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Bleibt uns nur das Ewige jeden Augenblick gegenwärtig, ſo leiden wir nicht an der vergänglichen Zeit.

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Der Tag geht über mein Geſicht, Die Nacht, ſie taſtet leis vorbei,

Und Tag und Nacht ein gleich Gewicht Und Nacht und Tag ein Einerlei.

Es ſchreibt die dunkle Schrift der Tag, Und dunkler noch ſchreibt ſie die Nacht, Und keiner lebt, der deuten mag,

Was beider Schatten ihm gebracht.

Und ewig kreiſt die Schattenſchrift; Leblang ſtehſt du im dunklen Spiel, Bis einmal dich die Deutung trifft: Die Zeit iſt um. Du biſt am Ziel.

Rudolf G. Binding

Spruch für eine Sonnenuhr

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Rudolf Alexander Schröder: Deutſchland

m grünen Rheinſtrom ſchütteſt du Segen aus;

Und um der Moſel ſchmächtige Windungen Blüht, hügelab geſtuft, der Blonde

Über cäſariſchem Schutt, dein Weinſtock.

Und wo zuhöchſt an ſtarrender Alpen Firſt Dein Adler kreiſt, jungfräulichen Firnen nah, Südabwärts ſpähend, wo in Waſſern Funkelnd das wärmere Blau ſich ſpiegelt,

Wo jäh vom Fels die trunkene Welle bricht Und abwärts ſtill eindringender Wald den Fluß Vorm Durſt des Tages birgt, bis mächtig Ihm die gebreitete Laſt ins Meer ſtrömt:

Das füllt mit Gütern glückliche Häfen dir; Doch birgt dein Schoß verlockenden Reichtum auch, Auch Gold doch mehr noch gutes Eiſen, Unten in Gängen verhehlt und Adern.

Du ſchwillſt von Korn; dir rundet die Baumfrucht ſich Im goldnen Herbſt, dir wimmelt von Weidevieh Die blanke Trift: ſo gibſt du allen, Bürgern und Bauern, ein fröhlich Erbteil.

Wem fehlt die Zunge, deiner gedenk? O wer, Den du gebarſt, weiß anderes Zeugnis ſich Als dies: es ſei, in dir zu wohnen, Stolz und Gewährung und Glück, herztröſtlich?

Ernſt Moritz Arndt: Von Freiheit und Vaterland

s ſind elende und kalte Klügler aufgeſtanden in dieſen Tagen, die ſprechen in der Nichtigkeit ihrer Herzen:

Vaterland und Freiheit, leere Namen ohne Sinn, ſchöne Klänge, womit man die Einfältigen betört! Wo es dem Menſchen wohlgeht, da iſt ſein Vaterland; wo er am wenig⸗ ſten geplagt wird, da blüht ſeine Freiheit.

Dieſe ſind wie die dummen Tiere nur auf den Bauch und auf ſeine Gelüſte gerichtet und vernehmen nichts von dem Wehen des himmliſchen Geiſtes.

Sie graſen wie das Vieh nur die Speiſe des Tages, und was ihnen Wolluſt bringt, deucht ihnen das Einzig⸗ gewiſſe.

Darum heckt Lüge in ihrem eitlen Geſchwätz, und die Strafe der Lüge brütet aus ihren Lehren.

Auch ein Tier liebet; ſolche Menſchen aber lieben nicht, die Gottes Ebenbild und das Siegel der göttlichen Vernunft nur äußerlich tragen.

Der Menſch aber ſoll lieben bis in den Tod und von ſeiner Liebe nimmer laſſen noch ſcheiden.

Das kann kein Tier, weil es leicht vergiſſet, und kein fie- riſcher Menſch, weil ihm Genuß nur behagt.

Darum, o Menſch, haſt du ein Vaterland, ein heiliges Land, ein geliebtes Land, eine Erde, wonach deine Sehnſucht ewig dichtet und trachtet.

Wo dir Gottes Sonne zuerſt ſchien, wo dir die Sterne des Himmels zuerſt leuchteten, wo feine Blitze dir zuerſt feine AU- macht offenbarten und ſeine Sturmwinde dir mit heiligen

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Schrecken durch die Seele brauſeten, da iſt deine Liebe, da iſt dein Vaterland.

Wo das erſte Menſchenaug ſich liebend über deine Wiege neigte, wo deine Mutter dich zuerſt mit Freuden auf dem Schoße trug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit ins Herz grub, da iſt deine Liebe, da iſt dein Vaterland.

Und ſeien es kahle Felſen und öde Inſeln, und wohne Ar⸗ mut und Mühe dort mit dir, du mußt das Land ewig lieb— haben; denn du biſt ein Menſch und ſollſt nicht vergeſſen, ſondern behalten in deinem Herzen.

Auch iſt die Freiheit kein leerer Traum und kein wüſter Wahn, ſondern in ihr lebt dein Mut und dein Stolz und die Gewißheit, daß du vom Himmel ſtammeſt.

Da iſt Freiheit, wo du leben darfſt, wie es dem tapfern Herzen gefällt; wo du in den Sitten und Weiſen und Ge— ſetzen deiner Väter leben darfſt; wo dich beglücket, was ſchon deinen Ureltervater beglückte; wo keine fremden Henker über dich gebieten und keine fremden Treiber dich treiben, wie man das Vieh mit dem Stecken treibt.

Dieſes Vaterland und dieſe Freiheit ſind das Allerheiligſte auf Erden, ein Schatz, der eine unendliche Liebe und Treue in ſich verſchließt, das edelſte Gut, was ein guter Menſch auf Erden beſitzt und zu beſitzen begehrt.

Darum auch ſind ſie gemeinen Seelen ein Wahn und eine Torheit allen, die für den Augenblick leben.

Aber die Tapfern heben ſie zum Himmel empor und wirken Wunder in dem Herzen der Einfältigen.

Auf denn, redlicher Deutſcher! Bete täglich zu Gott, daß er dir das Herz mit Stärke fülle und deine Seele entflamme mit Zuverſicht und Mut.

Daß keine Liebe dir heiliger ſei als die Liebe des Vaterlandes und keine Freude dir ſüßer als die Freude der Freiheit.

Damit du wiedergewinneſt, worum dich Verräter betrogen, und mit Blut erwerbeſt, was Toren verſäumten.

Denn der Stklav ift ein liſtiges und geiziges Tier, und der Menſch ohne Vaterland der unſeligſte von allen.

Karl von Clauſewitz: Krieg und Politik

er Krieg iſt nichts als die fortgeſetzte Staatspolitik mit anderen Mitteln. *

Je großartiger und ſtärker die Motive des Krieges ſind, je mehr ſie das ganze Daſein der Völker umfaſſen, je gewalt⸗ ſamer die Spannung iſt, die dem Kriege vorhergeht, um ſo mehr wird ſich der Krieg ſeiner abſtrakten Geſtalt nähern, um ſo mehr wird es ſich um das Niederwerfen des Feindes handeln, um ſo mehr fallen das kriegeriſche Ziel und der politiſche Zweck zuſammen, um ſo rein kriegeriſch, weniger politiſch ſcheint der Krieg zu ſein.

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Gehört der Krieg der Politik an, ſo wird er ihren Charakter annehmen. Iſt ſie großartig und kräftig, ſo wird es auch der Krieg. Nur durch dieſe Vorſtellungsart wird der Krieg zur Einheit, nur mit ihr kann man alle Kriege als Dinge einer Art betrachten, und nur durch ſie wird dem Urteil der rechte und genaue Stand⸗ und Geſichtspunkt gegeben. Aber auch nur von einem Standpunkt aus können wir die Maſſe der Er⸗ ſcheinungen in ihrer Einheit auffaſſen, und nur die Einheit des Standpunktes kann uns vor Widerſprüchen ſichern.

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Daß der politische Geſichtspunkt mit dem Beginne des Krieges ganz auf hören ſollte, wäre nur denkbar, wenn die Kriege Kämpfe auf Leben und Tod aus bloßer Feindſchaft wären. Wie ſie find, find fie nichts als Äußerungen der Politik ſelbſt. Das Unterordnen des politiſchen Standpunkts unter den militäri⸗ ſchen wäre widerſinnig, denn die Politik hat den Krieg erzeugt. Sie iſt der Geiſt, der Krieg aber bloß das Werkzeug und nicht umgekehrt.

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Man ſagt eigentlich etwas ganz anderes, als man fagen will, wenn man was häufig geſchieht vom ſchädlichen Einfluß der Politik auf die Führung des Krieges ſpricht. Es iſt nicht dieſer Einfluß, ſondern die Politik ſelbſt, die man tadeln ſollte. Iſt die Politik richtig, d. h. trifft ſie ihr Ziel, ſo kann ſie auf den Krieg in ihrem Sinne auch nur vorteilhaft wirken; und wo dieſe Einwirkung vom Ziel entfernt, iſt die Quelle mir in der verkehrten Politik zu ſuchen.

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Die Aufgabe und das Recht der Kriegskunſt der Politik gegen⸗ über iſt es hauptſächlich, zu verhüten, daß die Politik Dinge fordere, die gegen die Natur des Krieges ſind, daß ſie aus Un— kenntnis über die Wirkungen des Werkzeugs Fehler begehe im Gebrauche desfelben.

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Der Krieg iſt unter allen Umſtänden als kein ſelbſtändiges Ding, ſondern als ein politiſches Werkzeug zu denken. Nur mit dieſer Vorſtellungsart iſt es möglich, nicht mit der ſämtlichen Kriegsgeſchichte in Widerſpruch zu geraten.

*

Die Kriegskunſt auf ihrem höchſten Standpunkte wird zur

Politik, aber freilich einer Politik, die ſtatt Noten zu ſchreiben,

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Schlachten liefert. Alſo noch einmal: der Krieg ift ein Werk⸗ zeug der Politik. Er muß notwendig ihren Charakter tragen, er muß mit ihrem Maße meſſen. Die Führung des Krieges in feinen Hauptumriſſen iſt die Politik ſelbſt, die die Feder mit dem Degen vertauſcht, aber darum nicht aufgehört hat, nach ihren eigenen Geſetzen zu denken.

Nur dann, wenn ſich die Politik von gewiſſen kriegeriſchen Mitteln und Maßregeln eine falſche, ihrer Natur nicht ange⸗ meſſene Wirkung verſpricht, kann ſie mit ihren Beſtimmungen einen ſchädlichen Einfluß auf den Krieg haben. Dies iſt unend- lich oft vorgekommen und zeigt dann, daß eine gewiſſe Einſicht in das Kriegsweſen der Führung des politiſchen Verkehrs nicht fehlen ſollte.

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Soll ein Krieg ganz den Abſichten der Politik entſprechen und ſoll die Politik den Mitteln zum Kriege angemeſſen ſein, ſo bleibt, wo der Staatsmann und der Soldat nicht in einer Perſon vereinigt ſind, nur ein gutes Mittel übrig, nämlich den oberſten Feldherrn zum Mitglied des Kabinetts zu machen, damit er in den wichtigſten Augenblicken an deſſen Beratungen und Beſchlüſſen teilnehme.

Wir ſind weit entfernt, zu glauben, daß ein in Akten ver⸗ grabener Kriegsminiſter oder auch ſelbſt ein im Felde tüchtiger Soldat den beſten Staatsminiſter geben würde, wo der Fürſt es nicht ſelbſt iſt, oder mit anderen Worten: wir meinen durch⸗ aus nicht, daß die Einſicht in das Kriegsweſen die Haupteigen⸗ ſchaft eines Staatsminiſters ſei. Ein großartiger, ausgezeichneter Kopf, ein ſtarker Charakter, das ſind die Haupteigenſchaften, die er beſitzen muß. Jene Einſicht läßt ſich auf die eine oder die

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andere Weiſe wohl ergänzen. Frankreich ift in feinen Friegeri- ſchen und politiſchen Händeln nie ſchlechter beraten geweſen als unter den Gebrüdern Belle⸗Isle und dem Herzog von Choiſeul, obgleich alle drei gute Soldaten waren.

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Die ungeheuren Wirkungen der Franzöſiſchen Revolution nach außen ſind offenbar viel weniger in neuen Mitteln und Anſichten der franzöſiſchen Kriegsführung zu ſuchen, als in der ganz veränderten Staats- und Verwaltungskunſt, im Charak⸗ fer der Regierung, im Zuſtande des Volkes uſw. Daß die an: deren Regierungen alle dieſe Dinge unrichtig anſahen, daß fie mit gewöhnlichen Mitteln Kräften die Wage halten wollten, die neu und überwältigend waren: das alles ſind Fehler der Politik. Man kann ſagen: die zwanzigjährigen Siege der Re⸗ volution ſind hauptſächlich die Folge der fehlerhaften Politik der ihr gegenüberſtehenden Regierungen geweſen, wenn auch der eigentliche Überfall, von dem ſich die Intelligenz getroffen fühlte, innerhalb der Kriegführung ſtattfand.

(Aus dem Werke „Vom Kriege“)

Blücher: Fünf Briefe an ſeinen König

1 Münſter, 25. Juli 1806. Aller dorglaugtigſter Konig aller gnedigſter König und HErr.

ufgefordert durch Treu und Redliges attachement an Euer Königl. Majäſtedt allerhögſten Perſohn, aufgefor⸗ dert durch lebhafte Teilnahme an den Ruhm, der Ehre und der wohlfahrt Euer Königl. majäſtät Staten und armee, und endlich aufgefordert durch die täglig imer bedenkligere lage

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und gefährliger werdende Schritte, welche Frankreich ſich in nulitariſcher Rückſicht hier gegen Euer Kögl. majeſtat grentzen erlaubet, muß ich endlich mein hertz zu den Füßen des Königes meines HErrn auß ſchütten; muß als treuer und grau gewor⸗ dener diner von högſt dehro erhabnen hauße meine anſichten unſrer lage gegen Frankreich zum erſten und zum letzſten mahle zu Euer majeſtad Füßen legen.

Geruhen allerhögſt dieſelben, dieſe ehrerbitige anſicht nicht allein gnädigſt auf zu nehmen, ſondern auch eine gnädige auf- merkſahmkeit zu würdigen; ſie verdinen letzſters gantz beſonders.

Frankreich meint es mit keiner Puiſſance redlig und gut am allerwenigſten mit Euer Königl. Majeſted als der ein⸗ zigen macht, die ſein Eroberungs und unterjochungs Syſtem in teutſchland noch allein im wege ſteth. es verbirgt fogar feine abſicht nicht den wen gleich es mit unter ſüße vorſpigelung macht, ſo widerſprechen alle ſeine Handlungen gegen Euer Königl. Majeſtädt dieſen grade zu. Die invaſion von Hano⸗ wer, der letzſte gewaldſame Durchmarſch durch anspachſche und die erſt kürtzlig Reuberiſche beſetzung von Eſſen und Wer⸗ den fo wie der gantze arogante ton, den der francoiſche mon— arch ſich erlaubt, beweiſen Euer Kögl. Majeſtedt gewiß mehr als zu ſehr, waß ich zuvor geſagt habe. Alle treue untertanen Euer Kögl. Majeſtedt alle ächte Preußen und die armee beſonders hat daß herabwürdigende dieſer franzöſiſchen De— marchen tif gefühlt, und fühlt ſie noch, und alles wünſcht die gekränkte national Ehre bald recht bald blutig zu rächen.

Wer daß betragen und benehmen Frankreichs Euer Königl. Magiſtedt auß einem andern geſichtspunkt darſtellt wer Euer Königligen Majeſtäd zu fortwährenden nachgeben zum Friden mit dieſer nation räth der iſt entweder ſehr ſehr gutmüttig, ſehr kurtzſichtig, oder er iſt mit Franzoiſiſchem gollde

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erkauft. Fragen Euer Köngl. majeſtad nur Ihre aufgeklärtes⸗ ten, ihre talentvollſten ihre treuſten ihre kraftvollſten Diner, den Staatsminiſter von Hardenberg, den General Lieu— tenant von Rüchell, den Generall der Cavallerie Graff von d. Schulenburg, den Staatsminiſter von Stein, und ich verbürge es mit meinem leben, alle dieſe Männer werden Euer Kögl. Majeſtadt eben daß ſagen waß ich hir in allertiffſter Devo⸗ tion ehrerbitigſt vorzuſtellen wage.

Jeder tag früher wo wihr Frankreich den Krig erklären iſt der größte gewin vor Euer Königl. Majeſtadt, den mit ieder Stunde befeſtiget der franzöſiſche Kaiſer ſein anſehen, ſeinen einfluß feine uſurpirte Sterke mehr organiſiert feine armen beßer ſchafft ſich mehr tributaire Könige und Fürſten, erpreſt ſich mehr Reſourcen. Führen Euer Königl. majeſtad nur ſelbſt unſre brawe armee, die von den Wunſch glüht - die franzoſen zu bekrigen und die Menſchheit an dieſe Reuber zu rächen, und in der kein Tambour iſt, der dieſen Feind nicht haße verachte und im vorauß des Siges gewiß ſey; den unglaublig und größer als Euer Königl. Majeſtad es ſich denken können, iſt der Haß und verachtung der armee gegen die Francoſen und nur ein Wunſch exiſtiert in ihr recht balldiger blutiger Krig gegen dieſe nation.

Nur eine glücklige Schlacht und wir haben allirte, gelld und Reſourcen, von allen orten und Enden Europens; Rus⸗ land, Engeland, Schweden, der größte Teil des teutſchen Reichs, und ſelbſt Oſtreich werden ſich an unſeren ſigreichen Fahnen gerne anſchlißen, gerne die Ehre mit uns feillen wollen be- ſiger der Franzoſen zu ſein. Und welch ein Ruhm vor Euer Mageſted! welch ein Ruhm vor unſre brawe arme, jene Reuber Horden zu demüttigen, die bißher weit mehr durch Liſt und durch daß elende Benehmen ihrer gegner ſigten als durch

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Tapfferkeit; den nie überwinden fie ein rech heer, und nie werden ſie uns überwinden.

Kommen Euer Königl. Magiſtad nur in die Mitte Ihrer brawen armee führen Euer Magiſtad uns nur Zur Ehre und zum Sige - hören Euer Königl. Magiſtedt nuhr ſelbſt den Rath und die Ideen erprobter und krafftvoller, für Ihren Ruhm beſorgter Generalle und den Eignen hohen Preuſiſchen Durſt und Ruff nach Ruhm und Ehre, der in Euer Königl. magiſtad bruſt wohnt, und wir werden immer ſiegen wir werden die Schönen, ehren vollen Zeitten Friedrichs des Gro— ßen und des großen Churfürſten wieder empohr blühen wer- den unſer Vaterland, werden den Namen Preußen wider ge— ehrt und unfere armee wider gefürchtet und geehrt ſehen. Diß gebe Gott der Allmegtige, den wir unter Euer Köngl. Magi⸗ ſtadt Führung feſt vertrauen, und mit dieſem heißen Wunſch lebe und Sterbe ich mit der ehrfurchtvollſten Devotion für Euer Königl. Magiſtedt, und für aller högſt dehro Ruhm und wollfahrt, als

Euer königligen Magiſtadt alleruntertänigſt treu gehorſamſter knecht G. Blücher.

2 Stargard, 18. Juli 180g.

lle Nachrichten, ſo mir zukommen, beſtätigen die mißliche Lage der franzöſiſchen Armee, wenngleich der Kaiſer Na⸗ poleon Scheinvortheile durch den Übergang über die Donau errungen, fo kömmt feine Armee nun in ein Land, wo ſie an- gefeindet wird und wo ſein Gegner dagegen alle mögliche Unter⸗

ſtützung erhält und ſeine Subſiſtance erleichtert wird. Ganz Baiern iſt gleichſam von Inſurgenten überſchwemmt.

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Chatteler! maneuprirt mit dem glücklichſten Erfolg, die Ver: bündeten? werden lau und die erſten Niederlagen der Fran— zoſen bringen ihren Entſchluß, den Kaiſer zu verlaſſen, zur Reife. Der Herzog von Abrantes? iſt geſchlagen, General Am Ende ſteht mit einem Corps von 8000 Mann in Garen, der König in Weſtphalen hat gleichfalls gelitten, die Eng⸗ länder find der Angabe nach mit 30,000 Mann gelandet; die⸗ ſes Alles gewährt eine ruinöſe Anſicht der franzöſiſchen Armee. Allergnädigſter König, gewähren Sie die Bitte eines in Ihrem Dienſt grau gewordenen Mannes, der ſo ehrlich, wie er Ihnen von Herzen ergeben iſt, der bereit iſt, ſich für Sie aufzuopfern, und deſſen heißeſter Wunſch darin beſteht, feine letzten Lebens— tage für Sie und Ihre Macht nützlich zu verwenden. Genehmigen Ew. Königl. Majeſtät, daß ich mit einem Corps Ihrer Truppen über die Elbe gehen darf, ſo bürge ich mit mei— nem Kopf dafür, daß ich die von uns getrennten Provinzen wieder in Beſitz nehme. Halten Ew. Königl. Majeſtät meine Anſichten nicht für übertrieben, ſie ſind es nicht; ich weiß, was ich mir jenſeit der Elbe und in Weſtphalen zu verſprechen habe und wozu ich täglich aufgefordert werde. Erwägen Sie, aller⸗ gnädigſter König, die Freude, ſo ſich in den Hertzen Ihrer treuen Untertanen ergießen wird, wenn ſie ſehen, daß zu ihrer Befrei— ung ſo kräftig gewürkt wird, welche Verſicherung Ew. K. M. der Grafſchaft Mark gegeben, daß dieſe treuen Untertanen nie— mahls von der Preußiſchen Monarchie getrennt werden ſollten. Welchen Dank wird Ihnen die ganze deutſche Nation zollen, wenn fie ſieht, daß Sie entſchloſſen find, fie von ihrem uner⸗ träglichen Joch zu befreien; wenn man die Hannoveraner und 1 Chaſteler, öſterreichiſcher General, in Tirol. ? Napoleons (die

füddeutfchen Rheinbundſtaaten). ? Marſchall Junot, 8. Juni bei Berneck.

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Heſſen die Verſicherung giebt, daß fie ihren alten Fürſten wie— der angehören ſollen, ſo ſind dieſe beiden Nationen gewonnen, ſo bringen ſie Gut und Blut zum Opfer. Wenn die Truppen, ſo Ew. K. M. mir anvertrauen, 4 Wochen vom Tage des Überganges über die Elbe bezahlt ſind, ſo will ich ſie nachher verpflegen und beſolden, und dieſes ſoll ohne Murren der Be— wohner geſchehen.

Einen Waffenplatz werde ich mir ohne große Aufopferung zu verſchaffen wiſſen.

Findet mein Vorſchlag nicht den allerhöchſten Beifall, nun, ſo habe ich mein Hertz erleichtert und mein Abſcheu, fremde Feſſeln zu tragen, dargetan. Ich bin frei geboren und muß auch ſo ſterben. Zeit, allergnädigſter König, iſt nicht zu verliehren, damit Feinde unſere Provinzen nicht auszehren und es ſchwer wird, ſie dereinſt aus ihren Händen zu erhalten.

3 Stargard, g. Oktober 180g.

7: dem innigſten Schmerz muß ich Ew. Königlichen

Majeſtät die erhaltene Nachricht von dem Abſchluß des für Oſterreich höchſt nachteiligen Friedens! melden. Das Unglück, welches uns bevorſteht, iſt ſchrecklich, da Napoleon ſich beſtimmt geäußert haben ſoll, die rückſtändigen Kontribu- tionen ſelbſt beitreiben zu wollen.

Im Frieden von Wien (14. Oktober 180g) trat Oſterreich Salz— burg und einen größeren Teil Oberöſterreichs an Bayern; Neugalizien an Warſchau; Oberkärnten, Krain, Görz, Trieſt, Iſtrien, Dalmatien, einen Teil Kroatiens an Frankreich ab, und gab Tirol, entgegen den feierlichſten Verſprechungen des Kaiſers Franz, an Napoleon preis. „Die Erhebung der Völker Sſterreichs verſank in Blut und Kot.“ Treitſchke I 348.

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Noch vor wenigen Monaten kounten E. K. M. der allge meinen Sache aller Völker durch einen kühnen Eutſchluß den Ausſchlag geben. Höchſt ſchmerzhaft iſt es mir, daß Sie, Allergnädigſter Herr, meine dringend ehrerbietige Bitte ver worfen haben, die ich aus wahrer unbegrenzter Anhänglichkeit wagte.

Die Wiederbeſetzung des größten Teils E. K. M. Staaten durch die Franzoſen iſt nicht zu bezweifeln. Wir werden das Schickſal der Heſſen haben und durch einen Federſtrich Napo— leous fallen. Wir haben alſo nichts mehr zu verlieren, denn ein ehrenvoller Tod iſt beſſer als ein vor der Welt gebrand— marktes Leben. E. K. M. können noch ſich, die Königliche Familie und das Land retten, wenn Sie uns die Waffen in die Hand geben. Mit weit geringeren Mitteln widerſtand einſt Friedrich der Große der Unterjochung, denn E. K. M. können auf eine Armee von 60,000 Mann, auf noch einmal fo viel teils exerzierte teils waffenfähige Mannſchaft und auf das ganze Land rechnen, welches gewiß lieber für ſeinen König fechten und ſich auf ſeines Königs Stimme aufopfern als ein fremdes Joch tragen wird. Ganz Deutſchland, deſſen Freiheit am letzten Ende von E. K. M. gehalten wird, kann und wird mit uns gemeinſchaftliche Sache machen. Was könnten, was wollten wir nicht tun, wenn unſer König nur ſich unſerer an— nehmen, nur mit uns kämpfen und lieber den Tod als Schmach teilen wollte! Ich, der ich meinem angeborenen König bis in den Tod getreu bleibe, ich verbürge mich, daß es gut gehen muß, wenn man nur die rechten Mittel ergreift ..

Auf jeden Fall bitte ich E. K. M. um Verhaltungsbefehle, wie ich mich benehmen ſoll, was aus den Truppen in der Mark werden wird, wohin ich ſie ſchicken ſoll, wenn der Feind Berlin wieder beſetzt und jene Truppen in mein Gouvernement kom—

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men. Alle diefe Fälle, welche ich beſtimmt vorauszuſehen glaube, dürfen nicht unerwartet kommen, wenn ich nicht gegen die Intentionen E. K. M. handeln ſoll.

Kein falſcher Ehrgeiz, keine verkehrte Anſicht, nicht die Ahnung der Möglichkeit, meinen König und Herrn durch verderbliche Ratſchläge in den Abgrund zu ſtürzen, wie fo viele leidige Kaf- geber der Könige, die den natürlichen Mut und die Entſchloſſen⸗ heit meines grenzenlos geliebten Monarchen durch Kleinmütig⸗ keit und verkehrte Liebe, das Land zu ſchonen, irrezuleiten ſuch⸗ ten, ſondern allein der innigſte Wunſch, das Königliche Haus auf dem Thron zu erhalten und unſer armes Land nicht unter die Füße getreten zu ſehen, leiten mich bei meiner allerunter⸗ känigſten Bitte. Die bisherigen Begebenheiten, der aus ſicherer Quelle erfahrene Entſchluß Napoleons und die Überzeugung, daß dieſer Kaiſer E. K. M. Staaten gebraucht, um Weſtfalen feſt zu ſtellen, daß er Ihnen, Allergnädigſter Herr, weder die rückſtändige Kontribution noch ſo manches andere erlaſſen und endlich in jedem Falle einen Vorwand finden wird dieſe Überzeugung zwingt mich, C. K. M. dieſe Vorſtellungen zu Füßen zu legen. Geruhen Sie, Allergnädigſter König, mir nur einen Strahl von Hoffnung zu geben, ſo werde ich mich beruhigen. Warum ſollten wir uns denn geringer als die Spanier und Tiroler achten! Wir haben größere Hilfsmittel als ſie. Wenn wir unſeren Herd zu verteidigen wiſſen, ſo werden wir es wert fein, forfzudauern. Unwert der Fort⸗ dauer werden wir untergehen.

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24. Juni 1815. Tch bitte nun alleruntertänigſt die Diplomatiker anzuweiſen, 58 daß ſie nicht wieder das verlieren, was der Soldat mit

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feinem Blute errungen hat. Dieſer Augenblick iſt der einzige und letzte, um Deutſchland gegen Frankreich zu ſichern. E. M. werden als Gründer von Deutſchlands Sicherheit verehrt werden, und auch wir werden die Früchte unſrer Anſtren— gungen genießen, wenn wir nicht mehr nötig haben, immer mit gezücktem Schwerte dazuſtehn.

5 Aachen, 20. November 1815.

.. . Bei meinem Abgang von der Armee kann ich nicht um— hin, E. K. M. für die mir erzeigte Gnade und geſchenkte Güte nun alleruntertänigſt zu danken und die Armee fortwährend E. K. M. Gnade und unmittelbaren Schutz zu empfehlen. Die Zeit, wo E. K. M. Paris verließen, bis jetzt, hat viel- leicht zu den unangenehmſten meines Lebens gehört. Von un— entſchloſſenen und ſchwankenden Diplomaten abhängig, habe ich recht gefühlt, wie traurig und nachteilig es iſt, von Pre— mierminiſtern abzuhängen, und wie zerſtörend für die Armee, wenn dieſer Einfluß fortdauerte und E. K. M. nicht die uns mittelbare Leitung der Armee beibehielten.

Überhaupt iſt es wohl die höchſte Zeit, daß dieſe ſonderbare Verſammlung, die bis jetzt unter dem Namen der bevollmäch— tigten Miniſter der verbündeten Höfe Europa beherrſchtel, aufhört und daß die Männer, die zwar nur Untertanen, doch unter dieſem Titel ihre eigenen Monarchen beherrſchten und Geſetze geben, wieder in ihre vorigen Schranken zurücktreten, um ſo mehr, da ihr elendes Machwerk ſie in der Meinung der ganzen Welt zurückgeſetzt hat, und Preußen und Deutſchland, trotz ſeiner Anſtrengungen, immer wieder als das betrogene

1 Der Wiener Kongreß.

vor der ganzen Welt daſteht und Englands Einfluß auf Deutſchland ſich ganz feſt begründet.!

Sebaſtian Münſter: Von dem Elſaß und feiner großen Fruchtbarkeit, dem kein Land am Rhein: ſtrom mag verglichen werden

1553

un wie fruchtbar das Elſaß ſei, magſt du daraus merken,

daß in dem engen Begriff alle Jahr ein ſolich groß Gut von Wein und Korn gefalt, daß nit allein darvom ſeine In— wohner, der treff lich viel ſeind, zu leben haben, ſunder man führt daraus mit Schiffen und Wägen den köſtlichen Wein in Schweizerland, Schwabenland, Bayerland, Niederland, ja Engelland. Im Sunggöw, ja im ganzen Elſaß uf der Ebne wächſt ein groß Gut von Korn, darvon Lothringen, Burgund und Schweizerland auch zu eſſen haben. An den Bergen kocht ſich der gut Wein, und uf der Ebne wächſt das Korn und viel fruchtbarer Obſtbůum. Man findt auch ganz Wäld mit Köſten (Kaſtanien) Bäumen in den Bergen. Darzu weißt man wohl, wie ſo groß Gut jährlich von Silber in dem Lebertal gegraben wird. Es ſeind do nit minder dann 30 Silbergruben, die haben all ihre beſondere Namen ... Weiter was koſtlicher Weid in dieſem Gebirg gefunden wird, zeigen an die guten Münſter Käſ', fo man daraus bringt. Und daß ich es mit kurzen Wor— len ſag, es iſt in dem ganzen deutſchen Land kein Gegenheit, die dieſem Elſaß möcht verglichen werden. Man findt wohl Länder

1 Ein großer Teil der Originale von Blüchers Briefen iſt nur ſchwer erreichbar; eine wiſſenſchaftliche Geſamtausgabe fehlt noch; daher mußten die Briefe Nr. 2—5 in der Faſſung wiedergegeben werden, die fie durch ihre Herausgeber Pertz, Colomb, Pierſon und Unger erfahren haben.

in Deutſchland, do guter Wein wacht, der ſich dem Elſaſſer vergleicht, ſie haben aber nit darbei ſolichen vollen Brotkaſten und luſtige Obſtgärten wie das Elſaß. Dann in dieſem Land findeſt du an dem Gebirg kein Ort, das nit erbauen ſei mit Flecken, Weingärten oder Üdern. Aber am Rhein iſt es an manchem Ort ſumpfig, hat do ſelbigen gute Weid für das Vieh. Dies Land iſt alſo wohl mit menſchlichen Wohnungen erbauen, daß darin ſechsundvierzig Städt' und Städtlin, die all ummauert ſeind, gefunden werden und fünfzig Schlöſſer auf den Bergen und der Ebne gebauen. Der Dörfer aber und Weiler iſt kein Zahl ... Man findt nit einerlei, ſunder man—⸗ cherlei Volk in dieſem Land. Aus Schwaben, Bayern, Bur— gund und Lothringen laufen ſie darin und kommen ſelten wie— der daraus. Die Schwaben werden am meiſten da gefunden. Man laßt jedermann darin ſitzen, der das Erdreich will helfen bauen.

Aus dem „Cherubiniſchen Wandersmann“ des Angelus Sileſius (1657)

lüh auf, gefrorner Chriſt, der Mai iſt für der Tür: Du bleibeſt ewig tot, blühſt du nicht jetzt und hier.

Die Braut verdient ſich mehr mit einem Kuß um Golt, Als alle Mietlinge mit Arbeit bis in Tod.

Gott iſt mur eigentlich: er liebt und lebet nicht, Wie man von mir und dir und andren Dingen ſpricht.

Gott iſt ſo viel an mir, als mir an ihm gelegen, Sein Weſen helf ich ihm, wie er das meine, hegen.

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Gott hat nicht Unterſcheid, es iſt ihm alles ein: Er machet ſich ſo viel der Flieg als dir gemein.

Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben, Werd ich zunicht, er muß von Not den Geiſt aufgeben.

Gott iſt ein lauter Nichts, ihn rührt kein Nun noch Hier: Je mehr du nach ihm greifſt, je mehr entwird er dir.

In Gott iſt alles Gott: ein einzigs Würmelein, Das iſt in Gott ſo viel als tauſend Gotte ſein.

Gott gleicht ſich einem Brunn: er fleußt ganz mildiglich Heraus in ſein Geſchöpf und bleibet doch in ſich.

Gott iſt ein Geiſt, ein Feur, ein Weſen und ein Licht, Und iſt doch wiederum auch dieſes alles nicht.

Gott iſt noch nie geweſt und wird auch niemals ſein Und bleibt doch nach der Welt, war auch vor ihr allein.

Man redt von Zeit und Ort, von Nun und Ewigkeit: Was iſt dann Zeit und Ort und Nun und Ewigkeit?

Zeit iſt wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit, So du nur ſelber nicht machſt einen Unterſcheid.

Nichts iſt, als ich und du: und wenn wir zwei nicht ſein, So iſt Gott nicht mehr Gott und fällt der Himmel ein.

Nichts iſt, das dich bewegt, du ſelber biſt das Rad, Das aus ſich ſelbſten läuft und keine Ruhe hat.

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Menſch, was du liebſt, in das wirft du verwandelt werden, Gott wirſt du, liebſt du Gott, und Erde, liebſt du Erden.

Je mehr du dich aus dir kannſt austun und entgießen: Je mehr muß Gott in dich mit ſeiner Gottheit fließen.

Das Weſen Gottes macht ſich keinem Ding gemein Und muß notwendig doch auch in den Teufeln ſein.

Du ſprichſt, du wirſt noch wohl Gott ſehen und ſein Licht: O Narr, du ſiehſt ihn nie, ſiehſt du ihn heute nicht.

Gott ſelber, wenn er dir will leben, muß erſterben: Wie denkſt du ohne Tod ſein Leben zu ererben?

Ich ſterb und leb auch nicht: Gott ſelber ſtirbt in mir: Und was ich leben ſoll, lebt er auch für und für.

Ich ſterb und lebe Gott: will ich ihm ewig leben, So muß ich ewig auch für ihm den Geiſt aufgeben.

Ich glaube keinen Tod: ſterb ich gleich alle Stunden, So hab ich jedesmal ein beſſer Leben funden.

Der Tod, aus welchem nicht ein neues Leben blühet, Der iſts, den meine Seel aus allen Töden fliehet.

Tod iſt ein ſelig Ding: je kräftiger er iſt, Je herrlicher daraus das Leben wird erkieſt.

Ich muß Maria ſein und Gott aus mir gebären, Soll er mich ewiglich der Seligkeit gewähren.

Ich ſelbſt muß Sonne fein, ich muß mit meinen Strahlen Das farbenloſe Meer der ganzen Gottheit malen.

Du ſelber machſt die Zeit: das Uhrwerk ſind die Sinnen; Hemmſt du die Unruh nur, ſo iſt die Zeit von binnen.

Der Weiſe, wann er ſtirbt, begehrt in Himmel nicht: Er iſt zuvor darin, eh ihm das Herze bricht.

Wer in der Hölle nicht kann ohne Hölle leben, Der hat ſich noch nicht ganz dem Höchſten übergeben.

Gott find die Werke gleich; der Heilge, wann er trinkt, Gefället ihm ſo wohl, als wann er bet't und ſingt.

Menſch, alles was du willſt, iſt ſchon zuvor in dir: Es lieget nur an dem, daß dus nicht wirkſt herfür.

Die Roſe, welche hier dein äußres Auge ſieht, Die hat von Ewigkeit in Gott alſo geblüht.

Die Ros iſt ohn Warum, ſie blühet, weil ſie blühet, Sie acht't nicht ihrer ſelbſt, fragt nicht, ob man ſie ſiehet.

Der Regen fällt nicht ihm, die Sonne ſcheint nicht ihr; Du auch biſt anderen geſchaffen und nicht dir.

Gott gibet ſo genau auf das Koaxen acht, Als auf das Direliern, das ihm die Lerche macht.

Dies alles iſt ein Spiel, das ihr die Gottheit macht: Sie hat die Kreatur um ihretwilln erdacht.

Ihr Menſchen, lernet doch von Wieſenblümelein, Wie ihr könnt Gott gefalln und gleichwohl ſchöne ſein.

Freund, ſolln wir alleſamt wie immer Eines ſchrein, Was wird das vor ein Lied und vor Geſinge ſein?

Freund, es iſt auch genug. Im Fall du mehr willſt leſen, So geh und werde ſelbſt die Schrift und ſelbſt das Weſen.

Jacob Grimm: Über den Purismus

egen die Puriſten, wie ſie heutigestags unter uns aufgetreten

ſind, wird ſich jeder erklären, der einen richtigen Blick in die Natur der deutſchen Sprache getan hat. Sie wollen nicht nur alles Fremde bis auf die letzte Faſer aus ihr geſtoßen wiſſen, ſondern fie überdem durch die gewaltſamſten Mittel wohl⸗ lautender, kräftiger und reicher machen. Die Geſinnung, welcher das Abwerfen des verhaßten Fremden recht iſt und an ſich ſelbſt möglich ſcheint, verdient unbedenklich geehrt und gehegt zu werden, nur ſollte man ſich beſcheiden, daß ſchon zur Ausmitte— lung der ſeit allen Zeiten eingeſchlichenen undeutſchen Wörter eine tiefe Forſchung vorgehen müßte !, wenn auch die noch jetzt tunliche Entfernung derſelben eingeräumt werden könnte. So— dann muß mit Dank und Vertrauen anerkannt werden, wie die edle Natur unſerer Sprache ſeit fünfzig Jahren ſo manches Unkraut ganz von ſelbſt ausgejätet hat, und dies allein iſt der 1 Wörter wie Natur, Kirche, Altar, Perſon und dergleichen mit dem Chriſtentum eingeführte ſind leichter zu erkennen als andere, deren Freind— heit vielen ſicher nicht beifällt, 3 B. Preis, klar, fein uſw., die vermutlich erſt im dreizehnten Jahrhundert durch die Minneſänger aus dem Fran—

zöſiſchen (das Niederdeutſche vermittelte etwa) entlehnt wurden und zur Galanterieſprache gehörten.

rechte Weg, auf dem es geſchehen foll; ihr find alle Gewächſe und Wurzeln in ihrem Garten aus der langen Pflege her be- kannt und lieb, eine fremde Hand, die ſich dareinmiſchen wollte, würde plump mehr gute Kräuter zerdrücken und mitreißen, als ſchädliche ausrotten, oder würde mit ſtief mütterlicher Vorliebe gewiſſe Pflanzen hervorziehen und andere verfäumen. Abſtrakte Wörter, d. h. Geiſtigwerdung ſinnlicher Wurzeln, entſpringen nur mit den Ideen ſelbſt. Nimmt eine Sprache fremde Wör⸗ ter auf, ſo zeigt ſie, entweder daß ſie noch unreif für die damit verbundenen Begriffe iſt oder daß ihr dieſe unnationell, un- anſtändig find. So erſcheint als ein Vorteil, daß man die fran- zöſiſche Hof- und Galanterieſprache bei ihren Wörtern gelaſſen; wären ſie überſetzt worden, ſo müßte der Deutſche außer der Sache auch die Wörter übel empfinden. Der Gebrauch latei— niſcher Wörter in Wiſſenſchaft und Philoſophie erſcheint auch nicht gerade ungünſtig, vielmehr mag das Still- und gleichſam Brachliegen der deutſchen Sprache durch lange Zeiten hindurch der darauf gefolgten Fruchtbarkeit und Friſche nützlich geworden ſein. Mit dem, wozu man ſie wirklich braucht, gehen auch die neuen Wörter auf.] Der Geiſt aber, welcher gewaltet hat, wird auch inskünftige fühlen, wieviel des Fremden bleiben könne oder dürfe und wo die Zeit erſcheine, da das noch An— ſtößige am beſten abgelegt werde, wenn wir nur ſelbſt Herz und Sinn, was die Hauptſumme iſt, der das übrige nachfolgt, un⸗ ſerm Vaterland treu bewahren. Der andere Grundſatz neuer Sprachreinigung, durch Ausſcheidung einzelner Buchſtaben und Umlaute, ſowie durch gezerrte Vervielfachung gewiſſer Bil- dungsmittel Wohllaut und Wortreichtum zu vermehren, ſcheint mir aufs höchſte verwerflich. Wollte man ihm Raum geben, fo würde unſere mit Ehren zum Mannesalter heranreifende Sprache, der die früheren vollen Formen jetzt nicht mehr an—

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ſtehen, einer verlebten Schönheit gleichen, die ſich durch falfche Künſte jugendlich, durch Flitterſtaat anſehnlich machen möchte und in welcher bald unſer eigenes Bild nicht mehr zu erkennen wäre. Dieſe Sprachkünſtler ſcheinen nicht zu fühlen, daß es kaum eine Regel gibt, die ſich ſteif überall durchführen läßt; jedes Wort hat ſeine Geſchichte und lebt ſein eigenes Leben, es gilt daher gar kein ſicherer Schluß von den Biegungen und Ent⸗ faltungen des einen auf die des andern, ſondern erſt das, was der Gebrauch in beiden gemeinſchaftlich anerkennt, darf von der Grammatik angenommen werden. Es iſt ein großes Geſetz der Natur, das auch in der Sprache Anomalien und Mängel neben den uns erkennbaren Regeln beſtehen laſſen will, ja es wäre ohne dieſes keine Verſchiedenheit und Beſonderheit der aus einem Quell gefloſſenen Mundarten denkbar, wogegen dievollſtändige, gleichartige Entwicklung aller Wurzeln, wie jeder unmäßige Reichtum, wieder arm machen würde. Auf jeden Fall iſt ſo viel einleuchtend, wenn man beabſichtigte, das Gebiet der jetzt vorhandenen Wörter und Formen zu erweitern, daß die gründ— lichſte, durchdringendſte Kenntnis aller Eigenſchaften und Triebe der Sprache vorausgeſetzt werden müßte, um die vermeintlichen Lücken und Schwächen von nicht bloß einer Seite zu beleuchten und die vorgeſchlagene Ergänzung oder Beſſerung vernünftig zu berechnen. Was aber bisher zur Frage gebracht worden iſt, ſcheint mir dürftig aus dem bloßen heutigen Beſtand, vollends ohne alle eingehende Berückſichtigung der früheren Grundlagen, hergegriffen, und man kann ſich ſelten dabei der Bedenklichkeit erwehren, warum gerade ein oder einige Gegenſtände und nicht ebenſogut viele andere angeregt werden ſollen. Hunderte ſolcher neuen, ungetauften Wörter in Scharen zuſammentreiben, iſt keine beſondere Kunſt, nach weniger Zeit wären die Wörter⸗ bücher zwar um tauſende reicher, aber der Verluſt von zehn

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Wurzeln und Formen, die wir vorzeiten wirklich einmal be- ſeſſen, könnte durch den unwillkommenen Zuwachs nimmermehr ausgeglichen werden. Die Sprache hat mancherlei Schaden erlitten und muß ihn tragen. Die wahre, allein zuträgliche Ausgleichung ſteht in der Macht des unermüdlich ſchaffenden Sprachgeiſtes, der wie ein niſtender Vogel wieder von neuem brütet, nachdem ihm die Eier weggetan worden; fein unſicht⸗ bares Walten vernehmen aber Dichter und Schriftſteller in der Begeiſterung und Bewegung durch ihr Gefühl.!

Sobald die Kritik geſetzgeberiſch werden will, verleiht ſie dem gegenwärtigen Zuſtand der Sprache kein neues Leben, ſondern ſtört es gerade auf das empfindlichſte. Weiß ſie ſich hingegen von dieſer falſchen Anſicht frei zu halten, ſo iſt ſie eine weſentliche Stütze und Bedingung für das Studium der Sprache und Poeſie.

Bei ſorgſamem Leſen altdeutſcher Quellen entdeckte ich täg⸗ lich Formen und Vollkommenheiten, um die wir Griechen und Römer zu neiden pflegen, wenn wir die Beſchaffenheit unfrer jetzigen Sprache erwägen; Spuren, die noch in dieſer trümmer⸗ haft und gleichſam verſteint ſtehen geblieben, wurden mir all⸗ mählich deutlich und die Übergänge gelöſt, wenn das Neue ſich zu dem Mitteln reihen konnte und das Mittele dem Alten die Hand bot. Zugleich aber zeigten ſich die überraſchendſten Ahnlich⸗ keiten zwiſchen allen verſchwiſterten Mundarten und noch ganz überſehene Verhältniſſe ihrer Abweichungen.

Goethe hat recht ſchön geſagt (Runjt und Altertum, 3, 51): „Es gibt gar viele Arten von Reinigung und Bereicherung, die eigentlich alle zu— ſammengreifen müſſen, wenn die Sprache lebendig wachſen ſoll. Poeſie und leidenſchaftliche Rede ſind die einzigen Quellen, aus denen dieſes Leben hervordringt, und ſollte ſie in ihrer Heftigkeit auch etwas Bergſchutt mitführen, er ſetzt ſich zu Boden, und die reine Welle fließt darüber her.“

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Kein Volk auf Erden hat eine ſolche Geſchichte für feine Sprache wie das deutſche. Zweitauſend Jahre reichen die Quellen zurück in ſeine Vergangenheit, in dieſen zweitauſenden iſt kein Jahrhundert ohne Zeugnis und Denkmal. Welche ältere Sprache der Welt mag eine ſo lange Reihe von Be— gebenheiten aufweiſen, und jede an ſich betrachtet vollkommnere, wie die indiſche oder griechiſche, wird ſie für das Leben und den Gang der Sprache überhaupt in gleicher Weiſe lehrreich fein?

Emanuel Hiel: Dproep 1870

Nang zijn der Dietſchers Schoone geweſten Geſcheurd en geſpleten En weerlos gemaakt. Lang worden Dietſchers, Zij eens den beſten Mannen geheeten, Miskend en verzaakt.

Voegt u fe zamen Zuiden en Noorden, Vereenigt uw ſtreven Voor 't nieuwe gebied! Staten en namen

Kan men vermoorden, Volk dat wil leven Vernietigt men niet!

Vrij van gedachten Machtig door werken,

Vol koenheid en blijheid Beheerſcht weer de zee! Door uwe krachten Wordt weer de ſterken, Voert tot de vrijheid De volkeren met.

Jacob Burckhardt: Auswärtige Politik der ita— lieniſchen Staaten im Zeitalter der Renaiſſance

ie die meiſten italieniſchen Staaten in ihrem Innern

Kunſtwerke, d. h. bewußte, von der Reflexion ab⸗ hängige, auf genau berechneten ſichtbaren Grundlagen ruhende Schöpfungen waren, ſo mußte auch ihr Verhältnis zueinander und zum Ausland ein Werk der Kunſt ſein. Daß ſie faſt ſämtlich auf ziemlich neuen Uſurpationen beruhen, iſt für ihre auswärtigen Beziehungen ſo verhängnisvoll wie für das In⸗ nere. Keiner erkennt den andern ohne Rückhalt an; dasſelbe Glücks ſpiel, welches bei Gründung und Befeſtigung der eigenen Herrſchaft gewaltet hat, mag auch gegen den Nachbar walten. Hängt es doch gar nicht immer von dem Gewaltherrſcher ab, ob er ruhig ſitzen wird oder nicht. Das Bedürfnis ſich zu ver⸗ größern, ſich überhaupt zu rühren, iſt allen Illegitimen eigen. So wird Italien die Heimat einer „auswärtigen Politik“, welche dann allmählich auch in anderen Ländern die Stelle eines anerkannten Rechtszuſtandes vertreten hat. Die völlig objektive, von Vorurteilen wie von ſittlichen Bedenken freie Behand⸗ lung der internationalen Dinge erreicht bisweilen eine Vollen⸗ dung, in welcher ſie elegant und großartig erſcheint, während das Ganze den Eindruck eines bodenloſen Abgrundes hervor⸗ bringt.

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Dieſe Ränke, Ligen, Rüſtungen, Beſtechungen und Ber räfereien machen zuſammen die äußere Geſchichte des damaligen Italiens aus. Lange Zeit war beſonders Venedig der Gegen— ſtand allgemeiner Anklagen, als wollte es ganz Italien er⸗ obern oder allgemach ſo herunterbringen, daß ein Staat nach dem andern ihm ohnmächtig in die Arme fallen müſſe. Bei näherm Zuſehen wird man jedoch inne, daß dieſer Weheruf ſich nicht aus dem Volk, ſondern aus der Umgebung der Fürſten und Regierungen erhebt, welche faſt ſämtlich bei ihren Unter⸗ tanen ſchwer verhaßt find, während Venedig durch ſein leidlich mildes Regiment ein allgemeines Zutrauen genießt. Auch Florenz mit ſeinen knirſchenden Untertanenſtädten fand ſich Venedig gegenüber in mehr als ſchiefer Stellung, ſelbſt wenn man den Handelsneid und das Fortſchreiten Venedigs in der Romagna nicht in Betracht zog. Endlich brachte es die Liga von Cambrai wirklich dahin, denjenigen Staat zu ſchwächen, den ganz Italien mit vereinten Kräften hätte ſtützen ſollen.

Allein auch alle übrigen verſehen ſich des Allerſchlimmſten zueinander, wie das eigene böſe Gewiſſen es jedem eingibt, und find fortwährend zum Außerſten bereik. Lodovico Moro, die Aragoneſen von Neapel, Sixtus IV. hielten in ganz Italien die allergefährlichſte Unruhe wach, der Kleineren zu geſchweigen. Hätte ſich dieſes entſetzliche Spiel nur auf Italien beſchränkt! Allein die Natur der Dinge brachte es mit ſich, daß man ſich nach fremder Intervention und Hilfe umſah, hauptſächlich nach Franzoſen und Türken.

Zunächſt find die Bevölkerungen ſelber durchweg für Frank— reich eingenommen. Mit einer grauenerregenden Naivität ge: ſteht Florenz von jeher ſeine alte guelfiſche Sympathie für die Franzoſen ein. Und als Karl VIII. wirklich im Süden der Alpen erſchien, fiel ihm ganz Italien mit einem Jubel zu, welcher ihm

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und feinen Leuten felber ganz wunderlich vorkam. In der Phan⸗ taſie der Italiener (man denke an Savonarola) lebte das Ideal⸗ bild eines großen, weiſen und gerechten Retters und Herrſchers, nur war es nicht mehr wie bei Dante der Kaiſer, ſondern der ca⸗ petingiſche König von Frankreich. Mit ſeinem Rückzug war die Täuſchung im ganzen dahin, doch hat es noch lange gedauert, bis man einſah, wie vollſtändig Karl VIII., Ludwig XII. und Franzl. ihr wahres Verhältnis zu Italien verkannten und von welch untergeordneten Beweggründen ſie ſich leiten ließen. Anders als das Volk ſuchten die Fürſten ſich Frankreichs zu bedienen. Als die franzöſiſch⸗engliſchen Kriege zu Ende waren, als Ludwig XI. ſeine diplomatiſchen Netze nach allen Seiten hin auswarf, als vollends Karl von Burgund ſich in abenteuerlichen Plänen wiegte, da kamen ihnen die italieniſchen Kabinette von allen Seiten entgegen, und die franzöſiſche Intervention mußte früher oder ſpäter eintreten, auch ohne die Anſprüche auf Neapel und Mailand, ſo gewiß als ſie z. B. in Genua und Piemont ſchon längſt ſtattgefunden hatte. Die Venezianer er⸗ warteten ſie ſchon 1462. Welche Todesangſt Herzog Galeazzo Maria von Mailand während des Burgunderkrieges aus⸗ ſtand, als er, ſcheinbar ſowohl mit Ludwig XI. als mit Karl verbündet, den Überfall beider fürchten mußte, zeigt feine Kor⸗ reſpondenz in ſchlagender Weiſe. Das Syſtem eines Gleich⸗ gewichtes der vier ifalienifi chen Hauptſtaaten, wie Lorenzo ma⸗ gnifico es verſtand, war doch nur das Poſtulat eines lichten, optimiſtiſchen Geiſtes, welcher über frevelnde Experimental⸗ politik wie über florentiniſchen Guelfenaberglauben hinaus war und ſich bemühte, das Beſte zu hoffen. Als Ludwig XI. ihm im Kriege gegen Ferrante von Neapel und Sixtus IV. Hilfstruppen anbot, ſagte er: „Ich vermag noch nicht, meinen Nutzen der Gefahr ganz Italiens vorzuziehen; wollte Gott,

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es fiele den franzöſiſchen Königen niemals ein, ihre Kräfte in dieſem Lande zu verſuchen! Wenn es dazu kommt, fo iſt Ita⸗ lien verloren.“ Für andere Fürſten dagegen iſt der König von Frankreich abwechſelnd Mittel oder Gegenſtand des Schreckens, und ſie drohen mit ihm, ſobald ſie aus irgendeiner Verlegenheit keinen bequemern Ausweg wiſſen. Vollends glaubten die Päpſte, ohne alle eigene Gefahr mit Frankreich operieren zu dürfen, und Innocenz VIII. meinte noch, er könne ſchmollend ſich nach dem Norden zurückziehen, um von da mit einem fran- zöſiſchen Heer als Eroberer nach Italien zurückzukehren.

Denkende Menſchen ſahen alſo die fremde Eroberung ſchon lange vor dem Zuge Karls VIII. voraus. Und als Karl wieder über die Alpen zurück war, lag es erſt recht klar vor aller Augen, daß nunmehr eine Ira der Interventionen begonnen habe. Fortan verflicht ſich Unglück mit Unglück, man wird zu ſpät inne, daß Frankreich und Spanien, die beiden Haupt— intervenienten, inzwiſchen moderne Großmächte geworden ſind, daß ſie ſich nicht mehr mit oberflächlichen Huldigungen be— gnügen können, ſondern um Einfluß und Beſitz in Italien auf den Tod kämpfen müſſen. Sie haben angefangen, den zentrali⸗ ſierken italieniſchen Staaten zu gleichen, ja dieſelben nachzu— ahmen, nur in koloſſalem Maßſtab. Die Abſichten auf Länder⸗ raub und Ländertauſch nehmen eine Zeitlang einen Flug ins Unbedingte hinaus. Das Ende aber war bekanntlich ein totales Übergewicht Spaniens, welches als Schwert und Schild der Gegenreformation auch das Papſttum in eine lange Abhängig⸗ keit brachte. Die traurige Reflexion der Philoſophen beſtand dann einzig darin, nachzuweiſen, wie alle die, welche die Bar: baren gerufen, ein ſchlechtes Ende genommen hätten.

Offen und ohne alle Scheu ſetzte man ſich im 18. Jahrhun⸗ dert auch mit den Türken in Verbindung; es ſchien dies ein

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Mittel polififcher Wirkung wie ein anderes. Der Begriff einer ſolidariſchen „abendländiſchen Chriſtenheit“ hatte ſchon im Verlauf der Kreuzzüge bedenklich gewankt, und Friedrich II. mochte demſelben bereits entwachſen ſein; allein das erneute Vordringen des Orients, die Not und der Untergang des grie— chiſchen Reiches hatte im ganzen wieder die frühere Stimmung der Abendländer (wenn auch nicht ihren Eifer) erneuert. Hier⸗ von macht Italien eine durchgängige Ausnahme; ſo groß der Schrecken vor den Türken und die wirkliche Gefahr ſein mochte, ſo iſt doch kaum eine bedeutendere Regierung, welche nicht irgend einmal frevelhaft mit Mohammed II. und feinen Nach⸗ folgern einverftanden geweſen wäre gegen andere italieniſche Staaten. Und wo es nicht geſchah, da traute es doch jeder dem andern zu es war noch immer nicht fo ſchlimm, als was 3. B. die Venezianer dem Thronerben Alfons von Neapel ſchuld gaben, daß er Leute geſchickt habe, um die Ziſternen von Vene- dig zu vergiften. Von einem Verbrecher wie Sigismondo Malateſta erwartete man nichts Beſſeres, als daß er die Türken nach Italien rufen möchte. Aber auch die Aragoneſen von Neapel, welchen Mohammed angeblich von andern italieniſchen Regierungen aufgereizt eines Tages Otranto wegnahm (1480), hetzten hernach den Sultan Bajazeth II. gegen Venedig. Ebendasſelbe ließ ſich Lodovico Moro zu— ſchulden kommen; „das Blut der Gefallenen und der Jammer der bei den Türken Gefangenen ſchreit gegen ihn zu Gott um Rache“, ſagt der Annaliſt des Staates. In Venedig, wo man alles wußte, war es auch bekannt, daß Giovanni Sforza, Fürſt von Peſaro, der Vetter des Moro, die nach Mailand reiſenden türkiſchen Geſandten beherbergt hatte. Von den Päpſten des 18. Jahrhunderts ſind die beiden ehrenwerteſten, Nikolaus V. und Pius II., in tiefſtem Kummer wegen der

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Türken geſtorben, letzterer ſogar unter den Anſtalten einer Kreuzfahrt, die er ſelber leiten wollte; ihre Nachfolger dagegen veruntreuen die aus der ganzen Chriſtenheit geſammelten Türken⸗ gelder und entweihen den darauf gegründeten Ablaß zu einer Geldſpekulation für ſich. Innocenz VIII. gibt ſich zum Kerker⸗ meiſter des geflüchteten Prinzen Dſchem her, gegen ein von deſſen Bruder Bajazeth II. zu zahlendes Jahrgeld, und Alex⸗ ander VI. unterſtützt in Konſtantinopel die Schritte des Lodo— vico Moro zur Förderung eines kürkiſchen Angriffs auf Vene⸗ dig (1498), worauf ihm dieſes mit einem Konzil droht. Man ſieht, daß das berüchtigte Bündnis Franz' J. mit Soliman II. nichts in ſeiner Art Neues und Unerhörtes war.

Übrigens gab es auch einzelne Bevölkerungen, welchen ſogar der Übergang an die Türken nicht mehr als etwas beſonders Schreck— liches erſchien. Selbſt wenn ſie nur gegen drückende Regierungen damit gedroht haben ſollten, ſo wäre dies doch ein Zeichen, daß man mit dem Gedanken halbenweges vertraut geworden war. Schon um 1480 gibt Battiſta Mantovano deutlich zu verſtehen, daß die meiſten Anwohner der adriatiſchen Küſte etwas der Art vorausſähen und daß namentlich Ancona es wünſche. Als die Romagna unter Leo X. ſich ſehr bedrückt fühlte, ſagte einſt ein Ab⸗ geordneter von Ravenna dem Legaten Kardinal Giulio Medici ins Geſicht: „Monſignore, die erlauchte Republik Venedig will uns nicht, um keinen Streit mit der Kirche zu bekommen, wenn aber der Türke nach Raguſa kommt, ſo werden wir uns ihmübergeben.“

Angeſichts der damals ſchon begonnenen Unterjochung Ita⸗ liens durch die Spanier iſt es ein leidiger, aber doch gar nicht grundloſer Troſt, daß nunmehr das Land wenigſtens vor der Barbariſierung durch die Türkenherrſchaft geſchützt war. Sich ſelber hätte es bei der Entzweiung ſeiner Herrſcher ſchwerlich vor dieſem Schickſal bewahrt.

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Wenn man nach all dieſem von der damaligen italieniſchen Staatskunſt etwas Gutes ſagen ſoll, ſo kann ſich dies nur auf die objektive, vorurteilsloſe Behandlung folder Fragen be- ziehen, welche nicht durch Furcht, Leidenſchaft oder Bosheit bereits getrübt waren. Hier gibt es kein Lehnsweſen im nordi— ſchen Sinne mit künſtlich abgeleiteten Rechten, ſondern die Macht, welche jeder beſitzt, beſitzt er (in der Regel) wenigſtens faktiſch ganz. Hier gibt es keinen Geleitsadel, der im Gemüt der Fürſten den abſtrakten Ehrenpunkt mit all ſeinen wunder⸗ lichen Folgerungen aufrecht hielte, ſondern Fürſten und Rat⸗ geber ſind darin eins, daß nur nach der Lage der Dinge, nach den zu erreichenden Zwecken zu handeln ſei. Gegen die Men⸗ ſchen, die man benützt, gegen die Verbündeten, woher ſie auch kommen mögen, exiſtiert kein Kaſtenhochmut, der irgend jeman⸗ den abſchrecken könnte, und zu allem Überfluß redet der Stand der Kondottieren, wo die Herkunft völlig gleichgültig iſt, ver- nehmlich genug von der wirklichen Macht. Endlich kennen die Regierungen, als gebildete Deſpoten, ihr eigenes Land und die Länder ihrer Nachbarn ungleich genauer, als ihre nordiſchen Zeitgenoſſen die ihrigen, und berechnen die Leiſtungsfähigkeit von Freund und Feind in ökonomiſcher wie in moraliſcher Hin— ſicht bis ins einzelſte; fie erſcheinen, trotz den ſchwerſten Irr⸗ tümern, als geborene Statiſtiker.

Mit ſolchen Menſchen konnte man unterhandeln, man konnte ſie zu überzeugen, d. h. durch tatſächliche Gründe zu beſtimmen hoffen. Als der große Alfonſo von Neapel (1433) Gefangener des Filippo Maria Visconti geworden war, wußte er dieſen zu überzeugen, daß die Herrſchaft des Hauſes Anjou über Neapel ſtatt der ſeinigen die Franzoſen zu Herren von Italien machen würde, und jener ließ ihn ohne Löſegeld frei und ſchloß ein Bündnis mit ihm. Schwerlich hätte ein nor-

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diſcher Fürſt fo gehandelt und gewiß keiner von der ſonſtigen Moralität des Visconti. Ein feſtes Vertrauen auf die Macht tatſächlicher Gründe beweiſt auch der berühmte Beſuch, wel- chen Lorenzo magnifico unter allgemeiner Beſtürzung der Florentiner dem treuloſen Ferrante in Neapel abſtattete (1478), der gewiß in der Verſuchung und nicht zu gut dazu war, ihn als Gefangenen da zu behalten. Denn daß man einen mächtigen Fürſten verhaften und dann nach Ausſtellung einiger Unterſchriften und andern tiefen Kränkungen wieder lebendig entlaſſen könne, wie Karl der Kühne mit Ludwig XI. zu Pe ronne tat (1468), erſchien den Italienern als Torheit, fo daß Lorenzo entweder gar nicht mehr oder ruhmbedeckt zurück— erwartet wurde. Es iſt in dieſer Zeit, zumal von venezianiſchen Geſandten, eine Kunſt der politiſchen Überredung aufgewandt worden, von welcher man diesſeits der Alpen erſt durch die Ita— liener einen Begriff bekam, und welche ja nicht nach den offiziellen Empfangsreden beurteilt werden darf, denn dieſe gehören der humaniſtiſchen Schulrhetorik an. An Derbheiten und Naivi— täten fehlte es im diplomatiſchen Verkehr auch nicht, trotz aller ſonſt ſehr entwickelten Etikette. Faſt rührend aber erſcheint uns ein Geiſt wie Machiavelli in ſeinen „Legazioni“. Mangelhaft inſtruiert, kümmerlich ausg ſtattet, als untergeordneter Agent behandelt, verliert er niemals feinen freien, hohen Beobachtungs— geiſt und ſeine Luſt des anſchaulichen Berichtens.

Kaiſer Friedrich III: Einweihungsfahrt auf dem Suezkanal An Bord der „Grille“, den 17. November 1869

Wi befinden uns nunmehr auf dem neueſten Wunder werk unſeres Zeitalters, weihen den Suezkanal ein

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und fühlen, daß wir Zeugen eines Ereigniſſes find, das für den Weltverkehr von ganz außerordentlicher Bedeutung fein wird und den Beweis liefert, was menſchliche Einſicht, Aus⸗ dauer und Willenskraft vermögen. Gott gebe ſeinen Segen für die daraus erſchloſſenen Verkehrsquellen und für die neuen Unternehmungen, die ſich notwendigerweiſe daran an— ſchließen werden. Möchte doch Deutſchland ſich bald ähnlich großer Leiſtungen auf dem Gebiete der Verkehrswege rühmen können. |

Die Abfahrt war auf ſechs Uhr früh angeſetzt, voran „l' Aigle“ mit der Kaiſerin Eugenie an Bord, dann „Greif“ mit dem Kaiſer von Oſterreich, darauf ich an Bord der „Grille“, end— lich der niederländiſche Dampfer mit Prinz und Prinzeſſin Heinrich der Niederlande, gefolgt von den Botſchaftern und etlichen fünfzig anderen Dampfern.

Aber erſt um halb zehn Uhr ſetzte ſich der Zug in Bewegung, weil ein der äußerſten Vorſicht wegen vorausgeſendetes ägyp⸗ tiſches Dampfſchiff erft ſpät die Möglichkeit der Durchfahrt als zweifellos telegraphiert hatte. Wir fuhren nun in den Kanal ein, deſſen Mündung zwei Obelisken, aus Fachwerk erbaut, bezeichnen.

Von dieſem Augenblick ab bis zur Ankunft in Ismailia bot die Fahrt nichts anderes als den Blick auf einen gradlinig ge: zogenen Kanal, der durchweg von ſandigen Ufern eingefaßt iſt. Belehrend waren dabei die Mitteilungen eines der erſten fran- zöſiſchen Ingenieure des Unternehmens, Mr. Laroche, der un- ſeren Begleiter abgab. Dreimal geriet das eine der öſterrei— chiſchen Schiffe, „Eliſabeth“, auf den Sand und hielt uns fo- wie die ſämtlichen Schiffe dadurch gehörig auf, ſonſt ging die ſiebenſtündige Fahrt ohne Anſtoß vonſtatten; doch ward natür⸗ lich ſehr vorſichtig gedampft.

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Suez, den 20. November 1869

Die Kanalfahrt iſt glücklich durchgeführt; keins der Schiffe, auf denen die Hauptbeteiligten ſich befanden, hat irgendwelche Schwierigkeiten zu überwinden gehabt, und auch wo einige geführliche Felsengen vorhanden waren, ſind dieſelben glück— lich überſchifft und durch beſtändiges Lotſen oder langſames Fahren überwunden worden.

Klar liegt nunmehr die Tatſache vor der ganzen Welt, daß man auch mit großen Schiffen aus dem Roten Meer in das Mittelländiſche gelangen kann, und es wird fortan der Fünf: tige Handel mit außerordentlichem Zeitgewinn auf der kürze⸗ ſten Strecke aus Indien und dem Stillen Ozean nach Europa ſeine Bahn nehmen können.

Mit Tagesanbruch lichteten wir in den Bitterſeen, in wel: chen geſtern abend der Wind ſtark geweht und Wellenſchlag uns geſchaukelt hatte, die Anker. Dieſes Becken, erſt ſeit dem Frühjahr mit Seewaſſer angefüllt und bis dahin ein trockener Laudſtrich, gibt ſich wahrhaftig ſchon das Anſehen eines wirk— lichen Meeres.

Obwohl vom Wüſtenſande eingefaßt, ſieht die Landſchaft dennoch nicht ſandig oder kahl aus, weil hier ſtets eine eigen— tümlich roſige Beleuchtung herrſcht, die zu allen Tageszeiten, ja ſelbſt in der Dunkelheit, einen unbeſchreiblich lebendigen Schimmer beſitzt. Sonſt war rings um uns her kein leben- diges Weſen zu ſehen, außer denen, die uns auf etwa zwanzig Dampfern umgaben.

Ich hatte mich bereits geſtern abend den Majeſtäten an Bord ihrer Schiffe empfohlen; Kaiſer Franz Joſeph war ſehr höflich und erwiderte auch noch ſpäter meinen Beſuch.

Um zwölf Uhr gewahrten wir das kleine, recht unanſehnliche Suez, reizend am Fuße maleriſcher Felsberge gelegen und von

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den „blauen“ Fluten des „Roten“ Meeres beſpült. Somit habe ich denn auch dieſes Meer kennen gelernt, nachdem ich erſt vier Wochen zuvor im Schwarzen geweſen und im Laufe des verſtrichenen Sommers mich in den Fluten der Nordſee ge— badet hatte. Ich kann nicht leugnen, daß in dieſem Moment meine Blicke ſich über des Roten Meeres Fluten mit einem kleinen Seufzer nach Oſten richteten. War ich doch hier dem Zauber Indiens und des Himalaja ſo nahe gerückt, wie nie zuvor und wie es mir auch künftig niemals wieder im Leben geſtattet ſein wird!! Dann aber verſcheuchen der Donner der Geſchütze und das „Hurra“ der Mannſchaften auf den Rahen der Oſtindien⸗Transportſchiffe und mehrerer anderer Fahrzeuge alle Sentimentalität, und es trat die proſaiſche Realität an uns heran, ſo raſch wie möglich an das Ausſchiffen zu denken, weil ich der erſte auf der Eiſenbahn dem Vizekönig nachreiſen ſollte, um noch am heutigen Abend mich zur Milfahrt einzu- ſchiffen.

Die Fahrt auf dem Suezkanal bietet an ſich keine Reize; nur der Umſtand, daß die Wüſte und der recht heimatliche Ge— fühle erweckende Sand wirklich einen Lichtſchimmer beſitzen, den man ſehen muß, um ihn zu begreifen, läßt die lebloſe Land⸗ ſchaft weniger eintönig erſcheinen. Nun könnte man glauben, daß bei einer zweieinhalbtägigen Waſſerfahrt ſich allmählich Langeweile einſtellen müßte, dies war aber durchaus nicht der Fall, denn zunächſt fanden wir alle willkommene Gelegenheit zum ungeſtörten Schreiben oder Leſen, und dann war unſere eng genug an Bord untergebrachte Geſellſchaft keineswegs melancholiſch geſtimmt. Der Glanzpunkt dieſer Tage für mich bleibt unſtreitig der Anblick des arabiſchen Zeltlagers in Is⸗ mailia, und wird der Eindruck der hier empfangenen Bilder ſtets unzertrennlich von dem Gedenken der Suezkanaleröffnung

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bleiben. Dieſes Leben, fo ganz verſchieden von jeglichem Volks- feſt und Volkstreiben, das mir bis jetzt auf meinen mannig- fachen Wanderungen vorgekommen, bot einen Reiz dar, der einzig in ſeiner Art bleibt.

Die Märchenbilder aus der Kinderzeit fanden hier ein gut Stück Wirklichkeit, ohne daß eine Zutat von Einbildungskraft nötig geweſen wäre, und einige Stunden Luſtwandelns in dieſem orientaliſchen Getriebe geben jedem Neuankommenden ein klareres Bild des Lebens in der Levante, als es wochenlange Reiſen vermögen. Dabei war es ein Glück für uns, daß wir dreimal herumwanderten, ohne daß unſer Inkognito gebrochen ward, mithin ſich alles ungeſtört und ungezwungen in ſeiner Natürlichkeit um uns her bewegte. Als dagegen der Khedive eine offizielle Umfahrt für uns alle veranſtaltete und Fantaſias auf Befehl vorgeführt wurden, ſank ſofort das Bild zu einer gemachten Sache herab.

Beſonders intereſſiert hat mich das vornehme Phlegma, mit dem Scheiks ſowohl wie Vaſallen und Sklaven ſich bewegten und mit einer allerdings erklärlichen Geringſchätzung aus ihren herrlichen Kaftans heraus auf unfere Ziwilanzüge blickten. Der ſchwärzeſte, zerlumpteſte Mohr trägt hierzulande ſein Hemd oder ſeinen Kaftan nebſt „Abbaya“ mit ebenſoviel Würde wie der Edelmann.

Prinz Eugen und die Feſtung Lille Etwa 1708

Prinz Eugen: Galant, nicht ſchnell. Weiſe zuerſt 1720.

> Lille, du al- ler- fhön:-fte Stadt, Die du biſt fo

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fein und glatt, Mei ne Lieb die brennt vor Flammen,

Dich lieb ich vor al = len Da- men, Lille, du al: ler:

pp ſchön⸗ ſte Stadt, ſchön-ſte Stadt, Lille, du al: ler⸗ſchön⸗ ſte Stadt.

Feſtung Lille: Lieber Herr, was ſaget Ihr? Wer ſeid Ihr? was macht Ihr hier? Was die Reuter, die Soldaten, Eure tapfre Kameraden? Liebſter, das erzählet mir!

Prinz Eugen: Ich bin der Savoyer Held, Bekannt genug in aller Welt, Prinz Eugenius genennet, Der in deiner Liebe brennet, Lille, meine allerſchönſte Braut!

Feſt ung Lille: Lieber Herr, fort packet Euch! Gehet in das deutſche Reich, Denn ich habe zum Galanten, Zum Gemahl und Kareſſanten König Ludwig von Frankreich.

Prinz Eugen: Liebſte, deine Schönheit groß Ziehet mich in deinen Schoß. Laß dich ſchrecken meine Waffen, Mit Gewalt will ich bei dir ſchlafen, Du magſt ſagen, was du willſt.

Feſtung Lille: Wollt Ihr handeln mit Gewalt, Lieber Herr, nit dergeſtalt Schalten möget Ihr und walten: Boufflers der kann mich erhalten

Und beſchützen meine Ehr.

Prinz Eugen: Liebe, laß doch ſagen dir: Meine Stücke ſind Mortier; Bomben: und Granatenfeuer Sollen ſein dein Hochzeitfeuer, Das ich dir zu Ehren halt.

Feſtung Lille: Lieber Herr, von großer Macht, Glaubet mir, es iſt geſagt: Meine Werk und Baſtionen, Zitadell und halbe Monden Lachen und verſpotten Euch.

Prinz Eugen: Halt das Maul und ſchweige ſtill! Hör, was ich dir ſagen will:

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Hab ich nicht in Ungarlanden Die Türken gemacht zuſchanden, Hunderttauſend, noch viel mehr?

Feſtung Lille: Lieber Herr, das glaub ich wohl, Daß Ihr damals waret toll, Aber Ihr habt nichts zu ſchaffen Jetzo mit den fremden Affen, Sondern mit der Franzen Blut.

Prinz Eugen: Lille, ſei nicht ſo ſtolz und frech, Weiſe mich nicht von dir weg! Sieh, ich will dich bombardieren, Deine Mauern ruinieren

Und zerſchießen Stein für Stein.

Feſtung Lille: Ei fo komm, mein Prinz, (ich will! Der du auch noch liebeſt Lille! Gott der ſegne deine Waffen; Die Holländer wirſt du ſtrafen Und ſie ſchlagen aus dem Feld.

Prinz Eugen: Ihr Konſtabler, friſch daran, Feuert, hunderttauſend Mann, Donnert, daß es kracht in Flammen, Lille, die ſchöne Stadt, zuſammen, Lille, das allerſchönſte Weib!

Feſtung Lille: Meint Ihr denn, daß mein Vendöme Mir nicht bald zu Hilfe komm, Der mit hunderttauſend Franzen Die Holländer wird lernen tanzen Aus dem edlen Flanderland?

Prinz Eugen: Liebſte, denk an meine Macht, Alle Prinzen unveracht, Glaube mir, das liebe Mailand Und das auserwählte Deutſchland Hab quittiert aus Lieb zu dir.

Lille, mein allerſchönſtes Kind, Warum biſt du doch ſo blind,

Daß du mich nicht willſt annehmen? Tuſt du dich denn meiner ſchämen, Oder ſag, was fehlet dir?

Lille, mein Engel und mein Lamm, Ich weiß dir ein'n Bräutigam, Carolus, der weltbekannte,

Ich bin nur ſein Abgeſandte

Und des Kaiſers General.

Feſtung Lille: Ei wohlan, ſo ſoll es ſein! Carolus ſei der Liebſte mein; Denn der Ludewig veraltet, Und die Lieb iſt ganz verkaltet, Karl iſt noch ein junger Held.

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Maſuriſche Sagen Das Teufelswerder

On der Mitte des Spirdingſees liegt ein kleines Eiland, das

Teufelswerder. Es beſteht aus einem ſteilen und ziemlich hohen Berge, und begreift etwa drittehalb preußiſche Hufen in ſich. Der Boden iſt faſt durchweg ſandig und wird beinahe gar nicht zum Ackerbau benutzt. Den Bewohnern des gegenüber⸗ liegenden Dorfes Eckersberg zeigt es, je nachdem es näher oder entfernter ſcheint, die bevorſtehenden Veränderungen des Wet⸗ ters an. Dieſe Juſel iſt von böſen Geiſtern bewohnt, woher ſie denn auch ihren Namen erhalten. Bald zeigen dieſelben ſich in Geſtalt von Löwen, bald von ſchwarzen Hunden, bald unter anderen Formen, necken die Menſchen, die in die Nähe kommen, und fügen ihnen allerlei Schaden zu. Der Geſchichten, die die Umwohner des Sees und vor allem die Bienenbeutner, die ihre Beuten auf dem Werder halten und des Sturmes halber oft drei und mehr Mächte darauf feſtgehalten werden, hiervon zu erzählen wiſſen, ſind unzählige. Beſonders aber haben die Ge⸗ ſpenſter es auf die Fiſcher abgeſehen, denen ſie bald die Netze zerreißen, bald große Schätze zeigen, die, wenn jene ſie nach langer Mühe endlich heben wollen, plötzlich verſchwinden oder ſich in unbrauchbare Dinge verwandeln.

Die Kirche zu Engelſtein

(Cue Meile von Angerburg liegt das Dörf lein Engelſtein

mit einer Kirche darinnen. Anfangs ſtand das Dorf nicht an ſeinem jetzigen Orte, ſondern eine halbe Meile weiter an dem See Röſau, wo ſich die Spuren noch finden. Es hatten näm⸗ lich die Begründer des Dorfes von dem Deutſchen Orden ein Stück Wald von 64 Hufen gekauft. Wie fie min den Wald ausrodeten, da fanden ſie mitten darin eine lichte Stelle, die

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ganz wie eine Kirche ausſah, mit vier Wänden und einer Tres⸗ kammer. Sie war 36 Fuß lang und 24 breit, und die Sakriſtei maß 12 Fuß in die Länge und 6 Fuß in die Breite. Die Wände waren von uralten Bäumen gebildet und ganz verwachſen. Da erkannten die Engelſteiner, daß ſie hier ihre Kirche bauen und ſich niederlaſſen ſollten; ſie brachen daher ihre Wohnungen und die Kirche am See ab und trugen ſie in den Wald an die Stelle, wo ſie jetzt noch ſtehen.

Der Konopka-Berg

er Wirk Konopka aus dem Dorfe Ogonken, welches eine

halbe Meile öſtlich von Angerburg gelegen iſt, geht eines Abends bei hellem Mondſchein aus dem Amte Angerburg, wo er kagüber Scharwerksdienſte verrichtet hatte, einen Spaten in der Hand, nach Hauſe. Als er auf ſeinem Wege in die Nähe eines Berges kommt, ſieht er, wie jemand auf einer Art Schlit— ten wiederholt den Berg aufwärts und abwärts fährt. Er kommt näher und wird gewahr, daß auf dem Schlitten eine alte Frau ſitzt und ein Mann den Schlitten ſchiebt. Nahe herangekommen, fragt er verwundert den Mann, was er hier mache. Der Mann antwortet: „Ich bin der Teufel. Weil ich einen dummen Streich begangen habe, bin ich verurteilt, hier das alte Weib (bis zu ihrem Tode) bergauf und bergab zu fahren. Bergab gehts wohl, aber bergauf hab ichs ſo ſchwer, daß mir der Schweiß von der Stirne rinnt, wie du ſiehſt. Doch es fällt mir ein, vielleicht könnteſt du mir helfen! Heute höre ich bald auf zu fahren, weil der Hahn gleich krähen wird; aber künftigen Donnerstag kannſt du hier um elf Uhr abends eine tiefe Grube graben, und wenn ich dann mit dem Weibe den Berg herunter— komme, ſo werf ich ſie, wie zufällig, in das Loch, und du kommſt und vergräbſt ſie. Tu das, ich will dirs lohnen!“

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Konopka bekreuzt ſich und meint, mit dem Teufel wolle er nichts zu tun haben; doch ſchließlich läßt er ſich bereden. Er gräbt die Grube, der Teufel wirft die alte Frau hinein, und Konopka verſcharrt ſie.

Und nun der Lohn. Der Teufel ſagt: „Geld habe ich nicht, aber höre zu! Ich werde in Angerburg im Schloſſe ſpuken. Dann kommſt du und ſagſt, daß du mich bannen kannſt; dafür ver⸗ large hundert Taler. Ich werde dann von dort fort nach Stein— ort mich ins Schloß begeben. Dort melde dich auch und verlange vom Grafen für die Bannung zweihundert Taler. Damit mußt du aber ſchon zufrieden ſein und ja nicht weiter verſuchen, mich zu vertreiben, wo ich auch ſein ſollte, ſonſt kann dirs ſchlecht gehen!“

Bald darauf heißt es: Im Angerburger Schloſſe hauſt der Teufel, man kann da nicht mehr aushalten! Konopka meldet ſich als Banner und erhält, nachdem er den Teufel vertrieben, hundert Taler. Der Teufel verließ aber das alte Schloß nicht durch die Tür, ſondern er ſtieß eine Ecke der Wand aus und ſchlüpfte durch die fo entſtandene Offnung, und bis heute noch ſieht man an einer Ecke des Schloſſes eine abgeriſſene Mauer. Nach kurzer Zeit ſpukt es im Schloſſe Steinort, und der dortige Graf weiß ſich nicht zu raten, nicht zu helfen. Konopka meldet ſich bei ihm als Teufelsbanner und erhält, nachdem ihm die Bannung gelungen, zweihundert Taler.

Mit dem gewonnenen Gelde verbeſſert Konopka feine Wirt— ſchaft und denkt nun ruhig zu leben. Das ſollte aber nicht ſein. Nach einem Jahre wird überall bekanntgemacht: Im Schloſſe zu Berlin ſpuke der Teufel; es möge ſich melden, wer ihn bannen könne. Konopka, eingedenk der Warnung des Teufels, bleibt ſtill. Doch der Graf von Steinort meldet nach Berlin, daß der Bauer Konopka aus Ogonken bei ihm den Teufel vertrieben

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habe, alſo auch dort das werde fun können. Sogleich wird Konopka nach Berlin gefordert, und ob er ſich auch ſträubt, er muß hin.

In Berlin angekommen, wird er ſofort ins Schloß geführt und erhält den Auftrag, den Teufel zu bannen. In größter Verzweiflung bittet er um drei Tage Bedenkzeit, die ihm auch bewilligt wird. Überlegend, was zu tun und das Herz voll Sorge, treibt Konopka ſich in den Straßen Berlins umher. Da fällt ihm am dritten Tage eine alte Frau in die Augen, die ganz ſo ausſieht wie das Weib, welches der Teufel gefahren und er verſcharrt hat. „Die iſts, die kann mir helfen!“ ſagt er bei ſich ſelbſt, läßt ſich mit der Frau in ein Geſpräch ein und fragt ſie nach ihrem Namen und ihrer Wohnung.

Getroſten Mutes geht er zum Schloſſe und erklärt hier, daß er in der nächſten Nacht den Teufel vertreiben wolle, aber er brauche dabei die alte Frau, deren Namen und Wohnung er angibt.

Die Frau wird herbeigeholt. Konopka trinkt ihr fleißig zu, und die Mitternachtsſtunde rückt heran. Als der Teufel ſich polternd naht, reißt Konopka ſchnell die Tür auf und ruft ihm entgegen: „Da haſt du dein Weib, ich habe ſie nicht vergraben!“ Der Teufel erſchrickt, fängt an zu zittern und ſpricht: „Konopka, nimm ſie zurück, ich werde auch von hier fortgehen und hier nie mehr ſpuken!“ „Mag es denn ſein!“ ſagt Konopka, und der Teufel verſchwindet.

So hatte Konopka den Teufel aus dem Berliner Schloſſe vertrieben. Er erhielt zum Lohne ſein Grundſtück als ſchuld— freies Eigentum, auch Abgaben durfte er nicht zahlen. Der Berg aber, an welchem Konopka das alte Weib vergraben, wird ſeit jener Zeit der Konopka-Berg genannt.

Albrecht Schaeffer: In memoriam „Mimoſe“ Prothoe: O, dir war beſſer, In des Verſtandes Sonnenfinſternis Umherzuwandeln, ewig, ewig, ewig... Kleiſt in Schweißfuchs, dunkelbraun, mit einem Hauch von Rot, Wie wenn das edle Blut das Fell durchleuchte, (Gleichwie in Trauben, ſüdlichen, gedörrten), Feinhaarig dünnen Schweifs, hochaufgeſetzt, Auf kurzen Beinen ſchlanke Stämmigkeit, Gedrungnen Halſes, von der tiefen Schwanenbruſt Aufſteigend, raſch verjüngt zum kleinen Haupte Mir dieſen großen, funkelnd ſtarren Augen, Gläſernen (wie bei Käfern), und den breiten, Großoffnen Müſtern, innen glühend von Rubin, Und immer anmutvoll (uralter Würde Erlauchter Ahnen eingedenk): im Stand die Füße Leicht voreinander, und die Schenkel ſchwenkend, Tänzelnd im Gang, wie Jephthas Tochter: Nie Wird mir dein Wuchs vergeſſen ſein, du zarte Tochter der Wüſten, ſcheue, feurige, Wie Samums Wirbel heiß, wo biſt du nun?

Damals Mimoſe mir genannt, als noch

Mein ſanfter Schenkeldruck dich lenkte, einwärts Die Wieſenpfade in die ewig grünen

Weiden Oſtfrieslands; als das herzerſchütternd Mächtige Trommeln deiner kleinen Hufe

Unter mir dröhnte, wenn dein Bug im Sauſen Die hohen Halme ſchnitt, am Fuß der langen

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Deiche, am Dollart hin, der ſtillen Bucht;

Als aus der tiefen, ehrnen, freudevollen Bruſt Dein tapfres Wiehern auf brach unter mir, Unheimlich, unterirdiſch, rollend, hin

Trompetend über Strand und Brandung, weit Hinaus aufs Nordmeer; und als noch des Abends Im dunklen Stalle ich in deine Müſtern,

Die zuckenden, mit Surenanfang leis

Einflüſterte das Nachtgebet: Im Namen

Des allbarmherzigen Gottes! möge friedlich Mein Schlummer ſein, wie es der deine ſein wird!

Mimoſe damals .. . Aber ſeit auch dich,

Des Morgenlandes heimatlos gewordnes Kind, Gehorſam den zu weigern je dir fremd war Einforderte zum Dienſte für das fremde, Harterdige Land (o weiche Sandbahn endlos Flutender Wüſtenei!), zu bluten und zu ſterben Vielleicht, für Unbekanntes, nur gehorſam: Deucht mir ein andrer, löwenhafter Name

Dir ziemlicher. Mag ſein, du moderſt ſchon Auf windiger Steppe grablos; doch dein Geiſt, Leicht nun wie Düfte des Mimoſenſtrauchs, Trägt Heldengeiſter weiter ſchlachtwärts, ſchnobernd Und zitternd im Gehorſamsungeſtüm,

Dem preußiſchen. Pentheſtlea ſollſt du

Mir heißen jetzt, des Sängers eingedenk,

Des heimatloſen, glühenden, des Junkers Heinrich von Kleiſt, der ſchuf die Amazone.

Auch du, jungfräulich ſtarbſt du. Kind, du haſt Mich ſehr geliebt, ich weiß es, und das Auge

Des blonden Fremdlings war der einzige Stern Von allen, der dir wohlbekannt und traulich war. Sein Schritt, der gleich erkannte, hob dein Haupt Und dunkles Auge flugs, wenn er im Dämmer Des Stalls erſcholl, und ſeines Leibes fremdlicher Geruch war ſüß dir, deine Wange feſt

Zu ſcheuern an des Menſchen Schulter, während Die liebe Hand dir Hals und Kruppe klatſchte.

Sei lebend oder tot: doch von uns einer Wird tot ſein, ehe wir uns wiederſehn, Denn meine Zeit iſt um. Aber ich will Ein Bildnis von dir machen, dankbarlich Der ſchönen Zeit geneigt, allwo dein immer Verträumter Geiſt, in Liebe dumpf bewußt, Mir gern gehorſam war, du unerlöſte Schweſter Gülnares! daß du wieder lebeſt Im Herzen guter Menſchen, welche wiffen: Weit voneinander wohnen Menſch und Menſch, Wo aber Güte iſt, Vertraun, Gehorchen Und Dankbarkeit, da iſt nicht Menſch, nicht Tier, Sondern iſt Ewiges; dem Gang der Sterne Verſchwiſtert und der Blume Lieblichkeit.

+ Nachdem verzehrt die karge Abendſpeiſe (Schwarzbrot, getunkt in Zuckerbrei von Rotwein), Als vor den Reihen Pferden in der großen, Nächtlichen Scheune, von Laternen matt erhellt, Heuberge aufgeſchüttet lagen, und ſie fraßen, Ein letztes Mal der Brunnen klang, die Stimmen Der ſchon in ihren Mänteln lagernden

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Dragoner ſpärlicher und leiſer gingen, Bald nur ein Seufzen und in langen Pauſen Der Schritt des Poſtens draußen in dem Schwarzen Der Sommernacht: warf auch der Offizier Sich nieder hinter ſeines Pferdes Hufen. Die Stute ſtand, den linken Hinterfuß erhoben, Den Kopf geſenkt ins Futter, ganz verſunken In ihre Müdigkeit. Und noch von Sorge Ergriffen ſprang er wieder auf; ſie hörte Gleich auf mit Kauen, wandte ſich und blickte Aus trübem Auge, und er bückte ſich Zu ihren Vorderfeſſeln, traurig drin das Fiebern Der heißen Sehnen ſpürend; wandte ſich, warf ſich Wieder aufs Lager und wollte dies vergeſſen.

So kam viel andres. Um die vorgeſchobne Patrouille tief im feindlichen Land Beſorgnis

So mancherlei; danach die alten Bilder:

Das Paar der Betten im verhangnen Zimmer, Das eine leer, im andern, halbverhüllt, Verlaſſenheit, zerwühlt und blond und lieblich ...

Leis nagte Pein an den zerrittnen Gliedern. Die Lider hoben ſich. Am Pfoſten die Laterne Schien grell, dahinter ſtand die ſchwarze Torfahrt, Gewölbe, ausgeziert mit kleinen Sternen; Schlaf lag am Boden, graue Haufen, darüber Beine und Schweife und Kruppen der freſſenden Pferde. Doch wie er zu dem eignen aufwärts blickte,

Hatte ſie längſt den Hals gedreht und ſchaute Starräugig her; es glänzte die Pupille, Vom Licht getroffen. Lange blickte ſie So her; bis er das Auge ſchloß, und dieſes Zweimal und dreimal: immer wieder, tat er Die Lider auf, kam, hergebogen magiſch, Langſam der Pferdekopf; die kleinen Ohren Bewegten ſich und ſtanden ſpitz; das Auge Suchte, die Lippen ſtanden ſtill; dann ſchnob es, Wieherte zart; ſein Atem ſtrich.

Da ſtieg ihm nun, Den Einſamkeit und Schlaf und Müdigkeit Bezwang, im aufgebrochnen Herzen Süße auf Wie Lindenduft, Baumkuppeln nächtig, Sterne; Ein Brunnen plätſcherte und es war Heimat Und Sommerfriedlichkeit und eine Stimme Sang auf und ſchwebte, klar wie ein Geſtirn, Dem Mond zureiſend über leiſe nieder Sinkende Silberwolken durch das Dunkel.

Er wollte noch einmal die Augen öffnen, Als ſei noch Dank zu ſagen wem nur, wem? Jedoch vermocht ers nicht; nur ein Verworrnes Deucht' ihm im Finſtern, wieſenhaft, und Duft Von Heu, und Atem, und Geräuſch Von einem Pferde, das ſich niederlegt Beſchwerlich.

Jählings fuhr er wieder auf, Da alles grau war; dunkler Morgen. Unterm Tor Ein Schatten ſtand, behelmt, eine Laterne Gewaltig ſtrahlend vor der Bruſt; der kam

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Schwerfüßig, kniete bei ihm hin und las Von einem Zettel Wichtiges und Kluges. Stand auf und grüßte, löſchte die Laterne Und warf ſich hin und ſeufzte und entſchlief.

Draußen im Dunkel, wo die Frühe dampfte, Standen jetzt drei Dragoner, ihm die Rücken Zuwendend, rötlich grau im Lichtſchein; jeder Hielt auf dem hochgeſtellten Knie den Eimer Voll Waſſer, und vor jedem drängten ſich Drei, vier der Roſſe; ihre weißen Bleſſen Schimmerten ſeltſam; ihre Mäuler, ſchnobernd Und pruſtend, ſuchten nach dem Waſſer; zweie Schlürften in langen Zügen; ihre Mähnen Bewegte Frühwind gleichwie Gras; die Rücken Schwanden im Dunkel.

Aber ſchon, indem er Schlaftrunken hinſah, hob der Trinkenden eines Den Kopf; das Waſſer troff mit Feuerflocken Vom Maul ihm; ſtill ſtand Haupt und Auge. Wieder Senkt' es den Nacken, wollte trinken, tats nicht, Trat ſeitwärts, zauderte und riet. Am Ende Fing es zu gehen an, und durch die grauen Hügel der Schlafenden kam es herbei, Behutſam taſtend mit den Hufen, etwas Emporgedreht den Kopf wie Blinde wandern So bis zu ihm. Da ſenkt' es nun den Hals, Zeigte die Zähne, blies und rang mit ſich Und wußte nichts, was kam es nur, was wollt es? Doch ſtumm blieb alles. Endlich löſte ſich Ein angſtvoll weiches Wiehern, gleich verhallend.

Der Iltenfch, allwiffend, legte feine Hand

Ihm auf die warme Lippe, fühlte hier

Die ſamtne Haut, den Odem, und verſtand:

Tier ſpricht zu Menſch; Menſch ſpricht zu Gott; Menſch ſpricht wie Tier.

Graf Helmuth von Moltke: Die Friedens:

präſenzſtärke des deutſchen Heeres Rede in der Reichstagsſitzung vom 14. Mai 1890

Ds kann Befremden erregt haben, daß neue und erhebliche Opfer für militäriſche Zwecke gefordert werden, eben jetzt, wo anſcheinend der politiſche Horizont freier iſt von drohenden Wolken, als ſelbſt noch kurz zuvor, und wo wir von allen auswärtigen Mächten die beſtimmte Verſicherung ihrer fried— lichen Abſichten haben. Dennoch wollen Sie mir geſtatten, mit wenigen Worten auf den Grad von Sicherheit hinzuwei— ſen, welche für uns aus dieſen Umſtänden hervorgehen kann. Noch unlängſt, meine Herren, iſt von jener Seite des Hauſes, allerdings von der äußerſten Linken, wiederholt die Behaup— kung aufgeſtellt worden, daß alle unſere militäriſchen Wor- kehrungen nur im Intereſſe der beſitzenden Klaſſe erfolgen und daß es die Fürſten ſind, welche die Kriege hervorrufen; ohne ſie würden die Völker in Frieden und Freundſchaft nebenein— ander wohnen. Was nun vorweg die beſitzende Klaſſe betrifft, und das iſt jedoch eine ſehr große, ſie umfaßt in gewiſſem Sinne nahezu die ganze Nation, denn wer hätte nicht etwas zu verlieren? die beſitzende Klaſſe hat ja allerdings ein In— tereſſe an allen Einrichtungen, welche jedem ſeinen Beſitz ge— währleiſten. Aber die Fürſten und überhaupt die Regierungen find es wirklich nicht, welche in unſeren Tagen die Kriege her:

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beiführen. Die Zeit der Kabinettskriege liegt hinter uns wir haben jetzt nur noch den Volkskrieg, und einen ſolchen mit allen ſeinen unabſehbaren Folgen heraufzubeſchwören, dazu wird eine irgend beſonnene Regierung ſich ſehr ſchwer entſchließen. Nein, meine Herren, die Elemente, welche den Frieden bedro— hen, liegen bei den Völkern. Das ſind im Innern die Begehr— lichkeit der vom Schickſal minder begünſtigten Klaſſen und ihre zeitweiſen Verſuche, durch gewaltſame Maßregeln ſchnell eine Beſſerung ihrer Lage zu erreichen, eine Beſſerung, die nur durch organiſche Geſetze und auf dem allerdings laugſamen und mühevollen Wege der Arbeit herbeigeführt werden kann. Von außerhalb find es gewiſſe Nationalitäts- und Raſſenbeſtrebun— gen, überall die Unzufriedenheit mit dem Beſtehenden. Das kann jederzeit den Ausbruch eines Krieges herbeiführen, ohne den Willen der Regierungen und auch gegen ihren Willen; denn eine Regierung, welche nicht ſtark genug iſt, um den Volksleidenſchaften und den Parteibeſtrebungen entgegenzutre— ten, eine ſchwache Regierung iſt eine dauernde Kriegsgefahr. Ich glaube, daß man den Wert und den Segen einer ſtarken Regierung nicht hoch genug anſchlagen kann. Nur eine ſtarke Regierung kann heilſame Reformen durchführen, nur eine ſtarke Regierung kann den Frieden verbürgen.

Meine Herren, wenn der Krieg, der jetzt ſchon mehr als zehn Jahre lang wie ein Damoklesſchwert über unſeren Häup— tern ſchwebt, wenn dieſer Krieg zum Ausbruch kommt, ſo iſt ſeine Dauer und ſein Ende nicht abzuſehen. Es ſind die größten Mächte Europas, welche, gerüſtet wie nie zuvor, gegen— einander in den Kampf treten; keine derſelben kann in einem oder in zwei Feldzügen ſo vollſtändig niedergeworfen werden, daß ſie ſich für überwunden erklärte, daß ſie auf harte Bedin— gungen hin Frieden ſchließen müßte, daß ſie ſich nicht wieder

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aufrichten follfe, wenn auch erſt nach Jahresfrift, um den Kampf zu erneuern. Meine Herren, es kann ein ſiebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden, und wehe dem, der Europa in Brand ſteckt, der zuerſt die Lunte in das Pulver⸗ faß ſchleudert!

Nun, wo es ſich um ſo große Dinge handelt, wo es ſich handelt um was wir mit ſchweren Opfern erreicht haben: um den Beſtand des Reiches, vielleicht um die Fortdauer der geſell— ſchaftlichen Ordnung und der Ziviliſation, jedenfalls um Hun⸗ derttauſende von Menſchenleben, da kann allerdings die Geld⸗ frage erſt in zweiter Linie in Betracht kommen, da erſcheint jedes pekuniäre Opfer im voraus gerechtfertigt.

Es iſt ja richtig, was hier mehrfach betont worden, daß der Krieg ſelbſt Geld und abermals Geld fordert, und daß wir unſere Finanzen nicht vor der Zeit zugrunde richten ſollen. Ja, hätten wir die ſehr großen Ausgaben nicht gemacht für militäriſche Zwecke, für welche der Patriotismus dieſes Hauſes und der Nation die Mittel gewährt hat, ſo würden allerdings unſere Finanzen heute ſehr viel günſtiger liegen, als es gegen- wärtig der Fall iſt. Aber die glänzendſte Finanzlage hätte nicht verhindert, daß wir bei mangelnden Widerſtandsmitteln heute am Tage den Feind im Lande hätten; denn lange ſchon und auch jetzt noch iſt es nur das Schwert, welches die Schwer⸗ fer in der Scheide zurückhält. Der Feind im Lande nun, wir haben das zu Anfang des Jahrhunderts ſechs Jahre lang ge: fragen, und Kaiſer Napoleon konnte ſich rühmen, aus dem da— mals kleinen und armen Lande eine Milliarde herausgepreßt zu haben der Feind im Lande würde nicht viel fragen, ob Reichsbank oder Privatbank. Sahen wir doch im Jahre 1813, als er ſchon im vollen Abzuge war, wie in Hamburg damals eine franzöſiſche Stadt ein franzöſiſcher Marſchall zum Ab—

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ſchied die Hamburger Bank in die Taſche ſteckte. Der Feind im Lande würde ſchnell mit unſeren Finanzen aufräumen. Nur ein waffenſtarkes Deutſchland hat es möglich machen können, mit ſeinen Verbündeten den Bruch des Friedens ſo lange Jahre hindurch hinzuhalten.

Je beſſer unſere Streitmacht zu Waſſer und zu Lande or: ganifier£ iſt, je vollſtändiger ausgerüſtet, je bereiter für den Krieg, um ſo eher dürfen wir hoffen, vielleicht den Frieden noch länger zu bewahren oder aber den unvermeidlichen Kampf mit Ehren und Erfolg zu beſtehen.

Alle Regierungen, jede in ihrem Lande, ſtehen Aufgaben von der höchſten ſozialen Wichtigkeit gegenüber, Lebensfragen, welche der Krieg hinausſchieben, aber niemals löſen kann. Ich glaube, daß alle Regierungen aufrichtig bemüht ſind, den Frie— den zu halten es fragt ſich nur, ob fie ſtark genug fein werden, um es zu können. Ich glaube, daß in allen Ländern die bei weitem überwiegende Maſſe der Bevölkerung den Frieden will, nur daß nicht ſie, ſondern die Parteien die Entſcheidung haben, welche ſich an ihre Spitze geſtellt haben.

Meine Herren, die friedlichen Verſicherungen unſerer beiden Nachbarn in Oſt und Weſt während übrigens ihre kriege— riſchen Vorbereitungen unausgeſetzt fortſchreiten dieſe fried- lichen und alle übrigen Kundgebungen ſind gewiß ſehr wertvoll; aber Sicherheit finden wir nur bei uns ſelbſt.

Frauz Dingelſtedt: Themſefahrt 1845 un fu dich auf, mein deutſches Herz, Nun iſt die Welt der Wunder dein, Nun ſtürm durch Brücken hin von Erz, Durch Brücken hin aus Quaderſtein.

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Erhebe ſtolz dich in die Luft,

Wie Türm und Segel ringsumher, Verlier dich wie im Märchenduft Im Kohlendampf, im Nebelmeer.

Hier auf dem Strome fleucht ein Schiff, Tief drunter zeucht und keucht ein Roß, Hoch drüber, ohne Roſſe, pfiff

Ein ſchwarzer, ſchwerer Wagentroß.

Und mitten in der Rieſenſtadt Winkt plötzlich ein Idyll dir zu, Ein grüner Park, ein grünes Blatt, Ein Schäf lein, eine bunte Kuh.

Ja, Wunder fern und Wunder nah, Du gehſt, du ſtehſt recht mitten drin: Links liegt der alte Tower, da Saint⸗Paul, der Kirchen Königin.

Dort unten ſtammt das Feuermal, Wie ein Komet durch Wolken bricht, Im Dock da flaggen ohne Zahl

Die Maſten, turmhoch, waldesdicht.

Mein Herz, mein dummes, deutſches Herz, Was tuſt du denn, ſtatt auf, dich zu?

Wo Schiff' und Brücken ſind von Erz, Sinds auch die Menſchen, ſeis auch du!

Hier, ſtatt des Gottes, den du ehrſt, Herrſcht einer, dem du fluchſt: das Geld;

Wenn du ihr erſter Krämer wärſt, So wäreſt du ihr erſter Held.

Hier ſtiehlt kein Menſch, allein hier raubt Nach dem Geſetze Volk und Land:

Dem Rinderdieb ein Strick ums Haupt, Dem Länderdieb ums Knie ein Band.

Und alles, was du weit und breit Erblickſt an Pracht und Herrlichkeit, Geſammelt iſts aus fremder Zeit, Aus fremder Zone weit und breit.

Und alles das warum? wozu?

Wie lange noch? Herz, laß es ſein; Dein Gott hält eben Mittagsruh, Stör du ſie nicht mit Träumerein!

Kaſſandra klagt um Priams Fall, Und Troja lebt in Jubilo! Karthago, wo dein Hannibal? Und ach, wo Rom? wo Scipio!?

Otto Fürſt von Bismarck: Zwei Reden I

An Deutſch-Amerikaner. Dienſtag, 8. Juli 1890 TIch danke Ihnen, daß Sie den weiten Weg nicht geſcheut = haben, erſtens zu Waſſer von Amerika herüber, um Ihre alten Landsleute zu beſuchen, und dann auch von Berlin nach Friedrichsruh, um mich mit Ihrem Beſuche zu beehren. Ich heiße Sie alle herzlich willkommen.

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Ich habe mich fehr gewundert, foeben durchweg deutſche Namen gehört zu haben; ich hatte geglaubt, zu Amerikanern nur Engliſch ſprechen zu müſſen, und höre nun, daß alle Herren Deutſch ſprechen und auch Deutſche ſind. Das freut mich ſehr. Seit ich als Miniſter in Preußen und ſpäter in Deutſchland die Politik geleitet habe, bin ich ſtets beſtrebt geweſen, in den Beziehungen zu dem Nordamerikaniſchen Freiſtaat das Entgegen— kommen zu betätigen, zu dem der große König Friedrich II. vor mehr als hundert Jahren die Grundlage gelegt hat, indem er als erſter die Freiſtaaten anerkannte. Das freundſchaftliche Verhältnis zwiſchen Deutſchland und den Vereinigten Staaten iſt wie ein Vermächtnis Friedrichs des Großen ſeit jener Zeit von der preußiſchen Politik immer hochgehalten worden. Deutſch⸗ land und Nordamerika gehören zu den Staaten, die ſo glücklich ſind, nicht nötig zu haben, ſich in ihren gegenſeitigen Beziehungen um etwas zu beneiden. Ein freundſchaftliches Verhältnis iſt nakürlich, ſchon wegen der alten Stammesverwandtſchaft mit den Angelſachſen und der noch engern mit dem neudeutſchen Stamm, der drüben ſeit einigen Jahren ſo außerordentlich an Größe und Bedeutung gewonnen hat. Die Deutſch-Amerikaner haben ſchon zu einer Zeit, zu der ſich im alten Vaterlande Nord und Süd noch feindlich gegenüberſtanden, miteinander in Ein— tracht gelebt und ſich auch ſtets als zuſammengehörig betrachtet. Seit der Gegenſatz zwiſchen den Deutſchen in Europa aufgehoben iſt, ſind jetzt einige zwanzig Jahre vergangen. Gottes Segen iſt es, für den wir dankbar zu ſein haben, daß dieſer alte Sauer⸗ teig vollſtändig ausgefegt worden iſt, und daß das Vertrauen zwiſchen den Dynaſtien und, was noch ſchwerer zu erreichen war, das Vertrauen der deutſchen Stämme zueinander gegen alle Anfechtung feſt begründet worden iſt. Jetzt wird der nord— deutſche Touriſt in den bayriſchen Alpen und der oſtdeutſche am

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Rhein mit landsmannſchaftlichem Wohlwollen behandelt, was früher nicht immer der Fall geweſen iſt.

Dieſes Band der Einheit, das ſich um alle Stämme in der alten Heimat ſchlingt, iſt feſt genug, um dieſe auch mit dem verwandten Volk in der Neuen Welt in enger Verbindung zu halten. Die Einheit des urſprünglichen Vaterlandes iſt ein Hauptgewinn geweſen grade auch für die Deutſchen im Aus— lande. Sie drüben in Amerika können die Einigung Deutſchlands ſehr wohl verſpüren. Es hat Zeiten gegeben, wo der eine ſich rühmte, ein Sachſe zu ſein, der andre ein Preuße, der dritte ein Heſſe, und nur die aus den kleinen Staaten Kommenden ſagten ſchüchtern, daß ſie aus Deutſchland ſeien. Jetzt aber ſagen alle, fie wären Deutſche, und wenn das Gefühl einer gewiſſen Blödig— keit, mit der man dies früher eingeſtand, jetzt noch beſtünde, ſo würden die Herren nicht nach Berlin herübergekommen ſein. Wie ich an der Ausſprache der verſchiedenen Herrn merke, ſind Sie ſowohl Süddeutſche wie Norddeutſche. Aber Sie machen doch gewiß jetzt in Amerika hierin keinen Unterſchied mehr. (Rufe: Nein, nur Deutſche!) Das iſt recht, ſo habe ich es mir auch gedacht.

Ich hoffe, daß Gott in allen unſern amerikaniſchen Lands— leuten dieſe Empfindung lebendig erhalten und ſtärken werde. Zwieſpalt zwiſchen Anglo⸗ und Deutſch-⸗Amerikanern braucht es deswegen nicht zu geben, denn letztre tun ihrem Gefühl als Amerikaner keinen Abbruch, wenn ſie auch an ihrem alten Vater⸗ lande hängen. Ich erblicke in jedem Deutſchen, der hinüber nach Amerika geht, einen Pionier, der dazu beitragen wird, die beſtehenden guten Beziehungen zu fördern. Das gegenſeitige Vertrauen zwiſchen Deutſchland und Nordamerika hat ſchon ſchwierige Proben beſtanden.

Wir werden, ſo Gott will, mit Amerika nie Streit haben.

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Es hat allerdings Momente gegeben, wo ängſtliche Gemüter glaubten, es könne zu einem Konflikt zwiſchen Deutſchland und Amerika kommen in der Samoa-Angelegenheit. Das war aber ſo unbegründet wie möglich; ich würde es direkt unvernünftig genannt haben, wenn man wegen dieſer Bagatelle einen ernſten Streit hätte anfangen wollen. Ich habe mir immer geſagt: Iſt das ganze Samoa denn nur annähernd ſo viel wert, daß man deshalb die alte Freundſchaft zwiſchen den beiden Völkern, die ſich brüderlich nahe ſtehn, ſtören ſollte? Es trat dann die bekannte Gamoa-Konferenz zuſammen, und es iſt mir nicht ſchwer geworden, die Sache friedlich zu ordnen. Uhnlich ver- hielt es ſich ſeinerzeit mit dem Konflikt mit Spanien wegen der Karolineninſeln. Auch damals glaubten Heißſporne an Krieg. Im Ernſt konnte man aber doch nicht glauben, daß wegen der Intereſſen vielleicht nur eines einzigen in Betracht kommenden Handelshauſes wir in Madrid oder die Spanier in Berlin einmarſchieren würden. Höchſtens wären einige Küſtenſtädte zerſtört worden, und auch das wäre ſchon zu viel geweſen. Ich habe das Vertrauen, daß nichts das gute Einvernehmen zwi⸗ ſchen Deutſchland und Amerika ſtören kann; ich bin ſicher, daß Amerika gegenüber auch mein Nachfolger ganz ſo denkt wie ich, und hoffe, daß die naturgemäße Verbindung, wie fie zwiſchen den beiden Ländern beſteht, durch Sie immer feſter gekettet werden wird.

An Deutfh-Dfterreicher. Montag, 15. April 1895 Sale Herrn, ich danke Ihnen für Ihren Beſuch, für

Ihr Hierherkommen zu dieſem Zweck und in dieſer Zeit, und ſehe in dieſem Strauße, gemiſcht aus den Blu— men der Ebene, dem Heidekraut, und der Alpen, ein Sym—

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bol unſrer Zuſammengehörigkeit. Man kann wohl fagen, die Farben kleiden ſich gegenſeitig, und ſie paſſen zuſammen. (Heil!)

Unter allen Auszeichnungen, die mir an meinem achtzigſten Geburtstage erwieſen worden find, ſchätze ich dieſe ganz beſonders wegen ihrer geſchichtlichen Bedeutung; ich ſchätze fie um fo höher, als Ihr Beſuch ſich anſchließt an eine huldreiche Begrüßung, mit der Se. Majeſtät der Kaiſer, Ihr Landesherr, mich beehrt hat. Darin und in Ihrem Beſuch vergegenwärtigt ſich mir die Erinnerung an die Zeit vor ſechzehn Jahren, als ich von Gaſtein über Linz nach Wien fuhr, nur durch deutſches Land und deutſche Bevölkerung, als ich in Wien ankam, wo ich mit einer Herzlichkeit empfangen wurde, die mich befeſtigte in dem Ge— danken, daß wir irgendeinen Erſatz für die alten Beziehun— gen der Bundesgenoſſenſchaft, die uns verbunden hatte, her— ſtellen müßten, trotz aller Hinderniſſe, die ſich dagegen auf— türmten.

Unſre Zuſammengehörigkeit iſt ja, wie der erſte Herr Redner bemerkte, älter wie ein Jahrtauſend und reicht bis in die Sagenzeit zurück; aber auch die weitergehenden Konſequenzen, das Bündnis, welches wir vor ſechzehn Jahren in Wien ab— ſchloſſen, und dann der Dreibund, reichen in ihren Urſprüngen doch faſt auf dieſelbe Zeit zurück. Die alte deutſche Kaiſerherr— ſchaft des Heiligen Römiſchen Reichs erſtreckte ſich ja von der Nordſee bis nach Apulien, und theoretiſch gehörte ganz Italien dazu tatſächlich nicht immer —, und die Kämpfe in dieſer großen Gemeinſchaft blieben uns nicht erſpart. Es iſt eine eigen- tümliche Fügung des Schickſals und der göttlichen Vorſehung, daß dieſes große gewaltige Gebiet von ganz Zentraleuropa, was ich eben bezeichnete, ſich, nachdem es durch Schickſals— fügungen und viele Kämpfe getrennt und zerriſſen war, doch

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ſchließlich heutzutage wieder zuſammengefunden hat. Unſer Dreibund deckt ungefähr die alte anſpruchsvolle Kaiſerherrſchaft der Nachfolger Karls des Großen nach Ausſonderung von Gallien, dem heutigen Frankreich: daß in dieſer Verbindung ein Beweis von imponderabeln Verbänden und Beziehungen gegeben iſt, ift meine Überzeugung ich muß es den Geſchichts⸗ lehrern überlaſſen, ſie zu vertreten, wenn ſie ſie mit mir teilen. Ich glaube, wir werden dauernd zuſammengehören und zu- ſammenbleiben können, mit mehr Dauer, als wir früher in Frieden miteinander gelebt haben.

Wenn wir zurückblicken auf die innere Geſchichte dieſer großen Ländermaſſe, welches das alte, angeblich Heilige Römiſche Reich Heiterkeit) in ſich vereinigte, ſo finden wir doch kein Jahr⸗ hundert ohne die ſchwerſten Kämpfe der Reichsangehörigen untereinander. Aber wir müſſen uns dadurch nicht entmutigen laſſen, denn dieſelbe Erſcheinung fehlt in keinem der andern europäiſchen Länder, auch in denjenigen nicht, die durch eine von Haus aus einheitliche Nationalität auf innern Frieden viel mehr angewieſen waren wie dieſes Moſaik von Zuſammenſetzung, was das alte deutſche Reich war. Sehn Sie nach England, wie es im Mittelalter von Bürgerkriegen erfüllt war; ſie haben im vorigen Jahrhundert mit der Schlacht von Culloden ein Ende gefunden, und der innere Frieden iſt doch im heutigen Eng⸗ land auch noch nicht vorhanden. Sehn Sie nach Frankreich: eine ſcharf und leidenſchaftlich entwickelte einheitliche Mationali⸗ tät; wir haben die letzten Bürgerkriege noch ſelbſt vor fünfund⸗ zwanzig Jahren vor Paris mit anſehn können Gott gebe, daß es die letzten ſeien. Sehn Sie nach Spanien: eine ſtolze einheit⸗ liche Nationalität, die innern Kriege hören nicht auf. Auch Italien iſt davon nicht frei geweſen. Ich will die Beiſpiele nicht weiter ausdehnen, ich will nur daraus deduzieren, daß wir

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Deutſche doch darum nicht an unſrer einheitlichen Zukunft ver— zweifeln müſſen, weil wir uns mitunter im Laufe der letzten Jahrhunderte miteinander gerauft haben. (Große Heiterkeit.) Ich hoffe, es wird in Zukunft nicht wieder vorkommen (Rufe: Nein, nein!), ich hoffe, wir haben eine Form gefunden, in der wir neben- einander leben können und die in bewußter Weiſe wenigſtens von den leitenden Prinzipien kann ich das ſagen nicht zer- brochen, nicht geſchädigt und nicht beſchränkt wird; dazu gehört vor allem unſre Einigkeit mit dem öſterreichiſch-ungariſchen Reiche, auf die wir geſchichtlich angewieſen ſind ſeit langen Zeiten. Wir können wohl einmal in Zorn geraten und vom Leder ziehn, aber wir kommen immer wieder zuſammen, weil wir aufein— ander angewieſen find; und namentlich fo, wie das heutige euro— päiſche Staatsgebilde iſt, können wir gar nicht, ohne einander Treue und Freundſchaft zu halten, in eine ruhige Zukunft Europas blicken.

Der einzelne Staat in Europa wird immer der Möglichkeit einer Koalition ausgeſetzt ſein. Ein Bündnis von dem Gewicht, wie es der heutige Dreibund repräſentiert, kann immer von ſich fagen mit dem alten ſchottiſchen Spruch: Nemo me impune lacessit!« und wird imſtande fein, ſich zu wehren. Wenn man alſo das Bedürfnis hat, um Anlehnung ſich umzuſehn, ſo liegt für uns doch die Anlehnung an Oſtreich-Ungarn näher wie irgendeine andre. Auch auf die an Italien ſind wir durch die Geſchichte angewieſen. Wir haben in beiden Ländern durch das Ungeſchick der gemeinſamen kaiſerlichen Regierung gelitten, indem wir zerfallen find in nicht exiſtenzfähige Größen nebeneinander; wir mußten uns wieder zuſammenfinden, wir haben eingeſehn, daß das zu unſerm Heile notwendig iſt ...

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Vier chineſiſche Kriegsgedichte Übertragen von Klabund 1. Lisfai-pe: Die weiße und die rote Roſe 5 ich mich über meine Stickerei am Fenſter bückte,

Stach mich meine Nadel in den Daumen. Weiße Roſe, Die ich ſtickte,

Wurde rote Roſe.

In der kriegeriſchen Weite bei des Vaterlandes Söhnen Weilt mein Freund, vergießt vielleicht ſein Blut. Roſſehufe hör ich dröhnen.

Iſts ſein Pferd? Es iſt mein Herz, das wie ein Fohlen tut.

Tränen fallen mir aus meinen Blicken Übern Rahmen in die Stickerein.

Und ich will die Tränen in die Seide ſticken, Und ſie ſollen weiße Perlen ſein.

2. Schi⸗king: Chineſiſches Soldatenlied oldat, du biſt mein Kamerad, Marſchiereſt mir zur Seite.

Der Kaiſer, der befehligt uns. Kein Mädchen mehr beſeligt uns. Soldat, du biſt mein Kamerad, Marſchiereſt mir zur Seite.

Soldat, du biſt mein Kamerad, Wenn du das Schwert verloren,

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So deck ich dich mit meinem Schild Und bin als Bruder dir gewillt. Soldat, du biſt mein Kamerad, Wenn du das Schwert verloren.

Soldat, du biſt mein Kamerad,

Wenn unſre Knochen bleichen.

Mond fällt auf uns wie gelber Rauch, Der Affe ſchreit im Bambusſtrauch. Soldat, du biſt mein Kamerad,

Wenn unſre Knochen bleichen.

3. Thu⸗fu: Omein Heimatland

ſchangan, o mein Heimatland, Spielt man noch in dir das Spiel der Spiele?

Ach, der Kinder wurden wenig, und der Toten viele ..

Im Palaſte herrſcht der Günſtling Leid. Eine ſpitze grüne Kappe trägt er

Tſchangan, o mein Heimatland!

Und ein ſilbergrünes Kleid.

Tſchangan, o mein Heimatland,

Hoch im Norden klingen alle Felſen von Trompeten, Und die Straßen ſtehn voll Kriegsgeräten.

Selbſt der Bote mit der kaiſerlichen Feder weilt

Tſchangan, o mein Heimatland!

Und die Stunde des Befehls enteilt.

Tſchangan, o mein Heimatland, Tiefer tauchen ſchon die Fiſche unter, Und der Herbſt färbt mein Gewand nicht bunter ...

Junger Schmetterling auf meinen Flügeln trug Tſchangan, o mein Heimatland! Ich des goldnen Staubes einſt genug... .

Tſchangan, o mein Heimatland

Sah Soldaten durch das Oſttor reiten,

Sah ein Blumenſchiff im Nebel gleiten,

Und beſeligt neigte ich mich einem Fächer zu Tſchangan, o mein Heimatland!

Hinter allen Wolken leuchteſt du!

4. Li⸗tai⸗pe: Das Friedensfeſt

ie Türme des Schloſſes durchſtoßen den Himmel,

Um blinkende Säulen ringeln ſich Drachen. Florhänge wallen empor, und ſchöner Frauen Gewimmel Singt zur Sonne, und tönende Steine lachen.

Der Kaiſer hört im Frühlingswind die zarten Noten.

Es iſt das Lied: Ach irgendwann muß ja geſchieden ſein.

Wir fahren nach den ergrünenden Inſeln auf zeltüberdachten Booten,

Kleine Wellen ſpringen wie fliegende Fiſche herein.

Dreitauſend Mädchen huldigen dem Herrn mit heitern Tänzen,

Mit Glockenſchlag, der wie ein Schwarm von Vögeln durch die Lüfte zieht.

Palaſt und Erde zittern in den Grenzen.

Menſchen jubeln tanzend das Friedenslied.

Die ſechsunddreißig unſterblichen Kaiſer lenken ihre Wolken— wagen zur Erde,

Sie locken den Gefährten, doch feſter hält er nur die goldnen Zügel. Er bleibt und will, daß China durch ihn glücklich werde. Und als der Friedenskaiſer ragt fortan ſein Name ſteil und ewig wie ein heiliger Hügel.

Heinrich von Stein: Der große König Das Lager Wachtfeuer ſchlafende Soldaten Poſten etwas entfernter Blick über Höhen und weites Land in mattem Sternenlichte. Friedrich kommt langſam einher, ſteht im Lichte des Feuers ſtille. Einige Soldaten regen ſich „Was will der Alte?“ Friedrich (drohend)

Der Teufel holt euch, wenn ihr noch einmal mein Stroh vergeßt, daß ich auf der bloßen Erde im Zelte liege und nicht einſchlafen kann. (Die Soldaten machen Miene aufzuſtehen.) Haltet euch ruhig, Kerls, daß ihr die andern nicht weckt.

Er tritt etwas zurück und ſetzt ſich auf eine der mit der Fahne vorne an den Gewehren niedergeſetzten Trommeln.

Eine Geſtalt richtet ſich am Feuer auf: Zieten. Er nähert ſich dem ſtarr vor ſich hinblickenden Friedrich, der ihn endlich bemerkt Friedrich

Was macht Er ſo ſpät noch auf, Zieten?

Zieten Auch Ihro Majeſtät ſuchen den Schlaf vergebens. Friedrich

Wer ſagt Ihm, daß ich den Schlaf ſuche. Es gibt im Grunde nichts Alberneres als den Schlaf. Es verlohnt ſich nicht zu leben, wenn man die Hälfte des Lebens den Toten gleicht.

Zieten Ihro Majeſtät vergeben Ihrem alten Zieten, wenn er Ders Philoſophie in dieſem Augenblicke für eine Ausflucht hält, die jeden anderen täuſchen könnte, mur nicht Ihro Maje⸗ ſtät treuen Diener. Unſere ganz und gar verzweifelte Lage Friedrich Was fällt Ihm ein, Zieten! Das Wort bin ich in Seinem Munde nicht gewohnt. Zieten Majeſtät halten zu Gnaden: vermutlich die Sache ſelbſt nicht. Die begegnet nur einmal. Friedrich Ach was! Nach Kolin hatt ich keine Soldaten mehr. Heute ſieht Er intakte Truppen und ein unangreif bares Lager.

Zieten

Das in feiner Unangreif barkeit die letzten Hilfsmittel von Dero Staaten aufzehrt. Kolin war die erſte verlorene Schlacht; wir erfuhren erſt, wie viele Hoffnungen und Ausſichten wir noch hatten. Wenn wir heute ſiegten

Friedrich

Zieten, Zieten, was macht Er? Weiß Er etwa nicht, daß die letzten Wochen aus mir einen alten Mann gemacht haben? Als ich vorhin Kolin ſagte, fo war es mir, als dächt ich funf⸗ zig Jahre zurück das find die Sorgen, die unaufhörlichen Cvenements, die die Berechnung von Monaten über den Haufen werfen, und nun in einer Nacht verlangen, ſie wieder eufzubauen, und das immer wieder, immer wieder. Nach jedem Erfolg die Hoffnung auf Frieden, der mir nichts ver- bürgen ſoll als meinen unangetaſteten Beſitz, will ſagen meine Ehre jedesmal vereitelt durch die Habgier der drei Weiber,

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1

die mir weder Ehre noch Leben gönnen feit wann Laffen meine Generals mich ihnen etwas vorklagen, anſtatt meinen Klagen den Grund zu benehmen!

Zieten 5

Ihro Majeſtät wollen den General einen Moment aus dem Auge laſſen, ſo würde Dero treuer Diener vielleicht noch Tröſt— liches vorzubringen haben.

Friedrich

Er überraſcht mich immer mehr. Iſt Er unter die Diplo— maten gegangen, weil Er am Militär verzweifelt, und hat da auf eigene Hand etwas ausgemittelt? Ein neues Bündnis? Wie? Laß Er ſich ſagen: darauf trau ich nun gar nicht mehr.

Zieten (ftreng)

Ich habe einen Verbündeten, der allerwege hilft und mit dem ich Ew. Majeſtät zuſammenbringen möchte, und koſtete es mein Leben. Er wohnt da oben, über den Sternen. Vor ihm ſind Ew. Majeſtät unſägliche Mühen und Sorgen der letzten Jahre nichts, und daher auch unſere verzweifelte Lage ein eitler Anſchein. Als ich Ew. Majeſtät ſoeben daſitzen ſah und mir etwa dachte, was Ew. Majeſtät augenblicks bewegen möchte da war es mir, als ſähe ich Ihn, der ein weit größerer König iſt als Dero Königliche Majeſtät, über Dero Sorgen lächeln. Er ſorgt ja auch für Ew. Majeſtät und Ew. Majeſtät Tun und Unternehmen

Friedrich

Nein, Zieten, da irrt Er ſich. Es gibt kein Haupt über den Wolken, das für uns denkt. Das muß unſer eigenes Hirn be- ſorgen, ſo übel es ihm oft gerät.

Zieten Da hör ich nun Ew. Majeſtät halten zu Gnaden Dero

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Freunde, die verfluchten Franzoſenkerls. Das ift meines aller-

gnädigſten Königs wahre Meinung nicht. Das ſollte in Dero

chriſtgläubigen Landen nicht ausgeſprochen werden dürfen. Friedrich

Nun kommen die Franzoſen daran. Gönn Er mir die, da die deutſchen Fäuſte mir nicht helfen und die deutſchen Schrift— ſteller mich langweilen.

Zieten (tieftraurig)

So hat der deutſche Huſarengeneral auch nichts weiter vor— zubringen und muß nun doch Ew. Majeſtät Ihrem eigenen Nachſinnen überlaſſen.

Friedrich

Wenn Er brummen will, Zieten, ſo geh Er nur immer ſeiner Wege. Ich ſchätze ſeinen Glauben, das weiß Er. Nur verſuche Er einmal, auch den meinigen zu verſtehen. Komm Er, wir wollen das beſprechen, wenn es Ihm recht iſt. Nehm Er fi) ein paar Scheit Holz die Kerls brauchen nicht alles in einer Nacht zu verbrennen, und mach Er ſich einen Sitz zu- recht. Seh Er, Zieten: irgend etwas der Art habe ich auch immer wieder verſucht zu glauben. Aber wie ſoll ich Ihm das deutlich machen ich habe es nie über den Wolken geſucht, und überhaupt nicht draußen, außer meiner Haut, in dem, was mich von außen her betrifft da hab ichs nicht gefunden. Das weiß Er ganz gut, daß ich die Nichtswürdigen verachte, die gar keinen Glauben haben. Ich bin darauf gekommen, daß ein honetter Menſch zu fo einem Gefühl von ſich und feinem Schick— ſal gelangt, welches er dann Glauben nennt. Worauf dies Gefühl aber in der Tat beruht, das kann Er mir ſo wenig ſagen, wie ich Ihm.

Zieten Den Glauben, den Ew. Majeſtät da beſchreiben, haben die

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Heiden auch. Unſere Kirche lehrt, daß Gott unſer gütiger Vater iſt und für uns ſorgt: das weiß der Chriſt, und Ew. Majeſtät könnten es wiſſen, wenn Sie nur wollten.

Friedrich Zieten, ſeh Er ſich einmal um: was ſieht Er da? Die Werke eines gütigen Gottes?

Da Zieten den Blick immer feſt auf den König gerichtet hält: Vor ſich, mein lieber Zieten, ſieht Er einen vorzeitigen Greis, der ſeine Jugend ſeinem Vater, und ſein Mannesalter dem Staate aufgeopfert hat und, weil kein Menſch das Wünſchen je verlernt, etwa noch einige Abendſtunden für ſich behalten möchte. Doch der gütige Vater da oben verſagt ihm den Wunſch.

Zieten Nein, Ew. Majeſtät, ich ſehe etwas anderes vor mir: ich ſehe den großen König vor mir, der in allen Preußenherzen ein ewiges Beiſpiel bleibt, wenn er längſt nicht mehr um ein paar Jahre ſeines Erdenlebens mit dem Schöpfer hadert. Das ſeh ich vor mir mit meinen alten Augen.

Friedrich

Meint Er, meint Er, Zieten es wird etwas von mir bleiben, ſagt Er? Ja, Geduld das werden ſie von mir lernen können, wenn ſie künftig ſich an mich erinnern. Geduld. Nichts weiter. Kein Warten irgend worauf, kein Streben irgendwohin. Das war vordem. Wenn die Zeit um iſt, ſieht man, daß man vergeblich gewartet hat; und, was das Streben anbetrifft, daß man ſich in Ziel und Wegen irrte.

Wozu denn aber Geduld haben, fragt Er. Nun das frag ich Ihn, weiß Er das, hat Ihm das fein gütiger Gott er- ſchloſſen?

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Zieten Das hat mir mein gütiger Gott hienieden verhüllt; er ver⸗ hüllt ſich hier, um ſich dereinſt zu offenbaren.

Friedrich

Er verhüllt ſich? Nein, ſag ich Ihm. Es liegt ja alles offen zutage. Deutlich, mit Millionen eherner Zungen ſpricht uns die Natur der Dinge an. Nein! Wenn uns ein himm⸗ liſcher Zauberer etwas vorſpiegelte, wie Er meint, dann könnten wir dies klare Auge für die Dinge nicht haben, dann hätte er vor allem unſer Auge verſchleiert, dann hätte er uns ein Be⸗ wußffein gegeben, weiß Er, wie zwiſchen Schlafen und Wachen, wo wir nicht wiſſen, was wir ſehen. Ach, es iſt nicht an dem, Zieten. Wir ſehen unerbittlich klar! Und das iſt das Große an unſerem Geſchick. Gerade das gibt uns Geduld.

Zieten Ew. Majeſtät wollen mit Dero hohem Verſtand den mei- ſtern, der über alle Vernunft ift. Die Rechnung kann nicht aufgehen. Wollen Ew. Mafjeſtät den Anſatz prüfen: da ſteckt der Fehler. Gott will allerdings ſolche Fügſamkeit, wie ein Kind ſie beim Einſchlafen hat, wo es nicht mehr weiß, was es ſieht: dann fühlt und weiß man Ihn. Friedrich Ja, ja, da hat Er in feiner Art recht das Gefühl kenn ich aber, ſieht Er wohl, dann iſt ja fein Gott eben nicht das ſinnende Haupt, das für uns denkt ſonſt brächten die Ge— danken uns ihm nahe —, aber der Boden, das Schlummernde da zu unſeren Füßen, dem wir gleichen, wenn wir auf ihm in ihm ruhn. Er iſt in Bewegung und Ergriffenheit aufgeſtanden und wendet feine Blicke nach dem nächſten Wachtfeuer.

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Seh Er, die Leute wollt ich glücklich machen. Tas erring ich ihnen? Da, eine Stunde Schlaf hinter ein paar Schanzen, die ſie für kurze Zeit vor dem Feinde ſichern.

Und ich bin ſchuld an ihrem namenloſen Unglück. Ich.

Zieten

Ew. Majeſtät find ſchuld, daß Dero Untertanen tauſendmal ſterben und tauſendmal wieder aufleben möchten für ihren König, weil ſie ihn aus treueſter Seele lieben.

Friedrich

Da liegt es, das Rätſel!! Das hält uns am Leben feſt, ohne daß wir ſagen können, warum. Geh Er mir mit Seinen Reden von einem verborgenen Gott Vorſehung Güte. Wenn ſo ein Kerl mir ſagen kann, warum er mich liebt, ſo weiß ich mehr als alle ſeine Pfaffen.

He, du da! (Er lauſcht.)

Zieten, hört Er das war ein Widerhall ein Kommando— ruf da rollende Räder. Gerettet, Viktoria, fie greifen an. Beſorg Er uns die Pferde, Zieten. (Leiſer als vorhin, mit ver: änderter Stimme.) He, du da! He ihr Kerls! Aufgeſtanden! Euer König muß Wache ſtehen, ſonſt brächen die Feinde im Schlaf euch das Genick. Zu einem Meldenden, der herantritt.) Jawohl, jawohl, hab es ſchon gehört. Die Herren Kom— mandeure.

Ein Reitknecht bringt des Königs Pferd. Zieten und die Generale. In den dunklen Zwiſchenräumen zwiſchen den Wachtfeuern treten die Kom—

pagnien zuſammen. Der König reitet ſchweigend, ſtark auf die Soldaten ſtarrend, zwiſchen den dicht an ihn gedrängten Generalen durch die Nacht.

Willibald Alexis: Friedericus Rex

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riedericus Rex, unſer König und Herr,

Der rief ſeine Soldaten alleſamt ins Gewehr, Zweihundert Bataillons und an die tauſend Schwadronen. Und jeder Grenadier kriegte ſechzig Patronen.

„Ihr verfluchten Kerls, ſprach Seine Majeſtät,)

Daß jeder in der Bataille ſeinen Mann mir ſteht;

Sie gönnen mir nicht Schleſien und die Grafſchaft Glatz Und die hundert Millionen in meinem Schatz.

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Die Kaiferin hat ſich mit den Franzoſen alliiert

Und das Römiſche Reich gegen mich revoltiert;

Die Ruſſen ſind gefallen in Preußen ein;

Auf, laßt uns ſie zeigen, daß wir brave Landskinder ſein.

Meine Generale Schwerin und Feldmarſchall von Keith Und der Generalmajor von Zieten, ſind allmal bereit. Kotz Mohren, Blitz und Kreuzelement,

Wer den Fritz und ſeine Soldaten noch nicht kennt.“

„Nun adjö, Lowiſe, wiſch ab dein Geſicht, Eine jede Kugel die trifft ja nicht;

Denn träf jede Kugel apart ihren Mann, Wo kriegten die Könige ihre Soldaten dann?

Die Musketenkugel macht ein kleines Loch, Die Kanonenkugel ein weit größeres noch. Die Kugeln ſind alle von Eiſen und Blei, Und manche Kugel geht manchem vorbei.

Unſere Artillerie hat ein vortreff liches Kaliber,

Und von den Preußen geht keiner nicht zum Feinde über, Die Schweden, die haben verflucht ſchlechtes Geld, Wer weiß, ob der Oſterreicher befferes hält.

Mit Pomade bezahlt den Franzoſen ſein König,

Wir kriegens alle Wochen bei Heller und Pfennig. Kotz Mohren, Blitz und Kreuzſackerment!

Wer kriegt ſo prompt wie der Preuß ſein Traktement.

Friedericus, mein König, den der Lorbeerkranz ziert, Ach hätteſt du nur öfters zu plündern permittiert;

Friedericus Rex, mein König und Held,

Wir ſchlügen den Teufel für dich aus der Welt.“

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Felix Braun: Totenmeſſe für die Untergegan— genen des Deutſchen Auslandsgeſchwaders

Geiſter des Südmeers:

us den purpurenen

Dämmerungslüften Zu den azurenen Waſſergeklüften Schweben wir hin.

Selig umſchweifen wir Inſeln und Riffe; Unſichtbar ſtreifen wir Palmen und Schiffe; Spielend auch greifen wir Nieder zur Welle:

Wo iſt die Stelle,

Da ſie geſunken ſind,

Da ſie ertrunken ſind? Hoch her, aus Himmelhöhn, Kamen wir, es zu ſehn. Aber wie eh und je

Lagert die See.

Fern großer Schiffe Rauch,

Nah Wind und Salzeshauch; Dämmerung welkt und graut; Wie ſchwillt die Brandung laut! Schweben wir, ſchweben wir! Geiſter, tief leben wir.

Mächtlich hin ſchwinden wir,

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Sternenweg finden wir. Von den purpurenen Abendglutwogen

Zu dem azurenen Nachthimmelsbogen Schweben wir auf.

Deutſche Möwen: Klage! Klage!

Paradiesvögel an der Küſte: Ihr fremden, grauen Vögel, Gönnt euch doch Ruh! Wir ſehen eurem ewigen Kreiſen Verwundert zu. Ihr laſſet die Fiſche über die Wellen Fliegen und ſchnellen. Ihr fremden, grauen Vögel Was ſucht ihr denn?

Deutſche Möwen:

Ihr Schönen in eurem Gefieder Von Regenbogen und goldenem Licht: Hier ſanken die Schiffe nieder Wißt ihr es nicht?

Vom nordiſchen Meer Kommen wir her.

Wir flogen als Heimatgedanken Dahin nach ihrem Rauch.

Sie ſanken, alle verſanken,

So wollen wir ſinken auch. Wir kreiſten ihnen zu Häupten

Ihre Häupter ruhen am Grund, Wohl zwiſchen Tang und Korallen, Wohl unter Fiſchen und Quallen, Bis einſt die Poſaunen ſchallen Den letzten Tag, die letzte Stund. Ihre Augen, wer hat ſie geſchloſſen? Aus ihnen werden ſproſſen

Alge und Waſſerroſe,

Die dunkle Meerzeitloſe.

D Klage!

Die Haie näher ſchwimmen,

Die Schlangenaugen glimmen, Polyp mit wilden Armen greift, Rieſig der Wal vorüberſchweift.

D Klage! O Klage!

Dieſelben Waſſerſtätten,

Wir kreiſen ſie nicht aus,

Als könnten wir ſie retten

Aus ihrem tiefen Totenhaus.

Klagt mit uns!

Klagt mit uns, ihr ſchönen bunten Vögel!

Paradiesvögel:

Ihr fremden grauen Vögel,

Was iſt das: Klage?

Was iſt das: Tod?

Wir wiſſen nur: Es ſind Nächte und Tage, Morgen- und Abendrot.

Ihr fremden grauen Vögel,

Dient ihr der Nacht, daß früher Dunkel werde? Fliegt fort! Ihr laſtet über Meer und Erde!

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Deutſche Möwen:

So ſei die Welt verſchattet

Von deutſchem Jammer!

Da liegen ſie beſtattet

In rieſiger Totenkammer.

Wie können die Seelen aufſchweben?

Sie müſſen im Waſſer fortleben!

D Klage!

Sie können nicht in den Himmel hinein,

Sie müſſen bei ſchrecklichen Meergöttern ſein! O Klage! O Klage —!

Paradiesvögel:

Schrecklich ſind die Götter Südamerikas:

Aus der Inkas alten Geſchlechtern.

Sie lagern auf Klippen unter der Flut.

Ihre Geſichter ſind bemalt.

Aus ihren Augen ſtrahlt

Durſt nach Blut.

Ihr Mund iſt breit, Zahn ſtarrt an Zahn, Ihre Haare ſind grün, von giftigen Blumen gekränzt, An ihrer Stirne glänzt

Ein Sternbild in Geſtalt des Kormoran.

Ihre Hände und Füße ſind floſſenhaft,

Doch von wohl faufender Löwen Kraft.

Ihr Schweif endigt in der Seeſchlange Haupt. Wen ſie erfaſſen,

Der muß mehr als das Leben laſſen:

Ihm iſt das ewige Leben geraubt!

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Deutſche Möwen: Weh! o Weh! Grauſamer Tod! Grauſame See! Laßt uns von hinnen fliehn, Wieder nach Deutſchland ziehn! Engel, errettet ſie! Legt ſie hin! Bettet ſie! Brechet der Götter Liſt, Daß ihnen gnädig iſt Gott und der gute Chriſt! Daß ſie der Heilige Geiſt Ein in den Himmel weiſt, Wie es das Buch verheißt! Das bitten wir.

Paradiesvögel: Ihr fremden grauen Vögel, Wir haben euch belogen, Wir haben euch betrogen: Die Götter leben nicht! Da fliegen ſie, da ſchweben ſie Ins Abendlicht! Wir fliegen nach ein kurzes Stück, Dann kehren wir zurück.

Der deutſche Tod aus den Waſſern tauchend: Dem letzten denn die Augen zugedrückt. Es war nicht ſchwer: ſie ließens gern geſchehn. Nur einer wollte nicht: der Admiral. Ihm tat ichs mit Tewalt: Nun iſt auch er

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In jener andern Inſelwelt zu Haus, Die, unermeßlich, ohne Horizont, Der Seele daliegt. Zwar dies weiß ich nicht, Was dieſe, die hier ruhen auf dem Grund, Beginnen werden in der ſeligen Luft Der Sterne und des heiligen Geſangs. Sie werden ſchauen. Schauen übten ſie Von je, ich ſah ſie oft auf ihrer Fahrt: Junge Matroſen, an die Reling feſt Geklammert, überſee den Blick geſtellt: Ob ein geliebtes Antlitz, ob ein Dorf, Ein Baum, ein Haus, ein kleines Licht erſcheint. Und wie erſt er, der auf der Brücke ſtand! Sein Auge war nicht menſchlich mehr: in ihm War alles Fernhintreffende: der Pfeil, Der Blick des Adlers und mein eigner Flug. Schlaft! Schlaft, ihr deutſchen Seelen! Möge euch Das Paradies erſcheinen anders nicht Als Deutſchland: ſüßer nicht und goldner nicht, Nur deutſch, ſoweit es eure Liebe faßt.

Schlaft wohl!

Deutſche Seelen aus der Tiefe:

Gute Ruh... Gute Ruh Macht Tür und Fenſter zu. Daß uns nichts ſchrecke mehr, Daß uns nichts wecke mehr. Alles, was uns betraf,

Es iſt geworden Schlaf.

Das tut uns wohl.

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Engel ferneber:

Gloria

In excelsis Deo!

Engel nahe:

Gloria In infimis homini!

Erzengel Michael:

Wachet auf, wachet auf, ihr deutſchen Seelen! Himmliſche Botſchaft nah ich euch zu befehlen. Ihr ſeid erkoren zum ewigen Leben. Aus dem tiefen Meere ſollt ihr aufſchweben. Aus der wilden Fremdnis, aus alle dem Böſen Kommen wir freudig euch erlöfen. Gottes Angeſicht iſt euch zugewandt: Sein Reich ward euer Heimatland.

Wachet auf!

Engelchöre:

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Wir ſind erſchienen, Wie einſt vorzeiten,

Um euch zu dienen, Euch zu geleiten.

Greift nur vom Waſſer auf Nach unſern Händen, Wir ziehen euch herauf Ins ſüße Licht. Schlingt eure Arme nur Um unſre Schultern, Lehnt eure Wange an Unſer Geſicht.

Deutſche Seelen aus der Tiefe: Was weckt ihr uns aus der tiefen Zeit, Was müſſen wir aufſtehn? Wir ſollen in die Ewigkeit Hinübergehn. Wir ſollen aus unſerm dunklen Saal In einen andern Hinüberwandern, Der liegt in tauſender Kerzen Strahl. Ob Meereswelt, ob Himmelswelt, Allort iſt Schlaf für uns beſtellt. Nirgend mehr iſt die Erde.

Jungfrau Maria: Wie ſie tauchen, wie ſie ſteigen! Meine Engel hin ſich neigen. Bleiches Antlitz, wie es fällt, Hier an Schultern, dort an Wangen, Schwer von bitterm Schlaf behangen, Daß es kaum die Liebe hält.

Seht ihr mich nicht? Daß ich trüge Alle eurer Mütter Züge,

Eurer Liebſten Liebreiz auch!

Ach, im Steigen, ach, im Schweben Wechſelt ihr das dunkle Leben,

Und ihr atmet Himmelshauch.

Tod und Erde von euch fallen, Süße Stimmen euch umſchallen, Und ihr ſteht, von Licht bedrängt.

Doch ſchon ſchreit ich euch entgegen, Daß euch auf den neuen Wegen Eine Frau zuerſt empfängt.

Seliger Chor: Animae candidae Introite! Portae apertae sunt. Deus Deus Deus Vos accepit.

Urkunde über die Stiftung des Eiſernen Kreuzes

ir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ec.

In der jetzigen großen Kataſtrophe, von welcher für das Vaterland alles abhängt, verdient der kräftige Sinn, der die Nation ſo hoch erhebt, durch ganz eigentümliche Monumente geehrt und verewigt zu werden. Daß die Standhaftigkeit, mit welcher das Volk die unwiderſtehlichen Übel einer eiſernen Zeit ertrug, nicht zur Kleinmütigkeit herabſank, bewährt der hohe Mut, welcher jetzt jede Bruſt belebt und welcher nur, auf Religion und auf treue Anhänglichkeit an König und Vater⸗ land ſich ſtützend, ausharren konnte.

Wir haben daher beſchloſſen, das Verdienſt, welches in dem jetzt ausbrechenden Kriege entweder im wirklichen Kampf mit dem Feinde, oder außerdem, im Felde oder daheim, jedoch in Beziehung auf dieſen großen Kampf um Freiheit und Selb⸗ ſtändigkeit, erworben wird, beſonders auszuzeichnen, und dieſe eigentümliche Auszeichnung nach dieſem Kriege nicht weiter zu verleihen.

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Demgemäß verordnen Wir, wie folgef.

1. Die nur für dieſen Krieg beſtehende Auszeichnung des Verdienſtes Unſerer Untertanen um das Vaterland iſt

das Eiſerne Kreuz von zwei Klaſſen und einem Großkreuz.

2. Beide Klaſſen haben ein ganz gleiches in Silber gefaßtes ſchwarzes Kreuz von Gußeiſen, die Vorderſeite ohne Inſchrift, die Kehrſeite zu oberſt Unſern Namenszug F. W. mit der Krone, in der Mitte drei Eichenblätter, und unten die Jahreszahl 1813, und beide Klaſſen werden an einem ſchwarzen Bande mit weißer Einfaſſung, wenn das Verdienſt im Kampf mit dem Feinde erworben iſt, und an einem weißen Bande mit ſchwarzer Ein— faſſung, wenn dies nicht der Fall iſt, im Knopf loch getragen; die erſte Klaſſe hat neben dieſer Dekoration noch ein Kreuz von ſchwarzem Bande mit weißer Einfaſſung auf der linken Bruſt; und das Groß⸗Kreuz, noch einmal fo groß als das der beiden Klaſſen, wird an dem ſchwarzen Bande mit weißer Einfaſſung um den Hals getragen.

3. Die Militär⸗Ehrenzeichen erſter und zweiter Klaſſe werden während der Dauer dieſes Krieges nicht ausgegeben; auch wird die Erteilung des Roten Adlerordens zweiter und dritter Klaſſe, ſowie des Ordens Pour le mérite, bis auf einige einzelne Fälle, in der Regel ſuspendiert. Das Eiſerne Kreuz erſetzt dieſe Orden und Ehrenzeichen, und wird durchgängig von Höheren und Ge— ringeren auf gleiche Weiſe in den angeordneten zwei Klaſſen ge- tragen. Der Orden Pour le mérite wird in außerordentlichen Fällen mit drei goldenen Eichenblättern am Ringe erteilt.

4. Die zweite Klaſſe des Eiſernen Kreuzes ſoll durchgängig zuerſt verliehen werden; die erſte kann nicht anders erfolgen, als wenn die zweite ſchon erworben war.

5. Daraus folgt, daß auch diejenigen, welche Orden und

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Ehrenzeichen ſchon beſitzen und ſich in dieſem Kriege auszeichnen, zunächſt nur das Eiſerne Kreuz zweiter Klaſſe erhalten können.

6. Das Großkreuz kann ausſchließlich nur für eine gewonnene entſcheidende Schlacht, nach welcher der Feind ſeine Poſition verlaſſen muß, desgleichen für die Wegnahme einer bedeutenden Feſtung, oder für die anhaltende Verteidigung einer Feſtung, die nicht in feindliche Hände fällt, der Kommandierende erhalten.

7. Die jetzt ſchon vorhandenen Orden und Ehrenzeichen werden mit dem Eiſernen Kreuz zuſammen getragen.

8. Alle Vorzüge, die bisher mit dem Beſitz des Ehrenzeichens erſter und zweiter Klaſſe verbunden waren, gehen auf das Eiſerne Kreuz über. Der Soldat, der jetzt ſchon das Ehrenzeichen zweiter Klaſſe beſitzt, kann bei anderweitiger Auszeichnung nur zuerſt das Eiſerne Kreuz der zweiten Klaſſe erhalten; jedoch erhält er mit demſelben zugleich die mit dem Beſitz des Ehrenzeichens erſter Klaſſe verbundene monatliche Zulage, die aber fernerhin nicht weiter vermehrt werden kann.

9. In Rückſicht der Art des verwirkten Verluſtes dieſer Auszeichnung hat es bei den in Anſehung Unſerer übrigen Orden und Ehrenzeichen gegebenen Vorſchriften ſein Bewenden.

Urkundlich unter Unſerer Allerhöchſt eigenhändigen Unter⸗ ſchrift und beigedrucktem Königlichen Inſiegel.

Gegeben Breslau, den 10. März 18132.

Friedrich Wilhelm.

Johann Peter Hebel: Der Schneider in Penſa

m Jahr 1812, als Rußland nimmer Straßen genug hatte 50 für die Kriegsgefangenen an der Bereſina oder in Wilna, ging eine auch durch Penſa, welches für ſich ſchon mehr als ein- hundert Tagereiſen weit von Lahr oder Pforzheim entfernt iſt,

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und wo die befte deutſche oder engliſche Uhr, wer eine hat, nimmer recht geht, fondern ein paar Stunden zu ſpät. In Penſa iſt der Sitz des erſten ruſſiſchen Statthalters in Aſien, wenn man aus Europa hineinkommt. Alſo wurden dort die Kriegsgefangenen abgegeben und übernommen, und alsdann weiter abgeführt in das tiefe, fremde Aſien hinein, wo die Chriſtenheit ein Ende hat und niemand mehr das Vaterunſer kennt, wenns nicht einer, gleichſam als eine fremde Ware, aus Europa mitbringt. Alſo kamen eines Tages mit Franzoſen meliert auch ſechzehn rhein— ländiſche Offiziere, die damals unter den Fahnen Napoleons ge— dient hatten, über die Schlachtfelder und Brandſtätten von Eu— ropa, ermattet, krank, mit erfrorenen Gliedmaßen und ſchlecht geheilten Wunden, ohne Geld, ohne Kleidung, ohne Troſt in Penſa an und fanden in dieſem unheimlichen Land kein Ohr mehr, das ihre Sprache verſtand, kein Herz mehr, das ſich über ihre Leiden erbarmte. Als aber einer den andern mit troſtloſer Miene anblickte: „Was wird aus uns werden?“ oder: „Wann wird der Tod unſerm Elend ein Ende machen, und wer wird den Letz— ten begraben?“ da vernahmen fie mitten durch das ruſſiſche und koſakiſche Kauderwelſch wie ein Evangelium vom Himmel un— vermutet eine Stimme: „Sind keine Deutſche da?“ und es ſtand vor ihnen auf zwei nicht ganz gleichen Füßen eine liebe, freund— liche Geſtalt. Das war der Schneider von Penfa, Franz Anton Egetmaier, gebürtig aus Bretten im Neckarkreis, Großherzogtum Baden. Hat er nicht im Jahr 1779 das Handwerk gelernt in Mannheim? Hernach ging er auf die Wanderſchaft nach Nürn— berg, hernach ein wenig nach Petersburg hinein. Ein Pfälzer Schneider ſchlägt fieben- bis achtmal hundert Stunden Weges nicht hoch an, wenns ihn inwendig treibt. In Petersburg aber ließ er ſich unter ein ruſſiſches Kavallerieregiment als Regiments⸗ ſchneider engagieren und ritt mit ihnen in die fremde ruſſiſche

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Welt hinein, wo alles anders ift, nach Penfa, bald mit der Na⸗ del ſtechend, bald mit dem Schwert. In Penſa aber, wo er ſich nachher häuslich und bürgerlich niederließ, iſt er jetzt ein angeſehe⸗ nes Männlein. Will jemand in ganz Aſien ein ſauberes Kleid nach der Mode haben, ſo ſchickt er zu dem deutſchen Schneider in Penſa. Verlangt er etwas von dem Statthalter, der doch ein vornehmer Herr iſt und mit dem Kaiſer reden darf, ſo hats ein guter Freund vom andern verlangt; und hat auf dreißig Stun⸗ den Wegs ein Menſch ein Unglück oder einen Schmerz, ſo ver⸗ traut er ſich dem Schneider von Penſa an, er findet bei ihm, was ihm fehlt: Troſt, Rat, Hilfe, ein Herz und ein Auge voll Liebe, Obdach, Tiſch und Bett, nur kein Geld.

Einem Gemüte, wie dieſes war, das nur in Liebe und Wohl— tun reich iſt, blühte auf den Schlachtfeldern des Jahres 1812 eine ſchöne Freudenernte. Sooft ein Transport von unglück⸗ lichen Gefangenen kam, warf er Schere und Elle weg und war der erſte auf dem Platze, und: „Sind keine Deutſche da?“ war ſeine erſte Frage. Denn er hoffte von einem Tag zum andern, unter den Gefangenen Landsleute anzutreffen, und freute ſich, wie er ihnen Gutes tun wollte, und liebte ſie ſchon im voraus ungeſehenerweiſe, wie eine Frau ihr Kindlein ſchon liebt und ihm Brei geben kann, ehe ſie es hat. „Wenn ſie nur ſo oder ſo aus— fähen“, dachte er. „Wenn ihnen nur auch recht viel fehlt, damit ich ihnen recht viel Gutes erweiſen kann.“ Doch nahm er, wenn feine Deutſchen da waren, auch mit Franzoſen vorlieb und er: leichterte ihnen, bis ſie weitergeführt wurden, ihr Elend, als nach Kräften er konnte. Diesmal aber, als er mitten unter fo viele Landsleute, auch Darmſtädter und andere, hineinrief: „Sind keine Deutſche da?“ er mußte zum zweitenmal fragen, denn das erſtemal konnten ſie vor Staunen und Ungewißheit nicht ant⸗ worten, ſondern das ſüße deutſche Wort in Aſien verklang in

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ihren Ohren wie ein Harfenton und als er hörte: „Deutſche genug“, und von jedem erfragte, woher er ſei er wär mit Meck— lenburgern oder Kurſachſen auch zufrieden geweſen, aber einer ſagte von Mannheim am Rheinſtrom, als wenn der Schneider nicht vor ihm gewußt hätte, wo Mannheim liegt, der andere ſagte von Bruchſal, der dritte von Heidelberg, der vierte von Gochsheim =: da zog es wie ein warmes, auf löſendes Tauwetter durch den ganzen Schneider hindurch. „Und ich bin von Bret— ten,“ ſagte das herrliche Gemüte, „Franz Anton Egetmaier von Bretten !, wie Joſeph in Agypten zu den Söhnen Iſtaels ſagte: „Ich bin Joſeph, euer Bruder“ und die Tränen der Freude, der Wehmut und der heiligen Heimatsliebe traten allen in die Augen, und es war ſchwer zu ſagen, ob ſie einen freudigeren Fund an dem Schneider oder der Schneider an ſeinen Landsleuten machte, und welcher Teil am gerührteſten war. Jetzt führte der gute Menſch ſeine teuern Landsleute im Triumph in ſeine Woh⸗ nung und bewirtete ſie mit einem erquicklichen Mahl, wie in der Geſchwindigkeit es aufzutreiben war.

Jetzt eilte er zu dem Statthalter und bat ihn um die Gnade, daß er ſeine Landsleute in Penſa behalten dürfe. „Anton,“ ſagte der Statthalter, „wann hab ich Euch etwas abgeſchlagen?“ Jetzt lief er in der Stadt herum und ſuchte für diejenigen, welche in ſeinem Hauſe nicht Platz hatten, bei ſeinen Freunden und Be⸗ kannten die beſten Quartiere aus. Jetzt muſterte er ſeine Gäſte, einen nach dem andern. „Herr Landsmann,“ ſagte er zu einem, „mit Eurem Weißzeug ſiehts windig aus. Ich werde Euch für ein halbes Dutzend neuer Hemden ſorgen. Ihr braucht auch ein neues Röcklein“, ſagte er zu einem andern. „Euers kann noch gewendet und ausgebeſſert werden“, zu einem dritten, und ſo zu allen, und augenblicklich wurde zugeſchnitten, und alle ſechsundzwanzig Geſellen arbeiteten Tag und Nacht an Klei-

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dungsſtücken für feine werten rheinländiſchen Freunde. In wenig Tagen waren alle neu oder anſtändig ausſtaffiert. Ein guter Menſch, auch wenn er in Nöten iſt, mißbraucht niemals fremde Gutmütigkeit; deswegen ſagten zu ihm die rheinländiſchen Freunde: „Herr Landsmann, verrechnet Euch nicht. Ein Kriegs⸗ gefangener bringt keine Münze mit. So wiſſen wir auch nicht, wie wir Euch für Eure großen Auslagen werden ſchadlos halten können, und wann.“ Darauf erwiderte der Schneider: „Ich finde hinlängliche Entſchädigung in dem Gefühl, Ihnen helfen zu kön⸗ nen. Benutzen Sie alles, was ich habe! Sehen Sie mein Haus und meinen Garten als den Ihrigen an.“ So kurzweg und ab, wie ein Kaiſer oder König ſpricht, wenn, eingefaßt in Würde, die Güte hervorblickt. Denn nicht nur die hohe fürſtliche Geburt und Großmut, ſondern auch die liebe häusliche Demut gibt, ohne es zu wiſſen, bisweilen dem Herzen königliche Sprüche ein, Ge⸗ ſinnungen ohnehin. Jetzt führte er ſie freudig wie ein Kind in der Stadt bei ſeinen Freunden herum und machte Staat mit ihnen. So ſehr ſie zufrieden waren, ſo wenig war er es. Jeden Tag erfand er neue Mittel, ihnen den unangenehmen Zuſtand der Kriegsgefangenſchaft zu erleichtern und das fremde Leben in Aſien angenehm zu machen. War in der lieben Heimat ein hohes Geburts- oder Namensfeſt, es wurde am nämlichen Tage von den Treuen auch in Aſten mit Gaſtmahl, mit Vivat und Freuden⸗ feuer gehalten, nur etwas früher, weil dort die Uhren falſch gehen. Kam eine frohe Nachricht von dem Vorrücken und dem Siege der hohen Alliierten in Deutſchland an, der Schneider war der erſte, der fie wußte und feinen Kindern er nannte fie nur noch ſeine Kinder mit Freudentränen zubrachte, darum, daß ſich ihre Erlöfung nahte. Als einmal Geld zur Unterſtützung der Gefangenen aus dem Vaterlande ankam, war die erſte Sorge, ihrem Wohltäter ſeine Auslagen zu vergüten. „Kinder,“ ſagte

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er, „verbittert mir meine Freude nicht.“ „Vater Egetmaier,“ ſagten fie, „tut unſerm Herzen nicht wehe.“ Alſo machte er ihnen zum Schein eine kleine Rechnung, nur um ſie nicht zu betrüben und um das Geld wieder zu ihrem Vergnügen anzuwenden, bis die letzte Kopeke aus den Händen war. Das gute Geld war für einen andern Gebrauch zu beſtimmen, aber man kann nicht an alles denken. Denn als endlich die Stunde der Erlöſung ſchlug, gefell£e ſich zur Freude ohne Maß der bittere Schmerz der Tren—⸗ nung, und zu dem bittern Schmerz die Not. Dennes fehlte an allem, was zur Notdurft und zur Vorſorge auf eine fo lange Reiſe in den Schreckniſſen des ruſſiſchen Winters und einer un— wirtbaren Gegend nötig war, und ob auch auf den Mann, ſo⸗ lange fie durch Rußland zu reifen hatten, täglich 13 Kreuzer ver- abreicht wurden, ſo reichte doch das wenige nirgends hin. Darum ging in dieſen letzten Tagen der Schneider, fonft fo frohen, leich— ten Mutes, ſtill und nach denklich herum, als der etwas im Sinn hat, und war wenig mehr zu Hauſe. „Es geht ihm recht zu Herzen!, ſagten die rheinländiſchen Freunde und merkten nichts. Aber auf einmal kam er mit großen Freudenſchritten, ja mit ver⸗ klärtem Antlitz zurück. „Kinder, es iſt Rat. Geld genug!“ Was wars? Die gute Seele hatte für zweitauſend Rubel das Haus verkauft. „Ich will ſchon eine Unterkunft finden,“ ſagte er, „wenn nur ihr ohne Leid und Mangel nach Deutſchland kommt.“ O du heiliges, lebendig gewordenes Sprüchlein des Evangeliums und ſeiner Liebe: „Verkaufe, was du haſt, und gib es denen, die es bedürftig find, fo wirft du einen Schatz im Him— mel haben.“ Der wird einſt weit oben rechts zu erfragen ſein, wenn die Stimme geſprochen hat: „Kommt, ihr Geſegneten! Ich bin hungrig geweſen, und ihr habt mich geſpeiſt, ich bin nackt geweſen, und ihr habt mich gekleidet, ich bin krank und gefangen geweſen, und ihr habt euch meiner angenommen.“ Doch der

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Kauf wurde zu großem Troſt für die edeln Gefangenen wieder rückgängig gemacht. Nichtsdeſtoweniger brachte er auf andere Art noch einige hundert Rubel für ſie zuſammen und nötigte ſie, was er hatte von koſtbarem ruſſiſchen Pelzwerk, mitzunehmen, um es unterwegs zu verkaufen, wenn ſie Geldes bedürftig wären oder einem ein Unglück widerführe. Sie ſchieden ſchließlich unter tauſend Segenswünſchen und Tränen des Dankes und der Liebe, und der Schneider geſtand, daß dieſes für ihn der ſchmerzlichſte Tag ſeines Lebens ſei. Die Reiſenden aber ſprachen unterwegs unaufhörlich und noch immer von ihrem Vater in Penſa, und als ſie in Bialyſtok in Polen wohlbehalten ankamen und Geld antrafen, ſchickten ſie ihm dankbar das vorgeſchoſſene Reiſegeld

zurück. Oskar Woehrle: Nach einem Begräbnis N. haben wir begraben einen treuen Bruder ein, und die Erde mußt ihn haben in ihr Mutterherz hinein. Heimwärts ſind wir dann gegangen längs dem grünen Waldkanal, und die Mordgeſchütze ſangen weither ihren Blutchoral.

Und wir ſahen grün die Felder,

und wir ſahen grün das Gras,

ſahn die Pracht der grünen Wälder, wo gottnackt der Frühling ſaß,

und wir ſahn die jungen Saaten von des Daſeins Luſt geſchwellt, und wir wußten: wir Soldaten fallen, wie dies Korn einſt fällt.

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Ach, mit fünfundzwanzig Jahren weiß man erft: die Welt iſt dein! Ach, erſt dann kann man erfahren, was es heißt, ein Menſch zu ſein. Ach, wenn die Kanonen ſprechen, während draußen Frühling iſt, fühlt man aus dem Herzen brechen, wie ſo ſchwer das Sterben iſt!

Fr. G. Klopſtock: Weihtrunk an die toten Freunde

euer ſtilles Gebein, und was ihr mehr noch wart Als vermodernd Gebein, dieſen geweihten Wunſch In dem Schoße der Erde Und Elyſiums Tal vernehm'!

Daß wir weiſe, wie ihr, und der Erinnerung Eures Todes getreu, leben, zwar fröhlich ſei'n; Doch als ſtündet ihr alle

Mit den glücklichern Freunden hier.

Landsknechtſchwänke 1. Der Luzifer ſchickt ſeiner Diener einen nach einem Landsknecht in ſeltſam Tier ifts um ein Landsknecht, daß ihn auch der Teufel nichts kann abgewinnen, ſunder ſie förchten muß. Davon hör dieſe Hiſtorie! Uf ein Zeit ſchicket der öbriſt Teufel ein Diener aus, er ſollte ſehen, wo doch die Landsknecht wären, daß keiner in die Hell käm, und ſollte lugen, wo er doch einen möcht mit ihm bringen.

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Der Diener zoge aus und kam in eines Hahnen Geſtalt in ein Würtshaus, da er ſich hinter den Ofen ſetzet und den Lands⸗ knechten zuſahe, wie ſie zechten. Nun als die Landsknecht voll waren, fingen ſie an, Kanten und Gläſer zu zerbrechen und alles zu verwüſten, was auf dem Tiſch ſtund, und ein ſolich Rumor anfingen, daß ihme der Teufel hinter dem Ofen förchten ward. Letzlich fing einer hinter dem Tiſch an: „Potztauſend Sack voll Enten! Wohlauf, wir wöllen den Hahn hinter dem Ofen be⸗ rupfen und die Federn uf die Hüt ſtecken, darnach den Hahnen freſſen.“ Als ſolches der Teufel hort, zur Stuben hinaus der Hell zulief und ſeinem Meiſter anzeigt, wie kein böſer Tier uf Erden wär weder ein Landsknecht.

Wann darnach ein Landsknecht für die Hell kam, beſchloß man alle Tür und Tor vor ihm zu, ſie möchten ſunſt alle Teufel verjagen.

2. Wo der Landsknecht Wohnung ſein werd,

wann fie gefterben

Nach der großen Schlacht zu Mailand oder Marianen wollten die erſchlagnen Landsknecht uf der Walſtatt bei den Schweizern nit liegen bleiben, wurden rhätig, richten ein Fähnlin uf, das was weiß mit einem roten Kreuz, zugend in der Ordnung alle der Hellen zu.

Als aber die Teufel das Fähnlin und das rot Kreuz darinnen erſahend, erſchraken ſie hart (dann durch das Zeichen iſt ihnen vormals die Helle und ſie darzu beſtritten worden), verriegleten, verbollwerkten, verſperrten und beſetzten die Tor, die Wehren, die Porten und Mauren an allen Orten und ſtellten ſich zur Wehr. Wie aber die Landsknecht daherziehen, ſo ſchießend die Teufel und werfend zu ihnen, ſagen: „O lieben Männer, ziehend auf die rechte Hand dem Himmel zu! Wir geben euch

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Hans Burgkmair: Sturm auf eine Landwehr

kein Herberg, laſſend euch auch nit in.“ Und habend damit die Landsknecht den Weg gegen dem Himmel zu gewieſen.

Die guten frummen Landsknecht zugen mit ihrem Regiment und Fähnlin in guter gehabter Ordnung für den Himmel, be⸗ gehrten, man ſollte ſie inlaſſen. Petrus fragt, wer ſie wären. Sie ſagten, ſie wärend frumme Landsknecht und in der Schlacht von Mailand umkommen, begehrten ingelaſſen zu werden. „Wer hat euch“, ſagt Petrus, „hieher kommen heißen? Ziehend fort, nur fort, ihr Blutzapfen! Dann darum, daß ihr in euerem Leben alle Zeit den Frieden gehaßt haben, ſo iſt es nit billig, daß ihr die ewige Ruhe beſitzen ſollend.“

Uf ſolchs ſagt ihr Hauptmann: „Wo bleiben wir aber hinde⸗ nach? In der Hellen verſperrt man uns Tür und Tor, im Himmel will man uns nit inlaſſen; nun müſſen wir dannocht je auch einen Ort haben, da wir wiſſen zu bleiben.“ „Ihr habt mich“, ſagt Petrus, „wohl verſtanden. Trollt euch fort, oder ihr werden bald etwas Neues vernehmen. Ihr ſind nichts dann Bluthund, Gottsläſterer, Armeleutmacher, verfluchte, verzwei⸗ felte und gottlos Leut.“

Da ward ihr Hauptmann erzürnt und ſagt in eim Grimmen zu Petro: „Was verweiſt der Wolf dem Fuchs von wegen des Raubs? Sind fie nit beide Rauber? Weiſtu nit, was du ge- ton haſt? Deinen Herren, Meiſter und deinen Gott haſtu fälſchlich meineidiglich zum dritten Mal verleugnet und ver⸗ ſchworn. Das hat unſer keiner noch geton. Solchs will ich vor allem himmliſchen Heer reden, daß du ärger, meineidiger, freu- loſer und böſer geweſen biſt, weder unſer keiner iſt, und willt uns ſchänden und ſchmähen und darzu nit inlaſſen. Nun müſſen wir je dannochter wiſſen, wo wir hin ſollen.“

Petrus was ſchamrot worden und forcht übel, dieweil der Hauptmann ſo laut ſchriee, daß es die andern im Himmel hören

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würden, und ſagt zu ihnen: „Lieben Landsknecht, ſeind ſtill und ſchweigend! Ich will euch ein eigen Dorf ingeben; liegt aller⸗ nächſt hiebei, das heißt Beit ein Weil. Daſelbſt werden mit der Zeit noch mehr Landsknecht zu euch kommen; da habt ihr euer Weſen allein, können ſpielen, mummſchanzen, zechen und fröh— lich ſein.“

Darauf hat fie Petrus von Stund an gen Beit ein Weil ge- wieſen, daſelbſt halten ſie noch ihr Regiment. Was auch für Landsknecht für den Himmel kommen, die weiſt Petrus alle gen Beit ein Weil zu dem alten Haufen. Ich glaub, es ſei ihren jetzunder ein große Menge beieinander.

3. Von einem Landsknecht, der nur drei Wort

begehrt mit ſeinem Hauptmann zu reden Ein armer einfacher Landsknecht leidet großen Hunger; wie⸗ wohl Proviant gnug im Leger war, ſo hat er doch kein Geld, daß ers kaufet, derhalben treib ihn die Not dahin, daß er für den Hauptmann begehrt in Hoffnung, er ſollt ihm etwas für- ſetzen. Es hat aber der Hauptmann etlich groß Hanſen zo Gaſt geladen, deshalben die Trabanten dieſen armen Knecht nit für ihn laſſen wollten. Als er nun ohn Unterlaß bat, man ſollt ihn doch für den Hauptmann laſſen, er hätte nit mehr dann drei Wort mit ihm zu reden, was da auch ein naſſer Vogel unter den Trabanten, den wundert, was er doch mit drei Worten könnte ausrichten, und ſagt es dem Hauptmann bei der Läng, wie ſich die Red hat zugetragen. Der Hauptmann mitſamt ſeinen Gäſten, die auch wohl bezecht waren, ſprachen: „Laß ihn herein, und redt er mehr dann drei Wort, ſo wöllen wir ihn in die Eiſen ſchlahen laſſen. Alſo ward er für den Hauptmann in den Saal gelaſſen, der ihn fragt: „Was begehrſt du, das du mit drei Worten willt ausrichten?“ Antwort' der Landsknecht:

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„Geld oder Urlaub.“ Do lachet der Hauptmann und alle feine Gäſt, und ſetzt ihm der Hauptmann ein Monat Sold für bis zur Bezahlung.

Die fünf Heiligen Fetwas

ls am 11. November 1914 das Osmaniſche Reich den

Krieg erklärte, wurden dem Scheich ulislam Chairi Ben Awni Al⸗urkubi fünf Fragen zur Begutachtung vorgelegt. Die Stellung des Scheich ul⸗islam entſpricht ungefähr der eines Miniſters der Geiſtlichen Angelegenheiten im Geſamtminiſte⸗ rium, ſeine Unterſchrift folgt unmittelbar der des Großweſirs bei allen wichtigen Staatsurkunden. Ihm liegt die Wahrung des alten, auf dem Koran beruhenden Heiligen Geſetzes ob, und er antwortet auf alle an ihn geſtellten Fragen nur mit ja oder nein. Der Sultan der Türkei konnte in ſeiner Eigenſchaft als Kalif nur auf Grund eines ſolchen Rechtsgutachtens alle Muslime der ganzen Welt zum Dſchihad, dem Heiligen Kriege, auffordern, und ſo wird auch in dem gleichzeitigen Aufrufe des Sultan-Kalifen an Heer und Flotte von dem „großen Glaubenskrieg, zu welchem Ich mit den Heiligen Fetwas die dreihundert Millionen Muslime eingeladen habe“, geſprochen.

Die Rechtsgutachten wurden zuerſt in der Stambuler Tages⸗ zeitung „Sabah“ vom 15. November 1914 in osmaniſch⸗türki⸗ ſcher Sprache veröffentlicht und gleichzeitig vier andere Faſſungen in arabiſcher, perſiſcher, katariſch⸗türkiſcher und Urdu⸗Sprache (Hindoſtani) verbreitet. Wir entnehmen ihre, von einem unfrer hervorragendſten Drientaliſten gefertigte deutſche ÜUberſetzung der „Welt des Islams“, Zeitſchrift der Deutſchen Geſellſchaft für Islamkunde Bd. III 1918.

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Nr. 1. Wenn Seine Majeſtät der Padiſchah des Islams, ſobald der Angriff der Feinde auf die Islamwelt ſtattgefunden hat und Beraubung und Plünderung der islamiſchen Länder und Gefangennehmung von islamiſchen Perſonen feſtgeſtellt iſt, durch allgemeinen Aufruf den Glaubenskrieg befohlen hat, iſt dann der Glaubenskrieg nach Maßgabe des Hohen Koran— ſpruches [9,41]: „Ziehet aus, leicht und ſchwer, und kämpfet mit euerm Vermögen und euerm Leben auf dem Pfade Gottes!“ Pflicht für ſämtliche Muslime, und iſt es individuelle Pflicht ſämtlicher in allen Erdteilen wohnender Muslime, jung und alt, Berittene und Unberittene, mit ihrem Gut und mit Leib und Leben zum Glaubenskrieg zu eilen? Antwort: Ja!

Nr. 2. Es iſt feſtgeſtellt, daß Rußland, England und Frank⸗ reich dem islamiſchen Kalifat feindlich ſind und alle Anſtren— gungen machen Gott verhüte es! —, das hohe Licht des Islams auszulöſchen, indem ſie auf ſolche Weiſe gegenwärtig die Hohe Stelle des islamiſchen Kalifats und die Kaiſerlichen Länder mit ihren Kriegsſchiffen und Landheeren angriffen; iſt es da Pflicht ſämtlicher Muslime, die ſich unter der Verwaltung jener Re— gierungen und der ſie unterſtützenden Regierungen befinden, auch gegen die erwähnten Regierungen den Glaubenskrieg zu erklären und zum tätlichen Überfall zu eilen? Antwort: Ja.

Nr. 3. Die Erreichung ſolches Zieles hängt davon ab, daß ſämtliche Muslime zum Glaubenskriege eilen; wenn davon einige Gott verhüte es! ſich ſaumſelig zeigen, iſt dann ihre Saumſeligkeit eine große Sünde, und verdienen ſie den göttlichen Zorn und die Beſtrafung dieſer argen Sünde? Antwort: Ja.

Nr. 4. Sollten auch die islamiſchen Angehörigen der auf ſolche Weiſe mit der islamiſchen Regierung kämpfenden vor— erwähnten Regierungen durch die Bedrohung mit Tötung ihrer eigenen Perſon und Vernichtung ihrer ſämtlichen Familienange—

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hörigen in eine Zwangslage verſetzt werden, iſt es dann dennoch nach dem Rechte unverbrüchliches Verbot für ſie, gegen die Truppen der islamiſchen Regierung zu kämpfen, und verdienen fie, wenn fie es dennoch tun, die Höllenſtrafe? Antwort: Ja.

Nr. 5. Die im gegenwärtigen Kriege unter der Verwaltung der Regierungen von England, Frankreich, Rußland, Serbien, Montenegro und ihrer Helfer ſich befindenden Muslime würden durch Kampf gegen die die Hohe Islamiſche Regierung unter⸗ ſtützenden Staaten Deutſchland und Oſterreich dem islamiſchen Kalifat Schaden zufügen; iſt ein ſolches Verhalten eine große Sünde, und verdienen fie dadurch ſchmerzvolle Strafe? Ant⸗ wort: Ja.

Geſchrieben von dem Gottesbedürftigen Chairi Ben Awni Al⸗urkubi.

Ernſt Moritz Arndt: Grabesgrün

ie Helden ſchlafen all ihr Schall und Schein

Wie ſtumm und dunkel unterm Leichenſtein! Wie ſchließt das Grab ſie nennens ſanfte Ruh Für alle gleich ſo Klang als Wonne zu!

Die Helden ſchlafen roſtend hangt ihr Schwert Mit Schild und Helm und Fahnen ehrenwert, Friſch wirkt die Motte drein und webt der Wurm, Kalt brauſt vorbei des Tages wilder Sturm.

O Zeit, du graue Totengräberin,

Ob allem Leid und Weh Hinſchweberin, O Zeit, nur du allein haſt nimmer Zeit, Hinfliegen heißet dir Unſterblichkeit.

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Lithographie von Honoré Daumier

5 P 9

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* . 1

Unſterblichkeit? Wohl mir! Ich fehe grün

Aus deinem Grau das Leben wieder blühn,

Im Zeugen und Gebären ewig jung

Schwingſt du der Welt geheimnisvollen Schwung.

Unſterblichkeit? Wohl mir! Drum Heldenmacht Erbebe nicht dem Schlaf der langen Nacht! Verklinget, Namen und Gedächtnis, gar!

Nichts ſtirbt, was wirklich gut und göttlich war.

Friſch kämpft die Tat, hell klingt das mächtge Wort Gleich Blitz und Licht allgegenwärtig fort,

Geburt und Tod im ſteten Wechſellauf,

Hier ſchläfts, und dort wachts luſtig wieder auf.

So kreiſet denn, Jahrtauſend, euren Tanz, So greife, Geiſt, den höchſten Wonneglanz, Zerſchlage das Sekundenglas der Zeit

Und greife und begreife Ewigkeit.

Kaiſer Wilhelm J.: Letztwillige Aufzeichnung

31. Dezember 1871

1870 bis 1871. Gott war mit uns!

Ihm ſei Lob, Ehre, Dank! ls ich am Schluß des Jahres 1866 mit dankerfülltem Herzen Gottes Gnade dankend preiſen durfte für ſo un— erwartet glorreiche Ereigniſſe, die ſich zum Heile Preußens ge- ſtalteten und den Anfang zu einer Neueinigung Deutſchlands nach ſich zogen, da mußte ich glauben, daß das von Gott mir aufgetragene Tagewerk vollbracht ſei und ich, dasſelbe nun in Ruhe und Frieden fortbildend, dereinſt meinem Sohne glück—

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bringend hinterlaſſen würde, vorausfehend, daß ihm es beſchieden ſein werde, die ſüdliche Hälfte Deutſchlands mit der nördlichen zu einem Ganzen zu einen.

Aber nach Gottes unerforſchlichem Ratſchluß ſollte ich be— rufen werden, ſelbſt noch dieſe Einigung herbeizuführen, wie ſie ſich nach dem von Frankreich auf das frivolſte herbeigeführten, ebenſo glorreichen als blutigen ſiebenmonatlichen Kriege nun⸗ mehr darſtellt! Wenn je in der Geſchichte ſich Gottes Finger ſichtlich gezeigt hat, ſo iſt dies in den Jahren 1866, 1870 und 1871 geſchehen.

Der Deutſch⸗Franzöſiſche Krieg, der wie ein Blitz aus heiterem Himmel herabfiel, einte ganz Deutſchland in wenig Tagen, und ſeine Heere ſchritten von Sieg zu Sieg und erkämpften mit ſchmerzlichen Opfern Ereigniſſe, die nur durch Gottes Willen möglich waren. Dieſer Wille ſtellte mir Männer zur Seite, um ſo Großes vollbringen zu ſollen. Dieſer Wille ſtählte die Geſinnung der Kämpfenden in Hingebung und Ausdauer und nie gekannter Tapferkeit, ſo daß an Preußens Fahnen und an die feiner Verbündeten ſich unvergänglicher Ruhm und neue Ehre knüpfte. Dieſer Wille begeiſterte das Volk zu nie gekannter Opferwilligkeit, zur Linderung der Leiden, die der Krieg unver: meidlich ſchlägt!

Mit demütig dankerfülltem Herzen preiſe ich Gottes Gnade, die uns würdig befunden hat, ſo Großes nach ſeinem Willen vollbringen zu ſollen! Möge dieſe Gnade ferner uns zur Seite ſtehen beim Auf- und Ausbau des neugeeinten Deutſchlands, zu dem erſt der Grund gelegt iſt, und Frieden uns beſchieden ſein, „die Güter in Demut zu genießen“, die in blutigen heißen Kämpfen errungen wurden!!

Herr, Dein Wille geſchehe im Himmel, alfo auch auf Erden!!! Amen! Wilhelm.

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Ernſt Hardt: Zum zweiten September 1914

inmal ſchon ſchwand und wuchs der Mond ſeither! Die Sonne kam und ging zu dreißig Malen Von Oſt nach Weſt. Aus Blut hebt ſie das Haupt Und birgt das Haupt in Blut. Du goldner Ball, der uns geſegnet und geliebt, Uns Deutſche! Sieh, wie war es dir verwandt, Was aus Millionen deutſcher Männerhirne, Aus deutſchen Händen und aus deutſchen Herzen Sieghaft und licht hinſtürmte durch die Welt Als Ruhm und höchſte Tat des Menſchentums: Gedankentat und Händetat, Geſtttung und Gefühl. Geſegnet haſt du, goldner Ball, die ſonnenhafte, Die ungeheure Friedensarbeit deutſcher Menſchen!

Nun kommt und geht dein Haupt aus rotem Blut Zu rotem Blut und trinkt.

In gierem Wahnwitz und in ſchwarzer Tollwut Griffen ſie rings mit neidverkrampften Fingern Feige nach dieſer deutſchen Friedenskrone,

Gehetzt vom Racheteufel und von einer Hure,

Der kühlen Lügenmetze Politik.

Es kam ein Augenblick, da wir erſchraken:

Es ſchien, als ſei in dieſer großen Welt

Ein Menſch der Deutſche nur, rings um ihn Tiere! Und wie die Tiere biſſen ſie nach ihm!

Und was ein Ich war und zerſpalten war Im Friedenswähnen und im Friedenswollen, Das wuchs in Eins zuſammen vor dem Tier, Geheimnisvoll geſpeiſt aus ſchuttbefreiten

Urtiefen Brunnen der Vergangenheit,

Und ſchaute in dein Antlitz, deutſche Sonne, So heilig ernft und fo zum Tod entſchloſſen, Daß wieder wir erſchraken, tief in Ehrfurcht, Vor dieſem Volke, das wir ſelber ſind!

Als dus verließeſt, heut vor dreißig Tagen,

Da war es arbeitstreu und mild, ein Volk, Beſonnen, gütig, helfend und mitfühlend

Ein jedes Menſchenleid auf fernſter Erde.

Und was du wiederfandeſt nach der einen Nacht, Das war ein einziger Held aus ſiebenzig Millionen Kriegsfroher Helden: Mann und Frau und Kind.

Der hob den Rieſenleib und ſprang zum Kampfe So heiter wie zum Tanz und ſang dabei.

Sang aus Millionen Kehlen, daß es klang,

Als ſei das ganze Land ein Sommerwald,

Ein ſingender Wald das ganze deutſche Land.

Und alle, die es hörten, mußten weinen!

Dann hat der Held geſchwiegen und getanzt

Zur dröhnenden Muſik des Muts in ſeinem Blut, Und wieder dir verwandt und ſonnenhaft Hinſtürmt ein Ruhm durch alle Welt: Des Krieges deutſche Gedankentat und Händetat, Geſittung und Gefühl!

Noch kämpfen wir, Vergangenheit und Zukunft bindend, Dich ſchützend, heilige Muttererde, deutſches Land!

Drei Brüder gabſt du uns für dieſe Stunde,

Die halten wir umſchlungen: Mann und Frau und Kind:

Den deutſchen Tod, den deutſchen Sieg Und unfre deutſche Ehre.

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Helmuth von Moltke: Die Dardanellen. Alexandria Troas

Pera, Anfang April 1836

en 2. April abends verließ ich mit einem öſterreichiſchen Dampfſchiff Konſtantinopel und erblickte am folgenden Morgen die hohen ſchönen Gebirge der Jnſel Marmara. Rechts zeigten ſich die Berge von Rodoſto mit Weingärten und Dör- fern. Bald traten die Küſten Europas und Aſiens näher zu— ſammen, und Gallipoli erſchien auf ſchroffen zerriſſenen Klippen, mit einem alten Kaſtell und zahlloſen Windmühlen am Ufer. Hier war es, wo die Türken zuerſt nach Europaüberſetzten (1387). Gegen Mittag tauchte das Fort Nagara mit ſeinen weißen Mauern aus der hellblauen klaren Flut des Hellespont empor. Dieſe Meerenge iſt bei weitem nicht ſo ſchön wie der Bos— porus, die Ufer ſind kahl und beträchtlich weiter entfernt als dort, aber die geſchichtlichen Erinnerungen machen ſie anziehend. Von jenem ſeltſam ausſehenden Hügel (vielleicht von Menſchen— händen aufgetürmt) blickte Xerxes auf feine zahlloſen Scharen, die er nach Griechenland führte; jene Steintrümmer, welche die ganze flache Landzunge überdecken, waren einſt Abydos, und hier ſchwamm Leander von Europa nach Aſien, um Hero zu ſehen. Ein einziger unförmlicher Mauerreſt ſteht noch aufrecht auf dem Platz, den einſt die Stadt einnahm, aber es iſt ſchwer zu ſagen, was dieſe Ruine geweſen; dagegen ift es ſehr wahr: ſcheinlich, daß eine Quelle ſüßen Waſſers, die noch heut auf dem flachen, vom Meer umgebenen Iſthmus in einem unter— irdiſchen Gewölbe ſprudelt, die Einwohner jener Stadt, vielleicht die ſchöne Hero ſelbſt, getränkt hat. Die gewaltige Strömung führte uns ſchnell bis an die engſte Stelle der Meerenge, „wo die altersgrauen Schlöſſer ſich ent—

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gegen ſchauen“. Hinter dem europäiſchen Strand erhebt ſich ſteil eine weiße Felswand, in welcher eine kleine Grotte für das Grab der Hekuba gilt.! Die aſtatiſche Küſte hingegen iſt flach und zeigt hinter dem Kaſtell, welches einft die Genueſer hier auf— kürmten, im Schatten mächtiger Platanen und umgeben von Gärten und Weinbergen, ein Städtchen, welches die Türken Tſchanak⸗Kaleſſi, das Scherbenſchloß, nennen, wegen der vielen Töpfer, die dort arbeiten. Dort reſidiert in einer beſcheidenen Wohnung der Boghas Paſcha, zu welchem ich mich verfügte, um die Briefe des Seraskiers zu übergeben und einige münd⸗ liche Aufträge auszurichten. Er ließ mir ein kleines hübſches Häuschen am Ufer einräumen, und nachdem ich die Forts und Batterien beſichtigt, nahm ich den Plan der Dardanellenſtraße und ihrer Ufer auf.

Was ich Dir von dem Ergebnis meines für mich ſehr in— fereffanten Auftrages mitteilen kann, iſt freilich nur das Allge⸗ meinſte und meiſt ſchon Bekannte.

An der Einfahrt zu den Dardanellen erheben ſich die foge- nannten neuen Schlöſſer, welche die Türken nach dem Muſter der alten erbaut. Das europäiſche heißt Gedd-ül-bahr „das Schloß am Meeresdamm“ —; das aſiatiſche Kumkaleh „das Sandſchloß“ —. Die Breite dieſer Mündung beträgt beinahe eine halbe geographiſche Meile, und jene Schlöſſer ſind faſt nur als vorgeſchobene Poſten zu betrachten, welche von der Annäherung feindlicher Flotten benachrichtigen und ſie zu— gleich verhindern, innerhalb der Meerenge vor Anker zu gehen. Die eigentliche Verteidigung fängt zwei Meilen weiter oben an und beruht auf den Batterien, welche auf der ungefähr eine Das Vorgebirge, welches das Schloß Kilid-ül-bahr (Schlüſſel des Meeres) trägt, nannten die Alten Kynoſſema, Grabmal des Hundes, weil dort Hekuba, in einen Hund verwandelt, beſtattet ſein ſollte.

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Meile langen Strecke zwiſchen Tſchanak-Kaleſſi und Nagara erbaut find. Zwiſchen Sultani⸗Hiſſar und Kilid-Bahr, dem Meerſchloß, verengt ſich die Straße auf 1986 Schritt, und die Kugeln dieſer ſehr ſtark gebauten Forts und der großen nebenan liegenden Batterien reichen von einem Ufer auf das andere. Bei Nagara erweitert ſich die Straße ſchon auf 2833 Schritt.!

Zur Verteidigung der Dardanellen find 880 Geſchütze vor- handen, welche in Hinſicht auf ihre Kaliber eine Stufenfolge von 1⸗ bis 1600-Pfünder bilden. Es gibt Geſchütze, die 5, und deren, die bis zu 32 Kaliber lang ſind, und man findet türkiſche, engliſche, franzöſiſche und öſterreichiſche, ſelbſt Kanonen, welche mit einem Kurhut bezeichnet find. Aber die große Mehrzahl der Geſchütze iſt von mittlerem, dem Zweck entſprechendem Kaliber, und faſt alle find von Bronze. In Seddaül⸗bahr liegen einige merkwürdige Piecen ſehr großen Kalibers aus geſchmie— detem Eiſen. Man hatte ſtarke Eiſenbarren der Länge nach zuſammengelegt und mit anderen Barren umwunden, was in— des ſchlecht gelungen iſt. Es ſteckt ein ungeheueres Geldkapital in dieſem Vorrat.

Merkwürdig ſind die großen Kemerliks, welche Steinkugeln von Granit oder Marmor ſchießen. Sie liegen ohne Lafetten unter gewölbten Torwegen in der Mauer des Forts auf loſen Klötzen an der Erde. Die größeren derſelben wiegen bis zu 300 Ztr. und werden mit 148 Pfund Pulver geladen. Der Durchmeſſer des Kalibers iſt 2 Fuß 9 Zoll, und man kann bis zur Kammer hineinkriechen. Man hat Mauern von großen Quaderſteinen hinter dem Bodenſtück aufgeführt, um den Rück⸗ lauf zu verhindern; dieſe werden jedoch nach wenigen Schüſſen zertrümmert. Die Steinkugeln rikoſchettieren übrigens auf der Doch werden jetzt 1350 m gleich 1800 Schritt angegeben, entſprechend den ſieben Stadien der Alten.

Waſſerfläche von Aſien nach Europa und umgekehrt und rollen noch ein gut Stück auf dem Lande fort. Wenn eine ſolche Kugel das Schiff im Waſſergang trifft, fo iſt gar nicht abzu⸗ ſehen, wie ein Leck von drittehalb Fuß im Durchmeſſer geſtopft werden kann. Einige kühne und glückliche Unternehmungen der Engländer zur See haben ziemlich allgemein die Anſicht ver: breitet, daß Landbatterien ſich gegen Flotten, die ihnen an Zahl der Geſchütze freilich weit überlegen ſind, nicht verteidigen können. Eine ſolche Unternehmung war die Lord Duckworths im Jahre 1807. Die Verteidigungsanſtalten der Dardanellen befanden ſich damals im kläglichſten Zuſtande; die engliſche Eskader ſegelte durch, faſt ohne Widerſtand zu finden, und am 20. Februar erſchien zum erſtenmal eine feindliche Flotte unter den Mauern der osmaniſchen Hauptſtadt.

Je weniger die Türken ſich die Möglichkeit eines ſolchen Ereigniſſes gedacht, um ſo größer war die anfängliche Beſtürzung. Es iſt bekannt, wie der Einfluß und die Tätigkeit des franzöſiſchen Bolſchafters damals den Diwan abhielt, in jede Forderung der Engländer zu willigen; Batterien wuchſen an den Ufern von Tophane und des Serajs empor, während die Dardanellen im Rücken der Eingedrungenen eiligſt in wehrhaften Stand geſetzt wurden, und bald wußte der britiſche Botſchafter ſelbſt nicht mehr, was er mit dem militäriſchen Erfolg ſeines Admirals anzufangen habe. Nach Verlauf von acht Tagen mußte Lord Duckworth ſich glücklich ſchätzen, mit Verluſt von zwei Kor⸗ vetten und weſentlicher Beſchädigung faſt aller übrigen Fahr⸗ zeuge die Reede von Tenedos wiederzugewinnen.

Die von einem Schiffe gegen eine Landbatterie geſchoſſene Kugel tötet im günſtigſten Fall einige Menſchen und demon— tiert ein Geſchütz, während die von einer Landbatterie abge— ſchoſſene möglicherweiſe ein Schiff außer Gefecht ſetzen kann.

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Taunſchaft, Geſchütz und Munition find in der Landbatterie ungleich ſicherer aufgehoben als hinter den Wänden eines Schiffs. Beſonders wichtig aber iſt der Umſtand, daß bei den Schwan— kungen des Fahrzeugs ein genaues Richten ganz unmöglich iſt. Die Landbatterie bietet dem Treffen ein Ziel von etwa viertehalb Fuß Höhe, eine geringe Schwankung vergrößert oder verringert die Elevation der Geſchütze daher ſchon in dem Maße, daß eine ganze Lage zu hoch oder zu niedrig geht. Die Feuerſchlünde einer Landbatterie hingegen ſtehen feſt, der Artilleriſt nimmt feine Richtung genau, fein Ziel iſt eine 20 bis 30 Fuß hohe, 100 Fuß lange, überall verwundbare Wand. Die Kugeln, welche zu niedrig gehen, können noch par ricochet einſchlagen; die, welche zu hoch, Maſten, Rahen und Segel zerſtören. Die größere Zahl der Geſchütze iſt auf der Seite der Flotte, die günſtigeren Verhältniſſe aber ſind auf ſeiten der Landbatterie.

Noch iſt ein Umſtand zu bemerken, welcher beſonders un— günſtig für das Einlaufen von Schiffen durch die Dardanellen in die Propontis iſt; es weht nämlich den ganzen Sommer hin- durch faſt unausgeſetzt der Nordwind, die Kauffahrer liegen oft vier bis ſechs Wochen, ehe ſie die Straße hinaufgelangen, und wenn endlich ein Südwind eintritt, ſo muß er ſchon recht ſcharf ſein, um die ſtarke Strömung des Hellespont, welche konſtant gegen Süden fließt, zu überwinden. Dabei tritt oft der Fall ein, daß bei Kumkaleh der Wind aus Süden weht, während er in der Höhe von Nagara vollkommen auf hört. Wenn das Artilleriematerial in den Dardanellen geordnet ſein wird, ſo glaube ich nicht, daß irgendeine feindliche Flotte der Welt es wagen dürfte, die Straße hinauf zu ſegeln; man würde immer genötigt ſein, Truppen zu debarkieren und die Batterien in der Kehle anzugreifen. Aber das dürfte keineswegs ſo leicht ge— funden werden, wie man darüber reden hört. Forts mit 40 Fuß

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hohen Mauern, wie die alten und die neuen Schlöſſer, mögen immerhin dominiert ſein, man kann ſich doch eine hübſche Weile drin verteidigen, wenn man ſonſt nur Luſt hat, und überdies ſind die Schlöſſer Kumkaleh und Sultani⸗Hiſſar durchaus nicht überhöht.

Ich machte nun noch einen Ausflug nach Alexandria Troas, den Ruinen einer Stadt, welche Antigonus, einer der Feld⸗ herren Alexanders des Großen, ſeinem Herrn zur Ehre nahe der Stelle gegründet hatte, wo die Reede zwiſchen Tenedos und der flachen aſiatiſchen Küſte noch heute den größten Flotten einen guten Ankerplatz gewährt.! Wir ritten an dem Grabe des Patroklus vorbei, von welchem ich mir einen Olzweig mit: nahm, längs des öden Sandufers, wo der Pelide um die ſchöne Briſeis getrauert, nach dem Vorgebirge Sigeum zu, welches hinausſchaut auf das prachtvolle Meer und ſeine Inſeln, die rauh umſtarrte Imbros, die thrakiſche Samos? und Tenedos, hinter welcher die Flotte der Achäer ſich verbarg. Auf einem Hügel, der von Menſchenhänden erbaut ſchien, lag ein griechiſches Dorfs, Aya⸗Dimitri, deſſen dicht aneinandergedrängte Häuſer⸗ maſſe ein burgartiges Anſehen hat. Obwohl ich wußte, daß Pergamus! nicht hier, ſondern landeinwärts gelegen, ſo machte es mir Vergnügen, mir vorzuſtellen, daß dies die viel durch⸗ wanderte Feſte ſei, und wahrſcheinlich waren auch die von Göttern abſtammenden Helden nicht beſſer logiert als in dieſen

Es iſt die Beſikabai, wo in der Tat beim Krimkriege die engliſche und franzöſiſche Flotte und im Jahre 1877 bis 1878 das engliſche Ge— ſchwader Platz fand, welches eventuell Konſtantinopel gegen die Ruſſen ſchützen ſollte. 2 Samothrake. Es ift das Dorf Jenikoei, griechiſch Neochori, gemeint, von dem nördlich Hügel und Kapelle des Heiligen (Hagios) Demetrios liegen; der Hügel von Jenikoei iſt aber als ein natür— licher Felſen erwieſen. Name der Burg von Troja.

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Lehmhütten. Die Gegend iſt faſt ohne Anbau, junge Kamele weiden in dem hohen dürren Graſe, und nur einzeln ſtehende Palamuts oder Färbeeichen ſchmücken die Flur.

Die Sonne ſenkte ſich hinter einem ſchönen Gebirge herab, als wir unſer Nachtquartier, ein großes türkiſches Dorf, er— reichten. Wir ritten zum Alteſten des Dorfs, welcher uns mit der üblichen Gaſtfreiheit empfing: „Akscham scherif ler chair olsun“ „möge dein ‚edler‘ Abend glücklich fein, Herr!“ „Chosch bulduck, sefa geldin“ „wohl ge troffen, willkommen!“ ſagte er, räumte mir ſein Zimmer, ſein Lager, ſein Haus ein und reichte mir die Pfeife, welche er ſelbſt rauchte. Es fand an dieſem Tage ein Erdbeben ſtatt. Der erſte Stoß war nachmittags empfunden, ich hatte aber zu Pferde nichts davon gemerkt, ebenſowenig von der zweiten Repriſe abends, wo ich ſchon im feſten Schlaf lag. Gegen Morgen aber fühlte ich mich auf meinem Lager geſchüttelt und erwachte von dem Klappern aller Fenſter und Türen. In den Darda- nellen hatte man die drei Stöße ſehr merklich verſpürt.

Am folgenden Morgen, nachdem wir durch ein ſchönes Tal mit Pappeln, Kaſtanien und Nußbäumen geritten, ſahen wir das Fundament der alten Stadtmauer von Alexandria Troas vor uns. Es beſtand aus 6 bis 10 Fuß langen, 3, oft 6 Fuß mächtigen Steinblöcken und erſtreckte ſich, ſoweit das Auge durch das Gebüſch folgen konnte. Wir ritten wohl tauſend Schritt auf dieſem Wall entlang und fanden mächtige Steintrümmer, Granitſäulen, Gewölbe, die mit ſechsſeitigen Steinen zierlich bekleidet geweſen, Trümmer von Architraven und ſchönen Kapı: fälern auf der Ebene herumgeſtreut. Plötzlich ſtanden wir vor einer mächtigen Ruine, aus rieſenhaften Quadern aufgetürmt. Die großen Bogen des ſchönen Portals trotzen allen Erdbeben und Jahrhunderten, und es macht einen eigenen wehmütigen

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Eindruck, einen ſolchen Rieſenbau in dieſer ganz menfchenleeren Einöde zu finden.

Die Türken nennen den Ort Eski⸗Stambul, das alte Kon⸗ ſtantinopel. Sie benutzen die Sarkophage zu Waſſerkufen, ihre Deckel zu Brücken über die Bäche und die Säulenſchäfte zu Kugeln für ihre Steinkanonen.

Guftav Freytag: Ein Dank für Charles Dickens Geſchrieben 1870

n der Weſtminſterabtei iſt die Hülle des Dichters beigeſetzt,

der ſo reichlich und tief auf ſeine Zeitgenoſſen gewirkt hat wie wenige; und die Totenklage in der Preſſe Englands rühmt mit Recht, daß der Geſtorbene Millionen das Herz gerührt, das Leben ſchöner gemacht habe. Er war uns Deutſchen kaum weniger vertraut als ſeinen Landsleuten, er war auch uns ein guter Freund, zuweilen ein liebevoller Erzieher.

Ja er hat in mancher Hinſicht uns mehr gegeben als den Eng⸗ ländern. Denn dort iſt die Literatur, welche Charaktere und geheimſtes Empfinden der Menſchen darzuſtellen weiß, ungleich älter und reicher an volkstümlichen Talenten. Wir entbehren aus den Jahrhunderten von Shakeſpeare bis Addiſon nur zu ſehr die entſprechenden Dichterkräfte, und ſelbſt die edle Kunſt Goethes und Schillers gab der deutſchen Schriftſprache nicht ſofort den Reichtum an Farben, und dem ſchillernden Stil nicht die behagliche Fülle, welche für die künſtleriſche Behandlung des modernen Lebens unentbehrlich ſind.

Es war in Deutſchland um 1837, wo Bos zuerſt unter uns bekannt wurde, eine Zeit froſtigen Mißbehagens. Das Volk ſaß noch in der alten Geteiltheit, in engem Hauſe, und arbeitete ſich langſam zu größerem Wohlſtand herauf; es merkte ein wenig

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die größere Freiheit des Binnenverkehrs, die neue Dampfkraft an Landſtraßen und Fabriken, aber es bildete über den Grund— lagen feiner Kraft und Größe noch ohne jedes Selbſtpertrauen. Die Gefühle des Hauſes waren ſtark, die Charakterbildung durch den Staat ſehr ſchwächlich. Das junge Geſchlecht hatte nichts, was ihm Begeiſterung und Hingabe leicht machte, und gebär- dete ſich deshalb widerwärtig, krittlig, revolutionär. Die bei- miſche äſthetiſche Literatur, dieſe zarteſte Blüte des Volkslebens, ſiechte an demſelben Mangel von Wärme. Das letzte Geſchlecht deutſcher Lyriker zwiſchen verblaßter Romantik und unreifen politiſchen Wünſchen fand reizvoll, in ſein inniges Lied neue Mißtöne zu miſchen; wer von den Jüngern die Zeit ſchilderte, ſtand in Abhängigkeit von franzöſiſchem Weſen, das er un— geſchickt nachahmte; ſtatt zu plaudern, ſchrieb er Klatſch, und geärgert durch das Hausbackene höherer Weiblichkeit in ſeiner Heimat, quälte er ſich, Pariſer Kokotten und Gräfinnen mit ganz unbegreif lichen und ſehr verzwickten Gefühlen zu er— denken.

Da kamen „Die Pickwickier“ in das Land. Man muß jene Zeit in gebildeten bürgerlichen Familien durchlebt haben, um die ſchöne Wirkung zu begreifen, welche das Buch auf Männer und Frauen ausübte. Die fröhliche Auffaſſung des Lebens, das unendliche Behagen, der wackere Sinn, welcher hinter der drolligen Art hervorleuchtete, waren dem Deutſchen damals fo rührend, wie dem Wandrer eine Melodie aus dem Vater— hauſe, die unerwartet in ſein Ohr tönt. Und alles war modernes Leben, im Grunde alltägliche Wirklichkeit und die eigene Weiſe zu empfinden, nur verklärt durch das liebevolle Gemüt eines echten Dichters. Hunderttauſenden gab das Buch frohe Stun— den, gehobene Stimmung. Jeder bekannte ältliche Herr mit einem Bäuchlein wurde von den Frauen des Hauſes als Herr

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Pickwick aufgefaßt, fogar dem ausgewetterten Droſchkenkutſcher kam bei Rückgabe kleiner Münze zugute, daß man ſich ihn als Vater eines Sam Weller dachte, knorrig, doch treuherzig. Ernſte Geſchäftsmänner, welche ſich ſonſt um Romane wenig kümmerten, vergaßen über der Dichtung die Nachtruhe und fochten mit Feuer für die Schönheiten des Werkes, junge Damen und Herren fanden in der Freude über die Charaktere des Ro⸗ mans einander ſehr liebenswert, und wenn Boz alle Kuppel⸗ pelzlein hätte auftragen müſſen, die er ſich damals in Deutſch⸗ land verdient, er wäre bis an ſein Lebensende einhergewandelt, rauh und vermummt wie ein Eskimo.

Dieſe Wirkung des erſten Werkes, das den Deutſchen über⸗ fragen wurde, hielt an, und ſie wurde faft durch jeden der ſpäteren Romane bis zu „David Copperfield“ geſteigert. In jedem Band fand der Leſer einen oder mehrere Charaktere, die ihm Menſchen⸗ natur liebenswert und ehrwürdig machten, und in jedem einige gewaltige Schilderungen von Schuld und Strafe, von menſch⸗ lichen Torheiten und Laſtern, von dem innern Verderb, den dieſe in den Seelen hervorbringen, und von der gerechten Vergeltung, welche durch die Miſſetat ſelbſt in die Verbrecher geführt wird. Überall kündeten feine Bücher, daß eine ewige Vernunft und Weisheit in den Schickſalen der Menſchen ſichtbar wird und daß der einzelne nicht nur unter den eigenen Fehlern, auch unter der Verbildung ſeines Volkes krankt. Und das war nicht trockene Lehre, ſondern nur ſtiller Hintergrund einer Erfindung, die an luſtigen Situationen, drolligen Käuzen und ſpannenden Momenten faſt überreich iſt. Faſt aus jedem Roman blieben rührende oder lebensfriſche Geſtalten feſt in der Seele des Leſers, welche ihm unmerklich ſelbſt die innige Auffaſſung alles Leben⸗ den, das ihn umgab, und die gute Laune im eigenen Kampf mit dem Leben ſteigerten.

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Denn wer da meint, daß die Traumgebilde eines Dichters nur wie flüchtige Schatten durch die Seelen der Leſer gleiten, der verkennt die beſte Wirkung der Poeſie. Wie alles, was wir erleben, ſo läßt auch alles Wirkſame, das wir gern laſen, ſeinen Abdruck in unſerer Seele zurück. Aus der Sprache des Dich— ters geht in unſere über, ſeine Gedanken werden unſer Eigentum, auch der Humor lebt in uns fort, er färbt immer wieder unſere Betrachtung der Menſchen und erhöht uns zu heiterer Freiheit, ſooft die empfangene Stimmung in uns lebendig wird. Sehr ernſt iſt unſer Leben zwiſchen deutſchen Wintern und Sommern, vielen wird es ein ſchwerer Kampf, leicht wird unſere Hingabe in einem engen Kreis von Standesintereſſen beſchränkt. Da iſt uns die Mahnung an eine ewige Vernunft der Dinge, die Vorführung anderer Lebenskreiſe, vor allem ein fröhliches Herz, das aus der Iberfülle feiner warmen Empfindung Freude mit⸗ feil£, faſt unentbehrlich. Solche bildende Gewalt über die Zeit— genoſſen erhält freilich nur der wahre Dichter, der aus dem vollen gibt und wie mühelos ſeine Schätze ſpendet. Und er bildet am kräftigſten an der Jugend und an denen, die verhältnis— mäßig wenig leſen.

Daß dieſe kräftige Einwirkung des engliſchen Dichters uns Deutſchen gerade in den Jahren half, wo die eigene ſchöpferiſche Kraft ſchwach, das nationale Leben krank, das Einſtrömen der franzöſiſchen Oppoſitionsliteratur, ſozialiſtiſcher Ideen und frecher Hetärengeſchichten übermächtig zu werden drohte, das ift ſehr vielen der jetzt tätigen Generation ein Segen geworden, für den wir dem Toten recht innigen Dank ſchulden.

Er hat darum auch einen politiſchen Einfluß geübt, den wir wohl zu würdigen wiſſen und dem die Engländer Anerkennung zollen mögen. Vornehmlich durch ihn wurde uns engliſches Weſen heimiſch und vertraulich in Jahren, wo uns die eng—

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liſchen Politiker keineswegs freundlichen Anteil bewieſen. Frei⸗ lich leitete nicht er allein dieſe geheime Miſſion zugunſten einer politiſchen Annäherung. Viele bedeutende Dichter Englands ſind auch die unſeren geworden: Shakeſpeare, Walter Scott, Byron, noch kurz vor ihm und neben ihm war Bulwer in der⸗ ſelben Richtung ſehr tätig. Aber ſeit ſeinem Auftreten darf doch er den größten Anteil an ſolchem Liebeswerk beanſpruchen. Sein London hat er uns ſo nahe gelegt, daß wir zuweilen beſſer darin Beſcheid wiſſen, auch wenn wir nie dort waren, als der Sũddeutſche in Berlin, der Rheinländer in Wien. Dieſe ſchlauen Taſchendiebe und das Stäbchen der hilfreichen Konſtabler, Ver⸗ kehr und Schrecken der Themſe, die unübertreff liche Schlauheit der Entdeckungsbeamten! Durch ihn kennen wir freilich auch genau gewiſſe ſoziale Leiden der Vettern von drüben: die Heuchelei, die Vornehmtuerei, die unbehilfliche Rechtspflege. Aber das Licht iſt in den beſten ſeiner Romane ſo hell und kräftig über die Schatten geſetzt, daß die Summa der Eindrücke, die er uns gibt, doch ſtarke gemütliche Annäherung an ſein Volk und Land hervorbringt. Jedem Engländer, der als Gaſt in unſere Fa⸗ milien trat, wurde ein Willkommen wie einem guten Bekannten, er war uns ein Neffe des Herrn Pickwick, der liebe arme Pinch, einer von den Gebrüdern Wohlgemuth, oder gar bei ſtruppigem Haar der treue Trawles, und wenn der Deutſche noch heute geneigt iſt, jeden vorgeſtellten Engländer als einen guten und tüchtigen Kerl zu achten, vielleicht ſteif, aber von ſehr tiefem Gemüt, wahrhaft, zuverläſſig, treu, fo iſt dieſe poetiſche Aluf- faſſung zum großen Teil daher zu erklären, daß der Fremde ein Landsmann von Charles Dickens iſt.

Aber ſolche Anſchauungen, aus den Büchern eines Dichters gezogen: welchen Anſpruch auf Wahrheit und Wert vermögen ſie gegenüber realer Wirklichkeit zu erheben? Wer zweifelnd

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jo frägt, dem fei zur Antwort eine andere Frage geſtellt: aus welchem Schrein entnehmen wir denn ein beſſeres Urteil über fremde Menſchen und Verhältniſſe? Iſt das Urteil über neue Bekannte, das wir aus der Form ihrer Naſe, dem Ton ihrer Stimme, aus Außerungen einer Stunde abziehen, genauer und zuverläſſiger? Iſt die Anſicht, die ſich der Mann der Geſchäfte nach Hörenſagen, zum Teil aus ſchlechtem Geſchwätz über andere bilden muß, in der Regel ſicherer? Ja, find ſelbſt ſorgfältige Beſchreibungen eines Lebens, einer Gegend, die Daguerreotypen der Wirklichkeit, in der Hauptſache belehrender als die poetiſche Wahrheit des Dichters, der das Vorrecht ſeines Handwerks zu gebrauchen verſteht: auf wenig Seiten mehr von den innerſten Geheimniſſen der Menſchennatur auszuplaudern, als der Philo- log, Hiſtoriker und Naturforſcher in vielen Bänden darzuſtellen imſtande ſind? Was er uns gibt, das mag in allen Einzelheiten ganz anders erſcheinen, als es in Wirklichkeit ausſieht. In der Hauptſache hat doch er, und nur er die höchſte Wahrheit ge— funden, welche dem Menſchen darzuſtellen verſtattet iſt. Er hat die ungeheuere, furchtbare, unverſtändliche Welt ins Menſchliche umgedeutet nach den Bedürfniſſen eines edlen und ſehnſuchtsvollen Gemütes.

Jetzt ſind wir betroffen, weil der Dichter, der ſo reich und machtvoll über den Geheinmiſſen des Erdenlebens waltete, ſelbſt das eigene Leben dem alten Zwang des Todes hingeben mußte. Aber der Tod, der ihn entzog, vermochte dennoch nichts von dem Leben zu nehmen, welches Charles Dickens unvergänglich in Millionen fortlebt. Und das iſt der erhebende Humor beim Tode dieſes guten Dichters.

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Charles Dickens: Brief an Heinrich Künzel Broadſtairs, Kent. Montag, den 13. September 1847

I verehrter Herr! Ich würde Ihren Brief ſofort be- 0 antwortet haben; aber ich verbringe den Herbſt ſtets in dieſem Teile Englands und erhielt ihn daher erſt geſtern. Nehmen Sie meinen beſten Dank für Ihren liebenswürdigen Brief und verſichern Sie dem Herrn, der ſich in der durch Sie übermittelten Anlage ſo freundlich und ſchmeichelhaft meiner erinnert, daß ich ihm ſehr verbunden bin und mich durch ſeine Anerkennung geehrt fühle. Was kann ich Ihnen hinſichtlich der „Britannia“ ſagen? Daß ich die beſten Wünſche für Sie hege und daß meine herzliche Sympathie und mein Intereſſe mit Ihnen iſt? Sie wiſſen es ja ſchon.

Glauben Sie mir, mein verehrter Herr, ich kann ohne jede Schmeichelei ſagen, daß nächſt der Gunſt und guten Meinung meiner eigenen Landsleute ich die Achtung des deutſchen Vol⸗ kes über alle Maßen hochſchätze. Ich verehre und bewundere es mehr, als ich ausdrücken kann. Ich weiß, daß es mit ſeinen großen geiſtigen Fähigkeiten und der Höhe ſeiner Kultur das auserwählte Volk der Erde iſt; und niemals war ich ſtolzer und glücklicher, als da ich zum erſtenmal hörte, daß meine Werke vor ſeinen Augen Gnade gefunden hatten. Nichts, was die eng⸗ liſche Literatur mit Deutſchland verbindet, kann mir gleichgül⸗ fig fein. Das Ziel Ihrer neuen Zeitſchrift iſt mein Ziel und das jedes Engländers, der Intereſſe hat und Freude empfindet an dem Fortſchritt des menſchlichen Geiſtes. Gott fördere ihn und Sie! Ich wünſchte bei Gott, Deutſch ſprechen zu können, und wäre es noch ſo ſchlecht. Könnte ich es, ſo würde ich in ſechs Monaten Ihr Mitarbeiter ſein. Ich bin, mein verehrter Herr,

Ihr ſtets ſehr ergebener Charles Dickens.

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Richard Dehmel: Gebet um Erleuchtung

Nach einer Chormelodie von Mozart aus der „Zauberflöte“

Getragen

Tenor I. II

Licht = geift

hilf uns

Him mel ſehn wir of -fen, doch ach ver:ſchlei - ert

er, 4 n |

find uns dei = ne Zie = le; du biſt nur ei=ner,

von dei - ner Spur, fremd, fremd,

| | | | | 5 S RI 22 ——ñ— 2

fremd, im mer ein- ner vom an dern ge- hemmt,

ze ten TE Be hc. Sr X e . —— ß. ———

N Be . . Br -

ſtevts voll Wahn, möchten gern ein = an = der

nahn; hilf uns, je -den Schritt zu weihn, E- wi - I. Baß hervortretend

? u en a —4 74 = = . 8 2 2 er, A Bert . 7 7 dei » nem Werk als lein! 2 | N N Lo) === 8 I ————

Gedichtet zu einer Gedenkfeier für Alfred Lichtwark

Hugo von Hofmannsthal:

Worte zum Gedächtnis des Prinzen Eugen (Geſchrieben am Tage der Räumung Belgrads)

Wenn wir das Andenken großer Männer feiern, fo ge: ſchieht es, um uns mit großen Gedanken vertraut zu machen, zu verbannen, was zerknirſcht, was den Aufflug lähmen kann. Güterverluft läßt ſich erfegen, über andern Verluſt trõſtet die Zeit; nur ein Übel iſt unheilbar: wenn der Menſch ſich ſelbſt aufgibt.

Johannes v. Müllers Rede auf Friedrich den Großen.

roßen Schwierigkeiten muß das Gemüt, wenn es ſich nicht

ſelber verlieren will, neuen und immer neuen Aufſchwung entgegenſetzen; die Kraft hiezu kann ihm nur der Geiſt verleihen. Wenn das Geſchehen übermächtig und furchtbar wird und wie ein Gewölk über dem Meere ſich aus dunklen Tiefen unabläffig erneuert, das mit Opfern Errungene zeitweilig wieder dahinfällt, unſägliche Anſtrengung vergeudet erſcheint, wiſſen wir nicht aus noch ein. Unſer Geiſt ſchweift angſtvoll umher nach einem Sinn ſolchen Geſchehens; auch über das Härteſte könnte er ſich be— ruhigen, wo er die höhere Notwendigkeit erkennte. Die Gewalt aber, die ſcheinbar gleichgültig über alle hinſchreitet, iſt zu ſtark für unſere Faſſung; wahllos ſehen wir ſie die Einzelnen zu Tauſenden und Tauſenden vernichten, da müſſen wir uns ſelber, die wir Einzelne ſind, bis zur Vernichtung gedemütigt fühlen. Die Liebe ſelbſt, in der wir erſt wahrhaft leben, wird von einem unbegreiflichen Gedanken ins Herz zurückgeängſtet, ſie getraut ſich nicht mehr, an dem Einzelnen zu haften, und doch behauptet ſich auch in einer ſolchen Lage das Tiefſte unſerer Natur, ein großes Wort vermag uns für Augenblicke aufzu— richten, die Erzählung einer herrlichen Tat ſetzt alle unſere Kräfte in Bewegung. Nie ſind wir würdiger als in dieſer Verfaſſung, unſere Gedanken auf einen großen Mann zu richten.

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Jetzt ſteht uns die Gewalt vor Augen, gegen die er ſich zu behaupten hatte; wie er gerungen und womit er gerungen, wovon in gewöhnlichen Verhältniſſen wir auch nicht die Vorſtellung auf bringen, jetzt tritt es uns vor die Seele. Die Vergangenheit erſcheint nicht als ein abgeſchloſſenes, friedlich daliegendes Bild, wir erkennen ſie in ſteter furchtbarer Bewegung wie unſere eigene Zeit, und das Leben der Völker enthüllt ſich uns als ein unab— läſſiges Gegeneinander; nur in welchem Verhältnis ſie als Gegner antreten und ſich verbünden, wechſelt. Wir ſehen eine große, für ein Vierteljahrtauſend entſcheidende Epoche, Europa in Brand, und die Linie des Kampfes gezogen von Lille bis Belgrad, wie heute; aus dieſen Kämpfen, erfahren wir, wird unſer Oſterreich geboren. Wir ſehen nicht, daß es geſchehen konnte, nur daß es geſchah; wir erkennen nirgend den vorgezeichneten Weg, nur daß immer alles unſicher, zerfahren und bedrohlich war, und daß einer es war, der das Mögliche ſchuf, wo keinem ſtumpferen Blick ein Mögliches vorher erſchienen wäre; da wird unſere Bruſt frei, wir fühlen, was ein Menſch vermag, die Gewalt des Geiſtes hebt uns empor, wir vermögen eines Menſchen Großheit zu erkennen und müſſen ihn unbedingt lieben; ſo ſtehen die heutigen Preußen zu ihrem Friedrich, ſo wir Oſterreicher zu dem größten Oſterreicher, zu Eugen von Savoyen.

Zwiſchen ihm und uns liegt freilich ein Vierteljahrtauſend; aber was ſoll uns dieſer Schein? Der Materie iſt auch der eben verfloſſene Augenblick unwiederbringlich dahin, ihrem dumpfen Reich müſſen wir das ungeiſtige Walten vieler zu— rechnen, die noch vor Dezennien, vor wenigen Jahren, Lebende waren: der Geiſt kennt nichts als Gegenwart. Dem Geiſte nach iſt Prinz Eugen ein Lebender unter uns, ſeine Taten erneuern fi) in dieſen Kriegstaten unſeres Geſchlechtes, und feine unver:

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weslichen Gedanken find das einzige politiſche Arkauum in einer ungewiſſen, zukunftsſchwangeren Gegenwart. Die ſchöpferiſche Gewalt eines ſolchen Mannes iſt ohne Grenzen, und ihren Wirkungen hat es nichts an, ob Generationen dahin⸗ gehen, die nicht fähig ſind zu erkennen, wer die Fundamente legte, auf denen der Umkreis ihres Daſeins ruht. Aber wenn ſich die große Kriſe der Weltgeſchichte erneuert, wenn in ſchweren Stunden das Gemüt der Denkenden mit Entſchiedenheit ver⸗ langt, hinter dem Unzulänglichen, das als halbvergangenes Ge- ſchehen ſich ſchwer auf die Seele legt, ein Höheres zu erkennen, dem es den Zoll unbedingter Ehrfurcht entrichten kann, wenn das Verworrene und kaum zu Entwirrende, die Zerfahrenheit und die wechſelſeitige Verſchuldung durch einen Strahl aus höheren Welten geſpalten werden muß, ſollen wir dem Druck der Gegenwart ſtandhalten —, fo tritt die Geſtalt dieſes Heros aus dem ehrwürdigen Dunkel, und Staunen durchfährt uns: jedes Atom an ihr iſt lebendig.

Oſterreich iſt das Reich des Friedens, und es wurde in Kämpfen geboren; es iſt feine Schickung, daß es Gegenfäße ausgleiche, und es muß ſich in Kämpfen behaupten und erneuen. Der Mann, der dieſen Staat aus dem Chaos in die Welt des Geſtalteten zu rufen hatte, mußte ein großer Feldherr ſein und zugleich der höchſten Staatskunſt mächtig. So war Eugen: ein gewaltiges Jahrhundert hatte ihn geboren: unter den rieſigen Söhnen jener Zeit, Richelieu, Wallenſtein, Kurfürſt Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Wilhelm von Oranien, hebt ſich auch ſeine Ge— ſtalt empor; in der unerſchütterlichen Folge ſeiner Entſchlüſſe und der Gewalt, ſie auszuführen, weicht er ihrer keinem, noch auch in der fortwirkenden Jahrhunderte durchdauernden Groß⸗ heit des Erreichten; durch die Reinheit und Redlichkeit ſeines Gemütes, den Reichtum und die Anmut ſeines Geiſtes bei ſo

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gewaltigem Tun iſt er unſerem Herzen lebendiger und näher als irgendeiner jener anderen.

Aus fremdem Land rief ihn ſein Geſchick hieher, ſo rief ein Jahrhundert ſpäter Frankreichs Geſchick Napoleon von ſeiner JInſel. Er war ein Fürſtenſohn und hatte über dieſem eine fürft- liche Seele; es war ihm eingeboren, daß er nur dem Herrn dienen konnte, der ihm das Höchſte verkörperte. So kam er hieher und diente dem Kaiſer und dem Reich. Er kam aus der Fremde, er hat die deutſche Sprache nie beherrſchen gelernt, und er wurde ein deutſcher Nationalheld; allezeit und auf allen Schlacht⸗ feldern Europas haben Deutſche unter ihm gefochten; die ver: brannte Pfalz und das verwüſtete unterrheiniſche Land hat er gerächt; Straßburg und Metz gewann er wieder, wo nicht die ſittlichen Kräfte - mehr als die kriegeriſchen des erniedrigten, zerſpaltenen Deutſchland ihm verſagten. Wien war des Römiſchen Kaiſers Reſidenz; fo kam Eugen nach Dfterreich, ſich ſein Geſchick zu ſuchen, und er ſchuf unſer Geſchick. Das Ent— ſcheidende lag in ihm; die Mittel, die Gelegenheiten bot das Glück. Ein Reiterkommando und eine große Epoche, dies war, was ihm gegeben war. Vor Wien lagen die Türken; Ungarn war ihr Land, die Erblande ſchutzlos. Von Weſten her drohte ein Frank— reich, wie es kühner, übergreifender nur einmal wieder dage- ſtanden hat; nur ob er für ſein Haupt oder für das des Dauphin die miſche Kaiſerkrene verlangen werde, war Ludwig XIV. im Schwanken; nicht über die Geſtalt, die er Europa zu geben gewillt war. Ungarn und Polen waren zu vereinigen; an ihrer Spitze eine Herrſchaft des Adels, ein gemeinſamer Reichsrat oder ein König, ein vaſalliſches Werkzeug von Frankreichs Thron, dieſer wie jener. Tirol kam an die Schweizer Eidge— noſſen zur Bildung einer „granitnen Neutralitätswand“, öfter: reichiſchen Heeren den Weg nach Italien zu verſchließen. Beide

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Sizilien an Frankreich, die Barbareskenſtaaten zerſtört und koloniſiert, Agypten franzöſiſche Provinz. Wer denkt nicht bei einer ſo gewaltigen durchgreifenden Politik, bei dieſer größten und ausſichtsreichſten Bedrohung, welcher das Herz Europas jemals ausgeſetzt war, an den heutigen Tag und erkennt die Staaten als ein Lebendiges und ihren Machtwillen als das Leben ihres Lebens? In dieſe Konſtellation tritt ein großer Mann und gibt der Landkarte Europas für ein Jahrhundert eine ge⸗ naue Zeichnung, für ein Vierteljahrtauſend uns die geren linien des politiſchen Beſtehens.

Mit neunundzwanzig Jahren iſt Eugen von Saboyen kaiſerlicher Feldmarſchall. Er ſchlägt ſieben Hauptſchlachten der Weltgeſchichte; durch die Siege von Zenta, Peterwardein, Belgrad nimmt er den Türken für ewige Zeiten Ungarn ab; bei Höchſtädt gewinnt er Bayern und Deutſchland, bei Turin das obere Italien, durch Oudenarde und Malplaquet die Mieder⸗ lande. Er iſt der große Stratege ſeiner Zeit, der anerkannte Lehrer Friedrichs des Großen; einer der ſieben Feldherren aller Jahrhunderte, deren Heereszüge Napoleon des Studiums der Nachwelt wert hielt. Keine Trägheit des Vorſtellungsver⸗ mögens darf uns verführen, die Schlachten jenes höchſt kriege— riſchen Jahrhunderts um der geringeren Zahl der Streitkräfte und des minder ausgebildeten Geſchützes willen für leichter zu löſende Aufgaben zu halten, als es die heutigen Schlachten ſind. In jeder Epoche drängt ſich in ſolche Entſcheidungen das Höchſte an Forderungen zuſammen, die an Menſchen geſtellt werden können. Immer gleich bliebe, wenn fie errechenbar wäre, die ge: heimnisvolle Kurve, in der ſich das Verhältnis des ſchöpferiſchen Geiſtes zu den jeweils erlernbaren handwerksmäßigen Be⸗ dingungen und Umſtänden des Krieges ausſpräche, und immer gleich ſelten und koſtbar bleibt die Erſcheinung des großen Heer⸗

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führers. Eugens Schlachten zählen zu den blutigſten jener blutigen Epoche, feine Märſche zu den erſtaunlichſten, feine Ent⸗ ſchließungen in ſchwieriger Lage zu den kühnſten und erfolg— reichſten, welche die Kriegsgeſchichte kennt. Jede ſeiner kriege— riſchen Großtaten trägt den Stempel eines großen, wahrhaft urſprünglichen Geiſtes: der ſeinen Zeitgenoſſen kaum faßliche Alpenübergang bei Rovereto mit Reiterei und Geſchütz, indes der Feind ihn am Ausgang der Veroneſer Klauſe erwartet; bei Chiari das Herankommenlaſſen des überlegenen Feindes bis dicht an die Laufgräben; bei Höchſtädt der Bachübergang in vollem feindlichen Feuer; bei Malplaquet die unerhörte Wucht des entſcheidenden Stoßes; bei Zenta das Erreichen des Feindes im Augenblick des Überſchreitens der Theiß; der Handſtreich von Cremona, und endlich Belgrad, die Tat aller Taten, wo der Belagernde, mit ſeinem durch Seuchen entkräfteten Heer vom überlegenen Entſatzheer umringt, ſelber zum Belagerten ge— worden, aus einer Lage, die jeder kleinen Seele hoffnungslos erſchienen wäre, durch nichts als die Schwungkraft des Genius ſich herausreißt, gegen ſechsfache Ubermacht nach zwei Fronten ſchlägt und zugleich den Beſitz der Feſte und den größten Sieg in offener Feldſchlacht davonträgt. Mit dieſem aber wird nur von einzelnen berühmteſten Taten einzelnes angemerkt; wie wäre es möglich, in Verfolg einer bloßen Rede, die an Großes er— innern, nicht es darſtellen will, mehr als die Namen jener ruhm⸗ vollen Schlachten einzuflechten? Ruhnwoll, ſie waren es, und Kindern gleich tragen ſie die Zeichen des väterlichen Geiſtes an der Stirn. Und dennoch iſt eines größer und ſeltener noch als die Feldherrntugend, mit der er vierundzwanzig Schlachten ſchlug: daß er die Weisheit hatte, die Schlacht und den Sieg einzig nur als ein Werkzeug politiſchen Vollbringens anzuſehen und zu nützen. Es gibt ſolche unter ſeinen kriegeriſchen Aktionen,

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ja vielleicht find es die mehreren, von welchen man nicht weiß, ob man ſie mit mehr Recht zu den Kunſtwerken der Strategie oder der hohen Politik rechnen ſoll. So war der Einfall von Italien aus in die Provence, ſo der ganze niederländiſche Feld— zug. Der Krieg iſt das Werk der Zerſtörung; aber ſeine größten Meiſter find über ihrem Werk; Alexander, Hannibal, Cäſar, Guſtav Adolf, Friedrich, Eugen waren ſchöpferiſche Politiker über dem, daß ſie große Feldherren waren. Eugen, der große Meiſter des Krieges, war der mäßigſte und wirkſamſte Unter⸗ händler des Friedens. Er ſchuf Bündniſſe und wußte die Alli— anzen der Gegner zu fprengen. In einer Zeit der verſchlagenen Kabinettspolitik ruhte in ſeinen Händen die diplomatiſche Vor⸗ bereitung der großen, auf weite Ziele eingeſtellten Aktionen. Wir haben ſeine Memoiren, feine Noten und Briefe. Mit der höchſten Klarheit iſt darin die verworrene Gegenwart behandelt, mit der höchſten Vorausſicht ſeltenſte Gabe, und gar in Oſterreich! die Zukunft. Aus dem unabſehbaren Material ſeiner politiſchen Korreſpondenz blickt uns ein Auge an, fo feurig, fo menſchlich, ſo nahe, ſo gegenwärtig! Alles, wovon er redet, iſt von heute. Denn was er redet, iſt Geiſt, und was der Geiſt ergreift, bleibt lebendig, denn er ergreift nur das Weſentliche. Wie aber wäre es möglich, hier ſein geiſtiges Walten aufzurufen, wo auf alles bloß hingedeutet werden kann! Er erobert, und wo er erobert, dort ſichert er; er gewinnt Provinzen mit dem Schwerte zurück und gewinnt fie auch wirklich. Unverſehens blühen ihm unter ſchöpferiſchen Händen und überall aus kriegeriſchen Taten die Werke des Friedens hervor. Hinter ſeinem Heer geht der Pflug und im Walde die Axt des Koloniften. Er befiedelt das ver: ödete Kroatien, Syrmien, das Banat. Die Warasdiner Grenzer, die Banater Schwaben ſind von ihm angepflanzt. Er rodet Dickicht aus, er legt Sümpfe trocken, er baut Straßen und

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Brücken. Sein Feldherruſtab, das Symbol der zerftörenden Kriegsherrſchaft, befruchtet die Länder und weckt das erſtarrte Leben auf. Er unterwirft und verſöhnt, er vereint und leitet. Dies Heer, in dem zum erſtenmal die Ungarn mit Oſterreichern Seite an Seite fechten, iſt das Werk ſeiner großen Seele. Er gründet, wo er hinkommt, und was er gründet, hat Beſtand. Trieſt iſt fein Werk. Er baut, er ſchmückt, er veredelt, er be- ſchenkt.

Was von ihm getan wurde, hier wäre es dürftig aufgezählt, aber dies ſind nur Worte, die Schattenbilder der Taten. Den gedachten Grundriß ſeiner Taten zu entwerfen, ſchon dazu hätte es einer großen Seele bedurft was aber gehörte dazu, fie wirk⸗ lich zu tun? Iſt etwas in uns, das ſich aufſchwingen kann, dieſem Gedanken nachzukommen? Wir fürchten, nein; denn die Tat iſt undurchdringlich, wahrnehmbar nur die Folge, das Geſchehene. Aber großen Taten nachzudenken, iſt dennoch frucht— bar, und ein Etwas bringen wir davon in unſere Seele, wenn wir uns mühen, und gewinnen Mut und eine unzerſtörbare Ahnung des Höheren. Ein Heer zu führen und immer wieder zu führen, wie er es führte, zu Schlachten und neuen Schlachten, Belagerungen und neuen Belagerungen, zweiundfünfzig Jahre lang. Es heraufzuführen von der Save in die Lombardei und wieder zurück durch Tirol nach Bayern und an den Rhein und wiederum hinab ins Banat und wieder herauf nach Flandern. Und dreizehnmal verwundet hinzuſinken und wieder aufs Pferd, wieder ins Zelt, wieder in den Laufgraben. Und fein Adler⸗ blick über alle dieſe Dinge, über das Heer und den Troß und die Artillerie und das Gelände und den Feind. Und ſein winziges Stoßgebet vor dem Beginn der Aktion, dieſes ſein „Mon Dieu!“ mi£ einem Blick zum Himmel, und dann das Zeichen „Avancez!“ mit einer einzigen kleinen Bewegung ſeiner

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Hand. Er, der fo viel von den Leiden des Krieges wußte! Von den zerſchmetterten Leibern, dem Webgeſchrei der Verwundeten, dem furchtbaren Geruch des Schlachtfeldes, den Qualen der Packknechte, den Seuchen, den brennenden Dörfern, den greu- lichen Kämpfen in den Approchen, den Brandgranaten, dem Hunger, der Näſſe. Dies alles immer wieder nach vorne zu be— wegen, durch die einzige Kraft ſeines Willens. Und es am Leben zu erhalten, es mit Lebenskraft zu durchſetzen, es zu entlohnen, es zu nähren, es mit ſeinem Geiſt zu durchdringen, zweiund⸗ fünfzig Jahre lang. Welche Arbeit des Herkules! Und der un⸗ abſehbare beſtändige Kampf nach rückwärts hin, gegen die Miß⸗ gunſt, den Neid, die Torheit, die Unredlichkeit. Dies unabſeh⸗ bare Durchgreifen⸗Müſſen, der Kampf gegen die Anciennität, „dieſe Mutter der Eiferſucht, des Eigenſinns und der Kabale“; der Kampf ohne Raſt und ohne Ende gegen den amtlichen Dünkel, die Intrige, die dumme Verleumdung, die geiſtreiche Nieder⸗ tracht. Eine Welt von Feinden vor ihm; welch eine Welt aber hinter ihm: aus einer Wurzel entſproſſen, dem öſterreichiſchen Erbübel, aber in tauſend Schößlingen auftreibend; die Wurzel immer die gleiche Trägheit der Seele, dumpfe Gedankenloſigkeit, die geringe Schärfe des Pflichtgefühles, die Flucht aus dem Widrigen in die Zerſtreuung, nicht Schlechtigkeit zumeiſt, aber ein ſchlimmeres, verhaßteres Übel, einer ſchweren dumpfen Leib⸗ lichkeit entſprungen im Kampf mit dieſem allen bis ans Ende und nie ermüdet, und Sieger und Schöpfer, Organiſator der widerſpenſtigſten Materie ein Menſch, ein großer, guter Menſch, und in ihm verborgen das Geheimnis aller Geheimniſſe: ſchöpferiſche Natur. Unverfiegbar in ihm iſt die Liebe zu dieſem Oſterreich und in dieſer Liebe der feſte Punkt, von dem aus er die Welt aus den Angeln hob; und die Krone von Polen, der Herzogsmantel von Mantua zurückgewieſen aus dieſer Liebe

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heraus. Eine fürftliche Seele, die in der Welt geſucht hatte, wem ſie dienen könne, und die dann diente bis ans Ende.

Es iſt alles, im großen, ſo verblieben, wie er es hinter ſich ließ, denn die Staaten verändern nicht ihr Weſen, und zwei Jahrhunderte ſind eine geringe Zeit in der Geſchichte. Jung, rein und unverſehrt ſind heute noch die Völker, wie er ſie mit dem Goldband ſeiner Taten zuſammenband. Lange waren die Herzen von dumpfen, ſtockenden Zeiten gequält bis zum Ver⸗ zagen, nun ſind ſie betäubt vom ungeheuerlichen Geſchehenen; aber unerſchöpfliche Hoffnung geht ihnen allen aus von dieſer einen Geſtalt: Eugen. Dies Oſterreich iſt ein Gebilde des Geiſtes, und immer wieder will eine neidiſche Gewalt es zurückreißen ins Chaos; unſäglich viel aber vermag ein Mann, und immer wieder, im gemeſſenen Abſtand, ruft ja die Vorſehung den Mann herbei, von dem das Gewaltige verlangt wird und der dem Ge— waltigen gewachſen iſt.

Ferdinand Freiligrath: Prinz Eugen, der edle Ritter elte, Poſten, Werda⸗Rufer!

3 Luſtge Nacht am Donauufer!

Pferde ſtehn im Kreis umher

Angebunden an den Pflöcken;

An den engen Sattelböcken

Hangen Karabiner ſchwer.

Um das Feuer auf der Erde,

Vor den Hufen ſeiner Pferde Liegt das öſtreichſche Pikett.

Auf dem Mantel liegt ein jeder; Von den Tſchakos weht die Feder, Leutnant würfelt und Kornett.

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Neben ſeinem müden Schecken Ruht auf einer wollnen Decken Der Trompeter ganz allein:

„Laßt die Knöchel, laßt die Karten! Kaiſerliche Feldſtandarten

Wird ein Reiterlied erfreun!

Vor acht Tagen die Affäre

Hab ich, zu Nutz dem ganzen Heere, In gehörgen Reim gebracht; Selber auch geſetzt die Noten. Drum, ihr Weißen und ihr Roten! Merket auf und gebet acht!“

Und er ſingt die neue Weiſe Einmal, zweimal, dreimal leiſe Denen Reitersleuten vor;

Und wie er zum letzten Male Endet, bricht mit einem Male Los der volle, kräftge Chor:

„Prinz Eugen, der edle Ritter!“

Hei, das klang wie Ungewitter

Weit ins Türkenlager hin.

Der Trompeter tät den Schnurrbart ſtreichen Und ſich auf die Seite ſchleichen

Zu der Marketenderin.

Wilhelm Cahn: Viktor Hugos Rückkehr nach Paris

5. September 1870 Ich war bei Doktor Otterburg zum Diner; bei Tiſche ſagke Ah er: „Ich habe Ihnen heute etwas Beſonderes zu bieten. Viktor Hugo trifft mit dem Neunuhrzug am Nordbahnhof ein nach neunzehnjähriger Verbannung! Der Empfang wird großartig fein. Ich habe ein laissez-passer für den Perron, und

in einer Stunde, wenn es Ihnen recht iſt, fahren wir hin!“ Wir plauderten noch ein Stündchen bei Kaffee und treffli— cher Londres und fuhren dann nach dem Bahnhof. In die Rue Dunkerque einzufahren war nicht möglich. Durch Seitengäß⸗ chen gelangten wir zu einem Nebeneingang des Bahnhofs, lie⸗ ßen den Wagen halten und gingen nach der Wartehalle, wo der Zug ſchon angezeigt war. Um ſich die Zeit zu vertreiben, ſang die Menge draußen die „Marſeillaiſe“. Man ſparte auch nicht zur Abwechſlung mit dem Rufe: „Vive la rẽpublique!“; ſie war ja noch ſo jung, die Republik, und es trug unſtreitig zu

ihrer Kräftigung bei, wenn man ſie recht oft hochleben ließ. Gegen halb zehn Uhr ein langer Pfiff der Lokomotive, der

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Zug läuft ein. Ein immenſer Schrei: „Vive la république!“ und zugleich ein Drängen und Stoßen nach den Eiſenbahnwa⸗ gen. Im Nu bin ich von Doktor Otterburgs Seite geriſſen und nach einem Coupe geſchoben, aus deſſen Fenſter ein friſches, weißbärtiges Geſicht herausſchaut und zwei die Menge grü- ßende Hände ſichtbar werden. Es iſt Viktor Hugo! „C'est lui, c'est lui!“ ruft es um mich herum, und „Vive la république, vive Hugo!“ ſchallt der tauſendſtimmige Ruf des in die Halle einbrechenden Volkes. Das Gedränge wird bedenklich. Einige Freunde, die ſich raſch um Viktor Hugo ſcharen, bringen ihn nur mit Mühe vorwärts; endlich iſt man an der vor dem Bahn⸗ hofe haltenden Equipage ſeines Sohnes Charles angelangt, aber die Menge keilt ſich dazwiſchen ein fie will ihn ſehen, den Dich⸗ ter, den Märtyrer, ſie will ihn reden hören! Man bringt ihn in das gegenüberliegende Kaffeehaus, auf deſſen Terraſſe er nach einigen Minuten ſichtbar wird. „Vive Victor Hugo!“ erſchallt es wieder von allen Ecken und Enden. Hugo gibt ein Zeichen, und die Worte: „Ruhe, er will ſprechen!“ bewirken, daß es mit einem Male ganz ſtill wird.

„Die Worte fehlen mir,“ ſpricht eine kräftige, wohllautende Stimme, „um auszudrücken, wie ſehr mich dieſer herzliche Emp- fang bewegt. Bürger“ die Stimme wird lauter, faft ſchrei⸗ end „ich hatte euch geſagt: „An dem Tage, da die Republik wiederkehrt, werde auch ich wiederkehren. Hier bin ich!“ Unge⸗ heurer Beifall! Viktor Hugo wartet. „Zwei große Dinge ru: fen mich: die Republik und die Gefahr.“

Unruhe; einige Leute in meiner Umgebung haben die letzten Worte oder deren Sinn nicht verftanden, und bei dem Hin⸗ und Herreden der Nachbarn habe ich die folgenden Sätze nicht gehört; doch der Lärm legt ſich allmahlich, und ich höre wieder den etwas feierlichen Ton.

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„Paris retten ift mehr, als Frankreich retten, das heißt: Er rettung der Welt. Paris iſt der Mittelpunkt der Menſchheit. Paris iſt die geheiligte Stadt! Wer Paris angreift, vergreift ſich am Menſchengeſchlecht!“

Frenetiſcher Beifall! Man klatſcht, man ſchreit: „Hugo! France! A bas la Prusse! Vive la république!“

„Das rührt mich zu Tränen“, ſagte eine Dame in meine Nähe. „Mich auch“, ſagte ein freundlicher Nachbar.

„Und wißt ihr, warum Paris die Stadt der Ziviliſation iſt? Weil Paris die Stadt der Revolution iſt!“ Erneutes Bravo: rufen. „Daß ein ſolcher Herd des Lichts, ein ſolcher Mittel punkt der Geiſter, der Herzen und der Seelen, das Hirn des Weltgedankens, vergewaltigt, zerſchmettert, im Sturm ge nommen werden könnte, durch wen? durch einen Überfall von Wilden? Das kann nicht fein, das wird nicht fein! Nie, nie, nie!“

Die ganze vieltauſendköpfige Menge brüllt: „Nie, nie!“ Die Leute ſind in höchſter Ekſtaſe; ich muß geſtehen, daß dieſer erſte Erwiderungsſchren der Menge: „Nie, nie!“ einen erſchüt— ternden Eindruck auf mich gemacht hat. Allerdings ging dieſer Eindruck wieder dadurch verloren, daß das Volk es nicht bei dieſem einen Schrei bewenden, ſondern wieder die ganze Litanei: Hugo, la république, la France hochleben läßt, und da die überall ſich vorfindenden Nachzügler dazwiſchen ihr „Nie, nie!“ rufen, ſo wirkt das Ganze wie eine Poſſe. Die Unruhe iſt ſehr groß. Ich höre nur einzelne Sätze:

„Paris wird triumphieren! Durch Einheit werdet ihr ſie— gen! Seid einig, und ihr ſeid unüberwindlich! Laßt uns Brü— der ſein, und wir werden ſiegen! Nur durch die Brüderlichkeit retten wir die Freiheit!“

Viktor Hugo grüßt nach allen Seiten, aus tauſend Kehlen

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rufts: „Vive Victor Hugo!“ Alles ſtürmt nach dem Kaffee: hauſe, um den Märtyrer zu ſehen, ihm, wenn möglich, die Hand zu drücken. Einer Kompagnie Mobilgardiſten gelingt es endlich, die Paſſage ein wenig freizumachen.

Die Anſprache hat mich ſehr erregt; beim Leſen würde ich nicht begreifen, wie ſolche bombaſtiſchen Sätze das Volk; fo elek⸗ triſieren können; aber mitten in der Menge verſtehe ich es voll- kommen. Dieſe in jedem Worte klug vorausberechneten kurzen Phraſen, die wie die Sätze des Dekalogs in die andächtig lau⸗ ſchende Menge geworfen werden, müſſen zünden, denn ſchon wegen ihrer Kürze werden fie von der Menge ſofort erfaßt und deren geiſtiges Eigentum. Ich bin feſt überzeugt, daß die mei⸗ ſten der Zuhörer ihren Freundeskreiſen Hugos Rede in ihren Kernpunkten wörtlich wiederholen können. Welcher deutſche Redner könnte ſich eines ſolchen Erfolges rühmen?

Mit dieſen Gedanken beſchäftigt, kam ich an die Stelle, wo Doktor Otterburgs Wagen hielt; auf dem Bock ſaß niemand. Wo war Martin, der Kutſcher und biedere Normanne? Ich machte den Wagenſchlag auf, da huſchte zur anderen Seite etwas Leichtfüßiges hinaus.

„Pardon, Monsieur le Docteur,“ hörte ich Martins Stim⸗ me, „j'ètais bien fatigué ...“

„O Paris, Mittelpunkt der Menſchheit, heilige Stadt.“

Aus dem Buche „Im belagerten Paris 1870-71“

Joſef Winckler: Der Fähnrich (Sd ihr den deukſchen Fähnrich marſchiern

Feldgrau, Sturmkette ums Kinn, Wie der Schritt im Waffenklirrn, Fauſt am Degen, gradhin?

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Er ſaß vielleicht geſtern auf Prima noch Und kam mitten aus ſeinem Homer,

Und von Marathon, vom Olympos hoch, Von Alexander dem Großen her.

Seine Lippen ſchwollen wie von Pindars Geſang, Er trug Jupiter im Blick;

Die Sohlen klangen von ſeinem Gang, Schönwildes Heldenglück!

Der frug nach Wein und Madchen nicht Adlerreines Knabentum;

In ſeiner Seele träumte ein Gedicht

Von unſterblichem Ruhm.

Den Leib zurück, das Kinn voraus,

Genick ſteif wie der ſchritt

Und glitt: der Siegesgöttin voraus, Und alle Sterne die ſchweiften mit.

Ich ſah den deutſchen Fähnrich marſchiern Wie einen Kriegs-Genius ſo kühn, Gewaltig ſich ſchwingend im Waffenklirrn Schritt er auf Flügeln dahin!

Karl Scheffler: Der Goethe-Deutſche und der Schiller-Deutſche

as Genie legitimiert ſich dadurch, daß es nichts Wichtiges

ſagen oder tun kann, ohne das Allgemeingültige zu be-

rühren. Selbſt feine gelegentlichen, feine privaten Äußerungen

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haben darum fo oft ein aufregendes Gegenwartsintereſſe noch für die Nachlebenden.

Als einer der ſchönſten Beweiſe für dieſe Eigenſchaft des Ge— nies, in jeder Weiſe gleichnishaft zu leben, iſt mir immer einer der erſten Briefe Schillers an Goethe erſchienen, jener bekannte Brief, worin der Jüngere dem neugewonnenen Freund darlegt, worin ihm die Eigenart und der Gegenſatz ihrer beiden Naturen zu beſtehen ſcheint. Schiller wollte in dieſem Brief nur ſich ſelbſt und die Art Goethes charakteriſieren und die beiden Ergebniſſe antithetiſch zuſpitzen; über den immerhin zufälligen Anlaß, über das Beſondere und Individuelle hinaus aber iſt es ihm gelumn- gen, zwei Weſensſeiten der Deutſchen überhaupt darzuſtellen. Mir ſcheint dieſer Brief darum zu dem Wichtigſten zu gehören, was die deutſche Literatur an Dokumenten der Erkenntnis beſitzt. Es vergeht kaum ein Monat, ohne daß mich nicht Perſönlich— keiten oder Ereigniſſe, ohne daß mein eigenes Erleben mich nicht unmittelbar an dieſe Auseinanderſetzungen erinnerten.

Es ſeien die wichtigſten Stellen des Briefes in Erinnerung gebracht. Schiller ſchrieb:

„Die neulichen Unterhaltungen mit Ihnen haben meine ganze Ideen⸗Maſſe in Bewegung gebracht, denn fie betrafen einen Gegenſtand, der mich ſeit etlichen Jahren lebhaft beſchäftigt. Über fo manches, worüber ich mit mir ſelbſt nicht recht einig wer⸗ den konnte, hat die Anſchauung Ihres Geiſtes (denn ſo muß ich den Totaleindruck Ihrer Ideen auf mich nennen) ein unerwar⸗ tetes Licht in mir angeſteckt. Mir fehlte das Objekt, der Körper, zu mehreren fpefulativifchen Ideen, und Sie brachten mich auf die Spur davon, Ihr beobachtender Blick, der ſo ſtill und rein auf den Dingen ruht, ſetzt Sie nie in Gefahr, auf den Abweg zu geraten, in den ſowohl die Spekulation als die willkürliche und bloß ſich ſelbſt gehorchende Einbildungskraft ſich ſo leicht

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verirrt. In Ihrer richtigen Intuition liegt alles und weit voll- ftändiger, was die Analyſis mühſam ſucht, und nur weil es als ein Ganzes in Ihnen liegt, iſt Ihnen Ihr eigener Reichtum ver⸗ borgen; denn leider wiſſen wir nur das, was wir ſcheiden. Geiſter Ihrer Art wiſſen daher ſelten, wie weit ſie gedrungen ſind und wie wenig Urſache ſie haben, von der Philoſophie zu borgen, die nur von ihnen lernen kann. Dieſe kann bloß zergliedern, was ihr ge: geben wird, aber das Geben ſelbſt iſt nicht die Sache des Analy⸗ tikers, ſondern des Genies, welches unter dem dunkeln, aber ſichern Einfluß reiner Vernunft nach objektiven Geſetzen verbindet.

Lange ſchon habe ich, obgleich aus ziemlicher Ferne, dem Gang Ihres Geiſtes zugeſehen, und den Weg, den Sie ſich vorgezeich⸗ net haben, mit immer erneuerter Bewunderung bemerkt. Sie ſuchen das Notwendige der Natur, aber Sie ſuchen es auf dem ſchwereſten Wege, vor welchem jede ſchwächere Kraft ſich wohl hüten wird. Sie nehmen die ganze Natur zuſammen, um über das Einzelne Licht zu bekommen; in der Allheit ihrer Erſchei— nungsarten ſuchen Sie den Erklärungsgrund für das Indivi⸗ duum auf. Von der einfachen Organiſation ſteigen Sie, Schritt vor Schritt, zu den mehr verwickelten hinauf, um endlich die verwickeltſte von allen, den Menſchen, genetiſch aus den Make⸗ rialien des ganzen Naturgebäudes zu erbauen. Dadurch, daß Sie ihn der Natur gleichſam nacherſchaffen, ſuchen Sie in ſeine verborgene Technik einzudringen. Eine große und wahrhaft heldenmäßige Idee, die zur Genüge zeigt, wie ſehr Ihr Geiſt das reiche Ganze feiner Vorſtellungen in einer ſchönen Einheit zu— ſammenhält. Sie können niemals gehofft haben, daß Ihr Leben zu einem ſolchen Ziele zureichen werde, aber einen ſolchen Weg auch nur einzuſchlagen, iſt mehr wert, als jeden andern zu endigen, und Sie haben gewählt, wie Achill in der Ilias zwiſchen Phthia und der Unſterblichkeit ...

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Aber dieſe logiſche Richtung, welche der Geiſt bei der Re— flerion zu nehmen genötiget iſt, verträgt ſich nicht wohl mit der äſthetiſchen, durch welche allein er bildet. Sie hatten alſo eine Arbeit mehr: denn fo wie Sie von der Anſchauung zur Abſtrak⸗ tion übergingen, ſo mußten Sie nun rückwärts Begriffe wieder in Intuitionen umſetzen und Gedanken in Gefühle verwandeln, weil nur durch dieſe das Genie hervorbringen kann ...“

Wer dieſen Brief mit einem Ernft lieſt, der dem des Schrei⸗ bers verwandt iſt, dem wird es ſein, als werde vom Geheimnis der deutſchen Geiſtesanlage ein Schleier fortgezogen, und von überallher werden ſich ihm die Beſtätigungen förmlich auf— drängen.

Blicken wir auf unſere Kunſt, fo ſehen wir die beiden Geiſtes⸗ formen, wie Schiller fie darſtellt, während des ganzen neun⸗ zehnten Jahrhunderts ſich gegenüberſtehen. Dem Schiller⸗ Typus entſprechen die Nazarener und Deutſch⸗Römer, denn ſie alle gingen von Vollkommenheitsideen aus und ſuchten rück— wärts immer für ihre ſpekulativen Ideen die Körper. Dem Goethe⸗Typus entſprechen dagegen die Wirklichkeitsmaler, die Leibl und Trübner, Menzel und Liebermann trotzdem Goethe ſelbſt, beſtimmt von äußeren Umſtänden, ſich in ſeinen Kunſt⸗ überzeugungen als Helleniſt gab —, weil ſie alle ſtreng von der Anſchauung ausgingen und weil in ihrer richtigen Intuition oft „alles und weit vollſtändiger“ lag als in der Spekulation der Idealiſten. Der Vergleich gilt naturgemäß weder hier noch dort für den Grad, er gilt nur für die Art. Kein Maler oder Bildhauer iſt in Deutſchland verhältnismäßig fo hoch hinauf gelangt wie Schiller oder Goethe; aber wir ſehen trotzdem hinter beiden Dichtern große Künſtlerkolonnen. Den Schiller-Deut⸗ ſchen gehört in der bildenden Kunſt faſt unumſchränkt die erſte Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts; die Goethe⸗Deutſchen

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haben in der zweiten Hälfte das Übergewicht. In gewiſſem Sinne kann der ganze Impreſſionismus im Geiſte Goethes genannt werden; denn er ſucht ſtets das Wirkliche zum Idealen zu ſteigern, nie aber ſucht er von einer Idealvorſtellung herab in zweiter Linie erſt das Wirkliche. In der letzten Zeit macht ſich dagegen wieder ein Rückſchlag bemerkbar, ein Denken von der ſpekulativen Idee aus und infolgedeſſen eine ſtarke Be— fonung deſſen, was man „Stil“ nennt, und es ſcheint, als ob dieſer, mehr der Art Schillers verwandten Geiſtesrichtung die nächſten Jahrzehnte gehören ſollen.

In der Dichtkunſt iſt es nicht viel anders. Es ſtirbt unter uns nie der Dichter aus, der mehr Philoſoph iſt als Sinnen— menſch. Man braucht dabei nicht nur an die Schiller⸗Epigo⸗ nen zu denken; ſelbſt ein moderner Lyriker wie Dehmel gehört dem Schiller⸗Typus an. Als eine Reaktion auf die im Ge— wohnheitsmäßigen entartete Ideen- und Gedankendichtung iſt dann der Realismus der letzten Jahrzehnte zu verſtehen. Daß beide Dichtungsarten ſo ſchroff wie Parteien und eben darum einſeitig und unvollkommen ſich gegenüberſtehen, iſt unſer be— ſonderes Unglück. Anderen Nationen iſt es inſofern beſſer ge— worden, als ihre Anlage ſich auf eine der beiden Geiſtesformen beſchränkt und als fie bei folcher natürlichen Beſchränkung einen viel höheren Grad in den einzelnen Werken erreichen kann die franzöſiſche Kunſt z. B. geht im weſentlichen von der An— ſchauung aus, ſie kennt einen Idealismus im Sinne Schillers kaum, und es ſind ihr eben darum ſo viele reine Meiſterwerke gelungen =; oder es vereinigen ſich in den genialen Individuen anderer Nationen beide Geiſtesformen leichter und natürlicher. Man braucht nur an die glückliche Miſchung von Anſchauung und Idee in Dichtern wie Tolſtoi, Doſtojewskij oder Ibſen zu denken.

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In Deutſchland ift diefe Miſchung Leſſing hatte ſie in hohem Grade felbft bei Schriftſtellern ſelten. Sogar in der Kritik gibt es bei uns den Schiller⸗Deutſchen und den Goethe⸗ Deutſchen. Jener ſucht die allgemeinen Zeitideale zu erkennen und betrachtet die einzelnen Werke immer nur in ihrem Bezug zu dieſem Kulturprogramm; dieſer betrachtet das einzelne Kunſt⸗ werk dagegen iſoliert, er geht von der Erfahrung der Sinne aus und bleibt bei den Empfindungen, die das Werk unmittel⸗ bar erweckt. Beide Betrachtungsweiſen haben ihre Vorzüge und Nachteile; beide zuſammen, in einem Individuum vereinigt, ergeben jedoch erſt den Meiſter der Kritik.

Blicken wir in die Politik, ſo finden wir denſelben Dualis⸗ mus auch dort. Erſcheinungen wie die Bismarcks und die Staats⸗ männer feiner Art gehören dem Goethe-Typus an. Denn Bis⸗ marck leitete das Geſetz ſeines Handelns in erſter Linie aus der Erfahrung, aus der Anſchauung ab. Ihm iſt mit Recht darum die Bezeichnung eines Realpolitikers zuteil geworden. Eine Par⸗ tei dagegen wie die Sozialdemokratie und alle ihre hervorragen⸗ den Führer gehen im weſentlichen von einer Idee, von einer Idee der Entwicklung aus und ſuchen die politiſchen Tatſachen dieſer abſtrakten Idee anzupaſſen. Mit der Denkweiſe des Real⸗ politikers im Sinne Bismarcks iſt ſtets die Skepſis verknüpft, von der Denkweiſe des Sozialdemokraten hingegen iſt die Utopie untrennbar. Beide Denkformen ſtehen ſich ſchroff gegenüber; offenbar wird es dem Deutſchen in der Politik beſonders ſchwer, ſie zu verſchmelzen. Geht man an der Hand dieſes flüchtigen Hinweiſes unſer politiſches Leben durch, ſo wird man finden, daß die Parteien und Menſchen entweder mehr zur Ideologie oder zu einer materialiſtiſchen Zweckmäßigkeitspolitik neigen. Darum ſind wir ſo arm an genialen Politikern.

Sogar im Geſchäftsleben gibt es denſelben Zwieſpalt. Es

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gibt Geſchäftsleute, die zu ihren Ideen die Wirklichkeiten hin— zuzwingen ſuchen, und andere, die allein von gegebenen Reali— täten ausgehen. Die erſten erſinnen und ſchaffen neue Bedürf— niſſe; die zweiten nutzen die vorhandenen oder bilden ſie aus. Sehr charakteriſtiſch war, zum Beiſpiel, neuerdings die Ver— bindung der Kulturutopie mit der Induſtriearbeit. Alles, was eine Vereinigung, wie der „Werkbund“, unternimmt, ſodann die Gartenſtadtgründungen, gewiſſe Genoſſenſchaftsbewegun— gen, umfaſſende Truſtideen, die Bearbeitung der Städtebau— fragen und vieles andere beruht auf ſpekulativ konſtruierten Entwicklungsidealen. Ganz realiſtiſch gehen hingegen unſere großen Schiffahrtsgeſellſchaften, unſere großen Metallbear— beitungsfabriken und Banken vor. Jene kalkulieren oft falſch und erleiden dadurch Schaden, dieſe reüſſieren ſicherer, verlieren aber auch leicht die höhere Arbeitsidee aus den Augen.

Endlich weiſt auch der Widerſtreit von Religion und Wiſſen— ſchaft auf den Gegenſatz des Denkens von der Idee und von der Erfahrung aus. Der Drang zum Religiöſen, der zu An— fang des neunzehnten Jahrhunderts die geiſtigen Kreiſe Deutſch— lands mächtig ergriff, weiſt entſchieden zum Idealismus Schil— lers hinüber, wenn er deſſen Niveau auch niemals erreichte; und der Sieg der exakten wiſſenſchaftlichen Forſchung in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts iſt durchaus im Geiſte Goethes, trotz— dem die mächtige Phantaſie Goethes darin nur ſelten zu ſpüren iſt. Aber auch innerhalb der Wiſſenſchaft und der Theologie ſelbſt gibt es wieder denſelben Dualismus.

Auf dieſem Punkte iſt auf eine intereſſante Umkehrung auf: merkſam zu machen. In dem Geſpräch zwiſchen Schiller und Goethe, das dem hier zitierten Brief vorausging und in dem Goethe ſeine Naturanſchauung es iſt von dieſer Anſchauung ſpäter manches in den Darwinismus übergegangen darlegte,

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platzte Schiller mit dem Einwand heraus: „Das ift keine Er— fahrung, das iſt eine Idee.“ In der neueſten Zeit, wo der Dar- winismus ſeine Unzulänglichkeit erweiſt, hat dieſer Einwand Schillers viel Aktualität. In der Tat, auch in den „Erfah⸗ rungen“ Goethes, auch in den ſinnlichen Erlebniſſen des Goethe⸗ Deutſchen iſt immer noch viel Idee, weil es Erfahrungen an ſich ja gar nicht gibt. Und andererſeits war zum Beiſpiel in der rein ideellen Freiheitsidee Schillers inſofern ſchon vorgeahnte Realität, als dieſe Idee einige Jahrzehnte ſpäter in manchem Punkte politiſch verwirklicht wurde. Man möchte ſagen: der Schiller⸗Deutſche ſucht die Realitäten einer mehr oder weniger fernen Zukunft vorwegzunehmen und gerät dadurch leicht in Konflikt mit den Forderungen der Gegenwart; der Goethe⸗ Deutſche dagegen ſucht alles im ſinnlich Gegenwärtigen auf und verliert dadurch leicht den Weitblick für die Fülle der Möglichkeiten.

Verlegt man die beiden Geiſtesformen in die Empfindung hinein, ſo ergibt ſich als Eigenſchaft des Goethe⸗Deutſchen das Naive, und als Eigenſchaft des Schiller-Deutſchen das Sen⸗ timentaliſche. Es war darum nur wie eine Ausarbeitung ſeines Briefes, als Schiller in ſeiner berühmten Abhandlung das Naive dem Sentimentaliſchen in der Dichtung grundſätzlich entgegenſtellte. Man leſe in dieſer Abhandlung nach, und die Perſpektiven werden ſich immer weiter auftun; es wird ſich zeigen, daß ganze Zeitepochen ſich wie Individuen gegenüber⸗ ſtehen können, indem ſie einmal die Idee und ein andermal die Erfahrung, hier das Subjekt, dort das Objekt betonen.

Schiller hat ſeinen Brief nun aber nicht geſchloſſen, ohne eine feines Genies und Menſchentums würdige Nutzanwen⸗ dung zu ziehen. Es heißt in ſeinem Schreiben weiter:

„Beim erſten Anblicke zwar ſcheint es, als könnte es keine

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größere Oppoſita geben, als den ſpekulativen Geiſt, der von der Einheit, und den intuitiven, der von der Mannigfaltigkeit ausgeht. Sucht aber der erſte mit keuſchem und treuem Sinn die Erfahrung, und ſucht der letzte mit ſelbſttätiger freier Denk— kraft das Geſetz, ſo kann es gar nicht fehlen, daß nicht beide einander auf halbem Wege begegnen werden. Zwar hat der intuitive Geiſt nur mit Individuen und der ſpekulative nur mit Gattungen zu tun. Iſt aber der intuitive genialiſch und ſucht er in dem Empiriſchen den Charakter der Notwendigkeit auf, ſo wird er zwar immer Individuen, aber mit dem Charakter der Gattung erzeugen; und iſt der ſpekulative Geiſt genialiſch und verliert er, indem er ſich darüber erhebt, die Erfahrung nicht, fo wird er zwar immer nur Gattungen, aber mit der Möglich— keit des Lebens und mit gegründeter Beziehung auf wirkliche Objekte erzeugen.“

In dieſen ſchönen Worten liegt etwas wie eine ſittliche Forderung, die jeden Deutſchen angeht. Denn alles kommt darauf an, daß wir nicht dauernd in Gegenſätzen leben, daß die Schiller⸗Deutſchen vielmehr mit „keuſchem und treuem Sinn“ die Erfahrung ſuchen, und die Goethe-Deutſchen mit „ſelbſt— tätiger freier Denkkraft das Geſetz“, daß ſich beide „auf halbem Wege begegnen“, wie ſich die beiden Dichter begegneten, um miteinander fortzuwandern. Begegnet ſich die ganze Nation nicht in dieſem Sinne auf halbem Wege, ſo wird auch die Kultur der Deutſchen immer hin und her ſchwanken zwiſchen Ideologie und Materialismus. Denn dieſes find die notwen— digen Folgen, wenn der Schiller⸗Typus und der Goethe-Typus ſich nicht genial vervollkommnen und vertiefen. Fehlt der hohe menſchliche Grad, ſo ſinkt Schillers mächtiger Idealismus gleich zum Redensartlichen herab, fo gerät Goethes phantaſie— voller Realismus gleich ins Gemeine. Eben darun iſt es eine

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nationale Aufgabe, nach Kräften zu vereinigen, was unferer Anlage nach getrennt iſt, und in den beiden großen Männern in dieſem Sinne immer wieder Vorbilder und Vertreter der ganzen Nation zu erblicken.

Hans Caroſſa: Viel Blut, viel Blut muß in die Erde ſinken .. er Himmel dröhnt von Tod. Die Erde blutet Aus Wunden treuer Söhne Tag und Nacht.

Welt⸗Ende künden trauernde Propheten.

Doch während manche dumpf ihr Schickſal ſuchen, Hörſt du, mein Volk, noch über Sein und Nichtſein Die Rufe klaren Heils und wägſt kein Opfer,

Auf daß du lebeſt. Denn dir iſt geweisſagt,

Gott werde auf dich ſchaun und dich nicht haſſen, Wenn du jetzt viel, was er dir ſchenkte, hingibſt. Veräußert iſt dein ſüßes, altes Träumen,

Und all dein Gold prägſt du in harte Taten

Und ſingſt nicht mehr und ſchämſt dich faſt des Weiſen, Des einſam Wagenden der eignen Tat.

Der aber ſchützt im gläubigen Gemüt

Das tief Gemeinſame all-aller Menſchen.

Und, wenn ihr auszieht, hingeweihte Brüder,

Iſt er mit euch, und jeden ruft er: komm,

Komm noch einmal in meinen freien Wald!

Hier ſpringt aus Urgeſtein ein kühler Quell, Geſchenkt vom Himmel und gewürzt von Erde,

Da netzen Vögel oft die heißen Flügel ..

O ſchöpfet! Wer hier trinkt, der iſt getröſtet.

Er ſchaut die großen Väter ſeiner Gegner

Mit ſich und ſeinem Ahnenreihn im Bund.

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Und wie ſich Wandrer Zeichen hinterlaſſen In ödem Land, ſind ihm im Tal des Mordes Die Spuren gütigerer Geiſter kennbar.

Und ob er tötet, ob er ſtirbt, er ahnt:

Dies iſt nur dunkler Samen großer Liebe. Viel Blut, viel Blut muß in die Erde ſinken; Mie wird fie ſonſt den Menſchen heimatlich ..

Ricarda Huch: Das Kriegsjahr ies iſt der große Herbſt, der Freiheit Feſt. Der Himmel flammt, entfeſſelt jagen Stürme, Schwarz trieft der Wein aus voller Frucht gepreßt, Die Garben wachſen hoch wie goldne Türme.

Der Schwarm der Blätter rauſcht ein letztes Lied, Dumpf pocht der Trommel Marſch und heißes Werben. Da ſteht der Menſchheit Heerſchar auf und zieht,

Den Kranz im Haar, hinaus zum Opferſterben.

Ihr aufgeſchloßner Blick erkennt den Gott Mit liebeſtrengem Antlitz mächtig winken. Erglühend drängen ſie zu Kampf und Tod, Dort, wo das Leben quillt, ſich jung zu trinken.

Goethes Geſpräch mit Luden 13. Dezember 1813

ertuch ließ anfragen, wann Se. Exzellenz mich wohl emp- fangen könnte. Sogleich nach Tiſche; etwa um drei Uhr, war die Antwort. Bei meinem Eintritt, und es war das erſte—

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mal, daß ich ihm in Weimar meine Aufwartung machte, kam Goethe mir entgegen, reichte mir die Hand und ſagte mir in der verbindlichſten Weiſe höchſt freundliche Worte. Aber er erleichterte mir nicht, wie Herr von Voigt getan hatte, das Anbringen meines Anliegens wegen der Herausgabe der Zeitfehrift Nemeſis!]; vielmehr ſprachen wir von gewöhnlichen Dingen, jedoch bald auch von den jüngſten Ereigniſſen. An dieſes Geſpräch knüpfte ich dann an: Er würde, ſagte ich, ſchon von Bertuch gehört haben, daß ich die Abſicht hätte, eine politiſche Zeitſchrift im Induſtriekontor herauszugeben. Ja, antwortete Goethe, Bertuch hat mir davon geſprochen. Wie aber ſind Sie auf dieſen Gedanken gekommen? Ich erzählte ihm mein Abenteuer mit Herrn von Grolman.! Freilich, ſagte Goethe, bei der gegenwärtigen Aufregung, um nicht zu ſagen Begeiſterung, finde ich das natürlich genug. Haben Sie denn ſchon mit Bertuch abgeſchloſſen, und ſteht Ihr Entſchluß unwiderruflich feſt? Die Ankündigung, er⸗ widerte ich, iſt ſchon in der Druckerei und wird in wenigen Tagen ausgegeben werden, wenn nicht etwa auf ſeiten des hohen Miniſteriums eine Bedenklichkeit obwaltet. Eben des⸗ wegen, ſetzte ich hinzu, möchte ich das Unternehmen der Protek⸗ tion Ew. Exzellenz empfehlen. Goethe ſchwieg wohl eine Minute lang; fein Geſicht wurde ſehr eruſt. Alsdann hob er an und ſagte ungefähr folgendes: Ich habe ſchon vor Jahren offen zu Ihnen geſprochen, auf Ihre Diskretion rechnend; das will ich auch jetzt tun, Herr Hofrat. Als öffentlicher Beamter habe ich gegen die Herausgabe einer Zeitſchrift nichts einzuwenden. Unſere Regierung würde ſich auch gewiß in dieſer Zeit hartem 1 Der damalige Major, ſpätere General von Grolman hatte Luden das Vorhaben, als Freiwilliger einzutreten, ausgeredet und ihn aufgefordert, vielmehr mit Wort und Schrift dem Vaterlande zu dienen.

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Tadel ausfegen, wenn fie ſich erlaubte, einem ſolchen Unter— nehmen entgegenzutreten. Wir haben ja die Freiheit mit vielem Blute ruhmvoll erkämpft; was ſollte uns die Freiheit, wenn wir ſie nicht benutzen. Und gewiß ſind wir am geneigte— ſten ſie durch Wort und Schrift zu benutzen, auch ſchon darum, weil dieſes der bequemſte Modus iſt. Alſo wird die herzogliche Regierung Ihnen und Bertuch ohne Zweifel vollkommen freie Hand laſſen. Eine Protektion zwar kann Ihnen niemand ver- ſprechen und niemand gewähren; ein jeder bleibt billig für feine Handlungen verantwortlich; Sie werden jedoch wohl auch keiner Protektion bedürfen; und ſollten Sie ſich jemals verleiten laſſen, über die Schnur hinauszugehen, ſo wird Bertuch, der ſich auf ſolche Dinge verſteht, Sie ſchon an die Schranke mit der In— ſchrift Noli me tangere freundlich erinnern. Hätten Sie mich aber, ehe Sie ſich verbindlich gemacht hatten, vertraulich um meine Meinung gefragt, ſo würde ich Ihnen gewiß das ganze Unternehmen widerraten und Sie aufgefordert haben, bei Ihren gelehrten geſchichtlichen Arbeiten zu bleiben, oder viel— mehr, da Sie ſich ſchon in politica eingelaſſen und ſogar ein Handbuch der Staatsweisheit geſchrieben haben, zu Ihren ge— lehrten geſchichtlichen Arbeiten zurückzukehren, die Welt ihren Gang gehen zu laſſen und ſich nicht in die Zwiſte der Könige zu miſchen, in welchen doch niemals auf Ihre und meine Stimme gehört werden wird.

Dieſe Worte überraſchten mich ſehr; ich fühlte mich auf das tiefſte verletzt. Indes ſuchte ich mich ſo gut als möglich zu faſſen, konnte aber nicht umhin, etwas zu erwidern. Ich muß geſtehen, daß es mir faſt lieb iſt, Ew. Exzellenz Meinung nicht früher und nicht vertraulich eingeholt zu haben. Denn wie hoch ich auch jedes Wort Ew. Exzellenz verehre, und wie glücklich ich ſein würde, mit Ihnen zuſammenzuſtimmen, ſo fürchte ich

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doch, daß ich diesmal den Rat Ew. Exzellenz nicht befolgt haben würde. Denn gerade das, daß der deutſche Michel bisher nur für ſich ſelbſt geſorgt, ſein eigenes Steckenpferd geritten, alsdann ſeinen Kloß gegeſſen und ſich behaglich den Mund abgewiſcht hat, unbekümmert um das gemeine Weſen, um Vaterland und Volk gerade dieſes iſt es ja, was Schimpf, Schande und unermeßliches Unglück über Deutſchland gebracht hat; und all dieſe Schande und all dieſes Unglück wird von neuem über uns kommen, wenn wir zurückkehren zu der alten faulen Weiſe und gleichgültig ausſprechen, was vor einem halben Jahre, als ich eben durch eine Gaſſe in Jena ging, ein ehrſamer Bürger ſeinem Nachbar zurief: Ja, Herr Nachbar, wie ſollte es gehen? Gut. Die Franzoſen ſind fort, die Stuben ſind ge— ſcheuert, nun mögen die Ruſſen kommen, wenn ſie wollen. Und nun ſprach ich einige Minuten fort: von der großen Ent— ſcheidung vor unſern Augen, von der Erhebung des deutſchen Volkes, von den Proklamationen der Fürſten, von Vaterland, von Freiheit, von der Notwendigkeit, gerade jetzt eine beſſere Zukunft zu begründen, und von der heiligen Pflicht eines jeden guten Menſchen, nach ſeiner Stellung und nach ſeinen Kräften mitzuwirken zur Benutzung dieſer großen Tage des neuen Heiles.

Goethe ſaß ruhig. Endlich hob er mit einem leichten Lächeln die rechte Hand. Ich ſchwieg. Sogleich fing Goethe mit einer ungemein ſanften Stimme, die zuweilen etwas bewegt zu werden ſchien, zu reden an, und ſprach ohne Unterbrechung ziemlich lange .. .. Ich habe Ihnen, ſagte Goethe, ruhig zu— gehört und recht .. Sie aber find in einigen Eifer hinein- geraten, und de ft eben nicht nötig geweſen, da Sie gewiß ſelbſt nicht glauben, daß Sie mir etwas Neues, daß Sie mir etwas geſagt haben, was mir unbekannt geweſen wäre. Ich

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ſpreche über ſolche Dinge ſehr, ſehr ungern, und Sie dürfen überzeugt ſein, daß ich meine guten Gründe habe. Ich würde mich auch mit Ihnen nicht in ein ſolches Geſpräch eingelaſſen haben, wenn von etwas Geſchehenem, von einem facto, oder auch von einer einzelnen vorübergehenden Handlung, die erſt geſchehen ſoll, die Rede wäre. Es gilt aber um etwas anderes. Sie wollen in dieſer wunderlichen und furchtbaren Zeit ein Journal herausgeben, ein politiſches Journal. Sie gedenken, dasſelbe gegen Napoleon zu richten und gegen die Franzoſen. Aber, glauben Sie mir: Sie mögen ſich ſtellen, wie Sie wollen, ſo werden Sie auf dieſer Bahn bald ermüden. Sie werden bald daran erinnert werden, daß die Windroſe viele Strahlen hat. Alsdann werden Sie an die Throne ſtoßen und, wenn auch nicht denen, welche auf denſelben ſitzen, doch denen miß— fallen, welche dieſelben umgeben. Sie werden alles gegen ſich haben, was groß und vornehm in der Welt iſt; denn Sie werden die Hütten vertreten gegen die Paläſte und die Sache der Schwachen führen gegen die Hand der Starken. Zugleich werden Sie von Gleichen Widerſpruch erfahren teils über Grundſätze, teils über Tatſachen. Sie werden ſich verteidigen und, wie ich hoffen will, glücklich, und dadurch werden Sie neue Feindſchaft wider ſich erwecken. Mit einem Worte, Sie werden in mannigfaltige Händel verwickelt werden. Mit den Gleichen dürften Sie vielleicht fertig werden: wen Sie nicht überwinden, den können Sie ignorieren, und manchem geſchieht mit Verachtung zu viele Ehre. Aber anders iſt es mit den Mächtigen und Großen. Mit denſelben iſt nicht gut Kirſchen zu eſſen; Sie wiſſen aus welchen Gründe. Den Waffen der: ſelben hat man nichts einzufegen. Da ig "res alles ganz klar vorausſehe, ſo bin ich allerdings bedenklich. Ich möchte unſerm fürſtlichen Hauſe, für welches auch Sie fromme Wünſche

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hegen, keine Unannehmlichkeiten bereiten; ich möchte unfer Gouvernement, das nicht über hunderttauſend Bajonette zu verfügen hat, in keine verdrießlichen Verhandlungen verwickelt ſehen; ich möchte von der Univerſität, deren Mitglied Sie find, jeden Nachteil abwenden; ich denke endlich, warum ſollte ich es nicht ſagen, auch an meine Ruhe und Ihr Wohl.

Hier trat eine Pauſe ein. Ich ſchwieg ſtill, weil ich, was ich etwa zu ſagen vermocht hätte, nicht zu ſagen wagte, und weil ich auch dieſem Manne gegenüber in der Tat ſehr bewegt war. Bald fuhr Goethe fort:

Glauben Sie ja nicht, daß ich gleichgültig wäre gegen die großen Ideen: Freiheit, Volk, Vaterland. Nein; dieſe Ideen ſind in uns; ſie ſind ein Teil unſers Weſens, und niemand ver⸗ mag ſie von ſich zu werfen. Auch liegt mir Deutſchland warm am Herzen. Ich habe oft einen bittern Schmerz empfunden bei dem Gedanken an das deutſche Volk, das ſo achtbar im einzelnen und ſo miſerabel im ganzen iſt. Eine Vergleichung des deutſchen Volkes mit andern Völkern erregt uns peinliche Gefühle, über welche ich auf jegliche Weiſe hinwegzukommen ſuche; und in der Wiſſenſchaft und in der Kunſt habe ich die Schwingen gefunden, durch welche man ſich darüber hinweg⸗ zuheben vermag: denn Wiſſenſchaft und Kunſt gehören der Welt an, und vor ihnen verſchwinden die Schranken der Natio⸗ nalität; aber der Troſt, den ſie gewähren, iſt doch nur ein leidiger Troſt und erſetzt das ſtolze Bewußtſein nicht, einem großen, ſtarken, geachteten und gefürchteten Volke anzugehören. In derſelben Weiſe tröſtet auch nur der Gedanke an Deutſchlands Zukunft. Ich halte ihn ſo feſt, als Sie, dieſen Glauben. Ja, das deutſche Volk verſpricht eine Zukunft, hat eine Zukunft. Das Schickſal der Deutſchen iſt, mit Napoleon zu reden, noch nicht erfüllt. Hätten fie keine andere Aufgabe zu erfüllen ge-

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habt, als das römiſche Reich zu zerbrechen und eine neue Welt zu ſchaffen und zu ordnen, ſie würden längſt zugrunde gegangen ſein. Da ſie aber fortbeſtanden ſind, und in ſolcher Kraft und Tüchtigkeit, ſo müſſen ſie nach meinem Glauben noch eine große Zukunft haben, eine Beſtimmung, welche um ſo viel größer fein wird, denn jenes gewaltige Werk der Zerſtörung des römi— ſchen Reiches und der Geſtaltung des Mittelalters, als ihre Bildung jetzt höher ſteht. Aber die Zeit, die Gelegenheit ver⸗ mag ein menſchliches Auge nicht vorauszuſehen und menfchliche Kraft nicht zu beſchleunigen oder herbeizuführen. Uns einzelnen bleibt inzwiſchen nur übrig, einem jeden nach ſeinen Talenten, ſeiner Neigung und ſeiner Stellung, die Bildung des Volkes zu mehren, zu ſtärken und durch dasſelbe zu verbreiten nach allen Seiten, und wie nach unten, ſo auch, und vorzugsweiſe, nach oben, damit es nicht zurückbleibe hinter den andern Völkern, ſondern wenigſtens hierin voraufſtehe, damit der Geiſt nicht verkümmere, ſondern friſch und heiter bleibe, damit es nicht ver⸗ zage, nicht kleinmütig werde, ſondern fähig bleibe zu jeglicher großen Tat, wenn der Tag des Ruhmes anbricht. Aber wir haben es jetzt nicht mit der Zukunft zu tun, nicht mit unſern Wünſchen, unſern Hoffnungen, unſerm Glauben, und auch nicht mit den Schickſalen, die uns und unſerm Vaterlande be- vorſtehen mögen, ſondern wir ſprechen von der Gegenwart, von den Verhältniſſen, unter welchen Sie Ihre Zeitſchrift beginnen wollen. Nun ſagen Sie zwar: die Entſcheidung iſt gefallen. Freilich. Aber die Entſcheidung iſt doch im beſten Falle erſt der Anfang vom Ende. Noch zwei Fälle ſind möglich: entweder der Gewaltige befieg£ feine Feinde alleſamt noch einmal, oder er wird von ihnen beſiegt. Ein Abkommen halte ich kaum für möglich; und wüßte man es auch zuſtande zu bringen, ſo würde es nichts helfen: wir wären auf der alten Stelle. Setzen wir

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nun den erſten Fall: Napoleon beſiegt feine Feinde; -unmöglich! ſagen Sie? So ſicher ſind wir nicht. Indes halte ich es ſelbſt nicht für wahrſcheinlich. Wir wollen alſo den Fall fallen laſſen und ihn für unmöglich erklären. Es bliebe mithin nur der Fall übrig, daß Napoleon beſiegt würde, gänzlich beſiegk. Nun? und was ſoll nun werden? Sie ſprechen von dem Erwachen, von der Erhebung des deutſchen Volks und meinen, dieſes Volk werde ſich nicht wieder entreißen laſſen, was es errungen und mit Gut und Blut teuer erkauft hat, nämlich die Freiheit. Iſt denn wirklich das Volk erwacht? Weiß es, was es will? Haben Sie das prächtige Wort vergeſſen, was der ehrliche Philiſter in Jena ſeinem Nachbar in ſeiner Freude zurief, als er ſeine Stuben geſcheuert ſah und nun nach dem Abzuge der Franzoſen die Ruſſen bequemlich empfangen konnte? Der Schlaf iſt zu tief geweſen, als daß auch die ſtärkſte Rüttelung ſo ſchnell zur Beſinnung zurückzuführen vermöchte. Und iſt denn jede Bewegung eine Erhebung? Erhebt ſich, wer gewalt⸗ ſam aufgeſtöbert wird? Wir ſprechen nicht von den Tauſenden gebildeter Jünglinge und Männer, wir ſprechen von der Menge, den Millionen. Und was iſt denn errungen oder gewonnen worden? Sie ſagen: die Freiheit; vielleicht würden wir es aber Befreiung nennen: nämlich Befreiung nicht vom Joche der Fremden, ſondern von einem fremden Joche. Es iſt wahr: Franzoſen ſehe ich nicht mehr und nicht mehr Italiener, dafür aber ſehe ich Koſaken, Baſchkiren, Kroaten, Magyaren, Kaſſu⸗ ben, Samländer, braune und andere Huſaren. Wir haben uns ſeit einer langen Zeit gewöhnt, unſern Blick nur nach Weſten zu richten und alle Gefahr nur von dorther zu erwarten, aber die Erde dehnt ſich auch noch weithin nach Morgen aus. Selbſt wenn wir all das Volk vor unſern Augen ſehen, fällt uns keine Beſorgnis ein, und ſchöne Frauen haben Roß und

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Mann umarmt. Laſſen Sie mich nicht mehr ſagen. Sie zwar berufen ſich auf die vortreff lichen Proklamationen fremder Herren und einheimiſcher. Ja, ja! Ein Pferd, ein Pferd! Ein König: reich für ein Pferd!

Als ich auf dieſes Wort etwas erwiderte, entſtand ein Ge— ſpräch, in welchem Goethes Worte immer beſtimmter, ſchärfer und ich möchte ſagen individueller wurden. Aber ich frage Bedenken niederzuſchreiben, was geſprochen worden iſt. Auch wüßte ich nicht, wozu es dienen ſollte. Nur das eine will ich bemerken, daß ich in dieſer Stunde auf das innigſte überzeugt worden bin, daß diejenigen im ärgſten Irrtum ſind, welche Goethe beſchuldigen, er habe keine Vaterlandsliebe gehabt, keine deutſche Geſinnung, keinen Glauben an unſer Volk, kein Gefühl für Deutſchlands Ehre oder Schande, Glück oder Un— glück. Sein Schweigen bei den großen Ereigniſſen und den wirren Verhandlungen dieſer Zeit war lediglich eine ſchmerz— volle Reſignation, zu welcher er ſich in ſeiner Stellung und bei ſeiner genauen Kenntnis von den Menſchen und von den Dingen wohl entſchließen mußte.

Als ich endlich auf brach, waren meine Augen mit Tränen angefüllt. Ich faßte Goethes beide Hände, weiß aber durchaus nicht, was ich geſagt, und ebenſowenig, was Goethe geanf- worfef hat. Gewiß iſt, er war ſehr herzlich. Als ich ſchon aus der Türe getreten war, wandte ich mich nochmal zurück: Bei meinem Eintritt hatte ich die Abſicht, Ew. Exzellenz noch eine Bitte vorzutragen; ich habe es aber unterlaſſen und will es auch jetzt nicht kun. Ich wollte Ew. Exzellenz bitten, mein Journal doch mit einigen, wenigſtens mit einem Beitrag zu beehren. Ich danke Ihnen, fiel Goethe ein, daß Sie es nicht getan haben. Ungern hätte ich es Ihnen abgeſchlagen, aber ich hätte es Ihnen abſchlagen müſſen, und Sie wiſſen nunmehr warum.

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Ricarda Huch: An die Frauen

I Frauen, wie das Los der Erde falle, Nie wechſelt eures: Leiden, Kampf und Not. Ob Frieden blühe, ob das Schlachthorn ſchalle, Ein ewger Brand von eurem Opfer loht.

Die weiche Hand, die fremdes Weh verbunden,

Die ſchöne Hand, zu niedrem Dienſt bequemt,

Verdeckt beſchämt die eignen bittren Wunden;

Euch ſtützt kein Glücklicher, wenn Schmerz euch lähmt.

Die edles Denken haucht wie eine Blume,

Die freie Stirne ſchmückt kein Ehrenkranz, Von eurer tapfren Herzen Heldentume

Singt keine Chronik, prahlt kein Ordensglanz.

So hold tragt ihr das Haus, ihr aufrecht Schlanken, Als wär ein Diadem das Marmordach;

Wer dächte, der euch lächeln ſieht, zu danken?

Den lautlos Scheidenden blickt keiner nach.

Die zartſte Bruſt ſchirmt nicht des Ritters Eiſen, Wie Sklaven kämpft ihr, ſchutzlos, namenlos, Und ſteigt, wenn Völker ihre Helden preiſen, Vergeßne Sieger, in den dunklen Schoß.

2 Liebe ſtürzte ſich vom Himmel, Um im Staube zu verbluten, Liebe nährt, was darbt und ſchmachtet, Mit des Herzens ſtarken Fluten.

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Teilt an jene, die entbehren, Lorbeerkranz und Ehrenzeichen; Nicht an uns, die wir entſtammen Immergrünen Sonnenreichen.

Keiner Indien Fabelſchätze Wiegen auf, was wir verſchwenden, Übermaß verſchenkter Gabe Keimt aufs neu aus unſern Händen.

Wie ins Meer die Ströme münden Ewig voll und in Kaskaden Welten endlos ſich ergießen, Strömen unſrer Liebe Gnaden.

Könnte Dank und Lohn beglücken Wie die Wonne ſolchen Lebens? Ruhmlos kämpfend, leidend, ſterbend Jubeln wir den Pſalm des Lebens.

Klein-Kerſtin Schwediſches Volkslied lein⸗Kerſtin und ihre Mutter, die zählten Gold in die Truh. Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum? Klein⸗Kerſtin weint den Liebſten hervor aus Grabesruh. In Freude all eure Tage.

Er trat in ihre Kammer wohl vor die Türe dort. Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum? Steh auf, Klein⸗Kerſtin, den Riegel ſchieb fort. In Freude all eure Tage.

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Sie hieß ihn fißen auf goldrotem Schrein,

Sie wuſch ſeine Füße in klar⸗klarſtem Wein, Und ſie ſaß rechts, und links ſaß er,

Sie ſprachen ſo viel, daß ſie ſchliefen nicht mehr.

Und hörſt du, Klein-Kerftin, die Hähne ſchrein? Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum? Und die Toten müſſen im Grabe ſein.

In Freude all eure Tage.

Und Klein-Kerftin ſtand auf, in die Schuh trat ſie bald, So folgt ſie dem Liebſten hin durch den Wald.

Und als ſie kamen zum Kirchhof dann,

Sein goldſchönes Haar zu ſchwinden begann.

Und ſiehſt du, Klein-Kerſtin, des Mondes Schein? Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum?

Und der Tote ſank in den Hügel hinein.

Sie ſetzte ſich auf den Hügel ſtill:

Allhier den Tod ich erwarten will.

Da hat ſie vernommen des Liebſten Wort.

Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum? Und hörſt du, Klein⸗Kerſtin, nun geh wieder fort. In Freude all eure Tage.

Von jeder deiner Tränen, die hin zur Erde ſank,

Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum?

Ward voll von ſchwarzem Blute mein enger Leichenſchrank. In Freude all eure Tage.

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Bei einem jeden Mahle, wenn du recht fröhlich bift, Wer bricht das Blatt vom Liljenbaum? Von lichten Roſenblättern mein Sarg erfüllet ift.

In Freude all eure Tage. (Übertragen von Etta Federn)

Ein neu Lied Herrn Ulrichs von Hutten

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ch habs gewagt mit Sinnen 8 und trag des noch kein Reu, mag ich nit dran gewinnen,

noch muß man ſpüren Treu;

darmit ich mein nit eim allein,

wenn man es wollt erkennen:

dem Land zu gut, wie wohl man tut ein Pfaffenfeind mich nennen.

Da laß ich jeden lügen

und reden, was er will;

hätt Wahrheit ich geſchwiegen,

mir wären hulder viel:

nun hab ichs gſagt, bin drum verjagt, das klag ich allen Frummen, wiewohl noch ich nit weiter flich, vielleicht werd wiederkummen.

Um Gnad will ich nit bitten, dieweil ich bin ohn Schuld; ich hätt das Recht gelitten, ſo hindert Ungeduld,

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daß man mich nit nach altem Sitt

zu Ghör hat kummen laſſen;

vielleicht wills Gott und zwingt ſie Not, zu handeln dieſermaßen.

Nun iſt oft dieſergleichen

geſchehen auch hievor,

daß einer von den Reichen

ein gutes Spiel verlor;

oft großer Flamm von Fünklin kam, wer weiß, ob ichs werd rächen!

ſtaht ſchon im Lauf, ſo ſetz ich drauf: muß gahn oder brechen!

Darneben mich zu tröſten

mit gutem Gwiſſen hab,

daß keiner von den Böf’ten

mir Ehr mag brechen ab,

noch ſagen, daß uf einig Maß ich anders ſei gegangen

dann Ehren nach, hab dieſe Sach

in gutem angefangen.

Will nun ihr ſelbs nit raten dies frumme Nation,

ihrs Schadens ſich ergatten, als ich vermahnet han,

ſo iſt mir leid; hiemit ich ſcheid, will mengen baß die Karten, bin unverzagf, ich habs gewagt und will des Ends erwarten.

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> Nr S IIIIUNNSUNN RÄNSSÄN EN

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Ulrich von Hutten

Ob dann mir nach tut denken

der Kurtiſanen Liſt:

ein Herz laßt ſich nit kränken,

das rechter Meinung iſt;

ich weiß noch viel, wölln auch ins Spiel, und ſolltens drüber ſterben:

Auf, Landsknecht gut und Reuters Mut, laßt Hutten nit verderben!

Der Rembrandtdeutſche (Julius Langbehn): Die deutſche Weltherrſchaft Nordweſtliches 1890

(En Volk, das ſich auf ſich ſelbſt konzentriert, wird dadurch unwillkürlich auch mächtig über andere; Griechenland hat es bewieſen; Deutſchland wird es hoffentlich beweiſen. Schon allein durch ſeine Lage iſt es beſtimmt, im europäiſchen Staats⸗ leben entweder zu dominieren oder dominiert zu werden; ein drittes gibt es nicht; und ſolange es einig iſt, dominiert es. Eben darum muß und wird es auch im europäiſchen Geiſtes⸗ leben die Führung übernehmen wenn es wieder den Mut zu einer beſonderen und nur ihm eigentümlichen Bildung findet. Konzentration iſt Attraktion. Gründet ſich die Herrſchaft eines Volkes gegenüber einem anderen auf die innere Überlegen- heit des erſteren, ſo iſt ſie durchaus berechtigt und iſt dem letz⸗ teren nur nützlich; wie innerhalb eines jeden einzelnen Volkes, fo bedarf es auch innerhalb der Menſchheit einer Über- und Unterordnung der einzelnen Teile; die Kunſt, dieſelbe ehrlich und ſachgemäß durchzuführen, könnte man Menſchheitspolitik oder in bezug darauf, daß ſie alle Bewohner unſeres Planeten umfaßt, planetariſche Politik nennen. Die von Bismarck

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inaugurierte Politik der Aufrichtigkeit und Wahrheit, alfo eine geniale Politik, iſt für ſie eine gute Vorbereitung; ſie wo— möglich in einem noch größeren Maßſtabe zu handhaben als bisher, wird der Zukunft vorbehalten fein. Das jetzt begin: nende Zeitalter einer interkontinentalen Politik leitet allmäb- lich zu ihr hinüber. Was der Deutſche Kaiſer unter den deut⸗ ſchen Fürſten iſt, das geborene Haupt, ſollte Deutſchland unter den übrigen Ländern der Erde ſein. Teilweiſe iſt es dies bereits. Die deutſchen Fürſten ſind, objektiv genommen, der koſtbarſte Beſitz der deutſchen Nation; daß ſie es, ſubjektiv genommen, nicht immer ſind, beweiſt durchaus nichts dagegen. Sämtliche europäiſche Monarchen ſind, mit ſehr geringer Ausnahme, direkt oder indirekt von deutſcher Abſtammung; auch der ganze höhere Adel Europas iſt von vorwiegend germaniſchem Ur— ſprung. Es gibt gemeinſame politiſche wie geiſtige Intereſſen für den Geſamtadel Europas; ſie beruhen im letzten Grunde auf der Kontinuität des Blutes und ſollten an ſie wieder an— knüpfen. Wie der echte Deutſche durchweg als ein Ariſtokrat, wird der echte Ariſtokrat durchweg als ein Deutſcher geboren; kurzlebige Schlagwörter des Tages können jene, und jahrhun⸗ dertelanger Aufenthalt in der Fremde dieſe Eigenheit nicht auf— heben.

Der Deutſche beherrſcht alſo, als Ariſtokrat, bereits Europa; und er beherrſcht, als Demokrat, auch Amerika; es wird viel— leicht nicht lange dauern, bis er, als Menſch, die Welt be— herrſcht. Möge er ſich einer ſolchen Rolle würdig zeigen. Er iſt zu derſelben nur berechtigt und befähigt, wenn und inſofern er in jeder Lage und unter allen Umſtänden das deutſche Prinzip des Individualismus hochhält. Auf der Achtung fremden Rechtes und nicht am wenigſten fremden Geiſtesrechtes beruht die deutſche, auf dem Gegenteil beruhte die römiſche Weltherr—

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ſchaft; darum iſt jene beſſer als dieſe. Die Deutſchen find be- ſtimmt, den Adel der Welt darzuſtellen. Deutſchlands Welt⸗ herrſchaft kann nur eine innerliche fein; wie auch fein Ariſto⸗ kratismus nur ein innerlicher ſein kann; aber beide werden ſich trotzdem äußerlich betätigen und geltend machen müſſen. Das deutſche Wahrwort muß auch ein Machtwort ſein. Dann kann wieder deutſche Unparteilichkeit, aber ohne deutſche Schwäche, ſich bewähren; dann erſt wird Deutſchland ver⸗ dienterweiſe auf dem Richterſtuhl der Nationen ſitzen. Die Geige iſt das ſpezifiſch deutſche Muſtkinſtrument; der Deutſche hat ſie erfunden, kultiviert und führt ſie noch immer meiſter⸗ haft; er iſt berufen, auch im politiſchen Weltkonzert die erſte Geige zu ſpielen. Primus inter pares. Die Geige iſt ein Frie⸗ densinſtrument; ſie beſänftigt, ſie reizt nicht auf wie die Kriegs⸗ trompete; auch die deutſche Politik, wenn ſie in jenem Sinne geführt wird, muß ſich vorzugsweiſe darauf richten, politiſche „Friedensinſtrumente“ zu handhaben. Sie ſoll den Chor der Völker führe a, aber zur Harmonie. Suum cuique. Die Geige iſt ein ariſtokratiſches Inſtrument; fie wirkt nicht durch lär⸗ mende, ſondern durch gehaltene Töne; ihr Weſen iſt feinſte Nuancierung, edelſte Abſtufung. Wie für die innere ſoll ſie auch für die äußere Politik des Deutſchen Reiches vorbildlich ſein; Macht und Recht hat dieſe letztere, von oben nach unten, in ſanften Übergängen und gerecht zu verteilen. Decrescendo.

Die Deutſchen haben ſchon jetzt die politiſche mastership of the world; ihre ſonſtigen Anlagen befähigen ſie, ſich dieſelbe auch geiſtig zu erringen; jene werden ſie ſich durch ſtarke Kriegs⸗ bereitſchaft erhalten und dieſe durch echte Kunſtgeſinnung er⸗ werben. Um dieſen hohen Zweck zu erreichen, bedarf es eines vermittelnden Organs, eines Bindeglieds, einer Brücke zwiſchen Deuffchland und der übrigen Welt. Sie iſt in der

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See gegeben. Und als ein Brückenkopf dient ihr jener Kranz von dominierenden germaniſchen Staaten, welcher das heutige Deutſche Reich nach Nordweſten hin halbkreisförmig umſchließt. Die jetzige deutſche Politik ift eine Politik der Blutsverwandt⸗ ſchaft; ſie erſtreckt ſich vorwiegend auf die inneren Stämme Deutſchlands; ſie ſollte ſich aber auch, zunächſt geiſtig und ſpäter vielleicht wirklich, auf die äußeren Stämme desſelben er⸗ ſtrecken. Hier liegt die Reſerve ſeiner Kraft! Der amphibiſche Teil Deutſchlands, die Seeſtämme, müſſen möglichſt in ſeine künſtleriſche Intereſſenſphäre mit einbezogen werden. Richtet ſich künftighin die Achſe der deutſchen Bildung auf die Nord— ſee, ſo wird dieſer geiſtige gerade wie der phyſiſche Nordpol einen Strahlenkranz magnetiſcher Strömungen wie Gegenſtrö— mungen um ſich herum fordern und erzeugen. Holland, auf das ſchon hingewieſen worden iſt, umfaßt einen Teil derſelben. In dieſem Lande begegnen ſich indirekt Frankreich, England, Deutſchland; es wendet ſeine drei Seiten gleichmäßig dieſen drei beſonders ſo zu nennenden modernen Staaten zu; es iſt eine Art von Triangulationsdreieck für die europäiſche Kultur. Da⸗ durch war es ſtets ſtarken äußeren Einflüſſen ausgeſetzt; aber es wußte ihnen gegenüber feine beſondere Eigenart zu wahren; und das iſt ihm nützlich geworden. Holland ſelbſt iſt wie eine fette Scholle, die am Meere liegt; von ihm aus kann ſich der weltumfaſſende Geiſt des Individualismus über Deutſchland, und von Deutſchland aus über die bewohnte Erde in befruch— tender Strömung ergießen. Holland endlich iſt während der ſogenannten Auf klärungsperiode die Hohe Schule für die deutſchen wie nordiſchen Fürſten geweſen; Wilhelm III. von Oranien und der Große Kurfürſt, Peter der Große und Fried— rich II. von Preußen haben ſich durch einen längeren oder kür⸗ zeren dortigen Aufenthalt für ihre ſpätere große geſchichtliche

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Rolle vorbereitet; fie haben dort, zunächſt für ſich und dann für ihre Völker, Freiheit und Selbſtändigkeit gelernt; es iſt zu wünſchen, daß ſich für das künftige geiſtige Leben Deutſch— lands ein ähnlicher Einfluß wieder geltend mache. Ein Volk bedarf einer größeren Arena, um zu lernen, als ein Fürſt; da das deutſche Volk nun mündig geworden iſt, wird es ſeine Kräfte auch geiſtig auf einem weiten Schauplatz üben und an- ſtrengen müſſen. Jene nordweſtgermaniſchen Stämme und Staaten, die wie ein Groß-Holland zwiſchen Ozean und Feſt⸗ land liegen, ſind dazu geeignet, beſtimmt, unerläßlich. Sie können geiſtige Befreier ihres Mutterlandes werden; ihre verwandte und doch fremde Bildung iſt ein paſſendes Gegengewicht gegen jene drückende Laſt antiker Geiſtestradition, unter welcher die jetzigen Deutſchen ſeufzen. Der Nordweſten kann den Südoſten wohl aufwiegen. Die deutſche Geiſteskraft muß ſich, ſoweit ſie von außen empfangen und nach außen hin geben will, dieſer Himmelsrichtung zuwenden; hier findet ſie ihre nordweſtliche Durchfahrt! Germania hat alle ihre Kinder um ſich zu ſammeln; das iſt die beſte Staats⸗ und Geiſtespolitik; es iſt eine Familien⸗ politik.

Nord- und Oſtſee find die beiden mächtigen Ausfallstore, welche das deutſche Land und der deutſche Geiſt ſich vorbehalten hat. In den gebildeten Klaſſen der Oſtſeeprovinzen iſt noch Individualität, in den ungebildeten Klaſſen Norwegens noch Natur vorhanden; in Dänemark iſt der Sinn für feineres ge⸗ ſelliges und ſoziales Leben zu Hauſe. In Kopenhagen lebt ein Bierbrauer, der mehr für däniſche Kunſt getan hat als irgend⸗ ein deutſcher Edelmann für die deutſche; er heißt Jacobſen. Die Dänen wollen nicht gern Deutſche ſein; dennoch aber ſind ſie, im weitern Sinne, Niederdeutſche; Dänemark heißt ſogar wört⸗ lich „die niedere Mark“. Vielleicht wird es den Dänen einmal

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leichter werden, ſich an Niederdeutſchland als an Deutſchland anzuſchließen; ihr berühmteſter König, Chriſtian IV., war Kreishauptmann des niederſächſiſchen Kreiſes; das „Kong Chriſtiern ſtod ved hoie Maſt“ hat eine viel ſchönere Melodie als der „tappre Landſoldat“. Dänemarks eigentlicher Beruf, Dänemarks Blüte und Ruhm wird immer „am hohen Maſt“, nicht unter den „Landſoldaten“ zu ſuchen ſein. Es könnte in dem künftigen Großdeutſchland, natürlich zunächſt nur dem geiſtigen, recht gut ein Seitenſtück zu Holland darſtellen; neben den Generalſtaaten der Admiralſtaat; der erlöſende Hauch der See wird alsdann von beiden ausgehen: wie von Holland Frei— heit, könnte von Dänemark Feinheit nach Deutſchland importiert werden. Schottland und England waren ſich fünfhundert Jahre lang feind, ehe fie ſich für immer vereinigten; Deutſch⸗ land und Dänemark ſind ſich jetzt fünfzig Jahre feind; weshalb ſollten nicht auch ſie ſich für immer einigen können? Zwiſchen Holland und Dänemark endlich liegt, geiſtig wie geographiſch England. „Jeder Engländer iſt eine Inſel“, hat Novalis ge- ſagt und damit die individuelle Abgeſchloſſenheit des engliſchen Charakters treffend gekennzeichnet; in dieſem Sinne ſoll auch Deutſchland ſich geiſtig inſulieren und iſolieren; es wird dadurch einerſeits ſeine angeborene Eigenart vertiefen, alſo das Ziel der echten Bildung erreichen und andererſeits fein früheres Schwer: fen in die Fremde aufgeben, alfo die Fehler feiner Vergangen⸗ heit gutmachen. Amſterdam, London, Hamburg, Kopenhagen, Stockholm find die gewaltigen Elemente einer elektriſchen Bat⸗ terie, deren Strom ſich auch hier durch den Kontakt von Feuch⸗ tem und Trockenem, von Land und See, erzeugt, und durch welchen der deutſche Geiſt, wenn er ernſtlich will, die Welt in Bewegung ſetzen kann.

Es kommt nun darauf an, daß dieſe große Aufgabe in, wie

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außerhalb Deutſchlands richtig verftanden wird. „Ich gebe Ihnen nur eine einzige Inſtruktion mit, ein gutes Einwernehmen mit England“, ſagte Fürſt Bismarck zu dem Hauptmann Wiſſ⸗ mann, als dieſer nach Oſtafrika abreiſte; ſie gilt auch im wei⸗ teren Sinne und für gewiſſe weitere Aufgaben des Deutſchen; es gibt für ihn, wenn er eine geiſtige und künſtleriſche Welt politik betreiben will, nur eine einzige Inſtruktion: ein gutes Einvernehmen mit ſeinen Verwandten an der See. Anderer⸗ ſeits bedürfen mindeſtens die kleineren unter jenen Staaten, wie Dänemark und das heutige Holland, des inneren Anſchluſſes an ein großes nationales Ganze, wenn ſie nicht in der Enge ihres eigenen Horizontes verdumpfen ſollen. Wie die Einheit Deutſchlands ſeinerzeit durch gemeinſame Handelsintereſſen, wird die Einheit Germaniens jetzt durch gemeinſame Geiſtes⸗ intereſſen gefordert und gefördert. Dieſe liegen ſogar noch tiefer und führen daher, in gewiſſer Hinſicht, weiter als jene. Teil⸗ weiſe ſcheint man ſich dieſer Tatſache, diesſeits wie jenſeits der See, ſchon bewußt zu ſein. In England fängt nunmehr deutſche Sprache, Kunſt und Literatur an, Mode zu werden; Carlyle hat ſie dort früher ſchon ernſtlich empfohlen; Holbein, Händel, Beethoven ſind zuerſt jenſeits, Shakeſpeare iſt zuerſt diesſeits der Nordſee voll gewürdigt worden. Die betreffende Wechſel⸗ wirkung zeigt ſich in großen wie kleinen Dingen. Der Schotte Burns und der Schwede Bellman haben ganz im Geiſte Rem⸗ brandts gedichtet; das Volkstümliche, Humoriſtiſche, Seelen⸗ volle und dabei zuweilen Viſionäre iſt ihnen allen dreien in auffallender Weiſe gemeinſam. Die Anglomanie, welche in gewiſſen politiſchen wie ſozialen Kreiſen des heutigen Deutſch⸗ lands herrſcht, ſowie die neueſte Schwärmerei der Deutſchen für norwegiſche Literatur erſcheinen gleichfalls als unbeſtimmte, wiewohl etwas ungeſunde Fühler nach der obgenannten Rich⸗

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tung hin. Dieſe flüchtigen Kräuſelungen an der Oberfläche des Meeres deuten auf bleibende Strömungen in ſeiner Tiefe. Wie die Schwärmereien und Eitelkeiten des Jünglings dem Ernſt des Mannes, ſo gehen die hier genannten Neigungen einem ſicher zu erwartenden ſpäteren innerlichen Anſchluß der Deut— ſchen an ihre auswärtigen Vettern voraus. Sie wohnen von Riga bis Amſterdam; und wo das Auge eines einheimiſchen Deutſchen dem eines ausheimiſchen Deutſchen begegnet, da er— kennen ſie ſich; da verſtehen ſie ſich. Wie dem Deutſchen in Shakeſpeare und Rembrandt, ſo ſchlägt ihm auch in Cromwell und Pitt verwandtes Blut entgegen; ſicher wird noch einmal die Zeit kommen, wo die Holländer, Engländer, Dänen, Schwe— den nicht nur in Luther, ſondern auch in Bismarck ihren Geiftes- verwandten begrüßen. Kants intimſter Freund, Green, war ein Engländer, Bismarcks intimſter Freund, Motley, ein Amerikaner; ſo knüpft auch geiſtig das eine Ende des großen niederdeutſchen Halbkreiſes an das andere an. Stimme des Bluts!

Fr. L. Graf zu Stolberg: Deutſchlands Beruf 1813

Da, Herz Europens ſollt du, o Deutfchland, fein! 1 So dein Beruf! Es ſtrömt die Empfindung dir Aus vollen Adern, kehret ſtrömend Wieder zu dir in den vollen Adern!

Gerecht in Spendung, gönneſt du jedem Glied, Was ihm gegeben; eigneſt, veredelnd, dir Das Gute zu vor allen, gibſt es Allen veredelt zurück, unkundig

Des eitlen Neides, weil du, fo gut als reich,

In eigner Fülle ſchaltend, des Heimiſchen Mit Liebe pflegſt, doch auch des Fremden Pflegeſt mit Liebe des weiten Herzens.

Nicht würdig dein, o Mutter Teutonia, Verkennen deiner Söhne nicht wenige Das Eigne; auch unwürdig dein ſind Jene, die fremdes Verdienſt verkennen.

Denn Herz Europens ſollt du, o Deutſchland, ſein, Gerecht und wahrhaft, ſollt in der Rechten hoch Die Fackel heben, die der Wahrheit Strahl, und die Glut des Gefühls verbreitet!

Undeutſcher iſt der blinde Bewunderer nicht Des Fremden, als des Fremden Verächter; laßt Dem Arn die Ehre, laßt dem Fuß ſie,

Denn ſie erwarmen an Glut des Herzens.

Alfred Lichtwark: Der Deutſche der Zukunft Rede am erften Kunſterziehungstag (1901)

ir haben das Problem der künſtleriſchen Erziehung vom

Standpunkt des Erziehers, des Volkswirts und des Künſtlers ſo eingehend verhandeln hören, daß es geboten ſcheint, den Standpunkt in der Nähe mit einem weiteren Abſtand zu vertauſchen, damit ſich uns die Größenverhältniſſe nicht ver- ſchieben. In Wirklichkeit bedeutet die künſtleriſche Erziehung doch nur eine Provinz in dem großen Reich der Geſamterziehung unſeres Volkes, für die wir neue Grundlagen zu ſuchen und auszubauen die Pflicht haben.

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Die Forderung nach einer künſtleriſchen Erziehung tritt nicht als eine vereinzelte Erſcheinung auf, ſie iſt von der erſten Stunde untrennbar verbunden mit dem gleichzeitig etwa um die Mitte der achtziger Jahre deutlicher formulierten Ruf nach einer ſittlichen Erneuerung unſeres Lebens. Die beiden Gebiete ſind nicht zu trennen. Aus den Jahrhunderten der Armut und Be— ſchränktheit, der Hörigkeit und Knechtſchaft nach innen und außen haften dem Weſen des Deutſchen ſo viele beklagenswerte Züge an, daß wir als politiſch und wirtſchaftlich vorangekom— menes Geſchlecht mit Ruhe und Entſchloſſenheit nicht nur an die erbarmungsloſe Ausrottung alter Fehler, ſondern vor allem an die Entwickelung aller zurückgebliebenen edlen Kräfte zu gehen haben. Kein Beobachter kann dies Streben nach neuer Bildung im deutſchen Volk verkennen. Es iſt einer der Grund— züge der Erhebung des vierten Standes, es bewegt die Frauen— welt und hat bisher nur die oberen Schichten des Bürgertums noch kaum berührt.

Im achtzehnten Jahrhundert wurde die Denkweiſe und Lebensführung der Deutſchen durch die Kirche, den Hof, die Univerſität und die zunftartigen Körperſchaften weſentlich mit— beſtimmt. Nach den Jahren des Überganges zeigeen ſich im neun— zehnten Jahrhundert Auf bau, Zuſammenſetzung und Wir— kungsgebiet der wirkenden Kräfte von Grund aus verändert. Der Kirche, die früher unmittelbar jede Geſellſchaftsſchicht und jeden einzelnen mit tauſend Fäden umſpannt hielt, haben ſich einzelne, haben ſich ganze Geſellſchaftsſchichten entzogen. Die zugleich geiſtliche und weltliche Oberherrſchaft iſt ihr nicht er— halten geblieben. Der Hof ſteht nicht mehr als maßgebend für Lebensauffaſſung und Lebenshaltung im Mittelpunkt der neuen bürgerlichen wie früher der ariſtokratiſchen Geſellſchaft. Er iſt ſelbſt in vielen Stücken verbürgerlicht. Die Zünfte ſind auf—

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gelöſt worden. Von den alten Mächten hat nur die Univerſität als Schöpferin der alles beherrſchenden Wiſſenſchaft im neun⸗ zehnten Jahrhundert einen erheblichen Zuwachs an Macht und Anſehen erhalten. Um die Mitte des Zeitabſchnitts hatte ſie faſt hoheprieſterliche Geltung.

Aber andere Lebensmächte haben ſich neben ihr erhoben, von denen im achtzehnten Jahrhundert nichts oder doch nur die Keime vorhanden waren. Die politiſche Partei, die Preſſe, die Erhebung und politiſche Organiſation des vierten Standes, die Frauenbewegung und als Folge der Schulpflicht und Wehrpflicht Schule und Heer.

Alle dieſe Faktoren haben fühlbaren Einfluß auf die Bildung des Deutſchen der Zukunft. Aber die Kirche, die politiſche Partei, die Preſſe, die Organiſation des vierten Standes und der Frauenbewegung wirken doch nur auf einzelne Kreiſe oder auf Teile des Volkes. Mittelbar oder unmittelbar beſtimmend für alle ſtehen nur die Univerſität, die Schule und das Heer da. Ihre Träger, der Profeſſor, der Lehrer, der Offizier, bilden feſtgeſchloſſene Stände mit eigener Überlieferung und eigenem Standesideal. Und ſie wirken nicht nur auf Kreiſe und Teile, ſondern auf alle Stände, und nicht aus der Ferne und unperſönlich durch das Wort, ſondern unmittelbar durch das Vorbild ihrer lebendigen Perſönlichkeit.

Dieſe drei Stände, der Profeſſor, der Lehrer und der Offizier, die unſere Lebensauffaſſung und Lebensführung allein durch ihre Allgegenwart ſtärker beeinfluſſen als ſelbſt die Kirche, deren Vertreter in größere Ferne gerückt ſind, haben in keinem anderen Volk dieſelbe Stellung und Bedeutung. Was wir an guten Eigenſchaften des Charakters, an Kräften und Fähigkeiten für den Deutſchen der Zukunft erſtreben, wird ihm am ſicherſten

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und ſchnellſten übermittelt, wenn es der Profeffor, der Lehrer und der Offizier durch ihr Beiſpiel ihm vorleben. 1

Um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderks, das ſich als Neubegründer, als Vollender aller Wiſſenſchaften fühlte, ge— noß in Deutſchland die Univerſität als Hüterin und Mehrerin des koſtbarſten aller Schätze eine faſt religiöfe Verehrung, und der Stand des Profeſſors bildete eines der Lebensideale des deutſchen Volkes. Der Profeſſor war der vornehmſte Held im Roman, ein Gefäß aller äußeren und inneren Vollkommen⸗ heiten. Gegen das Ende des Jahrhunderts war eine Verſchie— bung eingetreten, die im Roman den Offizier und den Künſtler und- im Leben den Techniker, den Induſtriellen, den Kaufmann in den Vordergrund gerückt hatte. Der Profeſſor hatte in der Dichtung und im Leben den erſten Platz nicht be— haupten können. Die Intereſſen waren andere Wege gegangen.

Wir find mit gutem Rechte ſtolz auf die Taten unferer Ted): niker, Induſtriellen und Kaufleute, und wir ſehen in der wirt— ſchaftlichen Macht, die ſie uns im Lauf eines Menſchenalters zurückgewonnen haben, eine der Sicherungen für den Beſtand unſeres Volkstums. Auch ſteht nicht zu fürchten, daß das deutſche Volk von nun an in der Anhäufung und im Genuß weltlicher Güter den Zweck ſeiner Arbeit und ſeines Daſeins ſehen wird. Daß es einen Moment faſt ſo ſcheinen konnte, darf nicht ungerecht machen. Dasſelbe Geſchlecht, das die neuen Güter erwarb, war nur in einzelnen Ausnahmefällen in der Lage, ſich die Kultur zu erwerben, der ſie zu dienen beſtimmt ſind. Auch der Reichtum braucht Überlieferung, um ſich aus— zudrücken, und Überlieferung gab es in Deutſchland nicht. Wir hatten keinen über das ganze Land verteilten Stand mit ererb- tem Reichtum und überliefertem Kulturleben, dem der neue

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Reichtum hätte nachftreben können. So kommt es, daß er keiner⸗ lei Verpflichtung zu fühlen oder anzuerkennen braucht. Man kann in Deutſchland ſehr reich, ſehr ungebildet, zu keinerlei Opfer für irgendeinen Kulturzweck bereit ſein, ohne der Ver⸗ achtung anheimzufallen. Das geſellige Leben hat dieſer neue Reichtum auf eine rein materielle Baſis geſtellt und dadurch zu einem Fluch gemacht für die, die ſich ihm nicht entziehen können.

Es wäre ſchlimm, wenn die Peſſimiſten recht hätten, die dem Vertreter von Kunſt und Wiſſenſchaft, ſoweit er nicht mit eigenen Gütern geſegnet iſt, eine Art ſozialer Hörigkeit im Kreis der Beſitzenden weisſagen.

In dieſer Kriſis ſehen wir im deutſchen Profeſſorenſtande Beſtrebungen einſetzen und ſtärker werden, die eine neue Zeit mit heraufführen können. Der Profeſſor, der früher in uner⸗ reichbarer Höhe über der Welt ſtand und es unter ſeiner Würde hielt, das himmliſche Feuer ſelber den Sterblichen hinabzutra⸗ gen, beginnt ſich Menſch unter Menſchen zu fühlen. Er hat erfahren, daß die hochmütige Abwehr jeder Laienteilnahme an der Wiſſenſchaft ihren Beſtand gefährdet. Vielleicht iſt das Vorurteil gegen die künſtleriſche Darſtellung der Ergebniſſe ſeiner Forſchungen, die ſie der Welt zugänglich macht, noch nicht überall gebrochen, aber es iſt doch ſchon Breſche gelegt.

Auch andere Vorurteile ſind gefallen. Mehr und mehr zeigt ſich die Neigung, das Leben der Gegenwart zu erforſchen und als ein vollwertiges Objekt der wiſſenſchaftlichen Unterſuchung gelten zu laffen. Auf politiſchem, wirtſchaftlichem und litera⸗ riſchem Gebiete erhalten wir Beobachtungen und Erläuterun⸗ gen des Lebens, wie ſie unſere Vorfahren aus ihrer eigenen Zeit nicht gekannt haben. Man beginnt ſodann an den Univerſitä⸗ ten zu erkennen, daß die Unwilligkeit, wiſſenſchaftliche Zwecke

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zu fördern, die den deutſchen Reichtum neben dem englifchen und namentlich dem amerikaniſchen ſo dunkel erſcheinen läßt, nicht ohne Verſchulden der Wiſſenſchaftler zuſtande gekommen iſt. Der deutſche Profeſſor zeigt ſich hie und da geneigt, gewiſſe Überlieferungen mittelalterlicher Barbarei in der Form gelehrter Streitigkeiten als eines gebildeten Mannes und Ehrenmannes unwürdig zu verlaſſen. Er fängt an, ſeine körperliche Erzie— hung und Erholung in die Hand zu nehmen. Und die frühere Gleichgültigkeit gegen die äußere Erſcheinung beginnt der beſſeren Einſicht zu weichen, daß ſich in der werdenden deutſchen Ge— ſellſchaft der Nachläſſige, nicht peinlich Saubere und Gepflegte je Länger deſto ſicherer deklaſſieren wird.

Dies alles und andere verwandte Beſtrebungen im Profeſſo— reuſtand laſſen erkennen, wie auch er von dem Strom künſtle— riſcher und ethiſcher Bewegung ergriffen iſt, der unſer ganzes Volk mit ſich zu reißen beginnt. Angeſichts der unermeßlichen Tragweite ſeines Einfluſſes ein troſtreiches Vorzeichen. Bei der inneren Miſſion künſtleriſcher und ethiſcher Kultur können wir den Profeſſor ſo wenig entbehren wie den Lehrer. Aber was ſie lehren wollen, müſſen ſie auch in ſich und an ſich zur Erſcheinung bringen.

Was das neunzehnte Jahrhundert in der Entwickelung der Schule, vom Gymnaſium bis zur Volksſchule, geleiſtet hat, iſt von ihm ſelbſt mit als eine ſeiner großen Taten angeſehen worden. Es hat damit eine Organiſation geſchaffen, die noch kein Kulturvolk jemals für ſeine eigene Erziehung beſeſſen hat. Und die Deutſchen haben ſich nicht mit der mechaniſchen Ein— richtung begnügt, ſie haben Unterrichtsmethoden geſchaffen, die den Zugang zu jeder Art von Wiſſen von allen überflüſſigen Schwierigkeiten der Wegführung befreit haben.

Doch bleibt dem zwanzigſten Jahrhundert zu tun genug,

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einmal, weil überhaupt noch nicht alle methodiſche Arbeit er- ledigt iſt, dann, weil jede neue Zeit neue Anforderungen ſtellt, und ſchließlich und nicht zum wenigſten, weil alle menſchlichen Einrichtungen nur auf Sicht getroffen werden können, ſelbſt wo man meint, Grundmauern für die Ewigkeit zu legen. Auch die Schule befindet ſich dauernd im Zuſtand der Revolution.

Daß wir trotz der außerordentlichen Leiſtungen der Schule noch Wünſche haben oder ſtellenweiſe gar noch unzufrieden ſind, iſt nur ein Beweis für ihre lebendige Kraft. Zufrieden- heit und Wunſchloſigkeit wären ein Anzeichen von Verftei- nerung.

Unſerer Bildung fehlt heute noch die feſte nationale Grund- lage. Mag auch die theoretiſche Pädagogik ſie fordern, mag auch der Wortlaut der Lehrpläne beſagen, daß ſie angeſtrebt wird, das geiſtige Leben unſerer Gebildeten beweiſt, daß eine wirkliche Lebensgemeinſchaft mit den führenden Geiſtern der deutſchen Politik, Literatur, Kunſt und Wiſſenſchaft nicht be⸗ ſteht oder höchſtens da, wo in der Muſik ein außerhalb der Schule gewachſener Dilettantismus großen Stils die Grund- lage bildet. Vor allem wäre zu wünſchen, daß unſer Volk mit ſeinen großen Dichtern und Schriftſtellern in engerer Ver⸗ trautheit aufwüchſe. Der gebildete Deutſche empfängt heute noch mindeſtens ebenſoviel Anregung und Genuß von der engliſchen und franzöſiſchen Literatur wie von der des eigenen Volkes. Vielleicht trägt eine etwas zu enge Faſſung des Begriffs der ſchönen Literatur mit zu der ungenügenden Schätzung des deut⸗ ſchen Schrifttums in Deutſchland bei. Zur ſchönen Literatur ge- hört nicht nur das Gedicht in gebundener Sprache, das Drama, der Roman, die Novelle, ſondern ebenſogut jede Art künſtleri⸗ ſcher Geſtaltung eines wiſſenſchaftlichen Stoffs. Es erfordert ebenſoviel künſtleriſche Phantaſie, Kraft und Technik, einen

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philoſophiſchen oder wiſſenſchaftlichen Vorwurf als Erlebnis zu geſtalten, wie der Auf bau und die Ausarbeitung eines Ro⸗ mans, und es liegt gar keine Veranlaſſung vor, den, der Ge— dichte oder Romane ſchreibt, ohne weiteres für ein höheres Weſen zu halten als den „dichtenden“ Philoſophen, Gelehrten oder Staatsmann.

Die Bekanntſchaft nicht nur mit den Namen, ſondern mit den Werken der großen bildenden Künſtler, die das deutſche Weſen ausdrücken, der Jugend zu vermitteln, hat die Schule bisher überhaupt nicht als ihre Aufgabe angeſehen.

Dieſer ungenügende nationale Inhalt unſerer Bildung hat den ſehr bedauerlichen Zuſtand zur Folge, daß die Art der Bil— dung in Deutſchland Kaſte macht. Wer die klaſſiſche Bildung ſelbſt nur in der unzulänglichen Geſtalt erworben hat, in der das heutige Gymnaſium ſie vermittelt, glaubt als höherer Menſch mit Geringſchätzung auf den, der nur die moderne Dreiſprachenbildung beſitzt, herabſehen zu dürfen. Wer Eng⸗ liſch und Franzöſiſch kann, fühlt ſich erhaben über den noch ſo gebildeten einſprachigen Deutſchen.

Wenn man uns, auf die Stundenpläne geſtützt, zu beweiſen verſucht, daß das nationale Schrifttum eifrig gepflegt würde, ſo brauche ich nur zu fragen: Was lebt denn im Geiſt und im Herzen unſerer Gebildeten aus unſerer großen Literatur? Und von welcher Koſt nährt ſich unſer Volk? Daß nicht alle für den Genuß des Beſten die natürliche Begabung haben, weiß ich wohl. Aber ich habe mich ſehr viel umgetan, um zu prüfen, wie viele, die von Haus aus befähigt und geneigt wären, ein⸗ fach vernachläſſigt ſind. Ihre Zahl iſt in allen Ständen, ſelbſt in den oberen, Legion.

Für die Entwickelung unſeres Volkstums müſſen wir von der Erziehung verlangen, daß ſie die liebende Hingabe an unſere

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eigene Sprache, Literatur und Kunſt in allen Kreiſen erweckt. Darin liegt eine unſchätzbare, alle Stände des Volkes zujam- menſchließende Kraft. Wer hat es nicht erlebt, wie ihn Ver⸗ trautheit mit Goethe, Gotthelf, Keller oder Jakob Burckhardt ich nenne die erſten beſten Namen einem Fremden, der dieſelben geiſtigen Erlebniſſe gehabt, bei flüchtiger Berührung nahegebracht hat!

Hätten wir dieſe allen Ständen zugängliche gemeinſame Bildung, ſo würde die klaſſiſche Kultur kaum ernſtliche Wider⸗ ſacher finden.

Der Gedanke der deutſchen Schule verkörpert ſich im Lehrer. In ſeiner gegenwärtigen Ausdehnung und Organiſation iſt der Lehrerſtand jung und, als Folge der Schulpflicht, eine Schöp— fung des neunzehnten Jahrhunderts. Er hat keine alten, ge feſtigten Traditionen, es ſteht kein Ahnengeſchlecht hinter ihm. Nach gut deutſcher Art iſt er ſcharf zerklüftet, und als unver⸗ ſöhnte Gegenſätze ſtehen ſich Volksſchullehrer und Lehrer der höheren Schulen gegenüber, genau, wie die Lehrer der höheren Schulen ſich leicht in einem Gegenſatz zu den Lehrern der Hoch— ſchule fühlen. Unter dieſen Zuſtänden pflegt ein junger Stand wie der des Lehrers beſonders zu leiden. Die ältern Stände haben äußere Macht und äußeres Anſehen ererbt, der neue be⸗ ſitzt noch kein ſolches Kapital. Nach deutſcher Gewohnheit verweigern die ältern Kaſten jedem neuen Stand (der notge⸗ drungen das Weſen der Kaſte annehmen muß) gleiches Recht.

Mancher Charakterzug des heutigen Lehrers ſtammt aus dieſer Lage.

Nun können uns aber Stimmung und Gemütsverfaſſung des Lehrers um ſo weniger gleichgültig ſein, als es von ihm allein abhängen wird, ob die Schule im zwanzigſten Jahrhun⸗ dert noch ferner wie ein Fremdkörper auf unſerm Leben laſtet,

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oder ob fie vom Kind, das fie beſucht, von den Eltern, die ihre Kinder hinſenden, geliebt wird.

Alle Schulreform ſteht und fällt mit dem Lehrer. Die beſten Stundenpläne können ihn nicht beflügeln, die ſchlechteſten ihn nicht hemmen. Der Kern ſeiner Wirkungsfähigkeit liegt in der lebendigen Kraft, die er entfaltet, und in der Kraft, die er in ſeinen Schülern entwickelt.

Daß dazu auch die künſtleriſchen Kräfte gehör die das Leben geſtalten ſollen, ohne deren Ausbildung, ohne deren Ein— wirkung auf Sprache, äußere Erſcheinung, Lebenseinrichtung und Lebensführung, auf Schaffen und Genuß in jeder Geſtalt das Daſein auch in der Fülle materiellen Wohlſtandes ein Vegetieren bleibt, hal die Theorie niemals bezweifelt, ſoll aber für das Leben unſeres Volkes als ein neues Ziel der Entwick— lung erſt erobert werden.

*

Wie mit der Schulpflicht hat ſich das deutſche Volk mit der Wehrpflicht im neunzehnten Jahrhundert in vorbildlich gewordenem Entſchluß eine ſchwere Laſt auferlegt, aber zugleich eine Einrichtung von unſchätzbarem erziehlichem Einfluß ge— ſchaffen.

Der Träger dieſes Einfluſſes, der Offizier, iſt in feiner heuti— gen Ausprägung ein Erzeugnis des neunzehnten Jahrhunderts. Aber er hat viele Wandlungen durchgemacht und iſt beſtändig im Werden und Wachſen begriffen. Eine Geſchichte der Ent— wickelung des deutſchen Offiziers ſcheint noch nicht verſucht zu ſein, ſo wichtig ſie für die Klärung der Vorſtellungen ſein würde. Der nächſte Vorfahr des deutſchen Offiziers ſind die Führer der ſtehenden Heere ſeit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Weiter zurück geht ſeine Abſtammung auf die Söldnerführer, die Ritter und in fernerer Folge die kriegeriſchen Adelsge—

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ſchlechter. Vom Dreißigjährigen Kriege ab lag die Entwickelung des Typus weſentlich in der Hand der Hohenzollern. Zur ſelben Zeit, als Ludwig XIV. den franzöſiſchen Adligen zum Höfling machte und dadurch den Grund zu ſeinem Untergang in der Revolution legte, hat der Große Kurfürſt die Kraft des preußi⸗ ſchen Adels dem Staat zuzuführen begonnen. Von Geſchlecht zu Geſchlecht hat der Typus des Offiziers feſtere Züge ange⸗ nommen, bis er ſchließlich die Hohenzollern und die deutſchen Fürſten, die ihn geſchaffen, in feinen Bann zwang. Es iſt be- kannt, daß Kaiſer Wilhelm J., wenn er vor einer Schickſals⸗ lage ſtand, deren Entſcheidung ihm ſchwer wurde, ſich wohl zu fragen pflegte, was er als Offizier zu tun habe. Dann hätte er es gleich gewußt, fügte Bismarck hinzu, der dieſen Zug be- richtet hat. Bei Friedrich dem Großen wäre dies noch nicht denkbar.

Die eigenartige Stellung des Offiziers in unſerem öffenf- lichen Leben und unſerer Geſellſchaft iſt ohne einen Blick auf ſeinen Urſprung nicht zu verſtehen. Er allein ſteht heute, wie früher der Adel ſtand.

Wenn wir die höchſten Formen des Lehrer-, des Profefforen- und des Offizierstypus vergleichen und nur dieſe ſollte man zum Vergleich nebeneinander ſtellen —, ſo treten beim Offizier eine Reihe von Eigenſchaften ſchärfer hervor, die bei ſeinen Miterziehern unſeres Volkes wohl vorhanden ſein können und auch mehr und mehr auf kommen, aber noch nicht als notwen⸗ dig gelten. Das iſt die Ausbildung des Körpers, die Erziehung des Willens und die drakoniſch durchgeführte formale Er- zogenheit, die ſich beim höchſten Typus nicht bloß auf die äußere Haltung, ſondern auch auf die Bildung des Herzens erſtreckt, auf der die Fähigkeit beruht, in jedem Augenblick Herr ſeiner ſelbſt zu ſein und Worte und Taten des Takts zu finden.

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In dieſer feiner höchſten Entwickelung, in der er nun Vorbild geworden iſt, haben wir im deutſchen Offizier den einzigen deut— ſchen Mannestypus, an den allſeitige Anforderungen geſtellt werden. Profeſſor und Lehrer können bei beſonderer Begabung und Leiſtungsfähigkeit ſehr einſeitig entwickelt ſein, vom höch— ſten Typus des Offiziers darf man ſagen, daß er ſelbſt bei der äußerſten Intelligenz und Bildung des Geiſtes nicht denkbar iſt, wenn der Körper nicht tauglich iſt, der Charakter, die formale Bildung zu wünſchen übrig laſſen. Es gibt in der Tat keine körperlichen, ſeeliſchen oder geiſtigen Mängel, keine Unzulänglichkeit der Erziehung, die nicht einzeln unter Umſtän⸗ den genügten, um dem deutſchen Offizier eine große Lauf bahn abzuſchneiden. In keinem Stand findet eine ſo ſchroffe Aus— leſe ftaff.

Alles dies hat ihn als Typus ſo ſtark gemacht, daß er ſich dem ganzen Volk aufzuprägen beginnt, vom Fürſten bis zum Tagelöhner.

Durch die Tatſache der Wehrpflicht iſt dieſe Wirkung auch für die Zukunft feſtgelegt. Auch künftig durchſchreitet das ganze Volk einmal die Sphäre des Offiziers. Alles Gute und Edle, was der Offizier ſich erhält und erwirbt, wird ſich von ihm aus als äußere Haltung und innere Geſinnung dem ganzen Volke mitteilen. Alle Arbeit, die der einzelne Offizier an ſeine Entwickelung zum Ideal ſeines Standes ſetzt, wird, wie dieſelbe Arbeit des Lehrers und Profeſſors, zugleich für die Erhöhung unſeres Volkstums geleiſtet, denn nichts wirkt mit fo lebendiger Kraft wie das Beiſpiel.

Aus der vieltauſendjährigen Geſchichte unſerer Raſſe kennen wir genauer ein paar hundert Jahre. Schon wie unſere Vor: fahren vor fünf hundert Jahren ausgeſehen haben, müſſen wir

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aus Bruchſtücken erraten. Was ſie dachten und fühlten, iſt uns weiter zurück noch mit großen Lücken auf ein paar Jahrhunderte zu enträtſeln, aus früherer Zeit wird nur ge- legentlich eine kurze Strecke durch ein Licht, das von außen auf den Pfad unſerer Entwicklung fällt, aus tiefer Nacht hervor⸗ gehoben.

Aber trotz aller Trümmer und Lücken der Überlieferung ver⸗ mögen wir ſelbſt aus den Tatſachen, die jedem geläufig ſind, zu erkennen, welche tiefen Wandlungen Seele und Charakter unſeres Volkes in der kurzen Spanne von zweitauſend Jahren durchgemacht hat. Aus dem Deutſchen des Tacitus, einem Jäger und Krieger, der den Ackerbau, Induſtrie und Handel verachtete, ſehen wir in wenigen Jahrhunderten den Ackerbauer, dann den Städtebewohner, den Kaufmann, Geldmann und Induſtriellen werden und in dieſen Tätigkeiten neue Charak⸗ terzüge annehmen. Kaum ein Jahrtauſend nach der Völker⸗ wanderung eine ſehr kurze Spanne Zeit war der Deutſche Ackerbauer geworden, war ſchon Hofmann geweſen, der alle Kultur des Abend- und Morgenlandes in ſich vereinte, hatte Römerſtädte auf ſeinem Boden zu neuem Leben entwickelt, hatte auf jungfräulichem Boden neue gegründet, war aus dem freien Bauern ein Höriger geworden und ſchickte ſich an der ehemalige Städtehaſſer innerhalb feiner feſten Mauern zum engherzigen, kurzſichtigen, kleinlichen Spießbürger zu werden, dem jeder der großen Züge des kaiſerlichen deutſchen Mannes, wie ihn Walther beſungen und der große Bildhauer von Naumburg körperhaft vor unſere Augen geſtellt hat, einge- ſchlafen war. Und dann kam die Zeit des Kräfteverfalls, wo aus dem freien Deutſchen die Knechtsnatur wurde, die wir heute noch nicht überwunden haben. Die Beobachtung der unendlichen Mannigfaltigkeit der Mannestypen, die unſer

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Volk allein im letzten Jahrtauſend hervorgebracht hat, der zahlloſen Seelenzuſtände, die es durchlaufen hat, gibt uns heute das Recht, unſere Erziehung in die Hand zu nehmen, um aus unſerem Charakter auszumerzen, was an beklagenswerten Fol⸗ gen der Jahrhunderte der nationalen Schmach noch in uns ſteckt. Wir haben zu lange weſentlich der Intelligenz gelebt. Es iſt Zeit, daß nun die ſittlich religiöſen und die künſtleriſchen Kräfte zur Entfaltung kommen.

Wenn im Fichtenwalde ein Stamm gefällt iſt und die Wurzel wird nicht ausgerodet, ſo ſtirbt der Stumpf nicht ab. Die Wurzeln, die im Dunkel der Tiefe ihre Arbeit verrichten, ſpüren es kaum in ihrer lichtloſen Heimſtätte, daß oben ſich ein Schickſal erfüllt hat, denn ſie ſind mit denen der Machbarbäume eng verwachſen und geben ihnen die Nahrung ab, die ſie aus der Erde ziehen. In den Nachbarſtämmen ſteigen ihre Säfte hin- auf in die Kronen, die ſich in Luft und Licht des Himmels wie— gen, und ſteigen herab und nähren auch die Wurzeln und den Stumpf des entkronten Baumes, ſo daß ſie nicht faul werden.

Im Wald der Kulturvölker hat unſer Volk durch Jahr: hunderte als Baumſtumpf geſtanden, deſſen Wurzeln die Nachbarſtämme nährten, deſſen Stumpf von ihnen Nahrung zurückempfing.

Aus den uralten Wurzeln haben wir nun aufs neue einen Stamm zum Himmel hinaufgeſandt und treiben unſere Lebens⸗ ſäfte zum eigenen Wipfel empor.

Aber die Mächte, die dem erſten Stamme den Untergang bereitet haben, find noch nicht überwunden und lauern immer noch dieſelben in uns und um uns her.

Schutz vor erneuter Vernichtung gewähren uns nicht die äußeren Einrichtungen unſeres Volkstums, nicht unſere Bünd— niſſe. Das alles kann der Sturm einer Nacht hinwegfegen.

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Aber unbeſiegbar werden wir ſtehen bleiben, wenn jeder ein- zelne in jeder Stunde, bei jedem Werk, an jedem Ort, wohin ihn Mut und Schickſal geſtellt haben, das höchſte Maß ſeines Willens und ſeiner Kraft entfalten lernt.

Daß dies Gefühl der Verpflichtung gegen ſein Volk im Deutſchen der Zukunft erweckt und lebendig erhalten wird, dar⸗ auf kann niemand durch fein Beiſpiel ſtärker, ſtetiger und un- mittelbarer hinwirken als der deutſche Profeſſor, der deutſche Lehrer und der deutſche Offtzier.

Schiller: Nänie

Ip das Schöne muß ſterben! Das Menſchen und Götter bezwinget,

Nicht die eherne Bruſt rührt es des ſtygiſchen Zeus.

Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrſcher,

Und an der Schwelle noch, ſtreng, rief er zurück ſein Geſchenk.

Nicht ſtillt Aphrodite dem ſchönen Knaben die Wunde,

Die in den zierlichen Leib grauſam der Eber geritzt.

Nicht errettet den göttlichen Held die unſterbliche Mutter,

Wann er, am ſkäiſchen Tor fallend, fein Schickſal erfüllt.

Aber ſie ſteigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,

Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.

Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,

Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene ſtirbt.

Auch ein Klaglied zu ſein im Mund der Geliebten, iſt herrlich,

Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

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Bücher aus dem guſel⸗ Verlag

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Viel muß man leſen, nicht vielerlei ... Ich meine nicht vieles, ſondern viel: ein weniges, aber mit Fleiß.

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Das nachfolgende Verzeichnis gibt nur eine Auswahl; das voll- Ständige Bücerverzeichnis des Verlages wird unberechnet geliefert.

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Abälard und Heloife: Briefe. Herausgegeben von W. Fred. In Leinen M. 6.—; in Halbleder M. 8.—.

Als der Großvater die Großmutter nahm. Ein Lieder— buch für altmodiſche Leute. Herausgegeben von Guſtav Wuſt— mann. Vierte Auflage. In Halbpergament M. 7.—; in Leder M. 10.—.

Alteſte deutſche Dichtungen. Überſetzt und herausgegeben

von Karl Wolfskehl und Friedrich von der Leyen. Ju Pappband M. 6.—; in Pergament M. 10.—. Deutſche Dichtungen aus dem 8.— 11. Jahrhundert.

Anderſens Märchen. Unter Benutzung der von Anderſen be— ſorgten deutſchen Ausgabe übertragen von Mathilde Mann. Initialen, Titel und Einband von Carl Weidemeyer-Worps— wede. Zwei Bände. In Leinen M. 12.—; in Leder M. 18.—.

Anderſen Nexö, Martin: Pelle der Eroberer. Roman in

zwei Bänden. In Halbleinen M. 10.—. Ein Roman und unendlich viel mehr .. . ein Roman in dem Sinne, in dem wir den „Wilhelm Meiſter“ und die „Flegeljahre“, Kellers „Grünen Heinrich“ und Raabes „Schüdderump“, den „Copperfield“ und den „Niels Lyhne“ Romane nennen: ein Lebensbuch, das vom Kritiker ohne weiteres den höchſten Maßſtab heiſcht, eines der wenigen, die wir als notwendig emp— finden, nicht als ſchwarz auf weiß gedruckte Literatur, ſondern als ein in allen Farben des Daſeins leuchtendes Erlebnis. Rhein.⸗Weſtf. Zeitung.

Arabiſche Nächte. Nachdichtungen arabiſcher Lyrik von Hans Bethge. In Pappband M. 5.—.

Arnim, Achim von: Werke. Auswahl in drei Bänden. Im Auftrag und mit Unterſtützung der Familie von Arnim heraus— gegeben von Reinhold Steig. Mit Arnims Bildnis in Licht— druck. In Pappbänden M. 3.—; in Leinen M. 4.50; in Halb: pergament M. 6.50.

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Zweite Auflage. Zwei Bände. In Leinen M. 8.—z; in Leder M. 12.—.

Bahr, Hermann: Eſſays. Zweite Aufl. In Pappb. M. 6.—.

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Balzac: Die meuſchliche Komödie. Deutſche Ausgabe in

16 Bänden mit Einleitung von Hugo von Hofmannsthal und einem Eſſay über Balzac von Wilhelm Weigand. In Leinen M. 35.—, in Leder M. 112. Unter dem Geſamttitel, Die menſchliche Komödie“ hat Balzac dieſen gewal— tigen, aus unzähligen Menſchen, Zuſtänden und Begebenheiten beſtehenden Organismus zuſammengefaßt. Er fehlte zu lange dem geiſtigen Daſein unſe— res Volkes, als daß es einer beſonderen Rechtfertigung bedurfte, wenn wir ihn durch dieſe neue Ausgabe wiederum zugänglich und wirkſam gemacht haben. Die Romane, die in dieſen Bänden enthalten ſind, können auch einzeln bezogen werden, worüber ein beſonderes Verzeichnis unterrichtet.

Balzac: Diedreißigtolldreiſten Geſchichten, genannt Con— tes Drolatiques. Übertragen v. Benno Rüttenauer. Zweite Auflage (4.—6. Tauſend). In Leinen M. 10. zin Leder M. 14.—.

Balzac: Die Phyſiologie der Ehe. Eklektiſch-philoſophiſche Betrachtungen über Glück und Unglück in der Ehe. Übertragen von Heinrich Conrad. Zweite Auflage. In Leinen M. 5.50; in Leder M. 7.30.

Balzac: Briefe an die Fremde (Frau von Hanska). Über- tragen von Eugenie Faber. Eingeleitet von Wilhelm Wei— gand. Zwei Bände. Mit einem Bilde Balzacs in Lichtdruck. In Leinen M. 10.—; in Leder M. 14.—.

Beethovens Perſönlichkeit. Urteile der Zeitgenoſſen, geſam— melt und erläutert von Albert Leitzmann. Mit 8 Bildertafeln. Zwei Bände. In Pappbänden M. 6.—; in Halbleder M. g.—. Die ſchönſte Ergänzung zu allen Beethoven-Biographien.

Bergmann, Anton: Ernſt Staas, Advokat. Skizzen und Bilder. Aus dem Vlämiſchen übertragen. Einband von Carl Walſer. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.—. (Erſchienen 1915.) Eines der berühmteſten und ſchönſten Bücher der neueren vlämifchen Dichtkunſt.

Binding, Rudolf G.: Die Geige. Vier Novellen. In Papp- band M. 4.50.

Boccaccio: Das Dekameron. 11.—2o. Tauſend. Zwei Aus— gaben: a) Zwei Bände. In Leinen oder Halbpergament M. 10.—. b) Drei Bände. In Leder M. 14.—.

Beide Ausgaben ſind durchaus vollſtändig.

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Briefe eines Unbekannten (Alexander von Villers). Aus deſſen Nachlaß neu herausgegeben von Karl Graf Lanckoronski und Wilhelm Weigand. Mit zwei Bildniſſen in Heliograpüre. Zwei Bände. In Leinen M. 12.—; in Halbleder M. 13.—.

In dieſen formvollendeten, an Geiſt und Eſprit reichen Briefen findet ſich ſo viel Schönes, und die Sprache iſt von einer ſolchen klaſſiſchen Glätte und Eleganz, daß ſie reife Menſchen immer mit Genuß leſen werden.

Allgemeines Literaturblatt, Wien.

Brillat-Savarin: Phyſiologie des Geſchmacks. In ge—

kürzter Form deutſch herausgegeben von Emil Ludwig. Mit Wiedergabe vieler Holzſchnitte aus der Ausgabe von 1864. In Halbleder M. 6.—. Dies klaſſiſche Buch erſchien zuerſt anonym 1826 und iſt ſeitdem in vielen Auflagen und Ausgaben in Frankreich verbreitet. Nur ein Franzoſe konnte dieſes geiſtvolle und launige, graziöſe und weltkluge Buch ſchreiben, das in anmutiger, anekdotengewürzter Form die materiellen Genüſſe der Tafel preijt. Eine beſondere Zierde dieſer Ausgabe bilden die vielen amüſanten, in den Text verſtreuten Bilder.

Das Buch der Fabeln. Zuſammengeſtellt von Chr. H. Kleu— kens. Eingeleitet von Otto Cruſius. In Pappband M. 7.—; in Halbleder M. 9.—.

Enthält das Beſte und Charakteriſtiſchſte aller Fabeln der Weltliteratur

von Babrios über Phädrus, Behaim, Leonardo da Vinci, Luther, Bürger, Goethe, Schopenhauer, Kleiſt, Grillparzer, Turgenjeff bis zu Wilh. Buſch.

Büchner, Georg: Geſammelte Werke nebſt einer Aus— wahlſeiner Briefe. Eingeleitet von Wilhelm Hauſenſtein. In Pappe M. 4.—; in Halbleder M. 6.—. (Erſchienen 1915.)

Cahn, Wilhelm: Imbelagerten Paris 1870/1. Tagebuch— blätter. Geheftet M. 3.—; in Pappband M. 3.50. Erſchienen 1915.) Als der einzige Deutſche, der in offizieller Stellung die Belagerung und die Schreckensherrſchaft der Kommune in Paris mitgemacht hat, ſchildert der Legationsrat Cahn ſeine Erlebniſſe. Damals wie heute verbreitete die Agence Havas die ungeheuerlichſten Lügenmeldungen, witterte man hinter jedem militäriſchen Mißgeſchick Verrat. Aber es will uns ſcheinen, als ſei das Frankreich ohne Bundesgenoſſen unendlich viel naiver, unbedachter und liebenswürdiger in ſeinen Fehlern geweſen. Mommſen ſagte von dieſem Buch, daß es ihn beſſer in den Geiſt der Zeit eingeführt habe als dickleibige Geſchichtswerke.

*

Caroline: Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt herausgegeben von Erich Schmidt. Mit drei Porträts und einem Brief an Goethe in Fakſimile. Zwei Bände. In Leinen M. 14.—; in Leder M. 20.—.

Carolinens Leben in ihren Briefen. Herausgegeben von Reinhard Buchwald. Mit einer Einleitung von Ricarda Huch. Mit 18 Bildertafeln. In Pappband M. 4.-; in Halb: leder M. 6.—.

Eine volkstümliche Auswahl aus der vorſtehenden Geſamtausgabe.

Cervantes: Der ſcharfſinnige Ritter Don Quixote von der Mancha. 4.—10. Tauſend. Vollſtändige Taſchenausgabe in 2 Bänden. In Leinen M. 10.—; in Leder M. 15.—.

Cervantes: Novellen. Vollſtändige Ausgabe in 2 Bänden. In Leinen M. 10.—; in Leder M. 12.—.

In dieſen vier Bänden liegt das Bleibende von Cervantes’ Werken in vorzüglicher Übertragung vor.

Die chineſiſche Flöte. Nachdichtungen chineſiſcher Lyrik von Hans Bethge. Fünfte Auflage. In Pappband M. 5.—.

Chineſiſche Novellen. Nach dem Urtext übertragen von H. Rudelsberger. In zwei Pappbänden M. 7.50. Vorzugs— ausgabe: 350 Exemplare auf Chinapapier in Seide gebunden M. 30.—. Von keiner anderen Warte aus kann ein beſſerer Einblick in die Sitte und Denkart des chineſiſchen Volkes gewonnen werden als aus ſeinen volkstümlichen Erzählungen. Wie der Chineſe zu Hauſe und unter ſeines— gleichen wirklich ſich gibt, ſo ſpiegeln ihn die buntfarbigen Geſtalten der ſchöngeiſtigen Literatur ſeines Volkes. Zum erſtenmal gibt hier eine Auswahl aus allen bedeutenden Novellenſammlungen Chinas einen Geſamtüberblick über die Belletriſtik des chineſiſchen Reiches.

Dickens, Charles: Werke. Ausgewählt und eingeleitet von Stefan Zweig. Mit den Federzeichnungen von Phiz, Cruikſhank, Seymour u. a. Taſchenausgabe auf Dünndruckpapier: 6 Bände

in Leinen M. 36.—z; in Leder M. 45.—. Bibliotheksausgabe auf ſtarkem Papier: 12 Bände in Leinen M. 48.—.

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Jeder Band der Taſchenausgabe (in Leinen M. 6.—, in Leder M. 7.50) entſpricht zwei Bänden der Bibliotheksausgabe:

David Copperfield. Mit 40 Federzeichnungen von Phiz.

Der Raritätenladen. Mit 73 Federzeichnungen und 8 Initialen von

Browne, Cruikſhank u. a.

Die Pickwickier. Mit 43 Federzeichnungen von R. Seymour, Buß u. Phiz.

Martin Chuzzlewit. Mit 40 Federzeichnungen von Phiz, Hablot und

Browne.

Nikolaus Nickleby. Mit 38 Federzeichnungen von Phiz.

Oliver Twiſt und Weihnachtserzählungen. Mit 71 Federzeich—

nungen von Phiz u. a.

Droyſen: Das Leben des Feldmarſchalls Grafen Yorck von Wartenburg. Zwei Bände. Neue Ausgabe. Mit 8 Bild: niſſen und 8 Karten. In Leinen M. 14.—; in Halbleder M. 16.—. Die Erneuerung dieſer klaſſiſchen Biographie des eiſernen Nord wird jetzt bo ſonders willkommen ſein. Das Leben des Mannes der trotz aller Mühen und Aufopferung die Schmach des Jahres 1806 mit erleben mußte, endlich aber die Zeit der Befreiung kommen ſah und fie ſchneller herbei: und mitwirkend durch— führte: das alles zieht in der ſtiliſtiſch wie fachlich unübertrefflichen Darſtel— lung Droyſens an unferen Augen vorüber im biographiſchen Rahmen das niederſchmetterndſte und das erhebendſte Stück preußiſcher Staatsgeſchichte.

Eichendorffs Dichtungen. Zwei Bände. In Pappbänden M. 3.—; in Leinen M. 4.—; in Leder M. 10.—.

Eliſabeth Charlotte, Herzogin von Orleans (iſelotte): Briefe. Auswahl in 2 Bänden, herausgegeben von Hans F. Hels molt. Mit 2 Bildniſſen in Heliogravüre. Zweite Auflage. In Halbpergament M. 16.—.

Deutſche Erzähler. Ausgewählt und eingeleitet von Hugo von Hofmannsthal. Vier Bände. In Pappbänden M. 12.—; in Halbleder M. 20.—.

Inhalt: Band I: Goethe: Novelle Kleiſt: Das Erdbeben in Chili Hebbel: Aus meiner Jugend Keller: Spiegel, das Kätzchen Jean Paul: Leben des vergnügten Schulmeiſterlein Maria Wuz Mörike: Mozart auf der Reife nach Prag. Band II: Eichendorff: Taugenichts Büchner: Lenz Arnim: Der tolle Invalide Droſte-Hülshoff: Die Judenbuche Schiller: Der Geiſterſeher. Band III: Gotthelf: Barthli der Korber Fouqué: Undine Tieck: Der blonde Eckbert Brentano: Geſchichte vom braven Kaſperl und dem ſchönen Annerl Sealsfield: Erzählung des Oberſten Morſe. Band IV: Grillparzer: Der arme Spielmann Hauff: Das kalte Herz Stifter: Der Hageſtolz.

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Gefta Romanorum. Das älteſte Märchen- und Legendenbuch des chriſtlichen Mittelalters. Ausgewählt von Hermann Heffe. In Pappe M. 5.—; in Halbleder M. 7.—. (Erſchienen 1913.)

Gobineau: Die Renaiſſance. Hiſtoriſche Szenen. (Savo— narola, Ceſare Borgia, Julius II., Leo X., Michelangelo.) Mit 23 Lichtdrucktafeln. 2. Auflage. Kartoniert M. 12.—; in Halbleder M. 16.—.

Gobineau: Die Renaiſſance. Hiſtoriſche Szenen. Wohl— feile Ausgabe. 11.20. Tauſend. Mit 20 Porträts und Szenenbildern in Autotypie. In Pappband M. 4.—; in Halb- leder M. 6.—.

Goethes ſämtliche Werke in ſechzehn Bänden

Von dieſer beſonders zur Verſendung ins Feld geeigneten Taſchenausgabe auf Dünndruckpapier ſind bisher erſchienen und einzeln käuf lich:

I. II: Romane und Novellen. Vollſtändig in zwei Bänden. In Leinen M. 9.—; in Leder M. 11.—.

III. Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. In Leinen M. 5.—; in Leder M. 6.—.

IV: Italieniſche Reife; Kampagne in Frankreich 1792; Belagerung von Mainz 1793. In Leinen M. 5.—; in Leder M. 6.—.

V. Annalen und kleinere autobiographiſche Schriften. In Leinen M. 4.50; in Leder M. 5.50.

VI-VIII: Dramatiſche Dichtungen. 3 Bände. In Leinen M. 14.50; in Leder M. 17.50.

IX. X: Kunſt⸗Schriften. Vollſtändig in zwei Bänden. In Leinen M. 10.-; in Leder M. 12.—.

XI: Überſetzungen und Bearbeitungen fremder Dich— tungen. In Leinen M. 5.50; in Leder M. 6.50.

XII. XIII: Aufſätze zur Kultur-,Theater-und Literatur— geſchichte. Maximen. Reflexionen. Zwei Bände. In Leinen M. 10.—; in Leder M. 12.—.

200

Goethe-Kriegsausgabe 10 Bände (geheftet und beſchnitten) Jeder Band 30 Pf.:

Fauſt / Götz / Egmont / Iphigenie / Hermann und Dorothea; Achilleis / Werther / Drei Novellen Kampagne in Frankreich 1792. Jeder Band 30 Pf.:

Gedichte in Auswahl von Erich Schmidt / Goethes Jugend (aus Dichtung und Wahrheit).

Goethes Werke in ſechs Bänden. Im Auftrage der Goethe— Geſellſchaft herausgegeben von Erich Schmidt. 51.—70. Tau. In Pappbänden M. 7. zin Leinen M. 9. zin Halbleder M. 1 5.—.

Goethes Fauſt. Taſchenausgabe auf Dünndruckpapier. In— halt: Urfauſt, das Fragment (1790), die Tragödie, I. und II. Teil, Paralipomena. 16.25. Tauſend. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 4.50.

Goethes Italieniſche Reiſe. Mit 167 Zeichnungen Goethes, ſeiner Freunde und Kunſtgenoſſen (auf 122 Lichtdrucktafeln). Mit Unterſtützung des Goethe-National-Muſeums herausgegeben von George v. Graevenitz. In Halbleder M. 40.—z in Leder M. 60.—.

Goethes Italieniſche Reiſe. Wohlfeile illuſtrierte Ausgabe.

Mit 58 Handzeichnungen Goethes und 10 Porträts von Goethe und ſeinen Reiſegenoſſen. Im Auftrag des Goethe-National— Muſeums herausgegeben von H. T. Kröber. Zwei Bände. In Pappbänden M. 6.—; in Halbpergament M. 7.50. Die große illuſtrierte Ausgabe der „Italieniſchen Reiſe“, die vor vier Jahren erſchien, hat einen Erfolg gehabt, wie er wohl ſelten einem Werke ähnlichen Umfangs und Preiſes zuteil geworden iſt. Mit der Direktion des Goethe⸗National⸗Muſeums aber begegnete der Verlag ſich in dem Wunſche, den neu erſchloſſenen Schatz an Goethe-Zeichnungen und -Por— träts nicht auf einen immerhin kleinen Kreis Wohlhabender zu beſchränken, vielmehr einen großen Teil davon in dieſer „Wohlfeilen Ausgabe“ all— gemein zugänglich zu machen.

Goethe: Die Leiden des jungen Werther. Mit den elf Kupfern von Daniel Chodowiecki in Nachſtich und einer Rötelſtudie. Zweite Auflage. In Leder M. 10.—.

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Goethes Liebesgedichte. Herausgegeben von H. G. Gräf.“

In Pappband M. 3.—; in Leder M. 6.—.

Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Vollſtändige Ausgabe in drei Bänden. In Leinen M. 10. zin Leder M. 14.—.

Der Briefwechſel zwiſchen Schiller und Goethe. Im Auf— trag des Goethe- und Schiller-Archivs nach den Handſchriften vollſtändig herausgegeben von H. G. Gräf und A. Leitzmann. Drei Bände. In Halbleinen M. 10.—; in Leder M. 20.—.

Der Briefwechſelzwiſchen Goethe und Zelter. Im Auftrage des Goethe- und Schiller-Archivs nach den Handſchriften heraus— gegeben von Max Hecker. Vier Bände. Mit Fakſimiles und 4 Bildniſſen. Jeder Band in Leinen M. 6.50; in Leder M. 9.—. Band I und II find erſchienen; die weiteren folgen Ende 1915 und 1916. Dieſer Briefwechſel umfaßt den letzten großen Lebensabſchnitt Goethes, die Zeit der Reife und Vollendung (von 17991832); in Zelter, dem Begründer der Berliner Liedertafel, hat der Dichter für den verſtorbenen Freund in Weimar einen würdigen Erſatz gefunden. Goethe ſpricht zu Zelter von allem, was ihn beſchäftigt: von ſeinen Werken, von der Li— teratur jener Zeit, von ſeinem Privatleben, von öffentlichen Vorgängen und von ſeinen Gefühlen. Und Zelter, ein ganz vorzüglicher Erzähler, plaudert vom Hofleben, von der Politik, von Forſchungen, Reiſen, Studien. Erſt jetzt erſcheint diefer Briefwechſel in einer feiner Bedeutung zukommen⸗ den vollſtändigen und wiſſenſchaftlich zuverläſſigen Ausgabe.

Goethes Briefwechſel mit Marianne von Willemer. Dritte Auflage. In Leinen M. 5.—; in Leder M. 8.—.

Goethes Geſpräche mit Eckermann. Vollſtändige Ausgabe in zwei Bänden. Mit zwei Porträts. 6.— 10. Tauſend. In Pappbänden M. 5.—; in Leinen M. 7.—; in Leder M. 10.—.

Der junge Goethe. Begründet von Salomon Hirzel. Neu herausgegeben von Max Morris. Sechs Bände mit 66 Licht— drucktafeln. Geheftet M. 27.—; in Leinen M. 36.—; in Leder M. 45.—.

Die vollſtändige Sammlung aller Dichtungen, Briefe, Geſpräche, Zeich- nungen und Radierungen Goethes bis zu feiner Überſiedlung nach Weimar.

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Goethes äußere Erſcheinung in literariſchen und künſtleri— ſchen Dokumenten ſeiner Zeitgenoſſen. Von Emil Schaeffer. Mit 80 Vollbildern. In Halbleinen M. 3.—; in Leder M. 8.—.

Die Briefe der Frau Rath Goethe. Geſammelt und heraus— gegeben von Albert Köſter. Zwei Bände. Fünfte Auflage. In Halbleder M. 15.—.

Die Märchen der Brüder Grimm. Vollſtändige Ausgabe. Ausſtattung von Carl Weidemeyer-Worpswede. Zwei Bände. In Leinen M. 10.-; in Leder M. 16.—.

Grimmelshauſen: Der abenteuerliche Simpliciſſimus. Vollſtändige Taſchenausgabe in drei Bänden. Mit den vier Ra- dierungen von Max Klinger in Lichtdruck. In Pappbänden M. 8.—; in Pergament M. 14.—.

Groth, Klaus: Quickborn. Volksleben in plattdeutſchen Ge— dichten dithmarſcher Mundart. 450 Exemplare auf Strathmore— Japan, in Halbpergament M. 20.—.

Gedruckt auf der Ernſt-Ludwig-Preſſe in Darmſtadt.

Hafis: Nachdichtungen ſeiner Lieder von Hans Bethge. In Pappband M. 3.—.

Hallſtröm, Per: Ein Schelmenroman. In Halbpergament WM 3.30.

Hallſtröm, Per: Die vier Elemente. Erzählungen. In Halb— pergament M. 5.—.

Hallſtröm, Per: Der tote Fall. Ein Roman. In Pappband M. 4.—.

Hallſtröm, Per: Frühling. Roman. In Halbpergament M. 5.—.

Hallſtröm, Per: Eine alte Geſchichte. Roman. In Halb: pergament M. 5.—.

Hallſtröm, Per: Ein geheimes Idyll. In Halbpergament M. 5.—.

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Hallſtröm, Per: Verirrte Vögel. Novellen. In Halbperga— ment M. 5.—. Per Hallſtröm gehört zu den Erſten und Eigengeſtaltenden, die man viel leſen ſollte; ſeine Novellen beweiſen ihn als eine ganz nach innen ge— richtete Natur von leiſer Harmonie. Er hat das Ohr für die ganz un— wirklichen Töne der Seele, wenn ſie irgendwie erwachen will und nicht recht weiß, wohin ſie langen wird in den Tag. Und wenn er uns ent— läßt, ſind wir um vieles Wiſſen reicher aus dem dunklen Untergrund, den wir Seele nennen. Königsberger Allg. Zeitung.

Hardt, Ernſt: Geſammelte Erzählungen. Zweite Auflage. In Pappband M. 4.—.

Hauffs Märchen. Vollſtändige Ausgabe. Initialen, Titel und Einband von Carl Weidemeyer-Worpswede. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 9.—.

Der Heiligen Leben und Leiden, anders genannt das

Paffional. Aus alten deutſchen Drucken übertragen und miteinem Nachwort herausgegeben durch Severin Rüttgers. Mit Wieder— gabe von 146 Holzſchnitten aus dem Lübecker Druck von 1492. Zwei Bände. In Halbleinen M. 12.—; in Halbpergament M. 14.—. Vorzugsausgabe: 200 Exemplare mit handkolorierten Holz— ſchnitten, in Schweinsleder M. 50.—. Dies iſt ein Buch, auf das der Verlag beſonders ſtolz ſein darf. Die meiſten Stücke der Sammlung alter deutſcher Legenden bot das Augs— burger Paſſional, deſſen Hauptquelle die lateiniſche Sammlung des Ja— cobus de Voragine, die ſogenannte Legenda aurea iſt, das aber mehr als ſechzig Legenden, namentlich deutſcher Heiligen, enthält, die in der Legenda aurea nicht ſtehen. Darüber hinaus wurde aus fpäteren Drucken noch eine ſtattliche Zahl bedeutender Stücke gewonnen, die ſonſt in keiner Sammlung enthalten waren.

Heines ſämtliche Werke. Herausgegeben von Oskar Walzel. Zehn Bände. In Halbpergament M. 30.—. Vorzugsaus⸗ gabe: 1000 Exemplare auf Inſel-Hadernpapier, in Halbleder M. 70.—; in Leder M. 100.—.

Heines Buch der Lieder. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 4.50.

Heymel, Alfred Walter: Geſammelte Gedichte 1895 bis

1914. In Halbpergament M. 6.—; 30 numerierte Exemplare auf Büttenpapier, mit der Hand in Leder gebunden M. 30.—.

204

Hoffmann, E. T. A.: Lebens-Anſichten des Katers Murr. Neu herausgegeben von Hans von Müller. In Pappe M. 7.—. (Erſchienen 1915.)

Hofmannsthal, Hugo von: Die Gedichte und kleinen Dramen. 11-20. Tauſend. In Pappband M. 3.—; in Halb— leder M. 5.—.

Holbein, Hans: Bilder des Todes. Nach den Probedrucken der erſten Ausgabe fakſimiliert in der Reichsdruckerei zu Berlin. 800 numerierte Exemplare: Nr. 1 bis 100 mit der Hand in Leder gebunden M. 34.—; Nr. 101 bis 800 in Pappband M. 12.—; in Leder M. 18.—.

Hölderlins ſämtliche Werke und Briefe. In fünf Bänden. Kritiſch⸗hiſtoriſche Ausgabe von F. Zinkernagel. Mit mehreren Bildern und Fakſimiles. Jeder Band in Halbleder M. 6.—; Vor— zugsausgabe: 30 numerierte Exemplare auf van Gelder-Bütten, jeder Band in Leder (Handeinband) M. 30.—.

Dieſe Hölderlin-Ausgabe tritt mit dem Anſpruche auf, die Werke des Dichters in wiſſenſchaftlich abſchließender Geſtalt darzubieten.

Homers Odyſſee. Neu übertragen von Rudolf Alexander Schröder. In Halbpergament M. 3.—.; in Leder M. 3.—.

Huch, Ricarda: Der große Krieg in Deutſchland. (Roman aus dem Dreißigjährigen Kriege.) Drei Bände. 4.—6. Tauſend. In Leinen M. 15.—; in Halbleder M. 20.—.

Huch, Ricarda: Merkwürdige Menſchen und Schickſale aus dem Zeitalter des Riſorgimento. In Pappbd. M. 5.—; in Leder M. 7.—.

Huch, Ricarda: Das Lebendes Grafen Federigo Confa— lonieri. 3.—5. Tauſend. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50.

Huch, Ricarda: Die Geſchichten von Garibaldi. Hiſtori— ſcher Roman. Zwei Bände. Vierte Auflage. In Leinen M. 12.—. Band I: Die Verteidigung Roms. Band II: Der Kampf um Rom.

Huch, Ricarda: Nichaellluger. Des Romans » Vita somnium breve« fünfte Auflage. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50.

205

Huch, Ricarda: Von den Königen und der Krone. Sechſte Auflage. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50.

Huch, Ricarda: Wallenftein. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.50. (Erſchienen 1913.)

Humboldts Briefe an eine Freundin [Charlotte Diede ]. Zum erſten Male nach den Handſchriften herausgegeben. Zwei Bände. In Leinen M. 8.—; in Leder M. 10.—.

Jacobs, Monty: Deutſche Schauſpielkunſt. Zeugniſſe zur Bühnengeſchichte klaſſiſcher Rollen. Mit 33 Bildertafeln. In Leinen M. 7.50.

Jacobſen, Jens Peter: Sämtliche Werke. Autoriſierte Übertragung. Mit Reproduktionen von Zeichnungen des Dich— ters und dem von A. Helſtedt 1885 radierten Porträt. In Leinen M. 8.—; in Leder M. 11.—.

Inhalt: Frau Marie Grubbe Niels Lyhne Novellen Gedichte und Entwürfe Naturwiſſenſchaftliche Schriften.

Kants ſämtliche Werke in ſechs Bänden. Taſchenausgabe im Format und Schrift der Großherzog-Wilhelm-Ernſt-Ausgabe. Jeder Band in Leinen M. 6.—; in Leder M. 7.50.

Bisher ſind erſchienen: Band I: Vermiſchte Schriften (darin: Anthropologie, Streit der Fakul-

täten u. a.). Band II: Naturwiſſenſchaftliche Schriften. Band III: Kritik der reinen Vernunft.

Kants Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von F. Oh— mann. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.

Katharina II., Kaiſerin von Rußland: Memoiren. Nach den zum erſten Male veröffentlichten eigenhändigen Manu— ſkripten der Kaiſerin. Mit 12 Porträts in Lichtdruck und 4 Stammtafeln. 2 Bände. In Halbleder M. 16.—.

Eines der Hauptwerke zur Kenntnis der ruſſiſchen Geſchichte.

Kleiſts ſämtliche Werke und Briefe in ſechs Bänden. Mit einem Bildnis und verſchiedenen Fakſimiles. In Leinen M. 32.—3 in Halbpergament M. 36.—.

206

Klödens Jugenderinnerungen. In Leinen M. 3.—; in

Leder M. 5.—.

Ihrem Inhalt nach laſſen ſich Klödens Jugenderinnerungen mit dem bekannten Buch von Kügelgen vergleichen, ihrem Wert nach werden ſie von vielen noch darüber geſtellt.

Körners Werke in einem Bande (Großherzog-Wilhelm-Ernſt— Ausgabe deutſcher Klaſſiker). In Leder M. 3.50.

Kortum: Die Jobſiade. Ein komiſches Heldengedicht in drei Teilen. Mit den Bildern der Originalausgabe und einer Einlei— tung in Verſen von Otto Julius Bierbaum. 4. und 5. Tau- ſend. In Pappband M. 5.—; in Schweinsleder M. 12.—.

Kriegs-Almanach für 1915. Mit 12 Bildern und 1 Fak— ſimile. 61.—73. Tauſend. Kartoniert M. —.30.

Kromer, Heinrich E.: Guſtav Hänfling. Denkwürdigkeiten eines Porzellanmalers. In Pappb. M. 3.50; in Halbled. M. 5.—. Von dieſen Denkwürdigkeiten, die ein Künſtler des Gefühls und der Ironie in einer ganz erſtaunlich großen, klaſſiſch reinen und klaren Sprache aufgezeichnet hat, ſchrieb die Kritik, ſie gehörten zu jenen Taten des Geiſtes und Herzens, die, losgelöſt von Zeit und Zeitgeſchehen, das nationale Gut eines Volkes bereichern und befruchten.

Lagerlöf: Göſta Berling. Erzählungen aus dem alten Werm— land. Liebhaber-Ausgabe in zwei Bänden. In Pappbänden M. 7.—; in Leder M. 10.—.

Lenaus ſämtliche Werke und Briefe in ſechs Bänden. Voll— ſtändige kritiſche Ausgabe herausgegeben von Eduard Caſtle. Mit verſchiedenen Bildern und Fakſimiles. In Leinen M. 36.—; in Halbleder M. 42.—. Vorzugsausgabe: 200 Exemplare auf Inſel⸗Hadernpapier, in Leder M. 72.—.

Luthers Briefe. In Auswahl herausgegeben von Reinhard Buchwald. Zwei Bände. In Leinen M. 12.—; in Leder M. 18.—.

Lüthgen, Eugen: Belgiſche Baudenkmäler. Mit 96 Voll— bildern. In Halbleinen M. 3.—. (Erſchienen 1915.)

207

Die vier Zweige des 1 Ein keltiſches Sagenbuch.

Übertragen von Martin Buber. In Halbpergament M. 4.— in „5 M. 7.—. „Die vier Zweige des Mabinogi⸗ ſind das reifſte und bedeutendſte Werk keltiſcher erzühlender Proſa das auf uns gekommen iſt. Sie können mit keinem anderen Werk der Weltliteratur verglichen werden als der jünge— ren Edda und ſind einzigartig als der erſchütternde Bericht eines Zyklus ungeheuerer Vorgänge und als ein monumentales Gedicht.

Mann, Heinrich: Die kleine Stadt. Ein Roman. Fünfte Auflage. In Leinen M. 5.—.

Meinhold: Die Bernſteinhexe. Hiſtoriſcher Roman. In Halbpergament M. 4.50; in Ganzpergament M. 7.—

Meinhold: Sidonia von Bork, die Kioſterg Hiſtori— ſcher Roman. Zwei Bände. In Halbpergament M. 8.—; in Ganzpergament M. 12.—.

Zwei in Deutſchland mit Unrecht vergeſſene, im Auslande viel geleſene 8 deutſche Romane, die in der Zeit der Hexenverfolgungen ſpielen. „Die Bernſteinhere“ hielt man ſeinerzeit für eine echte alte Chronik, ſo daß der Dichter, um der Be Meldung zu fteuern, ein anderes ähn- liches Werk ſchreiben mußte „Die Kloſterhexe. durch das er bewies, daß er kein Chronikenabſchreiber, ſondern ein wirklicher Dichter war.

Morgenländiſche Erzählungen für die reifere Jugend. (Palmblätter.) Neu herausgegeben von Hermann Heſſe. In Leinen M. 4.—, in Leder M. 5.—

Dieſer einſt ſo viel geleſenen, nun faſt vergeſſenen Sammlung hat ſich Hermann Heſſe liebevoll angenommen und die ſchönſten Geſchichten daraus zuſammengeſtellt.

Morier, James: Die Abenteuer des Hadſchi-Baba von

Ispahan. Roman. Übertragen von A. v. Kühlmann. In Leinen M. 6.—. Morier war um 1830 Mitglied der engliſchen Geſandtſchaft in Teheran. Sein „Hadſchi-Baba“, der zu den klaſſiſchen Werken der Erzählungs- kunſt gehört, iſt ein perſiſcher Abenteurerroman, der in erſter Linie durch die bunten Lebenswirrſale dieſes orientaliſchen Gil Blas feſſelt und unter— hält, außerdem aber ſich die Aufgabe ſtellt, ein zuverläſſiges Geſamtbild perſiſchen Lebens und Denkens zu vermitteln.

Mörike: Das en und andere Märchen. In Leinen M. 4.—; in Leder M. 3

208

Mörike: Mozart auf der Reiſe nach Prag. Zweite Auf: lage. In Leinen M. 3.50; in Leder M. 4.50.

Mozarts Perſönlichkeit. Urteile der Zeitgenoſſen, geſammelt und erläutert von A. Leitzmann. Mit 11 Bildertafeln. In Halbleinen M. 4.—; in Halbleder M. 5.50.

„Die Schaubühne“ bringt Proben aus dieſem Werk und ſagt, es ſei ein Buch, das man verſchlingt und das man am liebſten noch einmal ganz abdrucken würde.

Napoleon-Briefe. In Auswahl herausgegeben von Friedr. Schulze, übertragen von Hedwig Lachmann. Mit 19 zeit— genöſſiſchen Bildern. In Pappband M. 4.-; in Leder M. 10.—.

Nietzſches Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Ri— chard Oehler. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.

Altfranzöſiſche Novellen. Zwei Bände. Übertragen von Paul Hansmann. Mit Titelholzſchnitten und Zierſtücken nach alten Originalen. In Pappbänden M. 10.—; in Leder M. 14.—.

Altitalieniſche Novellen. Zwei Bände. Ausgewählt und überſetzt von Paul Ernſt. Mit altvenezianiſchen Titelholzſchnitten und Zierſtücken. In Pappbänden M. 8.—; in Leder M. 12.—.

Geſchichten aus dem alten Pitaval. Herausgegeben nach der von Schiller getroffenen Auswahl und um weitere Stücke vermehrt von Paul Ernft. Drei Bände. Geheftet M. 9.—; in Leinen M. 12.—; in Leder M. 15.—.

Pocci: Luſtiges Komödienbüchlein. Auswahl in zwei Bänden. Mit vielen Bildern nach Zeichnungen Poccis. In Halb— pergament M. 10.—.

Pontoppidan, Henrik: Hans im Glück. Ein Roman in zwei Bänden. Dritte Auflage. In Leinen M. 10.—. Als Pontoppidans großer Roman erſchien, war er das Ereignis ſeines Jahrgangs. Inzwiſchen iſt eine Flut von Romanen an uns vorüber— gegangen, und immer noch iſt „Hans im Glück“ das Buch, das den ſtärk— ſten und geſchloſſenſten Eindruck von ihnen allen macht. Seit dem „Niels Lyhne“ hat das kleine Dänemark dem übrigen Europa kein ſo vollgewichtiges Werk mehr gegeben. Joſef Hofmiller. Die Pfalmen. Taſchenausgabe. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 4.50. (Erſchienen 1913.) a

209

Reinke Voß. Neu erzählt v. Chriſtian Heinrich Kleukens. Mit farbigem Titel, farbigen Bildern und Einband von F. W. Kleukens. 400 Exemplare auf van Gelder-Papier; 50 Erem: plare in Pergament (Handeinband) M. 70.—; 330 Erempl. in Halbpergament M. 40.—.

Gedruckt auf der Ernſt-Ludwig-Preſſe in Darmſtadt.

Rilke, Rainer Maria: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. Zwei Bände. Dritte Auflage. In Papp: bänden M. 6.—; in Leder M. 10.—.

Rilke, Rainer Maria: Erſte Gedichte. In Halbleder M. 6. 30.

Rilke, Rainer Maria: Das Buch der Bilder. Einmalige Vorzugsausgabe: 250 Exemplare auf Hadernpapier, in Halb— leder M. 20.—.

Gedruckt auf der Ernſt-Ludwig-Preſſe in Darmſtadt.

Rilke, Rainer Maria: Die frühen Gedichte. Dritte Auf— lage. In Halbleder M. 6.50.

Rilke, Rainer Maria: Neue Gedichte. Dritte Auflage. In Halbleder M. 6.50.

Rilke, Rainer Maria: Der neuen Gedichte anderer eil. Zweite Auflage. In Halbleder M. 6.50.

Rilke, Rainer Maria: Geſchichten vom lieben Gott. Vierte Auflage. Geheftet M. 3.—; in Leinen M. 4.—.

Rilke, Rainer Maria: Auguſte Rodin. Mit g6 Abbildungen

nach Skulpturen und Zeichnungen des Meiſters. In Halbleinen M. 4.—; in Leder M. 8.50.

Rilke, Rainer Maria: Das Stundenbuch. (Enthaltend die drei Bücher: Vom mönchiſchen Leben; Von der Pilgerſchaft; Von der Armut und vom Tode.) Sechſte Auflage. In Halb⸗

leinen M. 3.50; in Pergament M. 6.—. |

Rouſſeaus Bekenntniſſe. Aus dem Franzöſiſchen üben von Ernſt Hardt. Vollſtändige Ausgabe in einem Band. In Leder M. 8.—.

210

Rübezahl-Geſchichten: das find wahrhafftige, und über alle Maßen poſſierliche oder anmuthige Fratzen, von dem wunderbar— lichen, ſehr alten und weitbeſchrienen Geſpenſte, dem Rübezahl, für den Curiöſen Liebhaber auffs Neue an Tag gegeben. Mit Wiedergabe von 16 Holzſchnitten der Ausgabe von 1738. 800 numerierte Exemplare in Pappband M. 10.—.

Sachs, Hans: Ausgewählte Werke (Gedichte und Dramen). Mit Reproduktionen von 60 zu den Gedichten gehörigen Holz— ſchnitten von Dürer, Beham u. a. nach den Originaldrucken. Zwei Bände. Zweite Auflage. In Halbleinen M. 12.—; in Halbperga— ment M. 14.—.

Saint-Simon: Der Hof Ludwigs XIV. Nach den Denk: würdigkeiten des Herzogs von Saint-Simon. Herausgegeben von Wilhelm Weigand. Mit 34zeitgenöſſiſchen Bildern. Kar: toniert M. 12.—; in Halbleder M. 16.—.

Schaeffer, Albrecht: Attiſche Dämmerung. Gedichte. In Pappband M. 4.—; in Halbleder M. 5.—. (Erſchienen 1915.)

Schaeffer, Albrecht: Heroiſche Fahrt. Gedichte. In Pappband M. 4.—; in Halbleder M. 5.—. (Erſchienen 1915.)

Schaeffer, Albrecht: Des Michael Schwertlos Vater— ländiſche Gedichte. In Pappband M. 6.— in Halbleder M. 7.50. (Erſchienen 1915.)

Scheffler, Karl: Deutſche Maler und Zeichner im neun— zehnten Jahrhundert. Mit 78 Vollbildern. Zweite Auflage. In Halbpergament M. 12.—.

Scheffler, Karl: Italien. Mit 118 Vollbildern. In Halb— pergament M. 12.—.

Schefflers Buch iſt die Auseinanderſetzung eines bewußten, fertigen Deut: ſchen mit der italieniſchen Renaiſſance. Sein Urteil iſt wie ein Scheide— waſſer, das aus dem Komplex der Renaiſſance nur das bejahend heraus: zieht, was dem Deutſchen wahlverwandt iſt. Der Wert des Buches es ift im höchſten Grade feſſelnd und anziehend geſchrieben liegt gerade darin, daß hier deutſches Empfinden ehrlich und ſicher Stellung nimmt zu den

großen Problemen, die uns ſeit Winckelmann und Goethe beſchäftigen. Scheffler, der Deutſche von 1913, verneint, wo Goethe bejaht. Die Tat.

Scheffler, Karl: Leben, Kunſt und Staat. Geſammelte Eſſays. In Halbpergament M. 8.—.

Scheffler, Karl: Paris. Mit 71 Vollbildern. Dritte Auflage. In Halbpergament M. 12.—.

Schillers ſämtliche Werke in ſechs Bänden (Großherzog—

Wilhelm-Ernſt-Ausgabe deutſcher Klaſſiker). In Leinen M. 20.—; in Leder M. 28.—. Die einzelnen Bände ſind auch unter beſonderen Titeln zum Preiſe von je M. 4.— in Leinen und M. 5. in Leder erſchienen: Dramen I. Teil Dramen II. Teil Gedichte und Erzählungen Hiſtoriſche Schriften Philoſophiſche Schriften Überſetzungen.

Schillers Geſpräche. Berichte ſeiner Zeitgenoſſen über ihn. Mit vier Bildern. In Pappband M. 3.—; in Leinen M. 4.—; in Leder M. 6.—.

Schopenhauers Werke in fünf Bänden. Taſchenausgabe. In Leinen M. 20.—; in Leder M. 26.—.

Schopenhauers Aphorismen zur Lebensweisheit. Taſchenausgabe. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 4.50.

Schopenhauer: Briefwechſel und andere Dokumente ſeines Lebens. Ausgewählt von Max Brahn. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.

Schröder, Rudolf Alexander: Geſammelte Gedichte. In Pappband M. 6.—; in Leder M. 10.—.

Schröder, Rudolf Alexander: Heilig Vaterland. Kriegs— gedichte. Geheftet 30 Pf.

Schurig, Arthur: Wolfgang Amadeus Mozart. Sein Leben und ſein Werk auf Grund der vornehmlich durch Nikolaus von Niſſen geſammelten biographiſchen Quellen und der Ergebniſſe der neueſten Forſchung. Zwei Bände. Mit 32 Vollbildern in Lichtdruck und 5 Fakſimiles. Kartoniert M. 24.—; in Halbleder M. 30.—. Die große Mozartgemeinde wird dieſes Werk mit großer Freude auf— nehmen. Auf Grund aller zeitgenöſſiſchen Quellen unter denen die Briefe des Vaters, hier genau nach den Handſchriften wiedergegeben, eine große Rolle ſpielen und der neueſten Mozartforſchung ſtellt es, viele frühere Irrtümer berichtigend, den fo wehmütigen Erdengang des Meiſters in ſchöner Form dar. Den beiden ſtattlichen Bänden find 32 Bilder und Handſchriftenfakſimiles beigegeben; unter ihnen befinden ſich ſämtliche Mozartportrãts, die zum Teil noch niemals veröffentlicht waren und faſt aus⸗ nahmslos nach den weit verſtreuten Originalen neu aufgenommen wurden.

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Schwab: Die ſchönſten Sagem des klaſſiſchen Alter— tums. Vollſtändige Ausgabe. a) Nichtilluſtrierte Ausgabe in zwei Bänden, in Leinen M. 8.—; b) Illuſtrierte Ausgabe in drei Bänden (mit Flaxmans Zeichnungen), in Leinen M. 12.—.

Seidel, Willy: Der Garten des Schuch an. Novellen. In Leinen M. 6.—.

Seidel, Willy: Der Sang der Sakije. Roman. In Leinen M. 5.—. . Dieſer neue Roman von Willy Seidel führt uns nach Agypten und ſchildert das Schickſal des Emporkömmlings Daüd-ibn-Zabal, der als ausgeſetzter Baſtard bei armen Fellachen aufwächſt, bis er, getrieben von einem immer bewußter auftretenden Lebenswillen, zum Eſeltreiber, Herrſchaftsdiener, Baſarverkäufer und Bey aufſteigt. Er geht zugrunde, weil ſeinem glühenden Drange nach Gleichſtellung mit dem Europäer die menſchlichen Grundlagen fehlen. Es iſt nicht ein Einzelſchickſal, das hier zur Behandlung ſteht, ſondern ein Problem, wie es eben jetzt in un— geheuerſtem Umfange entrollt wird: der Kampf der braunen Raſſe gegen das übermächtige Andringen der engliſchen Weltherrſchaft. Den leiden— ſchaftlichen Fortgang der Geſchehniſſe begleiten Schilderungen des Landes und ſeiner Menſchen, wie ſie nur wenigen Oichtern unſerer Tage ge— lungen ſind.

Sindbads des Seefahrers Abenteuer, wie ſie aufgezeichnet find in dem Buch genannt „Tauſend und eine Nacht“. Illu— ſtrierte Ausgabe mit acht farbigen Vollbildern, Doppeltitel, In— itialen und Einbandzeichnung von Agnes Peters. Geb. M. 5.—.

Sokrates, geſchildert von ſeinen Schülern. Übertragung und Erläuterungen von E. Müller. Zwei Bände. Mit Wiedergabe der Neapler Sokrates-Herme in Lichtdruck. In Leinen M. 12.—. Erſter Band: Kenophon: Erinnerungen an Sokrates, Die Kunſt der Haushaltung. Plato: Protagoras, Ein Gaſtmahl. Zweiter Band: Kenophon: Ein Gaſtmahl. Plato: Gorgias, Verteidigung des Sokrates, Kriton, Phädon; Anhang: Drei Sokratesjünger.

Stauffer-Bern: Familienbriefe und Gedichte. Heraus- gegeben von U. W. Züricher. Mit einem Selbſtporträt des Künſtlers. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—.

Stein, Heinrich von: Geſammelte Dichtungen. Herausge— geben von Friedrich Poske. 3 Bände. In Pappe M. 9.-; in Halbleder M. 12.—. (Erſchienen 1915.)

Inhalt: Die Ideale des Materialismus Vermächtnis Helden und Welt Dramatiſche Bilder und Erzählungen.

Stifter: Aus dem alten Wien. Mit 20 Vollbildern. In Leinen M. 6.—; in Leder M. 8.—.

Stifter: Erzählungen. Vollſtändige Ausgabe der „Studien“ in zwei Bänden. 4.8. Zauf. In Leinen M. 7.50; in Led. M. 10.—.

Strauß, David Friedrich: Ulrich von Hutten. Herausge— geben von Otto Clemen. Mit 32 Lichtdrucktafeln. Kartoniert M. 12.—; in Halbled. M. 16.—. Vorzugsausgabe: 100 Erem: plare auf van Gelder-Bütten, in Rindleder M. 50.—.

Ulrich von Hutten iſt von jeher eine Lieblingsgeſtalt des deutſchen Volkes geweſen. Hineingeboren und verwoben in eine Zeit geiſtiger, religiöfer und politiſcher Erregung und Erneuerung, in eine Zeit, da es, nach ſeinen eigenen Worten, „eine Luſt war zu leben“, hat er im Kampfe der Geiſter in vorderſter Reihe geſtanden.

Taube, Otto Freiherr von: Der verborgene Herbſt. Roman. In Halbpergament M. 6.—.

Die Erzählungen aus den Tauſend und ein Nächten. Erſte vollſtändige deutſche Ausgabe. Mit einer Einleitung von Hugo von Hofmannsthal. In Leinen M. 72.— in Leder M. 84.—.

Zwölf wunderbare Bände, deren kunſtreiche Ausſtattung uns vortäuſcht, wir hielten ein altes arabiſches Buch in den Händen, geben uns die alten Märchen wieder ... Ein Kulturdokument allererſten Ranges, gehören dieſe Märchen zu den großen Menſchheitsepen ... Die Art der Darftel- lung erinnert oft zwingend an Homer in ihrer Naivität und ihrem Reichtum.

Deutſche Rundſchau.

Tauſend und eine Nacht. Mittlere Ausgabe.) Ausgewählt und herausgegeben von Paul Ernſt. 4 Bände. In Halbleinen M. 16.—; in Leder M. 28.—.

Aus der großen vollſtändigen Ausgabe wurden die dichteriſch ſchönſten Erzählungen in einer Auswahl von vier Bänden vereinigt.

Die ſchönſten Geſchichten aus Tauſend und einer Nacht. Volksausgabe (563 Seiten). In Pappband M. 4.—; in Halbleder M. 6.—.

Die einbändige Auswahl kann ohne Bedenken auch der reiferen Jugend in die Hand gegeben werden.

Ühde-Bernays: Anſelm Feuerbach. Mit 80 ganzſeitigen Abbildungen nach Gemälden und Zeichnungen Feuerbachs. In Halbleinen M. 3.—; in Leder M. 8.—.

214

Ulfeldt, Gräfin Leonora Chriſtina: Denkwürdigkeiten (genannt Leidensgedächtnis) aus ihrer Gefangenſchaft im Blauen Turm des Königsſchloſſes zu Kopenhagen 1663-1685. Bearbeitet und neu herausgegeben von Clara Prieß. Mit fünf Bildniſſen in Lichtdruck. In Pappband M. 5.—; in Leder M. 7.50.

Valois, Margaretha von (Königin von Frankreich und Na— varra). Memoiren, Briefe und ſonſtige Dokumente ihres Lebens. Herausgegeben von W. Fred. Zwei Bände. Mit zwei Porträts in Lichtdruck. In Pappbänden M. 7.—; in Halbleder M. 10.—.

Verhaeren, Emile: Rembrandt. Mit 80 ganzſeitigen Abbil— dungen nach Gemälden und Zeichnungen Rembrandts. 10. bis 15. Tauſend. In Halbleinen M. 3.—; in Leder M. 8.—.

Verhaeren, Emile. Rubens. Mit gz ganzſeitigen Abbildungen nach Gemälden und Zeichnungen von Rubens. In Halbleinen M. 3.—; in Leder M. 8.—.

Verlaine: Ausgewählte Gedichte. Übertragen von Wolf Graf von Kalckreuth. Zweite Aufl. In Halbperg. M. 4.—.

Voll, Karl: Entwicklungsgeſchichte der MalereiinEin— zeldarftellungen. 1. Band: Altniederländiſche und altdeutſche Meiſter. Mit 29 Bildertafeln. In Leinen M. 10.—. 2. Band: Italieniſche Meiſter. Mit 25 Bildertafeln. In Leinen M. 10.—. Ein dritter Band wird im Jahre 1916 das Werk abſchließen.

Voltaires Erzählungen. Übertragen von Ernſt Hardt. In Leder M. 10.—.

Inhalt: Der Weiße und der Schwarze Hans und Klaas Die Prinzeſſin von Babylon Die beiden Getröſteten Candid Scar— mentado Zadig Mikromegas Der Harmlofe.

Walzel, Oskar: Vom Geiſtesleben des 18. und 19. Jahr— hunderts. Aufſätze. In Leinen M. 12.—. Aus dem Inhalt: Schiller und die Romantik Goethe und das Problem der fauſtiſchen Natur Clemens Brentano und Sophie

Mereau Goethes Wahlverwandtſchaften im Rahmen ihrer Zeit Rheinromantik uſw.

Weigand, Wilhelm: Der King. Ein Novellenkreis. In Leinen

M. 6.—.

Weimar in den Befreiungskriegen. Drei Teile. In Leinen M. 10.—. Die Bände ſind auch einzeln käuflich: Erſter Teil: Erinnerungen aus den Kriegszeiten von 1806-1813. Von Kanzler Friedrich von Müller. In Leinen M. 3.30.

Zweiter Teil: Johannes Falks Kriegsbüchlein. Darſtellung der Kriegs: drangfale Weimars in dem Zeitraum von 1806— 1813. In Leinen M. 3.—.

Dritter Teil: Weimariſche Berichte und Briefe aus den Freiheitskriegen 1806-1815. Mit 16 Vollbildern. In Leinen M. 5.—.

Wielands Werke. In drei Bänden. Neue Taſchenausgabe, beſorgt von Franz Deibel. In Pappbänden M. 8.—; in Leder M. 15.—; in Pergament M. 20.—.

Wilde, Oscar: Die Erzählungen und Märchen. Mit 10 Vollbildern ſowie Initialen, Titel- und Einbandzeichnung von Heinrich Vogeler⸗ er 31.—40. Tauſend. In Pappband M. 3.—; in Leder M. 9.—.

Wilde, Oscar: Die Ballade vom Zuchthauſe zuReading.

Übertragen von Wilhelm Schölermann. Fünfte Auflage. In Pappband M. 2.—.

Wilde, Oscar: Gedichte. (Die Sphinx; aus den »Poems«.) Überfragen von Giſela Etzel. Mit Titelholzſchnitt von Marcus Behmer. Geheftet M. 6.—; in Halbpergament M. 8.—.

Wilde, Oscar: Salome. Tragödie in einem Akt. Übertragen von Hedwig Lachmann. Mit Doppeltitel, zwei Vollbildern und Einband von Marcus Behmer. Fünfte Auflage. Geheftet M. 2.—; in Pappband M. 3.—.

Kaiſer Wilhelms I. Briefe. Nebſt Denkſchriften und anderen Aufzeichnungen herausgegeben von Erich Brandenburg. In Leinen M. 3.—; in Leder M. 5.—.

Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth: Memoiren. Deutſch von Annette Kolb. Mit drei Heliogravüren. Zwei Bände. Zweite Auflage. In Leinen M. 14. ; in Halbleder Me 16.—.

216

Winckelmann: Kleine Schriften zur Geſchichte der Kunſt des Altertums. Herausgegeben von Hermann Ühde-Ber— nays. Mit 10 Vollbildern. In Halbpergament M. 7.—.

Winckler, Joſef: Mitten im Weltkrieg. Gedichte. In Halbpergament M. 3.50. (Erſchienen 1913.)

Zweig, Stefan: Erſtes Erlebnis. Vier Erzählungen aus Kinderland. In Pappband M. 5.—.

ite

Mark Bände

Jeder Band in Pappband M. 2.—; in Leder M. 4.50

Ludwig van Beethovens Humboldts Briefe an eine Briefe. 11.20. Tauſend. Freundin.

Die Bibel, ausgewählt. Kant⸗Ausſprüche. Heraus⸗ gegeben von Raoul Richter. Fichtes Reden an die deut—

ſche Nation. Eingeleitet von e 115 he a } Ei itet von Eri Rudolf Eucken. ungen. Eingelei 0

Schmidt. Goethes Briefe an Frauſgeffi g 8 B - H Sge⸗ von Stein. 11.20. Tauſend. len: tiefe. Herausge

ben von Julius Pet N Mit drei Silhouetten. ge 285 ee » 28 8 ; Ludwig, Otto: Die Heitere— Goethes Sprüche in Proſa. thei. Roman. Goethes Sprüche in Reimen. Mozarts Briefe. Aus Goethes Tagebüchern. Die Briefe des jungen Briefe von Goethes Mut- Schiller. Miteiner Silhouette. ter. In Auswahl herausge-Der junge Schumann. geben von Albert Köſter. Dichtungen und Briefe. 40. Tauſend. Mit einer Gil- | Wagner, Richard: Auswahl houette. ſeiner Schriften. Herausge— Grimms deutſche Sagen. geben von H. St. Chamber: Herder: Ideen zur Kultur- lain. philoſophie. Des Knaben Wunderhorn.

217

Die Bibliothek der Romane

Jeder Band in Leinen M. 3.—

; in Leder M. 5.—.

Alexis, Willibald: Die Ho- Frangois, Louiſe von: Die

fen des Herrn von Bredow. Vaterländiſcher Roman. (IT.

bis 15. Tauſend.)

Coſter, Charles de: Uilen— ſpiegelu. LammeGoedzack. Ein fröhliches Buch trotz Tod und Tränen.

Die Bibel des flämiſchen Volkes, ſo

hat Verhaeren dieſen Roman ge- | nannt, der von jedem Deutſchen ge-

kannt werden ſollte, denn an den

Stätten, an denen feine Handlung

ſich abſpielt, werden heute die großen |

Entſcheidungsſchlachten geſchlagen: nirgends werden Landſchaft und Volk deutlicher als in dieſem Buche.

Defoe, Daniel: Robinſon Cruſoe. Nach der älteſten

deutſchen Übertragung heraus⸗

gegeben von Severin Rüttgers.

Doſtojewski: Schuld und Sühne. (Raskolnikov.)

Flaubert: Frau Bovpary.

Flaubert: Salambo. Ein Ro-

man aus dem alten Karthago.

Erdmuthens Zwillings— ſöhne. Ein Roman aus der Zeit der Befreiungskriege.

218

Gotthelf: Wie Uli

[Hoffmann, E. T. A.:

Jacobſen, Frangois, Louiſe von: Frau

Jacobſen,

letzte Reckenburgerin. 2. Auflage (16.20. Tauſend).

Außerordentlich iſt der Gehalt dieſes Buches an jener lebendigen Weis⸗ heit, die aus der Fülle eines gütigen Frauenherzens ſtrömt. Wir wagen die Behauptung, daß der Freund un⸗ ſerer Dichterin, Conrad Ferdinand Meyer, deſſen hohe Kunſt wir ge— wiß nicht gering anſchlagen, einen Roman wie „Die legte Redenbur: gerin“ nicht ſchreiben gekonnt hätte. Seine mehr artiſtiſche Kunſt hätte nicht dieſe Blutwärme aufgebracht, die dem Roman ſeiner Freundin ein ſo ſeelenvolles Leben gibt.

Joſeph Viktor Widmann.

der Knecht glücklich wird. Gottfried Keller nannte Gotthelf das größte epiſche Talent, welches feit langer Zeit und vielleicht für lange Zeit lebte.

Der goldene Topf. Klein Za— ches. Meiſter Martinder Küfner und ſeine Geſellen.

Jens Peter: Niels Lyhne.

Jens Peter: arie Grubbe.

Frau M

Jean Paul: Titan. Gekürzt herausgegeben von Hermann

Heſſe. 2 Bände.

Lagerlöf, Selma: Göſta Berling. Erzählungen aus dem alten Wermland.

Mörike: Maler Nolten. In urſprünglicher Geſtalt.

Moritz, Karl Phil.: Anton

Reiſer. Ein pſpychologiſcher Roman. Den „Anton Reiſer“ hat kein Ge— ringerer als Goethe zuerſt empfoh— len, und gleich ihm iſt er ſpäter ſo verſchieden gearteten Geiſtern wie Heine, Hebbel und Schopenhauer in vielem Sinne wert geweſen.

Murger, Henri: Die Bo— beme. Szenen aus dem Pariſer Künſtlerleben.

Scott, Walter: Der Talis— man. In der revidierten Uber⸗ tragung von Auguſt Schäfer.

Scott, Walter: Ivanhoe.

In der revidierten Übertragung von L. Tafel.

Sealsfield, Charles: Das Kajütenbuch. Das klaſſiſche Buch des wilden Weſtens. Die Geſchichten werden im Hauſe des Kapitäns Morſe, der fog. Kajüte, erzählt: daher ſtammt ſein Name.

Stendhal: Rot u. Schwarz. Ein Roman aus dem Frankreich um 1830.

bona.

Thackeray: Die Geſchichte des Henry Esmond, von ihm ſelbſt erzählt.

Ein hiſtoriſcher Roman des be—

rühmten Zeitgenoſſen von Charles Dickens.

Tieck: Vittoria Accorom—

Ein Roman aus der Renaiſſance.

Tillier: Mein Onkel Ben— jamin. Tolſtoi: Anna Karenina. 2 Bände.

Tolſtoi: Auferſtehung.

Tolſtoi: Krieg und Frieden. Ein Roman in fünfzehn Teilen mit einem Epilog. 3 Bände.

Turgenjeff: Väter und Söhne.

Tuti-Nameh (Das Papa— geienbuch). Nach türkiſcher Faſſung überſetzt von Georg Roſen.

Weigand, Wilhelm: Die Frankenthaler.

Ein fränkiſcher Kleinſtadtroman, eines der beſten humoriſtiſchen Bi: cher der Gegenwart.

Wilde, Oscar: Das Bildnis des Dorian Gray.

S * * 77 | r Die Inſel Büch Jeder Band gebunden mit farbigem Überzug 30 Pfennig.

Bisher ſind 187 Bände erſchienen.

Im Jahre 1915 veröffentlichte Bände:

Anekdoten von Friedrich dem Großen. Mit 6 Holzſchnitten von Adolph von Menzel (Nr. 159).

Arndt, Ernſt Moritz: Gedichte (Nr. 163).

Reden Bismarcks nach ſeinem Ausſcheiden aus dem Amte (Nr. 166).

Blüchers Briefe. Ausgewählt und eingeleitet von W. Capelle (170).

Brentano, Clemens: Die Ge— ſchichte vombraven Kaſperlu. dem ſchönen Annerl (Nr. 175).

Clauſewitz, General Karl von: Grundgedanken über Krieg und Kriegführung (Nr. 16g).

Dumpfe Trommel und be— rauſchtes Gong. Nachdichtun— gen chineſiſcher Kriegslyrik von Klabund (Nr. 183).

Fechner, Guſtav Theodor: Das Büchlein vom Leben nach dem Tode. Mit einem Geleitwort von Wilhelm Wundt (Nr. 187).

Geibel, Emanuel: Herolds— rufe. Ausgewählt (Nr. 173). Goethe: Geſchichte Gottfrie— dens von Berlichingen mit der eifernen Hand („Der Ur— götz“) (Nr. 160).

Hebel, Johann Peter: Die ſchönſten Erzählungen aus dem Schatzkäſtlein des rhein— ländiſch. Hausfreundes (177).

220

Hölderlin, Friedrich: Hymnen an die Ideale der Menſchheit. Herausgegeben von Emil Lehmann (Nr. 180).

Kleiſt, Heinrich von: Michael Kohlhaas (Nr. 167).

Der Koran. In Auswahl heraus⸗ gegeben yon E. Harder (Nr. 172).

Krieg und Friede 1870. Zwei Briefe von David Friedrich Strauß an Ernſt Renan und deſſen Ant: wort. Mit einem Anhang: Carlyle an die Times (Nr. 164).

Der alte deutſche Kriegsge— ſang in Worten und Weiſen It. 171%

Lafontaine: Fabeln. Übertragen von Theodor Etzel. Mit 8 Holz: ſchnitten von J. J. Grandville (Nr. 185).

Die deutſchen Lande im deut⸗— ſchen Gedicht (Nr. 174).

Lieder der Landsknechte. Mit acht alten Holzſchnitten (Nr. 158).

Mombert, Alfred: Muſik der Welt aus meinem Werk (181).

Oſtpreußiſches Sagenbuch. Herausgegeben von C. Krollmann

(Nr. 176).

Schiller: Belagerung von Antwerpen durch den Prin— zen von Parma in den Jahren 1584 und 1585 (Nr. 165).

Friedrich Schlegels mente. Ausgewählt und heraus— gegeben von Carl Enders (Nr. 179).

Frag- Der Wandsbecker Bote. Eine

Auswahl aus den Werken von Matthias Claudius. Herausgegeb. von Hermann Heſſe (Nr. 186).

Tieck, Ludwig: Des Lebens Weigand, Wilhelm: Wende—

Überfluß. Novelle (Nr. 184).

Treitſchke, Heinrich von: Das deutſche Ordensland Preu— ßen (Nr. 182).

Ullmann, Regina: Feldpre— digt.

einem Akt (Nr. 178).

lins Heimkehr. Eine Erzählung aus der Fremdenlegion (Nr. 167).

Weimars Kriegsdrangſale in

den Jahren 1806—1814. Be— richte der Zeitgenoſſen, geſammelt von Friedrich Schulze (Nr. 162).

Dramatiſche Dichtung in Kaiſer Wilhelms J. Briefe aus

den Kriegsjahr. 1870/71 (Nr. 168).

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Oſterreichiſche Bibliothek Herausgegeben von Hugo von Hofmannsthal

Preis jedes Bandes gebunden 60 Pfennig = 80 Heller Bisher ſind erſchienen:

I. Grillparzers politiſches Vermächtnis. Zuſammengeſt. von Hugo v. Hofmannsthal.

2. Heldentaten der Deutſch— meiſter 1697 bis 1914. Mit einem Nachwort von Max Mell.

3. Cuſtoza und Liſſa. Von Hein— rich Friedjung.

4. Bismarck und Sſterreich. Her: ausgegeb. v. Franz Zweybrück.

3. Audienzen bei Kaiſer Jo- feph. Nach zeitgenöſſ. Dokumen— ten zuſammengeſtellt u. mit einem Nachwort verſeh. v. Felix Braun.

6. Achtzehnhundertneun. Do— kumente aus Oſterreichs Krieg gegen Napoleon.

7. Fürſt Friedrich zu Schwar— zenberg, „der Landsknecht“: Bilder aus Alt-Oſterreich. Ausgewählt und eingeleitet von Helene Bettelheim-Gabillon.

8. Abraham a Sancta Clara. Ausgewählt und eingeleitet von Richard von Kralik.

9. Beethoven im Geſpräch. Mit einem Nachwort von Fe— lir Braun.

10. Radetzky: Sein Leben und Wirken. Nach Briefen, Berich— ten und autobiographiſchen Skiz⸗ zen zuſammengeſtellt von Ernſt

olden.

11. Auf der Südoſtbaſtion unſeres Reiches. Von Ro— bert Michel.

12. Oſterreichiſche Gedichte 1914/15. Von A. Wildgans.

13. Comenius und die Böhmi⸗ ſchen Brüder. Ausgewählt und eingeleitet von Friedrich Eck— ſtein.

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Inhalt des Almanachs

Kalendarium für das Jahr 1916

Rudolf G. Binding: Spruch für eine Sonnenuhr ....

Rudolf Alexander Schröder: Deutſchland

Ernſt Moritz Arndt: Von Freiheit und Vaterland ...

Karl von Clauſewitz: Krieg und Politik

Blücher: Fünf Briefe an ſeinen König

Sebaſtian Münſter: Von dem Elſaß und ſeiner großen Fruchtbarkeit

Aus dem „Cherubiniſchen Wandersmann“ des Angelus Sileſius

Jacob Grimm: Über den Purismus

Emanuel Hiel: Oproep

Jacob Burckhardt: Auswärtige Politik der italieniſchen Staaten im Zeitalter der Renaiſſance (Aus der „Cultur der Renaiſſance“)

Kaiſer Friedrich III.: Einweihungsfahrt auf dem Suez— Fanl s „„

Prinz Eugen und die Feſtung Lille

Maſuriſche Sagen

Albrecht Schaeffer: In memoriam „Mimoſe“

Helmuth von Moltke: Die Friedenspräſenzſtärke des deutſchen Heeres

Franz Dingelſtedt: Themſefahrt

Otto Fürſt von Bismarck: Zwei Reden

Vier chineſiſche Kriegsgedichte

Heinrich von Stein: Der große König

Willibald Alexis: Friedericus Rex (Mit einem Holzſchnitt von Hans Speckter)

Felix Braun: Totenmeſſe für die Untergegangenen des deutſchen Auslandsgeſchwaders

Urkunde über die Stiftung des Eiſernen Kreuzes

Johann Peter Hebel: Der Schneider in Penſa

Oskar Woehrle: Nach einem Begräbnis

Fr. G. Klopſtock: Weihtrunk an die toten Freunde ...

Landsknechtſchwänke (Mit einem Holzſchnitt von Hans Burgkmair)

Die fünf Heiligen Fetwas

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ULIALILORIDEENITOTIRENOTEERRDROREREUDEDKDOODCRERDERER OLE DEROOKROKDEKEOROOEROERE DOREEN EOROKOREROOOEEOEKDONDERLKEINCRCE TITISTERIKEETEÄTELELEE ROOKIE OERORT REKORDE KROCKERNEDENEICEEEKENIOHEEICREK LEKENKEKTEENEECKEERTETTETGES

AEIV CH TFÜTOETEROEEISTEHÜESETEERIEHSTRENRLÄHENTENKFEHEENEEFEETEHNTNERRUKHEEHÄNENKUEÄHTTERDHLTUEHNLN EV RRRRRRNEHHERUEEEE finn

Ernſt Moritz Arndt: Grabesgrnrn nnn 108

Kaiſer Wilhelm J.: Letztwillige Aufzeichnung 31. Dezem— v RE RE ET FE 109

Ernſt Hardt: Zum 2. September 11dca444— 111

Helmuth von Moltke: Die Dardanellen (Aus „Werke“) 113 Guſtav Freytag: Ein Dank für Charles Dickens (Aus

CC ͤ RV 120 Charles Dickens: Brief an Heinrich Künzel ......... 126 Richard Dehmel: Gebet um Erleuchtung.... 127 Hugo von Hofmannsthal: Worte zum Gedächtnis des

c Ä 130 Ferdinand Freiligrath: Prinz Eugen, der edle Ritter

(Mit einem Holzſchnitt von Hans Speckter . 139 Wilhelm Cahn: Viktor Hugos Rückkehr nach Paris... 141 Der Fähnrich 144 Karl Scheffler: Der Goethe-Deutſche und der Schiller—

I EEE EEE EEE IER 145 Hans Caroſſa: Viel Blut, viel Blu 134 di Das Kriegsjah eee 135 Goethes Geſpräch mit Luden 133 wan dn Frauen 164 WW sera enge 165 Ein neu Lied Herrn Ulrichs von Hutten (Mit einem

1r%ö˙%ͤ˙0—5?! 0 ee 167

Der Rembrandtdeutſche (Julius Langbehn): Die deuſche Weltherrſchaft Nordweſtliches (Aus „Rembrandt

p ²⅛ —⁵2A ²m̃qqĩA m ee 17 Fr. L. Graf zu Stolberg: Deutſchlands Beruf ....... 377 Alfred Lichtwark: Der Deutſche der Zukunft (Aus dem

Tr.. ͤ//ô» !!!!!! ee a 178 . ⁰¹a ²²r²¹ð ꝓevet 192 ee aus dem Inſel⸗ Verlag 193 Beilagen:

Dürer: Die apokalyptiſchen Reiter J. G. Zieſenis: Friedrich der Große Honoré Daumier: Lithographie Helmuth von Moltke: Kumkaleh Dürer: Antwerpen (Scheldetor)

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Der Druck des Inſel-Almanachs ıgı6 erfolgte in der Spamerſchen Buch— druckerei in Leipzig. Den Umſchlag zeichnete Profeſſor Walter Tiemann.

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