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INSTRÜMENTÄTIÖNSLEHRE

VON

HECTOR BERLIOZ.

ERGÄNZT UND REVIDIERT =

RICHARD STRAUSS

TEILI.

REVISION UND ÜBERSETZUNG EIGENTUM DES VERLEGERS.

(ALLE RECHTE VORBEHALTEN.)

LEIPZIG o C. F. PETERS

MUSIC IIBRARY UNIVERSiTY OF CONNECTICUT

Vorwort.

Als ich um die Ergänzung und Revision der Instrumentationslehre von Hector Berlioz seitens der Verlagshandlung ersucht wurde, war ich zuerst der Meinung, des großen Franzosen Meisterwerk, ein in sich geschlossenes Ganzes und voU genialer Ahnungen, deren Erfüllung durch Richard Wagner für jeden Kundigen so deutlich ist, bedürfe einer solchen Hilfe nicht, um noch heute für jeden Musiker eine Quelle reichsten Genusses und fruchtbarster Anregungen zu sein.

Bei genauerem Dui'charbeiten empfand ich aber doch die Lücken des in der Mitte des vorigen Jahr- himderts abgeschlossenen Buches so sehr, daß mii- die Gefahr- nicht ausgeschlossen schien, Berlioz' Werk kömie, als in wichtigen Punkten veraltet, nicht mehr nach seinem hohen bleibenden Werte beachtet werden, um so mehr als inzwischen manche andere verdienstvolle Bücher (be- sonders die Instruraentationslehre des voi-züglichen Meisters Gevaert in Brüssel) mit wissenschaftlicher Sorgfalt die Materie ergänzt haben.

Der unvergängliche Wert von Berlioz' Buch liegt nun aber darin, daß Berlioz der als erster die schwierige Materie mit größtem Sammelfleiß geordnet und bearbeitet hat, sofort mit größter Beharrlichkeit nicht nur die mechanische Seite behandelte, sondern dui-chweg die ästhetischen Fragen der Orchestertechnik in den Vorder- grund rückte. Dieses bleibende Verdienst des Berlioz- schen Werkes und die in ihm leuchtende Sehergabe, die füi- den aufmerksamen Leser oft in wenigen Zeilen den ganzen Wagner vorausahnen läßt, dürfte es rechtfertigen, die notwendigen Ergänzungen in technischer Hinsicht mit wirkungsvoller Beleuchtung aller neuen Errungen- schaften und besonderem Hinweis auf die Wagnerschen Werke nachzutragen, um das Berliozsche Werk auch für den oberflächhchen Beobachter lebendig zu erhalten.

Die Pietät für das in sich durchaus einheitliche Berliozsche Meisterwerk gebot mir, an Berlioz' Text nicht das Geringste zu verändern (mit einziger Ausnahme des Kapitels , Orgel", welches durch Herrn Prof. Ph. Wolfrum, Heidelberg, dem Stande der Neuzeit ent- sprechend teilweise umgearbeitet, bezw. ergänzt wurdej. Nur Dörffels t'Jbersetzung ließ ich stellenweise revidieren. Edition Peters. St

Meine Zusätze sind als solche durch eine seitlich an- gebrachte Linie deutlich erkennbar. Da das Material für Notenbeispiele stets ein überreiches ist, habe ich vermieden, wichtige und besonders interessante Beispiele, die bei Gevaert angeführt sind, hier hereinzunehmen zumal Gevaerts Buch über die technische Handhabung und die akustischen Gesetze des Instrumentenbaues allein schon soviel des Lesenswerten birgt, daß es neben der Lektüre des Berliozschen Buches zum Studium dringend zu empfehlen ist.

In der Instrumentationskunst, wie wohl in allen künstlerischen Dingen, ist es mit theoretischen Büchern eine mißliche Sache. Ich behaupte: ein mit Komposi- tionstalent begabter Musiker, der als Geiger oder Bläser in einem Orchester tätig ist, wird von vornherein ohne jede Kenntnis der Instrumentationslehre ein größeres Geschick für Orchestrationskunst besitzen, als der eben- falls zum Tondichter berufene Pianist „So und So" oder der federgewandte Kritiker „Nie und Nimmer", der zwar fleißig Instrumentationslehre studiert, aber nie Orchester- instrumente näher zu Gesicht bekommen hat^ als in einer Entfernung von der Stuhlreihe seines Platzes im Konzert- saal bis zum Konzertpodium.

Darum sei von vornherein jedem, der es in der Kunst der Instrumentierung etwas weiter biingen möchte, als daß es ihm nur gelänge, ein paar recht wohlklingende (nach heutigen Begriffen vorzüglich instrumentierte) Stücke der Mitwelt zu schenken, jedem, dem es nicht vergönnt ist, als Orchesterdirigent eine tägliche Fühlung mit den dämonischen Mächten des Orchesters zu haben, dringendst empfohlen, neben dem Studium der Partituren unserer großen Meister die Mühe nicht zu scheuen, sich durch die verschiedenen Instrumentahsten persönlich mit der genauen Technik, den Eegistertimbres und den Präludier- geheimnissen des Stimmzimmers für jedes einzelne In- strument vertraut zu machen.

Jede Verbesserung, die ein erfinderischer Kopf am Mundstück, an der Klappenvorrichtung oder an anderen Details der Ausarbeitung und des Materials seines In-

II

ätruraentüs ausgedacht hat, jede technische Spielerei, die er sich in müßiger Stxindo /.n seinem Vcrgiiügon ersonnen, kann einem SchOpfor, der l'ür neue Ideiin neue Aus- druckslbrnien sucht, ungeahnte l'erspektiven erötl'nen und für den Fortschritt wertvoller sein, als jedes doch vor- zugsweise nur aus Vorhandenem resultierende Theoriebuch. Regt so einerseits der ausübende Musiker durch seine Fertigkeit den schöpferisch Tiltigen zu neuen Ideen an, so ist andererseits die geniale Idee, die jeder Aus- führungsmöglichkeit vorerst zu spotten scheint, um dann mich und nach die strebsamen Techniker zu sich her- aufzuziehen, im Verlaufe der bisherigen Entwicklung von noch größerem Einfluß auf den Fortschritt im Instrumen- tenbau, die Steigerung der Kunstfertigkeit in der Hand- habung der Instrumente und die Bereicherung ihrer Ausdrucksmöj;liclikriten gewesen.

Die Entwicklung des Orchesters bis zu Berlioz' Eintritt in die Musikgeschichte ist genügend bekannt, so daß ich mich hierbei nicht allzu lange aufhalten möchte. Ich verweise auf die herrlichen Ausführungen Richard Wagnei-s in seinen Schriften, besonders in „Oper und Drama". Auch wäre hier nicht der Platz, mit wenigen Zeilen ein großes Kapitel der Musikgeschichte abhandeln zu wollen, wo aus tausend Keimen, Anregungen, Irr- tümern und Erfolgen eine so fein gegliederte, organische Entwicklung in sorgfaltigster Weise zu beobachten wäre. Hier kann es sich nur um einen kurz zusammenfassenden, verdichteten Überblick handeln, den ich wage, im Ver- trauen darauf, daß der verständniswillige Leser es sich klar mache: ich beabsichtige keine Darstellung nach Art einer in Schubladen fein säuberlich registrierenden Ästhe- tik, sondern möchte nur einige ganz besonders, wich- tige Gesichtspunkte plastisch herausarbeiten, um es dem gebildeten Leser zu überlassen, die vielen feineren Über- gänge aus eigenem Wissen und Fühlen sich selbst be- quem zu ergänzen .... Unter dieser Einschränkung möchte ich zwei Hauptstraßen verfolgen, auf denen sich das Orchester von Händel, Gluck und Haydn her bis zu Wagner entwickelt hat. Man erlaube mir, diese beiden Hauptstraßen kurzerhand den symphonischen (polyphonen) und den dramatischen (homophonen) Weg zu nennen.

Der Urspning des symphonischen Orchesters liegt (außer in Bachs Orgelfugen) hauptsächlich in den Streich- quartetten Haydns und Mozarts. Alle symphonischen Äußerungen dieser beiden Meister tragen in Stil, Thematik, melodischer Linienführang und Piguration so sehr den Charakter aller polyphonen Möglichkeiten des Streich- i quartetts, daß man sie (stets cum grano salis natürlich) | fast als Streichquartette mit obligaten Holzbläsern und j tutti verstärkenden Lärminstnimenten (Hörnern, Trom- peten, Pauken) bezeichnen kann. j

Das größere Hlllseraufgobot in 15(!otli()vons ,''). und 9. Symphonie kann nicht darüber tiliischcn, daß auch dioscH Meistors Syniiihonien den Stil ilcr Kiinmiorniiisik nicht verleugnen. Mehr als bei Haydn und Mozart wirft bei Heethovcn der (ieist des Klaviers seine charakteristischen Wendungen herein, die.ser Geist des Klaviers, der später die Orchesterwerke eines Schumann und Brahms (leider nicht immer zu ihrem Vorteile oder zum Vergnügen des Hörers) so ganz ausschließlich beiierrscht. Erst Franz Liszts Klangsiiui war es vergönnt, diesen Geist des Klaviers auch im Orchester zu neuem poetischen Tjeheii wiiMlciv.urrwfckcn.

In dir scliünon Linienführung der vier gleichge- stellten Melodieträger des klassischen Streichquartetts, die sich in den 10 letzten Beethovenschen Quartetten zu einer der Bachschen Chorpolyphonie ebenbürtigen Freiheit entwickelt hat einer Freiheit, die keine seiner 9 Symphonien aufzuweisen vermag - - hat Richard Wagner den Stil seines Tristan- und Meistersinger- Or- chesters gefunden, ihr verdankt er die unerhörten Klang- wunder seines polyphonen Streichquintetts.

Dabei ist natürlich noch nachzuholen, daß die Ent- wicklung des Melos von Haydn bis Beethoven von selbst die technischen Anforderungen an das Orchester steigerte und koloristische Momente auslöste, die mehr und mehr aus dem Kammermusikstil hinauswuchsen und der zweiten Entwicklungsreihe entgegenstrebten, die ich oben bereits als dramaüschen Weg bezeichnet habe.

Händel und Haydn, sowie in seinen Opern Gluck haben mit Bewußtsein von vornherein bei meist homo- phoner Schreibweise (die vom lieben bequemen Theater- publikum noch heute der polyphonen vorgezogen wird) das koloristische Element stärker betont in dem Be- streben, Dichtung und Bühnenbild mit den stimmung- erzeugenden Ausdrucksmitteln des Orchesters zu beleben, wobei sich von selbst ergab, den Chor der Instrumente zu beseelten Gruppen und schließlich „sprechenden" Individuen zu entwickeln.

Die romantische Schule, besonders Weber, wurde schon durch das gewählte Stoffgebiet (Freischütz-Oberon- Euryanthe) zu immer weiteren Entdeckungen in dieser Richtung geti'ieben.

Dem Genius Richard Wagners war es endlich vor- behalten, eine Synthese der beiden Richtungen zu schaffen, d. h. er hat der Kompositions- und Orchestertechnik der symphonischen (polyphonen) Schule die reichen Aus- drucksmittel der dramatischen (homophonen) Schule zugeführt.

Ein gleiches Ziel mag wohl die Sehnsucht Hektor Berlioz' gewesen sein. Wenn man nicht befürchten müßte, mißverstanden zu werden, könnte man kurz sagen, er war für die Bühne nicht dramatisch, fürs Konzert nicht symphonisch genug veranlagt. Seinem Bestreben, Schau- bühne und Konzertsaal zu vereinigen, verdankt die

m

Musikgeschichte immerhin die Entdeckung neuer und reichster, ganz spezieller Ausdrucksmittel fürs Orchester. Wenn er die Übertragung dramatisch-orchestraler Effekte auf symphonische Werke auch nicht durch dramatische Gestaltimg ihres Gedankeninhaltes, die ohne reichste Polyphonie nicht denkbar ist, rechtfertigte (sein Schaffen war stets lyiisch vmd episch), so hat er doch als erster konsequent aus der Seele der Orchesterinstrumente heraus seine Werke konzipiert und dabei eine Reihe vor ihm ungekannter koloristischer Möglichkeiten und feinster Klangdifferenzierimgen durch eine glücklich kombinierende Phantasie einfach entdeckt.

Allerdings; diesem kühnen Neuerer, dem genialen Farbenmischer, diesem eigentlichen Schöpfer des modernen Orchesters fehlte vollständig der Sinn für die Polyphonie. Ob ihm die vielstimmigen Mysterien der Wunderpartituren eines Joh. Seb. Bach unbekannt waren, sicher ist, daß seinem rein musikalisch immerhin etwas primitiven „melodischen" Empfinden das Verständnis für diese höchste Blüte des musikaUschen Genies, wie wir sie in Bachs Kantaten, in Beethovens letzten Quartetten, im Mecha- nismus der Poesie des dritten Tristan-Aktes als höchste Emanationen ungezügelten Melodienreichtums feiern, ver- schlossen war. Und nur wahrhaft sinnvolle Polyphonie erschließt die höchsten Klangwunder des Orchesters. Ein Orchestersatz, in dem ungeschickt oder, sagen wir nur, gleichgültig geführte Mittel- und Unterstimmen sich be- finden, wii-d selten einer gewissen Härte entbehren und niemals die Klangfülle ergeben, in der eine Partitur er- strahlt, bei deren Ausführung auch die zweiten Bläser, zweiten Violinen, Bratschen, Violoncelli, Bässe sich in der Belebung schön geschwungener melodischer Linien seelisch beteiligen. Dies ist das Geheimnis der imer- hörten Klangpoesie der Tristan- und Meistersingerpartitui-, wie nicht minder des für „kleines Orchester" geschriebenen SiegfriedidyEs, während selbst die mit so großem Klang- sinn aufgebauten BerHozschen Orchesterdramen, die Par- tituren Webers und Liszts (von welchen Meistern jeder in seiner Art ein großer Instrumentaldichter und Farben- deuter war) an einer starken Sprödigkeit des Kolorits deutlich erkennen lassen, daß der Chor der Begleitungs- und Füllstimmen vom Tonsetzer nicht melodischer Selbst- ständigkeit für würdig erachtet wurde, daher auch vom Dirigenten nicht zu der seelischen Teilnahme am Ganzen heranzuziehen ist, die zur gleichmäßigen Durchwärmung des gesamten Orchesterkörpers unbedingt nötig wäre.

Es wird meistens so sehr betont, der Fortschritt Richard Wagners, des Vollenders des modernen Orchesters, gegen Hector Berlioz, dessen Schöpfer, liege ausschließ- lich auf dem Gebiete des tieferen Gehaltes seiner dichte- rischen und musikalischen Ideen. Doch sind es (nattii-- Uch stets mit den vernünftigen Einschränkungen) drei wesentlich technische Punkte, auf die ausdräcklich auf- merksam zu machen sich schon verlohnt, da in ihnen

die Ursache der so vollendeten Gestaltung der Wagner- schen Gedanken im heutigen Orchester liegt.

Dies ist: erstens die Anwendung des reichsten polyphonen Stiles; zweitens seine Ermöglichung im größten Maßstabe durch Erfindung und Einführang des Ventil- hornes; drittens die Übertragung einer bisher nur im Solokonzert gewagten Virtuosentechnik auf alle Instrumente des Orchesters (von Beethoven allerdings schon in seinen letzten Streichquartetten, wenn auch noch nicht in der Symphonie, gefordert).

Wenn also nun das A und Q meiner naturgemäß die Partituren Richard Wagners sind sie bedeuten den einzig nennenswerten Fortschritt in der Instrumentierungskunst seit Berlioz so ist doch gerade dem Schüler dringendst anzuraten, dieses Studium mit äußerster Vorsicht zu betreiben. Im allgemeinen dürfte für den vorgeschrittenen Schiüer die Partitur des Lohen- grin ein Musterkompendium darstellen, dessen Studium gründlichst absolviei-t sein muß, bevor man zui- Poly- phonie des Tristan und der Meistersinger, zum Märchen- reiche des Mbelungeniinges fortschi-eitet. Die Bläser- behandlung im Lohengrin bedeutet, in ästhetischer Hinsicht, einen vorher niemals erreichten Gipfelpunkt wahrhafter Vollendung. Die zum ersten Male dem Holz eingereihten sogenannten dritten Bläser (Englisch Horu und Baßklarinette) sind hier bereits in einer Mannigfaltig- keit von Klangkombinationen verwendet, die Stimmen des zweiten, dritten und vierten Hornes, der Trompeten und Posarmen bereits zu polyphoner Selbständigkeit durchgebildet, die für Wagner so besonders charakte- ristische starke Verdoppelung aller melodischen Stimmen bereits mit einem sichern Tonbewußtsein angewandt, und mit einem Shm für Klangschönheit ausgearbeitet, die noch heute unbedingte Bewunderung erregt. Ich empfehle hier zu besonderem Studium die Szene zu Beginn des 2. Aufzuges (Ortrud und Telramund), die herrliche Bläserstelle bei Elsas Erscheinen auf dem Söller, Elsas Brautzug nach dem Münster und den Schluß des 2. Auf- zuges, wo die Orgelklänge, die Wagner so vü-tuos dem Orchester zu entlocken versteht, die „Königin der In- strumente" selbst besiegen.

Aufs ernstlichste aber ist der Anfänger in der Kom- positions- und Instrumentationstechnik bei seinen ersten schüchternen Schwimmversuchen in den Wogen des Or- chestermeeres davor zu warnen, daß er die gewaltigen Klangphänomene, die das Genie eines Hector Berlioz und Richard Wagner dem Orchester entlockte, um un- erhört neue und große poetische Gedanken, Empfindungen und Naturbilder zu tönendem Leben erstehen zu lassen, einfach zum Gemeingut jedes Stümpers, zum Spielzeug eines Kindes erniedrige. Könnte doch jeder, der sich im Orchestersatze versuchen wUl, dazu gezwungen werden.

IV

seino liimfbiihn mit der Komjiosition rinijjfr Sü'oich- quiuti'tte zu beginnen. Diese Streicli(iimrtetto müßte er iliimi ileni Gutui'hten von zwei Violinisten, einem Hnit.sihisten und einem Cellisten unterbreiten. Wenn diese vier braven Instrumentidisten erklären: ja, das ist gut geschrieben für die Instrumente, , wohlgereimt und singebar", dann möge der Musensohn seinen Drang weiter- hin für (zunilchst am besten kleines) Orchester betlltigen. Andernfalls aber lieber die ,Kamero wechseln". Wenn dann schließlich der Drang nach gi-oßem Orchester nicht mehr zu bilndigen, dann vergleiche der gutwillige «junge Meister» die 11 Wagnei-schen Partituren untereinander, er bemerke, wie jedes dieser Werke seino eigene Or- chesterzusammenstellung, seinen eigenen Orchesterstil be- sitzt, wie jedes den einfachsten Grad des Darzustellenden aufweist, welch edles Maßhalten in der Verwendung aller Mittel diese Werke durchzieht. Dagegen beachte er als warnendes Beispiel das Verfahren eines lebenden Kom-

I ponisten, der mir einst die Partitur einer Lustspiel- ouverturo zeigte, in welcher die vier Nibchuigentuben

I mit dem übrigen Blech zusammen in lebhaftesten Rliytlinien (als einfache Tuttiverstilrkor) dahertanzten. Als ich df^ri Autor, einen sonst vortretl'lichen, hochgebildeten Musiker entsetzt fragte, was denn, di(^ von Wagner mit so großer Weisheil und sicherer Phantasie zur Darstellung der düsteren Welt der Nibelungen, man kann sagen , er- fundenen" Tuben in dieser heiteren Lustspielouverluro sollten, antwortete er mir ganz unbefangen: ,aber ich bitte Sie, Tuben gibt's doch heutzutage in jedem größeren Orchester, warum soll ich sie denn da nicht aucli liiu- schreibenV Da schwieg ich still und dachte Ixi luir: ,Dem Manne kann nicht geholfen wc^-den».

Berlin, Weihnachten 1904.

Richard Strauü.

INHALT.

Seite

Von der Instrumentation 1

Die Instrumente 2

Saiteninstrumente 3

Streicliinstrumente :

Die Violine 3

Die Viola 67

Die Viola d'amour 82

Die Viola da gamba 84

Das Violoncell 84

Der Kontrabaß 104

Instrumente, deren Saitnii coznpft werden:

Die Harfe . . .146

Die Gitarre . . . 156

Die Mandoline 163

Saiteninstrumente mit Klaviatur:

Das Pianoforte 164

Blasinstrumente 175

Instrumente mit Kohrblatt:

Die Oboe 177

Die Oboe d'amore 197

Das Engliscbe Hörn 199

Das Heokelphon (Bariton-Oboe) 203

Das Fagott 204

Das Quintfagott 213

Das Kontrafagott 213

Die Klarinetten 214

Die Altklarinette 237

Die Baßklarinette 237

Das Bassethorn 241

Die Kontrabaßklarinette 241

Verbesserungen an den Klarinetten 241

Instrumente ohne Rohrblatt:

Die Flöte (die große, gewöhnliche Flöte) . . . 242

Die kleine Flöte (Piccolo-Flöte) 251

Die Terzflöte 257

Die kleine Nouenflöte 257

Die kleine Oktav-Terzflöte (Dezimenflöte) . . . 257

Die große Sekundflöte 258

Die Liebesflöte (Flute d'amour) 258

Die Altflöte 258

Blasinstrumente mit Klaviatur:

Die Orgel 259

Instrumente mit Mundstück von Messing:

Das Hörn 264

Das Ventilhorn 278

Die Trompete 300

Die Ventiltrompete 307

Die Klappentrompete 307

Die Zugtrompete 307

Das Kornett 315

Die Posaunen 321

oeite

Die Diskantposaune 321

Die Altposaune 321

Die Tenorposaune 321

Die Baßposaune 322

Die Altposaune mit Ventilen (mit Pistons oder

Zylindern) ... 354

Die Tuben, Kontrabaßtuba, Kontrabaßposaune 854

Das Buglehorn (Jagdhorn, Signalhorn, Clarin) 360

Das Buglehorn mit Klappen 360

Das Buglehorn mit Ventilen (mit Pistons oder

Zylindern) 360

Die Baßophikleide 361

Die Altophikleide 362

Die Kontrabaß-Ophikleide 362

Das Bombardon 362

Die Baßtuba (Kontrabaß der Harmonie-Musik) 363

Das Bariton 371

Holz-Blasinstrumente mit Mundstück:

Der Serpent 372

Das russische Fagott 372

Die Singstimmen 372

Schlaginstrumente 395

Instrumente von fester xmd genau bestimm- barer Tonhöhe:

Die Pauken 395

Die Glocken 411

Das Glöckcheninstrument (Les jeux de timbres) 414

Das Glockenspiel 414

Die Klavierharmonika (Glasharmonika) . . 417

Die Celesta 417

Die antiken Zimbeln 417

Instrumente von unbestimmter Tonhöhe:

Die große Trommel 417

Die Becken , 418

Das Tamtam 422

Das Tamburin (Tambour Basque) . . 423

Die Trommel 423

Die Wirbeltrommel 423

Der Triangel 424

Der Halbmond 425

Neue Instrumente 426

Die Saxophone 426

Die Saxhörner 427

Die Saxtrompeten 428

Die Saxtuben 428

Die Konzertina 428

Die Melodium-Orgel. (Das Harmonium) . . . 431 Die Pianofortes und Melodiums mit verlängertem

(fortklingendem) Tone 432

Der Okto-Baß 433

Das Orchester 434

Der Orchesterdirigent 439

Partiturbeispiele.

Aiibcr, Stamme von Portici, Akt l: Soito 21!) ItiH'lIloyou, Es-ilur-Kouzort: 167

Fidelio, Akt I: 80, Akt II: 133, 195 Symphonie III: 193, 267 IV: 11, 407 V: 60, 81, 205, 408 VI: 129, 191, 251 VII: 192, 271, 303 Berlloz, König Lear: 43, 187 Le cinq Mai: 138 Lelio: 170, 229 Requiem: 87, 325, 398 Eomeo und Julie: 36, 40, 103 Symphonie fantastique: 201 funebre: 348

Bizet, Carmen, Akt I Vorspiel: 304 (J-luck, Alceste, Akt I: 14, 246, 331, Akt II; 39 Armide, Ait HI; 184, 380 Iphigenie in Aulis, Akt I: 181

auf Tauris, Akt I: 253. 302, 392, 419, 424, Akt n: 68, 329, Akt IV: 393 Orpheus, Akt U: 128, 244 HaMvy, Jüdin, Akt IV: 199 Liszt, Dante-Symphonie: 153 ~~\

Mazeppa: 23, 280 Marsehner, Hans Heiling: 123 Mehul, Joseph, Akt m: 217

Phrosine und Melidore: 273 Meyerbeer, Hugenotten, Akt I: 83, Akt H: 207, Akt IV: 202, 411, Akt V: 237 Robert der Teufel, Akt III: 206, 422, Akt V: 319

Mozart, Ave verum: 376

Cosi fan tutte: 209, 236 Don Juan, Akt II: 132, 163 Figaro, Akt I: 178 Zauberfiöte, Akt I: 414, Akt II: 361 Rossini, Teil, Akt III: 387, 391 Spontiiii, Vestalin, Akt II: 388, Akt HI: 352 Strauß, Feuersnot: 31, 308, 310

Sinfonia domestica: 197, 198 Till Eulenspiegel: 220 Tod und Verklärung: 212 Zarathustra, Fuge: 126 Verdi, Otello: 121, 160 Wagner, Faust-Ouverture: 363

Götterdämmerung, Akt I: 232, Akt II: 346 Holländer, Akt II: 292 Lohengrin, Akt H: 247, Akt III: 72 Meistersinger, Akt II: 235, Akt III: 48, 73, SU 96, 142, 204, 222, 291, 295, 296, 327, 3.'8 Eheingold, Szene U: 65, 294, Szene III: 298

Szene IV: 47 Siegfried, Akt I: 75, 210, Akt U: 26, 285,

299, 364, Akt III: 4, 63 Taiinhäuser, Akt U: 70, 189, 228, Akt III: 92,

338, Bacchanale 368 Tristan, Akt I: 78, 98, 100, 141, 339, 342. Akt II; 18, 238, Akt III: 46, 93, 126^ 144, 240, 249, 254, 344 Walküre, Akt I: 9, 12, 320, Akt II: 74, 106 190, 224, 250, 355, Akt III: 51, 62 Weber, Freischütz, Ouvertüre: 226, Akt II: 88 Oberon, Ouvertüre: 90

Sachregister.

Seite

Altflöte 258

Altklarinette 237

Altophikleide 362

Altposaune 321

Altposaune mit Ventilen 354

Bariton (Blasinstrument) 371

Bariton-Oboe 203

Bassethorn 241

Baßklarinette 237

Bassophikleide . . . .

Baßposaune

Baßtuba

Becken

Blechklarinetten .

Bombardon

Buglehom

Celesta (von Mustel) . Cellone (von Stelzner) Chanterelle

361 322 863 418 242 362 360 4\7

Clarin 360

Dezimenflöte 257

Dezimentrompete (von Sax) 300

Divisi 6

Diskantposaune 321

Dudelsack 160

Englisch Hern 199

Enharmonische Töne 429

Flöte, große 242

Böhm-Flöten 242

Metall-Flöten 242

Triller 243

Doppelzunge 243

Flatterzunge 243

Ausdruck 244

Flöte, kleine (Piccolo) . Fagott

Triller

Mitklingende Obertön Fagott, russisches . . . Gitarre

Arpeggii

251

157

Flageolett 158

Griasharmonika 417

Glocken 411

Glockenspiel 414

Glöckcheninstrument 414

Halbmond 425

Harfe 146

Alte Harfe in Es 146

Doppelpedalharfe 148

Akkorde 149

Oktaven, Sexten 150

Triller, Hämmern 150

Ausdruck 151

Flageolett löl

Synonymen 152

Glissando 153

Bisbigliando (Tremolo) 155

Harmonium 431

Heckel-Clarina 203

Seite

Heckelphon 203

Holzblasinstrumente, alte und neue zusammenge- stellt zu einem Orchester 204

Hörn 264

Umfang der verschiedenen Stimmungen . 264, 266

Setzstück 265

Gestopfte Töne 265

Verwendung des Horns bei den alten Meistern 267

Triller 274

Kreuzung durch verschiedene Stimmungen . . 275

Ausdruck 275

Jagdfanfaren (blecherner Ton) 277

Jagdhorn 360

Klavierharmonika 417

Kastagnetten 395

Klarinette 214

Sax-Klarinetten 214

Triller 215

Die verschiedenen Stimmungen der Klarinette 216

Klangcharakter der Stimmungen 221

Ausdruck 224

Stellung der Klarinette über die Oboen bei

Akkordmiscliungen 228

Gedämpfte Klarinette 229

Verwendung der tiefen Töne . 231

Verbesserungen an der Klarinette 241

Schnäbel von Holz und von Metall . . 242

Klappentrompeten 307

Kontrabaß 104

Neue Mechanik (Poike) 105

Flageolett 105

Tremolo 120

Schleifer 127, 129

Verdoppelung tiefer Blasinstrumente durch

Kontrabaß 132

Teilung der Kontrabässe . . 138

Pizzikato 141

Dämpfer 146

Kontrabaß-Klarinette 241

Kontrabaß-Oboe 204

Kontrabaß-Ophikleide 362

Kontrabaß-Posaune 354

Kontrabaß-Tuba 354

Kontrafagott 213

Konzertina 428

Kornett 315

Umfang 315

Triller 316

Ausdruck 318

Gesamtübersicht der Stimmungen von Kornett,

Trompete und Hörn 317

liebesflöte (Flute d'amour) 258

Mandoline 163

Melodieverteilung auf mehrere Instrumente (Wagner) 190

Melodiumorgel (Harmonium) 431

Melodium mit verlängertem (fortklingendem) Ton . 432

Nonenflöte, kleine 257

Oboe 177

Triller 177

Ausdruck 178

Französische und deutsche (Unterschied) . . . 198

Oboe d'amore 197

Oktav-Terzflöte, kleine 257

Solto OktftvtrompotP (Sax) ... 800

Okt.)baU ... 488

(.)rchostor 184

'riiiiiitiT- und Konzortoichostor 4;M

Orchcstcrrllumo . Iil4

Auf.Htolluiii; 484

liosotzuiif; ilor Stroich- und Itlasinstrumonto . 435 k^ntwurf zu oiuom Riesonoruboster mit Chor . 48(i

System der Proben 487

OroJiosterdirigont 489

Kunst des Taktierons 440

Zusammentreffen verscliiedenor Taktarten . . 444

Vorlmlten beim Bozitativ 445

stuuil|iunkt dos Dirigenten 446

Ol.ordiroktoion 447, 461

Klektrischcs Metronom von Verbrugghe . . . 447

Aufstellung des Orchesters 448

Fohlorliafte Gewohnlieiton der Orchosterspieler 449

Übertreibung der Nuancen 450

Einstudierungssystem 451

DogloitungBarten .

Cliorsatz

A cniiella-Oesang, iJi)|ii)clcliOro Stilarton der Instrumentierung , .

Orgel

Zusammenwirken von Orgel und Orchester . . Ausdruck in der geistlichen Musik, Orgelfugen

Pauke

Stimmung der Pauken

M.liiiacho Besetzung

Piani.ssimo der Pauken

Goditmpfte Pauken

Pedalpauken (von Schneller)

Pianoforto

Diimpferpedal

Neues Pedal (Steinway) . .

Pianoforte als Orchesterinstrument . . . 166,

Pianoforte als Soloinstrument

Verschiebung (una corda)

Pianoforto mit verlängertem (fortklingendem) Ton Posaune .

Umfang . .

Podaltöne . .

Triller

Ausdruck

Pianissimo der Posaune

Dämpfer

Quinte (Violine) . .

Quintfagott

Ratsche (Knarre), Rute ^

Saxhömer

Saxophone

Saxtrompeten

Saxtuben

Sekundflöte, große (Des-Flöte)

Serpent

Signalhorn

Singstimmen

Umfang

Franenchöre

Männerchöre 374,

Unterstützung einer Stimme durch die andere

Kopf- oder Falsett-Töne

Haute-contre

Kinderstimmen

Kastratenstimmen

Vokalisation

Voix mixte

Dunkle Tongebung

Solostimmen

Hi.lli. 386 89a .... 895 .... 60 Streichquintott, allgonieine llohandlung imOrchoster 141

Tamburin (Tambour Basquo) 423

Tamtam 422

Temperierte Stimmung 429

Teuorjjoaauno ilJl

Touorposauno mit Ventil . . H.'. 1

Tenorposauno mit Zylindern ^.jI

poniorondo fnstn

257

175

424 417 423 800 300 801

Terzflöte

Transponierende und nii mente, Übersicht

Triangel

Trommel, groOe . .

Trommel, kleine (Schnarrtromnicl)

Trompete

Umfang der verschiedenen Stimmungen

Triller

Notierungsweise der Stimmungen 301

Das Piano der Trompete 302

Ausdruck 307

Dämpfer 307

Tuben Wagners 354

Ventilhorn 278

Fortschritte der Orchestertechnik durch die

Ventilhörner 279

Notierungsweise der Stimmungen 298

Homer in hoch F und in hoch C 299

Ventiltrompeten 307

Viola 67

ViolE alta (von Eitter) 81

Violf d'amour 82

Viola da gamba 84

Violine 3

Triller 3

Akkorde 6

Arpeggien 8

Tremolo 9

Tremolo am Steg 13

Gebrochenes Tremolo 20

Wallendes Tremolo 20

Teilung der Violinen 13

Teilung der' Violinstimnie bei schwierigen

Stellen . 49

Stricharten 20

Col legno 23

Flageolett 85

Dämpfer 39

Pizzikato 41

Verdoppelung der Violine I durch Violine II . 60

Klangcharakter der Tonarten 61

Avisdruok 62

Solo-Violine 65

Violoncell 84

Flageolett ... 8.'.

Violoncell als Baß 88, 130

Ausdruck 90

Tremolo 104

Pizzikato 104

Violotta (von Stelzner) 81

Wirbeltrommel 423

Zimbeln, antike 417

Zugtrompeten 307

Von der Instrumentation.

Einleitung.

In keiner Epoche der Musikgeschichte ist soviel von „Instrumentation" die Rede gev?esen, als heutzu- tage. Veranlassung dazu war wohl die rasche Ent- wicklung dieses Kunstzweiges in der Neuzeit, vielleicht auch die große Menge von Kritiken, verschiedenartigen Lehrsätzen und füi-- und widersprechenden Meinungs- äußerungen, denen oft Kompositionen der minderwertig- sten Art als Vorwand dienen mußten.

Jedenfalls ist nicht zu verkennen, daß der Instru- mentationskunst jetzt große Bedeutimg beigelegt wird, einer Kunst, von der man zu Anfang des vorigen Jahr- hunderts *) nichts wußte vmd deren Empoi-kommen selbst von wahren Freunden der Musik vor ungefähr 60 Jahren noch aufs lebhafteste bekämpft wurde. In neuerer Zeit werden dafür dem musikalischen Fortschritte wieder in anderer Weise Hindernisse in den Weg gelegt, worüber sich indes niemand zu verwundern braucht: die Erfahrung lehrt, daß es von jeher so gewesen ist. Nachdem an- fangs nur die Aufeinanderfolge konsonierender Akkorde, vermischt mit einigen Vorhalt-Dissonanzen, als „Musik" angesehen wurde, dann aber Monteverde den Versuch wagte, den Dominant-Septimen-Akkord ohne Vorbe- reitung — einzufügen, wurde er ob dieser Neuerung arg getadelt und verlästert. Trotz alledem bürgerte sieb der Gebrauch dieses Akkordes mit den Vorhalten bald ein, und Tonsetzer, die für gelehrt gelten wollten, gingen schließlich so weit, auf jede einfach-klare, natur- gemäße und daher wohlklingende Harmoniefolge mit Ver- achtung herabzusehen und nur solche Kompositionen als kunstgemäß gelten zu lassen, die von Anfang bis zu Ende mit den härtesten Dissonanzen (kleinen und großen Se- kunden, Septimen, Nonen u. dgl.) durchsetzt waren. Daß die Anwendung derselben ohne Sinn und Verstand geschah, wurde vollständig außer acht gelassen, fast schien es, als hätte man nur die eine Absicht: dem Ohre das Anhören solcher Musik so unangenehm als möglich zu machen. Diese Musiker fanden an den Dissonanzen ebensoviel Geschmack, wie gewisse Tiere am Salze, an stachlichten Pflanzen und dornigem Gesträuche. Die Reaktion war in das Stadium der Übertreibung ge- treten.

Melodie war in diesen, für schön gehaltenen, mu- sikalischen Kombinationen nicht vorhanden; als sie den- noch mit der Zeit hier und da auftauchte, schrie man über Verflachung, über Verfall der Kunst und ihrer ge- heiligten Regeln und glaubte, alles sei verloren. Jedo.ch auch die Melodie gewann mit der Zeit festen Boden, bis schließlich sogar nach dieser Richtung hin die Reaktion nicht ausblieb. Bald gab es Fanatiker der Melodie, denen ein jedes, mehr als dreistimmig gesetzte Musikstück ein Greuel war, ja es fanden sich Leute, die den Gesang in der Regel nur vom Baß allein begleitet wissen wollten; vermutUch sollte dem Zuhörer das Vergnügen überlassen bleiben, sich die fehlenden Mittelstimmen nach Belieben hinzuzudenken. Andere gingen noch weiter und verwarfen jede Begleitung überhaupt; nach ihrer Ansicht war die Harmonie eine barbarische Erfindung.

Nun kam die Reihe an die Modulationen. Zur Zeit, als es Gebrauch war, nur in verwandte Tonarten zu modulieren, wurde über den ersten, der es sich ein- fallen ließ, in entferntere überzugehen, das Verdammungs- urteil gespi-ochen; er mußte darauf gefaßt sein. Die Wirkung dieser neuen Modulation mochte sein, wie sie wollte, die Meister tadelten sie aufs strengste. Der Neuerer bat vergeblich: „Höret sie doch nur aufmerk- sam an, überzeugt euch, wie sanft sie herbeigeführt wird, wie gut motiviert, wie geschickt sie mit dem Vorhergehenden und Nachfolgenden verbunden ist und wie herrlich sie klingt!" „Darauf kommt es nicht an!" entgegnete man ihm, „diese Modulation ist verboten und muß daher unterbleiben." Da aber im Gegenteil alles nur darauf ankommt, so fanden die Modulationen nach fremden Tonarten in großen Musikstücken bald Eingang und brachten eben so glück- liche, wie unerwartete Eindriicke hervor. Fast eben so schnell entstand jedoch eine neue Art von Pedanterie; es gab Leute, die sich jede Modulation nach der Do- minante als Schwäche am-echneten und es für angebracht hielten, im einfachsten Rondo von C dur nach Fis dur hinüberzutändeln.

Die Zeit hat alles nach und nach auf das rechte Maß gebi-acht. Man lernte Gebrauch von Mißbrauch,

*) Für alle in diesem Werke vorkommenden Zeitangal

9039

ist die Mitte des 19. Jahrhunderts maßgebend.

reaktionäre Eitelkeit von Dummhoit und Eijjensinn imtor- scheiden, und steht lieutzut^igo iillgcmeiu auf dem Standpunkt, bezüglich Harmonie, Melodie und Mo- dulation alles das gutzuheißen, was von guter Wirkung ist, alles zu verwerfen, was schlecht wirkt, und sich selbst durch die AutoritUt von hundert alten Herren (möchte auch jeder von ihnen nn die hundertundzwanzig Jahre zahlen) nicht davon überzeugen zu lassen, daß das Häßliche schön und das Schöne hilßlich sei.

Mit Instrumentation, Ausdruck und Rhyth- mus verhillt es sich freilich noch anders. An sie ist

die Reihe viel spttter gekommen, beachtet, verworfen, zugelassen, beschrankt, befreit und übertrieben zu wer- den; sie haben zurzeit den Punkt der Entwicklung noch nicht erreicht, den die anderen Kunstzwoige be- reits vor ihnen einnahmen. Wir können jetzt nur feststellen, daß die Instrumentation den übrigen voranschreitet und nahe daran ist, übertrieben zu werden.

Viel Zeit ist nötig, um die Weltenmeere*) der Musik aufzufinden, noch viel mehr aber, sie befahren zu lernen.

•) Der Ausdruck des Originales lautet: „los möditerranöes musicales"

Die Instrumeüte.

Jeder klangerzeugende Körper, den der Komponist in Anwendung bringt, ist ein Musikinstrument. Fol- gende Übersicht zeigt die Mittel, die ihm gegenwärtig zur Verfügung stehen.

1. Saiteninstrumente.

a) Deren Saiten durch Bogen zum Klingen gebracht

werden (Streichinstramente) : die Violine (Geige), Viola (Altviola, Bratsche), Viola d'amour, das Violoncell und der Kontrabaß (Violone, Baß- geige).

b) Deren Saiten gezupft werden: die Harfe, Gitarre

und Mandoline.

c) Mit Klaviatur: das Pianoforte.

2. Blasinstrumente.

a) Mit Rohrblatt: die Oboe, das Englische Hörn,

das Fagott, Quint- und Kontrafagott, die Klari- nette, das Bassetthom, die Baßklarinette, die Saxophone etc.

b) Ohne Rohrblatt: die gi-oße und kleine Flöte.

c) Mit Klaviatur: die Orgel, das Melodium (Harmo-

nium), die Konzertina.

d) Mit Mundstück, von Messing: das Hörn, die

Trompete, das Kornett, das Jagdhorn (Bugle- Horn), die Posaune, die Ophikleide, das Bom- bardon, die Baßtuba.

e) Mit Mundstück, von Holz: das russische Pagott

(Baßhorn), der Serpent.

f) Die Stimmen der Männer, Frauen, Kinder und

Kastraten. 3) Schlaginstrumente.

a. Von fester, genau bestimmbarer Tonhöhe: die Pauken, die antiken Zimbeln, das Glöckchen- instrument (les jeux timhres), das Glocken- spiel, die Pflavier-Harmonika, die Glocken.

b) Von unbestimmter Tonhöhe und nur der Schall- wirkung nach von verschiedenem Charakter: die Trommel (Militärtrommel), die große Trommel, das Tamburin, die Becken, der Triangel, das Tamtam, der Halbmond.

5 Diese Aufzählung bedarf heute folgender Er-

\ gänzung:

\ bei 1 b die Zither,

I . 2a die Oboe d'amore, die Kontrabaßoboe,

s das Heckelphon, die Kontrabaßklarinette,

\ , 2b die Altflöte,

, 2d die Tuben in F und B, das Bariton,

J bei 3a das Holz- und Strohinstrument, die

J Celesta,

\ , 3b die Rute und Schelle.

In dem Gebrauche dieser verschiedenen Klang- elemente nun und in deren Verwendung, sei es, um der Melodie, der Harmonie und dem Rhythmus eigentüm- liche Färbung zu geben, oder sei es, um, unabhängig von jedem Zusammenwirken mit diesen drei musikalischen Großmächten, Eindrücke sui generis (ob motiviert, durch bestimmte Absicht, oder nicht) hervorzubringen, be- steht die Kunst der Instrumentation.

Von ihrer poetischen Seite betrachtet, läßt sich diese Kunst ebensowenig lehren, als die Kunst, schöne Melodien, schöne Akkordfolgen und originelle, kräftig- rhythmische Formen zu erfinden. Man lernt nur, was den verschiedenen Instrumenten zusagt, was ausführbar oder nicht, was leicht oder schwer, was matt- oder vollklingend für sie ist; man kann auch sagen, daß dies oder jenes Instrument geeigneter als ein anderes sei, um gewisse Wirkungen beiTorzubringen, um gewisse Gefühle auszudräcken; was aber ihre Verschmelzung zu Grappen, zu kleinen Orchestern oder zu großen Massen anlangt, was die Kunst betrifft, sie derart zu vereinigen und zu vermischen, daß der Ton der einen Instrumente durch den der anderen beeinflußt wird, und hierdurch ein be- sonderer Gesamtklang entsteht, den weder ein Instrument für sich allein, noch im Zusammenwirken mit anderen Instrumenten der gleichen Gattung hervorbringen würde, so kann man nur auf die Ergebnisse hinweisen, die in den Werken der Meister enthalten sind, und dem Ver-

fahren der letzteren nachforschen; Ergebnisse, welche ohne Zweifel noch auf tausenderlei Art, gut oder übel, von den Komponisten, die Ähnliches erstreben, umgewandelt werden können.

Der Zweck des vorliegenden Werkes ist demnach zunächst der Nachweis des Ton-Umfanges und die Angabe gewisser Haupteigenschaften der Mechanik der Instrumente: sodann das bisher sehr vernachlässigte

Studium der Natur des Klanges, des eigentümlichen Charakters und der Ausdrucksfähigkeit eines jeden von ihnen ; und endlich das Studium der besten bekannten Arten des Verfahrens, sie angemessen zusammenzustellen. Wollte man darüber hinausgehen, so müßte man den Fuß auf das Gebiet schöpferischer Eingebung setzen, ein Gebiet, auf welchem nur das Genie Entdeckungen machen kann, dem allein es vergönnt ist, dasselbe zu durchstreifen.

Streichinstrumente. Die Violine.

Die vier Saiten der Violine werden gewöhnlich in Quinten folgenderweise gestimmt:

r Q n erste Saite.

r(ffl '"' zweite Saite.

*J IS: dritte Saite.

"SJ" vierte Saite.

Die hohe Saite, das E, wird auch, allgemein üblich, die Quinte (la chanterelle) genannt.

Diese Saiten werden, wenn die Pinger der linken Hand deren Ton nicht dadurch ändern, daß sie den- jenigen Teil der Saite, welchen der Bogen zum Erklingen bringt, mehr oder weniger verkürzen, leere Saiten genannt. Man bezeichnet die Noten, die auf leerer Saite gespielt werden sollen, mit einer Null (0), ober- oder unterhalb derselben.

Einige große Virtuosen und Komponisten sind von dieser Art der Violin-Stimmung abgewichen. Paganini erhöhte, um dem Instrumente mehr Glanz zu geben, alle Saiten um einen halben Ton, wie neben- .- Q ^ stehend ersichtlich; infolgedessen transpo- p(|q) [/'^^ nierte er die Solostimme um einen halben »^ ^L^ Ton und spielte z. B. in D, wenn das Orchester in Es, in A, wenn das Orchester in B spielte; auf diese Weise erhielt er sich die leeren Saiten, deren Klangfülle an und für sich größer ist, als wenn die Pinger auf- gesetzt werden, zimi größten Teile auch in solchen Ton- arten frei, in denen sie bei gewöhnlicher Stimmung nicht hätten zur Anwendung kommen können. De Beriot er- höht in seinen Konzerten oft das G allein um einen ganzen Ton. Baillot hingegen stimmte bisweilen, um zarter und schwermütiger Wirkungen willen, das G einen halben Ton tiefer. Winter hat in derselben Absicht statt des G sogar das tiefere F in Anwendung gebracht.

Bei dem hohen Grade von Geschicklichkeit, den unsere jungen Violinspieler heutzutage erreicht hab^u, läßt sich der Violine in einem guten und vollbesetzten Orchester folgender Umfang zuweisen:

Mit allen chromatischen Zwischeutöneu.

^«££iill

Große Virtuosen erweitern diesen Umfang nach der Höhe noch um einige Töne, und mittelst der Flageolet- töne, auf die wir weiter unten zu sprechen kommen, kann man, selbst im Orchester, eine noch viel beträcht- lichere Höhe erreichen.

I Im Orchester ist inzwischen dieser Umfang wohl

erweitert worden.

Triller sind auf allen Stufen dieser weitgehenden Tonleiter von drei und einer halben Oktave ausführbar; indes muß man die große Schwierigkeit, welche die Triller auf den drei letzten hohen Noten a, h, c ver- ursachen, nicht außer acht lassen; ich halte es sogar für klug, im Orchester keinen Gebrauch vom Triller auf diesen Tönen zu machen.

i Es sei hier auf die herrliche Trillerstelle im

^ dritten Akt des Siegfried bei Brünnhildens Erwachen ^ hingewiesen, wo diese gleichzeitig entzückt und vom \ ungewohnten Glänze geblendet in das Licht der { Sonne blickt. (Partiturbeispiel 1.)

NO 1. Siegfried, Akt lü.

Viol.II 4fach geteilt,

Engl.Hrn

Brünh.

Edition Peters,

Den Triller mit kleiner Sekunde auf der vierten Saite zwischen ^ und as muß man so viel als mög- lich vermeiden; er ist hart und von wenig angeneh- mer Wirkung. ft=r41-r-. -

Die zwei;, dreU und vierstimmigen Akkorde, welche man auf der Violine gleichzeitig oder gebro- chen (arpeggiert) spielen kann, sind außerordent- lich zahlreich und in Ihren Wirkungen unter sich ziemlich verschieden.

Die zweistimmigen Akkorde, welche aus den sogenannten Doppelgriffen auf zwei Saiten ent- stehen, eignen sich, im Forte wie Im Piano, sowohl

zu melodischen Phrasen wie auch zu iill'-n Arten der liegleitung und zum Tremolo.

Die drei: und vi.Tstimmlsen Akkorde hingegen sind, wenn man sie piano anstreicht, nicht von guter Wirkung, sie erscheinen nur saft- und kraftvoll Im FortCj denn nur dann vermag der Dogen die Saiten so zusammenzufassen, daß sie gut und sicher zu gleicher Zelt ansprechen. Man darf auch nicht ver- gessen, daß bei diesen drei; und vierstimmigen Griffen höchstens zwei Noten ausgehalten werden können, da der Bogen genötigt Ist, die anderen sofort nach deren Anstrich zu verlassen. In einer mäßi- gen oder langsamen Bewegung Ist es demnach un- nütz, so zu schreiben:

denn nur die beiden oberen Noten können ausgehalten werden, und es ist In diesem Fall besser, die Stelle auf folgende Weise zu notieren:

Wie sich von selbst versteht, sind alle Zwei - klänge zwischen dem tiefen G und D unmöglich, well nur eine einzige Saite (das G) da Ist, um die beiden Noten zu Gehör zu bringen. Ist man aber doch genötigt, an diesem äußersten Ende der Tonleiter

Akkorde zu setzen, so sind sie im Orchester nur dann ausführbar, wenn man die Violinen teilt; diese Teilung zeigt man Italienisch mit: divisi oder a due, französisch mit: divises oder ä deux, deutsch mit „geteilt" oberhalb der betreffenden Stelle an. Z.B.

divisi (geteüt.)

Die Violinspieler teilen sich dann so, daß die einen 1 griffe in Sekunden,Terzen,Quarten,Quinten,Sexten,Septi- die obere Stimme, die anderen die untere Stimme aus- menund Oktaven ausführbar, nur werden sie nach und nach führen. Von D, der dritten Saite an, sind alle Doppel- I schwerer,jehöhermanauf den beiden oberen Saiten steigt.

Bisweilen g-ebraucht man auch den Einklang als Doppelgriff, doch ist es ratsam, die Anwendung desselben auf die drei Noten D, A und E zu be- schränken ; nur diese vereinigen, bei leichter Aus- führbarkeit, Verschiedenartigkeit des Klanges und starke Tonfülle, infolge der Mitwirkung der leeren Saite:

Bei den übrigen Einklängen :

kommt keine leere Saite vor; ihre Ausführung ist ziemlich schwierig, demnach auch die vollkommene Reinheit derselben sehr selten.

Eine tiefe Saite kann eine höhere leere Saite durchkreuzen, wenn man ihren Tönen eine aufstei- gende Bewegung gibt, während die leere Saite gleich- sam als Orgelpunkt fortklingt:

Das D bleibt als leere Saite, während die aufstei- gende Tonleiter durchweg auf der vierten Saite ge- spielt wird.

Nonen und Dezimengriffe sind ausführbar, doch bei weitem weniger bequem als die vorher- gehenden, und es ist besser sie für das Orchester nur dann vorzuschreiben, wenn die tiefere Saite leer bleibt; in solchen Fällen bieten sie keine Schwie- rigkeit:

Ungemein schwer, um nicht zu sagen unmög - lieh, sind die Sprünge in Doppelgriffen, und daher zu vermeiden, da sie eine große Veränderung der Handlage erfordern, z. B.

Im allgemeinen darf man überhaupt dergleichen Sprünge nur dann schreiben, wenn die beiden hö- heren Noten mit den unteren zusammen einen vier- stimmigen Akkord bilden, der auch im ganzen an- gegeben werden könnte; z.B.

Dies ist tunlich, weil man die vier Noten auch g'leich- zeitig- angeben kann

Im folgenden Beispiele würden sich zwar die vier Noten (außer beim letzten Akkorde) gleich- zeitig nur mit ziemlicher Schwierigkeit greifen lassen, dennoch ist hier der Sprung von der Tiefe zur Höhe leicht ausführbar, weil die beiden tiefe- ren Noten auf leeren Saiten, die beiden anderen mit dem ersten und dritten Finger *) genommen werden.

Unter den drei; und namentlich vierstimmigen Griffen sind die besten und klangvollsten immer diejenigen , bei denen am meisten leere Saiten vor- kommen. Ich halte es sogar für besser, man begnügt sich mit einem dreistimmigen Akkord, wenn man bei dem vierstimmigen nicht eine der leeren Sai- ten hinzuziehen kann.

Die folgenden Zusammenstellungen geben eine Übersicht der gebräuchlichsten, klangvollsten und wenigst schwierigen Akkorde dieser Art.

Bei den mit * bezeichneten ist es besser, sich mit drei Noten zu begnügen, also die tiefe Note wegzulassen.

*) Violin -Fingersatz: 1 Fingen Zeigefinger; 2*£'' : Mittelfinger u. Edition Peters. 9039

mmmmuHmiMii

Leicht bei niäUi^'-ei

3,- Bewegung: ^ j || | ty'^'|^-^^ ^ "^^ ^^^'^^^ i

Alle auf diese Weise aneinander geschlossenen 1 d.h. in Aufeinanderfolge ihrer einzelnen Töne aus- Akkordfolgen sind nicht schwierig. geführt werden, woraus sich, zumal im Pianissimo,

Sie können auch gebrochen, in Arpeggien, I oft sehr glückliche Wirkungen ergeben:

Außerdem kommen noch ähnliche Zusammen- stellungen, wie die früheren vor, bei denen die vier Noten nur mit großer Schwierigkeit auf einmal anzugeben wären, die aber in Arpeggien sehr gut

ausführbar sind, und zwar mittelst des ersten und zweiten Fingers, wenn diese von der vierten zur ersten Saite übergehen, um die tiefe und dann die hohe Note zu greifen:

Läßt man in den vorhergegangenen Beispielen die hohe oder die tiefe Note weg, so erhalt man ebensoviel dreistimmige Akkorde ; hierzu kommen noch diejenigen, welche sich aus der Verbindung

der verschiedenen Töne der E- Saite mit den bei- den mittelsten leeren Saiten, oder aus denen der E: und der A- Saite mit der leeren D-Saite er- geben:

Handelt es sich darum, einen einzeln für sich stehenden D-moll: oder D-dur-Akkord anzugeben, so ist es nicht ratsam, die im vorigen Beispiel mit Ni. bezeichnete Tonlage vorzuschreiben, weil sie ohne vorausgehende ähnliche Griffe zu schwer

ausführbar wird; besser ist es dann, die hierne- benstehende Lage zu nehmen, die leicht spielbar

und wegen der beiden leeren Saiten [^ ^ [=1 auch klangvoller ist: «J r r

Aus den bisherigen Beispielen kann man er- sehen, daß alle dreistimmigen Akkorde auf der Vio- line möglich sind, wenn man, abgesehen von denen mit leeren Saiten, darauf bedacht ist, ihre ein-

zelnen Töne so weit auseinander zu legen, daß sie ein Quinten: oder Sextenintervall enthalten. Die Sexte kann oben oder unten, oder auf beiden Saiten zugleich liegen:

Leicht sind auch Folgen von verminderten Septimen-Akkorden, weil der Fingersatz beim

;| Sexte.

Fortrücken in die nächste Lage der gleiche bleibt, z.B.

Gewisse dreistimmige Akkorde sind übrigens auf zweierlei Art anwendbar, und man wählt immer am besten diejenige, welche die Benutzung einer leeren Saite zuläßt; z. B.

Doppeltriller in Terzen lassen sich vom ersten tiefen b an zwar ausführen:

da sie aber schwieriger als die einfachen Triller

sind und die nämliche Wirkung sich außerdem noch besser mittelst Teilung der Violinen errei- chen läßt, so ist es im allgemeinen ratsam, fürs Orchester davon abzusehen.

Das Tremolo eines Violinchors (einfach oder doppelt) bringt mannigfache vortreffliche Wir- kungen hervor; es drückt Unruhe, Aufregung, Schrecken in den Schattierungen des Piano, Mezzo- forte und Fortissimo aus, wenn man es auf einer oder zwei von den drei Saiten G, D, A, anwen- det und dabei nicht viel über das mittlere b hin- aus geht.

( Doppelgriffe.)

PS "'/S fft

Von Weber und Wagner besonders schön ver- { Akt der Walküre, bei Siegmunds Aasruf: Wälse, wendet, am bedeutungsvollsten vielleicht im ersten I \ Wälse! (Partiturbeispiel 2.)

NO 2. Walküre, Akt I

10

Hörn Hl u.lV in n.

'^iF^i*ir~ii"iifii wüm

puco a pooo , ■■' , 3 f>

poco a poco cresc.

grir < pdf ^if^r > I h pr pnll j,^

der mich nunSehnsucht zieht, diemit sü- ßemZau-ber sehrt, im Zwan - ge hält sieder Mann, der

p molto cresc.

SFag.

Siegm.

I - I - I - I - 1-1 - I J

mich Wehr-losen höhnt!

Wäl-se! Wäl-se! Wo istdein'Schwert, dasstarke Schwert,dasimSturmich

12

Welch genialer Einfall ist am Anfsuig der Wal- 1 | dahin gotricbennn Reifens und Hapels durch fol- kürp dio SihildtTunn- des einförmig tobenden I gendo wunderbare Klangintuition;

Sturmes, das IVitschen des schrüg vom Winde ' (Purtiturbeispi«! ».)

N9 8. Walk Uns Anfang-.

stürmisch.

(Immer auf doppelten Saiten)

Wagner.

la

Das Tremolo hat etwas Stürmisches, Heftiges im Fortissimo auf den mittleren Tönen der Er und

A- Saite:

Dagegen wird es luftig,

elfenhaft, wenn man es, auf mehrere Stimmen ver- teilt, im Pianissimo in den hohen Tönen der E- Saite verwendet:

Erste Violinen.

5weite Violinen.

Dritte Violinen oder Violen.

Hier muß eingeschaltet werden, daß man, dem allgemeinen Gebrauche folgend, die Violinen im Orchester in zwei besondere Gruppen (Viol. I u.U.) teilt, daß aber kein Grund vorhanden ist, aus die- sen beiden Gruppen je nach dem Zwecke, welchen der Tonsetzer vor Augen hat, nicht auch wieder zwei oder drei Unterabteilungen zu bilden . Bis- weilen kann man die Violinen selbst bis zu acht Gruppen teilen, sei es, daß es sich darum handelt^ aus der großen Masse acht einzelne Violinen (acht verschiedene Stimmen spielend) abzuheben, oder sei es, daß man sämtliche erste und sämtliche zweite Violinen in je vier gleichmäßige Chöre son- dert.

Ich komme zum Tremolo zurück. Soll seine Wirkung vollständig erreicht werden, so ist die Hauptsache, daß die Bewegung des Bogens schnell genug sei, um ein wirkliches Beben oder Erzit- tern hervorzubringen. Der Komponist muß daher die Ausführung derselben genau vorschreiben, je nach der Natur des Zeitmaßes, in welchem das be- treffende Musikstück gesetzt ist; denn die Ausfüh- renden sind nur zu sehr geneigt, einer für sie er- müdenden Spielart aus dem Wege zu gehen und würden sicher nicht verfehlen, sich allen Spielraum, den man ihnen in dieser Hinsicht ließe,zunutze zu machen.

Schreibt man also in dem Zeitmaße Allegro assai ein Tremolo so vor: \^(; ° | mit dieser Wirkung;

so ist dies vollständig genügend: die Bebung wird vorhanden sein; wollte man aber auch in einem Adagio das Tremolo nur durch Sechzehntelnoten anzeigen, so würden die Ausführenden eben nur streng Sechzehntel spielen,undstatt der Bebung hör- te man nur eine schwerfällige, ausdruckslose Tonwie- derholung. In diesem Falle hat man so zu notieren:

|ft)(s ° I und manchmal sogar,wenn das Zeitmaß noch

langsamer als Adagio ist, in dieser Weise: hfrtv-f |

Das Tremolo in den tiefen und mittleren Tönen der dritten und vierten Saite wird im Fortissimo noch charakteristischer, wenn der Bogen die Saiten nahe beim Stege anstreicht . In großen Orchestern bringt es dann, (vorausgesetzt, daß die Spieler es gut ausführen) ein Rauschen hervor, das dem eines reißenden, mächtigen Wasserfalles ähnlich ist. Diese Spielweise wird durch die Worte „am Steg" (sul ponticello) angezeigt.

Ein prachtvolles Beispiel hierfür findet man in der Orakelszene im ersten Akte der „Alceste'' von Gluck. Die Wirkung des Tremolo der zweiten Violinen und Violen wird hier noch vergrößert durch das großartige, drohende Einherschreiten der Bässe, durch den von Zeit zu Zeit geführten Schlag der ersten Violinen, durch das nach und nach erfolgende Hinzutreten der Blasinstrumente, endlich durch das erhabene Rezitativ, welches von diesem wild- stürmenden Orchester begleitet wird.

Ich kenne nichts dieser Art, was dramatischer, was fürchterlicher wäre. Nur der Gedanke, dieses Tremolo „am Steg" ausführen zu lassen, dürfte Gluck nicht zuzuschreiben sein, denn seine Partitur enthält nichts darauf Bezügliches. Die Ehre hierfür kommt lediglich Herrn Habeneck zu, welcher beim Einstu- dieren dieser wunderbaren Szene im Konservato- rium von den Violinen diesen energischen Modus der Ausführung forderte, dessen Vorteil in solchem Falle unbestreitbar ist. (Partiturbeispiel 4.)

Edition Peters.

14

N94. Alceste, Akt I.

II gran Sacerdote. (Hoherpriester. )

Bassi. (Vlc.u. Kontrab.)

I.

Viol. II.

et des si-gnes cer-tains m'en donnentl'as-s

Jedes Merkmal vergönntj daß- wir es gimsüff deuten/

Viol. <

n. I

plein de les-prit di - vin qu'in-spi-re sa pre-sen-ce Von seinem Gei - ste voll empfind' ich sei-ne - he!

je me sens e - le - sein he -geisternder

Edition Peters.

Viol.. II,

ver au des-sus dW mor- tel. Hauch scheint TneinHerz zu durch-wehn

Quel-le lumiere e - cla- Ha! welches Glanzes Ent-

I.

Vi Ol.

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man-non-ce du Dieu la pre-sen - ce su-prS-me, - zend kun-det er vms, daß er sich jetzige - na- het.

1 Ir

1 V 1

>):t^v,p iriHf i»r v^t'f ^ pT,|»f p>

Rei-ne, de-pose ä son as - pect le vain or-gueil de la puis-san-cef Für-stin! menschlircher Hoheit Pracht vmd eit-ler Stolz muß sichhier heu-gen!

trem Zitt'-

18

Man sehe den Anfang des zweiten Aktes von Tristiin, wo dieser Effekt des Tremolo am Steg [hier eine Tonmalerei vom Rascheln des Laubes,

Säuseln des Windes) sich für den Zuhörer zu ei- ner Empfindung kalten Schauers und gefahrvoller Erwartung vertieft, i Partiturbeispitl 5j

N9 5. Tristan, Akt 11.

Wagner

(Sehr lebhaft.)

Vcelli. (get.)

Kontrab,

Edition Peters'

20

Für ifewiase Arten der Begleitung von drama- tischem, sehr belebtem Charakter macht man bis-

weilen mit gutem Erfolg vom gebrochenen Tre- molo Gebrauch, bald auf einer Saite:

iild auf zwei Saiten:

Endlich gibt es eine letzte Gattung des Tre- molo, die man zwar heutigen Tages nie anwendet, von der aber Gluck in seinen Rezitativen auf be- wundernswerte Weise Gebrauch gemacht hat. Ich möchte es das wallende Tremolo (tremolo on- dule ) nennen . Es besteht darin, daß man, ohne mit dem Bogen die Saite zu verlassen, verschiedene un- ter sich gebundene Noten auf dem nämlichen Tone in geringer Schnelligkeit spielt. Bei diesen nicht

streng taktisch gemessenen Begleitungen ist es für die Ausführenden kaum möglich, die gleiche Anzahl von Noten in einem Takte zu spielen; die einen spielen mehr, die anderen weniger, und aus dieser Verschiedenheit entsteht eine Art von Schwan- kung, von Unentschlossenheit im Orchester, die ganz geeignet ist, die Unruhe und Beängstigung gewisser Szenen wiederzugeben. Gluck schrieb es so :

Die Bogenstriche (Stricharten) sind von großer Wichtigkeit und von besonderem Einflüsse auf die Klangfülle und den Ausdruck der Motive und Melodien. Man muß sie daher, je nach der

Art des Gedankens, der zur Wiedergabe kom- men soll, sorgfältig bezeichnen, und zwar nach den in den folgenden Beispielen angegebenen Signa - turen.

Für die Trennung der Töne de detache):

für die Bindung von je zwei Tönen;

für große Bindungen (Legato-Stellen):

Für das Stakkato oder leichte Detache, ein- fach oder doppelt, welches mit dem Bogen seiner

ganzen Länge nach ausgeführt wird und zwar mittelst kleiner Stöße, durch die der Bogen nur wenig fortrückt:

Für das große, getragene Stakkato fgrand detache porte), welches den Zweck hat, der Saite so viel Klangfülle als möglich zu geben, indem man sie nach starkem Anstrich des Bogens allein

fortvibrieren läßt, eine Strichart, die hauptsäch- lich in Stücken von stolzem, großartigem Charak- ter und mäßigem Tempo am Platze ist:

Die zwei:, drei: und viermal {je nach der Schnelligkeit des Tempos) wiederholt angestri- chenen Noten geben dem Klange der Violinen

mehr Kraft und Regsamkeit, und eignen sich zu vielen Orchesterwirkungen in allen Tonschattie- rungen:

AllegTO.

Bei Stellen in breitem Tempo von markigem Char rakter, sind dagegen die einfachen Noten des großen Stakkato, wenn man nicht das wirk-

liche Tremolo auf jeder Note anwenden will, von weit besserer Wirkung. So wird die folgende Pas- sage:

im vorgeschriebenen langsamen Tempo ausgeführt, von ungleich edlerem und stärkerem Klange sein als diese:

Larffo.

Die Komponisten würden meiner Meinung nach gar zu ängstlich verfahren, wenn sie, wie dies in den Studienwerken und Konzertstücken für die Vio- line wohl üblich ist, in ihren Partituren die Strichwei- se des Bogens durch Beisetzung der Zeichen für den Herunter: und Heraufstrich anzeigten; doch ist es gut bei Stellen, die entweder Leich- tigkeit, besondere Kraft oder Breite des Tones dringend erfordern , die Art der Ausführung durch folgende Worte anzugeben: „Mit der Spitze des Bogens", oder „Am Frosche" (unteres Ende des Bogens), oder auch „Mit der ganzen Länge des Bogens auf jeder Note". Ebenso ist es der Fall mit den Worten: .,Am Steg" und „Auf dem Griff- brette", Worte, welche die Stelle bezeichnen, wo der Bogen näher oder enfernter vom Stege die Saiten anstreichen soll. Die metallenen, etwas rauhen Töne, welche der Bogen in größerer Nä- he des Steges hervorzieht, unterscheiden sich merklich von den sanften , verschwimmenden Tö- nen, welche bei der Spielweise über dem Griff - brette erklingen.

über Bogenstricheinteilung und Fingersatz im Orchester sei mir hier vergönnt, einige Erfahrun- gen anzuführen. Es ist in vielen Orchestern Brauch, die Violinstimmen (wohl auch die der übrigen Streichinstrumente) mit einheitlichen Bo- genstrichzeichen zu versehen. Die hierdurch ver- bürgte Gleichheit des Auf= und Abstriches gibt zwai" dem Vortrag des Violinkörpers Eleganz und dem Auge des Zuhörers Beruhigung, ich möch- te aber einer konsequenten Anwendung dieses Brauches aus folgenden Gründen nicht das Wort reden:

Die Verschiedenheit der Temperamente in glei- che Bogenstriche zu bannen, heißt, dem gefühl- vollen Vortrag einer Kantilene jede Seele ent- ziehen. Ein Geiger wird je nach seiner Empfin- dung und seinem technischen Vermögen zur aus- '. drucksvollen Wiedergabe einer Melodie vielleicht 4 Bogenstriche brauchen,zu der ein anderer derer nur 2 bedarf. Wird der erstere verurteilt, seine Melodie auch mit nur 2 Bogenstrichen auszufüh- ren, muß sein Vortrag naturgemäß an Intensität

verlieren, mit iuideren Worten.iirmlich uiiJ iiUchtfrn werden. Hut weiterhin der Komponist eine Melodie von, sagen wir 4 oder mehr, längeren Tiikten unter einem einzigen Bogenstrich notiert, so würde der großzügige Charakter der Phrase zerstört, wenn dieselbe von allen Geigern gleichmäßig in etwa •1-H Teile zerpflückt würde. Mein Prinzip ist nun in einem solchen Falle, den vom Komponisten vorgeschriebenen Phrasierungsbogen (das Atem -

zeichen für den Vortrag ) zu Anfang und Endo streng zu beachten, innerhalb desselben aber je- den einzelnen Geiger nach Belieben mit den Bo- genstrichenwechseln zu lassen.

Als sehr wichtig möchte ich den Komponisten empfehlen, die Frage des Auf: und Niederstriches für eine bestimmte Art des Vortrages genau ins Auge zu fiLssen. So erging es mir in New-York bei derersten Probe meiner Symphonia domestica, daß das Thema

in dieser Bogeneinteilung absolut nicht den von mir gewünschten Eindruck behaglicher Heiter- keit erzielte, sondern lahm und gleichgültig klaiig,

bis ich auf die Idee kam, es folgendermaßen spie- len zu lassen:

Sofort hatte das Thema die von mir gewünschte Lustigkeit, der Punkt auf dem zweiten und vier- ten Achtel kam von selbst, und die Stelle leuchtete, ob in Oberstimmen, Mittelstimmen oder im Baß, durchs ganze Orchester mit derselben Eindring- lichkeit, wie auch das nunmehr ebenso phrasierte zweite Thema des Stückes :

Also , werte Kollegen von der Notenfeder: Achtung auf Auf: und Herunterstrich ! Solch eine kleine Bogenstrichbezeichnung am richtigen Platze ist oft wirkungsvoller als die schönsten Vortrags- angaben in der Partitur, wie: „munter", „grazioso'; i „keck"', „lächelnd", „trotzig", ,,zornig"etc., um die

sich unsere biederen Orchestermusiker samt ih- ren werten Herrn Chefs im allgemeinen herzlich wenig bekümmern.

Bezüglich des Fingersatzes machte ich selber bei der Einstudierung von Berlioz' „Fest bei Ca- pulet" am allerersten Anfang der teilweise chro- matischen Geigenphrase die Erfahrung, daß die- selbe nie ganz sauber herauskam, solange auch nur ein Geiger die chromatische Skala durch Auf: und Abrutschen des Fingers erzielte _ bis ich endlich vorschrieb, für jede Note einen besonde- ren Finger zu nehmen. Sogleich hörten die an dieser Stelle so empfindlichen Zwischengeräusche des Herauf: und Herabziehens des Tones auf und die Stelle erschien makellos. Diese Erfahrung veran- laßte mich, folgende sehr rasche Violinpassage in meiner Symphonia domestica:

folgendermaßen zu bezeichnen:

da die Stelle bei dem gewöhnlich von den Geigern genommenen Fingersatze , der beim Heulen des Stur-

mes der Pastoralsymphonie wohl angebracht ist, ab- solut undeutlich und verwischt würde.

23

In einem symphonischen Satze, wo sich Fürch- terliches mit Groteskem einigt, hat man die Stan- ge des Bogens zum Anschlage auf die Saiten be- nutzt, ein Verfahren, das mit „col legno"(mit dem Holze) bezeichnet wird. Die Anwendung dieses ab- sonderlichen Mittels darf nur sehr selten gesche - hen und muss vollkommen begründet seiir. übrigens ist sie nur in einem großen Orchester von merkli chem Erfolge. Die Bogen, welche dabei jählings

auf die Saiten fallen, erzeugen in ihrer Menge eine Art von Knistern, das man bei einer geringeren Anzahl von Violinen kaum bemerken würde,so schwach und kurz ist der Klang in diesem Falle.

Durch dieses col legno wird in Liszts Mazep- pa das Schnauben des Pferdes, in Wagners Sieg- fried das teuflische Kichern des Mime, in mei- ner Oper Feuersnot das Knistern brennenden Reisigs versinnbildlicht. (Partiturbeispiele 6, 7,8.^

N9 6. Mazeppa.

Liszt.

Viol.II. (geteilt)

Violen (get.) I

Vcelli, (get.)

Verlas' BrcHkopf * H.irtcl Leipzig-.

Trp.inEs.

Edition Peters.

26

N97. Siegfried, Akt II,

U'MVxj;.

Wagner.

Engl.Hrn

Klar, in B

Baßklar in B.

braut? (Lustig scherzend, als schild're er ihm einen angenehm berauschten Zustand, den ihm der Saft bereiten solle^

bald; ohne Wach und Wissen stracks streckst du die Glie - der. Liegst du nun da,

-tohne D'ämpfer) , pizz.

N? 8. Feuersnot.

Sgv.Fl

2 Klar, in A.

Baßklar, in A.

Verlag- A.lolph Färstner, Berlin

Eaition Peters.

35

Die sogenannten Flageolettöne (sons harmo- niques; entstehen, wenn man die Saiten mit den Fin- gern der linken Hand derartig leicht berührt , daß dieselben in ihrer Länge (an gewissen Schwin- gungsknoten) zwar geteilt, jedoch nicht, wie bei gewöhnlichen Tönen, irgendwie fest auf das Griff- brett aufgedrückt werden. Diese Flageolettöne ha- ben einen eigentümlichen Charakter geheimnisvol- ler Zartheit, und die außerordentliche Höhe einiger von ihnen verleiht der Violine nach oben einen un- gemein großen Umfang. Man unterscheidet natür- liche und künstliche Flageolettöne. Die natür- lichen entstehen, wenn man gewisse Punkte der leeren Saiten leicht berührt. Diejenigen, welche am sichersten und klangvollsten auf jeder Saite ansprechen, findet man in folgender Tabelle ver- zeichnet; die schwarzen (Viertel:) Noten stellen hierbei die wirkliche Tonhöhe der Flageolettöne dar, die weißen (ganzen) Noten dagegen zeigen die Stelle an, wo die leere Saite leicht zu berühren ist.

E- Saite. st

^ i s/i ^ ^ J i ^3 ä =

A- Saite. g„

*I *? i ü Ja -eJ *" J -ei

D- Saite. ^^

Die künstlichen Flageolettöne erhält man sehr deutlich auf dem ganzen Umfange der Tonleitter, wenn man den ersten Finger, welcher als beweglicher Sat- tel dient, fest auf die Saite drückt, mit den anderen Fingern aber die betreffenden Punkte der Saite leicht berührt. In den folgenden Beispielen findet man eine Übersicht der leicht zu berührenden Interval- le und der wirklichen Töne, welche dadurch hervor, gebracht werden.

wirkliche Flageolettöne.

Die Oktave, leicht be- rührt,gibt ihren Einklang:

^ ^ ^

° iterping.., fest auflieg-cnd.

Man bedient sich dieses Fingersatzes seiner Unbe- quemlichkeit wegen kaum anders als auf der vierten Saite.

Wirkliche Flag-eolettoiie.

Die Quinte, leicht berührt, gibt deren hohe Oktave :

lterFing-er,fest auflieecjid.

Dieser Fingersatz ist leichter als der vorhergehende und weniger leicht als der folgende.

Die Quarte, leicht berührt, gibt deren hohe Duode- zime:

te £ ^ ':'\ * Ä #f

Wirkliche Flag-eolettb'ne leichte Fing-er.

^m

- y ^ ^ r. t 'C I. L 1.^

Dieser Fingersatz ist am leichtesten und darum im Orchester vorzuziehen, es sei denn, daß es sich um den wirklichen Klang der Duodezime einer leeren Saite handelte; in diesem Falle ist dem Fingersatz mittelst Quinte der Vorzug zu geben. Um also ein- zeln für sich -e-

~ 0

ein hohes h ü ist es besser diese . fi "■ hören zu lassen. Ig? Lage zunehmen: 1^ I ',

die hier benutzte leere E- Saite, deren Quinte (h) , leicht berührt, die höhere Oktave der letzteren zu hören gibt, ist wohlklingender als eine Saite, die mit dem ersten Finger fest niedergedrückt werden müßte.

wie z.B.:

, was den nämlichen Ton gibt:

Der Fingersatz mittelst berührter großer und kleiner Terz ist sehr wenig im Gebrauch , da hierbei die Flageolettöne viel weniger gut herauskommen.

Die große Terz, leicht berührt, gibt deren höhere Doppeloktave:

Die kleine Terz, leicht berührt, gibt deren höhere große Septde-

Die große Sexto, leicht berührt, gibt deren höhere Duodeziine:

l»erFi„pcr_ fest.

Dieser Fingersatz ist weniger gebräuchlich als der mittelst Berührung der Quarte, trotzdem aber ziem- lich gut und oft nützlich.

Ich wiederhole es: die Lagen mit leicht berühr- ter Quarte und Quinte sind bei weitem die vorteil - härtesten.

Manche Virtuosen bringen Doppelgriffe in Fla- geolettönen heraus; alleindiesor Effekt ist so schwie- rig und in Folge dessen so gefährlich, daß man die Autoren davor warnen muß, jemals dergleichen vor- zuschreiben.

Die Flageolettöne der vierten Saite haben etwas vom Klange der Flöte; für den gesangsmäßigen Vor- trag einer langsamen Melodie sind sie vorzuziehen. Sie sind es, die Paganini seiner Zeit mit so wunder- barem Erfolge in dem Gebet aus ,,Moses" anwendete. Die Flageolettöne der anderen Saiten klingenum so feiner und zarter, je höher sie sind; hierdurch, so- wie durch ihren krystallhellen Klang sind sie ganz besonders für jene Akkorde geeignet,die ich feen - haft nennen möchte, das heißt: für Harmonieeffekte,

welche unstTe Einbildungskraft mit schillernden Träumereien erfüllen, indem sie uns die anmutig- sten Gebilde einer dichterischen, übernatürlichen Welt vorzaubern. So gut auch gegenwärtig unsere jungen Violinisten mit ihnen vertraut sein mögen, so darf man sie doch nicht in li^lihafter Bewegung an- wenden, oder muß wenigstens darauf bedacht sein, ihnen nicht zu schnelle Notenfolgen zu geben, falls man einer guten Ausführung sicher sein will.

Selbstverständlich ist es dem Komponisten frei- gestellt, sie je nach der Besetzung der Violinen zwei:, drei: und vierstimmig zu verwenden. Die Wirkung solcher gehaltenen Akkorde ist sehr ein- dringlich, wenn dieselben durch den Gegenstand des Tonsatzes begründet sind und mit dem übrigen Or- ehester gut in Übereinstimmung gebracht werden. Ich habe dergleichen Akkorde zum ersten Male, und zwar dreistimmig in dem Scherzo einer Sym- phonie verwendet, schwebend über einer vierten, nicht im Flageolet gesetzten Violinstimme,die stän- dig auf der untersten Note zu trillern hat. Die ungemeine Zartheit der Flageolettöne wird bei die- ser Stelle noch durch die Anwendung von Dämpfern gesteigert, und, so abgeschwächt, erklingen sie nun in den verschwindenden Höhen der musikalischen Sphäre, wohin mit gewöhnlichen Tönen zu gelan- gen beinahe unmöglich wäre. (Partiturbeispiel 9.)

N9 9. Romeo und Julie, Scherzo (Fee Mab.)

Allegretto.

Engl. Hörn.

VioI.I (geteilt)'

Engl.Hrn

Engl.H

Meiner Ansicht nach ist es unbedingt nötig, bei Aufzeichnung solcher aus Flageolettönen gebildeten Akkorde, durch übereinander gestellte Noten , wel- che sich in Form und Große unterscheiden, anzu- geben: die Note des die Saite leicht berüh- renden Fingers und die der wirklichen Ton- höhe (wenn sie eine leere Saite betreffen \-sowie die Note des fest aufzudrückenden Fingers, die des leicht berührenden Fingers unddieder wirklichen Tonhöhe, in den anderen Fällen. Es entstehen daraus allerdings zwei bis drei Signa -

turen für einen einzigen Ton , doch ohne solche Vor- sicht könnte die Ausführung leicht zu einem Kau- derwälsch werden , in welchem selbst der Autor Mühe haben würde , seine Intentionen wiederzuer- kennen .

Ist heute kaum mehr nötig. Das Zeichen 0 über der Note, in ihrer Klang^Höhe, genügt unseren jetzigen Geigern vollkommen zum Hinweis auf die Ausführung als Flageoletten. Die frühere No- tierung ergibt in der Partitur ein zu schwer zu entzifferndes Bild.

Die Dämpfer (Sordinen) sind kleine hölzerne Geräte, die man auf dem Steg der Streichinstru- mente befestigt, um deren Klangfülle abzuschwä- chen: sie geben denselben zugleich einen trauri- gen, geheimnißvollen, sanften Ausdruck, der häufig und mit Glück in allen Gattungen der Musik zu ver- wenden ist. Im allgemeinen bedient man sich der

Dämpfer besonders gern bei langsamen Sätzen; sie sind jedoch, wenn der Gegenstand des Stückes dar- auf hinweist, ebenso gut für schnelle und leichte Ton- gebilde, oder für Begleitungen von beschleunigtem Rhythmus zu gebrauchen. Gluck hat dies in seinem erhabenen Monologe der italienischen Alce st e,,Chi mi parla" vortrefflich bewiesen. (Partiturbeispiel 10.)

N9 10. Alceste, Akt H.

Andante non molto.

^

r r ' pHf r ^ p p p^

spon - do! Ahlche veer - go! ah! che spa - ven

Ant - wort? Ha,was seK ich! ha^welch Ent - set

40

Wenn man Dämpfer anwendet, 80 läßt man sie ge- wöhnlich vom ganzen Streichorchosternohmen; häufi- ger jedoch, als man denkt, treten Umstände ein, wo die Dämpfer, wenn nur von einem Teile (den ersten Violinen z.B.) genommen, der Instrumentation durch die Mischung der hellen und gedämpfti-ii Tüne eine ganz eigentümliche Färbung- geben. Auch kommt es vor, dali der Charakter der Melodie so abweichend von dem der Begleitungsstimmen ist, dal) man ihm durch Anwendung des Dämpfers Rechnung tragen muß.

Wenn der Komponist den Gebrauch der Dämpfer Vden er mit den Worten con sordini anzeigt) mit- ten in einem Tonstücke einführt, so darf er nicht

vergessen, den Spielern die nötige Zeit zu geben, um dieselben nehmen und aufstecken zu können; er muß demnach vorsorglich den Violinstimmon eine Pause gewähren, die ungefähr der Dauer von zwei Takten zu vier Vierteln im Tempo Moderato gleichkommt. Dagegen braucht die Pause nicht so lang zu sein,wenn die Worte senza sordini anzeigen, daß die Däm- pfer wieder entfernt werden sollen, denn dies kann in weit kürzerer Zeit geschehen. Der plötzliche Übergang von solch' gedämpften Tönen zu den hellen, natürlichen (ohne Dämpfer), ist bei starker Beset- zung der Violinen bisweilen von außerordentlicher Wirkung. (Partiturbeispirl 11.)

Prestissimo.

N9 11. Romeo und Julie, Scherzo (Fee Mab).

Berlioz.

pocof

41

Im dritten Akt der Meistersinger (Szene zwi- schen Sachs und Walther) wird die Stimmung des traumbefangenen Walther im Gespräch mit Sachs ebenso einfach wie genial (meistens synonima) durch den Eintritt der zweiten Violinen mit Däm- pfern getroffen. Ein ebenfalls wunderbares Bei- spiel bietet die Schluß-Szene im Tristan,dawosich Isolde aus der Ohnmacht der Verzweiflung zurletz- ten, weltentrückten Vision erhebt: über gedämpf- ten Hörnern intonieren die ersten Violinen con sot dini, nachdem diese lange geschwiegen und den un- gedämpften zweiten Violinen die Führung überlas- sen haben, vor BrangänensWorten:„sie wacht, sie lebt" das Thema von Isoldens Liebestod.

Die Art der Thematik,Farbengebung und die Tie- fe der poetischen Idee vereinigen sich zu einer der

erhabensten Wirkungen

Es gibt neue Dämpfer, die am unteren Teil des Ste- ges befestigt und nur aufgeklappt zu werden brau- chen, den Ton aber bedeutend verschlechtern.

Noch ist das Pizzikato (Zupfen der Saiten) zu erwähnen, das bei den Streichinstrumenten allgemein gebräuchlich ist.Die hierdurch erlangten Töne bewirken Begleitungsarten, welche beiden Sängern sehr be- liebt sind, weil sie die Stimme nicht verdecken; auch in Instrumentalsätzen und selbst bei kraftvollen Aus- brüchen des Orchesters spielen sie eine große Rolle, sei es, daß sie in der ganzen Gfesamtheit der Streich- instrumente, oder nur in einer oder zwei Stimmen derselben zur Anwendung kommen.

Das Adagio der B- dur- Symphonie von Beetho- ven bietet ein reizendes Beispiel vom Gebrauche des Pizzikato bei den zweiten Violinen, Violen und Bässen, während die ersten Violinen mit dem Bo- gen gespielt werden. Diese kontrastierenden Klän- ge vermählen sich bei dieser Stelle in wahrhaft wundervoller Weise mit den melodischen Seufzern der Klarinette , deren Ausdruck sie noch erhöhen. (Partiturbeispiel 12.)

Adagio.

N9 12. B-dur- Symphonie, Satz H.

42

Klar, in B.

Horner in Es.

Viül. ' II.

^^^j^f'

Wendet man das Pizzikato im Forte an, so gilt im allgemeinen die Regel, es weder zu hoch, noch zu tief zu legen; die Töne der äußersten Höhe sind grell und trocken, die dir Tiefe dagegen zu dumpf Bei einem kräftigen Tutti der Blasinstrumente wird demnach ein Pizzikato von sämtlichen Streichinstru- menten, wie das folgende, einen sehr bemerkbaren Eindruck hervorbringen.

Violen u. Bässe

Die zwei:, dreir und vierstimmigen Pizzikator Griffe sind im Fortissimo gleichfalls von Nutzen; der eine Finger, dessen die Spieler sich dabei be- dienen, streift so rasch über die Saiten, daß diese beinahe im gleichen Augenblicke erklingen und alle auf einmal gefaßt zu werden scheinen. Die verschie- denen Arten von Pizzikato- Begleitungen im Piano sind stets von anmutiger Wirkung; sie gewähren dem Zuhörer gewissermaßen Erholung und geben, wenn man nicht übermäßigen Gebrauch davon macht, der Färbung- des Orchesters eine angenehme Ab- wechslung.

In Zukunft wird man mit dem Pizzikato ohne Zweifel noch viel orrginellere und anziehendere Wir- kungen zu erzielen wissen, als dies gegenwärtig der Fall ist. Die Violinspieler, welche das Pizzikato nicht als wesentlichen Bestandteil der Kunst des Violin - Spiels anzusehen pflegen, haben sich bis jetzt kaum ernstlich damit befaßt. Sie sind nur gewöhnt, das Pizzikato mit Daumen und Zeigefinger auszuführen und können infolgedessen weder Passagen noch Ar- peggien schneller als in Sechzehntelnoten eines Vier- vierteltaktes in sehr mäßigem Tempo spielen. Wenn

sie statt dessen den Bogen bei Seite legten, die rechte Hand mit dem kleinen Finger auf den Körper des Instrumentes aufstützten und wie die Gitarre- spieler sich gleichzeitig des Daumens und der an- deren drei Finger bedienten, so würden sie sehr bald die Geschicklichkeit erlangen, Passagen piz- zikato auszuführen, wie sie das nächste Beispiel enthält und wie sie zur Zeit noch unmöglich sind.

(Die über den Noten befindlichen Ziffern g'elten für die Fing-er der rechten Hand, welche das Pizzikato ausführen; der Buchstabe D zeigt den Daumen an.

Alleg:ro non troppo

Das zweir oder dreifach schnell wiederholte An- schlagen der höheren Noten in den beiden letztenAb- schnitten dieses Beispiels wird ungemein leicht,wenn man den Zeige = und Mittelfinger abwechselnd auf der nämlichen Saite dazu benutzt.

Kleine gebundene Vorschlagsnoten sind im Piz- zikatospiel keineswegs unausführbar. Die folgende Stelle aus dem Scherzo der C -moll- Symphonie von Beethoven wird immer sehr gut ausgeführt.

Allegro.

EOition Peters.

Einige unserer jungen Violinspieler haben von Paganini die schnell absteigenden Pizzikato-Tonlei- tern gelernt, wobei die Saiten mit den Fingernder linken Hand, die sich fest an den Hals des Instru- mentes stützt, gerrissen, und die so (immermitder linken Hand) pizzikato gespielten Stellen bald mit vom Bogen angestrichenen Tönen untermischt, bald sogar auch zur Begleitung einer vom Bogen gespiel-

ten Melodie verwendet werden. Diese verschiedenen Spielarten werden ohne Zweifel mit der Zeit allen Spielern geläufig werden; dann wird es auch mög- lich sein, für die Komposition Nutzen daraus zu ziehen .

I Als Beispiel einer genialen Verwertung des Piz- I zikato darf folgende Stelle aus der Ouvertüre zu {„König Lear"von Berlioz gelten. (Partiturbeispiel 13.)

N9 13. König Lear, Ouvertüre.

Berlioz.

44

45

46

Ich habe bei dieser Stelle stets das Gefühl, als ob eine Saite in Lears Herzen oder, realistischer aus- gedrückt, eine Oehirnader bei dem halbverrück- ten König geplatzt sei . _

Dil- Charakterisierungsfähigkeit des Pizzikato im Orchester ist unbegrenzt. Um noch ein paar

Beispiele dafür anzuführen erwähne ich: Tristan, dritter Akt. I'artiturbeisplel K») Rheingold, (rurtiturbeispitl 15.) Meistersinger, die pantomimische Szene Bockmes- sers im dritten Akt (Purtiturbelspiel 16.)

Mäßig langsam.

N9 14. Tristan, Akt lU.

Wagner.

^^=-(Der Hirt erscheint mit dem Oberleibe über der Mauerbrüstung', und blickt teilnehmend herein ~

(Kurwenal wendet ein wenig das Haupt nach ihm.:

Kur-wenal! He! Sag'Kurwenal! Hör'dochFreundlWaohternochnicht? pizz.

N9 15. Rheingold.

riten.tempo.

47

Wagner.

48 N9 U). M(üst«Tsini'-er, Akt III.

4'\ !■ UllL' 4'i

stacc. ynarc.

MsMs

lilslÄj

Istbls

crcsc. .

Mihi

crrsc. . crcsc. - .

~ "Ig— r I _p

hlihls

49

Mit dem Bogen führen die Violinspieler heutzu- tage fast alles aus, was man begehrt. Sie spielen in den hohen Regionen fast ebenso leicht wie in den mittleren; die schnellsten Gänge, die sonderbar- sten Tongebilde führen sie leicht aus. Was in einem Orchester, wo sie in hinlänglicher Zahl vorhanden sind, der eine von ihnen verfehlt, das führen die anderen aus, so daß schließlich das gewonnene Er- gebnis, ohne daß die Fehler besonders hervorste- chen, mit der vom Autor beabsichtigten Wirkung übereinstimmt. Tritt jedoch der Fall ein, daß die Schnelligkeit, die Verflechtung und hohe Lage der

Töne eine Stelle zu gefährlich machen würden,oder auch nur, daß man eine solche Stelle besonders sicher und gut zur Ausführung gebracht haben will, dann muß man die Violinen teilen, das heißt: ihre Anzahl teilen und ein Bruchstück der Stelle den einen, ein an- deres Bruchstück den anderen geben. Auf diese Weise werden die Noten jeder Abteilung mit kleinen Pau- sen durchflochten, welche der Hörer nicht bemerkt, die aber den Spielern gleichsam gestatten, sich zu er- holen, und die ihnen Zeit gewähren, die schweren Po- sitionen gut zu erfassen und zugleich die Saiten mit dem nötigen Schwünge kräftig anzustreichen.

Allegrro assai con fuoco.

Viol.I.

(eetellt)

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60

Will man lihnliche oder noch schwerere Stellen wie diese, von der ganzen Masse der Violinen aus- geführt haben, so ist es (wie im vori^-en Beispiele) immer besser, man teilt die ersten Violinen in zwei Abteilungen für sich und gibt den zweiten Violinen, die sich wiederum in zwei Gruppen tei- len, einfach die Verdoppelung der beiden Stimmen der ersten Violinen, statt allen ersten Violinen das eine Bruchstück und allen zweiten Violinen das andere Bruchstück zu überlassen. Die Entfernung zwischen den beiden Ausgangspunkten der Töne wüu de den einheitlichen Fluß der Stelle unterbrechen

und die Absätze der einzelnen Bruchstücke zu fühl- bar machen. Wenn aber jede Stimmabteilung sich auf beiden Seiten des Orchesters über die beiden Violinmassen verbreitet, dergestalt, daü an jedem Pulte der eine Spieler dfe erste Stimme der betref- fenden Stelle, der andere die zweite Stimme der- selben ausführt, dann gehen diese beiden geteilten Stimmen so in einander über, daß es unmöglich ist, die Zerstückelung der Stelle wahrzunehmen, daß vielmehr der Zuhörer glauben muß, sie werde un- unterbrochen von allen Violinen zugleich gespielt; man schreibt sie demnach so:

Viel. II

1 geteilt 1

Dieses Verfahren ist übrigens auf eile Orche- sterinstrumente, die unter sich an Klang und leich- ter Ansprache übereinstimmen, anwendbar ; man sollte jedesmal Gebrauch davon machen, wenn ei- ne Stelle zu schwierig ist, um von einem einzelnen Instrument oder einer einzelnen Gruppe gut ausge- führt werden zu können.

Diese Auffassung entspricht dem Stil der In- strumentation, den ich den klassischen nennen möchte, und der sich aus dem Geiste der Kammer- musik auf die Behandlung des Orchesters über- tragen hat. Diesem Stil, der die absolute Klar- heit und Ausführbarkeit jeder Figur durch jedes Instrument als Hauptmerkmal trägt, kann ein an- derer Stil der al fresco-Behandlung des Orches- ters gegenübergestellt werden, der von Wagner so recht eigentlich eingeführt wurds und der sich zum ersten verhält, wie der Stil der aus der Mi- niatur-Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts her- vorgegangenen Florentiner Meister zur „breiten

Mal weise" eines Velasquez, Rembrandt,Franz Hals und Turner mit ihren wunderbar getönten Misch- farben und differenzierten Lichtwirkungen. Das eklatanteste Beispiel ist hierfür die Geigenbehand- lung im Feuerzauber des dritten Aktes Walküre. Wagner schrieb da, zur Wiedergabe des lodern- den und züngelnden Feuers, eine Figur, die kaum von einem vorzüglichen Solisten in allen Teilen ausführbar oder ganz sauber wiederzugeben ist, (Partiturbeispiel 17.) Von 16 bis 32 Violinisten ausge - führt, ist die Stelle im Ensemble von einer so wunder- vollen, seh lagenden Wirkung, daß man sich eine bessere Wiedergabe des lodernden , in tausend Mischtönen flimmernden Feuers absolut nicht vorstellen kann. Wäre eine leichtere, vielleicht etwas gemessene- re Figur vorgeschrieben, so kb'nnte leicht der Eindruck der Steifheit eintreten, den ich per- sönlich im Rheingold beim Gesang der das Riff umschwimmenden Rheintöchter nicht loswerden kann:

N9 17. Walküre, Feuerzauber.

Mäßig bewegt

jiiüf

'.hUjJußuJUß uJüiJtMjuiJ

Edition Peters.

3gr.Fl.

Engl. Hrn.

Glocksp.

64

I f -

8gr.Fl.

unktl^u^

piüf

2gT.Fl

K-^r^

2g:r.Fl

Ich glaube, daß man sich die Passagen auf der vierten Saite und, für gewisse Melodien, auch die hohen Töne der dritten Saite im Orchester noch mehr zunutze machen könnte, als es bisher g-eschehen ist. Will man eine Saite auf diese Art besonders verwen- den, so mul3 man genau anzeigen, bis wohin sie aus- schließlich benutzt werden soll; die Spieler würden sonst aus alter Gewohnheit, und der leichteren Aus- führbarkeit wegen, die sich aus dem Übergang von einer Saite zur andern ergibt, sehr bald wieder die gewöhnliche Spielweise anwenden.

Nicht selten kommt es vor, daß man, um einer Stelle besondere Kraft zugeben, die ersten durch die zweiten Violinen in der unteren Oktave verdop- pelt; doch ist es, wenn die Töne nicht außerge - wohnlich hoch liegen, hei weitem besser, sie im Ein-

klänge zu vordoppeln. Die Wirkung ist dann un- gleich stärker und schöner. Die niederschmetternde Schallkraft kurz vor dem SchluU des ersten Satzes der C-moll- Symphonie von Beethoven ist dorn Ein- klänge der Violinen zu verdanken. Wollte man bei solcher Gelegenheit die Kraft der so geeinigten Violinen noch dadurch vermehren, daß man ihnen die Violen in der unteren Oktave beigäbe, so könnte es leicht dahin kommen, daß diese tiefere Verdop- pelung, die doch im Verhältnis zu den höheren Tö- nen viel /.xi schwach wäre, ein unnützes Summen hervorbrächte, wodurch der Klang der hohen Vio- lintöne viel eher verdunkelt als verstärkt würde. *i Darum ist es, wenn die Stimme der Viola nicht mit hervorstechenden Zügen ausgestattet werden kann, geraten, sie zur Verstärkung des Klanges der Vio- loncello zu verwenden, und zwar so, daß man beide Instrumente (soweit dies der Umfang der Viola nach der Tiefe zu gestattet) im Einklang,und nicht in Oktaven zusammengehen läßt. So hat es Beet- hoven in der erwähnten Symphonie getan. (Parti- turbeispiel 18.)

I *)Sehr richtig'! Trifft auch für Hörner und Trompeten

N9 18. C-moll-Symphonie, Satz I

in Es. Tromp.

Pken. n C G.

Viola.

Vcello. I

Kontrab. (

61

Ai i^ AA ii ji

Die Violinen glänzen und spielen bequemer in den Tonarten, die ihnen den Gebrauch der leeren Saiten gestatten . Einzig die Tonart C scheint hinsichtlich der Klanghelle eine Ausnahme von dieser Regel zu machen; die Klanghelle tritt hier weniger hervor, als in den Tonarten A und E , obschon in C alle vier leeren Saiten zu Gebote stehen , dagegen in A deren nu'r drei und in E gar nur zwei übrig bleiben.

Man kann, wie ich glaube, den Klangcharak - ter der verschiedenen Tonarten bei der Violine und den durch sie bedingten größeren oder geringeren Grad der Leichtigkeit der Ausführung in folgender Weise angeben:

Durtonarten.

C leicht

Cis sehr schwer :

Des schwer, doch minder

schwer als Cis : D leicht

Dis fast unausführbar :

Es leicht :

E nicht sehr schwer : Fes unausführbar

F leicht :

Fis sehr schwer :

Ges sehr schwer =

: ernst, aber dumpf und trübe. : weniger trübe und hervoc stechender.

: majestätisch.

: heiter , lärmend , etwas ge- wöhnlich.

: dumpf.

: majestätisch, ziemlich hell- klingend, sanft, ernst.

: glänzend, prachtvoll, edel.

: markig, kräftig.

: glänzend, einschneidend.

: weniger glänzend , zarter.

G leicht = ziemlich heiter, doch etwas

gewöhnlich.

Gis fast unausführbar = dumpf, aber edel .

As nicht sehr schwer = sanft, verschleiert, sehr edel.

A leicht = glänzend, vornehm, freudig. Ais unausführbar B leicht

H nicht sehr schwer Ces fast unausführbar

: edel, aber ohne Glanz .

: edel, hellklingendjStrahlend.

: edel, aber wenig hellklingend.

Molltonarten.

C leicht Cis ziemlich leicht Des sehr schwer D leicht

Dis fast unausführbar

Es schwer

E leicht

Fes unausführbar

F etwas schwer

Fis minder schwer

Ges unausführbar G leicht

Gis sehr schwer

As sehr schwer, fast unausführbar

: düster, wenig hellklingend .

: tragisch,hellklingend,vornehm.

: düster, wenig hellklingend.

; klägjich,hellklingend,etwas gewöhnlich.

: dumpf. = sehr trübe und traurig. = schreiend, gewöhnlich.

= wenig hellklingend, düster,

heftig. = tragisch, hellklingend,ein-

schneidend.

= schwermütig, ziemlich hell- klingend, sanft .

= wenig hellklingend , traurig, vornehm.

= sehr dumpf, traurigaber edel.

62

A h>icht

unausführbar

schwer

leicht

Ai B H

Ces unausführb

= ziemlich hollklingend, sanft, traurig, ziemlich edel.

= düster.dumpf, rauh, aber edel. = sehr hellklingend, wild, herbe, unfreundlich, heftig .

Die Streichinstrumente, durch deren Ver- einigung das, ziemlich ungeeignet so genannte, Quartett gebildet wird, sind die B<isis,daskonsti- tuirende Element des ganzen Orchesters. Ihnen ist die gröüte Macht des Ausdruckes und eine un- bestreitbare Mannigfaltigkeit in denTonfärbungen verliehen. Die Violinen namentlich können zu einer Menge, dem Anscheine nach unvereinbarer Nuancen verwendet werden. Sie entfaltcnUn Masse) Kraft, Leichtigkeit, Anmut, düsteren Ernstund hel- le Freude, Träumerei und Leidenschaft. Es kommt nur darauf an, sie richtig zum Sprechen zu bringen. Übrigens hat man bei ihnen nicht nötig, wie bei den Blasinstrumenten, die Zeitdauer eines gehaltenen Tones in Rechnung zu ziehen, ihnen schonungsvoll von Zeit zu Zeit Pausen zu geben-,man ist sicher,daO ihnen der Atem nie ausgehen wird. Die Violinen sind treue, verständige,tätige und unermüdliche Die- ner.

Ziirti' und lang-saino Melodien, die man heut- zutage allzu oft den lllasinstrumenten anvertraut, werden /^li-ichwohl niemals besser als von einer Masse von Violinen wiedergegeben. Nichts kommt dem ein- dringlichen, süssen Wohlklang einiger zwanzig K- Saiten gleich, die durch ebenso viele wohlgeschultc Bogen in Bewoguiiggosetzt werden. Hier ist die wahre Frauenstimme des Orchesters, eine Stimme, so lei- denschaftlich als keusch, so durchdringend als lieb- lich, die, ob sie weinend, laut klagend, betend oder jubelnil zu uns spricht, von keiner anderen Stimme in d.T Mannigfaltigkeit dos Oefühlsausdrucks erreicht wird. Kine unscheinbare Bewegung des Armes, ein unbemerktes Gefühl, das im Vortragenden sich regt, alles kaum wahrzunehmen bei der Ausführung durch das einzeln«! Instrument, bringen in der Vervielfäl- tigung die herrlichsten Schattierungen hervor,erwecken Empfindungen,diebis ins Innerste des Herzens dringen. Brauche ich hier an die cngelsgleiche, überirdische Reinheit der Violinen des Lohengrin -Vorspiels zu erinnern, dieselben Violinen die in der wundervol- len Passage im dritten Akt der Walküre das irdische Entzücken der Mutterliebe so hinreißend zu offen- baren vermögen (l'iirtiturbeispiel 19 >, um dann im drit- ten Akte des Siegfried die „selige Öde auf wonni- ger Höh» in so wolkenloser Klarheit erstrahlen zu lassen. (Partiturbeispiel 20.)

N9 19. Walküre, Akt m.

Wagner.

Sehr schnell und heftig

4 Hrnr. in E.

3 Fagr. 3Trp.in E.

I

4 Pos. "

Sehr schneU^und heftig

NO 20. Siegfried, Akt HI.

Immer langsamer.

Wagner.

ptup pp- her auf den felsigen Saum der Höhe, und zeig-t sich dort zuerst nur mit dem Oberleibe ; so blickt er lang« staunend um sich)

sehr ruhig.

Sieg-fr.

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Dieselben Violinen, die mit gleicher Treue auch der jungen Liebe des Lehrbuben ihre Töne leihen:

Dieser in der Symbolik seiner Orchestersprache unerschöpfliche Dramatiker individualisiert sogar

erste und zweite Geigen im dritten Akt seines Tri- stan in der Weise, daß er die durch Gewöhnung im Vortrag und Klang etwas untergeordneten zwei- ten Violinen den Nebenfiguren Kurwenal,Brangäne und König Marke als Begleiter beigibt, während die wärmeren und vornehmeren, an die Führung gewöhnten ersten Violinen mit den beiden Helden der Handlung jauchzen und leiden.

Zum Schluß dieses Kapitels möchte ich warnend auf den gröblichen Mißbrauch hinweisen, der mit der Solo-Violine im Orchester g-etrieben wird. Ihre Wirkung ist stets eine so besondere, auf fal- lende, daß sie ohne zwingenden poetischen Grund meiner Empfindung nach nicht angewendet werden sollte. Unseren großen Meistern diente sie stets

nur als bedeutungsvolles Symbol: Beethoven,wenn er im Benedictus seiner Missa eine inbrünstig keusche Seele ihr Loblied dem Höchsten entgegen- ; singen läßt; Wagner, wenn er im Rheingold die innersten Geheimniße der Frauenseele verrät. (Partiturbeispiel 21.)

N9 21. Rheingold.

Wagner.

An dem sparsamen Gebrauch der Solovioline in den Partituren des letztgenannten Meisters gestatte man mir als an einem Beispiel für viele von neuem

die bis zum Überdruß gepredigte Wahrheit zu exem- plifizieren: je seltner die Anwendung eines besonde- ren Ausdrucksmittels, desto größer dessen Wirkung.

67

Die Viola (Bratsche).

Die vier Saiten der Viola (Bratsche) werden gewöhnlich in Quinten gestimmt, wie die der Violine, sämtlich aber um eine Quinte tiefer als diese:

_. . .erste Saite, z. . . zweite Saite. -. . .dritte Saite. -vierte Saite.

Ihr gewöhnlicher Umfang beträgt mindestens drei

Man schreibt sie im Altschlüssel (C= Schlüssel auf der dritten Linie) und bei den ganz hohen Tönen im Violinschlüssel.

Alles, was wir oben in Bezug auf Triller, Bogen- striche, zwei: und mehrstimmige Akkorde, Arpeggien, Plageolettöne u.s.w. gesagt haben, ist in gleicher Wei- se auf die Viola anwendbar, die man in dieser Bezieh- ung lediglich als eine um eine Quinte tiefer stehende Violine anzusehen hat.

Von allen Instrumenten im Orchester ist die Viola dasjenige, dessen ausgezeichnete Eigenschaften man am längsten verkannt hat. Sie ist ebenso behend\vie die Violine, der Ton ihrer tiefer Saiten besitzt einen eigentümlichen, herben Klang, während ihre Töne in der Höhe einen traurig: leidenschaftlichen Ausdruck annehmen; ihr Klangcharakter im allgemeinen istvon tiefer Schwermut und unterscheidet sich merklich von dem der anderen Streichinstrumente. Gleichwohl ist sie lange Zeit unberücksichtigt geblieben, oder nur, ebenso gehalt: wie nutzlos, dazu verwendet worden: die Ballstimme in der höheren Oktave zu verdoppeln. Verschiedene Ursachen vereinigten sich zu dieser un- gerechten Dienststellung dieses edlen Instrumentes. Erstlich wußten die Meister des 18'?" Jahrhunderts, da sie selten real vierstimmig setzten, zum größten Teile nicht recht, was sie mit der Viola machen soll- ten; wenn sie nicht gleich einige Noten fanden, die sie ihr zur Ausfüllung der Harmonie geben konnten, so zögerten sie nicht, das leidige col basso hinzu- schreiben, und zwar bisweilen mit so großer Unauf- merksamkeit, daß eine Oktavenverdoppelung der Baß- stimme daraus entstand, die bald mit der Harmonie, bald mit der Melodieführung, bald mit beiden zu- gleich in Widerspruch geriet. Ferner war es unglücklicherweise nicht möglich, damals für die Viola irgend eine bedeutsamere Stelle, die selbst

ein nur gewöhnliches Talent zur Ausführung erfor- dert hätte, hinzuschreiben. Die Violaspieler vnirden stets aus dem Ausschusse der Violinspieler entnom- men. War ein Musiker unfähig, den Violiuposten genügend zu bekleiden, so wurde er zur Viola ver- setzt. Daher kam es, daß die Bratschisten weder Violine noch Viola spielen konnten. Ich muß sogar gestehen, daß dieses Vorurteil gegen die Violastim- me auch in unserer Zeit nicht gänzlich erloschen ist, daß es in den besten Orchestern noch Viola spieler gibt, die so wenig die Viola wie die Violine zu be- handeln wissen. Doch sieht man neuerdings immer mehr die Mißlichkeiten ein, die aus Duldung solcher Leute entstehen, und so wird die Viola nach und nach, ebenso wie die anderen Instrumente, nur ge- schickten Händen anvertraut werden. Ihr Klangcha- rakter erregt und fesselt die Aufmerksamkeit derar- tig, daß es nicht nötig ist, im Orchester die Violen in gleicher Anzahl wie die zweiten Violinen zu beset- zen, und die ausdrucksvolle Beschaffenheit dieses Klangcharakters ist so hervorstechend, daß er in den sehr seltenen Fällen, wo die alten Komponisten ihn ans Licht treten ließen, niemals verfehlt hat, ihren Erwartungen zu entsprechen. Man kennt den tiefen Eindruck, welchen er stets an jener Stelle der „Iphi- genieauf Tauris" hinterläßt, wo Orestes, von Müdig- keit übermannt, keuchend, von Gewissensbissen ge- peinigt, mit den Worten einschlummert: „Die Ruhe kehret mir zurück!" während das Orchester in dumpfer Aufregung schluchzende Laute, konvulsivi- sche Klagen vernehmen läßt, welche unaufhörlich von dem schrecklichen, zäh anhaltenden Gemurmel der Violen übertönt werden. Obschon bei dieser unver- gleichlichen Eingebung keine Note, weder in der Singstimme noch in den Instrumenten ist, deren Inten- tion nicht erhaben wäre, so muß man doch erkennen, daß der Zauber, den sie ausübt, daß die Empfindung des Schauderns, welche sich in den weit geöffneten, mit Tränen gefüllten Augen manches Hörers abspie- gelt, hauptsächlich der Violastimme beizumessen ist, und zwar der Klangeigentümlichkeit der dritten Saite dieses Instrumentes, seinem synkopierten Rhythmus und der seltsamen Wirkung des Einklanges zwischen seiner Synkope auf A und einem andern A der Bäße, das jene Synkope, im Rhythmus abweichend, unge- stüm mitten durchschneidet. (Partiturbeispiel 22.)

Edition Peters.

N'.>;22. Ipliip'tiip auf Taiiris. Akt 11.

Gluck.

(vio.u.K.B.)

Edition Peters.

Bassi,

Edition Peters,

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Einer der ersten, der die Fiihif^ckeit der Brat- schen, dämonische Wirkungen hervorzubringen, er- kannt und in seinem Robert der Teufel als kundi- ger Finder diese zum Ausdruck frommen Schauers und nagender Gewissensbisse verwendet hat, war Meyerbeer.

In der Ouvertüre zu „Iphigenie in Aulis" hat Gluck die Viola zur alleinigen Grundlage der Har- monie verwendet, nicht diesmal um einer Wirkung willen, die auf der Besonderheit ihres Klanges be- ruht, sondern um so zart als möglich den Gesang der ersten Violinen zu begleiten und den Angriff der Bässe, die nach ziemlich langer Pause im Forte wieder einsetzen, um so fürchterlicher zu machen. Sacchini hat gleichfalls die Violen allein mit der

Führung der Unterstimme betraut, und zwiiiindor Arie des Oedipus: „Euer Hof gewährt mir Zullucht',' ohne jedoch d:imit die Vorbereitung eines derartigen Ausbruches zu beabsichtigen. Im Gegenteil gibt hier diese Instrumentation der Gesangstelle, welcher sie zur Begleitung dient, eine angenehme Frische und Ruhe. Der Gesang dtr Violen auf den hohen Saiten tut Wunder in Szenen von religiösem und antikem Charakter. Z. B. in Wolframs Gesang Blick ich umher" i (zweiter Akt Tannhäuser), Gralserzählung (drit- ; ter Akt Lohcngrin)- geteilte Bratschen in hoher ; Lage unisono mit den Violinen,- auch die wie ferne :: OrgelkUinge wirkenden Bratschen vor Walthcrs i Preislied (dritter Akt Meistersinger) gehören hier- :'' her. (Partiturbeispiele 23,24,85.)

N9 23. Tannhäuser, Akt IL

Wagner.

tapfer, deutsch und vei - se.

ein stolzer Eichwald,herrlich/rischundgr 9039

71

^ undholdund tugendsam er-blick' ich Frauen, lieb- li-cher Blü-ten düf-te-reichster Kranz.

78

N9 24. L..h.Mm'1-in. Akt ITI.

Langsam

einlichter Tempelstehetdort inmit-ten, so kostbaralsauf Erdennichtsbekanntj drineinGe-fäß vonwunderfat'g'cm 'Durch Flageo!'--t hTvorzubringen.

Viol. J

Loheng

Scgenwu(ldortal3höchstcs Heiligtum bewaiht: es ward.daß seijidcrMeiischen reiii-ste pflegen,her-at) von einer Engel - schar gebracht;

4 Hrn

in F.

NQ25. Meistersinger, Akt III.

Massig langsam.

Wagner.

.cresc. f dtm.=~ PP p dolce

(hat sieh zu Hans Sachs am Werktisch gesetzt, wo dieser das Gedicht Walthers nachschreibt.)

(Die beiden Fermaten müssen von besonders langer Dauer sein, um nach dem schneUeren AnschweUen ein sehr allmähliches Ab

nt'hmen ausführen zu lassen.

Spontini kam zuerst auf den Gedanken, denVLo. len stellenweise die Melodie in seinen wundervollen Gebeten der „Vestalin" anzuvertrauen. Mehul, ver- leitet durch die innigen Beziehungen, die zwischen dem Tone der Violen und dem träumerischen Cha- rakter der Ossianischen Poesie bestehen, kam darauf, sich ihrer in seiner Oper„Uthal" ständig und mit gänzlichem Ausschlüsse der Violinen zu bedienen. Die Folge davon war, nach dem Ausspruche der Kritiker jener Zeit, eine unerträgliche Einförmigkeit, welche dem Erfolge des Werkes schadete. Hierauf bezüglich war es auch, daß Gretry ausrief: „Einen Louisd'or würd' ich für eine Quinte geben." In der Tat muß diese Klangfärbung, so kostbar, wenn sie gut ange-

wendet und dem Klange der Violinen und anderen Instrumente geschickt gegenübergestellt wird, sehr bald ermüden; sie trägt, bei wenig Mannigfaltigkeit zu sehr das Gepräge der Traurigkeit, als dal5 es an- ders sein könnte.

Zu einer solchen Stelle tiefster Trauer im zwei- ten Akt der Walküre (nach den Worten Brünnhil - dcns „Weh, mein Wälsung"), wo die Violen in der höheren Oktave ilcr Baüklarinette von Wotans Schwci'mut singen, bildet einen interessanten Ge- gensatz die in feiger Lustigkeit hintanzende Figur der Violen bei Mimes Antwort an den drohenden Wotan (Siegfried erster Akt). (Partiturb^ispielc 26, 87.)

Noch lansrsamer.

NO 26. Walküre, Akt IL

poco rit. a tempo

Wa gner.

CO rit.

Engl. Hörn

75

N9 27. Siegfried, Akt I.

Belebt.

Wagner.

4 Hörner in F. '

Baß-

Trompete

in Es.

fe^

fz P' "~" / dim. p'

(seine gegenwärtige Lage immer mehr vergessend, reibt sich vergnügt die Hände.)

1 ir IJ- IJ J'pJ'Jii^iw. \i 0 r PI

E-scheStamm stieß es Wo-tan: dem sollt es ge- ziemen, der ausdemStamm'es zog. pizz. (alle VIc.) (

78

Finde ich die schönen Bratschenkliinge aus dem letzten Satz der neunten Symphonie von Beethoven (bei „Ihr stürzt nieder, Millionen") und die humori- stisch gruselige Solobratsche in Ännchens Arie (zweiter Akt, Freischütz) schon bei Gevaert erwähnt, darf ich ferner die feierliche Einleitunjic zum Quar- tett im Fidelio als allgemein bekannt und verehrt voraussetzen, so möchte ich doch der extatischen

Solo -Viola, die von den Wundern des Liobcstrankes kündet (Tristan, erster Akt) und der eigenartigen Stelle im Fidelio, wo durch das Anschlagen einer Terz in den Bratschen (bei„wic ein Schatten schwebt ) die abgehärmte Figur FlorcRtans vor das innere Auge des gerührt lauschenden teilnahmsvollen Zu - hörers gezaubert wird - noch besonders gedenken. (Partiturbiispiel 28,29.)

N9 28. Tristan, Akt I.

Wagner.

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80

N«.> 2d. Fid.'lin. Akt I.

Beethoven.

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Edition Petens.

8J

Man teilt heutzutage die "Violen oft in erste und zweite. In Orchestern, wie das der großen Oper in Paris, wo sie allenfalls in hinlänglicher Zahl vor- handen sind, erwächst daraus kein Nachteil; in allen anderen Orchestern aber, wo kaum vier oder fünf Violen sich vorfinden, kann eine derartige Teilung nur ungünstig wirken, da diese an sich schon so schwa- che Instrumentalgruppe ohnehin in steter Gefahr ist, von den anderen Gruppen erdrückt zu werden. Hier muß ich noch erwähnen, daß die Viola:Instrumente, deren man sich gegenwärtig in unseren französi- schen Orchestern bedient, meist nicht die erforder- liche Dimension haben, sie sind weder der Größe

noch der Klangkraft nach wirkliche Violen, sondern fast nur mit Violasaiten bezogene Violinen.*) Die Di- rigenten sollten durchaus auf Abschaffung dieser Zwitterinstrumente dringen, da deren geringe Klang- kraft das Orchester um einen der interessantesten Be- standteile seiner Tonfärbung bringt, und ihm, nament- lich in den tiefen Tönen, alle Fülle raubt.

Sind die Violoncells melodieführend verwendet,so werden sie bisweilen vortrefflich durch den Einklang der Violen verdoppelt; ihr Ton gewinnt dadurch sehr an Rundung und Lauterkeit, ohne deshalb sein Über- gewicht einzubüßen. Beispiel: das Thema des Andante der C-moll Symphonie von Beethoven. (Partiturbeispiel 30.)

*) Prof. Herrn. Ritter in Würzburg hat eine „Viola alta" gebaut, die zu den vier Saiten der gewöhnlichen Bratsche

noch eine fünfte in der Höhe (auf fe f gestimmt) besitzt. Das Instrument weist infolge seines größeren Körperbau- es ein viel bedeutenderes Tonvolumen auf und hat außer- dem durch die hinzugefügte Quinte den Vorzug einer für die modernen Orchesterwerke sehr brauchbaren Höhe.

Ihre Einführung ist bis zum heutigen Tage leider noch eine sehr beschränkte, was wohl vor allem dem Umstände zu- zuschreiben ist, daß zur manuellen Behandlung der Ritter- schen Viola alta viel physische Kraft erforderlich; beson- ders Spieler mit kurzen Armen und kurzen Fingern mögen Bedenken tragen, sie gegen die bequemere gewöhnliche Brat- sche zu vertauschen.

Hier wäre auch der von Herrn Stelzner in Dresden ge - bauten Violotta und Cellone zu gedenken- neue Instrumente, die das Vorbild der Viola resp. des Violoncells hinsichtlich eines ausgiebigeren Umfanges nach der Tiefe zu, zu ver- vollkommnen suchen. Die praktischen Resultate sind aber bis jetzt für die allgemeine Musikpflege noch zu gering, als daß von einer Einführung dieser Instrumente ins Orche- ster die Rede sein könnte. Hauptsächlich, daß sie anders ge- stimmt, daß heißt tiefere Saiten als die bisherigen Bratschen und Violoncells haben, macht ihre Anwendung für die vor- handenen Aufgaben illusorisch- es müßten eben neue Or- chesterpartien für sie geschrieben werden.

Max Schillings hat die Violotta mit Glück als Solo- instrument im tragt- komischen III. Akt seiner Oper: „Der Pfeifertag" verwendet.

NO 30. Cmoll- Symphonie, Satz IL

Andante con moto.

Edition Peters.

CT-

Die Viola iraniour.

Dieses Instrument ist etwas größer als die Vio- la. Es ist fast überall außer Gebrauch gekommen, und ohne Herrn Urhan, den einzigen Künstler in Paris, welcher es spielt, würde es uns nur dem Namen nach bekannt sein.

Es hat sieben Darmsaiten, von denen die drei tief- sten, wie das C und G der Viola, mit Silberdraht über- sponnen sind. Unterhalb des Griffbrettes und unter dem Stege weglaufend befinden sich sieben andere Saiten, und zwar von Metall, die im Einklang mit er- steren gestimmt sind, um, mitklingend, dem Instru- mente einen zweiten, sanften und geheimniüvollen Rückschall zu verleihen. Man stimmte dasselbe ehe- mals auf verschiedene absonderliche Arten; Herr Urhan hat als die einfachste und vernunftgemäßeste Stimmung folgende in Terzen und Quarten ange- nommen:

.f^ . . erste Sallc.

. zweite Saite.

. dilttc Saite.

. vierte Saite.

. fünfte Saite.

. sechste Saite.

. . . siebente Saite.

Der Umfang der Viola d'amour beträgt minde- stens drei und eine halbe Oktave. Man notiert sie wie die Viola in zwei Schlüsseln.

Aus der Anordnung der Saiten ersieht man, daß die Viola d'amour hauptsächlich auf Akkorde zu drei oder vier und mehr Noten angewiesen ist, mögen sie arpeggiert oder gleichzeitig zum Anschlag gebracht oder auch ausgehalten werden; auch ist sie beson- ders für Melodien in Doppelgriffen geeignet. Ferner ist zu beachten, daß man betreffs der Harmoniela- gen, die man für sie schreibt, ein anderes System als bei Violine, Viola und Violoncell, die sämtlich in Quinten gestimmt sind, zu befolgen hat, sich also hüten muß, die einzelnen Akkordtöne im allgemeinen weiter als eine Terz oder Quarte auseinander zu le- gen, falls nicht wenigstens für die tiefere Note eine leere Saite dabei in Betracht kommt. So kann natür- lich zum A der zweiten Oktave jeder Ton der Tonlei- ter auf der hohen D; Saite ihrem ganzen Umfange nach genommen werden.

Wohl überflüssig ist es, die Zusammenklänge der kleinen Terz und der Sekunde zum tiefsten Tone

des Instrumentes wie:

als unausführbar besonders namhaft zu machen, da die Töne dieser Intervalle beide nur von der D^Saite gegeben werden können. Ähnliche Unmöglichkeiten hinsichtlich der tiefen Saite wird man bei den übri- gen Streichinstrumenten leicht herauszufinden wis- sen.

Die Flageolettöne sind auf der Viola d'amour von wunderbarer Wirkung; man erhält sie ganz auf dieselbe Weise, wie bei Violine und Viola. Dabei macht es der Umstand, daß die sieben leeren Sai- ten als vollkommener Dreiklang zusammenstimmen, der Viola d'amour sehr leicht, ziemlich schnelle Ar- peggien sowohl ihres Grundakkordes D-dur in der höheren Oktave:

Wirkliche Flageolettöne.

und Doppeloktave:

Wirkliche Flageoletfdne.

als auch des A-dur- Akkordes in der höheren Duo- dezime:

Wirkliche Flageolettöne.

Die Quinten leicht be- rührend.

Edition Peters.

83

und des Fis-dur-Akkordes in der höheren Sept. dezime:

Wirkliche Flageolcttöne.

mit Flageolettönen hervorzubringen.

Man sieht aus den gegebenen Beispielen, daß, wenn man sich diese reizenden Arpeggien der Viola d'amour zunutze machen wollte, die Tonarten D-, G-, A-, Fis-oder H-dur die meiste Gelegenheit zu deren Verwendung bieten würden. Da nun aber jene drei Akkorde (D-, A-, Pis-dur) ohne Zweifel nicht hinrei- chen würden, einen etwas modulierenden Gesang ohne Unterbrechung zu begleiten, so wäre dem durch Hinzunahme einiger anders gestimmter Violen d'a- mour leicht abzuhelfen, z.B. mit Stimmung in C oder in Des, je nach den Akkorden, die der Komponist für sein Tonstück gebrauchte. Der außerordentliche Reiz dieser Flageolettöne auf leeren Saiten in

Arpeggien verdiente es wohl, daß man alle mög- lichen Mittel anwendete, um Vorteil daraus zu ziehen.

Die Viola d'amour hat einen schwachen und sanf- ten Klang; sie hat etwas Seraphisches, das zugleich der Viola und den Flageolettönen der Violine nahe- kommt. Sie eignet sich hauptsächlich zum gebunde- nen Stil, zu träumerischen Melodien, zum Ausdruck verzückter, religiöser Empfindungen. Meyerbeer hat sie mit Glück in der Romanze des Raoul im ersten Akte der Hugenotten verwendet. (Partiturbeispiel 31.) Aber hier wirkt sie nur als Soloinstrument; was wür- de nicht erst in einem Andante die Wirkung von ei- ner Menge Violen d'amour sein, die ein schönes Ge- bet zu mehreren Stimmen ausführten, oder die mit ihren gehaltenen Harmonien einen Gesang der Violen begleiteten, oder des Violoncells, oder des Englischen Hernes, oder des Waldhornes, oder der Flöte in der mittleren Region, verwebt vielleicht mit Arpeggien der Harfen! Es wäre wahrhaftig sehr schade,wenn die- ses herrliche Instrument dem praktischen Gebrauche verloren ginge, zumal jeder Violinspieler es nach ei- nem Studium von wenigen Wochen erlernen kann.

NO 31. Hugenotten, Akt I.

Viola d'amour.

tu"»'!' J j N rf-|p I :'u: >\

Edition Peters.

Viola da Gamba.

Die Viola da Giimba (d.h. Kniegeige) war noch bis in die zweite Hallte des IS't" Jahrhunderts in Deutsehland in Gebrauch. Erst mit fünf, dann mit sechs Saiten bezogen, wurde ihr zu Ende des 17^1" Jahrhunderts noch eine tiefe Saite hinzugefügt (das große A) und so hatte dieses ehemals sehr beliebte und mit einem schönen sonoren Klang aus- gestattete Instrument nachstehenden Umfang:

wie ersichtlich, in Quarten gestimmt mit einer einzigen Ausnahme. Das Griffbrett war, wie bei der Laute, mit Bünden versehen, welche die Griffe für die Töne der Skala abgrenzten.

Die Viola da Gamba ist die Ahne unseres heu- tigen Violoncells, war nicht ganz so groß wie die- ses und wurde je nach Bedarf im Baß: "ja Tenor: »n^ Alt: H^ oder Sopran: Schlüssel notiert.

Das Violoncell.

Seine vier Saiten sind in Quinten gestimmt, genau in der tiefern Oktave der vier Saiten der Viola:

. . . erste Saite. *J' o ^ . . . zweite Saite.

g . . . dritte Saite.

vierte Saite.

Sein Umfang kann, auch ün Orchester, drei und eine halbe Oktave sein:

Mit den chromatische

Die großen Virtuosen steigen noch höher, indes gebraucht man diese überhohen Noten, welche nur als Abschluß langsamer Phrasen Reiz haben, für gewöhnlich nicht als natürliche Töne, sondern nimmt sie meist im Flageolet, wo sie leichter ansprechen und von viel besserer Klangwirkung sind.

Bevor wir weiter gehen, ist es notwendig, den Leser mit der doppelten Deutung bekannt zu ma- chen, die man in der Notierung des Violoncell dem G: Schlüssel gibt. Wenn man diesen Schlüssel gleich bei Beginn eines Tonstückes oder unmit- telbar nach vorhergehendem Baßschlüssel setzt, so stellen die Noten die höhere Oktave der wirk-

ichen Töne dar:

Seine eigentliche Geltung hat er erst dann,wenn er dem Tenorschlüssel ( C= Schlüssel auf der vierten Linie) folgt; hier nur gibt er die wirklichen Töne an und nicht deren höhere Oktave.

Dieser durch nichts gerechtfertigte Gebrauch führt um so häufiger zu Mißverständnissen, als manche Violoncellisten keine Notiz davon nehmen und den G= Schlüssel stets nur in seiner wirklichen Bedeutung nehmen. Um jeder falschen Auslegung vorzubeugen, werden wir uns seiner hier nur nach dem Tenorschlüs- sel, wenn dieser uns zu sehr in die Hilfslinien füh- ren würde, bedienen, so daß der Violinschlüssel im- mer nur die wirkliche Tonhöhe, wie im letzten Bei- spiele, darstellen wird.

Edition Peters.

85

Was wir in Betreff der Doppelgriffe, der Arpeg- gien, der Triller, sowie der Stricharten bei der Vio- line gesagt haben, ist überall auch auf das Violon- cell anwendbar. Nur muß man nie vergessen, daß seine Saiten, da sie länger als die der Violine sind, ein beträchtlicheres Auseinanderlegen der Pinger der linken Hand erfordern, woraus wiederum folgt, daß die für Violine und Viola möglichen Dezimen - gänge in Doppelgriffen keineswegs auch auf dem Violoncell ausführbar sind, und daß man überhaupt nur dann eine Dezime schreiben darf, wenn die im- tere Note auf eine leere Saite trifft:

Die folgenden Dezimen würden demnach un-

möglich sein:

S

^m

Ebensowenig ist es dem Violoncell wegen der Tiefe seines Klanges und der Dicke seiner Saiten möglich die außerordentliche Behendigkeit der Vio- line und Viola zu erreichen.

Die natürlichen und künstlichen Plageolettöne, von denen man auf dem Violoncell im Solo häufig Gebrauch macht, erhält man auf dieselbe Weise wie bei der Violine und Viola. Die Länge der Sai- ten des Instrumentes bewirkt, dais selbst die ganz hohen natürlichen Plageolettöne, welche in der Nähe des Steges entstehen, viel leichter und schö- ner als bei der Violine herauskommen. Eine Über- sicht derjenigen Plageolettöne, welche auf jeder Saite am besten ansprechen, folgt hier:

Flnper, leicht die leere Saite berührend.

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Finger, leicht die Saite berührend. Dritte Saite.

Finger, leicht die Saite berührend.

Vierte Saite.

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■inper, leicht die Saite berührend.

Edition Peters

Die künstliehen Plageolettöne erhält man am besten dadurch, daß man den ersten Finger oder den Daumen als künstlichen, beweglichen Sattel fest aulsetzt und dann die Quarte leicht berührt:

Dieser Pingersatz ist fast sogur der einzige auf dem Violoncell anwendbare, da die Position mit der leichtberührten Quinte höchstens in der Nähe des Steges zu nehmen wäre, wo die Entfernungen und Verhältnisse viel kleiner als in der Tiefe sind und die Spannungen der linken Hand daher iii glei- chem Maße auch geringer werden; in diesem Palle berührt der vierte Pinger die Quinte und der Dau- men dient als Sattel:

(Das Zeichen Ö gilt welcher quer auf die Saiten ;

Tonleiter in natürlichen und künstlichen Pla- geolettönen:

Harmonien aus Violoncell: Flageolettönen wür- den in einem zarten und langsamen Tonstücke im Orchester ohne Zweifel von reizender Wirkung sein; indes ist es bequemer und weniger gefährlich, das nämliche Ergebnis mittelst geteilter Violinen, wel- che man in der Höhe der £= Saite mit Dämp- fern spielen läßt, herbeizuführen. Diese beiden Klangfarben sind einander in solchem Grade ahn - lieh, daß es beinahe unmöglich ist, sie zu unter- scheiden.

Die folgende Stelle, zunächst in Flageolettönen der Violoncells notiert,

8 2 3 2

Violoncelli I.

Violoncelli III.

wird ebenso genau und viel bequemer von gewöhn- lichen Tönen der Violinen ausgeführt:

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Violinen III.

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W-

p'pcoyi Sordini

Im Orchester gibt man den Violoncells gewöhn- lich die Stimme des Kontrabasses, die sie alsdann in der höheren Oktave oder im Einklänge verdop- peln; sehr oft ist es jedoch gut, die Violoncells ge- trennt vom Kontrabaß zu halten; sei es daß man den Violoncells in solchen Fällen eine Melodie auf den hohen Saiten oder sonst eine gesangvolle Stelle gibt, sei es, daß man sie, um aus der Klangeigen- tümlichkeit einer leeren Saite Vorteil zu ziehen oder um eine besondere harmonische Wirkung zu erzie- len, sogar tiefer als die Kontrabässe setzt, sei es endlich daß man ihre Stimme zwar ähnlich wie die der Kontrabässe schreibt, aber mit schnelleren No- ten ausstattet, wie solche von den Kontrabässen nicht gut ausgeführt Werden könnten, wie z. B.:

Allegro non troppo. (aus; Berlioz, Requiem.)

Edition Peters.

87

Die Violoncellstimme ist hier in ihrer Bewe - gung- zwar erregter, unruhiger, bringt aber den- noch ziemlich dieselben Noten wie die Stimme der Kontrabässe zu Gehör und folgt ihrer Führung fast überall.

Gleich nach dieser Stelle in demselben Requiem trennen sich dagegen die Violoncells ganz und gar von den Kontrabässen und steUen sich unter diese.

um den fürchterlichen Zusammenstoß der kleinen Se- kunde in der Tiefe und dabei zugleich die rauhe Schwingung des C, der tiefsten leeren Saite des Violoncell, zu erzielen, während die Kontrabasse, zu der hohen Oktave von diesem C, ein H, mit voller Kraft auf ihrer ersten Saite erdröhnen lassen. (Partiturbeispiel 33.)

NQ 32. Requiem: Rex tremendae.

Edition Peters.

Ohne sutf'i Grund, das heilit, wi-nii man nicht sicher ist, eine besondere Wirkung damit zu erzie- len, darf man sonst niemals die Violoncells gänz- lich von den Kontrabässen absondern, noch auch, wie einige Komponisten getan haben, sie in der Dop- peloktave über die Bässe schreiben. Das kann nur dazu führen, die Fundamentaltöne der Harmonie in ihrer Klangfülle bedeutend abzuschwächen. Die Baß- stimme, von den Violoncells auf diese Weise ver- lassen, wird dumpf, rauh und äußerst schwerf'illig, und kommt mit den oberen Stimmen nur schlecht in Verbindung, weil die Kontrabässe durch die gro- ße Tiefe ihres Tones zu weit entfernt von ihnen liegen.

Dieses Kapitel hat dadurch die größten Verän- derungen erfahren, als man im Gebrauch der tie- fen Hörner, der ständigen Einreihung der Baß- klarinette, in der ausgiebigen Verwendung der Tuba als melodisches Element, dem Kontrabaß reiche Hilfstruppen zugeführt hat.

Die bisher zur Baßverdoppelung verwendeten Fa- gotte erscheinen mir persönlich bloß als Mittel- stimmen von schöner Wirkung, aber als Baßin- strumente zu einer Gruppe Holzbläser nur mit Un- terstützung des Kontrafagotts geeignet.

Dagegen gibt es dem Streichquartett die reich- ste Gliederung, bei nicht zu sehr mit Bläsern über-

huloiien Stellen, ilio Violoncells als alleinigen Baß zu verwenden und ab und zu nur durch Pizzicati der Kontrabässe zu verstärken, wenn man es nicht vorzieht,- wie es auch Wagner zuerst in den Mei- stersingern mit vollstem Bewußtsein getan- die Kontrabässe große Strecken weise ganz schweigen zu lassen.

Von guter Wirkung ist's, um einer von Violon- cells und Kontrabässen geführten Melodie rech- te Intensivität zu verleihen, die Violoncells eine Oktave tiefer als die Bässe zu schreiben, so daß sie gleichsam im Einklang spielen - oder endlich eine Anzahl Violoncells nur durch ein Pult Kon- trabässe zu unterstützen.

Dagegen ist es, wenn man eine recht sanfte Harmonie von Streichinstrumenten erzielen will, oft viel besser, die Baßstimme nur den Violon- cells zu übertragen und die Kontrabässe pausie - ren zu lassen. So hat es Weber bei Begleitung des Adagio der herrlichen Arie der Agathe im zweiten Akte vom „Freischütz" getan. Bei diesem Beispiel ist zu bemerken, daß anfänglich sogar die Violen allein den Baß für die vierstimmige Be- gleitung der Violinen abgeben; erst kurz darauf treten die Violoncells ein, um die Violen zu ver- doppeln. (Partiturbeispiel 33.)

N9 33. Freischütz, Akt IL

Andante. i '^ Adagio.

Fa?.

cresc. f Andante.

(Sie tritt auf den r^ß~ Altan und erhebt ^^ in frommer Ruh- AHno-in rung die Hände.) -^tlaglO.

cresc. f p

Edition Peters.

aufzumSternen-krei-se! Lied er - schalle, fei - ernd wal-le mein Ge.bet zur Himmelshai - le!

Recit. (hinausschauend)

I IkJO^pp iipJ'i'^/ipliipj p-^r''%FFP7-^'^^^

1

m

0 wie hell die gxsldVien Sterne, mit wie rei-nemGlanzsieglüiinlnurdort in der Berge Ferne scheint ein

Die Violoncell3, zu einer Anzahl von acht oder zehn vereinigt, sind wesentlich Ges;inffsinstruinentei ihr Kl:»nff auf den beiden höheren Saiten ist einer der ausdrucksvollsten vom ganzen Orchester Nichts ist so schwerinutsvoU, nichts geeigneter, zarte und schmachtende Melodien zum Ausdruck zu bringen, als eine Masse von Violoncells, die auf der hohen Saite im Einklänge spielen. Gleichfalls vortrefflich sind sie auch für Gesangsstellen von religiösem Cha- rakter zu verwenden; an dem Komponisten ist es dann, die Saiten richtig auszuwählen, welche der betreffenden Stelle zum Vortrag dienen sollen. Die beiden tieferen Saiten C und G haben, zumal in den

Tonarten, wo sie oft leer gebraucht werden können, einen sich hierzu eignenden, salbungsvollen,crnsten Klanggehalt, nur macht es ihre Tiefe nicht wohl tunlieh, ihnen anderes, als mehr oder weniger me- lodische Bässe zu geben, indem, wie erwähnt, die eigentlichen Gesangsmelodien den höhei"en Saiten vorbehalten sind. In seiner Ouvertüre zu „Obe- ren" läßt Weber mit seltenem Glück die Violon- cells in den hohen Tönen singen, während zwei A: Klarinetten unter ihnen unisono mit ihren tie- fen Tönen hinzutreten. Das ist neu und ergrei- fend. (Pa titurbeisplel 84.)

N9 34. Oberon, Ouvertüre.

Adagio sostenuto.

Edition Peters

Welcher Vielseitigkeit ein einziges Instrument fähig ist, mögen folgende eklatante Beispiele aus Rieh. Wagners Werken beweisen-. Die Violoncelli, die unisono mit den Violinen, in den Meistersingern

91

den edlen Schwung des feurigen Preisliedes in so intensiver Weise erhöhen (Partiturbeispiel 35)sind Ausdruck tiefster Zerknirschung im Vorspiel des dritten Aktes im Tannhäuser. (Partiturbeispiel 36.)

N9 35. Meistersinger, Akt IE.

Wagner.

N9 :m. TaimhaustM', Akt 111. (KiiiUMtung-.)

Andante assai lento.

Wagner.

3 Trp.in Es,

Ein gleich beredter Interpret der Extase des 1 i nimmt das Violoncell ebenso innigen Anteil bei sterbenden Tristan (Partiturbeispiel 37) wie der rei- I der Schilderung der ganzen Skala von beelenstim- fen Weltweisheit Hans Sachsens (Rirtiturbeispiel 38) I } mungen des Menschen und der Natur.

N9 37. Tristan, Akt III .

(Sehr ruhig und nicht schleppend.)

Wagner.

Edition Peters

N9 88. MoistcrsiiiK«'!*, Schluß.

In das frühere ZeitmaB zurückkehrend.

Wagner.

Trp.in F.

poco a jjoco cresc

Man denke forner ;in don Anfang der Walküre (vffl, Partiturbcispul 8 Seit« 12) (Unwetter), ebendort im ersten Akt an die Stelle des Violoncellsolo (kei- mende Liebe) (bei Gevaert erwähnt), an Tristan

im ersten Akt (Sehnsucht) (I'urtilurbcispiel 89) und ebendort an Kurwenals Spottf^esang, im Verein mit Bratschen und Hörnern (Derbheit). (I'urtitur- b.'ispi.l '»0.)

Wagner.

Engl.H

100

N'.'40. Tristan, Akt I.

Lebhaft, doch nicht zu schnell.

Wagner.

IrlandsMaid ver-macht, der kannderMagdnichteigensein,dieselbstdemOhmerschenkt. Ein Herr der

Bog^ 1 pizz.

dim. P

/ /r

(Da Tristan durch Gebärden ihm zu wehren sucht, und Brangäne entrüstet sich zum Weggehen wendet, singt Kur- wenal der zögernd sich Entfernenden mit höchster Stärke nach:)

ha - ben;ein Eilandschwinuntaufö-demMeer,daliegternunbe-gra - - ben! SeinHauptdochhangti;

Bog.,

Fag.

I - renland, als Zins gezahlt von En-ge - land: hei! unser HeldTris-tan, wieder Zins zah-lenkann!'

(,' . . , pizz. Bog.

103

Obschon unsere Violoncellisten heutzutage sehr geschickt sind und alle möglichen Schwierigkei- ten ohne Mühe ausführen, ist es doch sehr selten, daß schnelle Violoncellpassagen in der Tiefe nicht irgendwie Verwirrung anrichten. Und was Gän- ge betrifft, welche mit Einsatz des Daumens in den hohen Tonregionen sich bewegen, so ist da- von noch weniger Ersprießliches zu erwartenj sie sind nicht sonderlich klangvoll und ihre Rein- heit ist stets sehr zweifelhaft. Passagen in die- sen hohen Regionen sagen offenbar den Violen oder zweiten Violinen besser zu. In den moder- nen, reich ausgestatteten Orchestern, wodieVio- loncells in großer Anzahl vorhanden sind, teilt

man übrigens dieselben oft in erste und zweite; die ersten führen melodisch oder harmonisch eine besondere Stimme für sich aus, die zweiten ver- doppeln die Kontrabässe in der Oktave oder im Einklänge.

Für Begleitungsformen von trübsinnigem, ver- schleiertem, geheimnißvollem Charakter setzt man bisweilen sogar über die Baßstimme, dieselbe den Kontrabässen allein überlassend, zwei verschie- dene Violoncellstimmen, und bildet so im Verein mit der Violastimme ein Quatuor von tiefen Har- monien. Diese Anordnung ist aber selten wohl begründet, man muß sich vor Mißbrauch dersel- ben hüten. (Partiturbeispiel 41.)

N9 41. Romeo und Julie, Abteilung in (Scene d'amour).

104

Das TrtMiiolo zu zwei Saiten, sowie die Arpeg- jyien im Forte eignen sich sehr gut für das Vio- loncell; sie bereichern die Fiille der Harmonie bedeutend und vermehren die allgemeine Klang- kraft des Orchesters.

In der Introduktion der Ouvertüre zu „Wil- helm Teir' hat Rossini ein Quintett für fünf So- lo-Violoncells geschrieben, das von den übrigen, in erste und zweite geteilten Violoncells mit Piz- zik-ato begleitet wird. Diese tiefen Klänge glei- cher Natur sind hier von vortrefflicher Wirkung und dienen dazu, die Orchestration des darauf folgenden Allegro noch glänzender erscheinen zu lassen.

Das Pizzikato darf dorn Violoncell nicht in zu groLScr Schnelligkeit zugemutet worden, und das Mittel, das wir zur Vervollkommnung des Pizzi- kato bei den Violinen vorgeschlagen habcn,würde bei diesem Instrument wegen der Dicke und Span- nung seiner Saiten, sowie wegen des zu groüen Abstandes dieser letzteren vom Griffbrett nicht so leicht anwendbar sein. Nach dem allgemein üblichen Verfahren, das Pizzikato auszuführen, darf man die Schnelligkeit von acht Achteln im Allabreve- Takte (Allegro non troppo) oder von zwölf Sechzehnteln in einem Sechsachteltakte (Andantino) für Pizzikato-Gänge oder-Arpeggien nur selten überschreiten.

Allegro non troppo.

^^^^Mi^i^l-:i3 ^^^

Der Kontrabaß.

Es gibt zwei Arten von Kontrabässen: solche zu drei und solche zu vier Saiten. Die zu drei Saiten sind in Quinten,

p . .erste Saite. ')'• o '■. . .zweite Saite. *• . . .dritte Saite.

die zu vier Saiten sind in Quarten gestimmt:

.erste Saite, .zweite Saite, .dritte Saite, .vierte Saite.

Der Ton der einen wie der anderen erklingt um eine Oktave tiefer als die geschriebene Note. Ihr Umfang im Orchester beträgt zwei Oktaven und eine Quarte, beim Kontrabaß zu drei Saiten je- doch in der Tiefe drei Töne weniger.

Kontrabaß mit vier Saiten.

Der Kontrabaß zu vier Saiten ist meiner Mei- nung nach dem zu drei Saiten vorzuziehen, erst- lich in Bezug auf die Leichtigkeit der Ausführung, da die Stimmung in Quarten den Spieler bei Vor- trag der Tonleiter nicht nötigt, auf dem Griff- brette fortzurücken, dann aber auch wegen des großen Nutzens der drei tiefen Töne E, F und Fis, die dem in Quinten gestimmten Kontrabasse

fehlen, und deren Mangel jeden Augenblick auf die Führung der sonst bestangelegten Fundamen- talstimme störend einwirkt, ein Mangel, der oft notgedrungen für diese wenigen Noten eine un- angenehme, unbequeme Umschreibung nach der Höhe veranlaßt. Dieser Übelstand macht sich in noch höherem Grade bei den englischen Kontra- bässen bemerkbar, die, obgleich in Quarten^ ge- stimmt, auch nur drei Saiten haben, A,D,G: 9^0^ In einem guten Orchester sollte man mehrere Kon- trabässe zu vier Saiten haben, und zwar einige davon in Terz und Quinten gestimmt: */~ S [|

man erhielte dann mit den anderen, in Quarten gestimmten Kontrabässen eine Kreuzung von lee- ren Saiten, die der Klangkraft sehr zu statten käme:

Kontrabaß in Terz und Quinten gestimmt.

Um den Umfang nach der Tiefe zu erwei- tern, hat man seit vielen Jahren schon Kontra- bässe mit fünf Saiten bespannt, das heißt eine neue Saite dem alten vier-saitigen Kontrabas- se hinzugefügt, die das -^ i angibt. So viel

Wert der Gewinn dieses tiefen Tones für die Er-

105

zielung vibrierender Sonorität auch besitzt, hat dadurch doch das Instrument für den Spieler den i großen Nachteil, daß das Niederdrücken der Sai- 5 ten der Hand die größte Schwierigkeit verur- 5 sacht, da bei einer Bespannung mit fünf Saiten 5 die mittleren sehr hoch über das Griffbrett zu I liegen kommen. Dem fünf-saitigen Kontrabaß I ist daher ein vier-saitiger mit einer Klappen- I Vorrichtung, die das tiefste E nach Belieben in 5 das tiefere C verwandelt, entschieden vorzu- 5 ziehen.

I Am besten hat sich eine von dem Berliner

\ Kammermusiker Max Poike erfundene und von l Ludwig Glaesel in Markneukirchen ausgeführte l Neuerung bewährt, die darin besteht, daß die j E-Saite und ein Teil des Griffbretts, der Men- l surlänge eines jeden Instrumentes entsprechend,

bis auf Kontra-C

verlängert wird. Um

5 die tiefer als E liegenden Kontratöne bequem 5 spielen zu können, ist an der Seite des Griff- 5 bretts eine Mechanik angebracht, welche aus 5 vier ineinanderliegenden Messingröhrchen be- 1 steht, deren untere Enden mit Fingergriff tasten, I die oberen mit Saitendrucktasten versehen sind. I Die Tasten heißen: E,Es,D, Des. Bei Nicht- I gebrauch der Kontratöne Es, D, Des, C wird die I Saitendrucktaste E, welche eine Polsterung trägt I und den Sattel ersetzt, für gewöhnlich geschlos- i sen. Die Feststellung geschiehtdurch einen Druck J des Daumens gegen einen Hebel. Die Auslösung { erfolgt geräuschlos, wenn Fingergriff taste Ege- '. halten und ein Feststellhebel durch einen Druck i auf Fingergrifftaste Es ausgelöst wird. 5 Wo es irgend angeht empfehle ich die Besetz- j ung mit Kontrabässen verschiedenen Systems, da^ ' runter jedenfalls auch den italienischen drei-sai- j tigen, der sich unvergleichlich besser zur Kari- j tilene eignet als unsere deutschen Kontrabässe.. l Was die Bögen für den Kontrabaß anbelangt, l so gibt es noch heute deren zweierlei Arten: die f mit rund gebogenem Holz_ die schwer zur Kan- i tilene zu verwenden sind und dem Ton etwas har- 5 tes und gerissenes geben_ und der vergrößerte ', Violoncellbogen, der allein alle Spielarten der 1 Streichinstrumente auch auf dem Kontrabaß er- * möglicht.

Die Kontrabässe sind im Orchester für die tiefsten Töne der Harmonie bestimmt. Ich habe bereits oben gesagt, in welchem Falle man sie von den Violoncells trennen kannj den Nachteil, welcher dadurch für die Fundamentalstimme er- wächst, kann man dann (bis zu gewissen Grenzen) dadurch verdecken, daß man die Kontrabässe (in der Oktave oder im Einklänge) durch Fagotte,Bas- sethörner, Baßklarinetten, oder durch die tief- sten Töne der gewöhnlichen Klarinetten verdop-

pelt;*^ aber abscheulich finde ich es, wenn man- che Musiker bei dieser Gelegenheit auch Posau- nen und Ophikleiden verwenden, deren Klangcha- rakter ja weder innere noch äußere Ähnlichkeit mit dem der Kontrabässe hat und sich daher sehr schlecht mit ihm verbindet.

i Hauptsächlich ist die Hinzuziehung der Po- i saune als Baßverstärkung gänzlich zu verwer- l fen. Es kommt eben in diesem Punkte allesauf 5 die geschmackvolle Art der Verwendung der sich für Baß -Verdopplungen eignenden Instrumente an. Ich erlaube mir, auf die Benutzung der ver- schiedenen Baßtuben in den Partituren meines Zarathustra und Heldenleben hinzuweisen

In großen Tuttis werden häufig- ich selbst habe den Fehler begangen- wichtige Baßthe- men, die von den drei Posaunen zu blasen wa- ren, noch durch Fagotte, Violoncelli und Kon- trabässe unterstützt. Dies ist ganz wertlos: denn der harte, durchdringende Ton der wuchtigen drei Unisono -Posaunen wird eher durch diese Unterstützung gemildert als verstärkt. Wenn l man also den Fagotten und Streicherbässen 5 nicht Füllstimmen oder Figuration zu geben hat, l lasse man sie bei solchen „marcatos" der Po- l saunen lieber ganz schweigen— es sei denn, daß I man deren Klangkraft zu mildern geradezu be- J absichtige.

Nicht unmöglich ist es, daß sich hin und wie- der passende Gelegenheit bietet von den Flageo- lettönen der Kontrabässe mit Erfolg Gebrauch zu machen. Die bedeutende Spannung der Saiten, ihre Länge und ihr Abstand vom Griffbrett be- dingen jedenfalls von den künstlichen Flageo- lettönen ganz abzusehen; die natürlichen Fla- geolettöne aber sprechen sehr gut an, nament- lich von der Mitte der Saite aus (welche die hö- here Oktave gibt) nach der Höhe zu; es sind die nämlichen Flageolettöne wie bei den Violoncells, doch eine Oktave tiefer.

Von Doppeltönen und Arpeggien kann man auf dem Kontrabasse im Notfalle Gebrauch ma- chen, aber nur dann, wenn sie aus höchstens zwei oder drei Noten bestehen, und wenn von diesen Noten höchstens eine zu greifen ist, z.B.

Kontrabässe in Quarten gestimmt:

pocoy

ff ff Jf ff

Kontrabässe in Quinten gestimmt:

poco f

) Am besten benutzt man hierzu das Kontrafagott. Edition Peters. 9039

10«

Sehr Ifuht erhält mau ein unterbrochenes Tre- molo (treinolo intormitteiit), und zwar vermötje der Elastizität des Bo^'cns, der nach einem ein- zigen, ziemlich lebhaften Anschlag mehrmals auf die Saiten zurückprallt:

AUofiio Miodorato.

Nicht so verhält es sich mit der folgrenden Stelle: AUegro modcrato.

i-f^f#fJL^UJJJJJJJjJ

Diese lälil sich nur als anhaltendes Tremolo uiid nicht ohne Mühe bewci'kstelli{ccn, indem hierbei die Saiten mit der Spitze des BoRcns, die der Kraft entbehrt und wenig Ton gibt, gespielt wer- den müssen.

Das anhaltende Tremolo der Kontrabässe, wenn auch weniger dicht als das oben erwähnte, ist jedoch von ausgezeichneter dramatischer Wir- kung;-

i und der Ausdruck erhabensten Schauers! (Man ? sehe Vorspiel zu Parsifal)._ Eine in ihrer Art

! einzige Verwendung der tiefsten Instrumente des Orchesters findet sich im II. Akt Walküre, bei Wotans Erzählung. (Partiturbeispiel 42.)

NO 43. Walküre, Akt IL

Mäßig langsam

Wagner.

Was kei-nem in Wor-ten ich kün-de, un - aus-ge-sprochenbleiÜ es denn e - wig:

107

Wu-ten gejagt, gewann ich mir die Welt. Un-wissend trug voll T^nti^u-e übt' ich, band durch Ver-

Edition Peters.

Edition Peters.

109

Die al-les\veiß,\vaseinsten\var, Er-da, dieweihlichwei-se-steWa-la,

riet mir ab von dem Ring, warn-te vor e - wi-gem En-de. Von dem En- de wollt' ich mehr noch

(nur die 6 zweiten Vlc.)

110

(»urüclchaltend)

J^-W^' P pl»M ^^■'^^-

wis-senj dochschweigendver-schwand mir das Weib. Da ver - lor ich denleich-ten Mut; .(6) pizz- Bog.

Ein wenif? bewegter

Hörn II. iiiE.

8 Pos.

K.B.-Pos

Pke.

Wot.

Mit arht Schwestern Zop ich dich auf; durcheuch Wal - kü-renwoUt ich wenden,was mirdie

Wa - la zu fürchten schuf: ein schmähliches En-deder Ew'gen. Daß stark zum Streit uns

Edition Peters

113

trü-ber Ver-trä-ge trü-gen-de Ban - de zu blin - den Ge-hor- sam wir uns ge

Edition Peters.

11«

8 Klar, in A

^^

i^=äJf i nJ)^

8Fa5.

imm grolltmirder Niblung; dochsche^^ichnunnichtseinenächti^enScharen, meine Hel-denschüfenr

pocoi

Sieg.

Nur weimje den Ring zurück er gewänne, dannwä-reWal-hall ver-

pizz.

^pptrem.

Edlenend-loserSchmachjderHelden Mutentwendet er mir, dieKühnen selber zwäng' erzumKampf, mit ihrer

Edition Petens.

119

bin-den: Der durch Ver-trä - - - ge ich Herr, denVer-trä -gen bin ich nun Knecht

Hoi aller Euit'iuhhoit bedeutet diese Stelle für mich mit das unerhörteste Wunder eines Ge- nius, dem es wie keinem zweiten vergönnt war, alle Regungen des Gemiits, alle Schwingungen der Leidenschaft mit einer Deutlichkeit in die Klangfarbe des Orchesters umzusetzen, die je- den Hörer unbezwinglich bannt und überzeugt. nichts verleiht dem Orchester eine drohen- dere Physiognomie; aber es darf nicht lange an- dauern, soiist würde es wegen der Ermüdung der- jenigen Spieler, welche sich wirklich bemühen es gut auszuführen, bald zur Unmöglichkeit werden. Ist man für längere Zeit genötigt, die Tiefen des Orchesters in dieser Weise aufzuwühlen, so ist es besser, man teilt die Kontrabässe in zwei Stim- men und gibt ihnen nicht ein wirkliches Tremolo, sondern nur wiederholte beschleunigte Anstöße, die unter sich rhythmisch verschieden sind, währ- end dann die Violoncells das echte Tremolo aus- führen:

AUegro.

^FT-^ 1

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-^j 1

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-<,

F=f=^

^J— J

mrr-

1^

Kontrabaß II.

yL=£

Da hier die Sechzehntel der einen Stimme nur bei Beginn jedes Taktgliedes mit den Triolenach- teln der anderen Stimme zusammentreffen, so ent- wickelt sich daraus ein dumpfes Gemurmel, das dem Tremolo sehr nahe kommt, dieses also ziem- lich gut ersetzt. Ich glaube sogar, in vielen Fäl- len sind diese verschiedenartigen, gleichzeitig zu hörenden Rhythmen dem eigentlichen Tremo- lo vorzuziehen.

Schnelle diatonische Läufe zu vier oder fünf Noten sind oft von ganz treffender Wirkung und lassen sich sehr gut ausführen, wenn wenigstens eine leere Saite dabei vorkommt:

schsverer, wegen des abwärts laufenden Ganges:

^'fV

^^g^^^^^^S ^^&i_i— a

Wollte man durchaus einen längeren raschen Lauf der Kontrabässe in Verwendung bringen, so wäre es am besten, man teilte sie und übertrüge auf sie jenes Verfahren der Verteilung, welches ich bei den Violinen gezeigt habe; man müßte dann aber besonders darauf achten, daß die er- sten Kontrabässe den zweiten nicht zu fern ste- hen.

Kontrabaß II.

Sehr unrecht ist es, daß man dem schwerfäl- ligsten aller Instrumente heutzutage oft Stellen von solcher Schnelligkeit hinschreibt, die selbst die Violoncells Mühe haben würden gut heraus- zubringen. Daraus entstehen bedeutende Miß- lichkeiten; die Kontrabassisten, zu bequem oder in Wahrheit unfähig, um gegen dergleichen Schwie- rigkeiten anzukämpfen, leisten gleich anfangs Verzicht darauf und sind beflissen, die Stelle zu vereinfachen; da aber die Vereinfachung der einen nicht die der anderen ist, weil sie nicht alle die gleichen Gedanken ob der harmonischen Wichtigkeit der verschiedenen dabei vorkommen- den Noten haben, so ergibt sich eine Unordnung, eine Verwirrung, die schrecklich anzuhören ist. Dieses summende Chaos seltsamer Geräusche, häßlicher Grunzlaute, wird dadurch noch vergrö- ßert, daß wieder andere Bassisten, eifriger oder auf ihre Geschicklichkeit mehr vertrauend, sich in unnützen Anstrengungen ergehen, um der Stel- le, genau so wie sie geschrieben steht, Herr zu werden.

Die Komponisten müssen also wohl darauf be- dacht sein, von den Kontrabässen nur das Mög- liche zu verlangen, um einer guten Ausführung sicher zu sein, und um zugleich das alte Verein- fachungssystem der Kontrabassisten, welches in der früheren Instrumentalschule allgemein be- folgt ward und dessen Gefährlichkeit wir soe- ben gezeigt haben, gänzlich zu beseitigen. Hat

Edition Peters.

lai

der Komponist nur Sachen geschrieben, die der Natur dts Instrumentes zusagen, so muß sie der Spieler ausführen, nichts mehr, nichts weniger; ist aber der Komponist im Unrecht, so hat er so- wohl wie die Zuhörer die Folgen davon zu tra- gen, die Ausführenden sind dann für nichts mehr verantwortlich.

i Düsteres, Schauriges, Grübeln und Versun-

l kenheit wiederzugeben, dazu eignen sich die Kon-

i trabässe ganz besonders; als Beispiele dienen \ hier nur:

Die Solostelle in Verdis Otello, Das Lied der Alten in Marschne^s Hans Helling,

Tristans Erwachen (im dritten Akt) und die Fuge in meiner Tondichtung: Also sprach i Zarathustra.

(Partiturbeispiele 43. 44. 45. 46.)

NO 43. Otello, Akt W.

Poco piü mosso.

Otello tritt mit der ersten Note durch eine geheime Tür in Desdemonas Schlafgemaj^ (N,ur vier-saitiRe Kontrabässe Soli mit Sordinen ) ^^ , ,-^ (Alle) ,^ h^Tü^-

Vcrlap G. Ricordi* Co., Mailand

122

4Fdff.

Edition Peters.

unpoco marcato cresc.

9089

NO 44. Hans Helling, Akt H.

Andante sostenuto

(Durch die ganzeNummerhört man den Wind sausen, aberiiiir an den bezeich- neten Stellen stark.)

Fag.

Hornl.

inE.

Eingei-zi-ger, harther-zi-gerMann,denSchatz zu he-ben kommt er an; des Nachts wohl auf der Hei .consord. £ r^

>\ dim,

Edition Peters

125

N945. Tristan, Akt III.

Langsam

Wagner.

ingl.Horn.

Verlag Breitlmpf 4 Hartel, Leipzig.

6 Horner< in F.

Viol. I.II.

mit Dämpfer.

Viola.

N946. Zarathustra, Fuge.

Sehr langsam. („Von der vVissenschaft.")

127

Die Schleifer (fusees), welche man in kbinen Noten den größeren Noten voranzusetzen pflegt:

werden durch schnelles Hinuntergleiten auf der Saite ausgeführt, ohne daß es dabei mit der Rein- heit eines jeden Zwischentones zu genau genommen wird; die Wirkung derselben kann ungemein glück- lich sein. Man kennt die wutvollen Stöße, welche die Kontrabässe dem Orchester versetzen, indem sie das hohe F mit Anlauf der vier kleinen Noten

Edition Peters. S

h, c, d, e erfassen, in der Höllenszene des „Orpheus", bei den Worten:

„Wenn ihm mit schrecklichem Drohen Den Eingang der Cerberus wehrt!" Dieses rauhe Gebell, eine der höchsten Eingebungen Glucks, ist hier noch um so fürchterlicher, als der Tonsetzer dabei die dritte Umkehrung des vermin- derten Septimenakkordes (f-gis-h-d) anwendet und, um seinem Gedanken Prägnanz und möglichste Hef- tigkeit zu geben, die Kontrabässe nicht nur mit den Violoncells, sondern auch mit den Violen und der ganzen Masse der V^iolinen in der Oktave verdoppelt, ^artiturbeispiel 47.)

N9 47. Orpheus, Akt II

Gluck.

Edition Peters

Beethoven hat ebenfalls aus solchen nicht deut- lich artikulierten Noten Vorteil gezogen, aber in ent- gegengesetzter Weise, und zwar mit Betonung der Anfangsnote einer derartigen Gruppe. Diese Baßgänge finden sich in der Gewitterszene der Pas- toralsymphonie, und geben treffend den Gedankender Anstöße eines heftigen, den Regen peitschenden Win- des und des dumpfen Getöses eines stürmenden Un- wetters wieder. Zu bemerken ist hierbei, daß Beethoven

129

bei dieser, sowie bei vielen anderen Gelegenheiten den Kontrabässen in der Tiefe Noten gegeben hat, die sie nicht ausführen können; man könnte hier- aus schließen, daß das Orchester, wofür er schrieb, Kontrabässe besaß, die bis zum C der tiefen Ok- tave des Violoncell-C hinuntergingen, Kontrabässe, die man heutzutage nicht mehr findet. (Partiturbeispiel 48.)

N948. Pastor alsymphonie, Satz III. (Gewitter, stürm.)

Allegro

Beethoven .

Trp.in Es,

Trp.in Es,

^.,. &

I.VZ

Vom vortrorilithor Wirkung ist's, bei reinoii RlHsorsttllen die in den Fagotten oder BiiUklari- netten oder tiefen Hörnern, oder gar Tosaunen oder Haßtuben liegenden Unterstimmen je nach Krfordernis durch ein oder mehrere Pulte Kon- trabässe verdoppeln zu lassen, wenn man nicht gleich vorzieht, durch Kontrafagott oder Kon-

frahalJklarinette den lf> Fuß zu geben.

So wird sehr oft die Komturstcllo in Mozarts Don Juan von Mlasern allein ausgeführt, während gerade Kontrabässe, die der göttliche Mozart den Posaunen beigegeben hat, (besonders hinter der Szene) der Stelle eine ganz merkwürdig geister- hafte Färbung verleihen. (Purtiturbeispiel AOJ

N9 49. Don Juan, Akt II.

Adagio.

« Ob.

: Klar, in R.

«Paff.

Alt-Pos/ TenrPos.S

Don Juan Leporello. Kontrab.

Wer sprach hier?

')r,l I

oyia-nu. Hier r U

1 1 p ^fH'iH^isi

^^

Ach, ein Geist war's g-anzbe-

133

Bisweilen wirkt es dramatisch und schön, wenn man den Violoncells die wirkliche Fundamental - stimme oder wenigstens solche Noten gibt, welche den Akkord bestimmen und auf die schweren Takt- teile treffen,unt er ihnen aber dem Kontrabaß eine für sich bestehende Stimme zuerteilt deren Füh- rung, von Pausen unterbrochen, der Harmonie

gestattet, sich auf die Violoncells zu stützen. In der bewundernswerten Szene im „Fidelio", wo Leo- nore und der Kerkermeister Florestans Grab gra- ben, hat Beethoven die ganze feierliche Würde des Ausdrucks, die düstere Trauer dieser Art der In- strumentation gezeigt. Er hat jedoch in diesem Falle den wirklichen Baß den Kontrabässen gegeben.

N9 50. Fidelio, Akt II.

Andante con moto.

Dieses Stück wird durchaus sehr leise gespielt und die s/^und^ müssen nicht zu stark ausgedrückt werden.

Ten.-u. Baß-Pos.

m.i: i: ^illVli^i: l ^ U l ^

(Rocco fängt gleich mit dem RitorneU an zu arbeiten, während dessen benutzt Leonore die Momente, wo sich Rocco bückt, um den Gefangenen zu betrachten.)

3 S 3 3 3 3 3

137

188

Um ein trauervolles Si-hwciRon auszudrücken, habe ich in einer Kantate den Versuch gemacht, die Kontrabässe in vier Stimmen zu teilen und sie auf

dioso Weise unter einem Decrescendo des ganzen übrigen Orchesters lange Akkorde im Pianissimo aushalten zu lassen. ( Purtiturbclspiel 51.)

N951. Le cinq Mai, Kantate für Baß und Chor.

Berlioz.

139

Edition Peters.

Das Pizzikato der Kontrabässe, stark sowohl wie schwach, ist von guter Klangfülle, wenn man es nicht gerade bei sehr hohen Tönen anwendet ; aber es ändert je nach den Harmonien, denen es zur Unterlage dient, den Charakter. So wirkt das be- rühmte Pizzikato- A in der Freischütz-Ouvertüre nur durch den Widerhall des verminderten Sep-

timenakkordes (fis-a-c-es), der dadurch, auf schledi- tem Taktteile, in die erste Umkehrung gestellt wird, so drohungsvoll und höllenbang. Als Dur- Tonika oder Dominante, halbstark wie im vorliegenden Falle angeschlagen, würde dies A nichts Fremd- artiges mehr an sich haben. Siehe Freischütz- Par- titur. (Etition Peters N9 1000.)

Man vergleiche ferner:

NO 5S. Tristan, Akt I.

Wagner.

Faff.

Violen.

((fctcilt)

Wodortdie grü-nen Flu-ren dem Blick noch blau sich fär-ben , harrt mein - nig- mei-ner Frau ;

Bei dieser Stelle ruft in mir das Pizzikato- G der Kontrabässe zu dem Nonenakkord stets eine Farbenempfindung hervor. _ _ _

Wenn ich mir vergönnen darf über die so sehr

schwierige Behandlung des Streichkörpers

der so oft ein ganz merkwürdig widerspensti- ges Instrument in der He.nd des Stümpers wird- einige Winke zu geben, so möchte ich außer den in Stil und Technik mustergiltigen Streich- quartetten Mozarts die Partituren Rich.Wagners insbesondere auf ihre Streichquintett - Poly - phonie hin zum Studium empfehlen. Das Sieg- fried-Idyll mit seiner herrlichen Linienführung

und die vom Tremolo fast gereinigten Tristan und Meistersinger sind auf jeder Seite für sich schon ein wahres Kompendium für die Kunst, den Streidikörper zur vollen Klangentfaltung zu bringen. Ein hervorragendes Beispiel in Bezug auf polyphone Führung und Verwendung der weiten Lage- die ein reiches Mitklingen der Obertöne gestattet- sind von dem in diesem Punkte überhaupt mustergiltigen Preisliede die Takte, wo Walther singt: „Dort unter einem Wun- derbaum, von Früchten reich behangen, zu schau'n in seligem Liebestraum, was höchstem Lustver- langen Erfüllung kühn verhieß, das schönste Weib". (Partiturbeispiel 53.)

»'»•.' N958. Meistersinger, Akt III. (Pieisiied.)

Sehr mäfliy. »ehr lauir

Wagner.

Ein weniff zurückhaltend.

143

Wolihp Instrumentalgruppe könnte an der als geniale Eingebung so einzigen Stelle besser den Eindruck tiefster, innerer Vorsunkenheit hervor- bringen, als das bei Tristans Worten „Siehst du sie, siehst du sie noch nicht?" in tiefer Lage sammet-

woich eintretende Streichquintett, das anscheinc^nd bewegungslos und doch so geheimnißvoll schwin- gend und leise vibrierend den sehnsuchtsvoll ster- benden Tristan in eine schönere Traumwelt hin- überführt! (Partiturbeispiel 54.)

N9 54. Tristan, Akt III

Wagner.

Wie sie se - lig-, hehr und mil - de wan - delt durch des Meers Ge - fil - de ?

146

Dio Dämpfer kommen bei den Kontrabässen zwar ebensowie bei den übrigen Streichinstrumenten zur Anwendung, doch ist die damit erzielte Wirkung nicht eben charakteristisch; sie verringern den Klangge- halt der Kontrabässe nur ein wenig und machon ihn düsterer und matter.

Ein piemontesischer Künstler, Mr.Langlois,dtr sich vor ungefähr fünfzehn Jahren in Paris höriMi ließ, erzielte auf dem Kontrabaß (mit Bogen), indem er die hohe Saite, statt sie auf das Griffbret auf- zudrücken, zwischen den Daumen und Zeigefinger

der linken Hand festklemmte und so bis nahe an den Steg heranrückte, sehr eigcntümliclio hoho Töne, Töne von unglaublicher Kraft. Wäre man genötigt, im Orchester das heftige Aufschreien einer weib- lichen Stimme wiederzugeben, kein anderes Instru- ment als die Kontrabässe, auf diese Art behandelt, würde hierzu hesser befähigt sein. Ich bezweifle, daß unseren Künstlern die Mechanik des Herrn Lanriois betreffs der hohen Töne bekannt ist, sie würden sich aber leicht und in kurzer Zeit damit vertraut machen können.

Instruiuente, deren Saiten gezupft werden.

Die Harfe.

Dieses Instrument ist seinem Wesen nach an- tichromatisch, das heißt: die Folgen in halben Tönen stehen ihm nicht eigentlich zu Gebote. Warum dies

so ist, soll zunächst erörtert werden. Der Um- fang der Harfe betrug ehemals nur fünf Oktaven

und eine Sexte:

Wie man sieht, gehört diese Tonleiter der Tonart Es-dur an; in ihr waren in der Tat auch alle Harfen gestimmt, bis der geschickte Instru- mentenmacher Erard einen Mechanismus ersann,

Die chromatischen Zwischentöne lassen sich auf der alten Harfe nur vermittelst sieben Pedalen erlangen,welche der Spieler mit dem Fuße beweg-en und je eins nach dem andern feststellen kann; ein jedes dieser Pedale erhöht die Note, auf welche der betreffende Mechanismus Bezug hat, der ganzen Ausdehnung der Tonleiter nach, also nicht bloß einzeln für sich, um einen halben Ton. Demnach kann z.B. das Fis-Pedal nicht ein F erhöhen, ohne zu gleicher Zeit nicht auch alle anderen F in der ganzen Tonreihe mit zu erhöhen. Daraus ergibt sich zu- nächst, daß jede chromatische Tonleiter (abgesehen von

der den Mißlichkeiten dieses Systems abhalf; er schlug hierbei die Stimmung der Harfe in Ces vor, eine Einrichtung, die heutzutage fast alle Harfen- spieler angenommen haben.

solchen in besonders langsamer Bewegung), jede Folge von Akkorden, welche chromatische Fortschreitungen bedingen oder nichtverwandten Tonarten angehören, _ daß ferner zum größ- ten Teil auch Verzierungen, welche aus chromatisch ver- setzten Vorschlägen oder mehreren dergleichen kleinen Noten bestehen, unausführbar oder, bei Ausnahmefällen, doch über- trieben schwer und von häßlicher Wirkung sind. Vollständig' unmöglich auf der Harfe in Es sind drei große Septimen- und drei kleine Nonenakkorde, weshalb man dieselben aus der harmonischen Vorratskammer für immer verbannen muß; es sind folgende:

und man wird leicht daraus ersehen, daß alle Akkorde in denen zu gleicher Zeit Ces und B vorkommen, nicht mög- lich sind, weil (wenn die Harfe in Es gestimmt ist und die Pedale jede Saite nur um einen halben Ton erhöhen) man Ces nur durch Anwendung des H-Pedals hervorbringen kann, welches seinerseits sofort alle B der Tonleiter unmöglich macht. Ganz ebenso verhält es sich mit Des, welches durch Erhöhung des natürlichen C entsteht, wie auch mit Ges, das aus Erhöhung des F hervorgeht.

Da die Pedale der Harfe in Es in ihrer Gesammt- heit nur die drei durch t erniedrigten Töne (b,es, as) in ihren natürlichen Stand zurückversetzen, vier andere Töne (f, c,g, d) aber nur erhöhen können, so folgt daraus, daß

diese Harfe nur in acht Tonarten spielbar ist, nämlich in Es,B,F,C,G,D, A,E.

Die übrigen vier Tonarten (As, Des, Ges, Ces ) kön- nen nur durch enharmonische Verwechselungen, indem man eins oder mehrere Pedale nimmt und sogleich wieder verläßt, erlangt werden. In As-dur z.B. ist des nichts an- deres als das enharmonische eis; der Spieler muß also das Cis-Pedal alsbald, nachdem er es- genommen, wieder verlassen, damit er das natürliche c, die große Terz der eben herrschenden Tonart, frei behält; außerdem muß er, diatonisch aufwärts gehend, eine Saite (d) überspringen, was so unbequem ist, daß man dergleichen Tonleitern nahezu als unausführbar betrachten kann:

147

Noch größer werden diese Ubelstände und Schwierig-- keiten in Des- und Ges-dur, Tonarten, denen,init Ausnahme einiger Akkorde, fast gar nicht beizukommen ist. Übrigens bietet Ges-dur sowohl wie Ces-dur noch eine neue Schwie- rigkeit dadurch, daß bei ihren Tonleitern der Spieler teil- weise zu einer völligen Transposition genötigt wird, in- dem er die Saite Fis anschlagen muß, wenn das Auge die

Note ges vor sich hat, die Saite H, für die Note ces,_

die Saite Cis, für die Note des. Allerdings wird die Tonart Ces-dur etwas zugänglicher, wenn man sie in ihrer andern Gestalt, als H-dur schreibt; da aber hierbei alle Pedale zu nehmen sind, so hat man beim Spiel der Tonleiter doch immer, wie bei As-dur, die abschreckende Schwierigkeit zu überwinden, daß man eine Saite überspringen und das eine Pedal verlassen, sogleich aber auch wieder nehmen muß, weil Leitton Cenharmonisch) und Tonika auf ein und derselben Saite befindlich sind.

Aus dem folgenden Beispiel ist ersichtlich, daß man, um eine chromatische Tonleiter von zwei Oktaven Umfang, wie diese :

Allegro.

Fed.Ped. Ped. Pfd. Bd.

auszuführen, genötigt ist, sehr schnell fünf Pedale nach einander für die erste Oktave allein in Bewegung zu set- zen, sie alle ebenso pünktlich wieder zu verlassen, damit die durch sie erhöhten Noten in ihren ursprünglichen Stand zurückversetzt und so für die höhere Oktave wieder ver- fügbar werden, und endlich sie noch einmal in derselben Weise zu benutzen, wie bei der ersten Oktave. Eine der- artige Tonleiter ist demnach, selbst in sehr mäßiger Be- wegung, für alle Harfen unmöglich.

Handelt es sich um eine Folge von Akkorden wel- che unverwandten Tonarten angehören, so fällt die Un- möglichkeit noch mehr in die Augen, da man in diesem Falle gleichzeitig mit mehreren Pedalen auf diese Weise verfahren, also mehrere auf einmal nehmen und wieder verlassen müßte:

Gewisse Vorschläge und Verzierungen, welche chroma- tische Folgen enthalten, können allerdings wohl oder übel zu Gehör gebracht werden; die meisten von ihnen sind je- doch wie bereits erwähnt, kaum ausführbar, und diejenigen, die man als Ausnahmen gelten lassen kann, bleiben immer- hin von ziemlich schlechter Wirkung, da die Bewegung des erst zu nehmenden und im gleichen Augenblick wie- der zu verlassenden Pedals auf die Klangschwingungen der Saite einen nachteiligen Einfluß ausübt. So ist z. B. das Folgende :

Allegro.

möglich:

möglich:

Figuren dagegen wie die nächsten, und ähnliche Stellen, die in kurzen Zwischenräumen und bei lebhafter Bewegung meh- rere Halbtöne in sich schließen, sind beinahe unmöglich.

Noch ist zu erwähnen, daß man die Harfe, da sie mit beiden Händen gespielt wird, auch auf zwei Systemen notiert. Das untere Notensystem bekommt gewöhnlich den BaJ3-, das das obere den Violinschlüssel; steigen aber die unteren Noten in die Höhe oder die oberen Noten in die Tiefe, dann kann jeder der beiden Schlüssel auch bei beiden Systemen zugleich zur Anwendung kommen.

Durch diese Anordnung wird die Zahl der unausführ- baren Passagen für die Harfe in Es noch vermehrt, weil eine Stelle für die rechte Hand wohl leicht sein, doch aber dann unmöglich werden kann, wenn die linke Hand in der Begleitung gewisse Noten hören lassen soll, die in der Melodie durch ein Pedal chromatisch verändert sind, während die Harmonie dieselben unverändert gebraucht. z.B.

Die beiden mit * bezeichneten Akkorde sind nicht spielbar, weil sie ein natürliches f enthalten, das in der Oberstimme erhöht worden ist. In solchen Fällen muß man also in einer oder der andern Stimme diejenige Note, welche sich in solcher Doppelgestalt zeigt, unterdrücken . Im vorliegenden Beispiel ist es besser, man läßt den Akkord der linken Hand unvollständig und verzichtet auf das natürliche f.

Soll eine Melodie, die vorher von anderen Instru- menten bereits vorgetragen worden ist, von der Harfe wiedergegeben werden, so muß man sie, falls sie un- mögliche oder auch nur gefährliche chromatische Stellen enthält, geschickt abändern, indem man einen oder meh- rere der alterierten Töne durch andere, der Harmonie entnommene, ersetzt. Anstatt also der Harfe die folgende Melodie so zu geben, wie sie vorher die Violinen vor- getragen haben:

AUegretto.

glaubte der Verfasser sie für die Harfe auf diese Weise: AUegretto.

notieren zu müssen. Die Natur der Mechanik der Harfe erheischte dieses Opfer der vier sich folgenden Halbtöne im dritten Takte.

Alle diese bis hierher erwähnten, schwer ins Gewicht fallenden Mißlichkeiten veranlaßten vor ei- nigen Jahren Herrn Erard, einen andern Meiha - nismus zu erdenken, nach welchem die Harfen: Doppel-Pedalharfen oder Harfen mit dop- pelter Verriickung (a double mouvement ) genannt werden. Worin dieser Mechanismus besteht, und wie er der Harfe gestattet, wenn auch nicht chro- matische Fortschreitungen zu machen, so doch we- nigstens in allen Tonarten zu spielen und alle Akkorde anzuschlagen oder zu arpeggieren, soll im Folgenden erläutert werden.

Die Doppel-Pedalharfe ist in Ces gestimmt, ihr Umfang beträgt sechs Oktaven und ein Quarte.

Die sieben Pedale, mit denen sie versehen ist, sind so eingerichtet, daß der Spieler mittelst eines jeden derselben nach Belieben die betreffenden Sai- ten sowohl um einen ganzen Ton als auch nur um einen halben Ton erhohen kann. Nimmt man nach und nach die sieben Pedale für den halben Ton, so wird die Harfe in Ces in die Tonarten Ges, Des, As, Es, B, F und C umgestimmt und da- rin festgestellt; erhöht man hierauf jede Saite um den andern Halbton mittelst der zweiten Verrückung der Pedale, so werden dadurch die sieben Noten der natürlichen Tonleiter in fis, eis, gis, dis, ais, eis und his umgewandelt, wodurch dann die Harfe die Tonarten G, D, A, E, H, Fis und eis erhält.

Somit sind nun der Harfe alle Tonarten zu- gänglich. Die Molltonleitern aber lassen sich nur dann feststellen, wenn man sie aufwärts so wie abwärts gehend behandelt, ohne auf die übliche Abänderung betreffs der sechsten und siebenten Stufe Rücksicht zu nehmen; im entgegengesetzten Falle müßte man noch zwei Pedale nehmen und wieder verlassen.

Behält man die übermäßige Sekunde zwischen der sechsten und siebenten Stufe in beiden Richtun- gen der Molltonleiter bei, so kann dieselbe gleich- falls festgestellt werden, und die zufällig bedingte Anwendung der Pedale ist nicht nötig,- ein Vorteil, beträchtlich genug, um diese Tonleiter zu bevorzugen:

'''-^j j I ^ 'i^f r II i'^i ' ' I I ^

Was die sechs der Harfe in Es versagten Akkorde anbelangt, so worden wir sehen, daß die doppelte Verrückung sie möglich macht. Der Ak-

kord:

ist sehr leicht ausführbar, da seine

vier Noten in der Tonleiter der Harfe in Ces vorhan- den sind. Der folgende: ;^ i,J^[{ erfordert nur die Anwendung der beiden Pedale für die Halb- töne (d, f); ebenso braucht auch dieser: ^ öM\ nur zwei (f,c). Der Akkord: ^^^^^= bedingt drei Pedale (c,e,g) dagegen: ft^^^^UlZ nur eins (f), und der letzte: yife||= wieder drei (f, a,c) .

Alles das ist ohne Schwierigkeit auszuführen. Selbst der Akkord, welcher zu gleicher Zeit das natürliche und das erniedrigte c darzustellen

scheint, ist ausführbar:

Das doppelt

erniedrigte d (oder natürliche c) erhält man mittelst des Pedals, welches ces um einen halben Ton erhöht, und ces ist durch das Pedal zu er- zielen, welches das b um einen halben Ton er- höht; das doppelt erniedrigte a entsteht aus dem um einen halben Ton erhöhten ges; das fes end- lich bedarf gar keines Pedals, da es in der Tonleiter der Harfe in Ces als Normalton ent- halten ist. Dieser Akkord, geschrieben wie oben, würde demnach unter dieser seltsamen Form :

m IiIjJImo^^^ ausgeführt werden, woraus sich er- gibt, daß er besser in C-dur in dieser Gestalt: (fe .LJo = zu notieren wäre. Überhaupt wäre es

besser, wenn man die Doppel- Pedalharfen in ei- nem Orchestersatze, der für die übrigen Instru- mente in H-dur notiert ist, zu verwenden hätte, der Klangfülle und der bequemen Ausführung we- gen, die Harfen in ihre Normaltonart Ces umzu- schreiben:

Edition Peters.

149

Die Komponisten müssen bei Aussetzung der Harfenstimme Sorge tragen, daß der Spieler einige Zeit im Voraus auf die Veränderungen, welche er bezüglich der Pedale vorzunehmen hat, aufmerksam werde, indem sie z.B. einige Takte vor Eintritt der betreffenden Modulation die Worte hinsetzen: „Gis vorzubereiten", „Pedal für C zu nehmen" u. s.w.

Nachdem wir die Natur der Harfe hinlänglich erklärt haben, sprechen wir jetzt von ihrem Fin- gersatz, den viele Komponisten irrigerweise mit dem Fingersatze des Pianoforte, der jenem doch keineswegs gleich ist, verwechseln.

Man kann mit jeder Hand Akkorde zu vier Noten anschlagen, wenn die beiden äußersten No- ten den Umfang einer Oktave nicht überschreiten:

Auch sind vermöge der großen Spannfähig- keit zwischen Daumen und kleinem Finger Dezimen zu erreichen und demzufolge Akkorde, wie die fol- genden, spielbar:

Indes ist eine solche Lage weniger bequem und weniger natürlich, also auch weniger klangvoll, weil kein einziger Finger die Saite hierbei mit derselben Kraft wie bei gewöhnlicher Lage er- fassen kann.

Akkorde in der äußersten Tiefe des Instru- mentes sind, wie beiläufig erwähnt sei, ohne Klang- fülle und erzeugen verworrene Harmonien; z.B.

Man muß sie daher vermeiden.

Diese tiefen Töne eignen sich nur zur Ver- doppelung eines Baßganges in der unterenOktave:

Die Töne eines Akkordes nach einan- der folgend zu spielen, gleichviel ob in auf- wärts oder abwärts gehender Richtung, liegt recht eigentlich in der Natur der Harfe; nach dem ita- lienischen Namen derselben (Arpa) bezeichnet man ja diese Akkordfigurationen mit dem Namen Ar- peggien. Im allgemeinen und zumal bei lebhaf- ter Bewegung dürfen auch sie den Umfang einer Oktave nicht überschreiten, da sonst eine Ver- änderung der Handlage nötig wird, was bedeu- tende Schwierigkeiten verursacht.

AUegro.

g

fast un- mög'Iich:

Über den Umfang der Oktave hinausgdien darf eine Note nur beim Abschluß einer Stelle:

gut:

Auch das folgende Beispiel ist sehr leicht, weil die Veränderung der Handlage in der Rich- tung von der Tiefe nach der Höhe zu geschieht,- und zur Ausführung der kleine Finger, der hier- bei kaum verwendbar wäre, nicht benutzt wird- und weil ferner auch der vierte Finger nicht genötigt ist, zwei Noten hinter einander zu spielen.

Im allgemeinen muß man darauf bedacht sein, die beiden Hände nicht zu nahe an einander zu bringen, sondern sie eine Oktave oder wenig- stens eine Sexte weit auseinander zu halten, sonst stören sie sich gegenseitig. Wenn ferner beide Hände einen Akkord in Terzentfernung von einander arpeggieren, wenn also eine und die- selbe Saite von dem Finger der einen Hand in demselben Augenblick wieder erfaßt wird, wo der Finger der andern Hand sie eben verlassen hat, so ist unausbleibliche Folge, daß die Saite keine Zeit hat zu schwingen, und der Ton sofort nach «einem Entstehen wieder erstickt wird.

üJHjuüi^

P^iißjJüüM

Dasselbe,

sehr K'ut,weg'en der Entfernung' beider

Alle Tonfolgen, bei welchen ein und derselbe Finger sprungweise von einer Saite zur andern übergehen muß, dürfen nur in sehr mäßigem Tempo geschrieben werden.

Will man eine schnelle Fotgo diatonischer Oktaven haben, so muß man sie im allgemeinen für beide Hände schreiben. Der gleiche Fall findet bei Sextengängen statt. Letztere sind zwar ebenso wie die Terztonleitern, auch für eine Hand allein ausführbar, jedoch nur in abwärts gehender Richtung, wobei der Daumen von einer zur andern der oberen Noten hinübergleitet, während die un- teren Noten von den drei übrigen Fingern gespielt werden. Folgender Gang:

ist schwer wegen der Entfernung, die der Daumen mit den übrigen Fingern innezuhalten hat; die nächsten beiden sind weniger schwer:

^ frtTRij.'i

Was wir oben betreffs der Auseinanderhaltung beider Hände gesagt haben, erleidet bei diesen Terz- tonleitern insofern eine Ausnahme, als sie sich mit beiden Händen ausführen lassen; denn bei diatoni- schen Fortschreitungen kommt der Übelstand, daß der eine Finger gleich nach dem Anschlag des an- dern dieselbe Saite nehmen muß, viel weniger in Betracht, da hier der Saite, wegen der darauf fol- genden diatonischen Zwischennote, etwas mehr Zeit gelassen wird, zu schwingen. Gleichwohl ist es im- mer besser, entweder solche Terzenfolgen zwei Har- fen zu übertragen, indem man der einen Harfe die Oberstimme, der andern die Unterstimme gibt, oder, wenn man nur eine Harfe zur Verfügung hat und doch viel Ton haben will, daß man die Stimmen um eine Oktave auseinander legt und so lieber Dezimenfolgen schreibt; z.B.

Will man, auf- oder absteigend, einen Arpeg- giengang in schneller Bewegung hören lassen, wel- cher den Umfang einer Oktave überschreitet, dann muß man denselben, statt in zwei Stimmen in einer, geteilten, schreiben, so daß die eine Hand

ein Bruchstück ausführt, während die andere Hand die Lage ändert und sich für das nächste Bruch- stück vorbereitet, und so wechselweise weiter, wie aus folgender Notierung zu ersehen:

Alle^ro

In Oktavenverdoppelung würde dieser Arpeg- giengang unausführbar sein. Das nächste Beispiel ist in lebhafter Bewegung ebenfalls unausführbar, in langsamer aber möglich:

Im Tannhäuser (zweiter Akt) steht zu den Worten Tannhäusers „Zu Gottes Preis, in hoch erhab'ne Fernen u. s.w." eine Harfenstelle, die so gut wie unausführbar ist:

f^ärl^-ftttm, ^, ffrwfcte

Der Triller läßt sich auf der Harfe machen, doch ist er nur in den höheren Regionen in seiner Wirkung erträglich. Das Hammern(martellement;auf einer Note, bei den alten Harfen schwer und unan- genehm wegen des zirpenden Geräusches, das der Zeigefinger gleich nach Anschlag des Daumens auf der Saite, deren Schwingungen unterbrechend, verursacht:

ist bei den neuen Harfen leicht und wohlklingend, da die doppelte Verrückung der Pedale gestattet, die Nachbarsaite von derjenigen, welche den häm- mernden Ton wiedergibt, um einen ganzen Ton zu erhöhen und somit das Hämmern auf zwei Saiten im Einklänge zu bewirken:

ais ais ais

151

Außerdem kann man das zwei- oder vierstim- mige Hämmern, das bisweilen im Orchester sehr gut verwendbar ist, dadurch erhalten, daß man zwei oder mehrere Harfen benutzt und ihnen Akkordfiguren gibt, die sich gegenseitig kreuzen (batteries croi- sees); diese bieten keine Schwierigkeiten und bringen genau die beabsichtigte Wirkung hervor.

AUegro.

Alleg:ro.

^^rnmmm-

Die Wirkung der Harfen wird (abgesehen von einem Vortrag in engerem Kreise, der auf die Nähe der Hörer berechnet ist) um so besser, je zahlrei- cher sie vorhanden sind. Die Töne, Akkorde oder Arpeggien sind dann von außerordentlichstem Glänze und überstrahlen Orchester und Gesang. Nichts ent- spricht in so hohem Maße unseren Vorstellungen von überirdischem Festgepränge, von religiöser Pracht und Herrlichkeit, als die Klänge einer geistvoll behandelten großen Anzahl von Harfen. Aber auch einzeln gebraucht oder in Gruppen zu zwei, drei oder vier, sind sie von sehr glücklicher Wirkung, sowohl wenn sie sich mit dem Orchester vereinigen, als wenn sie den Singstimmen oder Solo-Instrumenten zur Begleitung dienen. Es ist merkwürdig, daß von allen bekannten Klangfär- bungen gerade diejenige der Hörner, der Posau- nen und überhaupt der Blechinstrumente sich am besten mit der ihrigen vereinigt. Die tieferen Saiten, deren Ton (die weichen und dumpfen Saiten der äußersten Tiefe ausgenommen) so verschleiert, so geheimnisvoll, so schön ist, sind fast nie anders als zu Begleitungsbässen der linken Hand benutzt worden; mit Unrecht. Es ist wohl wahr, daß die Spieler nicht eben Vorliebe für Stücke besitzen, die sich in diesen Oktaven bewegen; die betref- fenden Saiten sind ziemlich entfernt vom Ausfüh- renden und nötigen ihn, sich vorwärts zu beugen, die Arme auszustrecken, und demnach längere oder kürzere Zeit eine unbequeme Stellung ein- zunehmen; aber dieser Grund ist wohl für die Komponisten schwerlich maßgebend gewesen. Die Hauptsache wird sein, daß diese gar nicht daran gedacht haben, jenen eigentümlichen Klangcha - rakter zu verwerten.

Beispiel für den schönen, anmutiger gehalt der tiefen Saiten:

Klang-

Andantino.

pry^fj-fp Ff P F]

. .

^^ y^

Ff^

1

^^Ä=^=

™™^

3

^

^H: i:

H-^

^7. 1^

4r^

Die Saiten der letzten hohen Oktave geben einen lieblichen, krystallhellen, sinnlich- frischen Klang, der die anmutigsten Zauberbilder in uns zu wecken vermag und sich vortrefflich dazu eignet, in freundlich-holde Melodien zarte Geheimnisse einzuflüstern- nur ist es erforderlich, daß sie niemals vom Spieler mit Kraft angeschlagen wer- den, denn in diesem Falle wird ihr Klang trocken, hart, ähnlich dem eines zerbrechenden Glases.

Die Flageolettöne der Harfe, und nament- lich mehrerer Harfen im Einklang, haben noch grö- ßeren Zauber. Die Solospieler benutzen sie oft in den Kadenzen ihrer Phantasien, Variationen und Konzerte. Aber nichts gleicht dem Wohlklange dieser geheimnisvollen Töne, wenn sie sich mit den Flöten und den mittleren Tönen der Klari - netten vereinigen; es ist zu verwundern, daß erst ein einziges Mal, und zwar vor gar nicht langer Zeit, die Verwandtschaft dieser Klangfarben und die Poesie ihrer Verbindung erkannt und prak- tisch verwertet worden ist. *^

Die besten Flageolettöne, und so ziemlich die einzigen auf der Harfe anwendbaren, erhält man dadurch, daß man mit dem unteren fleischigen Teile der Hand die Mitte der Saite leicht berührt und mit dem Daumen und den beiden ersten Fingern derselben Hand dann anspielt; daraus ergibt sich die höhere Oktave des gewöhnlichen Klanges. Man kann so mit beiden Händen zugleich Fla- geolettöne angeben.

Andantino.

Flag-eolettijne....

Beispiel:

Wirkung".'

Es ist sogar möglich, zwei oder drei Flageolettöne auf einmal mit einer Hand allein hervorzubringen, dann ist es aber klug, der andern Hand nur eine einzige Note zu geben:

♦) Man vergleiche die schon früher bei den Flageolet - tönen der Violinen erwähnte Stelle aus„Romeo und Julie", wel- che zugleich auch Flageolettöne der Harfen in Anwendung bringt. (Partiturbeispiel 9. Seite 36.)

Nicht alle Saiten der Harfe eignen sich zu Flageolettönen; man darf hierzu nur die der bei- den vorletzten tiefen Oktaven benutzen, denn nur diese sind sowohl lang genug, um durch leichte Berührung in der Mitte geteilt werden zu kön- nen, als auch gespannt genug, um die Flageo - lettöne deutlich ansprechen zu lassen.

Flageolcttöne

Falls der Verlauf eines Tonstückes oder die Art der Instrumentation den plötzlichen Über- gang der Harfe von einer Tonart in eine sehr entfernte andere bedingt, (von Es-dur nach E-dur z. B.), kann man diesen Übergang nicht auf ein und demselben Instrumente bewerkstel- ligen-, man muß dann eine zweite Harfe in Be- reitschaft haben, die, in der Kreuz-Tonart ge- stimmt, unmittelbar die Stimme der in der Be = Tonart tätig gewesenen Harfe fortsetzt. Ist der Übergang nicht so plötzlich und hat man nur ein Instrument zur Verfügung, dann muß der Komponist dem Spieler immer noch eine ziem- liche Anzahl Pausen geben, damit derselbe Zeit hat, alle zur Modulation nötigen Pedale fest- zustellen. Werden die Harfen bei vorhandener größerer Anzahl als wesentlich zum Orchester gehörige Bestandteile behandelt, (nicht nur dazu bestimmt, ein Vokal- oder Instrumentalsolo zu be- gleiten), so teilt man sie gewöhnlich in erste und zweite Harfen, und gibt ihnen zwei getrennte Stimmen, wodurch ihre Wirkung bedeutend reich- haltiger wird. Auch eine größere Anzahl ver- schiedener Harfenstimmen kann ohne Zweifel wohl begründet sein; sie wird sogar, wie wir bereits gesehen haben, unerläßlich, sobald ohne Unter- brechung des Harfenspiels ein plötzlicher Über- gang in entfernte Tonarten ermöglicht wer- den soll.

Die Basreliefs von Theben, auf denen sich eine genaue Darstellung der antiken Harfen befindet, beweisen, daß dieselben keine Pedale hatten, folglich auch niemals modulierten. Die nicht minder antiken, heutigen Tages noch bei den gallischen und irischen Barden in Gebrauch stehenden Harfen haben mehrere Reihen Saiten; ohne Zweifel sind sie durch diese Einrichtung dem chromatischen Stile und den Modulationen mehr oder weniger zugänglich gemacht.

Ich habe oben bei Besprechung der gehäm- merten Töne auf die vorteilhafte Eigenschaft der neuen Harfen hingewiesen, die es ermöglicht, mit- telst der doppelten Verrückung der Pedale zwei

Saiten im Einklang stimmen können: z.B. (^^^f j

wobei das eine dieser beiden ces von der Ces: Saite, das andere von der um einen halben Ton

erhöhten B = Saite hervorgebracht, oder ffly p— 1

wo das eine es von der Es-Saite, das andere von der um zwei halbe Töne erhöhten Des-Saite bewirkt wird. Man sollte kaum glauben, welche Ausbeute die großen Harfenspieler aus diesen Doppelsaiten, die sie Synonymen nennen, jetzt zu machen verstehen. Parish-Alvars, vielleicht der außerordentlichste Virtuos, der je auf diesem Instrumente gehört ward, führt Gange und Ar- peggien aus, die beim ersten Anblick absolut unmöglich scheinen, deren ganze Schwierigkeit jedoch nur in dem sinnreichen Gebrauche der Pedale besteht. Er spielt unter anderen auch den folgenden Gang mit außerordentlicher Schnel- ligkeit:

AllegTO assai.

Daß ein solcher Gang leicht ausführbar ist, erklärt sich daraus, daß der Spieler hierbei nur mit drei Fingern von der Höhe nach der Tiefe über die Saiten der Harfe zu gleiten hat, und zwar ohne besondern Fingersatz und so schnell als er will, weil ja mittelst der Synonymen das Instrument ausschließlich in einer Folge von klei- nen Terzen, die den verminderten Septimenak- kord ergeben, gestimmt ist, weil also anstatt der Tonleiter :

der folgende Intervallengang die Reihenfolge der Saiten darstellt:

Edition Peters.

153

Hierbei muß nur der Ton a beachtet werden, der nicht doppelt erscheinen, folglich auch keinen Wiederanschlaff haben kann. Denn allerdings ist es nicht möglich, vier Synonymen auf einmal herzustellen, einfach weil es in der Tonleiter eben nur sieben Töne gibt, vier Synonymen aber acht Saiten voraussetzen würden. Außerdem ist zu bemerken, daß der Ton a überhaupt nur von einer einzigen Saite: von as aus erlangt werden kann, nicht auch von der Nachbarseite ges aus, die bei doppelter Verrückung des Pedals sich nur um zwei Halbtöne, also höchstens bis auf as erhöhen läßt. Diesem Übelstande begegnet man noch auf zwei anderen Saiten: auf dem ces und fes.

Zur Zeit fehlen demnach der Harfe noch die drei Synonymen d, g und a; aber dieser Mangel (denn ein solcher ist es in der Tat ) würde sofort schwinden, wenn die Instrumen- tenmacher, wie Parish-Alvars vorschlägt, für die Pedale der drei Noten ces, fes, ges eine drei- fache Verrückung anbringen wollten, die es gestattet diese Saiten um drei Halbtöne zu erhöhen.

Herr Erard täte Unrecht, wenn er eine derartige Lücke im Mechanismus dieses Instrumentes fort- bestehen ließe; eines so geschickten Instrumen- tenbauers wäre es würdig, der erste zu sein, der sie ausfüllte.

Will man nicht alle synonymen Saiten auf einmal gebrauchen, so kann man selbstverständlich auch andere Akkorde als die der verminderten Septime erlangen; diese mannichfaltigen Kombi- nationen, die jeder selbst machen kann, wenn er sich von der Wirkung der Pedale auf die Saiten genau Rechenschaft gibt, werden noch bedeutend zahlreicher werden, wenn durch eine dreifache Verrückung der Pedale ces, fes, ges, die drei Synonymen, welche der Harfe zur Zeit noch feh- len, gewonnen sind.

Von der obenerwähnten Art des Glissando (in verminderten Septimenakkorden) ist ein glänzendes Beispiel in Liszts Dante- Sinfonie zu finden, als Symbol für die aus dem Inferno auftauchenden Geistergestalten der unglückli- chen Francesca da Rimini und ihres Geliebten. CPartiturbeispiel 55.)

N9 55. Dante- Symphonie, Satz I.

Quasi Andante, ma sempre un poco mosso

Liszt.

Verlag- Breitkopf 4 Härtel, Leipzig-.

154

Wenn ich bei der Harfe wieder auf den vor- sichtigen Gebrauch hinweise, den Rieh. Wagner (siehe Lohengrin als eklatantes Beispiel, oder auch Tristan im zweiten Akt) mit der Harfe gemacht hat, um, wenn er sie verwendet, stets außerordentliche und frappanteste Wirkungen mit den Farbentönen dieses schönen Instru- mentes zu erzielen, so kann ich den Anfänger nur wiederum warnen, mit allen besonders grellen und charakteristischen Farben des Or- chesters so sparsam wie möglich zu verfahren und sich, bevor er sie hinschreibt, zehnmal zu überlegen, ob diese Farben an dieser Stelle mibedingt nötig und nicht durch einfachere zu ersetzen seien.

Der Mißbrauch, der heutzutage mit allen die- sen besonderen Leckerbissen des Orchesters getriebai wird, wie Harfen, Flageoletts, Schlagwerk (nur als aufgetragene Glanzlichter zu verwenden, wenn sie gut und eigentümlich wirken sollen_siehe den einzigen Triangel schlag am Schluß des zweiten Aktes im Siegfried_)_dieser Mißbrauch ist schrecklich. Das Ohr des Zuhörers wird unnötig abgestumpft, und aus feinen Glanzlich- tern an entscheidender Stelle sind planlos hin- geschmierte Farbenkleckse geworden. Berlioz besaß eine außerordentliche Spezialkenntnis der Harfe, die bei ihrer Schwierigkeit nicht von jedem Autor verlangt werden kann.

Von Rieh. Wagner existiert das komische Wort, daß er, als der Harfenist Tombo in München bei der ersten Probe des Rheingoldschlusses dem Meister voller Betrübnis erklärte, des Meisters

Harfenstimme sei absolut unspielbar, zu dem vor- trefflichem Künstler sagte: „Sie können nicht von mir verlangen, daß ich auch noch Harfe spiele; Sie sehen, welche Wirkungen ich erzielen will, richten Sie sich nun die Stimme nach Ihrem Gutdünken ein". Wer nun nicht mit Gewißheit in sich den genialen Instinkt eines Rich.Wagners fühlt, der beherzige lieber das Sprichwort: quod licet Jovi, non licet bovi.

Die Harfe muß auch im Orchester stets soli- stisd) behandelt werden, will man nicht unnützer- weise Noten hinschreiben, die nicht gehört werden.

Im Tutti des modernen Orchesters ist die Harfe nur in vielfachen Verdoppelungen wirksam. Die Harfenstimme im Tristan wird zu Bayreuth vierfach besetzt! _ _

Ein bei Berlioz nicht erwähnter Effekt auf der Harfe ist das für die Ausführung des Tre- molo angewandte B i sbigliando.*' Man notiert das Tremolo in derselben Weise wie fürs Klavier,

z.B.

der Harfenist führt es aber

nicht mit einer Hand aus, sondern verteilt es zwi- schen Linke u. Rechte: :

Es lassen sich auf diese Weise auch Figuren wie fol-

fj ^<a -«g oder: gende ausführen:

0 d. i. leise flüsternd, rauschend.

Die Gitarre.

Die Gitarre ist ein Instrument, welches sich Bur Hegleitunp der Singstimme, wie auch zur Verwendung in manchen Instrumentalkompositionen intimen Charakters eignet; ebenso verwendbar ist es zum Solovortrag mehr oder minder kompli- zierter mehrstimmiger Tonstücke, deren Reiz nicht zu leugnen ist, wenn wirkliche Virtuosen sie ausführen.

Sie hat sechs Saiten, in Quarten und Ter- zen gestimmt wie folgt:

Bisweilen stimmt man sie auch auf folgende Weise, namentlich für Tonstücke in E-dur :

Die drei tiefen Saiten sind von Seide, mit. Silberdraht übersponnen, die drei anderen sind Darmsaiten. Die Gitarre ist ein transponierendes Instrument von drei Oktaven und einer Quinte Umfang, das man im Violinschlüssel, eine Oktave höher notiert, als es tatsächlich klingt.

Notierung:

Mit den chromatischen Zwischentönen.

Triller mit großer und kleiner Sekunde sind im ganzen Umfange der Tonleiter ausführbar.

Es ist fast unmöglich, gut für die Gitarre zu schreiben^ wenn man sie nicht selbst spielt. Gleichwohl sind die meisten Komponisten, die sie anwenden, weit davon entfernt, sie genau zu kennen und geben ihr Dinge zur Ausführung, die ungemein schwer, ohne Klang und ohne Wir- kung sind. Wir wollen versuchen, wenigstens die Art und Weise, wie einfache Begleitungen für sie zu schreiben sind, hier anzugeben.

Bei gewöhnlicher Lage der rechten Hand stützt sich der kleine Finger auf den Boden des Instrumentes;

der Daumen ist bestimmt, die drei tiefen Saiten

in Schwingung zu versetzen, der Zeigefinger über- nimmt das G -m^- J -^ , der Mittelfinger das

H Wn^ , dei Ringfinger das hohe E a>- ~^=.

Hieraus folgt, daß, wenn Akkorde zu mehr als vier Noten gespielt werden sollen, der Daumen genötigt ist, über eine oder zwei der tieferen Saiten hinwegzugleiten, während die übrigen drei Finger die drei hohen Saiten direkt anschlagen. Bei Akkorden von vier Noten greift jeder Fin- ger nur die Saite, die für ihn bestimmt ist; die Finger wechseln die Saiten nur dann, wenn es sich um den Anschlag tief liegender Akkorde handelt, z. B.

Da die Gitarre hauptsächlich ein Instrument der Harmonie ist, so ist es sehr wichtig, die Akkorde und also auch die Arpeggien, welche sie ausführen kann, kennen zu lernen. In Fol- gendem geben wir eine Anzahl derselben in ver- schiedenen Tonarten.

Wir beginnen mit den leichtesten; das sind die, welche sich ohne Anwendung des Quergriffes (barrage) machen lassen, eines Verfahrens, wobei der Zeigefinger der linken Hand sich quer auf das Griffbrett über zwei, drei oder vier Saiten hinweg legt und so als künstlicher Sattel dient. (Der Sattel ist, wie bekannt, die kleine Querleiste am Griffbrette, auf der die Saiten ruhen, und durch welche deren Länge so weit, als die Schwin- gungen reichen sollen, abgegrenzt wird.)

InC.

Ebenso diese Akkorde in allen ihren Bruchteilen.

157

InG.

fr..jJ||J|J]|jll|^^

Die Tonarten, welche B-Vorz;eichnung haben, sind ungleich schwerer als die vorhergehenden und erfordern alle den Quergriff. Die leichtesten Akkorde sind die folgenden:

Bei allen Akkorden muß man vermeiden die erste und dritte der tiefen Saiten zu gebrau- chen, ohne dabei die zweite Saite in An- wendung zu bringen, der Daumen wäre sonst genötigt, über diese zweite Saite hinwegzusprin- gen, um von der ersten zur dritten zu gelangen. Es ist daher unmöglich, die folgenden Akkorde anzuschlagen:

fügt man aber die zweite tiefe Saite hinzu, so werden sie leicht:

Auch muß man sich in acht nehmen, die Do- minantseptimenakkorde in der gewöhnlichen Lage von drei übereinander gestellten Terzen zu schrei- ben, wie hier:

Sie sind beinahe unmöglich. Der folgende ist zwar schwer, aber ausführbar: fe n = weil das g eine leere Saite ist; nur der nächste ist

sehr leicht und klangvoll: fe «{{I leeren E- Saite.

Die drei folgenden Akkorde:

wegen der

sind leicht und lassen sich in allen Tonarten gut aneinanderfügen.

Ebenso in Fis-dur, G-dur, As-dur u.s.w.

Selbstverständlich können diese Akkorde manch- mal mehr als vier Noten haben und zwar in den Tonarten, die ihnen eine tiefe leere Saite hinzu- zufügen gestatten, wie also in A-dur, E-dur, G-dur, F-dur, und überall, wo eine dieser drei

Noten:

als Baß dienen kann.

Die nächste Akkordfolge, welche den Qupr- griff über vier Saiten erfordert, ist auf den bei- den unteren Dritteln des Griffbrettes der Gitarre ausführbar:

und so fort in halben Tönen aufsteigend bis zu :

was den äußersten Punkt in der Höhe bezeichnet, wo dieser Fingersatz überhaupt in Anwendung kommen kann.

Die folgenden Arpeggien sind auf der Gitarre von ausgezeichneter Wirkung.

r'^'i- ^i^ '^i^ ^M^ ' H

Die im letzten dieser Beispiele befindlichen zwei hohen (gebundenen) Noten werden mit dem kleinen Finger der linken Hand durch Ann-ißen der E-Saite ausgeführt.

Die Arpeggien in der Richtung von oben nach unten sind ziemlich unbequem, jedoch aus- führbar:

'^::i]ä^^

in umgekehrter Richtung sind sie dagegen sehr leicht. Die folgenden:

sind wegen der bei den beiden tiefen Noten rück- wärts zu machenden Bewegung des Daumens viel schwerer und weniger vorteilhaft.

Die mit wiederholtem Anschlag einer Note aus je zwei und zwei gebundenen Tonen gebil- deten Tonleitern, wie im nächsten Beispiel, sind zierlich und klingen gut, namentlich in den gün- stigen Tonarten des Instrumentes; wie z.B.

Die Terzentonleitern, obschon an den beiden äußersten Endpunkten schwer, können bei mäßi- gem Tempo ausgeführt werden:

Derselbe Fall findet bei Sexten- und Okta- venfolgen statt.

Das zwei-, drei-, vier- und selbst scchs-oder achtmalige Wiederanschlagen ein und desselben To- nes vollzieht sich leicht; das längere Wirbeln auf einem solchen ist dagegen nur auf der hohen Saite oder allenfalls auf den drei hohen Saiten gut angebracht:

Die mit D bezeichneten Töne werden mit dem Daumen, die anderen Töne wechselweise mit mit dem ersten und zweiten Fiilger angeschlagen. Beim Wirbeln wechselt der Daumen mit dem ersten und zweiten Finger auf der nämlichen Saite:

Alletr

Die Flageolettone sprechen auf der Gitarre sehr gut an und lassen sich in manchen Fällen vortrefflich verwenden.

Die besten sind diejenigen, welche man auf den leeren Saiten durch leichtes Berühren von Oktave, Quinte, Quart oder großer Terz hervor- bringt. Wie wir bereits bei Besprechung der Streichinstrumente gesagt haben, gibt die Oktave, leicht berührt, eben diese Oktave selbst:

159

die Quinte gibt die Duodezime:

'irkliche Flaeeolettüne.

die kleine Terz endlich die höhere Oktave der Duo- dezime:

Diese letzten Flageolettöne klingen am we- nigsten hell und sprechen schwer an. Nicht zu übersehen ist bei der oben gegebenen Übersicht dieser Töne, daß der Ausdruck „wirkliche Fla- geolettöne" sich nur auf das der Gitarre eigen- tümliche Stimmungsverhältnis, nicht auf das Stimmungsverhältnis im allgemeinen bezieht; denn der absoluten Tonhöhe nach stehen diese wirk- lichen Flageolettöne ebenso wie alle anderen Töne dieses Instrumentes eine Oktave tiefer, als die geschriebenen Noten anzeigen.

Man kann überdies auch chromatische und diatonische Tonreihen in künstlichen Flageolet- tönen auf jeder Saite hervorbringen. Zu die - sem Zwecke setzt man die Finger der linken Hand fest auf diejenigen Töne, deren höhere

Oktave erklingen soll; die Mitte des schwin- genden Teiles der Saite berührt man dann mit dem Zeigefinger der rechten Hand und bewirkt mit dem Daumen derselben Hand, hinter dem Zeigefinger, den Anschlag.

I ^"f 'ig"' D I fauf demG, lauf demH i laufdcml

Ohne sie selbst zu spielen, kann man, ich wiederhole es, nicht Tonstücke für die Gitarre schreiben, die auf Mehrstimmigkeit berechnet und mit Stellen ausgestattet sind, bei welchen alle Hülfsmittel des Instrumentes in Frage kommen. Will man eine Vorstellung davon haben, was die Virtuosen in dieser Hinsicht zu leisten vermögen, so muß man die Kompositionen berühmter Gitar- respieler, wie Zanni de Ferranti, Huerta, Sor u. s. w. studieren.

Seitdem das Pianoforte in allen Häusern, wo irgendwie Musik getrieben wird, heimisch geworden ist, findet man die Gitarre, ausge- nommen in Spanien und Italien, immer seltener. Einige Virtuosen haben sie kultiviert und kul- tivieren sie noch heute als Solo- Instrument; sie wissen ebenso anmutige als originelle Wir- kungen darauf zu erzielen. Die Komponisten wenden sie sonst weder in der Kirche noch im Theater, noch im Konzertsaal an. Der schwache Klang, der ihr anhaftet, und wel- cher nicht gestattet, sie mit anderen Instru- menten oder mehreren Singstimmen von gewöhn- licher Tonstäike in Verbindung zu setzen, ist hierfür ohne Zweifel der Grund. Ihr schwermü- tiger, träumerischer Charakter ließe sich nichts- destoweniger öfters zur Verwertung bringen; sein Reiz ist nicht abzuleugnen, und es ist nicht un- möglich, so zu schreiben, daß er ans Licht träte. Übrigens steht die Gitarre, im Gegensatz zu an- deren Instrumenten, im Nachteil, wenn sie mehr- fach vertreten wird. Der Klang von zwölf Gitarren, die im Einklänge spielen, ist beinahe lächerlich.

Edition Peters.

In Verdis Otello findet die Gitarre eine sehr Dudcisack zur RcKlcitunp: dfs Chores:

feiiu» Verwendung im Verein mit Mandoline und I '

N956. Otello, Akt IL

AUegro moderato

Verlag G.Rlcordl« C? Mailand.

lebendenBlick die Blumen blii - hen. Schön-heit will uns la-ben,ihremHoch-al- ta - re brin- gen

Au - gen sanf - tes Sprü-hen läßt mit dem be - le - ben - den Blick

Die Mandoline.

163

Dieses Instrument ist heutigentages fast ganz in Vergessenheit gekommen, und das ist schade; sein Xlang, so dünn und näselnd er sein mag, hat etwas Pikantes und Originelles, daß man es sehr oft mit Glück anwenden könnte.

Es gibt mehrere Arten von Mandolinen; die bekannteste hat vier Doppelsaiten, das heißt vier- mal zwei Saiten im Einklänge, die in Quinten, wie bei der Violine, gestimmt sind. Sie wird im Violin- schlüssel notiert:

Die beiden E sind Darmsaiten, die A sind aus Stahl, die D aus Messing, die G endlich aus Darm mit Sil- berdraht übersponnen.

Der Umfang der Mandoline beträgt beinahe drei Oktaven:

Sie ist ein Instrument, welches besser melo- disch, als harmonisch zu gebrauchen ist; ihre Sai- ten, die mittelst einer Feder-oder Rindenspitze durch- die linke Hand des Spielers in Schwingung ver- setzt werden, können Akkorde zu vier Noten wie die folgenden:

zwar hören lassen, wenn man mit der Federspitze schnell über die vier Doppelsaiten hinwegfährt, in- des ist die Wirkung solcher Gruppen von gleichzei- tigen Tönen ziemlich dürftig.

Die Mandoline behauptet ihren wahren Charak- ter und ihre Wirkung nur in Begleitungen melodi- scher Art, wie Mozart im zweiten Akte des Don Juan eine geschrieben hat. (Partiturbeispiel 57.)

Bassi

Edition Peters

Die Mandoline ist gegenwärtig so gänzlich bei Seite gesetzt, daß man in den Theatern, wo Don Juan aufgeführt wird, wegen Vortrag dieses Serenadenstückes stets in Verlegenheit kommt. Obschon ein Gitarren- oder selbst ein gewöhn- licher Violinspieler im Verlauf von wenigen Tagen sich mit den Griffen der Mandoline vertraut ma- chen könnte, so hat man doch im allgemeinen, wenn von alten Gewohnheiten auch nur das Ge- ringste geopfert werden soll, so wenig Achtung vor den Ideen der großen Meister, daß man sich

fast überall und selbst in der großen Opor (dem letzten Orte der Welt, wo man sich eine solche Frt'iheit herausnehmen sollte) erlaubt, die Partie der Mandoline des Don Juan auf Violinen pizzikato oder auf Gitarren auszuführen. Der Klang dieser Instrumente hat durchaus nicht die eigentümliche Feinheit der Mandoline, und Mozart wußte recht wohl, was er tat, als er gerade dieses Instrument zur Beglei- tung des liebesprühenden Gesanges seines Hel- den wählte!

Saiteninstrumente mit Klaviatur.

Das Pianoforte.

Das Pianoforte ist ein Instrument mit Kla- viatur und Metallsaiten, die durch Anschlag von Hämmern in Schwingung versetzt werden. Sein gegenwärtiger Umfang beträgt sechs Oktaven und eine Quarte, oft auch sieben Oktaven. Es wird gleichzeitig in zwei verschiedenen Schlüsseln

notiert : der Baßschlüssel gilt für die linke, der Violinschlüssel für die rechte Hand. Bisweilen auch, je nach dem Grad der Tiefe oder Höhe, den die auszuführenden Gänge beider Hände errei- chen, schreibt man in zwei Baß- oder in zwei Violinschlüsseln.

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Mit allen chromatischen Zwischentönen

Der Triller ist auf allen Stufen der Ton- leiter ausführbar. Man kann auf jede Weise und mit jeder Hand einen Akkord zu vier und selbst zu fünf Noten anschlagen oder arpeggieren, nur müssen die Töne so nahe wie möglich zusam- menstehen, z. B.

Indes sind auch Akkorde, die das Intervall einer Dezime umfassen, möglich; dann aber läßt man, der größeren Leichtigkeit wegen, die Terz und selbst die Oktave ausfallen, und stellt sie wie folgt dar:

^ ^ «

Man kann für das Pianoforte zu vier und selbst zu fünf Realstimmen schreiben, wenn man darauf bedacht bleibt, die beiden äußersten Stim- men jeder Hand innerhalb des Raumes einer Ok- tave oder höchstens einer Nene zu halten; man müßte denn das Pedal dabei benutzen, welches die Dämpfung hebt und also die Verlängerung der Töne gestattet, ohne daß der Finger des Spielers auf der Taste liegen bleibt; dann hat man die Freiheit, die einzelnen Stimmen weiter auseinander zu legen.

Edition Peters.

165

eispiel au vier Stimmen ohne Anwendung des Pedals.

Beispiel mit Anwendung des Pedals.

Das Zeichen * (oder ähnlich) bei letzterem Beispiel bedeutet, daß man das Pedal loslassen soll, um die Dämpfung wieder in Wirkung zu setzen; man wendet es so oft an, als man kann, und zwar stets in dem Augenblick, wo die Har- monie wechselt, damit das Fortklingen der Töne des letzten Akkordes in die des folgenden ver- hindert wird. Mit Rücksicht auf dieses lange Fortklingen jedes einzelnen Tones muß man bei Anwendung des Pedals so viel als nur möglich Wechsel- und Durchgangsnoten in der mittleren Tonregion des Instrumentes vermeiden; denn diese Noten verursachen, da sie ebenso wie alle anderen Töne mit fortklingen und dadurch als Fremdlinge

in die Harmonie sich einmischen, unerträgliche Miß- klänge. Nur in den höchsten Oktaven der Klavia- tur, wo die Saiten sehr kurz sind und überhaupt weniger Nachklang haben, sind dergleichen melo- dische Verzierungen anwendbar.

An den neueren Steinway- Flügeln ist ein drit- tes Pedal angebracht, dazu bestimmt, nach Belieben einen einzelnen Ton länger fortklingen zu lassen, was von guter Wirkung und unter Umständen im vielstimmigen Satze von Hülfe für den Spieler ist. Bisweilen läßt man die Hände sich kreuzen, derart, daß entweder die rechte Hand über die linke, oder umgekehrt die linke über die rechte Hand hin- weggeht; z.B.

Largo.

» * ^ ^ tr^

Edition Peters.

Die Ziihl derartigor Küinbinationen untt-r all' den mannigfaltigen Tonverbindungen, die auf dem Pianoforte ausführbar sind, ist ganz beträchtlich; es wäre in der Tat unmöglich, sie alle hier zu nennen. Nur durch das Studium der Kompositio- nen großer Virtuosen, so namentlich derjenigen von Liszt, kann man sich ein klares Bild machen, bis zu welchem Höhepunkte die Kunst des Kla- vierspiels heutzutage fortgeschritten ist. Man wird dann gewahr werden, daß die Grenzen des

auf diesem Instrumente Erreichbaren noch ganz unbekannt sind, und daß sich dieselben jeden Tag durch neue Wunderdinge, welche die Spieler aus- führen, erweitern.

Wie bei der Harfe, so ist es auch beim Pianoforte in gewissen Fällen (z. B. bei Arpeg- giengängen) ratsam, die beiden Hände nicht zu nahe aneinander zu bringen. Eine Stelle, wie die folgende würde ziemlich unbequem zu spie- len sein:

ungleich besser wäre es, sie so zu notieren:

Diatonische und chromatische Tonleitern in Terzen für beide Hände sind jedoch, selbst bei enger Lage, leicht:

Derartige Terzentonleitern sind audi für eine Hand allein ausführbar, aber bei lebhafter Bewegung schwierig. Außerdem kann man in Tonarten, die nicht viel Vorzeichnung haben, für beide Hände Terzsextenfolgen zu drei Noten schreiben:

Das Pianoforte läßt sich bei dem hohen Grade von Vervollkommnung, den es durch unsere

geschickten Instrumentenbauer gegenwärtig er- reicht hat, unter einem doppelten Gesichtspunkt betrachten: als Orchesterinstrument oder als kleines, vollständiges Orchester für sich. Erst ein einziges Mar'ist seine Verwendung im Or- chester in gleicher Art wie die der anderen Instrumente erfolgt, in der Absicht, dem Gesamt- klange des Orchesters durch seine Eigenart neue Mittel zuzuführen und damit Klangwirkungen zu erzielen, die im beabsichtigten Falle nicht an- ders zu ersetzen wären.

Gewisse Stellen in den Beethovenschen Kon- zerten hätten die Aufmerksamkeit der Kompo - nisten längst hierauf lenken sollen. Man hat sicher die wundervolle Wirkung bemerkt, welche im Es-dur-Konzerte Beethovens die langsamen Akkordfiguren beider Hände in der höheren Tonregion des Pianoforte hervorbringen, wäh- rend die Melodie von Flöte, Klarinette und Fa- gott geführt wird, unter nachschlagenden Achteln der Streichinstrumente. Bei solcher Umkleidung ist der Klang des Pianoforte von verführerischem Reiz, er ist voll Ruhe, und Frische, ein Urbild der Anmut. (Partiturbeispiel 58.) ♦) vpl. Seite 170:„Lelio" von Berlioz.

167

N9 58. Es-dur-Konzert, Adagio.

Adagio un poco mosso

(Solo.)

Fas.

16»

Edition Peters.

170

Oanz verschieden hiervon ist die Verwen- dung des Pianoforte in dem vorher erwähnten, einzeln dastehendem Falle. In einem Chore von Luftgeistern hat der Verfasser zwei Klaviere zu je zwei Händen an der Begleitung der Singstim- men teilnehmen lassen. Die tiefer spielenden Hände auf dem einen P'anoforte führen von der Tiefe nach der Höhe einen schnellen Arpeggien- gang in Triolen aus, dem ein anderer dreistim - miger Arpeggiengang von Flöten und Klarinette

in entgegengesetzter Bewegung antwortet, letz- terer umschwirrt von einem Doppeltrillor in Ter- zen, welcher von den beiden, höher spielenden Händen des anderen Pianofortes ausgeführt wird. Kein anderes Instrument würde ein derartiges harmonisches Tongeschwirr hervorbringen, wie es das Pianoforte mit Leichtigk<;it tun kann, und wie es hier zur Darstellung des sylphf^nglcichen Cha- rakters des Tonstückes geboten erschien. (PurtiturbiMspitl 59.)

NQ59. Lelio, Monodrame lyrique, Finale (FantaisiesuriatempGte).

Berlioz.

^ J5"

4Solo-Viol.I. mit Sordinen.

4Solo-Viol.II. mit Sordinen .

171

17S

Edition Peters.

Soll dagegen das Pianoforto über seine zar- ten Wirkungen hinausgehen und mit dem Orchester an Starke wetteifern, so verschwindet es vollstän- dig. Es muß begleiten oder begleitet werden; es sei denn, man verwendete es, ähnlich wie die Har- fen, in großer Anzahl. Das wäre meiner Überzeu- gung nach gar nicht zu verachten; indes würde es, in Anbetracht des erforderlichen großen Raumes schwierig sein, ein Dutzend solcher Instrumente in einem einigermaßen starkbesetzten Orchester unterzubringen.

Als ein kleines unabhängiges Orchester für sich betrachtet, muß das Pianoforte seine eigene Instrumentation haben; sie geht mit der Kunst des ausübenden Klavierspielers Hand in Hand . Dem Spieler ist es bei vielen Gelegenheiten an- heimgestellt, gewisse Stimmen hervorzuheben, oder andere zurücktreten zu lassen ; eine Stelle der mitt- leren Tonregion stark zu spielen, den Ausschmük- kungen in höheren Tonlagen dagegen Leichtigkeit zu geben, oder die Fülle der Bässe zu mäßigen; an ihm ist es zu beurteilen, wo ein Fingerwechsel geboten erscheint, oder wo Veranlassung dazu ist, sich bei dieser oder jener Melodie nur des Dau- mens zu bedienen; er weiß, wenn er für sein In- strument schreibt, wann er enge oder zerstreute Harmonie anwenden soll; er unterscheidet wie nahe oder entfernt die Töne in einem Arpeggiengang gelegt werden können, und kennt die Verschie - denheit des Klangcharakters, die daraus hervorgeht. Besonders wichtig ist außerdem der richtige Ge- brauch der Pedale. Hervorragende Klavierkompo- nisten haben daher stets in sorgfältigster Weise diejenigen Stellen bezeichnet, wo das Dämpferpedal genommen und wo es verlassen werden soll. Sehr unrecht ist es deshalb, daß viele Virtuosen, und darunter manche der geschicktesten, jene Bezeich- nungen eigensinnigerweise unberücksichtigt lassen und fast unaufhörlich mit aufgehobenen Dämpfern spielen. Sie lassen dabei vollständig unbeachtet, daß hierdurch oft die ungleichartigsten Harmo - nien ineinander übergehen und die abscheulich- sten Mißklänge daraus entstehen. Diese üble Ge- wohnheit ist in der Tat ein schlimmer Mißbrauch einer an sich guten Einrichtung, denn die daraus hervorgehende Wirkung ist Lärm und verworre- nes Geräusch statt Wohlklang! Es ist übrigens nur die natürliche Folge jenes unerträglichen Hanges der Virtuosen, großer wie kleiner, Sänger wie Instrumentalisten, stets das Interesse für ihre eigene Persönlichkeit in erste Linie zu stellen.

i (Dieser Vorwurf ist heute auch auf eine prol3e Anzahl von Dirigenten auszudehnen!)

Sie kümmern sich wenig um die unerläßli- che Achtung, die der Ausführende dem Komponi- sten schuldet und um die stillschweigend, aber

tatsächlich vorhandene Verpflichtung, dem Zuhörer die Gedanken des Komponisten unversehrt zu über- mitteln, gleichviel ob er einem mittelmäßigen Autor die Ehre gibt, ihm als Dolmetsch zu dienen, oder oh ihm stilhst die Ehre zu Teil wird, un.sterbliche Gedanken eines Genies wiederzugeben. In einem wie in dem anderen Falle sollte der Ausführende stets bedenken, wenn er, einer augenblicklichen Laune folgend, den Absichten des Komponisten zuwiderhandelt, daß der Verfasser des vorzutra- genden Werkes, möge es beschaffen sein wie es wolle, wahrscheinlich hundertmal mehr Aufmerk- samkeit darauf verwendet hat, Ort und Stelle, sowie die Dauer gewisser Effekte genau zu be- stimmen, diese oder jene Tempo-Angaben zu ma- chen, Melodie und Rhythmus so zu gestalten, Akkorde und Instrumente so zu wählen, wie er getan,- als er, der Ausführende, dara-uf verwendet das Gegenteil zu tun. Man kann (und täte man es bei jeder Gelegenheit) nicht genug gegen die- ses törichte Vorrecht Verwahrung .einlegen, das sich Instrumentalisten, Sänger und Orchesterdi - rigenten nur allzuoft anmaßen. Eine solche Sucht ist nicht allein lächerlich, sie muß auch, wenn sie weiter überhand nimmt, unsägliche Verwir- rung und die schlimmsten Nachteile für die Kunst mit sich bringen. An Komponisten und Kritikern ist es, ihr übereinstimmend immerdar und unter allen Umständen entgegenzuarbeiten.

(Goldene Worte! fDer Herausgeber.)) Ein Pedal, das man viel weniger als das Dämp- ferpedal in Gebrauch nimmt, welches indes Beet- hoven und einige andere sehr vorteilhaft verwendet haben, ist die sogenannte Ve r s chiebung. Dem gewöhnlichen Klange des Pianoforte und der durch das Dämpferpedal erzeugten prächtigen Tonfülle gegenüber wirkt es nicht allein durch den Kontrast (Abschwächung des Tons) vortrefflich, sondern ist auch mit unbestreitbarem Nutzen bei Begleitung des Gesanges zu verwenden, besonders wenn die Stim- me des Sängers schwach ist, oder wenn, wie noch häufiger der Fall sein wird, dem ganzen Vortrag der Charakter der Zartheit und Innigkeit beigelegt werden soll. Man zeigt seinen Gebrauch mit den Worten an: „Mit Verschiebung", oder auf Italie- nisch „una corda". Die Wirkung dieses Pedals be- steht darin, daß es die ganze Klaviatur in der Weise verschiebt, daß die Hämmer nur eine der drei Saiten treffen können, welche, im Einklang gestimmt, für jeden einzelnen Ton bei allen guten Instrumenten heutzutage vorhanden sind. Da in- folgedessen nur eine Saite in Schwingung kommt, vermindert sich die Tonstärke des Instrumentes um zwei Drittel, und es ergibt sich zugleich eine sehr bemerkenswerte Verschiedenheit im Klang- charakter.

Edition Peters.

17B

Blasinstrumente.

Bevor wir die Glieder dieser großen Familie einzeln studieren, wollen wir so klar wie möglich ein musikalisches Wörterbuch zusammenstellen be- züglich der verschiedenen Abstufungen in Höhe und Tiefe gewisser Instrumente, bezüglich der Transpositionen, welche diese Unterschiede her- beiführen, sowie auch der üblichen Notierungs - weise und der Benennung dieser Instrumente.

Wir ziehen zunächst eine Grenzlinie zwi- schen den Instrumenten, deren Ton genau so erklingt, wie die musikalischen Signaturen ihn anzeigen, und den Instrumenten, deren Ton hö- her oder tiefer als die geschriebene Note erklingt. Aus dieser Teilung ergeben sich fol- gende beide Kategorien:

Nichttransponierende Instrumente,

deren Ton so erklingt, wie er geschrieben ist.

Transponierende Instrumente,

deren Ton von der geschriebenen Note

verschieden ist.

Die Violine.

Die Viola.

Die Viola d'amour, die Viola da gamba.

Das Violoncell Der Kontrabaß.

Die gewöhnliche Flöte Alle anderen Flöten als die gewöhnliche Flöte.

Die Oboe Die Oboe d'amore, das Englisch-Horn.

Die Klarinette in C Alle anderen Klarinetten als die C-Klarinette.

Das Fagott Das Quint- und Kontrafagott.

Das russische Fagott.

Das Hörn in hoch C Alle anderen Hörner als das Hörn in hoch C.

Das Kornett in C Alle anderen Kornetts als das Kornett in C.

Die Trompete in C Alle anderen Trompeten als die Trompete in C.

Die Altposaune Die Altposaune mit Ventilen.

Die Tenorposaune.

Die Baßposaune.

Die Ophikleide in C Alle anderen Ophikleiden als die Ophikleide in C.

Das Bombardon Der Serpent.

Die Baßtuba Alle anderen Tuben.

Die Harfe, die Mandoline Die Gitarre.

Das Pianoforte.

Die Orgel.

Die Singstimmen (wenn man sie in ihren betref- Die Tenöre und Bässe (wenn man sie im G-Schlüs-

fenden Schlüsseln und nicht alle ohne Unter- sei notiert, indem dann ihre Töne eine Ok-

schied im G-Schlüssel notiert.) tave tiefer als die geschriebene Note erklingen).

Die Pauken.

Die Glocken.

Die antiken Zimbeln.

Das Glöckcheninstrument.

Das Glockenspiel.

Die Klavier- Harmonika Die Harmonika mit Stahlzungen.

Die Viola alta. Die Violotta. Die Cellone.

Das Saxophon in C Die Celesta.

Die Heckel-Clarina. Das Heckelphon.

Alle anderen Saxophone, die Saxhörner, Saxtrompeten und Saxtuben,

Edition Peters.

17«

Aus dieser Übersicht ergibt sich, daß alle nichttransponierenden Instrumente mit dem Zu- sätze „in C", deren Töne so erklingen wie sie geschrieben sind, und diejenigen Instrumente, wie Violine, Oboe, Flöto u.s.w. bei denen keine derartige Bezeichnung des Tones üblich ist, sich ganz im nämlichen Falle befinden; letztere sind für den Komponisten in dieser Beziehung den Instrumenten in C völlig gleich. Indes hat die Benennung mancher Blasinstrumente, soweit sie sich auf den dem Rohre eigentümlichen Natur - klang gründet, die sonderbarsten und ungereim- testen Folgerungen herbeigeführt; sie hat die Notierung der transponierenden Instrumente zu einer sehr verwickelten Aufgabe und das musi- kalische Wörterbuch vollkommen unlogisch gemacht. Es wird daher nötig sein, zunächst diesen Ge- brauch eingehend zu erörtern und da wieder Ordnung herzustellen, wo so wenig zu finden ist.

Die Ausführenden sprechen bisweilen von der Tenorposaune als von der Posaune in B, von der Altposaune als von der in Es, und_ noch häufiger _ von der gewöhnlichen Flöte als von der Flöte in D.

Diese Bezeichnungen sind dem Sinne nach insofern richtig, als das Rohr der beiden Po- saunen bei geschlossenem Zuge in der Tat bei der einen die Töne des B-dur- Akkordes, bei der anderen die Töne des Es- dur- Akkordes hören läßt, ebenso gibt die gewöhnliche Flöte bei durchgängig geschlossenen Löchern und Klappen den Ton D. Da aber die Ausführenden auf die- sen Naturklang des Rohres in keiner Weise Rücksicht zu nehmen brauchen, sondern einfach die geschriebenen Noten der wirklichen Tonhöhe nach wiedergeben, also das C einer Tenorposaune ein C und nicht ein B, das C einer Altposaune gleichfalls ein C und nicht ein Es, das C der Flöte endlich wiederum ein C und nicht ein D ist, so folgt daraus offenbar, daß diese Instru- mente nicht in die Kategorie der transpo - nierenden sondern in die der nichttrans- ponierenden Instrumente gehören, und daß sie ebensogut als in C stehend anzusehen sind wie die Oboen, oder wie die Klarinetten, Hörner, Kornetts und Trompeten in C. Eine nähere Be- zeichnung des Tones ist bei ihnen nicht nötig, man müßte denn „in C" hinzusetzen. Es geht zu- gleich hieraus hervor, wie wichtig es ist, die gewöhnliche Flöte nicht Flöte in D zu nennen; denn da man die anderen, in höherer Stimmung stehenden Flöten nach dem Unterschiede zwischen ihrem Stimmungsverhältnis und dem der gewöhn-

lichen Flöto benannte, kam man dahin, .statt ein- fach „Terzf löte", und „Nonenflöte" zu sagen (was doch immerhin wenigstens nicht Verwirrung in die Ausdrücke gebracht hätte) diese Instrumente „Flöte in F" und„Flöto in Es" zu benennen. Wohin dies führt, mag das Folgende zeigen. In einer Partitur kann die kleine Klarinette in Es, deren C in Wirklichkeit wie Es klingt, ganz die nämliche Stelle wie eine „Flöte in F" genannte Terzflöte aus- führen, und diese beiden, dem Namen nach schein- bar in verschiedener Stimmung stehenden Instru- mente bringen gleichwohl ein und denselben Ton hervor. Ist daher die Benennung nicht hier oder dort falsch? und ist es nicht sinnlos bei den Flöten allein einen Modus für Benennung und Bezeichnung der Stimmung anzunehmen, der von dem bei den übrigen In strume nte n befolg- ten Modus vollständig abweichend ist?

Als festzuhaltenden Grundsatz, der jede falsche Auslegung unmöglich macht, schlage ich daher vor: Der Ton C ist der alleinige Ver- gleichungspunkt, von dem man bei Bezeichnung der Stimmung transponierender Instrumente aus- zugehen hat. Das natürliche Stimmungsverhältnis des Rohres nichttransponierendcr Blasinstrumente kann niemals in Betracht kommen. Jedes nicht- transponierende oder nur in die Oktave trans- ponierende Instrument, bei dem also das geschrie- bene C den wirklichen Ton C gibt, wird als „in C" stehend angesehen.

Steht also ein Instrument der gleichen Gat- tung ober- oder unterhalb der Stimmungshöhe des Stamminstrumentes, so wird dieser Unterschied nach dem Verhältnis zum Tone C bestimmt. Folg- lich sind die Violine, die Flöte, die Oboe, welche unisono mit der Klarinette in C, der Trompete in C, dem Home in C spielen, „in C", während, wenn man eine Violine, eine Flöte, eine Oboe in Gebrauch nimmt, die einen Ton höher als die gewöhnlichen Instrumente dieses Namens gestimmt sind, so stehen diese Violine, diese Flöte, diese Oboe, weil sie unisono mit der Klarinette in D und der Trompete in D spielen, „in D".

Hieraus folgt, daß man betreffs der Flö- ten die alte Bezeichnungsweise abschaffen, daß man die Terzflöte nicht mehr Flöte in F, wohl aber, da ihr C wie Es klingt, Flöte in Es, wie auch die in kleiner None und Sekunde stehenden Flöten nicht Flöten in Es, sondern, da ihr C den Ton Des ergibt, große oder kleine Flöte in Des nennen muß; und so weiter be- treffs der anderen Stimmungen.

177

Instrumente mit Rohrblatt.

Unter diesen ist die Familie der Instrumente mit doppeltem Rohrblatte von derjenigen der Instru- mente mit einfachem Rohrblatt zu unterscheiden. Erstere besteht aus fünf Gliedern: Oboe, Eng-

lisches Hörn, Fagott, Quintfagott und Kontrafa- gott; die andere umfaßt die Klarinetten, Basset- hörner, Saxhörner u.s.w.

Die Oboe.

Sie hat einen Umfang von zwei Oktaven und einer Quinte. Man notiert sie im Violinschlüssel:

Die beiden letzten hohen Noten müssen sehr behutsam angewendet werden; das f zumal ist nicht ohne Gefahr, wenn es schnell eintreten soll.*^

Manche Oboen besitzen das tiefe b

da

aber dieser Ton dem Instrumente nicht allgemein eigen ist, so muss man ihn lieber vermeiden. Mit Anwendung des Böhmschen Systemes werden

die Schwierigkeiten der Applikatur schwinden, wel- che die Oboe in ihrem heutigen Zustande noch bietet, Schwierigkeiten, welche bei schnellen Gängen z. B. vom eis (des) der Mittellage nach der höheren Tonstufe

und vom gis zum fis

Die Triller mit großer Sekunde sind daher auf diesen Tonstufen, und noch auf einigen an- deren unmöglich oder sehr schwer auszuführen und von schlechter Wirkung, wie aus folgender Tabelle zu ersehen ist.

I Schwerl 1 Unmöglich I

Das System Conservatoire, Paris, mit einigen Änderungen von Flemming, ermöglicht alle diese mit bezeichneten Triller und auch den ge- brochenen Fis- dur- Akkord:

ganz sauber und rein, sogar ziemlich schnell.

*) Trifft bei den heutig'en französischen Oboen nicht mehr zu, da dieselben bis zum (^ ' noch p blasen können

und darüber hinaus ^ ' und (jk ' zu bring'en Stande sind- diese allerdings nur mehr legato.

Edition Peters,

178

Wie alle anderen Instrumente bewegen sich auch die Oboen am bequemsten in Tonarten, die wenig Vorzeichnungen haben.

Skalen in H-dur sind schwierig, in As-dur leichter, dagegen Des-dur wieder schwieriger. Leicht ausführbar sind folgende Passagen auch im schnellsten Zeitmaß:

Für gesangvolle Stellen ist es gut, den folgen- den Umfang nicht zu überschreiten:

Die in der Tiefe und Höhe darüber hinaus lie- genden Töne erklingen matt oder dünn, hart oder schreiend; sie sind sämtlich von schlechter Beschaf- fenheit. Schnelle chromatische oder diatonische Gänge lassen sich auf der Oboe zwar ziemlich gut ausführen, bringen jedoch eine unangenehme, fast lächerliche Wirkung hervor; mit den Arpeggien verhält es sich ebenso. Eine Veranlassung, derartige Tonfolgen vor- zuschreiben, dürfte nur ganz selten vorkommen, wir gestehen sogar, noch keiner begegnet zu sein, und was die Virtuosen in ihren Phantasien oder Variatio- nen hierin versuchen, ist wenig geeignet, das Gegen- teil zu beweisen. Die Oboe ist vor allem ein melo- disches Instrument; sie hat einen ländlichen Cha- rakter, voll Zärtlichkeit, fast möchte ich sagen: voll Schüchternheit.

In den Tutti stellen des Orchesters verwendet man sie indes ohne auf den Ausdruck des Klanges besondere Rücksicht zu nehmen; denn hier verliert sie sich in der Gesamtheit und die Besonderheit ihres Ausdruckes kann nicht mehr unterschieden werden. Ganz so verhält es sich auch, wie im

voraus hierbei erwähnt sei, mit dem groliten Teile der übrigen Ulasinstrumi.'nte. Nur diejenigen machen eine Ausnahme, deren Tonfülle äuUerst stark oder deren Klangeigentümlichkeit besonders hervorstech- end ist. Diese dürfen, wenn man Kunst und ge- sunden Menschenverstand nicht mit Füßen treten will, unmöglich wie einfache Harmonieinstrumente behandelt werden; es sind die Posaunen, Ophiklei'- den, Kontrafagotte und in vielen Fällen auch die Trompeten und Kornetts.

Naive Anmut, unberührte Unschuld, .stille Freude wie Schmerz eines zarten Wesens, alles dies ver- mag die Oboe im Kantabile aufs glücklich.ste wie- derzugeben. Auch ein gewisser Grad von Erregung ist ihr zugänglich, doch muß man sich hüten, ihn bis zum Schrei der Leidenschaft, bis zum stürmi- schen Ausbruch des Zornes, der Drohung oder des Heldenmutes steigern zu wollen; denn ihre kleine, herb-liebliche Stimme wird dann machtlos und ver- fällt vollständig ins Unnatürliche. Diesen Fehler haben selbst einige große Meister, Mozart unter anderen, nicht vermieden. Man findet in ihren Partituren Stellen, deren leidenschaftliche Bewe - gung und kriegerischer Anklang mit dem Tone der Oboen, die sie auszuführen haben, seltsam kon- trastieren; daraus entstehen nicht allein verfehlte Wirkungen, sondern auch störende Mißverhältnisse zwischen Szene und Orchester, zwischen Melodie und Instrumentation. Das frischste, schönste, edel- ste Marschthema verliert Adel, Frische und Schön- heit, wenn es die Oboen hören lassen; gibt man es den Flöten, so kann es seinen Charakter allen- falls noch bewahren; von den Klarinetten vorge- tragen, wird es fast nichts verlieren.

Nur im pp sind kriegerische Marschrhyth- men als Nachahmung eines von Ferne erklin - genden Trompeterchores mit Glück (speziell von Mozart) angewendet worden. Vergleiche Arie des Figaro. (Partiturbeispiel 60.)

y Allegro

N9 60. Hochzeit des Figaro, Akt I.

Mozart.

179

Fa?. z^

Trp. in C.

Figraro.

lockt dich derTrompe-ten Ton, dei-ner Fein- de ban- ges Stau-

ei der ed - len Ta - ten

Trp. in C.

Fig'aro.

Lohn, sei der ed - len Ta - ten Lohn, sei der ed - len Ta - ten Lohn.

^

^^

181

Wenn indes doch der Fall eintreten sollte, in einem Tonstück von oben erwähntem Charakter, Oboen verwenden zu müssen, um der Harmonie mehr Klanggehalt und den andern Blasinstru - menten mehr Kraft zu geben, so müßte man sie wenigstens so schreiben, daß ihr einem solchen Stile widerstreitender Klangcharakter vollständig von dem Klange der übrigen Instrumente gedeckt und derart mit der ganzen Tonmasse verschmol- zen würde, daß er nicht mehr für sich allein bemerkbar wäre. Die tiefen Töne der Oboe, un- angenehm, sobald sie offen hervortreten, können in gewissen, fremdartigen, klagenden Harmonien, vereint mit den tiefen Tönen der Klarinetten und

mit dem tiefen d, e, f, g der Flöten und Englischen Hörner, wirksam zur Verwendung kommen.

Gluck und Beethoven haben den Gebrauch die- ses wertvollen Instrumentes bewunderungswürdig gut verstanden; ihm verdanken beide die tiefe Wir- kung mehrerer der schönsten Partien ihrer Werke. Was Gluck anbelangt, so brauche ich nur das Oboen:: Colo in der Arie des Agamemnon in der „Iphigenie in Aulis" anzuführen: „Welch' ein grausam Gebot: ein Vater führ' mit eigner Hand." Kann dieses Kla- gen einer unschuldigen Stimme, dieses beständige, immer dringlichere Flehen wohl von irgend einem Instrumente so, wie von der Oboe ausgeführt werden? (Partiturbeispiel 61.)

N961. Iphigenie in Aulis, Aktl.

Flöten U.Oboen

Bassi.

(Vlc.U.K.B.)

Peu-vent-ils or- don-ner qu'un pe - re de sa main pre-sente ä l'au WelcheingravsamGe bot: ein Va - ter führ' mit eig-nerHand zum AI

As.

Edition Peters

tel et _pa-re d'un bandeau mor- tel

tar die Tochter, die erzärt-lich lieht

le front du-ne vic - time et si ten - dre et si die einzi-ge teVrTe Toch-ter,sovollUnschuld,so voll

ik^S€i0^t^^^f

che-re, peu-vent-ils l'or-don - ner? Je n'o- be- i - rai point a cet ordre in-hu-main, je

Lie-be: welch ein grau- sam Ge - bot! Nein, ich be-geHsienichtjiievmmeTischli-che Tat, nein.

i'o- be'-i - rai point a cet ordre in-hu-mainl ich be-geK sie nicht, die unmensch-li- che Tat!

Jen-tends re-ten-tir dansmon Das Kla - ge-ge-schrei derNa-

le cri piain - tif de la na- tu - re, el- le parle ä, mon

twr^ in Tnei-nem Bu-senhalltes roie-der! ach! sie spricht zu mei-nem Her-zen,

^

ik9L

1^" I 1^1- r^ I

Viol. II.

et sa voix est plus su - re que le? o - ra- des du des- tin, que les o - ra-cles

vmdih/rWort faßt mich mächt'ffer als des 0 - ra-kels Bon-ner.wort , als des 0 - ra-kels

A.^\. I - i"^-i ir> 1^

^

r^-' 'r^

Viol. II.

du des - tin! Bon-ner-wort!

Je n'o-be-i-raipoint ä cet ordre in-hu-main, je n'o- be-i-raipoint ä cet Nein,ich be-gehsiewwht/iieun'meTischH-che Tat, nein^ich be-geh'sie nicht (iieun- ^ arco

1S4

l)ani\ das berühmte Ritornell in licr Aiio der „lphifi:enu>.iulTiuirisV „0 lal.U mich Tict{;ubeut,nc

wpineii" (Akt U Szene 4) Und dieses Kindes -

schreien des Orchesters, als Alceste mitten in der Begeisterung ihrer heUlenmütij;en Aufopferung plötzlich von dem Gedanken an ihre kleinen Söhne ergriffen wird und die Stelle des Thema: „Leben ohne dich, mein Gemahl" hastig- unterbricht, um dem rührenden Appell der Instrumente mit dem herzzerreißenden Ausrufe: „Geliebte Kinder" zu antworten (Akt I Szene 5) Und die in der Arie

der Ariniilt- voikomiiKuule Dissonanz der kleinen .-.c- kuMdc, bei den Worten: „Rutti,' mich vor der Lie- be Glut" (HartiturbeispiHl «SS). Uas alles ist erha- ben, nicht nur durch die dramatische Idee, die Tiefe des Ausdrucks, die Hoheit und Schönheit der Melodie, sondern auch durch die Instrumen- tation und die bewundernswerte Wahl gerade der Oboe unter der Menge der übrigen Instrumente, die sich sämtlich hierzu als unzulänglich oder un- fähig erweisen würdci\.

N9 62. Armido, Akt III.

haine im-pla - ca - ble, sor - tez du gouffre e -pouvan - ta - ble, vous fai - tes

Haß. un-ver - söh .netlher- auf aus grauenvol-ler Tie - fe! Dort, wo e - wi-ge

B."i. Ibyf^i-r uVjr iJfjr urjr ur Jr ur M- I i'T if I

185

Fag. Hrn. in F, 1- I

Viol.

gner une e - ter - nelle hör

Nacht, wo Schre - cken nur re . giert, her - auf,

ve - nez,haine im - pla - her. auf,Haß,un.ver-

ca - ble, sor - tez du Rouffre e - pou-van - ta - ble, sauvez-moi de l'a

söh - net, her - atif aus grau.en-vol-ler Tie . fe! Ret-te mich, ret-te

...... jyy^ JJiJ r ri—tin-rr ir ^j u JJrm i^j ^ J r i

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Ob. (L\>u

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mour, sau-vez - moi de Ta - mour ! Rien n'est si re-dou - ta - ble,

mich vorder Lie . be Glut! Kei - ne Qual ist so furcht-bar!

^

Edition Peters.

' contre un en.ne-mi trop ai - ma - ble; Ge -gen einen Feindjden idi lie . be,

ren-dez-moi tnon cour- roux, r'al-lu - mez . waffne mich, gib mir Haß undent - flamm'.

187

Als Beispiele lang ausgedehnter, aus dem be- sondern Charakter des Instrumentes heraus er- fundener Oboen -Melodien sind Stellen aus Berlioz'

Werken anzuführen, wie in den Ouvertüren zu König Lear, zu Cellini und in der Symphoiüe fan- tastique. (Partiturbeispiel 63 a/b.)

N9 639^ König Xiear, Ouvertüre.

Poco ritenuto.

N9 63l> König Lear, Ouvertüre.

188

tempo

189

Kein anderes Instrument könnte in so herz - [ | scher Liebe uns verraten als die Oboe im Tann- bezwingenden Tönen das süsse Geheimnis keu- I ? häuser:

N? 64. Tannhäuser, Akt II.

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Andante. J =

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190

Im allgeinoiiion finden sich aber gerade bei Wagner sehr selten Fälle, wo er ein Instrument allein längere Zeit die Melodie tragen läUt, da

bei ihm das Prinzip der Molodiotuilung in die fein- sten Mischungen vorherrscht. Musterbeispiel dafür im zweiten Akt der Walküre:

Bewegt.

NO 65. Walküre, Akt TT.

molto ritenuto

Wagner.

Klar. I in B.

Engl.H.

Fag.I.

i Hrnr. in F. ^

(Sieglinde blickt Siegmund mit wachsendemEntzücken in die Augenj dann umschlingt sie leidenschaftlich sei- nen Hals und verweilt so.)

I Mit ihrer dicken und patzigen Tiefe, ihrer I spitzigen, schneiderhaft dünnen Höhe dagegen 5 eignet sich die Oboe, besonders wenn ihr Ton \ übertrieben wird, sehr gut zu humoristischen Wir- I kungen und zur Karrikatur: die Oboe kann sduiar- I ren, blocken, kreischen, wie sie edel, keusch sin- { gen und klagen, kindlich heiter spielen und schal- } meien kann.

Beethoven hat mehr den freudigen Ausdruck der Oboen verwertet: dies bezeugt das Solo im Scherzo der Pastoralsymphonie (Partiturbeispiel 66), das im Scherzo der neunten Symphonie (Ed. Peters

N?1020i),das im ersten Satze der B-dur- Symphonie ( Ed. Peters NoiOSOd) u.a.m.; gleichwohl ist es ihm nicht weniger gut gelungen, den Oboen auch Töne der Trauer oder der Verzweiflung anzuvertrauen. Man findet sie in dem Mollsolo der zweiten Hälfte des ersten Satzes der A-dur- Symphonie, in dem episo- dischen Andante des Pinale der Eroica, und na- mentlich in der Arie im „Pideliof wo Florestan, ster- bend vor Hunger, im Wahnsinne der Todesangst die weinende Gattin zu sehen glaubt, und seine Angst- rufe, von den schluchzenden Lauten der Oboe beglei- tet, ertönen . ( Partiturbeispiele 67, 68, 69.)

Edition Peters.

N9 66. Pastoralsymphonie, Satz EI.

Beethoven.

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Edition Peteps.

N«.M)7. A-(lm--Syiii|>li()iiit\ Satz I,

Fag.

Edition Peters.

193

N9 68. Sinfonia eroica, Finale.

Poco Andante.

Vlc.u, K. B.

Edition Peters.

195

N9 69. Fidelio, Akt II.

Poco Allegro

I i', 7 j'7 jl7 j)-/ j)|7i)-r i)7J)-/j) I 7J7 J)-^ jVJh Jl7 J)7 i)-?| -/ J)7 i)-/jy)h ^)y)-/pr)7 ^)|

Hrnr.

in F.

Flore- stan.

19«

no-ren, Le.o - noren, der Gat-tin,so g-leichjder, der führt mich zur Freiheit ins himm-lische Reich.

Die Oboe d'amore.

Sie steht eine kleine Terz tiefer als die Oboe und hat folgenden Umfang:

mit allen chrom. Intervallen:

wirklicher Klang

Ihre Klangfarbe ist milder und von ruhigerem Charakter, auch ist ihre Beweglichkeit in Kreuz- tonarten größer als die der Oboe.

Von J. S. Bach und seinen Zeitgenossen vielfach

verwendet, bediente man sich ihrer in den mei- sten Fällen als konzertierendes Instrument, wo- bei man mit Vorliebe zwei Oboen d'amore beschäf- tigte.

Zu Beginn des zweiten Teiles seines Weih - nachtsoratoriums bringt sie Bach zu zweien in Verbindung mit Engl. Hörnern eine entzücken- de Darstellung der friedlichen Hirtenmusik.

Als Beispiel der Verwendung dieses Instru- mentes in neuerer Zeit erlaube ich mir auf meine Sinfonia domestica hinzuweisen, wo die Oboe d'a- more als Symbol ebenso des unschuldig dahinträu- menden, wie des heiter spielenden Kindes dient. (Partiturbeispiele70 a/b.)

N9 70a Sinfonia domestica.

id alhnählich ausdrucksvoller)

1 Pult Violen.

Solo- Vcello.

molto ritard.

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Verlag Kd. Bote « G. Bock, Berlin.

N9 70b Sinfonia domestiua, Scherzo.

Wie die französischen Instrumente feiner gearbei - tet sind, mehr Gleichmäßigkeit der Register aufweisen, leichter in der Höhe ansprechen und in der Tiefe ein zarteres pp ermöglichen, ist auch die Spielweise, Ton- gebung der französischen Oboisten derjenigen der deut- schen weit vorzuziehen. Einige deutsche „Schulen" be- mühen sich der Erzeugung eines möglichst dicken trom- petenartigen Tones, der sich nun mit Flöten und Kla- rinetten in keiner Weise vermischt und oft in unange - nehmster Weise hervorsticht.

Der französische Ton, wenn auch dünner und oft vibrierend, ist viel modulatlons= und anpassungsfä-

higer, aber trotzdem, wenn es darauf ankommt, im Forte durchdringend und auch besser in die Ferne tra- gend.

Ganz besonders trifft dies fürs Englische Hörn zu; man beachte seine musterhafte Anwendung und Mischung mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten im ersten und zweiten Akte Lohengrin, deren Wirkung durchaus ver- fehlt und gegen die Absicht des Autors wäre, wenn das Engl. Hörn, wie es bei deutscher Behandlung oft der Fall, als selbstständiger Körper hervorstechen würde, statt als feiner Kitt und Vermittler der Klangfarben der üb- rigen Holzbläser zu wirken.

Edition Peters.

199

Das Englische Hörn.

Dieses Instrument ist sozusagen der Alt der Oboe und besitzt beinahe den ganzen Umfang der- selben; manche Englische Hörner besitzen auch das tiefe b. Man schreibt es im Violinschlüssel wie eine Oboe in tief F, folglich eine Quinte höher, als es in Wirklichkeit ertönt. Seine Tonleiter

Wenn das Orchester in C spielt, muß das Englische Hörn in G, wenn das Orchester in D spielt, muß es in A geschrieben werden u.s.w.

Was wir schon bei der Oboe bezüglich der Schwie- rigkeiten der Applikatur beim Zusammentreffen ge- wisser erhöhter oder erniedrigter Töne gesagt ha- ben, findet auch auf das Englische Hörn Anwendüngj )

nur sind bei ihm schnelle Tonfolgen von noch schlechte- rer Wirkung. Sein Klang, weniger durchdringend, mehr verschleiert und schwerer als der der Oboe, eig- net sich nicht so wie dieser zur Fröhlichkeit ländli- cher Melodien. Ebensowenig würde es herzzerrei- ßende Klagen wiedergeben können; die Laute leb- haften Schmerzes sind ihm beinahe versagt. Seine Töne sind schwermütig, träumerisch, edel, etwas verschwommen, gleichsam aus der Ferne kommend; kein anderes Instrument ist so gut geeignet Bil- der und Empfindungen vergangener Zeiten aufs neue zu erwecken, wenn der Komponist die ver- borgenen Saiten zarter Erinnerungen erklingen lassen will.

So sind von Halevy mit außerordentlichem Glück zwei Englische Hörner im Ritornell der Arie des Eleazar im vierten Akte der „Jüdin" verwendet;

(Partiturbeispiel 71 ) i am herrlichsten von Wagner in der traurigen I Hirtenweise im dritten Akt seines Tristan (vgl. l Partiturbeispiel 14. Seite 46).

NO 71. Jüdin, Akt IV:

Andantino espressivo.

Halevy.

Vlc. u K. B.

»*) Dies trifft, wie bei der Oboe, nicht mehr zu, da heute das technische Vermögen des Engl. Horns demjenigen der Oboe ! gleichkommen dürfte.

Edition Peters. 9039

Im Adagio einer meiner Symphonien bringt das Englische Hörn, nachdem es in der tieferen Ok- tave die Melodiegänge der Oboe wiederholt hat, ähn- lich wie in einem Zwiegespräch pastoralen Charak- ters die Stimme eines Jünglings der Stimme einer Jungfrau antworten würde, dieselben bruchstück- weise am Schlüsse des Stückes wieder, und zwar mit einer dumpfen Begleitung von vier Pauken, während das ganze übrige Orchestersich schwei-

gend verhält. Die Gefühle der Abwesenheit, der Vergessenheit, der schmerzlichen Vereinsamung, welche in der Seele mancher Zuhörer beim Auf- leben dieser schwermütigen Weise entstehen, würden nicht zum vierten Teil so eindringlich wirken, wenn dieselbe von einem anderen In- strument als dem Englischen Hörn wiedergege- ben würde.

(Partiturbeispiel 72.)

Edition Peters.

201

N9 72. Symphonie fantastique, Scene aux champs.

Adagio.

Engl. Hörn

Pauke I inB,Fhoch. (Zwei Paukenschläger.)!

202

Die VerciMit;-ung- der tiefen Töne dos Eiif,dischou Hernes mit den tiefen Tönen der Klarinetten und Hör- ner während eines Tremolo der Kontnibiisso {^ibt eine ebenso charakteristisihe als neue Klanj^wir- kunj^, die sich besonders ei{;;net,um musikalische Ge- danken, in denen Furcht und Angst herrschen, mit be-

drohlichem Widerscheine zu färben. Dieser Effekt war weder Mozart, noch Weber, noch Rccthoven be- kannt. Man findet ein prächtiges Heispiel davon in dem Duo des vierten Aktes der,, Hugenotten" und ich glaube, dali Meyerbeer der erste ist, der ihn auf dem Theater zu Gehör gebracht hat. (Piniiiurbcispi-a 73.)

N9 7.S. IItii.vnütt(Mi, Akt IV.

Meyerbeer.

Edition Peters.

203

Engl.H

Man studiere die Mischungen des Engl.Horns mit Flöten und Klarinetten im ersten und zwei- ten Akte des Lohengrin.

Hier sei auch der von Heekel in Biebrich erfunde- nen Heckel-Clarina gedacht; sie steht in B und hat folgenden Umfang:

mit allen chrom. Stufen.

Die obersten -^^ f Töne vom eis: <u an aufwärts sind „heikel'/ Dieses Instrument ent- spricht dem Alphorn und eignet sich besser als das zu schwache Engl. Hörn oder die im Klang unmög- liche Trompete zur Wiedergabe der lustigen Wei- se im dritten Akt vom Tristan.

In Kompositionen, deren allgemeines Kolorit das Gepräge der Schwermut tragen soll, ist die häufige Anwendung des Englischen Hornes, wenn durch die ganze Instrumentalmasse verborgen, voll- kommen am Platze. Dann braucht man aber nur eine Oboenstimme zu schreiben und besetzt die an- dere mit dem Englischen Hörn. Gluck hat dieses

Instrument in seinen italienischen Opern „Tele- mach" und „Orpheus" angewandt, jedoch ohne be- sonders erkennbare Absicht und ohne großen Vor- teil; in seinen französischen Partituren kommt es niemals vor. Weder Mozart noch Beethoven und Weber haben sich seiner bedient; warum, ist mir unbekannt.

Einen neuen Gewinn für das Orchester bildet die aus der Fabrik von F. Loree in Paris stam- mende Bariton-Oboe, der unlängst in dem von Wilh. Heekel in Biebrich erbauten Heckelphon ein ge- fährlicher Rivale erwachsen ist. Es hat einen Umfang von

(mit allen chrom. Intervallen.)

Eine Oktave tiefer als die Oboe klingend ist es von reichem und wohltönendem Timbre. Die

letzten vier Töne (\

sind nur im

Forte, und dann ohne Gewähr für sichere An spräche, zu gebrauchen.

Edition Peters.

Das Fagott.

Das Pagott ist der Bali dt>r Oboe,*) es hat mehr als drei Oktaven im Umfang, und man schreibt es in zwei Schlüsseln, dem Bali: und TenorschUissel :

ihcii Zwisihentüiu-n. _l^ - •!>•

Über das letzte b hinauszugehen ist nicht ratsam. < Wagner führt das Fagott bis zum hohen c in I den Meistersingern, da wo er die jänunerlichc Zer. » schundenhcit Beckmessers schildert.

I gefährlich I

N9 74. Meistersinger, Akt III.

Sehr niäliig.

W.ipner.

ist heute ganz gut zu bringen, doch wirkt das

Anblasen desselben verderblich auf den Ansatz des Spielers.

*) Ich hörte im Konservatorium zu Brüssel durch die Güte des Direktor Gevaert eine Kontrabaß- Oboe bla- sen, deren Klan? nicht das Geringste mit den tiefen Fagott- Tönen gemein hatte. Es war der spezifische Schalmeienklang der Oboe bis in die tiefsten Tiefen hinab und ich weiß nicht, ob wir dieses Instrument als Baß der Oboenwelt, wenn unser Ohr in Kürze erst noch feinere Klangdifferenzierungen und einen größeren Reichtum von Klangfarben verlangen wird, nicht wie- der ins Orchester einführen werden, um, statt wie bis- her von jeder Klangindividualität nur ein bis zwei Ver- treter, nunmehr ganze Familiengruppen vertreten zu sehen. Welcher Reichtum an Gegensätzen zeigt sich bei ei- ner Zusammenstellung von:

2 kl. Flöten |

4 gr. Flöten / Flötenfamilie.

lod.2 Altflöten )

Oboen

Oboen d'amore

engl. Hörnern

Heckelphon

Kontrabaß- Oboi

As- Klarinette F- Klarinetten

Oboenfamilie.

Es- Klarinetten oder 6 B-Klarinetten Bassethörnern Baßklarinette Kontrabaßklarinette

Klarinettenfamilie.

Auf den Ausbau dieser Idee brachte mich zuerst ein Erlebnis im Brüsseler Konservatorium, wo mir einer der Herren Professoren die G moll- Symphonie von Mo- zart, für 22 Klarinetten arrangiert, vorblasen ließ,

1 As- Klarinette.

2 Es- Klarinetten. 12 B-Klarinetten. 4 Bassethörner.

2 Baßklarinetten.

1 Kontrabaßklarinette.

Der Reichtum von Klangfarben,der mir aus den ver- schiedensten Mischungen dieser Klarinettenfamilie ent- gegenstrahlte, brachte mir zum Bewußtsein,wie viel unge- hobene Schätze das Orchester noch in sieh birgt, für den Dramatiker und Tonpoeten, der es verstünde, sie zum sinnvollen Ausdruck neuer Farben- Symbole und zur Charakteristik neuer und feinerer Seelenregungen, Ner- venschwingungen zu deuten.

Edition Peters.

805

Die Klappen, mit denen das Fagott neuerdings versehen ist, ermöglichen auch die beiden tiefen

die ihm früher versagt waren.

Für das tiefe A

im Tristan haben

die Fagottisten eine sogenannte Doppelstürze aufzusetzen, mit A- Klappe. Die tiefen Töne:

werden mit dem Daumen der lin-

I ken Hand gegriffen, nur: i t= mit dem

\ kleinen Finger. |<*^und "*

Der Fingersatz des Fagott gleicht dem der Flöte. An den beiden äußersten Enden seiner Ton- leiter sind viele Triller unmöglich:

(Die mit *) bezeichneten Triller sind heute alle gut ausführbar

In Bezug auf Reinheit läßt dieses Instrument viel zu wünschen übrig; es dürfte mehr als jedes andere Blasinstrument gewinnen, wenn es nach Böhms System gearbeitet würde.

Das Fagott ist dem Orchester in vielen Fäl- len von großem Nutzen. Sein Klang ist nicht sehr stark und neigt, weil vollständig ohne Glanz und Adel, sehr leicht dem Grotesken zu, was stets zu be- rücksichtigen ist, weim man das Instrument her- vortreten lassen will. Seine tiefen Töne geben der ganzen Gruppe der Holzblasinstrumente vor- treffliche Bässe. Für gewöhnlich schreibt man die Fagotte zu zwei Stimmen, da jedoch in großen Orchestern immer vier davon vorhanden sind,kann man sie auch ohne Bedenken zu vier, oder besser

noch zu drei Realstimmen schreiben, weil man dann, zur Kräftigung des Basses, die tiefe Stim- me in der unteren Oktave verdoppeln kann. Der Charakter ihrer hohen Töne hat etwas Gequäl- tes, Leidendes, ich möchte fast sagen Erbärmli- ches, das man bei einer langsamen Melodie oder bei einer Begleitungsformel bisweilen mit über- raschendster Wirkung benutzen kenn. So werden die kurzen, seltsamen Gluckslaute, welche in dem Scherzo der C-moll-Symphonie von Beethoven ge- gen das Ende des Decrescendo hin zu hören sind, nur von den etwas forciert klingenden hohen Tönen (as und g ) der Fagotte hervorgebracht.

(Partiturbeispiel 75.)

N9 75. C-moll-Symphonie, Satz IE.

Allegro.

Edition Peters.

Dagegen hat Meyerbeer für die Auferste- hung der Nonnen in „Robert der Teufel" durch die schlaffen Töne der mittleren Tonlage der Fa-

gotte die bleiche, kalte, leichenartige Tonfärbung erzielt, die er haben wollte. (Partiturbeispiel 76.)

NO 76. Robert der Teufel, Akt IE.

Meyerbeer.

Andante.

Fa?.(Soli.)

Edition Peters.

207

Schnelle Passagen in gebundenen Noten kön- nen mit Erfolg verwendet werden; sie kommen gut heraus, falls sie in den Lieblingstonarten des Instrumentes, also in D-, G-, C-, P-, B-, Es-, A-dur oder den bezüglichen Molltonarten

geschrieben sind. So bringen z.B. die Pagottpas- sagen in der Badeszene des zweiten Aktes der Hugenotten" eine ausgezeichnete Wirkung her- vor. (Partiturbeispiel 77.)

N9 77. Hugenotten, Akt IL

Fa^.

l (tief).

Meyerbeer.

Chor junger Mädchen.

leii'ato dolcemente

Edition Peters.

Edition Peters.

209

Den Charakter zärtlicher Schüchternheit, der dem Fagott in der oberen und mittleren Lage im Piano so eigen ist, hat Mozart wundervoll zum Ausdruck gebracht im Duett Reich' mir die Hand, mein Leben" (Don Juan) bei Zerli- nens Worten: „Nein, ich kanns nicht wagen"

Eine Eigentümlichkeit der Partituren Haydns, Mozarts und Beethovens ist das in ein bis zwei Oktaven mit der Diskantmelodie mitsingende Fa- gott. Man glaubt hierbei oft wie z.B. in Fi- garos Hochzeit— die Stimme eines alten Mannes

zu hören, der die aus seiner Jugendzeit ihm teu- ren Melodien mitsummt.

Bei Mozart wäre noch eines Beispiels zu gedenken, wo er das Fagott mit der Oboe, zwei Oktaven tiefer, zum Ausdrucke gezierter Sprö- digkeit gebraucht: in Cosi fan tutte und zwar in der Szene, wo Fiordiligi ihre Schwäche in hoch- tönenden Worten gegenüber den Bewerbungen ihrer verkleideten Liebhaber zu verbergen sucht. (Partiturbeispiel 78.)

N9 78. Cosi fan tutte.

210

Siehe auch den Ausdruck \vrlep:eMcr Schl.ui- 1 | sti-n Akt von Waf,Miurs Siegfried: heit in Mimos nachdonkiichoii Terzen im er- I \

N9 79. Siegfried, Akt I.

l,Lebhttft, doch nicht zu schnell.) ^ ^^

Wagner.

K. B.

Tuba.

:n-l.Hrn

> VP

Edition Peters

Weber entlockt in der Kavatine (dritter Akt) seiner einsam im Walde verschmachtenden Flury- anthe dem Fapott herzergreifende Töne der lei- denden Unschuld.

Besonders stark sind die mitklingenden Ober- töne des Fagotts. So ist es mir einmal ergangen,

daß sich im As- moll- Akkord, in meiner Ton- dichtung: Tod und Verklarung, geblasen von Po- saunen,Engl. Hörn, Fagott und Kontrafagott, des öfteren ein C hören lioL!, offenbar ein Oberton des Fagott oder des Kontrafagott. (I'iirtiturbiMspiel HO.)

N9 80. Tod und Vorklärung.

Verlag Jos. AibI, Leipzig.

213

Das Quintfagott.

In der Form eine Verkleinerung des vorigen,be- sitzt das Quintfagott, dessen Stimmung um eine Quinte höher ist, ziemlich den nämlichen Umfang wie jenes und wird gleichfalls in zwei Schlüsseln, aber transponiert, geschrieben. Seine B- Ton- leiter :

Mit den chromatischen Zwischentonen. ]^ L

erklingt in Wirklichkeit als P-Tonleiter:

Das Quintfagott ist für das eigentliche Fagott in der Höhe dasselbe, was das Englische Hörn

für die Oboe in der Tiefe ist. Das Englische Hörn muß in der Quinte oberhalb, das Quintfagott da- gegen in der Quinte unterhalb der wirklichen Tonhöhe geschrieben werden; das Quintfagott spielt also in F, wenn die eigentlichen Fagotte in C spie- len, es steht in G, wenn diese in Dstehenu.s.w. Die- ses Instrument fehlt in den meisten Orchestern, wird jedoch in seinen beiden höheren Oktaven vor- teilhaft durch das Englische Hörn ersetzt. Sein Klang hat weniger Empfindsamkeit, aber mehr Kraft als der des Englischen Hernes, und würde in der Militärmusik von vortrefflicher Wirkung sein. Es ist sehr zu beklagen und von großem Nachteil für die Blasinstrument -Orchester, daß man die Fagotte fast ganz aus ihnen verbannt hat; der rauhe, scharfe Klangcharakter solcher Orche- ster würde durch eine entsprechende Anzahl gro- ßer und kleiner Fagotte erheblich gemildert wer- den.

Das Kontrafagott.

Das Kontrafagott verhält sich zum gewöhnli- chen Fagott wie der Kontrabaß zum Violoncell,das heißt: seine Töne erklingen gleichfalls eine Ok- tave tiefer als sie geschrieben sind. Man gibt ihm nicht mehr als den Umfang von zwei Oktaven und einer Quinte:

erklingt so:

Die beiden ersten Noten dieser Tonleiter spre- chen schwer an und sind infolge ihrer großen Tie- fe kaum zu unterscheiden.

Es versteht sich von selbst, daß dieses Instru- ment seiner außerordentlichen Schwerfälligkeit we- gen nur für große Harmoniewirkungen und für Baß- gänge von mäßiger Bewegung geeignet ist. Beet- hoven hat es in dem Finale seiner C-moll und in dem seiner neunten Symphonie benutzt. i Und in der Kerkerszene seines Fidelio! (vgl.Parti- 5 turbeispiel50.S.133)Wie schon bei den Violoncells be- I merkt, haben die Fagotte auch in ihren tiefsten > Tönen für mein Gefühl (wenn sie nicht etwa durch

tiefe Hörner verdoppelt werden) keinen Baßcha- rakter. Im heutigen Orchester, dessen Streich- quartett der kleinsten Stärke mindestens Sechs ; Kontrabässe belasten, brauchen die Holzbläser ein Baßschwergewicht von mindestens einem Kon- trafagott- dem natürlichen Baß der Holzbläser- einer Baßklarinette und etwa einer Kontrabaß- ; oboe, will der Komponist der ganzen Gruppe der Holzbläser eine dem Streichquintett einigerma- ßen ebenbürtige Selbständigkeit verleihen. (Schon die einfache Baßklarinette ist ein richti- ger Baß zu den drei Fagotten. Siehe hierüber in dem betreffenden Kapitel)— Das Kontrafagott st heute (durch Wilhelm Heckel in Biebrich^'/Rh.) sehr verbessert und seine Verwendung dringend zu empfehlen.

Für große Harmoniemusik-Orchester ist das Kontrafagott sehr wertvoll, jedoch entschließen sich nur wenige Künstler, es zu spielen. Biswei- len versucht man es durch die Ophikleide zu erset- zen, deren Ton aber nicht dieselbe Tiefe hat, da er im Einklang und nicht in der tieferen Oktave mit dem gewöhnlichen Fagotte steht; außerdem ist ihr Klangcharakter ein ganz anderer als der des Kontrafagottes. Ich glaube daher, daß es in den allermeisten Fällen besser ist, von der Verwend- ung dieses Instrumentes abzusehen, als es auf die- se Art zu ersetzen.

Edition Peters.

Dir Klai-inctton.'''

Die Instrumente mit einfachem Rohiblatt, wie die Klarinetten und das Bassethorn, bilden ei- ne Familie, die mit derjenigen der Oboe keines- wegs so nahe verwandt ist, als man vermuten könn- te. Was sie hauptsächlich von einander unterschei- det, ist die Natur ihres Klanges. Die Klarinetten haben tatsächlich in der Mittellage eine klarere, vollere, reinere Stimme, als die Instrumente mit doppeltem Rohrblatt, deren Ton niemals von einer gewissen Schärfe oder Herbheit frei ist, selbst wenn die Kunstfertigkeit der Ausführenden dies mehr oder weniger zu verdecken sucht. Nur die spitzen Töne der letzten Oktave der Klarinette vom ^^T an haben etwas von der Herbheit der starken Tö- ne der Oboe, während sich die tiefsten Töne infol- ge ihres etwas rauhen Klanges dem Charakter ge- wisser Töne des Fagottes nähern.

Die Klarinette wird im Violinschlüssel geschrie- ben, ihr Umfang beträgt drei und eine halbe Okta- ve, und darüber:

Mit denchron

ehwer||sehrgefahrlich|

Man zählt auf der Klarinette vier Register: das tiefe, das Schalmei -Register, das mittlere und das hohe Register. Das erste umfaßt folgenden Teil der Tonleiter:

5 (Die tiefen Töne klingen nicht gut, sondern hohl.)

das zweite diesen:

(seine Töne sind im

allgemeinen dumpf); das dritte Register erstreckt sich auf folgende Tonstufen:

:, und das

vierte endlich auf die übrigen Töne der Tonleiter bis zum höchsten d:

Eine ziemlich große Anzahl von diatonischen Ton- folgen, von Arpeggien und Trillern war früher auf der Klarinette nicht möglich, ist es aber heute, dank dem sinnreichen Mechanismus der dem Instru- mente zugefügten Klappen und wird sogar leicht ausführbar sein, wenn das Saxsche System erst überall Eingang gefunden hat.

I Auf den Saxschen Klarinetten blasen sich die } Kreuztonarten besser, auf den deutschen (von Iwan 5 Müller, verbessert durch Bärmann) die B-Tonarten. Es wird daher gut sein, Passagen, wie die folgen- den, einstweilen noch zu vermeiden, oder wenig- stens nur dann vorzuschreiben, wenn die Bewegung nicht sehr schnell ist.

Klarinette auf ßuinten gebaut, Flöten, Oboen und Fagotte dagegen auf Okta

*) Die französischen Klarinetten haben einen flachen,näselnden Ton, während die deutschen sich der menschlichen Gesanpjs-

stimme nähern.

Edition Peters. 9039

I uuttclsch

215

^tt' ^* *i (dagegen sehr schwer

Die Zahl der auf der Klarinette ausführbaren 1 unsicher sind, werden in der folgenden Tabelle Triller mit großer und kleiner Sekunde ist be- näher bezeichnet, trächtlich; diejenigen, welche in der Ausführung I

irsFii^

^J^ijy iju bji.|j i^i^Jijii^i^ \4Mm^^^\t^^ vj^^^^^ ly^

|Alle mit •) bezeichneten Triller sind heute ausführbar. Für die mit 0 bezeichneten gibt es Hülfsklappen iN.B. Die obersten fünf Triller bei großem Druck mit Hülfsklappen möglich.

ist sehr hell und gut.

Lieblingstonarte« Jor Khirii\ctte sind haupt- sächlich C-, F-, G-dur, ferner auch B-, Es-, As-, D-dur, und die bezüglichen Molltonarten. 1 Ist heute ein überwundener Standpunkt. Mein

i erster Klarinettist in Berlin teilt mir mit, daU er mit der heutigen Klappenverbesserung auf der B- Klarinette sogar lieber H- dur als B-dur bläst. Da man Klarinetten in verschiedenen Stim- mungen besitzt, ist es bei geeigneter Anwendung derselben leicht zu vermeiden, den Spieler in Ton- arten mit viel Vorzeichnung spielen zulassen, wie in A-, E-, H-, Des-, Ges-dur und den entsprechen- den Molltonarten .

Im allgemeinen sind gegenwärtig deren vier im Gebrauch:

Die kleine Klarinette in Es, der man in der Regel nur den Umfang von drei Oktaven und zwei Noten gibt:

nur mit Vorsicht, oder ff im Tutti au gebrauchen!

Sie steht eine kleine Terz höher als die Klarinet- te in C und wird transponiert geschrieben; man muß also eine Stelle, die so erklingen soll:

in folgender Weise notieren:

Die Klarinette in C, die Klarinette in B und die in A. Die beiden letzteren haben den gleichen Umfang wie die Klarinette in C. Da die

eine um einen Ton, die andere um eine kleine Terz tiefer als diese steht, so mul5 erstere einen Ton, letztere eine kleine Terz höher, als sie erklin- gen sollen, notiert werden.

T> I gut ^^1^ II gut 11 sehr schlecht ~|

; ^cf^ff>iii.h, ^^\\'4\Kf^^\

Die Ausdrücke „gut, schlecht, leidlich" bezie- hen sich in diesem Falle nicht auf die Schwierig- keit der Ausführung der als Beispiel gebrauchten Phrasen selbst, sondern nur auf die Schwierig- keit der Stimmung, in welcher sie geschrieben sind. Übrigens ist zu bemerken, daß die schwie- rigeren Tonarten, wie A- und E-dur für einfache und langsam gehende Stellen nicht gänzlich zu ver- meiden sind.

^ Für gewisse Stellen schwungvollen Charak- \ ters ist die C-Klarinette unentbehrlich. Siehe i Entreacte in Mehuls Joseph (Partiturbeispiel 81), < Ballet in Aubers Stumme von Portici (Parti- I turbeispiel 82). Auch für Passagen, die eine hellere * Klangfarbe vertragen, ist sie vorzuziehen.

N981. Joseph, Akt III (Entreacte).

Allegro. Soioj

Mehul.

N9 82. Stumme von Portici, Akt I.

Allegretto.

Vcello u. K.B.

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Die Khirinetto in D ist wenig verbreitet, sollte es aber mehr sein; ihr Klang ist rein und besitzt eine beträchtliche Schärfe, wäre also bei mancher Golef;enheit ausgezeichnet zu verwerten. I Wird auch heute leider noch last stets diiivhdie / Es- Klarinette ersetzt, trotzdem ihr inzwischen in

Liszts Mazeppa und Wagners Walkürenritt eine wichtige Rolle anvertraut worden ist. Ich selbst habe sie als den Humoristen in meinem Till Eu- len spie gel verwendet. Sie ist hier von einer derb-drolligen Komik:

N9 8:^ a u.b. 'Fill I^^iilciispicc^««!.

Vorlag Jos. Aibl, LcipzifT.

Z21

Man sieht, daß unabhängig vom eigentümlichen Charakter ihres Klanges, von welchem wir noch spre- chen werden, diese verschiedenen Klarinetten für die Leichtigkeit der Ausführung sehr nützlich sind. { (Heutzutage nicht mehr nötig.)

Zu bedauern ist nur, daß es nicht noch mehrere gibt. So konnten z.B. die Stimmungen in H und D, die man nur selten findet, den Komponisten bei zahl- reichen Gelegenheiten von großem Vorteil sein.

Die hohe Klarinette in P ist die empfehlens- werteste, sie ist jetzt in allen Militärkapellen ein- geführt Man hat auch Klarinetten in As.

Hohe Klarinetten, und diese wiederum in Fund Es, sind in größerer Anzahl fürs moderne Orche- ster zu empfehlen, da sie die einzigen Instrumen- te sind, die, gegenüber der in der Höhe unbrauch- baren Oboe und der im Forte ganz charakterlosen Flöte, gegen stark besetzte Streicher und die I starken Wirkungen des Blechs ein entsprechendes J Gegengewicht bilden (besonders bei polyphoner I Schreibweise). Siehe z.B. die Symphonieen von I G. Mahler. _ Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, I daß auch eine Vervollkommnung des Piccolos leb- I haft anzustreben wäre, da es noch heute in Ton I und Technik sich in ziemlich primitivem Zustan- t de befindet.

Die kleine Klarinette in hoch F, die man früher bei Militärmusiken viel gebrauchte, ist durch die Klarinette in Es fast ganz verdrängt worden, und dies nicht mit Unrecht, da letztere weniger schrei- end klingt und für die bei Musikstücken für Blas- harmonie gebräuchlichen Tonarten ausreichend ist. Die Klarinetten verlieren in demselben Maße an Reinheit, Lieblichkeit und Vornehmheit, je weiter sich ihre Stimmung von der B-Stimmung, einer der schönsten dieses Instrumentes, nach der Höhe zu entfernt.

Die Klarinette in C ist härter als die in B, ihr Klang hat bei weitem weniger Reiz. Die kleine Kla- rinette in Es hat durchdringende Töne, die vom a über den Notenlinien an sehr leicht unedel werden. In einer neueren Symphonie hat man sie sogar da- zu benutzt, eine Melodie zu parodieren, sie herun- terzuziehen, zu verlumpen, wenn der Ausdruck ge- stattet ist; der dramatische Sinn des Werkes erfor- derte diese seltsame Umgestaltung. Die kleine Kla- rinette in F zeigt nach dieser Richtung hin eine noch stärkere Neigung. Im Gegensatze hierzu bringt das Instrument, je tiefer es wird, um so mehr ver- schleierte, schwermütige Töne hervor.

Im allgemeinen sollten sich die Ausführenden nur derjenigen Instrumente bedienen, die der Au- tor vorgeschrieben hat. Da jedes dieser Instru- mente seinen eigentümlichen Charakter besitzt, so ist anzunehmen, daß der Komponist das eine oder

andere Instrument für diese oder jene Klangfärbung vorgezogen, nicht aber aus zufälliger Laune ge- wählt hat. Wollen nun manche Spieler, nach Art gewisser Virtuosen, eigensinnig darauf bestehen, alles (transponierend) auf der B-Klarinette auszu- führen, so begehen sie fast ausnahmslos eine Un- treue gegen den Komponisten. Und diese Untreue wird um so offenkundiger und strafbarer, wenn es sich zum Beispiel um die A- Klarinette handelt. Es kann oft vorkommen, daß der Komponist sie nur deshalb vorgeschrieben hat, um ihr tiefes e zur Verfügung zu haben, welches bekanntlich wie eis klingt:

Klarinette in A:

I Wirklicher Klang:

Wie hilft sich nun der Spieler der B-Klarinette, der- en tiefstes e nur den Ton d erreicht?

Klarinette in

I Wirklicher Klang:

Er wird die Note in die höhere Oktave transponie- ren und so die vom Autor beabsichtigte Wirkung zerstören! . . . Das ist unverzeihlich! I Die neuen B-Klarinetten und Baßklarinetten l besitzen eine Cis-Klappe. Baßklarinetten in A wer- I den sehr selten mehr geblasen j man sieht sich 5 oft gezwungen sie nach B umschreiben zu lassen. Wir haben oben gesagt, daß die Klarinette vier Register habe; jedes dieser Register zeigt einen unterscheidbaren Klangcharakter: der des hohen Registers hat etwas Schneidendes, das man nur in den Fortissimo-Stellen des Orchesters oder in küh- nen Läufen eines glänzenden Solos verwenden kann, (einige der sehr hohen Noten können indessen pi- ano ausgehalten werden, wenn man den Ansatz des Tones genügend vorbereitet); dem mittleren und dem Schalmei-Register kommen, ihrem Cha- rakter nach, die Gesangsmelodien, Arpeggien und Passagen zu; das tiefe Register endlich eignet sich, zumal in gehaltenen Tönen, zu jenen kalt dro- henden Wirkungen, zu jenen finsteren Lauten starrer Wut, deren geistreicher Erfinder Weber war.

i Diesen Registerwechsel hat Wagner sinnreich I ausgebeutet im dritten Akt seiner Meistersinger I bei den Worten Davids „Nur gestern, weil der Jun- { ker versungen". * (Partiturbeispiel 84.)

Kl.ir.lin A. Hrn. 1 in E.

N9S4. Mcistcrsiiii^-cc, Akt III

Sehr gomiichlic'h

..I

1\ : ,; ; 1 L.e-newie ich, dannver-päbt ihrmi

223

Will iiuui die iliirchdrinf;enden Kliiiif^e der höch- sten Noten besonders hervortretend gebrauchen, fürchtet aber dein Bläser mit dein hastigen Ansatz der gefährlichen Noten zu viel zuzumuten, so nuiU man den Einsatz der Klarinette mit einem starken Akkord der ganzen Orchestennasse verdecken, und zwar so lange, bis sich der Ton festgesetzt und ge- läutert hat; dann kann man jenen Akkord abbre- chen und das Instrument ohne Gefahr frei austö- nen lassen:

Die Gelegenheit, solche hohe gehaltene Töne gut anzubringen, findet sich indes ziemlich selten.

Der (Charakter der Töne der MittoU.vge, welcher gewissermaßen das Gepräge eines durch edle Zäi-t- lichkcit gemäiligten Stolzes an sich trägt, befäh- igt dieselben zur Darstellung der poetischsten Ge- fühle und Ideen. Nur au.sgulassene Fröhlichkeit und selbst kindlich unbefangene Freude scheinen diesem Instrumente versagt zu sein. Die Klarinet- te ist weniger idyllischen, sondern vielmehr epi- schen Charakters, gleich den Hörnern, Trompe- ten und Posaunen. Ihre Stimme ist die der helden- mütigen Liebe; und wenn die Massen der Blechin- strumente in großen Militärsymphonien den Gedan- ken an eine Kriegerschar wachrufen, die, mit fun- kelnden Rüstungen bedeckt, dem Ruhme oder dem Tode entgegen eilt, so scheinen die zahlreichen zu gleicher Zeit im Unisono erklingenden Klarinetten die geliebten Frauen vorzustellen, die liebenden Jungfrauen, die mit stolzem Blick und tiefer Lei- denschaft, durch den Waffenlärm begeistert, mit- ten im Kampfe singen, die Sieger krönen oder mit den Besiegten sterben.

i Man vergleiche hiermit Brünnhildens Abgang im \ zweiten Akt der Walküre. (Partiturbeispiel 85.)

N9 85. Walküre, Al^t H.

Wagner.

225

Ich habe niemals eine Militärmusik von weitem anhören können, ohne von diesem weiblichen Klang- charakter der Klarinetten aufs lebhafteste bewegt zu werden und Eindrücke ähnlicher Art, wie sie das Lesen alter Heldengedichte zurückläßt, zu er- halten. Dieser schöne Instrumental-Sopran, bei starker Besetzung so widerhallend, so reich an eindringlichen Lauten, gewinnt im Solo soviel an Zartheit, an Farbenreichtum, an geheimnißvoll Rüh- rendem, als er an Kraft und Glanz einbüßt. Es gibt nichts so Jungfräuliches, nichts so Lauteres als das Kolorit, welches gewisse Melodien durch den Klang einer Klarinette in mittlerer Tonlage erhal- ten, falls ein geschickter Virtuos sie spielt.

So schön dies empfunden ist, es ist doch etwas einseitig. Nach meiner Ansicht gibt die Klarinet- te bei richtiger Registeranwendung, Melodiefüh- rung und entsprechender Mischung mit anderen Gruppen alle Gefühlsabstufungen her. So ist die- selbe bei Weber so süß jungfräuliche Klarinette in Wagners Parsifal zur Verkörperung der dämoni- schen Sinnlichkeit geworden und läßt in den Kun- dry-Szenen die schauerlich beängstigenden Stim-

men der Verführung ertönen, die keiner verges- sen wird, dem sie jemals ans Ohr schlugen. Dabei ist nicht zu vergessen, daß es natürlich nicht die Klangfarbe des Instrumentes allein ist, son- dern mit ihr die Gestalt des Themas, Rhythmik, Melodik und Harmonik, die den jeweiligen Cha- rakter so genau bestimmen.

Unter allen Blasinstrumenten ist keines zu fin- den, das den Ton so gut entstehen, anschwellen, abnehmen und verhallen lassen kann, wie die Klari- nette. Daher ihre unschätzbare Eigenschaft, den Fernklang, das Echo, den Widerhall des Echo, oder den Zauber der Dämmerung wiederzugeben. Kein bewunderungswürdigeres Beispiel der Verwertung solcher Schattierungen könnte ich anführen, als die träumerische Melodie der Klarinette, begleitet vom Tremolo der Streichinstrumente, im Allegro der Freischütz-Ouvertüre! Ist dies nicht die einsame Jungfrau, die blonde Braut des Jägers, die mit gen Himmel gerichtetem Auge ihr zartes Klagen im Rau- schen des tiefen, vom Sturme erschütterten Waldes ertönen läßt?. . . 0 Weber!!

(Partiturbeispiel 86.)

Edition Peters.

22«

N9 8(). l'^rcischiitz, Ouvrrtiii'c Molto vivace. as.

Weber.

321

Da ihr mehr wie jedem anderen Holzblasinstru- mente auch alle dynamischen Abstufuiifjen vom ge- hauchtesten jyp bis zum schreiensten ff zur Ver- fügung stehen, kann die der Klarinette anvertrau- te Melodie die feinsten Nervenerregungen im schön gegliederten Körper des modernen Orchesters dem Gefühle des Hörers übermitteln. Schon der enor- me Umfang von beinahe vier Oktaven befähigt sie hierzu mehr, als jedes andere Holzblasinstrument.

In der Oktave:

ist der Toncharak-

: ter im p indifferent, stark angeblasen, erhält er i etwas durchaus Ordinäres. Da nun die Anord-

nung der heutigen Partitur die Klarinetten stets ein System unter die Oboen stellt, begeht die Nach- lässigkeit der Tonsetzer und die Unkenntnis des Unerfahrenen häufig den Fehler, bei Akkordmisch- ungen die Klarinette auch tiefer als die Oboen zu setzen. Man gebe vielmehr bei vierstimmigen Akkorden die beiden Unterstimmen den Oboen, der- en kräftige, tiefe Töne viel besser das Sopran- register der Klarinetten fundieren als das schlaf- fe und dumpfe Mittelregister der letzteren sich zum Basse darüberliegender Oboen eignet. Ein Beispiel hierfür bietet der Marsch im Tannhäu- ser. (.Partiturbeispiel 87.)

N9 87. Tannhäuser, Akt II (Marsch]

Wagner.

Kleine Fl. vauf der ?r. Fl.)

2\Vald-Hrnr. in H.

2Fa5.

^

t - iJi - iJt- i|j<- m

^

Wo lau - fic nochdcrfro-he Ruf er- schalle: Thu-ringens Fu

Landgraf Hermann He

///

229

Ich erlaube mir noch die, wenn auch nicht glei- che, doch immerhin analoge Wirkung einer Gesangs- stelle der Klarinette in meinem Monodrama „Lelio" anzuführen, deren von Pausen unterbrochene Frag- mente ebenfalls vom Tremolo eines Teiles der Streich- instrumente begleitet werden, während die Kontra- bässe von Zeit zu Zeit eine tiefe Note pizzikato an- geben und dadurch der Harmonie einen schwerfälli- gen Pulsschlag geben, eine Harfe aber, kaum hör- bar, Bruchstücke von Arpeggien hören läßt. Um jedoch in diesem Falle dem Tone der Klarinette ei- nen möglichst unbestimmten Pernklang zu geben,

habe ich das Instrument in einen Beutel von Leder einhüllen lassen, der die Stelle des Dämpfers ver- tritt. Der traurig murmelnde und halb verwischte Klang dieses Solo, welches eine schon in einem an- dern Stück gehörte Melodie wiedererstehen läßt, hat stets einen lebhaften Eindruck auf die Zuhörer ge- macht. Diese schattenhafte Musik erweckt düste- re Traurigkeit und vermag mehr als dies die schmerzlichsten Töne könnten— zu Tränen zu rüh- ren, in ihrer Schwermut den zitternden Harmonien der Aeolsharfe ähnlich. (Partiturbeispiel 88.)

N9 88. Lelio, Monodrame lyrique, Le retour ä la vie.

»J/= p

Beethoven hat, mit Rücksicht auf den schwer- mütigen, edlen Charakter der A-dur Melodie im un- sterblichen Andante seiner siebenten Symphonie und um alles, was diese Stelle zu gleicher Zeit Schmerz- lich-Klagendes in sich birgt, treffend wiederzuge- ben, ebenfalls diese Melodie den mittleren Tönen der Klarinette anvertraut. Gluck hatte das Ritor- nell der Arie der Alceste: „Ach! ihr zerschmelzt mein Herz durch eure Thränen" (Akt II, letzte A- rie) anfänglich für eine Flöte geschrieben j da er aber ohne Zweifel bemerkte, daß der Klang dieses Instrumentes zu schwach und nicht edel genug zur Wiedergabe eines Thema von solcher TVostlosigkeit und trauriger Erhabenheit war, so übertrug er es der Klarinette. Wiederum sind es die Klarinetten, wel- che gleichzeitig mit der Singstimme jene andere Arie der Alceste singen, die so schmerzvolle Hin- gebung atmet: „Götter ew'ger Nacht, strenge Her- ren" (Akt III, erste Arie).

Eine Wirkung ganz anderer Art entspringt aus den drei langsam sich hinziehenden Terzen der Kla- rinetten in einer Arie der Oper Ödipus (von Sacchi- ni) „Euer Hof ward meine Zuflucht". Nach dem Abschlüsse des Themas wendet sich Polynikes, be- vor er zu singen fortfährt, zu der Tochter des The- seus und fügt, sie anblickend, hinzu: „Ja ich kann- te, ja ich liebte die holde Eryphile". Diese beiden in Terzen gehenden Klarinetten, welche bis zum Eintritte der Singstimme, im Augenblick, wo die beiden Liebenden einen zärtlichen Blick austau- schen, sanft herabsteigen, sind von ausgezeichne- ter dramatischer Berechnung und ergeben eine vor- treffliche musikalische Wirkung. Die beiden In- strumentalstimmen sind hier ein Sinnbild der Lie- be und Reinheit. Wenn man sie hört, glaubt man Eryphile, hold verschämt, die Augen niederschlagen zu sehen. Es ist bewundernswürdig!

Andante.

Polynikes

Je con -niis, fardo-railackarmaiiUE-ry-phi-le. Jaichkanntejaichliebtedie holde E-ry-phi-le.

Man setze zwei Oboen an Stelle der beiden Kla- rinetten und die Wirkung ist zerstört. Dieser kost^ bare Orchestereffekt fehlt zwar in der gestoche- nen Partitur des Meisterwerkes Sacchinis; aber er ist mir bei Aufführung desselben zu oft aufge- fallen, als daß mich mein Gedächtnis täuschen könnte.

Weder Sacchini, noch Gluck, noch irgend ein großer Meister jener Zeit haben die tiefen Töne des Instrumentes zu wirklicher Verwertung ge- bracht. Den Grund dafür kann ich nicht finden. Mo- zart scheint der erste zu sein, der sie zu Beglei- tungen von düsterem Charakter benutzt hat; so zum Beispiel im Maskenterzett des „Don Juan". Erst Weber war es vorbehalten, alles das zu ent- decken, was der Klang dieser tiefen Töne Schau- erliches an sich hat, wenn man sich ihrer zimi Aus- halten unheimlicher Harmonien bedient. In sol- chem Falle ist es besser, die Klarinetten zweistim- mig zu setzen, als sie im Einklang oder in Okta- ven zusammengehen zu lassen. Je zahlreicher alsdann die harmonischen Noten sind, desto auf- fallender ist die Wirkung. Hätte man zum Bei- spiel drei Klarinetten für den Akkord cis-e-b zur Verfügung, so würde diese verminderte Septime, wenn gut motiviert, gut herbeigeführt und eben- so instrumentiert, eine furchtbare Physiognomie erhalten, die man durch Hinzufügung des tiefen g einer Baßklarinette noch mehr verdüstern könn- te:

i Das Bangen iltM- in sohnsuchtsvoUor Erinnerung- Jan den fernen Siogl'ried versunkenen Hriinnluldc, > die Ahnung? nahenden Unheils könnte nicht hcrrli-

her wiedergegeben werden, als es in der unver-

Hlci( lilii-hun Solostcllc der zwei Klarinetten bei (loi- Verwatidlungsniusik zur letzten Szene im er- sten Akt der Oöttcrdiininierung geschehen ist:

N9 89. CnittcrdainiiHM'iiiiii:, Akt I.

r\och mehr zurückhaltend^

Wagner.

233

Dritte Szene.— Der Vorhang wird wieder aufgezogen. Die Felsenhö! he wie im Vorspiel. -(Brünnhilde sitzt am Eingänge des Steingemarh' in stununemSinnen Siegfrieds Ring betrachtend.) ' '^

(Von wonnigen Erinnerungen ergriffen,be- deckt sie den Ring mit ihren Küssen.)

235

Seit Wagners herrlichem Amselruf (II Akt Mei- 1 i nette reichlich als Vogelstimmen-Imitator verwen- stersinger, vor Eintritt des Abends) ist die Klari- I ] det worden:

N9 90. Meistersinger, Akt II.

Wagner.

Pogn,

Auch zu Bof^leitungsfiguren ernsten und humo- ristischen Inhaltes eignet sich die Klarinette bes- ser als jedes andere Holzblasinstrument. Bei ei- ner Klarinettisten-Prüfunp hörte ich unliinpst die I sehr {;ut wirkende und sehr leicht ausführbare

auf. Seite 2ir) am SohluD der Beispiele stehende Figur.

Man vergleiche auch in Mozarts„Cosi fiuitutto" die Arie des Fernando in H:

N9 91. Cosi fan tutte.

Ja, ich se - he die schönsteder Frau-en, siekannlan-ger mir nichtwider-stehn, und ich

darfmeinemGlückever-trau-en, sie er- hör-temein in-ni-ges Flehen, ja, ich darfmeinemGlückever-trauen etc.

S37

Die Altklarinette.

Sie ist nichts anderes als eine Klarinette in tief P oder in tief Es, also eine Quinte unterhalb der C-, bez. B-Klarinette stehend, und hat den ganzen

Umfang derselben. Man schreibt sie demnach trans- ponierend, erstere in der Quinte, letztere in der gro- ßen Sexte oberhalb ihres wirklichen Klanges:

Alt- Klar, in F.

Wirkliche Tonhöhe

Alt-Klar, in Es.

Wirkliche Tonhöhe

Sie ist ein sehr schönes Instrument, bedauerlicherweise aber nicht in allen, sonst gut besetzten Orche- stern anzutreffen.

Die Baßklarinette.

Noch tiefer als die vorhergehende, steht diesel- be eine volle Oktave unter der B-Klarinette; zwar gibt es auch eine in C (in der tieferen Oktave der C-Klarinette), doch ist die in B viel mehr verbrei- tet. Da es ganz das nämliche, nur in größeren Ver- hältnissen angefertigte Instrument, wie die gewöhn- liche Klarinette ist, bleibt auch sein Umfang ziem- lich derselbe. Das Rohrblatt der Baßklarinette ist etwas schwächer und bedeckter, als das der ande- ren Klarinetten. Die Baßklarinette hat nicht die Bestimmung, die hohen Klarinetten zu ersetzen,son- dern deren Umfang nach der Tiefe zu ergänzen. Sehr schön jedoch ist die Wirkung, wenn die hohen Tö- ne der B-Klarinette von der Baßklarinette in der tieferen Oktave verdoppelt werden. Letztere no-

tiert man wie die übrigen Klarinetten im Violin- schlüssel.

Ihre tiefsten Noten sind die besten, man darf sie aber mit Rücksicht auf die Langsamkeit ihrer Schwingungen nicht zu schnell auf einander folgen lassen. Meyerbeer hat der Baßklarinette in dem Terzett des fünften Aktes der „Hugenotten" einen beredsamen Monolog zuerteilt. (Partiturbeispiel 92.)

N9 93. Hugenotten, Akt V.

Meyerbeer.

a-vez vous qu'enjoi-gnant vosmainsdansceste- Wisset ihr,wennichjetzt verbin -de eu-re

^ ne - bres, je cun-sacre'et be - nis le banquet des a - dieux et des no-ces fu-

Hän de, dqßnichtQualenvmdTod, nichtseuchtrermenmehrkann, wie das Schicksal sich

BaÜklar.inB

Nous sa - vons Was ver- eint JLPE

qu'au Ciel seul nous de-vions etre u

uns be - droht, was uns trifft, wis-sen wir.

Nous sa - vons qu'au Ciel seul nous de-vions etre u - nis.

Was ver -eint uns be - droht, wasunstrifft, wissen wir.

Je nach der Art und Weise, wie man für die- ses Instrument schreit, und je nach der Geschick- lichkeit des Spielers, vermag es in seiner tiefen Re- gion den wilden Klangcharakter der tiefen Töne der gewöhnlichen Klarinette, oder auch den ruhigen, fei- erlichen, weihevollen Ausdruck gewisser Register der Orgel anzunehmen. Es kann demnach häufig und gut verwendet werden; außerdem gibt es, unisono in

vier-bis fünffacher Besetzung verwendet, den Bäs- sen der Blasinstrument- Orchester einen salbungs- vollen, vortrefflichen Klang.

\ Wagner hat die Baßklarinette stets im Charak- \ ter der feierlichen Entsagung angewendet. Siehe I Gebet der Elisabeth,— König Markes große Sze- \ ne am Schluß des zweiten Aktes vom Tristan:

N9 93. Tristan, Akt II.

Mäßig langsam.

(immer sehr ausdrucksvoll)

Wagner.

Baßklar, in A.

.f^P

239

Vlc.(get.)

Baßklar, in A,

sollt ich hoffen,wassein Trügen mir ge-trof-fen, seidxirchMelot'sRat redlich mir be-wahrt?

240

I Die Bal(kl;irinctte ist, da die tiefen Töne der Fa- I f;'otte noch immer jeder Modulationsfähifi^keit ent- Jbehren, der schönste und weichste BaU für die

Holzbläser, besonders als tiefste Stiiniimii{f zu drei Fiif;otteii, wie bei Isoldeiis Liebestod:

N9 94. Tristan, Isoldens Liebestod.

Wagner.

Klaffifche Klaviermufik

BACHJ.S.

Sämtliche Werke in 23 Bänden

1/2 Wohliemperlfrtes Klavltr <C2trny>, 2 Hilf .

I»/b Wohli«nip«ri<rio Klavier <Kroll>, 2B3n(]e.

2790a/bWohlt«inpericrt«s Klavier <Ruthardt>, 2B<ie.

3180 Wohliemperiene» Klavier. Ausw.<Tausig),

Band III XXII herausgegeben von

Cierny, Griepenkerl und Roitzsch.

200 Kleine Präludien und Fugen.

20! Zwei» und dreistimmige Inventionen.

202 Sei-hs französische Suilen, Dmoll, Cmoll.

Hmoll, Esdur, Cidur, Edur. 203/4 Sedis engllidie Suiien, 2 Bände. 205/6 SeAs Partiten, Bdur, Cmoll, Amoll, Ddur, Gdur, Emoll, 2 Bände.

207 Italienisdics Konzert, Phantasie usw.

208 OuvertOre, Phantasie und Fuge usw.

209 Aria c 30 Var. <Goldberg \'arialionen>.

210 VierToccaten,Emoll,FismolI, Cmoll, Dmoll.

211 Toccata, Präludium, Phantasie.

2i; Phaaiasien, Fugen, Suite F moll usw.

:i3 Sonaten Amoll, Cdur, Dmoll.

214 Präludien, Suiten und Fugen.

215 Phantasien, Toccata, OuvertOre usw.

216 Capriccio, Sonata Ddur, Fugen usw.

217 16 Konzerte nach Vivaldi, Marcello ujw.

218 Die Kunst der Fuge.

219 Das musikalisdie Opfer.

1959 Supplement ; Klavierbflchlein usw. <Seifferi>.

2791/98 Band III— X herausgegeben von Ruthardt.

BEETHOVEN

Sämtliche Werke

ind«

ISOla/c Sonaten <Pauer>, 3 Bände.

296a,'b Sonaten <K5hIer und Ruthardt), 2 Bände.

3 Sonaten in 1 Bande. Volksausgabe.

1231 Sonatinen (Köhler und Ruthardt).

297 Stüdte, Rondos, Bagatellen usw.

298a/b Variationen, 2 Bände.

144 Konzerte und Phantasie Op. 80.

2894a/e Konzerte In Einzel-Ausgaben (Ruthardt).

BRAHMS

Klavierwerke in 2 Bänden

herausgegeben von Emil von Sauer 3300a Op. 1, 2, 5, Sonaten, Op. 4 SAerzo.

Op. 9 Variationen, Op. 10 Balladen.

Op 21, 24, Variationen. 3300b Op. 76, 118, 119, KlavierjttlAe.

Op. 79 Rhapsodien, Op. 116 Phantasien.

Op. 117 Intermezzi und 5 Studien.

CHOPIN

Snmtilche Werke in 3 oder 12 Bänden

herausgegeben von Herrntann Sdioltz 1900a;c Ausgabe in 3 Bänden. 1901 Walzer. Volksausgabe. 1804 Walzer.

1902/3 Mazurkas, Polonaisen, 2 Bände. 1904/5 Nocturnes, Balladen u. Impromptus, 2 Bde. 1906/7 Sdierzosu.FmolI-Phantasie, Etüden, 2 Bde. 1908/9 Präludien und Rondos, Sonaten, 2 Bände. 1910 Stücke (Berceuse, Barcarolle, Bolero usw >. 1911/12 Konzerte, Konzertstücke, 2 Bände. 2895a/b Konzerte in Einzel- Ausgaben (Ruthardi).

HÄNDEL

Ausgewählte Werke <Ruthardt>

4 a Suiie I- VIII: Adur, Fdur, Dmoll, Emoll usw.

4b Suite IX-XVI: Gmoll, Dmoll, Emoll usw.

4 c Kom Positionen :Le(;ons,Pieces,Fugues usw.

4d Six Fughettes: Cdur, Ddur, Fdur usw.

2669 Die ersten Studien.

HAyDN

Ausgewählte Werke

713a/d Sonaten (Ruthardt), 4 Bände. 1120 Ewölf kleine Stücke. 484 Kompositionen: Fantasia, Capricci

LISZT

Werke in 12 Bänden

herausgegeben von Emil von Sauer 3600a/b Rhapsodien, 2 Bände. 3600c/d Etüden, 2 Bände. 3601a/b Original-Kompositionen, 2 Bände. 3601c/d Opern-Phantasien, 2 Bände. 3602a Lieder-Bearbeitungen. 3602b Bearbeitungen.

3602c Konzerte u. a. Werke mit Orchester. 3602d Supplement.

MENDELSSOHN

Sämtliche Werke in 5 Bänden

1704a

Lieder ohne Worte

1703

Lieder ohne Worte

Volksausgabe.

2619

Zwölf Lieder ohne

Worte für die Jugend.

1704b

Op. 5 Capriccio .

Op. 7 Charakterstücke.

Op.l4 Rondo

Op. 16 Fantaisies.

Op. 33 Caprices . .

Op. 72 Kinderstücke.

1704c

Op. 28 Phantasie . .

Op. 35 Präludien.

Op. 54 Variations

e'rieuses, Variationen,

Etüden, Scherzos.

1704d

Op.25,40,Konzerte

Op. 22 Capriccio.

Op. 29 Rondo

Op. 43 Serenade.

1704e

Supplement (3 Sona Op. 117-119 usw.)

len, Op. 104 Präludien,

2896a/b Konzerte in Einzel

•Ausgaben (Ruthardt).

MOZART

Ausgewählte Werke in 5 Bänden

486a/b Sonaten (Köhler und Ruthardt), 2 Binde.

48Ü Sonaten In 1 Bande. Volksausgabe. 6 Stücke (Phantasien. Rondos).

273 Variationen (Köhler).

765 8 berühmte Konzerte. 2897a/c 3 Konzerte In EInzel-Auigaben (Ruthardt). 3309a/d 4 Konzerte In Einzel-Ausgaben (Ruthardt).

SCHUBERT

Ausgewählte Werke in 5Bänden

488 i/b Sonaten (Köhler und Ruthardt), 2 Bände. 716 Kompositionen (Niemann). Fantaisie, Im- promptus, Moments musicaux.

3235 Impromptus und Moments musicaux. 150 Tänze (Walzer, Ländler usw.). 718 Supplement (Adagios, Sdierzi).

SCHUMANN

Sämtliche Werke in 5 Bänden und in Heften

herausgegeben von Emil von Sauer

2300 a Band I Op. 1)8 Album für d. Jugend Op. 18 Arabeske.

Op. 15 Kinderszenen Op. 19 Blumenstock.

Op. 124 AIbumblä;ter .... Op. 82 Waldszenen. Op. U9 Bunte Blätcer Op. 28 Romanzen.

2300 b Band II Op. 6 DavidsbOndlertänze Op. 21 Novelletten.

Op. 9 Camaval Op. 12 Phantasiestücke

Op. 16 Kreisleriana

2300c Band III

Op. 20 Hamorcste Op. 2 Papillons.

Op. 26 Faschingsscbwank . Op. 7 Toccata.

Op. 13 Etudcs Op. 8 Allegro.

Op. 17 Phantasie Op. 4 Intermezzi.

Op. 1 Abegg-Variationen Op. 5 Impromptus.

2300 d Band IV Op. 32 Klavierstücke .. Op. 126 Fughciten. Op. 72 Vier Fugen ... Op. 133 Gesänge der Frühe Op. 23 Nadilstücke . . . Op. 3 Paganini-Studlen. Op. 111 Phantasiestücke Op.lOEtud.d'apresPaganlnl Op. 76 Märsdie Op. 118 Jugend-Sonaten.

2300 e Band V Op. 11 Sonate Fismoll ... Od. 92 Konzertstück. Op. 22 Sonate G moll ... Op.l34Konzert-AIIegro

Op. 14 Sonate Fmoll Nachlafi. Sdierzo Fmoll

Op. 54 Konzert A moll . . . Nadilaß. Presto G moll Nachlaß. Kanon „An Alexis".

WEBER

Sämtliche Werke in 1 Bande oder 3 Bänden

489 Ausgabe in 1 Bande. 717a/c Ausgabe in 3 Bänden. 717a Sonaten.

717b Polonaise, Rondo brillant, Polacca usw.

717c Variationen und Konzerte.

2899 Op. 79 Konzertstück (Ruthardt).

2879 Op. 65 Aufforderung iura Tanz.

BEETHOVEN, KLAVIER-SONATEN

NEUE AUSGABE IN 3 BANDEN HERAUSGEGEBEN VON MAX PAUER

zum 100. Todestage von Beethoven erschienen

REPTE. LEIPZIS