| Br Zn bare ® an . ” “ 4 a K ’ f ir A * en ; % \ g i - & a ” N 2 } a} | | wet ur , n d di i r u R ni | R N | she t = 0 ZEE006FO 1911 € | | | . En r % ‚ wie u in ir = r TE x A | E.; ABHANDLUNGEN SR DER ZO0OL-BOTAN. GESELLSCHAFT IN WIEN. 4 BAND XU, HEFT 1. HBRAUSGEGEBEN MIT UNTERSTÜTZUNG DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR INNERES UND UNTERRICHT. INSEKTEN unn BLUMEN EXPERIMENTELLE ARBEITEN ZUR VERTIEFUNG UNSERER KENNTNISSE ÜBER DIE WECHSELBEZIEHUNGEN ZWISCHEN PFLANZEN UND TIEREN VON D* FRITZ KNOLL, PRIVATDOZENT UND ASSISTEN T AM BOTANISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT WIEN. HEFT 1: I. ZEITGEMÄSZE ZIELE UND METHODEN FÜR DAS STUDIUM DER ÖKOLOGISCHEN WECHSELBEZIEHUNGEN. II. BOMBYLIUS FULIGINOSUS UND DIE FARBE DER BLUMEN. (MIT 6 TAFELN, 23 TEXTFIGUREN UND 3 PROBEN FARBIGER PAPIERE.) 862%: De: a. WIEN, 1921. VERLAG DER ZOOL.-BOTAN. GESELLSCHAFT, = ‚ce VORWORT DES VERFASSERS. Mit der Arbeit über „Zeitgemäße Ziele und Methoden für das Studium der ökologischen Wechselbeziehungen“ beginne ich die Veröffentlichung meiner seit sieben Jahren durchgeführten experimentellen "Untersuehungen über Insekten und Blumen. Ich habe den Gesichtssinn, den Geruchssinn und andere physiologische Eigentümlichkeiten der wich- tigsten Kategorien der Blütenbesucher in eine wissenschaftlich einwand- freie (kausale) Beziehung zu ihrem Verhalten bei der Annäherung an die Blumen und ihre daselbst beobachtete Tätigkeit zu bringen gesucht, um dadurch die Blütenökologie von einem Teil jener Oberflächlich- keiten zu säubern, die aus Ungenauigkeit in der Beobachtung und oft allzu begeistertem Vergleichen mit menschlichen Be- | dürfnissen und Lebensgewohnheiten in das Arbeitsgebiet hinein- getragen worden sind. Um diese Absicht zu verwirklichen, mußte ich “erst umfangreiche Abschnitte aus der Physiologie und Ökologie der blüten- besuchenden Insekten erforschen, da oft gerade über die für mich in u Betracht kommenden Erscheinungen noch keine Arbeiten vorlagen oder das darüber Vorhandene für meine Zwecke nicht ausreichte. Ebenso mußten auch ausgedehnte Untersuchungen über noch unbekannte Tatsachen an den von Insekten besuchten Blumen und deren Teilen vorgenommen werden. Dadurch kam fortwährend eine gegenseitige Befruchtung der 5 - tierbiologischen und pflanzenbiologischen Arbeitstätigkeit zustande. Es werden nun im Rahmen des vorliegenden Bandes der Abhand- lungen der Wiener Zoologisch-botanischen Gesellschaft nach und nach ' meine blütenökologischen Untersuchungen über die Wollschweber (Bom- bylius-Arten), über Schmetterlinge, über Aas- und Füzes-Insekten (Fliegen und Käfer) und über Hautflügler in zwangloser Folge erscheinen, und zwar in möglichst guter Ausstattung, aber mit solehen zeitlichen Zwischenräumen, wie sie heute durch die Schwierigkeiten der Drucklegung gegeben sind. Jedes Heft des Bandes wird inhaltlich in sich abgeschlossen IV sein und auch einzeln abgegeben werden können. Am Schlusse des Bandes werden durch eine zusammenfassende Abhandlung die zwischen den einzelnen Arbeiten vorhandenen inneren Zusammenhänge besonders hervorgehoben und die Ergebnisse aller Untersuchungen zu einer Einheit zusammengefaßt werden. Durch meine Untersuchungen habe ich in gleicher Weise das Leben der betreffenden Insekten wie das der von ihnen besuchten Blumen von neuen Seiten beleuchten wollen, in der Hoffnung, daß dadurch ebenso die Biologie der Tiere wie die der Pflanzen eine zeitgemäße Förderung er- fahren werde. Botanisches Institut der Universität Wien. Oktober 1920. ae Fr. Knoll. 1% ZEITGEMÄSSE ZIELE UND METHODEN FÜR DAS STUDIUM DER ÖKOLOGISCHEN WECHSELBEZIEHUNGEN. Abhandl, d. zool,-botan. Ges. Bd. XII, Heft 1; ' 1 ER EN ER RER Die meisten Menschen, welche sich mit der Frage der Wechsel- beziehungen zwischen Tieren und Pflanzen beschäftigen, sind ge- wohnt, diese stets in eine Verbindung mit einem Nutzen oder Scha- den zu bringen, der dadurch einem der beiden Organismen erwachsen soll. Dies ist darin begründet, daß die Ökologie in den meisten Fällen als eine Wissenschaft aufgefaßt wird, deren Hauptziel — im Gegensatze zu dem der Physiologie — die Feststellung finaler Beziehungen zwi- schen Gestalten und Geschehnissen an den Organismen wäre. Es sollte dadurch der „tiefere Sinn‘ des Beobachteten erfaßt werden,!) und dieser sei in der „Zweckmäßigkeit‘‘ des Lebensganzen gelegen. Zweckmäßig sei alles das, was der Erhaltung des Einzelwesens oder der Art nützlich sei. Dabei bezeichnet man bald das Leben überhaupt als zweckmäßig, bald aber nur einzelne Teile der Gesamterscheinung. Mit der Frage nach der Nützlichkeit und Schädlichkeit hat sich die Naturwissenschaft aber einer 'Betrachtungsweise ergeben, die das gesamte Leben in der Natur nach dem Gesichtspunkte des Geschäftes, nach dem Profit untersucht. Da das menschliche Treiben in allen seinen Teilen ja nur Dinge zeigt, die auch sonst in der belebten Natur, wenn auch in anderen Formen, auftreten, mag diese geschäftlich urteilende Betrachtungsweise eine gewisse grund- ' sätzliche Berechtigung haben. Allein die Durchführung einer solchen Be- trachtungsweise, wenn sie mit vorurteilsfreier logischer Schärfe geschieht, zeigt sofort, daß sie kein brauchbares Ergebnis zeitigen kann. Schon inner- halb des menschlichen Lebens ist die Frage nach der Nützlichkeit keine einfach zu beantwortende. Wenn auch mir eine bestimmte Lebensweise erstrebenswert und nützlich erscheint, so würden sich doch zahllose Menschen sehr dagegen sträuben, die gleiche Lebensweise für sich als nützlich zu bezeichnen. Und hier kommt uns bei der Feststellung des Nützlichen noch das sprachliche Mitteilungsvermögen unter Menschen sehr zustatten. Wenn ein Tier von einem anderen gefressen wird, so ist _ dieser Vorgang dem einen Tiere nützlich, dem anderen schädlich. Solche _ Fälle zeitigen keine Meinungsverschiedenheit. Aber meist unüberwind- bar werden die Schwierigkeiten, wenn die Frage aufgeworfen wird: Ist eine gerade vorliegende Lebensäußerung nützlicher als eine bestimmte andere, unter den gleichen Umständen ebenfalls mögliche? Und gerade auf solche Unterschiede in der Nützlichkeit und Schädlichkeit kommt 1) Ausdrucksweise nach Neger, Biologie der Pflanzen auf experimenteller Grundlage (Stuttgart 1913), S. 10. 1* 4 | Fritz Knoll. es ja beim „Überleben des Passendsten“ wesentlich an. Einen Ausweg aus diesen Schwierigkeiten gibt dann oft die Antwort: „Es geht so, es ginge aber auch anders.“ !) Gleichbedeutend mit der Frage nach der Nützlichkeit und Schäd- lichkeit ist die Frage nach dem Kampf ums Dasein. Nachdem diesem „Kampfe“ Schöpferkraft in der Umbildung der Organismen zu- geschrieben worden war, fand man nicht genug daran, alle Erscheinungen in der Außenwelt eines Organismus als Teile des Kampfes ums Dasein zu betrachten, sondern man sah auch in der gegenseitigen Beeinflussung innerer Teile des lebenden Körpers den Kampf verwirklicht. Diese maß- lose Übertreibung eines einzigen der zahlreichen Faktoren hat wohl mit Weismann sein Ende gefunden. Und so zeigen sich jetzt immer mehr die Anschauungen, daß in der Natur im allgemeinen nicht jene Dürftig- keit und Bedrängnis herrscht, deren Folge der Kampf aller gegen alle sein sollte. Auch die so viel gepriesene Sparsamkeit im Haushalt der Organismen ist für den unverbildeten Beobachter nicht die Beherrscherin des Lebensgeschehens, sondern man findet eher in vielen Bereichen der lebenden Natur großen Überfluß und wahrhafte Vergeudung von Material und Kraft — gemessen an der durchschnittlichen ORT BEEN der Lebens- haltung des Menschen im sozialen Verbande.2) Bei der Auswirkung des darwinistischen Glaube ‘indie: Ökologie kamen natürlich oft die unglaublichsten, gesuchtesten Deutun- gen der Nützlichkeit eines Organs oder einer Organäußerung vor. Gegen diese Ungereimtheiten führt Goebel schon seit Jahren einen heftigen Kampf in der ihm eigenen, oft scharfen Tonart.' Sein Buch über die Ent- faltungsbewegungen räumt nun wieder gründlich mit einigen solehen An- schauungen auf und betont aufs stärkste die „Nutzlosigkeit‘“ zahlreicher früher als „nützlich“ bezeichneter Entfaltungsbewegungen. Dieses Werk Goebels gehört durch die lebhafte kritische Behandlung so vieler wich- tiger Probleme der Pflanzenökologie zu den erfreulichsten Erscheinungen der biologischen Literatur der letzten Jahre; es wird durch die zahllosen Anregungen, die es zu geben vermag, der kritischen Weiterentwieklung der Biologie einen bedeutenden Anstoß geben. Neben der Wegschaffung unbrauchbarer Denkergebnisse bewirkt Goebels Gedankengang beson- ders durch die starke Betonung des „Prinzips der Ausnutzung“ eine zeitgemäße Förderung unserer Bemühungen um die Erforschung der leben- den Natur. Durch dieses „Prinzip“ wird betont, daß die Organis- men ihre Organe gebrauchen, weil sie sie besitzen. 1) Satz aus: Goebel, K., Die Entfaltungsbewegungen der Pflanzen ze deren teleologische Deutung (Jena 1920), S. 5 Anm, 2) Darauf hat schon im Jahre 1886 Friedrich Nietzsche aufmerksam ge- macht. Er sagte dies mit den Worten: „In der Natur herrscht nicht die Notlage, sondern der Überfluß, die Verschwendung, sogar bis ins Unsinnige. Der Kampf ums Dasein ist nur eine Ausnahme... .“ (Die fröhliche Wissenschaft, Aphorismus 349.) BE a re Insekten und Blumen. 1) und weilihnen auch die zuihrem Gebrauch nötigen sonstigen Eigenschaften (Fähigkeiten) zukommen. Dabei müssen wir berücksichtigen, daß beim Gebrauch die Organe mancherlei Veränderungen erfahren. Die meisten Organe werden vom Beginn des Gebrauches an fortlaufend abgenützt, die einen mit einer mehr oder weniger vollständigen Erneuerung, andere ohne eine solche. | Diese Erscheinungen werden in der Ökologie meist stillschweigend über- gangen. Bei anderen Organen bewirkt der Gebrauch zunächst eine fort- schreitende Förderung des Organs und dessen Leistungen, und von solchen wird immer mit viel Nachdruck gesprochen, wenn es sich darum handelt, „schlagende Beweise“ für die Zweckmäßigkeit in der lebenden Natur zu bringen. Nach und nach verfallen aber auch solche Organe den Folgen der Abnützung und ihre anfänglichen Auswirkungen. verschwinden schließlich aus dem Lebensgetriebe des Organismus. Die Abnützung der Organe ist eben ein Teil der unvermeidlichen Abnützung ' des Organismus durch sein Dasein. Im Anschlusse daran sei hier noch auf die Auseinandersetzung über das Wesen der Ökologie eingegangen, die Tschulok in seinem aus- gezeichneten Buche über das System der Biologie gegeben hat.!) Es wird dort von der ökologischen Betrachtungsweise (dem vierten seiner Gesichtspunkte, nach denen er die Erforschung der Lebewesen betrieben haben will) gesagt, daß nach ihr die „Beziehungen derselben zueinander und zur anorganischen Natur“ untersucht werden. Diese Definition ist frei von teleologischen Voraussetzungen und Folgerungen. Trotzdem gehört nach seinen weiteren Ausführungen die Teleologie zum Wesen ‚der Ökologie. Er sagt: „Die Lebenserhaltung liegt hier der ganzen Be- trachtungsweise zugrunde. Wenn die Erhaltung des Lebens als Ziel ge- dacht wird, so erscheinen die Anpassungen als Mittel zur Erreichung dieses Zieles. Der subjektive Charakter der ganzen Anschauung tritt - hier deutlich genug hervor. Aber vergessen wir nicht, daß das System _ eben der Ausdruck des Ringens unseres forschenden Geistes nach Er- _ kenntnis ist. Und wenn in unserem forschenden Geiste auch subjektiv- teleologische Kategorien enthalten sind, so ist eine Anwendung dieser Kategorien bei der Betrachtung der Organismenwelt ebenso berechtigt wie die Anwendung der kausalen Betrachtungsweise.“ Gegen eine solehe Auffassung ist vom Standpunkte des Naturphilosophen aus nicht das mindeste einzuwenden. Das „Recht“ zur Anwendung der teleo- - logischen Betrachtungsweise kann gewiß niemand bestreiten, auch nicht innerhalb des Gebietes der Naturwissenschaften. Da wir aber, wie er- wähnt, keinen ausreichend genauen Maßstab für die Beurteilung der „Zweckmäßigkeit‘“ im allgemeinen und auch im besonderen besitzen, 1) Tschulok, S., Das System der Biologie in Forschung und Lehre (Jena 1910), S. 211 ff. Ä 6 | - Fritz Knoll. so glaube ich heute,!) daß wir die teleologische Wertung gsanzausderbiologischen Forschung?) ausschalten könnenundsollen. Es wird ja z. B. auch in der Mineralogie nicht gefragt, ob es zweckmäßiger ist, daß ein Mineral in monoklinen Kristallen auftritt statt in rhombischen. Die Probleme liegen eben hier wie dort wo anders: in der Vergleichungundim Nachweisvon Gesetz- mäßigkeiten.?) Und so soll in der Reihe von Arbeiten, die ich hie- mit der Öffentlichkeit übergebe, von jedem teleologischen Erklärungs- versuch abgesehen werden, und ich hoffe, daß die von mir gefundenen Tatsachen trotzdem und vielleicht gerade deshalb das Interesse der Bio- logen finden werden. Meine Auffassung über das Arbeitsgebiet der Ökologie stimmt mit jener Anschauung Goebels überein, die in der Mannigfaltig- keit der Erscheinungen die Granilägs für eine erfolgreiche Beurteilung ökologischer Probleme sieht.*) Diese Mannigfaltigkeit fordert zu ver- gleichender Betrachtung heraus. Sehr gut läßt sich auf diese Weise das Arbeitsgebiet der Physiologie dem der Ökologie gegenüber- stellen: Die Physiologie stellt ihre Untersuchungen vorallemanjenen Pflanzenan,diediephysiologi- schen Erscheinungen am ausgeprägtesten zeigen, während die Ökologie diese aus der Mannigfaltig- 'keitvonderkaummerkbaren Äußerungbiszuihrem stärksten Auftreten an verschieden veranlagten Pflanzen zu ergründen sucht. Die Ökologie behan- delt. somit die vergleichende Physiologie in ihrer Beziehung zu allen auf die Organismen einwirken- den Faktoren der natürlichen Umwelt. Die Physiologie hat sich nach meiner Meinung nieht darum zu kümmern, ob eine Ein- 1) Von darwinistischem Denken ausgehend, hatte ich schon im Jahre 1914 in der Arbeit zur Ökologie und Reizphysiologie des Andröceums von (istus salvi- folius (Pringsh. Jahrh. f. wiss. Bot. LIV) das Vorhandensein von „bedeutungslosen“ Organen und Organäußerungen anerkannt. Im weiteren Verlaufe des eingeschlage- nen Weges habe ich diese bereits eingeschränkte teleologische Fragestellung jetzt vollständig aufgegeben. 2) Man könnte vielleicht einwenden, daß wohl die wissenschaftliche Forschung des Begriffes der Zweckmäßigkeit entraten könnte, daß aber die Praxis der Lehre sich in der Ökologie einer teleologischen Darstellung bedienen müsse. Bequem- lichkeit und Gewohnheit mögen zwar zunächst dafür sprechen, die Lehre kann aber auch hier kein Ausnahmsrecht beanspruchen. ) Trotzdem sich Goebel so sehr bemüht, die teleologische Betrachtungs- weise abzubauen, kann er sich doch nicht entschließen, sie gänzlich preiszugeben. So beendet er den ersten Abschnitt seines Buches mit dem Satze: „Die Teleologie ist eben deshalb, weil sie anthropomorphistisch ist, so sehr mit uns verwachsen, daß sie immer wieder sich geltend machen wird — auch wenn sie zeitweilig in den Hintergrund tritt.“ ») Goebela.a. O.S.26ff. en A rd ze E 2 ’ ei 1 2 ’ ® Insekten und Blumen. 7 wirkung z. B. auf eine Pflanze an deren natürlichem Lebensorte vor- kommt oder nicht; sie untersucht den Erfolg eines Eingriffes, schafft nach Bedarf die verschiedensten Formen einer absichtlich gewählten („unnatürlichen“) Umwelt und sucht daraus allgemeine Schlüsse auf die Grundlagen des Lebens zu gewinnen. Die Ökologie untersucht die ver- schiedensten Einzelfälle, ihre Abhängigkeit von der jeweiligen natürlichen Umgebung und die Auswirkung auf diese und sucht auf dem Wege des Vergleiches der dabei gefundenen Mannigfaltigkeit die inneren Beziehun- . gen der Gesamtheit des Lebens in der Natur zu ergründen. Bei der ökologischen Betrachtung der Einzelfälle werden sich Ge- setzmäßigkeiten in den Beziehungen zur Umwelt ergeben, Abhängigkeiten von dieser, die wir dann mit dem Namen Ökologismen bezeichnen. (Das Zustandekommen dieser Ökologismen können wir mit Detto Ökogenese nennen.) Die Wege zur Ergründung der bei der Be- trachtung auftauchenden ökologischen Probleme sind zweifach: die un - mittelbare Beobachtung und das Experiment. Beide haben die Feststellung der Ökologismen zum Ziele. Der Weg der un- mittelbaren Beobachtung war zuerst der einzige, der in der Ökologie begangen wurde; der Wegweiser war neben der Idee vielfach der Zufall. . Der Weg des Experiments wurde erst später beschritten; für ihn ist charakteristisch, daß die Idee, die Absicht des Forschenden vor allem riehtunggebend wirkt. Zwischen der vergleichenden Beobachtung und dem Experiment ist jedoch keine scharfe Grenze zu ziehen, sondern es sind, wie Tschulok richtig hervorhebt, zwischen diesen beiden Metho- den zahlreiche oft ganz unmerkliche Übergänge vorhanden. Wenn ich 2. B. bei meinen Untersuchungen über Honigbienen und Blumenfarben die Beobachtungen in einer bestimmt ausgewählten Landschaft, in einer bestimmten Jahreszeit, bei ausgesuchten Licht- und Windverhältnissen und an besonders ausgewählten Tieren und Pflanzen machte, ohne jedoch an diesen beiden irgend etwas zu verändern, so wurden diese Beobach- tungen infolge der geschilderten Umstände von selbst zu einem Ex- periment. Über das Wesen des Experiments sind selbst heute noch manche Forscher im unklaren und dies kommt auch in der Literatur zum Ausdruck. Tschulok hat im 8. Kapitel seines Buches alles Hie- hergehörige zusammengefaßt und in“trefflicher Weise kritisch beleuchtet. Er schließt sich dabei den von Wundt und Driesch geäußerten Ansichten über das Wesen des Experiments an. Für das typische Experi- ment ist die Schaffung von Veränderungen in der Beobachtungs- welt charakteristisch. Wie weit diese zum Wesen des Experiments ge- hören, sei durch die von Ts. chulok hervorgehobenen Zitate!) nach Driesch gezeigt, die ich hier im Wortlaut beifüge. „Das Experiment 1) 2.2.0. 8. 168 8 Fritz Knoll. will nieht im allgemeinen Veränderungen herbeiführen, son- - dern will Veränderungen (Vorgänge) nach Belieben isolieren oder variierenundisolierte Vorgänge be- wußt kombinieren.“ „Nicht weil die anorganische Natur ver- hältnismäßig ‚unveränderlich‘ ist, haben der Physiker und der Chemiker den Versuch erfunden, sondern weil sie sich in so ungeheuer mannig- facher und verwobener Art, wenn auch oft langsam, verändert, daß aus Beobachtungen des Gegebenen nie und nimmer Kausalousi ne mit Sicherheit ermittelt werden können. Erst dadurch, daß Vorgänge | A, B, © usw. bewußt zu bestimmter Zeit und an bestimmtem Ort isoliert hervorgerufen sind, ist man in der Lage, anzugeben, welche Vorgänge A’, B', C’ usw. im Kausalverhältnis mit ihnen stehen. Ganz dasselbe, was den Wert des Versuches in den anorganischen Disziplinen ausmacht, trifft nun auch vom biologischen Versuch zu.“ '!) Und damit ist auch der ganz hervorragende Wert des Experiments in unserer Forschungs- richtung gegeben; doch kann es nur dann wirklich Ersprießliches schaffen, wenn es in steter Wechselwirkung mit guter, verläßlicher Be- obachtung in der natürlichen Umwelt bleibt. | Von der Überzeugung eines solchen Wertes der experimentellen Me- thoden für die Ökologie war auch Neger ausgegangen, als er seine ' „Biologie der Pflanzen auf experimenteller Grundlage‘ herausgab. Er war sich dabei wohl bewußt, daß der Titel mit dem Inhalt des Buches nicht genügend übereinstimmt. Der Leser sieht auch bald, dab die experimentelle Seite der ökologischen Erscheinungen neben der breiten Darstellung der durch vergleichende Beobachtung gewonnenen Tatsachen nur wenig Raum einnimmt. Der Verfasser sagt ja selbst, daß den Grund- ton seines Buches die allgemeine Ökologie abgibt und daß sich von diesem Hintergrunde „reliefartig und ihrer Bedeutung entsprechend mehr oder weniger plastisch alle jene ökologischen Phänomene abheben, welche ... experimentell nach ihrer finalen und kausalen Seite untersucht worden sind‘“.2) Aber die Anzahl solcher Phänomene ist doch noch viel zu gering, um den von Neger gewählten Titel des Buches zu rechtfertigen, so daß ein anderer, dem Inhalt besser entsprechender Titel am Platze gewesen wäre. Negers Wunsch nach experimentell gewonnener Vertiefung seines Arbeitsgebietes ist aber voll berechtigt und verdient deshalb die entsprechende Anerkennung. | DieÖkologiekannalsoinZukunftnurdannhalt- bare Erkenntnisse liefern, wenn Sie neben der un- mittelbaren Beobachtung der Naturgeschehnisse sich vorallem des Experimentsalsihrervornehm- sten Methode bedienen wird. . 2 1) Vgl. Driesch, Hans, Über den Wert des biologischen Experiments. Archiv f. Entwicklungsmechanik, Bd. 5 (1897), S. 134. 2) a.2.0. 8. 12, Insekten und Blumen. I Es seien hier noch ein paar Worte über den Begriff Anpassung (Angepaßtsein) gesagt, da ja gerade dieses Wort in der Ökologie eine besonders häufige Verwendung findet. Die mit Hilfe der oben- erwähnten Methode nachgewiesenen gesetzmäßigen (besser aus- gedrückt: regelmäßigen) Beziehungen zwischen einem Organismus und seiner Umwelt (oder einem ihrer Teile) kann man als „Anpassungen“ an diese bezeichnen. Denn wenn die gegenseitigen Einwirkungen nicht zueinander paßten, wäre die Einwirkung nicht zu einer regelmäßig vor- handenen geworden, sie wäre nicht im Gefüge der immer wiederkehren- den Wirkungen erhalten geblieben. Mit dem Worte „passen“ ist hier nur gesagt, daß sich die Wirkungen zu einem einheitlichen, andauernden oder regelmäßig wiederkehrenden Gefüge zusammengefunden haben; die Frage nach der Nützlichkeit bleibt auch hier unberührt. Wenn z. B. bei einem Bergsturz ein Felsstück auf ein bereits unten befindliches herab- stürzt und darauf liegen bleibt, so paßt es in diesem Sinne an der be- treffenden Stelle, denn sonst wäre es dort nicht liegen geblieben, sondern _ weitergerollt oder umgefallen. Es wird wohl manchem eine solche Auf- - fassung des Begriffes zu roh vorkommen. Sie ist ja auch in gewissem Sinne eine „oberflächliche‘“, aber bei ehrlicher Überlegung muß man eingestehen, daß unsere Erkenntnisse in diesen Dingen eben nicht „tiefer“ . eindringen können und daß wir uns daher mit einer solchen Verwendung des Begriffes bescheiden müssen. . ‚Fügen wir diese Auffassung in den Gedankengang der phylogeneti- schen Spekulation ein, dann müssen wir den darwinistischen Satz vom Überleben des Passendsten im Kampf ums Dasein einschränkend ab- ändern in: Überleben des Passenden auch ohne einen KampfumsDasein. Dies gilt ebenso für die Organismen als ganze "wie für deren Organe. Nur in Ausnahmefällen wird das Passendste unter Passendem eine für die Erhaltung ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Ein gewisses Maß von Erhaltungsfähigkeit liegt ja schon im Wesen des Lebens und der Fortpflanzung der Organismen. Angepaßt- sein und Dasein wäre somit in diesem Sinne für den Organismus gleich- bedeutend. Was ich bisher von der Ökologie im allgemeinen sagte, gilt natür- lich auch im besonderen von dem Arbeitsgebiet über die Wechsel- - beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren. Es wird sich bei Unter- _ suchungen in diesem Gebiete immer um die Frage handeln: Wie wirkt. imeinem solehen Falle beobachteterodererschlos- sener Wechselbeziehungendas Tieraufdie Pflanze _ unddie Pflanze auf das Tier? Die Frage nach dem Nutzen . (für beide Teile) soll dabei, wie bereits betont, nieht gestellt werden. "Wir fragen vielmehr: Wie fügen sich die Wirkungen von beiden Seitenineinander, wie beeinflussen sie das Bild des gemeinsamen Lebensgetriebes? Wir untersuchen | 10° "Fritz Knoll. dann weiter, ob wir eine andauernde Wechseleinwirkung oder eine nach Unterbrechungen regelmäßig wieder- kehrende vor uns haben. Wenn wir weiter fragen sollten, ob die untersuchten Erscheinungen zum wesentlichen Teil des gerade vorliegen- den Lebensbildes gehören oder nicht, dann müßten wir uns vor Augen halten, daß dadurch eine subj ktier e Seite der Beurteilung in den Vordergrund tritt. Ganz auszuschalten haben wir aber alle Auffassungen, die sich jeder objektiven Prüfung entziehen. | Als Beispiel einer solchen Beurteilung, die jeder ernsten Kritik unzugänglich ist, sei aus der Vergangenheit unseres engeren Arbeits- gebietes eine Auffassung Hermann Müllers besprochen, die in seinen Büchern öfters wiederkehrt. Ich führe hier zunächst eine Stelle aus seinem Buche über die Alpenblumen an.') Bei der Besprechung der ge- sprenkelten Blüten von Saxifraga-Arten bringt er folgende Schilderung: „Vor den zierlich gestalteten und rot gesprenkelten Blüten der... . Sazi- fraga rotundifolia sah ich nämlich. wiederholt zwei zierliche Schweb- fliegen, Sphegina clunipes und Pelecocera scaevoides, in augenschein- lichem Ergötzen schweben, dann anfliegen, um Nektar zu saugen oder Pollen zu fressen, dann wieder vor den Blüten schwebend sich an ihrem Anblicke weiden und so fort, und zwar in solcher Häufigkeit, daß diese beiden Arten allein offenbar die wichtigste Rolle als Kreuzungsvermittler und damit als unbewußte Blumenzüchter spielen.“ Von dem Verhalten der Schwebfliege Ascia podagrica an Blüten von Sazifraga umbrosa 2) sagt er nach eingehender Schilderung der Blütenzeichnung: „Es mag also sehr wohl sein, daß diese Zeichnung nicht nur das Wohlgefallen der kreuzungsvermittelnden Schwebfliegen an den genannten Blumen steigert, sondern sie zugleich nach dem zwar offenliegenden, aber doch wenig in die Augen fallenden Honig hinleitet, mithin als Saftmal dient.“ In Übereinstimmung zu der den Dipteren zugesprochenen ästhetischen Veranlagung billigt er den Blumen wohl ähnliches zu, indem er die Zeichnung der Saftmale von „bloßer Schmuäkzeichningete der Blüten unterscheidet. Diese Beispiele werden genügen, um darzulegen, daß Hermann Müller diese Ausdrucksweise nicht etwa bildlich meinte, | sondern vielmehr geneigt war, die im menschlichen Leben vorhandene ästhetische Wirkung optischer Effekte ohneweiters auch den Insek- ten zuzusprechen.?) Auch hinsichtlich des Duftes hatte Hermann Müller eine ähn- liche Beurteilung nach menschlichen Mustern. So findet man z. B. die 1) Müller, Hermann, Die Alpenblumen und ihre Befruchtung durch Insekten und ihre Anpassungen an dieselben (Leipzig 1881), S. 482. h 2) Ebenso, S. 483. 3) Man vergleiche darüber auch die Ausführungen von Paul Knuth (der sich der Auffassung Hermann Müllers vollständig anschließt) in seinem Handbuch der Blütenbiologie, 1. Bd., S. 212 und 213. Insekten und Blumen. 11 von ihm gemachte Angabe,') daß der „widrige Geruch‘ der Blüten von Scrophularia nodosa den Honigbienen das Ausbeuten des Honigs ver- leidet, obgleich damals noch gar keine wissenschaftlichen Untersuchun- gen über das Geruchsvermögen der Honigbienen vorlagen. Heute wissen wir vielmehr durch die Versuche von Frisch,?) daß selbst der Geruch von Lysol, der den Bienen nachweisbar unangenehm ist, die Ent- _ nahme von Honig nicht verhindert. Zur Verstärkung dieser Äußerung hebt H. Müller dann noch eigens hervor: „Außer dem Geruch weist auch die Farbe von Scrophularia auf Anpassung an. einen ästhetisch weniger ausgebildeten Besucherkreis hin.“ Ja, einmal ist H. Müller . nahe daran, sein Mißfallen über jene Dipteren auszusprechen, welche die „eigentümliche Liebhaberei‘ zeigen, „zum Teil die unsaubersten Flüssig- keiten und feuchten Gegenstände zu belecken“. Er spricht auch von dem „Behagen“, mit dem Sarcophaga an fauligem Fleische leckt!?) Diese unwissenschaftliche Gepflogenheit, die blütenbesuchenden Insekten sich als gute oder schlechte winzige Menschen vorzustellen, hat zwar zu man- chen schönen Entdeekungen geführt, sie hatte aber auch manche Tore der Erkenntnis, die weit offen standen, für viele Jahre verrammelt und dadurch zeitweise unsichtbar gemacht. Bei dieser scharfen Zurück- weisung einer solchen kritiklosen Behandlung eines wissenschaftlichen Gebietes soll aber die überragende Bedeutung Hermann Müllers als "Naturforscher, besonders auf dem Gebiete der Wechselbeziehung zwi- schen Blumen und Insekten, nicht geschmälert werden. | Da die Vermenschlichung der blütenbesuchenden Insekten in der u Blütenökologie bis heute noch ihre Vertreter gefunden hat, ist dieser Zweig eines überaus anregenden und reichhaltigen Arbeitsgebietes bei den kritischer veranlagten Forschern der Geringschätzung anheim- gefallen, wenn er nicht gar als müßiges Spiel belächelt wurde. Wir brauchen deshalb zur. Neugestaltung der Blütenökologie vor allem deren 'Säuberung von den erwähnten unstatthaften Auffassungen, die seit der Zeit Hermann Müllers sich bis heute erhalten haben. Da die Er- forschung alles dessen, was mit der Fortpflanzung der Organismen zu- sammenhängt, seit jeher mit Recht im Mittelpunkte des biologischen _ Bemühens stand, wird auch der Ökologie der Blüten und der sie be- stäubenden Insekten nach ihrer zeitgemäßen Reinigung wieder der ihr gebührende Platz eingeräumt werden. Dies wird sich von selbst durch . die künftige Ablehnung der Nützlichkeitsfrage und durch die reine Fest- stellung des Tatsächlichen besonders mit Hilfe des Experiments vollziehen. 1) Müller, Hermann, Die Wechselbeziehungen zwischen den Blumen und den ihre Kreuzung vermittelnden Insekten (Sehenks Handbuch der Botanik), S. 65. 2) Frisch, K. v., Über den Geruchsinn der Biene (Sonderabdruck aus den Zoolog. Jahrbüchern, Bd. 37, Abtg. f. allg. Zoologie und Physiologie), S. 193 ff. . 3) Müller, Hermann, Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider (Leipzig 1873), S. 39. 12 Fritz Knoll. Während in der Zeit der Untersuchungen Hermann Müllers die Experimente zur Erforschung der Blütenökologie verhältnismäßig spär- lich und unbeholfen waren, macht sich besonders in der letzten Zeit ?) ein Aufschwung bemerkbar, indem, angeregt durch die Arbeiten es Heß, neuerlich der Zweifel in Misber gewohnte Auffassungen hinein- | EIER und daraufhin besonders durch Frisch wichtige physiologi- sche Fragen, die sich durch den Blütenbesuch der Honigbienen ergaben, geklärt und beantwortet wurden. Die Fragestellung und die Durchführung der Versuche hängt natür- lich vor allem von der Veranlagung des Experimentators ab. Hier können deshalb nur einige wenige allgemeine methodische und techni- sche Richtlinien mitgeteilt werden, die bei meinen Versuchen maßgebend waren. Während seinerzeit durch Hermann Müller die morpho-. logische Untersuchung und Bewertung des Körpers. (besonders der Beine und des Rüssels) der blütenbesuchenden Insekten die Ökologie der Blüte in eine neue, sehr fruchtbare Phase ihrer Entwicklung gebracht hat, wollen wir heute dureh die physiologische Untersuchung des Sinneslebensder Blütenbesucher jene Lücke ausfüllen, die früher dureh die willkürliche Zuerkennung menschlicher Triebe und Neigungen bei den Insekten verdeckt wurde, abernach der Säuberung von diesen wieder neuerlich otten steht, | Es bedürfen aber auch die en selbst noch vieler Une So war die Mechanik des Insektenfanges mancher Blüten und Blüten- stände noch zu ergründen, weil die in den Büchern über Blütenökologie ‚ vorhandenen Angaben sich bei meiner Überprüfung meistens in wesent- lichen Teilen als unrichtig erwiesen haben. Dabei war als Vorarbeit eine genaue Untersuchung des Funktionierens der Hafteinrichtungen an den Insektenbeinen ?2) notwendig und die Durchführung von Versuchen mit den von den Blumen gefangenen Insekten. Auch an anatomischen Grund- 1) Eine historische Darstellung der Entwicklung unserer Kenntnisse dieser Art brauche ich hier nicht zu bringen, nachdem K. v. Frisch in seinen Arbeiten: Der Farbensinn und Formensinn den Biene (Sonderabdruck aus Bd. 35 der Zoologischen Jahrbücher, Abtg. f. allg. Zoologie und Physiologie) und in der bereits (Anm. 2, S. 11) erwähnten Arbeit: Über den Geruehsinn der Biene, dies ausführlich getan und die dafür in Betracht kommende Literatur dort zusammengestellt hat. Meine eigenen Arbeiten nach dieser Richtung sind in meinem Aufsatze: Gibt es eine Farbendressur der Insekten? Wie Natur- wissenschaften, 1919) zum Teil in Kürze angedeutet. 2) Knoll, Fr., Über die Ursache des Ausgleitens der Insektenbeine an wachs- bedeckten Pfianzenteilen (mit 1 Tafel und 15 Textfiguren). Jahrbücher für wiss, Botanik 1914, Bd. LIV, S. 448—497. Insekten und Blumen. 13 lagen fehlt es noch vielfach, wenngleich in dieser Hinsicht bereits manche wichtige Arbeit geleistet wurde.') | | Hieher gehört auch der Hinweis, daß die Ontogenie der ein- zelnen Teile einer Blüte bei der Beurteilung ihrer endgültigen Form und deren Ökologie in Betracht gezogen werden muß. So wird aus den Raumverhältnissen innerhalb der sich entwickeln- den Blütenknospe manche Eigenschaft der in ihr heranwachsen- den Blütenteile verständlich werden. Darauf hat schon AugustBayer?) aufmerksam gemacht, als er die Nektariumformen der Crueiferenblüten aus der Entwicklungsgeschichte der Blüte zu erklären versuchte. Günthart?°)hat diesen Gedankengang auch hinsichtlich anderer Blütenteile dieser Pflanzenfamilie weitergeführt. Er hat auch klar er- kannt, daß die Beschreibung dieser Blütenteile in verschiedenen Entwicklungszuständen mit größerer Genauigkeit durchgeführt werden ' müsse, als es bisher geschehen ist. Dabei solle auf die physikali- schen Umstände der Entwicklung besonderes Gewicht gelegt werden. Wenn man aber, angeregt durch den ansprechenden Titel: „Prinzipien der physikalisch-kausalen Blütenbiologie ... .‘, Güntharts Buch durehsieht, ist man enttäuscht. Kelchdruck und Bau des Stempels wer- den darin als die beiden „eigentlich aktiven Merkmale“ der Crueiferen- blüte hingestellt und ihre Wirksamkeit nicht etwa durch zahlreiche Ex- perimente erhärtet, sondern fast immer lediglich aus der Beurteilung der Lageverhältnisse innerhalb der Blüte erschlossen. Die vollständig be- rechtigten Gedankengänge Güntharts unterscheiden sich — ent- gegen seiner eigenen Meinung darüber — in ihrer „Exaktheit‘“, also nicht wesentlich von denen anderer Blütenbiologen, die sich bei ihren Untersuchungen ebenfalls keines Experiments bedienten. Eine physi- kalisch-kausale Blütenökologie verlangt aber bei gleichmäßiger Berück- siehtigung alier in Betracht kommenden physikalischen Faktoren (nieht nur bestimmter Zug- und Druckverhältnisse), daß den Erörterun- gen wie bei jeder zeitgemäßen physikalischen Untersuchung in der an- organischen Welt einwandfreie Experimente in genügender Zahl zu- grunde liegen. Günthart war sich dieses Mangels seiner Ausführungen auch teilweise bewußt, doch beruhigte er sich mit der Überlegung: „Das auf anderen Gebieten erfolgreichste Forschungsmittel, das physikalische Experiment, ist wegen der Geschlossenheit und Kleinheit der Knospen nur in beschränktem Maße verwendbar. Das wichtigste Mittel bleibt die 1) Es fehlt vor allem eine zusammenfassende Darstellung der Ana- tomie der Blüte. 2) Bayer, August, Beiträge zur systematischen Gliederung der Cruciferen. Beihefte z. bot. Zentralblatt 18 (1905), H. Abtg., S. 119—180, Taf. IV und V. . >) Günthart, A., Prinzipien der physikalisch-kausalen Blütenbiologie in ihrer Anwendung auf Bau und Entstehung des Blütenapparates der Cruciferen. Jena (G. Fischer), 1910. 14 Fritz Knoll. exakte Beobachtung.“ Dann hätte aber auch der Titel des Buches einen anderen Wortlaut bekommen müssen. | | Die Beobachtungen, die den blütenökologischen Untersuchungen zugrunde liegen, lassen oft viel zu wünschen übrig. Es gilt deshalb, heute auch die Beobachtungsmöglichkeiten zu verbessern. Da eine Beobachtung der blütenbesuchenden Tiere aus unmittelbarer Nähe (mit der Lupe) oft eine Störung ihrer Tätigkeit bewirkt und auch vielfach technische Schwierigkeiten macht, wird die Verwendung der von Zeiß konstruierten Fernrohrlupe unserer Arbeit gute Dienste leisten. Wo eine nachträgliche Feststellung rasch ve rlaufender Vor- gänge genügt, werden wir das photographische Verfahren heranziehen müssen. Daß die Photographie dazu ein gutes Mittel abgibt, wurde schon durch Porsch gezeigt.'‘) Doch erhalien wir noch weit bessere Er- gebnisse, wenn wir stereoskopisch verwertbare Aufnahmen‘ machen. An Stereo-Momentaufnahmen läßt sich durch die Wiedergabe der Räumlichkeit auch nachträglich vieles mit unbedingter Sicherheit nachweisen, was bei einfachen photographischen Aufnahmen ‘zweifelhaft bleiben muß. Ich habe davon bei meinen Untersuchungen ausgiebigen Gebrauch gemacht. Auch habe ich bei Versuchen oft die Versuchsanordnung für eine spätere Kritik in Stereobildern festgehalten. Teilbilder von Stereoaufnahmen lassen sich vielfach auch einzeln (besonders in vergrößerten Kopien) verwenden. Für viele Zwecke wären kinematographische Aufnahmen erstrebenswert, da man durch solche oft auf einfache Weise eine (optische) Analyse verwickelter Vorgänge erhalten kann. Doch wird es heute nur wenigen Forschern möglich sein, sich dieses wichtigen Untersuchungsmittels zu be- dienen, da die großen Kosten für solche Aufgaben der Kinemato- graphie dem einzelnen heute unaufbringlich sind. a Da das wissenschaftliche Zeichnen nicht nur ein Mittel zur Wiedergabe, sondern auch eine Methode zur Verbesse- rung der Beobachtung ist, muß auf die Art und Ausführung der Zeichnungen besonderes Gewicht gelegt werden. Auch die sche- matische Darstellung von Vorgängen, z. B. die Wiedergabe von An- flugsbewegungen bei Versuchen, kann viel dazu beitragen, das Verständ- nis der Schilderungen zu fördern. Zur Feststellung kausaler Beziehungen wird es oft note sein, bei Versuchen leblose Nachbildungen (Modelle) von Blüten- ständen, Blüten oder deren Teilen aus Glas oder anderem für bestimmte Zwecke geeigneten Material zu verwenden. Gerade bei solchen Ver- suchen mit Nachbildungen haben die Experimentatoren der älteren Zeit meist eine, fast möchte ich sagen: spielerische Art und Ungeschicklich- ı) Porsch, O., Blütenbiologie und Photographie. Österr. bot. Zeitschr. 1910, Bd. 60, S. 94—108, S. 145—160, S. 173—183. Mit einer Lichtdrucktafel. Insekten und Blumen, 15 x “. °F * ae keit gezeigt. Wie ich mir eine einwandfreie Durchführung der Ex- perimente mit solchen Objekten denke, werde ich in meinen Einzel- _ __ darstellungen der verschiedenen Insektenversuche ausführlich zeigen. Wie man es dagegen nicht machen soll, hat z. B. Felix Plateau unter großem Aufwand an Zeit und Geduld durch seine Versuche über Macroglossum stellatarum dargetan.!) | Vielfach wird neben der Arbeit im Freien auch die Fortsetzung der Arbeit im Laboratorium unerläßlich sein. Abgesehen von zahlreichen mikroskopischen Untersuchüngen werden auch chemi- sche durchzuführen sein. Die chemische Feststellung der Lockmittel der Blumen, besonders die des Nektars und seines Zucker- gehaltes bedarf der Laboratoriumsarbeit. Zum leichteren Nachweis sonst spärlich ausgeschiedenen Nektars kann man in der gleichen Weise wie bei der experimentellen Vorführung der „Guttation“ (Ausscheidung von tropfbarflüssigem Wasser aus freien Wasserdrüsen oder Wasser- spalten) die künstliche Vergrößerung des in den wasserleitenden Röhren vorhandenen Druckes mittels einer Quecksilber-U-Röhre *) anwenden. Die aus den fraglichen Nektarien dadurch reichlicher austretenden Tropfen müssen dann auf Zucker geprüft werden.?) Will man diese Prüfung nicht sogleich machen, sondern sie erst später durchführen, so kann man den austretenden Flüssigkeitstropfen in einer chemisch reinen Glaskapillare aufsteigen lassen, deren Enden mit einer kleinen Flamme zuschmelzen und sie nach dem Sterilisieren in Wasserdampf beliebig 4) Plateau, Felix, Lemacroglosse. Mem. de la Soc. entomolog. de ‚Belgique, T. XI (1905), S. 141—180. = 2) Detmer, W. Das kleine pflanzenphysiolgische Prak- tik um, 3. Aullage, Jena 1909, S. 119, gibt die Art der Durchführung wieder. Ich wendete diese Methode auch beim Nachweis von Nektarienan, da diese ja nur einen Sonderfall des allgemeinen Typus der Hydasboden dar- stellen. %) Ich habe vor der chemischen Untersuchung mit bestem Erfolge neben der | Prüfung des Geschmackes zunächst eine Vorprüfung auf Zucker angewendet, © die sich auch an Ort und Stelle im Freien in einfachster Weise ausführen läßt. Der a zu untersuchende, einem fraglichen Nektarium entnommene Tropfen wird unmittel- bar oder besser mit einer reinen Kapillarröhre auf einen dünnen länglichen Objekt- träger übertragen, wobei man darauf sieht, daß sich der Tropfen nicht zu sehr auf der Glasfläche ausbreitet. (Man kann auch mehrere Tropfen nacheinander an derselben Stelle eintrocknen lassen, um die Dicke des Rückstandes zu vergrößern.) Mit einem kleinen Flämmchen (die Nase einer kleinen Wachskerze, eines Benzin- taschenfeuerzeuges, selbst die von Zündhölzern genügt) erhitzt man Yorsichtig das Glas von einem Ende her und verfolgt das Eintrocknen des Tropfens. Die Bräu- nung des Rückstandes beim weiteren Erhitzen gibt einen Hinweis auf die Menge dervorhandenenorganischen Substanz. Der dabei sich entwickelnde charakteristische Geruch des gebrannten Zuckers macht sich schon bei verhältnismäßig geringen Mengen von Zucker bemerkbar. Tritt keine Bräunung beim Erhitzen ein, kann man sich jede weitere chemische Prüfung auf Zucker als zwecklos ersparen. 16 | Fritz Knoll. lange Zeit aufbewahren. Dieses Einsammeln von Nektarproben für spätere Untersuchung kann auch ohne Schwierigkeiten im Freien aus-, geführt werden. Zur Feststellung geringer Nektarmengen in Blüten kann man sieh auch kleiner Ameisen.als Kundschafter bedienen. Diese Tiere, die man leicht in künstlichen Nestern !) im Laboratorium halten kann, finden bei geeigneter Behandlung ohne Schwierigkeit auch sehr kleine. Meiigeh von Zucker in Blüten, wobei uns ihr Benehmen, das | wir mit der Lupe betrachten, oft dontliches Aufschluß über die Zucker- ausscheidung geben kann als die unter Umständen oft recht unsichere chemische Feststellung geringer Zuckermengen. | Zum Schlusse sei noch besprochen, was von Laboratoriums- versuchen über die Sinnesphysiologie der Insekten für unsere Zwecke zu halten ist. Es wurde z. B. von mancher Seite der Standpunkt eingenommen, man dürfe die Ergebnisse von Versuchen, wie ” Heß zur Feststellung über die Eigenschaften des Lichtsinnes und zum be- absichtigten Nachweis der totalen Farbblindheit der Insekten durch- geführt hat, nicht auf das Verhalten der Tiere im Freien übertragen. Diese im Wesen unrichtige Stellungnahme enthält aber soweit eine rich- tige Grundlage, als die Tiere durch die im Versuche oft lange andauern- den gleichmäßigen Bedingungen bestimmter physikalischer Art in Zu- stände (Stimmungen) geraten, welche das Versuchsergebnis nach sol- chen Richtungen lenken können, die sich für einen unmittelbaren Vergleich mit dem Verhalten in der wechselnden Umwelt des freien Lebens nicht eignen. Dadurch können bei der Verwertung solcher Ver- suchsergebnisse aus dem Laboratorium für die Beurteilung des Verhaltens der Tiere im Freien leicht Fehlschlüsse geschehen. Dagegen ist aber her- vorzuheben, daß jedes richtig angestellte Laborato- riumsexperimentin riehtiger Anwendung bei der Deutung von unmittelbar im Freien gewonnenen Beobachtungstatsachen als ebenso wertvoiie helf der Erkenntnis betrachtet werden muß wis ein mit einwandfreien technischen Mitteln und guter Logik AaTeneetune ten Versuch im Freien. 1) Vgl.-darüber meine Angaben in der Arbeit: Über die Ursachen d es Ausgleitens derInsektenbeine an wachsbedecktenPflanzen- teilen (Jahrb. f. wiss. Bot. 1914, Bd. LIV), 8. 458f., sowie die in der Literatur über die Biologie der Ameisen vorhandenen Anleiiungen für .die Herstellung künstlicher Ameisennester. LE. BOMBYLIUS FULIGINOSUS UND DIE FARBE DER BLUMEN. (Mit 6 Tafeln, 23 Textfiguren un d 3 farbigen Papierproben.) bhandl. d. zool.-botan, Ges. Bd. XII, Heft 1. Insekten und Biumen. Inhaltsübersicht. Einleitung. Allgemeines über die chemische und optische Fernwirkung BE 96 Bauptobjekte meiner Versuche: ... .... : zu... er ramosue Ku) La: SE DE, 3%. en ers 1. Die Versuchspflanze in systematischer Hinsicht . . . .. 2. ... 2. Blütenstand und Blüte von Muscari racemosum . ...... et 3. Farbe und Duft der Blütentraube von Muscari racemosum . .. . . DEE ne 1. Körperbau und besondere Kennzeichen . . .. 2 2 2 2 2 202. 2. Lebensweise der Imago von Bombylius fuliginosus. Allgemeines über BEER 2 ee ER aeehiuhrung dör Versuche. . ...: :. - Su. sen. sn. I. Auswahl und Vorbereitung des Versuchsplatzes . . „2. 2.2 .2.:... II. Feststellung der optischen Fernwirkung der Blumen durch die Windmethode III. Untersuchung der chemischen Fernwirkung der Blumen durch die Glas- ee ee | IV. Versuche mit den von Frisch angewandten Methoden ......... BE GIREBEBEHGR een rene nn. N N ER ©. Die Stetigkeit des Bombylius fuliginosus im Besuche bestimmter Blüten und das Verhalten anderer Bombylius- Arten an denselben BE ee ei ee ee 1. Die natürliche Bindung des Bombylius fuliginosus an blaue, purpurne BU WEIRG DIRIOR. 5. 0. 5 rennen . Die am Standorte vorhandenen Blumen . .... 2... 2... . Gelbe Blumen und Mohnrot im Gegensatz zu Purpur ...... . Das Verhalten bei: Mustarı comosum . . . -» 2.2.0... 00% ‚ Das Verhalten bei Bunias erueago : . ». . » cn. ea a en . Die Unstetigkeit des Bombylius fuliginosus (Ausnahmsfälle) . . . 2. Bombylius medius und die Blumen ...... 2.2 rer. 02 00. aLa ur. Vo Pansssima ee en ZB von Roktsshuan ri ei e. Besuch der Blütenstände von Muscari comosum . » » : =... 2 3. Bombylius fulvescens und sein Blütenbesuch. .... 2.22... 4. Zusammenfassender Vergleich und Bewertung des Verhaltens von Bombylius fuliginosus als natürliche Bindung . .... -»... D. Allgemeine Bemerkungen über das Farbenschen des Bombylius ful- ginosus und das der Honigbiene ...... 2 ee... 0... N N N U ee 19 101 105 104 104 105 106 103 109 113 117 Insekten und Blumen. 21 Einleitung. Allgemeines über die chemische und optische Fernwirkung. In blütenbiologischen Arbeiten findet man die begründete Angabe, daß unter allen Zweiflüglern die Arten der Gattung Bombylius, die Woll- schweber oder Hummelfliegen, am besten an den Blütenbesuch angepaßt sind. Sie stehen also in einer andauernden geregelten Beziehung zu den Blumen. Diese Tiere mußten somit geeignet erscheinen, die alte, noch unerledigte Frage nach der ökologischen Bedeutung der Blumenfarben einer erneuten Beantwortung zuzuführen. Es wurde von mir die Frage aufgeworfen: Wirken die Blumenfarben als solche an- loekend auf die nach Nahrung ausfliegenden Woll schweber oder sind es andere von der Blume aus- gehende Wirkungen, die dem Fluge dieser Tiere die Riehtung zuden Blüten geben? Unter allen Möglichkeiten wurden seit jeher die optische und die chemische Wirkung als die ‚beiden Hauptursachen des Blumenanfluges betrachtet. Deshalb möge zunächst im allgemeinen besprochen werden, wie man sich diese als lenkende Faktoren bei der Bewegung nahrung- suchender Insekten vorzustellen hat, und nach dieser Vorbereitung soll dann die ganze Frage an der Hand meiner Untersuchungsergebnisse im besonderen für Bombylius fuliginosus Wied. ausführlich auseinander: gesetzt und beantwortet werden. Wenn eine Stubenfliege auf einer reinen, mit Rohrzuckerstaub locker besäten Glasplatte herumläuft, bemerkt man, daß sich das Tier ganz planlos auf der ebenen Fläche bewegt und dabei von Zeit zu Zeit den Rüssel ausstreckt, mit diesem die Unterlage berührt und ihn wieder ein- zieht. Nur wenn das Tier dabei zufällig mit der Rüsselspitze auf ein Zuckerteilchen gelangt, bleibt der Rüssel vorgestreckt: es tritt aus seinem Ende ein kleiner Tropfen hervor, der das Teilchen benetzt und löst, und dann wird der Tropfen, mit Zucker bereichert, wieder eingesaugt, worauf das Tier auf der Glasplatte mit dem Rüssel weiter forttastet. Da der Ge- sehmaekssinn hier das Entscheidende ist, kann man sagen, daß das Tier nach und nach wahllos verschiedene Stellen der Platte kostet und nur bei solchen verweilt, deren Geschmack ihm zusagt. Hier wirken die 22 Fritz Knoll. Zuckerteilehen nur unmittelbar bei der Berührung durch die be- netzte Rüsselspitze. Es geht also von den Zuckerteilchen eine chemi- sche Nahwirkung aus, wobei diese Substanz nicht als Gas auf die dafür empfänglichen Organe (Geruchsorgane), sondern in gelöster, verflüssigter Form auf bestimmte Organe des Rüssels (Geschmacks- organe) einwirkt. Ganz anders verhält sich eine Fliege, wenn sie sich z, B. einem Stückchen Aas nähert. Wenn ein solches Tier zufällig in einen darüber hinwegstreichenden oder von ihm aufsteigenden Luftstrom gelangt, läßt es sich meist an jener Stelle nieder, wo es zunächst die chemische Ein- ‚wirkung der Substanz verspürte. Kommt dann neuerlich bewegte Luft von dem sich zersetzenden Fleische her, wendet sich die Fliege dieser Strömung zu und bewegt sich ihr, fliegend oder laufend, meist ein Stück entgegen, um bald wieder stehen zu bleiben und dabei ab und zu mit dem Rüssel die Unterlage zu betasten. Und dieses Spiel dauert so lange, bis das Tier schließlich auf oft verwicekelten Umwegen zum Aas gelangt — oder es auch verfehlt, wenn indessen die gasförmig vom Fleische sich ablösenden Teile plötzlich von Luftströmungen nach der entgegengesetzten Richtung weggetragen werden. Das faulende Fleisch hat somit auf die Fliege eine chemische Fernwirkung aus. geübt, oder, wie man gewöhnlich zu sagen pflegt, „der Duft des Fleisches hat die Fliege angelockt“. Das Wesen dieser Bewegung des Insekts zur „Duftquelle‘ liegt im Trieb des Tieres, sich bei gasförmigen Stoffen, die seinen Sinnesorganen zusagen, von Orten schwächerer Konzentration zu Orten stärkerer Konzentration zu bewegen, dabei vorausgesetzt, daß die Konzentration ein bestimmtes Maß nicht überschreitet. Mit einem groben physiologischen Ausdruck kann man diesen Trieb als „positiven Chemo- tropismus“ bezeichnen. Als Mittel zur Wahrnehmung dieser Konzentra- tionsunterschiede dienen die Geruchsorgane, zum Ausführen der Ein- stellungsbewegung gebraucht das Tier die Beine oder Flügel. Den Raunı, innerhalb dessen ein Körper eine chemische Fernwirkung auf die Geruchsorgane eines Tieres ausübt, will ich allgemein als Du ft- raum bezeichnen. Gestalt und Größe dieses Raumes hängen, abgesehen von der Beschaffenheit der Substanz, vor allem von dem Bewegungs- zustand der sie umgebenden Luft und von der Eignung der hiefür in Betracht kommenden Sinnesorgane ab. Dazu muß aber auch der Gesamt- zustand des betreffenden Tieres (z. B. Hunger oder Sattsein) berück- sichtigt werden. Da es keine absolut ruhige Luft gibt, muß auch der Duftraum ein sehr unregelmäßiges und veränderliches Gebilde sein. Selbst bei diffusem Tageslicht werden, entsprechend Licht und Schatten, die einzelnen Teile eines Körpers und die ihnen anhaftenden Luftschichten verschieden stark erwärmt, es müssen sich auf- und absteigende Be- wegungen der Luftteile einstellen, zunächst Schlieren bildend, bis sie sich immer mehr mit der umgebenden Luft vermischen und sich in ihr Insekten und Blumen. 23 ausgleichen. Schon in diesem kaum je verwirkliehten Idealfall wäre eine Orientierung eines Tieres nach der Duftquelle nur allmählich und krumm- linig möglich. Wenn dann erst gröbere, von ferne kommende Luft- strömungen die vom Körper aufsteigenden Duftschlieren erfassen, muß der Duftraum sozusagen zerzaust und zerrissen werden und ein Zurecht- finden nach dem Ort der Herkunft des Duftes wird immer mehr zur Un- möglichkeit. Wenn man an einem heiteren Tage durch leichte, empfind- liehe Windfahnen die Luftbewegungen an verschiedenen Bodenstellen, z. B. eines Baumschlages prüft, wird man sehen, wie sehr selbst an ein- ander unmittelbar benachbarten Orten die Richtung der gleichzeitig sich bewegenden Luftmassen verschieden ist, und feststellen, daß durch Ab- lenkung und Wirbelbildung wie in einer bewegten Flüssigkeit das Bild der Luftbewegung stets wechselt. Nur wenn gleichmäßige’ Winde über eine Landschaft hinwegziehen, dann wird der Duftraum eine mehr regel- mäßige Gestalt annehmen können, dafür werden aber die Duftstoffe beim raschen Wandern ihrer Teilchen derartig verdünnt werden, daß an eine Wirksamkeit auf größere Entfernungen im allgemeinen nicht gedacht werden kann. Daraus muß man erkennen, daß die Orientierung der Tiere nach dem Dufte von unberechenbaren Zufälligkeiten abhängt und daß sie nur unter ganz bestimmten, eng umgrenzten Umständen von Er- folg begleitet sein kann. Alle diese eben geschilderten Nachteile des Zurechtündens nach dem Dufte fallen weg, wenn ein Tier imstande ist, sich optisch auf einen Gegenstand einzustellen und danach seine Ortsbewegung einzu- richten. Wenn eine auf der Flucht aus dem Dunkel befindliche Fliege einer hellen Fensteröffnung zufliegt, dann geschieht dies auf dem kürze- stengeraden Wege. Es gilt ja auch für den Menschen, daß die optische Orientierung an Wirksamkeit und Genauigkeit jede mit anderen physi- kalischen Hilfsmitteln der Sinne bewirkte weitaus übertrifft. Wir müssen auch bei Tieren mit einem rasch und sicher funktionierenden Bewegungs- system erwarten, daß das Zurechtfinden mit Hilfe wahrgenommener Liehtstrahlen Zeit und Energie erspart. Wenn wir etwa z. B. einen Abend- sehwärmer rasch von Blume zu Blume eilen sehen und dabei feststellen, daß alle Flüge gerade und wohlgezielt sind, dann müssen wir von vorn- herein daran zweifeln, daß es der Duft ist, der das Tier von Blüte zu Blüte lenkt — wenn wir nicht mit vorgefaßten Meinungen an eine solche Sache herantreten. Wie man bei der chemischen Wirkung eines Gegenstandes auf ' ein Tier von einer Nahwirkung und von einer Fernwirkung sprechen kann, so kann man dies ebenso bei der optischen Wirkung tun. Wenn etwa ein Schmetterling geraden Weges auf einen vereinzelt in einer grünen Wiese stehenden, gelb blühenden Strauch zufliegt, so haben wir es mit einer optischen Fernwirkung der Gesamtheit der an ihm vorhandenen gelben Blumen zu tun; wenn er dann beim Besuche 24 Fritz Knoll. der Blumen jede einzeln aufsucht und dabei allenfalls noch optisch bestimmte Teile davon besonders beachtet, dann müssen wir (die Be- stätigung durch das Experiment immer vorausgesetzt) von einer opti- schen Nahwirkung sprechen. In diesem Sinne bildete die genaue Analyse der opti- schen und chemischen Wirkung der Blumen auf Bombylius [fuliginosus den Inhalt meiner zahlreichen Ver- suche, Ä A. Die Hauptobjekte meiner Versuche. Für eine zeitgemäße Untersuchung der Wechselbeziehungen zwi- schen den Blumen und den sie besuchenden Insekten ist es nötig, dab man die zur Aufklärung dienenden Beobachtungen und Experimente nicht planlos an einer großen Zahl gerade vorhandener Blumen und Tiere durchführt, sondern sich unter den gegebenen Umständen für die Experimente immer eine Hauptversuchspflanze und ein Hauptversuchstier auswählt. Die gleichzeitig gemachten Be- obachtungen an anderen Tieren und Pflanzen können dann dazu dienen, die an den Hauptobjekten gewonnenen Erkenntnisse zu vergleichen, zu überprüfen und von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Bei dieser Aus- wahl aus der gegebenen Umwelt muß man die Hauptobjekte so wählen, daß man zu einer Pflanze den typischen Besucher nimmt, wobei aber Blumen und Besucher ausreichend lange Zeit in ihrer Wechselbeziehung zu beobachten sein müssen und überdies der Besucher ohne Irrtum auch im Fluge von anderen Insektenarten leicht unterscheidbar sein soll. Die Versuche und Beobachtungen über die Wechselbeziehungen zwischen Muscari racemosum und Bombylius fuliginosus, die ich im folgenden wiedergeben werde, habe ich in der Macchia des süddalmatini- schen Küstenlandes, der Bucht von Cattaro, ausgeführt. Ich habe mir diese beiden Arten als Hauptobjekte meiner Untersuchungen deshalb aus- gewählt, weil in der mehr als einen Monat währenden Blütezeit von Muscari racemosum die genannte Bombylius-Art den häufigsten und zu- gleich wirksamsten Besucher dieser Blumen darstellte. Die Forderung, daß dieses Tier auch im Fluge leicht und sicher von anderen Besuchern unterscheidbar sein müsse, war dadurch erfüllt, daß während des An- fanges und Höhepunktes der Blütezeit nur diese einzige Bombylius-Art flog und als solche im Fluge mit keinem andern Insekt verwechselt wer- den konnte, da sie sich, abgesehen von der Gestalt und Farbe des Körpers, stets durch den fein singenden Flugton schon von ferne zu erkennen gab, Insekten und Blumen. 25 Il. Muscari racemosum (L.) Lam. et DE. 1. Die Versuchspflanze in systematischer Hinsicht. Die von mir als Hauptversuchspflanze verwendete Art von Trauben- hyazinthen blühte auf den tiefergelegenen Blößen der süddalmatinischen Macchia von Mitte März bis Anfang Mai. Sie wuchs in sehr zahlreichen Exemplaren zwischen den Trümmern des Karstgesteins und dabei zeigte sie ein derartig schwankendes Verhalten hinsichtlich der für die Be- stimmung der Art geltenden Merkmale, daß die von mir gemachte Zu- teilung zu Muscari racemosum nicht ohne eine gewisse Willkür geschehen konnte. AschersonundGraebner kamen in ihrer Synopsis (Bd. 3, 5.270) zu folgender Auffassung der für die Zuteilung meiner Pflanzen in Betracht kommenden Arten: Gesamtart Muscari racemosum. 1. Perigonabschnitte dreieckig, etwas zurückgeschlagen. Blüten duftend: (1.) M. racemosum (L.) Lam. et DC. (2.) M. neglectum Guss. 2. Perigonabschnitte sehr kurz, abstehend, nicht zurückgeschlagen, Blüten fast geruchlos: (3.) M. commutatum Guss. In diesem Sinne gehörten meine Pflanzen zur Gesamtart M. race- mosum, wobei ich mich zu entscheiden hatte, ob ich sie als M. racemosum im engeren Sinne oder als M. neglectum bezeichnen sollte. Ich gebe zunächst eine Beschreibung der systematisch wichtigen Merkmale meiner Pflanzen. Die oberirdischen Teile der von mir studierten Traubenhyazinthen entspringen einer 5 bis 10 em tief liegenden, außen braun beschuppten Zwiebel, die selten eine Dicke von 2 cm erreicht. Der ausgewachsene StengeldesBlütenstandes ist meist 10 bis 15 em lang, doch kommen auch längere und kürzere Blütenstandstiele vor, je nach dem Alter der Pflanze und deren Üppigkeit. Die Blätter sind schmal rinnig, ihre Breite (gemessen als Abstand der Ränder im natürlichen rinnenförmigen, nicht flachgedrückten Zustande der Blätter) beträgt 2 bis3mm; sie sind meist länger als der verblühende Blütenstand, an den Enden häufig vertrocknet, so daß ihr noch frischer grüner Teil dann oft kürzer ist als der Stiel des Blütenstandes. Sie sind bögig vom Blüten- stande weggekrümmt und häufig seitlich umgebogen und dem Boden teil- weise aufliegend. Der Stiel des Blütenstandes ist drehrund, glatt, aufrecht, manchmal auch durch geotropische Aufkrümmung aus anfangs schräger Entwicklung emporgebogen, von grüner Farbe, bereift, 26 Fritz Knoll. manchmal rötlich überlaufen, zwischen den sterilen Blüten dagegen blaß- violett. Der Blütenstand trägt meist 25 bis 30 Blüten (manchmal auch ihrer mehr oder weniger), die in ihrer Gesamtheit verhältnismäßig eng aneinandergedrängt ein länglich eiförmiges Gebilde ergeben. Die oberen Blüten sind steril und honiglos, die unteren mit wohlentwickelten Geschlechtsorganen und Honigdrüsen versehen. Als Beispiel für die Ver- teilung dieser beiden Blütenformen auf einzelne Blütenstände bringe ich in der folgenden Zusammenstellung die an zwölf wahllos herausgegriffe- nen Pflanzen gewonnenen Zählungsergebnisse. Mn. Nummer Summe 31 342r 13% VI | VIL VIII IX | X « des Blütenstandes a be | 1:22 ee (Mittel) | ; 2 182 Sterile Blüten ... 1 18112 !14 | 9 | 12 1:8 | 14 | 20 1 23.117 1 17 1 32 (15) i = 144 Fertile Blüten . : 118 4::7:5101:°9:12134-18 1131:57 121.187 2 777 (12) Gesamtzahl der 326 2 Biliten 36 | 19 | 24 | 18:1 33-1 26'1:27.:1:25. 1:84 7:80 | Se zu (27) Die Perigone der stark duftenden fertilen Blüten erreichen häufig eine Länge von 6mm. Die freien Endabschnitte der Perigonblätter sind breit dreieckig, stumpf und etwas zurückgeschlagen. (Die Farbe und sonstige Beschaffenheit der Blüten soll etwas später in einem anderen Zusammenhange beschrieben werden.) Vergleicht man diese Beschreibung mit den Angaben bei Ascher- son und Graebner, so wird man finden, daß sie sich zum größeren Teile mit der von M. racemosum im engeren Sinne deckt. Doch steht die Anzahl der Blüten des Blütenstandes meiner Pflanzen in der Mitte zwischen der von M. racemosum und neglectum, auch stimmen die Peri- gone in der Größe mehr mit M. neglectum überein, mit welcher Art sie auch die im Verhältnis zum Blütenstande sehr langen Laubblätter ge- meinsam hat. Überdies habe ich in der Bucht von Cattaro zwischen den Pflanzen der oben geschilderten Beschaffenheit oft Exemplare gesehen, die mit den Angaben für M. neglectum, die ich Ascherson und Graebner entnahm, vollkommen übereinstimmten. Es machte mir den Eindruck, daß M. neglectum, so wie es die meisten Systematiker und Floristen beschreiben, doch nur eine in allen Teilen üppigere Form des M. racemosum ist. Die angegebenen Unterschiede sind ja, mit Ausnahme der Unterschiede in der Form des Blattquerschnittes, nur quantita- tiver Art. Und selbst die Form des Blattquerschnittes schwankt am gleichen Standorte außerordentlich bei verschiedenen Individuen des sonst typischen M. racemosum. Dies habe ich auch an den in der Um- gebung von Wien wachsenden Traubenhyazinthen wiederholt beobach- ten können. Es wäre noch möglich, daß es tatsächlich zwei deutlich in Insekten und Blumen. Er 27 ihren Merkmalen verschiedene Arten M. racemosum und neglectum gibt, daß sich diese aber stets fruchtbar kreuzen, wenn sie an demselben Orte beisammenstehen, so daß in diesem Falle wie auch sonst bei manchen Pflanzen (z. B. bei Vaceinium myrtillus und vitis idaea) an bestimmten Standorten die durch Bastardierung entstandenen Zwischenformen viel _ häufiger wären als die beiden Stammarten. Mit diesen Vorbehalten will ich hier für meine Pflanzen den Namen Muscari racemosum verwenden. 2. Blütenstand und Blüte von Muscari racemosum. Der Beschreibung meiner Beobachtungen und Versuche soll zu- nächst noch eine genaue Beschreibung des Blütenstandes und seiner Teile vorausgeschickt werden. ' Ich habe bereits erwähnt, daß der Blütenstand von M. racemosum oben mit einer Gruppe steriler Blüten abschließt, die in ihrer Anzahl der der fertilen nahezu gleichkommen. Diese unfruchtbaren Blüten haben eine dünne Perigonwand von hell blauvioletter (manchmal stärker rötlicher) Färbung, die sehr viel Licht hindurchtreten läßt und dadurch die zartwandigen Blüten stark durchscheinend macht. Sie blei- ben entweder ganz geschlossen oder öffnen sich nur wenig mit einem unregelmäßig sternförmigen Loche, ohne daß dabei nach rückwärts ge- bogene freie Perigonzipfel oder sonstige nach außen abstehende Teile sich bilden. Bleiben diese Blüten geschlossen, dann ist an jener Stelle, an der sich die anderen öffnen, eine oft etwas mehr rötliche Vertiefung sichtbar. Die obere Hälfte des Blütenstandes, die diese unfruchtbaren Blüten trägt, ist im Vergleich zur unteren Hälfte etwas gelockert, so daß man hier die den Blüten gleich gefärbten Achsenteile und Blütenstiele deutlich sehen kann (vgl. hiezu Fig. 1a, 5, S. 28, ferner Tafel 1, Fig. 1). Weiter fällt auf, daß diese leeren Blüten mit ihren Stielen strahlig nach verschiedenen Richtungen, hauptsächlich nach oben, auseinanderweichen, während die unterhalb angebrachten fruchtbaren Honigblüten alle an gleichmäßig herabgebogenen Stielen sich entwickeln. Darin zeigt sich bei M. racemosum, wenn auch in viel geringerem Maße, sozusagen nur angedeutet, jene Eigentümlichkeit im Aufbau der Muscari-Blütenstände, die sich bei M. comosum (vgl. Fig. 1n, S. 28) im Auftreten eines weit ausladenden Schopfes steriler Blüten bemerkbar macht. Im Innern der sterilen Blüten finden wir bei M. racemosum in verschieden weit gehen- der Rückbildung die Reste der Geschlechtsorgane. Diese Blüten scheiden keinen Nektar ab. Hinsichtlich ihrer äußeren Gestalt und Farbe gehen ‚die untersten sterilen Blüten nach und nach in die oberen fruchtbaren Blüten über. Die untere Hälfte des Blütenstandes trägt nur Blüten mit normal funktionierenden Frucht- und Staubblät- tern. Diese Blüten sind, wenn sie sich gerade geöffnet haben, mit einem 23 | Fritz Knoll. Fig. 1. Muscari racemosum und M. comosum. M. racemosum: a, b, Blütenstände, unterste Blüten verblüht; c kleiner Blütenstand, alle Honigblüten verblüht mit sich entwickelnden Früchten und noch erhaltenen sterilen Blüten; d kleiner Blütenstand kurz vor dem Öffnen der unteren ersten Blüte; e vereinfachte Darstellung einer Honigblüte, deren vordere Längshälfte weg- geschnitten wurde, kurz nach dem Aufblühen; / bis m Honigblüten in verschiedenen Stadien des Verblühens, von dem geöffneten Zustand (f, i) an, von der Seite und vom Blüteneingang her betrachtet. M. comosum: n Oberer Teil eines Blütenstandes, dessen Honigblüten schen größtenteils (auch die untersten der hier dargestellten) verblüht waren. a bis d, n ein wenig vergrößert (4:3), e bis m stärker (4:1) vergrößert. Insekten und Blumen. 29 glatten eiförmigen Perigon versehen, das keine Längsrinnen oder sonsti- gen Skulpturen zeigt. Sie enthalten, der Perigonröhre innen eingefügt, sechs Staubblätter und einen oberständigen Fruchtknoten mit kurzem Griffel und knopfförmiger Narbe, die aus der Perigonröhre nicht heraus- ragt. Am Grunde des Fruchtknotens wird reichlich Nektar ausgeschie- den, solange die Blüte noch nicht befruchtet ist. Wenn sich die Honig- blüten öffnen, haben sie eine dunkel pflaumenblaue Farbe, also ein schwärzliches Indigo, wobei durch einen deutlichen feinen Wachsüberzug die Pflaumenähnlichkeit noch verstärkt wird (Tafel 1, Fig. 1). Im Gegen- satz zu den sterilen Blüten ist die Perigonwand der fertilen unversehrten Blüten diek und nahezu undurchsichtig. Den stets nach unten geöffneten Eingang in das Perigon umgrenzen sechs kurze, nach außen etwas um- gebogene freie Perigonblattenden von sehr blaß blauer, nahezu weißer Färbung, an denen man deutlich drei innere und, mit diesen abwechselnd, drei äußere Blätter unterscheiden kann (s. Fig. 1f, ö, S. 28). Die Ge- schleehtsorgane der Blüten sind von außen nicht sichtbar. Bei Blüten- ständen, deren Blüten längere Zeit offen waren, sind die untersten Blüten meist schon verblüht und dann von schwarzbrauner Farbe, die zunächst noch einen Übergang zum Schwarzviolett der noch nieht verblühten Perigone zeigt. An ihnen fällt dann eine mit der Verschmälerung der Blütengestalt einhergehende Bildung von Längsrinnen auf, die in den Figuren 1a, b, g, h auf S. 28 wiedergegeben sind. Diese Furchen ent- stehen an den Grenzen der miteinander verwachsenen Perigonblätter. Der Eingang der Blüten hat sich indessen unregelmäßig verengt, die freien Perigonzipfel sind welk geworden und haben sich gebräunt. Die Nektar- ausscheidung hat aufgehört. Schließlich beginnt die Frucht heran- zureifen, sprengt endlich, sich weiter vergrößernd, die Perigonröhre von unten her auf (Fig. 1c; Tafel 1, Fig. 2) und wird nun als frischgrünes Gebilde von außen sichtbar, während die sterilen Blüten, allmählich an ihren Stielen vertrocknend, noch lange ihre lebhaft blauviolette Farbe behalten, indes der Insektenbesuch für den Blütenstand schon längst nicht mehr in Betracht kommt. Der soeben beschriebene äußere Unterschied zwischen den beiden Blütenformen ist jedoch erst während des Blühens der Honigblüten klar sichtbar. Vorher sind alle Blüten von annähernd gleichmäßig eiförmiger Gestalt, dieht aneinandergedrängt und dadurch an den Seiten oft etwas abgeplattet, wie ich es in Fig. 1d (S. 25) dargestellt habe. Doch ist auch schon in diesem Zustande, der von außen noch nichts über die spätere Funktion der einzelnen Blüten erkennen läßt, ein deutlicher Farben- unterschied zwischen den oberen und unteren Blüten sichtbar: während die unteren fertilen Blüten bereits eine mehr oder weniger dunkelblaue Färbung besitzen, sind dagegen die jungen sterilen Blüten mehr weinrot oder selbst etwas grünlich. Die Stellen des Aneinanderstoßens der Perigonblattenden sind an allen Blüten durch eine kleine Vertiefung 30 Fritz Knoll. (allenfalls noch in der Mitte mit einer warzigen Erhöhung) und etwas abweichender Farbe erkennbar. | Das Innere der Honigblüten ist in Fig. 1e gezeichnet. Don größten Teil des Blütengrundes erfüllt der oberständige Frucht- knoten, an dessen Basis der Honig ausgeschieden wird.!) Der Griffel ist gerade, die Narbe nicht von besonderer Gestalt. Die sechs Staub- blätter sitzen annähernd in der Narbenhöhe, in zwei dreigliedrigen Wir- teln auf kurzen konischen Stielen der Perigonröhre eingefügt. Am Kon- nektiv ist das Filament sehr dünn, so daß die Antheren auf beweglichen Gelenken sitzen und sich dadurch leicht dem sie berührenden Teil des Insekts mit ihrer Innenfläche anlegen können. An dieser Innenfläche öffnen sich auch die Antherenfächer, so daß der Pollen an das honig- suchende Insekt angedrückt und so zur Beförderung BRUOENDER wer- den kann. 3. Farbe und Duft der Blütentrauben von Muscari racemosum. Ich habe bereits im vorigen Abschnitte die Farbe der einzelnen Teile der Blütenstände besprochen. Diese Färbung bringt es mit sich, daß die Blütentrauben am natürlichen Standorte für das menschliche Auge wohl gut sichtbar, aber trotzdem nicht besonders auffallend waren. Das helle Blauviolett des sterilen Abschnittes der Blütenstände hob sich im grellen Sonnenschein nur wenig vom stark beleuchteten Karstfels ab und das sehr dunkle Indigoblau der Honigblüten schien nicht allzu sehr ver- schieden von Schattenflecken und von den schwarzen Löchern und Spalten des Gesteins, das überall in Trümmern verstreut lag. Ein wenig kurzes Gras und kleine Büsche von Maechiasträuchern waren der son- stige Hintergrund, vor dem die Blütentrauben standen. Die Blätter von Muscari waren meist nicht oder nur wenig sichtbar, da sie stets zurückgebogen und oft dem Boden aufgelegt waren. Bei der Betrach- tung aus der Ferne fällt dem Beschauer zunächst die lebhaft ge- färbte obere Hälfte der Blütentraube auf. Dadurch, daß die den oberen Teil zusammensetzenden Blüten zu dünnwandigen länglichen Blasen um- gewandelt sind, dringt viel Licht in sie hinein und dann wieder an an- deren Stellen heraus. Es wird an verschiedenen Orten der Innen- und Außenseite zurückgestrahlt und durch diese weitverzweigten Wege, die es in den farbigen Geweben zurücklegt, desto gesättigter in seiner Farbe. Bei trübem Wetter oder im Schatten der Sträucher waren für mein Auge die Blütentrauben am meisten auffallend. Dieser für unser Auge gün- stigste Fall ist aber für die vorliegende Betrachtung belanglos, da meine Versuchstiere nur bei hellem Sonnenschein flogen und die schattigen Stellen hinter Gebüschen fast immer mieden. Dagegen schienen diesen 1) Graßmann,P. (Flora LXVI [1884], S. 117), gibt für Muscari botryoides und M. comosum das Vorkommen von Septalnektarien an. öl Insekten und Blumen. Tieren die Blumen auch im hellsten, uns blendenden Sonnenschein sehr gut sichtbar zu sein, da sie mit großer Schnelligkeit und im wohlgezielten geraden Fluge schon von weitem auf die Muscari-Blütenstände zugeflogen kamen. Das gleiche fiel mir auf, wenn ich im hellen Sonnenschein T. stehende’ Blüten von Cerastium litigiosum De Lens aus der Ferne be- trachtete. Auch diese Blüten verschwanden für mein Auge fast voll- ständig vor dem leuchtend weißen Hintergrunde des von der Mittags- sonne bestrahlten Kalkgesteins, während aber Bombylius fuliginosus, der diese Art sehr viel zu besuchen pflegte, deren Blüten mit größter Sicher- heit aus der Umgebung herauszufinden vermochte. Nicht anders ver- hielten sich kleine Hymenopteren, die in solchen Blüten Nektar sam- melten. Die blaue bis violette Farbe der Blüten rührt von verschiede- nen Modifikationen des im Zellsaft der Perigon- gewebe gelösten Anthokyans her. Doch beteiligten sich nicht alle Zeilen gleichmäßig am Zustandekommen der Gesamtfärbung. Der Farbstoff kommt hauptsächlich in den Zellen der Epidermis und der un- mittelbar unter ihr befindlichen Zellage zur Ausbildung. Sterile und fer- tile Blüten verhalten sich hinsichtlich des Auftretens und der Modifika- tion des Farbstoffes verschieden. In der folgenden Tabelle sind diese Verhältnisse übersichtlich dargestellt. u — Farbe des Zellsaftes Blütenformen | > a ae Äußere Zelinge ig Mesophyll- Innere er Epidermis der ‚äußeren zellen Epidermis Epidermis 'Sterile länger gestielt || fast farb- kräftig farblos fast farblos Blüten als die fertilen, | los (kaum blau (schwach Eingang des || merklich blauviolett) Perigons meist violett) fast geschlos- sen, ohne Aus- bildung eines hellen Randes; hellblau bis hellviolett = BeBertile Nach dem Öff- || satt wein- | blauviolett | fast farblos | satt wein- © Blüten nen derPerigo- rot (bläulich) rot | (Honigblüten) | ne schwarz- violett, Peri- | unmittelbar goneingang nach dem Auf- | von den hellen blühen Perigonzipfeln | schmal um- rahmt | 32 Fritz Knoll. Wenn die fertilen Blüten verblühen, bekommen sie eine fast schwarze, teilweise braune Farbe. Dies rührt daher, daß die Farbe des Zellsaftes der äußeren Epidermis sich gelb färbt (Anthochlor). Als Subtraktionsfarbe beim Zusammenwirken mit dem Blauviolett der dar- unterliesenden Zellen entsteht dann für uns das erwähnte bräunliche Schwarz. Diese Umänderung der weinroten Farbe der Epidermis in ein Gelb ist wichtig für das Verständnis der später beschriebenen Farbe der Honigblüten von Muscari comosum (L.) Mill., bei denen dieser Farben- wechsel schon vor dem Öffnen der Perigone eintritt. Unter den erwähnten Gewebeteilen der Perigonwand ist die su b- epidermale Zellschicht für das Zustandekommen des Farb- effektes am wichtigsten. In ihr ist der Farbstoff des Zellsaftes besonders stark gesättigt und dazu beträgt die Dicke dieser Zellen etwa das Drei- fache der Dicke der Epidermiszellen. Das Mesophyllgewebe spielt bei den Subtraktionswirkungen eine geringe Rolle, dafür wirkt es durch die an die farblosen Zellen angrenzenden lufterfüllten Interzellular- räume als reflektierende Schichte, somit als „Tapetum“ in der von F. und S. Exner!) beschriebenen Weise. Die optische Filterwirkung der Epidermis ist ebenfalls von Bedeutung. Die Blütentrauben von Muscari racemosum machen sich außer durch die Farbe auch durch den Duft für den Menschen bemerkbar. Doch wirkt für uns dieser Duft nicht in die Ferne, wir müssen vielmehr unsere Nase selbst einem aus zahlreichen Blütenständen zusammengefüg- ten Strauße bis auf wenige Zentimeter nähern, um jenen von den Blüten ausgehenden Muskatduft zu spüren, der der Pflanze den Namen „Muskat- hyazinthe‘“ verschaffte. Der Duft erscheint aus der Nähe sehr deutlich, wenn auch nicht sehr stark. Er ähnelt am meisten jenem Sinneseindruck, den man beim Essen von Muskatellertrauben als deren besonderen „Ge- schmack‘ bezeichnet. Da man an den Blütenständen zweierlei Blüten unterscheiden kann, fragte ich mich, ob mit dieser Verschiedenheit der morphologischen Ausbildung nicht auch eine örtliche Trennung oder son- stige Verschiedenheit hinsichtlich des Duftes verbunden ist. Zur Beant- wortung dieser Frage nahm ich eine Anzahl von Blütenständen und gab die von diesen sorgfältig mit einer Schere abgeschnittenen sterilen Teile der Blütentrauben in ein reines Glasgefäß, in ein anderes die von den- selben Blütenständen gewonnenen Stücke mit den noch frischen Honig- blüten. Von letzteren wurden nur jene berücksichtigt, deren Oberfläche noch ganz glatt war, während die bereits längsgefurchten in ein eigenes Gefäß gebracht wurden, ebenso eine Anzahl von geschlossenen Blüten aus dem Übergangsgebiet zwischen sterilen und fertilen Blüten, deren Zugehörigkeit zu einer der beiden Blütenformen von außen, ohne sie zu ı) Exner, F. und 8, Die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbungen, Sitz.-Ber. d. Akad. d. Wiss. Wien, 1910, math.-nat. Klasse, ld. CAIX, Abte. 1, S. 202—213. S Endeging — es war dies gegen h) Insekten und Blumen. 33 öffnen, nicht mit Sicherheit zu ermitteln war. Alle diese Gefäße wurden mit reinen Glasplatten bedeckt und einige Minuten sich selbst überlassen. Auch bei mehrfacher Wiederholung solcher Versuche entströmte beim Aufheben des Deckels dem Glasgefäß mit den Honigblüten ein kräftiger Muskatgeruch, während die sterilen Blüten in ihrem Gefäß keinen Duft entwickelt hatten. Sehr schwach duf- tend zeigte sich der Inhalt des Gefäßes mit den Übergangsblüten, ebenso der Hohlraum. des Glases mit den bereits verblühten fruchtbaren Blüten. Es war demnach meine Aufgabe, zu ergründen, ob jene Eigentüm- liehkeiten der Muscari-Blüten, die uns Menschen durch deren Farbe und Duft auffallen, imstande sind, auf Bombylius. fuliginosus eine solche Wirkung auszuüben, daß er mit ihrer Hilfe die Blütenstände auch aus der Ferne mit Sicherheit zu finden vermag. II. Bombylius fuliginosus Wied. 1. Körperbau und besondere |; - ET Erg Kennzeichen. | ne Inder Blütezeit von Mus- cari racemosum (Mitte März bis Anfang Mai) war Bomby- lius fuliginosus Wied.!) ein sehr häufiges Tier. Er war an allen sonnigen Tagen, genü- gende Wärme vorausgesetzt, von der Mitte des Vormittags Ä N bis zum späten Nachmittage I | ‚als eifriger Besucher der Trau- benhyazinthen tätig. Vom Be- ginne der Blütezeit bis zu de- ren Höhepunkt war B. fuligi- nosus die einzige Art der Gat- tung, die man im Bereiche sah. Als aber die Blütezeit zu die Mitte des Monates Mai —. trat zunächst eine auffallende, kräftigere Ar r Gattun % Buaep SCHADE Bombylius fuliginosus (a) und B. medius (b). & Ri, B S medius L., dem bald Tiere in der Stellung beim Anflug unmittelbar vor noch eine dritte Art, B. ful- dem Anklammern an die Blüte. Vergrößert (2). Fig. 2. 1)-Die Bestimmung der hier erwähnten Dipteren-Arten. sowie die zahlreicher anderer Insekten verdanke ich der großen Freundlichkeit des Herrn Dr. Hans Zerny (Naturhistorisches Staatsmuseum) in Wien. | Abhandl.d, zool.-botan. Ges. ana ug Heft 1. 3 34 a | Fritz Knoll. vescens Wied., folgte. Von den beiden zuerst genannten Arten bilde ich je ein Tier ab (Fig. 2, a, d, S. 33), in der Flugstellung kurz vor dem Anklammern an eine Blume, aus der man eine gute Vorstellung von dem Aussehen des lebenden Tieres erhalten kann.') Die allgemeinen Merkmale der Gattung Bombylius entnimmt man am besten der Darstellung von J. Rudolf Sehiner.?) Dort ist auch das Wesentliche über Bombylius medius ?) und B. fulvescens *) zu finden. Der nur im Süden Europas vorkommende B. fuliginosus ist im Bestim- mungsschlüssel Sehiners nicht vorhanden; er unterscheidet sich nach H. Loew°) durch die lange dunkle Behakrüks von der I des. B. venosus, variabilis und canescens.®) Die Beschaffenheit meiner Versuchstiere habe ich nach den von mir gesammelten Stücken in der auf der gegenüberstehenden Seite befind- lichen Tabelle übersichtlich zusammengestellt. Er. 2. Lebensweise der Imago. Allgemeines über den Blütenbesuch. Bombylius fuliginosus hielt sich als Imago hauptsächlich an den kahlen Plätzen innerhalb des mediterranen Buschwaldes auf, an abge- holzten Flächen, an Wegrändern und am Saume flacher Dolinen. Dies dürfte damit zusammenhängen, daß diese Tiere nur an freien Stellen das zu ihrem Lebensgetriebe nötige reiche Sonnenlicht und die für ihre raschen Flüge erforderlichen hindernisarmen Räume zur Verfügung haben. An solchen Orten pflegten zahlreiche blühende Pflanzen von Muscari racemosum und Cerastium litigiosum vorzukommen. Dort flog dieser Bombylius, solange er noch nicht gesättigt war, mit fein singendem Flügelton von Blume zu Blume, sich an ihnen kurze Zeit anklammernd und saugend, ohne dabei den Flügelschlag zu unterbrechen. Beim Fluge waren Vorder- und Mittelbeine an die Unterseite des Thorax vorgehalten, dagegen waren die um vieles längeren Hinterbeine schräg nach rückwärts ausgestreckt und ihre Fersenglieder (in ihrer Gesamtheit) etwas nach oben gerichtet. Es machte den Eindruck, als ob sich das Tier seiner Hinterbeine als Einrichtung zur Erhaltung des Gleichgewichtes beim raschen Fluge bediente. Näherte es sich einer Blüte, so wurden unmittel- bar vor dieser die Vorder- und Mittelbeine vorgestreckt und der Rüssel 1) Die Bombylius-Abbildungen, die man gewöhnlich in Büchern findet, gehen meist das Bild eines schlecht präparierten Sammlungsexemplars wieder. ?) Schiner, J. Rudolf, Fauna austriaca. Die Fliegen. 1. Teil wi ien 1862), S. 58. : 3) Schiner, a.a.0.8.60.. *) Schiner, a.a.0.8.62. 5) Loe w, H., Neue Beiträge IN (Berlin 1855), S. 20. 6) Punkt 12 und 13 des Bestimmungschlüssels von Schiner (a.a. 0.8.61). Insekten und Blumen. -Ip oneıaj[jay asıyydısypmp Ip u9do3 odurslagN) WOUOHURWILL u ‘ungıgqgnu Pusulsydasy2Inp Ey SHLT HTewmıXo1d 9zue3 dıp st 9 wioq ‘puajneflsA oydRH -[OSNLJ 9sojuay99H 'adıse]2 Ip u9593 yaıygwpe 9qıeJ ouneıg ap ‘yungıgas ypeayds aqas 5 IsI u9yas -19A ‘uTDpeIond) UHP UR S.19Puos -94) UHYI9L J USUNBAIG Jıun TOP ‘[L9} -[ISnLI UOSLyPIBUDAInp uosuıqn u9p U9895 puswyauge yarygurn]e FUNgAIE FT Hunzıq 9891p “unergqguu "T solvw 'g uody -ngBy ®doın9[a}IW UI SOp A9p Sie a9[yunpPpuonopag Isıs[93n]Ts>p [19 Loneı2][oy 9dıyydısydınp 19d) ‘s[93n[T. s9p ualfez uasıyyaıs -y9Anp “U9KOJUHNY9Hg ‘uanvız][ay uasLıqn 9Ip U9993 puswyauge yaıygwfe Sungıy T 9unz.Ig 9891p :uneIggnu [PZInA[PINLJ Top pun wog [ozınapoänjTpunpueumpıoA | [OyUnp [ezinmjoän]T'n puruopIoA | SEpueLIapIoA 89p uajjez uep uy Funuyorozaän]T T (pusypeıds ? wu 6 -7u9 9FUuR]IodIOyY ap puioyeuur) yoryiayosyoınp ‘ww OT sıIq 8 | wu IT yoryiuyaınp "wur FI sIq OT | wur 6 yaryruyosydınp (wur OT stq L S3ugoanTd UI UNNSIOT uau | usungIgq[eyunp uspueyags 19990] -NEIA[EYUNp UHPUAY9IS 1990] ; uneIg[9yunp u uneIqyyaı eNyLuyosqeurg yımı uneIq][ay 9}yluyosgqeulag] Ua8 19P9I[FU9SIB], U9J2I9] Ip ‘Pal? usasLıqn aIp unwıq[oyunp A9palLd -1IqN 9Ip ‘unzıgjexunp A9paIL? -U98.IB [948.19 Sep Osu9gqaFunE.IgFoL -U9SIB], 97279] pun [OZImAJoyUoUOS | -UASIKL 97249] pun Jozinm[oyusyds | HUHLyag‘ung.Iqaro-[pyunp[eyuayog outag wu 9 wu 8 E wu G.g yorzruyssyaınp ‘ww OT SIq Sg | yaıyruayosypınp ‘wm OT sıq 9 | yarmpuyosyomp ‘wu .F sıq 7 SZug[ossny ONLULIS[YN AT INZSIq USYOIS19IBEH oyyımu dolynd u948dur] 9Ip!9ıeu 9zıny auneıIg -q[93 yon uaydsıazep ‘Nleey -IO[ynT Ip UoyDIO.LI9 U9FsZUR] Ip uaıwef] UaZIeAyos up -U9U9IS UHUISIAZEP Ju uneiq]joy ap Se A9ZınYy FIUaM Inu 9ıeaH uU94sFuR][ 9Ip u9IRBH UHUNLIAALO -[oyunp ‘uadue] m puosesioiyund sojdoyy sop Zunweyog -94 Uunwıqjpyunp pussosıojyn] uneıqqjo3 9y Ftggwypra]d uaIeBH UAZIEAYUIS U9193 -UB[ SEMI9 ‘UEPUHUAIS UAUISIMZ -sp uw “ungıqpjo?) unerqpoy NEISAIO AOJY usp mn ZIEMUYOSAIIO 9J198.19}uf] su9wopqYy pun XBIOUL 8s9p Junmweyag wur 8 yonppugosyaanp ‘mm OL sıq 2 wur IL unBIqAlo SIqQ NYIZAIO POBIOAIO wu 8 yorpuyosypanp “wu6sıq 9 (Zunmeeyag pun jossny Juyo) odugpıadıoy suaosaaın] "ZI yorapugosyomp “mu FI sıq 6 snıpaw 'g snsoudrn] snuyfqwog | OIBWN.ION 919puosog 3*+ 36 | | Fritz Knoll. zum Gebrauch bereitgehalten (vgl. Fig. 2a). Stand der Blüteneingang horizontal, wie bei Cerastium oder Geranium, dann ließ sich das Tier für - wenige Sekunden auf den Blütentrichter nieder, sich mit dem ersten und zweiten Beinpaare an den Petalen festhaltend und die Hinterbeine zur weiteren Stütze auflegend. Dabei schwirrten die Flügel mit verminderter Schnelligkeit und demnach tieferem und leiserem Tone weiter, während . das Tier den Nektar aus der Blüte in sich aufnahm. War die Blüte da- gegen hängend, was unter den damals vorhandenen Arten nur bei Muscari der Fall war, so flog das Tier an deren Eingang heran, klammerte sich mit den Krallen der vier vorderen Beine rasch an den nach rückwärts umge- bogenen Perigonzipfeln fest und führte unter gleichzeitigem Abwärts- drehen der Basis des Rüssels diesen in die Blütenöffnung ein. Die Körper- stellung und die Rüsselhaltung eines Tieres am. Beginne des Besuches einer Blüte von Muscari racemosum gibt die photographische Aufnahme (Bild 1 der Tafel 4) sehr gut wieder. Der Körper des Tieres hängt dann während des Saugens durch seine eigene Schwere herunter und wird durch das Anspreizen der beiden Hinterbeine, deren Haftorgane dabei nicht in Funktion treten (vgl. das zuletzt erwähnte Lichtbild) vom Blüten- stand entsprechend ferngehalten. Beim Festhalten des Bombylius an der Blüte von M. racemosum schließt die glatte, mit Wachskörnchen be- deckte Epidermis des eiförmigen Perigonteiles eine Verwendung der Krallen und. Haftlappen aus); dagegen bietet der zurückgebogene freie Perigonlappen (vgl. Fig. Le, f, S. 28) infolge seiner Gestalt und der etwas papillösen Epidermis eine verhältnismäßig gute Einriehtung zum Festhalten mit den Krallen und damit zum Aufhängen des Körpers an dem nicht gerade bequem gelegenen Blüteneingange. (In der gleichen Weise muß sich auch die Honigbiene benehmen, wenn sie zum Honig dieser Blüten gelangen will.) Auch in diesem Falle schwirren die Flügel des Bombylius unter Veränderung des Flügeltones weiter. Dann geht das Insekt fliegend zu den benachbarten Blüten desselben Blütenstandes über, an jeder nur kurz verweilend, um sich schließlich von diesem zu erheben und einer neuen Blütentraube zuzueilen.?) B. fuliginosus pflegte sich bei jeder der am Standorte vorhandenen Blüten immer nur wenige (höchstens drei) Sekunden aufzuhalten. Be- sonders rasch erfolgte der Flug von einer Cerastium-Blüte zur andern, . Daß diese kurze Dauer des Besuches nur von der geringen Menge des 1) Vgl. darüber Knoll, Über die Ursachen des Ausgleitens der Insekten- beine an wachsbedeekten Pflanzenteilen. Pringsheims Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. LIV (1914). ; EN ®) P. Knuth (Handbuch der Blütenbiologie, Bd. I, 2. Teil, 5. 502) gibt, ge- stützt auf verschiedene Beobachter, an, daß die Blüten von Muscari racemosum (und anderer Muscari-Arten) von verschiedenen Hymenopteren aufgesucht und dabei oft seitlich angebohrt werden. Ein Besuch der Muscari-Blüte durch Bom- bylius-Arten wird jedoch-von Knuth nicht angegeben. Man sieht daraus, wie sehr örtliche Verhältnisse den Blütenbesuch beeinflussen. Insekten und Blumen. 37 vorhandenen Nektars abhängt, konnte ich durch den folgenden Versuch nachweisen. Ich brachte in einer solchen Blüte einen großen Tropfen von Zuckerwasser an, den ich, um dem Tiere gleichzeitig einen ihm be- kannten Duft darzubieten, mit einer Abkochung von Muscari-Honigblüten _ versetzte. Auf diese Weise erzielte ich einen Besuch, der etwa eine Minute lang dauerte! Die in den Cerastium-Blüten von Natur aus vor- handene geringe Nektarmenge bewirkt also, daß sich die Wollschweber nur kurze Zeit auf jeder einzelnen aufhalten. Sie besuchen deshalb, um ihr Nahrungs- und Flüssigkeitsbedürfnis zu befriedigen, eine außerordent- lich große Anzahl solcher nektararmer Blüten und vergrößern dadurch für die Pflanze die Gelegenheit zur Bestäubung mit dem Pollen anderer Individuen. Diese Gelegenheit ist viel geringer, wenn kleine Insekten, etwa winzige Käfer oder Fliegen, deren Futterbedarf bald gedeckt ist, sich oft stundenlang in einer solchen Blüte aufhalten. "Fig. 3. Schematische Darstellung des Fluges (Nahrungsfluges) eines Bombylius fuliginosus auf einer Blöße am Rande der Macchia. Die Sträucher sind durch Punktierung, die Felsstücke durch einfache Umrißzeichnungen kenntlich gemacht. Der Boden ist terra rossa mit spärlichem niederem Pflanzenwuchs, dazwischen blühend Cerastium und 'Thymus, die vom Bombylius besucht wurden. Annähernd !/,, der nat. Größe. Zwischen diesen der Ernährung dienenden Besuchen fliegt der Bombylius fuliginosus in reichblühenden Beständen rasch und geraden Fluges von Blume zu Blume.‘ Dabei können diese Nahrungsflüge in jeder Riehtung ohne Rücksicht auf die Stellung der Sonne und auch ganz un- abhängig von der Richtung des Windes erfolgen. Gelangt dabei Bom- bylius über blumenarme Flächen, dann fliegt er in unregelmäßigen Schleifen über die Landschaft hin, bis ihn das Auftreten neuer Nahrungs- quellen wieder zu gezielten Flugbewegungen bringt. Die hier beigefügte 38 Fritz Knoll. eG Flugskizze (Fig. 3) möge dies anschaulicher machen. Trifft das Tier auf solehen Flügen Blumen, die es wohl etwas anlocken, aber es aus der Nähe zu keinem Besuche verleiten, z. B. Blüten von Cistus salvifolius,') dann verlangsamt sich vor ihnen der Flug, um aber gleich wieder an Schnelligkeit zuzunehmen und in weite Schleifen überzugehen. Auch | dies ist in obiger Skizze zum Ausdrück gebracht. Während B. fuliginosus an den Vormittagen einen unermüdlichen Eifer im Besuche der Blütenstände von Muscari zeigte, konnte man in den Nachmittagsstunden ein deutliches Abflauen dieser Tätigkeit be- obachten. Man sah die Tiere noch immer die Blütentrauben anfliegen, den Rüssel in die Perigone einführen, aber dies geschah wesentlich rascher, flüchtiger und deutlich unordentlicher, das Gebaren machte oft den Eindruck des „Spielerischen‘, als ob dem Tier „nicht mehr viel an diesen Dingen gelegen wäre“. Immer häufiger pflegten die Tiere dann zwischen den Besuchen der Blütenstände sich längere Zeit schwärmend über pflanzenfreien Flächen aufzuhalten, und dort, wo sie in größerer Individuenzahl auftraten, ließen sie sich immer mehr durch gegenseitige Verfolgung vom Blütenbesuche abhalten. Während sie über kahlen Bodenflächen schwärmten, blieben sie in der Luft stehen, sich dabei zierlich ruckweise ein wenig nach der Seite wendend, senkrecht auf- und absteigend oder auch ohne Veränderung der Flughöhe etwas vor- und rückwärts schwebend. Dann flogen sie oft wieder für kurze Zeit zu Muscari-Blütenständen, saugten an ihnen, aber nur flüchtig, manchmal auch die Blütentrauben ohne Besuch nur anfliegend. Man konnte dabei sehen, daß die Tiere unmittelbar nach dem Besuch eines Blütenstandes den nächsten ganz nahe anflogen, kurz vor ihm in der Luft schweben blieben, während der Kopf der Blume zugewendet war, um schließlich eine Nektarentnahme wegzufliegen und sich wieder mit Schwärmflügen zu beschäftigen. Dieses bewegungslose Schweben der Blumenfliegen vor Blüten hat auch Hermann Müller oft beobachtet. Entsprechend seiner persönlichen Veranlagung und vielfach auch der wissenschaftlichen Ge- pflogenheit der damaligen Zeit erklärte er ein solches Benehmen der Tiere aus deren ästhetischen Neigungen. Ich habe schon früher ?) einige Stellen aus seinen Büchern, die für diese Auffassung charakteristisch sind, wiedergegeben. Mit einer solchen „Erklärung‘“ können wir aber heute nicht mehr zufrieden sein. Dagegen haben meine Versuche mit dem Tagschwärmer Macroglossum stellatarum ?) an gefangengehaltenen. !) Abbildungen dieser Blüten befinden sich in meiner Arbeit: Zur Ökologie und Reizphysiologie der Staubblätter von Cistus salvifolius (Pringsh. Jahti f. wiss, Bot., Bd. LIV (1914), S. 503, Fig. 1. ?) Zeitgemäße Ziele und Methoden für das Studium der ökologischen Wechsel- beziehungen, 1. Abhandlung dieser. Reihe, S. 10. ») Meine sehr umfangreichen Biden über diesen Schmetterling werden BR, nächste Abhandlung dieser Reihe erscheinen. ; Insekten und Blumen. 39 Tieren gezeigt, daß ein solches Benehmen vor Blumen immer dann (wenn auch nur für kurze Zeit) eintritt, wenn die Tiere bei Nahrungs- flügen schon satt geworden sind, sie aber trotzdem noch durch die optische Wirkung der Blumen zu einer Annäherung an diese und zu einem flüchtigen Verweilen vor ihnen verleitet werden. Bei dem an eine Blume oder einen entsprechend gefärbten anderen Gegenstand an- fliegenden Macroglossum ist das Hervorstrecken des sonst gerollten Rüssels ein Zeichen des Hungers. Wenn das Tier bei Nahrungsflügen bereits nahezu satt geworden ist, streckt es den Rüssel nur mehr flüchtig, sozusagen tippend gegen die Blüten aus, ihn immer rasch wieder ein- rollend, und schließlich sieht man oft im letzten Abschnitt vor dem Ein- stellen des Nahrungsfluges, daß der Schmetterling noch einige Blumen mit halb entrolltem Rüssel wohlgezielt bis auf die sonst zum Saugen er- forderliche Nähe anfliegt, ihn aber nicht mehr in die Futterquelle ein- führt. In seltenen Fällen kann man am Schlusse noch einen Anflug auf _ eine Blüte ohne deutlich wahrnehmbare Rüsselreaktion sehen, worauf das Tier dann für dieses Mal seine Flüge zu den Blumen einstellt. Man ‘erkennt daraus, daß deroptische Eindruck noch länger motorisch wirktalsder Hunger, sowie auch beim Menschen und höheren Wirbeltieren der Anblick bestimmter Speisen selbst dann noch den Appetit erregt, wenn von Hunger nicht mehr die Rede sein kann. Wenn man auf einer mit zahlreichen blühenden Pflanzen von Mus- cari oder Cerastium bestandenen Fiäche das Verhalten von Bombylius betrachtet, wird man finden, daß der Besuch der einzelnen Blütenstände nicht ganz planlos erfolgt. Auffallend lange Zeit wird oft von einem Tier eine bestimmte Richtung beim Fluge von Blume zu Blume eingehalten, dann erfolgt eine Wendung, worauf das Tier wieder längere Zeit die neue Flugrichtung beibehält. Die auf S. 40 wiedergegebene Skizze (Fig. 4) zeigt schematisch das Verhalten eines B. fuliginosus beim Besuch der Blüten einer Cerastium litigiosum-Gruppe. So habe: ich z. B. einen Bombylius beobachtet, der in einem Bestande von blühenden Cerastium-Pflanzen etwa 50 annähernd in derselben. Flugrichtung stehende Blüten besuchte, obwohl durch die zahlreich daneben vorhandenen anderen Blüten dieser Art noch reichlich Gelegenheit zur Ablenkung von dem eingeschlagenen Wege gegeben war. Dies. fällt besonders auf, wenn man, wie es bei meinen Versuchen oft der Fall war, dem Bombylius eine gerade Reihe genügend nahe bei einander stehender Muscari-Blütenstände darbietet. Wenn das Tier den Besuch an einem Ende einer solchen Allee begann, pflegte es gewöhnlich einen Blütenstand nach dem anderen zu erledigen, ‚bis es schließlich am anderen Ende der Reihe angelangt war. (Daß sich dabei das Tier nicht merkte, welche Blüten bereits besucht waren und welche noch nicht, geht daraus hervor, daß es am Ende einer. solchen Allee oft wieder umkehrte und dann die ganze Reihe entlang alle Blüten- stände noch einmal besuchte.) Dieses Verhalten ist nicht ohneweiters 40 Fritz Knoll. verständlich, wenn man bedenkt, daß ein soleher Bombylius an jedein Blütenstande mehrere Honigblüten besuchte und daß diese meist an ganz verschiedenen Seiten ringsum an der Spindel des Blütenstandes verteilt waren. Das Tier bewegte sich also saugend um die einzelnen Blüten- trauben herum und verlor trotzdem meistens nicht die bisherige Flug- richtung innerhalb der ganzen Reihe von Blütenständen. Welches Hilfs- mittel hat nun Bombylius fuliginosus zu dieser Orientierung innerhalb eines Bestandes von Blumen? Den Schlüssel zum Verständnis dieser Verhältnisse bot nun die Beobachtung der bereits am Nektar gesättigten Tiere, die an den heiß beschienenen Wegen zu schwärmen pflegten. Wenn sie, wie bereits beschrieben, schwärmend in der Luft stehen blieben Be dies geschah gewöhnlich etwa 5—10 em über dem Erdboden —, so konnte man bemerken, daß das Tier indiesem Augenblicks t® tsden Rücken der Sonne zugekehrt hatte. Dies dauerte aber nicht I Sonne & Fig. 4. Schematische Darstellung des Fluges von Blume zu Blume innerhalb eines OARERE von Cerastium litigiosum. "P der nat. Größe. lange, plötzlich verließ das Tier diesen Platz, um nieht weit davon ent- fernt abermals in der Luft stehen zu bleiben und dabei wieder den Rücken der Sonne zuzuwenden. (Um dies zu beobachten, behält man am besten selbst die Sonne im Rücken und vergleicht die Lage des eige- nen Körperschattens mit der Stellung des Tieres.) Ein derartiges Spiel wiederholte sieh oft viele Male. Wenn Bombylius so längere Zeit über dem Wege herumgeschwärmt hatte, ließ er sich schließlich an einem gut besonnten Gegenstande — meist war es ein Stein — zur Ruhe nieder. Zu diesem Zwecke senkte sich das Tier aus der erwähnten Höhe sehr langlam im Fluge herunter und drehte sich dabei wieder so herum, dab die Sonne seinen Rücken bestrahlen konnte. Es behielt diese Stellung im Abfluge solange bei, bis es mit den Beinen den Boden berührte. Beim Aufsuchen eines günstigen Sitzplatzes führte das Tier im letzten Abschnitt des Niedergehens oft ganz langsame Flüge nach rückwärts aus, um endlich, wieder etwas vorfliegend, sich sanft niederzulassen. Dabei wurde dann die im Abstieg noch vorhandene genaue Einstellung beim Insekten und Blumen. 4l Aufsitzen meistens so verändert, daß bei der gegebenen Obertlächen- beschaffenheit der Unterlage ein bequemes Sitzen möglich war. Das Er- gebnis eines derart sorgfältigen Sich-zur-Ruhe-Setzens war dann fast immer noch eine solche Stellung des Tieres, die den Rücken in be- . deutendem Maße der Bestrahlung durch die Sonne aussetzte. Wenn auch manchmal, aber selten, größere Abweichungen von dieser Stellung zu- . standekamen, so saß doch schließlich nie das Tier derart, daß sein Rücken vom Sonnenlichte abgewendet gewesen wäre.!) Hatten die Beine die Unterlage berührt und festen Halt gefunden, dann hörte der Flügelschlag sogleich auf, die Flügel wurden flachgelegt, aber sie blieben zunächst noch in einer Haltung, bei welcher der Winkel zwischen deren Vorderrand und der Körperachse annähernd ein rechter war (Fig. 5a, 8. 42). Blieb das Tier ungestört, dann wurde nach einigen Sekunden das flach liegende Flügelpaar mit einem plötzlichen Ruck noch weiter der Achse des - Körpers genähert, bis die vordere Flügelkante mit ihr nun einen Winkel von etwa 45° (Fig. 55) einschloß.?) In dieser Stellung blieb das Tier oft minutenlang ruhig sitzen, wenn es nicht etwa durch einen anderen gerade dort vorüberschwärmenden Bombylius aufgescheucht wurde. Aus diesem ganzen Verhalten sieht man, daß diese Tiere nach der Richtung der Sonnenstrahlen ihre Körperhalttng und damit auch ihren Flug ein- stellen können. Da in den früher beschriebenen Fällen des Zurecht- . findens innerhalb eines blühenden Bestandes kein anderes Örientierungs- mittel in Betracht kommt, wird wohl auch dort die Sonne den Kompaß . für den Flug bilden. All dies vermag Bombylius nur durch seine einzigartige Sicherheit im Fluge auszuführen. Was andere Dipteren sitzend zu tun pflegen, führt dieser wunderbare Flieger in der Luft schwebend aus. So sah ich wiederholt, wie Bombylius im Fluge seine Tarsen durch gegenseitiges Aneinanderreiben säuberte. Auch das Ausspritzen der Exkremente seheint dieses Tier gewöhnlich im Fluge zu besorgen; ich habe dies an ihm wiederholt beobachtet. Diese Flugsicherheit ermöglicht es auch den Individuen von B. fuliginosus, jene rasenden Verfolgungsflüge durchzu- führen, die ich oft beim Zusammentreffen zweier schwärmender Tiere | gesehen habe. Dabei folgt ein Tier dem anderen in langen verschlunge- nen Flugschleifen in der allergrößten Geschwindigkeit, deren sie fähig sind, und sie bleiben trotzdem bei der ganzen verwickelten Bewegung ' 4) Ebenso verhält sich auch der in Mitteleuropa häufige Bombylius major L. Auch bei Eristalis-Arten und hei einigen Tagfaltern (z. B. Pararge megaera) beobachtete ich ein ähnliches Benehmen. Über die Bedeutung der Richtung der | Sonnenstrahlen für die Raumorientierung der Ameisen vgl. Brun, Die Raum- orientierung der Ameisen (Jena 1914). 2) Eine gleiche Bewegung in zwei Abschnitten führen auch die Flügel der Tagfalter aus, wenn sich diese auf einem Gegenstande niederlassen. In diesem Falle werden aber zuvor noch die Flügel mit ihrer Oberseite ‚aneinandergeklappt. 42 | | Fritz Knoll. einander auf wenige Zentimeter nahe. Die nebenstehende schematische Skizze gibt davon eine Vorstellung (Fig. 5c, d). Gerade diese in einem | solchen Falle sich zei- gende Fähigkeitdes unbedingt siche- ren Fluges machte den Bombylius fuligino- sus zu einem geeig- neten: Versuch» tiere,dasimstande war, jede im Ver- such gegebene,von. außen kommende 16) 4 2 3m RT Ablenkung sofort Fig. 5. Schwärmflug von Bombylius fuliginosus. durch e ine ent- a Flügelhaltung unmittelbar nach dem Niedersetzen, 5 RuhestellunG SPTeC hen d e Ab- einige Sekunden hernach (verkleinert), c, d Verfolgungsflüge zweier weichun £ v onder Individuen nach einer Begegnung während des Schwärmens. (Hiezu der Maßstab.) bisherigen Flug- | | | bahn. zum Aus. druck zu bringen. Insekten mit unsicherem, wackeligem Fluge, wie etwa die meisten Tagschmetterlinge, wären zu den von mir dureh- geführten Versuchen ganz ungeeignet gewesen. Bei der Beobachtung der fliegenden Tiere konnte ich ab und zu sehen, daß sich B. fuliginosus auch zwischen Blumenbesuchen kurz zur Ruhe setzte, doch geschah dies sehr selten und nie auf Blumen. Bei schwärmenden Tieren kam es dagegen gewönlich vor, daß sich ein solches von Zeit zu Zeit auf einen besonnten Stein o. dgl. nieder- ließ. Nur zweimal sah ich, daß sich ein Bombylius an einer beschatteten Bodenstelle setzte. Brachte ich ein Tier in einem durchsichtigen Behälter aus dem Sonnenschein in diffuses Tageslicht oder in den Schatten, so kroch es höchstens ein wenig, machte aber keine Bewegungen mit den Flügeln. Dementsprechend verbringt B. fuliginosus auch im Freien die trüben Tage sowie die Nächte ruhig sitzend und wird erst durch das Auf- treten unverhüllten Sonnenscheins zum Fliegen und zum Nahrungsuchen angeregt. B. Die Durchführung der Versuche. I. Auswahl und Vorbereitung des Versuchsplatzes. Es war von großer Wichtigkeit, daß für die Durchführung der Ver- suche mit Bombylius fuliginosus immer der richtige Versuchsplatz aus- gewählt wurde. Hiezu mußten Stellen ausgesucht werden, an denen Insekten und Blumen. 453 Muscari racemosum genügend reichlich blühte und an welchen, was noch wichtiger war, Bombylius in größerer Anzahl zu fliegen pflegte. Waren an einem Platze nur wenige blühende Muskathyazinthen vorhanden, so konnte man diesem Übelstande dadurch abhelfen, daß man ihre Anzahl - dureh Hinzufügen von abgeschnittenen Blütenständen, die in Wasser gestellt waren, vermehrte. Zu diesem Zwecke wurden an anderen, zu Versuchen nicht verwendeten Plätzen die Blütenstandstiele dort, wo sie aus dem Boden hervorkamen, abgeschnitten und sogleich mit der Schnitt- stelle in unten geschlossene Glasröhrehen von 9em Länge und 15cm Durchmesser gegeben, nachdem diese zur Hälfte mit Wasser gefüllt worden waren. Zur Befestigung des Stieles innerhalb des. Röhrchens diente ein um den Stengel herumgewickelter Wergpfropf, der in die Öffnung des Röhrchens herabgeschoben wurde, bis er diese genügend abschloß und ein Wackeln des Blütenstandes bei stärkerem Winde verhinderte. Diese Röhrchen wurden dann entweder eingegraben oder zwischen zusammengelegten Steinen eingeklemmt, wobei darauf ge- achtet wurde, daß der obere Teil der Blütenstandachse aufrecht zu stehen kam. Bei solchen in Gläschen steekenden Blütenständen 'ver- hielten sich alle Blütenbesucher geradeso wie bei solchen, die noch aus ihrer Zwiebel dem Boden entsproßten. Wenn auch der obere (abge- schmolzene) Rand des Gläschens im Sonnenschein für unser Auge immer einen kräftigen Glanzfleck zeigte, so kümmerten sich die Blumenfliegen und Bienen doch nie darum, sondern wendeten sich ohne Zögern so- gleich den Blüten zu. Diese an Ort und Stelle in Wassergläschen ge- ‚brachten Blütenstände blieben auch bei sehr windigem Wetter und bei stärkster Sonnenbestrahlung den ganzen Tag über und auch noch länger vollständig turgeszent und behielten Duft und Farbe ohne er- kennbare Veränderung. Ein derartig zugerichteter Blütenstand mit einem ihn besuchenden Bombylius ist in Bild 2 und 3 der Tafel 3 ab- gebildet. | | Wuchsen blühende Muscari-Pflanzen an Teilen des Versuchsplatzes, von denen ich die Insekten fernhalten wollte, beabsichtigte ich aber, sie bei späteren Versuchen allenfalls zu verwenden, dann machte ich diese unerwünschten Blütentrauben dadurch den Tieren unbemerkbar, daß ich über jede eine zylindrische, oben geschlossene leichte Hülse aus grauem oder graubraunem Papier (von etwa 5 cm Länge und 2 cm Durchmesser) stülpte. Trotz häufigster Verwendung solcher Papierkappen habe ich in keinen einzigen Falle eine Annäherung eines Bombylius oder eines anderen Muscari-Besuchers an so maskierte Blütenstände beobachtet. Solche verhüllte Blütentrauben sind im Hintergrunde des Bildes 1 und 2 der auf Tafel 5 abgebildeten Versuchsaniordnung sichtbar. Alles Übrige an . nieht brauchbaren Dingen wurde vom Versuchsplatze entfernt, Sträucher entsprechend zugeschnitten, störende kleinere Pflanzen fortgenommen und größere Steinblöcke weggetragen. 44 Fritz Knoll. Zur leichteren Beobachtung anfliegender Tiere und besonders für die Durchführung photographischer Aufnahmen wurde ein bestimmter Beobachtungsplatz gewählt und, von diesem aus gesehen, hinter die besonders in Betracht kommenden Objekte in entsprechender Entfernung ebene, helle Gesteinsstücke von ausreichender Größe gelegt, so daß für den Beschauer die an die Versuchspflanzen anfliegenden Tiere in guten Umrissen sich dunkel vom liehten Hintergrunde abhoben. Auch bei der Herstellung der Lichtbilder, z. B. bei denen, die auf Tafel 4 wiedergegeben sind, waren solche die Deutlichkeit des Bildes fördernde Hintergrund- steine angewendet worden. Bei der Auswahl des Versuchsplatzes th auch darauf geachtet werden, daß direktes Sonnenlicht und bewegte Luft stets freien Zutritt zu den Versuchsobjekten hatten, so daß sich in deren Nähe keine die Versuche störenden Schatten und Windwirbel bilden konnten. Die in Süddalmatien häufigen Ölgärten hatten sich als besonders günstig für Versuche erwiesen. Ihr Boden war meist über große Strecken vollkommen eben und mit spärlichem, niederem Gras bewachsen, zwischen dem die terra rossa und kleine Steine sichtbar waren. Gerade verlaufende, ge- nügend geebnete, sandbestreute Wege innerhalb der Macchia (Bild 7 der Tafel 3) waren ebenfalls sehr geeignet, wenn an ihren Rändern zahl- reiche Muscari-Pflanzen blühten. Manchmal habe ich auch vollständig freiliegende, mit niedrigem Pflanzenwuchs bedeckte steinlose Bösehungen zu Versuchen verwendet, da diese einen guten Überblick selbst über größere Versuchsanordnungen gestatteten (Bild 6 der Tafel 3). Die Anzahl der an einem Platze fliegenden Individuen von Bom- bylius konnte natürlich nicht ohneweiters nach den Bedürfnissen des Experimentators vermehrt werden. Da aber die Länge einer Versuchs- dauer wesentlich von der Anzahl der auftretenden Besucher. abhing, mußte äch doch nach Mitteln suehen, die gewünschten Tiere in erößerer Zahl an den Versuchsplatz zu bekommen, wenn mir die ur- sprünglich vorhandene Anzahl zu gering schien. Nachdem ich die Lebens- gewohnheiten des Bombylius genügend kennen gelernt hatte, gelang es mir bald, die Tiere nach Bedarf von einem für Versuche nicht geeigneten Platze, an welchem sie zahlreich flogen, auf einen mir besser zusagenden, früher von ihnen nicht besuchten Platz hinüberzuleiten. Dies konnte dadurch geschehen, daß ich, von dem ungeeigneten Orte ausgehend, eine möglichst gerade Allee von Muscari-Blütentrauben bis zum geplanten Versuchtsplatze aufstellte. Hiezu bediente ich mich der in Wassergläschen gestellten Blütenstände, wobei ich sie unter Benützung allenfalls vor- handener, im Boden wurzelnder blühender Muskathyazinthen in Ab-. ständen von etwa 25—40 em (je nach der Übersichtlichkeit des betreffen- den Ortes) zu einer einheitlichen Reihe vereinigte. Das Ende einer solchen zu einem Versuchsobjekte führenden Allee ist in Fig. 15 wieder- gegeben. (Die Flugbahn und Flugriehtung eines Tieres ist schema- Insekten und Blumen. | 45 tisch eingetragen.) Auf diese Weise konnte ich die Versuchstiere auch dazu bringen, einen Weg von einer Seite einer kleinen dammartigen Bodenerhebung auf deren andere Seite hinüber zu meinem Versuchsplatze einzuschlagen. Später benützte ich mit gutem Erfolge auch Blätter indigoblauen Papieres im Format 6 x 9cem als Wegmarkierung für den Flug der Tiere. Ich ‚legte diese, mit ihrer Längsachse nach der einzu- schlagenden Flugrichtung eingestellt, horizontal auf Steine oder niedere Macchiasträucher. Aber in solchen Fällen wurden dazwischen immer noch einge Muscari-Blütenstände verwendet, so daß die farbigen Papiere „nur Teile einer zum Versuchsplatz führenden Allee bildeten. Die Be- achtung der Stellung der Längsachse geschah bei diesen blauen Papieren deshalb, weil die Tiere bei Flügen über längliche, am Boden liegende - Farbpapierstücke oft ihre Körperachse im Darüberfliegen mit der Längs- achse des Papieres parallel zu stellen schienen und dabei, wenn auch kurz, so doch merklich, ihre Flugriehtung dementsprechend abänderten. Durch solche Wegmarken aus Papier konnte ich oft am Ende der Blüte- zeit von Muscari eine Anzahl der zur Herstellung von Anflugsalleen ver- 'wendeten, jetzt nur mehr spärlich in der Macchia vorhandenen Blüten- stände für andere Zwecke freibekommen öder ich war dadurch imstande, ‚ohne Aufwendung von weiteren Blütenständen durch Einschaltung von Papieren eine derartige Allee etwas zu verlängern. Wenn ich Versuchserfolge oder Anordnungen photographisch fest- halten wollte, stellte ich häufig den Apparat auf ein für diese Zwecke angefertigtes Stativ von 5em Höhe. Mit dessen Hilfe wurden einige der beigegebenen Lichtbilder aufgenommen. Solche Bilder waren mir oft wegen der besseren Profilwirkung der Objekte besonders wünschens- wert. Stereophotographische Aufnahmen der Versuchsplätze gestatteten dann auch noch nachträglich eine Überprüfung der räum- lichen Verhältnisse der Umgebung der Versuchsobjekte. I. Feststellung der optischen Fernwirkung der Blumen | durch die Windmethode. | Um festzustellen, ob Bombylius fuliginosus durch optische oder chemische Fernwirkung der Blüten von Muscari racemosum veranlaßt _ wird, sich ihnen zuzuwenden, mußten im Experiment Vorkehrungen ge- troffen werden, die eine der beiden Einwirkungsmöglichkeiten auf das Tier ausschalteten, ohne die andere wesentlich zu beeinträchtigen. Das einfachste Mittel zu einem solchen Nachweis bietet die Natur selbst in den Luftströmungen, die sich im Freien als Winde: uns bemerkbar machen. Ich bin dabei von folgender Überlegung ausgegangen. Dämpfe flüchtiger Substanzen vermögen sich nur langsam durch Diffusion innerhalb eines anderen Gases fortzubewegen. Wielangsam Duftstoffe 46 Fritz Knoll. in Dampfform sich in unbewegter Luft fortpflanzen, soll durch ein "Beispiel veranschaulicht werden. Wir machen hiezu folgende Annahme: Eine Blume sende an ihrer Oberfläche plötzlich einen Stoff ab, der von den Geruchsorganen einer bestimmten Insektenart wahrgenommen wer- den kann. Dieser Stoff beginne sofort an der Oberfläche gleichmäßig zu verdampfen und werde von der Pflanze in demselben Ausmaße immer wieder erneuert, als er sich an ihr verflüchtigt. Der Duftstoff wird sich dann in Gasform durch Diffusion sogleich nach allen Seiten aus- breiten. Nehmen wir weiter an, ein Insekt vermöge nur bei Konzentra- tionen, die größer" sind als ein Hundertstel der an der Blume vorhande- . nen Konzentration des verdampften Duftstoffes, darauf motorisch zu reagieren (Reizschwelle), so würde diese Bewegungsreaktion 1 Sekunde nach dem ersten Auftreten des Dampfes der Duftsubstanz an der Blume in einer Entfernung von der Duftquelle eintreten können, die geringer ist als 1 cm; unter gleichen Umständen würde dasselbe Tier erst nach mehr als 100 Sekunden den Duft aus annähernd 10 em Ent- fernung von der Blume wahrnehmen können.) Derartig geringe Fortpflanzungsgeschwindigkeiten kommen gar, nicht in Betracht im Vergleich zu jenen der atmosphärischen Luft, die wir als Winde bezeichnen.?) Selbst bei den merklichen Winden ist deren Geschwindigkeit etwa annähernd um das Tausendfache größer als die größte Geschwindigkeit eines in ruhiger Umgebung diffundierenden Gases, Es ist dadurch klar, daß die in Dampfform von den Blumen ausströmen- den Duftstoffe wohl mit den Winden sich fortbewegen können, daß sie aber gegen die Windrichtung oder senkrecht zu ‘dieser keine Verbrei- tungsmöglichkeit besitzen. Wenn ein von einer Blume kommendes Insekt 1) Die Zahlengrundlagen zu diesem Beispiele wurden nach der Größenordnung der für Amylazetat bekannten Werte durch Herrn Prof. Dr. Wilhelm Sehmidt (Hochschule für Bodenkultur in Wien) ermittelt und mir in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt. _ ?) Die Geschwindigkeiten schwacher Luftbewegungen sind in der folgen- den Tabelle, die ich R. Börnstein, Atmosphäre (Handwörterbuch der Natıpz wissenschaften, Bad. I, S. 579) entnehme, zusammengestellt. Windstärke 5, | Geschwindigkeit | (Beaufort- ei (Meter in der Se- Kennzeichen skala) eigen: kunde) D::; Windstille - i Vollkommene Windstille. leiser Zug r 1 i i t fast d ; (aalir leich h 17 Der Rauch steigt fas ehe e empor 2 leicht 31 Für das Gefühl eben bemerkbar. g de 4:8 Bewegt einen leichten Wimpel, auch die Blätter der Bäume. Insekten und Blumen. 47 mit dem Winde fliegend zur benachbarten Blüte sich begibt, wäre es möglich, daß das Tier vom Winde fortgetragen und dabei zufällig passiv in deren unmittelbare Nähe gebracht wird. Solche Fälle sind deshalb für unsere Zwecke nicht verwendbar. Bewegt sich aber ein solches Tier senkrecht zur Windrichtung von Blume zu Blume, so besteht keine Möglichkeit, daß die in der bewegten Luft ab- - getriebenen Duftstoffe auf das Insekt richtunggebend einwirken können. Fig. 6. Drei blühende Pflanzen (M, N, O) von Muscari racemosum, schematisch, von oben gesehen. : f Der befiederte Pfeil gibt die Windrichtung wieder. Dm, Dn, Do, der durch den Wind abgewehte Duft (punktiert) der drei Blütenstände (Duft- y.° räume). Flugbahn durch eine einfache Linie mit Pfeilspitzen dargestellt. /, der nat. Größe. Findet unter diesen Umständen das Tier trotzdem annähernd geraden Fluges die benachbarte Blume, so kann die Einstellung zu ihr aus der Ferne nur optisch erfolgt sein. Die schematische Zeichnung der Fig. 6 soll dies anschaulicher machen. Ein von A anfliegendes Tier, z. B. eine Honigbiene, die gegen den Wind zur Blume M kommt, konnte vielleicht durch den Duft auf diese aufmerksam geworden sein, als sie . am Rande des von ihr ausgehenden Duftraumes Dm (der Duftraum ist durch Punktierung angedeutet) dahinflog. Für den Flug von M zur be- ‚nachbarten Blume N kommt dies bei kräftig und gleichmäßig wehendem Winde (dureh den befiederten Pfeil ist dessen Richtung angegeben) nicht mehr in Betracht. Die Blume N konnte von dem Insekt nur durch das von ihr zurückgeworfene Licht bemerkt worden sein. Das gleiche gilt für den Weiterflug zur Blume O. Ich habe in diesem Schema die Flug- bahn zwischen N und O etwas wellig gezeichnet. Ich will damit an- deuten, daß bei kräftigem Winde das fliegende Tier gezwungen ist, mit dem Winde zu kämpfen, da es durch ihn immer wieder von der ein- geschlagenen Richtung abgelenkt wird. Diese etwas zackige Flugbahn bekommt man bei stärkerem Winde häufig dann zu sehen, wenn das Tier beim Fluge von Blume zu Blume verhältnismäßig große Wege zurück- legen muß. | | MB. Fritz Knoll. Honigbienen, Schmetterlinge und Blumenfliegen sind an der bei schönem Wetter stets sehr windigen Küstenregion Süddalmatiens an - das Fliegen bei kräftigen Luftbewegungen gewöhnt. So flogen an meinen Versuchsplätzen diese Tiere selbst dann noch wohlgezielt, wenn auch in leicht hin- und hergebogenen Bahnen, von Blume zu Blume, wenn diese beständig im Winde wackelten. Wer die Blütenbesucher unter solehen Schwierigkeiten erfolgreich tätig gesehen hat, wird wohl kaum auf die Vermutung kommen, daß sie sich dabei nach dem Blumendufte zurechtgefunden haben. Um aber darin ganz sicher zu gehen, habe ich in Hunderten von Fällen de Beziehung zwischen derRich- tungdes Windesundderdes Anflugeszur Blume fest- zustellen versucht. An freien, ebenen Plätzen bedurfte es bei starken gleichmäßigen Winden keiner besonderen Hilfsmittel zum genaueren Nachweis der Windrichtung. Es genügten hiezu kleine Papiersehnitzel oder Stücke zerrissener Pflanzenblätter, die man aus-geeigneter Höhe ausstreute, um sich von Zeit zu Zeit von der weiteren Gleichmäßigkeit des Windes zu überzeugen. Aber trotzdem wird man auch in diesen Fällen gut tun, sich besserer Methoden zur Veranschaulichung der Wind- richtung zu bedienen. Hiezu habe ich empfindliche Windfahnen verwendet, die ich in folgender einfacher: Weise herstellte. Ein aus- reichend kräftiger Draht wurde in der nebengezeichneten Weise galgen- | Ä förmig gebogen und an das. kürzere Ende (am besten mit einer diekflüssigen Lö- sung von Schellack in Al- kohol) ein etwa 10 em lan- ger Seidenkokonfaden an- | geklebt, an welchem ein . | De kleiner leichter Vogelflaum R ERTEREN.. en & oder noch besser ein großer sternförmiger Pappus einer Frucht von Cirsium oder Carduus befestigt war. Das Drahtgestell wurde hierauf so in die Erde gesteckt, ee ee N ren daß das kürzere Ende mit ERBEN E Era an a% ‚dem Bejidenfaden ee nee nl. über ‚der Versuchspflanze ke zu stehen kam (Fig. 7). Da ein solcher Seidenfaden mit der daran hängenden Fig. 7. Windfahne über einer blühenden Pflanze Federkrone auelı schon von Muscari racemosiem. dureh langsame ‚Luftströ- Der Pfeil gibt die Windrichtung wieder. '/, der nat. Größe. mungen fast horizontal ge- Insekten und Blumen. 49 stellt wurde und bei gleichbleibender Bewegung auch weiter in dieser Stellung verblieb, so war es möglich, während der Anflüge der die Blume besuchenden Insekten stets Aufschluß über die gleichzeitige Wind- richtung und Windstärke zu bekommen. Wurden die Versuche an mehre- ren, nahe beieinander stehenden Versuchspflanzen durchgeführt, dann genügte natürlich für alle Objekte eine inne an a a Stelle an- "gebrachte Windfahne. 5 | Berücksichtigte ich nun in der eben bostiinahden Weise be den Anflügen ") des Bombylius fuliginosus auf Blütenstände von Muscari race- mosum die herrschende Windrichtung, so stellte. es sich dabei ‚heraus, daß jener die Flüge zwischen den einzelnen Blumen ohne Rücksicht auf die Richtung der vorhandenen Luftbewegungen ausführte. Unter diesen Anflügen waren solche, bei denen eine Duftwirkung nicht in Betracht kam, sehr zahlreich und ebenso sicher gezielt wie jene, bei deren Zustandekommen der Duft einen Anteil haben konnte. Damit war die Tatsache festgestellt, daß zur Orientierung des Bombylius beim Fluge von Blume zu Blume die Mitwirkung des Dufites vollkommen unnötig ist. Das gleiche habe ich auch für Honig- ' bienen und Hummeln nachweisen können. Nachdem dadurch einwandfrei die optische Fernwirkung der Mus- cari-Blüten auf Bombylius erwiesen war, versuchte ich deren Bedeutung noch durch Experimente mit künstlichen Objekten etwas genauer zu umschreiben. Beim Auslegen verschiedener Papierstücke in der Nähe besuchter Blütenstände von Muscari zeigte es sich bald, daß Bombylius, von diesen Blumen kommend, sieh nicht um graue, schwarze, gelbe, grüne, rote oder braune Papiere kümmerte, dagegen aber blaue und violette leb- kaft anflog. Ich konnte nun auch in diesen Fällen mit Hilfe der Windmethode leicht nachweisen, daß solche farbige Objekte auf die Tiere eine optische Fernwirkung ausübten und daß eine An- loekung durch einen (allenfalls nur den Tieren bemerkbaren) Duft nicht in Betracht kam. ‚Mit Hilfe solcher farbiger Papiere, deren Wirkung auf Bombylius ich erprobt hatte, wollte ich nun Aufschlüsse über die Bedeutung 1) Ich verwende die Wörter „Anflug“ und „Besuch“ nicht als verschiedene Ausdrücke für denselben Begriff. Unter Anflug verstehe ich jede Annäherung eines fliegenden Tieres an eine Blume (bis in deren unmittelbare Nähe), ohne Rück- sicht darauf, ob das Tier die Blüte dabei berührt oder nicht. Wenn sich aber ein Tier nach dem Anfluge noch an oder in einer Blüte irgendetwas zu schaffen macht und bei ihr länger oder kürzer verweilt, dann spreche ich vom Besuch der Blüte. Der Anflug: ist somit eine der Voraussetzungen für den Besuch durch fliegende Tiere. Bei solehen Besuchen kann die Bestäubung vermittelt werden, doch gehört dieser für die Blüte wichtige Erfolg nicht zu meiner Fassung des Begriffes Besuch. Abhandl. d. zool,-botan. Ges, Bd. XI, Heft 1. 4 50 ; Fritz Knoll. der Form und Größe der von ihm beachteten Objekte erhalten. Die Frage nach dem Wert der Farbe als solcher ließ ich zunächst un- berührt. Ich wählte für die folgenden Versuche ein dunkel blauviolettes Papier von glatter, aber nicht glänzender Oberfläche, von dem ich eine kleine Probe (Farbpapierprobe 1) hier bei- füge. Es sei kurz als Blauviolett- papier bezeichnet. Der Farbton stimmte mit Blüten aus der Mitte eines Blütenstandes von Muscari racemosum recht gut überein. Da die Farbe dieser Papiere im Sonnenlichte bleicht, habe ich überdies zur dauernden Fest- legung der farbigen Eigenschaften dieses von mir sehr viel verwendeten Versuchsobjektes eine sorgfältige spektrophotometrische Unter- suchung !) ausgeführt, deren Ergebnis hier Farbpapierprobe 1. eingeschaltet sei. Verglichen mit einem weißen Barytpapier ergab das vom Blauviolett- papier zurückgestralhlte Licht in den einzelnen Spektralbereichen bei den ange- gebenen Wellenlängen (4) folgende Remissionskurve:?) 449 | 467 | 477 | 492 | 504 A= 1485 | | | ii er N | 517 | 534 | 558 | 572 | 598 617 | 648 we; | 8 | | ws | er | dA,)= ‚07370771 0'569 055310457 A 0'316 .0°350|0°338 a | | | | | Daraus berechnete ich für die drei Grundempfindungen?) als Erregungs- anteile:®) für Blau 5 = 0'574 „ Brünn 9:==:0:368 „Bob. Ve E35 Mit Hilfe des Newtonschen Farbendreiecks konnte daraus ermittelt werden: 1) Die Möglichkeit der Durchführung dieser Untersuchung verdanke ich dem Entgegenkommen des Herrn Hofrates Prof. Dr. Fr. Exner, Vorstandes des H. phy- sikalischen Institutes der Universität Wien, der mir für solche Arbeiten bereitwilligst die Einrichtungen und Behelfe seines Institutes zur Verfügung stellte. Herr Prof. Dr. K. W. Fr. Kohlrausch (Wien) hatte die Freundlichkeit, mich praktisch in die dazu notwendigen Methoden einzuführen. Hinsichtlich der Methoden selbst sei auf dessen Beiträge zur Farbenlehre I, II und Ill (Physikal. Zeitschr., 21. Jahrg. [1920], S. 396—403, 423—426 und 473—477) verwiesen. :) F. W. Fr. Kohlrausch, a..a. O. 85. 397. >) Ich schließe mich hier der Young-Helmholtzschen Farbenlehre an, weil diese in physikalischer Hinsicht besser durehgearbeitet ist und leichter eine zahlenmäßige Erfassung gestattet als die Theorie von Hering. ı) F„W, Er. Kohlrausch, 2.2.0.5. 3098£ Insekten und Blumen. 51 Der Farbton!) F als die Komplementärfarbe zur Spektralfarbe 5789: u u, die Sättigung!) $S — 0'170, sowie die Helligkeit?) 7 = 39'6 (wobei die Helligkeit des Vergleichsweiß gleich 100 gesetzt wurde). Zunächst schnitt ich aus dem Blauviolettpapier rechteckige Stücke von 6x 10cm Größe und legte sie höchstens 40 cm entfernt von Blütenständen des Mauscari racemosum auf eine schräg ansteigende, von grünen Pflanzen bewachsene Böschung nieder, die von Bombylius sehr viel besucht wurde. Die Beschaffenheit des Versuchs- platzes ist aus Bild 6 der Tafel 3 zu ersehen. Ich verwendete diese Stücke des blauvioletten Papieres paarweise, bald mit aufrechtstehen- der, bald mit liegender Längsachse. Bombylius flog nach dem Besuche der an dem Orte sehr häufigen Traubenhyazinthen auch zu diesen Papieren, zuerst einem sich (gewöhnlich bis auf etwa 2cm) nähernd, — a7 os 0% [2 Corn Sn 7 „en - EL AR oa ® BA Ar Ks in = N RER ar ud DEE Dh un nun ar u Bi Fig. 8. Schematische Darstellung des Anfluges auf ein am Boden liegendes blauviolettes Papier zwischen Besuchen von Muscari-Blütenständen. ’, der nat. Größe. dann dem zweiten sich ebenso nahe zuwendend. Unmittelbar hernach be- suchte er wieder weitere Muscari-Blütenstände. Wenn ein Bombylius in die Nähe des Papieres kam, wurde der schnelle Flug rasch verlangsamt, das Tier senkte sich dabei gleichzeitig gegen das Objekt herab und, meist ohne es zu berühren, flog es dann unter zunehmender Geschwindig- keit weiter (s. Schema Fig. 8). Manchmal kam es auch zu einer flüchti- gen Berührung des Papieres durch das Insekt, sehr selten ließ es sich für einen Augenblick darauf nieder. Besonders betont sei, daß beidiesen und allen später beschriebenen Ver- suchendieserArtimmerdaraufgesehen wurde,daß das Tier vorher eine Anzahl von Muscari-Trauben besuchthatteunddaßes unmittelbar voneiner sol chen kommend gegen das betreffende Versuchs- !) Kohlrausch, a. a. O. 8.400. Die Ermittlung des Farbtones nach der spektrophotometrischen Methode gibt für solche dunkle violette Papiere weniger genaue Zahlen als für helle Papiere einer satten Farbe, z. B. satt gelbe. 2) Derselbe a. a. O. S. 423. 4% 52 Fritz Knoll. objekt anflog. Da Bombylius an diesem Versuchsplatze außer sehr zahlreichen Blütenständen von Muscari nur ab und zu eine Blüte des Geranium molle besuchte, war diese Voraussetzung hier von selbst in den meisten Fällen gegeben. Diese sehr häufigen Flüge zu den blau- violetten Papieren führten die Tiere mit dem Winde, Be diesen und auch senkrecht zur Windrichtung aus. Derartige Versuche habe ich in der darauffolgenden Zeit noch mit anders geformten Stücken desselben Blauviolettpapieres aus- A DELEE Fig. 9. Verschieden geformte Stücke aus blauviolettem Papier, die vom Bombylius beflogen wurden. G, H, I = Nachbildungen der Blättchen von Psoralea, aus demselben Papier geschnitten. ?/, der nat. Größe, geführt. Ich habe die Gestalt und relative Größe der verwendeten Objekte in Fig. 9 wiedergegeben. Alle diese Papierstücke wurden von Bombylius nach den Besuchen von Muscari ohne Rücksicht auf die Wind- richtung in der früher beschriebenen typischen Weise ganz nahe an- geflogen und manchmal auch berührt. Um dem Bombylius das Herausfinden der blauvioletten Papier- gegenstände ganz besonders zu erschweren, habe ich noch folgendes ge- tan: Da an dem Versuchsplatze sehr zahlreiche, noch nicht blühende Pilanzen der Leguminose Psoralea bituminosa L. vorhanden waren, deren kleeförmig geteilte Blätter (vgl. Taf. 3, Bild 6) einen wesentlichen Anteil am grünen Überzug des Geländes hatten, schnitt ich aus dem Blauviolett- Insekten und Blumen. 53 papier verschieden große Blättchen aus, die in Umriß und Maßen den Psoralea-Fiedern nachgebildet waren (Fig. 8 G, H, I); überdies habe ich sie in ihrer Symmetrielinie in demselben Winkel wie das Vorbild der Länge nach gebogen (leicht gefaltet). Solche Objekte wurden zwischen und auf natürliche Psoralea-Blätter gelegt. Bombylius hat sie ohneweiters aus dem Gewirr der gleichgeformten glatten, natürlichen Blätter heraus- gefunden, obgleich der Mensch nicht imstande war, auf einer mit Gelb- scheibe hergestellten photographischen Aufnahme des mit den eben erwähnten Objekten zahlreich versehenen Versuchsplatzes die nachgebil- deten von den natürlichen zu unterscheiden. Auch hier wurde die Wind- methode zur Kontrolle angewendet und dadurch die optische Fern- wirkung festgestellt. Da die Flächen dieser blauvioletten Fiedern in ihrer Längsachse geknickt und überdies hinsichtlich ihrer Symmetrielinie ganz verschieden gelegt wurden, waren deren Flächenteile bald hell be- leuchtet, bald weniger hell und oft beschattet von den benachbarten natür- lichen Blättern, so daß es keinem Tiere möglich gewesen wäre, auf Grund der „farblosen Helligkeit‘ die blauen Fiedern herauszusuchen. Dies zeigt auch die gleichzeitige Verwendung sonst gleichgestalteter dunkelgrauer (sehwarzer) Fiedernachbildungen: sie wurden von keinem der Tiere be- achtet! Anschließend daran sei erwähnt, daß sich niemals ein Bombylius einem grünen Blatte oder Stengel fliegend näherte, obgleich das Grün dieser verschiedenen Organe je nach der Pflanzenart und anderen Um- ständen hinsichtlich Farbenton und Helligkeit sehr schwankend war und auch deren Oberfläche je nach der Art und dem Grade der Behaarung einen ganz verschiedenen Eindruck machte. Dieser Überlegung folgend, kann man die physikalische Ursache der festgestellten optischen Fern- wirkung hier nur in jener optischen Beschaffenheit suchen, die uns diese Objekte blauviolett erscheinen läßt. Dies sei hier nur nebenher er- wähnt, da dieser Frage noch besondere Versuche gewidmet sein werden. Um den Tieren nicht nur flächenförmige Gebilde vorzulegen, habe ich - für die Experimente noch Röhrchen aus Blauviolettpapier angefertigt, an- nähernd in der Größe kräftiger Muscari-Trauben, und sie auf Stäbchen in deren Nachbarschaft angebracht. Auch sie hatten die gleiche An- ‚loekung zur Folge wie die früher verwendeten Objekte (Taf. 4, Bild 3). Wennmeine Versuchstiereauchgewohnt waren, ihre Nahrung aus dreidimensionalen Gebilden zu holen,sohindertesiediese „Erfahrung“ doecehnicht, auch meine zweidimensionalen Versuchsgegen- stände ebensosehr zu beachten und sich ihnen zu nähern. Selbst die vom Muscari-Profil ganz ab- weichenden Umrißlinien meinerOÖbjekteundderen weit verschiedene Größen hielten die Wollschwe- bernichtvondemAnflugaufdieseab. Hinsichtlich Gestalt und Größe der honigspendenden Blumen 54 Fritz Knoll. scheint also bei Bombylius /uliginosus innerhalb bestimmter Grenzen keine nennenswerte Erinne- rung und dementsprechend keine das weitere Ver- halten gegenüberanderen Objekten beeinflussende Bindung vorhanden zu sein. Ich habe ja auch an diesem Ver- suchsplatze immer wieder wahrgenommen, daß Bombylius nach dem Be- suche zahlreicher Muscari-Blütentrauben eine ihm in den Weg kommende einzeln stehende Blüte von Geranium (vgl. hiezu Fig. 1, 2 und 3 der Tafel 2) gerade so rasch und sicher anflog und besuchte wie jene. Doch schien es mir, daß hinsichtlich der Annäherung bis zurnächsten Nähe doch die kleineren künstlichen Objekte, z. B. die in Bild 2 der Tafel 4 abgebildeten Schnitzel, für das Insekt wirksamer waren als die von mir verwendeten größten. Dies muß aber nicht notwendig mit der besseren Übereinstimmung mit der Größe der gewöhnlich besuchten Blumen, also mit dem Erinnerungsvermögen des Tieres zusammenhängen (Bindung an die Größe), sondern kann ebenso gut mit den (allerdings hier unbekann- ven) physikalischen Verhältnissen im Bau des betreffenden Facettenauges (Gesichtsfeldgröße bei Nahbetrachtung) in Beziehung gebracht werden. Mit Rücksicht auf die in der noch verfügbaren kurzen Zeit geplanten wiehtigeren Versuche genügte mir aber hier die allgemeine, oben durch Sperrdruck wiedergegebene Feststellung, so daß ich eine zur engeren Um- grenzung des Größenproblems nötige, sehr zeitraubende Statistik unter-- lassen konnte. Statt für die Ergebnisse der eben geschilderten Versuche Zahlenangaben zusammenzustellen, die im vorliegenden Falle doch nichts besagen, habe ich den größten Wert auf die genaueste Beobachtung der einzelnen sehr zahlreichen Fälle und deren Wiedergabe gelegt. Die Gewinnung von schematischen Bildern, die ganz . genau das Verhalten des Tieres zeigen sollten, war ebenso die Absicht meiner Unter- suchungen wie die Erzielung stereo-photographischer Aufnahmen im Augenblicke des Anfluges. Beides ist mir erfreulicherweise gelungen. Im Anschluß an die Textfiguren mögen jetzt die der Abhandlung beigegebenen Stereobilder kurz besprochen werden. Zur Aufnahme aus der Entfernung von etwa 120 cm ver- wendete ich eine kleine Stereokamera (Ica-Stereolette-Cupido) des Plattenformates 45%X107 mm, die mit zwei Zeiss-Tessaren (F. 4°5, Brennweite 6 cm) versehen war. Die Bilder wurden von der Platte auf das Format der Tafel vergrößert. Ich empfehle, diese Bilder mit einem passenden Stereoskop zu betrachten, da man nur auf diese Weise (was ja der Zweck der stereoskopischen Aufnahme war) sehen kann, wie nahe die Versuchstiere den betreffenden Papieren ge- kommen waren und welche Richtung die Körperachse des Bombylius dabei hatte. Mit diesen beiden Mitteln läßt sich die Tatsache des Anfluges im photographischen Stereobilde einwandfrei erkennen, während das Einzelbild darüber nichts Sicheres auszusagen vermag. Insekten und Blumen. 55 Iif. Untersuchung der chemischen Fernwirkung der Blumen durch die Glasröhrechenmethode. Während ich bei der früher geschilderten Methode die chemische Wirkung auf die Tiere zugunsten der optischen ausschaltete, wollte ich in der nun zu beschreibenden Glasröhrehenmethode den Duft in seiner allenfalls vorhandenen Wirkung nicht hin- dern, sondern die Stelle | seiner Wirksamkeit von der des Lichtes, dasvonder Blume zu- rückstrahlt, trennen und beide dann nahe bei- einander, sozusagen im Wettbewerb, an das Insekt herankom- men lassen. Im Gegen- satz zu dieser meiner Absicht haben sich frühere Untersucher, z. B. Andreae,!) vielfach bemüht, nur durch das Licht auf die Tiere einzuwirken und jedes Abströmen des Duftes gegen die Insekten. durch Einhüllen der Blüten in durchsichtigen, möglichst gut abgeschlossenen Glas- gefäßen vollständig unmög- lich zu machen. Doch war bei _ L II. derartigen Versuchen niemals Fig. 10. Die Glasröhrehenmethode die Sicherheit vorhanden, daß bei Blütenständen von Muscari racemosum. nicht beim Hantieren mit dio- eva lerne De Allnet dere ai en sen Objekten Teile der duften- häufigsten angewendete Art der Durchführung des Versuches. den Substanzen von den Blü- Abbildung II ist auf S. 56 f. besprochen, ?/, der nat. Größe, ten an die Außenseite des Glases gelangten und dort allenfalls ihre anlockende Wirkung ausübten. Auch die zum Abdichten der Glas- gefäße verwendeten Mittel waren nicht genügend einwandfrei. Meine | 1) Andreae, E, Inwiefern werden Insekten dureh Farbe undDuftderBlumenangezogen? (Beih. z. Bot. Zentralbl., Bd. XV, 1903.) In dieser Arbeit finden sich auch Anläufe zu der von mir erdachten und ausgearbei- teten Glasröhrchenmethode, doch fehlte die dazu nötige reine Durchführung nach dieser Richtung. 56 Fritz Knoll. Fig. 11. Verschiedene Formen der Glasröhrehenme- thodeinihrer Anwendung bei Blütenständen von Muscari racemosum. b Glasröhrchen mit eingelegtem Gelbfilter (punktiert dargestellt) über einer Blütentraube; a* Röbrchen mit einem der Mündung benachbarten Gelbfilterring: ce längliches Glasröhrehen, Blütentraube etwas von dessen Ende entfernt; d beiderseits offenes Röhrchen; e, / beiderseits offene, dem Erdboden aufgesetzte Röhrchen mit verschiedener Anbringung des Gelb- filters (punktiert); g Röhrchen aus dunkelgelbem Glase; p Röhrchen mit eingelegtem Blauviolettpapier. Alles /, der nat. Größe. Absicht habe ich da- dureh zu verwirklichen gesucht, daß ich über einer einzelnen Blume als Umhüllung ein en- ges, einseitig offenes zylindrisches Glasröhr- chen anbrachte, das an dem unverschlossenen Ende den Duft frei aus- strömen ließ. Ich will alles Weitere bei der Be- schreibung jenes Röhr- chentypus auseinander- setzen, den ich am mei- sten bei meinen Ver- suchen verwendet habe. Er sei als Typus a be- zeichnet (Fig, 10). Ein genügend dünnwandi- ges, farbloses Gläschen von 4J0Omm Länge und 15mm lichter Weite wird, getragen von einem im Boden stek- kenden Eisendraht (von 15 em Länge und 2 mm Dicke), einer Blüten- traube von Muscari racemosum aufgesetzt. Das obere Ende des Röhrehens ist durch einen annähernd ebe- nen Boden abgeschlos- sen, das untere dagegen ist offen für den Eintritt des Blütenstandstieles und des Drahtes. Aus dieser Öffnung kann nun Auch dervonder Blüte ausgeschiedene Duft hervorströ- men. Das Volumen der Insekten und Blumen. | 57 Röhrehen wurde bei diesem Haupttypus absichtlich so klein gewählt, um dadurch die von den Blüten ausgehenden Dämpfe möglichst rasch ins Freie gelangen zu lassen und so eine an ihnen bei Stauungen allen- falls eintretende Veränderung zu verhindern. Der innere Durchmesser ist der Dieke der Blütentraube angepaßt, die überall dem Glase ziem- lich nahe anliegt. Bei den Versuchen haben sich mitunter einzelne Teile der Innenfläche des Gläschens leicht mit Transpirationswasser beschlagen, das aber bei keinem der Experimente störend hervortrat und meistens beim Ausgleich der Temperatur schließlich wieder verschwand. Ein Teil des Versuchsplatzes, dessen sehr zahlreiche Blütenstände, teilweise mit Gläschen versehen, zur Beobachtung des Verhaltens des Bombylius vor- bereitet waren, ist in Fig. 12 {S. 58) in vereinfachter Darstellung wieder- gegeben. Dem eben beschriebenen Normaltypus der Röhrchenanord- nung entsprechen die fünf mit @ bezeichneten Objekte. (Die anderen, auf diesem Platze gleichzeitig vorbereiteten Versuche werde ich später besprechen.) Dieser Platz befand sich in einem vollständig ebenen Öl€- garten. Es standen dort unter den verschiedenen Ölbäumen viele blühende Traubenhyazinthen. Der gezeichnete lockere Bestand wurde wegen der gleichmäßigen Verteilung der Blütenstände zum Versuch aus- gewählt. Die einzelnen Individuen des Bombylius fuliginosus, die sich - dort sehr häufig aufhielten, mußten bei ihren Blütenbesuchen auf dem ' Wege von Blume zu Blume wiederholt auch an den mit Gläschen über- deckten Blütentrauben vorüberfliegen und es war nun Gelegenheit vor- handen, auf die im Versuche gestellten Fragen Antwort zu erhalten. Wir wollen zunächst das Benehmen des Bombylius bei solchen An- ordnungen betrachten und zu diesem Zwecke die Zeichnung der Flug- bahn in Fig. 13 (S. 61) ansehen. Ein von links kommendes Tier fliegt zunächst auf das obere Ende des ersten Blütenstandes zu. An dem nichts bietenden sterilen Traubenteile herabgleitend, findet es rasch die offenen Honigblüten und entnimmt einigen von ihnen Nektar. Dann fliegt es, die anfängliche Flugrichtung beibehaltend (vgl. S. 39), wohlgezielt auf den gläschentragenden Blütenstand zu, zunächst das Glas vor den hellen sterilen Blüten anfliegend, dann an ihm bis zu den Honigblüten herunter- gleitend und diese Zone etwas umkreisend, wendet es sich dem nächsten in der früheren Anflugsriehtung hervorwachsenden Blütenstande zu, ihn regelrecht besuchend und schließlich wieder verlassend.. Wenn ein Bombylius eine von einem solchen Glasröhrchen des Typus a überdeckte Muscari-Blütentraube „nonigsuchend“ umkreiste, kehrte er während die- ser ganzen Bewegung den Kopf fortwährend den farbigen Teilen des Blütenstandes zu, wobei der Rüssel deutlich vorgestreckt sichtbar war und ein gutes Hilfsmittel für den Nachweis der Blickrichtung des Insektes abgab. In meinen Ver- suchen waren meistens die untersten, bereits ver- 98 Fritz Knoll. blühten HonigblütenvomfreienGläschenrandenur etwa 10 bis 20 mm entfernt und trotzdem trat nie- malseineAnnäherung des Insektes an dieden Duft entlassende Öffnung des Glasröhrchens ein. Wenn man seine Nase der Öffnung eines solehen Röhrchens näherte und lang- sam Luft einsog, konnte man leicht den vom Blütenstande ausgeschiede- Fig. 12. Schematische Darstellung eines Versuchsplatzes (in einem Ölgarten) mit verschiedenen Anwendungen der Glasröhrchen- methode bei Muscari racemosum. Die Buchstaben entsprechen denen der Fig. 11 (5.55) und den Zeichen der Versuchsprotokolle; a entspricht der Anwendung, die in Figur 10 ($. 55) dargestellt ist (Normaltypus). nen Muskatduft wahrnehmen, aber für den Bombylius schien er nicht vorhanden zu sein. | Diese Röhrchenanwendung bot noch die Möglichkeit, den Abstand der untersten Honigblüten von der Gläschenöfinung dadurch beliebig zu verändern, daß ich den das Röhrchen tragenden Draht bei einem und demselben Blütenstande verschieden tief in den Boden einsteckte. Ich konnte durch langsames, vorsichtiges Herausziehen des Drahtes aus dem Insekten und Blumen. 59 Erdboden z. B. den Abstand zwischen den untersten Honig’blüten und dem Gläschenrand auf die Hälfte verringern (Fig. 10 I, II, S. 55). Auch dann kümmerte sich Bombylius noch nicht um den Röhrcheneingang. Schließlichkonnteicehdurehnoch weiteres Heraus- ziehen des Drahtesdieunterstenverblühten Honig- blütenaufdiegleiche Höhe mitdem Glasrandebrin- gen,so daß die noch duftenden Honigblüten (in die: sem Zustande an ihren noch hellen, fast weißen Perigonzipfeln erkenn- bar) etwa 3 bis 5mm über der Öffnung des Gläschens waren: selbst in diesem Falle machten die Woll- Sschweber keinen Versuch, von unten herins Gläs- ehen einzudringen oder sich diesem von ferne mit einemderRöhrchenöffnung zugewendeten Anfluge zu nähern, sondern kamen ebenfalls, wie in Fig. 13 gezeichnet, in der Richtung gegen die oberen Blüten an die glasumhüllte Blütentraube heran! Damit ist klar bewiesen, daßeine Fernwir- kung des für uns so deutlich wahrnehmbaren Mus- katduftes der Honigblüten auf Bombylius nicht vorhanden ist. Die Anzahl der mit Röhrehentypus a gemachten Versuche und ihr Ergebnis ist aus der auf nächster Seite folgenden Zusammen- stellung zu entnehmen. Aus dieser Tabelle sieht man, daß die Versuche sehr gut und sicher gelangen. Von den verzeichneten 163 Fällen wurde jeder für sieh allein nach den früher wiedergegebenen Gesichtspunkten be- obaechtet und die Gesamtzahl dieser Einzelbeobachtungen hier angeführt. Zur kritischen Prüfung dieser Versuche seien noch einige Angaben ge- macht, die mit ergänzenden Nebenversuchen zur Entkräftung allfälliger Einwände gegen meine Methode dienen mögen. Bei allen Versuchen wurde darauf gesehen, daß die Glasröhrchen immer ‚sorgfältig geputzt waren. Wenn aber trotzdem vielleicht manclımal ein Duftstoff- teilchen auf die Außenseite des Gläschens gelangt sein sollte, so konnte es doch gegenüber dem von der Gesamtheit der Honigblüten im Röhrchen entwickelten und aus der Öffnung austretenden Dufte keine in Betracht kommende Wirkung ausüben. Dadurch, daß die gesamte Menge des vom Blütenstande aus- sehenden Duftes durch die verhältnismäßig kleine Kreisöffnung des Röhrehens hervorkommen mußte, war die Sicherheit gegeben, daß dieser Ge- samtduft unter allen Umständen die Herrschaft über allfällige Neben- wirkungen von unvermeidlichen Verschmutzungen hatte. Eine weitere Beachtung verdiente folgender Einwand: Da Bombylius tk von oben her auf die den Blütentrauben aufsitzenden Glasröhrehen anflog, konnte ihn vielleicht der an der gekrümmten Übergangsstelle von Seitenwand und Boden des Gläschens stets sichtbare glänzende Spiegelfleck angelockt haben. (Dieser Spiegelfleck war das Bild der Sonne, hervorgerufen durch die unregel- mäßig konvexe Außenfläche der Übergangsstelle.) Dem war einfach dadurch zu begegnen, daß ich das Spiegelbild der Sonne vom Bild der Blütentraube in der 60 Fritz Knoll. Zahl der Anflüge von Bombylius fuliginosus auf die Längswand ; j der die Blütentrauben einschlie- Aalım Tageszeit ßBenden Glasröhrchen. a a und Witterung i he ua Arne DR. der Höhe der anordnung = - Blü Röhrchenöffng. BER oder darunter Vormittag 10" bis 11® Ort u. Versuchs- 3./IV. Nachmittag nach 12% 99 0 anordg. a. 3./IV., Starker Sonnenschein, wie in Fig. 12 ge- windig zeichnet. An den späteren Vormittag 9% bis 10" 45’ Versuchstagen 5./IV. || Sonnenschein, aber oft 19 0 etwas abgeän- verschleiert, windig dert. Zunächst 5 Röhrchen des Nachmittag 1230’ bis 2» Typus a aufge- 10./LV. || Sonnenschein, stark win- 17 0 stellt, am 11./IV. dig, kühl aber deren 6. Der Rand der Nachmittag 12» 30’ bis Gläschenöffnung 2b 45’ war von den un- 11./IV. | Warmes, für die Ver- 57 0 teren Honigblü- suche günst. Wetter, ten 10 bis 20 mm Sonnenschein, windig entfernt. Nachmittag 12" 37’ bis Versuchsplatz 3 90' wie bisher, aber ea Für die Versuche günsti- ” i an 5 en es a-Typus auf- ges, warmes Wetter zentellt: ri tersten noch Ho- | nig ausscheiden- den Blüten waren von d. Gläschen- öffnung nur 3 bis 5 mm ent- fernt. ANREDE ae 163 0 Art von ce der Figur 11 trennte. In diesen Versuchen beflogen die Tiere stets das Röhrchen in der Höhe der Blüten, ohne den Spiegelfleck des ge- schlossenen Röhrchenendes zu beachten. (Vgl. auch Tafel 5, Bild 2.) Vielleicht könnte noch jemand einwenden, daß in einem nur einseitig zu- mal nach unten offenen Glasröhrchen sich die Duftstoffe stauen könnten, so daß sie nicht in der für die chemische Anlockung nötigen Menge ins Freie gelangen. Einem solchen Übelstande wäre durch die Anordnung d der Figur 11 abgeholfen. Dabei konnte die Luft von oben nach unten (oder um- gekehrt) das Röhrchen durchziehen und von einem der beiden Enden mit dem ganzen Duft beladen heraüsgelangen. Trotzdem hier jede Duftstauung ausge- schlossen war, flogen auch bei solehen Versuchen die Wollschweber nur gegen die Mitte des Röhrchens, also gegen das von den Blüten zurückgeworfene Licht an. Insekten und Blumen. 61 Wenn man das durch Jie Röhrehenwand hindurchtretende Licht betrachtet, welches, von der Blütentraube zurückgeworfen, in unserem Auge das farbige Bild der Blüten bewirkt, so müssen wir bedenken, daß dabei nicht alle von der Oberfläche der Blume ausgehenden Strahlen durch das Glas hindurchgelassen werden. Es werden vor allem die sehr kurzwelligen ultravioletten Strahlen von den gewöhnlichen Glassorten zum allergrößten Teile zurückgehalten, aber auch Strahlen anderer Wellenlänge in verschiedenem, wenn auch für unsere Zwecke belang- losem Maße. Jedenfalls zeigen aber diese Glasröhr- ehenversuche, daß dieselben Strahlenarten, die fürunserAugediegewöhnlicheBildwirkunggeben, die Blütenstände auch für die Facettenaugen des Bombylius fuliginosus ausreichend sichtbar er- seheinen lassen. Die von Insekten vielfach wahrgenommenen ultravioletten Strahlen dürften hier wenig oder gar nicht in Betracht - Ent a KO a RERERER : ö h ; > z KETIEEEE AORTEPIST ERICH 2: u EEE na ne ne An lelrniet ETE MER SRTE Da en a EN MITTE IE LAS IR EDT UT Da ae I HIIE I WEERADIIIN IE RAE Fig. 13. Schematische Darstellung des Besuches zweier unverhüllter Blütenstände von Muscari racemosum und eines dazwischen erfolgten Anfluges auf eine (nach der Art a) von einem Gläschen umschlossene Blütentraube durch Bombylius fuliginosus. kommen, da sie durch das Glas ja nur in geringer Menge hindurch- gelangen konnten. Weil jene Strahlenarten, welche uns Menschen die Blüten von Muscari racemosum farbig erscheinen lassen, vorwiegend der kurzwelligen Hälfte des uns sichtbaren Teiles des Sonnenspektrums angehören, so war in meinen Ver- suchen dadurch die Möglichkeit gegeben, durch Verwendung von Röhr- chen ausdunkelgelbem Glase (wie in Fig. 11g abgebildet) das durch die Röhrchenwandung heraustretende Licht jener Strahlen zu be- rauben, die uns die Blüten von Muscari vorwiegend blau erscheinen lassen. Eine Muscari-Blütentraube, die ich mit einem solchen gelben Glasröhrchen bedeckte, zeigte nun bei gleichgebliebener Verteilung der Umrisse und Schatten eine graubraune Farbe. Die Aufstellung am Ver- suchsplatze gibt Fig. 12 g wieder (85. 589). Wennichbeimeinen Versuchen einen Blütenstand, der eben noch von Bombylius lebhaft besucht wurde, mit einem sol- chen Gelbglasröhrcehen verhüllte,wurdeervonden unmittelbar daran vorüberfliegenden Wollschwe- 62 Fritz Knoll. bern nieht mehr beachtet. Hier war also die optische Fern- wirkung in ihren für Bombylius maßgebenden Strahlenarten ohne Be- hinderung der Duftabgabe ausgeschaltet und die Anflüge blieben sogleieh aus. Da aber bei der Verwendung solcher gelber Glasröhrchen das Bild der Blütentraube doch stark verdunkelt wurde und dadurch weniger deutlich sichtbar, habe ich bei einer Iteihe von Versuchen zur Ausschal- tung des kurzwelligeren Lichtes gelbe Gelloidinfolien!) ver- wendet, mit denen ich die ganze Innenfläche der Röhrchen des Typus a bekleidete. Ich habe ein so vorbereitetes Röhrchen in Fig. 115 ab- gebildet. (Das Gelbfilter ist durch Punktierung seiner Längsschnitt- fläche kenntlich gemacht.) Durch ein solches Filter betrachtet, erschien mir das Blauviolett der Blüten von Muscari racemosum als Graumit einem schwachen orangefarbigen Ton. Die mit diesen b-Röhrcehen bedeckten Blütentrauben waren um vieles besser sichtbar als die im zuvor besprochenen g-Röhrchen, da die photographischen Gelbfolien sehr gut durchsichtig waren. Man konnte auch aus einer Entfernung von einigen Metern ohneweiters den Umriß der von dem Filtergläschen umschlossenen Muscari-Blüten erkennen. Zur Kritik dieser Röhrchenversuche mit dem Gelbfilter sei hor- vorgehoben, daß zu diesen Experimenten Blütenstände ausgewählt wur- den, die unmittelbar vor dem Bedecken mit dem Filter noch von Bom- bylius besucht worden waren. Auch wurden dieselben Blütenstände oft später wieder ohne Bedeckung oder mit a-Röhrchen bei weiteren Ver- suchen erfolgreich verwendet. Zunächst wurde dieses Gelbfilterröhrchen 5 am 3. April in jener Anordnung benützt, die in Fig. 12 wiedergegeben ist, gleichzeitig mit diesem auch ein dunkelgelbes Glasröhrehen (g) über einem der Blütenstände. Obgleich ich an diesem Tage bei den benachbarten fünf a-Röhrchen 32 Anflüge des Bombylius erzielte, kam keiner auf die beiden töhrehen 5 und g zustande. Die Wollschweber waren häufig bei den unmittelbar zunächst befindlichen Objekten tätig, doch bewirkten die gelb verhüllten Blütenstände keine Ablenkung der Flugbahn beim Vor- überfliegen. Einmal kam ein Bombylius sogar etwa 1 em nahe am Röhr- chen b vorüber, ohne sich diesem auch nur eine Spur zuzuwenden. Am 5. April ergab sich das gleiche Verhalten, indem ich bei Blütenständen mit a-Röhrchen 19 Anflüge feststellte, keinen dagegen bei db, trotzdem einmal ein Wollschweber 25 mm nahe daran vorüberflog (das Röhrchen 9 war diesmal nicht mehr verwendet worden). Am 10. April wurde das b-Röhrehen auf einem andern Muscari-Blütenstande verwendet, in einer Gruppe von drei solehen Pflanzen, die an jene der Fig. 12 unmittelbar !) Ich benützte hiezu die photographischen Gelbfilter, welche die Agfa-Gesellschaft in Berlin in der Zeit vor dem Kriege ihren „Chromo-Isolar"- Platten beigepackt hatte, Insekten und Blumen. 63 angrenzten. Obgleich damals 3em nahe ein mit einem a-Röhrchen be- deekter Blütenstand dreimal in der gewohnten Weise (wie z. B. in Fig. 13, S. 61) beflogen wurde, fand auch hier das Röhrehen 5 mit seiner Blüten- traube keine Beachtung — bei 17 Anflügen auf die vorhandenen fünf mit a-Röhrchen bedeckten Blütenstände. Am 11. April wurde der letzte Versuch mit dem Gelbfilterröhrchen 5 gemacht, wobei in derselben Gruppe der drei Muscari-Pflanzen nun die mittlere mit dem Gelbfilter- röhrehen überdeckt wurde. Diese Anordnung ist in Fig. 14 dargestellt, zugleich einer der an diesem Tage beobachteten Anflüge auf diese - Gruppe. Die drei Pflanzen der Figur bildeten eine gerade Reihe, deren Glieder voneinander 3em Abstand hatten. Der in der Figur links ge- zeichnete Blütenstand trug diesmal ein farbloses Glasröhrchen (a!), die Muscari-Pflanze in der Mitte, deren Blütentraube am Tage vorher ein a-Röhrehen umschloß, erhielt das Filterröhrehen (db), wogegen die gerade aufblühende kleine Pflanze (n!) rechts ohne Glasbedeckung blieb. Es war auch an diesem letzten Versuchstage kein Anflug auf das b-Röhrchen zu sehen, trotz- dem die Gruppe der Fig. 14 wiederholt von Bombylius be- sucht wurde und die vorhande- nen sechs a-Röhrchen 57 Anflüge erhielten. Diese Versuche i An j : Blütenstand a! mit einem farblosen Gläschen verhüllt, 5 mit ergab en somi t, daß nach einem Gelbfilterröhrchen, n! eine eben aufblühende der Umhüllun ge m it ge- Blätentraube ra rg Die eingezeichnete FIngbinN x : zeigt an dem Röhrchen b keine Ablenkung. (Versuch des eigneten Gelbfiltern 11. April, Protokoll s. 8. 64 ff) die Blütenstände von Muscari racemosum nicht mehr imstande sind, irgendeine Wirkung auf Bombylius fuliginosus aus- zuüben, weder eine optische, noch eine chemische. Von den Versuchen mit der Glasröhrchenmethode wurden die mit a- und b-Röhrchen an einer höhergelegenen Stelle der Gegend wiederholt, als auf den tiefer liegenden Versuchsplätzen Muscari racemosum zu verblühen begann. Ich wählte zu diesem Zwecke bei dem Wege, der sich am Hange des Berges Obostnik nach Westen zu hinzieht (nahe der Ortschaft Klinti), eine von vielen Wollschwebern beflogene Stelle aus, an der Muscari racemosum und Cerastium litigiosum im gleichen Aus- mabe von Bombylius fuliginosus besucht wurden. Vor allem lag mir daran, die Anflüge der Tiere auf gläschentragende Muscari-Blütenstände stereophotographisch festzuhalten. Von den Aufnahmen des 29. April habe ich hier zwei als Beispiele wiedergegeben. Das Bild 1 der Tafel 5 zeigt einen von links her auf ein a-Röhrchen anfliegenden Wollschweber. Er wendet sich gerade dem oberen Teile des Blütenstandes zu, ohne die Fig. 14. Gruppe von Blütenständen des Mus- cari racemosum. 64 Fritz Knoll. Öffnung des Röhrchens beachtet zu haben.!) Um das rechts daneben- stehende Gelbfilterröhrehen mit der von ihm umhüllten Blütentraube (vgl. S. 62) hat sich dieses Tier beim Vorüberfliegen ebensowenig ge- kümmert wie alle anderen, die an ihm vorbeikamen. Das Bild 2 derselben Tafel 5 gibt einen Wollschweber wieder, der bei einem vom Glase be- deckten Blütenstande gerade dorthin fliegt, wo sich, der Wand fast an- liegend, die Blüten befanden; dem am oberen geschlossenen Ende vor- handenen spiegelnden Glanzfleck und der unten zwischen Steinen ein- geklemmten Öffnung des Röhrchens, die dem Duft einen Ausgang ge- währte, hat sich das Tier nicht genähert. Man sieht an diesem Bilde deutlich den vorgestreckten Rüssel. ; # Zur Ergänzung der von Muscari racemosum gewonnenen Tatsachen habe ich die Glasröhrchenversuche auch mit den Blüten von Cerastium litigiosum durchgeführt. Auch bei diesen Blüten zeigt es sich, daß Bombylius fuliginosus nicht durch den Duft, sondern optisch zu den Blüten gelenkt wird. Auch die kleine Hymenopterenart Halictus morio (F.) Lep.,?) die häufig die Cerastium-Blüten besuchte, verhielt sich bei den Versuchen mit a-Röhrehen wie Bombylius. Eine Bedeckung der Cerastium-Blüte mit einem Gelbfilterröhrehen 5 schaltete diese Blüte sogleich von den Anflügen durch die Wollschweber aus. Zu einer Beurteilung aller dieser Versuchsergebnisse ist es zunächst notwendig, eine Vorstellung von der Tätigkeit des Bombylius fuliginosus innerhalb eines Versuchsplatzes zu geben, wenn ein solches Tier gleich- zeitig mehreren Versuchen ausgesetzt ist. Ich bringe als Beispiel hiefür das Versuchsprotokoll des 11. April. Zwischen den: bereits be- sprochenen Versuchsobjekten war an diesem Tage auch der erst im folgenden Kapitel ausführlich besprochene Grautafelversuch aufgestellt, der aber der Vollständigkeit wegen trotzdem auch hier in der Protokoll- wiedergabe belassen wurde. Protokoll der Versuche des 11. April. Versuchsplatz im Ölgarten. Schönes Wetter, Sonnenschein, windig. Aufgestellt waren über Blütenständen von Muscari racemosum: 6 farblose Glasröhrchen des Typus a (der Figur 10) und 1 Glasröhrchen mit lichtgelbem 1) In diesem Stereobild ist der Umriß des die linke Blütentraube bedecken- den Glasröhrchens in seinem unteren Teile nur undeutlich sichtbar, da sich das farblose Glas wenig von dem weißen Hintergrunde abhob; die Gestalt und Größe des Röhrchens stimmte genau mit der des Gelbfilterröhrchens überein, das sich über dem mittleren Blütenstande befindet. (Dieses Gelbfilterröhrchen erscheint auf dem photographischen Bilde deshalb so dunkel, weil die Aufnahme ohne eine vor dem Objektiv des Apparates angebrachte Gelbscheibe gemacht wurde. Für mein Auge war das Gelbfilterröhrchen am Versuchsplatze sehr hell und so gut durchsichtig, daß ich die davon umschlossene Blütentraube von außen deutlich sehen konnte.) 2) Die Bestimmung der Art wurde durch Herrn Dr. H. Maidl (Naturhist. Staatsmuseum Wien) ausgeführt, dem ich die Bestimmung zahlreicher Hymenopteren verdanke. Insekten und Blumen. 65 Filter Typus 5 (Figur 115), ferner der Grautafelversuch mit dem Blauviolett- papier. Die Grautafel wurde immer nach einigen an ihr beobachteten Anflügen wieder vom bisherigen Platze weg an einen benachbarten übertragen, wodurch erzielt wurde, daß ihre Stellung zum einfallenden Sonnenlicht und zu den be- nachbarten Blütenständen häufig wechselte. Die übrigen Versuchsobjekte blieben während des ganzen Nachmittags unverändert. Die Anordnung der röhrchen- tragenden Blütenstände war ähnlich der in Figur 12 (8. 58) gezeichneten. In der folgenden Darstellung bedeutet: n einen Anflug des Bombylius fuliginosus auf einen unverhüllten Blütenstand von Muscari, ohne Rücksicht auf die Zahl der dabei besuchten Blüten; « einen Anflug auf eine Blütentraube, die mit einem Röhrchen des Typus « umhüllt war; a! und n! bedeuten die Objekte der in Figur 14 (S. 63) dargestellten Gruppe, der auch b angehörte. Der Anflug auf die Grautafel ist durch [) wiedergegeben. Die in einer Zeile ohne Trennung aneinander gereihten Zeichen bedeuten unmittelbar aufeinander folgende Besuche oder Anflüge durch das betreffende Tier; wenn das Tier dazwischen größere Flüge ausführte, deren Einzelheiten nicht verzeichnet wurden, sind Punkte ein- geschaltet. Die Tiere kamen von verschiedenen Seiten an den Versuchsplatz heran und begannen sogleich ihre Tätigkeit an den ihnen zunächst gelegenen Objekten; sie sind im Protokoll in der Aufeinanderfolge ihres Auftretens fort- laufend beziffert. Beginn der Beobachtung 1 Uhr 30 Minuten nachmittags. Tier Nr, i: naar; Tier Nr. 2: nn! dann ohne b zu beachten zua/nnaan; Zn 8 Naanan...on...:Qa...am; Tier Nr. 4: rn Un; Tier Nr. 5: a... na! ohne b zu beachten zu n! anannaan, dann flog das Tier gegen das Blauviolettpapier der Grautafel, kehrte sich aber etwa 20 cm davon entfernt wieder ab; Tier Nr. 6:n DO; zer. Nr. 7791]; Tier Nr. 8: (2 Uhr nachmittags): na....a...a; Tier Nr. 9: an; Tier Nr. 10: »aann; Tier Nr. 11: n, langsam fliegend zu J; Tier Nr. 12: naan; Tier Nr. 13: an, darauf an b ohne Ablenkung nahe vorbei- fliegend; Tier Nr. 14: an; Tier Nr. 15: nn; Tier Nr. 16: »Unn; Tier Nr. 17 (2 Uhr 37 Min): an... a! an b ohne es zu beachten vorüber zun!’an; Tier Nr. 18: a»; Tier Nr. 19: an; Tier Nr. 20: aan; Tier Nr. 21: rUnnnaan; Tier Nr. 22: a! an b ohne es zu beachten vorüber zu n!; Tier Nr. 23: aan; Tier Nr. 24: naan; ' Tier Nr. 25: a! an b ohne Beachtung vorüber zu n! anan; Tier Nr. 26: nnnnÜnnnnaa; Tier Nr. 27: na! (ohne b zu beachten); Abhandl, d, zool.-botan. Ges Bd. XII, Heft 1. 5 66 Fritz Knoll. Tier Nr. 28: naan; Tier Nr. 29: an; Tier Nr. 30: » [sehr deutlich und langsam anfliegend, nn; Honigbiene (3 Uhr 7 Min.): naan (sehr langsam um a herumfliegend, mit dem Kopf dem unteren Teil des Blütenstandes zugewendet); Tier Nr. 31: nnaa n! ohne 5 zu beachten vorüber zu a! n; Tier Nr. 32: an; Tier Nr. 33: nan, dann Blüten von Thymus longicaulis besuchend; Tier Nr. 34: Dieses Tier flog hintereinander drei Blumen von Bellis an, setzte sich dann auf einen hellen Stein nieder und blieb dort längere Zeit sitzen; mittlerweile hatte sich das Innere der a-Röhrchen teil- weise mit kleinen Wassertröpfchen beschlagen, was die Tiere aber nicht gestört hatte; Tier Nr. 35 (3 Uhr 15 Min.): nn U) langsam über dem Blauviolettpapiere „suchend‘“, n. Ende der Beobachtung 3 Uhr 45 Min. nachmittags. Um eine richtige Vorstellung von .der physikalischen Wirkung des bei den Gläschen des Typus 5 verwendeten hellgelben Lichtfilters zu geben, bringe ich im folgenden das Ergebnis der mit ihm durchgeführten spektrophotometrischen Untersuchung. Das Filter wurde auf ein weißes Barytpapier aufgelegt und in der gleichen Weise wie früher das Blau- violettpapier (vgl. S. 50) in einzelnen Spektralbereichen geprüft, wobei als Vergleichsobjekt ein anderes Stück desselben Barytpapieres ohne Gelbfilter diente. Die Remissionswerte sind für Ni 435 449 | 467 | 477 492 | 504 | 517 | 534 | 553 | 572 | 593 | 617 | 648 | 683 Y(Ay)= 0115 va17oa0n 0:693,0°949 1'046 1°1021°108,0°97111°124 1°083 1°110 1°134 | | | somit für die drei Grundempfindungen die Erregungsanteile: für Blau 5 — 0'230 „. Grün 9 = 1083 >. Bot: 8. ee, 0988 daraus: der Farbton F entsprechend der Spektralfarbe X = 576. (Die Farbe des Filters ist somit komplementär zur Farbe des bei meinen Ver- suchen vorwiegend verwendeten blauvioletten Papiers.) Ferner: die Sättigung 5 = 0'694, die Helligkeit 7 = 101'8. (Letztere kommt jedoch hier nicht in Betracht; ihre bedeutende Größe ist eine Folge des Spiegelglanzes der Gelbfolie.) 0 377 Ich will nun einige Einwände, die gegen meine Gelbfilterversuche gemacht werden «könnten, überprüfen und sie soweit wie möglich durch die Ergebnisse von Nebenversuchen entkräften. Da die Wollschweber die mit den gelben Filterröhrehen bedecekten Blüten nicht beachteten, Insekten ünd Blumen. | 67 könnte gesagt werden, daß vielleicht ein von dem Filter ausgehender, den Tieren unangenehmer Geruch sie von dem Anflug an die so bedeck- ten Pflanzenteile abhalten könnte. Wenn dies der Fall wäre, müßte man wohl bei der Genauigkeit der Flugbewegung des 'Tieres beim Vorüber- fliegen eine vom Röhrchen weggerichtete Ablenkung der Flugbahn be- merken; davon sah ich aber nichts, die Flugbahnen wurden nur so weit von dem Gelbfilterröhrchen entfernt gehalten, als zu einem unbehinder- ten Vorüberfluge an diesem notwendig war. Überdies habe ich auch noch Versuche mit dem in Fig. 11.a* (S. 56) abgebildeten Röhrchen gemacht. In einem farblosen Röhrehen des a-Typus war ganz nahe der Öffnung ein Streifen desselben Gelbfilters eingelegt, dessen Duft auch hier ab- lenkend wirken mußte, wenn der obige Einwand berechtigt wäre; aber selbst mit solehen Röhrchen erhielt ich genau die gleichen Anflüge wie mit den gewöhnlichen a-Röhrchen und dann ebenso leicht und sicher. Auch die Verwendung der Gelbfilter in der Anordnung von e und 7 der Fig. 11 ergab kein Abweichen vom bisherigen Verhalten. Hier waren die Filter in beiderseits offenen Röhrchen angebracht, die, aufrecht stehend, unten fest an den Erdboden angedrückt wurden. Beide Röhrenen wur- den an zwei nahe beisammen stehenden blühenden Pflanzen, deren Achsen 4 cm voneinander entfernt waren, in der abgebildeten Weise aufgestellt. Ich erhielt am 3. April: 2 Anflüge auf Röhrchen e (in der Höhe der Blüten), keinen auf f; am 5. April: 11 Anflüge auf Röhrchen e (in der Höhe der Blüten), keinen auf f; Dadurch ist gezeigt, daß ein solcher Einwand hinfällig ist. Vielleicht könnte noch jemand sagen, daß durch die Bedeckung mit dem hellgelben Filter doch eine für das Tier zu starke Verdunklung des Bildes der Blütentraube von Muscari eingetreten wäre. Daß derartige Abänderun- gen nicht in Betracht kommen, ersieht man daraus, daß Bombylius auch wiederholt nach einem im heilen Sonnenschein stehenden Blütenstande von Muscari einen solchen besuchte, der im Schatten stand und dadurch ebenfalls viel dunkler war als der im Sonnenschein beindliche. Ferner verhinderte die Wegnahme des hellen oberen Teiles des Blütenstandes ebenfalls nicht den Besuch des Blütenstandrestes durch den Wollschwe- ber, obgleich dabei das Gesamtbild (trotz dem verhältnismäßig schlech- ten Bildsehen !') des Facettenauges) verändert. und stark verdunkelt werden mußte. Schließlich wurde der frei im Sonnenlichte stehende . Blütenstand von Muscari ebenso gut von der Schattenseite wie von der Lichtseite her beflogen, was auch bedeutende Unterschiede in der Helligkeit des Bildes je nach der Anflugsriehtung mit sich brin- gen mußte. | 1) Vgl. darüber Forel, A., Das Sinnesleben der Insekten (München 1910), Seite 37. 5* 68 Fritz Knoll. Zur Erklärung des Verhaltens von Bombylius beiden Gelbfilterversuchen bleibt also nur die An- nahme übrig, daß jene durch das Filter hervor- gerufene Veränderung des vonden Muscari-Blüten zurückgeworfenen Lichtes, die für unser Auge das Bild der Blütentraubein dererwähnten (mehr oder weniger orange getonten) grauen Beschaffenheit erscheinen ließ, die Nichtbeachtung durch Bom- bylius fuliginosus bewirkt hat. Auch der Mißerfolg mit Cerastium-Blüten, die von Gelbfilterröhrehen umhüllt waren, ist auf solche Weise zu erklären, nur daß bei diesen eine Verschiebung von Weiß zu reinem Gelb auftrat. Die Beziehung dieser Versuchsergebnisse zu anderen Versuchen und Beobachtungen wird später noch ausführlich untersucht werden. IV. Versuche mit den von Frisch angewandten Methoden. 1. Die Grautafelmethode. Um meine Wollschweber daraufhin zu untersuchen, ob sie sich, gleich- zeitig grauen und farbigen Objekten gegenübergestellt, ebenso verhalten, wie dies Frisch!) für die Honigbienen nachgewiesen hat, habe ich die beiden wichtigsten von ihm verwendeten Versuchsbehelfe (in etwas veränderten Ausmaßen) auch meinen Versuchstieren vorgelegt. Da durch meine bisher mitgeteilten Versuche bei Bombylius fuliginosus der Besitz eines eigenen Farbenunterscheidungsvermögens bereits in hohem Grade wahrscheinlich gemacht wurde, wollte ich nun durch Anwendung der im folgenden beschriebenen Methoden zu einer Entscheidung darüber ge- langen, ob den Wollschwebern eine solche Fähigkeit zukommt oder nicht. Dieses Bemühen ist vor allem darum nötig, weil wir gerade in den Arten der Gattung Bombylius die für den Blütenbesuch am besten ausgestatte- ten Dipteren vor uns haben und deshalb mit dem erhofften Nachweis auch die strittig gewordene Frage nach der PEOSROUDE der Blumenfarben einer erneuten Lösung zuführen können. Frisch hat zur Feststellung des Farbensehens der Honigbienen diese zu- nächst durch entsprechend lange Zeit auf einer bestimmten Farbe, z. B. auf einem blauen Papier, gefüttert. Dann legte er den Bienen eine Anordnung vor, die aus einer größeren Anzahl photographisch erzeugter Papiere verschiedener Helligkeit und einem bestimmten farbigen Papier, in diesem Falle einem Blau, 1) Frisch, K. von, Der Farbensinn und Formensinn der Biene (Sonder- abdruck aus den Zool. Jahrbüchern, Bd. 35), G. Fischer, Jena 1914. Insekten und Blumen. | 69 bestand. (Das Ganze wurde zur Ausschaltung einer möglicherweise vorhandenen Duftwirkung der Papiere mit einer großen Glastafel bedeckt.) Die so vor- behandelten Honigbienen waren dann imstande, das blaue Papier aus dieser _ Anordnung von verschiedenen grauen Papieren herauszufinden.!) Diese Versuchs- anordnung will ich kurz als Grautafel bezeichnen, die damit ausgeführten Ver- ‚suche als Grautafelversuche. _ Ieh verwendete ebenso wie Frisch 15 graue Papiere verschiedener Helligkeit, im Format 6% 6cm auf Kartontafeln aufgezogen. Diese grauen Papiere habe ich aus photographischem Lampenlichtpapier („Ridax“ matt, glatt) durch verschieden langes Belichten hergestellt. | Ich will sie, von Weiß beginnend, in fortlaufender Reihenfolge beziffern. In der folgenden Tabelle gebe ich die photometrisch ermittelte He lligkeit wieder. Weiß ist als 1000 angenommen und die übrigen Ge Verte wurden auf dieses bezogen. Die Zehntel der angeführten Zahlen sind bereits ungenau und dementsprechend nur klein hinzugefügt. | Gran se.) Fa 253545161718 ou mjalalun | | \ | Helligkeit 100°0 |80°2 | 761 |59°3 144'6 |34°9 28°5 128°1 23°2 227 19°0|17°1 15°9 15°4 | 14°5 en Bereit dieser grauen en verwendete ich das PRRUEE von 8. 50 Be irswehen habe. Hier tät Baupterchlich dessen Helligkeit ‘von Bedeutung. Sie beträgt für das helladaptierte farbentüchtige Men- ‚schenauge 39'6, während sie für dessen total farbenblinden Zustand zwi- Be der Helligkeit der grauen Papiere 227 und 281 (bei 240) liegt. Diese 15 grauen Papiere und das Blauviolettpapier wurden zu einem Quadrat von 24cm Seitenlänge aneinandergereiht, das in einen ” Eenau passenden flachen Pappendeckelrahmen von brauner Farbe {im äußeren Format von 37 X 305 cm) eingelegt wurde. Der Rahmen kam ih samt den Papieren auf eine gleich große pultartige Holztafel und über das Ganze wurde eine den erwähnten Ausmaßen genau ent- ‚sprechende Spiegelglasplatte gelegt, die mit ihrem unteren Rande bei ‚schräg aufgestelltem Unterlagsbrette auf einer daran befestigten, etwas rspringenden Holzleiste (ähnlich wie bei einem Notenpulte) aufsab. 5 Bei Versuchen im Freien stellte ich diese Anordnung mit einer Neigung von 60 bis 80° auf, wobei sie durch dahinter gelegte große Steine in ihrer Lage erhalten wurde. % Während Frisch bei seinen Versuchen die Honigbienen vorher | an die Futteraufnahme auf einer bestimmten Farbe gewöhnt und dadurch eine Bindung an diese erzielt hatte, ist ein solcher Eingriff in die Lebens- 4) Frisch, a. a. 0. S. 23 bis 25, Taf. 1, Fig. 4. ee 70 Fritz Knoll. gewohnheiten meiner frei und einzeln lebenden Versuchstiere natürlich nicht möglich gewesen. Doch besorgte dies die Natur an meiner Stelle in ausreichendem Maße, wie ich noch in einem eigenen Kapitel ausführ- lich zeigen werde. Da es mir aber nicht auf die Bindung an verschiedene, von mir gewählte Farben, sondern nur auf die allenfalls von der Natur besorgte Bindung an das Blauviolett der Trauben- hyazinthen ankam, so habe ich zu den Grautafelversuchen mit Rücksicht auf meine früher damit gemachten Erfahrungen wieder das Blauviolettpapier verwendet. Zum Versuche wurde diese Grautafelnuran solehen Plätzen aufgestellt, wo sich die Wollschweber nahezu ausnahmslos ihren Nektar aus den Blüten- trauben von Muscari racemosum holten. Dadurch war die Möglichkeit vorhanden, daß auch bei Bombylius, wenn er sich darin ebenso verhielt wie Apis mellifica, eine Bindung an das Blauviolett der genannten Blumen zustandekommen konnte. Es wurde ferner darauf ge- sehen, daß in dernächsten Nähe, unmittelbar vor der Grautafel, sich auch einige nektarspendende Muskathyazinthen befanden. Wenn dies nicht von Natur aus der Fall war, wurden dort einige abgeschnittene Blütenstände angebracht, die ich in der früher (S. 43) angegebenen Weise für Versuche vorbereitet hatte. Die Aufstellung von Blütenständen in der Form von Zuleitungsalleen (vgl. S. 44) erwies sich dabei von großem Vorteil. Eine solche ‚Allee wurde auch bei den Grautafel- versuchen, die den photographischen Aufnahmen zugrunde liegen, mit bestem Erfolg verwendet. Da die Grautafel stets mit einer Spiegelglas- platte bedeckt war, mußten noch bestimmte Vorkehrungen getroffen werden, um Mißerfolge auszuschließen, die durch die unrichtige Auf- stellung der Anordnung im freien Sonnenschein bedingt sein konnten. Ich mußte darauf sehen, daß von jener Seite aus, von der ich die An- flüge-mittels Anflugsalleen oder benachbarter eingewurzelter Objekte er- zielen wollte, auf der Glastafel keine stark spiegelnden Flecken sichtbar wurden, welche die für den Besuch in Betracht kommenden Teile der unter ihr befindlichen Grauanordnung verdeckten. Wenn z. B. die räum- liche Beziehung zwischen der Grautafel und dem ihr benachbarten Blüten- stande der Anflugsallee eine solche war, daß, von diesem aus betrachtet, über dem Blauviolettpapier gerade das Spiegelbild der unverhüllten Sonne sichtbar wurde, so konnte ich von der Farbe des darunter befind- lichen blauvioletten Papieres überhaupt nichts bemerken; war dagegen von dem genannten Blütenstand aus über dem farbigen Papier das Spiegelbild des freien Himmels zu sehen, so konnte ich das-Blauviolett zwischen dem grauen Papier gut erkennen. Am besten hob sich das farbige Papier von seiner Umgebung dann ab, wenn gleichzeitig das Spiegelbild größerer dunklerer ee (ohne deutliche Einzelheiten) ABER! sichtbar war. | Insekten und Blumen. a1 Dadurch, daß die Grautafel immer in der Mitte eines reichlichen Bestandes blühender Traubenhyazinthen oder an einen solchen an- grenzend aufgestellt wurde, war auch die Sicherheit vorhanden, daß die Tiere vor der Annäherung an die Versuchsanordnung unter meinen Augen eine Anzahl von Muscari-Blütentrauben besucht hatten und daß ee: auch beim Abflug von der Grautafel das weitere Benehmen an solchen - * Blütenständen zu verfolgen war. Auch das gleichzeitige Aufstellen an- ' derer Versuchsanordnungen auf demselben Versuchsplatze war zu einer solehen Kontrolle des Hauptversuches sehr geeignet, da man dabei das Benehmen eines und desselben Tieres oft nacheinander an verschiedenen Versuchsobjekten beobachten und dadurch die Versuchsergebnisse mit- einander einwandfrei vergleichen konnte. Nur wurde dabei die Führung _ des Versuchsprotokolls wesentlich erschwert. Ein solches, die Erfolge mehrerer Versuchsanordnungen wiedergebendes Protokoll ist auf S. 64 ff. _ abgedruckt. | Wurde eine Grautafel mit dem Blauviolettpapier in der eben be- schriebenen Weise den Wollschwebern dargeboten, so erhielt ich wohl- _ gezielte Anflüge aufdasfarbige Papier,aber keine _ auf diegrauen Papiere. Hätten sich die Tiere manchmal auch um die nichtfarbigen Papiere gekümmert, so wäre eine statistische Ver- _ wertung der Anflüge notwendig gewesen. Diese Methode mußte z. B. Frisch bei seinen Versuchen mit den Honigbienen anwenden. Eine derartige Massenstatistik wäre aber bei meinen einzeln lebenden Tieren nur mit dem größten Aufwande an Zeit möglich gewesen. Das sehr sichere Verhalten der Tiere gegenüber der Grautafel enthob mich ‚aber dieser Arbeit und ich konnte daher, was viel wichtiger ist, jedes einzelne Tier genauer verfolgen und sein Benehmen beim Versuch im _ Protokoll verzeichnen, zumal die Tiere meistens mit solchen Zwischen- pausen herangeflogen kamen, daß ich mit dem Notieren des eben Be- obachteten ohne Schwierigkeit vor dem Auftreten des nächsten Tieres _ fertig werden konnte. Dadurch war mir auch Gelegenheit gegeben, die _ Flugbahn des aniliegenden Wollschwebers genau zu studieren und, da- durch geschult, die Einzelbeobachtung desto kritischer durchzuführen. Bombylius fuliginosus näherte sich, von einem benachbarten Blüten- stande abfliegend, erst rasch, dann langsamer werdend, der farbigen Stelle der Grautafel und verweilte, ganz langsam fliegend oder im Fluge fast stehenbleibend, kurze Zeit über dem blauvioletten Papier, um dann wieder mit zunehmender Geschwindigkeit davonzufliegen; manchmal wurde der Flug bei der Verzögerung über dem farbigen Papier auch etwas nach der Seite S-förmig hin- und herbewegt, sodaß es schien, als ob der Wollschweber dort irgend etwas „suchte“ (Fig. 15). Wenn sich ein Tier überhaupt der Grautafel näherte, dann kam stets ein An- flug auf die farbige Stelle zustande und immer in der soeben beschriebe- nen Weise. 12 Fritz Knoll. Ich will.zunächst den am 11. April durchgeführten Versuch be- Die Anordnung der einzelnen grauen Papiere und des blau- violetten Papieres auf der Grautafel sowie die damit erzielten Anflüge sind, um sie sogleich mit den von Frisch gemachten Angaben ver- gleichen zu können, hier in der von ihm angewendeten Tabellenform sprechen. Zn 43 6 +0 5 459 Io 227 | Uu6 v 9 14 100: 23.2 Iblauvidett| 45% , 2 22 3 285 80: # 4174 76: 4 rs 4145 533 284 Br Fig. 15. Anflug des Bombylius fuliginosus (Tier Nr. 15 des Vers.- Prot. vom 11./IV.) auf das blauviolette Papier der Grautafel- anordnung, wiedergegeben. schen Untersuchungen (S. 69), die den Graustufen beigefügten Nummern (Indices) andere Helligkeiten als die der Graupapiere in den Versuchen 3 - u nachdem er zuvor Blütenstände des Muscari race- mosum besucht hatte. Grau; Graus Grau Grau, 0 0 0 0 Blau- Grau, Grau; telett Grau x ? 10 ? Grau, Graus Grau | Grauz 0 0 0 0 Grau, ! Grau, | Grau, Graug, 0 0 0 0 Die Ziffern in der Mitte der Felder bedeuten die Helligkeiten der grauen Papiere, die kleinen Ziffern rechts oben die Nummern in der Reihenfolge der Helligkeiten entsprechend der Tabelle S. 69. Dabei bedeuten aber, entsprechend meinen photometri- von Frisch (vgl. hiezu auch die Bezifferung in Fig. 15). | Der besseren Verständih wegen seien aus dem auf S. 64 ff. gebrachten Protkoll des 11. April, das dieser Tabelle zugrunde liegt, die Flüge jener Versuchstiere, die sich der Grautafel zugewendet hat- ten, hier zusammengestellt und die in den ursprünglichen Aufzeichnun- gen vorhandenen Angaben über die Art des Anfluges beigefügt. Zwischen den einzelnen Anflügen wurde, wie bereits auf S. 64 er- Insekten und Blumen. | 73 wähnt, der Aufstellungsplatz der Tafel wiederholt geändert, wobei aber die Anordnung auf der Grautafel selbst die gleiche blieb. Einer der An- flüge ist in Fig. 15. dargestellt. Auszug aus dem Protokoll vom 11. April (vgl. 8. 64 ff.). Schönes Wetter, windig, Sonnenschein. E Versuchszeit 1 Uhr 30 Min. bis 2 Uhr nachmittags. "Tier Nr. 4: nOn (Anflug zur Grautafel von rechts unten, über dem ©, blauvioletten Papier in der Luft stehenbleibend); Tier Nr. 6: » Ü) (Anflug von links unten, rasch fliegend); Tier Nr. 7: n U] (Anflug von links oben, sehr rasch fliegend). ersuchszeit 2 Uhr bis 2 Uhr 37 Min. Tier Nr. 11: » Ü) (Anflug zur Grautafel von links unten, langsam fliegend, über dem blauvioletten Papier einige kleine Bewegungen ausführend): Tier Nr. 15: nn» U) (Anflug von links unten, das Tier schien die Glas- tafel berührt zu haben, blieb ganz kurz nahe daran, über dem blau- violetten Papier sich im Fluge etwas hin und her bewegend; der Anflug ist in Figur 15 schematisch wiedergegeben) ; Tier Nr. 16: Un» (Anflug von links, langsam fliegend, sich fast auf das blauviolette Feld niederlassend, deutlich darüber in der Luft kurz verweilend). ee uohozeit 2 Uhr 37 Min. bis 3 Uhr 7 Min. Tier Nr. 21: rOnnnaan (Anflug zur Grautafel von links unten); Tier Nr. 26:nnnnÜnnnaa (Anflug von unten her etwas von links; das Tier näherte sich dem Blauviolett auf etwa 3 cm Nähe, ge- messen in der Horizontalen); Tier Nr. 30: rn On n (Anflug von links unten, langsam, sehr deutlich gezielt). Br 3 Uhr 7 Min. bis 3 Uhr 45 Min. = Tier Nr. 35: nn On (Anflug zur Grautafel von rechts oben, unter, Aus- | führung einer langsamen S-förmigen Bewegung über dem Blauviolett, wie suchend). Man sieht aus den Angaben dieses Versuchsprotokolles, daß sich die 'Wollschweber, von verschiedenen Richtungen anfliegend, dem Blau- violett der Grautafel näherten, nachdem sie zuvor an Blütenständen von Muscari racemosum gesaugt (n des Protokolls) hatten. Diese Tiere flogen hernach manchmal wohlgezielt die unter den Glasröhrchen (a des Protokolls) befindlichen Muscari-Blütentrauben an. Der genau auf das Blauviolett der Grautafel gerichtete Flug kannnur dureh optische Fernwirkung zustande ge- kommen sein; denn, wenn der Duft des blauvioletten Papieres die Tiere zur Grautafel herangelockt hätte, müßten die Flüge gegen den Rand der Glastafel gerichtet gewesen sein, da ja nur an dieser Stelle der Tafel der fragliche Duft den Wollschwebern entgegengetreten sein 74 Fritz Knoll. konnte — doch ist eine Annäherung eines Tieres an diesen Rand nie erfolgt. | | Ich habe diesen Versuch am Nachmittag des 23. April auf einem andern Versuchsplatze wiederholt. Die Anordnung auf der Grautafel war abgeändert; sie ist aus der Fig. 16 zu entnehmen. Da an denı für die Aufstellung der Grautafel sonst geeigneten Platze zu wenig eingewurzelte blühende Muscari-Pflanzen vorhanden waren, habe ich zum Teil aus abgeschnittenen Blütenständen eine Anflugsallee hergestellt, deren Ende ich in die eben erwähnte Abbildung eingezeichnet habe. Von den an die- sem Nachmittag bei windigem, sonnigem Wetter beobachteten Anflügen ' ı2 8 5 400° 17% 28 446 ? oO 2 13 5 e27 802 159 „ 9 6 19:0N blauviolett 232 34.9 3 5 4 14 | 761 14-5 593 154 ERDE EB EEE TR TREE — ————. NE | Fig. 16. Die Grautafelanordnung, welche bei den stereophotographischen Auf- nahmen des Bildes 3 auf Tafel 5 und der Bilder der Tafel 6 verwendet wurde. Bedeutung der Bezifferung der diesmal anders gruppierten grauen Papiere wie in Figur 15 (8. 72). Rechts vorne eine Anflugsallee aus abgeschnittenen, in Wasser gestellten Blütenständen von Muscari racemosum mit einer eingezeichneten Flugbahn des Bombylius fuliginosus. auf das Blauviolett der Grautafel konnte ich sechs in stereo- photographischen Aufnahmen festhalten, von denen vier auf der Tafel 5 und 6 zu sehen sind. Anflüge des Bombylius aufirgend- eines der grauen Papiere kamen auch an diesem Tage nieht vor. (Nur eine Stubenfliege [Musca] hatte sich auf dem lichten Grau, [Helligkeit 761] niedergelassen und blieb dort längere Zeit, „sich sonnend“, sitzen.) Die Anflüge auf das Blauviolett erfolgten entweder von einer an der rechten Seite der Grautafel stehenden großen Gruppe blühender Muskathyazinthen über die Anflugsallee nach links zum farbigen Papier oder von den links dem Wege entlang blühenden Muscari-Pflanzen zum Blauviolett und dann über die Anflugsallee weiter Insekten und Blumen. 6) zur großen Gruppe rechts. Ein Anilug in der zuerst genannten Richtung ist in der Fig. 16 eingetragen. Auch diese photographischen Aufnahmen wurden in der gleichen Weise ausgeführt, wie ich es früher auf Seite 45 beschrieben habe. Bei der Betrach- tung im Stereoskop, die auch hier das Wesentliche ist, wird man sehen, wie nahe und wohlgezielt die Tiere an das Blauviolett (zweites Quadrat in der dritten 1% Reihe der Anordnung) herangeflogen kamen. Da abgesehen vom Tiere selbst auch dessen Schlagschatten und Spiegelbild sichtbar ist, kann man überdies aus dem mehr oder weniger engen Beisammensein dieser drei vom Tier ausgehenden ag einen Schluß auf den Abstand des Bombylius von der Glasplatte ziehen. Die Grautafelversuche zeigen somit, daß Bombylius fuliginosus imstande ist, sogleich und ohne Irrtum das blauviolette Papier aus der Umgebung der verschiedenen grauen Papiere herauszufinden. Da infolge der Verwendung einer Glasplatte der Duft dabei keine Rolle _ spielen kann, so könnte man vermuten, daß vielleicht die Oberflächen- beschaffenheit des verwendeten farbigen Papieres eine solche ist, daß dadurch das Tier zu diesem sich von der Nachbarschaft unterscheiden- den Papier besonders hingelenkt wird. Dies trifft aber deshalb nicht zu, weil das von mir gewählte blauviolette Papier eine ähnlich glatte (matte, nicht glänzende) Oberfläche besitzt wie. die photographisch erzeugten grauen Papiere. Überdies wird niemand behaupten können, daß die | Epidermisoberfläche der Perigone von Muscari mit ihren flach gewölbten, glatten, von feinen Wachskörnchen bedeekten Außenwänden ihrer Zellen bei der in Betracht kommenden optischen Wirkung eine Ähnlichkeit mit der irgendwelcher Papiere haben kann; und trotzdem wurden beide aus = optischen Gründen angeflogen. Überdies würde ein geringer Unterschied i ; in der Oberflächenbeschaffenheit der aneinandergefügten Papiere der Grautafel durch die Bedeckung mit einer ihnen anliegenden spiegelnden | Glasplatte stark beeinträchtigt und ausgeglichen. Die Möglichkeit, daß “ Bombylius fuliginosus sich auf-der Grautafel mit Hilfe der ihm entgegen- tretenden „farblosen Helligkeiten‘‘ der dargebotenen Papiere zurecht- findet, ist auch nicht vorhanden. Die farblose Helligkeit des blauvioletten Papieres sollte dann jener entsprechen, die es für das Menschenauge in seinem total farbenblinden Zustande besitzt. Da aber diese einem Grau entspricht, dessen Helligkeit um 240 (zwischen Grau 227 und 281) liegt, 2 bliebe es ganz unverständlich, warum Bombylius nicht öfters auch eines | der an Helligkeit nahestehenden grauen Papiere anfliegt. Es muß somit dem Bombylius fuliginosus ein eigenes Far- benunterseheidungsvermögen zukommen, wobei die Unterscheidung dann niehtaufGrundder „farb- losen Helligkeit“, sondern durch eine besondere Wirkung von Lichtern bestimmter Wellenlängen ermöglicht wird. % Wenn jemand vielleicht auf dem Standpunkte steht, daß sich die Tiere „mathematisch genau“ auf bestimmte Helligkeiten einstellen — 76 Fritz Knoll. die Mathematik verlangt zwar eine ganz andere Genauigkeit als die, welche uns von der sinnesphysiologischen Einstellung der Tiere her be- kannt geworden ist —, so Könnte er allenfalls einwenden, daß wahr- scheinlich keines der in der Grautafel verwendeten grauen Papiere dem farblosen Helligkeitswert des Blauviolett so nahekam, daß eine Ver- wechslung durch das Tier möglich gewesen wäre. Auch diesem Ein- wand kann ich mit dem Ergebnis eines Versuches entgegentreten. Ich verwendete in einem der Grautafelversuche statt des blauvioletten Papieres gleichzeitig zwei blaue Papiere von weit ver- schiedener Helligkeit. Ich stellte mir diese selbst her, indem ich dickes, weißes Schreibpapier mit einem blauen Teerfarbstoff (Methylenblau) verschieden stark färbte. Farbpapierprobe 2. Farbpapierprobe 3. Ich füge hier von jedem der beiden Papiere eine Nachbildung bei. Die Prüfung der „farblosen Helligkeit“ ergab für mein Auge und das einer anderen Versuchsperson bei voller Dunkeladaptation und möglichst herabgeminderter Be- leuchtungsstärke folgendeWerte: Das Hellblau liegt zwischen Grau Nr.3 (761) und Nr. 4 (59'3), aber weit näher ersterem; das Dunkelblau stimmt gut mit Grau Nr. 7 (28'5) überein. In der Versuchsanordnung lagen also hinsichtlich der farblosen Helligkeit zwischen dem Hellblau und Dunkelblau die Graupapiere Nr. 4, 5 und 6 (59'3, 44°6 und 34°), die an „farbloser Helligkeit* für unser Auge sehr deutlich von den beiden blauen Papieren verschieden waren. Von diesen beiden blauen Papieren nahm ich je ein Stück im Formate 60 X. 60 mm und fügte es zwischen den grauen Papieren in die Grau- tafel ein. Diese Anordnung wurde dann mit der Glastafel bedeckt und in der in Fig. 17 (8. 77) gezeichneten Weise dem Bombylius fuliginosus dargeboten. Etwa einen Meter links von der Versuchsanordnung befanden sich längs des vorüberziehenden Weges zahlreiche blühende Trauben- hyazisthen (in der Zeichnung nicht eingetragen), ferner rechts unmittel- bar an der Grautafel eine größere Gruppe soleher Pflanzen, die den Woll- schwebern als Futterquelle dienten. Ein Teil der auf dem Versuchsplatze vorhandenen Blütentrauben, die meine Versuchstiere nach unerwünsch- ten Richtungen hätten ablenken können, wurde mit leichten graubraunen Insekten und Blumen. 77 Papierhülsen bedeckt, so daß sie während des Versuches unbeachtet blieben (vel. darüber 8. 45). Beide blaue Papiereder Grau- tafel wurden von Bombylius fuliginosus beachtet, doch in ganz verschiedenem Maße. Während die Anflüge auf das dunkelblaue Papierin ihrer Deut- chkeit sich nicht von den Anflügen auf das blau- olette unterschieden, waren die Anflüge auf das Ilblaue Papier weitaus weniger deutlich ausge- >> 9 4 ni 3 23- ‚593 285 |. 76 ig. in Anflug des Bombylius fuligi- on (Tier Nr. 7 des Vers.-Prot. vom 17./IV.) auf eine Grautafel mit zwei blauen Papieren verschiedener Sättigung Re und Helligkeit. "Die Kniekung der Flugbahn ist über dem Dunkelblau schärfer als ha dem Hellblau. Rechts eine Anflugsgruppe blühender Pflanzen En von M. racemosum. in EEE TERN € Verzögerung der orig während diese beim Flug auf das hell- blaue Papier um vieles geringer ausfiel. Das kam auch dadurch zum Ausdruck, daß die Ablenkung der Flugbahn über dem dunkelblauen apier sich in einer starken plötzlichen Kniekung zeigte, während sie über dem blaßblauen Papier einen verhältnismäßig flachen Bogen machte. Es lassen sich deshalb die Anflüge nicht einfach ziffernmäßig wieder- geben, sondern nur dadurch, daß das Verhalten eines jeden von mir ‘beobachteten Tieres Kohohäärt kurz beschtieben wird. Als Beispiele für & Art der Flugbewegung ist eine Flugbahn in die Figur 17 eingetragen 718 | Fritz Knoll. Protokoll des Grautafelversuches vom 17. April. 1 Uhr 30 Min. bis 3 Uhr 30 Min. nachmittags. Witterung: sehr klarer Sonnenschein, wenig Wind, aber verhältnismäßig kühl, da es in der Nacht vor- her geregnet und gehagelt hatte. Die Häufigkeit der "Flüge des Bombylius m ginosus war etwas geringer als sonst. Tier Nr. 1: kam von drei benachbarten Blütenständen von Muscari racemosum und flog von der rechten unteren Ecke der Grautafel gegen das Dunkelblau und von dort nach rechts oben ab. Tier Nr. 2: kam von zwei benachbarten Blütenständen und flog von der rechten unteren Ecke der Grautafel zum Dunkelblau und dann von dort in der Richtung über das hellblaue Papier, ohne dieses besonders zu beachten, ab. Tier Nr. 3: beflog, von Muscari kommend, erst rasch das hellblaue, dann etwas länger verweilend das dunkelblaue Papier. Tier Nr. 4: flog von dem bei der Mitte der rechten Kante der Grautafel stehenden Blütenstand zum Dunkelblau, von dort nach einem scharfen Bogen gerade zum Hellblau weiterfliegend, auf diesem einen flacheren Bogen beschreibend und einem rechts vorne stehenden Blütenstand sich zuwendend. Tier Nr. 5: von Muscari kommend, beflog es das Dunkelblau und dann wieder Muscori-Blütenstände, um darauf zu saugen. Tier Nr. 6: von dem Blütenstand in der Mitte der rechten Grautafelkante kommend flog es in einem ungegliederten Bogen erst zum Dunkel- blau, dann zum Hellblau und weiter geraden Fluges zu dem ganz vorne rechts stehenden Blütenstande. Tier Nr. =] : besuchte zwei Blütenstände der großen Gruppe, dann in ihr den in der Mitte der rechten Grautafelkante stehenden Blütenstand, von diesem zunächst in gut ausgeprägtem Fluge das Dunkelblau be- fliegend, dann in weniger typischem, aber doch deutlichem Anfluge das Hellblau, von diesem zu dem ganz vorne rechts stehenden Blütenstande. (Abgebildet in Figur 17, 8. 77.) Tier Nr. 8: flog vom links stehenden Blütenstande kommend in flachem Bogen über das Hellblau auf das Dunkelblau und von dort (mit einer knieförmigen Biegung der Flugbahn) nach rechts unten zu Blüten- ständen von Muscari, von denen es mehrere besuchte. Tier Nr. 9: hatte auf zahlreichen Blütentrauben der rechts stehenden großen Gruppe gesaugt, flog dann, weitere Blütenstände besuchend, den Berghang empor, kehrte aber bald im Bogen um, überflog ein 1'/; m hohes Gebüsch und kam senkrecht auf das dunkelblaue Feld herabgeflogen, bog über diesem rasch nach rechts um, besuchte die in der Mitte des rechten Randes der Grautafel stehende Mus- cari-Blütentraube und saugte dann auf anderen Blütenständen der großen Gruppe weiter. \ Von keinem dieser Tiere wurde eines der grauen Felder be- flogen. (Die beiden blauen Papiere wurden unmittelbar nach jedem Tier für einige Zeit bis zur Fertigstellung des betreffenden Protokollabschnittes mit dunklem Papier zugedeckt; trotzdem war die blaue Farbe gegen Ende des Versuches Insekten und Blumen. 19 schon an beiden Papieren beträchtlich ausgebleicht, da sie im Ganzen doch etwa eine Stunde dem direkten Sonnenlichte ausgesetzt waren. Ein Einfluß dieser Farbenveränderung auf das Benehmen der Versuchstiere war aber innerhalb der Zeit der Versuchsdauer nicht zu bemerken.) Während der Darbietung der Grautafel wurde das Dunkelblau auch von einer Honigbiene deutlich angeflogen, ohne daß sie die grauen Papiere be- achtete; vorher und nachher saugte sie an verschiedenen Muskathyazinthen des | Versuchaplatzes, | _ Der Grautafelversuch des 17. April hat somit gezeigt, daß jenes iR beiden Papiere, das die größere Menge des Farbstoffesenthielt, auf die von Muscari kommen- den Wollschweber wi stärkere Anziehung ausübt. Da Bombylius fuliginosus auf den höhergelegenen Standorten unmittel- ar hintereinander weiße und dunkelblaue Blumen (und umgekehrt) zu esuchen pflegte, so wird man nicht fehlgehen, wenn man in dem vor- egenden Falle nicht die geringere Helligkeit, sondern die größere ptische Sättigung des dunkelblauen Papieres als ie physikalische Ursache der häufigeren und stärkeren Ablenkung der Flugbahn des Bombylius annimmt. Überdies entkräftet dieser Versuch den auf $. 75. erwähnten Einwand, da die beiden blauen Papiere nach ihren farblosen Helligkeiten an zwei einander nicht benachbarten Stellen der Reihe der benützten grauen Papiere einzuordnen wären und trotz- dem kein Verwechseln der farbigen Quadrate mit einem inder Helligkeit dazwischenliegenden Grau zustande kam. n Es spricht somit aucl diese Form des Grautafelversuches für die Annahme, daß von den Wollschwebern die blauen Objekte auf Grund ines eigenen Farbenunterscheidungsvermögens als von den grauen ver- schieden erkannt werden und daß dadurch diesen Tieren ein Mittel zur Orientierung nach Lichtern, die sich aus Strahlen bestimmter Wellen- länge zusammensetzen, gegeben ist. 2. Die Grauröhrchenmethode. Als Ergänzung und Überprüfung der Ergebnisse der Grautafelver- ıche habe ich noch einen Versuch mit Papieren in Glasröhrchen aus- geführt, der im Grunde, wenn auch nicht in der Ausführung, mit einem er Versuche von Frisch!) übereinstimmt. Dieser fütterte Honig- bienen einige Zeit in der Höhlung von Glasgefäßen (Glasröhren), welche, den Bienen gut siehtbar, aber rings von Glaswänden umschlossen, gelbe _ oder blaue Pigmentpapiere (Hering-Papiere) enthielten. Solche _ Honigbienen waren dabei imstande, die Farbe, auf der sie gefüttert wur- Frisch, K.von, Der Farbensinn und Formensinn der Biene, S. 25 bis z : und Tafel 2, Fig. 6 und 7. 80 Fritz Knoll. den, aus einer Reihe von Glasröhrchen mit verschieden hell grauen Papieren herauszufinden. Wie bei meinen Grautafelversuchen, so wurde auch bei dem von mir nach obigem Vorbilde angestellten Grauröhrchen- versuche die Bindung an die Versuchsfarbe durch die Umwelt des Tieres selbst besorgt. Diese Bindung konnte auch hier entsprechend der am Orte des Versuches vorhandenen wichtigsten Futterpflanze (Muscari race- mosum) nur durch die blauviolette Farbe der Blumen bewirkt werden. Zar Ausführung des Grauröhrchenversuches bereitete ich mir 16 gleichartige Röhrchen aus genügend farblosem Glase vor. Diese hatten eine Länge von 90 mm und eine lichte Weite von 15 mm, das eine Ende war durch einen ebenen Boden abgeschlossen, das andere blieb offen. In eines der Röhrchen wurde ein 28mm breiter Streifen des auch bei den vorigen Versuchen verwendeten blauvioletten Papiers in gerolltem Zustande bis zum geschlossenen Ende des Gläschens eingeschoben; die anderen Röhrchen erhielten je eines von 15 photographisch erzeugten grauen Papieren verschiedener Helligkeit (vgl. die folgende Tabelle), ebenfalls in einem Stück von 23mm Breite. An einer flachen Stelle des Blaurviolett- | 18. April, 2» 45” bis 4"20'nachm., Sonnen- Grau-Röhrchen schein, wenig Wind Röhrchen Grau-Röhrchen Helligkeit... . . Ds 1-5 |1lro al 36°2 Io | 2-7 Ba 169° 17-5 .100:0 12-6 48:0 721 | Ifro | nn nenn | men | mmmnunnen | Sms | niet | nenne Pantech _—!__ | Erzielte Anflüge . . 101010/0!0!0/0/0|0 wo bo Re no —_ er o o o © o o früher schon bei Versuchen verwendeten Ölgartens wurden am 13. April zunäehst 16 gerade kräftige Eisendrahtstücke (von je 15 em Länge) in Abständen von 3 zu 38cm nebeneinander so in den Boden eingesteckt, daß sie eine schwach gebogene Reihe bildeten, die gegen die Sonne zu leicht eingebuchtet war. Auf jedes dieser Drahtstücke wurde nun eines der vorbereiteten Röhrchen gegeben. Wie sonst bei meinen Glasröhrchen- versuchen blieben auch bei diesem die unteren Enden der Röhrchen ganz offen, so daß man einen dem Dufte folgenden Anflug durch seine Rich- tung gegen die Gläschenöffnung sogleich als solehen hätte erkennen müssen. Die Versuchsanordnung mit den vor ihr befindlichen blühenden Pflanzen ist in Fig. 18 in vereinfachter Darstellung wiedergegeben. Un- mittelbar vor der Röhrchenreihe befand sich in der ersten Zeit des Ver- suches auch ein kleines blühendes Exemplar von Thymus longicaulis, dessen purpurrote Blüten ebenfalls gerne von Bombylius [uliginosus besucht wurden. Um 2h 45’ wurde diese Pflanze aber entfernt, damit in unmittelbarer Nähe der Röhrchenreihe nur Traubenhyazinthen vor- handen waren, Etwas weiter nach vorne waren sechs blühende Stöcke Insekten iind Blumen. s1 „von Muscari racemosum, von welchen zwei in der Blütenregion mit farb- losen Glasröhrchen des «a-Typus (Fig. 10, S. 55) überdeckt waren. Der glatte Pfeil gibt in der Zeichnung die Rickiing der Sonnenstrahlen, der be iederte die durehschnittliche Windrichtung an. Anschließend an diese Gruppe waren im ganzen auf einer etwa 18m? großen Fläche in sehr dünn mit niederen Pflanzen bedeckter terra rossa 40 teilweise schon ver- blühte, Pflanzen. von Muscari racemosum vorhanden. In der Mitte des P latzes, wo die Röhrchenreihe aufgestellt wurde, standen die blühenden Pflanzen etwa doppelt so dieht wie sonst an een Orte. Während er Versucehszeit von annähernd 1!» Stunden beob- ac tete ich. 11 Anflüge auf das Röhrchen mit dem 3 Ms 297 m » Fig. 18. Der Grauröbrehenversuch mit Bombylius fuliginosus. über den Röhrchenenden bedeuten die Helligkeit der darin eingeschlossenen grauen Papiere, bi» das mit dem blauvioletten Papier. Zwei Flugbahnen (1., 2.) mit Anflug auf das Blauviolett- sind eingezeichnet, ebenso die Richtung des Sonnenlichtes und die durehschnittliche Windrichtung. zweien. der banatinde des Vordergrundes-befinden sich farblose Glasröhrchen (Typus a der Glasröhrehen- methode, Fig. 10, II). Men: ‚mi tden G raupa e ieren. Sa Auiilüike geschahen ohne ücksicht auf die Riehtung des Windes. Dies geht auch aus den beiden n Fig. 18 eingezeichneten Flugbahnen hervor. Als drittes Beispiel für e Art des Anfluges sei noch folgendes kurz beschrieben: Ein Tier flog üickwärts hinter der Grauröhrehenreihe von deren linkem Ende bis zum sten Drittel, dann zwischen den Röhrchen nach vorne und beflog das auviolette Röhrchen, den unteren Rand des farbigen Streifens nau ı betrachtend“, BEOHRDENE BERN die drei ne vor diesem stehen- ebene de Der Anflug des Röhrchens mit dem blau- Abhandl. d, zool.-botan, Ges. Bd XII, Heft 1. 6 82 Fritz Knoll, violetten Papier geschah so wie die Anflüge bei den freien Blütenständen von Muscari racemosum: Die Tiere kamen zunächst gegen das obere Ende des blauvioletten Teiles ange ilogen, senkten sich, langsamer fliegend, von. die- sem zum unteren RanddesPapieres herab, umkreis- tenihn schwebend, oft einige Male hintereinander im Fluge gegen das Glashinstoßend una dann rasch abfliegend. Anflüge gegen die Öffnung des Gläs- chens kamen dabei:nicht vor. Wir müssen uns auch bei diesem Versuche wie bei den früheren die Frage vorlegen: Wie konnte Bombylius Juliginosus das farbige Papier ohne Schwierigkeit und ohne Irrtum aus der Reihe der verschie- den hellen grauen Papiere herausfinden? Wenn schon das Heraus- finden des blauvioletten Papieres aus der Grautafel auf Grund der farb- losen Helligkeit für den Wollschweber eine Unmöglichkeit bedeutet, so muß diese als solche erst recht beim Grauröhrchenversuche anerkannt werden. Ich habe diesen Fall bereits an einer andern Stelle !) genau auseinandergesetzt und wiederhole hier die dort gegebene Darstellung. Um die Schwierigkeit für das Tier richtig zu beurteilen, muß man sich zunächst ein solches mit einem farbigen Papier ausgekleidetes %las- röhrehen auf dem Versuchsplatz im freien Sonnenschein genauer an- sehen. Ein Glasröhrehen, dessen Achse senkrecht zur Erdoberfläche auf- gestellt ist, zeigt an der der Sonne zugekehrten Seite einen den Inhalt verdeckenden, hell glänzenden Spiegelstreifen des unmittelbar zurück- geworfenen Sonnenlichtes. Von diesem Glanzstreifen aus nimmt nach beiden Seiten die Helligkeit ab, wobei immer mehr das vom Röhrehen umschlossene Papier sichtbar wird, bis schließlich auf der der Sonne untgegengesetzten Seite des zylindrischen Röhrchens die größte Dunkel- heit erreicht wird. Dazu kommen aber noch ringsum zahlreiche Abände- rungen der angegebenen Helligkeitsverteilung (und damit auch der Sättigung eines eingeschlossenen farbigen Papieres) durch verschiedene Reflexlichter von den in der Umgebung vorhandenen Gegenständen, von Bäumen, Wolken usw., die sich alle als deutlich abgegrenzte Streifen an dem Röhrchen zeigen. Diese überaus mannigfaltigen Licht- und Schattenstreifen machen es unmöglich, daß man schlechthin von dem „farblosen Helligkeitswert“ eines solchen im Freien aufgestellten, ein Papier enthaltenden Glasröhrchens sprechen kann. An jedem einzelnen Röhrchen sind alle möglichen Abstufungen von „farblosen Helligkeiten“ vorhanden. Es wäre nun ganz unmöglich, daß Bombylius fuliginosus allein mit dem Hilfsmittel der farblosen Helligkeit unter solchen Um- ständen das blauviolette Röhrehen sehon aus der Ferne von den ver- 1) Vgl. meinen Aufsatz „Gibt es eine Farbendressur der Insekten?“ in den „Naturwissenschaften‘“, 1919, Heft 24, Insekten und Blumen. | 83 schiedenen grauen unterscheiden könnte. Wenn dagegen jenes Licht- gemisch, das uns als blauviolette Farbe erscheint, auch im Tiere außer der Helligkeit noch eine andere, von ihr verschiedene optische Empfin- dung auszulösen vermag, dann wird erst ein solches Verhalten, wie es uns der Versuch zeigte, verständlich. Was wir von einem solchen, bei Bombylius vorhandenen Farbenunterscheidungsvermögen zu halten haben, wird im letzten Kapitel dieser Arbeit auseinandergesetzt werden. | V Die Nahwirkung der Muscari-Blüten auf Bom- bylius fuliginosus. Während ich durch die bis jetzt geschilderten Versuche leicht ge- nauen Aufschluß über die Fernwirkung der Muscari-Blütenstände auf ‚ihren Hauptbesucher erhalten konnte, machte es mir große Schwierig- keiten, die Wirkung der Blüten auf das unmittelbar vor ihnen befindliche Tier festzustellen. Es war die Frage zu beantworten: Wie findet der Wollschweber, am Blütenstande von Muscari racemosum angelangt, die Eingänge der Honig- blüten? Wir wissen ja aus der Darstellung auf 3. 32, daß sieh die Honigblüten von den honiglosen Endblüten der Traube für unsere Sinnesorgane, abgesehen von der Farbe, auch durch den Duft unter- scheiden; überdies haben die Honigblüten unmittelbar nach dem Auf- blühen eine verhältnismäßig große, von den fast rein weißen Perigon- lappen umsäumte Eingangsöffnung, die in dieser Art weder die sterilen, noch die verblühten fertilen Perigone besitzen. \Vir haben nun zu unter- suchen, ob sich Bombylius fuliginosus eines dieser dem Menschen auf- _ fallenden Merkmale als Hilfsmittel beim Aufsuchen und Finden der - Honigblüten bedient oder nicht. Bevor wir auf diese Frage näher ein- gehen, empfiehlt es sich, erst einen Aufschluß darüber zu gewinnen, ob die sterilen Blüten einen für das Zustandekommen des Besuches der Blütentraube notwendigen Be- standteil bilden oder ob sie dabei entbehrlich sind. Dies läßt sich sehr einfach dadurch entscheiden, daß man am Stand- orte bei einer Anzahl von Blütenständen den oberen, steril bleibenden Teil abschneidet. Gegenüber solchen sehopflosen Blütenständen, die, _ gemischt mit unversehrten, in einem Bestande vorhanden sind, verhalten sieh Wollschweber und Honigbienen ebenso wie bei vollständigen Blüten- trauben. Dies ist wenigstens beim Anflug aus der Entfernung von eini- gen Dezimetern der Fall. Gerade das gleichbleibende Verhalten der Honigbienen ist hier von Bedeutung, da diese Tiere’ sich sonst als sehr empfindlich gegen Abänderungen einer ihnen gewohnten, Umgebung zeigen. Auch die von mir versuchte Umkehrung der Blütentraube, bei der die sterilen und die fertilen Blüten ihren Platz vertauschten, machte 6* 84 Fritz Knoll. keinen wahrnehmbaren Eindruck auf Bombylius. Diesen Versuch stellte ich so an, daß ich eine Blütentraube knapp unter der letzten Honigblüte abschnitt und die ganze Blütentraube mit einem Stück versilberten Kupferdrahtes in verkehrter Stellung auf der oben am Stengel ent- standenen Schnittstelle befestigte (Fig.19 4). Ich erhielt bei diesem Blütenstande in der Versuchszeit (1'/; Stunden) 13 Anflüge durch Bom- bylius fuliginosus, darunter auch viele Besuche der Honigblüten. Schließ- lich führte ich zur Klarstellung dieser Sache noch einen weiteren Versuch aus. An fünf noch nicht verblühten Blütenständen wurde die Achse des oberen sterilen Teiles der Traube an der Stelle des Überganges zu den Honigblüten quer durchsehnitten.. Das basale Achsenstück des sterilen Traubenteiles wurde dann mit dem unteren Achsenstumpfe durch ein in | | diesen hineingestecktes, gegen 4) mm langes Stück dünnen versilberten Kupferdrahtes in der ursprünglichen Achsenriehtung verbunden, so daß ein Gebilde von der in Fig. 19 B abgebil- deten Form entstand. Die Übergangs- blüten zwischen den sterilen und fer- tilen wurden dabei teilweise weg- genommen, damit der Farben- und Helligkeitsunterschied der beiden nun 30 mm entfernt übereinander stehen- Fig. 19. Zu den Versuchen über die den Hälften der Blütentraube desto optische und chemische Nahwirkung deutlicher hervortreten konnte. Die der einzelnen Teile der Blütenstäinde heim Zerteilen erzielten‘ Querhälften von Muscari racemosum auf Bomb» babe der Trauben waren meistens ungleich Aeeiaingeer groß, da bald die sterilen, bald die fertilen Blüten eines Blütenstandes an Zahl überwiegen (vgl. Tabelle S. 26). Gegenüber solchen unterteilten Blütentrauben verhielt sich der Wollschweber gerade so, als ob er bei jedem der beiden zusammengehörigen Stücke zwei übereinander be- findliche, selbständige Blütentrauben vor sich gehabt hätte. So geschah auch der Anflug auf die untere Hälfte dieser zerteilten Trauben mit einem kurzen Endbogen von oben her wie bei unversehrten Blüten- trauben. Das Versuchsergebnis zeigt die auf der gegenüberstehenden Seite abgedruckte Tabelle. Der Unterschied im der Helligkeit und in der Sättigung der Farbe der beiden Querhälften der Blütentraube macht sich also in der Anzahl der erzielten Anflüge nicht deutlich bemerkbar. Vielleicht daß eine um- fangreiche Statistik solcher Versuche ein Ergebnis zugunsten der einen oder der anderen Hälfte ergeben würde; sicherlich kann aber der Aus- schlag nach einer Seite nicht sehr groß ausfallen. Dies ist um so weniger auffallend, als ich an. einem albinotischen, rein weißen Blütenstande von D Insekten und Blumen. 8 . > Pi “ n # 5. Beschaffenheit. Anzalıl Zahl der Anflüge in 1'/a Stunden a | | der Hälften des Blüten- |, dT ann erst oben, erst Fo standes Versuchs- r ' dann unten, | ur | Zu- pflanzen |. oben | unten dann oben untes. mmnnian Steriler TeilderDraube | 3 1 9 } | | kleiner als der fertile e | 11 15 32 | Me ls nieht anders verhielten als sonst. Die eben geschilderten Versuche zeigen also, daß Bombylius fuligi- “ nosus nicht imstande ist, die Honigblüten auf Grund ihrer dunkleren und sa satteren Perigonfarbe von den sterilen verläßlich zu unterscheiden. Es äre aber möglich, daß das Tier vielleicht die weißen Ränder der noch funktionierenden Honigblüten beim Anfluge inner- halb ihrer dunkel blauvioletten Umgebung besonders beachtet und sie : sich aus dieser dann optisch für das Festklammern der Vorderbeine und das Einführen des Rüssels heraussucht. Dies sicher nachzuweisen ist ecl nisch sehr schwierig. Da sich keine am lebenden Objekt anzuwen- dende Methode finden ließ, habe ich Versuche mit leblosen Nachbildun- gen aller dafür in Betracht kommenden Teile durchgeführt. Allein diese Versuche hatten den Nachteil, daß die dafür hergestellten Objekte aus verschiedenen Materialien (Glas, Papier, Klebstoff) zusammengesetzt ven und dadurch die Kontrolle über die chemische Nahwirkung der einzelnen Bestandteile nicht sicher möglich war. Ich habe aber trotz- _ dem. solche Experimente ausgeführt, da man doch wenigstens einige Anhaltspunkte für weitere Untersuchungen daraus gewinnen kann. ER diesem Zwecke wurde ein Glasröhrehen (ähnlich dem in Fig. 10, 1, S. rebildeten) innen vom geschlossenen Ende bis etwa zur Oiss:heinie blauviolettem Papier ausgekleidet. Auf seiner Außenseite habe ich dann, "wie aus Fig. 19 C zu ersehen ist, sechs Kleine weiße Papiernäpfchen mit frisch bereitetem Kleister angeklebt. Diese Näpfchen waren fast oppelt so groß wie die weiße Randeinfassung der natürlichen Muscari- Perigone und hatten innen in der Mitte ihres Bodens einen kreisrunden schwarzen Tuschefleek. Hierauf stellte ich dieses Röhrchen auf cinem Drahte in einem Bestande blühender Traubenhyazinthen auf. Es wurde sogleich von den Wollsehwebern beachtet und ebenso sicher angeflogen 86 | Fritz Knoll. wie früher das blauviolette des Grauröhrchenversuches. In 1'/; Stunden beobachtete ich elf Anflüge auf dieses Versuchsobjekt. Bombylius fuligi- nosus kam immer von oben her gegen das Gläschen angeflogen, senkte sich an der Längswand fliegend herunter, umkreiste teilweise den unte- ren Rand des von außen sichtbaren blauvioletten Papieres und stieß dabei deutlich mit ruckweisen Flugbewegungen gegen die aufgeklebten weißchen Näpfchen vor. Ob dabei auch eine Berührung mit dem Rüssel erfolgte, ließ sieh nicht beobachten. Ich konnte bei diesen elf Anflügen auf das Röhrchen 18 sichere Flugstöße (und einen unsicheren) gegen die Näpfchen feststellen. Die Flugbewegung ist schematisch auch in Fig. 19 C eingetragen. Ich wiederholte diesen Versuch in abgeänderter Form, indem ich Röhrchen aus dem gleichen blauvioletten Papier ohne Glasbedeckung verwendete (Fig. 19 D). Um an solehen Röhrchen allen- falls auftretende örtliche Duftwirkungen auszugleichen, wurden die Objekte zum Teil 24 Stunden lang zwischen zahlreichen duftenden Honigblüten von Muscari racemosum in einem geschlossenen Glasgefäße aufbewahrt, nachdem vorher auch noch ihr Innenraum mit solehen Honig- blüten ausgefüllt worden war. Auch diese blauvioletten Papierröhrehen trugen einige Millimeter über ihrem unteren Rande die beschriebenen weißen Papiernäpfehen. Die Röhrehen wurden erst unmittelbar vor dem Versuche aus dem Glasgefäße mit den Honigblüten herausgenommen; die im Innern der Papierröhrehen vorhandenen Honigblüten verblieben auch während des Versuches dort. Bei diesen Röhrchen war der Boden der weißen Näpfehen und der darangrenzende Teil des blauen Papieres durchbohrt, so daß durch diese Löcher der von den Honigblüten aus- gehende Duft herausgelangen konnte. Die Wollschweber zeigten aber auch bei diesen Röhrchen kein anderes Verhalten als bei den Gläs- chen mit den weißen Nachbildungen der Perigoneingänge. Es war deut- lich zu beobachten, daß sich das Tier, im Fluge plötzlich vorstoßend, den weißen Teilen näherte, aber es kam auch hier nicht dazu, daß sich Bom- bylius an die Ränder der weißen Näpfchen anklammerte und ernstliche Saugversuche machte. Da Bombylius bei dieser Nachbildung der Muscari- Blütentraube die vorstoßenden Flugbewegungen, die auch sonst bei optisch nicht gegliederten Objekten zu sehen waren, nun wohlgezielt ausführte, so ist anzunehmen, daß die weißen Näpfchen dies optisch aus der Entfernung von etwa 5 bis 10 mm Entiernung bewirkt haben; an eine Duftwirkung der Näpfchen ist weniger zu denken, da selbst die Durehtränkung des ganzen Objektes mit dem Dufte der Honigblüten an der Art des Benehmens nichts änderte. Wirklich einwandfreie Ver- suche ließen sich aber nur so ausführen, daß man derartige Objekte aus Porzellan herstellen läßt, die entsprechend gefärbt und an ihrer Oberfläche gleichmäßig glasiert sind. Weil mir aber die Beschaffung soleher Objekte damals unmöglich war, mußte ich auf diese einzig richtige Art der Nach- bildung leider verzichten. Da ich bei meinen Versuchen mit Honigbienen Insekten und Blumen. 37 feststellen konnte, wie wichtig das Auftreten des gewohnten Dultes (in entsprechender Konzentration) für das Zustandekommen des XNieder- lassens auf der Blume ist, wird man wohl auch bei den eben geschilder- ten Muscari-Bombylius- er das Ausbleiben des Anklammerns und das Fehlen der typischen Rüsselbewegungen wenigstens vorläufig als _ Hinweis auf nicht entsprechende örtliche Duftyerhältnisse auffassen | en n Um festzustellen, ob der Duft der Honigblüten beim Aufgesucht- | en in Betracht kommt, gedachte ich, die Erscheinung zu benützen, S daß mit dem Verblü- hen der Honigblüten und dem Braunwer- den der Eingangslap- ‚pen der Perigone auch gleichzeitig der Mus- "katduft rasch abnimmt und schließlich bald verschwindet. Ich Tier Nra. Bist. Nr. 1. 2. suchte mir zum Ver- suche sechs möglichst er gleich große, annä- Kr hernd 20 mm lange % Blütentrauben | | | Blüte aus, drei ganz verblühte _ and drei solete mit - IS _ einer größeren Anzahl _ von noch funktionie- _ renden Hoüiehlüten. Diese Blütenstände Fig. 20. Schematische Darstellung des Versuches zur Fest- en wurden erst unmittel- stellung der chemischen Nahwirkung der Blüten von bar vor dem Versueh Muscari racemosum auf Bombylius fuliginosus. abgeschnitten und in | "Wasserröhrchen zwischen niedrigem Gras im Erdboden befestigt. Ich ord- nete sie in einer geraden Allee an, deren Glieder Tem Abstand hatten. Fig. 20 gibt davon eine schematische Darstellung. Die Beschaffenheit der hiezu verwendeten Blütenstände wurde in allen nötigen Einzel- beiten sofort nach der Beendigung des Versuches festgestellt und vermerkt. Sie sei zunächst der Beschreibung des Versuches voraus- geschickt. | Blütenstand Nr. 1: 14 sterile Blüten, davon 13 frisch, prall, lebhaft hell- violett, eine mittlere ganz zusammengeschrumpft, weich, dunkelblau; | 13 Honigblüten, davon 4 mit noch offener Mün- dung, aber schon weichem Perigon, das starke Längsfurchen 88 Blütenstand Nr. Blütenstand Nr. Blütenstand Nr. Blütenstand Nr. Blütenstand Nr. Fritz Knoll. hat, aber noch duftet, Mündungslappen vertrocknend, braun, die anderen 9 Blüten sind schon unten stark ver- schmälert, dunkelviolett, am Grunde purpurn, die Mündungen vertrocknet und geschlossen. : 20 sehr frische, hell violettblaue, mehr eiförmige sterile Blüten, Mündungen geschlossen, etwas rotviolett; 5 sehr frische Honigblüten, eiförmig, glatt, 4 davon weit en pflaumenblau mit fast weißen, leicht bläulichen Eingangslappen, eine der Blüten sich eben öffnend, duftend. : 23 sterile Blüten, davon zwei ganz winzig (unter 1 mm lang) etwas weich geworden, aber fast alle lebhaft hell- violett, nur zwei vertrocknende blau; 11 fertile Blüten, alle nach der Mündung ver- schmälert, Perigone dunkelviolett, am Grunde purpurn, nicht mehr duftend, Mündung aller geschlossen, ver- troeknend, braun. : 17 sterile Blüten, lebhaft hell violettblau mit rötlicher Mündung, alle geschlossen, eirund; 13 fertile Blüten, davon 10 noeh geschlossen, die obersten 5 mehr hellviolett, die unteren, so wie die 3 offenen pflaumenblau, die Eingangslappen mittel-hellviolett. Blüten- stand sehr frisch im Aussehen, duftend. : 17 sterile Blüten, davon 3 winzig (unter lmm ang), alle lebhaft hellviolett, etwas weich; 8 fertile Blüten, alle stark verrunzelt, längsgefurcht, die untersten braun verfärbt, die anderen dunkel violett mit - mehr purpurnem Grund, alle an der Spitze konisch ein- gezogen, ganz geruchlos, Mündung mit braunen Lappen, unregelmäßig länglich elliptisch. : 18 sterile Blüten (davon eine unter 1 mm lang), sehr frisch, eiförmig, hell violettblau. 11 fertile Blüten, davon 3 noch geschlossen, 2 sich eben öffnend, 3 offen, 3 schon verblüht (bei zweien noch die Mündung etwas offen, alle mit den charakteristischen Merkmalen der verblühten Blüten), dunkelviolett, weich; bei den frisch offenen und den sich eben öffnenden ist die Farbe kräftig pflaumenblau, das Perigon glatt, duftend, die Mündungslappen sind zart violett mit weißen Rändern. Das Benehmen von drei Wollschwebern, die diese Anordnung be- suchten, ist im folgenden Versuchsprotokoll wiedergegeben. Versuchsprotokoll vom 20. April. Versuchsbeginn 12 Uhr 40 Min. nachmittags. Sonnenschein, stark windig. (Die im folgenden beschriebenen Flüge sind schematisch auch in Figur 20 ein- gezeichnet.) Insekten und Blumen. 89 Tier Nr. 1: besucht zunächst Blütenstand Nr. 1 gründlich (es steckt, sich an den Blüten festhaltend, den Rüssel in mehrere hinein), begibt sich dann rasclı zu einer Geranium-Blüte, befliegst hierauf schnell hinter- einander Blütenstand Nr. 6 und Nr. 5 ohne Besuch, darauf Blüten- stand Nr. 4 besuchend, Blütenstand Nr. 3 nur anfliegend, danı Blütenstand Nr. 2 und Nr. 1 besuchend. Tier Nr. 2: von anderen Muscari-Blüten kommend, besucht Blütenstand Nr. 6 2. 00 sehr genau, umfliegt ohne Besuch Blütenstand Nr. 5, fliegt weiter zu Blütenstand Nr. 4, ilın gründlich besuchend, fliegt einige Male gegen Blütenstand Nr. 3, ohne ihn zu besuchen, weiter zu Blüten- stand Nr. 2, dort lebhaft saugend, dann weiterfliegend zu Blüten- stand Nr. 1, wo es ebenfalls an einigen Blüten Saugversuche macht. Tier Nr. 3: beginnt bei Blütenstand Nr. 6, ihn gründlich absaugend, befliegt Re. dann einmal kurz Blütenstand Nr. 5, saugt darauf lange an Nr. 4, befliegt sehr kurz einmal Blütenstand Nr. 3, saugt lange bei Blüten- stand Nr. 2, befliegt Nr. 1 und steckt in 3 Blüten den Rüssel hinein, sich normal au den Blüten festhaltend und schwirrend, fliegt weg auf einen etwa 20 cm entfernt liegenden Stein, setzt sich darauf, den Rücken der Sonne zugewendet; nachdem das Tier den Stein wieder verlassen hat, kommt es nochmals zur Muscari-Allee, von der linken Seite her: es besucht zunächst zwei Blüten von Blütenstand Nr. 1, dann befliegt es nacheinander die Blütenstände Nr. 2, 3, 4, 5 und 6, bei Nr. 2, 4 und 6 saugend, die übrigen nur kurz anfliegend. Darauf saugt es bei anderen Traubenhyazinthen einer benachbarten Gruppe weiter. Ergebnis: Die noch nicht verblühten Blütenstände Nr. 2,4 und 6 wurden an =...» ‚verschiedenen Seiten sorgfältig ‚nach Nektar abgesucht, die ver- N blühten duftlosen Blütenstände Nr. 3 und 5 dagegen nur raschı . 2° und flüchtig angeflogen, die Tiere maclıten dabei keine Saugversuche, : dagegen wurde der eben verblühte Blütenstand Nr. 1, an dem noch 4 duftende, offene, wenn auch verfärbte schlaffe Perigone waren, geradeso beachtet und besucht wie die frischen, noch nicht verblühten Blütentrauben. Am nächsten Tage wurde der Versuch bei gleicher Anordnung mit sechs _ anderen Blütenständen wiederholt. Es erhielten die 3 ganz verblühten nur rasche Anflüge ohne Saugversuche, die übrigen dagegen Anflüge und auch normale Be- suche. An diesem Tage besuchten auch 3 Hoönigbienen, die bei verschiedenen Traubenhyazinthen gesammelt hatten, die Aufstellung, und sie verhielten sich geradeso wie Bombylius fuliginosus: sie besuchten die jungen Blütenstände gründ- _ lieh und flogen an den verblühten wenn auch nahe, so doch mit verhältnismäßig _ geringer Ablenkung der Flugbahn vorüber. (Letzteres hat zum Teil darin seinen Grund, daß die Anflüge der Honigbiene mehr flach erfolgen, während Bombylius -von oben an die Traube herankommt und zur „Beurteilung“ der Blüten erst den Flug senken muß.) Bei den zur Wiederholung des Versuches verwendeten verblühten Blütentrauben konnte ich diesmal einen sehr schwachen (den meisten anderen Menschen nieht mehr wahrnehmbaren) Rest des ‚früheren Muskatduftes feststellen, der aber auf die Tiere keinen sichtbaren Einfluß mehr auszuüben schien, da sie sich an diesen Blütentrauben geradeso benahmen, wie bei solchen, die von einem eng anschließenden Glasröhrchen bedeckt waren (Glasröhrchen- methode). 90 Fritz Knoll. Die Versuche mit alten und jungen Blütenständen von Muscari race- mosum haben somit gezeigt, daß Bombylius fuliginosus (und auch Apis melliica)nuransolchen Blütenständen Saugversuche macht, dieauch für den mit normal funktionieren- dem Geruchsorgan begabten Menschen noeh einen kräftigen Geruch erkennen lassen. Da zum Teil an den im Verblühen begriffenen, aber trotzdem noch besuchten Blüten die sonst vielleicht optiselr wirkenden, fast weißen Ränder des Perigon- einganges schon braun verfärbt waren und andere Merkmale zum Er- kennen noch funktionierender Honigblüten allem Anschein nach nicht in Betracht kommen, so dürfte in diesem Falle der auch dem Menschen wahrnehmbare Muskatduft, wenn er kräftiggenugist,fürdieBlütenbesucherdiezuden Saugversuchen führenden Körperbewegungen aus lösen. Wir hätten somit in diesem Dufte und vielleicht auch noeh in zweiter Linie in dem hellen Perigonrande die Mittel zur chemischen und optischen Nahwirkung auf die Wollschweber zu sehen. | C. Die Stetigkeit des Bombylius fuliginosus im Besuche bestimmter Blüten und das Verhalten an- derer Bombylius-Arten an denselben Blumen. - Bombylius fuliginosus zeigte bei seinen zahlreichen Blütenbesuchen, daß er während des Höhepunktes der Blütezeit von Muscari racemosum auf seinen Nahrungsflügen wohl durch weiße, purpurne, violette und blaue, nieht aber durch gelbe oder grüne Pflanzenteile in seiner Flugbahn abgelenkt und zu deren Besuch verleitet wurde. Dies ist um so auf- fallender, als gerade die rein gelben Blumen, z. B. die gelben Kompositen- körbehen, an Sättigung ihrer Farbe die meisten anders gefärbten Blumen weitaus übertreffen. Auch hinsichtlich der Helligkeit gehen sie allen, mit Ausnahme der weißen, voran. Im vorigen Abschnitte habe ich dem Bombylius ein eigenes Farbenunterscheidungsvermögen zugesprochen und ich will nun versuchen, aus der Beobachtung des Verhaltens des Wollschwebers gegenüber verschieden gefärbten Blumen des Versuchs- gebietes ein Verständnis für die damit zusammenhängenden Erscheinun- gen zu gewinnen. Insekten und Blumen. 9 1. Die natürliche Bindung des Bombylius fuliginosus an blaue, purpurne und weiße Blumen. a) Die am Standorte vorhandenen Blumen. Wir wollen zunächst die Zusammensetzung der blühenden Umwelt des Bombylius fuliginosus an den tiefer (50 bis 150 m über dem Mecre) gelegenen Standorten betrachten. An jenem Versuchsplatze, wo ich die Experimente mit den verschieden geformten Stücken des blauvioletten Papieres machte (vgl. S. 51), war stellenweise Zuphorbia helioscopia L. die alles beherrschende Blütenpflanze. Die ausgedehnten Bestände dieser auch in Mitteleuropa sehr häufigen Wolfsmilchart bildeten oft große zu- sammenhängende Flächen, die einen derartig starken Duft entwickelten, daß man ihn in aufrechter Stellung beim Vorübergehen wahrnehmen konnte. Die Hochblätter der Blütenstände waren gegen deren Ende immer mehr zunehmend bräunlichgelb, mit langsamen Übergängen gegen das typische Grün der Laubblätter nach der Stengelbasis zu. Diese Blumen wurden sehr viel von der Schweblliege Eristalis tenaz 1. be- sucht, einem Tier, das sich beim Besuch auf der Blume niederläßt und, mit dem Rüssel auf den nektarspendenden Teilen herumtippend, den darauf vorhandenen, nur wenig feuchten Zucker in sich aufzunehmen pflegt. Überdies verzehrt diese Fliege auch den ihr auf den Blüten dar- gebotenen Pollen. Innerhalb der Euphorbia-Bestände waren ab und zu blühende Pflanzen von Geranium molle L. mit purpurnen Blüten (Fig. 2 der Tafel 2), eine Ornithogalum-Art mit weißen, grün berandeten Perigon- blättern (Taf. 1, Fig. 5), auch Kompositen mit gelben Köpfen (Leon- iodon) und angrenzend daran viele Blütenstände von Muscari race- mosum (Taf. 1, Fig. 1). Den übrigen Teil des Bodens bedeckten zahl- reiche grüne iBlätter von Gräsern, ‘Leguminosen (besonders die der Psoralea bituminosa), zwischen denen noch ab und zu die durch ihre hell graugrüne Färbung auffallenden, dicht behaarten Blattbüschel von Cynoglossum officinale L. (vgl. Bild 6 der Tafel 3) sich bemerkbar mach- ten. An diesem Standorte sah ich, daß Bombylius fuliginosus die stark duftenden blühenden Bestände der Euphorbia, ohne sie zu beachten, überflog, ebenso wie die gelben Kompositen, dagegen auf Geranium molle und Mus- eariracemosumsaugteundauchdie Ornithogalum- Blütenmancehmalanflog. Anflüge aufirgendwelche grüne Pflanzenteilehabeich wederan diesem Stand- orte,noch an den anderen Flugeplätzen des Bom- Eylius [uliginnsus gesehen. An einem andern Standorte derselben Höhenlage, dem früher oft genannten Ölgarten, wurde neben Muscari racemosum (L.) Lam. et DC. 92 ‚Fritz Knoll. nur Thymus longicaulis Pres1!) (mit kleinen purpurnen Blüten, Taf. 2, Fig. 4) von den Wollschwebern besucht. Bellis-Blütenstände (weiß, mit gelber Mitte) wurden manchnial angeilogen, ohne daß es zu einem Besuche kam, dagegen „wurden die dort vorhandenen gelben Blüten von Hippo- erepis comosa L. und Helianthemum obscurum P er-s. (Taf.2, Fig. 14) überhaupt nicht beachtet. In höheren Lagen (250 m über dem Meere) blühte neben den Trauben- hyazinthen vor allem das von Bombylius fuliginosus sehr besuchte Cera- stium litigiosum de Lens (Taf. 1, Fig. 4) in reicher Menge, ferner noch Thymus longicaulis Presl (Taf. 2, Fig. 4), Geranium purpureum N ill. (Taf. 2, Fig. 1), G. columbinum L. (Taf. 2, Fig. 3) und G. molle L. (Taf. 2, Fig. 2), welche alle von B. fuliginosus besucht wurden. Die weißblühende Crueiferen-Art T’hlaspi praecore Wulf. (Taf. 1, Fig. 6, 7) wurde eben- falls beachtet und erzielte kurze Besuche, ebenso die mit trüb blau- violetten Blüten ausgestattete Veronica Jacquinü Baumg. (Taf 1, Fig. 12). Auch die Blüten von Aethionema saxatile (L.) R. Br. (Taf. 1, Fig. 8) mit ihren blaß rosenroten, dunkelpurpurn geaderten Kronblättern wurden von dem Wollschweber aufgesucht. Nicht beachtet wurden auch hier die gelbblühenden Leguminosen Lotus corniculatus L. (Taf. 2, Fig. 7) und Zathyrus aphaca L. (Taf. 2, Fig. 8) sowie die Blüten von Helian- themum obscurum Pers. (Taf. 2, Fig. 14). Dagegen wurden die Blüten von Cistus salvifolius L. (weiß, mit gelber Mitte, Taf. 2, Fig.15)?) von dem Wollschweber öfters beflogen, onne daß er sich bei ihnen länger aufhielt; die Blüten von Cistus villosus L. (purpurn, mit gelber Mitte, Taf. 2, Fig. 16) wurden ganz nahe angellogen, vielleicht mit dem Rüssel berührt, doch geschah dies nur am Rande der Kronblätter, so daß kein Besuch zustandekommen konnte. Auch die hell purpurnen Hochblätter der dort vorhandenen Varietät von Salvia horminum L. (Taf. 1, Fig. 9) erhielten Anflüge. Stellen wir die Blüten, dievon Bombylius fuli- ginosus beachtetund dann meistauch besucht wur den, den von ihm nicht beachteten gegenüber, so sehen wir, daß sich diese beiden Gruppen von Blu- men weder dureh bestimmte Formmerkmale, noch dureh eine bestimmte Helligkeit oder nach einem bestimmten Dufte der Blüten kennzeichnen lassen, Das einzige als Anhaltspunkt zur Unterscheidung der zwei Gruppen Ver- wendbare ist die Farbe: Die gelben Blumen wurden nicht beachtet, dagegen alle genannten nichtgelben an- 1) Die Bestimmung der Pflanzen meiner Versuche und Beobachtungen wurde vemeinsam mit meinem Kollegen, Herrn Privatdozenten Dr. E. Janchen (Wien), durchgeführt, dessen besondere Kenntnisse über die Arten der Balkanflora dabei von sroßem Werte waren. 2) Siehe auch Anmerkung 1. S. 38. u" = Insekten und Blumen. 95 seflogen. Ich konnte durch den Versuch feststellen, daß dieser Gruppenunterschied sichauchinnerhalbder Teilebestimm- ter Blüten bemerkbar macht. Die Blüten von (Cistus salvifolius werden, so lange sie am Strauche stehen, von dem Wollschweber nur flüchtig angeflogen. Wenn ich aber die frischen Kronblätter in kleine Stücke schnitt und diese auf dem Erdboden nahe bei besuchten Blüten, etwa bei Cerastium, niederlegte, dann wurden die rein weißen Kronblatt- stücke durch Bombylius ganz nahe beflogen, die rein gelben (von dem ‚sattgelben „Pollenmal‘“ der Kronblattbasis stammenden) dagegen nicht mpahtet, b) Gelbe Blumen und Mohnrot im Gegensatz zu Purpur. Ich will nun einige Versuche besprechen, welche uns das Verhalten des Bombylius fuliginosus gegenüber gelben und verschieden roten - Blumen noch besser anschaulich machen werden. Ich stellte zunächst zwischen den sehr zahlreichen, von Wollschwebern lebhaft besuchten | Blüten eines Cerastium-Bestandes eine Anzahl bestimmt gefärbter Blumen {in Wassergläschen stehend) auf. Das Versuchsergebnis ist aus der fol- genden Zusammenstellung, die auch weitere Angaben über die Versuchs- objekte enthält, zu entnehmen. Es {. Einige Sprosse von Anagallis arvensis L., deren | Kein Anflug, ziegelrote Kronen halb geschlossen die Außen- . seite dem Beschauer zukelırten. 2, Blütenzweige von Vicia cordata Wulf. mit Sechs Anflüge auf die Blüten, deren Fahnen und Schiffehen blaß rosen- "Blüten beobachtet, da- rot und deren Flügel dunkel kirschrot waren. runter ein Saugver- (Vgl. die farbige Darstellung Figur 6 der Tafel 2.) such. 3. Blühende Zweige von Lathyrus sphaerieus Retz. Kein Anflug. Blüte mit dunkel ziegelroter Fahne und ebenso - gefärbten Flügeln, Schiffchen ockerfarbig. (Figur 9 -=-@er Tafel 2.) | | 4. Blühende Zweige von Lathyrus aphaca L, Kein Anflug. Kronblätter satt zitronengelb, die Falıne mit zarten grünen Adern. (Figur 8 der Tafel 2.) 5. Blütenzweige von sScorpiurus subvillosus L., Ein Anflug auf eine der - Blüten mit dunkelgelben, etwas gegen Ocker gelb = Blüten, olıne sie zu be- neigenden Blumenblättern, i im Aussehen den Blüten ; ‚rühren. (Das’Tier wen- " von Lotus cornieulatus L. (Tafel 2, Figur 7) dete sich nach der An- näherung wieder.rasch Ziemlich ähnlich. ". „von der Blüte weg.) ee - | 6. Einige Kronblätter von Ciahus villosus L. (Wigur 16 |: Üfter beflogen. (Anflüge der Tafel 2) frei zwischen den Cerastiw»- Pflanzen nicht gezählt, die Kron- auf die rotbraune Erde hingelegt. blätter-waren nur als Bars Kontrollobjekte aus- gelegt.) 94 | Fritz Knoll. Das Ergebnis entspricht dem bisher beobachteten Verhalten. Während sich die Tiere sechsmal den purpurfarbigen Leguminosenblüten und auch öfters den ähnlich gefärbten Cistus-Blumenblättern (zum Teil bis zur Berührung) näherten, wurden die gelben und braunen zusammen nur einmal beflogen. Dieser Anflug auf die Blüte von Scorpiurus ist zu- gleich der einzige Anflug auf eine gelbe Blume, den ich in den Flug- zeiten des Bombylius fuliginosus innerhalb zweier aufeinanderfolgender Jahre beobachtete. Er war deutlich und erfolgte raschen Fluges mit so- gleich durchgeführter Abkehr von der Blüte. Dieser Flug ließ erkennen, dab Bombylius /uliginosus doch auch den Trieb haben kann, auf ein gelbes Objekt zuzufliegen. Das später zu schildernde Verhalten am Ende des dritten Jahres wird Gelegenheit geben, darauf noch einmal zurück- zukommen (vgl. S. 103 f.). In dem Ergebnis des eben beschriebenen Versuches fällt auf, daß die bei oberflächlicher Benennung meistens als „rot“ bezeichneten Blüten und Blütenteile von Anagallis arvensis, Lathyrus sphaericus, Vieia cordata und Cistus villosus eine sehr verschiedene Wirkung auf die Insekten zeigten. Der Farbton von Anagallis arvensis und Lathy- raus sphaericus bildet den Übergang zu jenem roten Farbton, den die Kronblätter des wilden Mohns (Papaver rhoeas) besitzen. Dabei muß allerdings einschränkend gesagt werden, daß der Farbton auch bei dieser Art nicht immer der gleiche ist, da er vom satten Zinnoberrot (vgl. Taf. 2, Fig. 12) sogar bis gegen gelbrosa zu schwanken pflegt. Doch wollen wir hier nur die satten gelblichroten Blumenblätter (ent- sprechend der. erwähnten Abbildung) im Auge behalten. Da aus meinen wiederholten Versuchen bekannt war, daß Bombylius Juliginosus die licht- bis dunkelpurpurroten Blumenblätter von Cistus viliosus (Taf. 2, Fig. 16) anzufliegen pflegt, wenn sie ihm dargeboten werden, so wollte ich von meinen Versuchstieren erfahren, ob das Mohnrot für Bombylius Fuliginosus in die Kategorie der von ihnen in dieser Zeit verschmähten gel- ben Blumen oder ob es zur Kategorie der blauen und weißen Blumen zu zählen ist. Für das normale menschliche Farbenempfinden sind ja beide vorwiegend rot: das Mohnrot ein gelbliches, das Cistrosenrot dagegen ein bläuliches Rot.!) Dies ist auch in meinen farbigen Abbildungen zum Ausdruck gebracht. Um die physikalische Beschaffenheit des Lichtes, das vom typisch ge- färbten Blumenblatt des roten Mohns zurückgestrahlt wird, in seinen für unsere Augen unmittelbar wahrnehmbaren Teilen kennen zu lernen, habe ich eine spektrophotometrische Messung vorgenommen, Ich ermittelte sie sowohl für den dunkleren, dem schwärzlichen „Pollenmal“ genäherten Basalteil (I der folgenden Tabelle) als auch. für den helleren Rand (II) in der Mittellinie des Blattes. . 4) Für den Rotgrünblinden ist das Mohnrot Gelb. das Cistrosenrot Blau, beide dunklem Grau nahestehend, also wenig gesättigt. De a a Raw nn a ae a Insekten und Blumen. 95 Die Remission betrug bei den einzelnen Wellenlängen: 0 1749) Aa 435 | 449 | 467 | ‚477 | ı 492 504 | 517 53 553 | ‚572 | 598 | 617 | ı 648 | ı 683 | 09 a8 1 1.106 21 013510135 0-100 0:083 0:075 ü 075) Se a 1 021902830160 0131 0: 08 0°116/0-122)0- 1520 241 - 100 os 0: 05 1 2 070 i | | | | von = 625704 450 Somit ergibt sich für die drei Grundempfindungen (vgl. S. 50) als Er- regungsanteil: für die dunklere, gesättigtere Kronblatt- | für die hellere, ungesättigtere (dem Rande stelle I: ' näher liegende) Kronblattstelle II: Blau b = 0'105 | Blau b = 0'183 Grün 9 = 0'234 Grün 9 = 0'340 MO 7 == 0964 R0f: re 0489 daraus: er : Farbton F = 609 Farbton F = 608 »sttigung: S = 0'652 Sättigung S= 0'457 Helligkeit H — 30'8 Helligkeit H—= 427 Bezeichnet man die von den Spektrallichtern zwischen den Wellenlängen 760 und 647 erregten Farben als Rot, die zwischen 647 und 586 als Orange,!) so muß man die Farbe des Mohnblumenblattes als Orange benennen. Zunächst ‚stellte ich mit den genannten Objekten einige Vorver- suche an. Bei vier auf den Boden gelegten Glasröhrehen, von denen zwei je ein Blumenblatt des Mohns, zwei dagegen je ein solches des Cistus villosus enthielten (wobei die Blumenblätter leicht eingerollt und so gelegt wurden, daß der andersfarbige Basalteil der Blumenblätter nicht siehtbar war), wurden nur die mit Cistus-Blumenblättern beflogen, nieht aber die Mohnröhrehen. Am 5. Mai wurde der eigentliche Versuch dieser Art gemacht. Die Vorbereitung und Aufstellung geschah wie bei der Grauröhrchenmethode (vgl. Fig. 18, S. 81), doch verwendete ich diesmal schmälere Röhrchen (90 mm Länge, 8 mm lichte Weite, farbloses Glas). Die Blumenblätter des Mohns und der purpurnen Cistrose wurden wie beim Vorversuch so zusammengelegt (gerollt), daß das Saftmal (Pollenmal) versteckt im Innern zu liegen kam und die Länge des so erhaltenen Röllehens 25 mm betrug. Diese Blumenblattröllchen wurden in die Röhrehen bis an deren flachen Boden hineingeschoben. Ich setzte: die Röhrehen dann auf blanke Eisendrähte auf, die senkrecht in den rot- braunen Erdboden hineingesteckt waren. Die Anordnung wurde so ge- troffen, daß die vier Röhrchen mit den Blumenblättern in einer geraden Reihe (Abstand zwischen den einzelnen Röhrehen 20 bis 25 mm) senk- reeht zur Hauptflugriehtung der Tiere in einem langgestreckten Bestand blühender Pflanzen von Cerastium litigiosum angebracht waren. Sie 1) Z. B. in Tigerstedt, Lehrbuch der Physiologie des Menschen, 8. Aufl., 2, Bd., S, 251. 96 Fritz Knoll. teilten die Gesamtheit dieser Pflanzen in:zwei Gruppen, so. daß die Woll- schweber, die von der einen Hälfte des Bestandes kamen, nur dann auf dem kürzesten Wege zur andern Hälfte gelangen konnten, wenn sie die Reihe der vier Röhrchen überflogen oder sich zwischen ihnen hindurch bewegten. Das Ergebnis des. Versuches gibt das folgende Protokoll wieder. | ‘Protokoll des Versuches vom 5. Mai. | . Versuchsplatz: Graben beim Wege, der am Hange des Obostnik hinauführt. Der: Nektarbedarf des Bombylius fuliginosus wurde: hier fast nur durch Cerastium litigiosum gedeckt. (Schönes Wetter, Sonnenschein, Wind.) 4 Glas- röhrehen, die in der Reihenfolge I, II, III, IV abwechselnd je: ein Blumen- blatt von Cistus villosus, und Papaver rhoeas enthalten, auf ebenem Boden zwischen Cerastium litigiosum. Versuchszeit 2 Uhr 20 Min. bis 3 Uhr 30. Min. nachmittags. = Tier Nr. 1: beflog Cistus-Röhrchen I von links nach rechts; Tier Nr. 2: beflog dasselbe Oistus-Röhrehen I: von links nach rechts; Tier Nr. 3: beflog das Cistus-Röhrehen III von links nach Mine; £ dann noch einmal in derselben Weise; Tier Nr. 4: beflog das Cistus-Röhrchen I schräg von rechte nach | links; EHEN | Tier Nr. 5: beflog das Cistus-Röhrchen I1I von BEN? nach links; Tier Nr. 6: beflog das Oistus-Röhrehen III schräg von rechts naclı links; art os das weil 7 Anflüge auf die Röhrchen mit Ckstus-Kronblättern durch 6. Tiere. Alle Anflüge waren wohl gezielt bis in die unmittelbare Nähe (wenige ‚Milli- meter Abstand): die Röhrchen wurden immer in der Höhe der darin befindlichen Blumenblätter, niemals am oflenen unteren Rand beflogen. Die unter ganz gleichen Bedingungen aufgestellten Röhrthen Be Papaver VROrDE blieben ehnwerkeh inbeschtet: Nach dem Ergebnis des Versuches gehört somit das Nohtiees zur Kategorie der nicht beflogenen „roten“ Farbtöne, also zur Gruppe des Lathyrus sphaericus und der Anagallis arvensis. Ich habe’ später dieses Mohnrot durch Honigbienen überprüft. Es stellte sich dabei heraus, daß es ebenso wie das Rot der Blüten von Punica granatum. (Granat- apfel, Taf. 2, Fig. 13) zu den für die Bienen gelben Farben gehört. Es ist somit ‚die Auffassung berechtigt, daß Borbulian /uliginosus jene Blumenfarben, die dem Menschen einen ‘vorwiegend roten Eindruck machen, nicht ebenfalls als eine einheitliche Gruppe empfindet, sondern daß er ohne Rücksicht auf die Helligkeit die für uns gelb getonten von blau getonten unterscheidet und unter den beschriebenen Umstän- den nur letztere beachtet. Da diese Unterscheidung somit nach einem für uns zurücktretenden Teil der ge- samten Empfindung gemacht wird, so ist damit zu- gleich gesagt, daß jene Empfindungskategorien, diewiralsdenallgemeinen Eindruck „rot“ bezeich- Insekten und Blumen. 97 nen, bei Bombylius [uliginosus nieht vorkommen können. Dabei ist natürlich vorausgesetzt, daß das Farbenunterschei- dungsvermögen des Versuchstieres eine unserem Farbensehen wenigstens teilweise ähnliche Grundlage hat. c) Das Verhalten bei Muscari comosum. Wie weit diese Gebundenheit an blaue Objekte und die dadureh entstehende Starrheit im Blütenbesuch ging, sieht man in dem Verhalten des Bombylius fuliginosus gegenüber Muscari comosum. Der Blüten- ‚stand dieser Pflanze ist in Textfig. 1 (S. 28) und in Fig. 3 der Tafel 1 abgebildet. Er unterscheidet sich von dem Typus des Muscari racemosum dadurch, daß die langgestielten unfruchtbaren Blüten einen lebhaft hell- violett gefärbten Schopf bilden und die Perigone der Honigblüten im ausgebildeten Zustand in ihren Basalteilen und an den freien Perigon- zähnen eine hell schmutziggelbe Farbe besitzen, die an der dem Eingang zugekehrten Perigonhälfte in dunkles Sepiabraun übergeht. Während die Hauptachse des Blütenstandes zwischen den sterilen Blüten lebhaft violett ist, besitzt sie zwischen den schmutziggelben Stielen der Honig- blüten eine mehr gelbgrüne Farbe. Die Tragblätter der einzelnen Blüten ‚sind winzige farblose und deshalb nur schwer sichtbare Schüppehen, die etwas entfernt von der Blütenstielbasis der Traubenspindel aufsitzen. Solange die Honigblüten noch nicht geöffnet sind, zeigen sie eine trübe ‚rotviolette Färbung. In diesem Zustande sind ihre Stiele nach -oben gebogen; beim Beginn des Öffnens stehen sie meist rechtwinkelig. von der Spindel ab und biegen sich noch etwas nach unten, um sich beim Aufblühen wieder in die rechtwinkelige Stellung zurückzubegeben. Die anatomische Beschaffenheit der einzelnen Ausbildungsformen der Blüten von Muscari comosum ist, soweit es für die optische Beurteilung nötig war, in der auf der nächsten Seite stehenden Tabelle zusammengestellt. | Wenn man die dort angeführten Eigenschaften der verschiedenen Blüten von Muscari comosum mit denen von Muscuri racemosum (siehe Tabelle S. 31) vergleicht, so erkennt man, daß diese Unterschiede nur relativ sind. Hinsichtlich der Farbe der Blüten kann man sagen, dab sieh beide Arten im Grunde gleich verhalten, nur daß sich in der Epi- _ dermis der Honigblüten die weinrote Färbung des Zellsaftes bei Muscari racemosum viel später (erst beim Verblühen der Honigblüten) in eine _ zelbe umändert als bei Muscari comosum, WO diese Umfärbung schon vor dem Öffnen des Perigons beendet ist. Die sepiabraune Farbe _ der dunkleren Stellen der Honigblüten des Muscari comosun. kommt als Subtraktionsfarbe zustande. Das eintretende Licht wird in der sattgelben Epidermis und der darunter liegenden ganz oder teilweise blaßgelben Schichte zuerst des größeren Teiles der kurzwelli- gen Strahlen beraubt. Dann wird in den Zellen des Mesophylis und in Abhandl. d. zool.-botan Ges. Bd. XII, Heft 1. 7 98 r Fritz Knoll. Beschaffenheit eines Blütenstandes, dessen unterste Honigblüten bereits ge- öffnet sind: | Farbe des Zellsaftes | En \ Äußere Merkmale - Außen Zellageunter Mesophyll- Innare | formen | Epidermis | der Außeren | zellen Epidermi | pidermis | Epidermis | Epidermis | 'Sterile | Lang gestielt, lebhaft hellblau dunkel fast farblos farblos | Blüten | hellviolett; Perigone | blauviolett | (hellblau,) = | | geschlossen oder fast oder farb- geschlossen los | | | Oberste, noch ge- | blaß bläu- | satt wein- | fast farblos | fast farblos, | schlossene Blüten | lich, fast rot (blaß pur- | blaß pur- | kurz gestielt,purpurn | farblos purn) purn (trüb purpurn) | | | | Blüten der mittle- | satt gelb weinrot fast farblos | liehtgelb ren Region kurz vor (ganz dem Öffnen schmut- schwach ziggelb mit. purpur- ‚ Fertile | ner Mündungsgegend weinrot) ‚ Blüten | a Er ; E = satt gelb satt gelb | fast farblos kräftig | || Seit kurzer | 5 (etwaslich- | (gelblich) gelb '.(Honig- | _ R DS ter als der | EUR, - Zeit geöfl- | S - Ss ‚ blüten) 5 *r Zellsaft der | nete, noch | & 5 äußeren a Epidermis | nicht ver- *& e 2 | er 3 SR 24 | blühte Blü- | = 2 5 satt gelb | sattgelb | einTeilder | kräftig | ei (etwaslich- | Zellen blaß gelb ten dr | 9... : er | dei ter als der | gelblich, unteren | S8FX% Zellsaft der | die ande- | = le äußeren | ren Zellen | Region El Epidermis) | weinrot | SE: den einzelnen allenfalls noch weinrot gebliebenen Zellen unter der Epi- dermis ein Teil der Strahlen verschiedener Wellenlänge absorbiert, wor- auf der Rest, bevor er an die innere Epidermis gelangt, an den von Luft erfüllten Interzellularräumen (Tapetum nach Exner) wieder gegen die äußere Epidermis zurückgeworfen wird. In dieser erleidet das Licht auf dem Rückwege abermals eine Einbuße an kurzwelligen Strahlen, nach- dem es unterdessen auch den größten Teil der Intensität verloren hat. Es kann also nur ein lichtschwacher Rest von vorwiegend gelben und roten Strahlen von der Blüte zurück in unser Auge kommen und so den Eindruck der dunkel sepiabraunen Färbung hervorrufen. Schließlich ist Insekten und Blumen, 99 noch zu erwähnen, daß ein irgendwie für den Menschen bemerkenswerter Duft weder an den sterilen, noch an den fertilen Blüten vorhanden ist. Muscari comosum kam am Beginn und im Höhepunkt der Blütezeit des Muscari racemosum auf meinen Versuchsplätzen noch nicht blühend vor. An manchen Stellen der Umgebung gelangten aber einige dieser langschopfigen Traubenhyazinthen schon früher zur Blüte. Ich nahm solche vorausgeeilte Blütenstände, die schon zahlreiche offene Honig- blüten hatten, und brachte sie, in Fläschehen mit Wasser gestellt, neben die Blütenstände von Muscari racemosum an meine gewöhnlichen Ver- suchsplätze. Die neuen Blütenstände wurden von Bombylius fuliginosus sogleich beachtet und es schien, daß der blauviolette Schopf des Muscari . comosum auf diese Tiere genau die gleiche und ebenso starke An- lockung auszuüben vermag, wie eine ganze Blütentraube von Muscari Fig. 21. Anflug eines Bombylius fuliginosus auf die sterilen Blüten- büschel von Muscari comosum (B, C) nach dem Besuche eines Blüten- standes von Muscari racemosum (A). Das Tier beachtet die Honigblüten von Muscari comosum nicht. — N, der nat. Größe. racemosum. Bombylius fuliginosus umflog den Schopf ringsum mit ganz nahen Anflügen und wiederholten Vorstößen gegen die honiglosen steri- len Blüten, beachtete aber die unmittelbar darunter befindlichen Honig- blüten nicht (Fig. 21; Bild 5 der Tafel 3 sowie Stereobild 1 der Tafel 4). Ich habe diese Versuche an verschiedenen Tagen wiederholt und auf ver- schiedenen Plätzen, doch erzielte ich trotzdem überall und stets den gleichen Erfolg. Und dabei hatten die Honigblüten von Muscari comosum wirklich Nektar, was durch Honigbienen, die daran saugten, immer wie- . der gezeigt wurde. Dieses Benehmen des Bombylius fuliginosus sagt uns auch, daß von einem anlockenden Wert des „Honigduftes“ in diesem Falle keine Rede sein kann, denn ganz nahe „dufteten“ ja die Honig- vorräte und trotzdem bemerkte sie der Wollschweber nicht. Dieses zu- nächst unverständliche Verhalten des Tieres wird uns aber sogleich klar, wenn wir uns den in der vorigen Tabelle (S. 98) wiedergegebenen o pti- schen Aufbau der Perigone noch einmal ansehen. Die Honig- 7* 100 en Fritz Knoll. blüten befinden sich bei Muscari comosum in dem gleichen optischen Zustande wie ein Blütenstand von Muscari racemosum, der mit einem Gelbfilterröhrehen bedeckt ist und deshalb von Bombylius fuliginosus nicht beachtet wird (S. 62). Dieses Gelbfilter wird bei den eben aufgeblühten Honigblüten von Muscari comosum durch die über den blauvioletten Zellen liegende gelbgefärbte Epidermis gebildet. Da Bombylius fuliginosus alle reingelben und schmutziggelben Blüten nicht beachtete, mußte dieses Schicksal auch die Honigblüten von Mus- cari comosum treifen. Die hier zusammentreffenden Talanlıön bilden auch eine neue Stütze für die Richtigkeit des Ergebnisses jener Versuche, die gezeigt haben, daß die Fernwirkung der Honigblüten von Muscari racemosum auf den Wollschweber keine chemische, sondern eine optische ist. Zum Vereleich mit den eben erörterten Beobachtungen will ich hidy anführen, daß ich an einem andern Standorte Süddalmatiens, in der Krivosije, das gleiche Verhalten bei Honigbienen sah, die gewohnt waren, ihren Honigbedarf aus den Blüten von Eckium vulgare zu deeken. Diese Blüten sind sehr honigreich, die Stöcke blühen wochenlang, und so hatten die Honigbienen. Gelegenheit, sich mit bedeutender Festigkeit an die blaue Farbe der von ihnen besuchten Blüten zu binden. Diese Bindung geht auch bei der Honigbiene in manchen Fällen. ins „Sinn- lose“ — vom Standpunkte der Biene aus, wenn man sich als Mensch an deren Stelle denkt. Sobald ieh in die nächste Nähe eines solchen von Honigbienen besuchten, reich blühenden Zchiumstockes einige in Wasser stehende Blütenstände von dem in der Nähe meiner dortigen Versuchs- plätze nicht vorhandenen Muscari. comosum brachte, beachteten die Honigbienen beim Abflug von Echiumblüten gewöhnlich auch die blauen Büschel der sterilen Blüten von Muscari comosum, näherten sich diesen, sie umkreisend, oft so sehr, daß sie mit den Beinen zwischen den dünnen, bogig nach oben gerichteten Teilen hängen blieben — aber trotzdem kümmerte sich keine um die unmittelbar darunter befindlichen offenen Honigblüten! Und das ist um so merkwürdiger, als in der Gegend, von welcher ich diese Blütenstände zu den Experimenten an meinen wenige Kilometer davon entfernten Versuchsplatz gebracht hatte, die Honigblüten von Muscari comosum von den Honigbienen außerordentlich lebhaft besucht wurden. Auch die Honigbienen haben also, da sie, bei Echium saugend, sich an Blau ge- bunden hatten, die mit dem natürlichen Gelbfilter der Epidermis be- deekten comosum-Honigblüten nicht beachtet. Dieses Verhalten der Honigbiene enthält den Schlüssel für das Verständnis des Benehmens von Bombylius fuliginosus. Doch werde ich darauf erst später genauer eingehen. j E Va Ne he an a ge A a 2 un 0 iR ke P MAR = —. - Insekten und Blumen. 101 d) Das Verhalten bei Bunias erucago. Nachdem ich festgestellt hatte, daß die gelben Blumen keine Wir- kung auf Bombylius fuliginosus ausübten, habe ich mir zu einem weiteren Versuche eine sattgelb blühende Pflanze ausgewählt, deren Blüten einen sehrkräftigen Duft entwickeln. Es war dies die Crueifere Bunias erucago L. Eine solche Blüte ist in Fig, 10 der Tafel 2 dargestellt; eine Skizze davon auch in Textfig. 22. Die aus den grünlich-gelben Kelchen hervorragenden Kronblätterteile dieser Blüten sind gesättigt zitronengelb und bilden in ihrer Gesamtheit eine Scheibe oder einen flachen Trichter von etwa 10 mm Durchmesser. Der Duft ist für uns Fig. 22. Versuch mit Blüten von Bunias erucago und Bombylius fuliginosus in schema- tischer Darstellung. B ein in Wasser stehender Strauß von Bunias-Blütenständen; Bl eine einzelne Blüte von oben gesehen (2 fach vergrößert), Na eine der von mir beim Versuch verwendeten Nachbildungen aus satt violettem Papier, an den punktierten Linien gefaltet (2fach vergrößert); N,, N;, N,, N, die zwischen den Blüten von Bunias angebrachten Nachbildungen; M,, M., M,, M, Blütenstände von Muscari racemosum in mit Wasser versehenen Glasröhrchen als Anflugsallee aufgestellt; M, eine blühende Pflanze dieser Art, deren Blütenstand im Laufe des Versuches durch eine graue Papierhülse für Bombylius unsichtbar gemacht wurde. In die Darstellung der Versuchsanordnung ist eine der von mir beobachteten Flugbahnen des Bombylius fuliginosus eingezeichnet. angenehm „süßlich“. Die Blüten sondern aus Nektarien,!) die am Grunde der Staubblätter liegen, reichlich Nektar ab, der am natürlichen Stand- orte von verschiedenen Hymenopteren (Halictus Smeathmeanellus K. und Andrena parvula K.) gleichmäßig ausgebeutet wurde. Diese kleinen Hymenopteren setzen sich auf die Kronblätter und zwängen sich dann mit dem Kopf und Vorderkörper zwischen den röhrig zusammenschließen- den Perianthblättern und Staubfäden mit Gewalt bis zum Nektarium hinab, wobei sie infolge der Lage der Staubbeutel und Narben ohne weiteres Hinzutun die Bestäubung vermitteln. Ich stellte einen Strauß von Bunias-Blütenständen, der 30 besuchbare Blüten trug, zwischen den 1) Vgl. die Abbildung des Nektariums in: Bayer, August, Beiträge zur systematischen Gliederung der Crueiferen, Beih. z. Bot. Zentralbl. 18 (1905), I. Abt., Taf, IV, Fig. 8c und 8d, und Taf. V, Fig. 8c. (Auch in: Wettstein, R. v., Hand- buch der systematischen Botanik, 2. Aufl., S. 579, Abb. 399, Fig. 2 a—c.) Abhandl. d. zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 1. 8 102 Fritz Knoll. Steinen des Karstbodens in einem Fläschchen mit Wasser so auf, wie es in Fig. 22 abgebildet ist. Dann befestigte ich an verschiedenen Stellen zwischen den gelben Blüten im ganzen vier einfache Blütennachbildungen aus violettem Papier, das ich zu diesem Zwecke mit Methylviolett gefärbt hatte. Die Farbe und Gestalt dieser Nachbildungen, die ich mit feinen ver- silberten Kupferdrähten auf heranreifenden Früchten befestigte, isi in Fig. 11 der Tafel 2 wiedergegeben.') Der Strauß von Bunias befand sich annähernd in der Mitte einer nahezu geraden Anflugsallee von Blütenstän- den des Muscari racemosum, deren gegenseitige Abstände aus der sche- matischen Darstellung der Fig. 22 zu entnehmen sind. Es fanden sich sogleich die Wollschweber ein, sie flogen von Blütenstand zu Blütenstand, also von M, zu M,, dann zu M, und M,, ohne daß sie dabei die auf dem Buniasstrauß angehefteten violetten Nachbildungen N,, N,, N, und N, beachteten. Ich habe nach dieser Feststellung den nahe am Blütenstrauß stehenden Muscari-Blütenstand M, mit einer graubraunen Papierhülle überdeckt, um ihn aus dem Wettbewerbe auszuschalten. M, wurde nun nicht mehr beachtet, dafür wurden aber von jetzt an regelmäßig von jedem vorüberfliegenden Wollschweber wenigstens zwei, manchmal auch drei violette Blütennachbildungen beflogen. Ein solches Anflugsbeispiel ist in der Flugbahn der Fig. 22 gezeichnet. Dabeiwurdendieso zahlreich vorhandenen stark duftenden gelben Buniasblüten nicht beachtet, obgleich die Tiere knapp daran vorbei oder zwischen ihnen hindurch zu den violetten Papierblumen flogen! Die Wollschweber kamen derart nahe an die Papiernachbildungen heran, daß ich den Eindruck hatte, es sei dabei zu einer Berührung mit dem Rüssel gekommen. In der Versuchszeit (von 1 Uhr bis 3 Uhr nach- mittags, Sonnenschein) habe ich an der Allee 11 Flüge von Bombylius fuliginosus beobachtet und alledieseführtenzueinemganz nahen Anflug auf die violetten Papierblumen, ohne Beachtung der natürlichen gelben Blumen. Die gleichzeitig am Versuchsplatze vorhandenen kleinen Hyme- nopteren haben jedoch geradeso wie am natürlichen Standorte die Blüten von Bunias besucht, daneben aber auch die violetten Nachbildungen angeflogen. Der eben beschriebene Versuch zeigt also, daß selbst ein starker Duft bei sattgelber Farbe der Blumen nicht imstande war, die Farbstetigkeit der Wollschweber beim Besuch der Blüten zu beein- flussen, so daß dadurch ein für Bombylius fuliginosus „sinnloses“ Be- nehmen zustandekommt. Nebenbei zeigt dieser Versuch auch, daß inner- halb bestimmter Grenzen bei gleicher Farbe die größeren Objekte den kleineren vorgezogen wurden. \ 1) Die Wiedergabe des Farbtones ist gut gelungen, doch ist die Farbe im Dreifarbendruck vie] zu dunkel (schwärzlich) geraten. Man muß sich somit das Original gesättigter und heller vorstellen. &.. er, ee ee rt Insekten und Blumen. 103 e) Die Unstetigkeit des Bombylius fuliginosus (Ausnahmsiälle). Im darauffolgenden dritten Jahre habe ich Bombylius fuliginosus während des größten Teiles seiner Flugzeit nicht beobachten können, da ich damals in einer andern Gegend weilte. Alsich am Anfang des Monates Mai flüchtig Gelegenheit fand, den Ort meiner früheren Experimente zu besuchen, sah ich verhältnismäßig wenig Wollschweber, und zwar Bom- byläus fuliginosus und Bombylius medius, hauptsächlich auf dem noch reichlich blühenden Cerastium litigiosum de Lens., da Muscari race- mosum schon fast gänzlich verblüht war. Ich hatte auch in dieser Zeit Gelegenheit, die noch vorhandenen Wollschweber zu studieren, doch will ich hier die damals gemachten Beobachtungen nur so weit mit- teilen, als sie für die vorliegende Frage von Bedeutung sind. 1. Ein Bombylius fuliginosus besuchte zwischen zahlreichen Blü- ten von Cerastium litigiosum auch Aethionema saxatile und Thlaspi praecox, beflog ohne Besuch eine Blüte von Geranium columbinum, darauf ein Muscari racemosum, dann beflog er eine sattgelbe Blüte einer Ranunculusart,'!) ihr bis auf etwa 15 mm nahekommend. (Zwei Tage vorher hatte ich Bombylius medius zwischen Besuchen von Cerastium und Muscari racemosum die gleichen Ranunculus- blüten anfliegen gesehen, ohne daß dabei ein Besuch zu bemerken gewesen wäre.) 2. Ein anderer Bombylius fuliginosus besuchte eine solche gelbe Ranunculusblüte, dann Cerastium, hierauf wieder Ranunculus, eine Blüte kurz mit dem Rüssel berührend. Inzwischen wurde die Sonne von Wolken stark verdunkelt, das Tier setzte sich auf einen benach- barten Stein und schlug die Flügel zurück. Als die Sonne wieder hervorkam, flog der Wollschweber rasch auf, besuchte die Blüten dreier verschiedener Blütenstände von Muscari racemosum, dann einige Cerastiumblüten, wieder Muscari racemosum, dann Thlaspi praecox und gleich darauf noch einmal einen Blütenstand von Muscari racemosum. Von diesem flog er weiter zu Cerastium und einem großen Blütenstand von Muscari racemosum, dann zu einer gelben Ranunculusblüte, sie kurz berührend; hierauf wendete er sich im Fluge über einige künstliche Versuchsobjekte, die ich hier übergehen kann, noch einmal Cerastium zu. Schließlich besuchte er noch Muscari racemosum, dann Cerastium und abermals Muscari racemosum. 1) Leider versäumte ich damals diese am Standorte nur ein einziges Mal be- obachtete Art rechtzeitig zu sammeln, so daß ich heute nicht imstande bin, ihren Namen anzuführen. Es handelt sich um eine südliche Art mit schmal geschlitzten, verhältnismäßig steifen Blättern und satt gelben Blüten vonder Größeund dem Aussehen der des Ranunculus acer L. 8*+ 104 Fritz Knoll. Von den gleichzeitig am Standorte vorhandenen kleinen Syr- phiden wurde Ranunculus ebenfalls beachtet und flüchtig besucht. (Ende der Beobachtung 9h 15’ vm., leicht verschleierter Sonnen- schein.) Diese beiden Tiere und das im vorangegangenen Jahre beim An- flug auf eine Scorpiurusblüte beobachtete Tier (vgl. 8.93) sind die drei einzigen dieser Art, die ich bei gelben Blüten gesehen habe, obgleich zu Anflügen auf solche immer reichlich Gelegenheit vorhanden gewesen wäre. Hiezu muß ich hervorheben, daß es nicht an mir gelegen war, daß keine anderen Beobachtungen über den Besuch gelber Blumen zustande kamen. Ich hatte ja während der langen Flugzeit zweier aufeinander- folgender Jahre fast täglich zahlreiche dieser Tiere im Freien beobachtet, sodaß die genannten Anflüge wirklich als Ausnahmen zu bewerten sind, Diesedreiam Endeder Flugzeit beobachteten Aus- nahmsfälle zeigen also, daß unter Umständen auch gelbe Blüten imstande sind, den Bombylius fuligi.- nosus zu sich zu lenken, und daß solche Anflüge auch zu einer Berührung der Blüte führen können Wir müssen uns nun die Frage vorlegen, warum Bombylius fuligi- nosus während des Höhepunktes seiner Flugzeit keine gelben Objekte beflog, wenn sie ihm auch unter noch so günstigen Umständen dar geboten wurden. Leider hatte ich keine Gelegenheit mehr, den Fall der Anflüge auf Ranunculusblüten zu studieren. Dabei wäre vielleicht eine unmittelbare Beantwortung der Frage möglich gewesen. Deshalb muß ich heute versuchen, auf einem Umwege aus anderen Beobachtungen einen Aufschluß über die Ursachen dieses Verhaltens zu bekommen. Einen Sehlüssel dazu bietet uns Bombylius medius, dessen Benehmen im folgen- den Abschnitt besprochen werden soll. 2. Bombylius medius und die Blumen. a) Besuch von Pollenblumen, Während Bombylius fuliginosus sich damit begnügte, den von den Blumen dargebotenen Nektar in sich aufzunehmen — ich habe ihn nie beim Pollenfressen beobachtet —, saugte Bombylius medius (vgl. S. 33, Fig. 25, und S. 35) den Nektar der Blüten und verschmähte dabei auch den Blütenstaub von Pollenblumen nicht. Dementsprechend fand ich im Darm des Bombylius medius reiche Mengen von Pollen verschiedener Arten. Das Tier verschluckte den Blütenstaub, ohne ihn zu zerquetschen. Die in seinem Darm vorhandenen Pollenkörner waren, wie mir schien, vollständig unversehrt, und wenn das Tier sich deren Inhalt zunutze machte, so konnte dies nur dadurch geschehen sein, daß einzelne Inhalts- Insekten und Blumen. 105 bestandteile durch die Haut der Pollenkörner hindurch in veränderter oder unveränderter Form ihren Übertritt in den Verdauungsapparat des Tieres gefunden haben. Manchmal mögen auch zufällig beim Nektar- saugen Pollenkörner mit hinein getrunken worden sein. Allein das Be- nehmen bei Pollenblumen zeigte klar, daß auch trockener Pollen von diesen Wollschwebern gefressen wurde. Sehr schön konnte ich ein solehes Verhalten wiederholt an den Blüten von Cistus villosus L. beobachten. Bombylius medius flog auf die Mitte der Blüte zu, näherte sich den Staub- blättern, bis die Fersen aller sechs Beine diese berührten und begann, während die Flügel fortwährend weiterschwirrten, mit dem Rüssel die Antheren zu bearbeiten. Das Rüsselende bewegte sich an diesen auf und ab und nur selten stieß das Tier mit dem Rüssel zwischen die Staubfäden hinein. Diese Blüten, die nur geringfügige Spuren von Nektar ausscheiden, konnten dem Tier überhaupt nur Pollen bieten. Daß beim geschilderten Benehmen auch wirklich Pollen von Cistus villosus L. in das Tier hineingelangte, habe ich bei der Untersuchung des Darm- inhaltes bestätigt gefunden. Aber auch den Pollen von Kompositen (Za- cintha verrucosa Gärtn., Reichardia picroides (L.) Roth., Sonchus sp., Chrysanthemum cinerarüfolium (Trev.) Vis.) nahmen diese Tiere gerne in sich auf. Über den Staubblüten des Ciszus salvifolius sah ich ebenfalls Bombylius medius sich schwebend aufhalten, wobei es schien, daß er auch von diesen Blütenstaub entnommen hat. b) Besuch von Nektarblumen. Der Nektar, welcher bei diesen Tieren trotz der Pollenaufnahme die Hauptnahrung bildet, wurde ihm von verschiedenen Blumen dar- geboten. Gewöhnlich holte sich das Tier den “Nektar von Blüten der Salvia officinalis, wo er in größeren Mengen leicht zugänglich war. Bei diesen Besuchen erwies sich Bombylius medius — vom Standpunkt der geschäftlich denkenden Blütenbiologie aus betrachtet — als „Honig- dieb‘, da er durch den Eingang der Blüten mit dem langen schmalen Rüssel bis zum Nektarium vordrang, ohne daß dabei der Schlagbaum- mechanismus in Tätigkeit versetzt und Blütenstaub auf den Besucher ab- geladen wurde. Besonders gegen Ende des Monates Mai war Salvia offici- nalis die wichtigste Futterpflanze des Bombylius medius. Aber diese Pflanze, die sozusagen die Beherrscherin weiter Strecken der Karst- gelände ist, konnte es sich gestatten, auch Gäste an ihren Blüten zu emp- fangen, die zu keiner Gegenleistung bereit waren. Die Bestäubungstätig- keit wurde ja doch in überreichem Maße durch die Honigbiene und C’hali- codoma muraria Fabr. besorgt. Aber auch andere Blumen haben dem Bombylius medius Nektar dargeboten und dabei wurde vielfach die Be- stäubung der betreffenden Blüten durch ihn bewirkt. Verschiedene pur- purn blühende Trifoliumarten sowie die nektarreichen, gelblichweißen 106 Fritz Knoll. Blüten von Lonicera implexa Ait. wurden häufig besucht, wobei der Wollschweber den Rüssel tief in die Kronen hineinsteckte. Auch die gelben Blüten von Brunella laciniata L., ebenso die purpurnen von Do- rycnium hirsutum (L.) Ser. und die blauvioletten Blütenstände von Muscari racemosum erhielten Besuche. Flüchtige Anflüge, die zu nichts führten, sah ich bei verschiedenen Blütenständen: bei den trüb blau- violetten Blüten von Veronica Jacquirii Baumg. (Taf. 1, Fig. 12), den weißen Blütenständen von Orlaya grandiflora (L.) Hoffm., den purpur- nen von Polygala nicaeensis Risso, Vicia dasycarpa Ten. (Taf. 2, Fig. 5) und Carduus micropterus Borb.') und schließlich bei den satt- gelben Blüten der auf S.103 erwähnten Ranunculusart. c) Besuch der Blütenstände von Muscari comosum. An manchen Stellen jener Gegend, in welcher ich meine Bombylius- Untersuchungen durchführte, waren auf den südseitigen, schwach mit Sträuchern bestandenen Karsthängen in großer Zahl blühende Pflanzen von Muscari comosum vorhanden. Dazu waren außer den beiden Cistus- arten noch Veronica und purpurne Orchideen (Orchis quadripunctata Cyr.) in Blüte. An diesen Stellen besuchte Bombylius medius vor allem die Honigblüten von Muscari comosum, also Jene Teile der Blütenstände, welche Bombylius fuligi- nosus beiallen Versuchen vollständig versehmäht hatte. Aus solehen Honigblüten pflegte Bombylius medius fast seinen ganzen Bedarf an Nektar zu decken. Wenn er an solchen Blumen saugte, so benahm er sich dabei geradeso wie Bombylius fuliginosus bei den Honig- blüten von Muscari racemosum: er hielt sich mit den vorderen Beinen an den zurückgebogenen Perigonzipfeln fest und führte, während die Flügel weiterschwirrten, den Rüssel so tief wie möglich in die Blüte ein. Das Besondere aber lag dabei in der Art, wie sich Bombylius medius den comosum-Blütenständen näherte. Er kam zunächst geraden Fluges auf die blauvioletten bis rotvioletten Büschel der langgestielten sterilen Blüten zu, aus deren nächster Nähe senkte er sich dann im Fluge herab und begab sich zu den Honigblüten, wo er sogleich zu saugen begann. Diese Art der Annäherung ist in Fig. 23 schematisch dargestellt. Man vergleiche diese mit Fig. 21 auf S. 99. Der Beginn der Anflugbewegung stimmt mit dem bei Bombylius fuliginosus ganz überein, doch findet dieser nicht den Weg zu den Honigblüten, sondern fliegt von den sterilen Blüten unmittelbar weiter zu dem nächsten Objekt, dessen Farbe ihn unmittelbar anzieht. Daß Bombylius medius den Weg zu den Blütenständen von Mus- 1) Carduus micropterus Borbas wird von L. Adamovic£in seinem Buche: Die Pflanzenwelt Dalmatiens (Leipzig 1911; Taf. 10 und S. 34, 68, 102) als Carduus chrysacanthus angeführt., Insekten und Blumen. 107 cari comosum durch deren optische Fernwirkung findet, habe ich durch die Windmethode festgestellt. Es bleibt noch zu untersuchen, wie das Tier von dem sterilen Blütenbüschel den Weg zu den Honigblüten findet. Man könnte zunächst daran denken, daß es der Duft sei, der die Tiere anlockt; dagegen spricht aber, daß in der stets bewegten Luft des er- wähnten Standortes ein von den Honigblüten abgegebener Duft in den allermeisten Fällen mit dem Winde nach der Seite, also parallel zum Erdboden abgeweht wurde, während aber Bombylius medius nach dem Anflug der violetten sterilen Blüten einen meist zur Windrichtung senk- recht stehenden Weg von mehr als 5 em Länge über die noch geschlosse- nen Honigblüten hinab zu den nächsten offenen Blüten zurückzulegen hatte. Dazu sei bemerkt, daß inallen den zahllosen Fällen, ot rate al? RW) re -B ei “> ; Ds > j Ä 0 © Br = | 4 oo / a N N l ; BaN f si Ne G if / N D N /i y N | N N en 2 et" a EEE VL er TER TEILEN BER EDER Den. 22 Fig. 23. Flugbahn des Bombylius medius beim Besuche der Blüten- stände von Muscari comosum. ı/, der nat. Größe. wo ich den Anflug des Bombylius medius auf den violetten Schopf von Muscari comosum sah, das Tier auch den Weg herunter zu den Honigblüten fortsetzte. Würde aber der Duft dem Tier den Verbindungsweg zwischen den beiden Blütenformen weisen, dann müßte es öfters, wenn der Wind den Duft gerade nicht nach oben hinauf geweht hätte, nur die sterilen Blüten allein betliegen, ohne die Honigblüten zu be- achten. Somit bleibt nur die Möglichkeit der Annahme, daß fürden Bombylius medius die Verbindung zu den Honig- blüten aufoptischem Wege hergestellt wird, und dies ist ohne weiteres möglich, da ja Bombylius medius auch sonst ebenso violette wie gelbe Blumen zu besuchen pflegte. DerselbeUmstand also, welcher den Bombylius fuliginosus verhin- derte, zu den Honigblüten zu gelangen, die gelbe Farbe der Epidermis, bewirkte bei Bombylius me- 108 | Fritz Knoll. dius gerade das Gegenteil: er führte ihn zu jenen. Durch diese Erkenntnis haben wir in Muscari comosum ein Beispielgewonnen, das unsin der schönsten Weise einen Fall mit scharf’ getrennter optischer Ferm» wirkung und Nahwirkung zeigt. Die optische Fern- wirkungaufBombylius mediusbesorgtdaslebhafte Violett der sterilen Blüten und ihrer Stiele; die optische Nahwirkung geht jedoch von der gelben Farbe der Honigblüten selbst aus. Da aber die gelbe Farbe auf Bombylius medius (z. B. bei den sattgelben Kompositen) auch in die Ferne wirken kann, so zeigt uns dieser Fall weiter, daß im Wettbewerbe der von den verschiedenen Blüten eines comosum-Blütenstandes zurückgestrahlten farbigen Lichter das verhältnismäßig satte Vio- lettgegenüberdemtrüben, weit weniger gesättigten Gelb und Braun die größere Wirkungin die Ferne auszuüben vermag. 3. Bombylius fulvescens und sein Blütenbesuch. Bombylius fulvescens fliegt zunächst noch gleichzeitig und an den- selben Plätzen mit Bombylius fuliginosus, aber sehr bald nimmt dieser an Zahl ab und verschwindet gänzlich. Sozusagen als sein Vertreter ist mittlerweile der kleine gelbbraune Wollschweber Bombylius fulvescens aufgetreten, der in weit geringerer Zahl Ende Mai und Anfang Juni neben Bombylius fuliginosus die Blumen besuchte. Sehr gut sah ich das Benehmen des Bombylius fulvescens an den Blüten von Salvia offici- nalis L., die er häufig besuchte. Er ließ sich flügelschwirrend auf dem Eingang der Blüte nieder, umklammerte mit den vier vorderen Beinen die beiden Seitenlappen der Unterlippe, legte die Hinterbeine irgendwie um den Mittellappen und führte den Rüssel soweit wie mög- lich gegen den Blütengrund ein. Bei kurzen Blüten erlangte er dabei den Nektar und der Rüssel wurde mehrmals hintereinander für ver- schieden lange Zeit durch den Haarkranz des Blütengrundes hinein- gesteckt. Während des Saugens schwirrten meist die Flügel weiter, nur manchmal setzten sie für kurze Zeit in ihrer Bewegung aus, ohne daß sie dabei in ihre Ruhelage gebracht wurden. Bei diesen Besuchen kam der Hebelmechanismus der Staubblätter niemals in Tätigkeit, da der Rüssel unterhalb der sterilen Antheren eingeführt wurde. Von Bom- bylius fulvescens wurden aber nicht nur die offenen Blüten von Salvia officinalis, sondern auch die noch geschlossenen angeflogen, wobei in diesem Falle auch eine Berührung der Kronaußenfläche mit dem Rüssel stattfinden konnte, | Ba DEN rt > 0 Sa ch Kahge EYE EN RNET OR NÜE FEN .\ er Pr ee. ke JE RS: BE.» 4 a RE a RE ea a Fre Nat DT ee ne Insekten und Blumen. | 109 Neben Salbei pflegte Bombylius fulvescens auch andere Blüten zu besuchen: Teucrium chamaedrys L., Satureja Juliana L., Trifolium dal- maticum V is. und Aethionema saxatile (L.) Br., ohne daß im Besuche dieser Blüten von weißer bis purpurner Farbe irgendeine Stetigkeit hin- sichtlich der einzelnen Farben zu beobachten gewesen wäre. Daneben sah ich auch Anflüge auf Blüten von Zonicera implexa Ait. und Poly- gala nicaeensis Risso, die aber zu keinem Besuche führten. Dagegen zeigte sich bei Bombylius fulvescens eine ausgespro- chene Stetigkeit negativer Art gegenüber den gel- ben Blumen: die am Standorte oft sehr häufigen gelben Blüten von Genista silvestris Sc op. wurden von ihm nicht beachtet, die dazwischen spärlich stehenden andersfarbigen Blüten aber zum Besuch ausgewählt! So sah ich ein solches Tier zuerst zahlreiche Blüten des Salbei besuchen, dann die von Teucrium chamaedrys, darauf die noch nicht fruchtenden Blüten einer Pflanze von Aethionema sazxatile und einige der winzigen _ purpurnen Blüten von Satureja juliana, während es die daneben in größerer Menge vorhandenen gelben Blütenstände des Ginsters un- | beachtet ließ. Nur einmal setzte sich Bombylius fulvescens auf gelben Blüten (Trifolium campestre) nieder, aber nicht, um sie zu besuchen, sondern um sich mit zurückgeklappten Flügeln darauf zu sonnen, nachdem er kurz zuvor in derselben Weise auf einem Stein und auf einer Bromusähre gesessen hatte. Dieser Fall kommt somit bei der Bewertung der Blüten- farben nicht weiter in Betracht. Ich habe Bombylius fulvescens nie beim Fressen von Blütenstaub gesehen, trotzdem fand ich im Darm eines Tieres zahlreiche, meist gleich- artige Pollenkörner, deren Artzugehörigkeit ich leider nicht feststellen konnte. Es könnte sein, daß auch dieser Wollschweber manchmal Pollen in sich aufgenommen hat, es ist aber auch möglich, daß es sich in dem erwähnten Falle nur um jenen Pollen handelte, der beim Saugen zufällig in den Verdauungstrakt hineingelangt war. Auch dieser Bütenstaub war wie der im Darme des Bombylius medius anscheinend ganz unversehrt. 4. Zusammenfassender Vergleich und Bewertung des Verhaltens von Bombylius fuliginosus als natür- liche Bindung. In den Arten der Gattung Bombylius besitzen wir jene Dipteren, welche im Bau der Mundwerkzeuge innerhalb ihrer Ordnung nahezu jenen Grad von Differenzierung und Spezialisierung. für den Blütenbesuch erreicht haben, der die Apiden unter den Hymenopteren auszeichnet. Wir dürfen deshalb beim Aufsuchen der Beziehungen der Gattung Bombylius zu den Blumen derVermutungnachgehen, daß auch bei dieser Gattung möglicher- 110 Fritz Knoll. weise durch oftmals wiederholte Besuche von Objekten bestimmter Farbe eine Bindung an diese eintreten könnte, geradeso wie dies für die Honig- bienen bereits einwandfrei festgestellt wurde. Es ist in der Art des Lebens der Wollschweber begründet, daß wir mit ihnen nicht solche Fütterungs- versuche anstellen können, wie sie mit Leichtigkeit bei Honigbienen durch- geführt werden konnten. Wir vermögen nur das eine zu tun, daß wir eine bestimmte Art von Bombylius herausgreifen und in einer be- stimmten uns bekannten Umwelt in ihrem ganzen Verhalten be obachten und durch Einzelversuche prüfen, um dadurch Auf- schluß darüber zu bekommen, wieweit die Gesamtheit der Blüten einer von den Wollschwebern bewohnten Gegend das allgemeine Verhalten dieses Tieres gegenüber den Blumen be- einflussen kann. Eine solche Sachlage, die zur Beantwortung dieser Frage geeignet schien, ergab sich für Bombylius fuliginosus im Küstenkarste der Halb- insel Lustiea, welche den südlichen Geländeteil am Eingange in die Bucht von Cattaro (Siüddalmatien) bildet. Während der Flugzeit zweier aufein- anderfolgender Jahre habe ich Bombylius fuliginosus in ausgedehntem Maße studiert. Ich sah ihn an Blüten saugen, aber niemals habe ich ihn beim Pollenfressen gesehen. Diesen Umstand müssen wir hier festhalten. Es waren ja mancherlei Blumen (besonders gegen Ende seiner Flugzeit) vor- handen, die ihm geradeso Pollen dargeboten haben wie dem Bombylius medius, der sich dieser Pollenmassen auch zu seiner Ernährung bediente. Die in der Macchia reichlich vorhandenen Blüten von Cistus salvifolius und Cistus villosus gaben hiezu ja andauernd gute Gelegenheit, und doch hat Bombylius fuliginosus diese Blumen nur sehr flüchtig angeflogen und sich nicht an ihnen aufgehalten. Bei gelben Kompositen und Helianthemum obscurum habe ich überhaupt keinen Anflug beobachtet. Wir müssen also an- nehmen, daß Bombylius fuliginosus seinen Nahrungsbedarf aus- schließlich mit dem Nektar der Blumen deckt und nicht den Trieb besitzt, sich hiezu auch des Pollens zu bedienen. Von dieser Feststellung ausgehend, müssen wir nun trachten, die Gemeinsamkeiten jener nektarführenden Blumen herauszufinden, die von Bombylius fuliginosus besucht wurden. Rufen wir uns das auf Seite 90 ff. Gesagte ins Gedächtnis zurück, so werden wir die auffallende Tatsache fmden, daß sich unter den von ihm besuchten Blumen keine gelben befinden. Sonstige Gemeinsamkeiten in Farbe, Helligkeit und Duft sind bei den besuchten Blüten nieht vorhanden. Wir müssen uns fragen, warum die am Standorte häufigen hellgelben Blüten von Leguminosen (Hippocrepis comosa, Lotus corniculatus und Lathyrus aphaca) von dem Tiere nicht beachtet wurden. Dies ergibt sich daraus, daß die für ein Insekt in Betracht kommenden Blütenprodukte hier derartig fest von den Blumenblättern eingeschlossen sind, daß sie nur den dazu besonders befähigten Hymenopteren, nicht aber den Dipteren zugänglich sind. (Diese Blüten werden deshalb auch als Insekten und Blumen. 11l Hymenopterenblumen bezeichnet.) Und wenn ab und zu ein gelbes Köpfchen einerKompositedem Tier entgegentritt,so könnteesihmaußerdem verschmähten Pollen nur tief verborgene geringfügige Mengen von Honig bieten, während doch Bombylius ähnlich wie die Schwärmer sich gerne an Blumen -mit rasch zugänglichen reichlicheren Mengen von dünnflüssigem Nektar auf- zuhalten pflegt. Und nun traf es sich, daß alle diese Blumen, die dem Tiere nichts bieten konnten, im ganzen oder an den in Betracht kommenden Teilen lebhaft gelb waren: die gelben Leguminosen- blüten, die gelben Köpfchen der Ligulifloren, die gelben, weiß umrahmten Tubuliflorenkörbehen, die Oistus-Blüten mit ihrem mächtigen, sattgelben Androeceum auf weißem oder purpurnem Grunde und die im Ganzen leb- haft gelben Blüten von Helianthemum obscurum. Es ist deshalb klar, daß bei Bombylius fuliginosus keine „Vorliebe“ für gelbe oder teilweise lebhaft gelbe Blnmen entstehen konnte. Das Gleiche gilt auch für Bombylius ful- vescens, der auch die weitaus häufigeren gelben Ginsterblüten, die neben spär- lieheren purpurblühenden Labiaten standen, nicht beachtete und nur diese beflog und besuchte. Wir müssen uns nun fragen, ob wir diese „Vorliebe“ für die nicht gelben Blumen uns gerade an diesen Standorten und in dieser Zeit entstanden und nur vorübergehend wirksam denken müssen, oder ob es sich um einen Fall von „vererbtem Gedächtnis“ handelt, in dem die durch Generationen gleich wirkende Umwelt und die dadurch entstandene Er- fahrung Bombylius fuliginosus in der Zeit meiner Untersuchungen an allen gelben Objekten achtlos vorübergehen ließ. Meine Beobachtungen sprechen für die zuerst genannte Möglichkeit, da ich am Ende der Flugzeit des Bombylius fuliginosus doch einige wenige Anflüge auf gelbe Blumen (vgl. S. 103), zum Teil mit Besuchen, festgestellt habe. Wir sind somit berechtigt, anzunehmen, daß Bombylius fuliginosus, wenn auch vielleicht in einem geringeren Grade als die Honigbiene, die Fähigkeit besitzt, sich vorübergehend an die Farben jener Blumen zu binden, die ihm eine ausreichende Menge leicht zu- gänglichen Nektars darbieten. Durch eine solche Bindung kann aber manchmal ein Erfahrungszustand eintreten, der das Tier auch an solchen Blumen achtlos vorüberfliegen läßt, die eine vollkommen geeignete Futter- ‘quelle wären. Dies trat bei den Honigblüten von Muscari comosum ein, die durch die gelbe Farbe der Epidermis ihre sonstigen für Bombylius fuligi- nosus brauchbaren Eigenschaften sozusagen geheimhielten. Diese Bindung des Bombylius fuliginosus ist aber keine einfache - Sache, denn man muß berücksichtigen, daß gleichmäßig beachtet wurden: weiße, hellblaue, dunkelblaue, hellviolette, dunkelviolette, hellpurpurne und dunkelpurpurne Blumen mit den dazwischenliegenden Übergängen. Dieses Verhalten zeigt uns, daß einerseits die hellsten Blumen, die für uns rein weißen, von Bombylius fuliginosus angeflogen wurden, andererseits aber auch die weniger hellen, wenn nur ihr Farben- ton der Blaugruppe, den sogenannten „kalten Farben“, angehörte. 112 Fritz Knoll. Da aber die von Bombylius fuliginosus nicht beachteten sattgelben Blumen ebenfalls sehr hell waren, jedoch weniger hell als die weißen, so zeigt uns dieses Verhalten an sich schon, daß das Tier die Blumen, die weniger hell waren als die für uns weißen, nur nach der Qualität (Zusammensetzung nach Lichtern bestimmter Wellen- länge) und nicht nach der Quantität (Intensität) des von ihnen zurückgeworfenen Lichtes unterschied und beachtete. Und damit ist auch schon gesagt, daß dieselbe physikalische Grundlage, die uns jene Blüten ohne Rücksicht auf die Menge des zurück- geworfenen Lichtes farbig erscheinen läßt, auch die Ursache des Farbenunterscheidungsvermögens des Bombylius sein muß. Wir sehen aber auch weiter aus dem Verhalten des Bombylius fuliginosus, dab die Bindung geradeso wie bei der Honigbiene außer auf die weiße nur auf die gelbe und blaue Gruppe möglich ist. Diese beiden Gruppen sind getrennt durch das Grün, das als die Farbe der für Bombylius ebenso wie für die Honigbiene vollständig belanglosen Pflanzenblätter von den. ge- nannten Tieren überhaupt nicht beachtet wird. Über die Bindungsmög- lichkeiten an reines Rot braucht hier nicht gesprochen zu werden, da ein solches in der Natur nicht vorkam. Bei Bombylius medius, der sich ebenso des Pollens wie des Nektars zu seiner Ernährung bediente, konnte aber eine derartige Bindung an eine bestimmte Farbengruppe bei den am Flugorte vorhandenen Blüten nicht zustande kommen. Für ihn waren die gelben Blumen ebenfalls eine Quelle der Nahrung und dadurch konnte auch gleichzeitig eine Bindung an gelbe Blumen entstehen. Die Folge davon war aber, daß sich Bombylius medius dann gleichmäßig allen ihm entgegentretenden Blumen der Karstfilora zuwendete und aus ihnen bald Nektar, bald Pollen entnahm, auch in einem Fluge und unmittelbar hintereinander.) Deshalb konnten ihm auch die Honigblüten von Mus- cari comosum nicht entgehen. Zunächst lockten ihn die blauvioletten Blüten des sterilen Schopfes von ferne an, und nachdem ihm dort nichts geboten wurde, bewegte er sich weiter zum nächsten farbigen Objekt, 1) Die in Mitteleuropa .einheimischen Wollschweber pflegen ent- sprechend der Art der gleichzeitig vorhandenen Blumen meistens unstet zu sein. Sie verhalten sich gewöhnlich so, wie sich B. medius in Süddalmatien verhielt. Darüber findet man zahlreiche Angaben in den Werken von Hermann Müller (Alpenblumen, Befruchtung der Blumen durch Insekten). Diese Hinweise auf den Blütenbesuch der Wollschweber sind jedoch sehr kurz und enthalten keine Be- merkung über deren Farbstetigkeit. Dagegen konnte ich selbst an dem meist un- steten B. major in der Umgebung von Wien ebenfalls das Zustandekommen einer das Gelb ausschließenden Binduhg an die Farbe der Blumen beobachten. Diese trat an solchen Flugplätzen ein, wo die von ihm sehr eifrig besuchte Glechoma hederacea L. (Lippenblütler mit violetten Blüten) in weit überwiegendem Maße unter anderen Blumen vorherrschte. Er verhielt sich dann so wie B. fuliginosus am Höhepunkt seiner Flugzeit. BE a a N naar a ar Ba re a eT ee BE SE a ai u or ai ana ln Sa Ara tn a 5 Unleen age Fl et a HE N Eee : a u a a N VER y ER Insekten und Blumen. 113 und dieses waren eben die darunter befindlichen gelb und braun gefärb- ten Honigblüten. Es scheint zunächst sicher zu sein, daß bei den weißen Blumen die große Helligkeit, also die Intensität des von ihnen zurückgewor- fenen Lichtes, die Wollschweber anlockt. Doch ist es für mich nicht ent- schieden, daß es sich nur darum handelt. Es gab zu denken, daß mir nie _ Anflüge auf weiße Papiere gelangen, trotzdem ich weiße Objekte von der Größe der Blumen verwendete und diese auch auf dunklem, selbst schwarzem Grunde darbot. Es ist nicht unmöglich, daß das Blumen- weiß für das Lichtempfinden des Bombylius zu den Lichtern der Bla u- gruppe zu rechnen ist, indem sich auf der Epidermis ja stets das blaue Himmelslicht spiegelte und dadurch auch oft für mein Auge einen bläulichen Ton hervorrief. Es wäre somit das Blumenweiß als ein sehr helles, wenn auch verhältnismäßig sehr ungesättigtes Blau aufzufassen, dessen Blaugehalt aber vielleicht wegen der großen Sätti- gung des blauen Himmelslichtes t) noch immer eine ausreichende Farben- empfindung im Bombylius hervorrufen könnte. Auch ist zu erwähnen, daß die weißen Blumen, z. B. die Cerastium-Blüten, im hellsten Sonnen- schein auf nahezu weißen Kalkfelsen, wo sie dem geblendeten mensch- liehen Auge kaum mehr deutlich sichtbar sind, für die Wollschweber noch unverändert wahrnehmbar zu sein scheinen. Vielleicht bewirkt auch 2 die papillöse Epidermis der Blumenblätter im allgemeinen durch die Art ihrer Reflexion einen bestimmten besonderen Effekt im optischen oder physiologischen Apparat der Facettenaugen. Diese Möglichkeiten sind jedoch Gegenstand einer eigenen Untersuchung, die ich aus dem Rahmen ' der vorliegenden Arbeit ausgeschlossen habe. DB: Allgemeine Bemerkungen über das Farben- sehen des Bombylius fuliginosus und das der Honigbiene. Meine Versuche mit Bombylius fuliginosus haben ergeben, daß die Blumen durch optische Fernwirkung des von ihnen zurückgeworfenen Sonnenlichtes den für die Pollenübertragung tätigen Wollschweber an- locken. Der Duft spielt dabei keine Rolle. Damit ist ein wichtiger Teil der RS nach den Mitteln, mit welchen diese Insekten den Weg zu 1) Vgl. Exner, F. und E, Die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbungen. Sitz. Ber. d. Wiener Akad. d. Wissensch., math.-nat. Kl., Bd. CXIX (1910), Abt. I, S. 236; ferner Exner, F. Zur Charakteristik dar häßlichen und sehönen Farben, Wiener Akad. XCI (1902), Abt. ITa, S. 919. 114 Fritz Knoll. den Blumen finden, erledigt. Aber noch bleibt das für den Biologen immer gleich anziehende Thema: die Frage nach der ökologischen Be- deutung der Blumenfarben, zum Abschluß zu bringen. Gerade um diese Frage dreht sich heute der Streit. Heß hat durch seine zahl- reichen Arbeiten, die dem Lichtsinn der niederen Tiere gewidmet waren und sehr bemerkenswerte Ergebnisse gezeitigt hatten, der ganzen Be- handlung der Frage einen mächtigen Anstoß gegeben, zumal er durch seine Untersuchungen zu einem Ergebnisse kam, das den Auffassungen der meisten Biologen widersprach.. Wir müssen dabei eingestehen, daß diese Forscher der von Konrad Ohristian Sprengel aufgestellten und seither wenig veränderten Theorie von der ökologischen Bedeutung der Blumenfarben oft nur deshalb zustimmten, weil sie, wenn auch nicht genügend begründet, so doch bis heute noch nicht widerlegt schien und weil sich diese Auffassung bequem in die übrigen Anschauungen über die Wechselbeziehungen in der Natur einfügen ließ. Diese Theorie hatte seit ihrer Entstehung viel dazu beigetragen, daß unsere Kenntnisse über Blumen und Insekten vertieft wurden, sie hatte aber andererseits bei weniger kritisch veranlagten Forschern sehr viel unwissenschaftliche Arbeit hervorgebracht, die den Gang der Erkenntnisse weit mehr zurück- gehalten als gefördert hat. Heß gebührt das Verdienst, in diese An- gelegenheit neues wissenschaftliches Leben hineingebracht zu haben.!) Heß bezweifelt nicht, daß in vielen Fällen die Anlockung der die Blüten besuchenden Insekten auf optischem Wege, also durch optische Fern- wirkung der Blumen geschieht. Doch hält er es für unmöglich, den In- sekten ein dem menschlichen irgendwie vergleichbares Farbensehen zu- zusprechen, weil die nach seiner Meinung unerläßliche Grundlage, die Übereinstimmung mit den Helligkeitswerten beim Menschen nach seinen Versuchsergebnissen nicht vorhanden ist. Ich bin zur Überzeugung ge- langt, daß He ß den Begriff des Farbensehens viel zu eng nimmt. Es ist im wissenschaftlichen Denken nicht erforderlich, daß man nur dann von einem Farbensehen blütenbesuchender Insekten sprechen darf, wenn de- ren Lichtsinn in allen physiologischen Merkmalen mit dem des farben- tüchtigen Menschen übereinstimmt. Es stimmt ja auch zum Beispiel die Verdauung im Darmsystem einer Schmetterlingsraupe nicht in allen physiologischen Merkmalen mit der Verdauungstätigkeit des Menschen überein, und trotzdem sprechen wir in beiden Fällen mit‘ Recht von Verdauung. Dies gilt für die meisten Begriffe in der Physio- logie, denn ohne eine gewisse Plastizität und Weite in der Begriff- bildung wäre nie eine Ordnung in den wissenschaftlichen Gebieten zu- stande gekommen. Frisch hat wohl aus demselben Grunde in seiner !) In früherer Zeit hatten die Einwände von Bonnier, Plateau u.a. (vgl. darüber Frisch, K. v., Der Farbensinn und Formensinn der Biene) an- regend auf dieses Forköliindeghbiet gewirkt. Insekten und Blumen. 115 Erwiderung !) gegen Heß bemängelt, daß dieser nur ein Merkmal der totalen Farbenblindheit des Menschen im Lichtsinne der Insekten ge- funden hat (nämlich die Gleichheit der Verteilung der Helligkeiten) nie darauf gestützt, die Ansicht vertritt, daß dadurch die vollständi S Übereinstimmung zwischen dem Lichtäink der total farbenblinden Mi schen und dem der Insekten erwiesen sei. Zur Rechtfertigung gegen diesen Vorwurf sagt Heß in seiner letzten Arbeit,?) daß er durch seine Versuche nicht ein Merkmal der totalen Farbenblindheit, sondern deren unzählige gefunden hat. Damit ist aber die Diskussion zwischen Heß und Frisch zu einem Wortstreit geworden, der auf diesem Wege zu keinem Ziel führen kann. Wir tun also weiter gut daran, uns an die in den Versuchen ge- fundenen Tatsachen zu halten und hervorzuheben, daß auf Grund des ' unerläßlichen Vergleiches mit dem menschlichen Verhalten bei den Ver- suchen mit grauen und farbigen Objekten für die Honigbienen und Woll- schweber bis heute keine andere Möglichkeit gedacht werden kann, als daß diese Tiere bestimmte, uns farbig erscheinende Objekte von der verschieden grauen Umgebung auf Grund eines eigenen, wenn auchvondemdesMenschenvielfach verschiedenen Farbensehens herauszufinden vermögen. Statt des in den früheren Abschnitten dieser Arbeit verwendeten vorläufigen Ausdruckes „Farben- unterscheidungsvermögen‘ können wir also mit ausreichender Berechti- gung (mit der oben gemachten Einschränkung) den Ausdruck „Farben- sehen“ verwenden, solange nicht Tatsachen vorliegen, welche die Er- gebnisse der Bindung an die für uns gelben und ebenso an die: für uns blauen Objekte in befriedigender Weise anders erklären. Die Versuche, die Heß in seiner interessanten Arbeit über den Lichtsinn der Krebse °) gemacht hat, um mit Hilfe der Wirkung der für uns unsichtbaren kurz- welligen Lichtstrahlen die bisher als Farbensehen gedeuteten Erschei- nungen zu erklären, scheinen mir für den vorliegenden Zweck noch keine eindeutige Grundlage zu geben, wenn vielleicht auch später für gewisse Fälle in ihren Ergebnissen ein Schlüssel für das Verständnis des Farbensehens der Insekten gefunden werden könnte. Die dargelegte Auffassung, daß das Farbensehen der Honigbienen und Wollschweber nicht notwendig unmittelbar mit den bei den Men- schen vorkommenden. Typen des Farbensehens übereinstimmen muß, bekommt eine Stütze durch die phylogenetische Spekulation. Wir haben in den Honigbienen ebenso wie in den Wollschwebern die an den Blumen- 1) Frisch, K. v., Zur Streitfrage nach dem Farbensinne der Bienen, Biol. Zentralblatt 1919, Bd. 39, S. 1231. ®) Heß, ©. v., Beiträge zur Kenntnis des ken bei Wirbellosen. Pflü- gers Archiv 1920, Bd. 183, S. 167, Anm. 3) Pflügers Archiv 1919, Bd. 174, 8. 2731. 116 Fritz Knoll. besuch am weitesten angepaßten Gattungen ihrer Familien vor uns. Andererseits aber ist bei den „tiefer‘‘ stehenden Gattungen ihrer Ver- wandtschaft eine so gut arbeitende optische Fernorientierung nach den Blumen nicht vorhanden und bei jenen Tieren, die wir als die am wenig- sten veränderten Nachkommen ihrer gemeinsamen Vorfahren ansehen, überhaupt nicht erkennbar. Wir dürfen daher annehmen, daß das Farbensehen der Insekten und das der Wirbeltiere seit deren Abzweigung von den gemeinsamen Vor- fahren sich unabhängig voneinander auf Grund einer für beide selbständigen Entwicklung der Sinnesorgane und des dazugehörigen. Nerven- systems ausgebildet hat. Wenn wir dazu noch den Bau des Empfangsapparates (Sinnesorgan) und den des dazugehörigen Zentralorgans der Insekten und der Wirbeltiere vergleichend be- trachten, so wird sich in uns noch mehr die Auffassung festigen, daß so verschieden gebauten Organen auch eine teilweise voneinander verschiedene Ausbildung physiolo- gisch gleicher Funktionen zukommen muß. | = Somitkannein Teil’der vonK. Chr. Sprenger »ne> gründeten Lehre von der ökologischen Bedeutung derBlumenfarbenohneAnstandauchindieheutige Blütenbiologie hinübergenommen werden. Als Ein- schränkung muß jedoch dabei hervorgehoben werden, daß die bis- her genauer untersuchten Insekten: die Honigbienen und die Woll- schweber, hinsichtlich der von uns als rein rot und blaugrüän be zeichneten Objekte eine andere optische Empfindung besitzen dürften und daß diese beiden Farbengruppen keine anlockende Wirkung auf solehe Tiere beim Nahrungsuchen auszuüben ver- mögen. Jedenfalls ist aber die Frage nach der Art des Farbensehens der Insekten und die der ökologischen Bedeutung der Einzelheiten in den Blumenfarben und Blumenzeichnungen heute noch nichtendgültig entschieden. Die vorliegende Arbeit bringt jedoch neue Beobachtungs- tatsachen, die dazu beitragen werden, diese Angelegenheit der Ent- scheidung näherzubringen. Tafel-Erklärung. Tafel 1. (Farbige Bilder.) . 1. Blütenstand von Muscari racemosum (L.) Lam. et’ DU. $ der nat. Größe. 2. Verblühter Blütenstand derselben Art mit heranwachsenden Früchten. ; der nat. Größe. 3. Abnorm lockerer Blütenstand (oberes Ende) von Muscari comosum (L..) Mill., der dadurch besonders deutlich den Aufbau des sterilen Endschopfes erkennen läßt. $ der nat. Größe. Blüte von Cerastium litigiosum de Lens. 7 der nat. Größe. Blüte von Ornithogalum umbellatum L. 5 der nat. Größe. Stück des Blütenstandes von T’hlaspi praecox Wulf. % der nat. Größe. Eine Blüte von Z’hlaspi praecox Wulf. ! der nat. Größe. Blüte von Aethionema saxatile (L.) R. Br. ? der nat. Größe. Farbiges Sproßende des Blütenstandes von Salvia horminum L. (Varietät mit rosenroten Hochblättern.) $ der nat. Größe. 10. Eine Blüte derselben Pflanze. $ der nat. Größe. 11. Blüte von Cynoglossum officinale L. ‘X der nat. Größe. 12. Blüte von Veronica Jacqwinii Baumg. } der nat. Größe. samsen Tafel 2. (Farbige Bilder.) 1. Blüte von Geranium purpureum Vill. “° der nat. Größe. 3. Blüte von Geranium molle L. } der nat. Größe. 3. Blüte von Geranium columbinum L. 3 der nat. Größe. (unausgebleicht) von T’hymus longieaulis Presl. * der nat. Größe. Blüte von Vicia dasycarpa Teen. 3 der nat. Größe. von Vieis cordata Wulf. }° der nat. Größe. von Lotus corniculatus L. 4 der nat. Größe. Blüte von Lathyrus aphaca L. 7 der nat. Größe. Blüte von Lathyrus sphaericus Retz. 3 der nat. Größe. Blüte von Bunias erucago L. 7 der nat. Größe. . Papiernachbildung für den Bunias -Versuch (vgl.8.102). %der nat. Größe. ernme» IE EESS en ni * 118 Fritz Knoll. „ 12. Blumenblatt von Papaver rhocas L. 3 der nat. Größe, „ 13. Blüte von Punica granatum L. 3 de nat. Größe. „ 14. Blüte von Helianthemum obscurum Pers. % der nat. Größe. „ 15. Blumenblatt von Cistus salvifolius L. $ der nat. Größe. „ 16. Blumenblatt von Cistus villosus L. 3 der nat. Größe. Tafel 3. (Lichtbilder.) ‚Bild 1, 2 und 3. .Bombylius fuliginosus, an Blüten des Muscari racemosum saugend, von verschiedenen Seiten gesehen. Die Blütenstände steckten mit ihren Stielen in Wassergläschen. (Etwas vergrößert.) } » 4. Anflug eines Bombylius füliginosus gegen das obere Ende einer Blüten- | traube von Muscari racemosum. 5. Anflug eines Bombylius fuliginosus auf den sterilen Blütenschopf® von i Muscari comosum. (Vgl. Stereobild 1 der Tafel 4.) | Ben „ 6. Vegetation des für die Versuche mit der Windmethode verwendeten Platzes: am rechten Rande blühendes Muscari racemosum, sonst Blätter von Psoralea bituminosa, Hippocrepis comosa, Geranium molle, Cynoglossum officinale und Gramineen; dazwischen gelegt Rechtecke blauvioletten Papiers, das untere von einem Bombylius fuliginosus beflogen, der sich bereits dem nächsten blauvioletten Rechtecke zuwendet. zahlreiche blühende Pflanzen von Muscari racemosum, die von Bom- SW eg durch die Macchia des Küstenkarstes. Am rechten Wegrande wuchsen Be bylius fuliginosus dort sehr stark besucht wurden. An einen Stein angelehnt die Grautafel des Versuches vom 23. April, deren Wirkung auf das Tier in Stereobild 3 der Tafel 5 und in denen der Tafel 6 zu sehen ist. Tafel 4. (Stereobilder.) Bild 1. Flug des Bombylius fuliginosus von einem sterilen Blütenschopf von Muscari comosum zu einem benachbarten, wobei die Honigblüten ° nicht beachtet wurden, (Vgl. Figur 21, Seite 99.) 2. Ein von Muscari racemosum kommender Bombylius fuliginosus beim Anflug auf ein blauviolettes, auf einem Stein liegendes Stückchen Papier. (An der linken Ecke des Papierstückchens ist der Schlag- schatten des Tieres sichtbar.) 3. Ein von Muscari racemosum kommender Bombylius fuliginosus beim Anflug auf einen aus demselben blauvioletten Papier hergestellten Zylinder, der dem Tier auf einem Stäbchen dargeboten wurde. n een mn & Ss el 5 3 ierobider) : Pe, & der Glnsrö Irchenmethode, bei Blitenständen von Miuscari . _ kommend, befliegt Bei mit. einem Glasrö che ae stand dieser Art. in au Bey Weise wie einen offenstehenden. Tafel ( = ri) : = ug auf das blauviolette Quadrat. innerhalb: = Graniehliienng: des ni April. (Vgl. Testigur 16, '& a Die Rn war | hes unverändert geblieben. “> : Knoll: Insekten und Blumen. Tafel- 1 Gemalt vom Verfasser. Abhandl. d. Zool.-bot. Gesellschaft, Band XI. Druck von Friedrich Jasper in Wien. Knoll: Insekten und Blumen. Tafel 2. Gemalt vom Verfasser. Abhandl. d. Zool.-bot. Gesellschaft, Band XII. Druck von Friedrich Jasper in Wien. Knoll: Insekten und Blumen. Abhandl. d. Zool.-bot.-Gesellschaft, Band XII. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Knoll: Insekten und Blumen, Tafel 4. Abhandl. d. Zool.-bot.-Gesellschaft, Band XII. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien Knoll; Insekten und Blumen. Abhandl. d. Zool.-bot.-Gesellschalt, Band XII. Lichtdruck v Max Jalfle, Wien. HN Sr Knoll: Insekten und Blumen, Tafel 6, Abhandl. d. Zool.-bot.-Gesellschaft, Band XH. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien & Knoll; Insekten und Blumen, | Tafel 6, Abhandl. d. Zool.-bot.-Gesellschaft, Band X. Lichtdruck v. Max Jaffe, Wien ABHANDLUNGEN DER ZOOL-BOTAN. GESELLSCHAFT IN WIEN. BAND XI, HEFT 2. HERAUSGEGEBEN MIT UNTERSTÜTZUNG DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR INNERES UND UNTERRICHT. _INSEKTEN unp BLUMEN EXPERIMENTELLE ARBEITEN ZUR VERTIEFUNG UNSERER KENNTNISSE ÜBER DIE WECHSELBEZIEHUNGEN ZWISCHEN PFLANZEN UND TIEREN VON IP» EBLTAKNOLL A. O. PROFESSOR UND ASSISTENT AM BOTANISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT WIEN. HEFT 2: III. LICHTSINN UND BLEUMENBESUCH DES FALTERS VON MACROGLOSSUM STELLATARUM. (MIT 3 TAFELN, 38 TEXTFIGUREN UND 4 PAPIERPROBEN.) (GEDRUCKT MIT EINEM DRUCKKOSTENBEITRAGE VON DR. J ERÖME UND MARGARETE STONBOROUGH.) WIEN, 1922. VERLAG DER ZOOL.-BOTAN. GESELLSCHAFT. ki FR =? A it 411, LICHTSINN UND BLUM N NBESUCH DES FALTERS VON MACROGLOSSUM STELLATARUM. (Mit 3 Tafeln, 38 Textfiguren unc 1 4 Papierproben.) 123 Inhaltsübersicht. Seite ne Beobachtungen über die Hibencweies von Macroglossum stellatarum als Grundlage meiner Versuche . ......2..18 ee eorphose : . . ,....... 0, N er ag a 000 wre en 0... 000 Schlaf und Dunkeltlug . . . . ee er Nahrungsaufnahme und Rüsseltätigkeit BE er a Der Nahrungstrieb des Falters. Stimmungsänderungen. TE ER: Individuelle Verschiedenheiten . . . . ee eenlsss..oe 108 Winterschlaf und Nahrungsflüge im Freien. ih ER 139 Der Flug des Taubenschwanzes in menschliche Wobanugen und. sein Be ner en ze: rsuche über den Lichtsinn des Falters von Macroglossum stellatarum 149 I. Die Verwertung des Dunkelfluges für verschiedene Versuche. . . . 149 1. Dunkle Flächen verschiedener Gestalt, Größe und Helligkeit in ihrer Wirkung auf die Herbstfalter von Macroglossum stellatarum . 149 2. Der Nachweis des Helligkeitskontrastes farbloser Flächen ...... 165 3. Die Ermittlung der Helligkeit farbiger Flächen durch frei fliegende a > a a. Die Kennzeichen der Dunkeltlüge. im Weich zu den anderen er a. 2 De Dnzehrährung Ger Versuche... .........02.. 1A EEE PREREEE IE EN nee es: 128 B. Versuche mit Hering-Farbpapieren . ..:........123 BEE WE Ban NE TI... 2er. Mb BERWarz una Blau Nr. und 18... . 2... 2.19 ea et) en ee Prüfung anderer Farbpapierpaare. ... . RT 4. Der Nachweis des Helligkeitskontrastes bei gen Flächen es 5. Versuche zur Feststellung der Helligkeit einiger natürlicher Objekte aus dem Lebensbereich des Taubenschwanzes. . . . 190 a. Versuche mit Laubblättern und Blumenkronen von Tasks 3 a a , b. Versuche mit Laubblättern und Blumenblättern von Rasen 192 c. Versuche mit Zungenblüten von Zinnia . .. .:. 2... ..19 d. Versuche mit grünem Laub und mit vergilbtem. ........19 e. Versuche mit Flügeln von Macroglossum stellatarum . . . 193 6. Zusammenfassender Rückblick auf die Wahrnehmung der Helligkeit a aurch den Laubenschwanz. ....... 2.2.0.2... .19 . I. Der Nahrungstrieb von Macroglossum stellatarum und seine Verwertung . für die Untersuchung des Farbensehens. ... . . ae AD ‚1. Vorbereitungen zu Versuchen mit frei im Zimmer fliegenden Tieren 196 2. Das Benehmen des Taubenschwanzes an Linaria-Blütenständen im EEE ee: a. Die Beschaffenheit der Blüte von Is vulgaris Mill... . 198 b. Die Annäherung des Falters an die Blüte und das Einführen I ER ee ee tee re c. Die Nektarentnahme bei mehrspornigen Blüten...» 2»... 205 124 Fritz Knoll. Seite d. Die Dauer des Saugakt . 32.,..2: 37. rau nn 205 e. Die Bedeutung des Saftmals für den Blütenbesuch . . ... . 207 f. Die Bedeutungslosigkeit der Formabweichungen für die optische Fernwirkung der Linaria-Blüten . . . . . ... 2.2... 211 9. Die Ausschaltung der Duftwirkung der Blüten im Versuch . . 212. h. Die Darbietung von Blüten in verschieden heller Umgebung. . 213 i. Die Prüfung des Zuckerwassers auf eine von ihm allenfalls aus- gehende chemische Fernwirkung (Duft). . . 2.2.2... . 214 k. Die Stetigkeit im Besuche bestimmter Blüten. . ....... 215 I. Der. Grautafelversuch .. ..... ». „2. , 0. 0 0753 216 8. Die Rüsselspurenmethode:. . ... : ..., 2... 0.00 2275 217 4. Versuche mit farbigen Lösungen zur Prüfung des Farbenunterschei- dungsvermögens. » . ..0 2.220 2 0 sm 219 5. Die Methode der Versuche mit farbigen Futtergefäßen aus wachs- getränktem Papier. . .........., 2.02 20000 237 a. Art und Herstellung der Futtergefäße (Futterblumen). . . . . 237 b. Die Flogkasten. ..... ...., ee 241 c. Einige Behelfe zu den Versuchen mit Futterblumen. ..... 243 6. Das Ergebnis der Versuche mit farbigen Futtergefäßen . ..... 244 a. Das Verhalten des Falters gegenüber grünen Objekten. . . . 244 b. Untersuchung der verschiedenen Bindungsmöglichkeiten. . . . 261 Versuche mit violetten und gelben Futterblumen . . . . 262 Versuche mit gelben und grauen Futterblumen ..... 267 Versuche mit violetten und grauen Futterblumen . . . . 268 Der Besuch weißer Futterblumen. .... 2.2. 2...s. 271 Der. Besuch schwarzer Futterblumen. .......... 272 Die Fütterung mittels grauer Futterblumen. ....... 273 Satte und ungesättigte Farben ..». ... „2.0.0002 273 c. Der Graugleichungsversuch als Hauptversuch. . . .. 2... 279 c@. Hering-Blau Nr. 13 und das ihm entsprechende Grau . . 279 ß. Hering-Gelb Nr. 4 und das ihm entsprechende Grau. . . 286 d. Versuche mit Blau und Schwerstflintglas .. .. 2.2 2.2... 287 e. Blaue Blumen in gelber Beleuchtung (Komplementärfarben) . . 290 7. Versuche mit spektralen Liehtern . ,. 2». ... oo. 293 8. Flugkastenversuche über die Bindungsmöglichkeiten bei natürlichen Blumen. „00.040 00 ne a 301 9. Blumenblätter in ihrer optischen Ähnlichkeit mit farbigen Papieren und den von mir verfertigten Futtergefäßen . . »..... 310 10. Die Unterscheidung der Farben verschiedener Schmetterlingsflügel durch den Taubenschwanz, . . . . 2.0.0... 0000, 314 11. Saftmale und Blütenzeichnungen ,. . . .,» 2.2... 20.0.0000 318 12. Untere und obere Grenze der Größe besuchter Blumen . ..... 329 13. Die Wirkung verschieden hellen Hintergrundes auf den Blütenbesuch 336 III. Versuche mit frisch geschlüpften Faltern ‚,..........,.5, 339 IV. Das Benehmen der weiblichen Falter in der Zeit der Eiablage. ..... 342 V. Blumenhesuch und Blümendaft .. .... „v2. su 2... u 350 1. Duftversuche mit Charazxes jasius . » » - 2. 2220. a 35l 2. Duftversuche mit Macroglossum stellatarum . . » 2» 2 2 2.0. 360 C. Kritik der Versuche von Feölix Plateau. . „2, 2... Bee: D. Bemerkungen über andere Schmetterlinge . ...... 2.2.2... 367 E. Zusammenfassung ... u. 20 we 369 Tafelerkläruig . . . . „2. 2. 0. 2a, oa 376 | Der Besuch der Blumen durch die Schmetterlinge war seit jeher den Menschen aufgefallen. Er wurde ihnen vielfach Sinnbild und künst- _ lerisches Motiv und schließlich hat sich die Naturwissenschaft mit dieser Tatsache beschäftigt und auch hier die Frage gestellt: Welche Bedeutung haben die Schmetterlinge im Leben der Pflanzen und wie finden diese Insekten den Weg zu den Blumen? Der erste Teil dieser Frage, also ihre ökologische Seite, ist längst ausreichend beantwortet worden, doch blieb noch immer der zweite unerledigt, also der physiologische Teil: Wodurch werden die Schmetterlinge zuden Blumen gelenkt? Der Beantwortung dieser Frage sollen nun die folgenden Ausführungen dienen. Unter den Schmetterlingen stehen in der Sicherheit und Schnellig- keit des Fluges die Schwärmer (Sphingidae) an erster Stelle. Sie besitzen einen langen Saugrüssel, der nur die Aufnahme bestimmter flüssiger Nahrung gestattet. Der Geschmacksinn dieser Tiere ist so ge- artet, daß nur zuckerhältige Säfte durch Vermittlung des Rüssels in aus- reichender Menge in die Verdauungsorgane des Falters hineingelangen können. Andere Falterarten pflegen solche der Ernährung dienende Flüssigkeiten auch aus Früchten oder aus dem Safte mancher Baum- rinden zu entnehmen. Die Schwärmer holen sich jedoch ihre Zuckersäfte stets aus Blüten, sie sind strenge an den Besuch von Blumen mit reich- lichem, dünnflüssigem Nektar angepaßt. Gerade so wie bei Bombylius fuliginosus die Verbindung von größter Flugsicherheit und äußerster Anpassung an den Blumenbesuch die Grund- lage meiner Untersuchungen über die sinnesphysiologischen Beziehungen der Wollschweber zu den Blumen bildete, so war es die gleiche Tat- sachengruppe bei den Schwärmern, welche mich bewog, auch diese nach ähnlichen Methoden zu studieren. Doch führen die Falter der meisten Schwärmerarten nur gegen Abend in der Dämmerung oder in der Zeit des Morgengrauens, manchmal auch in hellen Nächten ihre Blumen- besuche aus. ‚Bei einer für unser Sehvermögen so schlechten Beleuchtung wie jene, die gerade diese Schmetterlinge lieben, bietet die Anstellung brauchbarer Versuche große Schwierigkeiten und für viele Zwecke sind solche Tiere überhaupt unverwendbar. Im Gegensatz zu diesen im Halb- dunkel fliegenden Faltern sind die Arten der Gattung Macroglossum Tagschwärmer. Unter ihnen ist besonders M. stellatarum L., der Taubenschwanz (Fig. 24, S. 126), als eifriger Blumenbesucher sehr bekannt, zumal er nur bei Tag und auch im hellsten 126 Fritz Knoll. Sonnenschein zu fliegen und aus den Blumen Nektar zu saugen pflegt.') Ein solches für Beobachtungen im Freien sehr günstiges Verhalten reicht aber noch nicht aus, diese Art zu einem brauch- baren Versuchsobjekt zu machen. Vorbedingung ist noch, daß die Falter in ge- nügender Menge auftreten, denn nur dann wird eine größere Anzahl von Beob- achtungen im Freien mög- lich. Die Häufigkeit dieses Schmetterlings ist jedoch in Mitteleuropa gewöhnlich nicht so groß, daß man in entsprechend kurzer Zeit ausreichende Ergebnisse erzielen könnte. Dagegen tritt M. stellatarum im Sü- den vielfach in sehr großer Zahl auf. In Kleinasien ist Fig. 24. Falter von Macroglossum stellatarum mit jo nach Zeller der 5° ausgebreiteten Flügeln und vorgestrecktem Rüssel, Meinste Schmetterling.) in der Ansicht von oben. Etwas vergrößert (?/).. Aber auch in Süddalmatien, wo ich mich einige Jahre lang aufgehalten habe, ist der Taubenschwanz sehr häufig, so daß es mir leicht war, ihn durch zahlreiche Beobachtungen im Freien genau kennen zu lernen. Überdies hat der Taubenschwanz noch eine andere überaus wert- volle Eigenschaft: er erträgt beigeeigneter Pflegelange Zeit ohne erkennbaren Schaden die Gefangen- schaft, in der er sich unter passenden Bedingungen viel besser als im Freien zu Beobachtungen und besonderszu Versuchen ver- wenden läßt. | Obwohl der Taubenschwanz, wie sich bei meinen Untersuchungen herausstellte, ein geradezu mustergültiges Versuchs- tier darstellt, hat sich doch nur Felix Plateau eingehend mit ihm beschäftigt und mit wissenschaftlicher Absicht zahlreiche Versuche im Freien angestellt. Die Erfolge (oder besser gesagt Mißerfolge) seiner vielen Bemühungen hat er in der Arbeit „Le Maceroglosse, ob- 1) Eine ausführliche Zusammenstellung alles dessen, was im Jahre 1904 über Macroglossum stellatarum bekannt war, findet man bei Tutt, J. W., A natural history of the British Lepidoptera, vol. IV (London und Berlin 1904), S. 4 bis 36, unter der Artbezeichnung Sesia stellatarum Linne. 7 Vgl, Tut 22.0, 5 35 Insekten und Blumen. 127 servations et experiences“ zusammengefaßt.) Er hat Ver- suche mit farbigen Papieren und gefärbten Stoffstücken verschiedener Größe ausgeführt, er stellte große Schirme (Tafeln), die mit bunt ge- blümten Tapeten versehen waren, in seine Versuchslandschaft hinein, er verwendete künstliche Blumen aus Stoff in der Nachbarschaft von natürlichen und studierte schließlich auch das Verhalten des Tauben- schwanzes an den farbigen Hochblättern von Salvia horminum: all dies ‚Ohne verwertbaren Erfolg. Wie ich aus meinen eigenen Versuchen weiß, _ waren die von Plateau angewandten Versuchsmethoden unbrauch- bar.?) Allein auch mit brauchbaren Methoden lassen sich bei Macro- alossum im Freien nicht leicht Versuche mit guten Ergebnissen erzielen. Ich konnte zwar ebenso wie bei Bombylius auch bei Macroglossum mit Hilfe der Windmethode°) nachweisen, daß die Fernorientierung dieses Schwärmers keine chemische, sondern eine optische ist, doch sah ich bald, daß man Einzelheiten über diese optischen Wirkungen im Freien nicht feststellen kann. Dagegen zeigten die Falter, die ich im Zimmer fliegen ließ, daß sie sich in dieser eingeengten Umwelt sehr gut zu Ver- - suchen verschiedenster Art eignen und daß man mit passenden Methoden ‚hier sogar Aufschlüsse über die feinsten Einzelheiten der Erscheinungen wird erwarten dürfen. Meine Hoffnungen haben sich in weitestem Aus- _ maß erfüllt: M. stellatarum ist unter meinen Händen sozusagen zu einem wissenschaftlichen Haustier geworden. Dieselbe Frage, die ich bei Bombylius fuliginosus stellte, war auch bei Macroglossum stellatarum der Ursprung meiner Bemühungen: Wir- ken die Blumenfarbenalssolche anlockend aufdie nahrungsbedürftigen Falter von M. stellatarum oder sind es andere, von den Blumen ausgehende Wirkungen, die dem Fluge dieser Tiere die Rich- tung zu den Blüten geben? Und auch hier war die Grund- lage meiner Methode die scharfe Auseinanderhaltung der optischen und chemischen Wirkung. Das Gleiche, was ich bei Bombylius fuliginosus darüber sagte (S. 21), gilt für den Tauben- schwanz. Ich habe auch bei diesen Untersuchungen zu meinem Versuchs- ie Memoires de la Soeiete entomologique de Belgique, t.XH, S. 141 bis 180. 2?) Plateau führt seine Mißerfolge hauptsächlich auf ungünstige äußere Umstände zurück. Auch zweifelt er teilweise selbst an der Brauchbarkeit seiner Versuchsmethoden: „Il se peut, il est möme probable, que plusieurs de mes essais soient defeetueux; je crois cependant qu’il est impossible que tout, dans cet ensemble d’observations et d’experiences, poursuivi durant cing et6s successifs, soit absolument mauvais.“ Nach meiner Meinung sind jedoch leider alle die mühe- vollen und zeitraubenden Versuche, die Plateau mit Macroglossum angestellt hat, vergebens gewesen. Darüber wird in einem eigenen Abschnitt der vorliegenden Arbeit noch ausführlich gesprochen werden. ?) Vgl. darüber S. 45 die für Bombylius fuliginosus gemachten Angaben. Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 10 128 Fritz Knoll. tier eine Hauptversuchspflanze, und zwar Linaria vulgaris Mill, ausgewählt, da an ihren Blüten neben allgemeinen ironschalfer auch der Wert des „Saftmals“ geprüft werden konnte. A. Eigene Beobachtungen über die Lebensweise von Macroglossum stellatarum als Grundlage meiner Versuche. Bevor ich auf die Fragen eingehe, zu deren Beantwortung Macro- glossum stellatarum im Falterzustand herangezogen werden kann, soll dessen Lebensweise soweit geschildert werden, als es zum Verständnis und zur Kritik der in den späteren Abschnitten beschriebenen Versuche notwendig ist. | | Bei der Durchsicht der Literatur über tierphysiologische Probleme sieht man immer wieder, daß die Experimentatoren in den meisten Fällen viei zu wenig von den allgemeinen Eigenschaften ihrer Versuchstiere wußten. Es sollte doch immer einem jeden Tierversuch das Studium dei Lebensgewohnheiten des Versuchstieres vorausgehen. Denn wie soll man außergewöhnliche Reaktionen zu brauchbaren Schlüssen verwenden können, wenn man nicht einmal mit den gewöhnlichen Reaktionen des Versuchsobjektes in allen ihren Einzelheiten ausreichend vertraut ist! (reradeso, wie ich es in meiner Arbeit über Bombylius fuliginosus getan habe, soll deshalb der Leser auch hinsichtlich Macroglossum stellatarum mit den allgemeinen Lebensgewohnheiten eingehend bekannt gemacht werden. Der erste Teil meiner Untersuchungen über den Taubenschwanz wurde in Süddalmatien (Halbinsel Lustica, Bucht von Cattaro) ausgeführt. Dort ist M. stellatarum in viel größerer Individuenzahl zu finden als in Mitteleuropa. Durch diese besondere Häufigkeit waren mir auch zahlreiche Untersuchungen möglich, die bei geringerer Menge von Tieren unausführbar gewesen wären. Im Frühjahr und Sommer fällt die Häufigkeit auch in dieser Gegend nicht so sehr auf, dagegen kamen die Falter im Herbst täglich in großer Zahl durch offenstehende Fenster in die Häuser hineingeflogen, so daß ich in dieser Jahreszeit stets über sehr zahlreiche Versuchstiere verfügen konnte. Die späteren Untersuchungen habe ich in Graz und Wien angestellt. Eiablage und Metamorphose. Die Raupen des Taubenschwanzes habe ich in Süddalmatien an den Blättern von Galium lucidum All. und firmum Tausch angetroffen. Auch gelang es mir, im Monat September ein Macroglossum beim Eier- Insekten und Blumen. 129 legen zu verfolgen. Auf einer abgeholzten Blöße innerhalb der Maechia, umrahmt von großen für die aschkömmenden Zuckerwassermengen Bias, macht, ifte- in sich aufzunehmen. Das islangen von cken n verursacht ihm schon Schwierigkeiten. Bei sehr dicken n versucht das Tier wohl längere Zeit, sich den Zucker anzu- aber es führt dieses Bemühen zu keinem günstigen Ergebnis. Es ıs Einsaugen diekflüssiger Lösungen durch die Überwindung Ben Reibungswiderstandes in der engen Kapilare des Rüsselkanals zu rasch ermüden. Aber das Geschmacksorgan des Tieres wird auch durch dieke Lösungen noch so gereizt, daß längere Saug- L a wirft dadureh de größten Teil des Zuckerpulvers aus uk heraus, ohne daß es etwas Zucker in sich aufnehmen konnte. er 2 Br nur 1—2 Sekunden und das Tier wendet sich gleich Pet unterscheiden sich unsere Schwärmer von anderen 2 Be z. B. von den Eulen (Noctuidae). Letztere pflegen den ‘dann aus Blüten zu entnehmen, wenn er bei freiliegenden t ah gering ist. so pflegt z. B. die Gamma-Eule (Plusia Gamma L.) ch auf eine Blume zu setzen, streckt den Rüssel aus, betastet mit ın von innen her befeuchtetem Ende verschiedene Teile, bis der Ge- i cksinn ihr das Vorhandensein von Zueker bekanntgibt, worauf dem Rüssel größere Mengen von Flüssigkeit („Speichel“) austreten, ; den Zueker stark verdünnen. Der nun mit Zucker angereicherte 136 Fritz Knoll. Tropfen wird dann wieder mit dem Rüssel eingesogen. Auf diesem etwas langwierigen Wege vermag eine Gamma-Eule aus im einzelnen ganz geringfügigen, über weitläufige Teile sich erstreckenden Zuckermengen durch solches Abspülen doch schließlich beträchtliche Mengen von Zucker zu erhalten.”) Auch aus der Rüsselspitze des Taubenschwanzes tritt beim Aufsetzen auf ein passendes Objekt Flüssigkeit heraus, doch nur in so geringfügiger Menge, daß sie entsprechend dem ganzen Gebaren des Tieres bei den raschen Blütenbesuchen nicht zum Abwaschen von Zucker- quellen verwendet werden kann. Dieser spärliche, oft kaum nachweis- bare Austritt von Flüssigkeit ist beim Falter von Macroglossum nur als der letzte Ausdruck einer anderen Schmetterlingen oft in einem höheren Ausmaß zukommenden Fähigkeit der Vorbereitung des Futters zur Auf- nahme in den Körper aufzufassen. Die gleiche Erscheinung ist auch bei anderen saugenden Insekten verbreitet, z. B. bei der Stubenfliege (Musca domestica L., vgl. S. 21). Der vorgestreckte Rüssel ist nicht völlig gerade, sondern er zeigt annähernd in seiner Mitte, aber etwas näher dem Munde, eine deutliche Kniekung, welche in der besonderen Beschaffenheit der Chitinteile des Rüssels an dieser Stelle begründet ist. Die in der wissenschaftlichen Literatur vorhandenen Abbildungen saugender Schwärmer sind in dieser Hinsicht meistens unrichtig. Eine richtige Vorstellung von der Rüssel- haltung geben die auf Tafel 8 wiedergegebenen Lichtbilder saugender Falter. Der Nahrungstrieb des Falters. Stimmungsänderungen. Von Zeit zu Zeit stellt sich bei den Faltern ein physiologischer Zustand (Stimmung) ein, welcher die Flüge so regelt, daß sie zur Auf- nahme von Nahrung führen. Man kann in diesem Sinne von einem Nahrungstrieb oder Futtertrieb des Schwärmers sprechen. Ich will im folgenden solche Flüge, bei denen bestimmte optische Reize imstande sind, sogleich das Entrollen des Rüssels auszulösen, in diesem Zusammenhang kurz als Nahrungsflüge oder Futterflüge bezeichnen. Dabei sei aber besonders hervorgehoben, daß diese Nahrungsflüge zu- nächst nicht gerichtet (gezielt) zu sein brauchen. Sie können zuerst den Charakter des „Suchens‘“ besitzen, also durch unregelmäßige Schleifen und Biegungen gekennzeichnet sein, die aber trotzdem bis zu einem gewissen Grade irgendeine Beziehung zur Lichtrichtung haben können. Diese Flüge werden jedoch sogleich gerade gerichtet, sobald der das Ent- rollen des Rüssels auslösende optische Reiz als „Objekt“ im Gesichtsfeld ‘) Über den Austritt des Speichels aus dem Schmetterlingsrüssel siehe W. Biedermann, Die Aufnahme, Verarbeitung und Assimi- lationder Nahrung (in Winterstein, Handbuch der vergl. Physiologie, Bd. II, 1. Hälfte), S. 817. Insekten und Blumen. 137 es Falters erscheint. Wenn das „hungrige“ Tier dann am Ziel ange- angt ist und eine bestimmte Nahrungsmenge in sich aufgenommen hat, rt die Wirkung dieses Reizes auf, das Tier ist „satt‘“ geworden. Der- optische Reiz kann aber auch vor dem Sattsein wirkungslos werden, ı der physiologische Gesamtzustand des Tieres sich allmählich oder ch ändert. Selbst wenn ein Tier schon längere Zeit keine Nahrung h genommen hat, kann doch unter sonst erfolgreichen Umständen sselreaktion unterbleiben, wenn der Falter während des Futter- lötzlich durch rasche Annäherung eines für ihn deutlich sicht- Gegenstandes oder durch eine andere optisch wahrnehmbare ; Veränderung in seiner Umgebung „erschreckt‘“ wird. Sofort wird griehtung geändert („Flucht“reaktion) und der Anflug auf das und die Rüsselreaktion bleibt aus. Es tritt aber meistens bald gung“ ein und das Tier reagiert wieder auf bestimmte Objekte Anflüge mit vorgestrecktem Rüssel. Doch können auch noch Faktoren dabei eine hemmende Rolle spielen. So fliegen Tiere, im Herbst unmittelbar vor dem Aufsuchen des Winterschlafes ebenso wie Tiere, die aus diesem eben erweckt wurden und nachweisbar lange Zeit kein Futter zu sich genommen hatten, oft ı gänzlichen Ermüden recht lebhaft herum, ohne daß durch den : solcher Objekte, die sonst stets die Rüsselreaktion auslösen, der eb zur Auswirkung gebracht wird. Es können aber trotzdem einem und demselben Tier die Futterflüge mit den Dunkelflügen mittelbar abwechseln. Manchmal kann z. B. ein Tier, das eben an Objekten gesaugt hatte, aber hernach dureh den Dunkeltrieb zum zen auf einem dunklen Gegenstand gebracht wurde, sich so- ader denselben farbigen Objekten zur Fortsetzung der Saugtätig- ıwenden, wenn man es rasch von seinem Ruheplatz aufscheucht.‘) Wenn ein Tier durch Belichtung erwacht, wendet es sich zuerst end, dann fliegend der Lichtquelle zu. Aber bald ändert es diese ichtung, es beginnt unregelmäßige Flüge auszuführen, fliegt dabei vom Lichte weg und diese Flüge sind es vor allem, welche zu An- mit darauffolgendem Saugen führen. Der Taubenschwanz hat die ınheit, bei einseitiger Beleuchtung die Blumen und andere farbige te zunächst von der Lichtseite her zu besuchen. Er ; sich also jener Seite des Objektes, die das meiste Licht ihm ent- anstrahlt. Auch während des Saugens wird unter diesen Umständen t jene Stellung eingehalten, bei der der Rücken des Tieres der Lieht- 4) Die verschiedenen physiologischen Faktoren, die mit der Futteraufnahme es Falters zusammenhängen, bedürfen sehr einer eingehenden experimentellen U ıtersuchung. Die hier von mir soeben gebrachten Darlegungen und Bezeichnungen ollen deshalb nur eine vorläufige Ordnung in diese recht verwickelten Er- scheinungen bringen und die Schilderung der Versuche in den späteren Abschnitten erleichtern. | 138 Fritz Knoll. quelle zugewendet bleibt. An Geländeteilen, wo stets ein einseitiger Licht- einfall vorhanden ist, z. B. an Abhängen von Bodenerhebungen und an Waldrändern, Kommt diesem Triebe der Taubenschwänze ein Trieb der Pflanzen helfend entgegen: der positive Heliotropismus der Blütenstiele oder sonstiger mit der Blüte verbundener Achsenteile, der an solchen Standorten bei zahlreichen Gewächsen deren Blüten dem Lichte zuwendet. Von den Nahrungsflügen des Macroglossum stellatarum wird später in ausgedehntem Maße gesprochen werden. Hier sei bloß darauf hin- gewiesen, daß bei vorhandenem Futtertrieb die Rüsselreaktion nur durch optische Mittel ausgelöst werden kann. Andere des Futters ebenso be- dürftige Schmetterlinge verhalten sich aber nicht so. Bei zahlreichen Tag- faltern und auch bei Faltern verschiedener anderer Familien kann das Vorstrecken des Rüssels auch durch chemische Mittel (Dämpfe von be- stimmten Stoffen, „Duft‘‘) und oft nur durch diese veranlaßt werden. Das früher erwähnte „Erschrecken“ der Falter von Macroglossum stellatarum kann man bei einem Blumenbesuch im Zimmer sehr leicht studieren. Wenn man aus der Nähe ein saugendes Tier beobachtet, kann eine Fingerbewegung oder das Öffnen und Schließen des betrachtenden menschlichen Auges das Tier zum Unterbrechen des Fluges und zum raschen Wegfliegen veranlassen. Da die Taubenschwänze einander als Artgenossen nur bei der Paarung „erkennen“, wird in einem solchen Falter durch das plötzliche Auftauchen eines anderen ebenfalls eine rasche Änderung der bisherigen Flugrichtung ausgelöst. Zwei solche Tiere können deshalb nieht unmittelbar nebeneinander auf Blumen saugen. Ich habe festgestellt, daß unser Schmetterling auch vor dem eigenen Bilde bei der Annäherung an einen Spiegel zurückprallt und sich von diesem sogleich im Fluge wegwendet. Auch kleine Tiere, die in die Nähe der gerade besuchten Blume kommen, können saugende Macroglossum-Falter stören: so sah ich einmal einen solchen Schmetterling, der von einer Essigfliege (Drosopkhila) aufgescheucht wurde, die mit ihm an einer Blüte zusammenstieß. Wenn ein Taubenschwanz bei Futterflügen zwischen engstehenden Objekten an eines von ihnen anstößt, so kann er ebenfalls plötzlich sein bisheriges geregeltes Tun ändern, so daß er für einige Zeit die Nahrungsaufnahme einstellt und zunächst nur ungeregelte Flugbewe- gungen ausführt. Allein solche Einflüsse wirken in dem Tiere nicht lange nach und es scheint mir nicht, daß der Taubenschwanz nach diesen Störungen dann „mißtrauisch und vorsichtig“ wird.') ') Sehr häufig wurde in wissenschaftlichen Abhandlungen, besonders in solchen mehr psychologischer Richtung auch den Insekten die Fähigkeit zu Vor- sicht und Mißtrauen zugesprochen. Wenn auch diese Ausdrücke. oft mehr oder weniger bildlich gemeint sind, so wäre es doch an der Zeit, sie nicht mehr zu ver- ‘wenden, da man gewöhnlich nicht weiß, wie weit sie bildlich zu nehmen sind. Ausdrücke wie „erschrecken“, „erkennen“ sind ebenfalls nicht gut, doch lassen sie sich derzeit noch schwer durch bessere ersetzen. Insekten und Blumen. 139 Individuelle Verschiedenheiten. Nicht is Individuen des Taubenschwanzes sind gleich geschickt ° Annäherung an eine Blume. Es gibt geschiektere und weniger kte Tiere. Dies äußert sich in der verchiedenen Raschheit und it, mit welcher ein Falter die Rüsselspitze in eine vor ihm : Blume einzuführen vermag. Auch zeigt sich eine verschiedene chkeit beim Fliegen in engen Räumen, z. B. in den später zu nden Flugkästen. Abgesehen von dan Grade der Ermüdung den individuellen Besonderheiten wird diese Geschicklichkeit n Alter beeinflußt. Schließlich konnte ich auch Verschiedenheiten elnen Falter hinsichtlich der Dauer und Tiefe des Schlafes sowie ‚der Festigkeit der Bindung an farbige Lichter wahrnehmen, "Winterschlaf und Nahrungsflüge im Freien. Beobachtungen über das Benehmen der Macroglossum-Falter und am Beginn des Frühjahrs stammen aus der Zeit meines nischen Aufenthaltes. Ich will deshalb meine Aus- mit der Schilderung des Winterklimas Süddalmatiens be- ; die das Spätere nicht verständlich wäre. ı Küstenstrichen Süddalmatiens ist der Winter als kühle sgebildet. Der Schirokko bringt, je mehr das Jahr dem immer häufiger dichte Wolkenmassen vom Meere her, die je regentriefende Wände vor dem nördlich der Bucht von rten steilen Gebirgsland (Krivosije) ansammeln und auch ganz überdecken. Der Himmel ist dann überall bleigrau Er das Meer ist meist _. Zeitweise vergehen diese eh = asiein des Köntwindes (Bora) unter beträchtlicher hlung Klarheit des Himmels eintreten und es überziehen sich die »enlachen zwischen den immergrünen Hartlaubsträuchern der Macchia einer Eisdecke. So wechseln innerhalb des süddalmatinischen in den Küstenstrichen regenerfüllte Wochen mit einigen sonnigen b, bis schließlich die unangenehme Zeit der kühlen Nässe all- den schönen Tagen des ersten Frühlings zu weichen beginnt. ährend dieser Winterregenzeit leben zahlreiche Falter von Macro- ı stellatarum in den Spalten der Felsen und lose aufgeschichteten tern (Steinriegel) sowie in dunklen einspringenden Ecken und menschlicher Behausungen. Sie sitzen dann mit zurückgeschla- Fühlern und dachförmig gelegten Flügeln wochenlang unbeweglich tgekrallt mit den Beinen an rauhen Stellen. Sie befinden sich in nem Starrezustand, keine Annäherung odgr Berührung kann sie ver- 140 Fritz Knoll. scheuchen, und wenn man sie gewaltsam von der Unterlage loslöst, fallen sie wie tot zu Boden, um dort in jeder beliebigen Stellung liegen zu bleiben. Bringt man ein so mißhandeltes Tier ans Licht, so wird es nach einigen Minuten munter, fliegt kurze Zeit herum und setzt sich bald wieder an einer passenden Stelle zu erneuter Ruhe nieder. Während dieses Winterschlafes sind die Tiere auch sonst recht unempfindlich. Oft sind sie so stark abgekühlt, daß sie sich mit feinen Tautröpfehen bedecken, wenn man sie einen warmen Raum bringt oder anhaucht. Auch sind sie gegen Pilze widerstandsfähig, was beim Über- wintern in feuchten Felsspalten besonders wichtig ist. So sah ich einmal einen Macroglossum-Falter, dessen Kopf und Thorax mit einer reich- lichen Schimmelpilzvegetation bedeckt war, die bereits Sporangien ge- bildet hatte. Und trotzdem war dieses Tier, wie ein Versuch zeigte, sehr frisch und wie jedes unversehrte Tier imstande, lebhafte Flüge auszu- führen. Wenn sich während des Winters einige warme sonnige Tage ein- stellen — dies ist um so öfter der Fall, je mehr das Frühjahr herannaht —, dann verläßt Macroglossum für kurze Zeit sein Winterquartier, fliegt ein wenig in der blütenlosen Landschaft, um bald wieder den unterbrochenen Schlaf an irgendeinem anderen Orte fortzusetzen. Diese Flüge zwischen den einzelnen Schlafabschnitten werden immer länger und häufiger, die Zahl der verschlafenen Tage immer geringer, je weiter die Erhellung und Erwärmung der Landschaft Fortschritte macht. Bei solchen Winterflügen kann sich das Tier keine Nahrung verschaffen, doch bewirken sie, dab es sich von Zeit zu Zeit des Darminhaltes entledigt, der dann beim Auf- flug als bräunlicher oder ‚brauner Tropfen ausgespritzt wird.‘) Aus meinen Beobachtungen an Faltern, die den Winter in Gefangenschaft ver- brachten, glaube ich entnehmen zu können, daß die Tiere, die auch während des Winters Gelegenheit hatten, von Zeit zu Zeit ein paar Flüge auszuführen, das Frühjahr in frischerem Zustand erlebten als jene, die keine Gelegenheit zu solcher Flugtätigkeit hatten. Schon im Februar beginnt das Blühen in der Landschaft Süd- dalmatiens. Blumen wildwachsender Pflanzen sind noch spärlich und für den Taubenschwanz belanglos. Doch bringen die Gärten bereits reichlicher 1) Dieser Tropfen ähnelt (auch beim Vertrocknen) sehr jener Entleerung (Meconium), die man bei dem Schmetterling in der Zeit des Verlassens der Puppen- hülle bemerkt. Dieser äußeren Ähnlichkeit liegt wohl eine solche der Stoffwechsel- vorgänge zugrunde, indem ebenso im Puppenzustand wie beim Winterschlaf der Imago das Reservefett des Tieres allmählich aufgebraucht wird und auch andere innere Umsetzungen stattfinden. Dementsprechend ist das Abdomen der im Spät- herbst gefangenen Tiere reichlich mit gelbem Fettgewebe erfüllt, während nach der Winterruhe des Tieres nur mehr geringfügige Fettmengen in der Hinterleibshöhlung zu sehen sind. (Mit .dieser Fettspeicherung hängt auch das „Öligwerden“ der im Herbst getöteten und dann trocken präparierten Falter zusammen.) Insekten und Blumen. 141 n (z. B. Nareissus poeticus L.) hervor, und besonders die ver- iedenen Arten der Prunus-Bäume sind schon über und über bedeckt weißen und rötlichen Blüten. Es fallen unter diesen die Mandelbäume s communis |L.| Arcang.) auf, deren Blüten durch ihre Größe lebhafte Färbung unsere Blicke auf sich ziehen. Ihre duftenden n sind an sonnigen Tagen von zahlreichen Honigbienen besucht, sie ihren Nektar spenden, daneben sehen wir auch Hummeln, Holz- ‚ (Xylocopa) und unser Macroglossum eifrig ihre Sauggeschäfte ver- Dieses hat nach dem Winterschlaf in den Prunus-Blüten die ergiebigen Nektarquellen gefunden. Auch verschiedene über- > Tagfalter haben indessen ihre Frühjahrsflüge begonnen. März waren die Macroglossum-Falter schon sehr häufig an ver- n Blumen der Gärten und des freien Landes zu sehen. Dem- hend konnte man auch leichter beobachten, daß Tiere, zwischen utterflügen von Zeit zu Zeit dem Dunkeltrieb verfallend, sich an eten Stellen besonnter Gegenstände zu kurzer Ruhe niederließen. ‘»hah manchmal so, daß der Kopf sich z. B. im Schatten eines befand, während der ganze übrige Körper dem vollen Sonnen- n ausgesetzt blieb. in sonnigen Frühjahrsnachmittagen ließen sich auch schon häufig ınkelflüge der M.-Falter feststellen, die abends zum Übernachten res führen. So sah ich z. B. am 17. März um 3 Uhr 30 Min. ıgs bei schönem Sonnenschein in der Ortschaft Ljumoti@ (etwa ber dem Meere), wie ein solches Tier einem pflanzenlosen Stein- lang fliegend dessen zahlreiche Löcher deutlich, aber raschen und nicht sehr nahe anflog. Etwa um 5 Uhr nachmittags des- Tages sah ich in der benachbarten Ortschaft Mrkovi an einem , von der Sonne hell beschienenen Steinriegel wieder einen schwanz, der von Loch zu Loch flog, alle Löcher wohlgezielt bis enige Zentimeter Nähe anfliegend. Schließlich begab sich dieser -in ein solches Loch hinein, ich ging nun langsam auf den Schlupf- | zu und als ich in dessen unmittelbare Nähe gelangt war, kam er (etwa 20 Sekunden nach dem Einflug) wieder aus seinem Ver- heraus und flog raschen Fluges davon. Ich sah mir dieses bevor- Loch nun genauer an: es hatte ganz besonders scharf abgegrenzte r und führte zu einem auffallend dunklen Spalt zwischen den . Solche Löcher, an denen Licht und dunkler Schatten ganz un- iittelt aneinander stoßen, wurde von den M.-Faltern vor allem zum iederlassen Rech: we, | | ER eine andere ee eis in den Blüten der ubohne (Vieia faba L.), die auf verschiedenen Äckern der Halb- insel angepflanzt war. Ich habe das Insektenleben in einem solchen Felde in der Ortschaft Ljumotid genauer untersucht. ‚Die Vicia-Pflanzen standen 142 Fritz Knoll. hier so dicht nebeneinander wie die Halme in einem lockeren Roggenfeld. Die durchschnittlich etwa 40 em hohen Stengel waren bis an ihr oberstes Ende beblättert und trugen im oberen Drittel zahlreiche Blüten, die aber nicht die Pflanze überragten, sondern von den abspreizenden Blättern überdeckt waren, so daß man bei der Betrachtung eines solchen Feldes von oben her nur wenig von den Blüten und den sie bestäubenden Insekten sehen konnte. Die Blüten selbst zeigten in einem rötlichen Kelche weiße, mit schwarzen Flecken versehene Kronblätter des normalen Vicia-Typus. Da die Blüten reichlich Nektar enthielten, waren diese Felder an sonnigen Tagen von früh bis abends von vielen Insekten besucht. Unter diesen waren die Honigbienen am zahlreichsten, doch waren auch verschiedene Bombus-Arten häufig zu sehen. Dazwischen bemerkte man immer auch eine Anzahl von Taubenschwänzen, die mit dem regelrechten Besuch der Blüten beschäftigt waren. Obgleich die Pflanzen verhältnismäßig dicht standen, flogen die M.-Falter, wenn sie sich. von einer Blüte zu der eines benachbarten Stengels begaben, so geschickt zwischen den eng gestellten Blättern und Stengeln hindurch, daß sie nirgends mit den Flügeln an- stießen. Sie bewegten sich andauernd sehr ruhig in dem dichten Gewirr dieser Teile, ohne dazwischen in den freien Flugraum über den Pflanzen emporzusteigen, so daß sie oft lange Zeit den Blicken des Beobachters entzogen waren. Dann sah man sie wieder plötzlich an irgendeiner Stelle des Feldes aus der grünen Blätterdecke auftauchen, sich ins Freie er- heben und raschen Fluges das Feld verlassen. Diese eben beschriebene. Fähigkeit, selbst in engen Räumen den Flug geschickt zu regeln, machte den Falter von Macroglossum stellatarum unter allen Schmetterlingen einzig dazu geeignet, ihn in der Gefangenschaft sogar in würfelförmigen Kästen von nur 30 cm Seitenlänge mit ausgezeichnetem Erfolge iliegend für Versuche zu verwenden. Die heiße Jahreszeit zeichnet sich in Süddalmatien durch große Trockenheit aus. Man sieht deshalb im Sommer nur wenige Blüten an den dort heimischen Pflanzen, so daß diese Zeit eine Art Ruheperiode der Pflanzenwelt darstellt. Es blühten dann noch große Stöcke von Carduus micropterus Borb. und pyenocephalus Ja ce dq., die reichlichen Hymenopterenbesuch aufwiesen, Delphinium peregrinum L., Echium vulgare L., Salvia horminum L. (selten, aber in ausgedehntem Bestand) und einige wenige andere Pflanzen, die für den Taubenschwanz nicht in Betracht kommen. Man sah deshalb die Macroglossum-Falter, die in der heißen Zeit an Häufigkeit bedeutend abnahmen, an allen ihnen unter- kommenden Blumen von weißer, blauer, purpurner, gelbroter und gelber Farbe Saugversuche machen, die meist aber für das Tier keinen Erfolg zeitigten. Unter den eben erwähnten Pflanzen bietet der blaublühende Rittersporn (Delphinium) dem Tier die besten und reichlichsten Nektar- quellen dar. So konnte man denn auch den Taubenschwanz in Del- phinium-Beständen sehr ruhig von Blüte zu Blüte fliegen und saugen Insekten und Blumen. | 143 en, während er an anderen ungeeigneten Blüten (wie z. B. an denen nm Daucus, Kohlrauschia, Galium u. dgl.) nur mit kurzem Hintippen ; Rüssels flüchtig verweilte und rasch weiterflog. In dieser Zeit des | ktarmangels sah ich auch einmal einen Taubensehwanz, der eine leb- Br berüne Ähre von Hordeum leporinum Lk. beflog und an ihr mit gestrecktem Rüssel kurz zu saugen versuchte. Es ist dies der e > Fall, in dem ich einen freifliegenden M.-Falter an einem grünen t den Rüssel entrollen sah, was hier wohl in dem stark gelben Ton rbe seine Ursache hatte sowie in dem gewiß großen Nektar- nis, das in dieser blütenarmen Jahreszeit vorhanden sein mußte. ı Sommer in Gärten durch menschliches Zutun noch manche andere yrkommt, fand der Taubenschwanz auch dort ab und zu etwas #8 egen Ende der Blütezeit des Delphinium peregrinum begann im nach und nach die im Küstenkarstland Süddalmatiens überall Satureja nepeta (L.) Scheele ihre Blüten zu öffnen. Wenn ie Kronen dieser Pflanzen klein sind, so boten sie doch infolge oßen Anzahl den in dieser Jahreszeit saugenden Tieren reichlich ‘was auch den Faltern sehr zugute kam, Dadurch wurden einige Er diese Satureja- -Blüten die wichtigste Nekiapherugnaneie tzten noch vor dem Winter blühenden Nektarpflanze -Falter wurde, habe ich ihre Blüte zum Ausgangspunkt a Versuche ee und ihre Eigen- füh liche Darstellungen gegeben ER Hier sei jetzt nur auf Fig. 1 »r Tafel '7 hingewiesen, die das Aussehen eines Blütenstandes dieser iedergibt. Wenn der Taubenschwanz im Freien von Blüte zu Blüte er ist | ie rascher ui dabei überaus keistunkstähiger Blütenbesucher ist. mann Müller) sagt von diesem Schmetterling, daß er zu den lbeten Blumenbesuchern zu zählen sei. Er berichtet, daß er am u paß einen M.-Falter beobachtet hat, der in 4 Minuten 108 Blüten na) Müller, H., Die Wechselbeziehungen zwischen den Blumen und den ihre Schenk, Handbuch der Botanik), S. %. reuzung Feniitteinden Insekten (in | 11 Abhandl, d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 144 Fritz Knoll. der Viola calcarata besuchte. „Die Spitze seines Rüssels war so dicht mit weißlichem Pollen bekleidet, daß man es aus einer Entfernung von einigen Schritten deutlich sehen konnte.“ Bei einer weiteren Beobachtung an demselben Orte zählte er in 6 Minuten 45 Sekunden bei derselben Viola-Art 194 Blütenbesuche dieses Falters. Er „gebrauchte durch- schnittlich zum Besuch einer Blüte und zum Fluge zur nächsten Z Sekunden, an manchen aber, wahrscheinlich des Honigs schon be- raubten, verweilte er äußerst flüchtig, an anderen . dagegen mehrere _ Sekunden.“ Die Anzahl der vom Taubenschwanz in der Zeiteinheit besuchten Blüten hängt nach meinen eigenen Untersuchungen von folgenden Fak- toren ab: 1. vonder Größe desNektartropfens, den jede Blüte darbietet, 2. von der Diehte des Bestandes der blühenden Nektarpflanzen, 3. von der Einheitlichkeit (Reinheit) des Bestandes und 4 vom Hungerzustand des Tieres (Futter- trieb). Von diesen Faktoren wurde die Größe des Nektarvorrates der Blüte in seiner Bedeutung für die Dauer des Verweilens unseres Falters bereits auf 8. 135 besprochen. Von der Größe des gegenseitigen Ab- standes der einzelnen Blüten hängt die zwischen den . Besuchen ver- streichende Flugzeit ab, somit die Gesamtleistung in der Zeiteinheit. Die Reinheit eines Pflanzenbestandes bewirkt (besonders bei größerer Aus- dehnung), daß der Falter beim Saugen die Körperhaltung und Rüssel- stellung bei jeder gerade aufgesuchten Blüte entsprechend der gemachten Erfahrung (mnemisches Festhalten der Art der Muskeltätigkeit) unver- ändert wiederholen kann und dadurch keinen wesentlichen Mißerfolgen ausgesetzt ist. Diese Gewöhnung an die Art der Durchführung des Saug- geschäftes spielt nach den Ergebnissen sehr zahlreicher Versuche eben- falls eine bedeutende Rolle beim Gesamterfolg. Schließlich kommt noch der Hungerzustand des Falters dabei wesentlich in Betracht. Ist das Tier fast gesättigt, so werden die Blüten mit weniger Sorgfalt ausgebeutet. Die Annäherung ist dabei manchmal so flüchtig, daß es trotz dem Nektarreichtum einer Blüte zu keinem Besuch kommt und vor dem Ein- stellen der Blütenbesuche wird oft sogar in reichen Beständen nur mehr hie und da der Rüssel in Blumen eingeführt. Ein gleiches Verhalten zeigte auch Bombylius fuliginosus (vgl. S. 38). Da keine Landschaft gleichmäßig mit nektarbietenden Pflanzen be- deckt ist, muß ein Falter zwischen zwei unmittelbar aufeinander folgenden Blütenbesuchen oft weite blütenleere Flächen überfliegen, bis wieder neue Blumen in seinen Gesichtskreis gelangen. Ich sah Macro- glossum stellatarum zwischen den von ihm lebhaft besuchten Pflanzen von Linaria vulgaris liegendes, frisch umgepflügtes Ackerland über- queren. Er tat dies, verglichen mit der Geschwindigkeit des Fluges zwischen zwei einander benachbarten Blumen, mit sehr gesteigerter Schnelligkeit, dabei große unregelmäßige Schleifen über dem Boden be- Insekten und Blumen. 145 schreibend. (Diese Bewegung pflegt man gewöhnlich als „Suchen“ zu bezeichnen.) Auch darin stimmt unser Falter mit Bombylius fuliginosus (vgl. S. 37, Fig. 3) überein, Der Bring des Taubenschwanzes in menschliche Wohnungen und sein Benehmen in diesen, | Es ist allgemein bekannt, daß der Falter von Macroglossum stella- tarum in Mitteleuropa öfters bei Tag durch offenstehende Fenster und Türen in die Häuser hineinzufliegen pflegt. Auch weiß man, daß er dort vielfach den Winter verbringt. Trotzdem wurden die Zusammenhänge dieses Benehmens mit seinen sonstigen Lebensgewohnheiten noch nicht untersucht. Wenn sich auch dieses Verhalten von Macroglossum in ver- schiedenen Teilen des mittleren Europa deutlich feststellen läßt, so kann es doch im Süden weitaus leichter beobachtet werden, entsprechend der viel größeren Häufigkeit des Falters in den wärmeren Ländern. Auch in Süddalmatien zeigte es sich sehr deutlich, so daß ich dort im Herbst um die Mittagszeit täglich einige Falter fangen konnte, die eben dureh das offene Fenster ins Zimmer hereingekommen waren. Zunächst ist hervorzuheben, daß die Anzahl der Falter, die an schönen Tagen durch offenstehende Türen und Fenster in die Häuser fliegen, von der Jahreszeit abhängt. Betrachtet man im Süden Europas die Einflüge der Taubenschwänze nach diesem Gesichtspunkt, so wird man finden, daß diese Tiere im Frühling und Sommer nur sehr selten in die Häuser eindringen, während man sie an sonnigen Herbsttagen ohne besondere Aufmerksamkeit sehr oft in den Wohnungen finden wird. Diese Häufigkeit der Erscheinung im Herbst erweckte in mir die Hoff- nung, die Lösung des Rätsels zu erreichen, nachdem ich festgestellt hatte, daß die Schwärmer an meinem Standorte in der für die Untersuchung notwendigen Anzahl auftraten. Ich habe nun das Benehmen der Falter bei verschiedenen, einzeln in der Macchia der Halbinsel LuStica stehenden Häusern studiert und es gelang mir dabei, den Zusammenhang dieser Einflüge mit den sonstigen Lebensgewohnheiten von Macroglossum voll- kommen klarzustellen. | Betrachten wir demnach das Benehmen der Tiere in der Mittagszeit eines sonnigen Oktobertages, wie es sich uns an der Wand eines hell beleuchteten, weiß getünchten Hauses darbietet. Die Falter fliegen raschen Fluges auf das Haus zu und schenken zunächst der Stelle unter der Dachrinne ihre besondere Aufmerksamkeit. Dort bildet eine Reihe von braunen Rohziegeln, die aus der Wand hervorstehen, einen Streifen kurzer Schlagschatten. Ein Tier kommt gegen den unteren Rand des 'Daches zugeflogen und nähert sich nun einer Anzahl der zwischen den Ziegeln entstehenden Schlagschatten, um sich schließlich im Bogen herabfliegend unmittelbar um die Mauerkante herum durch die offene 11* 146 Fritz Knoll. Tür ins Haus hineinzubegeben. (Das Haus besitzt nur ein Geschoß, so daß der Weg vom Dachrand zur Türkante sehr kurz war.) Ein zweites Tier befliegt zunächst die Schlagschatten der Rohziegelreihe, wendet sich nach unten vom Hause weg, eilt auf den oberen beschatteten Rand des geschlossenen Fensters zu, um sich darauf wieder der Ziegelreihe unter der Dachrinne zu nähern und deren Schattenstreifen anzufliegen. Dabei kommt ein solches Tier der Oberfläche der betreffenden Wandstelle bis auf wenige Zentimeter nahe und scheint sie häufig auch mit den Beinen flüchtig‘ zu berühren. Bei weiteren Faltern sehen wir dann auch Anflüge gegen den Rand der Tür und der Fenster, ohne daß vorher andere Teile des Hauses von ihnen beachtet wurden. Unmittelbar vor uns stehen einige Bäume von Robinia pseudacacia L., deren Blätter auf der weißen Wandfläche scharfe dunkle Schatten entwerfen. Manche der herankommen- den Tiere befliegen auch solche getrennt auftretende Blätterschatten, bevor sie sich den früher erwähnten Einzelheiten des Hauses zuwenden. Dieses Einfliegen in die Häuser habe ich schon im Monat August in größerem Ausmaße feststellen können. Je weiter das Jahr vorschritt, desto mehr vergrößerte sich dann die Zahl der täglich ins Zimmer fliegenden Tiere. Die meisten Beobachtungen solcher Tiere habe ich in der Zeit von Ende September bis Ende November machen können. Mit dem Ende der Blütezeit von Linaria vulgaris Mill. (Anfang Dezember) hörten dann die regelmäßigen Flüge der Macroglossum-Falter im Freien vorläufig auf und damit auch die Flüge in die Zimmer. Es ist aber auch noch auf die Einschränkung des Fliegens durch ungünstige Witterung hinzuweisen. Bei andauerndem Regenwetter unterblieben natürlich die Macroglossum-Flüge, doch konnte ich auch noch an Tagen mit bedecktem Himmel in den Pausen zwischen leichten Niederschlägen Anflüge gegen die Fenster und das Eindringen in Wohnungen feststellen. Hinsichtlich der Tageszeit ist zu erwähnen, daß ich im Herbst manchmal auch schon früh am Morgen (6 Uhr) einen Flug des Taubenschwanzes gegen ein Fenster sah, wenngleich der späte Vormittag und Nachmittag mehr Ein- flüge zustande brachte. Es ist noch notwendig, das Benehmen der Taubenschwänze innerhalb der menschlichen Wohnungen kennen zu lernen. Wenn ein solcher Falter durch ein Fenster in ein Zimmer ein- gedrungen ist, werden seine Flüge bald stiller und ruhiger und oft nehmen sie dabei eine zierlich schaukelnde, sozusagen tänzelnde Form an, Diese Veränderung der Flugbewegung ist hauptsächlich auf die im Vergleich zur Außenwelt herabgesetzte Durchschnittshelligkeit des Innen- raumes eines Hauses zurückzuführen. Während andere flugtüchtige Insekten, die zufällig in ein Zimmer hineingeraten, meist rasch wieder einem Fenster zueilen, ist dies bei dem Taubenschwanz zunächst nicht der Fall: das Tier fliegt mit ruhigen Bewegungen im Raume umher, ‘sich bald diesem, bald jenem darin befindlichen Gegenstand flüchtig nähernd. Insekten und Blumen. 147 Wenn das Tier sein Tun dem inneren Antrieb gemäß ungestört fort- setzen kann, gibt es manchmal seine unermüdlichen Rundflüge und „Be- trachtungen“ der Einrichtungsstücke auf und fliegt plötzlich annähernd geradlinig einem Fenster zu, um einige Zeit an der geschlossenen Scheibe auf und ab zu schwirren. Wenn der Ausgang frei war, kann es dabei den Raum wieder verlassen. Sind aber alle Fenster und Türen ge- schlossen, dann kehrt der Falter mitunter wieder ins Innere des Zimmers zurück, seine Rundflüge weiter fortsetzend. Nach kürzerer oder längerer Zeit — es kann dies eine Stunde währen und länger — tritt Ermüdung ein und das Tier setzt sich an einer ihm passenden Stelle zur Ruhe nieder. Die Flügel werden an den Leib zurückgelegt, die Fühler nach rückwärts an die beiden Kopfseiten angeschmiegt und, wenn das Tier nicht durch eine von ihm wahrgenommene Bewegung oder Erschütterung aufgescheucht wird, verfällt es nach wenigen Minuten in jenen starren Schlaf, den ich bereits (S. 131) beschrieben habe. _ Wir wollen uns nun all das genauer ansehen, was der Tauben- schwanz bei seinen Rundflügen im Zimmer durch auffallende Annäherung besonders gekennzeichnet hat. An den Einrichtungsgegenständen hatte das Tier alle kleineren, rings abgegrenzten Dinge angeflogen, die ganz oder teilweise bedeutend dunkler waren als ihre Umgebung: Knöpfe an Schubladen, dunklere Beschlägeteile und Verzierungen, kleinere Löcher und scharf abgegrenzte Vertiefungen. Die im Zimmer befind- lichen Schalter und Isolatoren der elektrischen Lichtleitung erregten an ihrerammeistenbeschatteten Stelle andauernd die Auf- merksamkeit der fliegenden Tiere. Auch an sich helle, ja selbst weiße Gegenstände konnten die Falter heranlocken, wenn an ihnen scharf ab- gegrenzte dunklere Stellen (Flecken, beschattete Vertiefungen, Schatten werfende Hervorragungen) vorhanden waren. Die Taubenschwänze flogen dann immer auf die dunkleren Stellen zu, besonders gegen ihren der lichten Umgebung genäherten Rand. Betrachtete man die an solche Dinge nahe heranfliegenden Tiere genauer, so konnte man sehr leicht feststellen, daß sich die Falter den Gegenständen meist so weit näherten, daß ihr Kopf fast an diese anstieß. Dabei war deutlich zu sehen, dab der Schmetterling im letzten AugenblickderAnnäherung rasch die vorderen Beine ausstreckte und damit meistdieangeflogene Stelleflüchtig berührte. Der Rüssel blieb inallen diesen Fällen eingerollt und dadurch für den Beschauer unsichtbar. Aber nicht nur gewölbte oder vertiefte Teile erregten die Anflugs- bewegung unserer Tiere, sondern auch ebene, scharf abgegrenzte dunkle Stellen in vollkommen ebener Umgebung. Dies zeigte das Verhalten der Tiere an den „Malereien“ der Zimmerwände. Der eingerichtete Wohn- raum, in-dem sich die Taubenschwänze in der geschilderten Weise be- nahmen, besaß an den erbsengrün gestrichenen Wänden dunkler grüne 148 Fritz Knoll. (olivgrüne) Muster und in gewisser Höhe nach Art eines Simses mit Schablonen aufgemalte dunkel indigoblaue „Blumen“. Während sich die Falter um die grünen Teile des Musters nicht kümmerten, erregten diese dunkelblauen Flecken in hohem Grade die Aufmerksamkeit der Tauben- schwänze. Immer wieder wurden sie von den Faltern aufgesucht und bis zur Berührung mit den vorgestreckten Beinen beflogen. Der Rüssel blieb aber auch hier immer eingerollt. Dieses Verhalten ist für die Beurteilung der Anflüge auf die blauen Teile von ausschlaggebender Wichtigkeit. Da der 'Taubenschwanz im Freien beider Annäherung an eine natürliche Blume niemals die Beine vorstreckt, dagegen den Rüsselentrollt und dann mit diesem in einem Abstand von etwa 2cm aus ihr den Honig entnimmt, müssen wir aus dem Unterbleiben der Rüsselreaktion und der ausgeprägten Beinreaktion entnehmen, daß die Anflüge auf die blauen Fleekenin diesen Fällen nichts mit einer „Vortäuschung von Blumen“ zutun hatten. Man wird dann auch bei einem Anflug auf einen schwarzen elektrischen Lichtschalter, der von gleichen Reaktionen der Beine begleitet war, nicht auf die Vermutung kommen, daß der Falter sich „beim Suchen nach Blumen geirrt‘ hätte.') Betrachten wir noch das Benehmen der Herbstfalter in einem nahezu leeren hellen Raum. Ich trug einige der ins Haus eingedrungenen Tiere in ein geräumiges Zimmer, dessen Decke und oberen Teile der Seiten- wände weiß getüncht waren. Ein Wandstreifen, der vom Boden bis zu etwa 1m Höhe emporreichte, war sehr dunkel grau gestrichen. Ferner sah man an den Wänden Schalter und Drähte der elektrischen Licht- leitung, die sich als dunkle Teile von ihr deutlich abhoben. Die wenigen Gegenstände, die sich in diesem Zimmer befanden, übten hier eine um so größere Wirkung auf die Schmetterlinge aus. Ebenso die genannten Schalter und Drähte. Auch ich selbst erregte die Aufmerksamkeit der Taubenschwänze. Wiederholt beflogen sie ganz nahe mein braunes Kopf- haar, meine Augen, ebenso meine Hände (Schatten zwischen den Fingern). Dagegen haben sie sich um die einzelnen Teile meines weißen !) Die in der Literatur zerstreuten Angaben über Anflüge des Macroglossum auf gemalte Blumen u. dgl. haben keinen wesentlichen Wert, da in diesen Fällen die Beobachter meist mit der vorgefaßten Meinung, das Tier „suche nach Honig“, die ungenau betrachteten Anflüge abgetan haben. Die genaue Berücksichtigung der gleichzeitig vorhandenen Bewegung der Beine vermißt man dabei immer. Häufig findet man Hinweise auf die „Absicht“ des Tieres, den Rüssel in die „vorge- täuschten“ Blumen einzuführen, ohne daß aus den Mitteilungen des betreffenden Beobachters mit voller Sicherheit hervorgeht, ob der Rüssel vor den be- treffenden Objekten entrollt wurde oder nicht. (Man vergleiche besonders die darüber von Plateau a. a. O., S. 160ff,, zusammengestellten Notizen.) Selbst die neuesten mir zugänglichen Angaben (Verh. d. Zool. botan. Ge- sellschaft in Wien, Jahrg. 1920 |LXX. Band], S. 69 und 70) sind mit dem gleichen Mangel behaftet. Insekten und Blumen. 149 Anzuges nicht gekümmert. Sehr bemerkenswert war das Verhalten an den freien Zimmerwänden. Die weißen Flächen wurden ohne mein Zutun nicht beachtet. Wenn ich die Tiere aber durch rasche Handbewegungen scheuchte, flogen sehr häufig rasch gegen diese ungegliederten Wandteile und stießen dabei auch mit dem Kopf und Thorax heftig an sie an, so daß man deutlich sehen konnte, daß den Tieren beiihren plötz- liehen Flügen nach den ausgedehnten weißen Stellen keine Raumorientierung nach der Tiefe möglich war. (Im Gegensatz dazu stoßen die Tiere in Zimmern mit eng gemusterten Wänden auch bei solchen raschen Flügen niemals an diese an.) An die dunkelgrauen unteren Flächen der Seitenwände kamen die Schwärmer aus eigenem Antrieb öfters sehr nahe heran, doch nur anjeneTeile,dieunmittelbarandieweißenFlächen grenzten. Wenn die Falter dabei von unten nach oben flogen, prallten sie jedesmal im weiteren Verlauf der Flugbewegung an der Grenze der weißen Wandfläche zurück. Auch in diesem Raum waren zwischen den Flügen auf dunkle Stellen von Zeit zu Zeit Flüge gegen die hellen verschlossenen Fensterscheiben zu beobachten. Wären die Fenster offen gestanden, so hätten die Tiere dann durch diese den Weg in den davor befindlichen Garten gefunden und sich meinen Blicken entzogen. B. Versuche über den Lichtsinn des Falters | von Macroglossum stellatarum. I. Die Verwertung des Dunkelfluges für verschiedene Versuche. 1. Dunkle Flächen verschiedener Gestalt, Größe und Helligkeit in ihrer Wirkung auf die Herbstfalter von Macroglossum stellatarum. Die Gebilde, die der ins Zimmer eingedrungene Taubenschwanz an- zufliegen pflegte, hatten untereinander keine Ähnlichkeit in der Form, es waren sowohl Körper als auch Flächenstücke, und auch hinsichtlich der von uns an ihnen wahrgenommenen Farben schienen ihnen keine Gemeinsamkeiten anzuhaften. Doch glaubte ich feststellen zu können, daß alle die von dem Macroglossum angeflogenen Objekte entweder im ganzen oder in einem wesentlichen Teile sich für unser Auge als dunkel kennzeichnen ließen. Da die Falter schließlich, wenn man sie sich selbst überließ, an solehen dunklen Gegenständen sich niedersetzten und einschliefen, war eine Übereinstimmung mit dem früher beschrie- benen Verhalten im Freien festgestellt. Weil aber die dunkelsten Stellen 150 Fritz Knoll. an den Gegenständen der Natur deren Vertiefungen und Löcher sind, war der Gedanke naheliegend, daß die Falter von Macroglossum durch den Trieb, gegen dunkle Stellen zu fliegen, sowohl an jedem Abend als auch im Herbst vor dem Winterschlaf zu geschützten Plätzen gelangen, wo sie ohne Gefahr in den vollkommen wehrlosen fluchtunfähigen Starrezustand, den ich Schlaf genannt habe, verfallen konnten. Man könnte daran denken, daß die natürliche Auslese mit der Erhaltung dieses Triebes zusammenhängt, zumal auch für das menschliche Auge ein ruhig sitzender M.-Falter infolge der schwärzlich-graubraunen Farbe der Stirne, des Rückens und der allein sichtbaren Vorderflügel in dunkler Umgebung nahezu unsichtbar wird. Doch wissen wir nichts darüber, ob die Falter solcher geschützter Nachtquartiere wirklich bedürftig sind oder nicht, zumal so viele andere Schmetterlinge ohneweiters im Freien . zu übernachten pflegen. Über die Art, wie verschiedene Falter in der Natur als Imago überwintern, ist uns überhaupt niehts Nennenswertes bekannt. Wir wollen nun zunächst trachten, die Frage zu beantworten, ob es sich hier wirklich um einen Trieb handelt, der die Wahrnehmung dunkler Stellen in hellerer Umgebung zur Grundlage hat. | Um darüber Klarheit zu bekommen, habe ich mit den ins Haus geflogenen Faltern im Zimmer zahlreiche Versuche angestellt, die nicht nur die eben gestellte Frage beantworteten, sondern mir auch noch über viele Einzelheiten des Sehvermögens unserer Schmetterlinge wert- volle Aufschlüsse gaben. Nach kurzer Beschäftigung mit diesen Tieren stellte es sich heraus, daß man die im Herbst gefangenen Taubenschwänze ohne sie zu ernähren in Gefangenschaft behalten kann, so daß ich im- stande war, mit denselben Tieren immer wieder neue ‚Versuche anzu- stellen. Ich gab jedes Tier, nachdem es sich im Zimmer zur Ruhe nieder- gesetzt hatte, in eine eigene reine Schachtel, welche die Nummer des Tieres bekam, und mehrere von solchen in eine sie gemeinsam umschließende größere, die ich dann in einem möglichst liehtdichten Schranke ver- wahrte. In völliger Dunkelheit blieben die Tiere (unter gewöhnlichen Um- ständen) ruhig sitzen. Dabei ist es nötig, sie in einem kühlen Raum aufzubewahren. Ferner soll die Luft in ihrer Umgebung etwas feucht sein, besonders wenn man die Absicht hat, Tiere wochenlang einge- schlossen zu lassen. Man gibt zu diesem Zweck die einzelnen Tierbehälter in eine sie lichtdiceht umschließende Blechschachtel, in die man zur Feuchthaltung zugleich ein einseitig offenes, mit nassem Sphagnum ge- fülltes Glasgefäß stellt. Das Moos muß von Zeit zu Zeit frisch befeuchtet werden. Auf diese Weise habe ich selbst in sehr kleinen Schachteln (Format 15 X 55x35 mm) eingeschlossene Tiere monatelang ohne Schaden in Gefangenschaft gehalten. Doch empfiehlt es sich, für die Einzelbehälter etwas größere Schachteln (wenigstens das Dreifache der genannten Maße) zu nehmen, die innen womöglich mit dunklem, stark ET An Insekten und Blumen. 151 rauhem Papier überzogen sein sollen. Am besten bewährten sich Schach- teln, die (nach Art der Zündholzschachteln) aus einer Lade und einer Hülse bestehen. Ihr Vorteil zeigt sich beim Einfangen der an der Wand sitzenden Tiere: man stülpt die Lade über das Tier und schiebt die dazugehörige Hülse langsam und vorsichtig in der Richtung der Längs- achse des Falters (von dessen Kopf her) über die locker an der Unter- lage gehaltene Lade. Man legt dann die einzelne Tierschachtel so in den Sammelbehälter, daß das eingeschlossene Tier nieht auf den Rücken zu liegen kommt. Für die Versuche selbst wählt man am besten ein leeres Zimmer mit klein gemusterter (grauer, brauner oder grüner) Bemalung, das durch ein verglastes, genügend großes Fenster erhellt wird. Die Möglichkeit der elektrischen Beleuchtung durch eine kräftige Deecken- lampe (Metallfadenlampe) wäre anzustreben, um auch abends Versuche anstellen zu können. Auch die Zimmerdecke sollte gleich den Wänden mit kleinen, dicht gestellten Mustern bemalt sein. Die Fensterfläche ver- hüllt man mit 1o se hängendem grobem Organtin oder einem ähnlichen Stoffe, um das Anschlagen der Tiere an das harte Glas zu verhüten und dadurch die Falter zu schonen. Dabei muß man dafür sorgen, daß der Stoff mit den Rändern fest an den Fensterrahmen anschließt, damit sich nicht einzelne Tiere zwischen Glas und Stoff hineinbegeben und dadurch bei den Versuchen unerwünschte Störungen bewirken können. Für die Anbringung von Versuchsobjekten benützt man am besten den Wandteil über dem Fenster oder die ihm gegenüberliegende Wandfläche, da man dadurch die richtige Beleuchtung der Gegenstände ermöglicht. Damit wir einen geregelten Flug der Herbstfalter sicherstellen, wollen wir, eine spätere Erfahrung vorwegnehmend, rings um den Raum an den Wänden, etwa 1m von der Zimmerdecke entfernt, eine Reihe schwarzer rauher Papierscheibehen ankleben. Ihr Durchmesser betrage 4 cm, ihr Abstand voneinander etwa 30 cm. Will man einen Versuch anstellen, so öffnet man langsam und vor- "sichtig einen der Tierbehälter und legt ihn nahe beim Fenster auf ein dort befindliches Tischehen so nieder, daß der Taubenschwanz dem Lichte ausgesetzt ist. Das Tier verhält sich zunächst ganz ruhig. Bald aber stellen sich die früher beschriebenen Anzeichen des Erwachens (S. 132) ein und nach einer Belichtung von etwa 2 bis 3 Minuten richtet sich das Tier auf den Vorderbeinen auf, schreitet rasch etwas vor und fliegt dann gegen die Fensterscheibe.. Nachdem der Falter einige Zeit an dem Organtin herumgeflogen war, begibt er sich vom Fenster weg und fliegt in den Versuchsraum hinein, Er findet, wenn der Dunkeltrieb wirksam ist, bald die schwarzen Scheibehen und beginnt sie der Reihe nach an- zufliegen, sie meist mit den rasch vorgestreckten Vorderbeinen flüchtig be- rührend. Damit hat das Tier seinen Rundflug um das Zimmer begonnen, den es so lange fortsetzt, bis es sich ermüdet auf einem dieser Scheibehen zur Ruhe niederläßt, wenn nicht noch andere Gegenstände im Zimmer sind, 152 Fritz Knoll. die es anlocken und zum Niedersetzen verleiten. Wenn sich der Falter niedersetzt, hängt er sich sogleich mit den Beinen an der Unterlage ein, legt die Flügel in die Dachstellung und schlägt die Fühler in die Rinne zwischen der Unterseite der Hinterflügelwurzel und der Brust zurück. Ab und zu sieht man das Tier noch einige das Festhaften mit den Beinen verbessernde Bewegungen machen, und wenn es nicht aufgescheucht wird, verfällt es meistens bald in den Starrezustand (Fig. 25). Manch- mal fliegt der Falter aber auch ohne fremde Störung rasch wieder auf und setzt seine Flüge im Zimmer fort. Dies geschieht öfters, wenn er sich nicht genügend gut auf der “X Unterlage festgesetzt hatte, aber 0 wohl auch aus anderen (inneren) Gründen. Wenn die schwarzen Scheib- chen so glatt sind, daß das - Tier sich nicht daran festhalten und niederlassen kann — das ist z. B. der Fall, wenn man die Scheibehen aus dünnem glatten Papier her- stellt oder sie mit einer großen Glasplatte überdeckt —, dann wird es schließlich so müde, daß es sich, wenn andere passende Stellen fehlen, an jeder beliebigen Stelle, ja sogar am Lichte, etwa an dem Fensterrahmen, zur Ruhe begibt. Fig. 25. Ein Falter von Macroglossum, der sich auf einem schwarzen Papierscheibehen von 40 mm Durchmesser zur Ruhe gesetzt Da eine Reihe solcher schwarzer hat. (Natürl. Größe.) Kreisflächen den Weg der Tiere in bestimmter Richtung über die Wände des Versuchsraumes zu lenken vermag, will ich sie kurz als Wegmarken bezeichnen. Im weiteren Ausbau dieser Erfindung konnte ich die Tiere später auch beliebig quer durch den freien Raum lenken, wenn ich schräg über einen Mauerwinkel oder zwischen zwei gegenüberliegenden Wandteilen eine Schnur ausspannte, die in Ab- ständen von etwa 30 cm aufgereihte schwarze Holzkugeln (Durchmesser 3em) trug. Diese Kugelschnur wurde ebenso beflogen wie die Scheibehenreihe, so daß sie sich in der Ökonomie der Versuche sehr gut bewährte. Nach diesen Vorbereitungen kann man an die Durchführung der Versuche schreiten. Ebene Objekte, deren Wirkung auf die Falter fest- zustellen ist, schaltet man nun in eine Reihe von Wegmarken ein und man kann sicher sein, daß die Versuchsobjekte in verhältnismäßig rasch aufeinanderfolgenden Zeiten von den Taubenschwänzen immer wieder überflogen werden, wobei man die Gelegenheit benützt, das Benehmen Insekten und Blumen. 153 des Tieres an der Versuchsanordnung zu studieren. Dauert der Rund- flug um alle Zimmerwände zu lange, so kann man diesen Weg nach Ent- fernung einer Anzahl von Wegmarken leicht durch eine quer durch den Raum gespannte Kugelschnur abkürzen und dadureh die Flugzeit des Tieres besser ausnützen. Ferner ist es gut, stets mehrere verschiedene Versuchsobjekte in die Wegmarkenreihe einzufügen, da man dadurch ebenfalls sehr viel an Zeit und Mühe ersparen kann. Ich gebe zunächst den Erfolg eines Vorversuches wieder, der zeigen soll, daß bei ebenen schwarzen Objekten die bei den Wegmarken ge- wählte Kreisform nicht die einzige ist, die für die Anlockung der Herbst- falter in Betracht kommt. Auf einem weißen Blatt wurden nebenein- ander fünf verschieden geformte schwarze Papierstücke aufgeklebt. Ihre ‚Ii+F 00V Fig. 26. Verschieden geformte schwarze Flächen auf weißem Grunde, die von den Herbst- faltern regelmäßig angeflogen wurden. (?/,; der nat. Größe.) Gestalt und Größe ergibt sich aus der verkleinerten Wiedergabe in Fig. 26. Das Papierblatt befestigte ich, von einer großen reinen Glas- tafel überdeckt, innerhalb der Wegmarkenreihe. Der Versuch wurde mit drei verschiedenen Tieren an demselben Vormittag ausgeführt. Tabelle 1. Vorversuch. (1. Oktober.) Form Sehildehen | Quadrat | Kreuz ' Kreis | Dreieck Tier Zahl der Anflüge pr: 2 1 | 1 0 4 64 50° bis 74 18’ | | | | he 0 1 | 5 2, 2 | 11% 10’ bis 11430’ | | .. 7 we ar Ser Ber 5 Nr. 3 2 2 1 | 4 2 ' 11® 30’ bis 11"40' | Zusammen .... 4 | 4 | 7 24 | 8 154 Fritz Knoll. Alle Formen eizielten wohlausgeprägte Anflüge, meist bis zur Be- rührung der Glastafel. Hervorgehoben sei, daß Tier Nr. 2 das Kreis- scheibehen der Versuchsanordnung zunächst einmal beflog, beim nächsten Vorüberkommen siebenmal unmittelbar hintereinander, bei einem weiteren noch sechsmal. Aus diesem Ergebnis soll entnommen werden, daß wohl verschiedene Formen schwarzer Flächen die Falter an sich ziehen können, daß aber kein Grund vorliegt, von der bei den Wegmarken bewährten Kreisform abzugehen. Auch zeigt die Be- deekung der Objekte mitder Glastafel, daß esnicht irgendeinevonden Gegenständen ausgehende Duft- wirkung (chemische Fernwirkung)ist,diedas Heran- fliegen des Taubenschwanzes hervorruft. Diese Tat- sache konnte aus den früher geschilderten Beobachtungen im Zimmer noch nicht entnommen werden. Nachdem nun die optische Fernwirkung der schwarzen Flächen festgestellt ist, muß noch untersucht werden, ob die Falter auf ihren Dunkelflügen sich einfach der lichtärmsten Stelle des Flugraumes zu- wenden oder ob die Erscheinung der Anflüge verwickeltere Grundlagen hat. Es wäre denkbar, daß sich die Tiere von der hellen Umgebung einer dunklen Fläche wegwenden und so ihren Flug in die Mitte der schwarzen Fläche richten. Es könnte aber auch sein, daß der Ort des größten Helligkeitsunterschiedes zwischen zwei aneinander grenzenden Flächen für die Einstellung der Körperachse maßgebend ist. Welche dieser Mög- lichkeiten hier zutrifft, läßt sich bei der Darbietung großer schwarzer Flächen zeigen. Wenn den Tieren zwischen den Anflügen auf die schwarzen Wegmarken etwa ein schwarzes Quadrat von 1m Seitenlänge (aus Tuch oder dergleichen) dargeboten wird, so. begeben sich die Falter nicht gegen die Mitte dieses Objektes, sondern sie fliegen gegen dessen Rand, meistens ohne dabei Versuche zu machen, sich mit den Beinen daran festzuhalten. (Dem widerspricht natürlich nicht, daß sich schließlich sehr müde Tiere doch auch auf großen dunklen Objekten zur Ruhe setzen können, wenn sie vorher -keine zum Festhalten ge- eignetere Unterlage gefunden haben.) Wir sehen aber auch daraus, daß die Größe des schwarzen Objektes hinsichtlich der anlockenden Wirkung auf die Herbstfalter von Macroglossum nicht gleichgültig ist. Um die Bedeutung der Größe der auf hellem Grunde be- findlichen schwarzen Flächen zu erfahren, habe ich die Wirkung verschieden großer Kreisflächen auf solche Tiere unter- sucht. Ich bot ihnen zu diesem Zwecke eine Reihe von mattschwarzen Kreisscheiben dar und trachtete, durch eine ausgedehnte Statistik der Anflüge darüber eine verläßliche Auskunft zu erhalten. Die Größe und Art der Gruppierung der schwarzen Objekte auf ihrer (hellgrauen) Unter- lage zeigt deren verkleinerte Wiedergabe in Fig. 27. Die Scheibenhalb- messer sind der Figurenerklärung und der folgenden Tabelle 2, in der Insekten und Blumen. 155 die Veruchsergebnisse zusammengestellt sind, zu entnehmen, Für die Scheiben ‚habe ich die Halbmesser so gewählt, daß die von rechts nach . je links aufeinanderfolgenden Scheibenflächen sich wie 1:2:4:8 usf. ni ME .;.;1 2 3 4 5 6 1. 8: 9 10.3118 Halbmesser 70 64 45 32 89 a, 0: he Sr E14 Fig. 27. Reihe schwarzer Kreisscheiben auf hellgrauem Grunde zur Untersuchung der op- tischen Wirkung verschieden großer schwarzer Flächen. (!/,, der nat. Größe.) verhielten. Die hier mitgeteilten Anflugsziffern beziehen sich auf ver- schiedene Tageszeiten und zahlreiche verschiedene Versuchstiere, deren ‚Tätigkeit in der Tabelle aber nicht getrennt behandelt ist. Eine Glas- bedeekung der Scheiben war nicht vorhanden. Tabelle 2. Zusammenstellung aller beobachteten Anflüge auf die Anordnung der Figur 27. als/als[elz/sle | © Nummer N ETZETER?E Scheibe i ' | | ‚ Halbmesser in mm 9064| 45 32|2|12 0 7 | 5 | s'alrs | | Tag des Versuches Zahl der Anflüge | | 91. X. 70m 12 933) 36) 45| 56 9 19] 10 so | | | | wie | | Erste Reie) |? 8) nalen nme nmja | 1. XL. | | | (Zweite Reine) | 3 | 92| 18|8|78 mn] 8 0 0 2. XI. 3| 6 m ma ul] 9| al | ı1Jo s.x. |eo|97| 3064| 68| Aas| s5ı al ı5lı2 | 8|o ie Erste Reto) | a sum mm sine 3 (Zweite Reihe.) Gesamtzahl der Anflüge | 96 120 139/255 295 256 187 134 102 55 | 22 1 j | 156 Fritz Knoll. Die Betrachtung der Tabelle 2 lehrt, daß die Scheiben 4, 5 und 6 die Höchstleistung (fettgedruckte Zahlen) in den Wettbewerben um die Anflüge der Taubenschwänze aufweisen. Als solche ergibt sich für die Scheibe Nr. 5 (22mm Halbmesser) 18°), der gesamten Anflüge aller Scheiben. Wir können das Ergebnis noch etwas schärfer fassen, indem wir folgendes erwägen: Die Falter kamen, ohne durch Wegmarken ge- bunden zu sein, von verschiedenen Seiten auf die gegenüber einem Fenster angebrachte ziemlich große (125 cm lange und 38cm breite) Versuchsanordnung herangeflogen. Die Anflüge auf die Anordnung ge- schahen so, daß ein Tier von der Ferne rasch auf eine der Scheiben zuflog, dann die benachbarten wie bei den von mir verwendeten Weg- markenreihen nach rechts oder links weiter verfolgte und schließlich die ganze Gruppe an dem betreffenden Ende (bei Nr. 1 oder Nr. 12) oder früher wieder verließ. Alle diese Anflüge auf die einzelnen Scheiben sind in der Tabelle 2 vereinigt. Wenn man nun aber bei jedem von Ferne kommenden Anflug auf irgendeinen Teil der Versuchsordnung sich ver- merkt, welche der Scheiben dabei zuerst beflogen wurde und die sich unmittelbar daran anschließenden Flüge zu den anderen Scheiben nicht mehr berücksichtigt, dann erhält man aus demselben Beobachtungs- material, das der Tabelle 2 zugrunde liegt, die Angaben der folgenden Tabelle 3. Tabelle 3. Zusammenstellung der Erstanflüge. | Nummer ı la 8 45 6 7 on Eis: | Ben za 'Scheibe, | | | er | | Halbmesser in mm | 90 64 45 13212125, 10|7|95 | 3 | 2 | 14 Tag des Versuches Zahl der Anftbüge | a Ber: Den Ku, 31- X; B 39:1 °2.188 IE 4 s|n|olo re | | RL IR | ra ns © 1. XI. 0 | Saba (Erste Reihe ) En F | ee en | : 1. XI. % | (Zweite Reihe.) 8 5 | 148 2 | 1 | 0 | OT TR 2. XI I: BIT I27 ER 8 Be az . “ IE RRER Nael Er FT Pre | AB EUER 122 3. XI 2 138 33 8319 31.44. 1 0 I BI DEREN CR BEN EEE ER, SET RER mine | meinen. msi | unten | # | ers 6 3 2:30.42 | 8:4: 2:1.50):2 | 010:%0 (Erste Reihe.) as a | 4. XI. | | | | (Zweite Reihe.) | | | | | | Gesamtzahl der Anflüge | 25 | 7 ,14.60 91,53 14/1014, 01070, Insekten und Blumen. 157 Das Ergebnis stimmt auch bei dieser geänderten Betrachtungsweise mit dem der vorigen Tabelle 2 sehr gut überein, ist aber noch deutlicher. Aus Tabelle 3 läßt sich für Scheibe Nr. 5 (Halbmesser 22 mm) als Höchst- leistung 33°/, der gesamten Erstanflüge aller Scheiben berechnen. Da von diesem Gipfelpunkt die Endzahlen in beiden Tabellen gleichmäßig (fast symmetrisch) abfallen, ergibt. sich mit voller Sicherheit, daß Seheiben miteinem Durchm esservonetwaß3bis6em aufdie Tiere eine stärkere Anzieh ung ausübtenals größere und kleinere. ı E BD Fig. 23. Anordnung verschieden großer schwarzer Rechtecke auf hellem Grunde zur Untersuchung der optischen Wirkung der Flächengröße. (?/, der nat. Größe.) In der Versuchsanordnung der Fig. 28 soll die Versuchstechnik einer weiteren für später wichtigen Verbesserung zugeführt und zugleich die Erfahrung mit den verschieden großen Kreisscheiben auf ihre Gültig- keit für andere Flächenformen geprüft werden. Auf einer hellen Unter- lage wurden den Tieren verschiedenemattschwarzeRechtecke dargeboten, deren Seitenlängen sich wie 2:3 verhielten. Von den Recht- ecken hatte A das Format 100 X 150 mm, B 30 X 45 mm, C 8x 12mm, D4X6mm und E 2X3 mm. Die Maße der beiden größeren wurden bereits nach den Erfahrungen des vorhin geschilderten Versuches ge- wählt und die Anordnung so durchgeführt, daß die Tiere vor allem zu entscheiden hatten, ob das größte (A) oder das nächstkleinere (B) schwarze Rechteek auf sie die stärkere Anziehung ausübt. Damit die 158 Fritz Knoll. Tiere dies sicherer zu tun vermochten, mußte dafür gesorgt sein, daß die Falter von einem bestimmten, richtig gelegenen Punkte aus die Wahl vornehmen konnten. Zu diesem Zwecke wurde in der Mittellinie (punktierte Linie der Fig. 28) des Zwischenraumes zwischen den beiden größeren Rechtecken 20 em unter deren untersten Kanten ein schwarzes Papierscheibehen (Wegmarke) von 4em Durchmesser angebracht und darunter im Randabstand von 28mm noch ein zweites derselben Be- schafienheit. An dieses unterste Scheibchen schloß sich die weitere an den Zimmerwänden verlaufende Wegmarkenreihe an. Wenn nun ein Tier diesem vorgezeichneten Wege entlang flog, gelangte es zunächst von unten nach oben kommend zum erwähnten unteren Scheibehen. Da in- dessen auch schon das obere Scheibehen die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, wurde die Körperachse des Falters in die Verbindungslinie der beiden Marken, somit in jene Stellung grebracht, von der aus die räum- liche Möglichkeit zum Anflug auf A ebenso geartet war wie die für B. Diese Anbringung eines Wegmarkenpaares hat sich bei solchen Ver- suchen sehr bewährt. Das in der Abbildung sichtbare Scheibehen K war bei den Versuchen, deren Ergebnis hier folgt, von einem mit der Unter- lage übereinstimmenden Stück Papier vollständig verdeckt und so der Beachtung durch die Tiere entzogen. Die folgende Tabelle 4 bringt die Zusammenfassung zahlreicher, zu allen Zeiten des Tages und der Nacht durchgeführter Versuche mit verschiedenen Tieren. Die Versuche wurden zum Teil auch bei künst- lichem Licht angestellt. Tageszeit und Beleuchtungsart waren für das Ergebnis vollkommen belanglos. Die Objekte wurden ohne Glas- bedeckung dargeboten, da eine Ausschaltung einer allenfalls vorhandenen Duftwirkung schon dureh den Versuch selbst unnötig gemacht wurde. (Hätte ein Duftstoff die Tiere zu den Rechtecken gelenkt, so wären sie infolge der stärksten Anziehung der größten Fläche hauptsächlieh zu A geflogen.) | Da diese Versuchsanordnung als ganze eine starke Fernwirkung auf die Herbstfalter von Macroglossum ausübte, kamen diese Schmetter- linge sowohl über die Wegmarken als auch aus anderen Richtungen zu ihr herangeflogen. Sie näherten sich dann im Fluge dem zuerst be- achteten Rechteck bis zur Berührung mit den vorgestreckten Beinen oder fast bis zu einer solchen und setzten innerhalb der Versuchsanord- nung den Flug von Rechteck zu Rechteck fort. Die stärkste Annäherung und Berührung erfolgte bei dem am häufigsten beflogenen Objekt B; bei den Anflügen auf © und A war diese Reaktion schwächer, bei D blieb meistens die Beinreaktion aus und E wurde überhaupt nicht ‚mehr be- achtet. Es hat also bei diesen Versuchen das kleinere Recht- eck mit der Basislänge von 30mm das mit der Basis von 100 mm an Wirkung auf die Herbstfalter weit übertroffen. Insekten und Blumen. Tabelle 4. Versuche mit Rechtecken verschiedener Größe. 159 En —_——_—___w_—— Er Zahl der Anflüge Von der! | | h : auf " Da- | Tages- Be- oberen | von B|von C von D Ke R a diege tum zeit leuchtung‘) Wegmarke | auf | auf | auf richtung, auf |Samte ; en 8 An- Bent || ord- | Per I, I Tr en a era: ee wi | PR | i* g ei | | | | | eo 9 0) 2 0/1] s|o 0|s 15 10 40] ı8 \ | nachts Aa — | | | "34x I, eh gergen u |Licht(Me- | | 11 tallfad 1/18) 0 || 1/22] 3/10 3 012 25 1911| 0 || 30 nachts wahr a lampe) | | a E | | bei Tages- | | In: I 0 | N 1 Tag licht 0.8 01101 115 2 0 ı 3| 101 10) 5) 0 | 10 | 25.X —_ 4 — 111 — | | elektr. | | bei |Licht(Me- | ch] 2 1 01 3 | 31 01 er e > 3 lampe) | 3 | | 1 26.X.| bei Tag .n 018 011/201 4 ] 2.021 5 21 siol 3 | 127.X.| bei Tag -. ı 22 0| 226j12 7| 3 0 ns "pP 261010 | 3 | | | | 28.X.| bei Tag Bug 011101 2112| 3 7| 3 0| 8 18 13 8 0 17 Ä —u --—-ı | | msammen 2... 2 1870| 20 102 25 40 13 0 177 wo 46 | 0 | 153 Es ist hier noch zu erwähnen, daß die Falter, welche auf ihren Dunkelflügen beim Rechteck B angelangt waren, chen K verdeckt war, solange das Scheib- in den weitaus überwiegenden Fällen (vgl. Tabelle 4) zu © und nur selten gegen A weiterflogen. Wurde dagegen bei solehen Versuchen das schwarze Kreisscheibehen K (30 mm Durch- messer) den Tieren freigegeben, so bewegten sich die Falter von B aus | fast nur zu K weiter, ohne mehr das Rechteck C zu beachten. Dieses Ergebnis ist die Probe auf die Richtigkeit meines Nachweises der günstigsten Größe schwarzer Flächen, den ich mit Hilfe der Schwarz- scheibenreihe erbracht habe. . Nachdem nun festgestellt ist, dab schwarze ebene Gebilde auf heller Unterlage nur innerhalb gewisser Größengrenzen eine _ Abhandl. d, Zool.-botan. Ges. Bd, XII, Heft 2. 12 160 Fritz Knoll. starke optische Anziehung auf die Herbstfalter ausüben, muß folgende Frage beantwortet werden: Wie gestaltet sich der Erfolg eines Wettbewerbes gleichgeformter und gleich :großerebener Gebilde, wenn sie fürunser Auge, auf einer gleichmäßig hellen Unterlage in bestimmter Anordnung dargeboten, untereinander auffallende UnterschiedeinderHelligkeitzeigen? Um diese Frage zu beantworten, legte ich meinen frei im Zimmer fliegenden Versuchs- tieren vier nebeneinander auf weißem Grunde angebrachte graue Rechteckeverschiedener Helligkeit vor. Die ganze An- Helligkeit 77 20 14 35 % Fig. 29. Anordnung von Rechtecken zur Untersuchung der Wirkung verschieden heller grauer Flächen. (!/, der nat. Größe.) ordnung ist in Fig. 29 dargestellt. Die aus verschieden stark belichteten photographischen Lampenlichtpapieren hergestellten‘) Rechtecke hatten das Format 63 x 24mm und waren seitlich voneinander 23 mm entfernt. Die ganze Anordnung wurde, von einer großen Glastafel (Format 30°5 X 375 em) bedeckt, so an einer Wand angebracht, daß sowohl die Anflugsmöglichkeit für die Tiere, als auch die Beleuchtung bei den ein- zelnen Teilen möglichst gleich war. Die grauen Rechtecke hatten, von links nach rechts genannt, die Helligkeiten 77, 20, 14 und 35. (Als Grundlage hiezu wurde die Helligkeit des weißen Papieres mit 100 ange- nommen.) In dieser in Fig. 29 wiedergegebenen Stellung wurde die An- ordnung an drei aufeinander folgenden Tagen den Dunkelflügen der Taubenschwänze dargeboten. Zur Ausschaltung von Fehlern durch un- t) Herstellung und Material wie bei den Grautafelversuchen mit Bombylius (vgl. 8. 68 ff.). Insekten und Blumen. 161 vermeidliche Ungleichheiten der Beleuchtung wurde die Anordnung später an demselben Platze um 180° gedreht und unter Glas in der neuen Stellung weitere zwei Tage zu Versuchen verwendet. Das Ergebnis der beiden Versuchsreihen ist in den Tabellen 5 und 6 zusammengestellt. | Tabelle 5. Anflüge auf die Grau- rechtecke der Versuchsanordnung. Tabelle 6. Anflüge auf die um 180° (Stellung wie in Fig. 29.) gedrehte Versuchsanordnung. Helligkeit | beriih s eiiekent | Sri der 7,20 14 35 der 35 14 | 20 | 77 | Rechtecke | | | Rechtecke | N e) EEE Ba ee reine 8,8200 || 6.148 | 18 | 1. | 86 == Bu“ 7 | re ARE Arena ange ad rn Penn EEEIER ı 8 a u @ gSE8 0x slalalıım = | see ae | par | ae = os #X|10 7,2 3 SE Be | Zusammen | 1 61 | 80 | 25 167 Zusammen || 12 | 68 | 32 | 2 114 Im Ganzen erhielt somit: das Grau der Helligkeit 77 ...... 1+ 2= 3 Anflüg = 1°% aller Anflüge S Bien h 3... , 3 +2= 32 =1% » r R ERER ; ER Br —- MB =3% » R r „ n a :,,.,7 80+68 = 148 „, = 3%) „ s Es entspricht also der fallenden Reihe der hier dargebotenen Hellig- keiten eine entsprechend steigende der erzielten Anflüge. Da aber die einzelnen Helligkeiten für das menschliche Auge immer mit einer be- stimmten Intensität des ins Auge gelangenden Lichtes zusammenhängen, so ist dadurch für den Taubenschwanz der Nachweis erbracht, daß die Anflüge, die zu einer Beinreaktion und zur Be- rührung des angeflogenen Objektes führen, nach der Intensität des von diesem zurückgestrahlten Lichtes gelenkt werden. Ich habe den Dunkelflug des Falters zunächst deshalb so benannt, weil er ihn zu Objekten führt, die für uns Menschen dunkler sind als ihre Umgebung. Es drängt sich nun die Frage auf, ob wir nach dem Erfolg der zuletzt beschriebenen Versuche auch unserem Schmetterling die Empfindungskategorie der Helligkeit und Dunkelheit zuschreiben dürfen. Die strengste Form der physiologischen Auffassung ist gegen einen solehen Analogieschluß. Die vergleichende Psychologie pflegt aber ohne Bedenken auch bei Wirbellosen von „Helligkeitsempfindung“ zu sprechen. In diesem Sinne drückt sich z. B. Heß in seinen Arbeiten?) #) Heß, C. v., Über die Lichtreaktionembei Raupen unddie Lehre von den tierischen Tropismen, Pflügers Archiv, Bd. 77 (1919), 8. 104. 12* * 162 Fritz Knoll. aus. Ich halte ebenfalls die Annahme einer Helligkeitsempfindung im Sinnesleben der Insekten für berechtigt, doch mit der Einschränkung, daß damit nichts über das Vorhandensein eines Bewußtseins ausge- sagt wird. | Unter der eben gemachten Annahme ergibt sich aus den Versuchen folgendes: Die Falter von Macroglossum wenden sich auf ihren Dunkelflügen bei gleichbleibender Hellig- keit der Unterlage jenen Stellen zu, welche für sie am dunkelsten sind, wobei überdies die Größe der dunklen Stelle eine wichtige Rolle spielt. Um ein vollständiges Bild und zugleich eine Kontrolle des bisher (sesagten zu bekommen, muß hier noch auf folgende Frage eingegangen werden: Wie verhalten sich die Herbstfalter von Macroglossum stella- tarum, wenn ihnen helle ebene Gebilde auf dunkler 6 9 TC e\ b f x NV Fig. 30. Verschiedene Formen der Anflüge auf Scheibehentafeln, schematisch. H = helle Fläche, D = dunkle Fläche. Die zur Tafelebene annähernd senkrechten Ebenen durch die Flugbabnbögen sind (in die Zeichnungsebene) um- gelegt dargestellt. Jene Stelle der Flugbahn, die der Tafelebene am meisten nahekommt, ist in ihr durch einen Punkt kenntlich gemacht. a, d = stumpfe Anflüge; b, c, e, f = scharfe Anflüge. (Y, der nat. Größe.) ebener Unterlage dargeboten werden? Um dies zu ermitteln, ver- wendete ich zum Teil Kreisscheibehen (30 und 40 mm Durchmesser) oder kleine Quadrate aus mattem weißem Pigmentpapier auf mattschwarzer Unterlage (im Format 10 X15cm), zum Teil lichte Scheibchen und dunkle Unterlagen, die ich mir in der früher angegebenen Weise aus photographischem Lampenlichtpapier herstellte.e Bei allen diesen Versuchen erhieltich zahlreiche Anflüge auf ver- schiedene Stellen derdunklen Unterlagen und nie- malssoleheaufeindaraufbefindliches helleres Ge- bilde. Da ich hier zur Vermeidung von Weitläufigkeiten keine Zahlen- angaben bringen will, beschränke ich mich darauf, einige schematische Zeichnungen mit Anflügen gegen dunkle Scheibcehen (Durchmesser 30 mm) auf hellem Grunde (Fig. 30 a, b, ec) und gegen dunkle Unterlagen mit hellen Scheibchen (Fig. 30 d, e, f) wiederzugeben. Die Pfeillinien in den Figuren bedeuten die Flugbahnen der Falter; durch Punkte be- sonders gekennzeichnet sind jene Stellen, wo sich die Flugbahnen am Balearen ai a nen nn da f Insekten und Blumen. 163 meisten dem Objekt genähert hatten. Die Abkehr nach dem Anflug er- folgt entweder in einer S-förmigen Linie, wobei die Flugbahn an der - Stelle größter Annäherung einen Bogen bildet (a, d stumpfe Anflüge) oder so, daß in der nächsten Nähe des Objekts eine (b, e) oder mehrere (e, f) scharfe Spitzen entstehen (scharfe Anflüge). In dem in Fig. 30 c gezeichneten Falle folgten zwei scharfe Anflüge auf das Scheibehen un- mittelbar aufeinander. Vergleicht man nun die einzelnen Darstellungen der Anflüge, so wird man erkennen, daß die Orte der stärksten Annähe- rung der Flugbahn an das Objekt bei den dunklen Scheibchen auf hellem Grunde über den Scheibehen, bei hellen Scheibehen auf dunklem Grunde über letzterem liegen. Doch erhält man bei solchen Anordnungen, die man an einer Wand von mittlerer Helligkeit anbringt, auch wenn die Objekte mit Glas bedeckt werden, unter sonst gleichen Umständen mehr Anflüge auf die dunklen Scheibchen als auf die dunklen Unterlagen, ferner sind die Anflüge auf jene im Durchschnitt weitaus schärfer als auf diese. Derartige Erfolge sind nach den Ergebnissen der Versuche mit verschieden großen dunklen Flächen auf heller Unterlage (S. 154 bis 159) ohne Schwierigkeit verständlich. Voraussetzung ist nur, daß die in Fig. 30 gezeichneten Rechtecke sich auf mittelheller Unterlage befinden, wobei in den Fällen a, b, e die Fläche des Rechteckes heller ist als die Unterlage, bei d, e und f dagegen dunkler. Die gerade besprochenen beiden Typen der Anflüge (stumpfe und scharfe), die natürlich ineinander übergehen, sind ein wichtiges Hilfs- mittel bei der Beurteilung der von einer ebenen Fläche ausgeübten an- ziehenden Wirkung. Hat man zwei verschieden helle Flächen gleicher sonstiger Beschaffenheit einem fliegenden Tiere auf derselben Unterlage dargeboten, so ergibt sich bei einiger Übung in diesen Beobachtungen sehon aus der Gestalt der beiden Anflugslinien, welche der beiden Flächen für das Tier die dunklere ist: die dunklere wird in den meisten Fällen näher und schärfer angeflogenals die hellere. Neben der Feststellung der Anzahl der Anflüge hat auch dieses Hilfsmittel bei den noch zu beschreibenden Versuchen Ver- wendung gefunden. Wenn auch die Anflüge der Taubenschwänze auf ebene dunkle Ge- bilde in meinen Versuchen gewöhnlich nicht dazu führten, daß sich schließlich ein Versuchstier auf einem solchen niederließ, so konnte ich doch verhältnismäßig häufig beobachten, daß dies geschah und dab manchmal ein Taubenschwanz dann den Tag über oder auch die ganze Nacht hindurch auf ihm sitzen blieb. Das Tier setzte sich in der Weise nieder, daß es sich zunächst mit den Beinen flüchtig anklammerte, die Flügel zusammenlegte, einige wenige Millimeter an dem Scheibcehen empor lief und, wenn die Beine anscheinend genügend Halt fanden, die Fühler versorgte. Ein soleher Falter, der sich auf einem schwarzen 40-mm-Scheib- chen zur Ruhe begeben hatte, ist in Fig. 25 (S. 152) wiedergegeben. Ich 164 Fritz Knoll. habe auch gesehen, daß bei Versuchen mit mehreren Tieren ein Tauben- schwanz, der sich gerade auf einem dunklen Scheibchen niedergelassen hatte, durch einen anderen, der dieses nun besetzte Gebilde ebenfalls anflög, mit den vorgestreckten Beinen berührt und dadurch aufgescheucht wurde. Saß ein solcher Falter aber schon so lange, daß er sich bereits im starren Schlafe befand, dann konnte es wohl auch manchmal ge- schehen, daß ein zweiter Taubenschwanz sich neben dem ersten oder auf ihm selbst zur Ruhe niederließ und nun beide an dieser Stelle ver- blieben. Ein sitzender Taubenschwanz erscheint eben, wie sich aus späteren Versuchen ergeben wird, bei solchen Flügen einem anderen optisch nur als dunkler Fleck, der gerade so zum Anflug reizt wie ein beliebiger anderer von ebensolcher Dunkelheit. Meine Versuche mit saugenden Taubenschwänzen werden zeigen, daß Teile des Sinneslebens unserer Versuchstiere in ausgedehntem Maße von einem bestimmten Erfolg der Reaktion beeinflußt werden. Wir können dann bei dem durch ihn abgeänderten Verlauf der darauf- folgenden sonst gleichartigen Reaktionen von Erfahrung sprechen. Dieser Erfahrung muß naturgemäß eine Art von Gedächtnis zu- grunde liegen. Es sei hier festgestellt, daß beider Ausführung der Dunkelflüge die Erfahrung des Tieres keine er- kennbare Rolle spielt. Bei den langen Reihen gleich großer schwarzer Kreisscheibchen aus verhältnismäßig glattem Papier, die ich an den Wänden des Versuchsraumes als Wegmarken anbrachte, ließen sich dieselben Tiere immer wieder durch sie zu Anflügen und Versuchen, sich mit den Beinen anzuhaften, verleiten, wenn ihnen dies auch nicht gelang. Aus den bei vielen Tieren gemachten zahlreichen Beobachtungen an Wegmarken von 4cm Durchmesser seien hier nur zwei Beispiele an- geführt. Am 4. Oktober zählte ich bei einem im Zimmer frei fliegenden Taubenschwanz in der Zeit von 1 Uhr 36 Min. bis 2 Uhr 16 Min. nachm., also innerhalb 40 Minuten 139 Anflüge des Tieres auf solche Wegmarken, ohne daß es sich an einer davon niederließ. Bei einem anderen Falter zählte ich an demselben Nachmittag zwischen 2 Uhr 16 Min. und 2 Uhr 47 Min., also im Verlauf von 21 Minuten bei denselben Wegmarken — es waren ihrer damals nur 9 Stück angebracht — 96 Anflüge. Die Tiere lassen sich also durch „Mißerfolge“ hier nicht abhalten, immer wieder von neuem ein anderes gleichartiges Gebilde anzufliegen und mit den Beinen zu berühren, bis diese schließlich irgendwo Halt finden und das Tier sich zur Ruhe setzt. Doch sei hier nicht verschwiegen, daß die Be- urteilung dieser Fälle doch nicht so einfach ist wie es zunächst scheint. Betrachten wir nach dieser Hinsicht nochmals den früher geschilderten Versuch (8. 153) mit den unter Glas befindlichen verschieden gestalteten schwarzen Gebilden. Wenn z. B. das dort erwähnte Tier das Kreis- scheibehen sechsmal hintereinander anflog, dabei immer wieder, ohne mit den vorgestreckten Beinen haften zu bleiben, an der glatten Fläche einige E- Insekten und Blumen. 165 Zentimeter weit hinabglitt und darauf neuerlich an ihr zum Scheibehen- rand emporflog, so könnte man vielleicht das schließliche Aufgeben dieser Bemühungen auch mit einer Form von Erfahrung in Zusammen- hang bringen. Aber kann diese Abkehr nicht auch anders gedeutet werden? Da das Objekt sich gleich geblieben war, konnte sie nur durch ‚eine Veränderung innerhalb des Tieres ausgelöst worden sein. Es müßte das Nicehthaften der Beinenden nach längerer oder kürzerer Zeit im ‚anfliegenden Tier eine Veränderung der Flügeltätigkeit einer Körper- flanke hervorrufen (oder nicht verhindern, wenn solche Ungleichmäßig- keiten von Zeit zu Zeit „spontan‘ auftreten) und dadurch einen Abflug nach der Seite veranlassen. Dieselbe Frage taucht in uns auf, wenn wir _ einen Schmetterling in eine honiglose Blume den Rüssel einführen und ihn nach kurzem Bemühen diese Blüte wieder verlassen sehen. Der Honig könnte die im Tiere bereits von Anfang an festgelegte sofortige Abkehr von der besuchten Blüte entsprechend seiner Menge etwas verzögern — da aber der Honig fehlt, muß das Tier dem Triebe der Abkehr rasch - folgen, um sogleich wieder imstande zu sein, durch das Licht einer Blume neuerlich in eine bestimmt gerichtete Ablenkung der Flugbahn zu ge- _ raten. Man sieht aus dieser kurzen Auseinandersetzung, wie verwickelt derartige Vorgänge sind und wie schwierig es ist, bei solchen, dem Menschen in jeder Hinsicht so ferne stehenden Tieren zulässige Ver- gleiche mit menschlichen Zuständen und Handlungen durchzuführen. 2. Der Nachweis des Helligkeitskontrastes farbloser Flächen. Nach den von mir beschriebenen Versuchen hängt bei verschieden dunklen Flächen die Zahl der erzielten Falteranflüge unter sonst gleichen Umständen von der Menge des Lichtes ab, die von der Flächeneinheit in das Auge des Tieres gelangt. Die Helligkeit einer kleinen abge- grenzten Fläche ist aber für unser Auge nicht nur durch die Intensität _ des von ihr zurückgestrahlten Lichtes bedingt, vielmehr hat beim Zu- standekommen der Gesichtsempfindung auch die Intensität des Lichtes, das aus der unmittelbaren Umgebung dieser Fläche in unser Auge ge- langt, einen wesentlichen Anteil. Es gibt für uns einen „simultanen Kon- trast“: eine dunkle Fläche erscheint uns heller, wenn sie in dunkler Um- gebung auftritt, und umgekehrt. Den größten Helligkeitskontrast und damit den größten Helligkeitsunterschied muß somit Schwarz auf "Weiß oder Weiß auf Schwarz geben. In blütenbiologischen Werken wird _ immer mit Selbstverständlichkeit davon gesprochen, daß die Blumen gerade so wie uns Menschen auch den Insekten oft durch Kontrast- wirkung besonders auffallen. Diese Vermutung wurde aber bisher von niemandem wissenschaftlich überprüft, obwohl dies ja längst notwendig gewesen wäre. Gerade dazu sehien mir der Dunkeltrieb der Herbstfalter von Macroglossum eine günstige Möglichkeit zu bieten. Nach zahlreichen, 166 Fritz Knoll. mit wechselnden Erfolgen unternommenen Vorversuchen gelang es mir schließlich eine Methode auszuarbeiten, deren Anwendung uns darüber zuverlässigen Aufschluß zu geben vermag. Die dazu dienende Flächen- anordnung ist in Fig. 31 abgebildet. Auf einem glanzlosen, neutral grauen Papier von der Helligkeit 33 (verglichen mit der als 100 angenommenen Helligkeit eines weißen Pigmentpapiers) wurden fünf mattschwarze, kreis- runde Papierscheibehen gleicher Größe (Durchmesser 20 mm) angeklebt. Eines dieser Scheibehen (künftig als Kontrastscheibehen bezeichnet) be- kam einen 3mm breiten konzentrischen Rand aus glanzlosem weißem Fig. 31. Fig. 32. Anordnung verschieden heller Papierflächen zur Untersuchung des simultanen Helligkeitskontrastes. (!/; der nat. Größe.) Pigmentpapier, das ihm symmetrisch gegenüberliegende erhielt einen ins Grau der Unterlage verschwimmenden Saum von derselben Breite, indem ich dessen nächste Umgebung enggedrängt mit feinen Tuschepunkten ver- sah, deren Gefüge sich nach außen hin immer mehr lockerte. Nach unten wurde die ganze Anordnung an eine Wegmarkenreihe angeschlossen. Die in der Symmetrielinie der Versuchsgruppe gelegenen schwarzen Scheib- chen (Richtungsscheibehen) dienten der optischen Einstellung des an- fliegenden Tieres in die Mittellinie zwischen den beiden umränderten Scheibchen, so daß durch sie für das Tier die Möglichkeit gegeben war, beide gleichzeitig zu erblicken und mit gleich langen Wegstrecken sowohl zum rechten als auch zum -linken berandeten Scheibehen zu gelangen. 2 re nn 2 1 eh ee De na Insekten und Blumen. 167 Solche Scheibehen, zwischen denen ein Versuchstier im Fluge zu wählen hatte, seien künftig als Wahlscheibehen bezeichnet, Die beiden unteren paarig gestellten schwarzen Scheibehen der Anordnung waren vonein- ander (von Rand zu Rand gemessen) 13 mm entfernt, die beiden Wahl- scheibehen 30 mm schräg über ihnen. Die hier verwendeten Maße der Versuchsanordnung und ihrer Teile waren dabei von besonderer Wichtigkeit, da (wohl infolge des unveränderlichen, bestimmt um- grenzten Gesichtsfeldes des Tieres) die Versuche mit anderen _ ähnlichen Anordnungen aus demselben Material nicht ebenso sicher ge- langen. Die gewählte Lage des obersten Scheibehens der Mittellinie ist dagegen nicht wichtig. Sein Abstand vom unterhalb befindlichen (von Rand zu Rand) betrug 52 mm. Da durch die vorausgegangenen Versuche sichergestellt worden war, daß keines der verwendeten Materialien eine _ ehemische (Duft-) Anloekung auf den Taubenschwanz ausübt, konnte die Anordnung ohne Bedeckung mit einer Glastafel dargeboten werden.‘) Inder folgenden Tabelle 7 gebe ich den Erfolg der Versuche wieder, die mit der beschriebenen Anordnung gemacht wurden. | Tabelle 7. Kontrastversuch, entsprechend Fig. 31. | BIETEN | 1:6 Zahl der Anflüge tiber die | Anflüge, die über die | ee Riehtungsscheibehen zu dem | yittellinie der Anord. | Zahl der Sal me linken nung gingen, aber nicht er BEWBERER \Wahlscheibehen rechten | Zu den Wahlscheibehen a (Kontrast- Wahlscheibehen führten ie scheibehen) rt 21 4 | 5 30 12. X. 26 8° | 2 31 Zusammen 61 9 | 8 18 Diese hier zusammengefaßten Versuche wurde mit verschiedenen Tieren und zu verschiedenen Stunden des Tages gemacht. Sie zeigen #4) Wenn ein Herbstfalter von M. zu einem Scheibehen meiner Versuchs- anordnungen hinflog, betrug der Winkel zwischen der Wandfläche und der Körper- achse des Tieres grob angenähert im Mittel etwa 45°. Dies hatte darin seinen - Grund, daß sich das Tier meist von unten her zu einem Objekt hinbegab. Indem sich dabei für den Anblick durch den Falter die gleichmäßig weiße Zimmerdecke auf einer die Anordnung bedeckenden Glastafel spiegelte, mußte ein Teil des Helligkeitsunterschiedes zwischen den einzelnen dargebotenen Objekten für den Ver- _ suchserfolg verloren gehen. Deshalb: vermied ich hier die sonst zur Ausschaltung des Duftes angewendete Glasbedeckung. Doch zeigten spätere Versuche (Tabelle 17, 19), daß selbst bei solchen unter Glas befindlichen Anordnungen noch immer der Erfolg des Kontrastversuches sich klar und unzweifelhaft feststellen läßt. 168 - Fritz Knoll. klar den Einfluß der weißen Einfassung des Kontrastscheibehens auf die Zahl der erzielten Anflüge. Eine weitere Versuchsreihe soll nun zunächst ein Kontrastscheib- chen auf der rechten Seite der Anordnung darbieten. Statt schwarzer Wahlscheibehen wurden graue gewählt (Helligkeit 25), die nicht viel dunkler waren als die graue Unterlage (Helligkeit 33). Alle Scheibehen hatten wie früher 20 mm Durchmesser, die Richtungsscheibehen wurden wieder aus mattschwarzem Papier gewählt, das oberste der vorigen An- ordnung blieb hier weg. Der Abstand der Wahlscheibehen betrug unter- einander von Rand zu Rand 61 mm, von dem Rande des obersten Rich- tungsscheibehens 48 mm. Die beiden Richtungsscheibehen standen 7 mm voneinander ab. Der 10 mm breite Ring des Kontrastscheibehens war wie vordem aus weißem Pigmentpapier hergestellt (Fig. 32). Die An- ordnung wurde auch diesmal ohne Glasbedeckung an der Wand be- festigt. Das Ergebnis der lange Zeit hindurch mit zahlreichen Tieren durehgeführten Versuche (verschiedener Tageszeiten) faßt Tabelle 8 zu- sammen. Tabelle 8. Kontrastversuch, entsprechend Fig. 32. Mn — Zahl der Anflüge Zahl der | Tag des Ä über die Richtungsscheibcehen zu dem ver- | ee linken Wahlscheibchen Brühe - en ge | 20. X. | 0 11 ee IN. | 3 or 18 er: x wu = wen en _ ö n ee ax] a | nr FD ; 8 9 3, 0 14 14 | x SR | 0 Ben Porn a u Er 24 | Zusammen | 7 | 105 | 112 | Diese Versuchsreihe zeigt noch viel deutlicher den Erfolg des Kon- trastscheibehens, da mit Absicht hier für die beiden Wahlscheibehen ein Grau gewählt wurde, das sich so wenig von dem der Unterlage unter- schied, daß es von dem Tier gerade noch im Vergleich zu dieser als dunkler wahrgenommen werden konnte (was durch die wenigen, aber deutlichen Anflüge auf das linke Wahlscheibehen bezeugt wurde). Eu age ak ee = ne MER TI) TEE EN oh, 27 ER ANNE Insekten und Blumen. 169. | Damit glaube ich den überaus wichtigen Nach- weis erbracht zuhaben, daß beim Sehen der Fazetten- augen unserer Schmetterlinge tatsächlich Kon- trastempfindungendurchdieBetrachtungunmittel- bar aneinander angrenzender verschieden heller Flächen ausgelöst werden. In dieser Fähigkeit zur Kontrast- empfindung liegt für das Wahrnehmen weißer Blumen besonders durch Nachtfalter eine wesentliche Erleichterung. Wie sich aber im besonderen ‚dieser Vorgang des Kontrastes bei den weiß umrandeten Scheibehen im Tiere aufbaut, liegt noch fern von unserer Beurteilung. Doch ist durch eine Weiterentwicklung der hier gegebenen Methode auch eine sinnes- _ physiologische Vertiefung in die Einzelheiten des Problems möglich. Eine derartige Untersuchung läge aber bereits außerhalb des Rahmens der hier bestehenden Absicht. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß durch die Kontrast- nr versuche verständlich wird, weshalb die Herbstfalter bei größeren schwarzen Flächen nicht gegen deren Mitte, sondern gegen deren Rand _ fliegen: wo eine dunkle Fläche an ihre hellere Umgebung grenzt, muß _ auch für den Falter infolge des Helligkeitskontrastes die dunkle Fläche _ am dunkelsten erscheinen, so daß sein Flug dorthin gerichtet wird. Sn * 3. Die Ermittlung der Helligkeit farbiger Flächen durch ek: frei fliegende Falter. Nachdem Versuche gezeigt hatten, daß die Herbstfalter von Mucro- glossum stellatarum bei Dunkelflügen farbige Papierscheibehen ohne Veränderung ihres Gebarens ebenso befliegen wie graue und schwarze, so war mir dadurch die Möglichkeit gegeben, unbehindertin einemgroßenlichten Raumfliegendeunddabeiver- läßlich helladaptierte Tiere zur Bestimmung der von ihnen wahrgenommenen Helligkeit färbiger Flächen zu verwenden, a) Die Kennzeichen der Dunkelflüge im Vergleich zu den anderen Flügen des Falters. Wenn wir daran denken, die Dunkelflüge der Herbst- falter von M. der Ermittlung von Helligkeiten dienst- bar zu machen, so müssen wir vorher die Unterschiede dieser Flüge von den in Betracht kommenden anderen genau kennen und überdies bei den Versuchen dafür - sorgen, daß uns eine allenfalls eintretende Um- _ stimmung des Tieresnicht entgehen kann. Wenn man ‚die in der Tabelle 9 angegebenen Flugtypen nach ihren motor ischen Be gleitreaktionen unterscheidet, kann bei der Beurteilung der Anflüge keine Verwechslung vorkommen. 170 Fritz Knoll. . Tabelle 9. Übersicht der Flugtypen. Motorische Begleitreaktionen unmittelbar Pe eye vor dem beflogenen „Objekt“ Flugtypus | nannten Fluges der Beine des Rüssels ‚des Hinterleibes Flug gegen den | | Rand dunkler Ob- Plötzliches | | jekte in heller | Vorstrecken der | Dunkelflug Umgebung. (Im | Beine und allen- keine keine Anschluß daran |falls Anklam- häufig Niederset- |mern an dem | zen und Einschla- Objekt. fen.) | Flug gegen Ob- | jekte, die uns .! Der Hinterleib inehr od. weniger Plötzliches wird nach ab- grün erscheinen, Vorktiäiikku ih wärts einge- ohne erkennbare Beirie nnd Auch! krümmt, aus Legeflug Rücksicht auf de- | ,. | keine seinem Ende 1. |tiges Änklam- Se ren Helligkeit. ta Ara ein Ei abgege- (Führt bei ent- ‘ekt ben und an die sprechenden Ob- ie nächstgelegene jekten zur Ablage Stelle geklebt. von Eiern.) Flug gegen ein bestimmtes Licht TR a Flächikampie); rollen des Rüs- | wobei die Inten- selruid Berk: - Nahrungsfiug || Sität des Lichtes ren desObjektes (dessen ge- ebenso ar Rolle \ mit der Rüssel- } Fre spielen kann wie keine spitze, allenfalls keine schnitte) die Zusammenset- Einführen des zung aus Lich- tern bestimmter Wellenlänge. (Führt zum Blü- tenbesuch.) Rüssels in die- ses und Aufsau- gen des Futters. Zwischen den in der Tabelle 9 angeführten Flugtypen gibt es auch Übergangsformen. Solche habe ich beobachtet, wenn sich bei Tieren, welche auf gelben Blumen saugten, der Legetrieb auszuwirken be- gann. Auch können Nahrungsflüge in Dunkelflüge übergehen, so daß aus- nahmsweise am Ende eines Fütterungsversuches z. B. mit blauen Blumen vor den typischen Dunkelflügen noch einige Anflüge eingeschaltet werden, bei denen das Tier vor kleinen schwarzen Objekten den Rüssel mehr oder weniger entrollt. Auch ist zu bemerken, daß bei den ersten Dunkelflügen, die ein Falter in einer Flugfolge ausführt, die Beinreaktion noch nicht so Insekten und Blumen. 171 deutlich sichtbar ist wie bei den Anflügen kurz vor dem Niedersetzen. Solche Übergangsformen können aber den Untersuchungen über die Dunkelflüge nicht gefährlich werden, da sie viel zu wenig zahlreich auf- treten und weil überdies mit Hilfe der schwarzen Wegmarken eineständige Kontrolle über die Auswirkung des Dunkeltriebes möglich ist. Wenn nämlich ein Falter zwischen zwei unmittelbar und rasch aufeinander folgenden typischen Dunkelflügen gegen schwarze Scheibehen auch ein farbiges Objekt mit den gleichen motorischen Be- gleitreaktionen befliegt, so haben wir das Recht, anzunehmen, daß auch dieser Flug gegen das farbige Objekt aus der gleichen physiologischen Grundlage (Stimmung) heraus erfolgt ist, wie die, welche zu den An- flügen auf die schwarzen Scheibchen nötig ist. Eine solche Kontrolle habe ich bei allen meinen Dunkelflugversuchen durchgeführt. Wer die Absicht hat, meine Versuche mit den im folgenden be- schriebenen Methoden nachzuprüfen oder nach anderen Richtungen aus- zugestalten, muß, um jeden Mißerfolg zu vermeiden, hiezu womöglich solche Herbstfalterauswählen, welchekeine Nahrung mehrzu sich nehmen. Ob die Tiere noch nahrungsbedürftig sind oder nicht, zeigt sich sehr bald, wenn man das Fenster des Versuchs- raumes nach Art der Fig. 35 (S. 197) herrichtet und den Faltern auf dem Versuchsbrett eine Anzahl kräftig gefärbter violetter (blauer) und gelber Blumen darbietet. Wenn die lebhaft im Zimmer fliegenden Falter sich nicht um die Blumen kümmern, werden ihre Anflüge gegen dunkle Objekte von der Art sein, wie ich sie früher als typisch beschrieben habe. Auch Tiere, die sich bereits einige Zeit im Winter- schlafbefunden haben, zeigen, wenn sie am Lichte erwacht sind, dieDunkelflügesehrgutausgeprägt. Dagegen sind bei einem Tiere, das noch abwechselnd Dunkelflüge und Futterflüge aus- führt, die Dunkelflüge gewöhnlich nicht so regelmäßig und charakte- ristisch, wie es.für solche Versuche erforderlich ist. Doch werden die meisten der im Herbst ins Haus kommenden Falter sich zu den Hellig- keitsversuchen eignen, so daß ich bei meinen Schilderungen und Ausein- andersetzungen die hiezu verwendbaren Schmetterlinge dieser Jahreszeit künftig kurz als „Herbstfalter‘‘ bezeichnen darf. b) Die Durchführung der Versuche. Die Grundlage der zu schildernden Versuche bildet eine einfache Anordnung, die ich Scheibehentafel nennen will. Auf einem weißen feinkörnigen Zeichenpapierblatt der Größe 10 X 15cm wurden, wie im oberen Teil der Fig. 33 dargestellt ist, ein oder zwei der zu prüfenden Papiere als Scheibehen von 40 (manchmal auch 30) mm Durch- messer angeklebt. Diese Papierblätter habe ich mit gleich großen Glas- tafeln bedeekt und mittels kleiner Haken an der Wand befestigt. Für die Regelung der Anflüge wurden entweder darunter angebrachte 172 Fritz Knoll. schwarze Wegmarken verwendet oder eine größere Zahl solcher ver- schiedener Scheibchentafeln in gleicher Höhe nebeneinander dargeboten, so daß diese selbst die Weiterleitung des Tieres besorgten. Sollten zwei 4 =] H | H DIR Rn / Ä \ Fig. 33. Anflüge auf verschiedene Anordnungen. Oben: Zwei weiße Rechtecke, darauf farbige Kreisscheiben, unter Glas. (G = Gelb Nr. 4, B = Blau Nr. 12 der Hering-Farbpapiere ) In die Anordnung ist die Vertikalprojektion zweier Flugbahnen (Dunkelflüge) eingezeichnet. (!/, der nat. Größe.) Unten: Auf weißem Grunde unter Glas nebeneinander ein für den Falter helles, farbiges (H) und dunkles (D) ebenfalls farbiges Rechteck, auf ihnen je ein Papierscheibchen, das dem nicht als Unterlage verwendeten farbigen Papier der beiden Rechtecke entspricht. Mit zwei Flugbahnen (Dunkelflüge in Vertikalprojektion). (!/, der nat. Größe.) farbige Papiere hinsichtlich ihrer Helligkeit durch das Tier verglichen werden, wurden die Scheibehen beider Papiere entweder auf derselben Tafel übereinander (Fig. 33, oben rechts) angebracht oder auf zwei un- mittelbar benachbarten Tafeln nebeneinander, beide auf gleich hellem al A Insekten und Blumen. | 173 Grunde. Auch die Scheibchendoppeltafel, die in Fig. 33 (unten) gezeichnet ist, bewährte sich zu diesem Zwecke sehr. Ich habe - Stücke der beiden zu vergleichenden Papiere in der Größe 10 X 15 cm hergestellt und auf jedes ein Scheibchen des anderen Papiers geklebt. Beide wurden dann, mit einer großen Glastafel bedeckt, den Tieren dar- geboten. Waren die Anflüge so, wie sie im unteren Teil der Fig. 33 ein- getragen sind, dann war das Scheibehen der linken Hälfte dunkler als dessen Unterlage, in der rechten Hälfte war dies umgekehrt. So wurde der Erfolg der einen Hälfte stets durch den der anderen nachgeprüft. Beide Formen der Anordnung lassen sich natürlich nach Bedarf beliebig abändern. Bei paarigen Anordnungen von Scheibehen (wie in Fig. 33, oben) muß noch berücksichtigt werden, daß dabei das untere Scheibehen in seiner Lage gegenüber den anfliegenden Tieren etwas begünstigt ist, da diese gewöhnlich von unten her zur Tafel geflogen kamen. Wenn dem- nach in einem bestimmten Falle das untere der beiden Scheibehen nicht beachtet, das obere dagegen oft beflogen wird, dann hat das obere Scheibehen trotz seiner etwas weniger günstigen Lage im Wettbewerb den Sieg davongetragen, und gerade solche Fälle sind ja bei Versuchen anzustreben. .: m ‘#) Vorversuche mit Grau. Die mit grauen Papieren nach den eben beschriebenen Methoden angestellten Versuche haben bei Herbstfaltern von M. sehr gute Erfolge . gezeigt. So habe ich z. B. den Helligkeitsversuch bei zwei von mir sehr viel verwendeten grauen Papieren durchgeführt: ich erhielt (bei der in Fig. 33, oben, gezeichneten Anordnung, unter Glas) auf das als oberes ee: angebrachte dunklere Scheibehen des Grau II (Helligkeit 33, Papier der - früher beschriebenen Kontrastanordnungen) in acht Tagen zusammen | 65 Anflüge, während das lichtere Grau I (Helligkeit 63) bei denselben Versuchen zusammen nur 2 Anflüge erzielte. Mit derartigen Versuchen kann man natürlich keine Messun- | gen der Helligkeiten vornehmen, doch kann man mit ihnen vollkommen verläßliche Helligkeitsreihen ermitteln. Selbst für die Kritik der von H e ß gemachten Annahme der totalen Farbenblindheit auf Grund der Helligkeit farbiger Lichter genügt ja in den meisten Fällen der | sichere Nachweis, daß ein bestimmtes Licht heller oder dunkler ist als ein bestimmtes anderes. | %) Versuche mit Hering-Farbpapieren. Die seinerzeit von Hering eingeführten matten Pigmentpapiere sind heute eine unentbehrliche Grundlage einer jeden farbenphysiologi- schen Untersuchung, die sich farbiger Papierflächen bedienen will. Es ist deshalb sehr zu begrüßen, daß Frisch seine ausgedehnten Unter- ‚suchungen über das Farbensehen der Honigbienen, die er mit farbigen (IT erJOquL 18104) "yopIoyasısyun JIOxsııjoH 91oduLıod pun Zundiyyeg a1aggıd oıp yaaup yaııqays -Jdneg ZT ’IN Joıdvg wep uoA yoIs sep ‘ET IN NeIg wep jJIm yoıLuyE Iyas uojqleg wı purs aIg "uadıez unıg uw Zunieyyuuy aulay Usdog uspusderloa u sıp pusıgem ‘augpıazaq „nepqyamunig“* spe ı9ıdeg sosoıp ZSu1l1lop ep ‘qe UoATp gar oypIom ZT "IN Joıdeg woep Ioq u "uodunuydlozeg uoyyemed ZurIoy 'J U0A Hıp uw 1oıqg yaıuı ou YOJ (x 286-0 | C#6.0 | 818-0 1067-0 | 356-0 | 681-0 | SOL-O | 860-0 | 660-0 | 801-0 | TPL-0 F81.0 1266-0 798.01 0 ww yoayarugıd | 91 888.0 | 012-0 | 987.0 | 9TZ-0 | STI-O | 001-0 | 301.0 | SOL-0 | SIT.O ZIT-O 38T.0 | S61.0 | 268.0 17.01 (andıng) gomeig el #°3.0 | SP1-0 | 201-0 | 860.0 | 860-0 | 060.0 | 760.0 | 960.0 201.0 381-0 | TLL-0 1888-0 98.0 1987.0| ° "© aroıa) nerqupmeN rl | TI1.0 | #80.0 | 180-0 | 620-0 | 880-0 | 660.0 | 081-0 | 181-0 | 083-0 | 898-0 | PL#.0 | er8-0 |F89-0 602.01 ° "ce aeg) El 881.0 651+0 | 9IT.0 | 021-0 | ISI-O 091-0 | 708-0 | 998.0 GP8.0 | FL9.0 | SLS-0 1889-0 882.0 199.0| Se SEHR Gl 221.0 £31.0 | 881-0 | 681-0 | E08-0 | 878-0 | 088-0 | 807-0 | SEF-0 88:0 94#-0 097-0 |SEF-0 aIr.0| nn Fed ir GE1:0 | 981-0 | 9P1-0 | 061-0 883-0 | SCE-0 | FIF-0 | 087-0 | 838-0 | 808-0 969-0 | FLP-0 1919-0 |698.0| "Tl R ' upsögorunig ol 738-0 | 678-0 | LL3-0 | 618-0 | 607-0 | 96#-0 | 814.0 | S19-0 | 609.0 | 168-0 | 96#-0 | EIF-0 | S88-0 | 888-0 | "nn i der 6 IP7-0 | 2e#.0 | 66#-0 | F28.0 | 8219-0 | 6#2-0 | TFZ.0 | 669-0 | 969-0 | SIS-0 | 859-0 | 088-0 | PL8-0 | "N unızyonq]>d 8 199.0 FL8-0 919.0 289.0 | LLL-0 | 698-0 | LL8-0 | 248.0 | 982-0 | 868-0 | F0F-0 | 788-0 | 088.0 808.01 ° rn unasaton 2 669.0 849.0 | 389-0 | SIL-0 | 842-0 | I6L-0 | 694-0 | 084-0 , 819-0 | P6F-0 | GL8-0 618-0 [589-0 LET.O| "tt read. I Fritz Knoll. a en) > 684.0 | 082-0 | SPL.0 | <8L.0 | 018.0 | 888-0 | 92-0 | 869.0 | 868-0 | 9FF-0 | 6TE-0 | 998-0 | 981.0 S8T.0| tn amd 830.1 F£0.1| 980.1 600-7 | 086-0 | 688-0 | 879.0 | 60#:0 | 378-0 G8I.0 | 2E1-0 | ECT-0 | 881.0 961-0 ° " * " " (qmSPpIoH) qrasyaımodu S » 686-0 | 296-0 | 898-0 | 329-0 | 31F-0 | 808-0 | TFL-O | EIL-O | 860-0 | 860-0 | 880-0 1 80T-0 831.0 | TEL.O| (adurıg) qraoy | € 6 96.0 | 616-0 | 042-0 | 86#:0 | SE2.0 | 6FL-O | 681-0 | LOT:O | 960.0 | 680-0 | 880-0 080-0 | 001-0 881-.0| 7777ER 86-0 | 808-0 | 614-0 | 218-0 | TFL-O | 860-0 | 880-0 | 220-0 |F 20-0 120-0 | 820-0 990-0 | 780-0 1811-0 | "TFT Io | I 889 | 879 | L1Q | 8665 | GLS | ESS | F6S | ZIS | 708 | 66P LH | L9P | 697 | Ser (* 9q18 1 IN m nl pn nn IA ERER Summe: een nen nn | =y a9ıde]-ZullogH ehe a "aısıdedque4-BurdaH op (lv) 9) aIomsuoıssıwaey '0) AllageL 175 Insekten und Blumen. | > | | | > SLE-0 | 883-0 | GIL-O | LFI-0 | F08-0 | 883-0 | 998-0 | LOP-0 | 998-0 | #69-0 | 129-0 | 84-0 | 308-0 | 8EP.0 | LEE-0 | 878.0 Se Ä = 3 en | | e 273-0 | 091.0 |, 660-0 |0FL.0 708-0 923-0 | 088-0 | 94.0 | 1H9-0 | 822.0 #82-0 | 642-0 | 892.0 | 838-0 | 975-0 | 091-0 Rn # i x Pi & | | 4 813-0 | 843-0 683-0 | 908-0 | 888-0 | 288-0 728-0 | 218-0 017-0 | 983-0 | #98-0 | 683-0 | 29T.0 | EIT-O | 660-0 | 820-0 or mei.) | | u g 8.38 | 0-18 | 8-IT | 2. Gelb Nr. 4 > Grau I > Blau Nr, 12 > Schwarz. 2. Mensch (farbentüchtig, hell adaptiert): gr.‘ Weiß > Gelb Nr. 4 > Grau I > Blau Nr. 12 > Schwarz (100) (79) (63) (22) - (0) 8. Mensch (total farbenblinder Zustand?): Weiß > Grau I > Blau Nr. 12 > Gelb Nr. 4 > Schwarz (100) (63) (40) (26) (0) Die Reihe 1 zeigt also für das hier vorliegende Paar von Pigment- papieren eine Übereinstimmung mit der Helligkeitsreihe des farben- tüchtigen menschlichen Sehzustandes; mit der Reihe für das total farben- blinde Auge steht dagegen die Reihe für Macroglossum vollständig in Widerspruch. | Schwarz und Blau Nr. 12 und 13. Da sieh die Herbstfalter von Macroglossum in (den zuletzt geschil- derten Versuchen bei den Blauscheibehen ähnlich benahmen wie an den | gleich großen schwarzen Wegmarken, wurde den Tieren einige Tage "hindurch unter Glas eine Scheibehentafel mit einem auf weißem Grund angebrachten Scheibehen (40 mm Durchmesser) von Blau Nr. 12 (als ‘oberes Scheibehen, Anordnung wie Fig. 33, oben) und einem gleich ‚großen aus mattschwarzem Papier (als unteres Scheibehen) dargeboten. a 1) Chininsulfatlösung wurde schon öfters zur Ausschaltung von ultravioletten Strahlen bei Tierversuchen verwendet. Vgl. z. B. Bre cher, Leonore, Die Puppenfärbungen des Kohlweißlings, Pieris brassicae L., IV. Teil, Archiv f. Entwicklungsmech., Bd. XLV (1919), 8. 292. a 2) Die in Klammern beigefügten Zahlen bedeuten die Helligkeiten der ein- zelnen Papiere im Vergleich zu der als 100 angenommenen Helligkeit des weißen Pigmentpapiers. | : %) Vgl. hiezu die Anmerkung 2 auf S. 177. 180 Fritz Knoll. Daneben wurde in derselben Höhe der Wand eine gleiche Scheib- chentafel befestigt, die Blau Nr. 13 über Schwarz enthielt. Weitere zwei Scheibehentafeln trugen ebenfalls unter Glas auf weißem Grunde (10 x 15 cm) unten je ein schwarzes Anflugscheibehen von 20 mm Durch- messer, darüber rechts und links symmetrisch einen rechteckigen schwarzen und einen ebensolchen blauen nie Nr. 13) Streifen in den Maßen 20 X 70 mm. Da diesen Versuchen von mir nur orientierender Wert zugemessen wurde, habe ich auch verhältnismäßig wenig Zeit auf sie verwendet. Dementsprechend ist auch die Gesamtzahl der Anflüge nicht sehr groß, so daß sie für eine Helligkeitsstatistik nicht ausreichen. Trotzdem aber zeigt das in der folgenden Tabelle 12 zusammengestellte Ergebnis, zu dem sowohl frisch hereingeflogene, als auch bereits längere Zeit ge- fangen gehaltene Tiere beigetragen haben, daß bei diesem Wettbewerb kein wesentlicher Unterschied in der anlockenden Wirkung der blauen und schwarzen Scheibcehen sichtbar ist. Wir sehen somit auch hier, daß das Blau Nr. 12 und Nr. 13 für unsere Falter jedenfalls sehr dunkel sein muß, da die Schärfe der Anflüge und das Berühren der Scheib- chen und Streifen mit den Beinen bei Blau und Schwarz gleich deut- lich war. Tabelle 12. Anflüge auf Schwarz und Blau. an. 5 | Zahl der Anflüge re Ss 77 = ER m n Tag des © © © ON = S ? 23: | 838 | 835 835 | 58%; | 585 | s85 | 58% Versuches | 5224 | S2E | 52% | S2$ | 432 | 355 | “5E | 292 a3 |3:23 |<23 588 |ä55 | 355 |858 | 858 u s -— Ss * — B Pf s ca 32 = Pan 2 an 262 23 BA 18 15 8 8 4 4 4 3 2 2 2 1 I: | 94 28 39 34 19 19 10 15 3 5 7 2 ı0..%: 13 11 25 22 4 4 2 4 = 1 2 1 rg 12: X, | 3 3 4 3 1 1 0 2 Be ee | 0 1 0 0 u | Zusammen 68: 4.897 76 67 28 28 16 24 | 6 10) 10 6 ‚Die kleingedruckten Zahlen bedeuten die von den schwarzen Anflugscheibchen ausgehenden Anflüge, Daß aber selbst das dunklere Blau Nr. 13 auch für den Tauben- schwanz noch deutlich heller war als das gleichzeitig dargebotene Schwarz, konnte ich aus anderen Versuchen entnehmen, wo ich bei einem schwarzen Scheibehen (von 30 mm Durchmesser), das auf einer Unter- lage von Blau Nr. 13 angebracht war, noch sehr deutliche Anflüge auf IR ! TE a Bun all ni SB un a a u Insekten und Blumen. 181 das Scheibcehen erzielte. Da die Anordnung ohne Glasbedeckung ver- wendet wurde, hat sich auch einmal eines der anfliegenden Tiere für kurze Zeit auf dem schwarzen Scheibchen niedergelassen. nn Um die Helligkeitsstellung auch für Blau Nr. 13 zu ermitteln, habe _ ich dieses in Beziehung zu einem dunkleren Grau (Grau II, Helligkeit 33) gebracht. Die auf diese Weise für Gelb Nr. 4 und Blau Nr. 13 erweiterten Reihen sind: | | 1. Macroglossum (Dunkeltrieb): | Weiß > Gelb Nr.4 > Grau I > Grau II > Blau Nr. 13 > Schwarz. 2. Mensch (farbentüchtig, hell adaptiert): Weiß > Gelb Nr.4 > Grau I > Grau II > Blau Nr. 13 > Schwarz | (100) (79) (63) (33) en (0) 83. Mensch (total farbenblinder Zustand'): Weiß > Grau I > Blau Nr. 13 > Grau II > Gelb Nr.4 > Schwarz (100) (63) (85) ” (88) (26) (0) Auch bei diesen Reihen sieht man die überraschende Überein- stimmung zwischen Reihe 1 und 2. Die Stellung der hier be- sprochenen drei Farbpapiere innerhalb der Grau- reihe des Taubenschwanzes entzieht somit der Theorie von Heß für dieses Beispiel jeden Halt. Rot und Schwarz. Heß hatte seinerzeit nachgewiesen, daß für verschiedene Insekten das reine Rot des Spektrums nicht mehr als Licht wirksam, also voll- ständig dunkel (schwarz) ist.) Je rötlicher uns eine Farbe am Rotende des Spektrums erscheint, desto mehr macht sich in der Lichtwahr- nehmung des Insektenauges eine rasche Abnahme der Helligkeit bemerk- bar. Diese Erscheinung wurde auch durch Frisch bei seinen Ver- suchen mit Honigbienen festgestellt, indem diese Tiere rote Papiere mit schwarzen und dunkelgrauen „verwechselten‘“.?) - Ich suchte nun auch für-die roten Hering -Papiere eine Ein- gliederung in die Graureihe des Taubenschwanzes durchzuführen, um auf diese Weise die eben besprochenen Befunde von Heß und Frisch zu überprüfen. Zu diesem Zwecke klebte ich je ein mattschwarzes = "Scheibchen (30 mm Durchmesser) auf je ein Blatt (10 X 15cm) des Rot Nr. 1, Rot Nr. 2 und Rotgelb Nr. 3 der Hering-Papiere. Das Scheib- chen wurde im oberen Drittel der Mittellinie des farbigen Blattes ange- bracht. Zunächst wurde jede dieser 3 Tafeln mit Glas bedeckt zu ver- 1) Die farblose Helligkeit der farbigen Papiere ist nach den von mir durchge- führten Messungen an den grauen Papieren der Hering’schen „Verwechslungs- farben“ (Firma Rietzschel in Leipzig) angegeben. Die Genauigkeit der Werte ist eine für unsere Zwecke ausreichende. Vgl. hiezu auch die Anmerkung 2 auf S. 177. 2) Heß, C. v., Gesichtssinn (in Winterstein, Handb. d. vergl. Physiol., Bd. 4, 1912) und in späteren Arbeiten. 8) Frisch, K.v,Farbensinnund FormensinnderBiene, S.32f. PL u ee ee Be a hen heil Gate Sa u Grin Ahle Dizr Bash A Anl as BE FEN EL En air ana Ze de ale Zn EEE ZT EU | | Tea | 2 5 1° I. EB ETSE | I wie a em Be ie re | | uossu[pFTIN 9FR,], wORAIp ur 6 6 & #1 g 0 yyonsose], en ;; yıR e2 a en 3 BU " een es 01 e1 L 8 a1 & I aronsoset | "Senna | "X 9 | — - BRD 7 - _—f-— nn BIER = Dee —-- - _- in - fe a 0 0 ° i 1 I Lass. 0 uorT gop | SIUDRU aol 1. ® Be a ET | | Zn x cz ee, 0 Se g y R 3 1 0 yyouseseı | oa | | © BABES. 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Als Beleuchtung der Objekte diente teils Tageslicht, teils elektrisches Licht (Metallfadenlampe von 100 Kerzen Lichtstärke, an der Zimmerdecke angebracht) und einmal (an einem sehr trüben Morgen) auch Tageslicht, das durch elektrisches Licht verstärkt wurde. Tabelle 13 gibt den Erfolg der Versuche wieder. Zu dieser Tabelle ist folgendes zu bemerken: ng Tafel1 (mit Rot Nr. 1) erhielt nur sehr wenige Anflüge auf das Scheibchen, ; zahlreiche auf die rote Unterlage in deren verschiedenen Teilen. Die Anflüge auf das Scheibehen waren teilweise sehr unbestimmt. | Tafel 2 (mit Rot Nr. 2) zeigt im Vergleich mit der vorigen bereits mehr klare Anflüge auf das Scheibehen, doch sind sie noch immer verhältnismäßig ver- schwommen. Trotzdem setzte sich am 25. Oktober um 10 Uhr nachts ein anfliegender Falter für kurze Zeit auf dem Scheibchen nieder. Tafel 3 (mit Rotgelb Nr. 3) erhielt mit einer einzigen Ausnahme alle An- flüge auf das Scheibehen gerichtet, und zwar wohlgezielt und ziemlich scharf. Glasbedeckung und Art der Beleuchtung sowie die Tageszeit ließen keinen Einfluß auf das Ergebnis der Versuche erkennen. Aus den wiedergegebenen Zahlen läßt sich zeigen, daß Tafel 1 und 2 bei den Versuchen ähnlich wirken, im Gegensatz zum Erfolg der Tafel 3. Man erkennt fermer, daß Rotgelb Nr. 3bedeutendhellerist alsdasSchwarz. Da bei Tafel 1 und 2 die Anflüge weit überwiegend gegen die Unterlage gerichtet waren, so müßte für den Taubenschwanz nach der Art der Anflüge die Helligkeit der beiden Rotpapiere entweder geringer oder nahezu gleich sein wie die des aufgesetzten Schwarz. Weil aber ersteres bei Schwarz unmöglich ist, so: bleibt die Erkenntnis, daß beide Rot für den HerbstfaltervonM.in der Hellig- keit dem Schwarz sehr nahe kommen müssen, also sehr dunkel sind, Die Zahlen lassen dabei aber noch erkennen, daß Rot Nr. 2 an Helligkeit zwischen Rot Nr. 1 und Rotgelb Nr. 3 steht. Durch Versuche mit Scheibchen von Rotgelb Nr. 3 auf einer Unter- lage von Grau I (Helligkeit 33) konnte ich weiter feststellen, daß R o t- gelb Nr. 3 für Macroglossum beträchtlich dunkleristals diesesGrau. Somit ist genug Material vorhanden, um auch die hier angeführten Rotpapiere in die Taubenschwanz-Graureihe einzuordnen: 1. Macroglossum (Dunkeltrieb): 2. Mensch (farbentüchtig, hell adaptiert): Weiß > Gelb Nr.4> Grau I> Rotgelb Nr.3> Rot Nr.2> Rot Nr. 1> Grau II > Schwarz (100) (79) (63) (62) (58) (53) (33) (0) 3. Mensch (total farbenblinder Zustand): u eh (33) 26) (10) o Om (0) 184 Fritz Knoll. Die miteinander übereinstimmenden Teile der drei Reihen!) sind durch gleichartige Unterstreichung kenntlich gemacht. Dadurch werden die Angaben von Heß und Frisch hinsichtlich des Rot bestätigt. Man kann somit sagen, daß sichbeidenDunkelflügender M.-Herbstfalter das Gelb und Blau der Hering- PapiereinderHelligkeitso verhalten wie beim An- blick durch das farbentüchtige helladaptierte AugedesMenschenbeiguter Beleuchtung, während sich das Rotgelb (Orange) und die beiden Rot in ihrer Helligkeit ähnlich verhalten wie für das totalfarbenblinde Menschenauge. Rot und Blau. Da nach den bisherigen’ Ausführungen sowohl die roten (Nr. 1, 2, 3) als auch die blauen Hering - Papiere dem Taubenschwanz sehr dunkel erscheinen, wurden zur Kontrolle den Tieren solche rote Scheibehen auf blauem Grunde und auch blaue Scheibchen auf rotem Grunde vorgelegt. Die Ergebnisse aller dieser Versuche stimmten darin überein, daß die Herbstfalter von M. nicht imstande waren, Rot Nr. 2 vonBlauNri3nachderHelligkeitzuunterscheiden. Ebenso wenig gelang den Tieren die sichere Unter- scheidung von Blau Nr. 12 und Rotgelb Nr. 3. Dagegen war für den Taubenschwanz der Unterschiedin der Hellig- keit zwischen Rotgelb Nr. 3 und Gelb Nr. 4 derartig sroß, daß er die Unterscheidung stets leicht und ohne Verwechslung durchzuführen vermochte. Prüfung anderer Farbpapierpaare. Um die allgemeine Brauchbarkeit der bisher angewendeten Methoden zur Vergleichung der Helligkeit farbiger Papiere zu überprüfen, habe ich auch noch andere Hering-Farbpapiere den Dunkelflügen der Herbst- falter dargeboten. Dabei ergab sich: Gelb Nr. 4 ist heller als Bläulich- grün Nr. 10 und Blaugrün Nr. 11; Gelb Nr. 5 und Gelblichgrün Nr. 8 sind viel heller als Purpur Nr. 15; Blaugrün Nr. 11 ist heller als Violett Nr. 14 und Bläulichgrün Nr. 10 ist heller als Blau Nr. 13. Diese Ergebnisse fügen sich ohne Widerspruch in die früheren ein. 4. Der Nachweis des Helligkeitskontrastes bei farbigen Flächen. Nachdem von mir festgestellt war, daß für den Taubenschwanz dieselbe graue Fläche auf heller Unterlage dunkler erscheint als auf einer weniger hellen, wollen wir nun untersuchen, ob sich dieses Verhalten auch bei der Darbietung farbiger Flächen nachweisen läßt. Zur Beant- ı) Vgl. hiezu die Anmerkung 1 auf S. 181. ” el nl und ml u’ 0 Ze Insekten und Blumen. 185 wortung dieser Frage zog ich die bereits erprobte Kontrasttafel- anordnung (Fig. 32, S. 166) heran. Die Unterlage wurde grau oder farbig verwendet, die Wahlscheibchen nur farbig, der Rand des Kontrast- scheibchens weiß oder farbig. Die Anordnung und deren Maße ent- sprachen genau den Angaben auf S. 166. Mit Rücksicht auf die große Wichtigkeit der Frage für die Beurteilung der Blumenfarbe und Blumen- zeichnung habe ich viel Zeit und Mühe auf die sorgfältigste Durch- führung dieser Versuche verwendet. Die im folgenden wiedergegebenen Tabellen beziehen sich immer auf zahlreiche Tage und mehrere Ver- suchstiere. Die Versuchsanordnungen waren von zerstreutem Tageslicht beleuchtet, die Darbietungen geschahen zu verschiedenen Zeiten des Tages, gewöhnlich ohne Glasbedeckung. 1. Reihe der Kontrastversuche. Unterlage grau, Wahlscheibchen farbig, Rand des Kontrastscheibehens weiß. Tabelle 14. Unterlage Grau II (Helligkeit 33), Wahlscheibchen Blau Nr. 13. Zahl der Anflüge über die | x Tag schwarzen Richtungsscheibehen Be | zu dem des Ver- zahl der | suches BORSn TUN rechten Wahl- | Anflüge | ee scheibehen (Kontrastscheibchen) 12. X. 10 1 HM 19. X, 3 se = 8 20. X. 12 2 14 22. X. 1 ER 24. X. 17 0 2218 25. X. 3 1 4 26. X. 11 2 ie 0 BT. X. 28 1 29 28. X. 7 1 8 29. X. 5 0 a 80. X. 14 l 15 31. X. 15 2: 19 ’ 1:81. 17 1 18 2. XI. 27 4 31 4. XI. 9 2 I | Zusammen 179 | mn. 199 (Ohne Glasbedeckung dargeboten.) ("usgogadrep Zuny9opogss[g auyg) . (usyogadıep Sunyoopagsejg auyo) ISI ch ag} uowwesnZz sel 142 6 uouuesnZz 95 | & we 12:7 6 6 0 IX 1E 3 6% IX 87 0% 3 18% el I Pl ei ja Pal ° IX I 91 I SI x 'I8 61 Ai 3 TR L I 9 "X 08 gl a1 I "X 08 9 7 » X 68 II 11 0 X 68 8 0 8 "X 8 ol 01 0 "X 8 E I: € Pl x 83 87 0 x s 9 rd 2 X 9% 20 gl I X 9 & 11 0 II 08 2 8 I X '% E 0 g > L L 0 x 8 I 3 x 8 3 & 0 "X 258 ; j uoyOqIOYOR (uayogIayas}se.4juoy) (uayogıayos}se.1juoy) ueuadjeups 9anyuYy -JyeM uoyy991 u ei sayons aanyuy ERMAIPNN -JyeM uoyuı sauons ge A voyun A . -IJeM UoyypoA je 19p [yez -I9 A SOp 19p [yez -19 A 89p wop nz g wop nz g Bas u uoyogloyasssunyyaly UIZIBMAYOS el ra u9y9gqloydssdungyaIy UHZIEMUIS BL ap aoqn aSnzuvy op IyeZz ap oqn adnızjuy Aop I4eZ 2 "IL IN unıßneig EIN (aBue.1g) q196404 _ uayoqlayosıyeMm ‘(E9 HaybıaH) I neig oßejisjun '9, alageL ueyogiayosıyem ‘gE Hyde) II neıg aßeejun 'S) SllageL Insekten und Blumen. 187 2. Reihe der Kontrastversuche. eeuage farbig, Wahlscheibchen farbig, Rand des Kontrastscheibehens weiß. Tabelle 17. Unterlage Gelb Nr. 4, Wahlscheibchen Blau Nr. 12 Zahl der Anflüge über die | Tag schwarzen Richtungsscheibchen Geiamt- zu dem des Ver- ——| zahl der suches linken Wahl- een ee, Anflüge scheibchen PRBEBERER (Kontrastscheibchen) 26. X. 0 18 18 27. X. l ni 22 23 28. X. 0 6 6 29. X. 0 11 11 30. X. 0 10 10 ae 3 10 13 1. Z1, 1 6 7 2. X1. 6 24 30 A XL 2 20 . Zusammen 13 17° 140 (Unter Glas dargeboten.) Tabelle 18. Unterlage Gelblichgrün Nr. 8, Wahlscheibchen Blaugrün Nr. 11, Rand des Kon- trastscheibchens weiß. Zahl der Anflüge über die | Tag schwarzen Richtungsscheibehen Bu! zu dem des Ver- zahl der suches linken Wahl- a Anflüge II (Kontrastscheibchen) 26. X. 3 10 13 27. X. 3 29 32 28. X. 7 16 23 MX, 1 3 4 80. X. 2 9 11 81: X. 2 4 6 E31. 2 6 8 ni 3: 13 16 4.81 3 8 4% Zusammen 26 98 124 (Ohne Glasbedeekung dargeboten.) 188 Fritz Knoll. 3. Reihe der Kontrastversuche. Unterlage farbig, Wahlscheibchen farbig, Rand des Kontrastscheibehens farbig. Tabelle 19. Unterlage Rotgelb (Orange) Nr. 3, Wahlscheibehen Purpur Nr. 15, Kontrast- scheibehenrand Gelb Nr. 5; Richtungsscheibehen schwarz. | Zahl der Anflüge über die Tag schwarzen Richtungsscheibehen a 3 zu dem 4 des Ver- at zahl der u . suches en - rechten Wahl- Anflüge E see scheibcehen 3 (Kontrastscheibchen) = 26. X. 6 0 6 3 Er ae 2 15 3 28. X. 5 1 6 3 en 10 0 10 1 80. X. 13 0 13 : . X. 4 2 0 4 1 1:31 5 1 6 1 SE RE 14 1 15 ; 217 5 3 8 E Zusammen | 75 8 83 : (Unter Glas dargeboten.) E Tabelle 20. Unterlage Bläulichgrün Nr. 10, Wahlscheibchen Blau Nr.13, Kontrastscheibchen- rand Gelb Nr. 4; Richtungsscheibchen Rot Nr. 1. | Zahl der Anflüge über die ; Ta roten Richtungsscheibehen RR 4 5 zu dem F des Ver- | zahl der | suches Nakon EeB rechten Wahl- | Anflüge Scheibehen scheibchen (Kontrastscheibchen) DR, I 8 4 12 29. X. 0 2 2 | 0. X. 7 3 10 81:-X, 4 2 6 1:8 3 3 6 | BALL E ei 7 10 4. XI. 3 | 4 7 F Zusammen 28 25 58 (Ohne Glasbedeckung dargeboten.) 3; Die Tabellen 14 bis 20 enthalten die Ergebnisse aller von mir (meist gleichzeitig) angestellten Kontrastversuche mit farbigen Flächen. Man sieht daraus, daß in den ersten sechs Fällen eine sehr starke rl Ya Ara aa din a ae Ic ı 2 a ai ae nn Tann 2 en can a 7 Insekten und Blumen. 189° Wirkung des Kontrastscheibchens auf die Tiere vorhanden war. Nur der Fall der Tabelle 20 weicht davon ab. Dies hat darin seinen Grund, daß hier die Absicht bestand, das Schwarz aus der Tafel ganz auszu- schalten und die Helligkeitsunterschiede aller Teile geringer zu wählen als bei den anderen Kontrasttafeln. Die Zahl der Gesamtanflüge auf diese Tafel war verhältnismäßig klein und vor allem zeigten die Tiere im Gegensatz zu ihrem Benehmen bei den übrigen Kontrasttafeln vielfach recht undeutliche, wackelige Anflüge. Es war dies auch bei den Anflügen gegen die roten Richtungsmarken auf grünem Grunde erkennbar. Und gerade dieser Umstand dürfte wohl am meisten dazu beigetragen haben, daß sich die Anflüge auf beide Wahlscheibehen . nahezu gleich verteilten, denn es trat dadurch keine so scharfe Ein- stellung der Tiere in die Mittellinie der Tafel ein, weshalb auch die an den oberen Wahlscheibehen getroffene Entscheidung mit ver- schiedener Voraussetzung stattfand und so das Ergebnis störte. Bei allen anderen Kontrasttafeln kamen nur sehr selten, also nur ausnahmsweise unscharfe, undeutliche oder wackelige Anflüge vor. Da diese schlecht wirkende Kontrasttafel gleichzeitig mit den übrigen dargeboten wurde, war ich auch imstande, festzustellen, daß dieselben Tiere, die sich bei den anderen Kontrasttafeln in scharfen klaren Anflügen betätigten, bei der Tafel mit den roten Richtungsscheibchen versagten. Das Verhalten der Tiere war somit nur im Aufbau der Kontrasttafel begründet. Daß bei den übrigen Kontrasttafeln die Ergebnisse im Sinne der Kontrast- scheibehenwirkung ausfielen, hatte eben darin seine Ursache, daß ich die vorhergegangenen Erfahrungen mit den dazu verwendeten Papieren bei der Zusammenstellung der Versuchsanordnungen so verwertete, daß ich auf einen sicheren Erfolg rechnen konnte. Hinsichtlich der Statistik sei noch erwähnt, daß ich auch hier in zweifelhaften Fällen die Anflüge so auszulegen und zu verbuchen pflegte, daß sie zu un- . gunsten der Kontrastscheibehen gezählt wurden. Somit ist die statistische Bearbeitung des Materials als unbedingt einwandfrei zu be- ' werten. Die Erfolge der Kontrasttafelversuche zeigen also, daß farbige Flächensowohlmitangrenzendenfarbigenanderer Helligkeit als auch mit weißen oder schwarzen beim Herbstfalter von Macroglossum einen in seiner Wirkung deutlich nachweisbaren Hellig- keitskontrasthervorzurufenvermögen. Eine dunkle Farbfläche erscheint diesem Tiere dunkler in heller Umgebung als in einer weniger hellen. Mehr möchte ich aus den Ergebnissen dieser Versuche nicht schließen, da noch nicht alle Grundlagen dazu vorhanden sind. Wir wissen aus den früheren Feststellungen, daß die weiße Rand- fläche eines Kontrastscheibehens als weißes Gebilde noch keine An- 190 Fritz Knoll. ziehung auf die im Dunkelflug befindlichen Herbstfalter auszuüben ver- mag. Es wirkt also die Nachbarschaft von Hell und Dunkel auf einem Flächenstück von bestimmter Größe. Dabei muß aber bei den Kontrastscheibehen ebenso der Hellig- keitsunterschied zwischen den Wahlscheibehen und dessen hellem Saume. als auch der zwischen diesem und der Unterlage auf den Falter ein- wirken. Dadurch wird klar, daß nur die Erfolge der Kontrasttafeln mit gleicher Unterlage (z. B. die der ersten Reihe der Versuchsergebnisse) oder solcher mit gleich gebauten Kontrastscheibehen auf verschiedenen Unterlagen unmittelbar miteinander vergleichbar sind. Wenn man weiter in die Einzelheiten eindringen wollte, müßten hier neue Versuche ein- setzen. Mir genügte jedoch der allgemeine Nachweis des Helligkeits- kontrastes bei farbigen Flächen und die Ausarbeitung einer einfachen Methode, die anscheinend eine beliebige Weiterführung solcher Versuche zum Eindringen in das wichtige sinnesphysiologische Problem der optischen Kontraste gestattet. Überträgt man das eben Gefundene in den Bereich des Blüten- besuches von Macroglossum, so ergibt sich daraus, daß der Tauben- schwanz imstande sein muß, auch bei Blüten Helligkeit s kontraste zu empfinden. Dabei könnten Kontrastwirkungen zwischen einer Blume und ihrer Umgebung oder auch zwischen einzelnen ihrer Teile zustande kommen. Eine andere Frage ist aber die — und sie ist gerade für uns hier die wesentliche —, ob der Macroglossum-Falter wirklich durch solche Helligkeitskontraste bei seinen Blütenbesuchen irgendwie beeinflußt wird oder nicht. Darüber werden wir in einem späteren Abschnitt dieser Ab- handlung Näheres erfahren. 5. Versuche zur Feststellung der Helligkeit einiger natürlicher Objekte aus dem Lebensbereich des Taubenschwanzes. Es soll hier zunächst untersucht werden, ob der Taubenschwanz- falter die von ihm beachteten Blüten — über die Blütenbesuche wird später noch ausführlich gesprochen werden — auch nach ihrer Hellig- keit von der Umgebung, vor allem von dem grünen Laub der betreffenden Pflanze, zu unterscheiden vermag. Hiezu habe ich die Dunkelflüge der Herbstfalter mit Erfolg ausgenützt. Zur Durchführung der nötigen Versuche habe ich mir aus bestimmten matten Papieren rechteckige Stücke im Format 10 X 15cm hergestellt und diese dann mit je zwei übereinander stehenden kreisrunden Löchern von 23 mm Durchmesser versehen. Die so entstandenen Masken waren im Anblick ähnlich der oberen Hälfte der Fig. 33 (S. 172). Die beiden Löcher dieser Masken wurden beim Versuch mit den im Wettbewerb zu prüfenden Objekten so vollständig unterlegt, daß nirgends eine freie Lücke vor- handen war. Es entstanden auf diese Weise Scheibcehen, deren ganze Kreisfläche die Beschaffenheit der fraglichen Objekte hatte. Zur Aus- Insekten und Blumen. 191 schaltung einer allenfalls vorhandenen Duftwirkung wurden diese Masken noch mit gleich großen Glasplatten bedeckt. Die so vorbereiteten An- ordnungen habe ich dann anschließend an Schwarzscheibehenreihen (Wegmarken) an der Wand des Versuchszimmers den frei in diesem fliegenden Faltern dargeboten.') / Tabelle 21. Versuche zur Ermittlung des Helligkeitsunterschiedes bestimmter Blumen und Laubblätter mit Hilfe der Dunkelflüge. (28. X.) an —— Art "gel Objekte | Zahl der Anflüge bei Tageslicht | Bei elek- | Gesamtzahl und ihr Platz : der Anflüge an 9h 30° | 12h 40° | Qh 9p- . während des 5 bis 12h |bis 2h25° bis nos. echt gähzen ersuchsanordnung vorm. nachm. nachm. |l1® nachts Versuchstages Iinaria- | oben | 9 19 14 6 | 80 Laubblätter | nten 8 15 5 r 9 a oben |.,0 0 0 0 0, Blumenkronen | ınten 0 N v 0 0 0 Pelargonium- | oben 1 11 9 7 37 . Laubblätter | nten 9 4 8 N 18 | ron. | oben 12 21 19 7 9 Blumenblätter | nten 9 17 10 6 49 191 a) Versuche mit Laubblättern und Blumenkronen von Linaria vulgaris. Die Blumen der Linaria vulgaris Mill. sind für das Auge des Menschen sehr hell, ihre Laubblätter dagegen dunkel, einem mittleren Grau entsprechend. Die zu den Versuchen verwendeten Blumenkronen besaßen an den helleren, mehr zitronengelben Teilen annähernd die ‚ optische Beschaffenheit des Hering-Farbpapiers Nr. 5, an den dunkleren (Saftmalen) die der Nr. 4 derselben Papiere.”) Zur Prüfung des Helligkeitsunterschiedes zwischen Laubblättern und Blumenkronen von Linaria vulgaris habe ich den Tieren zwei der eben beschriebenen Masken dargeboten. Die eine (aus weißem Zeichenpapier) trug hinter dem oberen Loch eng aneinandergereihte Laubblätter, hinter dem’ unteren dicht anschließend gelegte frische Blumenkronen. Bei der anderen (aus hellgrauem Papier, H= 3) 1) Um Zeit zu sparen, ließ ich bei diesen Versuchen gewöhnlich mehrere Falter gleichzeitig fliegen. Auch habe ich die im folgenden getrennt be- sprochenen Versuche aus demselben Grunde meist gleichzeitig nebeneinander aus- geführt. - ?) Bei den Abbildungen der Linaria-Blüten auf Tafel 7 ist der Farbton der Saftmale etwas übertrieben rötlich ausgefallen. Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 14 192 Fritz Knoll. hatte ich oben die Blumenkronen und unten die Laubblätter hinterlegt. Beide Masken waren mit Glastafeln bedeckt, durch die alle Objekte gleichmäßig flachgedrückt wurden. Die Versuche führte ich größtenteils bei Tageslicht aus, doch wurden die Objekte auch (kürzere Zeit) nachis bei elektrischem Lichte dargeboten. Das Ergebnis sieht man in der Tabelle 21 zusammengestellt. Die Laubblattscheibehen erhielten zahl- reiche, die Scheibchen mit Blumenkronen keine Anflüge DieBlumen- kronen waren also bedeutend heller als die dazu- gsehörigenLaubblätter. b) Versuche mit Laubblättern und Blumenblättern von Pelargonium zonale. Diese Versuche wurden zunächst mit Hilfe zweier Masken genau so wie die mit Linaria ausgeführt. Die Kronblätter von Pelargonium zonale hort. habe ich so gelegt, daß nur die sattroten „Platten“ sichtbar waren, nicht aber die helleren basalen Teile. Für mich lag das Rot der Blumenblätter (sehr gesättigt) zwischen Rot Nr. 1 und Nr. 2 der Hering-Farbpapiere, doch standen diese an Reinheit weit hinter den Blumenblättern zurück. Es war zu erwarten, daß das Pelargonium-Rot für den Taubenschwanz dunkel aussieht, im Gegensatz zu unserem eigenen Empfinden, das ein solches reines („leuchtendes, grelles“) Rot verhältnismäßig hell erscheinen läßt. Dementsprechend erhielt ich bei diesen Versuchen auch zahlreiche Dunkelflüge gegen die Blumenblätter, ebenso wie gegen die. Laubblätter. Aus den gewonnenen Zahlen (vgl. Tabelle 21) kann man ferner entnehmen, daß für den Falter die Farbe der roten Kronblätter dunkler ist als die der grünen Laubblätter. Ich habe dazu noch einen weiteren Versuch ausgeführt, der darin abge- ändert war, daß ich beide Masken aus einem dunklen grauen Papier (Grau II, H = 33) herstellte. Wenn nun das Grau dem Grün des Laubes nahe kam, das Rot dagegen wesentlich dunkler war als beide, dann konnte es geschehen, daß Anflüge nur auf das Rot zustande kamen, während die grünen Scheibehen unbeachtet blieben. Ich habe diese Masken unmittelbar nebeneinander bei Tageslicht den Faltern darge- boten und erhielt dabei am 29. Oktober vormittags wirklich 19 Dunkel- flüge gegen die Kronblattscheibehen und nur 1 sicheren (und 1 nicht sicher als Anflug festgestellten) Flug gegen die Laubblattscheibehen. Es ist somit nachgewiesen, daß für den Taubenschwanz das. Rot der Pelargonium-Blumen dunklererscheintals das Blattgrün. c) Versuche mit Zungenblüten von Zinnia. Die im Garten wachsenden mannigfaltig gefärbten Spielarten von Zinnia wurden häufig von dem Taubenschwanz beachtet. Er beflog ihre Blütenstände und streckte dabei auch den Rüssel nach ihnen aus. Insekten und Blumen. 193 Ich wählte unter den Köpfchen zwei solehe mit purpurnen Rand- blüten. Die Zungenblüten des einen Köpfehens waren satt dunkel- purpurn, ihre Farbe stimmte hinsichtlich Helligkeit und Sättigung für das farbentüchtige Menschenauge sehr gut mit dem Hering-Farb- papier Nr. 15 überein. Bei dem anderen Köpfchen waren die Randblüten zart rosenrot, aber von demselben Farbton wie die des früher erwähnten Blütenstandes. Die Farbe dieser blaßpurpurnen Blüten könnte man an- nähernd dadurch wiedergeben, daß man auf einem Farbenkreisel das Licht eines Sektors von 250° des genannten Hering-Papieres mit 110° Weiß (Pigmentpapier) mischt. In ähnlicher Weise wie bei den vorhin beschriebenen Versuchen mit Blumenblättern stellte ich fest, daß die satt purpurnen Zungenblüten für den Falter be- deutend dunkler waren als die stark weißlichen, hellpurpurnen. Bei diesen Blumenfarben stimmte somit das Hellig- keitsempfinden des Falters mit dem unsrigen überein. Das Ergebnis war sehr klar zu sehen, da ich auf Dunkelpurpur im ganzen 80 Dunkelflüge erzielte, während bei Hellpurpur nur 13 Anflüge zustande kamen. d) Versuche mit grünem Laub und mit vergilbtem. Für unser Empfinden ist das gelbe Herbstlaub eines Baumes um vieles heller als das noch frisch grüne Blatt. Um zu sehen, ob dieser Helligkeitsunterschied auch für den Taubenschwanz vorhanden ist, habe ich meinen Herbstfaltern neben den Anordnungen mit den Pelargonium- Teilen auch Masken mit grünen und gelben Blattfiedern von Robinia pseudacacia L. unter Glastafeln zur Auswahl vorgelegt. Die Methode und Anordnung war dabei die gleiche wie bei den Pelargonium-\Ver- suchen. Die Masken bestanden aus hellgrauem Papier (Grau I, H = 63). Ich erzielte 19 Dunkelflüge gegen das grüne Laub, keinen Anflug gegen das herbstgelbe. Somit ist das gelbe Laub von Robinia auch für den Taubenschwanz bedeutend heller als das grüne. e) Versuche mit Flügeln von Macroglossum stellatarum. Um zu erfahren, wie meinen Versuchstieren ihre Artgenossen hin- sichtlich der Helligkeit der Flügelfarben erscheinen, habe ich auch Versuche nach dieser Richtung ausgeführt. Die Methode war die gleiche wie bei den eben geschilderten Versuchen mit Pflanzenteilen. Ich konnte feststellen, daß für den Taubenschwanz das Olivgrau der Vorderflügel (in seiner Gesamtheit ohne be- sondere Berücksichtigung der Zeichnung) um vielesdun klerist alsdas Rostbraun der Hinterflügel. Aus der Art der An- flüge konnte geschlossen werden, daß der Falter die Vorderflügel sehrdunkel sieht. Dadureh wird verständlich, daß öfters ein Falter, 14* 194 Fritz Knoll. der schon längere Zeit Dunkelflüge ausführte, dazu kam, sich auf einem bereits auf der Wandfläche sitzenden anderen Taubenschwanz zur Ruhe zu begeben. Mit den Erfolgen dieser Maskenversuche werden wir uns noch später zu beschäftigen haben, wenn vom Gesamteindruck farbiger Natur- objekte im Zusammenhang mit dem erbrachten Nachweis des Farben- sehens gesprochen werden wird. 6. Zusammenfassender Rückblick auf die Wahrnehmung der Helligkeit durch den Taubenschwanz. Nach allgemeinen Voruntersuchungen über die Gestalt und Größe der beim Dunkelflug von Macroglossum beflogenen schwarzen Objekte wurde zunächst festgestellt, daß die Herbstfalter bei diesen Flügen unter sonst gleichen geeigneten Umständen graue Flächen entsprechend der Intensität des von innen zurückgestrahlten Lichtes häufig oder weniger häufig anfliegen. Diese Tatsache wurde als Äußerung der Wahrnehmung und Unterscheidung verschiedener Helligkeiten durch diese Tiere auf- gefaßt und auf der so gewonnenen Grundlage die Frage nach dem simultanen Helligkeitskontrast aufgeworfen. Die Versuche beantworteten diese Frage dahin, daß wie bei uns Menschen so auch beim Tauben- schwanz die Helligkeit eines betrachteten Flächenstückes von der Intensität des Lichtes abhängt, das von dem unmittelbar daran- grenzenden Flächenstück gleichzeitig in das Auge gelangt. Es erscheint sowohl für den Menschen als auch für den Macroglossum-Falter eine dunkle Fläche auf hellem Grunde dunkler als auf weniger hellem. Diesen Weg weiterschreitend, untersuchte ich die Stärke der Anziehung farbiger Flächen auf den Taubenschwanz, der sich gerade in Dunkelflügen be- wegt. Die farbigen Flächen lenkten in sehr verschiedenem Maße die Aufmerksamkeit und Flugbewegung der Herbstfalter auf sich. Aus diesem Verhalten wurde eine Methode abgeleitet, die dazu dienen sollte, zu untersuchen, wie sich die Helligkeiten verschiedener farbiger Pigment- flächen im Gesichtssinn des Taubenschwanzes verhalten. Die Methode zeigte sich als sehr brauchbar. Die mit ihr vorgenommene Prüfung zahl- reicher farbiger Flächen ergab, daß für eine Anzahl von ihnen, z. B. für ein möglichst reines sattes Blau und ein leicht rötliches sattes Gelb, sich die Helligkeitsunterschiede so verhalten wie beim farbentüchtigen Menschen unter jenen Umständen, die ihm diese Flächen als farbig er- scheinen lassen, und zwar auch dann, wenn ultraviolette Strahlen ab- wesend waren. Dagegen zeigten die Tiere unzweifelhaft an, daß mög- lichst rein rote Flächen für sie eine weitaus geringere Helligkeit. besitzen als für den farbensehenden Menschen. Es ergab sich ein unausgleich- barer Widerspruch zu jener Grundauffassung, die He ß als einzige Stütze seiner Theorie von der gänzlichen Farbenblindheit der Insekten be- Insekten und Blumen. 195 trachtet, wenn auch hinsichtlich der Helligkeit des Rot eine Überein- stimmung mit Heß vorhanden ist. Versuche mit spektralen oder anderen homogenen Lichtern habe ich bei diesen Untersuchungen nicht durch- geführt, da sie hier methodisch schwer möglich und auch bei dieser Fragestellung ganz unnötig sind. Schließlich wurde noch nachgewiesen, daß für den Taubenschwanz auch bei der Betrachtung farbiger Flächen Helligkeitskontraste entstehen und bei den Dunkelanflügen wirksam sind. Wenn wir den Dunkelflug des Falters vom physiologischen Standpunkt aus kennzeichnen wollen, müssen wir ihn als telo- taktische Einstellungsreaktion bezeichnen, somit als solche, bei welcher das Tier „ein Objekt fixiert“ und seine Flugbewegung gerade auf dieses hinlenkt.') Für eine Untersuchung über das Zustandekommen der Einstellungsbewegung wäre der Taubenschwanz ein sehr geeignetes Versuchsobjekt gewesen; doch habe ich Versuche nach dieser Richtung unterlassen, da sie für die mir gestellte Aufgabe nicht in Betracht kamen. II. Der Nahrungstrieb von Macroglossum stellatarum und seine Verwertung für die Untersuchung des Farben- | sehens. Bei der Betrachtung des Blütenbesuches der Taubenschwänze im Freien sehen wir, daß die von ihm beflogenen und ausgebeuteten Objekte für den Menschen immer innerhalb ihrer Umgebung irgendwie optisch auffallen. Sie sind teils heller, teils dunkler als diese, meistens aber sind sie in der Farbe von dem Grün der benachbarten Pflanzenteile weit verschieden. Auch bemerken wir an zahlreichen von dem Falter beachteten Blumen einen Duft, den man von dem der Stengel und Blätter der betreffenden Pflanze in seiner Art und der Stärke leicht unterscheiden kann. In den Abhandlungen unseres Arbeitsgebietes lesen wir ohne Ein- schränkung davon, daß Duft-und Farbe die Schwärmer zu den Blumen lenken, wobei besonders auf die ausschlaggebende Bedeutung des Duftes für das Zurechtfinden der Abendschwärmer hingewiesen wird. Aber diese Angaben stützen sich nur auf Vermutungen, denn die wenigen Be- mühungen, die näheren Umstände durch das Experiment aufzuklären, haben zu keinen solchen Ergebnissen geführt, die jene Annahmen als sicher begründet erscheinen ließen. Die lebhafte Tätigkeit des Taubenschwanzes an den frei wachsenden Blumen habe ich bereits ausreichend geschildert (S. 141 £.). Es verlockt die große Sicherheit des Anfluges auf die Blüten, an Ort und Stelle Ver- suche auszuführen, um die früher aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Allein die große Geschwindigkeit der Flüge und die meist ausgedehnten 1) Vgl. Kühn, Alfred, Die Orientierung der Tiere im Raum (Jena 1919), 8. 36 ff. 196 Fritz Knoll. lockeren Bestände der von dem Falter besuchten Pflanzen lassen die allzu großen Schwierigkeiten, die sich einem solchen Unternehmen ent- gegenstellen, bald erkennen. Da nun die Herbstfalter von Macroglossum die für den Insektenforscher angenehme Eigenschaft hatten, sich selbst in dessen Wohnung zu begeben, schien mir die Möglichkeit vorhanden, die in Betracht kommenden Fragen durch Versuche im Zimmer zu ent- scheiden. Wenn meine Tiere auch im Spätherbst unermüdlich ihre Dunkelflüge im Zimmer fortsetzten, so konnte ich sie doch lange Zeit nicht dazu bringen, die ihnen hier dargebotenen Blumen zu besuchen. Sie flogen darüber hinweg oder zwischen den blühenden Ästen hindurch und beachteten nur die dunklen Objekte, ohne dabei den Rüssel zu ent- rollen. Schließlich gelang es mir aber doch, einzelne Tiere zum Saugen an Blüten von Zinaria vulgaris zu bringen und damit war der Weg für die Entwicklung einer passenden Methode zur Untersuchung der Auswirkung des Futtertriebes gegeben. ; 1. Vorbereitungen zu Versuchen mit frei im Zimmer fliegenden Tieren. Wenn man Versuche über die Futterflüge zu machen beabsichtigt, soll man damit niehtim Herbst, sondern im späten Frühjahr oder Sommer beginnen. Am besten ist es, während der Blütezeit einer von Taubenschwänzen gerne besuchten Pflanze (z. B. von Delphinium) einige an dieser saugende Tiere von der Blume weg zu fangen und mit ihnen die Versuche durchzuführen, indem man zunächst auch im Zimmer den Faltern wieder diese Futterpflanze darbiete. Um den Blumenbesuch auch hier bei den frei fliegenden Faltern leicht und sicher zustande zu bringen, empfehle ich folgende Anordnung. Wir richten ein einfenstriges helles Zimmer zunächst so her, als wollten wir in ihm die Dunkelflüge der Tiere untersuchen. Dabei halten wir die früher (S. 151) gegebene Anleitung genau ein. Durch die dunklen Wegmarken geben wir dem Falter Gelegenheit, einen allenfalls plötzlich eintretenden Übergang des Futtertriebes in den Dunkeltrieb sogleich durch Anflüge auf die schwarzen Scheibehen uns sichtbar zu machen. Die eigentliche Vor- bereitung zu den Versuchen betrifft aber die Herrichtung des Fensters. Eine einfache Fensternische wird dabei von Vorteil sein. Für die Be- spannung der Fensterscheiben verwendet man einen Vorhang, der im oberen Teile aus einem undurchsichtigen Stoff, im unteren Teile aus grobmaschigem weißem ÖOr- santinoderStramin besteht. Er wird so an dem Fensterrahmen befestigt, daß kein Tier in den Raum zwischen Fensterglas und Vor- hang hineingelangen kann. Die Maße für die Teile des Vorhanges er- geben sich aus dem in Fig. 35 dargestellten Beispiel. Der durchsichtige Abschnitt ist in diese Zeichnung nicht eingetragen; er überspannt Insekten und Blumen. 197 den ganzen unteren Fensterteil. Der dunkle Stoff soll so weit an dem Fenster herabreichen, daß sein unterer Rand vom Fußboden annähernd so viele Zentimeter entfernt ist, als die Körperlänge des davor stehenden Beobachters beträgt. Ein leichtes glattes Brett (künftig kurz als Ver- suchsbrett bezeichnet) von der Länge der Fen- _ sternischenbreite wird dann an zwei Schnüren so in die Nische hinein- gehängt, daß das Kinn des Beschauers ein wenig höher steht als jenes. Dabei muß die Aufhän- gung so geschehen, daß das Brett, das man etwa 10 bis 15 cm breit wähle, von der Organtinbe- spannung des Fensters noch 10 cm entfernt bleibt, damit die Tiere an der ganzen Organtin- fläche ungehindert (ohne an das Brett zu stoßen) auf und ab fliegen kön- nen. Um dabei ein Schau- keln des an den Schnü- ren hängenden Brettes zu verhindern, bringe man rechts und links an seinem Ende je einen 2 mm starken geraden Draht von 10cm Länge an, mit dem das Brett Fig.35. Vorbereitung des Versuchsfensters zur Fütterung vom Fensterrahmen ab- der Macroglossum-Falter mit Hilfe lebender Blumen. . . r Die dazu verwendeten Blütenstände stehen in Gläschen mit Wasser auf gespreizt wird (Fig a 35). dem in der Fensternische aufgehängten Brett (Versuchsbrett). Der obere Die Futter p flan- Teil des Fensters ist mit schwarzem Stoff, der untere mit Stramin oder . B Organtin verhängt. zen werden in breiten niedrigen Fläschchen mit Wasser so auf das Brett gestellt, daß die zu besuchenden Blüten annähernd in Augenhöhe des Be- trachters sind. Hat man ein Versuchstier in einer Schachtel, so legt man diese geöffnet auf das Brett, und zwar so, daß möglichst viel Licht zu den Augen des in ihr sitzenden (schlafenden) Schmetterlings gelangen kann. Nach wenigen Minuten erwacht das Tier (vgl. S. 132) und fliegt gegen das Licht. Es bewegt sich dann im Fluge vor dem Dann WILL Hansen anna nn ann pie nme nn = 198 Fritz Knoll. durehsichtigen Teil des Vorhanges auf und ab, hält sich dabei aber vorwiegend in dessen oberem Abschnitt etwas unter der undurchsichtigen Vorhanghälfte auf und fliegt dort hin und her, immer den Kopf dem Fenster zugekehrt. Nach einiger Zeit bemerkt man, daß sich der Falter öfters etwas vom Lichte abdreht, aber sich doch immer wieder diesem zuwendet. Plötzlich dreht sich das Tier ganz um und beginnt langsam ins Zimmer hineinzufliegen. Dieser Augenblick des plötz- lichen Umdrehensistes,in welchem ein Tier, dasin Futterstimmung gerät, den auf dem Versuchsbrett stehenden Objekten sich zuwendet undanihnen.zu saugen beginnt. Wir haben hier den Ausdruck des Stimmungs- wechsels vor uns, der uns bei solchen Versuchen immer wieder regel- mäßig begegnet und mit dem wir stets rechnen müssen. 2. Das Benehmen des Taubenschwanzes an Linaria-Blütenständen im Zimmer. a) Die Beschaffenheit der Blüte von Linaria vulgaris Mill. Da die Blüte von Linaria vulgaris im Zusammenhang mit der Art ihres Insektenbesuches schon wiederholt!) beschrieben worden ist, kann ich mich hier darauf beschränken, nur jene Eigentümlichkeiten hervor- zuheben, welche für meine eigenen Untersuchungen von Belang sind. Die gewöhnliche Ausbildung des Blütenstandes und der Blüte zeigen die Fig. 1,2 und 3 der Tafel 7. Dem unscheinbaren, aus fünf freien Blättern bestehenden Kelch von grüner Farbe sitzt die lebhaft gefärbte, streng zygomorphe Blumenkrone auf. Sie ist mit Ausnahme des orange- gelben „Gaumens“ gleichmäßig zitronengelb und besteht aus fünf Kron- blättern, die in ihren unteren Teilen zu einer vollkommen geschlossenen Röhre vereinigt sind, nach oben zu aber noch an den freien Zipfeln ihre Fünfzahl erkennen lassen. Die zwei der Achse des Blütenstandes zugewendeten Kronlappen sind mit der Kronröhre starr verbunden und mit ihrer Unterseite teilweise aneinander gefaltet; sie stellen zusammen die Oberlippe der Blüte dar. Die drei anderen Lappen bilden ebenfalls eine Einheit, die Unterlippe, die durch ein elastisches Quergelenk so an die Kronröhre anschließt, daß ein Tier beim Eindringen in die Blüte den sonst federnd geschlossenen Blüteneingang vorübergehend öffnen kann. Darin verhält sich ZLinaria gerade so wie das als Gartenzierpflanze so beliebte Löwenmaul (Antirrhinum), dessen Blüten sich haupsächlich durch den Mangel eines langen Sporns und ihre bedeutendere Größe von jener unterscheiden. Die Unterlippe der ZLinaria-Blüte ist umgestülpt, stark gewölbt und dadurch an ihrer Unterseite ausgehöhlt. Durch diese !) Vgl. Knuth, P, Handbuch der Blütenbiologie, I, 2, S. 150f,, und die übrige dort angegebene Literatur. Insekten und Blumen. 199 reiche Gestaltung erhält die Unterlippe als Hohlkörper ohne Anwendung von eigenen mechanischen Gewebeelementen eine solche Festigkeit, daß sie ohneweiters dem beim häufigen Öffnen der Blüte durch viele Besucher (Apiden) ausgeübten Druck widerstehen kann, wobei die Mechanik der ganzen Einrichtung während der Blütezeit gesichert bleibt. Die Unter- lippe ist teilweise durch eine satt orangegelbe Färbung ausgezeichnet, die den ge- wölbten Abschnitt auffallend macht, während ihre freien Lappen wie die übrigen Kron- teile zitronengelb sind. Dieser orangegelbe Fleck sei in der üblichen Weise als Saft- mal bezeichnet. Die dem Eingangsspalt der Blüte zuge- kehrten Flächenteile des Saft- mals („Gaumen‘) sind durch einzellige, dicht stehende Haare stark rauh. Öffnen wir eine Blüte, so finden wir dem- entsprechend am rechten und linken Eingangsrand der Unterlippe je eine dunkel orangegelbe Haarleiste, zwi- schen denen noch zwei wei- tere von gleicher Beschaffen- heit liegen, die an der Innen- Fig. 36. Vereinfachte Darstellung einer in der fläche der Kronröhre gegen Symmetrieebene a Blüte von Linaria den Blüteng rund hinführen 0 = Oberlippe, U= a der Blumenkrone. E = oberes (Fig. 4 der Tafel T). Nahe bei Griffelende (Narbe), D = die am Grunde des Fruchtknotens der Ansatzstelle des Frucht- ns intrmln Znlerie Aukam), 12 dc I knotens zweigt von der Kron- der Spornwand hinabrinnt. R = der Faltersaugrüssel, der, die röhre ein langer S p orn Staubbeutel und die Narbe berührend, bis in den Grund des Nektarsporns eindringt. Vergrößert ("/,). ab, an dessen Grund sich der Nektar ansammelt. Dieser Sporn ist als eine Ausstülpung am basalen Röhrenanteil des median unten (außen) gelegenen Kronblattes aufzu- fassen. Am Sporneingang stehen ebenso wie an den Basen der zwei längeren Staubblätter locker gestellte kurze Haare, die auch noch im oberen Teil des Spornes zu finden sind (vgl. Fig. 36). Die übrigen Teile der Sporninnenfläche sind glatt. Der Nektar der Blüte wird von einer gelappten Honigdrüse (D der Figur) abgeschieden und rinnt entsprechend der natürlichen Stellung des Spornes in dessen Ende hinab, es langsam von unten nach 200 - Fritz Knoll. oben füllend. Von einem regelmäßigen ruckweisen Abfließen des Nektars, wie es K. Chr .Sprengel angibt, habe ich nichts bemerken können.‘) Wenn manchmal an der Spitze des nektargefüllten Spornes eine Luftblase zu sehen ist, so kann dies dadurch zustandekommen, dab bei manchen Blüten vielleicht die Benetzbarkeit der Innenfläche stellen- weise eine geringere ist als sonst, so daß sich der Nektar zunächst un- ınittelbar unter dem Nektarium zu einem großen Tropfen sammelt, bis er schließlich infolge seines gesteigerten Gewichtes plötzlich abwärts sinkt und dabei die vorher in der Spornspitze vorhandene Luft in ihr einschließt. Solche Abweichungen in der Benetzbarkeit scheinen bei älteren schon oft besuchten Blüten als Folge der Abnützung vorzu- kommen. Die Geschlecehtsorgane der Blüte sind so vollständig von der Blumenkrone umschlossen, daß sie von außen nicht gesehen werden können. Schneiden wir die Unterlippe weg, dann werden uns sogleich die 4 Staubbeutel, in zwei Paaren nebeneinander gelagert, sicht- bar und zwischen ihnen das Ende des Griffels (Narbe). Fig. 5 der Tafel 7 gibt uns diese Anordnung wieder. Das Verhalten im Längsschnitt zeigt Fig. 36. Die Stellung der Geschlechtsorgane macht es im Verein mit den Haarleisten der Innenfläche der Unterlippe sehr leicht möglich, daß der Körper eines Insektes, z. B. einer Honigbiene, der sich in die Blüte hineinzwängt, mit beiderlei Geschlechtsorganen in Berührung kommt und so die Bestäubung der Narben durchführt. Aber auch der Rüssel bestimmter Falterarten vermag entgegen der Ansicht von Knuth?) durch den Blüteneingang bis in die Spitze des Spornes vorzudringen. Berücksichtigt man die Lage des in die Blüte eingedrungenen Falter- rüssels (Fig. 36, R), so wird man verstehen, daß Macroglossum stella- tarum, indem sein Rüssel beim Einführen und Herausziehen mit den männlichen und weiblichen Teilen der Blüte in Berührung gelangt, unter Umständen ein wichtiger Bestäuber von Linaria vulgaris sein kann.?) 1) Müller, H, Die Befruchtung der Blumen durch In- sekten (Leipzig 1873), S. 279, enthält ebenfalls eine Zurückweisung dieser An- sicht Sprengels. ?) Knuth, P., a. a. O., S. 150 unten. >) Nach den Untersuchungen von Ch. Darwin (Die Wirkungen der Kreuz- und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich, deutsch von J. V. Carus, Stuttgart 1877, S. 7, 80 und 314) hat Linaria vulgaris ihren größten Samenertrag bei Fremdbestäubung. Wurde diese unmöglich gemacht, so daß nur die Selbstbestäubung wirksam war, dann kam nur ein Siebentel des gewöhn- lichen Ertrages zustande. Daneben vermehrt sich diese Linaria aber auch durch Adventivsprosse, die an ihren Wurzeln (vgl. Van Tieghem, Recherches sur la disposition des radicelles etc., Annales des sciences nat., 7e ser., vol. 5 [1887], p. 141—143) entstehen, so daß sie auch bei mangelhaftem Insektenbesuch in ihrem Fortbestand nicht gefährdet ist. Insekten und Blumen. 201 Der anatomische Bau der Krone zeigt nicht viel Be- merkenswertes. Die außen sichtbaren Teile der Kronblatt ob er seiten besitzen eine Epidermis, deren Zellen im Gegensatz zu der Epidermis der äußeren Röhrenoberfläche stumpfkegelförmigePapillen mit gerillter Kutikula zeigen. Darin sind sie den Epidermis- zellen zahlreicher Blumenblätter sehr ähnlich. Ihr Zellsaft ist hellgelb bis orangegelb gefärbt, was von dem darin gelösten Anthochlor‘) her- rührt. Die Haarleisten bestehen aus einzelligen Haaren, die eine Länge von 15 mm erreichen können; die Zellwand dieser Haare ist außen längs- gerieft, der Zellsaft von Anthochlor orangegelb, daneben ist auch Carotin vorhanden. Die Haare beim Schlundeingang der Blüte sind etwas kürzer, mehr keulenförmig und ebenfalls einzellig. Dass Gewebe der Blumenkrone enthält reichlich lufterfüllte Inter- zellularräume, die durch totale Reflexion (,„Tapetum“ nach Exner)’, die Sichtbarkeit der Blüte sehr erhöhen. Beim Einlegen in Alkohol werden die Kronen durch Vertreibung der Luft rasch glasartig durehsichtig. Die große Helligkeit der Blumenkronen wird vor allem durch das lufthaltige Mesophyligewebe bewirkt. Nach diesen Ausführungen über die Beschaffenheit der typischen Linaria-Blüte sei darauf hingewiesen, daß an den von Macroglossum be- suchten Standorten der Linaria vulgaris verhältnismäßig häufig A b- weichungen vom Normaltypus der Blüte vorkamen. Zu- nächst gab es Blüten, die keinen Sporn besaßen, sonst aber völlig mit dem Normaltypus übereinstimmten. Es waren dies sozusagen Antirrhinum-Blüten von geringerer Größe. Dann gab es Blüten, die nur einen kurzen Sporn hatten. Weiters fand ich sonst normal gebaute Blüten mit mehreren Spornen. Alle diese Abweichungen zeigten jedoch die typische Färbung. In der Farbe verschieden waren sonst normal geformte Blüten eines Blütenstandes mit zitronengelben Kronen olıne orangegelbes Saftmal; doch war bei diesen die Kuppe der Unterlippe satter zitronengelb (ohne Änderung des Farbtones) als die übrigen Teile _ (Tafel 7, Fig. 11, 12). Dann zeigten sich noch Abweichungen in der Gestalt der freien Kronlappen und damit verschiedene Formen des Blüteneinganges. Sehr auffallend war darin ein Blütenstand, an dem alle Blüten einen weit geöffneten Blüteneingang hatten, sonst aber voll- ständig normal waren. Man konnte bei ihnen ohneweiters die frei liegenden Geschlechtsorgane sehen (Fig. 6, 7, 8 der Tafel). Schließlich fand ich noch zygomorphe Blüten mit halbpelorischem Eingangsteile und mehreren Spornen (Fig. 9 und 10 der Tafel). Auch an diesen Blüten 1) Klein, G., Studien über das Anthochlor, Sitzb. d. Akad. d. Wiss., Wien, 1920, math. -nat. Kl.,.Abt. I., Bd. 129, S. 350. 2) Exner, F. und S, Die physikalischen Grundlagen der Blütenfärbungen. Sitzb. d. Akad. d. Wiss, Wien, 1910, math.-nat. Kl., Abt. I., Bd. CXIX, S. 202—213. 202 Fritz Knoll. waren die Geschlechtsorgane frei sichtbar. Nahezu vollständig aktino- morphe Pelorien mit geschlossenem Blüteneingang, wie sie Hugo de Vries für Linaria vulgaris abbildet,‘) habe ich ebenfalls gefunden, doch habe ich sie bei meinen Versuchen nicht verwendet. b) Die Annäherung des Falters an die Blüte und das Einführen des Rüssels. Ein Strauß von Blütenständen der Linaria vulgaris, den man in einem Wassergefäß auf das Brett des Versuchsfensters stellt, lenkt sehr bald die Aufmerksamkeit eines am Organtin fliegenden Tieres auf sich. Fig. 37. Falter von Macroglossum beim Anflug auf eine Linaria-Blüte. HH = Horizontalebene, AA = Achse durch Kopfmitte und After- ende, die Gerade von B gegen das Auge gibt die Richtung des deutlichsten Sehens an. Im Auge ist die „Pseudopupille* ein- gezeichnet. Etwas vergrößert (?/,). Der Falter dreht sich im Fluge öfters um und fliegt, sobald der Strauß seine Wirkung ausübt, gerade auf ihn zu, und manchmal kann man sehen, daß das Tier schon in einer Entfernung von 25cm vor den Blüten die Rüsselspirale aufzulockern beginnt, so daß es sich mit halbentrolltem Rüssel der Blume nähert. Etwa 3 bis 4cm vor der Blüte wird der Rüssel plötzlich ganz entrollt, indem er sich von der Basis her streckt, so dab er schließlich, wenn die Rüsselspitze der Blüte aufgesetzt wird, die schon früher besprochene Knickung zeigt. Die Augen des Tieres sind dann 25 mm von der mit dem Rüsselende berührten Stelle der Blüte entfernt.?) In Fig. 37 ist ein Falter in jenem Augenblick dargestellt, wo er, an eine Blüte von Linaria vulgaris heranfliegend, deren rauhes, dunkel orange- 1) Vries, Hugo de, Die Mutationstheorie (Leipzig 1901), Bd, 1, S. 555 ff.; Fig. 158, 8. 554. ?) Über binokulares Sehen und Rüssellänge der Schmetterlinge vgl. Demoll, R., in Zool. Jahrb., Syst., Bd. 28, 1909, S. 523 ff. Insekten und Blumen. 203 gelbes Saftmal beim Schlundeingang mit der Rüsselspitze fast schon berührt. Die Körperachse des Tieres (AA) schließt mit der Bliekriehtung (vom Auge des Tieres gegen B) einen Winkel von annähernd 45° ein, der durch die Horizontalebene, die man sich durch die Kopfmitte gelegt denkt, halbiert wird. Die Knickung ist stark sichtbar, die Fühler werden schräg nach vorne gehalten, die Beine sind an den Körper angezogen und der Hinterleib ist kaum merklich nach unten gebogen. Die Beine bleiben — im Gegensatz zu dem Verhalten vieler anderer Schwärmer — während des Saugaktes in dieser Stellung dem Körper angeschmiegt, ebenso tritt dabei in der Fühlerhaltung keine Veränderung ein. Sobald das Tier die Blüte mit der Rüsselspitze berührt hat, beginnt es mit dieser auf dem Saftmal herumzuwirbeln, bis sie zwischen den kurzen Haaren des Blütengaumens den Spalt des Schlundeinganges trifft. Wenn das Rüsselende den Spalt fühlt, stößt das Tier rasch im Fluge nach vorn und abwärts und schiebt dadurch mit einer Art von Kopfsprung den Rüssel so tief wie möglich in die Blüte ein. Unter ge- eigneten Beobachtungsumständen konnte ich bei Versuchen im Zimmer aus nächster Nähe das Spiel des Rüssels innerhalb des Zinaria-Spornes durch dessen stark durchscheinende Wand sogar mit der Lupe (gegen das Licht schauend) betrachten. War der Sporn schon leer, so sah ich die Rüsselspitze kurz in dem Spornsack herumwirbeln, dann zog das Tier den Rüssel rasch wieder heraus und begab sich von der Blüte weg. War der Sporn aber noch gefüllt, dann hielt das Tier, solange sich genügend Flüssigkeit im Sporn befand, das Rüsselende im Bogen der Spornwand angeschmiegt (Fig. 36), entweder ruhig oder bewegte es nur ganz langsam, um beim Versiegen des Nektars gleich wieder die wirbelnden Bewegungen zu beginnen und bald darauf die Blüte zu ver- lassen. Zieht das Tier den Rüssel aus dem Sporn heraus, so geschieht dies etwas langsamer, wobei durch die wirbelnden Bewegungen der Rüsselspitze die Sporninnenfläche recht gut von den an ihr haftenden Nektarresten gesäubert wird. Auf die Bedeutung der geschilderten Bewegung des Rüsselendes für das Aufsuchen des Blüteneinganges muß noch be- sonders hingewiesen werden. Die wirbelnden Bewegungen der Spitze des in weitestem Ausmaß vorgestreckten Rüssels bewirken, daß durch ein ruhig vor der Blüte schwebendes Tier ohne Veränderung der Stellung der Körperachse annähernd eine Kreisfläche von etwa 5mm Durch- messer an der Blüte rasch abgetrommelt wird. Durch diese Streuung beim Ansetzen der Rüsselspitze wird dem Tier das Ein- dringen selbst in unsichtbare schmale Eingänge federnd geschlossener Blüten ermöglicht. Indem der Taubenschwanz, wie meine Untersuchungen ergaben, den Eingang in die Blüte durch den Gesichtssinn oft nicht wahr- zunehmen vermag, trommelt er das vor ihm stehende, ihn optisch an- ziehende Objekt in seiner vertikalen Symmetrielinie ab und gelangt so 204 Fritz Knoll. bei aktinomorphen Blüten ebenso wie bei zygomorphen gleich rasch in den Honigraum.') Dieses Abtrommeln geschieht bei Blumen mit frei liegendem Nektar und auch bei solehen mit geborgenem. Das EinführendesRüsselsdurcheinenschmalen mehr oder weniger geschlossenen Blütenschlund hängtabernichtvondem darin vorhandenen Honig ab. Das plötzliche Vordrängen des Rüssels eines vor der Blume schwebenden Tieres, das gerade die Blüte mit der Rüssel- spitze berührt, wird nur durch mechanische Mittel aus- gelöst. Es bewirkt ja auch an einem künstlichen honiglosen Objekt jeder Spalt diese Reaktion des Tieres, sobald dessen wirbelnde Rüssel- spitze durch das Hineingeraten in eine Verengung plötzlich an der vollen Bewegung gehindert wird. Auch der Spalt zwischen den beiden Lippen der Linaria-Blüte übt diese Wirkung auf den Falter aus. Dabei spielt die Länge des Spaltes eine wesentliche Rolle. Sie beträgt zwei Drittel des Umfanges der Wölbung der Unterlippe. Wenn der zu einer solchen Blüte kommende Taubenschwanz die Kuppe der Unterlippe mit dem Rüssel abzutrommeln beginnt, bleibt infolge der Streuung der Rüsselspitzenbewegung das Rüsselende bald an irgendeiner Stelle des langen, quer gestellten Spaltes hängen, was das Tier sogleich veranlaßt, den Rüssel möglichst gerade zu strecken und mit dem früher erwähnten „Kopfsprung‘“ nach unten vorzudringen. Der Haarbesatz in der Nähe des Spaltes verhindert dabei ein seitliches Abgleiten der Rüsselspitze und beschleunigt dadurch den Vorgang des Eindringens. In diesem Falle wirken die Papillen der Oberfläche des Rüsselendes als Aufnahmsorgane für den mechanischen Reiz. DieDauerdes Aufenthaltes des RüsselsimHonigraumderBlüteistdannnurvonder Menge des darin vorhandenen Nektars abhängig. Beim Verblühen wird die Krone an ihrer Ansatzstelle unter Mitwirkung des Druckes der Kelchblätter ohne vorherige Veränderung der Gestalt abgelöst. Sie bleibt zunächst noch auf dem nach oben ragenden Griffel hängen. Wenn ein Taubenschwanz in eine solche lose Blumenkrone den Rüssel durch ihren noch gut funktionierenden Spalt einführt, nimmt er sie beim Wegfliegen häufig am Rüssel hängend eine Strecke weit mit, „erschriekt‘‘ aber durch diese plötzliche ungewohnte Belastung, macht einige rasche Bewegungen, sich dem Lichte zuwendend, wobei dann die Krone zu Boden fällt und das Tier sich bald wieder beruhigt. Dagegen wurden die von mir reichlich mit Zuckerwasser ver- sehenen Blüten häufig nicht abgeworfen, sondern blieben verwelkend an !) Unter „Honigraum“ verstehe ich jenen Teil einer Blüte, in dem sich der von ihr ausgeschiedene Nektar ansammelt. Bei Blumen mit freiliegendem Nektar bleibt der Honig meistens einfach auf dem Nektarium liegen, bei Blüten mit ver- borgenem Nektar sammelt er sich gewöhnlich an bestimmten dem Nektarium mehr oder weniger benachbarten Teilen der Blüte an. Insekten und Blumen. 205 dem Blütenstand zurück; ihre Kronen wurden schlaff und runzelig (Fig. 15 und 16 der Tafel 7). Wenn sich einer solchen Blüte ein Taubenschwanz mit entrolltem Rüssel nähert, berührt er nur flüchtig die ganz weich gewordenen Teile mit der Rüsselspitze, ohne dabei den Eingang in die Blüte zu finden. c) Die Nektarentnahme bei mehrspornigen Blüten. Um noch genaueren Aufschluß darüber zu gewinnen, wie sich die Rüsselspitze zurecht findet, habe ich bei Versuchen mit saugenden Taubenschwänzen im Zimmer auch Blütenstände von Linaria vulgaris mit dreispornigen Blüten (Pelorien) vorgesetzt. Die Falter führten den Rüssel zuerst in einen der drei Sporne ein, wenn dieser entleert war (oder schon anfangs nichts mehr enthielt), gelangte dann die wirbelnde Rüssel- spitze beim Emporziehen in den Eingang zum zweiten Sporn, noch bevor das Rüsselende aus dem Schlundspalt der Blume hervorgezogen war, worauf ein erneutes Nachstoßen des Rüssels in den eben gefundenen Sporneingang und das Ausbeuten des Nektars daselbst erfolgte. Beim Herausziehen aus dem zweiten Sporn fand das Tier auf dieselbe Weise auch den dritten Sporn, um dort zu saugen oder es kam so wieder in den ersten zurück, ohne den noch Nektar führenden dritten Sporn zu finden. Darauf wurde das Rüsselende noch mehrmals in die benachbarten Ein- gänge der drei Sporne eingeführt, der Rüssel nachgeschoben, das Ein- dringen in die Sporne wurde immer rascher und flüchtiger und wenn das Tier die Erfahrung gewonnen hatte, daß in der Blüte nichts mehr zu finden war, verließ es diese Blume und wendete sich einer anderen zu. Das Entnehmen des Nektars aus solchen mehrspornigen Blüten wird von einem Taubenschwanz ganz ohne jedes System durchgeführt. Es hängt lediglich vom Zufall ab, ob das Tier alle drei Sporne austrinkt oder nicht; es kann z. B. sein, daß ein Tier längere Zeit abwechselnd sich an zwei nebeneinanderliegenden bereits entleerten Spornen bemüht, ohne dabei in einen unmittelbar angrenzenden dritten noch Nektar enthaltenden zu gelangen, obgleich dazu ebenso die Möglichkeit vorhanden ist. In ähn- licher unökonomischer Weise benimmt sich der Taubenschwanz auch dann, wenn an einem Blütenstand eine-größere Anzahl von einspornigen Blüten vorhanden ist. Es kann dabei geschehen, daß das Tier das Innere einiger daran befindlicher Blüten wiederholt mit dem Rüssel absucht und andere oft viel brauchbarere desselben Blütenstandes unbeachtet läßt. Der Taubenschwanz ist eben nicht imstande, sich den Ort, an dem er Nektar entnommen hat, zu merken. d) Die Dauer des Saugaktes. _ Die Dauerdeseinzelnen Saugaktes in ihrer Abhängig- keit von der im Honigraum vorhandenen Nektarmenge ließ sich sehr gut an den Blüten von Linaria vulgaris feststellen. Der Sporn einer normalen 206 Fritz Knoll. Blüte dieser Pflanze hat einen Fassungsraum von rund 10 mm’. Im Freien fand ich den Sporn nie ganz vom Nektar ausgefüllt. Dieser stieg vom Spornende nur selten höher als bis zum unteren Drittel des Spornes empor, vor allem deshalb, weil er immer wieder durch irgendwelche Be- sucher entleert wurde. Um ein gleichmäßiges Benehmen meiner Tiere an den Linaria-Blüten zu erhalten, habe ich deshalb vor allen Beob- achtungen und Versuchen die Sporne stets gleichmäßig mit Zucker- wasser‘) versehen, das ich mit einer feinen Pipette langsam einfließen ließ. Die Spornwand ist infolge ihrer Zartheit sehr stark durchscheinend, so daß man (bei der Betrachtung gegen das Licht) sieh sofort von außen her von der Menge des in der Blüte vorhandenen Nektars überzeugen kann. Die durch die Tiere entleerten Sporne füllte ich immer wieder nach, so lange ich meine Beobachtungen fortsetzte. Die Geschwindig- keit, mit der ein Taubenschwanz den Inhalt des Spornes in sich auf- nimmt, ist verschieden. Sie hängt vor allem von dem Hungerzustand des Tieres ab. Hat dieses gerade zuvor schon größere Nektarmengen ge- trunken, so saugt es die zur vollen Sättigung nötige Restmenge weitaus langsamer in sich, was auch mit der allmählichen Ermüdung der den Rüssel bedienenden Kopfmuskulatur zusammenhängen dürfte. Dies sieht man deutlicher, wenn man einem Tiere größere Mengen von Zucker- wasser darbietet. Ich ging dabei so vor, daß ich Blüten verkehrt auf- stellte und in die geräumige Höhlung ihrer Unterlippen je 70 mm?’ Zuckerwasser einfließen ließ. Die Annäherung der Tiere an solche Blüten geschah gerade so wie bei den normal gestellten, ebenso das Aufsetzen der Rüsselspitze und das Auffinden des Zuckerwassers. Nur unterblieb dabei der zum Einführen des Rüssels in einen tiefen Blütenspalt nötige „Kopfsprung‘“. Ich führe einige Beispiele an. Ein Tier saugte diese 70 mm? in 3 Min. 45 Sek. in sich ein, wobei es infolge der Störung durch ein anderes gleichzeitig fliegendes Tier inzwischen die Saugtätigkeit ein- mal für 2 Sek. unterbrochen hatte. Ein andermal sah ich ein Tier genau 2 Min. lang bei dieser Beschäftigung. Ein weiterer Taubenschwanz trank die genannte Menge in 2 Min. 30 Sek., mit sieben Unterbrechungen von zusammen etwa 10 Sek. Ein anderer benötigte hiezu 2 Min. 25 Sek.; er rollte dabei den Rüssel allmählich lose ein, sich immer mehr zur Blüte herunter senkend, bis sein Hals den Rand der Blüte berührte. Unterdessen hatte sich das Tier, was sonst nie zu bemerken war, auch mit den Vorderbeinen an der Blüte festgehalten, während die Flügel aber weiter schwirrten, doch stützte es das Körpergewicht hauptsächlich durch den aufgelegten Unterkopf. Dieses Benehmen ist ein Zeichen einer bereits sehr starken Ermüdung des saugenden Falters. Während aller dieser N 1) Das bei den Versuchen verwendete Zuckerwasser stellte ich gewöhnlich aus annähernd gleichen Gewichtsteilen Raffinadezucker (Würfelzucker) und Wasser (Zisternen- oder Leitungswasser) her. Insekten und Blumen. 207 lang andauernden Sauggeschäfte pflegten die Tiere im Fluge immer wieder von Zeit zu Zeit eine meist klare und farblose Flüssigkeit mit ziemlicher Kraft aus ihrem After auszuspritzen.!) Die Flugtätigkeit blieb auch bei diesen Entleerungen unverändert. e) Die Bedeutung des Saftmals für den Blütenbesuch. Zur Untersuchung der Frage nach der Bedeutung des orangegelben Saftmals verwendete ich Taubenschwänze, die einige Tage hindurch nur aus typisch gefärbten Linaria-Blüten Futter erhalten hatten. Da von vornherein mit der Möglichkeit einer Erfahrung bei diesen Tieren gerechnet werden mußte, habe ich die zu solchen Ver- suchen unerläßliche gleiche Vorbehandlung der Schmetterlinge genau eingehalten. | | Entsprechend der Fig. 35 (S. 197) hatte ich auf dem Versuchsbrett des Fensters eine Reihe von normalen Linaria-Blütenständen aufgestellt, dazwischen Blütenstände mit Blüten, die von den typischen verschieden waren und die in den Fig. 6, 7 und 8 der Tafel 7 dargestellte Form be- saßen. Diese Blüten hatten alle einen von Natur aus gleich- mäßig weitoffenenRachen, im übrigen stimmten sie hinsicht- lich der Färbung und auch in ihrer Turgeszenz ganz mit den typischen überein. An solehen abweichenden Blüten haben die besuchenden Taubenschwänzegewöhnlichden weit offenstehenden Eingang ins Blüteninnere nicht gefunden! Dabei konnte ich aus nächster Nähe genau beobachten, wie die Tiere das orangegelbe Mal der Unterlippe einige Sekunden lang mit dem Rüssel abtrommelten, um dann, ohne den Rüssel in den Schlund der Blüte eingeführt zu haben, zur nächsten Blüte zu eilen und dort abermals das Saftmal zu betrommeln. Nur ab und zu glitt dabei der Rüssel von der Kuppe der Unterlippe in die auf ihrer Innenseite (hier Oberseite) befindliche Rinne hinein und dann war ja das Auffinden des Nektars gesichert. Ich habe nun diesen Fall noch zu übertreiben gesucht. Ich nahm hiezu eine große, bereits welke Blüte mit lebhafter Färbung und bog die schlaffe Unterlippe möglichst weit herab, so daß der Blüten- schlund ganz freigelegt war (Fig. 17 der Tafel 7). Die Kronröhre wurde mit Zuckerwasser angefüllt. Hier zeigte sich das eben beschriebene Ver- halten des Tieres noch deutlicher. Diese Blüte wurde öfters angeflogen und dabei trommelte der Taubenschwanz zunächst längere Zeit auf dem nun ganz unten am herabhängenden Lappen sichtbaren orangefarbigen Male herum, ohne das knapp daneben frei liegende Zuckerwasser zu finden. Es lag eben bei einer so behandelten Blüte außerhalb des Streuungsbereiches des das Saftmal betrommelnden Schmetterlings- #) Untersuchungen über die Geschwindigkeit der Aneignung des Zuckers aus der aufgenommenen Nahrung wären beim Taubenschwanz sehr leicht durchzuführen. Abhandl. d. Zool,- botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 15 208 Fritz Knoll. rüssels. Nur wenn in den Bewegungen des Rüssels dabei zufällig eine besonders große Abweichung nach oben eintrat, gelangte das Tier mit dem Rüssel ins Zuckerwasser und begann dann sogleich zu saugen. Mit diesen Tatsachen wäre die Bedeutung des orangegelben Saftmals als Mittel zur Orientierung beim Einführen des Rüssels sichergestellt, wenn nicht der Taubenschwanz bei den in Fig. 11 und 12 der Tafel 7 abge- bildeten rein zitronengelben Blüten den Nektar ebenso rasch und sicher gefunden hätte wie in den typisch gefärbten. Die Frage bedurfte also noch weiterer Untersuchung. Diese führte ich in dem folgenden Experiment durch. Ich nahm einige frische Blütenstände und schnitt mit einer feinen Präparierschere an den meisten Blüten den Teil der Unterlippe, der das orangegelbe Mal trägt, sorgfältig weg und dabei auch die hervor- tretenden Geschlechtsorgane (Fig. 5, Tafel 7), so daß die Blüten dann das Aussehen der Fig. 13 und 14 der Tafel 7 zeigten. An jedem der so behandelten Blütenstände ließ ich einige wenige Blüten unversehrt. Die Operation überstanden die Blüten recht gut, ohne hernach wesentlich rascher zu welken als die unverletzten. Diese operierten Blütenstände stellte ich zwischen normalen, mit Zuckerwasser versehenen auf das Ver- suchsbrett des Fensters und beobachtete dann das Verhalten der Schmetterlinge, nachdem sie an den vorhergegangenen Versuchstagen Zuckerwasser in normalen Blüten von Linaria vulgaris erhalten hatten. Nach einigen Vorversuchen, die zur Ausarbeitung der Methode notwendig waren, wurden am 9. November solche Versuche mit 17 Tieren durch- geführt. Die meisten Taubenschwänze flogen nach dem Erwachen bald ins Zimmer hinein und zeigten im Benehmen das Auswirken des Dunkel- triebes an, bei einigen kam aber bald der Futtertrieb zur Geltung, so dab sie rasch die dargebotenen Linaria-Blüten aufsuchten. Zwischen den normalen, mit Zuckerwasser versehenen Blütenständen standen damals vier operierte Blütenstände, die ich im folgenden Versuchsprotokoll mit Buchstaben bezeichne. Es hatte ‘ Blütenstand A... . 2 normale Blüten und 6 operierte Blüten 4 BE n » »„ 6 ” » “ 2 » » „ 4 “ ” = Da... 28 > Bitte -, 2 ü Blüte Dabei mußte darauf geachtet werden, daß an den operierten Blüten- ständen alle jüngeren, noch nicht geöffneten Blüten entfernt wurden. Zuckerwasser wurde in die Blüten der operierten Blütenstände nicht ein- gefüllt. Ich gebe nun das Benehmen der 6 Tiere, die sich an.den Blüten der Versuchsanordnung zu schaffen machten, wieder, während ich das der anderen 11 Tiere, die sich von dieser fernhielten, hier als belanglos weglasse. Insekten und Blumen. 209 Teil des Versuchsprotokolls vom 9. November, nachm. ‘Der Himmel ist bedeckt, es regnet von Zeit zu Zeit. Trotzdem fliegen im Garten vor dem Fenster ab und zu Taubenschwänze vorüber, zwei von ihnen be- _ fliegen von außen mein Fenster (Dunkelflüge), einer kommt dureh ein offenes BEN eennter in ein benachbartes Zimmer, Erstes Tier. Nach dem Erwachen fliegt es aus seiner Schachtel gleich auf einen normalen Blütenstand zu, besucht alle (5) an ihm vorhandenen Blüten. Die Sporne hatte ich mit Zuckerwasier angefüllt. An diesem Blütenstande hält sich das Tier infolge des reichen Zuckerwasservorrates über eine Minute lang auf. Alle Blüten tragen ein kräftiges orangegelbes Saftmal. Nachdem diese Blüten entleert sind, fliegt es zum operierten Blütenstande B und steckt s o- gleich, ohne die anderen Blüten beachtet zu haben, den Rüssel in dessen nächste normale Blüte, untersucht dann aber auch die benachbarten operierten mit dem Rüssel, macht darauf eine rasche Wendung zur anderen Seite dieses Blütenstandes, steckt wieder zuerst den Rüssel in die auf dieser Flanke stehende normale Blüte, dann erst in die benachbarten, des Saftmals beraubten. Dieser Vorgang wiederholt sich noch einmal in genau gleicher Weise. Dann fliegt das Tier weiter zum nächsten normalen Blüten- stand, dann wieder zurück zu B, sogleich auf dessen nächste nor- male Blüte zu, verläßt aber bald den Blütenstand. Zweites Tier. Es fliegt nach dem Erwachen aus seiner Schachtel gegen die Fensterscheibe, spritzt fliegend aus dem After einen Tropfen aus, fliegt vom Örgantin weg zu einem oben am Fenster angebrachten Strauß von Linaria- Blütenständen und saugt an dessen Blüten, immer in etwa 5 cm Entfernung, . vor den Blüten den Rüssel ganz entrollend. Darauf fliegt der Schmetterling zur Versuchsanordnung herab, dem Blütenstande D zu, zunächst die normale Blüte. besuchend, dann die operierte. Beim Blütenstand B nähert er sich sogleich einer normalen Blüte, fliegt aber irgendwie erschreckt plötzlich von der Versuchsanordnung weg. Drittes Tier. Dieses fliegt nach dem Erwachen gleich auf B zu, besucht zuerst eine normale Blüte, dann zwei operierte Blüten und schließ- lich wieder eine normale dieses Blütenstandes. Darauf fliegt es weiter zu normalen Blütenständen und saugt an den Blüten. Ein Mann, der vor dem Fenster durch den Garten geht, verscheucht das Tier, es fliegt rasch gegen die Fensterscheibe, dann ins Zimmer hinein, nun fortwährend dunkle Gegenstände befliegend (Dunkeltrieb). Viertes Tier. Aus der Schachtel zum Fenster fliegend, setzt es sich zu- nächtt am Organtin nieder, fliegt wieder auf, setzt sich abermals und wiederholt dies einige Male. Schließlich beginnt es an normalen Linaria-Blüten zu saugen, fliegt plötzlich ins Zimmer hinein (Dunkeltrieb), dunklen Gegenständen sich nähernd, kehrt aber nach weniger als einer Minute wieder zum Versuchsfenster zurück (Umstimmung), beginnt an den Blüten zu saugen und setzt dieses Geschäft an zahlreichen normalen Blüten fort. Dann fliegt es zu A, steckt zuerst den Rüssel in eine normale Blüte hinein, dann aber auch in operierte, und schließlich wieder in eine normale dieses Blütenstandes. Darauf saugt es bei normalen Blütenständen, die reichlich mit Zuckerwasser' versehen sind, längere Zeit. Dann zu B, wieder zuerst eine normale Blüte, später auch. eine operierte und noch eine normale besuchend. Abermals zu einem normalen Blütenstand. Wieder zu A, an ihm zuerst einenormale, dann einige operierte Blüten besuchend, 15* 210 Fritz Knoll. weiter zu normalen Blütenständen, an ihnen saugend. Von diesen fliegt es gegen eine Gruppe von 6 Linaria-Blüten, die unter Glas dargeboten waren. Ich habe nämlich vor Beginn des Versuches 3 operierte und 3 unversehrte Blüten von Linaria vulgaris in Profilstellung zwischen zwei reine Glas- platten (im Format 10 X15 cm) eingeklemmt und mit diesen in vertikaler Stellung zwischen zwei freien Blütenständen angebracht. Die beiden Glas- platten sind am Rande nicht abgedichtet, sondern können dem von den Blüten ausgehenden Dufte ringsum den Austritt gewähren. (Die Art der Gruppierung der Blüten sieht man im photographischen Schattenrißnegativ Bild 4 auf Tafel 9. In der ersten und dritten Zeile ist die rechte Blüte dıe unversehrte, in der zweiten Zeile die linke.) Der Falter streckt den Rüssel gegen zwei der unversehrten Blüten aus, berührt die Glasplatte überihnen mehrmals mit der Rüsselspitze und fliegt zu 6, dort wieder zunächst eine normale Blüte besuchend, : dann die operierten. Nochmals zu C, dabei zuerst eine normale Blüte, darauf eine operierte und schließlich wieder eine normale dieses Blütenstandes besuchend. Bei einem der erwähnten Besuche normaler Blüten bleibt das Tier einmal etwa 10 Sek. lang mit halb entrolltem Rüssel unmittel- bar vor einer Blüte schwebend, ohne den Rüssel in diese einzuführen, den Blick aber trotzdem ihr zugewendet — ein Zeichen begiunender Sättigung des Tieres. — Nach Beendigung dieses Versuches habe ich mit der später be- schriebenen Methode der Rüsselspuren festgestellt, daß der Falter die ihm zu- gekehrte, die 6 Linaria-Blüten bedeckende Glastafel in der Gegend des Saft- mals mit dem Rüssel berührt hatte. Die entsprechend sichtbar gemachten Rüsselspuren sind in natürlicher Größe in Bild 5 der Tafel 9 als solche allein, in Bild 4 derselben Tafel samt den darunter befindlichen Blüten photo- graphisch (Schattenriß-Negativ) wiedergegeben.) Fünftes Tier. Nach dem Erwachen fliegt das Tier aus der Schachtel so- gleich auf einen normalen Blütenstand zu, saugt aus dessen Blüten das einge- füllte Zuckerwasser, dann aus dem benachbarten normalen Blütenstand, darauf zu einer normalen Blüte von A, steckt in diese den Rüssel hinein, fliegt von dem Blütenstand weg, kehrt dann wieder zu ihm zurück, nur die nor- malen Blüten beachtend, saugt darauf bei unversehrten Blütenständen weiter, fliegt dann zu B, auch hier nur in eine normale Blüte den Rüssel einführend und gleich wieder weiter fliegend. 1) Bei Verwendung loser Blüten zwischen Glastafeln konnte es aber auch geschehen, daß der Falter zunächst sich den des Saftmals beraubten Blüten mit dem Rüssel näherte und sich erst dann den normalen zuwendete. Da dieses Benehmen bei freien Blütenständen nicht vorkam, dürfte es bei den Blumen zwischen Glastafeln nur so zustande gekommen sein, daß sich für den heranfliegen- den Falter zunächst über den normalen Blüten manchmal sehr helle Flächen spiegelten, die das Bild der darunter befindlichen Blumen verdeckten. (Vgl. darüber auch das auf $. 70 unten Gesagte.) Diese Versuche mit glasbedeckten Blüten sollten weniger die Bevorzugung der normalen Blüten gegenüber den operierten zeigen, als vielmehr nachweisen, daß die Saftmale nicht durch einen ihrem Gewebe eigentümlichen Duftstoff, sondern mit Hilfe der in ihnen vorhandenen Pigmente sich den Faltern optisch bemerkbar machen. Wäre der Duft hier das Maßgebende ge- wesen, dann hätte die Berührung mit dem Rüssel am freien Rande der Glasplatte erfolgen müssen und nicht fern von diesem genau über dem Bilde der Blüte. a IE EICHE? Insekten und Blumen. 211 Am darauffolgenden Tage wurden noch weitere Versuche dieser Art gemacht, das Ergebnis blieb das gleiche: Sindaneinem Blüten- stand von Linaria vulgaris Blüten mit Saftmal und Blüten ohne ein solches vorhanden, so sind jene im Wettbewerb durcheinen Taubenschwanzinsoferne bevorzugt, alserzunächst den Rüsselin eine Blüte mit Saftmal einführt. Dann besucht er allenfalls auch noch saftmallose Blüten desselben Blüten- standes, die somit erst in zweiter Linie besucht werden. Dieses Verhalten ist blütenökologisch von Bedeutung, da das Saftmal der Blüten von Zinaria vulgaris erst beim Öffnen der Blüte seine satt orangegelbe Färbung erhält. Dadurch wird der Fall,daß ein von offenen Blüten kommender Falter den an seinem Rüsselklebenden Pollen zuerstander OÖber- fläche einer noch geschlossenen Blüte abstreift und dadurch sozusagen vergeudet, sehr selten oder gar nicht sich ereignen. Für den Taubenschwanz wird aber dadurch der orangegelbe Fleck der Blüten zu einem Hinweis auf offene Blüten, also auf salche, die dem Tiere bereits Honig bieten können. Damit ist hier zum ersten Male derexperimentelle Beweis für die ökologische Bedeutung eines Saft- malserbracht worden. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, daß alle in der blütenbiologischen Literatur als Saftmale gedeuteten Teile einer Blütenzeichnung als solche, also in irgendeiner Form als Honigweiser wirken, für einen Teil dürfte aber (wenigstens für bestimmte Insekten) die übliche Annahme ihre Berechtigung haben. Die genauere Untersuchung über das Zustandekommen der opti- schen Wirkung des Saftmals auf den Taubenschwanz wird in einem späteren Abschnitt dieser Abhandlung an den Ergebnissen entsprechender Versuche ausführlich geschildert werden. f) Die Bedeutungslosigkeit der Formabweichungen für die optische Fern- wirkung der Linaria-Blüten. Bei verschiedenen Pflanzen von Linaria vulgaris treten, wie bereits früher (S. 201) erwähnt, eine Reihe von Gestaltabweichungen auf, die uns sehr auffallend erscheinen. Ich suchte nun festzustellen, ob diese anders gestalteten Blüten bei den Faltern von Macroglossum eine Änderung im Verhalten beim Anflug und beim Entrollen des Rüssels auszulösen vermögen. Zu diesem Zwecke stellte ich auf dem Versuchs- brett des Fensters solehe abweichende Blütenstände in einer Reihe zwischen normalen auf. Die dazu verwendeten Tiere hatten vorher einige #18 Fritz Knoll. Ta&e hindurch ihr Futter (Zuckerwasser) nur aus typischen Blüten von Linaria vulgaris entnommen. Es ergab sich, daß bei den in den Fig. 6 bis 10 der Tafel 7 dargestellten Blütenformen die Annäherung und das Ausstrecken des Rüssels gerade so schnell und sicher erfolgte wie bei den kurz zuvor besuchten normalen Blüten, die sich neben ihnen auf dem Versuchsbrett befanden. Da eine mehrspornige Halbpelorie in ihrer Gestalt doch beträchtlich von einer typischen Blüte abweicht, so sieht man daraus, ddßselbstbeiweitgehendenSchwankungen inder Blütenform von Zinariadie Taubenschwänze kein verändertes Benehmen zur Sehau tragen. Dieser Fall zeigt deutlich, wie sinnlos es ist, wenn man jeder Kleinigkeit einer Formabweichung bei Blüten eine Bedeutung für die optische Fernwirkung zusprechen will. g) Die Ausschaltung der Duftwirkung der Blüten im Versuch. Die Blüten von Linaria vulgaris strömen einen leichten, uns ange- nehmen Duft aus. Ich legte mir deshalb die Frage vor: Istder Duft die Ursache desAnfluges von Macroglossum oderkommt ein wohlgezielter Anflug auch ohne seine Mit- wirkung zustande? Eine Antwort auf diese Frage konnte ich sogleich durch meine Glasröhrehenmethode (S. 55 ff.) erhalten. Ich richtete mir zunächst einen kleinen Vorrat von entkelehten Linaria- Blüten her und einen weiteren von grünen Blättern und kurzen Stengel- stücken der gleichen Pflanzen. Ferner bereitete ich zwei dünnwandige, einseitig geschlossene farblose Glasröhrehen (Proberöhrchen, 150 mm lang und 17 mm weit) vor, die ich mit gut passenden, bisher noch unbe- nützten Korkstöpseln versah. In eines der beiden Röhrchen gab ich zu: nächst bis zu einem Viertel seiner Länge eine Anzahl der vorbereiteten Blätter und Stengelstücke, darüber die gleiche Menge der kelchlosen Blüten, dann einen lockeren Pfropf aus rein weißer Watte, worauf ich die Öffnung mit einem Korkstöpsel leieht abschloß. In das andere Glas- röhrchen gab ich zuerst die Blüten, dann die Blätter und Stengelstücke und ebenfalls Watte. Die beiden Korke der so vorbereiteten Röhrchen drückte ich in passende Ausnehmungen eines Holzklotzes so ein, daß sie in diesem festsitzend die Röhrchen in verkehrter Stellung erhielten. Wurde dieses Röhrchenpaar nun am Versuchs fenster zwischen freien Linaria-Blütenständen aufgestellt, dann beflogen die Taubenschwänze zwischendenBlütenbesuchenauchbeide Röhrchen, wobeisiesich deren gelben Teilen in wohlgezieltem Fluge näherten, vor ihnen den Rüssel entrolliten und mit diesem die Glasflächen über den Blüten be- rührten. Die grünen Teile und die weiße Watte in Ki A SB a A a a a ER Insekten und Blumen. | | 213 wurden von keinem Tiere beachtet, ebenso wenig wie die Gegend des Korkstöpsels, in der für den Falterein ausdem Röhrcheninnern ausströmender Duft bemerkbar sein mußte. Die an zwei Tagen mit ver- ‚schiedenen Taubenschwänzen durchgeführten Versuche dieser Art hatten immer das gleiche Ergebnis. Es ist somit erwiesen, daß die Anflü ge auchohne Mitwirkung des Duftes zustandekommen können.') Wir sehen ferner an dem Ergebnis dieses Versuches, daß die Tiere nieht einfach der hellsten Stelle des Objektes zueilen und vor ihr die Rüssel entrollen; die hellste Stelle war hier die rein weiße Watte, die aber von keinem Falter beflogen wurde. h) Die Darbietung von Blüten in verschieden heller Umgebung. Um das Verhalten der Taubenschwänze bei Blüten von Linaria vulgaris in verschieden heller Umgebung &enauer kennen zu lernen, wählte ich folgende Methode: Ich schnitt aus weißem feinkörnigen Zeichenpapier ein Stück in der Größe 10 X 15 em, ebenso aus dem schon früher erwähnten weißen Pigmentpapier (Helligkeit 100), Grau I (Hellig- keit 63), Grau II (Helligkeit 33) und Mattschwarz. Auf jedes dieser Papierstücke legte ich symmetrisch verteilt zwei kelchlose Blumenkronen der Linaria und bedeckte sie dann mit einer Spiegelglastafel. In der unmittelbaren Nähe befanden sich in Wasserfläschehen stehende unbe- deckte Linaria-Blütenstände, die ich mit Zuckerwasser versehen hatte. Die Versuche wurden am Fenster vorgenommen, wobei ich darauf achtete, daß ein Falter, der an dem der Glastafel zunächst befindlichen Blütenstand saugte, die unter Glas dargebotenen Blüten sehen konnte, ohne daß deren Anblick durch das Spiegelbild des hellen Himmels ver- deckt war.’) Die Glastafel und die ihr anliegenden Blüten wurden samt der Unterlage mit Hilfe eines pultartigen Brettes so am Fenster aufge- stellt, daß die Fläche der Glasplatte vertikal stand und etwas der Fensteröffnung zugewendet war. Bei einem Versuch am 31. Oktober erhielt ich mit dieser Methode 7 Anflüge auf Blüten mit weißer Unterlage (Zeichenpapier), 7 Anflüge auf Blüten über Grau I und ebenso viele auf Blüten über Grau I, immer in unmittelbarem Fluge von einer eben be- suchten frei stehenden Linaria-Blüte aus. Die Anflüge waren gerade so sicher und wohlgezielt wie bei freien Blüten und es erfolgte auch hier die Entrollung des Rüssels, der so weit ausgestreckt wurde, bis das Tier mit der Rüsselspitze das die Blüte bedeckende Glas berührte. Bei den Blüten auf schwarzem Papier erzielte ich an zwei Versuchstagen zu- sammen 14 Anflüge und auch in diesem Falle wurde vor der Blüte der 1) Vgl. auch die Anmerkung auf S. 210. ?) Über diese notwendige Vorsichtsmaßregel vergleiche man die Angaben auf S. 70. 214 Fritz Knoll. Rüssel entrollt, nur daß dies für den Beschauer infolge des schwarzen Hintergrundes schwerer zu verfolgen war. Ein Versuch mit Blüten auf weißem Pigmentpapier ergab 9 Anflüge mit dem gleichen Benehmen der Tiere. Allediese VersuchezeigenmitvollerKlarheit, daßtrotzderverschiedengroßenHelligkeitderan- sewendeten Papierunterlagen der Anblick der unter Glas dargebotenen Blüte den wohlgezielten Anflug bis in die nächste Nähe und die typische Rüsselreaktion auslöste. Da der Duft dabei ausgeschaltet war, haben die Blüten optisch auf die Falter eingewirkt. Wenn für die Tiere auch bei diesen Versuchen die Gesichtswahrnehmungen von Helligkeitskontrasten begleitet waren, was wir nach meinen Unter- suchungen annehmen müssen, dann konnte das Wiedererkennen der ver- glasten Blüten nicht nur auf Grund der dem Gedächtnis des Tieres einge- prägten Helligkeit der Blüte zustande gekommen sein. Dieses Versuchs- ergebnis leitet uns dazu hin, eine der Ursachen der Blumenanflüge in einem besonderen Farbenunterscheidungsvermögen zu suchen, das in der Zusammensetzung (Qualität) des von den Blumen zurückgestrahlten Lichtes seine wesent- liche physikalische Grundlage hat. i) Die Prüfung des Zuckerwassers auf eine von ihm allenfalls ausgehende chemische Fernwirkung (Duft). Die eben beschriebene Art der Versuchsanordnung bietet uns Ge- legenheit zu erfahren, ob das bei meinen Linaria-Blüten verwendete Zuckerwasser auf die Tiere eine chemische Fernwirkung ausübt, also eine Geruchsempfindung auslöst. Die Beantwortung dieser Frage ist methodisch sehr wichtig, da die Darbietung von Zuckerwasser ein not- wendiges Hilfsmittel zur Durchführung meiner späteren Versuche dar- stell. Zu diesem Nachweis legen wir Linaria-Blüten auf irgendeinen ebenen, gleichmäßig hellen Hintergrund und bedecken sie mit einer Glas- tafel. Das Ganze stellen wir mit Hilfe eines passenden Brettes annähernd lotrecht neben den von den Taubenschwänzen besuchten Blütenständen auf, wie in den vorigen Versuchen. Die Glastafel muß auch hier wie sonst gut gereinigt sein. Mit einem in Zuckerwasser getauchten Glasstah bringen wir nun außen auf der Glastafel über der Mitte einer jeden Blüte einen Tropfen Zuckerwasser an, der so groß zu wählen ist, daß er gerade noch an der Glastafel ohne herabzufließen haftet. Gleich große Tropfen desselben Zuckerwassers geben wir auch an verschiedene andere Stellen über der Unterlage in der Nähe der dargebotenen Blüten. Bei einer solchen Anordnung finden die Tiere sogleich das über den Blüten befindliche Zuckerwasser und saugen es im Fluge ein, doch be- achten sie keinen der übrigen neben den Blüten befindlichen Tropfen. Insekten und Blumen. 215 Selbst wenn sie das Zuckerwasser über den Blüten bereits vollständig weggetrunken haben, berühren sie mit der Rüsselspitze immer wieder nur diese Stellen, ohne die daneben vorhandenen reichlichen Nahrungs- mengen sich anzueignen. EsübtsomitreinesZuckerwasser keineanlockende Wirkungaufden Taubenschwanz aus. Das gleiche ergab sich bei den von Frisch angestellten Ver- suchen mit der Honigbiene. k) Die Stetigkeit im Besuche bestimmter Blüten. Bei den Versuchen mit Blüten von Linaria vulgaris zeigte es sich, daß die Falter, welche längere Zeit nur aus solchen Blüten Futter zu sich genommen hatten, unter Umständen reichlich mit Zuckerwasser ver- sehene Blüten anderer Art nicht beachteten. Ein solches Benehmen konnte ich feststellen, als ich Blüten von Linaria zwischen den Blüten- ständen einer Pflanze von Pelargonium zonale hort., die zahlreiche nahezu rein rote Blüten trug, am Fenster meines Versuchsraumes den Faltern dargeboten hatte. Die Pelargonium-Blüten trugen in ihrer Mitte einen von mir angebrachten großen Tropfen des stets verwendeten Zucker- wassers, der auch von außen sichtbar war. Sogar dann, wenn ich die Linaria-Blüten zwischen denen eines Pelargonium-Blütenstandes an- brachte, wurden von den Taubenschwänzen nur jene beachtet und be- sucht, während die roten Blüten für die Tiere nicht vorhanden zu sein schienen. Ich konnte an einem Versuchstage mehr als hundert solcher Besuche von Linaria-Blüten zwischen den nicht beachteten Blüten von Pelargonium sehen! Auch die blaßvioletten kleinen Blüten von Satureja nepeta (L.) Scheele, die doch sonst sehr gerne von Macroglossum- Faltern besucht wurden (vgl. S. 143), beachteten die an den Besuch der Linaria-Blüten gewöhnten Tiere nicht. Umgekehrt verhielten sich die Taubenschwänze, die dazu gekommen waren, aus den Blüten von Satureja zu saugen und von diesen längere Zeit ihr Futter geholt hatten. Ich führe hier als Beispiel ein Tier an, das am 3. Oktober um 7 Uhr früh an meinem Versuchsfenster auf Satureja-Blüten gefüttert wurde. Es besuchte zu- nächst in der Zeit von 70 Sekunden 65 Blüten von Satureja, 10 Sekunden später flog es infolge einer plötzlichen Stimmungsänderung auf die Scheiben der schwarzen Wegmarkenreihe. Nach weniger als einer Minute kam das Tier wieder zum Fenster zurück und saugte abermals an Blüten von Satureja, ohne die dort viel zahlreicher aufgestellten Sträuße von Linaria-Blütenständen zu beachten. Ich zählte in 60 Sekunden den Be- such von 48 S.-Blüten, später in 70 Sekunden den von 53 Blüten und dann in 35 Sekunden den von 25 Blüten. Das Tier war häufigen Stim- mungsänderungen unterworfen und flog zwischen den Blütenbesuchen öfters vom Fenster weg gegen verschiedene dunkle Objekte. (Diese Um- stimmung geschah manchmal so rasch, daß das Tier bereits 5 Sekunden 216 Fritz Knoll. nach dem Saugen an einer Satureja-Blüte eine schwarze Wegmarke am Fenster beflog, einmal sogar schon nach nur 3 Sekunden.) Aber die unmittelbar bei den Satureja-Sträußen stehenden Linaria-Blütenstände, die ich reichlich mit Zuckerwasser versehen hatte, wurden nie beachtet. Durch den langdauernden Besuch zahlreicher Blüten einerund derselben Art tritt also auch hier eine Bindung!) an diese ein, die aber wie jede einer Ab- änderung unter bestimmten Umständen fähig ist. Das Zustandekommen einer solchen Bindung aus der Unbeständigkeit der Anflüge heraus sieht man z. B. in folgendem Fall. Eines meiner Versuchstiere desselben Herbstes beflog zunächst wahllos die am Fensterbrett stehenden purpur- roten Blüten von Cyclamen neapolitanum Ten., die gelben Köpfchen von Compositen und die Blütenstände von Linaria vulgaris Mill., alle Blüten dieser verschiedenen Arten mit dem ausgestreckten Rüssel be- rührend. Nachdem es aber in den Linaria-Blüten das Zuckerwasser ge- funden und dann längere Zeit hindurch sich angeeignet hatte, übten die Cyclamen-Blüten, welche zwischen den besuchten Linaria-Blüten- ständen angebracht waren, auf das unmittelbar vor ihnen vorüber- fliegende Tier keine anziehende Wirkung mehr aus. Damit ist auch bei Macroglossum das Problem der Stetigkeit im Besuche bestimmter Blüten aufgetaucht, das in einem späteren Abschnitt dieser Abhandlung durch den Nachweis der Möglichkeit einer Bindung an bestimmte Farben und Helligkeiten einer vollkommenen Lösung zu- geführt werden wird. l) Der Grautafelversuch. Um eine Vorprüfung auf das Farbensehen von Macroglossum VOL- zunehmen und auch zum Vergleich seines Verhaltens mit Bombylius Juliginosus habe ich dem Taubenschwanz im Anschluß an den Blumen- besuch auch die früher (S. 68 ff.) beschriebene Grautafel dargeboten. Ich verwendete dabei dieselbe Grautafel, die schon seinerzeit bei den Bombylius-Versuchen benützt worden war, nur daß ich dem Schwärmer zwischen den grauen Feldern statt des blauvioletten Quadrates Farben der Hering -Farbpapiere vorgelegt habe. Auch in diesem Falle war die Grauanordnung stets von einer Spiegelglastafel bedeckt. Alle Ver- suche wurden im unmittelbaren Anschluß an die Fütterung mittels Blüten von Linaria vulgaris durchgeführt, so daß mit einer Bindung an Gelb gerechnet werden konnte. Wenn man sich in Fig. 15 (S. 72) statt der Blütenstände von Muscari solche von Linaria und zwischen den ver- schiedenen grauen Quadraten drei oder vier der Hering - Papiere Orange Nr. 3, Gelb Nr. 4 und Nr. 5, Blau Nr. 12 und Nr. 13 angebracht 1) Über den Ausdruck „Bindung“ siehe Knoll, Fr, Gibt es eine Farbendressur der Insekten? (Die Naturwissenschaften, 1919, Heft 24.) Insekten und Blumen. 217 denkt, so ergibt sich daraus die Art der Durchführung dieser Versuche. Die Grautafel stellte ich schräg gegen das einfallende Licht in der Nische des Versuchsfensters (Fig. 35) auf, davor eine Anzahl von Zinaria-Blüten- ‚ständen, deren Sporne ich reichlich mit Zuckerwasser versehen hatte. Fütterungen mit Hilfe anderer Objekte fanden in dieser Zeit nicht statt. Ich habe die Grautafelversuche Ende Oktober mit mehreren Tieren an vier aufeinanderfolgenden Tagen neben anderen Versuchen angestellt. Dabei erhielt ich folgende Anflüge: 14 Anflüge gegen Gelb Nr. 4, un- _ mittelbar im Abflug von einem eben besuchten freien Linaria-Blütenstand; 5 Anflüge gegen Gelb Nr. 4, die nicht unmittelbar einem Blütenbesuch folgten; 4 Anflüge gegen Gelb Nr. 4 unmittelbar nach dem Anflug von Gelb Nr. 5; 7 Anflüge gegen Gelb Nr. 5 unmittelbar nach dem Besuch einer Linaria-Blüte; 3 Anflüge gegen Gelb Nr. 5 längere Zeit nach einem Blütenbesuch; 9 Anflüge gegen Gelb Nr. 5 sogleich nach dem Anflug gegen Gelb Nr. 4; 2 Anflüge gegen Gelb Nr. 4 unmittelbar nach dem Anflug gegen einen von Glas umschlossenen Zinaria-Blütenstand; einen Anflug (Dunkelflug?) gegen Blau Nr. 13. Das Orange Nr. 3, das Blau Nr. 12 und die verschiedenen Grau erhielten keinen Anflug. Geradeso wie früher bei Bombylius kann auch dieser Erfolg bei Macroglossum als Beweis für das Farbensehen des Tieres gelten. Die Anflüge auf die farbigen Felder waren wohlgezielt, doch fand ich dabei die Rüsselreaktion meist nicht so deutlich ausgeprägt wie z. B. bei Kreisscheibehen aus denselben gelben Papieren, wenn sie einen Durchmesser von 3 cm hatten. Wie noch später ausgeführt werden soll, sind farbige Quadrate von 6cm Seitenlänge für solche Versuche mit dem Taubenschwanz schon zu groß. Diese Grautafelversuche sollten nur zur vorläufigen Orientierung dienen. Die Frage nach dem Vorhandensein eines Farbensehens wird in den folgenden Abschnitten mit weitaus besseren Methoden gründlich be- handelt und beantwortet werden. 3. Die Rüsselspurenmethode. Die auf 8. 213f. beschriebenen Versuche, bei welchen ‚ich die Objekte mit einer Glastafel bedeckte, ohne auf ihr Zuckerwasser anzu- bringen, können dazu dienen, eine von mir erdachte Methode anzu- wenden, die eine sichere Feststellung des Besuches durchden Taubenschwanz ermöglicht, auch wenn man es ver- 'säumt hätte, den Anflug unmittelbar zu beobachten. Wenn man nach einem Versuch, bei welchem den Tieren neben Blumen unter Glas auch freie, reichlich mit Zuckerwasser versehene Blüten dargeboten wurden, die von den Faltern mit dem Rüssel berührte Glasplatte mit der Lupe untersucht, so wird man bemerken, daß auf ihr ganz feine Striemen siehtbar geworden sind, die sich gerade über den von ihr bedeckten 218 Fritz Knoll. Blüten befinden. Diese rühren davon her, daß der Falter an der be- treffenden Stelle der Glasplatte mit dem vom Zuckerwasser der Blumen benetzten Rüsselende entsprechend der trommelnden Bewegung der Rüsselspitze kürzere oder längere Zuckerwasserstriche an- bringt, also eine Aufzeichnung über seine Anwesenheit bewirkt. Geradeso wie die Fingerabdrücke des Menschen an den von ihm berührten Gegenständen zunächst noch nicht deutlich sichtbar sind, aber durch Bestäuben mit bestimmten Pulvern leicht bemerkbar gemacht werden können, so kann man die Rüsselspuren unserer Falter durch ent- sprechende Behandlung auf der Glasplatte stark hervortreten lassen und sie zugleich in einen für die Aufbewahrung geeigneten Zustand versetzen. Zur Herstellung solcher Rüsselspurenpräparate, die man am besten unmittelbar nach dem Versuch durchführt, werden die vom Falter- rüssel berührten Glasteile mit feinem trockenen Pulver von Miniumrot (Mennige, Pb, O,) gleichmäßig bestreut und dieses durch Schaukeln der Platte etwas über den Zuckerwasserstrichen hin und her bewegt. Dabei werden sie bereits deutlicher erkennbar. Dann wird der größte Teil des lose auf dem Glase liegenden Pulvers durch Aufklopfen der Plattenkante auf eine feste Unterlage entfernt, so daß nur mehr ein ganz dünner orangeroter Überzug auf ihm haftet. Hierauf erwärmt man die Glasplatte in diesem Zustand vorsichtig über einem Brenner, bis sie an den Stellen der Rüsselspuren so heiß geworden ist, daß das Zuckerwasser vollständig vertrocknet. Nach dem Erkalten bürstet man mit einem weichen Haarpinsel das noch an der Platte haftende Pulver weg. Die Rüssel- spuren sind jetzt als scharfe, satt orangerote Striche auf der reinen Glas- platte ohne weitere Hilfsmittel sogleich erkennbar. Beim Erhitzen hat sich das Zuckerwasser der Spuren mit dem Pulver zu einer so festen Masse vereinigt, daß man nun sogar mit der trockenen Hand darüber streifen kann, ohne sie zu verwischen. Wenn man solche Rüsselspuren- präparate trocken aufbewahrt, sind sie unbegrenzt haltbar. Doch ist es bequemer, sich von ihnen durch Auflegen ihrer Schichtseite auf photo- graphisches Papier Liehtpausen (Schattenrißnegative) herzustellen und diese aufzubewahren, Die Gestalt der Rüsselspuren schwankt sehr nach der Art des Anfluges und dem Zustand des Tieres. Gewöhnlich sind sie kurz strichförmig, doch sieht man auch oft lange Striche, manchmal jedoch nur Punkte. Fig. 38 gibt ein Beispiel von langen strichförmigen Rüssel- spuren, die mit kürzeren gemengt sind. Der betreffende Falter hat diese Spuren bei mehreren Besuchen auf der Glastafel über einer Blüte von Linaria vulgaris zurückgelassen. Die schräge Stellung der Streifen kam dadurch zustande, daß der Schwärmer in diesem Falle nicht senkrecht zur Glasebene anflog, sondern sich ihr schräg näherte, weil die Tafel etwas schräg zur Richtung des einfallenden Lichtes angebracht war. Von der Blüte ist der Umriß eingezeichnet, so daß man daraus die Anhäufung , W e a A 2 6 dar: d: m u an ae irn Insekten und Blumen. 219 der Rüsselspuren in der Gegend des Saftmales erkennen kann. Weitere Beispiele von Rüsselspuren sind in den Fig. 59, 60 und 61 zu finden. Photographisch erzeugte Schattenrißnegative von Rüsselspuren in natür- licher Größe enthalten die bereits (auf S. 210) erwähnten Bilder 4 und 5 der Tafel 9. In Bild 4 sind die Schattenrisse der Blüten samt den darüber befindlichen Rüsselspuren wiedergegeben, in Bild 5 dieselben Rüssel- spuren für sich allein. Mit Hilfe dieser Rüsselspurenmethode konnte ich auch die StreuungderRüsselspitzenbewegung beim Berühren des besuchten Objektes vom Tier selbst aufzeichnen lassen. Die Gesamtheit aller Rüsselspuren, die zu einem und demselben Besuch gehören, gibt uns das Bild dieser Streuung. In ihrem Bereich wird eine frei zugängliche Nektarblüte vom Tier so lange abgetrommelt, bis es mit der Rüsselspitze entweder in einen Blütenspalt eindringt oder unmittelbar zum Nektar ge- langt. Das Ausmaß der Streuung bleibt un- verändert, wenn bei Versuchen von dem Tier die Rüsselspuren mehrerer aufeinander- folgender Besuche auf der Glasplatte über dem- selben Objekt verzeichnet werden (Fig. 38). Von dieser sehr bequemen und verläß- lichen Methode habe ich bei meinen Ver- suchen mit farbigen Objekten ausgiebigen Gebrauch gemacht. In den meisten Fällen verwendete ich sie als Kontrolleneben < der sorgfältigen Beobachtung en a und Aufschreibung des Gesehe- fnchgedräckten) Blüte von nen. Ferner ließ sie sich mit besonderem Linaria vulgaris. (*}ı.) Erfolg dann benützen, wenn eine genaue Be- obachtung des Schmetterlingsrüssels bei einem Versuch nicht möglich war, so bei den Versuchen mit Abendschwärmern bei sehr schwacher Be- leuchtung. 4. Versuche mit farbigen Lösungen zur Prüfung des Farben- unterscheidungsvermögens. Wir wissen, daß eine reine Glasplatte infolge ihrer chemischen Eigenschaften für „Duftstoffe“ undurchlässig ist und auch keine solchen auszusenden vermag. Deshalb ist die Glasbedeckung bei Objekten, die zur optischen Prüfung von Tieren dienen sollen, ein sicheres Mittel zur Ausschaltung der Duftwirkung. Handelt es sich um den Nachweis des Farbensehens, dann kann man, wie ich es bei Bombylius tat, den Tieren farbige Papiere (Pigmente in fester Form) in Glashüllen vorlegen. Doch 220 Fritz Knoll. ist die dabei erzielte Lichtstärke und Sättigung im Vergleich zu der bei den optisch leistungsfähigsten Blumen in den meisten Fällen verhältnis- mäßig gering. Ich habe mir deshalb das Verhalten der „leuchtendsten“ farbigen Blumen zum Vorbild genommen und bei der Konstruktion der Versuchsobjekte ihren optischen Bau auf das allereinfachste Schema, das noch Ähnliche physikalische Wirkungen hervorzubringen vermag, zurück- geführt. Bei solchen farbigen Blumenblättern wird gewöhnlich das auf- fallende Licht von papillösen Oberhautzellen gesammelt in das Blatt- innere abgegeben und von dem luftreichen mittleren Gewebe (,Tapetum‘“) wieder gegen die Oberhaut zurückgeworfen, so daß es vielfach gebrochen und gespiegelt beim Austritt aus dem Blatt in das Auge des Beschauers gelangt. Dabei wird in den von mir als Grundlage gewählten Fällen das Licht auf seinem Wege durch den gefärbten Zellsaft infolge der Ab- sorption bestimmter Strahlenarten für unser Auge farbig gemacht.') Will man diese Verhältnisse möglichst vereinfacht in größeren Maßen nach- ahmen, so kann man es in der Weise tun, daß man die geschilderten Vorgänge nur in einer einzigen riesigen Pflanzenzelle sich abspielend denkt und eine dementsprechende Konstruktion ausführt. Diese den Faltern vorzulegenden „Riesenzellen‘ stellte ich mir aus farblosen zylindrischen Proberöhrchen (150 X 14mm inneres Maß) her. Jedes dieser Röhrchen wurde mit einer farbigen Lösung vollgefüllt (entsprechend einem farbigen Zellsaft der gedachten Riesenzelle) und | dann hängte ich alle zum Versuch verwendeten Röhrchen mittels Draht- naken und kurzen Schnüren in einer Reihe nebeneinander auf die in der Nische des Versuchsfensters angebrachte Tragstange (Fig. 39). An der vom Fenster weggewendeten Außenfläche erhielten alle Röhrchen einen (oder zwei) aus rein weißem Papier im Format 10 X 15mm geschnittenen Reflektor. Dieses als „Tapetum“ dienende Papierstück wurde in seiner ganzen Fläche der zylindrischen Glaswand aufgeklebt, so daß es selbst den Teil eines Zylindermantels bildete und infolge dieser seiner Flächenkrümmung bei der Reflexion des Lichtes entsprechend zu wirken vermochte. Füllte man in ein solches Röhrchen z. B. eine genügend ge- sättigte gelbe Farbstofflösung und betrachtete es dann in der erwähnten Anordnung an der Tragstange vom Fenster her, während das Licht von oben durch dieses einfiel, dann sah man etwas unterhalb der Stelle, hinter der ich den Reflektor angebracht hatte, einen in der Mittellinie des Röhrchens sichtbaren hell leuchtenden, sattgelben Lichtstreifen von etwa lem Länge. Den Gang eines Lichtstrahles, der von oben auf ein ‘) Die ebenfalls häufigen Fälle, bei denen in den Zellen Chromatophoreu (allein oder in Verbindung mit farbigem Zellsaft) die Veränderung des eingedrun- genen Lichtes besorgen, sind in dem Schema nicht berücksichtigt. — Über die optischen Verhältnisse der Blumen siehe F. und S. Exner, Die physikali- schen Grundlagen der Blütenfärbungen, Sitzber. d. Akad, d. Wiss., Wien 1910, math.-nat. Kl., Bd. CXTX, Abt. I. Insekten und Blumen. 221 solches mit Farbstofflösung gefülltes Reflektorröhrchen einfällt, zeigt die punktierte Linie der Fig. 40 in bezug auf einen das Röhrchen besuchenden Falter. Während der Durchführung meiner Versuche erhielt noch jedes dieser Flüssigkeitsröhrchen an seinem oberen Ende eine dicht an- schließende mattschwarze Papiermanschette von 50mm Länge (vgl. Fig. 42 ff.), um die bei den ersten Versuchen festgestellte störende Wirkung des freien Flüssigkeits- spiegels auszuschalten. Daß vor solchen Versuchen alle Glasröhr- chen gleichmäßig und gleichzeitig in derselben Waschflüssigkeit und mit denselben sonstigen Hilfs- mitteln peinlichst gereinigt werden müssen, ist wohl selbstverständlich. Bei der Schilderung der Er- gebnisse solcher Versuche ist leider eine gewisse Ausführlichkeit uner- läßlich, da sonst eine brauchbare Kritik durch den Leser unmöglich wäre. Um aber diesem die Über- sicht etwas zu erleichtern, will ich im folgenden in der Hauptsache eine Reihe von Versuchen miteinemund demselben / Tier wiedergeben, die ich an ver- u, = schiedenen Tagen am Fenster meines Zimmers ausgeführt habe. Die zur Erläuterung und zur Kritik nötigen Hinweise auf die an den- selben Versuchstagen bei der gleichen Anordnung mitanderen Tieren gewonnenen Versuchserfolge werde ich, um den Gang der Hauptdarstellung nicht zu stören, german den MOCm--------- nd Fig.39. Vorbereitung desV ersuchsfensters zur Durchführung der Versuche mit far- bigen Lösungen. Die zum Aufhängen der Röhrchen bestimmte Trag- stange kann durch Schnüre in jeder gewünschten Höhe über dem Versuchsbrett (vgl. Fig.35, S. 197) an- gebracht werden. Der obere Teil des Fensters ist mit schwarzem Stoff bespannt, der untere mit Organtin lose behangen. in der Anmerkung hinzufügen. Das Tier, dessen Verhalten im folgenden geschildert werden soll, ist von mir zunächst mit gutem Erfolg bei den Versuchen mit Blüten von Linaria vulgaris verwendet worden. Es erhielt längere Zeit hindurch ausschließlich in den Linaria-Blüten sein Futter.) Es soll nun zuerst 1) Zur Fütterung wurden wie bei den früher beschriebenen Versuchen die Sporne abgeschnittener Linaria-Blütenstände, deren Stiele in Wassergläschen standen, von mir mittels einer feinen Pipette ganz oder annähernd bis zur Hälfte des Fassungsraumes mit Zuckerwasser versehen. Die Blütenstände stellte ich dann 222 Fritz Knoll. - ..- - - - - - En - ei 2 Fig. 40. a) Fig. 41. Fig. 40. Strahlengang in einem mit farbiger Flüssigkeit gefüllten Reflektorröhrchen. Stellung eines anfliegenden Taubenschwanzes, die durch die Richtung des aus dem Röhrchen wieder austreten- den Lichtstrahls Z bedingt ist. R = Reflektor. Das Tier ist in dem Augenblicke wiedergegeben, in welchem es das Glasröhrchen mit der Rüsselspitze eben berührt. Die Gerade zwischen Auge und Rüsselspitze entspricht in dieser Darstellung der optisch günstigsten „Blickrichtung“ der Schmetterlingsaugen. (Vgl. Fig. 37, S. 202.) Fig. 41. Reflektorröhrehen mit Nektarsporn (N), in dem sich Zuckerwasser befindet. S = Spiegel der im Röhrchen befindlichen Farbstofflösung, R = Reflektor. Vor dem Röhrchen schwebend ein im Nektarsporn saugender Macroglossum-Falter. (Nat. Gr.) gezeigt werden, wie sich dieser Taubenschwanz verhielt, als ihm am 21. November eine Reihe von Glasröhrchen mit gelber und violetter Flüssigkeit am Versuchsfenster dargeboten wurde. Eine Fütterung wurde dabei nicht vorgenommen, so daß sich dieser Ver- such unmittelbar an die letzte Saugtätigkeit des Tieres bei Linaria an- schloß. Die Anordnung der Flüssigkeitsröhrchen auf der Tragstange des Versuchsfensters ist in Fig. 42 schematisch dargestellt. Die farblosen, mit reinem Wasser gefüllten Röhrchen dienten als Kontrollobjekte, auf das Versuchsbrett des Fensters (Figur 35, S. 197). Ich habe diese Fütterung der Taubenschwänze auf Linaria vulgaris wochenlang fortgesetzt, da sich die Sporne zum Einfüllen von Zuckerwasser sehr bewährt hatten und auch sonst diese Blüten den Versuchstieren besonders zuzusagen schienen. Dabei war mir aber noch etwas anderes ganz besonders maßgebend: Da sich bei der Prüfung der Helligkeit pflanzlicher Objekte durch die Herbstfalter die Blüte von Linaria als sehr hell erwiesen hatte (8. 191), war bei. den Anflügen auf diese Blumen das Mitwirken des herbstlichen Dunkeltriebes ganz ausgeschlossen. Führte ich dann mit auf Liänaria “ gefütterten Tieren Versuche an anderen gelben Objekten aus, so war auch bei diesen die Sicherheit gegeben, daß unter den Anflügen keine Dunkelflüge vorhanden waren, wenn ich dazu z.B. gelbe Papiere benützte, deren große Helligkeit für die Tauben- schwänze schon früher festgestellt worden war. Insekten und Blumen. 223 In der Wiedergabe der nun folgenden Aufzeichnungen werde ich ein von dem Falter besuchtes (mit dem Rüssel berührtes) Röhrchen so kennzeichnen, daß ich entsprechend der Fig. 42 seine Farbe durch einen fetten Großbuchstaben und überdies seinen Platz auf der Tragstange durch die beigefügte Ziffer des Röhrchens angebe. Es bedeutet somit z. B. der Ausdruck „@ 8“, daß der Taubenschwanz das gelbe Röhr- chen Nr. 8 beflog und es gegenüber dem Reflektor mit dem ausgestreckten Rüssel berührte; ..V 6 (oben)“ würde bedeuten, daß das Tier beim Violettröhrchen Nr. 6 mit dem Rüssel gegen den oberen Reflektor vorstieß. Folgen diese Symbole nur durch Beistriche getrennt unmittel- bar aufeinander, so soll damit gesagt werden, daß der Falter ein Röhr- chen nach dem anderen beflog, ohne sich dazwischen nach ferneren Ob- jekten umzusehen oder sich von der Versuchsanordnung wegzubegeben. 1. Versuch. (21. XI.) Versuchsanordnung: 4 er z u a Er Er PORT 1 Sr Fe u Fig. 42. . IL] U = a | Platz Nr. 3 6 7 8 9 10 Farbe w G V W G V W G V W Bei dieser schematischen Darstellung der an der Tragstange hängenden Röhrchen bedeutet Punktierung gelbe Farblösung, schräge Schraffierung violette, keine Kennzeichnung reines Wasser; Buchstaben und Ziffern wie in den Versuchsprotokollen: W = Weiß, @ = Gelb, V = Violett. Jedes Röhrchen trägt am oberen Ende eine schwarze Papiermanschette. Gestalt und Lage der Reflektoren sind im richtigen Größenverhältnis eingezeichnet. Die Reihe der Reflektorröhrchen ist in der Ansicht von hinten, also vom Innern des Zimmers her gesehen, dargestellt. Dargeboten wurden: 2 gelbe Röhrchen mit 1 Reflektor, 1 gelbes mit 2 Reflektoren, enthaltend eine Lösung von Orange G (Grübler) in Wasser; 2 violette Röhrchen mit 1 Reflektor, 1 violettes mit 2 Reflektoren, enthaltend eine Lösung von Methylviolett (Grübler) in Wasser; 4 farblose Röhrchen, jedes mit 1 Reflektor, reinesW asser enthaltend (zur Kontrolle). Die violette Lösung war bedeutend dunkler als die gelbe. Erstere war vor dem Reflektor satt dunkelviolett, ähnlich der Farbe der Zungenblüten an den sattvioletten Gartenformen von Senecio cruentus DC; die Sättigung und Helligkeit, sowie der- Farb- ton des gelben Reflektorlichtes stimmte annähernd mit dem der gelben Zungenblüten von Helianthus annuus L. überein. Zuckerwasser wurde nicht dargeboten. Das Benehmen des Tieres während des Versuches: 255m nachm. Nach dem Erwachen fliegt das Tier rasch zu den farbigen Röhr- chen und berührt sie mit der vorgestreckten Rüsselspitze an der dem Fenster zu- gekehrten Seite annähernd in der Höhe der Reflektoren: &5 (oben), G@8, 65 (oben), von diesem weg und sogleich wieder zurück zu 65 (oben), 68, 65 (oben), 68, 65 (unten, oben), 62, keines der übrigen Röhrehen wird vom Tier beachtet. Dann fliegt Abhandl, d. Zool.-botan, Ges. Bd. XII, Heft 2. 16 224 Fritz Knoll. es ins Innere des Zimmers hinein. Ich bringe es wieder zum Fenster, doch begibt es sich von ihm weg, befliegt die schwarzen Kugeln der Kugelschnur (vgl. S. 152), dann kommt es wieder zum Fenster, befliegt beim Röhrchen 5 dessen schwarze Manschette (ohne Vorstrecken des Rüssels), darauf verschiedene dunkle Objekte an den Zimmerwänden. Der Versuch wurde um 3+ 05” abgebrochen und das Tier in seine Schachtel eingeschlossen. Ergebnis des Versuches: Das Tier hat sich als gelbstet er- wiesen.!) 2. Versuch. (22. XI.) Versuchsanordnung wie am 21. XI., aber z. T. mit veränderten Farblösungen: a u u EEE EEE Fig. 43. B m) oO OD , &e ) Platz Nr. 1 5 4 6 7 9 10 Farbe W V W V W V W blaß mittel blaß Dargeboten wurden: 2 gelbe Röhrchen mit 1 Reflektor, 1 gelbes mit 2 Reflektoren, enthaltend dieselbe Lösung von Orange G (Grübler) in Wasser wie am 21. XT.; 1) Die anderen Versuchstiere zeigten (in gekürzter Darstellung wiedergegeben) bei der Versuchsanordnung des 21. XI. folgendes Verhalten: Erstes Tier: 1% 10» nachm. 65 (unten, oben), @2, 68; 65 (oben), 68; 68; 65 (oben), G8, 62, 65 (unten); @5 (unten), 62; 68, V6 (unten), 65 (oben); @5 (oben); G5 (oben), V3, @2, V3, V3, 65 (unten, oben); V6 (wurde zunächst an verschiedenen Stellen des unteren Endes mit dem Rüssel berührt, dann auch an anderen Stellen, selbst an der schwarzen Manschette), V9, V6; V3, G5 (unten, oben); 65 (unten, oben), @2; kein Dunkeltrieb bemerkbar; Ende 1 55". Zweites Tier: 1? 55”= nachm. 65 (oben), &2, 62, 62, 65 (oben), 68, G5 (oben), 68; G8, V6 (oben), V3; V3, V9, @8, 65 (unten, oben), V3, 62; G8, V9, 68, V6 (unten, oben), V3, @2, 65 (oben), @2, G8, V9, V6 (unten, oben), V3, @2, 65 (oben), 68; Dunkelflüge; Ende 2» 08". Drittes Tier: 2% 40m nachm. 65 (unten, oben), V6 (unten), 68, V6 (unten), 68. Bald darauf setzt sich das Tier am schwarzen Vorhang zur Ruhe. Ende 2+ 50". Die Versuche mit diesen drei Tieren zeigen, daß bei ihnen zunächst An- flüge auf gelbe Röhrchen zustandegekommen sind; da ihnen aber von diesen keine Nahrung geboten wurde, flogen sie schließlich (je nach der individuellen Be- schaffenheit früher oder später) auch gegen das violette Reflektorlicht. Weil aber an diesem ebenfalls kein Futter zu finden war, traten dazwischen auch „Rückschläge“ nach Gelb ein, so daß die Versuche mit Unbeständigkeit der Tiere hinsichtlich Gelb und Violett endeten. Dagegen wurden die weißen Reflektorstellen von keinem der Tiere beachtet. (Die übrigen am 21. XI. verwendeten Falter führten gleich nach dem Erwachen Dunkelflüge aus und kümmerten sich nicht um die dargebotenen farbigen Röhrchen.) Im ganzen ergaben sich bei diesen drei Versuchstieren 63 Futterflüge gegen Gelb und nur 22 gegen Violett, so daß man darausdie starke Nachwirkung der vorhergegangenen Fütterungen mit den gelben Linaria-Blüten deutlich erkennen kann. Insekten und Blumen. 225 2 blaßviolette Röhrchen (Nr. 3 und 9) mit 1 Reflektor, 1 etwas dunkler violettes Röhrchen (Nr. 6) mit 2 Reflektoren, enthaltend eine Lösung von Methylviolett (Grübler) in Wasser. 4 farblose Röhrchen, jedes mit 1 Reflektor, reines Wasser enthaltend (zur Kontrolle). Die violetten Lösungen aller drei Röhrchen waren viel heller (stärker mit Wasser verdünnt) als am 21. XI. Das Benehmen des Tieres während des Versuches: 95 08m vorm. Das Tier fliegt gleich nach dem Erwachen zu den Röhrchen: 65 (oben), 62, G5(oben), 68; Flug gegen das Fenster, kurzes Niedersetzen; 6@8, 65 (oben); wieder gegen das Fenster, zurück zu 65 (oben), G2; abermals gegen das Fenster, fliegt dort unruhig hin und her, befliegt die schwarze Manschette des Röhrehens Nr. 6 und berührt sie mit den Beinen (ohne Bewegung des Rüssels), dann zum Or- gantin des Fensters, setzt sich dort nieder und legt die Fühler zurück. Versuch be- endet 9» 15". Ergebnis des Versuches: Das Tier blieb gelbstet.!) 3. Versuch. (23. XI.) Versuchsanordnung: De Me el SE EEE EEE u DE u 4 "ig. 44. latz Nr. ‘arbe annunn! U & 3 “ > 6 7 8 9 W i Mr. 12 13 „= ww 0 Vs ne. W V V P = Purpur, VS = Violett mit Sporn, V = Violett (mittel), W = Weiß. Die Nektarsporne sind, obwohl in der Ansicht von hinten nicht sichtbar, trotzdem eingezeichnet, um ihre Lage zu zeigen. pP Bei dieser Anordnung wurde zur Durchführung der Fütterung ein neuer Röhrchen- typus verwendet, den ich als Spornröhrehen bezeichnen will. Er wurde vom ge- wöhnliehen Typus des Reflektorröhrchens abgeleitet und unterschied sich nur dadurch von ihm, daß gegenüber dem Reflektor eine spornförmige, nach innen gerichtete Ver- tiefung zur Aufnahme von Zuckerwasser in der Vorderwand des Röhrchens an- gebracht war. Der Längsschnitt dieses Nektarsporns ist in Figur 41 zu sehen, seine Vorderansicht ergibt sich aus Figur 44. Die Spornröhrchen erhielten eine mittlere Methylviolettlösung. deren freier Spiegel sich nur etwas über dem Sporneingang be- fand, so daß jener zur Erweiterung der Reflektorwirkung mithalf. Da bei diesem Ver- such eine Fütterung aus violetten Röhrchen beabsichtigt war, wurden gleichzeitig vier soleher Spornröhrehen mit Zuckerwasser verwendet. Dargeboten wurden: 4 violette Spornröhrchen mit Zuckerwaässer, enthaltend dieselbe Methylviolett-Lösung wie das dunkler violette Röhrchen (Nr. 6) des 22. XI; ı) Von den anderen am 22. XI. verwendeten Faltern waren drei (bei geringer Zahl von Anflügen auf die Röhrchen) gelbstet, die anderen kümmerten sich nicht um die Röhrchen und zeigten wiederholt Äußerungen des Dunkeltriebes. 16* 226 Fritz Knoll. 2 violette Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend dieselbe Meth ylviolett-Lösung wie die Spornröhrchen; 1 gelbes Röhrchen mit 2 Reflektoren, dasselbe wie am 22. XI., enthaltend eine Lösung von Orange G (Grübler) in Wasser; 2 purpurne Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend eine mittel konzentrierte Lösung von Fuchsin S (Grübler) in Wasser. 4 farblose Röhrchen, jedes mit 1 Reflektor, enthaltend reines Wasser (zur Kontrolle). Das Benehmen des Tieres im ersten Teile des Versuches: 85 05m vorm. Das Tier nähert sich nach dem Auffliegen zunächst dem Röhrchen P2, der Rüssel ist dabei eingezogen, dann sieht es sich das Spornröhrchen VS4 aus 3cm Nähe an, den Rüssel ein wenig lockernd, darauf fliegt es, ohne das nächste Kontrollröhrehen mit Wasser beachtet zu haben, zu VS6, entrollt den Rüssel und findet sogleich den Nektarsporn, den es nun (in der Stellung, die Figur 41 wiedergibt) auszusaugen beginnt. Bald ist der Sporn entleert, es sucht noch mit dem Rüssel den über dem Sporn vorhandenen kurzen violetten Teil der Röhre ab, mit der Rüsselspitze ihn be- trommelnd. Dann weiter zu @7, das es nur flüchtig mit dem Rüssel berührt, darauf zu VS8, wo es das Zuckerwasser sogleich findet und saugt. Der Sporn wird nun zur Hälfte entleert. Während des Saugens zieht das Tier einmal den Rüssel aus dem Zuckerwasser heraus, fliegt ein wenig nach rückwärts vom Röhrchen weg, es ununter- brochen an der Reflektorstelle betrachtend, darauf fliegt es wieder zum Sauggeschäft zurück. Schließlich zieht es den Rüssel nochmals heraus und bleibt längere Zeit vor dem Röhrchen (im Abstand von etwa 3 cm) schwebend, den Blick auf den Sporn gerichtet, mit halb entrolltem Rüssel. Am Rüsselende hängt ein Tropfen Zuckerwasser, der nicht mehr eingesaugt wird (ein Zeichen der Sättigung). Dann fliegt es vom Ver- suchsfenster weg ins Innere des Zimmers hinein und setzt sich bald zur Ruhe. Ende 8% 10, Ergebnis des ersten Teiles des Versuches: Da das Tier genügend lange Zeit kein Futter erhalten hatte, gelang die Fütterung rasch und vollkommen. Durch den Hungerzustand und die „Mißerfolge‘“ des Tieres an den futterlosen Gelbröhrchen der letzten Versuche wurde der Engrammkomplex „Futter bei Gelb‘ immer weniger motorisch wirksam, so daß auch der Anblick des Violett, das früher noch unwirksam war, bereits Anflüge hervorrief, die zum Auffinden des Zucker- wassers führten. Es entstand nun ein neuer Engrammkomplex „Futter bei Violett“, während auch noch das gelbe Röhrchen einen Besuch auslöste, der entsprechend den eben vorhergegangenen Erfolgen auf Violett nur flüchtig war und als „Rückschlag“ aufzufassen ist. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß der Falter das Violett als besondere Farbe erkennt und die Erinnerung daran in seinem Gedächtnis festhält. Es soll hier nur be- tont werden, daß die von uns als violett bezeichneten Röhrchen eine ein- heitliche, von den gelben verschiedene optische Wirkung auf den Schmetterling ausüben und daß diese neue Wirkung als solche (in ihrer Verschiedenheit von der früheren des Gelb) mit der Erinnerung an das Insekten und Blumen. 227 Futter einen neuen motorisch wirksamen Engrammkomplex schafft. Die farblosen Röhrchen hatten keine sichtbare Wirkung, die purpurnen be- wirkten ebenfalls kein Entrollen des Rüssels. Das Benehmen des Tieres im zweiten Teile des Versuches: 9» 58= vorm. Das Tier fliegt nach dem Erwachen vom Versuchsbrett gegen die Fensterscheiben, zunächst rasche und sehr unruhige Flüge am Fenster ausführend, dem Licht zugekehrt, wendet sich dann plötzlich um und bewegt sich sogleich auf V13 zu, den Körper dabei wieder umdrehend, so daß der Kopf gegen das Fenster gerichtet wird, und sucht dann den ganzen violetten Teil des Röhrchens mit der Rüsselspitze ab (weil, gegen das Licht betrachtet, das ganze unterhalb der Manschette befindliche freie Röhrenstück violett erscheinen mußte), kommt dabei auch teilweise auf die Vorderseite, dann V12 ebenso mit dem Rüssel abtastend, Kontrollröhrehen Nr. 11 ohne Beachtung überfliegend, zu VS10, den violetten Teil von der Zimmerseite her reichlich abtrommelnd, wobei es aber das Zuckerwasser nicht findet, da der Sporn- eingang auf der Fensterseite liegt. Über das nicht beachtete Kontrollröhrchen Nr. 11 hinweg V12, V13, beide mit dem Rüssel einige Zeit am violetten Teil betastend. Flug ins Innere des Zimmers. Setzt sich 10% 05” am Organtin des Fensters zur Ruhe. Er- wacht ohne meinen Einfluß um 10% 40=. Es läßt beim Erwachen, noch sitzend, einen braunen, trüben Tropfen aus dem After austreten, fliegt rasch am Organtin empor, dann sich umwendend auf V13, es mit dem Rüssel am violetten Teil betastend, dann mit dem Hinterteil voran gegen das Fenster zurückfliegend, darauf gegen VS10 vor- fliegend, findet bald das Zuekerwasser und saugt. Nach einiger Zeit zieht es den Rüssel aus dem Sporn heraus, bleibt kurz vor dem Röhrehen schweben, führt abermals den Rüssel ein und saugt weiter. Das Tier steckt den Rüssel ganz tief in den Sporn hinein, indem es ihn darin einrollt, bis es sich mit der Rüsselbasis am Vorderrande des Sporneingangs stützen und so „träge“ weitersaugen kann. Dieses Verlassen und Wiederaufsuchen des Spornes wiederholt der Falter dreimal hintereinander, fliegt dann zu VS8, findet bald das Futter und saugt. Darauf begibt er sich zu VS10, in dessen Sporn kurz saugend, dann V12, V13, V12, V13, V12, sie am violetten Teil, meistens vor dem Reflektor, mit dem Rüssel berührend. Das Tier wendet sich von der Versuchs- anordnung weg, fliegt ins Innere des Zimmers, wieder zurück zum Fenster, nochmals ins Zimmer hinein, schließlich kehrt es noch einmal zur Versuehsanordnung zurück, befliegt die Manschette des Röhrchens Nr. 3, sie mit den Beinen berührend, von ihr aus begibt es sich unmittelbar auf das schwarze Tuch des Versuchsfensters und setzt sieh dort zur Ruhe. Ende 10% 45", Ergebnis des zweiten Teiles des Versuches: Die Fütterung in den Spornen der violetten Röhrchen wurde weiter fortgeführt, so daß die Bindung an das Violett der Lösung eine Festigung erfahren konnte. Das gelbe Röhrchen beachtete der Falter nicht, trotz- dem er sich unmittelbar neben ihm befunden hatte. Die farblosen Kon- trollröhrehen wurden ebenfalls nicht beflogen. Die purpurnen Röhrchen lagen zu abseits, so daß das Tier nicht mehr dorthin gelangte und des- halb auch sein Benehmen vor diesen nicht zeigen konnte.') 1) Die anderen Versuchstiere zeigten sich am 23. XI, bei dieser Versuchs- anordnung noch gelbstet, beachteten also die violetten Röhrchen nicht. Auch wurden von ihnen neben Besuchen von 67 einige gelbe Papierscheibehen (Durch- 228 ‚Fritz Knoll. 4. Versuch. (24. und 25. XI.) Die bisherigen Versuche hatten gezeigt, daß die Taubenschwänze in den Versuchsanordnungen die für uns farblosen Röhrchen, deren Reflektor den Tieren weißes Licht entgegenstrahlte, trotz ihrer verhältnis- mäßig großen Anzahl neben den lebhaft besuchten, für uns farbigen, nicht beachteten. Es drängt sich nun die Frage auf, ob dieser Erscheinung ein ähnliches physiologisches Ver- halten zugrunde liegt wie beim Farbensehen des Menschen oder nicht. Um diese wichtige Frage der Beantwortung näher zu bringen, stellte ich eine neue Röhrehenanordnung zusammen, die den Tieren das Herausfinden der farbigen Röhrchen nach der Helligkeit des betreffenden Reflektor- lichtes unmöglich machen müßte wenn Sie ent- sprechend der Auffassung von Heß und anderen Forschern gänzlich farbenblind wären. Das Heraus- suchen sollten die Tiere diesmal auf Grund ihrer bisherigen Erfahrungen ohne erneute Darbietung von Futter durchführen. Die einzelnen Lösungen des gelben, violetten und purpurnen Farbstoffes sowie mit Wasser ver- dünnte schwarze Tusche wurden bei diesen Versuchen in wenigstens zwei verschiedenen Konzentrationen dargeboten. Diese wurden so gewählt, daß die Röhrchen bei der Betrachtung gegen eine hellere Fläche für das dunkeladaptierte farbentüchtige Menschenauge bei der geringsten für eine derartige Feststellung noch brauchbaren Helligkeit der Beleuchtung eine solche Graureihe bildeten, daß in ihr alle Röhrchen in regellosem Wechsel der sonstigen Farbigkeit oder Farblosigkeit aufeinander folgten. Für den total farbenblinden Zustand des menschlichen Auges ergab sich bei den 15 Reflektorröhrchen des vorliegenden Versuches hinsichtlich ihrer farblosen Helligkeit die mehrfach genau überprüfte Reihe: Weiß1>V8 > Grau 4>V2 = Grau7 = 6 = 9 = P5 = VI1 > 3 = 612 >V5> Grau 10 > P14 > Grau 13 (Schwarz). Besonders sei darauf hingewiesen, daß sich innerhalb dieser Reihe eine größere Gruppe graugleicher, sonst verschieden farbiger und farb- loser Röhrchen befindet, die durch die Röhrchen V 2 und V 11 (welehe Methylviolettlösungen gleicher Konzentration enthalten) begrenzt wird. messer 30 mm), die ich in der Fenstermnische (ohne Glasbedeckung) angebracht hatte, häufig beflogen und mit dem Rüssel berührt, also besucht. Die Scheibchen waren aus GelbNr.4 und Gelb Nr.6 der Hering-Farbpapiere hergestellt. Es wurde somit dasselbe gelbe Papier, das die Tiere bei Dunkel- flügen nicht beachteten, von den Tieren bei Futterflügen häufigbesuchtundmitdem Rüssel berührt. Insekten und Blumen. 229 Versuchsanordnung: N El ER U RR Eu 0 LE I BE WERD U Fig.45. Platz Nr. 1 a 5 6 7 EB. 0 we. IE 180 18: m. 36 Farbe W XV 6 Grau VW 6 Grau V 6 Grau V 6 Grau P P (Bedeutung der Buchstaben wie bei der vorigen Figur.) Dargeboten wurden: 4 violette Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 8), eine mittlere (Nr. 2, 11) und eine dunkle (Nr. 5) Lösung von Methyl- violett (Grübler) in Wasser; 4 gelbe Röhrehen mit 1 Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 6, 9) und eine dunklere (Nr. 3, 12) Lösung von Orange G (Grübler) in Wasser; 2 purpurne Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 15) und eine dunkle (Nr. 14) Lösung von Fuchsin S (Grübler) in Wasser; 4 graue („rauchgraue*) Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend vier verschiedene Verdünnungen von chinesischer Tusche (Nr. 4, 7, 10, 13); 1 farbloses Röhrchen mit einem Reflektor, enthaltend reines Wasser (Nr. ]). Das Benehmen des Tieres während des Versuches: Der Falter zeigt am ersten der beiden Versuchstage zu drei verschiedenen Zeiten des Vormittags ein unruhiges Verhalten bei seinen Flügen und Äußerungen des Dunkeltriebes, so daß keine Besuche der Röhrchen zustande kommen.!) Am zweiten Versuchstage fliegt das Tier bald nach dem Erwachen um $h 25» nach einem Fluge im Innern des Zimmers wieder zum Versuchsfenster zurück und besucht V11 zuerst am unteren Ende,?) dann in der Höhe des Reflektors und etwas über diesem, das Glas mit dem Rüssel berührend, dann V8 oben (es schaute dort zufällig ein wenig vom Flüssigkeitsspiegel am unteren Rande der Manschette hervor), dann V5 in der Höhe des Reflektors, ebenso V2, 63, V5, V8. Alle diese Röhrchen werden mit dem Rüssel mehrmals kräftig berührt, das gelbe aber auffallend flüchtiger. Anzeichen des Dunkeltriebes werden bemerkbar, Flüge im Zimmer. Schließlich setzt sich das Tier in der Falte eines Tuches zur Ruhe, worauf ich es wieder in seine Schachtel ein- schließe. Ende 8" 35". !) Die anderen Versuchstiere verhielten sich größtenteils ebenso, nur zwei von ihnen führten Besuche der Röhrchen aus. Das eine besuchte die Röhrchen 63, 69 und nach einigen Flügen zum Lichte noch die Röhrehen V8 und V11. Es war hin- sichtlich der Röhrehenfarbe unstet geworden, nachdem es zunächst die gelben bevor- zugt hatte. Das andere Tier besuchte nur gelbe Röhrchen (66, 69 und 612), war also vollkommen gelbstet. Die verschieden hellen grauen Röhrchen und das weiße (farblose) fanden bei keinem der beiden Tiere irgendwelche Beachtung. 2) Durch totale Reflexion innerhalb des Röhrchens konnte für ein von unten emporfliegendes Tier auch aus dem unteren, kugelig abschließenden Röhrehenende em vom Reflektor ausgehendes Licht in sein Auge gelangen. 230 Fritz Knoll. Das Ergebnis des Versuches: Da dieser Taubenschwanz') nur die gelben und violetten Röhrchen besuchte, ohne sich irgendwie um die gleich hellen anderen zu kümmern,”) kann die Auswahl nicht auf Grund der farblosen Helligkeit des Reflektonlichtes zustande gekom- men sein. Wir müssen somit dem Falter von Macro- glossum stellatarum irgendeine Form des Farbensinnes zusprechen, wenn wir nicht von jedem Analogieschluß nach dem Verhalten der Säugetiere und des Menschen absehen wollen. 5. Versuch. (26. XI.) ‚Sowohl die Anhänger als auch die Gegner jener Auffassung, die bestimmten Insekten eine besondere Farkenempfindung zuschreibt, sind heute darin einig, daß Lichtgemische, die uns als Rot erscheinen, von jenen nicht in ähnlicher Weise wie von dem Menschen empfunden werden können. Die meisten, schlechthin als „rot“ bezeichneten Farben der Blumen gehören jedoch nieht dem eigentlichen Rot an, sie sind vielmehr als Purpur zu bezeichnen. Nach den Untersuchungen, die Frisch !) Am zweiten Versuchstage wurde bei dieser Anordnung noch ein Versuch mit einem anderen Tiere ausgeführt, das sich am 23. XI. als gelbstet erwiesen hatte. Es besuchte bald nach dem Erwachen 612 in der Höhe des Reflektors, flog dann zum Organtin des Fensters, dann zu einem gelben Papierscheibehen (Hering-Gelb Nr. 4), darauf zu G@6, wieder in der Höhe des Reflektors, alle gelben Objekte mit dem vor- gestreckten Rüssel berührend. Darauf näherte es sich den Gelbscheibehen (Hering- Gelb Nr.5 und 6) bis auf etwa 30 mm Nähe, ohne aber den Rüssel zu entrollen (sehr seltener Fall, der sich aus den unmittelbar darauffolgenden Dunkelflügen erklärt), flog dann im Zimmer herum und kam wieder zur Versuchsanordnung zurück, wo es mehrere der schwarzen Manschetten im Fluge mit den Beinen berührte und sich schließlich auf einer von ihnen zur Ruhe setzte. Indessen entfernte ich die Röhrchen von der Tragstange und stellte 6 Linaria-Blütenstände in Gläschen auf das Versuchs- brett. (Diese Blütenstände hatte ich am vorhergehenden Nachmittage ins Zimmer ge- bracht. Sie enthielten in ihren Spornen verschieden große Mengen natürlichen Nektars.) Ich scheuchte nun das noch schlafende Tier wieder auf und es wandte sich sogleich den Linaria-Blütenständen zu. An diesen hatte das Tier in den folgenden 12'/, Minuten bereits 100 Blütenbesuche ausgeführt. Nach dem 160. Blütenbesuch (20 Minuten nach Beginn der Fütterung) trat Ermüdung ein und der Falter setzte sich zur Ruhe, worauf ich ihn in seine Schachtel einschloß. 2) Daß sich die Falter nicht auch den beiden purpurnen Röhrchen zuwandten, hatte, wie aus dem 5. Versuch hervorgehen wird, abgesehen von dem Anteil des Zufalls (infolge der geringen Zahl der zustandegekommenen Besuche der Röhrchen), hauptsächlich in der in bezug auf den Beginn der Anflüge ungünstigen Stellung am Ende der Tragstange seinen Grund. Ich ließ die Tiere gewöhnlich in der Mitte des Versuchsbrettes erwachen, so daß ihnen beim Auffliegen die mittleren Röhrchen die nächsten waren. Auch scheinen die Falter die freieren Stellen der Anordnung den beengteren beim Fluge vorzuziehen, so daß vielleicht am Ende der Tragstange auch die Nähe der Fensternischenwand die fliegenden Tiere etwas zurückhaltender machte. Insekten und Blumen. 231 an der Honigbiene durchführte, gehört ein von uns als Purpur bezeich- netes Liehtgemisch zu jenen Lichtarten, die ihr mit einem blauen als gleichwertig erscheinen. (Der von uns als Rot gesehene Anteil wurde von diesen Insekten nur als verdunkelnd empfunden.) Meine Studien an dem Wollschweber (Bombylius) hatten das gleiche Ergebnis. Es ist also zum Vergleich mit dem Lichtsinn anderer Insekten hier folgende Frage zu beantworten: Wie verhält sich der Taubenschwanz gegenüber dem Purpur, besonders wenn er vorher längere Zeithindurceh aufeiner zur Blaugruppe ge- hörigen Farbe sein Futter erhalten hatte? Bei den letzten Versuchsanordnungen waren bereits Röhrchen mit purpurmnen Lösungen dargeboten worden, jedoch in sehr geringer Anzahl und an der ungünstigsten Stelle der Röhrchenreihe, so daß keine Besuche an ihnen zustande kamen. Bei der neuen Versuchsanordnung wurden deshalb mehr (5) purpurne Röhrchen verwendet und diese an günstigen Stellen der Reihe eingefügt. Bei den hier verwendeten 13 Lösungen wurde ebenfalls deren Konzentration mit Rücksicht auf die farblose Helligkeit des Reflektorlichtes ausgewählt. Bei der Einordnung zwischen Weiß und Schwarz ergab sich für die Röhrchen folgende Helligkeitsreihe (ermittelt, wie beim vorigen Versuch): BIBSPL- WBAPI- RI > SS = P7 > ip = 66 >V13>P10>P12 > Schwarz. Auch hier ist eine Gruppe graugleicher Lösungen innerhalb der Reihe vorhanden, wobei überdies der Unterschied zwischen der farblosen Helligkeit von V 11 und G5 so gering ist, daß er kaum sicher festzu- stellen war (was ich durch > angedeutet habe), weshalb man ohne- weiters die 5 Röhrchen V 8 bis einschließlich P7 der obigen Reihe als graugleich bezeichnen kann. Versuchsanordnung: Fig. 46. Platz Nr. 4 6 7 8 9 10 11 12 13 Farbe P 6G P V 6 P V P V (P = Purpur, Q = Gelb, V = Violett.) 232 Fritz Knoll. Dargeboten wurden: 4 violette Röhrehen mit 1 Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 3 = Nr. 8 des vorigen Versuches), eine mittlere (Nr. 8, 11 = Nr. 2, 11. v. V.) und eine dunklere (Nr. 13 = Nr. 5 d. v.V.) Lösung von Methylviolett (Grübler) in Wasser; 5 purpurne Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend fünf verschieden konzentrierte Lösungen von Fuehsin S (Grübler) in Wasser; 4 gelbe Röhrchen mit 1 Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 2,5, = Nr. 6, 9. d.v.V.) und eine dunklere (Nr. 6,9 = Nr. 3, 12 d. v. V.) Lösung von Orange G (Grübler) in Wasser. Farblose Röhrchen waren diesmal nicht vorhanden, auch wurde nirgends Zucker- wasser dargeboten. Das Benehmen des Tieres während des Versuches. Der Taubenschwanz saugt am Vormittage kurze Zeit an dem Zuckerwasser eines violetten Spornröhrchens. Nachdem er darauf in seine Schachtel eingeschlossen worden war, wird er um 1% 30” nachm. wieder zum Versuch hervorgeholt. Er fliegt nach dem Erwachen zunächst zum Licht, dreht sich aber bald um und besucht rasch die Röhrehen Vı3, Pı2, Vı1, P10. das gelbe Röhrchen Nr, 9 nicht beachtend, unmittelbar zu V8, dann P4, P10, P12, Vı1l, Vı3, P12, P10, V8, P7, P4, 65, G6, 69 (alle drei gelben Röhrehen nur flüchtig berührt), P10, V13. Dann tritt bald Ermüdıng ein und das Tier setzt sich zur Ruhe. Das Ergebnis des Versuches: Das Tier besuchte zunächst gleichmäßig 15mal violette und pur- purne Röhrchen, sie in der Höhe des Reflektors oder am unteren Ende mit dem Rüssel in normaler Stärke und Dauer berührend. ohne die gelben zu beachten. Da das Tier an den Röhrchen nichts fand, trat Unbeständigkeit ein: es besuchte nun, wenn auch im Vergleich zu den vorigen sehr flüchtig, unmittelbar hintereinander drei gelbe Röhrchen, um sich dann nochmals Purpur und Violett zuzuwenden. Man sieht daraus klar, daß für unseren Falter Purpur und Violett der- selben Empfindungsgruppe angehören, Gelb da- gegeneineranderen. Das Ergebnis stimmt also mit meinen Be- Men bei Bombylius fuliginosus und denen von Frisch bei Apis mellifica überein. Weiters zeigt der Versuch, daß ebenso eine Bindung an Violett entstehen kann, wie früher (8. 223 ff.) eine solche an Gelb vorhanden war. Diese am Beine des Versuches sichtbare Bindung an die Farbe des vorher verwendeten Fütterungsobjektes wird aber im Verlauf eines solchen futterlosen Versuches gelockert, es tritt sozusagen probe- weise Unstetigkeit ein, die in diesem Falle zu einer erneuten Bindung an (Gelb hätten führen können, wenn dem Tier nun in gelben Röhrchen Futter geboten worden wäre. Schließlich sieht man auch aus diesem Versuch, daß die farblose Helligkeit des Reflektorlichtes (wenigstens innerhalb bestimmter, ziemlich weiter Grenzen) beim Herausfinden der Farbe, an die das Tier gebunden ist, keine Rolle spielt. Insekten und Blumen. 235 6. Versuch. (28. XI.) Dieser Versuch bildet eine Wiederholung des vorigen, nur daß diesmal auch Zuckerwasser, und zwar in 4 violetten Sporn- röhrehen dargeboten wurde. Es bedeutet somit der neue Versuch wieder eine Auffrischung und Festigung der bereits etwas locker gewordenen Bindung an Violett, neben der Prüfung der Gleich- wertigkeit des verwendeten Violett mit Purpur. Da abgesehen von den Spornröhrchen die gleichen farbigen Röhr- chen verwendet wurden wie am 26. XI., wenn auch in anderer Anord- nung, so kann deren farblose Helligkeit aus der auf S. 231 wieder- gegebenen Reihe entnommen werden. Diese Reihe hat nun infolge der beim vorliegenden Versuch durchgeführten Veränderung des Platzes innerhalb der Anordnung folgendermaßen zu lauten: miB>PI >VR > PP > U=V7 28 = 04 = Pi > 65 = G611>V15>P3>P10 > Schwarz. Versuchsanordnung: 4 = ET u u EEE TED RD IE Fig.47. un ı| 23 45 673 es 10. JE 12:18744219°16 17 Farbe ee a | re N EV NS VS Bedeutung der Buchstaben wie bisher; VS Spornröhrchen mit violetter Farbstofflösung. 8 G Dargeboten wurden: 4 violette-Spornröhrehen mit Zuckerwasser (Nr. 1, 2, 16, 17). eine wässerige Lösung von Methylviolett (Grübler) mittlerer Konzentration enthaltend. 4 violette Röhrchen mit Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 12 = Nr. 3 des vorigen Versuches), eine mittlere (Nr. 4, 7 = Nr. 8, 11 d. v. V.) und eine dunklere (Nr. 15 = Nr. 13 d. v. V.) Lösung von Methylviolett (Grübler) in Wasser; 5 purpurne Röhrchen mit Reflektor (Nr. 3, 6, 9, 10, 13 = Nr.10, 4, 1, 12, 7 d. v.V.), enthaltend verschieden konzentrierte Lösungen von FuchsinS (Grübler) in Wasser; 4 gelbe Röhrchen mit Reflektor, enthaltend eine helle (Nr.8,14 = Nr. 2,5, d.v.V.) und eine dunklere (Nr. 5, 11 = Nr. 6,9 d. v. V.) Lösung von Orange & (Grübler) in Wasser. Das Benehmen des Tieres während des Versuches. 95 20 vorm. Nach dem Erwachen Flüge im Innern des Zimmers; ich bringe es mit dem Fangnetz'!) zum Versuchsfenster zurück, wo es sogleich nach einem kurz 1) Jch habe wiederholt bei den Versuchen ein allzulange im Zimmer herum- fliegendes Tier mit einem Netze aus weichem Stoffe eingefangen und es damit zum 254 Fritz Knoll, dauerden Fluge am Lichte sich umwendet und die Besuche beginnt. Es wurden un- mittelbar hintereinander besucht: V15, VS16, VS17, VS16, V15, P13, V15, P13, V12, P10, V7, V4, P3, VS2, VS1, VS2, P3, V4, P6, V7, P9, V7, P6, V4, P3, VS2, VS1, v7, Vı2, Pı3, V15, VS16, VS17 (Besuch nicht sicher festgestellt), V15, P13, V12, P10, V7, P6, V4, P3, P10, VS16, VS17. Die Röhrchen werden alle mit dem Rüssel berührt, meistens in der Höhe des Reflektors und die Spornröhrchen dabei teilweise ihres Zuckerwassers beraubt. Schließlich treten Dunkelflüge auf, Der Versuch wird abgebrochen. 9b 28", Das Ergebnis des Versuches: Da das Tier schon am Beginn seiner Besuche in den violetten Spornröhrcehen Nr. 16 und 17 reichliches Zuckerwasser fand und dabei zu langem Saugen und Betrachten des violetten Reflektorlichtes kam, wurde sogleich die Bindung an die Farbe der violetten töhrchen gefestigt. Dies zeigte sich zunächst darin, daß beini Fluge von V 15 zu P 13 das dazwischenliegende Gelb in kürzestem Ab- stand unbeachtet überflogen wurde. Im Verlauf der weiteren unmittelbar auf einander folgenden Besuche konnte noch in 21 Fällen festgestellt werden, daß das Tier in nächster Nähe an einem gelben Röhrchen vorbei- flog, ohne dabei den Rüssel vorzustrecken oder ihm sonst irgendwie nahezukommen. Und dies tat dasselbe Tier, das am 22. XI. (S. 224f.) im Wettbewerb zwischen den gelben (Orange G) und violetten (Methyl- violett) Röhrchen vollkommen gelbstet geblieben war. | Das Violetthat siehsomit aueh diesmalinallen seinen Abstufungen als gleichwertig mit dem ver- schieden gesättigten Purpurerwiesen, dagegenals vollständig verschiedenwertiggegenüberden zwei selben Farben. Da aber das gelbe Reflektorlicht von dem Ver- suchstier trotz seiner Stellung innerhalb obiger Helligkeitsreihe als solches ohne Irrtum unterschieden wurde, so konnte dies nur auf dem Wege über eine Unterscheidung nach der spektralen Zusammen- setzung des gelben Lichtes und nicht nach seiner Helligkeit geschehen sein. Es wirdsomitdurch diesen Versuch neuerdings das Farbensehen des Falters so einwandfrei fest- gestellt, wiediesmitdendazugeeigneten Meihnann nie möglich ist. 7. Versuch. (29., 30. und 31. XI.) Nachdem hinsichtlich des Violett und Purpur im letzten Versuch die Übereinstimmung mit dem sinnesphysiologischen Verhalten des Bompyiils fuliginosus festgestellt werden konnte, bleibt noch die Prüfung V eralchetsnsie getragen, wo ich ihm wieder die Freiheit gab. Bei einiger Geschick- lichkeit und Erfahrung des Experimentators kann dies so geschehen, daß das Tier dann aus dem Netze auffliegend ohne Anzeichen einer Störung sich sofort der Versuchsanordnung zuwendet, falls wieder der Futtertrieb rege wird. Insekten und Blumen. 235 des Tieres auf sein Verhalten gegenüber einem gelblichen Rot durehzu- führen. Statt der gelben Röhrehen wurden nun gelblichrote verwendet und statt der purpurnen blaue. Die Bindung an Violett sollte durch gleichzeitig dargebotene violette Spornröhrehen mit Zuckerwasser auf- recht erhalten bleiben. Ich wählte die Farbe der gelblichroten Röhrchen so, daß ihr Retlektorlicht dem Mohnrot (Tafel 2, Fig. 12) möglichst nahe kam, wobei jedoch der Rotcharakter weitaus gegenüber dem Gelbcharakter überwog. Für das helladaptierte farbentüchtige Auge war die Helligkeit des Reflektorlichtes selbst beim dunkelsten der gelblichroten Röhrchen noch heller als beim gleichzeitig verwendeten hellsten blauen und violetten. Hinsichtlich der farblosen Helligkeit für den total farben- blinden Zustand des menschlichen Auges konnte ich folgende Helligkeits- reihe der Röhrchen aufstellen: Weiß >B4>B7>B10>V5>B12>V14 =V3> V9>R6>RIl >R13>R8> Schwarz. Es waren somit für diesen Sehzustand die gelblichroten Röhrchen dunkler als alle übrigen. Versuchsanordnung: Er EAN RE | nen Fig. 48. Platz Nr. ee a ee; E58. 9 18 011 1 32 34 15.16 Farbe BE Er RR TER TV BER BER. WENNS VS 6 V = Violett, VS = Violett mit Sporn, B = Blau, R = gelbliches Bot. Dargeboten wurden: 4 violette Spornröhrehen mit Zuckerwasser (Nr. 1, 2, 15. 16, entsprechend Nr. 2, 16, 17, 1 des vorigen Versuches), enthaltend eine Lösung von Methylviolett (Grübler) mittlerer Konzentration in Wasser; 4 violette Röhrchen mit Reflektor, enthaltend eine helle (Nr. 5 = Nr. 12 d. v. V.), eine mittlere (Nr. 3, 14 = Nr. 7, 4. d.v. V.) und eine dunklere (Nr. 9 = Nr. 15.d. v. V.) Lösung von Methylviolett (Grübler) in Wasser; 4 blaue Röhrchen mit Reflektor, enthaltend Lösungen von Methylenblau ver- schiedener Konzentration (Nr. 4, 7. 10, 12) in Wasser. 4 rote (gelblichrote) Röhrchen mit Reflektor, enthaltend Lösungen von Eosin (Grübler) verschiedener Konzentration (Nr. 6, 8, 11, 13) in Wasser. 236 Fritz Knoll. Das Benehmen des Tieres während des Versuches. 29. XI., 10% vorm. Nach dem Erwachen begibt sich das Tier bald zu VS15, dort kurze Zeit saugend, dann Anzeichen des Dunkeltriebes. Flug im Innern des Zimmers. Nach der Rückkehr zum Versuchsfenster beginnt es bei VS15 abermals kurz zu saugen, verfällt aber bald wieder dem Dunkeltrieb, befliegt die schwarzen Man- schetten der Röhrchen, sie mit den Beinen berührend, setzt sich schließlich an der. Manschette Nr. 16 zur Ruhe nieder (10% 07= vorm). Um 1» 15" nachm. wird das Tier nochmals vorgenommen, führt aber nur Dunkeltlüge aus und wird deshalb wieder ein- geschlossen. 30. XI., 9% 10» vorm. Findet nach dem Erwachen bald VS1, beginnt zu saugen . und trinkt den ganzen Inhalt des Spornes aus, dann zu VS2, es mit dem Rüssel be- rührend, aber nieht mehr saugend, weiter V3, V5, gegen das Licht, zu B12 sich um- wendend, ‘es in der Reflektorhöhe mit dem Rüssel berührend, dann Dunkelflüge. Ende 94 32m, 31. XL, 9» 24m vorm. Zeigt nach dem Erwachen nur Dunkelflüge, wird deshalb um 9% 35m wieder in seine Schachtel eingeschlossen. Um 10" 37= vorm. nehme ich das Tier wieder vor, es fliegt bald nach dem Erwachen zu V9, B10, besucht nach einigen Zwischenflügen unmittelbar hintereinander VS15 (saugend), V2, B12, VS15 (saugend). V14, VS15 (saugend). VS16 (saugend, trinkt den ganzen Sporninhalt aus), V9, B12, V14, VS15. VSı6. V9, B12, V14, VS16, VS15, fliegt gegen das Lieht, dann ins Innere des Zimnrers und zeigt bald Dunkelflüge, worauf der Versuch abgebrochen wird. Ergebnis des Versuches. An allen drei Versuchstagen wurde das gelbliche Rot nicht beachtet. Das Versuchstier verhält sich also ebenso wie Bombylius Juliginosus bei den Versuchen mit Mohnrot. Nimmt man das Ergebnis des Versuches am 26. XI. (S. 232) hinzu, so ergibt sich, daß Blau, Violett und Purpur meiner Versuchsröhrchen zu einer Empfin- dungsgruppe, Gelbliehrot (Mohnrot) dagegen zu einer anderen gehört. Die Übereinstimmung mit dem Ver- halten des Wollschwebers ist somit darin eine vollkommene. Nach den bisherigen Erfahrungen ist es nun wahrscheinlich, daß ein sattes gelbliches Rot für den Taubenschwanz zu den gelben Farben gehört. Wir wissen aus meinen früher beschriebenen Versuchen über die Helligkeit des Hering - Gelb (Orange) 3, daß es unserem Tier weitaus dunkler erscheint als dem helladaptierten, farbig empfindenden Menschen- auge. Da aber das Reflektorlicht auch bei den helleren Eosinröhrehen weitaus mehr Rotcharakter hatte als das Hering-Papier 3, so ist daraus wahrscheinlich, daß die gelbliehroten Lichter des letzten VersuchesfürdasTiersehr dunkel sein mußten, und dies um so mehr, je weiter sich ihr Licht dem reinen Rot näherte. Dafür sprieht auch das Ergebnis der folgenden mit 3 Tieren ausgeführten Versuche. Die Eosinröhrehen Nr. 6 und Nr. 11 wurden zwischen Blüten- ständen von Linaria vulgaris angebracht, an denen die Falter Zucker- wasser saugten. Die Tiere überflogen die Röhrchen in fiachem Bogen, ohne deren Reflektorlicht zu beachten. Selbst dann, als die Sporne der Insekten und Blumen, 237 Blüten bereits fast völlig ausgebeutet waren, änderten sie dieses Ver- ‚halten nicht. Da wir aus meinen früheren Versuchen wissen, daß die Versuchstiere zwischen Besuchen von Linaria-Blüten gelbe Reflektor- röhrehen ohneweiters beflogen und mit dem vorgestreckten Rüssel be- - rührten, so ergibt sich daraus mit Sicherheit, daß für diese Falter doch in irgendeiner Hinsicht ein eat Unter- schied zwischendemoptischenEindruckdergelben und gelbliehroten Reflektorröhrehen vorhanden war. Dieser Unterschied liegt, wie aus späteren Versuchen hervorgehen wird, in der Helligkeit der zurückgestrahlten Lichter. 5. Die Methode der Versuche mit farbigen Futtergefäßen aus wachsgetränktem Papier. a) Art und Herstellung der Futtergefäße (Futterblumen). Nachdem durch die eben beschriebenen Versuche bei den Faltern von Macroglossum stellatarum für bestimmte Fälle die Fähigkeit der ‚Farbenunterscheidung und darin eine deutliche Stetigkeit festgestellt werden Konnte, war es meine Aufgabe, dieses Farbenunterscheidungs- _ vermögen auf seine Leistungsfähigkeit im allgemeinen und auf dessen Anteil bei den Blumenanflügen zu untersuchen. Auch war die nach- gewiesene Stetigkeit, die einer längeren Fütterung auf Objekten be- x ‚stimmter optischer Beschaffenheit folgte, in ihrem Umfang genauer zu _ umgrenzen. Um dieser Aufgabe nachzukommen, schien es mir aber _ wünschenswert, Objekte zu ersinnen, deren Handhabung zur Fütterung innerhalb der Versuchsanordnungen bequemer ist als die der bisher ver- wendeten Röhrchen mit farbigen Lösungen. Bei den Versuchen mit diesen Lösungen war der physikalisch einfachste Fall, die Wirkung farbiger „Liehtfleeken“, geprüft worden. Nun handelte es sich aber darum, dem Falter Gebilde darzubieten, die gleich den Blumen in der Naturkörper- lieh sind. Es mußten solche Objekte überdies in jeder beliebigen Farbe ‚hergestellt werden können, sie sollten leicht zu reinigen und vor allem wenigstens an ihrer Oberfläche von vollkommen einheitlicher chemischer Beschaffenheit sein. Glas wäre hinsichtlich der beiden zuletzt geforderten Eigenschaften das beste Material gewesen, allein die Anfertigung in jeder beliebigen Färbung und Helligkeit wäre nieht möglich gewesen. Ich kam nun auf den Gedanken, gereinigtes (gebleichtes) Bienenwachs m Verbindung mit einem passenden festen Material zur Herstellung von Futtergefäßen zu verwenden. Da ich das Wachs nicht also solches färben wollte, verfertigte ich mir Objekte aus farbigem Papier, um sie dann mit farblosem Wachs zu durchtränken. Wenn man einen Streifen rein weißen Schreibpapiers z. B. mit Methylviolett kräftig färbt und ihn nach dem Trocknen für kurze Zeit in geschmolzenes Wachs eintaucht, so sieht 238 Fritz Knoll. man nach dem Erstarren des aus dem Wachs herausgezogenen Streifens, daß dieser die vorher vorhandene Färbung nun in verstärktem Ausmaß hervortreten läßt. Erstarrtes gebleichtes Wachs ist weiß, da es beim Ab- kühlen aus dem geschmolzenen Zustand in ein fein kristallinisches Gefüge übergeht, wobei durch die Reflexion an den zahlreichen Flächen der winzigen Kristalle (ähnlich wie z. B. beim Marmor) eine sehr gleich- mäßige Zerstreuung des darauffallenden Lichtes zustandekommt. Es bleibt dabei aber noch eine starke Transparenz, und diese ist es, die zum optischen Hervortreten der in Wachs eingeschlossenen farbigen Papierfasern notwendig ist. Ein mit Wachs getränkter farbiger Papier- streifen verhält sich optisch ähnlich wie ein aus farbigen Zellen zu- sammengesetztes Pflanzengewebe mit engen Interzellularen, an denen die totale Reflexion vor sich geht. Ein solcher Aufbau ist bei vielen Blumenblättern vorhanden, die uns dann als „wachsartig‘“ erscheinen. Ich verweise hier nur auf die wachsähnlich aussehenden oft wundervoll farbigen Blüten vieler tropischer Orchideen. Wenn man sich nun aus farbigem Papier ein kleines Futtergefäß herstellt, etwa einen kleinen Trichter, und es mit Wachs durchtränkt, so hat man die Möglichkeit. in ihm Zuckerwasser den Tieren darzubieten, ohne daß dieses von der Wand des Gefäßes eingesaugt wird, da Wachs für Wasser nicht durch- lässig ist. Ich kam schließlich dabei zu einem Typus von Futternäpfen, der darin bestand, daß ich ein einfaches kleines Papiergefäß auf einer Nadel anbrachte, dieses dann mit ‚Wachs tränkte und es beim Versuch mit Hilfe der Nadel in irgendeine Unterlage (weiches Holz, Kork, Torf) spießte. Diese künstlichen Objekte, die sich bei allen Versuchen sehr bewährt haben, sollen in der folgenden Darstellung der weiteren Ver- suche kurz als Futterblumen bezeichnet werden. Ich habe bei meinen Versuchen zwei Typen dieser Futterblumen verwendet: die Schiffehenblumen und die Triehterblumen. Die Herstellung der Schiffehenblumen. Aus dem für die Anfertigung der Futterblumen bestimmten Papier werden Quadrate von 18 mm Seitenlänge ausgeschnitten. An einem Rande wird zuerst ein 2 mm breiter Teil umgebogen (Fig. 49 A, B), mit dem Falzbein fest niedergestrichen und darauf wieder in die frühere Fläche zurückgebogen (C). Dann wird das Papierstück senkrecht zur ersten Buglinie symmetrisch zusammengelegt und auch dieser Bug mit dem Falzbein geglättet (D). Beide Büge müssen nach dem Flachlegen des Papierstückes ihren Rücken gegen dieselbe Seite gerichtet haben. Während man das Blättchen mit der linken Hand rechtwinklig gebogen hält, nimmt die rechte Hand eine Pinzette mit glatten flachen Enden und biegt damit den Randstreifen an seiner Mittelstelle wie in Fig. 49 E ge- zeichnet ein. Mit ein wenig reiner Lösung von Gummi arabicum wird der Insekten und Blumen. 239 ung von etwa 90° TER Am wcnüheriiäindien Bande wird e Insektennadel seitlich so hindurchgesteckt, daß damit beide Teile eren Kante zusammengehalten werden (F, 6). Die Insektennadel ‚entsprechend kräftig und soll am besten matt schwarz sein. Es ıt dabei ein Gebilde, dessen Gestalt aus den Abbildungen F bis I ntnehmen ist. Sollte dabei diese Form nicht sogleich zustande ge- ımen sein, so kann man durch entsprechendes Drücken das Fehlende hholen. dodenfhlie: muß die re Form ... werden. O N . IM L Fig. 49. Herstellung der Futterblumen. e| _ Sehiffchenblumen, K bis ) = Trichterblumen, A bis E,K = Vorbereitung der Papierstücke, F bis 0 = fertige Futterblumen. F bis I = Schiffehenblumen in verschiedenen Ansichten: F, G von vorne Se ich, H von unten, I von vorne oben gesehen. L = eine große Trichterblume von vorne oben, M = eine ıe von der Seite, N = eine mittelgroße, 0 = eine kleine Trichterblume. Die punktierten Linien innerhalb apa geben die gewöhnliche Größe der Zuckerwassertropfen und den Ort ihrer Anbringung wieder, Alles in natürlicher Größe. (Vgl. auch die Futterblumen auf Tafel 8.) man eine größere Anzahl soleher Papiergebilde hergestellt, dann kann man die Durehtränkung mit Wachs vornehmen. In einem kleinen Glasgefäß wird eine solche Menge gebleichten reinen Bienenwachses ge- schmolzen, daß die Papierteile darin ganz eingetaucht werden können. Bevor man aber dazu übergeht, muß man die Papiernäpfchen zuerst über = einer entfernten Flamme oder einer erhitzten Metallplatte, also in heißer En Luft gut trocknen, wobei aber Sorge zu tragen ist, daß das Papier nieht versengt und der Farbstoff durch die angewendete Hitze nicht verändert wird. Das Trocknen muß erst unmittelbar vor dem Eintauchen in das Wachs erfolgen, da das Papier sonst bald wieder Feuchtigkeit aus der Luft an sich zieht. Nun hält man die Futterblumen an der äußersten Nadel- spitze fest und versenkt das Papiernäpfehen in das flüssige Wachs, Abhandl, d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 17 240 Fritz Knoll. wartet einige Sekunden, bis das Papier transparent geworden ist, zieht es wieder aus dem Wachs heraus, hält es weiter fest und schleudert mit einigen kräftigen Handbewegungen das überschüssige Wachs in noch flüssigem Zustand von der Futterblume weg. Dann spießt man die Nadel in einen Kork und läßt das Ganze erstarren. Ist die Herstellung gut gelungen, dann muß das Papiergerüst einer solchen Futterblume überall gleichmäßig von einer dünnen Wachshaut überdeckt sein, an der nirgends dickere Tropfen oder Blasen sichtbar sein dürfen. Weitere An- leitungen sind überflüssig, alles noch Nötige ergibt sich bei FREUE Übung und Geschicklichkeit später von selbst. Die fertige Futterblume wird bei den Versuchen am besten mit Hilfe der (bei Arbeiten mit gespießten Insekten gebräuchlichen) Steckzange in eine passende Unterlage so eingesteckt, daß die Nadel 45 bis 90" zu ihr geneigt ist. Die am unteren Rande der Blume vorhandene Rinne nimmt dann das Zuckerwasser auf, das man mit einer feinen Pipette an der in Fig. 49 F, G und I durch eine punktierte Linie umgrenzten Stelle einfließen läßt. Die Herstellung der Triehterblumen. Als Trichterblumen bezeichne ich farbige Futtergefäße aus wachs- getränktem Papier, die in Triehterform (Kiegelform) hergestellt wurden. Aus dem zur Anfertigung gewählten Papier schnitt ich zunächst halb- kreisförmige Stücke, deren Radius 8, 10 und 16mm betrug. Dann wurde parallel zur Durchmesserkante jedes Stückes ein etwa 15 bis 2mm breiter Rand abgebogen (Fig. 49 K). Darauf stellte ich aus den Stücken ' Trichter her, die an dem abgebogenen Randstreifen mit Gummi zusam- mengeklebt wurden. Nach den Trocknen des Klebstoffes wurde in gleicher Weise wie bei den Schiffehenblumen durch den geklebten Rand eine Insektennadel gesteckt, die den Trichter besser zusammenhielt und vor allem später zur Befestigung der Futterblume auf ihrer Unterlage diente. Nach dem Durchstecken der Nadel wurde der Triehter durch vorsich- tiges Biegen und Drücken des Papiers möglichst genau kegelförmig gemacht, dann in heißer Luft getrocknet und unmittelbar darauf in gleicher Weise wie die Schiffehenblumen mit Wachs durchtränkt. Zum Färben der Papiere der Futterblumen verwendete ich vor allem die seinerzeit von der Firma Grübler & Co. in Leipzig: in den Handel gebrachten reinen Teerfarbstoffe. Die Papiere waren weiße, feste Schreibpapiere, die nicht zu diek sein durften. Nach jeder Be- nützung wurden die Futterblumen in fließendem Wasser gewaschen, auf reinem Filterpapiere zum Trocknen ausgelegt und schließlich in einer Blechschachtel (liegend oder in Torf oder Kork gesteckt) aufbewahrt. Größte Reinlichkeit und Gleichmäßigkeit in der Behandlung aller Futter- blumen wurde stets angestrebt. {nsekten und Blumen. 941 Als Unterlage für die Futterblumen verwendete ich bei meinen Versuchen meistens Tafeln ausInsektentorf, deren ganze Ober- fläche ich gewöhnlich mit glattem, dünnem Papier überzog. War das hiezu verwendete Papier hart, so pflegte ich, um die Nadeln der Futterblumen nicht zu beschädigen, vor dem Einstecken mit feinen Stahlnadeln Löcher vorzustechen. Solehe Unterlagen aus Torf sollen bei der Beschreibung meiner Versuchsanordnungen als Steektafeln bezeichnet werden, b) Die Flugkasten. Die ersten Versuche mit Futterblumen aus wachsgetränktem Papier habe ich mit frei fliegenden Tieren an dem früher beschriebenen Versuchs- fenster (S. 197) durchgeführt. 'Bei den freien Flügen der Tiere im Zimmer ging aber sehr viel Zeit verloren, die besser für andere Zwecke verwendet werden konnte. Deshalb trachtete ich, die Versuche im kleinsten Raume durchzuführen, und dazu boten die von Adolf Meixner für Begattungs- versuche mit Schwärmern erdachten Flugkasten ein sehr geeignetes Hilfsmittel.') Gewöhnlich benützte ich einen großen Flugkasten von 50 em Seitenlänge, dessen hölzerne Rahmenteile mit grobmaschigem Stramin bespannt waren. Doch war auch ein Kasten von 30 em Seitenlänge für die meisten Versuche völlig ausreichend. Um solche Kasten für Tauben schwanzversuche geeignet zu machen, muß man in ihrem Innern noch einige Vorkehrungen treffen. Vor allem müssen (die Innenflächen mit Zeiehnungen versehen werden, diedasAnstoßendesflie- genden Falters optisch verhindern. Am einfachsten ist es, wenn man zu diesem Zwecke die helle Innenfläche mit schwarzen Tupfen oder parallelen schwarzen Streifen von 1 em Breite bemalt, die durch ebenso breite Zwischenräume voneinander getrennt sind. An den vertikal stehenden Flächen des Stramins sollen diese Streifen horizontal verlaufen, wobei die schwarz bemialten Straminteile sowohl innen als auch außen gut geschwärzt sein-müssen. Durch die schwarzen Horizontal- streifen des Stramingewebes kann man dann sehr gut hindurchsehen ‚und ungehindert das Benehmen des Falters während des Versuches beob- achten. Für besonders feine Beobachtungen kann man kleiner Teile der Wände durch Glas ersetzen. Auch kann man jene Teile der Innenfläche, welche nicht durchsichtig zu sein brauchen, zur Erzielung eines optischen Flughindernisses mit eng bedrucktem Zeitungspapier bespannen. Auf keinen Fall dürfen aber die Wände des Flugkastens aus freien, durch- sichtigen Glastafeln bestehen, da diese für den: Falter unsichtbar sind. An solehen durchsichtigen Glasscheiben würden die Taubenschwänze in unvermindertem Fluge immer wieder heftig anprallen und sich schließ- ‘) Vgl. darüber Meixner Adolf, Neue Geräte für Insektenforscher, En- tomol. Jahrbuch für 1916, 25. Jahrgang, S. 86 bis 88. Diese Art von Kasten wird dort als „Beobachtungs- und Versuchskasten“ bezeichnet. 11* 343 Fritz Knoll. lich dabei so beschädigen, daß sie zu Versuchen unbrauchbar wären. Dagegen erscheinen die in der angeabenen Weise ge- musterten Wände dem Tier „körperlich“, so daß es bei der Annäherung an diese den Flug verlangsamt und sieh dann ohne an- zustoßen wieder von ihnen wegwendet. Nur bei den Flügen in verkehrter Riehtung, bei denen das Afterende des Körpers voran geht, stößt der Falter auch an derartige Wände an, da sein Gesichtsfeld sieh nicht so weit nach rückwärts erstreckt, daß er auch die hinter ihm liegenden Dinge vollständig überblicken kann. Doch kommen bei solchen ver- kehrten Flügen durch den Anprall keine wesentlichen Beschädigungen des Tieres zustande. Die einzelnen Wände des Flugkastens müssen bei verschiedenen Versuchen die mannigfaltigsten Abänderungen erfahren. Hier sei noch jener Zustand des Flugkastens beschrieben, der bei den meisten Ver- suchen seine Anwendung fand. Zwei aneinander grenzende Seitenteile dies Flugkastens waren mit Tafeln aus Spiegelglas versehen, die zwei anderen dagegen mit Stramin oder Papier bespannt. Der Deckel war innen mit schwarz gemustertem Papier überzogen. Der Kasten war so gebaut, dab die dem Beschauer zugekehrte Glaswand sich nach links herausziehen ließ. Dadurch konnte die rechte Hand bequem in den sich rechts öffnen- den Spalt eingeführt werden. Das Licht fiel durch das Fenster oder aus einer Lampe von links her in den Kasten, der auf einem Tisch von ge- wöhnlicher Höhe stand. Die dem Fenster zugekehrte Seitenwand war mit Stramin bespannt und durch diese drang das zur Beleuchtung des Kasteninnern verwendete Licht (Tageslicht oder das einer 50kerzigen elektrischen Metallfadenlampe) ein. Die vom Fenster abgewendete Kastenwand trug eine Spiegelglasplatte, die ich, wenn nicht eine beson- dere Versuchsanordnung mit ihr verbunden wurde, außen mit einem schwarz gemusterten Papier so belegte, daß dessen Zeichnungen im Innern des Kastens sichtbar waren. Die dem Beschauer zugekehrte Glas- wand war außen mit einem horizontal gestreiften schwarz-weißen Vor- hang aus gewaschenem Organtin bedeckt (Tafel 9, Bild 1). Der Vorhang war aber nicht auf dieser Wand selbst, sondern nur oben an dem über ihr liegenden Rande des Kastendeckels befestigt, so daß beim Herausziehen der Glaswand die rechts entstehende Öffnung von dem weichen Vorhang verdeckt blieb. Dies hatte den Zweck, daß ich den Kasten auch während des Versuches öffnen und allenfalls im Innern etwas richten konnte, ohne daß der stets im oberen Kastenraum fliegende Falter zu entwischen ver- mochte. Der rechte Rand des Organtinvorhanges war dazu noch in seiner oberen Hälfte mit Reißnägeln an der Kante des vom Lichte abgekehrten Seitenwandrahmens befestigt. Bild 1 der Tafel 9 zeigt den Flugkasten in Außenansicht während der Benützung bei einem Versuche mit künstlicher Beleuchtung. Links ist die den Innenraum des Kastens beleuchtende elektrische Lampe an- x & r alu Insekten und Blumen. 243 geschoben. Die photographische Aufnahme erfolgte von jener Seite her, die dem experimentierenden Beobiachter zugekehrt ist. Auf der gegen- überliegenden Wand befindet sich noch ein kleines, verglastes Guck- fenster, durch das eine am Versuche nicht beteiligte Person die Vorgänge innerhalb des Kastens verfolgen kann, ohne dabei dem Experimentator irgendwie hinderlich zu sein. Einen Längsschnitt durch den Flugkasten gibt die später besprochene Fig. 51 (S. 247) wieder. c) Einige Behelfe zu den Versuchen mit Futterblumen. Vor allem benötigt man zur Durchführung der Flugversuche ein passendes Gestell mit schwerem, breitem Fuß, um die Stecktafel oder sonstige Versuchsanordnungen im oberen Teile des Flugraumes anbringen zu können. Man muß nämlich darauf Rücksicht nehmen, daß das flie- gende Tier sich nur in der oberen Hälfte des Flugkastens aufzuhalten pflegt. Hiefür eignet sich am besten ein schwerer, mit einigen flachen Klemmen versehener Eisenständer, der eine beliebig hohe Befesti- gung der Objekte ermöglicht. Die Aufstellung innerhalb des Kastens zeigt Fig. 51 (S. 247). Für manche Versuche ist ein Schiebevor- hang aus grauer Pappe notwendig, der eine bestimmte Versuchsanord- nung nach Bedarf zu verdecken und wieder freizugeben vermag. Ein solcher Vorhang läuft mittels Ringen oder Drahthaken auf einer parallel zur Stecktafelebene angebrachten runden, glatten Eisenstange; er muß durch feine Schnüre, die aus dem Kasten heraustreten, bewegt werden können. Schwere Holzklötze verschiedener Größe (mit rechtwink- ligen Flächen) muß man für viele Versuche vorrätig halten, um sie als Unterlage in solchen Fällen zu verwenden, wo sich der Metallständer nicht bewährt. Zur künstlichen Beleuehtung des Flugkastens ver- wendete ich gewöhnlich eine elektrische Glühbirne in einer Blechhülse (wie in Fig. 51). Für manche Versuche, die ein bestimmt zusammen- gesetztes Licht zur Beleuchtung der Versuchsobjekte verlangen, läßt sich mit Vorteil die folgende Anordnung als „Laterne“ verwenden. Eine elek- trische Metallfadenlampe (50 Kerzen) wird in die Mitte des Hohlraumes einer Senebierschen doppelwandigen Glasglocke so eingebaut, daß die Lampenachse mit der Achse der Glocke zusammenfällt. Diese Laterne wird dann unmittelbar vor der linken Straminwand an Stelle des Lampen- ständers der Fig. 51 in solcher Höhe aufgestellt, daß die Lichtquelle etwa 35 bis 40 cm von der Bodenfläche dies Kastens entfernt ist. Zwischen die Wände der Glocke wird dann nach Bedarf eine bestimmte farbige Lösung oder eine solche zur Ausschaltung ultravioletter Strahlen (Chininsulfat- lösung) eingefüllt und der untere Rand mit schwarzem Papier und eiiem für Lieht undurchlässigen Stoffe vollständig abgedunkelt. Schließlich sei noch hervorgehoben, daß die Reinigung der Futterblumen und das Eintropfen des Zuckerwassers in diese am besten mit Hilfe einer kleinen 244 Fritz Knoll. Tropfpipette (mit Kautschukball) ausgeführt werden kann. Einige weitere Behelfe sollen noch bei der Schilderung einzelner Versuche er- wähnt werden. 6. Das Ergebnis der Versuche mit farbigen Futtergefäßen. a) Das Verhalten des Falters gegenüber grünen Objekten. «) Versuche mit grünen Futterblumen. Obwohl ich Gelegenheit hatte, iin Laufe der Zeit viele Macroglossum- Falter bei ihrem Benehmen im Freien zu beobachten, sah ich doch nur ein einziges Mal ein solches.Tier sich einem grünen Pflanzenteil nähern und ihn mit dem Rüssel berühren. Dies geschah an einem Junitage in Sürdialmatien, als ein Falter im Sonnenschein nach Besuchen von purpur- nen und gelblichweißen Antirrhinum-Blüten und nach flüchtigem Saug- versuch auf einem purpurfarbigen Distelkopfe (Carduus pyenocephalus Jacgq.) an eine gelbgrüne, fast ausgewiachsene Ähre von Hordeum leporinum Lk. heranflog, den Rüssel vor ihr entrollte und mit ihm rasch einige ihrer Blüten antippte. Da das Tier an den honiglosen Blüten nichts fand, wendete es sich sehr bald von der Ähre ab und flog auf einen Blüten- stand von Orlaya grandiflora (L.) Hoffm. zu, dessen weiße Blüten es ebenfalls nur flüchtig mit dem Rüssel berührte. In allen übrigen von mir beobachteten Fällen sah ich, daß der Taubenschwanz im Freien nur vor solehen Pflanzenteilen den Rüssel entrollte, die entweder weiß waren oder sich durch lebhafte andere Farben von den grünen unterschieden. Darin verhielt er sich geradeso wie ‚die von mir untersuchten Arten der Wollschweber (Bombylius). Da der oben erwähnte Futterflug gegen eine Grasähre eine Ausnahme darstellte, mußte die Frage gestellt werden, ob das Grün der Hordeum-Ähre irgendwie von diem im allgemeinen nicht be- achteten Grün der Blätter und Stengel anderer Pflanzen verschieden war oder nicht. Der Vergleich ergab, daß der Farbton der Grasblüten nicht zwischen Blau und Gelb die Mitte hielt, sondern weit näher dem Gelb stand, als dies sonst bei grünen Pflanzenteilen der Fall ist, Um nun volle Klarheit über das Verhalten des Macroglossuin-Falters gegenüber grünen Objekten zu bekommen, habe ich eine Anzahl von Ver- suchen im Flugkasten mit künstlichen Futterblumen ausgeführt. Ich stellte mir hiezu Triehterblumen her, deren Randdurchmesser etwa 8 mm betrug, und zwar ingelber, blauer und grüner Farbe. Als Farbstoffe zum Färben der dazu erforderlichen Papiere wählte ich Auramin für die gelben, Brillanteresylblau für die blauen und ein Gemisch beider Farbstoffe für die grünen Blumen Durch verschieden langes Eintauchen und Schwenken des weißen Papieres in den Farblösungen erhielt ich von allen drei Farbgruppen mehrere Papiere verschiedener Helligkeit und Sättigung. Da bei den zu- nächst geschilderten Ver- suchen mein Augenmerk auch darauf gerichtet war, eine Bevorzugung oder Zurücksetzung der grünen Futterblumen durch den Duft der Farbstoffe auszuschal- ten, habe ich die Farben so gewählt, daß in eini- gen der grünen. Futter- blumen mehr vom blauen Farbstoff enthalten war als in den ungesättig- teren «der gleichzeitig be- nützten blauen. Esmußte ja damit gerechnet wer- den, daß die grünen Triehterblumen gewöhn- lieh nicht beachtet, die blauen dagegen lebhaft besucht werden, da die Versuchstiere vorher dureh längere Zeit ihr Futter nur aus violetten Objekten entnommen.hat- ten. Weiter mußten die Futterblumen für den Versuch so gewählt wer- den, daß dieHelligkeiten einander übergreifen, so daß immer gleichzeitig solehe grüne Blumen dargeboten wurden, die heller waren als die da- neben stehenden blauen, und solche, die dunkler waren. Das gleiche gilt auch für die gelben Triehterblumen. Da von Heß besonders der Wert der farblosen Helligkei- ten betont wird, habe ich Insekten und Blumen. 13 Nr. Farbpapier...... Fig. 50. So RÄEK ERSTE Tee 1 BI Platz Nr. Farbe Bi BE 8er ,Bi BLOG BE Hr Br pe DM ro BB BU BR BB Hr 106 106 102 101 108 108 106 110 107 105 Gr 109 110 107 105 107 104 107 109 Anordnung zu Versuchen mit grünen (Gr), blauen (Bl) und gelben (Ge) Trichterblumen. Über der Futterblumenreihe befindet sich unter einer Glastafel in dem Rahmen R eine Doppelreihe ausgewählter Herin Versuchsprotokollen übereinstimmt. Der Untergrund der gesamten Anordn 111 108 Papier Nr. 111 108 IC) > or g-Farbpapierscheibchen, deren Buchstabenbezeichnung mit den ’er- ung besteht aus mittelgrauem Papier (Grau II, H = 33). — \ kleinerung entsprechend dem beigefügten Maßstab. 246 ; Fritz Knoll. vor allem diese berücksichtigt. Zunächst habe ich flache Stücke der farbigen Wachspapierproben, die ich mir stets gleichzeitig mit den ent- sprechenden Futterblumen hergestellt hatte, auf weißes Papier gelegt undin auffallendem Licht von möglichst geringer Stärke bei voller Dunrkeladaptation meines Auges auf ihre farblose Helligkeit untersucht und in eine fallende Reihe geordnet. Das Ergebnis war für mein Auge (ebenso wie für das einer zweiten Versuchsperson) folgendes: Weiß > Gelb 101 > Blau 105 > Gelb 102 > Blau 106 > Blau 107 > > Gelb 104 > Grün 109 > Grün 110 > Grün 111 > Blau 108 > Schwarz. Die Helligkeitsreihe der im Versuch dargebotenen Futterblumen ist daher in der bei den Versuchen mit farbigen Lösungen (S. 223 ff.) angewendeten Schreib- weise folgende: Weiß >6e 17 >Bl4 =Bl16 > Ge 12 >BIl6 =BI19 = BI21 >BI3 = BI7=BI113 = =Bl15 >G6e8>G6r5 = 6r1I >6Er 14 = 6r2 >6r2=6ri >Bir=Blil = —= BI 18 = BI 20 > Schwarz. In dieser Darstellung der Helligkeitsreihe bedeutet ebenso wie in den folgenden Versuchsprotokollen Ge gelb, BI blau, @r grün und die beigefügte Ziffer den Platz der Blume innerhalb der Versuchsanordnung, entsprechend Fig. 50. Da bei der Be- urteillung der Helligkeit der Futterblumen überdies das durchfallende Licht in Betracht kommt, habe ich die farblosen Helligkeiten auch für dieses ermittelt und dabei folgende Reihe aufgestellt, die für eine weitere Versuchsperson ebenso beschaffen war: Weiß > Gelb 101 > Blau 105 > Blau 106 > Gelb 102 > Blau 107 > Gelb 104 > > Grün 109 = Grün 110 > Grün 111 > Blau 108 > Schwarz. Nach diesem Gesichtspunkt war die Reihe der Helligkeiten bei den Trichter- blumen: Weiß > Ge 17 >Bl4 = BI 16 >BI6 = BI9 = BI21 >Ge 12 >BI3 = = BI7=Bl113 = Bl1l5 >60 8 >6r5 = Gr 4 = 6rW <= r 2 > — 6r 10 >Bli=Bl11l=Bl 18 = BI20 > Schwarz. Bei der Betrachtung der farbigen Waehspapiere mit helladaptiertem Auge ergab sich bei vollem Tageslicht folgende Reihe der Helligkeiten: Weiß > Gelb 101 > Gelb 102 > Gelb 104 > Blau 105 > Blau 106 > Grün 109 > > Blau 107 > Grün 110 > Grün 111 > Blau 108 > Schwarz. Dieses Übergreifen der Helligkeiten entspricht auch dem Ver- haltendesBlattgrünsinderfreien Natur: Es finden sich dort Laubbläter, deren Farbe dunkler ist als die der dazugehörigen Blüten, solche, deren Farbe heller ist, aber auch solche, deren Helligkeit sich kaum von der der Blüten unterscheidet. (Letzteres ist oft bei Pflanzen mit blauen oder violetten Blumen der Fall.) Der Farbton der grünen Futterblumen entsprach etwa dem spektralen Grün der Wellenlänge 506 up. - RE R j BR a a a ee Bud nn | U u END JE Er u a en EEE Kill 22 > PEN. BL.) ” Be re a 2 } 28 h- Insekten und Blumen, | 247 Zur Durehführung des Versuches wurde in dem von einer 50kerzigen Metallfadenlampe beleuchteten Flugkasten parallel jener Kastenwand, die der Lichtquelle zugekehrt war, eine graue (Grau 1], H = 33) Stecktafel aufgestellt, welche eine horizontal verlaufende Reihe . der erwähnten Triehterblumen trug (Fig. 50). Alie Blumen wären un- mittelbar vor Beginn des Viersuches mit einem kleinen Tropfen Zuckerwasser versehen worden. (Diese Tropfen müssen, wenn zahlreiche LE 772 2 er G 67 10 cm / en JA TRIER aa 5 ER I EEE DENE I ER Fig. 51. “Anordnung im Innern des Flugkastens bei Verwendung künstlichen Lichtes. Vertikaler Längsschnitt parallel zur Gesichtsebene des Experimentators. G = Metallständer mit zwei Klemmen, B = Behälter für das Versuchstier, S = Steck- tafel aus Torf, mit Papier überzogen, R = Glasrahmen, mit einem Blechbügel die Steck- tafel oben umfassend, F = Futterblume mit daraus saugendem Macroglossum- Falter, V = Schiebevorhang zur Verdeckung der Anordnung im Glasrahmen, L = die zur Beleuchtung verwendete 50kerzige Metallfadenlampe in ihrer Hülse H, deren Öffnung sich unmittelbar vor der Straminwand befindet, durch die das Licht in den Kasten gelangt. (Alle Ausmaße der Darstellung genau entsprechend dem beigefügten Maßstabe.) Blumen dargeboten werden, so klein gewählt werden, daß nicht schon vor dem Besuch aller das Futter enthaltenden Blumen die Sättigung des Tieres eintreten kann.) Dem Falter wurde somit das Zuckerwasser gleich- zeitig in 13 blauen, 3 gelben und 6 grünen Blumen dargeboten. Die Zahl der gelben Blumen wurde absichtlich so gering gewählt, um durch die stark überwiegende Zahl der blauen Blumen die Bindung an Blau mög- lichst zu erhalten, selbst wenn das Versuchstier auch aus den gelben sich das Futter holen sollte. Die Zahl der grünen Blumen betrug die Hälfte der Zahl der blauen, damit einerseits durch einen allenfalls eintrevenden 248 Fritz Knoll. Besuch die Bindung an Blau nicht so sehr gestört wurde und anderer- seits aber doch die Möglichkeit des Besuches größer war als bei den gel- ben, deren Zahl nur die Hälfte der grünen ausmachte. Im oberen Teil der Steektafel war noch ein Rahmen angebracht (R in Fig. 50 und 51), der unter Glas im Format 6x 13cm auf grauem Grunde (Grau LU, H = 33) zwei Reihen farbiger Scheibehen trug, die ich aus den Hering- Papieren in der Größe von 10mm Durchmesser ausgestanzt hatte (vgl. Fig. 50 und die dazugehörige Figurenerklärung). Die Anordnung im Inneren des Flugkastens gibt Fig. 51 wieder. Ein schwerer Metallständer G trug in seiner oberen Klemme die aufrecht stehende Stecktafel S mit den Futterblumen F und dem Glasrahmen R. Vor diesem befand sich im Abstand von etwa 3 mm ein (die ganze Scheibehentafel verdeckender Schiebevorhang V aus Pappe, der im passenden Augenblick ohne Störung des fliegenden Tieres durch eine aus dem Kasten hervortretende feine Schnur von dem Rahmen weggezogen werden konnte. Die untere Klemme des Metallständers hielt eine Platte, auf die eine offene Schachtel B mit dem zum Aufwachen bestimmten Versuchstier gelegt werden konnte. Vom Beschauer links war die zylindrische Blechhülse H mit der in ihr befestigten Metallfaden- lampe L bis an den Stramin angeeschoben, durch dessen weite Maschen das Licht ins Innere des Kastens eintrat. Ich will hiezu als Beispiel zwei in Wien durchgeführte Versuche mit erünen Futterblumen beschreiben.') Die Vorgeschichte des Versuchstieres. Das Tier Nr. 102 wurde im Herbste 1919 in Graz gefangen und zeigte bei einem in Wien ausgeführten Versuche am 2. X. die typischen Dunkelflüge der Herbstfalter, ohne die aufgestellten Futterblumen zu beachten. Ich ließ das Tier im Dunkeln an einem kühlen Orte überwintern und prüfte am 7. III, 1920 den Futtertrieb des Tieres: es wandte sich im Flugkasten bald den sattvioletten Trichterblumen zu und entnahm ihnen Zuckerwasser. Am 9. III. abends zeigte das Tier in dem durch das Licht einer 50kerzigen Metallfadenlampe erhellten Flugkasten ebenfalls ausgesprochenen Futter- trieb: es besuchte mit vorgestrecktem Rüssel die ihm dargebotenen Scheibehen der Hering-Farbpapiere Nr. 12, 13, 14 und 15, ohne aber die andersfarbigen Scheibehen und die gleichzeitig aufgestellten 13, frischen, mit Zuckerwasser versehenen, sättgelben Forsythia-Blüten zu beachten. Nach kurzem Fluge setzte es sich zum Schlafe nieder. Bald flog es wieder auf und besuchte nochmals mit lebhafter Flugbewegung die aus den Hering-Papieren Nr. 12, 13, 14 und 15 hergestellten Scheibehen, also die blauen und violetten Farbtöne. Nun brachte ich auf der Stecktafel über den nicht beachteten Forsythia-Blüten fünf violette, Zuckerwasser enthaltende Trichterblumen an. Das Tier besuchte sogleich diese Futterblumen, beraubte sie des Zuckerwassers und besuchte sie auch im entleerten Zustande immer wieder, ohne die unmittelbar daneben. stehenden zuckerwasserreichen Forsythia-Blüten zu beachten. Bald darauf setzte sich der Falter 1) Versuche mit grünen Futterblumen habe ich öfters und mit verschiedenen Tieren ausgeführt. Auch bei etwas veränderten Versuchsbedingungen hatten sie stets das gleiche Ergebnis wie die hier wiedergegebenen Beispiele. Re RR I IE ER FE E Insekten und Blumen. | 249 zur Ruhe nieder, weshalb er von mir wieder in seine Schachtel eingeschlossen und in der Dunkelheit sich selbst überlassen wurde. Am 12. III. habe ich das Tier zu dem später besprochenen Graugleichungsversuche verwendet und dabei mit Hilfe satt- violetter Trichterblumen gefüttert. Gelbe oder andersfarbige Objekte waren nicht vorhanden. Dieser Versuch wurde unter den gleichen Umständen am 14., 16. und 18. III. wiederholt und weiter mit einer Abänderung am 20. und 22. III. Bei allen diesen Versuchen habe ich dem Falter nur sattviolette Futterblumen dargeboten, aus denen er stets rasch und reichlich das Zucekerwasser sich aneignete. Das Blau Nr. 13 von Hering wurde dabei häufig besucht und von dem an farbloser Helligkeit gleich- wertigen Grau unterschieden. Andere farbige Objekte bekam das Tier an diesen letzten sechs Versuchstagen nicht zu Gesicht. Die Zeit zwischen den Versuchen verbrachte es schlafend in der verdunkelten Schachtel. Für die weiteren Versuche war somit eine bedeutende Stetigkeit im Besuche von Blau und Violett zu erwarten. 1. Versuch. 24. II, 5% 41= nachm., Lufttemperatur 17°C. Das Tier (Nr. 102) braucht dies- ‘mal verhältnismäßig lange zum Aufwachen. Es fliegt um 5" 47m aus seiner Schachtel empor und zeigt zunächst Anzeichen des Dunkeltriebes. Bald wendet es sich aber den Futterblumen!) zu und besucht unmittelbar nacheinander BI 1, Bl 1, BI3, Bl3, Bl, BI 3, BIT, BI 7, Bi 11, Bl 13, Bl 11, Bl 13, Bl 15, Bl 16, Bl 15, Bl 13, Bl 15, BI 18, BI 21, BI 13, BI 20, BI 20, BI ı8, Bl 18, Bl 13, BI7, Bl1. Bisher war die im Glasrahmen be- findliche Scheibehenanordnung mit den Hering-Farbpapieren von dem Schiebevorhang verdeckt. Während das Tier noch rasch einige blaue Blumen besucht, wird der Vor- hang weggezogen, worauf sich der Falter sogleich den farbigen Scheibchen zuwendet, die Glasplatte über ihnen mit dem Rüssel berührend: ij, k, h, h, i, Bl 1, Bl 11, i, h, i, i, h, k, i, k, Bl 1, BI 7, i, BI 20, BI 18, Bl 15, BI7, Bl1. Inzwischen wendet sich das Tier schon öfters von der Versuchsanordnung weg und fliegt dem Lichte zu, kehrt aber bald wieder zur Anordnung zurück. Nun werden die Besuche der Scheibchen flüchtiger, der Rüssel wird wohl noch nach ihnen ausgestreckt, doch oft unvollständig entrollt, so daß häufig keine Berührung mehr zustandekommt: i, k, gegen das Licht, Anzeichen des Dunkeltriebes, i, Bl 1, i, gegen das Licht, i, h, BI 3, Bl 1, i. Die Steck- tafel wird jetzt (5% 52”) zum Nachfüllen des Zuckerwassers herausgenommen. Voll- ständig entleert zeigen sich die blauen Blumen Nr. 1,3, 7, 11, 13, 15, 16, 18, 20 und 21, in allen anderen ist das Zuckerwasser noch vorhanden.?) Nach etwa zwei Minuten wird die Stecktafel mit den Futterblumen wieder in den Flugkasten gegeben, doch kümmert sich das Tier nicht mehr um diese, sondern zeigt nun andauernd Äußerungen des Dunkeltriebes. Der Versuch wird abgebrochen (5 54). !) In diesen Versuchsprotokollen bedeuten die fetten Großbuchstaben die Farbe der Futterblumen, die beigefügte Ziffer deren Platznummer, die fetten Kleinbuchstaben die Scheibehen der Farbpapiere, alles entsprechend Fig. 50. Jedes dieser Symbole be- deutet, wenn nichts weiter gesagt wird, einen einzelnen Besuch (vgl. Anm. auf S.49). Sind die Zeichen in ihrer Reihenfolge nur durch Beistriche voneinander getrennt, so ist dadurch angedeutet, daß die Besuche unmittelbar aufeinander folgten, ohne daß der Falter dazwischen sich von der Versuchsanordnung abgewendet oder sein Ver- halten irgendwie geändert hatte. 2) Dieser Versuch und einige der später mitgeteilten zeigten klar, daß Zucker- wasser keine chemische Fernwirkung auf die Falter auszuüben vermag, für diese also geruchlos ist. Das Zuckerwasser übt auf den Taubenschwanz geradesowenig eine anlockende Wirkung aus wie das bei der Herstellung der Futterblumen ver- wendete Bienenwachs, was bei der Kritik der Versuche nicht außer Acht gelassen werden darf. , 250 Fritz Knoll. 2. Versuch mit demselben Tier. 26. III., 6% 12® nachm. Der Falter hatte die Zeit seit dem ersten Versuche ohne Nahrungsaufnahme in völliger Dunkelheit verbracht. Es wird ihm nochmals die- selbe Versuchsanordnung dargeboten, doch ist diesmal die Scheibehentafel im Rahmen gegen das letzte Mal um 180° gedreht worden, so daß heute die blauen Scheibehen auf der linken Seite des Rahmens liegen. Die Scheibchentafel ist zunächst vom Schiebe- vorhang vollständig verdeckt. Nach dem Erwachen fliegt das Tier gegen das Licht, dreht sich aber bald im Fluge um und begibt sich zur Versuchsanordnung. Es besucht unmittelbar nacheinander die Blumen Bl 13, Bl 11, BI 9, BI 7, Bl 6, BIT, BI 6, BIT, BI 6, BI 4, BI 3, Bl 1, streift mit dem entrollten Rüssel über Gr 2, ohne ihr Zuckerwasser zu entnehmen, besucht dann BI 3, BI 4, streift wieder Gr 2, besucht BI 7, streift abermals Gr 2, besucht regelrecht BI 4, BI 7, BI9, Bl 11, Bl 13, BI 15, BI 16, BI 18, BI 20, BI 21, BI 20, BI 21, Gr 22 (der Falter hat den Rüssel in diese Blume eingeführt, findet das Zuckerwasser und beginnt zu saugen), BI 21, Bl 22, BI 21, Bl 20, BI 21, streift Gr 14, besucht BI 9, BI 6, BI 2, Bl ı, BI 15, BI 20, fliegt von der Anordnung weg gegen das Licht. Indessen wird langsam der Vorhang von der Scheibehentafel weggezogen. Das Tier besucht nun abwechselnd Farbscheibehen und Futterblumen, wendet sich da- zwischen aber auch öfters der Lichtquelle zu: k, i, BI 21, Bl 16, BI 15, BI 13, BI 11, BI 9, i, BI 3, Bl 1, k, i, h (undeutlich), i, k, h, BI 13, i, Bl 3, Bl 1. Um 6% 19» wird die Stecktafel aus dem Flugkasten herausgenommen, während das Tier seine Flüge fortsetzt. Vollständig entleert sind die blauen Blumen Nr. 1, 3, 4, 6, 7, 9, 11, 13, 15, 16, 18, 20, 21 und die grüne Nr. 22; die übrigen enthalten noch Zuckerwasser. Die ent- leerten Trichterblumen werden wieder mit kleinen Zuckerwassertropfen versehen und die Stecktafel wird neuerlich in den Kasten gegeben. Die Scheibchentafel bleibt un- verdeckt. Sogleich beginnt der Falter seine Besuche: k, BI 20, Bl 21, Bl 20, Bl 21, BI 18, BI 20, Gr 19, BI 18, BI 20, Gr 19, BI 18, BI 20, Gr 19, Bl 15, BI 16, Ge 17, BI 18, Bl 11, BI 13, Bl 11, Bl 13, Gr 14, Bl 15, BI 16, Bl 15, BI 13, BI 9, BI 7, BI 6, BI 4, BI 7, i, fliegt gegen das Licht und zeigt bald andauernd Äußerungen des Dunkeltriebes, weshalb der Versuch abgebrochen wird (6% 30m). Nach Beendigung des Versuches wird festgestellt, daß die Blumen Nr. 1, 2, 3, 5, 8, 10, 12 und 22 noch Zuckerwasser enthalten. Beurteilung der Versuche. An jedem der eben geschilderten Versuche sind zwei Teile zu unter- scheiden. Zunächst ergibt die Betrachtung der Futterblumenbesuche, daß der Falter im ersten Versuche sich als vollkommen blau- steterwies. Da er blaue Blumen verschiedener Helligkeit besuchte, konnte er sich entsprechend den früher mitgeteilten Reihen der farblosen Hellig- keiten nicht nach diesen zurechtgefunden haben. Das Überfliegen der grünen und gelben Blumen könnte demnach nur in einer abstoßenden Wirkung eines vom gelben Farbstoff ausgehenden Duftes gelegen sein. \ie die später zu schildernden Versuche mit gelben Blumen zeigen wer- den, geht vom Auramin keine solche Wirkung aus, vielmehr ist auch dieses imstande, die Falter (optisch) anzulocken. Der zweite Teil des Versuches besteht in der Darbietung der im Rahmen unter Glas befind- lichen Farbscheibehenreihe. Nach dem Freigeben des vom Vorhange auı- fangs verdeckten Rahmens zeigte sich das Tier durch sein Benehmen weiter als blaustet, wobei aber gleichzeitig auch das Violett der Insekten und Blumen. 251 Hering-Farbpapiere besucht wurde. In diesen Versuchen wurde die Reihe der Farbscheibehen erst nach einer größeren Anzahl von Blumen- besuchen freigemacht, um die Wirkung der unmittelbar vorausgegangenen Futterflüge auf den Besuch und die Auswahl der Farbscheibehen prüfen zu können. (Wäre der Rahmen vom Beginn des Versuches an frei ge- wesen, so hätte sich das Versuchstier wahrscheinlich schon gleich anfangs ıoch vor dem Besuch der Blumen zu den Farbscheibehen begeben und die erwähnte Absicht vereitelt, da die Falter bei der Darbietung zahl- reicher übereinander befindlicher farbiger Objekte vor allem an den ober- sten ihre Besuche auszuführen pflegen.) Der Erfolg war der, daß unter den dargebotenen Farbscheibehen nur die beiden Blau (Hering-Papier Nr. 11 und 12) und das Violett (H.-P. Nr. 13) eine „Ähnlichkeit‘‘ mit den besuchten blauen Blumen hatten, wenn dabei nicht allenfalls noch eine Nachwirkung des einstigen Besuches violetter Futterblumen im Besuche des violetten Scheibehens zum Ausdruck gekommen ist. Eine Duftwir- kung der Farbpapiere ist infolge der Bedeekung mit der Glastafel aus- geschlossen gewesen. Der zweite Versuch zeigt zunächst ein Weitergehen der Blau- stetigkeit. Hier sei darauf hingewiesen, daß man bei solchen Versuchen besonders dass Benehmen am Beginn des Versuches beach- ten muß. Solange das Tier dem Futtertrieb noch ganz unterworfen ist, sind seine Reaktionen viel klarer als später, wo das mehr oder weniger gesättigte Tier sich fast „tändelnd“ mit den Objekten beschäftigt und auch häufig vorübergehend ohne sichtbaren äußeren Grund unstet werden kann. Die Anflüge mit vorgestrecktem Rüssel sind später oft schlecht gezielt, der Falter stößt ihn meben die Blüte, statt in diese hinein, und dabei kann er bei dichtgeestellten Objekten auch in ein benachbartes von einer solchen Beschaffenheit geraten, die er vorher nicht beachtet hat. Findet er bei einem durch ‚schlecht gezielten Rüsselstoß erfolgten Besuch ihm zusagendes Futer, dann kann dadurch unter Umständen ein Abirren von der bisherigen Bindung und eine kurze oder längere Unstetigkeit ausgelöst werden. Aus dem Versuchsprotokoll entnimmt man, daß der Falter nach dem zwölften Besuch bei blauen Futterblumen (Bl1) mit nicht vollständig entrolltem Rüssel über den Rand der grünen Blume Gr2 hinwegstrich, ohne ihn in die Höhlung einzuführen. Er begab sich rasch zur nächsten blauen, wo er regelrecht saugte. Bald darauf wiederholte er dies noch zweimal. Ein solches Benehmen hatte gewiß teilweise darin seinen Grund, daß die Blumen allzu nahe beisammen standen, so daß das Tier manchmal zwischen zwei [unmittelbar aufeinanderfolgenden Be- suchen benachbarter Trichter den Rüssel nur wenig einzurollen pflegte. (Bei weiter voneinander abstehenden Futterobjekten wird beim Futter- flug von einer Blume zur nächsten der Rüssel stärker eingezogen, so daß dann ein kräftigerer optischer Reiz nötig ist, um ihn zum erneuten gänz- lichen Strecken zu veranlassen.) Man kann deshalb bei diesem Hinüber- 252 Fritz Knoll. wischen über die Blume Gr 2 nicht sagen, ob das entsprechende Zurück- rollen des Rüssels hier nur wegen ihrer beträchtlichen Nähe unterblieb, oder ob nicht doch ein von ihr ausgehender optischer Reiz dabei beteiligt war. Die diesem Zwischenfall folgenden Besuche ließen ein Weiterdauern der Stetigkeit erkennen, schließlich kam aber plötzlich ein regelrechter Besuch einer grünen Blume (Gr 22) zustande, was zunächst keine weitere Störung der Bindung an Blau bewirkte. Das Berühren der Blume Gr 14 ist ebenso zu beurteilen wie früher bei Gr2. Mittlerweile waren aber alle blauen Blumen durch die häufigen Besuche schon ihres Zuckerwassers beraubt worden, so daß die Flüge von Blume zu Blume nun immer rascher und flüchtiger zu werden begannen. Nach dem Wegziehen des Vorhanges zeigte das Tier auch an den Farbpapierscheibehen noch das Weiter- bestehen der Blaustetigkeit (Besuch von Hering-Blau Nr. 12 und 135, Violett Nr. 14), bei Nichtbeachtung der gelben und grünen Scheibehen. Nach dem Erneuern des Zuckerwassers in den Blumen war bei den so- gleich erfolgenden Besuchen zunächst Stetigkeit hinsichtlich Blau zu bemerken, bis ein unvermittelter Besuch einer grünen Triehterblume die Bindung an Blau etwas ins Wanken brachte, so daß sogar eine gelbe Blume (Ge17) besucht wurde. Das Ende des Versuches zeigt wieder Blaustetigkeit. | Dieser Versuch ist durch das allmähliche Auftreten der Unstetig- keit, also durch das vorübergehende Unwirksamwerden einer zunächst sehr festen Bindung an Blau besonders bemerkenswert. Diese Unstetig- keit") wurde aber nieht durch einie Veränderung in der Beschaffenheit der Versuchsobjekte ausgelöst, sondern sie konnte infolge der immer gleich gebliebenen äußeren Umgebung des Tieres nur in diesem selbst die ausschlaggebende Veranlassung gehabt haben. Solehe Fälle des Nachlassens einer Bindung habe ich bei meinen sehr zahlreichen Versuchen öfters beob- achtet. Gewöhnlich zeigt sich eine gute Bindung erst in ihrem späteren Auswirken innerhalb eines Versuches als ab und zu mangelhaft. Im vor- liegenden ’Falle wurde das Zunehmen der Unstetigkeit dadurch be- günstigt, daß in allen Blumen Zuckerwasser dargeboten wurde. Sobald nämlich das Tier in einer „zufällig“ besuchten nicht-blauen Blume Zuckerwasser gefunden und sich deshalb bei ihr aufgehalten hatte, mußte diese neue Erfahrung für das künftige Verhalten eine Ablenkung vom bisherigen bewirken, wenn sie sich auch nicht sogleich bemerkbar zu machen brauchte. Ein noch unerfahrener Beobachter kann ein solehes !) Vjelleicht wurde die Hinlenkung des Falters zu den grünen Blüten in den genannten Ausnahmsfällen noch dadurch erleichtert, daß die für uns grüne Farbe der Futterblumen dem Taubenschwanz gerade noch als ein sehr ungesättigtes Blau oder ein ebensolches Gelb erscheint, auf das infolge der geringfügigen Sättigung gewöhn- lich keine Anflüge zustande kommen konnten, das aber im Ausnahmsfall doch noch als Blau oder Gelb wirksam war. Insekten und Blumen. 253 Benehmen des Versuchstieres leicht mißverstehen und dabei zur Ansicht gelangen, daß es überhaupt keine Bindung an eine Farbe gibt. Dagegen zeigen die Ergebnisse wiederholter Versuche mit gleichbleibenden An- ordnungen ähnlicher Art, daß die Tatsache der Bindung unter bestimm- ten Umständen immer klar hervortritt, daß diese aber ab und zu ohne er- kennbare äußere Veränderungen in der Umwelt des Tieres zeitweise ge- lockert werden kann.') Eine solche ohne äußeres Zutun erfolgende Störung in der Bindung an eine bestimmte optische Beschaffenheit ist für die Futterflüge der freilebenden Falter von großer Bedeutung. Darüber wird noch später gesprochen werden. Da nun gezeigt wurde, daß der Taubenschwanz auch bei Versuchen mit meinen Futterblumen Grün von Blau unterscheiden kann, soll im folgenden ein Versuch besprochen werden, 'bei welchem demselben Tier (Nr. 102) gelbe und grüne Futterblumen zur Auswahl vorgelegt wurden, um auch die Möglichkeit einer Unterscheidung des Grün von Gelb zu prüfen. Nachdem ich den Falter dazu gebracht hatte, die ihm in größerer Zahl dargebotenen gelben Blumen lebhaft zu besuchen, habe ich am 13. April im Flugkasten eine Versuchsanordnung aufgestellt, die unter der im Glasrahmen befindlichen Farbscheibehentafel (R der Fig. 50, S. 245 und Fig. 51, S. 247) eine gerade Reihe gelber und grüner Triehterblumen trug. Diese Futterblumen waren auf der Stecktafel (Grau IH, H = 33 in Abständen von 15 mm (gemessen von Triehtermitte zu Triehtermitte) angebracht, also bedeutend lockerer gereiht als in den Versuchen am 24, und 26. März. Diesmal war die Helligkeit aller gelben Blumen größer als die der gleichzeitig vorhandenen grünen. Dieses Verhalten entspricht dem in der freien Natur, wo ebenfalls das Blattgründunklerist alsdas Gelbder dazugehörigen von Faltern besuch- ten Blüten. In dieser Hinsicht bildet der zu schildernde Versuch eine Fortsetzung meiner Versuche mit den Laubblättern und Blüten von Linaria vulgaris (S. 191 f.), die ergeben hatten, daß für meine Versuchs- tiere das Grün des Laubblattes bedeutend dunkler ist als das Geib der !) In dieser Hinsicht zeigen sich oft erhebliche individuelle Verschiedenheiten So habe ich z. B. bei bestimmten Individuen meiner Versuchstiere beobachtet, daß sie manchmal neben blauen auch grüne Blumen mit dem Rüssel berührten und in solchen Zuständen auch öfters Flüge mit Rüsselreaktion gegen kleinere graue und besonders gegen schwarze Objekte ausführten, während alle anderen Versuchstiere desselben Tages sich bei dem gleichen Versuche völlig blaustet zeigten. Und dabei ergab sich aus meinen über den Lebenslauf eines jeden einzelnen Versuchstieres geführten Auf- zeichnungen, daß die in Betracht kommende letzte Vergangenheit bei allen diesen Tieren die gleiche war. Es stecken in dem Verhalten der Falter von Macroglossum stellatarum noch eine große Menge von Problemen; der Ablauf der Tätigkeiten dieser Tiere ist wohl weit verwickelter, als es den schematisierenden Biologen erscheinen mag. 254 Fritz Knoll. Blumenkrone.') Nachdem die Falter damals bei ihren Dunkelflügen das Blattgrün und das Blütengelb ohne Irrtum voneinander unterschieden hatten, sollte nun dieses Unterscheidungsvermögen hinsichtlich der Futterflüge weiter verfolgt werden. Das Tier hatte überdies Gelegenheit, auf der im Versuche gleichzeitig dargebotenen Farbscheibehentafel zu zeigen, wie sich dabei der Futtertrieb gegenüber den Herin g-Farb- papieren äußert. Die Anordnung im Innern des Flugkastens war die gleiche, wie bei den vorhin beschriebenen Versuchen mit blauen und grünen Blumen (Fig. 51 auf S. 247). Die Futterblumen bestanden aus demselben Material wie bei dem Versuch am 24. und 26. März (S. 249 £.). Auch wurden zu ihrer Färbung dieselben Farbstoffe verwendet. Die den Futterblumen entsprechenden Wachspapiere ergaben folgende Reihe der farblosen Helligkeiten: Weiß > Gelb 101 > Gelb 102 > Gelb 103 > Gelb 104 > Grün 109 > > Grün 110 > Grün 111 > Schwarz. Diese Reihe gilt auch für die Helligkeiten unserer normalen Farben- empfindungen, so daß die Trichterblumen somit vier an Helligkeit und Sättigung verschiedene Auramin-Gelb und drei ebenso verschiedene Grün des Gemisches von Auramin und Brillanteresylblau zeigten. Die Anord- nung der Futterblumen auf der Stecktafel wird innerhalb der Versuchs- protokolle wiedergegeben werden. 1. Versuch. 13. April, 5% 32m nachm., Lufttemperatur 19° ©. Unter der Farbscheibehentafel (links Gelb, rechts Violett, wie N Fig. 50 R, S. 245) befindet sich eine Reihe von mittel- großen Tschterhlimen folgender Beschaffenheit: Platz Nr.: 1 2 3 4 5 6 7 4,206 Farbe: Gelb Grün Gelb Gelb Grün Gelb Gelb Gelb Grün Wachspapier Nr.: 104 109 102 101 111 102 104 101 .110 Platz Nr.: 10 11 12 13 14 15 16 Farbe: Gelb Grün Gelb Gelb Grün Grün Gelb Wachspapier Nr.: 103 110 103 101 109 111: m Alle diese Futterblumen werden vor Beginn des Versuches mit Zuckerwasser versehen. Die Farbscheibehentafel ist diesmal schon am Anfange offen zugänglich. Nach einem Fluge gegen die Lichtquelle wendet sich das Versuchstier bald den Hering-Papierscheibchen zu: i,k,a,b2); a,i,h,a,i,h; es besucht die gelbe Blume Nr. 16, wendet sich aber bald neuerdings den Scheibehen zu: i, i, h; i, h,e,a; ki, h, e; nun häufen sich die Besuche der gelben Futterblumen : 16, 13, 12, 13, 16, 13, 12, 10, 12, i, 7, 6, 7, 4, 3,4, 6, 8, 10, 12, 18, 12, 10, 16, 18, 12, 10, 6,4, 1,6,2, h, 7, a, !) Der Farbton meiner helleren Auramin-Futterblumen ‚stimmte gut mit wer saftmallosen Teil der Linaria-Kronen überein. 2) Die Wiedergabe dieses Protokolls geschieht in der gleiehen Weise wie auf S. 249 ff. (Vgl. Anm. 1 auf S. 249.) Insekten und Blumen. 255 DET 1212, 1688 16, 10, 6,8; 13,:16, 8, 7, 6, 1057;0, 12; 587,6, b, a, 10, 16, b, a, 13, 12, 0, 16; 8, 10, b, a; 16, 13, 10, e; 12, 13, 16, 10. (Alle diese Blumen sind von gelber Farbe, aber verschieden hell und verschieden gesättigt; von der Farbscheibehenreihe wurde nur Gelb beachtet.) Die Stecktafel wird jetzt heraus- genommen. Das Tier hat die Blumen Nr. 1, 3, 4, 6, 7, 8, 10, 12, 13, 16 vollständig ausgetrunken, die anderen enthalten noch Zuckerwasser. Die leeren Blumen werden nachgefüllt, die Scheibchentafel wird um 180° gedreht, so daß nun rechts Gelb und links Violett liegt. Um 5» 42” wird die Stecktafel wieder hineingegeben, worauf sich das inzwischen ununterbrochen weiterfliegende Tier sogleich den gelben Futterblumen zuwendet. Es saugt nun unmittelbar nacheinänder aus den Blumen Nr. 3, 1, 3, 4, 6, 7, 8, 6, 7, 10, 12, 13, fliegt zu den Scheibchen a, b, a, c,a, sie mit dem Rüssel berührend, ann zu Nr. 16, 13, 12, 13, 10, 8,.b, a, 16; 16, 13, 12, a, b; 16, 13, a, 8, 7, 6, 3, 3, me 33,16, 19,88; 7,4, 1,8, 10, 12, 18, 10,05; 6, 7,10, 12, 4, 3; 13, 8, wer 201 16; 16,18, 12,6 3; 16, 18, 12; 16,16, 1; 16, 16, 13, 12; .7, 8,16, 13, a; 13, 12, a; 16,13, 12, a; 12, 16; 12, 13, a; mit halb aufgerolltem Rüssel gegen h, i, K; mit ausgestrecktem Rüssel Blume Nr. 16 berührend, ebenso 12; ohne Rüssel- reaktion (Dunkeltrieb) gegen i und h, abermals Futterflüge zu Nr. 16, 13, a; 3, 4; 3, 4, 6, 7, 8, 10, 12, 13; 10, 12, 13, 16, a, b; 16, 12, worauf sich die Äußerungen des Dunkeltriebes mehren. Beobachtung beendet 5% 47=, Wie am Ende der ersten Ver- suchshälfte zeigen sich die gelben Blumen vollständig entleert, die grünen enthalten dagegen noch das Zuckerwasser. Auf der- über den Farbscheibehen angebrachten Glastafel hat das Tier bei a und b zahlreiche Rüsselspuren hinterlassen, weniger zahl- reiche bei ec. Der Versuch ergab somit eine vollkommene Bindung an Gelb gegen- über dem dargebotenen Grün der Futterblumen ; vor dem Besuch der Futterblumen hat der Falter auch noch blaue und violette Scheibehen der Hering-Farbpapiere mit dem Rüssel berührt, später nur mehr gelbe, während die Scheibchen d bis g über- haupt keine Beachtung fanden.!) 2, Versuch mit demselben Tier. 15. April, 6% 7m nachm., Lufttemperatur 20° C. Unter der Farbscheibchentafel (links Gelb, rechts Violett) befindet sich eine Reihe von mittelgroßen Trichterblumen folgender Beschaffenheit (dieselben wie beim vorigen Versuch, aber in anderer Reihenfolge): ' ’) Zum Vergleich sei noch das Protokoll des an demselben Tage mit Tier Nr. 106 ausgeführten Versuches in Kürze mitgeteilt. Versuchsanordnung und Vorbedingungen wie bei Tier Nr. 102. Versuchsdauer 6% 7m bis 6% 28m nachm. Bei offenem Vorhang Besuch voni, ,e, babe habe, ahi,cbi,hab,ai,a;hi,ba;ia; W,h;i; abi; i, h; i, h,i; h,a,b; a, b, c; a; nach dem Vorziehen des Vorhanges über die Scheibehentafel besucht das Tier sogleich die gelben Futterblumen Nr. 13, 12, ur 5 5,64 3,1,3, 4, 6, 7,8, 10, 12,18, 12, 16, 10, 12, 16, 19,10, 8,-8, 13, 12, 4, 3, 1, 16, 13, 12, 10, 12, 13, 16, 16, 16, 13, 12, 10,...., 12, 13; 3, 4; der Vor- hang wird wieder zurückgezogen, so daß die Farbscheibehen sichtbar und zugänglich werden: 12,b; 16,2, b, 10; 13, 12,i; a,b,c; a,b; 1, 3, 4, 6; b; a; 16. Beim Heraus- nehmen der Stecktafel enthalten die gelben Blumen kein Zuckerwasser mehr, wogegen dieses in den grünen unversehrt ist: Vor Beendigung des Versuches besucht das Tier noch die Scheibehen i; a, h. Auf dem Glas über a sind sehr. zahlreiche Rüsselspuren sichtbar, zahlreiche auch über b und e. Wie Tier Nr. 102 hat auch das Tier Nr. 106 das Futter nur aus den gelben, nicht aus den grünen Blumen geholt. Von den farbigen Scheibehen wurden die grünen (d, e, f, g) ebenfalls nicht beachtet. Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 13 256 Fritz Knoll. Platz Nr.: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Farbe: Gelb Gelb Grün Gelb Gelb Grün Grün Gelb Gelb Wachspapier Nr.: 104 101 111 103 101 109 110 104 102 Platz Nr.: 10 11 12 13 14 15 16 Farbe: Grün Gelb Grün Gelb Grün Gelb Gelb Wachspapier Nr.: 111 103 109 101 110 105 102 Alle diese Futterblumen wurden vor Beginn des Versuches mit Zuckerwasser versehen. Die Scheibehentafel ist diesmal zunächst vom Vorhang verdeckt, um zuerst durch das Saugen aus den gelben Blumen die Bindung an Gelb zu festigen und so womöglich die anlockende Wirkung der blauen und violetten Hering-Papierscheibchen zu unterdrücken. Nach dem Erwachen wendet sich der Falter dem Licht zu, bald aber fliegt er zur Stecktafel und besucht die gelben Blumen Nr. 16, 15, 16, 15, 16, 13, 15, 16, 15, 15, 16, 11; 9, 8, 9, 11, 13, 15, 11, 9, 8, 4, 4, 5, 8, 4, 5, 2, 1. Der Vorhang wird von der Farbscheibehentafel weggezogen. Das Tier besucht nun Nr. 2, 1, 2, 4, 5,a, bh, 9, 8, 11, 18, 15, 16, &, 2, 1,2, b, 6, 11,18, 16, 9,853, 5, ; 2 ı 2 4, a. Die Stecktafel wird herausgenommen: alle gelben Blumen sind entleert, die grünen unberührt; auf der Glastafel zeigen sich über a schöne Rüsselspuren, schwächere über ce, keine über b. Die Blumen werden wieder mit Zuckerwasser versehen und um 6» 12” wird die Stecktafel abermals in den Kasten gegeben. Der Vorhang wird vor die Scheibchentafel gezogen. Das noch ununterbrochen fliegende Tier besucht sogleich wieder die gelben Blumen Nr. 16, 16, 9, 8, 9, 9, 11, 13, 15, 16, 15, 13, 11, 9, 8, 5, 4, 5, 4, 5, 4, 2, 1. Der Vorhang wird von den Farbscheibchen weggezogen. 2, 4, o, 8, 9, 11,.0, 13, a, 4, 2,1, 11,8, ©, 4, 9,.12,.8,.9, 13, 16; 1, 4 2,0 10 2 2 ZZ 1l, a. Der Vorhang wird vorgezogen. 3, 4, 9, 13, 15. Die Stecktafel wird heraus- genommen und die des Zuckerwassers beraubten gelben Blumen werden nachgefüllt. Indessen setzt sich das Tier zur Ruhe nieder. Auf der Glastafel sind über dem Farb- scheibehen a zahlreiche Rüsselspuren sichtbar, weniger über ec. Die Versuchsanordnung wird nochmals in den Flugkasten gegeben, wobei das Tier aufgescheucht wird und seine Flüge weiter fortsetzt. Es besucht die gelben Blumen Nr. 11, 11, 9, 8, 9, 11, 13, 15, 16, 15, 13, 11, 15, 16, 11, 9, 8, 5, 4, 2. Die Farbscheibehen werden freigegeben, doch beachtet sie das Tier nicht mehr, besucht jedoch noch die Blumen Nr. 4, 5, 8, 4, 2, 1, 2, 1,4, 5, 8, 9, 11, 13, 15. Bei den nun stärker werdenden Anzeichen des Dunkeltriebes wird der Versuch um 6+ 19” eingestellt. Dieser Versuch hat sowohl beim Besuch der Blumen, als auch bei dem der Farbscheibehen eine vollkommene Bindung an Gelb unter Vernachlässigung des Grün ergeben.') Beurteilung der Versuche. Da bei diesen Versuchen die gelben Blumen in jeder Hinsicht heller waren als die grünen, war es den Tieren leicht gemacht, die gelben Blumen von den grünen zu unterscheiden. Wir werden ja später noch erfahren, !) Tier Nr. 106 hat am 15. April unter den gleichen Versuchsumständen zunächst fünf gelbe Blumen besucht, dann unvermittelt eine grüne (Nr. 14), darauf folgten neun Besuche gelber Blumen, abermals wurden zwei grüne (Nr. 7 und 6) besucht, worauf das Tier 23 Besuche bei gelben, aber keinen mehr bei grünen ausführte, trotzdem es die Erfahrung hätte gewinnen können, daß in den grünen Blumen ebenfalls Zuckerwasser vorhanden war. Von den Hering-Farbscheibehen wurden nur die gelben a, b, e be- sucht. Die Störung durch den Besuch der grünen Blume Nr. 14 war nicht groß, so daß bald wieder die völlige Bindung an Gelb hergestellt war, was sich auch beim Besuch der Farbscheibehentafel zeigte. Br « Er ig 3 R u 3 D Be; 5: % "gs Insekten und Blumen. 257 daß es auch eine Bindung an die Helligkeit gibt. Da hier die Tiere gleich- zeitig an Hell und Gelb gebunden wurden, waren „Irrtümer‘ des Tieres weniger zu erwarten, als wenn diese Bindung nur an Gelb ohne Beziehung zu der dem Gelb der Blumen gewöhnlich zukommenden Helligkeitsgruppe stattgefunden hätte. Daß die Tiere aber trotzdem sich bei der Auswahl vorwiegend nach der Zuammensetzung des Lichtes, also nach dem Farb- ton richteten, zeigt klar das Benehmen bei der Farbscheibehentafe!. In den hier mitgeteilten Versuchen kamen mit wenigen Ausnahmen nach den Besuchen der gelben Futterblumen nur noch Anflüge und Besuche der gelben Farbpapierscheibehen (a,b,c) vor, und diese sehr zahlreich. Die Ausnahmen erstreckten sich auf Besuche und Anflüge blauer (h,i) und violetter (k) Papierscheibehen, die, wie wir bereits wissen, für unsere Tiere viel dunkler sind als die gelben und auch dunkler als die nicht beachteten grünen. Zwischen dem Erfolg der Scheibehenbesuche und dem der Futter- blumenbesuche scheinen hier zunächst Widersprüche zu bestehen. Die Tiere haben wohl ausnahmsweise, wenn auch äußerst selten grüne Blumen, aber nie grüne Papierscheibehen besucht. Ergänzend zu den Versuchsprotokollen ist hiezu noch zu erwähnen, daß die Tiere bei diesen Versuchen manchmal auch die bei bestimmter Betrachtung glänzende, also helle untere Kante des aus Weißblech verfertigten Rahmens der Scheib- chentafel mit dem vorgestrecktem Rüssel flüchtig berührten. Das hängt damit zusammen, daß bei dem Besuch hellgelber Blumen auf mittelgrauem Grunde stets gleichzeitig auch eine (schwächere) Bindung an Hell ent- steht, überdies waren die Tiere vorher (in der Zeit zwischen dem 30. März und 13. April an jedem zweiten Tage) auch mittels weißer Blumen gefüttert worden, so daß wir darin allenfalls Rückschläge auf die frühere Bindung an Weiß sehen können. Auch die Wachspapierflächen grüner Futterblumen sind an mancheiü Stellen hell, wenn ihnen auch dort nur ein matter Glanz zukommt. Dieser Glanz konnte manchmal die Tiere bewegen, aus obigen Gründen die nichtgelben Blumen mit dem Rüssel zu berühren, und wenn sie dabei zufällig das Futter fanden, auch aus ihnen zu saugen. Da eine solche Glanzwirkung den grünen Papierscheib- ehen vollständig fehlte, konnte auch kein Besuch bei ihnen stattfinden. In den Versuchen des 13. April hatten sich die Falter zunächst der unverdeckten Scheibchentafel zugewendet und mit dem Rüssel die Glas- platte über den gelben (a, b, e), blauen (h,i) und violetten (k) Hering- Farbpapierscheibehen berührt. Die grünen wurden dabei nicht beachtet. Dieses Verhalten ist sehr lehrreich. Es entspricht ganz dem Benehmen in der freien Natur: der Falter besucht wohl die zur Gruppe des Blau und des Gelb gehörigen Pflanzenteile, nicht aber die grünen, und jene solange, bis durch wiederholtes Auffinden von Nektar bei unmittelbar aufeinander- folgenden Besuchen in Blumen einer und derselben Farbgruppe vorüber- gehend eine Bindung an diese bewirkt wird. Dementsprechend waren in 18* 258 Fritz Knoll. diesen Versuchen nach dem Auffinden des Zuckerwassers in gelben Futterblumen und den darauffolgenden lang andauernden Besuchen bei diesen nur mehr Besuche bei gelben Farbpapierscheibehen zustande- gekommen. Ausnahmen davon kamen höchstens gegen Ende der Futter- ilüge vor. Wenn nämlich bei den Tieren sich der Dunkeltrieb schon be- merkbar zu machen beginnt, kann es geschehen, daß ein Falter durch diesen zu den dunklen, blauen und violetten Scheibehen gelenkt,. plötz- Tabelle 22. Nichtbeachtung der grünen Farbpapiere bei den zuletzt beschriebenen Versuchen. (Alle Scheibehen unter Glas dargeboten, entsprechend R in Fig. 50, S. 245.) na — 4 = Röt- Gelb- Bläu- a, | Farbe lich. | Getb re lich. | Grün | Jien. | Blan- Blau de | gelb grün | grün grün. | ‚grün lett Farbton F entspre- S kompl. u ET er 575 | 568 | 554 | 515 | 492 | 487 | 475 | 473 573 Sättigung (S) 0:71 | 058 | 0'51 | 0:24 | 0:10 | 0:18 | 021 | 0:38 | 0°47 | 0:41 Farbige Helligkeit (H) 79:1 748 | 741 | 612 | 44°6 | 30°6 | 26°5 | 22:0 | 15°7 11°8 auf Seite Nr. desHering- Papieres!) Besprechung des Versuches Bezeichnung im Versuchsprotok. Be | 5 Fein‘ or N Ferm r.102 94. . März E ae oIololo 0 lol o ss I oe man = Ti 5 neo. 0 040150010 1.0. 1er = 2.38 1.7 10] 0.1.0 4:0:.-8 1-9 a © Tier April \ 955 = | 1.106 17 | 18 [6 0 | 0: [+0] 0. 9.10 Ss ae n ER 13 ig Peg Börde] 0 | TTS ro . 4 a 3 | Tier |Apnil PET Ne en N | Nr.106 Y Ä Anm. Zusammen | 61 | 32 | 17 | 0 0 0 012474 | 141 !) Um die Scheibchenreihe etwas zu verkürzen, wurde bei diesen Versuchen das Farbpapier Nr. 6 (Grünlichgelb) weggelassen. Insekten und Blumen. 259 lieh doch noch unmittelbar vor ihnen einem letzten Auftauchen des ab- klingenden Futtertriebes folgend den Rüssel mehr oder weniger stark entrollt. Solche Mischungen oder Übergänge (vgl. S. 170) habe ich am Ende von Versuchen öfters beobachten können. Man sieht aus diesem Verhalten, daß die Beurteilung derartiger Tierversuche sehr schwierig ist und daß es hiezu langer Erfahrungen im Umgange mit den Tieren ‘bedarf. Tabelle 23. Nichtbeachtung der grünen Farbpapiere bei verschiedenen Versuchen. (Die Scheibchen wurden meistens frei, teilweise auch unter Glas dargeboten. Der Durchmesser der Scheibchen ist in mm angegeben. ea ’ [=] ’ LI =] are ie 2 = PER 2 5 9 R-) nm = n mn B Ss &n 8 8 Pin ara lBul2 FE alales a (do) (da) > 6] ra on Hering-Papier Nr. 4 91.0 1.41.8078 1.10.) 12 1122.18 1714 4. Mai; 4 Tiere, Fütterung mittels natürl. Blumen (blau, gelb, weiß); 20 mm-Scheibchen, frei (ohne Glas- ä 1 1 0 0 0 0 2 10 | 10 | 29 bedeckung) dargeboten 5. Mai; 2 Tiere, Fütterung m. Futter- gefäßen (blau, gelb); 20 mm- 1 92 0 1 0 0 0 1 10 5 93 Scheibchen, frei | 7. Mai; 4 Tiere, Fütterung m. natürl. Blumen (blau, gelb, weiß); 20 mm- | $ D) 1 1 0 0 0 N) 1 1 D Scheibchen, frei 7. Mai; 2 Tiere, Fütterung m. natürl. Blumen (gelb), 20 mm-Scheib- | 2 4 0 2 0 0 0 0 0 0 0 chen, frei 7. Mai; 2 Tiere, Fütterung m. natürl. Blumen (gelb), 10mm-Scheib- | 6 11 0 0 0 0 0 0 0 0 ; chen, frei ö 10. Mai; 2 Tiere, Fütterung mit natürl. Blumen (gelb), 20 mm- || +] 2 1 4 0 0 0 0 0 0 0 Scheibchen, frei 10. Mai; 2 Tiere, Fütterung mit natürl. Blumen (gelb), 10 mm- | 16 | 18 | 2 13 1 0 0 0 0 ) Scheibchen, frei 10. Mai; 2 Tiere, Fütterung m.Futter- gefäßen (blau, gelb, weiß); 20 mm- | ] 0 1 0 0 0 0 0 N) 3 0 Scheibchen, frei Zahl der Anflüge mit Rüsselreaktion 10. Mai; 1 Tier, Fütterung m. natürl. Blumen (blau, gelb, weiß); 20 mm- | 2 1 1 0 0 0 0 0 0 0 Scheibchen, frei 12. Mai; 4 Tiere, Fütterung m. natürl. Blumen (blau, gelb, weiß); | 2 2 2 3 0 0 0 0 3 2 7 10 mm-Scheibchen, unter Glas 13. Mai; 2 Tiere, Fütterung m. R natürl. Blumen (blau, gelb, weiß); 0 0 0 0. 0 | 0 0 0 5 10:+:11 10 mm-Scheibehen, unter Glas Zusammen .2.2....lslai9 Is/ı lolo/3|/9/30]|7 260 Fritz Knoli. Die Nichtbeachtung grüner Papiere bei Nahrungsflügen. Bei den soeben beschriebenen Versuchen mit grünen Futterblumen stellte es sich heraus, daß die Falter wohl die gelben, blauen und violetten Farbpapierscheibehen besuchten, nicht aber die grünen und blaugrünen. Diese Nichtbeachtung der Hering-Farbpapiere Nr. 8, 9, 10 und 11 tritt uns aus der Tabelle 22 (S. 258) klar entgegen. Ebenso deutlich sehen wir dies aus der Tabelle 23 (S. 259), die eine Zusammenfassung zahlreicher Ver- suche mit verschiedenen Tieren enthält. In den meisten dieser Fälle kan- delte es sich um Nebenerfolge bei anderen Versuchen, da ich eine Zeitlang unabhängig von der eigentlichen Versuchsanordnung stets eine zusammen- hängende Reihe von Scheibchen der Hering-Farbpapiere im Flugkasten angebracht hatte, um den Tieren Gelegenheit zu geben, auch ihr Verhalten bei diesen Farbpapieren zu zeigen. Die Angaben der Tabelle 23 sollen es ermöglichen, die Grenze der nichtbeachteten Farbpapiergruppe gegen Gelb und auch gegen Blau hin zu überprüfen. Wir sehen daraus, daß diese Grenzen an den gleichen Stellen sich zeigen wie in der vorigen Tabelle 22. (Die Farbpapiere Nr. 8 und 11 wurden so seiten besucht, daß darin kein Widerspruch liegt. Die Papiere Nr. 9 und 10 bekamen überhaupt keine Besuche.) Daß dieses Weglassen grüner Papiere seinen Grund nicht in bestimmten, ihnen allein zukommenden Helligkeiten haben kann, ergibt sich aus folgender Überlegung. Meine Falter haben bei den Fütterungen, wenn bei ihnen keine bestimmte Bindung vorhanden war, das Zuekerwasser in fortwährendem Wechsel ‚aus weißen, gelben und blauen (violetten) Blumen verschiedenster Helligkeit entnommen und daneben noch die gelben und die blauen (violetten) Farbpapierscheib- chen mit dem Rüssel berührt (vgl. Tabelle 23). Die grünen Papierscheib- chen, deren Helligkeiten zwischen denen der besuchten Objekte lagen, haben sie dagegen nicht beachtet. Das Gleiche findet auch beim Auf- suchen der natürlichen Blumen in der freien Natur statt. Selbst in diesen Fällen bedient sich der Falter oft solcher Futterquellen, deren Hellig- keiten innerhalb der Helligkeitsgrenzen der unmittelbar daneben vorhan- denen grünen Pflanzenteile zu stehen kommen. Es ist somit auch das geschilderte Verhalten gegenüber verschiedenen grünen Hering- Papieren ein Hinweis auf ein bestimmt geartetes Farbensehen des Falters, wobei aber noch unentschieden bleibt, ob das bei Futterflügen gemiedene Grün als eigene Farbgruppe wahrgenommen wird oder als ungesättigteste Farbe der Gelbgruppe oder der Blaugruppe nicht mehr beachtet wird. Geradeso, wie sich die Taubenschwänze gegenüber den grünen Hering-Papieren benahmen, verhielten sich auch die Honigbienen in den von Frisch ausgeführten Versuchen.‘) Wenn man die An- flugszahlen aller hiefür verwertbaren Tabellen seiner Versuche zusammen- !, In: Frisch, K. v., Farbensinn und Formensinn der Biene. Fee her u er Insekten und Blumen. 261 faßt, so erhält man für die von mir in Betracht gezogenen Papiere fol- gende Gesamtzahlen: Tabelle 24. Nichtbeachtung der grünen Farbpapiere in den von Frisch angestellten Versuchen mit Honigbienen. Hering-Farbpapier Nr.: | 4 | ee | 8 | ) En 11 1218 14 Zahl der Anflüge nach den 91 98 | 94 33 14 | 21 | 18 | 13 947 \1046| 485 Fütterungen auf Blau!) | Zahl der Anflüge nach den as 1437| 374 351 351 A| sıı8 | | A 17 Fütterungen auf Gelb?) BE. >... .,., 3233 1465 398 | 384 49 | 25 | 26 | 26 | 973 |1050| 502 Somit auf 100 dieser Anflüge: |39:8118:0 49 147106 | 03 | 0:3 | 0:3 |12-0 12:9] 6°2 Diese Zahlen stimmen so gut mit den Zahlen meiner beiden letzten Tabellen überein, daß wir daraus auf eine weitgehende Ähn- lichkeit im Lichtsinn der Honigbienen und der Taubenschwänze schließen können. Bei diesen Insektentypen ist für die hier behandelte Erscheinung wesentlich, daß dievonihnen nicht beachteten Farbpapiere für unser Auge nach dem Farbton (Tab. 10a, S. 175 u. Tab. 22) dennächstenSpek- tralbereichen zu beiden Seiten der Wellenlänge A = 500 entsprechen. Dies wollen wir hier festhalten und für die Ver- gleichung mit den Ergebnissen der später beschriebenen Spektralver- suche bereitstellen. Eine weitere Klärung in der Beurteilung dieser Tat- sachen wird auch der Abschnitt über die Eiablage der Falter bringen. b) Untersuchung der verschiedenen Bindungsmöglichkeiten. Durch sehr zahlreiche Versuche, die ich mit Hilfe optisch verschie- denartiger Trichter- und Selüffehenblumen anstellte, konnte ich fest- stellen, daß es für den Futtertrieb des Falters vier verschiedene Bindun- gen an die optische Beschaffenheit der Futterobjekte gibt: A. Bindung an die Farbe: 1. Bindung an die Gelb-Gruppe der Farbenreihe. 2. Bindung an die Blau-Violett-Purpur- Gruppe der Farbenreihe. B. Bindung an die Helligkeit: 3. Bindung an Hell (Weiß). 4. Bindung an Dunkel (Schwarz). ') Es wurden von mir die bei „Dressuren* mit Blau Nr. 12, Blau Nr. 13, Violett Nr. 14 und Purpur Nr. 15 erzielten Erfolge zusammengezählt, dabei aber die Flüge gegen die Papiere Nr. 1, 2, 3, 15 und 16, die hier belanglos sind, weggelassen. 2) Zusammenfassung des Ergebnisses der Fütterungen auf Rotgelb Nr. 3, Rötlich- gelb Nr. 4, Gelb Nr. 5 und Gelbgrün Nr. 7. 262 Fritz Knoll. Da die Schilderung aller hieher gehörigen Versuche viel zu viel Platz einnehmen würde, muß ich mich darauf beschränken, nur einige der wichtigsten Versuche und Methoden hier kurz zu beschreiben. Die Versuche, welche obige Ergebnisse lieferten, wurden teils mit frei am Versuchsfenster fliegenden Faltern, teils mit Tieren im Flug- kasten ausgeführt. Bei den Flugkastenversuchen habe ich ebenso das Tageslicht, wie das elektrische Licht (einer 50kerzigen Metallfadenlampe) zur Beleuchtung der Versuchsobjekte verwendet. Diese vier Bindungsmöglichkeiten wurden nicht an zufällig beob- achteten Bindungen festgestellt, sondern ich ging dabei so vor, daß ich von einer bestimmten mir in ihrer Herkunft bekannten Bindung aus will- kürlich durch bestimmte optische Abänderung in der Fütterungsanord- nung eine Veränderung der Bindung begünstigte. Um von einer Bindung auf eine andere überzugehen, konnte ich den Zufall ausnützen und jene Futterblumen, zu deren Beschaffenheit die Bindung hinübergeleitet wer- den sollte, zwischen die dem Tier gewohnten Objekte (Futterblumen) anbringen. Da konnte ich aber oft sehr lange warten, bis ein Tier bei fester Bindung „zufällig“ eine der von mir gewünschten neuen Blumen aufsuchte und, darin das Zuckerwasser findend, seine Bindung lockerte. Selbst dann trat der Erfolg oft spät ein, wenn die Futterblumen, die früher Zuckerwasser enthielten, nun keines mehr bekamen. Ich gebe hier zwei Beispiele eines und desselben Versuchstages bei gleichbleibonder Versuchsanordnung wieder. Versuche mit violetten und gelben Futterblumen. Am 23. März, nachm., wurden den Tieren am Versuchsfenster bei Tageslicht 26 Schiffehenblumen in einer horizontalen Reihe dargeboten: 3 blaß violette (bV), 5 mittel violette (mV), 5 dunkel violette (dV), 3 blaß rötlichgelbe (b&), 2 mittel rötlichgelbe (m&), 5 dunkel rötlichgelbe (d@), 3 kräftig zitronengelbe (z6). Die Anordnung der Futterblumen war dabei folgende (vom Zimmer aus gesehen): 1:23 3475767789719 NM: 12 18774 518716737 Tara mV z&6 dV d6 bVmGdVbG mV zG dV d& bV m&G mV dG dV b& bV z& 21 22 23 24 25 26 dV dG mV b&G mV d& Die violetten Schiffehenblumen blieben leer, die gelben wurden mit Zucekerwasser versehen. (Bei den vorausgegangenen Versuchen hatten die Tiere zu- letzt Zuckerwasser aus blauen und violetten Objekten bekommen.) Ich führe hier ohne nähere Bemerkungen die aufeinander folgenden Besuche bei den einzelnen Schiffchen- blumen an. (Die Buchstaben entsprechen den vorhin gegebenen Abkürzungen der Blumenfarbe, die Ziffern der Nummer des Platzes in der Reihe.) Jeder Versuch dauerte etwa eine Viertelstunde _ \ 1. Beispiel. Tier Nr. 21: dV 21, dV 17, mV 15, dV 11, mV 9, dV 7; mV 1, dV 3, mV 9, mV 23; mV 9, mV 15, dV 17, dV 21, mV 23, mV 25; mV 23, dV 21, dV 17, mV 15, dV 11, dV 7, mV 1, dV 21, mV 23; mV 1, dV 3, bV5, dV 7, mV 9, dV 11; mV 2% dV 21, mV 9, mV 1, dV 3; mV 1, mV 9; mV 1, dV 3; mV 1, dV3. Ana ae ee ha st 3 u Irsekten und Blumen. 263 2. Beispiel. Tier Nr. 5: dV 21, bV 19, dV 17, mV 15, bV 13, dV 11, mV 9, dV 7,bV5, dV 3, mV 1; dV3, mV 1; mV 9, dV7, bV5, dV3, bV5, mV 1, z262,dG@4, mG 6, dV 7, b&@8, mV 9, z610, d@12, m&14, dG 16, b& 18, dV 17, b&18, (bV 19), zG 20, (d& 12), z6 20, 26 20, dG 22, bG 24, dG& 26. |Bei den eingeklammerten Anflügen wurde der Rüssel vor der Blume wohl entrollt, doch kam keine Berührung zustande — ein Zeichen beginnenden Sattseins.] Vor der Besprechung dieser beiden Beispiele sei hier noch die Übersicht der Helligkeiten der verwendeten Futterblumen eingefügt. Die Reihe der Helligkeiten der den Blumen entsprechenden flachen Wachspapiere war für unseren farbenempfindenden Sehzustand folgende: Weß >z6 >b6 > m6 > d6E > bV>mV>dV> Schwarz. Die Reihe der farblosen Helligkeiten in auffallendem Lichte (auf weißem - Grunde): Weß>bV>z6>b6>mV>m&6>d&>dV > Schwarz. Die Reihe der farblosen Helligkeiten in durchfallendem Lichte: Weiß >z6>bV>b6>mV>d&6a> m& > dV > Schwarz.) Im ersten Beispiel wird ein Tier vorgeführt, das sich nur um die violetten Blumen bemühte, trotzdem diese kein Futter enthielten; die Zuckerwasser enthaltenden gelben wurden von ihm nicht beachtet. Das Tier setzte dieses „unsinnige“ Benehmen lange fort, ohne daß es, durch die Mißerfolge veranlaßt, unstet zu werden begann. Geradeso be- nahmen sich auch noch einige andere Falter. Die Festigkeit der Bindung an Violett, die uns hier entgegentritt, war so groß, daß das Tier am Ende des Versuches noch immer keine Nahrung erhalten hatte, trotzdem überall in nächster Nähe die gelben Blumen reichlich Zuckerwasser enthielten. Auch hier sehen wir wieder, daß das Zuckerwasser keine chemische Fernwirkung auf den Falter auszuüben vermag und daß das Auffinden des Futters nur mit den optischen Wirkungen des Nahrungsbehälters zusammenhängt. Zugleich -ist dieses erste Beispiel ein neuerlicher BeweisfürdasVorhandenseineineseigenenFarben- sehens bei diesen Tieren, da für den Falter ein Auswählen der violetten Blumen nach ihrer Helligkeit (siehe obige Helligkeitsreihen) unmöglich gewesen wäre. Im zweiten Beispiel beginnt der Falter seine Besuche bei violetten Blumen und besucht unmittelbar hintereinander 19mal violette, ohne sich um eine gelbe Blume zu kümmern. Erst beim zwanzigsten Besuch erregt eine zitronengelbe Schiffchenblume seine Aufmerksamkeit, er entrollt vor ihr den Rüssel und beginnt zu saugen. Diese positive Er- fahrung wird nun sogleich für die nächsten Anflüge wirksam. Es treten immer weniger „Rückschläge‘‘ nach den diesmal leeren violetten Blumen ein, bis schließlich alle Besuche nur mehr den gelben Blumen gelten. ı)d@ >m6, weil das farbige Papier des ersteren weit mehr durchscheinend war als das des letzteren. 264 Fritz Knoll. Diese beiden Beispiele stimmen mit dem Verhalten der Tiere bei den Versuchen mit Farbstofflösungen, von denen früher ausführlich die Rede war (S. 223 ff.), überein. Bei fast allen Versuchen mit Tieren, die durch vorausgegangene Fütterungen eine bestimmte Bindung erlangt hatten, galten dieersten Nahrungsflüge eines newen Versuches der mit der früheren Bindung zu- sammenhängenden optischen Beschaffenheit dier Objekte, wenn den Fäl- tern neben optisch bereits „bekannten“ Objekten auch von diesen ver- schiedene dargeboten wurden. Bei der Betrachtung beider Beispiele drängt sich uns folgende Frage auf: Warum ist im ersten Beispiei die Bindung an Violett bis zum Ermüden des Tieres erhalten geblieben, während sie im zweiten Beispiel verhältnismäßig bald in eine reine Bin- dung an Gelb überging? Darauf kann ich nur antworten, daß hier die Ursachen in dem Tier selbst und nicht in der Umwelt gelegen sind, und daß ein solehes ungleiches Verhalten gleich vorbehandelter Tiere nichts Außergewöhnliches darstellt. Bei den von mir in sehr großer Zahl aus- geführten derartigen Versuchen hakıen sich immer wieder solche „indivi- duelle Verschiedenheiten“ gezeigt. Daraus ergibt sich aber, daß man bei der Anwendung der geschilderten Methode nicht sicher mit einer raschen Abänderung der Bindung rechnen kann. Bei einem Tier tritt die Um- stellung bald nach dem Beginn des betreffenden Versuches ein, bei einem anderen vielleicht erst bei dem nächsten Versuche. Eine solche plötzliche Lockerung der Bindung kommt aber nicht nur dann zustande, wenn die Tiere in den gewohnten Objekten keine Nahrung mehr Are sondern manchmal auch bei voller Ergiebigkeit der bisherigen Futterguelle, Hat das Tier sich dabei neuen Objekten zugewenidet, die ebenfalls Futter ent- halten, dann kann für die nächste Zeit eine Veränderung der bisherigen Bindung eintreten: es kann der Falter aber trotzdem nach diesem „Abirren“ wieder rasch zu den früheren Nektarquellen zurückkehren, ohne dab eine weitere Wirkung dieses Zwischenfalles sich bemerkbar zu machen braucht. Schließlich sei hier noch hervorgehoben, daß ien das Auslassen der Bindung besonders häufig gegen Ende der Versuche beob- achtete, wenn die Tiere infolge des fast erreichten Sattseins in der Durch- führung der Anflüge und’Besuche ungenau zuwerden begannen (vgl.S.251). Da aber manchmal nach anscheinendem Aufhören sich der Futtertrieb plötzlich wieder von neuem regt und abermals Anflüge mit reichlicher Nahrungsaufnahme sich einstellen, so könnte sich auch aus jenen er- wähnten ungenauen, schlecht gezielten Anflügen, wenn sie eine Beziehung zu einer neuen optischen Beschaffenheit herstellen, eine Abänderung der Bindung entwickeln. | Bei den bisher beschriebenen Versuchsanordnungen, die zu einer neuen Bindung führen sollten, konnte ich nur soweit den Ausgang beein- flussen, daß ich die Gelegenheit für eine solche, und zwar nur für eine bestimmte, von mir gewollte Bindung herstellte. Ob es aber dazu Insekten und Blumen. 265 kam, daß das Tier am Ende des Versuches eine neue Bindung besaß oder nicht, hing dabei nicht mehr von mir, sondern nur von dem Tier selbst ab: trat im Verlauf der Futterflüge Unstetigkeit ein, dann entstand unter diesen Umständen eine neue Bindung, sonst aber nicht. Da ich in diesen Din- gen nieht ganz vom Zufall abhängen wollte, hoffte ich durch folgendes Mittel die Abänderung der bestehenden Bindung zu erleichtern. Ich brachte zwischen den Futterblumen, welche die bisherige optische Grund- lage der Bindung zeigten, in größerer Zahl auch noch solche an, deren jede in einer ihrer Längshälften die optischen Eigenschaften der von mir für die nächsten Besuche ausersehenen Blumen besaßen. So suchte ich z. B. eine feste Bindung an Violett dadurch in eine solche an Gelb zu ver- ändern, daß ich an dem Tage, der die Abänderung bringen sollte, zwischen die ganz violetten Schiffehenblumen auch eine Anzahl solcher steckte, die halb violett und halb gelb waren. Zur Beschleunigung des von mirgewünsch- ten Erfolges wendete ich stets gleichzeitig zweierlei soleher zweiteiliger Futterblumen an, in diesem Beispiel solche, die links gelb und rechts violett waren, und ebenso solche, die rechts gelb und links violett waren. Dadureh wollte ieh rasch und gleichmäßig mit der neuen Farbe auf beide Augen des Tieres einwirken,') so daß der Erfolg schneller ein- treten konnte. Eine weitere Beschleunigung erhoffte ich dadurch, daß ich beim Abänderungsversuch in die Blumen mit der Farbe der bisherigen Bindung kein Zuckerwasser mehr gab, dagegen aber solches in alle zwei- teiligen und in die Blumen, die zur Gänze die neue Farbe besaßen. Als Beispiel diene folgende kurze Wiedergabe eines Versuches. 3. Beispiel. Tier Nr. 3. Versuch am Versuchsfenster (Fig. 35, S. 197) bei Tageslicht, 24. III. nachm. Feste Bindung an Violett vom letzten Versuche her. Die in einer horizontalen Reihe angeordneten Blumen besaßen folgende Farben: 2 waren blaß violett (bV), 5 mitttel violett (mV), 3 dunkel violett (dV), 2 blaß rötlichgelb (b&), 2 mittel rötlichgelb (m6), 4 dunkel rötlichgelb (d&), 3 zitronen- gelb (26), 3 mittel violett-+ zitronengelb (V-+ 6), 2 zitronengelb —+ mittel violett (a—+V). Zuckerwasser nur in den Blumen, die ganz oder teil- weise gelb waren. Aufeinander folgende Besuche (in der bisherigen ab- gekürzten Schreibweise): mV 25 (die beigefügte Ziffer bedeutet die Platznummer in der Reihe von links nach rechts), mV 23, dV 17,mV 13, dV 7, V—+610,z6 11; z6 11, G+V 12, m6G 14, d& 16, m& 14, 6+V 12, 26 11,V—+ 610, z6 11, m6G6, V+65, z64, m66,V+65,264,V+65,264,V+65,m66,V-+65,264, !) Jedes der Fazettenaugen des Macroglossum-Falters besitzt nach meinen Unter- suchungen ein eigenes Gesichtsfeld. Diese beiden Gesichtsfelder berühren einander vorne in der Symmetrieebene des Insektes und übergreifen einander vorne unten. Diese Gegend des Übergreifens des einen Gesichtsfeldes auf das des benachbarten Auges fasse ich als die Gegend des deutlichsten Sehens auf. Sie ist im Ver- hältnis zum Ausmaß des übrigen Gesichtsfeldes sehr schmal. Die Stelle des deut- lichsten Sehens liegt vom Kopfe aus vorne etwa 45° unter der durch die Längsachse des Tieres gelegten Horizontalebene. In diesem optischen Raumteil wird beim Blumen- besuch die Rüsselspitze der Blüte aufgesetzt. Es ist dies jene Stelle, wo sich in Fig. 37, S. 202 und in Fig. 40 S. 222 die Rüsselspitze befindet. 266 Fritz Knoll. “ V+G65,m66, V+65, 264, dG2, d&@2, 264, mG6, V+65, 264, V+65, m6G6, V+65, 264, dG2, 264, mG6, z64, dG2, zG4, 264, dG16, 2620, dG 22, d@26. Darauf vollführt das Tier Dunkelflüge und kümmert sich nicht mehr um die Versuchsanordnung. — Der Falter besuchte also zunächst nur Blumen, die kein Gelb enthielten; nachdem er das Zuckerwasser in den gelben Blumen entdeckt hatte, saugte er nur mehr aus solchen, die ganz oder teilweise gelb waren. Es war somit die Bindung an Violett in eine feste Bin- dung an Gelb übergegangen. Die Helligkeit der die Futterblumen zusammensetzenden Wachspapiere war die gleiche wie bei den vorhin beschriebenen Versuchen mit den gelben und violetten Schiffehenblumen. Auch in diesem Versuche konnte somit das Tier die Auswahl der Futterblumen nicht nach der farblosen Helligkeit getroffen haben. An demselben Tage führte ich noch 11 weitere Versuche mit der- selben Anordnung unter den gleichen Bedingungen aus. Von den dazu verwendeten 11 Faltern blieben sechs Tiere violettstet, fanden also das Zuckerwasser entweder überhaupt nicht oder nur in den gelb + violetten, ohne auf die ganz gelben überzugehen. Diese Festigkeit der Bindung hatte seinen Grund darin, daß diese Falter bei den vorhergegangenen Ver- suchen nur mit Hilfe von Blumen der Blau-Violett-Gruppe ihr Futter er- halten hatten. Bei diesen Tieren hatte die Bindung bis zum Ende des nächsten Versuches (am folgenden Tage) angehalten, bei den anderen trat dagegen leicht eine Verschiebung der Bindung ein, trotzdem auch diese entsprechend ihrer Vergangenheit zunächst eine ganz oder teilweise violette Schiffehenblume besuchten. Bei vier Faltern war am Ende des Versuches die anfangs vorhandene Bindung an Violett bereits in eine vollkommene Bindung an Gelb übergegangen; bei einem anderen war die Festigkeit der Bindung nahezu erreicht. Von besonderem Interesse ist aber der Verlauf der Abän- derung der ursprünglichen Bindung, wie er uns im letzten Versuchs- protokoll entgegentritt. Die ersten fünf Besuche galten nur ganz violetten Blumen verschiedener Helligkeit. Beim darauffolgenden Besuch der violett + gelben Blume Nr. 10 entstand im Tiere der Engrammkomplex „Nahrung auf Gelb“, der sich nun weiter auswirkte und zugleich vertiefte, während das Engramm „Nahrung auf Violett‘, das von früher her vor- handen war, durch den Mißerfolg in den futterlosen violetten Blumen Taubenschwanz, nachdem er einige Tage kein Futter erhalten hat, die gewohnten Futterblumen ohne Zuckerwasser vorsetzt, fliegt er zunächst wie bei den vorher- gegangenen Fütterungen auf sie zu, streekt den Rüssel aus und führt ihn in den Hohl- raum der Futterblume ein. Diesen Vorgang wiederholt das Tier mehrmals an solchen futterlosen Objekten. Gewöhnlich verläßt ein Falter eine derartige Anordnung schon nach wenigen vergeblichen Saugversuchen und kümmert sich dann längere Zeit nicht mehr um sie. Später kann das Tier noch einmal oder noch öfters zu diesen Objekten zurückkehren, aber die Bemühungen werden schließlich immer kürzer dauernd und immer flüchtiger. (Siehe 1. Beispiel, Tier Nr. 21, S. 262, das einen seltenen Fall von be- Insekten und Blumen. 267 solehe Blumen, die entweder ganz oder teilweise gelb waren; die ganz violetten wurden nieht mehr beachtet. Gegen Ende des V.ersuches unter- blieben auch die Anflüge auf die halb violetten, so daß nur mehr Besuche bei ganz gelben zustande kamen. Wenn der Falter die Auswahl in der Weise treffen würde, daß er nach der Erfahrung, die nun auch Gelb mit Futter verbindet, weiterhin alle Blüten beachten würde, an denen gelbe Flächen vorkommen, so müßte er bis zum Ende des Versuches auch die Blüten mit teilweise gelben und violetten Flächen besuchen. Daß er dies aber nicht getan hat, deutet darauf hin, daß der Vorgang kein so einfacher ist. Solche Schwierigkeit der Deutung boten auch jene Versuchsergebnisse desselben Tages, die unter den gleichen Versuchsumständen vollkommene Violettstetigkeit bei gänzlicher Vernachlässigungdernur teilweise violetten Blumen zeigten. Ich führe hiezu ein Bei- spiel an: 4. Beispiel. Tier Nr. 10 besuchte in einem Zeitraum von 10 Minuten nacheinander folgende Blumen der Versuchsanordnung: dV3,mV 1, dV3,d4V 7,mV 9, mV 13, daV17,mV1; dVY7,mV1;mV13,dV7;mV1,dY3,dV7,mV9,mV 13; mV 23, mV 25; dV7, mV 13, mV 25, mV 23; dV3, mV 1, dV7, mV 13, dV 17, mV 25, mV 23; mV 23. Man kann in einem solchen Falle nicht annehmen, daß das Tier von den nur’ teilweise violetten Blumen zu wenig violettes Licht in seine Augen bekommen hat, so daß es bei ihrem Anblick nicht mit einem Besuche reagieren konnte, da die Falter sonst auch violette Blumen be- suchen, die viel kleiner sind als die Hälfte einer meiner Schiffehenblumen (z.B. die kleinen Triehterblumen der Fig. 49 O, S. 239). Da zur Beurteilung dieser Versuche noch neue Prüfungen mit abgeänderten Anordnungen nötig sind, will ich mich hier mit der Wiedergabe der Beobachtung be- gnügen und auf weitere Deutungsmöglichkeiten vorläufig verzichten. Diese Unklarheiten über die einzelnen Teile der Gesamterscheinung dürfen uns aber nicht daran hindern, die Tatsache des Entstehens einer Bindung, die überall klar zutage tritt, anzuerkennen und die Festigkeit der Bindungen weiter zu untersuchen. Versuche mit gelben und grauen Futterblumen. Bei den früher (S.219ff.) mitgeteilten Versuchen mit farbigen Flüssig- keiten waren die Tiere imstande, die Röhrchen mit gelbem oder violettem 'sonderer Ausdauer an futterlosen Blumen darstellt.) Ein sehr lehrreiches Beispiel für die Wirkung von Mißerfolgen auf die Mneme der Arthropoden haben die Untersuchungen von Anna Drzewina (bei Einsiedlerkrebsen) zutage gefördert (vgl. Georges Bohn, Die neue Tierpsychologie, deutsch von R. Thesing, Leipzig 1912, S. 65). Das Verhalten dieser Krebse stimmt mit dem der Taubenschwänze bei futterlosen Blumen genau überein. Wir müssen also bei der Beurteilung von Fütterungsversuchen auch mit der Bildung solcher negativer Erfahrungen rechnen. (Beispiele für die Wirkung von Mißerfolgen finden sich auch unter den Schilderungen meiner Versuche mit far- bigen Lösungen [S. 223 f£.)). 268 Fritz Knoll. Inhalt von denen mit grauem oder weißem Reflektorlicht zu unter- scheiden. Dieses Ergebnis wurde dureh den Erfolg meiner Versuche mit farbigen und grauen Futterblumen bestätigt. Wie bei den zuletzt be- schriebenen Versuchen wurden den Tieren in dem zu schildernden Falle 26 Schiffehenblumen in Abständen von 20 mm (gemessen von Nadel zu Nadel) in einer horizontalen Reihe am Versuchsfenster dargeboten. Es waren vorhanden: 3 blaß rötliehgelbe (b@), 2 mittel rötlichgelbe (m @), 5 dunkel rötlichgelbe (d&), 3 zitronengelbe (z@), 3 weiße, 4 mittelgraue, 2 dunkelgraue und 4schwarze Futterblumen; alle enthielten Zuckerwasser. Ich führe zwei Versuchsergebnisse in Kürze hier an. (Art der Wieder- gabe wie bisher.) 1. Beispiel. Tier Nr. 3, 25. III, 3% 25= bis 3% 35m nachm.: m& 22, d&@ 26; d& 2%6, d619, 2617, d6@ 19, 2617, d6 13, d6 10,268,m66,263,d61,263,m66, 268, d610, 263, dG 10, 4619, dG26, dG@1, A610, dG19, m&22, dG %6, d@1, d610.') 2. Beispiel. Tier Nr. 5, 25. III., 3% 50= bis 4» nachm.: z68,m 66, 263,d61,263, m 66, 268, d6 10, d6 13, b& 15, z6 17, d6 19, m6 22, bG 24, d6%; dG2%6, mG&G 22, d619, m622, d62%, d&1, z63, m6G6, z68, d610, d& 13, z& 17, d&@19, m 6 22, dG 26; dG26, m& 22, dG19, dG 10, m&G6, 263, d&l, 268, daB WEB 1R. Ergebnis: Beide Tiere besuchten nur die gelben Schiffehenblumen aller vier Helligkeiten, ohne die weißen, grauen und schwarzen zu beachten, obwohl alle diese ihr ursprüngliches Zuckerwasser noch enthielten, als die benachbarten gelben längst leergetrunken waren. Beide Tiere zeigten eine vollkommene Bindunganden BesuchdergelbenBlumen. Dieser Versuch ist zugleich wieder ein Beweis dagegen, daß die Falter die Blumen nach ihrer farblosen Helligkeit auswählen. Er ist ein Beweis für ihr Farbensehen, denn es er- gab die Prüfung der Helligkeiten: Reihe der farblosen Helligkeit der den Futterblumen entsprechenden Wachs- papiere in auffallendem Lichte (auf weißem Grunde betrachtet): Weß>z26>b&6>m6&6 > Mittelgrau > d& > Dunkelgrau > Schwarz. Reihe der farblosen Helligkeit in durchfallendem Lichte: Weß>z6>b&>d&>?)m& > Mittelgrau > Dunkelgrau > Schwarz. Versuche mit violetten und grauen Futterblumen. Diese Versuche habe ich besonders ausgedehnt, da ich sie zu den Hauptversuchen für den Nachweis des Farbensehens rechnete. -Ich habe !) Dieser Versuch folgte unmittelbar am nächsten Tage dem auf S. 265, 3. Bei- spiel wiedergegebenen Versuche mit demselben Tiere. 2) AG war bei dieser Betrachtungsweise heller als m&, da das Papier von d@ dünner und dadurch mehr durchscheinend war. Insekten und Blumen. | 269 meinen Faltern am Versuchsfenster eine horizontale Reihe von 26 Futter- blumen vorgesetzt. Es waren nebeneinander in möglichstem Wechsel der optischen Beschaffenheit: 3 blaßviolette (b V) Schiffehenblumen, 6 mittel- violette (m V), 5 dunkelviolette (dV), 3 weiße (W), 4 mittelgraue (m Gr), 2 dunkelgraue (d Gr) und 3 schwarze (S). Jede der Blumen, mit Ausnahme der (frisch angefertigten) blaßvioletten,') erhielt vor Beginn des Versuches 2 bis 3 mm? Zuckerwasser. Die zur Herstellung der violetten Schiffehenblumen benötigten Papiere habe ich mir selbst mit Methylviolett gefärbt, die der übrigen entnahm ich passenden Papiersorten des Handels. Diese Futterblumen verwendete ich in zwei verschiedenen Anordnungen. Das Ergebnis der Versuche bringen die folgenden Tabellen 25 und 26. Dieses bedarf als solches keiner weiteren Erläuterung. Dagegen soll noch die Artider Aufeinanderfolge der beobachteten Besuche an zwei Beispielen gezeigt werden. 1. Beispiel. Tier Nr. 10 (l. Gruppe des 22. IIlL.): dV9, mV 10, dV9, mV 10, dV9, mV7,dV5,bV3, dV5,bV3, mV1, dV5, mV7, dV9, mV 10, dV9. 2. Beispiel. Tier Nr. 13 (II. Gruppe des 22. III.): mV 24, mV 26. mV 24, dV 22, AV 20, AV 22, mV 24, mV 26, mV 24, dV 22, dV 20, AV 18, mV 15, bV 18,mV 11: mV 15, AV 18, mV 15, mV 11,mV9,dV7,mV5,bV3,dV1;dV1;dV1;mV5,dV7, mV 9, mV 11, mV 15. Zur Beurteilung dieser Versuche als Beweis für das Farbensehen der Falter führe ich noch die Helligkeitsreihen der den Blumen entsprechen- den Wachspapiere an. Reihe der farblosen Helligkeiten in auffallendem Lichte (auf weißem Grunde) und in durchfallendem Lichte: Weiß>bV> mV > Mittelgrau > dV > Dunkelgrau > Schwarz. Reihe der Helligkeiten für das farbentüchtige menschliche Auge (hell adaptiert) beiauffallendem Lichte (auf weißem Grunde): Weß>bV>mV> Mittelgrau > dV> Dunkelgrau > Schwarz. ' Es wäre somit den Faltern ganz unmöglich gewesen, auf Grund der Berücksichtigung bestimmter Helligkeiten. die violetten Blumen von den farblosen zu unterscheiden und dementsprehend auszuwählen. Schließlich habe ich bei diesen Versuchen auch noch die von mir bei Bombylius (vgl. S. 55ff.) angewandte Giasröhrchenmethode zur Prüfung einer allenfalls vorhandenen chemischen Fernwirkung der mit Methylviolett gefärbten Schiffehenblumen herangezogen. Zu diesem Zwecke hatte ich am Anfang der Futterblumenreihe bei den Versuchen der II. Gruppe noch eine dunkelviolette (Methylviolett) und eine dunkel- blaue (Methylemblau) Schiffehenblume aufgestellt. Nachdem ich beide mit Zuckerwassertropfen versehen hatte, schob ich über jede eines der !) Diese bekamen kein Zuckerwasser, um zu zeigen, daß violette Schiffchen- blumen auch ohne Mitwirkung des Zuekerwassers Besuche erhalten können. slelolnloulo mlolujelolnlols lol ojn 0/0 non o| s Mu Io. lol lo ı lo lojı)oloJo|s/olr lo lelolzlololoJlo|r* HE OT EFRTEERO TE OST EI DFOT ET FE II PIE FO ET TE wlalo|rjojsjojajo/aloloirjolıjojsjofz[lo]ajolajo|r[ols m “|E slı)olajojzjo/ajo|js/alolslojolo/zlojolo|zlojzfo|ı lolı a“ «[E alololololo/ojolo 01010 oloJoJo|aJo|slo/aJo/ılo/jrlo|r um 2 nu S [am MAP, S [AP WAD|AA|LHP Au jan nu am | Mm [Aamlıppan| s nm|m Ina ulan a. E ° 19 0 | v2 | 82|2|12 loz | er sr |. jor [er |rıler aan ole|ls|z2|o lelr|s|a|ı ame e 11 ‘zz sap addnag 'jj "uawnjquayayıyos uasojq.Je} pun U9}}9]01A MW ayonsıaA ’9Z alloqeıL - oleloleloleo 0 \|ejojz2)0jo|lo o/eja olejo/elo|c|o|. 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Die von der durchsichtigen Hülle bedeckten Schiffehenblumen boten somit einen Än- blick, der mit Fig. 10, II (S. 55) im wesentlichen übereinstimmte. Sobald nun einer meiner Falter, von der Mitte der Anordnung kommend, die Blume Nr. 1 besucht hatte, flog er sogleich weiter zu den Glasröhrchen, entrollte vor jedem den Rüssel und betrommelte mit der Rüsselspitze die AußenflächedesRöhrchensgenau inder Höhe des dahinter befindlichen Schiffchens. Um die freie untere Öffnung des Glasröhrchens hat sich jedoch keines der Tiere gekümmert. Die Annahme einer die Anflüge beherrschenden Duftwirkung wird somit auch in diesem Falle durch die Glasröhrchenmethode widerlegt. Der Besuch weißer Futterblumen. Wenn man den Versuchstieren unter geeigneten Umständen ein Gemisch von farbigen Blumen mit weißen. darbietet, so kommt es beim Lockerwerden der bisherigen Bindung schließlich auch dazu, daß der Falter gegen weiße Blumen fliegt und den Rüssel in diese einführt. Ent- halten diese weißen Blumen Zuckerwasser, während die farbigen keines (oder keines mehr) enthalten, dann kann eine neue Bindung an Weiß zustande kommen. Eine weitere Möglichkeit der Umstellung der Bindung auf Weiß besteht darin, daß man Blumen verwendet, deren eine Hälfte die Farbe der bisherigen Bindung besitzt, deren andere Längshälfte aber weiß ist. % Wenn die Tiere bei den Versuchen ihr Futter aus weißen oder zum Teil aus weißen Blumen holten, habe ich ihnen gleichzeitig im Glas- rahmen über der Futterblumenreihe (Anordnung wie S. 245) drei weiße Papierscheibechen (Pigmentpapier) auf verschieden hellem farblosen Grunde dargeboten. Diese Scheibcehen hatten einen Durchmesser von 15 mm,die Helligkeit ihrer Unterlagen betrug 64, 19 und 7. Der Unter- grund der Futterblumen auf der Stecktafel besaß eine Helligkeit von 3 (Grau II). Die Falter besuchten nach und zwischen den Besuchen der weißen Blumen auch die weißen Scheibchen, am häufigsten das weißeScheibchenaufdemschwarzen Grunde (H=[1]), seltener das auf mittelgrauem (H = 19), am seltensten das Scheibehen auf hellgrauem Grunde (H = 64). Man sieht somit aus diesem Verhalten, daß beim Besuch der weißen Scheibcehen der Hellig- keitsunterschied zwischen ihnen und ihrer Unter- Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 19 272 Fritz Knoll. lageausschlaggebendist. Dieser Helligkeitsunterschied ist es auch, der den Faltern in der freien Natur das Herausfinden der natürlichen weißen Blumen aus ihrer Umgebung von grünen Pflanzenteilen ermög- licht. Wir wissen ja aus den auf S. 191 f. mitgeteilten Versuchen, daß weißes Papier für den Falter viel heller ist als ein chlorophyligrünes Laub- blatt, das für den Taubenschwanz an Helligkeit einem mittleren Grau gleichkommt.') Das Weiß der Blumenblätter ist dem künstlicher weißer Flächen (Gips, Kreide, Papier u. dgl.) an Helligkeit mindestens gleich- wertig, so daß der Helligkeitsunterschied zwischen weißen Blumen und grünen Pflanzenteilen ein sehr großer ist. Solche Unterschiede an Hellig- keit können aber vom Taubenschwanz sehr leicht wahrgenommen (8. 160) und deshalb auch zur Orientierung verwendet werden. Der Besuch schwarzer Futterblumen. Den regelmäßigen Besuch schwarzer Futterblumen erzielte ich mit meinen Taubenschwänzen dadurch, daß ich bei Versuchen mit Faltern, die ich an Violett gebunden hatte, zwischen sattvioletten Blumen auch solche anbrachte, die so dunkel violett waren, daß man sie als schwarz- violett bezeichnen konnte. Wenn auch letztere dem Menschen (besonders bei schlechter Beleuchtung) eher schwarz als violett zu sein schienen, so haben sie meine Falter doch als zur Gruppe des Violett gehörig betrachtet und dementsprechend besucht. Als die Tiere bereits längere Zeit aus den schwarzvioletten Blumen ihr Futter entnommen hatten, brachte ich zwischen diesen auch rein schwarze Futterblumen an, die meine Falter bald ebenso besuchten wie die schwarzvioletten. | en Hier war nun Gelegenheit vorhanden, die Tiere auf ihre Rotblindheit zu prüfen. Die Honigbienen verwechseln nach Frisch bei den Futter- flügen schwarze und rote Papiere. Ich habe deshalb meinen Falter, die neben den schwarzvioletten auch schwarze Blumen besuchten, gleich- zeitig Scheibehen (10 mm Durchmesser) der Hering-Farbpapiere Nr. 1, 2 und 3 dargeboten. Ich erzielte bei solehen Anordnungen zahl- reiche Besuche (Berührung mit dem Rüssel) der Scheibehen aus dem Rot Nr. 1 und Nr. 2, dagegen keinen Besuch des Rot Nr. 3, das schon als Orange zu bezeichnen ist und sowohl nach den Versuchen von Frisch mitHonigbienen, als auch nach meinen eigenen Versuchen mit dem Tauben- schwanz für diese Tiere ausgesprochen zur Gelbgruppe gehört. Wenn sich bei solehen Versuchen dann in den Faltern der Dunkeltrieb bemerkbar machte, flogen sie ohne Rüsselreaktion auf alle drei roten Scheibehen zu und streckten unmittelbar vor ihnen die Beine aus, als ob sie sich darauf zur Ruhe setzen wollten. 2 '!) Die Helligkeit eines Aprikosen(Prunus armeniaca)-Laubblattes betrug nach den Messungen und Berechnungen von F. Exner für unseren farbenempfinden- den Sehzustand 14 °/, der Helligkeit des Vergleichsweiß (Magnesiumoxyd). Insekten und Blumen, 273 Von den Tieren, welche abwechselnd schwarzviolette und schwarze Blumen. besuchten, wurden auch die Scheibchen aus den Hering- Papieren Nr. 15 und 16 (Purpur) häufig beflogen und mit dem Rüssel berührt. Diese beiden Farbpapiere gehören ebenfalls für den Falter zur Blau-Violett-Gruppe und dabei zu den sehr dunklen Objekten, ent- sprechend ihrer starken Reflexion langwelliger Strahlen (vgl. Tab. 10 und 10a, S. 174f.), worüber uns die Versuche mit den Dunkelflügen der Herbstfalter bereits früher (S. 184) unterrichtet haben. Die Fütterung mittels grauer Futterblumen. Schließlich gelang es mir auch, die Tiere zum Saugen an verschieden hellen grauen Futterblumen zu bringen. Ich erreichte dies dadurch, daß ich den Faltern, die bereits gewohnt waren, ihr Futter aus weißen Blumen zu holen, eine Reihe von Futterblumen vorlegte, die aus 8 weißen, 4 lichtgrauen und 4 dunkelgrauen Schiffehenblumen bestand. Diese Schiffehenblumen waren auf grauem Grunde (Grau I, H=33) an- gebracht und alle mit Zuckerwasser versehen. Einer der Falter ging von der weißen Blume, bei welcher er die Besuche begann, sogleich zu einer dunkelgrauen über und führte im weiteren Verlaufe seiner Futterflüge noch 43 Besuche bei weißen, 11 bei lichtgrauen und 1 Besuch bei dunkel- grauen Blumen aus. Man sieht, daß es sich beim Besuch der grauen nur um das Heraussuchen der hellen Blumen handelt. Das Tier besuchte die am hellsten grauen (weißen) doppelt so oft, als es der Anzahl der dar- gebotenen weißen Blumen entsprochen hätte, die lichtgrauen fünfmal so häufig wie die dunkelgrauen. Ich glaube, daß das Aufsuchen jener Blumen, die in ihrer Gesamthelligkeit dunkler waren als ihre Unterlage, ‚so zustande kam, daß die Tiere die an ihnen auftretenden hellsten, matt- glänzenden Flächen und Kanten als Kennzeichen benützten, also im Grunde doch nur .„‚Weiß‘ besuchten. Dabei verloren aber die Tiere ihre bisherige Sicherheit. Ich habe beobachtet, daß Falter, die einmal begon- nen hatten, aus grauen Blumen das Futter zu entnehmen, dann auch den grauen Untergrund der Stecktafel an werschiedenen Stellen mit dem Rüssel berührten oder den aus Weißblech bestehenden unteren Rand des Glasrahmens (R der Fig. 50, S. 245) mit dem Rüssel abtrommelten. Satte und ungesättigte Farben. Wir wissen aus den schon öfters erwähnten Untersuchungen von F. und S. Exner, daß bei zahlreichen Blumenblättern die Sättigung des von ihnen zurückgeworfenen Lichtes einen sehr hohen Grad er- reicht. So wurde z. B. für die gelben Zungenblüten der Sonnenblume (Helianthus annuus) S = 085, für die gelben Blumenblätter der Sumpf- dotterblume (Caltha palustris) S = 0°84 und für die blauen Kronzipfel des 19* 274 Fritz Knoll. Frühlingsenzians (Gentiana verna) S = 0°40 ermittelt. Gerade der hohe Grad von Sättigung ist es, der uns diese Pflanzenteile besonders augen- fällig und „leuchtend“ erscheinen läßt. Da derartige Blumen von den Insekten mit großer Sicherheit anıs ihrer Umgebung herausgefunden und besucht werden, ist es naheliegend zu vermuten, daß auch für das Sehen der Insekten die Sättigung des Lichtes eine besondere Rolle spielen könnte. Wenn dies, wie ältere Blütenbiologen ohne Bedenken und daher ohne jeden wissenschaftlichen Beweis annahmen, der Fall wäre, dann hätten wir das Verständnis für die so aufiallende Erscheinung satter Blumenfarben in blütenökologischer Hinsicht gefunden. Bisher haben Versuche über die ökologische Bedeutung der satten Farben gefehlt. Meine Versuche mit Bombylius fuliginosus und Methylenblau (vgl. S. 79) machten damit dem Anfang, die Wirkung verschieden gesättigter Pigmentflächen derselben Farbe auf bestimmte Insekten zu untersuchen. Nach dieser Richtung sollen nun auch Versuche mit dem Taubenschwanz weitere Tatsachen zur Erörterung des Problems herbeischalfen. Der Grad der Sättigung des Lichtes einer Blume hängt davon ab, wie das einfallende Licht innerhalb (der Pflanzengewebe verändert wird und was von diesem Lichte in das Auge des Beschauers kommt. Nehmen wir an, es hätten die Individuen einer Pflanzenart die Fähigkeit, im Zellsaft ihrer Blumenblätter eine Anthokyanlösung von bestimmter Alkalinität auszubilden, und die Menge des so beschaffenen Farbstoffes könne bei den einzelnen sonst ganz gleich gebauten Blumen schwanken. Dann werden die Blumen mit dem geringsten noch sichtbaren Farb- ‚stoffgehalt bläulichweiß, also sehr ungesättigt blau erscheinen. Bei Blumen mit größerem Farbstoffgehalt wird die Sättigung des zurück- gestrahlten Lichtes bis zu einer bestimmten Grenze zunehmen, während dabei die Helligkeit abnimmt. Sie werden uns immer reiner, „leuchtender“ - blau erscheinen und zugleich immer dunkler. Die Sättigung kann bei passenden Epidermiszellen (mit kegelförmigen Papillen) und gleich- mäßiger Verteilung des konzentrierten Farbstoffes in den einzelnen Zeilen so weit gesteigert werden, daß die Blumen zwar sehr reines blaues Licht zurückwerfen, aber davon so wenig, daß sie uns fast schwarz erscheinen. Wenn dagegen bei starker Konzentration des Farbstoffes in den damit versehenen Zellen der größte Teil des einfallenden Lichtes absorbiert, da- neben aber noch von anderen Zellen oder von der Oberfläche der Epider- mis (infolge bestimmter Strukturen) eine entsprechende Lichtmenge zer- streut (weiß), aber sonst unverändert zurückgeworfen wird, dann kann das von der Blume zurückkommende Licht im Vergleich zu Blumenblättern mit weniger konzentrierten Anthokyanlösungen in gleich gebauten Ge- weben nun weniger gesättigt sein. Eine solehe Blume müßte uns mehr grau erscheinen als eine andere mit gleich gefärbtem, aber weniger kon- zentriertem Zellsaft und dabei dunkler als diese, also bläulichgrau. Die eben geschilderten optischen Möglichkeiten können wir recht gut Insekten und Blumen. 275 mit Hilfe der Futterblumen nachahmen. Es sollen nun Versuche be- sprochen werden, bei welchen den Taubenschwänzen Futterblumen dar- geboten wurden, die als Farbstoff Methylviolett in drei verschie- denen Konzentrationen enthielten. Dabei war aber die sonstige Beschaf- fenheit dieser dreierlei Futterblumen vollkommen gleichartig, sowohl hin- sichtlich des verwendeten Materials, als auch hinsichtlich der Art ihrer Herstellung. Die zur Anfertigung nötigen farbigen Fapiere er- hielt ich durch verschieden langes Schwenken weißen Papiers V in einer kräftigen wässerigen Farbstofflösung. Für die optische . Untersuchung wurden auch hier neben den Futterblumengleich- y v zeitig die entsprechenden farbigen Wachspapiermuster her- ce a gestellt. Diese drei Wachspapiere bildeten eine Helligkeits- reihe, die sowohl für den farbentüchtigen Sehzustand unseres Auges, als auch für den total Farbenblinden gültig war. Das dunkelste der violetten Papiere will ich mit a bezeichnen, das mittelhelle mit b und das hellste mit ce. Die Reihe der Sätti- gungen ging parallel mit der der Helligkeiten: das hellste V V Papier e war das ungesättigtste, das dunkelste a das am mei- & SR sten gesättigte. Dies war ohne Zuhilfenahme irgendwelcher optischer Behelfe ') leicht und sicher festzustellen. Dabei waren die Wachspapiere a und b an Sättigung einander näher steiiend als die Papiere b und e. Ich will a als sattviolett, b b als mittelviolett und e als blaßviolett bezeichnen. Die aus diesen Papieren angefertigten Schiffehenblumen wurden bei V V der ersten Versuchsreihe entsprechend der neben (in genau halber Größe) wiedergegebenen Anordnung auf der Stecktafel (Grau II, H = 33) angebracht. Den Faltern wurden dabei fol- gende 10 Schiffehenblumen zum Besuche dargeboten: von v a3 Stück, von b 4 Stück und von e 3 Stück. Durch die Grup- b pierung wurde eine Begünstigung einzelner Futterblumen ausgeschlossen. Jede Blume enthielt Zuckerwasser. Die Ver- Anordnung suche habe ich mit vier Faltern bei Tageslicht im Flug- "der Steck- : tafel kasten ausgeführt, wobei jedes Tier gesondert vorgenommen (zu Tab. 27). 1) Die Größe der Sättigung dieser Wachspapiermuster vermag ich nicht in Zahlen anzugeben, da die sonst von mir angewendete spektrophotometrische Methode infolge des leichten Glanzes der Wachspapiere keine brauchbaren Ergebnisse lieferte. Für unseren Zweck genügt die Aufstellung der Sättigungsreihe. Doch kann man eine annähernde Vorstellung von der Sättigung und Helligkeit der Wachspapiere bekommen, wenn man die Ergebnisse der spektrophotometrischen Prüfung derselben farbigen Papiere vor ihrer Durchtränkung mit Wachs betrachtet: satt mittel blaß satt mittel blaß ! S = 0'30 0:19 0:03 { Ss = 0:68 0°67 035 H= % 45 82 Anramingelb Eu ww 100 Methylviolett Die Durchtränkung mit Wachs steigert bis zu einem bestimmten Ausmaß die Sättigung, setzt aber die Helligkeit herab. 2716 | Fritz Knoll. Tabelle 27. Versuche mit violetten Schiffehenblumen verschiedener Sättigung. (1. Versuchsreihe.) Von einer mittelvioletten Blume (b) ausgehende Besuche der schräg dar- über stehenden Blumen Zahl der Besuche Tag Nr. || bei den Blumen folgender Beschaffen- des Ver-| des heit suches | Tieres satt (a) mittel (b) blaß (ec) satt (a) blaß (ec) > 94 104 8 22 2 24.V. 30 17 18 0 7 0 33 37 37 0 9 0 25.V. 31 9 10 3 2 1 8 10 11 5 6 1 65 30 25 32 0 14 0 A 31 36 44 4 16 1 33 33 40 N) 12 0 Zusammen ... 261 296 20 | 88 5 wurde. Das Ergebnis dieser Versuche bringt die Tabelle 27. Wenn die Taubenschwänze alle dargebotenen Schiffehenblumen gleichmäßig besucht hätten, dann müßten sie die der Beschaffen- heit a und c, welche in gleicher Zahl vertreten waren, gleich» oft besucht haben. Die Besuchsziffern verhalten sich aber wie 13:1! Auch wenn man die Besuche so zählt, daß man nur solche berück- sichtigt, die von einer in der Mittellinie stehenden b-Blume aus- gingen und schräg nach oben führten, so zeigt sich das gleiche Ergebnis: Die am wenigsten gesättigten e-Blumen erhielten einen weit spärlicheren Besuch als die satteren. Solche Versuche habe ich auch unter ganz gleichen Bedingungen mit dreierlei gelben Blumen gemacht, deren Farbton jenen der früher beschriebenen violetten komplementär war. In diesem Tabelle 28. Versuche mit gelben Trichterblumen verschiedener Sättigung. (1. Versuchsreihe.) — — u a en Bi Von einer mittelgelben : Blume (b) ausgehende Tag Nr. bei den Blumen folgender Beschaffen- das Ver t den er Besuche der schräg dar- suches’ 1 Pisros über stehenden Blumen satt (a) mittel (b) blaß (e) satt (a) blaß (e) 95. V. 3 12 13 2 7 0 9 3 9 0 3 0 98. V. 3 7 25 1 3 0 9 2 4 0 1 0 Zusammen .. 24 51 B 14 0.- 277 Insekten und Blumen, 9% Gag 618 .:.0.7.% TOEanT 6 ayansıo A 98 & oe ‚6 R IA "2 sıq "IA '6 g 1 I 6 TA 0 g 8 y IA '9 0 9 9 8 IA 7 0 di L ö 5 81 2 8 TA 3 0 gı Hl 6 TAT 0 I I & (0) geiq = joygrur (e) mus s | SOIOLL, SOYNSI9 A oy sop sop -Uogegpsog 1opuo3[o7 wong von MIR el uouneg 2er INMZ ; 661 GI L 078 a u9wuwuvesnZz 2 1g ayonsıaA LE LSl 088 56% 08 UA 8 sIq "TA 6 21 08 66 1$ & | 9% IE 08 14.9 & F v 8 8. 6 82 18 | R @ 9 08 TA F | 6 8 16 8 8 95 07 88 L 122 sr te a eg 18 129 08 | er R 5 8 Po) gerq | (ppm | (el yes | “= | sera], | SOyonsıon yay sop sap | -UONFEYOSOg 1OPUOS]OF uoumg wop 10q IN Se] N oyonsog op IyuZ . ) 278 Fritz Knoll. Falle waren es große Trichterblumen (Fig. 49M, S. 239), die ich ver- schieden stark mit Auramin gefärbt hatte. Bei dem in den Text ein- gefügten Anordnungsschema braucht man sich nur statt der Buchstaben V gelbe Triehterblumen zu denken, dann gilt es auch für die Gelb-Ver- suche. Das Ergebnis dieser Versuche entspricht, wie Tabelle 28 ergibt, vollständig dem bei Versuchen mit violetten Blumen. Um eine möglichst brauchbare Statistik zu bekommen, habe ich durch längere Zeit bei den späteren Versuchen anderer Art immer zur Fütterung diese dreierlei violetten und gelben Futterblumen verwendet. Doch war die Anordnung eine andere wie bisher. Sie kann aus der Fig. 52 auf S. 281 entnommen werden. Die ungesättigten Blumen standen nun an günstigster Stelle zwischen den gesättigteren, wenn auch in geringerer Zahl. Es wurden jedesmal (sowohl von Violett, als auch von Gelb) 3 Stück a-Blumen, 3 Stück b-Blumen und 2 Stück e-Blumen mit Zuckerwasser zum Besuch dargeboten. Aus der Tabelle 29 und 30 geht hervor, daß auch bei diesen Versuchen die gesättigteren gegenüber den ungesättigteren blassen sehr bevorzugt wurden. Aus allen Versuchen mit verschieden gesättigten Futterblumen läßt sich zunächst sagen, daß die Falter, denen stets Gelegenheit gegeben war, sich an den Besuch aller vorhandenen Blumen gleichmäßig zu binden, doch in weitaus überwiegendem Maße bei ihren Be- suchen jene Blumen beachteten, in welchen der die Färbung bedingende Farbstoffdie größere Konzen- tration besaß. Da für den Taubenschwanz sattviolette Pigmente dunkel erscheinen, kann man sagen, daß dieses Tier bei gleicher Er- fahrungsmöglichkeit gegenüber verschiedenen Helligkeiten die dunk- ler violetten bevorzugte. Weil aber die dunkleren in diesem Falle zugleich die satteren waren, bleibt zunächst die Frage offen, ob sieh die Tiere hier bei der Auswahl nach der Helligkeit oder nach der Sättigung richteten. In Verbindung mit den bei Violett gewonnenen Tat- sachen bringen nun die Ergebnisse der Versuche mit den gelben Blumen die volle Entscheidung. Auch bei diesen waren die satteren Blumen die dunkleren. Doch war der Unterschied an Helligkeit zwischen den kaum besuchten blaßgelben (ec) und den in normaler Häufigkeit besuchten mittel- gelben (b) ein derart geringer,') daß er nach meinen Beobachtungen bei Dunkelflügen und bei Futterflügen nicht in Betracht kam. Dagegen war die Sättigung der mittelgelben Blumen etwa dop- peltsogroßwiediederblaßgelben (s. S. 275, Anm. 1). Dar- aus ergibt sich mit voller Klarheit, daß in den hier vorgeführten Versuchs- reihen die Falter eine Vorliebe für die satteren Farben ‘) Bei den nicht mit Wachs getränkten Farbpapieren betrug er nur 1%, (vgl. S. 275, Anm. 1); bei den mit Wachs durchtränkten Papieren b und e fand ich etwa 2 °/, Unterschied der Helligkeiten. Area ae a ri Insekten und Blumen. 219 zeigten. Aus den Versuchen geht hervor, daß diese „Vorliebe“ von der Erfahrung unabhängig war. | Die zur Anfertigung der Futtergefäße aus Papier verwendeten Farbstoffe zeigen in ihrem optischen Verhalten eine weitgehende Ähn- lichkeit mit denen der natürlichen gelben und violetten Blumen. Es ist deshalb der Schluß berechtigt, daß auch bei Blüten, wenn sie eine mittlere Helligkeit‘) besitzen, die satteren eine stärkere Wirkungaufdie Schmetterlinge ausübenalsdieun- gesättigteren. Dies wird wohl für alle Farben der Gelbgruppe und der Blau-Violett-Purpurgruppe gelten. Meine Untersuchungen sind aber nach dieser Richtung noch unvollständig, sie zeigen nur den Weg, auf dem man ohne besondere methodische Schwierigkeit auch für das Pro- blem der Sättigung als solches wichtige Erkenntnisse wird gewinnen können. Zum Vergleich mit den anfangs erwähnten Versuchen mit Bombylius fuliginosus und verschieden gesättigten Methylenblau papieren sei hier noch angeführt, daß ich auch den Taubenschwänzen zwischen Füt- terungen auf verschieden hellen Methylviolettblumen solche Papiere vor- gelegt habe. Auch meine Schmetterlinge schenkten dabei einem satten Methylenblaupapier mehr Beachtung als einem ungesättigten. Daraus geht hervor, daß sich die Wollschweber und die Schwärmer hinsichtlich der Wirkung verschiedener Sättigun- gen farbiger Flächenähnlich verhalten. c) Der Graugleichungsversuch als Hauptversuch. «) Hering-Blau Nr. 13 und das ihm entsprechende Grau. Es ist in den meisten der bisher geschilderten Versuche auch die : Helligkeit der besuchten-Objekte berücksichtigt worden. Ich habe dabei immer darauf hingewiesen, daß die Helligkeiten der dargebotenen Futtergefäße solche waren, daß ein total farbenblindes Wesen nicht im- stande gewesen wäre, sich nach ihnen in der Versuchsanordnung zurecht- zufinden. Die Grundlage dieser Beurteilung boten dort die von mir er- mittelten Helligkeitsreihen der Futterblumen. Im Folgenden sollen nun Versuche vorgeführt werden, in denen ein Falter, der vorher auf bestimm- ten Blumen gefüttert worden war, aus Paareneiner farbigen ebenen Fläche und einer entsprechenden, für total farbenblinde Menschen gleich hellen grauen die farbige Fläche ohnelrrtumherausfand. Diese Versuche !) Auf die Größe der Helligkeit muß hier besonders’ hingewiesen werden, da die ungesättigtsten hellsten Blumen als „Weiß“ eine besondere Wirkung auf die Falter ausüben ; ebenso wirken auch die sehr dunkeln, wenig farbigen als „Schwarz“ in besonderer Weise. 280 Fritz Knoll. sollen mit allem Nachdruck beweisen, daß Heß nicht im Rechte ist, wenn er sagt, daß sich für alle Insekten die Helligkeiten verschiedener farbiger Flächen zueinander ebenso verhalten wie für einen gänzlich farbenblinden Menschen, und wenn er weiter daraus schließt, daß die Insekten deshalb gänzlich farbenblind sein müssen. Ich habe als Grund- lage der Versuche wieder die Hering-Farbpapiere gewählt, um mög- liehst viele Ergebnisse zu gewinnen, die sich mit den von Frisch gemachten Angaben über das Benehmen der Honigbienen bei denselben Papieren vergleichen lassen. Ich wählte zunächst das Hering-Blau Nr. 13, dessen Helligkeit für den farbenempfindenden Sehzustand ich als. 157 ermittelt hatte (vgl. Tab. 10a, S. 175). Das für den total farben- blinden Menschen gleich helle Grau stammte aus den von Hering zu- sammengestellten „Verwechslungsfarben‘“.') Es wurde von mir hinsicht- lich der Richtigkeit seines Verwechslungswertes überprüft und dann photometrisch gemessen. Es ergab sich für dieses Grau eine Helligkeit von 3477. Die farblose Helligkeit des blauen Papieres Nr. 13 ist somit etwa doppelt so groß wie dessen Helligkeit bei farbiger Wahrnehmung. Wenn nun das Tier unter diesen für den gänzlich Farbenblinden als grau- gleich geltenden Paaren seine Auswahl zu treffen hatte, so sollte es nach meiner Absicht die Auswahl ebenso auf einem Untergrunde vornehmen, der heller war als dieses Verwechslungsgrau 347, wie auf einem solchen, der dunkler war. Damit wollte ich auch untersuchen, ob das Tier imstande ist, die farbigen Flächen selbst bei einer der bisherigen Gewöhnung entgegengesetzten Helligkeit des Untergrundes richtig herauszufinden, so daß wieder ein neuer Teilbeweis für das Farbensehen dazukommen würde. Erste Versuchsreihe. Bei der ersten Reihe der Graugleichungsversuche (Verwechslungs- versuche) mit Blau Nr. 13 habe ich folgende in Fig. 52 gezeichnete An- ordnung benützt, die für ein gänzlich farbenblindes Wesen alle erdenk- lichen Schwierigkeiten der Auswahl enthält. Auf der mit Grau I (H = 63) überzogenen Stecktafel waren 8 mit Methylviolett gefärbte Schiffehen- blumen angebracht, die mit Zuckerwasser versehen waren. Ich verwen- dete dabei die schon bei früheren Versuchen genannten blaß-, mittel- und dunkelvioletten Futterblumen (vgl. S. 275). Knapp über diesen Füt- terungsobjekten brachte ich einen der bereits bekannten Rahmen (vgl. Fig. 51 R, S. 247) an, der unter Glas die Scheibehentafel enthielt. Übers Kreuz gestellt mit den blauen Scheibehen standen die gleich großen Scheibehen des Verwechslungsgrau (n). Die linke Hälfte der Tafel trug die vier Scheibchen auf einem Grau (H = 194), das dunkler war als das Verwechslungsgrau, die rechte Hälfte auf einem solchen (H = 638), das 1) Vgl. Anm. 1, S. 177. Insekten und Blumen. 281 jenes Verwechslungsgrau an Helligkeit weit übertraf. Damit sollte im Verein mit der verschiedenen Helligkeit der auf Grau I (H = 63) stehen- den violetten Schiffehenblumen das Heraussuchen weiter erschwert und zu- gleich der Einfluß der Hel- ligkeit der Unterlage unter- sucht werden. Es stimmte ja der Untergrund der rech- ten Scheibehentafelhälfte in der Helligkeit mit dem Grau der Stecktafel über- ein, während er in der lin- ken Hälfte der Scheibchen- tafel nur den dritten Teil der Helligkeit des Steck- tafelüberzuges besaß. Damit das Versuchstier erst nach dem Besuch der Schiff- chenblumen die Scheib- chentafel zu Gesicht be- kommen und darauf rea- gieren konnte, war im Flug- kasten eine Vorkehrung ge- troffen, daß mit Hilfe eines stufenförmig abgeschnit- tenen ebenen Schiebevor- hanges zunächst die unter- sten Futterblumen dem Tier sichtbar gemacht wurden, worauf der Beobachter ' durch Ziehen an der Vor- hangschnur die nächst höheren und schließlich durch weiteres Ziehen während des Besuches der obersten Blumenreihe auch die Scheibehentafel freizu- geben vermochte. Die Auf- stellung der Anordnung in- nerhalb des Flugkastens geschah wie bei jenem Ver- hell 1 2 Fig. 52. Graugleichungsversuch (1. Reihe) mit Hering-Blau Nr. 13. a,b, c,d = blaue Scheibehen; n = Grauscheibchen, welche für den total farbenblinden Zustand des menschlichen Auges die gleiche Helligkeit besitzen wie das Blau Nr. 13. Das Grau des Unter- grundes der Scheibehen ist in der linken Hälfte des Glasrahmens dunkler als n, in der rechten heller als n. 1 bis 8 = violette Schiffehenblumen verschiedener Helligkeit und Sättigung: weit schraffiert = blaßviolett, eng schraffiert = dunkelviolett, mittel- eng schraffiert — mittelviolett. Die mit Hilfe dieser Schiffchen- blumen gefütterter Tiere besuchten die Scheibchen a, b, e, d, nicht aber n (Beweis des Farbensehens). — (2/, der nat. Größe.) suche, dessen Vorbereitung in Fig. 51, S. 247 zu sehen ist. Bei jedem Ver- suche wurde eine neue Glasplatte zur Bedeckung der Scheibchentafel im Rahmen verwendet, damit ich die über den Scheibehen entstehenden Rüsselspuren, nachdem sie durch Miniumpulver sichtbar gemacht waren, 282 Fritz Knoll. als Dauerpräparate und Belege zu den Versuchsprotokollen in meiner Sammlung aufbewahren konnte. Die Versuche der ersten Reihe wurden in Süddalmatien bei Tages- lieht ausgeführt. Um die Aufeinanderfolge der Besuche zu zeigen, bringe ich hier in gekürzter Wiedergabe zwei Beispiele von Versuchs- protokollen. In der folgenden Darstellung bedeuten die Ziffern die Be- suche bei den violetten Schiffehenblumen entsprechend ihrer Platz- nummer, die Buchstaben a, b, e, d die Besuche der blauen Scheibehen, beides übereinstimmend mit den Ziffern und Buchstaben der Fig. 52. 1. Beispiel. Tier Nr. 30, 30. V1., 11® 42 vorm. bis 12% 05® nachm.: 5, 4, 5, 4, 5, 4, 5, 6, 7, flüchtig a, flüchtig b, 8, d, 6, 7,a,b,d,7,8,d,0,7,a,d,c,b; 8,d,c, b; 8,d, 6,7, 8, b (undeutlich), 5, 4, 8, 7, d, 7,8, d, c, 1, 2,1,2,1, 2,5, 4,5, 7,d, 8, d, 8,d, c, da- zwischen a und b undeutlich. — Die grauen Scheibehen wurden nicht beachtet. Zahlreiche Rüsselspuren auf der Glasplatte über b, e und d vorhanden. 2. Beispiel. Tier Nr. 8, 2. VIL, 5b 46m bis 5% 53= nachm.: 1, 2, 1, 2, 1,3, 4,5, 4, 6, 8, 6, 7,8,0,0,d,c;c,d,c,b; c,d, c, c, b; ce, b (vor beiden Scheibehen wurde der Rüssel entrollt, aber diesmal das Glas nicht berührt); 8, d, b, 7,d,b,d, b; 7,d,b,8; 8d,0,b; 8,d,b, 7,a,8;8, 0; 8, 0,7,0,d,8, 6, 7,0; 7,8,d,c6; 8, d, 6, 7;8,.d, c, d; d, 7; 8, d, 7, a; der Versuch wird noch vor dem Eintreten der Dunkelflüge abgebrochen, da das Tier die Anflüge (infolge des Sattseins) bereits flüchtig auszuführen beginnt. — Zahlreiche Rüsselspuren auf der Glas- Tabelle 31. Blau-Grau-Gleichung. (1. Reihe.) —— | ni Besuche blauer Scheibehen Anzahl der während E (H erin g* Papier Nr. 13) Besuche des Versuches aus- Tg | auf hellem | auf dunklem | Sneipchem | geführten Besuche des Sr H = 6% H =:.I0 cheıDenen | yioletter Schiffchen- wi. ( 63°8) ( 19°4) (H = 347) Ver- e = Grunde Grunde || neller und blumen suches | oberes | unteres oberes |unteres| dunkler z Scheib-| Scheib- Scheib- Scheib-] Grund blaß |mittel| satt chen | chen | chen | chen 30. VI. 30 7 11 4 3 0 1 18:1..12 80.vL.| 3ı 2 1,08 1 0 4 TA 2. VI. 8 18 16 8 2 0 3 14 18 2. v1. 30 3 1 0 0 0 1 8 7 1 2 VI 3l 1 1 0 0 0 0 7 6 4.V11.*) 8 1 0 0 0 0 1 2 3 4. VII. 30 1 1 0 0 0 1 9 7 4. VI. 31 2 2 1 0 3? 0 1 3 Zusammen... 35|3|31 6 1? ı | | © 68 21 *) Am 4. VII. war die Scheibehentafel im Vergleich zu den früheren Versuchen um 180° gedreht angebracht, so daß das Scheibehen a rechts oben zu liegen kam, während es vorher links unten war. Insekten und Blumen. 283 platte über den Scheibchen e und d, einige über b, sonst keine sichtbar. Es kamen keine Anflüge auf graue Scheibchen vor. Aus diesen beiden Beispielen geht hervor, daß meine Falter die Blau- scheibehen und die mit ihnen in der farblosen Helligkeit übereinstimmen- den grauen nicht miteinander verwechselten. Die weiteren Beobach- tungen dieser Versuchsreihe mögen aus der vorstehenden Tabelle 31 ent- nommen werden. Zweite Versuchsreihe. Die Versuche dieser Reihe wurden in Wien bei elektrischer Beleuchtung (ö0kerzige Metallfadenlampe in Blechhülse, wie in Fig. 51, S. 247) aus- geführt. Der Fütte: rung dienten diesmal m EST lette Futterblumen hell dunkel mit Zuckerwasser. Im (*) (») (e) (») Rahmen bot ich die- selbe Scheibcehentafel unter Glas dar, die schon bei den Ver- ® ® suchen der ersten 3 4 b) Reihe Verwendung 1 2 gefunden hatte (Fig. Fig. 53. Gr Ka wre (2. und 3. Reihe) mit 52). Die Anordnung Hering-Blau Nr. 13. ım Flugkasten und a,b, c, d = blaue Scheibehen, n = Grauscheibehen, welche für den total die Durchführung der farbenblinden Zustand des menschlichen Auges die gleiche Helligkeit be- V h t h sitzen wie das verwendete Blau. Das Grau des Untergrundes der Scheib- »versucne entsprach chen ist in der linken Hälfte des Glasrahmens heller als n, in der rechten der ersten Versuchs- dunkler als n. Die Tiere, die aus den sattvioletten Trichterblumen 1 bis 5 . « ihr Futter"holten, beachteten nur a, b, c, d, nicht aber n. (Beweis des reihe. Nur wurde bei Farbensehens.) — (?/, der nat. Größe.) der Durehführungeine Verbesserung insofern zustande gebracht, als die Versuche jedesmal in der Mitte ihres Verlaufes abgebrochen, die Futterblumen nachgefüllt und darauf die Versuche mit um 180° gedrehter Scheibchentafel von neuem begonnen wurden. (Die Ergebnisse der beiden Versuchshälften sind in der Tabelle 32 bei jedem Versuche getrennt in zwei aufeinanderfolgen- den Horizontalreihen eingetragen.) Dadurch wurde bei gleichbleibender Stellung der Lichtquelle ein Ausgleich der allenfalls durch Beleuchtungs- verschiedenheiten hervorgebrachten Wirkungen gesichert. (In der ersten Versuchsreihe hatte ich dies durch die Umkehrung der Scheibehentafel am letzten Versuchstage angestrebt.) Auch hier fand die Rüsselspuren- methode ihre Anwendung. Da die Versuche ebenso verliefen wie bei der ersten Versuchsreihe, kann ich auf die Wiedergabe von Protokollbeispielen verzichten und mich 254 Fritz Knoll. auf die Zusammenfassung der Ergebnisse in der folgenden Tabelle 32 be- schränken. Tabelle 32. Blau-Grau-Gleichung. (2. Reihe.) | & Besuche blauer Scheibehen (Hering- | Besuche Anzahl Tag e Papier Nr. 13) grauer |der während | . : z auf hellem(H=63'8)|auf dunklem (H — Scheibchen | desVersuches vn.ır3 Grunde 19-4) Grunde (H = 347), || ausgeführten nahm SS” | oberes | unteres | oberes | unteres heller und || Besuche u = | Scheib- | Scheib- | Seheib- | Scheib- | dunkler |letter Schiff- A chen chen chen chen Grund chenblumen 20 27 b) 6 0 60 12. IH. 1102 " 16 223 10 11 0 mehr als 46*) ' 8 12 2 2 0 en; 14. III. | 102 R 1 4 0 2 0 a 8 10 5 4 0 28 14. III. | 106 3 4 0 0 0 10 a 14 13 8 6 0 mehr als 34 16. | N) 10 3 7 0 mehr als 27 8 11 2 5 0 nn. '; 16. 41. 1 I08 y 5 4 0 1 0 9 8 9 1 2 0 mehr als 39 14. 4L : 708 ‘ 1 1 0 0 0 5 19. 10 8 3 0 18 18. III. | 106 5 10 10 1 1 0 17 Zusammen . . 150 147 45 50 0 mehr als380 277 95 Das Ergebnis dieser Versuche stimmt genau mit jenem der ersten Reihe überein. Auch hier wurden nur die blauen Scheibehen be- sucht, was sich neben der unmittelbaren Beobachtung auch durch die zahlreichen Rüsselspuren auf den betreffenden Stellen der Glasplatte feststellen ließ. | *) Wenn ein Tier die Besuche der Blüten so rasch.zu vollführen begann, daß die Platzziffern nicht mehr verbucht werden konnten, wurden einzelne Futterblumen- besuche nicht mehr gezählt, damit mir kein Besuch eines Scheibchens entgehen konnte. Die Zahlen der Scheibehenbesuche sind somit in jedem einzelnen Falle vollzählig an- geführt, dagegen die Besuche der Futterblumen manchmal unvollständig. 285 Insekten und Blumen. Dritte Versuchsreihe. Diese Versuche wurden ebenfalls in Wien bei elektrischem Liehte') ausgeführt. Sie unterscheiden sich von der vorigen Reihe nur dadurch, daß ich an Stelle der dunkelgrauen Hälfte des Untergrundes der Scheibehentafel schwarzes Tuchpapier verwendet habe. Dadurch wurde der Helligkeitsunterschied zwischen den blauen Scheib- chen und der Unterlage in dieser Hälfte der Scheibehentafel noch mehr vergrößert. Der Erfolg dieser Abänderung unterschied sich aber trotz- dem nicht von dem der vorigen Reihe, was aus der Tabelle 33 zu er- sehen ist. Tabelle 33. Blau-Grau-Gleichung. (3. Reihe.) Di Besuche blauer Scheibehen (Hering- | Besuche Anzahl P= 3 € Tag = Papier Nr. 13) grauer |der während des 5 z auf hellem(H =63°8) | auf schwarzem (H— Scheibchen || desV ersuches ER 02 S Grunde 3:4) Grunde (H = 34:7), | ausgeführten an . RE 2 ” | oberes | unteres | oberes | unteres heller und | Besuche er = || Seheib- | Scheib- | Scheib- | Scheib- | dunkler [letter Schiff- 2 chen chen chen chen Grund chenblumen 21 20 12 13 0 53 20. 1II. | 102 0 1 0 0 0 7 24 23 15 3 0 mehrals 11 20. III. | 106 19 18 7 4 0 35 6 8 1 3 0 27 22. HI. | 102 7 10 4 B) 0 mehrals 17 15 11 7 d 0 12 22. III. | 106 1 3 1 1 0 4 Zusammen . . 93 94 47 34 0 mehr als 166 187 8l ; Man sieht also aus den Ergebnissen der so zahlreich ausgeführten Versuche aller drei Reihen, daß die Ansicht von Heß vollständig wider- legt ist. Heß könnte nun dem blauen Hering-Farbpapier Nr. 13 höchstens noch eine besondere, durch uns unsichtbare kurzwellige Strahlen bedingte Wirkung zuschreiben, welche die eben festgestellte Auswahl ohne die Annahme eines besonderen Farbensehens ermöglichen !) Die Verwechslungsversuche der ersten Reihe wurden bei Tageslicht, die der beiden weiteren Reihen bei elektrischem Licht ausgeführt. Dadurch konnte gezeigt werden, daß Versuche über das Farbensehen des Taubeischwanzes die gleichen Er- folge bei diesen verschiedenen Beleuchtungsarten ergeben. Damit ist auch die von mir so häufig angewendete elektrische Beleuchtung der Versuchsobjekte gerechtfertigt. 286 Fritz Knoll. würde. Die Widerlegung eines solchen Einwandes wird später durch die Versuche mit Schwerstflintglas gegeben werden. Hier ist darauf hinzuweisen, daß die Besuche der blauen Scheibehen ohne Rücksicht daraufzustandekamen, obderUntergrundhelleroderdunklerwaralsdiese und daß trotzdem keine Verwechslungen mit den grauen Scheibehen ein- traten. Dabei zeigte sich aber hinsichtlich der Anzahl der auf beiden Hälf- ten der Scheibehentafel erzielten Besuche eine Verschiedenheit: Die Scheibchen auf hellem Grunde erhielten bedeutend mehr Besuche als die auf dunklem Grunde. Diese Tatsache ist für den Inhalt des vorliegenden Abschnittes nicht von Belang, dagegen wird sie uns noch später in einem anderen Zusammenhange beschäftigen. ß) Hering-Gelb Nr. 4 und das ihm entsprechende Grau. Die Versuche mit Hering-Gelb Nr. 4 habe ich in Dalmatien bei Tageslicht durchgeführt. Die Methode war die gleiche wie bei den eben beschriebenen Versuchen der ersten Reihe mit Blau. Die Anordnung auf der Stecktafel (H = 63) hat man sich für die hier zu besprechenden Ver- suche wie in Fig. 52 und nur soweit abgeändert zu denken, als statt der violetten Schiffehenblumen gelbe Trichterblumen von drei verschiedenen Helligkeiten und Sättigungen angebracht waren. Diese mit Auramin gefärbten Trichterblumen habe ich nach ihrer Helligkeit auf der Steck- tafel genau so verteilt wie früher die in der Fig. 52 wiedergegebenen violetten. In allen Blumen wurde Zuckerwasser dargeboten. Die Scheib- chentafel hatte an den mit a, b, ce, d bezeichneten Stellen Scheibehen aus Gelb Nr. 4, an den Stellen der Buchstaben n Grauscheibchen der Hellig- keit 264. Der Untergrund bestand aus den beiden Graupapieren der ersten Reihe der Blau-Versuche. Zur Ausschaltung von Duftwirkungen war diese Scheibcehentafel ebenfalls mit einer Glasplatte bedeckt. Das Gelb und das Grau der Scheibehen entstammten auch diesmal den von Hering ermittelten Paaren von Verwechslungsfarben für Totalfarben- blinde (vgl. Papierproben S. 177). Ein gänzlich farbenblindes Wesen mübte, wenn es sich hinsichtlich des Lichtsinnes so verhielte wie ein ent- sprechender Mensch, die Scheibchen a, b, e, d mit den Scheibehen n ver- wechseln. Bei den Verwechslungsversuchen mit Gelb Nr. 4 habe ich zufällig zwei Tiere verwendet, bei denen wiederholt der Legetrieb auftrat. Zuerst sah man bei den Versuchen immer die dem Futtertrieb entsprechende Reaktion (Vorstrecken des Rüssels ohne Beinbewegung), wenn das Tier dagegen bereits einiges Zuckerwasser in sich aufgenommen hatte, zeigten sich deutliche Legeflüge, indem die gelben Objekte nun ohne Rüssel- reaktion, aber mit mehr oder weniger deutlich sichtbarer Beinreaktion angeflogen wurden. Ich führe als Beispiel zwei gekürzte Versuchsproto- kolle an. Insekten und Blumen. 287 In diesen Protokollen bedeuten die Ziffern ohne Zusatz je einen Anflug mit Rüsselreaktion (in den meisten Fällen mit Besuch jener Futterblume, die an der gleich bezeichneten Stelle der Figur 52 stand), ein Buchstabe einen ebenso gearteten Anflug auf eines der Scheibchen. Wenn bei der Ziffer oder bei dem Buchstaben noch ein Sternchen * angebracht ist, so bedeutet dies, daß beim Anflug keine Rüsselreaktion, dafür aber in den meisten Fällen eine Beinreaktion (Vorstrecken der Beine gegen das Objekt) sichtbar war. 1. Beispiel. Tier Nr. 3, 2. VII, 5» bis 5% 08m nachm.: 1, 2, 4, 5, 4, 8,7,d, 0,7, 8, BEL LEST az LEE NT TB 0, 2 1,47; 1, 5; ddeWPiige werden unruhig, a*; 1, 5; a*; a*; undeutlich 7*, a*; dann noch dreimal un- deutlich 7*, a*. — Nach Beendigung des Versuches enthielten die Blumen Nr. 3 und 6 noch ihr Zuckerwasser, die übrigen waren entleert. Rüsselspuren waren auf der Glasscheibe nur über dem Scheibehen e sichtbar, bei den übrigen hat der vorgestreckte Rüssel die Scheibe nicht berührt, da die Anflüge im allgemeinen recht flüchtig waren. 2. Beispiel. Tier Nr. 3, 4. VIL., 5% 06= bis 5b 10= nachm.: 1, 2, 1, 2, 4, 7, 7,87, 8 6, d,7, 8, c*, d*#; 7*, 0*; 8* 7*; 7*; 7*, — Nach Beendigung des Ver- suches enthielten die Blumen Nr. 3, 5 und 6 noch Zuekerwasser, die übrigen waren ausgetrunken. Auf der Glasplatte über e und d deutliche Rüsselspuren. (Dieser Versuch folgte auf den vorigen, ohne daß das Tier inzwischen ge- flogen war.) Die übrigen Versuche zeigten nur - spärliche Anflüge auf die Scheibchentafel. Außer den in obigen Beispielen angeführten Flügen zu den Scheibchen erzielte ich noch: 5 Anflüge mit Rüsselreaktion auf die Gelbscheibehen des hellen Grundes, 12 Anflüge ohne Rüsselreaktion (mit mehr oder weniger deutlich sichtbarer Bein- reaktion) auf dieselben Scheibehen, drei solehe auf die Gelbscheibehen des dunklen Grundes. Anflüge irgend weleher Art auf eines der grauen Scheibcehen kamen nicht vor. | Aus dem Ergebnis dieser Versuche sei hier besonders ‚hervor- gehoben, daß alle Anflüge auf die Scheibehen nur dem Gelb galten, sowohl die Futterflüge als auch jene Flüge, die sich als Folge des Legetriebes (vgl. S. 170 und später den Abschnitt IV) erwiesen haben. Mansiehtalso,daßdasTierinderAÄus- wirkung beider Triebe das Gelb niehtmitdem Grau, das einem total farbenblinden Menschenals gleich hellerscheint, verwechselt. Somit ist auch für dieses Gelb die Ansicht von H e ß widerlegt. d) Versuche mit Blau und Schwerstflintglas. Heß hat bei einigen seiner Versuche Schwerstflintglas verwendet, das sich dadurch auszeichnet, daß es für die ultravioletten Strahlen un- durchlässig ist. Da vielleicht der Einwand gemacht werden könnte, daß meine Versuchstiere die blauen und violetten Objekte auf irgend eine uns noch unbekannte Art mit Hilfe der von ihnen ausgehenden ultra- violettten Strahlen erkennen und dadurch unterscheiden, habe ich bei einigen meiner Versuche zur Ausschaltung der Wirkung ultravioletten Abhandl. d. Zool,-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 20 288 Fritz Knoll. Lichtes die blauen Objekte mit diesem Schwerstflintglas ') bedeckt und sie neben unbedeckten den Faltern dargeboten. Tabelle 34. Versuche mit Hering-Blau Nr. 13 und Schwerstflintglas. Zahl der Anflüge mit vorgestrecktem Rüssel gegen die einzelnen Scheibchen. — — —] Kreisscheibehen von 10 mm Durchmesser unter Glas in einer Reihe Versuch nebeneinander auf Grau H = 63'8 mit Tier Grau Grau Nr. 202 | H == 347 H = 347 A Grau (Verwääletengs- Schwarz | Blau Nr. 13 (Vorwerk Blau Nr. 13 en am H=194 grau zu Blau grau zu Blau Nr. 13) Nr. 13) mit Schwerst- ohne Schwerst- 14. VI. 0 1? flintglas N) flintglas 0 25 25 ohne Schwerst- mit Schwerst- 16. VII. 0 148 flintglas 0 flintglas 0 19 7 mit Schwerst- ohne Schwerst- 18. VII. 0 2 flintglas 0 flintzlas 1? 19 24 mit Schwerst- ohne Schwerst- 20. VI. 0 0 flintglas 0 flintglas 0 8 6 mit Gelbfilter mit Bchwarst- 22. VII. 0 1 0 flintglas 0 1 12 mit Schwerst- mit Gelbfilter 25. VII. 0 2 flintglas 0 1 0 5 Die Versuche habe ich in folgender Weise ausgeführt: Auf der Stecktafel wurde eine horizontale Reihe von verschiedenen farbigen Triehterblumen angebracht. Von ihnen erhielten nur die blauen und eine violette Zuckerwasser, so daß der Falter andauernd an diese Farben- gruppe gebunden blieb. Über der Futterblumenreihe war im Glasrahmen (Rahmengröße wie in Fig. 53) auf einem lichtgrauen (H = 6) Grunde eine horizontale Reihe von sechs Scheibchen zu sehen, deren Beschaffenheit und Aufeinanderfolge von links nach rechts aus der Tabelle 34 zu entnehmen ist. Die Versuchsanordnung war elektrisch beleuchtet (Metallfadenlampe). Der Gedankengang der Versuche war: Ein gänzlich farbenblinder Mensch verwechselt das blaue Hering-Papier Nr. 13 mit dem Grau der Helligkeit 347. Meine Falter verwechselten diese beiden Papiere bei ihren Futterflügen aber nicht. Wenn dieses Aus- !) Geliefert von der Firma C. Zeiss in Jena. Insekten und Blumen. 289 einanderhalten darauf zurückzuführen wäre, daß das Blau noch für uns unsichtbare, den Falter aber anlockende kurzwellige Strahlen aussenden würde, die dem Grau fehlen, dann müßte nach dem Bedecken des blauen Papiers mit Schwerstflintglas jede weitere Anlockung des Tauben- schwanzes unmöglich werden. — Legen wir ein solches Glas auf das er- wähnte blaue Papier, so bleibt dieses für uns noch immer blau, wenn es uns nun auch deutlich weniger gesättigt erscheint als bei freier Betrachtung.') Die dem Versuchstier zur Auswahl vorgelegten blauen und grauen Scheibehen befanden sich unter der Salinglasplatte des Rahmens und bei jedem Versuche wurde überdies je eines der blauen Scheibehen noch mit einer kleinen 25 mm dicken, plangeschliffenen Platte von Schwerstflint- glas versehen. Diese bedeckte sowohl die Scheibchenfläche, als auch deren Nachbarschaft bis zum Rande der rechts und links daneben stehen- den Scheibehen. Wie aus der Tabelle 34 hervorgeht, haben sich bei diesen Versuchenkeine wesentlichen Unterschiede inderHäufigkeitderBesuchedesmitSchwerstflint- glas bedeckten und des freien Blauscheibchens er- geben. Die für den gänzlich farbenblinden Menschen mit dem Blau übereinstimmenden Grauscheibcehen (H = 347) wurden überhaupt nicht beachtet. Die anlockende Wirkung eines solchen blauen Papierscheibchens hörte aber sogleich fast gänzlich auf, wenn ich es mit einem sattgelben Lichtfilter (Kreisscheibehen von 15 mm Durchmesser) bedeckte.”) Dabei (22. und 25. VI. der Tabelle) blieb die Wirkung der Blauscheibcehen mit Schwerstflintglas unverändert. Daß bei diesen Versuchen auch einige Besuche schwarzer Scheibehen vorkamen, hängt damit zusammen, daß die von dem Tier besuchten Futterblumen überwiegend dunkel waren und daher mit der Bindung an die Blaugruppe zugleich eine Bindung an Dunkel entstehen mußte. Ich bin deshalb der Meinung, daß die wenigen Besuche des Blauscheibchens, das vom sattgelben Filter bedeckt war und uns dann dunkel ohne blauen Farbeharakter erschien, ebenfalls nur eine Folge der Bindung an Dunkel ist. Bei allen diesen Versuchen wurde zur Überprüfung der Beobachtungen auch die Rüsselspurenmethode an- gewendet. Bei den Besuchen der blauen Scheibehen kamen auch Rüssel- spuren zustande, und dies ohne Rücksicht darauf, ob das betreffende Scheibehen nur mit Salinglas oder überdies noch mit Schwerstflintglas bedeckt war. Dieultravioletten Strahlenspielensomit beiden Futterflügen ebensowenig eine besondere Rolle wie bei den früher besprochenen Dunkel- flügen. | 1) Das Schwerstflintglas hält auch einen geringen Teil der noch sichtbaren kurzwelligen Strahlen zurück, weshalb uns eine von ihm bedeckte weiße Papierfläche schwach gelblich erscheint. 2) Ich benützte hiezu dieselben Gelbfolien wie früher bei den Versuchen mit Bombylius fuliginosus. (Vgl. S. 62 f.) 20* 290 Fritz Knoll. e) Blaue Blumen bei gelber Beleuchtung (Komplementärfarben). Sowohl bei Bombylius als auch bei Macroglossum konnte ich wiederholt feststellen, daß diese Tiere eben noch besuchte blaue oder violette Objekte nicht mehr beachteten, wenn ich sie mit einem gelben Lichtfilter bedeekte. Daraus schien hervorzugehen, daß die Farben der Blaugruppe zu jenen der Gelbgruppe für diese Insekten in einem ähnlichen Verhältnis zu einander stehen, wie für den farbentüchtigen Menschen bestimmte Farbtöne von Blau und Gelb, daß sie also zueinander kom- plementär sind. Betrachtet ein solcher Mensch einen farbigen Gegen- stand durch ein Glas, dessen Farbe der des Gegenstandes komplementär ist, so erscheint er ihm nun nicht mehr farbig. Den gleichen Erfolg kann man dadurch erzielen, daß man den farbigen Gegenstand mit komplemen- tärfarbigem Lichte beleuchtet. Bei einer solehen Beleuchtung vermag auch ein farbentüchtiger Mensch das Objekt nicht mehr nach der Farbe aus seiner Umgebung herauszufinden. Wenn der Taubenschwanz darin mit den Menschen übereinstimmte, war vorauszusehen, daß er z. B. blaue Objekte, die er bei unverändertem Tageslicht oder bei gewöhnlicher elek- trischer Beleuchtung ohneweiters von grünen zu unterscheiden vermag, bei passend gewählter gelber Beleuchtung mit letzteren verwechseln werde. Um das Verhalten des Falters bei komplementärfarbiger Beleuch- tung zu prüfen, stellte ich eine Anordnung aus grünen undblauen Triehterblumen zusammen. Es waren dies dieselben Futtergefäße, die schon früher (bei den auf S. 244 f. beschriebenen Versuchen) mit Erfolg verwendet worden waren. Damals hatten die Tiere gezeigt, daß ihnen das Herausfinden dieser blauen Futterblumen, trotzdem deren Helligkeiten teils geringer, teils größer waren als die der grünen, keine Schwierig- keiten bereitete. Es sei hier eine Reihe solcher Versuche, die ich nach dieser Richtung anstellte, genauer beschrieben, wobei ich nur die mit einem bestimmten Tier erzielten Ergebnisse herausgreife. Es wurden dem bereits von früher her bekannten Falter Nr. 202 (s. Tab. 34, S. 288) am 19. VIII. bei elektrischem Lichte im Flugkasten 7 blaue (Bl) und 4 grüne (Gr) Trichterblumen auf der Stecktafel (H = 33, Grau II) dargeboten. Die blauen enthielten Zuckerwasser, die grünen waren leer. Zur Herstellung der Farbe der blauen Blumen hatte ich Brillanteresylblau benützt, bei den grünen wurde ein Gemisch dieses Farbstoffes mit Auramingelb verwendet. Die Blumen waren in einer horizontal verlaufenden Geraden in Abständen von 25 mm in folgender Weise angeordnet: Platz Nr. 1 ee Wr, er BET 8:9: Farbe B Br BB re B ei rn Papier Nr. 108 106 111 107 106 111 108 109 106 109 107 Die den Futterblumen entsprechenden farbigen Wachspapiere besaßen für den gänzlich farbenblinden Zustand des menschlichen Auges (mit weißem Papier unterlegt in auffallendem Lichte betrachtet) verschiedene Helligkeiten, die sich in folgende Reihe ordnen ließen: Weiß > Blau 106 > Blau 107 > Grün 109 > Grün 111 > Blau 108 > Schwarz. Insekten und Blumen. ; 291 Hinsichtlich ihrer durchschnittlichen farblosen Helligkeit waren somit die grünen Futterblumen zwischen die hellblauen und die dunkelblauen zu stellen. (Vgl. auch S. 246.) Im durchfallenden Lichte war die Reihe dieser farblosen Helligkeiten die gleiche. Das Tier Nr. 202, das in einem Zeitraum von drei Wochen sein Futter in weit überwiegendem Ausmaße blauen und violetten Blumen entnahm, hatte sich bei einem Auswahlversuche mit den vorhin erwähnten grünen und blauen Trichterblumen am 17. VIII. bei Tageslicht als blaustet erwiesen. Am 19. VIII. wird der Flugkasten in einem vollständig verdunkelten Raume aufgestellt. Entsprechend der Fig. 51, S. 247, steht vor dem Stramin links vom Beobachter die 50kerzige Metallfadenlampe in ihrer Blechhülse. Diesmal ist zwischen ihr und dem Stramin so viel Raum gelassen, daß ich einen passenden Trog aus Spiegelglas, den ich mit einer wässerigen Auraminlösung!) füllte, zwischen Stramin und Lampenhülse einschieben kann. Versuchsbeginn 12% 45m nachm. Nach dem Aufwachen wendet sich der Falter bei weißem Lichte bald den Blumen zu und besucht BI 4, Bl 5, Bl 4, BI 5, BI 7, BI 9, Bl 11, BI 9, BI 7, Bl 5, BI4 und dreht sich dann zur Lichtquelle um. Während das Tier im Kasten weiterfliegt, wird die Stecktafel herausgenommen und in die Futterblumen neues Zuckerwasser gegeben. Dann wird die Steektafel wieder in den Ständerbacken eingeklemmt, das Tier wendet sich der Blume Bi 6 zu, sie mit den Beinen berührend, fliegt ohne Rüsselreaktion zu BI 1, berührt BI4 und Bl 5 flüchtig mit dem Rüssel, dann BI 7 mit den Beinen, schwirrt laufend über einige Blumen der Anordnung und setzt sich schließlich nach immer häufigeren Äußerungen des Dunkeltriebes am oberen Rande der Stecktafel zur Ruhe (18 02m). — Da der Falter verhältnismäßig bald zu Dunkelflügen übergegangen war, fand ich diesmal keine Gelegenheit zur Anwendung des Gelbfilters. Doch zeigte der Versuch, was hier besonders in Betracht kommt, wieder die vollständige Blau- stetigkeit des Falters gegenüber blauen und grünen Futterblumen. (Sehr gut sah man in diesem Versuche auch den allmählichen Übergang der Futterflüge in Dunkelflüge.) Am 20. VIII, 3% nachm. wird unter den gleichen Umständen der Versuch mit dem Tier Nr. 202 wieder begonnen. Der Falter besucht nach dem Aufwachen bei weißem Licht die Futterblume BI4, und während er noch aus ihr saugt, wird vor die Öffnung der Lampenhülse das Auraminfilter eingeschoben. Er trinkt nun bei gelbem Lichte weiter, bis diese Blume erschöpft ist und besucht dann Gr 3, BI 4, Bl 5 (aus ihr sehr ruhig saugend), Gr 6, BI 5, BI 4, Gr 3; er fliegt mit teilweise entrolltem Rüssel gegen die Kastendecke empor, ohne sie zu berühren; dann besucht er wieder die Blumen: Bl5, BI4, Gr 3, Bl2, Bi ı, BI2, stößt hinter BI2, dann Gr3, BI4 be- suchend; nun fliegt der Falter mit vorgestrecktem Rüssel gegen die schwarzen Zeich- nungen der Kastendecke, ohne sie zu berühren und besucht abermals eine größere Anzahl von Trichterblumen: Bl 1, BI 2, Gr 3, BI 4, Bl 5, Gr 6, BI 7, BI 7, Gr 6, BI 9, BI 9, Gr 8, BI 7, Bl 11, Gr 10, Gr 8, BI 7, Bl 11 (schlecht gezielt), Bl 11 (ebenso), berührt mit dem Rüssel einige schwarze Figuren der Kastendecke, sich mehrmals ihnen in dieser Weise zuwendend, fliegt gegen die schwarzen Tupfen des Stramins (vgl. Tafel 9, Fig. 1, links) und betrommelt zwei davon kurz mit dem Rüssel, worauf er sich noch einmal einer Blume zuwendet und Bl 1 besucht. Indessen wird das Auraminfilter von der Lampe weggezogen und die Stecktafel zum Nachfüllen der entleerten Blumen aus dem Kasten herausgenommen. (Es erweisen sich die Trichter als völlig entleert, mit Ausnahme von Nr. 11, wo noch Zuckerwasser vorhanden ist.) Der Falter fliegt !) Die Auraminlösung ließ in der angewendeten Dicke die Hälfte des gelben Lichtes hindurch, das von dem Agfa-Gelbfilter (vgl. S. 62 und 66) durchgelassen wurde, Der Farbton dieses Lichtes stimmte vollständig mit dem des Agfa-Gelbfilters überein. Bei anderen Versuchen verwendete ich zur Herstellung der gelben Beleuchtung mit gleichem Erfolge dunkel rötlichgelbe Glasscheiben, wie man sie an photographischen Dunkelkammerlaternen anzubringen pflegt. 292 Fritz Knoll. während dieses Vorganges unermüdlich im Kasten weiter. Sobald sich die Anordnung wieder in dem Flugkasten befindet, dessen Inneres jetzt mit weißem Lichte be- leuchtet ist, nimmt das Tier die Besuche wieder auf und saugt aus BI 5, BI 7, stößt mit dem Rüssel hinter @r 8, besucht BI 7, BI 9, BI 11, stößt hinter Gr 10 und besucht dann wieder wohlgezielt Bl 11, BI 7, Bl5, Bl4, BI4, Bl 2, Bl 1, BI 2, Bl4, BIT, Bl ll, BI 9, BI 7, Bl5, Bl4, BI 2, Bl ı, Bl 1, BI 2, Bi 1l, BI7, BI 5, BI 2, Bl1. Ich belasse das weiße Licht, nehme die Stecktafel heraus und ergänze das fehlende Zuckerwasser in den blauen Trichterblumen. Dann gebe ich die Anordnung wieder in den Flugkasten. In unersättlichem Futtertriebe wendet sich der Falter sogleich wieder den Blumen zu und beginnt bei Bl4 zu saugen. Während das Tier noch mit dieser Blume beschäftigt ist, schiebe ich langsam das Auraminfilter vor die Lampenöffnung. Der Falter saugt trotzdem bei BlI4 ruhig weiter und wendet sich nach deren Erledigung im gelben Liehte anderen Trichterblumen zu: Bl 5, Gr 6, BI 7, Gr 8, stößt hinter Gr 8, besucht BI4 und Gr 3. Darauf dreht sich das Tier im Fluge um und begibt sich zu den schwarzen Tupfen des Stramins, einige davon mit vorgestrecktem Rüssel berührend, besucht nochmals BI 4. Mittlerweile machen sich Anzeichen des Dunkeltriebes be- merkbar. Es wird nun wieder weißes Lieht geboten, der Falter fliegt gegen einige schwarze Tupfen der Kasteninnenfläche und berührt sie mit den vorgestreckten Beinen (ohne Rüsselreaktion). Trotzdem er sich noch mehrmals den Trichterblumen nähert, ist keine Rüsselbewegung mehr sichtbar, worauf um 3% 16” der Versuch abgebrochen und das Tier bis zum Einstellen seiner Flüge sich selbst überlassen wird. Das Wesentliche an diesem Beispiel ist folgendes: Am 19. August hat der Falter bei weißer Beleuchtung die blauen Blumen ohne Irrtum von den grünen unterschieden und nur jene besucht. Am 20. August wendete sich das Tier an der von weißem Lichte beschienenen Versuchs- anordnung sogleich einer blauen Blume zu und begann zu saugen. Das weiße Lieht wurde indessen in gelbes abgeändert, was das Tier nicht weiter störte. Nachdem diese blaue Blume des Zuckerwassers beraubt war, flog es zu einer grünen Blume, die aber kein Futter enthielt, dann weiter zu blauen und grünen ohne merklichen Unterschied im Benehmen. Da der Falter nun auch andere Objekte, die früher von ihm nicht beachtet wurden, beflog und mit der Rüsselspitze berührte, müssen wir zunächst herausfinden, welche optischen Eigenschaften allen vom Falter bei gelber Beleuchtung besuchten Objekten zukommen. Daraus können wir dann schließen, welche der gefundenen Eigenschaften allenfalls für das Be- nehmen des Tieres eine lenkende Wirkung ausüben könnte. Wir stellen fest, daß der Falter außer den Futterblumen nur kleine, verhältnismäßig scharf umgrenzte dunkle Objekte besuchte. Die vom Falter besuchten Dinge waren für mein Auge meist dunkelgrün oder grau mit verschieden stark gelbem Ton, die schwarzen unter ihnen erschienen mir auch in dieser Beleuchtung schwarz ohne nennenswerten Farbton. Unter solchen Um- ständen kann sich der Falter nur nach der Helligkeit der Objekte zurecht- gefunden haben, da bei der gelben Beleuchtung infolge des Verschwin- dens der blauen Farbe die Dunkelheit der Futterblumen zunimmt. So blieb von der bisherigen Bindung an Blau + Dunkel nur mehr die Bindung an Dunkel wirksam und diese wurde bei den Saugerfolgen des Falters weiter gefestigt. Dadurch wird es auch verständlich, daß die Versuchs- Insekten und Blumen. 293 tiere so oft die von den Blumen auf der Stecktafel entworfenen dunklen Schlagschatten mit den Blumen selbst verwechselten und nach ihnen mit dem Rüssel hinstießen. — Solange bei dieser Anordnung die gelbe Be- leuchtung währte, war also der Falter nicht imstande, die blauen Blumen von irgend welchen anderen dunklen Objekten gleicher Größe zu unter- scheiden. Sobald aber wieder die weiße Beleuchtung hergestellt wurde, übten die blauen Blumen schnell ihren früheren Einfluß aus: der Falter be- suchte sogleich die blauen Blumen und nur wenige Rückschläge (zwei Besuche der hinter grünen Blumen vorhandenen Schlagschatten) ver- rieten noch den unmittelbar vorausgegangenen Zustand des Tieres. Die nächsten 24 Besuche, die nun rasch aufeinanderfolgten, galten nur den blauen Blumen. Bei erneuter Anwendung der gelben Beleuchtung wurden die blauen Blumen abermals mit den grünen verwechselt. Solche Versuche habe ich öfters ausgeführt. Ich beobachtete dabei immer, daß durch plötzliches Abändern der weißen Beleuchtung in eine gelbe sich ein Falter, der gerade aus einer blauen Blume saugte, bei die- ser Tätigkeit nicht weiter stören ließ, wenn noch Zuckerwasser darin vor- handen war. Wenn der Trichter dann leer war, setzte das Tier entweder seine Futterflüge unter zahlreichen ‚Irrtümern“ fort, oder es unterließ sogleich jeden weiteren Blumenbesuch, bis die gelbe Beleuchtung wieder mit der weißen vertauscht wurde. Bei erneuter weißer Beleuchtung traten bei solchen Tieren, die auch in gelbem Lichte ihre Besuche fort- gesetzt hatten, zunächst noch einige „Rückschläge‘“ auf, bis schließlich die Bindung an Blau wieder in ihrer Reinheit sichtbar war. Derartige Versuchsergebnisse sprechen sehr dafür, daß fürden Taubenschwanz die Gelbgruppe und die Blau- Violett-Purpurgruppe der Farben zu einander im Verhältnis von Komplementärfarben stehen.) 7. Versuche mit spektralen Lichtern. Zur Überprüfung der Ergebnisse, die ich mit Futtergefäßen aus far- bigem Wachspapier erhielt, habe ich eine Reihe von Versuchen mit spek- tralen Lichtern angestellt. Vorversuche hatten ergeben, daß ein Tauben- schwanz in einem Flugkasten, der nur von dem Lichte eines gewöhnlichen Prismenspektrums erleuchtet war, meist nicht zu fliegen vermochte, da durch dieses die zur Ausführung von Flügen nötige Gesamthelligkeit des Flugraumes nicht erreicht wurde. Ich beleuchtete deshalb den Flugraum wie sonst mit einer kräftigen Metallfadenlampe (50 oder 100 Kerzen) von der rechten Wand her in einer Stärke, die einen normalen Flug des Fal- !) Seither hat A. Kühn (Nachweis des simultanen Farbenkontrastes bei Insekten [Vorl. Mitteil.), Die Naturwiss., IX. 1921, S. 575 £.) Versuchsergebnisse veröffentlicht, nach denen sich auch für Honigbienen Gegenfarben nachweisen lassen. Doch ist darüber noch nichts Ausführliches erschienen. 294 Fritz Knoll. ters gestattete. Auf der Rückwand konnte ich nebenbei noch durch den Organtin das Licht des Spektrums einer Bogenlampe in den Kasten eintreten lassen, Es zeigte sich bald, daß die bereits fliegenden Falter beim Erscheinen des Spektrums mit dem Ausstrecken des Rüssels rea- gierten. Die Flüge wurden dann gegen das Licht des Spektrums ge- riehtet, allein es schien mir eine solche Art der Darbietung viel zu roh, als daß man von ihr gute Erfolge hätte erwarten können. Ich zerlegte deshalb mit Hilfe eines undurchsichtigen, mit kreisförmigen Löchern (18mm Durchmesser) versehenen Papierschirmes das Spektrum in eine Anzahl scharf getrennter kleiner Teile. Die Löcher dieses Schirmes, die in zwei übereinander liegenden Horizontalreihen angeordnet waren, be- deckte ich mit feinem, rein weißem Papier, dessen gute Transparenz das spektrale Licht in genügender Stärke hindurchtreten ließ.‘) Im Innern des Kastens konnte man nun von dem Spektrum zwei Reihen lebhaft farbiger Scheibehen sehen, die ich kurz Spektralscheibehen nennen will. Ferner wurde der Organtin von der Kastenrückwand entfernt, um so wenig wie möglich von dem Lichte des Spektrums verloren gehen zu las- sen. Überdies habe ich später den Rahmen der Rückwand mit einer klaren Glastafel ausgefüllt. Wenn dann der durchlochte Schirm außen an die Glastafel angelegt wurde, war auch jede Duftwirkung, die das Material des Schirmes auf den Falter ausüben könnte, vollständig aus- geschlossen. Neben den Löchern wurden (zur Erleichterung der Protokoll- führung) im Innern des Kastens deutlich sichtbare Nummern angebracht und die mittlere Wellenlänge des Lichtes der Spektralscheibehen spektro- skopisch bestimmt. Welchen Anblick diese Anordnung darbot, kann man aus Fig. 54 entnehmen. Die Versuche wurden gewöhnlich so durchgeführt, daß der Flugraum des Kastens zunächst nur von weißem Licht erleuchtet war. Erst dann, wenn der Falter bereits gleichmäßig flog und es die Ver- suchsumstände erforderten, machte ich das Spektrum durch Einschaltung der Bogenlampe sichtbar. Die das weiße Licht liefernde elektrische Glüh- lampe wurde sofort nach dem Aufleuchten des Spektrums durch einen Regulierwiderstand so weit abgedämpft, als es ohne Verminderung der Flugtätigkeit des Falters möglich war. Der Raum, in dem der Flugkasten stand, war im übrigen vollständig abgedunkelt. Die bei den Versuchen verwendeten Fütterungsobjekte habe ich meistens an der linken Seite des Kastens, also gegenüber der weißen Lichtquelle aufgestellt. Durch das Einschalten des Spektrums wurde unter den beschriebenen Umstän- !) Ich brachte an Stelle des Bildrahmens eines gewöhnlichen Projektionsapparates einen verengbaren vertikalen Spalt an, von dem ich mit Hilfe des Objektives auf einer Längsfläche des (mit vertikaler Achse aufgestellten) Glasprismas ein scharfes Bild entwarf. Ein kleiner Flugkasten (30 em innere Seitenlänge) wurde dann in das aus dem Prisma kommende Lichtbündel so eingestellt, daß auf seiner Rückwand ein etwa 26 cm breites Spektrum entstand, dessen Licht dureh die Löcher des oben erwähnten Schirms ins Innere des Kastens gelangte, Insekten und Blumen. den das Benehmen des fliegen- den Tieres nicht gestört. Es wendete sich dieses gewöhnlich sogleich den Spektralscheibchen zu. War der durchlochte Schirm nicht mit Glas überdeckt, dann bohrte sich der Falter bei jedem Anflug mit dem vorgestreck- ten Rüssel oft bis an den Kopf zwischen den Schirm und das rückwärts daran gelegte transparente Papier hinein. Er benahm sich dabei geradeso wie sonst beim Besuche meiner Futtergefäße oder natürlicher Blumen. War aber die Scheib- chenreihe mit einer Glastafel bedeckt, dann berührte das Tier die Glasfläche immer wieder an der Stelle der besuchten Scheib- chen mit der Rüsselspitze. Wurde schließlich während des Ver- suches das Spektrum wieder ausgelöscht, so wendete sich der Falter sogleich von der eben noch besuchten Rückwand des Kastens weg und setzte die Flüge in anderen Richtungen fort. Es schien mir zunächst wich- tig, zu erfahren, wie sich meine Falter benehmen, wenn ich ihnen unmittelbar nach der Überwin- terung vor jeder Nahrungsauf- nahme die eben beschriebenen Spektralscheibehen im Kasten darbiete. Ich habe einige solcher Versuche ausgeführt und bringe hier als Beispiel das gekürzte Protokoll jenes Versuches, des- sen Ergebnis in Fig. 54 anschau- lich gemacht ist. 11. IV., 11 25® vorm. Das Tier hat seit dem Herbste in seiner Schachtel ge- Indigo Blau Grün Gelb 2 Orange el Rot I 492 F b ı 7 D 586 647 Fig. 54. Ergebnis eines Versuches mit spektralen Lichtern. (?/; der nat. Größe.) Das Versuchstier besuchte am 11. IV, unmittelbar nach der Überwinterung ohne vorherige Nahrungsaufnahme die gelben, blauen und indigofarbigen Spektralscheibcehen, nicht aber 295 Die Zahlen Die besuchten Scheibchen sind durch horizontale Schraffierung kenntlich gemacht, die Zahl in ihnen bedeutet die Anzahl der Besuche. über den Scheibchen geben die mittlere Wellenlänge ihres Lichtes an. D, E, b, F, G = Fraunhofer’sche Linien. die in der Gegend des Blaugrün, 296 Fritz Knoll. schlafen und wird heute zum ersten Mal wieder. zu einem Versuche verwendet. Futter wird ihm vorher keines dargeboten. Der Falter fliegt zunächst ohne deutliche Rüssel- reaktion langsam gegen Blau 477; dann gegen das weiße Licht, hernach zu Blau 477, Blau 469, gegen das weiße Licht, Blau 469, Indigo 454; dann vollführt er, zwischen einzelnen Flügen gegen das weiße Licht nacheinander folgende Besuche der Spektral- scheibehen: Grün 525, Gelb 550, Gelb 537, Gelb 550, Grün 525; Gelb 550; Gelb 550; Gelb 581; Gelb 581, Gelb 537, Blau 461 Blau 469, Blau 469; Indigo 440; Indigo 440; Blau 469. Ich dunkle vorübergehend etwas ab und stelle zwei Forsythia-Blütenstände mit Zuckerwasser in den Kasten hinein, die aber das Tier nicht mehr beachtet, indem es zuerst gegen das weiße Licht, dann zu Indigo 454, schließlich nochmals gegen die Glühlampe fliegt und sich an einer Kastenwand zur Ruhe setzt (11% 32»). — Alle nach dem ersten An- fluge erwähnten Spektralscheibehen berührte der Falter mit dem Rüssel. Wir sehen aus diesem Beispiel, daß der Falter Besuche bei ver- schiedenen Spektralscheibchen ausführte, dabei aber die nahe der Wellenlänge von 500p» gelegenen blaugrünen und grünlichblauen nicht beachtete.‘) (Auch die an den Enden der Reihe befindlichen Scheibehen erhielten keine Besuche, was aber nur auf den für die Flugbewegungen nicht mehr ausreichenden knappen Raum nahe den Rahmenkanten des Kastens zurückzuführen ist.) In anderen Fällen besuchten die überwinterten Tiere vor der Nahrungsaufnahme nur blaue und indigofarbige Spektralscheibchen, doch entsprach auch in die- sen Fällen die Grenze des Besuches gegenüber dem Grün den im Beispiel der Fig. 54 gemachten Angaben. Ä Diese Versuche führte ich dann in der Weise weiter, daß ich solchen Tieren unmittelbar nach dem Überwintern bestimmt gefärbte Fütterungs- objekte mit Zuckerwasser vorsetzte. Ich verwendete hiezu teils natür- liche Blumen, teils die von mir angefertigten Futtergefäße (Futter- blumen). Fig. 55 (S. 207) gibt das Ergebnis zweier Versuche desselben Tages wieder, wobei unter sonst gleichen Umständen dem einen Tier vor der Einschaltung des Spektrums das Futter insattgelben Forsythia- Blüten, dem anderen in violetten Schiffehenblumen verabreicht wor- den war. Die dazu gehörigen Protokolle sind in den beiden folgenden Beispielen in Kürze wiedergegeben. Tier Nr. 30, 10. IV., 4% nachm.: Weiße Beleuchtung gleichzeitig mit Spektralscheib- chen. Das Tier berührt zunächst blaues Papier mit dem Rüssel, fliegt dann zu dengelben Forsythia-Blüten, die reichlich Zuekerwasser enthalten und saugt, besucht hierauf Gelb 564, Gelb 580, Gelb 549, Gelb 522, Forsythia, Orange 598, Gelb 549, Grün 522, Forsythia, Gelb 564, Gelb 549, Forsythia, Gelb 564, Grün 522, Gelb 580. Die in günstiger Lage dargebotenen blau- grünen, blauen und indigofarbigen Spektralscheibehen finden keine Beachtung. Ende 450=,. — 12. und 13. IV. Fütterung mittels Forsythia-Blüten. — 15. IV., 10% 25= vorm. Schwach gelbliche Beleuchtung?) gleichzeitig mit Spektralscheibehen. Das Tier fliegt !) Dieses Ergebnis meiner Spektralversuche wurde bereits in dem .Aufsatze: „Gibt es eine Farbendressur der Insekten?“ (Die Naturwissenschaften, VII, 1919, S. 430) mitgeteilt. ®) Um zu sehen, ob auch bei schwach gelber Beleuchtung, die in ihrer Farbe etwa dem Tageslicht kurz vor Sonnenuntergang entsprach, das Benehmen der Falter gleich bleibt, habe ich bei einigen Versuchen vor die zur Beleuchtung des Flugraumes -Zuniogug Iosoıp yawu Ieqjayyruun yansıoAajeıyyedg ‘ou UONLELLO uOWNquagoyIgag (9o[01A]KyIOM) UOF49]01A SUw IoyyuT Se4sıo uos Sunioyurmioqgn) Top yowu sep ‘pg IN AOL], mp uoyogıoyosperygodg Top yansog :wunıyyodg sorsyun S -ZunIoyynT I9s9Ip yaru Tvqjoyyruun er yonsıoajeryyodg !oyeq uoyeyro uogng-DeypÄsıog uoqjes ur Zungen 94819 aues ZunIsyurmoqN) Iop yoeu sep *08 "IN JOLL yaınp usyoqıogqdsju.iyyadg Iop yansag :wnıxodg S9I9g4O (Fe "Sg 109 91a Zungjagsıegq) uoyyor] uoperyyads yıu oyonsıoy Toromz sTugasıg "SC "SI o31pu] neig uns) 623) IFWLIO 4904 | cer IF [977 F TEG Seg & © 9 | J = R a er 0 E77 LIT ESF IOg 68 723 069 = = $ { u rd |, l t I 1 I | Lj & 957 d 26 2: u ga: T 119 Ser Ir 097 Lt 5 1 cEg = 68 c9 OFF 2 1% 7 708 e28 ‘ = 039 o31pu] neig uns) 1P9 ISULIO yoy 298 Fritz Knoll. zuerst mit halb vorgestrecktem Rüssel gegen Gelb 552, dann noch einmal weiter zu Forsythia, deren sich öffnende gelbgrüne Laubknospe mit dem Rüssel berührend, be- sucht Gelb 552, Forsythia-Laubknospe, saugt aus Forsythia-Blüten, besucht dazwischen Gelb 552, Gelb 584, Gelb 552, Gelb 552, Gelb 552, eine gelbe Blütenknospe von F. Als sich das Tier anschiekt, gegen Indigo 435 zu fliegen, wird der Versuch abgebrochen, nachdem die F.-Blüten bereits entleert sind. Ende 10% 45", Tier Nr. 34, 10. IV.,5% 35” nachm.: Weiße Beleuchtung des Flugraumes. Fütterung mittels violetter (Methylviolett) Schiffehenblumen, hierauf Einschaltung des Spektrums. Der Falter besucht nacheinander die Spektralscheibchen Indigo 453, Indigo 446, Indigo 440, Indigo 453, Blau 467, Blau 483, Indigo 453, Blau 483, Blau 467, Indigo 453; wendet sich dem Lichte der Glühlampe zu, besucht dann weiter Indigo 453, Blau 483, Blau 467, Blau 483, Blau 467, Indigo 453, Indigo 440, fliegt gegen die Lampe, besucht Blau 483, Blau 467, Indigo 453, Blau 467, Indigo 453, Indigo 440, violette Schiffehenblumen, Blau 483, Blau 467, Indigo 453, fliegt gegen die Lampe, besucht violette Schiffehenblumen, Blau 467, Blau 483, fliegt gegen die Lampe, besucht violette Schiffchenblumen, Blau 483, Blau 467, fliegt gegen die Lampe, besucht Indigo 453, Blau 467, Blau 483, Indigo 453, Indigo 440, fliegt gegen die Lampe, besucht violette Schiffehenblumen, Blau 467, violette Schiffehenblumen, Indigo 453, Blau 467, Blau 483, Indigo 453, Indigo 440, fliegt gegen die Lampe, besucht Blau 467, fliegt nochmals gegen die Lampe. Die grünen und gelben Spektralscheibehen sowie die während des ganzen Versuches im Flugkasten auf- gestellten, mit viel Zuckerwasser versehenen Blütenstände von Forsythia hat das Tier nicht beachtet, trotzdem die violetten Schiffehenblumen bald erschöpft waren. Ende ‚550m, (Ein Besuch violetter Spektralscheibehen konnte nicht zustande kommen, weil damals die dargebotenen Spektralteile zwischen den Wellenlängen 650 und 435 lagen; das Scheibcehen 435 lag schon so nahe dem rechten Rande der Flugkastenwand, daß Besuche infolge der ungünstigen Lage aus flugmechanischen Gründen nicht möglich waren.) — 12. IV.: Fütterung mit Hilfe dunkelpurpurner Hyaecinthus-Blüten. — 15. IV.: Keine Nahrungsaufnahme, aber zahlreiche Besuche blauer, indigofarbiger und violetter Spektralscheibchen; die ebenso günstig dargebotenen gelben und grünen werden nicht besucht. Wir erkennen aus diesen Beispielen, daß die durch die Fütterung entstehende Bindung an bestimmte Farben sich auch in der Auswahl be- stimmter Spektralscheibehen bemerkbar macht. Die Auswahl nach den Farbtönen entsprach vollständig den mit farbigen Papieren gemachten Erfahrungen. Wir sehen ferner dabei, daß die Ähnlichkeit, die für unser Auge z. B. zwischen dem Gelb der Forsythia-Blüten und einzelnen Teilen des Spektrums besteht, auch für den Taubenschwanz vorhanden ist. (Der Begriff „Ähnlichkeit“ ist dabei natürlich in einem sehr weiten Umfange zu nehmen.) Die Versuche zeigten aber auch, daß für unsere Falter eine wirksame Ähnlichkeit zwischen sattem Purpur (Hyaeinthus) und der Blau- Violettgruppe des Spektrums, nicht aber der Rotgruppe besteht. So fanden meine Versuche mit farbigen Lösungen (8. 219 ff., besonders S. 230 f.) durch die Versuche mit Spektralscheibchen ihre volle Bestätigung. Auch bei den Spektralversuchen konnte der Fall eintreten, daß ein Tier gerade- so wie bei den früher beschriebenen Versuchsformen plötzlich eine durch die bisherigen Fütterungen entstandene Bindung lockerte (Tier Nr. 30). dienende Metallfadenlampe einen Glastrog mit einer schwachen Lösung von Kaliumbi- chromat (in Wasser) als Lichtfilter eingeschaltet. Das Benehmen der Taubenschwänze blieb trotz dieser Abänderung der Beleuchtung das gleiche wie früher. Insekten und Blumen. 299 Dabei schien mir die Bindung an die Blau-Violettgruppe im allgemeinen etwas fester zu sein als die an die Gelbgruppe. Es ist hier noch hervorzuheben, daß die Falter nach den Fütterun- gen mittels satt gelber, violetter oder purpurner Objekte die Scheibehen der Gegend des Blaugrün gewöhnlich ') nicht beachteten. Diese Tat- sache der Nichtbeachtung bestimmter grüner Spektralbereiche bedarf noch weiterer Untersuchung. Ich habe früher bei der Besprechung des Verhaltens gegenüber den Hering-Farbpapieren das Weglassen grüner Papiere durch die Falter mit Hilfe einer ausgedehnten Besuchsstatistik zu umgrenzen getrachtet und zum Vergleiche auch die Versuche von Frisch herangezogen (S. 260). Auch in der Zusammenstellung aller von mir beobachteten Besuche von Spektralscheibehen, die auf Füt- terungen mittels satt gelber, violetter und purpurner Objekte folgten (Tab. 34), sieht man die Übereinstimmung mit den bei farbigen Papieren (Tab. 22 und 23, 8. 258.) gefundenen Tatsachen. Tabelle 34. Zahl der Besuche in verschiedenen Spektralbereichen nach Fütterungen mittels satt gelber, violetter und purpurner Futterobjekte. (26 Versuche.) 590 570 550 | 530 510 | 490 | 470 | 450 430 bis bis bis bis bis bis | bis bis bis 570 550 530 510 | 490 | 470 | 450 | 430 | 410 Wellenlängenbereich, x Zahl der Besuche. .| 14 38 11 9 2 41 100 69 sl (Die den Wellenlängen entsprechenden Farbbezeichnungen sind aus Fig. 56, S. 301 zu entnehmen.) . Anders verhielten sich aber die Tiere nach Fütterungen auf weißen Objekten. Zu solchen Fütterungen verwendete ich weiße Perigonlappen von Narecissus poeticus L., die ich von den Blüten abgetrennt und mit je einer Stecknadel auf einem Grunde von Grau II (H = 33) befestigt hatte. Auf jeder der so gewonnenen weißen Flächen brachte ich einige Tropfen von Zuckerwasser an, die von den Faltern bald gefunden wurden. Nach solchen Fütterungen erhielt ich mehrere Besuche in der Gegend des sonst nicht beachteten Blaugrün des Spektrums. Ich selbst habe nur einige wenige Versuche dieser Art ausgeführt, so daß ich die Untersuchung nach dieser Richtung noch nicht als abgeschlossen betrachten kann.?) !) Ich sah nur bei einem Versuche mit dem noch später erwähnten Tier Nr. 3, daß es nach zahlreichen „erfolglosen“ Besuchen bei blauen und indigofarbigen Spektral- scheibehen unmittelbar vor und nach einem Flug gegen die weiße Glühlampe das Scheibehen Grün 494 einmal besuchte. (Das Tier wurde vier Tage vorher mittels. satt- _ purpurner Blüten [Hyacinthus] gefüttert.) 2) In der letzten Zeit haben A. Kühn und R. Pohl Versuche mit Honigbienen ausgeführt, bei welchen sich diese Tiere sehr gut auf bestimmte Spektralbereiche „dressieren“ ließen. (Vgl. deren Mitteilung: Dressurfähigkeit der Bienen auf Spektrallinien, Die Naturwissenschaften IX, 1921, S. 738 ff.) Dabei ergab sich, daß 300 Fritz Knoll. Es wurde von mir bereits anfangs gesagt, daß bei meinen Ver- suchen das spektrale Licht nicht unverändert dargeboten wurde, sondern immer mit einem bestimmten gleichen Zusatz von weißem Licht.) Da aber die Spektralbereiche, die zwischen dem Blau und dem kurzwelligen Ende des Spektrums liegen, infolge ihrer nach und nach geringer werden- den Helligkeit für unser Auge immer mehr zurücktreten, so mußten diese Spektralteile durch die Beimengung von Weiß noch mehr an farbiger Wirkung einbüßen. Das Violett erschien mir bei dieser Anordnung weit ungesättigter als das Blau. Diese fortschreitende Abnahme der Sättigung am rechten Ende des dargebotenen Spektrums kommt anscheinend auch in meinen Versuchserfolgen zur Geltung. Bei Anordnungen, welche die Grenze zwischen Indigo und Violett nahe der Mitte der Kastenwandlläche, also an günstigster Stelle zeigten, besuchten die Falter die Spektral- scheibehen gegen das Violett zunurso weit, als sie auch für meinAugenochgutfarbig waren. Fig. 56 gibt die Besuche bei einer solehen Anordnung wieder. Da die Tiere bei diesen Versuchen ihr Futter aus violetten Schiffehenblumen holten, muß angenommen wer- den, daß auch hier die Nichtbeachtung der violetten Spektralscheibehen nur in der geringen Sättigung des violetten Lichtes ihre Ursache hatten. Daß aber trotzdem, wenn auch selten, Besuche violetter Spektralscheib- chen vorkamen, zeigt die Tabelle 34. | Die in diesem Abschnitt beschriebenen Versuche stellen nur den Anfang einer sehr fruchtbaren Methode der Untersuchung dar. Sie be- deuten infolge der Zerlegung des Spektrums in einzelne Scheibehen mit gemessener mittlerer Wellenlänge einen wesentlichen Fortschritt gegen- über anderen Spektralversuchen.?) Besonders für die Untersuchung des Lichtsinnes von Macroglossum nach rein physiologischen Gesichts- punkten würde sich der weitere Ausbau der von mir angewandten Methode sehr lohnen. Licht der Wellenlänge 492 pp (blaugrün) von den übrigen Linien eines Hg- Spektrums und von spektral unzerlegtem Licht unterschieden wird. Dieser Be- fund spricht gegen das Vorhandensein einer Grünblindheit bei diesen Insekten, so daß meine Vermutung, es könnte auch eine Bindung an Blaugrün möglich sein (vgl. meinen Aufsatz: Gibt es eine Farbendressur der Insekten, a.a.0., S. 430) sich als be- rechtigt erwiesen hat. !) Auch Kühn und Pohl (a. a. 0., S. 739) haben ihren Bienen das Spektrum in einem Raume dargeboten, der von weißem Lichte (Tageslicht) erhellt war. ?) Alle diese Versuche habe ich im Frühjahr 1918 im physikalischen Institut der Grazer Universität ausgeführt, dessen Behelfe mir von seinem damaligen Leiter, Herrn Prof. Dr. M. Radakovi6 in freundlichster Weise zur Verfügung gestellt wurden. Von den Angestellten dieses Institutes wurde ich bei allen dort ausgeführten Versuchen im weitesten Ausmaße unterstützt. — Solche Versuche mit Spektralscheibehen habe ich schon im April 1918 der Gesellschaft für Morphologie und Physiologie in Graz vorgeführt, ebenso in Wien einem Kreise von Biologen bei einem im Botanischen Institut der Universität gehaltenen Vortrage. Insekten und Blumen. 8. Flugkastenversuche über die Bindungs- möglichkeiten bei natürlichen Blumen. Die Beobachtungen über die Stetigkeit der Falter im Besuche bestimmter Blüten (Bindung), die ich an frei im Zimmer flie- genden Tieren (S. 215 £.) begonnen hatte, wurden von mir schon in Dalmatien durch zahlreiche Flugkastenversuche weiter fort- gesetzt. Um genauere Aufschlüsse über diese Erscheinung zu erhalten, habe ich auf einer grauen oder dunkel olivgrünen Steck- tafel eine größere Anzahl von Blüten an- gebracht, die ich einzeln an den Kopfenden dünner, dunkler Insektennadeln befestigt hatte. Jede der Blüten erhielt an der dem Falter am leichtesten zugänglichen Stelle einen Tropfen Zuckerwasser. Die Steck- tafel wurde dann so im Kasten aufgestellt, daß vom Fenster kommendes zerstreutes Tageslicht sie voll beleuchten konnte. Die einzelnen Blüten waren in drei Horizontal- reihen angeordnet und hatten untereinander 20 bis 25mm Abstand. Es zeigte sich bei diesen Versuchen im Vergleich zu denen mit künstlichen Futtergefäßen (Futterblumen) kein Unterschied im Benehmen der Tiere. Besonders wichtig erscheint mir eine Reihe von Versuchen, die ich zur Prüfung meinerBeobacehtungenüberdie Erfolge der natürlichen Bin- dungdes Bombylius fuliginosus (8. 90 ff.) angestellt habe. Ich suchte zu diesem Zwecke das Verhalten von Macroglossum segenüber jenen Blumen festzustellen, die bei den Auseinandersetzungen über den Wollsehweber besonders erwähnt und auch farbig abgebildet wurden. Dazu kamen noch einige andere Blüten und Blüten- stände, deren Untersuchung mir wünschens- wert erschien. Am 4. V. habe ich jedem Falter in der oben beschriebenen Weise gleichzeitig folgende Blumen dargeboten: 8 Stück Cerastium litigiosum de Lens (Taf. 1, Fig. 4), 4 Stück Veronica Jacquinii Baumg. Ultra-Violett Violett Indigo 2 Blau & D® Grün Gelb Oran- ge Rot 318 405 414 elerulslers 419 40 435 oo >W jlenere, erere 424 © 456 456 N ET Der X) OS in) X) 3 1 Be EN \S I) x Ne) , oo &Xe) s 4 — RS Ss Bu =) Ss DE 237 301 Fig. 56. Beispiel eines Spektralversuches mit begünstigter Darbietung des Indigo und Violett. Durchmesser der Spektralscheibchen 9 mm. Art der Darstellung wie bei den vorigen Figuren. (?/, der nat. Größe.) 302 Fritz Knoll. (Taf. 1, Fig. 12), 11 Stück Vieia dasycarpa Ten. (Taf. 2, Fig. 6), 4 Stück Lathyrus sphaericus Retz. (Taf. 2, Fig. 9), 4 Stück Lathyrus aphaca L. (Taf. 2, Fig. 8), 6 Stück Lotus corniculatus L. (Taf. 2, Fig. 7) und 2 Stück Argyrolobium Linnaeanum Walp. (Leguminose, Blüten mit satt zitronengelben Kronblättern.) Neben der Stecktafel waren noch einige violette (Methylviolett) Schiffehenblumen mit Zuckerwasser angebracht, ent- sprechend den hier nicht vertretenen Blüten von Muscari racemosum meiner Bombylius- Versuche.!) Ich bringe in Kürze das Ergebnis der Versuche dieses Tages: I. — Tier Nr. 8. 5% 25» bis 5% 42=, Der Falter führt zunächst 30 Besuche bei den Methylviolettblumen aus, dann wendet er sich zur Steektafel und besucht in regem Wechsel Veronica (6mal), Vicia (13mal), Cerastium (4 mal), alle anderen Blüten nicht beachtend. — Ergebnis: Verhalten wie Bombylius fuliginosus in der Mitte seiner Flugzeit. II. — Tier Nr. 30. 3% 50” bis 4 17 =, Nach zahlreichen Besuchen bei Methylviolett- blumen besucht der Falter nacheinander: Veronica, Vieia, Cerastium (2mal), Lotus, Vieia (4mal), Cerastium; zahlreiche Besuche bei Methylviolettblumen, dann Veronica, Vicia, Cerastium, und in weiterem Verlaufe noch abwechselnd Vieia (11mal), Veronica (4mal), Cerastium (2mal) und Argyrolobium (2mal). — Ergebnis: Nur 3 Besuche bei gelben Blüten, dagegen 30 bei violetten, purpurnen und weißen. Wie bei Bombylius fuliginosus am Ende seiner Flugzeit. III. — Tier Nr. 31. 54 48” bis 5% 59”, Nach zahlreichen Besuchen bei Methylviolett- blumen erfolgen zunächst 26 Besuche bei violetten (Veronica), purpurnen (Vieia) und weißen (Cerastium) Blüten (zwischen denen sich der Falter auch noch den Methylviolettblumen zuwendet). Dann holt sich das Tier sein Futter aus Lathyrus aphaca. Es folgen noch 22 Besuche natürlicher Blüten, wobei die gelben an Häufigkeit zunehmen (Lathyrus aphaca 4, Lotus 2 Besuche zwischen solchen von Veronica, Vieia und Cerastium). — Ergebnis: Zunächst eine Bindung an Violett, Purpur und Weiß vorhanden, die später beim Versiegen des Zucker- wassers in solchen Objekten gelockert wird und dann auch zu Besuchen gelber Blumen führt. Wie bei Bombylius fuliginosus am Ende der Flugzeit. IV. — Tier Nr. 33. 4% 30» bis 4" 45m, Nach zahlreichen Besuchen der Methylviolett- blumen sind 37 Besuche bei natürlichen Blumen zu beobachten, darunter (als 7.) ein sehr flüchtig ausgeführter Besuch bei Lotus, die übrigen bei Veronica, Vieia und 1 Besuch bei Cerastium (als 5. der Besuche). — Ergebnis: Bindung an Violett - Purpur -Weiß, nur einmal etwas gelockert, was sich in dem flüchtigen Besuch der Blüte von Lotus zeigt. Übereinstimmung mit Bombylius fuliginosus in der Mitte der Flugzeit. Es ergab sich aus allen diesen Versuchen, daß die Falter unmit- telbar nach dem Besuche der Methylviolettblumen stets nur violette und purpurne, bald aber auch weiße natürliche Blumen besuchten. Hätten nur die purpurnen, violet- ten und weißen Zuckerwasser enthalten, so wäre bei allen Tieren eine vollkommene Bindung an diese Blumen zustande gekommen, so daß ihr Benehmen das gleiche Bild gezeigt hätte wie bei Bombylius fuliginosus im Höhepunkte seiner Flugzeit. Bei den gelben Blumen, die an Zahl weit hinter den übrigen zurückstanden, blieben die Besuche entweder ganz 1) Die Gleichwertigkeit der Blütenfarbe von Muscari racemosum und der Farbe des violetten Papiers, das mit Methylviolett gefärbt wurde, haben für Bombylius be- reits früher meine Bunias-Versuche (S. 101 f.) ergeben. Insekten und Blumen. 303 aus oder sie wurden erst gegen Ende der Saugtätigkeit besucht, als bei den übrigen Objekten das Zuckerwasser bereits weggetrunken war. Die trüb ziegelroten Blüten von Lathyrus sphaericus bekamen ebenso- wenig einen Besuch wie bei Bombylius fuliginosus (S. 93). Wir sehen daraus, daß die bei diesem Insekt versuchte Erklärung des Benehmens durch die Versuche mit Macroglossum vollkommen bestätigt wird. Ich habe zahlreiche solche Versuche ausgeführt. Abgesehen von der Nach- wirkung vorausgegangener Besuche hinsichtlich der zunächst gewählten Blumenfarbe zeigten sie deutlich, daß auch Macroglossum die Farbenin dieselben zwei Gruppen zuteilenvermag, dieich beidem Blumenbesuch von Bombylius fest- stellen konnte: die Gelbgruppe und die Blau-(Vio- lett-Purpur-)Gruppe, zu der das Weiß der Blumen einenähere Beziehung zu haben scheint. Klarer als aus diesen Versuchen wird man die Nachwirkung vor- ausgegangener Fütterungen aus den folgenden entnehmen können. Ich wählte aus einer größeren Anzahl frischer Blütenköpfchen von Senecio rupestriis W. K. und Anthemis arvensis L. var. incrassata (Lois.) Boiss., die mir in Süddalmatien zahlreich zu Gebote standen, solche von möglichst gleicher Größe aus. Diese Blütenstände zerlegte ich dann in die einzelnen Randblüten (Zungenblüten) und in die Mittelteile mit den Röhrenblüten, die ich jedoch beisammen ließ. Sowohl die Randblüten, als auch die Mittelteile der Köpfchen spießte ich auf Insektennadeln, und zwar erstere durch ihren kurzen Röhrenteil, letztere quer in der Richtung eines Durchmessers. Solche auf Nadeln steckende Köpfchenteile brachte ich in einer Reihe an dem oberen Rand einer Stecktafel an, so daß sie den in Fig. 57 sichtbaren Anblick boten. Die Zungenblüten wendeten dabei ihre morphologische Oberseite, die auf den Mittelteilen des Köpfchenrestes stehenden Röhrenblüten ihre.Mündungen dem Beschauer zu. Jedes dieser Objekte erhielt auf seiner Vorderseite einen Tropfen Zuckerwasser, dann wurde die Anordnung im Flugkasten vor einem grauen (Grau II, H = 33) Hintergrunde so aufgestellt wie die Stecktafel in den vorigen Versuchen. Die Maße ergeben sich aus der Figur. Die Mittelteile beider Arten sahen einander sehr ähnlich und waren etwas trüb, aber trotzdem kräftig gelb; die Zungenblüten von Anthemis waren rein weiß, die von Senecio sattgelb, beide in Größe und Gestalt übereinstimmend. Überdies befand sich im Flugkasten noch eine Anordnung mit Scheibehen der Hering-Farb- papiere (unter Glas), um auch das Verhalten gegenüber farbigen Papieren feststellen zu können.') !) Zwischen den Scheibchen des Hering-Gelb Nr. 4 und Nr. 5 befand sich noch ein gelbes Scheibehen (von gleicher Oberflächenbeschaffenheit) eines anderen Pigment- ‘ papiers, das ich als Gelb Nr. 17 bezeichne. Für dieses von mir oft verwendete Papier ermittelte ich wie bei den Hering-Papieren die in Betracht kommenden optischen Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 21 sl II 304 Fritz Knoll. Versuchsprotokolle (gekürzt) des 12. Mai. Versuch I. — Tier Nr. 3. Beginn 4 38” nachm., Tageslicht. Das Tier fliegt zu- nächst gegen das Licht und macht dann 48 Besuche bei den gelben Objekten. Alle diese Besuche folgen unmittelbar aufeinander. Von den weißen Objekten wird nun (als 49. Besuch!) W Ar 15 mit der Rüsselspitze berührt, wobei der Falter das Zuckerwasser nicht gefunden haben dürfte. Dann 9 Besuche bei gelben Objekten, deren Zuckerwasser längst erschöpft ist, während es auf den weißen noch unversehrt vorhanden ist. Die Verteilung dieser Besuche auf die einzelnen Objekte ergibt sich aus der Tabelle 35. Tabelle 35 (mit Fig. 57). Versuche über die Nachwirkung vorausgegangener Fütterungen auf die Wahl zwischen natürlichen gelben und weißen Objekten. (S = Senecio rupestris, A = Anthemis arvensis; r = Randblüten [Zungenblüten], m = Mittelblüten der Köpfchen dieser Arten. W = Weiß, 6 = Gelb. Abbildung der Ver- suchsanordnung ?/, der nat. Größe.) za 19 Sr: :Ar Sr: Sm: AriSr: Ar Au Br ar Bun ar tBerir Sr WW BB EWR WITT IE TREE FRB G 5 5 6 4 545 Zi 4 SE ı 3 4: Di A 2 0:8: 8 10:3 :397 02:47 0276: SI a Rn ı es 1 IV FR TI 7 Ber ee a Um 4» 34m wird die Versuchsanordnung aus dem Kasten genommen. Ich gebe ein freies Blumenblatt des roten Mohns (Papaver rhoeas, Taf. 2, Fig. 12) in den Flug- kasten, wobei das basale dunkle „Pollenmal“ für den Falter verdeckt wird. Dieser fliegt bald auf das Blumenblatt zu, entrollt den Rüssel und berührt es mit der Rüsselspitze, begibt sich unmittelbar darauf zu den farbigen Papierscheibehen, von ihnen Gelb Nr. 4 und Nr. 17 zum Besuche auswählend. Während der Falter im Kasten weiterfliegt, nähert er sich noch neunmal dem Mohnblatt, vor ihm den Rüssel stets mehr oder weniger entrollend. Das Mohnblatt wird weggenommen, das Tier zeigt bald Anzeichen des Dunkeltriebes, worauf der Versuch abgebrochen wird. — [Vorgeschichte: Am 5.V. trank der Falter aus verschiedenen violetten, gelben und gelb — violetten Schiffchen- Werte. Die Remissionszahlen () R,]) für die einzelnen Wellenlängenbereiche, in der Reihenfolge der Tabelle 10 (S. 174) wiedergegeben, sind: R 0'142, 0147, 0'179, 0'213, 0'323, 0'468, 0'592, 0'719, 0'835, 0'887, 0:889, 0958, 0'941, 0'935. Daraus ergibt sich: F entsprechend X = 578, S = 0'674, H = 80'0. Das Gelb Nr. 17 steht somit im Farbton zwischen Hering-Gelb Nr. 4 und 5, ebenso in der Sättigung; an Helligkeit ist es beiden überlegen. Insekten und Blumen. 305 blumen, am 7. V. aus gelben Lotus-Blüten (vgl. S. 311), am 10. V. aus gelben Bunias- Blüten (vgl. S. 312)]. — Ergebnis: Beim heutigen Versuche wurden zunächst nur gelbe Objekte besucht (Nachwirkung der Fütterungen am 7. und 10. Mai), erst der 49. Besuch galt einer weißen Randblüte, nachdem die gelben Blumen schon längst ihres Zuckerwassers völlig beraubt waren. Durch diese Abweichung zu einem weißen Objekt trat keine weitere Störung der Bindung an Gelb ein, da der Falter das Zucker- wasser diesmal nicht gefunden hatte. Der Nebenversuch mit dem roten Mohnblatt sollte nachweisen, zu welcher Farbgruppe das Mohnrot vom Versuchstier gestellt wird. Es ergab sich dabei klar die Zugehörigkeit zu den gelben Farben. (Über- einstimmung mit Bombylius fuliginosus, vgl. S. 93.) Versuch II. — Tier Nr. 9. Beginn 5% 15” nachm., Tageslicht. Neue Versuchs- objekte derselben Art in gleicher Anordnung wie beim vorigen Versuch. In der Be- obachtungszeit bis 5% 20m vollführt der Falter 53 Besuche bei den gelben Objekten, ohne Rücksicht auf deren Zugehörigkeit zu Senecio oder Anthemis. (Vgl. Tab. 35.) Zwischen den beiden ersten Besuchen bei der Blumenreihe noch Besuche (Berührung mit dem Rüssel) bei Farbpapierscheibehen: Gelb Nr. 5 (1mal), Gelb Nr.7 (2mal), Gelb Nr. 17 (1mal). Die weißen Objekte werden nicht beachtet. Ende 520m. — [’Vor- geschichte: wie bei. Tier Nr. 3.] — Ergebnis: Trotzdem schon nach dem 16. Besuch der gelben Objekte das Zuckerwasser von ihnen weggetrunken war, blieb die Bindung an Gelb bis zum Ende des Versuches unverändert. (Starke Nachwirkung der vor- hergegangenen Fütterungen.) Versuch III. — Tier Nr. 30. Beginn 5» 25= nachm., Tageslicht. Dieselben Versuchsobjekte wie beim vorigen Versuch, nachdem sie mit frischem Zuckerwasser versehen waren. Das Tier beginnt seine Besuche bei den Farbpapierscheibchen: Blau Nr. 12 (3mal), Violett Nr. 14 (3mal) und Purpur Nr. 15 (2mal), sie mit dem Rüssel be- rührend. Dann begibt es sich zur weißen Randblüte W Ar 2 und saugt von ihr Zucker- wasser, hierauf zu GSm 4, @Sr 3, WAr2, bleibt bei 23 weiteren Besuchen gelbstet, während das Zuckerwasser von den gelben Objekten nach und nach ganz weggetrunken wird. Bei den folgenden 13 Besuchen wechselt der Falter gleichmäßig zwischen gelben und weißen Blumenteilen ab. Unmittelbar vor Beendigung der Flüge ohne Beachtung der gelben Objekte noch 7 Besuche bei den weißen: W Ar 2, W Ar 10, WAr 12, W Ar 5, W Ar 10, WAr 12 und W Ar 15. Ende 5r 35m. — [Vorgeschichte: 30. IV. Fütterung auf violetten Futterblumen (Methylviolett), der Falter war gegenüber gelben Objekten (Lathyrus aphaca) violettstet. 4-V, Mittels natürlicher Blumen der Blaugruppe und der Gelbgruppe gefüttert, Violettstetigkeit in Unstetigkeit abgeändert. 7. V. Die Un- stetigkeit blieb durch Fütterung mittels natürlicher Blumen der beiden Farbgruppen weiter erhalten.] — Ergebnis: Anfangs war Unstetigkeit vorhanden. Infolge der überwiegenden Zahl gelber Futterobjekte bildete sich zunächst eine Bindung an Gelb, die beim Ver- siegen des Futters bei dieser Farbe sich in eine Bindung an Weiß umänderte. Versuch IV. — Tier Nr. 31. Beginn 5» 40» nachm., Tageslicht. Dieselben Ver- suchsobjekte wie in beiden vorigen Versuchen. Auf den gelben Objekten wird das Zuckerwasser, das vorhin von Tier Nr. 30 weggetrunken wurde, nicht mehr erneuert; dagegen bekommt jede weiße Randblüte einen großen Tropfen Zuekerwasser. Es folgen aufeinander zunächst Besuche der Farbscheibehen Purpur Nr. 15, Gelb Nr. 5, 6, 7, Blau Nr. 13, Gelb Nr. 6; Violett Nr. 14, Purpur Nr. 15 (2mal), Blau Nr. 13, Gelb Nr. 4, Purpur Nr. 15, Violett Nr. 14, Gelb Nr. 17, Gelb Nr. 4, dann Besuche der Blumenteile GSr 14, &Am 16, GSr 17, @Sr 14, @Sr 13, Scheibehen Violett 14 (2mal), @Sm 4, GSr 6, GAmS8, &Sr 9, GSmil, @Sr 13, GSr 14, 6 Am 16, GSr 17, GSr 14, &Sr 17, 6 Sr 19, 6Sr 17, GAm 16, 6 Sr 17, GSr 19, @Sr 17, G Am 16, G@Sr 17, GSr 19, @Sr 17, G Am 16, @Sr 17, GSr 6, 6 Am 8, 6Sr 9, GSm 11, GSr 13, GSr 14, & Am 16, @Sr 17, GSr 9, 6 Am 8, GSr 6, 6Sm 4, @Sr 3, @ Sr 1, @Sr 3, @Sr 6, G@Am 8, 6Sr 9; G Sr 19, @Sr 17, 6 Am 16, 6Sr 17, @Sr 14, 6Sm 11, GAm8, 6SmA4, 6Sr3; GAmS, 21* 306 Fritz Knoll. GSr 9, GSm 11, @Sr 19, W Ar 18, @Sr 17, GAm 16, W Ar 15, 6 Am 16, @ Sr 17, WAr 15; GSr 13, WAr 12, @Sm 11, WAr 10, @Sm 11, WAr 12, WAr 15, WAr18, WAr 7, WAr5; GSm 4, WAr 5, 6Sr 6, WAr7, 6 Am 8, GSr 9, WAr 12, WAr 2, WAr5, WAr 2, WAr5. Die Anordnung wird herausgenommen, das Zuckerwasser auf den weißen Objekten er- neuert und die Anordnung wieder in den Kasten gestellt, 5" 45”. W Ar 18, @Sr 19, WAr 18, 6Sr 17, G Am 16, WAr 15, @Sr 17, WAr 15, WAr 12, GSm 11, WAr 10, @sm 11, WAr 12, WAr 7, GSr 9, WAr 10, WAr 12, W Ar 18, WAr 15, WAr 18, GAm8, WAr7, WAr 5, 68r 3, WAr 2, WAr 5, WAr 7, WAr 2, WAr 12, WAr 10, WAr 18, WAr 15, @Sr 9, WArT7, WAr2, WAr5, WAr 10, WAr 18, WAr15, WAr12, WAr2, @Sri, WAr5, WAr 7, GAm 8, WAr 10, @Sm 11, WAr 12, WAr 15. Die Besuche folgen immer rascher aufeinander, so daß das Verbuchen schon sehr schwer wird; das Zuckerwasser ist von den weißen Teilen längst weggetrunken. Die Versuchsanordnung wird aus dem Kasten ge- nommen. Versuch beendet 5% 55®, — [Vorgeschichte: 1. V. Fütterung mittels blauer und violetter Objekte. Gelbe Blumen fanden dabei keine Beachtung. 4.V. Fütterung mittels natürlicher Blumen der Blaugruppe und Gelbgruppe sowie mittels weißer, wobei das Tier von der Stetigkeit gegenüber den Blumen der Blaugruppe zur Unstetigkeit über- ging. 7. V. Fütterung wie vorhin, der Falter zeigte typische Unstetigkeit.] — Erg ebnis: Der Falter benahm sich zunächst bei den Farbscheibchen vollständig unstet. Beim Besuch der Futterobjekte trat bald Stetigkeit im Besuche der gelben ein, trotzdem sie schon beim Beginn des Versuches nur mehr Spuren von Zuckerwasser trugen. Schließ- lich ging dieses Benehmen in eine von wenigen „Rückschlägen“ durehbrochene Stetig- keit im Besuch weißer Blüten über, was durch die Erneuerung des Zuckerwassers auf den weißen Objekten, die in der Mitte der Versuchszeit erfolgte, begünstigt wurde. In Tabelle 35 sind zunächst die Besuche bis zum Ende der Bindung an Gelb zu- sammengefaßt (IT), dann die übrigen (II). Die anfangs bemerkbare Unermüdlichkeit im Besuche der gelben Objekte hängt damit zusammen, daß die an diesen vorhandenen Reste von Zuckerwasser das Tier zunächst zu weiteren Besuchen bei ihnen anregten, Die lange Dauer der Bemühungen bei den gelben Objekten, die schon nach den ersten Besuchen nichts mehr bieten konnten, ist ein Parallelfall zu den langdauernden Besuchen bei zuckerwasserlosen violetten Futterblumen, welche ich früher (S. 262 unten) besprochen habe. Während die am Beginn dieses Abschnittes geschilderten Fälle die Nachwirkung der ersten Besuche eines Versuches auf die späteren des- selben Versuches zeigten, lassen uns die eben besprochenen Experimente klar erkennen, daß eine solche Nachwirkung der opti schen Situation vorangegangener Fütterungen auch über fütterungslose Tagehinweg die Auswahl derFutterobjektebeeinflussenkann. Je länger eine der- artige optische Behandlung dauert, desto stärker ist auch ihre Nach- wirkung. Tier Nr. 3 und 9 zeigen sehr schön den Erfolg der voraus- gegangenen Fütterung auf natürlichen gelben Objekten, wenn man dazu die angegebene Vorgeschichte beachtet. Wir sehen aus diesem Befund, wie die Bestäubungstätigkeit der Falter bei häufigen, reichblühenden Pflanzen durch eine lange Blütezeit sich von selbst so regeln wird, daß gerade diese mit großer Sicherheit eine „legitime‘ Befruchtung erhalten. Auch verstehen wir nun vollständig, daß bei Bombylius fuliginosus der Mangel an erreichbarem Futter bei gelben Objekten (S. 110, 111) im Laufe der Flugzeit des Tieres dazu führen konnte, daß es wohl blaue, violette, purpurne und weiße Blumen besuchte, aber keine gelben. Insekten und Blumen. 307 Die bei den Blumen vorkommenden Farben lassen sich, wie bereits festgestellt wurde, nach dem Verhalten des Taubenschwanzes in eine Blaugruppe und eine Gelbgruppe zusammenfassen. Dazu kommt uoch die Weißgruppe der Blumen, in der besonders Übergänge zur Blaugruppe häufig sind. Eine dieser Weißgruppe entgegengesetzte Schwarzgruppe natürlicher Blumen gibt es aber für die Falter nur so weit. als Blumen, die man ihr zuteilen könnte, von ihnen gewöhnlich nicht beachtet werden. Durch zahlreiche Versuche konnte ich für eine größere Zahl von Blumen die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen feststellen. A. Blaugruppe: Adethionema saxatile (Übergang zur Weißgruppe)*,') Vicia dasycarpa®, Geranium purpureum®, G. columbinum*, Polygala nicaeensis, Cyclamen neapolitanum, Salvia officinalis, Satureja nepeta, Veronica Jacguiniü*, Thymus longicaulis®, Cyno- glossum officinale (sehr dunkel)*, Muscari racemosum*, Hyacin- thus orientalis (sattpurpurne Gartenform), Orchis quadripunctata (sattpurpurn). [Von Teerfarben gehören hieher Methylenblau, Bril- lanteresylblau, Methylviolett, Fuchsin S.] B. Gelbgruppe: Bunias erucago*, Potentilla pedata, Argyrolobium Linnaeanum, Lotus corniculatus*, Coronilla emeroides, Hippocrepis comosa, Lathyrus aphaca*®, Forsythia (zitronengelbe Gartenform), Linaria vulgaris, Senecio rupestris, Anthemis arvensis (gelber Mittel- teil des Köpfchens), Nareissus poeticus (gelbe Nebenkrone). [Von Teerfarben gehören hieher Auramin, Orange G.] C. Weißgruppe: Thlaspi praecox*, Aethionema saratile (Übergang zur Blaugruppe)*, Cerastium litigiosum*, Ornithogalum umbella- tum”, Narcissus poeticus (weiße Perigonteile). D. Sehwarzgruppe: Die rein roten, satten Blütenfarben von Pelargonium zonale. Diese wurden bei Futterflügen unter bestimm- ten Umständen mit Sehwarz verwechselt, sonst nicht beachtet. Die bedeutende Dunkelheit solcher Blumenblätter habe ich mit Hilfe der Dunkelflüge nachgewiesen. (Vgl. S. 192.) Hieher gehört auch das „warme“ Schwarz der Spatha von Arum nigrum Schott, das ich mittels der Futterflüge geprüft habe.?) !) Die auf Tafel 1 und 2 farbig abgebildeten Blüten sind in dieser Liste mit einem * gekennzeichnet; Linaria vulgaris befindet sich auf Tafel 7. 2) Die Blütenstände von Arum nigrum, einer Pflanze des südöstlichen Europa, die bereits in Süddalmatien vorkommt, werden von Fäzesinsekten besucht und be- stänbt; sie kommen für die Besuche durch den Taubenschwanz nicht in Betracht. Ich habe ihre optische Zugehörigkeit aber trotzdem mit Hilfe dieses Tieres unter- sucht, weil daraus erlaubte Analogieschlüsse auf das Verhalten der Fliegen ge- wonnen werden können, über die im nächsten Abschnitt dieses Buches gesprochen werden wird. Meine Prüfung bezieht sich auf die Innen seite des Spathaoberteiles bei aufiallendem Lichte. Eine sehr gute farbige Darstellung dieser Blütenstände findet man bei Schott, H, Icones Aroidearum (Wien 1857), Taf. 37, 38. 308 Fritz Knoll. Eine besondere Erwähnung verdient hier noch das Mohnrot. Die Blüten des wilden Mohns (Papaver rhoeas) sind in der Flora Mittel- europas die einzigen, die dem reinen Rot sehr nahekommen. Da nun die Rotblindheit der Bienen feststeht und gerade diese den Mohn häufig be- suchen, da er ihnen Pollen liefert, schien mir eine Prüfung auch durch andere Insekten notwendig. Frisch hat sich wiederholt mit der Frage des Mohnrot beschäftigt.) Nun muß aber hervorgehoben werden, daß das Rot des Feldmohns innerhalb der Grenzen reines Rot und Orange ziem- lichen Schwankungen unterliegt. Frisch hebt hervor, daß die Farbe der Mohnblüte dem Hering-Rot Nr. 2 sehr nahesteht und daß dieses von den Bienen als sehr dunkles Gelb gesehen wird. Ich selbst fand ein sehr reines sattes Rot, das im Farbton zwischen Hering-Rot Nr. 1 und Nr. 2 stand und für meine Falter nicht mehr als Gelb wirksam war. Entsprechende Teile aus der Mitte eines derartigen Blumenblattes habe ich gleichzeitig mit Blumenblättern von Helianthemum obscurum (unter Glas) solchen Faltern dargeboten, die durch längere Zeit ihr Zuckerwasser nur aus verschieden satten Auramin-Blumen erhalten hatten. Diese besuchten dann wohl häufig das Helianthemum-Gelb kümmerten sich aber nicht um das unter den gleichen Um- ständen dargebotene Papaver-Rot. Wenn ich dagegen anderen Faltern, die ihr Futter seit langem nur aus verschieden hellen (darunter ziemlich dunklen) Methyl- violett-Blumen holten, zur Auswahl Purpur von Cistus villosus?) und reines Rot von Papaver (ebenfalls mit Glas bedeckt) vorlegte, so sah ich sehr zahlreiche Be- suche bei Cistus, häufig aber auch Besuche bei Papaver. Doch haben diese Tiere Cistus gegenüber Papaver deutlich bevorzugt, so daß sie zu erkennen gaben, daß beide Farben für sie wohl ähnlich, aber nicht gleich waren. Die Ähnlichkeit be- stand darin, daß beide sehr dunkel waren. Vielleicht hat der schwache bläuliche Schimmer, den man öfters an solchen satten Mohnblumenblättern bemerken kann, diese Ähnlichkeit auch im Sinne des Farbtons noch verstärkt. Man sieht somit, daß ein derartiges Mohnrot sowohl für die Auramin-Tiere, als auch für die Methyl- violett-Tiere keinen wirksamen Gelbcharakter mehr besaß. Anders verhielt sich ein Mohnrot, das (ähnlich Fig. 12 der Taf. 2) ‚schon stark gegen Orange ging. Es wurde sowohl von meinen an Gelb gebundenen Bienen, als auch von solchen Taubenschwänzen deutlich als zur Gelbgruppe gehörig beflogen (vgl. S. 96 und 304 f.). In diese Gruppe gehörte auch das Reflektorlicht der früher beschriebenen Versuche mit Eosinlösungen (S. 234 bis 237). Die.an violettes Licht (Methylviolett) gebundenen Tiere hatten damals die Eosinröhrchen nicht beachtet, was ein Hinweis darauf ist, daß sie für die Falter noch deutlich gelb waren. Da absichtlich solche Eosinlösungen gewählt wurden, die dem Rot von Papaver rhoeas entsprachen, so können wir das mit ihnen gewonnene Versuchsergebnis ebenfalls als einen Teilbeweis für die Richtigkeit !) Frisch, K. v., Farbensinn und Formensinn der Biene, S. 46, ferner S. 33, 50, 55. 2) Dieses stimmte im Farbton gut mit Hering-Papier Nr. 15 überein, war aber weniger gesättigt (weißlicher). Das Helianthemum-Gelb entsprach dem Gelb Nr. 17 (vgl. S. 303, Anm.). Insekten und Blumen. 309 meiner Auffassung über das Mohnrot betrachten. Daß aber auch das gelb- lichste Rot dieser Blumenblätter für unseren Schmetterling verhältnis- mäßig dunkel sein muß, geht aus der Ähnlichkeit eines solchen Mohnrot mit dem Hering-Papier Nr. 3 und den damit erzielten. Versuchsergeb- nissen bei Dunkelflügen (S. 181 bis 184) und Futterflügen (S. 272) her- vor. Hinsichtlich des Mohnrot stimmt das Verhalten des Taubenschwanzes vollständig mit dem der Honigbieneüberein. Für den Falter kommt aber dieses Rot, da es an einer ihm nichts bietenden Blume vorkommt, wenigstens in Europa praktisch nicht in Betracht. Das Rot der Blüte von Anagallis arvensis, die ich seinerzeit dem Bombylius fuliginosus (S. 93 bis 97) vorlegte, fand ich an den einzelnen Teilen der Blumenkrone verschieden. Ihre Außenseite war gleichmäßig ziegelrot, wodurch sich die Nichtbeachtung der geschlossenen Blüten durch den Wollschweber erklärte. Der Rand der offenen Blumenkrone war innen ebenfalls ziegelrot, dagegen war die Basis der Kronblätter violett. Ich erzielte deshalb auch bei den offenen Blüten infolge ihrer violetten Teile einige Besuche durch den. Taubenschwanz. Dabei zeigte es sich aber, daß sie im Vergleich zu anderen der Blaugruppe angehörigen Blüten gleicher Größe nur eine schwache Wirkung auf die Falter auszu- üben vermochten. Infolge dieser wenig wirksamen optischen Ausstattung der Blüten *) hat man an ihnen bisher auch nur selten Insektenbesuch beobachtet. (Doch gibt es auch Varietäten dieser Art, deren Blüten weniger ziegelrot und mehr bläulich sind.) Hieher gehören auch die früher erwähnten Blüten von Zathyrus sphaericus (8.93 f£., 302 £.; Taf. 2, Fig. 9), die ebenfalls mehr oder weniger ziegelrot sind. Die Blütenstände von Muscari comosum (Fig. in, S. 28; Taf. 1, Fig. 3) fanden im Zusammenhang mit Bombylius eine ausführliche Be- sprechung (S. 97 £., 106 £.). Zum Vergleich der dort gemachten Angaben, die sich auf Apis mellifica bezogen (8. 100), habe ich meinen Faltern nach Fütterungen mittels Methylviolettblumen auch solche Blütenstände dar- geboten. Diese wurden sogleich und oft besucht, wobei die Tauben- schwänze nur gegen die violetten Teile flogen und mit dem vorgestreckten Rüssel die sterilen Blüten und die gleich gefärbten Achsenteile berührten. Die trüb gelben, noch natürlichen Nektar enthaltenden fertilen Blüten fanden dabei keine Beachtung. Es stimmten somit diese Falter in ihrem Benehmen an diesen Blütenständen ganz mit dem des Bombylius fuli- ginosus überein, ebenso mit dem Verhalten der an die Blaugruppe ge- bundenen Honigbienen. Darin liegt eine vollkommene Bestätigung der 1) Eine grobe Vorstellung von der Beschaffenheit der Blüten gibt die stark schematische und in den Farbtönen nicht gut gelungene farbige Abbildung in Thome&, Flora von Deutschland, 2. Aufl., Bd. IV, Taf. 471 A. Über den Blüten- besuch s. Knuth, P., Handbuch, H, 2, S. 305. 310 Fritz Knoll. Richtigkeit meiner Auffassung über das Verhalten des Wollschwebers bei diesen Blumen. 9. Blumenblätter in ihrer optischen Ähnlichkeit mit farbigen Papieren und den von mir verfertigten Futtergefäßen. Wenn ein Tier auf einzelne optische Einwirkungen mit gleichen Reaktionen antwortet, so kann man diesen Befund so ausdrücken, daß man sagt: diese optischen Reize sind für das Tier „gleich“. Ergeben die Beantwortungen vereinzelter Reize solche Reaktionen, die wohl gleich- artig, aber in ihrem Ausmaß oder in kleinen, uns wenig belangvoll dünkenden Teilen voneinander abweichen, dann dürfen wir in diesem Sinne sagen, daß die betreffenden optischen Einwirkungen für das Tier „ahnlich“ sind. Wir sind gewohnt, unsere farbigen Empfindungen nach Ähnlichkeiten zu gruppieren und zu benennen. In einem zusammen- hängenden Spektrum sind z. B. unmittelbar aufeinanderfolgende Farb- töne, die wir gerade noch voneinander unterscheiden können, stets ähn- lich. In den früher beschriebenen Versuchen mit spektralen Liehtern konnte ich bereits für den Taubenschwanz bei bestimmten Blumen eine „Ähnlichkeit“ mit einzelnen Spektralbereichen feststellen. Auch aus dem, was ich im vorigen Abschnitte mitteilte, ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorhandensein und das Ausmaß solcher Ähnlichkeiten. Wenn z.B. der Taubenschwanz unter bestimmten Umständen Rot mit Schwarz ver- wechselt, so sind diese beiden für das Tier einander ähnlich, obwohl sie für den farbentüchtigen Menschen keine Ähnlichkeit besitzen. Ähnliche Farben können wir dann zu Gruppen zusammenfassen und diese einander gegenüberstellen. In dem oben angegebenen Sinne können wir sagen, daß die Farben der Gelbgruppe denen der Blaugruppe für den Falter nur so weit ähnlich sind, als sie sich farbig von Grau unterscheiden, daß sie aber im übrigen als Farben einander unähnlich sind. Für blütenökolo- gische Überlegungen wird es dann nötig sein, die Ähnlichkeit farbiger Blumenteile mit anderen farbigen Pigmentflächen, besonders mit farbigen Papieren genau zu prüfen, so daß für uns die Möglichkeit geschaffen ist, bei Versuchen statt bestimmter Blumenfarben mit gleichem Erfolg auch das Licht bestimmter künstlicher Objekte zu verwenden. Wir wissen, daß sich die sattgelben Blumenteile von anders- farbigen durch eine besonders hohe Sättigung auszeichnen. Ich versuchte deshalb gerade für diese sattgelben Blumenblätter die Ähnlichkeit mit farbigen Papieren genauer festzustellen. Ich wählte hiezu wieder die bewährten Farbpapiere Herings und zur Fütterung mittels natür- licher Blumen den bereits aus der Erörterung über Bombylius be- kannten Lotus corniculatus (Taf. 2, Fig. 7). Um diese Blüten meinen Ab- sichten besser dienstbar zu machen, habe ich ihnen mit einer Präparier- schere die beiden Flügel und das Schiffehen samt den darin einge- Be En 2 din nn ha an ker a a en a amt nn u az Insekten und Blumen. schlossenen Teilen in ihrer halben Länge ‚weggeschnitten. Dann steckte ich in der Mittelebene einer jeden Blüte eine schwarze Insektennadel quer durch den Kelch, worauf ich diese Nadel mit ihrer Spitze vertikal in eine horizontal ste- hende weiche Holzleiste einspießte. Ich brachte 11 solcher Blüten in einer ge- raden Reihe nebeneinander auf der Leiste an. Dazwischen waren abwechselnd Scheibchen farbiger Papiere(lO mm Durch- messer, Hering-Papier Nr.1 bis 13, Gelb Nr. 17!) an den Enden von Nadeln glei- cher Beschaffenheit wie bei den Blüten. In der Anordnung bildete die Reihe der Farbscheibehen eine Horizontal- zeile, die etwas höher lag als die der Blumen (Fig. 58). Jede der Nadeln er- hielt nochzur Erleichterung der Protokoll- führung eine deutlich sichtbare Platznum- mer, wobei ich diese so wählte, daß bei den Farbpapieren die Platznummer mit der Papiernummer (entsprechend Tab. 10, S. 174) übereinstimmte. Die auf der Holzleiste stehenden Nadeln mit den Objekten hatten voneinander 15 mm Ab- stand. Die Figur 58 gibt die einzelnen Objekte und ihre Anordnung in den richtigen Größenverhältnissen wieder. Unmittelbar vor dem Versuch spritzte ich in die durch den Schnitt freige- legte Höhlung eines jeden Schiffehens der Lotus-Blüten etwas Zuckerwasser. Die ganze Anordnung stand innerhalb des Flugkastens vor einem Hintergrunde aus einem grauen Papier (Grau I, H = 53). Ich führte die Versuche am 7. Mai bei Tageslicht mit den Tieren Nr. 3 und 9 aus; der Versuch mit Nr. 3 dauerte 23 Min., der mit Nr. 9 nur 16 Min. Das Ergebnis ist in Tabelle 36 zu sehen. Man erkennt daraus, daß für den 1!) Vgl. Anm. 1, S. 303. Tabelle 36 (mit Fig. 58). Zwei Versuche über die optische Ähnlichkeit zwischen der Farbe der Blumenblätter von Lotus corniculatus und den Hering- 34 $ 23 8; i Farbpapieren Nr. 1 bis 13 sowie Gelb Nr. 17. (Abbildung !/, der nat. Größe.) IR 20088 pi W @ W (9) 238 Platz- Nr. Tier Nr. u munnun. 11 14 10 21 10 9 0 0 11 18 0 Summe . . 312 Fritz Knoll. Falter das Gelb der Blüten von Zotus corniculatus eine Ähnlichkeit mit den Hering-Papieren Nr. 3, 4 und 5. sowie mit Gelb Nr. 17 besitzt. Besonders bemerkenswert ist, daß von den Scheibchen das Gelb Nr.17, welches für unser Auge am besten mit dem Lotus-Gelb übereinstimmte, dabei die meisten Besuche erhielt. Alle diese farbigen Papierscheibehen wurden von den Faltern ganz normal mit dem Rüssel berührt, so daß die Gleiehheit der Reaktion mit der beim Anblick der: natürlichen Blumen sichergestellt ist.') Solche Versuche habe ich unter sonst ganz gleichen Umständen am 10. Mai mit denselben Tieren und Blüten von Bunias erucago (Taf. 2, Fig. 10) wiederholt. In jede Blüte hatte ich auch hier einen Tropfen Zuckerwasser eingespritzt, doch wurden die Bunias-Blüten im Gegensatz zu den Blüten der Zotus-Versuche in unversehrtem Zustande dargeboten. Tier Nr. 3 berührte zwischen zahlreichen Besuchen von Bunias mit dem vorgestreckten Rüssel die Farbpapierscheibehen Nr. 3 (3mal), Nr. 4 (7mal), Nr. 5 (11mal), Nr. 6 (imal), Nr. 7 (7mal) und Nr. 17 (10mal); Tier Nr. 9 benahm sich ähnlich und berührte mit dem Rüssel die Scheibchen Nr. 4 (9mal), Nr. 5 (7mal), Nr. 6 (1mal), Nr. 7 (12mal), Nr. 8 (imal) und Nr. 17 (6mal). Man sieht aus der Reinheit des Versuchsergebnisses aller vier Versuche, daß sich diese Anordnung sehr gut bewährte. Beim Versuch mit den ZLotus-Blüten ergab sich ein etwas engerer Bereich der Ähnlichkeit mit den Farbpapieren als bei den Bunias- Versuchen. Dies hat wohl darin seinen Grund, daß die Farbe der Blüten von Lotus gesättigter war als die der Bunias-Blüten. Man erkennt weiter, daß dieFarbederBlütenbeiderArtenfürunsereFal tersehr ausgesprochen zur Gelbgruppe gehörte, da bei den zur Blaugruppe gehörigen Scheibehen der Farbpapiere keine Anflüge erfolgten. Das Orange Nr. 3 erscheint nach diesen Versuchen als Grenze des Gelb gegen das Rot zu. Die Grenze gegen Grün ist bei Nr. 8 gelegen, doch ist zu erkennen, daß die Grenze gegen das Grün weniger scharf ist als die gegen Rot. Überdies sind die Macroglossum-Versuche mit Bunias- Blüten ein gutes Gegenstück zu meinen Bombylius-Versuchen mit der- selben Blütenart (S. 101 f.), so daß meine Auffassungen über das Ver- halten des Wollschwebers abermals durch die Schmetterlingsversuche ihre volle Bestätigung finden. Ich konnte schließlich mit Hilfe ähnlicher !) Ich habe ferner Versuche angestellt, bei welchen den Faltern nach Füt- terungen auf Auramin-Blumen verschiedener Sättigung auch Blüten von Lotus corniculatus unter Glas dargeboten wurden. Die Tiere flogen dabei gegen die unter Glas befindlichen Blüten und berührten die Glasplatte an der Stelle der darunter sichtbaren Blüte, ohne den Rand der Glasplatte zu beachten. Daraus kann man erkennen, daß auch bei den Besuchen der Lotus-Blüten die Mitwirkung eines Blütenduftes nicht nötigist, Insekten und Blumen. 313 Methoden auch noch feststellen, daß die oft erwähnten sattgelben Auramin-Futterblumen für die Falter den rein gelben natürlichen Blumen optisch gleichwertig waren. Wenn ich meine Falter mittels natürlicher Blumen von blauer, violetter oder purpurner Farbe fütterte, dann erhielt ich bei den gleich- zeitig dargebotenen H ering-Farbpapieren nur Besuche der Nrn. 12, 13, 14, 15 und 16. Das gleiche Ergebnis hatten in dieser Hinsicht Fütterungen mit Methylviolett-Futterblumen. Um bei Flugkastenversuchen die Ähn- lichkeit der natürlichen Blumenfarben mit der Farbe der Auramin- oder Methylviolett-Futtergefäße zu untersuchen, wählte ich eine Anordnung, die im wesentlichen der Fig. 52 (S. 281) entsprach. Die acht Futter- gefäße hatten wie dort verschiedene Sättigungen der Farbe. Im Glas- rahmen über ihnen befanden sich dann die zur Ähnlichkeitsprüfung aus- ersehenen natürlichen Pflanzenteile. Um eine volle Gleichheit der Objekte in Form und Größe zu bewirken, habe ich (ähnlich wie bei den Dunkel- tlugversuchen S. 190) diese hinter die kreisförmigen Ausschnitte (10 mm Durchmesser) einer grauen Maske gelegt. Die Maske hatte das Format des Glasrahmens (45 x 107mm), ihre Helligkeit war bei einem Teil der Versuche 33, bei einem anderen 63. Gewöhnlich verwendete ich Masken, die vier in einer Horizontalreihe gleichmäßig verteilte Löcher besaßen. Neben dieser Anordnung wurden meistens auch Scheib- chen der Hering-Papiere dargeboten. Durch solche Versuche konnte ich die auf S. 307 wiedergegebene Liste farbiger Pflanzenteile um einige Arten erweitern. A. Bla u gruppe: Cistus villosus (purpurner Kronblattabschnitt, Taf. 2, Fig. 16),') Salvia officinalis (violette Kronlappen),') Salvia hor- minum L.') (rosenrote Blüten und rosenroter Blattschopf der auf Taf. 1, Fig. 9, 10 abgebildeten Varietät, ebenso die entsprechenden Teile der violetten Varietät), purpurne Kronblätter einer gefüllten Gartenrose (sehr gut mit dem Hering-Papier Nr. 15 übereinstim- mend, auch hinsichtlich der Helligkeit), purpurne Kronlappen einer Gartenform von Antirrhinum (weniger gesättigt als die er- wähnten Rosenkronblätter). B. Gelbgruppe: Helianthemum obscurum (Taf. 2, Fig. 14),') Glau- cium flavum (im Farbton entsprechend Hering-Gelb Nr. 4, aber weniger gesättigt), Spartium junceum (,„Fahne‘“ der Blüten, im Farbton zwischen Hering-Gelb Nr. 4 und Nr. 5, aber näher letz- terem, sehr gesättigt), Linaria vulgaris, Helianthus annuus (Zunge der Randblüten, Farbton wie Hering-Gelb Nr. 4, doch satter). t) Diese Objekte wurden mit Rücksicht auf meine Untersuchun- gen über Bombylius hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu einer der beiden Farbgruppen geprüft. 314 Fritz Knoll. (Hieher gehört auch das gelbe Licht, das von der bei verschiedenen Versuchen verwendeten G elbfolie [vgl. S. 62 ff., besonders S. 66] durchgelassen wird.) 10. Die Unterscheidung der Farben verschiedener Schmetterlings- flügel durch den Taubenschwanz. In der Literatur über die Wechselbeziehungen zwischen Tieren und Pflanzen findet man häufig die Angabe, daß sich die Schmetterlinge „mit besonderer Vorliebe‘ die Nahrung aus solchen Blumen holen, die mit der Farbe ihres Schuppenkleides übereinstimmen. Im Zusammenhange damit wird auch darauf hingewiesen, daß die lebhafte Färbung mancher Schmet- terlinge irgendeine Rolle bei der Kopula spielen dürfte, vielleicht da- durch, daß .die beiden Geschlechter durch die Farbe einander schon von Ferne „erkennen“, vielleicht aber auch in der Weise, daß durch den An- blick der „Schmuckfarbe“ des Männchens eine die Begattung begünsti- gende Erregung des Weibchens zustande kommt. (In der Hauptsache wird aber wohl der Duft und dessen Wahrnehmung als wichtigstes Hilfs- mittel beim Zusammentreffen der Geschlechter hingestellt.) Auch das Hineinfliegen von farbigen Faltern in gleichgefärbte fremde Schmetter- lingsschwärme und ein längerer Aufenthalt in diesen könnte neben einem spezilischen Dufte der aufgesuchten Falter auch in deren Färbung seine Ursache haben. Auf diese Weise ließe sich z. B. das Problem der „Schutz- färbung“ jener Papilioniden verstehen, die sich in den angeblich vor Ver- folgung durch Vögel geschützten („Warnfarben“) Gesellschaften von Heliconinen, Danainen u. a. aufzuhalten pflegen.') Alle diese Vermutungen setzen aber voraus, daß Schmetterlinge wirklichimstande sind, die Farben der Schmetterlingsflügeltatsäch- lichalssolche wahrzunehmen und von anderen Far- ben der Umwelt zu unterscheiden. Für die Berechtigung einer solchen Vermutung bildete jedoch bis heute der Analogieschluß nach dem Verhalten des Menschen und der höheren Wirbeltiere die einzige Grundlage. Daß aber einem kritischen Forscher derlei naive Schiuß- folgerungen nicht genügen können, ist wohl klar. Um in diesen Dingen einen Schritt weiter zu kommen, habe ich mich bemüht, dieÄhnlich- keit der Schmetterlingsfarbenmitanderen, füruns farbigen Objekten (und dabei indirekt mit den Farben der Blumen) durch meine Taubenschwänze zu prüfen. Dazu bot die Auswirkung des Futtertriebes eine bequeme Gelegenheit. Denn wenn z. B. gelbe Schmetterlingsflügel einem Falter ebenfalls „gelb‘ er- scheinen, so wie gelbe Blumen, dann müßte bei vorhandenem Futter- 1) Auch die Tatsache, daß unter den blütenbesuchenden Schmetterlingen grün gefärbte ebenso selten sind wie grüne unter den entomogamen Blüten, gibt Anlaß, nach Zusammenhängen zu forschen. Insekten und Blumen. 315 trieb der Anblick der gelben Farbe bestimmter Schmetterlingsflügel wohl- gezielte Anflugsbewegungen des Tieres und typische Reaktion des Rüs- sels auslösen. Schon bei meinen Versuchen mit Blüten von Linaria vul- garis (S. 198 ff.) konnte ich feststellen, daß die Falter unmittelbar von den eben besuchten gelben Blüten weg sich den Flügeln des Zitronen- falters (Rhodocera rhamni L.), die zwischen Glasplatten daneben standen, zuwandten und mit dem ausgestreckten Rüssel gegen sie vorstießen. Später habe ich dann zahlreiche Versuche ausgeführt, welche die Wir- kung der Schmetterlingsfarben auf die Futterflüge von Macroglossum in ausreichendem Maße klarstellen sollten. Ich wendete hiezu jene Methoden an, die ich im vorigen Abschnitte beschrieben habe. Entweder wurden Flügelteile von der Größe des Umrisses der Schiffehenblumen (wie bei dem in Fig. 58, S. 311) abgebildeten Versuche mit Lotus die farbigen Papierscheibchen) auf Nadeln in einer geraden Reihe zwischen farbigen Futtergefäßen den saugenden Faltern dargeboten, oder ich hinterlegte die Löcher (r =5 mm) grauer Masken mit den zu prüfenden Flügelstücken. Dabei wurden die Flügelteile bald frei dargeboten, bald von Glasröhrchen oder Glasplatten bedeckt, so daß auch hier die Möglichkeit einer Duft- wirkung der Flügel ausgeschlossen war. Ich habe auf diese Weise einige besonders lebhaft gefärbte und allgemein bekannte Schmetterlinge hin- siehtlich ihrer Färbung untersucht.‘) Dabei reagierten die Tauben- schwänze auf die dargebotenen Stücke der Falterflügel geradeso wie auf die Blumen von gleicher Farbe und Größe: siestrecktenim Fluge den Rüsselnachihnenausundbetrommelten deren freie Oberfläche (oder die sie bedeckende Glas- fläche) mitderRüsselspitze. Für diese Schmetterlingsfarben konnte ich ebenfalls eine Zusammenfassung in Farbgruppen durch- führen, welche sich vollständig mit den Gruppen für die natürlichen Blumen (S. 307 und 313) deckten. A. Blaugruppe: Lycaena bellargus L. Z (die kräftig blau schillernde | Oberseite der Vorder- und Hinterflügel), Morpho achillena Hübn. JO (die großen Schillerflächen der Flügeloberseite), Euploea leuco- stictos Gmel. (die blau schillernde, sonst schwarzbraune Flügel- oberseite); Zygaena filipendulae L. (die satt „karmesinrote‘‘ Ober- seite der Hinterflügel). B. Gelbgruppe: Papilio machaon L. (die gelben Teile der Flügel- oberseite), Anthocharis cardamines L. (die satt orangegelben Stellen der Vorderflügeloberseite), Colias edusa Fabr. (orange- 1) Die Bestimmung der meisten Schmetterlinge, welche diesen und an- deren Beobachtungen und Versuchen als Grundlage dienten, hat Herr Dr. Adolf Meixner (Naturhist. Landesmuseum in Graz) ausgeführt oder überprüft. Bei eini- gen schwierigen Artbestimmungen war mir auch Herr Hofrat Prof. Dr. Hans Rebel (Naturhist. Staatsmuseum in Wien) behilflich. 316 Fritz Knoll. gelbe Teile der Flügeloberseite), Rhodocera rhamni L. (zitronen- gelbe Oberseite), Epinephele janira L. (gelbbraune Flügelstellen), Macroglossum stellatarum L. (die trüb orangegelbe Oberseite der Hinterflügel). | ©. Weiß gruppe: Aporia crataegi L. (weiße, schwarz geaderte Flügel- oberseite), Pieris brassicae L. und rapae L. (gelblichweiße Teile der Flügeloberseite). | D. Schwarzgruppe: Schwarz ist in der Zeichnung einzelner Flügelstellen besonders unter den Tagfaltern sehr verbreitet. Ge- wöhnlich sind größere ‚schwarze‘ Flächen entweder gelb oder blau getont, so daß sie zugleich dunkel und farbig sein können. Aus den eben angeführten Fällen sei zunächst besonders hervor- gehoben. daß der Taubenschwanz auf Futterflügen die ihm dargebotenen Hinterflügel seiner Artgenossen mit Sicherheit als Gelb kennzeichnet. Aber auch die Vorderflügel üben auf den Falter noch eine schwaclie Gelb- wirkung aus. Im Verein mit den bei Dunkelflügen gewonnenen Tatsachen (S.193f.) können wir also sagen, daß dieHinterflügelfarbe wie ein verhältnismäßig gesättigtes Gelb wirkt, das aber weit dunkler ist als ein gewöhnliches sattes Pigmentgelb,etwadasdesZitronenfalters; die Vorder- flügeloberseite ist wohl auch noch gelblich, aber bei ihr dürfte für das Tier der Eindruck der Dunkelheit so stark überwiegen, daß der Farbton nicht mehr wesentlich in Betracht kommt. Wenn also unsere Schmetterlinge bei den zur Begattung führenden Flügen sich auch optisch zurechtfinden, so hätten sie die Möglichkeit, zunächst mit Hilfe des Lichtsinnes nach der gelben Färbung des Gesamteindruckes eines fliegenden Macroglossum eine Auswahl unter den verschiedenen fliegenden Faltern zu treffen, die dann durch den Geruchssinn einer engeren Auswahl zugeführt werden könnte. Doch ist uns nichts Wesentliches über die Begattung des Tauben- schwanzes bekannt (S. 130, Anm. 1), so daß jede weitere Vermutung mübßig wäre. Da wir nun wissen, daß die Gesamtfarbe des Tauben- schwanzes zur Gelbgruppe gehört, können wir noch fragen, ob er viel- leicht bei seinen Futterflügen Objekte der Gelbgruppe gegenüber solchen der Blaugruppe und Weißgruppe bevorzugt. Doch konnte ich von einer solchen Bevorzugung der eigenen Flügelfarbe nichts wahrnehmen, ja es schien mir im Gegenteil, daß eher die Farben der Blaugruppe unter gleich gesättigten anderen Farben eine stärkere Wirkung auf den Tauben- schwanz ausüben — dabei ist vorausgesetzt, daß die Erfahrung über das Vorkommen des Futters an Objekten der Blaugruppe und der Gelbgruppe in diesen Fällen die gleiche war. Diese Tatsache hindert aber nicht, daß vielleicht trotzdem bei bestimmten lebhaft gefärbten Tagfaltern eine Vor- liebe für Blumen ihrer eigenen Farbe vorhanden sein könnte. Doch fehlen darüber Angaben, die mir wissenschaftlich verwertbar erscheinen. Insekten und Blumen. | 317 Die Weiß gruppe der Schmetterlingsfarben ließ optische Beziehun- gen zur Blaugruppe erkennen, trotzdem die untersuchten Pieris-Flügel deutlich, wenn auch schwach gelblich waren. Der Farbton trat hier in der Wirkung hinter der Helligkeit zurück. Doch bedarf das Verhalten gegen- über dem Weiß noch weiterer Untersuchungen. Vonroten Flügelfarben habe ich nur das satte Rot der Hinterflügeloberseite von Zygaena fli- pendulae‘) untersucht. Es stand im Farbton zwischen Hering-Rot Nr. 1 und Bläulichrot Nr. 16, doch näher ersterem, wobei es noch durch einen leicht bläulichen Ton von jenem ohne Schwierigkeit zu unter- scheiden war. Versuche mit Macroglossum ergaben deutlich die Zu- gehörigkeit zur Blaugruppe; infolge seines starken Rotgehaltes mußte es jedoch für den Falter sehr dunkel sein, was auch aus den Besuchszahlen gegenüber dem Blau der Zycaena-Flügel klar hervorging. Bei diesen Versuchen entsprach die Anordnung der Fütterungsobjekte und die Anbringung eines Glasrahmens genau den auf S. 280 ff. beschriebenen und durch Fig. 52 (S. 281) erläuterten Versuchen. Doch wurde diesmal im Rahmen den Faltern eine Maske (Grau I, H=63) mit vier in gleichen Abständen neben- einander befindlichen Löchern (10 mm Durchmesser) dargeboten, die mit Schmet- terlingsflügeln hinterlegt waren. Die Versuche wurden am 28. Juni nachmittags bei Tageslicht im Flugkasten ausgeführt. Die hier verwendeten fünf Versuchs- tiere sind schon bei der Schilderung anderer Versuche erwähnt worden. Die in der Maske dargebotenen Schmetterlingsfarben stellten in ihrer Auswahl vier wich- tige Typen dar: Rhodocera-Gelb, Zygaena-Rot, Pieris-Weiß und Lycaena-Blau. Drei Tiere (Nr. 8, 30, 31) hatten ihr Futter schon seit längerer Zeit nur aus violet- ten Schiffehenblumen, die zwei anderen (Nr. 3, 9) nur aus gelben Trichterblumen (den gleichen Blumen wie bei den oben genannten Versuchen!) erhalten. Ich zählte am 28. VI. Be- | bei Rhodocera- Zygaena- Pieris- Lycaena- suche von Gelb Rot Weiß Blau Tier Nr. 8, 30 und 31, zu- sammen (zwischen Be- suchen violetter 0 I ® “ Schiffehenblumen) : Tier Nr.3 und 9, zusammen (zwischen Besuchen 8 0 0 0 gelber Trichter- blumen): Die ersten drei Falter haben die unter Glas befindlichen Zygaena-Flügelteile mit ebenso typischer Rüsselreaktion beflogen wie den gleichzeitig dargebotenen Lycaena-Flügel, wenn auch viel seltener, während sie das in derselben Maske sichtbare Flügelstück von Pieris rapae nur ausnahmsweise besuchten und das von Rhodocera überhaupt nicht beachteten. Sie zeigten somit durch ihr Benehmen die Zugehörigkeit der Zygaena-Farbe zur Blaugruppe an. Die beiden letzten Falter dagegen erwiesen sich bei derselben Maskenanordnung infolge der Fütterung 1) Eine gute farbige Abbildung dieses Schmetterlings ist Fig. 16b der Taf. 50 in Fr. Berge und H. Rebel, Schmetterlingsbuch, 9. Aufl. 318 Fritz Knoll. mittels gelber Objekte als gelbstet und besuchten dementsprechend nur das Rhodocera-Gelb, ohne die übrigen Flügelteile zu beachten. Wir sehen also, daß sich der Taubenschwanz gegen- überdenFarbenderSchmetterlingsflügelgeradeso benimmtwiegegenüberdenBlumenfarben. Dieser Falter vermag somit leicht die Schmetterlinge nach der Farbe ihrer Flügel zu unterscheiden. Ob bei anderen Schmetterlingen sich der Gesichtssinn gleich verhält oder nicht, ist uns heute noch unbekannt. Wenn wir uns nun auf den sicheren Boden der eben durch Versuche gefundenen Tat- sachen stellen und von diesen ausgehend das Verhalten der Falter in der freien Natur weiter scharf beobachten, dann können sich nach und nach die anfangs erwähnten Probleme klären und die wiedergegebenen Ver- mutungen entweder als zu Recht bestehend anerkannt oder verworfen werden. 11. Saftmale und Blütenzeichnungen. Häufig ist die Stelle einer Blüte, wo sich der Zugang zum Nektar befindet, durch eine Farbe ausgezeichnet, die von der an der Blüte sonst vorkommenden irgendwie abweicht. Es ist dies oft ein satterer oder dunk- lerer Fleck (Saftmal), von dem man annahm, daß er den honigsuchenden Insekten ebenso auffällt wie dem Menschen. Ein Beispiel dafür wurde von mir bereits ausführlich besprochen: die Blüte von Linaria vulgaris (vgl. S. 198 ff.). Für diesen Fall konnte durch Versuche festgestellt wer- den, daß sich der Falter beim Blütenbesuche wirklich nach dem Saftmal richtete, wenn auch Blüten ohne ein solches trotzdem regelrechte Besuche erhielten. Es kann aber auch vorkommen, daß der Eingang zum Nektar- raum eine Farbe zeigt, die von der übrigen vor allem im Farbton sehr abweicht. So hat Linaria alpina L. einen satt orangegelben „Gaumen“ auf der sonst gleichmäßig violetten Blumenkrone. In anderen Fällen stehen in der Nähe des Weges zum Honig gehäufte Flecken von beson- derer optischer Beschaffenheit (z. B. Lilium martagon L.) oder man sieht dort dunkle oder andersfarbige Linien, die gegen die Nektarpforte „hin- zeigen“ (z. B. Tropaeolum majus L.). Bei nektarbietenden Blüten mit röhrenförmig ausgebildeter Krone kann man meistens feststellen, daß die Öffnung der Krone, also deren frei sichtbarer Teil der Innenseite, eine weitaus größere Sättigung der Farbe besitzt als die sichtbare Außenseite der Kronröhre. Dies war auch bei den saftmallosen Blüten von Zinaria vulgaris (Taf. 7, Fig. 11, 12) der Fall. Eine solche größere Sättigung kann sich gleichmäßig auf alle Teile des Blüteneinganges erstrecken oder sie kann auch darin bestehen, daß dort gesättigtere Stellen (Zeichnungen) auf weniger gesättigtem Grunde vorkommen. Da wir nun aus den Ver- suchen über die Wirkung verschieden gesättigter Farben wissen, daß Insekten und Blumen. 319 unter bestimmten Umständen gesättigte gegenüber weniger satten bevor- zugt werden (S. 273 ff.), so wird uns daraus klar, daß die Falter bei - solehen Blumen durch die größere Sättigung der Farbe optisch zum Ein- gang der Kronröhre gelenkt werden. Hieher gehören die Blüten des Gartensalbei (Salvia officinalis L.), der in Süddalmatien weite Strecken des Küstenkarstes bedeckt.‘) Die Kronröhre ist bei dieser Pflanze sehr blaß violett, die den Eingang umstellenden Kronlappen (Öberlippe und Unterlippe) sind an den sichtbaren Teilen viel satter violett als die Röhre. Wenn sich ein Taubenschwanz einer solchen Blüte nähert, stößt er mit dem Rüssel gleich gegen die Öffnung der Blüte vor, kümmert sich aber nicht um die Außenseite der Kronröhre. Auf diese Weise findet er bald den Nektar, ohne jedoch der Pflanze einen „Gegendienst‘“ zu er- Unterlage: Grau (H = 33) Weiß | Schwarz Besuche: 8 11 9 Fig. 59. Das Auffinden des Blüteneinganges bei Salvia officinalis. (Nat. Größe.) Vereinfachte Darstellung von drei etwas flachgedrückten frischen Blüten, die zwischen zwei Glas- platten auf verschieden hellem Grunde dargeboten wurden. Über den Blüteneingängen Rüsselspuren. weisen.’) Dieses an frei stehenden Blüten zu beobachtende Verhalten ließ sich auch sehr gut mit Hilfe der Rüsselspurenmethode wiedergeben. Ich habe hiezu drei Blüten von Salvia officinalis samt ihrem rotbraunen Kelch in Profilstellung in dem oft erwähnten Rahmen (45 X 107 mm) unter Glas dem bereits bekannten Tier Nr. 8 dargeboten. Dies geschah am 12. Juni bei Tageslicht nach der Fütterung mittels verschieden satter Methyl- violett-blumen. Obgleich sich die Blüten auf verschieden heller Unterlage befanden (Fig. 59), hat das Tier doch alle drei besucht. Die Besuchs- zahlen waren bei den drei Blüten annähernd gleich, doch waren die Rüs- selspuren über der mittleren Blüte weitaus kräftiger und zahlreicher. Hier !) Eine brauchbare farbige Abbildung dieser Blüten findet man im Atlas der offizinellen Gewächse von O. ©. Berg und C. F. Schmidt (Taf. XVII£.). ?) Eine Übernahme des Pollens findet dabei nicht statt, da der Falter beim Einführen des Rüssels den „Schlagbaum-Mechanismus“ der Staubblätter nicht in Bewegung versetzt. Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 22 320 Fritz Knoll. interessiert uns jedoch vor allem die Tatsache, daßderFalterdie Rüsselspuren über den gesättigteren Eingangs- teilenderBlüteanbrachte,nichtaberüberderblaß. violetten Kronröhre und auch nicht über dem Kelche. Da die Blüten von Glas bedeckt waren, beweist dieser Ver- such, daß die Tiere den WegzumBlüteneingangmitHilfe deroptischenBeschaffenheit der Blüte gefunden haben. Der Versuch mit den Salvia-Blüten ist ein der Blaugruppe angehörendes Gegenstück zu den Versuchen mit gelben Zinaria-Blüten (Fig. 38, S. 219), wo dasTier seine Rüsselspuren ebenfalls über dem satter gefärbten Blüten- eingang (Saftmal) einzeichnete. Auch bei den blauen Blüten von Delphinium-Arten (vgl. S. 142), die der Taubenschwanz sehr häufig zu besuchen pflegt, findet er dureh diesen Unterschied in der Sättigung der einzelnen Blütenteile leicht und sicher den Eingang in den Honigsporn. Zur genaueren Prüfung der Richtigkeit meiner Auffassung über die Bedeutung gesättigter Stellen auf Blüten habe ich auch Versuche mit künstlichen Objekten angestellt, bei welchen das Zuckerwasser an einer durch besonders große Sättigung ausgezeichneten Stelle dargeboten wurde. Meine Erfahrungen bei Blüten von Linaria fanden durch diese Versuchsergebnisse ihre volle Bestätigung. Die hiezu eigens konstruierten Futterblumen hatten folgende Be- schaffenheit. Ich stanzte mir zunächst aus gelbem Papier mittlerer Sät- tigung, das ich mittels Auramin gefärbt hatte (Gelb 101, S. 246 und 254) Kreisscheibehen von 20 mm Durchmesser aus und brachte dann (mit Hilfe eines Locheisens) an jedem ein kreisrundes, exzentrisch gelegenes Loch von 5mm Durchmesser an. Hinter dieses Loch klebte ich einen aus sattgelbem Auraminpapier (Gelb 104, S. 246 und 254) hergestellten Trichter (Saftmaltrichter) mit Gummilösung so an den Rand des Loches, daß er dieses lückenlos abschloß. Dann wurde das Ganze in der früher (S. 239) beschriebenen Weise vollständig und gleichmäßig mit weißem Wachs durchtränkt. Auf der Unterseite der so weit vorbereiteten Futter- blumen (Scheibenblumen, im Gegensatz zu Trichterblumen so benannt) brachte ich genau in der Mitte einen großen, halbkugeligen Wachstropfen an, in welchem ich das Kopfende einer kräftigen Insektennadel befestigte. Diese Scheibenblumen wurden dann mit Hilfe solcher Nadeln geradeso in eine Stecktafel eingesteckt wie die Trichter- und Schiffehenblumen. In fertigem Zustand glichen sie von der Fläche gesehen Fig.60, 2 (8. 323); der Längsschnitt entsprach Fig. 60, 1, wenn man sich an ihm die Teile T und t, sowie die Öffnung an der Spitze des Saftmaltrichters E wegdenkt (S = Scheibe, N = Insektennadel, an deren Kopf die Scheibe mit Wachs be- festigt ist). Inihrer Farbe kamen diese mit Wachs durchtränkten Scheibenblumen der Blüte von Linaria vulgaris recht nahe. In jeden der sattgelben Trichter gab ich vor dem Versuch einen Tropfen Zucker- wasser. Eine Anzahl von Scheibenblumen wurde dann in einer geraden Insekten und Blumen. 321 horizontalen Reihe den Faltern dargeboten, wobei der sattgelbe Trichter bald rechts, bald links, bald oben und bald unten zu stehen kam, damit eine Gewöhnung des Tieres an eine bestimmte Stellung dieses Saftmal- trichters verhindert werde. Zwischen ihnen habe ich noch einige aus dem gleichen Material angefertigte, wachsgetränkte elliptische Scheiben (20 mm lang, 13 mm breit) angebracht, die auf einem Grund von Gelb 101 über einem der beiden Brennpunkte der Ellipse ein sattgelbes Scheibehen (Gelb 104, 5mm Durchmesser) trugen. Auch standen dazwischen gelbe Eilipsenscheiben ohne ein solches .„‚Saftmal“. Diese futterlosen Objekte wurden bei allen Versuchen geradeso von den Taubenschwänzen beachtet wie die Scheiben- blumen, deren Trichter Zuckerwasserenthielt. Bei den Ellipsenscheiben, die ein „Saftmal“ besaßen, be- trommelten die Falter nur dieses mit dem Rüssel, so daß auf Glasplatten (Deckgläsern), die ich über 'solehen anbrachte, die Rüsselspuren nur in der Gegend des Saftmals und entsprechend der Streuung der Rüsselbewegung (8. 219) in dessen nächster Um- gebung sich zeigten. Durch die Verwendung von Deckgläsern auf den Ellipsenflächen wurde auch der Einfluß eines allenfalls vor- handenen Duftes ausgeschaltet. Mit Hilfeähnlicher Objekte habe ich auch festgestellt, daß solche sattgelbe Saftmale auf blasserem gelben Grunde nicht infolge ihreretwas geringeren Helligkeit, sonderninfolge ihrer größeren Sättigung von den Tieren beson- ders beachtet wurden. Diese Bevorzugung der stärker ge- sättigten Stellen ist nach den früher mitgeteilten Ergebnissen der Ver- suche mit verschieden gesättigten Objekten (S. 278) ohneweiters ver- ständlich. Nun trachtete ich mit Hilfe künstlicher Objekte auch den Fall von Linaria alpina aufzuklären. Die Blüten dieser Art werden in unseren Alpen auch vom Taubenschwanz besucht. Bei dieser Linaria-Art ist der Blüteneingang ebenfalls federnd geschlossen. Er liegt dort, wo der orange- gelbe „Gaumen“ der Blüte an der violetten Oberlippe anliegt, so daß an dieser Stelle eine scharfe Grenze zwischen Gelb und; Violett vorhanden ist.') Ich suchte nun festzustellen, ob auch bei ZL. alpina der Falter den Ein- gang in den Honigraum rein optisch durch das Saftmal zu finden vermag. Die zu diesem Zwecke verwendeten künstlichen Fütterungsobjekte waren von gleicher Größe und Form wie die zuletzt beschriebenen kreisrunden 1) Eine gute Abbildung der Blütenfärbung von L. alpina befindet sich im Atlas der Alpenflora des D. u. Ö. Alpenvereins (Graz 1897),. Bd. IV, Taf. 367. Doch ist das Saftmal gewöhnlich mehr gelblich, entsprechend Hering- Gelb Nr. 3; auch kann sich das Violett mehr dem Hering-Violett Nr. 14 nähern. e 322 Fritz Knoll. Scheibenblumen. In der Bauart waren sie nur wenig von ihnen ver- schieden. Sie sind in Fig. 60, 1,2 abgebildet. Etwas seitwärts von der Mitte der blauen Kreisscheibe S (Blau 107, s. S. 246) war ein Trichter aus sattgelbem Auraminpapier (Gelb 104, s. S. 246) eingesetzt. Doch wurde bei diesen Versuchen das Zuckerwasser nicht in dem gelben Saftmal- trichter selbst dargeboten, sondern in einem unmittelbar dahinter befind- lichen eigenen farblosen Trichter (T), der mit seinem Fortsatz (t) von der Nadel (N) gehalten wurde (Fig. 60,1). Wenn der Falter eine solche Scheibenblume besuchte, führte er den Rüssel (R) durch den Eingang (E) in den gelben Saftmaltrichter ein, durch dessen Öffnung er sogleich zu dem Zuekerwassertropfen gelangte und zu saugen begann. Es wurden gewöhnlich gleichzeitig sechs solcher Scheibenblumen mit Zuckerwasser versehen und in einer horizontalen Reihe auf der Stecktafel angebracht. Auch hier war die Lage des Saftmaltrichters bei den einzelnen Objekten stets verschieden. Zwischen je zwei solchen Scheibenblumen standen unter genügend großen Deckgläsern aus dem gleichen Material her- gestellte elliptische Scheiben. Eine von ihnen war über die ganze Fläche gleichmäßig blau (Blau 107), die übrigen trugen auf blauem Grunde je ein gelbes (Gelb 104) Saftmal von bestimmter Größe, das schon vor dem Durchtränken mit Wachs an einem der Ellipsenbrennpunkte in die Scheibe eingesetzt wurde. Dem Falter, der längere Zeit sein Futter nur aus den vorhin beschriebenen gelben Scheibenblumen erhalten hatte, wurden nun auch diese blau + gelben vorgesetzt. Er fand sogleich das Zuckerwasser in den Trichtern und bald benahm er sich geradeso sicher wie früher bei den rein gelben Objekten. Zwischen der Zuckerwasserentnahme aus den kreisrunden Scheibenblumen besuchte der Schmetterling auch die ellipti- schen blauen Scheiben und berührte diese, wenn ein gelbesSaftmal vorhan- den war, über ihm mit dem Rüssel, so daß an der darüber befindlichen Glasplatte Rüsselspuren nur in der Gegend der Saftmale zustande kamen. Bei allen Versuchen verwendete ich dieselben Fütterungsobjekte (Durch- messer des Trichtereinganges 5 mm); bei den ersten dieser Versuche be- saßen die Saftmalscheibchen der Ellipsen 5 mm Durchmesser, bei späteren 2 mm (Fig.60,47), und schließlich nur mehr 1 mm, bei stets gleichbleiben- der Ellipsengröße. Bei diesen Versuchen wurden die rein blauen Ellipsen wohl beachtet, aber mit dem Rüssel nur flüchtig berührt, wobei auf der Deckplatte entweder keine oder nur spärliche Rüsselspuren zustande kamen. Dagegen wurden die Ellipsenscheiben, welche Saftmale trugen, geradeso beachtet wie die Futterobjekte, wobei das Tier sich sogleich dem Safltmal zuwandte und dieses kräftig mit der Rüsselspitze betrommelte. Sehr gut wirkten dabei die Saftmale von 5 und 2mm Durchmesser. Es waren aber bei gleicher Ellipsengröße auch noch die kleinsten Saftınal- scheibehen von imm Durchmesser deutlich wirksam, wenngleich um vieles schwächer als die erwähnten größeren. Fig. 60, 4-7 zeigt als Beispiel das Ergebnis eines Versuches mit 2mm-Saftmalscheibehen. Am 17. Mai Insekten und Blumen. 323 wurden dem Tier Nr. 106, das schon an zwei vorhergegangenen Versuchs- tagen sein Futter nur aus blau + gelben Scheibenblumen erhalten hatte, zwischen sechs solehen Futterobjekten die abgebildeten fünf Ellipsen- scheiben unter Glas dargeboten. Neben 33 Besuchen der Futterblumen (Fig. 60, 2) wurden auch die Ellipsen beachtet und mit dem Rüssel berührt: Die Ellipse Fig. 60,3 wurde imal besucht, 60,4 erhielt 4, 60,5 ...5, 60,6...2 und 60,7...4 Besuche. Über der rein blauen Ellipse waren nach dem Versuche nur drei kurze Rüsselspurenstriche zu sehen (Fig. 60, 3), bei den übrigen Ellipsen (Fig. 60, 4-7) aber zahlreiche Striche und Punkte in der Gegend der Saftmale. 25 > 5 6 Fig. 60. Untersuchung des Falles von Linaria alpina mit Hilfe künstlicher Objekte. (Versuch des 17. Mai.) 1 Scheibenblume mit Zuckerwasser im Längsschnitt, 2 von der Fläche gesehen. (S = blaue Scheibe, E = satt- gelber Saftmaltrichter, T = Trichter mit Zuckerwasser.) 3 blaue Ellipsenscheibe ohne Saftmal mit geringfügigen Rüsselspuren ; 4 bis 7 blaue Ellipsenscheiben mit gelben Saftmalen, über diesen zahlreiche Rüsselspuren. (Alle Abbildungen 5/, der nat. Größe.) Nachdem nun die Wirkung gelber Saftmale in jeder Hinsicht sicher- gestellt war, wendete ich mieh der Prüfung von Saftmalen zu, welche der Blaugruppe angehören. Dabei untersuchte ich zugleich die Wirkung bestimmter Zeichnungstypen. Zu diesem Zwecke stellte ich mir geeignete Futtergefäße her, deren Beschaffenheit aus Fig. 61, 1-8 (S. 324) zu ent- nehmen ist. Sie unterschieden sich von den zuletzt beschriebenen dadurch, daß sie elliptischwaren und aufviolettem Grunde (Methylviolett) von mitt- lerer Sättigung über einem der beiden Ellipsenbrennpunkte (Eingang zum Zuckerwassertrichter) einen sattvioletten Ring (d, =5 mm, d,=2 mm) trugen. Gegen diesen Saftmalring liefen vom Rande der Ellipse 11 etwa 0'3 bis 05mm breite sattviolette Linien gleichmäßig zusammen. Die in der Mitte des Ringes vorhandene Öffnung war an ihrer Hinterseite mit einer kleinen mittelvioletten Kreisplatte so verdeckt, daß gerade noch an ihrem unteren Rande der Falterrüssel (R in Fig. 61, 1) hindurchtreten und bis zum Zuckerwasser (im Trichter T) vordringen konnte. Ein am 23. Mai bei Wien gefangenes Tier (Nr. 107) wurde zunächst mittels violet- 324 Fritz Knoll. ter Blüten von Satureja gefüttert, dann in der Zeit bis 5. Juni mittels sattvioletter Triehterblumen; schließlich saugte es bis 20. Juni seine Nahrung nur aus Scheibenblumen von der Art wie Fig. 61, 1-3. Als ich dem Falter zum ersten Male diese Futtergefäße vorsetzte, war er noch etwas unbeholfen, lernte aber rasch sich ihrer zu bedienen, und führte bald schnell und sicher den Rüssel nach kurzem Betrommeln des Ringes in den Zuckerwassertrichter ein. Wenn das Tier beim Trommeln auf dem Saftmal zufällig mit dem Rüsselende in den schmalen Eingangsspalt am unteren Rande der Ringöffnung geriet, stieß es sofort mit einer dem früher erwähnten „Kopfsprung‘“ (S. 203 £.) ähnlichen Bewegung vor und gelangte so mit der Rüsselspitze in das Zuckerwasser. Der Zugang zum Zuckerwasser war hier mit Absicht erschwert und auch die Stellung des Rüssels beim Saugen war im Vergleich zu anderen Rüsselhaltungen keine Fig. 61. Objekte zur Untersuchung sattvioletter Zeichnungen auf mittelviolettem Grunde. 1 Futtergefäß (Scheibenblume) im Längsschnitt (T = Zuckerwassertrichter, N= Nadel, R = Ende des Falter- rüssels). 2, 3 Futtergefäß von der Fläche. 4, 5, 6 enge und lockere Gruppierung kleiner Saftmale und ihre Wirkung im Versuch (Rüsselspuren). — (@/, der nat. Größe.) bequeme. Trotzdem gewöhnte sich der Falter bald an diese Art der Saug- tätigkeit und benahm sich bei ihr ganz ungezwungen. Wenn ich in der horizontalen Reihe zwischen solehen Scheibenblumen andere Ellipsen- scheiben anbrachte, die zwar die Zeichnung und den Ring trugen, aber keinen TriehtermitZuckerwasser und auch keine Eingangsöffnung besaßen, so besuchte der Falter doch das Saftmal geradeso wie bei den futterbieten_ den Scheiben. Setzte ich dem Taubenschwanz dazwischen Ellipsen- scheiben vor, die über dem Eingang zum Zuckerwasser wohl die zusam- menlaufenden Linien in der gewohnten Weise zeigten, den Ring aber über dem anderen Brennpunkte der Ellipse, so fuhr der Falter sogleich mit dem Rüssel gegen den Saftmalring und fand so gewöhnlich den Weg zum Zuckerwasser nicht. Damit ist nachgewiesen worden, daß in dieser Kom- bination der violette Ring eine stärkere Wirkung ausübt als die Stelle, an der die Linien zusammenliefen. Daß aber auch diese Stelle eine besondere Wirkung auf den Falter ausübte, konnte ich an sonst gleichen Objekten Insekten und Blumen, 325 zeigen, welche wohl die zusammenlaufenden Linien, aber keinen Saftmalring und auch keinZuckerwasser besaßen. Doch fandich solcheZeichnungen nur dann besonders wirksam, wenn sie aus genügend starken (0°5 mm breiten) Linien bestanden und wenn diese-an einer Stelle eng zusammenliefen. Auch bei solchen Versuchen habe ich zur Kontrolle die Bedeckung der Objekte mit Deckgläsern und die Rüselspurenmethode mit Erfolg an- gewendet. Es blieb nach den letzten Erfahrungen noch zu untersuchen, ob der Taubenschwanz die Art und Verteilung von Zeichnungen seinem Gedächtnis einprägt und ob dadurch sein Benehmen gegenüber anderen Objekten beeinflußt und festgelegt wird. Zur Durch- führung dieser Untersuchung wählte ich wieder das vorhin erwähnte Versuehstier (Nr. 107). Es hatte am 22. und 24. Juni sein Futter aus elliptischen mittelvioletten Scheibenblumen geholt, die um den Eingang zum Zuckerwasser die oben beschriebenen zusammenlaufenden satt- violetten Linien, aber keinen Saftmalring besaßen. Am 26. und 28. Juni wurde der Falter wieder wie früher aus den der Fig. 61, 1-3 entsprechen- den Objekten gefüttert. Ich stellte nun drei mittelviolette Ellipsenscheiben her, die statt der bisherigen Zeichnung sieben kleine sattviolette Kreis- flächen von 1 mm Durchmesser trugen. Bei zweien von ihnen (Fig. 61, 4, 6) waren diese Kreise rosettenförmig über einem der beiden Brennpunkte der Ellipse zusammengestellt, bei einer dritten dagegen gleichmäßig über die ganze Ellipsenfläche verteilt (Fig. 61,5). Die eben genannten drei Objekte wurden zwischen sechs der Fig. 61,2,3 entsprechenden Futter- blumen dem Falter unter Glas dargeboten, so daß die Möglichkeit einer Duftwirkung der Zeichnung ausgeschlossen war. Am 30. Juni erhielt ich neben zahlreichen Besuchen bei den gewohnten Saftmalblumen noch 15 Besuche bei den unter Glas befindlichen Ellipsenscheiben, wobei der Falter die Glasflächen in typischer Weise mit dem Rüssel betrommelte. Ich fand hernach über den Ellipsen mit den gedrängt stehenden Kreisen die Rüsselspuren nur in der Gegend der Rosettenfigur, während sie bei der Ellipse mit den locker angeordneten Kreisen annähernd gleichmäßig über der ganzen Ellipsenfläche verstreut waren. Am 2. Juli wiederholte ich diesen Versuch nochmals (bei abgeänderter Anordnung) und bekam dabei das gleiche Ergebnis. Da das Tier nur kurze Zeit flog, waren die Besuchszahlen diesmal gering. Ich erhielt zwischen den Besuchen der mit Zuckerwasser versehenen Saftmalblumen 2 Besuche bei 4, 3 Besuche bei 5 und 2 Besuche bei 6 der Fig. 61. Die Verteilung der Rüsselspuren auf der Glasplatte ist in Fig. 61, 4-6 wiedergegeben; sie war die gleiche wie bei dem vorigen Versuche. Obwohldas Aussehen der Zeich- nungderunterGlas befindlichenEllipsen beidiesem Versuche ganz verschieden war von der Zeichnung der hier verwendeten elliptischen Futterblumen, habendieFalterdochohneerkennbareVerschieden- 326 Fritz Knoll. . heitimBenehmenauchersterebesucht. Dabei hat die seit so langer Zeit (an zehn verschiedenen Tagen) durchgeführte Fütterung mittels der Saftmalblumen keine solche Wirkung gehabt, daß der Falter die anders geartete Zeichnung (Rosette) des letzten Versuches ver- nachlässigt hätte. Wenn es mir auch wahrscheinlich scheint, daß bei sehr langer Einwirkung bestimmter Zeichnungstypen bestimmte Nachwirkun- gen auf das spätere Benehmen der Falter bei ihren Futterflügen zustande kommen können, so besitzt doch, wie der vorliegende Fall beweist, diese Nachwirkung bei dem eben untersuchten Zeichnungstypus keine prak- tische Bedeutung für'den Blütenbesuch. Doch zeigt das letzte Versuchs- ergebnis, daß kleine,sattgefärbte Flecken, wennsieauf weniger gesättigtem Grunde enge beisammen stehen, inihrer Gesamtheit wie ein zusammenhän- gendesSaftmal (in diesem Falle wie ein geschlossener Ring) wir- ken und so den vorgestreckten Falterrüssel nach der Stelle der Flecken hinlenken können. Auf diese Weise wird auch verständlich, daß der Taubenschwanz bei den Blüten von Lilium martagon L. die an sich nieht auffallend gefärbten Nektarrinnen der Perigonblätter findet.') Die Ge- samtheit der gerade an ihrer Basis am dichtesten stehenden kleinen satt- purpurnen Flecken lenkt den Falter von den anderen entweder flecken- losen oder nur spärlich mit ihnen versehenen Teilen zu der Gegend des Nektars hin. Eine besondere Erfahrung scheint für den Falter bei diesem Fall und bei ähnlichen nicht nötig (und vielleicht auch nicht möglich) zu sein; die Wirkung ist hier ein Sonderfall der allgemeinen Bevor- zugung gesättigter Stellen gegenüber weniger gesättigten der gleichen Farbe (S. 278 £.), indem die einzelnen satteren Flecken vielleicht beim un- scharfen Bildsehen der Facettenaugen mit dem weniger satten Grunde zu einer einheitlichen Fläche von mittlerer Sättigung verschmelzen, über der dann vom Falter die Trommelbewegung des Rüssels ausgeführt wird.) Für die Honigbiene fehlen bis heute noch Untersuchungen, die sich in gleicher Weise wie die eben beschriebenen mit der Wirkung der Blumenzeichnungen beschäftigen. Vor allem ist über die Stärke der Anloekung bei verschieden gesättigten Farben desselben Farbtons nichts bekannt. Doch haben uns die Untersuchungen von Frisch gezeigt, !) Farbe und Zeichnung der Blüte dieser Art sind in Hegi, G., Floravon Mitteleuropa, Taf. 61, Fig. 1, sehr gut dargestellt; doch ist bei dem dazu ge- zeichneten Taubenschwanz die Fühlerhaltung unrichtig wiedergegeben. (vgl. meine Abb. 1 der Taf. 8). Eine sehr bekannte, aber unbrauchbare Darstellung eines an Lilium martagon saugenden Taubenschwanzes enthält der botan. Atlas (Wand- tafeln) von A. Dodel-Port auf seiner Tafel XXXT. 2) Es dürfte sich in solchen Fällen beim Sehen des Schmetterlings um eine ähnliche Erscheinung handeln, wie wenn wir ein nach „pointillistischer“ Manier gemaltes Bild oder ein Mosaik aus der Ferne betrachten. Wir sehen dann die ein- zelnen Farbflecken nicht mehr getrennt, sondern mit ihrer Nachbarschaft in Über- gängen verbunden. 33: = Insekten und Blumen, 327 daß Honigbienen imstande sind, sich unter bestimmten Umständen gleich- zeitig verschiedene unmittelbar nebeneinander befindliche Farben (Gelb und Blau) zu merken und daß sie dann ihre Flüge dorthin lenken, wo diese Farben in gleicher Anordnung nebeneinander liegen.') Alles, was wir durch Frisch erfahren haben, spricht dafür, daß sich die Bienen auch hinsichtlich der Wirkung von Blütenzeichnungen ähnlich verhalten wie die von mir studierten Taubenschwänze. Frisch hat sich auch mit der Frage nach der ökologischen Bedeutung der Saftmale (Pollenmale) eingehender beschäftigt.”) Er gelangte dabei auf Grund seiner eigenen Versuche zur Auffasung, daß einerseits die Honigbienen imstande sind, sich durch das Vorhandensein bestimmt gefärbter Stellen innerhalb der Blüte den Ort des Nektars (oder Pollens) für die nächsten Besuche ein- zuprägen, und daß andererseits diese Male und andere Blütenzeichnungen auch wesentlich dazu beitragen können, den Bienen das Wiederfinden bisher bewährter Blüten zu ermöglichen oder zu erleichtern. Hiezu kommt noch, daß Frisch mit Sicherheit feststellen konnte, daß bestimmte Umrißformen, die denen natürlicher Blumen ähnlich sind, sich ebenfalls dem Gedächtnis der Bienen wirksam einprägen können, so daß diesen Tieren eine Anzahl von Möglichkeiten zur Verfügung steht, um unter den gerade vor ihnen befindlichen Blumen eine scharfe optische Auswahl für den Besuch zu treffen. Dieser Fernauswahl folgt aber schließlich noch eine Auswahl aus nächster Nähe, indem die endgültige Entscheidung durch die Wahrnehmung des Duftes geschieht. Im übrigen ist zu erwarten, daß die Honigbiene sich innerhalb der optischen Einzelheiten der Blüten noch sicherer zurechtfindet als irgendein anderes Insekt. Die Saftmale und die Blütenzeichnungen enthalten noch eine MengevonFProblemen, deren Lösung durch die hier an wenigen Beispielen gezeigten Methoden angebahnt ist. Ich beabsichtige, diese Versuche mit den Faltern-fortzusetzen und die Methoden noch weiter auszubauen. Jedenfalls bedeuten aber schon die Ergebnisse der bis Jetzt ausgeführten Versuche einen Fortschritt gegenüber der Vergangenheit unseres Forschungsgebietes. Wir konnten mit Sicherheit feststellen, dab bei Blüten die gesättigteren Stellen in einer weniger gesättigten Um- gebung als Saftmal wirken können, wenn sich an den Orten der gesättig- teren Farbe der Zugang zum Nektar befindet. Damit ist im wesentlichen die Ansicht der alten, verdienstvollen Blütenökologen bestätigt. Es wurde ferner nachgewiesen, daß bei Blüten der Blaugruppe gelbe Flecken unter Umständen ebenfalls eine kräftige Wirkung als Saftmal ausüben können. Auch farbige Zeichnungen haben manchmal eine lenkende Wirkung auf den blütenbesuchenden Falter, doch kann dies nicht verallgemeinert ») Frisch, K. v, Farbensinn und Formensinn der Biene, 8. 68 bis 73. )2.80,8 588.,8.57 und 7. 328 Fritz Knoll. werden. Wieviel beim Aufsuchen der Saftmale und Zeichnungen auf die (individuelle) Erfahrung des Falters zurückgeht und wieviel ohne eine solche zustandekommt, hoffe ich auch noch aufzuklären. Untersuchungen darüber sind bereits im Gange, aber noch nicht so weit abgeschlossen, daß sie hier mitgeteilt werden können. Mit der Frage nach der Wirkung der Blütenzeichnungen ist die Frage nach der optischen Wirkung der Blütenform (Umrißform) untrennbar verbunden. Frisch hat, wie erwähnt, bei Honigbienen festgestellt, daß bestimmt geformte farbige Flächen von andersgeformten gleichen Flächeninhaltes und gleicher Farbe gut unterschieden werden. Auch Forel fand bei Versuchen mit Wespen, daß sich die Erinnerung an bestimmte Formen mit der an gefundenes Futter verknüpft und daß dieses Engramm bei den nächsten Futterflügen verwertet wird. Bei solchen Befunden kann es sich nieht um eine Art von geometrischer Fest- stellung der Form durch die Insekten handeln, oder darum, daß sie sich etwa die Zahl der an einer Flächenform vorhandenen Ecken einprägen. Es dürfte in diesen Fällen das Bild als solches sich im Erfahrungsschatz des Tieres festsetzen. Die Fähigkeit der guten optischen Unterscheidung von Flächen und vielleicht auch von plastischen Formen ist wohl eine der Grundlagen für das „Ortsgedächtnis“ der nestbesitzenden fliegenden Hymenopteren, die an den meisten Tagen ihre Wohnung häufig verlassen und dann immer wieder selbst aus großer Entfernung zu ihr zurückkehren. Diese bei Bienen und Wespen besonders gesteigerte Fähigkeit zur sicheren Rückkehr nach einem bestimmten Ort ist die stärkste Ausbildung einer den anderen Insekten in geringerem Ausmaße zukommenden Eigen- schaft. Selbst bei Schmetterlingen (Rhopaloceren) sind Andeutungen da- von vorhanden.'!) Ich habe zwar beim Taubenschwanz, den ich so oft im Freien beobachtete, nichts davon wahrgenommen. Auch die zahlreichen Flugkastenversuche gaben mir keinen Anhaltspunkt für das Vorhanden- sein eines „Ortsgedächtnisses“, das dem der Honigbienen ähnlich wäre. Doch zweitle ich nicht, daß auch beim Taubenschwanz Spuren einer solchen Fähigkeit vorhanden sein könnten, die aber praktisch für das Tier von keiner Bedeutung sind. Damit hängt zusammen, daß die Erinnerung an das optische Bild des Umrisses bestimmter Objekte nicht so stark nachwirkt, daß sie im Experiment sicher in Erscheinung tritt. So konnte ich bei der Untersuchung der optischen Wirkung, die von den verschieden geformten Blüten der Linaria vulgaris ausgeht, feststellen, daß !) „Eigentimlich ist es, daß Insekten nicht nur nach Hause fliegen,sondern auch nach Orten, an welchen sie sich einige wenige Momente ausgeruht hatten. Man kann sich davon oft an einem Schmetterling, einer Libelle oder auch an anderen Insekten überzeugen, welche an beliebigen Orten sitzen: wenn man sie nicht zu hurtig auf- scheucht, kehren sie nach einigem Herumflattern zu der Stelle, welche sie eben ver- lassen haben, zurück.“ (Rädl, Em, Untersuchungen über den Photo- tropismus der Tiere, Leipzig 1908, 8. 172.) Insekten und Blumen, 329 die bei dieser Art vorkommenden Formvarianten der Blüten in gleicher Weise anlockend auf die Falter wirkten (S. 211f.). Auch haben die bis jetzt verwendeten künstlichen Futterobjekte in ihrer Verschiedenheit des Umrisses keine deutlichen Unterschiede in der Art der Annäherung des Taubenschwanzes ergeben. Ich halte es aber trotzdem für möglich, daß sich bei lange dauernden Fütterungen auch Bevorzugungen bestimmter Formen zwangsläufig hervorrufen lassen werden. In der freien Natur sah ich an den Faltern bisher ebenfalls keine Äußerungen einer solchen Bin- dung an das Bild des Blütenumrisses. 12. Untere und obere Grenze der Größe besuchter Blumen. Wenn man die in der Literatur vorhandenen Angaben über den Blütenbesuch von Macroglossum stellatarum durchsieht, wird man be- merken, daß sich dieses Tier den Blüten verschiedenster Gestalt und Größe nähert. Ob die Saugversuche, die der Falter dabei beginnt, auch weiter an ihnen fortgesetzt werden und ob durch sie eine Bestäubung der betreffenden Blüte zustande kommt oder nicht, hängt dann ganz von der Beschaffenheit der Blüte ab. Wenn es die Zusammensetzung der Flora einer bestimmten Örtlichkeit und sonstige in Betracht kommende Umstände mit sich bringen, kann der Taubenschwanz zum wichtigsten, manchmal zum einzigen Bestäuber einer Pflanzenart werden. Unter solehen, zeitweilig zu „Macroglossum-Blumen“ gewordenen Blüten ist keine Bevorzugung einer bestimmten Blumengröße zu bemerken. Wir ‚können bloß sagen, daß es sich um Blumen mittlerer Größe handelt. Wir wollen zunächst die kleinsten Blumen ausfindig machen, denen der Taubenschwanz noch Beachtung schenkt. Hieher gehören die Blüten von Satureja nepeta, Galium lucidum und Aethionema sazxatite, die mit einem Randdurchmesser von 3 bis 4 mm noch die Aufmerksamkeit des Falters erregen. Bei meinen Versuchen mit künstlichen Objekten habe ich gesehen, daß die kleinen, sattvioletten Trichterblumen von etwa 3 mm Öffnungsweite (Fig. 49, O, S. 239) die Falter noch immer lebhaft anziehen. Bei den Versuchen über die Wirkung von Saftmalen Konnte ich weiter nachweisen, daß einzeln stehende kleine Kreisflächen selbst bei einem Durchmesser von nur 1 mm noch beachtet wurden, aber ich fand, daß ihre Wirkung schon sehr gering war. Ich gewann die Über- zeugung, daß so kleine Objekte schon unterhalb der praktisch in Betracht kommenden Flächengröße liegen. Dies dürfte auch für alle übrigen Insekten gelten, die optisch den Weg zu den Blumen finden. Dafür spricht der Umstand, daß die kleinsten weißen oder farbigen Blüten fast immer in dieht gedrängten Blütenköpfchen auftreten. Die besten Beispiele da- für finden wir unter den Kompositen. Vielleicht sind diese im Laufe der Zeit durch natürliche Auslese dazu gekommen, trotz immer mehr ab- nehmender Größe der Einzelblüten infolge der Ausbildung von „Körb- 330 Fritz Knoll. chen“ die Augenfälligkeit für Insekten weiter zu behalten. So wirken z. B. alle die winzigen Mittelblüten der Köpfchen von Senecio rupestris und von Anthemis arvensis zu einer optischen Einheit zusammen und sie können so auf verschiedene Insekten trotz ihrer Kleinheit eine gute optische Fernwirkung ausüben. Dies haben meine Versuche mit dem Taubenschwanz klar gezeigt (S. 303 ff.). Dazu kommt noch, daß in Blüten- ständen, die aus so kleinen Blüten sich zusammensetzen, an den Rand- blüten häufig besonders entwickelte Kronen auftreten (Zungenblüten), welche die Blüten in ihrer Gesamtheit noch auffälliger machen. Solche Randblüten wären aber auch schon für sich allein imstande, die Futter- flüge der Insekten auf sich zu lenken, was ich ebenfalls an den beiden oben genannten Kompositen durch Taubenschwanzversuche feststellen konnte (S. 303 ff.). Derartig kleine Blüten wie die Mittelblüten der meisten Kompositenköpfehen kommen aber für den Taubenschwanz nicht mehr in Betracht, da die Menge des von ihnen gelieferten Nektars für einen solchen Falter belanglos ist. Bei den größten Blumen, die in der Heimat des Tauben- schwanzes vorkommen, trifft man diesen Falter nur selten. Das hängt zunächst damit zusammen, daß die größten Blumen eines Vegetations- gebietes im Vergleich zur Anzahl der darin vorkommenden mittelgroßen Blumen natürlich sehr selten sind. Hermann Müller erwähnt flüchtige Besuche des Schwärmers bei Gentiana acaulis L., deren Blüten bei ganz ausgebreiteten Kronzipfeln einen Randdurchmesser von 30 mm und dar- über hatten. Bei den Blüten von Oenothera biennis L., welche die vorigen an Größe übertreffen, wurde der Taubenschwanz ebenfalls saugend ge- funden. Ich selbst sah ihn gegen Abend in einem Garten (Süd- dalmatien) aus einer Blüte von Nicotiana affinis (etwa 40 mm Randdurch- messer, bei ganz geöffneter Krone) sich Nektar holen und auch an Köpfen von Carduus micropterus Borb. (Durchmesser 50 mm) fand ich ihn bei flüchtiger Betätigung. Ich will hier auch noch einen Flugkasten- _ versuch erwähnen, den ich mit zwei Tieren zur Untersuchung ihres Benehmens an großen natürlichen Blumen anstellte. Ich habe zu diesem Zwecke den Faltern, welche seit einigen Wochen ihr Futter nur aus Objekten von weniger als 20 mm Durchmesser erhalten hatten, ein ganz offenes Köpfchen von Calendula officinalis L. (Randdurchmesser 64 mm, Scheibendurchmesser 18 mm) dargeboten, auf dessen Mitte große Tropfen von Zuckerwasser angebracht waren. Die Falter streekten vor der satt orangegelben Blume den Rüssel aus und näherten sich mit diesem dem Rande der dicht gestellten Zungenblüten, wo sie wiederholt mit der Rüsselspitze in dieSpalten zwischen den eng aufeinander liegenden Enden derZungen hineinbohrten. Das in der Mitte der Blume vorhandene Zucker- wasser fanden die Tiere dabei nicht. Nun stutzte ich mit einer Schere während des Versuches mit dem zweiten Tier alle Zungenblüten, so daß von ihnen etwa ein Drittel ihrer Länge an dem Köpfchen verblieb. Die ‚Insekten und Blumen. 331 Blume hatte in diesem Zustande nur noch einen Durchmesser von 30 mm. An dem nunmehr beträchtlich kleineren Objekte fand das Versuchstier sogleich das Zuckerwasser. Man sieht aus diesem Versuche, daß hier die bedeutende Größe der Blume ein Hindernis für das rasche Auffinden des Zuckerwassers bildete. Dieser Versuch findet in den Ergebnissen der Versuche mit großen farbigen Papierstücken seine Bestätigung. So haben meine Falter z. B. nach zahlreichen Besuchen bei großen Auramin-Trich- terblumen (Fig. 49 L, M, S. 239), die Zuckerwasser enthielten, eine gelbe Scheibe (Hering-Gelb Nr. 4) von 40 mm Durchmesser immer nur an ihrem Rande mit dem Rüssel berührt. Das Gleiche zeigten Versuche mit großen blauen oder violetten Scheiben. Dabei fand ich, daß z. B. eine Kreisscheibe von 32 mm Durchmesser auf die Futterflüge weniger ein- wirkte als ein sonst gleichartiges Kreisscheibehen von 14mm Durch- messer. Ob diese schwächere Wirkung großer Flächen in den optischen Verhältnissen des Falterauges seinen Grund hat oder in der Gewöhnung an kleinere Futtergefäße bei vorausgegangenen Fütterungen, bleibe da- hingestellt. Auch bei farbigen Quadraten fand ich eine ungleiche Wir- kung je nach ihrer Größe. Mit einem Falter, der sein Futter seit zwei Monaten !) nur aus blauen oder violetten Trichterblumen mittlerer Größe (Öffnungsweite 9mm, Fig. 49N, S. 239) erhalten hatte, machte ich folgende Versuche: Ich legte ihm zunächst am 3. März unter Glas auf Grau II (H = 33) drei blaue Quadrate vor, die ich aus dem Hering- Papier Nr. 13 geschnitten hatte. Das größte, in der Mitte der grauen Unterlage (9x 12cm) angebrachte Quadrat hatte eine Seitenlänge von 60mm, die beiden kleineren, die rechts und links von dem großen sich befanden, eine solche von nur 10mm. Zu beiden Seiten dieser Anordnung standen in gleicher Höhe (in der Ver- längerung der horizontalen Achse der Quadratanordnung) je 3 mittelgroße Triehterblumen (blau und violett), die mit Zuckerwasser versehen wurden. Ich erzielte unter Anwendung aller nötigen methodischen Vorsicht zwischen zahlreichen Besuchen der Triehterblumen 49 deutliche (und 2 undeutliche) Besuche des kleinen linken Quadrates, 40 Besuche (und einen fraglichen) des kleinen rechten Quadrates und nur 8 deutliche Besuche (neben 14 undeutlichen) des großen Quadrates. Bei den hier als deutliche Besuche gezählten Anflügen hatte das Tier nıt dem vor- gestreckten Rüssel die Glasplatte an der betreffenden Stelle berührt, bei den als undeutlich bezeichneten dagegen unter Verzögerung des Fluges über ihr den Rüssel nur mehr oder weniger gelockert. Die kleinen Quadrate wurden in der Mitte mit dem Rüssel berührt, das große aber nur an seinem Rande und besonders an den Ecken.) In zahlreichen Fällen 2) Das im Herbste gefangene Tier wurde den ganzen Winter hin- durch zu Versuchen verwendet, indem ich es entsprechend warm (etwa 20°C) hielt und jeden zweiten oder dritten Tag fütterte. Das künstliche Fernhalten des Winterschlafes rief an dem Tier keinen sichtbaren Schaden hervor. 2) Als ich früher den Tieren, die längere Zeit hindurch aus Blüten von Linaria vulgaris ihr Futter holten, am -Versuchsfenster (S: 197) neben den Blütenständen ein großes Rechteck (12 X 15cm) aus dem Hering-Gelb Nr. 5 anbrachte, das in der Farbe gut mit den saftmalfreien Stellen der Krone übereinstimmte, berührten die Falter das Papier ebenfalls nuran seinem Rande und voralleman der Ecke mit dem Rüssel. 332 Fritz Knoll. wurde das große Quadrat zwischen zwei unmittelbar aufeinander folgenden Be- suchen der beiden kleinen Quadrate ohne deutliche Rüsselreaktion rasch über- flogen.) Am 6., 8. und 11. März bot ich demselben Tier unter den gleichen Um- ständen ein blaues Quadrat von 40mm Seitenlänge, daneben wieder rechts und links davon je ein kleines von 10mm Seitenlänge. Alle drei Versuche hatten den gleichen Erfolg, wie aus folgenden Zahlen hervorgeht: linkes mittleres rechtes KOEOROSNERF kl, Quadrat großes Quadrat kl. Quadrat Am 6. III. 25 Minuten 39 15 31 Besuche pe ker iicH8 3 16 . IH Mir 27 9 22 (+1) Zusammen: 84 Minuten 72) 3 69 (+ 1) Besuche (Die undeutlichen oder fraglichen Besuche sind neben der Besuchszahl in Klammer beigefügt.) Am 27. März habe ich demselben Falter und einem anderen bei andauernd gleicher Vorbehandlung in der beschriebenen Anordnung unter Glas (82 X 82 mm) auf Grau II in der Höhe der Futterblumenreihen, .die bereits erwähnte sattviolette Kreisscheibe von 32mm Durchmesser und knapp neben ihr links und rechts oben, sowie rechts und links unten je eine gleichartige violette Scheibe von 14mm Durch- messer dargeboten. Ich erhielt zwischen zahlreichen Besuchen der blauen und violetten Trichterblumen bei den zwei Versuchen zusammen 69 Besuche der kleinen Scheibehen und keinen deutlichen Besuch der großen Mittelscheibe, trotzdem diese immer wieder zwischen den Anflügen gegen die kleineren Scheibcehen in nächster Nähe überflogen wurde. Schließlich habe ich mir zur Fortsetzung der Versuche noch eine sattviolette „Kompositenform“ auf grauem Grunde hergestellt. Um sich diese Form richtig vorzustellen, denke man sich ein violettes Kompositenköpfehen mit einem Scheibendurchmesser von 32mm, das an seinem Umfange 12 Randblüten mit etwas keilfürmig gegen die Scheibe verschmälerten, 9mm breiten und 15mm langen Zungen trägt. Die einer solchen Blume entsprechende Umrißform wurde nun den zuletzt erwähnten Faltern unter Glas innerhalb der bisher verwendeten Gesamtanordnung dargeboten. Ich erhielt bei den Versuchen zusammen 79 Besuche der „Zungenblüten“ und nur einen Besuch der Mittelscheibe. Die Folge dieser Be- suche waren zahlreiche deutliche Rüsselspuren am Rande der Blumenfigur, während deren Mitte von ihnen vollständig frei geblieben war. Damit ist auch der frühere Befund bei Calendula an einem zur Blaugruppe gehörigen Objekt überprüft und bestätigt worden. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich also, daß der Taubenschwanz ge- wannlich nur solche Objekte besucht, deren @Querdurchmesser an der a) Bei diesem Versuche habe ich als Seitenlänge des großen Quadrates 60. mm gewählt, da ich diese Quadratgröße bei den Grautafelversuchen mit Bombylius fuliginosus (S. 68 ff.) verwendet hatte. Meine auf die gleiche Art durchgeführten Grautafelversuche mit Macroglossum ergaben bald, daß die Anflüge auf so große Quadrate nicht so häufig und auch nicht in solche Nähe erfolgten wie bei kleineren, etwa den Linaria-Blüten an Größe entsprechenden farbigen Papierstücken (S. 217). Ich habe deshalb die Grautafel damals nur zur ersten Orientierung ver- wendet. Nach dem oben beschriebenen Versuchserfolg mit großen und kleinen Quadraten ist nun die mit der genannten Grautafel gemachte Erfahrung ganz ver- ständlich. — Daß aber auch für Bombylius fuliginosus die 60 mm-Quadrate eine ähnliche Wirkung haben wie für Macroglossum, geht aus Bild 2 der Tafel 6 hervor, wo der Wollschweber sich dem unteren Rande des blauvioletten Quadrates näherte, und aus Bild 3 derselben Tafel, welches den Anflug gegen die linke untere E cke des Quadrates wiedergibt. Insekten und Blumen. 333 optisch am meisten in Betracht kommenden Stelle nicht kleiner ist als 2mm. Diese unterste Grenze kann somit annähernd scharf angegeben werden. Dagegen ist die oberste Grenze der noch besuchten Objekte nicht so klar anzugeben. Die gleiche Tatsache trat uns auch bei der Untersuchung des Dunkelfluges entgegen. Auch bei diesem war die unterste Grenze der von dem Falter noch beflogenen Scheibcehen, wie aus der Tab. 2 (S. 155) und 3 (S. 156) zu entnehmen ist, verhältnismäßig scharf, dagegen die Grenze nach oben zu unscharf. Auch fand ich damals, daß bei großen Scheiben der Falter nicht gegen die Mitte, sondern gegen den Rand der dunklen Fläche den Anflug richtete. Hinsichtlich der aus- schließlichen Beachtung des Randes großer, noch anlockender Flächen stimmen somit die Futterflüge mit den Dunkelflügen ebenfalls überein. Da diese Tatsachen bei den Dunkelflügen nicht mit einer Art von Er- fahrung (Lernen) erklärt werden können, müssen sie in der physikali- schen oder reizphysiologischen Einrichtung des Facettenauges begründet sein. Dies werden wir für die Art der Beachtung kleinster und größter Blumen bei Futterflügen ebenfalls annehmen müssen. Vielleicht spielen bei den Futterflügen Helligkeits- oder Farbenkontraste ') mit, welche den _Faltern die dem Rande zugekehrten Flächenteile besonders auffallend machen. Wenn dabei der ganze Umriß des Objekts bei der Nahbetrachtung (aus 25mm Entfernung, s. S. 202) innerhalb des Gesichtsfeldes sichtbar ist, würde der Taubenschwanz bei entsprechend kleinen Objekten zwangs- läufig die aus allen Randkomponenten resultierende Rüsselbewegung gegen die Mitte des Objekts lenken. Fällt aber der größte Teil des Randes außerhalb des Gesichtsfeldes, was bei den früher erwähnten großen Flächen gewiß der Fall ist, dann müßte der Rüssel seine Trommel- bewegung nur an dem gerade gesehenen Randstücke der von ihm be- achteten Fläche ausführen, wobei er im weiteren Verlauf der Tätigkeit dann auch den ganzen übrigen Rand „absuchen‘ könnte. Bei einem natürlichen Objekte, etwa einem Blütentrichter, dessen Randdurchmesser größer ist als 30 mm, wird somit der Falter mit dem Rüssel zunächst den Rand der Krone an seiner Innenfläche betrommeln. Dabei wird er meistens infolge der mehr oder weniger steil zum Blütengrunde abfallenden Innenfläche in die Tiefe der Blumenkrone und allenfalls auch zum Nektar gelangen, wenn er mit dem Rüssel in Falten der Krone oder in entsprechend enge Hohlräume zwischen den Geschlechtsteilen der Blüte gerät, so daß durch den verstärkten Berührungsreiz der mehrfach erwähnte „Kopfsprung“ (S. 203) mit dem Nachschieben des Rüssels aus- gelöst werden kann. Eine derartige Sicherheit und Raschheit des Ein- 1) Auf die Wahrscheinlichkeit einer Mitwirkung des Helligkeitskon- trastes bei den Dunkelflügen der Taubenschwänze habe ich bereits auf S. 169 hin- gewiesen. 334 Fritz Knoll. dringens in die Blüte, wie z. B. bei einer mittelgroßen Blüte von Gentiana verna oder bavarica,') wird dabei nicht erzielt werden. Je mehr eine Blüte in ihrer Größe über das oben genannte Maß von etwa 30 mm Rand- durchmesser hinausgeht, desto weniger stark wird der Taubenschwanz durch ihr Bild zu einem Nahanfluge verleitet, desto flüchtiger wird die Berührung mit der Rüsselspitze und damit desto unwahrscheinlicher das Zustandekommen der Bestäubung. Wir müssen uns nun noch mit der mittleren Größe jener anlockenden Flächen befassen, welche bei solchen Blumen vorkommen, die dem Taubenschwanz in der freien Natur den Hauptteil seines Nahrungsbedarfes zu liefern pflegen. Man könnte zunächst glauben, daß man durch statistische Verwertung zahlreicher im Freien gewonnener Beobachtungen jene Blumengröße zu ermitteln vermag, die dem Falter am meisten „zusagt“. Doch sind an den Blumen stets gleichzeitig mehrere verschiedene optische Auswirkungen vorhanden, welche die reine Wir- kung der Blumengröße nicht klar in die Erscheinung treten lassen. Vor allem kann die Wirkung der Blumenfärbung die der Blumengröße ganz oder teilweise verdecken, wobei besonders die natürlichen Schwankungen in der räumlichen Stellung der Blüten in Betracht kommen. Es kann z. B. bei einer bestimmten Lage einer in ihren einzelnen Teilen verschie- den gefärbten Blüte ihre Farbe besser zur Geltung kommen als bei einer anderen Stellung, so daß unter Umständen die Wirkung der Blumengröße durch die der Farbe zurückgedrängt wird. Dadurch entstehen in der An- flugsstatistik Fehler, welche eine richtige Deutung der Zahlen nach der Wirkung der Blumengröße sehr erschweren. Wenn man dazu erwägt, daß die gleichartigen Blüten noch eine Menge optischer Verschiedenheiten be- sitzen, welche durch die einzelnen Alterszustände bedingt sind, und diese Schwierigkeiten sich ins Unermeßliche steigern, wenn man noch Blüten anderer Arten mit einbezieht, dann wird man den Gedanken an eine der- artigeStatistik aufgeben. Um vieles einfacher liegen die Verhältnisse, wenn man völlig gleichartige künstliche Objekte für solche Untersuchungen ver- wendet und die Versuche selbst im kleinsten Raume, also innerhalb des Flugkastens ausführt. Meine farbigen Futtergefäße (Futterblumen) ent- sprechen in den auf 8. 239 (Fig. 49) abgebildeten Größen den vom Taubenschwanz häufig besuchten natürlichen Blüten. Und trotzdem konnte ich selbst bei Flugkastenversuchen keine Bevorzugung einer der drei Trichterblumengrößen feststellen.”) Bei solchen körperlichen Ge- ') Müller, H, Alpenblumen, S. 341f. ?) Stereobild 2 der Tafel 8 zeigt einen Taubenschwanz, der gerade aus einer mittelgroßen sattvioletten Trichterblume Zuckerwasser saugt. Nachdem dieser Trichter entleert war, wendete sich der Falter der unmittelbar darüberstehenden gleichgefärbten kleinen Trichterblume zu und fand auch hier sogleich das Zuckerwasser. Stereobild 3 derselben Tafel gibt die Saugtätigkeit dieses Falters an der kleineren Triehterblume wieder. Bei dem Übergang des Falters von der Insekten und Blumen. 335 bilden ist auch innerhalb des Flugkastens die optische Wirkung noch mannigfach verschieden, je nachdem sich der Falter dem Triehter mehr von vorne oder von oben oder von einer Seite her nähert. Es können z. B. allenfalls vorhandene geringe Erfolge der besonderen Wirkung einer bestimmten Blumengröße dadurch verdeckt werden, daß gerade eine in- folge ihrer Größe sonst weniger wirksame Futterblume durch gesättigteres farbiges Licht, das sie dem Falter aus einer bestimmten Blickrichtung entgegenwirft, die anziehende Wirkung einer an optischer Größenwirkung überlegenen Futterblume überbietet. Wenn ich nun auch einsah, dab innerhalb der von dem Taubenschwanz häufig be- suehten natürlichen Blumen in der freien Natur die Größenunterschiede in ihrer Wirkung neben der Farbe und Gesamthelligkeit vollständig zu- rücktreten müssen, so trachtete ich trotzdem festzustellen, ob nicht doch unter ganz besonders einfachen Versuchsbedingungen auch in diesem Größenbereich Unterschiede in der Wirkung nachzuweisen sind. Dieser Nachweis gelang dann, als ich den Faltern zwischen den oft genannten Futtergefäßen kleine, satt gefärbte Scheibehen .verschie- dener Größe unter Glas zum Besuche darbot und die Statistik nicht mehr nach den Besuchen verschieden großer Futterblumen, sondern nach den Besuchen bei verschieden großen Scheibehen durchführte. Im Wett- bewerbe zwischen sattvioletten Scheibchen von 14mm und 5mm Durch- messer (auf Grau Il, unter Glas) zeigten erstere eine bedeutende Über- legenheit in der anlockenden Wirkung bei Faltern, die ihr Futter seit langer Zeit nur aus mittelgroßen Trichterblumen (Randdurchmesser 9 mm) erhalten hatten. Bei gleichzeitig dargebotenen Scheibehen von 14mm und 2mm Durchmesser fiel der Erfolg noch mehr zu Ungunsten der kleineren aus. Wir sehen daraus, daß auch innerhalb der vom Taubenschwanz im Freien am häufigsten besuchten Blumen die Wirkung ihrer Größe am Ge- samterfolg beteiligt ist, daß diese Wirkung aber infolge anderer, wirksamerer Begleitumstände außerhalbdesreinenLaboratoriumversuchesnicht deutlichzumAusdruckkommenkann. Man wirddes- halbderBlütengrößeinBezugaufdie Tätigkeitdes Taubenschwanzes nur soweiteine Wirkung bei der größeren zur kleineren Futterblume zeigt sich kein anderes Verhalten als beim Übergang von einer kleineren zur größeren. So konnte ein Taubenschwanz bei bestimmten Anordnungen violette Trichterblumen aller drei Größen (Fig. 49 M, N, 0, 8. 239) nacheinander in fortwährendem Wechsel besuchen, ohne daß dabei eine Bevorzugung einer der drei Blumengrößen bei gleich satter Farbe sichtbar wurde. (Bei verschiedener Sättigung der Blumenfarbe machte sich aber bei gleicher Gestalt und Größe der Futterblumen eine Bevorzugung der gesättigtesten deutlich be- merkbar.) Abhandl. d, Zool.-botan. Ges. Bd. XII, ileft 2. 23 336 Fritz Knoll. Naturzüchtung der Blumen zusprecehen können, als durch sie die größten und die kleinsten Blüten gegenüber mittleren in der Bestäubung zurück- gesetzt werden. Wenn sich andere Tagfalter bei der im Fluge vollzogenen Auswahl der Blumen zum Besuche ebenso verhalten wie der Taubenschwanz, dann wäre durch die von mir gefundenen Tatsachen die heutige Größengrenze der „Tagfalterblumen“ nach oben und unten als eine Folge der natürlichen Auslese verständlich geworden. Ein solches Verhalten anderer Tagfalter erscheint mir zwar wahrscheinlich, doch sehrschwernachweisbar, so daß wir uns hier mit den beim Taubenschwanz gewonnenen Erkenntnissen vorläufig begnügen müssen. Schließlich sei noch auf einen Widerspruch hingewiesen, der sich beim Vergleich der günstigsten Flächengröße bei Dunkelflügen und Futterflügen zeigt. Bei den Dunkelflügen hatte eine Scheibe von 30 mm Durchmesser (Scheibengröße 6 der Tabelle 2 und 3, S. 155£.) einen großen Erfolge. Eine solche Flächengröße wirkt aber bei Futterflügen bereits viel un- günstiger als z. B. eine von 14mm Durchmesser (vgl. S. 331), die bei Dunkelflügen nur mehr eine schwache Wirkung hatte (Scheibengröße 8 der genannten Tabellen). Dieser Widerspruch läßt sich vielleicht da- durch aufklären, daß bei den Dunkelflügen nur die unmittelbare Wirkung der optischen Einrichtung des Falterauges zur Geltung kommt, während bei den Futterflügen noch der Erfolg des „‚Lernens‘‘ dazu komınen konnte. Da ich noch keine brauchbaren Ergebnisse von Versuchen über die Bin- dungdesFalters an eine bestimmte Blumengröße besitze,kann die erwähnte Mitwirkung eines Lernerfolges nur als Möglichkeit hingestellt werden. Die obere und untere Grenze der Blütengröße wird im allgemeinen wohl in den Pflanzen selbst ihre wichtigste Ursache haben — ent- sprechend der ebenfalls eng begrenzten Größe des Laubblattes innerhalb weiter Verwandtschaftsbereiche. Es dürfte sich demnach der Tauben- schwanz (entweder als Individuum oder wahrscheinlicher als Art) den von den Pflanzen dargebotenen Blumengrößen in der Weise angepaßt haben, daß er nach und nach die Blumen mittlerer Größe, die ihm am häufigsten eine ausreichende Menge von Nektar lieferten, durch zahl- lose Generationen („Gedächtnis der Art“) als nektarspendend kennen lernte und infolge dieser Erfahrung das ursprüngliche Verhalten, das uns noch in der Größenauswahl bei Dunkeltlügen entgegentritt, nach und nach so weit abänderte, bis es uns das oben beschriebene Bild zeigte. Er konnte dann noch überdies, wie schon früher angedeutet wurde, durch seine Besuche an der Erhaltung der Größe der „Tagfalterblumen“ mitwirken. 13. Die Wirkung verschieden hellen Hintergrundes auf den Blütenbesuch. | Wir wissen bereits, daß die Intensität des Lichtes, das von der Blume in das Auge des Falters gelangt, bei der Lenkung der Futterflüge Insekten und Blumen. 337 eine wichtige Rolle spielt. Es ist uns ferner bekannt, daß bei der Hellig- keit aneinanderstoßender, verschieden heller Flächen für den Tauben- schwanz Kontrastwirkungen entstehen. Aus diesen beiden Tatsachen ergibt sich ohneweiters, daß die Helligkeit des Hintergrundes, von der sich das Bild einer Blume abhebt, für die Schmetterlinge nicht ohne Be- deutung sein kann. Schon bei den Versuchen mit Linaria vulgaris habe ich meinen Tieren Blüten auf verschieden hellem Grunde (S. 213) unter Glas zum Besuche dargeboten. Die Blüten wurden damals infolge ihrer gelben Farbe auf jeder der verwendeten Unterlagen beflogen und mit dem Rüssel berührt. Es schien mir dabei, daß die Blüten von Linaria auf dunklem Grunde mehr Beachtung fanden als auf weißem, doch war die Dauer der Versuche viel zu kurz, um aus ihnen nach dieser Richtung sichere Schlüsse ziehen zu können. Auch bei den Versuchen mit Blüten von Salvia officinalis machte sich anscheinend die Wirkung des Hinter- grundes geltend, indem die Rüsselspuren über der etwas öfter besuchten Blüte auf weißem Grunde dichter und zahlreicher waren (Fig. 59, S. 319). Bei solehen Versuchen mit natürlichen Blüten besteht jedoch immer die Schwierigkeit, mehrere optisch vollständig gleichwertige Objekte zu fin- den, um sie den Tieren gleichzeitig auf verschiedenen Unterlagen darzu- bieten. Es schwankt ja stets die Gestalt, die Größe, der Farbton und die Sättigung (und damit die Helligkeit) bei den verschiedenen Blüten selbst an einer einzelnen Pflanze. Da überdies die natürlichen frischen Blüten, wenn sie etwas flachgedrückt unter einer Glastafel liegen, eine vielfach gewellte unregelmäßige Oberfläche besitzen, sind die Bedingungen für eine Ungleichheit der Wirkung der einzelnen Blüten auch bei gleich- hellen Unterlagen häufig schon gegeben. Man darf deshalb bei derartigen Versuchen mit natürlichen ganzen Blumen nur unter besonders günstigen Umständen und bei oft durchgeführten Versuchen brauchbare Erfolge er- warten. Bessere Aussichten bieten schon solche Versuche, bei denen ein- zelne flache Stücke der farbigen Blütenteile hinter die Löcher verschieden heller Masken (ähnlich wie bei den auf S. 190 ff. beschriebenen Ver- suchen) gelegt und dann unter Glas den Tieren dargeboten werden. Die sichersten Erfolge bieten jedoch Versuche mit künstlichen flachen Objekten, die in ihrer Farbe bestimmten natürlichen als gleichwertig betrachtet werden können. Da die Hering-Farbpapiere hinsichtlich ihrer optischen Übereinstimmung mit farbigen Blumen von mir genau geprüft wurden, wird man am besten Scheibchen solcher Papiere für die Versuche mit verschieden hellen Unterlagen verwenden. Die oftmalige Wiederholung der gleichen Versuche wird dabei die Sicherheit des Ergeb- nisses mit Rücksicht auf die statistische Verwertung der Anflüge be- deutend erhöhen. Versuche solcher Art, die allen methodischen Anfor- derungen vollkommen entsprechen, habe ich bereits gelegentlich der Schilderung von Graugleichungsversuchen ausführlich wiedergegeben 23*+ 338 Fritz Knoll. (S. 279 bis 287). Für den vorliegenden Zweck sei aus diesen Versuchen folgendes hervorgehoben. Bei den Blau-Grau-Versuchen (S. 279ff.) wurden die Versuchstiere immer nur mittels derselben violetten -Schiffehenblumen verschiedener Sättigung und Helligkeit auf demselben Untergrunde (Grau I, H = 63) gefüttert (vgl. Fig. 52, S. 281). Die Unterlage der Futterblumen stimmte an Helligkeit mit dem Grau der rechten Hälfte der im Glasrahmen befindlichen Scheibehentafel überein, dagegen war ihre Helligkeit etwa dreimal so groß wie die der linken Hälfte des Grundes dieser Scheibchentafel. Die Statistik der Blau-Grau-Versuche ergab an Besuchen blauer Scheibehen: 1. Reihe: auf hellem (H = 638) Grunde 68, auf dunklem (H —= 19'4) Grunde 21 Besuche. (Nach Tabelle 31, S. 282.) 2. Reihe: auf hellem (H = 63'8) Grunde 277, auf Ber (H = 194) Grunde 95 Besuche. (Nach Tabelle 32, S. 284.) 3. Reihe: auf hellem (H = 63°8) Grunde 187, auf dunklem (H = 3°4) Grunde 81 Besuche. (Nach Tabelle 33, S. 285.) Da bei diesen Versuchen alle durch Ungleichheit der Beleuchtung entstehenden Fehler infolge der angewendeten Methode ausgeschaltet waren; bilden die eben genannten Zahlen den Beweis dafür, daß deu Faltern das satte Blau (Nr. 13 der Hering-Farbpapiere) sichaufhellem Grunde besserbemerkbar machtals aufdunklem. Dieser Erfolg war nach den Erkenntnissen, die wir bei den anfangs besprochenen Dunkelflugversuchen gewonnen haben, zu erwarten. Da aber trotzdem auch die Scheibchen auf dem dunkleren Grunde viel beachtet wurden, so sehen wir aus diesen Versuchsergeb- nissen, daß beisolehen sattblauen Objekten die Farbe die Hauptrolle spielt und daß der Helligkeit nur eine Nebenrollezukommt. Bei den Gelb-Grau-Versuchen (8. 286 f.), die nach der gleichen Methode ausgeführt wurden wie die eben be- sprochenen Versuche mit blauen Scheibehen, erhielt ich infolge der ge- ringen Zahl von Versuchen und der verhältnismäßig spärlichen Anflüge kein für eine solche Statistik brauchbares Zahlenmaterial. Noch mehr als bei farbigen Objekten muß die Beteiligung des Hintergrundes an der Gesamtwirkung bei weißen Objekten zur Gel- tung kommen. In der Besprechung des Besuches weißer Futterblumen (S. 271) wurde bereits erwähnt, daß die Tiere, welche aus weißen Objekten ihr Futter holten, die weißen Scheibehen auf dem dunkelsten (schwarzen) Grunde (H = 7) am meisten beachteten, obgleich die weißen Futterblumen auf einer grauen Stecktafel (H = 33) angebracht waren. Dieser Erfolg spricht dafür, daß die weißen Objekte einer- seits nach der Intensität des zurückgestrahlten gemischten Lichtes, andererseits aber auch nach der durch den simultanen Helligkeitskontrastb&- Insekten und Blumen. 339 dingten sinnesphysiologischen Wirkung ausihrer Umgebung herausgesucht werden. Nach den Erfahrungen, die man bei Insektenbeobachtungen in der freien Natur macht, dürfte somit die hier festgestellte Wirkung der Hel- ligkeit des Hintergrundes beim Blumenbesuch nur bis zu einem bestimm- ten Grade in Betracht kommen. Das Grün der Laubblätter, dem nach meinen Taubenschwanzversuchen (S. 190 ff.) eine mittlere Helligkeit zu- kommt, gibt bei weißen, hellpurpurnen, hellblauen und gelben Blumen einen Hintergrund, von dem sich diese durch die Helligkeit gut abheben (Linaria-Versuche, S. 191). Anders ist es aber bei satt blauen, violetten, purpurnen und gelblichroten Blumen. Bei diesenkann derHelligkeitsunter- schied zwischen derBlume und ihrer grünen Umgebung nur wenig Wirkung auf die Futterflüge der Falter ausüben, so daß hier die Wirkung der Farbe weitaus überwiegt. Blumen, deren Farbe sich dem reinen Rot sehr nähert (Papaver rhoeas, Pelargonium zonale u. a.) wirken dagegen mehr durch ihre Dunkelheit als durch ihre Farbe. Sie werden sich von mittelhellem Laube durch ihre geringere Helligkeit gut unterscheiden lassen (Pelar- gonium-Versuche S. 192). Am meisten wird aber wohl der Unterschied zwischen der Helligkeit der Blumen und ihrer Umgebung bei jenen Be- suchen in Betracht kommen, welche die Äbendschwärmer bei „Nacht- falterblumen‘ ausführen. III. Versuche mit frisch geschlüpften Faltern. Bei der Beurteilung der bisherigen Versuche wurde so oft von der Erfahrung der Falter gesprochen. Alle Tiere, die zu mir ins Zimmer geflogen kamen, und auch die, welche ich im Freien fing, waren schon mit Erfahrungen verschiedenster Art behaftet, als sie in meine Hände gelangten. Ich wollte deshalb auch das Benehmen solcher Tauben- schwänze kennen lernen, welche noch keine individuelle Erfahrung über die Beschaffenheit der Futterquellen hatten. In diesem Zustande befinden sich die Schmetterlinge unmittelbar nach dem Verlassen der Puppen- hülle. Ich wollte mit frisch geschlüpften Faltern vor allem feststellen, ob die Tiere unmittelbarnach dem Puppenzustande sich sogleich optisch so orientieren, daß sie auf Grund der Farbenwahrnehmung ohne Erfahrungen an zufälligen Nektarfunden und ohne die Mitwir- kung irgendeines Duftes rasch zu den Blumen fin- den. Es wäre ja denkbar, daß die unerfahrenen Falter zunächst ver- schiedene Pflanzenteile, auch grüne, die sich ihnen irgendwie chemisch bemerkbar machen (Duft), mit dem Rüssel „absuchen“, bis sie dann zufällig irgendwo in einer Blume Nektar finden. Dieses erste Auffinden des Nektars könnte sogleich eine Bindung an die optischen Eigenschaf- 340 Fritz Knoll. ten des Futterobjektes ergeben, wodurch bereits ein wenn auch noch eng begrenzter Kreis von Ernährungsmöglichkeiten gegeben wäre, der sich nach und nach bei neuen Erfahrungen erweitern Könnte. Zur Untersuchung dieser Frage habe ich mir in der üblichen Weise eine Anzahl von Faltern aus Raupen gezüchtet. Ich erhielt dabei wohl- ausgebildete Schmetterlinge, die aber gewöhnlich etwas kleiner waren als der Durchschnitt der im Freien vorkommenden Falter. Es scheint mit dieser dürftigeren Ausbildung zusammenzuhängen, daß in den meisten Fällen die aus Raupen gezogenen -Schwärmer im Flugkasten entweder gar nicht oder nur sehr wenig flogen und schließlich, ohne Nahrung auf- genommen zu haben, zugrunde gingen. Wenn man jedoch die Raupen im Freien unter täglicher Beobachtung am natürlichen Standorte auf der Nährpflanze (Galium) heranwachsen läßt und sie erst unmittelbar vor der Verpuppung ins Zimmer bringt, wird man leichter normal flugtüchtige Falter erhalten. So gelang es mir schließlich in Süddalmatien, einen frisch geschlüpften, lebhaft fliegenden Taubenschwanz für meine Ver- suche zu bekommen. Ich konnte mit dem Tiere zwei sehr wichtige Ver- suche ausführen. Ich setzte dem unerfahrenen Falter zunächst im Flug- kasten eine Anzahl von Pflanzenteilen vor, die auf braunem Papier lagen und von einer großen Glastafel (24 X 24cm) bedeektwaren. Es waren darunter einzelne Blüten des Antirrhinum majus von verschiedener Farbe, ein Stück des Blütenstandes von Delphi- nium peregrinum (vgl. S. 142), ein solches von Sinapis arvensis Sowie verschiedene Laubblätter. Der Falter hatte am 25. Juli früh die Puppen- hülle verlassen. Um 11 Uhr 50 Min. vormittags ließ ich das Tier zum erstenmal bei Tageslicht im Flugkasten fliegen. Es flog aus seiner Schachtel gegen das Licht und setzte sich am Stramin nieder. Um 12 Uhr 27 Min. flog es wieder auf, setzte sich aber bald wieder an dem Stramin der Fensterseite zur Ruhe und legte die Fühler zurück. Um 1 Uhr 30 Min. wurde es von mir aufgescheucht, es flog einige Zeit am beleuchteten Stramin auf und ab, beflog einige schwarze Figuren der Decke des Kastens (Dunkeltrieb) und setzte sich bald darauf an einer Innenkante des Flugkastens nieder. Um 1 Uhr 31 Min. brach ich den Versuch ab, nachdem keine Anflüge mit Rüsselreaktion zustande- gekommen waren. Am 28. Juli, 12 Uhr 10 Min. nachmittags, habe ich diesen Taubenschwanz abermals vorgenommen. Als Beleuchtung diente wieder Tageslicht. Diesmal hatte ich Erfolg. Kurze Zeit nach dem Auf- . fliegen wendete sich der Falter einer weißen, mit einem gelben Gaumen versehenen Antirrhinum-Blüte zu, vor ihr den Rüssel halb ausstreckend. Der Schmetterling flog ziemlich ungestüm, näherte sich nochmals der er- wähnten Blüte, dann einer etwas anders gefärbten derselben Art (Kron- röhre mittleres Purpur, ebenso Lappen der Unterlippe, Lappen der Ober- lippe blaßpurpurn, Gaumen sattgelb). Vor dieser Blüte entrolite das Tier den Rüssel vollständig und berührte mit ihm die Glasplatte genau an Insekten und Blumen. 341 der Stelle der darunter befindlichen Blüte. Während meiner Beobachtung näherte sich der Falter noch mehrmals dieser Blüte, wobei immer die Rüsselreaktion sich zeigte. Dazwischen beflog er noch zweimal die zu- erst genannte 4.-Blüte mit verschieden starkem Vorstrecken des Rüssels, besuchte einmal den gelben Blütenstand von Sinapis arvensis und zwei- mal eine A.-Blüte mit elfenbeinweißer Kronröhre, ziegelroten Kronlappen und sattgelbem Gaumen. Dabei wurde die Glastafel besonders in der Gegend des gelben Gaumens mit dem Rüssel stark betrommelt. Die Flüge des Tieres waren dann wieder sehr ungestüm, so daß es öfters an die Kastenfläche anschlug, schließlich setzte es sich um 12 Uhr 25 Min. zur Ruhe. Das Benehmen des Falters an den mit Glas bedeckten Blüten war bei diesem Versuche das gleiche wie bei erfahrenen Tieren, denen ich derartige Versuchsanordnungen vorsetzte. Nach etwa drei Stunden machte ich mit demselben Falter, der noch immer keine Nahrung zu sich genom- men hatte, einen Grautafelversuch. Da sich die Grautafel meiner Bombylius-Versuche bei Macroglossum nicht gut bewährt hatte (vgl. S. 217 u. 332 Anm.), stellte ich mir eine allen Anforderungen entsprechende neue Grautafel her. Hiezu wurden auf Kartontäfelchen (30 X 30 mm), die mit Grau II-Papier überzogen waren, verschieden helle, photographisch er- zeugte graue Papiere als Kreisscheibehen ven 20 mm Durchmesser ge- klebt. Auch ein mattschwarzes Papierscheibehen, ein solches aus Hering-Gelb Nr. 4 und eines aus Hering-Blau Nr. 13, jedes von 20 mm Durchmesser, wurde auf Grau Il-Täfelchen angebracht. 23 solcher Täfelehen mit den verschieden hellen farblosen Papieren und die beiden erwähnten farbigen habe ich zu einem Quadrat von 15 cm Seiten- länge vereinigt und in der bei Bombylius verwendeten Pulttafel (vgl. S. 69) unter Glas im Flugkasten aufgestellt. Nachdem diese Vor- bereitungen getroffen waren, ließ ich das Tier um 3 Uhr 32 Min. im Kasten fliegen. Es flog zunächst sehr ungeschickt, näherte sich dann aber plötzlich wohlgezielt dem gelben Scheibehen und entrollte vor ihm teilweise den Rüssel. Darauf drehte es sich gegen das Licht, wendete sich wieder vom Lichte weg der Grautafel zu und besuchte sogleich zwei- mal hintereinander das blaue Scheibehen, wobei der Rüssel immer ganz vorgestreckt und die Glasplatte an der Stelle des darunter befindlichen Farbscheibehens mit der Rüsselspitze berührt wurde. Dann erfolgte noch ein Anflug gegen das gelbe und einer gegen das blaue Scheibehen, doch wurde der Rüssel beim Anblick des farbigen Objektes nur mehr halb entrollt. Um die grauen, das weiße und das schwarze Scheibchen hat sich das Tier während des Versuches nicht im geringsten gekümmert, obwohl die gleiche Möglichkeit hiezu bestand wie bei den farbigen. Unmittelbar hernach setzte es sich zur Ruhe und war auch nach dem Aufscheuchen nicht mehr dazu zu bringen, den Besuch der Grautafel fortzusetzen. Ich habe deshalb die Beobachtung um 3 Uhr 43 Min. eingestellt. Mit dem Ergebnis der beiden Versuche konnte ich sehr zufrieden sein, denn der 342 Fritz Knoll. Falter gab klar zu erkennen, daß er nach dem Verlassen der Puppenhülle vor jeder mit der Futteraufnahme zu- sammenhängenden Erfahrung bereits die Farben als solche geradeso wie ein erfahrenes Tier er- kennt, sie von Grau unterscheidet und gegen ent- sprechend gefärbte Objekte mit ausgestrecktem Rüssel bis zu deren Berührung vorfliegt. Überdies wurde dabei festgestellt, daß dieerste Annäherungan eine Blüte ohne jede Mitwirkung des Blütenduftes rein optisch zustande kommen kann. Es ist sehr bemerkenswert, daß ich das gleiche Ergebnis auch mit einem frisch geschlüpften Abendschwärmer, mit Deilephila livornica er- zielte.') Auch dieser Schmetterling näherte sich vor jeder individuellen Blumenerfahrung ohne Mitwirkung des Duftes den hinter Glas befind- lichen Blüten von Antirrhinum, in Flügen, die deutlich als Futterflüge gekennzeichnet waren. Auch konnte ich bei D. livornica das Vorhanden- sein des Farbensehens sicher feststellen. Man sieht daraus, daß sich hin- sichtlich der physiologischen Hilfsmittel für den Blütenbesuch die Abend- schwärmer nicht wesentlich von dem Taubenschwanz unterscheiden.”) IV. Das Benehmen der weiblichen Falter in der Zeit der Eiablage. Wie sich der 'Taubenschwanz beim Eierlegen im Freien benimmt, habe ich bereits auf S. 129 beschrieben. Ich hatte nun die Absicht, mir !) Meine Untersuchungen über den Lichtsinn und den Blütenbesuch der Abendschwärmer werde ich an einem anderen Orte außerhalb dieser Reihe aus- führlich veröffentlichen. ?) Sandor Gorka (A zovarok €s a virägok, Rovartani lapok, VI, 1898, S. 139f.) hat ebenfalls Versuche mit frisch geschlüpften Abendschwärmern angestellt. Er verwendete hiezu Falter von Deilephila elpenor L., die er in Ungvär gezüchtet hatte. Er beobachtete bei zahlreichen solchen Faltern, daß sie aus dem geöffneten Puppenkasten „geradewegs“ gegen die näch- sten Blütenstände von Phlox flogen und gleich an deren Blüten saugten. Ein „Probieren“ an verschiedenen Pflanzenteilen ging auch bei diesen Tieren dem ersten Saugakt nicht voraus. Da die Flüge in gerader Richtung zu den Blumen führten, so ergibt sich für mich, daß hier ebenfalls die optische Formwirkung der Blüten das wichtigste Mittel für die erste Orientierung des Falters abgibt. Gorka glaubt eben- falls an eine optische Wirkung, aber neben seiner sehr ausgesprochenen Duftwirkung, (Die Ergebnisse der Versuche, die dieser Autor mit seinen Schmetterlingen machte, nachdem er ihnen die Augen mit schwarzem Lack dicht überzogen hatte, stehen mit meinen eigenen Beobachtungen an Deilephila livornica im Widerspruch. Ich werde bei der Veröffentlichung meiner eigenen Versuche mit D. livornica noch darauf zurückkommen.) Vgl. auch das Referat von L. v. Aigner-Abafi in Il. Zeitschr, f. Entom., V, 1900, S. 57. Insekten und Blumen. 343 den ganzen Vorgang im Zimmer aus nächster Nähe genauer anzusehen, um die Richtigkeit meiner Freilandbeobachtungen überprüfen zu können und um auch die feineren Einzelheiten des Benehmens dabei kennen zu lernen. Zunächst sei erwähnt, daß es mir gut gelang, an einem nach der Art von Fig. 35 (S. 197) hergerichteten Fenster die gewünschten Beob- achtungen zu machen. Von solehen Beobachtungen am Fenster, die ich in Wien angestellt habe, stammt auch das Bild 3 der Tafel 9. Es zeigt ein Falterweibehen in dem Augenblick, wie es unter verlangsamtem Flügelschwirren sich mit beiden vorderen Beinpaaren an einem Blüten- stande von Galium mollugo L. festhält und das Hinterleibsende etwas gegen die Blüten vorkrümmt. Die Fühler schienen mir bei dieser Tätig- _ keit etwas stärker auseinandergespreizt und mehr gesenkt als bei den saugenden Faltern. Auch der Kopf schien bei dieser Stellung etwas iiefer zu liegen als bei der Körperhaltung während des Fluges. Macroglossum legt im Freien seine Eier fast ausschließlich auf ver- schiedenen Arten der Gattung Galium ') ab und nur ausnahmsweise findet man seine Raupen auch auf anderen Pflanzen (z. B. Linaria). Wie lange die Legezeit des einzelnen Individuums im Freien dauert, ist nicht be- kannt. Doch habe ich an Weibchen, die ich gefangen hielt, festgestellt, daß die Tätigkeit des Eierlegens etwa einen Monat lang andauern kann, wenn man dafür sorgt, daß nur alle zwei bis drei Tage einige wenige Eier zur Ablage gelangen. Sehr bemerkenswert ist, daß ein solches Tier in der Gefangenschaft, wenn es infolge Fehlens passender Pflanzenteile keine Gelegenheit zur Eiablage findet, trotzdem die Eier in seinem Leibe behält und sie nicht, wie dies so viele andere Schmetterlinge tun, einem unabwendbaren Drange folgend, schließlich irgendwo an den Wänden des Behälters ablegt. Es kann zwar sein, daß der legebedürftige Falter, wie später gezeigt werden soll, bei langer Unterdrückung des Eierlegens seine Eier auch an beliebige grüne Pflanzenteile ablegt, wenn ihm schließlich solche vorgesetzt werden. Dies wird in der freien Natur dann eintreten, wenn der Taubensehwanz kein oder zu wenig Galium vorfindet.”) Aber nur in zwei Fällen sah ich, daß ein Taubenschwanz seine Eier ohne Mit- wirkung grüner Pflanzenteile ablegte. In dem einen hat ein Falter (der bereits in den nächsten Tagen starb) unmittelbar nach dem Erwachen, während er sich flügelschwirrend zum Aufflug anschickte, rasch ein Ei !) Da man seinerzeit die mit Galium (Labkraut) nächst verwandten Pflanzen Stellatae nannte, hat unser Tier von Linn& den Namen Sesia stellatarum er- halten. 2) Da die Taubenschwänze sich nicht lange an einem Orte aufzuhalten pflegen, legen sie im Freien gewöhnlich nur sehr wenige Eier auf einen Galium-Busch und fliegen dann rasch weiter, worauf sie an der nächsten Galium-Pilanze wieder einige wenige Eier abgeben. Dadurch kann ein Falter in einer Gegend, die zufällig wenig Galium enthält, die Gelegenheit zur Ablage aller Eier auf Labkraut versäumen und so gezwungen sein, sie schließlich an irgend welchen anderen Pflanzen abzulegen oder die Eier in sieh zu behalten, 344 Fritz Knoll. auf seine Unterlage (Schachtel) gelegt, worauf er sogleich emportilog. In dem anderen Falle legte ein Taubenschwanz, der bisher keine Gelegen- heit zur Abgabe von Eiern auf Pflanzenteile hatte, sein erstes Ei auf eine glänzend gelbe Flügelschraube (Messing) des im Flugkasten befind- lichen Metallständers. Aber in ihren dunklen Behältern haben die Taubenschwänze niemals Eier abgelegt, obgleich verschiedene andere Schmetterlinge auch unter solchen Um- ständen sich aller ihrer Eier zu entledigen pflegen. Die reizphysiologische Verkettung des Eierlegens verläuft eben ganz parallel mit der bei der Nahrungsaufnahme des Falters: So wie ein Taubenschwanz zur Ermög- lichung der Nahrungsaufnahme den freien Flug braucht, ohne welchen er verhungern muß,') so kann sich auch dieses Tier seiner Eier nur im Fluge oder schwirrend entledigen. Und da zum Flug das Licht notwendig ist, kann der Falter im Dunkeln weder saugen noch Eier legen. Beim Legen der Eier stellt sich das Tier an der Galium-Pilanze gewöhnlich unter Flügelschwirren so ein, daß sein Rücken dem Lichte zugewendet ist. Diese Einstellung ist natürlich nicht „mathematisch genau“. Darin verhalten sich die Falter beim Eierlegen ähnlich wie beim Nektarsaugen (s. S. 137f.). Das erste Ei, das so an einem Legetage zur Abgabe gelangt, wird gewöhnlich rasch abgelegt: Der Falter fliegt auf die Pflanze zu, hält sich mit den Beinen fest, krümmt gleichzeitig den Hinterleib ein und klebt rasch ein Ei an die Pflanzenepidermis, was in ein bis zwei Sekunden erledigt sein kann; bei späteren Eiern hängt der Falter oft längere Zeit, z. B. fünf Sekunden lang oder noch länger flügel- schwirrend am Labkraut, mit mehr oder weniger eingekrümmtem Hinter- leib, bis schließlich mit einer deutlich siehtbaren raschen Verstärkung der Bewegung des Afterendes das Ei hervorgepreßt und an der Pflanze befestigt wird. Häufig sieht man dann auch, daß sich der Falter für einige Sekunden flügelschwirrend an einen Galium-Ast hängt, den Hinter- leib einbiegt und schließlich ohne Eiabgabe wieder davonfliegt, um dies allenfalls noch öfters zu wiederholen. Ein solches Benehmen entspricht bei der Nahrungsaufnahme jenen Anflügen farbiger Futter- objekte, bei welchen das Tier zwischen normalen Saugakten plötzlich den Rüssel nur halb entrollt, einige wenige Sekunden mit dieser Rüssel- haltung vor einer Futterblume schwebt und dann, ohne den Rüssel in diese eingeführt zu haben, zur nächsten fliegt, um entweder dieses Spiel zu wiederholen oder in ganz normaler Weise weiter zu saugen. Indem ich den gefangen gehaltenen Weibchen während der Zeit des Legetriebes an den Beobachtungstagen nur wenige grüne Ästehen von Galium und diese nur für kurze Zeit zur Eiablage darbot, konnte ich das Ablegen der R Trotz vieler Bemühungen gelang mir keine „Zwangsfütterung“ bei sitzen- den Taubenschwänzen, obgleich die Fütterung sitzender Tiere mit Zuckerwasser oder Honig z. B, bei Eulen (Noetuidae) mit Leichtigkeit gelingt. Insekten und Blumen. 345 Eier auf einen längeren Zeitraum verteilen und die Gelegenheit zur Beobachtung stets willkürlich hervorrufen. So gelang es mir, bei einem Falter an 12 verschiedenen Tagen zwischen dem 24. April und 24. Mai die Auswirkung des Legetriebes und die Art der Eiabgabe genau zu studieren. An diesen Beobachtungstagen, die zugleich der Fütterung dienten, hat das Tier im ganzen 60 Eier gelegt, worauf dann plötzlich während des Aufenthaltes in seiner Schachtel, ohne daß am Vortage Anzeichen eines Mattwerdens sich gezeigt hätten, am 25. Mai der natür- liche Tod eintrat. Als Beispiel für das Verhalten eines Falters, bei dem das Eierlegen durch den Mangel an vorgelegten grünen Pflanzen sehr lange hinausgeschoben wurde, bringe ich einige Angaben über das bereits früher öfters erwähnte dalmatinische Tier Nr. 3. Schon am 7. Juni zeigte der Falter bei Versuchen mit gelben Objekten (Auramin-Futterblumen) zwischen normalen Besuchen wiederholt Anflüge auf diese bis zu 1cm Nähe, ohne daß sie von einer Reaktion des Rüssels begleitet waren. Während der nächsten Versuchstage wurden solche Anflüge auf die gelben Objekte, die sich ohme Rüsselreaktion abspielten, immer häufiger. Dabei sah ich, daß solche Anflüge von mehr oder weniger kräftigen Bewegungen der beiden vorderen Bein- paare begleitet waren. Diese Beinbewegungen führten öfters auch zu einer flüch- tigen Berührung des angeflogenen Objektes. (Solche Anflüge unterschieden sich somit sehr von den Futterflügen, bei denen’ keine Beinreaktion vorkommt, aber auch von den Dunkelflügen, da diese immer nur nach dunklen Objekten gerichtet sind.) Erst am 7. Juli stellte ich während eines Fütterungsversuches um 4 Uhr 20 Min. nachmittags einen nicht blühenden Zweig von Galium in den Flugkasten neben die Stecktafel mit den Futterblumen. Der Falter wendete sich sehr bald dieser Pflanze zu. Während er die gelben Objekte bisher, wenn er vor ihnen nicht den Rüssel entrollte, entweder ohne Beinreaktion beflog oder sie nur flüchtig mit den Beinen berührte, löste das Galium beim Anfluge sogleich eine sehr kräftige Beinreaktion aus, wobei sich das Tier einige Sekunden flügel- schwirrend mit den Beinen an den Labkrautblättern festhielt. Nachdem der Falter mehrmals solche Anflüge des Galium ausgeführt hatte, dazwischen aber immer auch noch zu gelben Objekten mit ähnlichem Benehmen hingeflogen war, krümmte er schließlich, sich am Galium festhaltend, den Hinterleib stark ein und legte auf die dem Afterende nächstgelegene Stelle der Pflanze ein Ei. Infolge des Einkrümmens des Hinterleibes gelangte so das Ei auf die Unterseite eines Blattes, wo es kleben blieb.) An diesem Tage legte das Tier so vor meinen Augen nach und nach vier Eier auf das Galium. Um 4 Uhr 55 Min. wurde der Versuch abgebrochen und das !) Wenn ein Falter seine Eier auf die Unterseite von Laubblättern ablegt, pflegt man gewöhnlich von einer besonders zweckmäßigen Legetätigkeit zu sprechen, die vor allem von den Eiern den Regen abhalten soll. Abgesehen davon, daß der Taubenschwanz öfters auch ein Ei an eine Blattkante oder an den Stengel ablegt, gibt es ja Falter genug, die ihre Eier ohne eine solche „Schutzmaßregel“ ablegen. Die vom Taubenschwanz abgelegten Eier kleben nur deshalb so oft an der Unter- seite der Blätter, weil sich der Falter gewöhnlich an den Blattenden festhält, die dem von der Seite anfliegenden Tier sogleich einen festen Halt für das Anklammern der Beine gewähren, so daß dann beim .Einbiegen des Hinterleibes das Ei ohne weiteres Zutun meist nur an der Unterseite des Blattes angeheftet werden kann. An den obersten Sproßteilen gelangen dagegen die dort abgelegten Eier infolge der ge- ringeren Größe der daran befindlichen Blätter häufiger auch an die Oberfläche des Stengels, ” 346 Fritz Knoll. Tier hernach in seine Schachtel eingeschlossen. Um 5 Uhr 28 Min. desselben Tages habe ich das Tier abermals vorgenommen, worauf es seine Flüge wieder wie vor- hin begann. Futterobjekte waren nicht mehr im Flugkasten vorhanden. Es wurden nun zwei blütenlose Äste von Galium und zwei solche von Thymus longicaulis in den Kasten gestellt. Das Tier näherte sich bald einem der T’hymus-Zweige und legte auf die Unterseite eines Blattes ein Ei. Dann legte es zwischen weiteren Flügen noch zwei Eier auf Galium. Unmittelbar vorher hatte der Falter auch noch einige Legeflüge gegen Thymus gerichtet, die aber nicht zur Eiablage führten. Um 5 Uhr 39 Min. wurden Galium und Thymus aus dem Flugkasten genommen und da-- für ein blütenloser Ast von Solanum nigrum hineingestellt. Fast unmittelbar dar- auf beilog der Falter den Nachtschattenzweig und legte auf die Unterseite eines der Blätter ein Ei. Um 5 Uhr 51 Min. wurde Solanum nochmals beflogen und mit den Beinen berührt, doch wurde kein Ei mehr gelegt. Um 5 Uhr 54 Min. wurde die Beobachtung abgebrochen. — In diesem Falle war durch das langie Hinausschieben der Eiablage eine Störung im Triebleben des Falters eingetreten. Es wirkten wohl vor allem die Galium-Zweige auslösend auf den Legetrieb ein, doch haben diesmal auch Pflanzen ganz anderer Art (die sich für uns auch im Dufte von Galium unterscheiden) die Ausstoßung des Eies in typischer Weise zustande gebracht. Und dies erfolgte, trotzdem im Freien nie Raupen des Taubenschwanzes auf Thymus und Solanum vorkommen! Man kann diesen Ausnahmsfall verstehen, wenn man be- denkt, daß der Legetrieb nach so langer Zeit der „unnatürlichen“ Zurückhaltung endlich doch durch das Galium zur Betätigung gelangte, was vielleicht zur Folge hatte, daß nach dem Ablegen dies ersten Eies der Legetrieb zunächst zu einer weniger wählerischen Betätigung an grünen Pflanzenteilen führte. Überdies ist es ja wahrscheinlich, daß alle grünen Pflanzen, wenn auch in sehr geringem Maße, das legebedürftige Tier zur. Ausführung von bestimmten Bewegungen reizen, die aber gewöhnlich nur bei Galium dazu führen, daß wirklich ein Ei gelegt wird. Damit hängt zusammen, daß die Raupen des Taubenschwanzes anderes Laub als das des Labkrautes nur sehr selten als Futter annehmen. Sie sind so weit „spezialisiert“, daß sie beim Entzug von Galium auf Blättern anderer Pflanzengattungen meistens verhungern. Wodurch findet nun ein legebedürftiges Taubenschwanzweibehen in der freien Natur den Weg zu Pflanzen von Galium? Schon aus der er- wähnten Beobachtung über den Legeflug im Freien (S. 129) ergibt sich, daß der Falter zunächst planlos eine grüne Pflanze nach der anderen anfliegt. Die allermeisten dieser Pflanzen werden natürlich anderen, für die Raupen des Macroglossum ganz unbrauchbaren Gattungen angehören. Infolge der großen Fluggeschwindigkeit kann aber ein Taubenschwanz in kurzer Zeit eine sehr große Zahl grüner Pflanzen nach Galium „durch- suchen“, so daß er selbst bei einer so unökonomischen Methode schließ- lich doch zur künftigen Futterpflanze seiner Nachkommenschaft gelangen wird. Was veranlaßt nun den Falter, seine Flüge zu grünen Pflanzen- teilen zu lenken, die er doch sonst auf seinen Futterflügen nicht beachtet? Diese Frage konnte ich bald beantworten, nachdem ich im Flugkasten eine Anzahl von Versuchen mit einem legebedürftigen Weibchen aus- geführt hatte. Es stellte sich zunächst heraus, daß die zum Eier- legen führende Fernwirkung der Pflanzen eine optische ist. Dies konnte ich bei mehreren Versuchen mit der Glas- röhrchenmethode leicht und sicher nachweisen. Es wurde hiezu ein pas- Insekten und Blumen. 347 sender blütenloser Zweig von Galium (Bastard von G. mollugo X verum des Wiener Botanischen Gartens) so in ein dünnwandiges Proberöhrchen von 125mm Länge und 16mm Weite hineingeschoben, daß die Zweig- spitze von der nach oben gerichteten Röhrchenöffnung etwa 20 mm ent- fernt war. Der Galium-Ast war gelblichgrün, aber stark trüb in der Farbe. Dieses Röhrchen wurde mit dem geschlossenen Ende in einen Holzklotz eingefügt und in aufrechter Stellung dem Falter dargeboten, der bei unverhüllten Labkrautzweigen eine starke Auswirkung des Lege- triebes zeigte. Er flog bald auf das Röhrchen zu und berührte es immer wieder mit den Beinen an jenen Stellen, welche die einzelnen Blattwirtel enthielten.) Um die freie, leicht zugängliche Öffnung des Röhrchens, durch die der Duft des Galium ausströmte, hat sich das Tier aber nicht gekümmert, trotzdem die Falter bei Gegenständen, die sie anlocken, deren oberste Teile in den Anflügen zu begünstigen pflegen. Da es mir nicht wahrscheinlich schien, daß hier die Gestalt der anlocken- den Zweige eine besondere Rolle spielt, habe ich sogleich die Wirkung desdureh ©hlorophyllveränderten Lichtes bei diesem Falter untersucht. Ich stellte mir zunächst in der üblichen Weise aus den grünen Teilen von Galium mollugo eine alkoholische Rohehloro- phyllösung her. Sie hatte eine kräftige, rein grüne Farbe (im Farb- ton zwischen Hering-Papier Nr. 6 und 7) und fluoreszierte wie jede solche Lösung blutrot. Überdies stellte ich mir aus dieser Rohchlorophyll- lösung durch Ausschütteln mit Benzin eine Lösung von a-Chlorophylil und von b-Chlorophyll her. (Erstere entsprach im Farbton einem Grün zwischen den Hering-Papieren Nr. 7 und 8, letztere einem Gelb zwi- schen Nr. 4 und 5 der gleichen Farbpapiere.) In ähnlicher Weise wie bei den zuerst beschriebenen Versuchen über das Farbensehen unserer Fal- ter (S. 219 ff.) füllte ich diese drei Lösungen in passende Glasröhrchen ein, die ich auf einer Seite mit einem weißen Reflektor versah. Mehrere solcher Röhrchen stellte ich ın einem Holzklotz nebeneinander im Flug- kasten auf, wobei darauf gesehen wurde, daß sich die Reflektoren auf der vom Lichte abgewendeten (rechten) Seite des Flugkastens befanden. Von der Lichtseite her betrachtet zeigten diese Röhrchen vor dem Reflektor je einen hell leuchtenden grünen Längsstreifen. MitdemReflektor- dicht aller drei Chlorophyllösungen erzielte ich 1) Ich habe bei diesen Versuchen dafür Sorge getragen, daß die verwendeten Röhrchen vollständig rein waren, indem ich sie unmittelbar vor der Verwendung mit Seife und fließendem Wasser innen und außen reinigte. Der Galium-Zweig wurde so vorsichtig von oben her eingeschoben, daß er mit der Außenfläche des Röhrchens nicht in Berührung kam. Auch wurde jedes Betasten des Röhrchens nach der Reinigung strenge vermieden, so daß eine Verschmutzung durch Sub- stanzen des Labkrautes vollständig ausgeschlossen war. Überdies mußte ja der aus dem offenen Röhrchenende hervorkommende Duft des Galium wohl jede Ver- _ schmutzung der Oberfläche des Glases an Wirkung weit übertreffen. (Vgl. hiezu auch die bei Bombylius angewendete Form der Glasröhrchenmethode, S. 55 ff.) 348 Fritz Knoll. typische Legeflüge der Falter. Diese flogen unter Bein- bewegungen gegen das farbige Licht, doch haben sie sich um die Öffnun- gen der Röhrchen, die den Duft der Lösungen entließen, nicht gekümmert. Diese Versuche wurden bei elektrischer Beleuchtung in Abwesenheit ultravioletter Strahlen (Chininsulfat-Laterne, vgl. S. 243) ausgeführt. Das Versuchstier habe ich die ganze Zeit hindurch nur mittels sattvioletter Scheibenblumen gefüttert, wodurch Übergangsformen zwischen Futter- flügen und Legeflügen auf das Mindestausmaß eingeschränkt waren. Aus den Versuchen mit Ghlorophyllösungen kann man. somit klar erkennen, daß es wirklich die optische Wirkung der CGhlorophyllfarbstoffe der grünen Pflanzenist, welehe diedem Legetrieb verfallenen Falter von ferne zu den grünen Blättern und Sten- gelnlenkt. Die in dieser Hinsicht gut wirksame b-Chlorophyllösung stand, wie erwähnt, im Farbton dem Hering-Gelb Nr. 4 nahe. Dem- entsprechend fand ich bei dem Tier Nr. 3 (vgl. Protokolle $. 287), daß es seine Legeflüge auch gegen Scheibchen dieses Farbpapieres richtete. Aber auch bei der Darbietung anderer gelber Objekte konnte ich feststellen, daß sie die in Legestimmung befindlichen Weibchen zu nahen Anflügen verleiteten, die von keiner Bewegung des Rüssels, dafür aber von einer mehr oder weniger deutlichen Beinreaktion begleitet waren. Hieher gehören die Blumenblätter von Glaucium flavum Cr., Potentilla pedata Nestl. und Lotus corniculatus L., die Zungenblüten von Helianthus annuus L. sowie die gelben Flügel von Rhodocera rhamni 1. Dazu muß hervorgehoben werden, daß diese Objekte bei den Versuchen mit Glastafeln bedeckt waren, wodurch die Beteiligung des Duftes an der Fernwirkung ausgeschaltet wurde. Sehr gut wirkten jene Papiere, die ich mit Auramin-Gelb gefärbt hatte. Auch bei einem wachsgetränk- ten grünen Papier, das neben Auramin noch Brillanteresylblau enthielt (Grün Nr. 110, 5. 246 und 254), konnte ich Legefiüge feststellen. Eine sehr gute Wirkung zeigten auch kleine blanke Messingflächen, wovon bereits ein Fall erwähnt wurde. Bei allen diesen gelben und grünen Objekten fiel mir auf, daß sie meistens wohl gutgezielte Anflüge bis in die nächste Nähe und vielfach auch starke Beinreaktion auslösten, daß aber nur in einem einzigen solchen Falle (Messingschraube) ein Ei darauf gelegt wurde. Aus diesen Feststellungen verstärkte sich in mir die Vermutung, daß zum vollständigen Ablaufder Legereaktiondie Mitwirkung eines spezifischen Duftes, also eine spezi- fische chemische Nahwirkung gehören könnte. Dieser Duft müßte dann besonders den Galium-Pflanzen eigen sein. Wenn man nun zu einem Objekt, das für Macroglossum zur Gelbgruppe gehörte, noch diesen be- sonderen Duft hinzufügt, dann müßte, falls obige Vermutung berechtigt ist, das Tier schließlich auch seine Eier darauf ablegen. Zur Entschei- Insekten und Blumen. 349 dung dieser Frage wählte ich Auramin-Futterblumen, die sowohl bei Futterflügen als auch bei Legeflügen beachtet zu werden pflegten. Ich stellte mir dann Preßsaft von Galium mollugo her und gab in eine solehe gelbe Schiffehenblume, welche das Versuchstier bisher bei Flügen in Legestimmung nur mit flüchtigen Beinbewegungen berührt hatte, einen Tropfen des Galium-Saftes. Diese nun sehr deutlich nach Galium-Blättern duftende Schiffehenblume habe ich mit der Hand in den Flugkasten hineingehalten, in welchem gerade mein Versuchstier flog: rasch wen- dete sich dieses der Futterblume zu, umklammerte sie kräftig mit den Beinen und krümmte den Hinterleib ein. Durch heftiges Schwenken der Schiffehenblume riß ich aber den Falter absichtlich wieder von ihr los. Dieser verfolgte sofort das sich entfernende Objekt, klammerte sich wieder daran fest und in kürzester Zeit hatte er schon auf die Unterseite des Schiffehens ein Ei angeklebt! Diesen Versuch wiederholte ich noch oft und immer wieder war der Erfolg der gleiche. Seit der Benetzung mit dem Galium-Safte behandelte das Tier die Auramin-Schiffehenblumen geradeso wie einen frei zugänglichen grünen Zweig von Galium, und dies trotz der großen Verschiedenheit in der Gestalt und dem Unterschied in der Farbe. Damit ist bewiesen, daß einin Legestim- mung befindliches Macroglossum-Weibchen unter normalen Umständen nur dann zum Eierlegen kom- men kann, wenn zwei Wirkungen inihm zusammen- treffen: die optische Fernwirkung durch das gelbe Be erune Licht und die chemische Nahwirkung durch den spezifischen Duft der Galium-Pflanze. Wir müssen nun noch genauer auf die Beschaffenheit des Lichtes eingehen, das die Legeflüge der Falter zu den grünen Pflanzenteilen hin- lenkt. Daß hier auch rein gelbe Farben wirksam waren, zeigen die oben erwähnten Legeflüge gegen verschiedene gelbe Objekte und auch die Wirkung der gelben b-Chlorophyllösung. Diese Wirkung des Gelb ist aber nicht auffallend, da die gleichen Lichtgemische auch bei den Futter- flügen der Falter wirksam sind. Dagegen ist sehr bemerkenswert, daß Gelbgrün und Gelblichgrün, welche sogar zwischen Besuchen gelber Futterblumen nur sehr wenig die Beachtung der Tiere erregten, nun bei den Legeflügen der Falter eine besondere Wirksamkeit erlangten. Es ge- hörte ja gerade das wirksame Grün des a-Chlorophylis zu dem sonst . wenig oder gar nicht beachteten Teil der Farbenreihe (vgl. Tab. 22 und 23, S. 258 f., ferner auch die Tab. 24, S. 261). Aber auch bei den Lege- flügen bleibt das bei Futterflügen verschmähte Blaugrün wirkungslos und die grünen Teile der Farbenreihe werden beim Auftreten des Legetriebes desto weniger beachtet, je näher sie dem Blaugrün stehen. Fassen wir nun alle hieher gehörigen Tatsachen zusammen, so werden wir zur Über- zeugung kommen, daß dureh den Legetrieb die zur Gelb- 350 Fritz Knoll. gruppe gehörigen Lichtgemische im Vergleich zu den Futterflügen eine gesteigerte Wirkung &E fahren. Während bei den Futterfligen nur die gesättigten gelben Farben der Gelbgruppe eine starke anziehende Wirkung ausüben, ver- mögen bei den Legeflügen auch noch die den Faltern wahrscheinlich als wenig gesättigtes Gelb erscheinenden gelbgrünen Farbtöne den Anflug sicher gegen ein Objekt zu lenken. Auf diese Weise erstrecken sich die Anflüge, welche schließlich zur Eiablage führen, in der freien Natur auf eine große Menge von gelben und grünen Objekten, innerhalb deren sich auch die durch ihren Duft für den Falter besonders gekennzeichneten grünen Zweige von Galium befinden. V. Blumenbesuch und Blumenduft. Daß der Blumenduft eine wichtige Rolle beim Insektenbesuch der Blumen spielt, galt bis heute als unbestrittener Glaubenssatz der Blüten- ökologie. Bei den Aasfliegenblumen und anderen mit „Ekelgerüchen“ versehenen Blüten und Blütenständen schien diese Auffassung besonders berechtigt. Doch wurde bis jetzt nur für die Honigbienen die Wirksam- keit der Düfte beim Blütenbesuch in einwandfreier Weise nachgewiesen.') Hinsichtlich der anderen Blütenbesucher sind nur mehr oder weniger be- rechtigte Analogieschlüsse nach dem Verhalten der Honigbiene möglich gewesen. Was an Beobachtungen und Versuchen über Schmetterlinge, besonders über Abendschwärmer vorliegt, trägt den Stempel des naiven Betrachtens und des Mangels an brauchbarer Methode.”) Deshalb konnten sich meine Untersuchungen über den Taubenschwanz nicht auf bereits Bekanntes stützen. Darin lag ein Teil der Schwierigkeiten, die sich der Arbeit hier entgegenstellten. In meinen bisherigen Mitteilungen über den Taubenschwanz ist vom Blumenduft nur wenig gesprochen worden. Wenn davon die Rede war, geschah dies immer in der Weise, daß ich sagte: Alle am Falter sichtbaren optischen Wirkungen, die von bestimm- ten Objekten ausgehen, können in vollem Ausmaß auch bei gänzlicher Ausschaltung jeder Duftwir !) Frisch, K. v, Über den Geruchsinn der Biene und seine blütenbiologische Bedeutung (Sonderabdruck a. d. Zool. Jahrbüchern, Bd. 37), G. Fischer, Jena 1919. *) Vgl. z. B. die Angabe über den Windenschwärmer (Protoparce convolvuli) inKerner, A. v,Pflanzenleben, 2. Aufl., Bd. 2, $. 188; ferner die mit dem gleichen Schwärmer durchgeführten Versuche von E. Andreae (Inwiefern werden Insekten durch Farbe und Duft der Blumen an gezogen? in Beih. z. Bot. Centralbl., Bd. XV, 1903, S. 464f.). Auch die Ver- suche, welche 8. Gorka (in der auf S. 342, Anm. 1 angegebenen Arbeit) über die Duftwahrnehmung von Deilephila elpenor anstellte, sind nicht überzeugender. Insekten und Blumen. 351 kung vor sieh gehen. Dies beweist aber noch nicht, daß der Blumenduft beim Blütenbesuch des Taubenschwanzes überhaupt keine Rolle spielt. Es haben ja die Untersuchungen von Frisch gezeigt, daß zwar die optischen Wirkungen der Umwelt zur Orientierung der Honig- biene ausreichen, daß aber trotzdem auch der Blumenduft für sich allein den Futterflug der Bienen zu den Blumen zu lenken vermag. Wir müssen also im vorliegenden Falle untersuchen, ob der Taubenschwanz überhaupt die Fähigkeit der Duftwahrnehmung besitzt und ob diese Fähigkeit so weit entwickelt ist, daß sich die chemische Fernwirkung (Duft) der Blumen neben der optischen wirksam an der Anlockung der Falter be- teiligen kann. Diese Untersuchungen bereiteten aber große Schwierig- keiten, da ich bei den Futterflügen des Falters überhaupt keinen Anhalts- punkt für die Beteiligung des Duftes an der Fernwirkung der von ihm besuchten Objekte gefunden habe. Wenn ich es unterlassen hätte, den Legeflug des Falters zu untersuchen, so hätte ich auf Grund der negativen Ergebnisse aller Duftversuche ohne Bedenken gesagt, daß die Duft- wirkung der Blumen auf die Lenkung der Futterflüge des Tauben- schwanzes überhaupt keinen Einfluß hat. Die Untersuchung der Vor- gänge beim Eierlegen hat aber klar gezeigt, daß der Duft der Blätter und Stengel von Galium bei der Eiablage eine besondere Wirkung ausübt. Nach dieser Feststellung schien die Möglichkeit vorhanden zu sein, daß der Taubenschwanz auch beim Blumenbesuch den Duft beachtet. Mit Rücksicht auf die erwähnten Schwierigkeiten ging mein Bemühen zu- nächst dahin, aus methodischen Gründen irgendeinen Tagfalter zu fin- den, bei welchem sich die Duftwahrnehmung möglichst stark an der Len- kung der Futterflüge beteiligt. Bei diesem Suchen nach einem brauch- baren Schmetterling hatte ich bald Erfolg. Ich fand in Charazxes jasius L., einem im Süden Europas häufigen Tagfalter, ein ganz ausgezeichnetes Objekt für die geplanten Untersuchungen. 1. Duitversuche mit Charaxes jasius. Charazes jasius hat unter allen europäischen Rhopaloceren den schönsten und kräftigsten Flug, der im Anblick fast mehr dem eines Vogels ähnelt als dem wackeligen, unsicheren Flug der meisten Tagfalter. Er bewegt im Fluge seine Flügel mit solcher Kraft, daß man an einem vorüberjagenden Falter deutlich das Knacken der aneinanderschlagen- den Vorderflügelränder hört. Im Fluge ist er äußerst schwer zu fangen und sehr scheu, wenn er sich irgendwo zur Ruhe niederläßt. Viel leichter kann man seiner habhaft werden, wenn man ihn bei der Nahrungsauf- nahme überrascht. Während der Flugzeit des Charazes war die Macchia Süddal- matiens, wo ich diese Studien machte, reichlich mit Blüten bedeckt, die von Faltern viel besucht wurden. Die zahlreichen Sträucher von Erica Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 24 352 Fritz Knoll. verticillata Forsk. trugen eine Fülle rosenroter, duftender Blüten, aus denen an sonnigen Tagen stets Pyrameis cardui L. und verschiedene Arten der Gattungen Vanessa, Satyrus, Pieris, Lycaena und Pararge Nektar saugten. Charazes jasius war dagegen nie auf einer Blüte zu sehen, obwohl er sehr häufig die Macchia durchflog. Doch traf ich ihn öfters auf der Stammoberfläche eines Spitzahorns (Acer platanoides L.), wo er gemeinsam mit mehreren seiner Artgenossen und einem großen, metallisch grünen Goldkäfer (Potosia aeruginosa Drury) den aus der Baumrinde hervorkommenden Saft in sich aufnahm. Er hatte dabei die Flügel nach oben zusammengelegt und betastete sitzend mit dem ausgestreckten Rüssel verschiedene Stellen seiner Unterlage, oder er schritt ruhig auf der Oberfläche des Stammes dahin, sie mit der Spitze des entrollten Rüssels immer wieder berührend. Wenn er dabei einen saftspendenden Riß fand, steckte er den Rüssel hinein und begann zu saugen, Ich sah einen C’haraxes, der seinen Rüssel in ein tiefes Insekten- bohrloch so weit eingeführt hatte, daß seine Augen nahezu die Ränder des Loches berührten. Von Zeit zu Zeit zog er den Rüssel halb heraus, stieß ihn aber bald wieder bis zur Rüsselwurzel hinein und wiederholte dies noch einige Male. An solcher Saugtätigkeit fand ich beide Geschlech- ter des Falters beteiligt. Am häufigsten sah ich Charaxes saugend auf reifen Früchten des Feigenbaumes (Ficus carica L.) sitzen, in dessen schattiger Krone er sich wieder gemeinsam mit Potosia aeruginosa be- tätigte. Oft sah ich ihn auch auf Weintrauben, aus deren etwas angefaul- ten Beeren er sich besonders gerne sein Futter holte. Auch aus reifen Paradeisäpfeln (Solanum Iycopersicum L.) pflegte er den Saft zu saugen, wobei er den Rüssel in die klaffenden Wunden überreifer Früchte ein- führte. Doch war er auch imstande, an manchen unversehrten Stellen der Epidermis reifer Paradeisäpfel den kräftigen Rüssel ins Fruchtfleisch einzubohren. Eine besonders starke Anziehung übte auf Charazes der dalmatinische Rotwein aus. Wenn an schönen Tagen um die Mittags- zeit vor einem Hause im Sonnenschein Trinkgläser mit Rotweinresten standen, stellten sich bald einige solche Falter ein, welche in die Gläser hineinkrochen und die von Wein benetzten Innenflächen mit dem Rüssel zu säubern begannen. Wenn man die Falter in der Weise köderte, daß man ein wenig Rotwein auf einen flachen Teller goß und diesen in die Sonne stellte, dann konnte man sie leicht mit dem Netze von dem Köder wegfangen, zumal sie während des Saugens weit weniger rasch auf wahr- genommene Bewegungen reagierten als sonst. Ja, ich konnte nach kurzer Übung den saugenden Falter bald auch mit der bloßen Hand ohne ihn zu beschädigen einfangen, indem ich mich ihm vom Hinterleibsende her sehr langsam mit gespreiztem Daumen und Zeigefinger der rechten Hand näherte. Das Tier konnte diese Bewegung, wenn sie gut ausgeführt wurde, nicht sehen und so war ich schließlich imstande, wenn ich nahe genug Insekten und Blumen. 353 gekommen war, mit den vorgestreckten Fingern die aneinandergeschlos- senen Flügel von beiden Seiten her rasch zu erfassen und den Falter so am Wegfliegen zu verhindern. Auf diese Weise habe ich zahlreiche Tiere, welche auf einem Tisch aus Paradeisäpfeln saugten, für meine Versuche gefangen, wobei sie oft weniger beschädigt wurden, als wenn ich sie mit dem Fangnetz in meine Gewalt bekommen hätte. Meine ersten planmäßigen Beobachtungen über die Duftwahr- nehmung des Charazes jasius habe ich im Freien mit Hilfe an- gefaulter Weinbeeren gemacht. Als Versuchsplatz verwendete ich eine unbewachsene, mit grauem, teilweise braungeflecktem Kalkstein- schotter bedeckte ebene Fläche am Rande der Maecchia (Halbinsel Lustica). Ich brauchte nur eine Handvoll solcher Weinbeeren zwischen den Stein- stücken zu verteilen, so konnte ich damit rechnen, daß sich an sonnigen Tagen (Ende August, Anfang September) bald einige Falter auf dem Versuchsplatze einstellten und sich zu den Früchten begaben. Ich wählte zu diesen Untersuchungen immer „weiße“ Weintrauben aus. Die von ihnen stammenden Beeren waren in angefaultem Zustande gelblich- grau mit braunen Flecken, also in der Farbe ganz ähnlich vielen Ge- steinsstücken des Schotters, der sie umgab. Für mich war es nur sehr schwer möglich, diese Weinbeeren rasch aus ihrer Umgebung herauszu- finden. Ich konnte in kurzer Zeit feststellen, daß diese Früchtedie Falter nicht mit optischen, sondern nurmit chemi- schen Mitteln heranlockten. Ich sah zunächst, daß sich die Schmetterlinge den Früchten nicht geradlinig, sondern auf verwickelten Zickzackwegen ruckweise näherten. Wenn sich eines der Tiere auf dem Schotter des Versuchsplatzes nieder- gesetzt hatte, konnte es die Weinbeeren, die in den Fugen zwischen den Steinen lagen, nicht mehr sehen. Trotzdem näherte es sich nach und nach immer mehr einer Beere, bis es sie schließlich fand und bei ihr zu saugen begann. Es konnte aber auch ebenso oft geschehen, daß ein Falterunmittel- bar neben einer Beere hin und her ging und sie schließlich dennoch ver- fehlte, obgleich er ihr z. B. schon auf 1 cm nahe gekommen war. Man sah in diesen Fällen, daß die geschilderte Art der Annäherung im Erfolg recht unsicher ist. Die letzten Abschnitte des zu einer Frucht führenden Weges wurden immer gehend ausgeführt, manchmal unter leichter Beteiligung von Flügelschlägen sozusagen hüpfend, wobei sich die Größe der ein- zelnen Sprünge immer mehr verringerte, je näher das Tier der Beere kam. Während dieses ruckweisen Vorwärtsschreitens sah ich, daß der Falter von Zeit zu Zeit die sonst schräg nach oben gespreizten keuligen Fühlerenden plötzlich nach unten bewegte, bis sie die Unterlage berührten (oder fast be- rührten), worauf sie dann gleich wieder in ihre. frühere Stellung zurück- gebracht wurden. Dieses „Fühlerspiel“ ist, wie noch gezeigt werden soll, 24* 354 Fritz Knoll. für die Annäherung an eine Duftquelle sehr charakteristisch.‘) Wenn ich bei diesen Beobachtungen mit Hilfe von Windfahnen’) die Wind- richtung andauernd berücksichtigte, so konnte ich feststellen, daß die Annäherung an die Weinbeeren nur dann er- folgte, wenn diebewegte Luftüber die Beere gegen den Kopf des Falters hinstrich. Bei andauernd gleicher Windrichtung kamen die Falter immer von derselben Seite her zum Ver- suchsplatz und die weitere Bewegung zum Futter geschah in derselben Richtung, natürlich mit entsprechenden kleinen Abweichungen. Wechsel- ten die Luftströmungen häufig ihre Richtung, dann entstanden leicht die erwähnten Ziekzackbewegungen, ebenso auch dann, wenn die Luft plötz- lich fast unbewegt wurde. (Solche unregelmäßige Bewegungen sind es, die dann gewöhnlich als „Suchen“ bezeichnet werden.) Das Gleiche fand ich bei Versuchen, die mit Hilfe überreifer, geiblichgrüner Feigen aus- geführt wurden. Wenn ich von solchen Früchten eine größere Anzahl auf einem fast quadratischen Brette von etwa 40 dm? Fläche an einem heißen, sonnigen Tag auf den Schotter legte, kamen ebenfalls bald die Falter. Sie setzten sich zunächst gewöhnlich entsprechend der Wind- richtung auf einen nahe beim Brette liegenden Stein. Bald erhoben sie sich wieder, vollführten im Fluge über dem Brette einige unregelmäßige S-förmige Schleifen und ließen sich schließlich auf dem Brett selbst nieder. Dort setzten dann auch zwischen den für sie frei sichtbaren Feigen die beschriebenen Gehbewegungen ein, jenes „Suchen“, das zur Entdeekung des Futters aus der nächsten Nähe führte. Verscheuchte ich dabei einen Schmetterling durch eine leichte Bewegung meines Körpers, so flog er auf, machte im Fluge einige große Schleifen über dem Versuchsplatz und kehrte dann meistens bald wieder in der nun bekannten Weise zu dem Brett mit den Feigen zurück. Diese im Freien angestellten Beobachtungen konnte ich durch Ver- suche an gefangenen Faltern soweit vervollständigen, daß wir nun von dem Verhalten des Charaxes jasius ein ausreichendes und klares Bild besitzen. Ich verschaffte mir in der früher beschriebenen Weise von Zeit zu Zeit einige Falter und brachte sie in einem zylindrischen Behälter aus Örgantin oder Tüll unter.’) Dieser Behälter bestand aus einem geräumigen !) Solche Fühlerbewegungen führen die verschiedensten, für Düfte empfind- lichen Insekten aus, wenn ein entsprechender chemischer Reiz auf die Fühler ein- wirkt. 2) Vgl. meine Angaben über die Windmethode S. 45 ff. ») Starre, prismatische Flugkasten, wie ich sie für Macroglossum-Versuche verwendete, haben sich bei Charaxes nicht bewährt. Wenn ich dagegen einen der oben genannten Säcke so aufhängte, daß sein Gewebe nicht ganz gespannt war, so beschädigte sich ein darinnen flatternder Falter beim Anschlagen der Flügel weit weniger als in einem starrwandigen Behälter. Überdies war hier der kreis- förmige Querschnitt des Sackes ebenfalls günstiger als ein rechteckiger oder quadra- tischer. a ai a Insekten und Blumen. 355 Sack, der durch mehrere an seiner Außenseite befestigte Ringe einen kreisförmigen Querschnitt erhielt, wenn er an seinem oberen, stets ge- schlossenen Ende frei aufgehängt wurde. Das untere Ende konnte nach Bedarf geöffnet und wieder mit einer Schnur verschlossen werden. Durch diese Öffnung wurden die Tiere in den Sack gebracht, ebenso das Futter und verschiedene Versuchsbehelfe. Wollte ich einen Versuch ausführen, so steckte ich die rechte Hand durch die genannte Öffnung in den Sack und verschloß ihn etwa in der Mitte meines Unterarmes, indem ich die Schnur rund um diesen so fest zusammenzog, daß während meiner Han- tierungen beim Versuch das Tier nicht zu entwischen vermochte. Durch das Gewebe des Sackes konnte ich alle Vorgänge, die sich im Innern des Sackes abspielten, stets genau beobachten. Die frisch gefangenen Fal- ter flatterten zunächst heftig in ihrem Gefängnis, wobei sie die Ränder ihrer Flügel oft stark beschädigten, was aber auf die späteren Versuche keinen Einfluß ausübte. Zur Fütterung, die meistens mit einem bestimm- ten Versuch verbunden wurde, habe ich gewöhnlich einen Saft verwendet, den ich durch Zerquetschen reifer Pflaumen unter Zusatz von etwas Wasser und Raffinadezucker herstellte.e. Wurde ein kleines Gefäß, das solchen Pilaumensaft enthielt, in die unmittelbare Nähe eines hungrigen Falters gebracht, so näherte sich das Tier bald dem Futter und begann zu saugen. Dagegen hat reines Zuckerwasser keine an- loekende Wirkung auf die Falter ausgeübt. Die Fernwirkung des Pflaumensaftes, die sich im Versuch auf wenige Zentimeter erstreckte, wurde stärker, wenn der Saft schon etwas zu gären begann. Es lag nahe, den Sitz des Geruchsinnes bei den Faltern entsprechend der allgemeinen Auffassung in den Fühlern zu suchen. Es zeigte sich auch sogleich, daß durch die Annäherung eines mit Pflaumensaft be- netzten Stäbchens (aus Holz oder Glas) an die Fühlerenden rascher das Hervorstrecken des Rüssels ausgelöst wurde als durch die Annäherung des Stäbehens an den gerollten Rüssel oder andere Teile des Kopfes. Zum Hervorrufen der Rüsselreaktion sowie zur Prüfung der Duftwirkung verschiedener Stoffe wurde deshalb immer die Annäherung des betreffen- den Objektes gegen die Fühlerenden gewählt. Die später ausgeführten Versuche haben dann auch gezeigt, daß diese gleich zu Beginn ein- geführte Methode ihre volle Berechtigung hatte. Zunächst wollte ich feststellen, ob die Futterblumen aus wachsgetränktem Papier, welche ich bei den Taubenschwanz- versuchen benützte, als solche eine sichtbare Wirkung auf den Falter ausüben. Ich prüfte das Verhalten des Charaxes gegenüber sattvioletten (Methylviolett). gelben (Auramin), grauen und schwarzen Futterblumen (großen Trichterblumen, Fig. 49 L, M, S. 239). Diese Objekte brachten auch, wenn sie mit Zuckerwasser versehen waren, keinerlei Wir- kung aufdie Falter hervor. Selbst wenn ich mit den trockenen 356 Fritz Knoll, | Futterblumen die Fühlerenden des Falters leicht berührte oder wenn ich die Blumen über die Augen des Falters stülpte, trat keine Rüsselreaktion ein. Bei meinen Versuchen mit dem Taubenschwanz haben Objekte, die mit Methylviolett gefärbt waren, in den meisten Fällen eine so starke Wir- kung ausgeübt, daß ein Falter in entsprechendem Zustande (Futtertrieb) sie rasch anflog und vor ihnen den Rüssel entrollte. Dies gilt be- sonders für meine mit Methylviolett gefärbten Futterblumen. Alle Be- mühungen, auch bei Charaxes jasius die Rüsselreaktion mit Hilfe des Lichtes solcher violetter oder anderer sonst optisch wirksamer Objekte zu erzielen, waren erfolglos. Ich sehe darin zwar keinen Beweis dafür, daß dieser Falter nicht imstande ist, Farben zu unterscheiden, doch geht daraus mit Bestimmtheit hervor, daß die Farben bei der Aus- wahl der Futterobjekte für diesen Schmetterling nicht wesentlichin Betracht kommen können. Sobald ich aber in die Trichterblumen etwas Pflaumensaft gab, trat die Rüssel- reaktion rasch ein, ohne Rücksicht auf die sonstige Beschaffenheit der Futterblume. Wenn ich eine mit dem Fruchtsaft versehene Trichter- blume, deren Nadel in ein passend langes Holzstäbchen gesteckt wurde, mit ihrer Öffnung langsam den emporgehaltenen Fühlern des ruhig sitzen- den Tieres näherte, ohne diese jedoch zu berühren, so rollte es sogleich den Rüssel auf und begann mit seiner Spitze in den Maschen der unmittel- bar vor ihm befindliehen Wand des Behälters herumzustechen. Nachdem es dies einige Sekunden lang fortgesetzt hatte, bewegte es plötzlich beide Fühler herunter, und wenn es dabei mit einer Keule die Innenfläche des Tricehters berührte, richtete es sich empor und fand dann auch meistens bald den Pflaumensaft am Grunde des Futtergefäßes. Für den Falter wurde das Auffinden eines duftenden Futtertropfens sehr schwierig, wenn ich ihn mit einem Glasstab genau in die Mitte zwischen die beiden nach oben gespreizten Fühlerkeulen hielt. In einem solchen Fall bewegte ich langsam das benetzte Ende des Glasstabes vom Hinterleibsende her zwischen die Fühlerenden hinein, worauf rasch der Rüssel entrollt wurde. Wenn der Falter dann die Fühler herunterbewegte, wurde fürihn nichts gewonnen,da sich dabei die Fühlerenden nurnoch mehr von den Futtertropfen entfernten. Hatte ich beide Fühler auf diese Weise gleichmäßig gereizt, dann wurde der Rüssel immer nach vorne und unten bewegt, so daß das Auffinden von Futter, das sich gerade über dem Kopfe des Falters befand, nur zufällig geschehen konnte. Berührte jedoch ein Fühler (oder beide) bei der geschilderten Abwärtsbewegung das Futter, dann war das Auffinden schon bedeutend erleichtert. In diesem Sinne kann man die Fühler recht treffend als Riechtaster bezeichnen. Doch tritt die als Reaktion auf den chemischen Reiz erfolgende Rüssel- bewegung in dieser Kette von Erscheinungen nur dann schnell ein, wenn durch kleine Luftbewegungen in der Nähe des duftenden Futters Insekten und Blumen. 357 die Umspülung der Fühler mit den betreffenden Gasen (Dämpfen) rasch vor sich geht. Führt man einen Luftstrom über einen passend duftenden Körper zu den Fühlern des Falters hin, dann übt der Duft sogleich seine Wirkung aus. Die Orientierung des Falters nach dem Duft wird bedeutend leich- ter, wenn die Reizung der Fühler nur von einer Seite her erfolgt. Durch eine starke, nach der Seite der Einwirkung gerichtete Körperbewegung, die von einer leichten Kopfwendung begleitet wird, vermag der Schmetter- ling dann rascher den bereits entrollten Rüssel gegen die Duftquelle zu be- wegen. Man muß aber hervorheben, daß bei der Fernwirkung des Duftes, die hier sehr in Betracht kommt, durch ihn zunächst Ablenkungen der Flugbahn ausgelöst werden, ohne daß gleich der Rüssel vorgestreck wird. Ich sah ja auch bei den Versuchen mit Weinbeeren und Feigen, daß sich die Tiere zunächst in einiger Entfernung von den Früchten nieder- ließen und dabei den Rüssel noch in Ruhestellung trugen. Das Aufrollen des Rüssels erfolgte erst in nächster Nähe der Frucht, in einer Ent- fernung von ihr, die nur wenige Zentimeter betrug. Wenn der entrollte Rüssel nach derReizung nicht sogleich dasFutter entdeckte und der Falter einige Sekunden lang ohne Erfolg mit der Rüsselspitze den vor seinem Kopfe liegenden Teil der Unterlage betastet hatte, dann wurden gewöhn- lich rasch die Fühler gesenkt und das Tier bewegte sich mit gelockertem Rüssel etwas vorwärts. Hatte der Falter bei länger dauernder Betätigung dieser Art kein Futter entdeckt, dann wurde der Rüssel wieder ein- gezogen. Wurde der Schmetterling durch einen Duft stark gereizt, die Duftquelle aber sogleich entfernt und die Luft in der Umgebung des Tieres rasch durch frische ersetzt, so dauerte die einmal ausgelöste Rüs- selbewegung doch einige Sekunden weiter an, bis schließlich der Rüssel in die Ruhestellung zurückkehrte. Zum Eintreten der Rüsselreaktion ist aber stets ein bestimmter Gesamtzustand des Körpers erforderlich, der nicht immer vorhanden ist. "Ein frisch gefangener Falter, der „noch un- ruhig“ ist, kann oft nicht sogleich zum Ausstrecken des Rüssels gebracht werden, selbst wenn man sonst sehr wirksame Düfte hiezu verwendet. Später „tritt Beruhigung ein“ und es gelingt die Reaktion mit demselben Stoffe leicht. Hat der Falter schon genügend Futtersaft in sich auf- genommen, ist ihm aber noch eine größere Menge davon zugänglich, so zieht er schließlich doch den Rüssel aus dem Tropfen heraus, der Rüssel rollt sich ein und nun kann man längere Zeit hindurch mit Duftstoffen kein Entrollen des Rüssels veranlassen: der Falter ist dann „satt“. Wenn wirklich, wie bisher angenommen wurde, die Wahrnehmung des Duftes in den Fühlern vor sich geht, dann müßte diedurchden wort hervorgerufene Rüsselreaktion dadurch ver- lorengehen,daßmandasTierseinerFühlerberaubt. Die Methode des Abschneidens der Fühler wurde schon von verschiedenen 358 Fritz Knoll. Forschern zur Feststellung des Ortes der Riechorgane bei Hautflüglern mit gutem Erfolge angewendet. Es ist dabei natürlich möglich, daß durch eine solche Operation auch andere Schädigungen des Tieres eintreten können, die das Ergebnis eines solchen Experiments zweifelhaft machen. Deshalb ist bei der Beurteilung des Versuchserfolges eine genaue Berück- siehtigung des sonstigen Benehmens nach der Operation erforderlich. Ich habe nun einem C’harazxes-dg', das auf verschiedene Duftstoffe sehr gut mit dem Rüssel reagierte, beide Fühler weggenommen und es zeigte sich, daß der Falter hernach bei sonst un- verändertem Benehmen die Annäherung der früher so wirksamen Stoffe nicht mehr mit dem Entrollen desRüsselsbeantwortete. Am 2. September vormittags habe ich dem zur Operation ausgewählten Falter einen großen Tropfen Pflaumensaft dargeboten. Das Tier fand sogleich das Futter und begann zu saugen. Während es noch saugte, habe ich ihm mit einer Präparier- schere den linken Fühler abgeschnitten. Es fuhr ein wenig zurück, wendete sich aber sogleich wieder dem Futter zu und saugte ohne Veränderung im Benehmen weiter. Bei der Operation war von dem linken Fühler ein Stück von 3mm Länge am Kopf verblieben, der rechte war noch unversehrt. Darauf habe ich von dem verkürzten Fühler noch ein Stück weggeschnitten, so daß nur mehr ein Stumpf von etwa imm Länge übrig war. Eine Stunde nach der Operation prüfte ich die Reaktionsfähigkeit durch langsames Anhauchen des Kopfes: wie bei einem unver- sehrten Falter wurde sogleich der Rüssel vorgestreckt. Am Vormittage des 6. September habe ich den Falter auch seines zweiten Fühlers beraubt, nachdem ich unmittelbar vorher festgestellt hatte, daß der Duft des Pflaumensaftes sogleich das Entrollen des Rüssels bewirkte. Auch diesen Fühler habe ich dem Falter während des Saugens weggeschnitten, wobei sich das Tier durch den Eingriff nicht vom Saugen abhalten ließ. Der Rüssel blieb dann noch etwa 6 Sekunden lang vorgestreckt und man sah an ihm die gewohnten „Suchbewegungen“. Nach dem Einrollen des Rüssels näherte ich ein Röhrchen mit Pflaumensaft dem Kopfe des Falters. Die Rüsselreaktion unterblieb, trotzdem ich diesen Versuch mehrmals wiederholte. Auch dann trat keine Reaktion ein, wenn ich den Pflaumensaft bis auf Bruchteile von Millimetern den Fühlerstümpfen nahe brachte. Hierauf ließ ich einen kleinen Tropfen Pflaumensaft aus dem Röhrchen gegen die Mitte der Rüssel- spirale, also gegen das Rüsselende fließen. Augenblicklich wurde der Rüssel ent- rollt und ausgestreckt. Ich gab nun an die Stelle der Unterlage, welche das Tier gerade mit dem vorgestreckten Rüssel berührte, einen größeren Tropfen des Pflaumensaftes. Dieser Tropfen wurde von dem Falter vollständig eingesaugt. In den nächsten Tagen habe ich die Fütterung auf die gleiche Weise vorgenommen. Das Verhalten des Falters blieb weiter unverändert, trotzdem ich ihm bei einer dieser Fütterungen den rechten Fühler noch weiter verkürzte, so daß nun beide Fühler- stümpfe Imm lang waren. In diesem Zustande des Falters habe ich ihn auch mit reinem Zuckerwasser gefüttert. Obwohl Zuckerwasser für den Schmetterling duft- los ist, bewirkte die Benetzung der Spitze des eingerollten Rüssels sogleich das Ausstrecken und die erwähnten „Suchbewegungen“. (Man sieht daraus, daß die Rüsselreaktion auch auf dem Wege über die Gesehmacksorgane des Rüssels ausgelöst werden kann.) Am 11. September war der Falter noch völlig frisch. Er trank in normaler Weise Zuckerwasser, nachdem ich das Entrollen des Rüssels wie- der durch die Benetzung der Rüsselspitze mit Zuckerwasser ausgelöst hatte. Insekten und Blumen. 359 Es wurde somit die Richtigkeit der Annahme, daß die Geruchsorgane des Faltersin den Fühlern liegen, durch den Versuch bestätigt. Dabei wurde auch zugleich festgestellt, daß bei der Auslösung der Rüsselreaktion durch bestimmte Dämpfe (Gase) derbasale Teilder Fühler keinen wesentlichen An- teil hat. | Die Stoffe, welche auf dem Wege über die Sinnesorgane der Fühler das Entrollen des Rüssels bewirken können, sind in chemischer Hinsicht von recht verschiedener Beschaffenheit. Ich erzielte eine kräftige Rüsselreaktion mit den Dämpfen folgender Stoffe: mit reinem Äthylalkohol (absoluter Alkohol), Essig- säure (Eisessig), Essigäther, Amylazetat, ja sogar mit Formaldehyd! Die normale Hautausdünstung des Menschen konnte unter Umständen ebenfalls diese Reaktion hervorrufen.‘) Auch durch langsames Anhauchen konnte man diesen Erfolg erzielen. Der Dampf frischen Harns war ebenfalls wirksam. Diese Feststellungen sind wohl aus allgemeinen Gründen sehr interessant, doch kommt hier für uns nur die Wirkung von Pflanzendüften in Betracht. Der Duft des Fleisches der anfangs erwähnten Früchte rief natürlich stets die . Rüsselreaktion hervor. Blumen verhielten sich darin verschieden. Mit den Blüten von Delphinium peregrinum erzielte ich keine Wirkung, da- gegen erhielt ich eine solche mit Blüten von Linaria vulgaris und Antirrhinunm. Doch standen diese Reaktionen hinter der Wirkung des Pflaumenfleisches weit zurück. Auf einen käuflichen „Maiglöckchen“- Duftstoff, dessen Duft dem der Maiglöckehenblüten recht ähnlich war, reagierte der Falter sehr gut. Eine kräftige Rüsselreaktion erhielt ich auch mit dem Dufte von Geraniumöl, Sternanisöl, Tuberosen- blütenöl und Orangenblütenöl.) Reines Paraffinöl war da- gegen ganz unwirksam, ebenso wie reines Wasser. Aus dieser Darstellung über Charaxes jasius kann man sehen, wie sich ein Falter benimmt, dessen Weg zum Futter nur oder weit über- wiegend durch die chemische Fernwirkung bestimmter Objekte ge- lenkt wird. Gestützt auf die hier mitgeteilten Tatsachen wird es nun ° 1!) Es ist bekannt, daß sich manche Tagfalter (z. B. Erebia-Arten) gerne auf die menschliche Haut setzen, besonders wenn sie mit Schweiß bedeckt ist, und daß sie dann den Rüssel entrollen und Saugversuche machen. Andere Tagfalter (z. B. Apatura iris) findet man oft auf tierischen Exkrementen (Pferdemist u. a.). ?) Wie bei den optischen Versuchen mit Macroglossum habe ich mich auch bei Duftversuchen zum Teil solcher Objekte bedient, die bereits bei Versuchen mit Honigbienen erprobt waren. Herr Prof. Dr. K. v. Frisch hatte die Freundlich- keit, mir zu diesem Zwecke einige der von ihm bei seinen Bienenversuchen ver- wendeten Duftöle (Geraniumöl, Sternanisöl, Tuberosenblütenöl und Orangenblüten- öl) zur Verfügung zu stellen. Dadurch ist für die Duftwirkung einiger Stoffe ein unmittelbarer Vergleich mit der Wirkung bei Honigbienen möglich. 360 Fritz Knoll. leichter sein, das Verhalten von Macroglossum stellatarum hinsichtlich der Möglichkeit einer Duftwirkung zu beurteilen. 2. Duftversuche mit Macroglossum stellatarum. Da sich bei den Versuchen mit Charazes gezeigt hatte, daß die Rüs- selreaktion bei diesem Schmetterling eine Folge der chemischen Reizung der Fühler, also eine Folge der Duftwahrnehmung darstellt, war ich be- müht, auch bei Macroglossum die Rüsselreaktion durch Düfte hervorzu- rufen. Da der Taubenschwanz niemals beim Sitzen oder Gehen Futter zu sich nimmt, mußten meine Bemühungen dahin gehen, beim fliegenden, aber optisch nicht dazu veranlaßten Falter das Ausstrecken des Rüssels zustande zu bringen. Zu diesem Zwecke ließ ich an verschiedenen Tagen meine Taubenschwänze unmittelbar vor den Fütterungsversuchen in einem Behälter erwachen, der eine große Menge losgelöster Blumenkronen von Linaria vulgaris enthielt. Für mich hatten diese Blumen einen charak- teristischen, angenehmen Duft. Bei Charaxes jasius gelang es mir, mit dem Dufte dieser Blüten das Entrollen des Rüssels hervorzurufen, obwohl dieser Falter weder Blüten von Zinaria noch solche anderer Pflanzen zu besuchen pflegt. Aber bei keinem der vielen in der beschriebenen Art zum Aufwachen gebrachten Taubenschwänze zeigte sich beim Auffliegen eine Lockerung des gerollten Rüssels. Dann ließ ich längere Zeit hindurch meine Versuchstiere in einem Glasgefäß erwachen, dessen Papiereinlage jedesmal mit einigen Tropfen jenes „Maiglöckchen“-Duftstoffes versehen wurde, der bei Charazxes eine starke Rüsselreaktion auszulösen pflegte. Aber auch aus diesem Duftgefäße flogen die Tiere auf, ohne dabei den Rüssel zu entrollen. An den noch „schlafenden“ Faltern war natürlich ebenfalls nichts von einer Rüsselreaktion zu sehen. Diese Versuche habe ich am Versuchsfenster ausgeführt. Überdies ließ ich Taubenschwänze, die schon futterbedürftig waren, im Flugkasten fliegen, dessen Innen- raum mit einem starken Dufte von Amylacetat erfüllt war. In einer, solehen Duftatmosphäre trat beim hungrigen Charazes sogleich die Rüsselreaktion ein. Auf den Taubenschwanz hatte dieser Duft aber keine Wirkung und er entrollte den Rüssel erst dann, als ihm farbige Objekte dargeboten wurden. Schließlich habe ich künstliche Futtergefäße (Futter- blumen) an ihrer Außenseite mit Tuberosenblütenöl bestrichen, so daß ihnen ein deutlicher Duft entströmte. Solche Futterblumen brachte ich gemeinsam mit sonst gleichartigen, aber nicht duftenden auf einer Stecktafel an. Aber die Taubenschwänze zeigten keine Bevorzugung der duftenden Futterblumen gegenüber jenen, die nicht dufteten. Wir sehen aus diesen Versuchen, daß der DuftbeimBlumenbesuchdes Macroglossum keine praktisch in Betracht kom- mendeRollespielenkann,wennauchvielleichteine schwache Wahrnehmung der aus den Blumen kom- mendenDüftevorhandenseinkönnte. Aus diesem Grunde Insekten und Blumen. 361 ist die in Büchern immer wieder gebrachte Angabe, daß der Tauben- schwanz durch den starken Duft der Blüten des Gaisblattes (Zonicer«a) und anderer Blumen angelockt wird, zum mindesten eine sehr arge Über- treibung. Auch diese stark duftenden Blüten lenken die vorüberfliegenden Taubenschwänze mit optischen Mitteln zu sich heran. Aber auch die Abendscehwärmer scheinen nicht durch solche Düfte angelockt zu werden, da meine Versuche mit Deilephila livornica und den stark duftenden Blüten von Lonicera implexa keinen Anhaltspunkt für die Richtigkeit der üblichen Darstellung ergeben haben.) Zur gleichen Auffassung kommt man auch durch andere Tatsachen. Im Freien läßt sich durch die Anwendung der Windmethode (vgl. S. 127) leicht nachweisen — ich tat dies bei Besuchen des Delphinium peregrinum — daß die Anflüge des Tauben- schwanzes gegen die Blüten auch ohne die Mitwir- kung des Blumenduftes zustande kommen. Weitere Tatsachen, welche diesen Befund bestätigen, kann man bei Versuchen im Zimmer erhalten. Wenn eine Versuchsanordnung aufgestellt wird, die zwischen frei zu- gänglichen duftenden Blumen solche derselben Beschaffenheit unter Glas darbietet, dann fliegen die Taubenschwänze nicht gegen die Glas- ränder, an denen der Duft hervorkommen kann, sondern sie fliegen wohl- gezielt gegen jene Stellen der Glashülle, durch die das Bild der Blume sichtbar ist. Dabei ist das Benehmen an diesen unter Glasplatten (oder inGlasröhrehen) dargebotenen Blumen das gleiche wie bei den unmittelbar danebenstehenden freien, was aus den Erfolgen der Rüsselspurenmethode mit aller Deutlichkeit hervorgeht. In diesen Fällen besuchen die Falter in stetem Wechsel unmittelbar hintereinander die duftenden und duftlosen Objekte der gleichen optischen Beschaffenheit.) Noch auffallender tritt uns dies bei Spektralversuchen entgegen. Bei diesen Versuchen (5. 298) flogen die Falter unmittelbar von den eben besuchten stark duftenden Blumen (Hyacinthus) gegen die duftlosen blauen-und violetten Teile des Spektrums und berührten dort die leuchtenden Stellen geradeso mit dem Rüssel wie die duftenden Blüten. Dabei flogen die Tauben- schwänze nicht etwa mit andauernd vorgestreecktem Rüssel von der !) Über diese Versuche soll später an einem anderen Orte ausführlich be- richtet werden. 2) Dagegen haben Honigbienen, die aus duftenden Blumen (z. B. Muscari racemosum) Nektar saugten, die unter Glasröhrchen befindlichen Blütenstände der- selben Art wohl beflogen, doch näherten sie sich den letzteren gewöhnlich nicht so sehr, daß sie sich auf ihnen niederließen. Saugversuche auf glasbedeckten Objekten habe ich bei solchen Bienen überhaupt nie gesehen. Bei den Honigbienen bewirkt eben, wie Frisch gezeigt hat, der Besuch duftender Blumen gleichzeitig eine Bindung an die optische Beschaffenheit und eine Bindung an den Duft, so daß diese Tiere beim Besuch der Blumen eine engere Wahl treffen, als es dem Taubenschwanz möglich ist. 362 Fritz Knoll. Blume zum Spektrum und wieder zu ihr zurück, sondern sie entrollten erst knapp vor den Spektralscheibehen den Rüssel, geradeso, wie sie es jedesmal vor den Blumen taten! In anderen Fällen besuchten die Falter nur die Spektralscheibehen und beachteten die frei daneben stehenden, sonst häufig besuchten natürlichen Blumen nicht, trotzdem sie für den Menschen deutlich dufteten. | = Endlich habe ich bei einem gut fliegenden Taubenschwanz, den ich in den vorausgegangenen Tagen wiederholt mittels künstlicher (violetter) Futterblumen gefüttert hatte, beide Fühlerbisaufetwai mm lange Reste weggeschnitten. Am Tage nach dieser Opera- tion ließ ich diesen nun fühlerlosen Falter wieder im Flugkasten fliegen und setzte ihm Zuckerwasser in den gewohnten violetten Futterblumen vor. Er flog anfangs etwas ungeschickt, was ja oft auch bei unversehrten Taubenschwänzen vorkommt, wendete sich dann aber plötzlich den Futterblumen zu, entrollte vor einer den Rüssel und begann zu saugen. Zuerst schienen die Bewegungen bei diesen Besuchen etwas matt zu sein, aber nach kurzem Saugen nahmen sie die gewohnte Form an und auch die Flüge von Futterblume zu Futterblume zeigten wieder die bei unver- sehrten Tieren beobachtete Sicherheit. Da wir annehmen müssen, daß die Riechorgane des Schmetterlings in den Fühlern liegen, zeigt uns auch der eben beschriebene Versuch, daß die Mitwirkung irgendeines Dultes beim Blumenbesuch des Taubenschwanzes nicht notwendig ist. Der operierte Taubenschwanz bildet in seinem Verhalten gerade das Gegen- teil zum operierten Charazxes, der nach der Wegnahme der Fühler nicht mehr imstande war, in der gewohnten Weise das Futter zu finden. Auch in anderer Hinsicht ist der Vergleich zwischen diesen beiden Schmetter- lingstypen sehr lehrreich. Bei Charares fanden wir im Anschluß an die Duftwirkung ein gut ausgebildetes Fühlerspiel; Macroglossum hält da- gegen vom Aufflug an bis zum Verlassen einer eben besuchten Blume die Fühler ganz unbeweglich schräg nach oben. Nur beim Legeflug (S. 343) schien eine schwache Andeutung einer Fühlerbewegung wahrnehmbar zu sein, was mit der in diesem Falle nachgewiesenen Duftwirkung der Blätter und Stengel von Galium im Einklang steht. Charazes, der sein Futter wohl ausschließlich mit Hilfe bestimmter Duftwirkungen auffindet, bewegt sich auf sein Futterobjekt zuletzt langsam in Ziekzacklinien zu; Macroglossum dagegen findet das Futter in Objekten einer bestimm- ten optischen Beschaffenheit in einem fast geradlinigen Antluge sicher und mit großer Geschwindigkeit: So spricht sehon die allbekannte Sicherheit im Blütenbesuch für sich allein gegen die Auffassung, die den Blumen- duft als Hauptfaktor in der Anloekung der Tau benschwänze sehen wollte Und auch in allen an deren Erscheinungen, die ich geschildert habe, zeigt sich nirgends ein Anhaltspunkt für eıne Insekten und Blumen. 363 nennenswerte Beteiligung der Duftstoffe am Zu- standekommen der Blütenbesuche dieses Schmei- terlings. | _c. Kritik der Versuche von Felix Plateau. Die einzige Arbeit, welche sich ausführlich mit dem Blütenbesuch des Taubenschwanzes beschäftigt, ist die schon früher (S. 126) erwähnte Arbeit von Plateau, die unter dem Titel „Lemaecroglosse“ im Jahre 1906 erschienen ist. Ich habe mich bereits im allgemeinen darüber geäußert, doch erscheint es mir nötig, hier noch auf die Einzelheiten ge- nauer einzugehen. Ich hoffe dadurch klar zu machen, weshalb Plateau bei seinen Bemühungen so wenig Erfolge zu verzeichnen hatte. Für Plateau war der klare Einblick in das Benehmen des Taubenschwanzes vor allem dadurch erschwert, daß ihm jene Erschei- nung, welche ich vorläufig als „‚Dunkeltrieb‘ bezeichnete, noch nicht als eine besondere Lebensäußerung des Falters bekannt war. Der Autor hat ja selbst den Taubenschwanz bei Anflügen gegen verschiedene Mauer- teile u. dgl. gesehen, doch scheint er alle diese Flüge nur als „Such- bewegungen“ aufgefaßt zu haben, die er von den Futterflügen nicht zu trennen vermochte. Durch solche Beobachtungen trachtete er dann seine Ansicht von der Bedeutungslosigkeit der Blumenfarben zu stützen. Selbst richtige Beobachtungen anderer Forscher wollte er nicht als Hinweis auf das Farbensehen der Schmetterlinge betrachten. So meinte er z. B., dab die Besuche gemalter Blumen, die R. Vallette, Bernard Perez u. a. bei einem im Zimmer fliegenden Taubenschwanz beobachten konn- ten, auch nur in der gleichen Weise zu deuten seien wie Anflüge gegen verschiedene nicht farbige Dinge.) Daß sowohl B. P6rez, als auch Vallette sahen, wie der Taubenschwanz nach dem farbigen Objektseinen Rüsselausstreckte, hat die Auffassung von Plateau nicht geändert. Bei der Besprechung dieser Beobachtungen sagt Plateau ausdrücklich (auf S. 165 seiner Arbeit): „Comme l’a objeet& le Dr. Breyer ä la Societ6 entmologique de Belgique . ... le Macroglosse vole toujours la trompe d£eroulee‘“ Daß Plateau den letzten Teil dieser Äußerung durch besonderen Druck hervorgehoben hat, ist sehr bemerkenswert. An einer anderen Stelle seiner Arbeit hat der Autor erwähnt, daß er nicht zufällige Beobachtungen über den Tauben- schwanz. wiedergebe, sondern daß er auf das Studium des Falters stets vorbereitet gewesen sei. Durch fünf Jahre hatte er nun seine besondere Aufmerksamkeit den in seiner Nähe auftauchenden Taubenschwänzen zu- gewendet und trotzdem blieb er davon überzeugt, daß diese Halter „immer mit entrolltem Rüssel“ fliegen!?) Man sieht daraus, daß 1) Plateau, Lemacroglosse,a. a. O. S. 160f. und S 164. 2). Hiezu sei noch bemerkt, daß der Tlaubenschwanz zwischen nahe beiein- anderstehenden Futterobjekten (z. B. zwischen meinen Triehterblumen, wenn sie 364 Fritz Knoll. Plateau nicht imstande war, feinere Einzelheiten des Benehmens der von ihm beobachteten Tiere wahrzunehmen. Diese Tatsache ist bei der Kritik der Arbeiten von Plateau stets zu berücksichtigen. Plateau hat lange Zeit Versuche angestellt, die dem Tauben- schwanz Gelegenheit geben sollten, sich künstlichen farbigen Objekten zuzuwenden. Er ging dabei insofern methodisch richtig vor, ale er das Verhalten der Falter in der Nähe der von ihnen besuchten natürlichen Blumen verfolgte. Doch haben diese Versuche nur mit Miß- erfolgen geendet, indem sich die Taubenschwänze wohl um die natürlichen Blumen, nicht aber um die Versuchsobjekte Plateaus kümmerten. Schon früher hatte J. P&rez den richtigen Einwand gemacht, daß Plateau zu solchen Versuchen viel zu große farbige Stoff- stücke (,„vastes drapeaux“) verwendet hat.') Mit Rücksicht auf diese Einwände hat Plateau später kleinere farbige Flächen (40 X 40 mm) den Faltern dargeboten, aber auch diesen wendeten sich keine Tauben- schwänze zu. Dies ist begreiflich, wenn man meine eigenen, mit verschie- den großen farbigen Flächen ausgeführten Versuche (8. 331 ff.) betrachtet. Man wird dann finden, daß Plateau unter den ungünstigsten Ver- suchsbedingungen gearbeitet hat. Selbst quadratische blaue Flächen von der Größe 40 X 4O mm erwiesen sich bei meinen Versuchen als viel zu groß. Nach der Nahrungsaufnahme aus künstlichen Futterblumen waren blaue Quadratflächen von 10 mm Seitenlänge viel wirksamer als solche von 40 mm Seitenlänge (S. 332). Diese Ergebnisse meiner Versuche lassen sieh unmittelbar mit jenen Plateaus vergleichen, da meine Futter- blumen in der Größe annähernd mit der Durchschnittsgröße der von ihm verwendeten natürlichen Blumen übereinstimmten. Auch die künst- lichen farbigen Blumen, die der Autor neben natürliche stellte, waren in den meisten Fällen etwas zu groß. Dies geht aus den Abbil- dungen hervor, die Plateau seiner Arbeit beigegeben hat. Auch die farbigen Blumen der mit bunten Tapeten überzogenen Schirme, die er im Rasen aufstellte, waren viel zu groß, was ich ebenfalls den Zeichnungen Plateaus entnehme. in Abständen von 2cm nebeneinander standen) den Rüssel nach dem Besuch jeder Blume beim Übergang zur unmittelbar benachbarten nur halb einzurollen pflegt. Stehen aber die Futterobjekte weiter (z. B. 10 cm) voneinander ab, dann wird der Rüssel zwischen zwei Besuchen ganz eingerollt, wobei er allerdings noch etwäs lockerer gerollt sein kann als z. B. bei den Dunkelflügen. Vielleieht wurde Breyer dadurch irregeführt, daß er zufällig einen Taubenschwanz gerade in dem Augen- blicke genauer beobachtete, als er, was äußerst selten geschieht, während eines Fluges fern von Blumen plötzlich für wenige Sekunden den Rüssel aus- streckte. (Ich habe einige Male diese Reaktion bei Faltern, die im Flugkasten flogen, aus nächster Nähe genau beobachtet; ich möchte sie zu den sogenannten „Putzbewegungen“ rechnen.) 1) Plateau bezeichnet noch ein Stück des Formates 10 X 14 cm als „assez minime“ (S. 158 a. a. O.)! Insekten und Blumen. 365 Eine weitere Ursache der unterbliebenen Besuche künstlicher Objekte war bei den Versuchen von Plateau der Umstand, daß die von ihm dargebotenen farbigen Gegenstände oft einer anderen optischen Gruppe (im Sinne von S. 261) angehörten als die natürlichen Blumen, die kurz zuvor von den Taubenschwänzen besucht wurden. Wenn die von dem Autor beobachteten Tiere z. B. zunächst aus zahlreichen purpurnen Blüten von Phlox saugten, so entstand bei ihnen eine Bindung an die optische Beschaffenheit dieser Blumen, also an die Blaugruppe. Gehörten die daneben stehenden künstlichen Objekte aber z. B. zur Gelbgruppe, dann durfte man natürlich keine besondere Beachtung erwarten. Bei farbigen Objekten spielt, wie ich nachweisen konnte, die Sättigung der Farbe eine wichtige Rolle (S. 273 ff.). Im Wett- bewerb zwischen satten und weniger satten Blumen werden die gesättig- teren bevorzugt. Dadurch wird verständlich, daß die wenigen Tauben- schwänze, die Plateau bei seinen Versuchen zu Gesicht bekam, sich zunächst den sehr zahlreichen satteren natürlichen Blumen zuwandten. Wenn sie dann dort ihren Hunger gestillt hatten, flogen sie rasch davon, ohne die noch daneben befindlichen weniger gesättigten künstlichen Objekte zu beachten. Dies gilt besonders von den Versuchen, die neben Anchusa italica ausgeführt wurden. Die Blüten dieser Pflanze haben ein derartig gesättigtes Blau, daß es sich kaum von der blauen Farbe des Frühlingsenzians (Gentiana verna) unterscheidet. Hinter solchen blauen Blüten stehen künstliche Objekte derselben Farbgruppe in den meisten Fällen weit zurück und damit wohl auch die bei den Versuchen von Plateau verwendeten. Schließlich ist noch hervorzuheben, daß die Anordnung der Versuchsobjekte bei den Versuchen Plateaus keine günstige war. Es ist mir aus eigener Erfahrung bekannt, daß man Objekte, deren Wirksam- keit auf Blüteninsekten untersucht werden soll, nicht neben großen, mit zahlreichen gleichartigen Blüten bedeekten Pflanzenbüschen anbringen darf. Die Tiere fliegen auf solchen großen reichblühenden Stöcken, z. B. auf einer Gruppe von Phlox paniculata, zwischen den einzelnen Blüten nach verschiedenen Richtungen hin und her und es hängt dann sehr vom Zufall ab, ob das Insekt in die Nähe des Versuchsobjektes kommt oder nicht. Günstiger ist es, wenn man armblütige Blütenstände verwendet und dazwischen die Versuchsobjekte einschaltet. Man kann reichblühende Infloreszenzen auch durch Wegnehmen oder Verhüllen ihrer meisten Blüten zu solchen Versuchen brauchbar machen. Am günstigsten ist es aber, wenn man sich hiezu, geradeso wie ich es bei meinen Bom- bylius-Versuchen (S. 44 f.) getan habe, eine Anflugsallee herstellt, inner- halb deren man die eigentlichen Versuchsobjekte anbringt. Wenn in einer solchen Allee das Tier von Blume zu Blume fliegt, muß es in un- mittelbarer Nähe der Versuchsobjekte vorüberkommen und so sein Be- 366 Fritz Knoll. nehmen auch an diesen zeigen. Zur Herstellung einer Anflugsallee kann man auch frisch von Stamme abgeschnittene Blüten oder Blütenstände verwenden, die man dann in passenden Gefäßen (Flaschen u. dgl.) mit Wasser in einer Reihe aufstellt. Den richtigen Abstand zwischen den einzelnen Gliedern einer solchen Reihe findet man am besten mit Hilfe einiger Vorversuche. Wenn man auch in der eben beschriebenen Weise die Freilandversuche methodisch recht gut vervollkommnen kann, so bleiben doch die im Freien angestellten Versuche mit Macroglossum, so notwendig sie auch sind, stets etwas unökonomisch. Versuche in einem kleineren Raumabschnitt, also Versuche an frei im Zimmer fliegenden Tieren und besonders Versuche im Flugkasten, gestatten eine weitaus bessere Ausnützung der Zeit und der Fähigkeit der Versuchstiere. Ein derartiges Zahlenmaterial, wie ich es meinen Ausführungen beigeben konnte, hätte ich auch bei der größten Ausdauer und Geschicklichkeit im Freien niemals erhalten können. Auch der Umstand, daß man bei Ver- suchen mit gefangenen Tieren deren Nahrungsaufnahme beliebig für die Versuche ausnützen und regeln kann, hat meine Bemühungen wesentlich erfolgreicher gemacht. Plateau wollte auch die Wirkung der farbigen Blattschöpfe an den Enden der blütentragenden Sprosse von Salvia horminum L. (vgl. die Fig. 9 meiner Taf. 1) untersuchen. Diese Hochblätter waren rosenrot, manchmal mehr blau gefärbt. Drei der sechs Taubenschwänze, die Plateau auf den benachbarten Stöcken von Dianthus barbatus saugen sah, haben sich auch den farbigen Salvia-Blattschöpfen zugewendet, doch hat er ihr Benehmen dabei nicht sehr genau beobachtet. Er sagt dazu, dab sich die Falter ‚irrtümlich‘ diesen Teilen zugewendet hätten, und mißt einem solchen Erfolg keine besondere Bedeutung zu. Daß hier ein posi- tives Ergebnis zu verzeichnen war, hatte wohl darin seinen Grund, daß die Farbe der Dianthus-Blüten ebenso zur Blau-Violett-Purpur-Gruppe gehörte wie die der farbigen Blattschöpfe von Salvia. Um diese meine Auffassung zu überprüfen, habe ich eine Anzahl von Versuchen im Flug- kasten ausgeführt. Taubenschwänze, welche aus einigen sattvioletten (Methylviolett) Futterblumen ihr Futter entnahmen, wendeten sich zwi- schen den Besuchen der künstlichen Futterobjekte auch den von diesen in der Größe nicht sehr verschiedenen rosenroten und violetten Blatt- schöpfen von Salvia horminum zu. Dabei berührten sie diese futterlosen farbigen Hochblättergeradesomitdem ausgestreckten Rüssel wie die gewohnten violet- ten Futtergefäße. Unter diesen Umständen haben sich entgegen der von Plateau verfochtenen Ansicht die rosenroten Blattschöpfe ebenso wie die violetten als „Schauapparate‘ erwiesen. Diese Wirkung kann auch in der freien Natur eintreten: Die Hochblätter vermehren die optische Fernwirkung der blühenden Pflanze, deren verhältnismäßig Insekten und Blumen. 367 kleine, auch für uns nicht sehr auffallenden Blüten für sich allein weit weniger die farbentüchtigen Blumenbesucher aus der Ferne zu sich zu lenken vermögen als im Verein mit den farbigen Endblättern. Daß dies der Fall ist, habe ich auch beim Verhalten der Honigbienen im Freien (Süddalmatien) feststellen können. Damit glaube ich die Widersprüche, welche zwischen den von Plateau mitgeteilten Versuchsergebnissen und meinen eigenen, an Macroglossum gewonnenen Erfahrungen zu bestehen schienen, genügend aufgeklärt zu haben. D. Bemerkungen über andere Schmetterlinge. Hinsichtlich der Nahrungsaufnahme und der Fähigkeit, dabei Be- stäubungsarbeit zu leisten, verhalten sich die einzelnen Schmetterlings- arten recht verschieden. Obgleich unter den Schwärmern (Sphingi- dae) die ausgeprägtesten Blütenbesucher vorhanden sind, gibt es unter ihnen doch auch solche, welche trotz ihrer sehr ausgebildeten Saugorgane niemals bei Blüten angetroffen werden. Ich erwähne hier den Totenkopf- schwärmer (Acherontia atropos), der gerne den aus Baumrinden aus- fließenden Saft saugt und auch häufig ins Innere der Bienenstöcke ein- dringt, wo er sich seinen Magen mit Honig anfüllt.‘) Bei solchen Schwär- mern dürften die optischen Eigenschaften der Futterquellen nicht wesent- lich in Betracht kommen. Es ist vielmehr anzunehmen, daß jene vor- wiegend durch die chemische Fernwirkung ganz bestimmter Duftstoffe den Weg zum Futter finden. Dagegen dürfte bei den meisten blüten- besuchenden Schwärmern (Abendschwärmern) die Anloekung durch die Blume optisch, und zwar mit Hilfe der Unterscheidung nach Farbe und Helligkeit, vor sich gehen, wobei vielleicht daneben auch noch der Duft eine Rolle spielen könnte (vgl. S. 342, Anm. 1 und 2, ferner S. 350, Anm. 2). Jedenfalls scheint mir die alte Auffassung, daß die Abend- schwärmer vor allem durch den „starken“ Duft bestimmter Blumen aus weiter Ferne angelockt werden, heute nicht mehr ohne nähere Unter- suchung annehmbar. Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, daß manche Schwärmer, z. B. Arten der Gattung Smerinthus,) die im Falter- zustande keine Nahrung zu sich nehmen und: dementsprechend einen verkümmerten Rüssel besitzen, als Blütenbesucher ebenfalls nicht in Be- tracht kommen. 1) Vgl. Brehms Tierleben, 4. Aufl. (1915), Die Vielfüßler, Insekten und Spinnenkerfe (bearbeitet von R. Heymons), S. 285. a 2) Vol. Rothschild W. and Jordan K. A revision of the lepi- dopterousfamily Sphingidae (London, 1903, Novit. zool., vol. IX suppl.), Seite 167 [unter Ambulicinae]. Abhandl. d. Zool.-botan. Ges. Bd. XII, Heft 2. 25 368 Fritz Knoll. Bei den Schwärmern, die aus Blüten Nektar saugen, ist der Wert des Bestäubungsaktes sehr verschieden. Jene Arten, bei denen die Länge des Rüssels der ihres Körpers gleichkommt oder sie übertrifft, pflegen bei Falterblumen mittlerer Größe ganz frei über der Blüte schwebend den Nektar in sich aufzunehmen. Schwärmer mit etwas kürzerem Rüssel halten sich dagegen beim Nektarsaugen häufig mit den Vorderbeinen am Blüteneingang fest. Dies ist z. B. bei Deilephila livornica der Fall. Der Blütenstaub kann somit je nach dem Benehmen des Falters bald an dem mit Nektar befeuchteten Rüssel, bald an der Unterseite des Kopfes und der Brust, sowie an den Beinen von Blüte zu Blüte getragen werden. Letzteres ist besonders dann der Fall, wenn die Geschlechtsteile der Blüte aus ihr weit hervorstehen. Die Tagfalter (Rhopalocera) verhalten sich ebenfalls sehr ver- schieden. Zahlreiche unter ihnen kümmern sich niemals um Blüten. Einen solchen Fall habe ich ausführlich besprochen (Charazes jasius, 5. 351 f.). Doch auch die blütenbesuchenden Arten verhalten sich hinsichtlich der physiologischen Hilfsmittel, durch welche sie schließlich zu dem Nektar gelangen, verschieden. Zu den eifrigen Blütenbesuchern unter den ein- heimischen Tagfaltern gehören die Weißlinge (Pieridae). Bei ihrer An- näherung an die Blumen sind nach meinen eigenen Untersuchungen so- wohl die optischen als auch die chemischen Wirkungen der Blüten be- teiligt. Bei Pieris rapae und P. ergane, welche in Süddalmatien zu den häufigsten Besuchern von Satureja nepeta gehörten und dabei gute Be- stäubungsarbeit leisteten, habe ich mit Hilfe der Glasröhrchenmethode festgestellt, daß diese Schmetterlinge infolge der optischen Fernwirkung zu den Blüten gelangen. Wieweit bei ihnen der Duft in nächster Nähe der Blume eine Rolle spielt, habe ich nicht untersucht, doch fand ich bei Ver- suchen an gefangen gehaltenen Tieren, daß die Rüsselreaktion auch durch bestimmte Duftstoffe ausgelöst werden kann. Auf die Weißlinge übt die Farbe der Blumen eine deutliche Wirkung aus. Dies äußert sich darin, daß man in Mitteleuropa bei Weißlingen (z. B. P. brassicae), wenn sie auf blumenreichen Wiesen ihre Futterflüge ausführen, leicht eine natür- liche Bindung an eine der beiden Farbengruppen (Gelbgruppe bei Blüten- ständen von Leontodon u. a., Blaugruppe bei Knautia, Centaurea u. a.) feststellen kann. Auf andere blütenbesuchende Tagfalter (z. B. Satyrus statilinus) übt wohl auch der Duft neben der optischen Beschaffenheit der Blüte eine beträchtliche Wirkung aus. Dies scheinen solche Schmet- terlinge beim Besuche der Blüten durch ihr Fühlerspiel (vgl. darüber >. 353 und 356 bei Charaxes) anzuzeigen. — Aus diesen kurzen Hinweisen ist zu entnehmen, daß die Tagfalter noch sehr einer genaueren sinnes- physiologischen Untersuchung bedürfen. Bestimmte Freilandversuche mit Weißlingen dürften hier bald zu den gewünschten Erfolgen führen. Hinsichtlich der zu wählenden Methode wären jene Angaben zu beachten, - Insekten und Blumen. 369 die ich zuerst für Bombylius und später (gelegentlich der Kritik der Ver- suche von Plateau, S. 363 ff.) für Macroglossum mitgeteilt habe. Bei vielen Eulen (Noctuidae), die man häufig auf Blumen findet, wird die Anlockung wohl durch den Duft der Blüten bewirkt. Dafür sprechen auch die Erfolge der Methode des „Köderns“, deren sich die Schmetterlingsammler bedienen, um bestimmter Nachtfalter habhaft zu werden.') Doch ist es nicht ausgeschlossen, daß bei manchen Arten (z. B. Plusia gamma) auch optische Reize bei der Anlockung mitspielen. Die übrigen Gruppen der Schmetterlinge sind in Europa in wechseln- dem, aber meist geringem Maße an der Bestäubung beteiligt, ohne daß wir über die Art der Anlockung durch die Blumen Sicheres wissen. Unsere Kenntnisse über das Sinnesleben dieser Tiere sind ja überhaupt recht ge- ring und es wäre sehr erwünscht, wenn wir bald mehr darüber erfahren würden. | E. Zusammenfassung. Im Mittelpunkte der vorliegenden Untersuchungen über den Tauben- schwanz steht die Frage nach dessen Farbensehen. Von der Be- antwortung dieser Frage hängt es ab, ob wir die Farben der Falterblumen als ein wirksames Mittel zur Anlockung der Schmetterlinge auffassen dürfen oder nicht. Nach den Tatsachen, welehe wir über das Farben- sehen der Honigbienen und Wollschweber (Bombylius-Arten) kennen, wäre zwar ein Analogieschluß nach dieser Richtung möglich, allein die volle Sicherheit kann uns nur die unmittelbare Untersuchung selbst geben. Den Ausgangspunkt dazu bildet die planmäßige Beobachtung im Freien. Bei dieser zeigte es sich, daß der Taubenschwanz auf jenen Flügen, die ihn zu seiner Nahrung führen, Objekte bestimmter optischer Beschaffenheit beachtet, solche von anderer dagegen nicht. Er befliegt außer den satt- gefärbten Blumen manchmal auch blaßfarbige oder rein weiße, kümmert sich dabei aber nicht um die grünen Pflanzenteile. Ebensowenig lenkt er seinen Futterflug gegen die übrigen verschieden hellen grauen, schwarzen oder braunen Gegenstände seiner Umwelt. Die weitere Untersuchung des Futterfluges an gefangen gehaltenen Taubenschwänzen ergab, daß bei den Anflügen des nahrungsbedürftigen Schwärmers geradeso wie bei denen der Honigbiene und des Wollschwebers zwei Gruppen von Farben be- sonders in Betracht kommen: die Blaugruppe und die Gelbgruppe. Zur Blaugruppe gehören reines Blau, Indigo, Violett und Purpur, zur Gelbgruppe Rötlichgelb, reines Gelb, Grünlichgelb bis Gelbgrün. Bei der Wirkung der farbigen Objekte auf den Falter spielen auch noch die. Helligkeit und die Sättigung der Farben eine besondere 1) Die Ausführung solcher „Köderversuche“ nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten wäre sehr zu empfehlen. 25* 370 Fritz Knoll, Rolle. Wenn sich ein Taubenschwanz sein Futter längere Zeit nur aus Objekten einer bestimmten optischen Beschaffenheit geholt hat, entsteht unter Umständen eine Bindung an den Besuch solcher Objekte. So- bald ihm diese dann auf Futterflügen in den Weg kommen, wendet er sich ihnen zu, streckt den Rüssel aus und berührt sie mit dessen Spitze, während er anders geartete Objekte unbeachtet läßt. Die Bindungsmög- lichkeiten wurden von mir an natürlichen und künstlichen Objekten genau untersucht und es zeigte sich dabei, daß man vier verschiedene Arten der Bindung an die optischen Eigenschaften der Futterobjekte feststellen kann: eine Bindung an die Blaugruppe und eine solehe an die Gelbgruppe der Farben, ferner eine Bindung an Hell und eine an Dunkel. Ist das Tier an den Besuch sehr dunkler farbloser („schwarzer“) Objekte gebunden, dann wendet es sich auf Futterflügen auch rein roten zu, wodurch es zu erkennen gibt, daß reines Rot und Schwarz für den Falter gleich erscheinen. Diese Bindungen können auch miteinander in bestimmte Beziehung treten. So kann z. B. eine Bindung an eine sehr dunkle (fast schwarze) Farbe der Blaugruppe zustande- kommen, worauf der Falter bei seinen Futterflügen helle Objekte derselben Farbgruppe nicht beachtet. Ob der Taubenschwanz ein ihn von ferne an- lockendes Objekt schließlich auch mit dem Rüssel berührt (besucht), hängt noch von der Größe des Objektes ab. Die im Verein mit der Färbung einen Besuch auslösende Größe der Objekte entspricht annähernd der Größe jener Blüten, welche auch infolge anderer Eigenschaften als „Falterblumen‘“ in Betracht kommen und dementsprechend vom Tauben- schwanz regelmäßig und wirksam besucht zu werden pflegen. Auch ver- mögen farbige Zeichnungen der Blüte unter Umständen dem Falter das Auffinden des Futters (Nektar) zu erleichtern. Ist in einem solchen Schmetterling eine Bindung an eine bestimmte optische Beschaf- fenheit entstanden, so kann diese auch leicht in eine andere Bindung oder in eine Ungebundenheit gegenüber den von ihm besuchten Objekten übergehen. Wenn eine Blumenart, welche dem Taubenschwanz längere Zeit ausschließlich das Futter lieferte, ihre bisherige Ergiebigkeit einstellt, indem sie verblüht, dann findet das Tier bald wieder den Übergang zum Besuch einer anderen Blütenart, da selbst bei einer gut ausgeprägten Bin- dung von Zeit zu Zeit Lockerungen eintreten und die negativen Er- fahrungen an den eben noch besuchten Blumen deren frühere anlockende Wirkung allmählich aufheben. | Bei der Fernanlockung des Taubenschwanzes spielt der Blumen- duft keine Rolle. Aber auch in unmittelbarer Nähe der Blume scheint deren Duft keinen Einfluß auf das Benehmen des Tieres auszuüben. Diese Erkenntnis kam unerwartet, da bei der Erwähnung der Blumendüfte in blütenökologischen Werken immer davon die Rede ist, daß der starke Duft mancher Blüten eine Anpassung an den Besuch durch die Schwärmer sei. Dennoch fehlt dem Taubenschwanz nicht die Fähigkeit zur Wahr- Insekten und Blumen. 311 nehmung bestimmter Pflanzendüfte. Dies konnte beim Studium der Ei- ablage mit Sicherheit nachgewiesen werden. Die Blätter und Stengel von Galium, der Nährpflanze der Macroglossum-Raupen, locken die legebedürf- tigen Falterweibehen optisch aus der Ferne an und lösen durch ihren Duft erst in nächster Nähe die letzten zur Eiablage nötigen Bewegungen des Tieres aus. Ein Taubenschwanz, der gerade die Puppenhülle verlassen hat, "wendet sich sogleich in wohlgezieltem Fluge bestimmten Blumen zu, trotz- dem er in diesem Zustande noch gar keine individuelle Blumenerfahrung besitzt. Dabei unterscheidet er die Farbe der Blaugruppe und die der Gelbgruppe von Grün und verschiedenem Grau. Es ist also in dem un- erfahrenen Falter eine „‚Vorliebe‘“ für Objekte mit bestimmter optischer Wirkung vorhanden. Diese Wirkungen gehen in der freien Natur aber nur von den Blumen aus, so daß dadurch auch das noch unerfahrene Tier sehr rasch zum Futter gelangen kann. Die Erfahrung, welche schon bei den ersten Nahrungsflügen einsetzt, schaltet dann später oft aus der Ge- samtheit der den Falter überhaupt anlockenden Objekte vorübergehend jene von den Anflügen aus, welche ihm gerade kein Futter bieten können, ‘so daß sich von Zeit zu Zeit die Anzahl der ihn anlockenden Objekte verringert. Dadurch wird für nektarreiche Blumen die Möglichkeit einer wirksamen Bestäubung gesteigert. — Alle bisher erwähnten Eigenschaften des Taubenschwanzes wurden mit Hilfe zahlreicher Experimente erkannt und genau untersucht. Die Nachwirkung bestimmter optischer Reize bei der Ausführung der Anflugsbewegungen, also die Möglichkeit, sich „Erfahrungen“ auf opti- scher Grundlage zu bilden, ist die Voraussetzung für einen Teil der er- wähnten Stetigkeit des Taubenschwanzes. Das Vorhandensein einer solchen Nachwirkung der beim Saugakt empfangenen optischen Ein- drücke bildete auch die Voraussetzung für die meisten meiner Versuchs- methoden. Dieser AusnütZung der tierischen Erfahrung haben sich die Naturforscher auch schon früher bei ähnlichen Insektenversuchen bedient. Ich weise hier nur auf die von Frisch mit Honigbienen ausgeführten „Dressur“versuche hin, von welchen ich in der vorliegenden Arbeit wiederholt gesprochen habe. Daß auch bei dem in der freien Natur so lebhaften und ..scheuen‘‘ Taubenschwanz eine solche Methode der künst- lichen Bindung Anwendung und Erfolg finden konnte, erscheint zunächst fast unglaublich. Allein die volle Einfühlung in die feineren Einzelheiten ' der Lebensgewohnheiten eines Tieres hat auch hier das zunächst unmög- lich Erscheinende möglich gemacht. So konnte ich schließlich mit Hilfe derartiger „„Dressur“ versuche das Vorhandensein eines eigenen Farben- sinns bei dem Taubenschwanz mit voller Sicherheit nachweisen. Der Falter unterschied die Farben nach den zwei früher erwähnten Farbengruppen: nach der Blaugruppe und der Gelbgruppe. Dies zeigte sich bei der Darbietung natürlicher und künstlicher farbiger Objekte ebenso 379 Fritz Knoll. klar wie an einzelnen Teilen des Prismenspektrums einer Bogenlampe. Dabei wurde auch festgestellt, daß den für uns unsichtbaren ultravioletten Strahlen bei den Anflügen auf Objekte der Blaugruppe und Gelbgruppe (wenigstens in den von mir untersuchten Fällen) keine ausschlaggebende Mitwirkung zukommt. Dieser Befund hindert aber nicht, daß sich viel- leicht unter bestimmten anderen Verhältnissen auch diese kurzwelligsten Strahlen an der Orientierung des Falters irgendwie beteiligen könnten. Un- abhängig von jenen Versuchen, welche mit der Methode der künstlichen Bindung ausgeführt wurden, konnte ich an vollständig helladaptierten Tieren in ausgedehnten Versuchsreihen die Helligkeit des reflektier- ten Lichtes verschiedener farbloser und farbiger ebener Flächen sowie die mittlere Helligkeit körperlicher Gebilde untersuchen. Die Ergebnisse der Versuche mit Farbpapieren habe ich in der Form von Helligkeits- reihen zusammengestellt, welche einen unmittelbaren Vergleich mit den für die verschiedenen Sehzustände des farbentüchtigen Menschen geltenden Helligkeitsreihen bei den gleichen Objekten und damit auch für den Sehzustand des gänzlich Farbenblinden gestatten. Der Haupt- erfolg dieser Versuche besteht in der Feststellung, daß die für den hell- adaptierten Taubenschwanz geltende Helligkeitsreihe der Hering- Farbpapiere mit der für den total farbenblinden Menschen ermittelten nicht übereinstimmt. Dieser Nachweis war notwendig, da von anderer Seite als Beweis für den Mangel eines Farbensinnes bei Insekten immer wieder hervorgehoben wurde, daß die Helligkeiten verschiedener farbiger Lichter für Insekten und total farbenblinde Menschen gleiche Reihen bil- den. Mit Rücksicht darauf, daß einzelne Forscher auch heute noch von der gänzlichen Farbenblindheit der Insekten überzeugt sind, habe ich den Nachweis des Farbensehens auf verschiedenen Wegen zu erbringen getrachtet. Dabei wurden besonders jene Teile des Problems genau unter- sucht, die bereits durch die Versuche mit Honigbienen ihre Lösung ge- iunden hatten, so daß es heute leicht möglich ist, beide Insektentypen in dieser Hinsicht miteinander zu vergleichen. Der Vergleich ergibt, daß zwischendemFarbensehenderHonigbieneunddemdes Taubenschwanzes kein wesentlicher Unterschied be- steht. Auch der Vergleich zwischen Taubenschwanz und Wollschweber ergab in diesen Dingen keine Ver- schiedenheit. Daneben hat die Untersuchung noch eine Menge be- merkenswerter Tatsachen festgestellt, von denen ich hier nur den Nach- weis des simultanen Helligkeitskontrastes hervorheben möchte. Es soll nun hier besprochen werden, in welcher Weise sich die oben erwähnten Eigenschaften des Taubenschwanzes bei der Bestäubun g derBlumen geltend machen. Da sich unser Schwärmer von den Blüten zwar Nektar, aber keinen Blütenstaub aneignet, kann die Pollenentnahme ebenso wie die Pollenübertragung nur im Anschlusse an die Saugtätigkeit Insekten und Blumen. 373 zustande kommen. Da aber die Fernanlockung bloß optisch erfolgt, ist es klar, daß der Taubenschwanz nur dann zu den Blüten fliegen wird, wenn sie den oben erwähnten optischen Gruppen angehören. Aus der in der Literatur vorhandenen Besuchsstatistik geht hervor, daß die vom Tauben- schwanz in Mitteleuropa gewöhnlich besuchten Blumen von purpurner oder blauer Farbe sind, daß sie also zur Blaugruppe gehören.') Blumen der Gelbgruppe werden von ihnen in geringerem Ausmaße besucht, was aber nicht hindert, daß sich der Falter in Südeuropa manchmal durch einige Zeit sein Futter ausschließlich aus gelben Blüten (Zinaria vulgaris) holt. Diese Verschiedenheit im Verhalten gegenüber den Blumen ver- schiedener Gegenden dürfte wohl zum größten Teile als vorübergehender Zustand der natürlichen Bindung, also als Folge der Erfahrung des Tieres aufzufassen sein. Die rein gelben Blumen (z. B. Compositen) der meisten Gegenden vermögen ja dem Falter wenig oder nichts zu bieten, während unter den Blumen der Blaugruppe solche häufig sind, die ihm reichlich Nektar spenden. Trotzdem halte ich es für möglich, daß der Falter eine von der Erfahrung unabhängige „besondere Vorliebe‘ für bestimmte Far- ben der Blaugruppe besitzt, hinter denen unter bestimmten Voraussetzun- gen im Wettbewerb jede gelbe Blumenfarbe an Wirkung zurückbleibt. Einige Versuchsergebnisse scheinen mir Anhaltspunkte für ein solches Verhalten zu geben, doch will ich diese Versuche noch weiter fortsetzen, bevor ich es wage, mehr darüber zu sagen. Für die Erzielung der Bestäubung kommt es darauf an, daß der Taubenschwanz bei seinen Futterflügen möglichst lange Zeit unmittelbar nacheinander nur Blüten einer und derselben Pflanzenart besucht. Es sind deshalb alle jene Eigenschaften der Blume von Bedeu- tung, welche eine Bindung des Falters an ihren Besuch hervorrufen und festigen können. Wie bereits betont, handelt es sich hier vor allem um die optischen Eigenschaften jener Blüten, welche imstande sind, dem Taubenschwanz ausreiähende Mengen von Nektar zu bie- ten. Je besser der Besuchserfolg bei gleichbleibender optischer Beschaf- fenheit für den Falter ist, desto fester wird die Bindung werden und desto wahrscheinlicher die Bestäubung mit fremdem Pollen derselben Art. Beim Zustandekommen und bei der Erhaltung der optischen Bindung können auch Blütenzeichnungen (Saftmale) eine wichtige Rolle spielen. Die reich- liche Ansammlung von Nektar an solchen Stellen der Blüten, welche kurz- rüsseligen Insekten unzugänglich sind, wird sich wesentlich an der Er- haltung der Bindung beteiligen, da auf diese Weise die.störende Wirkung negativer Erfahrungen (Mißerfolge) vermieden wird. Derartigen An- forderungen entsprechen jene Blumen, welche man als „Falter- blumen‘ zu bezeichnen pflegt. Unter diesen werden für den Tauben- !) In der Literatur wird von einer „Rot vorliebe‘“ der Falter gesprochen, wo- mit die Bevorzugung purpurner Blumen gemeint ist. 374 Fritz Knoll. schwanz vor allem solche Blüten in Betracht kommen, welche einen sehr engen Eingang zum Honigraum besitzen und den Nektar am Grunde einer so tiefen Röhre aufspeichern, daß alle Schmetterlinge, deren Rüssel kürzer ist als der des Taubenschwanzes (25 bis 28mm), vom Besuch aus- geschlossen sind und die Blüten dadurch den Honigvorrat nur diesem Schwärmer zugänglich machen. So sind die Blüten von Gentiana verna und @. bavarica, die Hermann Müllerin der Gegend des Albulapasses (Sehweiz) studierte, zu „Tagschwärmerblumen‘“ geworden.') An der Erhaltung dieser Arten ist der Taubenschwanz wesentlich be- teiligt. Da beim Besuche solcher Blüten mit tief geborgenem Nektar auch eine Bindung an die zur Ausbeutung notwendige Körper- und Rüsselhal- tung eintritt, kann unter Umständen die Bindung an den Besuch einer be- stimmten Blumenart auch dann noch erhalten bleiben, wenn ergiebige Blumen anderer Arten von gleicher optischer Beschaffenheit, aber mit anders geartetem Blüteneingang, in den Wettbewerb eintreten. Der Schwärmer berührt in diesem Falle wohl alle optisch gleichartigen Blüten mit dem Rüssel, führt ihn aber nur dort ein, wo er einen der bisherigen Gewohnheit entsprechenden Blüteneingang findet. Dies wird durch die Sinnesorgane des Rüssels ermöglicht. Nach meinen Erfahrungen wird eine Stetigkeit im Blütenbesuch des Taubenschwanzes bei zerstreut stehenden, wenigblütigen Pflanzen nur selten zustandekommen. Dagegen wird eine die Fremdbestäubung vermittelnde Stetigkeit leicht eintreten, wenn die Blüten einer an Nektar ergiebigen Pflanzenart (z. B. Lonicera caprifolium) in großer Menge nebeneinanderstehen. Will man beurteilen, ob durch den Besuch des Falters wirklich eine Bestäubung eintritt, so muß man berücksichtigen, daß der Taubenschwanz die Blütenbesuche ohne Benützung der Beine, also frei über dem Blüteneingang schwebend ausführt, so daß meistens nur der Rüssel mit den Geschlechtsorganen der Blüte in Berührung kommen und die Bestäubung vermitteln kann. Die Übertragung des Pollens an der glatten Oberfläche des Rüssels wird da- bei dadurch erleichtert, daß dieser beim Blütenbesuch vom Nektar be- feuchtet ist, so daß die Pollenkörner leicht daran kleben bleiben. Der Blütenstaub wird dann an dem spiralig eingerollten Rüssel zur nächsten Blüte übertragen, wo er beim Einführen des nunmehr ausgestreckten Rüssels an die Narbe abgestreift werden kann. Voraussetzung dazu ist, daß Narbe und Staubbeutel in dem engen Blüteneingang entsprechend gelagert sind. Die wirbelnde Bewegung des freien Rüsselendes, die sich bei solehen Blütenbesuchen zeigt, wird dabei oft die Abgabe und Über- nahme des Pollens wesentlich erleichtern. Manchmal kann sich auch die Unterseite des Kopfes und die Gegend der Brust an der Pollenübertragung beteiligen. Dies wird der Fall sein, wenn bei sehr langröhrigen Schwär- merblumen Narbe und Staubbeutel weit aus der Blüte hervorragen. Sind !) Müller H., Alpenblumen, S. 337—842. Insekten und Blumen. 375 die äußeren Bedingungen zur Ausbildung einer Stetigkeit der Besuche an einem bestimmten Orte und zu einer bestimmten Zeit aber nicht vor- handen, dann wird der Falter mehr oder weniger unstet die verschieden- sten Blumen besuchen und nur selten Fremdbestäubung, aber häufig Selbst- bestäubung bewirken; vielfach wird er jedoch nur den Pollen einer Blüten- art auf die Narbe einer anderen Art übertragen, wo dieser wirkungslos zugrunde geht. * Durch die hier mitgeteilten Untersuchungs- ergebnisse werden somit die Anschauungen der älteren Blütenökologen in ihrer Auffassung über dieBedeutung der optischen Blütenmerkmale beim Besuch des Taubenschwanzes größtenteils be- stätigt. Die Bedeutung der Saftmale wurde von jenen etwas über- schätzt, doch konnte auch hier das Wesentliche der alten Annahme auf- recht erhalten bleiben. Dagegenhabeich keinen Anhalts- punkt dafür gefunden, daß der Blumenduft beiden Blütenbesuchen unseres Falters jene wichtige Rolle spielt,diemanihmbisherzugesprochen hat. Manches ist in der vorliegenden Arbeit noch unvollständig und an- deres der Überprüfung bedürftig. Doch glaube ich klar den Weg ge- wiesen zu haben, auf welchem das Problem der Entstehung und Erhaltung der „Schwärmerblumen‘“ bald seine völlige Lösung finden wird. Abhandl. d. Zool.-botan, Ges. Bd. XIJ, Heft 2. 26 Fig. Tafel-Erklärung. Tafel 7. Linaria vulgaris Mill. (Farbige Bilder.) Typischer Blütenstand. Untere Blüten verblüht. $ der. nat. Größe, (Zu 8. 198.) Typische Blüte, von der Seite gesehen. 2 der nat. Größe, ebenso die folgenden Figuren. (8. 198.) Typische Blüte, von vorne gesehen. (8. 198.) Innenansicht der Unterlippe mit Haarleisten und Sporneingang. (8. 199.) Innenansicht der Oberlippe. Stellung der Narbe zwischen den vier An- theren. (S. 200.) Blütenform mit offenem Rachen, Seitenansicht. (8. 201 u. 207.) Dieselbe, von oben ‚gesehen. Dieselbe, von vorne betrachtet. Halbpelorie mit drei Spornen, von der Seite gesehen. (S. 201, 205 u. 212.) Dieselbe Halbpelorie, von vorne gesehen. Blüte ohne orangefarbenes Saftmal, von der Seite betrachtet. (8. 201 und 208.) Dieselbe Blüte, von vorne gesehen. Aussehen einer typischen Blüte nach dem Herausschneiden des orange- farbigen Gaumenstückes, von vorne betrachtet. (8. 208.) Seitenansicht derselben Blüte. Verwelkte, nicht abgefallene Blumenkrone, von der Seite. (8. 205.) Dieselbe, von vorne gesehen. Verwelkte typische Krone mit gewaltsam heruntergezogener Unterlippe und frei sichtbarem Zuckerwasser. Ansicht von vorne. ($. 207.) Tafel 8. (Stereobilder.) Bild 1. Falter von Macroglossum stellatarum L., innerhalb des Flugkastens aus einem violetten Futtergefäße (Schiffehenblume, Textfigur 49 G, 8. 239) Zuckerwasser saugend. Aufnahme bei vollem Sonnenschein gegen einen hell beschienenen Hintergrund. Das Tier wendet beim Saugen den Rücken annähernd der Sonne zu. Etwas verkleinert. Bild 2. ae Bild 1. Insekten und Blumen. 377 Falter der gleichen Art, aus einem violetten Futtergefäß (mittelgroße Trichterblume, Textfigur 49N, 8. 239) Zuckerwasser entnehmend. Aufnahme des nicht unmittelbar von der Sonne beleuchteten Tieres gegen einen in vollem Sonnenlicht stehenden weißen Schirm als Gegenlichtaufnahme zur Erzielung guter Profilwirkung. Das Tier dreht seinen Rücken etwas gegen den hellen Schirm. Wenig ver- kleinert. Der in Bild 3 abgebildete Falter unmittelbar nach der Entleerung des _ untersten Futtergefäßes das nächstobere, bedeutend kleinere (kleine Trichterblume, Textfigur 49 0, S. 239) besuchend. Art der Aufnahme wie bei vorigem Bild. (Wenig verkleinert.) Man beachte bei allen Bildern die annähernd in der Mitte des Rüssels sichtbare Kniekung und die Haltung der vorderen Beine, die bei den Futterflügen fest an den Körper angezogen werden. (Vgl. auch S. 334, Anm. 2.) Tafel 9. (Lichtbilder.) Flugkasten für die Versuche mit fliegenden Faltern, in Betrieb (vgl. Textfig. 51, 8. 247). „; der nat. Größe. Stark abgeflogener Falter von Macroglossum, der sich nach einem Ver- suche im Innern des Kastens auf einem schwarzen Tuchstücke zur Ruhe gesetzt hat. Die Fühler sind an die Körperflanken zurück- gelegt und deshalb unsichtbar (vgl. Textfig. 25, S. 152). Nat. Größe. . Falterweibehen, in Legestimmung einen Blütenstand von Galium mol- lugo L. befliegend. Es berührt mit den Beinen die Blüten, während es die Flügel mit geringerer Geschwindigkeit weiter bewegt. Gegen- lichtaufnahme. (Vgl. S. 343.) Etwas verkleinert. . Sechs Blüten von Linaria vulgaris Mill. unter einer Glasplatte, über zweien sind Rüsselspuren zu bemerken. (Vgl. S. 210 u. 219.) Schatten- riß-Negativ auf photographischem Lampenlichtpapier, in nat. Größe. . Dieselben Rüsselspuren, für sich allein als Schattenriß-Negativ wieder- gegeben, in nat. Größe. Knoll: Insekten und Blumen. | Tafel: 7. 13 i sat vom Verfasser. Abhandl. d. Zool.-bot. Gesellschaft, Band XII. Druck von Friedrich Jasper in Wien. Tafel 8 Insekten und Blumen. Knoll Stereobilder » Gesellschaft, Band XI. Abhandl. d. Zool.-bot Knoll; Insekten und Blumen. Tafel 9 Abhandl. d. Zool.-bot.&esellschaft, Band XII. TEAFEN MI De ER u Ye Br RER Knoll, Fritz ’ Insekten und Blumen PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY C u 7 N E £ 4 e gER Ef 4 a Ar. 'E Ba A,