noch an Carbo vegetabilisoder Galcarea carbonica denken.

Wer durch Gewitter beeinflußt wird, nehme Bryonia und jpäter Silicea. Phosphor und Sulphur find für foldhe Perfonen ebenfall3 mertvoll. Gegen allzugroße Angjt während eine3 Gemitter3 find Gelsemium und Glonoin zu verſuchen.

Verſchlimmern ſich die Befchwerden bei jedem Temperatur- wechſel, fo gebe man zuerft Mercurius, Rheum oder Rhus toxicodendron, und wenn man damit nidht3 ausrichtet, Sulphur und fpäter Silicea. Perfchlimmern fie fich beim Übergang von warmem in faltes Wetter, fo it Dulcamara oder Rhus toxicodendron angezeigt; bei Übergang von falten in warmes paßtCarbo vegetabilis oder Lachesis und bei feuchtem Wetter Nuxmoschata.

Criältungen im Frühjahre verlangen ſehr oft Veratrum oder Rhus toxicodendron oder Carbo vegetabilis;

3. Folgen v. Erhigungen, übermäßig. AUnftrengungen u. Erfhöpfungen. 67

im Sommer Belladonna, Bryonia, Antimonium crudum oderCarbo vegetabilis, im Herbſt Veratrum, Mercuriusoder Rhus toxicodendron;im Winter, wenn es troden if, Aconitum, Belladonna, Bryonia, Nux vomica, Ghamomilla, Sulphur, mandmalaud) Ipe- cacuanha, wenn es aber feudtift, Nux moschata, Dulca- mara, Veratrum oder Carbo vegetabilis. Näheres über da3 jeweils pafjendfte Mittel fchlage man bei den betreffen- den Beichwerden (©. 58—65) nad). Hier follen nur die Mittel angeführt werden, die in zweifelhaften Fällen den Vorzug verdienen.

Dritter Abſchnitt.

Folgen von Erhitungen, übermäßigen Anftrengungen und Erfchöpfungen.

Kopfichmerzen infolge von Hitze.

Durch Aufenthalt in der Sonne mit bloßem Kopf oder Naden, dur Einfchlafen in der Sonne oder am heißen Ofen oder offenen Kamin entjteht Häufig Kopfweh, gegen da3 befonder3 folgende Arzneimittel in Betracht fommen:

Glonoin bei heftigem a nad) dem SKopfe, als wollte der Kopf zeripringen, bei argem Klopfen und Wehtun, am ichlimmften beim Kopfichütteln.

Belladonna bei Sopffchmerz, der ſich beim Büden fteigert, mit großer Angst und Unruhe, Schlaflofigfeit, heftigem Wefen oder großer Verzagtheit, leichtem Erſchrecken, Furcht und Weinerlicheit.

Bryonia bei auseinanderpreffendem Schmerz, al ob der Kopf zerjpringen würde, mit viel Durft und ärgerlicher, zorniger Gemützjtimmung. Ebenſo ift e8 angezeigt, wenn im Sommer nach großer Hite oder Anftrengung in der Sonne, durch Erhigen bor dem euer, beim Kochen, Bügeln u. dergl. Kopfweh auftritt. Der Kopf ift zum voll; es beſteht Appetitloſigkeit, Durſt und Fieber, manchmal ſtellen ſich auch Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle ein.

Carbo vegetabilis: jede Erhitzung verurſacht Kopfweh, das von Schwere und Klopfen, Drücken über den Augen und Schmerz der Augen beim Sehen begleitet iſt.

Sonnenſtich und Hitzſchlag ſind die Folgen erhöhter Wärmeanſammlung im Körper und kommen an heißen, aber ſchwülen und windſtillen Tagen am häufigften vor. Leute, die anftrengende körperliche Arbeit ver-

68 II. Die häufigften Kranlkheitsurſachen.

richten müffen, enge Mleidungsftüde tragen, befonders enge Hals⸗ fragen, und dabei lange Beit der Hitze ausgeſetzt find, fallen dem Hitzſchlag und Sonnenſtich am häufigften zum Opfer. Durd) an ftrengende Tätigkeit, durch die Einwirkung heißer Quft oder un- mittelbarer Sonnenbeftrahlung wird ganz erheblich mehr Wärme als gewöhnlich im Körper angefammelt, während gleid)zeitig das ſchwüle Wetter (die feuchtigkeitsgeſchwängerte Außentemperatur) eine ausreichende Abgabe von Wärme durch die Haut verhindert. Wird der. durch Schweiß verloren genangene Beftand des Körpers an Waffer nicht durd) regelmäßige Zufuhr von Flüffigfeit erſetzt, fo wird allmählich) da3 Blut eingedidt und damit ift die erfte Be— dingung zu einem Hipichlag gegeben. Dem Hitzſchlag gehen gemöhnlih al Vorboten voraus: Nöte und Anſchwellung des Geſichtes und der Hände, Kopfichmerzen, Trodenheit des Mundes und Nafenbluten. Auf Fragen gibt der Betroffene nur langfam Antwort; dann ſinkt er plößlic) lautlos zufammen. Die Atemzüge fteigern fich nicht felten auf dag Doppelte und Dreifache, der Puls wird äußerft rajch, die Schmeißabfonderung ftodt, die Haut wird heiß und troden, die Körpertemperatur erreicht einen ganz unge- wöhnlich hohen Grad. Ä

Während Hibfchlag auch bei bededtem Himmel entftehen Tann, ift der Sonnenftich meift die Folge einer unmittelbaren Ein- wirkung der Sonnenftrahlen, bejonders auf Kopf und Naden. Der davon Betroffene verjpürt kurze Zeit vorher einen Drud über den Augen, heftigen Schwindel und Angftanfälle, dann wird es ihm plötzlich ſchwarz vor den Augen und er bricht ohnmächtig zu- fammen. Erhöhung der Körpermwärme, eine der twidhtigften Er— iheinungen des Hitzſchlags, ift beim Sonnenftich felten mwahr- zunehmen; manchmal ift die Temperatur des am Sonnenftid) Erkrankten fogar unternormal.

VBerhüten laſſen fich diefe gefährlichen Zufälle Hauptfächlich dadurd, daß man darauf achtet, dem Körper an heiten, ſchwülen Tagen. in regelmäßigen Ziwifchenräumen Getränke, und zwar befonder3 leichten Tee oder Kaffee zuzuführen, um fo die durd) Schweiß verloren gegangene Flüſſigkeitsmenge wieder zu erjeßen. Der Genuß don Branntwein und anderen alloholhaltigen Ge— tränfen ift durchaus verfehrt. Tyeldarbeiter, die in der Sonnenglut ihrer Beichäftigung nachgehen müſſen, follten Kopf und Naden durch geeignete Bededung vor den glühenden Sonnenftrahlen jhüßen und von Zeit zu Zeit einen befchatteten Pla auffuchen.

Die Behandlung des vom Hitzſchlag oder Sonnenſtich Be- troffenen befteht zunächft darin, daß man den Kranken an einen fühlen, jchattigen Ort verbringt, alle eng anliegenden Kleidungs⸗ jtüde lodert und Kopf und Bruft hoc) lagert. Bei tiefer Ohnmacht ober mangelhaften Atmen ift fünftlicje Atmung einzuleiten. Auf den Kopf macht man einen Falten Umſchlag, wäſcht Geficht und Körper unter Fräftigem Reiben mit faltem Wafjer ab und verfucht

3. Folgen vd. Erhigungen, übermäßig. Anftrengungen u. Erfhöpfungen. 69

dem Kranken von Zeit zu Zeit etwas Flüffigfeit, Wafler, Tee, Kaffee oder etwas Wein einzuflößen. Das Auflegen von Eis- blajen ift nicht zu empfehlen, das Aderlaſſen geradezu ſchädlich und zu beriverfen.

Wenn Leute, die längere * in großer Hitze gearbeitet haben, ober Kinder, die viel herumgeſprungen find, plötzlich vom Sonnen⸗ ſtich befallen werden und wie vom Schlage getroffen zufammen- ſinken oder taumeln und ſich an etwas anzulehnen ſuchen, ſo iſt Glonoin angezeigt. Es hilft beſonders dann, wenn die Augen ſtier, matt und gläfern, die Pupillen zufammengezogen find, der Puls faum zu fühlen und fo jchnell ift, daß man ihn faum zählen fann; die Kranken fönnen nicht ſprechen oder jcheinen nicht fprechen zu wollen, zuweilen haben jie ein Würgen wie zum Erbrechen, da3 Geſicht ift blaß, bleich oder gelblich rot bei faltem Schmweiße, der Körper lalt, der Kopf heiß, beſonders merklich, wenn man die Hand lange darauf liegen Täßt.

Sit nicht nur der Kopf, jondern auch der Körper Heiß, find die Pupillen verengert, wechſelt die Geſichtsfarbe, ift der Puls voll und hart, verraten einzelne Bewegungen eine innere Angft und Unruhe, werden BZufammenfahren oder Greifen nad) dem Kopf, Bähnefnirschen und Augenrollen beobadıtet, fo gibt man Aconitum.

An Belladonna ift zu denfen bei ftieren, halb offenen oder verdrehten Augen, weiten und großen PBupillen oder wenn eine Pupille Fein, die andere groß ift, bei gerötetem Geficht und heißem - Kopf oder heißem Körper; Harn und Stuhl gehen unfreimillig ab, der Puls ift Hart und voll, ein Zittern und Zucken macht ſich an den Gliedern bemerkbar, der Kranke greift bejtändig nac) dem Kopf oder biegt den Kopf ftarf zurüd und verfällt in einen fchweren Schlaf.

Hat der Kranfe furz zubor arößere Mengen Mfohol getrunfen oder ift er ein gemohnheit3mäßiger Trinker, fo gibt man zuerit Nuxvomica und fpäter noch einige Gaben Arsenicum.,

Sommerdurdfälle.

Wenn die Sommerhite Durchfälle mit Fieber hervorruft, be- ſonders wenn Milchtrinfen Leibfchmerzen madht, gibt man Bry- onia. Wer Sommerhiße nicht ertragen, feine Arbeit in der Hiße verrichten kann, über Nachtſchweiße, große Schläfrigkeit, Magen- und Darmbefchwerden Flagt, nehme, falß Bryonia feine Er⸗ leichterung brachte Antimonium crudum; tritt infolge ber Hitze immer wieder Übelfeit auf, Silicea.

Ermüdung.

Nach allen übermäßinen UAnftrengungen ift ein etwa biertel- ftündiges, warmes Vollbad gut. Treten fehr ftarfe Schmerzen in den Gliedern auf, fo reibe man ſich im Bade mit Seifenfpiritus, worauf fofort Linderung eintreten wird. Kann man lein warmes

70 U. Die häufigften Krankheitsurſachen.

Vollbad nehmen, fo ftelle man wenigſtens die Füße in warmes Waffer, dem man eine Hand voll Salz zugefebt hat. Nach jehr großer Ermüdung empfiehlt e8 fich, eine Tafje ſchwachen Tee zu trinfen. Überangeftrengte Perfonen follten fich eine Zeitlang auf ein hartes Lager, 3. B. eine harte Bank, lang ausgeftredt auf den Nüden legen. Gegen die Berfchlagenheitsjchmerzen infolge von Anstrengungen hilft Maffage, befonders da3 Kneten der Muskeln zu beiden Seiten des Rückgrates.

Nach allen großen erſchöpfenden Anſtrengungen iſt Arsenicum angezeigt. Wurde die Ermüdung durch vieles Ausftreden und Heben hervorgerufen oder wurde der jchweißtriefende Körper durd) kalte Luft oder kaltes Waffer zu raſch abgefühlt, fo hilft Rhus toxi- codendron. Bei Anfchwellung der Gelente hilft Ferrum phosphoricum.

Bei großer Schwäche nach Ermüdung, wobei man wie ohn- mächtig ift oder in Ohnmacht fällt, bei großer Furcht vor oder bei der Unftrengung paßt Veratrum;hatte man bei der Anftrengung lange nicht3 gegeſſen: Coffea; hat man zu viel geſchwitzt und ift davon ſchwach geworden, war man vorher ſchon geihmächt oder hatte Nachtfchweiße: China.

It man innerlich erhitzt, ſo daß der Atem heiß und der Puls ſchnell iſt, ſo bringt Aconıtum oder Bryonia Erleichterung. Bei eintretender Erregung nach ermüdenden Märſchen, zumal bei großer Hitze und mäßigem Weingenuß bat ſich Aconitum ſehr bewährt und Schlaf gebracht; fühlt man noch tags darauf Blut- wallungen und bei jeder neuen Anftrengung Andrang des Blutes nad dem Sopf, der Bruft oder dem Gefiht, Mercurius.

Fühlt man fich in allen Gliedern zerichlagen, bejonder3 ftellen- weiſe im Fleiſche (in den Mugfeln), fo Hilft am fchnellften Arnica. Sind die Füße ſehr geſchwollen oder ſchmerzen von dem Gehen, jo verdünne man einen Kaffeelöffel voll Arnifatinktur mit einer halben Taſſe Waffer und waſche zuerft die Füße mit gewöhnlichen Wafler ab und nach dem Abtrodnen mit der Arnifaverdünnung, die man dann eintrocknen läßt. Hat man fich die Füße mund gelaufen oder Blafen daran, fo hilft Arnica nit; muß man am andern Tag feine Wanderung fortjegen oder wieder an die Arbeit gehen, jo beftreicht man einen Leinwandfled mit Hirfchtalg, gereinigtent Unſchlitt, Hamamelizfalbe oder Lanolin und legt ihn über die wund- gelaufenen Gtelfen oder reibt fie damit ein. Innerlich gibt man abend3 einige Gaben Cepa und macht einen feuchten Umjchlag; in den meilten Fällen ift ſchon am nächſten Tag eine erhebliche DBeflerung bemerkbar.

Nux moschata paßt für Frauen oder fonft empfindliche Reute oder für Perfonen, die fühle Luft nicht ertragen können und ſchon nad) der geringften Anftrengung über Mattigfeit, Schmerzen in allen Teilen, auf denen fie liegen, und beſonders Schmerz in den Schläfen Elagen. Ein duſeliges, ſchläfriges Weſen, als könnten fie

3. Folgen v. Erhigungen, übermäßig. Anftrengungen u. Erfhöpfungen. 71

ſich gar nicht befinnen, oder Schläfrigfeit, ohne daß Schlaf erleichtert, oder Sclaflofigfeit, durch Klopfen im Kopfe hervorgerufen, ver- Ianat ebenfal® Nux moschata.

Natrum muriaticum: Pie Müdigkeit ift fo groß, daß fie innerlide Schmerzen, Kiel und Unruhe hervorruft, der Schlaf erquidt nicht, bei jeder Berührung tut alle weh, Siten und Stehen greift jehr an, Hin- und Hergehen bejjert etwas, man fühlt den Pulsſchlag im ganzen Leib.

Schmerzen nad) Tragen und Heben ſchwerer Laften alle Ge- lenfe, wenn man fie bewegen will oder ftill Liegt, fo hilft Rhus toxicodendron. Kreuzſchmerzen mit heftigem Stechen bei jeder Bewegung befjert Bryonia; ift es infolge heftiger Schmerzen gar nicht möglich, den Rüden zu bewegen: Sulphur. Außerdem vergleiche man die beim „Verheben“ empfohlenen Mittel.

Wird jemand beim rafchen Gehen furzatmig oder ftellen fich Huften, ©eitenftechen oder Schmerzen in den Gliedern ein, fo ver- fube man Aconitum, bleibt immer nod) ©eitenftechen, Arnica und nad) einiger Zeit, wenn nötig, Bryonia.

Berurfacht jede Schnelle Bewegung Rurzatmigfeit, Erſtickungs⸗ gefühl und Schweiß am Halfe, fo erleichtert Sambucus. Bei befländiger Kurzatmigfeit, die durch alles jchnelle Gehen, Treppen- fteigen und dergleichen fchlimmer wird, iftan Kali carboni- cum oder Silicea zu denfen, namentlid) wenn fid) noch Huften und Schleimauswurf dazugefellt.

Prideln im Körper nad) jeder Anftrengung oder andauernden aan große Müdigkeit im Halje beim Sprechen erfordert

18

Ubelkeit durch Fahren in einem Wagen kann mit Cocculus, Kopfweh nach dem Fahren mit Sepia beſeitigt werden. Ver—⸗ gleiche außerdem don Abſchnitt über „Seekrankheit“ im III. Teile des Buches (Seite 164).

Nachtwachen

iſt immer ſchädlich, und doch muß es jeder im Notfalle aushalten können. Gegen Beſchwerden davon ſeien vor allem zwei Mittel genannt: Cocculus und Nux vomica.

Cocculus ift hilfreich, wenn ſich große Schwäche nad) dem Nachtwachen zeigt, wenn man feine Stunde Schlaf mifjen Tann (au Phosphoriacidum). Der Kopf ift leicht und zittrig; fliegende Hite im Geſicht, blaue Ringe um die Augen, große Trodenheit im Munde ohne Durftgefühl, Ekel vor dem Eſſen, Aufftoßen, Übelkeit bis zu Ohnmadytsanfällen, voller Magen, be- Hemmter Atem, alles ſchlimmer im Freien, durch Sprechen, durch Staffeetrinfen; große Traurigkeit, Schredhaftigkeit im Schlafe oder ängftliche® Träumen. Cocculus iſt bejonderd® gut bei Krankenſchweſtern, die viele Nächte nacheinander gewacht haben und dadurd) erjchöpft wurden. |

12 II. Die Häufigften Krankheitsurjachen.

Nux vomica paßt bei vielem Kopfweh nad) dem Nadt- wachen oder wenn man fich durch Kaffee, Wein oder andere er- higende Getränfe Hat munter erhalten wollen; am beften wirft das Mittel kurz vor dem Schlafengehen genommen. Auf Nux vomica weit ferner hin: Blutandrang nad) dem Kopfe, Schwere und Summen darin, befonder3 in der Stirne, wie bon ftarfer Betrunfenheit, jo daß man den Kopf kaum halten kann; die Be- ſchwerden find fchlimmer in freier Luft und durd) Bewegung; beim Gehen dröhnt und ſchüttert es im Kopfe; man fühlt id) brecherlich, frojtig, matt und verdrießlich.

Un Ipecacuanha denfe man, wenn man fi zum Er- brechen übel fühlt oder fich nicht hinlegen fann;an Pulsatilla, wenn die Yolgen des Nachtwachens abends fchlimmer, morgens beſſer find oder bei Frauen mit weinerlicher Gemütsftimmung. Bei großer Aufgeregtheit abends, ſchlechtem Schlaf und Müdigkeit morgen? paßt China; bei großer Zerjchlagenheit Arnica; in den ſchlimmſten Fällen, wenn infolge des Schlafmangel3 und großer Anftrengungen ftarfe Gereiztheit und Hitze tief im Kopfe entiteht, hilft Cuprum. |

Nach leichtfinnigem Nachtſchwärmen paffen Pulsatilla, Nux vomica, Lachesis und Carbo vegetabilis.

Stubenfiten und vieles Studieren

ermüden ebenfall3 den Körper; man übertreibe es deshalb nicht, fondern gehe täglich mehrere Stunden ing Freie. Hat man Be- ſchwerden im Unterleib davon, ift man an Kaffee oder erhiende Getränke gewöhnt, fo hilft ſehr oft Nux vomica abends, und nad) 4, 5 Tagen, wenn e3 wieder jchlimmer wird, Sulphur, da3 man nötigenfall3 wiederholt. Wenn Beſchwerden mehr im Kopfe auftreten, fo ift wieder Nux vomica das befte Mittel oder ſpäter Belladonna, manchmal auch Pulsatilla. Vergleiche üb- rigend auch den Abjchnitt „Ropffchmerzen” im III.Zeil (Seite 165 ff.). Helfen diefe Mittel nicht3 und macht jede Anftrengung des Geiftes ſtopfweh, fo it Calcarea carbonica angezeigt. Gegen raſche Ermüdung durch geiftige Arbeit hat fich namentlih Picro- nitriacidum bewährt. Kaliphosphoricum ift eines der wirffamften Mittel gegen die Folgen geiftiger Überarbeitung; es paßt befonder3 für jüngere Perjonen, die nad) langem Studieren über Obrenfaufen und Kopfweh mit gleichzeitigem Leerheits- oder Schmächegefühl in der Magengrube Hagen. Entjteht bloß ein Gefühl von Trunfenheit, Benebelung, fo Hilft bei aufgeregten, leicht zum Born gereizten Zeuten Nux vomica, bei ſanften, meiner- Iihen Pulsatilla. Bei Zahnmeh, Huften und andern Be- Ichwerden von vielem Denken genügt oft Nux vomica.

Ausſchweifungen ſind die größte Anſtrengung für Leib und Seele. Gegen Be—

3. Folgen v. Exrhißungen, übermäßigen Anftrengungen u. Erfhöpfungen. 73

ſchwerden nach Ausſchweifungen im Efjen und Trinken fiehe die

Mittel in Abfchnitt 4, Seite 74 ff., Beichwerden nach jenen Aus-

jchweifungen, bei denen der Menjch jeine beiten Säfte vergeudet,

un vielfach, außer der unerläßlichen Enthaltfamleit, folgende rzneien:

Da3 Hauptmittel, das man anfang? und auch nach andern Mitteln wiederholt geben Tann, ift' China. Später und befonders wenn ſich der Kranke ſehr über feine Lafter grämt, denfe man an Phosphoriacidum. Übrigen3 ſuche man die Befchwerden des Kranken genau feftzuftellen und wähle dann vorzugsweiſe unter den ungeführten Mitteln China, Phosphori acidum, Staphysagriaa Nux vomica, Sulphur, Dulca- mara, da3 eine oder andere, dad am beiten paßt.

Dasjelbe gilt, wenn der Kranke durch unnatürliche Lafter viele Säfte verloren hat (fiehe auch Onanie oder Selbftbefledung im III. Teil des Buches, Seite 323); man gebe zuerft China und Staphysagria oder Nux vomica; jpäter Phosphori acidum, Sulphur oder Calcarea carbonica. Wan ermuntere den Unglüdlichen, ji) zu ermannen und gegen die auf- ren Verſuchung durch angeftrengte Arbeit oder dod) tete Be- häftigung, durch wenig und einfaches, reizlojes Ejjen, wenig Schlaf, durch Enthaltfamfeit von allen Getränken, durch Ver meidung ſchlechten Umgangs und ſchlechten, die Phantaſie aufreizenden Leſeſtoffes anzulämpfen.

Wer ſich durch Ausſchweifungen ſo geſchwächt hat, daß er ſogar in der Ehe Beſchwerden empfindet, ſelbſt wenn er ſich mäßig hält, nehme, wenn ſich nad) Ausübung des Geſchlechtsaktes große Mattig- feit und Zittern der Beine einftellt, Calcarea carbonica; folgt gleich) darauf Engbrüftigfeit: Staphysagria; bei Brennen in den Gefchlechtsorganen: Mercurius oder Carbo vege- tabilis. Schwäche in den Füßen, Berfchlagenheit und Schwere in den Gliedern, Eingenommenfein des Kopfes, üble Laune und Abfpannung nad dem Genuffe befjern fi nad) Cocculus.

Perjonen, die durd) eine ſchwächende Lebensweiſe jehr empfind- lich geworden find, jelbft gegen den geringften Zuftzug, bei najjem altem Wetter lieber in der Stube ſitzen und fehr launiſch und ver- änderlicher Stimmung find, gibt man Nux moschata.

Ale Beſchwerden, die auf Ausfchweifungen zurüdgeführt werden müſſen, können durch homöopathiſche Mittel befeitigt werden. In den meiſten Fällen wird es ſich aber als nötig erweiſen, daß ſich der Kranke unmittelbar an einen homöopathiſchen Arzt wendet. Vor Quachſalbern, die vorgeben, Geheimmittel gegen derlei Übel zu beſitzen, kann nicht ernſtlich genug gewarnt werden.

Säfteverluſte

durch vieles Schwitzen, Abführmittel, lang anhaltende Durch— fälle, langes Stillen oder ſtarkes Auslaufen der Milch und

74 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

anderer Säfte, durch Aderlaſſen und andere Blutungen ver- urfachen oft ——— Beſchwerden, wenn man nicht bald China gibt. Nur in ſelteneren Fällen wird es nötig werden, nad) China no Staphysagria oder Sulphur zu geben. Wenn durd) größere Blutverlufte Ohnmacht oder Krämpfe entjtehen, jo gebe man ſchleunig China; fobald ji der Kranke erholt hat und Trodenheit im Munde verjpürt oder die Zunge bewegt, gebe man ihm ein wenig faltes Wafler; fällt er wieder in Ohnmacht oder Krämpfe oder erholt er ſich nicht ganz, ein Teelöffeldden guten alten Wein; China fann nad) einer Weile wiederholt werden und ſpäter aud) der Wein. Der Kranke erhält dann fo viel kaltes Waſſer zu trinken, als er vermag, nur anfangs nicht gar zu viel - auf einmal. Bleiben noch einige Nachmwehen, die China nidjt mwegnimmt, fo ift Phosphori acidum und allenfalß nad 8 Tagen Nux vomica und fpäter Arsenicum angezeigt. Das Henſelſche Tonitum bringt bei großen Schwächezuſtänden nad) Blutverluften oft augenblidliche Belebung und Erleichterung. Man gibt am beiten einen halben Kaffeelöffel voll in einem Glas DNS Del: und läßt die unmittelbar nad) dem Mittageflen trinken.

Vierter Abſchnitt.

Beſchwerden vom Ueberladen und Verderben des Magen?d.

Wer zu viel Schwerverdauliches gegeſſen hat und nachher Be— ſchwerden fühlt, trinke etwas ſchwarzen Kaffee. Kopfweh, Drücken in der Herzgrube, Beklemmung, Übelkeit und bei Kindern Zittern und Kälte behebt, ſogleich genommen, Pulsatilla. Gegen fortgefeßtes Würgen und fchredliche Übelfeit bei fehr bleichem Ausfehen iſt Ipecacuanha angezeigt. Bleibt nach dem Kopfmweh noch Drüden und Schwere im Magen und Übelkeit, fo gebe man Chamomilla und, wenn die nach zwei Stunden nicht Hilft, Nux vomica. Sollten die Beſchwerden am nächſten Morgen noch nicht beffer fein, bleiben immer noch Efel, Übelteit, Neigung zu Erbrechen, ſchlechtes Aufftoßen oder ein Geſchmack nad) dem Genofjenen, fo it Antimonium crudum zuiweilen im Wechjel mit Pulsatiılla hilfreich. Bittere Aufftoßen ver- langt Bryonia; fauliges Aufſtoßen Nux vomica; wie faule Eier Arnica; bei jaurem, fettigem oder ranzigem Aufftoßen paßt Pulsatilla, bei fehr fcharfem und bitterem Aufftoßen Arse- nicum. In jedem Falle darf ein paar Tage nichtö gegeſſen werden als etwas Tee oder dünne Suppen, damit jich der Magen gehörig erholen kann.

4. Beſchwerden vom Überladen und Berberben de Magens. 75

Magenbefchwerden durch Fettes, Schweinefleiſch, Backwerk

nn Kanzige Butter bejeitigt Pulsatilla oder Carbo vege- ADIIIS.

Magenbeſchwerden nach dem Genuß von Früchten heilt Pul- satilla oder Arsenicum, und zwar paßt Pulsatilla bei Übelfeit und Aufftoßen, trodenem Mund ohne Durft; bei Bier- trinfern, bei nachgiebigen, ſchüchternen, weinerlichen Kindern, die fi) vor fremden Menſchen fürchten, auch bei ſolchen, die vielerlei haben wollen. Die Eigentümlichfeit von Arsenicum ift arge3 Erbrechen, ſtetes Lechzen nach einem Getränk; es paßt für Dranntmweintrinker, für eigenfinnige, jähzornige, übelnehmerifche Kinder, die fich fürchten allein zu fein, die nicht3 hergeben und nicht angefehen fein mollen. (Über Durchfall nach verdorbenem Magen ſ. ©. 76.)

Magenbeichwerden durch ſchlechte, faure Weine, beſonders bei viel Übelfeit, verlangen Antimonium crudum, durch gejchwefelte Weine Pulsatilla, durch faures Bier oder Eifig, mit drüdenden Schmerzen im Magen, Übelkeit, Brecherlichkeit, Erbrechen von Schleim oder Blut Aconitum. Bei faurem Er- brechen, Brennen im Halfe, Leibfchneiden, durchfälligen Stühlen it Hepar, bei Speijeerbrechen, Brennen im Magen und Unter- leibe, Leibfchneiden mit Kälte, Angft und Durſt Arsenicum zu nehmen.

St der Magen durd) den Genuß fauler Fifche oder faulen Fleiſches verdorben, jo gebe man fogleich etwas fein gepulverte HolzEohle, mit Branntwein zufammengerühtt; wenn jpäter noch BeicHwerden bleiben, paßt China; bleibt faules Aufftoßen, fauler Geſchmack: Pulsatilla, bei anhaltenden Befchwerden: Carbo vegetabilis, bei ftarfem Sieber: Baptisia.

Magenverderbnis durch falzige Speifen verlangt Carbo vegetabilis; bleibende Nachteile von vielem Salzeſſen bejeitigt Phosphorus oder Arsenicum; Beſchwerden nad) Kohl, befonder3 nad) Sauerkraut: Bryonia; nad) ſehr heißem Eſſen oder Trinfen: Causticum.

Über die Mittel gegen Beſchwerden von altem Käſe, alten Würften, verborbenem, geräuchertem Fleiſch und dergl., ſiehe „Dergiftungen” und „Fettgift“ (Seite 88 ff. u. 119).

Magenkträmpfe werden in der Regel durch diefelden Mittel bejeitigt, die gegen die Urfache der Magenverderbnis angezeigt find. Im übrigen jiehe weiteres unter „Magenträmpfe”, III. Teil, Geite 274 ff.

Kopfweh nad) verdorbenem Magen.

Bei Kopfweh mit Übelfeit von verdorbenem Magen, als wäre alles im Kopfe bis in die Zunge herab zerſchlagen, Hilft Ipeca- cuanha; bei dvrüdendem Kopfweh mit Hitze im Kopf, ſchlimmer nad) Leſen, Gehen und Eſſen, mit fauligem Gejchmad im Munde

76 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Arnica;gegen Elopfenden, ftechenden Kopfichmerz, beim Sprechen vermehrt, mit großer Übelfeit, Aconitum. Bei dumpfem all- gemeinem Kopfweh, das beim ZTreppenfteigen und Tabakrauchen zunimmt und mit Appetitmangel, bitterem Geſchmack, Aufftoßen, Schludfen, Efel und Übelkeit, befonderd nad) Weintrinfen, ber- bunden ift, gebe man Antimoniumcrudum. Bei brennen- dem, drüdendem, auseinander prejlendem Kopfweh, ſchlimmer durch Büden, als jollte alle8 zur Stirne herausfommen, mit Pochen oder Reißen und Stechen beim Gehen oder Schwappen wie Wafler, am ärgiten früh oder mit Froft, Hilft Bryonia. Bei reißendent, Hopfendem, rudweife auftretendem Kopfweh, abends nad) dem Ntiederlegen vermehrt, Halbfeitig, mit faulem oder erdigem Ge- ihmade, ohne Durft, verjuche man Pulsatilla; bei Schwere und äußerlicher Empfindlichfeit des Kopfes mit Zittern der Kinn⸗ lade, falzigem Gefchmade, Magenkrampf, beſonders bei folchen, die früher viel Mercur braudjten, paßt Carbo vegetabilis. a den Abfchnitt über „Kopfſchmerzen“, III. Teil, ©eite 165 176. | Erbrechen von verdorbenem Magen

bei reiner Bunge verlangt Ipecacuanha, bei weiß belegter Zunge Antimonium crudum, nad) zu bielem Brotefjen, mit Drüden in der Herzgrube und im Magen: Bryonia; von . zu bielem Eſſen überhaupt, wenn da3 Eſſen beim Kauen bitter ſchmeckt und nach dem Erbrechen ein Brennen im Schlunde bleibt: Pul- satilla; wenn viel lautes Aufftoßen von Luft, Gefichtöhite und Herzklopfen dabei ift: Sepia.

Blähungen, Leibichneiden und Durchfall nach verdorbenem Magen.

Blähungen, die den Leib auftreiben und den Atem beengen, nach blähenden Speijen und Getränken, nach Kohl oder Sauer⸗ fraut entftanden, fünnen mit Bryonia befeitigt werden; Bläh- ungen nach jungem Bier und dergl. vertreibt oft China; der Bauch ift ſchmerzhaft gejpannt, Schmerzen und Drüden bejonders um den Nabel, mitunter gehen einzelne ftinfende Winde ab, nad) jedem Trunfe ftellt fich Frojt und Schauder ein. Nux vomica ift gut, wenn nad) Trinken ein Drud in der Herzgrube entjteht, der Atem beengt wird, die Kleider um die Rippen herum zu feſt an- liegen und als ob Steine im Leibe drüden würden. Entftehen Blähungen, nahdem man Fett gegeflen und darauf viel Waſſer getrunfen hat, ziehen die Gafe im Leibe umher, ift der Bauch voll und hart und tritt abends Verſchlimmerung ein, fo verſuche man Pulsatilla. Wenn die Winde fich in die Bruft verjegen, bald hier bald da fchmerzhafte Rude und Stiche machen, wobei bie Herzarube und ber untere Teil des Bruftforbes ſpannt und Unruhe und Angftlichfeit entfteht, fo Hilft Phosphorus. Wer viel mit Winden geplagt ift, die Häufig abgehen und ſehr ftinfen, der bejleißige

4. Beſchwerden vom Überladen und Verderben des Magend. 77

fich größter Mäßigfeit im Eſſen und Trinfen und nehme alle Tage 1 oder 2 mal eine Meſſerſpitze voll Kohlenpulver oder noch beffer Carbo vegetabilis in hHomdopathifcher Verreibung.

Leibſchneiden von Magenverderbni3 oder zu vielem Eſſen, da3 fich plöglich einftellt, wird oft nach etwas ſchwarzem Kaffee beſſer, wo nicht, jo nehme man Pulsatilla oder Colocyn- this. Bei Kolif von Gurken oder Salat Hilft Cepa, bei Leib- fchneiden und Durchfall, durch andere fäuerliche Speifen hervor- gerufen, Ipecacuanha. Siehe auch „Leibjchneiden" im III. Zeil, Seite 280.

Durchfall nad verdorbenem Magen wird gewöhnlich durch Pulsatilla gehoben; bei Kindern mit viel Übelkeit und Er- brechen, durch Ipecacuanha; bei Kindern mit Schlaflofigfeit, aufgeregtem, allzu munterem Gemüte, dur) Coffea; bei Leib- jchmerzen, die von unten nach oben gehen und übel machen, bei großer Schwäche nad) jedem Stuhl ift Nux vomica gut. Gegen ichleimigen Durchfall, der nad) dem Genuß von Früchten entſtand, mit wenig Leibweh, aber jchmerzhafter Bauchwand gebe man Pulsatilla; wäſſeriger, jehr ftinfender Durchfall mit heftigem Brennen und Schneiden im Bauch erfordert Arsenicum. er Durchfall, für ven Arsenicum paßt, ift am ſchlimmſten nach Mitternacht bis morgens; bei Pulsatilla fommt er erft |päter des Morgen?.

Schlaflojigkeit nach Überladung des Magen?

weicht oft der Anwendung von Coffea, rührt fie aber vom Kaffeetrinken ber, fo it Nux vomica oder Pulsatilla am

te. Wenn man abend3 zu viel gegefien hat, trinfe man ein Glas kaltes Wafler mit weißem Buder; wem da3 zu viel Säure macht, der nehme nur Wajler. |

Alpdrücken nach zu reichlichem Eifen ift nicht mehr zu verhüten, nachdem der Fehler einmal gemadt if. Wer mehr unter dem Übel zu leiden hat, kann nicht? Beſſeres tun ala mäßig im Eſſen fein; im übrigen fiehe Alpdrücken, III. Teil, Seite 413.

Sieber und Sriefel nad) verdorbenem Magen,

Länger anhaltende Magenbefchwerden, die bon Fieber mit ſtarkem Froft- und Kältegefühl, Durchfall und Verftopfung begleitet ſind, erfordern bei heftigen, ärgerlichen Leuten Bryonia, bei phlegmatifchen, trägen, üibelnehmerifhen Capsicum. Kehrt das Fieber jeden andern Tag wieder, jo gibt man Antimonium crudum oder Ipecacuanha, und zwar am fieberfreien Tage viermal Ipecacuanha 3., am fiebertage zweimal (nır nit während des Froft- und Hibeanfalles); am fiebenten Zage Nux vomica 30. morgen3 und abends. Dabei fein Obſt ejlen! Bei ſehr ftarfem, typhusartigem Fieber hat Baptisia geholfen.

18 IH. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Frieſel oder Neſſelausſchläge nad) Magenverderbni3 mit Seoftigfeit und mürriſcher Laune fprecdhen für Pulsatilla, mit Übelfeit und Atembeſchwerden für Ipecacuanha und, will da3 nicht helfen, für Bryonia. Nührt die Krankheit von ungefunden Speifen ber, ſiehe auch „Bergiftungen”, Geite 88 ff., und „Neſſelfrieſel“ Seite 390.

Beichwerden von Waſſertrinken, Talten Getränten und Talten ©peifen.

Waffertrinten muß jeder ertragen fönnen, Erwachſene auch ein Glas reines Bier, bejonder3 wenn fie ftarf arbeiten; wenn jemand Bejchwerden darnach fühlt, jo ift fein Magen krank oder es fehlt ihm fonft etwas.

Verurſacht Waffertrinfen Kopfweh, Übelfeit und Hitze, fo hilft CGocculus; bei Kopfweh und Huften Aconitum, bei Huften, Erbrechen und Froſt Arsenicum. Wenn Waſſertrinken jchlechten Geſchmack, als wäre das Waffer faul, Kälte im Bauche, Leibweh und Froſt verurfacht, fo nehme man China; verurſacht es Übelfeit und Leibweh: Pulsatilla oder Rhus toxicodendron. Mandymal wird anhaltende, ftarfe Übelfeit auf jedes Wafler- trinfen dadurch gehoben, daß man eine Meſſerſpitze Salz in den Mund nimmt. Schluckſen nad) Waſſertrinken verlangt Ignatia; Magendrüden Ferrum; arge Auftreibung des Bauches, wie von Blähungen, mit Drüden in der Herzgrube, engem Wem und Froſt Nux vomica; Gtuhldrang und Durchfälle Capsicum; Bruftfchmerzen und Schauder Vera- trum. Für Zahnweh nad) Waffertrinfen paßt Bryonia oder je nach Umjtänden Mercurius oder Staphysagria. Empfindlichfeit der Zähne ohne eigentlichen Schmerz verlangt Mercurius oder Sulphur.

Hatte jemand fi mit Waffertrinten immer den Magen erfältet und fic) deshalb gewöhnt, etwas „Geiſtiges“ unter das Waffer zu mifchen und möchte fich von diefer Gewohnheit wieder freimachen, fo verſuche er da3 eine oder andere pajjend erfcheinende der eben angeführten Mittel. Wenn dieje nicht helfen, jo miſche man einen Tropjen reine Schwefelfäure (Sulphurisaci- dum) in einem großen Glas Waffer durch häufiges Gießen aus einem Gla3 ind andere und nehme hievon des Morgens nüchtern einen Eßlöffel voll, ein- oder mehrmalß.

Ruft Schnelles Trinken Magenbefchtwerden hervor, fo gibt man Silicea;ift kaltes Trinfen die Urfadje, fo fommen Nux vomica, Arsenicum, Staphysagria, Calcarea car- bonica oder Bellis perennis in Betradt. |

Eiswaſſer oder fonjt ſehr faltes Wafler kann, befonder3 im Sommer bei großer Hibe, gefährliche Krankheitszuſtände herbor- rufen. Wenn fich die Bejchwerden plößlich einftellen, ift Opium

4. Beſchwerden vom Überladen und Verderben des Magens. 19

oft nüßlich; bei Blutandrang nad) dem Kopfe mit Zudungen im Geſicht, Bemwußtlofigfeit und Taumeln bis zum Hinftürzen, nehme man Glonoin; bei Zrinfern hilft oft Nux vomica. Wird das Geficht blaß, ftellt ji) Würgen und fchlaffes Hinfinfen ein, fo fönnte man etwas Kampherſpiritus auf Zuder oder in Waffer aufgelöft nehmen laffen. Gegen die fpäter zurüdbleibenden Folgen, befonder3 gegen Kopfmweh und Blutandrang nach dem Kopf Hilft Glonoin oder Belladonna (fiehe „Kopfſchmerzen“, Geite 165 ff.); gegen heftig ftechende Schmerzen Bryonia.

Langmierige Magenverderbnig von Eistwa ffertrinfen im Sommer mit großer Mattigfeit, geringer Eßluſt, wenn alle8 Genoſſene beichwert oder wieder erbrochen wird, zuweilen fauer, wenn Drüden aufden Magen jchmerzt, wenn Magen und Unterleib von Blähungen aufgetrieben werden und die Bejchwerden in freier Quft ſich eher verichlimmern, Hilft Carbo vegetabilis.

Wenn nad) Berichluden von Eisftüdchen, Speifeeis, Ge— frorenem, kalten Früchten u. dergl. der Magen fchmerzt, oder andere Bufälle entjtehen, wie dag beſonders bei Sindern öfters geidhieht, fo it Arsenicum oder aud) Pulsatilla angezeigt.

Arsenicum paßt bei jehr heftigem Drüden im Magen, wie bon etwas Brennendem auf einer Fleinen Stelle oder Brennen im ganzen Magen, im ganzen Unterleibe, mit großer Angft und Unruhe und einem fehr ängftlichen Geficht, ebenſo bei trodener Bunge, vielem Durft, Häufigem Trinken, falzigem Gejchmad bon allem Genoffenen und Übelkeit bi3 zum Erbrechen oder Galleerbrechen.

Pulsatilla hat mehr frampfartige® Drüden in der Herz- grube und im Magen, fchlimmer nach dem Eſſen, manchmal bis zum Erbredhen des Genoffenen; das Geficht ift meinerlid, die Bunge fchleimig, der Geſchmack wie Stroh, Durſt ift nicht vor- handen, dagegen Übelkeit nad) Eſſen und Trinken, faures Aufftoßen oder Aufftoßen von Luft mit dem Geſchmacke der genofjenen Speijen; Verfchlimmerung nachmittags und abends.

Der Genuß von Gefrorenem nad) Tiihe kann ſehr gefährlich werden, weil dadurch dem Magen die zur Verdauung nötige Wärme entzogen und die Verbauungsarbeit verlangfamt wird. Manchmal folgt eine Art Magenlähmung, gegen die zumeilen noch Arse- nicum Hilft.

Milch können faft alle gefunden Menfchen ertragen, und es ift gewöhnlich etwas im Magen nicht richtig, wenn fie Beſchwerden verurſacht. Bewirkt fie fauren Gefchmad und Berftopfuna, jo gebe man Nux vomica; madt fie Leibweh und Durchfall, Bryonia oder Lycopodium. Gegen Aufjtoßen, Schleimerbrechen und ähnliche Beſchwerden ift Sulphur angezeigt, gegen anhaltende Übelkeit nad) Milchtrinfen Calcarea carbonica. Durch etwas Salz oder ein wenig feinen fpanifchen Pfeffer (Capsicum) wird die Mil manchen Leuten zuträglider. Wenn Säuglinge

80 I. Die häufigſten Kranlheitsurſachen.

feinerlei Milch, auch Muttermilch, nicht ertragen können und fie Sofort geronnen wieder erbrechen, Hilft Aethusacynapıum.

Fünfter Abſchnitt.

Folgen von geiſtigen und heißzen Getränken, von Kaffee, Tabak, Gewürzen und Saurem.

Betruntenheit,

Der Alkohol hat a manchen Menſchen zugrunde gerichtet und manches Familienglüd zerftört. Nicht weniger ala 20 000 Kranke werden alljährlih im Deutſchen Reid) an Eäuferwahnfinn leidend in Sranfenhäufern er Bon den Geiltesfranfen haben 20—40% dem Alkohol ihr furdhtbares Schickſal zuzuſchreiben. Rechnet man dazu noch die vielen Berbrechen, die im Rauſch begangen werden und Gefängnis und Zuchthaus nach fic ziehen, und da3 tiefe Elend, in da3 fo viele Familien geraten, wenn das Samilienoberhaupt der Trunkſucht zum Opfer gefallen ift, dann ver⸗ mag man den Schaden und Sammer zu ermefjen, den der Altohol- mißbraud) in der Welt anrichtet. Bei all dem haben wir nod) gar nicht berüdfichtigt, welchen verderblicden Einfluß der fortgejebte Alkoholmißbrauch auf die Gefundheit hat. Abgeſehen davon, daß mehr al ein Viertel aller Trinker durd) Selbſtmord endigt, er- franfen viele von ihnen an Magen-, Darm-, Nieren-, Leber- und Herzleidven und ihre Nachkommenſchaft ift fat immer mehr oder weniger franfhaft belaftet. |

Der Schaden, den der Genuß alfoholhaltiger Getränke anrichtet, hängt nicht immer nur bon der genoffenen Menge ab, fondern ſowohl von der Art und Beichaffenheit ob Bier, Wein, Schnaps; ob gut oder ſchlecht al3 auch von der Tageszeit, in der er getrunken wurde. So lehrt die Erfahrung täglich immer wieder, daß jehr altoholreiche Getränfe wie Schnaps, Kirfchengeift u. dergl. bejonders früh morgens in den nüchternen Magen genommen, viel größere Berheerungen im Körper anzurichten vermögen als Bier und Wein, En wenn dieſe auch manchmal im Übermaß genoffen werden

ollten.

Die Betrunfenheit ift ein Höchft widerlicher, unmürdiger Zu- Stand. In welchem Grade auch ein Menſch betrunken fein mag, das befte bleibt ftet3, ihn ausfchlafen zu laffen. Mandymal fommt e3 aber fehr viel darauf an, den Betrunfenen fo jchnell wie möglid) zum Berftand zu bringen oder feinen Zuftand wenigſtens jo weit zu beffern, daß man ihn nad) Haufe verbringen kann. Hier ift das Hauptmittel die äuferlihe Anwendung von kaltem Waſſer.

5. Folgen von geiftigen und heißen Getränken, von Tabak ufw. 81

Man übergieße den Betrunfenen mit Waffer, fo kalt e8 zu Haben ift; Hilft da nicht, fo gießt man das Waſſer eimerweife von einer gewillen Höhe herab, jo daß e3 den Betrunfenen mit Gemalt trifft.

It jemand bis zum Erbrechen und Würgen betrunfen, fo gebe

man beißen jchmarzen Kaffee zu trinken. Rührt die Betrunfenheit bon Bier ber, fo tut Tee mit Milch befjere Dienfte; fommt fie von Bein ber, jo gebe man eine bittere Mandel zu ejfen (aber nur Er- wachſenen, nicht etwa Kindern!); ift Branntweingenuß die Urfache, fo lafje man Salzwaſſer trinfen, oder gebe, falls dies nicht helfen ſollte, zerriebenen Knoblauch in den Mund.

Hat ein Betrunfener ein dunkelrotes Gejicht und ftiere Augen, hilft da3 Kalte Begießen nur eine Weile, will er nicht zu Verftande fommen, hat er ein Zittern und Zuden im Gefidht und um den Mund oder Krampf, daß man den Mund nicht öffnen fann, dann wende man faltes Waſſer über den Kopf und nafjfe Tücher an, und gebe alle Bierteljtunden bi3 zum Eintritt der Beſſerung Opium, und wenn dies nicht weiter helfen will, je nach den Umſtänden Aconitum oder Belladonna.

Kindern, die manchmal von leichtjinnigen nichtswürdigen Per- ſonen betrunfen gemacht werden oder durch Zufall Branntwein befommen haben, waſche man Kopf und Unterleib mit falten Waſſer und gebe ihnen alle Viertelftunden ein Teelöffelcden heißes Waſſer, von dem 1% 1 zuvor über eine bittere Mandel gegoſſen wurde. Kommen fie davon nicht bald in guten Schlaf, fo gibt man ihnen Nux vomica. Fallen fie in einen betäubten Schlaf mit Schnarchen und rotem Geficht, heißem Kopf und Schweiß, fo ift Opium angezeigt. Sind fie gar zu aufgemwedt und luftig und fönnen nicht jchlafen, jo paßt Coffea. Belommen fie hibiges Sieber, jo dürfte Aconitum am Plate jein, und fpäter, wenn nötig, Belladonna. Bei Krämpfen verfuhe man zuerft Opium; will e8 nicht helfen, Nux vomica und tritt aud) darnad) feine Bellerung ein, Chamomilla.

Manche Wöchnerinnen trinken aus Dummheit, jchlechter An- gewöhnung oder von unmillenden Hebammen jchlecht beraten geiftige Getränfe, um ſich und das Kind in Schlaf zu bringen. Dies ift eine abjcheulide Gewohnheit, die nie ungeftraft bleibt, Die geijtige Entwidlung des Kindes jehr beeinträchtigt und vielleicht in manden Fällen dazu beiträgt, daß jpäter aus dem Finde ein Säufer wird. Hier muß eindringlidde Belehrung einjeßen und die üble Gewohnheit muß fofort abgeftellt werden. Gegen etwaige Befchwerden bei Mutter und Kind greife man zu den oben ge- nannten Mitteln. Die tief im Volk eingemurzelte Meinung, daß Durch vieles Biertrinfen mehr Mild) erzeugt werden könne, ver⸗ anlaßt manche ftillende Mutter, felbjt gegen ihre fonftige Gemohn- heit täglic) eine gewifjfe Menge Bier zu trinfen. Es wäre endlich an der Beit, daß alle Gebildeten zum Wohle der ftilenden Mütter und der Säuglinge diefer unfinnigen Behauptung aufs entjchiedenite

Bering-Haechl, HM, 6

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82 I. Die Häufigften Kranlkheitsurſachen.

entgegentreten würden. Wohl kann die täglich) erzeugte Menge Milch durch Biergenuß etwas gefteigert werden, gleichzeitig wirb aber ihre Güte zum Schaden des Säuglings verringert.

Außer den gewohnheitsmäßigen Trinkern, denen Mißbrauch geiftiger Getränke zur zweiten Natur geworden ift, gibt es Ber- fonen, die bloß gelegentlich einmal zum Zrinfen verführt werden und ſich nachher fchämen, betrunken geweſen zu fein. Für foldhe empfiehlt es jich, vor dem Schlafengehen ein- oder zweimal Nux vomica zu nehmen. Gegen etwaige Nachwehen am nädjiten ——— nimmt man dann eines der auf Seite 83 ff. empfohlenen

ittel.

Ob das Lafter der Trunkſucht feine Urfache in Berdruß, Kummer und Sorgen oder in einem unwiderftehlichen oft anererbten Trieb zum Alkohol ae immer ift es unendlich fchwer, den Trinker aus den Feſſeln diejes Laſters zu befreien. Wo dag Gewiſſen bei einem unglüdlihen Trinker noch rege ift und er Scham und Reue über feine Leidenfchaft empfindet, mag es nod) leichter fein, N zum Entſchluſſe völliger Enthaltfamfeit, des einzigen Heilmittel, zu bringen und dabei zu halten. Wo aber fein Gewiſſen mehr ſpricht, Feine Einficht mehr vorhanden ift, wird man ſchließlich ge- nötigt fein, den Kranken eine Zeitlang in einer Zrinferheilftätte unterzubringen. Dan verfäume aber trogdem nie, dem Trunf- füchtigen die für ihn paflenden Homöopathifchen Mittel einzugeben.

In allen Fällen von unwiderſtehlichem, krankhaftem Verlangen nach geiftigen Getränfen ziehe man einen homdopathifchen Arzt zu Rate. St dies nicht möglich, fo gebe man dem Trunffücdhtigen jeden Morgen nüchtern eine Gabe Sulphur. ehrt nach einiger Beit da3 Verlangen wieder, fo laffe man ihn mehrere Tage lang abends vor dem Sclafengehen Nux vomica nehmen und fpäter nohmaß Sulphur nüdtern. Sm ganz hartnädigen Tsällen verfuche man Arsenicum. Regelmäßiger Genuß von Milch bewirkt faft bei jedem Trunffüchtigen einen gewiſſen Wider- willen gegen Wein und Schnaps. Wird die Mildy anfangs nicht gut ertragen, verurſacht fie Durchfall oder andere Befchwerden, jo gebe man die dagegen angezeigten Mittel (Seite 79 u. 80).

Nachwehen vom Genufje geiftiger Getränke.

Die allgemein befannten Erfcheinungen des „Katzen jam mers“, die nicht nur dem übermäßigen Genuffe des Gewohnheitstrinkers, fondern auch dem geringen Genuffe alloholifcher Getränfe bei empfindlicheren Naturen folgen, der „ſchwere“ Kopf, dem alle Haare wehtun, das blafje Geficht mit den eingefallenen Augen, die bei hellem Lichte jchmerzen, Trodenheit im Munde, Üibelfeit, Schmerzen in der Herzarube, Heiferfeit, Hite in den Händen, Ber- ihlagenheit in allen Gliedern, wie wenn fie verrenft wären, das Gefühl der Mattigfeit, Schläfrigfeit, des Froftes, des Abgeſpannt⸗

5. Folgen von geiftigen und heißen Getränlen, von Tabal uf. 83

ſeins, die ärgerliche oder gereizte Gemütsſtimmung, zumeilen Nafenbluten oder Magentrampf: alles dies wird in der Hauptfache und am wirkſamſten durch die zwei Mittel Nux vomica oder Carbo vegetabilis befämpft.

Nux vomica: $opjweh wie bon einem Nagel, halbfeitig, ichlimmer beim Gehen, beim Büden, bei jeder Bewegung, im Freien, beim Nachdenken; Neigung zum Würgen und Erbrechen, ichleimiger Durchfall mit viel Zwängen und Drängen; Schwindel- gefühl, rote Augen, mit Eiter in den Winkeln, große Empfindlich- feit gegen helles Licht. Ferner iſt Nux vomica paſſend bei längeren Nachwehen von häufigem Alkoholmißbrauch, bei lang- wierigem Kopfweh, Zollheit und Schwere ded Kopfes, Magen- frampf, ſchwachem Magen, Berjtopfung, Hämorrhoiden (Aiter- fnoten), Kreuzweh, Frieſelausſchlag oder vielem Juden und Beißen am ganzen Leibe. Während des Einnehmen? dürfen weder Kaffee, noch Wein noch andere Spirituofen getrunfen werden.

Carbo vegetabilis: Slopfendes oder drüdendes Kopfweh über den Augen, beſſer in frifcher, Fühler Quft (Schlimmer in Fühler Zuft und mehr in der Schläfe: Nux moschata); Übelfeit ohne Brechreiz, dünner, blaffer Stuhlgang.

Läßt auf den Gebraud) von Nux vomica dad Kopfweh nad) einigen Stunden nicht nad), fo nehme man Coffea; mill die Übelfeit nicht weichen, ift der Magen angegriffen, die Zunge did- weiß belegt, jo denfe man an Antimoniumcrudum.

Bei längeren Bejchwerden der Gemohnheitstrinfer kann auf Nux vomicagutCarbo vegetabilis folgen, wenn der Kranfe fi früh morgen? und in freier Luft am ſchlimmſten fühlt, bei BVer- fhlimmerung nad) jedem Schlaf, nachmittags und bei heißem Wetter Lachesis.

Langwieriges Kopfweh, das jedesmal durch geiftige Getränke bervorgerufen oder verfchlimmert wird, ebenfo wenn Nachdenken, Geiftesarbeit, Sprechen, Büden, Leſen und Schreiben fehr angreift, erfordert bei fetten, vollblütigen LeutenCalcarea carbonica, bei mageren wird Silicea- befjer wirken. Manchmal ift auch Lachesis nuizlich.

Wird jemand ſchon nach wenig Wein aufgeregt, zitterig, üibel- nehmeriſch, widermärtig, mit trodener Hite, fo nehme er Coffea. Wenn Feine Mengen Wein beraufchen, paßt Zincum.

Wer vom Biertrinlen Magenbefhmwerden befommt, tut am beiten, feines zu trinfen. Die ſchweren Sorten, die bi3- weilen mit giftigen Subftanzen ſtark oder bitter gemacht werden, meide man befonders. Iſt das Bier gut, jo nehme man, wenn e3 zu leicht in den Kopf ſteigt Rhus toxicodendron oder Belladonna. Macht Bier immer Erbrechen, fo gibt man Ferrum, bei Übelfeit Arsenicum, bei Leibweh Colo cyn- this. Hat man abends mäßig Bier getrunfen und verjpürt am nächſten Morgen beim Erwachen oder nad) dem Aufſtehen Kopf-

84 U. Die Häufigften Kranukheitsurſachen.

weh, jo taugt entweder da3 Bier überhaupt nicht3 oder doch dem nicht, der es getrunken Hat. Eine Taſſe chineſiſchen Tees Hilft gewöhnlich und ijt bejjer als Kaffee.

Wem das Branntweintrinken Bejchwerden macht, der greife zu dem einzigen vernünftigen Mittel, nämlid) feinen Branntwein inden Mund zu nehmen. AB Genußmittel ift er durchaus zu bermwerfen, dagegen fann er al3 Arznei in feltenen Fällen. mit Nuten angewandt werden.

Säufertwut (Delirium tremens).

Wenn ein gewohnheitsmäßiger Trinfer nach einer Reihe von Sahren feinem Laſter plöglic) entjagt, oder wenn ihn äußere Um- jtände 3. B. die Überführung in ein Krankenhaus nad) ſchweren Berlegungen dazu nötigen, fo ftellt ſich nicht felten jener fchredliche und traurige Zuftand ein, den man als Säuferwut, Säuferwahnfinn oder Delirium tremens bezeichnet. Das erfte Zeichen der heran- nahenden Krankheit ift Schlaflofigfeit. Weder bei Tag noch bei Nacht kann der Kranke Ruhe finden, und ſinkt er je aus Erſchöpfung für einen furzen Augenblid in einen Schlummer, jo ſchrecken ihn die fürchterlichften Träume wieder auf. Später ftellen fich dann Ginnestäufchungen der verfchiedenften Art ein; der Kranke fieht nicht nur im Halbſchlummer, ſondern aud) im völlig wachen Zu- ſtande Mäufe, Ratten, Wanzen, Würmer, auch größere Tiere und Ungeheuer in großer Menge, glaubt von Millionen Inſekten geplagt zu jein und wirft ich in beftändiger Unruhe im Bettumber. Fremde Menfchengeftalten tauchen vor ihm auf, von denen er jich verfolgt glaubt, und gegen die er ſich beftändig verteidigt; er Hört Stimmen rufen und beteiligt fich an vermeintlichen Unterhaltungen. Nad) einigen Tagen gejellt fich ein Bittern dazu, jo daß der Patient oft nicht mehr imftande ift, ein volles Trinkglas oder eine Tafje zum Munde zu führen, ohne die Hälfte des Inhaltes zu verfchütten. Beſſert fi) der Zuftand, fo wird der Kranke immer ruhiger und verfällt jchlieglich in einen langen Schlaf. Aber nicht immer endet der Säuferwahnfinn mit Genefung; manchmal stellen fich heftige Krämpfe und Zudungen ein, die den Kranken fchnell dahinraffen. Ein andermal [pringt er in einem unbewachten Augenblid aus dem Bett und zum Fenjter Hinaus und findet fo den fofortigen Tod.

Ein an Säufer wahnſinn Erkrankter darf nie ohne Bewachung jein, und die ihn überwachende Perſon muß größte Vorficht walten laſſen; denn nicht felten glaubt jic) der Kranke von feinem Wärter verfolgt, fpringt aus dem Bett Heraus, greift nad) dem näcdhften beiten Gegenjtand und wirft ſich auf den Wärter, um ihn zu töten. Hat die Erregung einen bejonder Hohen Grad erreicht, fo daß man den Kranken kaum noch zu bändigen vermag, fo ift eine naſſe Ganz- padung wohl da3 wirffamfte Hilfsmittel. Man Eleidet den Wahn- ſinnigen vollftändig aus, ſchlägt ihn in ein in faltes Waffer getauchtes Leintuch und darüber in einige wollene Deden ein. Bei der Er-

5. Folgen von geiftigen und heißen Getränken, von Tabak ufw. 85

nährung muß man ftet3 berüdjichtigen, daß man e3 mit einem Trinker zu tun hat, deſſen Verdauunggorgane meift jehr geſchwächt find. Man gibt daher am beiten während des Anfalles nur flüffige Nahrung, wie 3. B. Fleiſchbrühe mit Ei oder Milch mit etwas Kognaf u. dergl., aber ftet3 in Fleinen Mengen und oft wiederholt.

Wenn das Leiden ſchon im erjten Anfang erfannt wird, hilft faft immer Arsenicum.

Für den eigentlichen Beginn der Krankheit, befonder3 bie beitändige, hartnädige Schlaflofigfeit und das unaufhörliche Neden, gibt es faum ein befjeres Mittelal® Hyoscyamus. Der Kranke greift bejtändig nach Gegenjtänden in der Luft umber.

Bei gelinden Anfällen, wenn die Kranken nur bisweilen Tiere oder Teuer fehen, Angft Haben und entfliehen wollen, kann Belladonna, aud mit Aconitum im Wedel, gegeben werden.

Wenn Belladonna nicht helfen follte und Beſchwerden am Halfe entjtehen, die Anfälle mehr nachmittag oder nad) dem Schlafen auftreten, wenn die Kranken viel fprechen und dabei von einer Sache auf die andere fommen, wenn fie da8 Hemd oder Halstuch nicht um den Hal leiden und immer aufreißen und mweg- tun wollen, fo Hilft Lachesis. Wenn der Kranke falten Schweiß im Geſicht Hat, voller Angſt entfliehen will und meint, er fehe Zeufel, jo ift Veratrum zu verfuhen. Stramonium paßt bei großer Gejchmägigfeit oder wenn der Kranle viel betet und dann plötzlich Wutanfälle befommt, in denen er feine Umgebung ſchlägt.

In den ſchlimmſten Fällen, beſonders aud) bei wiederholten Ausbrüchen des Säufer wahnſinnes gibt man Opium und wenn nicht bald darauf Befferung eintritt, Nux vomica. Ein anderes Mittel, dad manchmal nod) in die Wahl fällt, it Calcarea car- bonica: der Kranke fürditet den Verftand zu verlieren, oder jpricht beftändig von Mord, Brandftiftung, Ratten, Mäufen uſw.

Nachteile don Kaffeetrinken.

Wer den Kaffee nicht gewöhnt iſt, zu viel oder ſehr ſtarken Kaffee trinkt, kann empfindliche Beſchwerden davon bekommen.

Bei Schlaflofigkeit, Herzklopfen, großer Neizbarfeit der Nerven, heftigem Magenkrampf ift Nux vomica faft immer hinreichend.

Bei heftigem Kopfmeh mie von einem Nagel oder Schwere mit außeinander treibendem Schmerz im Kopf Hilft Ignatia oder Nux vomica. Sites beffer beim Büden oder Hopft eg im ganzen Kopfe, oder bei unbeftändigen, unentichloffenen Leuten gibt man Ignatia; ift e3 ſchlimmer beim Büden und beim Gehen und ift viel Schwindel dabei, oder ein wüſtes und düfteres Gefühl im Kopfe, und handelt es fich um aufgeregte, hitzige Leute, jo kommt Nux vomica in Betradjt. Heftiges, halbjeitige3 Kopf weh Heilt

86 IL. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

gewöhnlid Nux vomica, Kopfweh mit vielem Weinen und Schreien und großer Empfindlichkeit Chamomilla.

Bahnmeh, da3 fogleich nach Kaffeetrinfen auftritt, befeitigt Chamomilla; da3 Mittel ift überhaupt gegen Bahnmeh bei ſolchen angezeigt, die Saffee zu trinken gewohnt find. - Sind die Kranken dabei ganz außer fich, fo gibt man Coffea und jpäter Chamomilla oder Nux vomica.

Magenträmpfe, die nach Kaffee immer wieder jchlimmer werden, erheilhen Nux vomica oder Cocculus; wenn jie ſich durch Kaffeetrinfen eine Weile bejlern, aber jpäter wieder verichlimmern: Chamomilla.

Heftigeg Leibweh und Koliffchmerzen nah Saffeetrinken werden durch Chamomilla, Nux vomica, Colocyn- this oder Belladonna wieder bejfer.

Bei Schmerzen im Bauchringe, al3 ob ein Bruch entftehen wollte: Nux vomica.

Bei langwierigen Folgen von Häufigem Saffeetrinken, die nicht aufhören, wenn man mäßiger wird oder den Kaffeegenuß ganz aufgibt, it Nux vomica Hauptmittel. Zumeilen hilft aber weder die8 noch Chamomilla, dann verfuche man:

Cocculus, wenn bei jeder Bewegung matter Schweiß, Dazu häufiges Zittern, Aufichreden im Schlafe, fliegende Bike, häufige Zahnweh beim Eſſen, Traurigkeit, Angjt auftritt, über⸗ haupt wenn alle Bejchwerden in freier Luft, durch Bewegung, Elfen, Trinken, Schlafen und Tabakrauchen zunehmen.

Ignatia bei viel Schwäche, Leerheit in der Herzgrube, Krämpfen im Unterleibe, Eingejfchlafenheit oder Schmerzen in den Sliedern, gewöhnlich drüdend wie von fcharfen, fpiten, harten Dingen; die Bejchwerden nötigen immer zur Veränderung in der Lage und werden dadurch beſſer; da3 Gemüt ift unbeftändig, bald ausgelaſſen, bald mweinerlich.

Beſchwerden von Teetrinten,

befonder3 von grünem Tee, nimmt Ignatia oder Coffea, und wenn dies in einigen Tagen nicht beffert, China. Bei langwierigen Beichwerden von vielem Teetrinfen paßt China oder Ferrum.

Beſchwerden von Tabakrauchen

bei ſolchen, die das Rauchen noch nicht gewohnt ſind, nimmt ge⸗ wöhnlich Pulsatilla bald weg; heftiges Kopfweh mit Übelkeit verlangt Aconitum; Chamomilla ift gegen Schwindel und Qufeligfeit bi8 zur Ohnmacht, Galleerbrehen und Durchfälle amgegeigt oder, wenn viel Kälte dabei if, Veratrum; nötigen- falls laſſe man an Kampher riechen. Heftige Krämpfe heilt Cup- rum. Weitere Mittel fiehe unter „Vergiftungen“ (©. 105.) Belommt ein an das Rauchen Gemwöhnter hievon Bejchwerden,

“.

5. Folgen von geiftigen und heißen Getränlen, von Tabak uſw. 87

dann hilft ihm gewöhnlich Cocculus oder Ignatia;verurfacht es Zahnweh, jo gibt man Bryonia, zuweilen aud) China; Übelfeit erfordert Ignatia oder Pulsatilla; ängftlidhe Un- ruhe und Übelkeit: Staphysagria. Dasfelbe gilt auch bei Beichwerden vom Tabaffauen. Am häufigften pafjen dagegen Nux vomica, Chamomilla, Pulsatilla, Cocculus oder Cuprum.

Langwierige Folgen übermäßigen Tabakrauchens find befonders bei alten Leuten ſchwer zu befeitigen; bei zu großer Empfindlichkeit und Magenſchwäche Hilft gemöhnlid Nux vomica oder Coc- culus,beilangmieriger Berftiopfung Nux vomica,Staphys- agria oder Mercurius.

Die Krankheiten (Berufätranfheiten) der Tabakarbeiter find noch viel ſchwerer zu heilen. Wenn fie nicht monatelang von allem Tabakgeruche entfernt bleiben und ein anderes Gefchäft betreiben, iftihnen ſchwer zu helfen. Die beten Mittelgegen die Erfcheinungen der Tabakvergiftung find Arsenicum, CGolocynthis und Cuprum. | |

Gegen Beſchwerden bon Gewürzen,

die erhiten, wie Pfeffer, Ingwer u. dergl., gibtman Nuxvomica.

Bei Befchwerden nad) betäubenden Gewürzen wie Muskatnuß

* SafraniftIgnatia, manchmal auch Opium oder Coffea eſſer. J

Beſchwerden von Saurem,

beſonders Durchfälle, die ſich plötzlich einſtellen und hauptſächlich abends und nachts auftreten, erfordern Ipecacuanha oder Nux vomica. Treten die Durchfälle am Tag auf, jo paßt Antimoniumcrudum; find fie von Leibjchneiden begleitet, jo gibt man warme Fleifhhrühe und einige Gaben Staphys- agria, jind Kopf oder Bruft nach Genuß von Saurem angegriffen, Belladonna. Wenn die Bejchwerden von großer Kälte der Glieder begleitet find: Veratrum; folgt Fieberhite: Lache- sis. Durchfall nach ſaurenFrüchten: Lachesisoder China; ſonſtige Verdauungsſtörungen nach fauren Speifen und Getränfen: Arsenicum oder Lachesis.

Rote Scharlachartige Ausſchläge oder Friefel mit Halsweh, von Drangen oder Zitronen oder andern ſauren Früchten herrührend, heben Belladonna und Rhus toxicodendron. Lang— wierige Folgen von Saurem bejeitigen je nach den Erſcheinungen Calcarea carbonica, Causticum, Ferrum oder Sepia.

Gegen unmiderftehliche Verlangen nad Saurem fallen Ar- senicum, Arnica, Belladonna, China oder Lache- sis in die Wahl. Befteht nur ein Verlangen nad) jäuerlichen ‚Getränfen, fo ift Bryonia zu verfuchen.

88 II. Die häufigſten Krankheitsurſachen.

Sechſter Abſchnitt.

Vergiftungen.

Allgemeines.

Vergiftungen in der Abſicht, einen Mord oder Selbſtmord zu begehen, kommen verhältnismäßig ſelten vor. Die meiſten Ver— giftungsfälle beruhen auf Unkenntnis oder Nachläſſigkeit im Ver— kehr und Umgang mit giftigen Stoffen oder auf Verfälſchungen bon Speiſen und Getränken. Die deutſche Geſetzgebung hat des— halb beſondere Vorſchriften für den Verkehr mit Giften erlaſſen und die Verfälſchung von Nahrungsmitteln unter ſtrenge Be— ftrafung geftellt. Troßdem gibt e3 für den Laien immer nod) Mittel und Wege, mit und ohne ärztliche Verordnung in den Beſitz ftarf mwirfender Gifte zu gelangen. Auch die Nahrungsmittel» berfälfchungen werden troß aller Strafandrohung fein Ende nehmen, lolange es Menfchen gibt, deren Profitwut feine Rüdfichten und feine Grenzen fennt. Ein großer Zeil der Vergiftungen betrifjt unbeauflichtigte Kinder, die entweder Giftbeeren eſſen oder un- genügend vermwahrte Gifte zu erlangen wiſſen. Aber auch ganz zufällige Vergiftungen gehören nicht zu den Seltenheiten, fei es, daß 3. B. jemand zu viel Arznei einnimmt und die zuläffige Gabe überjchreitet, daß er ahnungslos Haarfärbemittel oder Pomade gebraucht, die giftige Stoffe enthalten und langfam, aber unau3- bleiblich zur Vergiftung führen, oder daß eßbare Pilze mit giftigen berwechjelt werden u. vergl. Selbſt Spielfachen für Kinder find oft mit giftigen Farben bemalt und fönnen Bergiftungserfcheinungen hervorrufen, wenn fie von den Kindern in den Mund genommen oder mit naſſen Händen berührt werden.

Bei Vergiftungen ijt fchleunige Hilfe Goldes mert. Jede Minute Verzögerung erhöht die Gefahr, inder jihder Kranfe befindet. Die Frage der Erhaltung von Leben und Gefundheit hängt bei Vergiftungen zu einem großen Zeilan der Schnelligfeit des Handelng und der raſchen Befonnen- beit der Umgebung des Kranken. Da überdied niemand wiſſen fann, ob er nicht felber einmal als Helfer in der Not einfpringen muß, jollte fich jeder Lefer des Buches die folgenden Ausführungen in ihren Sauptzügen ind Gedächtnis einprägen.

Die erſte Hilfeleiftung bei Vergiftungen. Die erfte Vorausſetzung für eine erfolgreiche Behandlung bei Ver- giftungen ift Ruhe und Beſonnenheit des Hilfebringenden. Iſt das Gift durch eine Verletzung in die Haut eingedrungen,

6. Vergiftungen. 89

wie 3. B. nad) einem Schlangenbiß oder nach giftigen Inſekten— oder Giftjpinnenftichen, fo ſauge man die verletzte Stelle fofort und gründlich aus und umfchnüre das verlegte Glied dicht oberhalb der Verlegungzftelle, um jo das Eindringen des Giftes in die Blut- und Lymphbahnen möglichit abzuhalten. Dann zerftöre man den etwa noch vorhandenen Reſt des Giftes durch Ausbrennen der Wunde (mit einer brennenden Zigarre, einer glühenden Stridnadel und dergl.).

Iſt da3 Gift Inden Magen gelommen, fo ſuche man es durd) Erbrechen herauszubefördern, ehe es aufgefogen werden Tann. Man kitzelt daher den Schlund de3 Bergifteten mit dem Zeigefinger oder einer Sielfeder fo lange, bis die Abficht erreicht if. Kann der Vergiftete etwas zu fich nehmen, fo lafje man ihn reichlich Inu- warmes Waffer trinfen, dem man fettige Stoffe wie Butter, DI, Schmalz und dergl. beifügt. Nur bei Phosphorvergiftungen ift Fett in jeder Form, auch Milch, ftrenge zu vermeiden. Will ein vergifteteg Kind den Mund nicht öffnen, fo erziwinge man eg, indem man ihm die Nafe feit zuhält; um Luft zu befommen, wird es in wenigen Augenbliden den Mund von jelbit öffnen. Das Erbrechen muß mit furzen Unterbrechungen jo oft mieder- holt werben, bis mit einiger Sicherheit anzunehmen ift, daß alles Gift aus dem Magen entfernt if. Am beften erreicht man dies durch Magenfpülungen mit Hilfe eines Magenjchlauches oder einer Magenpumpe. Sie darf aber nur vom Arzt an- gewandt werden und aud) nur dann, wenn die Schleimhäute der MundHöhle und Speiferöhre durch dag Gift nicht ſchon geäßt und bejchädigt find.

Während man das Erbrechen befördert, juche man fich Klarheit über da3 genommene Gift zu verjchaffen. Kann der Vergiftete felbft feine Auskunft darüber geben, jo ſchicke man einen Teil des Erbrochenen oder des etiva nod) vorhandenen Giftes unverzüglich zu einer fofortigen Unterfuhung in die nächitliegende Apothefe. Den Reft bewahre man forgfältig für eine etwaige [pätere gericht- liche Unterfuchung auf. Beim Kranken übereile man aber nicht3, folange nicht mit Gemißheit feftfteht, um was für ein Gift e3 fid) handelt. Schließlich darf man nie vergeſſen, daß aud) ſtürmiſch einfetende Erkrankungen wie Cholera, Hirnentzündung, Nieren- leiden, Magen- und PDarmentzündungen, Brucdeinkflemmungen und dergl. Vergiftungen vortäufchen fünnen. Deshalb bejchränfe man ſich in allen Fällen, in denen das Gift nicht bekannt ift, darauf, Erbrechen zu erregen und wende höchſtens nod) ein ganz ches Gegenmittel wie Eiweißwaſſer, Zudermwafjer oder

an. Bei jeder Vergiftung ift fofort nach dem Arzt zu jehiden und zwar läßt man ihn ausdrücklich wiffen, daß e3 ſich um einen Yall bon Vergiftung handelt und was für ein Gift genommen murde. Er fann dann die nötigen Gegenmittel und Inſtrumente wie

90 DI. Die häufigſten Krankheits urſachen.

Magenſchlauch, Morphiumſpritze und dergl. gleich mitbringen, wodurch koſtbare Zeit erſpart wird.

Steht am betreffenden Ort ein „Entgiftungstfa rn n” für den allgemeinen Gebrauch zur Verfügung meift ift er Polizeiftationen, Krankenhäuſern oder Rettungsftationen zur Verwahrung übergeben fo laſſe man ihn herbeiholen, damit ihn der Arzt fofort nach feinem Eintreffen benügen fann. Der Entgiftungsfaften enthält alle mög- Br Gegenmittelund Apparate, die bei Vergiftungen nötig werben

Önnen. Iſt das Gift bekannt, jo warte man nicht bis zum Eintreffen des Arztes, fondern gebe nad) dem Erbrechen fofort da3 geeignete ©egenmittel. Dabei merke man fich al? allgemeine Regel:

Bei ätzenden Giften und Säuren (wie Schwefelſäure, Salpeterfäure uſw.): ſchwache Laugen, wie Geifenmwaffer, Soda- löfung, Kalk, Magnefia oder Kreide in Waller gelöft.

Bei metalliſchen Giften (wie Quedfilberfublimat, Arfenit und dergl.): Eiweißwaſſer. | Bei alkaliſchen Giften (wie Pottafche, Ammoniak, Salmiaf- geift uſw.): fäuerliche Getränke, Zitronenfaft, Saft faurer Früchte, Eſſig in Waffer.

Bei betäubenden Giften (wie Opium, Morphium, Toll- firfche u. a.): Bohnentaffee und andere Reizmittel, ferner kalte Umfchläge, kalte Übergießungen, Bellatihungen der Bruft ujm., um den Kranken möglichit wach zu halten.

Bei Gasvergiftungen: Frifche Luft und Fünftlihe Atmung.

Die Hauptmittel bei Vergiftungen.

1. Mechaniſche Entfernung des Gifte! aus dem Magen durch Erbrechen, Kitzeln des Schlundes mit Zeigefinger oder Kiel- feder, Verabreichung eines ungefährlichen Brechmittelß, wie 3. B. lauwarmes Seifenwaſſer, Senfpulver (1—2 Teelöffel zu 1 Zrinf- alas voll Waller), reichliches Trinken von laumarmem Waffer unter Bufat von Fett oder Anwendung von Magenfchlaud oder Magen- pumpe, bis alle Gift aus dem Magen entfernt ift.

Berboten find Brechmittel und Magenpumpe, wenn ſtark ätzende Mittel ſchon mindeften? 1% Stunde im Magen find, wegen der Gefahr einer Durchlöcherung der Magenmwand.

2. Eiweißwaſſer: Das Eiweiß von 3—A Hühnereiern wird mit Liter Waffer verquirlt und Getränk verabreidit. Es ift ein Hauptmittel bei Vergiftungen mit metalliiden Giften (Quedfilber, Grünfpan, Kupfervitriol, Blei, Brechweinftein), be- fonder3 wenn der Bergiftete Über Schmerzen im Magen und Unter- leib klagt. Haben ſich Durchfälle eingeftellt und befteht heftiger Zivang beim Stuhl, fo kann man da3 Eiweißwaſſer aud) als Kliftier ver⸗ abreichen. Auch wenn der Kranke nach Anwendung von Eiweiß Beflerung fpürt und Magen- und Leibjchmerzen nachlaſſen, gebe man e3 noch einige Zeit fort.

. 6. RBergiftungen. | 91

Das Eiweiß bildet mit den meiften Metallfalgen und Mineral- fäuren nahezu unlöglihe Verbindungen und verhindert dadurch ihre Aufſaugung. & muß aber in großen Mengen ver- abreicht werden. |

3. Seifenmwaffer: Ein Gemichtöteil weißer SKernfeife wird in 4 mal fo viel heißem Wafjer (1 Liter Waffer wiegt 1 kg) auf- gelöft. Davon gibt man alle 3 Minuten eine Taffe voll warm zu trinten. Seifenwaſſer ift ein Hauptgegenmittel bei Vergiftungen - mit Arſenik, Salpeterfäure, Schmwefeljäure und anderen jcharfen Säuren. Auch bei Alaun-, Bitriolöl- und Bleivergiftungen ift es wirkſam, ferner bei Vergiftungen durch fcharffchmedende, brennende und gegen die ſchädlichen Folgen von großen Mengen

izinusöl.

Bei alkaliſchen Giften (Pottaſche, Salmiakgeiſt, Weinſteinſalz uſw.) iſt Seifenwaſſer ſchädlich.

4. Magneſia. Die wenig kalzinierte Magneſia, die man in allen Apotheken haben kann, iſt oft noch wirkſamer ala Geifen- wafler. Man löſt größere Mengen davon in Waſſer auf und gibt e3 zu trinfen, fo oft Erbrechen erfolgt. Magneſia ift ein wirkſames Gegenmittel bei Säuren und vielen Metallen, wenn Eiweißwaſſer feine Linderung bringt oder wenn man ficher weiß, daß das ge- nommene Gift Duedlilber, Spießglanz (Antimon), Zint, Wismut oder Zinn mar.

5. Effig, in Waffer verdünnt im Verhältnis von 1:10, ift das wichtigfte Gegenmittel bei Vergiftungen mit allalifhen (d. h. Iaugenfalzartigen) Giften, mit den pflanzlichen Giften des Stech— apfeß® (Stramoni ım), Sturmhutes (Aconitum), des Opium, der Pilze und betäubenden Giften wie Kohlendunft und Schwefel- leber. Es ift ferner wirkſam nad) dem Genuß giftiger Mufcheln, Fiſche und verdorbenen Fleiſches, befonder3 wenn große Troden- heit im Schlund und Würgen befteht. Es empfiehlt fich in allen diefen Fällen abwechſſungsweiſe jchleimige Getränke und Eijig- waſſer nehmen zu lafien. An Stelle des Eſſigwaſſers Tann auch Bitronenfaft verabreicht werden (der Saft von einer Zitrone auf Liter Wajler).

Schädlich iſt Eſſig bei Mineralſäuren und bei Arſenik, be- ſonders wenn der Vergiftete bereits über Magenſchmerzen klagt.

6. Ol hat als Gegenmittel bei Vergiftungen nur einen be— ſchränkten Wirkungskreis. Natürlich darf nur gutes Dliven- oder Mandelöl verwendet werden. Bei Vergiftungen mit alfaliichen Giften kann es im Wechſel mit Eſſigwaſſer gegeben werden, be- londer3 wenn der PBergiftete über Brennen im Mund, Schlund und Magen klagt. Vorteilhaft ift der Gebrauch von Ol hauptſächlich, wenn Scharfe Säuren in den Mund, Schlund oder Magen gelangt find. Auch bei Pilzvergiftungen ift es von Nutzen.

Schäd lich ift DI bei Arfenik-, PBhosphor-, Kampher⸗ und San⸗ toninvergiftungen, oder wenn Kanthariden (ſpaniſche Fliegen)

92 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

oder andere Inſekten oder ihr Gift ind Auge gelangt find. Dagegen gießt man Ol in ein Ohr, in das lebende Selten gekrochen find.

7. Milch wird von mandhen für eine Art Univerfal-Gegengift gehalten. Das ift fie keineswegs. Sie hat den großen Vorzug, daß man fie überall fchnell bei der Hand hat. Durd) ihren Fettftoff, die Butter, und ihren Käfeftoff, das Kaſein, ſchützt fie die Schleim- häute gegen die ätende Wirkung von Eäuren, Mlalien und andern reizenden und zeritörenden Stoffen. Die Milch ift in denfelben Bergiftungsfällen nützlich und fchädlich wie Ol. Milch ift ſpäter erft angezeigt, wenn der erjte Sturm der Vergiftung vorüber ift und noch Nachwehen zurüdgeblieben jind.

Saure Milch läßt jich oft anftelle von Eifig verwenden oder nachdem bereit3 einigemal Eſſig genommen wurde.

8. Zuderund Zudermwa fer ift in vielen Fällen ein vorzüglich wirkendes Gegenmittel. Selbſt unrichtig angewandt kann er wenig ſchaden. Am wirffamften ermweift er ſich bei Vergiftungen mit metalliichen Giften, giftigen Farben, Grünfpan, Kupfer, Zinn, Vitriol und Maun, ferner bei Arfenif und bei Vergiftungen durch ſcharfe ätende Pflanzen, die Brennen und Anjchwellung im Mund und Schlund verurfachen. sap lich der Kranke beifer darauf, fo bleibe man dabei, andernfall3 wechfle man mit Eimeiß und Zuder oder, wo e3 paßt, mit Seifenwaſſer.

Bei mineraliiden Säuren oder nad) Stark alkaliſchen Giften find die bereit3 angeführten fpezififchen Gegenmittel dem Zuder vorzuziehen.

9. Kaffee ift ein unerjeßliches Gegenmittel, wenn der Ber- giftete benommen, fchlaffüchtig, bewußtlos und wie betrunfen ift oder wenn er rajend mwütet, tobt und dabonlaufen will oder wenn er fortwährend Poffen mat. Man kann ihn als Getränfe oder als Kliftier verabreichen. Nach jedem Erbrechen gibt man wieder eine Zafje ſchwarzen Kaffee. Iſt man ficher, daß alles Gift erbrochen it jo kann man den Kaffee ſchwächer und mit etwas Zuder mweiter- geben.

Kaffee ift das wichtigſte Gegenmittel bei Vergiftungen mit blaufäurehaltigen Giften, bei Opium- und Stecjapfelvergiftungen und nad) dem Genuß betäubend wirfender Pilze, ferner nad) Ber- giftungen mit Giftfumad) (Rhus toxicodendron), Strychnin und Nux vomica (Bredynuß), Belladonna (Tolltirſche), Koloquinte, Baldrian, Conium, Cicuta (Wajferfchierling), Antimon, Phosphor und Phosphorfäure, ſowie bei üblen Nachwirkungen von Samillentee.

10. Künftlihde Atmung und friſche Luft ift überall dort anzumenden, wo die natürliche Atmung zu ftoden und zu erlahmen droht, wie nad) Vergiftungen mit Opium und Morphium, Alkohol und Blaufäure, Kohlendunft und Leuchtgas. (Näheres hierüber fiehe Seite 123.)

11. Außerliche Reizmittel, wie Maffage, Beflopfen, Frot-

6. Vergiftungen. 93

tieren und Bürften der Haut mit kaltem Wafjer, Streichen der Fußſohlen mit einer Bürfte oder einem eleftriichen Pinfel, lautes Anrufen und gemwaltfames Wachhalten des Kranfen durch Umber- führen, Reizung der Geruchönerven durch fcharf riechende Stoffe wie Salmiafgeift, fommen in Betracht, wenn der Bergiftete an ftarfer Betäubung und Schlaffucht leidet.

Außer den angeführten Mitteln fommen bisweilen noch die folgenden bei Bergiftungen in Frage: Chinefifcher Tee, Eichelfaffee, Kreide, Soda, Kochſalz, Eichenrinde, pulverifierte Holzkohle, Kampher, Salmiakgeift, Waflerftofffuperoryd, Übermanganjaures Kali und altes Terpentindl. Alle diefe Dinge follten in einem ge- ordnreten Haushalt wenn auch nur in Heinen Mengen vor—⸗ rätig gehalten werden.

Giftige Luft.

Wenn tiefe, durch Mauern eingejchloffene Abtritte oder Abzugs⸗- fanäle lange nicht gereinigt wurden, oder wenn in Räumen, denen der freie Quftzutritt fehlt, tierifche Stoffe und Abgänge ſo entwickelt ſich eine giftige Luft (Stickluft), die wie faule Eier riecht und in der blanke Metalle, beſonders Silber, ſchwärzlich an- laufen. Das Einatmen foldher Luft verurfacht Übelkeit, Angft, ſchweres Atmen, der Puls ſetzt vielaus, die Augen werden matt, e3 Iheint eine Kälte in den Ohren zu entftehen, der Unterleib zieht fi) zufammen, und bei fortgefegter Einwirkung folgen Krämpfe und Scheintod. Wird nicht Ichleunig Hilfe geleiftet, fo geht diefer ſchnell in wirklichen Tod über. Chlorkalk oder ein anderes Chlor- präparat, da3 in jeder Apothefe zu haben N ift das bejte Mittel zur Verbeſſerung der gefährlichen Stidluft. Klugerweiſe muß man aber für ven Chlorfalf forgen, ehe fi) Menfchen der giftigen Luft ausſetzen müffen. Durch gewöhnlichen frijchgebrannten Kalf läßt fich der üble Geruch ebenfalls verbeffern, wenn auch nicht fo jchnell; man ftreue etliche Tage, bevor die Arbeit beginnen foll, wiederholt einige Schaufeln voll in die betreffenden Räume. Gteinfohlenafche follte man immer für den Abtritt verwenden; fie verhindert den Geruch und beffert den Dünger. Auch Holzafche und Torfmull eignen ſich fehr zum Beftreuen der Augleerungen, nehmen den Geftanf und geben vortrefflihen Dünger.

Ein ausgezeichnetes Desinfektionsmittel, da3 auch das Wachdtum der Pflanzen jehr befördert, ift in Waffer gelöftes Eifenvitriol.

Iſt das Unglüd aber doch gefchehen, fo bringe man den Ver— gifteten in frifche, reine Luft, Heide ihn aus, lege ihn auf den Rüden mit erhöhter Bruft und fprenge Taltes Waſſer auf Geficht und Bruft. Hat man Chlorwaſſer, fo Halte man einen darein getaucdhten Schwamm zumeilen vor die Nafe. Dod) darf das Mittel nur ſchwach angewendet werden, fo daß auch ein Gefunder den Dunft einatmen kann, ohne dadurd) viel zum Huften gereizt zu werden. Ein Ep- löffel der ftarfen Auflöfung wird mit einem Glas Waſſer vermifcht,

94 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

und davon flößt man dem Leidenden alle 5 bis 10 Minuten einen halben Teelöffel voll ein; je bejjer e8 dem Kranken wird, defto feltener läßt man von dem Mittel nehmen.

Eifig hat man gewöhnlich rajcher bei der Hand: man verbünne ihn mit gleichen Teilen Wafler und ſprenge davon ing Geficht oder halte einen Schwamm, in Ejjig getaucht, vor Naſe und Mund.

Während diefer Zeit läßt man den Körper mit heißen mollenen Tüchern reiben. Hat man kaltes Waller oder Eſſig ind Geficht gejprigt, fo lafje man dies nur ein Weilchen ara trodne es bald.ab, reibe mit heißen Züchern und mwiederhole dann das Anſpritzen. Befonder3 müffen die Füße, Unterleib, Bruft und Arme gerieben werden. Auch kann man Fußſohlen und Rüden mit einer fteifen Bürfte etwas bürften laffen.

Man fei dabei nicht allzu ftürmifch, fondern verfahre fanft, aber ne Bisweilen fehrt das Leben erſt nach 3—4 Stunden zurüd.

Sobald ſich ein freiwillige Einatmen oder ein ſchnelles Aus- atmen zeigt, fächle man frifche Luft, aber ſehr fanft, nad) dem Leiden⸗ den 2 und halte erft, wenn der Atem ftärfer wird, einen Schwamm mit jehr verdünntem Chlor oder mit Effig neben den Mund. Dan muß immer noch ganz borjichtig verfahren, um das ſchwache Leben nicht wieder augzulöfchen. Erholt jich der Kranke, fo gebe man einige Tropfen verdünntes Chlor waſſer oder Eilig. Klagt er über Kälte, Neigung zum Stuhl, Übelkeit, und will dies nad) Eifig nicht weichen oder wird diefer ihm zumider, jo gebe man etwas ſchwarzen Kaffee; Hagt er über Hite und große Schwäche, fo gebe man etwas reinen guten, womöglich alten Wein und fpäter China. Auch das Riechen an Kampher ift zumeilen gut. Man richte fich hierbei nach dem Verlangen de3 Kranken; was ihm am angenehmiten ift, wovon er fich fchnell erleichtert fühlt, das ift das beſte.

Eine andere Art giftiger Luft entfteht in tiefen Brunnen, Kellern und wirft auch erftidend. Sie hat jenen Geruch nicht und wirft mehr betäubend, macht ſchläfrig, trunken und endlich bewußtlos.

Schnelles Verbringen in die frifhe Luft, Beſpritzen mit falten Waſſer auch mit Eifig, befonders aber das Einflößen von ſchwarzem Kaffee, bringt ſolche Vergiftete germöhnlich bald wieder zum Leben. Man muß daher nicht allzu eilig verfahren, der Verzug bringt weit weniger Gefahr. Für den Tall, daß der Vergiftete zunächft gar nicht atmet, beachte man die unter „Scheintod”" gegebenen Ratſchläge.

Kohlendunſt ein ſehr gefährliches Gift, beſonders für Schlafende. Man joll nie in einem Zimmer fchlafen, indem Kohlen glimmen und in das die kalte frifche Luft feinen Zugang hat. Dies gilt von Gteinfohlen wie von Holzfohlen.

Ebenjo gefährlich ift da3 Einatmen von Leuchtgas. Es ift merkwürdig, daß alle, die derartigen Dumſten ausgejegt werden, in eine befondere Schwäche verfallen, die e8 ihnen unmöglich macht,

6. Vergiftungen. 95

ih in die frifhe Luft zu begeben, Fenſter und Türen zu öffnen oder um Hilfe zu rufen. Gie fühlen die größten Befchwerden, erfennen auch die Gefahr, aber können ſich nicht entfchließen, von der Stelle zu gehen oder fich zu retten.

Die Zeichen der Vergiftung durch Kohlendunft, ehe e3 noch zum bölligen Scheintode fommt, find: Kopfweh mit Übelfeit, Ohrenſauſen, heftige Klopfen der Adern, Würgen und Erbrechen, zuweilen jogar von Blut; e3 fcheint eine ſchwere Laſt die Bruft zufammenzudrüden, das Gejicht wird rot und endlich dunkel und jtrogend von Blut; unmillfürliches frampfhaftes Weinen, Srre- reden, plößliches Niederfallen, Krämpfe und Zudungen, endlich völlige Bemwußtlofigfeit und Schlagfluß.

Man bringe die Leidenden fofort in frifche Luft und reibe fie mit Eifig oder laſſe Ejfigdunft einatmen. Wenn das Atmen ftodt, ift fimftlihe Atmung einzuleiten. Iſt das Geſicht fchon fehr rot und

rrereden dabei, jo begieße man den Kopf mit eisfaltem Waffer.

berhaupt ift e8 gut, Kälte am Kopf und Wärme an den Füßen anzumwenden. Sobald der Kranke jchluden ann, flöße man ihm etwas ſchwarzen Kaffee ein. Hater ſich erholt, foifteggut, Opium zu geben, dem nach einigen Stunden Belladonna folgen fann. Iſt der Kranke fehr aufgeregt, jpricht er fchnell und viel, flagt er über fliegende Schmerzen oder ift eg ihm, als ob er felber flöge, oder hat er Schwindel im Liegen, jo gebe man ihm etwas ſchwarzen Kaffee und bleibe dabei, bis fpäter Belladonna oder Nux vomica paſſen.

Ahnlich dem Kohlendunft, nur langſamer, wirft der fogenannte Schwamm in den Häufern. Einige, Tropfen Sulphuris acidum bejeitigen die üblen Folgen.

Gegen ſchlimme Zufälle vom Einatmen giftiger Dämpfe der Blaufäure oder faurer mineralifher Dämpfe ift Hirjch- horngeift oder Salmiafgeift, eine Spanne weit von Naſe und Mund weggehalten und fo eingeatmet, das beite ;auc) ein Tropfen Salmiaf- geift in einem Glas Waffer, alle 10 Minuten teelöffelmeife ge- nommen, wirkt gut. Gegen die üblen Folgen allalifder Dämpfe läßt man Eſſigdunſt einatmen oder von Zeit zu Zeit einen Teelöffel voll Eſſig einnehmen.

Das Schlafen in lange verfchloffenen, nicht gelüfteten Bimmern kann Alpdrücken, ängftlihe Träume, Geiftererfcheinungen, Angſt und Furcht biß zum Entſetzen hervorrufen; Aconitum, Opium (Großes Entjegen), Veratrum (fortwährende Furcht und Schaudern) bejeitigen die Folgen. Das einzige wirkſame Bor- beugung3mittel ift natürlich ganz gründliches Lüften (Fenfter und Türen aufl). Kopfmweh al Wirkung ftarfriechender Blumen im Schlafzimmer oder vom Schlafen im Heu behebt Nux vomica.

Bei Beichwerden nad) Schlafen in frifhgemweißten Stuben oder in Räumen, in denen Wäſche getrodnet wurde oder viele friſch getrocknete Wäjche angehäuft war, wo viele grüne Pflanzen ftanden,

96 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

wo Obit, Wurzeln oder andere Teile von Pflanzen lagen, die noch nicht abgeftorben waren, Hilft gemöhnlid Bryonia, zumeilen Belladonna. Wan vergleiche außerdem die unter „Kopfweh“ angeführten Mittel.

Gegen Belchwerden durch frifhen Olfarbenanftrich Hilft Aconitum, Bryonia, Sulphur oder Mercurius (Bauchweh und Übelkeit zum Erbrechen).

Vergiftungen mit mineraliiden Giften. Bergiftung mit ftarlen Säuren, |

wie Schwefelfäure, Salpeterfäure, Salzfäure, Eſſigſäure und dergl., erfennt man an dem jauren Geruch, der dem Munde de3 Ber- gifteten entſtrömt und an der Atzwirkung, die ſich in einer meißlich- grauen bi3 bräunlichen Berfärbung der Schleimhäute in der Mund- höhle äußert.

Vergiftungserſcheinungen: Entfjeglich brennende Schmer- zen an den Lippen big in den Magen. Heftige Brechwürgen und Erbredden von dunfelbraunen, Taffeefahartigen, fauer riechenden Mafjen. Krampfartiger Huften mit Erftidungsanfällen. Später heftige3 Leibweh, Auftreibung de3 Unterleib3, blutiger Stuhl und. Harn. Unter rafhem Kräfteverfall tritt der Tod ein. Bleibt der Bergiftete am Leben, jo bleiben infolge der ſchwerverletzten Schleim- häute meift läftige Beſchwerden zurüd.

Behandlung: Erbredhen durch lauwarmes Geifenmwaffer oder Anwendung der Magenpumpe, wenn erft furze Beit feit Einnehmen des Gifte? verflojjen ift und Mund- und Rachenſchleimhaut nicht zu ftarf angeägt find. Später find Brechmittel und Magenpumpe ſtreng verboten. Als Gegenmittel: entweder gebrannte Magnefia, einen Löffel voll in einer Taſſe Wafjer, nad) jedem Erbrechen oder bei zunehmenden Schmerzen wiederholt; oder Kreide, zerbrüdt und in Waffer gerührt; oder Holzafche, einen Löffel voll in ein Glas warmes Waſſer gerührt; oder Pottafche oder Soda, eine Meſſerſpitze voll in einem großen Glaſe warmen Waſſers aufgelöit.

Zum Schutze der gefchädigten Schleimhäute: didjchleimige Safergrüße, Graupenwafjer, Eiweißwaſſer, Ablochung bon Lein- famen oder Reis, was man gerade zur Hand hat. Bei Verftopfung und vergeblihem Drange: Kliftiere von ſchwachem Seifenwaſſer. Wenn der erſte Sturm vorbei ift, gebe man nach Schwefeljäure Pulsatilla, nad Salzſäure Bryonia, nad) ©alpeterfäure Hepar, nad) Phosphorfäure Coffea, nad) anderen Säuren, wie Holzefjig, Aconitum. Tritt darauf nicht fchnelle Beſſerung ein und bleiben Atembeſchwerden zurüd, fo laffe man ein ſchwaches Sodamaffer, d. h. eine Auflöfung von etwas gewöhnlicher Soda in Waffer, mehrere Tage lang reichlich trinken. \

Sind heftige Säuren ind Auge gefonmen, fo iſt Mandelöl das befte Gegenmittel, aud) frifche ungejalzene Butter, dann und wann

6, Bergiftungen. | 97

etwas Kreide mit Waffer vermifcht, jo daß ed wie Mollen auzfieht; bloßes Wafler ift jchädlih, man fpüle daher das Auge erft fpäter mit etwas Wafjer aus. Hat man fich äußerlich mit Säuren ver- brannt, jo Hilft Kalkwaſſer oder eine Salbe aus Kalkwaſſer und DI; oder Causticum, einige Tropfen einer niederen Ber- dünnung mit etwas lauem Waſſer gemiſcht und aufgelegt.

Dralfänre (Kleejalz, Bitterkleefalz), faft in jedem Haus— halt als Fledentilgungsmittel. Erſcheinungen: ftarfe Veräßung der Mund- und Rachenſchleimhaut, Magen- und Darmitörungen, fpärliche, oft mit Blut untermifchte Harnabfonderung und fchließlid) Bemwußtlofigfeit. Oft aud) noch nervöfe Erfcheinungen wie AUmeifen- friechen, Gefühllofigfeit in den Fingerſpitzen, Krämpfe und Läh- mungen. Behandlung: gebrannte Magnefia oder Kalk in Milch aufgelöft, auch pulverifierte Eierfchalen. Bur Belebung des Kranken, jobald die ſchlimmſten Erjcheinungen vorüber find, alkohol⸗ haltige Getränke, wie Wein, Kognaf und dergl.

Vergiftungen mit Karboljäure, Lyſol und Kreoſot gehören feit der geringeren ärztlichen Verwendung glüdlichermeije zu den Celtenheiten. Die wichtigiten Vergiftungsſymptome find: Brenn- gefühl von Mund und Schlund bis in den Magen infolge der Ber- ätzung der Schleimhäute; Magenfchmerzen, Erbrechen von Schleim, Ohnmachtsanfälle, Gefichtsbläffe, Talter Schweiß, rascher, ſchwacher Pul, Bemwußtlofigfeit und Atembefchwerden. Der Harn ift gewöhn— lich olivgrün oder ſchwärzlich. Das Erbiochene ſieht weißlich aus und hat ausgefprochenen Sarbolgerudh. Behandlung: Sofortige Entleerung des Magens; dann Eiweiß, Glauberjalz, Milch mit Kalkwaſſer, ſchleimige Getränke oder DL; durch warme Tücher und Wärmeflaſchen den Leidenden möglichſt warm halten.

Bei Veräbungen der Haut mit Kurbolfäure: Abjpülen und Abtupfen mit Alkohol.

Vergiftungen mit alkaliſchen Siften wie Pottaſche, Perlaſche, Atzſtein, Lauge und Laugeneſſenz, Sal tartari, Weinſteinſalz, Soda, Ammoniak, ätzendem Salmiakgeiſt, Salmiakſpiritus, engliſchem Riechſalz, Hirſchhornſalz, Hirſchhorngeiſt, grüner Schmierſeife, gebranntem und ungelöſchtem Kalk find zu erkennen an dem laugen— artigen, harnartigen, fcharfbrennenden Geſchmacke, im Erbrochenen ſind feine Bläschen; rote Lackmuspapier wird davon blau.

Erfheinungen: Ahnlich wie nach ftarfen Säuren, nämlid) Brenngefühl im Rachen, Wundgefühl im Schlund, gräßlicdye Leib— Ihmerzen, Erbrechen blutvermifchten Scleimes, blutige Stuhl- entleerungen, Zeichen ſchwerer Nervenjtörungen, Ohnmacht, Bittern ulm. Der Tod erfolgt durch Herzläfmung.

Behandlung: Bis zur Ankunft des Arztes reichlich Waller trinfen oder eines der folgenden Gegenmittel: 1. Eſſig, zwei Eß— löffel in ein Weinglas Waffer gerührt; fobald man warmes hat, in diefem, alle 5 Minuten ein Glas voll. 2. Zitronenſaft oder fonftige Säuren, nur fehr verdünnt, oder faure Früchte, zerdrückt

Hering⸗9aehl, 9%. 7

98 I. Die häufigften Kranlkheits urſachen.

mit Waffer. 3. Saure Milch. 4. DI, beſonders Manbelöl. 5. Schlei- mige Getränfe und ebenfolche Kliſtiere. 6. Weinfteinlimonade bei Ralifalzen. Brechmittel find ſchädlich. Erbrechen darf Daher höchſtens durch ſchleimiges Getränt und Kitzeln mit einer Feder befördert werden. Gegen die zurüdbleibenden Beſchwerden nad) einer Vergiftung mit Bottafhe: Carbo vegetabilis; nad) einer foldyen mit Salmiafgeijt: Hepar.

Bei Bergiftung mit Baryt, einer beſonders ſchweren Art weißer Erde, die zumeilen als Mäufegift verfauft wird, ift bloßer Eifig ſchädlich; man gebe fchleimige Dinge, Ol und reize zum Er- brechen, bis man Glauberjalz oder Bitterfalz, in lauem Waſſer auf- gelöft, oder verdünnte Schwefeljäure eingeben kann. Reichliches Trinken harten Brunnenwaſſers ift auch dienlich.

%0d oder Zodlalium (Kali hydrojodicum), die ojt als Arznei gegeben werden, verurfachen zumeilen plögliche gefähr- liche Zufälle. Dan gibt dagegen entweder : 1. Stärfemehl in Waffer gerührt, 2. von Stärfemehl gefodhten Stleifter oder 3. Weizenmehl; ſpäter dünnſchleimige Getränfe oder Zucker waſſer in großer Menge. Gegen die Nachmwehen ift Hepar, manchmal aud) noch Bella- donna angezeigt.

Vergiftung dur dlorfaured Kali. Erſcheinungen: Übelfeit, Erbrechen, Kopfmweh, hochgradige Erfhöpfung; Harn- abgang immer fpärlicher, Harn braun bis ſchwärzlich; die Haut wird A der Puls ſchwach, bejchleunigt, tiefe Bewußtloſigkeit,

d. Behandlung: Sofortige Entleerung des Magens, Schwarzer Kaffee. Gegen zurüdbleibende Beſchwerden: Bella- donna und fpäter Pulsatilla.

Vergiftungen mit Phosphor (durch Ubleden von Zündhölzern) find felten geworden, feit man an Stelle des gefährlichen weißen Phosphors zur Herjtellung von Zündhölzern den ungefährlichen roten Phosphor verwendet. Auch in den ZündHolzfabrifen kommen Phosphorvergiftungen mweit nicht mehr fo häufig vor, ſeit man bie Bündholzmafjen in gejchloffenen Behältern herftellt, die Räume gut durdhlüftet und zahnkranke Wrbeiter und Urbeiterinnen vom Betrieb ausſchließt.

Erfcheinungen: Heftige Magenfchmerzen mit Erbrechen; da3 Erbrocdhene riecht nach Phosphor und leuchtet im Dunkeln. Nach anfänglicher Befjerung 3—4 Tage ſpäter von neuem Baud)- Ichmerzen, Leberfchwellung, Gelbjucht, Herzſchwächeanfälle, Blu⸗ tungen aus allen Körperhöhlen (Nafe, Mund, Darm, Geichledht3- organe, jogar unter die Haut).

Behandlung: Kein Fett, eine Mil, kein Ol! Neichliches Erbrechen herbeiführen durch wäſſerige Löſung von ſchwefelſaurem Rupfer (Cuprum sulphuricum 1:50), alle 5 Minuten ein Eßlöffel vol. Dann 30—40 Tropfen altes Terpentinöl in jchlei- migem Getränt; ſchwarzen Kaffee. Gegen zurüdbleibende Be-

jchwerden ſpäter Nux vomica. \

6. Vergiftungen. 99

Alkohol, ftarker Weingeift, Benzin, Chloroform und Äther. Erfheinungen: Beraufchung, ftarfe Erregung, dann Bewußt—⸗ gfeit, Krämpfe, Erbrechen und dergl. Gegenmittel: Erbrechen, ch, ſchleimige Getränfe und ſchwarzen Kaffee. Im Notfall teelöffelmweife einen Zropfen ätenden Salmiafgeift in einem Slafe Zuckerwaſſer. Außerdem kalte Kopfumfchläge, naffe Um- fchläge auf die Magengegend und Sliftiere mit ſchwachem Galz- waſſer. Bei Falter Haut und unternormaler Leibeswärme warme Bäder von 37 Grad Celfiuß. Später Nux vomica.

Blauſäure (Cyankali, Bittermandeln, Kirfchlorbeer- waffer, Laurocerasus ufm.), y- Zweifel da3 gefährlichite aller Gifte. In jchweren Fällen tritt Schon nach menigen Minuten der Tod ein. Eines der ficherften Erfennungszeichen ift der Geruch des Atem nach bitteren Mandeln. Der Bergiftete ftürzt mit einem Schrei zu Boden, e3 ftellen ſich bald Bemußtlojigfeit, Krämpfe, Atemnot und Herzſchwäche ein.

Behandlung: Sofort Erbredhen; viel frifhe Luft, Fünftliche Atmung, alte Übergiefungen; belebende Mittel wie Kognak oder Kaffee. Später Ipecacuanha und wenn dies gegen die Nachwehen nicht außreiht, Nux vomica. .

Vergiftungen mit Alaun: Seifenwaſſer oder Zuckerwaſſer bi3 zum Erbrechen; |päter Pulsatilla oder Veratrum.

Salpeter⸗ und Salmictneraiftung: lauwarmes Waſſer, Butter- ale = zum reichlichen Erbrechen und dann viel fchleimiges

etränf. |

Chrom, chromjaures Kali, eine fchön rote, aber fehr giftige Farbe. Gegenmittel: Eiweiß, Milch oder Schleim.

loſi Mi

Vergiftungen mit metalliſchen Giften.

Arſenik wird zu mancherlei Zwecken benüßt; Vergiftungen damit ſind deshalb nichts Seltenes. Rattengift, Fliegenſtein, Fliegenpapier, Scherbenkobalt, Rauſchgelb, Königsgelb, Scheelſches Grün, Schweinfurtergrün und Operment enthalten alle mehr oder weniger Arfenif. Aud) bei einer Anzahl von Geheimmitteln, be- fonders foldhen, die für Pferde und Rindvieh beftimmt find, ſowie in Siebertropfen, Salben und Pflaftern gegen Krebs bildet Arſenik den Hauptbeftanbteil.

Die Vergiftungserfheinungen find einem Choleraanfall ähnlich: Starkes Brennen im Magen, Trodenheit und .. im Halfe und unftillbarer Durft. Heftiges Erbrechen und reiswaſſerähnliche Durchfälle, von Zwang begleitet und fpäter blutunter miſcht. Ohn- machtsanfälle, Herzſchwäche, Krämpfe, Kopffchmerzen und Kräfte- derfall. Bei ftarfen Gaben tritt meift fchon nad) 1—2 Tagen der Tod ein. Chronische (langwierige) Arjenilvergiftungen find jeltener geworden, feit die Verwendung arfenifhaltiger Farben bei und berboten ift.

100 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Behandlung: Erbrechen fo raſch aB möglich. Wenn reichliches Erbrechen alles wieder herausbefördert, ift die Gefahr für Den Kranken nicht groß. Dann eines von folgenden Mitteln: 1. Ge— brannte Magneſia, friih mit Waller verrühtt; 2. Eimeißmaffer ; 3. Buche aller; 4. Milch. Nach jedem Erbredyen wieder eines diefer Mittel.

Gegen zurüdbleibende einzelne Symptome oder nad) Be- ichwerden durch arfenifhaltige Arzneimifchungen, wie 3. B. Fowlers Zöfung: Ipecacuanha, 1-Sjtündlid) eine Gabe. St der Kranfe noch ſehr reizbar und bei Nacht unruhig und fieberhaft: China; fchlimmer über Tag, nad} dem Schlafe, Verftopfung oder ihleimige Durchfälle: Nux vomica. Blieb na Ipeca- cuanha nod) häufige Übelfeit, Erbrechen mit Hitze oder Kälte und große Schwädhe: Veratrum.

Antimon, Tartarus emeticus oder Bredhmeinftein: Erſcheinungen ganz ähnlich wie bei Arfenikvergiftungen. Sn den meiften Fällen wird das Gift glüdlicherweife bald wieder aus- gebrochen; follte dies nicht der Fall fein, fo ijt die Vergiftung um jo gefährlicher.

Behandlung: Erbrechen Herbeiführen dur Trinfen bon lauwarmem Waffer oder einem Löffel Ol von Beit zu Zeit; Kißeln des Schlundes oder Reiben der Magengegend. Zur Linderung Eiweißwaſſer oder Magnefia. Urznei: China 1 Tropfen auf 1 Kaffeelöffel voll Waffer. Gegen unaufhörliches Erbrechen ein warmes Bad oder heiße Tücher auf den Leib. Opium und Ipe- cacuanha im Wecjfel alle 5—10 Minuten. Bei Krämpfen Opium, fpäter Chamomilla. Zurüdbleibende Beſchwerden: auerft Ipecacuanha täglich 1—2 mal, dann Nux vomica.

Sublimat, Duedjilber, ruft in verhältnismäßig kleinen Gaben ſchwere PBergiftungserfcheinungen wie Berätung der Mund- höhle und Speiferöhte, Erbrechen, Brennen im Magen, heftiges Leibweh und Harnverhaltung hervor. Wenn für den Kranken nicht raſch etwas getan wird, ftellen fi) Krämpfe und Herzſchwächen ein, die in der Regel nad) kurzer Beit zum Tode führen. Behant- lung: Entweder 1. Eiweißwaſſer als das wichtigfte Mittel, oder 2. Zucker waſſer, oder 3. Milch mit Waſſer gemifcht, oder 4. Weizen- mehl, in Wafjer gerührt, oder 5. Magnefia.

Eiweißwaſſer iſt das Hauptmittel; ea wird am beiten abwechfelnd mit Zuderwaffer gegeben. Merkur. und andere Duedfilber-Ber- giftungen werden ebenfo behandelt.

Kupfer (Grünſpan, Kupferpitriol). Kupfervergiftungen ent- ftehen manchmal dadurd), daß Speifen in unreinen Kupfergejchirren gekocht oder aufbewahrt werden." Erfcheinungen: Ganz ähnlid) der Arſenik- und Sublimatvergiftung; Kupfergefhmad und Er- brechen grünlicher Maſſen; außerordentlich heftige Leibjchmerzen, blutige Ausleerungen mit Stuhlzwang, Schwächeanfälle, Läh- mungen.oder Krämpfe.

6. Vergiftungen. 101

Behandlung: Entweder und zwar fofort 1. Eimeiß oder 2. Buder; beide lönnen auch ohne Waffer verfchludt werden oder 3. Mil, 4. andere fchleimige Dinge, 5. Holzkohle oder gebrannte Magneſia. Eifig iſt ſchädlich.

leivergiftungen kommen beſonders oft bei Schriftſetzern und Malern vor, zwei Berufsklaſſen, die ſich vorwiegend mit Blei beſchäftigen. Manchmal find aber Bleivergiftungen auch auf Trink⸗ waſſer zurüdzuführen, da3 lange in Bleigefäßen oder Bleiröhren geftanden hatte, oder auf fäuerliche Speifen, die man in Bleigefäßen oder ſtark bleihaltigen Sonfervenbüchfen aufbewahrt Hatte. Alles, was irgend fauer oder nur fäuerlid) ift, follte nie in metallenen Ge- fäßen falt werden oder darin ftehen bleiben; ebenfowenig dürfen jilberne, zinnerne oder verzinnte Löffel in ven Speifen oder in Ge- tränfen liegen bleiben. Saures darf man bloß in Holz, Stein oder Glas ftehen laffen. Auch viele fogen. Haarfärbemittel enthalten . Blei und können bei längereın Gebrauch Bergiftungen hervorrufen. Die Haupterfheinungen einer Bleivergiftung find: Heftige Darmkolik, Erbrechen, Hartnädige Berftopfung, Magenfrämpfe, eingezogener Bauch, teilweife Harnverhaltung, Benommenheit, Schwindel, Lähmungen, Krämpfe und Herzſchwäche. In den meiften Fällen chronijcher Bleivergiftung zeigt jih am Zahnfleiſch, in der Nähe des Bahnrandes eine bläuliche Verfärbung, der fo- genannte „Bleifaum”. Pie Kranken magern ftarf ab und find hohlmwangig.

Behandlung: 1. Bitterfalz, das gewöhnliche engliſche Salz, 2. Ölauberfalz. Tas erftere ift beffer, da3 zweite nur anzumenden, wenn man das erftere nicht hat. Einen Eplöffel voll in einem halben Liter warmen Waſſers auflöfen und davon oft und viel trinken, im Verhältnis zur Menge des Giftes; 3. Eiweiß, 4. Seife, 5. Wild); nach den Salzen oder der Seife aud) fchleimige Kliftiere und Ge- tränfe. Bei Schmerzen verabreicht man Kleine Gaben Opium, das auch jpäter noch mehrmal3 täglich wiederholt werden kann; oft Hilft Belladonna, Nux vomica oder aud) Glonoin. Bei den langwierigen Krankheiten, welche da3 Blei bei allen, die viel mit Bleifarben (Bleiweiß) zu tun haben, verurfacht, ſogar bei denen, die in der Nähe einer Bleimweißfabrif wohnen oder Die lange Zeit bleihaltige weiße Salben und Pflafter zu Austrodnung und Pertreibung von Ausfchlägen und Geſchwüren verwendet haben, Hilft außer Opium und Belladonna oft aud) Pla- tina. Sleine Gaben Alaun find ebenfalls fehr Hilfreich.

Gegen Zinnvergiftungen, die ung felten find, gibt man Eiweiß oder Magnefia; gegen die langwierigen Tolgen bon Zinn am beiten Pulsatilla.

Chlorzinnvergiftungen behandelt man 1. mit Mil, 2. mit Buder, 3. mit Eiweiß und fpäter mit Hepar und Pulsatilla.

int, Binkoitriol, Zincum sulphuricum. Xergiftungen damit fommen zuweilen vor, wenn man faure Speifen oder Getränfe

102 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

in Binfgefäßen ftehen läßt. Erſcheinungen: Leibjchmerzen, heftiges Erbrechen und Durchfälle. Der Harn enthält meift Eimeiß. Behandlung: Sofort lauwarmes Waſſer bis zum Erbrechen. Will fich das Erbrechen nicht einjtellen, fo verfahre man, wie es unter „Antimon” befchrieben wurde. Außer Mil und Eiweiß ift befonderd Braufepulver und doppelfohlenfaures Natron zu empfeh- len. Für die fpäteren Erjfcheinungen gebe man Hepar.

Bei Vergiftungen mit Wismut, Magisterium bis- muthi, gebe man fofort Eiweiß, fchleimige Getränke oder Milch; wenn das Erbrechen fortbefteht und bejonders alles Waffer wieder ee wird, gebe man China und Arsenicum im

el.

Höllenftein, Ar antun nitricum: ſogleich Kochſalz in

lauem Waſſer aufgelöft, ein Teelöffel voll auf die Taffe, reichlich

getrunken, zugleich auch Mil); gegen die Nachwehen Arseni-

cum, Kali hydrojodicum, Natrum muriaticum. Goldgifte erfordern Eiweiß und Magnefia.

Vergiftungen mit Bflanzengiften.

Siftige Pilze äußern ihre Wirkung gewöhnlich erft nach mehreren Stunden: Auftreibung des Bauches, Schneiden in der Magengegend; unter Durft, Efel, Schluchzen und nal: ſtellt ſich Erbrechen und Durchfall ein. Dazu geſellen ſich Kälte der

ieder, kleiner Puls, Betäubung oder verwirrtes Reden und Zuckungen. Behandlung: Erbrechen, viel kaltes Waſſer trinken; ſchwerer alter Wein, Kognaf, ſchwarzer Kaffee.

Das Gift des Fliegenpilzes wirkt vor allem auf das Nerven— ſyſtem und ruft Herzftörungen Herbor. Der Bergiftete ijt jehr erregt, oft bi3 zur Raferei, er leidet an heftigem Herzflopfen, fein Puls ift äußerft rafch) und die Pupillen eng. Unter den Erjchei- nungen völliger Erſchöpfung erfolgt Schließlich der Tod. Man gebe dem Leidenden fofort Brechmittel und fuche die bereits in den Darm gelangten Pilzreſte durch Rizinusölrafc) aus dem Körper zu bringen. Außerdem ift die Darreihung von ftarfem Kaffee oder Kognaf oder einer Tanninlöfung angebradt. Morcheln follte man nie in ihrem Kochwaſſer eifen, da dieſes noch vergiftend wirken fann.

Mutterlorn (Secale cornutum, ausgewachſene dide, ſchwarze Körner im Getreide, befonders im Korn), ebenfo der Brand, eine ſchwarze, rußartige Verderbnis, ift Menfchen und Vieh fehr Ihädlich. Erſcheinungen: Bald nad) dem Genuß Kolikſchmerzen, Übelfeit, Erbrechen, Durchfälle, Muskelſchwäche und ein Gefühl von Kribbeln oder Taubfein in den Armen und Beinen. Gegenmittel: Sola- num nigrum3. Dezimal-Berdünnung in Waffer gelöft.

Die Strahlenpilztrantheit (Aftinompfojfe) auf das Eindringen des am Getreide klebenden Strahlenpilzes durch erkrankte oder verwundete Haut- oder Schleimhautſtellen oder

6. Vergiftungen. 103

durch hohle Zähne zurüdzuführen. Sie kommt hauptfächlich bei Rindern und Schweinen vor, bei denen fie am Keefer und Hals Geſchwülſte verurſacht, in denen die Strahlenpilze als Heine, hirfeforngroße, nelbe Kuötchen zerftreut Tiegen. Auch beim Men- chen wird die Krankheit zumeilen beobachtet. Sie führt zu Ge- ſchwulſtbildung und Eiterung, bei denen ſelbſt Kochen zerftört werden können. Man hüte fich vor den Grannen der Getreideähren.

Die Behandlung iſt vorwiegend wundärztlich. Innerlich können Arsenicum jodatum, bei Geſchwülſten am Unterkiefer Phosphorus und bei ftarfen Eiterungen Hepar sulphuris und Silicea in Betracht fommen.

Der ſcharfe Milchſaft mancher Pflanzen, wie Wolfsmild), Eſelsmilch und mehrerer Gartenblumen greift die Sautan. Gegen- mittel: Wajchen mit Geifenmwaffer und fpäter mit Branntwein. Kım etwas ins Auge, fo nützt Mandelöl oder ungefalzene Butter oder Mil); kam e3 in den Magen, fo gibt man Seifenwaſſer, Milch u. dergl., aber nichts Saures und fein Brechmittel. Dasfelbe gilt von allen jcharfen, brennenden, ätenden Pflanzenteilen, 3. ®. Gummigutt, Euphorbium u. a.

Gegen die betäubende Wirkung mancher Pflanzen, Die trunfen oder bervußtlos, toll und rafend machen, ift das Hauptmittel Kaffee, in großer Menge getrunfen und in Kliftieren beigebradit. Bei manchen ift auch Eſſig gut, 3. B. bei Opium, Laudanum, Mohn- föpfen, Stechapfel, Bilfenkraut, Sturmhut u. a. Hat der Ber- giftete ein rotes Geficht, rote Augen, ein ftarre3, ver wildertes Aus⸗ fehen, jo find Begießungen mit altem Waffer ſehr nüglid).

Bei Pilanzenteilen, die Geruch nah bitteren Mandeln haben und da3 heftige Gift der Blanfäure enthalten, bei bitteren Mandeln, Pfirfichfernen, Kirſch- und Pflaumenternen, vielen anderen Kernen, Sirfchlorbeerblättern und bei Vergiftungen mit daraus bereiteten Dingen, wie: Kirſchwaſſer, Perfito, OL, vielen fogenannten Arzneien, welche man an dem eigentümlichen Geruche, dem bittern Gefchmad erfennt und deren Folgen find: Schwere, Taumel, Beängftigung, befonders in der Bruft, anfangs fchneller, dann aber langjamerer Puls, Lähmung oder Gefühl, als ob Läh- mung entftehen follte bei allen diejen ift ſchwar zer Kaffee da3 Hauptmittel und in fehr gefährlichen Fällen ätzender Sal- miafgeift, an dem man bon a zu Beit ganz ſchwach riechen läßt oder von dem man einige Tropfen in ein Glas Wafler rührt, um alle 10 bis 15 Minuten einen Teelöffel davon einzugeben. Auch Begießen mit faltem Waſſer, lange fortgefegt, hat ſchon geholfen.

Opium (Laudanum, Morphium). Pergiftungen mit Opium oder Morphium find nicht felten darauf zurüdzuführen, daß Kranke eine für ihr Alter und ihre Körperbefchaffenheit zu große Menge diefer von den Mllopathen fo häufig angewandten Mittel befommen haben. Bumeilen entftehen Vergiftungen auch durch Mohnfamen oder abgefochte Mohnköpfe, die man töricht genug oft

104 II. Die häufigften Krankheitsurſachen.

den Kindern gibt, um fie in Schlaf zu bringen. Die wichtigſten Cr- ſcheinungen einer Opium- oder Morphiumvergiftung find: großes Schlafbedurfnis, Benommenheit bis zur vollitändigen Bewußt— Iofigfeit; alle Körperausfheidungen, Harn, Stuhlgana, Schweiß ufw. find unterdrüdt; die Pupillen find ganz Klein und die Haut faft unempfindlih. Schließlich fommen noch totenähnliche Ruhe, erdfahles Geficht, langſame, ſchnarchende Atmung oder Atemnot und kampfartige Zudungen dazu und der Kranke ftirbt, ohne dag Bemußtjein wieder erlangt zu haben. Gegen Opiumwergiftung ilft Kaffee am beften; ehe man diefen fertig hat, Eifig und Waffer. echmittel find unnüß, wenn fid) auf den Kaffee fein Erbrechen einftellt, fo muß man e3 durch Trinfen von Taltem Wafler und Kitzeln des Schlunde3 zu erzwingen fuchen. Ber Bergiftete ift . durch Anrufen, Aufrütten, Talte Übergießungen, Umbherführen und dergl. wach zu halten.

Nah Mißbrauch von Morphium ift Avena sativa ala Erfat- und Heilmittel zu empfehlen. 10—15 Tropfen der Ur- tinftur werden in 1 Glas heißen Waſſers gelöft und vor dem Schlafengehen auögetrunfen. St der Morphiumfüchtige über- empfindlic), kann er gar feine Schmerzen ertragen, jo paßt Cha- momilla. Zuweilen fommen noch Ipecacuanha, Mer- curius, Nux vomica oder Sulphur in Betracht. Bei Kindern, die nach einer größeren Gabe Opium oder Morphium zu lange fortichlafen, gibt man Acidum muriaticum in hoher Verdünnung, alle 10, 20 bis 30 Minuten einen Teelöffel voll.

Atropin (in Belladonna, der Tollkirſche, enthalten); ähnlich Bilfentraut, Stehapfel. Atropinlöfungen, die in der Augen- heilfunde ausgedehnte Anmwendung finden, haben zumeilen durd) Berwechllungen zu ſchweren Bergiftungen geführt. Viel häufiger aber begegnet man Belladonna-Bergiftungen nach dem Genuß bon Zollirfchen. Die erften Erfheinungen find Trodenheit der Schleimhäute, befonders im Halfe; die Pupillen erweitern fid) und der Kranke ift außerordentlich erregt. Dieſer Erregungszuftand fann zu wirflichen Tobfuchtsanfällen ſich fteigern. Die Haut be- fommt ein fcharlachrotes Ausſehen, der Puls wird raſch und an den unter der Haut liegenden Blutgefäßen macht fich ein deutliches Klopfen bemerkbar. |

Gegenmittel: Zuerft gebe man Kaffee oder Eſſig in großer Menge; fommt fein Erbrecen, jo ift manchmal Tabak in ſchwacher Löfung zweckmäßig. Kalte Kopfumfchläge. Gegen Nad)- wehen: Nux vomica oder Opium.

Strychnin, in Nux vomica (Brednuß) und Ignatia enthalten, beeinflußt hauptfächli das Nervenſyſtem. Bei einer Strychninvergiftung ift der Leidende faft bis zum lebten Atem- zug bei vollem Bewußtſein. Man Hüte fic) daher, vor dem Kranken über Sachen zu fprechen, die ihn aufregen oder beängjtigen. Die Haupterfcheinungen find äußerfte Überempfindlichfeit gegen äußere

6. Bergiftungen. 105

Eindrüde, Zittern des ganzen Körpers, große Unruhe, Anfälle von Starrftampf von etwa 1 Minute Dauer und fchließlic) mangelhafte Atmuna, Erichöpfung und Tod. Jede Berührung des Kranken, ſelbſt das Befühlen des Pulſes und jeder Lärm kann einen ftarr- frampfähnlichen Zuſtand herborrufen. Sobald man weiß, daß ed fih um eine Vergiftung mit Strychnin Handelt, fuche man fofort Erbredhen zu veranlaffen. Das Zimmer, in dem fich der Kranke befindet, wird am beiten dunfel gemadt und jeder Lärm, ſelbſt Teife8 Reden ift vom Leidenden fernzuhalten. Der herbeigerufene Arzt wird den Kranken dann mehrere Stunden chlorofor mieren.

Nikotinvergiftungen werben bisweilen durch unmäßiges Tabakrauchen oder durch Tabakkliſtiere hervorgerufen. Zuerſt ſtellen ſich Speichelfluß, Übelkeit und Erbrechen, heftige Kopf— ſchmerzen und Zittern der Hände ein; dann folgen ag zuftände, Unregelmäßigleit in der SHerztätigfeit, Ausſetzen bes Pulfes und der Atembewegungen. Gegenmittel: Sofortiges Erbrechen, dann ſchwarzer Kaffee. Gegen etwaige weitere Be— ichwerden fiehe die unter „Beichwerden vom Tabafrauchen” an- gegebenen Mittel (©. 86).

Vergiftung mit Sumach (Rhus toxicodendron) wit eine der Roſe ähnliche Krankheit hervor. Es ift nicht gut, äußerlich biel zu reiben, und ſehr ſchädlich, etwas Burüdtreibendes anzu- wenden, wie Gourlardfches Waffer oder Salben. Wenn vorfichtiges Wachen mit Seifenwaſſer nicht hilit, ſo ſuche man das Juden und Brennen durch Reiben mit Weizenfleie oder Pudern mit Hnar- puder zu Nichts Hitziges und Scharfes genießen. Bryonia wiederholt, ſo oft es ſchlimmer wird; ſind die Erſcheinungen mehr im Geſicht, von großer Hitze begleitet und tritt nach Bryonia nicht baldige Beflerung ein, fo gebe man Belladonna.

Abwaſchungen mit einer ſchwachen Auflöfung von Eifenvitriol find ebenfall3 empfehlenswert.

Vergiftungen mit gefledtem Schierling (Conium macu- latum). Erfheinungen: Trodenheit des Halfes, Kälte und Empfintungalofigfeit der Gliedmaßen, Übelkeit, Erbrechen, Durd)- fall und Leibweh, dann größte Hinfälligfeit, Muskellähmungen und ſchließlich Bewußtloſigkeit und Tod.

Behandlung: Eofortiges Erbrechen, ſtarker Kaffee, Fünftliche Atmung. Innerlich gegen die etwa noch bleibenden Beſchwerden: Dulcamara, Nitri acidum und Coffea.

Sampher: oder Safran: Vergiftungen. Gegenmittel: ſchwarzer Kaffee, teelöffel- bis taffenweife getrunfen. Später Opium einjtündlich.

Bei Vergiftung mit Terpentindl Hilft entweder Opium, Belladonna oder Bryonia.

106 II. ®ie häufigften Krankheitsurſachen.

Arzneivergiftungen.

Häufiger und zahlreicher als alle andern Arten von Bergiftungen find zweifellos die medizinifchen, d. h. die durch Arzneimittel verurfachten. Abgefehen von der perfönlichen Überempfindlichkeit und befonderen Veranlagung einzelner Menjchen, die Schon Nadı- teile von Arzneimengen empfinden, die andere gut ertragen, Tiegt der Grund vor allem darin, daß allopathifche Arzneien meift in zu großen, zu flarfen und zu häufigen Gaben verordnet werden. Die Tolgen mwerden dann als „Nebenwirkungen” de8 Arzneimittels bezeichnet. Auch Verwechſlungen von Mitteln durd) den Apotheker, Unvorfichtigfeit des Pflegeperfonals, Mißverſtändniſſe des Kranken, der eine zum äußerlichen Gebrauch beftimmte Arznei einnimmt, find nicht felten ſchuld an den häufigen Vergiftungen.

Necht verhängnispoll für die Gefundheit ift oft aud) der Gebraud) von Geheimmitteln. In Deutichland hat man den Unfug und groben Schwindel, der damit getrieben wurde, durch gejepliche Verordnungen zu befämpfen geſucht. Es wird aber troßdem noch viel Mißbraud mit foldhen Mitteln getrieben. Viele Geheimmittel, die unter den verlodendften Namen angepriejen werden, enthalten ftarfe Gifte mineralifchen und pflanzlichen Urfprungs. Daß die meiften von ihnen zu ſchwindelhaft hohen Preijen veräußert werden und nur dazu dienen, die Tafchen des Herftellerö zu füllen, fei nur nebenbei erwähnt. Die SHerftellungsfoften eines Fläfchcheng „Harlemer DI” 4. B., das nicht? anderes als eine Verbindung bon Schwefel und DL ift, betragen faum zwei Pfennig. Die „Gicht- fetten”, die zum Preis von 10 Mark das Stüdangepriefen werden, haben einen wirklichen Wert von faum 10 Pfennig.

Schließlich fei noch auf eines befonder3 Hingemwiefen: Manche in Heinen, jelteneren Gaben genommenen, an fi) mohltätigen Stoffe mineralifchen, pflanzlichen und tierifhen Urſprungs werden zu gefundheitsfchädlichen Giften, wenn fie in zu großen Mengen, zu oft, gemohnheit3mäßig dem Körper zugeführt werden (vergl. Bohnenkaffee, chinefiiher Tee, auch Kräutertee, Alkohol, Salz und die meiften fonftigen Gewürze). Verwendet man die richtig gewählte Arznei, jo braucht man nur ganz wenig, um eine jichere Heilwirfung zu erreichen; gibt man eine falfche, fo ift fie umfo Ihäbdlicher, je mehr davon eingenommen wird. Dies gilt auch von vielen Homöopathijchen Arzneien in niederen VBerdünnungen.

Cine Reihe von Wrzneiftoffen, ihre Bergiftungserfcheinungen und die entiprechenden Gegenmittel haben wir bereit? erwähnt: Jod, Jodkali, chlorfaures Kali, Phosphor, Arſenik, Antimon, Blei, Höllenftein, Optum, Morphium, Atropin, Steychnin, Rhus toxi- codendron (Giftſumach), Conium (Scierling), Secale (Mutter- forn) ufw. Daher fei im folgenden noch kurz die Rede von einigen wichtigeren und häufiger gebrauchten.

6. Vergiftungen. 107 Duedfilber.

Bor dem Mißbrauch) des Duedfilbers in Form von Arznei, Salbe oder Einfprigungen unter die Haut ift dringend zu warnen. Das Gift ſetzt fich bei längerem Gebraud) und großen Mengen derart im Körper feit, daß der Kranke oft jahrelang darunter zu leiden hat.

Hepar sulphuris ift unfer wirffamfte3 Mittel gegen die Nebenwirkungen des Quedfilber3 und die Nachwehen einer Queck⸗ filbervergiftung, wenn fie fich äußert

an den Dritfen des Körpers (Speichelfluß, Schwellung, Ber- härtung, Entzündung, Citerung der Hals⸗-, Leiften- und Achfeldrüfen);

an der äußeren Haut oder den Schleimhäuten (Aus— ſchlag um den Mund, Haarausfall, fchmerzhafte Knoten auf dem Kopfe, Nagelfluß, eiternde, um ſich freffende Geſchwüre, die leicht bluten, nachts brennen, Hopfen und ftechen; entzündete rote Augen, geihmüriges Bahnfleifch);

an den Atmungs- und VBerdauungsmwertzeugen (Huften mit Blutausmwurf; blutiger, jchleimiger, grüner Durchfall mit Stuhlzwang; dunkelroter, fcharfer, heißer Harn);

im nächtlichen Sroftgefühlund Fieber, fauren Nachtſchweißen, Sliederfchmerzen, großer Empfindlichkeit gegen Schmerzen.

China: Große Empfindlichkeit gegen dag Wetter, heftige Schmerzen, befonder3 nacht3, ärger bei Berührung; große Mattig- feit nah Mißbrauh von Abführmitteln oder Tangdauerndem Speidelfluß. |

Phosphoriacidum: Anſchwellung und Auftreibung der Knochen. Später Staphysagria, wenn nötig aud) nod) Cal- careacarbonica. In bejonders hartnädigen Fällen ift auch an Sulphur zu denfen.

Schwefel

ift oft So fchädlich wie Duedjilber und die langwierigen Yolgen find ebenfo ſchwer wieder gutzumaden. Mercurius und Pul- satilla, je nad) den Umftänden auch Sepia und Silicea, haben jich in Hartnädigen Fällen gut bewährt.

Aconitum befeitigt mehr die erjten Erfcheinungen, heftige Kopfichmerzen mit Fieber.

Pulsatilla: Befchwerden nad) Einatmen von Schwefel⸗ dämpfen, Huften, Kurzatmigfeit, Schmerzen im’ Halfe und auf der Bruft.

Belladonna: finder, die zur fogenannten Blutreinigung Schwefel befommen, werden fränfer; Fieber mit Leibjchmerzen; Ihmerzhafte Blutſchwären; vorhandene Ausſchläge ind zurüd- getreten. Die Kinder find vor Zugluft, Sigen auf feuchten, falten Boden und dergl. zu hüten.

108 II. Die Häufigften Kranlheitsurſachen.

Eifen

in Stahlpillen, Stahltropfen, Eifentropon und dergl. gegen Blut- armut, Bleichſucht und ähnliche Krankheitszuftände verordnet, macht meift das Übel ärger, verderbt Zähne und Magen. Gegenmittel: Pulsatilla oder China; in Hartnädigen Fällen dazwifchen Hepar und dann wieder die zuerjt genannten Mittel.

Chloralhydrat

wird von allopathiſchen Arzten als Schlafmittel bei allzu großer Erregbarkeit und nervöſer Schlafloſigkeit angewandt. Natürlich iſt es nur ein vorübergehend wirkendes Beruhigungsmittel. Wird es längere Zeit oder in großen Gaben angewandt, fo kann es ge- fährlihe Vergiftungserfcheinungen hervorrufen. Sobald nach dem Gebrauch des Mittels Magenfchmerzen, Atemnot, unregelmäßiger Puls, unregelmäßige Herztätigfeit und vergl. auftreten, ſchicke man fofort nach einem Arzt und gebe in der Zmifchenzeit Belladonna in häufigen, rafch aufeinander folgenden Gaben. Für die chroniſchen Folgen des Chloralhydratgebrauchs, die ſich hauptſächlich als hart- nädige Schlaflofigfeit, Atemnot und Erkrankungen der Haut äußern, gibt man Sulphur. Chloroform und Ather verurfacsen ojt ebenfall® gefährliche Erſcheinungen. Das befte Mittel dagegen ift Eſſig. Später gebe man einige Gaben Hyoscyamus.

Magneſia.

Gegenmittel: Zunächſt Riechen an Salpeterſpiritus. Gegen Schlafloſigkeit: Coffea. Heftige brennende Schmerzen mit Sieber: Arsenicum. Gegen Heftige Leibſchmerzen: Colo- eynthis oder Nux vomica. Gegen faure dünne Durchjälle mit Zeibweh: Rheum oder Pulsatilla.

Ehinarinde (Chinin),

das allopathifche Hauptmittel gegen Wechfelfieber (Malaria), ift neben Opium und Quedjilber wohl die häufigfte Urſache lebens- länglicher Beſchwerden und unheilbaren Siechtums. Chinin ift ichwerer aus dem Körper wieder zu entfernen Quedfilber, . weil e3 in das Blut und alle Säfte übergeht und feinem Abführ- mittel je wieder weicht. Es unterdrüdt Häufig nur die gröbften Erſcheinungen des Wechlelfieber3, ruft dafür andere Beſchwerden hervor oder macht das Wechfelfieber noch bösartiger. Unter den homdopathifhen Gegenmitteln ſteht Ipecacuanha, täglidh 1- bis 2 mal, an erjter Stelle. Ferner je nad) ven Erjcheinungen:

Arnica: rheumatiſche Schmerzen, Zerſchlagenheit im ganzen Körper, große Empfindlichkeit; Bewegung, Sprechen, laute Ge- räufche verfchlimmern.

6. Vergiftungen. 109

Belladonna: Blutandrang nad) dem Kopf, Hite, Schmerzen in Kopf, Geficht und Zähnen, Gelbjucht (nach Mercur).

Veratrum: fälte des Körpers, Talter Stirnfchweiß, Ver⸗ jtopfung oder Durchfall.

Pulsatilla oder Calcarea carbonica: ®lieder-, Dhren-, Zahnſchmerzen, Kopfmeh, Magenjchmerzen (wie Ipe- cacuanha).

Ferrum: Schwellung der Füße.

Rhus toxicodendron: WRafferfühtige Schwellungen. Gegen ſchwindſuchtartigen Huften mit Auswurf tut Tee von islän- diihem Moos gut. Im Übrigen vergleiche man den Abfchnitt „Bechjelfieber”.

Salizylfäure (Acıdum salicylicum)

wird von allopathifchen Arzten Hauptfächlich gegen akuten Gelenf- theumatismus angewandt. Um Gelentichmerzen zu unterdrüden, bedarf e3 meift fehr großer Mengen Salizylſäure, und dieje rufen gewöhnlich eine Reihe von Nebenerjcheinungen wie Obrenfaufen, Ohnmachtsanfälle, Berdauungzftörungen und dergl. hervor. Gegen diefe und ähnlidye Beſchwerden nad) längerem Gebraud) aud) anderer Salizylmittel (Natrum salicylicum, Aſpirin, Salophen, Salol ufw.) wende man China oder Chininum an.

Antipyrin, Antifebrin, Phenacetin, Pyramidon, Beronal, Brom ꝛc.

werden nicht nur vom allopathifchen Arzt gegen fieberhafte Krank⸗ heiten, rheumatiſche und neuralgifche Schmerzen, Pyramidon aud) gegen Kopfichmerzen, Migräne u. a., Veronal und Brom gegen Schlaflofigfeit verordnet, fondern bon vielen Leuten ohne ärztliche Weilung bei allen möglichen Bejchwerden angewandt und zwar ohne daß jie ſich an die vom Arzte beachteten Höchftgaben halten. Gelbit in den ala normal bezeichneten Gaben fünnen fie aber Ber- giftungserfcheinungen oder wenigſtens Nebenwirkungen herbor- rufen: zunehmende Herzſchwäche, jinfenden Puls, Kälte der Glied- maßen, Magenträmpfe, Erbrechen, Abnahme des Sehvermögens; außerdem vorübergehend judende, ſcharlach- oder mafernähnliche Hautausſchläge. Wir marnen nachdrüdlic) vor dem Gebraud) dieſer Mode mittel, durch die man zwar augenblidliche Beſſerung diefer oder jener Beſchwerden erreichen mag, nie aber die Grundurſachen des Leidens beſeitigt, ſondern dauernde Schädigung der Geſundheit verurſacht. Gegen etwa drohende Herzſchwäche infolge eines dieſer Mittel greife man zu Kampherſpiritus oder Wein (Kognak) in kleinen Mengen. Sonſt verſuche man namentlich Belladonna, gegen Hautausſchläge nach Phenacetin: Alumina.

Stamillentee, jo Heilfräftig er bei innerlichem oder äußerlihem Gebrauch am

110 II. Die Häufigften Krankheitsurfaden.

rechten Plate fein kann, verurfacht oft Heftige Schmerzen oder berichlimmert vorhandene.

Gegenmittel: Coffea (Hiße, große Empfindlichfeit und Sieber) und fpäter, wenn nötig, Nuxvomica,. |

Nux vomica aud gegen Magentränpfe nah Stuamillen- mißbraud).

Pulsatilla: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Kolikſchmerzen und Schmerzen beim Eintritt der Regel durch Kamillen verſchlim⸗ mert, unerträglich. |

Ignatia: heftige Krämpfe und Zudungen bei Kindern.

Aconitum: Hitze, Fieber, reißende, ziehende Schmerzen ; durch Bewegung vermindert.

Baldrian.

Gegenmittel: Coffea, Nux vomica,Chamomilla, Sulphur.

Santunin (Rurmjamen).

Man hüte fich, bei Kindern die fogenannten Wurmmittel leicht- finnig anzumenden. Größte Vorſicht ift namentlich beim Gebrauch bon Santonin pläschen (fog. Wurmzelthen oder Wurm- tabletten) geboten. In der Hand unvorlichtiger Eltern können fie leicht zu Vergiftungen der Kinder führen. Namentlid) ift darauf zu achten, daß nicht zu viel Santoninplägchen in kurzen Zwijchen- räumen nacheinander verabreicht werden. &3 kommt bisweilen bor, daß eine Mutter ihr Kind 8 Tage lang Hintereinander Wurm⸗ zeltchen nehmen läßt, weil auf die zuerft verabreichten feine Würmer abgingen. Die Folgen davon find dann gewöhnlich ſchwere Ver⸗ giftungserfcheinungen. Santonin ift ein langfam wirkendes Gift, das bei häufiger Wiederholung in kurzen Zwiſchenräumen diefelben verderblichen Wirkungen äußert, wie wenn man die gefamte Menge auf einmal eingenommen hätte. Die PVergifteten Hagen über Sehſtörungen; was fie anfchauen, fommt ihnen gelb, purpurn oder grünlich vor. Das Urinlafjen erfolgt häufiger, unter Zwang und brennenden Schmerzen; der Harn hat ein fafrangelbes Ausſehen und färbt die Wäfche gelb. Dann ftellen fich gewöhnlich Krämpfe, Budungen, Leibſchmerzen, choleraähnliche Durchfälle und Un- empfindlichfeit gegen äußere Eindrüde ein, und die Vergiftung endet nicht felten mit dem Tode.

Gegen Santoninvergiftungen wendet man NReizmittel und fünftlide Atmungan. it das Gift erſt furz vorher genommen worden, fo jucht man e3 durch Erbrechen au dem Magen zu ent- fernen. Sind heftige Konvulfionen (Krämpfe) vorhanden, jo läßt man den Kranken Schmwefeläther einatmen.

Die noch zurüdbleibenden Symptome laffen fid) dur China, Ipecacuanha oder Hyoscyamus befeitigen. Das letztere

6. Vergiftungen. 111

paßt vorwiegend gegen die nerböfen Erſcheinungen; Ipeca- suanha gibt man, wenn noch Magen- und Darmftörungen vor- handen find; durch China begegnet man der zurüdbleibenden Schwäche, namentlich wenn Durchfälle vorausgingen.

Bei den ebenfalls gefährlichen Vergiftungen mit einem andern WBurmmittel, Spigelia, laffe man an Kampher riechen, gebe \hwarzen Kaffee und wenn nad) einigen Tagen noch Nachwehen fortbejtehen wie Herzflopfen, Schwindel und dergl., fo wird fi Mercurius nüglid erweiſen.

Digitalis (roter Fingerhut).

Segen die oft plötzlichen und gefährlichen Zufälle, die aud) wach kleinen, aber längere Beit genommenen Gaben des ftarf giftigen Mittel eintreten können, kann Riechen an Kampher oder Eſſig, aud) das Eingeben von Wein in Tropfen hilfreich fein. Gegen Ipätere Erfcheinungen kann je nachdem Glonoin, Opium, Nux vomica oder Ignatia in Frage kommen. Nie aber China! Und nie an Üther oder Chloroform riechen laffen !

Colchicum (Herbitzeitlofe),

ein beliebtes, meitverbreitetes Gichtmittel, ruft in großen Gaben ſehr gefährliche Durchfälle hervor. Gegenmittel: unverdünnte Opium-Tinktur, 2 jtündlic) 1 Tropfen, 4—b mal. Später Pul- satilla oder Nux vomica.

Lycopodium (Bärlappfamen, Hexrenmehl), häufig Streupulver für Kleine Kinder benüßt, hat öfters fchäb- Iihe Wirkung. Öegenmittel: Pulsatilla oder Aconitum (Fieber und Hiße); Nux vomica (langwierige Berftopfung); Chamomilla (Srämpfe); Graphites (Abmagerung).

Rhabarber (Rheum) al Abführmittel

kann ſtarke Blähungen und fchleimige Durchfälle nach ſich ziehen. ®egenmittel: Nux vomica; Pulsatilla (nadt3 faures Erbrechen und kotige Durdhfälle); Mercurius (jaure, grüne oder blutige Stühle); Chamomilla (arges Leibweh, grüne Stühle); Colocynthis (andauerndes Leibweh).

Bergiftungen mit Tiergiften.

Die ſpaniſchen Fliegen (Cantharides) oder die da- bon bergeftellten Blafenpflafter enthalten ein jtarfes Gift, dad am ſchlimmſten wirkt, wenn etwas in den Magen, in die Augen oder andere empfindliche Teile des Körpers kommt. Es verurjacdht heftige Brennen im Halfe, Schlingbefchwerden, Leibweh, Erbrechen von blutigem Schleim, ausgeſprochenen Speichelfluß mit viel

112 II. Die häufigften Kranlheitsurſachen.

Bläschen an der Bunge, beftändigen Harndrang, wobei aber nur wenig blutiger, weißgelber Urin abgeht, Ohnmachten und a Alle diefe Erſcheinungen können fi) auch nach der äußerlichen An- wendung bon Santhariden, aljo 3. B. nach dem Auflegen eines Pflaſters einftellen. Behandlung: Erbreden, dann Eiweiß oder fchleimige, lauwarme Getränke, innerlich oder äußerlich an- gewandt. Kam das Gift ins Auge, jo kann man im Notfalle Mehl hineinpudern; man waſche und reibe aber nicht zu viel am Auge, ſondern laſſe von jemand mit einem ſpitz aufgerollten Stüdchen uam das Gift mit dem hineingebrachten Mehl wieder heraus Holen.

Bei allen üblen Folgen von fpanifchen Fliegen oder Blafen- pflaftern, fowie bei ähnlichen Zufällen von andern Inſekten ift Kampher da3 Hauptmittel. Dan lafje öfters daran riechen. Auch fann man einige Stüdchen Kampher mit Waſſer jchütteln, fo daß dies den Gerudy annimmt, und davon löffelmeife geben. Bei fehr heftigen Schmerzen reibt man die jchmerzhafteiten Stellen mit Kampherſpiritus ein, 3. B. bei Kopfweh die Schläfen, bei Nieren- und Blaſenſchmerzen die Lenden, Leiften oder die Innen⸗ feite der Schenkel. Hilft Kampher nicht fchnell, jo läßt man ihn ganz weg und gibt Apis.

Rad) giftigem Honig ift Kampher in derjelden Weife an- zumenden; innerlich: warmer Tee oder Kaffee ohne Milch).

Raupenhaare rufen zumeilen eine heftige Entzündung her- vor. Durch Reiben wird das Übel nur ärger. Man legt vielmehr mit Sampher geriebene oder mit Kampherſpiritus beneßte Lappen auf.

Giftige Mufcheln finden fi) zumeilen unter den eßbaren und fönnen heftige Bejchwerden hervorrufen. Gegenmittel: Erbrechen, Einnehmen von Holzfohle mit Zuder und Waffer ge- miſcht; ſpäter Schwarzer Kaffee. Wenn Ausſchlag mit Anfchmwellen des Geſichts entjteht: Belladonna.

Dem Genufje giftiger Fifche folgt gewöhnlich ein Gefühl von Schwere im Magen, Schwindel, Kopffchmerz, Hitze im Kopf und in den Augen, großer Durft und nefjelartiger Hautausichlag. Behandlung: Gründliches Erbrechen; feingeriebene Holztohle mit Branntwein und nachher ſchwarzer Kaffee; tritt Feinerlei Linderung ein, Buder in großer Menge; wenn died aud) nicht Hilft, ſchwachen Eſſig innerlich und äußerlich.

Wenn das Drüfengift von Kröten, Fröſchen oder Eidechſen ind Auge gefommen ift, jo ſtreiche man Speichel eines gejunden Menſchen Hinein und gebe alle Stunden oder fo oft e3 ſchlimmer wird, Aconitum. Sit das Gift in den Mund ge- fommen, fo nehme man zuerft einen Eplöffel voll fein gepulverte Holzkohle, in Milch oder Ol verrühtt; ruft es plößliche, gefährliche Zufälle hervor, fo laſſe man an Salpetergeijt riehen. Später ijt gewöhnlich Arsenicum angezeigt.

6. Vergifinngen. 113

Inſektenſtiche.

Die von Inſekten verurſachten Verletzungen bezeichnet man landläufig kurzweg als „Stiche“, obgleich viele von ihnen, wie Die Müden, Flöhe und Wanzen nicht jtechen, fondern beißen.

Die gewöhnliche Stubenfliege fticht nicht und beißt nicht. Sie kann aber troßdem als Berbreiterin von Krankheiten für den Menichen recht gefährlich werden. Bekanntlich Hält fie fich mit Vorliebe auf Abfallitoffen und Tierleichen auf. Bon dort kann fie die Krankheitskeime des Typhus, der Cholera und Peſt, des Milz- brandes uſw. auf die Nahrungsmittel und dadurch auf den Menfchen übertragen. Manche Fliegen legen ihre Eier in die verlegte menjch- liche Haut (3. B. in Beingeſchwüre); bei der Entwidlung der Larven fommt es dann zu ernften Entzündungen und Eiterungen.

Die Flöhe find mit einem befonderen Beißwerkzeug ausgeſtattet. Aus der Bißwunde faugen fie mit ihrem Rüſſel Blut aus. Mit dem Biß gelangt eine äbende Flüſſigkeit in die betreffende Haut- jtelle, und dieje Flüffigfeit verurjacht die befannten Erfcheinungen wie Juckreiz, Anjchmwellung und umfchriebene Nöte der Haut.

Auch beim Biß der Wanzen gelangt eine jcharfe Flüſſigkeit in die Haut, die einen heftigen Juckreiz verurſacht und zum Kragen nötigt. Eine befondere Behandlung der Floh- und Wanzenbiffe ift felten erforderlich; die Heinen Wunden heilen bei gefunden Menſchen in furzer Zeit von ſelbſt. Gegen den großen Juckreiz kann man die Bißftellen mit einigen Tropfen Schmwefeläther oder 10 %Kiger Mentholjalbe einreiben. Die Hauptſache ift, daß man durch größte Neinlichfeit und den Gebrauch von Petroleum und Snfeftenpulver für vollitändige Entfernung der ſchädlichen und läftigen Mitbervohner aus Betten und Wohnräumen jorgt.

Stehmüden, Schnaken, Moskitos fpielen in der Über- tragung gewiſſer Krankheiten eine große Rolle. Das Sumpffieber (Malaria) und andere Tropenkrankheiten, wie gelbes Fieber, werden faft ausfchließlich durch Stechmüden verbreitet. Die Behandlung der Stiche befteht in Umfchlägen mit faltem Wafler, Beftreichen mit Salmiafgeift, mit Bitronenjaft oder noch beſſer mit homöo— pathiiher Ledum-Tinftur.

Die Brutftätten und Übermwinterungspläße der Stechmüden ‚und Schnafen in Kellern, Ställen und Schuppen follten, mehr al e3 bisher gefchah, planmäßig nachgefehen und gereinigt (Abflammen mit Bechfadeln), Dunglegen bededt, Tümpel mit jumpfigem Waffer befeitigt werden.

Bienen, Weipen und Hornijfen haben einen Stachel, mit dem fie die Haut de Menfchen verlegen können. Reißt dieſer Giftſtachel ab und bleibt in der Stichwunde ſtecken, ſo macht ſich unmittelbar nach dem Stich heftiges Brenngefühl bemerkbar, dem Anſchwellung und Rötung an der verlegten Stelle folgen. Ber- hängnisvoll können Stiche in der Mundhöhle werden, wie e3 beim

HeringeHaehl, HU. 8

114 II. Die Häufigften Kranlheitsurſachen.

Obſteſſen öfters geichieht. Die Anſchwellung der Schleimhaut kann einen folden Umfang annehmen, daß der Verlegte zu erftiden droht. Während einzelne Stiche von Horniffen und Bienen meift nur borübergehende und örtliche Beichwerden herborrufen, fo fönnen zahlreihe Stiche geradezu da3 Leben gefährden. Wird man von Bienen überfallen, fo fchließe man den Mund und ſchütze die Augen. Kann man fi) nicht in Kleider hüllen, jo fuche man das nächſte Waſſer zu erreichen und begieße fich, biß der Schwarm fort ift; aud) in Gefträucher, Hohes Gras oder Getreide kann man fich flüchten, weil fie hier abgeftreift werten. Alles Abwehren Ser Umſichſchlagen fteigert die Wut der Bienen und erhöht die ahr.

Behandlung: Gelingt es nicht mit Leichtigkeit, den Stachel aus der Haut zu entfernen, ſo verzichte man lieber darauf und ſuche ihn mit einem ſcharfen Meſſer oder einer Schere möglichſt nahe an der Haut abzuſchneiden. Bei wiederholten Verſuchen, den Stachel mit den Fingern herauszuziehen, drückt man ihn oft nur noch tiefer ins Fleiſch hinein und es gelangt dann noch mehr Gift in die Blutbahn. Das wirkſamſte Mittel gegen Bienenſtiche ſind Salzwaſſerumſchläge, die häufig erneut werden müſſen. Einzelne Bienenzüchter haben mit Milchumſchlägen noch beſſere Erfolge erzielt. Auch das Auflegen von feuchtem Lehm oder von rohen gefchabten Kartoffeln ift zu empfehlen; e3 bewirkt eine Ab— fühlung des verlegten Körperteil3 und beugt unter Umfländen einer Entzündung vor. Dlivenöl ift auch ganz gut, befonder3 wenn viele Stacheln in der Haut fteden. Honig und ftarf riechende Kräuter find ebenfall3 Linderungsmittel. Bei Stichen in Mund und Haß lafje man Wafjer trinken oder fpüle und gurgle mit Salzwaſſer.

Bei ftarfen Anfchmwellungen, heftigem Jucken oder großer Schwäche hilft Apium virus; bei vielem Schmerz Arnica, gegen andauernde Folgen Natrum muriaticum. Sn den Ihlimmften Fällen, wenn Geftochene zufammenjinfen, laſſe man an Galpetergeift, Ather oder Chloroform riechen, aber nur fehr wenig und nicht zu oft. Bis man dies haben fann, öffne man dem Geftochenen den Mund, ftede etwas zwifchen die Zähne, fo daß der Mund meit offen bleibt, ziehe die Zunge nad) vorn und lege hierauf Beige- und Mittelfinger fo weit nach Hinten als möglich, dann drüde man nad) vorn und unten, jo daß die Zungenwurzel nad) born und unten gezogen wird. Fängt der Sterbende an zu atmen, jo lafje man allmählich nach; reizt e8 ihn zum Erbrechen, fo höre man fofort auf.

Weipen- und Horniffenftiche werden ebenfo behandelt. Man warne Kinder, in Apfel oder Birnen zu beißen, die ein Loch haben; es könnte eine Wefpe darin fteden, Man trinfe nicht aus offenen Krügen, deren Inhalt die Wefpen anloden Lönnte |

Die Stiche gemiffer Spinnen, der Storpioneund Zaranteln find befonder8 während der Sommermonate giftig. Bu den ört-

6. Vergiftungen . 115

lichen Erſcheinungen wie Echwellung, Röte und Blafenbildung treten häufig Wieber, Erbreden und Sittern. Pie Behandlung bejteht in jofortigem Ausſaugen des Giftes aus der Etichftelle und Unmendung von Salmiafgeift. Später kann man noch Einreibungen oder Umfchläge mit Dlivendl machen.

Schlangenbifie.

Bei Schlangenbiffen juche man fofort ausfindig zu machen, ob die betreffende Schlange giftig ift oder nicht. In Deutſchland ift die Kreuzotter mwohl die einzige giftige und gefährliche Schlange. Glücklicher weiſe ift aber aud) der Biß einer Kreuzotter nicht ganz fo gefährlich, wie man im Volke gemwöhnlid) annimmt. Won 100 &e- biffenen jterben nur etwa 3 biß 8, während die übrigen unter ge- eigneter Behandlung wieder vollitändig genefen. Nur wenn da3 Gift zufällig unmittelbar in ein Blutgefäß gelangt, tritt in ber Negel fchon nad) furzer Zeit der Tod ein. Mle giftigen Schlangen haben in der oberen Kinnlade zwei Giftzähne. Sie find länger und größer als alle andern und ihre Epike kann von oben und hinten nach unten und vorn bewegt werden. Alle Schlangen, die oben wie unten zwei Reihen Zähne haben, find nicht giftig.

Wird man von einer nicht giftigen Schlange gebiffen, fo genügt e3, die Wunde rein zu halten und Umfchläge mit Weingeift oder Salzwaſſer zu machen. Borficht ift aber auch hier am Plate, denn die Erfahrung Hat gelehrt, daß oft kaum mahrnehmbare Wunden manchmal recht fchlimme Folgen haben können, fei eg, daß Geifer der Schlange auf die Haut kam und in die Wundöffnung eindrang, fei e3, daß fonftige Unreinlichleiten Hineingeraten.

Der Biß einer giftigen Schlange ruft fofort einen heftigen, brennenden Schmerz hervor. Die verlegte Stelle und ihre Um- gebung ſchwillt raſch an und befommt ein bläuliches oder ſchwärz⸗ ‚liches Ausfehen. Dieſen örtlichen Erſcheinungen gefellen fich bald &ieber, Übelkeit, Erbrechen, Krampf und allgemeine Mattigfeit hinzu. Die Haut wird ſchließlich Fühl und blaß, der Puls ſchwach und befchleunigt, die Atmung langfamer und oberjlählih und endlich ſchwindet dad Bewußtſein.

Das beſte Mittel gegen Schlangenbiſſe iſt ſofortiges Aus— ſaugen der Wunde. Sind Lippen und Mundhöhle frei von Verletzung und Schrunden, ſo iſt dies ganz ungefährlich. Dann binde man zunächſt einige Fingerbreit oberhalb der Wunde (dem Herzen zu) ein Band, ein Tuch, einen Riemen, einen Hoſenträger, einen Strick und dergl. mäßig feſt 2—3 Stunden lang um das Glied, jo daß das Blut nicht fo leicht und rafjch von der Wunde zum Herzen ftrömen kann. Längeres oder allzu feftes Umjchnüren des verlegten Gliedes ift nicht ratfam; e8 befteht ſonſt Gefahr, daß es brandig wird. Die Wunde wird dann mit ftarlem reinem Weingeiſt, im Notfall auch mit Effig oder Salzwafler ausgewaſchen und das

116 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

etwa noch zurüdgebliebene Gift mit Hilfe einer glühenden Strid- nadel, glühender Kohlen oder einer brennenden Zigarre vollends zerſtört. Die Gluthige darf möglichft nur auf die Wunde und ihre nächſte Umgebung wirken, Die man zum Schuße immer wieder mit etwas BI, Fett, Seife oder Speichel befeuchtet. Alles, was die Wunde abjondert, wird forgfältig und vorſichtig abgewiſcht. Man wendet die Hibe jo lange an, bis der Kranke anfängt zu fchaudern und fich zu dehnen; follte dies ſehr bald eintreten, fo fahre man troßdem eine Stunde lang fort oder, wenn er es außhalten Tann, bis die vom Gift veranlaßten Beſchwerden nadjlafjen. Tritt wieder Berichlimmerung ein, jo wendet man aufs neue wieder Hite an. Der Gebijjene muß körperlich und feelifch möglichfte Ruhe beobadı- ten: je mehr Bewegung und je größer die Angſt, defto fchlimmer wird der Fall.

Innerlich läßt man etwas Salzwaſſer trinken oder eine Meſſer⸗ ſpitze voll Kochſalz auf die Zunge nehmen. Auch Alkohol in Form bon Wein oder Kognak hat ſich bewährt; je nach Alter und Körper⸗ fraft des Erkrankten verabreicht man ihn faffee- oder eßlöffelweiſe in a nen bon 3-5 Minuten, big die Wirkung des Giftes nachläßt.

Das homöopathiſche Hauptmittel ift Arsenicum: ſtechende Schmerzen von der Wunde nach dem Herzen zu; Wundſtelle blau, fledig, nejchwollen; Erbrechen, Schwindel, Ohnmacht. In ſchweren Fällen %- bis ſtündlich.

Belladonna: falß 2—3 Gaben von Arsenicum nicht helfen.

Phosphori acidum oder Mercurius gegen die Nad)- wehen. In manchen Fällen mag aud) Lachesis gute Dienjte tun.

Biſſe wütender Tiere (Hundswut, Waſſerſcheu).

Der Biß toller Hunde und anderer wütender Tiere ruft auch beim Menſchen Tollwut hervor. Das Anſteckungsgift iſt ſowohl im Blut als im Speichel toller Tiere enthalten. Je größer und je tiefer die Zerfleiſchung durch die Bißwunde iſt, deſto heftiger bricht auch die Tollwut aus. Beſonders gefährlich ſind Verletzungen des Geſichts und der Hände und Biſſe in unmittelbarer Nähe eines Nerven. In einzelnen Fällen hat ſogar die bloße Begeiferung durch tolle Tiere zur Erkrankung geführt.

Der Ausbruch der. Krankheit erfolgt nicht ſofort. Es können mehrere Tage bis zu mehreren (3 bis 5) Monaten vergehen und die Wunde kann längft vernarbt fein, ehe fich die erjten Erfcheinungen der Krankheit zeigen. Sie bejtehen in Halsweh, großer Abneigung gegen Wafjer und Flüffigfeiten (daher auch der Name „Waffer- ſcheu“), weil jeder Verſuch zu trinken ſchmerzhafte Schlundfrämpfe hervorruft. Dieſe Krämpfe nehmen immer mehr überhand, bis ſchließlich ſchon der bloße Anblid von Speifen und Getränken genügt, um Anfälle auszulöfen, bei denen nicht nur die HaB-, fondern auch

6. Bergiftungen.: . - : 117

die Bruſtmuskulatur beteiligt ift und die mit unbejchreiblicher Angſt und Erſtickungsnot verbunden find. Der Tod erfolgt entweder während eines ſolchen Anfall oder infolge von Herzſchwäche. Biſſe toller Hunde und anderer mütender Tiere werden anfangs ebenjo -behandelt wie Schlangenbiffe, d. h. mit Abjchnüren des verlegten Gliedes, Ausfaugen der Wunde, Auswaſchen mit. reinem Weingeiſt und Anwendung von Hite. Nach diefer erften Hilfeleiftung ſuche man fofort einen Arzt auf, der eine Schubimpfung nah Dr Paſteurs Verfahren vornehmen wird. Nad) neueren Beobachtungen und ftatiftifchen Ancaben werden nur 1% der Gebiſſenen tollmütend, wenn diefe Schußimpfung vorgenommen wird. Es kann feinesfall3 fchaden, wenn der Sranfe in der Zeit zwiſchen Verlegung und Schugimpfung und auch nachher andere unfhädliche Gegenmittel anwendet. Eine3 der mirffamften ift da3 Dampfbad, ſowohl in 1—2 ftündiger Dauer als Vorbeucungs- mittel gleich nach der Verwundung, wie auch als Dauerdampfbad zur Belämpfung der voll ausgeprägten Krankheit mit ihren eigen- artigen Erſcheinungen. E Homöopathifh fommen ala innerlide Mittel in Betracht: Hydrophobinum D. 5, alle 7 Tage eine Gabe zur Vor⸗ beugung gegen die wiederfehrenden Krämpfe; überhaupt gegen ihlimme Zufälle oder Geſchwüre nach dem Bifje eines zornigen, wütenden Tieres oder Menjchen, folange bis Fieber, Durchfall, Blutabgang und dergl. auftritt. Cantharis D. 3 täglich, bis da3 Mittel Beſchwerden hervorruft. Belladonna: Anfälle von Wafferfcheu, jedesmal zu geben, fo oft die Krämpfe wieder auftreten. Ä Hyoscyamus oder Cantharis, wenn Belladonna nicht ausreiht. Geſchwüre und Ausfchläge dürfen durch innerliche Mittel nicht gemwaltfam vertrieben werben.

Üble Zufälle infolge von Tierkrantheiten.

Krankheit entwidelt im menſchlichen und tierifchen Körper ftet3 gewiffe Giftftoffe, die in ihrer Wirkung ebenfo verfchieden wie Die Krankheiten jelbft find. Manche haben nur einen geringen, mandje einen recht verhängnispollen Einfluß auf andere Menſchen. Das Einatmen de3 eingetrodneten und zerfläubten Auswurfs eines Lungenſchwindſuüchtigen kann der ganzen Umgebung zum Ber- u werden. Die GStuhlentleerungen Cholera- und Typhus-

anfer enthalten die Erreger der Krankheit. Wer nicht vorfichtig damit umgeht und nicht für peinliche Neinhaltung feiner Hände forgt, kann ſich diefe Krankheiten leicht zuziehen. Wer die Aus- leerungen achtlos weggießt, fo daß fie in Brunnen oder Wafler- leitungen gelangen, Tann feine Mitmenfchen der größten Gejahr ausſetzen und ganze Epidemien heraufbeſchwören. Man hüte ſich

118 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

alfo vor allen Stoffen, die ein kranker Menſch auswirft oder bon fich gibt. Der natürliche Efel bewahrt uns ja auch faft unbewußt und meitgehend vor diefen fchädlichen Einflüffen.

Borfichtige hüten fich auch vor ven Kleidern und der Wäſche bon Berftorbenen, die lange an gefährlichen und anftedenden Krankheiten litten. Ganz mit Recht; verdächtige Kleider-, Wäſche⸗ und Bettftüde follten vor der Wiederbenügung ftet3 einer Kranken⸗ anftalt zur gründlichen Desinfektion übergeben werden.

Biele Menfchen nehmen ſich noch vielzu wenig auch vor kranken Tieren in acht. Und doch gehören Srankfheitsübertragungen bon Tieren auf den Menſchen gar nicht zu den Geltenheiten. Die Perlſucht der Rinder fann bei Leuten, die zu Tuberkuloje neigen, den Ausbruch diefer Krankheit begünftigen. Ungelochte Milch, Butter und Käfe von Kühen, die an Maul- und Klauenſeuche leiden, können beim Menfchen heftige Entzündungen der Mund- Ichleimhaut hervorrufen. Ber. Fleiſchgenuß von Schweinen, die mit Krankheiten oder innen behaftet find, kann ernfte Yolgen nad) jich ziehen.

Die gefährlicäfte Krankheit in dieſer Hinficht ift der Milzbrand des Nindviehg, der übrigens zumeilen auch bei andern Tieren, namentlich Schafen, Pferden, Schweinen oder beim Wild vorkommt. Wenn Blut, Eiter oder Speichel eines foldhen Tieres nur auf die Haut oder gar in eine Wunde fommt, kann eine Anftedung erfolgen. Durch das Abledern der Haut, durch da3 Bereiten und Gerben kann die fchredliche Krankheit auf den Menjchen übertragen werden. Sogar fchon das bloße Einatmen von Staub aus den Fellen milz- brandfranfer Tiere kann beim Menſchen Milzbrand hervorrufen. Das Fleifch des milgbrandfranfen Viehes ift ein gefährliches Gift, auch wenn es gefalzen und geräuchert wurde, und bewirkt den Tod oder eine fchleichende, kaum heilbare Krankheit.

Man erkennt den Milzbrand beim Vieh an plößlicher Traurig- teit, Wanfen, Zittern, befonder3 nad) dem Tränfen, trodener Hitze, furzem Atem und an der Entftehung von Brandbeulen. Kann man das Vieh nicht retten durd) häufiges Begießen mit kaltem Waffer und Arsenicum innerlich, fo folgt bald der Tod. Die gefallenen Tiere muß man fo tief wie möglich verfcharren, ohne fie mit den Händen anzufaſſen. Alles was in die geringfte Berührung mit ihnen fam, muß entweder verbrannt, verfcharrt oder durch Waſchen mit Chlor waſſer (Chlorkalt in Waſſer aufgelöft) gereinigt werben.

Beim Menſchen ruft der Milzbrand entweder umfchriebene Hautentzlindungen, die in der Mitte bald ſchwarz werden und Ihmwarzblaue Blaſen oder Earbunfelartige Geſchwüre bilden, oder Erbrechen, jchmerzlofen, oft blutigen Durchfall mit rafcher Kräfte- abnahme und unternormaler Temperatur hervor. Dazu aefellen ih Störungen des Allgemeinbefindend wie Froftgefühl, Mattig- feit, Bene De EnBenDeIt, hochgradige Atemnot und zunehmender Kräfteverfall.

6. Vergiftungen. 119

Das beite Mittel ift Ruhe. Bor mundärztlichen Eingriffen ift dringend zu warnen. Man beftreiche die erkrankten Stellen mit etwad Arnikaöl und gebe dem Kranken bis zur Ankunft des Arztes Arsenicum.

Die Rotzkrankheit wird durch Nafenfchleim und Eiter aus Geſchwüren rotzkranker Pferde auf den Menfchen übertragen. Es fommt dann unter Froft, Fieber, Kopf- und Gliederjchmerzen zur Bildung von podenähnlichen Pufteln, die raſch zerfallen und Ge- Ihmwüre bilden. Sie figen mit Vorliebe in der Schleimhaut der Nafe, können aber auch im Rachen, im Kehlkopf, in der Luftröhre und auf der Haut vorlommen. Der Tod erfolgt innerhalb 2 bis 4 Wochen. Bei hroniihem Verlauf fehlen die Mlgemeinerfchei- nungen oder ſie find weſentlich geringer und ſchwächer, die Gefchwüre entwideln fi) weit langfamer.

Was durch rogige Pferde verunreinigt wurde, kann mit Chlor- waſſer oder DQuedjilberjublimat gereinigt werden. Auch genügend lange Einwirkung von Luft und Sonne entgiftet. Wenn jemand ein rotziges Pferd angegriffen und fich dabei verunreinigt hat, fo reinige er feine Hände zuerjt gründlicd) und fee dann jeden Zeil, der berührt wurde, großer Hite aus, wie bei Schlangenbifjen auf ©eite 116 angegeben wurde. Iſt man ſchon angeftedt worden, jo hilft gegen die Schmerzen am beften Arsenicum. Stellt fid) feine Beſſerung ein, fo verfuche man Lachesis alle 6, 8 bis 10 Stunden, oder Phosphoriacidum. Gpäter kann Sul- phur genommen werden, und find die Folgen nad) etlichen Wochen noch nicht ganz vorbei: Galcarea; beide nur nad) 5—10 Tagen wiederholt, bei eintretender Beſſerung noch feltener. Die Pferde fünnen mit Rhus und Arsenicum oft nod) geheilt werden.

Die Trichinenkrankheit ift auf den Genuß von rohem oder unbollftändig gekochtem Fleiſch von Tieren, bejonder® von Schweinen zurüdzuführen, die mit eigenartigen Fadenwürmern, Trichinen genannt, behaftet find. Während die Mehrzahl der Tiere troß maſſenhafter Trichinen jcheinbar gejund bleibt, erkrankt die Mehrzahl der Menfchen, die Schinken, Blutwurft, rohes oder halbrohes Fleiſch effen, dad Trichinen enthält. Die dadurd) herbor- gerufenen Befchwerden find dem Typhus derart ähnlich, daß man die Trichinenkrankheit biß vor 50 Jahren mit Typhus vermechfelt hat. Da es gegen dieſes Leiden, jobald e3 zu feiner vollen Ent- widlung gelangt, bis jet noch fein Heilmittel gibt, ift es doppelt geboten, beim Genuß von Schweinefleisch vorfichtig zu fein. Gut durchgebratene3 oder gar gekochtes Schweinefleifch ſowie gründlich geräucherter Schinken enthalten niemals feimfähige Trichinen und fönnen daher ohne Bedenken genojjen werben.

Wurſtvergiftung. Das Fettgift, auch Käfe-, Fleiſch- oder Wurſtgift ge- nannt, entjteht in altem Fleiſch, Blut, Tett und Käſe, befonders

120 II Die häufigften Kranlheitsurſachen.

in Blut-, Xeber-, Brat-, Preßwurſt, Schwartenmagen, ſaurem Schweinskopf, faurem Kalbskopf, Schinken und Sped, im Gänfe- fett, in Auftern und dergl., wenn diefe Eßwaren verdorben find und nicht ſchnell genug und nicht anhaltend in den Rauch famen. Solche verdächtigen Speilen haben etwas Schmieriges, Säuerlicheg, Unangenehmes, Scharfes, Ranziges. Blaues Radmuspapier wird rot oder rötlich, wenn man e3 auf verdorbenem Fett oder Fleiſch herumreibt. Das Fett⸗ oder Wurjtgift entjteht jehr ſchnell; Speifen, die heute noch eßbar waren, fünnen morgen ſchon giftig fein. Das Hauptfennzeichen einer ſolchen Vergiftung iftaußer dem Brecd;- durchfall, dem Sodbrennen und der Übelfeit ein Gefühl von Troden- heit im Halſe, das fich ſpäter zumeilen bi3 in den Mund, in die Nafe, in die Ohren, ſelbſt in die Augen erftredt; die Augenlider, die Nafen- flügel, die Fingerjpigen werden in einigen Tagen troden und ſpröde und trodnen förmlich au. Die Stimme wird gemöhnlich bald heifer, der Puls langſam und ſchwach, der Hunger und Durſt fehr groß, der Kranfe kann kaum etwas fchluden. Gemöhnlich beiteht große Mattigfeit, die Augenlider find wie gelähmt, die Pupillen erweitert, die Sehfraft iſt geihmächt, der Kranke jieht entweder wie durd) einen Schleier oder er ſieht alles Doppelt. Der Unterleib ift gefpannt, jchmerzhaft, es bejteht Stuhlverftopfung und zuleßt tritt noch Gteifigfeit der Knie und Füße ein. Wenn der Tod nicht in einigen Tagen folgt, bleibt oft eine langwierige, unheilbare Krankheit zurüd. Hat jemand dverdorbene Nahrung gegeſſen und bemerkt er nad) etlihen Stunden einige der oben erwähnten Bergiftungserfchei- nungen und ein allmählicheg® Zunehmen derfelben, jo ſäume er nicht, jofort die geeigneten Mittel anzumenden. Sind vier big fünf Stunden nach der Mahlzeit vergangen und zeigt fi) Neigung zum Erbrechen, fo trinfe man lauwarmes Waſſer und ſuche Erbrechen herbeizuführen. Oft wird das Brennen und die Trodenheit im Schlunde für Säure im Magen gehalten und Magnefia genommen. Sie Hilft nichts; oft werden die Beſchwerden für die Wirkung eines äßenden Giftes gehalten und Milch oder Ol getrunken, da3 ebenfalls zwecklos ift. Das einzige Hilfsmittel dagegen ſind Säuren oder Terpentinöl. Sobald der Magen ſich entleert hat, nehme man ſchwachen, verdiinnten Effig, mache fich mit Eſſig und gurgle den Hal damit aus. Hat man Bitronenfaft, fo ift die noch bejier. Um abzumwedjjeln, wenn die Säure zumider wird, nehme man da- zwiſchen etwas Buder oder einen Tropfen Terpentinöl auf Zucker. Auch kann man dann und warn eine Taffe Kaffee trinken laffen, oder noch beffer, ftarfen fchwarzen Tee. Will die Trodenheit nicht nachlaffen oder kehrt fie immer wieder, fo reiche man zuerit Belladonna. Etellt ſich auch auf fchleimige Kliftiere fein Stuhl- gang ein, fo gebe man Bryonia und warte die Wirkung ſechs Stunden ruhig ab. Stellt fich einige Beſſerung ein, die aber bald wieder nachläßt, fo gebe man immer wieder Bryonia, fo oft ed Iihlimmer wird. Kliſtiere aus fchleimigem, warmem Waffer mit

6. Vergiftungen. 121

etwas Eſſig, Zitronen- oder Limonenfaft dürfen ebenfalß an- gewendet werden.

Was Belladonna und Bryonia nicht zu befeitigen vermögen, fann duch Veratrum oder Phosphoriacidum gehoben werden. Gollten Lähmungen oder Bertrodnungen übrig bleiben, fo Hilft Arsenicum. Man wiederhole die Mittel öfters, gebe fie aber in immer höheren Potenzen oder mit Wafler verdünnt.

Vergiftungen durch Selbitgifte.

Wenn ber menfchliche Körper durch Krankheit verhindert ift, fi) der beim Stoffmechfel entjtehenden normalen Auswurfſtoffe zu entledigen und dieſe fich im Blut anhäufen, fo entfteht ein Zu- ſtand der Vergiftung. Ein Beifpiel mangelhafter Ausſcheidung ift die Harnftoffvergiftung oder Urämie, die dadurd) zuftande fommt, daß die franten Nieren den Harnftoff und andere Harn- beitandteile nicht mehr auszuſcheiden vermögen. Die giftigen Stoffe häufen fich dann im Blute an und rufen Bergiftungszuftände herbor, die ſich als Kopfmeh, Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit und Krämpfe äußern und nicht felten mit dem Tode enden. Pie SHarnitoffvergiftung kann plößlich einfegen und einen rafchen Ber- lauf nehmen, fie kann ſich aber aud) allmählich entwideln und lang- wierig verlaufen.

Ein zweites Beifpiel ift die Kohlenſäurevergiftung, mie fie bei Atmungaftörungen infolge von Herz- oder Qungenleiden häufig beobachtet werden kann. Die Kohlenfäure wird infolge der mangel«- haften Atmung nicht mehr hinreichend ausgefchieden, Häuft ſich im Blute an und ruft ernfte Bergiftungserjcheinungen hervor.

Vergiftungen durch Selbſtgifte find oft aud) auf die Auf- faugung ſchädlicher Stoffe im Körper zurüdzuführen, wenn fie in den Blutkreislauf gelangen. Bei krankhaften Veränderungen der Magen- und Darmichleimhaut fünnen zerjeßte, in Gärung und Fäulnis fibergegangene Stoffe aufgejogen werden und ins Blut übertreten. SHautausfchläge verdanken ihre Entjtehung Häufig ſolchen Celbftgiften. Auch bei ftarken Eiteranfammlungen in Körperhöhlen, im Bruftfelltaum, in der Bauchhöhle, in Gelenken fommen oft durch Auflaugung des Eiter3 Vergiftungen zuftande.

Eine dritte Form don Bergiftung durch Selbſtgifte entjteht durh abnorme Stoffwechſelvorgänge, die auf Funktions⸗ ftörungen gewilfer Drüfen beruhen. Ein Beifpiel Hiefür find die durch vermehrte oder herabgefette oder aufgehobene Tätigkeit der Schilddrüfe Hervorgerufenen Vergiftungen, dad Myrödem und die Baſedow'ſche Krankheit (fiehe Seite 249). In ähnlicher Weife können aud) Störungen in der Abfonderung der Bauchſpeichel— drüfe (Zuderharnruht) oder der Nebennieren (Blutarmut mit Bronzefärbung der Haut), der Zirbeldrüfe (Wadhstumzftörungen) oder der Eierftöde (Ausfallgerfcheinungen, fiehe „Wechſeljahre“, Seite 331) zu Bergiftungen des Körpers führen.

122 HD. Die Häufigften Krankheitsurfadhen.

Die Behandlung diefer außerordentlich verwickelten Bor- gänge muß ganz dem Urzt überlaffen werden. Der Laie, überhaupt jeder Menſch kann nur durch eine vernünftige, jedes Übermaß meibende Lebensweiſe einzelnen der gejchilderten Erfcheinungen bon Gelbftvergiftung vorbeugen oder, falls jchon krankhafte Stö- rungen vorhanden find, ihr Weiterjchreiten verhindern.

Siebenter Abſchnitt.

Die erfte Hilfeleiftung bei plötzlichen Er: krankungen und Unglüdsfällen.

- Der gewaltige Aufſchwung von Verkehr und Induſtrie in den legten Jahrzehnten hat die Zahl der Unglüdsfälle gegenüber früher mefentlic) erhöht. Wir brauchen da nur an die zahlreichen Unfälle zu erinnern, die fich durd) die Eifenbahn, die eleftrifche Straßenbahn und den Automobilverfehr ereignen. In den größeren Fabrik⸗ betrieben fommen kleinere und größere Unfälle fo Häufig vor, daß nicht felten ein befonderer Raum zur Aufnahme der Verunglüdten vorhanden iſt. Daher follte jedermann über die erfte Hilfeleiftung bei plöglichen Erktrankungen und Unglüdsfällen unterrichtet fein und die nötigften und widtigften Handariffe beizeiten üben, um im Rotfalle felbjt eingreifen und Hand anlegen zu fünnen. Wehe dem Unglüdlichen, der in die Hände eines Unmilfenden fällt! Der Schaden, der durd) Übereilung, durch Beftürzung und übertriebenen Eifer angerichtet wird, läßt fich ſpäter oft durch alle ärztliche Kunft nicht wieder gutmachen. Andererjeit3 können dem Verunglüdten durch ruhiges, beſonnenes Eingreifen oft die größten Dienſte ge- leiftet werden. Ein einziger ſachkundiger Griff, ein einfacher Not- verband vermögen da3 entfliehende Leben des Berunglüdten oft noch aufzuhalten, bis ärztliche Hilfe zur Gtelle ift.

Wenn man einem verunglüdten oder plötzlich erkrankten Menfchen die erjte Hilfeleiftung angedeihen laſſen will, jo mache man ſich vor allem zum Grundfaß: „Ja nicht ſchaden“. Hatman die Lage und Umgebung des Verunglüdten überſchaut was um jo wichtiger ift, al der Hilfeleiftende ſpäter oft als Zeuge vor Gericht erfcheinen muß jo bringe man den Unglüdlichen zunädjft in eine bequeme age und ſchiebe ihm irgend einen weichen Gegenftand, einen Teppich oder einen zufammengerollten Rod oder Überzieher unter den Kopf. Dann löfe man alle engen Kleidungsſtücke und forge für regelmäßige Atmung. Iſt diefe mangelhaft oder atmet der Berunglüdte überhaupt nicht, fo unterfuche man fofort Mund- und Nachenhöhle, ob nicht etwa ein Fremdkörper, 3. B. ein faljches Gebiß, eingedrungener Schlamm und dergl. den Eingang in die

7, Die erfte Hilfeleiftung bei plögl. Erkrankungen u. Unglüdsfällen. 123

Atmungswege verjperrt. Iſt dies der Fall, fo greife man herzhaft zu und entferne das Hindernig, indem man Schlamm oder Starke Scleimanfammlungen mit einem um -den Finger aeiwidelten Taichentuche aus der Mund- und Rachenhöhle wiſcht. Die Zunge muß mit Hilfe des Daumens und Zeigefinger3 nach vorn gezogen werden, da fie bei völliger Bemwußtlofigfeit des Verunglüdten oft zurückſinkt und den Sehlfopfeingang verjperrt. Sobald die oberen Zuftmwege frei find, beginne man mit fünftlicher Atmung.

Es gibt eine Reihe verfchiedener Methoden Fünftliher Ut- mung. Die ältefte und auch heute nod) eine der befannteften ift die von Sylveſter: Dem Kranken werden zufammengerolite Stleidungsftüde fo unter den Rüden gefchoben, daß die Bruft etwas borgewölbt wird. Der Hilfeleiftende niet dann oberhalb des Kopfes de3 Kranken nieder, faßt deifen beide Arme unterhalb der Ellbogen und zieht fie Fräftig nach) oben. PDadurd wird der Bruftraum be- trächtlich erweitert und da3 Einftrömen von Luft in die Qungen erzivungen. Nach einigen Sekunden läßt man beide Arme wieder nad) unten zurüdiinfen und drüdt zugleich auf die Bruft, namentlich auf die Gegend der unteren Rippen. Hiedurch wird die einge- drungene Quft wieder hinausgepreßt. Dann wartet man eine Sefunde und beginnt von neuem, fo daß dieje Bewegung etwa 14 bis 16 mal in der Minute wiederholt wird. Die un ift äußerst wirffam, nur begehen Hilfeleiftende oft den Fehler, daß lie ihre Bemühungen zu bald wieder einftellen. Bei Ertrunfenen hat man nicht jelten die Erfahrung gemacht, daß ich oft erft nach Halb- ſtündigem, ja felbft nad) ein- und mehrflündigem, fortgejegtem Be- mühen mit fünftlicher Atmung Zeichen der Wiederbelebung einftellten.

Da3 Verfahren nad) Marfhall Hall ift nicht ganz fo wirkſam wie dad von Sylvbeſter, erfordert aber weniger körperliche An- jtrengungen des Hilfeleiftenden. Der Bewußtloſe liegt auf dem Geficht, eine Hand unter der Stirne, Rüden nach oben. Unter den Leib wird eine Rolle von zufammengelegten Kleidungsſtücken geſchoben, jo daß der Kopf etwas nad) unten und vorwärts hängt. Nun drüdt man mit beiden Händen auf den Rüden, als wollte man den Atem aus der Bruft prefjen, dreht ſodann den Körper raſch und Fräftig nach oben, alſo in die Seitenlage und ein wenig darüber hinaus, als wollte man ihn auf den Rüden legen. Hierauf wird er wieder nach vorn und unten (in die urjprüngliche Lage) zurüdgedreht und wieder der Drud auf den Rüden ausgeübt, fo daß der beim Drehen nad) oben mit Quft gefüllte Bruftraum wieder entleert wird. Auf diefe Weife wird die natürliche Atmung nad)- geahmt. Die Bewegungen müſſen etwa 15 mal in der Minute gemacht werden. Der Helfer faßt am beften mit einer Hand unter die Schulter, mit der andern unter das Finn des Leblofen.

Eine leiht ausführbare und doch fehr erfolgreiche Methode der fünftlihen Atmung wurde von Laborde empfohlen. Gie befteht darin, daß man die Zunge mit einem Tafchentuch zwiſchen

124 II. Die häufigften Krankheitsurfacden.

Daumen und Beigefinger Träftig anfaßt und in regelmäßigen, den gewöhnlichen Atembewegungen entjprechenden BZmifchen- räumen borzieht, etwas Hält, dann wieder zurüdfallen läßt und nach einigen Sekunden von neuem beginnt. Für die Ematmung rechnet man etwa 2 Gefunden, für die Ausatmung nicht ganz 3 Gefunden.

Sobald das Atmen von felbit erfolgt, jegt man mit den fünft- lihen Atembewegungen aus und fudht den Kranken oder Ver⸗ unglüdten zum Bemußtfein zurüdzubringen. Dies Tann vor allem durch gewiſſe Hautreize geichehen. Man fprigt ihm faltes Waffer ins Geficht und auf die entblößte Bruft, oder reibt Arme, Beine und Herzgegend kräftig, aber vorfichtig, um nicht die Haut durchzufcheuern. Genügt dies nicht, fo kann man die Hal- und Naſenſchleimhaut mit einem Papierftreifen oder einer Vogelfeder leicht berühren und durch das Kikelgefühl Niefen oder Brechwürgen veranlafjen, wodurch da3 Bewußtſein häufig wiederkehrt. Die im Volke fo beliebten Riechmittel, wie 3. B. Eifig, Kamphergeift, Schwefeläther, Salmiafgeift, Kölnifches Waller und vergl. find nur ſelten imstande, eine tiefere Bemußtlofigfeit zu befeitigen und follten deshalb nur in leichteren Fällen verfucht werden, wenn deut- liche Lebenszeichen dartun, daß es fid) nur um eine vorübergehende, nicht allzutiefe Ohnmacht Handel. Der Mißbrauch derartiger Riechmittel, namentlich) durch lange fortgefegte Anwendung, kann oft auch von nachteiliger Wirfung fein.

Schließlich noch einige Worte Über dad Tragen plötzlich Erkrankter oder Verunglüdter. & follte in der Regel erft geihehen, nachdem die Atmung durd) eines der angeführten Ver— fahren genügend in Gang gebracht und nachdem bei Verlegungen dem beſchädigten Körperteil die notimendige Aufmerkſamkeit zuteil . wurde. Genauere Natjchläge hierüber findet man im nächſten

Abſchnitt bei Beiprechung von „Wunden“ und „Knochenbrüchen“. AB Tragbahre kann man einen Pferdeteppich, einen Überzieher, eine Matraße, einen Sofa und vergl. benüten, nur forge man bei Berlegungen, namentlid) bei Knochenbrüchen dafür, daß der ver- legte Körperteil von einer bejonder3 hiefür beftimmten Perfon getragen wird, da font die Beförderung verhängnisvoll für den Berunglüdten werden Tann.

R Ohnmadit.

Fallt jemand in Ohnmacht, fo merke man fich als erfte Regel: Ya nichts übereilen! Nichts ift törichter, alß wenn die Anweſenden aus lauter Angſt fich hilfreich ermeifen wollen und allerlei durd)- einander tun. Damit beläftigt man den Kranken unnötig, ja man kann ihm fogar unmittelbar ſchaden. Buerft löſe man alle eng- anliegenden Kleider um Hals, Bruft und Unterleib, bringe den Seranten in eine bequeme Lage und entferne alles, was beim Wieder- erwachen einen unangenehmen Eindrud auf ihn machen Zönnte.

7. Die erſte Hilfeleiftung bei plöpl. Erkrankungen u. Unglüdsfällen. 125

Dann ſprenge man jrifches Duell- oder Brunnenwaſſer mit einer Feder ganz fein ind Gejicht, ftreiche etwas Waffer an den Naden, den Hinterlopf und auf die Herzgrube. Bleibt dies wirkungslos und wird der Kranke fühl, jo laſſe man ihn an Kampferſpiritus oder an Schwefeläther, der auch in den fogenannten Hoffmanns- tropfen enthalten ift, riechen.

St die Urjache der Ohnmacht befannt, jo wähle man da3 paf- fende homöopathiſche Mittel: nad) Schred Coffea, Opium oder Aconitum; nad) Blutverluft oder fonftigen Schwächungen durch Säfteverlufte China, dann auch Wein, aber nur tropfen- meije; nad) Gemütöbewegungen Ignatia oder Chamomilla. Ohnmacht ſchon nach geringen Schmerzen: Hepar; nad) fehr ftarfen Schmerzen: Aconitum, zuweilen aud) Coffea oder Chamomilla; wenn die Schmerzen, die die Ohnmacht Herbor- riefen, den Kranken ſchon vorher faſt wahnfinnig madjten oder wenn Ohnmacht und Schwäche bei der geringiten Bewegung wiederfommen: Veratrum. Außerdem Nux moschatae: Ohnmachten, nach Anftrengungen und Erkältungen bei nafjfem Wetter, hauptjächlich bei folchen, die früher ſchon von der geringften Unftrengung über Mattigfeit klagten, bei Ohnmacht Herzklopfen verſpürten und nachher fehr jchläftig fnd. Nuxvomica: Ohn- machten nad) dem Eifen, nad) geiftiger Überanftrengung oder nach Mißbraud) geiftiger Getränfe. Moschus: Ohnmaditen nerböfer Frauen nad) geringfügigen Anläffen, während des Anfalls Hals- und Brufträmpfe, nachher Kopfweh. Schwindel vor der Ohnmadit: Chamomilla oder Hepar; Übelkeit vorher: Ipecacuanha. Ohnmachten der Schwangeren: Glonoin oder Lachesis. Gtellt ji nad) dem Erwachen Erbrechen ein, lo Hindere man es nicht; fällt der Kranke nachher in Schlaf, jo gönne man ihm die Ruhe, die ihn erquidt, und wecke ihn nicht.

Kollaps oder Kräfteverfall

ift ftet3 die Folge einer plöglichen Herzſchwäche, die nad) großen Blutverluften oder im Xerlaufe fieberhafter Krankheiten wie Zungenentzündung, Blinddarm- und Bauchfellentzündung, Gallen- jteinfolit, Brechdurchfall bei Kindern und Herzleiden eintritt. Die Kranken befommen plöblich ein verfallenes Ausfehen, ihre Stimme verſagt oder ift ſchwach und heifer, Geficht, bejonders die Nafe, Hände und Füße werden fühl, Talter Schweiß bricht aus, der Puls wird fchnell und dünn, kaum fühlber und die vorher noch vor⸗ handene Fieberhite macht plöglich einer unternormalen Sörper- wärme Plaß.

Der Kollaps ift immer ein gefahrvoller Zuftand. Er führt Häufig zum Zode, wenn nicht kofortige Hilfe zur Stelle if. Bis zum Eintreffen des Arztes lege man vor allem den Kranken mit dem Kopfe niederer und flöße ihm etwas Wein, Kognak oder Hoff-

126 II. Die häufigften Krankheitsurſachen.

mannätropfen ein. Inzwiſchen laſſe man Bohnenlaffee oder hinefifhen Zee herftellen, gieße etwas Rum oder Koanaf hinzu und flöß? e8 dem Kranken langjam ein. Hände und Füße find mit heißen Tüchern zu reiben oder in Tücher einzupaden, die in heißes Eſſigwaſſer getaucht wurden.

Innerlich haben fich befonder® Camphora, Carbo vege- tabilis und Veratrum album bewährt.

Camphora (al® Gamphora Rubini): Eifige Kälte, tonlofe, heifere Stimme, jchneller Verfall, trodene oder in falten Schweiß gebadete Haut.

Carbo vegetabilis: Außerſte Schwäche, Pulß dünn, faum fühlbar; jchmaches, oberflächliches, Taltes Atmen, bläuliche Berfärbung der Lippen.

Veratrumalbum: alter Stirnſchweiß, Hände und Füße wie Eid; Wadenkrämpfe.

Schlagfluß oder Hirnſchlag

ift faft immer auf das Berften eines Blutgefäßes im Gehirn zurüd- zuführen und fommt gewöhnlich nur bei Leuten vor, die das fünfzigfte Lebensjahr überfchritten haben und deren Blutgefäße ftarr und brüdig gemorden find. (Siehe „Arterienverfallung” Seite 400.) Ye nad) Grökße des verlegten Gefäßes ergießt ſich eine mehr oder weniger große Blutmenge ins Gehirn, wodurch einzelne Zeile der Hirnmaſſe völlig verdrängt und zerftört werben Tönnen. sit der Blutaustritt nur gering und erfolgt er an einer Stelle, die nicht für lebenswichtine Verrichtungen beftimmt ift, fo tritt oft nur eine vorübergehende Bewußtſeinstrübung ein; das Blut wird dann al3bald wieder aufgejoren und der Kranke tarf in furzer Zeit die Genefung eriwarten. Kommt e3 aber zu einer größeren Gehirn- blutung, jo tritt plößlich tiefe Bermußtlofigfeit ein, aus der der Seranfe oft tagelang oder überhaupt nicht mehr erwacht. Bei tödlich verlaufenden Fällen tritt der Tod gewöhnlich fofort oder doch im Verlauf der erſten 24 Stunden ein. Lebt der vom Schlage Ge- troffene nach 30 Stunden noch, fo darf man mit ziemlicher Sicher- heit eine allmähliche Wiedergenefung ertwarten. Meift bleiben aber nach größeren Gehirnblutungen halbfeitige Lähmungen oder Sprachſtörungen zurück.

In den meiſten Fällen ſtellt ſich der Schlagfluß ohne beſonderen äußeren Anlaß oder ohne irgend eine Anlündicung ein. Mitten im beiten Wohlbefinden ftürzt der Betroffene plöglich bewußtlos zu Boden. Gein Geſicht befommt ein verändertes, dunkelrotes bis bläuliches, felten blafjeg Ausfehen. Die Atmung ift verlangfamt, unregelmäßig, fchnarchend. Der Puls ift gemöhnlich voll und lang- fam. Stuhl und Harn gehen unfreiwillig ab, die Pupillen find berengert oder erweitert und zeigen auf Lichteinwirkung keinerlei Veränderung.

Klagt jemand zeitweife über erfchwertes Sprechen oder über

7. Die erfte Hilfeleiftung bei plögl. Erkrankungen u. Unglüdsfällen. 127

Gefühllofigkeit, Schwäche oder Lähmung in einzelnen Gliedmaßen, leidet er öfter an Kopfdrud und Schwindel, der in Anfällen ſich wiederholt, jo ift diefen Erjcheinungen größte Aufmerkſamkeit zu ichenten, weil fie Häufig die Vorboten eines Schlaganfalles find. Man gebe folhen Kranfen Glonoin und halte fie einige Tage in Bettruhe. Später ift eine Lebensweiſe erforderlich, bei der alles vermieden wird, was zu einer erhöhten Spannung des Blutdrudes Anlaß geben könnte. Dazu gehören beſonders Büden, Schwer- eh ſtarkes Drängen und Preſſen beim Stuhlgang und vergl.

ch geiftige Überanftrengung kann den Blutdruck fteigern und bei Leuten, die dazu neigen, eine Gehirnblutung auslöfen. Die Mahl- zeiten müffen in Heinen Mengen und in turzen, 2143 ftündigen Zwiſchenräumen genoffen werden. Jedes Übermaß im Eifen und Trinken fegt den Kranken der größten Gefahr aus. Altohol- und - Tabakgenuß ift ganz verboten. Bei diefer Lebensweiſe wird e3 oft gelingen, die drohende Gefahr eines Schlaganfalles abzumenden.

St jemand vom Schlage getroffen worden, jo verliere man bor allem die Ruhe nicht und vermeide jede Überftürzung. Dan entferne alle engen Kleidungsſtücke, Halskragen, Halstücher, enge Reibehen, Gürtel und dergl. Alles unnötige Bewegen und Hin- und Herdrehen des Kranken muß dabei jedoch) peinlichft vermieden werden. Kleidungsſtücke, die ſich nicht leicht öffnen und abnehmen Iaffen, ſchneide man einfach auf, Dann verbringe man den Kranten in ein Bett. Der Kopf muß hoch gelagert werden. AS Kranken⸗ jtube ift ein möglichft fühles, Iuftiges und ruhiges Zimmer zu wählen. Das Einflößen von Wein, Kognak und dergl. ift dringend zu mwider- raten. Überhaupt unterläßt man am beiten jeden Verſuch, dem Kranken Nahrung beizubringen, folange bis das Bewußtſein wieder- gekehrt ift. Sollte der Stuhl nicht ſchon vorher unfreimillig ab- gegangen fein, jo ift ein liftier zu verabreichen, um die Blutüber- fülfung und den Blutandrang nad) dem Kopfe herabzujeßen. Inner⸗ lic) gibt man eines der folgenden Mittel:

Belladonna: deutliche Anzeichen von Blutandrang zum Kopfe, Geficht auffallend rot, Pupillen ftark erweitert und gegen Lichtein- wirfung empfindung3los; Hals- und Kopfichlagadern deutlich pul- fierend, einzelne Muskelgruppen ziehen fich rampfartig zufammen.

Opium: tiefe Bemußtlojigfeit, dunkelrote oder bläuliche Gefichts- farbe, voller, langfamer Puls, herabhängender Unterkiefer, unregel- mäßige3, fchnarchendes Atmen. Die PBupillen find entweder ganz erweitert oder bis zur Stednadellopfgröße bverengert und gegen Lichtreiz unempfindlid).

Arnica gibt man ftet3 im Wechjel mit einem der oben ge- nannten Mittel. &3 ift in jedem Fall von Gehirnblutung angezeigt, weil es nicht nur die Blutung ftillen Hilft, fondern aud) die Auf- faugung des auögetretenen Blutes anregt.

Aconitum: nad) dem Schlaganfall Hohes Fieber, heiße und trodene Haut, große Unruhe des Kranken.

128 IH. Die häufigften Krankheitsurſachen.

Mit Rückſicht auf die Gefahr eines Rüdfalles darf der Kranke da3 Bett nicht vor Ablauf der dritten Woche verlaffen. Gegen bie nad) Schlaaflüffen zurüdbleibenden halbfeitigen Lähmungen ift neben Maſſage, heilgymnaftifhen Bewegungen und der An- wendung des eleftrifchen Stromes in erfter Linie Causticum zu verfuchen. Tritt nad) Verlauf eines Monats feine Befferung ein, fo fommen meift Zincum oder Plumbum in Betradit.

Salliudht oder Epilepſie.

Es fommt zumeilen vor, daß eine mit Fallſucht behaftete Perſon auf der Straße plöglich mit einem lauten Schrei zufammenfintt, das Bemwußtjein verliert und in Krämpfe verfällt. Nach 5 big ſpäteſtens 15 Minuten ift der Anfall vorüber, und der Kranke erlangt ganz allmählich das Bemwußtjein wieder. Sn einem derartigen Talle forge man vor allem dafür, daß der Kranke fich keinen Schaden zufügt. Man lege fofort Xeppiche, Kleidungsſtücke und dergl. zu beiden Ceiten de Fallſüchtigen, damit er beim Ausbruch der Krämpfe auf feinen harten oder ſpitzen Gegenftand auffchlägt. Dann ſchiebe man ein Taſchentuch, einen hölzernen Löffel oder ähnliches zmwifchen die Zähne, um da3 Durd)- beißen der Zunge zu verhüten. Unter feinen Umftänden darf der Epileptifer während des Krampfausbruches feitgehalten werden, denn jeder Widerftand, den man dem Krampf entgegenjeßt, ver- längert und fteigert den Anfall.

Mit Arzneimitteln läßt fich, nachdem der Anfall einmal aus- gebrochen ift, wenig ausrichten. Kennt man die Urſache, die jedes- mal Anfälle herbeiführt oder den erften bewirkt hat, jo gibt man die Dagegen paljenden Mitte. Opium paßt 3. B. oft, wenn ber Anfall yon Schred’herrührt oder nad) Vorwürfen, heftigem Schelten oder Beleidigungen entfteht. Fühlt der Kranke den Anfall kommen, fo Hilft zuweilen Riechen an Kampher. Dies lindert auch manchmal den Anfall felber. Auch etwas Salz kann man den Kranken auf die Zunge nehmen lafjen. Andere Mittel zum Riechen wende man lieber nicht an; die Kranken werben dadurch nur angegriffen und geſchwächt.

Die eigentliche Behandlung dieſes äußerſt hartnäckigen, meiſt angeborenen oder durch Verletzung des Kopfes herbeigeführten Leidens kann nur in den anfallsfreien Zwiſchenräumen erfolgen. Vegetariſche Koſt und Vermeidung alkoholhaltiger Getränke iſt dringend zu empfehlen. Bei der Mittelwahl müſſen beſonders die Körperanlage des Kranken, die Eigenart der Anfälle, ihre Urſachen und dergl. berüdfichtigt werden. Vor dem Gebrauch, großer Gaben von Brompräparaten möchten wir, der liblen Nebenwirkungen wegen, ernſtlich warnen. Als homöopathiſche Mittel kommen namentlich Artemisia vulgaris, Oenanthe crocata, Acidum hydrocyanicum, Cuprum, Calcarea car-

7. Die erfte Hilfeleiftung bei plößl. Etkrankungen u. Unglüdsfällen. 129

bonica ujw.in Betracht. Die Mittelwahl iftaber meift ſehr ſchwierig und bleibt daher am beften dem homöopathiſchen Arzt überlaffen.

. Scheintod,

Ale Menjchen, die plöglich ftarben, namentlich durch äußere Urfadhen, können unter Umftänden nur fcheintot fein. Wenn man fie aber als wirkliche Tote behandelt, jo werden fie’3; beſonders wenn man ihnen Mund und Nafe verbindet, fie auf3 Brett legt, in die Kälte jchafft oder gar mit Eis belegt, um den Eintritt der Bermwejung hintanzuhalten. Es gibt viele Krankheiten, bei venen der plöglich eintretende Tod gewiß fein Scheintod ift, andererſeits gibt e3 aber Zuftände, in denen der Scheintod öfter vorkommt, ala man glaubt, 3. B. bei Schwangeren und Wöchnerinnen. Leider gibt es noch fein ganz ficheres Zeichen des wirklichen Todes außer der Fäulniz, die an den fogenannten „ZTotenfleden” kenntlich ift. In allen Fällen, in denen man nicht ganz ficher ift, beſonders bei ſolchen Perſonen, die plößlich und unvermutet wegjterben und nicht ebenfo ſchnell zu verweſen anfangen, tue man wenigſtens nichts, da3 den wirklichen Tod befördert, und warte mit dem Begraben immer den dritten Tag ab; am dritten Tage zeigen fich gewöhnlich Veränderungen an der Leiche, die da3 eine oder andere gewiß maden. Sind nad) diefem Zeitraum immer nod) feine Zeichen der Verweſung zu bemerfen, fo warte man diefe erſt ab, und wenn es jieben Tage währen follte. Berfonen, die durch gewaltſame Urſachen fcheintot wurden, müſſen mit Sorgfalt und Ausdauer behandelt werden; wenn dies gejchieht, können fehr viele, ja wenn es gehörig gejchieht, die meiften wieder zum Leben zurüdgebracht werden. Zunächſt müfjen fie in mäßige Wärme gebracht werden; je kälter fie find, defto allmählicher muß dies geichehen, daher am Iangfamften die Erfrorenen; aber auch den anderen fchadet es, wenn man fie zu jchnell erwärmt. Schädlich it e8 auch, mit elef- triichen oder galvaniſchen Mafchinen auf Scheintote einzujtürmen. Dagegen müſſen fie gerieben und gefnetet werden. Reine, friſche, trodene Luft, Ruhe und Stille ift für fie vor allem notwendig. Bei all dem braucht man ſich gar nicht zu Übereilen, denn wenn noch Leben da iſt, glimmt es noch lange fort!

Iſt der Scheintod nach einem Fall oder Sturz von der Höhe eingetreten, fo bringt man den Berlegten auf ein Lager, mit er- höhtem Kopfe, und zwar an einen Ort, wo er ruhig liegen bleiben fann, gibt ihm einige Körnchen Arnica mit etwas Waller auf die Zunge und wartet dann ruhig ab, big der Arzt fommt, der zu unterfuchen hat, ob etwas gebrochen iſt, ob noch Spuren von Leben da find und ob Atemverjuche ratfam erjcheinen. Hat der Ver- unglüdte durch Wunden viel Blut verloren, fogebe manihbmChina und etwas Wein, aber nur tropfenmweife, und ſpäter erft Arnica. Stellen fi) Budungen oder häufiges Zufammenfahren ein, fo ift Hypericum am Plate.

Hering-Haehl, 9.0. 9

130 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Hungertod.

Leute, die durch Hunger ſehr geſchwächt wurden oder ſchon dem Hungertod nahe ſind, trifft man nicht ſelten an. An jeder Küfte können Schiffbrüchige antreiben, die tagelang nichts zu eſſen hatten. Perſonen, die ich in großen Wäldern verirrten oder ber- jhüttet oder im Winter in den Häufern verfchneit oder zufällig eingefchloffen und vergeffen wurden, können dem Berhungern nahe fein. Mle durch Hunger Geſchwächten müjlen zwar Hauptmittel fobald ala möglich Nahrung befommen, aber je länger fie Hungern mußten, defto weniger darf man ihnen auf einmal geben. Eſſen fie zu jchnell und zu viel, fo kommen fie in Gefahr, Davon zu fterben. Man gebe ihnen zuerft, was man gerade bei der Hand hat. Zn den jchlimmften Fällen verabreihe man kleine Kliftiere von warmer Mil; fangen die Kranken an Lebenszeichen zu geben, jo flöße man ihnen tropfenweife Mild) ein, jpäter einige Teelöffel voll und nur ganz allmählich mehr; erft wenn fie jelber zu eſſen verlangen und öfter etwas wollen, reiche man ihnen einige Löffel Brotfuppe, Fleiſchbrühe und einige Tropfen Wein. ie müſſen ſtets warm eingehüllt werden, aber natürlich jo, daß fie reine Luft einatmen können. Hat ſich nach alldem ein gefunder Schlaf eingeftellt und ift der Kranke davon erquidt, fo läßt man ihn Heine Mahlzeiten nehmen, aber erjt nach etlichen Tagen wieder wie ge- wöhnlich eſſen. Gute Fleifchhrühe oder Fleiſchextrakt (fiehe bei „Ernährung der Kranken”, Seite 46) ift anfangs die befte Nahrung.

Erwäürgte,

Erdrofjelte, Erhenkte, durch Drud und Abhalten der Luft Erſtickte müſſen auf folgende Weije behandelt werben:

Dan nimmt ihnen alle engen Kleider ab, legt fie auf eine Seite mit etwas erhöhtem Kopf und Ha, fo daß der Hal ganz frei und nicht nad) oben gebogen ift, wie dies in der Regel zutrifft, wenn man Unterlagen nur unter den Kopf fhiebt. Dann lege man den Scheintoten genau fo wie neugeborene Kinder auf die Seite, alle Glieder gebogen, fobald fie fich biegen laffen, und made die Marſhall Hallichen Atembewegungen, mie fie auf Ceite 123 angegeben find. Hierauf verabreicht man ein Kliftier, in dem auf ein Biertelliter Waffer 10—20 Körnchen Opium aufgelöft und gut eingerührt worden find. Dies wiederholt man alle Biertelftunden und ftreicht und reibt in ber Zwiſchenzeit die Glieder, beſonders an der Innenſeite, nach oben zu. Won Zeit zu Zeit hält man einen Heinen Spiegel, der aus dem Kühlen fommt, vor Mund und Nafe des VBerunglüdten, um zu fehen, ob er von anfangendem Atem in Abſätzen teilmeije anläuft. Auch an den Bupillen kann man fehen, ob der Kranke noch am Leben ift; bringt man nämlich plößlich ein Licht in die Nähe der Augen, jo verengern fie fich beträchtlich. Bur Wiederbelebung lege man warme Tücher und heiße, in Tücher

7, Die erfte Hilfeleiftung bei plögl. Erkrankungen u. Unglüdsfällen. 131

gewidelte Steine an die Füße, zwiſchen die Schenkel, an den Naden, an die Seiten und unter die Achſeln des Unglüdlichen.

Ändert fih nah 1—2 Stunden nichts, fo nimmt man eine bittere Mandel, ftoßt fie fein und vermifcht fie mit einem halben Liter Waſſer, ſtreicht etwas davon in den Mund, flößt zwei bi drei Tropfen auf die Zunge oder in die Nafe und gibt das übrige in Heinen Kliftieren. Gehen diefe Kliſtiere fogleich wieder ab, fo benüße man ein längeres Nöhrchen und halte den After zu.

Ertrunkenen

wird vor allem, ohne daß man ſie erſt weit fortſchafft, und am beſten im Freien (außer bei ſehr ſchlechtem Wetter oder großer Kälte) Mund, Naſe und Rachenraum von Schlamm, Sand, Waſſer⸗ pflanzen u. a. durch Auswiſchen gereinigt. Man legt fie auf den Aüden, jchiebt unter die Magengegend eine Rolle, ein zufammen- gerolltes SMeidungsftüd, jo daß Bruft und Kopf etwas tiefer liegen, und rollt dann den Körper mehrfach auf die linfe Seite, indem man gleichzeitig einen milden, aber kräftigen Drudauf den Rüden (von unten nad) oben) ausübt. So erreicht man, daß das verichludte Waſſer wieder ausfließt. Die Zunge muß nötigenfalls weit hervor⸗ gezogen und feitgehalten werden.

Sind feine deutlichen Zeichen von Atmung und SHerzichlag mehr wahrzunehmen, fo muß man verfuchen, fünftlich regel- mäßige Atembemwegungen hervorzurufen. Pie verjchiedenen Berfahren Fünftliher Atmungfiehe Seite 123. Die Bemühungen muſſen fo lange fortgejegt werden, bis ſich felbfttätige Atembemwe- gungen zeigen (oft erjt nach 2— Stunden) oder bis der inzwiſchen gerufene Arzt den fihern Tod feititellt. Denn fein einziger, der ind Waſſer fällt, ift fofort tot, er ftirbt immer erft lange nachher, und man hat mit der nötigen Geduld und Ausdauer (Abwechſeln in der Hilfeleiftung !) Menfchen, die fchon halbe Tage lang unter Waller (fogar im Winter unter dem Eife) geweſen waren, durd) —— uner müdliches Bemühen wieder zum Leben ge-

acht.

Während ſo das innere Leben wieder angefacht wird, muß gleichzeitig auch für Wärme von außen her geſorgt werden, indem man den Leblofen entweder in die Sonne legt oder den auf ein warmes, trodenes, nicht zu weiches Lager Gebetteten vom Rüden und den Füßen her mäßig ftarfer Ofenwärme ausſetzt. Außerdem jollten vier Berfonen je einen Arm oder ein Bein mild, aber gleid)- mäßig von den Händen und Füßen nad) oben zu, befonder3 an der Innenſeite der Vorderarme und der Hinterfeite der Unterfchenfel neten, drüden und ftreichen. Dadurch foll das Blut wieder warm und flüffig und nad) dem Herzen zu gefchoben werden. Dies kann mit gewärmten Tüchern und Handſchuhen gefchehen; beſſer aber ift die bloße, warme Hand. |

132 II. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Erjtidung durch Ather oder Chloroform,

die befannten, bei ſchmerzhaften Dperationen gebräuchlichen Betäubungsmittel, wird felten, meift durch unglüdlichen Zufall oder durch Ruchloſigkeit, vorkommen. Sowie der Puls aufhört zu ſchlagen, bringt man den Kranken in die vorgebogene Seitenlage, öffnet den Mund, zieht die Zunge zunächft möglichit weit heraus und macht die Drehungen, wie fie auf Seite 123 befchrieben worden find. Für die Nachwehen paßt Hyoscyam.us, vielleicht au Carbo vegetabilis oder Arsenicum. Perſonen, die mit Üther betäubt wurden, follten in der freien Luft fo tief wie möglich einatmen oder mit der Sauerftoffflafche behandelt mwer- den, um fo das Blut von dem Gift zu befreien. Auch das Riechen an Eſſig ſoll ſich als Hilfreich ermwiejen haben.

Rom Blitz Getroffene

werden mit dem Geſicht gegen die Sonne in die bloße, friſch auf- gegrabene Erde gejebt und derart zugededt, daß fie ſich in Halb jigender, halb liegender Stellung befinden; nur das Geficht bleibt frei. Sobald fie die Augen bewegen, hält man ein Tuch oder einen Schirm über da3 Geficht und legt ihnen einige Körndden Nux vomica auf die Zunge. Gtellt fi) nach einer halben Stunde fein weiteres Lebenszeichen ein, jo gibt man nach Zwiſchenpauſen von je einer Bierteljtunde mehrmalz eine Gabe Nux vomica. Dft iſt eg notwendig, das Mittel in Waſſer aufgelöft ala Kliftier zu geben; um das Heraußfließen zu verhindern, ftedt man dann etwas Baummolle in den After. Nachher bedvede man den Scheintoten wieder mit Erde und laſſe ihn fo liegen, bis er zu atmen anfängt, worauf man die Bruft freimacht und ihn in ein helles, fonniges Bimmer verbringt. Ob es auch Hier angebracht ift, Fünftliche Atmung anzuwenden, muß der Arzt enticheiden. Gegen die Nachkrankheiten hilft außer Nux vomica aud) Sulphur. Bei Erblindungen, die bisweilen zurüdbleiben, leitet Phosphorus gute Dienfte.

Erfrorene,

Außer dem örtlihen Einfluß des Froftes, dem Erfrieren einzelner Körperteile (Näheres hierüber ſiehe Schluß des nächſten Abjchnittes), kann die Kälte den Gefamtorganismus jo ſchwer Ihädigen, daß der Tod die unmittelbare Folge davon tft. Bur Vermeidung des Erfrierungstodes ift neben warmer Kleidung und fettreicher Ernährung namentlich für energifche und hinreichende Bewegung zu forgen. Die größte Gefahr für den der Kälte aus- geſetzten Wanderer ift die Mattigfeit und Schlaffucht, die ihn bis- weilen befällt. Gibt er diefem Ruhebedürfnis nach, ftatt fich Fräftig Dagegen zu wehren und feine Bewegungen zu bejchleunigen, jo ift er ziemlich jicher verloren, denn Ruhe begünftigt den Erfrie- rungstod, Bewegung verhütet ihn. Nur ihrer unausgeſetzten

7. Die erfte Hilfeleiftung bei plögl. Erfrantungen u. Unglüdsfällen. 133

Bewegung, der guten Kleidung und dem reichlidien Fettgenuß ift es zuzuſchreiben, daß unſere Nordpolfahrer felbft bei 50° unter Null unverfehrt bleiben.

Erfrorene können manchmal felbft nach vielen Stunden nod) ins Leben zurüdgebracht werden. Zuerſt ſchaffe man fie vom Un- glüdsorte fort. Beim Tragen ift aber die größte Vorficht geboten, weil jehr leicht einzelne Glieder durch unvorfichtigen Drud zerbrechen fönnen. Man bringe fie unter Dach, bedenke jedoch, daß ſchon eine mäßige Wärme fie tötet. Daher müſſen fie in ein ungeheizte3 Zimmer oder einen Schuppen gebracht werden. Bugluft muß ab- gehalten werden. Dann bedede man fie über und über dicht mit Schnee, wenigſtens handhoch Über den Körper, felbit über das Geficht, fo daß nur Nafenlöcdher und Mund Freibleiben. Man lege lie fo, daß das abfchmelzende Waffer fchnell ablaufen kann, und erneuere den Schnee, wo er wegſchmilzt. Hat man feinen Schnee, fo bringe man fie in ein Bad, da3 man anfangs durch Eis redjt kalt macht; wenn fi) Ei3 an den Körper oder die Kleider anfebt, ent- ferne man died. Auf diefe Weife muß man den Körper auftauen, bis alles weich und biegfam wird, dann Fleide man den Unglüdlichen nad) und nad) aus, und zerfchneide lieber die Kleider, al3 daß man Gefahr läuft den Erfrorenen zu verlegen. Somie die Glieder meid) und beweglich werden, fängt man an, die weichen Teile mit Schnee zu reiben, und fährt damit fort, bi3 fie rot werden. Dann bringt man den Kranken auf ein trodenes Lager und reibt ihn mit falten wollenen Tüchern, Strümpfen, alten Stüden Filz und dergl. immer nach dem Herzen zu. Nun erft verfucht man die Fünftliche Atmung (jiehe Ceite 123). Stellen ſich dabei nicht bald Lebenszeichen ein, jo nimmt man ein Stüdchen Kampher oder etwas Kampher- fpiritus, fchüttelt eg mit Waffer und gibt davon ein Feines Kliftier. Dies wiederholt man alle Biertelftunden. Kommt der Kranke während des Reibens oder durch den Kampher allmählich zu ſich, jo kann man ihm Heine Kliſtiere von lauwarmem, ſchwarzem Kaffee verabreichen und, fobald er jchluden Tann, etwas Kaffee teelöffel- weije eingeben. Das Einflößen von heißem Kaffee, Tee, Wein und dergl. ift jedoch, folange der Erfrorene da3 Bewußtſein nod) nicht erlangt hat, zu unterlaffen. Er verſchluckt fich leicht, die Flüffig- feit gerät ftatt in Speiferöhre und Magen in den Kehlkopf und die Luftröhre und kann den Erftidungstod oder ſchwere Lungenentzün- dung herbeiführen.

Sowie die Lebenszeichen zunehmen, entfernt man alles Naſſe, reibt alle Teile ſanft, biß fie ganz troden find, fo daß der Belebte ganz ins Trodene, aber nicht ins Warme fommt. Er muß durchaus bon jelbjt im Bett warm werden und feine andere Wärme darf an ihn fommen. Nur ein Heine Kind darf man, fobald e3 zu atmen beginnt, zu ſich ins Bett nehmen.

Wenn man die Arbeit nicht fcheut, Tann man, zumeilen erft nach vielen Stunden, den Sceintoten ind Leben zurüdbringen.

134 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

Doch treten dann oft heftige Schmerzen ein. Gegen dieje hilft Carbo vegetabilis oder, fall dies verjagt, Arsenicum. Entftehen ftechende Schmerzen oder Hitze im Kopfe, fo gibt man Aconitum. Hat der Kranke großes Verlangen nad) Wein oder Branntwein, fo laffe man ihn von Beit zu Beit tropfenweife dadon nehmen. Später wendet man die Mittel an, die bei „Yroftbeulen“ angegeben jind.

Der Hergeftellte muß fich lange Zeit vor aller Ofenwärme hüten, weil er ſich dadurch Knochenkrankheiten zuziehen kann, die oft erft im nädjiten Sommer zum Ausbruch fommen.

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Achter Abſchnitt. Aeußere Verletzungen.

Erſchũtte rung

des Körpers durch Fall, Schlag oder Stoß kann mancherlei Schmerzen und üble Zufälle veranlaſſen. Zuweilen werden innere Teile dadurch gedehnt und zerriſſen, es entſtehen Schmerzen, die den andern Tag zunehmen, heftiges Kopfweh, Schwindel, Bruft- ſchmerzen, kurzer Atem, Hüfteln, Blutjpuden, Rüdenmeh, abwärts ziehende Schmerzen im Leibe und dergl. Das Hauptmittel in allen jolhen Fällen ift Arnica, bei Nervenverlegung Hypericum.

War ein heftiger Schred mit der Erjchütterung verbunden, jo gebe man zuerft Opium und nadh einigen Stunden Arnica. Iſt der Gefallene ohnmächtig oder ganz bewußtlos und betäubt, dann wafche man Kopf, Geſicht und Arme mit kaltem Waſſer. Nach 15—20 Minuten gibt man Aconitum oder Glonoin und erft jpäter, wenn es nötig wäre, Arnica.

Denn Schwangere durch einen Fall, Fehltritt oder durch Heftige Bewegung und Erſchütterung irgend welcher Art Schmerzen im Unterleibe befommen und eine Fehlgeburt fich einzuftellen droht, fo ift ruhiges Verhalten, womöglich mehrere Zage Bettruhe, und dad Vermeiden aller Anftrengungen und heftigen Bewegungen dringend geboten. nnerlich gibt man Arnica. Gollten einige Stunden nad) Arnica die Schmerzen heftiger werden, jo wird Chamomilla oder ein anderes der gegen Fehlgeburt angezeigten Mittel gegeben.

Nad) einem Sturze auf den Kopf oder einem heftigen Schlage können die Schädelfnodhen innerlich gebrochen fein. Häufig geht dann da3 Bemwußtjein für kürzere oder längere Zeit verloren. In leichteren Fällen kann zuweilen ein Schädelbruch ohne befondere Erſcheinungen heilen. Gelbft in ſchweren Fällen tritt oft ſcheinbare Beflerung ein und der erlebte kommt wieder zum Bemwußtjein, aber jchon nach wenigen Tagen zeigen gefahrdrohende Erjcheinungen

8. Außere Berlegungen. 135

den Ernit der Lage. Nicht felten führt die Verletzung zum tödlichen Ende. Schäbelbrücde find übrigens gar nicht fo felten, wie man im Volle gewöhnlich annimmt. Es bedarf feiner ſehr großen Ge- walt, um einen Bruch des Schädels herbeizuführen, und mas ganz befonders erwähnt zu werden verdient ein Falloder kräftiger Schlag auf den Kopf kann zu einem Schädelbruch führen, ohne daß äußerlih an der Kopfhaut eine Wunde oder fonft eine fichtbare Berlegung entjteht. Wenn fich nad) Ber- legungen am Sopfe Hirndruderfcheinungen und zwar bejonders Schläfrigkeit einftellen, die allmählich in Betäubung und Schlummer- ſucht übergehen, wenn Blut aus Mund, Nafe oder Ohren heraus- läuft oder heftige8 Etbrechen ohne jede Spur von Übelkeit erfolgt, jo läßt fich faft mit Sicherheit auf einen Schädelbruch fchließen, auch wenn die Weichteile der Schädeldede weder durchtrennt nod) gequeticht ericheinen. Sobald ein Schädelbrud) feftgeftellt ift, follte unverzüglicd) operiert werden. Bis zur Vornahme der Operation muß der Kranke die größte Ruhe einhalten; der Kopf wird am beiten etwas hoch gelagert. Im Krankenzimmer muß die größte Ruhe herrfchen; die Türen find vorfichtig, alfo möglichſt geräufchlos zu Öffnen und zu fchließen, und die Umgebung des Sranfen jollte in Filzſchuhen oder Strümpfen gehen, um feinen Lärm zu machen.

Folgt Kopfweh auf eine Erjchütterung, jo gebe man entweder Glonoin, Belladonna, Phosphori acidum oder ein anderes Mittel nach den unter „Kopfichmerzen” angeführten Symptomen. Bei dumpfem Drud hilft Arnica, bei heftigem Stehen und Wehtun der Augen Hypericum.

Bei Erſchütterung der Bruft Hilft Arnica, zumeilen im Wechſel mit Aconitum oder Rhus toxicodendron.

Berheben.

Hat man ſich durch dag Heben ſchwerer Lajten innerlich Schaden zugefügt, jo it Rhus toxicodendron angezeigt. Sind die Schmerzen heftig ftechend, bei jeder Bewegung jchlimmer, be- ſonders im Kreuz, fo paßt Bryonia; tritt darauf nicht genügend Beiferung ein, fo ift Sulphur zu verfuchen. Folgt Kopfweh auf dad erheben und Rhus mill nicht helfen, fo gebe man Cal- carea carbonica.

Hat ſich jemand bei geftredtem Körper gedrüdt oder geftoßen, 3. B. beim Klettern über eine Bretterwand oder beim Ringen auf dem Turnplaße und fühlt ſich einige Zeit nachher plößlich übel wie zum Erbrechen, mit heftigem Schmerz an einer Heinen Stelle innen im Bauche oder ift ein Gefühl dafelbft, alt wollte alles Hinunter- ziehen, wodurch ber Kranke ängftlih und unruhig mit einem Geſicht voll Todesangft Hin und her getrieben wird, jo Hilft Veratrum ein- ober zweimal, am beften in 6. oder 12. Potenz.

136 II. Die häufigften Krankheits urſachen.

Bei allzuleichtem oftmaligem Berheben und Wehtun nehme man jedemal Sepia.

Fehltreten

ruft zuweilen ähnliche Beſchwerden in den Gliedern hervor wie Verheben. Bryonia iſt gewöhnlich das paſſendſte Mittel dagegen, ſeltener auch Rhus toxicodendron. Entſtehen nach Fehltreten Beſchwerden im Magen, fo hilft Bryonia oder Pulsatilla. Wenn e8 aus Schwäche oft wiederfehrt, ift Phosphor zu verfudyen.

Quetſchungen

ſind auf keine andere Weiſe ſo ſchnell zu m. als wenn man Arnica innerlich gibt und äußerlic Umschläge mit kaltem Waffer madt, dem etwas Arnica-Tinktur Hinzugefügt wurde (etwa 10 Tropfen auf 1 Taffe Waffer). Nur wenn die Quetſchung fehr heftig war und ihr ſtarkes Fieber folgt, gebe man Aconitum und nad) 6 oder 8 Stunden wieder Arnica. Selten ift nach einigen Tagen eine zweite Gabe Arnica nötig. Iſt ein Glied ganz zer- queticht, jo muß man es mit einem Stüdchen Pappe jteifen, daß e3 in der rechten Lage bleibt, oder aud) von Zeit zu Zeit etwas drüden, bis es die rechte Form wieder Hat. Alles Salben und Schmieren ift unnüß, nicht felten ſogar ſchädlich. Mit Hilfe von falten Umſchlägen und bei vernünftiger Lebensweiſe heilt eine Duetichung rafcher al durch irgend eine andere Arznei. Perſonen, beidenenalles eitert, tun gut daran, einige Tage nad) der Duetichung eine Öabe Heparzunehmen. Zrittinfolge einer Vernachläſſigung Brand Hinzu, fo iſt an China oder Secale zu denfen. Mit dem Abnehmen von Gliedmaßen follte man ja nicht voreilig fein, da jelbit bei jchweren und ausgedehnten Quetſchungen oft nod) Heilung erzielt werden Tann.

Wurde durd) eine Duetichung infolge eines Falles, Schlages, Stoßes und dergl. auch der Knochen mit verlegt, wie 3. B. am Scienbein, fo lege man ein Stüd Verbandmull auf, das wiederholt mit abgekochtem Waffer, in das ein paar Tropfen Ruta getan wurden, befeuchtet wird. Dies hilft beſonders, wenn die Verlegung jehr gemwaltfam mar und die Schmerzen mehr innerlich in dem Senochen zu fein fcheinen. Sind die Schmerzen mehr äußerlid), jo daß e3 meift nur beim Daraufdrücken wehtut oder wird die Stelle rot und verbreitet fich dieſe Nöte rojenartig weiter fort, jo wende man Ruta- oder Symphytum-Tinktur in Waffer verdünnt an. Die verdbünnte Arnica-Tinkftur darf äußerlich bei Quet- ihungen nur fo lange Verwendung finden, als die Haut nicht durchtrennt ift. Bei offenen Wunden ruft Arnica nicht felten läftige Hautausfchläge hervor. Iſt dies der Fall gemefen, jo wird ein Stüd Verbandmull mit Kampher beftrichen und über den Aus- Ihlag gelegt.

8. Außere Berleßungen. 137

Beulen am Kopfe der Kinder darf man nicht drüden, man made vielmehr Kaltwafjerumjchläge und gebe innerli Arnica. Treten troßdem jpäter jchlimmere Erfcheinungen auf, hat dag Mind Schmerzen oder Schwindel nach Scütteln des Kopfes, große Augenfterne, wühlt e8 mit dem Hinterfopfe in den Kiffen, befommt Fieber und Krämpfe, fo en Hirnwaſſerſucht zu befürchten und man gebe Belladonna, Hyoscyamus oder Cicuta.

Quetſchungen der Augen durch einen Schlag mit der Fauft, einem Stode, emem Steine, einem gegen da3 Auge fpringenden Kork, nach Anftoßen, Saufen gegen eine Turkante und vergl. werben ebenjo behandelt wie andere Quetſchungen. Man neue aber genau, ob der Augapfel nicht durchftoßen ift, und rufe ſobald ala möglich einen Arzt herbei. Inzwiſchen erneuere man den naffen Umſchlag durch einen frifchen alten, fo oft er warm geworden it, und verbinde beide Augen, fo daß man die Luft von den naffen Umſchlägen und das Licht von beiden Augen abhält. Dabei gibt man Arnicaund Aconitum im Wechſel, fo oft die Schmerzen ihlimmer werden.

Verſtauchung.

Durch einen ungeſchickten Fall oder irgend eine andere gewalt⸗ fame Einwirkung können in einem Gelenf heftige Schmerzen auf- treten, e3 kann nicht mehr gut bewegt werden und die Bewegungen rufen ftarfe Schmerzen hervor. Man fpricht dann von einer Ver- ſtauchung. Bei Schwellung und Nöte des verlegten Körperteils gibt man zuerſt Arnica, ſpäter Rhustoxicodendron;nur felten iftrod Bryonia oder Sulphur nötig. Oft wiederholte Prießnigiche Umfchläge und öfteres Bewegen, namentlich aber tägliches kräftiges Maſſieren des verſtauchten Gliedes find jehr zu empfehlen. Sobald der verlegte Teil blau wird, gibt man Arnica; wird eine blaugelbe Stelle weich, fo verfucdhe manSymphytum; bleibt noch lange eine Geſchwulſt mit mehr oder weniger Schmerzen zurüd, jo mache man heiße Umjchläge. Sit die Geſchwulſt ums Ge- len? jo weich, daß der Drud der Finger Eindrüde hinterläßt, fo Hilft manchmal Sambucus.

Verrenkung

nennt man es, wenn ein Gelenk derart verſchoben wurde, daß die Knochen nicht wieder in die gehörige Lage kommen konnten. Dann ſind die Schmerzen weit heftiger, die Bewegung iſt gar nicht oder nur wenig möglich und mit Schmerzen verbunden. Man kann beim Befühlen und beim Vergleichen des Gelenks mit dem des andern Gliedes leicht wahrnehmen, daß die Gelenkenden und Glied⸗ maßen eine falſche Stellung haben. Manchmal iſt das Glied kürzer oder länger geworden oder ſteht ſchief. Sehr bald geſellen ſich Anſchwellungen, heftige Schmerzen, Spannen im Glied und Fieber hinzu. Umſchläge mit kaltem Waſſer und innerlich Arnica oder

138 I. Die Häufigften Krankheitsurſachen.

bei Hiße und Röte Aconitumund Arnicaabmwecdhjelnd bringen zwar Erleichterung, helfen aber nichts, bis das ausgerenkte Gelent wieder eingerichtetift. Iſt gerade Fein Sachverjtändiger in der Nähe, fo macht man einfad) kalte Umfchläge um daS verlegte Gelenk und ruft einen Arzt herbei oder man trägt den Verletzten auf einer Trag- bahre oder Hängematte zum Arzt. Alles Herumprobieren durch Unkundige ift ſtreng zu vermeiden. Nad der Ein- renkung muß ein zweckmäßiger Verband angelegt werden, der die Knochen am richtigen Plate Hält. Sobald Entzündung und An- ſchwellung etwas nacdhgelafjen haben, was nad Arnicaund wenn nötig Aconitum immer in fehr furzer Beit gejchieht, muß da3 Gelenk fleißig und vorfichtig bewegt und maffiert werden, damit e3 nicht fteif wird.

Knochenbrüche

erkennt man daran, daß nach einer äußeren gewaltſamen Einwirkung, zuweilen auch nach einer plötzlichen heftigen Bewegung an einer Stelle im Knochen ſogleich ein Schmerz entſteht, daß der Knochen ſich dicker oder ungleich anfühlt oder an einer Stelle deutlich einen Abſatz hat, wo an demſelben Knochen der andern Seite keiner iſt. Das Glied iſt kürzer oder verdreht oder hat, wenn der Bruch noch zuſammenhängt, eine ſchiefe gebogene Richtung. Das Glied iſt gewöhnlich unbrauchbar, läßt ſich zuweilen an der gebrochenen Stelle bewegen, als wäre ein Gelenk da, wobei man ſehr oft ein eigenartiges Knarren und Kniſtern hört. Seit der Entdeckung der Röntgenſtrahlen, mit deren Hilfe man die Knochen durch die Haut und Muskeln hindurch ſehen und photographieren kann, hat man die Beobachtung gemacht, daß Knochenbrüche viel häufiger vorlommen, al man ehedem glaubte. Manche „Berftauchung“ oder „Quetſchung“ ift durch einen Knochenbruch fompliziert. Der abgebrochene Snochenteil ift allerdings oft fo Klein, daß man ihn infolge der Anſchwellung nicht fühlen, wohl aber mit Hilfe der Röntgenftrahlen deutlich erfennen kann.

Se nach der Art, wie der Knochen gebrochen ift, [pricht man von einem geraden oder [hrägen Bruch. Manchmal ift der Knochen nur auf einer Seite gebrochen, 3. B. auf der Innenſeite, während er auf der äußern noch zufammenhängt. Dieſe Art von Beinbrucd bezeichnet man unvollkommenen Brud oder al Ein- bruch. Wenn Haut und Muskeln unverlegt geblieben find, fo ſpricht man bon einem geſchloſſenen Bruch. Hat dagegen ein fo Stoß ſtattgefunden, daß nicht allein der Knochen gebrochen ſondern auch die Weichteile durchtrennt wurden, ſo bezeichnet man dies als einen offenen Bruch. Dieſer Form begegnet man nicht ſelten bei Kutſchern und Fuhrleuten, die ihre Verletzung durch einen Hufſchlag bekommen haben. Zuweilen entſtehen aber offene Knochenbrüche auch dadurch, daß ein Röhrenknochen ſchräg durch⸗ bricht, und das ſpitze Bruchende ſich durch die Weichteile, die Muskeln

8. Außere Verlegungen. 139

und die Haut, hHindurchbohrt. AB Splitterbruch bezeichnet man e3, wenn durch die äußere Gewalt der Knochen nicht nur durd)- gebrochen, fondern in zahlreiche Heinere Teile zerjplittert wurde. Unter Schußbruch verfteht man einen durch Granatiplitter- oder eine jonjtige Gejchoßverlegung verurſachten Knochenbruch.

Das Einrichten und Verbinden eines Knochenbruchs muß unbedingt dem Arzt überlaffen bleiben, da von der Gerabeitellung des verlegten Gliedes und der Anlegung des erften Verbandes nicht jelten die Erhaltung und die [pätere Gebrauchsfähigkeit des verletten Körperteile abhängt. Dabei ift jede Übereilung zu vermeiden. Gelbit wenn es ſtunden⸗, ja tagelang währen follte, bi3 ein tüchtiger Arzt zur Stelle ift, Hat dies in der Regel weiter nichts zu jagen. Ein Knochenbruch heilt nicht jo rajch und man könnte daher in den gemwöhnlicheren Fällen ohne Schaden felbft ein paar Tage darüber hingehen laffen. Nur bei Heinen Kindern ift mehr Eile nötig.

Erfolgte die Verlegung zu Haufe, jo begnüge man fich bis zum Eintreffen des Arztes damit, den Kranken ins Bett zu bringen und den verlegten Körperteil möglichft ruhig und bequem zu lagern. Hat ih die Verlegung außerhalb der Wohnung ereignet, fo ift namentlicd) darauf zu achten, daß da3 verlegte Glied nicht durch ungeſchicktes Tragen noch mehr geſchädigt wird. Nicht felten ift bei fchrägen Brüchen des Oberfchenkels, die von Anfang an ge- ſchloſſen waren, durch ungefchidtes Eingreifen eines Wien ein offener Bruch entftanden, indem das fpite Bruchende vollends die Haut durchbohrte. Bei der Beförderung des Verletzten iit vor allem dafür zu forgen, daß das verlette Glied von einer Perjon mit beiden Händen ober- und unterhalb der Bruchitelle lo angefaßt und getragen wird, als wäre e3 von dem übrigen Körper de3 Kranken völlig getrennt. Um unnötige Bewegen und jchmerz- haftes Hin- und Herjchieben der Bruchenden möglichlt zu vermeiden, muß man bei Arm- und Beinbrüchen den verlegten Teil mit Tafchen- tüchern, Gurten, Riemen, Hofenträgern und dergl. an eine hölzerne Schiene, einen Spazierjtod, einen Regenſchirm oder ähnliches zuerſt fejtbinden und dann erſt die Beförderung unternehmen.

Die gefürchtetiten Brüche find die offenen Knochenbrüche, weil hier der Infektion Tür und Tor geöffnet if. Man fei daher bor allem für größtmögliche Reinlichkeit beforgt. Gelingt eg, Schmutz und jede andere Art von Unreinlichfeit aus der Wunde fernzuhalten, jo iſt damit die ficherfte Gewähr für eine rafche Heilung gegeben. Ft man aber nadjläflig, berührt man die verlegte Stelle mit un- reinen Händen oder ſchmutzigen Tüchern oder Kleidungsſtücken, jo folgt eine Wundinfeltion, durch die nicht felten Die Abnahme des verlegten Gliedes notwendig wird. Man vermeide daher jede Berührung eines offenen Bruches, betrachte denfelben ala eine gefährliche Wunde und begnüge fich big zur Ankunft des Arztes damit, die Wunde mit feimfreiem Verbandftoff zu verbinden und das verlegte Glied in eine möglichit bequeme Ruhelage zu bringen.

140 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

Sobald ver erlebte zu Bett gebracht ift, bleibt die Hauptſache, daß man die entjtehende Gejchmwulft richtig behandelt. Das ge- brochene Glied darf fo wenig ala möglich bewegt werden. Beſteht feine Wunde, fo kann man gegen Schmerzen und Anſchwellung kalte Umſchläge machen laffen. Der Verbandwechſel bei offenen. Knochenbrüchen darf nur durch den Arzt erfolgen. Innerlich gebe man, wenn der Kranke jehr angegriffen oder ohnmächtig ift, Aco- nitumundnad) einigen Stunden Arnica. Nur bei fehr heftigen, ganz unerträglihen Schmerzen und Strämpfen paßt Cham o- milla und fpäter Hypericum beſſer. Wenn die Schmerzen ſehr heftig find und andere üble Zuftände eintreten, fann man durd) Streden de3 Gliedes einige Erleichterung verjchaffen. Man fchlägt um da3 Glied oberhalb und unterhalb der Bruchftelle je ein Hand- tuch, befeftigt an den Tüchern Stride, diefe an gegenüberftehende Pfoſten im Bett, läßt an den Tüchern ziehen, und fo das Glied etwa3 ausdehnen und einige Zeit in diefer Ausdehnung erhalten, worauf in der Negeldie Schmerzen nadhlafjen. Nach der Einrichtung des Knochens wird Symphytum gegeben und ruhig zugewartet, ſolange e3 der Arzt für nötig Hält.

Die Heilung der Knochenbrühe nimmt verichieden lange Zeit in Anſpruch. Während 3. B. der Bruch eines Fingerknochens ſchon nach zwei Wochen feft vereinigt ift, bedarf die Heilung eines Schien- beine3 oder eines Oberjchenfelbruches 8 bi3 10, unter Umftänden fogar 12 und mehr Wochen. Erſchwert wird die Heilung von Knochen⸗ brüchen durch da3 Hinzutreten einer Infektionskrankheit wie Schar- lad), Typhus ufrw., durch englifche Krankheit, Tuberfulofe und Sonn. Im Greilenalter nimmt die Heilung eines Beinbruches biel mehr Zeit in Anſpruch als bei jüngeren Perfonen. Auch die iſt für die Verheilung eines Knochenbruches ungünſtig, weil während dieſer Zeit die im Blut enthaltenen Kalf- falze zum Aufbau des findlichen Knochengerüſtes verwendet werden.

Nachbehandlung. Ein geradezu unentbehrliches Hilfsmittel in der Behandlung von Knochenbrücden ift die Maſſage. Die Heilung geht bei regelmäßiger und verftändiger Anwendung viel raſcher von ftatten, weil durch fie die Blutzufuhr nach den verlegten Teilen gefördert und befonderd die Ernährung des gebrochenen Knochens begünftigt wird, und weil die Muskeln durch tägliche, forgfältige Mafjfagebehandlung viel Fräftiger bleiben. Freilich find peinlicde Sorgfalt und gewiſſe anatomifche Kenntniſſe not- wendig, namentlich anfangs, jolange die abgebrocdhenen Knochen— enden noch nicht feit miteinander verwachlen find. Wenn e3 daher irgend möglich ift, follte die Maffagebehandlung bis zur Ver wachſung der Knochenenden vom Arzt jelbft vorgenommen und erft von da ab die Weiterbehandlung einem Familienangehörigen überlaffen werden. Handelt e3 fi) um einen Bruch des Oberfchenfel- Inocheng, defjen Berheilung meijt eine mehrmonatliche Bettruhe erfordert, fo find zur allgemeinen Gefunderhaltung eine tägliche

8. Außere Berlegungen. 141

Ganzmaflage und regelmäßige Übungen mit den unverleßten Gliedern dringend zu empfehlen.

Die Arzneimittel, die bei der Nachbehandlung der Sinochen- brüche in Betracht fommen, follen aus zwei Gründen ausführlicher beſprochen werden: Erjtens kann der Verletzte, der meilt in Be⸗ handlung eines allopathiichen Arztes fteht, ohne große Mühe das für ihn pafjfende homöopathiſche Mittel felbft wählen, und zweitens

eben die fonftigen homöopathiſchen Schriften über die inner- ide Behandlung von Knochenbrüchen fo wenig Auffchluß, daß eine etwas eingehendere Parjtellung an dieſer Stelle befonders angezeigt erjcheint.

Arnicamontana erfreut ſich eines wohlverdienten Rufes in der Homöopathie, beſonders gegen Quetſchungen und ähnliche Berlegungen. Der verjtorbene Chirurge Profeſſor Dr. Helmuth in New⸗York pflegte die Nachbehandlung eines jeden Knochen⸗ bruches mit einer Gabe Arnica einzuleiten.

Belladonna: Starke Blutüberfüllung und Schwellung des verletten Teils. Die Haut über dem Knochenbruch ift gerötet, der Verletzte empfindet mehr oder weniger Flopfende Schmerzen darin. Neben diefen örtlichen Erſcheinungen bejteht gewöhnlich tajcher, gejpannter Puls und etwas Fieber. Der Krante klagt oft auch über Kopfweh, das jich beim Tieferlegen des Kopfes ver- ſchlimmert, er ift meift ſchläfrig, kann aber troßdem nicht einſchlafen.

Gelsemium: Wllgemeine Erſchlaffung troß des vorhandenen Blutandrangs. Der Berlegte ift unruhig und nervös, er läßt große Mengen waljerhellen Urins, kann den Schlaf nicht finden, Elagt über Kopfweh, namentlicd) im Hinterkopf und leidet viel an Schwindel- anfällen.

Nux vomica: %®er plößliche Wechjel von einer an Tätig- feit gemöhnten Lebensweiſe zu völliger Untätigfeit wie 3. B. durch da3 wochen- und monatelange Bettliegen nad) einem Beden- oder Oberſchenkelbruch führt Häufig zu Stodungen im ganzen Organis- mu3. Die Zunge wird belegt, die Verdauung vollzieht ſich lang- famer, e3 bilden fich Gafe, die gewöhnlich eine halbe big eine Stunde nad) der Mahlzeit ein läftiges Unbehagen verurfachen; der Stuhl a it berftopft. Hier ift in erfter Linie Nux vomica am

be

Mercurius: Auch dieſes Mittel entipricht den Erſchei— nungen, die ſich durch plößliche Untätigfeit bei einem Kranken ein- zuftellen pflegen, der an Arbeit und Bewegung gewöhnt ift. Aber der Zungenbelag ift mehr pappig und die Magenericheinungen find nicht fo außgeprägt wie unter Nux vomica. Nicht felten leidet der Kranke an Gelbjucht, der Stuhlgang ift entweder dünn, diarrhöe⸗ artig oder verftopft, die Kotmafjen mehr oder weniger lehmfarbig. Der Kranke ſchwitzt viel, namentlich nachts (hier paßt vor allem Mercurius corrosivus); auch die übrigen Erſcheinungen werden nachts ſchlimmer.

142 II. Die häufigen Kranlheitsurſachen.

Calcarea phosphorica in 3. Berreibung oder höher Icheint die Kallusbildung weſentlich zu begünftigen. Es follte daher in allen jenen Fällen angewandt werden, in denen die Bereinigung der Bruchenden zu langfam oder überhaupt nicht erfolgt. Der typifche Calcareakranke ift ja gewöhnlich ein Patient, bei dem die Knochenentwicklung langſam vor ich geht und die Yontanellen fich fehr fpät fchließen. An den Vereinigungsſtellen der einzelnen Schädel- und Röhrenknochen treten Schmerzen auf. Außerdem können Huften und andere Erſcheinungen einer tuberfulöjen Anlage borhanden ſein.

Symphytum follte bei Nichtvereinigung von Beinbrüchen verfucht werden, namentlich wenn eine gewille entzündliche Reiz- barkeit an den Bruchenden bemerfbar iſt.

Ruta wird von Prof. Dr Helmuth wärmſtens empfohlen, um die nochenbildung an der Bruchſtelle zu beichleunigen.

Apis mellifica iftnüglicd), wenn jich über dem Knochenbruch wäfferige Anjchwellungen in der Haut (Dedem) oder Zellgewebs⸗ entzündungen entwideln.

Calcarea carbonica in 3. bi3 30. Potenz fommt in Betracht, wenn die Verheilung durch allgemeine Blutarmut ver- zögert wird. Der Verletzte mag vielleicht ein gutes Fettpolfier be- figen, aber troß feiner Beleibtheit fehlt e8 ihm an gewiſſen Blut- beftandteilen (namentlid an Hämoglobin). Das Mittel ift be- fonder3 gegen jene Krankheitszuſtände geeignet, die zu leichter Brüdjigfeit der Knochen führen.

Silicea ift ebenfall® ein Konftitutionsmittel. &3 hat aber mehr Erſcheinungen von feiten des Nervenſyſtems als Caloarea carbonica ; die Schweißbildung, namentlid) an den Füßen, ift ftärfer und übelriechender, fo daß die Hautflächen zwiſchen den Zehen ganz wund werden. Es ift beſonders bei komplizierten Knochenbrüchen oder anderen Infektionen nad) Knochenverletzungen angezeigt, wenn dünne, wundfreſſende Abſonderung vorhanden ift.

Calcarea fluorica und Acidum fluoricum find namentlich dann angezeigt, wenn der Knochen eine größere Nah- rungszufuhr erhalten follte und eine Neigung zum Wbjterben (Nekroſe) des Knochen? mit mundfreflendem Ausfluß befteht.

Aurum 12.: die Vereinigung der Bruchenden bleibt infolge ſyphilitiſcher Erkrankung aus. Ganz befonders eignet fich dieſes Mittel bei Bruch des Nafenbeines oder wenn Erkrankungen des Najenbeine von übelriechenden Abfonderungen begleitet find.

Mezereum und Stillingia fommen ebenfall® gegen Berlegungen von Knochen bei Syphilisfranken in Betracht. Diefe Mittel beeinfluffen aber mehr die langen oder RöhrenInod)en, wenn darin heftige Schmerzen vorhanden find. Bei Mezereum find die Echmerzen nachts Schlimmer und die verlegten Teile äußerjt empfindlich gegen Berührung.

Kali jodatum iftein weiteres Mittel, wenn die Bereinigung

8. Außere Verletzungen. 143

der Bruchenden infolge einer früheren Syphiliserkranlung aus- bleibt: Auftreibung der Knochen mit nagenden Schmerzen; klopfende und brennende Schmerzen im Naſen⸗ und Stirnbein.

Runden.

Die moderne Yundbehandlung darf wohl al eine der bedeu- tendften Errungenſchaften des legten Jahrhunderts bezeichnet werden. Bor 50 Jahren hätte man e3 ſich faum träumen laffen, daß e3 einft möglich fein werde, felbft die größten und tiefften Dperationgwunden ohne eine Spur bon Giterung zur Heilung zu bringen. Wir verdanken diefe Erfolge der fogen. antiſeptiſchen und aſeptiſchen Wundbehandlung.

Der Grundgedanke dieſes Verfahrens ift der, jede Verun⸗ teinigung der Wunde zu vermeiden oder, falls fie bereits erfolgt ift, die eitererregenden Sleime unfchädlich zu machen. Man meiß heutzutage, daß jede Giterung auf daß Gindringen von Eiter⸗ erregern oder Fäulnisbakterien zurüdzuführen ift. Dieſe Bakterien find Lebeweſen Heinfter Art und gelangen entweder durd) das Berühren mit unreinen Fingern, durch unfaubere Berbanpdftoffe oder durch Kleidungsſtücke u. dergl. in die Wunde. Auch die Luft enthält bisweilen folche Krankheitskeime. Sobald Eitererreger in die Wunde eingedrungen find, entfteht eine rötliche Entzündung, worauf fi nicht felten Fieber mit abendlichen Steigerungen einſtellt. Diefen Zuftand bezeichnet man als „Sepſis“ oder „ſeptiſch“. Die Behandlungsweiſe, die fi) die Zerftörung ein- gedrungener Siterbafterien in der Wunde zur Aufgabe macht (3. 8. mit Hilfe von Sarbolfäurelöfungen, Lyſol, Quedjilber- fublimat und dergl.) Hat den Namen „antifeptiihe Wund- behandlung" bekommen, mährend dasjenige Verfahren, da3 bon vornherein jede Wundinfeltion vermeiden will, aljo Schmuß und äulnisbalterien fernzuhalten ſucht, als „afeptifche Wundbehandlung” befannt if. Sie verdient, wo immer möglich, den Vorzug.

Jede Wunde, aus der Shmuß und Fäulnisbakterien ferngehalten werden und die nur mit reinen Snftru- menten und feimfreiem Verbandmaterial in Berührung gefommen ift, heilt ohne Giterung. Diez follte man fi jtet3 vor Augen halten, fo oft man e3 unternimmt, eine Wunde zu behandeln. Größte und peinlichfte Neinlichkeit bildet dag ganze Geheimnis der ftaunendwerten Erfolge unferer modernen Wund- behandlung. Man berühre daher niemal eine Wunde oder deren Nänder, felbft wenn man die Hände noch fo gründlich gewaſchen hat. Zum Betupfen einer blutenden Wunde benüße man ſtets fterile (feimfreie) Berbandwatte und zum Verbinden fterile Verband- gaze, wie fie in Ganitätsgejchäften und Apotheken vorrätig ge- halten werden. Schmämme, Leinwandftüde, Taſchentücher und

144 II Die Häufigften Krankheitsurſachen.

dergl. wimmeln geradezu von Yäulnisfeimen und dürfen niemal zu Berbandzmweden benüßt werden. Ebenſo find alle Arten von Salben und Pflaſtern von friſchen Wunden fernzuhalten.

a) Das Bereinigen und Berbinden von Wunden.

Das wichtigſte Mittel zum Heilen einer Wunde ift neben der Neinhaltung die Vereinigung des Getrennten. Oberflächliche Heine Wunden kann man durch Zufammendrüden mit den Fingern bereinigen und fo erhalten, indem man das Glied mäßig feft um- widelt oder etwas englifches Heftpflafter darauf Flebt. Dies darf aber nur mit ganz reinem Waller angefeuchtet werden. Die ge- wöhnlichen Heinen Schnittwunden an den Fingern erfchweren oft den Gebrauch der Hand, heilen aber bei allen gefunden Menſchen in furzer Zeit, wenn e3 gelingt, fie rein zu halten.

Sind die Wunden größer und dringen tief durch die Haut big ind Fleifh, jo muß man Heftpflafter nehmen. Davon werden jpannenlange Streifen gefchnitten, die in der Mitte fchmäler, an beiden Enden breiter find. Man erwärmt fie etwas auf der Lein- wandfeite und Hlebt fie quer über die mit reiner Verbandwatte belegte Wunde fo, daß die fchmalfte Stelle über die Wunde zu liegen fommt. Man muß fie jo feft al3 möglich anziehen und recht lang machen, damit die Wunde auch in der Tiefe zufammengehalten wird. Zwiſchen den Streifen muß hie und da eine freie Stelle bleiben, damit der Eiter ungehindert abfließen kann, fallg je Siterung eintritt.

Befindet ji ein Arzt am Plage, fo verfäume man bei größeren Wunden nie, ihn fofort rufen zu laffen. Nach forgfältiger Ver⸗ einigung der Wundränder durch eine Naht wird aud) die größte Wunde in verhältnismäßig furzer Zeit heilen, und zwar meift ohne Eiterung. Der vermwundete Teil muß beim Vereinigen immer in eine Zage gebracht werden, in welcher die Wunde nicht außeinander- gezogen wird; felbjtverftändlich muß diefe Lage aud) nachher noch für längere Zeit erhalten werden.

Berrifiene tiefe Wunden oder lange Schnitte im Gejicht, an den Lippen, Augenlidern, dem Halfe uff. müffen zuweilen durch tiefere Nähte vereinigt werden, die nur der Arzt machen Tann.

Bedeutende Stichwunden oder andere jchmale, tief eindringende Wunden dürfen nicht auf dieſe Weife vereinigt werden, weil fie ſonſt oben zuheilen und in der Tiefe eitern. Kann man fie aber fo ver⸗ binden, daß fie auch in der Tiefe und nicht nur an der Oberfläche zuſammengedrückt werden, jo mag man dies bis zum Eintreffen des Arztes tun.

Die Wunde wird nun mit einem Stüd fteriler Gaze bededt, darüber fommt eine Lage Berband- oder Bellitoffwatte, die zur Auffaugung des abfließenden Wundſekretes beftimmt ift. Beides wird Durch eine nicht zu feit angelegte Binde am Platz gehalten.

3. Außere Berlegungen. 145

Handelt e3 fich um eine glatte Schnittwunde, die weder mit den Singern berührt wurde noch mit unfauberem Verbandzeug in Be- rührung kam, jo kann der Iuftdichte Verband 3—A Tage oder auch länger liegen bleiben. War aber die Wunde von Anfang an ver- unreinigt, fo ijt ein früherer Verbandwechſel nötig, befonder3 wenn der Verletzte über Schmerzen Eagt oder wenn der Verband von der Wundabfonderung ſtark durchtränkt worden ift.

Der luftdichte Verband mit feimfreien Verbandftoffen hat bisher für die idealjte Behandlungsmweije der Wunden gegolten. Die ungeheuren Srfahrungen während des Weltkrieges haben aber gezeigt, daß unter gewiſſen Umftänden feuchte Verbände oder offene Luftbehandlung den Vorzug verdienen und zwar befonders bei Wunden mit ausgedehnten Weichteilverlegungen oder ftarfer Siterung. Die feuchte Wundbehandlung befteht darin, daß man die Wunde mit mehreren Lagen feimfreier Ganze oder Verband- watte überdedt, die in eine fterile Flüffigfeit getaucht wurden. Man kann zu diefem Zwecke einfache Kochlalzlöjfungen, Aqua silicata oder Calendula-Zinktur (1 Kaffeelöffel zu Liter deitil- lierten Waffers) verwenden. Die Umjchläge werden ein- oder zivei- mal täglic) gewechlelt, können aber unter Umftänden auch mehrere Tage belafien mwerden. Bei der offenen Luftbehandlung wird die ganze Wundfläche der Luft ausgeſetzt. Zur Fernhaltung bon Sinfelten und Fremdkörpern ftellt man einen Drahtbogen über das verlegte Glied und hängt eine dünne Lage Verbandgaze darüber. Rings um die Wunde wird Bellitoffmatte gelegt, die den abfließen- den Eiter uſw. auffaugt. Wunden mit jchlaffen Granulationen, die feine rechte Neigung zur Heilung zeigen, können durch Licht— behandlung mädtig angeregt werden. Am beiten hat jich das Licht der Duarzlampe („tünftlihe Höhenfonne”) bewährt.

b) Blutungen aud Wunden.

Wenn Wunden auf die angegebene Weife vereinigt und ver- bunden werden, fteht gewöhnlich aud) die Blutung ftill. Manchmal ift e8 nötig, nod) etwa3 zufammengefaltete Verbandgaze auf die Wunde zu legen, anzudrüden und durch Binden feftzuhalten. Bei Verlegungen von Armen und Beinen genügt oft jchon die Hochlagerung de3 verlegten Gliedes (Hand oder Fuß höher als Schulter⸗ oder Hüftgelenk), um die Blutung zu ftillen. Spritzt jedoch ftoßmweije hellrotes Blut aus der Wunde herbor, fo ift dies ein Zeichen, daß eine Schlagader verlegt wurde. Die Blutftillung kann in diefem Fall oft die größte Schwierigfeit bereiten. Das einzig ſichere Mittel ift die Unterbindung des durchtrennten Blut- gefäßes durch den Arzt. In der Zwiſchenzeit binde man oberhalb der Verlegungsftelle um Oberfchentel oder Oberarm einen elaftifchen Hofenträger, einen Gummiſchlauch, eine Gurte, im Notfall aud) ein Tafchentuch feft, worauf die Blutung meift raſch nachzulaſſen

deringeHaehl, SU. 10

146 II Die Häufigften Krankheitsurfachen.

pflegt. Blutungen aus den Gefäßen des Unterarmes und des Beines Tann man übrigen? aud) ganz aut dadurd) ftillen, daß man das Ellbogen- oder Hüftgelent in ſtärkſter Weife beugt und durch Unlegen einer Binde in diefer Stellung feſthält. Umſchnürungen bon Oberarm und Oberfchenfel dürfen nicht länger ala höchſtens zwei Stunden liegen bleiben, da ſonſt Gefahr befteht, daß da3 verlegte Glied brandig wird. Trifft der Arzt innerhalb 2 Stunden nicht ein, fo muß die Umfchnürung allmählich etwas gelodert werden, jelbjt auf die Gefahr hin, daß die Blutung vorübergehend wieder fommt.

In der Übereilung werben oft die verfehrteften Dinge getan. Manche mwideln in der Anaft einen Lappen nad) dem andern und ihren ganzen Vorrat von Tüchern aller Art um die Wunde. Dadurd) wird die Blutung nicht geftillt, fondern nur verftedt. Wenn da3 einmalige fefte Ummideln nicht hilft, jo ift alles ſpätere unnüß und ſchädlich, weil e3 die Gefahr nur verbirgt und nicht befeitigt. Wo ein einfacher Drudverband ı icht genügt, um die Blutung zu Stillen, ift in der eben geſchilderten Weife zu verfahren.

Die alten Volksmittel gegen ftark blutende Wunden mie Eſſig, fogenannte Balfame, Epinnengewebe, Branntwein, Feuerſchwamm und dergl. laffe man ja beifeite; fie derunreinigen die Wunde, beranlaffen oft gefährliche Giterungen und Bergiftungen und erſchweren die Heilung.

Sifendloridwatte wende man nur im äußerften Notfall an. Gie ftillt zwar rajch die Blutung, ätzt aber die Gewebe, mit denen fie in Berührung fommt, namentlich die Wundränder und berzögert dadurd) die Heilung weſentlich.

Snnerlich läßt man den Verlegten Arnica nehmen, bejonders wenn die Blutung auf eine Quetſchung zurüdzuführen ift; bei hellroten Blutungen au Millefolium und in fehr hartnädigen Fällen Ipecacuanha. Gegen die Erfc,öpfung, die nad) großen Blutverluften auftritt, ift China das Hauptmittel. Daneben laffe man nach Bedarf kaltes Waffer trinken.

c) Reinigung der Runde,

Beim Anlegen eine Notverb and es unterläßt man am beiten jede Reiniaung der Wunde. Sit die Blutung auf die angegebene Weiſe geftillt, jo überdedt man die Wunde, ohne fie zu berühren, mit reinem Berbandftoff und überläßt alles übrige dem Arzt. Sit in abjehbarer Zeit fein Arzt zu erreichen, fo entfernt man mit Hilfe eines in Waſſer ausgekochten Inſtrumentes (Pinzette) oder fteriler Ver bandgaze den ſichtbaren Schmuß und Fremdkörper wie Splitter, Kleiderfegen und dergl. Nötigenfalls fann man die Wunde aud) mit abgelocdhtem Waffer, dem etiva3 Calendula- oder Hypericum- Zinktur beigemifcht wurde, ausfpülen. Nach Verlegungen durch Gegenftände, die feinen fichtbaren Schmuß in der Wunde Hinter-

8. Außere Verlegungen. 147

laſſen haben, ift alles Herumftochern, Auswaſchen und Ausdrücken ſtrengſtens zu unterlaſſen.

Hat jemand einen Nagel oder Fiſchgräten, Holzſplitter, Glas und dergl. in den Fuß getreten, fo läßt ſich nicht immer alles ent- fernen. Man begnüge fi) dann mit dem Anlegen eines feuchten Verbandes (ein Zeil Calendula- oder Hypericum-Tinktur zu 9 Teilen reinen Waſſers) und fchide fofort nad) dem Arzt. Folgt der Berletung troßdem eine Entzündung, jo verabreiche man eine der fpäter erwähnten innerlidhen Arzneimittel, befonder® H y- pericum. Das Hypericum-ül eignet fid) übrigens in ſolchen Fällen ausgezeichnet zur äußerlichen Anmendung.

Singeheilte Fremdkörper, die ſich nad) einiger Zeit wieder bemer!bar machen, können unter dem Einfluß von Silicea und Hepar sulphuris (in fiebentägigen Paujen je morgens und abends einmal) herausbefördert werden, nötigenfall® durch einen oberflächlichen Hautſchnitt mit einem in ftarfem Weingeift ge- reinigten Mefler.

d) Nachbehandlung und Diät.

So wichtig wie dad Stillen der Blutung, das Reinigen und Verbinden der Wunde ift die weitere Behandlung und Lebens- weife de3 Verletzten. Gr Halte fich bei großen Wunden fo ruhig wie möglich, ftrenge weder Geift nod) Körper an, vermeide alles Higige, Salzige, Gemwürzte, Geräucherte und vergl.

Hat man den Verband zuerft ſehr feit anlegen müfjen, jo made man ihn leichter, fobald er allzu befchwerlich wird, ſpäteſtens aber am andern Tag. Lag er nicht allzu feft, dann lafje man ihn zwei, drei Tage liegen, wenn die Wunde nicht eitert, und entferne ihn immer nur allmählich. |

Wenn man ein Heftpflafter abnimmt, muß man es zuerſt an einem Ende ablöfen und jo allmählich zur Mitte kommen; dabei lann man, um ein Auffpringen oder Auseinanderzerren der Wunde zu verhüten, fofort an Stelle de3 abgelöften ein neues Pflaſter anbringen. Dann bejeitigt man da3 alte vom andern Ende her und legt den bereits bis zur Hälfte angeflebten neuen Streifen vollends auf. Wenn e3 irgend geht, läßt man den Verband fo lange ſitzen, bi3 die Wunde geheilt ift; nur im Sommer und bei ſtark eiternden Wunden muß man öfterd verbinden. Die Nähte können nad) 5-6 Tagen entfernt werden.

Feuchte Verbände werden gewöhnlich täglich, bei fehr ftarfen Giterungen oft auch 2 mal im Tage gemedjfelt. Zur Befeuchtung haben fi) außer Calendula-Zinktur (30 Tropfen zu einer Zaffe abgelochten Waſſers), beſonders Aqua silicata, ſowie Kochſalz- und 2%ige Borſäurelöſungen bewährt.

Bei kleineren Wunden kann man die Verbandftoffe entweder durch Heftpflafterftreifen fefthalten oder mit Collodium oder

148 IL, Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Maftifol unmittelbar auf die Haut anfleben. Man erfpart dadurch Binden und erleichtert die Bewegungen des verlehten Gliedes.

e) Arzneimittel.

Durch die pafjenden Arzneien wird die Heilung in allen Tällen ehr befördert. Daher gebe man, jobald der Bermwundete zur Ruhe gelangt ift, eined der folgenden Wundmittel. Daneben läßt man, wenn trogdem Wundfieber mit trodener Haut und großer Unruhe auftreten jollte, Aconitum nehmen; hat der Kranke jehr viel Blut verloren, au) China.

Arnica: Quetſchungen ohne offene Wunden; die gequetfchten Teile werden braun und blau. Kleine offene Wunden, die fich gleich zu Anfang gut Schließen Tießen.

Calendula: große, tiefe, offene Wunden, mit zerrijfenen, zadigen Rändern, die ſich nicht gut ſchließen laſſen oder mit Berluft großer Stüde Haut oder —* Jede Bewegung, auch nach dem Verbinden, ſchmerzt heftig.

Staphysagria: ſcharfe Schnittwunden bis ins Fleiſch durch ſcharfe Meſſer, durch Glas oder nach chirurgiſchen Operationen.

Hypericum: Wunden durch Stich, Schnitt, Quetſchung oder Zerreißung, Schmerzen ungemein heftig, lange anhaltend und von der Wunde dem Gliede entlang nach aufwärts. Kinder bekommen nach jeder unbedeutenden Verletzung Krämpfe.

Apis: Stichwunden, die rot und ſehr empfindlich gegen Be— rührung werden, fortwährend brennende, ſtechende Schmerzen, oder roſenartige Röte um die Wunde. Wenn die Röte in ununter- brochenen Streifen an der inneren Seite der Arme oder Beine hinaufgeht, iſt Rhus und fpäter Arsenicum mehr angezeigt.

Sind Knochen mit verlegt, fo vergeſſe man die (©. 141 u. 142) dafür angegebenen Mittel nicht.

Die angeführten Mittel fönnen äußerlich (30 Tropfen in eine Taffe warmes Waffer zu Umfchlägen) und innerlich in Form von Berdünnungen oder Streufügelchen verwendet werden.

Bei Menjchen, die eine franfhafte Haut Haben, eitern die Heinften Wunden und mollen nicht heilen; hier gebe man Chamomilla; reicht es nicht aus, fpäter Hepar sulphuris; wird die Wunde geſchwürig, Silicea.

f) Starrtrampf oder Mundklemme.

Gelangt bei einer Verlegung durd) einen unreinen Gegenftand Schmuß in eine Wunde, 3. B. durch einen Stid) mit einer roftigen Nadel oder Holziplitter, fo ftellen fich manchmal gefährliche, als Starrframpf oder Mundflemme befannte Erſcheinungen ein. Dft find es nur ganz Heine, unſcheinbare Wunden, unbeadhtet gebliebene Heine Hautriffe, die mit Gartenerde in Berührung

8. Außere Berlegungen, 149

kamen und Wundftarrkrampf hervorrufen. Natürlich ift nicht die Gartenerde an fich ſchuld daran, ſondern feulenförmige Pilze, die mit der Erde in die Wunde und von dort in die Blutbahn gelangen. Diefe nur mit Hilfe des Mikroffopes fichtbaren Kranfheitserreger, Tetanusbazillen genannt, befinden fich in großer Menge in der Gartenerde, in Ställen und im Staube menſchlicher Wohn- ftätten. Die erften Erſcheinungen machen ſich in der Regel in den Kaumuskeln bemerfbar und zwar durd) eine Art Krampf, fo daß der Kranfe den Mund nicht mehr zu Öffnen vermag. Diefes fchmerz- hafte Steifmerden erftredt fich fchließlich auch auf andere Körper- teile, hHauptfächlich die Rüdenmugfeln, jo daß der Leidende, oft nur auf Hinterlopf und Ferſen ruhend, mit fteifgebogenem Körper im Bett liegt. Begleitet find diefe Beſchwerden von anfallßweife auftretenden Schmerzen in den Muskeln und in der Magengrube, an Schlingen, Fieber, Schlaflofigfeit und Verluſt der timme.

Neben dem gewöhnlihen Wundftarrframpf fpriht man vom Starrframpf der Neugeborenen. Syn diefen Fällen hat der bazillenhaltige Schmuß feinen Eingang durd) den Nabel gefunden. Auch bei Wöchnerinnen tritt manchmal infolge einer Infektion der Gebärmutter durch unreine Hände oder durch die Benüßung unteiner Inſtrumente Starrframpf auf. Er ift während des Wochen- bette3 ganz befonder3 gefürchtet, da die Mehrzahl aller Fälle mit dem Tode endet.

Leider find die Ausfichten auf Wiedergenefung nicht ſehr günftig. Sin großer Zeil der Kranken geht zugrunde. Dagegen ift e8 gelungen, dem Ausbruch der Krankheit durch Ginfprigung eined Serums wirffam vorzubeugen. In der erjten Zeit des Welt- friege3 kam der Wundftarrframpf infolge der häufigen Granat- jplitterverlegungen erfchredend oft vor. Die Granaten explodieren befanntlich auf dem Boden und reißen Erde, Schmuß und Unrat aller Art mit in die Wunde hinein. Seit nun jeder Vermwundete glei) auf dem Schlachtfeld mit Tetanusferum eingefprigt wird, wurden nur nod) vereinzelte Fälle von Wundſtarrkrampf beobachtet. So wirkſam da3 Serum als Verhütungsmittel ift, jo wenig zu— berläffig hat es fich ermwiefen, nachdem die Krankheit einmal aus- gebrochen ift. Hier ift die Homöopathifche Behandlung allein oder neben einer Serumeinfprigung beſſer am Plate.

Sobald man Erfcheinungen wahrnimmt, die auf beginnenden Starrframpf Schließen laffen, rufe man fofort den Arzt. Bis zu deffen Ankunft läßt man den Berlegten Hypericum nehmen (5 Tropfen der Zinktur in ein Glas Waffer, bis 1 ftündlid) einen Kaffeelöffel voll). ft ein Homdopathifcher Arzt zu haben, jo wähle man eines der folgenden Mittel:

Staphysagria und Colocynthis im Wechjel: Der Kranke Hagt über Schmerzen im Unterleib ohne ernſtliche Urſache.

Ignatia 3. oder 6. D.: Schmerzen im Naden, Steifigkeit

150 II, Die Häufigften Krankheitsurſachen.

im Naden und Rüden, Klemme, Krampf oder ähnliche Schmerzen in den Sliefergelenfen, im Baden nahe dem Ohr. Der Kranke ſtreckt und redt die Glieder ungewöhnlich viel, ift fehr zum Gähnen geneigt und kann doch den Mund nicht recht öffnen, ift wunderlich und Ärgerli. Jede Berührung löft einen Anfall aus.

Cicuta: Budungen in einzelnen Stößen, wie vom elettrifchen Strom; die Anfälle beginnen mit heftigem Schreien; das Geficht ift gerötet, da3 Bemwußtjein benommen.

Hypericum in Zinktur oder niederer Verdünnung: Starr- krampf nach Schuß- oder Stichwunden und in der Nähe von Nerven. Außerfte Schmerzhaftigleit der Wunde; während der Anfälle Froftgefühl.

Belladonna: Stark gerötetes Geficht, Blutandrang zum Kopf, äußerſte Empfindlichkeit gegen Licht und Lärm.

Secale: Wärme verichlimmert.

Camphora, Acidum hydrocyanicum, Hyos cyamus und Strychninum fönnen zumeilen nod) in Trage fommen. Gin Richtarzt wird freilich faum imftande fein, die richtige Mittelwahl zu treffen, zumal fie oft von der Berüdlichtigung ſchein⸗ bar nebenſächlicher Erſcheinungen abhängt.

g) Blutungen aus dem Zahnfleiſch.

Wunden, die durch da3 Ausziehen der Zähne verurfadht werben, bluten oft fehr lange. Eſſig ift Hier immer nadteilig. Dan ver- ſuche das Blut mit kaltem Waſſer zu ftillen; will dies nicht helfen, fo rolle man etwas PVerbandgaze oder auch Berbandbaummolle zujammen, lege fie, ohne die gerinafte Gewalt anzumenden, über und in die blutende Höhlung und preſſe mit dem Daumen und Beige- finger das Bahnjleifh, da wo der Bahn herausgezogen wurde, jeitlich zufammen, big da3 Bluten aufhört. Gollte die Blutung in bedenflicher Stärke oder beunruhigend lange anhalten, fo rufe man den Arzt.

Sntiteht nah Zahnausziehen Geſchwulſt und Schmerz, fo nehme man Arnica, bei Fieber Aconitum, bisweilen wechfelt man mit beiden ab; erfältet man fich nachher, jo paßt oft Rhus oder Bryonia. Beiheftigen Schmerzen im Knochen, die unerträg- lih Elopfend find, manchmal mit Sieber verbunden, hilft Hyos- cyamus. Entſteht eine Knochengeſchwulſt oder eine langmierige Giterung, fo nehme manSilicea.alle fieben Tage, bis fich deutliche Beſſerung einftellt.

h) Innere Berlegungen und Shod.

Innere Verletzungen kommen Hauptjählih durch fhumpfe Gewalten, wie durch Sturz, Fall, Überfahrenmwerden, Hufſchlag, Verſchüttung, Smilemmung in Perjonenaufzügen oder zwiſchen Eiſenbahnwagen und dergl. zujtande. Bei Zerreißung der Lunge

8. Außere Verlegungen. 151

und des Rippenfells kommt e3 zu Blutaustritt in der Brufthöhle. Bugleich wird auch Quft im Körper zurüdgehalten, die fich ſchließlich im Unterhautzellgewebe anfammelt und zu unförmigen Anjchwel- lungen des ganzen Körpers führt. Schließt jich die Wunde wieder, fo wird die Luftrafch wieder aufgejogen, während dad angejammelte Blut unter Umständen durch einen Einschnitt in den Bruftfelltaum entleert werden muß.

Behandlung bis zur Ankunft des Arztes: Ruhige, bequeme Lagerung de3 Kranken in einem gut gelüfteten Zimmer, Auflegen eines Eisbeutels in der Gegend der Verlegung. Innerlich Arnica.

Berlegungen des Herzens und der großen Gefäße führen in den meiften Fällen fofort den Tod herbei.

Bei Verlegungen der Bauch höhle find Zerreißungen des. Magend, des Darmes oder der Blafe feine Seltenheit, bejonders wenn diefe Organe im Augenblid der Verlegung ftarf angefüllt waren. Hat eine Zerreißung von Leber oder Milz ftattgefunden, fo erfolgt gemöhnlid) ftarfer Bluterguß in die Bauchhöhle, der nur dur einen Bauchſchnitt und raſche Verſtopfung der verlegten Stelle mit fterilen VBerbandftoffen geftillt werden fann. Auch in diefen Fällen bleibt dem Laien nichts zu tun übrig, al den Kranken ruhig zu lagern, jede Aufregung fernzuhalten und eilig nad) einem Arzt zu ſchicken. Iſt ein Krankenhaus in der Nähe, fo ist fchleunige Überführung des Verletzten vorzuziehen.

Nach ſchweren innerlichen Verlegungen, größeren Blutverluften, langdauernden Operationen und ungewöhnlich heftigem Schred finfen die Lebenskräfte oft ganz rajfch: die Haut wird blaß und von Hebrigem, kaltem Schweiß bededt; Hochgradige Schwäche, Hin- fälligfeit und Erſchöpfung, ſchwacher ſchneller Puls, erfchwertes Amen, Bittern, leihte Bemwußtjeinstrübung bi zur völligen Be— wußtlofigfeit. Man bezeichnet diefen Zuftand al Shock. Bei Ruhe und Befonnenheit der Umgebung und ruhigem, immer wiederholtem Zufpruch erholen fich viele Kranke bald wieder davon. ——— darf etwas Kognak oder ſtarker Wein verabreicht werden.

Innerlich Fr man eine3 der für Kollaps (Seite 126) an- gegebenen Mittel; außerdem:

China: Nach großen Blutverluften. Der Krane leidet mehr unter den Erſcheinungen der Schwäche als unter dem eigentlichen Shod. Auftreibung des Leibes durch Anfammlung von Gafen; Aufftoßen bringt feine Grleichterung; erſchöpfende Durchfälle; reichliche Schweißausbrüdhe.

Staphysagria: Hauptmittel bei Shod nad) inneren Ber- legungen oder Operationen in der Bauchhöhle.

= ymphytum: GShod im Zufammenhang mit $tnochen- en.

Hypericum: Nach ſchweren Nervenzerreißungen und un- gewöhnlicher Schmerzhaftigfeit der Vermwundung.

152 II, Die Häufigften Krankheitsurſachen.

Berbrennungen,

Brandiwunden zählen zu den häufigften Verlebungen. Ye nad) der Tiefe der Zerftörung hat man fie in drei Grade eingeteilt, die natürlich nicht immer auseinandergehalten werden können.

Der erfte Grad einer Verbrennung ift weiter nichts eine umjchriebene, ftarfe Nöte der Haut, eine Blutüberfüllung mit leichter Anfchwellung. Troß der jcheinbar geringfügigen Verlegung Hagt der Patient häufig über heftige Brennjchmerzen oder über läftige3 Stechen und Juden. Diefe Erſcheinungen verjchwinden nach kurzer Zeit wieder, und wenn feine größere Fläche verlegt war, fo wird vielleicht fchon nad) zwei Tagen nichts mehr zu fehen fein.

Wenn ſich außer diefer umfchriebenen Nöte der Haut noch Blafen bilden, jo nennt man dies eine Verbrennung im zweiten Grade. Brandblafen bilden fi) durch die Ausscheidung einer Flüſſigkeit zwiſchen Scleimfhidht und Hornhaut; fie entftehen meift fofort nach der Verbrennung, oft auch erft nach Etunden, ja Tagen. Der verlegte Körperteil ſchwillt an und der Kranke Hlagt gewöhnlich über heftige Brennfchmerzen, die erſt nach längerer Zeit und ganz allmählich wieder nachlaſſen. Häufig gefellen fich auch nod) fonftige Beſchwerden, insbefondere Fieber und Ver— dauungzftörungen, hinzu.

Alle Verbrennungen, weldye die ganze Dide der Haut und gewöhnlich auch die darunter befindlichen Gewebe, Muskeln, ja fogar Knochen zerjtören, find Brandwunden dritten Grade®. Infolge der übergroßen, vielleicht. auch fortgefegten Einmwirfung der Hiße find die betroffenen Gewebe dermaßen zerftört, daß fie zu- fammenfchrumpfen und einen fogenannten Brandfchorf bilden. Blafen bilden fich bei diefem Verbrennungsgrad felten mehr, meil eben die Haut in ihrer ganzen Dicke zerftört worden ift. Gonder- barer weiſe Hagen Kranke nach fo ſchweren Verbrennungen oft nur über ganz wenig Schmerzen, dagegen ftellen ſich eine Reihe anderer Stiheinungen ein, wie 3. B. Blutungen, wenn da3 verbrannte Gewebe befeitigt wird, Eehnenverlürzungen infolge der Narben- bildung und PVerdauungsftörungen fehmerfter Art, Hauptjächlich Entzündung und Katarrh des Zwölffingerdarmes.

Die Gefährlichkeit einer Brandwunde hängt weniger bon der Ziefe der Berftörung al vielmehr von der Größe ihrer Fläche ab. Eine Brandwunde erften Grades wird 3. B., wenn fie zwei Drittel der Hautoberflähe umfaßt, ficher mit dem Tode endigen, während eine handgroße Verbrennung dritten Grades für den Kranken fehr günftig, wenigſtens ohne üble Folgen verlaufen Tann.

Recht ſchwere Verbrennungen dritten Grades werden oft durch elettrifche Leitungen verurſacht. Der Gropftädter, der Hundert- mal des Tages unter der Anlage einer eleftrifchen Bahn wegſchreitet, hat Häufig gar feine Ahnung, wie gefährlicd e8 wäre, wenn ber Draht einer ſolchen Leitung plöglich abſchnellen und auf ihn herab-

8. Außere Verletzungen. 153

fallen würde. Wenn man einem folchen Unglüdlihen zu Hilfe kommen will, muß man recht vorfichtig zu Werke gehen und jtet3 bedenken, daß durd) Berührung des Patienten der Strom übertragen werden kann. Die wichtigften Punkte, die man bei ſolchen Unglüds- fällen im Auge behalten muß, find:

1. Der eleftrifche Strom follte fofort von einem Sachverständigen auögefchaltet werden.

2. Unter feinen Umftänden darf man den Körper des Ver- legten mit den bloßen Händen anfalfen, da jeder, der mit dem Unglüdlichen in Berührung fommt, vom eleftrifhen Strom erfaßt wird. Am leichteſten kann man dem Betreffenden zu Hilfe fommen, mern man Gummihandfchuhe anhat, da Gummi ein jehr jchlechter Glektrizitätzleiter ift. Es genügt auch, wenn man trodene Kleider auf die Erde legt, fich auf diefe ftellt und dann dem Verletzten bei- zulommen verſucht.

3. Der Kranke muß genau fo behandelt werden wie einer, ber dem Ertrinfen nahe ift, alſo hauptſächlich durch Fünftliche Atmung.

4. Unter feinen Umftänden follte man dem Kranken Wein oder Alkohol in irgendwelcher Form reichen; e8 würde nur zu feinem Schaden fein.

Wenn man fic) die Haut verbrannt hat, ift es beſſer, die Stelle ans Feuer zu halten in kaltes Waffer zu tauchen oder Kartoffeln, gelbe Rüben und dergl. aufzulegen. Bei Verbrennung großer Hautflächen ift allerdings die Anwendung der trodenen Hite nicht möglich, weil man fie nicht gleichmäßig einwirken lafjen fann. Bei Kindern ift das Verfahren zu fchmerzhaft und bei den gefährlichiten Verbrennungen, mo die Haut jchon zerftört ift, ebenfo im Geſicht iſt es unzweckmäßig. Man hat deshalb auf andere Mittel gedacht, die leichter anzumenden find und beim Gefunden in ftarfen Gaben etwas Ähnliches wie Verbrennung in gelindem Grade herborbringen.

Das beite unter allen bisher vorgeſchlagenen ift die Kantha- ridentinktur, von der man etwa 5—10 Tropfen in eine halbe Taſſe Wafler träufelt. Damit werden dann Umfchläge über Die Brandwunde gemacht. Der Umfchlag wird mehrmalß im Tage, oder jo oft fich wieder mehr Schmerzen einftellen, erneuert. Bei größeren Verbrennungen fann man die Flüffigkeit von Zeit zu Beit von außen auf das Verbandzeug tröpfeln, wodurch dag häufige Abnehmen de3 Verbandes erfpart wird.

Kanthariden genügen aber nicht mehr, ſobald e3 ſich um tiefere Verbrennungen handelt, bei Denen mehr als die Oberhaut zerftört wurde oder wenn ſich nach 2 bis 3 Tagen oder früher ander3artige Schmerzen einftellen oder wenn die Wunde eitert. In allen dieſen Fällen ift die Anwendung von Seifenbrei zu empfehlen.

Man nimmt gewöhnliche weiße Seife, habt fie fein und ftellt eine dide Salbe mit lauwarmem Waffer her. Dieſe ftreicht man jo did wie ein Mefjerrüden auf Verbandftoff und bedeckt die ver-

154 II Die Häufigften Krankgeitsurfachen,

brannten Stellen damit; der Umfchlag muß überall gut anliegen; denn wo er nicht ganz aufliegt, da Heilt es nicht. Wenn ſchon Blafen entftanden find, fteche man fie auf, jo daß das darin enthaltene Waffer abfließen kann. Bann legt man einen guten Verband an, durch den da3 Pflafter fortwährend in Berührung mit der Haut bleibt. Nach 24 Stunden nimmt man e3 vorfichtig ab, ohne zu wifchen oder zu waſchen, und legt ein frifches Pflafter darauf. Anfangs vermehrt es da3 Brennen ein wenig, bald aber lindern fi) die Schmerzen. Nehmen ie See wieder zu, fo ift es Zeit, frifch aufzulegen. Die leichteren Fälle heilen bei diefer Behandlung in wenigen Tagen, die jchlimmeren in einer Woche; nur felten dauert es länger. Geifenbrei-Auflagen heilen auch) noch), wenn die Haut ſchon bis auf die Knochen durchgebrannt war. Gewöhnlich geht die Heilung ohne alle Eiterung vor ſich, und es bleiben feine Ihlimmen Narben zurüd, wenn die Borjchriften genau befolgt werden. |

Kalk waſſer, dad man fi) aus frifchgebranntem Kalk und Regenwaſſer herftellt oder befjer au3 einer Apotheke bezieht (e3 muß hell und Har fein), gibt mit Ol gemifcht eine gute Brandfalbe, die jich leicht auf. Leinwand ftreichen läßt und fehr gut anjchmiegt.

Volksmittel wie Leinöl, Eidotter, Pe Butter, Rahm und Mehl und dergl. find zwar unſchädlich, bei Homöopathifcher Behandlung aber auch unnötig.

Bei jehr ausgedehnten Verbrennungen leilten warme Dauer- vollbäder vorzügliche Dienfte. Salben wirken Fühlend und fchmerz- Iindernd, weshalb die meiften Kranken dem Galbenverband den Vorzug geben. Mit Rüdficht auf die außerordentlich ftarfe Ab- fonderung von Wundflüffigkeit ift Häufigerer Verbandwechſel nötig. Eine gute Berbandjalbe ift dieGCalendula-oder Hypericum- Salbe. Bafelin oder Lanolin oder eine Mifchung von beiden, wird längere Beit in einer Schale unter Hinzufügung von 10—20 Tropfen Calendula- oder Hypericum-Tinktur verrührt, bis Tinktur und Salbe innig miteinander verbunden find. Im Notfall kann aud) Rindſchmalz, Butter oder ein anderes reines Fett an Stelle des Bajelind verwendet werden. Auch Hamamelisjalbe hat ſich bei Brandwunden bemährt.

Berbrennt man fih mit Schwefeljäure oder einer anderen Säure (©. 96), jo hilft Kalkwaſſer oder Kreide mit Waffer; ift es ein altalifcher Etoff (S. 97), fo helfen Eifig oder gefchabte Apfel.

Bei Verbrennungen mit Phosphor ift nicht? befier DI, bejonder3 Baumöl oder Olivenöl, immer wieder friſch aufgetragen, wenn die Wunde neu anfängt zu fchmerzen.

Hat man die Haut oder die Augen, den Mund oder andere Zeile mit Höllenftein verbrannt, fo Hilft Sal zwaſſer in Form von Um- Ichlägen oder Wafchungen; man nehme dazu foviel Salz, als der Leidende ertragen kann.

Gin gutes Mittel gegen Verbrennungen iſt auch) die Brenn-

8. Außere Berlegungen. 155

neffeltinktur. Seder kann fie jich ſelbſt Herftellen, wenn er im Frühjahr von der Heinen fcharfen Brenneſſel Blätter und Spigen nimmt und in einer Weinflafche mit ftarfem Branntwein übergießt. Ein Teelöffel der Tinktur wird mit einem Eßlöffel Waffer vermifcht; ein Stüdchen Berbandgaze damit befeuchtet und aufgelegt. Ein anderes Mittel, da3 raſch die Schmerzen lindert und die Heilung fördert, iftCausticum 3. big 6. Verdünnung, etwa acht Tropfen mit zwölf Eßlöffel Waffer, gut vermifcht, damit Verbandſloff befeuchtet und aufgelegt. Dabei gibt man immer aud) Causti- cum innerlich.

Bei innerlihdenPerbrennungenim Munde, Schlunde oder Magen durch Speifen oder im Maftdarme durd) En heiße Kliſtiere träufle man einige Tropfen Cantharis in eine Zaffe Waffer und nehme von Zeit zu Zeit einen Schlud davon, den man im Munde behalten kann, oder gebe ein Kliftier davon. Auch fann man, wenn Gantharis nicht ausreicht Arsenicum, Causticum oder Garbo vegetabilis verſuchen.

Gegen Fiebererſcheinungen, die fih mandymal nad Per- brennungen einftellen, gibt man Aconitum; entjtehen Krämpfe, fo it Chamomilla angezeigt. Bei Blafenbildung ift Can- tharis da3 Hauptmittel; bei Brennen mit Kleinen Bläschen, groß: Unruhe und ngftlichfeit it Rhus toxicodendron zu empfehlen. Großen Verbrennungen folgt zuweilen Durchfall oder Berftopfung; man darf aber gegen beide nicht viel anwenden; nur gegen leßtere, wenn fie länger als 4 Tage anhält, kann man Kliftiere don warmem Waſſer geben. Sit der Durchfall von Schmerzen im Leibe begleitet, jo gibt man zuerft Pulsatilla und fpäter Sulphur; wenn jie ſich zwiſchen Mittag und Mitter- naht am Häufigften einftellen, Calcarea carbonica, wenn gegen Morgen oder Bormittag, Arsenicum. In den meiften Füllen vergehen fie aber von jelbft durch fleißiges Trinken bon altem Waffer und fleißige Bewegung in freier Luft; beides ift einem Menjchen, der große Flächen der Haut verbrannt Hatte, zu feiner Herftellung ganz unentbehrlid). -

Bleifalben und Bleiwaſſer follten nie angewandt werden, ie nüßen nicht nur nichts, ſondern ſchaden ſogar recht oft, bejonders den Slindern.

Erfrierungen.

Wer ſich der Kälte ausſetzen muß, erfriert bisweilen Naſe, Ohren, Zehen und Finger. Je nad) dem Maße und den Folge- erjcheinungen der einwirfenden Kälte unterfcheidet man drei Grade bon Schrierungen. Den erften Grad bildet eine mit Xuden und Brennen verbundene jehr ſtarke Nöte der Haut. Wirkt die Kälte dann noch länger auf folche bereits gerötete Hautteile ein, fo beginnen ſie bläulich zu werden und es bilden fic) allmählich Blaſen darauf. Diejen Zuftand bezeichnet man a den zweiten Gr-

156 II, Die Häufigften Krankheitsurſachen.

frierungsgrad. Hat jeder Blutumlauf in dem der Kälte ausgeſetzten Körperteil aufgehört, fo daß beifpielsweife nach einem Nadelſtich fein Blutötropfen mehr herausläuft, fo nennt man dies den dritten Srfrierungsgrad. Das beſte Schugmittel gegen Erfrierungen ift das Einreiben von Nafe, Ohren, Ginger und Zehen mit etwas Fett oder mit Kampher, der in Mlohol aufgelöjt wurde. Dabei ift aber fortwährende Bewegung nicht zu entbehren. Außerdem entferne man alles Metall, da3 mit der Haut in Berührung kommt. Wer eine Brille tragen muß, ummidle die die Haut berührenden Stellen mit wollenen oder feidenen Fäden. Ferner meide man jeglihen Genuß alfoholhaltiger Getränke; dieſer vermeintliche Schuß gegen Kälte und Erfrierungen befördert fie im Gegenteil. Wer die Fingerfpigen erfroren hat, lege fie an eine falte Fenſter— ſcheibe. Sind Nafe, Ohren und Glieder ftarr geworden, jo lege man Schnee auf oder waſche die erfrorenen Teile in einem fühlen Zimmer mit faltem Waſſer. Reiben der Glieder mit Schnee muß mit Vorficht gefchehen, damit wirflid) gefrorene Glieder durch allzu- fräftiges Reiben nicht gebrochen werden. Erft wenn da3 Gefrorene aufgetaut ift, laffe man reiben. Bei der ſchmerzhaften Nöte, die nachher entiteht, Hilft aud) Kampher; Eis und Schnee ift ſchädlich. Hilft Kampher nicht ſchnell, ſo gebrauche man Kantharidentinktur, wie auf Seite 153 angegeben. Bleiben heftige Kopfſchmerzen, fo Hilft Glonoin oder Lachesis, leßteres beſonders bei folchen, Die nach dem unvernünftigen Auflegen von &i3 auf den Kopf ent- ftanden find. Gegen zurüdbleibende brennende Knochenſchmerzen nüßt Ruta.

Wie Froftbeulen zu behandeln find, ift auf Seite 396 im dritten Teile diefes Buches näher ausgeführt. Über die Behandlung Erfrorener ſiehe ©. 132.

Neunter Abſchnitt. Verletzungen Durch Fremdkörper.

Fremdkörper im Auge.

Das Auswaſchen Hilft nur bei gemöhnlihem Staube. Denn was löslich ift, wird dadurd) noch mehr im Auge verbreitet, wie 3. 8. Kalf, Mörtel oder gar Höllenftein; ungelöfchter Kalk würde noch mehr brennen! Reiben ift noch fchädlicher. Beſſer geht es in folgender Weife: Man drüdt mit einer Fingerfpige mäßig auf den inneren Winfel de3 Auges nach unten, der Nafe zu und neigt zu gleicher Zeit den äußeren Winkel feitlic) abwärts. Dadurch fpülen die Tränen dad Fremde nad) dem inneren Winkel hin, aus dem man e3 mit einem Finger der andern Hand oder mit einem zu-

9. Verlegungen dur Fremdkörper. 157

fammengeroliten Bapierftüdchen, das einen feinen biegjamen Spatel darftellt und mit dem man nicht ſchaden Tann, entfernt. Bieht man da3 untere Kid herab und läßt in die Höhe fehen, fo kann man den fremden Sörper, der oft ganz Hein ift, in der Falte ent- deden; jißt er oben, jo läßt man herabjehen und fchlägt dag obere Lid über einer leicht angedrüdten Stridnadel um, indem man e3 mit zwei Fingerfpigen an den Wimpern padt, vorzieht und dann aufwärts dreht. Während man die Augenlider abgezogen hält, muß das Auge langfam nad) allen Richtungen bemegt werden, man Sieht dann nach, ob aud) etwas innen an den Augenlidern fejt- figt. Nach dem Entfernen eine Fremdkörpers bleibt meift noch eine Beit ang da3 u zurüd, als jei noch etiwa3 darin. Oft ift diefes Gefühl auch Begleiterfcheinung einer katarrhaliſchen Binde- bautentzündung.

Splitter von Eiſen oder andern Metallen, wie fie Schmieden, Metalldrehern, Fräſern, Hoblern u. a. bei ihrer Arbeit gar leicht und oft heiß in die Augen fpringen, ſitzen gewöhnlich ſehr feit. Ale Verſuche, ſolche Fremdkörper ſelbſt zu entfernen, müfjen un- bedingt unterbleiben. Auch die Anwendung des Magneten zur ee von Gifenteilhen muß dem Augenarzt vorbehalten bleiben.

Um das nadteilige viele Reiben, wie es beſonders Kinder tun, zu verhindern, verbinde man das Auge mit einem falten Waffer- umſchlag. Wenn erreichbar, jo iſt 2%ige Borfäurelöfung dem gewöhnlichen Wafler zu Auswaſchungen und Umfchlägen an den Augen vorzuziehen. Oft vergehen die Schmerzen durch das dauernde Schließen des Auges (Schlaf).

Aconitum Iindert die Entzündung und Nöte des Auges und mildert die Schmerzen, auch wenn der Fremdkörper noch im Auge figt, biß zum Gintreffen des Arztes.

Belladonna: Die Lider find heftig, Frampfartig zufammen- geſchnürt und lafjen kaum die Tränen durd).

Sulphur nad) Aconitum, wenn das Auge empfindlich und rot bleibt; nötigenfall3 nach einigen Tagen Calcareacarbo- nica oder Silicea.

Fremdkörper im Ohr.

Snjeften im Ohr: Man laſſe den Kopf auf die entgegen- gejegte Seite legen und träufle Ol in das betroffene Ohr. Das Inſekt wird bald fichtbar werden und läßt ſich dann leicht mit einem zufammengerollten Papier entfernen.

Gefährlich ift eg, mit Haarnadeln, Zahnftochern und dergl. im Ohr herumzuftochern, denn faft mit Sicherheit wird der Yremd- förper dadurch nod) tiefer ind Ohr hineingejchoben, jo daß es oft ſelbſt für den Arzt ſchwer ift, ihn wieder zu entfernen.

Das einfachſte und zugleich zuverläfligfte erfahren, 'einen

158 I. Die häufigften Krankheitsurſachen.

Fremdkörper aus dem Ohr zu entfernen, ift die Benübung der Ohrenfprige und lauwarmen Waſſers. Man zieht die Ohrmufchel fräftig nad) hinten und oben und entleert die Epriße langſam, ohne ihre Spitze zu tief in den Gehörgang zu ſchieben. Auf diefe einfache Weife werden oft in erftaunlicd) furzer Zeit verhältnismäßig große Gegenftände herausgeſchwemmt. Läßt fich der Fremdkörper mit Hilfe der Sprige nicht entfernen, jo bringe man den Kranken in da3 Haus des Arztes, damit der Fremdkörper unter günftiger Beleuchtung mit einem geeigneten Inſtrument entfernt werden kann.

Wenn nad) Herausnahme des Fremdkörper? noch Sntzündung des Ohres und Schmerzen zurüdbleiben, fo gebe man zuerft Arnica und nad) einigen Stunden Pulsatilla. Letzteres hilft au), wenn das Ohr fo heftig entzündet und verjchwollen ift, daß jich der Fremdkörper gar nicht entfernen läßt. Wenn Kinder große Schmerzen und Fieber haben, dabei irre reden oder jich wie rafend gebärden, fo verfudde man Belladonna. Gegen zurüd- bleibende Schmerzen: Sulphur.

Fremdkörper in der Naſe

kommen faft ausnahmslos nur bei Fleinen Kindern vor. Man laſſe die Kinder einatmen, halte dann den Mund zu, damit fie durch die Nafe die Luft herauspreffen müffen, oder figle in der Naſe mit einer Feder. Auch bei Fremdkörpern in der Naſe ift alle8 Herum- jtochern und Bohren mit irgendwelchen mehr oder weniger un- geeigneten Geräten zu unterlaffen. Sehr oft gelingt auch hier die Entfernung mit der Sprite, mit der man fräftig in da3 freie Nafen- loch Hineinfprigt, wodurch der in die Nafe geratene Gegenftand meift herausgeſchwemmt wird. Doch made man nicht allzuviele Berjuche, fondern gehe lieber zum Arzte, der die zweckmäßigen Inſtrumente hat. Die Geſchwulſt der Nafe, welche das Entfernen des Fremdkörpers zumeilen hindert oder nachher zurüdbleibt, kann man dvurd Aconitum und Arnica fehr bermindern oder, wenn die nicht hilft, dur Belladonna und Rhus toxicodendron; gegen zurüdbleibende Schmerzen und etiwaige Giterungen gebe man Sulphur.

Fremdkörper in Echlund und Speiſeröhre.

Iſt ein Fremdkörper im Schlund oder in der Epeiferöhte fteden geblieben, fo reize man fo fchnell wie möglich, zum Herauswürgen durch Klopfen zwifchen die Schultern, laffe den Mund aufmadsen, drüde die Zunge mit einem Löffel nieder, ſehe in den Raden, ob da nicht etwas zu entdeden ift, da3 man vielleicht mit den Fingern erreichen und herausbringen fann.

Iſt es ein großer Biffen, der wegen feiner Größe oder Härte im Halfe jteden blieb, fo fuche man ihn zunächſt durch Fünftliches Er-

9. Verlegungen durch Fremdkörper. 159

brechen herauszubefördern. Fühlt man außen am Halfe, daßer beim Würgen fich in die Höhe fchiebt, jo Hilft ein gelindes Preſſen nad) oben mit. Steckt aber der Fremdkörper fo tief, daß man ihn nicht am Halje fühlen fann, fo fuche man ihn, beſonders wenn er weich und glattift und im Magen aufgelöft werden kann, vollends hinunter- zubringen, indem man Wafler trinfen läßt, falls der Körper nicht quellen kann, andernfall® gebe man etwas zerlaffene Butter.

Eind fcharfe ſpitzige Dinge, Glasfplitter, Fifchgräten, feine Knochen, Nadeln und dergl. in Schlund oder Speiſeröhre fteden geblieben, jo genügt e3 oft ſchon, einen mäßig großen Biflen Brot oder Feigen oder getrocknete Pflaumen verſchlucken zu laſſen.

Iſt ein Knochen oder ein künſtliches Gebiß ſtecken geblieben, jo muß man es heraudziehen oder vom Arzte entfernen lafen.

Das gewaltſame Hinunterftoßen in den Magen fann die übelſten Folgen Haben, namentlid) wenn der Fremdkörper ſcharfrandig ift. Gelingt e8 nach den oben gegebenen Ratjchlägen nicht, ihn zu ent- fernen, fo ift der Kranke umgehend zu einem erfahrenen Facharzt zu bringen. Es fommt übrigens häufig vor, daß der vermutete Fremdkörper bereit3 Hinabgeglitten ift, ohne daß der Krane ſich erleichtert fühlt. Diejes fortdauernde Gefühl eines Fremdkörpers hängt gewöhnlich mit einer Verlegung der Schleimhaut zufammen, die Durch den Unfall hervorgerufen wurde. In diefem Falle find ſcharfe und faure Speifen und Getränfe längere Zeit zu meiden. Berfchwinden die Bejchwerden nicht bald, fo gibt man Arnica, nötigenfall®3 auch no Mercurius. Das Gefühl, ala ob Heine Splitter oder eine Gräte im Halfe ftedten, fann durch Hepar behoben werden. Sind wirklich Feine Fremdkörper im Halſe fteden geblieben und rufen fie fortwährend Schmerzen hervor, läßt man Silicea He Ferner fommen in Betradjt: Ig- natia: Schlundframpf, der, Biffen geht nicht von der Gtelle, beſchwerliches Atmen; Cocculus: bleiches Geficht und Übelfeit; Verſchlimmerung der Schmerzen durd) Sprechen; Belladonna: Blutandrang zum Kopf, gerötetes Geficht, fteter Drang zum Schlingen.

In gefährlichen Fällen iſt das letzte Mittel ein Luftröhrenſchnitt, wodurch zuweilen ſelbſt noch ſolche gerettet werden können, die man ſchon für erſtickt hielt. Das iſt aber eine Operation, die einen geübten und erfahrenen Facharzt verlangt.

Fremdkörper in Magen und Darm.

Iſt ein Fremdkörper in den Magen gelangt, fo iſt es faſt immer inreichend, bloß dünne, fchleimige Speiſen zu genießen, alles hitende, Reizende und Gaure zu meiden und geduldig abzu- warten, bis der verfchludte unverdauliche Körper mit dem Stuhl⸗ gang abgeht. Reiben und gelindes Kneten des Unterleibes, das

l

160 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

Liegen auf dem Baudje, häufige, aber mäßige Bewegung ohne heltige Anftrengung befördern die Bewegung des Fremdkoörpers.

nzen, Ringe, Bleifugeln und dergl., die an Umfang oft weit größer find alß die dünnen Därme, gehen gewöhnlich nad) einiger Beit ohne alle Beſchwerden fort, wenn die gehörige Lebensweiſe geführt wird. Wer zu Verjtopfung geneigt ift, nehme fein Abführ- mittel, da die Därme dadurch geſchwächt werden, jondern genieße leichte Speifen, effe viel Butter und nehme alle Tage ein Kliftier von warmem Waffer oder Mild. Der Stuhlgang muß folange unterfucht und nötigenfalß mit Wafler verdünnt und gelöft werben, bi3 man den Fremdkörper gefunden hat.

Nadeln bohren fi) zumeilen einen ganz anderen Weg und fommen ohne Schaden heraus; dauert die3 zu lange, fo gebe man jede Woche Silicea und fpäter einmal Hepar dazwiſchen.

Sollten einige Zeit, nachdem Nadeln oder Münzen ver- Ihludt wurden, Heftige Schmerzen an einer Stelle im Unterleibe entitehen, als wäre dort etiva3 eingeflemmt, fo gebe man fogleich Ipecacuanha oder Veratrum; zuweilen hilft au) Nux vomica. Gefährliche Zufälle mit heftiger Kolif und Verftopfung erfordern Opium, heftige Zufälle mit Flopfenden Schmerzen an einer Stelle, al3 wollte etwas eitern oder fchwären, Lachesis.

Bisweilen gehen verjchludte Dinge ohne Beſchwerden durd) den Darm und Bau lich erft im After feſt. In diefem Falle ermweifen ſich Ol- oder Milchkliſtiere nüglih. In erniten Fällen it ftet3 der Arzt zu befragen. Abführmittel dürfen nicht angewandt werden. Krampfhaftes Schließen de3 Afters befeitigt Ignatia, Belladonna oder Lycopodium.

Geraten Inſekten in den Magen, fo laffe man DI oder frische gefalzene Butter fchluden; verſchluckte Würmer, Schlangen, Fröſche und dergl. können durch reichlichen Zudergenuß oder Trinken von Zucker waſſer, bi8 Durchfall eintritt, abgetrieben werden.

Fremdkörper im Kehlkopf und in der Luftröhre.

Wenn jemand während des Kauens fpricht oder lacht, jo kann leicht ein fremder Körper in den Kehlkopf oder die Luftröhre ge- raten. Das gewöhnliche Klopfen mit der fladhen Hand zwifchen die Schultern, während der Leidende fich nach vornüber beugt, oder Reizen zum Nieſen durch eine Feder, ebenfo das Kitzeln im Schlunde zum Erbrechen Hilft nur zumeilen und nur in leichteren Fällen, fann aber auch eine Verjchlimmerung herbeiführen, weshalb man weder zu häufige noch gemwaltfame Berfuche machen darf. Man kann anfangs aud) den Kopf hintenüber biegen laffen und nad) unten halten, wobei ſich zuweilen durch Huften der fremde Körper leichter entfernt. Doch ift von alldem nicht viel zu hoffen, wenn wirklich etwas feſtſitzt.

Wenn die Entfernung des Fremdkörpers auf die angegebene

9. Berlegungen durch Fremdkorper. 161

Weiſe nicht gelingt, ſo tufe man raſch einen Arzt herbei, der mit Dilfe des duftr ohrenſchnitts den Kranken oft noch zu retten vermag. Dieſe Operation iſt keineswegs gefährlich, und wenn ein Arzt leicht erreichbar ift, zögere man nicht damit,

Iſt man nicht licher, ob der Fremdkörper im Schlunde oder Kehl⸗

erreichen Tann. Auch an folgenden Zeichen fan man erfennen,

| unde oder im Kehlkopf umd in ber Luftröhre ftedt: Bei Fremdkörpern im Kehlkopf ift ber Schmerz mehr born zu fühlen, fo daß der Leidende die Stelle mit den Fingern zeigen kann; befindet ſich dagegen der Fremdkörper im Schlunde, Io ift der Schmerz me hinten ober feitlich. 8 treten Diefelben Beſchwerden beim & Iingen und Atmen ein, wie wenn etwa im Schlunde ſteckt, Doch iſt das Atmen beim Aufenthalt des Fremd-

verſagt ganz; der Huſten iſt pfeifend und raſſelnd und der Kranke droht zu erſticken. Die Bufälle find anfangs oft nicht fo bedeutend, nehmen aber allmäplich immer mehr zu; oder fie verfchwinden zuweilen, fommen aber immer wieder und werden Ihlimmer. Dat man erfannt, daß der Fremdkoörper in der Luftröhre iſt,

e wiederholen, nicht ſogleich eine neue Gabe, ſondern nur dann, wenn fie fchlimmer find. Sollte die Gefahr de3 Erſtickens zunehmen, fo it Tartarus emeticus, oder wenn der Reidende blaurot im Geficht ift, Opium 1.5i8 3. Berdiinnung (ein Tropfen in einem Eßlöffel voll Wafjer, davon alle paar Minuten einige Tropfen auf Die unge gebracht) angezeigt.

Kranke tage-, jelbjt wochenlang fich Iheinbar wohl befinden, ohne Huften und andere Beſchwerden. Dann kommen plötzlich heftige Stickhuſtenanfälle, die man für Kcupp halten könnte ; wenn dann Tartarusemeticus oder Silicea nicht bald hilft, fteht es

man Silicea; ändern fich die Beſchwerden, ohne viel Beſſerung zu bringen, und wird der Huften gegen Morgen Ichlimmer, 2 . par.

162 II. Die Häufigften Krankheitsurfachen.

Wenn Staub eingeatmet wurde, der heftigen Huften verurfacht, oder wenn Haare und Yedern in die Luftröhre geraten find, fo hilft Belladonna und fpäter Hepar. Dabei empfiehlt es ſich, oft etwas Buder oder arabiihen Gummi nehmen zu laflen.

Sremdlörper in ber Haut,

Wenn fremde Körper unter der Haut fteden geblieben jind, fo lann man die beim „Reinigen der Wunden” angegebenen Mittel anwenden, Einzelne Eplitter oder Dornen faßt man mit den Singernägeln, einem kleinen Bängchen oder einer Pinzette und zieht in der umgefehrten Richtung ihred Eindringend. Wenn fie ſehr fein find, jehr wenig hervorftehen, wenn fie an fehr empfindlichen Stellen fteden, kann man fie ftet3 fehr fanft und ficher durch Heft- pflafter oder font etwas Klebendes, Beh, Wachs und vergl. heraus- holen. Der Slebftoff wird fo warm als möglich darauf nebradit. Iſt man gerade im Walde beſchäftigt, jo fann man einen Tropfen Harz nehmen, den man an emem “Pfeifenlopfe ermärnıt, auf ein Stüd Baumbaft heftet und dann auf die Stelle flebt, in die der Fremdkörper eingedrungen if. Dem Übziehen des Harzes folgen gewöhnlich auch die Splitter. Sind es unzählbar viele feine Pilanzenftacheln, Raupenhaare oder dergl., fo beftreiche man bie Stelle mit Ol und halte fie fo nahe ans Feuer oder einen heißen Gegenftand, als man es ertragen kann, nehme dann ein gewöhn- liche großes Meſſer, das nicht allzu fcharf ift, und fchabe damit langſam auf der Haut hin und her. Man feht dabei die Schneide wie beim Nafieren auf und brüdt fo ftarf als es angeht; wenn die Dornen ſchief fteden, drüdt man zuerst auf das unterjte Ende, die Spitzen, und ftreicht jo gegen die Richtung, in der die Dornen ein- drangen. Dies wird jo oft als nötig wiederholt; auch dad Be- ſtreichen mit Ol und die Anwendung don Wärme muß wiederholt werden, bis alle aus der Haut entfernt ift.

Dasfelbe läßt ſich bei Glasfplittern verſuchen; doch ift es Hier ſehr ſchmerzhaft und man wendet ſich am beften zu ihrer Heraußd- nahme an einen Arzt. Bis dahin wird die ganze Stelle wie jede Wunde behandelt. Gehen die Splitter nicht heraus, jo gebe man Hepar und Silicea. Wenn fidh viel Eiter bildet und weder Silicea no Hepar helfen wollen, gibt man Lachesis oder Mercurius.

Bei Berlegungen der Haut durch Spaniſchfliegen— pflafter oder Senfteige m Umfdlägen, befonder3 bei Leuten mit jehr empfindlicher Haut oder nad) zu langem Auf- legen, ift oft Hilfe nötig. Dan kann entweder Geifenmafjer oder berbünnte Brennneffeltinktur in Waffer auflegen. Die rafchefte Bellerung erzielt man durd) Anlegen eines luftdichten Verbandes nebft einigen innerlichen Gaben verdünnter Brennejfeltinktur.

Dritter Teil.

Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Erſter Abſchnitt. Kraukheiten und Beſchwerden im Kopfe.

Schwindel.

Schwindel, ein Zuſtand, bei dem die Kranken die Empfindung haben, als ob fie ſich drehen und mit jedem Augenblick das Gleich⸗ gewicht verlieren würden, oder als ob der Fußboden ſchwankte oder die fie umgebenden Gegenſtände ſich in Freisfürmicer Bewegung befänden, iſt feine Krankheit für fich, fondern nur die Teilerfcheinung einer foldhen. Zu den häufigften Urfacdhen des Schwindel ge- hören: Verdauungsſtörungen, Mißbraud) aeiftiger Getränfe, über- mäßige3 Tabakrauchen, Sehftörungen, Ohrenkrankheiten, Blut- und Eäfteverlufte und Berlegungen durd) Fall oder Schlag auf den Kopf. Frauen find mährend der Schwangerſchaft oder in den Wechſeljahren bejonders häufig dem Schwindel unteriworfen. Bei alten Leuten ift er meift eine bedenkliche Erfcheinung und nicht felten der Borbote eines Gehirnleidens oder eines Schlaçanfalls.

Wer mit Schwindel behaftet ift, fei mäßig im Effen und Trinken, ftehe früh auf, gehe viel in die frifche Luft und reibe bisweilen abends die Haut mit einer Bürfte.

Schwindel nad) dem Eſſen oder nach ftarlen Mahlzeiten verlangt Arnica. Für Schwindel nad) Magenverderbnig paßt Pul- satilla oder Antimonium crudum.

Schwindel infolge von geiftiger Überanftrenaung, Nachtwachen oder Mißbrauch neiftiger Getränfe Tann mit Nux vomica be- feitigt werden. Für Schwindel mit Blutandrang nad) dem Kopf, Zlimmern vor den Augen, fchlimmer bei Bewegung und befonders beim Büden, paßt Belladonna. Schwindel beim Aufrichten im Bett: Aconitum; Schwindel mit Erbrechen beim Fahren im Eifenbahn- oder Straßenbahnwagen: Cocculus; beim Hod)- fehen: Pulsatilla.

164 IH. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Schwindelal Folge von Blutverluft, von allgemeiner Schwäche und SHinfälligfeit, von Durchfällen oder andermweitigen GSäfte- verluften bejeitigt China.

Schwindel mit Ohrenfaufen, Kopfweh, Hite oder Bläffe im Geficht, Dunkelheit vor den Augen, mit Ausbleiben der Regel kann mit Pulsatilla geheilt werden. Phosphorus eignet ſich befonder3 für Schwindel mit vrüdendem Kopfweh, Eingenonimen- heit des Kopfes und allgemeiner Nervenſchwäche. Tritt er nur abends auf, mit Schwarzwerden vor den Augen, jo Hilft Mer- curius.

Gegen Schwindel bei alten Leuten kommen hauptſächlich Conium, Jodum und Ambra grisea in Betradt.

Die Seelrantheit

iit ein durch Schaufelbewegungen herborgerufenes Übel, deſſen Haupterſcheinungen in Schwindel, Übelkeit, Ekel vor Speiſen, Er- brechen und Hinfälligfeit bejtehen. Bei hohem Seegang werben fat alle Mitreifenden mehr oder weniger ſeekrank. Dabei macht ji aber ein großer Unterfchied im Grade der Erkrankung bemerkbar. Manche gewöhnen jich ſehr leicht, manche ſchwer, manche überhaupt nicht an die Bewegung des Schiffes. Die regelmäßige Aufnahme Heiner Mengen Flüjligkeit in kurzen Bmifchenräumen und dauernder Aufenthalt in friiher Luft bei möglichit ebener Lage bringt diefes läftige Übel bei den meiften Neifenden rafch zum Verſchwinden.

Sepia nimmt man bei heftigem Kopfweh mit Verlangen nad) ©aurem. Petroleum ift eines der zuverläffigften Mittel in der Seekrankheit bei Gefühl von Schwindel und Übelkeit, fobald man aufwärts blidt; troß der unbefchreiblichen Übelfeit kommt es aber nur felten zum Erbrechen. Cocculus ift angezeigt, wenn Übelkeit und Schwindel fich bei jeder Bewegung verfchlimmern und Neigung zu Ohnmachten befteht. Einige Tage por und während einer Seefahrt genommen, foll es eine gewiſſe Schutzkraft gegen die Seekrankheit gewähren. Bei häufigem Erbrechen ohne viel Übel- feit it Apomorphinum zu verfudhen.

AB Vorbeugungsmittelmwerden empfohlen:Cocculus30. bei Eiſenbahnkrankheit; Apomorphinum 3.—6. oder Petro- leum 6. bei Seekrankheit. Hat fid) jemand vor der Abreife oder durd) die Schiffskoſt ben Magen vererbt, fo it Nux vomica anzuwenden. |

Gedãchtnisſchwäche.

Alte Leute klagen Häufig Über zunehmende Gedächtnisſchwäche ohne eigentlich frank zu fein. Insbeſondere wollen neuere Ein- drüde nicht mehr lange in ihrer Erinnerung haften bleiben. Aber auch bei jüngeren Leuten, bejonder3 bei ſolchen, die an Neurajthenie

1. Krankheiten und Befchwerden im Kopfe. 1656

(Nervenſchwäche), an Epilepfie (Fallſucht) oder Geiftesfrankheit leiden, machen jich Störungen im Erinnerungsvermögen bemerfbar. Was fie kaum gelefen oder gehört haben, entichwindet ihrem Ge- dächtnis wieder.

China ift bei Gedächtnisſchwäche angezeigt, die nad) Starken Blut- und GSäfteverluften entjtanden ift; Arnica, wenn fie mit Kopfverlegungen zufammenhängt; Nux vomica, wenn Aus⸗ ichweifungen, Mißbrauch geiftiger Getränfe oder geiftige Über- anftrengung ſchuld daran find; Phosphori acidum, wenn der Kranke an allgemeiner Nervenerſchöpfung leidet, wenn er über große Vergeßlichkeit Flagt und beim Schreiben und Sprechen un- zufammenhängende Gedanfen dat. Natrum muriaticum paßt bei großer Bergeßlichfeit; der Kranke erzählt immer wieder dasſelbe oder er läßt beim Schreiben einzelne Worte aus. Argen- tum nitricum hat Gedächtnisſchwäche für einzelne Worte; der Kranke Spricht Iangfam, weil ihm die Gedanken, Worte und Ausdrüde zu langſam zufließen. Bei ſchlechtem Namensgedächtnis gibt man Anacardium. Gedächtnisſchwäche bei alten Leuten wird oft nad Nuxmoschata, Barytacarbonica oder Selenium wieder befjer, zum mindeften kann einer weiteren Gedähtnisabnahme mit dem einen oder andern diefer Mittel vorgebeugt werden.

Kopfichmetzen.

Bei der Behandlung tes Kopfwehs muß man fid) oft nad den Urſachen richten, melde die Schmerzen teranlaffen. Es ift notwendig, die verfchiedenen Arten des Kopfwehs voneinander zu unterfcheiden, da bei der einen ſchaden Tann, was ſich bei einer andern Art aB nützlich erweiſt.

Kopfichmerz infolge von Blutandrang und Entzündung.

Der Mer hyperämiſche SKopffchmerz wird durch ver— mehrten Blutzufluß nach dem Gehirn hervorgerufen. Es ſind be— ſonders vollblütige, üppig lebende Perſonen, die davon befallen werden. Oft iſt er audh ein Beichen beginnender Entzündung de3 Gehirn3 oder der Hirnhäute; in andern Fällen liegen ihm Kreis— laufftörungen, krankhafte Erweiterungen der Blutgefäße, Miß— brauch geijtiger Getränfe und dergl. zuarunde. Der Kranke Hat ein heißes, gerötetes Gefic;t, die Blutgefäße am Hals und Kopf, befonder3 aber in der Gegend der Scläfen find angeſchwollen und deutlich fichtbar und der Kranke Flagt über ein Klopfen und Hämmern wie von Pulsſchlag oder über ein Gefühl des Vollfeing, als follte der Schädel zerfpringen. Heben, Büden, Huften, Niefen und was fonft noch den Blutandrang zum Kopf vermehren kann, verfchlimmert das Kopfiveh. |

Bur Ableitung des Blutes kann man kurze Talte Fußbäder oder

166 III. Die Behandlung ber gewöhnlifien Krankheiten.

alte Wadenwickel machen laſſen. Ebenfo entfpricht e3 dieſem Zived, wenn der Kranke naſſe Soden und darüber trodene wollene an- zieht und fich einige Stunden zu Bett legt. Abmwafchungen von Kopf und Hals mit kaltem Wafler find ebenfallß zu empfehlen. Bein, Bier, Kaffee und andere erhitende Getränte find zu meiden; überhaupt ift es ratſam, den Genuß warmer Speifen und Getränte möglichft einzufchränfen, dagegen ift da3 Trinken von kaltem Waſſer felbit in größeren Mengen geftattet. Das Auflegen von Eis oder a. auf den Kopf bat wegen der üblen Folgen zu unter- bleiben.

Die Hauptmittel gegen Blutandrang und hyperämifchen Kopf⸗ fchmerz find? Aconitum, Belladonna und Glonoin.

Aconitum ift angezeigt, wenn Blutandrang und Kopfweh bon Fieber begleitet find und wenn der Kranke über heftige, ſcharf brennende Kopfichmerzen Hagt, die fich über den ganzen Kopf eritreden, hauptfäcdjlich aber die Stirne einnehmen. Geficht und Augen find gerötet. Es paßt ferner für Sinder, die während ber Bahnperiode, und für Mädchen, die während der Entwidlungszeit öfters von Blutandrang nad) dem Kopf befallen werden.

Belladonna ift ein Hauptmittel bei heftigem, klopfendem, brennendem Kopfweh, das durdy Licht und Geräufch, durd) Büden und Gehen, ja jchon durch die geringfte Erjchütterung des Körpers Ihlimmer wird. Der Kranke wünſcht daher allein und in einem dunklen Zimmer zu fein. Nimmt der Blutandrang immer mehr überhand, fo ftellen fich gewöhnlich dumpfe, drüdende Schmerzen in der Tiefe des Gehirns ein, das Geſicht wird blaß und der Kranke beginnt verwirrt zu reden, ſchläfrig und bemußtlog zu werden. Aud) in einem ſolchen all ift Belladonna angezeigt.

Glonoin paßt bei plötzlich auftretendem Kopffchmerz mit deutlich fühlbarem Blutandrang, heftigem Klopfen, beſonders in den Schläfen, Berfchlagenheitögefühl, geröteten Augen, rotem Geficht und raſchem Pulfe oder ftarren, gläfernen Augen, blaffem, feuhtem Gefiht und Brummen oder Kniſtern in den Ohren, ſchlimmer beim Schütteln des Kopfes.

Pulsatilla ift vorzuziehen bei ftumpfem, drüdendem, ein- feitigem, quälendem und ermattendem Kopfichmerz, der im Hinter- fopf beainnt oder an der Nafenmwurzel anfängt und nad) hinten zieht. Der Schmerz mindert ſich durch feſtes Binden oder durch Drud, ift fchlimmer im Sitzen und beſſer im Gehen. Der Kopf ift ſchwer, das Geficht blaß, der Kranke klagt über viel Schwindel und ift ängftlich und weinerlich.

Rhus toxicodendron fommt in Betradht bei brennenden, Hopfenden Schmerzen mit Bollheit im Kopfe, drüdender Schwere oder Kribbeln, Schwenfen und Schmwappen, als ob alles darin los wäre, jchlimmer nad) dem Eſſen. E3 paßt ferner bei Blutandrang ber nach förperlicher Überanftrengung auftritt, befonders nad) Arbeiten, bei denen die Arme abwedflungämeile außgeftredt und

1. Krankheiten und Beſchwerden im Kopfe. 167

gehoben werben möüllen, wie 3. B. beim Einlegen von Wälche- jtüden in den Schrank.

Wenn jich ein ſolches Kopfweh morgend oder nach dem Effen einftellt, von großer Müdigkeit und Schläftigkeit, Steifigkeit und Schmerzen im Naden begleitet ift, wenn die Sprache ſchwerfällig wird oder der Kranke das Geficht nen, der Mund fchief wird und die Glieder einzufchlafen beginnen, jo [hide man fofort nad) einem Arzt. Bis zu deilen Ankunft gibt man Belladonna. Im m. vergleiche man den Abſchnitt über „Schlagfluß“ auf Ceite 126.

Außer den bereit3 angeführten Mitteln können bei ROSE zum er noch die folgenden in Betracht fommen:

Coffea: Rad) freudiger Aufregung.

Opium: Rad) einem Schred.

Chamomilla- Nach Ärger.

Ignatia: Nach Gram un berbiffenem

Nux vomica: Nach Born und nad) geiſtiger ————

Arnica: Nach einem Schlag oder Fall auf den Ko

Nafenbluten, das gleichzeitig auftritt, darf nicht geſtillt werden, weil es gewöhnlich den Blutandrang erleichtert.

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Kopfichmerz infolge von Naſenkatarrh]

tritt befonders in der Stirne auf, verurfacht drückende und brennende Schmerzen und wird gewöhnlich von Tränen der Augen, Nieſen, trodener Hite in der Nafe, Fröfteln und etwas Huften begleitet und ift morgens beſſer und abends jchlimmer. Tritt im Freien Befferung und beim Sprechen Verfchlimmerung ein, fo it Aconitum angezeigt. Wird das Kopfweh dagegen ſchlimmer im Freien, fowie durch Leſen und Nachdenken, drückt e3 wie eine Laſt oder dicht und reißt es oder fängt die giafe an zu fließen, mit dem Gefühl von Brennen, Jucken oder Verſtopftſein, ſo iftChinaam Plage. Kopfweh mit reichlicher Abſonderung aus ber Naſe bei Ta z mit Verſtopftſein und Trodenheit derjelben bei Nacht mweift auf Nux vomica hin. Arsenicum Hilft, wenn der das Gefühl verurfacht, als ob heißes Waſſer beftändig aus der Nafe rinne; der Kranke ift heiſer und ſchlaflos, Flagt über Klopfen in der Stirne und Übelkeit;die Erfcheinungen find Schlimmer im Freien und beſſer in der Wärme. Bei Kopfweh mit Flimmern vor den Augen, Zölle und Schwere im Kopfe, beſonders hinten, ſchlim⸗ mer abenb3 und im Bimmer, beſſer im Freien, gibt man Gepa. Außerdem vergleiche man die bei „Schnupfen“ aufgeführten Mittel.

Rheumatiſche Kopfſchmerzen

find meiſt die Folge von Erkältung. Ihr Hauptſitz iſt die Kopf- ſchwarte und Schädelmuskulatur. Deshalb bewirken Stirnrunzeln,

168 III. Die Behandlung ber gewöhnlidften Krankheiten.

Kauen und andere Bewegungen, bei denen die Kopfmuskeln in Anfpruch genommen werden, eine Berjchlimmerung der Schmerzen. Rheumatiſche Kopfſchmerzen verurſachen Reifen und Biehen, wechjeln oft die Stelle, ziehen in den Naden, ind Ohr und in die Shläfen; der Kopf fchmerzt auch äußerlich bei Berührung und Drud. Im Bett und a gegen Mitternacht tritt Verfchlim- - —— ein. Manchmal geſellen ſich auch Schweiße hinzu und bisweilen kommt Erbrechen, dem gewöhnlich eine Beſſerung folgt. Warme Fußbäder, Dampfeinatmungen, beſonders ſog. Kopf⸗ dämpfe und das Kämmen der Haare erleichtern die Schmerzen. Rheumatiſche Kopfſchmerzen ſind beinahe immer auf Erkältungen zurüdzuführen. Ä

* Um meiften haben fich gegen dieſes Kopfweh Chamomilla und Rhustoxicodendron bewährt. Bringen diefe Mittel feine Erleichterung, ift der Kranke fehr gereizt, ärgerlich und un- ruhig, ftellen fich ftechende, zudende Schmerzen in der Seite des Kopfes ein, die im Freien und beim Büden ſchlimmer werben, fo gibt man Nux vomica. Muß der Kranke ganz ruhig liegen, ſtöhnt und Hagt er viel und kann er weder Licht noch Geräuſch - ertragen, fo ift Belladonna angezeigt, während für mweinerliche Patienten, die viel frieren und über Übelfeit Hagen, Pulsatilla er Nach zurüdgetretenem Kopfichweiß leiftet Silicea gute

ienite.

Bei den ärgften rheumatiihen Kopfichmerzen Hilft Golo- ceynthis; ift es nicht imftande, bald die gewünſchte Bellerung zu bringen, fo läßt man den Kranken etwas Schwarzen Saffee trinken. Halbfeitigeg, jede Woche einmal auftretendes Kopfweh mit Neißen, Gtechen, Klopfen, Erbrechen und Verlangen zum Hinliegen, heilt Sulphur. Reichen die eben erwähnten Mittel nicht aus, ver⸗ urſacht jede Wetterveränderung drüdendes, bohrendes Kopfweh, dem gewöhnlich Erbrechen folgt, fo ift Sepia das pafjende Mittel.

Gichtiſche Schmerzen find ganz ähnlicher Art, nur ift das Bohren und Reigen noch heftiger; fie beffern fich gewöhnlich durch Wärme und nad) Erbrechen. Dan gibt dagegen zuerjt Ipeca- cuanha, befonder3 wenn da3 Kopfweh mit Angft, Unruhe und Umberwerfen oder mit Übelfeit, Rülpfen und Würgen einher- geht. Stellt fich daraufhin Feine Beſſerung ein, ift der Schmerz bobrend, ftechend oder reißend, hat er tief im Kopf oder über der Nafe feinen Sig und wird er beim Büden oder im Liegen ſchlimmer, hilft Ignatia.

Kopfichmerzen infolge von Berdaunngaftörungen.

Biele Kopfichmerzen find auf Störungen im Magen oder Darm zurüdzuführen. Liegt dem Kopfweh der Genuß unverdaulicher Nahrung zugrunde, jo Hilft oft ſchwarzer Kaffee. Bei Stuhlver- ftopfung ift durch Sliftiere für Entleerung des Darmes zu jorgen.

1. Krankheiten und Veſchwerden im Kopfe. 169

Kopfichnierzen, die mit Verdauungsſtörungen zufammenhängen, erfennt man daran, daß ihnen ſchon einige Beit belegte Zunge, ſchlechter Geſchmack, geringer Appetit und Übelkeit vorausgehen.

Mit dem Auftreten des Kopfwehs ſtellt ſich zugleich Übelkeit und Erbrechen ein oder ſteigert ſich, im Gegenſatz zu dem nervöſen Kopfweh, das erſt ſpäter, wenn es beſonders heftig geworden iſt und feinen Höhepunkt erreicht Hat, Erbrechen verurfadht. Kopfweh, durch verdorbenen Magen hervorgerufen, befeitigen die Arzneimittel gegen den verdorbenen Magen; ift dagegen die Übelkeit die Folge des Kopfwehs, jo müſſen die Mittel in erfter Linie gegen lebteres gerichtet werden. Natürlich müſſen bei Kopfſchmerzen infolge bon a alle fchwerverbaulichen, dem Kranken weniger befümmlichen Speifen und Getränfe eine Zeit lang ftreng gemieden werden.

Gegen Kopfweh bei Stuhlverftopfung mit Blutandrang nach dem Kopfe fommen beſonders Nux vomica, Bryonia und Opium in Betradit.

Nux vomica ift angezeigt, wenn das Gehirn beim Gehen und Bewegen des Kopfes jehr empfindlich ift, bei Drud in den Schläfen, wenn weder Auffiten noch Liegen Srleichterung bringen und die Augen fehr trübe find. Trotz Neigung, die Augen zu ſchließen, befteht Schlaflofigfeit; der Kopf ift ſchwer, befonders bei Bewegung der Augen und beim Nachdenken fteigert fich der Kopf- ſchmerz, als wollte der Kopf plagen. Früh morgens, im Freien, nad) dem Eſſen oder nad) Kaffeetrinfen tritt Verfchlimmerung ein.

Bryonia paßt, wenn der Schmerz von einem Gefühl begleitet iit, al3 würde der Kopf von beiden ©eiten her zufammengepreft oder al3 wollte beim Büden alles zur Stirne herausfallen. Naſen⸗ bluten jtellt fich ein, ohne viel Grleichterung zu bringen, und die Augen brennen und tränen. | Opium fommt in Betracht bei heftigen Kopfjchmerzen, mit

Reißen, Herausdrüden in der Stirne, Juden an den Schläfen, vielem Blutandrang, unruhigem Blid, ftarlem Durft, trodenem Mund, jaurem Aufftoßen, Neigung zum Erbreden, oder mit fauligem, übeltiehendem Erbreden. Nach Opium folgt gut Mercurius, wenn der Kopf fo voll ift, ala wollte er zerjpringen, oder al wäre er mit einem Bande zuſammengeſchnürt. Die Schmerzen find reißend, brennend, bohrend und ftechend, fchlimmer des Nachts.

Pulsatilla gibt man Leuten, befonder3 Frauen, mit fanfter, ftiller, weinerlicher Gemütsart, die an einfeitigem Kopfweh leiden, mit wenig Blutandrang und Froftigfeit ohne Durft.

Antimonium crudum kann zuweilen bei verdorbenem Magen gegeben werden, wenn da3 Kopfweh nad) Pulsatilla nicht beſſer wird, und wenn der Kranke dumpfe, bohrende, reißende Schmerzen in Stirne und Schläfe verfpürt.

Ipecacuanha ift angezeigt, wenn Übelfeit mit Kopfweh

170 III. Die Behandlung ber gewöhnlichften Krankheiten.

anfängt und der Schmerz heftig ift, ala wäre alles im Kopfe bis in die Bunge zerichlagen, beſonders wenn fi) aud) noch Erbreden oder Brechwürgen Hinzugefellen.

Iris versicolor ift ein wertvolles Mittel bei Kopfweh, das mit Gehftörungen beginnt, feinen Hauptliß über dem rechten Auge hat und gewöhnlich mit Erbrechen endigt. Das Erbrodene ift jo fauer, daß es die Zähne angreift.

Wenn anhaltende por honlung einen Blutandrang nad) dem Kopfe verurfacht, mit Halbfeitigen Schmerzen, drüdendem Klopfen und einem Gefühl von Zufammenfchnüren von Kopf und Hal verbunden ift, ebenfo mit ſchmerzhaftem, fteifem Naden, häufigem Harnlaffen, Magenfchmerzen, Übelkeit und Erbreden, fo ift Vera- trum dagegen anzumenden. Unter Umjtänden können hier aud) Lycopodium und Sepia in Trage kommen.

Die Migräne

ift ein anfalgmweife, meift ohne erkennbare Urfache auftretendes Kopfweh, bei dem nur eine Eeite des Kopfes vom Schmerz be- fallen wird. Soviel wir biß jet darüber wiſſen, wird es durch einen Krampf der Blutgefäße in den Hirnhäuten erzeugt. Doc ift auch die Hirnrinde mehr oder weniger dabei beteiligt. In den meiften Fällen läßt fid) erbliche Belaftung nachweiſen. Mädchen und Frauen leiden viel häufiger daran als Männer. Den Anfällen felbft gehen gewiſſe orboten, wie Gemütsverftimmungen, Schwindel, Ohrenfaufen, Augenflimmern, Fröfteln, allgemeines Unbehagen und vergl. voraus; dann erſt beginnt der eigentliche Migräneanfall einzujeßen und zwar mit halbjeitinem Reißen und Bohren in der Scheitel- oder Schläfengegend. Die Anfälle find meilt von Übelfeit und Erbrechen begleitet und dauern eine bis mehrere Stunden. Da e3 ſich gewöhnlich um nervenſchwache und blutarme Perfonen handelt, fo darf ſich die Behandlung nicht auf den Anfall allein beichränfen, fondern muß vielmehr in der anfallgfreien Zeit da3 Mllgemeinbefinden des Kranken zu heben und zu beſſern ſuchen.

Eine3 der bejten Mittel gegen Migräne ift Sanguinaria. Es kommt in Betracht, wenn die Schmerzen morgens beginnen, fi) bis zum Mittag fteigern und von da ab bis gegen Abend langfamı abnehmen, um endlid) zu verſchwinden. Der Kopf fcheint bis zum Berplagen voll, ala wollte die Augen herausprüden. Ebenfo ift das Mittel angezeigt bei wühlenden, plöglic) durch den Kopf Hin- ducchfahrenden, ftedhenden und Hlopfenden Schmerzen, hauptjädhlich in der Stirn und im u ſchlimmer auf der rechten Eeite, verbunden mit Froftgefühl, Übelkeit und Erbrechen. Jede Be- mwegung bringt Berjchlimmerung, Bettruhe veranlaßt Linderung der Schmerzen. &3 ijt namentlid) bei Frauen angezeigt, deren Beriode zu heftig auftritt und bei denen die Migräne mit dem Beginn der Regel ſich einftellt.

1. Krankheiten und Beſchwerden im Kopfe. 171

Belladonna paßt, uio wie Sanguinaria, bei vorwiegend recht3feitigen Migräneanfällen. Der äußere Kopf ift jehr empfind- lich, die Blutgefäße an Kopf und Händen find aufgelaufen, es mogt im Kopfe, brauft vor den Ohren und wird dunfel vor den Augen, der Kranke klagt über ein äußert ſchmerzhaftes, preſſendes, zer. ſprengendes, wogendes, ſchwappendes Gefühl, dag jich bei jeder Bewegung, jelbjit beim Drehen der Augen verjchlimmert. Ber Kranke fann nicht das geringfte Licht ertragen; jedes Geräuſch, jede Erfchütterung, da3 Auftreten eines Angehörigen auf dem Zimmer- boden fteigern feine Schmerzen. Für Belladonna jprechen ferner Migräneanfälle, die fich jeden Nachmittag einzuftellen pflegen und bis nach Mitternacht anhalten, die im warmen Bett, ja jogar ſchon beim NRiederlegen und durch Bugluft fchlimmer werden, oder Schmerzen, die mit einem Hauche beginnen, dann in einen Stich übergehen, den halben Kopf einnehmen, aber fo tief eindringen und fo heftig werden, daß der Patient feine Beſinnung verliert.

Platina gibt man, wenn nad) Zerlauf von einigen Stunden das fchwappende Gefühl noch beftehen bleibt, der Kranke außer- dem über Kälte in den Ohren, den Augen, in einer Gefichtöhälfte oder um den Mund über ein Zittern und Flimmern vor den Augen klagt und ihm alle Dinge Heiner vorlommen, fie in Wirklichkeit find.

Mercurius ift anzuwenden, wenn nad) Belladonna noch Schmerzen zurüdbleiben, die in die Zähne und den Hals hinab reißen, wenn e3 in den Ohren fticht, die linfe Seite allein befallen ift, wenn die Schmerzen immer nadht3 fehr heftig und von Nacht⸗ ſchweißen begleitet find, die nicht erleichtern. Nach Mercurius, oft auch nach Belladonna, paßt Hepar sulphuris bei Schmerzen, wie wenn ein Nagel in den Kopf gejchlagen würde, mit heftigem Bohren im Kopfe, nächtlichen Schmerzen, als wollte eg die Stirne heraußreißen, und wenn die Anfälle fchmerzhafte Knoten auf dem Kopfe verurfachen.

Apis hilft, wenn der Kopf viel zu voll ift und zu groß erfcheint, mitdem Gefühl von Schwere, Drüden und Preſſen darin, beſonders beim Aufftehen vom Sitzen oder Liegen, vermehrt im warmen Zimmer und erleichtert durch Bufammendrüden mit beiden Händen. Apis ift aud) angezeigt, wenn die Augen dabei angegriffen find, wenn abends bei der geringjten Bewegung Fröfteln eintritt und das Geficht und die Hände heiß bleiben. Gefellt ſich ein Neffel- ausſchlag mit brennendem, ftechendem Juden hinzu oder ift ein jolcher rajch vergangen, ift der Kranke gegen jede Berührung fehr empfindlich, jo gibt es fein beſſeres Mittel ala Apis.

Sepia it in hartnädigen Fällen angezeigt, wenn ſich über dem rechten Auge ein befonders heftiger, bohrenber, ftechender Schmerz einftellt, fo daß der Kranke auffchreit, wenn Übelfeit und Erbrechen die Migräne begleiten und wenn beim Schütteln oder Bewegen des Kopfes, ja jogar jchon beim bloßen Auftreten die Schmerzen

172 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

ihlimmer werden. Derſelbe Schmerz auf der linfen Seite wird am beiten dur Aconitum, dem nad) einigen Stunden Sul- phur oder Silicea folgt, gehoben.

Spigelia heilt da3 allerichlimmfte linksſeitige Kopfweh mit ftechenden Schmerzen über dem Iinfen Auge und unerträglidem Klopfen in der Schläfe, wobei die ganze linfe Hälfte des Kopfes wehtut und die Schmerzen ſich auch dem Geſicht und den Zähnen mitteilen, jchlimmer mittags, beim Büden, bei jeder Bewegung und im Freien, mit der allergrößten Empfindlichleit gegen Geräufch. Übler Geruch aus dem Munde fpricht ebenfalls für diefes Mittel.

Außerdem beachte man noch:

Belladonna: befondere Empfindlichleit gegen Licht.

Spigelia: bejondere Empfindlichleit gegen Geräuſch.

Sanguinaria: bejondere Empfindlichfeit,” wenn jemand durchs Bimmer geht.

Sulphur: bejondere Empfindlichfeit gegen Gerüche.

Sepia: bejondere Empfindlichkeit gegen Berührung, gegen Gewitter, alte Quft, Klagen über die Lagerftätte, Verſchlimmerung der Beſchwerden durch Ärger.

Nux vomica: Berjhlimmerung durch geiftige Arbeit und morgen beim Erwachen.

Nervöſe Kopfichmerzen.

Beim Nervenkopfweh ift der Kopf gewöhnlich Fühl und das Geficht bleich; im Anfang werden zumeilen größere Mengen wafferhellen Harnes gelaffen. Stellen fi) Übelkeit und Erbreden ein, jo wird der Kopfichmerz dadurd) nicht erleichtert. Die Schmer- zen treten anfallgmweife auf, befchränfen fich oft auf Kleine Stellen und werden durch Berührung verjchlimmert. Ruhige Lage in einem dunklen Zimmer bringt während des Anfalles einige Erleichterung. Das Nervenkopfweh, das faft immer auf einer Überreizung des Gehirns beruht, wird durch Törperliche und geiftige Übermüdung, durch Erkältungen oder Gemütsbewegungen ausgelöft. Die Wieder- fehr der Anfälle läßt fich oft durch vorfichtige Abhärtung, durd) fühle Abmwafchungen oder durd) öfteres Reiben und Bürſten der Haut verhüten. Betäubungs- und Beruhigungsmittel follte man nie anwenden. Saffee ift, felbjt wenn er im Anfalle Linderung bringen follte, nachteilig und follte ganz gemieden werden.

Coffea hilft bei heftigen, halbfeitigen, ziehenden, drückenden Schmerzen, als mwäre ein Nagel in die Seite des Kopfes gefchlagen, da8 ganze Gehirn zertrümmert, zerfchmettert, zerriffen. Ber Schmerz fommt oft nach Heinen Veranlaffungen, nad) Nachdenken, Ärger, Erfältung, nad) zu vielem Eſſen und dergl. und ift mit Wider willen gegen den gewohnten Kaffee, Empfindlichkeit gegen Geräufch und Mufif verbunden; die Schmerzen jcheinen ganz unerträglich, machen weinerlich; der Krane ift ganz außer fich, heult

1. Krankheiten und Beſchwerden im Sopfe. 173

und fchreit, wirft fich umher, hat große Angft, fürchtet jich vor der freien Luft und fröftelt. Das Mittel kann öfter wiederholt werden; gut folgt ihm gewöhnlid Nux vomica oder China, zumeilen aut) Ignatia oder Pulsatilla.

Aconitum paßt bei den Heftigften Schmerzen; der Kranke liegt wie bewußtlos da, würgt zumeilen, wimmert, Hagt und fürchtet zu fterben; jedes Geräufch, jede Bewegung ift ihm unerträglich, der Pu ift ganz Flein und jet zuweilen aus. Der Kranke empfindet ein Klopfen und Stechen im Kopf oder ein Klemmen über der Naſe. Wenn andere reden oder ſprechen, fo fteigert ſich fein Kopf⸗ ſchmerz. Aconitum ift aud) bei Kopfweh von Erkältung mit Schnupfen, Ohrenfaufen und Bauchweh angezeigt. |

Ignatia hilft bei drüdendem Weh über der Nafe, wenn Büden erleichtert; der Schmerz preßt von innen nach außen, e3 zudt, Flopft, reißt in der Stirn, wie wenn ein Nagel in den Kopf geichlagen wäre, e3 ftiht und bohrt 1 im Gehirn, Übelkeit, Dunkelheit vor den sungen, Scheu vor hellem Lichte, blaſſes Geficht und viel waſſer⸗ heller Harn. Die Schmerzen vergehen oft eine Weile, wenn man die Lage verändert, fommen wieder nad) dem Ejjen, abends nach dem Niederlegen, früh nad) dem Aufftehen und machen die Kranken ſehr jchredhaft, unbejtändig oder ſchweigſam und niedergeichlagen. Ignatia ift gut, wenn das Kopfweh beſonders bei ſchwächlichen Frauen Budungen verurjadht.

Gelsemium ift ein audgezeichnetes Mittel gegen Kopfweh, da3 mit Sehſchwäche und Trübfichtigfeit beginnt, zuerft im Hinter⸗ fopf auftritt und fi) von da aus langfam über den ganzen Kopf verbreitet. Der Kranke läßt mafjenhafte Mengen waſſerhellen Urin, wodurd) jedesmal etwas Crleichterung verjpürt wird. Ge- fügl, al ob ein eng anliegende3 Band um den Kopf ginge.

Argentum nitricum fommt in Betracht, wenn der Kranke die Empfindung hat, als ob fein Kopf bedeutend größer geworden wäre. Eine eng anliegende Binde um den Kopf große Er⸗ leichterung. Die Kopfſchmerzen ſteigern ſich manchmal derart, daß der Kranke beinahe vom Verſtand kommt.

Veratrum iſt oft hilfreich, wenn die Haare ſehr empfindlich ſind, wenn Durchfall dabei iſt, die Schmerzen ſo arg werden, daß ſie den Kranken wahnſinnig oder ſchwach und ohnmächtig machen. Beim Aufſtehen vom Liegen verſchlimmern ſich die Schmerzen; lalter Schweiß, Kälte und Durſt weiſen ebenfalls auf Veratrum hin. Dan vergleiche Übrigens auch die bei „Kopffchmerzen infolge bon Verdauungsftörungen” (Seite 170) angeführten Symptome.

Pulsatilla hilft bei reißenden Schmerzen, die abends Ihlimmer werden, oder bei Flopfenden, ftechenden Schmerzen früh nad) dem Aufftehen und abends nad) dem Niederlegen; bei Ruden, Stechen, Reifen in den Schläfen, befonder3 bei halbjeitigen Schmerzen; dabei Bol Schwindel, Brecherlichleit und Schwere im Kopf vorhanden. Die Uugen werden dunkel, können das Licht nicht

174 II. Die Behandlung ber gewöhnlichften Krankheiten.

ertragen; e3 fauft in den Ohren, oder fticht, zudt und reißt darin; e3 zeigt fi) ein blaffes, weinerliches Geficht, fein Hungergefühl, fein Durft; man ift froftig, ängftlic) und hat zumeilen Nafenbluten oder Herzklopfen. Mle Bejchwerden find Schlimmer in der Nube, im Sitzen und werden in freier Zuft beſſer; das Kopfweh wird durch Drüden oder Umbinden des Kopfes gemindert. Pulsatilla hilft befonder3 langſamen, gutmütigen Leuten.

Bryonia ijt angezeigt bei brennenden oder preſſenden Schmerzen, ſchlimmer beim Gehen; e3 ift al3 wollte beim Büden alles zur Stirn herausfallen; mehr äußerlides Reifen bis zum Geficht und der Schläfe, drückendes, wühlendes Reifen an Fleinen Etellen, bejonders bei Leuten, die oft Rheumatismus haben und bon ärgerlicser, zorniger Gemütsart find. Nachher paßt oft Rhus toxicodendron.

Cimicifuga eignet fi) für Perfonen, die fich geiftig über- arbeitet haben und infolgedeffen an Nervenkopfweh leiden, oder für unterleibsfrante Frauen. Scharfe ſchießende Echmerzen in in über den Augen; Gefühl, al wollte die Schädeldede weg-

iegen.

Nux moschata: Beim Scütteln des Kopfes fcheint das Gehirn zu madeln; das Kopfweh wird nad) jedem Eſſen, beſonders nad dem Frühftüd fchlimmer; e8 befteht Schläfrigkeit dabei; an den Schläfen fann man gar feinen Drud leiden, nicht einmal das Liegen darauf; der Schmerz geht von redht3 nad) links, Wärme befjert, Kälte, beſonders naßkaltes Wetter, verichlimmert. Es paßt bei ſehr empfindlichen, reränderlichen Leuten.

Nux vomica hilft bei Kopffchmerzen infolge von Gtuhl- verftopfung und vom Saffeetrinfen, aber auch bei nervöfen Schmer- zen wie bon einem Nagel oder bei ftechendem Rucen mit Übelleit und faurem Erbrechen. Es ftidt und drüdt an einer Eeite, fängt früh an, wird immer ärger, bis der Kranke bemußtlos oder halb tafend wird, da3 Gehirn wie zerriſſen, das Geſicht iſt blaß und verſtört, der Kopf ſehr ſchwer mit Summen darin, Schwindel oder Schüttern beim Gehen, ärger bei Bewegung, ſelbſt bei Be- wegung der Augen, in freier Luft früh morgens oder nad) dem Eſſen oder beim Büden. Der Kopf fchmerzt bei Berührung und das Leiden wird in der Kälte ſchlimmer.

Chamomilla empfiehlt ſich bei vielen Schmerzen von Er⸗ fältung oder vom Kaffeetrinken, befonder3 bei Reigen oder Ziehen aufeiner Ceite bis in die Kinnladen, Stichen in der Schläfe, Schwere über der Nafe oder fehr empfindlichem Klopfen, befonder3 wenn der eine Baden rot und der andere blaß oder das ganze Gelicht gedunſen ift, wenn die Augen wehtun, eine Erkältung im Halje oder der Bruſt oder bitterer fauliger Geſchmack befteht, e8 paßt oft bei Kindern und Perjonen, die gar feinen Schmerz ertragen können und ganz ungebärdig find.

China lann ebenfalls bei empfindliden Leuten in Betracht

1. Krankheiten und Befchwerben im Kopfe. 175

fommen, wenn der Schmerz drüdend ift und nachts den Schlaf ftört, oder wenn e3 in der Schläfe reißt, im Wirbel bohrt, wobei das Gehirn wie zerichlagen it. Gefühl von Zuden und Reifen, Schwanken und Berfpringen, ärger beim Auftreten, beim Gehen, bei jeder Bewegung, beim Offnen der Augen, beffer im Liegen und in der Stille. Beſonders hilfreich ift Ghina, wenn aud) die äußere Haut beim Anrühren mwehtut, bei unzufriedenen Leuten, unfolg- famen, widerfpenftigen Kindern, mit blafjem, nur manchmalrotem und heißem Gefichte, die viel naſchen wollen, jehr ſchwatzhaft werben oder die ganze Nacht unruhig find. Es paßt oft nad) Coffea.

Colocynthis Hilft in den allerärgften Arten bei wütend reißenden oder halbjeitigen, ziehenden, drüdend klemmenden Schmerzen, mit Drüden in der Stirn, durch Büden und Liegen auf dem Rüden verſchlimmert; bei Unfällen am Nachmittag oder gegen Abend, in der linken Seite, mit großer Unruhe und Angft; befonder3 wenn der Schweiß nad) Harn riedht, wenig oder fehr ftinlender Harn abgeht. Nur während der Schmerzen entleert ſich eine große Menge hellen Uring.

Wenn die bisher angeführten Mittel nicht helfen wollen, fo kann man folgente verfuchen:

Sulphur: bei Elopfenden, gludienden, reißenden Schmerzen mit Hige meift früh oder abends, mit Übelkeit, ſchlimmer im Freien, beffer in der Stube, Reifen mit Betäubung, Drud. Jede Woche ftellt fich ein Anfall ein. Das Kopfmweh geht mit Haarausfallen einher oder ftellt ſich nach unterdrüdten Ausſchlägen, vertriebenen Geſchwüren oder zurüdgetretenen Schweißen ein.

Arsenicum: bei denfelben Schmerzen, wenn fie im Zimmer vermehrt und im Freien beſſer jind.

Silicea: bei pochenden, Flopfenden Schmerzen mit Hite und Blutandrang, durd) Anftrengung, Sprechen und Büden erregt; bei nächtlichen Schmerzen vom Naden bis auf den Kopf, bei Reißen jeden Vormittag, aud) wenn der Schmerz zur Gtirne oder zu den Augen herausdrüdt, wenn Knollen auf dem Kopfe entftehen,die Haare ausfallen, die Haut jehr empfindlich ift, wenn die Schmerzen ſich bi8 in die Naſe oder dag Geficht erftreden und bei Kopfſchweißen.

Calcarea carbonica ift da3 richtige Mittel bei Kindern und jungen Leuten mit Kopffchmerz und Schwindel, der beim Bücken am jchlimmiten ift, fo daß es ſchwarz vor den Augen wird, bejonder3 wenn Belladonna nicht ausreichte.

Sepia hilft bei ftechenden oder bohrenden, auch Flopfenden Kopfichmerzen, meift in einer Schläfengegend oder unter einem Stirnhügel, der oft nicht die leifefte Berührung erträgt, bei Schmer- zen mit Übelkeit und Erbrechen, die zum Schreien zwingen, feine Bewegung ertragen und ſich am meiften bei ganz ruhigem Ber- halten im Dunkeln und bei gefchloffenen Uugen lindern, die zum Schlafe, der auch leicht erfolgt, einladen und in längerem Schlafe völlig verfchwinden.

176 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Wenn Rheumatismen, Gicht oder Geſchwüre gewaltiam ver⸗ trieben werden, entftehen oft Kopfſchmerzen, die man nicht ver⸗ nachläffigen darf; man gebe dann je nach den Erſcheinungen Mittel wie Sulphur, Antimonium und dergleichen.

Wenn Scharlachfieber, Rotlauf oder Maſern oder ein Frieſel zurüdtritt und Kopfſchmerzen folgen, die ſeht bald Bemußtlofigfeit hervorrufen, oder wenn ſich das et nach zurüdgetretenem Schnupfen oder ſchwerem Bahnen einftellt, jo gebe man unverzüglich Cuprum 3. ®erreibung, bon der man eine Federmeſſerſpitze voll in einem Glaſe Waſſer auflöft und alle viertel oder Halbe Stun- den, bei eintretender Befferung feltener, einen Saffeelöffel voll nehmen läßt.

Kopfweh, das ſich im Verlaufe eines Nierenleidens entwidelt und zeitmweife mit Bemwußtlofigfeit und Krampfzuftänden verbunden ift, beruht auf einer Gelbitvergiftung des Körper. Cuprum arsenicosum ift ein bemwährtes Mittel dagegen. Zugleich muß der Kranke ſich längere Beit an eine fleifch- und kochſalzarme Koſt Halten.

Wenn ein Kopfichmerz immer an derjelben Stelle auf— tritt, tief im Gehirn, und wenn fich auf der andern Körperhälfte Lähmung, Kribbeln, Buden und dergl. Beſchwerden einftellen, jo weift dies auf ein organifches Hirnleiden Hin. Man ziehe in einem folhen Fall jofort einen Arzt zu Rate.

Kopfmweh in Verbindung mit Typhus ſiehe Abjchnitt 9 im III. Teil, Seite 307 ff.

Geſichtsſchmerz (Geſichtsneuralgie).

Darunter verſteht man anfallsweiſe auftretende Schmerzen im Bereiche des fünften Gehirnnervs. Dieſer Nerv ſendet Zweige und Aſte nach allen Teilen des Geſichtes aus. Am öfteſten werden die in der Stirn⸗, Naſen⸗, Schläfen- und Wangengegend ſich aus⸗ breitenden Zweige davon befallen. Mitunter treten die Schmerzen aber auch in den im Kinn, den Lippen und dem Zahnfleiſch ein- gebetteten Aſten diefes fünften Gehirnnervs auf. Pie Schmerzen werden oft fo heftig, daß der Kranke Stunden und Tage lang zu jeder Arbeit unfähig ift.

Die Urſachen können verfchiedener Art fein. So rufen oft Erkältungen, befonderd ſcharfe Nordoftwinde, Gelicht3neuralgien hervor. Am häufigiten werben Leute davon befallen, die an Kranf- heiten wie Wechjelfieber, Syphilis, Influenza, Quedfilber- oder DBleivergiftung gelitten haben.

Die Behandlung von Gefichtsfchmerzen erfordert großes Geſchick, und nicht felten wird der Laie genötigt fein, einen Homöo- pathifchen Arzt zu Rate zu ziehen. An chirurgiſche Eingriffe, wie Brennen oder Heraugfchneiden des erkrankten Nervenftranges ift nur in denjenigen Sällen zu denken, in denen auf andere Weiſe Feine

1. Krankheiten und Beſchwerden im Kopfe. 177

Linderung erzielt werden kann. Durch Wafferanwendungen in Form bon Kopfdämpfen oder heißen Umfchlägen oder unter Umständen kalte Überfchläge läßt ſich oft weſentliche Linderung erzielen.

Als homöopathiſche Arzneien kommen zum Teil diejenigen in Betracht, die unter Zahnſchmerzen angeführt find (ſiehe Seite 254). Am häufigften find die folgenden angezeigt:

Aconitum: Röte und Hite des Gefichtes, der Kranke ift ſehr unruhig und aufgeregt und ganz außer ſich vor Schmerz. Neur- algiſche und rheumatifche Schmerzen treten abwechſlungsweiſe auf.

Belladonna: der Schmerz ijt unterhalb des Auges am heftigften und wird durch Neiben des erkrankten Teiles hervor- gerufen. Plötzlich auftretende Schmerzen, die einige Zeit anhalten und dann ebenfo rajch wieder rerſchwinden. Das Geficht ift gerötet und heiß. Die Schmerzen befallen mit Vorliebe die rechte Geficht3- hälfte und find von reichlihem Tränenfluß begleitet.

Platina: bohrende, ampfartige Schmerzen. In den Baden- knochen machen ſich entweder Hemmende Schmerzen oder ein Gefühl von ZTaubheit geltend. Dabei Traurigkeit, große Furcht, weinerlihe Stimmung und Herzklopfen.

Colocynthis: heftige, reißende, fchießende, meijt links⸗ feitig auftretende Schmerzen, die durch leife Berührung erhöht, aber durch Fräftigen Drud gebeffert werden. Ruhe und Wärme bringen ebenfall3 Erleichterung.

Arsenicum: Periodifch auftretende Anfälle von brennenden, jtechenden Gefichtsfchmerzen, wie bon glühend heißen Nadeln. Große Furcht, allgemeine Unruhe und äußerfte Erjchöpfung. Nach Mitternacht werden die Schmerzen am heftigften. Heiße Umjchläge bringen vorübergehende Erleichterung. Arsenicum ijt befonders aud) dann von Nußen, wenn Wedjjelfieber die Urſache der Gefichts- neuralgie bildet.

Spigelia: linfgfeitige, reißende, ſchießende Schmerzen, die morgens beginnen, ſich bis mittags fteigern und gegen Abend wieder befjer werden.

Außerdem kommen manchmal noch folgende Mittel in Betracht: Arnicabei Hifeund Klopfen;Bryonia bei Hite und drüdenden Schmerzen; Staphysagria bei Hite mit Klopfen, Stechen, Schneiden, Biehen, Reigen, ebenfo bei brennendem Drüden in den Backenknochen, beſonders links; Gepa bei Gefichtöneuralgien, die durch Sudelwetter hervorgerufen wurden, mit Hite im Geficht und Schmerzen wie von einem Faden von oben nad) unten tief innen im Knochen linke, jchlimmer abends; Calcarea -bei reißenden Schmerzen zuerft recht3, dann links; Arsenicum bei ziehenden, brennenden, ftechenden Schmerzen, zuerftrechts, dann links; Ch in a oder Hepar bei Reißen und Ziehen in den Knochen, ſchlimmer bei Berührung; Hyoscyamus bei Drud oder Klamm in den Backenknochen; Rhus bei Drüden, Schneiden und Stechen.

HeringeHKaehl, SU. 12

178 III. Die Behandlung der gewöhnlichfien Krankheiten.

Bei heftigen Schmerzen, meiftens in den Snochen, vergleiche man Belladonna, Hepar, China, Hyoscyamus, Staphysagria; bei Drüden in den Backenknochen, fchlimmer bei Berührung: Hepar und China; fchlimmer abends: Cap- sicum. Bei zudenden Schmerzen: Pulsatilla.

Haarausfall.

Das Ausfallen der Haare iſt oft einer mangelhaften Pflege des Haarbodens zuzuſchreiben. Während man das tägliche Waſchen des Geſichtes für geradezu ſelbſtverſtändlich hält, denken viele Leute oft monatelang nicht daran, die Haare und den Kopf zu waſchen, um ſie von Staub, Schmutz und angeſammeltem Fett zu reinigen. Um das Haar möglichſt lange in normalem Zuſtande zu erhalten, iſt es durchaus erforderlich, daß man ſich von früheſter Jugend auf daran gewöhnt, den Kopf und Haarboden einmal wöchentlich mit einer milden Seife und lauem Waſſer zu waſchen. Zum Auskämmen ber Haare verwende man nur Horn- oder Kautſchukkämme, die gut abgerundete Spiten haben; Metalllämme und Stahlbürften ſind ſchädlich, weil fie einen zu großen Reiz auf die Kopfhaut aus- üben. Bei mäßigem Haarausfall, ver durch Nachwuchs neuer Haare immer wieder gededt wird, ift nichts weiter notwendig als regel- mäßige? Wafchen, Bürften und Kämmen der Haare. Gegen dünnen Haar wuchs ift öfteres Abjchneiden der Haare und kaltes Wajchen des Kopfes vor dem Schlafengehen zu empfehlen. Oft beruht der Haarausfall auf allgemeiner Unterernährung und Blutarmut oder er ftellt ſich nach ſchweren Krankheiten wie Typhus und Wochen- bettfieber ein. Auch nach außergemwöhnlichen Säfteverluften, mie 3. B. nach lange fortgejegtem Stillen kann man ftarfen Haarausfall beobachten. Eine häufige, leider immer nod) zu wenig beadjtete Urfache des Haarausfalls ift die ftändige Überhitung der Kopfhaut durch andauerndes Tragen von Mützen und Hüten, die für Die Luft undurchgängig find. BZumeilen find auch Pilze und Parafiten ſchuld daran. Um eine ſolche Anftedung zu vermeiden, follte man nie frenıde Kämme oder Haarbürften, wie fie beijpielsweile im Borzimmer photographifcher Atelier3 oder in Badeanſtalten auf- zuliegen pflegen, gebrauchen. Bismweilen ift da3 Ausfallen der Haare bei Frauen oder Mädchen darauf zurüdzuführen, daß jie abend zu feſt oder aud) zu Ioder gebunden werden. Auch das tägliche Brennen, Kräufeln, da3 Tragen von Haareinlagen und die häufige Benütung bon Lockenwickeln leistet dem Ausfallder Haare Vorſchub.

Vor der Anwendung der täglicd) in den Zeitungen angepriefenen Geheimmittel zur Haarerzeugung kann nicht eindringlid) genug gewarnt werden. Viele verfelben haben nicht nur feinen Einfluß auf das Wachstum der Haare, ſondern enthalten ſogar Reizitoffe, die das Gegenteil von dem bewirken, was man zu erreichen wünjcht oder jonftwie der Geſundheit fchaden.

1. Krankheiten und Beſchwerden im Kopfe. 179

Zu große Trodendheit der Haare ift in der Regel auf eine mangelhafte Zätigfeit der Talgdrüſen zurüdzuführen. Sit das Haar jehr troden und fpröde, jo fann man zum Zweck der Rein- Be des Haarbodens Einreibungen mit Eigelb, das mit Waffer gequirlt wurde, benügen, worauf man dann den Kopf wiederholt mit laumarmem Waffer abwäſcht; auch wöchentliche Abwaſchungen mit Weizenkleie, die im Waffer gekocht wurde, find hier zu empfehlen. Haaröle, Salben und Bomaden, wie fie in Apotheken und Srijeur- geichäften feilgehalten werden, enthalten manchmal ſchädliche Be— ftandteile oder find infolge de3 langen Herumſtehens ranzig ge- worden und daher nicht zu empfehlen; dagegen find Einreibungen mit Scafmwollfett (Lanolin) zuträglih. Gegen Kopfichuppen, klebrigen Schmutz und trodene Haare kann man ſich alle 2 big 3 Mo- nate mit einer dünnen Lauge von Buchenholzafche waschen und zwar fo, daß man den Kamm darin eintaucht und nachher die Lauge mit altem Waffer aus dem Haare wäſcht. Wenn die Haare fich ſpalten, fo ift e8 gut, ein Fett oder Ol, am beften Schafmwollfett, einzureiben ; dabei müfjen die Haarjpigen jeden andern Tag abgefchnitten werden. Wenn einzelne fahle Stellen in dem behaarten Kopfe entitehen, jo Hilft es bisweilen, dieje Stellen oft zu rafieren, und zwar jo weit im Umkreis, daß auch die angrenzenden Haare mit weggenommen werden. Genügt dies nicht innerhalb 14 Tagen, jo reibe man die tahlen Stellen jeden zweiten Abend mit etwas Bay-Rum ein oder man benüte einmal wöchentlich Einreibungen mit einer durd)- ichnittenen Zwiebel oder einer Kantharidenfalbe. Zur Herftellung der le&teren läßt man da3 Mark aus Rindsknochen in der Wärme außlaufen, fügt einer Kaffeetafje voll einen Tropfen u, tinftur bei, wobei man unter vielem Rühren und Klopfen allmählich fo viel Mark zufügt, bis die Taffe voll wird ;davonreibt man dann alle 3 bis 4 Tage einmal des Abends einen Teelöffel voll in die kahlen Stellen ein. Dieſe Bomade fann man aud) bei zu frühem Kahl- werden verwenden. Noch wirkſamer find Einreibungen der Kopf- haut mit einer Mifchung von 4 Gramm Petroleum und 28 Gramm Weingeift. Man durchfeuchte damit das Haar und reibe die Kopf- haut mehrmals gründlich ein, worauf nicht nur die Schuppenbildung, ſondern aud) das Ausfallen der Haare bedeutend nadhläßt. Eine 3- bi3 Amalige Anwendung des Mittel genügt meift, um die ge- wünjchte Beſſerung zu erzielen. |

Innerlich haben fi) befonder3 die folgenden Mittel gegen Haarausfall bewährt:

Nach Starken Blut- oder Säfteverluften oder langdauernden Krankheiten: China; nad) higigen Sranfheiten: Hepar sul- phuris, SiliceaundLycopodium;nad) ftarfen Schweißen: Mercurius; nad) viel Kummer und Sram: Ignatia und Phosphori acidum; bei ftillenden Müttern: Natrum muriaticum; bei großer Trodenheit der Kopfhaut und kahlen Stellen am Porderlopf: Arsenicum; nad) langdauerndem

al

180 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Kopfmeh: Sepia; bei droniihem Kopfweh Hufteriicher und gichtifcher Art mit großer Empfindlichkeit der Kopfhaut: Hepar sulphuris calc. oder Lachesis; bei häufigem Kopfweh infolge alter Unterleibsbejchwerden oder bei Juden mit vielen abflieg.nden Haarſchuppen: Lycopodium.

Ausſchlag oder Grind am Kopfe und im Geficht fiehe Seite 377.

Kopflänfe

müſſen durch äußerliche Anwendung von Petroleum oder einer Miſchung, die je zur Hälfte aus Petroleum und Olivenöl befteht, getötet werden. Der ganze behaarte Kopf wird abends tüchtig damit befeuchtet und in ein Tuch eingehüllt. Am folgenden Morgen nimmt man dann eine gründliche Abwaſchung des Kopfes mit lau— warmem Waſſer und Seife vor. Häufig genügt ſchon eine ein- malige Anwendung. Sind aber die Läufe bejonder3 zahlreich, jo ift eine Wiederholung am nädjftfolgenden Tage angezeigt. Mindeſtens ebenfo wirkſam wie Petroleum und im Gebrauch an- genehmer f die örtliche Anwendung von Staphyfagriaeffig, der nad) folgendem Rezept hergeftellt wird:

Fluid-Extrakt von Staphysagria . . . . 1,7. Eſſigſäure (auf 30% verdünnt) . . . . 6,0. Deitilliertes Waffer . 24,0

Nachdem man die Läufe und deren Eier getötet und durd) gründ- liches Abwafchen von der Kopfhaut entfernt hat, ift durch tägliches Kämmen des Haares mit einem Staublamm und öfteres Wafchen der Kopfhaut für möglichſte Reinhaltung des Haarbodens Sorge zu fragen.

Zweiter Abfchnitt.

Krankheiten der Augen.

Allgemeines.

Das Auge iſt einer der edelſten und zarteſten Körperteile, und kein größeres Unglück, kein größerer Verluſt kann den Menſchen treffen, als wenn er ſein Augenlicht einbüßt und das Leben in Blindheit, in ewiger Nacht verbringen muß. Augenkranke ſollten ſich daher ſtets an einen tüchtigen homöopathiſchen Arzt und nie an einen Laien wenden, denn bei vielen Augenkrankheiten kann Verſäumtes überhaupt nicht mehr nachgeholt oder wieder gut— gemacht werden. Ebenſo ernſtlich müſſen wir vor dem eigen— mächtigen Gebrauch von Augenwaſſern und Augenſalben aller Art warnen, denn nicht ſelten enthalten fie ftarfe Gifte und mit wenigen Ausnahmen ftiften fie mehr Schaden als Nutzen.

2. Krankheiten der Augen. 181

Das beite Augenwaſſer ift das gewöhnliche reine, kalte Waſſer; dasſelbe iſt beſonders hilfreich bei Röte, Brennen und Wehtun der Augen als Begleiterfcheinung eine Huſtens oder Schnupfen3. Ebenſo ift e8 auch bei chronifcher (langwieriger) Augenentzündung hilfreich, befonders wenn fie mit großer Lichtſcheu einhergeht und bei jeder Gelegenheit, hauptfächlich aber bei faltem Wind oder naß— falten Wetter fchlimmer wird. Für Kranke, die das Falte Waller nicht qut ertragen oder troß regelmäßiger Anwendung desjelben feine leun erreichen, die nicht allein über Brennen, Lichtſcheu und ein Gefühl wie Sand in den Augen Hagen, jondern aud) heitige Schmerzen verfpüren, und bei denen viele ſcharfe Tränen augfließen, iſt lauwarmes Wafler oder die wegen ihrer antifeptifchen Wirkung beliebte 2Xige Borfäurelöfung vorzuziehen. Man kann damit das Auge ſelbſt auswaſchen und befpülen oder Verbandgaze in da3 erwärmte Waſſer tauchen und auf das erkrankte Auge legen. ©o- bald die Schmerzen zunehmen, müffen die warmen Umfchläge immer wieder erneuert werden.

Nur wenn die Augen fehr troden und die Lider krampfhaft geichloffen find oder während des Sdlafes zuſammenkleben, ift Beftreichen mit füßem, frijdem Baumöl oder Olivenöl, auch Bafelin oder Lanolin zu empfehlen.

Entzündung und Anſchwellung der Augenlider.

Die Augenlider find bisweilen rot, entzündet und geſchwollen, ohne daß die Augäpfel felbft davon ergriffen find. Eine ſolche Ent- zündung kann duch ganz verſchiedene Urſachen hertorcerufen werden. Am häufigiten find es Temperatureinflüffe, große Kälte, kalte Scharfe Winde, außergewöhnliche Hitze oder raſcher Witterungs- wechlel, die zu einer Aunenliderentzündung führen. Eine andere häufige Urfache ift die Überanftrengung der Augen entweder ta- durch, daß der Kranke längere Zeit bei mangelhafter Beleuchtung in einem Buch mit feinem Drud lieft, oder dadurch, daß er feine Augen infolge großer Kurzfichtigfeit übermüdet. Berjtopfung des Tränen- fanale3, wodurch die Tränen ihren Weg nicht mehr durch den inneren Augenmusfel und die Nafenhöhle nehmen können, fondern über die unteren Augenlider und die Baden wegrollen, kann ebenfallß den Grund zu einer Lidentzündung bilden. Kinder mit ffrofulöfer, ſchwächlicher Körperkonftitution werden mit ganz befonderer Vor- liebe von Entzündungen der Augenlider befallen. Schließlich ift noch zu erwähnen, daß Tidentzündungen auch aB Folge von Mafern, Gicht oder Rheumatismus auftreten fönnen. Sm allen Fällen aber unterjuche man die Ränder der Augenlider genau, ob Entzündung und Yudgefühl nicht von Milben oder Läuſen herrührt.

Im Bedarfsfalle mähle man unter den nadjtehenden Mitteln:

Aconitum: rote, harte Geſchwulſt mit Brennen, Hitze und Trockenheit, oder die Augenlider find blaß, gelblichtot gejchwollen,

182 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

glänzend wie durchfichtig, brennen und jpannen; viel Schleim in Augen und Nafe, viel Hige und Unrube.

Apis folgt gut, wenn Aoconit nicht ausreichend Hilft, überhaupt bei jeder wäſſerigen, rofenartigen Geſchwulſt um die Augen mit verfchmollenen oder zufammenflebenden Lidern; beftändiges Gefühl, als wäre Schleim in den Augen; Schrunden, viel Juden, Brennen und Stechen.

Belladonna: es brennt und judt in den rotgeſchwollenen Lidern oder fie Heben zu, bluten beim Öffnen, ftülpen fich ſogar um, find fchwer und wie gelähmt. Belladonna wirft gut nach Hepar.

Sulphur, oft wirfam Bwijchenmittel, nad) dem wieder fehr gut Aoonit folgt: die ſehr entzündeten Lider bleibenrot, brennen heftig, e3 fließt Schleim und Eiter aus, die Augen find morgens zufammengezogen und können das Licht nicht ertragen.

Pulsatilla: Am Anfang einer Lidentzlindung, Brennen und Nöte der Augenlider, die infolge ftarfer Schleimabjonderung zu- fammenfleben. Ausfließen von Tränen, die jo fcharf find, daß fie die Wangen wund machen.

Arsenicum: Lider nur an der Innenſeite entzündet, rot und fchmerzhaft, brennen heftig, die Augen können kaum geöffnet werden.

Mercurius solubilis: Augenlider wie gewaltfam zu«- fammengezogen, geſchwollen, ſchwer zu öffnen, ſchneidende Schmer- zen, Geſchwüre an den Rändern, nach außen Hin grindige Stellen (Hepar folgt aut auf Mercur).

- Hepar sulphuriscalc.: drüdende Schmerzen, die nicht weichen wollen, die Lider ſchmerzen wie wund und zeridjlagen.

Rhus toxicodendron: Entzündung der inneren Lid- flächen, bejonder8 bei Neugeborenen, aber auch bei Kindern in Ipäteren Jahren; Lider wie durd) Krampf zufammengezogen, bei gewaltſamem Auseinanderziehen zeigt ſich ein dider roter Wulft und gelber, eiterartiger Scjleim quillt hervor. Außerlich: Aus- waſchen der Augen mit Salzwafler oder 2%iger Borfäurelöfung.

Bei häufig vorlommenden langwierigen Augenentzün- dungen greife man zu

Euphrasia: die Augen juden bei Tag, Heben bei Nacht zu, find rot und etwas geſchwollen, Haben gejhmwürige Ränder, näffen oder eitern, der Kranfe zwinfert beftändig mit den Augen, fcheut die Helligkeit, hat ſtets Schnupfen oder aud) heftige Kopffchmerzen oder doch Hitze im Kopf.

Graphites: an den Rändern der Augenlider bilden fich Kruften; Schrunden in den Augenmwinfeln, die leicht bluten. Sind auch jonft im Geſicht und namentlich Hinter den Ohren Ausfchläge, jo ift Graphites beſonders Hiljreid).

Nux vomica paßt oft, wenn Euphrasia nicht ausreicht. Die Lidränder brennen und juden, find ſehr wund, ſchmerzen bei Be- rührung und morgens, ſchwären gegen Morgen zu. |

2. Krankheiten ber Augen. 183

Merceurius und, falls nicht ausreichend, Hepar oder Belladonna: die Lider fehren fich nach außen um und ftedhen, brennen und juden oder find aud) ſchmerzlos.

Antimoniumcrudum: in den hartnädigften Fällen; die Lider find ganzrot, in den Augenwinkeln figt immer etwas Schleim, die Augen find jehr empfindlich gegen das Licht, ftechender Schmerz in ihnen.

Außerdem kommt oft in Frage: |

Sulphur: Brennen und Schneiden in den Lidern, beſonders beim Leſen.

Calcarea carbonica: wenn Sulphur nicht ausreicht und bei jErofulöfer Grundlage der Erkrankung.

China: viel Kribbeln inmwendig an den Lidern, abends jchlim- mer, Auslaufen von Tränen.

Rhustoxicodendron: beißendes Zuden in den Tidern, jteif wie gelähmt.

Hyosoyamus: frampfhaftes BZufammenziehen und Ber- ſchließen der Liber.

CGhamomilla: die oberen Rider ſchwer wie Blei.

Veratrum: Lider ſehr troden, jehr heiß, ſchwer beweglich, Tränenfluß.

Gegen ſtarke Kruſtenbildung an den Lidrändern reibe man kurz vor Schlafengehen etwas Vaſelin in die Augenwimpern; am nächſten Morgen laſſen ſich dann die Kruſten mit warmem Waſſer leicht entfernen.

Gerſtenkorn.

Mit dem Namen Gerſtenkorn bezeichnet man eine ent— zündliche, furunfelartige feine Erhöhung am Lidrande, die ji) unter Schmerzen und SHibegefühl, manchmal aud) leichten Fiebererſcheinungen entwidelt. Der Inhalt der Heinen Geſchwulſt geht dann raſch in Eiter über, und fobald fid) leterer entleert, laſſen jofort alle Bejchwerden nad), worauf meift nad) 1—2 Tagen Heilung eintritt. Es befteht aber meiſtens Neigung zu Wieder- nnd, 8 Urfadhen find zu erwähnen: Schwächliche, ſtrofu⸗ öſe Körperbefchaffenheit, ſchlechte Ernährung, beſonders täglicher Genuß von Süßigkeiten und anderen Ledereien; ferner Über- anjtrengung der Augen und fdharfe kalte Nordiwinde.

Das am Häufigfien Dagegen angewandte Mittel, das in ber Mehrzahl aller Fälle vollftändig ausreichen dürfte, ift Pulsa- tilla. Iſt die Entzündung bejonders heftig und fchmerzhaft, fo gibt man Hepar, worauf e3 fi) gewöhnlich bald entleert. Iſt jpäter noch etwas notwendig, fo paßt meiſt Silicea. Zeigt das Gerſtenkorn eine Neigung wiederzufommen, bleiben harte Stellen zurüd oder geht es überhaupt nicht auf, fondern bleibt Hart, jo Hilft Staphysagria und zivar befonders, wenn die Augen leicht zu-

184 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

ſchwären, beißen und brennen, hauptjädlid) in den Winkeln, in denen fich immer trodene Augenbutter anſetzt. Bleiben auch dann nod) Knoten zurüd, fo laffe man 2—3 Wochen fpäter Calcarea carbonica oder Sepia nehmen. Auch Thuja heilt Hart- nädige Knoten in den Augenlidern, beſonders wenn die Wintel heiß und troden find und die Augen im Freien viel tränen.

Augenentzündungen,

bei denen nicht bloß die Lider, ſondern da3 Auge jelbft erfrantt ift, find nad) Urfache, Verlauf und Siß der ergriffenen Gewebe äußerft verſchieden. Man fpriht von Bindehautentzündung, wenn die da3 Auge überdedende Schleimhaut entzündet ift, von Horn- hautentzündung, wenn die darunter liegende Hornhaut den Ei der Entzündung bildet, und von Regenbogenhautentzlin- dung, wenn die farbige Regenbogenhaut davon ergriffen ift. Gie voneinander zu unterfcheiden, ift für den Laien unmöglid). Außerdem find diefe Entzündungen alle mehr oder weniger ernft und gefährlich und haben bei falfcher oder mangelhafter Behandlung oft völlige Erblindung zur Folge. Deshalb raten wir dringend, auch bei Scheinbar leichter Entzündung der Augen den homöopa- thiſchen Arzt zu Rate zu ziehen. Wenn wir hier troßdem die wichtig- jten Mittel gegen Augenentzündungen anführen, jo geſchieht dies in erjter Linie im Intereffe derer, die weit von einem homdopa- thiſchen Arzt entfernt find und ſich an einen allopathifchen Arzt wenden müſſen, als Anhänger der Homöopathie aber doch gerne einen Berjuch mit einem homöopathiſchen Arzneimittel machen möchten. Die allopathifchen Ärzte und Fachärzte für Augenkrank⸗ heiten begnügen fich faft immer mit der Anmendung äußerlicher Mittel, die übrigens bei manchen Augenentzündungen, wie 3. B. der Negenbogenhautentzündung, gar nicht zu Are find. Der Kranke kann aljo, da er meift ein innerliche8 Mittel gar nicht eg um fo eher einen Verſuch mit einem der folgenden Mittel machen.

Aconitum ift bei plößlich entftehenden Augenentzündungen, die rafch Schlimmer werden, das befte Mittel. Die Augen find ſtark gerötet, von einer Anzahl roter Adern durchzogen und der Kranke Kagt iiber Schmerzen, viel Tränen oder große Trodenheit in den

ugen.

Apis fällt bei vielen Augenentzündungen in die Wahl, haupt» jächlid) aber, wenn Kopfichmerzen dabei find, die bis nach den Augen fchießen, bohren oder ftechen. Die Augen find gerötet und tränen Stark; e3 befteht große Lichtſcheu mit Stechen, Brennen und Jucken; bei AUnftrengung der Augen vergeht das Gelicht.

Nux vomica paßt, wenn die Rider befonder3 in den Winkeln noch röter als die Augen find oder wenn diefelben mit Blut unter- laufen jind und beißen, als cb Salz oder Sand darin wäre; ferner

2. Krankheiten ber Augen. 185

wenn morgens fein Tagezlicht ertragen wird, Fieber dazu kommt und wenn morgens und abend3 der Buftand jchlimmer ift.

CGChamomilla eignet fich befonder3 für Kinder, wenn. die Augen ſtechen, drüden, brennen, als ob Hige herauzfchlüge, wenn fie früh verſchwollen und verklebt oder jehr troden find, und wenn der Patient über feine Schmerzen fehr ungeduldig ift.

Belladonna wählt man, wenn dad Weiße im Auge ganz rot ift oder große rote Adern zu jehen find bei viel Hitze; wenn Eiter- bläschen und Geſchwüre auf den Augen entftehen, wenn fcharfe brennende Tränen auslaufen oder die Augen ganz troden find, ſehr bom Licht Schmerzen; wenn die Schmerzen frampfartig find, in die Ziefe gehen und ein fo heftiger Schnupfen dabei ift, daß die Nafe wund wird und Meine Blüthen um Naſe und Mund ausbrecen; wenn der Huſten furz, troden, keuchend und frampfhaft ift, fo daß der Patient einzelne Anfälle hat, aber nicht aufhören kann, big der Unfall vorbei ift.

Argentum nitricum ift hauptfäcdhlich angezeigt bei dider, reichlicher, rahmartiger Abfonderung au den Augen. Bei der Augenentzündung der Neugeborenen ift e8 ein Hauptmittel.

ercurius ift nüßlich bei reichlihem Tränenfluß mit Brenn- gefühl und Wundmerden der Augenlider und Wangen. Die Augen- Ichmerzen, die Häufig mit der Bildung Kleiner Hornhautgefchwüre zufammenhängen, verjehlimmern fid) nacht3 und der Schein einer Lampe oder eines Feuer? ift beinahe unerträglich. Jede Erkältung bewirkt eine Verjchlimmerung.

Sulphur findet befonder3 bei hronischen Augenentzündungen Berwendung. Die Kranken Hagen über fieberähnlicdye Erid;ei- nungen und nädjtliche Unruhe, ſowie über Schmerzen, die durd) die Augen durchſchießen. Es kann auch als Zwiſchenmittel ge- geben werden, wenn die anſcheinend paſſende Arznei nicht recht wirken will.

Euphrasia wird gegeben, wenn heftiges Druckgefühl und Lichticheu vorhanden find, viel Schleim oder beißende Tränen aus- fließen, die Lider ſich zufammenziehen, das ganze Auge fehr rot ift, starte Kopffchmerzen oder fließender Schnupfen ſich hinzugejfellen und abendliche Berfchlimmerung eintritt.

Cepa hilft bei reichlihem Tränenfluß, der nicht ſcharf ift, mit Nöte, Juden, Stechen, Brennen, Beißen in den Augen; ebenfo bei Suden, Hite, Geſchwulſt um die Augen, bejonder3 bei Tröpfeln der Nafe, Schnupfen und Kopfmeh.

Sm Gefolge von Rheumatismuß treten öfters Augenent- zündungen auf. Pie Augen find immer ganz rot, ertragen fein helles Licht, fondern reichlich Scharfe Tränen ab, fchmerzen, ftechen, reißen innen und außen. Hier pafjen folgende Mittel:

Pulsatilla, wenn die ſchlimmſte Entzündung durch Aco- nitum gemindert ift, aber immer noch ftarfe, ftechende oder boh- rende und fchneidende Schmerzen bleiben, wenn kein Licht ertragen

186 III. Die Behandlung ver gewöhnlichſten Krankheiten.

wird, nachmittag3 und abends und in der Wärme alles fchlimmer ift, wenn das Übel ſich öfters wiederholt hat und eine meinerliche Stimmung verurfadte.

Bryonia dagegen, wenn Pulsatilla die Schmerzen min- derte, aber die Nöte nod) vorhanden ift, wenn es in den Augen brennt oder wie Sand reibt, wenn es abend3 oder nachts fchlimmer wird, die Lider verſchwollen find und wenn ſich beim Offnen der Augen das Kopfweh fteigert. Es ijt beſonders angezeigt, wenn da3 Leiden infolge von Erkältung mit Waffer entjtand, z. B. wenn dag ichweißtriefende Geficht mit kaltem Waſſer gewafchen wurde.

Rhus toxicodendron fommt in Bectracht, wenn Bryonia zu paſſen fchien, aber nicht half, wenn e3 immer noch beißt, drückt und fticht, wenn Feine Bläschen fich da zeigen, mo das Augenmweiß an die Regenbogenhaut angrenzt, wern das Auge viel tränt und nachts zuſchwärt, mern eine rotlaufartige Anfchmwellung um dad Auge herum vorhanden ift; jpäter paßt manchmal Cal- careacarbonica.

Veratrum, wenn die Schmerzen reißend find und ben Kranken nachts nicht ſchlafen laffen, unerträgliches Kopfweh dabei ift, mit viel Hige in den Augen und einem Gefühl, ala wären fie ganz froden.

Wenn die entzündeten Augen viel Schleim oder Eiter abjondern, find Auswafchungen mit reinem, laumarmem Wajfer, etwas Salz- waſſer oder 2%iger Borjäurelöfung unerläßlid. Man benützt hiezu entweder eine kleine Spriße, einen Augentropfer, oder noch ein- facher ein Stüd reine Verbandbaummolle, die man, nachdem fie mit Waſſer getränkt wurde, über die geöffneten Augenlider hält und ausdrüdt, jo daß der ganze Augapfelvom Wafjer überſchwemmt und bejpült wird. Da mande NAugenentzündungen anjtedend jind, follten Wajchlappen und Handtücher, die der Kranke ver- wendet, von feiner anderen Perſon mitbenüßt mwerden..

Über Augenentzündung der Neugeborenen liehe Kinderkrankheiten Ceite 351.

Skrofulöſe Augenentzündungen

find gewöhnlich nur eine Zeilerjcheinung der allgemeinen Skrofu— Ioje, in ji) aber oft über das jugendliche Alter hinaus und werden jelbft in vorgerüdten Jahren noch beobachtet. Die Behand- lung muß jich in erfter Linie gegen die ffrofulöfe Körperbeichaffenheit richten, wie fie unter „Skrofuloſe“ auf Seite 373 gejchildert ift. Frühzeitige Beiziehung eines Arztes ift hier umfomehr am Plage, als e3 ſich neben Erkrankungen der Lidränder hauptſächlich um Hornhautentzündungen und Hornhautgefhmwüre handelt, die bei unrichtiger Behandlung zu ſchweren Sehſtörungen Anlaß geben fünnen.

Außer den bei „Skrofulofe” genannten Arzneien vergleiche die

2. Krankheiten der Augen. 187

Mittel, die bei „Entzündung der Augenlider“ und bei „Augen- entzündung” empfohlen worden jind.

Hornhanttrübungen.

Nach Entzündungen und Geſchwürbildungen auf der Hornhaut bilden ſich Häufig undurchſichtige Fleden oder Felle auf den Augen, die, wenn fie jid) unmittelbar über der Pupille be- finden, peinlihe Sehftörungen verurſachen können. Se dichter die Trübung ift, defto mweißer erjcheint fie. Solche Fleden follten nicht mit Üßftoffen behandelt werden, fondern man laffe dem Auge möglichft viel Ruhe. Sind fie die Folge einer kaum abgelaufenen oder nod) bejtehenden Nugenentzündung oder liegt eine [frofulöfe Körperbeichaffenheit vor, jo gebe man eine3 der unter „Entzündung und Anfchwellung der Augenlider”, unter „Augenentzündungen” oder unter „Skrofulofe” genannten Mittel. Die beiten Erfolge jind mit Calcarea carbonica, Euphrasia, Calcarea fluorica und Mercuriuscorrosivus erzielt worden.

Einige Bemerkungen über Sehfehler und Brillen.

Die am häufigften vorfommenden Sehfehler find: Kurzfichtig- feit, Lang- und Weitjichtigfeit und Fernficht des Alters.

Die Kurzſichtigkeit hängt von einem abnormen Bau de3 Augapfels ab, dejjen Durchmeffer von vorn nad) hinten zu lang ift. Dieſer Buftand befteht manchmal fchon bei der Geburt, wird aber meift durch Überanftrengung der Augen beim Lefen, Schreiben u. dergl. hervorgerufen und zwar beſonders bei fchlechter Beleuch- tung. Genaue Unterfuchungen von Schülern aller Schulen und Altersklaſſen ergaben, daß fehr viele mit Kurzjichtigfeit behaftet find, und zivar fand man die weitaus größte Anzahl furzfichtiger Schüler in den älteren Klaffen der höheren Schulen; an den deutfchen Uni- verfitäten follen fogar zwei Drittel aller Studenten mehr oder weniger furzfichtig fein. Dieſem Übelftand kann durd) eine konkav gefchliffene Brille abgeholfen werden; zum mindeften wird die Kurzfichtigfeit von dem Augenhlid an, in dem eine pajjende Brille benützt wird, feine weiteren Yortichritte mehr machen, weshalb furz- jichtige Kinder nicht früh genug eine Brille tragen können.

Für die Auswahl der Gläfer genügt es nun allerdings nicht, wenn man zu einem Optiker geht und eine Brille herausſucht, durch die man gut zu ſehen glaubt. Es gibt in der Tat nichts Schäd- lichere3 für die Augen, al3 Gläfer zu tragen, die nicht genau paffen, und viele Perſonen Haben gerade dadurch ihre Augen noch mehr verderbt. SKurzfichtige müffen ftet3 einen Augenarzt zu Rate ziehen, der mit Hilfe von Probegläfern genau feitftellt, wa3 für eine Brille der Kurzfichtige braucht; dann erft läßt man fie nad) Vor— Schrift des Arztes beim Optiker anfertigen.

188 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Die Fernfihtigfeit des Alters beginnt jich mehr oder weniger bei allen Leuten zwifchen dem 45. und 50. Lebenzjahr einzuftellen, und nimmt dann von da ab immer mehr zu. Diejer Sehfehler ijt die Folge einer mit dem Alter in Verbindung ftehenden Berhärtung und Abflachung der Kriftall-Tinfe. Perjonen, die damit an find, können die Zeitung nur in einer gewiſſen Ent- fernung lefen und müfjen darauf verzichten, Hein Gedrudtes oder bei Nacht zu lejen.

Die meiften Leute geben es nicht gerne zu, daß fie an Fern- fichtigfeit leiden und fchieben e3 fo lange wie möglich hinaus, eine Brille zu tragen. Dies ift ſehr unklug, weil nicht nur alles Arbeiten in der Nähe immer unbequermer und anftrengender wird, jondern weil auch die Fernfichtiafeit ohne Schuß der Brille immer mehr zunimmt. Gobald fid) daher bei Leuten zwiſchen dem 45. und 50. Lebensjahr Zeichen von Fernſichtigkeit einftellen, ſollten fie e3 nicht verfäumen, fich eine Brille anzuſchaffen, die fie beim Leſen, Schreiben, Nähen und anderen in der Nähe zu verrichtenden Ar- beiten auflegen. j

Ein lang- oder mweitfihtige3 Auge it faft ohne Ausnahme angeboren, obgleich der Fehler öfters erſt im fpäteren Leben bemerkbar wird. Der Weitjichtige kann entfernte Gegen— ftände mit wunderbarer Klarheit ſehen, während Arbeiten in der Nähe ihm unbequem find und feine Augen in furzer Zeit ermüden. Beim Leſen beijpielaweife fließen fchon nad) kurzer Zeit die Buch- ftaben ineinander über. Im Gegenfag zum furzfichtigen Auge ift das weitfichtige in feinem Durchmeſſer von vorn nad) Hinten zu furz, weshalb der Weitfichtige feine Augen durch fonvere Gläfer Ihonen muß. Wir brauchen wohl nicht zu wiederholen, daß aud) bei diefem GSehfehler der Rat eines Augenarztes eingeholt werden muß; er allein ift in der Lage, die genaue Stärke der in Frage fommenden Gläfer zu beftimmen.

Brillen dürfen den Augen nicht wehe tun. Dies fommt vor, wenn die Gläſer zu fcharf oder jchledht find, in manchen Fällen auch, wenn die Augen jchwad find und Feine Brillen ertragen; aud) können Brillen Schmerz verurfachen, wenn fie zu ſchwach find. Wenn daher bei ihrem Gebrauch ein Mißbehagen entiteht, ein Drüden in den Augen, wohl gar im Kopfe, wenn fie Schläfrigfeit, Nöte und Hitze in den Augen hervorrufen; wenn häufige Ruben der Augen nötig wird oder wenn nad) dem Abnehmen eine Beit vergeht, ehe man wieder recht jehen fann, muß man immer ent- weder die Gläſer wechſeln und fich paflendere verordnnen laffen oder die Brille ganz mweglaffen. Wenn die Gegenftände durch die Brille Heiner oder größer als früher erjcheinen, dann ift es hohe Zeit, andere Gläſer einjegen zu laffen, um den Augen nicht zu ſchaden. Durch einen richtigen Wechjel der Gläſer kann oft die Sehſchärfe noch verbefjert werden. Wenn einem Kurzfichtigen die Dinge durch die Brille Heiner vorkommen als früher, jo muß er eine ſchwächere

2. Krankheiten der Augen. 189

nehmen, erfcheinen fie größer und undeutlicher, eine etwas ftärfere. Wenn einem Weitjichtigen die Gegenstände Heiner und undeutlicher erjcheinen, jo mußer eine ftärfere Brille haben; erfcheinen fie größer, eine ſchwächere. |

Die Brillen müfjen jo leicht als möglich fein und Bügel haben, jo daß fie feftfigen, ohne zu drüden; die Gläſer find umfo befjer, je größer fie find; es ift wichtig, daß ganz beſonders alles von unten fommende Licht durch die Gläſer aufgefangen wird und nicht neben- bei in die Augen fällt; jie müſſen durchaus rein, hell und waſſerklar fein, ohne rötlihen und grünliden Schimmer, ohne Grübchen, Knötchen, Streifen, trübe Stellen oder Nischen, auch müſſen fie ganz gut und gleichmäßig geichliffen fein. Geſprungene Gläſer find ſehr nachteilig. Ebenjo muß der Brillenträger darauf bedacht fein, die Gläſer immer rein und hell zu erhalten; nie dürfen fie mit den bloßen Fingern berührt werden, und ftet3 follten fie mit weichen: Wafchleder und mit nicht3 anderem gereinigt werden; beim Ablegen jollen fie immer auf den Bügeln ruhen, nicht auf die Gläfer gelegt werden, und wenn diefe Heine Ritchen befommen haben, muß man neue einjeßen laſſen.

Augenſchwäche und andere Gehfehler Tann man oft durd) tägliches kaltes Wafchen des Geſichts und der Gegend Hinter den Ohren bejjern. Das Baden der Augen mit Waffer, ein Gla3 voll mit einem Teelöffelhen alten Branntwein gemifcht, ift manchmal zuträglich. Das Baden der Augen mit fogenannten Augenwaſſer ift meift jchädlich, weil Blei, Zinf oder dergleichen Stoffe darin enthalten find.

Bei der Schwäche der Augen, die von vielem Leſen oder bon zu bielem Nähen, Stiden und dergleichen Arbeiten herrührt, muß man die Augen ſchonen, d. h. jo wenig wie möglid) bei fünjt- lihem Licht lefen, beſonders nicht, wenn das Licht fladert; niemals in die Flamme jehen, nie int Halbdunfel fißen, nicht lefen, wenn das Buch fich bewegt, nie beim Fahren oder Gehen, aud) nicht im Liegen fondern nur im Gißen, niemals, wenn die Sonne darauf Icheint, niemals, wenn der Sonnenschein durd) gelbe Vorhänge fällt, niemaß, wenn es anfängt allmählic) zu dunfeln. Während des Schlafes darf auch fein Licht auf die Augen fallen; am jchädlichften it das Mondliht. Wer durch Umftände genötigt ift, die Augen viel au gebrauchen, muß oft innehalten und alle 10, 20 Minuten eine Weile in die Ferne fehen, lieber abends zeitig zu Bett gehen und früh bei Licht arbeiten, weil morgens die Augen weit mehr ertragen und leiften fönnen. Bei durch a on geihwächten Augen Hilft oft Ruta, bejonderd wenn alles vor den Augen neblig und trübe erjcheint, wenn man in der Ferne nicht? recht erkennen kann und mandymal Krämpfe in den Augenlidern fich hinzugefellen. Apis hilft bei Augenfchwäche, wenn nach jeder Anjtrengung Schmerzen fommen oder der Augapfel des Nachts viel zudt. Kopfweh infolge von Sehfehlern, mit raſch eintretender geiftiger Crmüdung beim

1% III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

Lejen, Schreiben und dergl. kann durch Onosmodium be— feitigt werden, wenn es troß Berordnnung einer gut pajlenden Brille nicht beſſer wurde.

Anfälle von Blindheit

werden manchmal durch allzugrelle Lichteinmwirfungen herbor- gerufen; jo kann 3. B. jemand plößlich blind werden, wenn er über eine mit Schnee bededte Fläche fährt oder ſich längere Beit in der Nähe eines Feuers aufhält. Infolge davon entjteht dann eine Über- reizung der Netzhaut, die ſchließlich jogar in eine wirkliche Entzün- dung mit völliger Erblindung en kann. Nicht jelten begegnet man aud) im [päteren Berlauf gewiſſer Nierenfrantheiten Anfällen bon Blindheit.

Mer bei blendendem Sonnenſchein über Schneeflächen oder weiße Eandfireden geht oder wer neben grellem feuer zu arbeiten hat, fhüße feine Augen durch eine Brille mit bläulichen oder noch beſſer mit grauen Gläſern.

Aconitum bringt manchmal bei plötzlich auftretenden, lurz⸗ dauernden Anfällen von Blindheit Beſſerung; bei öfter wieder- fehrenden Anfällen ift Mercurius angezeigt, oder wenn der Kranle bereits viel Duedjilber vom allopathiichen Arzte befommen bat, Silicea.

Belladonna ift nüglich bei der Nadhtblindheit, wenn der Kranke von der Tämmerung an nichts mehr fehen kann und be- jonders, wenn oft rote Farbe oder Feuer vor den Augen oder ein bunter Kreis ums Licht erjcheint.

Lycopodium hat ſich bei der Nachtblindheit bewährt, wenn jich zugleich ſchwarze Runlte bor den Augen hin und her bewegen.

Veratrum ijt ebenfalla angezeigt, wenn ſchwarze Punkte bor den Augen erjcheinen; tritt die erwünfchte Beſſerung nicht ein, jo it Hyoscyamus zu verſuchen.

Sulphur, dem man, wenn nötig, noch Silicea oder Phosphorus folgen läßt, paßt bei Unfällen bon Tagesblindheit, in denen der Kranke nur des Abends jehen kann.

Lichtichen.

Wenn der Kranke nichts Helles ertragen Tann, fo liegt diefem Übel gewöhnlich ein zugrunde, gegen das man das entſprechende Mittel wählen muß. Iſt dies nicht der Fall, ſo gibt man morgen? Aconitum und abends Nuxvomica; wird es daraufhin nicht befler, jo läßt man nad) 3 Tagen Belladonna, nach 8 Tagen Mercurius und wieder nad) 8 Tagen Hepar nehmen. Bei der Lichtfucht, d.h. wenn der Kranke nicht hell genug befommen fann, gebe man zuerft Aconitum, dann Bella- donna und fchließlih Sulphur.

2. Krankheiten der Augen. 191

Bei Lichticheu, verbunden mit Kopfmweh, und wenn das Licht einer Kerze dunkel und fladernd erfcheint, gibt man Euphrasia.

Scheint dad Licht don einem Kreis oder feurigen Hof umgeben, oder iſt ed wie Nebel vor den Augen, als ob immer etwas mweg- gewifcht werden müßte, erjcheint alle8 doppelt oder wird es ganz verdunfelt, jo paßt Pulsatilla. _

Belladonna ift angezeigt, wenn der Kranke einen bunten Schein um die Kerze wahrnimmt oder wenn er rote Punkte oder Nebel vor den Augen ſieht; ebenjo bei Doppeltjehen und beginnen- der Blindheit. "

Staphysagria fälltindie Wahlbei Trübfichtigkeit, Schwarzen Streifen im hellen Sehfelde, Flimmern am Tage und Feuer- erfcheinungen oder Schein ums Licht des Nachts.

Das Schielen bei Kindern

ift eine unwillfürliche fehlerhafte Stellung der Augen, die durd) Berfürzung oder Lähmung eines Augenmuskels, durch Sehfehler, Wurmreize oder andere Nerveneinflüfje verurjacht wird. Oft kann man durch paffende Gläfer oder tägliche Übung der Augenmuskeln Abhilfe Schaffen. Sit aber das Leiden ſchon zu weit vorgeichritten, jo fann e3 nur durch die Schieloperation behoben werden. Diefe wird am beiten im 7. oder 8. Lebensjahr vorgenommen. S chie- len bei Sindern, die viel Hite im Kopfe haben, heilt manchmal Belladonna; rührt e&8 von Würmern her, jo paßt Cina oder Spigelia; leidet dad Kind zugleich an Gehirnkrämpfen, io gebe man Cicuta virosa; nad) Scharladh half in einem Falle Rhus, in einem andern Cuprum. Kommt e3 davon, daß das Richt auf einer Seite des Bettes ift, auf der das Kind gewöhnlich liegt, jo lege man e3 einige Beit umgekehrt und ftelle abend? eine Sterze hin, um dad Auge nad) der andern Geite Hin zu gewöhnen, auch lege man da3 Kind fo, daß e3 dag Licht nur von born her be» fommt, oder ftelle, wenn es nicht anders angeht, einen dunklen Schirm davor. Bei größeren hilft das nur felten; man binde ihnen zuerft alle Tage einige Stunden, dann ganze Tage lang das gejunde Auge zu, fo daß fie damit nichts ſehen können und das jchielende Auge defto mehr an da3 Sehen gewöhnen müſſen. Schielen fie mit beiden Augen nad) auswärts, jo Hebe man ein ſchwarzes Pfläfterchen auf die Naſenſpitze; jchielen fie nach der Nafe zu, dann made man ihnen wie den Pferden zwei Blenden von glänzende, jteifem Zaffet. Hilft das alles nicht, fo handelt es fid) um einen Krampf in den Augen oder e3 hat andere Urſachen, worüber man den Arzt fragen muß.

192 III. Die Behandlung der gemöhnlichften Krankheiten.

Dritter Abſchnitt. Srantheiten der Ohren. Allgemeines.

Ohrenkrankheiten find ein meit verbreitete Übel, vor allem unter der Jugend. Bei fchulärztlihen Unterfuhungen hat man feftgeftellt, daß 20—30%, aljo etiva ein Biertel aller Kinder nicht gut hören und dadurd) mehr oder weniger in ihrer geiftigen Ent- wicklung zurüdgeblieben find. Die Schwerhörigfeit ift freilid) nicht immer jo bedeutend, daß fie der Umgebung auffällt. Dr Eerton, ein amerikaniſcher Ohrenarzt, fand bei der Unterfuchung zahlreid;er Schulkinder, daß etiva 13% ftarf jchwerhörig waren und daß nur der fünfte Teil der Kinder felbit etwa3 davon wußte, während dem Lehrer die Schwerhörigfeit nur von einem einzigen Fall befannt war. Slinder, die ſchwer hören, werden von Eltern und Lehrern häufig faljch beurteilt. Cie gelten al zerjtreut, unaufmerffam, teilnahm3lo3, unbegabt, während fie in Wirklichfeit ohrenleidend find.

Die Haupturfachen der weiten Verbreitung von Obhren- krankheiten im Kindesalter find einerjeit3 das häufige Vorkommen der al Nachenmandeln befannten Wucherungen (fiehe Seite 209) und andererjeit3 die zahlreichen Infektionskrankheiten wie Mafern, Scharlach, Diphtherie, Keuchhuften, Influenza ujw., die mit Bor- liebe da3 jugendliche Alter Heimjuchen. Akute Nafen- und Radyen- erfranfungen, die bei Erwachlenen fo oft zu Ohrenkrankheiten Anlaß geben, fpielen bei Kindern eine untergeordnete Rolle.

Obrenleidende müſſen fid) vor Erkältungen und Durchnäſſungen in acht nehmen. Das Untertauchen des Kopfes im Baden ift ihnen ftreng zu unterfagen. Die Ausſichten auf Erhaltung des Gehörs und Heilung des Leidens find gewöhnlich umfo günftiger, je früher mit homöopathiſcher Behandlung begonnen wird. Daß bei Er- franfung eines fo fomplizierten (vermwidelt gebauten), Heiflen und wichtigen Organes, wie e3 dad Ohr ift, nur von ärztlicher Behandlung die Rede fein fann, follte wohl feiner weiteren Begründung bedürfen.

Ohrenentzündung. Entzündung des Außeren ODhres.

Die Entzündung des Ohres iſt gewöhnlich von Nöte, Hite, Anjchmwellung und Schmerzen begleitet. Der Gehörgang verfchließt ſich oft ganz und die Schmerzen fteigern fich derart, daß man das Ohr kaum berühren darf und der Kranke vor lauter Schmerzen zuweilen irreredet oder zu trafen anfängt. Das Übel wird aud) big- weilen durd) Heine Zurunfelim Gehörgang hervorgerufen. Warnıe Anmendungen, beſonders SKamillendämpfe, bringen große Er- leichterung.

Pulsatilla ift angezeigt, wenn außerordentliche Schmerzeit,

3. Krankheiten der Ohren. 193

Reigen, Bohren, Klopfen und Brennen vorhanden find, die den Kranken faſt verrüdt machen.

Mercurius verdient den Vorzug vor Pulsatilla, wenn die Schmerzen von einem eifigen Kältegefühl des erfrantten Ohres begleitet jind und Bettmärme die Beſchwerden verjchlimmert.

Belladonna dagegen paßt, wenn die Entzündung Neiz- erfcheinungen im Gehirn hervorruft und mit großer vnoft, Er⸗ brechen, falten Gliedern und anderen gefährlichen Zufällen ver- bunden iſt.

Wenn Furunkeln die Urſache der Ohrenentzündung ſind, ſo kommt Arnica oder Hepar in Betracht.

Ohrenziwang

oder andere Schmerzen im Ohre Stellen ſich bei einer Reihe bon Ohrenkrankheiten, bejonder8 auch nach Erkältungen ein. Kleine Kinder, die heftig fchreien, gar nicht zu beruhigen find und mit den Händchen oft nad) dem Kopf greifen, leiden faft immer an Ohren- weh. Die wichtigften Mittel dagegen find:

Aconitum: nad) Erfältung durch Bugluft oder kalte Winde; der _ fiebert, hat trodene heiße Haut, ſchreit viel und ift ſehr unrubig.

Cepa: wenn die Schmerzen fi) im Zimmer und nadht3 ver- ihlimmern, auf der linken Ceite ärger find, von Hal oder Kopf nad) dem Ohr ausftrahlen und wenn ein Schnupfen dabei oder borhergegangen ilt.

Chamomilla: einzelne heftige Stiche wie mit einem Meſſer fahren durchs Ohr, diefes ift innen troden und ohne Ohrenſchmalz, es reißt bis ind Ohrläppchen. Der Kranke ift ſehr ärgerlich, übel- nehmerifch, und die Schmerzen jcheinen unerträglid. Die eine Wange ift heiß und rot. Wärme verjchlimmert die Schmerzen.

Belladonna: Anfallsweiſe auftretende, bohrende und ſchraubende Schmerzen, die ſich bis in den Schlund eijtreden. Der Kranke ift fehr aufgeregt, fchreit laut auf im Schlaf und ſpricht verwirrt. Da3 Ohr erträgt nicht die geringfte Berührung und die Schmerzen fteigern jich bei jeder Kaubemwegung.

Mercurius: Ohrenweh bei Kindern mit nächtlicher Ber- ihlimmerung und reichlichen Schweißausbrüden, die nicht Die geringfte Erleichterung bringen. Die Schmerzen jtrahlen big in die Baden aus. Nach Mercurius paßt oft Sulphur.

Pulsatilla: Rheumatifhe Schmerzen im Ohr, die fich oft über die ganze Gejichtshälfte ausdehnen. Zuckend reißende Schmerzen, als wollte etwas zum Ohr herausdrängen. Das Ohr ift auch äußerlich Heiß, rot und geſchwollen. Das Mittel paßt vorzugsweiſe für ſanfte, fröftelnde, weinerlihe Perjonen.

Calcarea carbonica ift bei den allerheitigjten Obren- ſchmerzen angezeigt, die gewöhnlich nur eine Seite befallen und bei

Heringadaehl, 84 13

194 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

denen da3 Klopfen tief im Ohre fo fchmerzhaft empfunden wird, daß der Kranke jchier verzweifelt. Verſchlimmerung redjt3 oder nach Mitternacht, gegen Morgen oder vormittags weiſt ebenfalls auf Calcarea, während Iinkzfeitige, abendliche oder vormiitter- nächtliche Verjchlimmerung eher Sulphur verlangt.

Platina ijt nüglid), wenn der Zwang jehr heftig ift und wie ein Klemmen, Ruden und Rollen in ven Ohren empfunden wird; die Ohren find wie taub und falt mit Kribbeln bis in das Geſicht.

Außerliche Mittel follten nicht angewendet werden; felbft DI kann eine ſchädliche nn haben, heiße Dämpfe können da3 Ohr verbrennen und was einmal verderbt ift, läßt jid) nicht leicht wieder aut machen. Ein Schwamm in warmes Waſſer getaucht und aufs Ohr gebunden, iſt das einzige Hilfsmittel, das zumeilen die Schmerzen lindert und nicht fchadet.

Katarıh und Entzündung des Mittelohred. Ohrenfluß.

Unter Ohrenfluß verjteht man ein Auslaufen von mwäfjerigem oder rahmartigem, gelbem oder grünlidem Schleim und Eiter aus einem oder beiden Ohren. In weitaus den meilten Fällen it der Obrenfluß auf einen Mittelohrlatarch zurüdzujühren. Der Katarrh des Mittelohres ift nicht nur das häufigfte, londern aud) da3 mit den größten Gefahren verbundene Ohrenleiden. Pie Urfachen find jehr verfchiedener Art. Nicht jelten find e8 Crfältungen, Durchnäffungen oder akute Nafen- rachenkatarrhe, die fich durch Heftiges Schneuzen auf die Ohrtrom- pete und bon da auf dad Mittelohr fortpflanzen. Allgemein- erkranfungen wie Scharlach, Mafern, Diphtherie, Keuchhuften und Influenza führen ebenfall3 häufig zu einer Entzündung des Mittelohr3 mit Eiterung, Durchbruch des Trommelfells und Entleerung de3 Eiter3 nad) außen. Die größte Gefahr bei Mittel- obrfatarrhen inch darin, daß der Eiter nicht durch das durdh- brochene Trommelfell nad) außen abfließt, fondern vom Mittel- ohr oder vielmehr vom Warzenfortjaß aus eine ganz dünne Knodhen- Ihicht durchbrechen und in das Innere ver Schäbelhöhle gelangen kann. Die Folge ift gewöhnlich ein Eiterabfzeß oder eine eitrige Gehirnhautentzündung, die meiſtens nad) Furzer Zeit mit dent Tode endigt. Man fei. deshalb bei Ausflüffen aus dem Ohr nicht gleichgültig, jondern ziehe jobald als möglich einen Arzt zu Rate. Würden Ausflüſſe aus dem Ohr immer zeitig genug in richtige Behandlung fommen, jtatt daß die Zeit mit unnügen Hausmitteln bergeudet wird, jo würden Gehirnentzündungen und Todesfälle infolge von Mittelohrentzündungen bald zu den größten Gelten- heiten zählen.

Für jolche Leſer dieſes Buches, für welche tagemweit fein Arzt erreichbar ift, zählen wir in folgendem die wichtigſten Kenn- zeiden der Mittelohrentzüändung auf:

3. Krankheiten der Ohren. 195

Stürmiſches Auftreten der Krankheit kann mit Echüttelfroft beginnen, dem Prudjchmerzen im Ohr und mehr oder weniger ausgeſprochene Schwerhörigfeit folgen. Schließt fi) dad Leiden an einen Najenrachenfatarrh an oder tritt es im Verlaufe einer Infektionskrankheit auf, jo Hagt der Kranke gewöhnlich über an- dauernde heftige Schmerzen nicht allein im Ohr fondern in der ganzen betreffenden Kopfhälfte. Dazu treten Schwindel, Ein- genommenheit de3 Kopfes und Schwerhörigfeit. Kommt es zu Eiterbildung, fo fteigt die Temperatur bis zum Durchbruch des Eiter3 durch das Trommelfell an und beträgt nicht felten 40 Grad Celſius. Ber Durchbruch erfolgt meift ſchon nad) einigen Tagen, es kann aber auch bi3 zu mehreren Wochen dauern. Oft ift ein Einjchnitt ind Trommelfell nötig, um dem Eiter Abflug zu verjchaffen. Zuerſt entleert fi) blutig-wäſſrige Tlüfligfeit, die bald einer mehr oder weniger reichlichen Eiter- abfonderung Pla macht. Mit dem Durchbruch des Eiters laſſen alle Bejchwerden nad) und das Tieber an zurüd. Bedenk⸗ liche Erfheinungen find plöglihes Aufhören des Ohren- fluffes und gleichzeitig auftretende Anſchwellung und Schmerzhaftigleit Hinter der Ohrmuſchel. Sie weiſen darauf Hin, daß fich die Entzündung auf den Warzenfortfag aus⸗ gedehnt hat.

Werden Iangdauernde Auzflüffe aus dem Ohr vernachläfligt, jo entwideln ih Häufig Ohrpolypen, die einen beträchtlichen Teil des Mittelohres und Gehörganges ausfüllen. Die Folge ift vermehrte Schwerhörigfeit und Abgang blutvermijchten Eiters.

Manchmal beruhen he auf fErofulöfer Grund- lage. Dann müjjen die Heilmittel ftetS die beftehende Grund- franfheit berüdlichtigen und darnach gewählt werden. Hin und wieder ift auch ein Fremdkörper im äußeren Gehörgang, ein Stückchen Baummolle, eine Bohne, ein Steindyen und dergl. die Urfache des Ausfluffes. Hier muß natürlich) vor allem der Fremd- förper entfernt werden. Wiederholt machen wir aber darauf auf- merkſam, daß alles Herumbohren und Herumftochern im Ohr mit Haarnadeln uſw. nadıteilig ift. Gelingt die Entfernung des Fremd⸗ förper3 nicht durch Ausſpritzen des Ohres, wie es auf Seite 158 bejchrieben wurde, jo ziehe man einen Arzt zu Rate, dem es unter Beleuchtung des Ohres und mit Hilfe geeigneter Inftrumente bald gelingen wird, den Fremdkörper zu entfernen, ohne irgendwelchen Schaden am Ohr anzurichten.

Sinfprigungen, ſelbſt Dleinträufelungen, find bei Ohrenaus- flüffen eher ſchädlich. Ungefährlich ift nur laumarmes Waffer, foviel zur Reinigung erforderlidh ift. Ebenſo empfiehlt es jich für Ohrenleidende, im Winter oder bei Regenwetter etwas Baummolle ins Ohr zu tun, um Feuchtigkeit und Kälte abzuhalten. Für die⸗ jenigen, die den Rat eined homöopathiſchen Arztes nicht einholen können und unter allopathifcher Behandlung ftehen, ſind in nach⸗

96 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

eng die wichtigften Mittel gegen Ohrenfluß kurz zufammen- geſtellt.

en Nur bei ganz ftürmijch einſetzender Mittelohr- entzündung, die durch Erfältung hervorgerufen wurde und von hohem Fieber, trodener heißer Haut und Unruhe des Kranken begleitet ift.

Ferrum phosphoricum ift viel häufiger angezeigt Aconit, befonderd wenn da3 Ohrenweh nach einer Durchnäffung aufgetreten if. Bulfierende, Hämmernde oder jcharf ftechende Schmerzen mweifen auf das Mittel Hin.

Belladonna: Ohrenfluß nah Scharlachfieber. Haupt- mittel bei grabenden, bohrenden, Elopfenden und reißenden Schmerzen, die fich plöglic) mit größter Heftigfeit einftellen und vom Ohr nad) dem Schlund Hin ziehen. Nachts tritt Verjchlimme- tung ein, Wärme lindert. Daneben befteht heftiges Kopfmweh, Lichtſcheu und große Aufregung.

Baryta muriatica: Erkrankungen des Mittelohres, die bon einem Nachenlatarrh oder einer Mandelentzündung ber- rühren. Die Ohrtrompete ift verſchloſſen. Schwerhörigfeit, Summen in den Ohren oder Knaden im Ohr bei jeder Schlud- bewegung und beim Niejen.

Pulsatilla: Ohrenfluß nad) Mafern oder halbakute Fälle bon Mittelohreiterung mit fchießenden, reißenden, pullierenden, herausdrängenden Schmerzen. Neichlicher, dider, gelblicher Eiter- ausfluß; Schwerhörigfeit, als ob die Ohren zugeftopft wären.

Hepar sulphuris: Afute Mittelohrentzündung mitdrohen- der Citerung oder afute Berjchlimmerung langmwieriger Obren- flüffe oder Ohrenfluß nad) Schaclach. Das Ohr ift ſchmerzhaft und außerordentlich empfindlich) gegen Berührung. Berfchlimme- rung nacht3 und in Falter Zuft. Unter dem Einfluß von Hepar wird der Durchbruch des Eiter3 durd) da3 Trommelfell bejchleunigt.

Mercurius: Obrenfluß nad) Boden. Langmwierige Ohren— flüffe mit dünnem, fcharfem, übelriechendem, häufig auch blut- untermifhhtem Auzfluß. Die Schmeizen find ftehend und reißend und Strahlen nad) den Zähnen und dem Geſicht aus. Unterkiefer und Ohrfpeicheldrüfen find angejchwollen. Reicht das Mittel bei langwieriger Ohreneiterung nicht aus, fo aibt man nad) einiger Zeit Sulphur und fpäter nötigenfall3 noch Calcarea carbonica.

Hydrastis canadensis: Rein fatarrhalifche Mittelohr- erfranlung mit gelbem, didem, fadenziehendem Ausfluß aus dem Ohr. Naſe und Rachen fondern denfelben zähen Schleim ab. Kalibichro micum: hat ähnliden Schleimfluß. Dabei klagt der Kranke über ſcharfe, ftechende Schmerzen teils im Ohr teils im Rachen.

Silicea: 2angdauernder Eiterausfluß bei Zörperlich herab- efommenen Berjonen oder foldhen, die mit großen Mengen DQued- Fiber behandelt wurden. Dinner, äußerft übelriechender Ausfluß,

3. Krankheiten der Ohren. 197

der häufig Knochenſplitter mit jich führt. Der Kranke neigt fehr zu Schweißausbrüchen, empfindet ſtarkes Juckgefühl in der Gegend der Ohrtrompete und Hagt öfter3 über ſchießende Schmerzen durchs Ohr. Silicea begünftigt die Vernarbung des Trommelfells.

Tellurium: Langwieriger Obrenfluß mit reichlicher dünner, Iharfer und übelriechender Abfonderung. Der Gehörgang. ift empfindlich und fehmerzhaft bei Berührung.

Capsicum: Hinter dem Ohr tritt eine fchmerzhafte An- ſchwellung auf. Per Kranke leidet an fchießenden, drüdenden Schmerzen im Ohr, an Schüttelfroft und großem Durft. Er hat die Empfindung, ala mwolle der Kopf zerfpringen. Capsicum ift ein unentbehrlicheg Mittel bei Entzündung des Warzenfortfates und hat noch inden verzmweifeltiten Fällen geholfen, als eine Opera- tion ſchon unvermeidlich fchien.

Ohrenjaufen

tritt oft als Begleiterfheinung von Ohrenfluß, Schwerhörigfeit und anderen Obhrenleiden auf, ift aber auch mit Blutandrang nad) dem Kopfe, Bleichjucht, Blutarmut, Arterienverfalfuna, mit Gehirn- und Nerventrankheiten verbunden. Auch gewiſſe Arzneimittel, wie 3. B. Chinin und Salicyljäure fönnen nach längerem Gebraud) in großen Gaben Ohrenfaufen hervorrufen. Für alle diefe Fälle fehlage man die entiprechenden Abhandlungen über die Grund- rankheiten nad). Im übrigen feien folgende Mittel genannt:

Nux vomica: Durch Erfältung friſch entftandenes Ohren- faufen, morgens |chlimmer.

Pulsatilla: Berfchlimmerung abends.

Dulcamara: Verſchlimmerung nachts.

China: Feines Ohrenſauſen mit Klingen und Singen; nach ſtarken Blutverluſten, nach ſchweren Fiebern, Leberbeſchwerden oder Quechſilber mißbrauch.

Carbo vegetabilis: Ohrenſauſen mit Brummen und Summen; paßt gut nach China.

Cepa: Ohrenſauſen durch feuchtes Wetter entſtehend oder verſchlimmert; ſchlimmer im Zimmer und nach dem Niederlegen, das Gehör beeinträchtigend; dabei Schmerzen im Halſe, Tränen der Augen, häufiges Harnlaſſen.

Sulphur mit nachfolgendem Aconitum: Sehr empfind- lich gegen Geräuſche.

Sanguinaria: Brummen, Summen und Brauſen im Ohr, ſchmerzhafte Empfindlichfeit gegen Geräuſche.

Causticum: Öbrenfaujen mit großer Empfindlichkeit gegen falten Wind; unangenehmer Widerhall der eigenen Stimme; viel Reifen in den Gliedern.

198 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Schwerhürigteit

hängt öfters mit Erkrankungen des Mittelohred und der Nafer- und Rachenſchleimhaut zufammen. Es gibt aber auch eine nervöſe Schwerhörigfeit, die durch Heftige Erſchütterungen, langdauernde Sieberkrankheiten oder andere Überreizungen der Gehörnerven hervorgerufen wird. Sehr oft entiteht Schwerhörigfeit durch Ver— ftopfung der Ohren mit verhärtetem Ohrenſchmalz. Wenn man den Kranken fo fett, daß helles Sonnenlicht in das Ohr hineinfällt, fo fann man den Ohrſchmalzpfropf nicht felten deutlich wahrnehmen. Ihn aber felbft mit einem Snftrument entfernen zu wollen, it äußerft töricht. Es gelingt nur felten, der Pfropf wird im Gegenteil meiftend nur noch tiefer in3 Ohr geſchoben. Am einfachiten lafjen ſich Ohrſchmalzpfröpfe durch Einträufelungen von gereinigtem Slyzerin oder Süßmandelöl und nachherige Auzfprigung des Ohres mit lauwarmem Wajfer entfernen. Auch die größten Stüde vertrodneten Ohrenſchmalzes können auf diefe Weife leicht, ficher und ohne jeglichen Nachteil für den Kranken herausbejördert werden.

Rührt dagegen die Schmwerhörigfeit von zu großer Trodenheit der Ohren her, befteht ein Mangel an Ohrenjchmalz, fo hilft ge- reinigtes Glyzerin oder Olſüß. Man fofte es aber, ehe man es an- wendet, ob es füß jchmedt; ſchmeckt e3 fäuerlich, fo ift e8 dem Ohr ichädlich. Läßt man einen Tropfen auf einem Stüdchen Glas mit einem Tropfen Salzwaſſer zufammenlaufen und zeigt fid) etwas Trübes, dann taugt es nichts. Diefes Olſüß ift aber nur wie eine Krüde für den Lahmen. Man muß die Krankheit Heilen laffen und einen guten homöopathiſchen Arzt fragen. Kann man feinen folhen haben, jo mag man eines der folgenden Mittel verjuchen.

mit vielem Singen, Klingen und Zwitſchern kann manchmal durch Veratrum gehoben werden. Iſt es mit Ohrenfluß verbunden, fo vergleiche man die im betreffenden Ab— Ichnitt empfohlenen Mittel. Ohrenfaufen nach Mafern verlangt Pulsatilla oder Carbo vegetabilis; nad) Scharlach Belladonna oder Hepar; nad Poden Mercurius oder Sulphur; Scmwerhörigfeit mit Schnupfen und Bejchwerden im Hal, die durch Schluden erleichtert werden, erfordert je nad) den Symptomen (fiefe „Schnupfen”) Chamomilla, Ar- senicum oder Lachesis. Zunehmende Schwerhörigfeit bei langwieriger Mittelohreiterung oder infolge eines Nafenrachen- fatarrh3, der ſich auf die Ohrtrompete fortpflanzte, fpricht für Kalı muriaticum; Schwerhörigkeit infolge geſchwollener Mandeln im Halfe läßt ji dur Baryta carbonica oder Mercurius befeitigen. Bei Schwerhörigfeit nad) Arbeiten im Waller oder bei jFrofulöfen Kindern mit langwierigem Ohrenfluß und Ohrpolypen Hilft Calcarea carbonica. Wenn durd) Erkältung entftandene reißende Schmerzen aufs Ohr fallen, gibt man Bryonia. Rührt die Schmwerhörigfeit von unterdrüdten

3. Krankheiten der Ohren. 199

Hautausfchlägen, vertriebenen Gejchwüren oder anderen Aus- flüffen her, jo find Sulphur oder Antimoniumcrudum angezeigt. Schwerhörigfeit nach Nervenfieber Heilt Arnica oder Phosphori acidum. Schwerhörigkeit infolge Erkran— fung de Gehörnerven, wobei die Hörfähigfeit für Hohe Töne nod) gut erhalten, für tiefe nahezu aufgehoben ift, weift auf Cheno- podium; Schwerhörigkeit mit Ohrenfaufen und Schwindel ver- langt Acidum salicylicum.

Man Hüte ſich vor allen Mitteln, die von außen in da3 Ohr gebracht werden. &3 ift ein großer Irrtum, anzunehmen, die Ohren fünnten mehr ertragen al3 die Augen; im Gegenteil, das Gehör- organ ift noch weit empfindlicher, nur machen fich die ſchädlichen Folgen einer faljhen Behandlung nicht fo rafch bemerkbar. Im Ohre heilt alles ſchwer und langſam, vieles überhaupt nicht, während in den Augen alles viel leichter wieder gut wird.

Die Ohrendrüjenbräune,

auch Bauernwetzel, Mumps, Biegenpeter, Ohrſpeichel— drüſenentzündung oder Wochentölpel genannt, iſt eine Geſchwulſt der großen Speicheldrüſe, welche vor und unter den Ohren liegt. Sie tritt beſonders häufig bei Kindern auf und iſt nicht gefährlich, wenn ſie nicht zurüdichlägt und einen andern Körperteil befällt. Manchmal ſchwillt der ganze Hals mit an, die Kranken können 3 big 4 Tage weder fauen noch) fchluden, Hagen über durchichießende oder ftechende Ohrenſchmerzen und gänzliche Appetitlofigfeit. Aber auch damit ift feine Gefahr verbunden. Bei Erwachſenen verſchwindet die Geſchwulſt am 5. bis 7. Tage oft plöglich und kommt an den Brüften (oft auch an den Eierſtöcken) oder den Hoden zum Borjchein, die zumeilen jchmerzhaft find und rot werden, oder e3 jtellen ſich Leibweh oder andere Krankheitszeichen ein. Man fei daher während diejer Zeit befonder3 vorfichtig, Halte die Kranken warm, doch nicht übertrieben, vermeide jede Erkältung, Erhitzung und alle fcharfen und erhigenden Speiſen und Getränle. Außerlich darf nicht? getan werden. Man binde höchſtens baumtmol- lene oder leinene Tücher, aber feine ſeidenen oder ſchafwollenen um.

Mercurius ift eine der Hauptmittel gegen dieſes Übel; es paßt bejonderd gegen nachts auftretende, bohrende, reißende Schmerzen, bei großer Empfindlichkeit der erkrankten Drüſe und üblem Mundgeruch. Am fpäteren Verlaufe kommt es hauptjächlich bei drohender Eiterbildung in Betradit.

Belladonna ift angezeigt, wenn die Geſchwulſt jehr rot und jchmerzhaft ift oder wenn die Krankheit zurüdgeht und Gehirn- erfcheinungen hervorruft, jo daß die Kranken fat frei von jeder Geſchwulſt, aber beinahe bewußtlos daliegen und irrereden. Werden die Hoden in Mitleidenfchaft gezogen, jo gibt man Pulsatilla und nad) einigen Tagen Mercurius oder Sulphur, Neuer-

200 II. Die Behandlung ber gewöhnlichften Krankheiten.

ding3 wird ganz beſonders Clematisgegen eine derartige Hoden- entzündung empfohlen. Wenn die Kranken mehr jchleihendes Fieber haben, die Geſchwulſt härter wird, ſich nicht zerteilen will oder zurüdichlägt und Magenbeſchwerden hervorruft, Hilft Carbo vegetabilis oder bei jchleichendem Fieber Cocculus.

Hyoscyamus ift angezeigt, wenn nad) Belladonna inner- halb 36 Stunden feine Beſſecung eintritt.

Gegen Ohrendrüjenbräune verbunden mit Heilerfeit paßt faft immer Carbo vegetabilis..

An Rhustoxicodendron iſt zu denfen, wenn die An- ſchwellung dunfelrot und die Iinfe Ceite befallen ift oder wenn die Entzündung nah Scharlachfieber auftritt.

Vierter Abjchnitt.

Krankheiten der Naſe.

Ausſchläge an der Raje.

Die Umgebung der Körperöffnungen find bevorzugte Stellen für die Entitehung von Hautausfchlägen. Ganz bejonders trifft dies bei der Nafe zu, wo die Übergangsitelle der Haut in die Schleim- haut vielen fchädlichen Einwirkungen ausgefebt ift, wie 3. B. Er- fältungen, Tatarrhalifchen Erkrankungen und Übungen durch fcharfe Ausflüffe, mechanischen Reibungen durd). den häufigen Gebraud) des Tajchentuches und bei Kindern durch Herumbohren in der Nafe mit unfauberen Fingern. Die widhtigfte und häufigste Urfache von Ausschlägen an der Nafe, feien e8 Bläschen, Schrunden, Borken oder einfache entzündliche Veränderungen am Nafeneingang mit Anſchwellung und Röte der Oberlippe ift eine fErofulöje Körper- anlage. Dieſe muß daher hauptjächlich bei ver Wahl des Arznei- mittel3 berüdjichtigt werden. Die wicdtigften Mittel gegen Haut- ausſchläge an der Nafe find daher: Sulphur, Silicea, He- par sulphuris, Graphites und Mercurius. Nähere Angaben darüber find unter „Skrofuloſe“ auf Seite 373 zu finden. Borken und Kruſten müffen durch Einreiben mit reinem Fett ermweicht und losgelöft werden. Iſt auch die Sfnnenfeite der Nafe mit Borken bebedt, fo führe man mittelft eines Glasſtäbchens täglich etiwag Borlanolin in die Nafe ein.

Geſchwulſt der Naſe.

Arnica: Verletzungen durch Schlag oder Stoß, Kribbeln oder Schmerz in den Naſenknochen.

Belladonna Geſchwulſt infolge Schnupfens, die Naſen⸗ ränder geſchwollen und wund; Röte, Hitze und Schmerz bis nach

4. Krankheiten der Nafe. 201

innen, Brennen, Stehen und Trodenheit, Geruchlinn bald zu —— bald zu ſchwach. Wenn Belladonna nicht ausreicht, epar.

Mercurius: Geſchwulſt der Nafe bei mwäfjerigem, wund— madendem Fließfchnupfen, mit Juden und Schmerzen in den Knochen bei jedem Drud. Nach Mercurius allenfallg nod) Hepar oder Belladonna.

Bryonia: fchmerzhafte, langwierige Naſengeſchwulſt. Bei Schwarzen Stridden auf der Nafe iſt Sulphur zu empfehlen.

Nafenröte,

Die Anjicht, daß eine rote Naſe ftet3 auf übermäßigem Alkohol⸗ genuß beruhe, ift entſchieden irrig. Trinker, beſonders Brannt- weintrinfer find ja freilich jehr Häufig damit behaftet; doch gibt es viele recht mäßig lebende Menfchen, die eine rote Nafe haben. Blut- arme Perſonen erfrieren manchmal an fühleren Wintertagen die Naſe, die infolgedefjen dauernd gerötet bleiben Tann. Cbenfo find oft Berdauungzftörungen, beſonders Hartnädige Stuhlver- Fr ger Herzleiden verjchiedener Art die Urfache einer Naſen— röte. Die eigenartige Verfärbung der Naſe wird durch eine Er- - weiterung der in der Haut eingebetteten Keinen Blutgefäßchen herborgerufen.

So ungefährlich an ſich in den meiften Fällen dieſes Übel ift, jo unangenehm wird ed vom Kranken empfunden, zumal da er recht oft die Zielſcheibe ſchlechter Wie wird. Um die Nöte zu bejeitigen, muß der Patient alle zu diefem Übel führenden Urſachen jtreng zu meiden ſuchen. Beſonders wichtig ift die Unterlafjung oder größte Einjchränfung des Genuſſes geiftiger Getränke. Homöo⸗ pathiſche Mittel können die Heilung einer roten Nafe weſentlich unterftügen und bejchleunigen.

Cantharis paßt 3. B. bei Röte und glänzender Geſchwulſt der Naſe mit Spannen. Arsenicum fommt bei langiieriger Nöte in Betraddt, Ruta im Wechfel mit Rhustoxicoden- dron, wenn die Nafe fupferig und voller Blüten ift, ſei die Urfache Akoholmißbrauch oder nicht. Iſt nur die Nafenjpike gerötet, fo hilft Rhus toxicodendron; treten rote Tleden auf der Nafe auf: Acidum phosphoricum; ift die Nafe zugleid) voller Warzen: Causticum.

Naſenbluten.

Obgleich das Naſenbluten meiſt zu keinerlei Beſorgnis Anlaß gibt, ſo begegnet man doch mitunter Blutverluſten, durch die das Leben eines Kranken ernſtlich in Gefahr geraten kann. Dies iſt ganz beſonders bei Perſonen der Fall, die herz- oder nierenleidend find, die an Blutarmut und Bleichfucht leiden oder an einer In⸗ fektionskrankheit wie Diphtherie, Poden, Influenza, Scharlach,

202 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Mafern oder Typhus darniederliegen. Weniger gefährlich, oft fogar erleichternd wirkt das Nafenbluten, wenn e3 feine Entftehung einen Blutandrang nad) dem Kopf, einem Herzllappenichler, dem Ausbleiben der Regel oder der Unterdrüdung von gewohnheits- mäßigen Hämorrhoidalblutungen verdantlt.

Viel häufiger rufen örtliche Urſachen Rafenbluten hervor, und dann hat e3 nur felten größere Bedeutung.

infolge des großen Reichtums der Nafenichleimhaut an Blut- gefäßen können jchon Berletungen leichter Art Blutungen verur- ſachen. Ein Schlag oder Stoß auf die Nafe, heftige Erfchütterungen des Körpers, bei Kindern beſonders Bohren oder Einführen von Fremdkörpern in die Nafe führt Häufig Najenbluten herbei. Nicht jelten fteht e8 auch im Bufammenhang mit Erkrankungen der Nafen- Ichleimhaut, bejonders foldyen, die mit Geſchwürs- und Borlen- bildungen einhergehen. Auch Stauungen im Rüdjluß des Venen- blute3 nad) dem Herzen durch enge Kleidungsſtücke, enge Hemden, enge Halskragen, Kropfbildungen und vergl. können Nafenbluten berurfachen.

Bei dem gewöhnlichen einfachen Nafenbluten genügt es meift, dem Blutenden etwas kaltes Waſſer in den Naden zu träufeln oder ihn bei geöffnetem Munde tief Atem holen zu laſſen oder ihm zu raten, den Arm derjelben ©eite, aus der der Blutausfluß jtattfindet, - gerade über den Kopf in die Höhe zu ftreden.

Tritt auf diefe einfachen Hilfsmittel feine Beſſerung ein, fo verliere man vor allem die Ruhe nicht, fondern fuche die Blutung zu ftillen, indem man einen Pflod aus Wundwatte, der nad) Um- fang und Länge etwa dem Daumen der blutenden Perſon entſpricht, unter jchraubenartigen Prehungen in die Nafenhöhle einführt und den entjprechenden Nafenflügel Fräftig gegen die Watte drückt. Gewöhnlich hört die Blutung ſchon nad) 10 Minuten auf, doch ift es an den Wattepflod noch 24 Stunden in der Nafe liegen zu laſſen.

Hört troßdem das Nafenbluten nicht auf, ift fein Arzt in der Nähe und fühlt der Kranke bereits die Folgen des Iangandauernden Blutverluftes, fo verfuche man als letztes Mittel etwas Hitronen- laft in die blutende Nafenhöhle einzufprigen. Um eine fichere Wirkung zu erzielen, [pült man zuerft die Naje mit warmem Waſſer aus, fprigt dann etwas Bitronenfaft hinein oder befeudhtet einen Wattepfropfen damit, der dann einige Zeit in der Nafenhöhle liegen bleibt.

Bei langanhaltendem Nafenbluten ift eg übrigens ftet3 ratſam, einen Arzt herbeizuholen, dem e3 durch Ausftopfen der Najenhöhlen und de3 Naſenrachenraumes meift gelingt, die Blutung zum Gtill- ftand zu bringen. Nach der Blutitillung verhalte man fid) noch eine Zeitlang ruhig und unterlafje alle körperlichen Bewegungen, lautes Sprechen, Schneuzen und vergl. Auch darf der Kopf nicht gebeugt werden, weil die Blutung dadurch begünſtigt wird.

4. Krankheiten der Naje. 203

Bon den homöopathiſchen Mitteln haben ſich die folgenden am beiten bewährt:

Arnica: Nafenbluten nad) einem Stoße oder wenn Kribbeln in der Nafe oder in der Stirn vorherging, die Naſe heiß, das Blut flüffig und hellxot ift. Es eignet fich bejonders für Männer.

Pulsatilla: Namentlid für Frauen von janfter, ftiller Gemütsart, die ihre Regel nur ſchwach haben; während eines Schnupfens ftellt ſich Nafenbluten mit abwechſelndem Fließen und Berftedtjein der Naſe ein.

Aconitum: Heftiges Nafenbluten nad) großer Erhigung oder Aufregung, von Blutandrang nad) dem Kopf oder vom Wein- trinken; tritt nicht bald Beſſerung ein, jo gibt man Bryonia, eine3 der vorzüglichſten Mittel für junge, vollblütige Perſonen und für Mädchen, die an Stelle ver Regel alle 4 Wochen aus der Naſe bluten.

China: Rafenbluten bei ſchwächlichen Kindern mit blaſſem Geſicht, Zudungen und Kälte der Glieder, allgemeine Schwäd;e und Blutarmut infolge Häufig wiederlehrender, anhaltender Blutungen.

Crocus: Abgang dunkler, zäher Blutkflumpen, Falter Stirn- ſchweiß während der Blutung. |

Hamamelis: Langjamer Abfluß von dunklem Blut, da3 wenig Gerinnfähigfeit befitt, mit Drud und Spanngefühl über der Nafenmurzel. | Mercurius: Nafenbluten, Hauptfählih nachts mährend

des Schlafes; da3 Blut gerinnt beim Auzfließen jogleich und hängt in Bapfen an der Nafe; nächtliche Fieber dabei.

Cina: Für Kinder, die an Würmern leiden und durd) Reiben und Bohren in der Nafe die Blutung hervorrufen.

Sulphur hilft manchmal Perjonen, die fehr oft von Najen- bluten befallen werben.

Secale paßt am bejten, wenn da3 Najenbluten die Folge großer Körperſchwäche ift.

Ozaena (Stintnafe).

Mit den Worten Ozaena oder Stinfnafe bezeichnet man einen chroniſchen Katarrh der Najenjchleimhaut, der mit großem Troden- heitgefühl in Naje und Hals und mit Geſchwürs- und Kruſten⸗ bildung verbunden ift. Die Krankheit eine der läftigften und hartnädigften, die e8 überhaupt gibt verdankt ihren Namen dem mwiderlichen, oft geradezu efelerregenden Geruch, der der Naſe eines ſolchen Kranken entjtrömt. Eine der häufigsten Urfachen ift die Syphilis. Außerdem können fortgefegte Reizungen der Najenfchleimhaut durch Übermäßiges Schnupfen, durch Staub, Sägeſpäne und dergl. oder on durch Fremdkörper zu diefem Übel Anlaß geben. Sehr oft leiden jüngere, in der Ent« widlung ftehende, befonder3 bleichjlichtige Mädchen daran.

204 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Die Ausficht auf Heilung ift nur dann günftig, wenn der Kranke die Natichläge des Arztes, beſonders in bezug auf NReinlichkeit genau und ohne die Geduld zu verlieren, monate», wenn nötig fogar jahrelang befolgt. Die Auflöfung der Kruften in der Nafe erreicht man am beiten durd) Beftreichen mit Lanolin, Bajelin oder Süßbutter oder mit Glyzerin getränften Watteftüden. Dann fpüle man beide Nafenhöhlen mittelft eines Irrigators aus. Als Spülflüffigkeit eignet fi) befonders Calendula-Tinftur, mit zehn Teilen reinen Waſſers verdünnt oder eine ſchwache Kochſalzlöſung (4, bis 1 Kafjeelöffel au 1 Liter Wafler). Dieſe Ausjpülungen müffen monatelang täglid) vorgenommen werden. Dabei ift ganz bejonder3 darauf zu achten, daß der Spülbecher nur etwa 4, Meter über dem Kopf des Kranken hängt, damit die Spülflüffigfeit nicht durch zu Starken Drud nad) dem Mittelohr Hingetrieben wird.

Sind Syphilis, Tuberfulofis oder Skrofulofis die Urfache des Übels, fo gibt man eines der befannten Konftitutionsmittel: Cal- careacarbonica, Thuja, Mercurius oder Sulphur.

Kali bichromicum paßt bei Abſonderung diden, zähen, fadenziehenden Schleimes oder wenn ſich dide Kruſten in der Nafe bilden und der Kranke viel über Stirnkopfweh Tlagt.

Aurum ift befonder3 bei fophilitifcher Ozäna angezeigt und wenn bereit3 der Knochen angegriffen ift. Die Nafe ijt mit grün— gelben blutigen Borken gefüllt. Der Kranfe Hagt viel über Kopf—⸗ fchmerzen, die durch warmes Einhüllen des Kopfes gebefjert werden. Nach Aurum gibt man Nitri acidum oder Silicea.

Silicea: Schmerzhafter, trodener Naſenkatarrh mit Bildung bon Geſchwüren in der Nafe. Oberlippe und Najeneingänge find infolge des fcharfen eitrigen Ausfluſſes mund. Der Rachen ift troden und die Schleimhaut mit Kruften oder didem grünlichem, übel- riedendem Schleim bededt.

Graphites: Die Nafe ift mund und geſchwürig; der Nafen- geftant ift während der Regel viel Schlimmer; der Kranke erfältet jih beim geringften Anlaß.

Bei ſachgemäßer Behandlung und richtiger Wahl des paſſenden Mittels laſſen fich auch bei diefem Jäftigen und hartnädigen Übel noch gute Erfolge erzielen.

Schnupfen.

Der akute Najenkatarrh, kurzweg Schnupfen genannt, verdanft feine Entjtehung in den meiften Fällen einer Erkältung oder Durch⸗ näſſung. Doc) können auch Reizungen der Nafenfchleimhaut durch Rauch, Staub, Schnupftabat, Sägeſpäne, fcharfe Gerüche, Yod- mißbrauch und dergl. Anlaß dazu geben.

Ob es aud) einen auf Anftedung beruhenden Schnupfen gibt, ift noch nicht ficher feftgeftellt. Jedenfalls kommt e3 oft vor, daß mehrere Mitglieder einer Familie oder Schüler, die in der Schule nebeneinander fiten, gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander

4. Krankheiten ver Rafe. 205

Schnupfen befommen. Oft ift er auch ein Vorbote von Mafern oder Influenza, zumeilen auch eine Begleiterfcheinung von Diph- therie, wenn dieje ihren Sitz in der Nafe hat.

Den eigentlichen Erfcheinungen des Schnupfens geht gewöhnlich Fröftelgefühl, Müdigkeit, Kopfweh und Unluft zu Lörperlicher und geiftiger Arbeit voraus. Nach einigen Stunden oder Tagen beginnt der Kranke zu niejen, eine reichliche wäſſerige Schleim- abfonderung jtellt jich ein, die bald einem dideren, zum Schluß grünlichgelben Ausflug Pla madt. Für den ganzen Verlauf eines Schnupfen3 rechnet man 8—10 Tage. Schwellen die Schleim- häute ftarf an, jo wird der Atemluft der Durchgang durch die Nafe verwehrt und man fpriht dann von Stockſchnupfen.

Solange der Katarrh auf die Schleimhaut det Naſe bejchränft bleibt, ift der Schnupfen ein harmlofes Übel. Dehnt er ſich aber auf die Kiefer- oder Stirnbeinhöhle oder nad) dem Mittelohr aus, fo kann er ernite Folgen nach fich zieden. Im Gäuglingäalter ift übrigens auch der einfache Schnupfen von erniter Bedeutung, weil die Nafenatmung dadurch behindert und die Ernährung außer- ordentlich erjchwert if. Bei Säuglingen muß man daher den Schnupfen möglichſt zu verhüten fuchen, indem man da3 Kind warm fleidet, ihm feine zu Fühlen Bäder gibt, e3 vor Zugluft und Kälte in acht nimmt und niemand in feiner Nähe duldet, der mit einem Schnupfen behaftet ift.

Wer immer wieder an Schnupfen leidet, juche feine über- empfindliche Haut gegen Kältewirfung abzuhärten, indem er ſich an Zuftbäder und fühle Abwafchungen gewöhnt. Man beginne damit in der wärmeren Jahreszeit und nehme zu den Abwaſchungen allmählich immer fühleres Waffer.

Die Kleidung muß dem Klima und der Jahreszeit angepaßt fein. Dabei ift jede Übererwärmung zu vermeiden. Per Hals foll frei fein, Halstücher, Pelze und hohe Halsfrägen find ſchädlich. Kalte Füße fuche man durch fleißiges Bewegen oder durch Gebrauch bon Wechjelfußbädern zu befeitigen.

Unter den zahlreichen Homöopathifchen Arzneimitteln, die gegen nn empfohlen werden, haben fic die folgenden bejonders

emwährt:

Mercurius: Sauptmittel bei epidemiſch aujtretendem Schnupfen (manchmal aud) bei Influenza oder Grippe). Biel Niejen, wäſſeriger Ausfluß tröpfelt aus der Nafe, die abend3 ge- ſchwollen und wund ift, die Schleimabfonderung Hat einen üblen Geruch, der Kranke Hagt über Kopfichmerzen in Stirn und Wange, die Nacht Hindurch hat er viel Durft und ſchwitzt, die Wärnte ift ihm läftig, aber auch die Kälte erträgt er nicht. Der Schnupfen ift von Fieber begleitet und tritt morgen am ftärfjten auf. Merour ift hauptſächlich nüßlid) beim Schnupfen Heiner Kinder und bei Najen- katarrhen, die durch zurüdgefchlagenen Schweiß entjlanden find und mit Fieber und Schmerzen in den Gliedern einhergehen.

206 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Hepar sulphuris gibt man folchen, die jchon viel Mer- curius befommen haben, oder wenn nad) Mercurius zuerft Beffe- rung und dann plöglid) wieder eine Verfchlimmerung folgt, eben- fo wenn jeder kalte Luftzug neuen Schnupfen und Kopfweh her- vorruft, wenn letzteres durch jede Bewegung fchlimmer wird und der Schnupfen nur ein Nafenlod) befallen hat. Tritt im Verlauf von 12 Stunden feine Befferung ein, fo ift Belladonna zu verfuchen.

Gelsemium paßt ebenfall3 bei epibemifch auftretendem Schnupfen (namentlich bei Influenza), mit fcharfem, wäſſerigem Ausflug aus der Nafe, ſtarkem Juckreiz in der Nafe, viel Niefen, Böllegefügl im Kopf, allgemeiner Froſtigkeit und Verlangen nad) Wärme. Jede Wetterveränderung, insbeſondere warme, er- fchlaffende Witterung verurfacht Rüdfälle.

Lachesis fommt bei fehr heftigem Schnupfen mit maffen- haftem mwäfferigem Ausfluß, der Wundheit und Anfchwellung her- porruft, in Betradit.

Cepa: Gemöhnlider Schnupfen, der durch feuchtes, reg- nerifches, windiges Wetter verfchlimmert wird, meift links anfängt und dann erft nad) recht? übergeht; Fließſchnupfen mit vielem Niefen und Tröpfeln aus der Naſe, Wundheit und Brennen ver Naſe und Oberlippe,: Augentränen, —— Durſt, Kopfſchmerz, Schmerzen in den Zähnen oder in allen Gliedern, ſchlimmer des Abends mit Hitze, beſſer im Freien und in der Kälte, aber immer wieder ſchlimmer, ſobald man in die warme Stube kommt.

Arsenicum: Hauptmittel bei Stockſchnupfen. Pie Naſe iſt verſtopft und fließt doch. Der Ausfluß iſt nicht übelriechend, aber fehr Icharf, brennt von innen und außen und macht die Nafe mund oder ruft Nafenbluten hervor. Der Kranke Flagt über Brennen wie bon Teuer, trinkt oft, aber wenig, ift ungewöhnlich ſchwach, unruhig und ängſtlich, kann nicht ruhig liegen und nachts nicht und verlangt nach Wärme, die ihm ebenſo wie Bewegung ——

ux vomica: Wenn Arsenioum nicht hilft; der Schnupfen fließt tagsüber, ſtockt aber abends und nachts. Dumpfe, Schmerzen über den Augen zeigen an, daß ſich der Katarrh auf die Stirnbein- höhlen ausgedehnt Hat. Der Mund ift troden ohne viel: Durft. Der Kranke leidet an Stuhlverftopfung mit vergeblibem Drang.

Pulsatilla: Häufiger Wechfel zwiſchen Trodenheit und Aus- fluß aus der Nafe. Abjonderung diden, gelblicjen, wohl auch grünen, übeltiechenden Schleimes, der aber die Nafe nicht fo ftark angreift. Der Kranke nieft, ſobald er in einen erwärmten Raum oder in die Nähe des Ofens kommt, fühlt ſich in friſcher Luft wohler. Verluſt des Geruchſinnes; die Eßluſt fehlt.

Euphrasia: Schnupfen und Nieſen den ganzen Tag über, dabei reichliches Tränen der Augen mit großer Lichtfcheu. Ver Nafjenauzfluß ift mild, die Augenabfonderung ſcharf und mund- machend (alſo umgelehrt wie bei Cepa).

4. Krankheiten der Nafe. 207

Sambucus: Sauptmittel beim Schnupfen Heiner Finder. Das Atmen durd) die Nafe ift fehr erfchwert, die Kranken fahren plöglich während des Schlafes in die Höhe, um Quft zu fchnappen.

Beilangmwierigem Schnupfen, der jehr oft wiederfommt und entweder fließend oder verftopft ift, hilft oft Silicea und fpäter, namentlich bei zahnenden Sindern, Calcarea carbonica.

Burfidgetretener Schnupfen erfordert:

Aconitum, wenn Kopfmweh entiteht.

Pulsatilla oder China, wenn Aconit den Schnupfen nicht raſch wiederbringt.

Spigelia bei jehr heftigen Kopffchmerzen, bejonder3 über dem linfen Auge.

Belladonna, wenn die Kopfichmerzen über die ganze Gtirne verbreitet, mehr klopfend oder rechts fchlimmer find. Gelber eiterartiger Schleim fließt aus der Nafe.

Arsenicum: Pie Schmerzen fommen immer abends auf einige Stunden.

Ipecacuanha: Ausdehnung des Katarrhs nad) unten; die Brust ift angegriffen; der Atem erfchwert.

Bryonia und Arsenicum: Falls Ipecacuanha nicht ausreicht.

Sulphur für die hartnädigften Fälle.

Man laſſe den Kranken nad) zurüdgetretenem Schnupfen heißes Waſſer mit Mil und Zuder trinfen und die Dämpfe davon in die Naſe einatmen. Ein Schnupfen darf nie durch Gemaltmittel unter- drüdt werden.

Der Heuschnupfen

wird durch die Pollen blühender Gräfer und Getreidearten ver- urjacht, wenn diefe, in der Quft zerjtreut, in die Nafe gelangen. Sie enthalten einen Siftftoff, der auf hemijhem Wege einen Neiz- zuftand der Schleimhaut bewirkt; diefer äußert fi) in einem un- widerftehlihen Kitel in der Nafe, häufigen Niesanfällen, dünn⸗ flüfjigem Schnupfen, Röte, Brennen und Tränen der Augen, Kopf. weh, Fröftelgefühl und allgemeiner Mattigfeit. Oft treten noch Atembejchwerden Hinzu, die regelrechtes Aſthma vortäufchen. Diefe aſthmatiſchen Befchwerden find in vereinzelten Fällen fogar Die einzige Erſcheinung des Leidens; daher der Name „Heuafthma”. iebererjcheinungen find jelbft bei Heftigem Auftreten der Krankheit eine Geltenheit, die Bezeichnung „Heufieber” hat daher feine Berechtigung. Im Frühjommer, Ende Mai und Juni febt die Krankheit ein und erreicht zur Zeit der Heuernte ihren Höhepuntt. An ſommerlich warmen Tagen und bei hellem Sonnenfcein find die Beſchwerden am fchlimmften. Heufchnupfenfranfe wählen deshalb ganz von ſelbſt ein dunkles, fühles Zimmer für ihren Aufent- halt. Mit dem Eintritt von Regenmetter verfchwinden gemöhnlic) auch die Erſcheinungen des Heufchnupfens.

208 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Ganz ähnliche Beſchwerden entjtehen bei manchen Leuten durch die Reizung der Geruchönerven. Der Duft einer Rofe kann 3. B. Erſcheinungen hervorrufen, die denen des Heufchnupfens täujchend ähnlich find. Man bezeichnet diefen Zuftand „Rojenfieber”.

Die Erkrankung an Heuschnupfen und Roſenfieber jet beim Kranken eine gewiffe Empfänglichfeit oder Veranlagung voraus. Diefe kann vererbt fein. Nervöfe und geijtig jehr lebhafte Per— ſonen leiden am häufigften daran. Die Mehrzahlder Heufchnupfen- franfen fett fi) au8 Perfonen zufammen, die den gebildeten Ständen angehören. Unter Handiverfern, Fabrikarbeitern und Landbewohnern ift der Heufchnupfen eine Seltenheit.

Bei der Behandlung müfjen kranfhafte Zuftände der Najen- ſchleimhaut, Körperbefchaffenheit des Kranfen und bejondere Be- gleiterfeteinungen wie Ausfluß, Zeit der Verſchlimmerung und dergl. berüdfichtigt werden. Bor allem darf aber die Behandlung nicht einfach auf die Verordnung eines Mittels während des Anfall befchränft bleiben, jondern muß nad) Ablauf der Krankheitserfchei- nungen noch längere Zeit fortgeführt werden. Das kann natürlich nur Sache des Arztes fein.

Während eines Anfalles von Heufchnupfen find außer den be- reit3 unter „Schnupfen” erwähnten Mitteln: Gepa, Euphrasia, Gelsemium die folgenden zu verjuchen:

Araliaracemosa: Große Empfindlichkeit gegen Bugluft, es Stellt fich jofort Niefen mit ſcharfem wäſſerigem Ausfluß aus der Naje ein. Aſthmatiſche Bejchwerden Hindern den Kranken nachts am Liegen. |

Naphthalinum 3. oder 4. Berreibung: Heftige Schmerzen Augen, wundmachender Fließſchnupfen und aſthmatiſche

ufälle.

Arsenicum oder Arsenicum jodatum: Große Er— Ihöpfung, blaffes Ausfehen, Drüfenanichwellungen und nächtliches Aſthma. Die übrigen Symptome find bereit? unter „Schnupfen” erwähnt worden.

Sanguinaria canadensis: Scharfer, wundmachender Ausflug aus der Nafe und nad) dem Rachen zu. Brenngefühl, Trodenheit und Rauheit im Rachen, als ob die Schleimhaut ihrer Oberfläche beraubt wäre. Trodener Huften beſonders nacht. Drud im oberen Teile der Bruft, nächtliche Aſthmaanfälle.

Sabadilla: Anfallaweije auftretendes heftiges Niejen durch andauernden Kiel in der Nafe hervorgerufen. Starke mäflerige Abjonderung aus Nafe und Augen. Trodener krampfartiger Huften-

Naſenpolypen.

Unter Naſenpolypen verſteht man leicht durchſichtige Geſchwülſte bon graulicher Farbe. Sie find linjen- bis fingergliedgroß und können die Nafenhöhlen derart ausfüllen, daß feine Luft mehr durch»

4. Krankheiten der Nafe. 209

ſtreichen kann. Polypen fommen jelten vereinzelt vor, meift trifft man fie dußendieife beifammen an. Außere Veränderungen an der Naſe ſind felten wahrzunehmen. Dagegen leidet der mit Nafen- polypen behaftete Kranke faft immer an mwäfjerigem Ausfluß aus Naſe, viel Niesreiz, Störungen des Geruch⸗ und Geſchmack⸗ innes.

Polypen gehören zu den gutartigen Geſchwülſten und ſind an und für ſich harmlos. Durch die Verlegung der oberen Atemwege und den ftändigen Reiz, den fie unterhalten, können fie zu chro- Erkrankungen der Nebenhöhlen und zu Schwerhörigkeit

ren.

Die Behandlung von Naſenpolypen muß unbedingt dem Arzt überlaſſen bleiben. Sie beſteht aber keineswegs immer in der Herausnahme der Gejhmülite. Iſt das Leiden nicht jehr veraltet, jo laffen fich durch Homöopathifche Mittel wie Calcarea car- bonica, Acidum nitricum, Phosphorus, Sangui- naria und Thuja oft recht gute Erfolge erzielen. Bu einer bomdopathifhen Behandlung J auch dann dringend zu raten, wenn eine Herausnahme der Geſchwülſte nicht zu umgehen war. Nur durch geeignete innerliche Behandlung können Rückfälle mit einiger Sicherheit verhütet werden.

Rachenmandel (adenoide Wucherungen).

Unter Rachenmandel verſteht man eine Druſenwucherung im Naſenrachenraum, die oft den ganzen Raum zwiſchen Nafe, Schädel und Wirbelfäule ausfüllt. Das Atmen durch die Nafe wird dadurch ſehr erſchwert, oft ſogar gänzlich aufgehoben. Man erkennt bie Kranken, die durchweg dem jugendliden Alter angehören, meiſt ſchon von weitem an ihrem halboffenen Mund und dem jchläfrigen dummen, blöden Gejicht3ausdrud. Die Rachenmandel ift dur ihre eigentümliche Lage und ihren zerflüfteten Bau Häufig Entzün- dungen ausgeſetzt, die fich mit großer Vorliebe auf das Mittelohr fortpflanzen und Schwerhörigfeit und Obreneiterungen veran⸗ laffen. Infolge der ausſchließlichen Mundatmung erfälten fich die Franken leicht und ziehen ſich häufig akute Bronchialfatarrhe zu. Auch für die geiftige Entwidlung ſcheint die Rachenmandel nicht ohne Nachteil zu fein.

Bei Kindern mit Rachenmandeln läßt fich faft immer eine jfrofulöfe rel (Drüfenvergrößerungen, Hautaus- Ichläge uf.) nachweiſen. Die Behandlung muß ſich daher haupt- jächlich dagegen richten (jiehe Skrofuloſe Seite 373). Die operative Entfernung der Wucherungen ift nicht immer notwendig. Nur wenn die Nafenatmung gänzlich aufgehoben ift, alfo in bejonders ſchweren Fällen, die mit Schmwerhörigfeit, Ohreneiterung und dergl. verbunden find, läßt fich die Operation nicht vermeiden, zumal da der blöde Geſichtsausdruck und der offene Mund bei aufgehobener

Sering- dacht, 9.4. 14

210 LIT. Die Behandlung der gewöhnlichiten Krankheiten.

Nafenatmung dauernd beftehen bleibt, wenn nicht beizeiten der natürliche Luftweg wieder geöffnet wird. Nach dem ziwanzigften Lebenzjahr findet fat regelmäßig eine Nüdbildung der Rachen⸗ wucherung ſtatt.

Bei der Verordnung eines homöopathiſchen Arzneimittels find neben der Körperbefchaffenheit des Kranken bejonders die Begleit- erfheinungen, wie Stodichnupfen (ſiehe Schnupfen Ceite 205), Ausflug aus der Nafe und dergl. zu berüdfichtigen. Calcarea carbonica und phosphorica, Sulphur, Jodum und die Verbindungen von Sod, Galcarea jodata und Sul- phur jodatum haben ſich bei der Behandlung von Rachen⸗ wucherungen am meijten bemwährt.

Fünfter Abſchnitt. Krankheiten in der Bruſthöhle.

Heiſerkeit

nennt man eine Veränderung der Stimme, durch die ſie ihren reinen Klang verliert und unſchön, rauh und ſcharrend wird. In der Regel ſchwellen die Stimmbänder an und vermögen infolge— deſſen nicht mehr frei zu ſchwingen. Die Heiſerkeit kann ſich bis zum völligen Verluſt der Stimme ſteigern. Die häufigſte Ber- anlafjung bilden Katarrhe der Luftwege, hauptſächlich der Kehl⸗ topfichleimhaut (Kehlkopfkatarrh), die entweder durch Erfältung oder Mißbrauch der Stimme Herborgerufen werden. Auch Alfohol- oder Tabakmißbrauch, Aufenthalt in ftaubigen Räumen, da3 Ein- atmen von Rauch und giftigen Dämpfen kann Heiſerkeit ver- urſachen. Außerdem ift die Heiferfeit eine Häufige Begleiterin der Lungen- und Kehlkopfſchwindſucht ſowie der Syphilis; fie ſtellt fih im Verlauf diefer Krankheiten ein, jobald die Stimmbänder anfchwellen und Geſchwüre auf ihnen entftehen. Schließlich können auch Nerveneinflüffe (Lähmungen) einer Heiferfeit zugrunde liegen.

Unter den gewöhnlidden Hausmitteln gegen diejes Leiden gibt e3 viele, die geradezu jchädlich find. Eines der unſchuldigſten, mit denen man hin und wieder eine Beljerung erzielen fann, ift der Genuß roher Eier, Eigelb mit Kandiszuder oder frifche Roſinen. Weſentliche Erleichterung verfchafft das Einatmen heißer Dämpfe. Wo ein Inhalationsapparat fehlt, gießt man etwas Waſſer in den unteren Zeil einer Kaffeemaſchine und ſetzt fie über ein Weingeift- feuer. Wenn der Dampf zum Rohre Herausftrömt, atmet man ihn borjichtig ein. Der Dampf foll auf der Schleimhaut des Rachen? ein wenig brennen, darf fie aber natürlich nicht verbrühen. Wirklich heilen kann man aber eine Heiferfeit nur mit folgenden Mitteln:

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 211

Phosphorus: Seiferfeit mit Gefühl von Rauheit im Kehl- kopf, Dun des Abends, Sprechen verurfacht Schmerzen und berjchlimmert alle Beſchwerden. Unabläfliger, nervöſer und reizen- der Huften, der allen Beſchwichtigungsmitteln troßt.

Argentum nitricum: Seiferfeit oder vollitändige Stimm- Iofigfeit mit Kiel im Kehlkopf, der zu beftändigem Huften reizt, fortgefegte Schlingbefchwerden.

Mercurius: S$auptmittel bei heiferer unreiner Stimme, mit Brennen und Kitzeln im Kehllopf; Neigung zu Schweiß, ohne daß da3 Übel fich dadurch mindert, Verfchlimmerung durch jedes lalte Lüftchen.

Arum triphyllum: Heiſerkeit oder Schwäche der Stimme nad) vielem Sprechen oder Singen wie bei Pfarrern, Lehrern, Sängern und dergl. Schmerzhaftigfeit und Gefühl von Wundfein in der Gegend des Ktehlfopfes.

Sambucus: Seiferfeit mit Atemverjegung, tiefer hohler Huften ohne Schleim, Gähnen mit Unruhe und Purft.

Nux vomica: Im Wecdjel mit Phosphorus eines der wirffamften Mittel gegen Heiferfeit. Rauher, tiefer, trodener Huften, der von Trodenheit im Halfe fommt und fih nicht löſen will; Spannen und Schmerz im Halfe, bald Froft bald Hige; mürrifcheg, zänkifches, eigenfinniges Weſen.

Causticum: Sehr langwierige SHeiferkeit; dem Kranken fehlt faft gar nicht? weiter oder er hat Schnupfen und Huften, und die ganze Bruft, manchmal auch) der Hals, ſchmerzen wie roh und wund. Bei jedem Huftenftoß Fa unwillfürli Harn ab, bejonders bei Frauen. Gausticum ift unjer Hauptmittel bei Heiferfeit, die bon Stimmbandlähmung herrühtt.

Carbo vegetabilis: Langwierige Seiferfeit, die alle Morgen und Abend fowie durch vieles Reden fchlimmer wird, Heiferfeit nad) Majern.

Iſt die Heiferfeit mit langmwierigem Schnupfen verbunden, fo hilft mandmalSilicea, iftdie Stimme hohlundtief: Drosera, will fi) der Schleim nicht recht löfen: Hepar sulphuris.

Huſten.

Der Huſten wird durch einen Reiz hervorgerufen, der auf die Schleimhaut der Atmungswerkzeuge einwirkt. Dieſe meiſt mecha⸗ niſche Reizung kann von irgend einer Stelle der Atmungswege ausgehen, vom Rachenraum bis hinab in die feinen Luftröhrenäſte und Lungenbläsſschen. Am empfindlichſten iſt die Schleimhaut des Kehlkopfes. Da es ſich bei der Reizung faſt immer um angeſam⸗ melten Schleim handelt, der nur mit Hilfe des Huſtens gelockert und herausbefördert werden kann, ſo iſt der Huſten in vielen Fällen als eine notwendige und ſegensreiche Einrichtung der Natur zu betrachten und darf unter feinen Umſtänden durch Betäubungs⸗

212 II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

mittel gemwaltfam unterbrüdt werden. Bei der Rüdenlage tritt der Husten gewöhnlich ftärfer auf. Dies erklärt fich daraus, daß die uftröhrenäfte auf ihrer NRüdfeite für Reize empfänglicher find.

Tritt der Huften als Begleiterfheinung eine3 Naſenkatarrhs (Schnupfen) auf, fo weicht er einem der auf Seite 205 ff. ange- führten Mittel. |

Breitet fich der Naſenlatarrh nach den unteren Luftwegen aus, wird er zum Quftröhren- oder Bronchialkatarrh, jo wählt man gegen den damit verbundenen Huften eine der hiegegen angezeigten Urzneien. Oft ift der Huften auch der Vorbote und Begleiter fonftiger Krankheiten der Atmungswerkzeuge, 3. B. der Lungen⸗ und Bruftfellentzündung oder verjchiedener Infektions— krankheiten, 3. B. der Influenza, der Mafern, der Lungen- ſchwindſucht.

Eine beſondere Form des Huſtens iſt der Stickhuſten oder Keuchhuſten, der hauptſächlich jüngere Kinder befällt und der an den allmählich immer heftiger werdenden charalteriftiichen Anfällen leicht zu erfennen ift. Da er einen vom gewöhnlichen Huften fo ver- ſchiedenen Verlauf nimmt und meift aud) andere Mittel zu feiner Heilung erfordert, Haben wir ihm eine bejondere Abhandlung (jiehe Seite 219) gewidmet. Ebenſo wird der hohle, bellende Krupp-Huften beſonders abgehandelt (jiehe Seite 222).

Als NReflerhuften oder nervöſen Huften bezeichnet man einen jolchen, der durch Vermittlung der Nerven von einem entfernt gelegenen Organ wie dem Magen, den Ohren uſw. ausgelöft wird. Häufig ift er aber auch rein nervös und tritt als Begleiterfcheinung allgemeiner Nervenſchwäche (Neurafthenie und Hyſterie) oder infolge fehlerhaften Atmens auf. Werden ſolche Kranke zu regel- en Atmen angehalten, fo bleibt der nervöfe Huften gewöhnlich ofort au?.

Der gewöhnliche Huften verläuft meift ohne Fieber. Geſellt ji) aber zu dem anfang3 fieberlojen Katarch im weiteren Verlauf Fieber, jo it meift Gefahr im Verzug und es entwidelt ſich eine Quftröhren-, Zungen- oder Rippenfellentzündung. Der im Berlauf von Influenza, Mafern und andern Infektions⸗ re auftretende Huften ift gleich von Anfang an von Fieber

egleitet. Bejondere Vorſicht ift bei kurzem, trodenem, anftoßendem

Huften (Hüfteln) geboten und es ift fofort ärztlicher Nat einzu- holen, wenn der Huftende einer Familie angehört, in der öfters Schwindſucht vorfam. Aber auch bei Leuten aus gefunden Familien jollte die Gelbjtbehandlung eines derartigen Huftens nicht fort- gejegt werden, wenn nicht jpäteftend innerhalb 3—4 Wochen deutliche Zeichen der Belferung eintreten.

Bei friſch entjtandenen Hujten und Schnupfen ift e8 immer gut, fi) einige Tage warm zu halten. Natürlich nicht in übertriebener Weiſe, jonft wird man immer empfindlicher gegen Kälte. Huften-

5. Krankheiten in ber Bruſthöhle. 213

kranke dürfen fein Bimmer bewohnen, das kalt und feucht ift und nach) Nord oder Nordweſt liegt, jie müfjen vielmehr in einem der Sonne zugänglichen, nad) Süden gelegenen Zimmer untergebracht werden. Die Luft muß, unter Vermeidung von Zugluft oder jähen Temperaturunterfchieden, durch fleißiges Offnen der Fenſter oder Züren immer wieder erneuert werden. Ferner iftin der rauheren Jahreszeit, folange geheizt wird, durch das Aufftellen einer Schale Waſſer auf den Ofen ſowie durd) da3 Aufhängen naſſer Tücher für den nötigen Feuchtigkeitsgehalt der Luft zu forgen, denn in vielen Fällen trägt die zu große Zrodenheit der Luft ſchuld daran, daß ein Huften nicht weichen will.

Stärkere fieberhafte Katarrhe und Huften erfordern unbedingt Bettrube. Bei alutem Brondiallatarırh kann man 18- bis 2Ogrädige Bruftwidel machen laffen, wodurch nicht allein dag Sieber befämpft, fondern auch der weitere Verlauf des Katarrhes günftig beeinflußt wird. Man läßt den Patienten etwa 1 Stunde im Widel liegen und wäſcht ihn nachher mit 18—20grädigem Waffer ab. Dann reibt man den Körper mit einem mwollenen Tudje troden und dedt ihn gut, aber nicht zu warm zu. Schwache und blutarme Kinder, ſowie entfräftete, herabgelommene Kranke ertragen Falte Anwendungen nicht gut.

Bei jchmerzhaftem Huften, bei fchmerzhaften Entzündungen, befonder8 Lungen- und Rippenfellentzündungen und bei ſchwerlöſendem Ausmwurf find Heiße Umſchläge oft von großem Nuten. Sie werden entweder bloß über die Bruft oder um den ganzen Bruftlorb herum gemacht und können ftündlich wiederholt werden. Sehr wichtig iſt, daß ein gut abjchließendes wollenes Tuch über dem naffen Tuch vor Abkühlung fchüßt.

Warme Fußbäder find nur dann zu erlauben, wenn Angjt und Eritidung und Heiner, harter Puls den Huften begleiten; heiße Armbäder find in folden Fällen aber noch wirkfamer !

Einige allgemein gebräudlihe Hausmittel find befonders

dann von Wert, wenn es gilt, einen trodenen, zähen Yun zu „löfen”, d. h. die a reichlicher und dünnflüffiger zu machen. Das gebräudjlichite Mittel ift Heiße Milch, die mit Zuder oder Honig gefüßt iſt. Man kann auch der fochenden Mild) ebenjoviel Emſer Waſſer (oder künſtliches Emfer Salz, da3 weſentlich billiner ift) hinzufügen. Süßholzfaft (in Form ton Lafrigen oder Cachou), Kakao, Leinfamentee und Isländiſches Moos find mitunter ganz nüglid. Bei all diefen Mitteln merke man ſich jedoch: &3 hat feinen med, große Mengen auf einmal zu trinten. Dan ftelle fih eine Taſſe voll Milch oder Tee warm und nehme alle Viertel- oder halbe Stunde langſam einen Schluck. - Kühle Getränke (natürlich nicht eisfalte) ſchaden meiſt nicht3, wenn der Patient darnach Verlangen A Merkt man, daß der Huften darauf fchlimmer wird, jo jind fie zu ber- meiden.

214 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Sinreibungen der Naſe oder Bruft mit Gänſeſchmalz oder Hühnerfett find fehr oft nüßlich bei Schnupfen mit verftopfter a Luftröhrenkatarrhen, wenn der Schleim ſich lange nicht loslöſt.

Erwachſene und Kinder, die häufig an Schnupfen, Huſten, Halsweh oder Heiſerkeit leiden, ſollten ſich in geſunden Tagen durch tägliche Abwaſchungen mit kaltem Waſſer oder durch Luftbäder abzuhärten ſuchen. Wer oft naſſe Füße bekommt, darf nur wollene Strümpfe tragen und ſei für gutes Schuhwerk beſorgt, weil naſſe und kalte Füße immer wieder aufs neue den Huſten hervorrufen. Auf dem bloßen Körper iſt baumwollene Unter- Heidung zu tragen. Wolle als Unterfleidung paßt nur für Matrofen und Ceeleute, die oft vom Negen bis auf die Haut burchnäßt werden.

Am Nachfolgenden ijt eine große Anzahl der bei Huften an- gezeigten Arzneien in alphabetifcher Reihenfolge angegeben. Bur nn der Wahl bediene man ſich der folgenden Mittel-

erſicht:

Einfacher aluter Huſten: a) für das Anfangsſtadium: Aconitum, Arsenicum, Bryonia, Hyoscyamus, Mercurius, Rumex crispus: b) für das 2. oder löfende Stadium: Ipecacuanha, Phosphorus, Pulsatilla, Tartarus emeticus,.

Chroniſcher Huften. Darunter verfteht man einen mehr als 4 oder 6 Wochen andauernden Huften. Die Behandlung erfordert fat immer tiefer und länger wirlende Mittel. Im Übergangaftadium ann aber eine der oben erwähnten Wrzneien noch weiter angegeigt fein; fonft

; kommen namentlid) die en in Betradjt: Conium, Calcarea carbonica, Carbo vegetabilis, Lachesis, Phosphorus, Silicea, Sticta, Sulphur.

Fur die Kinderpragis find beſonders geeignet: a) in aluten Fällen: Aconitum, Belladonna, Mercurius, Ipecacuanha und Tartarus emeticus. b) in dronifhen Fällen: Calcarea car- bonica, Cina, Sulphur.

Bei fhwerlöfendem Huften treife man die Wahl zwiſchen Antimonium sul- phuratum aurantiacum, Ipecacuanha, Kali bichromicum und Senega.

Bei loſem Huſten find angezeigt:Ipecacuanha, Pulsatilla,Tartarus emeticus.

Krampfartiger Huften fiehe Keuchhuften Seite 219 und Krupp Geite 22. Außerdem: Hyoscyamus, Lachesis, Phosphorus, Silicea, Sticta und Sulphur.

Kigelhuften: Antim. sulph. aur., Lachesis, Mercurius, Rumex crispus (im Halsgrübdjen); Bryonia (im Hals); Belladonna (in der Zuftröhre); Hyoscyamus (im Hal3 und in der Luftröhre); Phos- phorus (hinter dem Bruftbein); Rhus toxicodendron (auf

der Bruft).

Bluthuſten fiehe „WBluthuften” Seite 227. Huften mit Blutgejhmad:

hus toxicodendron.

Huften Schwindjüdtiger ſiehe „Lun q enfhwindfudt" Seite 238. Außerdem: Arsenicum, Calcarea carbonica, Hyoscyamus, Phosphorus, Silicea, Sticta, Sulphur.

Huften nad) Majern: Bryonia, Hyoscyamus, Kali bichromicum, Sulphur.

Huften mit Erbrechen: Ipecacuanha, Pulsatilla, Tartarus emeticus.

Huften mit unfreiwilligem Harnabgang: Causticum, Pulsatilla.

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 215

Huſten mit Heiferleit fiehe „Heiferkeit” Geite 210. Außerdem: Aconitum, Drosera, Nux moschata, Nux vomica, Phosphorus, Senega, Spongia, Sulphur. (Huften nach Überanftrengung der Stimme:

Arnica. Hnften —— Bryonia, Belladonna, Mercurius, Nux vomica, u

ur. Huften mit stehenden Schmerzen: Bryonia, Calcarea carbonica, Kali carbonicum, Mercurius, Rhus toxic., Sulphur.

Huften mit Wundheitsgefühl hinter dem Brujtbein: Rumex und Phosphorus.

Huſften mit Geſchwürsſchmerzen in der Brujthöhle: Carbo vegetabilis.

Huften mit Brennen und Roheit im Hals: Capsicum,Causticum, Nux vomica.

Huſten mit Schmerzen im Hals und Ohr: Capsicum, Lachesis. j

Huften mit ven don Engjein und Zuſammenſchnüren im Hald: Ignatia, achesis.

Aconitum. Wenn bei einem durd) Erkältung im kalten und trodenen Nord- und Oftwind entitandenen Huften Spannen auf der Bruft eintritt, da3 Atmen bejchwerlich wird, wenn fi) Wund- heitsſchmerzen im Hal und in der Quftröhre einftellen, der Huften befonder3 nachts Brennen hinterläßt, die Stimme rauh und heifer wird, Hohes Fieber mit Heißer trodener Haut, ſchnellem, Hartem Puls und ängftlicher Unruhe dabei ift, jo beginnt man die Behand- fung ftet3 mit Aconitum, halbjtündlich bis jtündlich einige Tropfen in Wafler, bis unter Schweißausbruch Nachlaß des Fiebers und Beflerung eintritt. In der Kinderpragis ift Aconitum unerſetzlich; e3 paßt eigentlich immer, fobald ſich ein Kind nachweislich erfältet hat und die Erkältung fich als fieberhafter Katarrh zeigt. Der Huften klingt hart, troden, oft bellend. Neben dem Huften beſteht meift Schnupfen mit Hißegefühl in der Nafenfchleimhaut, geröteten Augen und Kopfmweh.

Antimonium sulphuratum aurantiacum 3. oder 4. Verreibung löſt zähen feitjitenden Ausmwurf. Der Huften ift hart und troden und wird Häufig durch Kiel im Kehlkopf herbor- gerufen. Infolge des vielen angejammelten Schleimes Tlagt der Kranke über Drud auf der Bruft und Schweratmen.

Arsenicum: feudter Huſten, ohne viel Auswurf, der zäh auf der Bruft fißt, engbrüftig macht; Huften nad) jedem Trinken, nächtliher Bluthuſten mit brennender Hitze am ganzen Leibe, Mangel an Atem, äußerfter Mattigfeit und Schwäche, oder trodener Huften wie von Schmwefeldämpfen jeden Abend, der jehr ſchwächt, mit Bellemmung auf der Bruft beim Treppenfteigen, bejonders in falter Luft. Die Verfchlimmerung stellt jich kurz nach Mitternacht ein und iſt gewöhnlich mit folder Atemnot, Angft und Herzklopfen verbunden, daß der Patient oufligen muß oder aus dem Bett getrieben wird.

Bryonia ift neben Aconitum da3 am häufigften angezeigte Arzneimittel bei friſchem, trodenem Huften mit oder ohne Fieber. Kitzel im Halfe, Huften nach dem Eſſen, durch) Bewegung und beim Sintritt in ein marmes Zimmer gefteigert und mit heftigen Bruft- jtihen (aud) beim Tiefatmen) verbunden. Jeder Huftenftoß fährt

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216 II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

in den Kopf und verurfacht Heftige Stirnfopfichmerzen. Es paßt überhaupt bei erjchütterndem Huften, der anfangs troden, fpäter bon gelblihem oder blutigem Auswurf begleitet ift und durch Die ftarfe Erfchütterung Beſchwerden in Kopf, Hals, Bruft oder Baud) veranlaßt. Sn der Ruhe und bei gleichmäßiger Wärme befjert fich der Huſten.

Calcarea carbonica: Langwieriger Huſten wie von Sederftaub, abends und nachts heftiger, jo daß alle Adern pochen; troden mit Bruſtſchmerz, oder ſchnarchend und raſſelnd auf der Bruft, befonder3 bei ſehr diden, ſtrofulöſen und rhachitiſchen Kindern, die zu Schwindſucht neigen, wo Ipecacuanha paßt, aber nicht ganz Hilft. Huften mit viel Auswurf, befonder3 über Tag, ber Humpig, eitrig, gelb, grünlich, braun, übelriechend ift und zu- weilen zum Erbrechen reizt; dabei Stehen in der Ceite und Bruft, Brennen in der Bruft, Neißen und Stechen im Kopf. Außerdem noch Stehen in der Geite bei tiefem Atmen, beim Bewegen und Büden; abends Hibe, dann Froft und Durft, Nadıt- ſchweiß, beſonders auf der Bruft, große Mattigkeit und Angfilichfeit wegen des Übels. |

Chamomilla: trodener Huften, der bei Nacht fogar im Schlafe ſchlimmer ift und durch einen Kitel im Halsgrübchen ent- —— wobei etwas im Halſe heraufkommt, das den Atem benimmt.

paßt beſonders bei Kindern und im Winter nach Erkältung oder bei Kitzelhuſten, der namentlich durch Sprechen erregt wird, früh und abends im warmen Bette aber nachläßt; auch wenn morgens etwas zäher, bitterer Schleim losgeht.

Cina: trockener Huſten bei Kindern; es löſt ſich nur hie und da etwas Schleim; plötzliches Auffahren, als ob ihnen die Sinne ver- gingen, darauf ängftliches Schnappen nad Luft, Wimmern und blaſſes Geficht; Heiferes Hüfteln jeden Abend, bejonder3 wenn fie an Würmern (Reflerhuften) oder Fließſchnupfen leiden, mit Brennen in der Naje und heftigem Niefen, worüber fie fchreien; die Kinder wollen ſich nicht anrühren laſſen.

Conium: SHeftiger, trodener Huften, faft nur, wenn man ſich bei Tage oder nachts niedergelegt hat. Gefühl von einer trodenen Stelle im Kehlkopf, von der ein Neiz zum beftändigen, trodenen Huften außgeht. Quälender Nachthuften alter Leute, gewöhnlich troden oder etwas Auswurf nad) langem Huften.

Hyoscyamus: trodener Huften, der nachts ſchlimmer ift und am Schlafe Hindert, im Liegen ärger, beim Auffiten beſſer, mit Kigeln in der Quftröhre. Der Huften wird oft durd) ein ber- längertes Zäpfchen verurfacht, das beim Liegen die hintere Rachen- wand fißelt. Krampfartiger, anfallsweiſe auftretender Huften mit Stechen über den Augen und Wundheitzfchmerz in den Baud)- muskeln. Nervöfer Huften junger Mädchen; Reizhuften von Elfen, Trinken, Reden oder Singen. Herrliches Beruhigungsmittel bei krampfhaftem Nachthuſten Schwindfüchtiger.

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 217

Ignatia: trodener Huſten mit Gefühl im Halsgrübchen wie bon Federftaub; jchlimmer gegen Abend und immer ftärferer Reiz, je mehr man huftet; durch eine Willensanftrengung kann der Huſten

ehemmt werden; Gefühlvon Bufammenfchnüren im Halßgrübchen, fießenber Schnupfen. Der Huſten ift immer bei Tag nad) dem Eſſen, abends nach dem Niederlegen und früh nach dem Aufftehen ſchlimmer. Ignatia paßt befonders bei Reflerhuften und für Leute, die fich viel grämen.

Ipecacuanha ift fehr oft bei Kindern, auch den Fleinften, angezeigt, wenn fie beim Huften vor Schleim faft erjtiden wollen, wenn der Huften krampfhaft oder jo anftrengend tft, daß die Kinder faum atmen können, rot und blau im Geficht und fteif werden. Man löft etwa 10 Tropfen dieſes Mittels in einem Heinen Glas Waffer auf, und gibt davon alle 10, 15 Minuten ein Teelöffelchen voll, bis es ſich beffert. Huften Erwachfener mit Kiel und Bufammen- ziehen in der Luftröhre, ganz troden oder troß Raſſeln von Schleim geringer Auswurf; Schleim von ſchlechtem Geſchmacke, der Efel berurfacht und zum Erbrechen reizt, wobei Schleim erbrodyen wird. Nach dem Huften Kurzatmigkeit und Schweiß auf der Stirn. Huften, der vom Gehen in Falter Luft wieder erregt wird.

Kali bichromicum: andauernder, metallifch klingender, bellender Huften; befjer nachts im Bett; zäher, fadenziehender Auswurf, den der Patient mit dem Taſchentuch entfernen muß. Befonder3 wertvoll bei Huften, der nad Mafern zurüdbleibt.

Lachesis: trodener, hadender, frampfhafter Hujten beim Berühren de3 Haljes und nad) dem Erwachen vom GSchlafe; der Kranke kann nichts Enges am Hals leiden; Kitel im Halögrübchen, die ganze Bruft wie wund bis zwiſchen die Schultern, mit Geiten- ftehen und Blutauswurf, oder Huften, als fäme immer etwas Tlüffiges in die unrechte Kehle; heftiger Huften infolge von Ge- ſchwüren im Hal; Würgen zum Erbrechen, Räufpern, Schleim und viel Speichel im Munde, mühjamer Auswurf, jchlimmer nad) dem Eſſen, nach jedem Schlafen, nach Aufjtehen vom Liegen; dabei Schmerzen in Hal, Ohren, Kopf und Augen.

Mercurius: trodener Huften, der fehr angreift und er- ſchüttert, beſonders nachts; Figelnder Huften vor dem Einfchlafen, zuweilen mit Blutauswurf und ftechenden Bruftichmerzen ver- bunden, bei Kindern oft mit Nafenbluten, Übelfeit, Schmerz, als wollten Bruft und Kopf zeripringen. Nächtliche Schmweikaus- brüche, die Feine Beſſerung bringen. Huften mit Heijerfeit und Schnupfen, dide, gelbgrüne Nafenabjonderung.

Nux moschata: Huſten, der durch Warmmerden im Bette heftiger wird, trodener Huften mit Atemverfegung nach Erfältung durch naffe Füße, Erhitzung durch Arbeiten, befonders bei Leuten, bie Aa heifer werden, wenn fie gegen den Wind gehen, eine fühle, trodene Haut haben, die Wärme lieben, durch die Erfältung ge- dankenlos werden und überhaupt jehr veränderlicher Laune jind.

218 Ilf. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Nuxvomica: trodener Huften, der durd) ein rauhes, ſchar⸗ riges, ſcharfes Gefühl im Halfe und Kiel im Gaumen entiteht, und angreifend, mit einem Schmerz, als ſollte der Kopf zerſpringen; oder der Oberbauch wie zerſchlagen, Schmerzen unter den Rippen. Der Huſten weckt früh aus dem Schlafe, iſt morgens am ärgſten, nur mit Mühe geht etwas zäher Schleim los; ein leichter Huſten währt den ganzen Tag über; Schmerz im Halsgrübchen, abends heftiger, nachts weniger ſtark; nachts beklommener Atem, als ob etwas auf der Bruſt läge, Hitze und trockener Mund. Für geſchäftige, vollblütige Leute, die viel Kaffee oder geiſtige Getränke zu ſich nehmen, paßt es auch bei trockenem, angreifendem Huſten, der nachts ſchlimmer wird und ſich nur morgens etwas löſt. Ber- Ichlimmerung durch Leſen, Nachdenfen oder Bewegung.

Phosphorus: Huſten mit Auswurf und Heijerfeit. Kitzel⸗ huften, erregt durch einen Reiz im Kehlfopf oder in der Quftröhre (Hinter dem Bruftbein). Verfchlimmerung bei Temperaturmechiel, abend3 nad) dem Niederlegen. Nachtichweiße, vornehmlich bei mageren, hochaufgefchoffenen, etwas engbrüftigen und nerböjen Perfonen. Das Mittel paßt befonders für Leute, die zu Schwind- ſucht neigen, fowie bei Yungenentzündung, wenn der Auswurf ſich zu löſen beginnt.

Pulsatilla: Huften, der im Freien aufhört, in der warmen Stube ſehr Heftig wird; Huften zuerft einen halben Tag troden, mit Neigung zum Erbrechen, dann leicht löglicher, zumeilen blut- ftreifiger Ausmwurf, in der Frühe beſonders ftark; gelber, falziger, bitterer, efeliger Auswurf, bisweilen mit Würgen; jcharriges Ge- fühl in der Quftröhre; Unterleib und Geiten jchmerzen wie zer- Tchlagen; ſchießende Schmerzen in Arm, Schulter und Rüden; der Harn geht beim Huften unfreimillig ab. Did belegte Zunge, Appetitlofigfeit, fein Durft.

Rhus toxicodendron: trodener, kurzer Nachthuſten von Kitzel auf der Bruft, der ängſtlich und kurzatmig macht, bejonders abends und vor Mitternacht, wobei Kopf und Bruft ſehr erfchüttert werden, Spannen und Stechen auf der Bruſt, Magenjchmerz, zumeilen Stiche in den Lenden; jchlimmer durch kalte Luft, beffer durch Wärme und Bewegung; Huften mit Blutgefchmad im Munde.

Rumex crispus: trodener, rauber, bellender Huften, der durch einen Kiel unterhalb des Kehlfopfes, in dem fogenannten Halsgrübchen, hervorgerufen und durch Einziehen Falter Luft ver- Ichlimmert wird. Der Hujten ift äußerjt anftrengend und ermüdend, und der Kranke Hagt über ein Wundheitsgefühlhinter dem Bruftbein.

Senega: jchwerlöfender Huſten mit Heilerfeit und Schleim- raſſeln auf der Bruft. Ver Huften endet oft mit Nieſen; plögliche Heiferfeit beim Vorlefen; Kurzatmigkeit beim Treppenfteigen. Der Auswurf ift zähe und glajig und kann nur durd) große eu herausgebracht werden. Das Mittel paßt beſonders beim Brondjial- katarrh alter Leute.

6. Krankheiten in der Bruſthöhle. 219

Silicea: langwieriger Huften mit viel Schleimauswurf, durchſichtigen Klumpen oder gelbem Eiter, Drüden auf der Bruft oder fo erichlitternd, daß es im Halſe und im Unterleibe fchmerzt; tiefer, hohler Huften mit Blutauswurf; trodener Huften mit Schmerz wie wund auf der Bruft oder Huften, bei dem man nachts zu er- jtiden glaubt; Kurzatmigkeit und Abmagerung.

Sticta pulmonaria: ftrodener, harter, beinahe Frupp- artiger Huften; wenig oder fein Auswurf und nächtliche Ver— Ihlimmerung. Stieta paßt ambeften bei alten Leuten, beim Huften Schwindjüchtiger oder nad) Influenza.

Sulphur: langwieriger, trodener Huften mit Rauhigkeit im Kehlfopf und Heiferkeit. Huften, bei dem fich die Bruft zufammen- sieht, mit Würgen zum Erbrechen; Nachthuſten, der nicht ſchlafen äßt; Huſten, der nachts troden, bei Tage mit gelblidem, grün- lihem, ftinfendem Auswurf oder didem Schleim, Eiter und Blut verbunden ift; einzelne Stiche in der Bruft oder unter den rechten Rippen, ala wolle die Bruft beim Huften und Niefen zerfpringen; eng und vollauf der Bruft, ſchweres Atmen, Pfeifen und Schnarchen au der Bruft und Herzllopfen; Schwarzwerden vor den Augen, Hiße im Kopf und Gelicht, aber Falte Hände.

Tartarus emeticus (Antim. tart.): reichlicher, lofer Schleim auf der Bruft, der aber oft wegen Straftlojigfeit nicht ausgehuſtet werden kann. Es entiteht dadurch Rafjeln bei jedem Atemzug, Erftidungdnot, oft Bläue im Geſicht. Neigung zum Erbrechen. Tartarus emeticus ift ein vorzüglicheg Mittel bei ſchweren Satarrhen Heiner Kinder und alter Leute.

Keuchhuſten.

Der Keuchhuſten oder „blaue Huſten“ iſt eine anſteckende Krankheit, die beſonders zivei- big ſechsjährige Kinder befällt; doch bleiben auch ältere Perſonen nicht immer davon verſchont. Ein- malige Erkrankung ſchützt gemöhnlich vor nochmaliger Anftedung.

Sm Berlauf des Keuchhuſtens lafjen fich drei Stadien oder Beiträume unterfcheiden, die allerdings nicht jcharf voneinander abgegrenzt find, fondern mehr oder weniger ineinander fibergehen. Das erjte oder fatarrhalifche Stadium dauert etwa 2 Wochen und befteht einfach in einem mit Fieber und Huften verbundenen Schnupfen, der, ftatt nad) einer Woche nachzulaffen, immer heftiger wird, bis er ſchließlich ausgeſprochen krampfhaften Charafter annimmt. Für das zweite oder krampfhafte Stadium rechnet man gewöhnlich etwa vier Wochen. Während dieſer Zeit wird das Kind von plötzlichen Huſtenanfällen ergriffen. Sie be— ginnen mit einer langen, pfeifenden Einatmung, der mehrere kurze Huſtenſtöße raſch nacheinander folgen. Dieſe Huſtenſtöße ſind von pfeifenden, ſchrillen Einatmungen unterbrochen und ſo heftig, daß man glaubt, das Kind müſſe erſticken („Stidhuften”).

220 UI. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Der einzelne Unfall, der fi) alle Yy—1% Stunde wiederholen fann, endigt gewöhnlich mit Erbrechen zähen, glafigen Schleimes. Das Kind ift darnach für einige Minuten ganz erjchöpft und Hinfällig, findet dann aber rafch wieder feine fröhliche Munterkeit. Anfälle heftigfter Art werden befonder3 durd) lautes Schreien, Weinen und Laden, Gemütöbemwegungen oder förperliche Anjtrengungen, oft fogar durch Effen und Trinken, hervorgerufen. Dieſem zweiten Stadium verdankt die Krankheit den in manchen Gegenden be- fannteren Namen „Krampfhuften”. Nach etiva 4 big 5 Wochen laffen dann die Anfälle fowohl an Häufigkeit al an Heftigfeit erheblich nach, der Krampf macht ſich faum mehr bemerkbar, da- gegen wird mit jedem Huften eine Menge Schleim herausbeförbert. Diefen Zeitraum, der etwa 2 bi8 3 Wochen umfaßt, nennt man das Schlußſtadium.

Gefährlich wird der Keuchhuſten beſonders dann, wenn ſich eine katarrhaliſche Lungenentzündung hinzugeſellt oder wenn er in einen chroniſchen Brondjiallatarrh oder eine Lungenſchwindſucht übergeht.

Das keuchhuſtenkranke Kind follte, ſoweit Jahreszeit und Witte- rung e3 geftatten, täglich ing Freie gebracht werden. Noch beffer ift eg, den Wohnort zu mwechfeln, und wenn die Verhältniſſe es erlauben, zeitweiligen Aufenthalt in ftaubfreier Berg- oder Seeluft zu nehmen. Budermwaren, wie Malzbonbond und dergl. find beim Seuchhuften nicht nur wertlos, fondern geradezu fchädlich, weil die Schleimhäute des Rachens dadurch) zu jehr ausgetrocknet werden. Dasſelbe gilt von manchen in der Apothefe feilgehal- tenen „Keuchhuftenmitteln”. Der Keuchhuften ift der beſte Beweis, daß alle bie vielgerühmten fpezififchen Heilmittel, die Dagegen angepriejen werden, nicht? taugen; denn je mehr fie gebraucht werben, defto länger währt er und deſto jchlimmere Nachkrankheiten bleiben zurüd.

Mit Hilfe der folgenden homöopathiſchen Mittel kann der Keuch⸗ huſten erheblich abgekürzt werden, vorausgefegt, daß man die richtige Arznei wählt, das Kind bei ſchönem Wetter viel ins Freie bringt und Schäpdlichfeiten, namentlich Erfältungen, von ihm fernhält.

Wenn der Keuchhuften herrſcht und Kinder zu Huften anfangen, fo wähle man fogleic) eines der gegen „Huften” angegebenen Mittel, man fann dadurch in vielen Fällen eine ſchlimmere Entwidlung verhüten. Auch im dritten Stadium des Keuchhuftens find wieder die gewöhnlichen Huftenmittel angezeigt, deren Wahl nach den ſich darbietenden Erfcheinungen zu erfolgen hat.

Belladonna: Huſten von Anfang an troden, Hohl und bellend, durd) Kigel wie von Federftaub im Halje oder wie von Bufammenjhnürung des Kehlfopfes erregt; abends und nachts am fchlimmften; Blutandrang nach dem Kopf, Kopfweh, Licht- fheu und Halsjchmerzen.

Ipecacuanha: fchnell aufeinanderfolgende, erjchütternde Krampfhuftenanfälle; die Kinder werden blaß und blau im Geficht

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 221

und kommen fajt nicht mehr zu Atem; Kigel im oberen Teile des Kehlkopfes wie von Schwefeldampf; Huftenanfälle endigen mit reihlihem Erbrechen zähen, zumeilen blutigen Schleimes. Üibelfeit und Erbrechen bei reiner Zunge.

Cuprum metallicum: langandauernde Keuchhuftenanfälle mit Srämpfen; nad) jedem Anfall ftellt fi) Erbrechen ein; während des Huſtens ift Schleimraffeln auf der Bruft hörbar. Cuprum ift eines der beften Keuchhuftenmittel.

Veratrum: Beidyen großer Hinfälligfeit und Schwäche; die Stinder laflen bei den Anfällen Harn, haben Schmerzen in ber Bruft, dem Unterleib und der Leijtengegend, werden zwiſchen den Unfällen nicht mehr recht munter, reden nicht viel, bewegen fich nicht gern, können den Kopf faft nicht aufrecht Halten; etwas Fieber oder ftarfer Froft, fühle Schmweiße, befonder3 an der Stirne, Heiner, geſchwinder, matter Buß, viel Durft. Oft auch trodener, feiner Ausſchlag am ganzen Körper, im Geficht, anden Händen. Bleibt ber Ausſchlag oder fommt er erft nad) Ipecaouanha oder Vera- trum, fo fee man mit dem Mittel aus. Erft wenn fein Huften mehr außer bei Nacht kommt, gebe man Rhus toxicodendron.

Drosera ijt neben Cuprum und Veratrum da3 wichtigſte Steuchhuftenmittel. Man gibt e8 bei regelmäßig alle 1—3 Stunden wiederfehrenden Huftenanfällen, die durch Kitzel und Trodenheits- gefühlim Kehlfopf erregt werden und nadht3, befonders nach Mitter- nacht, am fchlimmften find; die Huftenanfälle find fehr heftig und hellflingend, ohne alles Sieber oder mit Schauder, Hite, aber nicht jo fchleichend, wie bei Veratrum. Wenn der Keuchhuften nad) Mafern auftritt, ift Drosera eines der wirkſamſten Mittel.

Cina: die Kinder werden während des Huſtens ganz flarr; nad) den Anfällen ift ein nee Geräujc hörbar, das aus dem Halfe Hinab in den Unterleib geht. Bor allen andern Mitteln muß man e3 bei den Rindern geben, die viel in der Naje bohren, oft Leibſchneiden und Juden im After Haben, die vorher ſchon andere Zufälle von Würmern hatten, bei denen große Spulwürmer ab-

ingen. Das Mittel Hilft befonder3 eigenfinnigen Kindern mit ——— Augen und Haaren, während bei ruhigen, weichen ale it mit blauen Augen und blonden Haaren Belladonna eſſer ift. | Mephitis putorius: trodener, krampfhafter Huften mit eringer un und wenig oder überhaupt feinem wwurf. Krampfartige Erſcheinungen im Kehlkopf und Er- jtidung3gefühl find vorherrfhend. Nächtliche Verſchlimmerung.

Calcarea carbonica: der Huften fommt immer beim Eifen und die Speijen werden fogleich wieder erbrochen; hier ift auch Cocculus angezeigt, beſonders bei zahnenden Kindern.

Kali carbonicum: die Huftenanfälle jind am häufigften und ſchlimmſten nad) Mitternacht, befonder3 um 3 Uhr morgen. Die Kinder erbrechen dabei die Speife vom vorigen Wbend, find

222 IH. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

im Geficht, befonders um die Augen gefchwollen, wie wenn über dem oberen Augenlid ein Säckchen hinge. Manchmal Hilft eg nur im Wechſel mit Carbo vegetabilis, welches man geben fann, wenn Huften und Erbrechen abends ſchlimmer find und vor Mitter- nad;t oder tagsüber im Freien ärger werden.

Hepar sulphuris: bei nachlaſſendem, aber hohlem, fchal- lendem Huften, der durch Kitel im Kehlfopf erregt wird; bei Beiferem Huften, dem Würgen und viel Weinen folgt. Kälte in jeder Form, kaltes Eifen und Trinken, kalte Luft, Kaltwerden eines Körperteile bewirkt Verſchlimmerung.

Droht ſich Qungenentzündung einzuftellen, fo gebe man fofort Ferrum phosphoricum, bejonder3 bei hohem Fieber und trodenem Huften. |

Tartarusemeticus ift manchmal glei) im Anfang der Krankheit angezeigt und ſchwächt dann diefelbe ab. Gemöhnlid) paßt es aber befjer im fpäteren Berlauf, wenn die Quftröhren voll Schleim fteden, der Huften einen Ton Hat, aB ob alles voll Schleim wäre, aber troßdem nichts ausgehuftet wird, wenn das Geficht des Kranken bläulic) wird und allgemeine Erſchöpfungs— erfcheinungen hinzutreten.

Krupp (Croup).

Der echte Krupp ift eine Entzündung des Stehlfopfs, bei der auf der Oberfläche der Kehlfopfichleimhaut zäh anhaftende Häutchen jih bilden; daher auch der Name „häutige Bräune”. Meift wird er durch Diphtherie, zumeilen auch durch Mafern veranlaßt und nur ſelten tritt er ohne eine dieſer beiden Krankheiten auf. Stellen ſich im Verlaufe emer Diphtherie, etwa am 4. bis 6. Krank⸗ heit3tage Huften, Heiferfeit, Atemnot und Erftidungsanfälle ein, fo kann man ficher auf echten Krupp fchließen. Der Huften befommt einen hohlen, bellenden Klang, da3 Atmen wird geräuſchvoll und fägend, die Kinder ziehen den Atem mühfam ein und ftoßen ihn ruckweiſe wieder au. Der erjte Anfall macht tagsüber oft einer borübergehenden Beſſerung Platz, aber nur, um in der folgenden Nacht umſo heftiger wiederzufehten. Das Fieber nimmt mehr und mehr zu, der Kranke Flagt über heftigen Durft und Brennen im Hals und in der Gegend des Kehllopfes, die Atembeſchwerden fteigern fich bi zu Erftidungsanfällen und der Kehlkopf fteigt bei der Atmung heftig auf und nieder. Die Kranken befommen einen ungemein ängjtlihen Geficht3ausdrud, fie Halten den Kopf ftarf nach hinten gebogen, fo daß der Kehlfopf, an dem fie nicht die geringfte Berührung ertragen, nad) vorwärts gemölbt ift.

Macht die Krankheit weitere Fortichritte, jo werden Hände und Füße fühl, der Puls ganz Klein, die Gejichtsfarbe blaß und bläulid). Schlieglich tritt Unruhe, Benommenheit und alle Zeichen einer tödlichen Kohlenfäurevergiftung hinzu. Durch dad Aushuſten oder

5. Kranlheiten in der Bruſthöhle. 223

Herauswürgen von Hautjeßen tritt oft fchnelle Erleichterung ein, die aber nur jo lange anhält, big der Häutige Kehlfopibelag ſich erneuert hat. |

Der Kruppkranke ſchwebt von Anfang an in größter Lebens- gefahr, die oft nur durch den Luftröhrenſchnitt abgemwendet werden kann. Das Hauptmittel gegen echten Krupp ift Brom, das in niederer Verdünnung im Waſſer aufgelöft in Halbjtündigen Zwi— ſchenräumen faffeelöffelweife einzunehmen ift. Im übrigen beachte man die am Schluffe angegebene Mittelcharakteriftif. Außerlich kann man bi zur Ankunft des Arztes Heiße Umfchläge auf den Hals legen und den Kranken heiße Flüfjigfeiten, wie Budermaffer, Lindenblütentee oder Milch mit Seltersmaffer trinken laffen.

Biel öfter3 begegnet man dem fogenannten falfchen Krupp, einer Tatarrhalifchen Entzündung und Anſchwellung ter Kehlfopf- Ihleimhaut. Er ijt fajt immer die Folge einer Erkältung. Die Krankheit befällt meift Kinder mit 2 bis 6 Jahren. Die Erſchei— nungen find denen des echten Krupps fehr ähnlich, nur daß der faliche Krupp ganz plötzlich, meift ohne alle Vorboten, mitten in der Nacht beginnt und einen fürzeren und viel günftigeren Verlauf nimmt. Beim falſchen Krupp ift Aconitum da3 Hauptmittel. Dan träufelt davon 10 Tropfen in ein halbes Glas Waffer und läßt )4- bis ſtundlich einen Kaffeelöffel voll nehmen. Tritt nach einigen Stunden feine weſentliche Beflerung ein, jo gebe man je nach den Symptomen Aconit im Wechjel mit Hepar oder Spongia.

Aconitum: Mitten in der Nacht plögliches Erwachen an trodenem, bellendem Huften und erſchwertem Atmen, die Haut iſt Heiß und troden, der Kranke unruhig und ängftlih. Das Mittel paßt befonderd, wenn Erfältung vorausging.

Spongia: rauhe Stimme, bumpfer, harter, bellender Huften, ſägendes, pfeifendes3, weit Hingendes Atmen und Verſchlimmerung der Anfälle um Mitternadit.

Hepar sulphuris: fruppiger, frähender, etwas feucht und locker klingender Hujten, lijpelnde Stimme, pfeifendes Atmen; - Beginn oder Verſchlimmerung der Anfälle gegen Morgen.

Bromium: Sauptmittel bei echtem Krupp. Harter, krampf⸗ artiger Huften, Gefühl, a ob der Kehlfopf zugejchnürt wäre; tiefe, beifere Stimme, pfeifendes Atmen und Rafjeln im Kehlkopf wie von angelammelten Schleimmafjen. Ein Schlud Waſſer erleichtert die krampfartigen Erjcheinungen.

Jodum: wichtiges Mittel bei echtem Krupp. Kurzer, bellender, trodener Huſten, zunehmende Stimmlofigfeit und Atemnot bei feuchendem, fingendem Atem. Das Sind greift viel nach dent Hal und Huftet große, zähe Geben aus.

Kaolinum 30.: äußerfte Schmerzhaftigfeit vom Kehlkopf bis tief hinab in die Luftröhre. Der Kranke duldet feine Berührung an Hal3 oder Bruft. Paßt befonderz bei echtem Krupp, der ſich

224 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten. bom Kehlkopf nach den Verzweigungen der Luftröhrenäſte aus⸗ dehnt.

Belladonna: plötzlich einſetzende Huſtenanfälle, die raſch vorübergehen; krampfhafter Huſten bis zum Erſticken. Das Geſicht wird während bes Anfalles rot und das Kind ſpringt verzweifelt um- her oder wälzt fich im Bett herum.

Arsenicum: tiefer, trodener, unaufhörlicher Huften, Ver⸗ Schlimmerung nad) Mitternacht, Angft und Unruhe, großer Durft, der Kranke trinkt oft, aber nur wenig auf einmal.

Phosphorus: Gtimmlofigfeit, rajcher Kräfteverfall, Zalter Schweiß, raffelnder Atem, eingefallenes Geficht.

Tartarus emeticus 3.: plößliche3 Erwachen an erftiden- dem Huften; Schwäche und Hinfälligfeit; der Kranke ift zu ſchwach, um den loder Hingenden Schleim auszuhuften; bläuliche Geſichts⸗ farbe. Man löft 10 Tropfen in einem halben Glas Waffer auf und gibt davon alfe 10, 20, 30 Minuten einen Saffeelöffel voll, big Beiferung eintritt.

Um die Angſt zu lindern und die Beſchwerden erträglicher zu machen, kann man die Kinder beide Arme tief ind Waſſer fteden laſſen, jo warm, al? fie e3 ertragen können und fo lange, bis der Huften nachläßt. Nach einem Kruppanfall Halte man fie warm und lafje fie bei fälterer Jahreszeit im leicht erwärmten Zimmer Ichlafen. Während der Kranfheit und noch einige Tage nad) dem legten Krampfanfall find die Kranken auf leicht verdauliche Koft, beſonders Milch, Suppen, Brei und dergl. zu beſchränken.

Gegen etwa zurüdbleibenden Huften gibt manChamomilla gegen zurüdbleibende Heijerfeit Hepar oder Belladonna, in ſehr Hartnädigen Fällen Car bo vegetabilis.

Influenza (Grippe).

Im Laufe der leßten Jahrzehnte ift diefe Krankheit fast alljährlich ver Gaft in Dorf und Stadt geworden. Da ihre Erſcheinungen anfänglid) fehr milder Natur waren, hielt man fie für ein ungefähr- liches Übel; die fpäteren Epivemien haben aber bewiefen, daß die

Influenza unter die gefährlichften Krankheiten zu zählen ift, be-

jonder3 wenn fie alte Leute befällt. Es gibt fein Organ im ganzen en Körper, das nicht durch Influenza Schaden nehmen nnte.

Die Haupterfcheinungen der Influenza find Fieber mit Tränen- fluß und allgemein-fatarrhalifhen Zuftänden, die von verhältnig- mäßig großer Erjchöpfung begleitet find. Die große Erſchöpfung ift ein wichtige Symptom für die Feſtſtellung der Influenza. Unter- ſucht man einen Influenzakranken, jo kann man, alle objeltiven Erſcheinungen zufammengenommen, faft gar nicht glauben, daß er wirklich fo ſehr erfchöpft ſei.

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d. Krankheiten in ber Bruſthöhle. 225

Man Hat die Influenza in zwei Arten eingeteilt: in die katarrha⸗ lifche und die nervöſe Influenza. |

Die fatarrhaliihde Influenza feht ſich entweder in den Atmungsorganen fejt oder fie jucht die Verdauungsorgane heim. Bei der katarrhaliſchen Influenza jind, wie ſchon der Name fagt, die Schleimhäute bejonder3 befallen. Sind die Hauptbejchwerden in den Atmung3organen, fo leidet der Kranke an Schnupfen, Kopfmweh, Husten, welcher anfangs troden, fpäter mit Schleimauswurf ver- bunden ift; find dagegen die Verdauungdorgane befonder3 in Mit- leidenfchaft gezogen, fo Elagt der Kranke über Appetitlofigfeit, Erbrechen, Durchfall, Berftopfung oder beides miteinander ab⸗ wechlelnd. Die nervöſe Influenza ift nicht allein die fchmerz- haftere Form, fondern auch zugleich die am fchmwerften einer Be— Handlung zugängliche. Der Kranke Hagt über furchtbare Kopf- Schmerzen, Rückenweh, Zerſchlagenheitsgefühl uſw. Bei dieſer Form iſt die Erſchöpfung am ausgeprägteſten.

Was die Behandlung der Influenza anbetrifft, ſo iſt es außerordentlich wichtig, daß die Kranken möglichſt bald das Bett auffuchen und im Bett verbleiben, bis die Krankheit vollftändig verſchwunden ift. In vielen Fällen Haben fich tüchtige Schwiß- furen mitteljt feuchter Einpadungen und heißer Krüge zu beiden Seiten des! Körpers erfolgreich erwiefen. Eupatorium per- foliatum und Arsenicum follen die Krankheit im Anfang3- ftadium abfchneiden oder, von Gefunden genommen, fie vollftändig verhüten können. Es ift fraglich, ob beide Mittel diefe vorbeugende Sigenfchaft beſitzen. Man darf nicht außer acht laffen, daß viele Menſchen von Natur au3 gegen diefe Krankheit gefeit find. Bei der Behandlung im Anfangzftadium ift am häufigften Gelse- mium in niederer Verdünnung angezeigt. Es paßt hauptjächlich, wenn folgende Erſcheinungen auftreten: Fröfteln den Rüden entlang, jo daß der Kranke fich Hinter den Ofen verfriecht oder im Bett vergräbt, nirgends ift eg ihm warm genug. Auf ragen, die man an ihn richtet, gibt er feine Antivort, er vegt jich nicht und liegt lozufagen ein Zoch ind Bett hinein. Sein Puls ift raſch und kaum fühlbar, dabei ift er matt und ſchläfrig. Aconitum ift felten am Plate, dagegen leiftet Ferrum phosphoricum oft redit gute Dienſte. Handelt e3 fi) um eine Eatarrhalifche Influenza, jo it Rumex crispus und Bryonia in erfter Linie anzu- wenden. Iſt es mehr eine nervöſe Influenza, jo ift bejonders Eupatorium, Rhus toxicodendron und in manchen Fällen Iris versicolor das angezeigte Mittel.

Alle diefe Arzneien müſſen natürlich fo angewandt werden, daß ihr Prüfungsbild den Srankheitserfchemungen möglichft ähnlich if. Wir finden daher Rumex crispus beſonders bei einem trodenen Huſten mit Halöbefchwerden angezeigt. Bryonia Dagegen, wenn der Kranke über Stiche, Stedyen bei jedem Huſten und bei jedem Atemzug klagt; feine Beſchwerden verſchlimmern

Heringe⸗HKHaehl, HU. 15

226 II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

ih durd) jede Bewegung. Ein Kranker, für den Bryonia paßt, liegt gewöhnlich ganz ruhig im Bett, weil er jich bei dieſem ruhigen Liegen am wohlſten fühlt. Bei Rhustoxicodendron ift beinahe da3 Gegenteil der Fall. Der Kranke ift aufgeregt, wirft lich fortwährend im Bett herum, weil er durd) die beitändige Be— wegung fich Erleichterung zu verſchaffen fucht; bei ruhigem Liegen fühlt er fich weniger gut. Eupatorium hat Zerichlagendeit3- gefühl und bohrende Schmerzen in den Knochen; Stellen ſich jeden Morgen zwiſchen 7 und 9 Uhr Schüttelfröfte ein, fo ift das Mittel um jo eher angezeigt.

Iris versicolor iſt anzuwenden, wenn heftige Kopf— ichmerzen vorhanden find, Schmerzen in und über beiden Augen-

öhlen, bejonder3 redjt3. Das Kopfweh beginnt morgens, fteigert Fin big mittags und nimmt gegen Abend wieder ab. Arsenicum iftnicht zu vergeffen, wenn e3 ich um einen alten Dann oder um eine alte, vorher ſchon geſchwächte Frau handelt; je größer der Kräfte— verfall, defto befjer ift Arsenicum angezeigt. Der Zuftand, für den das Mittel paßt, verſchlimmert fich Hauptfählic nad) Mitternacht gegen 1 bis 2 Uhr. Es leiftet oft dort noch Hilfe, wo fcheinbar jede Hoffnung auf Genefung aufgegeben werden muß.

Gegen die nach Sinfluenza jo häufig zurüdbleibende Schwäche hat fi) Chininum arsenicosum bemährt; gegen Sclaf- Iofigleit: Avena sativa 10 Tropfen der Tinktur in einem Glas warmen Waſſers vor Schlafengehen; gegen Herzſchwäche: Iberis amara.

Blutandrang nach der Bruft

ift gewöhnlich auf eine vermehrte Zufuhr des Blutes zurüdzuführen. Eine durch Springen, Bergjteigen, Singen, Gemütgerregungen, Mißbrauch geijtiger Getränke oder Aufenthalt auf hohen Bergen ee Herztätigfeit ift mohl die häufigfte Urfache diefes Übels. ndererjeit3 kann allerding3 aud) durch einen verminderten Abflug des Blutes, wie die bei gewiſſen Herzflappenfehlern, bei lang- dauernden Fiebern und Nierenkrankheiten der Yall ift, ein ähnlicher Buftand von Blutüberfüllung der Lungen hervorgerufen werden. Die Haupterfcheinungen find: Wöllegefühl und Klopfen in der ven Bruft, Herzllopfen, Angft, Bellemmung, Bejchwerden eim Atemholen und Furzer, feuchender Atem.

Wer zu diefem Leiden neigt, follte fi) vor vielem Laufen, jchnellem ZTreppenfteigen und alkoholiſchen Getränken hüten und täglich viel Wafjer trinken, Bruft und Arme mit kaltem Waſſer waſchen und nicht zu lange in den Morgen hinein jchlafen.

Aconitum ift angezeigt bei großer Kurzatmigkeit, fortmäh- rendem kurzem Huſten, der den Schlaf ftört, bei viel Hige, Durft und Furcht vor Gefahr. Es ift bejonders Hilfreich bei vollblütigen Perſonen, bejonders bei Frauen, die vor und nach der Periode gern an Blutandrang nach) der Bruft leiden.

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 227

Belladonna ift anzuwenden, wenn Aconitum nicht au3- reicht, wenn die Anfälle Häufig wiederfehren und der Kopf öfters in Mitleidenfchaft gezogen ift.

Pulsatilla paßt für gutmütige Leute, beſonders weiblichen Geſchlechtes, wenn der Blutandrang abends auftritt und nächtliches Pochen den Schlaf ftört.

An Nux vomica ift bei heftigen Perfonen zu denfen oder wenn da3 Übel durch Mißbrauch geiftiger Getränke oder Unter- drüdung von Hämorrhoiden hervorgerufen wurde.

Ferrum, Sulphur und Phosphorus fallen oft noch in die Wahl. Ein Fühler Bruftwidel, öfters erneuert, ift ein gutes äußerliches Hilfsmittel.

Blutiturz oder Bluthnuſten.

Wenn’ beim Huften etwas Blut mit ausgeworfen wird, fo ift dies in den meiften Fällen nicht jo gefährlich, wie viele meinen. Jedenfalls ift damit noch nicht gefagt, daß das Blut aus der Zunge herrührt, oft fommt es au3 der Nafe, aus hohlen Zähnen oder aus dem Hals. Lungenblutungen erfennt man daran, daß das aus— gehuftete Blut hellrot und fchaumig ift. Ver Stranfe hat dabei häufig ein deutliches Gefühl, daß es tief herauffommt. Ber ſüßliche Blutgefhmad wird oft fchon lange vorher wahrgenommen. In ſolchen Fällen Hüte man fich vor allem, was die Qungen anftrengt, wie 3. B. vor langem, lautem Sprechen, Rufen, Schreien, Singen, Horn- und Trompetenblafen, vor allen anftrengenden Bewegungen mit den Armen oder fchnellem Laufen, Steigen, bejonderd vor raſchem Treppenfteigen. Bisweilen entfteht der Bluthuften nad) Einatmen fcharfer Dinge, die ftäuben oder ausdünften, wie Kalf, Gips, Metallipäne, Tabak, Schwefeljäure und dergl.

Sit der Blutauswurf gering und der Huſten jo, daß man für ihn ein Mittel wählen kann, fo jehe man unter den Mitteln gegen „Huſten“ nad. Wenn dagegen das Blut in großer Menge und plöglich mit großer ve ausgehuftet wird, dann ift es zwar gefährlich, aber man follte doch nicht gleich in Todesangſt und Schrecken geraten. Selten ift e3 fo ſchlimm, wie e3 ſcheint. Nur wenn jemand dergleichen fchon oft Hatte, wenn andere Krankheiten lange vorhergingen, befonder3 aber, wenn dad Blut in großen Mafjen kommt, befteht Lebensgefahr. In den übrigen Fällen fommt die größte Gefahr erft nad), entweder dadurch, daB der Blutſturz oft wiederfehrt oder eine unheilbare Lungenkrankheit ſich ausbildet.

Das erſte, was man bei einem heftigen Blutſturz tun kann, iſt, ein Tuch oder einen elaſtiſchen Hoſenträger um den linken Oberarm zu binden, ſo feſt es der Patient leiden mag; dann um den rechten Oberſchenkel; wenn die Blutung dann noch nicht aufhört, auch um den rechten Oberarm und den linken Oberſchenkel. Erſt wenn

8 228 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

der Anfall vorüber ift, macht man allmählicd) die Binde wieder Ioder und nimmt fie endlid) ganz ab. Währenddeſſen laſſe man den Patienten ganz ruhig, halb figend, mit vielen Kiffen unter Bruft und Kopf, liegen. Auch nad) dem Anfall muß er nod) lange die größte Ruhe beobachten, in Fühler Luft liegen, darf 10 Tage lang nicht3 Warmes und fein geiftiges Getränk zu fich nehmen. Er Hüte fich vor allem Arger und Zorn und fchlafe zumeilen über Tag, beſonders vor dem Eſſen.

Hört die Blutung nicht auf oder fommt fie immer wieder, fo löſt man einen Teelöffel voll gewöhnlichen Kochlalzes in 1, Glas Waſſer auf und läßt den Kranken fchludweife davon trinken.

Die Hauptjache aber bleiben pajjende Arzneien, durch melde der Patient nicht nur rajch gebeffert, jondern auch vor Rüdfällen bewahrt werden kann.

Bei großer Gefahr kommen Hauptfählid Aconitum, Millefolium, Ipecacuanha, Arnica, China over Hamamelis in Betracht.

Aconitum: da3 Blut wird nur durch leichtes Räufpern ausgeworfen, der Kranfe verjpürt fchon vorher ein Wallen des Blutes in der Bruft, fie ſcheint voll zu fein, es brennt darin; Herz- Hopfen, Augſ Unruhe, ſchlimmer im Liegen; Geſicht ängſtlich und blaß, das Blut kommt von Zeit zu Zeit, aber immer viel auf einmal.

Ipecacuanha: nach Aconitum, wenn nach mehreren Stunden noch immer Blutgeſchmack, Hüſteln, Auswurf mit blutigen Streifen, Übelfeit und Schwäche zurückleibt.

Millefolium: ftarfe hellrote Blutungen aus der Lunge; wenig Huften, feinerlei Schmerzen. Das Mittel paßt befonders in Anfangsftadium der Lungenſchwindſucht oder wenn die Blutung nach unterdrüdten Hämorrhoidalblutungen oder beim Ausbleiben der Regel erfolgt.

China: da3 Blut fommt nicht bei bloßem Räufpern, fondern immer bei heftigem Huften, der vorher ſchon troden, rauh, ſchmerz⸗ haft und mit Blutgefchmad verbunden war; der Patient fühlt ſich froftig, hat zuweilen eine fliegende Hitze, ift jehr matt, will immer liegen, ſchwitzt nel aber nicht lange, fängt an zu zittern, es wird ihm dunfel vor den Augen oder der Kopf ist benommen, er wird infolge de3 ftarfen Blutverluftes ganz ohnmächtig, bleich und kalt; Budungen in den Händen und im Geſicht. Später paßt dann zu- weilen Ferrum oder Arnica, manchmalaud) Arsenicum.

Ferrum: da3 Blut kommt mit leihtem NRäufpern heraus, aber nicht in großen Mengen, es ift ganz rein und Hellrot; Schmerzen zwilchen den Schultern, Engbrüftigfeit, befonder3 des Nacht3; der Kranke kann nicht figen, fühlt fich beifer bei langfamem Hin- und Hergehen, muß ſich aber oft hinlegen, ift jehr ſchwach, beſonders nach Sprechen, muß nad) jeder ftarfen Bewegung Huften. Ferrum paßt bejonders bei mageren Leuten mit gelblicjem Gejicht, die des Nachts nicht gut fchlafen können.

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 229

Arnica: $auptmittel bei Bluthuſten nach Berlegungen. Blut geronnen, ſchwärzlich, fommt ganz leicht herauf, dabei Engbrüftig- feit, Stiche auf der Bruftund amganzen Leib, Brennen, Bufammen- ziehen, Herzklopfen, der Sranfe wird wie ohnmächtig. Cbenfo bei Bluthuften mit hellrotem, jhäumigem Blut, mit geronnenen Klümpchen darunter und mit Schleim gemengt, zumeilen mit Kiteln unter dem Bruftbein, mit Stihen im Kopf während be3 Huſtens; alle Rippen find wie zerfchlagen.

Pulsatilla: langanhaltender Bluthuſten; Auswurf bon ſchwarzem, geronnenem Blut; der Kranke befommt des Nachts Angft, friert und Nagt über Schwäche und Schmerzen unter der Bruft, ift empfindlich im Magen und fchüchtern und meinerlich ver- anlagt. Nachher paßt oft Secale.

Wenn der Bluthuften an Stelle der Regel auftritt, fo gibt man je nad) den vorhandenen Erjcheinungen Pulsatilla, Vera- trum, CGocculus oder Bryonia.

Hamamelis: Sitelhuften mit Auswurf von dunklem Blut; Schmweratmen;die Bruftift ſchmerzhaft eng, wie zufammengefchnürt.

Opium paßt ojt bei alten Leuten, auch bei Trunkſüchtigen, befonder3 wenn der blutige Auswurf fehr did, ſchaumig und mit Schleim gemengt ift und der Huften nad Schlingen jchlimmer wird; dabei Atemverfegung oder Engbrüftigfeit und Angjt, Brennen am Herzen, Bittern der Arme, zumeilen auch ſchwache Sprache; Einſchlummern und ängſtliches Zufammenfahren; Kälte, befonders der Glieder oder Hitze, befonders auf der Bruft, ohne Schweiß. Kommt nach Opium Schweiß auf der Bruft mit oder ohne Unruhe, dann Hilft Mercurius; Opium kann nad) einigen Stunden oder früher fchon, wenn e3 nötig (ft, wiederholt werden.

Carbo vegetabilis: heftige® Brennen auf der Bruft, auch noch nachdem der Blutfturz vorbei ift, beſonders bei folchen, die da3 naßkalte Wetter nicht ertragen können oder die viel Dued- jilber eingenommen haben.

Gegen die nachfolgende Schwäche fei man nicht zu eilig mit Arzneien; hier Hilft gute Diät mehr: häufiges Eifen, nie zu viel, wenig Fleiſch, viel Milch, allenfalls Eier, ferner Mehlſpeiſen und Spazierengehen bei ſchönem Wetter. Bleibt der Kranke doch immer noch ſchwach oder empfindlih, fo hilft China, mandymal ab- wechlelnd mit Ferrum. Wenn er ſchwach und doch zu lebhaft it, Coffea; oder ärgerlid) und grämlich, Ignatia; fehr nieder- geſchlagen, Phosphori acidum.

Herzklopfen

macht fich bei allen Arten von Herzleiden bemerkbar. Es ift ent- weder ein Zeichen von gefteigerter Herztätigfeit oder von Üübergroßer Empfindlichfeit des Ktanken. Nervöſe Hagen oft über Herzklopfen, ohne daß der Arzt irgend eine Veränderung oder Beichleunigung

230 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

der Herztätigfeit feftftellen Kann. Über beſonders heftiges Herz- klopfen Elagen mandje Kropfkranle (fiehe Seite 247). Auch nerpöfe, ſchwächliche und blutarme Perſonen leiden befonder3 leicht darunter. Schon eine geringe Gemütsbewegung, ein Schred, eine uner- wartete Nachricht genügen, um Anfälle von Heftigftem Herzklopfen bei ihnen auszulöjen. So beängftigend folche Anfälle erjcheinen und fo unangenehm fie find, fo gefahrlos find fie in den meiften Fällen. Einen befonders ſchädlichen Einfluß auf das Herz haben Alkohol und Tabak. Im Übermaß genojjen fteigern fie nicht nur die Herztätigfeit und rufen Herzklopfen hervor, fondern fie bewirken auch Unregelmäßigfeiten in der Schlagfolge, läftige Beflemmungen, beängftigenden Drud in der Herzgegend, Atemnot und dergl. Ahnliche Zuftände fönnen aud) dem reichlichen Genuß von Tee und Kaffee folgen. Jeder Anlaß, der imftande ift, den Herzmuskel zu ſchwächen, wird dadurd) zu einer Urſache des Herzklopfens. Dazu rechnen wir vor allem ungewöhnliche förperliche Anftrengungen (Sport, Radfahren, Athletentum), gefchlechtliche Ausſchweifungen und Infektionskrankheiten wie Diphtherie, Influenza, Scharlach und dergleichen. | |

Wer an Herzklopfen leidet, darf weder Alkohol noch Tabaf, weder Tee noch Bohnenfaffee genießen, dagegen empfiehlt es fich, vor dem Schlafengehen kaltes Waller zu trinten, abends menig zu eſſen und mit erhöhter Kopflage auf der rechten Seite zu fchlafen. Ner- vöſe finden oft große Erleichterung durch einen falten Umfchlaa, der unmittelbar auf die Herzgegend gelegt wird.

Bei plötzlich eintretender Herzſchwäche muß man zu Reiz— mitteln greifen und dem Kranken Bohnenfaffee, Ather, Hoffmanns- tropfen, Wein oder Champagner geben. Große Erleichterung bewirfen ableitende Hand- und Fußbäder, fühle Wadenwickel und dergl. Beſteht zugleich heftiger Blutandrang zum Kopf, fo läßt man den Kranken ein heißes Fußbad unter Zufah von etwas Senf- meh! nehmen.

Bei der Wahl des Mittel3 muß man die Urjache des Leidens berüdjichtigen. Kommt das Herzklopfen von allerlei Gemüts— bemwegungen her, fo gibt nıan Aconitum, da3 aber nad) häufigem Gebrauch feine Wirkſamkeit teilweife einbüßt; Herzklopfen nad) Ärger verlangt Chamomilla, infolge von Furcht: Vera- trum, von Freude: Coffea, von großer Angſt: Opium.

Glonoin: Herztlopfen nad) plögliher Erfältung, wenn man ſich vorher In erhigte, oder nad) vielen heftigen Gemüts— bemwegungen, chnellem Wechſel verſchiedener Einflüſſe, Hitze im Geſicht, ſchneller Puls, Pochen bis in den Kopf, oder bleiches Geſicht und ſehr langſamer oder kaum fühlbarer Puls; ebenſo bei mühſamem Herzſchlag, Schwere, Preſſen, Hitzegefühl in der Herz- gegend und Schmerzen bis in den Rücken.

Nux moschata: Herzklopfen mit Ohnmacht und Schlaf, bejonder3 wenn Anftrengungen vorhergingen, oder bei ſolchen,

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 231

die große Neigung zu Ohnmachten und eine fehr veränderliche Laune haben und jich leicht erfälten.

Bei Herzklopfen von Bollblütigfeit und Aufregungen des Blutes ift jehr oft Aconitum hinreichend; manchmal ift fpäter no Nux vomica oder Belladonna nötig; bei Nervenſchwäche Ignatia und, wenn es beim Liegen auf der Seite jchlimmer iſt, Pulsatilla.

Cactus un Herzklopfen mit Drud in der Herzgegend, als ob das Herz nicht genügend Plat im Bruftraume hätte, verbunden mit Kopfmweh und ftarfer Regel.

Spigelia: Hauptmittel bei folchen, die oft Herzklopfen be- fommen, bejonder3 wenn fie übel aus dem Munde riechen und über Stiche in der Herzgegend Klagen.

China: bei Leuten, die jehr geſchwächt wurden, viel Säfte verloren, mit jaurem Magen und vielen Blähungen geplagt jind und unruhig jchlafen.

Belladonna: e3 dröhnt im Kopfe vom Herzklopfen, die Bruft ift voll mit Unruhe und Klopfen darin, beſonders nad) der Entbindung, nad) Verfiegen der Milch oder nad) dem Entwöhnen; im legteren Falle läßt man nad) einiger Zeit China folgen.

Sulphur gibt man bei denjelben Empfindungen, wenn Belladonna nicht ausreicht, oder wenn das Herzklopfen nad) Burüdtreten eines Ausſchlags oder borzeitigem Zuheilen eines Geſchwürs auftritt; auch wenn dag Herzklopfen immer nach Trep- penfteigen oder Bergfteigen ſich einjtellt.

Arsenicum: manchmal nad) Sulphur, wenn die3 nicht hinreicht, bejonderd wenn Ausſchläge oder Geſchwüre die Urſache waren; ed paßt auch, wenn dad Leiden mehr des Nachts Tommt, mit großer Angft, brennender Hite in der Bruft, Aternverjegung, Ichlimmer im Liegen, beſſer in Bewegung. Ä

Veratrum: in denfelben Fällen mit Atemverfegung und Angst; beifer im Liegen und jchlimmer beim Aufftehen oder bei lonftiger Bewegung.

Lachesis: bejonder3 wertvoll bei Frauen, die in den Wechlel- jahren ftehen und an ſtarken Blutwallungen und Herzklopfen leiden. Gefühl von Engjein in der Herzgegend; Tann am Hals nichts Enges ertragen. Die Kranke wacht faft immer mit Herzklopfen auf.

Bei langwierigem Herzklopfen, bei dem die angegebenen Mittel nur borübergehend Helfen, ſuche man beizeiten die Hilfe eines Arztes und befolge genau deſſen Ratjchläge, damit nicht eine unheil- bare Herzkrankheit daraus entiteht.

Aſthma (Brufttrampf).

Unter Aſthma, Bruftftampf oder Engbrüftigfeit ver- jteht man zeitweije auftretende Anfälle Hochgradiger Atemnot. Die Urfachen diefes Leidens find äußerft verfchieden und mannig-

*

232 III. Die Behandlung der gewöhnlihften Krankheiten.

faltig. Bei etwa der Hälfte der Fälle hat man Vererbung nad)- zumeifen vermocht. Da die Anfälle fich jo plöglich einftellen und häufig ohne beſonders mwahrnehmbare Beränderungen in den Zungen und Quftröhren einhergehen, ift man zu der Annahme gelangt, daß da3 Aſthma eine krampfhaft-nervöſe Erkrankung fei. Viele mit diefem Mbel behaftete Perfonen leiden zugleih an Brondhialfatarrhh und befommen Aſthmaanfälle, fo oft Nebel oder feuchte Witterung eintritt. Bei Kindern get da3 Leiden mit Vorliebe nad) eg oder Majern. Andere Kranke machen die Wahrnehmung, daß Gemütsbewegungen, wieder andere, daß Unregelmäßigfeiten im Ejjen und Trinken oder das Einatmen von Staub, 3. B. Blütenftaub (Heuafthma fiehe Seite 207) oder das Einatmen arzneilicher Stoffe (wie 3. B. Ipeoacuanha) oder Gafe wie Schwefeldämpfe und dergl. Unfälle auszulöfen vermögen.

uonae jtellen fich beinahe immer nachts, bejonders nad Mitternacht ein. Der Kranke, der vielleicht biß 1 oder 2 Uhr morgen3 gut ——— hat, erwacht plötzlich an einem äußerſt läſtigen Gefühl von Spannen und Engſein über der Bruſt, das ihn nötigt, das Bett zu verlaſſen und ans offene Fenſter zu gehen. Die Beſchwerden ſteigern ſich, der Kranke hat immer mehr das Be- dürfnis nach Suft: er bringt alle Atmungsmuskeln in Tätigfeit und macht die verzmweifeltften Unftrengungen, um den Lungen noch mehr Luft zuzuführen. Bei diefen Bemühungen hört man ein lautes Pfeifen und Keuchen, oft aud) ein Raffeln, al ob die Bruft voll Schleim wäre. Ein ſolcher Anfall kann fchon nad) wenigen Minuten vorbei fein, oft aber auch flunden-, ja fogar tagelang eh biß der Kranke infolge der Qualen und Unftrengungen bollftändig erſchöpft ift.

Bur Crleichterung der Anfälle befeitige man fofort alle engen Kleidungsitüde, öffne Senfter und Türen, um dem Lufthunger des Kranfen etwas abzubelfen und befprige Gefidht und Bruft mit kaltem Waffer. Noch wirkfamer erweifen fid) heiße Hand- und Yuß- bäder. Ebenſo Hilft oft auch da3 fefte Umbinden der Oberarme, wobei zuerft der linfe Arm und erft, wenn e3 nicht beffer wird, auch die übrigen Glieder umbunden werden.

Um die Rückkehr der Unfälle zu verhindern, läßt man den Kranken täglich kalt abwajchen, viel in der Sonne gehen und gibt eine der unten angeführten Mittel.

Das Einatmen von Stramonium- und Galpeterraucdh bringt zwar anfänglich Iofoztige Crleichterung, ift aber nicht zu empfehlen, da das Übel beim Gebrauch) derartiger Hilfsmittel nur noch Hart- nädiger wird.

Ipecacuanha: die Bruft ift wie —— das Atmen keuchend, Raſſeln in der Luftröhre, als wäre Schleim darin, der auf- und abgeht; oder es iſt dem Patienten, als wäre Staub in der Bruft, der den Atem hindert, er jchnappt ängftlid) nad) Luft und fürchtet zu erftiden; das Geficht ift bla, die Hände und Füße

5. Krankheiten in der Brufihöhle. I 233

find kalt. Nachher gibt man gewöhnlid Arsenicum, Bry- onia oder Nux vomica.

Arsenicum paßt bei den fchlimmften Unfällen, wenn ein Schnupfen zurüdgetreten ift, bei ohnedies ſchwacher Bruft, wenn e3 ichlimmer ift gegen Mitternacht, daS Atmen immer fchwerer wird, in der Bruft ein Raffeln hörbar ift, mit Angft, Stöhnen, Achzen und untuhigem Umherwerfen, oder wenn fich, befonders bei alten Reuten, die Anfälle im Gehen einftellen, wenn e8 am Herzen drüdt, bald vergeht, bald wiederfommt, und wenn jede Bewegung, be- fonder3 das Steigen ind Bett, e3 ſchlimmer madjt.

Bryonia oder Apis fann man nad) Ipeoacuanha geben, wenn die Atembefchwerden durch Bewegung fchlimmer werden oder wenn fie ſich nad) ee oder nicht genügend heraus» gelommenen Ausſchlägen einjtellen; und zwar it Bryoniaanzu- wenden, wenn der Patient oft jeufzt oder friert, wenn das Aſthma nachts auftritt und mit verbunden iſt, als ſollte er zu Stuhle gehen; Apis, wenn der Hals dabei wie zuſammengeſchnürt iſt, und in der Gegend der kurzen Rippen, beſonders auf der linken Seite, alles wie zer quetſcht ſchmerzt und wenn das geheizte Zimmer wegen Hitze und Kopfweh unerträglich iſt.

Nux vomica und Lachesis helfen oft, wenn der Kranke borgebüdt jigen muß. Nux vomica, wenn dad Aſthma nadı großen Anftrengungen des Geiftes, nach Wein-, Branntwein- oder Saffeetrinten oder bei rüftigen, heftigen Leuten, die biel in der Stube fißen, vorfommt. Lachesis bei mißmutigen, finfteren, aber leicht aufgeregten Berfonen, fchlimmer nad) dem

en.

Glonoin: plöglide Anfälle von Atemnot, die Bruft ift wie zufammengefchnürt, Angft und Geufzen, Bellemmung wechſelt mit Kopfichmerz.

China: aſthmatiſche Anfälle mit Pfeifen und Naffeln, als fei die Bruft zum Erftiden voll von Schleim; Anfälle nachts beim Er- wachen; Atmen ijt nur möglich, wenn der Kopf ganz hoch liegt. Der Leidende jchwigt und erfältet ſich leicht.

Sambucus in ähnliden Fällen mit Schweiß am Halle, beſonders bei Sindern.

Natrum sulphuricum: Aſthma mit viel Schleimraffeln und reihlihem Auswurf grünlichen Schleimes; am ſchlimmſten in den frühen Morgenftunden zwifchen 4 und 5 Uhr. Feuchte Witterung oder der Aufenthalt an feuchten Orten ruft Aſthma⸗ anfälle hervor oder verjchlimmert fie. Nach jedem Anfall ftellt ih Durchfall ein.

Coffea: bei ſehr empfindlichen Leuten, die Aſthma befommen, wenn dad Gemüt angegriffen wird; der Atem kann nur mit Mühe in Heinen Abfägen eingezogen werben, mit Angft, Unruhe, Hite und Schweiß. Im übrigen fiehe bei Befchwerden durd) Gemüts- bewegungen (Ceite 51 ff.).

234 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Pulsatilla: Aſthma mit Schwindel dabei, Schwäche im Kopfe, Schläfrigkeit, Herzklopfen, Hite in der Bruft; der Atem iheint unten in der Bruft anzuftoßen. Aftymaanfälle nach Ein- atmen von Schwefeldämpfen.

Rhustoxicodendron bringt bei ſehr heftigem Arbeiten des ganzen Bruſtkaſtens, ja felbjt bei Todesnot oft noch Erleichterung.

Sulphur: Kurzes, feuchende3 Atmen mit Angft und Furcht zu erjtiden. Die Anfälle ftellen fich nacht3 beim Hinlegen oder während des Schlafes ein. Gefühl, als ob die Brufteng eingefchnürt oder als ob Staub in den Lungen märe.

Tartarus emeticus: die ganze Bruft Scheint mit Schleim angefüllt zu fein, der Kranke Hat aber die Kraft nicht, —— zuhuſten. Große Atemnot und Erſtickungsgefühl, zum Aufſitzen nötigend. Paßt beſonders für Kinder, ſowie für geſchwächte und alte Leute.

Veratrum paßt ſehr oft nach Ipecacuanha und Ar- senicum, wenn die Atemnot fi) bi3 zum Erftiden fteigert. Atembeengung auch im Auffigen und bei Bewegung, mit Schmerzen in der Geite, hohlem Huften dazwiſchen. Cbenfo ift e8 angezeigt, wenn Falter Schweiß ausbricht oder das Geſicht und die Glieder falt werden; manchmal beim Gtilliegen etwas beffer.

Nach unterdrüdten Ausflüffen, aus welcher Offnung des Leibes es auch fein mag, auch nad) eingetrodnneten Geſchwüren und ver- triebenen Auzjchlägen Stellt jich fehr oft Schweratmen ein. Dann hilft je nad) den Umftänden Pulsatilla, Ipecacuanha oder Veratrum, jpäter Sulphur, Arsenicum u.a. Sn ſolchen Fällen darf man nicht zu lange zufehen, fondern foll möglidyft bald den homöopathiſchen Arzt zu Rate ziehen.

Seitenftechen, Bruftfell: und Lungenentzündung.

Ein für den Hausgebrauch des Laien bejtimmtes Buch ift nicht der geeignete Ort zu einer eingehenden Schilderung dieſer drei Krankheiten, zumal da eine Beichreibung noch lange nicht genügend Auffhluß geben würde, wie man fie mit Sicherheit voneinander unterfcheiden kann. Bei allen drei Krankheiten ziehe man jofort einen Arzt zu Rate.

Bon Althma unterfcheiden jich diefe Krankheiten Hauptlächlich dadurch, daß fie mit Fieber einhergehen und von fcharfen, aus- gejprochenen, meiſt ftechenden Schmerzen begleitet find. Ent- zündungen in der Bruft machen fich außerdem in der Regel durd) Huften mit wenig Auswurf, der nicht felten mit Blut geſtreift (roſtfarbig) ift, erfennbar.

Das heftige Stedyen beim Atemholen darf man übrigens nicht immer für eine Bruftfellentzündung Halten. Wenn fein oder fein bedeutender Huften dabei ift, oder wenn fein heftiger Schüttelfroft den Anfang madıte, fo handelt e3 fi nur um das fogenannte falſche

5. Krankheiten in der Brufthöhle. 235

Seitenftechen. Gewöhnlich fängt dies mit rheumatischen Schmerzen am Halje, Naden und den Schultern an. Man erfennt e8 am jicherften, wenn der Schmerz in der Bruft die Stelle verändert, oder wenn man die Bruft genau befühlt und dies Schmerzen ver- urſacht, beſonders wenn man den Finger zwilchen die Rippen fett und fo zwiſchen den Rippen fortichiebt. Sobald der Patient dabei Schmerz hat, ift e3 feine Entzündung.

Gegen das falſche Seitenftechen hat ſich Arnica öfters Hilf- reich erwieſen; tritt feine Beſſerung ein, fo gebe man Bryonia oder Nux vomica oder leje die bei „Rheumatismus” auf- geführten Mittel nad) (©. 406 ff.).

Bumeilen find die Schmerzen mehr unter der-Bruft, der Patient fann nicht gut atmen, leichter nod) einatmen als augatmen; bei einer Bruftfellentzündung ift e8 gerade umgekehrt. Man befühle dann den Bauch von den Rippen an nach beiden ©eiten, wenn er beim Praufdrüden fchmerzt, bejonder® an einer Geite, helfen Pulsatilla, Arnica oder andere bei „Rheumatismus“ empfohlene Mittel.

Das wirkliche Seitenftechen, Bruſt- oder Rippenfellentzin: dung genannt, erfennt man durch den Froft, mit dem es anfängt, das Fieber und den bejonderen Huften dabei; der herausfommende Atem ift Heiß, der Puls Hart, d. H. er jchlägt viel härter an den Finger deifen, der ihn fühlt, alß bei gefunden Menſchen und läßt fid) nicht fo leicht zufammendrüden. Das Atmen wird gehindert durd) einen ftechenden Schmerz, meift unter den Rippen auf einer Geite, auf diefer Seite liegt der Patient lieber; der Hujten ift jehr ſchmerz— haft und heftig, es fommt höchſtens blutiger Speichel ala Auswurf. Die Gefichtsfarbe ift gewöhnlich bleich; der Kranke möchte gern jprechen, aber der Schmerz hindert ihn daran; gegen Morgen ijt e3 etwas befjer und die Haut wird feudit.

Die Bruftfellentzündung an und für fidh ift nicht fo gejährlid); aber um fo ernfter find oft die Folgen derſelben. Die in den Bruft- fellraum ergofjene Flüffigkeit Tann fich z. B. in Eiter verwandeln und den Tod oder wenigſtens ein monatelanges Siechtum herbei- führen. Ernſt ift die Bruftfellentzündung in3befondere aud) de3- halb, weil durd) fie in einem großen Teil aller Fälle der Grund zu einer jpäteren Lungenſchwindſucht gelegt wird.

Zur Linderung der Schmerzen läßt man gleid) von Anfang an fühle Bruftwidel madjen, die 2 bis 3 Stunden liegen bleiben dürfen, um dann wieder erneuert zu werden.

Aconitum ift da3 Hauptmittel, das oft allein imftande ift, eine Heilung herbeizuführen. Es follte jo lange fortgegeben werben, bis Sieber, Schmerzen, Durſt und Huften erheblich nachgelaſſen haben und reichlicher Schweiß eingetreten ift.

Bryonia ift angezeigt bei fcharfen ſtechenden Schmerzen in der Bruft, die Durch jede Bewegung de3 Körpers ſowie durch Ein— atmen gefteigert werden. Der Huften ift meift troden oder bon

236 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

gelbem blutigem Schleimauswurf begleitet. Außerdem find nod) folgende Symptome zu berüdfichtigen: erſchwertes Atmen, gelbe Bunge, Herzklopfen, Verftopfung, bitterer Mundgefchmad, Übelkeit, Schleimerbrechen, Schmerz in den Gliedern, heiße Haut, heftiger Durft und Huften beim Liegen auf der rechten Ceite.

Sulphur fommt erft in Betracht, nachdem Bryonia bie ftechenden Schmerzen befeitigt hat und höchſtens noch eine gewiſſe Empfindlichkeit, bejonders bei Bewegung oder in frifcher Luft zurüd- geblieben ift. Sulphur befchleunigt auch die Auffaugung von Aus⸗ ſchwitzungen; noch mehr kann dies allerding? von Antimonium arsenicosum gejagt werden.

Diefe Mittel reichen in vielen Fällen zur Heilung einer gewöhn⸗ lichen Bruftfellentzündung au2.

Die Lungenentzündung ift eine viel gefährlichere Krankheit als die vorhin befchriebene Bruftfellentziindung. Sie fängt auch mit Froſt an, das Fieber läßt morgens nicht nach, die Haut ift immerfort heiß und troden, der Puls anfang3 weich, ſchlägt bei jedem Atemzug wohl fünfmal und wird erft [päter Hart; die Luft ift beim Ausatmen heiß, der Atem nicht fo jehr durch ftechende Schmerzen gehindert wie bei der Bruftfellentzündung und die Schmerzen find mehr drüdend und in der Mitte der Bruft. Der Kranke atmet aber viel ichneller (Et wachſene atmen normalerweife etwa 18—20mal in der Minute, Kinder von einem Jahr 30—40mal; bei Lungenentzündung tritt eine Steigerung der Atemzüge um mehr alß die Hälfte ein). Der Huften ift nicht bo häufig, aber quält defto mehr, hält jedesmal lange an und verurſacht oft Kopfichmerzen; das Geficht wird von Anfang an bläulic) und dunkelrot mit roten Wangen; der Patient legt fich nicht auf die Seite, fondern lieber auf den Rüden, will rubig bleiben und nicht ſprechen; oft ift er mürriſch und will von nicht8 wiffen. Sehr oft ift der Huſten erft ganz troden, dann fommt etwas Blut mit heraus.

Sobald ein dider, reichliher Auswurf mit häufigem Huſten fommt, der Drud auf der Bruft nadhläßt und die Haut feucht wird, ift die Gefahr vorbei. ZTroßdem muß noch zwei Woden long Diät gehalten werden: leichte Koft, häufiges Eſſen, aber immer nur wenig.

Bei alten Beulen nimmt die Lungenentzündung in ber Regel einen ganz anderen Verlauf und ift noch viel gefährlicher, bejonder3 wenn die Kranken vorher ſchon mit einem Herzleiden behaftet waren. In diefen Fällen ift anfänglich der an Lungen- entzündung erkrankte Greis fieberfrei und man würde vielleicht gar nicht an dieſe ſchwere Etkrankung denken, wenn er nicht öfters im Tage blutgeftreiften Auswurf heraufhujten würde.

Aconitum ift im Anfang einer Lungenentzündung am Plage, bei trodener und brennend heißer Haut, hartem und raſchem * ſchnellem Atem, großem Durſt, trockenem Huſten und viel

noft.

5. Krankheiten in der Brujthöhle. 237

Bryonia gibt man nad) Aconitum: Huſten mit Auswurf bon zähem oder bilutgejtreiftem Schleim; große Atemnot mit Geitenftechen, die Schmerzen werden beim Atmen und durch jede Bewegung heftiger; der Mund ift troden, die Zunge gelb belegt; großer Durſt und Berftopfung.

Jodum ift ein bemwährtes Mittel, fobald die örtlichen Erfchei- nungen der Qungenentzündung fich zu entwideln beginnen und der Kranke über Angſt und Beflommenheit der Bruft mit brennenden, reißenden und ftechenden Schmerzen flagt. Beim Atmen hat er das Gefühl, als wenn ein großer Widerftand zu befämpfen wäre und die Bruft erweitert werden müßte. Huften tritt meift in Verbin- dung mit Engbrüftigfeit, Schmerzen beim Tiefatmen und heftigen Atembefchwerden auf.

Mercurius paßt, wenn das Fieber nachgelaſſen Hat, aber Schmerz und Schmweratmen fortbeftehen. Der Kranke Tiegt be- ftändig im Schmeiße gebadet, fühlt ſich aber dadurch nicht gebeffert; der Puls ift rafch und ſchwach, es befteht Neigung zu Durchfall mit Ichleimigen Entleerungen und ftarfem Stuhldrang.

Tartarus emeticus: Druckauf der Bruft mit viel Schleim- taffeln, großer Schmähe mit Neigung zum Erbrechen von viel Schleim. Das Mittel eignet fich beſonders für Greife und Kinder.

Carbo vegetabilis: Lungenentzündung im Greijenalter. Der Kranke ift äußerft nl, Hagt über große Atemnot, will Luft zugefächelt Haben und fühlt fi im Geſicht ſowie an Händen und Füßen faltan. Der Puls ift fo Hein, daß man ihn faum noch fühlen fann, von Zeit zu Beit wird etwa3 braunroter Schleim ausgebrochen.

Sulphur gibt man, um eine Entjcheidung herbeizuführen, wenn die Krankheit einen langfamen Verlauf zu nehmen fcheint. Die wichtigften für Sulphur ſprechenden Erfcheinungen find: Häufige Schwäche- und Ohnmadhtsanfälle, Hitemwallungen, be- ſtändiges Higegefühl auf dem Kopfe, Schleimraffeln in der a

Phosphorus: Wenn eine Lungenentzündung fich nicht voll- fommen entfcheidet, wenn der Huften ſehr fehmerzhaft, der Atem fnifternd und fägend bleibt, da3 Herz und der Puls immer ge- Ihminder werden. Bleibt ein gelber, eiteriger Auswurf zurüd, linfen die Kräfte, ftellen fih Nachtſchweiße ein, ſo kann der Kranke nur noch durd) Lycopodium gerettet werden; ift der Auswurf reichlich und jchleimig, fo Hilft au Dulcamara.

Es gibt noch eine jchleichende, bösartige Form diefer Krankheit, die man gewöhnlich als die typhöſe Lungenentzündung be- zeichnet. Dan erkennt fie an dem langfamen Heranſchleichen im Gegenſatz zu dem plößlichen Beginn der anderen Arten. Der Kranke fühlt fi) zuerft mehrere Tage lang frank, ohne daß er recht weiß, was ihm fehlt, der Appetit ift weg, der Schlaf ift fchlecht, der Kopf tut weh. nn erſt kommt Froſt, und nach dem Froſte erft fängt e3 auf der Bruft mit Drud und Kurzatmigfeit an; [päter ftellt ſich

238 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

ein zäher, felten etwa3 blutiger Auswurf ein. Dabei große Hitze, tiber die der Patient, der ruhig daliegt, nicht klagt. Wie frank er ift, jieht man an den matten Augen, dem Flebrigen Schweiße an der Stirn, dem grauen Geſicht, der trodenen Nafe, der ſchwarzen, trodenen Zunge; er murmelt und ſpricht immerfort wie im Schlafe und antwortet doch richtig, wenn man ihn fragt; läßt den Harn unter fich gehen, jpäter aud) den Stuhl; da3 Atmen wird immer fürzer, ungleich, röchelnd, der Fleine, fchnelle Puls wird unregelmäßig, die Bläffe und Schwäche nehmen zu. Unter Röcheln und mit ſchwarzer Bunge verfichert der Patient, er befinde ſich wohl, beflagt jich nur über Dinge, die gar nicht ftattfinden, z. B. er meint, es werde Holz gefägt, mofür er da3 eigene Röcheln hält, oder glaubt bei hellem Lichte in der Finſternis zu liegen.

Solche Zuftände find fehr gefährlich; fie bedürfen zu ihrer Heilung nicht nur einer jehr forgfältigen Behandlung, fondern auch einer hingebenden Pflege und einer oft ſcharfen Überwachung, da die Kranken nicht felten aus dem Fenfter fpringen wollen.

Wer hiebei von aller ärztlichen Hilfe verlaflen ift, der verjuche anfangs durd) einige Gaben Opium den BZuftand zu bejfern.

Arsenicum gibt man bei zunehmender Schwäche und Er— Ihöpfung mit Angft und Unruhe; der Kranke Hagt über Durft, trinkt aber immer nur wenig, da ihm kaltes Getränfe nicht befommt. Das Geſicht ift erdfahl und zeigt einen ängſtlichen Ausdruck. Arsenicum ift bejonder3 aud) dann am Plate, wenn Durchfall fih der Lungenentzündung zugejellt. |

Lycopodium ijt bei bejtändigem Kitzelhuſten angezeigt, oder bei loderem Huften, begleitet von einer umfchriebenen Nöte im Geſicht und Schweiß, der aber feine Erleichterung bringt. Nachmittags und abends tritt immer Verſchlimmerung im Befin- den des Kranken ein.

Rhus toxicodendron iſt ein weitere3 unerjeßliches Mittel bei der typhöjen Qungenentzündung, wenn große Unruhe, Schläfrigkeit, Schwerhörigfeit und unfreimilliger Abgang bon Harn und Stuhl die Haupterfcheinungen bilden. Die Haut ift troden und heiß.

Baptisia: ftarfe Benommenheit. Der Sranfe hat das Gefühl, ala läge der Körper zerftreut umber; er wirft fich Hin und her, um die Stüde zu fammeln. Ferner flagt der Patient über Spannung und Drudin den Lungen. Die Haut ift heiß, die Zunge troden, der Puls ſehr fchnell.

Die Lungenichwindfudt (Lungentuberkuloſe)

ist einer der gefährlichiten Teinde der Menfchheit; fie fordert allein in Deutichland nicht weniger als 160000 Opfer jährlich. Ein volles Siebentel aller Todesfälle ift die Folge der Lungenſchwindſucht. Dabei befällt fie mit Vorliebe junge, im blühendften Alter ftehende

5. Krankheiten in der Brujthöhle. 239

Reute beiderlei Geſchlechts. Unter den Urſachen dieſes Leidens jteht die Vererbung oben an. Bielleicht bei feiner anderen Kranf- heit die Syphilis audgenommen wird der Keim fo häufig von den Eltern auf die Kinder oder von den Großeltern auf die Enkel übertragen, als gerade bei der Lungenſchwindſucht. Aber auch nicht erblich belaftete PBerfonen können die Opfer diefer Krankheit werden. Tabrifarbeiter und Handwerker, wie Schneider, Buchbinder u. dergl., die fich den größten Teilihres Lebens in gefchloffenen Räumen auf— halten, werden bejonders oft ſchwindſüchtig. Ebenſo Steinhauer infolge der täglichen Einatmung feinen Gteinftaubes. Auch Krank⸗ heiten, beſonders Bruftfellentzündungen und Influenza, bei Kindern hauptſächlich Keuchhuften und Mafern können zur Urfacdhe der Schwindfucht werden. Im Auswurf und in den Lungen Ihwindfüchtiger Perfonen Hat man einen unendlich Kleinen Pilz Tuberfelbazillug genannt gefunden, der als der eigentliche Erreger der Lungenſchwindſucht gilt. Gelangt diefer entweder durch Einatmung oder auf dem Wege des Blutfreislaufes in größerer Anzahl in die Zungen, fo ruft er an einzelnen Stellen örtliche Ent- zündungen hervor, e3 bilden fich dabei Anötchen, fogenannte Tuberkel, die jchließlich zu einer Verdichtung und [päter zur Ber- fäfung und zum gänzlichen Zerfall des Lungengemwebes führen. Sicher ijt jedoch, daß e3 zur Erkrankung außer der Einatmung von Zuberfelbazillen einer Anlage oder Neigung zu diefer Krankheit bedarf. Mit anderen Worten: in einem volljtändig gefunden Körper finden die Tuberfelbazillen zu ihrer Weiterentwidlung feinen geeigneten Nährboden. Immerhin müffen Schwindfüchtige, um der Gefahr einer Übertragung der Krankheit auf andere Per- jonen vorzubeugen, dazu angehalten werden, daß fie ihren Aus- wurf ftet3 in einen mit Wafjer gefüllten Spudnapf werfen, deſſen Anhalt täglich vor dem Wegſchütten mit jiedendem Wafler zu liber- gießen ift, damit die Krankheitskeime vernichtet werden.

Die Hauptgefaht der Lungenſchwindſucht befteht darin, daß fie meift ſchleichend und ohne beſonders beläftigende oder ſchmerzhafte Erſcheinungen beginnt. So erfennen die Kranken nicht früh genug die Gefahr, der fie entgegengehen. Nicht felten gehen Monate porüber, bis der Patient fich veranlagt fühlt, ven Arzt zu Rate zu ziehen, und in diefer Zeit können ſchwere Berftörungen in feinen Lungen vor ſich gehen, die vielleicht nie wieder ——— ſind. Wir wollen daher in Kürze auf die wichtigſten Erſcheinungen der Lungenſchwindſucht hinweiſen.

Das erſte Symptom der entſtehenden Krankheit iſt ein Gefühl bon Müdigkeit. Trotz eines 8 und 10 Stunden langen guten Schlafes fühlt fich der Kranke de8 Morgen müde und matt, faft zu jeder Arbeit unfähig. Dieje Gefühl verfcehwindet dann im Laufe de3 Tages. Da er nachts Häufig ſchwitzt, fo führt er die Mattigfeit und Erfchlaffung meift darauf zurüd. Bekannten, die ihn längere Zeit nicht gefehen Haben, fällt eg auf, daß er jo mager

240 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

geworden if. Für diefe Abmagerung fehlt gewöhnlich jeder Grund, da der Appetit nicht felten ganz vorzüglich ift. Der Huften, oder befjer gejagt das Hüfteln, ftellt fich anfang3 nur morgens ein und ift von feinem Auswurf begleitet. Diefe drei Erſcheinungen halten wir deshalb für bejonders wichtige Merkmale der Lungen- ichwindfucht, weil jie faft jeden Erkranfungsfall einleiten und meil man bei Beachtung derjelben vielen Kranken, die fpäter unrettbar verloren find, in diefem Stadium noch Helfen könnte. Epäter, wenn einmal erfchredende Abmageruna, Huften mit mafjenhaftem, blut- geftreiftem Auswurf, abendliche Fiebererfcheinungen, Durchfälle und dergl. jich Hinzugefellen, find die Ausfichten für den Kranken weit weniger günftig.

Sn der Behandlung der Lungenſchwindſucht fpielt der Auf- enthalt in frifcher Quft eine wichtige Rolle. Nicht nur bei Tag, fondern auch die Nacht über muß dem Kranken durch Offnen der Fenfter im Schlafzimmer frifhe Luft zugeführt werden. Eine fogenannte Luft- beränderung, d. h. ein vorübergehender, auf Wochen oder Monate ausgedehnter Wechſel des Wohnortes ift fehr zu empfehlen. Einen - weiteren Vorteil für den Franken bietet der tägliche Aufenthalt in der Sonne. Kühle Abwaſchungen und Bruftwidel find beſonders ſolchen zu empfehlen, die von Fieber und Nachtſchweißen beläftigt find.

Um der Abmagerung entgegenzumirfen und den Körper mög- lihft bei Kräften zu erhalten, damit er die Krankheit leichter über- winden fann, ift eine gute, namentlich fettreiche Koft nicht zu ent- behren. Neben reihlihem Milchtrinfen find hauptſächlich Butter- brot, Mehlipeifen, Eier, friſche Gemüſe und im Herbſt befonders der tägliche Genuß von Trauben zu empfehlen.

Mit der Homdopathie erzielt man aud) in der Behandlung der Lungenſchwindſucht gute Erfolge. Doch ift es für den Laien nicht immer ratfam, bei dieſer heimtückiſchen Krankheit ſelbſt Zer- juche mit Arzneien zu machen, fondern e8 empfiehlt ji), wenn irgend möglich, einen homöopathiſchen Arzt zu Rate zu ziehen.

Phosphorus fommt vor allem bei raſch wachjenden, ſchlanken Perſonen mit einer angeborenen Anlage zu Qungenfhmwindfudt in Betracht, befonder3 wenn fie über Bruftbeflemmungen, abendliche Fiebererſcheinungen, Heiferkeit, Brenngefühl zwiſchen den Schulter- blättern Klagen und Huften mit blutjtreifigem Auswurf Haben. Auch im fpäteren Verlauf der Lungenſchwindſucht kann es noch Linderung bringen, wenn der Kranke viel huftet, an Durchfällen leidet und infolgedefjen ziemlich erjchöpft ift.

Jodum und Sodpräparate wie Arsenicum jodatum, Antimonium jodatum, Calcarea jodata ujw. er- freuen fich in der Behandlung der Lungenſchwindſucht eines wohl⸗ verdienten NAufes. Jodum paßt für ffrofulös veranlagte Per- fonen, die augleic) an Drüfen leiden und troß guten Appetits raſch abmagern. Der Auswurf ift Did und eitrig. Arsenicumjo- datum findet bei vollentwidelter Schwindſucht Verwendung,

6. Halskrankheiten. 241

mern fich bereits deutliche Sträftenbnahme, abendliche yiebererfchei- nungen, Nachtſchweiße, Neigung zu Durchfällen und Huften mit reichlichem,grünlihem, falzigihmedendem Ausmwurf eingeftellt haben,

Calcareajodata und die übrigen Salkpräparate, nament- lid Calcarea carbonica, Galcarea phosphorica und Calcarea hypophosphorosa ſich beſonders für ſchwindſüchtige Kinder. Calcarea jodata: der Kranke leidet zugleich an Drüjen und die Krankheit droht einen außer— ordentlich rafchen Verlauf zu nehmen. Ein äußerft läftiger Huften, der durch Kitzel im Halje hervorgerufen wird, rafcher Puls und hohes Fieber jprechen befonder3 für die Anwendung diefes Mittels. Calcarea carbonica jollte Kindern von blaſſem Ausfehen gegeben werben, die einen diden Leib, magere Arme und Beine haben, vielam Kopf ſchwitzen und an Huften mit eitrigem, gelblich- grünem oder blutvermifhtem Auswurf leiden. Geringe An- ftrengungen rufen fofort Atemnot hervor. Bei Frauen ift es nüßlich, wenn neben den Erſcheinungen der Lungenſchwindſucht Regel- Störungen vorhanden find, namentlich wenn die Negel alle drei Wochen und fehr ftarf aufzutreten pflegt.

Drosera: hervorragendes Mittel gegen den Huften Schwind- füchtiger. Die Kranken lagen über ein läſtiges Kitelgefühl im Halfe, da3 einen langanhaltenden, Frampfhaften, trodenen Huften hervorruft. Aber auch vieles Sprechen, Weinen oder Lachen bringt Huftenanfälle hervor. Nacht3 tritt der Huften am läftigften auf. (Siehe auch die Mittel unter „Huften” und „Bluthuften“.)

Bryonia, ebenfalls ein wichtiges Mittel bei der Behandlung Schmwindfüchtiger, fällt inZbefondere in die Wahl, wenn der Huften ſich ſchwer löſt und der Kranke fich bei jedem Huſtenſtoß über fcharfe, jtechende Schmerzen in Bruft oder Rüden beflagt. Dieſelben Schmerzen ftellen fich auch beim Tiefatmen ein und weifen in der Regel auf eine Mitbeteiligung des Bruftfelles Hin.

Gegen die Fiebererfheinungen kann man Baptisia, Ferrum phosphoricum oder Chininum arsenicosum verfuchen. Gegen die Ianganhaltenden, ſchwächenden Nacht- ſchweiße nehme man jeden Abend eine Abwaſchung mit kühlem beruhen und Weingeift vor; innerlich Hat ſich Sambucus dagegen

emwährt.

Sechſter Abſchnitt.

Halskrankheiten.

Halsweh ſtellt ſich bei einer Riihe von Krankheiten ein. Dabei handelt es ſich gewöhnlich entweder um eine akute katarrhaliſche Halsentzündung oder um Mandelentzündung oder um Diphtherie. Es iſt daher Hering-Haepl, 8.0. | | 16

242 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

außerordentlich wichtig, daß man bei jedem Halsweh fofort dein Hals befichtigt. Man dreht den Patienten gegen da3 Licht, am beften an einem hohen Fenſter, legt ihm einen Löffelftiel auf die Bunge, läßt ihn den Mund weit aufmachen und zugleich die Zunge etwas vorftreden; indem er die3 tut, drüdt man die Zunge etwas nieder, doch nicht mit zu großer Gewalt. Manche Kinder machen die Bunge Hinten fo hart, daB ein Drud nötig wäre, der beim Ab- gleiten des Löffelitiel3 den Schlund verlegen würde; dann drüde man fehr wenig, aber anhaltend und bringe im Notfalle einen Kork feitlich zwifchen die Zähne; fie geben den Widerftand gewöhnlich bald auf. Kann man den Kranken fo weit bringen, W zu fagen, fo braucht man gar feinen Löffelftiel. Nun kann man die ganze Mund— und Rachenhöhle überjehen. Wer nicht geübt ift und lang hinein- jeden muß, ehe er etwas erfennen kann, der laſſe den Kranken zunädjft nur den Mund weit öffnen und die Zunge herauzftreden, um die Mundhöhle zu bejichtigen; Hierauf atme der Kranfe einige- mal bei gefchloffenem Munde, worauf man diefen nochmals öffnen läßt und die Zunge mit einem Löffelitiel niederdrüdt, big man das Zäpfchen Sieht; dahinter erblidt man dann die Rachenwand und zu beiden Ceiten die Mandeln.

Bei der akuten katarrhaliſchen Halsentzündung (akuter Rachenkatarrhy die meift auf eine Erkältung bei ſtark überhitztem Körper zurüdzuführen ift, hat die Schleimhaut des Rachens ein trodenes, glänzendes, ftarf gerötetes Ausfehen. In der Regel find aud) die Mandeln, dag Zäpfchen und bisweilen auch der Gaumen in Mitleidenschaft gezogen und ftark gerötet. Nach einigen Tagen verliert jich die Trodenheit, die Schleimhäute fondern einen Hebrigen, durchſichtigen oder gräulichen Schleim ab und nad) 6 bis 8, Höchftens 10 Tagen tritt Genefung ein.

Unter Mandelentzündung verfteht man eine Entzündung und Vergrößerung der Mandeln, die nicht jelten zur Abſzeßbildung (Eitergeſchwür) führt. Die Krankheit beginnt in der Regel mit einem Schüttelfroft, der von hohem Fieber, Kopficdymerzen, Müdig- feit und Schlingbejchtwerden begleitet ift. Diefe nehmen in den ersten Tagen immer mehr zu, und bisweilen treten mehr oder weniger zahlreiche a DILL weiße oder gelblidhe Punkte auf, die nad) kurzer Zeit al Kleine käſige Knötchen herausfallen und Vertiefungen in der Mandel zurüdlajfen. Nad) etwa 4 bis 5 Tagen laffen gewöhnlich die Schmerzen nad), und am Ende einer Woche Tann der Kranke meiſt wieder außer Bett fein. Kommt e3 zu einem Abſzeß, jo bleiben die Schlingbejchwerden noch weitere 4 bi3 5 Tage bejtehen, bi3 der Durchbrud) und die Entleerung übelriechenden Eiters plötliche Erleichterung bringt. Sit ein Zeil des Halſes, befonders die Mandeln, die Gaumen- bögen, das Zäpfchen oder die Rachenwand mit einem gräulichen oder weißen Belag überdedt und die übrige Schleimhaut heftig entzündet, jo find das Zeichen von der gefährlichiten aller Kranf-

6. Halskrankheiten. 243

heiten der Kinderwelt, der Diphtherie, welche auf Seite 246

beſprochen ift.

| Die nachfolgenden Ratichläge und Arzneimittel beziehen fid) jomohl auf die Hals- als auch auf die Mandelentzindung.

Im Anfang der Erkrankung find Prießnigiche Umfchläge zu empfehlen. Ein Leinwandftreifen wird in kaltes Waller getaucht, etwas ausgerungen und um den Hals gelegt, darüber fommt ein wafferdichter Stoff, 3. B. Guttapercha und außen zum Abſchluß ein wollenes Tuch.

Einfache warme Einhüllungen, wie z. B. mit einem wollenen Strumpfe ſind jedenfalls im Beginn der Krankheit nicht angezeigt. Wer öfter an Halsentzündungen leidet, gewöhne ſich daran, den Hals bloß zu tragen. Halstücher und dergl. bilden nur einen ver— meintlichen Schuß gegen Erkältung, in Wirklichkeit ſchaden fie mehr.

Das Gurgeln mit Waffer, vem man etwas Bitronenjaft oder auf das Weinglas einen Eplöffel Glyzerin und ebenfoviel Weingeift bei- gemifcht hat, kann unter Umftänden, bejonder3 bei Mandelentzün- dungen vorteilhaft fein. Doc kann man fo ziemlich dazfelbe mit dem Einatmen warmer Dämpfe erreichen. Auch dag Einatmen der Dämpfe von fochender Milch oder von Kuamillentee erleichtert in vielen Fällen.

Sit der Hals troden und geſchwollen und die Erkrankung heftig, fo empfiehlt e3 fich, in der Milch Feigen zu fochen und die Dämpfe einzuatmen;auc) kann man Stüddyen Feigen in den Mund nehmen oder etwas don der Milch trinfen. Bei langwierigen Halskrank⸗ heiten mit Schlingbefchwerden koche man Weizenjtärle mit Waſſer und laffe damit gurgeln oder die Dämpfe einatmen.

Bei der Wahl eines Mittels gegen Halsweh muß man alles berüdjichtigen, was fid) am Kranken wahrnehmen läßt; iſt Heifer- feit oder irgend eine derartige Erjcheinung dabei, jo lefe man die betreffenden Abfchnitte nach. Meift kommen bei Halskrankheiten folgende Mittel in Betracht:

Aconitum: große Schlingbejchwerden, jchon da3 Sprechen verurfacht Schmerzen. Die Schleimhaut des Halfes ift ftarf ent- zündet und gerötet; der Kranke Hagt über Brennen, Stechen und Bufammenziehen im Halſe und leidet an Fieber, ängftlicher Un- geduld und Unruhe.

Belladonna: beſonders rechtsſeitige Halentzündungen, bon außen find Anfchwellungen fühlbar. Beim Trinken entfteht ein Krampf im Halfe, jo daß das Getrunfene wieder zur Naje herausfommt. Daneben befteht fortgefeßter Drang zum Schlingen ; Schlingen und Sprechen verurfacht heftige, jtechende, Frampj- artige Schmerzen. &3 ift im Halfe wie zu eng, wie wenn ein Pflod darin wäre, ein Gefühl von Trodenheit und Brennen, als müßte etwas herausgeräufpert werden. Außer dem Sclingen beläftigt den Kranken ein Reißen bis in den Unterkiefer oder Kopf. Ferner ift Belladonna angezeigt bei Geſchwüren im Halfe, die jehr ſchnell

244 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

entftehen und fich weit umber verbreiten, bei gefchmwollenen Mandeln und Zäpfchen mit hoher, oft gelblicher Röte; Drüden und Stechen in den Mandeln, die aufzubrechen drohen. SHeftiges Fieber, viel Durft, viel Speichel im Munde, Stirnkopfweh und weiß belegte Zunge. Wenn Scharlachfieber epidemiſch herrjcht, ift bei Hals— beſchwerden zuerſt an Belladonna zu denken.

Mercurius: da3 Halsweh ift von einem Gefühl begleitet, als ob heißer Dampf im Halfe herauffteige, die Bunge ift belegt und ihre Ränder weiſen den Eindrud der Zähne auf. Halsweh mit Gejchmwüren, wie fie bei Belladonna bejchrieben find, wenn die Mundhöhle nach dem Einnehmen desjelben noch rot bleibt; Geſchwüre, die ohne Schmerzen langfam entjtehen. Bei Mandel. entzündung ift e8 von Nutzen, wenn ein Abſzeß nicht mehr verhindert werden kann. Mercurius bejchleunigt dann die Eiterbildung und die Entleerung de3 Abſzeſſes.

Hepar paßt glei anfangs beffer als Mercurius, wenn die ftechenden Schmerzen beim Schlingen fehr heftig find, bis ins Ohr, in die Halßdrüfen und an den Unterkiefer dringen, wenn der Franke die Empfindung Hat, al ob ein Splitter oder eine Filchgräte im Halle ftedte, wenn das Brennen im Halfe faum fchlingen läßt, bei Stichen in den Mandeln und fehr unangenehmem Geſchmack; Zahn- fleifh und Zunge Hinten geſchwollen; Speichelfluß; de3 Abends bald Froſt bald Hite und dann Schweiß, worauf feine Bejjerung eintritt; nachts Unruhe oder alles fchlimmer; auch ſchlimmer von falter Luft. Dabei ftarfe Kopffchmerzen und Ziehen im Naden. Hepar paßt oft nach Mercurius, befonder® wenn man ſich erfältet hat. - Na Hepar fann man, wenn ed nod) nicht beſſer geworden ijt, wieder Mercurius geben.

Lachesis: wenn Belladonna, Mercurius oder Hepar zu paſſen jcheinen, aber nicht ausreichen; der Gaumen um da3 Zäpfchen ift gejchmwollen, der Drang zum Schlingen ſehr ſtark; viel Epeichel im Munde und Schleim im Halfe; Geſchwür oder ein Krampf, der am Trinken hindert; der Hals ift gegen jede Berührung, fogar der Bettdeden empfindlich; alles ſchlimmer nachmittags, zumeilen auch morgen? oder nad) jedem Schlafe.

Ignatia: der Kranke Fagt bejtändig über ein Gefühl wie bon einem Knollen im Halfe; beim zn iſt diefe Stelle wie wund. Flüſſiges ift ſchwerer zu ſchlucken als Feites; die Mandeln find entzündet, gejhmwollen oder mit Geſchwüren behaftet; man vergleiche jedoch erſt Belladonna und Mercurius, Hepar oder Sulphur. Bei offenen flachen Geſchwüren an ven Mandeln gibt man zuerjt Ignatia und fpäter Lycopodium.

Nux vomica verwendet man bei ähnlichen Zuftänden mie Ignatia: ein Gefühl von Geſchwulſt wie ein Pflod oder Knollen im Schlunde, ganz bejonder3 beim Schlingen; mehr drüdende als ftechende Schmerzen, beſonders beim Schlingen des Speichel, dabei wie roh und wund im Rachen, fcharrig und Fragig im Halfe;

6. Halskrankheiten. 245

die falte Luft jchmerzt, wenn fie in den Haß kommt. Zuweilen ift auch da3 Zäpfchen rot und gejchmwollen.

Pulsatilla hat dasjelbe Gefühl beim ‚Schlingen wie Nux vomica; ber Sclund erfcheint wie zu eng oder verfchwollen, roh, ſcharrig und doch dabei wie zu troden, Stihe im Hals beim Schlingen, doch noch mehr ohne dag Schlingen, Spannen im Halfe, die Drüfen außen am Halfe fchmerzen beim Befühlen; innen ift der Hals mehr bläulichtot, das Fieber ift ohne Durſt; abends Froftig- feit, darauf Hige. Pulsatilla eignet fi) befonder3 für ernpfind» liche, weinerlihe Gemüter, für Mädchen und Frauen, Nux vo- mica mehr für Männer. |

Capsicum: troß der verabreichten Mittel währt da3 Fieber fort und Froft und Hige wechjeln. Die Shmerzen find bejonders drüdend; der Schlund ift Krampfhaft zufammengezogen. Syn Rachen und Mund zeigen ji) Wundheit und Gefchwüre, die oft brennen; Huften mit heftigen Halsſchmerzen. &3 ift befonder? angezeigt, wenn der Kranke immer liegen und ſchlafen will und fich vor freier Luft und Kälte fürchtet.

Apis: der Kranke fröftelt wohl und ſcheut die kalte Luft, kann aber doch da3 geichloffene Zimmer, namentlich das geheizte, nicht ertragen; Hife ohne Durft; Nefjelausfchlag; Zunge und Hal wie verbrüht, brennende Bläschen am linken Rand der Zunge; Rachen und Hals troden, der Speichel zäh, die Mandeln rot und gefhwollen, Stechen, Juden und Brennen darin.

Sulphur: bei oft wiederfehrendem oder lange anhaltendem Halsweh, der Hal innen nebjt Mandeln und Zäpfchen gejchwollen, das Schlingen gehindert, Stechen oder Gefühl von einem Knollen mit Wundheit oder Trodendeit. Zeigen fi) am weichen Gaumen und dem Zäpfchen Geſchwulſt und Rötung, ſo hilft Phosphorus. Iſt das Zäpfchen allein oder am meiften geſchwollen, fo ift Lache- sis zu verſuchen.

Wenn ſich das Halsweh nicht binnen 3 Tagen beſſert, die Schmerzen, beſonders das Klopfen und Stechen eher ſchlimmer werden, wenn viel Speichel aus dem Mund fließt und Flüſſiges, ſtatt geſchluckt zu werden, zur Naſe herauskommt, wenn ferner das Liegen auf der Seite oder dem Rücken immer beſchwerlicher wird, die Mandeln gerötet find und beſonders eine derſelben ſtark hervor⸗ tritt, ſo iſt höchſt wahrſcheinlich Eiter in den Mandeln. Hier hilft ſehr oft Silioea; zuweilen erweiſen ſich aber je nach den Erſchei— nungen Hepar, Mercurius oder Lachesis nützlicher. —* bringen heiße Umſchläge, Ausſpulungen mit warmer Milch oder Kamillentee, Hafergrütze oder warme Dämpfe meiſt raſche Erleichterung.

Bricht der Abſzeß auf und der Eiter entleert ſich, ſo fühlt ſich der Kranke mit einemmal beſſer. In beſonders hartnäckigen Fällen wird es oft nötig, durch den Arzt einen Einſchnitt machen zu laſſen und ſo dem Eiter zum Durchbruch zu verhelfen.

*

246 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Diphtherie.

Die brandige Rachenbräune oder Diphtherie ilt nicht eigentlich als Halskrankheit, jondern als eine mit zahlreichen AIL- gemeinerjheinungen einhergehende Infektionskrankheit aufzufafjen. Da jich aber die wichtigſten Ericheinungen in der Rachenhöhle ab- ipielen, fönnen wir fie wohlam beiten in diefem Abſchnitt befpredhen.

Die Kranken Hagen zuerft über Schlingbejchwerden, etwas Frieren und fonftige Fiebererſcheinungen. Sieht man in den Mund, jo findet man die ganze Rachenhöhle, befonders die Gegend der Mandeln gerötet. Schon nad) wenigen Stunden bis zu höchſtens zwei Tagen bildet jich an einer oder mehreren Stellen ein grau- weißer Belag, der ſich nad) und nach Über die ganze Rachenhöhle, die Saumenbögen, das Zäpfchen, ja in beſonders ſchlimmen Fällen fogar auf die Naſe und den Kehlkopf ausdehnen kann. Die in den Kieferwinkeln gelegenen Drüfen find ſchmerzhaft vergrößert, ein übler Geruch entitrömt dem Munde de3 Kranken und allgemeine Erſchöpfung macht fich nicht felten ſchon von Anfang an bemerfbar. Nach 5 bis 6 Tagen wird der Belag mit Hinterlaffung von Ge- ſchwürsflächen abgeftoßen. Dieſe Heilen in mild verlaufenden Fällen ſchon nach furzer Zeit ab, und damit verjchwinden gleid)- zeitig die meiften mit der Krankheit verbundenen Bejchwerden.

Gefägrli und mit Recht gefürchtet ift die Diphtherie haupt- ſächlich deshalb, weil fie ſelbſt in fcheinbar mild verlaufenden Fällen oft ganz unerwartet eine Herzlähmung herbeiführen kann, aud) weil eine Ausdehnung des diphtheritiihen Belages in der Nafe leicht Blutvergiftung und die Ausdehnung auf den Kehlfopf nicht felten Erſtickungstod verurſacht.

Außer Gurgelungen mit einem Eßlöffel Weingeiſt, in einem Weinglas reinen Waſſers aufgelöſt, ſollten keinerlei örtliche An— wendungen vorgenommen werden. Einſpritzungen mit Heil— ſerum kürzen den Verlauf der Krankheit ab, ohne einen weſent— lichen Nachteil für die übrige Geſundheit zu haben.

Die Ernährung des Kranken muß möglichſt kräftig ſein. Natürlich ſind feſte Speiſen zu vermeiden, ſolange die Rachenhöhle entzündet und noch Belag vorhanden iſt; dagegen laſſe man den Kranken reichlich Milch trinken und Suppen eſſen.

Unter den homöopathiſchen Arzneien gegen Diphtheritis ver— dient Mercurius cyanatus beſonders hervorgehoben zu werden. Am wirfjamften fcheint die 30. Botenz zu fein, von der man im Waſſer aufgelöjt zweiftündlic, eine Gabe nehmen lafjen kann. Doch haben ich auch niedrigere Verdünnungen, namentlich) die 6. und 12. bewährt. Es paßt hauptſächlich, wenn die Diph- therie mit großer Erſchöpfung einfeßt und der Belag fi) aud) auf die Nafe ausdehnt. Pie Drüfen find jehr fchmerzhaft und angeſchwollen; viel Speichelfluß.

Belladonna gibt man gleich im Anfang bei heftiger, be-

6. Halafrankheiten. 247

ſonders rechtzfeitiger Halentzündung; Blutandrang nad) dem Kopf mit erweiterten Pupillen und Elopfenden Kopfichmerzen.

Lachesis: der Kranke iſt beim Erwachen vom Schlaf ftet3 ſchlimmer und kann nichts Enges um den Haß leiden. Außerſt jchmerzhaftes Schlingen, ftinfender Mundgeruch und große Er- fhöpfung find wichtige Hinmweife auf Lachesis.

Lycopodium: die Gaumenbögen haben ein braunrotes Ausfehen, da3 Schlingen warmer Getränke erhöht die Be- ſchwerden. Die Nafe ift durch den Belag verftopft, jo daß der Kranke dur) den Mund atmen muß. Die Nafenflügel erweitern ſich Schließlich bei jeder Einatmung. Beim Erwachen vom Schlaf und in den Abendftunden zwiſchen 4 und 8 Uhr ift der Zuftand am fchlimmften.

Apis: Große Erſchöpfung von Anfang an; ſtechende Schmerzen im Halſe, wie von Bienenftichen; waſſerſüchtige Anjchwellungen, befonder3 unter den Augen; judender ftechender Hautausſchlag. Das Mittel ift Hauptfächlich in ven aB Scharlachdiphtherie befannten Fällen (wenn ſich dem Scharlad) eine Diphtherie bei- gefellt) angezeigt. Bon den homdopathifchen Arzten Amerikas wird Apis in 30. Botenz auh al VBorbeugungsmittelgerühmt.

Acidum nitricum ift Hilfreich, wenn die Nafe in Mit- leidenfchaft gezogen wird. Jauchiger, ftinfender Ausflug fommt zur Naſe herab. Der Kranke klagt über ein Gefühl von Unbehagen in der Magengrube und erbricht faft alle Speifen. Schlingen ift ſchwierig und fchmerzhaft.

Kali muriaticum (aud Kalium chloratum ge- nannt), ift ein vorzügliches BDiphtheriemittel; fchmerzhaftes Schlingen, Erſchöpfung, dider weißer Belag und übler Mundgerud) find die wichtigſten Anzeichen dafür.

Arsenicum: der Kranke wird troß forgfältigfter Behandlung immer jchlimmer, Erihöpfung und Hinfälligfeit nehmen mehr und mehr überhand. Der Hals ift ſtark aufgeichwollen, der Belag befommt ein dunkles Ausfehen und der Mundgeruch des Kranken ift äußerft unangenehm.

Gegen die nach Diphtheritis jo Häufig vorlommenden Läh- mungen bat fih Gelsemium fehr bewährt.

Schilddrüfenertrantungen,

Die Schilvdrüfe liegt in Hufeifenartiger Form um den unteren Teil des a und die Luftröhre herum. Sie befteht aus einem jchmäleren Mitteljtüd und zwei großen Geitenlappen, deren hintere Flächen mit den Halsichlagadern in Berührung fommen. Im Gegenſatz zu anderen drüſigen Organen wie der Leber, den Nieren, der Bauchjpeicheldrüfe, hat die Schilodrüfe feinen Aus- führungsgang. Ver in ihr erzeugte Saft wird unmittelbar wieder dem Blute zugeführt.

248 III. Die Behandlung der gewöhnlicften Krankheiten.

Eine Anfchwellung oder Vergrößerung der Schilddrüſe wird als Kropf bezeichnet. Die Eröße ſchwankt zwiſchen kaum wahr- nehmbaren Berdidungen des Halſes und Tinderlopfgroßen Ge— ihmwülften, die den Träger aufs übeljte entftellen können. Die Beichwerden, die ein Kropf verurjacht, Hängen aber weit weniger bon der Größe als von der Lage der Geſchwulſt ab. Liegt fie tief unten hinter dem Bruftbein, jo daß eine Ausdehnung und Bor- wölbung nach außen nur in geringem Grade möglich ift, fo entiteht ein ea Drud auf Luftröhre und Speiferöhre, der allmählich zu. beunruhigenden und Tlebensgefährlichen Sriheinungen auswachſen kann. Das Utmen ift deutlich be- hindert, der Kranke feucht bei der geringften Unitrengung, das Sinatmen ift von einem gegeben Zon begleitet und der Kranke klagt über Atemnot, DBrud in ber Gegend der Geſchwulſt und Schludbefchwerden. Ubt der Kropf einen Druck auf die Halsfchlagader aus, dann kommt e8 zu Blutftauungen im zul. unit Schwindel, Kopfweh, Obrenfaufen, Schwerhörigfeit und dergl.

Über die Krankheitsurſache ift man ſich noch keineswegs im Haren. Mädchen und Frauen leiden viel öfter daran ald Knaben und Männer. Schmwangerichaft und Entbindung begünftigen die Entftehung des Kropfes. Bei vielen Menjchen befteht eine bon Bater oder Mutter ererbte Kropfanlage. Das Häufige Auftreten des Kropfes in gemwiljen Gegenden läßt die fichere Annahme zu, daß Trinkwaſſer, Bodenbejchaffenbeit, Ernährung3- und Wohnung?- verhältniffe, Zörperlihe Überanftrengungen und bergl. einen weſentlichen Einfluß auf die Entſtehung eines Kropfes haben. Außerdem gibt es aber immer noch eine reichlihe Zahl Stropf- franfer, bei denen alle diefe Urjachen mit Beftimmtheit ausge- ihloffen werden können. Da Cchildorüfenanfchwellungen zu manchen Zeiten wie eine Epidemie aufzutreten pflegen, ift man auf die Vermutung gefonımen, daß irgend ein Gift oder Lebeweſen, da3 mit dem Waſſer getrunken wird, die Urfadhe der Kropfbildung fein könnte. Man unterjcheidet hauptſächlich zwei verjchiedene Kropfarten: den feften Kropf, der einfad) in einer Zunahme des Schilddrüſen- oder Bindegemwebes befteht, und den eyſtiſchen Kropf, bei dem fich Höhlen in der Schilddrüſe entwideln, die mit Flüffigfeit angefüllt find.

Auch das Gegenteil Franfhafter Vergrößerung der Schilddrüſe fommt vor, d. h. fie bleibt in ihrer Entwidlung auffällig zurüd. Diefen Zuftand bezeichnet man als Kretinismus. Cr ift bon ganz weſentlichem Einfluß auf die gefamte förperliche und geiftige Ertwidlung des Kindes. Das Wachstum der Knochen hört auf, da3 der Weichteile nimmt umfjomehr überhand. Der Körper wird plump und unbeholfen, die Form des Kopfes zeigt große Unregel- mäßigfeiten, der Kranke bleibt Hein von Geftalt, Hat ein altes, greijenhaftes Ausſehen und einen watfchelnden Gang. Die Sinne?-

6. Halskrankheiten. 249

werfzeuge, mit Ausnahem des Sehvermögend und die Geiftes- fähigfeiten bleiben nahezu unentwidelt.

Die Erſcheinungen des Kretinismus zeigen, daß der Schild⸗ drüfe ganz wichtige Aufgaben im Haushalt des menſchlichen Körpers zugewieſen find. Ihr Drüfengemwebe darf daher bei Herausnahme eines Kropfes nie ganz entfernt werden, ſonſt verfällt der Menſch in einen Buftand völliger Verblödung. Man bezeichnet dies als Myxödem (wörtlich Schleimmwafjerfudt). Bald nach vollitändiger Herausnahme der Schilddrüſe klagt der Operierte über förperliche und geiftige Müdigkeit, Gedächtnisſchwäche und fichtliche Abnahme feiner Geijtesfähigfeiten, bis er ſchließlich vollftändiger Verblödung verfällt. Auffallend dabei ift eine eigenartige Schwellung und Bläffe der Haut, die auf einer fulzigen Verdidung des fchleim- haltigen Bindegewebe im Unterhautzellgewebe beruht und ber die Krankheit ihren Namen „Schleimmafferfucht” verdantt.

Wird dem Myrödem⸗Kranken ein Stüd Schilddrüfe von einem Menfchen oder Tier irgendwo in den Körper eingepflanzt, fo ver- ſchwinden alle Erfcheinungen der Krankheit fofort. Dieſelbe Wahr- nehmung hat man auch gemadht, wenn der Kranke mit der Schild- drüfe eines Hammels oder mit Schildvrüfenertraft gefüttert wurde.

Eine andere Krankheit, die ebenfalls in enger Beziehung zu Störungen der Scildvrüfentätigfeit fteht, ift die fogenannte Baſedow'ſche Krankheit. Sie verdankt ihren Namen dem deutfchen Arzt von Baſedow, der fie al erfter näher befchrieben Hat. Das Leiden ift auf eine krankhaft gefteigerte Tätigkeit der mehr oder weniger vergrößerten Schilddrüſe zurüdzuführen. Per zuviel abgejonderte, ſtark jodhaltige Saft greift hauptſächlich das Herz und die Nerven an. Der Kranke leidet an heftigem SHerzflopfen (oft bis zu 150 und 200 Schläge in der Minute); daneben macht ſich eine außerordentlich ftarfe Erregbarkeit mit Zittern der Hände, Higegefühl und Schlaflofigfeit bemerkbar, die Augen treten als „Slotaugen” aus ihren Höhlen hervor. Daher auch die volks— tümliche Bezeichnung der Erkrankung als „Glotza ugen krankheit“.

Die Behandlung von Schilddrüſenerkrankungen muß ſtets Sache de3 Arztes fein, zumal nicht jede Anfchwellung am Hals einen Kropf bedeutet. Nur foviel fei erwähnt, daß Kropfopera- tionen, die in neuerer Zeit zu einer Art Mode geworden find, unter homöopathiſcher Behandlung häufig überflüfjig werden. Dies ijt bon umfo größerer Bedeutung, als die Herausnahme eines Kropfes doch Fein jo hHarmlofer und ficheren Erfolg verfprechender Eingriff ift, wie man e3 gerne hinftellt; Rüdfälle find nicht eben felten. Die Entfernung iſt nur dann zu empfehlen, wenn infolge ftarfen Drudes auf die Quftröhre das Atmen ftarf behindert wird oder wenn nad) “einem Verſuch mit homöopathiſchen Mitteln feine wejentliche Beilerung eintritt.

Gegen Kröpfe wendet die Homöopathie hauptſächlich Spon- gia, Jod und die verfchiedenen Kallmittel wie Calcarea

250 III. Die Behandlung ber gemöhnlichften Krankheiten.

carbonica, CGalcarea jodata und CGalcarea fluo- rica an. |

Bei der Baſedowſchen Krankheit kommen beſonders Aconit, Arsenic, Gactus, Jodum und Lycopus in Betradt.

Siebenter Abſchnitt.

Krankheiten ber Mundhöhle. Veränderungen im Geihmadfinn.

Kerankhafte Veränderungen im Geſchmack können auf ber- Ichiedenen Urfachen beruhen. Sie find meiſt Begleiterfcheinungen anderer Krankheiten und verfchwinden mit der Behebung diejer. So wird 3. B. der Geſchmack oft ganz erheblih vermindert durch einen diden BZungenbelag oder jehr große Mundtrodenheit, wie beide jo häufig bei afuten fieberhajten Krankheiten beobachtet werden fann. Nervenkranke, befonders hyſteriſche Perjonen leiden jehr Häufig an Trankhaften Gefchmadsempfindungen. Cbenfo begegnet man derartigen Störungen im Berlaufe von Magen- frantheiten oder nad) dem Einnehmen großer Mengen gewiſſer Arzneimittel.

Zuweilen find außer dem veränderten Gefchmad keinerlei ander- weitige Beſchwerden vorhanden, die ung die Mittelwahl erleichtern, man kann fi) dann hHauptfächlich nach folgenden Angaben richten:

Bei bitterem inne des Morgens: Sulphur, Mercurius, Bryonia, Calcarea und Silicea.

Benn das Eſſen bitter ſchmect: Sulphur, Bryonia, Rheum, Rhus, Hepar, Colocynthis, Ferrum; Eifen und Ztinten bitter: Pulsatilla, China; nad dem Ejfen oder Trinken Bitlerkeit im Mund: Pulsatilla, Bryonia, Arsenicum; morgens oder abends: Pulsatilla, Arnica; überhaupt zu verjchiedener Zeit oder immer» fort: Aconitum, Belladonna, Veratrum, Nux vomica, Chamo- milla, Antimonium crudum, Carbo vegetabilis.

Bei füßem Geſchmack: Mercurius, Sulphur, Cuprum, Belladonna, Pulsatilla, Bryonia, China, Ferrum, Spongia; morgens: Sulphur; jhmedt das Brot füß: Mercurius; dag Bier: Pulsa- tilla; hat e3 einen Geſchmack wie nad) Blut: Ferrum, Sulphur; wie Nüſſe: Coffea.

Bei falzigem Geſchmack: Carbo vegetabilis, Rheum, Phosphori acidum, Nux vomica, Sulphur, Arsenicum, Natrum muria- ticum, Cuprum; der Gpeijen: Carbo vegetabilis, Sulphur; beim Huſten: Carbo vegetabilis, Cocculus.

Beifaurem Gefdhmad: Rheum, Phosphori acidum, Nux vomica, China, Sulphur, Capsicum, Calcarea, Natrum murialicum, Cocculus, Cuprum; der Gpeifen: China, Calcarea; nad) dem Ejjen: Pulsatilla, Nux vomica, Carbo vegetabilis, Natrum muriaticum, Cocculus, Silicea; nad) Truufn: Nux vomica, Sulphur; nad) Milchtrinfen: Carbo vegetabilis, Sulphur; de3 Morgens: Nux vomica, Sulphur.

7. Krankheiten der Mundhöhle. 251

Bei beißendem, ſcharfem Geſchmact Veratrum, Rhus; brenz- lich, räucherig: Pulsatilla, Nux vomica, Sulphur; kräuterartig: Veratrum, Nux vomica; wie Pfefferminze: Veratrum.

Erdiger Geſchmackt Palsatilla, Hepar, China; fuder Geſchmack: Pulsatilla, Rheum, Staphysagria, Bryonia, China, Sulphur, Dulcamara, Rhus, Ipecacuanha, Capsicum; ja,leimig: Bella- donna, Rheum, Arnica, Rhus, Platina; fettig, öl.g: Silicea, Causticum; ſchmierig: Causticum; tlebrig: Phosphori acidum; wäfjerıg: Staphysagria, China, Capsicum.

Sauliger Geſchmack: Aruica, Mercurius, Belladonna, Bryonia, Chamomilla, Pulsatilla, Aconitum, Veratrum, Phosphori acidum, Sulphur, Rhus, Natrum muriaticum, Cuprum, Causticum; des Morgens: Sulphur, Rhus; nad) dem Ejjen: Rhus; wie @iter: Pulsatilla.

Schmeckt der Tabak beißend: Staphysagria; biiter: Cocculus; ellig: Ipecacuanha; unangenehm: Ignatia, Pulsatilla, Nux vomica, Arnica, Calcarea, Cocculus.

Shmeden die Speifen nad gar nichts: Mercurius, Pulsa- tilla, Staphysagria, Bryonia, Nux vomica, Arsenicun:; iſt det Geſchmack ganz weg: Veratrum, Belladonna, Pulsatilla, Rheum, Bryonia, Hepar, Hyoscyamus; ın langwierigen Fällen: Silicea, Natrum muriaticum.

Übler Geruch au dem Munde.

Die Urfachen des üblen Mundgeruches find viel öfter, ala gemöhn- lid) angenommen wird, im Munde felbft zu ſuchen. Am Häufigften wird er durch hohle, jchadhafte Zähne oder durch Ablagerungen von Bahnftein am Zahnfleiſch oder an den Zähnen hervorgerufen. Wird beim Tragen eines Fünftlichen Gebiſſes die tägliche Mund- pilege vernachläjligt, fo ift oft die Anfammlung von Schleim und Speifereften am Gebiß der einzige Grund des üblen Mundgeruches. Dit hängt er aber auch mit Erkrankungen der Naſe (jiehe Ozäna Ceite 203) oder der Nebenhöhlen des Mundes zufammen, 3. B. mit Eiterungen der Oberkieferhöhlen. Auch Haßentzündungen, überhaupt Erkrankungen der die Mundhöhle auskleidenden Schleim- haut geben oftmals zu üblem Gerud) aus dem Munde Anlaß. Am Bergleid) zu den bisher erwähnten Urjachen kommt e3 verhältni2- mäßig jelten vor, daß Erkrankungen des Magen3 oder me3 oder Krankheiten wie Bleichfucht oder Zuckerharnruhr dem Übel zugrunde liegen.

Die Behandlung des üblen Mundgeruches muß ftet3 mit einer gründlichen Reinigung der Zähne und der Mundhöhle be- ginnen. Man fpüle und reibe jeden Morgen und nad) jedem Eſſen und jeden Abend vor dem Schlafengehen den Mund und die Zähne mit mäßig kaltem Waffer tüchtig ab und gurgle ebenfo oft. Die An- wendung fogenannter Mundparfüme, mit denen dod) der üble Ge— ruch nur übertüncht werden kann, unterlaffe man ganz. Iſt man mit NRüdficht auf die Umgebung genötigt, zuweilen etwas dagegen zu tun, fo zerbrödle man eine Holzkohle, gieße Waffer darauf, ſchwenke die Löfung im Munde herum und gurgle damit oder faue eine gebrannte Kaffeebohne. Noch wirkſamer find Ausſpülungen des

252 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Mundes mit Üübermanganfaurem Kali. Dan löft zu diefem Zweck einige Kriftalle davon in 1 Weinglas voll Waſſer auf, jo daß das Waſſer eine kirſchrote Färbung befommt. Sind fchadhafte Zähne oder angejammelter Bahnftein die Urſache des üblen Mundgeruch, fo verfäume man nicht einen Bahnarzt aufzufuchen. Nur mo dies nicht möglich ift, reinige man den hohlen Zahn mit Verbandwatte, die man feftum einen Bahnftocher gemwidelt hat, bis alle übelriechende Feuchtigkeit entfernt ift; dann drüde man Wachs hinein. Diez Hilft manchmal gegen den Geruch und befeitigt zugleich die Schmerzen. Doch fuche man fobald al3 möglich einen Zahnarzt auf, da nur durd) richtige Plombieren dauernd Abhilfe gefchafft werden kann. Der von Knoblauch oder Meerrettich herrühtende Mundgeruch bergeht durch ein fogleid) darauf getrunfenes Glas Wein. Ebenſo foll er auch nach Eſſen einer Birne, durch gelochte rote Rüben oder Kauen frifcher Peterfilienblätter verſchwinden. Gtellt ſich der üble Mundgeruch nur morgens ein, jo hilftgewöhnlid Nux vomica; morgens und nachts: Pulsatilla; nad) Tiihe:Chamomilla; außerdem nod) in manchen Fällen Bryonia, Arnica, Arse- nicum, Hyoscyamus. Gegen einen Geruch, alö hätte man Zwiebeln gegejlen, ift Gep a anzumenden ; riecht es wie nad) Queck⸗ jilberfuren füßlich widerlich, fo Hilft Mercurius; bei fauligem Geftanf: Carbo vegetabilis. Übler Mundgeruch bei meiß- belegter Zunge, fehr veränderlicher Laune und häufigem Erfälten erfordert Nuxmoschata.

Der Storbut oder Scharbod

befällt Hauptfählih Menfchen, die unter ungünftigen gefundheit- lichen Zerhältniffen in engem Raum beifammen wohnen. Man trifft ihn befonderz bei Matrojen an, die lange Beit auf See find und viel Salafleifch (Pöfelfleifch) zu effen befommen haben. Auch bei Soldaten in belagerten Städten hat man den Skorbut häufig beobachtet. Daß einfeitige Fleifchkoft bei gänzlihem Mangel an grünen Gemtfen, ungefunde Wohn- und Gchlafverhältnijje, der Einfluß ftarker Kälte und langanhaltender Hite, Durchnäfjungen und dergl. den Ausbruch der Krankheit begünftigen, ift zweifellos. Die eigentliche Krankfheitzurfache fcheint aber eine Vergiftung durch Stoffwechſelgifte oder Bakterien zu fein, die zu krankhaften Ver⸗ änderungen de3 Blutes führt.

Die erſten Allgemeinerjcheinungen der Krankheit jind Mattig- feit, Herzklopfen, Kreugmweh, Gliederjchmerzen und große Schläfrig- feit. Nach einigen Tagen zeigen fich dunfelrote Flecken an den Beinen, bie auf Blutaustritte in das Musfel- und Unterhaut- zellgewebe zurüdzuführen find. Am auffallendften find die Ver⸗ änderungen am Hahnfleiſch, das gelodert und bläulich verfärbt erfcheint und von leicht blutenden Geſchwüren bejett if. In ſchweren Fällen kann e3 fogar brandig werden. Bei vollentwidelter Krankheit ift die Hautfarbe des Kranken von auffallender Bläſſe.

7. Krankheiten der Mundhöhle, 253

Die Behandlung des Skorbuts erfordert vor allem ftrenge Bettruhe in einem fonnigen, gut gelüfteten Zimmer, außerdem eine gänzlich veränderte Koft, die vorzugsweiſe in grünen Gemüfen, Obſt, Fruchtſäften (befonder3 Zitronenlimonade), Mil und Eiern befteht. Die Mundhöhle ift mehrmals täglich mit Galbeitee oder Bitronenfaft in Waſſer auszufpülen, Ä

Bom homdopathiichen Standpunkt aus fommen ala Heilmittel hauptſächlich Mercurius, Phosphorus, Carbo vegetabilis, Ar- senicum, Lachesis und Natrum muriatioum in Betradit.

Mercurius: wenn die Krankheit fchon einen hohen Grad von Heftigfeit erreicht Hat. Zahnfleiſch voll Geſchwüre mit ftarf übelriechender Abjonderung von blutdurchtränttem Eiter; Neigun zum Brandigwerden des Zahnfleiſches; ſtinkender Mundgeruch und ftarfer Speichelfluß. Schmerzhafte, mit Zwang verbundene Stuhlentleerungen.

Phosphorus entſpricht hauptſächlich den Allgemeinerſchei⸗ nungen des Leidens und iſt daher beſonders bei großer Mattigkeit, Schwäche der Beine, körperlicher und geiſtiger Erſchöpfung an- gezeigt. Das Zahnfleiſch iſt ſtark geſchwollen, juckt viel und iſt voll Geſchwüre, die fortwährend bluten.

Arsenioum: die Geſchwüre brennen heftig, der Kranke iſt ſehr Hinfällig. Das Zahnfleiſch wird ſchwarz. Sind blaue Blajen am Rande de3 Bahnfleifches, jo ij Lachesis zu verfuchen.

Carbo vegetabilis: ftarf blutendes Bahnfleifch, das einen üblen Geruch verbreitet. Bringt dag Mittel feine vollftändige Heilung zuftande, fo fann man Lachesis oder Gapsicum folgen lafjen.

Natrum muriaticum: bei fehr langjam um ſich greifenden Geſchwüren im Munde, die auf die genannten Mittel fid) nicht- viel bejfern. Das gefchmollene blutende Zahnfleiſch ift gegen alles Kalte und Warme, Speifen und Getränfe, ſehr empfindlich; auf der Zunge entftehen weiße Blafen und Heine Gejchwüre, die beißen, brennen und am Sprechen Hindern.

Zungentrantheiten,

Bungenentzündungen kann man zumeilen nad) Crfältung oder nad) Berlegungen beobachten. Wenn dabei nur die Ober- fläche ergriffen ift, fo find die Störungen gering und der Verlauf wenig beläftigend. Sobald aber eine tiefergehende Entzündung der Bunge Plaß greift, wie die beſonders nad) Verlegungen durch Bienenftiche, ſchweren Verbrühungen u. dgl. vorlommt, fo kann da Krankheitsbild eine ſehr ernſte Geftalt annehmen. Infolge der ge- waltigen Anfchwellung der Zunge ift dann nicht nur die Aufnahme bon Speijen und Getränken, jondern aud) dag Atmen fehr erjchwert.

Gegen Entzündung und Gejchwulft der Zunge gibt man Aco- nitum und nach einigen Stunden Mercurius; iſt dies nicht hinreichend oder find auch andere Zeile im Munde ſchmerzhaft und geſchwürig: Belladonna. it die Zunge wie verbrüht, zeigen

254 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

fich brennende Bläschen am Rande und brennendes Stehen mit feuriger Nöte und Trodenheit, fo ift Apisam Plate. Rührt die Entzündung von einer Verlegung her, Io gibt man Aconitum und Arnicaim Wedjel; nach Bienenftichen und dergl. Natrum muriaticum. Sn gefährliden Fällen und wenn fein Arzt zu haben ijt, verſuche man zuerft Arsenicum und dann Lachesis. - Bei Verhärtungen in der Zunge helfen Mercurius und Belladonna; jind fie die Folge von hHäufigem Beißen auf die Zunge im Schlafe, fo ift Phosphori acidum angezeigt. Bei Verhärtungen der Zunge ift übrigens fofort ein Arzt zu be— fragen, da es fich unter Umftänden um den Beginn eines Krebs— leivens handelt. |

Bei gelähmter Zunge hilft oft Belladonna oder Hyoscyamus, Nux moschata oder Dulcamara, je nad) den Begleiterjcheinungen.

Wollen die Rinder nicht Sprechen lernen, fo gebe man ihnen eine Gabe Natrum muriaticum in Hocdpotenz, die man aber wochenlang wirken laſſen muß.

Zahnſchmerzen.

Die ſo weit verbreitete Plage der Zahnſchmerzen, die manche Stunde des Lebens verbittern und manche ſchlafloſe Nacht bereiten kann, iſt ſehr oft auf mangelhafte Zahnpflege zurückzuführen. Es iſt erſtaunlich, wie wenig Wert manche Leute auf die Erhaltung ihrer Zähne legen. Die Zahnbürſte erſcheint ihnen als ganz über- flüffiger Gegenftand, und die Bedeutung des Neinhalteng der Zähne und der Mundhöhle ift ihnen völfig fremd. Erft wenn grenzenloſe Nachläſſigkeit und Gleichgültigfeit zum Verluſt einer Anzahl von Zähnen geführt Hat, fommt es ihnen zum Bemwußtfein in meld) inniger Beziehung unjere Kauwerkzeuge zu den Verdau⸗ ungsorganen, bejonders zum Magen und zum ganzen Gejundheit- zuftand des Menſchen ftehen. Für die Zähne find die Speiferejte, die zwilchen den Zähnen zurüdbleiben, die größte Gefahr, weil fie unter dem Einfluß von Fäulniserregern zerfallen und der Ent- widlung der Zahnfäule Vorfjchub leiften. Wer ſich daher ein gutes Gebiß und Damit auch einen gefunden Magen erhalten will, beachte die folgenden Borjchläge.

Die Mundhöhle ift täglich mehreremal, befonderz frühmorgens und abends dor dem Schlafengehen mit lauwarmem Waſſer aus- zufpülen, die Zähne find mit einer nicht zu harten Bürfte zu reinigen. Die Innenſeite und die Krone der Zähne darf nicht vergeſſen werden. Gtet3 fahre man vom Zahnfleisch nad) der Spitze, aljo bei den oberen Schneidezähnen von oben nad) unten, bei den unteren von unten nach oben und nicht, wie es gemöhnlid) gemacht wird, der Bahnreihe entlang hin und her. Zahnpulver und -tinf-

7. Krankheiten der Mundhöhle. 256

turen enthalten meift Beftandteile, die die Zähne befchädigen, und find daher zu meiden. Am menigjten fchaden Milchzucker oder Schlemmkreide ohne jeden Zuſatz, nur müſſen nad) ihrem Gebrauch Mund und Zähne gut abgeſpült werden, damit alle Nefte des Pulvers entfernt werden. Zur Bejeitigung von Zahnftein gibt es ein äußert einfaches Mittel, das man allerdings nicht zu oft an- wenden darf, da ſonſt vielleicht der Schmelz, d. h. der glafurartige Überzug der Zähne, notleiden könnte. Man läßt nämlich ein Reftchen fette Milch ftehen, bis fie fauer zu werden anfängt, und reinigt damit die Zähne; unmittelbar darauf muß eine Ausfpülung mit lauwarmem Waffer erfolgen. Der wirkſame Beftanbdteil dieſes Mittels ift die Milchjäure, die in ftarfen Gaben und in fonzentriertem Buftand nicht nur den Zahnftein, fondern auch die Zähne felbft aufzulöfen vermag.

Die Zahnheilkunde hat im Lauf der legten Jahrzehnte erfreu- licherweije große Yortichritte gemacht, denen auch der Anhänger der Homdopathie nicht blind gegenüberjtehen darf. BZahnfchmerzen, die durch hohle Zähne entitanden find, follte man nur im Notfall und bi3 man einen geeigneten Zahnarzt erreichen kann, mit Arznei« mitteln behandeln. Denn je früher ein jchadhaft gewordener Zahn ausgebohrt und gefüllt wird, defto vorteilhafter für ihn. Mancher Zahn könnte auf diefe Weife noch jahrzehntelang erhalten und mancher Schmerz vermieden werden, wenn man jich rechtzeitig an den Zahnarzt menden würde.

Das Ausreißen der Zähne, das früher al3 Radikalmittel allgemein angewendet wurde, ift nur bei unheilbaren Zahnfifteln, Geſchwüren an den Zahnmurzeln, fogenannten Eiterzähnen, oder bei Kindern bor dem Zahnwechſel zu gejtatten. In allen übrigen Fällen kann man Abhilfe jchaffen, ohne daß der Bahn verloren geht.

Schadhaft gewordene hohle Zähne find übrigens eine nicht zu unter ſchätzende Gefahr für das ganze übrige Gebiß, denn die Höhlen bilden Lagerpläfe und Schlupfwinkel ‚für Speiferejte, auf denen fich die Erreger der Zahnfäule mit Vorliebe ein- niften und vermehrten. Durch die Tätigkeit der Fäulnispilze werden Säuren im Munde erzeugt, die den Zähnen die Kalfjalze entziehen und nach kurzer Zeit find aus einem ſchadhaften Zahn mehrere geworden.

Dean erfennt die Zahnjchmerzen, die von hohlen Zähnen aus— gehen, an der Art und Weife, wie jie ſich verfchlimmern. Bei Zahn— marlentzündungen, die auf das Eindringen von eitererregenden Bakterien zurüdzuführen find, werden die Schmerzen durd) Kälte vermehrt und durch Wärme gelindert. Bei Bahnmwurzelentzün- dungen trifft das Gegenteil zu, nämlich Kälte lindert und Wärme fteigert die Schmerzen. Daher auch die regelmäßigen nächtlichen Berfchlimmerungen in der Bettwärme. Ein weiteres untrügliches Beichen der Wurzelhautentzündung ift das Verlängerungsgefühl im Tranfen Bahn.

m 256 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Sm Gegenfaß zum Bahnfchmerz hohler Zähne, der, wie fchon erwähnt, fo raſch wie möglich in die Behandlung des Zahnarztes gehört, findet die Homöopathie bei rheumatifchem, kongeſtivem (duch) Blutandrang hervorgerufenem) und nerböfem Zahnweh ein reiches und dankbares Wirfungsfeld.

Rheumatiſche Zahnſchmerzen treten in mehreren Zähnen aufeinmalauf. Der Kranke ift gewöhnlich mit einer rheu matiſchen Anlage behaftet, d. h. Erkältungen und Wetterveränderungen, befonder3 feuchte Witterung, Nebel und Schneefall rufen auch im übrigen Körper rheumatiſche Schmerzen bei ihm hervor.

Dem Tongeftiven Zahnſchmerz nn gewöhnlich eine Stodung im Pfortaderjyitem zugrunde. n begegnet dieſer Art von Zahnweh hauptſächlich bei Schwangeren, bei Frauen, die in den Wechleljahren ftehen, bei bleichjüchtigen und blutarmen Mädchen, die ihre Regel vermiffen. Unter den Männern find es meift Hämorrhoidarier, die an fongeftiven Zahnſchmerzen leiden.

Nervöſe Zahnſchmerzen findet man am hHäufigften bei nervöſen, byfteriichen Frauen und in den erjten Monaten der Schwangerſchaft. Ber Schmerz befällt ganze Reihen gejunder Zähne un wechfelt oft mit Nervenfchmerzen in anderen Körper- teilen ab.

Die während der Schwangerfchaft auftretenden Yahn- ichmerzen find in den erften Monaten ag neroö3, ſpäter fongeftiv. Der Fortſchritt in der diagnoftifchen Technik hat aller- dings manches Bahnmweh der Schwangerfchaft, das man bisher für nervös gehalten hatte, als Folge örtlicher Zahnerkrankung entlarvt. Zweifellos gibt es aber nicht wenige Frauen, die, fobald fie ſchwanger find, an Zahnweh leiden, ohne daß eine andere Urfache als die Schwangerſchaft nachzuweiſen ift. Dieſen Zahnfchmerz als eine notwendige Begleiterſcheinung der Schwangerſchaft hinzunehmen, wie das von Schwangeren ſo oft geſchieht, iſt entſchieden falſch. Durch homöopathiſche Mittel laſſen ſich ſolche Schmerzen leicht beſeitigen. Dies iſt umſo wichtiger, als der charakteriſtiſche Zahn⸗ ſchmerz der Schwangerſchaft weniger durch feine Heftigkeit, als durch das lange und anhaltende Auftreten die Nerven zu zer mürben und zu überreizen geeignet iſt.

Die Anwendung ſogenannter Hausmittel wie Opium oder Kreoſot iſt nicht zu empfehlen. Opium kann zwar vorübergehend Erleichterung bringen, in der Regel kehren aber die Zahnſchmerzen mit umſo größerer Heftigkeit wieder. Ahnlich verhält es ſich mit Kreoſot, das überdies in unverdünnter Form die Zähne beſchädigt und Geſchwüre im Munde erzeugt.

Unter dem Einfluß des gut gewählten homöopathiſchen Mittels weicht der Zahnjchmerz a ſchon nad) wenigen Gaben. Er kann anfangs zwar etwas heftiger werden, dann folgt aber große Erleichterung. Die Wahl des homdopathifhen Mittelß gegen Bahnfchmerzen muß fi) genau nach den Erfcheinungen des einzelnen

7. Krankheiten der Mundhöhle, 257

Falles richten; die nachſtehende Überficht bietet Hiefür die beften Anhaltspunkte. Sie ift nach, folgenden Gefichtspunften aufgeftellt:

. Gefühle und Empfindungen in den erkrankten Zähnen. . Sitz und Ausbreitung der Schmerzen. . Beiten, zu welchen die Schmerzen auftreten oder am fchlimmiten find. . Umftände und Einflüffe, die Beſſerung der Schmerzen bewirken. . Umjtände und Einflüffe, vie Berfhlimmerung der Schmerzen bewirten. . Urfadden der Bahnfchmerzen. . Krankhafte Erjcheinungen und Beſchwerden am Zahnfleiſch. . Befondere Begleiterfcheinungen. 9. Alter, Geſchlecht und Gemütsanlage. Die einzelnen Mittel find zur Erleichterung des Nachſchlagens in alphc- betifcher Neihenfolge aufgeführt.

1. Gefühle und Empfindungen in den erfrantten Zähnen.

Ausrenten: Mercurius.

Bohrend: Mercurius, Plantago, Silicea.

Drüdenpd: Calcarea phosphorica, China.

Durchdringendes, frefjfendes Ziehen: Staphysagria.

Entzünpdlicd: Belladonna, Mercurius.

Freſſend: Staphysagria.

Geſchwürsſchmerz: Belladonna (in den Wurzeln beim Sauen).

Grabend: Antimonium crudum.

Klopfend: Belladonna, Calcarea phosphorica, Chamomilla, China, Hyoscyamus, Rhus toxicodendron.

Kongeftiv (durch Blutandrang hervorgerufen): Belladonna, Bryonia, Chamomilla, China, Hyoscyamus, Mercurius, Nux vomica, Pulsatilla, Sepia.

Kratzend: Chamomilla.

Zoderheit3geiühl: Arsenicum, Bryonia, Chamomilla, Mercurius, Nux vomica, Rhus toxicodendron.

Lufteinſtrömen inden hohlen Bahn: Bryonia, Rhus toxicodendron.

Nagend: Calcarea phosphorica.

Nervöß: lan Coffea, Hyoscyamus, Ignatia, Plantago, Pulsa- tilla.

PBulfierend: Siehe „Hopfend“.

Reißend: Antimonium crudum, Belladonna, Chamomilla, China,

——— Mercurius, Nux vomica, Rhus toxicodendron, Silicea, Staphysagria.

heumatiſch: Bryonia, Mercurius, Pulsatilla, Rhus toxicodendron.

udmweife: Nux vomica(rudweife, nicht anhaltend), Rhus toxicodendron

ch

jo «Koh Ber} Sa D m

(tudweife Stiche). ießend: Antimonium crudum. techenb: Belladonna, Bryonia, Mercurius, Nux vomica, Pulsatilla (Stehen in hohlen YZäynen), Rhus toxicodendron. Zaubheitögefühl: Chamomilla, China, Dulcamara, Rhus toxi- codendron. Berlängerungägefühl: Arsenicum, Bryonia, Chamomilla, China, ux vomica, Plantago, Rhus toxicodendron. Wühlend: Antimonium crudum, Calcarea phosphorica, Chamomilla, China. Wundheitsſchmerz: Arnica, Calcarea phosphorica, Ignatia (in allen Zähnen). 8 erſchlagenheitsſchmerz: Ignatia. Hering-Haechl, SM.

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17

258 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Biehend: Belladonna, Calcarea phosphorica, Chamomilla, China, Hyoscyamus, Mercurius, Nux vomica, Pulsatilla, Rhus toxicodendron, Staphysagria.

3udenbd: Antimonium crudum, Belladonna, Calcarea phosphorica, China, Hyoscyamus, Pulsatilla.

2. Sit und Ausbreitung der Schmerzen.

Baden: Bryonia (Überfpringen vom Bahn in den Baden); Hyoscyamus (durd) Baden, Unterkiefer, Bahnfleifh bis zur ©tirne); Silicea (Baden und Knochen).

Badenzähne: Belladonna, Ignatia.

Geſſicht: Nux vomica (vom Hohlzahn aus über das ganze Geſicht); Pulsa-

. tilla (die ganze linte Gejichtstälfte).

Hohle Zähne: Antimonium crudum, Belladonna, Bryonia, Calcarea Chamomilla, Kreosot, Mercurius, Pulsatilla,

epia, Staphysagria.

Kiefer: Chamomilla (beim Mundöffnen fährt der Schmerz bis ind Kiefer- gelent); Rhus toxicodendron (in beiden Zahnreihen, bis in die Kiefer und Edhläfenincden).

Kopf: Antimonium crudum (jdjießend bis in den Kopf); Bryonia (Über- fpringen vom Zahn in Kopf und Baden); Chamomilla (durch die Scläfen bis zu den Augen).

Dhr: Bryonia (ftedende Schmerzen gegen das Ohr); Chamomilla (durch den Kiefer bis ins Ohr); Mercurius (Stechen über die ganze Ge⸗ fihtstälfte bis ins Ohr); Pulsatilla (Ohrenreißen auf derjelben Eeite); Silicea (die ganze Wange und die Knodyen); Staphys- agria (von boblen Zähnen bis ins Ohr).

Shäbdellnoden: Rhus toxicodendron, Silicea.

Schläfen: Chamomilla (durd) die Schläfen bis zu den Augen).

Schneidezähne: Ignatia.

über i} ringen: Bryonia (von einem Bein in den andern).

Unterliefer: Chamomilla (durch Unterkiefer big ins Ohr); Nux vomica (Unterkiefer bis in tie Edjläfen).

8 12 nlüden: Arnica, Hyoscyamus.

Zahnreihen: durch ganze Bahnreihen: Chamomilla, Ignatia, Mer- curlus (vom hohlen Bahn in andere Zähne); Rhus toxicodendron (in beiden Bahnteiken); Staphysagria.

Zahnftumpen: Staphysagria. .

3ahnmwurgzeln: Mercurius, Staphysagria.

8. Zeiten, zu welchen die Zahnſchmerzen auftreten oder am fchlimmften find.

Abends: Antimonium crudum (im Bett); Belladonna, Chamomilla, Ignatia, Pulsatilla (gegen Abend).

Unfallsweife: Belladonna (plöglid); Nux vomica (tudmweife, nicht anhaltend); Rhus toxicodendron (tudweife Stiche).

Eſſen: Belladonna (einige Zeit nachher); Ignatia (nad) dem Mittagejjen).

Morgens: Belladonna, Ignatia.

Nachts: Arsenicum (turz nad) Witternadyt), Belladonna, Calcarea phos- phorica, Chamomilla, Mercurius, Rhus toxicodendron (nadjt8 unerträglich); Sepia (nachts am ſchlimmſien); Silicea, Staphys- agria (nachts und gegen Morgen).

Beriodifh wiederlehrend: Arsenicum, China, Plantago.

& ag: Mercurius (manchmal nur bei Tag, bei Nacht Schweiß).

Tag und Nadt: Silicea (nachts am ſchlimmſten).

Rene Il: Arsenicum (zur Seit der Regel); Chamomilla (vor Eintritt der Negel); Pulsatilla (Ausbleiben der Regel).

Wechſeljahre: Sepia (zur Zeit der Wechfeljahre).

7. Krankheiten der Mundhöhle. 259

4. Umstände und Einflüfje, die eine Beſſerung der Schmerzen bewirken.

Yufridten im Bett: Arsenicum,

Bemegung: Antimonium crudum (Gehen im Freien); Pulsatilla (Be- wegung in friiher Zuft); Rhus toxicodendron (ftarfe Bewegung).

Blutaustritt nah Stochern im Bahn: Belladonna.

Drud: Belladonna (ftarler Drud auf den Baden); Pulsatilla (ftarfer Drud auf die Bähne). . |

Zuft: Antimonium crudum (Gehen im Freien); Bryonia (Aufenthalt im Sreien); Pulsatilla (fühle, friſche Luft).

Stälte: Belladonna, Bryonia (faltes Wafjer für einen Augenblid); Chamo- milla, Coffea (durch kaltes Waſſer im Mund, bi es warm ge- worden ift); Kreosot (durch Kälte).

Liegen auf der [hmerzhaften Seite: Bryonia.

Neiben lindert: Mercurius.

Ruhe: Belladonna, Bryonia, Nux vomica.

Wärme: Arsenicum (Ofenwärme und heiße Umfchläge); Mercurius, Nux vomica, Rhus toxicodendron (äußere Wärme beffert, Bettwärme verſchlimmert).

5. Umftände und Einflüffe, die eine Verſchlimmerung der Schmerzen bewirken.

Anftrengung, geiftige: Nux vomica.

Bettmwärme: Chamomilla, Pulsatilla, Rhus toxicodendron.

Berührung: Arsenicum, Belladonna, China, Plantago.

Bewegung: China, Nux vomica, Sepia (des Mundes).

Ertältung: Calcarea phosphorica.

Geräuſche: Belladonna, Calcarea phosphorica.

Eſſen: Antimonium crudum (nad) jedem Ejjen);Bryonia (warme Speifen); Chamomilla (maı mes Eſſen und Trinken); Ignatia (nad) dem Mittag. efjen); Mercurius (falte3 oder warmes Eſſen fiehe auch „Kauen“).

fälte: Arsenicum, Chamomilla, Nux vomica (falte Flüſſigkeit im hohlen Bahn fhmerzhaft). Siehe audy „Trinken“.

$auen: Arsenicum, Belladonna, Bryonia (al3 ob die Zähne ausfallen); Coffea, Nux vomica, Staphysagria. ;

Liegen aufpderfhmerzhaften Seite: Arsenicum, Plantago.

@Zuft: Belladonna (friſche Luft); Calcarea phosphorica (Zugluft); China

(Bugluft); Mercurius (falte feuchte Luft); Nux vomica (falte Luft); Rhus toxicodendron (friſche Luft); Staphysagria (freie Luft).

u he: Arsenicum. |

ißen: Pulsatilla.

ohern im Bahn: Pulsatilla.

bakrauchen: Bryonia, Ignatia.

inten: Antimonium crudum (faltes ®affer); Belladonna (heiße Ge⸗

tränfe); Calcarea phosphorica (falte und warme Getränfe);

'Chamomilla ($taffeetrinfen und heiße Getränfe); Coffea (warme

Getränke); Ignatia (Kaffeetrinten); Nux vomica (Spirituoſen);

Pulsatilla (taltes Waſſer); Staphysagria (taltes ale):

Wärme: Bryonia (marme Gpeifen); Chamomilla, Pulsatilla, Rhus

toxicodendron (äußere Wärme lindert, Bettwärme fteigert bie Schmerzen).

6. Urſachen der Zahnjchmerzen.

er: Chamomilla, Rhus toxicodendron.

tarmut: China, Calcarea ER pre

&näffung: Dulcamara, Rhus toxicodendron.

fältung: Aconitum, Calcarea phosphorica, Chamomilla, Nux

vomica, Rhus toxicodendron.

Ilen ſchadhafter Zähne: Arnica, Hyoscyamus.

biß, Zünftlihes: Arnica, Hyoscyamus.

R 8 S 7 T

260 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Hhfterie: fiehe „Nerbofität”.

Krankheit, langmwierige: Kreosot.

Zungenfhmwindfudt: Kreosot.

Morgenluft, falte: Hyoscyamus.

Nervosität: Arsenicum, Coffea, Hyoscyamus, Ignatia, Plantago, Pulsatilla.

Dperationen: (Füllen, Reinigen und Biehen von Zähnen): Arnica, Hyoscyamus.

Plombieren: fiehe „Füllen der Zähne“.

Rhachitis (Knochenerweichung): Calcarea phosphorica.

Rheumatismus: Bryonia, Mercurius, Pulsatilla, Rhus toxico-

ch ng r ch a ft: Calcarea phosphorica, Kreosot, Sepia. illen: China.

Bigle Ir n: Antimonium crudum.

hjeljahre: Sepia.

hnſplitter: Galcarea phosphorica.

gluft: Aconitum, Calcarea phosphorica. ckerharnruhr: "Kreosot.

. Krankhafte Erfheinungen und Beſchwerden am Zahnfleiid.

wellung: Arnica, Calcarea phosphorica, China, Mercurius, Rhus toxicodendron, Staphysagria. derung: Mercurius. : Staphysagria. ng [fh merzt: Mercurius, Staphysagria. e i cht: Calcarea phos horica, Kreosot, Mercurius. ngefühl: Arsenicum, elladonna (Hike darin); Mercurius, Rhus toxicodendron. ung: Mercurius, Silicea. ndlid und leicht blutend: Calcarea phosphorica. ade ng und Nöte: Belladonna. bildung: Silicea. en: Rhus toxicodendron. fende Schmerzen: Staphysagria. bein: Rhus toxicodendron. n und Stechen: Pulsatilla. en und Brennen: Arsenicum. und gefhmwürig: Mercurius, Staphysagria. hbeitägefühl, wie von einem Sefhwür: Rhus toxicodendron.

8. Befondere Begleiterfcheinungen.

blättern der Zähne: Staphysagria. brödeln der Bähne: Kreosot. j d

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ng ft: Arsenicum, Belladonna, Coffea.

ufregung: Belladonna.

aden ° efhmulft: fiehe an jowie Geite 266.

Iutandrang zum Kopf: Belladonna, Calcarea phosphorica, China, Hyoscyamus, Nux vomica.

utarmut: "Arsenicum, China.

utung nad Bahnziehen: Arnica.

ü enan Ihmwellung (unter dem Finn): Chamomilla.

rjt: Arsenicum, Belladonna, China.

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ent Schwäche darin: Chamomilla.

j icht: Belladonna (Schwellung, Röte und Pulſieren in der Wange); Chamomilla (eine Wange rot, die andere blaß); Mercurius ((hmerzhafte Badengejchwulit); Nux vomica (WBürlen und Nagen in einer Geite des Geſichts); Plantago (geſchwollenes Geſicht); Pulsatilla (Geſichisbläſſe).

7. Krankheiten der Mundhöhle. 261

Sliederreißen: Bryonia, Mercurius, Rhus toxicodendron. Halsfhlagaderı, Bulfiere n Deifelben: Belladonna. Side, fliegende: Hyoscyamus. topfmweh: Belladonna (tlopjend, mit Lichtſcheu und greßer Erregung); Chamomilla (einfeitiges); Pulsatilla (auf der Seite des erkrankten er Sepia (Migräneanfälle); Staphysagria (Stlopfen in den äfen).

Sräfteabnahme: Arsenicum.

trämpfe: Hyoscyamus (befonders nad Bahıziehen).

Nachtſchweiß: Mercurius.

Nervenſchwäche: Hyoscyamus.

Rhachitis: Calcarea phosphorica, Silicea.

Negelftörungen: Pulsatilla, Sepia.

Schlaf, unruhiger: China.

Shwäde in den Gelenken: Chamomilla.

Schwangerschaft: Calcarea phosphorica, Sepia.

Shwarzwerden der Bähne: Ehina (ſchwarzer Belag); Kreosot, Staphysagria (der Mild;zähne).

Shmwindelanfälle: Mercurius.

Trodenheitsgefühl: Belladonna (im Hals); China (im Mund).

Überempfindlidteitgegen Schmerzen: Chamomilla, Coffea, Hyoscyamus.

Zittern: Coffea.

9. Alter, Geſchlecht und Gemütdanlage.

Finder: Antimonium crudum (Schädigung der Zähne durch Süßigkeiten u. bgl.); Belladonna (bei großer Aufregung); Calcarea phos- phorica (thadjitifche Anlage, langjame Knochenentwiclung, ſchnelles Schadhaftwerden der Bähne); Chamomilla (überempfindliche Kinder, die feine Schmerzen ertragen tönnen); Kreosotum (Ab- brödeln und raſches Schwarzwerden der Milchzähne); Pulsatilla (Stille, weinerlihe, fröftelnde Kinder); Staphysagria (ESchlecht- werden der Mildizähne).

Frauen: Belladonna (bcı großer Aufregung); Calcarea phosphorica (bei Schwangeren); Chamomilla (Ed,merzen in hotlen Zähnen ber Eintritt der Regel); China (blutarme Frauen und Mädchen, ſtillende Mütter); Ignatia (nad Gram); Staphysagria (Mund voll ſchmerz⸗ hafter Bahnftumpen).

Gemütsfimmung und Temperament: 'Arsenicum (mwider- wärtig); Bryonia (raſch handelnd) ;China (ärgerlid) und verdrichlid;) ; Coffea (neıwög und überempfindlih); Hyoscyamus (teizbaı); Ignatia (zart und empfindlich, nervös, ſchnell wechfelnde Gemüts- ſtimmung); Nux vomica (hißig und aufgeregt); Sepia (zornig, leicht reızbar); Staphysagria (unverträglid).

Kurze Darftellung der wichtigſten homöopathiſchen AUrzneimittelgegen Zahnſchmerzen:

Antimonium crudum: Gchmerzen in hohlen Zähnen. Die reißenden, grabenden, wühlenden und zudenden, bis in den Kopf jchießenden Schmerzen treten abends im Bett am heftigſten auf, verjchlimmern fich nad jedem Eſſen und durd) kaltes Waffer und bejjern fich beim Gehen im Freien. Für Kinder, die ihre Zähne durd Süßigkeiten und dergl. gefchädigt Haben, iſt Antimonium crudum oft angezeigt.

Arnica: Sauptmittel nad) dem Ausziehen oder Füllen eines

262 II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Zahnes und nad) fonftigen Zahnoperationen. Es ftillt die Blutung, Iimdert den Bahnlüdenfchmerz- und beichleunigt die Heilung der Wunde. Arnica befeitigt ferner Schmerzen und Anjchwellung des Bahnfleifcheg nad) dem Einfegen fünftliher Zähne. Bu Ausfpülungen werden 30 Tropfen homöopathiſche Arnica- Tinktur mit einem Gla3 Waller gut vermifcht. Während des Ge- brauche von Arnica und Aconit ift Eſſig zu meiden.

Arsenicum: Periodiſch wiederkehrende nervöſe Zahn— ſchmerzen, die nach Mitternacht oder zur Zeit der herannahenden .. am ſchlimmſten find und den Kranken fat zur Verzweiflung ringen.

Die Zähne erjcheinen loder und wie wenn fie hervorftünden. Beim Kauen Gefühl, ala würde eine geſchwürige Stelle eingedrückt. Im Zahnfleiſch Reißen und Brennen, bei Berührung und beim Liegen auf die jchmerzhafte Seite, in Ruhe und durch Kälte fchlimmer. Ofenwärme lindert, ebenfo heiße Umjchläge oder das Aufrichten im Bett. Die Kräfte find fehr mitgenommen und die Kranken, beſonders die Kinder, auffallend mwidermärtig.

Belladonna: Fongeftive, entzündliche, klopfende (pul« jierende) Bahnjchmerzen mit Blutandrang nad) dem Kopf und Schlagen der Haßarterien; bei Zahnweh von Frauen und Kindern, die jehr aufgeregt find und vor Angſt umherlaufen. Zahnfleiſch ſtark gerötet und entzündet; die Zähne jchmerzen beim Beißen, al ob die Wurzeln geſchwürig wären. Gtechende, zudende, reißende Schmerzen fahren von einem Zahn aus in alle Richtungen. Die Schmerzen treten plöglih und anfallsweife auf. Biehende Schmerzen abends nad) dem Niederlegen, am jchlimmiten de3 Nachts, in hohlen Badenzähnen, als dränge zu viel Blut hinein; Hige im Zahnfleifc und Pulfieren in den Wangen. Kommt beim Stochern etwas Blut, fo tritt meift Befferung ein. Der Baden ift geſchwollen und gerötet, der Hals troden, großes Durſtgefühl. Der Schmerz wiederholt fich oft morgens nad) dem Erwachen oder einige Zeit nach einer Mahlzeit. Die Zähne ſchmerzen in der freien Luft, bei Berührung, beim Kauen, wenn Speifen an fie fommen, bei heißen Getränken; ftarfer Drud auf den Baden erleichtert manchmal auf furze Zeit. Kaltes Waſſer und vollftändige Ruhe bringen Beſſerung.

Bryonia: bei rheumatiſchem Bahnleiden; e3 eignet fi) für rafhhandelnde Perſonen. Unter Umftänden kann es auch bei hohlen Zähnen lindern, weit häufiger dient e3 gegen rheumatifche Schmerzen in gefunden Zähnen und bei ftechenden Schmerzen in der Richtung zum Ohr wie von bloßliegenden Nerven, wenn 3. B. die Luft jchmerzhaft in den Zahn Hineinfährt. Die Zähne fcheinen zu lang und loder, beim Sauen hat man das Gefühl, ala ob fie aus— fallen wollten. Die Schmerzen fteigern fich beim Tabafrauchen, beim Kauen bon warmen Speiſen; fie beſſern fich im Freien, zumeilen für Augenblide durch altes Waffer, auch beim Liegen auf der ſchmerz⸗

7. Krankheiten der Mundhöhle. 263

haften Wange. Manchmal [pringen die Schmerzen von einem Zahn in den andern oder in Kopf und Baden über.

Calcarea phosphorica: Zahnmweh bei Siindern mit langſamer Snochenentwidlung und fchnellem Schadhaftwerden der Zähne. Zahnſchmerz der Schwangeren, Schmerzen von Ioderen Bahnjplittern und wadelnden Zähnen. Drüden, Ziehen, Buden, Wundheit, Nagen, Klopfen, Wühlen; geſchwollenes Zahn- fleisch, das ſehr empfindlich ift und leicht blutet. Es paßt befonderz, wenn zugleich Blutandrang nad) dem Kopf bejteht, wenn die Schmerzen befonder3 nachts auftreten und durch Erfältung oder Bugluft entjtanden oder ſchlimmer geworden find. Weder alte nod) warme Getränfe werden ertragen, jogar Geräufche können das Zahnweh verſchlimmern.

Chamomilla: für Kinder und Leute, die feine Schmerzen ertragen fönnen und viel Kaffee genießen; für Frauen, die vor dem Eintritt der Regel in Hohlen Zähnen Schmerz empfinden. Bahn- weh infolge von Erfältung bei überhigtem Körper; die Schmerzen find unerträglich, treten zeitweiſe beſonders heftig auf, find nachts am fchlimmften, nicht auf einen beftimmten Zahn bejchränft; oder Schmerzen in einem hohlen Zahn, der nicht bloß zu lang jcheint, wobei an Bryonia zu denfen wäre, fondern auch madelt; alle Bähne einer ganzen Reihe fcheinen zu lang; der Schmerz geht durch die Kiefer bi in3 Ohr, durd) die Schläfen bis zu den Augen, nimmt meift eine Seite des Kopfes ein, es Fribbelt, Fragt am Nerv des hohlen Zahns, reißt, zieht, wühlt und pocdht; im Bett wird der Schmerz unerträglich, auch verjchlimmert er fi) durch) warmes Eſſen und Trinken, befonders durch Getränfe oder Kaffee, nur der in kaltes Waſſer getauchte Finger Iindert. Die eine Wange iſt rot, die andere blaß; die Prüfen unterhalb des Kinns find

eſchwollen; große Schwäche, namentlich in den Gelenfen; beim ffnen des Mundes fährt der Schmerz ind Kiefergelenf.

Chamomilla wirft in 12. oder 30. Verdünnung anı Fräftigften; niedere Potenzen verfagen oft den Dienft gegen Zahnweh.

China: Kongeſtives, mit Klopfen und Blutandrang nad) dem Köpfe verbundenes Zahnweh. Die Schmerzen treten periodijch auf, zudend, reißend, mwühlend, ziehend, Hlopfend, mit heftigem Drud, als ob das Blut mit Gewalt zujtröme. Taubheitsgefühl in den Bähnen; Bahnfleifch geſchwollen, Mund troden, großes Durſtgefühl. Zahnleiden Blutarmer und Gtillender, an deren Zähnen jich ein ſchwarzer Belag zeigt. Große Verdrieplichkeit und Hrgerlichfeit fonft heiterer Menjchen. Verſchlimmerung —— Berührung und Zugluft. Der Nachtſchlaf iſt unruhig.

CGoffea: für nervöſe, überempfindliche Perſonen, die vor Schmerz außer ſich geraten; ſie weinen, zittern, wiſſen vor Angſt nicht, was anfangen, und können den Schmerz nicht beſchreiben. Verſchlimmerung beim Kauen und durch warme Getränke; kaltes

n

264 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Wafler in den Mund genommen beffert die Schmerzen, mit den Warmwerden des Waſſers ehren fie jedoch mieder.

Hyoscyamus: nervöſe, kongeſtive Zahnſchmerzen durd) kalte Morgenluft; Zahnweh bei ſehr empfindlichen, nervenſchwachen, reizbaren Leuten, die leicht Krämpfe bekommen, beſonders nad) Bahnziehen und HBahnoperationen. Heftig Flopfende, reißende, zudende, ziehende Schmerzen durch Baden, Unterkiefer und Zahn— Pa bi3 zur Stirne hinaus. Fliegende Hitze; Blutandrang zum

pfe.

Ignatia: nervöſes Zahnweh bei Perſonen, deren Gemüt zart und empfindlich, bald Tuftig bald weinerlich ift, bei Leuten, vie ji) viel grämen. Pie Badenzähne fehmerzen wie zerfchlagen; wühlender Schmerz in den Schneidezähnen, Wundheitsgefühl in allen Zähnen. Nach Kaffee- und Tabafgenuß, nad) dem Mittag- eifen, abends nad) dem Niederlegen und morgens bein Aufwachen Imd die Schmerzen heftiger.

Kreosot: raſches Schwarzmwerden und jchnelles Abbröckeln der Zähne, ſowohl bei Kindern, deren Milchzähne raſch fchlecht werden und zerfallen, al3 auch bei Erwachfenen, die durd) lang- wierige Krankheiten wie Lungenſchwindſucht, Zuderharnruhr und vergl. hohle Zähne befommen haben; heftige Schmerzen in hohlen Bähnen, durch Kälte gebeſſert; leicht blutendes Zahnfleisch.

Mercurius: eined der wichtigften Mittel bei Schmerzen bon Hohlen Zähnen und Wurzelfautentzündungen, ſowie bei theumatiihem und fongeftivem Zahnweh. Reißende Schmerzen, die nicht nur auf den hohlen Zahn beſchränkt find, fondern auch die andern Zähne befallen ; ziehende, ftechende, bohrende Schmerzen, wie wenn der Bahn ausgerenft würde, Stechen über die ganze Hälfte des Geſichtes und bis ins Ohr, befonderd nachts; die Schmerzen fünnen den Kranken aus dem Bett treiben, fie werden nad) faltem oder warmem Eſſen Schlimmer; kalte, beſonders feuchte Luft erregt fie mehr, Wärme oder Neiben lindert. Zahnweh, manchmalnur bei Tag, bei Nacht Schweiße ; dazwischen Schwindel«- anfälle oder Gliederreißen. Meift lodern fic) die Zähne, das Zahn— fleisch Ichmwillt, wird weiß, geſchwürig, fteht ab, brennt, ſchmerzt bei Berührung oder judt, blutet und eitert, wobei ein Reißen durd) en Hinfährt. Hauptmittel bei ſchmerzhafter Baden- geſchwulſt.

Nux vomica: Zahnweh nad) Erkältung; Blutandrang, Ber- längerungs⸗ und Lockerheitsgefühl im erkrankten Zahn. Ber Schmerz nit anhaltend, jondern rudmweife; ftechende, reißende, ziehende Schmerzen in den Unterfiefern und bis in die Schläfen oder von einem Hohlzahn aus über das ganze Geſicht. Wühlen und Nagen in einer Ceite des Geſichts. Kalte Flüffigfeit in hohlen Bähnen, alte Luft, geiftige Anftrengungen, Genuß von Spirituofen,

überhaupt Kauen und Förperlihe Bewegungen verjchlimmern.

Dei äußerer Wärme und Ruhe laffen die Schmerzen teilmeife nad).

7. Krankheiten der Mundhöhle. 265

Nux vomica paßt bejonder3 für Hiige, aufgeregte Perfonen mit

rotem Geficht, die Kaffee und geiftige Getränke lieben und menig ins Freie Tommen.

Plantago major in 2. Verdünnung gilt al3 zuderläffiges Mittel bei periodisch wiederfehrendem Zahnweh mit bohrenden Schmerzen, Berlängerungsgefühl und größter Empfindlichkeit der Zähne gegen Berührung, neben gejchwollenem Geficht. Schlimmer beim Liegen auf der franfen Seite.

Pulsatilla: für ftille, chüchterne Naturen, für Frauen und Kinder von weinerlicher Art, beim Zahnweh aud) Ohrenreißen und Kopfmweh auf derfelben Ceite; Stechen im hohlen Zahn; die ganze linke Gejichtshälfte ift in Mitleidenschaft gezogen. Der Kopf ift voll Hite und doch friert e8 den Kranken. Im Zahnfleiſch ift ein Nagen und Stechen, im Bahn ein Zuden und Ziehen, wie wenn der Nerv angezogen und plößlich wieder losgelaſſen würde oder wie wen der Zahn losgeftoßen und Blut Hineindringen würde. Kaltes Waller verfchlimmert, Wärme im Zimmer, im Bett und im Mund ebenfalls; fühle Luft oder überhaupt frifche Luft lindert den Schmerz. Wenn er immer im Freien aufhört und durch Stubenmwärme wieder hervorgerufen oder jchlimmer wird, dann greife man zu Pul- satilla. Beim Sitzen nehmen die Schmerzen zu, Umbergehen befänftigt fie, Stochern verjchlimmert, ftarfer Drud auf die Zähne befiert. Kauen vergrößert den Schmerz nicht. Meift tritt der Bahnjchmerz, für den Pulsatilla paßt, gegen Abend auf, das Gejicht des Kranken ift dabei froftig und bla.

Rhus toxicodendron: neben Bryonia da3 SHaupt- mittel bei rheumatiihem Zahnweh, mit Ähnlichen Beſchwerden wie Bryonia: die Zähne ſcheinen loder und zu lang; fie wadeln, wie wenn ein Zahn Hohl wäre und Luft Hineinftrömte oder wie wenn fie eingejchlafen wären (China und Dulcamara haben ähnliche Erfcheinungen). Das Zahnfleisch ist gefchwollen, e3 brennt, judt und fribbelt, ijt mund wie von einem Geſchwür; ed zeigen fich rudmweije Stiche oder ftarfes Ziehen, als ob der Zahn herausgezogen (wie bei Pulsatilla) oder in feine Höhle hineingedrüdt würde (vergl. Staphysagria). Oft befteht der Schmerz in langfamem Stechen, Pochen oder Reifen in beiden Zahnreihen und zieht bis in die Kiefer- und Schläfenknochen hinauf, aber gewöhnlid) nur einfeitig. Zahnweh von Erfältung oder Durchnäſſung, nad) Ärger, in freier Luft fchlimmer (bei Bryonia wird e3 im Freien beffer), nachts unerträglich, äußere Wärme lindert, Bettwärme fteigert die Schmerzen; beifer bei ſtarker Bewegung.

Sepia: langwieriges, kongeſtives Zahnweh während der Schwangerſchaft und in den Wechſeljahren. Die Schmerzen ſind nachts am ſchlimmſten und treten meiſt in Verbindung mit Migräne— anfällen und Regelftörungen auf. Jede Bewegung des Mundes erhöht die Schmerzen, die feine ausgeſprochene, bejtimmte Eigen- Ihaft haben; Sepia hat faft alle Schmerzarten.

266 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Silicea: langwierige, bohrende, reißende, Tag und Nacht währende Schmerzen, in der Nacht jchlimmer. Das Zahnweh nimmt die ganze Wange und die Knochen ein. SHauptmittel bei Bahnfifteln, die übelriechenden Eiter aus Offnungen neben ber Zahnwurzel oder dem Zahnfleijch entleeren.

Staphysagria: die Zähne werden leicht ſchwarz, hohl und blättern ab. Das Bahnfleifch ift blaß, weiß, wie zerfrefjen, ge- ihmollen, ſchmerzt bei Berührung und hat Blafen und Geſchwüre, weshalb ein Flopfender Schmerz entjteht. Nüblich für Kinder beim Schlechtwerden der Milchzähne und für Frauen, die den Mund voll ſchmerzhafter Zahnſtumpen haben. Schmerzen in den hohlen Bähnen von durchöringendent, frejlendem Ziehen oder Reißen, befonder3 in den Wurzeln, durch ganze Zıhnreihen Hin oder bon einem hohlen Zahn aus bi3 zum Ohr. Klopfen in der Schläfe, Berichlimmerung in freier Luft, bei Faltem Trinken, Kauen und beſonders nachts oder gegen Morgen.

Bei Baclkengeſchwulſt,

die manchmal fchlimmer ift ala der Zahnſchmerz oder zurüdbleibt, wenn diefer ſchon vergangen ift, kommt von den bereits gejchilderten Arzneimitteln gewöhnlich eines der folgenden in Betracht: Ar- nica, GChamomilla, Nux vomica, Pulsatilla, Belladonna oder Mercurius.

Mercurius: da3 Geſicht und die Oberlippe fchwellen fo, daß man den Kranken faum wieder erfennt. Die Schmerzen find ehr groß, als kämen fie au einem aan Bahn oder einer Wurzel; e3 reißt, brennt, klopft, mehr innerlich ala äußerlich; die Geſchwulſt in der Nähe der Zähne wird Hart, bricht auf und eitert. Half Mer- curius gegen die Schmerzen, aber nicht gegen die Gefchwulft, fo paßt Pulsatilla oder Belladonna. Wenn die Tippen jehr gefchwollen find, wenn der Schmerz von dem gejchwollenen Bahnfleifch bis in den Hals geht, Schlingbeſchwerden und Speichel- fluß vorhanden find, fo gebe man ſogleich Belladonna. Fühlt man den Eiter in der Geſchwulſt und will fie nicht aufbrechen: Hepar sulphuris und fpäter Silicea; gegen übel» Km genden, wäjjerigen Eiterausfluß Sepia im Wechjel mit

ilicea.

Arnica: Geſchwulſt hart und fteif, Schmerz und Nöte gering; Chamomilla: Geſchwulſt ftarf gerötet und fehr ungleid); Belladonna: Geſchwulſt gelblichrot und widerlich riechend; Lachesis: in den [hlimmften Fällen, wenn die Geſchwulſt blau oder gelb wird und ſich Blafen bilden.

8. Magenkrankheiten. 267

Achter Abſchnitt. Magenkrankheiten. Appetitmangel

oder geringe Eßluſt iſt eine faſt regelmäßige Begleiterſcheinung vieler Magenkrankheiten. Die gewöhnlichen Mittel, die Eßluſt zu wecken, ſind nicht ſelten geeignet, ſie immer mehr zu verſcheuchen. Stark geſalzene und ſcharf ſaure Speiſen, brennende, erhitzende Gewürze, beſonders aber bittere Wurzeln, Kräuter oder Rinden, die mit ſpirituöſen Getränken übergoſſen und dann als magenſtärkendes Mittel gebraucht werden, ſind Reizmittel, aber keine Nahrungsmittel. Viele von ihnen können allerdings ſehr wohltätige Arzneien ſein, wenn ſie zur rechten Zeit, im rechten a und im gehörigen Maße gebraucht werden. Ba aber alle Arzneien am unrechten Orte ſchaden, bejonder3 wenn fie in allaugroßen Mengen oder zu oft an- gewendet werden, jo ift leicht einzufehen, daß der Schaden, der durch fie angerichtet wird, den Nußen oft vollitändig aufmwiegt. Dabei be- fteht die Gefahr, daß man fich im Laufe der Zeit an folche appetit- anregende Mittel gewöhnt, wodurch man fich noch mehr fchaden kann. Was Hilft e8 aber, die Eßluſt für ein paar Tage aufzuwecken, wenn fie dann wieder nachläßt? So wie ein Zeil aller Nahrung im Körper bleibt und nur ein Zeil denjelben wieder verläßt, ganz A iſt es auch mit Reizmitteln, überhaupt mit allen ſogenannten Arzneien und Gewürzen, die lange Zeit täglich verſchluckt werden. Derartige Stoffe gehören aber nicht zur Nahrung, d. h. fie können feinen Zeil des menſchlichen Körpers erjegen. Sie häufen fi) nad) und nad) fo an, daß daraus langwierige Krankheiten entjtehen können.

Wer aljo dann und wann den Gejhmadreizende Mittel in fehr geringer Menge genießt, der wird ſich wenigſtens nicht viel Schaden. Manchmal ein gefalzener Fiſch oder jaure und fäuerliche Speifen oder Getränke, befonder3 im Sommer, haben oft einen guten Ein- Muß, namentlich wenn man ftarfes Verlangen darnadh ſpürt und wenn durch) den Genuß dies Verlangen auf längere Zeit geftillt wird. Kommt dasſelbe Verlangen fehr ftark wieder, jo ift es ein Zeichen, daß der fernere Genuß jchädlich mwird.

Bon Homdopathifchen Mitteln Haben jich gegen Appetitlofigfeit bewährt:

China: nad) vorausgegangenen Blutverluften oder bei Er- Ichöpfungszuftänden; es befteht Mangel an Epluft, die aber wieder⸗ fehrt, jobald der Kranke zu efjen fich entjchließt.

Antimonium crudum: Mppetitlojigfeit nach Magen- und Darmkatarrhen; dick weiß belegte Zunge; Durchfall wechſelt mit Berjtopfung.

Nux vomica: verminderte Eßluſt bei Trinkern oder als Begleiterfcheinung chroniſcher Magenfatarrhe; Berjtopfung mit bergeblihem Drang.

263 III. Die Behandlung der gewöhnlidiften Krankheiten.

Ignatia: Appetitlojigfeit bei Bleichfüchtigen und Nerböfen.

Avena sativa 3.: gänzliches Darniederliegen des Appetits nad) Influenza.

Calcarea hypophosphorosa 3.: Appetitlofigfeit bei Kindern, die durch Krankheit jehr herabgefommen find.

Calcareacarbonica: Abneigung gegen Fleiſch.

Magenſchwäche, Dyspepjie, Verdauungsſchwäche.

Darunter verſteht man einen Zuſtand, bei dem der Magen nicht mehr imſtande iſt, die aufgenommenen Speiſen und Nahrungsmittel in genügender Weiſe zu verdauen und für den Darm vorzubereiten. Daraus geht hervor, daß es ſich hier weniger um eine in ſich abge— ſchloſſene Krankheit, als vielmehr um das Symptom vieler ver— ſchiedenartiger Krankheiten handelt. Die Urſachen der Magen— ſchwäche ſind bereits im zweiten Teil des Buches, und zwar beſonders in Abſchnitt 4 gebührend berückſichtigt worden.

Mit dem Ausdruck „nervöſe Dyspepſie“ bezeichnet man ein Leiden, bei dem der Magen ſelbſt keinerlei wahrnehmbare krank⸗ hafte Veränderungen aufweiſt, ſo daß man einen krankhaften Einfluß des Nervenſyſtems zu vermuten genötigt iſt. Neben einer Reihe von Störungen, die auf Verdauungsſchwäche hinmweifen, wie 3. B. Drud und Vollgefühl im Magen, Übelfeit, Erbrechen, Sodbrennen, Auj- jtoßen völlig geruchlofer Safe und dergl., deuten befonders Schlaf— Iojigfeit, Müdigfeit, Herzflopfen, Kopfeingenommenheit und das Gefühl, als ob jich eine Kugelim Halſe bewegen würde, den nerböfen Charakter des Leidens an.

Im Anfang Ffann jedem geholfen werden, und aud) in feinem Ipäteren Verlaufe ift das Leiden meiftnod) heilbar, wenn die Kranken die gehörige Diät einhalten und die unten angegebenen Mittel ge- brauchen, oder, falls diefe nicht ausreichen, einen homöopathiſchen Arzt zu Rate ziehen.

Die Lebensweije ſei folgende: man vermeide alle Alte, Gefalzene, Gepöfelte, alles halb PVerdorbene und PBertrodnete, 3. B. ranzige Butter, nehme morgens ein vernünftiges, leicht— verdauliches Frühftüd, mit wenig oder feinem Fleiſch, höchſtens Eiern, durchaus nicht3 in Fett oder Butter Öebadenes, fein friſches, ofenmwarmes, jondern altbadenes Brot, das nicht geröftet und da- durch derdorben und halb ungenießbar gemacht iſt. Mittags eſſe man gutes Gemüſe mit gefochtem oder gebratenem Fleifch, zum Nachtiſch altbadenes Brot und frifche Butter, feine Kuchen, wenn der Zeig nicht gegoren hat, nicht einmal das Obft, das mit ſolchen Kuchen gebaden wurde. Abends nehme man wenig und nur ganz leidite Koft zu fich, nicht? Gebadenes und Gerdöftetes, als Getränk kaltes Waffer oder Tee.

Auch glaube man nicht, daß man durch Yuder etwas Gaure3 jüß machen fönne; die Zunge läßt ſich wohl betrügen, aber der Magen nicht. Dazjelbe ift mit allem Bittern und Scharfen der Fall.

8. Magentrankheiten. 269

Die erfte Bedingung ift aljo eine vernünftige Lebensweiſe, eine gefunde, reichliche, nahrhafte Koft, nicht immer dasfelbe, fondern in fteter Abwechflung ; denn mit dem Magen ift es wie mit den Feldern: man darf nicht immer dasſelbe darauf bauen. Bon diefer Lebens⸗ weife darf niemal3 abgemwichen, jondern fie muß Jahre lang mit größter Beharrlichkeit durchgeführt werden.

In allen plöglich auftretenden Fällen, mit Mangel an Epluft, Übelfeit, Schmerzen, befonder3 Schneiden im Leibe, unrubigem Schlaf und Mattigfeit, wähle man unter den hier zunächſt folgenden Mitteln; in langwierigen Fällen find die jpäter dafür angegebenen Arzneien zu verwenden.

Arnica iſt nicht nur angezeigt, wenn das Leiden nad) Stößen oder einem Schlag auf den Magen, von Berheben mit Schmerz oder Knaden im Kreuz entjtand, jondern auch nad) Mangel an Schlaf, vielem geijtigen Arbeiten, wenn e3 überhaupt von viel Auf- regung und Empfindlichfeit herrührt, wenn, wie man jagt, die Nerven jehr angegriffen find, wenn die Zunge troden oder gelblid) belegt, ver Geſchmack faulig oder bitter und fauer ift, mit üblem Ge- ruch aus dem Munde, Widerwillen gegen da3 gewohnte Tabal- rauchen, Verlangen nad) etma3 Saure, Aufftoßen, zumeilen wie bon faulen Eiern. Nach dem Ejjen ftellt fich ein Völlegefühl in der Herzgrube und Neigung zum Erbrechen ein. Der Baud) ift durch Blähungen ftarf aufgetrieben. Außerdem Elagt der Kranke über Schwere in allen Gliedern, Kniden der Beine, Schwindel, Einge- nommenheit des Kopfes, beſonders über den Augenhöhlen, Betäu- bung und Hiße im Kopf, unangenehme Wärme, öfteres Erwachen, Auffahren im Schlafe, ängftliche, [chwere Träume. Sollte Arnica hier: nicht Hinreichen, fo gibt man Nux vomica oder Cham o- milla.

Nux vomica: folgen von Nachtſchwärmerei, Wein- und Kaffeetrinfen, bejonder3 wenn nody Erkältung hinzulommt; der Mund troden ohne Durſt, die Zunge weiß belegt, viel Schleim im Munde, Sodbrennen, mangelhafter oder fader Geſchmack aller Speifen, Wafjerzufammenlaufen im Munde, Erbrechen, Drüden im Magen, Bauch gejpannt, wenig harter oder ausbleibender Stuhl- gang; Schwanfen, Schwindel oder Düfterheit im Kopf, Schwere im Hinterhaupt, Klingen in den Ohren, Biehen in den Badenzähnen, bald oben bald unten, Ziehen in den Gliedern; Abjpannung, nicht aufgelegt zum Nachdenfen; zänkiſch, verdrießlich; zuweilen auch Hitze oder einzelne rote Blütchen im Geſicht. Eine Stunde nach genoſſener Mahlzeit tritt gewöhnlich Verſchlimmerung ein.

Chamomilla: wenn man nach Ärger gegeſſen oder getrunfen hat, und wenn ein bitterer Gejchmad im Munde, Aufftoßen mie von Galle, Erbrechen grünen Schleims oder heller Galle darauf folgt. Der Kranke wirft ſich im Schlafe umher, erbricht fich öfters, klagt über Schmerz im Kopfe und Völle darin; das Gejicht ift Heiß und rot, das Gemüt jehr empfindlich, die Augen rot und brennend.

270 III. Die Behandlung der gemöhnlichften Krankheiten.

Pulsatilla, wenn verjdiedene, nicht zufammenpafjende, befonder3 blähende oder zu fette oder ranzige Speifen und Getränfe genofjen wurden; überhaupt, wenn der Gefhmad im Munde bitter ift, wenn jeder Biſſen Brot oder alle Speijen bitteren oder lalzigen Gejchmad erregen; oder Gejchmad wie nach faulem Fleifch oder Zalg. Aufftoßen von Galle, von Säure und Schärfe im Magen, befonderer Widerwille gegen warmes Ejjen, fein Durst, namentlich nicht nad) Waffer. Bauch aufgetrieben und gefpannt, Hauptfächlich unter den Rippen; Knurren und Kollern im Baud), langjamer, befchwerlicher, geringer Stuhl oder Durchfälle; Ziehen in den Gliedern, wie beim falten Fieber, froftig, matt, verdrießlich, ſtill, ärgerlich über alle Kleinigfeiten, wenig Neigung zu ſprechen.

China: nad) ſchweren Kranfheiten, Nachteile vom Einatmen übler Dünfte und Gerüche. Es Heilt oft die Beſchwerden, welche dem falten Fieber vorangehen, jo daß dieſes gar nicht zur Ent- widlung fommt. Man hat immer ein Gefühl, ala wäre man fatt, ist gleichgültig gegen Eſſen und Trinken; nad) dem Eſſen bleiben die Speifen lange im Magen liegen; viel Aufftoßen; die unverdauten Speilen werden zumeilen damit wieder ausgebrochen, Verlangen nad) etwa Herzhaftem, Scharfem, Saurem; Schwäche im ganzen Körper und Hang, fich niederzulegen, man fann aber nicht ruhig auf einer Stelle fiegen, muß die Glieder bald biegen, bald aus- itreden, früh find fie ganz fteif. Oft Gefühl von Hike; Fröfteln von jedem Lüftchen; der Urin wird dunfelund befommt einen Bodenſatz; der Schlaf will nicht fommen, wenn man liegt, und ift dann immer unterbrochen; trübes, mißlauniges Gemüt.

Antimonium crudum: dem Patienten ift übel und brecherlich, die Zunge weiß belegt oder Blafen daran; häufiges Auf- ftoßen, welches wie die zulett genofjenen Speifen jchmedt; der Mund ift troden oder der Speichel läuft au dem Mund, viel Durft, bejonder3 nachts; Schleim im Rachen oder Erbrechen von Schleim und Galle, der Magen tut weh, als wäre er zu voll, oder fchmerzt beim Befühlen. Blähungen und Schneiden im Leib, Durchfall und Berftopfung abwechſlungsweiſe.

Bryonia: Froſt und Kälte bei verborbenem Magen. Ber Stuhl ift verftopft, die Zunge weiß oder gelb belegt und wie bei Antimonium crudum mit Blafen bejegt. Der Kranke iſt jehr reizbar, und Hagt wie unter Antimonium erudum über viel Durft, aber bei Tag und Nacht, dabei mehr Trodendheit im Halfe und im Magen. Im Sommer bei warmem, feuchten Wetter gebe man zuerft mehrere Gaben Bryonia und erft fpäter, wenn e3 nicht beffer wird, Antimonium crudum.

Carbo vegetabilis: fehlerhafte Verdauung bei alten Leuten. Brennen in der Magengegend und tief in der BauchHöhle. Dumpfes Kopfmeh, befonders im Hinterfopf. Der Kranfe kann feine Milch ertragen, weil fie ihn zu ſehr bläht. Große Blähſucht, die durch Aufftoßen von Luft erleichtert wird. Morgenübelfeit.

8. Magenkrankheiten. 271

Kali phosphoricum, eines der Dr Schüßlerfchen Ge- webemittel: beſonders bei Fällen von nerböfer Dyspepfie. Der Kranke ift fehr aufgeregt, ſchwach und erfchöpft. Bald nach dem Eſſen ftellt fich wieder Hunger ein.

Ipecacuanha: Magenverjchleimung oder fonjtige Schwäche, wenn bei der Übelfeit, vem Erbrechen u. a. die Zunge nicht belegt ift, arger Ekel gegen alles Ejjen, felbit gegen den gewohnten Tabaf; Erbrechen mit Durchfall; die Beſchwerden jtellen fich jeden andern Tag oder alle Tage zu beftimmten Zeiten ein.

Hepar: der Magen wird felbit bei gewöhnlicher Lebensweiſe und bei aller Sorgfalt gar zu leicht verdorben. Verlangen nad) jauren, feharfen Speifen oder nach Wein; Übelfeit, Brecherlichkeit und Yufftoßen, meift des Morgens, Erbrechen von Säure, Galle oder Schleim, harter, trodener Stuhl.

Lachesis: wenn Hepar nicht ausreicht, die Beſchwerden jedesmal nach dem Eſſen kommen, oder auch früh morgens, oder wenn der Stuhlgang mehrere Tage außbleibt.

Phosphorus: Gefühl von Schwäche und Leere im Baud). Genofjene Nahrung wird jofort wieder erbrochen; fobald Waffer im Magen warm geworden ift, wird es wieder erbrochen. Brennen in der Magengegend. Nervöſe Dyspepſie mit viel Luftaufjtoßen, heftigem Herzklopfen, ausfegendem Puls und Niedergefchlagenheit.

Man kann jehr oft die langmwierigften Fälle fogenannter Magen- ſchwäche durch Sulphur heilen, wenn man nur nicht oft wieder- Holt, fondern immer wartet, bi3 e3 wieder fchlimmer ift. Will e3 nicht mehr helfen, dann paßt entweder Calcarea oder man nimmt einmalMercuriusund hierauf wiederSulphur.

Magenkatarrh, Magenverichleimung.

Der Magenkatarrh wird meift durch Magenüberladung, Genuß Schwerverdaulicher Nahrung oder gemohnheit3mäßigen Alkohol⸗ mißbraud), feltener durch Erfältung oder Durchnäſſung (jiehe hierüber II. Teil, Abſchnitt 4u.5) hervorgerufen. In nicht wenigen Füllen ift er auch die Folge der zur Gewohnheit gewordenen Unjitte des zu haftigen, zu heißen oder zu Falten Eijfens oder ungenügenden Kauens der Speiſen.

Erſcheinungen: Magengegend gewöhnlich empfindlich gegen Druck; Brennen und Druck in der Magengrube, großer Durſt, häufige Übelkeit, Luftaufſtoßen, geringe Eßluſt und Verlangen nad) jcharfen Speifen. Gefchmad pappig oder füßlich; vor dem Eſſen fühlen fi) die Kranken ſchwach und elend, nad) dem Eſſen boll und unruhig.

Eine erfolgreihe Behandlung des Magenkatarrhs ift nur bei ftrenger Einhaltung einer beftimmten Lebensweiſe möglich. Alkohol, Tee, Kaffee, fette Speifen, Gebadenes, ftarfe Gewürze und bdergl. find ftreng zu meiden. Ver Kranke muß langjam efjen

272 1171. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten,

und alle feſten Nahrungsmittel gründlich kauen, darf nichts zu heiß und nicht? zu kalt (fein Eis!) genießen.

Magenverſchleimung nennt man die Magenſchwäche, bei der viel Schleim erbrochen wird.

Unter den dagegen in Betracht fommenden Mitteln fteht Kali bichromicum an erjter Gtelle: Hauptmittel beim Magenkatarrh der Biertrinfer. Erbrechen von zähem Schleim; dider, gelber Bungenbelag; die Ränder der Zunge weiſen den Eindrud der Zähne auf.

Hydrastis canadensis: Zunge inder Mitte gelb belegt, an den Rändern und der Spite rein. Aufſtoßen mit faurem oder fauligem Gejhmad. Leerheitsgefühl in der Magengegend; Ber- jtopfung.

Rheum: gleichzeitig Durchfall mit dünnen, braunen, jchlei- migen, jauer riechenden Stuhlentleerungen.

Veratrum: Beſchwerden fehr heftig; Galleerbrechen oder gallige Ausleerungen.

Capsicum: Magenfatarrh mit Brenngefühl im Halfe, im Magen oder bei der Stuhlentleerung.

Außerdem vergleihe man die unter Antimonium cru- dum, Nux vomica, Ipecacuanha, Pulsatilla und Hepar im vorigen Abfchnitt angegebenen Symptome.

Sodbrennen,

ein brennendes, faure3, ſcharfes Auffteigen von Flüffigfeit aug dem Magen (meift überſchüſſige Magenfäure) durch) den Hals herauf bis in den Mund, ift gewöhnlich mit anderen Befchwerden im Magen verbunden und Tann durd) die dort angeführten Mittel geheilt werden. Wer an Sodbrennen leidet, meide vor allem den Kaffee— genuß, trinfe Teinerlei alfoholhaltige Getränfe vor dem Mittagefjen and unterlaffe dag Rauchen.

Nux vomica: Sodbrennen bei nüdhternem Magen, nach jahrelangem Mifbrauch geiftiger Getränfe, ftarfer Gewürze und Abführmittel.

Lycopodium: viele Blähungen, jchnelles Sättigungögefühl, Berftopfung. Der Harn hat einen roten Bodenjap.

Robinia: beftändiges faure® Aufftoßen; Erbrechen jehr ſaurer Flüffigfeit; Scharfe brennende Schmerzen in der Magen- gegend, jchlimmer bei leerem Magen, beſſer nach dem Eſſen.

Außerdem: Sodbrennen nad) dem Eſſen: China; nad NRauden:Staphysagria; nad) fetten oder gebadenen Speiſen: Pulsatilla; mit viel Durft und een im Hals: Belladonna. Dr Schüßler empfiehlt hauptſächlich Natrum sulphuricum. Auch Carbo vegetabilis kann in Betracht fommen (jiehe „Magenſchwäche“). Sodbrennen bei Schwangeren ſiehe Seite 335. |

8. Magenkrankheiten. 273

Bor dem regelmäßigen Gebrauch chemifch mwirfender Mittel, wie doppelfohlenjauren Natrong, anne Kreide uſw. ift dringend zu warnen. Das Übel wird durch ſolche Mittel nur vorübergehend gelindert, wird aber gleichzeitig immer Hartnädiger.

Wenn bei Schwangeren eines der eben angeführten Mittel feine Beſſerung bringt, jo verfuhe man Zitronenſcheibchen mit . Buder in den Mund genommen. Zuweilen nüßt es aud), alle Morgen Zucker waſſer, überhaupt viel Waffer zu trinken, auch wenn e3 anfangs dadurd) ſchlimmer wird. Man hüte fich vor dem Ge- brauche der Lauge und Holzafche, da Hiedurch undeilbare Krankheiten veranlagt werden können, ebenſo vor dem regelmäßigen Genuß von Kreide, Magnefia, Aufternfchale uſw., die oft al3 harte Kugeln im Leibe liegen bleiben, bejonder3 wenn Abführmittel darauf ge- noınmen werden.

Übelteit und Erbrechen.

Das Erbrechen und feine verichiedenen Urſachen Haben wir zum größten Zeil im zweiten Abfchnitt dieſes Buches zugleich mit den Arzneimitteln behandelt. Sofern alfo die Urſache des Erbrechens befannt ift, fchlage man dort nad). (Außerdent ſiehe „Moelfeit” und „Erbrechen“ im Sadıregifter.)

Erbrechen mit Schwindel vergl. ©. 164, mit Kopfichmerz ©. 169, 170, mit Huften ©. 217, mit dem Keuchhuften ©. 219. Außerdem vergleiche man bei „Seekrankheit“ ©. 164, bei „Schwangerſchaft“ ©. 334; Erbrechen bei Kindern, von Würmern herrührend, „Wurm- beſchwerden“ ©. 290.

Erbrechen bildet beſonders bei Kindern oft den Anfang ſchwerer Krankheiten, 3. B. des Scharlachfiebers, der Hirnhautentzündung, de3 Typhus uſw.

Manchmal bringt das Erbrechen dem Kranken Erleichterung, 3. B. bei Magenverderbnis durd) Überladen des Magens oder nach Genuß ſchwerverdaulicher Nahrung. Hier iſt eg geradezu gut, das Erbrechen durch Trinfen von lauwarmem Waffer oder ſchwarzem Kaffee, durch Kitzeln des Schlundes mit einer Feder und dergl. zu fördern. Aber niemals follte man zu Brechmitteln greifen, die den vorher jchon Franken Magen erheblich reizen und angreifen.

Langwieriges Erbrechen nad) dem Ejjen und ftarfe Abmagerung machen recht vorfichtige Lebensweiſe notwendig: Leichte aber nahr- hafte Speijen, wenig auf einmal, aber öfter. Sind große Schmerzen vor oder bei dem Erbrechen vorhanden, jo gebe man ftündlid) oder Halbjtündlich einen Eßlöffel voll leichter Suppe, Fleiſchbrühe und vergl., auch fette Mil, Rahm und abmechielnd Gerſtenſchleim oder manchmal Stärfe, lange gefocht, aber beſſer mit Zuder al? mit Salz gewürzt.

Schließlich feien noch einige wichtige Arzneimittel gegen Er- brechen erwähnt.

Heringe⸗Haehl, 9%. 18

274 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Antimonium crudum: Übelteit und Erbredden, Zunge Did weiß oder gelb belegt; Ipecacuanha: Erbrechen mit viel Übelfeit und reiner oder nur ſpärlich belegter Zunge; Tartarus emeticus: Erbrechen mit rot geränderter Zunge, die Zungen- ipiße ftarf gerötet oder rote Stippchen darauf.

Cocculus: Übelkeit und Erbredden vom Fahren auf dem Waſſer, ver Eifenbahn oder in einem Gefährt.

Pulsatilla oder Nux vomica im Wedjfel mit Bry- onia: Erbrechen von ſchwachem Magen, das fich nach jedem Eſſen einftellt. Der Magen kann nur wenig auf einmal ertragen, etwas mehr verurfadht fofort Erbreden mit Krämpfen und Schneiden im Leibe oder Schwindel mit Erbrechen weißen zähen Schleimes, Durchfall, Schwäche in den Gliedern mandymal bis zur Ohnmacht. In ganz Hartnädigen Fällen denfe man an China oder Fer- rum, die auch abwecdjelnd gegeben werden fünnen, oder an Sulphur und Arsenicum; in manden heftigen Fällen lindert Hyoscyamus und in mandjen langwierigen hilft Ca l- carea, bejonder? nad) Sulphur.

Erbrechen mit Klopfen in der Herzgrube: Hyoscyamus; mit Brennen: Arsenicum; mit Drud: Ferrum; mit Auf- treibung des Magend: Carbo vegetabilis; mit Stechen: Calcarea carbonica; Übelfeit und Erbrechen nach einen Tall auf den Kopf: Arnica.

Hartnädige Fälle erfordern durchaus Ärztliche Behandlung.

Magentrampf und Magenichmerzen.

Kranıpfartige Magenjchmerzen begleiten Häufig Magenſchwäche, Dyspepſie, Magenentzündung, u und Magentrebs. Auch andere Krankheiten, wie Bleikolif, Gicht, Blutarmut und dergl. können Magenfrämpfe hervorrufen. Eine bejondere Art von Magenjchmerzen, die den Kranken plößlich befallen, ohne daß eine franfhaite Veränderung am Magen nadhgewiefen werden fanır, nennt man „nervöſen Magenkrampf“. Die Schmerzen find oft Heftigfter Art und können von wenigen Minuten bis zu einigen Stunden anhalten, bald nachher fühlt jich aber der Kranke wieder pollfommen wohl. Beim Magengefhmwür dagegen Fagt der Patient meijt über ſcharf umſchriebenen Schmerz, der ganz durd) ihn Hindurchgeht, im Rüden fogar manchmal am heftigften empfun- den wird und fid) durch Aufnahme von Speifen und Getränken erheblich fteigert. Der Magen krebs kommt meift erft bei älteren, 50- bis 60jährigen Leuten vor und ift faft immer mit Erbrechen faffeefagähnlicher Maſſen verbunden.

Unter den Hausmitteln gegen die oft fürcdhterlichen Schmerzen find viele ſchädlich; am eheften find noch die folgenden geeignet, Erleichterung zu verfchaffen: Einreiben der Magengegend mit warmem Ol oder Leinöl oder Auflegen eines Bogen Löfchpapiers,

8. Magenkrankheiten. 275

der mit Rum angejeuchtet wird, auf Die Magengegend. Schmer;z- jtilfend in hohem Maße wirkt die fogenannte Dampflompreffe. Ein in fiedendem Waffer leicht ausgewundenes Handtuch wird mehrfach zufammengelegt, in ein trodenes Handtuch eingefchlagen und auf die ſchmerzhafte Stelle des Bauches gelegt. Am zuverläfligften ift aber dag paſſende homöopathiſche Arznei-

mittel, da3 man mit Hilfe der folgenden Mittelüberficht leicht | jinden Tann. |

a) Magenkrampf:

Magentrampf beftigfter Art, die Schmerzen kommen plöplich, Halten einige Zeit an und verſchwinden ebenfo fchnell wieder: Belladonna.

Magentrampf mit lautem Aufftoßen, zugleich ftehende und brennende Schmerzen in der Magengrube: Argentum nitricum.

Magentrampf mit Furzem Aufftoßen, ohne Erleihterung: Magnesia phosphorica.

Nagentrampf, DeAngllgender Drud und zufammenziehende Echmerzen:

Carbo vegetabilis.

b) Ragenfchmerzen verſchiedener Art:

Brennend, drüdend und frampfartig: Bismutum nitricum. Brennend, ſtechend, mit lautem Aufitoßen: Argentum nitricum. Brennend, mit Sodbrennen, Übelkeit und Ekel: Carbo vegetabilis. Drud und Auftreibung in ber Magengegend nad) jedem Effen: China. Drud im Magen und beängftigendes Böllegefühl nach jedem Eſſen (al3 ob alles zu Wind würde): Nux moschata. Drüdende Magenſchmerzen während oder gleich nad) dem Eſſen: Bryonia. Drud im Magen, bald nüchtern bald nad) dem Eifen: Phosphorus. Drud im Magen mit Berftopfung: Nux vomica und Cocculus. DrudimMagen, wie von einem Stein: Bismutum, Chamo- milla, Bryonia (Abies nigra: als ob ein hart gefottenes Ei im Magen liege). Drüdende Schmerzen in der Magengegend, am Mageneingang oder unten im Schlund, 2 jedem Ejfen: Ignatia. Drudempfindlide Magengegend nit Erbrechen: Aconitum. Stedhende, Tlopfende mit UÜbeikeit, Durſtloſigkeit und Durchfall: Pulsatilla. Wundheitsſchmerz im Magen: China.

c) Befondere Urſachen:

Magenfhmerzen nah Bred- und Abführmitteln: China. u fetten Speiſen: Pulsatilla. nad zu heiß verſchluckten Speifen: Causticum. nah Gemütsbewegungen oder Schlafunterbrehung: Argentum nitricum. nad Kaffee- und Alkoholmißbrauch: Nux vomica. bei ftillenden rauen: China.

Nux vomica: Sauptmittel bei Magenfchmerzen der Kaffee- und Branntweintrinfer, wenn die Schmerzen mit dem Trinken ganz aufhören; zufammenziehende, drüdende, klemmende, raffende Schmerzen im Magen, es ift, al3 lägen die Kleider dort zu feit an oder als ftemmten jich Blähungen links unter den Rippen, ſchlimmer nad) dem Eſſen, früh beim Aufftehen, manchmal jchon au dem

270 III. Die Behandlung der gemwöhnlichften Krankheiten.

Schlafe wedend. nn der Bruft, wie wenn ein Band um die Bruft gezogen wäre. Übelkeit bei ven Schmerzen oder Zu⸗ fammenlaufen von hellem Waffer im Munde, oder e8 fommt faureg, bitteres, brennendes Waſſer den Hals herauf; Erbrechen der ge- noffenen Speifen, faurer, fauliger Gefchmad im Munde; Blähungen treiben den Leib auf, der Stuhl ift verftopjt. infeitiger Kopf- Ichmerz, Drüden in der Stirn oder Herzflopjen mit Angftlicheit. Man gebe einige Tropfen abends; ift es den andern Morgen nicht bejfer, noch einige und warte dann die gute Wirkung eine Woche ab; wird e8 wieder jchlimmer vor diejer Zeit, jo wende man Pul- satilla, Chamomilla oder Ignatia an, wird es erſt jpäter fchlimmer, jo ift Nux vomica zu wiederholen, hilft e3 nicht, fo verfuche man Carbo vegetabilis. Hilft Nux vomica bon Anfang an nicht, jo wähle man Chamomilla oder Cocculus.

Verſchlimmerung durd) Kaffeetrinken: Nux vomica; Bej- ferung dadurch: Chamomilla.

Chamomilla: Drud wie von einem Stein, die Gegend in der Herzgrube und links unter den Rippen aufgetrieben, al3 wollte es da3 Herz abdrüden; Kurzatmigkeit und Ungftlichkeit, bei Nacht am ſchlimmſten; der Kranfe weiß fich vor Angft und Unruhe nidht zu helfen, wirft fi) im Bett unter heftigem Schweiße umher; zu- weilen Hagt er über einen pochenden, Fopfenden Schmerz im Scheitel, der ihn aus dem Bett treibt. Der Magenjchmerz ift etwas gelinder bei ruhigem, gefrümmtern Liegen. Nötigenfal® Coffea als Zwiſchengabe.

Magenkrampf bei der Periode wird gewöhnlich durch Nux vomica und einige Stunden nachher Chamomilla gehoben; bei ſehr ſchwacher Regel Hilft eher Pulsatilla oderCocculus.

Argentum nitricum: Magenframpf zarter, nerböjer Frauen durd) Gemütserregung oder Schlafunterbredhung. Biel Yufftoßen von beinahe geruchlojen Gaſen. Die Schmerzen ftrahlen von einer Heinen Stelle in der Magengegend nach allen Seiten hin aus. Großer Durjt und heftiged Brennen in der Magengrube.

Cocculus: wenn Nux vomica etwas linderte, aber der Schmerz bald wieder kam; harter Stuhl oder Neigung zu Ber- ftopfung; augleid mit dem men preffender, zuſammen⸗ Ichnürender Schmerz über den Unterleib, der nad) Abgang einer Blähung fich mindert; bei der Übelfeit läuft Wafler im Munde zujammen, ohne Sodbrennen, Gemütsftimmung nicht ärgerlid), zornig, heftig wie bei Nux vomica, jondern mehr verbrießlich, mürriſch, in ſich gekehrt.

Bismutum nitricum: Prudicdhmerz in der Magen- gegend, wie von einem „Stein" herrühtend. Heftige, Frampfartige, brennende Magenjchmerzen.

Aconitum: plößlic) auftretende heftige Schmerzen; Wuf- treibung und Empfindlichfeit der Magengegend bei Berührung und gegen Drud; Erbrechen von Speijen und Getränfen, zulegt

8. Magenkranlheiten. 277

leeres Würgen, belegte Zunge mit roten Rändern und roter Spike; heißer Bauch, Talte Füße.

Belladonna: bei Frauen und zarten, empfindlichen Leuten; nagender Drud oder krampfhafte Spannung, die zum Rüdmwärts- liegen oder zun Andhalten des Atems nötigt; Schmerz jedesmal während des Mittagefjens jo heftig, daß die Befinnung bergeht oder eine Ohnmacht entfteht; die Schmerzen ftellen ſich plötzlich ein, halten einige Beit an und verſchwinden ebenfo rajch wieder. Durft, aber nach dem Trinken wird der Schmerz jchlimmer; der Stuhl- gang fommt zu [pät und zu wenig; nachts will fich fein Schlaf ein- ſtellen. Rhus toxicodendron: wenn Belladonna nidht ausreicht, großer Durſt, die Zunge an der Spitze troden.

Bryonia: Drud in der Magengrube wie bei Chamomilla, befonder3 während des Eſſens oder gleich nachher; es ift, als wäre Herzgrube und Magengegend angefchmwollen; zumeilen wird das Drüden zu einem zufammenziehenden Sneipen oder Schneiden, dur) Drud auf den Magen oder durch Aufftoßen gemindert; Schmerzen fchlimmer während der Bewegung (da3 Gegenteil von China). Dabei gewöhnlich Hartleibigfeit, oft zugleich ein Drüden und Preſſen in den Schläfen, der Stirn oder dem Hinterhaupte, als würden die Kopfknochen auseinander getrieben, beſſer beim ſtarken Draufdrüden oder Teitbinden des Kopfes.

Magnesia phosphorica: Srampfartige Schmerzen in der Magengrube. Anfammlung von Blähungen im Magen; kurzes Aufftoßen, da3 aber Feinerlei Erleichterung bringt. Es ift eines der beiten Mittel gegen nervöſen Magentrampf.

Nux moschata: Prüden im Magen, der voll und auf- getrieben ift. Kaum hat der Kranke zu ejjen begonnen, fo iſt er fatt, fühlt jich nach dem Eſſen jehr fchlecht und unbehaglid), furz- atmig; wenn er zuviel gegejjen Hat, tritt Kopfweh auf; jedesmal nad) dem rei Kopfweh oder fogleich nach dem Eſſen und Trinken Krampf und Schmerzen im Bauch, übler Mundgeruch, mweißbelegte Zunge, der Kranke figt viel im Zimmer und wird ichläfrig davon.

Pulsatilla: ſtechende Schmerzen, jchlimmer beim Gehen, bejonderd bei einem Fehltritt; Brecherlichfeit oder Erbrechen. Neigung zu Durchfall mit dünnen, flüffigen Ausleerungen; fein Durft, außer bei den heftigſten Schmerzen. Heftiges Spannen, Klemmen und Klopfen in der Magengegend, verbunden mit Ängjt- lichfeit. Rafjende Schmerzen, durch Elfen gemindert oder durd) Eſſen drüdend und kneipend. Befonderd bei milden, mweid)- herzigen Menfchen angezeigt oder wenn Kuchen und andere fette Speifen die Urſache fein Fünnen.

Ignatia: wenn Pulsatilla nicht augreicht und die Krankheit nach einigen Tagen noch nicht ganz vorbei ift; Schmerzen wie bei Nux vomica, aber ohne harten Stuhl und mit weniger Erbrechen; nad) jedem Eſſen Drüden oben im Magen oder ganz unten im

278 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Schlunde. Ignatia paßt auch für Leute, die rl mußten oder ſich einige Zeit nicht fattefjen fonnten. Gefühl, als ob ver Magen an einem Faden hinge.

China: geſchwächte Leute, die viel Brech- und Abführmittel genommen, viel Blut verloren oder fehr viel gefchwigt Haben. Hauptmittel gegen Magenkrämpfe ftillender Frauen, bejonders wenn ihnen viel Milch ausläuft (mogegen ſpäter Belladonna zu geben ift) oder wenn jie zu lange fortitillten (d. h. länger alß neun Monate), Natürlid muß dann das Kind abgewöhnt werden. Ferner paßt e3 für Patienten, die jchlecht verdauen, über viel Schleim und Säure inn Magen Hagen, denen der Magen wehtut, wie wund. Sedes Ejjen und Trinken drüdt und treibt den Magen auf; ſchlimmer in der Ruhe, beffer bei Bewegung.

Carbo vegetabilis: wenn Nux vomica nur furze Zeit bejjerte ; brennende Schmerzen, anhaltendes, ſchmerzhaftes, beängjti- gendes Drüden, ſchlimmer beim Befühlen oder zufammenziehendes, frampfhaftes Gefühl, das zum Bufammenfrümmen nötigt, den Atem benimmt und beim Niederlegen jchlimmer wird. Oft zugleid) Sodbrennen und Übelkeit; Efel fchon beim Denken ans Eſſen; Stuhlverjtopfung.

alcarea carbonica: oft nad} Belladonna; langiierige, drüdende, fchneidende, zufammenprefjende, frampfhafte, kneipende, würgende Schmerzen mit Gefühl von Ängftlichkeit, ſchlimmer nad) dem Eſſen oder auch nachts, oft mit Erbrechen des Genofjenen; Schmerz beim äußerlichen Draufdrüden, beſonders bei Frauen, bei denen die Regel zu ftarf und zu früh eintritt oder die viel Nafen- bluten Hatten.

Phosphorus: ſtarkes Drüden im Magen, bald jchlimmer bei nüchternem Magen, bald ſchlimmer nach dem Eſſen.

Magenbiutungen,

werden am häufigften durch da3 fogenannte runde Magen- geſchwür hervorgerufen. Das Leiden befällt mit Vorliebe jüngere Perfonen im Alter zwiſchen 20 und 30 Jahren. Infolge krankhafter Veränderungen in den Blutgefäßen, die den Magen zu ernähren beftimmt find, äßt der Magenfaft die eigene Magenwand an und verdaut fie teilmeife. Dadurch entjtehen Geſchwüre; wenn bieje auf Blutgefäße übergreifen, Ir ih Magenblutungen ein. Hie und da hat auch ein unvorlichtig genoffener allzuheißer Schlud Speije oder Tranf zu einer entzündlichen Reizung der Magen- ſchleimhaut oder zu Magengeſchwür geführt. Bei forgfältiger homöopathiſcher Beharidlung kann man bei Magengejchwüren in einem Beittaum von 4 bis 6 Wochen faft mit Sicherheit auf Heilung rechnen.

Auch der Magen krebs, eine leider unheilbare Krankheit, die bejonders im fpäteren Lebensalter auftritt, richtet Verheerungen

8. Magenkrankheiten. 219

an den Blutgefäßen der Magenwand an und wird dadurch nicht jelten die Urfache von Magenblutungen und Bluterbrechen. Außer- dem fünnen auch Verlegungen von außen her oder das Verſchlucken ipisiger Gegenftände zu Magenblutungen führen. In felteneren Fällen wird da3 Bluterbreden durch das Berfchluden gemiffer Gifte, befonderd Schwefeljäure, Phosphor, Laugen und vergl. veranlaßt. (Siehe „Vergiftungen“, 6. Abſchnitt, ©. 88 ff.)

Kurz vor Eintritt des Erbrechens klagt der Kranfe gewöhnlich über Vollheitsgefühl und Übelkeit, wird dann plötzlich blaß und beginnt ſich zu erbrechen. Hat ſich das Blut langſam in den Magen ergofjen, jo wird e3 in der Regel zuerjt teilmeije verdaut und dann erit ala Taffeefagähnliche Maſſe erbrocdhen. Nur bei Verlegung größerer Blutgefäße ergießt fi) da3 Blut in jo großen Mengen in den Magen, daß e3 ſofort erbrochen wird; e8 hat dann meift ein hellrotes Ausſehen.

Man kann eine Magenblutung von einer Lungenblutung ziemlich leicht unterſcheiden: Kommt das Blut aus dem Magen, ſo wird es erbrochen, rührt es von den Lungen her, jo wird es ausgehuſtet. Bei der Lungenblutung iſt das Blut hellrot und ſchaumig, bei der Magenblutung dagegen meiſt dunkel, klumpig, teilweiſe verdaut und mit dem Mageninhalt, mit Speiſereſten und dergl. vermiſcht, dem Kaffeeſatz ähnlich. Das von den Lungen kommende Blut iſt alkaliſch, das vom Magen dagegen ſauer reagierend.

Sobald jemand Blut erbricht, iſt äußerſte Ruhe und wagrechte Lagerung des Kranken erforderlich. Er muß ſofort ins Bett gehen und jede unnötige Bewegung und Aufregungen meiden. Auf Speiſen und Getränke muß er mindeſtens 24 Stunden verzichten. Alle halbe Stunde einen Kaffeelöffel voll Waſſer iſt das einzige, was man ihm durch den Mund reichen darf. Um die Blutung bald zum Stillſtand zu bringen, kann man kalte Umſchläge auf die Magen- gegend legen. Bis zum Eintreffen des Arztes wende man je nad) den Ericheinungen eines der folgenden Arzneimittel an:

Arnica: Blutung nach einer äußerlien Verlegung oder dem Berjchluden eines Fremdkörpers.

pecacuanha: plöglih auftretende Bluterbrechen mit bleichem Geficht und großer Übelkeit. Jede Bewegung des Körpers ruft Schneidenden Schmerz im Leibe hervor.

Aconitum: Mit Fieber und Todesangſt verbundenes Er- bredden von Blut. Kalter Schweiß bededt die Stirn.

Phosphorus: Erbrechen von faffeejatartigen fauren Maſſen. Trinken von kaltem Wafler bringt vorübergehende Erleichterung. en die Folgen großer Blutverlufte gibt man am beften

ına.

280 II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Neunter Abſchnitt.

Kraukheiten des Unterleibes. Kolit. Leibſchneiden.

Mit dieſem Namen bezeichnet man mehr oder weniger heftige Schmerzen im Bauch. Sie können verſchiedene Urſachen haben. Auf einige haben wir ſchon im zweiten Teil des Buches hingewieſen, Abſchnitt 2 (Erkältungen), Abſchnitt 6 (Bleivergiftung, Bleikolik). In der vorliegenden Abhandlung wollen wir uns hauptſächlich mit den gewöhnlich als „Leibſchneiden“ bezeichneten Schmerzen be— faſſen, die vornehmlich im Darm ihren Sitz haben. Die häufigſten Urſachen der fogenannten Darmkolik find der Genuß ſchwer— verdaulicher Speifen und Erfältungen, beſonders nad) Durch— näffungen, falten Füßen oder Wetterberänderungen. Einem falten Trunk bei überhigtem Körper folgt nicht felten ein heftiger Anfall von Darmkolik. Bei Kindern find die Leibjchmerzen oft auf Wurmbeichwerden zurüdzuführen.

Befondere Formen von Kolif, mit denen wir ung aber an diefer Stelle nicht näher befaffen wollen, zumal fie durchaus die Behand- lung durch einen Arzt erfordern, find: Die Bleikolik (jiehe Seite 101), ein bei Malern und Schriftjegern, die viel mit Blei und Bleimeiß umzugehen Haben, häufig vorfommendes Übel; die Gallenſtein kolik, die durd) die Fortbewegung oder Einflemmung eines Gallenfteine3 in dem Gallenausführungsgange herporgerufen wird (jiehe Seite 314); die Nierenſtein kolik, welcher die Bildung bon Nierengries oder Nierenftein vorausging; die Gebärmutter- kolik, die in den inneren Geſchlechtsorganen des Weibes ihren Sit hat und meift in Verbindung mit der Regel fteht.

Die gewöhnlichen Kolitichmerzen lafjen ſich am jchnellften be- feitigen, wenn der Kranke fofort das Bett auffucht und heiße Über- ichläge, naß oder troden, auf den Bauch legt. Zum innerlichen Gebrauch wählt man eines der folgenden Mittel:

Chamomilla: bei Rindern und Frauen, die ganz außer ſich vor Schmerzen find, blaue Ringe um die Augen Haben und viel bon Speichelfluß, Reifen um den Nabel und Kreuzweh beläftigt jind. (Vergl. auch Pulsatilla.) Blähungen ftauen jich an ver- ſchiedenen Stellen des Unterleibes, ala wollten fie da durchbrechen ; Stiche durch die Bruft, Auftreibung unter den Rippen und in der Herzgrube, Angſt, Unruhe und Hebriger Schweiß, manchmal Knurren und Kollern im Leibe mit Drang zum Stuhl und Heinen ſchleimigen, wäſſerigen Augleerungen. Koliken nach heftigem Ärger (vergl. Colocynthis).

Nux vomica: Leibſchneiden mit Hartnädiger Stuhlver- ftopfung; Gefühl wie von einer Laft im Bauche, Knurren und

9. Krankheiten des Unterleibes. 281

Poltern und ungemöhnlihe Wärme darin; die Schmerzen jind fneipend, ziehend, zufammendrüdend, als würden die Eingeweide hie und da von Steinen hart gedrüdt; Preſſen in der Herzgrube; der Leib fchmerzt beim a und iftangejpannt. Die Schmerzen bewirfen kurzen, fchweren Atem, alles ift wie zu voll, unter den Rippen wie ausgeſtopft. Bei den heftigjten Schmerzanfällen kalte Hände und Füße, manchmal ſchwindet die Befinnung. Kolif und en tief im Bauche; ſcharfer Drud wie mit einem ftumpfen Meſſer auf die Blaſe und den Maftdarım unten im Leib herum, als wollten die jchneidenden Blähungen ſo daß der Kranke ſich krümmen muß; bei jedem Tritt ſchlimmer (vergl. Belladonna), beſſer in der Ruhe, im Sitzen und Liegen; heftiger Kreuzſchmerz und Kopfweh.

Colocynthis iſt in allen ſehr heftigen Koliken das Haupt- mittel: die Schmerzen Br ſehr ftark, Halten ununterbrochen an oder laſſen nur zumeilen etwas nad) und Fehren mit großer Heftigfeit wieder. Der Schmerz um den Nabel ift auf einer einzigen Heinen Stelle am ftärfiten, fommt alle fünf oder zehn Minuten wieder (vergl. Belladonna), fängt mit einem leifen Ziehen von der Seite nad) dem Mittelpunkt zuan, endlich ein Klemmen, Preffen, Raffen, Wühlen und Reißen fo heftig, daß der Patient laut auf- jchreit, vor Angft und Schmerz ſich nicht zu helfen weiß, fich wie ein Wurm Frümmt, mit Schweiß bededt wird, während der Anfälle mit den Fäuften gegen den Unterleib drüdt, oder den Bauch wie wütend gegen den Bettpfoften, gegen Tijcheden oder vergl. an- jtemmt, ji) auf den Bauch legt und Kiffen unterjtopft, um jich fo Crleichterung zu verichaffen. Wer früher foldhe Anfälle in Abſätzen oder tagelang anhaltend Hatte und dagegen Opium nehmen mußte, jollte, wenn er die erften herannahenden Erfcheinungen merkt, ſogleich Colocynthis nehmen, bejonder3 wenn die früheren Anfälle eine Schwäche der Eingemweide verurjachten, al3 wäre alles zer- ihlagen und hinge an dünnen Fäden, die bei jedem Schritt zer- reißen wollen. Bringt die erſte Gabe von Colocynthis nidht lofortige Befferung, jo gebe man ſchon nad) einigen Minuten etwas ſchwarzen Kaffee, nicht mehr als ein Teelöffelchen voll auf einmal, bis Linderung eintritt. Hierauf wieder Colocynthis. Als Zwiſchen⸗ mittel kann au) Staphysagria in Trage fommen. Gegen zurüdbleibende Nachwehen morgens und abends eine Gabe Cau- sticum.

Magnesia phosphorica:frampfartige, jcharf ſchneidende, bligartig auftretende Koliffchmerzen, die den Kranken zivingen, ſich zufammenzufrümmen. Drud auf den Bauch und warme Umfchläge bringen Erleichterung. Viel Blähungen.

Dioscorea: heftige, andauernde Kolikſchmerzen, bei Leuten mit ſchwachen Verdauungorganen. Starke Anjammlung von Blähun- gen, ihr Abgang bringt feinerlei Erleichteung. Umbergehen und Ausftreden des Körpers mit Vorwölbung des Bauches. erleichtern.

282 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Belladonna: bei den Schmerzen tritt oben quer über den Leib ein dider Wulft wie eine Wurft hervor; Zufammenfrümmen des Körperd oder Hineindrüden des Bauches lindert etwas; es fneipt und zerrt nach unten, als follten die Därme herunterfallen, ihlimmer, wenn der Patient auf ift und umhergeht; dünner, eitriger Stuhl. Im lebteren Falle hi jpäter oft Mercurius gegen den Überreft der Krankheit. Überhaupt paßt Belladonna, wenn das Geficht jehr rot wird, das Blut nach dem Kopfe jteigt, die Adern aufgetrieben find, die Schmerzen plößlich auftreten und ebenfo raſch wieder verſchwinden, aber fo heftig find, daß fich die Kranken wie rafend und wütend gebärden. Schmerzen unter dem Nabel, wie mit Nägeln padend und greifend, zumeilen mit Kreuzſchmerzen.

CGocculus hat ähnliche Schmerzen wie Nux vomica: a fammenjchnüren im Unterleib und Herausdrängen und Preſſen mit etwas Übelkeit; oder Abgang von Blähungen ohne Erleichterung, weil immer wieder neue entjtehen, die fich hie und da (vergl. Cha- momilla) im Leibe ftemmen und Schmerz verurſachen; oder audı, wenn die Blähungen den Oberleib und den Magen auftreiben, Raffeln und Klemmen im Magen, Angſt, Drüden unter den Rippen ; Nachlaß der Beſchwerden, wenn die Blähungen nad) oben abgehen.

China: bei Kolif von Blähungen, ähnlicd Chamomilla und Cocculus, wenn die Därme zuerjt unten im Leibe zujammen- geſchnürt werden und unter drüdenden, |pannenden Schmerzen herausbrängen; es ſpannt unter den furzen Rippen; Angftlichkeit, bejonder3 nachts; bei gef ymwächten Leuten, oder nach übermäßigen Schwiten oder bei ftillenden Frauen.

Ignatia: Koliffehmerzen, die nacht? aus dem Schlafe weden, Stiche nad} den Seiten und nach der Bruft, die Blähungen gehen ſchwer ab, nad) ihrem Abgang werden die Schmerzen geringer, beſonders bei empfindlichen Frauen; (Schmerzen und Blähungen mit Übelkeit und Erbrechen jeden Abend: Pulsatilla).

Kolik, der ein bitterer Geſchmack vorhergeht, mit gelblich belegter Bunge, viel Durft, Galleerbrechen oder galligen Stühlen, wird gewöhnlich durch eine oder zwei Gaben Chamomilla gebeilt, in f[hlimmen Fällen aud) dur Colocynthis und, wo diele Mittel nicht ausreichen, durch Sulphur.

Blähungen

im Leibe verurjachen oft Kolif. Zu den dort angegebenen Mitteln noch einige weitere. Carbo vegetabilis: die Blähungen wollen nicht abgehen, der Bauch ſchwillt auf, als wollte er zer- jpringen; Durchfall mit übelriechenden Ausleerungen. Cepa: die Blähungen treiben den ganzen Bauch auf, verurfachen Poltern, am meilten in der linfen ©eite, bejonder3 in der Iinfen Leifte, als wäre ein Bruch eingeflemmt. China: Blähungen ohne heftige Schmerzen, aber Hige und Unruhe, Auftreibung, Beengung de3

9. Krankheiten des Unterleibes. 233

Atems, wie e3 oft nach blähenden Speijen, Bier oder wenn man auf Fett Wafler getrunken hat, der Gall it. Nux vomica: nach China bei Leuten von heftiger Gemütsart; Pulsatilla: bei ftillen, fanften Perſonen. Lycopodium: die Blähungen fommen öfter wieder, der Kranke kann nur wenig Nahrung zu ich nehmen, weil er fich gleich jo voll fühlt. Stuhlverftopfung. In befonder3 hartnädigen Fällen: Sulphur.

Blutandrang nach dem Unterleib

äußert ſich Hauptjächlich durch ein läftiges Gefühl von Hitze und Brennen im Bauche, mit Härte, Spannung, dumpfen Schmerzen, Beſchwerden wie von Überladung des Magen, die in Wirflichkeit nicht vorhanden ift. Das Übel befällt meift Hypochondrifche Leute, die viel fißen oder mit Hämorrhoiden behaftet find. Das Hauptmittel dagegen iſt Sulphur. Sind Schmerzen im Kreuze dabei, als wollte dies zerbrechen und wäre ohne alle Kraft, fo daß das Gehen kaum möglich ift, dann Hilft Nux vomica. Bei weichen, Heinen, ichleimigen, mäfjerigen Stuhlentleerungen verfuße man Cap- ‚siecum; find fie mit großer Schwäche verbunden: Arsenicum. Wegen der übrigen Mittel ſiehe den Abfchnitt über „Häntor- rhoiden”. Es pafjen beſonders no Belladonna,Veratrum, Pulsatilla,a, Bryonia, Chamomilla und Rhus toxicodendron.

Entzündungen im Magen und linterleib

fann man immer vermuten, wenn ein brennender, ftechender oder reißender Schmerz an irgend einer Stelle de3 Unterleibes gefühlt wird; die Stelle ift bei Drud,, bei jeder Bewegung und Erfehütterung, 3. 8. beim en Nieſen oder Lachen bejonders jchmerzhaft. Bumeilen ift die ſchmerzhafte Stelle auch geſpannt und gefchmwollen. Befindet fie fi) oben nahe an der Bruft, fo iſt das Atmen, befonders das Einatmen, bejchwerlih. Dabei hat der Kranke gemöhnlid) Erbrechen oder doch Aufftoßen, das nicht erleichtert. Iſt der Sitz der Entzündung im Magen, fo tritt der Schmerz gewöhnlich in der Herzgrube auf, geht bis unter die Rippen, nad) dem Rüden zu oder duch den Leib hindurch. Nach jedem Eifen oder Zrinfen Stellt jich ſofort Erbrechen ein. Bei heftigem Durſt befteht zumeilen ein Widerrille gegen Waſſer.

Magen- und Darmentzündungen führen nicht felten zu Bauch- jellentzündungen, entweder dadurch, daß die Entzündung vom Magen oder Darm unmittelbar auf da3 Bauchfell übergreift, oder indem ein Durchbruch der Magen- oder Darmwand ftattfindet, wie dies 3. B. bei Magen» oder Darmgejchwüren, Unterleibstyphus, Blinddarmentzündungen uſw. nicht jelten vorfommt. Auch andere Krankheiten, wie Scharlachfieber, Geſichtsroſe, Erkrankungen der

284 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

weiblichen Gejchlecht3organe und Bauchverlegungen können Unter- leibsentzündungen im Gefolge Haben.

Die Entftehung einer afuten Bauchjellentzündung kündigt ſich gewöhnlich durch plößliche, Heftige Leibjchmerzen, Schütteljroft, Aufſtoßen und Erbrechen an. Der Baud) ift durch Gasanfammlung ſtark aufgetrieben und gegen Drud äußerſt empfindlih. Bei gleid'- zeitiger Berftopfung nimmt dag Erbrechen immer mehr zu; das Erbrochene Hat Schließlich ein grünliches Ausſehen oder riecht nach Kot. Der Puls ift Schnell und Klein, die Atmung befchleunigt, Arme und Beine fühlen fich falt an. Heftige Schluchzen ftellt fich ein, Schwäche nimmt immer mehr überhand. Der Kranfe befommt ein blaſſes, verfallenes Ausfehen und hat einen ängftlichen, hilfefuchenden Gefichtsausdrud. Wenn da3 Bauchfell in feiner nanzen Ausdehnung bon der Entzündung ergriffen wird, geht der Kranke oft ſchon nach) wenigen Tagen zu Grunde. Sftnur ein Teil des Bauchfellez beteiligt, fo fommt e3 zu Berflebungen und Abfzep- bildungen, die wieder vollitändig ausheilen fünnen.

Die Behandlung diefer Krankheit durch Hausmittel oder andere Gewaltmittel ift Höchit gefährlid. Iſt es möglich, einen homdopathiichen Arzt zu Rate zu ziehen, fo ſäume man nidt, ihn \ofort zu rufen. Abführmittel find befonders ſchädlich. Man laſſe den Unterleib fo viel als möglich in Ruhe und gebe den Kranfen nur Waſſer oder etwas Milch zu trinfen, und höchftend dann und warın etwas Schleimiges. Die Verjtopfung kann ruhig einige Tage hingehen, ohne daß der Kranfe dadurch zu Schaden fommt; wenn Beflerung eintritt, beginnt er wieder zu eſſen und der Stuhlgang jtellt jich dann gewöhnlich von felbft ein. Eisauflagen find ſchädlich, dagegen bringen fühle Unterleibstwidel oder Aufichläge ftet3 an- genehme Erleichterung. Man taucht ein mehrfach zuſammen⸗ gelegte3 Handtuch in altes Waffer, legt es auf den Baud) und über- dedt da3 Ganze mit einem wollenen Tuche. Nad) 114 bis 2 Stunden fonn der Umſchlag wieder erneuert werden.

Im Anfang einer Unterleibsentzündung paßt entweder Aconitum oder Belladonna, je nad) den Erjcheinungen.

Eind die Schmerzen Hauptjächlich in der Magengrube und nach links Hin unter den Rippen oder ftrahlen fie von dort nad) den Rüden oder nad) dem Unterleib zu auß: Ipecacuanha, Antimonium crudum, Pulsatilla, Bryonia, Hyos- cyamus, Veratrum, Arsenicum oder Nux vomica.

Treten die Schmerzen dagegen mehr in der linken Geite unter den Rippen und von da nach unten zu auf: China, Ar- nica, Arsenicum, Bryonia oder Nux vomica.

Schmerzen, die mehr recht3 unter den Rippen, in der Geite und nad) vorn zu auftreten und von da nad) oben oder unten hin gehen: Chamomilla, Pulsatilla, Bryonia, Mer- curius, Nux vomica, Lachesis oder Sulphur.

Iſt der Schmerz mehr in der Mitte des Unterleibes und

9 Krankheiten des Unterleibes. 285

nad) unten u: Aconitum, Lachesis, Hyoscyamus, Belladonna, Mercurius oder Arsenicum.

Bei der Wahl des einzelnen Mittels find die nachſtehenden Erſcheinungen bejonders zu berüdlichtigen.

Aconitum: im Beginn der Erkrankung bei heftigem Sieber mit Froſt, trodener, heißer Haut, raſchem, Fräftigem Puls, großer Ängjtlichfeit und Furcht vor dem Tode, unruhigem Umherwerfen und aufgetriebenem, drudempfindlidem Bauch, jchneidenden, brennenden und reißenden Schmerzen. In den erjten Tagen kann man dad Mittel ftündlic) wiederholen, jobald Beſſerung eintritt, gibt man es felt:ner oder feßt ganz damit aus.

Belladonna paßt ebenfall3 für den Anfang der Krankheit und fommt in erjter Linie beim Beginn einer Bauchfellentzündung in Betracht. Drüdende Schmerzen bis in die Brufthöhle und big in die Schultern hinauf. Herzgrube aufgetrieben, Spannen ober- halb des Nabel3 und quer über den Unterleib, mit befchwerlicdem Atmen und Ängftlichkeit. Infolge von Blutandrang nad) dem Kopf iſt das Geſicht gewöhnlich ftarfgerötet und die Pupillen find erweitert, der Kranke kann nicht ohne Beſchwerden in das Licht fehen, e3 ftellen lid Schwindel und Ohnmachtsanfälle ein, wobei es ihm ſchwarz vor den Augen wird. Außerdem leidet er an Schlaflofigfeit, an heftigem Durft und wirft ſich ängftlic) umher. Der Bauch ift fehr heiß, und jede Bewegung, jelbft der Drud der Bettdede oder leichte Erſchütterung feiner Lagerftätte, ruft Schmerzen hervor.

Bryonia: ebenfalls ein wichtiges Mittel bei Entzündungen im Unterleib, nach Erfältung, bejonder3 nad) einem falten Trunf in der Hitze. Hartnädige Verſtopfung; heftige jtechende Schmerzen nötigen den Franken zum Ruhigliegen; Schmerzen und Fieber ſehr ſtark. Das Mittel folgt gut nach Aconitum oder Ipecacuanha.

Ipecacuanha: Schmerzen am jchlimmften vorn in der Mitte und nad) links Hin unter den Rippen, von wo aus fie ſich weiterhin nach dem Rüden oder nach vem Unterleib zu verbreiten; Anjchwellen der Magengegend, große Angſt, viel Erbrechen bei reiner Zunge, wonach es aber eher jchlimmer als befjer wird.

Antimonium erudum: Erbrechen mit did, weiß oder gelb belegter Zunge. Durchfall und Verſtopfung wechſeln mit- einander ab.

Arsenicum:große Schwäche und Erſchöpfung, Falter Flebriger Schweiß, Angft und Unruhe, Durft und häufiges Verlangen nad) Heinen Schlüdchen Getränke. Durchfälle, bei denen viel Blut ab-

eht, ohne daß die meift brennenden Schmerzen im geringiten nad)- allen. Berjchlimmert ſich der Zuftand einen Tag um den andern, jo gibt man China, wenn der fchlimme Tag vorbei ift; tritt Darauf feine Befjerung ein, fo wähle man nad) einigen Tagen wieder Arsenicum.

Veratrum: ganz ſchwere Fälle, wenn die Kräfte ſinken, die Glieder Talt werden und das Geficht eine afchfahle Farbe annimmt.

286 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Nux vomica: Gtuhlverftopfung und anhaltende® Magen- drüden, mit Klopfen und Stechen; die entzündete Stelle ift jehr empfindli” gegen Berührung. Saurer oder bitterer Geſchmack, Brechübelfeit oder Erbrechen, Drüden und Kurzatmigfeit, als wirden die Kleider zu feft am Leibe liegen; wenn fie aber abgelegt werden, find die Beſchwerden eher jchlimmer al beffer. Durft mit rotem Harn und drüdendem, prejfendem Kopfweh.

Mercurius: drüdende Schmerzen, die den Kranken am Liegen auf der rechten Seite hindern. Bitterfeit im Munde, mehr Durft als Hunger, inimerwährendes Fröfteln, gelbe Verfärbung der Haut und der Augen. Bumeilen empfiehlt es ſich, Mercurius im Wechſel mit Belladonna zu geben oder, wenn jich ein Eiter- abizeß zu bilden beginnt, Mercurius im Wechſel mit Hepar.

Hyoscyamus: der Patient ift wie betäubt, er |pricht ver- wirrt und weiß nicht, wie frank er ift.

Chamomilla: jtumpfdrüdende Schmerzen, die durch äußeren Drud, durch Ummenden oder Einatmen nicht vermehrt werden; Magendrüden, Spannen unter den Rippen, beflemmender Atem, gelbe Zunge, bittererGefchmad, gelbliche Hautfarbe und Angftanfälle.

Sulphur gibt man in allen den Fällen, in denen die oben angegebenen Mittel in einigen Tagen nicht raſch Bellerung ichaffen oder wenn es anfänglich befjer wird und dann nicht mehr vorwärtsgehen will.

Kleine Kinder werden öfters von Unterleibsbeichwerden be- fallen, wobei fie Schmerzen, aufgetriebenen Leib, beſonders in der Herzgrube und unter den Rippen befommen. Hier Hilft Cham o- milla oder Mercurius. Außerdem jchlage man nach, was in dem Abjchnitt „Kinderkrankheiten“ darüber gejagt ift.

Blinddarmentzündung (Appendicitis).

Die a bon den Entzündungen in der rechten Darmbeingrube hat eine völlige ut erfahren, ſeit man durch Beobachtungen und Erfahrungen feftgeftellt Hat, daß fie faft alle im fogenannten Wurmfortjag ihren Ausgang nehmen. Der Blinddarm ift be» fanntlich ein an der Übergangzitelle des Dünndarmes in den Did- darım gelegenes, blind endigendes Darmftüd, das als eine Aus» ftülpung des Dickdarmes erjcheint und an defjen unterjtem Ende lich der Wurmfortfaß befindet. Diefer und ein Teil des Blind- darmes find vom Bauchfell umgeben. |

Man hat lange Zeit angenommen, daß Blinddarmentzündungen durch Fremdkörper wie 3. B. Traubenferne, Kirfchfteine, Nadeln und dergl. entitehen, bie in den Wurmjortfag hineingelangen und dort feftgehalten werden. Im Wirklichkeit ift dies felten der Fall; viel häufiger bilden Kotfteine den Anhalt eines entzündeten Wurm- fortfages. Unregelmäßigfeit im Eſſen und Trinfen, der Genuß großer Mahlzeiten oder ſchwerverdaulicher Speifen und Stuhl-

9. Krankheiten des Unterleibes. 287

verftopfung geben häufig Anlaß zu einer Blinddarmentzündung. In vielen Fällen ift die Entjtehung der Krankheit darauf zurüd- zuführen, daß Bakterien vom Diddarm aus in den Blinddarm ein- wandern oder durch die Blutbahn dorthin getragen werden, wo ie dann katarrhaliſche Entzündungen oder eitrige Erkranfungen des Wurmfortfates hervorrufen. Auch Verlegungen, ein Stoß auf die Bauchdede und dergl. fünnen dazu führen. Daß viermal joviel Männer als Frauen von der Krankheit heimgefucht werden, ift wohl darauf zurüdzuführen, daß die letteren größere Negel- mäßigfeit und Mäßigfeit im Eſſen und Zrinfen beobachten. Mit bejonderer Vorliebe befällt die Krankheit da3 mittlere Lebensalter, namentlich Leute zwiſchen dem 20. biß 35. Lebensjahr.

Die Erſcheinungen der Blinddarmentzündung können in den einzelnen Fällen ſehr verichieden fein. Ein wenige Tage andauern- des Unbehagen zwilchen dem Nabel und rechten Darmbein, dag nad). itrenger Bettruhe wieder verſchwindet, kann bei befonder3 milden Berlauf alles fein, worüber der Kranke fich beklagt. Biel Häufiger jind aber Blinddarmentzündungen von fchweren, lebenbedrohenden Erſcheinungen begleitet; e8 gibt jogar eine Form glüdlicher weije tritt fie nur jelten auf bei der die Symptome bligähnlich einjegen und die innerhalb weniger Stunden zum Tode führt. In der Regel ſetzt eine akute Blinddarmentzündung plöglich ein. Der Kranke klagt zuerit allgemein über Bauchweh, ohne daß er eine beftimmte Stelle al befonders fchmerzhaft bezeichnen kann oder er empfindet die Schmerzen zuerft in der Magengegend. Erſt nad) mehreren Stunden verdichtet fich der Schmerz auf die Blind- darmgegend d. h. auf eine zwiſchen dem Rabel und rechten Darm⸗ bein gelegene Stelle des Bauches. Die Beſchwerden find gemöhnlid) von Übelfeit und Erbrechen, von Stuhlverftopfung oder leichtem Durchfall begleitet. Die Zunge Hat einen diden Belag und ihre Ränder zeigen den Abdrud der Zähne. Der Kranke liegt meift auf dem Rüden und zieht den rechten Oberjchenfel an ven Baud) an, um fi) durch Erſchlaffung der Bauchdeden Erleichterung zu ber- ſchaffen. Auf Puls und Temperatur des Kranken kann man fich nicht fehr verlaffen, da oft gefährlihe Fälle von Blinddarment- zündung ohne Hohes Fieber auftreten. Nach einigen Tagen, gewöhnlich Ende der erjten oder anfangs der zweiten Kranfheits- rooche, tritt ein Nachlaß der Beſchwerden ein, jo daß der Kranke nad) 2- bis 3möchentlichem Krankenlager das Bett wieder verlaffen fann. Nimmt die Srankheit eine ungünſtige Wendung, jo fteigt das Fieber, der Puls wird rajcher und fadenförmig, die Kräfte nehmen ſichtlichab, das Geficht befommt einen eigenartig ängjtlichen, ſchmerz⸗ ala Ausdrud, der nicht felten den baldigen Tod anfündigt.

tommelartige Auftreibung des Unterleibes, heftigeg Schluchzen

und Erbrechen von Schleim und grünen Maſſen zeigen an, daß jetzt auch das Bauchfell an der Entzündung teilgenommen hat.

Die Blinddarmentzündung ift immer eine ernft zu nehmende

288 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Keankpeit; felbft mild beginnende Fälle fünnen plöglich eine un- günftige Wendung nehmen und bei nacdhläjjiger oder verfehrter Behandlung in kurzer Zeit zum Tode führen. Buben iſt Dies der Tall, wenn fich ein Abſzeß (Eiteranfamınlung) entwidelt, der fi in die Bauchhöhle entleeren und eine Entzündung des Baud)- felle3 hervorrufen fan. Hier gibt es gewöhnlich nur eine Behanp- lung, die Erfolg verjpricht, nämlid) fofortige Operation. Glüd- lIihermeife find diefe Fälle nicht in der Mehrzahl. In mehr als. 35% aller Blinddarmentzündungen fommt man mit Bettrube, jlüffiger Koft, feuchten Umſchlägen und forgfältiger Wahl eines homöopathifchen Arzneimittel zum Ziel und nur in den übrigen 10 bis 15%, in denen es ſich teil3 um Abizeßbildungen, teiß um eingefchloffene Fremdkörper oder immer häufiger werdende Rüd- jälle handelt, muß die Operation in Erwägung gezogen werden.

Die Behandlung der Blinddarmentzündung befteht zu allererft in der Anordnung ftrengfter Bettruhe über die ganze Dauer der Krankheit. Selbſt nach erfolgter Genefung muß der Kranfe nod) Wochen lang größere Anftrengungen meiden. Die Nahrung darf nur aus Mild) und dünnen Suppen beftehen. Manche Ärzte ordnen in den erjten Tagen völliges Faſten an und verbieten fogar das Trinken von Wafjer, um den Darm völlig ruhig zu ftellen. Gegen die Stuhlverftopfung dar man höchſtens in ganz frifchen und leichten Fällen Kliſtiere verabfolgen; jpäter muß der Darm möglichft in Ruhe gelafjen werden. Abführmittel find deshalb beſonders ſchäd- lich, weil jie die Darmbemwegungen vermehren und die Ausbreitung der Entzündung begünftigen. Feuchte Umschläge, anfangs kühl, jpäter warm, können von großem Nuten fein.

Bei der Wahl eines Homdopathifchen Arzneimittels berüdjichtige man die unter „Entzündung des Unterleibe3" auf Geite 285 geichilderten Mittel. Am Häufigften dürften angezeigt fein:

Belladonna: plögli auftretende Blinddarmentzündung nit hohem Fieber, heftigen Schmerzen in der rechten Darmbein- grube, jo daß felbjt der Drud der Bettdede läftig empfunden wird. Der Krante leidet zugleich an Blutandrang nad) dem Kopfe. Das Geſicht ift ſtark gerötet, die Pupillen erweitert.

Bryonia: heftig ftedjende, durch jede Bewegung vermehrte Schmerzen. Die Zunge hat einen didweißen Belag und der Kranke leidet an Berftopjung.

Mercurius solubilis: wenn fich bereit3 das Bauchſell am Entzümdungsprogeß beteiligt Hat oder wenn eine harte An— ihwellung in der Blinddarmgegend auf Eiteranfammlung fchließen läßt. Die Bunge ift troden, ihre Ränder weijen den Abdrud der Zähne auf. Bei drohender Abjzeßbildung leiftet Hepar sul- phuris im Wechjel mit Mercurius oft gute Dienfte.

Arsenicum: Übelkeit und Erbrechen mit großem Burft- gefühl. Der Kranke leidet an Durchfällen, die ihn I erſchöpfen und in kurzer Zeit Zeichen von Kräfteverfall herbeiführen.

9. Krankheiten des Unterleibes. 289

Echinacea wird von amerifanifchen Arzten als ein beſonders wirlfames Mittel gegen Blinddarmentzündung gerühmt. Es paßt bei ſcharf fchneidenden, plöglich auftretenden Schmerzen in ber Gegend des Blinddarmes. Es ift außerdem bei Eiterungsprogzeffen eine3 unjerer beften Mittel.

Lachesis: der Baud) ift jehr aufgetrieben und gegen Berüh- rung empfindlih. Der Kranke leidet unter großer Erſchöpfung; = Le Krankheitserſcheinungen verjchlimmern fich während des

es

Um Rüdfällen vorzubeugen, iſt das Einhalten größter Regel⸗ mäßigkeit im Eſſen und Trinken erforderlich. Perſonen, die zu Blinddarmentzündung neigen, ſollten nach kurzen Zwiſchenräumen von etwa 3 Stunden kleine Mahlzeiten genießen und nie öfters als einmal täglich Fleiſch eſſen.

Bürmer.

Eine ganze Anzahl Frankhafter Erſcheinungen im Sindegalter ichreibt man im Volfe entweder „dem Bahnen” oder „Würmern“ zu. Wenn man ein Kind mit verfehrten Speiſen gefüttert hat, ihm viel Brei hineinftopfte, den ganzen Tag Kuchen zu naſchen gab, oder wenn die Mutter während des Gtillend viel Fleifch, Fiſche, falzige Speifen oder Tettgebadened und dergl. genoß, wodurch die Kinder Schließlich Franf werden mußten, jo macht man in der Regel für alle die Folgeerfcheinungen „Würmer” verant- wortlich. Uber faft alles, was man auf diefe Darmſchmarotzer ſchiebt, ift eine allgemeine Krankheit, durch welche fie fich, befonders bei verfehrter Lebensweiſe und mangelhaftem Luftgenuß, un- gebührlich vermehren fünnen.

Vermutet man Würmer bei einem Kinde, jo forge man bor allen Dingen für eine vernünftige Lebensweife; dabei mindern ih dann die Würmer von felbft, und bleiben noch Beſchwerden zurüd, fo können die Mittel defto befjer wirken. Bei der Behandlung eines Wurmleidens muß man alfo in erfter Linie die Grundfranfheit, den Nährboden, auf dem ſich die Würmer entwideln, zu befeitigen ſuchen. Allerdings find manchmal fo viele Würmer vorhanden und die BZufälle und Beſchwerden, die fie hervorrufen, jo unan- genehmer Art, daß nicht3 übrig bleibt, als zuerſt wurmtötende Mittel anzumenden und dann erjt den vorhandenen Nährboden durch geeignete homöopathiſche Arzneien zu befeitigen. Das wirfamfte Mittel zum Abtreiben von fogenannten Spulmwürmern ift das Santonin, das in Form von „Zeltchen“ oder „Plägchen” in allen Apothefen zu haben ift. Doch fet man bei der Verwendung folder Santoninplägchen recht vorfichtig und frage den Apotheker jedesmal, wieviel und in welhem Zeitraum fie zu verabfolgen find. (Siehe auh „Santoninvergiftung” auf Ceite 110.) Man nähre die Kinder gut, gebe ihnen nicht zuviel Brot, jedenfalls nie

Hering-Haechl, 8.4. 19

2% II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

frifhgebadenes, Kuchen oder Schmalzgebadenes und dergl., fondern mehr frisches, gefochtes oder gedörrted Obſt, rohe gelbe Rüben, hie und da rohes oder Halbgefochtes Sauerkraut.

Snnerlide Homdopathifche Mittel. Solange man nicht jicher ift, ob Würmer da find: Ipecacuanha bei Abmagerung, häufigem Erbrechen, reiner Zunge. Carbo vegetabilis oder Pulsatilla, wenn dabei die Bunge belegt if. China: nach häufiger Anwendung von Abführmitteln oder viel Durchfall. Nux vomica: bei Berjtopfung. h

Sind Würmer vorhanden:

Cina: Hauptmittel gegen alle Bejchwerden, die wirklich von Würmern herrühren. Der Leib ift did, die Kinder reiben viel ar der Naſe; Kolif von Würmern, große Neigung zum Zuſammenlaufen von viel Waſſer im Mund. Der ganze Unterleib, namentlich um den Nabel, iſt Hart und aufgetrieben, häufiger Stuhlgang mit Abgang von Schleim. (Aconitum zum Be- ginn; nad) Cina nötigenfalß® Mercurius).

Spigelia: Wurmbejchwerden mit SHerzflopfen, bleichem Geſicht, blauen Ringen um die Augen; die Stuhlentleerung befteht aus Schleim, Kot und Würmern.

Belladonna: hie und da angezeigt, wenn viel Durft, viel Erichreden und Zuſammenfahren vorhanden ift.

Sulphur oder Lachesis: fehr hartnädige Fälle.

Spring- oder Madenmwürmer find eine noch viel läftigere Plage al die Spulmürmer. Das auffälligfte Anzeichen ihres Vor⸗ handenfeins ift ein fortwährendes Juden im After. Bei genauer Beſichtigung findet man im After und Stuhlgang von Zeit zu Zeit große Mengen der nur wenige Millimeter langen weißen, faden- fürmigen Madenmwürmer. Sie gelangen vom After aus bei Heinen Mädchen oft auch in die Scheide, Üben auch dort einen beftändig judenden Reiz aus und werden dadurd) nicht felten der Anlaß zu ernfteren Übeln (Scheidenkatarrhe, Onanie). Zur Abtreibung der Madenmwürmer bedient man ji am beften der Snoblaud)- fiftiere: Etwa 5 Gramm feingehadter Knoblauch werden in 100 Gramm Milch gekocht, durchgeſeiht und ala Kliftier gegeben. Oder 1% Eplöffel effigfaure Tonerde wird mit 1 Liter Waffer innig ver- miſcht und davon Heine Kliftiere verabfolgt. Zur Beſchwichtigung des Juckreizes kann man den After mit Fett (OL, Sped, Vaſelin und dergl.) einreiben, lange Zeit jeden Abend; auf diefe Weife können die Eier, die immer nur dahin gelegt werden, wo Luft hinkommt, getötet werden. Alles Kratzen und Berühren des After mit den Fingern ift zu unterlafjen; die Eier gelangen fonft unter die Finger- nägel und beim Eſſen von Brot und vergl. wieder in den Magen und Darm, wo id) jofort wieder neue Würmer daraus entwideln.

Innerlich läßt man je eine Woche lang Lycopodium 30., Veratrum album 15. und Ipecacuanha 6. nehmen. Im Notfall wiederhole man die Mittel.

9. Krankheiten des Unterleibes. | 291

Ob jemand einen Bandwurm hat, läßt ſich mit Gicherheit- nur behaupten, wenn man im Etuhlgang Bandiwurmglieder ge- funden hat; fie find weiß und fast vieredig, platt und etwa fo breit wie ein Heiner Finger. Es gibt eine Anzahl von Volfsmitteln zur Abtreibung des Bandmurmes, fie find aber alle mehr oder weniger unſicher. Sicher wirkende Mittel find meift fehr giftig und können manchmal beängftigende Nebenerfcheinungen verurſachen. Der Berfajler hat in den legten Jahren mit Sabadilla 3. und Yung- claußen3 Bandwurmmittel, da3 aus Kürbisfernen hergeftellt wird, ausgezeichnete Erfolge erzielt und dabei feinerlei Giftwirfungen oder unglünjtige Nebenerjcheinungen beobadjtet. Zuerſt läßt man jeden Abend 5 Tropfen Sabadilla 3. nehmen. Nach) 3—4 Wochen erfolgt die Abtreibung des Bandwurmes mit dem bereit3 erwähnten Jungclaußenſchen Bandwurmmittel. Genaue Angaben tiber bie Art der Anwendung find jeder Driginalpadung beigelegt.

Das jicherfte Mittel, jich vor Bandwurm zu bemahren, ift jeben- falls, den Genuß jeglicher Art von rohem Fleiſch zu vermeiden.

Auden im After.

Diefes äußerſt läftige Übel, das entweder durch Hämorrhoiden, dur Madenmwürmer oder Hautausjchläge, Schrunden, abnorme Schweißbildung oder PVerftopfung verurfadht wird, kann durch eine3 der folgenden Mittel befeitigt werden:

Nux vomica: Jucken innerli im Darm oder äußerlich am After, bei Bewegung, im Siten oder nad) dem Genuß erhiten- der Speiſen oder Getränke ſchlimmer; ſchmerzhafte Hämorrhoidal- fnoten, die entweder troden find oder näſſen und bluten; Hart- leibigfeit nad) übermäßigem Genuß von Bier oder Kaffee oder bei Zeuten, die viel jien, und bei Schwangeren. Se nad) der Gemüts⸗ art und Körperanlage ift Ignatia, bejonders bei Frauen, vor⸗ zuziehen.

Sulphur: Ausſchläge um den After oder näſſende Hämor- rhoidalfnoten. Außer dem Juden wie wund und brennend in und an dem After; fortwährende3 Drängen und Preſſen zum Stuhle oder dünne, blutige Stühle; heftig jtechende, fpannende Schmerzen im Kreuz. After voll und fchwer, herausgedrängt.

Alumina: ollheitsgefühl im Maftvarm und After; hart- nädige Berftopfung ohne jeglihen Drang; ftechende Schmerzen wie von Nadeln oder Juden und Brennen im After.

Graphites: Aterjuden infolge eines flechtenartigen Aus⸗ ſchlages rings um den After; Beritopfung.

Apis: heftiges Auden, Steden und Brennen am After; Wundheitsſchmerz in den Hämorrhoidalknoten.

Afterfifjuren,

ſogen. Schrunden am After, find in Wirklichkeit Heine Gefchwüre, die fich über einen größeren Zeil der Innenjeite des Afters erfireden

202 III. Die Behandlung ber gewöhnlidäften Krankheiten.

und außerordentlich Heftige, frampfartige, 2 bis 3 Stunden lang anhaltende Schmerzen beim Stuhlgang herporrufen.

Man forge durch reichlichen Genuß von Obft für geregelten und weichen Stuhlgang. Nach jeder Ausleerung ift der After mit fühlem Waſſer auszuwaſchen. Zur Linderung der Schmerzen, wie zur Beichleunigung der Heilung läßt man 2mal täglich etwas Calendula- oder Hamamelis-Sa in den After einführen. Innerlich:

Ratanhia: Brenngefühl im After, vor und hauptſächlich nad) dem Stuhlgang ; ſcharfe Stiche im After, wie von einem Feder⸗ mefjer. Die Bejchwerden find Häufig von einem Brenngefühl in der Harnröhre begleitet.

Graphites: hartnädige Berftopfung, heftig fchneidende Schmerzen während und frampfhaftes, ſtundenlanges Zufammen- ziehen de3 Afters nad) dem Stuhlgang ; nächtliche Verſchlimmerung.

Acidum nitricum: Selbſt weicher Stuhlgang ruft fcharfe, Ichneidende und ftechende Schmerzen hervor.

Alter: oder Maſtdarmvorfall

ift ein Heraustreten der innerhalb des Afters befindlihen Darm- ichleimhaut nad) außen oder ein Umftülpen des Darmes. Dies ge- Ichieht entweder bei jedem Stuhlgang oder nur bei lange währendem Stuhldrang oder bei jehr heitigem Preſſen, teilmweife aber auch ſchon im Sitzen oder im Gehen. Wenn fic) der Vorfall nicht beim Ruhig⸗ liegen oder durch Nachhilfe mit der Hand zurüdzieht, fo fuche man ihn künftlich zurüdgzubringen. Man legt den Kranken mit dem Rüden nad) oben auf die Knie, zieht die Hinterbaden auseinander und legt naffe Läppchen rund herum, fo daß alles Vorgefallene davon berührt wird. Sollte kaltes Waffer jehr fchmerzen, jo nehme man warmes. Oft wird ſchon dadurch ein Zurüdziehen des Vorfalles bewirkt. Iſt dies aber nicht der Fall, fo nehme man einen Schwamm, der weich und zart ift und Feine Fragenden Steinchen in ſich hat, oder ein zufammengelegte3 Leinen- oder Handtuch, made e3 naß und verſuche durch einen gelinden Drud nad) innen und nad) der Mitte zu nachzubelfen. Dabei ziehe man mit der andern Hand den After nad) der linfen Seite auseinander. Dieſer Drud darf nur gelinde fein, aber nicht nachgebend, fondern ftetig, fortgejeßt und in der rechten Richtung. Man verharre 5-10 Minuten und folge mit dem Drude ftetig nad), wenn das Inwendige ſich zuerft anfängt hineinzuziehen. Geht der Vorfall nicht zurüd und ift er ſehr heiß und rot, [jo mache man mit den falten Umfchlägen fort und gebe da3 paſſende Arzneimittel. Iſt der vorgefallene Teil fühl und Schlaff, jo kann man verſuchen, ihn mit Hilfe der Finger zurüd- zufchieben, nur darf man feine ſcharfen Nägel Haben und muß die Finger und die Hand mit ungefalzener Butter oder Vafelin einfetten und immer von außen nach innen in trichterfürmiger Richtung

9. Krankheiten des Unterleibes. 293

brüden, d.h. zugleich nach der Mitte und nad) der Tiefe zu; die eine Hand hält das Hineingefchobene von der Seite, die andere fchiebt allmählich mehr nah. Unjinnig ift eg, den durch die Luft und von dem Drude jchon angegriffenen Darm noch mit rotem Wein, Serberbrühe oder gar mit Blei oder mit Ei3 zu belegen. In ichwierigen Fällen muß man ärztliche Hilfe in Anfpruch nehmen.

Innerliche Mittel gewähren eine wirkſame Unterftüßung.

Ignatia: nervöſe Perfonen mit Verſtopfung oder Kinder, die beim Bahnen viel drängen und jchreien; fehr jchmerzhafte Stuhlentleerung; After bläulich und blutend.

Po only um Aftervorfall nach der GStuhlentleerung, nach gewaltfamen Musfelanftrengungen, Bewegungen, Nieſen, Huſten und dergl. Morgendurchfälle.

Arnica: Borfall fommt beim Gehen heraus und ift bläulichrot.

Außerdem: Ruta: nad) einer Ruhr; Acidum muria- ticum: während des Harnlaffend; Sepia: fchlimmer bei Be- wegung; Calcarea carbonica: in langwierigen ällen bei Rindern; Alo&: in Begleitung von Diarrhöe und Stuhlzwang.

Hämorrhoiden oder goldene Ader.

So nennt man eine Krankheit, die auf Störungen im Pfort- aderkreislauf beruht und hauptfächlich darin befteht, daß gemöhnlid) alle vier bis ſechs Wochen, nach mehr oder weniger läftigen Be- ſchwerden etwas Blut aus dem After abgeht. Hierauf tritt meiſtens wieder Wohlbefinden ein. Da man nad) foldhen Blutungen zugleich auch andere Beichwerden verſchwinden fah, Fam man auf den Ge- danken, der Blutabgang führe Fremdſtoffe mit ſich, modurd) ihlimme Srankfheiten verhindert würden. Daher der Name: „Soldene Aber”. |

Hämorrhoiden können auf mannigfadhe Weife entftehen, durd) bartnädige Stuhlverftopfung, Darm⸗, Leber- und Milzleiden, Herz- und Lungenkranfheiten, fitende Lebensweiſe oder reich- lichen Genuß erhitender Getränfe. |

Bon äußeren Hämorrhoiden ſpricht man, wenn die Knoten außerhalb des Afterfchließmusfels jigen und ohne weiteres fichtbar jind, von inneren, wenn die Knoten innerhalb des Schließmugfels gelegen find. Die leßteren werden beim Stuhlgang leicht nach außen geſchoben und in den Afterſchließmuskel eingeflemmt; da- durch entitehen Entzündungen und Schmerzen.

Die Befchwerden können mitunter recht heftig fein. Meift flagen Hämorrhoidalftanfe über Drud und Völle Ale) im Unter- leib, namentlid) in der Magengegend, Appetitlofigfeit, dumpfe Kreuzſchmerzen und dergl. Beim Entleeren der Kotmaflen treten brennende Schmerzen im After und in der Darmgegend auf. Neben diejen örtlichen Erfcheinungen ftellen fi) nicht felten Beſchwerden ein, die vom Grundübel ausgehen, 3. B. Herzklopfen, Schwindel und Ungftgefühl, wenn ein Herzleiden die Urſache der Hämor-

294 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

rhoidalfnoten ift, oder Drud und Schmerz in der rechten Seite mit Beichen von Gelbjudht, wenn ein Leberleiden zu Grunde liegt.

Bumeilen entfteht durch irgend einen Einfluß, 3. B. durch Fehler in der Lebensweiſe, eine plöglide Verfchlimmerung; der fonft regelmäßige Blutabgang ftodt und die bis dahin [chmerzlofen Knoten werden hart und heiß, jchmerzen und beginnen heftig zu brennen. Man nennt einen folden Buftand Hämorrhoidal- anfall oder akute Hämorrhoiden. Oft find Blutungen aud) jo ſtark, daß fie lebensgefährlich werden können.

Der erfte und wichtigfte Punkt jeder Behandlung des Übels ift, durch Regelung der Lebensweiſe zu daß die Krank⸗ heit nicht noch Hartnädiger wird. Man foll nicht viel jigen, befon- der3 nicht auf weichen Kiffen, außer während die Knoten heraus- getreten find; man muß alle ftarfen Getränke, bejonders ſtarkes Bier, auch Kaffee, Rotwein, Punſch und dergl. meiden, dagegen viel Waſſer trinfen, wenig Fleiſch eſſen und hi viel bewegen.

Kaltes Wafchen oder fühle Sigbäder und Kliftiere von etwa einem Biertelliter falten Waſſers, alle Tage einmal oder zweimal, jind fehr gut, wenn die Hämorrhoiden nicht fließen; man muß ſich aber ſehr hüten es anzumenden, wenn fie bluten, weil fie dadurch unterdrücdt werden könnten. Höchſtens darf man es verfuchen, wenn der Blutfluß zu ftarf ift, muß aber dabei doch immer die angegebenen Xrzneien anwenden. Auch müſſen die Sliftiere ſehr vorfichtig eingebracht werden, das Waffer darf nicht zu lalt fein, und das Munpdftüd der Spritze foll aus Hartgummi fein, und zwar nicht dünn, ſondern Eolbig, vorn faft fo did wie die Spike eines Heinen Fingers. Bor dem Einführen beftreicht man fie mit ganz frifchem, füßem DI oder Rafelin. |

Alle Kliftieriprigen find vermwerflich: es ift ſchon viel Unheil damit angerichtet worden. Man follte zur Verabreichung eines Kliftier3 nur einen Irrigator benügen (Becher zum Aufhängen, mit Schlaud) und Mundftüd), jo daB das Waffer durch feine eigene Schwere Hineinläuft. Wenn die Knoten am After jo jehr fchmerzen, daß man nicht3 einbringen Tann, fo halte man einen Schwamm an den After, der in kaltes Waſſer eingetaudyt worden war.

Treten innere Hämorrhoidalfnoten beim Stuhlgang nad außen, fo daß fie zwifchen den Afterfchließmusfel eingeflemmt werden und heftige Schmerzen verurjachen, fo ift da3 beſte Mittel, die Knoten mit dem eingefetteten Finger nach dem Darm zurüd- zuſchieben. Um dies leichter zu ermöglichen, muß der Patient hinabdrängen, wie wenn er ©tuhlgang befäme.

Das Wegichneiden der Hämorrhoidalfnoten ift zwar eine ber- ra: einfache Operation, nüßt aber wenig, denn meiſtens

ilden fich bald darnad) weiter oben im Maftdarm neue Knoten.

Nur wenn das Übel gar zu befchwerlich wird oder wenn bedenkliche Blutungen ſich einzuftellen pflegen, unterwerfe man ſich der An⸗ wendung des Meſſers.

9. Krankheiten des Unterleibes. 295

Die Hauptjache bei der Behandlung von Hämorrhoiden find die Arzneien. Sit viel Juden damit verbunden, jo mähle man eines der Mittel, die gegen „Juden im After” empfohlen worden find (. ©. 291); jind Kolikſchmerzen entftanden, jo wende man eines der gegen Kolik angegebenen Mittel an, befonder3 Pulsatilla, Nux vomica, CGolocynthis. Pulsatilla eignet ſich namentlich für Frauen, Nux vomica mehr für Weintrinfer - und Stubenfiger, Colocynthis für außergemöhnliche Schmer- zen; außerdem fiehe auch „Blutandrang nad dem Unterleib“ (Seite 283). |

Aconitum erleichtert fehr oft, wenn Blut abgeht; zugleich befteht Drüden und Stechen im After, der Unterleib iſt wie zu voll, Spannen, Drüden und Kolifichmerzen, da3 Kreuz wie zerichlagen.

Nux vomica: die Knoten jchmerzen brennend-ftechend (jiehe auch Seite 291 „Yuden im After”). Abgang von viel hellem Blut nach dem Stuhle oder beim Drang zum Stuhle; auch bei Hartleibigfeit, befonder3 bei Higigen, aufbraufenden Leuten, die morgens früh ſich am [chlimmften befinden. Bei mehr grämlichen,

illen Leuten oder bei Schwangeren, die morgend und abends ihlimmer find, paßt Ignatia, und [päter, wenn die Knoten wiederfommen follten, Sulphur.

Collinsonia: dronifche, Iangbeftehende Hämorrhoiden. Da3 Gefühl, ala ob Sand oder Holzfplitter im After wären, und Bölle- gefühl im Maſtdarm find charakteriftifche Anzeichen für das Mittel. Liegt dem Übel ein Herzleiden zugrunde, fo ift Collinsonia umfo eher angezeigt.

Aesculus hippocastanum: bläulide, jchmerzhafte Hämorrhoidalfnoten, großes ge: im Maftdarın oder Suden, Brennen und Stechen wie von Holzjplittern im After.

Alo& socotrina: Hauptmittel bi Shleimhämor- rhoiden. Schmerzen, die durch Morgendiarrhöe beginnen oder ichlimmer werden; Durchfall mit reihlidem Schleimabgang; heftiges Brenngefühl in den Snoten und den Maftdarm hinauf; häufig blutende, außerordentlich ſchmerzhafte Knoten, beſſer nad) falten Umfchlägen oder Fühlen Sigbädern. Unficheres Gefühl im After, bei Abgang von Gafen geht etwas dünner Stuhl mit.

Acidum muriaticum: hejtige3 Juden und jchmerzhafte Empfindung am After; Berührung der Hämorrhoidalnoten i unerträglich fchmerzhaft. Im übrigen normaler, geregelter Stuhl-

gang.

Hamameiis itarfer dunfelroter Blutabgang; vorher Völle- gefühlim Unterleib und Kreuzweh. Bläuliche, brennende, jchmerz- hafte Hämorrhoiden. Das Mittel kann auch örtlid in Form von Salbe oder Stuhlzäpfchen angewandt werden.

Graphites: Schrunden am After, hartnädige Berftopfung, Brenngefühl, Schmerzen im After beim Gehen und Sigen. Große Knoten drängen hervor, als wäre der Maſtdarm gelähmt. Be—

296 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

ae für Frauen pafjend, die an Verftopfung und Regelitörungen iden.

Sulphur: Hauptmittel bei fließenden oder nicht fließenden (blinden) Hämorrhoiden; fortwährendes, aber erfolglofe8 Drängen und Preffen zum Stuhle; dünne, blutige Stühle, es fchmerzt und fticht in und um den After. Die Knoten näjjen, brennen, treten weit hervor und können faum zurüdgebradht werden. SHeftig ftechende Schmerzen in Kreuz und Rüden, Steifheit im Kreuz, al wäre alleö zu furz; beim Harnlaffen Brennen im After.

Lycopodium paßt fehr oft, wo Sulphur nicht ausreicht, wenn die Hämorrhoiden immer nach Berftopfung wiederflommen, die Kranken viel von Blähungen geplagt find und viel Schmerzen unter den kurzen Rippen haben; ftarfe Hämorrhoidalblutungen.

Bei ftarfem Blutabgang gibtman Aconitum,Belladonna, Lycopodium, Ipecacuanha oder Hamamelis. der Patient ſchon fehr ſchwach, fo läßt man noch China nehmen.

Bei Entzündung und Bereiterung der Hämorrhoidalknoten fommen Belladonna, Mercurius und Hepar sul- phuris in Betracht; bei gleichzeitiger Verlagerung und Senkung der Gebärmutter: Sepia, Ferrum jodatum oder Aurum muriaticum natronatum.

Durchfall, Abweichen.

Bezüglich der Urſachen des Durchfalls fiehe die betreffenden Abſchnitte im zweiten Teil, 3. B. unter „Schred” (©. 52), „Furcht“ (©. 53), „Arger“ (©. 55), „Erfältung” (©. 61), „Hitze“ (©. 69), „Magenverderbnis” (©. 77), „Berbrennungen” (©. 155). Mand)- mal ift der Durchfall auch der Begleiter einer tieferen Krankheit, wie 3. B. der Schwindfucht (©. 238 ff.), der Strofulofe (©. 373 ff.) oder der Rhachitis (©. 367).

Mandie find auch jet noch in dem bedauernömwürbdigen Aberglauben befangen, al3 fei Durchfall eine Reinigung, die zur Heilung von Krankheiten nicht nur gut, fondern notwendig fei. Allerdings hören manche Krankheiten damit auf, nichtsdeſtoweniger bleibt aber der Durchfall immer etwas Krankhaftes, und viele Krankheiten fangen ſogar damitan. Wer der Meinung it, er könne ohne Fünftliche Durchfälle he Lariermittel) nicht gefund bleiben, verſuche Doch erſt, wenn er ſich franf fühlt, die Mittel, welche bei „Verſtopfung“ angegeben jind; er wird finden, daß diefe meift N ohne Durchfall zu erregen. Wer aber einmal einen fünft- ichen oder natürlichen Durchfall Hat, der ftopfe ihn nicht mit Fünft- lichen Mitteln, fondern laffe ihn einige Zeit ruhig gehen oder nehme nur Mittel, die ihn natürlich Heilen. Das Stopfen ift befonders bei Kindern und alten Leuten oder bei ſolchen, die noch mit anderen Krankheiten behaftet find, gefährlich. Dyspepſie, Darm- oder Leberkrankheiten find nicht felten die Folgen eines gemwaltfam veritopften Durchfalles.

9. Krankheiten des Unterleibed. - 297

Wenn mit einem durchfälligen Stuhle zugleich Erleichterung in einer andern Krankheit eintritt, jo warte man eine Weile, ehe man Arznei nimmt, und erft wenn er anhält oder mit andermweitigen Beichwerden verbunden ift, wähle man eines der unten angeführten an Wenn die Kinder während der Bahnperiode Durch⸗ fälle befommen, laffe man auch erft ein paar Tage darüber Hingehen, wenn fie fonft über nichts Elagen. Nur muß während der Durd)- fälle fogleich alles Saure, Kaffee und ftarf Salziges gemieden werden. Obſt, frifch oder getrodnet, Eier und Hühner und anderes. Geflügel, ganz beſonders auch Kalbfleifch, find nachteilig. Man darf nicht3 genießen ala fchleimige Speifen und Getränfe, Hafer- mehl, Reis, Grüte, gebrannte lub und dergl. Frifch ge- molfene Milch kann den Durchfall fteigern; e8 ift daher beifer, abgekochte, warme Mil zu trinfen. Als Getränfe kann man erwachfenen Kranken Kleine Mengen Waffer, etwas alten Rotwein, Heidelbeerablochung, rohes Eiweiß, mit Waller verrührt oder Mandelmild geben. Zur Herftellung des Eiweißwaſſers nimmt man zwei Eimeiß, die fo lange mit 44 Xiter Waffer geichlagen werben, bis fich Eiweiß und Waffer völlig miteinander vermijcht haben. Pie Mandelmilh wird folgendermaßen hergejtellt: 100 Gramm gemwafchene und gefchälte, nicht zu alte, jüße Mandeln werben mit etwas Waffer fein zerjtoßen oder gemahlen, mit 42 Liter fochenden Waſſers übergoffen und durch ein Tuch, das man vorher ausgebrüht Hat, gepreßt. Bei fehr heftigen akuten Darm- fatarrhen beichränft man fich am beften 1—2 Tage auf flüffige Rahrung (Reiswaſſer, Geriten- oder Haferichleim, Kakao mit Waller oder halb Milch, Halb Wafler, etwas Rotwein oder chinefiichen Tee mit etwas Rum oder Kognak). Mit zunehmender Bellerun gibt man Reis oder Kartoffelbrei in Fleiſchbrühe gekocht, Mehl- ſuppen und Mehlbreie, geröftetes Weißbrot, Zwieback, Hammel- fotelett, geichabtes Beefſteak, Heidelbeerablochung, löffelmeife, guten alten Bordeaux, aber feine Eier. Der Übergang zur ge- wöhnlicden Koft muß allmählich geſchehen; Milch, Bier, Talte Getränke, Schrotbrot, Obſt und alle blähenden Speijen und Gemüſe, insbefondere Kohl, Rüben und Salate find noch längere Zeit zu meiden. Bei Kindern, befonders bei Säuglingen, laſſe man jofort alle Milchnahrung weg und reiche ihnen bis zum Verſchwinden de3 Durchfalles Gerſtenſchleim, Muffler3 Kindermehl, Lahmanns Pflanzenmild) ufw., in Waſſer gekocht. (Siehe Seite 363 u. 365.)

Bei langmwierigem Durchfall leiften lauwarme Bauchwidel, die man furz nad) dem YZubettgehen anlegt, oft vorzügliche Dienfte. Kranke, die zu Durchfall neigen, müfjen jich immer warm Fleiden, und bejonder3 darauf jehen, daß fie warme Füße haben. Außerdem empfiehlt fi) da3 regelmäßige Tragen einer eng anliegenden wollenen Bauchbinde.

Bur leichteren Auffindung des pafjenden Arzneimittels bediene man fich der folgenden Mittelüberjicht:

298 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

a) Für die Kinderpragid eignen fi befonders: Calcarea, Chamomilla, Croton, Ipecacuanha, Pulsatilla, Phosphorus, Rheum und Sulphur. (Siehe außerdem „Sommerdudjfälle” im Abſchnitt „Krankheiten der Kinder“).

b) Durchfälle, bei denen die Befchaffenheit der Ausleernngen die Wahl bes Mittels beftimmt:

Blaßgelbe, wäfferige oder faure Stühle, befonders während ber Bahnperiode: Calcarea carbonica.

Blutvermiſchte Entleerungen mit viel Bwang: Mercurius.

Bräunlide, dünne Ausleerungen, mit großer Schwäche: China.

Brennende, ſcharfe Ausleerungen, die Zuden und Brennen im ter verutfachen: Mercurius; ſcharfe Wusleerungen, jo daß ber After mund und von Wusidlägen umgeben ift: Sulphur.

Sarbe und Beſchaffenheit der Entleerungen wechſeln fortgefekt: Pulsatilla.

Gehadten Giern J nlid: Chamomilla, Nux moschata.

Gelbe, wäjferi e Entleerungen früh morgens (beſonders von 4—10 Uhr): Podophyllum.

Gelbe, ji erige Stühle, die wie aus einem Wafferrokr ſpritzen: Croton.

Grüne, mäfferige Ausleerungen: Chamomilla, Phosphorus

@rünlidhe, dunkle, tleıne Wusleerungen, mit großer Erjchöpfung: Arsenicum.

Scähleimige, vünne, Fleine, Häufige Ausleerungen: Ipecacuanha.

Sauer riehende Stuhlgänge: Rheum, Calcarea carbonica.

Sehr Abelrieche nde ÜEntleerungen, wie gegoren: Ipecacuanha, Carbo vegetabilis; ftinfend, wie faule Eier: Chamomilla.

Wäſſerige Durhfälle mit Bauchweh und Eibrechen: Veratrum.

Wäjfjerige, langwierige PDurdfälle: Phosphori acidum.

Wäſſerige Durchfälle, mit derborbenem Magen und weiß belegter Zunge: Antimonium crudum. \

Bäfje Enge Durchfälle mit Schmerzen im After oder ſchmerzlos:

errum.

Unverbaute NAusleerungen: Ferrum, China; wie gehadie Eier: Chamo-

milla, Nux moschata.

c) Durchfälle, bei denen die Begleiterfheinungen für bie Mittelwahl aus- ichlaggebend find: Durchfälle mit viel Blähungen:Chamomilla, Rheum, Nux moschata.

mi Brennen im Nfter, zugleich Ekel, Übelkeit, widerlihes Aufftoßen und Leibſchneiden: Pulsatilla.

mi Erbreden und beftigem Bauchweh: Veratrum; mit Übelfeit und Erbrechen: Ipecacuanha; zugleich Er- brechen mit nadfolgendem Stuhlzwang: Mercurius.

mit verdorbenem Magen: Antimonium crudum.

mit großer Mattigfeit und Schwäche: Arsenicum, China, Ipecacuanha, Veratrum; mit nahherigem Shwäde- gefühl im Magen und Mujtvarm: Podophylium.

mi Poltern im Baudh: Phosphorus.

mit kolikartigen Shmerzen im Leib und viel Blähungen: Chamomilla, Nux moschata und Rheum.

mit Shmerzen ım Bauch dor dem Gtuhlgang, nach⸗ ber [fh merzfrei: Rhus toxicodendron.

mit frampfartigen Schmerzen, Dıiudund Zufammen- ihnüren im Unterleib: China.

mit heftigem Stuhlzwang nad jeder Ausleerung: Mercurius.

Shmerzlofe Durdfälle: Ferrum. Durdhfälle, die mt Berftopfung mwedfeln: Antimonium crudum.

9. Krankheiten bed Unterleibes. 299

Durchfall und zugleih Wadentrampf: Sulphur. und Biehben in den Waden: Veratrum. nit Wundheit und Zuden am Xfter: Sulphur. d) Durchfälle, die zu beftimmten Zeiten auftreten. Nächtliche Durdhfälle: Pulsatilla, China; Hauptfählih nach Mitter- nadt: Arsenicum, Rhus toxicodendron. ——— den frühen Morgenſtunden: Podophyllum, ulphur

phur. Durchfälle an heißen Tagen: Bryonia. Sommer und Herbſtdurchfälle (beſonders nad Erkältungen): Dulcamara. e) Beſondere Urſachen, die für die Arzneiwahl beſtimmend fein können. Durchfall nach jeder Erkältung: Nux moschata, Sulphur;

nach Erkältung im Sommer und Herbſt: Dulcamara;

nach Erkältung im Waſſer: Nux moschata.

nach jedem Eſſen: Arsenicum, China; bei jedem Ber- ſuch zu eſſen und zu trinken: Croton; ſchlimmer nach Eſſen und Trinken: Bryonia; Nux moschata.

Durchfall nach kaltem er und Saurem: Veratrum.

nad kaltem Trunk, Genußpon Dbft und Sauertraut oder vielem Effen überhaupt: Bryonia.

nah fetten Speifen oder Obſt: Pulsatilla.

nah unreifem Obſt: China.

während ber Bahnperiode: Calcarea carbonica.

Bon den vielen gegen Durchfall empfohlenen homöopathiſchen Arzneien kommen bejonders die folgenden in Betradht:

% cacuanha: Häufige, fleine, gelbe Stühle mit Schmerzen im ſtdarm, oder dünner fchleimiger Abgang, wie gegoren, hefeartig, jehr übelriechend, oder erſt wäſſerig, dann ſchleimig und gelb oder grün; vorher Poltern und Schneiden, manchmal aud) ver- gebliche3 Drängen, bei Kindern viel Schreien und Herummälgen, der Bauch aufgetrieben. Damit verbunden find Übelkeit, mit Neigung zum Erbrechen, Schwäche, Neigung zum Liegen, Schläfrig- feit, blaſſes Geficht mit blauen Rändern um die Augen, Kältegefühl; Stimmung frittelig, ärgerlich und leicht erzümt. Will Ipeca- cuanha nicht helfen oder genügt e3 nicht, jo verfuche man Rheum, das befonder3 paßt, wenn die Entleerungen fauer riechen.

Chamomilla: die Kinder fehreien und find unruhig, wollen immer getragen fein und Frümmen fich zufammen. Ganz fleine Rinder ziehen die Beine an den Unterleib, der Bauch ift Hart und gefpannt, die Stuhlentleerungen find Häufig, fchleimig oder wäſſerig oder grün und braun, auch unverdaut und wie gehadte Eier und riechen wie faule Eier. Kollern im Leibe, feine Eßluſt, Durft, belegte Zunge, viel Aufftoßen und Brechreiz. Erwachſene: Durch⸗ fall grün, wäſſerig, Heiß und jtinfend; bitterer Gejchmad im Munde, bittere Aufftoßen, galliges Erbrechen, Bölligfeitögefühl in der Herzgrube, Leibjchneiden, Kopfweh. Je mehr ſich Galle nad) oben oder unten entleert, defto beſſer ift dag Mittel am

Pulsatilla: ſchleimige Durchfälle, breiig oder flüſſig und ſtinkend, den After wundmachend, brennende Schmerzen, Ekel,

300 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Übelkeit und widerliches Aufftoßen, Leibfchneiden und Durft- lofigfeit. Häufiger Wechfel in der der Ausleerungen; ſchleimige Durchfälle, die jedesmal eine andere Farbe haben. Durchfall nach fetten Speiſen. Die len Beichwerden find abends und nachts am ſchlimmſten, dabei ſchmerzhaftes Drängen zum Sarnlaffen; die Kranken find fehr ſchläfrig und froftig; Pul- satilla ift da3 Mittel fanfter, geduldiger Naturen, der Kinder oder Frauen; diefe verlieren auch leicht ihre Regel.

Mercurius: viel Schreien und Zufammenfrümmen, häufiger Drang zu Stuhle mit vergeblihem Drängen nach jeder Ausleerung, „als ob er gar nicht fertig würde”, Kalter Schweiß und Bittern; Abgang grün, wällerig, auch fchleimig, zumeilen gallig, mit etwas Blut, große Mattigfeit, übler Geruch) aus dem Munde, fein Appetit, Neigung zum Erbrechen, da3 zugleich mit dem Durchfalle eintritt. Die Stühle jind jo Icharf, daß fie Brennen und Juden im After verurſachen.

Rhus toxicodendron: kotige Durdfälle, nur nad Mitternacht, vorher Leibweh, das nach dem Stuhlgange aufhört.

Sulphur: grünichleimige Durchfälle, die jo fcharf find, daß alle Teile um den After wund werden oder friefelartige Ausſchläge entſtehen, oft auch Magerfeit dabei oder aufgetriebener, harter Leib bei Kindern; jeder Erkältung folgt Durchfall. Diarrhde in den frühen Morgenftunden und Wadenfrämpfe dabei. Sulphur kann gut den andern Durchfallmitteln folgen.

Podophyllum: jchmerzlofer Frühdurchfall mit gelben, mäjjerigen Entleerungen und nachfolgendem Schmächegefühl im Unterleib, befonder3 im Maftdarm. Nach Effen und Trinken tritt Verſchlimmerung ein.

Antimonium crudum: mäfferige Durchfälle mit ver- dorbenem Magen und weiß belegter Zunge oder Durdjfälle, die mit Berftopfung wechſeln, bejonder3 bei alten Leuten. Ferrum: wäſſerige Durchfälle, die auch den After wund machen, mit krampf⸗ haften Schmerzen im After und Rüden, Drud im Magen nad) jedem Eſſen, die Augen find fehr matt, da3 Geficht fahl und bleid). Schmerzlofe Rn mit Abgang unverdauter Speifen. Haben wäſſerige Durchfälle fchon lange angehalten und die andern Mittel wollen nicht helfen, jo gebe man Phosphori acıidum in häufigeren größeren Gaben.

Veratrum: wäſſerige Durchfälle und Bauchweh mit einem beängjtigenden Gefühle in der Magengegend, mandymal aud) ſaures Erbredien und großer Durft, befonder® mit Verlangen nach recht kaltem Waffer oder nad) Saurem; die Kranken find froftig und haben ein Biehen in den Waden.

heum: faure Durchfälle, dünnfchleimig, wie gegoren (vgl. Ipecacuanha), bejonder3 bei Kindern, die über Leibweh Hagen, - unruhig find und die Beine anziehen; Zudungen an den Ober- ſchenkeln oder in den Weichen. Das ganze Kind riecht troß allen.

9. Krankheiten des Unterleibes. 301

Waſchens fäuerlih; Speichel fließt aus dem Munde, das Geficht ift blaß. Iſt das Geſicht rot, fo gebe man Chamomilla; hilft dies nit, Belladonna. Bleiben die Schmerzen heftig, fo verfuhe man Chamomilla; laffen die Schmerzen nad), aber die Schwäche nicht und ift der Leib aufgetrieben, fo Hilft Sulphur. * China: Durdfälle geſchwächter Perſonen. Unter heftigen Schmerzen, befonder3 frampfartigen, wie Drud und Zufammen- fchnüren, geht eine Menge bräunlichen dünnen Stoffes ab, mand)- mal mit brennenden Schmerzen am After, bei viel Schmerzen im Unterleibe, Kollern und Aufftoßen. Die Durchfälle ftellen fich beſonders nachts und nach dem Eſſen ein; das Genofjene geht unverdaut ab.

Bryonia iſt im heißen Sommer nüglih: Bejchwerden nach einem falten Trunfe oder fonft nad) Erfältung; Durchfall vom Obft- effen oder überhaupt von zu vielem Eſſen; gleich nad) Genuß von Sauerkraut, nad} Ärger folgt Durchfall. Wenn Bryonia nicht half, verfuhe man Chamomilla.

Nux moschata: nad Erfältung im Waffer, nafjenFüßen, bei folchen, die fich überhaupt jehr leicht erfälten, eine fühle empfind- liche Haut Haben; fchleimige Durchfälle wie gehadte Eier, Appetit- Iofigfeit, weiße Zunge, übler Mundgeruch; weiche Stuhlentleerungen gehen nur mit großer Anftrengungab. Durchfall mit fortmährenden Schmerzen unter den Rippen, die von recht3 nach links gehen, auf- geblähter, aufgetriebener Bauch; Bauchweh oder Kopfichmerzen nach) jedem Ejjen und Trinken.

Dulcamara: Durchfälle nad) Erkältung, befonder® im Sommer und Herbft, jchlimmer nachts, mit zahlreichen, mehr mäfjerigen Ausleerungen, entweder ohne große Schmerzen oder mit Kolif. Nötigenfalß kann Bryonia folgen.

Calcarea carbonica: Durchfall zahnender Kinder; be- ſtändige Hitze im Bauche, Stühle wäſſerig, blaßgelb oder fauer. Bleiben die Ausleerungen troßdem fchmerzhaft oder werden fie grün, Br fich viel Poltern im Leibe ein, jo ift Phosphorus zu berjuchen.

Croton tiglium ift ein vortreffliches Mittel bei heftigen Durchfällen, die ſich bei jedem Verſuch zu eſſen und zu trinken einftellen.. Die gelben, mwäjlerigen Stühle ſpritzen mit Getöſe heraus wie Waſſer aus einem Strahlrohr.

Arsenicum: häufige, feine, jehr übelriechende Ausleerungen von dunklem, grünlidem Schleim, die fich hauptſächlich nad) Mitter- nacht und nad) dem Eſſen einftellen. Der Kranke ift matt und erichöpft, unruhig und ängftlih; er klagt Über brennende Leib- jchmerzen und großen Durft, trinkt aber nur Feine Schlückchen in furzen Zwiſchenpauſen, mweil er ſpürt, daß kalte Getränke eine Berichlimmerung feiner Beſchwerden bewirken. |

er die Durchfälle bei an und Wöchnerinnen liehe auch Seite 348; Sommerdurchfälle Heiner Kinder |. Seite 364.

302 UI. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Ruhr.

Die echte Ruhr ift eine mit Fieber einhergehende Erkrankung des Dickdarmes, Hauptfächlih des unteren, aB Maſtdarm be- zeichneten Abjchnitt3. Die Darmſchleimhaut ſchwillt im Verlaufe der Krankheit heftig an, wird rot und jchmerzhaft, jo daß felbft der geringfte Smhalt ein andauernde Drängen zum Gtuhle ver- anlaßt. Man hat fchon beobadıtet, daß Ruhrkranke bis zu 50- und 60-, ja jogar 100 mal im Tage zu Stuhl mußten. Die Dienge der einzelnen Ausleerungen ift begreiflicherweife entiprechend Hein und beträgt oft nur einen Eßlöffel voll. Anfangs entbalten fie noch Epeijerefte, bald aber find fie ganz dünn, von einer faft wäſſerigen Ehe Epäter werden fie jchleimig, eitrig und blutig. Den Stuhlentleerungen gehen meift Kollern und folifartige Leib- ſchmerzen voraus. Ber Etuhldrang wird in einzelnen Fällen fo heftig und antauernd, taß der Kranle gar nicht mehr von der Steck⸗ ſchüſſel gehen mill.

Die Weiterverbreitung der Ruhr erfolgt durch Anftedungs- feime, die in den Ausleerungen Ruhrkranler enthalten find. Die Pilegerin muß taher auf größte Vorſicht und Reinlichleit betacht fein. Die Ausleerungen dürfen erst weggeichüttet werden, nachdem fie durch Beimengung von Kalfmild gründlich) entgiftet und die darin enthaltenen Kranfheitsfeime unschädlich gemacht worden ind. Zeib- und Bettwäſche des Kranlen müſſen desinfiziert werden und dürfen tann erft zum Wafchen weitergegeben werden. Eine befondere Aufmerlſamleit erheilcht die Belämpfung der Etuben- Iiegen, die außerordentlich oft die Weiterverbreiter der Krankheit in

Die Behandlung beiteht vor allem in ftrenger Bettruhe bis zur vollfiändigen Wiedergenefung. Ber Unterleib muß durd) trodene warme Flanelltücher oder heiße Umfchläge tauernd warm gehalten werden. Die Ernährung muß ſich auf jlüfjige Soft be- Ihränfen. Anfangs find nur Echleimfuppen, Fleiſch- und Sraft- brühen, Eimeißicaffer, Tee, etwas Rotwein mit Wafjer und vergl. geftattet. Mil, Hygiama, Zwieback, wachsweiche Eier und dergl. ind erft wieder erlaubt, nachdem die Etuhlentleerungen fein Blut mehr enthalten. Die Rüdfehr zur üblichen Hausmannskoſt muß ganz allmählich erfolgen.

Gejunde follten während einer Ruhrepidemie mäßig leben; jie dürfen nur abgekochtes Waffer trinfen und follten rohe Ge- müfe, Salate und ungekochtes Obſt am beften ganz bermeiden. Stellen jih Magen- oder Darmbeſchwerden ein, fo find diefe durch geeignete Mittel fofort zu befämpfen.

Bei der Wahl der nah Arzneimittel find neben den Wllgemeinerfheinungen des Kranken insbefondere die Stuhlbefchwerden und die Beichaffenheit der Ausleerungen zu berüdfichtigen.

9. Krankgeiten bes Unterleibeg. 303

Mercurius sublimatus corrosivus ift das SHaupt- mittel bei der echten Ruhr und paßt vorzugsweiſe im Herbit, wenn bei großen Kolikſchmerzen anfangs viel Galle, dann Blut und Schleim oder eines von beiden abgeht. Nach jeder Ausleerung en anhaltender Stuhlzwang. a e3 feine Erleichterung, o verfuche man eines der übrigen Mittel und berüdfichtige dabei befonder8 Colocynthis.

Mercurius solubilis: ftarfer Drang, al follten die Gedärme Hinausgepreßt werden; nach langem Preſſen kommt helles Blut oder eine grüne, wie gehadt ausfehende Maffe; nad) dem Stuhle bejteht noch größerer Zwang al3 vorher. Ruhr bei Findern, die viel weinen und jchreien oder bei Säuglingen, die die Bruft verweigern.

Aconitum: Nuhranfälle, die bei großer Tageshitze und falten Nächten entjtehen; heftiger Froſt, große Hitze, Durft, Unrube und rotes Geſicht. |

Cantharis: heftige, folifartige Schmerzen; nach der Stuhl- entleerung Nachlaffen der Leibfehmerzen, aber antauernder Stuhl- zwang. Schmerzhafter, zwangweiſer Harnabgang. Wäſſerige, blutige Stühle, die Darmgeſchabſel enthalten.

Veratrum: Abgang mäljerig mit blutigem Schleim, der in Flocken darin umherſchwimmt, Erbrechen, beſonders faures, und großer Durft, heftige Leibjchneiden, feltene® Harnlaſſen, ein- gefallenes, blaffes, angftvolles Geficht, Kälte oder doch Gefühl von Kälte, große Schwäche und Ziehen in den Waden.

Arsenicum: große Schwäche; die Stühle beftehen aus dunfelfchleimigem Blute, riechen faulig, gehen unmwillfürlih ab; der Harn wird ftinfend, die Kranken ganz gleichgültig, wie betäubt; oder fie riechen übel aus dem Munde, werfen jich mit großer Angft im Bett hin und her, können feine Ruhe finden, machen fich aufs Sterben gefaßt. Auf der Haut werden da und dort rote oder blaue Tleden fichtbar. Sit dabei der Atem fehr Fühl oder Flagen fie über Brennen und will Arsenicum nidjt helfen, nachdem es ein- oder zweimal wiederholt wurde, jo gebe man Carbo vegetabilis. Bleibt nach Carbo vegetabilis noch immer der faulige Geruch, jo gibt man China, und fpäter wieder Carbo vegetabilis. Arsenicum und Carbo vegetabilis paſſen vorzüglich, wenn die Nuhr nach einem kalten Trunfe, befonders nad) Eiswaſſer anfing; bei Branntmweintrinfern, nad) Genuß don ſchlechtem Bier oder Obſt ift Arsenicum beſſer; bei ſolchen, die gern Kuchen oder Fettes eſſen, und bei Mildhtrinfern: Carbo vegetabilis.

Colocynthis: ſtarkes Leibweh, würden die Gedärme zwijchen Steine eingeflemmt; die Kranken krümmen fi) ganz zujammen, find fehr unruhig; der Abgang ift fchleimig, blutig, der Leib fehr aufgetrieben, es gehen Schauder vom Unterleibe aus liber den Körper; die Bunge ift weiß jchleimig belegt. Im übrigen vergleiche man, was bej „Kolif” gefagt ift.

304 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Rhus-toxicodendron: Ruhr nadeiner ftarfen Erkältung, bejonder3 wenn man im Schweiße ftand und vom Regen durchnäßt wurde; Abgang blutig, fchleimig, bräunlich oder grünlich, ſchwimmt auf dem Wajler ; gleich in den erften Tagen Ausſchlag an den Lippen (vergl. Arsenicum).

Sulphur: wenn auf andere Mittel Beflerung, aber feine Heilung eintrat, wenn noch immer viel Zwang und bergeblicher Drang den Kranken plagt, wenn er einen Widermwillen gegen Brot, Fleiſch, Milh, Süßes und Saures, Bier und Wein behält, nur flüffige, dünne Suppe oder Branntmweine verlangt.

Brechdurchfall (Cholera”nostras),

plöglich auftretendes heftige Erbrechen verbunden mit frampj- artigen Schmerzen im Unterleib, heftigem Durchfall, großem Durft und Kälte der Gliedmaßen, tritt mit Vorliebe in heißen Sommermonaten, bejonder3 im Juli und Auguft auf und wird gewöhnlich durch Genuß unreifen Obftes, plöglich unterdrüdten Schweiß, faltes Trinfen bei überhittem Körper oder körperliche Überanftrengung hervorgerufen.

Manchmal gehen dem Durchfall und Erbrechen gewiſſe Vor⸗ boten voraus, wie Froftgefühl, Kopfmeh, Übelkeit, Bauchſchmerzen und dergl. Oft ſetzt aber die Krankheit plöglich ohne alle Vorboten mit voller Heftigfeit ein, jo daß fie der wirklichen Cholera ganz ähnlich ſieht. Der Kranke Hagt über heftige frampfartige Bauch- ſchmerzen, Krämpfe in den Gliedern, feine iſt blaß, die Geſichtszüge verraten Angſt und Verzweiflung, häufiges Er- brechen und Durchfälle Heftigiter Art ftellen jih ein, Schwäche— eriheinungen treten hinzu und der ganze Körper ift mit einem flebrigen, falten Schweiße überdeckt.

Slüdlicherweife enden ſolche Brechdurchfälle meist mit &e- nejung. Richt jelten ftellt fi) mitten in der Nacht ein folcher Anfall ein, und jchon bei Anbruch des Tages befindet jid) der Kranke wieder auf dem Wege der Beilerung. Bisweilen kann fich die Dauer der Krankheit allerding3 auch Über einige Tage erjtreden.

Ipecacuanha iſt da3 SHauptmittel, wenn Erbrechen vor- herrſcht. Der Kranke Hagt über beftändige Übelfeit fomie über heftige8 Schneiden in der Magengegend. Nach Ipecacuanha gibt man Nux vomica, wenn fih Angſt, Bauchichmerzen, Kopfweh und Häufige, aber Fleine Stuhlentleerungen einftellen, die mit großem Zwange verbunden find.

Veratrum: ſchwere Fälle mit heftigem Erbrechen und erihöpfenden Durchfällen, äußerjter. Schwäche und Krämpfen in den Waden; Augen eingefunfen, Gejichtsfarbe todesblaß, Kälte der Gliedmaßen, Kalter, Hlebriger Schweiß, heftige Schmerzen in der Nabelgegend, Bauch empfindlich gegen jede Berührung, Schmerzen und Krämpfe in den Fingern. |

.9. Krankheiten des Unterleibes, 305

Arsenicum: große Erihöpfung und raſches Sinken der Kräfte, unlöjchbarer Durſt, Brennen im Magen, faft beftändiger Durchfall oder erneuter Durchfall nad) jedem Trinken, große Un- ruhe und Todesangft. Die Harnabjonderung ift ganz oder teilmeife unterdrüdt, jedem Urinieren folgt ftarfe8 Brennen in der Harn- röhre. SHeftige8 und mit Schmerzen verbundened® Erbrechen, bejonder3 nad) Genuß kalter Getränfe. Zunge und Tippen troden, ichrundig, bläulich oder ſchwarz. Ausſetzender, ſchwacher, zitternder, faum fühlbarer Puls, Krämpfe in Fingern und Behen, Talter, flebriger Schweiß.

Cuprum: frampfartige Bejchwerden ftehen im Vordergrund: Krämpfe in den Gliedern, bejonders in den Waden, Fingern und Zehen; Ausleerungen ſehr zahlreih, von weißlichem Ausſehen, heftige, Frampfartige Bauchſchmerzen.

China paßt hauptjählich für die nach Brechdurchfällen meift zurüdbleibende Schwäche. Doc) kann es auch oft im Verlauf der Stranfheit gute Dienfte tun, beſonders wenn Erbrechen von Speilen und häufige wäſſerige und bräunliche Ausleerungen mit Reften unverdauter Nahrung vorhanden find. Drud im Bauch, felbit nach dem Genuß von wenig Speiſe, große Erjchöpfung, die faft an eine Ohnmacht grenzt. Das Mittel ift beſonders auch angezeigt, wenn ber Genuß ſchwerverdaulicher Stoffe, wie 3. B. unreifes Dbft, den Anfall Hervorgerufen Hat. = ra auch den Abjchnitt „Sommerburchjälle der Kinder“, Seite | :

Cholera (afiatiiche Cholera).

Dieſe mit Hecht jo gefürchtete Krankheit hat in Ajien ihre Heimat. Bon dort aus ift fie öfters auch ſchon in Deutichland eingejchleppt worden und hat dann große Verheerungen angerichtet. Die Cholera ist fehr anftedend, ihr Anftedungsgift ift in den Ausleerungen Cholerakranker enthalten. Man achte daher ftrengftens darauf, daß ſolche Darmentleerungen gründlich desinfiziert werden, ehe man fie wegleert; gelangen fie beifpielamweife in einen Fluß, der zur Trinf- waſſerverſorgung für eine Stadt benüßt wird, jo kann die Ber- unreinigung zu einer ungeheuren Verbreitung der Krankheit führen.

Ehe die eigentlichen Erjcheinungen der Cholera zutage treten, Hagen die Kranken ein oder mehrere Tage vorher über ld allgemeine3 Unbehagen und Schwäche und mehrere durdjfall- ähnliche Entleerungen mit Kollern und leichten Bauchichmerzen itellen jih ein. Dann erft fommen die ausgeprägten Cholera- Sricheinungen: heftiger, gußweiſer Durchfall mit reismwafjerähn- lihen Ausleerungen, heftige Erbrechen und furchtbare Krämpfe der Musfeln; äußerjte Erſchöpfung, namenlofe Angjt und Unruhe befällt den Kianten, das Geficht verfällt, die Stimme wird tonlog, falter, klebriger Schweiß überdedt den ganzen Körper. Geht es

Hering⸗Haehl, HN. 20

306 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

dem Tode entgegen, jo wird der Puls immer ſchwächer, unregel- Fa faum fühlbar, und der Kranke verliert allmählich die Be- innung.

Fa Als gutes Zeichen ift e8 aufzufalfen, wenn ſich während des Anfalles warmer Schweiß einftellt und die anfängliche Kälte des Körpers einer angenehmen Wärme Platz macht.

Innerliche Mittel:

Sulphur, fobald ſich Durchfall zeigt. Oder: Erwachen nad) Mitternacht, Erbrechen, heftiger Durchfall, Wadenfrämpfe, der Kranke wird blau und falt.

Auch äußerlich wird Schwefel al wirkſames Borbeugung3- mittel angewandt. Man ftreut feinſtes Schwefelpulver, ſogenannte Schwefelmild, in die wollenen Strümpfe, je ein halbes Tee- löffelchen voll. Viele Taufende, die diefen Rat befolgten, wurden nie bon der Cholera befallen.

Bei plöglichen Anfällen und überhaupt im Anfange der Krank⸗ heit oder wenn der Zuftand jich verjchlimmert, ift Kampher, mit Waſſer gejchüttelt oder in Spiritus aufgelöft (als Camphora Rubini), da3 Hauptmittel. Wenn die Kranken falt und blay werben, Hinfallen oder fich legen müfjen, über Schmerzen und Krämpfe klagen und fonft gleichgültig find, jo gebe man 2, 3 bis 4 Tropfen Kampherfpiritus auf Zuder geträufelt und laſſe alle 15 oder 10 oder Jogar alle 5 Minuten einnehmen; jobald Schweiß fommt, hört man auf. Der Schweiß muß aber unbedingt ab- gewartet werden. |

Dieſes Mittel Hat Hahnemann, der Begründer der Homöo— pathie, entdedt und zuerjt die Welt damit befannt gemacht; es iſt feitdvem in allen Ländern ein ganz allgemeined Volksmittel ge- worden und hat jchon Hunderttaufende gerettet.

Außer dem Kampheripiritus jind hauptfächlich die folgenden Mittel zu berückſichtigen: |

Arsenicum: Ürbreden und PDurchjälle werden immter häufiger, die Kranken klagen über unauslöichlihden Durft und werfen jich unruhig Hin und her. Pie Darmentleerungen find dünn, wäſſerig, braun oder ſchwärzlich gefärbt und äußerſt übel- riechend oder hellfarbig und geruchlos, von brennenden, frampj- artigen Schmerzen im ganzen Bauch, Brennen im Maftdarın und After, Stuhlzwang und äußerjter Erichöpfung begleitet. |

Veratrum, Sauptmittel bei voll entmwidelter Cholera: Kälte der Körperoberfläche, Erbrechen und Durchjälle immer jchlimmer, Krämpfe in den Waden und anderen Körperteilen. Pie Aus- leerungen jind charakteriſtiſch reiswaſſerähnlich und die Kranken jind fehr ängſtlich und unruhig.

Cuprum ift hilfreich, wenn Erbrechen und Krämpfe die erſcheinungen bilden. Der Körper iſt eiſig kalt, die Haut bläulich verfärbt, das Atmen äußerſt beſchwerlich.

Carbo vegetabilis iſt in den ſchlimmſten Fällen zu ver—

9. Krankheiten bes Unterleibes. 307

ſuchen, wenn ſich Kräfteverfall einſtellt und die Lebenskraft zu erlöſchen droht. Durchfall, Erbrechen und Krämpfe hören auf und der Kranke liegt wie tot da. Das Geſicht iſt blaß, die Lippen bläulich gefärbt, der Körper kalt, ſelbſt der Atem iſt kalt, der Puls kaum fühlbar und fadenförmig. Trotzdem verlangt der Kranle mehr Luft und wünſcht gefächert zu werden.

Wenn der Kranke beſſer geworden iſt und wieder zu eſſen ver- langt, fo gebe man ihm nur dünne Suppen, leichte Koft und ſehr wenig auf einmal. Läßt man ihn eſſen, jo viel er will, fo kann e3 ihn das Leben koſten.

Roc einige allgemeine BVerhaltungsmaßregeln: Man gehe nicht au mit nüchternem Magen, eſſe trodened Brot, Hüte ſich, dur) undernünftige Lebensweile den Magen zu verderben, trinfe wenig und meide geiftige Getränfe. Und vor allem, man fteigere fich nicht in eine übertriebene nofi vor der Anftedung ge Die Furcht raubt die Widerſtandskraft. Wer vernünftig ebt, wird ſich nicht leicht die Krankheit zuziehen.

Unterleibstyphus.

Der Unterleibstyphus iſt eine anſteckende Krankheit, die ihren Hauptſitz in den einzelnen Bezirken des Darmes hat; aber auch Die Milz, die Leber und da3 Blut bleiben von den Kranfheitserregern (Typhusbazillen) nicht verichont. Die Hauptanjtedungsquelle bilden die Stuhlgänge der Kranken, weil fie mafjenhaft Typhusbazillen beherbergen. Gelangt ein jolcher Typhusſtuhl aus undicht ge- wordenen Wbortgruben in einen Brunnen, jo kann eine große Epidemie ausbrechen, bei welcher faft alle Perſonen erkranken, die ungelochtes Wafjer aus diefem Brunnen genießen. Ganze Waffer- leitungen find auf diefe Weife zu Typhusquellen geworden. Ber- meidet man aber alle Möglichkeiten, durch welche Teilchen des Stuhlganges auf Gejunde übertragen werden, fo wird von einer nennenswerten Anftedungsgefahr kaum die Rede fein können. Es ift deshalb ftreng darauf zu achten, daß die Stuhlgänge Typhus- franfer jofort desinfiziert und bejeitigt werden, daß die mit Kot beſchmutzten Wäjcheftüde gründlich ausgekocht und fterilifiert werden und daß Thermometer, die zu Aftermeſſungen benüßt worden find, bei anderen Kranken entiweder gar nicht oder nur in forgfältig des— infiziertem Bufland Verwendung finden. Pflegerinnen jollten ihre Hände aufs peinlichfte reinigen, ehe fie Speifen berühren.

Neben dem Eindringen der Krankheitsfeime in den Organismus iit eine gewilfe Dispofition (Anlage) de3 bejallenen Menſchen zur Entwidlung der Krankheit erforderlich. Kinder big zum 5. Lebens⸗ jahre erkranken ungemein jelten an Typhus; das Alter vom 15. bis 25. Lebenzjahr ijt am meiften gefährdet.

Die auffallendften Veränderungen erzeugt der Unterleibs- typhus im unteren Teile des Dünndarmes, befonders da, wo er in

308 III. Die Behandlung der gemöhnlichften Krankheiten.

den Dickdarm übergeht. Das Wejentliche der Darmveränderungen ift die Schwellung von Drüſenbündeln, der fogenannten Peyer- ſchen Plaques. In der eriten Krankheitswoche jind fie infiltriert und ragen wie Hirjeforngroße Perlen hervor; in der zimeiten Krankheitswoche tritt ein Abjterben, eine Verſchorfung an den geſchwollenen Drüfen ein; in der dritten Krankheitswoche ftoßen jih die abgeftorbenen verſchorften Teile ab, e3 bildet fich ein Geſchwür, melches oft die ganze Dide der Darmwand durchſetzt. Diez ift der Zeitpunkt der nachher zu erwähnenden gefährlichen Darmblutungen. Mit den Veränderungen am Darm geht immer eine Schwe ng der Milz einher. Pie Krankheitsdauer einer mittelſchweren Typhuserkrankung beträgt, ohne die Erholungzzeit, etwa 4 Wochen.

Die Kranken Hagen zuerft über Abgefchlagendeit, Unruhe, Ziehen in den Gliedern, Schlaflofigfeit, Kopfweh, Nafenbluten und ähnliche Erſcheinungen. Dann erft beginnt jich Fieber einzuftellen. Unter Fröſteln geht die Temperatur ftaffelförmig anfteigend immer mehr in die Höhe, bis fie gegen Ende der erjten oder Anfang der ziveiten Krankheitswoche mit etwa 40°C. ihren —— erreicht hat. Die Kopf⸗ und Gliederſchmerzen nehmen inzwiſchen immer mehr zu und die Unruhe des Kranken ſteigert ſich bedeutend. Allmählich laſſen dann die Erregungserſcheinungen nach, eine bleierne Schwere befällt

die Glieder und der Kranke liegt, mit ſtark getrübtem Bewußtſein, teilnahmlos im Bett. ine anfangs etwa vorgekommene Ber- ſtopfung macht bald einem mehr oder weniger heftigen Durchfall Platz. Die Ausleerungen ſehen wie Erbſenſuppe aus. Der Bauch iſt durch Blähungen aufgetrieben und die Bauchdecken weiſen vom 9. bis 10. Tage an mehr oder weniger zahlreiche Heine, rote, erhöhte Flecken auf, welche die Größe einer Linſe erreichen können. Zunge und Lippen, die anfangs noch feucht waren, werden immer trodener und von dunklen Borken bededt. Nachdem ſich die Krankheit einige Tage auf diefem Höhepunkt gehalten hat, beginnt die Yieber- kurve langſam zu fallen und am Ende der dritten Woche fann Die Temperatur bereit3 wieder normal geworden fein. Der Stuhlgang wird allmählich wieder regelmäßig, die Zunge ſich, der blaſſe und erſchöpfte Kranke bekommt wieder eine normale Geſichtsfarbe, die eingefallenen Züge füllen ſich aus und in beſonders günſtigen Fällen zeigt der Kranke nach überſtandenem Typhus ſich kräftiger und blühender als je zuvor.

Verhängnisvolle Komplikationen, die ſich mit Vorliebe in der 2. und 3. Krankheitswoche, allerdings auch nicht ſelten noch in der Geneſungszeit einſtellen, ſind Darmblutungen und Bauchfell- entzündungen. Bei einer Blutung tritt plötzliches Sinken der Temperatur ein, der Puls wird ſchnell, klein und unfühlbar, der Kranke ſieht auffallend blaß und ängſtlich aus und klebriger Schweiß bedeckt den ganzen Körper. Eine Bauchfellentzündung, die ſich in der Regel an einen Darmdurchbruch anſchließt, kündigt ſich

9. Krankheiten des Unterleibes. 309

durch reißende Schmerzen im Leibe an; unter Erbrechen, bei kleinem Puls und Schweißausbruch verfallen die Kranken rafch.

Was die Behandlung des Unterleibstyphus anbetrifft, fo ist vor allem ftrenge Bettruhe anzuraten. Selbſt Kranke, bei denen nur der Verdacht eu Typhus befteht, bei denen aljo nod) feine fichere Diagnofe geftellt werden Tann, jollten während einer Typhusepidemie fofort zu Bett gebracht werden, bis jich mit Be- jtimmtheit ergibt, ob fie angeſteckt find oder nicht.

Während des ganzen Srankheitöverlaufes ift nur flüffige Nahrung, am beiten Milch oder Buttermilch, erlaubt, weil fich, wie bereit3 erwähnt, die wichtigsten krankhaften Veränderungen in den Gedärmen abjpielen. Zweiſtündlich eine Taſſe Mild) genügt jelbft für Etwachſene als Nahrung. Wird Milch nicht gut ertragen, jo kann man an deren Gtelle Kraftbrühe, Fleiſchſaft (fiehe Seite 46) oder dünne Schleimfuppen verabreichen. Dagegen find feite Nahrungsmittel unter keinen Umftänden eher weil fie leicht Blutungen, Darmdurchlöcherungen und Bauchfellentzün- dung hervorrufen können. Erft wenn die Temperatur mindeſtens eine ganze Woche lang normal geblieben ift und Durchfall, Auf- treibung des Unterleibes und ähnliche Erfcheinungen gänzlich ver- ſchwunden find, darf man den Kranken allmählid) feite erg. geben. Mit dieſen ftrengen Borfchriften ftößt man freilich oft auf Widerjtand, ſowohl beim Kranken, der bei zunehmender Beſſerung über Hunger Hagt und zu eſſen verlangt, als auch bei feiner Um— gebung, die oft genug das nötige Verſtändnis für die Durchführung jolcher Ratichläge nicht befigt. Mancher Todesfall von Typhus ift Dadurch hervorgerufen worden, daß dem Verlangen des Kranken nach Speilen zu früh ftattgegeben worden ift.

Klagt der Kranke über großen Durft, fo darf man ihm nad; Be— lieben reines Trinkwaſſer geben. Befteht jedoch der geringite Zweifel über die Reinheit desfelben, fo empfiehlt e3 fich, abgelochtes Waffer zu verabreihen. Limonaden und fonftige Fruchtſäfte find nicht zu empfehlen.

Unter den homöopathiſchen Arzneimitteln ift für das Anfangs- jtadium Bryonia da3 widtigfte. Gleich bei Beginn der Krank⸗ heit verabreicht, beeinflußt e3 die Fiebertemperatur in günftiger Weile und beugt den jo unangenehmen Folgezuftänden im Darme wirkſam vor. Beſonders charateriftifch für Bryonia find: Geiftige Benommenheit, ftumpfer Gejicht3ausdrud, trodene braune Zunge, übelriechender Atem, träger Ablauf aller Funktionen; Durd- liegen, Verlangen nad) völliger Ruhelage, Langfamfeit des Pulſes im Bergleich zur Temperatur. Viele Fälle von Typhus find, Anwendung eines anderen Heilmittel, unter Bryonia genejen.

Das zmweitwichtigfte Mittel ift Baptisia. Pie Meinung, daß e3, im Anfangzftadium angewandt, die Krankheit abzufchneiden vermöge, Hat ſich nicht als richtig erwiefen. Es fommt erft im zweiten Stadium in Betracht. Charafteriftiich für das Mittel find:

310 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Geiftige Vermwirrtheit, jo daß der Kranke glaubt, jemand neben ji im Bett zu Haben, der frank fei, oder er fragt, was aus feiner Bruft, feinen Beinen oder Armen geworden fei. Alle ragen beantwortet er in der dritten rn teil er nicht ſich felbft, ſondern einen andern für krank hält. Ibelriechender Atem, faulige Ent- leerungen.

Belladonna ijt vorübergehend von Nutzen: hejtiger Kopf⸗ Ichmerz, gerötetes Geficht, glänzende Augen, Trodenheit von Mund und Zunge, Nafenbluten und allgemeine Nöte der Haut.

Rhus toxicodendron: beftändige Unruhe, jortwährendes Umherwerfen, unaufbörliches Berwegen von Armen und Beinen, Klagen über das Bett, das zu hart fei, murmelnde3 Delirium, nächtliche erbjenfuppenartige ftinfende Stuhlgänge, unfreitilliger SHarnabgang; ſehr trodene Zunge, die an der Spitze gerötet ift und durch deren Mitte der ganzen Länge nad) ein Streifen zieht.

Lycopodium, Bwilchenmittel bei Störungen an der Leber: gelbe Haut, ar Augenmweiß, gelb belegte Zunge, brauner Urin, gallige Stuhlentleerungen, gelb gefärbter Schweiß, angefchwollene Leber, aufgeblähter Leib, gleichgültige Gemütsftimmung.

Auch Sulphur fommt meift nur vorübergehend zur Verwen⸗ dung bei trodenem Brennen der Haut und der Handteller, überhaupt bei andauernd hohen Temperaturen mitrafhem Pulſe. Der Harn- abgang ift ungenügend, der Urin 2: farbitoffhaltig, die Blaſe oft zum Berjten voll. Es paßt insbejondere da, wo die Abmwehr- und Heilftaft des Körpers darniederliegt und Fein Fortichritt zur Bef- ſerung eintreten will.

Stuhlverjtopfung.

Dan bezeichnet damit einen Zuftand, bei dem die Darment- leerungen an Zahl und Menge Hinter der genoffenen Nahrung zurüdbleiben. Perſönliche Gewohnheit und Veranlagung müfjen dabei allerdings berüctfichtigt werden. Es gibt Leute, die zeitlebens nur jeden zweiten Tag Stuhlgang haben und fich dabei volllommen roohl befinden. Andere find daran gewöhnt 2mal täglich zu Stuhl zu gehen. Bei den meijten Menjchen erfolgt unter normaler Lebensweiſe einmal täglid) eine man m Diefem täg- lichen Drang follte man ftet3 mit größter Bereitwilligfeit nachgeben. Wird der normale Stuhldrang öfter gewaltfam unterdrüdt, fo gewöhnt der Darm fich bald an dieſe Unregelmäßigfeit, und Stuhl- verftopfung mit all ihren üblen Begleiterfcheinungen ift die Folge.

In zahlreichen Fällen fteht die Verftopfung mit anderen Krank⸗ heitzzuftänden in Verbindung. Unterleib3leivende Frauen 3. B. jind häufig mit Stuhlverftopfung behaftet. In anderen Fällen ist das Grunbleiden eine allgemeine nervöſe Schwäche (Neurafthenie und Hhfterie), in wieder anderen Fällen haben afute fieberhafte Erkrankungen den erjten Anlaß zur Verſtopfung gegeben.

Die volfstümlichfte Behandlung der Stuhlverftopfung iſt die

9. Krankheiten des Unterleibes. 311

mit Abführmitteln. Die meiſten Kranken haben ihre beſondere Bezugsquelle für ihr „ganz unſchädliches Nachhilfe mittel“. Es iſt notwendig, das Kind beim rechten Namen zu nennen: Jedes Arzneimittel, das imſtande iſt, den verſtopften Darm gewaltſam zu einer Entleerung zu zwingen, iſt ein Ab— führmittel. Nicht? ift aber auf die Dauer nachteiliger als der regelmäßige Gebrauch von Abführmitteln gegen Stuhlverftopfung, gleichgültig unter welch verlodenden Namen fie dem Kranken empfohlen werden. Sie verlieren allmählich ihren Einfluß auf den Darm und müſſen in immer größeren Mengen verabreicht oder mit ftärfer und giftiger wirkenden Mitteln vertaufcht werden.

Wer nicht mehr ißt, als er wirklich braucht, und dabei tüchtig arbeitet, wird jelten an Berftopfung zu leiden haben. Wer aber daran leidet, befleißige fich vor allem einer einfachen, vernünftigen Lebensweiſe, gebe alle Tage wenigſtens eine Stunde ins Treie, effe nicht zu viel Fleiſch, nicht viel Salziges, kaue gehörig, umfo länger, je weniger Zähne er hat, ſchneide alles auf dem Zeller ge- hörig fein, eife zu Fleilch immer Gemüfe, Obſt und Brot, bejonders Stahambrot, ejje Suppen nad) alter deuticher Sitte, laſſe aber die Milch nicht mitgefocht werden, trinke feinen Zee und feinen Alkohol. Morgens nüchtern empfiehlt e3 ich, friichgemolfene Kuhmilch au trinten. Auch Buttermild, die manche Leute verachten, Hilft oft gegen Stuhlverftopfung. Zweimal in der Woche Sauerkraut zum Mittageſſen ift für die, die es ertragen, ein 35*— Mittel; auch Obſt, am beſten getrocknetes oder gute reife Apfel oder Pflau- menmu3. Bejonderd wirkſam find rote Johannisbeeren früh- morgen3 nüchtern gegefjen.

Man rauche nicht por den Mahlzeiten. Endlich empfiehlt es jih, alle Abend dor Schlafengehen oder frühmorgens ein Glas faltes3 Waller zu trinken.

Unter den Hausmittel ift feines anzuraten, ala dann und wann ein Kliftier. Viele fürchten, man gewöhne ſich leicht daran. Dies ift nicht der Fall, wenn die Kliſtiere nur aus Waſſer beftehen, nicht zu oft angewandt werden, und wenn man daneben an pathiſche Mittel verwendet. Es ift zehnmal fchlimmer, ſich an Abführmittel zu gewöhnen. Zuſätze wie Glyzerin, Terpentin und dergl. find jchädlich, nur bei Slindern kann man zumeilen etwas friſche abgekochte Milch Hinzufügen. In befonder3 Hartnädigen Fällen haben jich Kliftiere mit Ol bewährt. Sie können anfangs täglich, dann jeden zweiten, ſpäter jeden dritten Tag, dann einmal in der Woche uſw. angewandt werden. Zur Stärkung des Unter- leib3 dienen außerdem fühle Kliftiere mit wenig Waffer, die abends zu geben find und fo lange al3 möglich behalten werden müſſen (Bleibefliftiere). Zur Stuhlentleerung dagegen verwendet man warme Sliftiere, die erweichen und öffnen follen. Sie müſſen reichlich fein und jollten immer nur vormittags genommen werben; dies ift die richtige Zeit zur Leibesöffnung.

312 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Ein gutes Mittel zur Negelung der Verdauung ift außerden tüchtige Bewegung mit den Füßen, bejonder3 Bergfteigen. Auch ift e8 gut, wenn man ſich an eine gewilje Regelmäßigfeit gewöhnt und alle Tage zur felben Zeit, und zwar womöglich in den Morgen- itunden, den Stuhlgang zu erwirfen fucht. Dieſer Verſuch muß geduldig, ohne allzugroße Anftrengung (was einen gefährlichen Blutandrang zum Kopf verurfadhen würde) erfolgen und mochen- lang täglich wiederholt werden.

An Homdopathiihen Mitteln fommen vorzugsweiſe in Betracht:

Nux vomica: bei Stubenfigern, Branntweintrinfern, nad) dem Genuß von zu vielerlei Speifen, Überladen de3 Magens; Berftopfung nad) Durchfall; geringe Eßluſt, mwidriger Geſchmack im Munde, fchleimig belegte Zunge, Efel, Ülbelfeit, Auftreibung des Unterleibes, Drud darin, Hitze, Stechen da und dort, Gefühl wie bon einer Laſt darin tief unten, fchneidendes Leibweh, Hitze bejonder3 im Gejicht, Kopfichmerz, Unluft zum Arbeiten, unruhiger Schlaf, Atembeflemmung, Ürgerlichkeit und Neigung zu Hagen. Herrſcht aber ftille Verdrießlichfeit vor mit Unluft zu fpreden, wurde viel Kuchen, ranziges Fett und dergl. genofjen, fo paßt Pul- satilla bejjer; ift der Kranke ärgerlich und froftia, Bryonia.

Bryonia: erftopfung im Sommer ſchlimmer; Verjtopfung folcher, die ojt an Rheumatismus leiden. Die entleerten Kot— majfen find groß, Hart, troden und jehen wie verbrannt aus.

Opium: Neigung zum Stuhle zu gehen, aber ohne Drana, als wäre der After verichloffen; zumeilen Gefühl einer Laſt im Unterleibe und Klopfen darin, Magendrüden, trodener nd, Durft, mangelnde Epluft.

Platina: 2erjtopfung auf Reifen; mit großer Anftrengung, mit Zwängen und Kribbeln im After gehen nur Heine Stüde ab; nad) dem Stuhle Schauder über den ganzen Körper und Gefühl bon Schwäche im Unterleib, außerdem Zuſammenſchnüren darin, Drüden und Abwärtspreſſen, Magendrüden mit meift vergeblichem Drang zum Aufftoßen. Verſtopfung nach) Bleivergiftung.

Lachesis: Verſtopfung mit Magendrücken und Aufſtoßen. Stühle ſpärlich, hart und ungenügend; beſtändig die Empfindung, als dränge etwas im Maſtdarme nach unten, ohne daß es eigentlich zum Stuhle treibt.

Natrum muriaticum: langwierige Fälle, wenn alle obigen Mittel ohne Wirkung bleiben, wenn jich gar fein Drang zum Gtuhlgang einftellt. ft Häufiger Stuhldrang mit wenig Erfolg vorhanden, fo verfuche man Sulphur.

Graphites: hartnädige Stuhlverjtopfung bei Frauen mit berzögerter, fpärlich auftretender Regel, nantentlich in den Wedhfel- jahren. Die Stuhlentleerungen jind mit Schleim bededt.

Plumbum: %2erftopfung mit heftigen Zolifartigen Baud)- ichmerzen. Der Unterleib ift hart und aufgetrieben, die Stuhl- entleerung hart, fnollig und ſchafkotähnlich.

9. Krankheiten des Unterleibes. 313

Sepia: ®erftopfung jchiwangerer oder unterleibsleidender Frauen. Erfolglojer Drang, Schmerz im Maftdarm während des Stuhlganges und noch längere Zeit nachher.

Schmerzhafte Leberkrankheiten.

Schmerzen, die in der rechten Rippenweiche ihren Sit haben und bon da nach unten oder oben, hauptjächlich aber nad) dem Schulterblatt ausftrahlen, find gewöhnlich Zeichen von Leberkrank⸗ heiten. Doch darf man nie außer acht laffen, daß viele und zwar oft die gefährlichiten Leberfranfheiten ohne beſonders fchmerzhafte Erſcheinungen einjegen und nur durch eine eingehende Unter- ſuchung vom Arzte erfannt werden fönnen. Man fei daher vor- fichtig und laſſe fich beigeiten unterfuchen, wenn irgend ein Verdacht auf Leberleiden befteht. Solche, die weit von einem Arzt weg wohnen ober denen e3 nicht möglich ift, einen homöopathiſchen Arzt zu Rate zu ziehen, mögen in geeigneten Fällen einen Verſuch mit einem der nachfolgenden Homdopathifchen Arzneimittel machen.

Aconitum: 2eberentzündungen mit hohem Fieber, heißer - Haut, viel Durft, Todesangft und —5

Nux vomica: pulſierende, ſchießende Schmerzen in der Lebergegend, mit größter Empfindlichkeit gegen jeden Druck. Es paßt beſonders für Leberkranke, die ans Trinken und an gemwürz- reiche Koſt gewöhnt waren oder die infolge hartnäckiger Verſtopfung jahrelang Abführmittel gebrauchten.

Lycopodium: Spannen und Völlegefühl in der rechten Rippenweiche, al ob ein. Reif um den Körper gefpannt märe. Selbft Heine Mengen Speijen rufen raſch Sättigungsgefühl hervor; Neigung zu Stuhlverftopfung.

Bryonia: ftehende Schmerzen in der Lebergegend, die durd) jede Bewegung, durch Atmen, Huften, Nieſen und dergl. gewedt = gefteigert werden. Bitterer Mundgeichmad, vide, gelb belegte

unge.

Belladonna: Schmerzen in der Lebergegend, die nad) der Bruft und der rechten Schulter ausftrahlen. Anſchwellung und Empfindlichfeit in der Magengrube, Blutandrang nad) dem Kopf.

Mercurius: dumpfe, drüdende Schmerzen in der rechten Rippenmeiche, jo daß der Kranke nicht lange auf der rechten Seite liegen kann. Bölliger Mangel an Eßluſt, viel Durft, beftändiges Fröſtelgefühl, dem meift ein Flebriger Schweiß folgt, gelbe Haut- farbe. Die Leber ift ftark vergrößert und gegen Drud jehr empfind- ih. Aſchgraue oder gelblidhgrüne Stuhlentleerungen mit viel Zwang. Gelblichweiß . Bunge, die ringsum den Eindrud der Zähne aufmeift, übler Mundgerud).

Sulphur: wenn auf die angeführten Mittel nur borüber- gehende Beſſerung eintritt. Es eignet ſich hauptſächlich für chro— niſche (langwierige) Leberleiden.

314 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

Die Gallenſteinkolik

iit eine der fehmerzhafteiten Srankheiten, bon denen der Menjd) heimgefucht werden kann. Über die Entftehung der Gallenfteine in der Gallenblafe herrjcht teilmeife noch völlige Dunkel. Soviel ift indes ficher, daß ſitzende Lebensweiſe, enge Kleidung (das Tragen eine3 engen Korjetts, Schnürleibeheng oder Gürtels), häufige, raſch aufeinanderfolgende Schwangerichaften, allzureichlider Fleiſch- genuß, das Trinken kalkreichen Waſſers und vergl. die Bildung von Sallenfteinen begünftigen. Das bloße Vorhandenſein folcher Steine in der Gallenblafe verurfacht übrigens Teine Beſchwerden. Dieſe fegen vielmehr dann erftein, wenn der Gallenftein aus irgend einer Beranlaffung in ven Gallenausführungsgang gerät. Findet dann eine Einflemmung ftatt, jo entitehen die fürchterlichften Schmerzen, die fo lange fortdauern, bis der Stein entiweder in den Zwölffingerdarm hinein- oder in die Gallenblafe zurüdgefaller ift.

Eines der beiten Linderungsmittel während eines Anfalles von Sallenfteinkolit find Heiße Kompreſſen oder Leinfamenumfchläge, die Direft über die Lebergegend gelegt und fo oft al3 möglich erneuert werden müllen. Innerlich gibt man bi3 zum Eintreffen des Arztes Belladonna im ®edjel mitChamomilla. Tritt nicht als— bald ein Nachlafjen der Schmerzen ein, fo fann man au China verfuchen. Außerdem verabreiche man dem Leidenden öfters einen Kaffeelöffel voll Dlivenödl.

Gelbfucht

iſt eine häufige Begleiterſcheinung vieler Leberkrankheiten. So a 3. B. Gelbjucht, wenn ein Gallenftein längere Beit ein- geflemmt ift und dadurch dem Abfluß der Galle im Wege fteht. Beſonders oft ift fie die Folge eine Magen- und Darmlatarrhes, wenn die katarrhaliſche Anſchwellung der Schleimhaut des Zmölf- fingerdarme3 und die maflenhafte Schleimabfonderung Die Mündung des Gallenausführungsganges verſchließen. Selbſt Gemütsbewegungen können unter Umſtänden Gelbſucht hervor- rufen. Nicht ſelten In lie auch in Verbindung mit gefährlichen Leberfrankheiten, wie Leberfreb3, a marplung und dergl. Die wichtigſte Erſcheinung der Gelbjucht ift Die Verfärbung der Haut, die alle Stufen von einem lichten Gelb bis zu einem tiefen Braunſchwarz durchlaufen kann. Das Weihe der Augen ift ftet3 mit verfärbt. Die Gtuhlentleerungen befommen all- mählich ein hellgelbes bis aſchgraues Ausfehen, der Kranke Flagt über Kopfweh, AUppetitlofigfeit, Efel vor Speifen, bitteren Mund- geihmad, Drud in der Magengegend und heftige Hautjuden, das ihn oft nicht zur Ruhe kommen läßt. Schmerzen find meift faum oder doch wenig zu berjpüren. Der Gelbfüchtige muß bis zum Eintritt der Befferung fette

10. Krankheiten ber Harnmwerfzeuge und der männlichen @efchlechtsorgane. 315

Speijen meiden. Seine Hauptnahrung foll, wenigftens in den eriten Tagen, größtenteild aus Suppen und Buttermilch beftehen. Erſt nad) einiger Zeit kann er zu magerem Fleifch, gekochtem Obſt, Semüfe und altgebadenem Weißbrot übergehen.

Bryonia ift eine3 der wichtigften Mittel gegen Gelbſucht. Die Leber ift angeſchwollen, mit Blut überfüllt. Bewegung ver- urſacht Stehen und Drüden in der Herzgrube und recht3 unter den Rippen.

Chamomilla paßt hauptſächlich für Kinder und Frauen mit leicht reizbarer Gemütsftimmung oder wenn die Gelbjucht durd) Ürger oder heftige Gemütsbewegung entftanden ift.

China: Gelbſucht, die auf Säfteverlufte, 3. B. monatelanges Stillen, heftige Blutungen und vergl. folgt.

Mercurius: Gelbſucht mit Darmlatarrh. Dider BZungen- belag, lehmfarbige oder grüngelbe Ausleerungen, die von großem Zwang begleitet find.

Chelidonium: Gelbjucht mit Verdauungaftörungen. Große Empfindlichfeit und ftechende Schmerzen in der Xebergegend nad) dem rechten Sculterblatt ausftrahlend. Gelb belegte Zunge, Verlangen nad) jauren Speijen.

Carduus marianus: Gelbſucht mit unerträglidem Boll- heitögefühl in der Magen- und Lebergegend. Dumpfes Kopfmeh, bitterer Mundgeſchmack, mweißbelegte Zunge mit rotem Rande und Erbrechen grünlicher Flüſſigkeit.

Nux vomica: Gelbſucht nah Magenüberladung, Alkohol⸗ mißbraudy oder häufiger Benügung von Abführmitteln. Biel Übelfeit und leeres Erbrechen, Stuhlverftopfung mit häufigem vergeblihem Drang.

Zehnter Abſchnitt.

Krankheiten der Harnwerkzeuge und der männlichen Geſchlechtsorgane.

Eiweißharnen. Urämie.

Zu häufiges Harnlafjen oder der Abgang zu großer Mengen Uring ift ftet3 zu beachten, weil es einerjeit3 ſchwächt und anderer- feit3 gar nicht jelten den Anfang einer gefährlichen Krankheit bildet. Manche Nierenktrantheiten und die Zuderharnruhr (jiehe Seite 320) äußern ſich in ihren erften Anfängen durd) häufiges und maſſenhaftes Harnlaflen.

te äußeren Erfcheinungen und Beichen einer Nierenkrankheit jind bedauerlicherweije nur felten deutlich) bemerfbar. Oft wird

316 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

ein Rierenleiden, nachdem es vielleicht ſchon jahrelang beftanden hat, nur durch einen Zufall wie 3. B. anläßlich eines Aufnahmegefuches in eine Lebensverſicherung entdedt. Die einzige, faft regelmäßig auftretende Begleiterſcheinung einer Nierenentzündung ift das Eiweißharnen. Doch kann auch diefe Erfcheinung nur mit Hilfe einer chemiſchen Unterſuchung des Harnes feftgeftellt werden. Andererjeits ift der Abgang von Eiweiß im Urin nicht immer gleich- bedeutend mit einer Nierenentzündung. Bei Säuglingen findet man 3. B. in den erjten Lebenstagen faſt immer etwa3 Eiweiß im Harn, ebenfo bei jonft räftigen und gefunden Leuten nad) über- mäßiger Mugfeltätigfeit. Soldaten lafjen beifpielaweije zumeilen

eiweißhaltigen Urin nad) anftrengenden Märfchen, ohne daß fie des-

halb „nierenleidend” jmd. Für den Arzt gibt es glüdlicherweile

noch ein weiteres, unbedingt ſicheres Erfennungszeichen, ob der

Kranfe eine Nierenentzündung hat oder nicht, nämlich das Bor- bandenfein von „Nierenzhylindern”, die man mit Hilfe des Mikroſkopes im Bodenſatz des Harnes nierenkranker Perjonen finden kann.

Nierenkrankheiten können die mannigfachſten Urſachen haben. Sie können die Folge anſteckender Fieberkrankheiten, des Scharlachs, der Diphtherie, der Influenza, der Maſern und des Typhus ſein, weil gewöhnlich die im Blute kreiſenden Giftſtoffe einen krankheit⸗ erregenden Reiz auf das zarte Nierengewebe ausüben. Auch gewiſſe Stoffwechſelprodukte, die ſich im Blute befinden, z. B. das maſſenhafte Vorhandenſein von bei Gichtleidenden oder andere Gifte, wie chroniſche Alkohol⸗ oder Bleivergiftungen, fönnen ein Nierenleiden Hervorbringen. Auch Erfältungen oder Durchnäſſungen, ganz bejonder3 langer Aufenthalt in feuchtlalten Wohnräumen rufen nicht felten Nierenfrankheiten hervor.

So jpärli die Krankheitsſymptome eines Nierenleidend im allgemeinen find, jo gefährlich find die Erjcheinungen, wenn die Franken Nieren plöglich ihren Dienft verfagen und infolgedejjen gewille Stoffe wie den Harnftoff im Körper zurüdlafjen, ftatt ihn durch den Urin nad) außen abzufcheiden. Es tritt dann jener gefürcdhtete und äußerst gefahrdrohende Buftand ein, den man Harnftoffpergiftung oder Urämie bezeichnet. (Siehe aud) „DBergiftungen durch Gelbitgifte” Ceite 121). Dieſe Erfranfung wird gewöhnlich durch Häufiges Kopfweh und Erbrechen eingeleitet, dem Bemwußtlofigfeit und Krämpfe folgen. Ein tödlicher Ausgang gehört nicht zu den Seltenheiten. Eine andere Folge ungenligen- der Nierentätigfeit, der man bei afuten und chronischen Nieren- entzündungen begegnet, ift die Waſſerſucht.

Im Hinblid auf die Gefahr, die Nierentrankheiten ftet3 im Ge- folge haben, ſowie auf die meift ungenügenden Anhaltspunfte, die fie nach) außen Hin darbieten, eignen fie fi) durchaus nicht zur

. Selbitbehandlung. Nur der Vollitändigfeit wegen und um dem- \ jenigen, dem jede Möglichkeit, einen homöopathilchen Arzt zu Rate

10. Krankheiten der Harnwerkzeuge und ver männlichen Geſchlechtsorgane. 317

zu ziehen, abgefchnitten ift, wollen wir einige wichtige hHomöopa- thiſche Mittel gegen akute Nierenentzlindungen folgen laſſen.

Apis: plöglich auftretende Nierenentzlindungen, wenn bereits deutlich erfennbare, waſſerſüchtige Anjchwellungen unter den Augenlidern, im Gejicht und an den Armen und Beinen vorhanden ind. Akute rn im Verlaufe eines Scharlachs fönnen oft durch Apis geheilt werden. Neben vielem Cimeiß enthält der Harn gewöhnlich auch Spuren von Blut. Bei häufigem Harndrange läßt der Kranfe meift nur Heine Mengen Urin und flagt über dumpfe Schmerzen im Rüden. Er ift fchläfrig, hat eine auffallend blajje Hautfarbe und leidet an Atemnot.

Cantharis, ebenfalls ein Herborragendes Mittel bei ftür- milch auftretenden Nierenentzündungen: häufiges Harnlaſſen, tropfenmweije, mit Brennen und Zwang oder mit jchneidenden Schmerzen in den Lendengegenden. Der Harn ift jtark mit Blut vermilcht und enthält viel Eiweiß.

Arsenicum: afute und chronische Nierenleiven, wenn der Kranke viel über Durft klagt und mit wäſſerigem Durchfall behaftet it. Abends und beſonders nach Mitternacht ftellen fich Anfälle von Atemnot ein, die nad) Auswerfen von etwas Schleim erleichtert werden. Bon ganz bejonderem Wert ift diefes Mittel, wenn jener gefährliche Buftand lee droht, den wir Urämie bezeichnet haben. Doch hat fich in folchden Fällen Cuprum arsenicosum noch befjer bewährt.

Phosphorus, Mercurius,Coccus cactiund Plum- bum fommen mehr bei chronifchen Nierenfrankheiten in Betracht. Siehe außerdem auch die bei, Blutharnen” angeführten Arzneimittel.

Überaus wichtig für den Kranken ift die Frage: Was darf ein Nierenleidender efjen und trinten? Am ſchädlichſten jind alle jene Speifen und Getränke, die da3 ſchon vorher kranke Nierengemwebe zu reizen imftande jind. Dahin gehören vor allem gewiſſe Fleifchlorten, wie 3. B. ftarf gepöfeltes und geräuchertes Fleiſch, befonders auch Schweinefleisch, Scharfe Saucen und Fleilch- brühe. Ferner Gewürze wie Ingwer, Pfeffer, Salz, Senf und Nellen. Bon den Getränfen ift Alkohol, namentlich in ftark fonzen- trierter Form am ſchädlichſten. Yon den Gartengewächſen muß der Nierenleidende Spargeln, Meerrettich, Zwiebeln, Kreſſe und Rettich meiden.

Am befömmlichiten jind ihm dünne Waflerfuppen, Eier, leicht berdauliche, junge Gemüfe, wie Spinat, gelbe, weiße und rote Rüben, Schwarzmwurzeln, Kohlrabi, Blumenkohl, ſowie Obft- und Mehlipeifen, wie Nudeln, Spaten, Maffaroni und dergl. Bon den Fleifchforten dürfen außer Geflügel nur Heine Mengen Kalbfleiſch gut durchgebraten genofjen werden. Würjte jind des Pfeffer⸗ aehaltes wegen beffer zu meiden. Als Getränke fommen in erjter Linie Mil und gutes Duellmaffer, ferner Mandelmildh, Zitronen-

318 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

limonade, alloholfreie Sruchtfäfte und Mineralwäffer, wie TZeinacher, Siefhübler und Bilmer in Betracht.

Bei afut auftretenden Nierenentzündungen hängt die Heilung nicht jelten von der ftrengen Einhaltung einer reizlofen, meijt flüffigen Koft ab. Außer Heinen Portionen Milch oder dünnen Waflerfuppen kann man dem Kranken oft mehrere Tage nichts anderes geftatten, da jonft die Gefahr einer Harnvergiftung droht.

Harnentgehen.

Kindern entgeht oft Harn beim Spielen und Umherlaufen oder im Schlafe, beſonders nachts. Hierüber ſiehe den Artikel „Bettnäſſen“ Seite 370. Später im hohen Alter kommt es eben- jall3 wieder häufig vor. Aber man findet e3 in jedem Lebensalter, beſonders bei Frauen. Dann find aber gewöhnlich noch andere Beſchwerden dabei, nad) denen man fich richten muß, 3. B. Huflen, vergl. dann Causticum, Natrum muriaticum, Anti- monium crudum, Bryonia, Pulsatilla, Spongia, Staphysagria, Veratrum. Entgeht der Harn zugleich mit Blähungen, jo gibt man Pulsatilla. Entgeht er ganz uner- wartet beiTage: Ferrum; wenn ſchon im erften Schlafe:Sepia.

Harnbeichwerden

oder Schmerzen und Schwierigkeiten beim Harnlaffen, die ſich bis zur Unmöglichkeit des Urinierenz fteigern können, werden zuweilen durch andere Krankheiten veranlagt, teil durch langwierige Leiden in den Nieren teild durch ſolche in der Blafe oder der Harnröhre. Sin diefen Fällen muß man einen homöopathiſchen Arzt befragen; doch können zumeilen die heftigften Beſchwerden in ihren Anfängen durch die Hier angegebenen Mittel gelindert werden. Dabei ver- hütet man wenigften3 noch ſchlimmere Krankheiten, die durch große Mengen von Arzneien verurfacht werden können. Iſt feine der oben erwähnten Urſachen im Spiele, jo fann man die Bejchwerden jehr leicht jelber Heilen.

Während fo viele Menjchen ängftlich an ihren Stuhlgang denken, und jeden Tag, an dem Jie feinen Stuhlgang hatten, an den Fingern abzählen können, wiſſen nur wenige, ob jie Waſſer gelaflen Haben oder nicht. Dieſe Abfonderung ift aber jo wichtig, daß eg mehr zu bedeuten hat, wenn jemand einen Tag lang fein Waſſer läßt, als wenn er eine ganze Woche feinen Stuhlgang hat. Ferner entjtehen viele Krankheiten dadurch, daß man den Harn zu lange zurüdhält. Nie muB man ſich vom Harnlaſſen abhalten lafjen, jobald es ernitlid) dazu drängt. Auf Reifen, bejonders auf Eifenbahnen, muß man es ſich zur feſten Regel machen, ftet3 daran zu denken und lieber da3 Trinken zu vergeflen. Erfreulicherweije find neuerdings faſt in allen Eiſenbahnwagen Aborte angebracht, jo daß man auch während der Fahrt ein etwaiges Bedürfnis befriedigen Tann.

Krankheiten der Harnwerkzeuge und der männlihen Geſchlechtsorgane. 319

Es ift unbegreiflich, wie ein vernünftiger Menſch aus gefellichnit- lichen Rüdjichten jich in eine ſolche Gefahr bringen kann, zumal es doch Hinlänglich befannt fein dürfte, daß manche Menſchen fchon eines ſchmerzhaften Todes ftarben, bloß weil fie ſich in dieſer Hin- fiht einmal zu lange „genierten”,

Eine wichtige Regel ift eg, womöglich nicht an zugigen Orten Harn zu laffen. Ganz bejonders follten fich diejenigen Davor hüten, die zu derartigen Krankheiten geneigt find. Eine weitere Regel ist, fich gehörig Zeit zu nehmen, weder zu drüden, um geſchwind jertig zu werden, nod) aud) aufzuhören, ehe ſich die Blaje völlig entleert hat. Sobald man merkt, daß man weniger Harn läßt al ſonſt, follte man öfter Waſſer trinfen.

Treten die Schmerzen nur beim Sarnen auf, jo empfiehlt fich Trinken von Haferichleim und dergl.; man meide aber alles Scharfe, Salzige, Saure ſowie alfoholhaltige Getränke.

Aconitum: fchmerzhaftes Drängen zum Harnlafjen; Kinder greifen mit den Händen nach den Geſchlechtsteilen und jchreien. Es geht nur wenig oder fein Harn ab; unter großen Schmerzen werden nur einzelne Tropfen gelafjen, der Urin ift ganz rot, dunfel und trübe.

Pulsatilla: in der Gegend der Blaſe (die unmittelbar über den Schambeinfnochen gelegen ift) find die Schmerzen am ſchlimmſten; es drüdt, preßt, fchneidet hier oder die Stelle wird heiß und rot; viel Drängen.

CGepa: bei viel Drang geht der Harn ſchußweiſe ab oder tröpfelt nur; er ift Hochrot, brennend, Sinder fchreien dabei, beſonders wenn man mit der Hand auf die Blafe drüdt. Harnbeichwerden von naffen Füßen oder Erfältungen, befonder3 wenn der Baud) erfältet wurde.

Apis: nad) vertriebenen oder nicht recht Herausgefommenen Ausſchlägen brennt, fticht und judt e3 da und dort und der ganze Bauch ift höchſt empfindlich gegen die geringfte Berührung; die Kranken jchaudern viel und fröfteln abends, befommen leicht Hite ohne Durft, gähnen und können nicht jchlafen.

Arnica: Sarnbefchwerden nach Stoß, Fall oder Schlag, in den Rüden oder auf die Blafe.

Nux vomica: für vollblütige Perjonen, die viel Alkohol genießen; die Harnbefchwerden rühren von unterdrüdten oder jtodenden Hämorrhoiden her; Spannen und Brennen im Rüden zwiſchen den Rippen und Hüftknochen.

Belladonna: ftechender Schmerz geht vom Rüden bis in die Blafe, zeitiveife ftärker ; große Angft, Unruhe und Kolikſchmerzen. Tritt nach Belladonna Linderung ein, die nicht lange anhält, jo gebe man Hepar.

Mercurius: ftarfer, fortwährender Harndrang; das Waller geht nur in ſchwachem Strahl ab; der dunfelrote Harn wird bald trüb und ftinfend. Neigung zu Schweiß. Sit der Harn auch icharf und wundfreſſend oder fommt etwas Blut nach der Ent-

320 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

leerung, fo fann man mit Hepar abmwedjeln. Wird der Harn Hebrig und gallertartig oder find die Schmerzen unauzftehlidh, jo fann au Colocynthis gegeben werden.

Opium: bei Säuglingen, deren Mutter großen Schred oder Ürger Hatte, geht weder Harn noch Stuhl ab. Per Leib ift ftarf aufgetrieben. Hier kann man in der hHödjften Gefahr oft noch mit Opium, M- bis ſtundlich eine Gabe, helfen.

Camphora: wenn ganz plöglic außerordentlich heftige, unerträgliche Harnbefchwerden entjtehen. Das Mittel paßt auch dann, wenn die Beichwerden nad) dem Gebraud) eines Spanifd)- Fliegenpflaſters aufgetreten find.

ie Anwendung eines Sigdampfbades bringt bei derartigen Beſchwerden oft überrafchende Erleichterung.

Blutharnen

ſtellt ſich meiſt in Verbindung mit anderen Harnbeſchwerden ein. Nieren-, Blaſen⸗ oder Harnröhrenentzündungen und Verletzungen ind die Häufigften Urſachen. Oft tritt es auch im Verlaufe fieber- hafter Krankheiten, wie Scharlach, Cholera und dergl. auf.

Arnica hilft, wenn Berlegungen zu Grunde liegen.

Arsenicum: ſpärlich abgejonderter Urin, der unter heftigem Brenngefühl abgeht und Blut und Eiter enthält.

Cantharis: große Schmerzen und unausftehliches Brennen; tropfenweiſe abgejonderter blutiger Harn. Andauernder Harnzwang.

Terebinthina: da3 Blut ift aufs innigfte mit dem Harn vermifcht; dieſer Hat ein ſchmutziges, braunrotes oder ſchwärzliches Ausſehen und einen kaffeeſatzähnlichen Niederfchlag.

Hamamelis paßt bei ſchweren Blutungen, wenn jich bereite gewille Erſchöpfungserſcheinungen zeigen.

ulsatilla: brennender Schmerz; am äußeren Ende der

Harnröhre; Hodenfad und Glied find Frampfhaft in die Höhe ge- zogen. ng ne Schmerzen in Schenkeln und Knien big in die Weichen, zujammenziehende und fchneidende Schmerzen im Kreuz biß gegen den Nabel Hin.

Nux vomica: Blutharnen nah Mißbrauch geiftiger Ge- tränfe oder bei alten Männern.

Mercurius: im Schlaf geht Blut mit Samen ab.

Auderharnruhr (Diabetes mellitus).

Dieje eigentümliche Krankheit verdankt ihren Namen den Um— ltand, daB der Harn in unverhältnigmäßig großen Mengen aus- geichieden wird und Buder enthält. Infolge des großen Wafler- verluftes klagen die Kranken über unftillbaren Durſt, und da zugleich ein Teil der Nahrung in Zuder verwandelt und mit dem Harn wieder ausgeſchieden wird, über großes Hungergefühl. Troß aroßen Appetit3 und reichlicher Nahrungsaufnahme magern die Kranken immer mehr ab. Gehäuftes Auftreten von Furunfeln

10. Krankheiten der Harnwerkzeuge und der männlichen Geſchlechtsorgane. 321

lenkt den Verdacht auf Zuderharnruhr. Die Haut ift ſpröde, troden und judt ſehr. Männer zwiſchen dem 40. und 60. Lebenzjahr werden mit Vorliebe von diejer Krankheit befallen. Ye jünger der Kranfe ift, defto gefährlicher ift gewöhnlich das Leiden.

Über den eigentlichen Gig der Krankheit find ſich die Ärzte troß eifriger Forſchung noch nicht recht im Haren; die einen halten die Zuderharnruhr für ein Nervenleiden, die andern vermuten den Gi des Übels in der Leber, wieder andere in der Bauchfpeichelorüfe.

Sn der Behandlung dieſes Leidens bildet die Ernährung des Kranken eine Hauptſache. BZuderkranfe follten folgende Speife- vorichriften genau berüdlichtigen:

Erlaubte Speifen: verſchiedene Sorten Fleiſch, befonders Ochſenfleiſch und Rauchfleiſch, Geflügel und Wildbret, Schinken, Hirn, Nieren, Zunge, Knochenmark und Feine Portionen Leber. Ferner Fiſche, Auftern, Hummern, Krebje, Kaviar, Eier, Sped, Rahm, Butter und Käſe. Außerdem eine Reihe von Gemüjearten, die aber ohne Zufat von Mehl bereitet werden müjjen, und zwar bejonder3 Spinat, grüne Spargeln, ſowie Weißfraut, Blumenkohl und Roſenkohl (die legteren drei, weil nicht frei von Zucker, nur in fleineren Mengen), außerdem Gellerie-, Gurfen-, Waſſerkreſſe⸗ Lattich- und Endivienfalat; gefochtes Obſt ohne Zuder. |

Verbotene Speifen: BZuder, Brot, Badiwaren und Mehl- ipeifen aller Art; Kartoffel, Reis, Grieß, Sago, Maflaroni, Erbſen, Karotten, Linfen, Bohnen, ſowie ſüßes Obft wie Pflaumen, Kirichen, Trauben und Drangen.

. Erlaubte Getränke: Quellwaffer, alfaliide Mineralwäſſer, Karlsbader und Marienbader Waſſer, Fleiſchbrühe, Wein, bejonders Mofel-, RhHein- und Burgunderwein, Kaffee, Tee und Kakao, aber ohne Buder, höchftens mit etwas Lävuloſe verjüßt; faure Mil) und Heine Mengen Pilſener Bier.

Berbotene Getränke: Champagner und alle anderen jüßen Weine und Liföre jowie verfüßte Limonaden und Bier.

Die wichtigſten Homöopathifchen Mittel find: Arsenicum, Syzygium, Kreosot, Phosphori acidum, Se- cale und Uranium nitricum. Die Behandlung dieſes ſeht hartnädigen Leidens ift nur dann von Erfolg gekrönt, wenn der Buderfranfe ſich früh genug an einen homdopathifchen Arzt wendet und deſſen Ratſchläge, befonders auch in bezug auf die Lebensweiſe, genau befolgt.

Ausfluß aus der Harnröhre

ift mandjmal unbedeutend und harmlos; er fann 3. B. bei einem Ehemann auftreten, dejfen Frau an einem von jelbft entjtandenen, iharfen ätzenden Ausfluß leidet. Hier hilft beiden Cheleuten Natrum muriaticum. An der: größten Mehrzahl beruhen jedoch die Erkrankungen Sering-Haehl, HM. 21

322 - II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

der Harnröhre auf einer Anftedung durch Trippergift. Obwohl die Behandlung des Tripperd durchaus in ärztliche Hand gehört, feien an diefer Stelle doc) einige Worte über die leider allzumeit verbreiteten Trippererfranfungen gejagt, weil fie bedauerlicher- weile an fich und in ihren Folgen gar zu wenig ernft genommen werden. Und doch it faum eine andere Krankheit jo oft und viel die Urſache von Sammer und Unglüd in einer Familie wie der Zripper. Manches Familienglüd ift durch ihn zerftört morden. Biele Erkrankungen des weiblichen Gefchledhtes, beſonders Eier- jtod3leiden, find unmittelbar auf eine Tripperübertraaung zurüd- zuführen. Aber nicht nur die Frau kann durch den Berfehr mit dem tripperkranfen Manne fchwer erkranken, fondern aud) die Kinder, namentlih die Neugeborenen, müffen die Sünde der Väter jchwer büßen. Manche Erblindung Neugeborener ift nur die Folge davon, daß die Mutter mit Tripper angeftedt wurde. &3 Tann daher nicht dringend genug gemahnt werden, jede Tripper- erfranfung bis zum völligen Verſchwinden des Ausfluffes durch einen tüchtigen Arzt behandeln zu laſſen. Denn aus einer unbedeu- tenden Krankheit kann durch verkehrte Behandlung ein lang an- haltendes, fchmerzhaftes, oft ganz unheilbares Leiden entftehen. Wenn aber ſolch ein Leiden, da3 nad) einer Anftedung entjtand, mit ftarfen Mitteln unterdrüdt wird, machen ji) oft die unan- genehmften Folgen bemerkbar.

Dan Halte diefelbe ftrenge Lebensweiſe ein mie bei Harn- beſchwerden, Iindere die Schmerzen dur) warme Kliftiere oder heiße Sigbäder, nicht aber durch Einjprigungen in die Harnröhre, die fajt immer nachteilig wirfen; auch fann man da3 Glied in warmem Ol baden oder in Lappen einwideln, die in gutes frifches DI getaucht find.

Homdopathifh Tann oft durch Aconitum der heftigſte Schmerz gelindert werden, nach weldem man Mercurius, "wenn e3 nötig ift, zivei, drei Morgen nadjeinander zu nehmen hat. Wenn die Schmerzen weg find, kann der Reſt gewöhnlich in kurzer Zeit dur Sulphur befeitigt werden.

Bei heftig brennenden Schmerzen, wenn der Ausflug eiterartig und grünlich ift, Hilft Mercurius; ftiht und fchneidet es aud) beim Sarnen und wird der Ausfluß weiß wie fette Milch, fo gebe man Capsicum. Sit der Schmerz mehr ziehend und drückend, zulammenfchnürend mit Befchwerden beim Harnlafjen, jo paßt Pulsatilla. Sn langwierigen Fällen nimmt oft Nux vo- mica den Reft weg, dod) ift Thuja in langdauernden Fällen meift vorzuziehen, beſonders wenn der Ausfluß anfänglich durch Einfprigungen unterdrüdt wurde.

Beichwerden am Gliede.

Bei Geſchwulſt, Nöte und Schmerzen an der beweglichen Haut, von Reibung, Drud und dergl., gibt man zuerft Aconitum und

10. Krankheiten ber Harnwerlzeuge und der männlichen Geſchlechtsorgane. 323

nad) einigen Stunden Arnica. Folgt auf Arnica feine Beffe- rung, fo verfuhe man Rhus toxicodendron. Sind Nöte, Geſchwulſt und Schmerz in der Tiefe die Folge von Unreinlichkeit, fo paßt Mercurius. Bei Heinen Knaben mit einer großen, borne enger werdenden Borhaut entjteht oft eine läftige Nöte, Geſchwulſt und unerträglicheg Juden am Gliede, das zum Ziehen und Reiben reizt. Hier muß man durch den Arzt möglichſt bald eine Ermeiterung der Borhaut vornehmen lafjen, die gemöhnlid) gleichzeitig auch noch an einzelnen Gtellen mit der Eichel ver- wachen iſt. Fließt Eiter aus der Offnung, fo ift Mercurius da3 Hauptmittel; jtillt die dag Brennen nod) nicht, jo verfuche man Capsicum. Zeigt fich nach mehreren Tagen immer nod) Eiter, fo ift Hepar dagegen angezeigt; bei verhärteten Stellen in der Haut paßt Lachesis. Bei ftarfer Entzündung mit bläu- lihen Stellen fommt Arsenicum in Betradt. Bei Fleinen Kindern gebe man, wenn Aconitum und Mercurius nidt hinreichen, einigemal Calcarea carbonica.

Hodenerkrankungen.

Schmerzhafte Hodenanſchwellung nach Schlag, Stoß, Fall und dergl. verlangt Aconitum im Wechſel mit Arnica. Bei Hodenentzündung, die von der plötzlichen Unterdrüdung eines Zripperausfluffe® herrührt, paßt hauptſächlich Pulsatilla. Klemmender, quetjchender, mwürgender Schmerz mit heftigen Stichen nach) dem Leibe herauf erfordert Spongia; drüdender Schmerz und mehr brennende Stiche verlangen Staphysagria. Hodenerfranfung nad) Vergiftung dur) Duedfilber —* Seite 100 und 107; im Zuſammenhang mit Ohrſpeicheldrüſenentzündung ſiehe ©. 199. Rührt die Hodenerkrankung von einem Quechkſilber⸗ mißbrauch her, ſo gebe man diejenigen Mittel dagegen, die unter „Vergiftung“ angegeben wurden. Wenn es länger währt, nehme man Sulphur und befrage einen homöopathiſchen Arzt.

Die DOnanie oder Selbſtbefledung,

eine durch Fünftliche Reizung der Gefchlechtsteile Hervorgerufene wollüftige Erregung, ift ein fo weit verbreitetes und die Gejundheit fo ſchwer erfchütternde3 Lafter, daß wir e3 nicht verfäumen wollen, hierüber einige mohlgemeinte Ratſchläge zu geben. Mit Recht jagt der berühmte Dr Hufeland über die Onanie: „Wenn ed Todfünden gibt, fo find e3 die Sünden gegen die Natur.”

Biele junge Männer und Mädchen frönen diefem entjeglichen Laſter, ohne Hi der Tragmeite ihre Handeln bewußt zu fein; meift jind fie von älteren „Sameraden” oder Schlafgenofjen dazu verleitet worden. Machen ſich a u die Folgen der Gelbftbefledung nicht in ihrem vollen Umfange bemerkbar, fo treten fie ſpäter gewöhnlich) mit um jo größerer Heftigkeit hervor.

324 II. Die Behandlung ber gewöhnlichftien Krankheiten.

Der Onanift wird verdroffen, träge, einfilbig, energielo3 und niedergefchlagen. Der Verkehr mit Menjchen, beſonders mit Per- jonen des anderen Geſchlechts, bereitet ihm Verlegenheit, er zieht die Einjamfeit vor. Allmählich ftellen fi) Verdauungsitörungen und unfreimillige Samenergießungen ein, die die Kräfte immer mehr verzehren; die Gejicht3züge werden unſchön, dunfle Ringe umgeben die Augen, dad Gedächtnis läßt nach und das ganze Leben wird dem Onaniften fchließlich zu einer ununterbrochenen Sette don Vorwürfen über feine felbitverfchuldete Schmähe. Mit Weh- mut erinnert man fich beim Anblid eines jo früh gealterten Un- glücklichen der Worte des Dichters:

„Dir ift der Seele Ruh’ entſchwunden, Die Lebensluft vergällt, I Ungft und Schmeız flieh'n dir die Stunden. ur Hölle wird die Welt ir, der ded Samens Kraft mit frecher Hand verſchwendet, Den eignen Leib durch feige Onanie geſchändet.“

Übrigens ift e8 durchaus falfch, den Dnaniften, fobald er als folcher erfannt wurde, zu verachten, und aus der Gefellichaft, die er ja oft genug jelbjt meidet, auszuftoßen. Xm Gegenteil, fein anderer Kranker fühlt fi fo unglüdlih und verlaffen und ijt einer Aufmunterung jo fehr bedürftig, wie gerade er.

Die Behandlung des Laſters kann nicht früh genug einfegen. Bor allem follten die Eltern ihre Kinder, Knaben und Mädchen, in diefer Hinficht ftrenger überwachen, al es gewöhnlich geſchieht. Befonders follte darauf gefehen werden, daß junge Leute feinen unpafjenden Leſeſtoff in die Hand befommen, durch welchen der Geichlechtstrieb zu früh gewedt und nicht felten der Grund zur Onanie gelegt wird. Hat man die unliebfame Entdedung gemadit, daß jemand diefem Lafter zum Opfer gefallen ift, jo ftelle man ihn darüber zur Nede, halte ihm die jchredlichen Folgen feines unbe- fonnenen Handelns vor Augen und fuche ihn zum Kampf gegen dasjelbe zu ermutigen. Iſt er dem Lafter nicht ſchon zu jehr ver- fallen, jo genügt meift ſchon dieſer Hinweis und eine forgfältige Überwachung. Der Kranke follte möglichft in einem kühlen Zimmer fchlafen und fich nıır mit einem Teppich zudeden, weil alle Über- —5 ſchädlich iſt. Er ſollte ferner für regelmäßigen Stuhlgang orgen und unmittelbar vor dem Zubettgehen Harn laſſen. Die Ernährung darf kräftig, aber ja nicht zu reichlich ſein. Geiſtige Getränke find ftrengften3 zu meiden. Den Tag fiber ift örperliche Beſchäftigung fehr zu empfehlen, der Kranke gehe nicht zu früh zu Bett und verlaffe es fofort nad) dem Erwachen.

Kalte Abwafchungen find, weil fie zur Kräftigung des Allgemein- befinden3 beitragen, ſehr am Plate.

Bon Homdopathiihen Mitteln fommen gegen Onanie und unfreimillige GSamenergießungen (Bollutionen) hauptſächlich die folgenden in Betracht:

10. Krankheiten der Harnmwerlzeuge und der männlichen ®efchlechtöorgane. 325

Phosphori acidum: infolge jahrelanger Onanie und vieler Samenverlufte ift der ganze Körper geſchwächt. Die Beine find fehr ſchwach, der Kranfe Hagt fiber nächtlicheg Brennen den Nüden entlang. Er leidet beftändig unter Selbſtvorwürfen und ift fehr um feine Zufunft beforgt.

Staphysagrıa: auffallende Abmagerung Folge der Gelbjtbejledung ; dunfle Ringe um die Augen, große Weinerlichkeit, berzmweijelte Gemütsftimmung und geiftige Abftumpfung. Der Kranke kann die Gedanken nicht ſammeln, fondern denkt faft be- ftändig tiber gefchlechtliche Vorgänge nad).

Nux vomica. Während Phosphori acidum und Staphys- agria mehr jür die Folgen jahrelanger Onanie und Gäjte- verlufte angezeigt find, fommt Nux vomica in erfter Linie für die Anfangserjcheinungen de3 Laſters in Betracht. Kopfſchmerzen, unfreimillige nächtlihe Samenentleerungen und Berdauungs- ftörungen. Der Kranke ih mürrifch und leicht zu Born gezeigt.

Agnus castus: Kälte und Erfchlaffung der Gefchlechtsteile, böllige Impotenz infolge jahrelanger Onanie. Der Kranke ift traurig und niedergefchlagen, leidet an Gedächtnisſchwäche und großer Zerftreutheit.

Bufo rana: epileptifche Anfälle in Verbindung mit Onanie. Der Kranke fucht die Einſamkeit auf.

China: förperliche Schwäche infolge der Säfteverlufte. (Siehe auch Eeite 73 und 74 im II. Zeil.)

Brüche

Iönnen, wenn man fie nicht zu alt werden läßt, manchrıal durch innerliche Mittel geheilt werden. Die Bruchbänder (Bandagen) hat man überall fehr vervollkommnet; aber deftomehr Schwindel wird mit den vielfach angepriejenen ſchlechten Bruchbändern getrieben. So wichtig ein gute3 Bruchband ift, fo ſchädlich ift ein fchlechtes. Wenn e3 nicht ganz genau paßt, mern e3 zuviel drüdt oder oft meg- rutſcht, kann e3 den Bruch unheilbar machen. Ein gutes Bruchband darf nicht beſchwerlich fein, höchſtens im Anfange. Es ift erft dann anzulegen, wenn man den Bruch ganz zurüdgebradjt hat; dann aber muß e3 ihn auch völlig zurüdhalten. Merft man beim Tragen des Bruchbandes, daß etwas vortritt, jo muß es auf der Gtelle abgenommen werden; man legt fi) auf den Rüden, bringt den Bruch zurüd und legt e8 dann wieder an. Wenn der Bruch oft bortritt, jo taugt das Band nichts. Wer fein Band anlegt oder ein ſchlechtes hat oder fich zu fehr anftrengt oder fonft unvorfichtig. ift, jet fi) der Gefahr aus, daß der Bruch eingellemmt oder ent- zündet wird.

Fühlt man, daß ein Bruch herbortritt, fo lege man ſich auf den Rüden und bringe einige Kiſſen unter dag Gefäß, fo daß die Bruchſtelle Höher ift als der übrige Leib, neige fich

326 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

dann etwas mehr auf die Ceite, auf welcher der Bruch ift, fo daß der Bauch ganz loſe ohne Spannung ijt, bleibe fo ganz ruhig liegen und vermeide jede Bewegung. Werden dann die rechten Mittel gegeben, fo zieht jich der Bruch im Schlafe faft in allen Fällen von felber hinein. Muß man ihn aber zurüd- bringen, fo iſt e8 beijer, wenn e8 von jemand anderem gejchieht. Man umfaßt mit der linfen Hand den Bruch von der Seite her und übt mit den Fingern der rechten Hand einen ganz leichten Drud von oben her aus, indem man die Hand gelinde reibend Hin und = bewegt und von Zeit zu Zeit mit dem ganzen Handteller nachhilft; diefe Bewegungen dürfen allmählich leicht verſärkt, müſſen aber geduldig eine Halbe Stunde und bei großen Brüchen noch länger fortgejeßt werden. Gemöhnlich läßt ſich der Bruch felbit bei der ſchlimmſten Einflemmung leicht zurüdbringen, wenn man borher die richtige Arznei gegeben hat: Aconitumoder Nuxvomica. Erträgt der Bruch den Drud nicht, jo follte zuerjt die Empfindlich- feit durch Arzneien gehoben werden, dann geht er oft von ſelbſt zurüd. In manden Fällen ift e8 gut, wenn man ein in Heißes Waſſer getauchtes Tuch darauf legt; manche benüßen aud) kaltes Wafler, jogar Ei3 in Kalbsblafen und erzielen diejelben Erfolge. Dies darf jedoch nie lange gefchehen und jedenfalls nicht, wenn der Bruch Heiß und rot ift.

Aconitum: heftige, brennende Schmerzen im Bauche, wie bon glühenden Kohlen darin; die leifefte Berührung verurjacht fibelfeit, bittere3, galliges Erbrechen, Angſt und falten Schweiß.

Cepa: linkzfeitiger Bruch, Heftige Schmerzen von innen heraus nad) der Bruchftelle zu; viel Poltern, Knurren und Bläh- ungen. Auch na Aconitum, wenn da3 Burüdbringen des Bruches nicht gelang.

Nux vomica: Bruch bei Berührung nicht befonder3 fchmerz- haft, fein bedeutendes Erbrechen, dagegen Bejchwerden beim Atemholen, duch Erkältung, Erhitzung, Arger oder Fehler im Eſſen und Trinken.

Opium, biertelitündlich: Geficht rot, Bauch aufgetrieben, übelriechendes und übeljchmedendes Aufftoßen oder Erbrechen.

Veratrum und nötigenfalßB Belladonna: Erbrechen mit faltem Schweiß, falten Gliedern, Bauch empfindlich und bei Berührung Ichmerzhaft.

Lachesis: ernfte Fälle von Einflemmungen; Bruchftelle übelfarbig. Nach einigen Stunden Arsenicum.

Dies alles nur big zur Ankunft des Arztes, der fofort gerufen werden muß.

11. Krankheiten des weiblihen Gefchlechtes. 327

Elfter Abſchnitt. Krankheiten Des weiblichen Geſchlechtes.

Negelftörungen,

Die Regel, Periode oder monatliche Reinigung, wird ſehr ojt in den Sahren, in denen fie eintreten follte, aufgehalten oder fommt erjt nad) vielen Beſchwerden. Häufig find auch Krämpfe oder andere Zufälle damit verbunden. Noch jchlimmer find Die Krankheiten während der Wechfeljahre, d. h. in der Zeit, in der der Monatsfluß aufhören follte. Diefe Übel kommen gewöhnlich von Krankheiten her, die vorher jchon da waren, und fünnen dann am beiten durch eine lang fortgeſetzte Homdopathifche Behandlung geheilt werden. Oft entjtehen fie auch durch Fehler in der Lebens⸗ mweife, gewöhnlich durd) zu leichte oder zu enge Kleider, die den Stauen meit mehr ſchaden als den Männern.

Viele Regelftörungen entjtehen aber aud) aus Urjachen, die eine befjere Lebensweiſe allein nicht zu Heilen vermag, ſondern die nur durch Arzneien bejeitigt werden können.

Unterdrüdung der Regel.

Es fommt nicht felten vor, daß die Periode durch irgend einen Umftand, 3.8. Erfältung oder Durchnäffuna, befonder3 der Füße, oder erſchütternde Gemütsbewegungen plöglich zu fließen aufhört. Auch im Verlaufe gewiſſer Krankheiten, wie Rheumatismus, Zungen-, Leber- und Gebärmutterleiden trifft die zu. In diefem Fall muß natürlich die ganze Aufmerkſamkeit auf das Grundübel gerichtet werden. Wo Schmangerichaft anzunehmen ift, darf jelbftverftändlich nichtS getan werden.

Aconitum: Gtörung durch Furcht, Blutandrang nad) Kopf oder Bruft mit Nöte des Gefichtt. Nach Aconitum nötigenfalls Belladonna bei vollblütigen Perſonen mit Blutandrang nad) dem Kopf.

Bryonia: für lnverheiratete, wenn der Unterdrüdung heftiger Kopfdruck und Bauchſchmerz folgt oder wenn ſich Nafen- biuten, Kreuzweh und ziehende oder ftechende Schmerzen im Unterleib nebſt Stuhlverftopfung einftellen.

Nux moschata: unterdrüdte Regel nach Übermübung und gleichzeitiger Erkältung oder Durchnäffung der Füße.

Pulsatilla, S$auptmittel bei unterdrüdter Regel (näheres ſiehe ©. 328 bei „Zu ſchwache Regel”).

Veratrum: dem plöglichen Verſchwinden der Regel folgen nervöſes Kopfweh, hyſteriſche Anfälle, Häufige Übelfeit und Er- brechen, blaſſes, erdfahles Geficht, Kälte der Hände, Füße und der Rafe, große Schwäche mit Ohnmachtsanfällen.

328 III.-Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Außerdem fommen oft nod) Sulphur, China, Natrum muriaticum und Arsenicum in Betracht, doch iſt es beſſer, einen Arzt darüber zu Rate zu ziehen.

Zu ſchwache Regel.

Den zögernden Eintritt der Regel durch regeltreibende Mittel zu erzwingen, muß unter allen Umſtänden unterbleiben; ſchon viele Mädchen haben ſich für ihr ganzes Leben dadurch krank gemacht. Manchmal genügt e3 fchon, der Lebensweife, der Er- nährung, Bewegung und Kleidung die notwendige Aufmerkſamkeit zu fchenfen, um den Berlauf der monatlihen Reiniaung in richtige Bahnen zu lenken. Mädchen und Frauen, die an Regelitörungen leiden, follten auf den Genuß ſcharf gewürzter Speifen, des Kaffees, grünen Tee und alfoholhaltigner Getränke verzichten. Solche, die eine fitende Lebensweiſe führen, müffen fid) an tägliche Be- mwegung in frifcher Luft gewöhnen, durch Gartenarbeit, Spazieren- gehen, Bergfteigen, Radfahren oder Reiten. Nichts ift nachteiliger für fie als vieles Sitzen und einfeitige geiftige Bejchäftigung. Die Kleidung follte warm und der jeweiligen Jahreszeit entfprechend getragen werden. Ganz bejonders wichtig ıft eg, für trodene und warme Füße zu forgen (marme, wollene Strümpfe und bei feuchten Better gutes Schuhmerf mit diden Sohlen). |

Häufiger auftretende Beſchwerden erfordern ärztliche Be- tatung (nicht zu lange warten!). Bei gelegentlidien Störungen greife man zu einem der folgenden Mittel:

Pulsatilla, hHauptjähli für blutarme, bleichjüchtige Mädchen von milder, mweinerlicher Gemütsftimmung: Schmerzen im Unterleib, Rüdenmweh, Schwindel, Böllegefühl im Kopf und den Augen, blaſſe Gefichtzfarbe mit zeitmweiligen Hiervallungen, Ohrenſauſen; Schwerhörigfeit, Kälte der Hände und Füße und all-

emeines Fröſteln; faurer Mundgefchmad nad) dem Eſſen, Übel- eit und Erbrechen; ſchwermütige, melandoliihe Stimmung; Schmerzempfindungen in den Brüften; Herzklopfen, bejonders beim Treppenfteigen; geringe Eßluſt mit Verlangen nad) fauren Speilen und Getränken, Abneigung gegen Bewegung. Die Schmerzen wechſeln häufig ihren Sitz, befiern ſich in frifcher Luft und bei Bewegung und find am jchlimmften nachmittags und dor Mitternadt. Gtellt fih im PBerlauf einer Wo oder höchſtens nad) 10 Tagen feine Beſſerung ein, jo gebe man Sulphur.

CGocculus: zujammenziehende, Flemmende Schmerzen im Unterleib mit erfchmwerter Atmung beim Eintritt der Regel. Spär⸗ licher Abgang von dunflem Blut, nerböfe Erfcheinungen; die Patientin ift Schwach und aufgeregt, feufzt und ftöhnt viel und kann bor Schwäche faum Sprechen.

Belladonna: Blutandrang nad) dem Kopf und gerötetes

zu %

11. Krankheiten des mweiblihen Gefchlechtes. 329

Gefiht. Selbſt die Augen find gerötet; Lichtſcheu, Schwindel, beſonders beim Büden und Nafenbluten. Bryonia:an Ötelle der Regel Nafenbluten. Oft find auch - Lachesisund Lyc —— für dieſen Zuſtand erforderlich. Apis: die Periode bleibt ganz aus oder fließt zwei, drei Tage

und ſetzt dann einen Tag aus und ſo fort; Bauch in der Gegend der rechten Hüfte ſowie der Nabel ſehr empfindlich, heftige krampf—⸗ artige, hinabdrängende Schmerzen; hierauf Abgang fpärlichen, dunklen, blutigen Scleimes. Große Geſchwätzigkeit und Zer- ſtreutheit.

Nux moschata: ſehr unregelmäßige Periode mit geringer Ubfonderung ſchwarzen Blutes. PVeränderliche Laune.

Phosphorus: für hagere Geſtalten von lebhaften Geift mit ſchwachem Bruftbau und Neigung zu Lungenleiden. Slurzer, trodener Huften; Schmerzen in der Bruft; ftatt der Regel werden Heine Mengen Blut ausgehuftet.

Veratrum: nen Negel bei falten Händen und Füßen; Neigung zu QDurchfällen.

Zu Starke Regel.

Etellt fich die Regel zu ſtark ein oder Hält fie zu lange an, fo lege fich die Patientin, worauf die Blutung meift fofort nad)- läßt. Die zu ftarfe Negel ift nicht felten eine Begleiterin ge- wiſſer Unterleibsleiden, 3. B. Entzündungen und Erfchlaffungen der Gebärmutter, Gejchmwulftbildungen und vergl. Kehrt fie daher mehrmal3 wieder, fo zögere man ja nicht, fich von einem tüchtigen Arzt unterſuchen zu lajfen.

Ipecacuanha: zu fiarfer Blutauzfluß, Blut Hellrot.

Crocus: Blutabgang dunfel und Humpig, Blutung Tehrt zu früh wieder und wird durch jede Bewegung, beſonders durch Huften, gefteigert. |

Platina: zu ftarfe Regel mit dunfelgefärbtem, klumpigem Blutabgang; Hinabdrängen und große geichledhtlihe Aufregung.

Chamomilla: ftarfer Blntverluft mit Abgang dunflen ge- ronnenen Blutes; raffende Schmerzen, vom Kreuz nach vorn zu, Durſt, Kälte der Glieder und N Ohnmacht.

Nux vomica: zu frühe, zu ftarfe und zu lang anhaltende Megel. Auch wenn der Blutfluß aufhört und dann wieder kommt und lange anhält. Es eignet ſich vorzugsweiſe für Frauen, die viel Kaffee, Wein, Moft oder andere Reizmittel genießen. Daß die legteren während der Periode gemieden werden müſſen, bedarf wohl faum bejonderer Erwähnung.

Ignatia: zu lange anhaltende Regel, zugleich Hyfterifche Erſcheinungen. | | I

Calcarea carbonica: zu frühe, zu ftarfe und zu lang anhaltende Regel. Für bleiche, blutarme Patienten, die fich leicht

330 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

erfälten, zu Zungenleiden neigen, beftändig falte Hände und Füße und mit einem rahmartigen Weißfluß behaftet ſind, gibt es ein beſſeres Mittel.

China:große Schwäche infolge zu reichlichen und langanhalten- den Monatöfluffes. Das Mittel ift befonders geeignet, die Folgen des Blutverluftes zu befeitigen, nachdem die Blutung durch andere Mittel zum Stillſtand gebracht worden ift.

Sabina: zu frühe und zu ftarfe Regel, Blutabgang hellrot und flüffig, teilmeife aber auch dunfelrot und klumpig und von wehenartigen Schmerzen begleitet.

Hamamelis: die Regel ift zu ftarf, dauert zu lange und fommt zu oft, wodurch die Kranke ſehr erijchöpit wird. Der Blut- abgang ift dunkel, Beſchwerden find nicht vorhanden.

Schmerzhafte Regel

fann verjchiedene Urſachen haben. Blutarme, nervöſe Perfonen leiden nicht felten an Schmerzen bei Eintritt des Monatsfluſſes, ohne daß eine befondere Urfache gefunden werden kann. Ferner fönnen Erkrankungen, bejonders der Gebärmutter und der Cierjtöde, die Schmerzen veranlafjfen. Schließlich gibt es noch eine Reihe mechanischer Urfachen, die dem freien Abfluß des Blutes im Wege jtehen und dadurd) eine ſchmerzhafte Regel bedingen, 3. B. Ge— bärmuttererfranfungen, zu enger Gebärmutterfanal, Ge- ſchwulſtbildungen (Schleinpolypen oder andere Geſchwülſte) und deral. Diefe Leiden erfordern ärztliche Behandlung.

Zur Linderung der Schmerzen ift zunächft ruhiges Liegen in einem gut durchwärmten Bett erforderlih. Außerdem läßt man möglichit Heiße Umfchläge, feucht oder troden, wie es die Kranke beffer ertragen fann, auf den Unterleib legen. Die Arzneien jollen ftet3 in warmem Waſſer gegeben werden.

Belladonna: fchmerzhafte Regel, mit heftigem Kreuzweh und Fräftigem Prefjen nad) den Geſchlechtsteilen, als wollte alles binausfallen. Die Schmerzen gehen dem Eintritt der Regel voraus, treten anfallsweiſe auf, kommen plötzlich und verfchwinden ebenfo raſch wieder. Der Kopf ift infolge Blutandrangs gerötet; Flopfen- des Kopfweh, große Empfindlichkeit gegen Lärm und Licht.

Chamomilla: wehenartige Schmerzen, Drängen vom Kreuz aus nach dem Unterleib, nad) vorn und nad) unten herab. Kolif- artige Schmerzen mit größter Empfindlichfeit des Unterleibes gegen Berührung. Dunfles, Humpiges Blut fließt ab.

Veratrum: fchmerzhafte Regel mit nervöſem Kopfweh, Übelfeit und Erbrechen, Kälte der Hände und Füße und Neigung zu Durchfall.

Coffea: Gefühl, wollte der Leib zerfpringen, Vollheit und Preſſen darin, jehr heftige Krämpfe, die bis in die Bruft gehen, als wollte es alle Gedärme zerfchneiden, die Kranken geraten außer

11. Krankheiten des weiblichen Geſchlechtes. 331

fih, krümmen ſich zufammen, fchleudern die Glieder Hin und her, knirſchen mit den Zähnen, fchreien fchredlich, werden über und über kalt, ftreden ſich endlich fteif und ftarr, ftöhnen und der Atem will ihnen audbleiben. |

Pulsatilla: ſchwieriger Durchbruch der Regel mit Schwere im Unterleibe wie von einem Stein, heftigem Drüden tief unten, auch aufs Kreuz, Ziehen die Schenkel Hinab, Einfchlafen der Schenkel im Siten, jchmerzhaftes Prefjen auf den Maſtdarm mit Drang zum Stuhl.

Nux vomica: mwindende Schmerzen im Leibe mit etwas Übelfeit, Wühlen, Schmerzen wie verdehnt, Stechen und Krämpfe im Schoße, Schambein wie zerichlagen; Anfälle von Drüden, Biehen und Klemmen in der Blafe, Gefühl im Leibe, als würde fer zum Berjpringen ausgedehnt.

Magnesia phosphorica: die Kranke klagt bejtändig über frampfhaftes Zufammenziehen bald in ver Gebärmutter bald in der Blafe, jo daß jie faum zu urinieren vermag, bald wieder im Magen oder im Darm. Die Haupterjcheinungen find Frampfartige Schmerzen vor und während der Negel, durch Bewegung ver- Hlimmert, duch Wärme gebejlert.

Die Rechjeljahre.

Mit diefem Ausdrud bezeichnet man da3 Lebensalter, in dem die Geſchlechtstätigkeit des Weibes erlifcht und der Monatzfluß für. immer zu erjcheinen aufhört. Meift gejchieht dies zwiſchen dem 45. und 50. Lebensjahr.

Während der Wechjeljahre find Erkrankungen und Störungen des allgemeinen Wohlbefindens fo außergewöhnlich Häufig, daß diefe Altersftufe von den Frauen nicht ohne Grund ſehr gefürchtet it. Blutwallungen, fliegende Hiten, Schwindel, Kopfichmerzen, Verdauungsſtörungen, Herzklopfen, gemütlihe Verſtimmungen und heftige Blutverlufte find die häufigften Beſchwerden, die in den Wechjeljahren aufzutreten pflegen.

Befonder3 vorjichtig muß man bei Blutungen in diefem Lebens- alter fein. Nicht felten Hängen diefe überhaupt nicht mit der Ver- änderung zufammen, fondern beruhen auf einer Erkrankung der Gebärmutter. Hat die Periode bereit3 ein Jahr oder länger aus⸗ gejegt und bricht plöglich wieder heftig hervor, jo verfäume man ja nicht, jofort einen Arzt aufzufuchen. Bor unnötigem Bögern oder zu langem Zuwarten mit der Unterfuchung kann bei Blutungen in dieſem kritiſchen Lebensalter nicht dringend genug gewarnt werden. Nach überjtandener Veränderung erfreuen fich viele rauen einer befjeren Gefundheit mie je zuvor.

Die arzneilide Behandlung diefer Beſchwerden muß durch tägliche Bewegung im Freien, forgfältige Kleidung, Regelmäßig- teit im Ejfen und Trinken unterftügt werden.

332 IU. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Se nad) den Symptomen finden hauptfählih Pulsatilla, Sulphur, Sepia, Cocculus und Lachesis Bermendung.

Eine eingehendere Abhandlung über diefen Gegenjtand enthält da3 Schriftchen: Die Wechſeljahre der Frau; bon Dr. med. homoeop. Richard Haehl, Stuttgart. Preis 75 Pig.

Bleichſucht

iſt vorzugsweiſe die Krankheit junger Mädchen im Alter der Ge⸗ ichlechtsentwidlung, alſo zwiſchen dem 14. und 19. Lebensjahr. Ganz allmählid) befommen die Kranken ein bleiches Geficht; die Schleimhäute, bejonders auch die Lippen, verlieren ihre natürliche Nöte, Herzflopfen und Schweratmen fommt Hinzu, jo daß das Treppenfteigen, ja ſelbſt das Gehen bejchwerlich wird. Die Patienten find nervös, reizbar oder niedergefchlagen und haben oft ein krank⸗ haftes Verlangen nad) Dingen wie Kreide, Kohlen und dergl.

Bleichſüchtige Mädchen follten fich täglich Bemegung verfchaffen und viel ins Freie gehen. Die Neigung zur Berftopfung muß durd) Genuß von gefochtem Obſt und dergl. nachhaltig befämpft werden. Da gewiſſe jchleichende Krankheiten, wie die Lungenfchmwindfucht, in ihren erften Anfängen Bleichſucht vortäufchen können, follte man in jedem Fall einen Arzt zu Rate ziehen.

Pulsatilla: für bleihfüchtige Mädchen von milder, mweiner- liher Gemütdanlage. Das Leiden ift durch Erfältung oder Durch⸗ näffung entftanden und von einfeitigem Kopfweh begleitet. Die Schmerzen \pringen oft von einer Seite auf die andere über und Ihießen nach den Ohren oder Zähnen hin. Die Heinfte Anftrengung ruft Schweratmen und Herzklopfen hervor; Hände und Füße find falt; Neigung zu Durchfall; Weißfluß; Übelfeit und Erbrechen; Gefühl von Schwere im Unterleib; periodifch miederfehrender Blutauswurf; Hunger mit Widerwillen gegen Speijen; große Schwäche, bejonders in den Beinen.

Sulphur: drüdendes Rückenweh, das ſich bis in den Naden erftredt, Blutandrang nad) dem Kopfe mit Flopfenden Schmerzen, Sautausfhlag um Mund und Stirne, Geficht3bläffe mit roten Stellen auf den Baden, Abmagerung, Heißhunger, jaure oder brennendes Aufftoßen, Drud und Vollheitsgefühl im Magen, unregelmäßiger Stuhlgang, Lendenfchmerzen, Schweratmen, leichte Erkältlichkeit. Es paßt befonders für reizbare leidenſchaftliche Perſonen oder ſolche, die viel weinen und Flagen.

Bryonia: Bleichjucht mit Häufigem Blutandrang nad) Kopf oder Bruft; Nafenbluten, Fröfteln, manchmal mit Hitze wechſelnd; trodener Huſten, Eolifartige Schmerzen, Berftopfung, bitterer Mundgeihmad, gelb belegte Zunge, Wehgefühl im Magen mie bon einem Stoß.

Calcarea carbonica führt oft noch zu einer Heilung,

11. Krankheiten des weiblichen Gefchlechtes. 333

wenn andere Arzneien ohne bejondere Wirkung geblieben find. Schweratmen, ftarfe Abmagerung, geſchwollene Füße, Drüfen- anſchwellungen und Weißfluß.

Ferrum paßt oft nad) Calcarea, bei fortbeſtehender Bleich⸗ fucht mit großer Schwäche, wenig Eßluſt, Übelfeit und dergl. Die Gefichtsbläffe ift auffallend, die Lippen find fehr blaß, viel unregel- mäßige3 Herzflopfen.

Arsenicum: Bleichſucht mit periodifhem Kopfweh, unter- drüdter Regel, Schweratmen, die Kranke klagt über große Unruhe, Erihöpfung und diden, gelben, wundmachenden Ausfluß.

Weißfluß

nennt man einen weißlichen, wäſſerigen oder rahmartigen Ausfluß aus der Scheide. Das Übel iſt ſehr weit verbreitet, man begegnet ihm nicht nur bei Frauen, fondern fogar ſchon bei fleinen Mädchen. Buerft bemerken die Patienten einen wäſſerigen Ausfluß, der tropfenweiſe au3 der Scheide fommt und von einer unangenehmen Empfindung begleitet it. Bleibt diefe Anfangserfcheinung un- beachtet, twa3 beinahe immer der Fall ift, jo nimmt der Ausflug immer mehr zu und wird oft außerordentlich ſtark. Die anfänglich weiße Abjonderung wird dann im Laufe der Zeit grünlich, gelb oder fogar dunfelbraun und verurfacht Schmerzen und Wundheit der Zeile, mit denen fie in Berührung fommt. Schließlich leidet auch die übrige Gefundheit darunter, die Eßluſt nimmt ab, der Puls wird ſchwach, das Gejicht blaß, die Augen verlieren ihren Glanz und find von dunflen Ringen umgeben, felbit die Sehftaft ift be- einträchtigt. Beſtändiges NRüden- und Lendenmweh, gedrüdte Gemützftimmung und große Erjhöpfung ftellen ſich ein.

Die Urfachen des weißen Fluſſes find fehr zahlreih. Chro- niſche Entzündungen und Gejhmürsbildungen oder Lageverände- rungen der Gebärmutter ſowie Fremdkörper in der Scheide, ſchlecht paſſende Mutterringe und Mangelan Reinlichkeit liegen dem Leiden borwiegend zugrunde.

Calcarea carbonica: für ſchwammige, phlegmatifche Frauen, die an zu früh eintretender und zu ftarfer Regel leiden. Milchiger Ausflug fommt beſonders beim Harnlafjen und Schwer- heben au3 der Scheide. Der Weißfluß ift unmittelbar vor der Negel am ſchlimmſten und verurfacht Juden und Brennen. Es paßt ferner für Kinder, die an ſcharfem Weißfluß leiden.

Kreosotum: Gelblicher oder fleiſchwaſſerähnlicher wund⸗ machender, übelriechender Ausfluß, beſonders während und nach den Wechſeljahren.

Pulsatilla: Weißfluß, der vorzugsweiſe unmittelbar vor, während und nach der Periode auftritt oder durch wurd herbor- gerufen wurde. Das Mittel eignet ſich hauptſächlich für junge Mädchen, die ihre Regel noch nicht befommen haben. Der Ausfluß

334 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

ift did, rahmartig oder auch dünnflüffig; Anfchwellen und Juden der Geſchlechtsteile.

Gocculus: mit Blut vermiſchter Weißfluß oder fleiſchwaſſer⸗ ähnlicher Ausfluß vor und nad) der Regel, Kolif und Blähungs- bejchwerden.

Helonias: langdauernder, didgelber, reichliher Ausflug bei abgearbeiteten, leicht erjchöpften Frauen, die mit einer hoch— gradigen Erſchlaffung des Unterleib? behaftet find.

Natrum muriaticum: reichlicher Ausfuß von durd)- ſichtigem, weißlichen oder diden Schleim; oder Ääßender, mund- machender Auzfluß, gelbe Gefichtöfarbe, Kopfweh, Neigung zu Durchfall; fchleimige Stuhlentleerungen.

Sepia: Weißfluß der Frauen, die dem Aufhören der Regel nahe find. Übelriechender, gelber oder grüngelber Ausflug, mit Drängen nad) unten, Erfhlaffung der Scheide und Neigung zu Vorfall.

Sulphur: vorzugsweiſe für tiefeingemwurzelte Fälle von Weiß- fluß. Die Abfonderung ift manchmal gelblich, wundmadend und brennend. Es paßt befonder3 nach gemwaltfam unterdrüdten Haut- ausſchlägen.

Beſchwerden während der Schwangerſchaft.

Schwangerſchaft iſt an ſich kein Krankheitszuſtand und ſollte ohne krankhafte Beſchwerden verlaufen. Leider iſt dies weit nicht bei allen Frauen und nicht in der ganzen Schwangerſchaftszeit der Fall. Man begegnet im Gegenteil den verſchiedenartigſten Klagen. Im Volke trifft man nicht ſelten die irrige Auffaſſung, daß Beſchwerden, die während der Schwangerſchaft auftreten, weder durch Änderungen in der Lebensweiſe noch durch Arznei« mittel beeinflußt und befeitigt werden können. Dies ijt entichieden falih, denn wenn eine Schwangere während der ganzen neun Monate richtig behandelt wird, laffen jih auch die ſchlimmſten Krankheiten bei ihr heilen, aud) foldhe, die fie vorher hatte, und die nach der Niederkunft mit verftärfter Gewalt wieder ausbrechen würden. Nur muß man e3 verftehen, die leifeften Symptome zu fammeln und die Mittel gefchidt zu wählen. Bann darf man auch biel gejündere und ftärfere Kinder und weit weniger Krankheiten im Wochenbette erwarten.

Wenn daher einer Schwangeren auch nur da3 geringfte fehlt, jo beachte man e3 und fage nicht, e3 fei etwas Unabänderliches und rühre von der Schwangerſchaft her, ala ob es ſich von felber berftünde, daß dabei die Frauen kränkeln müßten. Vielmehr ſuche man mit größter Sorgfalt da3 pafjende Mittel oder ziehe einen Urzt zu Rate.

Übelkeit und Erbrechen

find nicht nur die Häufigften, fondern auch die läftigften Begleit- erfheinungen einer Schwangerſchaft. In vielen Fällen läßt fich

11. Krankheiten des weiblichen Gejchlechtes. 335

dem Übel dadurch abheljen, daß die Schwangere ihr Frühſtück im Bett einnimmt und dann erft auffteht. Den Tag über foll fie fleine Mahlzeiten in furzen Zwiſchenräumen nehmen. Bei fort- gejettem Erbrechen follte jie nur Flüffiges genießen.

Ipecacuanha ift ein Sauptmittel dagegen und paßt be- fonders, wenn immermwährende Übelkeit befteht; die Kranke erbricht Tlüffigfeiten oder aud) fefte, aber unverdaute Speifen. Erbredjen großer Mengen Schleimes; Diarrhde und Kolif.

Nux vomica: Übelfeit mit Ohnmacht am frühen Morgen; Erbrechen während des Eſſens oder kurz nachher; bitterer oder faurer Geſchmack, Aufftoßen und Sodbrennen. Schmerzen und Gefühl von Schwere in der Magengrube; die Kranke ist aufgeregt und reizbar und leidet an hartnädiger Berftopfung.

Pulsatilla: Erbrechen grüner, ſchleimiger, galliger Maſſen, abend3 oder nachts. Morgens ſchlechter Mundgejchmad; fchleimige, weiße, grüne oder gelbgefärbte Durchfälle; Durftlofigfeit, weiß belegte Zunge; milde, weinerliche Gemütsanlage.

Arsenicum: Erbrechen von grüner oder ſchwärzlicher Flüffig- feit, bejonder3 nad) dem Eſſen und Trinfen oder nachts. Fort- gejehtes Verlangen nad) kaltem Waffer, dag aber großes Unbehagen verurfacht oder gleich wieder erbrochen wird; qualvolle brennende Schmerzen in der Herzgegend; brennende Schmerzen im Magen, in den Gedärmen und Brüften, große Schwäche und erjchöpfender Durchfall; ſchlimmer durd) Bewegung und Kälte.

Cocculus: Übelkeit und Ohnmadtsanfälle mit großer Schmwäde; Übelkeit und Erbrechen, da3 durch Fahren in einem Wagen hervorgerufen oder verſchlimmert wird.

Natrum muriaticum ift hilfreich in den hartnädigiten Fällen, bei völlig geſchwundener Eßluſt, beftändigem Zufammen- fließen von Waſſer im Munde, Sodbrennen und Schmerzen in der Magengrube.

Kopfweh, Zahnweh und Neuralgie (Rervenichmerzen)

ſind ebenfalls häufige Beſchwerden im Verlaufe einer Schwanger⸗ ſchaft. Die wichtigſten Mittel dagegen ſind:

Aconitum: Blutandrang nach dem Kopfe; Nervenkopfweh mit Schwindel beim Aufſitzen im Bett. Stechender, klopfender Zahnſchmerz, durch Erlältung oder nach Kaffeetrinken.

Belladonna: Blutandrang nach dem Kopf mit Röte des Geſichtes und der Augen, ſchlimmer durch Lärm oder Licht. Zahn⸗ weh, gewöhnlich auf der rechten Seite, als ob es durch ein Geſchwür verurſacht würde; ſchlimmer nachts beim Hinliegen, bei Berührung und in kalter Luft. Die Kranke klagt und weint viel.

Bryonia: Kopfweh mit Stuhlverſtopfung, beſſer in der Ruhe. Übelkeit beim Aufſtehen vom Bett. Schmerzen in gefunden Zähnen, die von Zahn zu Zahn, in den Kopf und die Baden ſchießen;

336 IH. Die Behandlung der gewöhnliäften Krankheiten.

ſchlimmer mährend de3 Eſſens, bejonderd durch warme GSpeifen oder durch Wärme überhaupt.

Chamomilla: Stoßende Schmerzen in den Zähnen maden die Kranke beinahe wahnfinnig; fie werden fchlimmer, jobald etwas Warmes, bejonders Kaffee, in ven Mund kommt; roter, glänzender, gejchmwollener Gaumen; rote Baden; Schmerz in einer ganzen Reihe von Zähnen, aber e3 kann Fein einzelner Bahn als beſonders fchmerzhaft bezeichnet werden.

Cimicifuga: nervöſe Kopfichmerzen über und hinter den Augen bis nach dem Hinterlopf. Pollheitsgefühl, Hite und Klopfen im Kopf, beffer in der freien Luft.

Gelsemium: Allgemeine, nervöſe Aufregung oder Schwäche und Bittern. Schmerzen (anfall3weije), die durch Kiefer und Geficht fliegen. Blutandrang nad) Geficht und Kopf, mit Gefichtstrübung.

Ignatia: Periodiſche Migräne, als ob ein Nagel in die Schläfen eingedrüdt wäre. Die Kiefer fühlen fich wie zermalmt; bohrender Schmerz in den Vorderzähnen.

Kalmia: ftarfer, rechtzfeitiger Gefichtsfchmerz, beſonders zwifchen Augen und Naſe; Schmerz über dem rechten Auge mit Schmindelgefühl. Seden Nachmittag Nervenjchmerzen, die fich nacht3 verfchlimmern. Abends drüdendes Zahnweh in den Baden- zähnen, mit oder ohne Geſichtsſchmerz.

Plantago: jdießender, reißender Schmerz, vom linken Stiefer bis ins linke Ohr. Zahnweh in gefunden Zähnen, befonders während des Eſſens. Raſches Schadhaftwerden der Zähne.

Spigelia: lintsſeitiges Kopfmweh und Neuralgie, die ſowohl ben Augapfel als auch die Augenhöhle einnimmt; die Schmerzen fangen mit Sonnenaufgang an und nehmen beim GSonnenunter-

gangab. (Dies ift auch bei trübem Wetter der Fall.) Der Schmerz wird durch Fräftigen Drud gelindert.

Staphysagria: die Zähne werden ſchwarz, jchadhaft und brödeln ab; Empfindlichleit gegen Gemüt3eindrüde.

Stuhlverftopfung

tritt bei folchen, die fchon vorher damit behaftet waren, während der Schwangerfchaft mit nod) größerer Hartnädigfeitauf. In vielen Fällen genügt e3, täglich viel ins Freie zu gehen, fich reichlich Be- mwegung zu machen, gefochtes Obſt zu effen und in regelmäßigen Zwiſchenräumen kaltes Waffer zu trinken. Mittel dagegen findet man auf ©eite 312 ff. unter „Stuhlverftopfung”.

Durhfälle kommen mährend der Schwangerſchaft meit feltener vor als Verſtopfung. Die Mittel dagegen ſiehe Seite 2% ff.

Krampf: oder Wehaderknoten

an den Füßen oder anderen Teilen de3 Körpers entftehen häufig bei Schwangeren. Es handelt fich hier um Adern unter der Haut-

ll

11. Krankheiten des weiblichen Gefchlechtes. 337

oberfläche (Venen), die fich erweitert Haben, rötlich, blau oder blei- farben geworden find, die im Stehen oder beim Hängen des Gliedes größer und im Liegen Heiner werden. Gie lafjen fich zufammen- drüden, jchmerzen nicht, werden aber mit der Zeit immer größer. Meift find fie die Folgen einer Blutftauung, die durd) den Drud der vergrößerten Gebärmutter auf die Blutgefäße hervorgerufen wird. Im fpäteren Verlauf der Schwangerſchaft nimmt die Aus- dehnung der Venenzweige an den unteren Gliedmaßen oft derart zu, daß die Wandung der Krampfader zerreißt, worauf eine mehr oder weniger ftarfe Blutung folgt. Hat die Ausdehnung der Blut- gefäße feinen jo Hohen Grad erreicht, fo verſchwinden die Weh- adern der Entbindung und während des Wochenbette zum größten Zeil wieder.

Häufiged Baden oder öfteres Abwaſchen der Wehaderfnoten mit Taltem Waffer oder verdünntem Mlohol bringt große Erleich⸗ terung. Bor dem Verlaſſen des Bettes lege man jeden Morgen unten am Fuße beginnend und langfam nad) oben fortfchreitend eine Flanellbinde an.

Sn den ſchlimmſten Fällen muß die Schwangere einige Zeit in liegender Stellung verbringen und alle ſchweren Speifen ver- meiden. Wichtige Mittel dagegen find:

Carbo vegetabilis: Wehaderfnoten mit übelriechender, wundmachender Abjonderung; die wunden Stellen find nur ober- flächlich und Haben eine unregelmäßige Form. Entzündungen, die zu Bereiterung oder Hautbrand neigen, mit brennendem Schmerz und Schwinden der Kräfte. Verdauungdftörungen mit Abgang übelriechender Blähungen. Varicöſe (ermweiterte) Venen an den Geſchlechtsteilen, mit bläulichen, brennenden Geſchwülſten. Ge- ſchwüre und Fiſteln mit dünnen, jaudjigen, wundmachenden Scheideausflüſſen.

Fluoris acidum: varicöſe Venen, mit kleinen blauen Verzweigungen an einzelnen Stellen; Wehaderfnoten an den Beinen mit Neigung zu Gejhmwürsbildung.

Hamamelis: erweiterte Venen mit Wehtun der ange» griffenen Zeile, befonder3 während der Schwangerichaft; brennende und blutende Hämorrhoiden mit Schwäche und Schmerz im Rüden, als ob er brechen wollte. Ä |

Pulsatilla: Störung der venöſen Blutbewegung; varicöſe Benen an den Beinen, mit bläulidem Hauch, wundem und ftechen- den Schmerz. Venöſe Blutungen.

Belladonna: bei lebhaften Bejchwerden mit Spannung und beginnender Entzündung.

Hämorrhoiden (Hiterinoten). Gelbft Frauen, die fonft nie mit behaftet ſind,

leiden während der Schwangerſchaft manchmal ſehr darunter. Auch Hering-Haechl, HU. 22

338 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

hier ift e8 die vergrößerte Gebärmutter, die durch Drud auf die Unterleibsvenen die Entftehung de3 Übel? veranlaft. Über ihre Behandlung fiehe Seite 293 If.

Undermögen, den Harn zu Halten

und häufiger Drang zum Harnlafien find keineswegs ſeltene Be- ſchwerden im Verlaufe der Schwangerſchaft. Nid,ts ift für eine Frau in diefen Umständen fd,ädlicher, al den Urin zu lange zu halten. An Arzneien fommen in Trage:

Causticum:unftreiwilliced Sarnen beim Huften oder nad;t3; Schmerz in der Harnröhre während de3 Urinierend.

Equisetum: fchmerzhafte® Harnlaffen, mit Eimeiß im Urin; heftiger und häufiger Harndrang mit viel Schmerz, bejonder3 unmittelbar nachdem der Urin gelaffen wurde; Harnzwang während der Schwangerjhaft und des Wochenbettes. Nächtliches, unfrei— williges Harnlaffen, mit häufigem Drang; viel Schleim im Urin.

Pulsatilla: Blaſenkatarrh; Unvermögen, den Urin zu halten; nächtliche Bettnäfjen; bei jedem Huften geht etwas Urin ab; tröpfelnder Harnabgang beim Eigen oder Gehen.

Sepia: nächtlichea, unfreimillices Harnen, befonderd während de3 eriten Schlafes; bejtändige® Verlangen zum Wrinieren, mit ichmerzhaftem Hinabdrängen, beſonders morgend. Per Urin tft trüb, mit rotem, fandigen Bodenjaß, der jo an das Gejäß anflebt, daß man ihn faum wegbringt. Er hat einen üblen Gerudy und manchmal aud) einen weißen Bodenſatz.

Krämpfe.

Schwangere Frauen werden oft von ſchmerzhaften Krämpfen in den Beinen, dem Rüden oder Baud) befallen.

Krämpfe in ven Beinen laffen ſich befeitigen durd) Colo- eynthis, Hyoscyamus, Calcarea carbonica, Chamomilla, Nux vomica oder Sulphur.

Krämpfe im Rüden verlangen Ignatia, Rhus oder Opium.

Krämpfe im Bauche fünnen mit Hilfe von Nux vomica, Pulsatilla, Belladonna, Hyoscyamus oder Colo- cynthis bejeitigt werden,

Schlaflofigkeit.

Nervöſe Frauen leiven während der Schwangerjchaft manch— mal an Schlaflofigfeit. Leichte Aufregungen, anregende Unter- haltung, eine Taſſe Tee, ein Gläschen Wein und dergl. genügen, um den Schlaf zu verfcheudden. Wenn nun auch ein oder zwei ſchlafloſe Nächte keinen beſonders nachteiligen Einfluß haben, ſo

11. Krankheiten des weiblichen Gefchlechtes. 339

führt eine fortgejeßte, anhaltende Schlaflojigfeit oft äußerft unlieb- fame Buftände herbei. Man fei daher vorfichtig und verwende, fobald ſich ein Mangel an Schlafbedürfnis zeigt, eines der hier angeführten Arzneimittel.

Aconitum: Schlafloſigkeit nad) Mitternacht, mit Furcht, Unruhe und Umherwerfen. Aus Angft hält die Kranke die Augen gefchloffen; ängjtliche, lebhafte Träume. Schlaflofigfeit infolge der Befürchtung, daß jie nicht jchlafen könne, oder infolge einer Verdauungsſtörung.

Belladonna: nervöſe Aufregung infolge örtlichen Blut- andrangs verurjacht die Schlaflofigfeit; gerötetes Geſicht; Kopf- weh; Angft und Unruhe; Auffchreden beim Einfchlafen; Wehklagen und Umherwerfen. Die Kranke ift abends ſchläfrig, kann aber nicht einfchlafen und fühlt fi) am nächften Morgen ſehr müde.

Coffea: Sclaflojigfeit infolge von Aufregung, von Freude oder angenehmer Überrafhung, von langem Nachtwachen oder Kaffeemißbrauch. Alle Sinne find überreizt. |

Hyoscyamus: Schlaf mit vielen Träumen, die durch Auf- regung, Fieber, Eiferfucht, Furcht oder unglüdliche Liebe hervor- gerufen find. Dieſes Mittel paßt befonders für aufgeregte Per— onen während der Schwangerſchaft.

Nux vomica: Schlafloſigkeit, die durch Verdauungsftörung berurfacht wurde. Die Kranfe macht noch einen furzen Morgen- ſchlaf und wacht dann müde, unerfriicht, mit Kopfweh, bitterem Geihmad im Munde, beleater Zunge uſw. auf.

Stramonium: die Kranke erwacht mit wichtiger Miene und alles um fie herum fcheint ihr neu zu fein; Schlaflofigfeit mit Umherwerfen im Bett.

Passiflora: Schlafloſigkeit mit Kopfweh, infolge nervöſer Erſchöpfung durch geiftige Überanftrengung.

Abortus (Schigeburt). Frühgeburt.

Da3 zu frühe Abgehen der Leibesfrudht kann zu jeder Zeit während der Schwangerfchaftöperiode ftattfinden, am häufigiten fommt e3 aber am Ende de3 dritten oder Anfang de3 vierten Schwangerichaftsmonat3 vor. Ereignet es ji) dor dem vierten Monat, fo bezeichnet man es Abor tus over Fehlgeburt. Die meiftend damit verbundenen Blutungen fönnen die Gefund- heit jehr erjchüttern und den Grund zu einem chronischen Leiden egen. Srühgeburten, die nad) diefer Beitperiode ſtatt— finden, find noch viel ernfter zu nehmen. Sobald eine Frau ein- mal zu früh geboren Hat, ift fie leicht zu weiteren Fehl⸗ oder Frühgeburten geneigt, und je häufiger dies ftattgefunden, deſto größer ift für die Zufunft die Neigung dazu.

Die wichtigſten Urfachen einer Frühgeburt find: Mechanifche Berletungen durch Stoß oder Fall, plößliche Heftige Gemütz-

340 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

erfchütterungen, Erkrankungen der Gebärmutter, Syphilis, Miß- brauch geijtiger Getränke oder ſtark gewürzter Speiſen, Mangel an Bewegung, ungenügender Aufenthalt in frifcher Quft, zu langes Auffigen nachts und dergl.

Eingeleitet und begleitet wird eine Fehlgeburt von folgenden Erſcheinungen: Frojtgefühl, dem ein mehr oder weniger ftarfes Fieber mit heftigem Hinabdrängen nad) den Geburtsteilen folgt. Schneidende Schmerzen in den enden oder wehenartige Schmerzen; Abjonderung von blutvermifchtem Schleim oder von hellrotem oder dunflem, Humpigen Blut; Abjließen von wäſſeriger Flüſſigkeit. Mit Ausfcheidung der legteren geht in der Regel auch die Frucht ab. Bleibt ein Reſt derjelben, 3. B. ein Stüd Eihaut zurüd, fo können Blutungen entftehen, die bei mangelnder Be- handlung ojt den Tod der Leidenden zur Folge haben.

Sobald fich bei einer Schwangeren die Zeichen einer Fehl⸗ oder Frühgeburt einftellen, follte fie unverzüglich dag Bettauffuchen. Hat aber eine Frühgeburt bereits ftattgefunden, jo muß mehrtägige re eingehalten werden, damit feine ftärfere Blutung auftritt.

Arnica iſt angezeigt, wenn die Fehlgeburt durch Fall, Stoß, Schwerheben, Überanftrengung oder heftige Erfchütterung herbor- gerufen wurde.

Chamomilla: heftige Schneiden im Leibe, vom Kreuz an auf beiden Seiten nad) vorn zu, mit einem Gefühl, al treibe es zu Stuhl oder zum Urinieren; die Schmerzen fommen wie Wehen zeitweife, jpäter gehen zugleich mit den Schmerzen Blut und viele geronnene Stückchen ab.

Belladonna: heftige, fpannende, drüdende Schmerzen im ganzen Unterleibe, vorwiegend tief unten, mit dem Gefühle, ala würde alles zufammengejchnürt oder aufgetrieben, oder zugleich mit Hinunterdrängen, al3 wollten alle Eingemeide unten hinaus; Kreuzjchmerzen, als jollte daS Kreuz zerbrechen.

Hyoscyamus: främpfe, Stöße, Ruden und Zuden und Kann wieder Steifheit des ganzen Körpers ohne Bewußtſein; zugleich hellroter Blutabgang, der immer bei den Krämpfen ber- mehrt ift.

Ipecacuanha, wenn bei ähnliden Krämpfen da3 Bemußt- fein bleibt, wenn ein fchneidender Schmerz um den Nabel damit verbunden ift, wenn bei dem Blutabgange zualeid) ein Trängen nad) den Geburtsteilen ift. Auch Platina Hilft in folchen Fällen zuweilen, ebenjo China.

Bei froftigen Frauen mit fühler Haut, die fich leicht erfälten, verhütet Nux moschata, bei vollblütigen Sepia fehr oft eine Fehlgeburt.

Nux vomica und Bryonia gibt man, wenn langmwierige Berftopfung beftanden hat.

11. Krankheiten des weiblichen Gefchlechtes. 341

E

Blutungen während der Schwangerichaft und Entbindung.

Beim Eintritt einer Blutung ift eg unbedingt notwendig, daß die Frau fihruhig Hinlegt und fich jo wenig als möglich bewegt, daß jede gemütliche Aufregung ferngehalten und auf möglidjfte Stille und Ruhe im Zimmer und im Haufe ftreng geadjtet wird. Ferner fann man bei jedem heftigen Blutſturz die Oberjchenfel und, wenn not- wendig, auch die Oberarme fejt mit einem Tuche, am beften mit einem jeidenen, ummwideln. Einige Schlüdchen kaltes Waffer, und wenn ſchon Bläffe und Ohnmacht fommt, einige Tropfen Wein, nur nicht mehr als einen Tropfen auf einmal, jind von großem Nuten. Auch das Riechen an Sie Reiben an der Nafe oder Schläfe mit etwas Effig Hilft in vielen len. Bei lang anhaltenden Blut- flüffen älterer Frauen, außerhalb der Niederkunft, ift eg gut, wenn diefelben ein Jahr lang alle warmen Getränfe vermeiden, dagegen alle Tage fünf-, ſechsmal abgefühlte oder gejtandene Kuhmild) trinfen. (Siehe Seite 44.) Bei allen langwierigen Blutungen muß man ftet3 einen homöopathiſchen Arzt zu Rate ziehen.

Wenn der Blutfluß nach Schwerheben, Tragen, heftigem Au3- jtreden der Arme oder nad) einem Fehltritt entjtand, träufelt man einen Tropfen Zimttinktur in ein halbes Täßchen Waffer, rührt es aut um und gibt davon, fo oft die Blutung ftärfer wird, einige "Tropfen oder einen Teelöffel voll; im Notfalle Tann man ein Stüdhen Zimt in. den Mund nehmen und kauen. Hilft eg nicht bald, jo gebe man Arnica.

. Arnica paßt immer zuerft nach Verletzungen, bei ftarlem, anhaltenden Blutfluß der Schwangeren, der gleichmäßig fort- geht, mit Schneiden um ven Nabel herum, großem Drang, Preffen nach der Gebärmutter, nad) dem After, mit Froft und Kälte des Körpers, Blutandrang nad) dem Kopfe, großer Mattigfeit und Neigung zum Hinliegen. | |

Ipecacuanha ijt eines der wichtigften Mittel bei ftarfen Blutjlüffen und nach der Entbindung, wenn der Blutabgang fort» gejegt, ohne Unterbrechung erfolgt. Schneidende Schmerzen um den Nabel, viel Übelfeit, Drud im Bauch und Hinabdrängen; Fröfteln und Kältegefühl, Higemwallungen, große Hinfälligfeit mit dem Bedürfnis ſich Hinzulegen.

Chamomilla ift zu verfuchen, wenn nicht baldige Beſſerung eintritt oder wenn die Blutung von imehenartigen Schmerzen begleitet ift.

Bryonia: dunfelrotes Blut geht in großer Menge ab, heftige, drüdende Kopf- und Sreuzfchmerzen, bejonders in den Schläfen, als wollte es den Kopf auseinanderprefien.

China ift ſehr wichtig in den gefährlichiten Fällen: Schwere im Kopfe, Schwindel, Verſchwinden der Gedanken und Scläftig- feit, Anmwandlungen von Schwäche, Ohnmacht, Kälte der Glieder, Bläffe des Gefichtes, Zudungen um den Mund DBerdrehen der

342 III. Die Behandlung der gemöhnlichften Krankheiten.

Mugen, Geſicht und Hände werden blau und einzelne Stöße und Nude fahren durch den Körper. Man kann die Wirkung des Mittels unterftügen, indem man den Unterleib gelinde reibt oder Eſſig mit Waller mijcht, Tücher Hineintaucht und auf die Geſchlechtsteile legt; ſpäter kann man nod) einige Tropfen Wein geben. Außerdem it China hilfreich, wenn der Blutfluß mehr ftoßmeije kommt und von Srämpfen, wehenartigen Schmerzen in der Gebärmutter, die nach dem After zu gehen, mit jedesmal vermehrtem Blutabgang begleitet if. Leibfchneiden, häufiger Drang zum Waſſerlaſſen und empfindliche Spannung des Unterleibes. Überhaupt paßt e3 immer, wenn nad) einem überflandenen Blutjluß noch Be- ſchwerden zurüdbleiben.

Hyoscyamus: Wehen wie zur Geburt mit heitigem Biehen in den Lenden und im Kreuz oder in den Gliedern; Hige über und über, geſchwinder, aber voller Puls, aufgetriebene Adern auf dem Handrüden oder in den Schläfengegenden, große Unruhe, über- triebene Lebhajtigfeit, Zittern am ganzen Körper oder Einfchlafen der Glieder, Vergehen der Sinne, Düfterheit vor den Augen, Sıre- reden (Delirien), Zuden in den Flechſen oder in den Gliedern, Gtöße, Rude einzelner Glieder, wechſelnd mit Gteifheit der Gelenke.

Belladonna: da3 Blut ift weder befonder3 hell noch dunfel; Hinabdrängen in den Gefchledhtsteilen, als follten fie vorfallen, heftige Schmerzen im Kreuze, als jollte e3 zerbrechen, und andere Beichen, die bei „Frühgeburt“ angegeben find.

Platina: nad) heftigen Gemüt3bewegungen; Blut dunfel, did, doch nicht Funipig oder geronnen. Der Schmerz im Sreuze ift nicht wie zum Berbrecdhen, fondern zieht mehr nach vorn bis in die Leiſten; durd) diefen Schmerz werden die inneren Organe herabyepreßt, wobei die Geburtäteile ungemein empfindlich find.

Ferrum: Blut bald Itmarg und Humpig bald flüffig, mit Schmerzen wie Wehen, gewöhnlich mit rotem Gejicht; nachher hilft oft China.

Crocus: ftarfer, dunkler, ſchwarzer und Humpiger Blutabgang.

Apis: Gefühl des Hinabdrängens wie zur Regel, dabei ent- weder Harnbefchmerden oder Kopfweh oder Blutandrang nad) der Bruft oder Hautausfchlag mit Brennen und Stechen; die unteren Rippen wie zerjchlagen, der ganze Bauch empfindlich; viel Rüden- Schmerzen, jchlimmer beim Bewegen. In allen dieſen Fällen kann man den Blutfluß durch Apis oft verhüten oder ftillen, be- jonder3 bei ſehr veränderlichen Frauen, die bei nicht? bleiben, gewöhnlich fehr heiter und luſtig find, dazwiſchen aber heftig oder eiferfüchtig werden.

Nux moschata: da3 abgehende Blut fehr dunkel und did; die Blutung wird immer ftärfer, Herabdrängen im Unterleibe, Biehen in den Beinen. Die Leidende liegt gewöhnlich ftill da und * Ichlummert; der Abgang des Harnes verurſacht Brennen. Es paßt ferner für Frauen, die jehr veränderlicher Laune find, früher meift

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11. Krankheiten des weiblichen Gefchlechtes. 343

unregelmäßige Periode hatten, die bei Fühler, trodener Haut Teine freie Luft, auch feine Anftrengung, ertragen lönnen und viel über ſchrachen Magen Hagen.

Entbindung und Wochenbett.

Wenn bei einer Schwangeren alles feinen normalen Verlauf nimmt, fo findet am Ente de3 neunten Schwangerſchaftsmonats die Niederfunft ftatt. Zuerſt ftellen jich nach längeren Zmwilchen- räumen Schmerzen (die fogenannten Wehen) ein, die allmählich häuficer, heftiger und anhaltender werden, bis in der Regel nad) 4—6 Etunden die Geburt des Kindes erfolgt. Pulsatilla, mehrere Wochen zuvor täglich 1—2mal eingenommen, erleichtert die Geburt ſehr. Störungen während der Geburt und des Wochen- bette3 find jo Häufig, taß wir ihnen einige Worte widmen wollen.

Berzögerte Geburt.

Es kommt nicht felten vor, daß der Geburtsakt ſich über einen außergewöhnlich langen Beitraum erftredt und von beinahe uner- trä, lien Schmerzen begleitet ift. Dies ift insbeſondere der Fall bei rauen, die in vorgerüdten Sahren zum erjtenmal gebären oder bei folcten, die etwas eng cebaut find. Häufig wird man es nicht umgehen lönnen, einen Arzt zu rufen, damit er mit Hilfe einer Geburtszange das Kind herausholt und damit dem vergeblichen Wehendrange ein Ende madjt. Bisweilen lönnte man e3 aber auch nod) einige Zeit der Natur überlaffen und zur Erleichterung der Beſchwerden eines der folgenden Mittel geben.

Coffea: rergebliche Geburtsarbeit, mit gar zu fchmerzhaften Wehen, die raſch aufeinander folgen, dabei große Unruhe und Yufgeregtheit. |

Aconitum, wenn Coffea nichts bemirft oder wenn die Ge- bärende außergewöhnlich viel Kaffee zu trinfen gewöhnt mar.

Chamomilla: nervöſe Überempfindlichfeit und Neizbar- feit, Angft und Mutlofigfeit, befonders für Frauen paffend, die feinen Schmerz ertragen Tönnen.

Belladonna: verzögerte Geburtsarbeit infolge Frampf- Verſchluſſes des Gebärmuttermundes, wie man es nicht elten bei älteren, erſtgebärenden Frauen vorfindet. (Auch Gel- semium paßt für dieſen Zuſtand.)

Nux vomica: unregelmäßig und zu ſchwach auftretende Wehen verzögern die Geburt; bejtändiges Verlangen zur Ent- leerung von Blafe und Mafttarım.

Nuxmoschata: fehr unregelmäßige, frampfartige, ſchwache Wehen. Nach Erlältung der Gebärenden, die eine trodene und falte Haut hat.

Opium: die Wehen laſſen plöglih nad; Blutandrang nach dem Kopf, ftarf gerötetes Geficht, Betäubung und Schnarden.

344 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Pulsatilla: ſchwache Wehen, die nach langen Zwiſchen— räumen wiederfommen, oder Wehen, die an Häufigkeit und Stärfe wie durch ungenügende Zuſammenziehungskraft des Gebärmutter- mu3fel3 abnehmen. Geburtswehen von Magenfrämpfen und Erbrechen oder heftigen Schmerzen im Rüden und den Lenden und ſchmerzhaftem Ziehen in den Schenfeln begleitet.

Secale ijt hilfreich in ähnlichen Fällen, wenn Pulsatilla nicht imftande war, die Geburtsmwehen zu fteigern.

Phosphorus: Beſchwerden nad) vorausgegangener Über- anjtrengung. Haben die Frauen noch den Tag vorher zu viel gearbeitet und können fie jih im Wochenbett dann durchaus nicht nach born wenden, jo ijt Phosphorus angezeigt.

Nachwehen.

Die meiſten Frauen leiden nach der Entbindung an Nachwehen, d. h. an läſtigen, zuſammenziehenden Schmerzen, die von der Gebärmutter ausgehen. Während man ihnen bei Erſtgebärenden ſelten begegnet, werden ſie umſo heftiger, je öfter eine Frau ent— bunden wurde.

Sind die Nachwehen mäßig und erträglich, ſo tut man am beſten nichts dagegen, denn ſie ſind unter Umſtänden ſehr gut, und es iſt beſſer, etwas zu viel als zu wenig Nachwehen zu haben. Je weniger und je kürzer ſie auftreten, deſto eher wird die Frau nachher krank. Sind ſie aber heftig, ſo daß ſie alle Ruhe rauben, ſo gebe man einigemal Coffea und dann Arnica; iſt es nad) einer Stunde nicht bejjer, fo verfuche man Chamomilla oder Nux vomica. Pulsatilla wendet man an, wenn fie jedesmal fehr lange anhalten oder mehrere Tage immer wiederfommen.

Außerdem fommen in Betradt:

Arnica: Nachwehen nicht befonder3 heftia, aber allgemeines Wehegefühl im Unterleib mit Drudauf Blafe und Harnverhaltung.

Cuprum: wenn eine Frau jchon mehrere Kinder hatte und die Nachtvehen immer heftiger werden, bejonders wenn Krämpfe in den Gliedern, den Fingern oder Zehen dazu fommen. Man braucht nicht darauf zu warten, bis die Nachwehen da find, jondern fann das Mittel fofort nad) einer vierten oder fünften Niederkunft geben, wenn man aus Erfahrung weiß, daß die Nachwehen ftarf aufzutreten pflegen.

pericum:nad) einer ſchweren, gewaltfamen Niederkunft heftige anhaltende Schmerzen in den Hüften, im Kreuz u. |. f., dabei Kopfjchmerzen.

Belladonna: heftige Hinabdrängen in die Geburtsteile, Blutandrang nad) dem Kopfe, große Schläfrigfeit, Empfindlichkeit und Völle des Unterleibes.

Secale: Nachmehen bei fehr erſchöpften Möchnerinnen, befonder3 wenn fie jchon viele Kinder geboren haben, am meiften

11. Krankheiten bes weiblichen Gejchlechtes. 345

aber, wenn die legten Kinder Heiner und jhmwächlicher geworden find oder gar nur Molen, d.h. Fleifch- und Hautflumpen abgingen, überhaupt, wenn die Wöchnerin fi) ungewöhnlich matt fühlt. Man fann es auch geben, wenn die Wöchnerinnen über Brennen lagen und feine Wärme ertragen fünnen.

Apis:die Wöchnerin kann fein Waſſer laſſen; es brennt, drängt und ſchmerzt fie viel.

Milchfieber.

Zwölf oder vierundzwanzig Stunden nad) der Entbindung be- ginnen im allgemeinen die Brüfte der Wöchnerinnen Mil) ab- zufondern; doch geſchieht es in vielen Fällen ſchon zu einem vie früheren Beitpunft, ein anderes Mal aber aud) erft mehrere Tage nach der Geburt. Es ift unbedingt notwendig, daß jede Frau den ernften Verſuch macht, ihr Neugeborenes felbft zu ernähren. Oft gelingt es in Fällen, in denen man ed am wenigften erwartet hätte. Das Stillen gefchieht nicht nur zum Nuten des Kindes, fondern auch in Intereſſe der eigenen Gefundheit. Iſt alles in volllommener Ordnung, fo follte das GStillgefchäft ohne jede Störung und ohne Erhöhung der Leibeswärme vor ſich gehen. Krankhafte Erjchei- nungen find meift auf Entzündungen irgendwelcher Art zurüd- zuführen und werden fäljchlichermweife ala „Milchfieber” bezeichnet.

Aconitum gibt man bei hohem Fieber mit trodener, heißer Haut, ftarfer Gefichtsröte, harten, Inotigen Brüften, großer Angjt und Mutlofigfeit; |

Bryonia, wenn Aconitum nicht alle Erfcheinungen befeitigen fonnte, und beſonders wenn die Wöchnerin Über Drud auf der Bruft, heftigen Kopfſchmerz und Verftopfung Hagt; Belladonna farın nötigenfall® noch auf Bryonia folgen.

Chamomilla: nerböfe Überreiztheit mit Unruhe. Die Drüfte find fehr empfindlich und die Bruftwarzen entzündet.

Pulsatilla: Heftige Fälle von fogenanntem Milchfieber, Anſchwellung der Brüfte und rheumatismusähnliche Schmerzen, die jich bis in die Bruftmusfeln, Schultern und unter die Arme erftreden. Gibt man Pulsatilla früh genug, fo fann man damit nicht felten da3 Fieber im Entjtehen unterdrüden.

Arnica fommt hauptfählid, in Betracht, wenn e3 fi) um eine Urt Wundfieber, infolge von Eintiffen ins Mittelfleifch (D ammriß) handelt.

Unterdrüdung der Milchausſcheidung.

Die Brüfte hören nad) heftigem Schred, nach Erfältungen und Durchnäſſungen nicht felten auf, Milch abzufondern. Man reiche unberzüglid) einige Gaben Pulsatilla. ‘Wenn fi) darnad) dad plöglihe Aufhören der Milchausſcheidung nicht beffert oder

346 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

wenn ſchon von Anfang an mangelhafte Milchabfonderung beftand : Calcarea carbonica.

Das Auslaufen der Mil

ſchwächt die Mutter, erfcäwert die Reinhaltung der Brüfte und begünftigt oft Erkältungen. China: infolge des Auslaufen der Milch große Schwäche der ftillenden Mutter. Rhustoxicoden- dron: allzugroßer Mildhgudrang mit Ausdehnung der Brüfte. Außerdem erweiſen fi oft no Pulsatilla, Belladonna und Bryonia hilfreid). |

Das Wundwerden der Bruſtwarzen

kann oft verhütet werden, wenn man ſchon 2 Monate vor der Nieder- funft die Bruſtdrüſen, bejonder3 aber die Saugwarzen mehr mals täglich mit kaltem Waffer oder Salzwaſſer abreibt oder abbürftet und nachher mit in Franzbranntmwein eingetauchten Läppchen be— dedt. Flache Saugmarzen müfjen mehrmals täalich mit den Fingern herausgezogen werden; jeder Drud der Kleidung muß vermieden werden.

Wundgemwordene Brufttvarzen find Schwer zu heilen. Manchmal hilft morgendliches und abendliches Wafchen mit Chamomilla 1. Verdünnung, ein Teelöffelchen voll in einer halben Taſſe Waffer. Auch kann man fofort Chamomilla innerlich geben, wenn da3 Wundmerden anfängt. Später füge man dem warmen Waſch⸗ waffer Calendula-Tinftur Hinzu (10 Tropfen auf 1 Taſſe Waffer) und waſche nad) jedem Säugen die Warzen damit. Niemals follten Waſchungen mit Karbolfäure, Sublimat, Alaun und dergl. gemacht werden, weil fich dies nie ganz entfernen läßt und den Sindern deshalb ſchaden kann. Nach dem Abwaſchen kann man die wund- gewordenen Gtellen mit etwas Reispuder beftreuen oder mit Hamamelis-Salbe einreiben.

Sulphur: die Bruftwarzen find ſehr fchmerzhaft und auf- gefprungen; tiefe Schrunden, die leicht bluten und wie euer brennen.

Calcarea: wenn Sulphur feine Erleichterung bradite.

Nux vomica: ſchmerzhafte Bruftwarzen, mit Wundheit der angrenzenden Teile. In beſonders Hartnädicen Fällen greife man zu Graphites, Mercurius und Silicea.

Will das Kind nicht faugen, fo liegt e8 entweder an der Warze, an der Milch, oder, wenn Überhaupt Milch da ift, am Rinde felbft. Man unterjucht die Warze durch Saugen daran, die Milch durch Koften, dad Kind, indem man den Finger in Budermwafjer taucht und daran faugen läßt. Manchmal will das Kind etwas Taltes Waffer und fann vor Durft nicht faugen, oft hat die Mutter zu viel Salz gegeljen, bisweilen ift die Bruft zu heiß und muß gewaſchen,

11. Krankheiten des weiblichen Geſchlechtes. | 347

d.h. mit einem falten, naffen Tuch abgerieben werden. Liegt e3 an der Milch, fo gibt man Mercurius und nad) 12 Stunden China. Hat das Kind Halsweh, fo fchlage man unter „Kinder-

krankheiten“ nad).

Böfe Brüfte,

die während des Säugens entftehen, find faft immer durch eine Infektion verurſacht. Meift find die Krankheitserreger durch eine wunde Stelle oder eine Schrunde in der Saugivarze eingedrungen. Die Milch- und Saftfanäle der fäugenden Bruft bilden eine günftige Entwidlungsjtätte für die Balterien. Es fommt zuerst zu An- ſchwellung und Spannung, dann zu Hißegefühl und Entzündung und fchlieplih, wenn es durch innerliche Mittel und äußerliche nicht gelingt eine Zerteilung herbeizuführen, zur Eiter- ildung.

Sobald fich Zeichen einer beginnenden Entzündung bemerkbar machen, ift die erfrankte Bruftdrüfe durch Fräftige® Ausfaugen

anz zu entleeren. Dann überdedt man fie mit einem Prießnitz- hen Umschlag und übt durch einen geeigneten Verband einen fräjtigen Drud auf fie aus, wobei fie zugleich nach innen und oben in die Höhe gebunden wird. Innerlich ift im Anfang

Bryonia das Hauptmittel; die Brüfte fchwellen an, werden hart und ſchwer; durchichießende Schmerzen, trodene Haut, Durft und andere Fiebererjcheinungen.

Belladonna: große Anfchwellung und Härte der Brüfte; Ichießende und reißende Schmerzen darin. Die Haut ift ſtark gerötet wie bei einem Rotlauf. In der Hang der Fälle dürften dieſe beiden Mittel zur Heilung aenügen. Bleibt noch eine gemilfe Härte zurüd, jo gebe man Mercurius.

Hepar paßt, wenn fid) bereit3 Eiter zu bilden beginnt. UAn- zeichen hiefür find: Froſtgefühl und Klopfen in der Bruft.

Silicea: der abjließende Eiter it dünn und wäſſerig, hat einen üblen Geruch und fommt aus verjchiedenen Offnungen heraus, die feinerlei Neigung zum Beilen zeigen. Phytolacca paßt in ähnlichen Fällen.

Sulphur: langwierige Citerungen mit mafjenhaftem Eiter- abfluß, der von Erichöpfung und Fieber begleitet ift.

Schlechte Milch,

bei der das Kind nicht gedeihen will und viel fchreit, oder wenn die Mutter ſehr ſchwach wird und viel fchwiht, Tann oft verbejfert werden, indem man China gibt. St nad) ein paar Tagen nod) feine Befjerung eingetreten, fo gibt man Mercurius und [päter Sulphur. Sobald die Kinder nicht gedeihen und zu viel trinfen wollen, unterfuche man die Milch; ift fie nicht ganz gut, jo nehme

348 III. Die Behandlung ber gewöhnlichften Krankheiten.

man die Kinder lieber von der Bruft weg, halte, wenn möglich, eine Amme oder fuche da3 Kind Fünftlich zu ernähren, 3. B. durch ein Gemiſch von und Rahm, Lahmanns Pflanzen milch und Waſſer und dergl. Künſtlich ernährte Kinder ſind beſſer daran als ſolche, die nur ungenügende und ſchlechte Frauenmilch beko mmen.

Schwäche beim Stillen

rührt häufig davon her, daß die Wöchnerin nicht genügend Nahrung zu ſich nimmt. Früher war es ſogar üblich, Wöchnerinnen hungern und dürſten zu laſſen, und heute iſt es noch in vielen Gegenden Sitte, fie auf möglichſt ſchmale Koſt wie Tee, Waſſerſuppen u. dergl. zu ſetzen. Dies ift ein entſchieden falicher Standpunft. Eine rau, die ohnedies ſchon durch Schweiß und Blutverlufte entfräftet ift, und die durd) das Stillen noch weitere Eäfte verliert, muß in erfter Linie Fräftig ernährt werden. Es liegt aud) gar fein Grund vor, einer Wöchnerin gut zubereitete Koft, insbejondere Mildh- und Mehlipeifen, Suppen, Kartoffeln, Nudeln, Reis, leicht verdauliches Brot und dergl. vorzuenthalten. Auch Tzleiichipeifen darf Die Stillende in mäßiger Menge genießen. Nur Epeifen, die ſäure— und blähungsbildend mwirfen, find mit Rüdfiht auf das Wohl- befinden des Säugling3 zu vermeiden.

China iſt unfer Hauptmittel bei Schwäcdheerfheinungen während des Stillens. Es paßt befonder3 für Mütter, die fchlecht ichlafen, fit” morgen? unmohl fühlen, feinen rechten Appetit haben, viel ſchwitzen und hüfteln, gegen jedes Lüftchen empfindlich jind und fehr mager werben.

Gegen die Beritopfung

im Wochenbett darf nicht3 getan werden, wenn fie nur wenige Tage er Abführmittel follten jedenfalls nicht angewandt werden, da jie oft ſehr ſchädlich find, Höchftens ein Klistier von laumarmem Waſſer. Manchmal Hilft auch da3 Einnehmen von friſchem Mohn⸗ oder Dlivenöl. Wenn nad) mehreren Tagen fein Stuhlaang erfolgt und die Wöchnerin über Völlegefühl im Kopf und Schmerz im Bauche Flagt, gebe man Bryonia. Sollte die erwünfchte Offnung Daraufhin ausbleiben, jo fämen zunächſt Nux vomica oder Sulphurin Betradit. (Vergl. außerdem „Stuhlverftopfung“ auf Seite 310.) |

Durchfälle im Wochenbett

ſind viel ſchlimmer als Umſomehr muß man bemüht fein, fie jo rajch wie möglid) zu befeitigen.

Pulsatilla: viel bergebliches nun die Durchfälle find fchleimig und machen den After wund; viel Fröſteln; Schmerzen et die Durchfälle treten nacht3 oder frühmorgeng mit Bor- iebe auf.

12. Krankheiten der Kinder. 349

Dulcamara: PDurdfall nah Erfältung, nachmittags oder nachts am heftigften. Der Abgang ift wäljerig, nad) der Entleerung vergehen die Schmerzen.

Rheum: breiige, wäſſerige Ausleerungen, die fauer riechen, abends am häufigften auftreten und mit vielem Zwängen und großen Schmerzen auch nachher verbunden find. Große Unruhe und zänkiſche Laune find fajt immer dabei.

Antimonium crudum: Durchfall Schlimmer nachts und frühmorgeng, Zunge weiß belegt, Aufftoßen nad) dem Genojjenen, wehmütige Stimmung, leicht gerührt oder jehr mürriſch.

Secale: faulig ftinfende, ſehr ſchwächende Durchfälle.

Phosphori acidum: hartnädige, langdauernde Fälle, die Entleerungen find mäfferig und ſchmerzlos und erfolgen fajt unftreimillig. fiber Ernährung und Lebensmweije ſiehe Seite 43 und 297.

Bei Neſſelausſchlag

der Wöchnerinnen Hilft oft Apis; im übrigen vergleiche man den Abſchnitt „Neffelfieber" (Seite 390). |

Haarandfall.

Stillende Frauen leiden oft an ftarfem Ausfallen der Haare. Dagegen Haben fich die folgenden Mittel als hilfreich bewährt: Sulphur, Lycopodium oder CGalcarea. (Siehe aud) Seite 178.)

Zwölfter Abſchnitt. Ktrankheiten der Stinder,

Scheintod der Neugeborenen,

Neugeborene Kinder find zumeilen fcheintot, fönnen aber, wenn die Geburt nidht BUNTE währt, meiſt wieder ing Leben zurüd- gebracht werden. Die Nabelichnur follte niemals abgefchnitten werden, folange man nod) ein Klopfen darin fühlt. Man öffnet. dem Kinde den Mund und nimmt mit dem Finger, um den man etwa3 Leinwand gewidelt hat, den Schleim heraus. Fängt die Nabelichnur nicht bald an zu Elopfen, fo trennt man fie mie bei lebenden Kindern und leitet fünftliche Atmung ein (vergl. Seite 123). Fängt aber nad) 5 Minuten das Kind noch nicht an zu atmen, fo läßt man ein faltes und ein warmes Bad bereiten und taucht dag nadte, fcheintote Kind eine Hand unter dem Stopfe, die andere

350 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krantheiten.

unter dem Rüden, fo daß der Naden durch das Waffer getroffen wird? abmwechlelnd in kalte und fogleih in dad warme Waffer, bis das Kind zu atmen anfängt. Hat man es fieben- mal eingetaucdht, zulegt in? Talte, dann widelt man es in fiuben- warme Windeln oder Deden ein und terfudt wieder die Üembemwegungen, die menigftens eine halbe Stunde fortgeſetzt werden mülfen.

Zeigt fih nad) dem Wechjelbate feine Epur de3 Lebens, fo löfe man eine kleine Mefferfpite voll Tartarus emeticus, pritte oder höhere Verreibung in einem croßen Glas Waffer auf und bringe mehrmalß im Abftand von 10-15 Minuten wenige Tropfen tavon auf die Zunge des Kindes oter führe ed mit reirem, lauem Waſſer gemiſcht als Klifiier in ten Mafitarm ein. Aber alles mit Ruhe und ohne Übereilung.

Nach einer halben Stunte maq man, wenn tag Gefidt Flau it, Opium, bei blafjem Gefidt China terfuden. Tazwı,den wieder künſtliche Atmung oter Taltes Waſſer tıcpferneife aus 1%—2 Meter Höhe auf die Bruft fallen laſſen. Eobald ſich Leber.s- zeichen einſtellen, was manchmal erft nach 2 und 3 Stunten ter Tall ift, jtellt man die Verſuche ein, widelt ta3 Kind ein und legt es zur Mutter oder zu einem juncen häjftigen, gefurten Werden und forgt, taß es reine fühle Luft zum Ainen Lat. War tag Gefidt des Kindes rot und blau, ſo ibt mannun Aconitum; mar bloß, China. Beginnt tas Kind zu ſchreien, fo bat man gejiegt.

Geſchwülſte am Kopfe

des Neugeborenen kommen oft als Folge von Quetſchungen vor, wenn die Geburt ſehr lange gedauert hat; fie tergehen meiſt in wenigen Tagen bon felber wieder. Iſt die Geſchwulſt fehr croß, fo träufelt man 4—5 Tropfen Arnilatinltur in eine Taſſe Xaffer und wäſcht den Kopf damit oder macht Umſchläçe über die Ge— ſchwulſt. Gleichzeitig empfiehlt eg ſich Arnica in Bertürrung innerlich zu geben, und wenn notwendig, jpäter noch Rhus toxicodendron foken au laſſen.

Man laſſe nicht leicht an lleinen Kindern ſchneiden, wenn etwas nicht in Ordnung iſt, ſondern warte damit jo lance als n öclid; auch nicht an der Zunge, außer wenn das Kind nidtrid tig ſcugen fann; nur wenn eine Hafenjdarte am Eaucen Hintert, ift es an- gebradjt, eine Operation vorzunehmen. Warzen, Mutternale, überflüflige Singer und Zehen müſſen bleiben, bis tas Kind älter ift; denn Heine Kinder fterben leicht an ten gerincfien Blut— verluften. Warzen fallen oft von felbft ab; Muttermale ter- gehen bisweilen, wenn man die Kuhpoden tarauf einimpit; überflüffige Finger und Zehen haben manchmal tasfelbe Gelenf mit den echten.

12. Krankheiten der Kinder. 351 Note, erhadene Muttermale

vergehen bisweilen, wenn das Kind während des Zahnens richtig homöopathiſch behandelt wird. Die wichtigften Mittel dagegen find Sulphur,Calcarea carbonicaumdSiliceaalle Wochen oder Monate, bis das Sind alle feine Zähne hat. Neuerdings verwendet man mit gutem Erfolge den eleltrifchen Strom dagegen.

Mißgeburten und Mißgeſtaltungen

laſſen ſich oft durch eine jahrelange richtige Behandlung der Eltern verhüten. Sind bei einem Neugeborenen alle Körperteile vor⸗ handen und Kopf und Geficht oder die Glieder nur verjchoben und entitellt, jo fan gewöhnlich ohne alle Arznei und ohne Bandagen alles zurechtgebracdht werden. Dan braudyt nur Tag und Nadıt, jo oft man kann, die verjchobenen Teile mit einer Hand oder mit beiden fo zu ftreichen, al3 ob der betreffende Teil von Wachs wäre, und al3 ob man ihn forgfältig zurechtbiegen und ihm die gehörige Form geben mollte.

Anſchwellen der Brüftchen

entfteht oft durch dag undernünftige Ausdrüden und Quetſchen der Wärzchen. Die Bruftwarze der Kleinen jchwillt ſchmerzhaft an, ift erft hart, wird dann unter Eiterbildung weich und entleert eine fleinere oder größere Menge Eiter. In derartigen Fällen Hilft, jogleich gegeben, Arnica. Hat ſich ſchon eine große Nöte gebildet, Chamomilla, fpäter Belladonna oder Bryonia. Wenn aus einer Heinen Anfchwellung bereits eine große Beule geworden ift, fogebe man Hepar und nad) einigen Tagen Silicea; bleibt eine VBerhärtung zurüd, Arsenicum. Für die rechte Geite ift Belladonna und Hepar, für die linfe Bryonia und Silicea zu bevorzugen.

Augenentzündung, Trante Augen der Reugeborenen.

Sehr oft werden bei Neugeborenen die. Augen etwas rot, be- ſonders am dritten Tage. Eine folche Entzündung entfteht entweder durch Erfältuna, zu warmes Baden, ſcharfe Seife beim Wachen, oder weil dad Licht zu grell in die Augen fiel, meiftens aber weil die Luft nicht rein genug war, das Zimmer gar zu dunfel oder Die Kinder gar zu warm gehalten wurden.

Eine ganz beſonders gefährliche Form von Augenentzündung, die häufig völlige Erblindung der Kinder zur Folge hat, beruht auf einer Anſteckung mit Trippergift, das während der Geburt aus dem Scheidenſchleim der Mutter in das Auge des Kindes gelangt. Die Röte der Augen nimmt ſchnell zu, die Lider ziehen ſich ſammen, es entwickelt ſich ein roter Wulſt und ſpäter quillt dicker,

352 II. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

gelber Eiter hervor, durd) welchen da3 ganze Auge zerftört werden fann. Diefe Erkrankung ift jehr ernſt zu nehmen und e& ift fogleich ein Arzt zu Rate zu ziehen.

Die entzlindeten —— müſſen möglichſt rein gehalten und, jo oft ſich Eiter anſammelt, mit abgekochtem, warmem Waſſer aus⸗ gewaſchen werden.

Am beſten haben ſich folgende Mittel bei Augenentzündungen der Neugeborenen bewährt:

Aconitum, ſobald ſich die erfte Nöte zeigt, beſonders wenn die Entzündung durch Die Einwirkung zu grellen Lichtes entjtanden ift. Das ganze Auge ift fchließlich ſtark gerötet und fondert ziemlich viel Schleim ab.

Belladon.na gibt man in der Regel nach Aconitum, wenn dad Weiße der Augen fehr rot geworden ift oder Blutungen aus den Uugenlidern ftattfinden; das Kind kann gar Fein Licht in den Augen ertragen.

Chamomilla: Anſchwellung der Augenlider; diefe bluten leicht, jondern einen gelbgefärbten Schleim ab und find morgens zufammengeflebt.

Mercurius: Nöte der Augen und Tider; Fleine gelbe Ge- —5* am Rande der Augenlider, Ausſcheidung von gelbem

im.

Pulsatilla: reichliche Eiterabſonderung aus den Augen mit ftarfer Nöte des ganzen Auges und der Innenſeite der YAugenlider.

Argentum nitricum: $auptmittel, wenn reichlicher, rahmartiger, gelber Eiter aus den Augen fommt.

Calcarea carbonica: bei ffrofulöß veranlagten Kindern, die viel am Hinterkopf ſchwitzen.

Euphrasia: viel Schleim in den Augen mit ftarker Ent- zündung und Lichtjcheu.

Rhus toxicodendron: wenn ein roter Wulſt zwiſchen den Augenlidern herbortritt.

Schluchzen der Kinder

vergeht gewöhnlich, wenn man fie an der Bruft der Mutter recht warm werben läßt und ihnen ein paarmal ein halbes Teelöffeldhen laltes Waſſer oder ein Mefjerjpigchen geftoßenen feinen Kriftall- zuder3 oder ein Teelöffelchen Zuckerwaſſer gibt.

Stodichnupfen oder verjtopfte Naſe

hindert am Ntemholen während des Saugend. Man reibt Hühner- oder Gänſefett, Mandelöl, fette Milch oder aud) Lanolin außen auf die Nafe und mit einer Feder in das Innere der Naje ein.

Nux vomica abend3 vor dem Zubettgehen gegeben, ber- Ihafft in der Regel fofortige Erleichterung; Hilft e8 nicht bis zum nächſten Morgen, jo verfudde man Sambucus.

12. Krankheiten der Kinder. . 353

Chamomilla: Gtodjchnupfen mit ftarfer, wäſſeriger Ab- jonderung.

Carbo vegetabilis: erjchlimmerung jeden Abend.

Dulcamara: erftopfung der Nafe, die ſich verjchlimmert, jobald das Kind in fühle Luft fommt.

Cepa: ſchlimmer in der warmen Stube, beſſer im Freien.

Mercurius: Gtodjchnupfen mit vielem Niejen und dider Ausfcheidung aus der Nafe.

Tartarus emeticus: neben dem Schnupfen und Ber- ftopftjein der Naſe ift Schleimraffeln auf der Bruft vorhanden, das ſich nachts vermehrt.

Schwämmchen (Soor)

nennt man eine Mundentzündung, bei der weiße oder gräuliche Flecken auf der Mundſchleimhaut auftreten. Geſellen ſich noch Geſchwürchen dazu, fo ſpricht man von „Mundfäule“. Die Krank— heit iſt entweder die Folge mangelhafter Reinlichkeit oder unpaſ⸗ jender, jchwerverdaulicher Nahrung; e3 werden daher begreiflicher- weiſe künſtlich ernährte Kinder von dieſem Übel heimgeſucht, während ſolche, die die Mutterbruſt bekommen, nur ſelten daran erkranken. Seit es keine Lutſchbeutel mehr gibt, iſt Soor auch ſeltener geworden. In der Regel bringt ſchon Reinlichkeit und häufiges Waſchen des Kindes Erleichterung. Aber jo Hilfreich regel— mäßige forgfältige Auswaſchungen der Mundhöhle mit kaltem Waſſer oder, in beſonders ſchlimmen Fällen, mit der unten an- gegebenen Borazlöfung jind, ebenjo nadteilig ift das Scheuern der erfrantten Mundfchleimhaut; denn das Übel kommt doch wieder oder die Schwämmchen treten im Schlund auf, mo dann niemand reiben und jcheuern kann.

Mercurius follte glei) beim Beginn der Krankheit gegeben werden, bejonder3 wenn fie mit viel Speichelfluß einhergeht und die Schwämmchen geſchwürig werden.

Sulphur läßt man nad) Mercurius nehmen, wenn nad) einigen Tagen feine deutliche Beſſerung eingetreten ift.

Arsenicum: in befonder3 fchweren Fällen, wenn andere Mittel feine Beſſerung bringen und die erkrankte Schleimhaut ein bleifarbige8 oder blaues Ausfehen befommt. Große Schwäche und Durchfälle begleiten das Übel.

Auch Bryoniaund Nux vomica können unter Umſtänden hilfreich fein.

Ein bemwährtes Mittel zu Auswaſchungen der Mundhöhle ift eine Borarlöfung. Man löft 2 Gramm Borar in 120 Gramm Waller auf und betupft damit die Franken Gtellen.

Halsweh

iſt gewöhnlich die Folge einer Erkältung, beſonders bei rauhem Wind; unter Umſtänden kann es aber auch mit Verdauungsſtörungen Hering⸗HKaehl, HU. 23

354 II. Die Behandlung der gewöhnlidften Krankheiten

zufammenhängen. Die Kranken Hagen über Schmerzen beim Schlucken, Gefühl von Engſein und Trodenheit im Halfe, oder ob ein Splitter im Halſe fteden würde.

Wenn Kinder über Halsweh Hagen, muß man jtet3 daran denfen, daß auch Scharlad) und Diphtherie mit Halsweh beginnen. Schar- lachfranfe leiden aber zugleicdy an Erbrechen und am darauffolgenden Tag tritt der befannte Hautausſchlag auf. Bei Diphtherie fieht man ſchon in den erften 24 Stunden der Erkrankung den eigen- a Halsbelng.

ie beſte Behandlung des Halswehs befteht in der Anwendung falter Umjchläge um den Haß und in der Berabreidhung eines innerliden Mitteß.

Belladonna: Trodenheit der Schleimhaut, Schmerz beim Shluden von Flüjligfeiten, Rötung der Rachenjchleimhaut und beider Mandeln; Anjchwellung der Mandeln und der Lymph— drüfen am Kieferwinkel.

Mercurius jodatus ruber: did belegte, breite Zunge, die an den Rändern den Eindrud der Zähne aufweiſt. Mandeln entzündet und mit Geſchwüren beſetzt.

Kali muriaticum: Halsweh, da3 mit Berdauungs- ftörungen zufammenhängt.

Gelbſucht der Reugeborenen.

Wenige Tage nad) der Geburt tritt bei vielen Kindern jene auffallende Veränderung der Hautfarbe ein, die allgemein unter dem Namen Gelbjucht belannt ift und die wegen ihrer Häufigkeit bon manchen Müttern irrtümlich al etwas Notwendige an- gejehen wird. Sie ift aber tatfächlich ein krankhafter Zuftand, der auf eine in der Leber des Kindes vor fich gehende Veränderun zurüdzuführen if. Wie bei jeder Gelbjucht, find wahrfeeinlic auch hier die Gallenausführungsgänge abgeichlojfen, die Gefäße der Leber faugen die Galle auf und führen fie ins Blut über. Doc kann auch zurüdgebliebenes Kindspech den Abflug der Galle ver- hindern oder eine Erfältung kann die katarrhaliſche Schwellung an der Einmündung des Gallenausführungsganges in den Zwölf- fingerdarm verurſacht Haben.

Die Behandlung erfordert für gewöhnlich weiter nichts, alg daß auf Negelmäßigfeit des Stuhlganges gejehen wird. In fchlim- meren Fällen wende man eines der nadjftehenden Mittel an:

Chamomilla, Hauptmittel bei der Gelbjucht Neugeborener: Diarrhdeartige, unverdaute Stühle, die das Ausfehen gehadter Eier haben. Das Kind ift infolge der Darmitörung unruhig und fchreit vie. Mercurius: wenn nad) Chamomilla nidjt alle Erſcheinungen verfchwinden, die Hände und Füße Talt find, der Urin gelb bis dunkel gefärbt if. Nux vomica: Gelbfudt mit hartnädiger Berftopfung und vergeblidem Stuhldrang.

12. Krankheiten der Kinder. 365 Wundſein oder Srattjein

tritt mit Vorliebe an Körperftellen auf, an denen fich zwei Haut- . flächen berühren, aljo Hauptfächlicd) zmwifchen den Beinen, am Gefäß, unter den Armen, am Hal uſw. Die Urfacdhen find ent- weder mangelhafte NReinlichfeit oder fchlechte Ernährung oder häufige Durchfälle mit ſcharfen, meift fauerriechenden Entleerungen. Bei der Behandlung muß man in erfter Linie die Urfachen zu befeitigen juchen, fonft Hilft alleg Schmieren, Salben und Pudern nichts. Größte Reinlichkeit ift da3 erfte Erfordernid. Man laffe ein Kind nie lange in der Näſſe liegen und waſche die verunreinigten Körperteile häufig mit Fühlem Waſſer fanft, aber gründlich ab. St der Buftand ſehr jchlimm, fo kann man dem Wafjer etwas Calendula-Zinktur Hinzufügen. Wenn die Nahrung ſchuld am Wundſein ift, fo ift ein Wechjel unerläßlich; Zinkpuder, Hexenmehl und Ähnliche äußerlihe Anwendungen find jchädlich, dagegen iſt eine innige Berreibung von 1 Teil reinem Kohlenpulver und 9 Teilen Reispulver ein zuverläfliges, raſch mwirfendes und zugleich unfchädliches äußerliches Hilfsmittel.

‘Chamomilla genügt in den meiften Fällen; wird es troß- dem fchlimmer, breitet fic) eine Nöte weiter aus al die Wundheit oder zeigen ſich bei Fränflichen, Hinfälligen Kindern Kleine Blütchen am Kopfe, fogebe man Rhus toxicodendron. Gelblid) au3- jehenden Kindern, mit ausgedehnten, wunden, ſchorfigen Gtellen, bejonder3 auch hinter den Ohren, Tann durch Mercurius ge- holfen werden. Sn fehr Hartnädigen Fällen verfuhe man Sul- phur (befonder3 beim Wundfein am After und wenn ein Friejel dabei ift) oder Carbo vegetabilis und Graphit.

Gegen Wundheit am Nabel hilft gewöhnli gut Nux mo- schata und hierauf Sulphur, Silicea oder Calcarea carbonica (in langwierigen Fällen).

Harnverhaltung.

Wenn ein Säugling längere geit fein Wafjer läßt, muß man lofort die Urfache diefer Harnverhaltung ausfindig zu machen fuchen. Sm den meiften Fällen helfen bei diefem Übel einige Gaben Aconitum oder fpäter Pulsatilla. (Vergl. außerdem „Harnbeſchwerden“ Geite 318.)

Stuhlverjtopfung

fommt bei Kindern oft von Fehlern in der Qebendweife her. Man warte bei Heinen Klindern nie länger als 24 Stunden, gebe dann immer ein Kliftier von lauer Milch und Waffer und, falls dies nicht hilft, fogenannte „Bleibefliftiere”. Es find das Feine, fühle Kliftiere, die nicht eingeführt werden, um die Entleerung des Darmes zu bejchleunigen, fondern um dem Maſtdarm etwas Flüffigkeit

356 II. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

anzubieten, damit die von oben kommenden Kotmaſſen nicht zu Iepe ausgeſaugt und dadurch zu troden werden. Drei bis bier ſolcher Bleibefliftiere täglich genügen meift, um den Stuhlgang zuregeln. Die beften Mittel gegen Berftopfung bei Heinen Kindern find: Nuxvomica, Aesculus, Bryonia und Alumina.

Nux vomica ijt da3 Sauptmittel, befonder3 bei Kindern, die viel Abführmittel befommen haben. Widermwärtige, reizbare Stimmung; häufiger Drang zum Stuhlgang ohne Erfolg.

Aesculus: Stuhlentleerung befteht aus dunflen, Harten Knollen; fehr trodene Schleimhaut.

Bryonia: fehr große, trodene Kotmaſſen; feinerlei Luſt zu förperlicher Betätigung und Anftrengung.

Alumina 30., morgen? und abend3 eine Gabe: Hartnädige Berjtopfung; es ftellt fich nicht der geringjte Stuhldrang ein.

Unter Umftänden muß man eines diejer Mittel auch der Mutter oder Amme geben, damit die Arznei durch die Milch auf das Mind einwirft. (Siehe auch Seite 310 ff. „Stuhlverftopfung”.)

Schlaflojigteit

wird gewöhnlich durch Magenüberladung und ſchädliche Dinge, bie den Kindern gegeben werden, veranlaßt. Auch Kaffee, Fleiſch, Wein und andere erhigende Speiſen und Getränfe, die die ftillende Mutter genießt, fönnen Unruhe und Sclaflojigfeit beim Säugling ver- urſachen. Ebenfo kann das Hochliegen mit dem Kopfe ſchuld daran fein; alle Heinen Kinder müſſen mwagrecht liegen. Zuerſt gebe man Coffea; Hilft dies nicht und ijt das Geficht dabei rot, fo wende man Opium gan, find Blähungen oder Leibweh damit verbunden, jo paßt Chamomilla. Kommt die Schlaflofigkeit nach dem Entwöhnen: Belladonna; hat das Kind nejfelartige rote und weiße Fleden, die abwechſelnd wiederfommen und ber- gehen: Apis.

Schreien.

Wenn ein Säugling dann und warn feine Stimme Fräftig erichallen läßt, fo ift dies nod) feinerlei Grund zur Beunruhigung, denn ein Kind befigt ja feine andere Sprache, mit der e3 feinen Wunſchen und Bedürfniffen Ausdrud zu geben vermag. Ein Kind jchreit beijpiel3weife, wenn es hungrig tft, wenn es Durft hat, wenn e3 in der Näſſe liegt ufv. Wer ein guter Beobachter ift, kann meiften3 die Urſache des Schreiens finden. Oft ift das Kind zu feft gebunden, fo daß e3 fich nicht rühren Tann, e8 hat eine Nadel irgendivo fteden, es will anders liegen, e8 hat Brotfrümden und dergl. unter fich, e3 ift ihm ein Arm oder ein Bein eingeſchlafen oder e3 Art das arme Geſchöpf irgendiwo. Oder das Kind friert und will Menſchenwärme haben, oder e3 will nicht bei jehr alten Zeuten liegen, oder e3 ift ihm zu heiß und es will frijche Quft oder

Dia.

12. Krankheiten der Kinder. 357

irifches Waſſer Haben. Wie manches arme durftige Kind haben mir nicht augenblidlich mit ein paar Teelöffelchen voll recht friſchen Waffers beruhigt. Es kann dem Kinde auch etwas ind Auge oder ind Ohr geraten fein (vergl. ©. 156 und 157), oder es hat Ohrenweh (vergl. ©. 193) oder kann fein Waffer laffen (vergl. ©. 318 und 355). Man muß mit Geduld und Ruhe die Urſache zu finden fuchen. Schreit das Kind aber doc) Tag und Nacht und bei jeder Gelegenheit, jo wird es gejcholten, wohl gar hin und her geworfen oder geprügelt. Das ift eine Roheit. Kein Kind unter einem Jahre jchreit ohne wohl⸗ begründete Urjache, und es ift Pflicht der Eltern und Wärter, durd) gewiflenhafte Pflege das Schreien fo viel als möglich zu verhüten. Nur in einem Fall ift es beffer, da3 Kind fchreien zu lajfen: wenn e3 bei Nacht die Bruſt verlangt. Die Kinder follen fid) von Anfang an daran gewöhnen, bei Nacht zu Ihtajen und ihre Mahlzeiten zu beftimmten Zeiten zu halten. Bei folgerichtiger Durchführung it dies bald zu erreichen und Kinder und Eltern haben dann den Vorteil davon.

Schlimmer als alles andere, ja ein wahres Verbrechen ift eg, Rindern Opium oder eine Abkochung von Mohnköpfen zu geben. Und wenn e3 ſich totjchreien würde, fo wäre dies noch beſſer als einen Opiummenſchen zu erziehen. Die Kinder werden nie alt, nie gefund und fräftig, jobald fie Opium befommen. Entweder werden fie Schwachköpfe oder zu Laftern neigende Leute.

Wenn das Schreien von Ohrenweh oder Kopfweh herlommt und wenn fich die Kinder ganz fteif machen, den Leib in die Höhe heben und den Kopf Hintenüber werfen, jo hilft meiften? Ch a- momilla; zugleid fann man einen heißen Umſchlag auf den Bauch legen. Iſt Unruhe und Hibe dabei, fo gibt man Coffea und fpäter Aconitum; bei langanhaltendem Schreien Hilft auch Belladonna. 7 Prejjen zum Stuhle dabei und fauer- riechende Entleerungen, ſo paßt Rheum, bejonder® wenn die Kinder jchreien, jobald ein Arm oder Bein aufgededt wird. Schreien lie beim Niefen, dann eignet ih China. Schreien fie beim Huften oder ſchon beim Anſatze dazu, vergleihe man Aconitum, Bryonia, Belladonna, Hepar. Schreien fie, wenn ſie angefaßt werden, vergleiche China.

Über Schreien aus Zorn, Furcht, Schred und vergl. f. Eeite 51; auch andere Urſachen können oft auf dad rechte Mittel führen.

Kinder, die ſich nach einer überftandenen Krankheit auf dem Wege der Beſſerung befinden, verfallen manchmal in ein heftiges Schreien mit Wüten und Toben, als wären fie wahnfinnig; hier hilft Tartarus emeticus.

Sieber

tritt felten für fich allein auf, fondern ift beinahe ftet3 dad Symptom irgend einer Krankheit. So beginnen beiſpielsweiſe die epide-

358 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

mifchen oder anjtedenden Krankheiten wie Mafern, Scharlach, Diphtherie und deral. ftet3 mit Fieber. Auch das Zahnen, Ber- dauungsftörungen und Erkrankungen der Atmungsorgane können mit Fieber einhergehen.

Beim Fieber find die Kinder fehr durſtig. Man gebe ihnen deshalb in regelmäßigen Zwifchenräumen Taltes Wafjer, und zwar den Sleinften tropfenmweile oder mit einem Teelöffelcden, oder man laſſe fie an einem reinen Läppchen faugen, da3 man um den Finger gewidelt hat und oft in faltes Waffer taucht. Fieberfranfe fünnen nur wenig und leicht verdauliche Nahrung zu fich nehmen, wie Tee, Milch, Gerſtenſchleim, gefochtes Obſt und vergl. (f. ©. 42).

Das Kranfenzimmer follte fühl gehalten und fleißig gelüftet werden. Iſt das Fieber jehr hoch, jo legt man das Find in einen fühlen feuchten Ganzmidel, bis es in Schweiß kommt, oder gibt ihm ein furzes, kühles Bad oder eine falte Ganzabwaſchung.

Aconitum: Hauptfiebermittel nad) Erfältungen in trodener falter Luft. Die Haut iſt troden und heiß, das Kind nervös, unruhig, aufgeregt und ſehr durftig.

Belladonna: Blutandrang nad) dem Kopf. Das ganze . Geficht ift ftarf gerötet, Die Sinne find überreizt. Bei hellem Licht fann der Kranke die Augen nicht Öffnen, bei jedem Geräufch zudt er zufammen. Pie Halsichlagadern find deutlich fichtbar und pulſieren heftig.

Ferrum phosphoricum: das Fieber weiſt auf eine beginnende Erfranfung der Atmungsorgane, 3. B. eine Yuftröhren- oder Zungenentzündung Hin.

- Krämpfe oder Gichter.

Plöglich auftretende Krämpfe find mehr als irgend ein anderer krankhafter Zuftand geeignet, die Umgebung des Kindes aus der Ruhe und Faſſung zu bringen. Dan fei jedod) nicht übertrieben ängjtlich und verfuche nicht allerlei durcheinander; denn wenn Die Gichter nicht ſchon ein Zeichen des nahen Todes find, wobei meiftens alle Hilfe zu ſpät fommt, fo find e3 faft immer Anfälle, die nur furze Zeit währen und die man zunächſt ruhig vorübergehen läßt.

Die Urſachen diefer eigentümlichen Zufälle find dor allem in einem äußerft empfindlichen Nervenfyften zu juchen. Aus diefem Grunde werden hauptjächlich ſchlecht ernähtte oder mit der eng- liſchen Krankheit behaftete Kinder von Krämpfen heimgefudt. Die häufigfte unmittelbare Veranlaſſung von Kinderfrämpfen bilden ohne Zweifel Störungen in der Verdauung, bejonders grobe Ernährungsfehler oder das Vorhandenfein von Würmern. Die Mil einer fäugenden Mutter kann durch Heftige Gemüts— erjchütterungen oft derart ungenießbar werden, daß der Säugling furz nad) dem Gtillen von Krämpfen befallen wird. Bei zarten, Ihledht ernährten Kindern ſetzen die meiften mit Fieber einher-

12. Krankheiten der Kinder. 359

gehenden und plößlic) auftretenden Krankheiten, wie 3. B. Qungen- entzündung, Scharlad), Mafern, Boden, Gehirnentzündung und dergl., mit einem heftigen Srampfanfall ein.

Wird ein Kind von einem Krampfe befallen und ift gerade Fein Arztzur Stelle, jo tauche man die unteren Gliedmaßen des Patienten bis herauf zu den Knien in heißes Waffer und mache zugleid) einen falten KRopfumfchlag; dies mehrmals wiederholt bringt gewöhnlich da3 Kind wieder zum Bemwußtjein. Steine Magenüberladung die Urſache des Kampfes, fo fuche man durch Kiteln des Rachens mit einer Gänfefeder Erbrechen herborzurufen; liegen Darmjtörungen dem Übel zugrunde, fo gibt man ein Kliftier. Hat man feine ee Arzneimittelzur Hand, fo läßt manan Kampher riechen.

Nur wenn die Anfälle zu lang dauern oder häufig mwiederfehren und immer ftärfer werden, ift es nötig, die Arznei auch während des Anfalles zu geben. Bei plöglich auftretenden Krämpfen ift Belladonna, Chamomilla oder Cuprum am wirk— lamjten; man wiederholt die Arzneigaben nad) kurzen Zwiſchen— räumen und jo oft al3 notwendig.

Chamomilla: Zudungen der Arme und Beine, mit Hin- und Herdrehen des Kopfes. Daliegen mit halbgeöffneten Augen, ohne Belinnung; der eine Baden ift rot, der andere blaß. Die Kinder wimmern viel und wollen immer zu trinken haben.

Belladonna: da3 ind fährt plößlih aus dem Schlafe auf und ftiert wild um fi; die Pupillen find ermeitert und da3 Geficht infolge Blutandrangs nach) dem Kopfe ſtark gerötet. Eines oder mehrere Glieder des Körpers oder auch der ganze Leib find fteif. Zrodenheit und brennende Hiße in der Stirn und den Hand— tellern. Die fanftejte Berührung ruft wieder einen neuen Krampf- anfall hervor.

Ignatia iftein wichtiges Mittel bei Krämpfen, wenn einzelne Glieder zuden und häufige Anfälle von Hie damit verbunden find. Leichter Schlummer mit jchredhaften Auffahren, heftigem Schreien und Bittern am ganzen Körper. Krämpfe, deren Urfachen man nicht kennt (Würmer, Bahnen und dergl.). Gichter alle Tage zur jelben Stunde oder jeden andern Tag etwas früher oder fpäter. Hitze und Schweiß nachher.

Coffea: für jhwächliche, Fränfliche Kinder, die oft ohne ander- mweitige Zufälle mit derartigen Krämpfen behaftet find.

Ipecacuanha: die Finder find außerdem fehr furzatmig, würgen oder erbrecdhen, haben Durchfall, ftreden fich vor, während oder nad) den Unfällen oft Frampfhaft lang aus.

Cina: bei zarten Sindern, die Würmer haben oder viel an Bettnäſſen leiden. Bruftfrämpfe mit GSteifwerden des ganzen Körpers und Yudgefühl an Naſe und After.

Mercurius: Krämpfe, die durd) Würmer veranlaßt wurden, mit aufgetriebenem, hartem Unterleibe; Aufftoßen, das Waffer

360 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

läuft au dem Munde; etwas Fieber und große Schwäche nad den Anfällen.

Opium: viel Zittern am ganzen Körper, Schlagen mit Armen und Beinen, lautes Schreien bei den Anfällen, ohne daß die Kranken e3 wiſſen; fie liegen betäubt oder bewußtlos da, der Leib wird aufge- trieben, längere Zeit geht fein Stuhl oder fein Harn ab; die Mutter, die da3 Kind ftillt, Hat einen heftigen Schreden oder Zorn gehabt.

Rheum: Budungen an den Oberfchenfeln und in den Weichen.

Cuprum: die Krämpfe beginnen an den Fingern und Beben, die Gelichtsfarbe wird bald bläulid).

Aethusa-cynapium iſt ein vorzügliches Mittel für Säug- linge, die die Milch immer in geronnenen Stüden erbredien und viel mit Gichtern behaftet find.

Sulphur: Krämpfe nach unterdrüdten Hautausfchlägen.

Stimmrigentrampf (Bruftlrämpfe, Blauwerden).

Stimmrigenframpf ift ein Franfhafter Zuſtand, der fat aus- ichlieglid) Kinder zwilchen dem 6. und 24. Lebensmonat befällt. Im Anſchluß an ein heftiges Schreien bleibt plöglich der Atern aus, das Kind wird fteif und wirjt den Kopf zurüd. Geht der Anfall raſch vorüber, fo fängt da3 Kleine nad) Sekunden wieder an, nach Luft zu ſchnappen. In ernſteren Fällen dauert der Anfall länger; das Kind wird blau im Geſicht, namentlich um die Lippen, die Händchen ſind krampfhaft zu einer Fauſt geballt, und erſt nach längeren, endlos ſcheinenden Sekunden beginnt der ſteife Körper zu erjhlaffen und die Atmung wieder einzufegen. Nach dem Anfall iſt das Kind fehr erſchöpft und fällt meiſt in tiefen Schlummer.

Der Stimmrigenframpf befällt hHauptfächlich ſchlecht ernähtte, nervenſchwache, blutarme oder mit englifcher Krankheit behaftete Kinder. Die Anfälle fehen gefährlid) aus und find es teilweiſe aud); deshalb ift fofortige Hilfe doppelt wertvoll. Vor allem richte man das Kind auf und trage e8 an da3 geöffnete Fenſter oder man ſpritze ihm Taltes Waller ins Geficht. In beſonders ſchweren Anfällen ftede man dem Kind den Finger in den Mund und rufe durd) Hinabörüden der Zungenmwurzel Erbrechen hervor oder man ziehe rajch die Zunge zum Mund heraus, um fo der Erftidungsgefahr vorzubeugen.

Bei der Behandlung ift dad Grundübel (Blutarmut, Ber- dauungzftörungen, engliiche Krankheit, nervöſe Schwäche uſw.) zu berüdfichtigen, fonft fan man vor Rüdfällen nie ficher fein.

Gegen die Wiederkehr der Anfälle kann man die unter „Krämpfe oder Gichter” (Seite 358 ff.) angeführten Mittel anwenden und zwar bejonders:

Belladonna, wenn der Stimmritzenkrampf vollblütige, ſonſt Fräftige Kinder befällt.

Chamomilla, wenn nerböje Kinder während der Bahn- periode Srampfanfälle befommen.

12. Krankheiten der Kinder. 361

Cuprum, wenn da3 Blaumwerden des Gefichtes beſonders ausgeſprochen ift, und wenn 19 dem Stimmritzenkrampf noch allgemeine Krämpfe Hinzugefellen.

Sambucus, wenn die Kinder plötzlich mit einem Schrei aus dem Schlaf erwachen, als müßten fie erftiden, wenn fie an einem dumpfen, hohlen, trodenen Huften leiden, fehr ängftlich jind und die Anfälle oft wiederfehren.

Bahnen der Kinder.

Das Bahnen wird von Müttern und Ärzten oft als Sünden⸗ bod benüßt, wenn man nicht weiß, was die Urfache diefer oder jener krankhaften Erfcheinung ift. Wenn das Kleine an Durchfall infolge Erfältung leidet, wenn es fchreit, weil e3 zu lange in naffer, be- ſchmutzter Windel liegt, wenn es unverdauliche Nahrung genoffen und daher Krämpfe befommen hat, jo tröften fi) Vater und Mutter gar zu gerne mit dem Hinweis: Es zahnt wieder. Im Gegenſatz zu diefer Täufchung vertritt eine Reihe herporragender Arzte die wiederum extreme Anſchauung, daß da3 Bahnen niemals. Be- ſchwerden hervorrufe. Der goldene Mittelweg enthält auch hier die Wahrheit, daß nämlich da3 Zahnen gemwifje Störungen im Körper nad) ſich ziehen fann, daß fie aber nicht fo Häufig auftreten, wie im Bolf gewöhnlich angenommen wird. Wie oft fann man 3. B. die Beobachtung machen, daß ein Kind troß forgfältigfter Pflege an Durchfall leidet, der erjt wieder zum GStillftand kommt, wenn ein neuer Zahn durchgebrochen ift.

Wenn die Zähne durchzubrechen beginnen, wird das Zahnfleiſch breiter, gleichſam edig und figelt und judt, wird weißlich, beſonders an den Kanten, dabei ift der Mund heiß, das Kind wird unruhig, befonder3 des Nachts, hat fliegende Hite, ift dann wieder blaß, ftedt alles in den Mund, um darauf zu beißen, zumeilen beißt es auch beim Stillen ftark auf die Warze. Manchmal kann e3 nicht gut faugen, da3 Zahnfleisch ſchwillt, wird Heiß und jchmerzhaft.

Ein Einfchneiden in das Zahnfleisch ift nicht immer zu empfehlen; nur bei fränflihen Kindern, deren Eltern Skrofeln oder Shphilis haben, mag man e3 tun, aber erjt, wenn die angegebenen Mittel nicht3 halfen; denn es ift weit beffer, wenn die übe durch eigene Kraft durchbrechen. Iſt das Einjchneiden wirklich erforderlich, fo darf e3 erjt vorgenommen werden, wenn die Zähne unter der Haut de3 Zahnfleiſches deutlich gefühlt werden oder durchichimmern; dabei darf der Schnitt nur leicht gemacht werden, etwa wie ein tiefer Ritz. Schneidet man früher, jo heilt die Wunde wieder und bildet eine Narbe, durch die der Zahn noch ſchwerer durchbricht.

Dem Kind einen harten Gegenjtand, 3. B. ein Bahnbein oder ähnliches zum Daraufbeißen zu geben, ift nicht zu empfehlen, da einerſeits das Zahnfleiſch dadurch Härter und andererjeit3 die Stellung der Zähne nachteilig beeinträchtigt wird. Höchſtens laffe

362 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

man e3 eine Figur aus rotem Gummi zwiſchen feine Siefer nehmen.

Wenn die oben angegebenen Anzeichen des Zahnens allzu- lange fortdauern, dann gebe man drei, vier Wochen lang jede Woche einmal Calcarea carbonica oder täglid) morgens und abends eine Mefferfpite Calcarea phosphorica3. Ber- reibung; hiedurd) wird der Zahndurchbruch fehr befördert. Dies hilft befonders auch, wenn zu viele Zähne auf einmal durchbrechen.

Gegen die Beſchwerden des Zahnens kommen noch folgenve Mittel in Betracht:

Aconitum: Fieber mit großer Unruhe, Schlaflojigfeit, Hitze und Durst. Das Kind fährt plöglic) im Schlafe zufammen, fchreit auf und fährt mit der Hand in den Mund.

Chamomilla: die Kinder haben zugleid einen trodenen, feuchenden Huften, find nacht3 unruhig, werfen ſich umber, trinfen öfters; brennende Hite, Nöte der Haut, rote Augen, Ängftlichfeit, Achzen, Stöhnen, Furzer, fehneller, geräufchvoller Atem und Be- Hemmung auf der Bruft; Bittern der Glieder, e3 fahren öfters einzelne Nude durch die Glieder, einzelne Glieder zuden. Sit hierbei Chamomilla nicht hinreichend, fo gebe man Belladonna oder au Rheum.

Belladonna: nad) den Anfällen fommt ein bedeutender Schlaf, der lange dauert oder gar fortmährt bis zum nädjften An- falle. Man gibt es auch fogleich, ehe noch die anderen Mittel ver- ſucht werden, wenn die Finder plößlid) wie durd) einen Schred aus dem Schlafe erwachen, fich ängftlic mit einem gänzlich ver— änderten Blid umfehen, mobei das Schwarze im Auge jehr groß wird; wenn jie irgendwo Hinftarren, fich vor etwas fürchten, wenn fie am ganzen Körper ſtarr und fteif werden und an Gtirn und Händen wie Teuer brennen.

Ignatia: wollen Krämpfe entftehen, fo gehen gemöhnlich andere frampfhafte Zeichen vorher, die oben bejchrieben find, oder Durchfall, Gefichtsbläfjfe, glanzloje Augen, wenig Eßluſt, das Sind will oft getragen fein, legt den Kopf dabei an die Schulter deffen, der e3 trägt.

Cina: die Kinder näffen aud) ohne Anfälle oft da3 Bett, Haben einen trodenen Huften, faſt wie Keuchhuften, fchon lange vorher, der ſich dann verjchlimmert und wozu endlich Bruftfrämpfe und Gliederfrämpfe fommen. Krämpfe älterer Kinder beim zweiten Bahnen, bejonder3 wenn fie vorher und nachher viel an der Nafe reiben oder Würmer haben.

Coffea: das ind ift ſehr aufgeregt, ſchläft nicht, ift bald allzu weinerlich bald allzu Tuftig und fiebert etwas.

Ipecacuanha: Übelkeit, Erbreden und Durchfall zahrıen- der Kinder.

Mercurius: ftarfer Speidhelfluß, Nöte des Zahnfleiſches und grüne Stuhlentleerungen mit viel Zwang.

ut

12. Krankheiten der Kinder. 363

Sulphur: die Augleerungen find weißlich, heiß und fauer und machen die ſie berührenden Körperteile wund.

Tartarusemeticus 3. D.: da3 Find Huftet öfters, be- kommt dann Wieber, muß abmwechjelnd viel gähnen und Huften, jchreit dazmwilchen viel, Hat grünen Durchfall oder einen ängftlichen Geſichtsausdruck oder ift ganz jchlaftrunfen; die Krämpfe fangen zuerſt im Geſicht an.

Überfüttern der Kinder.

Die Zatjache, daß mehr als 60% aller im erften Lebensjahr borfommenden Todesfälle durch Ernährungsftörungen verurjacht twerden, zeigt zur Genüge, wieviel von den Müttern in der Ernäh- rung der Finder nod) gejündigt wird. Die beite, einzig natur- gemäße Nahrung für einen Säugling ift die Muttermilch. Dabei wird das Kind gedeihen und wird, wenn es je einmal frank werden jollte, die Krankheit viel leichter durchmadjen als ein Fünftlich auf- gefüttertes Kind. Es ift daher ernftefte Pflicht jeder Mutter, ihr Kind felbft zu ftillen und die Verſuche mindeftend einige Tage unentwegt fortzufegen, auch wenn e3 zunächſt erfolglos zu fein iheint. Nur wenn fich mehrere Tage nach der Niederfunft über- haupt feine Milch zeigt oder ernite Krankheiten der Mutter es unmöglich machen, follte vom Gtillen des Kindes Abftand ge- nommen erden.

Bei der künſtlichen Ernährung eines Kindes ift vor allem darauf zu achten, daß ſowohl Zufammenfegung als Menge ver Nahrung dem Alter und Kräftezuftand des Kindes entiprechen und daß bei ihrer Zubereitung und Verabreichung die peinlichite Reinlichkeit beobachtet wird. Kuhmilch mit Waffer verdünnt, mit Zufaß von etwas füßem Rahm und Zuder, wird am häufigften als Erjag für Muttermilch benügt. Für die erſten Lebensmonate nimmt man halb Mild) Halb Wafjer oder anftatt des Waſſers einen Zuſatz von Hafer», Gerjten- oder Reisfchlein. Später, etwa vom pritten Monat an ?/, Mil) und 1/, Waſſer oder Schleim. Um die Milch vor ſchädlichen Keimen zu ſchützen oder haltbarer zu machen, empfiehlt jich die Benügung eines Sorhlet’ichen Apparates.

Sobald ein Säugling an Durchfall leidet, darf feine Mil mehr verabreicht werden. Man gibt dann entweder Gerftenjchleim oder Reisichleim fo lange, big mehrmal3 fefter Stuhlgang erfolgte. Für die fünftlihe Säuglingsernährung find eine zahllofe Menge bon Kindermehlen in den Handel gebracht worden, für die von den Herjtellern unaufhörlicd) die Werbetrommel gerührt wird. Mit jeltenen Ausnahmen bringt die Anwendung ſolcher Nährmittel und Sindermehle mehr Enttäuſchung als Befriedigung. Bei Durchfällen hat aber das Muffler’fche Kindermehl oft gute Dienfte getan. Die Mellin’sche Nahrung dagegen ift mehr für Säuglinge, die an Berftopfung leiden, zu empfehlen. Natürlich dürfen auch die Kindermehle nur mit Waffer zubereitet werden, folange Durd)-

364 III. Die Behandlung der gewöhnlihften Krankheiten.

fall befteht. Übrigens kann ſich jede Mutter für wenig Geld ein den teuren Nährmitteln ganz ähnliches Kindermehl ſelbſt ber- ftellen. Man nimmt zu diefem Zweck ein Pfund Mehl und bindet e3 feft in ein reines leinene8 Tuch (Mund- oder Handtuch) eim. Diefen Beutel legt man in einen mit Wafjer gefüllten Topf und läßt das Waffer 3—A Stunden ununterbrodhen locken. Infolge— deffen wird aus dem Mehl ein fefter Klumpen, defjen äußere noch etwas weiche Rinde mit dem Mefjer abgeſchält wird. Von dem harten Klumpen reibt man dann fo viel, als man zur Herftellung einer Mahlzeit braucht, auf dem Reibeiſen ab und kocht es je nach Umftänden mit Waffer oder Milch zu einem feinen Brei. Bei hartnädigen Sommerdurchfällen der Cäuglinge hat ſich die Lah- mann’she Pflanzenmild, in Waſſer aufgelöft, jehr bewährt. Bmwiebad ift aud) gut für Kinder, nur darf er nicht braun, d. h. nicht verbrannt fein.

Gegen Durchfall und Erbreden nach Überfütterung if Ipecacuanha paffend; beſſert es ſich nidht bald, Pulsa- tilla. Durchfall, bei dem viel Unverdautes mit abgeht, befiert China. Bei Erbreden, da3 mit Rerftopfung verbunden iſt, fommt Nux vomica in Betradjt. In ſehr Hartnädigen Fällen verabreicht man einige Gaben Sulphur.

Sommerdurdfälle der Kinder.

Diefe ebenfo häufige als gefährliche Krankheit befällt hHaupt- ſächlich Heinere Kinder während der heißeften Jahreszeit. Gie beginnt in der Regel mit Übelfeit und Erbrechen, zu dem fidh ſpäter Durchfälle gejellen. Das zuerſt Erbrochene befteht aus Kurz zuvor genofjenen Speifen, jpäter zum größten Teil aus Schleim, doch ift der Patient manchmal aud) nur von einem Würgen geplagt, ohne daß es zum Erbrechen fommt. Die Stuhlentleerungen find ſehr zahlreich und haben ein verfchiedenartiges Ausſehen, oft find lie grünlich, dünn und wäſſerig oder gelblich, oft weißlich, ſchleimig und mit Blut vermiſcht. Die Speijen gehen bisweilen ganz unver- daut ab und die Ausleerungen riechen fehr übel.

Hält die Krankheit einige Zeit an, jo verliert der Kranke den Appetit, magert jtarfab, fo daß die Haut in Falten am Körper hängt, Tieber ftellt fich ein, befonder3 in den Abendftunden, die Augen liegen tiefer und find während des Schlafes nur halb gefchloffen. Das Verlangen nad) Taltem Waffer ift fehr groß, aber Getränfe jeder Art werden fofort wieder erbrodden. Kopf und Baud) find heiß, lebterer gewöhnlich ftarf aufgetrieben; Hände und Füße dagegen find Talt.

lan Urfadhen folder Sommerdurdhfälle find Fehler in der Ernährung der fäugenden Mutter oder des Kindes; ferner Erkältungen, ungeeignete Kleidung, Mangel an frifcher Luft uſw. Bahnende Kinder werden mit befonderer Vorliebe von Sommer-

12. Krankheiten der Kinder. 365

durchfällen heimgeſucht. Oft ift die Milch allein fchuld an der ganzen Krankheit. Alles Vieh, dad mit Branntweinfpülicht ge füttert wird oder da3 in Sümpfen weidet, gibt ungefunde Milch, die den Kindern fchadet. Kann man feine gejunde Kuhmilch be- fommen, dann halte man jich, wenn irgend möglich, eine Ziege.

Dan halte Feine Kinder während der Sommermonate fühl, ohne fie aber Taltem, feuchten Zuge auszuſetzen, gebe ihnen faltes Waffer zu trinfen, jorge, daß fie vielan frifche, reine Luft fommen, jei vorſichtig mit allem Eſſen und Trinfen, gebe ihnen, be- fonder3 im zweiten Jahr, feinen Tee, feinen Kaffee, feine geiftigen Getränfe, nichts Saures, Salziges, Scharfes und lafje all dies aud) die Mutter meiden, wenn fie das Kind noch ftillt. Beſonders ver- meide man unreifes Obft und Obſtkuchen, fette Speijen, Eier und Geflügel. Friſche Butter, gefochte Mil, Gerften-, Reis-, Hafer- Schleim und dergl. find geftattet. Dadurd) kann man oft die Krankheit verhüten. Kinder, die ſchon ſehr ſchwach waren, find noch geheilt worden durch frische ungeſalzene Butter, die man in der Wärme zerlaufen ließ und löffelmeije eingab. Ferner läßt man altgebadenes Weizenbrot oder Semmeln eine Stunde lang im Waſſer fochen, feiht dann die Maffe durch und läßt fie fo lange einfochen, bi fie bein Raltwerden wie Gallerte gefteht. Hiervon gibt man den Kindern alle 2—6 Stunden ein Kliftier, jedoch nicht mehr als eine kleine halbe Kaffeetaſſe auf einmal. So wurde ſchon mandjes Kind gerettet.

Manchmal kann die Krankheit noch im Entftehen geheilt werden, wenn man fofort bei den erjten Anzeichen Ipecacuanha gibt. Diefes Mittel kommt befonders in Betracht bei Übelfeit und Erbrechen von Speifen und Getränfen oder von Schleim und Galle, Durchfällen, die weiße Flocken enthalten oder mit Blut ge- färbt jind. Beigroßem Durſt befteht Abneigung gegen jede Nahrung.

Nux vomica: wenn Ipecacuanha nicht fofort die ge- wünjchte Beſſerung bringt.

Antimonium crudum: Zunge did weiß oder gelb belegt, Trodenheit des Mundes und Durſt, Übelkeit und Erbrechen oder Würgen und Huften, Auftreibung des Unterleibes mit Blähungen, ftinfenden fchleimigen Ausleerungen und häufigem Waſſerlaſſen.

Arsenicum: da3 Rind ift jehr ſchwach, bleich und mager geworden; aufgetriebener Bauch, Falte Gliedmaßen, Appetitlofig- feit, Übelkeit und Erbrechen, großer Durft, Durchfall mit gelblichen mäfferigen, weißen oder braunen, übelriechenden Ausleerungen; Ihlimmer nad) Mitternacht oder nad) Eſſen und Zrinfen.

Veratrum: die Schwäche mird infolge von Übelkeit und Erbrechen fo groß, daß der Kranke einer Ohnmacht nahe ift; Er- Ihöpfung, Erbrechen und Durchfall; Erbrechen nad) der Hleinften Menge Flüfligfeit oder nach der geringiten Bewegung. Großes Berlangen nad) kaltem Waffer. Empfindlichkeit in der Magengrube, lodere, braune oder ſchwärzliche Stuhlgänge.

Bryonia: Durchfälle bei Heißem Wetter, begleitet von großen:

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366 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Durft; Erbrechen der Nahrung, Übelkeit und Erbrechen nach jedem Efien, Durchfall mit Kolik, die Stühle find weiß oder bräunlich und Humpig und haben einen fauligen Gerud).

Carbo vegetabilis: wenn Bryonia nur teilweife oder borübergehend Befjerung bringt, beſonders wenn die Entleerungen jehr dünn und übelriechend und von Brennen und vielen Schmerzen begleitet find.

Chamomilla: grüne Ausleerungen, die weiße, unverdaute Speiferefte enthalten und an da3 Ausfehen gehadter Eier erinnern. Die Kinder find unruhig, ſchreien viel und wollen umbergetragen fein. Eine Wange iſt gerötet, die andere blaß.

Dulcamara: Durchfälle nach kaltem Trinfen bei großer Hite; Durchfälle, die bei jeder fühlen Witterung wiederflommen. Heftiger Durft mit Verlangen nad) faltem Waſſer. Durchfall mit grünlihem oder bräunlidem Schleim, ſchlimmer nachts.

Mercurius: Durchfälle vor Mitternadt am ſchlimmſten; tolifartige Schmerzen, San aman und ftarler Schweiß. Die Stuhlentleerungen jind ſpärlich, grünlich und fauer und von Auf—⸗ ftoßen und Übelfeit begleitet. Lebhaftes Verlangen nach Butter.

Calcarea: dünne, hellgefärbte Stühle, die nach verdorbenen Eiern riechen ; Erbrechen, viel Kopfichweiß, aufgetriebener Unterleib.

China: nad) jeder Mahlzeit Durchfall; die Stühle find fehr übeltiechend und enthalten unverdaute Speiferefte. Mafjenhafte Gasanſammlung im Unterleib.

Sulphur: langwierige Fälle; die Durchfälle find zahlreich, die Augleerungen Häufig grünlich, dünn und wäfferig oder weiß und fchleimig.

Das Erbredhen der Säuglinge

ist nur dann ala etivad Gefährliches zu bezeichnen, wenn bie Er- nährung dadurch notleidet. Das fogenannte „Ausſchütten“ dagegen ift ohne Bedeutung; ſchon der Volksmund fagt: „Spei- finder Gedeihkinder“. Der kindliche Magen ift im Gegenſatz zu der ovalen Form des Magens Erwachjener rund, und der Magen- ſchließmuskel weit nicht jo miderftandsfähig und kräftig entiwidelt wie im fpäteren Alter. Infolgedeſſen entjchlüpft der Überfchuß der Nahrung weit leichter nach oben und wird ausgefchüttet. Anders dagegen verhält e3 jich mitdem wirklichen Erbreden. Gibt ein Säugling alle Milch wieder von ſich, ohne daß Anzeichen lonftigen Unmohljeins beftehen, fo it Aethusa cynapium weitaus das befte Mittel. Bei Erbrechen nad) fchwerberdaulicher Nahrung mit didem, weißem Bungenbelag paßt Antimonium crudum. Übelfeit mit Häufigem Brehmürgen und Erbrechen bei reiner Zunge verlangt Ipecacuanha. Geht Durchfall mit dem Erbrechen einher oder haben wir e3 mit den in den Sommermonaten jo häufig auftretenden, gefürchteten Brechdurchfällen zu tun, fo it Veratrum album eines unferer wirfjamjten Arzneimittel,

12. Krankheiten der Kinder. 367

Die engliſche Krankheit oder Rhachitis

ist eine dem Kindesalter eigentümliche Erkrankung, die hau ptfächlich in einer Ernährungd- und Wachstumsſtörung der Knochen befteht. Die erften Anzeichen können zwar jchon beim Neugeborenen vor- handen fein, entmwideln ſich aber vorzugsweiſe zwiſchen dem ſechſten Monat und dem fünften Lebenzjahr. Am häufigsten begegnet man ihr in Großftädten und unter der ärmeren Bevölkerung, bejonders bei Kindern, die wenig ind Freie fommen, beftändig in dumpfen, Ichlecht gelüfteten und der Sonne wenig zugängliden Wohn- räumen untergebracht find und für deren Reinlichkeit und Hautpflege nur mangelhaft gejorgt wird. Eine fehlerhafte Ernährung be- günftigt die Entwidlung des Leidens ebenfalg. Obwohl auch mandmal Kinder, die die Mutterbruft befommen, an Rhaditis erkranken, trifft man fie doch weit häufiger bei folchen, die mit Mehlbrei, Wedfüppchen und dergl. gefüttert werden. Die Krankheit entwickelt fi) in der Regel jo langfam und ihre Anfangserfcheinungen find fo wenig auffallend, daß meift Monate darüber Hingehen, ehe die Eltern den krankhaften Zuftand wahrnehmen. Die erjten Bor- boten treten am Kopfe auf. Er nimmt eine etwas unförmige, vier⸗ edige Geftalt an und erjcheint im Verhältnis zum Geficht viel zu

roß. Die Rüden zwiſchen den Schädelfnochen (Zontanellen) bleiben Tane unnatürlich weit geöffnet; die Kinder zeigen große Neigung zu Kopfſchweißen. Später erjt machen jich Beränderungen an den übrigen Knochen bemerkbar. Die Gelentenden jchwellen an und werden breiter, wodurch die Glieder bejonders an den Hand- und Fußgelenten ein abgejegtes Ausſehen befommen. Die Knochen jelbft enthalten viel zu wenig Kalk und find demzufolge weich und biegfam. Deshalb fangen rhadhitifche Kinder erſt ſpät zu gehen an. Wird der Feine Patient aber trogdem frühzeitig zu Gehverſuchen aufgemuntert, jo tritt meiſt eine fäbelartige Berfrümmung der Bein- chen auf, und da auch die Knochen der Wirbeljäule an diefer Kalk⸗ armut Franken, jo wird durch zu frühes Gehen, aufrechtes Tragen des Kindes oder vieles Sitzen infolge des Drudes von Kopf und Schultern eine Verkrümmung des Rüdgrates hervorgerufen, die ſich big zu einem Höder oder Budel kann. Durch die Erweichung der Rippen wird der Bruſtkorb vielfach auf beiden Seiten eingeengt und das Bruſtbein nach vorn geſchoben, wodurch eine ſogenannte „Hühnerbruſt“ entſteht, die gewöhnlich noch im ſpäteren Leben Zeugnis von einer überſtandenen engliſchen Krankheit ablegt. Ebenſo kann das Becken durch Verſchiebung der einzelnen Knochen verunſtaltet werden, was bei Mädchen ſpäter zu bedenklichen Ge— burtshinderniſſen werden kann. Kinder, die an engliſcher Krankheit leiden, zahnen ſchwer. Manchmal erfolgt der Durchbruch der erſten Zähne erſt im 13. und 14. Lebensmonat. Sie erſcheinen in ungewohnter Reihenfolge, nehmen oft eine ſchiefe Stellung ein, bleiben dünn oder werden ſchlecht und fallen bald wieder aus.

368 IIT. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Außer diefen bejonders die Knochen betreffenden Beränbe- rungen treten noch eine Reihe Mllgemeinerfcheinungen auf. Die Haut ift blaß, durchſichtig und blutarm, die Kinder neigen fehr zu Er- fältungen, Brondhiallatarrhen mit Huften und Schleimraffeln, Darım- ftörungen mit öfters auftretenden Durchfällen. Statt diefer tritt bei älteren Patienten meift eine hartnädige Verftopfung ein. Der Bauch ift infolge der [hwadjen Bauchmuskeln und ftarfen Gasentwidlung in den Därmen trommelartig aufgetrieben. Auch das Nervenſyſte m thachitifcher Kinder ift von der Krankheit in Mitleidenfchaft gezogen. Die Kleinen find aufgeregt und werden oft plöglicd) von Krämpfen befallen, oder es ftellen ſich, hauptſächlich während der Rinter- monate, Anfälle von Stimmritzenkrampf (jiehe Ceite 360) ein.

Bei Homdopathilcher Behandlung wird die engliihe Kranfheit gewöhnlich raſch geheilt. Allerdings müfjen daneben aud) die hogienifhen und diätetiſchen Maßregeln gehörig berüdjichtigt werden. Go oft e8 der Zuftand des Kranken und die Jahreszeit erlaubt, ift er ins Freie zu bringen, möglichſt an ſonnenbeſchienene oder twaldige Plätze. Die Wohnräume müſſen troden und ſonnig gelegen fein und täglich gut gelüftet werden. Alle Brei- und Mehl- arten find mwährend der erſten Lebensmonate wertlos, weil Das Kind fie nicht verdauen fann. Das einfachſte wäre natürlich, wenn ein Kind mit englifcher Krankheit Ammenmild) bekäme, fall3 die Mutter nicht fähig fein follte, es ſelbſt zu ftillen. Kann eine Amme nicht befchafft werden, jo gebe man dem Rind 1 Teil Kuhmild und 2 Teile Waffer, Tüge diejer Mifchung etwas Milchzuder und für jede Mahlzeit einen Kafjeelöffel voll Rahm Hinzu. Kindermehle wie die bon Mellin, Muffler, Rademann, Theinhardt, Nejtle und wie fie alle heißen mögen, find während der eriten drei bis bier Lebensmonate gänzlich wertlos, ja fogar oft ſchädlich und gefund- heitswidrig. Alteren Patienten mit 8 und 9 Monaten gibt man etwas mehr Milch, und fall gleichzeitig Verftopfung vorhanden fein follte, zu jeder Mahlzeit ein bis zwei Kaffeelöffel voll Mellins Nah- rung. Bei 2- und Zjährigen Kranken ift hauptſächlich für regelmäßige Tettzufuhr Sorge zu tragen. Man gebe den krankhaften Gelüften lolcher Kinder nad) Wein, Bier, Moft, fauren Speiſen, Schwarzbrot und dergl. nicht nach, fondern forge durch Milch, füßen Rahm, Butter, Eier und etwas Fleiſch für eine kräftige Ernährung. Die öftere Anwendung von warmen GSalzbädern, mit 2 bi3 3 Pfund Biehfalz auf das Bad, oder der Gebrauch von Solbädern ift ſehr empfehlenswert. Nach dem Bade reibe man den ganzen Leib mit warmem Ol, am beften Dlivenöl, ein. Dadurch wird dem Körper etwas Fett durch die Haut zugeführt und diefe felbft ge- ichmeidig erhalten. Schon da3 bloße Reiben und Streichen, das bei der Anmwendung von DI erforderlich ift, bildet eine heilfame und mwohltuende Körpermaflage.

Die mwichtigften homöopathiſchen Arzneimittel gegen englijche Krankheit find:

1 |

12, Krankheiten der Kinder. 369

Ferrum phosphoricum: bei blutarmen, zu Huften und Fiebererfheinungen geneigten Kindern.

Phosphorus: deutlich ausgeprägte Erjcheinungen der eng- liihen Krankheit. Vergrößerte Knochenenden, krankhaft blaffes Geficht des Patienten; mit Durchfall verbundene Verdauungs- ftörungen, Rüdgratsverhümmungen und Hinfälligfeit mit Ohn- machtsanwandlungen bei der geringften Anftrengung.

Calcarea carbonica ift vielleicht dag am häufigften gegen Rhachitis verordnete Homdopathifche Heilmittel. Es eignet fich be- - fonder3 für plumpe, fette Kinder, mit weit geöffneten Sontanellen, Neigung zum Schwitzen am Hinterkopf, |pätem und ſchwierigen Zahndurchbruch und großem, trommelartig aufgetriebenen Bauch).

Calcarea phosphorica 3. oder 6. hat ähnliche Er- iheinungen. Der opt ift außerordentlich groß und vieredig, die ſpät durchbrechenden Zähne werden bald ſchlecht und fallen aus. Darmkatarrhe mit häufigen, übelriechenden Ausleerungen und fort- fchreitender Abmagerung ftellen fich ein; der Bauch ift, im Gegen- fa zu Calcarea carbonica, eher eingejunfen al aufgetrieben. Wenn die engliſche Krankheit in einer Familie regelmäßig auf- zutreten pflegt, jo empfiehlt e3 fich, der Mutter zum Zweck der Verhütung des Übels in den legten Schwangerſchaftsmonaten Calcarea phosphorica 3. zu verabreichen.

Silicea: trodene, blaſſe, durchſichtige Haut mit Neigung zu Geihmwürsbildungen und Furunkeln, reichlicher, ſauerriechender Kopfihtveiß,. BEN |

Baryta carbonica: bei zwerghaften, d.h. im Wachſtum zurüdgebliebenen Kindern mit ftarf angefchwollenen Halsdrüſen.

Hinten der Kinder.

Jedermann wird wohl jchon Kinder geſehen haben, die nicht gehen können, weil dag eine Bein kürzer gervorden ift. Das Hüft- gelen? des Türzeren Beines ift dider, gefchwollen und entzündet; zuweilen entjtehen jpäter auch Geſchwüre. Dieſe Krankheit ift meift tuberfulöjer Natur und fehr ſchwer zu Heilen, manchmal überhaupt nicht, wenn fie ſchon lange gedauert hat, weil dann Ber- änderungen im Gelenf entſtanden find, die ſich nicht wieder meg- ungen laffen. Daher müfjen Eltern ſehr aufmerkſam fein, das Übel im erften Entftehen gehörig zu beachten, um zeitig Hilfe bei einem homöopathiſchen Arzte fuchen zu fönnen. St etwas verrenft oder gebrochen, jo fann man dies entweder von dem Finde erfahren, oder der Schmerz und die Geſchwulſt, die dann plößlich kommen, verraten es. Man gebe in diefem Fall Arnica und bringe das Kind zu einem geſchickten Chirurgen. Entfteht da3 Hinken ohne äußere Urſachen, fo find feine Schmerzen dabei; da3 Kind geht mit einemmale lahm, bejonders mit den Hüften, und zieht die Schenfel an; in einem foldhen Falle wende man fofort Mercurius und,

Hering-Haehl, 9.4. 24

370 III. Die Behandlung der gewöhnlichten Krankheiten.

wenn nötig, fpäter noch Belladonna an. Man bringe aber das Kind jobald als möglich zum Arzt, der im Zweifelsfalle die Urſache des Hinkens mitteljt einer Durchleuchtung mit Röntgen- ſtrahlen fofort erfennen Tann.

Stettern.

Man bezeichnet damit eine Sprachftörung, bei der durch eigen- artige Krämpfe der Atmungdorgane das Ausfprechen einzelner Wörter erfchwert ift oder bei der einzelne Worte oder Silben öfters mühfam und zwangsweiſe wiederholt werden, ehe der Saß zu Ende geführt wird. Nur in den jeltenften Fällen find ſchlimme Gewohnheiten und Erziehungsfehler ſchuld daran. Biel öfter hängt das Stottern mit Ernährungzftörungen, vergrößerten Rachen- mandeln, Skrofuloſe, Schleimhautanfchwellungen oder Najen- erfranfungen, die da3 Atmen behindern, zufammen. Iſt erfteres Der Tall, jo läßt ich im Kindesalter das Stottern meift leicht wieder ab- gewöhnen; tritt eg aber im [päteren Alter, 3. B. in den Entwidlungs- jahren auf, jo macht feine Befeitigung fchon größere Schwierigfeiten. Bei der Behandlung ift vor allem auf regelmäßiges, tiefeg und langſames Ein- und Ausatmen zu adjten. Stotternde Kinder müffen unbedingt daran gewöhnt werden, jofort mit Sprechen aufzuhören, jobald fie ftottern, und dürfen erft en nachdem fie tief Atem geholt Haben. Gebr zu empfehlen find tägliche Spredh- und Redeübungen, wobei nur des Aus⸗ atmens geſprochen wird. Von homöopathiſchen Mitteln hat ſich Stramonium am beſten bewährt.

Liegt dem Stotter übel irgend ein anderes Leiden wie Skrofuloſe, vergrößerte Rachenmandeln und dergl. zugrunde, jo iſt eine Beſſe⸗ rung des Stotterns nur von der Beſeitigung des Grundübels zu erwarten. (Siehe die dort jeweils angegebenen Arzneimittel.)

Bettnäffen

Das nächtliche Bettnäfjen ift ein ebenjo weit verbreitetes als hartnädiges Übel bei Kindern. Die Urjachen find fehr mannig- faltig. Am häufigiten leiden nervöfe und ffrofulöjfe Kinder daran; doch können auch die Beichaffenheit des Harnes, Gelbjtbefledung, enge Borhaut oder Verwachſungen zwiſchen Vorhaut und Eichel, Spul- und Madenmwürmer, Schwäche des Blaſenſchließmuskels und vergl. fchuld daran fein. Jedenfalls ift eg unvernünftig, das Leiden mit der Rute heilen zu wollen; auf diefe Weile lann man nicht einmal Hunde erziehen, geichweige denn Menfchen. Drohungen und Strafen machen folde Kinder immer nervöſer bewirken eher eine Verſchlimmerung als eine Beſſerung des

idens.

Die Behandlung des Bettnäſſens verlangt oft größte Geduld. Zum Abendeſſen darf der Kranke keine Flüſſigkeit genießen. Selbſt

12. Krankheiten der Kinder. 371

Obſt, das fonjt Kindern ſehr zuträglich ift, darf nur in Vor⸗ und Nachmittagsſtunden genoſſen werden. SHarntreibende Speijen und Getränfe, insbeſondere Tee und Kaffee, alloholhaltige Ge- tränfe, Gewürze, faure und ſtark geſalzene Speijen, Sellerie und dergl. müflen ganz gemieden werben. Das beſte Getränfe iſt Waller, weil es die Schärfe de3 Harnes mindert. Die Kinder dürfen nicht fogleich nach dem Ejjen zu Bett gehen und müſſen 1—2 Stun- den nad) dem Einſchlafen gewedt und zum Harnlaffen ermuntert werden. Die Blafe muß allmählich auch tagsüber an längeres Burüdhalten des Harns gewöhnt werden; der Kranke darf alfo dem erften Drang zum Harnlaffen nicht gleich nachgeben. Bor in Schlafengehen ift für volljtändige Entleerung der Blafe zu orgen.

Das Nachtlager muß Hart und fühl fein. Es foll alfo nicht aus Federbetten, jondern aus Roßhaar⸗ oder Seegrasmatratzen bejtehen; ein oder mehrere Wollteppiche genügen zum Budeden. Das Fußende des Bettes ift durch geeignete Holzunterlagen höher zu Stellen, jo daß der Oberkörper tiefer, der Unterleib und die Füße höher zu liegen fommen. Der in der Blafe ſich fammelnde Harn drängt dann nicht fo bald an den Blaſenſchließmuskel.

In manchen Fällen haben ſich fühle Sigbäder von 24—26 Grad Gelfius, 5—8 Minuten lang unmittelbar vor dem Bubettgehen bewährt. Auch Bimmergymnaftif und bei blutarmen und nervöſen Stindern Luftbäder oder Sonnenbeftrahlungen können als Heil- mittel in Frage fommen. Am wicdtigften ist aber die Wahl eines gut paffenden homöopathiſchen Arzneimittels.

Causticum: Sauptmittel für jüngere und ältere Kranke, befonder3 wenn da3 Bettnäffen ſchon im erften Schlaf erfolgt. Blaſenſchwäche, die fich auch tagsüber bemerkbar macht; häufiger Harndrang, Wegſpritzen von Harn bei der geringften Erjchütterung wie Niejen, Huften, Gehen uſw.

Belladonna: eigentwillige, lebhafte Kinder, die leicht ſchwitzen und ſich leicht erfälten, die im Schlaf meift auf dem Bauch ruhen oder die Arme über den Kopf legen. Auch tagsüber häufiger Harndrang, beim Stehen fogar unfretwilliger Harnabgang. Ber entleerte Harn ſieht blaß und wäſſerig aus.

Pulsatilla: fanfte, milde, weinerliche Kinder, die leicht erröten und wieder blaß werden; fette Speifen rufen meiſt Magen- verderbni3 hervor. Stark übelriechender Harn. Auch tagsüber plögliches unmiderjtehliches Verlangen, die Blaſe zu entleeren. Paßt bejonders für Mädchen, die außer dem Bettnäflen an Weiß- fluß leiden, der Fleden in der Wäfche Hinterläßt.

Gina: Wurmbeſchwerden, wie Zuden an der Naje, großer Appetit, Wafjerzufammenfließen im Munde, Leibſchmerzen, zeit- mweilige Übelfeit und vergl. Plögliches ſchreckhaftes Auffahren aus dem Schlafe. Kopf im Schlaf ſtark nach hinten gebogen. Der Harn wird bald nach der Entleerung trüb.

312 III. Die Behandlung der gemwöhnlichften Krankheiten.

Ferrum: blaffe, bleiche, abgemagerte Kinder; Hände und Füße werben leicht kalt; grobe hläfrigfeit, will morgens nicht aufftehen, Neigung zu Erfältungen, fortmährender Schnupfen mit Tröpfeln aus der Nafe; im Freien ſtarkes Tränen der Augen; nach jeder Erkältung Durchfall oder Huften.

Sulphur: Hauptmittel in allen Fällen, in denen man ſich nicht ficher entfcheiden kann. Blaſſe, fortwährend kränkelnde Kinder mit dickem Bauch. Furcht vor dem Wafchen und Baden; Vorliebe a. und ſtark gemwürzte Speifen, großed erlangen nach

uder.

Calcarea carbonica: dide, ſchwammige oder vollfaftige Kinder mitrotem Geſicht, viel Durft und Neigung zu Kopffchweißen. Das Bettnäffen erfolgt mehrmaß in der Nacht; tagsüber viel Harn- drang bei wenig Harnentleerung. Paßt bejonder?, wenn Sul- phur nicht ausreicht.

Calcarea phosphorica und Kali phosphori- cum werden von Dr Schüßler gegen Bettnäfjen empfohlen; das an paßt Hauptjächlich für blutarme, das legtere mehr für nervöſe

er.

Phosphori acidum: Bettnäffen im erften Schlaf, außer- gewöhnlich reichlicher Harnabgang.

Equisetum: Bettnäſſen ohne bejondere Erſcheinungen oder bei Kindern, die unter ſchreckhaften Träumen leiden.

Brüche.

Kleine Kinder ſind ſehr leicht zu Brüchen geneigt. Beſteht ein Nabelbruch, ſo lege man ein zuſammengeſchlagenes Stückchen Verbandgaze auf den Nabel, das durch eine breite, mehrfach um den Körper gewickelte Binde feſtgehalten wird. Dan kann auch ein Stück Kork oder einen Holzknopf, der in Leinwand eingehüllt ift, an die Binde annähen, wodurch der Bruch noch beſſer zurück⸗ gehalten wird und leichter zubeilen kann. Bei lebhaften, unruhigen Kindern Flebe man über da3 zufammengelegte Stüd Leinwand freuzmeije ein paar Heftpflafteritreifen. Der Verband muß häufig nachgeſehen und wieder zurechtgerüdt oder erneuert werden; Geduld nicht verlieren! Bei dem Abnehmen oder Wiederanlegen hält man den Bruch leicht mit der einen Hand zurüd,

Hat das Kind einen Bruch in den Leiſten, jo kann man eine Bruchbinde anlegen; aber jie muß gut pafjend fein. Nux vo- micaiftda3 Hauptmittelgegen Brüche jeder Art. Bergl. Seite 325.

Impfung.

Geit einem halben Jahrhundert beſteht in Deutichland ein Impfzwanggeſetz, nach dem fämtliche neugeborenen Kinder bor Ablauf des erften Lebensjahres geimpft werden müjjlen. Cine

12. Krankheiten der Kinder. - 313

Befreiung davon für ein oder mehrere Jahre ift nur zuläffig, wenn durch ein ärztliches Zeugnis der Beweis erbracht wird, daß ein Kind Fränflich oder jehr zart und in der Entwidlung zurüdgeblieben ift. $m 12. Lebensjahr findet eine Wiederimpfung jtatt. Früher, al man nod) von Arm zu Arm zu impfen pflegte, famen unzählige Erkrankungen, zum Teil fehmwerfter Art vor; feit man aber aug- ſchließlich Kälberlymphe verwendet, find Impfpvergiftungen weit jeltener geworden. Immerhin fchließt auch das heutige Verfahren keineswegs Krankheiten aus. So nimmt z. B. nicht felten eine tofenartige Entzündung, Xmpfrotlauf genannt, von der Ympf- jtelle ihren Ausgang und breitet fich über den ganzen Arm aus; oder da3 geimpfte Kind beginnt zu fiebern und es entwidelt ſich ein Ausschlag über den ganzen Körper, der ſich bisweilen als äußerſt Hartnädig erweiſt und felbft forgfältiger, wochenlanger Behandlung trogt. Ein anderes Mal find es Drüfenanfchwellungen, die der Impfung auf dem Fuße folgen. Ferner kommt e3 zumeilen vor, daß die Impfſtelle, ftatt zu vernarben, plöglich ein bögartiges Ausjehen befommt und zu einem tiefen, um jich frejjenden Geſchwür ausartet.

Diefen üblen Begleiterfcheinungen des Impfens kann auf mehr- fache Weiſe vorgebeugt werden. Syn erjter Linie ift es dringend erforderlich, daß die Mutter fich der größten Reinlichkeit befleißigt. Das zu impfende Kind follte am Tage zuvor gebadet werden. Rad vollgogener Impfung empfiehlt e3 ſich, die Impfſtelle mit einem Stück fteriler (d. H. feimfrei gemachter) Verbandgaze zu überdecken und den ganzen Oberarm in eine Binde einzuhüllen. Innerlich gibt man fofort Mercurius sublimatus corrosivus 6, morgen3 und abends eine Gabe. Entiwidelt ſich trotzdem ein Xmpf- rotlauf, fo wende man Apis dagegen an. Gtellt ſich anjchließend an die Impfung Fieber ein, jo kann dagjelbe mit Aconitum befämpft werden. Bei Drüſenanſchwellungen oder Geichmwiürs- bildungen infolge des Impfens paßt am bejten Silicea. Zum Schluffe der Behandlung ift es ftet3 angezeigt, dem Impfling eine Gabe Thuja und Sulphur in Hochpotenz zu geben.

Skrofuloſe.

Der kindliche Körper zeigt zuweilen eine auffallende Neigung zu Drüſenanſchwellungen, zu Augen⸗ und Ohrenentzündungen, Knochen- und Gelenkerkrankungen, zu chroniſchen Katarrhen der Schleimhäute und zu hartnäckigen Hautausſchlägen und Geſchwürs— bildungen. Man bezeichnet dieſe krankhafte Körperbeſchaffenheit, die hauptſächlich in einer Schwäche und Widerſtandsloſigkeit des Körpers gegen innere und äußere Schädlichkeiten beſteht, als Skrofuloſe. Beſonders charakteriſtiſch für die ſtrofulöſen Krank— Den ungen it ihr fchleppender Verlauf, ihre außerordent- iche Hartnädigfeit, ihre endlofe Dauer und ihre ausgeprägte Neigung zu Rüdfällen.

374 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Kinder, die an Skrofulofe leiden, find im allgemeinen an zwei unter ſich ganz verſchiedenen Bejonderheiten ihrer Törperlichen Erſcheinung und ihrer geiftigen Urt kenntlich: die einen jind zart- gliedrig, von blafjer Hautfarbe, durd) die Haut ſchimmern deutlich die bläulihen Venen; fie Haben geringen Fettanjag, ſchlecht ent- widelte, jchlaffe, welfe Muskulatur. Im Gegenfaß zu ihrem zarten Körperbau fteht die geiftige Entwidlung; jie find von lebhaften Temperament, leichtem Faſſungsvermögen, Hug, oft jogar frühreif und geijtig ihrem Alter weit voraus, aber aud) leicht erregbar und

ereizt. Dan bezeichnet diefe Art ala „erethiſch“ (erregbar). Die andern Kinder find körperlich und geiftig langſam, träg, ſchläfrig, teilnahmlos gegen alles, von geringem geiftigen Faſſungsvermögen. Die körperliche Entwidlung läßt weniger zu wünjchen übrig; fie find gut genährt, meift fogar fett, ſchwammig, von plumpem, un- beholfenen Körperbau. Die Nafe ift did und breit, die Oberlippe etwa3 aufgefchwollen, dag Geficht meijt elta und die Haut unrein. Der Bauch ift did, ſtark aufgetrieben. Diefe Art nennt man „torpid" (ſchlaff).

Während die Lymphdrüſenanſchwellungen bejonder3 am Naden und am Unterkiefer vorfommen und Kinder im Alter von 3—12 Jahren befallen, treten die jErofulöjen Hautausſchläge mit Vorliebe Hinter den pe am Nafeneingang und in der Gegend der Augen auf; fie zeigen ſich am Häufigften im 1. und 2., und dann wieder vom 5.—12. Lebensjahre. Eine befondere dieſer Ausſchläge ift ihre Neigung zu Geihmwürs- bildung und ihre außerordentliche Hartnädigkeit. Augen-, Ohren-, Knochen⸗ und Gelenferkranfungen find weniger an eine beftimmte Zeit gebunden, man begegnet ihnen vom 2.—20. Sabre.

Über die Urſachen der Skrofulofe find die Anfichten der Ärzte noch geteilt. Soviel ift aber ficher, daß zwiſchen der ffrofulöfen Störperbeichafienheit und der Tuberkuloſe enge verwandtſchaftliche Beziehungen bejtehen. Sinder, deren Eltern in ihrer Jugend ſtrofulös waren oder mit einer Anlage zu Tuberkuloſe behaftet find, kommen oft ſchon mit jfrofulöjer Körperbejchaffenheit zur Welt. &3 bedarf dann nur eines geringen äußeren Anftoßes, um den ſchlummernden Keim zu wecken und zur Entfaltung zu bringen. Wo feine Vererbung vorliegt, find faljhe Ernährung, Aufenthalt in fchledter, dumpfiger Stubenluft und andere Fehler in ber Lebensweife an der Entjtehung des Leidens ſchuld.

Sfrofulöje Kinder müfjen daher vor allem in beſſere Lebens- verhältniffe gebracht und jo den ſchädlichen Einflüffen entzogen werden, die das Leiden verurjacht und unterhalten haben. Neid)- licher und täglicher Genuß frifcher Luft ift das befte „Bhutreinigungs- mittel” für jfrofulöfe Kinder. Natürlich müſſen Erkältungen und Durchnäffungen peinlich vermieden werden. Die Zimmer find fleißig zu lüften und als Wohnräume folche zu wählen, die der Sonne möglichſt reichlihen Zutritt gewähren. Ältere Kinder find

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12. Krankheiten der Kinder. 375

aufzumuntern, jich viel im Freien zu bewegen. Die Koft muß einfach) und reizlos fein. Neben Milchſpeiſen, wie Mehl-, Neis-, Grieß- und Haferbrei oder aufläufen follen bejonder3 Gemüſe, wie Karotten und Spinat, Obſtmus und gelochte Früchte aller Art verab- reicht werden. Fleisch und Eier dürfen nur ältere Kinder befommen, und aud) bei vielen follen fie niemal die Hauptnahrung bilden. Lebertran bewirkt teils durch fein Fett teil3 durch den Jodgehalt bei jfrofulöfen Kindern oft auffallende Beilerung. Wenner vom Magen nicht ertragen wird, joll man ihn den Kindern nicht aufztwingen.

As äußere Hilfsmittel in der Behandlung der Sfrofulofe fommen die verjchiedenften Wafleranmwendungen, fühle Ganz- abwaſchungen, feuchte Einpadungen, warme Vollbäder, Wechjel- dufchen, Dampfbäder und dergl. in Betracht. Wahl und An- wendung überläßt man beſſer dem Arzt, da ohne forgfältiges Ein- gehen auf die Eigenart des Kranken oft mehr Schaden als Nußen damit geftiftet wird. Beſonders wirkſam find See- und Solbäder, die durch Anregung des Stoffwechſels die ganze Körperbeichaffen- heit beeinfluflen. Werner Hat fich die oo der Sfrofulofe mit Duarzlampenbeftrahlung (künſtlicher Höhenjonne”) vor- trefflich bewährt. Bergrößerte Lymphdrüſen und Hautauzjchläge verſchwinden unter dem Einfluß der „Höhenjonne” zujehends. Die Reizbarkeit der Nerven verliert jich, der Appetit wird gehoben und der Stoffwechſel mächtig angeregt.

Bor chirurgiſchen Eingriffen if dringend zu warnen. Die innerliche Homöopathifche Behandlung der Skrofuloſe liefert jo vortreffliche Erfolge, daß die Anwendung des Meſſers ohne weiteres unterbleiben kann. Eines unferer Hauptmittel ift Cal- carea carbonica. & paßt hauptſächlich für Kinder, die ſpät laufen lernen, bei denen die Sontanellen (d.h .die nur durch weiche Knorpel ausgefüllten Offnungen der Hirnfchale bei Säuglingen) zu lange offen bleiben, die viel am Kopfe ſchwitzen, alte, feuchte Füße und diden aufgetriebenen Leib haben. Es große Neigung zu Erlältung und Durchfall. Hals und Baud) ſind voll bon Prüfen. Bei Rachenmandeln (adenoiden Wucherungen) ift Calcarea carbonica, im Wedjel mit Sulphur gegeben, eines der wirkſamſten Mittel. Auch bei ffrofulöjen Knochen- und Gelenkerkrankungen hat e3 ſich ſehr bemährt.

Sulphur ift angezeigt, wenn ſich die Erfcheinungen der Sfro- fulofe mehr auf der Haut und den Schleimhäuten und meniger im Lymphörüfen-Syitem bemerkbar machen. Es paßt aljo be- jonder3 bei ffrofulöien Hautausfchlägen, langwierigen Schleim- hautkatarrhen und ffrofulöfen Augen-, Obren- und Nafenentzün- dungen. Die ganze Haut hat ein rauhes, unreines Ausſehen und der Kranke zeigt große Abneigung gegen jede Art von Wafler- anwendung. Gelbit das Waſchen von Gefiht und Händen mill er ſich nicht gefallen laffen. Sulphur ift außerdem von hohem Wert, wenn Neigung zu Morgendurchfall befteht.

376 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Jodum ift ein Sauptmittel bei Drüfenanfchwellungen, be- ſonders wenn die Drüjen hart, groß und jchmerzlos find und wenn die be mit großer Gier ejjen, aber troßdem zuſehends magerer werden.

Calcarea jodata, ebenfall3 ein wertvolles Drüfenmittel, ift Jodum vorzuziehen, wenn der Kranke außer zahlreichen fchriierz- Iofen großen Drüjen Calcarea-Symptome hat.

Hepar sulphuris paßtbei jfrofulöfen$indern mit empfind- licher, ſchlecht heilender Haut, bei näjjfenden, eiternden Kopfaus- Ichlägen und Neigung zu Gefhmwür- und Abizepbildung. Die ge- ringſte Verlegung der Haut Hat Geſchwüre und Iangdauernde Citerungen zur Folge. Drüjenanfchwellungen und Abſzeſſe ge- langen unter dem Einfluß von Hepar raſch zur Reife. & ift bejonder3 auch von Nuten bei Kindern, die ſich leicht erfälten und zu Katarrhen der oberen Luftwege geneigt find.

Silicea ift befonder3 wertvoll bei jErofulöfen Knochenerkran⸗ tungen und Wirbelfäuleverkümmungen, namentlid) wenn bereits Eiterung und Filtelbildung befteht. Auch bei langdauernden Geſchwuͤrsbildungen kommt es in Betradht. Es ermeift ſich be- ſonders wirkſam bei blaſſen, ſchlecht ernährten Kindern, die mit Drüfenfchwellungen und übelriechenden Fußſchweißen behaftet ſind.

Phosphorus iſt ebenfalls wichtig bei ſtrofulöſen Knochen⸗ erkrankungen, hauptſächlich wenn die Kranken zu Tuberkuloſe neigen. Schnellwachſende, aufgeſchoſſene, nervöſe und reizbare Kinder mit zarter, durchſchimmernder Haut und Neigung zu tuber- fuldfen Erkrankungen werden unter dem Emfluß von Phosphor raſch gebeifert.

Graphites: trodene, ſpröde, leichtriffige Haut und blutende Hautausschläge mit Flebriger Abfonderung Hinter den Ohren und an den Haargrenzen. Wunde, geſchwürige Nafenlöcher, rote ent- zündete und ftark verdidte Augenlider. Anfchwellungen der Drüfen am Halfe, in der Achjelhöhle, der Leiftengegend und im Unterleib. Der Bauch ift groß und Hart, e3 befteht gewöhnlich Stuhlverftopfung.

Mercurius solubilis gibt man bei ftarf vergrößerten und fchmerzhaft entzündeten Drüfen, die bereit3 eine Neigung zu eitrigem Zerfall zeigen. Am fchlimmften find .die Schmerzen abends und in der Bettivärme. Es ift ferner von Nußen, wenn ſtrofulöſe Kinder an reichlihem, wäſſerigen, fcharf brennendem Ausfluß der Nafe leiden und wenn die Schweißabfonderungen reichlich, übelriechend und ölig find.

Anjprung

oder Milchſchorf, auch Grindborke genannt, ift eine meift im Säuglingdalter auftretende läftige und hartnädige Hautkrankheit, die zuerst das Geficht, ſpäter auch die behaarten Teile des Kopfes und die Gliedmaßen befällt. Der Ausfchlag befteht aus kleinen

12. Krankheiten ber Kinder. 377

weißlichgelben, honigartigen Puſteln, die bald vertrocknen und in gelbe bis braune Borken übergehen. Die angrenzenden Hautteile ſind gewöhnlich gerötet und geſchwollen. Der Ausſchlag judt ſehr, ſo daß die Kinder vor lauter Kratzen nicht zur Ruhe kommen können.

Außer etwas Haarpuder oder ſchwachem Seifenwaſſer ſollte man äußerlich nichts gebrauchen. sr die Schorfitelle rundum entzündet und dag Kind fehr untuhig o gebe man Aconitum und nad) etwa 6 Stunden Rhus, alle 6—12 Stunden wiederholt. Wird es nach einigen Tagen noch nicht beffer, fo wende man Sul- phur und nad) etlichen Tagen, wenn e3 nötig ift, wieder Rhus an und fo fort. Auch eine Taffe Tee von einigen Gramm Teld- ftiefmütterchenfraut, jeden Morgen getrunfen, oder Viola tri- color, einen Tropfen der Tinktur in ein Glas Wafler, abends oder morgens ein Teelöffelchen voll, Hilft oft. Läßt der Anfprung aelblide Kruften zurüd, fo paßt Chamomilla, bei meißen Kruſten Dulcamara.

Kopfgrind (Rufen).

Kinder leiden manchmal an einem ſchmutzig ausfehenden, borfigen, übelriechenden Ausfchlag, der Hauptjächlich die behaarte Kopfhaut befällt und fie teilmeife ganz überdedt. Hebt man eine Borfe ab, jo findet man die darunterliegende Haut ftarf gerötet und entzündet. Die häufigfte Urſache ift Vernadjläffigung und Mangel an Neinlichkeit. Kinder, deren Kopf täglich gemafchen wird, leiden äußerft jelten an Kopfgrind.

Bei der Behandlung fpielt die Neinlichkeit eine Hauptrolle. Die Kruften werden mit Schmalz oder Vaſelin über Nacht tüchtig eingefettet und am nächften Tag mit warmem Seifenwaſſer befeitigt. Dies muß in der Regel mehrmals wiederholt werden. Zumeilen ift das Juden außergewöhnlich heftig, jo daß fi die Kinder wund und blutig fragen; man muß ihnen dann Hemden oder Saden mit langen Ärmeln anziehen und diefe vor den Fingern zubinden. Das beftigfte Juden wird gemildert, wenn man Bäufchchen mit einem dünnen Fliedertee (d. h. Holundertee) befeuchtet und auflegt.

innerlich gibt man Hepar, wenn der Ausſchlag fich auch im Naden und Geficht zeigt und die Augen entzündet und ange- griffen find.

Staphysagria und fpäter Rhus: Grind feucht und übel- riechend.

Arsenicum und ſpäter Rhus: ſcharfe, um ſich freſſende Abſonderung, die zu Geſchwürsbildung führt.

Antimonium crudum:am Kopf dider Grind, dag ganze Geſicht vom überdeckt, Jucken teilweiſe auch am Körper.

Morgens und abends eine Gabe Sulphur beſeitigt die Neigung zu Kopfgrind.

378 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Dreizehnter Abjchnitt.

Hautkranukheiten mit Sieber (Infektionskraukheiten).

Die in diefem Abjchnitt genannten Krankheiten gehören zu den Seuchen, den anftedenden Krankheiten oder Infeltions- frantheiten. Sie treten gewöhnlich epidemiſch auf, d. h. viele an demfelben Ort oder in derjelben Gegend en Perſonen werden plötzlich und zu gleicher Zeit davon befallen. Eine ſolche Seuche bezeichnet man als Epidemie. Die plötzlich und maſſenhaft auftretenden Krankheitsfälle beim Ausbruch einer Epidemie ſind auf das Eindringen krankheitserregender Keime in den menſchlichen Körper zurückzuführen. Dieſe Keime find Lebeweſen kleinſter Art und befinden ſich entweder im Waſſer, in der Luft oder im Boden. Sobald ſie durch Getränke und Nahrungsmittel, durch das Atmen, durch eine Wunde oder auf irgend eine andere Weiſe in den Körper des Menſchen Eingang gefunden haben, vermehren ſie ſich raſch und rufen je nach ihrer Art beſtimmte Gruppen von Srankheits- ericheinungen hervor. Zu den Infektionskrankheiten gehören ver- ihiedene Krankheiten, die wir bereit3 an anderer Stelle gejchildert haben, 3. B. Diphtherie (Seite 246), Influenza (Ceite 224), Cholera (Seite 305) uſw. In diefem Abfchnitt wollen wir uns ausjchlieglih mit den fog. exanthematiſchen Infeéktions— krankheiten befaſſen, d. h. mit folchen, die jich durch Fieber und eigenartige Hautausjchläge auszeichnen. Hierher gehören Mafern, Röteln, Scharlach, Spitpoden, Blattern und NRotlauf.

Beim Auftreten einer Infektionskrankheit ſollte jofort dafür gejorgt werden, daß fie auf ihren Herd beichränft bleibt und feine weitere Verbreitung findet. Erkrankt beiſpielsweiſe ein Kind an Scharlach oder Diphtherie, jo müſſen die übrigen Gefchwifter ſofort vom kranken getrennt werden, bis e3 wieder genejen und jämtliche von ihm benützten Gegenftände, Bett, Eßgeſchirr, Spiel- waren und Sranfenzimmer einer gründlichen Neinigung und Desinfektion (Befreiung von Anftedungzftoffen) unterzogen morden ind. Unverantwortlich ift eg von Eltern, wenn fie majern-, EN therie- und ſcharlachkranke Kinder oder deren Geſchwiſter zur Schule ihiden, ohne zu bedenken, welcher großen Gefahr die übrigen Schulbejucher dadurch ausgefegt werden. Jeder gejellichaftliche Berfehr mit einer Familie, in der eine Infektionskrankheit auf- getreten it muß jofort abgebrochen werden und darf erft wieder nach erfolgter Geneſung des Patienten aufgenommen werden. Krankenbeſuche find unter allen Umftänden zu unterlaffen, da dadurch nur eine Verjchleppung der Krankheit begünftigt wird.

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13. Hautkrankheiten mit Fieber (Infektionskranlheiten). 379

fachen, die oft noch lange Zeit Träger von Krankheitserregern find, werben am beiten verbrannt. Der Kranke ſelbſt nimmt, ehe er das Zimmer verläßt, ein warmes Vollbad. Die Pflegerin muß für gründliche Reinigung des ganzen Körpers beforgt fein. Dann erjt wird das Krankenzimmer desinfiziert. Leider läßt fich dies nicht immer jo gründlich ausführen, als e3 für das allgemeine Wohl wünfchenswert wäre. In größeren Städten läßt man das Bimmer am beften von gejchulten Leuten durch Yormalindämpfe feimfrei machen. inerjeit3 Hat diefes Entgiftungsverfahren die beften Erfolge ergeben, andererjeit3 wird dadurch weder an Tapeten noh an Möbeln irgend ein Schaden angerichtet. Auch Räuche— rung mit Schwefel iſt ein wirkſames Desinfektionsmittel für ein Krankenzimmer. Man verichließt forgfältig Fenfter und Schlüffel- löcher, öffnet alle Schubladen, fchlägt die Betten zurüd und legt dann auf ein mit glühenden Kohlen gefülltes metallenes Gefäß etwas Stangenjchwefel, worauf man jich rajch entfernt und die Türe gut verichließt. Nach einem Tag öffnet man die Fenſter wieder und läßt jie längere Zeit Hindurch offenftehen. Der Stuben- boden und die mit Olfarbe beftrichenen Wände werden dann mit Schmierjeife gründlich gefcheuert. Tapeten können durch Ab- reiben mit Brot gereinigt werden. In größeren Städten empfiehlt . 8 ji), Betten, Bettüberzüge, Leibwäſche und was jonft nod) mit dem Kranken in Berührung fam, einer Desinfektionsanſtalt zu übergeben, wo fie durch Hite und Waſſerdämpfe in wenigen Stunden bon ihren Krankheitskeimen befreit werden können. Bas Eß— geſchirr des Kranken foche man zum Zweck der Abtötung der Kranf- heitöfeime mehrere Minuten lang im Waffer.

Bei vielen Infektionskrankheiten ftehen dem Anhänger der Homöopathie auch Arzneimittel zu Gebote, die, früh genug an- gewandt, die Krankheit zu verhüten vermögen. So iſt z. B. Bella- donna jhon zu Hahnemanns Lebzeiten als wirkſames Schup- mittel gegen Scharladh befannt geweſen. Man läßt die gefunden Kinder jofort nad) dem Ausbruch und über die Dauer einer Schar- lahepidemie morgen? und abends 5 Körnchen Belladonna in 30. Botenz nehmen. Apis wird von Dr Pierce als Vorbeugung3- mittel gegen Diphtherie gerühmt, und Graphites 30. verhütet Rüdfälle nad) Roſe oder Rotlauf.

Mafern.

Mehrere Tage bor dem eigentlichen Ausbruch der Mafern oder roten Sleden Hagen die Kranken über Müdigfeit, find fehr wider⸗ wärtig und bekommen Schnupfen, gerötete Augen und einen furzen, trodenen Huften. Dann ftellt ſich Heftiges Fieber ein, Huften und Schnupfen nehmen zu, die Augen tränen, und das Sind leidet an Lichticheu, ein Zeichen, daß aud) die Augenbindehaut von ber fatarrhalichen Entzündung befallen ift. Einige Tage fpäter ftellt

380 1Il. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

ih ein eigentümlicher Ausfchlag ein, der gewöhnlid um Naſe und Mund herum beginnt und ſich nach kurzer Zeit über den ganzen Körper verbreitet. Cr beiteht aus flohftichähnlichen roten Er- höhungen; wenn man mit dem Finger über die Haut ftreidht, Hat man die Empfindung, als ob feiner Sand über jie Hingeftreut wäre. Die Tleden find nie recht rund, fondern rautenartig; drückt man mit dem Finger darauf, jo wird da3 Fledchen weiß und füllt fich, fowie der Finger weg ift, von der Mitte nad) dem Rande zu, während bei anderen Krankheiten die Nöte vom Rande nach der Mitte zu wiederfehrt. Sobald der Ausſchlag auf der Haut erfcheint, läßt das Fieber nad, und das Kind geht, wenn feine fonftigen Franfhaften Verwicklungen eintreten, langſam der Geneſung ent- gegen. Beiden Mafern muß man fein —— auf zwei mögliche Nachkrank heiten lenken, einerſeits auf eine Entzundung der kleinſten Luftröhrenäſte, die ſogenannte Kapillarbronchitis, oft auch Lungenentzündung genannt, andererſeits auf eine Augenentzuüundung, die, wenn fie nicht ſorgfältig behandelt wird, Hornhautgeſchwüre und Berluft des Sehvermögens zur Folge haben kann.

ei der Behandlung der Maſern müſſen wir ſtets im Auge behalten, daß es ſich um eine anſteckende Krankheit handelt. Der Kranke ſollte alſo, ſobald die Krankheit erkannt iſt oder ſobald fie nur vermutet wird, von ſeinen Geſchwiſtern und Spielgenoſſen getrennt werden und bis zu ſeiner vollſtändigen Geneſung in einem eigens für ihn hergerichteten Zimmer verbleiben. Manche Arzte find bezüglich der Trennung der Franken von den gefunden Ge⸗ ſchwiſtern allerdings nicht jo ängjtlic); denn bis man die Trennung vornimmt, ift die Anftedung gewöhnlich ſchon erfolgt und die Mehr- zahl der Kinder erkrankt erfahrungsgemäß doch einmal an Mafern. Bom Zeitpunkt der Anftedung bis zum Ausbruch des Ausſchlages fünnen 14 Tage vergehen.

Das Bett des Kranken muß, wenn irgend möglich, jo geftellt werden, daß der Rüden gegen ein Fenſter und die Augen gegen eine dunkle Wand gerichtet find. Helles Licht reizt Die ohnehin empfind- liche Bindehaut und kann zum mindeften eine Augenentzündung begünftigen. Eine vollftändige Verdunklung des Zimmers if, wenn da3 Bett wie oben beiprocdhen gejtellt wird, nicht unbedingt nötig. Maſernkranke Kinder follten mindeſtens einmal täglid am ganzen Körper abgemwafchen werden. Die Befürchtung, daß der Ausfchlag durch Abwaſchen zurüdtrete, ift vollftändig unbe-

ründet. St man bejonders ängjtlich, jo Tann man das Waſſer u⸗ oder ftubenwarm benüßen. Sole Abwaſchungen können nur vorteilhaft fein und die Krankheit in ihrem Verlauf günftig beeinfluffen.

Aconitum, da3 Hauptmittel im Anfangzftadium: hohes Jebe— trockene Haut, heißer Kopf, ſtark gerötete Augen mit Licht⸗

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13, Hautkrankheiten mit Fieber (Infektionskrankheiten). 381

Pulsatilla: die tatarrhaliſchen Beſchwerden ſtehen im Vordergrund, der Ausſchlag will nicht herauskommen und die Kranken fröſteln immer.

Belladonna: Halsweh mit Durſt und Schlingbeſchwerden, trodener, bellender, krampfhafter Huſten, ſchlimmer nachts, mit Schleimraſſeln; wenn der Ausſchlag nicht herauskommt, leidet der Kranke an heftigem Blutandrang nach dem Kopf, Kopfſchmerzen, Lichtſcheu und Augenentzündung.

Euphrasia: die Iatarrhaliihen Erſcheinungen treten be- ſonders ftarf hervor; Huften und ftarfe Augenentzündung mit viel Tränen der Augen.

Ipecacuanha: Erbrechen oder Bruftbeengung, mafjenhafte Schleimanfammlung in den Quftröhrenäften.

Bryonia: der Ausſchlag will nicht herausfommen; Blut- andrang nad) der Bruft, heftiger, trodener Huften und jchießende, ſtechende Schmerzen, die bei jeder tiefen Einatmung jchlimmer werden. Sulphur fommt ebenfalls bei Blutandrang nach der Bruft oder bei wirklicher Lungenentzündung in Betracht.

"Arsenicum: Übelleit, Erbreden und Bruftbeengung be- jtehen nad) dem Einnehmen von Ipecacuanha weiter. In ganz beſonders gefährlichen Fällen mit typhöfen Ericheinungen jmd Arsenicum, Phosphorus und Rhus zu verjuchen.

Gegen den Huften, der nad) überjtandener Maſernerkrankung oft noch beftehen bleibt, fommen Bryonia, Sulphur, Cau- sticum, Hyoscyamus, Drosera ujw. in Betradt (}.

unter „Huften” Geite 214). Wenn Drüſenanſchwellungen durd) die Maſern hervorgerufen wurden, jo verſuche man Arnica, Dulcamara oder Mercurius. ®rennen und Juden der Haut erfordert Nux vomica, Sulphur und Arsenicum.

Wenn die Mafern in einer Gegend epidemijch herrfchen, fo gebe man bei jeder Heinen Erfältung, jedem Schnupfen oder Huften alle zwei bis drei Tage eine Gabe Pulsatilla. Sollte der Schnupfen bereits der Vorbote der Mafern geweſen fein, jo nimmt die Krankheit dann meift einen leichteren Verlauf.

Köteln

jind eine gewöhnlich in der Fühleren Jahreszeit auftretende majern- 2 Krankheit, die in der Regel harmlos ift und günftig verläuft.

gen das Fieber kann Aconitum angewendet werden. Sit große Unruhe vorhanden, fo gebe man Coffea.

Scharlachfrieſel

iſt ein Ausſchlag von hellroter Farbe, der ſich meiſt über den ganzen Körper ausbreitet. Kleine Körnchen ſtecken dicht nebeneinander in der Haut, ſo daß ſie ſich ganz rauh anfühlt, wenn man mit der Hand darüber hinſtreicht. Unter dem Druck des Fingers entſteht

382 III. Die Behanblung ber gewöhnlichften Krankheiten.

wie beim Scharladh eine weiße Stelle auf der Haut. Orbarladı- friefel tritt zumeilen untermifcht mit dem Scharlad) auf. Aconi- tum und Später Rhus in mehreren Gaben heilen weitaus die meiften Fälle. Entfteht Bräune dabei, beſonders Entzündung der Mandeln, jo helfen ein paar Gaben Sulphur 3.

Der Scharlad

ift eine epidemiſch auftretende Krankheit, die häufig unter Der Kinderwelt herricht und von den Müttern mit Necht ebenfo oder noch mehr gefürchtet wird mie die Diphtherie, mit der zufammen fie nicht felten auftritt. Der Scharlach beginnt gewöhnlich mit allgemeinen Fiebererfcheinungen, Magen- und Darmbeſchwerden, bejonder3 heftigem Erbrechen, jo daß man oft glauben Fünnte, es handle ſich um eine Magenverderbnis infolge eines Piätfehlers. Bald tritt auch eine heftige Halentzündung mit Anfchwellung der Halsdrüfen und Schlingbefchwerden auf, jo daß man anfangs aud) an Diphtherie denken fünnte. Am zweiten Erkrankungstag fann die Krankheit in den meiften Fällen mit Sicherheit feftgeftellt werden, weil dann der Hautausſchlag erfcheint. Die erjten Spuren zeigen fich gewöhnlich auf der Bruft, von wo aus er fich rafch über den gangen Körper verbreitet. Der Ausſchlag befteht aus fcharlach- roten Flecken, die bald derart ineinander übergehen, daß der ganze Körper gleichmäßig fcharlachrot gefärbt ift. Der Ausfchlag ift ganz glatt, weder vertieft noch erhöht. Die Krankheit endigt mit Ab- fhuppung der Oberhaut, die ſich manchmal in großen Feten loslöſt.

Ein Iehr ausgeprägte® und leicht mahrnehmbares Beichen der Scharlachanftedung ift die Erbbeerzunge, die bon ihrer oberen Bededung entblößt ift und durch ihre eigentümlich rote Färbung und ihre erhöhten Papillen dem Außeren einer Erd⸗ beere gleicht.

Beim Scharladd muß man fein Hauptaugenmerf auf zwei häufig vorfommende Nachkrankheiten richten:

1. eine Mittelohrentzündung mit Durchbruch des Trommel- fells und einer oft jahrelang andauernden Eiterabfonderung, und

2. eine Nierenentzündung, die dem Kranken fein ganzes jpätere8 Leben vergällen Tann. Auch Hirnentzündung und Bauchfellentzündung treten bisweilen als Begleiter des Scharlachs auf.

Trotzdem Scharlach und Mafern recht verfchieden find, werden je von den Laien häufig miteinander vermechjelt. Die Hauptunter- ſchiede in den Erſcheinungen diefer beiden Krankheiten find folgende: die Mafern beginnen gewöhnlich mit Fatarrhalijchen Erjcheinungen, Nieſen, mällerigen Abjonderungen aus Naje und Augen und trodenem Huften. Beim Scharlach dagegen findet man im Anfana meiſtens Erbrechen, Halsſchmerzen, und wenn e3 fi) um ganz feine Kinder handelt, oft auch Krämpfe, die fogenannten Hirn-

13. Hautkrankheiten mit Fieber (Infeltionskrankheiten). 383

främpfe („Gichter”). Bei den Mafern tritt der Ausfchlag erft am vierten Tag hervor, beim Scharlachfieber erjcheint er fchon am zweiten. Bei den Majern ift der Ausschlag mehr blaß oder flohftih- ähnlich, bei Scharladh mehr ſcharlachrot. Der Maſernausſchlag füglt ſich rauh an, der Scharlachausſchlag dagegen ift glatt. Bei den Majern jchält jich die Haut in Kleinen Stüdchen wie Kleie ab, bei Scharlad) dagegen ſchuppt fich die Haut, beſonders an Händen und Füßen, in großen Feten ab. Bei den Majern find beſonders Lungen gefährdet, beim Scharlach mehr Ohren, Nieren und Hirn.

Die Behandlung ſcharlachkranker Kinder erfordert in erſter Linie ihre ſtrenge Abſonderung, da die Krankheit nicht allein an- jtedend ſondern auch gefährlich tft. Niemand jollte in das Kranfen- zimmer augelafen werden, mit Ausnahme der Mutter, die das Kind verpflegt, denn häufig genug mwird die Krankheit durch Be— juche verſchleppt. Das Zimmer follte möglichft fühl gehalten werden, Scharlachkranke fühlen fich in einem warmen Zimmer äußerft unbehaglih. Dabei ift ſorgfattig darauf zu achten, daß man die Kinder beſonders in der falten Jahreszeit vor allen Er- fältungen hütet. Sie find in der ganzen Geneſungszeit, namentlid) ſolange fi) die Haut noch abjchuppt, empfindlich. Sie dürfen nicht ins Freie gehen, nicht einmal an die Türe oder and enter, unter feinen Umftänden auf den Fußboden fiten und dergl. Während fie jich noch abſchuppen, dürfen fie auch nicht in die Schule; denn gerade in diefer Zeit find fie die größte Gefahr für die Mitſchüler. Man wäſcht den ganzen Körper mit Kleien⸗ waſſer, läßt fie mwollene Unterwäfche tragen und geftattet ihnen reichlihe Bewegung im Zimmer. Auch im Eſſen und Trinken muß man noch vorfichtig fein; fie brauchen noch leichtere Koft, reichlicher Obſtgenuß ift —— alles Fette dagegen verboten.

Wie bei den Maſern ſollten auch hier täglich Ganzwaſchungen vorgenommen werden, die, wenn ſie kühl genommen werden, das Fieber zugleich herabſetzen. In der Zeit der Abſchuppung muß die Haut nach jeder Abwaſchung mit Vaſelin oder ſonſt einem unſchädlichen Fett eingerieben werden. Auf dieſe Weiſe verhütet man das Umherfliegen kleiner, abgeſchuppter Hautteilchen, die nach den bisherigen Erfahrungen die anſteckenden Keime enthalten.

Sehr wichtig iſt es, daß man dem Kranken möglichſt viel Waſſer zu trinken gibt. Man ſollte ihm nicht nur nach Verlangen genügend friſches Brunnenwaſſer reichen, ſondern ihn geradezu von Zeit zu Zeit zum Trinken auffordern. Auf dieſe Weiſe wird das Blut und der im Blut kreiſende Scharlachgiftſtoff, deſſen Ausſcheidun häufig eine Nierenentzündung verurſacht, verdümnt. Dur häufigen Waſſergenuß kann alſo in vielen Fällen eine Nieren- entzündung geradezu verhütet werden. Wer übrigen? einen homdopathiichen Arzt zu Rate ziehen kann, follte Scharlachfälle ja nicht felbft behandeln.

384 III. Die Behandlung der gewöhnlichften Krankheiten.

Borbeugungsmittel ift Belladonna. Dan jollte es daher in Samilien, in denen Kinder find, beim Ausbruch einer Scharlach- epidemie nie verſäumen, jedem täglich ein- oder zweimal eine - Gabe Belladonna in 30. Potenz zu reichen.

Aconitum ift in jeltenen Fällen ganz im Anfang ber Scharlacher krankung angezeigt, nod) ehe der Ausſchlag aufgetreten ift; hohes Fieber, rafcher Puls, heißer Kopf, kalte Hände und Füße, Gliederzuden und Unruhe.

Belladonna ift das Hauptmittel beim einfachen Scharlach mit hellrotem Ausſchlag. Man gibt es, fobald fi im Haß und auf der Zunge Brennen und Trodenheit einjtellen. Der Kranke liegt mie betäubt da, ift jehr durftig, kann aber nicht fchluden. Hals und Bunge jind hellcot, die Mandeln fchwellen an, Unterkiefer und Naden werden fteif.

Mercurius folgt gut nach Belladonna, wenn dieſes feine ſichtliche Beſſerung zuftande brachte. Mandeleiterung, ftarker Speichelfluß und Anfchwellung von Zunge, Hals und Mandeln.

Bryonia paßt, wenn der Ausſchlag nicht herauskommt.

Rhus toxicodendron: wenn Belladonna -fhon ge- geben worden und die Kinder wie betäubt daliegen und irrereden; ihre Augen ſchwappen wie bei Betrunfenen; die Bunge ift troden und fie pflüden viel an den Lippen.

Pulsatilla: große Unruhe, Gliederzuden, Ohrenweh und Schmerzen in Händen und Füßen.

Lachesis: die kranken Kinder find ſehr mwidermärtig, der Ausſchlag wird dunkel, fogar fchwärzlidh, und im Hal entwidelt jich ein diphtheritifcher Belag. Es iſt daher in erfter Linie in den Tällen angezeigt, die man „Scharlachdiphtherie“ bezeichnet. Rad Lachesis fann man auch noh Lycopodium verfuchen.

Arsenicum: der Ausſchlag bleibt blaß und kommt nicht genügend heraus; die Kinder find fehr ängftlich, werfen fich unauf- hörlich Hin und her; Beichen großer Erſchöpfung. Für die bös- artige Form des Scharlachfiebers paſſen Hauptfählih Arseni- cum, Lycopodium und Acidum phosphoricum.

Für die Nachkrankheiten des Scharlachfiebers find folgende Mittel angezeigt:

Rhus toxicodendron: plöglide Anſchwellungen, be- ſonders am Halſe. Entftehen an einer oder beiden Geiten de3 Halſes Drüfengefhmwülfte und Rhus kann ihre Entjtehung nicht verhindern, jo gibt man Arsenicum. Wenn jie aufbrechen und übelriechenden Eiter abfondern, greife man fofort zu Kali oarbonicum oder Calcarea carbonica. Treten Ohren- ichmerzen auf, jo gibt man Pulsatilla.

Wenn fich während der Scharlacherkrankung die Kinder erfältet haben und am ganzen Leibe jchmwellen, das Geficht aufgedunfen ift, Hände und Füße dider werden, ein Fingerdrud an den Gliedern eine langbleibende Dalle Hinterläßt, wenn fie weniger oder viel

13. Hautkrankheiten mit Fieber (Infeltionskrankheiten). 385

dunklen Harn lafjen, gebe man zuerft Bryonia; bleiben fie be- jonder3 unter den Rippen geſchwollen: Mercurius, ändert fich’3 nidt:Calcarea. Wenn fie viel Drängen zum Harnlaffen haben oder letzteres Schmerzhaft wird, wende man ſogleich Cantharis an. Fühlen jich die Kranken fehr fühlan, fo Hilft mandymalCarbo vegetabilis; wenn jie jehr nach Wärme verlangen: Arse- nicum; wenn fie aber über Hite Klagen und die Zimmerwärme gar nicht ertragen, und wenn ſich im Harn kleine ſchwärzliche Pünktchen abjegen, oder der Harn beim Kochen im Löffel oder in einem Glasfläfchchen über der Lampe etwas Geronnene3 tie Eiweiß zeigt, dann verjuhe man Apis oder Lachesis. Es handelt fi hier um eine lebensgefährliche Nierenerfrankung, zu deren Behandlung nur ein Homdopathijcher Arzt fähig ift. Nad) dem Ablaufe der Erkrankung darf man es nicht verfäumen, da3 Krankenzimmer gründlic) zu lüften und zu reinigen, den Boden mehrmal3 zu jcheuern und die Wände neu zu fapezieren. Die während der Krankheit getragenen Unterfleider, das Bettzeug des Kranken und vergl. find gründlich zu desinfizieren oder wenigſtens längere Zeit der Luft und Sonne auszuſetzen. Spiel— lachen, Bilderbücher und dergl., die von Kranken benüßt wurden, verbrennt man am einfadhften. (Siehe auch Seite 378 u. 379.)

Spik:, Wind, Bafjer: oder Hühnerpoden

jind ſehr anftedend, aber im ganzen recht ungefährlih. Die Kranf- heit, die faft ausſchließlich Kinder befällt, hat Ahnlichkeit mit den Poden, ohne aber irgendiwie mit ihnen verwandt zu fein. Dem Ausſchlag geht ein mehr oder weniger ftarfes Fieber mit allge- meinem Unbehagen voraus. Nach einigen Tagen treten am Rande der Kopfhaare, im behaarten Kopf, Gelicht, Hals und auf der Bruft oder auch auf der Schleimhaut der Mundhöhle ftedinadel- fopfgroße Fleden auf, die fi) in wenigen Stunden in ſpitze, erhabene Bläschen verwandeln. Nach einigen Tagen trodnen jie wieder ein und verſchwinden, ohne Narben zu Hinterlafjen.

Die Krankheit nimmt in der Regel einen gutartigen Verlauf. it Starkes Fieber damit verbunden, Jo an man Aconitum, flagt der Kranke über viel Kopfweh, fo Hilft Belladonna. %ei ausgedehnten Ausschlag ift Tartarus emeticus oder Mer- curius nüglidh. Gegen die Beichwerden beim Abheilen, be- ſonders gegen da3 läftige Juden, Hat fi) Sulphur bewährt.

Boden oder Blattern.

Die wirklichen Boden verurjachen ftarkes Fieber, ehe fie aus- brechen, manchmal fogar Krämpfe, Zudungen und ähnlidye Nerven— erjcheinungen. Am Ende des dritten Srankheitstages kommt ber Ausschlag Heraus. Er erfcheint zuerft im Geficht, befteht aus roten

HSering-Hachl, HM. 25

386 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Flecken und breitet fich dann über den ganzen Körper aus. Wenn man ein folches Fleckchen befühlt, ift eg, al ob ein Schrot oder Mohnjamenkörnchen in der Haut ftedte. In zwei Tagen verwandeln jich die Knötchen in Feine Blafen, die anfänglich mit Heller, |päter mit mildhigtrüber Flüffigfeit angefüllt find und in der Mitte etwas einfinfen. Vom Beginn des Ausſchlags big zur vollen Entwidlung der Blattern dauert e3 etwa neun Tage; dann tritt Erleichterung aller Beſchwerden ein, die aber nad) einem oder zwei Tagen einer neuen Verfchlimmerung Plab macht. Nach Furzer Zeit geht das Fieber wieder zurüd und die Blafen beginnen einzutrodnen. Gind jie jehr zahlreich und fließen jie ineinander über, fo ift dies eine jehr ernfte Erſcheinung. Nimmt die Erkrankung einen ungünftigen Verlauf, jo tritt gewöhnlich zwiſchen dem achten und elften Krank⸗ heitötag der Tod ein. Die Poden find eine der gefährlichiten Krank⸗

eiten, bon denen die Menjchheit heimgefucht wird; in manchen

pidemien beträgt die Sterblichleit bi3 zu 25%. Um Narben- bildung eine leider jo häufige Folge der Blattern zu ver- hindern, empfiehlt e3 fich, da3 Geficht der Kranken mit einer Maske aus reinem PVerbandftoff zu überdeden, deren untere Fläche mit einem reinen Fett beftrihen wurde. Auch tut man gut daran, alles Licht von dem Patienten abzuhalten, ſobald die Boden heraus- treten. Kühle Abwaſchungen können lei borgenommen werden und bringen dem Kranken große Erleichterung. Da3 Zimmer muß fleißig gelüftet und die Bettwäfche häufig gemwechjelt werden.

Aconitum: Blutandrang nah Kopf und Lungen, Hoher Puls, gefteigerte Herztätigfeit und große Unruhe vor dem Aus— bruch des Ausſchlages.

Belladonna iſt ebenfalls vor dem Auftreten des Aus«- ichlage3 zu geben; Kopfweh mit Irrereden. Das Geficht ift ftarf gerötet, die Augen entzündet, der Blick jehr lern Der Kranke fann fein Geräufch ertragen. Im fpäteren Verlauf kann e8 wieder- holt angezeigt fein, wenn die Blaſen ſehr ftarf gerötet find.

Bryonia: Kopfichmerz und Rückenweh, Huften mit Wund- heit in der Bruft und Verſtopfung, wenn der Ausfchlag heraus- zulommen fäumt und der Kranke über einen Schmerz klagt, als ob das Fleiſch von den Knochen los mwäre.

Varıiolinum ri ein Hauptmittel gegen Poden. Man gibt e3, jobald fich die Blafen zu entwideln beginnen. Nachher läßt man

hus, Hepar oder Sulphur folgen.

Mercurius paßt, wenn die Poden bis in den Hals hinab gehen und wenn Speichelfluß oder Durchfall fich Hinzugefellen.

Arsenicum ift angezeigt, wenn die Blaſen einjinfen, die Kranken unruhig werden, in Angft geraten, irrereden, zu zuden oder zu toben anfangen, der Bauch aufgetrieben und ſchmerzhaft ift und Durchfälle ſich zeigen.

Sulphur Hilft gegen da3 Yuden, dag mit der Eintrocknung der Blaſen verbunden ift.

13. Hautkrankheiten mit Fieber (Infektionskrankhe iten). 38%

Tartarus emeticus kann bei kalter, feuchter Haut ge- geben werden oder wenn der Ausſchlag zurüdbleibt und Magen- übelkeit auftritt. Werden die Boden jchwarz, jo muß man fofort zu diefem Mittel greifen.

Roſe oder Rotlauf

ift eine plöglic auftretende eigenartige Hautentzündung mit hohem Fieber. Leute, die Wunden haben, oder Wöchnerinnen werden verhältnismäßig oft davon befallen. Doc) ift die Krank⸗ heit, die auf das Eindringen von Krankheitserregern Durch eine oft unſcheinbare Wunde zurüdzuführen ift, viel jeltener gemworden, jeit man fid) in der Wundbehandlung und bei Entbindungen größerer Reinlichkeit befleißigt. Das erfte Anzeichen der herannahenden Krankheit ift gewöhnlich ein heftiger Schüttelfroft, dem hohes Fieber folgt. Dann zeigt ſich der Ausſchlag, der meiſtens in der Gegend der Nafe oder der Wangen feinen Ausgang nimmt (Gefichts- roſe). Das Geficht ſchwillt an und glänzt, und über dem ent- zündeten Zeil, der ſich durch eine fcharfe Linie von der gefunden Haut abgrenzt, entftehen Bläschen. Um fünften Tag läßt da3 Fieber nad), und wenn fein Rüdfall kommt, geht der Kranke lang- jam der Genejung entgegen.

Außerliche Behandlung Hat feinen großen Einfluß auf den Verlauf der Krankheit. Sue Ide oder Einfetten der Haut mit reinem Vafelin oder warmem Ol werden vom Kranken meift angenehm empfunden. Sn einzelnen Fällen hat man nad) Anwendung der Quarzlampe („Tünftliche Höhenſonne“) raſches Ber- Ihminden der Roſe beobachtet. Sind auch die Augen bon der Krankheit betroffen, fo find mehrmals täglich Auswafchungen mit Kamillentee oder 2%iger Borfäure vorzunehmen. Die Haupt- ſache bleibt aber ftet3 die Allgemeinbehandlung. Der Rot- lauffranfe muß fofort zu Bett gebracht werden, jelbjt wenn aud) die Tiebertemperatur nicht ſehr Hoch ift. Das Zimmer muß gut gelüjtet und etwas dunkel gehalten fein. Innerlich verabreicht man:

Aconitum: heftiges Fieber mit heißer, trodener Haut, Unruhe oder Erbrechen.

Belladonna: Rotlauf, der von fcharfen, fchießenden Schmerzen begleitet if. Die Nöte beginnt mit einem feinen Punkt, von dem aus ſich ftrahlenförmige Streifen nach verfchiedenen Richtungen Hin bilden. Gefichtsrofe mit ſtarker Anſchwellung der befallenen Teile, fo daß die Augen völlig geſchloſſen und die Geſichtszüge unkenntlich geworden find. Heftiges Kopfweh, Durft, heiße, trodene Haut, Unruhe und Srrereden.

Rhus toxicodendron: wenn feine und große Blafen auf der entzündeten Haut erfcheinen (Blatter- oder a

Bryonia: der Rotlauf befällt Gelente und jede Bewegung fteigert die Schmerzen. Später iſt nod) Sulphur nötig.

388 II. Die Behandlung der gewöhnlihften Krankheiten.

Lachesis: die Blafen bekommen ein bläuliches Ausſehen.

Apis: Brennen und Stechen in der Geſchwulſt, die Kranken wollen nicht angerührt fein, werden überhaupt unleidlich und ertragen feine Bimmermwärme.

Pulsatilla paßt am beiten nad Rhus bei der fogenannten Wanderroje (wenn die Entzündung verſchwindet, um an einer benachbarten Stelle wieder zu erfcheinen). Die Haut hat ein bläulidy- rotes Ausfehen. Ferner paßt es bei Rotlauf am Ohr oder wenn die Krankheit nad) gewiſſen Speifen entjtand, bei Perjonen, die zu diefem Leiden geneigt find. Bryoniaund Rhus find eben- falls von Nuten in ſolchen Fällen.

Arsenicum: ſchwärzliches Ausſehen der Roſe, Neigung zu Hautbrand. Der Kranke ift äußert erjchöpft.

Cuprum: Kopfweh mit Betäubung oder Zudungen. Die anfänglich geringe Röte verſchwindet und bricht dann umfo heftiger wieder aus.

Langwierige Formen verlangen zu ihrer Bejeitigung Sılı- cea, Sulphur und Hepar. fiber rofenähnliden Ausſchlag nad) äußerlidem Gebraud) bon Arnica- Tinktur fiehe „Quetſchungen“ (©. 136).

Vierzehnter Abſchnitt.

Langwierige Hautkrankheiten.

Alle Iangwierigen Hautausſchläge, Flechten, Salzflüffe und vergl. laffe man homöopathiſch behandeln. Außere Mittel find nur felten anzumenden, jie jind oft ſchädlich; jedenfalls follten jtet3 zuerft innerliche gegeben werden. Auf die Lebensweiſe kommt viel an; manchmal find alte Lieblingsgerichte oder gewiſſe Ge- nußmittel, an die man oft gar nicht denkt, an dem Übel jchuld.

Man waſche ſich Häufig und bade oft, trinke viel Waffer, meil die immer wieder au3 den Körper Hinausgejchafft wird und dabei ftet3 etwa Unreine3 mitnimmt; man efje nicht3 Scharfes, nichts Braungeröftetes und wenig gefalzene, eher mehr jüße Speijen.

Hautjuden

ift gewöhnlich die Begleiterſcheinung irgend einer Krankheit; meift find auch noch andere Bejchwerden vorhanden, nach denen man jich bei der Wahl des Arzneimittels richten kann. Befteht e8 aber für jich allein, fo verjuche man e3 zuerft durch Bürften des ganzen Leibes, durch Warmwaſchen und Seife wegzubringen; erſt wenn dieſe Mittel keine Beſſerung bringen, nehme man Sulphur.

14. Langwierige Hautkrankheiten. 389 l

Iſt das Jucken beſonders heftig, ſo daß der Kranke ſich mr jo reibe man die betreffenden Stellen mit frifchem, füßen (Olivenöl), bi3 die Haut durch dag Reiben wieder troden wird. Juckt es bejonders nachts, jo waſche man die Teile abends mit Weingeift oder Franzbranntwein; ift e8 über den ganzen Leib verbreitet, jo bepudere man die Haut mit Weizenjtärfe, die aud) von Frauen und Sindern gut ertragen wird. Nur in Fällen, in denen man fi) gar nicht anders zu Helfen weiß, greife man zu Stampher, entweder unter den Puder gerieben oder in Spiritus aufgelöft und mit Waffer gemijcht zu Abwaſchungen. Bei unaus- jtehlihem Yuden, 4. B. beim Abheilen der Boden oder anderen Krankheiten Hilft Weingeift, Doch muß man wenig auf einmal nehmen, nur ein kleines Zröpfchen hie und da Hinbringen und nicht alles auf einmal bejeitigt haben wollen.

Viele Arten von Hautjuden kann man am rajcheften durch Urzneien beeinflufjen, 3.8. Nux vomica oder Arsenicum: Suden beim Ausfleiden; Ignatia: Juden nach dem zu Bett- gehen, wie von Flohjtihen am ganzen Leibe und durch Kragen leiht von einer Stelle zur andern übergehend; Pulsatilla: Suden erſt nad) dem Warmwerden im Bett; Mercurius: Auden die ganze Nacht Hindurch, Haut blutet leiht nad) dem Kragen. Auch Mercurius und Sulphur im Wechſel, alle acht Rhus toxicodendron und Hepar: brennendes

uden.

Krätze.

Mit dieſem Namen bezeichnet man im Volke eine Reihe ver— ſchiedener ſtark judender Hautausſchläge. Es ift nicht Schwer, einen ſolchen Ausſchlag wegzuſchmieren; aber man bevenfe ftet3, daß vertriebene, gewaltfam unterdrüdte Hautausfchläge andere Kranl- heiten hervorrufen können, die fich fofort, mandymal aber auch erft nad) Jahren ——— bemerkbar machen. Es iſt daher unvernünftig und unrecht, ſich in ſolche Gefahr zu bringen, und wäre die Plage noch ſo groß. Ganz zu Anfang iſt es immer leichter und auch gefahrlos, derartige Ausſchläge durch äußere Mittel weg- zubringen; aber je länger fie währen, defto mehr Zeit muß man der Heilung einräumen.

Die wirkliche Kräße wird durch Milben herporgerufen, die lich unter der oberften durchlichtigen Haut Gänge graben und Eier legen, wodurch fi) dann die Kräßeblafen bilden. Alle reinlichen Menſchen merken das in den erften Tagen ſchon. Man kann diefe Gänge jehr leicht ſehen; aber die Milbe zu fehen und herauszuholen, dazu gehört fchon mehr Übung und Geſchick und ein Paar gute Augen. Bei echter Krätze forge man für möglichft raſche Abtötung der Krätzemilben und ihrer Brut. Dies gelingt meift am beiten durch Anwendung einer in jeder Apotheke fertig erhältlichen Krätze⸗

3% III. Die Behandlung der gewöhnlicäften Krankheiten.

jalbe (3. B. aus Styrag und PBerubalfam). Nach 3—Atägiger Ein- reibung nimmt man ein warmes Bad. Im Notfall find die Ein- reibungen noch einmal zu wiederholen.

Gegen krätzeartige Ausfchläge nehme man abwechfelnd Mer- curius und nad) etlihen Tagen Sulphur. Bleibt die Bej- ferung aus, fo greife man zu einem der folgenden Mittel:

Carbo vegetabilis: Heine trodene Bläschen. & kann auch im Wechjel mit Hepar genommen werden.

Mercurius: große Blafen; fpäter gibt man dann nod) einige Gaben Sulphur und Causticum. Werden die großen Blaſen gelb und blau, jo paßt Lachesis.

Zu raſches Verſchwinden Fräßeartiger Hautausjchläge erfordert Sulphur und Arsenicum.

Neſſelfrieſel oder Neſſelfieber.

Schon der Name „Neſſelfieber“ ſagt, um was für Erſcheinungen es ſich bei dieſer Krankheit Handelt. Der meiſt mit Fieber einher- gehende Ausichlag befteht aus roten und weißen Fleden, die teils glatt und ſchwach teil erhaben find, wie von Brenneſſeln, mit feinem, ftehendem Jucken, bejonder3 gegen Mitternadt. Die Kranken find verdrießlih und ſchwach, haben wenig Ehluft und Hagen über Böllegefühl in der Herzgrube. Manchmal wird da3 Übel durch eine befondere Speife z. B. den Genuß von Schellfiſch, bitteren Mandeln, Gurken, Pilzen, Honig und dergl.

Aconitum: Ausſchlag mit Fieber, heiße, trockene Haut, viel Durſt, belegte Zunge, raſcher Puls, große Angſt und Unruhe.

Dulcamara: Neſſelfieber nach Erfältung oder Durchnäſſung, bei naßkaltem Wetter entjtanden, oder von hohem Fieber, bitterem Mundgeihmad, nächtlichem Durchfall und heftigem Jucken und Brennen begleitet. |

Pulsatilla: bei weiblichen Perſonen von weichlicder Ge- Fer Neifelartiger Ausſchlag nah Genuß ungefunder Speilen; Morgendurchfall.

Rhus toxicodendron: wenn da3 Leiden auf einer eigenartigen förperliden Anlage beruht, d. h. wenn an und für ſich unfhädliche Speifen bei dazu veranlagten Perjonen Neflel- fieber hervorrufen.

Bryonia: der Ausfchlag verſchwindet plöglih und Atem- beengung, Bruſtſchmerzen und dergl. ftellen jich ein.

Belladonna: Ausfchlag mit heftigem Kopfweh und rotem Geficht; Kinder weinen viel, die Fleden find gelbrot; reißendes Suden; Reiben bringt Linderung.

Apis: die gefchwollenen Stellen find blaurot oder blaß und durchſichtig; Starke Anſchwellung; fie juden, Ko und brennen; das Neiben wird gar nicht ertragen oder hilft nur, wenn es jehr derb geſchieht.

14. Sangwierige Hautfranfgeiten. 391

Hepar: gleichzeitig Katarrh und Schnupfen; der Ausjchlag Tängt an den Armen und der Bruftan und wird an der freien Luft jhlimmer. & ift bejonder3 wirkſam bei heftigen, reizbaren Perſonen.

Cepa: Neſſelfieber und Katarrh; der Ausſchlag beginnt an den Oberſchenkeln, wird beſſer in der freien Luft; die Kranken ſind ſchläfrig und ängſtlich.

Nux vomica: glatte rote Flecken, die von Zeit zu Zeit, gewöhnlich an einzelnen Teilen, mit ftarfem Jucken, Schmerzen und Wundheitsgefühl, beionder3 bei Wein- oder Branntwein- trinfern auftreten.

Arsenicum: Nefjelfieber nach vem Genuß unreifen Obſtes und bei nächtlicher Verſchlimmerung; der Ausfchlag verichwindet plöglih und ein Stidhampf oder Kruppanfall tritt auf.

Calcarea carbonica: der Ausſchlag kommt bejonders nad) faltem Wafchen oder ift plöglich zurüdgetrieben worden.

Außerlihe Anmendungen follten ftet3 gemieden werden.

Beider chroniſchen Form diefer Krankheit haben fid) folgende Mittel als beſonders nütlich erwiefen: Calcarea, Lycopo- dium, Causticum, Sulphur und Carbo vegetabilis.

Bartflechten

ind chroniſche puſtulöſe Hautentzündungen in der Gegend Der Barthaare; manche find anftedend, manche nicht. Beide Formen ind einander äußerlich jo ähnlich, daß nur mit Hilfe der mikro— ffopiichen Unterſuchung friſch entfernter Barthaare die Anftedung mit Sicherheit feftgeftellt oder ausgeſchloſſen werden kann.

Alle Reize müſſen ftreng vermieden werden. Die Barthaare dürfen nicht rafiert, fondern müſſen mit der Schere gekürzt werden. Lockere Haare, die von eitrigen Kruften umgeben find, müſſen mit der Pinzette herausgezogen werden. Außerlich läßt man Umſchläge mit ©eifenbrei oder ejjigfaurer Tonerde machen. Auch warme Breiumfchläge Haben fi bei großer Härte und Ent- ee der Haut bewährt. Innerlich kommen hauptſächlich in

tracht:

Arsenicum jodatum: ſtrofulöſe Kranke mit ſtarker Anſchwellung der Lymphdrüſen. Ausſchlag ſtark judend und brennend, ſchlimmer nach einem Bad.

Hepur sulphuris: Ausſchlag ſehr ſchmerzhaft; ſtarke, übelriechende Eiterbildung. Kälte verſchlimmert, Wärme beſſert die Beſchwerden.

Mercurius jodatus ruber: der Ausſchlag zeigt ſtarke Neigung zu Eiterbildung und läßt eine bedeutende Verhärtung der Haut erkennen. Auf der Oberfläche ſammelt ſich ein ſchleimig eitriger Ausfluß; Anſchwellung der benachbarten Lymphdrüſen.

392 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Blutichwäre oder Furnunkel (Aiſen).

Buerft bildet ſich an einer Gtelle der Haut eine Nöte, die hart und ſchmerzhaft wird, fich ade und bis zu der Größe einer Hafel- nuß oder noch mehr anſchwillt. Die Mitte ift am höchſten, fie bleibt hart und dunfelcot, und bald fommt aus der Spite ein wenig Eiter mit Blut gemifcht heraus. Durch die Offnung kann man einen Pfropfen jehen, den Eiterjtod, der nad) und nach heraus» geht, worauf die Schmerzen aufhören und alles raſch abheilt. Manche Perſonen find fehr zu Furunfeln geneigt. Oft find fie en eines tieferen Leidens, 3. B. der Zuckerharnruhr.

ußerlich lege man höchſtens etwas Fett, wie Lanolin oder Bafelin auf. Starfe Biehmittel, wie Honig, Zucker, gebratene Zwiebel und dergl. find weniger zu empfehlen, denn je ſchneller e3 auf diefe Weife zum Eitern kommt, defto häufiger find gemöhnlid die Rüdfälle.

Arnica follte zuerft gegeben werden, denn es lindert die und die Entzundung und verhütet zugleich auch die Bildung neuer Furunkeln.

Sulphur: häufige Wiederfehr von Blutfch wären. Diele Neigung kann befeitigt werden, indem man Arnica verabreicht, folange der Furunkel geſchwollen und entzündet, und Sulphur, wenn er auf dem Wege des Abheilens Pr iſt.

Belladonna: Furunkel dunkelrot, roſenartig; Anfchwel- lungen in der Achſelhöhle, den Leiſtengegenden uſw., Fieber, Durſt und Kopfweh.

Hepar, wenn die Eiterung zu langſam vor ſich geht.

Mercurius: reichliche Eiterung, bei der aber troßdem die Anſchwellung beftehen bleibt.

Lachesis: fehr jchmerzhafte Blutjchwären, die blau werben und fchnell um ſich greifen.

Karbunkel oder bösartige Blutſchwäre

find furunfelähnliche, aber bedeutend größere Geſchwüre, Die mehrere Offnungen befommen, aus denen ein wenig Eiter herau?- fidert. Außer den örtlichen Beſchwerden klagt der Patient ins— befondere über Schlaflofigfeit, Erfhöpfung und Appetitmangel. Mit Vorliebe werden ältere und Eörperlich hHerabgefommene Per: fonen davon befallen, und zwar treten Karbunfeln hauptſächlich auf dem Rüden in der Nähe der Rüdenwirbelfäule und im Naden auf. Bei vorher ſchon gefhmwächten Leuten fann ein Karbunfel fogar lebensgefährlich werden.

Arnica, ſofort bei Beginn der Krankheit gegeben, kann die Schmerzen bedeutend herabfegen; Nux vomica bejfeitigt dann vollends die übrigen Erjcheinungen, bejonders bei alten Brannt- weintrinfern.

14. Langmwierige Hautkrankheiten. 393

Arsenicum: der Sarbunfel breitet fi aus; brennender Schmerz, bejonders nachts; der Kranke fühlt ſich fehr ſchwach.

Hepar, wenn der Patient durch den vielen Eiterausfluß geſchwächt morden ift; wenn eine Anzahl von Offnungen fich ver- einigen und eine gemeinfame große, tiefe Höhle bilden.

Silicea: Schmerzgefühl und Brennen find ſehr mäßig, aber der Kranke kann vor Unruhe und Hitze im Kopfe nicht ſchlafen. Es paßt hauptſächlich nach Hepar und bejchleunigt die Wbheilung.

Lachesis: Sarbunfel mit bösartigem Ausſehen; auf der Dberfläche bläuliche Stellen oder bläuliche Bläschen, um da3 große Geihmür herum entiwidelt fich eine Anzahl Heiner.

Erfrantungen der Fingernägel, Fingergeſchwüre oder Fingerwurm.

Note entzündete Stellen am Nagel rühren Häufig vom An- hängen der Haut am Nagel her. Da der Nagel fortwährend und ſchubweiſe wächſt, werden dadurch, daß die Haut nicht ganz los- geht, jondern ſich fpaltet und ein Teil am Nagel hängen bleibt, Schmerz und Entzündung hervorgerufen. Dieſem Übelftand ijt leicht abzuhelfen, indem man die Haut mit einem an der Spitze ſtumpfen Federmeſſer ablöft. Bei manden Kindern follte dies jede Woche geſchehen, weildann auch die Nägel weit fchöner wachſen. Man fährt mit der Spite des Meſſerchens, die auf den Nagel auf- 2 wird, unter da3 Hauträndchen, und ſoweit der Nagel geht,

erum.

Es gibt auch eine anftedende Form von Nagelerfrankfung. Sie wird zwar nicht durch Bakterien, wohl aber durch Pilze hervor- gerufen. Bei frühzeitiger, ärztlicher Behandlung läßt ſich fait immer Heilung erzielen.

Cine Untugend, die zu ſchwerer Berunftaltung der Finger- nägel kann, iſt das Nägelkauen. Nicht nur Kinder, ſondern auch viele Erwachſene leiden daran. Oft kommt es ihnen erſt zum Bewußtſein, wenn ſie von ihrer Umgebung darauf aufmerkſam gemacht werden. Guter Wille und feſter Entſchluß genügen meiſt, um dem Übel abzuhelfen. Der Kranke muß aber von feiner Um— gebung immer wieder daran erinnert werden, wenn er unbemwußt rüdfällig wird. |

Der Nagelfluß ift eine Entzündung und Eiterung rings um da3 Nagelbett. Die Nagelmwurzel ftirbt dabei ab und der Nagel wird durch einen neuen erſetzt. Außerlich läßt man zuerft feuchte Umfchläge machen; fpäter genügen Schußverbände mit Calendula- oder Hamamelis-Salbe. Innerlich gibt man eines der unten er- wähnten Mittel,

Unter Fingerwurm verfteht man eine akute Entzündung, die fchnell zur Eiterung und zum Ubfterben des Bindegemwebes führt. Er beginnt gewöhnlich an einer Heinen Stelle auf der Beuge-

394 III. Die Behandlung ber gewöhnlichften Krankheiten.

jeite des Fingers. Der Kranke erinnert fich oft, daß er fid) an der betreffenden Stelle mehrere Tage zuvor eine Heine Stich⸗ oder Rißwunde zugezogen hat, der er aber weiter feine Beachtung ihenkte. Die Entzündung und Anſchwellung macht unter heftigen Schmerzen und beträditlicher Fiebererhöhung raſche Fortichritte, und wenn e3 jegt nicht gelingt, den Krankheitsverlauf zum Gtill- ſtand zu bringen, erfolgt entweder die Bereiterung und das Ab- fterben der Sehne oder die Entzündung und Eiterung dehnt fich nach dem Unter- und Oberarm aus. Die erften Anzeichen erfennt man an den roten Linien und Strichen, die jich von der Hand aus nach dem Arm erftreden. Gleichzeitig ſchwellen Unter- und Ober- arm und die Lymphdrüſen in der Achielhöhle an. Pie ganz un- icheinbar beginnende Krankheit, wie ſich das Fingergeſchwür zu zeigt, kann ſo raſch zu tödlich verlaufender Blutvergiftung ühren.

Die Behandlung beſteht anfangs in Umſchlägen mit eflig- faurer .Zonerde (1 Ehlöffel zu einem Titer Waller). Sobald der Arzt das Vorhandenſein von Eiter feftftellen fann, wird er einen Heinen Einjchnitt durch die Haut madyen, um dem Eiter den Abflug zu ermöglichen. Der kranke Finger Tann dann zweimal täglich in heißem Samillentee gebadet und mit feimfreiem Verbandzeug feucht verbunden werden.

ererbenti wichtig ift die Anwendung des innerlichen ittels:

Durch Mercurius solubilis, gleich im Anfang gegeben, läßt jich oft eine Eiterung verhüten. Die etwa noch übrig bleibenden Beichwerden fönnen mit Sulphur vollends befeitigt werden.

Myristica sebifera ijt ein bewährtes Mittel bei Finger— geſchwüren, die ftarf eitern und fi) nach oben auszudehnen beginnen.

Hepar im Wechſel mit Silicea: Zunehmende Schwellung, Klopfen und Spannen, jehr heftige Schmerzen. Bejonders auch bei Entzündung des Nagelbette3 von Nuten.

Apis: inger gerötet, von Anfang an ſehr empfindlich gegen Berührung und wie wund; e3 brennt, fticht, zieht und judt nad) den Singerfpigen hin; Blajen an der Spite der Finger, die brennen, flopfen und um ſich freflen.

Lachesis: bösartige Fälle, Finger dunfelrot und bläulid,, die Schmerzen nehmen immer mehr zu.

Arsenicum: bösartiges, ſchwärzliches Ausſehen des Ge— ſchwürs; heftiges Brennen.

Abſzeſſe

und andere Geſchwülſte, die Eiter enthalten, werden in der eben beſchriebenen Weiſe behandelt. Hepar und Mercurius beſchleunigen die Eiterbildung, Silicea die Abheilung; außer-

14. Langwierige Hautkrankheiten. 395

dem vergleiche man die oben angeführten Mittel. Außer Wajler- umſchlägen ift äußerlich nicht? anzumenden. Biwiebeln, Honig, Bugpflafter und vergl. machen oft die Schmerzen noch ſchlimmer oder zeitigen die Geſchwulſt zu ſchnell, jo daß die Krankheit wieder- fommt. Wird es auf die gereichten Arzneien nicht bald beſſer oder geht der Abſzeß nicht von ſelbſt auf, fo ift eg nötig, ihn aufzufchneiden. Bei Abſzeſſen in der Nähe des Afters oder in der Leiſtengegend, überhaupt in der Nähe von Schlagadern ift größte Vorficht nötig. Ihre Behandlung gehört übrigens in die Hand des Arztes. Ein vernünftiger Arzt wird auch niemals Hineinjchneiden, wenn ein Surren ‚oder Klopfen in der Geſchwulſt mit den Fingern zu fühlen ift; bei foldden Geſchwülſten kommen Sulphur, Arsenicum, Lachesis und andere Mittel in Betracht; doch ift Hier der Rat eine3 homöopathiſchen Arztes durchaus notiwendig, da e3 ſich unter Umftänden um lebensgefährliche Übel Handeln Tann.

Manchmal bejtehen die Geſchwülſte in harten Drüfen, beſonders am Halſe oder Naden; gegen diefe kann man Mer- curius, Jodium, Hepar oder Galcarea carbonica nehmen laffen, doch ift eg beffer, in foldhen Fällen beizeiten einen homöopathiſchen Arzt zu Rate zu ziehen.

Hautſchrunden

ſind Einriſſe in die Haut, die infolge mangelnder Elaſtizität oder krankhafter Veränderung der Haut entſtehen. Leute mit ſehr trockener Haut, bei denen entweder die Talgdrüſen nicht genügend Fettſtoff abjondern oder die mit einer entzündlichen Hautkrankheit behaftet find (mie 3. B. Efzem), leiden namentlich in der älteren Sahreszeit viel an Schrunden.

Bur Befeitigung des Übels muß man vor allem mit größter Sorgfalt die Haut pflegen. Bei trodener, empfindlicher oder krankhaft gereizter, entzündeter Haut follte der Kranke alles über- flüffige Wafchen vermeiden. Je häufiger er 3. B. jeine Hände ins Waſſer taucht, umjomehr werden die Schrunden überhandnehmen. Bur täglichen Reinigung wird am beiten Regenwaſſer oder Waſſer benübt, in dem etwas Kleie ausgefocht wurde. Hat man mit einer überfetteten ©eife allen Schmubß von den Händen entfernt, jo feift man fie noch einmal und trodnet die mit Seifenſchaum über- dedten Hände mit einem weichen Handtuch gründlich ab. Biele Perſonen menden Glyzerineinreibungen gegen ihr Schrunden- übel an. Unverdünntes Glyzerin reizt aber die Haut, fo daß es auf die Dauer felten ertragen wird; dagegen kann man es in ber- dünntem BZuftand (Halb Glnzerin, Halb Waller) ohne Nachteil für die Haut lange Zeit benügen. Wo mangelhafte Talgabjonderung die Urſache der Schrunden ift, find regelmäßige Einreibungen der betreffenden Hautpartien mit Lanolin oder mit einer Miſchung von Lanolin und Vaſelin zu empfehlen. |

396 III. Die Behandlung der gewöhnlihften Krankheiten.

Innerlich find bei gewöhnlichen Hautjchrunden folgende Mittel angezeigt:

Graphites: harte, trodene Haut; Schrunden namentlich an den Fingerſpitzen, zwilchen den Zehen und an ben Gelenf- tlächen der Gliedmaßen. Finger- und Behennägel find verfümmert. Die Schrunden entzünden fich leicht, eitern und rufen Geihmwüre hervor.

Sulphur: Schrunden, die durch Feuchtigkeit, Arbeiten im Waſſer und dur Winterfälte entftanden find. Pie mit fleinen Schüppchen überdedte Haut Hat ein trodenes, ungejundes Aus— jeden. Der Kranfe Hagt über Brennen und Hautjuden, das er vergebend durch Wafchen und Kragen zu erleichtern ſucht.

Petroleum: leicht blutende, fchmerzhafte Riſſe, Sprünge und Schrunden an den Händen und bejonders den Fingerſpitzen, jeden Winter wiederfehrend.

Gegen aufgefprungene Lippen gibt man neben dem äußer- lihen Gebraud) von etwas Fett

Calcarea carbonica: bei Schrunden an den Lippen und Mundwinfeln, mit Neigung zu Geſchwürsbildungen;

Antimonium crudum: bei aufgefprungenen Lippen und brennenden Riffen in den Mundwinfeln, die nad) einigen Wochen immer miederfehren.

Außerdem werden Graphites, Natrum muriati- eum,Condurangound Petroleum dagegen empfohlen.

Froſtbeulen

find örtliche Entzundungsvorgänge, die durch Einwirkung von Kälte, beſonders Winterfroſt, hervorgerufen werden. Haupt- ſächlich entſtehen ſie, wenn kalte Hände unmittelbar am Ofen oder kalte Füße an der heißen Bettflaſche gewärmt werden. Hände und Füße find faſt ausſchließlich der Sitz dieſes Übels.

Bur äußerlichen Anwendung empfehlen fich folgende Mittel: bei frifch entitandenen Froftbeulen das Reiben mit möglichjt frifch- gefallenem Schnee; außerdem Einreibungen mit Abrotanum- Tinktur oder mit Abrotanum- Salbe (1 Teil Tinktur zu 9 Teilen gelben Vaſelins). Die gewöhnliche FSroftbeulenfalbe ift ae Un- guentum oxygenatum (Galpeterfäurejalbe) in allen Apo- thefen erhältlic), nur läßt fie fich nicht lange aufbewahren. Bas

fitreihen von Tijchlerleim, ein früher allgemein beliebtes Mittel gegen Froſtbeulen, it weniger empfehlenswert, da dem Leim manchmal dhemifdhe Stoffe beigefügt werden, die mwenigjtens bei offenen Frojtihäden ſchlimme Folgen haben können. Das Einpinfeln der Froftbeulen mit gewöhnlidem Petroleum iſt ſehr wirkſam. Kneipp preift da3 Haberftrohbad gegen das Übel, andere empfehlen Eihenrindenablodhung, Nußblätter- tee und dergl. zum äußerlichen Gebraud).

14. Langwierige Hautkrankheiten. 397

Innerlich gibt man

Pulsatilla: wenn die Haut eine dunkle, braunrote, bläu- fiche Färbung zeigt, wenn die Froftbeulen brennen und juden, wenn Jie leicht auffpringen und bluten und zuweilen heftig ſchmerzen.

Nux vomica: $roftbeulen mit hellroter Hautfarbe; tritt darauf feine Bellerung ein, jo verfude man Sulphur.

Chamomilla: außer Juden und Brennen ſehr ſtarke Schmerzen.

Arsenicum und Silicea find bei Froſtgeſchwüren beſonders angezeigt, wenn Brand Hinzuttritt.

Leute, die zu Froſtbeulen geneigt find, dürfen weder Schweine- fleifch noch Gänfebraten noch Fett davon effen, auch follten fie ohne Bettflafche jchlafen.

Geſchwüre, Krampfadergeſchwüre.

Geſchwüre ſind offene, mehr oder weniger tiefe, eiternde oder näſſende Stellen im Fleiſch. Sehr oft ſind dieſelben durch Krampfadern veranlaßt. Solche Krampfadergeſchwüre er— kennt man an der ſchwärzlichen Farbe, dem leichten Bluten und den vergrößerten blauen Blutgefäßen ringsum. In den meiften Fällen 8 es bei ſonſt geſunden Perſonen genügen, das Geſchwür reinzuhalten und entweder feuchtwarme Umſchläge oder trockene Verbände oder Salbenauflagen zu machen, um eine langſame Heilung herbeizuführen.

Bei allen langwährenden Geſchwüren iſt es das beſte, einen homöopathiſchen Arzt zu fragen. Je längere Zeit die Geſchwüre ſchon beſtanden haben oder je öfter ſie wiedergekommen ſind, deſto langſamer müſſen ſie geheilt werden, weil ſonſt unfehlbar eine andere noch ſchlimmere Krankheit entſteht. Beſonders gefähr- lich ift e3, fie durch Zinkjalbe oder Bleiwaſſer auszutrodnen. Sind die Schmerzen heftig ftechend und brennend, jo fann man Um- ſchläge mit verdünnter Calendula-Zinktur (1 Saffeelöffel voll zu 1, Liter Waſſer) machen laſſen.

Bei vielen Geſchwüren ift Ruhe, manchmal jogar vollftändige Bettruhe geboten. Man legt dabei den betroffenen Körperteil etwa3 höher, jo daß das Blut leicht Heraus und nad) dem Herzen zurüdfließen kann. Selbſt umfangreidhe Krampfadergejchwüre heilen oft auf dieje Weife zu, ohne daß ſpäter wieder Nüdfälle fommen. Auf Gejhmüre, die Feine tiefen Löcher veruriachen, legt man am beiten in warmes Waſſer getauchte VBerbandgaze und verbindet jie dann gut und warm. Bei Geſchwüren der mannig- iachften Art kann man möchentlich eine Gabe Sulphur verab- reichen, bei ftark brennenden Geſchwüren hilft Arsenicum; wenn fie brennen und übel riehen: Carbo vegetabilis; wenn fie raſch um ſich greifen und rund umher Heine Pöckchen entftehen oder Fleine Geſchwürchen rund um das große: Lachesis.

398 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Geſchwüre an den Zehen, bejonders bei alten Leuten (Erſcheinungen des Altersbrandes), und wenn fie mit einer Blafe anfangen, als hätte man ſich verbrannt, fönnen manchmal durd) Silicea geheilt werden; wenn fie mit blauſchwarzen Flecken anfangen und Wärme angenehm empfunden wird, paft Arse- nicum; ruft alles Warme Schmerzen hervor, fo hilft Secale. Bei Geſchwüren, die ſich aus Blafen an der Spike der Behen oder auf den Gelenfen entwideln und lange forteitern, hilft Sepia. Zinkſalbe ift ſchädlich.

Geſchwüre um eine alte Warze oder ein Hühner— auge und dergl. heilt oft Antimonium crudum. Blei, Zink, Merkur u. a. trodnen fie zwar geſchwinder ab, aber in vielen Fällen folgt binnen kurzem ein anderes Übel.

Das Einwachſen der Nägel

entiteht entweder durch da3 Tragen unpafjender Stiefel oder durch ungeſchicktes Befchneiden der Nägel. Es kommt hauptſächlich an der großen Zehe vor und kann ſehr jchmerzhafte Gefchwüre zur Yolge haben. Das einzige Mittel, die zu verhüten, ift da3 Tragen gut paflender Schuhe und häufiges Abjchneiden der Nägel, und zwar in der Weife, daß man den Nagel nicht wie gewöhnlich der Form der Zehe entiprechend bejchneidet, jondern fo, daß er in der Mitte jo tief als möglich, an beiden Seiten dagegen, wo er ſich ind Fleiſch hinein umbiegt, gar nicht befchnitten wird. Diez ift wöchentlich nad) einem warmen Fußbad zu wiederholen. Auf dieſe Weije wird ein ftärferes Wachstum des Nagels nach der Mitte zu erreicht. Auch das Abſchaben der Mitte der Nagelfläche mit einem fcharfen Meifer oder einem Stüdchen Glas Hat diejelbe Wirkung.

Wenn ein Nagel eingewachlen ift, jo verfuche man nach einem warmen Fußbad zwiſchen Nagel und Fleiſch etwas mit Arnica- Waller getränkte Watte einzufchieben. Manchmal genügt dies, um weitere Entzündung zu verhüten. Hat fi) an der jchmerz- haften Stelle wildes Fleiſch gebildet, jo fann man fie mit feinem Buder beftreuen; innerli ift Graphites oder Causticum angezeigt. Wirflide Geſchwüre jind mit Silicea und Sul- phur zu behandeln. Das äußerft ſchmerzhafte Ausreißen oder Spalten des Nagel ift in den feltenften Fällen nötig.

Miteſſer

ſind kleine ſchwärzliche Pfröpfe in der Haut, die beſonders oft an der Naſe oder in ihrer Nähe entſtehen. Man kann ſie wie kleine Stacheln aus der Haut entfernen, indem man die Haut mit etwas Fett beſtreicht, ein heißes Bügeleifen auf den Tiſch legt und die beftrichene Stelle fo nahe daran bringt, als man e3 bequem leiden fann; wird fie troden, fo beſtreiche man fie wieder, bis die Mit-

14. Langwierige Hautkrankheiten. 399

eſſer jich etwas erheben. Dann lafjen fie jich mit den Uhrſchlüſſel einer Taſchenuhr leicht ausdrüden. Diejelbe Wirkung hat ein Gefichtsdampf. Iſt man an einem heißen Sommertag ordentlich in Schweiß geraten, jo genügt oft ein Heiner Drud, um die nur noch leicht in der Haut fitenden Miteſſer zu entfernen. Wäfcht man da3 Geficht zumeilen warm und fogleid) darauf kalt, fo fommen fie nicht leicht wieder. Oft entzünden fich die Mitefjer, je mehr man fie herauszudrüden verfudt. Man unterlaffe dann alle weiteren Berfuche, fonft wird das Geſicht immer flediger und podiger. Innerlich paſſen hauptjählih Sulphur und jpäter Calcarea carbonica und Thuja.

Warzen

abzuätzen oder zu ſchneiden iſt nicht immer zu empfehlen; wenn es auch ſcheinbar ohne Schaden geſchieht, kommen doch manchmal ſchlimme Folgen nach, beſonders bei Kindern und bei alten Leuten. Fleiſchige oder geſtielte vergehen ſehr oft durch Anwendung von Causticum; flache, harte, bröckliche nahe bei den Nägeln duch Antimonium crudum; auf dem Rüden der Finger dvurh Dulcamara, an den Seiten duch Galcarea car- bonica. ®Pielbewährte Mittel find auch Thuja und Fer- rum picricum, lettere3 bejonderd, wenn der ‚ganze Hand- rüden voll Warzen ift. AB ſanftwirkendes Aymittel findet Thuja- Collodium häufig Verwendung.

Hühneraugen oder Leihdornen

iind fjchmwielenartige ie der Haut, die zapfenfürmig in die Tiefe dringen und A: tftehung einem beftändigen Drud oder Reiben verdanken. ift iſt das Tragen engen oder unpa/- ſenden Schuhzeuges ſchuld daran. Es gibt aber auch Perjonen, die mit einer ander Anlage dazu behaftet jind. Dieſe läßt jih am beften durch Mittel wie Antimonium crudum, Phosphorus, Rhus toxicodendron, Bryonia, Lycopodium und Sulphur befämpfen.

Gegen heftige Schmerzen in den Hühneraugen, jo oft anderes Wetter kommt, hilft gewöhnlich Rhus, manchmalaud) abwechjelnd mit Bryonia oder Calcarea carbonica.

Da3 Beichneiden der Hühneraugen ift nicht ungefährlid. In der Umgebung von Leichdornen und Hühneraugen bilden ſich oft Schleimbeutel. Werden diefe angeichnitten, fo kommt es zumeilen zu gefährlichen Eiterungen, Zerjtörung einzelner Gelenfe, ja jogar zum Brandigwerden einzelner Zeile und zu Blutvergiftung.

Zur Erweichung der hornartigen Hautverdidungen find häufige warme Fußbäder zu empfehlen. Beftreicht man das Hühnerauge

‚drei bis viermal nacheinander jeden Abend mit Salicyl-Gollo- dium, jo kann man es im warmen Fußbad leicht wegnehmen.

400 IIT. Die Behandlung der gewöhnliften Krankheiten. Bundliegen

kann oft verhütet werden, wenn man ein täglich —— offenes Gefäß mit Waſſer unter das Bett des Kranken ſtellt. Man achte außerdem ſorgfältig darauf, daß das Bett-⸗Tuch, auf dem der Kranke liegt, feine Falten wirft und Feine Brofamen beherbergt. Überhaupt ift Reinlichkeit die erfte Bedingung, wenn man einen wundgelegenen Kranken erfolgreich behandeln will. Sobald man die eriten Zeichen des Wundliegeng, eine Röte und Geſchwulſt mit brennenden Schmerzen, wahrnimmt, ändere man die Rage de3 Kranken, oder falls dies nicht möglich ift, benüße man ein Luftkiſſen, ein Wafjer- oder ein Hirfefiffen, da3 fo unter den Patienten gelegt wird, daß der gerötete, ſchmerzhafte Körperteil frei von Drud bleibt und nicht mehr mit dem Bettzeug in Berührung fommt. Fleißiges Abwafchen der betreffenden Stelle mit falten Waſſer, in das einige Tropfen Arnica- oder Calendula- Zinktur geträufelt wurden, oder Wafchungen mit einer Mifchung von gleichen Teilen Weingeift und Olivenöl ermweifen fich ala äußerft hilfreih. Offene, mundgelegene Gtellen verbindet man mit Calendula- Salbe (ein Teil Calendula-Tinftur und 9 Teile &anolin), die man auf ein Stüd Leinwand oder Verbandgaze aufftreiht. Sind die aufgelegenen Stellen ſehr groß und ftoßen lich brandige und eiternde Gewebsfetzen ab, fo lege man den Kranken täglid) mehrere Stunden in3 warme Bad.

Innerlich gibt man Arnica oder China, wenn die Gtelle ein übles, brandiges Ausfehen hat. Greift der Brand um fich und verbreitet einen üblen Geruch, jo verfuchhe man Sanguinaria dagegen. |

Fünfzehnter Abſchnitt. Einige allgemeine Krankheiten.

Arterienverkalkung (Schlagadernverkalkung, Arterioſtleroſe).

Man hört heute ſo viel über Verkalkung der Arterien reden, daß eine kurze Belehrung wohl auch hier am Platze iſt. Zur Selbft- behandlung eignet ſich da3 Leiden allerdings nicht, zumal da eine frühzeitige Erkennung der Krankheit jelbjt dem Arzt oft einige Schwierigkeiten macht.

Mit dem Eintritt ind Greijenalter gehen in den nn der Blutgefäße eigenartige Veränderungen vor fich, die ſchließlich zu einer Verhärtung und Verkalkung der Gefäßwände und zugleich zu einer Verengerung der Snnenräume der Schlagadern führen.

15. Einige allgemeine Krankheiten. 401

Diefe Arterienverhärtung oder Arterienverkalkung iſt fofern fie im vorgefchrittenen Alter auftritt einfad) die Folge einer ftetig zunehmenden Abnützung der Blutgefäße. Nicht felten be- gegnet man ihr aber bei jüngeren Leuten, bei denen Alter und Gefäßabnützung nicht als Urſache in Betracht kommen können. Sehr oft ſind es Gelehrte oder Beamte, die durch ana, ununterbrochene geiftige Überanftrengung Raubbau an Geift und Körper getrieben haben und die dann in der Blüte ihrer Sabre, oft ſchon vor dem 40. Lebensjahr, der Arterienverkalkung erliegen. Auch gewiſſe Stoffmwechlelitörungen, wie Gicht, Fettfucht, Zuder- barnruhr fowie ein Leben in Üppigfeit und Schwelgerei, alſo an- dauernde Überernährung, können den frühen Eintritt der Arterien- verfalfung begünftigen, ebenjo eine Reihe von Giften, insbejondere das Gift der Syphilis, chroniſche Bleivergiftung, Tabaf- und Ul- koholmißbrauch. Influenza und andere Infektionskrankheiten fönnen ebenfall den Eintritt der Arterienverhärtung bejchleunigen. Schließlich foll nicht unerwähnt bleiben, daß auch Nervöſe, ins- befondere wenn fie über andauernden Schlafmangel zu Hagen baben, oder Leute, deren Beruf viel Ärger und Gemütserregungen mit fich bringt, auffallend früh an Arterienverhärtung zugrunde gehen.

Durch Zunahme an Bindegewebe und Ablagerung von Kali werben die Gefäßwände did und ftarr und verlieren ihre Dehnbar- feit. Der Innenraum der Gefäße verengert ſich und die Folge ift eine erhöhte Spannung in den Blutgefäßen und eine größere Smanfpruchnahme der Triebfraft des Herzens. Iſt das Herz nod) verhältnismäßig gejund, jo kann es ſich durch eine Verſtärkung feines Muskels dem veränderten Zuſtande einigermaßen anpaſſen; find aber die Kranzarterien, die der Ernährung des Herzmusfel dienen, felbit an dem Verkalkungsvorgange beteiligt, jo find Die Ausfichten für den Kranken ungünftig. Plöbliche Herzlähmungen als Folge der Verkalkung der Kranzarterien jind feine Seltenheit.

Aber nicht nur an das Herz, jondern auch an die Wandungen der ſtarren verhärteten Blutgefäße ftellt die zunehmende Blutdrud- fpannung gefteigerte Anfprüche, und e3 kommt nicht felten zu ſackartigen Ausbuchtungen einzelner Schlagadern (Aneurysma) an Stellen, die dem Blutdrud befonders ausgejegt jind. Können die harten und brüchig gewordenen Wandungen der Schlagadern dem hohen Blutörud nicht mehr ftandhalten, jo berjten fie und geben zu mehr oder weniger ſtarken Blutergüffen Anlaß. Ber „Sählagfluß” oder „Hirnſchlag“ (fiehe auch Seite 126) ift faſt immer eine Blutung, die durch das Berjten einer verfalften Schlagader im Gehirn hervorgerufen wurde.

Kranke, die an Arterienverkalkung leiden, Hagen häufig über . Kopforud, Schwindel, Gedächtnisſchwäche, Taubheits- und Kribbel- gefühle, rafch eintretende Ermüdung, ſchmerzhaften Drud auf der Bruft und Kurzatmigkeit, bejonders nach dem Eſſen oder nad)

Dering-Haehl, SU, 26

402 III. Die Behandlung der gewöhnlihften Krankheiten.

geringen Unftrengungen. Die unter der Haut liegenden Schlag- adern fühlen fich draht- oder röhrenförmig an, treten deutlich ficht- bar und prall gefüllt hervor und haben einen gejchlängelten erlauf.

Leute, die zu Arterienverfallung neigen oder bei denen fid Unfänge bereits deutlich bemerkbar gemacht haben, müffen ihre ganze Lebensweiſe dementiprechend einrichten. Die Nahrungs- menge muß auf da3 Notwendigfte beſchränkt und die Flüffigkeits- zufuhr ſtark bejchnitten werden. An Gtelle überreichlicher leifhnahrung find mehr Pflanzentoft und Milchſpeiſen zu empfehlen. Zur Stillung des Durſtes ift der Buttermilch dor allen andern Getränfen der Vorzug zu geben. Neichlidde Be- wegung im Freien ift dringend anzuraten, aber Überanftrenaungen und Übermüdungen müffen unterbleiben. Auf Tabaf- und Alfohol- genuß müffen die Kranken ganz verzichten. Tee und Kaffee dürfen nur ausnahmsweiſe und in Heinen Mengen genofjen werden. Streng zu vermeiden ift alles, was irgendwie zur Erhöhung bes Blutdrudes beitragen könnte. Dahin gehören vor allem Stuhl⸗ verjtopfung, Aufregungen, plögliche Gemütgerfchütterungen u. dergl.

Bon einer „Heilung“ der Urterienverlalfung kann natürlich feine Rede fein. Umſo wichtiger ift es, daß die Krankheit beizeiten erfannt und durch geeignete Maßnahmen und Arzneimittel in ihrem Fortjchritt aufgehalten wird. Dies gelingt am beften durch regelmäßigen und längeren Gebrauch von Homdopathifhen Mitteln wie Aurum muriaticum, Baryta muriatica, Plumbum und Strontium. Mber auch Befchwerden, bie mit einer bollentwidelten Arterienverlaltung zufammenhängen, fönnen durch homöopathiſche Arzneimittel gelindert werden. Bei Kopfmweh, Plutandrang und Schwindel Ieiften 3. B. Bella- donna, Glonoin und Conium recht gute Dienfte. Herz- beſchwerden, die im Verlauf der Arterienvertallung auftreten, fönnen duch Crataegus, Cactus, Arsenicum, Aco- nıtum, Kalmia latifolia und dergl. gemildert werben. Kurzatmigfeit wird nad) Gebrauch von Wrzneien wie Lobelia, Cuprum arsenicosum, Kali carbonicum ufm. erträglicher.

Genaue Anzeigen für die Mittel anzugeben wäre zweclos, weil diefe ernften Erkranfungsfälle nur vom Arzt richtig beurteilt und erfolgreich behandelt werden fünnen.

Die Sicht

ift eine Stoffwechſelkrankheit, eine krankhafte Überlaftung des Blutes mit Harnjäure. Früher war man ber Anficht, daß diefer Überfluß durch eine vermehrte Bildung von Harnfäure im Körper zuſtande fomme; heute nimmt man an, daß die verminderte Aus- ſcheidung der Harnfäure häufiger fchuld an der Gicht fei als bie vermehrte Bildung. Die erjten Unzeichen der Krankheit machen

15. Einige allgemeine Krankheiten. 403

lich gemöhnlich durch eine akute, fehr heftige Entzündung in einem Sroßzehengelen? bemeribar. Die ſchmerzhafte Anſchwellung ftellt ſich meift mitten in der Nacht ein, fteigert ſich zu größter Heftigfeit und läßt erft gegen Morgen etwas nad). Die Fieberhöhe beträgt gerwöhnlich mit Eintritt der Schmerzen 33—39 Grad Celſius. Nad)- dem der Schmerz ſich 4-5 Nädhte lang wiederholt hat, während deffen das Behengelenf gerötet, heiß und ſtark gejchwollen ift, läßt er allmählich nad) und in wenigen Tagen ift der Kranke wieder beſchwerdefrei.

Ändert der Gichtkrante feine Lebensweiſe, indem er nad) einem ſolchen Anfall von Bodagra (zu deutih: Fußgicht) den Genuß bon Fleiſch und Alkohol einſchränkt und mehr Milchſpeiſen, grüne Gemüfe und Obft genießt, jo bleibt e3 vielleicht bei diefem einen An- fall. Geht er aber weiterhin verbotenen Genüffen nach, fo wieder- holen ſich die Gichtanfälle in längeren oder fürzeren Zmifchen- paufen. Nicht nur die Großzehengelenfe, ſondern auch Schulter- und Handgelenke, die Achillezjehne (in der TFerfengegend) und andere Sehnenfheiden werden von den Gichtanfällen befallen. Schließlich wird der Kranke die Schmerzen überhaupt nie mehr ganz los und leidet an fortdauernder oder chroniſcher Gicht. Die Gelenk- enden verändern jich, es bilden fich Knoten in der Nähe der Gelenfe (Anhäufung von Harnfäure-Ablagerungen) und die Bewegung einzelner Glieder wird nahezu unmöglid).

Eine häufige SEGEN EL) nun der Gicht ift die fogenannte Schrumpfniere, die wahrſcheinlich durch das reichlihe Bor- handenfein von Harnfäure im Blute verurfadht wird. Ob außer- dem noch andere innere Organe wie Magen, Darm und dergl. bon Gichtanfällen heimgefucht werden, ift eine trage, die heute noch nicht mit Sicherheit entſchieden ift.

Als Häufigfte Urſache der Gicht fommt vor allem die Ver— erbung in trage, ferner der dauernde Hang zu unmäßigem Effen und Trinken, in3befondere da3 Trinken jchwerer Weine und Biere, bei gleichzeitig ungenügender Körperbewegung. Die chronifche Bleivergiftung, die bei Malern und Scriftjegern häufig beobachtet wird, ift-eine ebenfallß nicht feltene Urſache.

Die Behandlung muß ihr Augenmerk in erfter Linie der Lebensweiſe des Kranken zuwenden. Mäßigfeit im Eſſen und Zrinfen und reichlihe Bewegung im Freien find die erften und wichtigften Vorausfegungen einer erfolgreihen Behandlung.

Fleiſch und Wurftwaren, insbejondere die fogenannten roten Fleiſchſorten, find nur felten und in Heinen Mengen erlaubt. Rohes Fleiſch ift ganz verboten. Geflügel ift in mäßiger Menge geftattet. Verboten jind Süßigkeiten wie Kuchen und ftarf mit Buder ein- gekochter DBrotaufftrih. Bagegen dürfen grüne Gemüfe und Salate ſowie Obſt in jeder Form reichlich genoffen werden. Alkohol ift Schädlich in jeder Yorm; Kaffee, Tee und Safao darf in Heineren Mengen gewährt werden. Streng zu vermeiden find Gewürze

401 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

aller Art, mit Ausnahme von Kochjalz, das in ganz Heinen Mengen Verwendung finden darf.

Gegen den mehrmöchentlihen Gebrauh eine Mineral- waſſers (Selters, Geroliteiner, Fachinger, Karlsbader oder Kif- finger) ift nichtS einzuwenden. Viele Gichtfranfe fühlen ſich nad) dem 6—Smwödentlichen Gebrauche eines dieſer Mineralwaſſer erheblich wohler. Der dauernde Gebraud) dagegen iſt entichieden zu widerraten.

Gegen die fchmerzhaften Anfälle feien empfohlen:

Aconitum: heftige Fieber, große Unruhe, trodene Hibe, Angjtgefühl. |

Arnica: Gelenk jchmerzhaft gerötet; Gefühl, als fei es ver— renkt oder liege Hart auf, Furt vor dem Anftoßen.

Ledum: fchmerzhafte Anjchwellung am Grundgelenf der großen Zehe. LBiehende Schmerzen, jchlimmer durch Wärme, Drud und Bewegung. Die Cchmerzen find meift mit Fröftel- gefühl verbunden, beginnen in der Regel in den Füßen und haben die Neigung, nad) oben meiter zu wandern.

Belladonna: jehr jchmerzhaftes, geſchwollenes und ent- zündetes Gelenk; heftig Hopfende Schmerzen, weit verbreitete Nöte.

Pulsatilla: die Schmerzen f[pringen von einem Gelenk aufs andere über; Entblößung und fühle Luft bringen Linderung.

Colchicum: rote oder blafje Anſchwellung, beſonders der Hleineren Gelenke (Finger- Behen- und SHandgelenfe); größte Empfindlichkeit gegen Berührung. Die Schmerzen [pringen bon einem ®elenf aufs andere über und find fchlimmer bei der ge- ringften Bewegung. Zeichen allgemeiner Erjchöpfung.

Ammonium phosphoricum: mehr für chroniſche Slle paſſend; ftarf veränderte Gelenfe, Bildung zahlreicher Gicht-

oten.

Arsenicum: Befjerung der Gichtfchmerzen in der Wärme, der Kranke iſt ſehr matt und angegriffen.

Bryonia: Berjchlimmerung bei Bewegung.

Antimonium crudum: ®idtanfälle mit viel Übelfeit und weißbelegter Bunge.

Colocynthis: GSteifheit der Glieder nad) dem Anfall.

Causticum: Gteifheit der Glieder von alten Gichtfnoten.

Der akute Gelenkrheumatismus

oder das hitzige Gliederweh iſt eine bei uns ziemlich häufig vorkommende Krankheit. Über ihre Urſachen ift man noch nicht im klaren. Früher glaubte man, daß ein im Körper entjtandener Reizitoff, die Mildjfäure, die Urjadje des Leidens bilde. Andere wieder hielten Kälte und Erfältungen für ausfchlaggebend, doch Hat man im Laufe der Jahre beobachtet, daß weniger Kälte als viel- mehr Näffe die Entjtehung des hitigen Gliederwehs begünftigt.

15. Einige allgemeine Krankheiten. 405

Am richtigften dürfte wohl die Anficht fein, daß der afute Gelenf- rheumatismu3 ähnlich wie Influenza, Typhus und vergl. durch eigenartige Krankheitserreger, alfo dur) Balterien, herborge- rufen wird.

Die Krankheit befällt mit Vorliebe das männliche Gefchlecht, und zwar hauptſächlich Berfonen, die im beften Süngling3- und Mannesalter ftehen. Ganz bejonder3 begünftigt wird die Ent- ftehung der Krankheit durch feuchte Wohnräume.

Den eigentlichen Erjcheinungen gehen in der Regel Mattigfeit, Fröſteln, Fieber, mangelnde Eßluſt, Schnupfen, Hald- und Kehl- fopflatarch voraus. Dann erjt machen fich die Gelenlſchmerzen bemerfbar. Anfänglich werden meift nur eines oder mehrere ber größeren Gelenfe, vornehmlich Knie- und Fußgelenke befallen, und erft allmählich gehen Anjchwellung, Röte und Schmerzen auch auf andere Gelenke über; die zuerft erfrankten find dann dauernd oder vorübergehend jchmerzfrei.

Die Krankheit kann 4—6 Wochen und darüber hinaus dauern. Beachtenswert ift, daß das hitzige Gliederweh mit Vorliebe Herz- entzündungen nach ſich zieht, die nicht felten zu bleibenden Klappen⸗ fehlern führen.

Der Kranke follte fofort beim Beginn der Krankheit das Bett auffuhen. Um unnötigem Schwitzen vorzubeugen, das felten erleichtert, den Patienten dagegen erheblich ſchwächt, lege man ihn zwiſchen Wollteppiche.

Unter den homöopathiſchen Arzneien find folgende beſonders angezeigt:

Aconitum: glei im Anfang bei hohem Fieber, trodener, heißer Haut und viel Durſt; bei fchießenden, reißenden Schmerzen, ſchlimmer des Nachts. Die erkrankten Gelenke find ftarf gerötet und geſchwollen; jede Bewegung fteigert die Befchwerden. Der Kranke ift unruhig, jehr reizbar und hat das Verlangen, die erkrankten Gelente zu entblößen, mweil er fich dadurch etwas erleichtert fühlt.

Belladonna: fdhießende oder brennende Schmerzen, ihlimmer nadht3 oder bei Bewegung. Pie angegrijfenen Gelenfe ind ftarf gerötet und gefchrollen. Fieber mit Blutandrang nad) dem Kopfe; heiße, feuchte Haut und viel Durft.

Arnica: die Gelenke ſchmerzen wie nach einer Verrenkung oder Quetſchung, find ftarf angefchwollen, rot und glänzend. Empfindung, al ob die Franken Körperteile auf einem harten Gegenftand lägen. Verſchlimmerung durd) die geringfte Be— mwegung, daher Furcht vor je Bemegung.

Bryonia: Hauptmittel bei ſchießenden, reißenden Schmerzen, die mehr in den Muskeln al in den Gelenken fiten und der Länge nach hin und her ziehen. Die erfranften Teile find gerötet, ge- ſchwollen und glänzend ;die Schmerzen verfchlimmern ich nachts und bei der geringften Bewegung ; reichlidher Schweißausbruch oder Kälte und Fröfteln, viel Hige mit Kopfweh und Störungen im Magen.

406 III. Die Behandlung ber gewöhnlicäften Krankheiten.

Chamomilla: Schmerzen befonders nacht3 fchlimmer, durch Auffigen und häufiges Ummenden gelindert; die Glieder find wie gelähmt, können faum bewegt werden, der Schmerz geht manchmal aud) in den Kopf, ins Ohr und die Zähne. Gewöhnlich will der Kranke immer liegen, Hagt über Froſtgefühl, kann nicht out ſchlafen und ift beim Erwachen ſehr müde und zerjchlagen.

Mercurius: ziehende, reißende, brennende Schmerzen, ſchlimmer durch falte Luft, durch warme Betten, am ſchlimmſten nach Mitternacht und gegen Morgen; die ſchmerzhaften Teile ſind aufgedunſen, der Schmerz ſitzt mehr in den Gelenken, es pocht zeitweiſe darin, es iſt, als ob die Schmerzen von den Knochen in die weichen Teile gingen; viel Schweiß ohne Erleichterung. Hat der Kranke ſchon Mercurius gebraucht, ſo gibt man beſſer Lachesis.

Rhus toxicodendron: reißende, brennende Schmerzen mit dem Gefühl von Schwäche und Kribbeln im erkrankten Teil; die Gelenke find wie verrenft, rot, geſchwollen und glänzend, mit Gteifigfeit und ſchießenden Schmerzen bei jeder Berührung. In der Ruhe und bei falter oder warmer Witterung find die Beſchwer⸗ den am läftigften. Das Mittel folgt gut nad Aconitum, Arnica oder Bryonia.

Pulsatilla: Schmerzen abends, nachts im Bett, in einem erwärmten Bimmer oder bei Veränderung der Lage jchlimmer. Die Schmerzen fpringen raſch von einem Gelenk in3 andere über; fühle Quft bringt einige Crleichterung, troßdem e8 den Kranken leicht friert.

China: Schmerzen durch die geringste Berührung ſchlimmer. Reichlider Schweißausbruch; große Schwäche, beſonders nad Blut- und GSäfteverluften.

Hepar und Lachesis find oft hilfreich, wenn die an- gezeigten Mittel nicht viel Erleichterung gebracht Haben.

Gtellt ſich im Verlaufe eines Hitigen Gliederwehs eine Herz entzündung ein, jo fommen beſonders Aconitum, Arsenı- cum, Kalmia, Lachesis, Pulsatilla, Spigelia und Sulphur in Betradit.

Der chroniſche Rheumatismus

oder das langwierige Gliederreißen iſt entweder die Folge eines nicht ganz zur Heilung gekommenen akuten Gelenkrheumatis⸗ mus oder was wohl häufiger zutrifft ein von Anfang an chroniſches Leiden, das auf Erfältungen, Durchnäſſungen, feuchte Wohnräume und vergl. zurüdzuführen ift. Die Krankheit befällt gewöhnlich Leute, die das 40. Lebensjahr bereits zurüdgelegt haben. Anfängli macht ſich da3 Leiden oft nur durd) leiſes Ziehen oder durch mehr oder weniger ftarte reißende Schmerzen bemerkbar. Bald aber werden die Beſchwerden läftiger und verfchlimmern

15. Einige allgemeine Krankheiten. 40%

fih namentlich bei Wetterderänderung. Die Kranken werden ſchließlich zum reinften Barometer; jeder Regenschauer, jeder

chneefall Fündigt fi) durch Steigerung der rheumatifchen Schmer- zen an. Schließlich kann der chroniſche Gelenkrheumatismus der- artige Veränderungen in den Gelenken verurjachen, daß beifpiel3- weiſe die ae Flauenartig verunftaltet werden, jo daß der Kranke feinerlei Arbeit mehr verrichten fann. In anderen Fällen ſchwellen einzelne Gelenke ftarf an und füllen fich mit einer Flüffigfeit. Man bezeichnet diefen Zuftand Gelenkwaſſerſucht.

Außer den Gelenken können auch) die Muskeln von Rheumatis- mus befallen werden, und man fpricht dann von Muskelrheu— matismu3. Auch diefe Krankheit entjteht durch Einwirfung bon Kälte und Näffe. Meiſtens fucht fie ältere Leute Heim, die einen großen Teil ihre3 Lebens im Freien verbracht Haben und häufigen Erkältungen und Durchnäſſungen ausgefegt waren.

Nheumatifer müffen vor allem warme, am beften mollene Unterfleidung tragen, um fich fo vor neuen Erfältungen möglichſt zu ſchützen. Das Steifwerden der einzelnen Gelenfe muß durch täg- lihe Bewegung und fanftes Streichen und Reiben der Gliedmaßen (Maffage) verhütet werden. Pie Wohnräume, namentlich das Schlafzimmer, müfjen troden und möglichft fonnig fein. Wer in feuhten Räumen wohnt oder [chläft, wird feinen Aheu- matismus niemals los werden.

Neben den für hitziges Gliederweh empfohlenen Arzneien kommen beim langivierigen Rheumatismus hauptjächlich noch die folgenden Mittel in Betradht:

Causticum: längere Zeit morgens und abends eine Gabe, um ein weiteres GSteifwerden und Krummziehen der Glieder zu verhfiten. Reißende, brennende, jtechende Schmerzen nötigen zum Aufftehen und Umbergehen, ohne aber irgend welche Erleichte- rung zu bringen. Abends und die Nacht Über Verjchlimmerung, bei Tagesanbruch Beſſerung der Befchwerden. Die Gelenke find fteif und die Sehnen wie verkürzt, fo daß die Glieder ganz Frumm- gezogen find. In den befallenen Gliedern Gefühl von Schwäche und Lähmigfeit.

Sulphur: eines der wichtigften Arzneimittel beim chroniſchen NRheumatismus. Der Kranke ift gegen Kälte, Wind und Wetter- beränderungen, namentlich aber gegen kaltes Waſſer ſehr empfind- ih. Wenn eine Heilung in weit vorgefchrittenen Fällen nicht mehr möglich ift, fo dient Sulphur dazu, einer weiteren Verjchlimme- rung des Leiden? vorzubeugen.

Rhododendron: hauptſächlich bei chronifhem Gelenf- theumatismus. Es ift in feiner Wirkung ähnlich wie Rhus toxi- eodendron. Wandernde Schmerzen, die durch Bewegung gebeſſert werden, Gefühl von Kribbeln und Ameifenlaufen in den Gliedern. Jede Wetterberänderung verurſacht Verfchlimmerung der %Be- ſchwerden.

408 III. Die Behandlung ber gewöhnlichſten Krankheiten.

Calcarea carbonica: rheumatifhe Bejchwerden durch Näſſe. Hand- und Fingergelenfe find gefchwollen und fchmerz- haft, fo daß der Kranke nichts fefthalten fann. Reißende, herum— ziehende und frampfhafte Schmerzen treten Tag und Nacht auf, beichränfen fich aber meift auf Finger und Zehen.

Dulcamara: nad) Durchnaͤſſungen oder nad) längerem Aufenthalt in feuchten, naßfalten Plägen. Scultergegend und Naden find mie gelähmt; Heftige, ziehende Schmerzen in den Nüdenmusfeln. Schmerzen, die durch Eintritt feuchter Witterung ichlimmer werden oder die durch raſche Abfühlung nad ftarfem Schweiß entitanden find.

Nux vomica: Rheumatismu3 der Naden- und NRüden- muskeln, durch Bewegung verjchlimmert. Leidet der Kranke zugleich an Berftopfung mit vergeblichem Stuhldrang, fo ift Nux vomica um jo mehr angezeigt.

Ferrum: nu der Scultermußfeln; heftiges Biehen und Gefühl von Lähmung im Oberarm, Schmerzen nadıts und in der Bettwärme jchlimmer.

Außerdem fommen noch folgende Mittel in Betracht: Gegen Schmerzen, die durch die Fleinfte Erfältung hervorgerufen oder ber- ihlimmert werden: Aconitum, Bryonia, Calcarea car- bonica, Dulcamara, Mercuriusoder Sulphur. Wenn die Anfälle durch Schlechte Witterung verurjadht werden: Dulca- mara, Rhus toxicodendron, Lycopodium oder Hepar sulphuris. Wenn jede Wetterveränderung einen Rüd- fall bringt: Calcarea carbonica, Silicea, Sulphur, Dulcamara, Rhus und Lachesis.

Stniegelentdentzündungen

werden häufig durch) Verletzungen hervorgerufen. Oft find fie auch die Folge einer rheumatifchen oder ſtrofulöſen Körperanlage.

Rad) Verlegungen, befonders nach einem Fall oder Stoß gibt man fofort Arnica und läßt äußerlich fühle Umfchläge machen, wozu etiwa 10 Tropfen Arnica-Zinftur in einem Weinglas voll Waffer aufgelöft werden. Belladonna: heftige Entzündungen mit Röte und Hite des Gelenfes. Apis oder Apisinum: das Kniegelenk ſchwillt ſtark an und erwedt den Eindrud, ala ob Flüffig- feit darin fei. In chroniſchen, lang dauernden Fällen ift Sul- phur zu verfucdhen.

Weiße Kniegefhmulit, wie fie hauptſächlich bei Dienit- mädchen durch Rutſchen auf den Knien entiteht: Bryonia.

Da Kniegelenkserkrankungen unter Umftänden ein Gteifwerden des Gelenks zur Folge haben und in befonderz fchlimmen Fällen logar die Amputation (Abnahme) des Beines notwendig maden fönnen, follte man Sniegelent3entzündungen und offene Wunden in der Nähe des Kniegelenks nur durch einen Arzt behandeln laſſen.

M

15. Einige allgemeine Krankheiten. 409 Steifer Nacken.

Als fteifen Naden bezeichnet man eine ſchmerzhafte rheuma- tiſche Erkrankung der Nadenmusfeln, die durch kalte Zugluft oder durch plößliche8 Drehen des Kopfes nach einer Seite hervorgerufen wird. Aconitum oder Belladonna helfen meijt raſch; reichen diefe nicht au, fo iftan Rhus zu denken, wenn da3 Übel nachts, nad) Schiefliegen fommt. Außerdem Tönnen aud) Pul- satilla, Bryonia und Gocculus in Betraddt fommen.

Die Genidftarre

tritt von Beit zu Beit in Deutſchland als Epidemie auf und rafft oft in fürzefter Zeit TZaufende von Menjchen dahin. Die auffälligite Gigentümlichfeit der Krankheit ift eine ſchmerzhafte Steifigkeit der Raden- und NRüdenmusfeln. Ihr verdankt fie ihren Namen. Die neueften Forſchungen haben ergeben, daß die Geniditarre durch eigenartige Keime (Pilze) verurfacht wird. Sie ift aljo eine logenannte Infektionskrankheit. Die Erreger der Kranlheit ge- langen durd) die Nafe und von da uus durch die Lymphgefäße ins Gehirn und rufen in den da3 Gehirn und Rüdenmarf ſchützenden Häuten Entzündungen mit Ausſchwitzung von Flüffigfeit hervor. Die Krankheit beginnt meist ganz plöglich. Mitten in der Geſund— heit Stellt fi) ein Schüttelfroft ein, dem hohes Fieber mit Heftigem Kopfweh, Erbrechen, ger iöfagenpeitägefühl und äußerfter Er- Ihöpfung folgt. In anderen Fällen ift der Kranke einige Tage oder mehrere Stunden lang weinerlich, fühlt fi” ungewöhnlich müde und appetitlog. Dann ftellen fid) Fieber, Kopfweh, Nerbo- fität, Überempfindlichfeit der Sinne und Krämpfe ein. Die Augen fönnen beiſpielsweiſe fein helles Licht ertragen, der Kranke zudt bei jedem Geräuſch zufammen, felbjt die Berührung der Haut ist unerträglich. Die ſchmerzhafte, brettharte Steifigkeit der Naden- muskeln dehnt fich oft über die ganze Rüdenmusfulatur aus, fo daß der Körper bogenförmig gefpannt ift und nur die Ferjen und der Hinterfopf das Lager berühren. Eine häufige, bejonders für die Umgebung fehr beängftigende Erjcheinung, der man allerdings meift nur bei den jüngeren Kranken begegnet, ift ein plößlicher, gellender, durchdringender Auffchrei. Er ift die Folge der heftigen Kopfichmerzen, die durd) die Entzündung der Hirnhäute und durd) den Drud der abgefonderten Flüffigfeit auf Gehirn und Nüden- mark entjtehen. Führt die Krankheit zum Tode, jo geht die Tem- peratur, die meift ſchon von Anfang an ziemlich Hoc) ift, rafend ſchnell in die Höhe. Nicht felten erreicht dann die Körpermärme furz vor dem Tode 41—42° C. Der Puls ift ſehr rafch und kaum fühlbar. In manchen Fällen Hat man allerdings die Beobachtung gemacht, daß durch den Hirndrud eine Verlangfamung der PBuld- Ichläge bis zu 35 und 40 Schlägen in der Minute ftattfand.

410 III. Die Behandlung der gemöhnlihften Krankheiten.

Noch ſchlimmer als der Tod find oft die Folgen diefer Krank⸗ heit: Blindheit, Taubheit, Lähmung beider Beine, bauernder Berluft des Verftandes, chronische Hirnentzündung und dergl.

Um einer Weiterverbreitung der Genidjtarre vorzubeugen, ifl fofortige und ftrenge Abſonderung der Erkrankten und Verdächtigen notwendig. Geſunde Sculfinder, die mit einem Erkrankten in demjelben Haufe wohnen, follten von der Schule ferngehalten werden. Die Angehörigen des Kranken und die mit ihm in Be- rührung kommenden Berfonen müffen forgfältige Reinhaltung der Haut, der Nafe und des Haljes beobachten, um das Eindringen bon Sranfheitserregern zu verhüten.

Behandlung. Mit heißen Bädern und nachfolgender trodener Einpadung hat man gute Erfolge erzielt. Bei falten Füßen iſt es ganz beſonders wichtig, Wärmflafchen oder mit heißem Waſſer gefüllte Krüge anzumenden. Mit Rüdficht auf die Sinnesüber- reizungen, an denen die Patienten gewöhnlich leiden, jollten Licht und Lärm vom Sranfenzimmer ferngehalten werden. Die Er- nährung darf in den erften Krankheitstagen nur aus Flüſſigkeiten beitehen, in vielen Fällen wird man den Kranken ſogar künſtlich ernähren müfjen, da er fehr oft gar nichts zu fchluden vermag.

Bon den vielen homöopathiſcherſeits empfohlenen Arzneien wollen wir nur die anführen, die in früheren Epidemien benüßt und für wirffam befunden mwurben.

Aconitum fdeint nur in wenigen Fällen von Genidflarre das pafjende Arzneimittel zu fein. Es fommt in Betracht, wenn die befannten Aconit-Symptome, wie Unruhe, heiße, trodene Haut, aroßer Durft, heftige, raſche Pulsſchläge und außergewöhnlich hohe Körpermärme zugegen find.

Belladonna paßt viel häufiger: heftiger Blutandrang nad dem Kopfe, erweiterte Pupillen, kalte Füße, plögliched Auf⸗ treten von Gehirnfrämpfen. Der Mund ift troden, der Hals if wie zuſammengeſchnürt, fo daß der Kranke feine Nahrung zu ſich nehmen Tann. Hald- und Nadenmugfeln find jchmerzhaft, fteif und bretthart gejpannt.

Gelsemium foll fi) ala Hauptmittel bei Epidemien bewährt haben, wenn Schweiß erleichtert, wenn der Kranke über viel Schwindel, Kopfweh mit Schwergefühl und Gehverluft klagt. Schläfrigfeit und ZBerfchlagenheitögefühl in den Musleln und im ganzen Körper. Das Mittel kann unter Umftänden auch im fpäteren Verlauf noch) Verwendung finden, befonder3 wenn vorüber- gehende Zaubheit, Trübfichtigfeit, Lähmung der Sprachorgane nn Schwäche der Glieder nach überjtandener Geniditarre zurüd-

iben.

Cuprum aceticum hat fi) bei heftigem Kopfweh mit ungleichen oder verengerten Pupillen bewährt. Die rampfftillende Wirkung des Mittel3 ift auch bei anderen Formen von Gehirn-

leiden Hinlänglich befannt.

15. Einige allgemeine Krankheiten. 411

Cicuta virosa foll ganz befonders hilfreich fein, wenn vor⸗ nehmlich da3 Rüdenmarf von der Krankheit betroffen ift; Krämpfe in Urmen und Beinen, Krämpfe in der Bruftmusfulatur forte zeitweilige Bewußtloſigkeit des Kranken find faſt ftet3 vorhanden. Die Nadenmusfeln find fteif und ſchmerzhaft, und der Kopf wird ſtark nach rüdmwärt3 gezogen. Schmerzhaftes Aufgetriebenfein des Unterleibes, heftige Magenjchmerzen mit Häufigem Erbrechen.

Argentumnitricum wird von Dr d. Grauvogl bejonders warm empfohlen. Er wandte das Mittel ſchon im erften Stadium der Krankheit an, bejonder3 bei heftigen Kopfichmerzen mit Schwindel, Fröften, Völlegefühl, Klingeln in den Ohren und epilepfieartigen Krämpfen.

Veratrum viride ift ebenfallß im erften Stadium der Krankheit angezeigt. Puß langfam und unregelmäßig, heftiger Blutandrang zum Gehirn mit Verluft des Bewußtſeins und Falte Sautoberflähe. Der Kranfe Flagt über anhaltende Ziehen mit ſträmpfen in den Naden- und Schultermusfeln.

Krenzichmerzen.

Bei ihrer Behandlung muß man ſich ganz nach den Urfacdhen richten. Rühren fie von ftarfen Getränfen, von Stuhlverftopfung, von vielem Giten oder von Erfältung der Füße ber, fo hilft Nux vomica; wenn vom Fallen oder erheben, jo gebe man Ar- nica oder Sulphur (vergl. aud) die Mittel unter „Hämor- thoiden” Seite 293 ff.).

Bryonia: Schmerz im unteren Teile des Rüden, Bohren, Reißen, Brennen, von den Wirbelknochen nad) den Schenkeln, manchmal bis ins Knie oder biß in den Fuß hinab; Bewegung verichlinmert die Schmerzen; Rhus toxicodendron: die Schmerzen nötigen zum Bewegen, bejonder3 zu jonderbaren Stellungen; der Kranke beugt fich über den Tiſch, legt feine Füße höher oder dreht und bemegt fie beftändig in allen Arten. Iſt Bryonia nad ein oder zwei Tagen nicht hinreichend, fo gibt man Lyoopodium; bringt Rhus feine Erleichterung, fo verſuche man Galcarea oder Arsenicum.

Wenn Frauen über Rückenweh, beſonders mit dumpfen Schmerzen tief unten im Bauche Flagen, muß man ftet8 an die Möglichkeit einer Gebärmutterverlagerung denken. Hier helfen manchmal Sepia und falte Sitzbäder. Jedenfalls ift es aber notwendig, möglichit bald ärztlichen Rat einzuholen.

Hüftweh oder Ischias.

Die Schmerzen beim Hüftweh unterjcheiden fi) von den gewöhnlichen Kreuzfchmerzen dadurd), daß fie mehr feitlich, an den Geſäßgegenden auftreten und fich den hinteren Schenfelflächen

412 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

entlang in die Beine, oft bi3 in die Ferſen und Zehen erftreden. Der Schmerz kann entweder nur auf einer oder auch auf beiden Ceiten auftreten. Wenn legtere3 der Fall ift, fo follte man fofort den Harn auf Zucker unterſuchen laffen, weil doppelfeitiges Hüft- weh eine häufige Begleiterfcheinung der Buderharnruhr ift.

Aconitum; Hüftweh nad) Erlältung; Schmerzen und Taub- heitgefühl im Fuße oder in den Behen.

Colocynthis: SHauptmittel gegen Hüftweh, namentlid) wenn die rechte Seite davon befallen ift und Bewegung oder Kälte die Schmerzen fteigert.

Rhus toxicodendron: Hüftmeh nad PBurdinäffung; die Schmerzen in der Ruhe ſchlimmer, nur Bewegung erleichtert. Die Schmerzen bejtehen in einen: heftigen Reifen und Brennen.

Nux vomica: blikartige Schmerzen durchzucken Hüfte und Bein. Lebteres ift ſteif oder Frampfhaft nach oben gezogen. Ber- ftopfung und Hämorrhoiden.

Arsenicum: anfallsweiſe oder periodiſch auftretendes Hüft- weh. Jede Nacht zur gleichen Zeit auffallende BVerfchlimmerung. Kalte Anwendungen fteigern die Schmerzen, warme bringen augenblidlid) Erleichterung. Das Mittel ift befonders bei ſchwachen, abgezehrten Perjonen angezeigt.

Gnaphalium, eined der neueren Mittel gegen Hüftweh: heftige Schmerzen von der Hüfte bis in die Zehen wechſeln mit ZTaubheitsgefühl ab. Sowohl Ruhe als aud) Bewegung ver- Ichlimmern die Schmerzen, während Eigen auf einem Stuhl einige Erleichterung verſchafft.

Im übrigen vergleiche auch Musfelcheumatismus Seite 407.

Wadenkrampf.

Bei Krampf in den Waden, Sohlen und anderen Körperteilen iſt es von Nutzen, das betreffende Glied gegen das Bett oder die Wand feſt anzuſtemmen oder zu kneten und zu drücken. Hat man ein Stück Eiſen neben dem Bett liegen, an einem Platze, an dem es kalt bleibt, und Hält man es auf die ſchmerzhafte Stelle, fo ver- ſchwindet der Krampf raſch. Das befte Verhütungd- und Heil- mittel gegen Wadenfrämpfe ift Veratrum album, von dem man abends oder nacht? eine Gabe einnimmt. Gollte es nicht ausreichen, fo nehme man Sulphur oder Colocynthis. Kommt der Krampf ſogar im Sitzen, fo ift Rhus angezeigt; wenn er beim GStiefelausziehen fommt: Rhus oder Hyosceyamus. Cuprum: Krämpfe, die ſich hauptſächlich nacht3 im Bett ein- I; en, bejonder3 die Fußſohlen befallen und die Zehen nach ber- hiedenen Richtungen ziehen. Lycopodium: Krämpfe, die bejonder3 beim Gehen auftreten; Colocynthis: Steifigfeit und hmerägefühl, die nicht felten nach derartigen Krämpfen zurüd-

eiben. -

15. Einige allgemeine Krankheiten. 413

Alpdrüden

it ein fehwerer Angftzuftand während des Schlafes, aus dem der Kranke fchlieplich unter Heftigem Herzklopfen erwacht. Wer hiezu neigt, ejje vor allen Dingen abend3 wenig und nur leichte Speifen, 3. B. eine Suppe, und trinfe weder Wein noch Bier noch Kaffee, ſondern ausſchließlich Milch. Gut find abendlidde kalte Ab- wafchungen von Geſicht, Naden, Hinterkopf, Haß, Scultern, Bruft und Unterleib, ſommers möglihft im Freien. Nachher trinfe man vor Schlafengehen ein Glas kaltes Waffer oder, wenn dies nicht gut befommt, Zuckerwaſſer. Häufig genügt die Be- obachtung diefer Regeln allein zur Heilung.

Nux vomica: Mpdrüden nad) dem Genuß geiftiger Ge- tränfe oder nad) zu vielem Stubenjigen.

Aconitum paßt für Kinder und Frauen: viel Hitze und Durft, Herzflopfen, Blutwallung, Atembeklemmung, Ungjftlichkeit, Unruhe und ähnliche Befchwerden. Dan kann dag Mittel ſogleich nad) dem Anfall geben, bejonder3 wenn der Kranke jich heiß und fieberig fühlt.

Opium: heftige Anfälle, der Leidende liegt mit Halb offenen Augen und offenem Munde da, fchnarcht und röchelt, der Atem jest aus, da3 Geficht ift fehr ängftlich und mit kaltem Schweiße bededt; der Kranke rudt und zudt mit den Gliedern.

Pulsatilla: Alpdrüden nad zu reihlidem Genuß bon Obſt oder Gebadenem.

m ———— oder Silicea: die Anfälle kommen öfters eder.

Schlafloſigkeit.

Sn den meiſten Fällen läßt ſich eine Urſache dafür in der Lebens⸗ weile finden. Manche Menfchen dürfen abends gar nicht3 oder nur wenig effen, wenn fie gut fchlafen wollen; andere ſchlafen nur dann gut, wenn fie etwas gegeſſen haben. ©o ijt eg mit vielen anderen Dingen, 3. B. mit der Arbeit, namentlich geiftiger Be- tätigung und dergl. Häufige alltägliche Urfachen der Schlaflofig- feit find befanntlich auch da8 Staffee- und Teetrinfen (fiehe II. Zeil, Seite 85 u. 86).

Das beite Heilmittel ift Bewegung in frifcher Luft, nur nicht zu ſpät abends, fonft kann e8 den Schlaf ebenfo leicht verfcheuchen. Auch warme Bäder abends genommen (20-30 Minuten lang) bringen oft den erjehnten Schlaf. Als Mittel kommen haupt- ſächlich in Betracht:

Schlafloſigkeit nach aufregenden, angenehmen Ereigniſſen: Coffea. —— nad ſchredlichen, furchibaren Begebenheiten: Opiuin. nach ängſtigenden, beunruhigenden Vorfällen: Aconitum. nad quälenden, nıederdrüdenten Erlebniſſen: Ignatia.

414 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

Schlaflofſigkeit nach großen Aufregungen, niederſchlagenden Greigniffen, Kcankheiten und Todesfällen: Sulphur.

nad zu vielem Eſſen: Pulsatilla.

-- nad) zu vielem Singen und Leſen: Nux vomica.

-- bei Unterleibsbefchwerden und Blähungen: Chamomilla.

mit allerhand Figuren und Erfheinungen vor den Augen, die den Schlaf veriheuden: Opium, u. nötigenfalls darnach: elladonna.

-— bei Kindern: Coffea.

-- + bei alten Leuten: Opium.

Be na Morphiummißbraudy: zuerſt Chamomilla, fpäter Avena

sativa. -- ohne befondere Urſache: Passiflora incarnata.

Schhlaflofigfeit im Verlauf irgend einer Krankheit verſchwindet meift mit dem betreffenden Leiden; die anzumendenden Mittel müjjen die Grundurfache berüdjichtigen. Nötigenfalß if ein homdopathifcher Arzt zu befragen. Schlaflofigfeit während der Schwangerichaft fiehe Seite 338,

Wechſelfieber (Malaria),

Diefe Krankheit ift in fumpfigen, feuchten Gegenden zu Haufe, wo bei Eintritt warmer Witterung größere Streden fumpfigen Landes austrodnen. Wie wir heute wiſſen, entjteht aber das Krankheitsgift des Wechlelfiebers nicht in diefen Sümpfen, fondern rührt von Müden, die der Anopheles -Art angehören, her. Dieſe Müden finden in den Sümpfen die beften Lebensbedingungen. Ihr Stich überträgt das Krankheitsgift des Wechfelfieberd auf den Menfchen. Wer an ſolchen jumpfigen Orten zu wohnen genötigt iſt, kann die Krankheit dadurd) verhüten, daß er ſich vor den Stichen diefer Müden ſchützt. Da diefe nur abends und des Nachts ſchwär⸗ men, müffen beim Dunkelwerden fämtlihe Türen und Tenfter berfchloffen werden. Dan fchlafe außerdem nur unter einem Moskitonetz und vermeide jeden Aufenthalt in Wohnräumen, die zu ebener Erde liegen oder feucht und dunfel find, weil fich hier die Stechmücken bejonder3 gerne aufhalten.

Das einmalige Überftehen der Krankheit ſchützt nicht vor Wieder - erfranfung. Im Gegenteil, wer einmal das Wechſelfieber gehabt hat, ift und bleibt empfindlicher. Rüdfälle kann man gumeilen ber- hülen, in dent man etwas Schwefelpulver in die Strümpfe ftreut.

Der Ausbruch der Krankheit erfolgt gewöhnlich 6—20 Tage nachdem die Tyiebererreger durch die Tliegenftiche in die Blutbahn des Menfchen gelangt find. Meijt ohne Vorboten stellen fich plößlich heftige Schüttelfröfte von 1—2ftündiger Dauer ein. Daran Ichließt fi) ein 3—Hftündiges Hiteftadium mit Fiebertempera- turen bi3 zu 40 und 41,5 Grad Celſius an. Hierauf geht die Körper- wärme unter heftigen Schweißausbrüchen innerhalb weniger Stunden auf normale, fogar unter normale Höhe zurüd. Der⸗ artige Anfälle wiederholen fich täglich oder jeden 2., auch 4. und

15. Einige allgemeine Kranfheient. 415

b. Zag, meift zur felben ae Jeder Anfall ift von eimer ſtarken Milzanjchwellung begleitet.

Die Bahl der gegen Wechjelfieber empfohlenen Homöopathifchen Arzneien iſt jo groß, daB es felbit einem gemwandten Arzt 2 fällt, in den einzelnen Fällen dag genau pafjende Mittel zu finden.

Hat man ein Mittel gewählt, fo muß es immer gegeben werden 1. wenn der Unfall vorbei ift, und 2. wieder einige Stunden bor der Seit, in der der Anfall zu erwarten ift.

Der beſſeren Überficht halber haben wir die 10 mwichtigften Mittel gegen Wechfelfieber vorangeftellt.

Ipecacuanha gibt man zuerjt, wenn man fein beftimmtes Mittel finden kann, in dreiftündigen Gaben, big 24 Stunden nad) den erfien Unfällen vorbei find. Gtellt ſich fein Unfall mehr ein, fo Hört man mit dem Einnehmen auf. Da das Fieber aber viel- leicht nur jeden zweiten Zag erjcheinen Zönnte, fo ift e3 ratfam, den andern Tag einige Stunden vor der Zeit, zu der das Fieber fommen könnte, wieder diefelbe Gabe zu nehmen. Gtellt fich das Fieber dennod) ein, fo ift e8 gewöhnlich verändert und man kann dann leichter wählen.

Für Ipecacuanha ſprechen Hauptfädhlih folgende Erfchei- nungen: viel innerliches Trieren; der Froft ift fchlimmer, wenn man fi) an die Wärme jet; beim Froſt ift wenig, bei der Hitze biel Durſt vorhanden; Übelkeit vor, bei oder zwiſchen den Unfällen, Bunge wenig belegt oder rein; Bruftbeflemmung vor oder bei dem Fieber.

Arsenicum: die einzelnen Stadien der Krankheit” find gar nicht voneinander getrennt, Froft und Hitze kommen zugleid) ober wechſeln öfterd; Schweiß fommt nicht oder erft einige Zeit, nachdem die Hite vorbei if. Außerdem ermeijt ſich Arsenicum nüglıd,, wenn ſich beim Fieber andere Beſchwerden einftellen ober ftärfer werden; wenn der Kranke außerordentlid ſchwach wird oder über Schwindel, Tibelkeit, heftige Magenjchmerzen, Bittern, Herzensangft, Lähmungen der Glieder oder unerträgliche Schmerzen Hagt. Beim Frofte Verdrießlichkeit; fobald fid) der Kranke bemwegt oder fpricht, fliegende Hite, befonder3 Bruftfrämpfe und Bruftbeflemmung. Schmerzen im ganzen Körper, Bredjer- lichkeit, Bitterfeit im Munde, Kopfſchmerz; bei der Hige Unruhe und Drud in der Stirn; beim Schweiß Ohrenſauſen; nach dem Fieber ftellt ſich Kopfweh oder vor, bei und nach dem Fieber großer Hunger ein.

China: vor dem Sieber Ülbelfeit, Durft, Heißhunger, Kopf- weh, Angflichteit, Herzklopfen, Niefen oder andere Beſchwerden. Durft ftellt fich gemöhnlich zmifchen Froft und Hitze oder nad) der Hite oder beim Schweiß oder während des ganzen Fieberd und. auch die ganze Zeit zwifchen den Unfällen ein. Froſt mit Hike mwechfelnd oder, legtere erft, nachdem der Froft lange vorbei ift;

416 III. Die Behandlung der gewöhnlichſten Krankheiten.

große Mattigfeit beim Fieber und nachher, unruhiger Schlaf des Nachts, gelbe Gelichtsfarbe. Wenn der Kranke während des Froſtes oder der Hitze durftig ift, paßt China nicht. Im übrigen ift es eines unferer Hauptmittel bei Wechfelfieber in fumpfigen Gegenden.

Natrum muriaticum ijt eined unferer bvorzüglichften Arzneimittel gegen Malaria, mit folgenden Erjcheinungen: heftige Kopfichmerzen beim Frofte oder noch mehr bei der Hite; lange anhaltender roft, der meift um 10 Uhr morgens einjegt. Beim Fieber liegt der Kranfe wie bewußtlos da, die Augen werben dunkler, er kann nicht deutlich fehen, was übrigen? auch vor und nach dem Fieber der Fall ift; Lippenausfchlag nad) einigen An- fällen, ohne daß da3 Fieber ganz aufhört (bei legterem paſſen auch Arsenicum und Ignatia).

Veratrum: äußere Kälte, falter Schweiß, dunfler Harn, zugleich innere Hitze oder Froft allein, Froft mit Durſt und Übel- feit; Froſt wechjelnd mit Hife und Schwindel dabei; GStuhlver- ftopfung oder Erbrechen und Durchfall bei der Hite oder während de3 Froftes. Übelkeit, Erbrechen, Rückenweh und Lendenfchmerzen.

Nux vomica: große Lähmigfeit und zu An— ſang des Fiebers, dann Froſt und Hitze gemiſcht. t Patient will nicht nur beim Froſt, ſondern auch bei der Hitze und dem Schweiße zugedeckt ſein, weil es ihn ſonſt friert; der Ofen oder äußere Wärme bringt keine Erleichterung; beim Froſt Stechen in der Seite und im Unterleib, mit Schwindel und Angſt. Hartnäckige Stuhlverſtopfung.

Ferrum hat ähnliche Erſcheinungen wie China, außerdem Blutandrang nach dem Kopfe, aufgetriebene Adern, Schwellung um die Augen, Drücken im Magen und Unterleib ſchon nach wenig Eſſen, Erbrechen der Speiſen, Spannung im Leibe, die Kurzatmig⸗ feit verurfacht; dabei große Schwäche wie Lähmung; Härte und Bollheit in der rechten oder linfen Bauchfeite, beginnende Waffer- fucht, Schwellung der Füße.

Arnica: der Froſt fommt meiſtens früh oder vormittags; mehr Durft vor dem Frofte; vor dem Fieber Ziehen und Schmerz in allen Knochen; Unleidlichkeit in jeder Lage, die immer verändert wird, dabei große Gleichgültigfeit oder Betäubung; übler Geruch des Schmweißes oder fauliger Geruch aus dem Munde.

Eupatorium hat einige der Ipecacuanha ähnlide Er— fheinungen, wie Übelkeit und Erbrechen, letzteres insbeſondere mit dem Verſchwinden des Froſtes. Große Schmerzhaftigkeit in allen Muskeln und Knochen des ganzen Körpers, wie zerſchlagen. Der Froſt, dem Durſt und bitteres, galliges Erbrechen vorausgehen, ſtellt ſich einen Tag morgens, den andern abends ein. Er beginnt im Rücken und iſt von einem Druckgefühl unter der Schädeldecke begleitet. Dieſer Kopfdruck, als würde ein ſchweres Gewicht auf die Stirn drücken, iſt beſonders charakteriſtiſch. Der Schweiß iſt unbedeutend oder fehlt faſt ganz.

15. Einige allgemeine Krankheiten. 417

Gelsemium: Wechſelfieber der Kinder. Der Froſt bewegt jih den Nüden entlang over beginnt jchon in den Füßen und ver- breitet fi) aufwärts. Während des Froftes will der Kranke ge- halten werden, damit er dad Schütteln nicht fo fehr empfindet. Die Zunge ijt weiß oder gelb belegt, der ganze Körper fühlt fich wie zerichlagen.

Paßt feines der vorjtehenden zehn Mittel, jo ſehe man die nachfolgende Gruppe von Arzneien durch).

Belladonna: Froſt gelind und Hitze ftarf oder umgefehtrt; oder die Hitze kommt nach dem Frofte oder mehrere Anfälle treten an einem Tage auf. Große Empfindlichkeit und Weinerlichkeit; Beritopfung oder zu wenig und feltener Stuhlgang, zumeilen auch bei heftigem Blutandrang mit Kopffchmerzen, Hite oder Be- täubung. (Hyoscyamus hat ähnliche Erfcheinungen, aber außerdem nod) einen trodenen nächtlichen Huften, der den Schlaf ftört.)

Antimonium crudum: jehr belegte Bunge, bitterer oder übler Geſchmack, Aufſtoßen, Efel, Übelkeit, Erbrechen, wenig oder gar fein Durst; Verftopfung oder Durchfälle; außerdem nad) Lachesis oder nach Gebraud) von Chinin paſſend.

Ä Bryonia: ähnliche Erfcheinungen wie Antimonium, aber

viel Durft oder Hitze vor dem Frofte; beim Frofte rote Baden und Gähnen, bei der Hite Seitenſtechen, mehr Kälte und Froft als Hitze; VBerftopfung oder Durchfall.

Capsicum: Froſt mit Durft, der dann bei der Hitze nicht fommt, oder Frojt während des ganzen Fiebers; viel Kälte und bei der Hite innen oder außen heftiges Brennen. Heftige, langanhal—⸗ tende Schüttelfröfte, die im Rüden zwiſchen den Schulterblättern beginnen; viel Schleim im Munde, Halje und Magen, fchleimige brennende Durchfälle; ſehr unleidlich gegen alles Geräuſch.

Pulsatilla: Magenbefchwerden, bitterer Gejchmad, ſaures Erbrechen, mit Schleim und Galle gemiſcht. Kein Durft oder nur bei der Hitze oder alles zugleich: Froft, Hitze und Durft; gewöhnlich ſchlimmer nachmittagg und abends, Durchfälle dabei; in der Zwiſchenzeit fehr froftig. Pulsatilla paßt beſonders, wenn Die geringfte Magenverderbnis einen NRüdfall verurfacht, oder nach Lachesis. |

Ignatia: Durft nur beim Frofte, nicht bei der Hibe, das Frieren läßt fi) durch den warmen Dfen oder warme Tücher Iindern (das Entgegengejeßte trifft bei Ipecacuanha und Nux vomica zu); die Hiße ift nur äußerlich oder befällt nur einzelne Zeile, während andere kalt find und frieren, 3. B. bei der Hitze Talte Füße; oder Leibiweh beim Schaudern, dann Hite mit Schwäche und Schlaf.

Rhus toxicodendron: Froſt an einigen Teilen, an

Herina⸗haehl. HU. 27

418 III. Die Behandlung der gewöhnlichfien Krankheiten.

anderen Hiße, oder vor und nad) dem Frofte Hitze; jeden Tag Fieber, aber jeden andern Tag auf eine andere Art, gewöhnlich abends und nachts; nad) Mitternacht oder gegen Morgen fommt dann Schweiß; trodenes Hüfteln vor und während des Froftes. Beim Fieber Nefjelausfchlag, Leibweh mit Durchfall, Drud in der Herzgrube und ängftliches Herzklopfen.

Glonoin: Blutandrang nah dem Sopfe ift das herbor- ftechendfte Symptom des Wechſelfiebers; man fühlt dag Blut nach oben fteigen; eine wallende Hitze gebt bon der Serzgrube nad) oben bis in den Kopf, e3 pocht und Hopft im Kopfe,al@ ob er zerfpringen wollte; falter Schweiß im Gefidt. Mit einem warmen Schweiße ſchwinden alle Beſchwerden.

Cocculus: große Aufgeregtheit oder Krämpfe verſchiedener Art, beſonders Magenkrämpfe zwiſchen den Anfällen; hartnäckige Stuhlverſtopfung.

Aconitum gibt man, wenn Froſt und dann Hitze auftritt und beide ſehr heftig find; die Hite mehr im Geficht, am Kopfe, mit Angft; oder Froft und Hite zugleich, erfterer am Körper, letztere innerlid) oder im Gejicht; wenn während der Hite Geitenftechen auftritt (vergl. Bryonia).

Gegen den Chinin- Mißbrauh Tommen hauptfählih Ar- senicum, Natrum muriaticum, Ferrum und Ipe- cacuanha in Betracht.

Ende.

Sadıregiiter.

Hal

Ahkaprmittel 311.

a ue dadurch 73.

Abhärtung 6

Abmagerung (Koftverordnung) 43. infolge von Heimmeh 54.

bei Lungenfhwindfucht 240.

Abortus 339.

Abſzeſſe 242. 288. 394.

bei Blinddarmentzändung 288.

Abtritte, alte, mit I Luft 93.

Abweichen ſ. Surcia

Abzehrung |. Abmagerung 43. 54. 240.

Acidum hydrocyanicum, ®Be- ſchwerden davon 103.

Aconitvergiftung 91. 103.

Adenoide Wucherungen 209.

goldene ſ. Sämorrhoiden 293.

7.

Üdertnoten 336. Aderlaffen, üble Folgen davon 74. Übdrenalin 22. Ahnlichleitögefeß 14. Angftlichleit 67. Arger 51. 55. Ather, Erftidung dadurch 132. 7 ——— 99. 108. Abende Gifte 90. Abftein, Vergiftung 97. Arhere Verlegungen 134-156. After, Fremdkörper darin 160. Afterfilfuren 291. hd Wr 291. Afterfnoten |. Hämorrhoiden 293. 337, Afterfchrunden 291. Aftervorfall 292, nad Ruhr 293. Aftermürmer 290. Aiſen 392. Aktinomykoſe 102. Waunvergiftung 99. Alkaliſche —— Vergiftung ud. Alkaliſche Gifte 9 Alto fe Getränte 44. Aa altige Getränke 46. Alto un 80 bei Kindern 81 bei Wöchnerinnen 81. Alloholvergiftung 99. Alleinfein, Furcht davor 53. 56. Allgemeine Krankheiten 400—418.

Wpdrüden 413.

ur Magenüberladung 77.

na Sollen. a 32* gelüfte- tem Bimmer 9

Altersbrand 398.

Ammoniadvergiftung 9. 97.

Andrang des Blutes |. Vlutandrang

Aneurggma 401.

Angit, infolge von Blutandrang nad er Bruſt 226.

nad Bluthuften 228.

davon 53.

bei Gemittern 66.

nad) Schred 52.

beim Schlafen s ſchlecht gelüfte- ten Simmern 95.

bei 00 66.

Anis

Knfeheilen b. Brüftchen Reugeb. 351.

Halsdruſen 63. 209. 373. 382.

der Mandeln 64. 242.

der Naje 200.

der Ohren 63. 158.

Anfprung bei Kindern 376. a Krankheiten 378. Anftrengung, übermäßige 69. Antifebrin, Sereiftung 109. Antimoniumpergiftung 100. Antipprin, Beichwerden davon 109. Antijeptifhe Wuntbehandlung 143. au ung Homdopath. Arzneien 33. Apfelmus 48

Appendicitis 286.

Appetitmangel 267.

bon Hibe 67.

infolge von verdorb. Magen 76. Argentum nitr., Bergeftuns 102. Armbäder, heiße 213. 224 Arme, Wunden an denfelben 145. Arnilanusichlag 136.

Arnica, Sau ptmittel bei Quetſch.

und Erfgütterungen 134. 136. Arfenit, Ver giitung 9. 99 Arterienver tung 401. Arterienverkalkung 400. Arteriofflerofe 400.

Arzmeibereitun um 11. 29. Arzneimittel, ——— und Zu⸗

bereitung 29

Häufig angemwanbte 89.

420 ae ce bei Knochenbrul gegen Berwundungen 1

Arzneiprüfungen 1 Arzneivergiftungen oe Arzneiwahl, homöopathiſche 33.

Arzneiwirtung am Gefunden 16. 17.

Arzt, en an denfelben 37. Nieptiihe Wundbehandlung 143. Aspirin, „ergiftung 109.

Aſthma 231.

Aiembefchwerden bon Arger 55 u. 56. —— unterdrüdten Ausfluſſen 234.

Chloralhydrat 108. Erkältung 60.

na na na infolge von Kränkung 233. bei alten Leuten 401.

nah Schred 51.

nad Born 56.

Atembewegungen, künftl. 92. 123. 349.

nad Laborde123.

-- nad Marfhal Hall 123.

-- nad) Sylveſter 123.

Atmung, künftlihe 92. 123. 349.

Atropinvergiftung 104.

Aufbewahrung homöop. Arzneien 32.

Aufgeregtheit, nad) Nachtwachen 72.

Sulgeptungene Lippen 3%.

Aufläufe 47

en 400.

Aufregung mit Blutandrang nad) dem Kopfe 167.

nad SI b2.

>= —FJ ein

Aufſtoßen 270.

nad Arger 55.

nach Milchtrinken 79.

infolge von Schreck 51.

bon verdorbenem Magen 74. 75.76. Augenbeſchwerden nad) Erkältung 62.

Augenbrauen, Yilzläufe darin 181. Au enentzündung 63. 184. 186. er Reugeborenen 351.

infolge von Rheumatismus 185.

ffrofulöje 186. Augenkrankheiten 180—191. Augen, eiternde 186.

N emdlörper darin 156.

Lichticheu ren 63. 185. 1%.

—- Quetihung 137. un darin 9. wäcde 189. beim Sehen 67. Be 60. 63. a rl —— 181. ntzündung 181. Geritentorn 183. Ausfallserſcheinungen 121.

aufgetrodn. Gefchwüren 234.

Sadıregifter. en 141. Arzneimittellehre, Somdepatfife 16.

Ausfluß aus der —— 321.

aus dem Ohr 194

unterdrüdter 234.

Auslaufen der Milch bei Wöchn. 346. Ausfaugen der Brüfte 347.

von Wunden 89. 115.

Ausfchläge en toller Tiere 117. mit Yieber 379.

am Kopfe 376. 377.

langwierige 388.

Lippen bei Wechſelfieber

an der Naſe 200.

* Orangen 87.

nach ſauren Speiſen 87.

vertriebene 284.

zurüdgetretene 59. 234.

nad Bitronen 87.

Ausichütten der Säuglinge 366.

Ausfchweifungen 72. 323.

Ausfprigen der Ohren 158.

Auftern 48.

Ausübung des Gefchlechtsaftes, Be- ſchwerden babon 73.

Autointorilation (Vergiftung durch Gelbitgifte) 121.

Backengeſchwulſt 266. —— verdorbener Magen davon

Baden ſcheintoter Neugeborener 349.

Bärlappſamen, ſchädl. Folgen 111.

Baldrian, Ge jenmittel 110.

Bandagen 325.

Bandwurm 291.

Bartflechten 391.

Barhitvergiftung 98.

Baſedow'ſche Krankheit 249.

Bauchfellentzündung 28. 283.

nad Scharlachfieber 382.

nad) Typhus 308.

Bauchhöhleverlegung 151.

Bau chſchmerzen f. olil" und „Leibe ſchmerzen

Bau hfpeichelbrüfe 121.

Bauernmehel 199.

Baum wollene Unterkleidung 50.

Becherſpritze 294.

Beerenobſt 48.

Beinbrüce ———

Beißen |. „Juck

—— 122. 123. 131. 340.

Belladonna- Vergiftung 90. 104.

Benzinvergiftung 99.

Beraufhung nah wenig Wein 83.

Berichterft. an den Homdop. Arzt 37.

Beftrahlung von Wunden 149.

Betäubung na ——

Betrubnis, große, nach Gram 5

Sadıregifter.

Betrübnis nad) Schred 51.

Betruntenheit 80.

Erbrechen dabei 81.

bei Sindern 81.

Bettnäffen der Kinder 370.

Beulen am Kopfe 137.

Bewußtloſigkeit nach genoffenem Eis- waſſer 79.

infolge von Schred 51.

..- lo bon Unglüdsfall 135.

- - infolge von Born 56.

Bienenftihe 113.

Biertrinten, Beſchwerden davon 83.

Bilfenfrautvergiftung 103. 104.

Bindehautentzündung 184.

Bilfe giftiger Schlangen 115.

toller Bunde 116.

mütender Ziere 116.

Bilfen im Schlunde fteden gebl. 158.

Bittere Mandeln, Vergift. 99. 103.

Bitterkleefalz, Vergiftungen 97.

Blähungen 282.

don derdorbenem Magen 76.

bei Durchfall 61. 28.

Bläschen auf der zu 254.

Blajenbeichwerden ſ. „Harnbefchmwer- den” 315. 318.

Blafenroje 387.

Blafenfteine 319.

Blafenverlebung 151.

Blattern 386.

Blatterrofe 387.

Blauer Huften 219.

Blaufäurevergiftung 95. 99. 103.

Blaumerden der Neugeborenen 360.

Blei, Vergiftung 101.

in Haarfärbemitteln 101.

in Speijen 101.

in Waſſer 101.

Bleibetliftiere 311. 355.

Bleichfucht 332.

Bleikolit᷑ 101. 280.

Bleifaum 101.

Blinddarmentziindung 27. 286.

Blindheit, Anfälle davon 1%.

Blitz, Erfchlagene davon 132.

Blumen, ftarkr., Kopfweh davon 95.

Blutandrang nach der Bruſt 226.

nad) dem Herzen 57.

-- nad dem Kopfe 52. 70. 165.

nad) dem Unterleib 283.

Blutarmut 121.

Blutausmwurf 227.

Bluterbrechen 278.

Blutgefäße, große, Verlegung der⸗ felben 151.

Blutharnen 320.

Bluthuften 227.

nad Erſchutterung 134.

421

Blutduften nach Zorn 56.

Blutichwäre 392.

bösartige 392.

Blutftillente Mittel 146.

Blutfturz 227.

Blutung, aus der Blaſe 320.

aus dem Darm 308.

-- aus Hämorrhoiden 296.

aus den Lungen 227. 279.

-- aus dem Magen 278.

-- aus dem Munde 135.

aus der Naje 135. 201.

aus den Rieren 320.

-- aus den Ohren 135.

während der Schwangerfchaft 341.

-- in den Wechſeljahren 331.

-- au8 Wunden 145.

aus dem Bahnfleifch 150.

Blutverluft, Ohnmacht davon 74.

Schod davon 151.

Böfe Bruft 347.

Bohnentaffee 45.

Bräune, häutige 222.

Brandige Gewebe |. „Altersbrand“ 398 und „Wundliegen” 400.

Brandige Rachenbräune 246.

Brandſchorf 162.

Brandmwunden 152.

vom eleltrifchen Strom 152.

dur Phosphor 154.

Branntmwein, Beſchwerden davon 84.

Brechdurchfall 304.

bei Kindern 364.

—— bei 90.

Brechnußvergiftung 104.

Brechweinſtein, Vergiftung 100.

Brennen der Geſchlechtsorgane 73.

Brenneffeltinktur, Bereitung 155.

gegen Verbrennungen 155.

Brillen 187.

Brom, Vergiftung 109.

Brondjiallatarrh 213.

Bronzekrankheit 121.

Brot 47.

Brüche 325.

der finder 372.

Bruchbänder 826.

Brüftchen, Anſchwellen bei Neugedo- renen 351.

Brüfte, Entzündung derfelben 347.

Brunnen, mit giftiger Quft 94.

Bruft, böfe 347.

Brulterfchütterung 135.

Bru ae ee 235.

Brufihöhle, Krankheiten in derſelben 210—241.

Bruſtkrampf 231. 360.

Brultichmerzen durch Fall 134.

Bruftwarzen, Wundwerden derſ. 346.

422

Buchſenkonſerven 101. Buͤhnenfieber 53. Butter 46.

Buttermilch 45.

bei alten Leuten 402.

&alomel ſ. Mercurius. Campher |. Kampher. Cantharides, Vergiftung 111. Carbolſäure ſ. Karbolſäure. Chemie, Hahnemanns Verdienſte 10. ra ſchädliche Folgen 108. China bei Wechſelfieber 416. ininmißbrauch 108 418. Chloralhydrat, Vergiftung 108. lorkalk gegen giftige Luft 93. Chloroform, ung dadurch 132. Bergiftung 99. 108. Chloxoſe (Bleichſucht) 332. un orzinn, Bergif.ung dadurch 101. ololade 46.

Cholera, aſiatiſche 306.

Statiſtik 27.

Berhütungsmittel 306. Cholera nostras 304. Ehromvergiftung 99. Eitronen ſ. Bitronen 87. 97. 113. 243. Colchicum, Zergiftung 111. Gongeltionen |. Blutandrang. Conium, Vergiftung 105. Convulſionen |. Krämpfe. Group 222.

Cyankali, Vergiftung 99. Cyſtiſcher Kropf 248.

Dämpfe, a ſolche 95. Dampfbad bei Hundsbiffen 117. Dampflomprefjen 275. Darmbefchwerden und Ernährung 43. Darmblutung bei Typhus 308. Darmdurchbruch 308. Darmentzlindung 283. 286. Darmkatarrh 297.

Darmtolit 280.

Darmſchmarotzer 289.

Darm, Fremdkörper darin 159.

Beſchwerden nach Überhigung 69. Darmberlegung 151.

Delirium tremens 80. 84. Desinfektionsmittel 93. 379. Desinfektion (Krankenzimmer) 379. Diabetes mellitus (Zuckerharnruhr)

3X. Diät für abgemagerte Kranke 43. 240. bei AXppetitlojigkeit 267. bei Darmbejchwerden 43. bei Durchfall 43. 297. bei Durchfall der Säuglinge 363.

ium, Vergiftung 98.

Sachregifter.

Diät bei Yettfucht 43. Fieberktranke 42. ei Gelbſucht 43. 316. für Gichtleidende 42. 403. hombdopathiſche 41. für Kranke 42. für Leberleidende 43. für Lungen] a 43. 240. 43. 268.

ür Magenleidende 42. für Nervenleidende 43. für Nierenleidende 42. 317. Säuglinge und kl. Kinder 363. ei Schlaflofigteit 43. 413. be Schwindfüctige 43. 240. für Strofulöfe 43. 375. bei Sommerdurchfall 364. bei Stuhlverftopfung 311. für ZTubertulöfe 43. 240. bei Verdauungsftörungen 43. bei erftopfung 311. für Verwundete 147. für Budertranfe 43. 321. Diarrhöe ſ. „Durchfall” 28. 296. Digitalis, Bergiftung 111. Diphtherie 243. 246. Statiſtik 27. Berhütungsmittel 379. Dornen, indie Haut eingedrungen 162. Drud im Magen von Arger 5b. Druſen, Anſchw. bei Abſzeſſen 395. Anſchwellung nach d. Impfen 373. Anſchwellung bei Scharlach 382. Anſchwellung bei Skrofuloſe 373. ſ. auch Ohrendruſenbräune 199. Durchfall 296. don Ärger 55. infolge von Brandwunden 155. nad Colchicum 111. von Erlältung 61. bon Furdt 53. bon Hitze 69. 364. bon Ramillentee 110. bei Kindern 363. 364. Roftverordnung 43. 297. (j. auch „Diät"). bei Lungenfhmwindfucht 240. don verborbenem Magen 77. nah Milchtrinken 79. bei Rhaditig 368. ruhrartiger 302. der Säuglinge 363. don Saurem 87. bon Schred 52. bei Schwangeren 336. bei Skrofuloſis 373. nad Tabakrauchen 86. mit übelfeit 61. nach Überfütterung 364. nad Verbrennung 155.

Sachregiſter.

Durchfall durch Waſſertrinken 61. 78. im Wochenbett 348.

beim Bahnen 361. 362. Dufeligkeit nach Tabakrauchen 86. Dyspepiie 268.

dee bei Vergiftungen 93.

Eichentinde bei Vergiftungen 93.

run Vergiftung dadurch 112. ier

Eierſtöcke 121.

Eierſtoksentzundung im Verlaufe einer Ohrdrüuſenbräune 1%.

Eierteigwaren 47.

Eiferjucht 64.

Einatmen giftiger Dämpfe 9b.

don Haaren 162.

giftiger Luft 9.

bon Staub 162.

Eingellemmte Brüche 326.

Einnehmen Homdopathilcher Arznei- mittel 35.

Einrichten eines Knochenbruches 139.

Einfchneiden ind Bahnfleifch 361.

Einwadfen der Nägel 398.

Eis, Beſchwerden beim Auflegen 15o.

Eifen in Urzneien 108.

Bergiftung 108.

Eiſenchloridwatte 146.

Eijeniplitter im Wuge 157.

Eifentropon, Vergiftung 108.

en Beichwerden vom Trinken

Eitern der Augen 186. Eiterausfluß aus den Ohren 63. 194. ——— (Abſzeſſe) 242. 288.

Eiternde Wunden 143. 146. 148. Eiterung nad Zahnziehen 150. &itervergiftung 121. Eiterzähne 2505. Eiweiß gegen Bergift. 90. 96. 100. Eiweißharnen 315. Eiweißwaſſer, Bereiten desfelben 297. bei Vergiftungen W. Ekel nad) verborbenem Magen 74. 76. Ekzem (Flechte) 395. Slektrifcher Strom, Verbrennung da- vr —2 b7

mpfindlichleit 57. 9 Arger 55. nach Tabakrauchen 87. der Zähne nach Waſſertrinken 78. Engbruſtigkeit 231. Engliſche Krankheit 367. Entbindung 343. Blutung bei derſelben 341. -— Verzögerung derſelben 343. Rachwehen 344.

423

Entenfleifch 48.

Entgiftungslajten 90.

Entzündung der Augen 63. 184. 180. der Augenlider 181.

der Augen der Reugeborenen 851. -- de Blinddarmes 27. 286.

der Brüfte 347.

-— des Darmes 283. 286,

der Leber 313.

im Magen 283.

-— der Nägel 3%.

der Ohren 158. 192.

durch Raupenhaare 112.

im Unterleib 288,

der Bunge 253.

Epidemie 378.

Epilepjie 128.

Erbrechen und Übelkeit 273. Erbrechen nach Ärger 55.

don Betrunkenheit 81.

nad Bier 83.

Hr a Ver Rn

infolge bon ten im en 71. 164. 274. 2

nach Fall aufden Kopf 135. 274. bon Galle 65.

infolge von Genuß geiftiger @e- tränke 83.

infolge von Gram 54.

bon Hitze 67.

nad Kamillentee 110.

bei zugnpn 221.

der Finder 364. 366.

mit Kopfſchmerz 169. langwieriges 273.

nach Magenverderbnis 74. 76. nah Milchtrinten 79.

der Säuglinge 80, 366.

nah Schred 52.

während der Schwangerfchaft 334. mit Schwindel 164.

bei der Seekrankheit 164.

vom Tabafrauchen 86.

nad Überfütterung 364.

bei Unterleibsentzündung 284. bei Vergiftungen 89. 90.

vom Waſſertrinken 78.

don Würmern herrührend 290. Erbſen 47.

Ertbeeren 48.

Erbbeerzunge 382.

Erdroffelte 130.

Wrethifche Strofulofe 374.

Erfrieren don Fingern, Naſe ufiv. 155. Erfrierungstod 132.

Erfrorene 132.

Erhentte 130.

Erhigungen, Folgen davon 67. Erhungerte 130.

Il

SUSE ZELERZIIETS

424

Ertältlichteit 68.

Erkältung, Folgen davon 58 bis 67.

nad Haarjchneiden 59.

- - des Magens ne Waſſer 78. - dur) naſſe Yüße 59.

- - während der 327.

-- nad Zahnziehen 150.

erkrankte, Tragen und Befördern derfelben 124.

plötzliche, erſte Hilfe

—— talche,d 27 taf cold, D

Genähtung der Kranken 41. „ſ. Diät‘’.

des Säugling® 363. 368.

Erichlagene vom Blitz 132.

Erſchöpfungen 67.

N dur Schlag oder Sto

ber Bruft 1385.

Erfridte 130.

durch Äther 132.

durch Chloroform 132.

Dur giftige Luft 93.

Erfidungsanfälle von Ärger 56.

im Elund1B8.

Ertruntene 131.

Ermürgte 130.

Eſelsmilch, Vergiftung 108.

Ehluft, geringe 267.

Eſſen für Gefunde u. Krante 41bis 49.

Schwindel nad) demfelben 163.

Eflenzen 30.

Eiiig, bei alkaliſchen Giften 91. 97.

bei Berbrennungen 154.

Eifigfäure, Bergiftung 96.

Sirene, Vergiftun Ver⸗ ftung mit er en Säuren 96.

Grautgemetihe nfektionskrankheiten

* tiger Anſtrengung 72. chlagadernver kalkung

on Tall,

Faulnisbakterien 149. Fahren —— Beſchwerden da⸗ von zur See, ——— davon 164. Erfchütterung davon 134. heintod davon 129. bei Schwangeren 134. 339. Fallfucht (Epilepfie) 128. infolge v. Gram oder Kränkung 54. Karben, ——— ſ. Arſenik 9.

Faſan ** ifche, Genuß derjelben 75. Federn in der Luftröhre 162.

Fehlgeburt 339. * Erſchutterung oder Fehltritt

Sachregiſter.

Fehltreten 134. 136. der Schwangeren 134. Feigenlkaffee 45. Bra Des Alters 188. Fett, Beſchw. von dem Genuffe 75. Feligift 119. en ht, Koftverordnung 43. Keuchte Wundverbände 145. 147. Fieber von Ärger 55. nad) Aufregung 56. -- mit Ausfchlägen 379. bei Erkältungen 665. bei Hautkrankheiten 378—388. bei Influenza 224. -- don Kamillentee 110. -- bon überladenem Magen 77. —- bei Lungenſchwindſucht 241. bei Malaria 414. bei Neugeborenen 357. -- infolge von Quetſchungen 136. infolge von Schnupfen 60. Verbrennungen 155. Fieber Ernährung 42. Filzläuſe 181 Fingergeſchwüre 393. ——— roter, Vergiftung 111. ingernägel, Erkrankung derfeib. 393. Fingerſchwäre 393. Finger wurm 393. süge, als Nahrung 48. ergiftung durch og 91. 112. Fiſchgräten im Halfe 159 Flechten 388. Fleden a den Yugen 187. rote 379. tungen dadurch 97. Fleiſchbruhe 46. Fleiſchextrakt, Herſtellen desſelben 46. Fleiſzroſt, einfeitige, Folgen davon

gieife ni 119. |

Sid. —— 75. 91.

J— Bergiftung! il 99. Sliegenpilz, % ergiftung 1

Sieden tein, Vergiftung liegenftiche 113.

Fließſchnu pfen nad) Erkältung 60. Jiſe 113.

Flüffige Potenzen 30. 36.

Forellen 48.

Formalindämpfe 379.

Formklöße 47.

Fowlerſche Löſung ſ. mpeg 9. —5— der Neugeborenen 355

Bergif-

rauenkrankheiten 327—349. temdlörper im Wfter 160. im Auge 156

Sachregiſter.

Fremdkörper im Darm 159. eingeheilte 147. in der Fußſohle 147. im Halfe 158. in der Haut 162. im Kehlkopf 160. in der Luftröhre 160. im Magen 159. in der Naſe 158. im Ohr 157. im Schlund 158. —- in der Speiſeröhre 158. im Unterleib 160. dige Folgen davon 51. rieſel, nach Genuß geiſt. Getränke 83. nach verdorbenem Magen 78. nach Drangen oder Zitronen 87. zurüdgetretener 176. Fröſche, verſchluckte 160. Froſche, ereiftung durch bief. 112. Froſt nach Ärger 5 bei Durchfall 62. bei Wechſelfieber 414. Yroftbeulen 396. Yruchtfäfte 44. Frühgeburt 339. Furcht 51. dor dem Alleinfein 53. 56. Durchfall davon 53. dor 63. —- dor Gewitter 66. dor Schulprüfung 53. bor dem Tode 53—56. durch alien m en! gelüfte- ten Zimmern 9 Furunkel 392. Öbhrenentzüntung davon 193. Fußanſchwellung vom Gehen 70. Fußbäder, warme 213. Kußbrennen 64. Fußgicht 403. Fußiohlen, Krämpfe darin 412. Fußſchweiß, ee 69. eg g 147 üttern der Kinder 363.

sun homöopathiſche 19. Gänfefleifch 48.

Galleerbrechen |. Erbrechen 56.

nad Tabakrauchen 86. Gallenfieber durch Arger 55. Gallenſteinkolik 280. 314. Gartenblumen, Vergiftung 103. Gasvergiftungen W. Gebärmuttererfrantung 329. 330. 338. @ebärmutterverlagerung 333. 411. Gebärmutterkolik 280.

Gebiß, kunſtli J im Halſe ſtecken geblieben 159

425

@ebrauc des Buches 5.

Geburtszange 343.

Geburt, Verzögerung derfelben 343. (ſ. auch Entbindung).

Gedädtnisihmäde 164.

bei Schlagaderverlalltung 401.

Gefledter Sähierling, Vergiftung 105.

Geflügel 48

Gefrorenes, Beſchwerden davon 79.

Gehirnentzundung 382. Gehirnkrämpfe 191. Geiſtererſcheinungen vom Schlafen in ungeſunden Zimmern 95. Gei ak Hahnemanns Behand- tweife 12. Seite tantheiten, Gtatiftil 26. Geiſtige Getränte, Nachwehen 82. Gelberüben 47. Gelbes Statiſtiſches 27. 28. Gelbſucht 3 ie 43. - der Neugeborenen 354. - nach Born 56. Gelent inrichten desſelben 138. Verlehung desſelben 137. Gelenkrheumatismus 27. 404. 401. Gelenkwaſſerſucht 407. Gemüfe 47. Gemütsbewegungen D1—57. Genefungsausfichten gi homöopathi- {her Behand! a Genickſchmerzen der dchnerinnen 58. Genidftarre 409. —— der Nerven 57. Gereiztheit durch Nachtwachen 72. Gerſtenkorn 183. Geruch aus dem Munde 251. Geruchſinn 21. Geſchichte des homöop. Hausarztes 4. ——— Beſchwerden 73.

Gelhmad, faurer, n. Milchtrinten 79..

Geſchmackſinn, veränderter 250.

Geſchwure 397.

don Bifjen toller Hunde 117.

an den Beinen (Krampfader- geichwüre) 397.

-- an den Fingern 393.

an Hühneraugen 398.

bom Impfen 373.

im Munde 252. 353.

an den Nägeln 394. 398.

gemaltjam vertriebene 176.

um Warzen 398.

an den Zehen 398.

Geſchwulſt der 181.

der Backen 266.

am Kopfe Neugeborener 350.

ee und ihre Folgen 99. 106.

426

Geſchwulſt an der Rafe 200.

nad Zahnziehen 150.

an der Bunge 253.

Geſichtsdamp f 399.

Gelictöneural 5 176.

Geſichtsroſe

Geſichtsröte zurüdgetretenem Schnupfen 60.

Geſichtsſchmerzen 176.

en 46.

Befund eitäpflege, Hahnemanns Ver⸗ dienſte 12.

Getränke 43.

44.

alkoholhaltige 46. eiltige, Rachwehen davon 82.

Talte, Rachwehen davon 78.

Gewitter, Furcht davor 66.

Gewürze 49.

Bel davon 87.

Gicht

—28 Ernährung derſelben

Gichter der Neugeborenen 368. bei Scharlach 383. PER Sopfiämergen 168. tketten 1 Sie. meine 88. allaliihde 90. 97. ätzende W. 9%. betäubende 9%. 103. - - gasartige 90. 93. —- metalliſche 90. 99 mineraliſche %. in Arzneien 106. in Yarben 9. in so hgeigitten f. Supfervergif- tung 1 re enſchen und Tiere 117. in der Luft 93. Giftſchlangen 116. URAN (Rhus tox.), Vergiftung

Sleafhlitter im Fuß 147. in der Haut 162. im Schlunde 159. Slauberfals, Beichwerden davon |. Magnefiavergiftung 108. &lied, Beſchwerden daran 322. Gliederreiken 64. 406. Gliederſchmerzen, n. Erkältung 59. 64. nad zurüidgetret. Fußſchweiß 59. Glieder weh, hitziges 404. langmieriges 406. namen 249. Goldader 293. Goldgift 102. u ches Waſſer ſ. Bleivergiftung 1.

Sachregiſter.

Gräten im Halfe 159. ram 53.

—J 51.

Gries 4

Grind Kopf 377.

Grindborken bei Kindern 376.

Grippe 224.

Grog bei Erkältung 58.

Grünfpanvergiftung 100.

Grundzüge der Homdopathie 13.

Gruners homöopathiſche Arzneiberei- tungslehre 30.

Gurgeln bei Haldweh 243.

Haarausfall 55. 178.

bei ftillenden rauen 349.

Haarfärbemittel 88. 101.

Bergiftung dadurch 101.

Haare in der une 162.

Reinigung 17

Haarſchreiden, las und Erfläl- tung danach 6

Haarſchu ppen 19.

Haarwuchs 178.

Haehl, Dr Richard 5.

J— 294.

Hämorrhoiden 83. 291. 293.

bei Schwangeren 337.

räune 222.

9 Hafer talao 46. n 48.

Ha

Sahnemannı; Dr Ehr. Friedr. Samuel (Sebensbefchreibung) 7-10.

Hahnemanns wiſſenſchaftliche Bedeu⸗ tung 10—13.

Berdienfte um die Chemie 10.

die Gefundheitäpflege 12.

—- die Pharmazie 11.

die Piychiatrie 12.

bie Wajferheillunde 13.

Behandlung Geiſteskranker 12.

—— Tätigkeit 11. Wundbehandlung 11. .

Hall Marſhall, ai Atmung 123.

Halsabſzeß 242.

Halsdrüjen, Anfchmellung 63. 209. 373. 382.

PR IR 3a.

Hals, Fremdkörper darin 158.

Zais krankheiten 241 -260.

Halsſchmerzen |. Halsweh 241.

nach Erlältung 68.

der Neugeborenen 363.

nach Orangen und Zitronen 87.

Hals, in desjelben 242.

Halsweh 241.

Hammelfleifch 48.

Harlemer DI 106.

Sachre giſter.

Harnbeſchwerden 316. 318. nad Kanthariden 112. bei Kindern 366. mit gene 320. Seentaffen, fäjm.

tnlaljen, nee 318.

zu häufiges, bei Schwangeren 338.

-- bei Nierenleiden 315. bei Zuderharntruhr 320. -- zu wenig 319.

Harnröhre, garnftofforzgiftun 121. 316. Harnverhalten ur

ıD 48. aſenſcharte 360. Hausapotheke, homödopat hiſche 39. Hautausſchläge, mit Fieber 378. langwierige 388 - fErofulöfe 374. zurüdgetriebene 389. Haut, er darin 162. Sautjud en 388. Hautkrankheiter, langwier. 5885. 400. mit Fieber 378—588. gesiyehi f. Miteffer 398. aut, unheilfame 148. Berlekung durch Kanthariden —— 162. Hautſchrunden 39 Heben ſchwerer Laſten, Beſchwerden davon 136. cht 48. eftpflaſter, Abnehmen desſelben 147. Heilen von "Bunden 148. Heimmeh Heiferfeit 210. Herbftzeitlofe, Bergiftung 111. Hering, Dr Eonitantin 2.

a ergentgünbung nach Gliederweh 408.

Herzklopfen 229, bon Arger 55. 230. bon Angit 230. -- don Aufregung 231. don aurüdgetret. Ausihlägen 231. dei Bleihlugt 333 333 Blutandrang nach d. Bruſt 226. der Entbindung 231. I dem Entmwöhnen 231.

bei Baſedow'ſcher Krankheit 249.

- don Erlältun

-- don freude 230.

don Furcht 230.

nad Kaffeetrinfen 86.

mit Dinmadt und © gr e von Säfteverlu Zu on Bolfblütigteit 231.

usfluß aus derjelben 321.

eugeborenen 355. Hattleibigfeit |. Stuhlverftopfung 310.

427

Herzllopfen von Born 56. Herzlähmung nad Diphtherie 246. bei alling 401. Herzleiden, Gtatiftit 27 Serzihwäde 125, 230.

na Influenza 226.

Herz, Verletzungen 151. Heuaſthma 207. 232.

Heufieber 207.

Heuschnupfen 207.

Herenmehl f. Lycopodium 111. ——— 411. (ſ. Kteuzweh und

Ischias Sitfeleifhung bei plößl. Erkrankungen und Unglüdsfällen 122 bid 134. bei Bergiftungen 88. Himbeeren 48. Hinten bei Slindern 369. Ve gelungen nah einem all 135

Hirnentzündung bei Scharla ER Da am. a Scharlach Hirnſchlag 126

Hirnwaſſerſu cht nach einem Fall 137. Hirſchhorngeiſt, Vergiftung 97. Hirſchhornſalz, Seraifiung 97.

Hitze im Abſtand 116.

ae davon 67.

iſchlag 67.

ochpotenzen 24.

odenerkrankung 323. Hodengeſchwulſt * Ohrendräfen-

bräune 1 Höllenftein, Verbrennung damit 154. Bergiftung 102. Hoffmanns Tropfen 2 unse) 125. bei Herzſchwäche Sohle Bähne 255. Holzaſche b. Vergiftung m. Säuren 96. Holzefligvergiftung ' „vergiftung mit ftarfen Säuren 9

Holzlohle gegen Bergiftungen 93. Homöopathie, Einführung in diefelbe 7. ihre Grundzüge 13. Urfprung des Wortes 13. —— Hausapotheke 39. Honig 4 Honig, ige 112. Honig gegen Vergiftungen 114. Hornhautentzüntung 184. Hornhautgeichwüre 186. 380. Hornhauttrübungen 187. Hornifjenftiche 113. Hüftgelententzündung 369.

üftweh 411.

ühneraugen 399. Hühnerbruft 867. Hühnerpoden 385. Hülfenfrücte 47.

428 Sachregiſter.

Hüfteln 212. 240.

am Morgen 54.

Qummeifüche ſ. Horniffenftide 114. ummern 48.

2 Biffe toller 116.

Fundswut 116.

Hungertod 130.

Ei 211.

von Ärger 56.

mit 60. 214. 227.

-- nad Born 56.

nad Erkältung 9. 60. 215.

-— don Fremdkörper im Halfe 160.

beim Gehen 71.

bei Influenza 225.

Reuchhuften 219.

bei Kindern 214.

bon falten Füßen 59.

langimieriger 213.

bei 241.

nach Krupp 224.

nervöſer 212.

beim Zahnen der Kinder 362.

Hygiama, Dr Theinhardts 46.

Zäger’ihe Wollunterkleidung 50. Ignatia--Bergiftung 104. Impfen der Kinder 372. Impfrotlauf 373. Impotenz 73. 325. Anfektionstrantheiten 378—388. Influenza 224, Ingwer 49. Beidwerden davon 87. Snnere Berleungen 150. Inſetten im Magen 160.

im Ohr 157. Inſektenſtiche 113. Jodkali, Tea davon 98. Kodvergiftung 98 Joghurt 45. Sohannisbeeren 48.

Irrereden infolge von Schmerzen 57.

Srrigator 294.

Ischias 411.

Juckn im After 291.

bon der Goldader 295. don Madenmwürmern 290. der Haut 388

„gegen davon 58. 155.

—* 119. Kaffee

Kaffee-Erfab 45.

a nn, Nachteile davon 85. Kalbfleifch 48

Kakao 46.

45. Segenmittel bei Vergiftungen 92.

Kali, hlorfaures, Vergiftungen 98.

hromfaures, Ber iftungen 9.

Kali hydrojodic., Befehierden 98.

Kali, übermanganfaures, gegen Ber- giftun en 93.

Kaliſche Gifte 97.

Kalk im Auge 156.

Bergiftung 97.

Kalkmilch bei Ruhr 302.

ſKtalkwaſſer bei Verbrennungen 154.

Kalte Früchte, Beichwerden Davon 79.

Kalte Getränke, Beſchw. darnach 78.

Kalte Speifen, Beſchw. davon 79.

Kamillentee, Beſchwerden davon 109.

Kampfer gegen Cholera 306.

gegen Erfrieren 133. 156.

gegen Krämpfe der Kinter 359. gegen Vergiftungen 9.

ergiftung Damit 106.

Rampferjpiritus gegen Beſchwerden von Eiswaſſer 7

Kanthariden, Mittel gegen Berbren- nungen 153.

Salbe 179.

Bergiftung 111.

Hautverlehun ngen dur Kanthari- denpflafter 162

380.

EL —— 97.

Karbunkel

Karotten 47.

Karpfen 48.

ler 48.

Katarch der Augen |. Bindehautent- zündung 184.

der Brondien 212. 213.

ded Darmes 297.

des Kehlkopfes 210.

der Luftröhre 212. 213.

der Lungenjpibe |. Lungenſchwind⸗ ſucht 238.

des Magens 271.

der Naſe 204.

der Ohren 19.

des Rachens 242.

der Scheide f. „Weißfluß“ 333

Katarrhalijche Halsentzändung 242.

Influenza 225.

-— Nungenentzändung ſ. Kapillar- bronditis 380.

Kahenjammer 82.

Kauen 42.

mangelhaftes 271.

Kehlkopf, Fremdkörper darin 160.

Behtopftatarch 210.

Keller mit giftiger Luft 9. Lephyr 4. Kernobſt 48.

Sachregiſter.

er en 219.

Keferhöhlenerkrankung 205.

Kindbett 343.

Kinderkrankheiten 349—377.

43.

Kindermehl, Zubereitung 363.

Kinnbackenkrampf 148.

K.richlorbeerblätter, Vergiftung 103.

ht Bergiftung da- durch 99. 103.

Kirſchkerne, ner dadurch 103.

Kirſ waſſet, Vergiftung dadurch 103.

Kitzel im Halſe 60.

Kibelhuften 214.

Klauenfeuche 118.

Kleeſalzvergiftung 97.

Kleidung 49.

Kleidungsſtücke von Berjtorbenen 118.

Klimakterium (Wechleljahre) 331.

Kliftiere, b. vom Blitz ulm 132.

bei Fremdkörper im Darm 160

-- bei Erfrorenen 133.

- - bei Erftidten 131.

--- don efligfaurer Tonerde 290.

kalte 294. 311.

-- don Knoblauch 290.

-- beim Scheintod Reugeborener 350.

-- bei Sommerdurchfällen der Rin- der 365.

bei Stuhlverftopfung 311.

dei Trippererkrankungen 322.

bei Vergiftungen 90.

bei Berbumgerten 130.

bei Berftopfung 311.

bei Berftopfung Neugeborener 355.

-- warme 311. 522,

Kliftierfprigen 294.

Kneipp’3 Unterfleidung 50.

Kniegelententzündung 408.

Sniegeihwulft, weiße 408.

Knoblauch 49

Knoblau chtuiſtiere 290.

Knochenbt che 138—143.

nad) Duetſchung 136.

Knochen im Halſe feden geblieben 159

Knodenverlegung 136 |. au „Rno- &enbrüche” 138.

Snollen auf dem Kopfe 175.

Knoten am After |. „Hämorrhoiden” 83. 291. 293.

Kochſalz 49.

gegen Bergiftungen 93.

Königögelb, Vergiftung 99.

Körper, fremde f. Pertembkörper" 156-162.

nn 48.

Kohlendunftvergiftung 94. Kohlenjäurevergiftung 121.

Kolit (f. auch „Leibſchmerzen“) 280.

429

Kolik von Blei 101. 2380.

bon Blähungen 282.

mit 282.

vom ln en 86.

bei der Regel 330

bei Schwangeren 338.

bei ftillenden rauen 282. Kollaps 125.

Stomplere Mittel 36. en ſ. „Blutandrang”. Kongeitive Bahnfchmerzen 2 Konjervengifte 101.

ann bei Schlagadernverlaltung

Bor), Gefgmit e bei Neugebor. 350. Kop gtind bei Kindern 377.

Kopfläufe 180.

Kopfichmerzen 165—176.

>= tger 167.

nad Alkoholmißbrauch 83.

nach freudiger Aufregung 167.

von Blutandrang 165.

durh Blumen, jtarkriechende 95.

bon China 109.

bei Diphtherie 247.

einfeitige 170. 172.

bon Entzündung 165.

mit Erbrechen 168. 169.

nad Erfrieren 134.

bei Erhitzung 67.

nad Erfältung 69. 62.

auf Erfchütterung 134. 135.

einem Fall 135. 167.

geiſtigen Getränken 83.

nad Geiſtesanſtrengung 67.

nach Gemütserſchütterung 57.

nad gemwaltfam vertriebenen Ge-

ſchwuren 176.

gichtifche 168. 176.

bon Gram 54. 167.

nad 59.

bon Hibe 67.

bei Anfluenza 225.

nad aletnlen 86. 174.

mit Lichticheu 191.

lintsſeitige 58. 172.

nad) Magenverderbnis 74. 75. 168.

Migräne 170.

vom Nachtwachen 72.

von Nafentatarrh 167.

von den Nerven 169. 172.

von Nierenleiden 176.

bei Ohrenleiden 193. 195.

theumatiiche 167. 176.

nad zuridgetretenem Scharlach, Frieſel uſw. 176.

ug a Fi upien 60. na 83

aa

lafen auf Heu 9

nad Schlag auf den Kopf 167.

430

————— der Schwan⸗ gerſchaft 33 nach einem 167. durch Stubenſitzen 72. nach Tabakrauchen 86. bei Typhus 308. mit Übelkeit 75. nad geiftiger Überanftrengung 167. nach Verheben 135. von Berdauungsftörungen 168. infolge von on. 169. 174. nad einer ae 11. Zorn —— Kopfſchuppen 1 Kornfranck (Malzkaffee) 45. ſträfteverfall 125. Krämpfe 358. durch Blutderluft 74. nad Erkältung 64. durch giftige Luft 93. an unterorüdtem Hautausſchlag

bei Kindern von Schred 52. bei Kindern von Kamillentee 110. * 274. ſ. auch „Magen⸗

Beim Wonatsfluß 330.

bei Neugeborenen 358.

infolge von Säfteverluften 74.

bei Santoninvergiftun an

nah einem Schreden b2.

mährend der S ——— 338.

nach Tabakrauchen 86.

-- nad ungen 155.

in den Waden 412.

beim Bahnen 362. 363.

nad Born 56.

Krätze 389.

Kraftbrühe 46.

a 397. ——— oten bei Schwangeren

219.

ſerankenbericht 37.

ſtrankenernährung 41.

Krankengetränke 43.

u homdopathifche 25.

Krankenkoſt 41

Zubereitung 42.

ſrankenwäſche 50. 379. 385.

Krankenzimmer 379. 385.

Krankheiten, allgemeine 400 bı3 418.

der Augen 180—191.

in der Brufthöhle 210— 241.

der Frauen 327—349.

des Halſes 241—250.

der Harnwerlzeuge und der männ⸗ lichen Gefchlechtäorgane 315—326.

der Haut, mit Fieber 378—388.

Sachregiſter.

Krankheiten der Haut, langwierige 8 g

der Kinder 349-377.

des Kopfes 163—180.

der Leber 313.

des Magens 267—279.

der Mundhöhle 250—266.

der Nafe 200—210.

der Ohren 192-200.

-— im Unterleib 280—315.

Urſachen, d. häufigften 34. 651—162.

des weibl. Geſchlechtes 327—349.

der Zähne 254—266.

der Bunge 253.

Krautarten 8.

Krebſe 48.

Krebsjalbe, Bergiftung dadurch 9.

Kreide gegen Vergiftungen 93. %.

bei Verbrennung 154.

Kreofotvergiftung 97.

Kretinismus 248.

Kreuzotterbiſſe 115.

Kreuzfchmerzen 411.

bon Überanftrengung 71.

se Vergiftung dadurd 112. Krop

Krupp 28. 222.

nn 47.

Kümmel 4

—A 92. 123.

Kunſtliche Höhenfonne bei Rotlauf387.

bei Strofulofe 375.

bei Wundbehandlung 145.

Kummer 53.

Ku pfervergiftung 100.

a bei Blutandrang zur Bruft 226.

beim Gehen 71

bei Schlagadernverlalfung 401.

nad Überanfttengung 71.

Kurzſichtigkeit 187.

Zaborde, künftliche Atmung 123. Lach 3 48.

Lähmung nad Diphtherie 247.

der Glieder nah Erlältung 64. der Glieder bei Wechfelfieber Ab. halbjeitige 128.

nah Schlaganfall 128.

der Bunge 254.

Lahmann’3 Unterfleidung 50. Qampenfieber 53.

u 138,

Laſter |. Ausfchweifungen 72.

- ſ. Selbſibefledung 323. Laudanum, ®ergiftung 103. Sauge und Laugeneſſeng Vergiftung

Lauge als Gegenmittel 96.

Sachregiſter.

Laurocerasus, Vergiftung 99. Zäufe, Mittel dage en 180. debenoͤbbeſchreibung Samuel Hahne⸗

mann 7-10. Der Eonftantin Hering 2. Leberentzündung 313. Zebertrantheiten, fchmerzhafte 313. Leberkrebs 314. Reberleiden, Koftverordnung 43 Seberihrumpfung 314. Leberverlegung 151. Leibesfrucht, zu früher Mbgang 339. Leibſchaden (Bruch) 325. 372, Leibſchmerzen 280. nad Ärger bb. b6. nad Biertrinlen 83. bei Durchfall 61. nad Erkältung 61. don —— 86. -— mit Kältegefühl 76. -- bei Ragenüberladen 77. -- bei Magenverderbnis 77. -- don Mildtrinten 79. -—- don Waſſertrinken 78. Leibfchneiden 280. Leibweh |. —— Leichdornen 3 Leinene Unterfleidung 60. Leiſtenbruch 372. Leuchtgas, Vergiftung 9. ichtbehandlung von Wunden 145. Lichtſcheu 63. 182. 190. Lichtfucht 190. Liebe, unglüdliche 54. Simonaden 44. Linfen 47. Lippen, aufgefprungene 396. Lifte, öfter erwähnter Arzneien 39. Sudelestäs 45. Quftbäder 65. a Kon Verband 145.

t, giftige 93.

9. Luftröhre, Fremd körper darin 160. Lu tröhtenfatatrh 212, Lu Pe Fremdlor pern

im Kehlkopf 16 im Schlunde 18. bei Krupp 223. Zungenblutung 227. 279. Lungenentzündung 213. 236. bei alten Leuten 236. -- nad Majern 380. Statiſtik 27. typhöfe 237. Zungenverlegung 151. Lungenſchwindſucht 238. Qungentuberkulofe 238. Lutze's Homdopathifcher Kaffee 45.

431

Lycopodium, Beſchwerd. Davon 111. Somphorüfenanfchweilungen 374. Lyſolvergiftung 97.

Mabenmwürmer 290.

Maäuſegift ſ. „Barytvergiftung“ 98.

Magenbeihwerden nad) Ärger 55.

bon Badwert 75.

-- don Betrunfenheit 80.

nad Biertrinlen 75. 83.

dur Butter 75.

-- nad) Eid n amaller 79.

durch Eſſig

durch en 136.

-- durch Fettes 75.

durch faule Fiſche 76.

--- durch verdorbenes Fleiſch 75.

durch Yrüdte 75. 79.

—- nad) Gefrorenem 79.

durch geiftige Getränte 83.

durch kalte Getränle 78.

bon Sram 54,

nah Käle 75.

nad Kaffeetrinten 85.

nad Schred- 52.

durch Schweinefleifh 75.

durch Schwerverdaulides 74.

durd falzige Speifen 75.

—- nad) Speifeeis 79.

nad laltem Trinken 78.

durch fchnelles Trinten 78.

nad Waffertrinten 78.

durch fauren Wein 75.

durch Wurft 75.

Moagenblutungen 278.

Magendrüden von Arger 5b.

Magenentzündung 283.

Magenerfältung nad) Waſſertrinken78.

Magen, Sremtlörper darin 159.

aregenge and 274. 278.

Magenkatarrh 271.

Magentreb3 274. 278.

Magenfäure, ar oünitee 272.

Magentrampf 75. 274.

nad Kaffeetrinten 85. 86. 275

-- don Famillentee 110.

bein Monatlidden 270.

- - dom Genuß ir Getränte 83.

-— bei ftillenden Frauen 278.

Magentrankheiten 267—279. 18 und Roftverordnung

Magentrebs 274. 278. Magenpumpe (Magenichlaucd) 90.

‚Magenfäure, überſchüſſige 272.

Magenfchlauch, bei iftungen 90.

Ma enſchmer (. agen⸗ rampf“)

don —— 108.

432

Magenichmerzen b. Schwangeren 335.

Magenſchwäche 268.

don Nachtſchwärmerei 269.

nah Tabakrauchen 87.

Magenüberladung 74.

Magenverbrennung dur zu heiße Speifen 156.

Magenverderbnis 74. 163.

Magenverlegung 151.

Magenverjchleimung 272.

Bismutii, Vergiftung 102. |

Magnefia, Vergiftung 108.

Magnefia gegen Vergiftungen 91.

Makkaroni 47.

Malaria 414.

Mandelabſzeß 242.

Mandelentzündung 242.

Borbeugung 64.

Mandeln, angejchwollene 64.

bittere, 99. 103.

Mandelmilch, Zubereitung 297.

Mandelöl, Gegenmittel bei Säuren im Auge %.

Mandelpudding 47. .

Mangel an Eßluſt 267.

Mania a potu ſ. „Säufermwut“ 84.

Marihall Halls 123.

Mafern (tote Flecken) 28. 379.

-— zurüdgetretene 176.

Unterjchied zwifchen Scharlad) 382.

Maffage bei Knochenbrüden 140.

bei ARheumatismus 407.

beı Ksergiflungen 92.

Maſtdarm, Verbrennungen durch zu eiße Kliftiere 156.

Maſtdarmvorfall 292.

Maul- und Klauenſeuche 118.

Merfurvergiftung 90. 100. 107.

Metalliiche Gifte 99—102.

Metalliplitter im Auge 157.

Migräne 170.

bei Schwangeren 336.

Mikroſkopiſche rl bomöo- pathifcher Arzneien 21.

Milch, abgelochte 44.

Gegenmittel bei Vergiftungen 92.

Kranlengetränt 44.

NYuslaufen bei Wöchnerinnen 346.

Beſchwerden davon 79.

faure, Zubereitung 44.

als Gegenmittel 92.

ſchlechte bei Wöchnerinnen 347.

Milhausfcheidung, unterdrfidte, bei Wöchnerinnen 345.

Milchfieber 346.

Milhjäfte von Pflanzen, Vergiftung davon 103.

Milchſchorf bei Kindern 376.

Sachregiſter.

Milchzu cker, homdopathiſcher 32. Milzbrand 118.

Milzzerreißung 151.

Mineralwaſſer 44.

Mißgeburten u. Mißgeſtaltungen 351.

Miteſſer 398.

Mittelohrentzündung 194.

nach Scharlach 382.

Mittelohrkatarrh 194.

Mohnköpfe, Vergiftung 103.

Monatsfluß ſ. „Regel“.

Morcheln, Vergiftung 102.

Morgendiarrhöe 55.

Morgenhüſteln 54.

Morgenhüjteln infolge von Heim— weh 54.

bei Schwindſüchtigen 240.

Morphiumvergiftung 90. 103.

Moskitoſtiche 113.

Müdenftihe 113.

Münzen, verfchludte 160.

Mumps 19.

Mund, Bluten nad) Kopfverlegung 135

Mundfäule 353.

Mundgeruch, übler 251.

von Knoblauchgenuß 252.

Mundgejhwüre 252. 256. 353.

Mundhöhle, Krankheiten derfelben 250— 266.

Mundklemme 148.

Mundverbrennung durch zu heiße Speifen 155.

Mundwintel, Riſſe darin 396.

Muſcheln, giftige 112.

Mustatnuß 49.

Beſchwerden davon 87.

Mustelrheumatismus 407.

Mutterlorn, Vergiftung 102.

Muttermale bei Reugeborenen 351.

Muttermilch, Schlechte 347.

Mutterringe, ſchlecht paſſende 333.

Myzödem 249.

Rabelbruch bei Kindern 372. Rabelichnur 349.

Nachbehandl. von SEnochenbrücen 140. von Wunden 147. Nachkrantheiten der Influenza 226. der Mafern 380.

des Scharlachs 382. Nachtblindheit 1%.

Nachtſchwärmen 72. 269. Nachtſchweiße 55. 241. Nachtwachen, üble Folgen 71. 163. Nachwehen vd. geiftigen Getränken 82. nad der Entbindung 344. Naden, jteifer 409.

Nadeln, verjchludte 159. 160.

Sachregiſter.

Nägel, Abſchneiden derſelben 398. Entzündung 388.

Erkrankung derfelben 395.

Einwachſen 398.

Kauen 393.

Nagelfluß 393.

Nagel in den Fuß eingedrungen 147. . 3. 398.

Rahrung, vorverdaute 43. Nahrungsmittel für Kranfe 46-49. Nahrungsmittelverfälfchung 88. Naſenausſchläge 200.

Nafenbluten 201.

=> Blutandrang nach dem Kopfe

nach Genuß geiltiger Getränke 83. an Stelle der Regel 203.

bei Typhus 308.

n Berlegung 135.

Raſe, Ausfchläge daran 200.

-- Erfrieren 66. 155.

- - remdförper darin 158.

Geſchwulſt 200.

--- $atarıh 167. 204. 212. 352.

-— Krankheiten 200-210.

Bolypen 208.

-- Röte 201.

übler Geruch EStinknaſe) 203. Beritopfung b. Neugeborenen 352. Naßwerden im Winter 59,

Natrum Vergiftung 109. —— rankhofte Störungen Nebennierenextrakt 22.

Neigung zum Weinen 57.

Nellen 49.

Nervenlopfmweh 170. 172. 335. Nervenleidende, ihre Ernährung 43. —— nach Kaffeetrinken

Em 393.

Nervenfchinerzen während ber Schwangerichaft 335.

Nervenüberreiztheit 57.

Nervenzahnmeh 256.

Nervöſe Dyspepſie 268.

Nervöſe Influenza 226.

Nervöſe Kopfſchmerzen 172. 335.

Nervöſer Magenkrampf 274.

Nerböſe Zahnſchmerzen 256.

Neſſelausſchlag 78. 349. 390.

nach verdorbenem Magen 78.

bei Wöchnerinnen 349.

Neffelfieber 390.

Neſſelfrieſel 390.

Neugeborene, Atembeichwerden 360.

Augenentzündung 851. Augenkrankheiten 351. -Blau werden 360.

—-Bruſtchen, Anſchwellen derſ. 351.

HeringeHKaehl, 90.

433

ar ee Bruſtkrampf 360. Erbrechen 386.

Ernährung 363.

Sieber 357.

Frattſein 350.

Gelbfucht 354. _

-- Gefhwälite am Kopf 350. —- Gichter 358.

Halsweh 853.

Sarnverhalten 355.

Krämpfe 358.

—- Mißgeburten 361.

NMuttermale 351.

Najenverftopfung 352.

Sceintod 349.

Schlafloſigkeit 356.

nen 352.

Schreien 356.

Schwämmchen (Soor) 353. Sommerdurchfälle 364. Gtarrframpf 149.

Gtimmrigentrampf 360. Gtodichnupfen 352.

Gtuhlverftopfung 355.

Überfittterung 368.

Bundfein 355. Reuralgifche Schmerzen 176. während der Schwangerjchaft 335. Niederfunft 343.

Blutflüffe dabei 341.

zu jchmerzhafte 343. Nierenleiden 315. 317.

und Kopfmweh 176. .

Koſtverordnung 42. 317. Nierenentzlüindung 316. 382. Kojtverordnung 317.

nad Scharlach 382. 383. Nierenihrumpfung 403. Nierenjteintolif 280. Nierenzylinder 316. Nilotinfreie Zigarren 49. Nikotinvergiftung 105. Notverband 146.

Nudeln 47.

Nux vomica, Bergiftung 104.

Dbſt 48.

Bafenfieifg 48.

Dlfarbe, Vergiftung 6.

DI gegen Verbrennung mit Phos—

phor 154.

DI gegen Vergiftung 91.

en Zuftbehandlung der Wunden 1

Ohnmacht 124.

nach Anftrengung 125.

bei jeder Bewegung 125.

nad) Blutverluft 74. 125.

-- nad Erkältung 125. F

434 Sachregiſter.

Ohnmacht nad) Ermüdung 70. nad dem Ejjen 125.

nad) einem Kal 134.

bei nervöſen Frauen 125.

nad Öemütserjchütterung 57. 125. nach Mißbr. geiftiger Getränte 125.

mit Herzllopfen 125

nad) Safte berufen 74. 125.

nad) Schred 52. 125.

nad) jehr ſtarken Schmerzen 125. bei Schwangeren 125. 335.

Schwindel 125.

nach Tabakr n 86.

mit Übelkeit 1

na geiltiger Überanftzengung 125.

Ohrenkrankheiten 192— Ohrenanjchwellen 63. 158. Ohrenausflüſſe 195.

Dhren, Ausſpritzen 158.

Beſchwerden nad Erlältung 63.

Blutung nad Verlegung 135.

Braujen 63.

Entzündung 158. 192. 194.

Erfrieren 155.

Eiterausfluß 63. 194.

Fremdkörper darin 157. 19. njeften darin 92. 157. atarıh 194.

== Rfröpfe 198.

Bolypen 19.

Reißen 63. 193.

Rheumatismus 193.

Saufen 63. 197.

Schmerzen 158. 193.

Schwerhörigkeit 63. 188.

Stechen 63.

Bmang 63. 193.

Ohrendritfenbräune 199.

Ohrjpeicheldrüjenentzündung 199.

Dnanie ————— 73. 323.

Operment, Vergiftung 99

Opium, Vergiftung 90. 103.

Drangen, Beiawerben davon 87.

N. 97.

Ozaena (GStinfnafe) 203.

Barajiten, Haarausfall dadurch 178. Beriode j. „Regel“.

Berlajche, Vergiftung 97.

Perlſucht der Rinder 118.

Berjifo, ang dadurch 103. Pfeffer 89.

Bejchwerden davon 87.

Bferde, roßige 119.

Pfirfichkerne Bergiftung Dadurch 103.

Pflanzengifte 102—105.

Bilanzenjäfte, Vergiftung davon 103.

Pflanzenſtacheln in der Haut 162.

Pflaumentlerne, Vergift. Dadurch 103.

Fliege der Zähne 254. Phenacetin, Bergiftung 109. Phosphor, Berbrenmung damit 154. Vergiftung Bbosphordun, ——— 96.

Pilze 48 = giftige 102,

ergiftung dadurch 102.

Boden, echte 28. 385. faljche 385. PBodagra 403. Bollutionen 324. Pomaden 88. Potenzen, homöopathiſche 21. 36. Botenzieren 30. Pottaſche, Vergiftung 90. 97. Pſychiatrie, Hahnem.s Berdienjt 12. Puddings 47. Pyramidon, Vergiftung 109.

Quark 45.

Duarzlanıpe 145. 375. 387. Duedjilbervergiftung 90. 100. 107. Quellwaſſer 43.

Quetſchungen 136.

der Augen 137.

Arzneimittel Dagegen 136. 148.

Rachenbräune 246.

en 242.

Rachenmandel 209.

Räucherung mit Schwefel 379.

Rafjeln im Halfe nach Zorn 56.

Rattenpulver 99.

Rauchen 49.

MEN ODE, Entzündung davon 112. in die Haut eingedrungen 162.

| ee Bergiftung 9.

Reflexhuſten 212.

Reformmäjche 50.

Req zu frühe 329. ſchmerzhafte 330. -zu ſchwache 328.

zu ſtarke 329.

Störungen 55. 327.

unterdrüdte 327.

Berlieren derjelben 331.

Regenbogenhautentzündung 184.

Rebrüden 48.

Reinigen der Haare 178.

der Wunden 146.

der Zähne 254.

Reis 47.

Reifen in den Füßen 59.

der Glieder 64. 406.

- im Kopfe 170.

-— langwieriges 406.

Reizbarkeit 57.

nad Kaffeegenuß 85.

Sachregiſter.

Reizmittel bei Appetitloſigkeit 267. äußerlich bei Vergiftungen 92. Rhabarber, a en Davon 111. Rhachitis 36 Rheum, davon 111. Rheumatismus 404. 406. aluter 404. und Augenentzündung 185. in den Gelenten 404. im Ropfe 167. langwieriger 406. in den Ohren 1%. in den Zähnen 256. Rhus tox. citung 106. mittel “7 üben, Bergif 5 iechſalz, engliſches, Vergi 18 7. Kippenfellentzündung 28. 213. 235. Rippenfellverlegung 151. Riſſe in Lippen und Mund winteln 396. Nöntgenjtrahlen 138 Nöte der Nafe 201. Nöteln 381. Roſe (Rotlauf) 387. Nojenähnlide Ausfchläge nah Un- wendung bon Arnilatinktur 136. Nofenfieber 208. Rote Tsleden 379. Rotlauf 387. in den Augen 387. an ber Naſe 387. ige dem Impfen 373. nad Quetſchungen 136. nad) Sumachvergiftung 105. Bergatunn desſelben 379. nad Wunden 148. zurüdgetretener 176. Rotzige Pferde 119. Rüben 47. NRüdenjchmerzen 411. NRübreier

bei Kindern 303.

Sacharin 49.

GSäfteverlufte 73. 164. Säuferwahnfinn 80. 84. Säuferwut 80. 84.

Säugen, Bejchwerden davon 73. 348. Säugling |. „Neugeborene“. Säuren im Auge %.

im Magen 91. 272.

mineralifche 96.

-— Verbrennung damit 97. 154. Bergiftung damit 90. Safran 49.

—— davon 87. 105.

—— zylſäure, Vergiftung 109.

135

Satmiatgeift gegen Vergiftuugen 9 almialgeilt gegen Ber a en 9. Salmialvergift tung W. 9 97 ; Galpeter, Vergiftung Salpeterfäure, Vergiftung 90. 96. Sal tartari, Bergiftung 97. Salz 49. zu viel anal 49. 75. Salzfluß 388 Salfänte, Bergiftung 96. Salzwajfer gegen nit Höenfet 114. bei Bergiftung mit Höllenftein 102. A Verbrennung mit Höllenjtein 1 Samenergießungen,unfreimwillige 324. Santonin 289. ee Sa Ihädlihe Folgen

Santoninvergiftung 110.

SauerHleejalz, Vergiftung |. eraif- tung mit Rarten Säuren" %

Sauerkraut 4

werden darnach 75.

Saure Dämpfe, Vergiftung 95.

Saure Milch, Zubereitung derjelb. 44.

Saures, Beſchwerden davon 87.

Saufen im Ohr 63. 197.

Schädelbruc 134.

Scaltiere 48,

Scharbod 252.

Scharlach 28. 382.

Nachkrankheiten 382.

Berhütung 379. 384.

zutüdgetretener 176.

Scharla artige aus] läge nach jauren Früchten 8

Scharla iöhiherie 247. 384.

= tlachfriejel 881. Scheelſches Grün, 99.

Scheidenausfluſſe 333

bei Schwangeren 337.

Scheintod 129.

nad einem Fall 129.

der Neugeborenen 349.

= erbentobalt, Vergiftung 9. ielen ber Kinder 191. Schiefſtehen eines Gliedes Durch Ber- renkung 137.

Schierlin Bergif ftung 106.

Schilddr J——— Iſen 121. 247.

Schilddrüſenextrakt

Schinken, verdorbener "20.

Schläfrigkeit mit Kopfweh 62. 71.

nad einem Schlag oder Fall auf den Kopf 135.

Schlafloſi oh ne

nach Arger 55

nad Ch rathydrat 108.

Ernährung dabei 43.

436

Sclaflofigleit von Gram 55.

nad Influenza 226.

von Raffeetrinlen 77. 85.

-- von Magenverderbnis 77.

Be ki 12.

der Neugeborenen 356.

bei Säuferwahnfinn 84.

-- während der Schwangerfchaft 338.

nach Übermüdung 71.

dur Zorn 56.

Schlafzimmer, verichloffenes, Be⸗ ſchwerden vom Schlafen darin 95.

Sclagadernverkallung 400.

—— NETIEbung 151.

Schlagfluß 126

Schlag, Kolgen davon 134.

auf den Kopf 134.

Schlangenbiffe 115.

Sana, verichludte 160.

Scleien 88.

Schleimerbrechen nad Milchtrinken 79.

en 249,

Iudjen von Denn 76.

luchzen der Kinder 36 S ner nad I oder Schlag auf den Kopf 1 S lund, Fremdkörper darin 168. Sclundberbzenmung durch zu heiße Speifen 1 Schmierfeife, Bergftung durch 97. Schnalenfiige 1 3. Schneiden ber Si el 398. Schnittwunden 1 Schnupfen 60. 204. nad Erkältung 60. -- > burd) naſſe Füße 59. fchnupfen 207. todichnupfen 208. .— Neugeborenen 352. fiehe Tabakſchmpfen“ 8. bei eg ®itterungswechlel 59. ne 60. 233.

Särcd BI

Scred 51. 181:

bei Erfhütterung 134.

Ohnmacht davon 52. 125.

67.

Schreien der Neu

kleiner Kinder ER 408. runden 395.

am After 291.

an ber Bruſt 347.

an den Ben 395.

an den Mundiwinteln 3%.

an den Lippen 396.

Schußbruch 139.

Schubimpfung gegen Na 372.

gegen Hundswut 1

eborenen 356.

Sadregifter.

ubpoden ſ. „Impfun wabe, Dr, —— Arznei- bereitungslehre 30 Schmwäde der Augen 19. von Ausſchweifungen 73. -- nach Bluthuften 229. -— nad Blutverlujten 74. -— ded Gedächtniſſes 164. -- nad) KRaffeetrinten 86. des Magens 87. 268. nad Säfteverluften 74. nad Schred en a N fledung 885. infolge von edun beim Stillen Fr ö

g: J 379.

Schwänmcen bei Reu- geborenen

en im Hauje 8. wangerfchaft, „Beiöwerben 384.

-— Afterfnoten 33

Blutungen Er

--- Durchfall 336.

Erbreden 334.

burd) It 134. 339. 340. ämorrhoiden 337. arnbeichiwerden 388.

- - 8ramp aberfnoten 386.

-— Reuralgie 335.

Schlafloſigkeit 388.

Schwindel 163.

—— —— 336.

Übelleit

Wehaberfnaten 386

Bahnmeh 256. 336,

Schwarzwurzeln 47.

Beſchwerden davon 107.

Schwefelmilch, Vorbeugungẽmittel gegen Cholera 806.

Schwefeljäure, ste Pay

Schwefelfäure, ze altung

S weinefleifch 48

S meinfurtergein, Vergiftung 9.

= weiß, ener 58. 59.

= were Verdauung 2368. windel 163.

bon Sram 54.

bei der Regel 328.

bei Schlagadernverlallung 401.

während der Schw amgerfchefit 163.

vom Tabakrauchen

S ——— 288.

Schwitzen

bei —8 56. 241.

Sachregifter. 437

Secale, Vergiftung 102.

Seefiſche 48.

Seefrantheit 164.

Sehfehler und Brillen 187.

Sehſchwäche 189.

Sebitörungen 163. 187. 1%. 191.

Seile bei Berbrennungen 153.

Seifenmwafjer bei 90. 91.

Seitenſtechen 71. 234. 235.

Selbfibefledung 73. 323.

Selbitvergiftung 121. 316.

san nen 90.

enfteige, igung der Haut da-

durch 162. en v

Sepſis 143.

Seuchen 378.

Shock 150.

Similia similibus 14.

Storbut 252.

Storpionftihe 114.

Strofulofe 373.

Ernährung 43.

Strofulöfe Augenentzündung 186.

Soda gegen Vergiftungen 93.

Sodavergiftung 97.

Sodawaſſer 44.

Sodbrennen 272.

bei Schwangeren 335.

Sommerdurchfälle 69.

bei Kindern 364.

Sommerhite, Beſchwerden davon 67.

Sonnenftich 67.

Soor (Schwämmchen) 353.

Spalten der Haare 179.

Spaniſche Fliegen, ſchädliche Folgen davon 111. 162.

Sped, verborbener 120.

Speijeeis 79.

Speifen, falte, Beſchwerden davon 78.

a Fremdkörper darin 158.

Speftralanalyje 21.

gu 41. |

Spiellahen, Bergiftung dadurd) 88.

Spigelia, Bergiftung 111.

Spinat 47.

Spinnenitiche 114.

Spibpoden 385.

Splitter im Halje 159.

Splitter in der a 162.

Splitterbruch 139.

Sprechenlernen der Kinder 254.

Springmürmer 2%.

Spulmürmer 289.

Stadeln in ber Haut 162.

Stahlpillen, Vergiftung 108.

Staph ysagria⸗Eſſig 180.

Starrkrampf nach Verletung 148.

bei Neugeborenen 149.

bei Wöchnerinnen 149.

Starrwerden 51.

ber Glieder 156.

Statiftil, vergleichende 25.

des Internat. homdop. Rates 26.

Staub, Huften vom Ginatmen 1692.

Stecdhapfel, Vergiftung 108. 104.

Stehmüden 113.

= nen des Wechfelfiebers 414.

Steifer Raden 409.

Steinobft 48.

Sterblichkeit, Statiſtik 27.

Stiche von Inſekten 113.

Stihwunden 144. 148.

Stidhuften 219.

Stidiuft, Beſchwerden davon 93.

Stillen, Bejchwerden davon 73. 348.

Stimmritentrampf 360.

Stintnaje 203.

Stirnbeinhöhlenerfranfung 205.

Stockſchnupfen 205.

bei Neugeborenen 352.

Er AN 121.

Stoß, Yolgen- davon 134.

Stottern der Kinder 370.

Strahlenpilzfrankheit 102.

Streufügeldhen, Homdopathifche 31.

Strychnin, Vergiftung 104.

Stubenfliege 113.

Stubenjigen, üble Folgen davon 72.

Stuben, frifchgeweißte, nachteilige Folgen beim Schlafen darin 96.

Studieren, zu bieles 72.

Stuhlentleerung, unfreimillige 52.

Stuhlverfiopfung 310.

von Ärger bb.

bon Bleivergiftung 101.

bei Blinddarmentzündung 287.

mit Kopfichmerz 169.

bon Mil 79.

der Neugeborenen 355.

der Schwangeren 336.

bei Verbrennungen 158.

nad Tabakrauchen 87.

der Wöchnerinnen 348.

Sturmhut, Bergiftung 103.

Eſſig dagegen 91.

Stumpfinn nah Schred 58.

Sturz auf den Kopf 1%.

Scheintod darnad) 129.

Sublimat, ergiltung 100.

Süßſtoffe, kunſtliche 49.

Sußwaſſerfiſche 48.

Sumach (Rhus tox.), Vergiftung 105.

Sumpffieber 414.

Suppen 47.

Sylveſter, künſtliche Atmung 123.

Tabalarbeiter, Berufskrankheit 87. Tabaflauen 49.

438 Sachregiſter

Tabakrauchen, Beſchwerden davon 87. Tabakkliſtiere, Vergiftung dadurch 105. Tabakrauchen 49.

Beſchwerden davon 86. 105. Tabakſchnupfen 49.

Tabakbvergiftung 87.

Tabletten, homdopathiſche 32. 35. Tarantelſtiche 114.

Tartarus emetic., Vergiftung 100. Taube (Geflügel) 48.

ae ſ. Schwerhörigkeit“ 62. 63.

Zee, hinefifcher 46.

bei Vergiftungen 93.

Zeetrinten, Bejchwerden davon 86.

Terpentindl, Bergiftung 108.

als Gegenmittel 93. 98.

Tetanus (Starrtrampf) 148.

Tetanusbazillen 149.

Tetanusferum 14.

Theinhardts Hygiama 46.

Tierbiſſe 116.

Tiergifte 111.

Tierkrankheiten, Zufälle davon 117.

Tierverſuche 18.

Tinkturen 30.

Toben nach Schreck 52.

Todesangſt nach Ärger 56.

Zollliriche, Vergiftungen 90. 104.

Tollwut der Tiere 116.

Zorpide Skrofuloſe 374.

Zotenfleden 129.

Tränen ber Augen 60. 63.

Träume beim Schlafen in fchledt gelüfteten Zimmern 9b.

Tragen von Eis, Schmerzen Davon 65.

Tragen Erkrankter oder plöblich Ber- unglüdter 124.

Trauben 48.

Zraurigleit nad) Schred 53.

Trichinenkrankheit 119.

Trinken, fchnelles, Befchwerden 78.

Zrintwaffer, jchädliches 101.

Trippererkrankung 322.

Hodenanjchwellung davon 323.

Trodenheit der Augen 181.

der Haare 178.

der Ohren 19%.

Trunkſucht 82.

bei Kindern 81.

Truthahn 48.

Zubertelbazillus 239.

Zuberfulin 14. 22. 23.

Zuberfulöfe, ihre Ernährung 43.

Zuberfulofis (Schwindfucht) 238.

und Skrofuloſis 374.

Zyphöfe Lungenentzündung 237.

a. 28. 307.

Typhusbaz illen 307.

Übelkeit 273.

don Ärger 55.

-- nad Biertrinten 83.

-- mit Durchfall 61.

nad Erkältung 64.

nad Fahren im Wagen 71. 274.

- - nach einem Fall auf den Kopf 274.

nad Genuß geiltiger Getränke 82.

nad Kamillentee 110.

mit Kopfweh 62.

-- nach Magenverderbnis 74. 75.

dom WMilchtrinken 79.

-- nad Ringen oder Klettern 135.

während der Schwangerichaft 334.

bei Seekrankheit 164.

dom Tabakrauchen 86. 87.

dom Waſſertrinke 78.

Ubeeenfengung, Blutandrang davon 166.

geiftige 72.

lörperliche 69.

Schwindel davon 163.

fiberfüttern der Kinder 363.

Üiberladen des Magens 74.

Übermüdung 69 ff.

Übler Mundgeruch) 251.

Unglüdsfälfe, erfte Hilfeleiftung 122 bis 134

Unruhe, ängjtl. nach Tabakrauchen 87.

Unterkleidung 50.

Unterleib, Beſchwerd. b. Kindern 286.

Blutandrang 283.

Entzündung 283.

Fremdlörper darin 160.

Krankheiten desjelben 280-315.

Unterleibstyphus 307.

Uräntie 121. 316.

Urinbefchwerden |. Harnbeſchw. 315.

Urfachen, die Häufigften, der Krank⸗ beiten 51—162.

Urticaria (Rejjelfieber) 3M.

Varices 336. 397.

Venen, erweit. bei Schwangeren 336. Verbrennungen 152.

dur Elektrizität 152.

-— mit Höllenftein 154.

mit Phosphor 154.

mit Säuren 154.

durd heiße Speifen 155. Berbinden eines Knochenbruches 139. Berbinden einer Wunde 144. Berblödung 249. Verdauungsſchwäche 268. Berdauungsftörung, Koſtverordn. 45. Kopfichmerz davon 168.

-- von Saurem 87.

-— mit Schwindel 163.

Verdorbener Magen 74. 7b. 163.

Sadıregifter.

Verdruß, innerer 54. 55.

Berdünnungen, homöop. 21. 30. 35.

Bereinigen einer Wunde 144.

Verfälihung von Rahrungsmitteln 88.

Bergiftung no atalier Gifte 97. durch Biffe 1

durch Eiter re

durch Gaje 93.

dagegen 90.

erſte Hilfe 88

durch Kochgeſchirre 100.

durch metalliſche Gifte 99.

durch mineraliiche Gifte 96.

durch Pflanzen 102.

durd Säuren W. %.

dur 121.

durch Soda 97.

durd Stide 113.

durch tieriſche Gifte 111.

durch Vitriol 100.

Verhärtung der Zunge 264.

Verheben 136.

Verhutungsmaßnahmen bei Infek— tionstrankheiten 378.

ie 130.

Verlangen nad) Saurem 87.

Berlegungen, äußere 134—106.

-- der Bauchhöhle 151.

-- duch Fall 134.

-- dureh Sremdlörper 156—162.

der großen Gefäße 151.

-- durch Glas 147.

des Herzens 151.

-- am Kopfe 134.

- - innere 150.

.. Nägel, Holzſplitter u. dal. 147.

-—- durch Schlag 134.

- - durdy GSenfteig 162.

- - Dur Spaniſch⸗Fliegenpflaſter 162.

- - Starrframpf davon 18.

durd) Stoß 134.

Verluſt Säften 73. 164.

Veronal, Vergiftung 109.

Berreibungen, H5möspathifche 31. 35.

Bertenkungen 137.

Berfchleimung der Lungen |. „Bron- chialkatarrh“ 213.

des Magens 272.

Berichluden von Eisftüdchen 79.

Beritand, Verwirrung nad Schred 52.

nad) b2.

nad) Born 56.

Verſt a 137.

ertopfung, der Nafe bei Reugebo- renen 352.

des Sruhles 155. 310. 336.

nad Mildtrinten 79.

im Wochenbett 348.

439 .

Berunglüdte, Tragen und Beförbe-

rung berjelben 124. Vitriolvergiftung 100. Borbeugungsmittel,Domöop. 306. 379. Borfall des After 292. 293.

Wachstumsſtörungen 121.

Wadenkrampf 412.

Waͤſche der Kranken 50. 379.

Wäſche von Berjtorbenen 118.

Wahl des Bo. Arzneimittels 33.

Wanderroje 388

Wanzenbiſſe 113.

Warzen 399.

Geſchwure daran 398.

-- bei Neugeborenen 350...

Waſſer, ala Getränte 48.

Baflerheilkunde, Hahnemannd Ber- dienjte um fie 13.

a ſ. „Harnbeſchwerden“

——— 385.

Waſſerſcheu 116.

Waſſerſucht 316.

nach Scharlach 384.

Waſſerſtoffſu peroxyd gegen Bergif- tungen 93.

Waſſertrinken, Beſchwerden davon 78.

Wechſelfieber "414.

Wechſeljahre der Frau 331.

Schwindel während derjelben 163.

Wenaderinoten 397.

während der Schwangerſchaft 336.

Wehen bei der Entbindung 343. 344.

Weibliches Geſchlecht, Krankheiten Rah 327—349. Wein 46 Beineffig, Vergiftung ſ. bei ftarfen Säuren %.

Weingeiſt, Vergiftung 9.

Weinerlict eit 62.

Weinſteinſalz, A un 97.

Weiße Kniegeſchwulſt 40

Weißfluß 333.

bei Kindern 333.

Weitſichtigkeit 188.

Weſpenſtiche 113.

u eleung vom Blik Getroffener 132.

a 133.

-- Erhungerter 130.

Ertruntener 131.

Ermwürgter, Erdroſſelter, Exrhent- ter, Erftidter 1 130. fceintoter Kinder 349.

Sceintoter 129.

Biderwillen gegen freie Quft 57.

Wildbret 48.

Winde ſ. „Blähungen“ 282.

440 Sachregiſter. Windpocken 385. Mittel dagegen 261. Wismutvergiftung 102. Mittelüberjicht 257. Wiſſenſch. ———— nemanns 10. nervöſe 266. nenne nee, efhwerden Du- Repertorium 257.

bon 66.

Wochenbett 343,

Wochentölpel 199.

Wöchnerinnen, Starrkrampf 149. Wolfsmilch, Vergiftung 103. Wollene Unterkleidung 50. Wuchetungen, adenoide 209. WYfrgen nad) Arger 55.

mit Huften 60.

Wurmer 289.

-- im After 2.

im Magen 160. Wundbehandlung, Hahnemanns 11. -- antijeptifche 143.

--- ajeptiiche 143.

Wunden 143.

Nrzneimittel Dagegen 148.

Blutungen daraus 145.

Eitern derfelben 148.

-— Nachbehandlung 147.

Reinigen 146.

Berbinden 144.

Bereinigen 141.

Wundfieber 148.

Wundliegen 400.

Wundmittel 148. Wundſein der Neugeborenen 355. Wundmwerden der Bruftwarzen 346. der Füße nach Fußreiſen 70. Wurm am Finger 393. Wurmmittel, ſchädliche Folgen 110. Wurmtabletten 110. Wurmzeltchen 110.

Wurftgift 119.

Wutanfälle 85.

ahnen der Kinder 361. ahnentzündung 257. ahnfiſtel 250. ahnfleiich, Blutungen 150. 252. ahngeſchwüre 252. ahnträmpfe 362. 363. ahnmarkentzündung 255. ahnpflege 254. ahnichmerzen 254—266. nad) Erkältung 63. 259. 264. mit geſchwoll. Geſicht 265. 60. nach Kaffeegenuß 86. von kaltem Waſſer 78. kongeſtive 256.

rheumatiſche 266. 256. 260. 263.

nach Tabakrauchen 87. ahnmwurzelentzündung 200.

a rn Geſchwulſt davon 150. ahnweh ſ. „Zahnſchmerzen“. äpfchen, geſchwollenes 216. 242. 245. iegenpeter 199.

igarren, nilotinfreie 49.

imt 49

incum sulph., Bergiftung 101. int, Vergiftung 101. inn, ——— 101. irbeldrüſe, Wachsſstumsſtörungen 121. itronen, Beſchwerden davon 87. a8 Gegenmittel altal. Gifte 9. gegen Müdenftiche 113. gegen Halsweh 248. Bittern nad) Schred 51. nad Weingenuß 83. Born 56. nad Ärger 55. Zubereitung von Eiweißwaſſer 297. von Fleiſchextrakt 46. homöopathiſcher Arzneimittel 29. bon Kindermehl 363. Yubereitung von Kraftbrühe 46. bon faurer Milch 44. en ber Glieder nach Schrted 51. uder 48. als Gegenm. bei Vergiftungen 92. derharnruhr 121. 320. derwafjer gegen Arſenik 92. gegen giftige Yarben 92. -- gegen Kupfer 92, gegen Binn 92. Zündhölzer, Vergiftung dadurch 98. Zunge, Beißen darauf 254. | zo, Folgen davon 254. --- Entzündung 253. Geſchwulſt 253. —- Lähmung 254. -- Berhärtung 254. urüdbringen eines Bruches 326. urüdgetretene een 59. 234. urüdgefchlagener Schweiß 58. 59. uſammenſchrecken im Schlafe 53. wiebad 47. wiebel 49,

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