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ITALISCHE

LANDESKUNDE

VON

HEINRICH NISSEN

ZWEITER BMI) DIE STAEDTE

ZWEITE HAELFTE

BERLIN

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG

1902

Haec est Italia diis Sacra, hae gentes eius, haec oppida populorum.

Plinius

INHALT

KAPITEL IX

Rom

Seite

1. Die Anfänge 488

2. Die Altstadt 499

3. Die Sladterweiterunp 509

4. Die Kaiserstadt 523

5. Die Stadttheile 530

6. Das Weichbild 541

KAPITEL X Latium

1. Alt Latium 555

2. Die Seekäste 566

3. Das Albaner Gebirge 579

4. Das Anioland 604

KAPITEL XI

Neu Latium

1. Die Volsker Mark 626

2. Die Herniker 647

3. Die Aurunker 656

4. Die Volsker 667

KAPITEL XII Camp anien

1. Die Nordmark 685

2. Capua 696

3. Die Seestädte 717

4. Der Süden 753

lY Inhalt.

KAPITEL XIII

8 a m n i u m S^j^^

1. Die Frentaner 778

2. Die Nordsamniten 785

3. Die Hirpiner 803

4. Die Picentiner 823

5. Die Mark Venusia 826

KAPITEL XIV

Ap Uli en

1. Die Ebene 835

2. Das Hügelland 850

3. Calabrien 861

KAPITEL XV

liucanien

1. Das Westland 890

2. Das Ostland 906

KAPITEL XVI

Bruttium

1. Das Nordland 927

2. Das Südland 945

ANTIKE ORTSNAMEN 968

KAPITEL IX.

Rom.

Die Siebenhügelstadt beherrscht ein reiches und vvechselvolles Gesichtsfeld. Das Auge umfafst gen Süden die latinische Ebene mit dem Albaner Gebi^^e: den Ra&d des lacv? AJbavus, in 25 km Abstand den mons Alhanus, dessen Spitze (954 m) das Eeüifjtunj des Juppiter Latiaris einnahm, Castrimoenium, Tmculum (67^"* m;, die alten Lalinerburgen von Rocca Priora (768 m) und Colon na (347 m). Ueber die Einsenkung hinweg die das vulkanische Ring- gebirge von der Appenninkette scheidet, werden einzelne Höhen aus dem Trerusthal sichtbar. Nach Südost bildet das in der Luftlinie 35 km entfernte Praeneste den Abschlufs. Von dieser in die Höhe (752 m) steigenden Stadt ab auf einer Strecke von 30 km hemmt der Appennin einer Mauer gleich die Fernsicht nach Osten und läfst nur die beiden schlanken Gipfel des 2487 m hohen M. VeUno ober- halb des lacus Fucinus bei 80 km Abstand emportauchen. Unge- fähr in der Mitte der Mauer bricht der Anio durch, über dessen Absturz (245 m) Tibur thront. Nach Nordost erhält sie im mons Lucretilis M. Gennaro ihre höchste Erhebung (1269 m). Aber nun- mehr treten die Berge zurück und lassen den Blick über die Oliven- hügel des ager Sabinus 75 km weit bis zu den hohen Gurgures (2213 m) am Reatiner Becken schweifen, deren Schneedecke im Frühling und Herbst eine fremdartige Welt kündet. Aus der trans- tiberinischen Landschaft tritt am Ausdruckvollsten 40 km nach Nord der zackige Rücken des Soracte (691 m) hervor, in gröfserer Nähe die Veit überragenden vulkanischen Höhen der M. Musino (402 m) M. Razzano (436 m) u. a. Die Aussicht in westlicher und nord- westlicher Richtung ist von den sieben Hügeln durch das hart an den Flufs gerückte Janiculum (85 m) gesperrt. Draufsen vor dem

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 31

482 Kapitel IX. Rom.

Thor scliaul man darilber hinweg nach dem moyis Ciminins (1056 m), der Rocca Romana (601 m) am lacus Sahatinns, dem Tolfagebirge (615 m) das die Gebiete von Caere und Tarqiiinn trennt. Ein Kreis von 100 km Durchmesser breitet sich vor dem Reschauer aus, lauter festes Land : das Meer zu ersp«1hen trotz dessen blofse 25 km be- tragenden Nähe reicht der Standort nicht aus; die Kuppel von St. Peter oder M. Mario hat die erforderliche Flöhe; der gewohnliche Pfahlbiirger kann in Rom aufwachsen und sterben, ohne jemals der blauen Salzflut gewahr zu werden. Wol sind das östliche Etrurien, Umbrien, die Sabina und Latium, die Landschaften die das ganze 340 d. Q M. grofse Stromgebiet des Tiber ausmachen, von Natur auf den Flufs als Handelsstrafse, auf Rom als Absatz- markt für ihre Producte hingewiesen (1309); wol erkennen wir mit den Alten in der günstigen Handelsstellung Roms zum Rinnen- Jand wie zum Meer eine Vorbedingung seiner Gröfse (I 316): aber der Ausblick von den sieben Flügeln lehrt uns zugleich verstehen, warum die nationale Sinnesart ein so verzweifelt bäuerliches unsee- männisches Gepräge bewahrt hat (1 88). Flandel und Schiffahrt erzeugen andere Lebensbedingungen als Ackerbau und Viehzucht, in allen Staaten verschmelzen wirtschaftliche Gegensätze mit politischen. Fn FFellas drängt die Demokratie auf die See, werden die grofsen Freiheitschlachten auf der See geschlagen, erhält der nationale Ge- danke an Bord seinen kräftigsten Ausdruck. Fn Rom ist der Adel mit seiner fremden Bildung, seinen Sklaven und Freigelassenen Träger der maritimen F^olitik, führt die Kriege mit Tarent und Karthago, mit Makedonien und Asien herbei, betreibt den Erwerb ausländischer Besitzungen. An Wagemut und Unternehmungslust hat die Volkspartei dem Adel nicht nachgestanden; aber sie will in- ländische Eroberungen, will die Grenzen Ftaliens erweitern, erzwingt dem Senat zum Trotz das Vorrücken bis an den Po und den Ful's der Alpen. Beide Richtungen haben im Widerstreit mit einander dem nämlichen Ziel zugeführt: eine jede Vergröfserung des ager Romanus d. h. des festländischen Gebiets diente nur dazu die Basis auf der die Weltherrschaft ruht, breiter und sicherer zu ge- stalten. — Bis zum Anfang des vierten vorchristlichen Jahrhunderts bedeutete trayis Tiberim Feindesland. Freilich gieht der Strom hier so wenig wie anderswo die scharfe Grenze ab welche die gemeine Vorstellung mit Wasserläufen zu verbinden pflegt, König Romulus hat der Sage nach bereits seine Herrschaft am rechten ITfer bis ans

Rom. 483

Meer vorgerückt, ohne Zweifel sind auf demselben uralte Bestand- tlieile der römischen Feldfliir zu erkennen; aber erst mit dem Fall Veji's 396 V. Chr. gewinnt die Feldflur diejenige Ausdehnung die ihr von Natur vorgeschrieben ist. Die Höhenzüge die das etrurische Tafelland von der Südmark scheiden , bestimmen im Norden wie das Albanergebirge im Süden und die Appenninkette im Osten das Gebiet, das die Götter vor den Augen der Quirlten als erstrebens- werten Besitz ausgebreitet hatten. Indessen war menschlicher Hab- sucht nach keiner Seite hin eine Schranke gesteckt, die 60 d. D M. grofse die Mitte der Halbinsel einnehmende Ebene ist nach allen Himmelsrichtungen geöffnet. Sie setzt sich südwärts durch die pomptinische Niederung bis Tarracina, durch das Thal des Trerus bis an den Liris fort, nordwärts erschliefst der Flufs das ganze Binnenland, sogar im Osten winken die Schneegipfel, zum Ein- dringen in das Hochgebirg auffordernd. Die Eroberung schreitet mit der unerbittlichen Gewalt eines Natuigesetzes vor, da sie sich dem Bau des Landes, der Anordnung der Hebungen und Senkungen aufs Engste anschmiegt. Seiner Lage nach ist Rom die natürliche Hauptstadt der mittehtahschen Ebene. Nachdem es diesen Anspruch durchgefochten hatte, fällt ihm als Siegespreis eines hundertjährigen Ringens die Führerschaft der Halbinsel anheim. Solche Stellung entspricht durchaus den räumlichen Verhältnissen des langgestreckten Appenninlandes; denn wenn man seinen Anfang bei Luna (44 o 5') wo es den continentalen Charakter aufgiebt, sein Ende bei Thurii {39^41') ansetzt, also das als Gegenstück zu Sicilien betrachtete und vom Appennin losgelöste insulare Brultium bei Seite läfst, dann ergiebt die Breite Roms (41 " 54') genau das Mittel zwischen beiden Endpuncleu. Weiter hat das geeinte Itahen zwei Menschenalter hindurch um die ihm von Natur zugewiesenen Aufsenlande, um Sicilien Sardinien Corsica und den Po gekämpft. Auch für dies von Trient bis Cap Pachynum und vom Var bis Otranto, der Länge wie der Breite nach über mehr als llo ausgedehnte Gebiet das eine geographische Einheit bildet, bezeichnet Rom die Mitte die vom äufsersten Norden und Süden gleich, vom äufsersten Westen und Osten nahezu gleich weit entfernt ist. Endlich wird es theils durch die Schwerkraft der Verhältnisse theils durch den Ehrgeiz seiner Leiter zur Hauptstadt und Herrin der Welt erhohen : einer Aufgabe die viel weniger als die bisherigen Aufgaben mit den natUrhchen Bedingungen im Einklang stand. Dies wirkt auf den

31*

484 Kapitel IX. Rom.

Gang der Ereignisse entscheidend ein. Rom erwies sich unfähig das Erbe Alexanders des Grofsen anzutreten : sowie der Schwerpunct der Weltbegebenheilen an dem Ufer des Tiber ruht, wird das Abend- land vom Indus an den Euphrat zurückgeworfen und mufs sich an einer um 30 o nach Westen verschobenen Grenze genügen lassen. Man begreift dafs Caesar der den Entwürfen Alexanders nach- eiferte, an eine Verlegung der Hauptstadt gedacht, dafs Constantin sie wirklich ausgeführt hat. Freilich macht die Trennung des Mittel- meers in zwei Hauplbecken es unmöglich eine einzelne Stadt als notwendiges Centrum des ganzen hinzustellen. Ein halbes Jahr- tausend war Rom Sitz der Weltherrschaft, und damit wiederholt sich die eben vorgetragene Wahrnehmung. So wenig seine Lage die räumliche Mitte des Reiches ausdrückt, ist die Bildung seines Bodens für die Aufnahme einer Weltstadt geeignet. Der grofsstädtische Ver- kehr wird durch deii bunten Wschse!, die regellose Verbindung steil ansteigender Hügel und tief eingeschnittener Thäler behindert. Gegen diese Hemmnisse hat Altertum wie Neuzeit mit dem Auf- wand liesiger Mittel angekämpft, hat Berglehnen abgetragen, Nie- derungen ausgefüllt, Erdmassen in Bewegung gesetzt die nach Millionen von Cubikmetern berechnet werden. In unabsehbaren Mengen von nah und fern ist Baustein herangeschafft worden: Ziegel, Tuff, Lava aus der Umgebung, Travertin vom Anio, Sperone vom Gabiner, Peperin vom Albaner See, Marmor von Luna, der Forsten des Appennin nicht zu gedenken; durch Bauschutt ist der Boden überall gewachsen. Viermal sodann hat in geschichtUcher Zeit eine rauhe schonungslose Hand die Stadt von Grund aus um- gestaltet: die Gallier vernichteten 390 v. Chr. die Schöpfung der Könige; Nero rief 64 n. Chr. das Feuer zu Hülfe, um das republi- kanische Rom in eine würdige Kaiserresidenz zu verwandeln; auf den Trümmern des Mittelalters gab Sixtus V den Ideen päpstUcher Allgewalt ihren monumentalen Ausdruck; endlich seit 1870 werden die Ansprüche der Kirche den Ansprüchen der Nation und des modernen Lebens geopfert. Die Umwälzung die wir vor unseren Augen sich vollziehen sehen, gewährt einen Anhalt zum Verständnifs ähnlicher Vorgänge im Altertum. Allein nicht nur durch die ge- steigerte Thätigkeit einzelner Epochen, auch im gewöhnlichen Lauf der Dinge verändert das Stadtbild unablässig seine Züge. Nirgends wird mehr Altes zerstört, mehr Neues geschaffen, mit dem rastlosen Betrieb den Gewinnsucht und Luxus der Reichen entfalten, eifert

Rom. 485

die Baulust des Staats um die Wette. Seit dem Verfall der Republik gehört eine umfassende Baulhäligkeit zu den ständigen Gepflogen- heiten der Regierenden. Grofse und bewundernswerte Werke sind im Dienst des Gemeinwols, aber auch im Dienst persönlicher Eitel- keit entstanden. Denn da die Herrschaft selten in ruhiger Ent- wicklung vom Vater auf den Sohn vererbte, meistens durch Gewalt oder als Spielball hadernder Factionen in eine fremde Hand ge- langte, haben Imperatoren und Päpste die Leistungen der Vorgänger zu übertreffen, deren Namen zu verdrängen, dem eigenen die Un- sterbhchkeit zu sichern gesucht, wol wissend dafs auf die Pietät der Nachfolger kein Verlafs sei. Auf Schritt und Tritt wird der Be- sucher Roms daran gemahnt, dafs die Völker des Erdkreises haben steuern müssen, damit die Gewaltigen ihren Ehrgeiz stillen konnten durch mafs- und sinnlose Errichtung von Tempeln und Theatern, Thermen und Palästen, Kirchen und Klöstern. Wenn Rom einen Herrn hat, wird gebaut, mag die Zeit auch noch so trostlos, die Menschheit auch noch so arm und herabgekommen sein ; bezeich- nender Weise bietet das Exil von Avignou die einzige gröfsere Pause. Es giebt keine Stadt auf Erden die einen gleicher Mafsen historischen Charakter trüge. Die Fülle der Denkmäler welche die Entwicklung Europa's von den Anfängen bis auf die Gegenwart wiederspiegelt, ist geeignet den Beschauer zu überwältigen. Viel Fleifs und Scharfsinn ist auf ihre Erforschung verwandt worden.*) Indem wir daran gehen die Ergebnisse der bisherigen Arbeiten zu- sammen zu fassen, fliefst uns unwillkürlich das Wort Goethe's in die Feder; „wenn man so eine Existenz ansieht, die zweitausend Jahre und darüber alt ist, durch den Wechsel der Zeiten so mannich- fahig und von Grund aus verändert, und doch noch derselbe Boden, derselbe Berg, ja oft dieselbe Säule und Mauer, und im Volke noch die Spuren des alten Charakters, so wird man ein Mitgenosse der grofsen Ratschlüsse des Schicksals, und so wird es dem Betrachter von Anfang schwer zu entwickeln , wie Rom auf Rom folgt , und nicht allein das neue auf das alte, sondern die verschiedenen Epochen des alten und neuen selbst auf einander" (7. Nov. 1786).

*) Karten: J. H. Westphal, die Römische Kampagne in topographischer und antiquarischer Hinsicht, Berlin und Stettin 1829. 4, mit einer modernen Karte und einer antiken Wegekarte beide 1 :210 00U. Derselbe Carta topografica della parte piü interessante della Gampagna di Roma, R. 1827, 1 : 60 000. Diese grundlegende Leistung hat erst nach dem Tode des Verfassers die gebührende Anerkennung gefunden: er war der ausdauerndste Wanderer der je Italien

486 Kapitel IX. Rom.

durchforscht hat und fand, wie ein Held auf dem Schlachtfeld, auf der Wander- schaft seinen Tod der ihn %-on den erbärmlichen Sorgen ums tägliche Brot be- freite. — Als Adjutant des Prinzen Heinrich von Preufsen hat Moltke 1845. 46 die Aufnahmen gemacht die zur Herstellung dienten seiner Carla topografica di Roma e dei suoi contorni fino alla distanza di 10 miglia fuori le mura, Berlin 1852, 1:25 000 und reducirt Berlin 1859, 1 : 50000. Zu vergleichen sind die anschaulichen Schilderungen in Feldmarschall Mollke's Wanderbuch, Berlin 1892". Auf Aufnahmen des französischen Generalstabs beruht die Carte de la partie SO des E(ats de l'cgiise 3 Bl., Paris 1856, 1 : 80 000 nebst dem Plan de Rome et de ses environs, 1 : 20 000. Die genaueste Darstellung mit Hori- zontalcurven von 5 zu 5 m enthält die vom Istitnto topografico militare 1872 74 aufgenommene und mit Nachträgen bis zum Erscheinen versehene Carla topo- graßca dei dintorni di Roma 9 Bl., Firenze 1884, 1:25 000: sie reicht 11 km nach 0 und W, 9 km nach N und S von der Mauer. Eine Terrainkarte 1:30 000 giebt Fr. degli Abbati, Del suolo fisico di Roma e suoi contorni, Cosenza 1869.

Stadtpläne: über die neuerdings vermehrten Bruchstücke des antiken sog. capitolinischen Stadtplans vgl. I 27. Eine Anzahl mittelalterlicher Veduten hat Giov. Bat. de Rossi, Pianfe icnografiche e prospettiche di Roma anteriori al secoio XVI, Roma 1879, veröfTentlicht. Ueber die neueren Pläne handelt eingehend Jordan, Top. I 1, 105 114. Zu erwähnen La pianta di Roma di Leonardo Bufalini (1551) in der Gröfse des Originals veröffentlicht vom Unter- richtsministerium, R. 1879. Grundlegend Giov. Bat. Nolii, Nuova pianta di Roma 12 Bl., R. 1748, 1:3000. Sodann nach Aufnahmen von 1802fg. der Katasterplan, Pianta topografica della Direzione generale dei Censo 4 Bl., Roma 1842, 2. Aufl. 1866, 1 : 4000. Ein grofser alle antiken Funde berücksichtigen- der Plan ist von Rodoifo Lanciani seit 1893 erschienen, Mailand 1:1000 46 Blatt. A. Schneider, Das alte Rom, Entwickelung seines Grundrisses und Geschichte seiner Bauten, Leipzig 1896. Die beste Uebersicht gewähren : Formae urbis Romae antiquae, delineaverunt H. Kiepert et Ch. Huelsen, ac- cedit nomenclator topographicus, Berolini 1896.

Stadtbeschreibung: Slrabo V 229fg. 234—36 lebendig und sach- kundig. Plinius ni 65 fg. mit Angaben über die Vermessung 73 n.Chr. Trockene Aufzählung der wichtigsten Gebäude nebst der Zahl von Vici Miefswohnungen Palaesten Speichern Badestuben Brunnen Bäckereien in den 14 Regionen aus dem 4. Jahrhund<>rt. Sie liegt in zwei Redactionen vor, der 334 abgeschlossenen sog. Notitia und dem um 357 geschriebenen Curiosum urbis Romae regionum XIHI cum breviariis suis, und geht auf ein älteres Reisehandbuch zurück. Aus christlicher Zeit ist uns eine Stadtbeschreibung sowie die älteste Sammlung römischer Inschriften im Anonymus von Einsiedeln (8. Jahrh.) erhalten. Das nahezu völlige Erlöschen der antiken Tradition bekunden um 1 150 die Mirabilia Romae sowie deren jüngere Fassung Graphia aureae urbis Romae. Die sämt- lichen Schriften des ausgehenden Altertums und Mittelalters sind in einer Hand- ausgabe vereinigt von C. L. Urlichs, Codex urbis Romae topographicus, Wirce- burgi 1871. Die heidnischen Inschriften CIL. VI in 6 Bänden und XV 1 Ziegel- stempel, die christlichen Inscr. christianae ed. de Rossi 2 B., R. 1857. 88. Eingehend wird die topographische Forschung seit dem 15. Jahrhundert er-

Rom. 487

öitert von Jordan Top. I 1, 75—104. Den Reigen der wissenschaftlichen Topo- graphen eröffnet Flavio Biondo 1445 mit seiner Ro.-na instaurata (I 49). Die Wiedererweckung des Altertums hat zu einer eifrigen und begeisterten Pflege der Topographie geführt. Freilich wurde der künstlerische Aufschwung den die Stadt im 15. und 16. Jahrhundert nahm, für den Bestand der antiken Bauwerke verhängnisvoll. Nachdem das ganze Mittelalter seinen Bedarf an Baumaterial ihnen entnommen hatte (I 41), wird die Zerstörung durch die ge- wallige Bauthätigkeit der Renaissance unendlich gesteigert. Ihren Höhepunct und im Wesentlichen ihren Abschlufs erreicht die Zerstörung durch Sixtus V. Leider auch wurde die wissenschaftliche Arbeit dieser schönheittrunkenen Zeit durch das nämliche Handwerk beeinträchtigt dem wir in der Municipalgeschichle begegnet sind (I 50). Für Rom knüpft die Fälschung an die Interpolation der olien erwähnten Regionenbeschreibung an, die erst im 19. Jahrhundert er- kannt worden ist, und macht sich ferner auf dem Felde der Epigraphik breit. Aufser Pirro Ligorio (1 48) ist als Hauptsünder Onufrio Panvinio (1529 68) zu nennen. Von achtungswerten Darstellungen seien erwähnt: B. Marliani, Anti- quae urbis Romae topographia, R. 1534 und umgearbeitet 1544; G. Fabricius aus Chemnitz, Roma, Basel 1550; Alexander Donatus, Roma velus ac recens, R. 1638. Sie alle jedoch wurden durch Famiano Nardini verdrängt, dessen unkritische und phantastische Roma antica, R. 1666, zuletzt in 4 B. von Nibby 1818 herausgegeben, die Wissenschaft bis ins 19. Jahrhundert hinein beherrscht hat. Wenn man absieht von den Einzeluntersuchungen R. Fabretti's (De aquis et aquaeductibus veleris Romae, R. 1680 u. a.) und der Förderung der Denk- mälerkunde namentlich durch Giamb. Piranesi (1706 78), so liegt dies Feld lange Zeit völlig brach. Die Anregung die von Winckelmann ausging, leitet einen Umschwung der Forschung ein dessen hauptsächlicher Träger Carlo Fea (1753 1834) ist, gestützt auf methodische Ausgrabungen die allein festen Untergrund schaffen können. Nach ihm übernimmt Luigi Canina (1795 1S56) die Führung: Indicazione topograßca di Roma antica, R. 1831, 1850''. Edifizi di Roma antica, 6 B. fol., R. 1848—56. Inzwischen erschien das von Niebuhr's Gedanken getragene deutsche Hauptwerk: Beschreibung der Stadt Rom von E. Platner C. Bunsen E. Gerhard und W. Böstell, abgeschlossen durch L. Urlichs, 6 B., Stuttgart 1830 -42. Dasselbe wurde an philologischer Schärfe und Be- herrschung der antiken Litteratur überholt durch W. A. Becker, Topographie der Stadt Rom (Handbuch der römischen Altertümer 1), Leipzig 1843. Neben dieser bahnbrechenden Leistung behaupten die besonderen Arbeiten L. Prellers, Die Regionen der Stadt Rom, Jena 1846, u. a. einen bleibenden Wert. Die Verlegung der Hauptstadt Italiens nach Rom hat das ersehnte goldene Zeitalter für die antike Topographie herbeigeführt, lieber die Funde wird fortlaufend berichtet in dem seit 1872 in 4 Jahresheflen erscheinenden Bullettino della commissione archeologica municipale (comunale) di Roma, sowie seit 1876 in den monatlichen Notizie degli Scavi. An einen weiteren Leserkreis wendet sich der durch eine Reihe glänzender Untersuchungen bewährte Leiter der städti- schen Archaeologie R. Lanciani in seinem Ancient Rome in the light of recent discoveries, London 1889, Pagan and Christian Rome, London 1S92, The ruins and excavations of ancient Rome, London 1897, The destruction of ancient Rome, New York 1899. Den Fortschritt der Entdeckungen der deutschen Wissenschaft

488 Kapitel IX. Rom.

zu übermitteln ist H. Jordan mit unermüdlichem Fleifs bemüht gewesen, bis der Tod sein unvollendetes Werk unterbrach: Topographie der Stadt Rom im Altertum 3 B., Berlin 1872—85. Einen klaren üeberblick gewährt 0. Richter, Topographie von Rom in Jwan Müllers Handbuch III 725 920, Nördlingen 1888: in 2. Auflage, München 1901, auf den doppelten Umfang erweitert. Eigene Wege geht J. H. Middleton, The remains of ancient Rome 2 vol., London and Edinburgh 1S92. Sehr dankenswert sind Ch. Hülsens Jahresberichte über neue Funde und Forschungen in den Mittheiingen des deutschen archaeolo- gischen Instituts seit 1889. Endlich sei auf die allgemeine Förderung hinge- wiesen die der Erforschung des christlichen Rom durch G. B. de Rossi (1822 94) verdankt wird: Roma sotterranea 3 v., R, 1864— 77, BuUettino di archeologia cristiana seit 1863 u. a.

Stadtgeschichte: C. Sachse, Geschichte und Beschreibung der alten Stadt Rom 2 B., Hannover 1824. 28. 0. Gilbert, Geschichte und Topographie der Stadt Rom im Altertum 3 B., Leipzig 1883 90. Grundlegend und in blühender Darstellung F. Gregoiovius, Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter vom 5.— 16. Jahrh. 8 B., Stuttgart 1858—72, seitdem in 4. Auflage. Eine Uebersicht von der Gründung bis 1846 giebt A. v. Reumont, Geschichte der Stadt Rom 3 B., Berlin 1867—70. Wichtige Beiträge in der Monografia della cittä di Roma e della Campagna romana 2 vol. R. 1878 mit Atlas.

§ 1. Die Anfänge.

Die mittelitalische Ebene, welche durch die Thätigkeit der Vul- kane dem Meer abgewonnen worden ist, dacht sich in drei grofsen Terrassen von Nord nach Süd hin ab: die volsinische Landschaft liegt 150 m höher als die vejentische, diese um ungefähr den gleichen Betrag über der latinischen (I 254 fg.). Das breit aus- gewaschene Thal des Tiber trennt die beiden letztgenannten Gebiete, und in den Uferräiidern findet dasselbe Verhältnifs seinen Ausdruck. Der Tiber beschreibt unaufhörlich Windungen und weist damit den gröfseren Theil seiner Thalsohle bald dein rechten, bald dem linken Ufer zu. Da wo die Mulvische Brücke die Via Flaminia hinüber- leilet, hält er sich an der etrurischen Seite; die steil ansteigenden Höhen übertreflen die jenseitigen latinischen um 70 80 m. Aber bei der höchsten Erhebung, dem vorspringenden M. Mario (146 m) biegt der Flufs nach Südost um , so dafs die vom Fosso dell' In- ferno durchströmten Prati di Caslello, die vatikanischen Gefilde an Etrurien fallen. Alsdann tritt ein neuer Wechsel ein : hüben wird das Marsfeld in weitem Halbkreis vom M. Pincio Quirinal und Capitol umschlossen, drüben zieht sich der lange, 70 90 m hohe Rücken des Gianicolo hin, einen schmalen Saum am Flufs frei lassend. Bei der Insel geht der Saum in eine kleine Ebene über,

§ 1. Die Anfänge. 489

während jenseit Capitol Palatin und vor allem Aventin dem Tiber nahe rücken. Aufserhalb des Thors nach Ostia dreht sich das Ver- hältnifs wieder um. Der gröfseren Erhebung entspricht das höhere Alter das die Bildung der rechtstiberinischen Hügel zur Schau trägt. Als Giiindschicht finden wir den graublauen pliocänen Thon den die vaticanische Tüpferei ausbeutet (I 255). Darüber ist als Haupt- beslandtheil des Höhenzugs gelber Sand in verschiedenen Stufen gelagert. Die Austern und Schallhiere, die in ganzen Bänken am M. Mario angetroffen werden, zeigen dafs einst im pliocänen Meer der Bergrücken eine Untiefe dargestellt hat. In der Folge ist er von vulkanischem Tuff bedeckt worden, der jedoch nur eine geringe Mächtigkeit entfaltet. Bezeichnender Weise werden aus dem Alter- tum keine fest umschriebenen Namen für diese mehr als 6 km langen im Angesicht der ewigen Stadt hingestreckten Höhen über- hefert. Wie die Vorstadt an ihrem Fufs die in der späteren Re- publik entstanden, von Augustus als 14. Polizeibezirk eingerichtet wurde, unbestimmt Irans Tiberim hiefs, so der ganze Höhenzug Ja- niculum oder mons Vaticanus. Er überragt das gegenüber Hegende Marsfeld um 60 70 m , so dafs nach Cicero's Worten eine hier lagernde Truppe den Römern auf Haupt und Nacken sitzen würde, i) Ein von Norden kommender Feind fand hier seinen natürhchen Stützpunct.2) Insonderheit war die Stadt durch den gleichmäfsig auf das Marsfeld, die Insel und den Ochsenmarkt zu gerichteten Vorsprung (70 m) den die Kirche S. Pietro in Montorio krönt, be- droht. Deshalb wurde derselbe zur Sicherung gegen eine plötzliche üeberrumpelung besetzt gehalten, wenn das BUrgerheer zu den Cen- turiatcomitien ausrückte.^) In den Bürgerkriegen erscheint er stark befestigt und gilt als Schlüssel von Rom, gerade wie heutigen Tages. *) Es klingt durchaus glauMich, wenn die Annalen die Befestigung mit dem Bau der hölzernen Brücke in Verbindung setzen und dem König Ancus zuschreiben ; ä) denn ohne ständige Grenzwacht und ohne den Zugang zur Brücke zu beherrschen, würde diese in alten

1) Gic. de leg. agr. 1,16 ubi enim cavetur ne in Janiculo coloniam con- stituatig, ne urbem hanc urbe alia premere atque urgere possitis? 2,74 quid igitur est cautae quin coloniam in Janiculum possint deducere et suum praesidium in capite atque cervicibus nustris conlocare?

2) Liv. 11 10. 51 XXIV 10 Dion. H. V 22 IX 26.

3) Dio XXXVII 28 vgl. Liv. XXXIX 15.

4) Appian b. civ. 1 67 fg. 111 94 Dio XLVI 44.

5) Liv. I 33 Dion. H. III 45.

490 Kapilcl IX. Rom.

Zeiten Rom jedem Ilandslieich geöITiiet haben. Dauernd vertbeidigt zu uerden war das Vorwerk urspriingUcii nicbt bestimmt: deshalb geschieht seiner auch in den Etruskerkriegen keine Erwähnung. Man kann aus dem Namen Janicnlnm, der Thor und was damit zu- sammenhängt bedeutet, folgern dafs es einfach eine Sperre der Sirafse nach Etrurien gewesen sei i) ; der Name wird aber für den ge- samten Rücken bis M. Mario oinschliefslich gebraucht.^) Ebenso verhält es sich mit der Bezeichnung mons oder collis Vaticanus: wenn Horaz an ihm den Reifall des Pompeiustheaters wiederhallen läfst, so ist klärlich das heutige Gianicolo, die Hohe von S. Onofrio und S. Pietro in Montorio gemeint.^) Seit dem Ausgang des Alter- tums versteht man unter Monte Vaticano die Anhöhe hinter dem päpstlichen Palast und der Apostelkirche: indefs ist eine vom Rücken losgelöste Kuppe hier überhaupt nicht vorhanden, das begrenzende Thal deir Inferno verdankt seine jetzige Ausdehnung lediglich den Töpfergiuben. Der Höhenzug wie das ganze Gebiet ager Vaticanus hiefs so nach einer verschollenen Gemeinde die dem Schwert eines römischen Königs erlag. Dafs das Gebiet zu Etrurien gehörte, wird einstimmig bezeugt 4); dafs es unter Veji's Herrschaft gestanden hatte, ehrt die Benennung des Flufsufers bei der Farnesina als ripa Veien- tana.^) Es ist nicht möglich das Zurückdrängen der Vejenter vom Tiber Schritt für Schritt zu verfolgen (S. 359), die Eroberung des vatikanischen Gebiets wird nirgends ausdrücklich erwähnt. Nach den Annalen hat entweder Romulus oder Ancus Marcius das rechte Tiberufer bis zum Meer den Etruskern entrissen. So viel jedoch ist sicher, dafs dieser Grenzstrich bis zum Fall Veji's hart um- stritten war, und erst nach dem Erwerb der Weltherischaft, wie die fortschreitende Anlage von Rrücken bekundet, in den Rereich stä-

1) Fest. 104 Janiculum dictum, quod per eum (sc. coUem) Romanus po- pulus primitus transierit in agrum Etrtiscuvi, vgl. clavicula das Vorwerk vor dem Thor Hygin 55. Gewölinlicli wird es als Burg des Janus gedeutet: Varro bei Auguslin civ. dei VII 4 Solin 2,5 Verg. Aen. VIII 358 Ov. Fast. 1 245. Andere nennen die Burg Aenea Dion. H. I 73 oder Anlipolis Plin. III 68. Janiculus mons kommt bei den Alten nicht vor,

2) So Martial IV 64 und der in Rom heimische Dionys, der IX 14. 24 die Entfernung von Rom auf 16 oder 20 Stadien beziffert.

3) Hör. Od. I 20 Cic. All. XIII 33,4 Elter Rhein. Mus. XLVI 112 fg. 4j Fest. 379 Gell. N. A. XVI 17 Plin. III 54 XVI 237 Liv. X 26.

5) Hülsen, Millheil. d. arch. Inst. 1889 p. 287, der mit Recht das lilus Etnucum Hör. Od. I 2,14 hierauf bezieht.

§ 1. Die Anfänge. 491

dtischer EntwickluDg hineingezogen wurde. Das ältere Rom be- schränkt sich durchaus auf das hnke Ufer des Flusses.

Die Masse der latinischen Hügel besteht aus den I 256 be- schriebenen Tuffarten, welche die pliocänen Sand- und Thonschichten völlig verdecken. An beiden Ufern stimmt der Bau darin überein dafs der Steilrand der Einsenkung des Tiber zugekehrt ist, während die Hochflächen landeinwärts niedriger werden. Im Uebrigen hat die Thätigkeit des Wassers die latinische Seite stärker betroffen und ungleich mannichfaltiger gestaltet als den langen einförmigen Rücken des Janiculum. Der Gang der städtischen Entwicklung war durch die vom Wasser in Urzeiten durch die Tuffmassen ausgespülten Rinnen bedingt. Das hierfür in Frage kommende Gebiet erstreckt sich in weitester Ausdehnung 8 km von Nord nach Süd, 5 km von West nach Ost. Wie der Tiber die Westgrenze bildet, macht der Anio im Norden einen ähnlichen, wenn auch minder scharfen Ein- schnitt: er war im Altertum schiffbar (I 314); sein Thal hat 17 m Meereshöhe, wenig mehr als das des Haupiflusses bei ihrem Zu- sammenstofs. Wo der Anio eine grofse vom mons sacer (37 m) ausgefüllte Schleife beschreibt, nimmt er den von Süd nach Nord fliefsenden Fosso della Maranella auf, dessen auf 19 m, bei der Via Praenestina 22 m eingesenktes Thalbett die Ostgrenze des Stadt- gebiets bezeichnet. EndHch an der Südseite tritt das weite Thal des Älmo Acquataccio oder Marrana della Caffarella (an der Via Ostiensis 13 m, an der Via Appia 14 ni) als Scheide ein. Zwischen den beiden Bächen bleibt ein Isthmus von 2 km Breite übrig, der das römische Plateau mit dem latinischen verbindet: die Boden- gestaltung wird durch den Umstand veranschaulicht, dafs 3 Haupt- strafsen und 10 Wasserleitungen auf diesem Isthmus zusammen- gedrängt sind. Von dem derart abgesonderten Raum ist der südwestliche Theil aus dem einfachen Grunde Träger der Stadt- bildung gewesen, weil die Höhen bis hart an den Tiber vorspringen und dessen Thal schhefslich auf 750 m nicht mehr beträgt der Abstand zwischen Aventin und Janiculum einengen. Die feste und dabei gesunde Höhenlage in der Nähe des Flusses hat den Ort der ältesten Gründungen i), ihre Beherrschung des Flufsverkehrs (I 316 fg.) den weiteren Aufschwung bestimmt. Allmälich nach

1) Cic. Rep. li 11 {Romulus) locumque delegit et fontibus abundantem et in regione pestilenli salubi'em; colles enim sunt qui cum perflantur ipsi, tum adferunt timbram vallibus.

492 Kapitel IX. Rom.

laoger Arbeit sind danu auch die Niederungen entsumpft und be- siedelt worden. Im Einzelnen weist der Boden folgende Gliederung auf. Dem vatikanischen Feld gegenüber ist der Tiber vom Hügel- rand nur 300 m entfernt, bis jener nach West umbiegt, während dieser nach Südost streicht. Der Hügel, 52 m hoch, hiefs nach den Villen die er trug coUis Hortulorum, in der späteren vaiserzeit mons Pincius, wahrscheinlich nach einer hier wohnenden Familie. i) Ein zugespitztes Thal trennt ihn von dem laug gestreckten Rücken des collis Quirinalis, der nach Südwesten läuft und seine anfäng- liche Höhe von 64 m bis auf 47 m ermäfsigt. Eine Fortsetzung des Rückens ist der mons Tarpeius-): der beide mit einander ver- bindende Sattel hat seit der Anlage des traianischen Forum nur 31 m Meereshöhe, mufs aber früher mehr gehabt haben. Der tar- peische Berg besteht aus zwei Kuppen, der nordöstlichen mit der arx (50 m), der südwestlichen mit dem Capüoliwn (46 m), die durch die Einsenkung tnter duos liicos (37 m) getrennt sind. Die Ent- fernung des Capitols vom Flufs mifst 200 m. In derselben Rich- tung wie der Quirinal streicht der collis Viminalis (56 m), ohne jedoch dessen Ausdehnung zu erreichen. 3) Schmale Thäler fassen ihn an beiden Seiten ein. Die folgende unregelmäfsige Erhebung heifst Esqiiiliae, welchen Namen die Römer nach Art der Stadtnamen ge- brauchen.4) Au ihr werden zwei Theile unterschieden, der Norden als mo7is Cispius (53 m) der Süden als mons Oppius (55 m).5) Die genannten Höhen hängen sämtlich an ihrer Wurzel mit einander zu- sammen: dies gilt auch von dem letzten Ausläufer dem mons Cae- lius (60 m).6) Dagegen erscheint der westlich vom Caelius gelegene mons Palatium (51 m) fast völlig isolirt"), da nur der niedrige

1) Suel. Nero 50; Cassiod. Var. III 10.

2) Varro LL. V 41 Liv. I 55 Cornif. Rhet. IV 43 Plin. VII 143 XXVIII 15 Tac. Hisl. III 71 Suet. Caes. 44 u. a. Die Bezeichnung 7nons CapitoUnus ist nicht antik.

3) Der Name wird vom Weidengebüsch abgeleitet Varro LL V 51 Fest. 376 Plin. XVI 37 Juvenal 3,71.

4) Die Schreibung Exq. kommt neben der häufigeren Esq. vor. Esqui- liat ire Esquüiis ohne in Cic, Deorum nat. III 63 Leg. II 28 Hör. Sat. I 8,14 u. a. Selten muns oder collis Esquilinus Cic. Rep. II 11 Liv. I 48 Ov. Fast. II 435.

5) Varro LL. V 50 Fest. 42. 348 Gell. N. A, XV 1,2.

6) Varro LL. V 46 Fest. 44 Liv. I 30 Dion. H. II 36. 50 III 1.

7) Verschiedene Ableitungen Varro LL. V 53 Fest. 220 Liv. I 5 Plin. IV 20 Dion. H. I 31 fg, Verg. Aen. VIII 54 u. a. Aeufserst selten Jtions Palatinus Gell. N. A. XIII 14,2 Tac. Ann. XII 24 XV 88 vita Heliog. 3, und wol erst nachdem der Name die Bedeutung der Kaiserresidenz erhalten, aufgekommen.

§ 1. Die Anfänge. 493

Sattel der Velia (29 m) ihn mit dem Esquilin verknüpft.^) Er hat die Gestalt eines unregelmäfsigen Vierecks mit annähernd l^j-i km Umfang und 10 ha Flächeninhalt, ist vom Flufs 300 m entfernt und iimfafst ähnlich wie der tarpeische Berg zwei geschiedene Kuppen. Die Niederung des Circus Maximus trennt ihn von dem unmittelbar an den F'lufs anstofsenden mons Aventinus (46 m).^) Die Alten be- schränken den Namen auf die westliche Kuppe am Flufs und schliefsen die durch eine Einsenkung geschiedene Höhe von S. Saba (43 m) davon aus. Die heutigen Höhenlinien gewähren ein unvollstän- diges Bild von den ursprünglichen Verhältnissen (I 295). Der Boden ist nicht nur in den Thälern, sondern vielfach auch auf den Hügeln durch Bauschult gewachsen 3); z. B. wurde auf dem Quirinal eine antike Strafse in der überraschenden Tiefe von 18 m unter der heutigen Oberfläche angetroffen. Immerhin wird man nach allge- meinen Naturgesetzen eine weit durchgreifendere Umgestaltung der Niederungen annehmen müssen. Dies erhellt schon aus dem Um- stand dafs die in ihnen laufenden Bäche im Altertum sichtbar waren, gegenwärtig aber sich den Blicken entziehen. So flofs aus dem Thaleinschnitt zwischen Pincio und Quirinal ein längerer Bach ah und wurde durch eine am Fufs des Quirinal hervorbrechende Quelle gespeist. Dieser Wasserlauf nördlich von der Altstadt ist die amnis Petronia, die der im Marsfeld thätige Magistrat nur nach Einholung von Anspielen überschreiten durfte.^) Die Stelle des Circus Fla- minius war ehedem von Wiesen eingenommen 5); an eine sumpüge Strecke derselben erinnerte die Bezeichnung paliis Caprae.*^) Aus- führlicher verbreiten sich die Alten über das Thal zwischen Pala- tium und Capitol '') :

hoc ubi nunc fora sunt, udae tenuere paludes,

amne redundatis fossa madebat aquis. Curtius nie lacus siccas qui sustinet aras,

nunc solida est tellus sed lacus ante fuit.

1) Varro LL. V 54 Gic. Rep. II 53 Liv. II 7.

2) Varro LL. V 43 Serv. Y. Aen. VII 657 Liv. I 3 Fest. 19.

3) Fronlin aqu. 18 nam ?iunc colles qui sunt, propter frequentiam in- <;endiorum excreverunt rudere.

4) Fest. 45. 250 vgl. Gic. Deor. nat. II 11.

5) Liv. III 54.

6) Liv. I 16 Ov. Fast. 11491.

7) Üv. Fast. VI 401 Varro LL. V 149 Liv. I 12. 38 Dion. H. II 42. 50.

494 Kapitel IX. Rom.

qua Velabra söhnt in Circum ducere pompas, nil praeter salices cassaque canna fuit. Sie erklären auch den Namen Velabrum von einer Nachenfähre und lassen das Palalium sowol im Nordwesten nach dem Capitol als im Südwesten nach dem Aventin zu von Gewässern umgeben sein.i) Diese Vorstellung entspricht durchans den physischen Bedingungen. Das alte Strafsenptlaster im Circus liegt nur 3 m, im Velabrum und tiefsten Theil des Forum 5 m über dem mittleren Stand des Tiber, wird mithin von jeder Hochflut betrofl'en (I 322). Durch das Circus- thal fliefst ein vom Albanergebirg her kommender Bach, der den Caelius vom Aventin und dessen Fortsetzungen absondert und die letzte Strecke vor seiner Mündung überwölbt ist: sein jetziger Name ist Marrana, der frühere unbekannt. Bei der Kirche S. Giorgio in Velabro nimmt er die Cloaca maxima auf. Dies kann nach Hülsens einleuchtender Beobachtung ursprünglich auch nichts Anderes als ein Wasserlauf wie die Petronia gewesen sein , der am Fufs des Esquilin entspringend durch den Sumpf nach dem Tiber strebte, allmälich eingeengt und geregelt, schliefslich nach bedeutenden Auf- schüttungen in einen unterirdischen Abzugscanal verwandelt worden ist.2) Die Natur selbst arbeitete an der Einebnung des Bodens: der Tuff ist durchlässig, das einsickernde Wasser höhlt sich im Innern der Hügel Gänge aus und sprengt die Ränder ab; gegen Felsstürze haben die am Fufs belegenen Quartiere, z. B, am Capitol, durch Mauern geschützt werden müssen. 3) Indessen war die Aus- gleichung zwischen Berg und Thal im Altertum lange nicht bis zu dem Grade gediehen den sie heute erreicht hat: der im Mittel 30 m betragende Niveauunterschied wurde durch steile Aufgänge clivi und scalae überwunden. Vollends zur Zeit der Gründung können die Verbindungswege nur spärlich an Zahl und recht be- schwerlich gewesen sein. Endlich um das Bild zu vervollständigen sei daran erinnert dafs die ganze Gegend einst mit Wald bedeckt war; noch im 2. Jahrhundert v. Chr. verirrten sich bisweilen Wölfe in die Stadt; die Namen von Oerthchkeiten und die zahlreichen heiligen Haine, mochten sie auch auf wenige Bäume zusammen-

1) Varro LL V 43. 54. 156 Properz V 2,7 9,5 TibuUII 5,33 Ov. Fast. II 391 Plut. Rom. 5,5 Solin 1,14.

2) Die Aufschüttung bezeugt DioD. H. II 42. 50 vom Forum, III 43 vom Circusthal.

3) Liv. XXXV 21 XXXVIII 28.

§ 1. Die Anfänge. 495

geschrumplt sein, gaben dem Forscher einen Fingerzeig, wie er sich das Aussehen des von einem Häusermeer bedeckten Septimon- tium in Urzeiten zu denken habe.i)

Als das erste Licht der Geschichte auf diese Stätte Tällt, wird sie bereits von einer starken Macht eingenommen. In dem 509 V. Chr. mit Karthago vereinbarten Bündnifs beansprucht Rom die Oberhoheit über die ganze lalinische Küste. Wenn ein paar Menschen- aller später Antiochos von Syrakus die Sikeler nicht aus Latium, sondern aus Rom vertrieben sein läfst (I 520), so wurde er hierzu durch die Thatsache bestimmt dafs aufser Kroton damals keine Stadt des italischen Festlands dieser an Umfang und Gröfse gleich kam. Aber wie die Schöpfung selbst kann auch deren Name nicht höher als das 6. Jahrhundert hinauf reichen. Der einzigartige Sprachgebrauch Esqiiib'ae als Stadtoamen zu behandeln (S. 492), hat längst schon zu dem Schlufs geführt dafs ihm eine ursprüng- lich selbständige Niederlassung entsprochen haben müsse.2) Ein Thor in Tibur, offenbar das nach Rom zu gewandte, heifst [jior]ta Esquüina und bestätigt damit den Schlufs den das grammatische Gefühl an die Hand gegeben halte. 3) Die Grenze dieser esqui- linischen Stadt nach Osten wird durch die Gräber bestimmt die innerhalb der servianischen Mauer entdeckt worden sind. Die Aus- stattung der Todten, das ohne Drehscheibe geformte roh verzierte schlecht gebrannte Thongeschirr kennzeichnet den Beginn einer Entwicklung die wir zeitlich nicht zu umschreiben vermögen. *) Es ist wol möglich dafs die esquilinische Ansiedlung bereits auf dem Zusammenschlufs mehrerer Gemeinden beruhte uud nicht verschieden ist vom Septimonlium, das ein heiliger Lenz der Sabiner nach Verrius Flaccus den Ligurern und Sikelern abnahm. 0) In der That erkennt auch die amtliche üeberlieferung an dafs hier wie anderswo dreierlei Ursachen an der Stadtbildung zusammen gewirkt haben: neben der freiwilligen Einwanderung und der gewaltsamen Verpflanzung findet die erzwungene Aufnahme fremder Kriegshaufen ihre Stelle. Die

1) Liv. XXXII 29 XLI 9 Vario LL. V 50. 152 PJin. XVI 37 Dion. H. II 50.

2) Vgl. Jordan Top. I 1,183 fg.

3) CIL. XIV 3679.

4) Es wäre erwünscht dafs die Topographie der ältesten Funde festge- stellt würde, um dadurch einen Anhalt für den Sitz und die Ausdehnung der ursprünglichen Ansiedlungen auf dem Boden Roms zu gewinnen.

5) Dion. H. I 16. 22. 73 Fest. 321 M.

496 Kapitel IX. Rom.

einheimische Ueberheferung bewegt sich hinsichtlich der Anfänge in unlösbaren Widersprüchen, da sie zu verschiedenen Zeiten aus verschiedenartigen Quellen latinischen sabinischen fremden (etrus- kischen campanischen griechischen) Ursprungs zusammen geflossen ist. Als sichere Thatsache gilt ihr dafs die Vereinigung eines lati- nischen Stammes der Ramnes und eines sabinischen der Tities den Grundslein zur römischen Machteutfaltung gelegt habe. Die That- sache erhält ihre mythische Einkleidung darin dafs zwei Hügel am Anfang aller Dinge besiedelt werden : der tarpeische auf dem Saturn oder auch heimatlose Argiver die Stadt Saturnia i), der palatinische auf dem der Arkader Evander die Stadt Palatium gründen ; auf beiden wurde die casa Romuli die strohgedeckte Hütte des ersten Königs und Stifters gezeigt.^) Es ist ein aussichtsloses Unterfangen die ältesten Niederlassungen auf diesem schicksalreichen Boden nach Zeilfolge und Zusammengehörigkeit unterscheiden zu wollen. Da- gegen tritt, nachdem vermutlich viele Kämpfe und Wechselfälle vor- ausgegangen waren, die Doppelstadt der Ramner und Titier in greifbarer Gestall uns entgegen. Die Titier bewohnen Quirinal und Viminal die ein willkürlicher aber strenger Sprachgebrauch colles im Gegensatz zu den latinischen montes benennt, deren Sonderstellung bis zur Schöpfung Grofs Roms durch Servius Tullius gedauert hat.3) Von der Mauer welche die Ramnerstadt Palatium einfafste, sind be- merkenswerte Ueberreste vorhanden ; das Pomerium d. h. der freie Raum vor der Mauer der die Grenze des Gottesfriedens ankündigte, war noch in der Kaiserzeit deutlich erkennbar. Es mag wol sein dafs die Gründung jünger ist als die esquilinische und mit Gewalt ins Werk gesetzt ward. Capitol Palatium und Aventin sind ehedem durch den Tiber und die von ihm versumpften Thäler zu starken Festungen gemacht worden. Indessen überragt der Palatin die beiden anderen Bollwerke am Flufs einerseits durch seine gröfsere Ausdehnung, anderseits durch seine centrale Lage. Da nämlich die Stadterweiterung bis nach dem Erwerb der Weltherrschaft vom Marsfeld absieht, bildet er den natürlichen Kern von dem nach allen Richtungen neue Siedlungen ausgehen können. Die Ein- wanderung von Handwerkern und Kaufleuten, die Verpflanzung be- nachbarter Gemeinden drängte zur V'ermehrung des Wohnraums.

1) Varro LL. V 42. 45 Fest. 322 Dion. H. I 34. 44 11 1 u, a.

2) Viliuv 11 1,5.

3) Liv. I 44 Dion. H. 11 5U Slrab. V 234.

§ 1. Die Anfänge. 497

Nach und nach werden nicht nur die Höhen sondern auch die da- zwischen liegenden Thäler angebaut. Es entstehen Ortschaften oder Vorstädte die durch Erd- und Pfahl werke geschützt sind.i) Die spätere Entwicklung hat die Festungswerke beseitigt, dagegen die Commurialverbände bis zum Ausgang der Repubhk verschont. Man unterschied damals noch zwischen montani und paganiß) Auf der Höhe wohnen ursprünghch die herrschenden Geschlechter, die Alt- bürger. Die Vororte werden als pagi Dörfer bezeichnet: wir kennen den pagus Janicolensis am rechten Tiberufer 3), den pagus Aventinen- sis'^), pagus Montanus vom Esquilin ^J, pagus Sucusanus die Subura.^) Aufserdem tritt zu den beiden Stämmen der Ramner und Titier ein dritter hinzu: die Luceres die möglicher Weise den Caehus be- wohnt haben.') Unter Ausschlufs von Quirinal und Caelius wird die Mitte als ein engerer Verband zusammengefafst unter dem Namen Septimontium^); sieben klinische Kirchspiele nehmen an dem am 11. December gefeierten Fest der sieben Berge Theil: Palatium und Cermalus (die nordwestliche Kuppe dieses Hügels), Fe/m, Oppius, Cispius, Fagutal (die Thalmulde zwischen den beiden letztgenannten Höhen), endlich die Niederung der Subura. Die städtische Entwicklung ist am Tiber wie aller Orten sonst von den einfachen Formen bäuerlichen Lebens ausgegangen. Die Verkehrs- lage hat viel frühere und schnellere Fortschritte gezeitigt als in den Dörfern des Polands (S. 10). Die winzige Hütte die dem Bauer bei Nacht und Unwetter Unterschlupf gewährte, wird zum Hause erweitert. Aber man darf den Fortschritt nicht zu hoch einschätzen. Die Häuser haben ein einziges Geschofs, ein spitzes Strohdach, sind aus Holz, die Wände aus Flechtwerk und Lehm.9j Den Göttern werden Haine und Altäre geweiht, der Bau steinerner Tempel hat noch nicht begonnen. Mit der zunehmenden Rodung wird der

1) Varro LL. V 48.

2) Cic. de domo 74 Fest. 340 unter sifus. Bull. mun. 1887 p. 156 mon- tani montis Oppi.

3) CIL. I 801. 802.

4) CIL. XIV 2105.

5) CIL. VI 3823.

6) Varro LL. V 48 Fest. 302. 309.

7) Varro LL. V 55. 81 Fest. 119 Liv. I 13. 30.

8) Varro LL. V 41 VI 24 Fest. 340. 348. 321 TertuUian de idol. 10 Plut. qu. Rom. 69 CIL. p. 407.

9) Vitruv II 1,5 Fest. 12 Ovid Fast. I 199 III 183 VI 261 Isid. Or. XV 8. Nissen, Ital. Landeskunde. 11. 32

498 Kapitel IX. Rom,

Holzbau laugsam durch den Steinbau zurück gedrängt: zuerst für Wasser- und Befestigungsanlagen (S. 41). Im Tullianum dem Quellhaus am Fufs der Arx, den ebendort befindlichen Latomien, der palatinischen Umfassungsmauer kündigt sich die allmähche Wandlung an, bis die Herrschaft der Tarquinier ihr zum Sieg ver- hilft und eine wirkliche Stadt schafft.

Wie die Ueberlieferung Rom aus kleinen Anfängen heran- wachsen läfst, beschränkt sie auch dessen älteste Feldmark auf einen bescheidenen Umfang. „Zwischen dem 5. und 6. Meilenstein von Rom, schreibt Strabo i), liegt ein Ort Namens Festi: diesen erklärt man für die Stadtgrenze unter Romulus, und die Priester richten hier und an mehreren anderen Grenzorten am nämhchen Tage ein Opfer aus das sie amharvia Flurweihe heifsen." Die Angabe trifft auf den Arvalenhain an der Via Campana zu, ohne Bedenken wird auf diesen der anderweitig nicht vorkommende Name Festi bezogen werden dürfen. Wenn demnach am rechten Tiberufer das römische Gebiet seewärts den 6. Meilenstein nicht überschritt, so wird das Gleiche für das linke bezeugt, wo man ebenfalls am 6. Meilenstein der Via Laurentina dem Terminus opferte.^) Landeinwärts 5 Milben von Rom scheint ein Graben fossa Cluilia oder Cloelia die Grenze gegen Alba gebildet zu haben. 3) EndHch im Norden ist die Anio- linie nicht erreicht, da Antemnae diesseit mit nur 3 Millien Ab- sland von Rom sich dazwischen schiebt. Aus diesen Angaben ist ersichthch dafs das ursprünghche Gebiet Roms kaum einen Flächen- inhalt von 2 d. Geviertmeilen befafst hat. Unter der kraftvollen Führung seiner Könige wird es um den acht- oder neunfachen Be- trag erweitert. Nach Aufnahme der Albaner wird die Tibermündung dauernd gewonnen , zu ihrer Sicherung Ostia gegründet. Ein schmaler Streifen an beiden Flufsufern ist römisch: nördhch vom Tiber sind die Vejenter bis jenseit der Lagune verdrängt worden, wo Fregenae das 245 v. Chr. eine Bürgercolonie erhielt, auf vejen- tischem Boden lag (S. 350); an der Südseite erstreckt sich die Feldmark von Laurentum bis zum Abflufs der Lagune 2 3 km von Ostia.4) Durch den Anschlufs Alba's ist die römische Grenze in

1) Strab. V 230 vgl. Jordan Top. I 1,289 Benzen Acta fr. Arvalium 47.

2) Ovid Fast. II 681.

3) Liv. 1 23 II 39; Cloeliae fossae Fest. 56 M. Dion. H. III 4 Vlll 22 Plut. Coriol. 30,1.

4) CIL. XIV 126.

2. Die Altstadt. 499

ähnlicher Weise nach Süden bis über M. Cavi vergröfsert worden. Das linke Anioufer 15 km aufwärts bis Collatia erscheint als römischer Besitz. Endlich sind am rechten Ufer ihm einverleibt worden die Gemeinden Corniculum Ficulea Crustumerium, so dafs Rom seinen Arm am Tiber 16 Milben zu Berg, ebenso weit als zu Thal aus- gestreckt hat.i) Am Ende der königlichen Zeit ist demnach das Stadtgebiet auf 15 20 d. Quadratmeilen angewachsen. Daneben hat Rom an der Vergrölserung seines Machtgebiets unablässig ge- arbeitet. Wie es im Innern die grofsen Flufsthäler Tiber und Anio in seine Gewalt bringt, so sucht es auch vor allem die Seeküste zu unterwerfen. In dem 509 v. Chr. abgeschlossenen Vertrag erkennt Karthago die römische Herrschaft über die ganze 120 km lange Küstenstrecke von der Tibermündung bis Tarracina an. Diese Thatsachen deuten schon auf eine bedeutende Entwicklung im städti- schen Sinne hin: die gesonderten Gemeinden werden zur Einheit verbunden durch eine neue Gründung, welche die Sage dem Ser- vius Tullius zuschreibt. Mit ihr betritt die Stadtgeschichte festen Boden.

§ 2. Die Altstadt.

Rom heifst die Siebenhügelstadt 2); aber die Bestimmung der einzelnen Hügel hat ebenso geschwankt wie bei unserem Sieben- gebirge am Rhein. Am Ausgang des Altertums wird das Janiculum, in den Regionbeschreibungen auch noch der Vatican eingerechnet. 3) Unter Septimontium versteht der ältere Sprachgebrauch das Pala- tium und seine Vorstädte mit Ausschlufs von Aventin Caelius Viminal und Quirinal (S. 497). Dagegen zählen die Geschichtschreiber der Re- pubhk sieben Hügel auf die Servins Tullius mit einer gemeinsamen Mauer umgab: Palatium Capitol Quirinal Viminal Esquilien Caeüus Aventin. 4) In der That sind sie es gewesen deren Zusammenschlufs die gröfste und stärkste Festung ergab die ganz Italien, von einigen wenigen hellenischen Seestädten im Süden abgesehen, aufzuweisen hatte. Cicero preist die Weisheit der römischen Könige welche die Mauer rings an steilen und abschüssigen Bergen hinführten, so

1) Plin. m 54.

2) Cic. an Att. VI 5,2 Varro LL. V 41 Verg. Georg. II 535 Aen. VI 783 TibuU II 5,55 Gell. N. A. XUl 14,4 Plin. III 66 Marlial IV 64,11,

3) Serv. V. Aen. VI 784.

4) Strab. V 234 Dion. H. IV 13 Liv. 1 44.

32*

500 Kapitel IX. Rom.

dafs nur an einer Seite zwischen Quirinal und Esquilin ein bequemer Zugang war der durch mächtige Werke gedeckt werden mufste.i) Nach dem Erwerb der Weltherrschaft sprengt Rom seinen Mauer- gUrtel: neue Thore werden hiudurchgebrochen, Häuser lehnen sich an der Innen- und Aufsenseite an, zur Zeit des Augustus hielt es schon schwer den Ring im Einzelnen zu verfolgen.^) Die letzten Jahrzehnte haben an 40 50 Stellen Ueberreste ans Licht gefördert, die verstatten ein klares Rild von der gesamten Anlage zu ent- werfen. Drei Viertel des rund 6,6 MiUien 9,8 km messenden Um- fangs sind von iNatur gedeckt, da die Hügel durchweg 30 m über den sumpflgen Niederungen ansteigen. An den Hügeln wurden entweder die Tuffwände künstlich abgeschrofft (wie am Capitol und Quirinal ersichtlich); oder man bettete in halber Höhe eine Quader- mauer in den Felsen ein und führte sie bis über den Rand des Berges, den leeren Hinterraum mit Schutt ausfüllend. Mancherlei Abweichungen werden an den vorhandenen Stücken wahrgenommen, wie nicht anders sein kann bei einem Werk das 4 500 Jahre in sturmfreiem Zustande erhalten 3) und hierauf langsamer Zerstörung preisgegeben wurde. Die Ueberlieferung schreibt es mehreren Königen zu: Ancus Marcius, Tarquinius Priscus, Servius TuUius, Tarquinius Superbus 4); ohne Zweifel sind vielfach ältere Befestigungen der Hügel in diese neue aufgenommen worden. Aber im Gro/sen und Ganzen trägt die Anlage den gleichen Stempel und ist nach einheitlichem Plan ins Leben gerufen : wie begreiflich da der Plan durch die Bodengeslallung an die Hand gegeben wurde. Die Mauer ist aus regelmäfsigen Tufl^quadern von 1' röm. Schichthöhe (S. 63) im Wechsel von Läufern und Bindern ohne Anwendung von Mörtel errichtet. Nur an der Angriffsfront im Osten und an drei Stellen wo die Thalsohle zu durchqueren war, bedurfte sie einer Ver- stärkung an Höhe und Breite sowie der Beigabe von Thürmen. Der umschlossene Raum mifst bei gröfster Länge in der Luftlinie von Nordost nach Südwest 4 km , bei gröfster Breite 2 km ; doch spotten die Umrisse der Hügel jeglichen Vergleichs mit einer künst- hchen Figur. Den Abstand zwischen Tiber und Capitol sperrt

1) Cic. Rep. II 11.

2) Dion. H. IV 13 Liv. 1 44.

3) Noch im hannibalischen Krieg 212 v. Chr. viferden Mauern und Thürme durch eine aufserordentliche Commission hergestellt Liv. XXV 7.

4) Strab. V 234 Liv. I 36. 44 Dion. H. III 66 IV 13. 54 Plin.III 67.

§ 2. Die Altstadt. 501

ein 200 m langes Mauerstück das unmittelbar am Flufs dem Süd- ostende der Insel gegenüber die porta Flumentana ') , landeinwärts die porta Carmentalis ein Doppelthor enthält. Das Capitol ist als Citadelle behandelt und nach dem Fall der übrigen Stadt ver- theidigurigsfähig2): es hat einen einzigen Aufgang von Südosten her, ist im Altertum vom Marsfeld aus unzugänglich gewesen, wo- durch späterhin dem entwickelten Verkehr ein unerträgliches Hinder- nifs bereitet war. lieber den Nacken der Capitol und Quirinal verbindet, läuft in einem tiefen Einschnitt eine zweite Strafse nach dem Marsfeld : der Einschnitt wie die hier befindUchen Steinbrüche dienen dazu die Nordostecke der Burg zu verstärken. Der lange Rücken des Quirinal ist durch das Thal nach dem Pincio hin ge- sichert: wir dürfen uns die Versumpfung im Marsfeld durch die Petronia (S. 493) älterer Zeit so ausgedehnt denken dafs jeder An- griff auf die Stadt von Nordwest her aussichtslos war. Anders ver- hält es sich im Nordosten, wo die Landzungen des Quirinal Viminal und Cispius an den Grundstock des Hügelplateau's austofsen. Die Hochfläche bei ihrer Vereinigung im Norden 64 m, nach Süden auf dem Esquilin bis 52 m sich abdachend, überragt und beherrscht die gesamte Stadt, steckt damit auch dem anrückenden Feind ein deutliches Ziel. Von der porta Collina dem quirinalischen Thor her droht die schwerste Gefahr, hier pflegt sich das Schicksal der Festung zu entscheiden 3); die via Salaria und via Nomentana die von Nord und Ost kommenden Heerstrafsen münden hier ein. Der gefährdete Abschnitt reicht bis zur porta Esquilina dem Ausgang der Ost und Südost nach Tibur und Praeneste laufenden Strafsen. Zwischen beiden in der Mitte liegt die porta Viminalis. Zum Schutz wurde der agger eine grofsartige Verschanzung erbaut, die noch in der Kaiserzeit Bewunderung erregte.*) Ihre Länge mafs nach Dionys 7, nach Strabo 6 Stadien, in Wirklichkeit etwas mehr nämlich rund 1300 m. Im Uebrigen stimmt die Beschreibung des Dionys mit den Ergebnissen der neueren Ausgrabungen überein. Auf der Hochfläche war ein Graben von mindestens 100' Breite und 30'

1) Die Lage wird bestimmt durch Fest. 89 appellata quod Tiberis partem ea fluxisse affirmant.

2) Cic. Rep. II 11.

3) Liv. II 11. 51 III 51 V 41 XXVI 10 Dion. H. IX 24. 68 Appian b. civ. I 67. 93 Plut. Sulla 9. 29 Tac. Eist. III 82 Juvenal 6,291.

4) Dion. H. IX 68 Strab. V 234 Plin. III 67.

602 Kapitel IX. Rom.

Tiefe gezogen. Dahinter war mit der ausgehobenen Masse ein gewaltiger Wall aufgeschüttet den Quadermauern an beiden Seiten einfafsten: die äufsere war 4 m dick und mindestens 15 m hoch; von der inneren steht noch ein ansehnlicher Rest. Bei einer Ge- samtstärke von reichlich 30 m war dem Wall weder mit Sturm- böckeo noch mit Minen beizukommen. Die Befestigung der Südost- und Südseite, deren Gang auf weiten Strecken nicht durch Ueber- bleibsel erläutert wird, wies zwei schwache Stellen auf: dieEinsenkung zwischen Esquilin und Caelius und die Einsenkung zwischen Caelius und Aventin; in der letzteren befindet sich die porta Capena, das belebteste aller römischen Thore durch das die grofsen Strafsen nach Süden, die via Latina und via Appia ausziehen. Der Aventin ist durch einen Bach die Marrana (S. 494) von Caelius und Palatin geschieden, stellt aber trotzdem ein notwendiges Glied in der ge- samten Anlage, man darf sagen den Schlufsstein dar; denn von den drei Hügeln am Tiber beherrscht keiner den Wasserverkehr in gleichem Grade wie dieser, und Herrschaft über den Flufs ist der Gedanke der den Erbauern Roms vorgeschwebt hat. Ohnedem ward durch die Aufnahme des Aventin eine unverächtliche Südfront gewonnen: der Almo erschwerte das Vorgehen des Feindes und die am nürdüchen Fufs des Berges und dem Flufs belegene porta Tri- gemina war ganz unnahbar, indem die offene Schwertseite des An- greifers auf mehrere hundert Schritt von der den Hohlweg über- ragenden Mauer bestrichen werden konnte. Endlich auf einer Entfernung von 300 m zwischen Porta Trigemina und Carmentalis hütete der Tiber die Stadt. i) Das Ufer war bis auf den Grund mit einer Quadermauer eingefafst, deren Brüstung für die damaligen Aufgaben der Vertheidigung ausreichte ohne das Anlegen oder Schleppen der Schiffe zu behindern. Der pons sublicius, eine auf schnellen Abbruch berechnete Holzbrücke stellte die Verbindung mit dem rechten Ufer her. Die Zahl der Thore läfst sich nicht mehr mit Sicherheit ermitteln: während man in der Kaiserzeit deren 19 unterschied, wird ungefähr der dritte Theil nicht als ur- sprünglich anzusehen sein.

Das servianische Rom umfafst nach Beloch's Berechnung einen Flächeninhalt von 426 ha. Es steht den hellenischen Seestädten Syrakus und Akragas Kroton und Tarent an Gröfse nach, wird aber

1) Liv. II 10 Dion. H. V 23 IX 68.

§ 2. Die Altstadt. 503

in den italischen Landschaften nirgends erreicht oder gar über- Iroffen : von den Zwölfstädten der Etrusiier kommt ihm allein Veji nahe (S. 37). Der Wettbewerb auf den die Natur beide hinge- wiesen hatte, wird die aufserordentliche Kraftentfaltung bewirkt haben (S. 38). Viele unter den Städten deren Beschreibung diese Blätter füllt, erfreuen sich kraft ihrer Lage vollkommener Sicher- heit vor jedem feindlichen üeberfall und sind durch offene Gewalt nicht zu bezwingen. Bom dagegen nimmt die strategische Mitte der Halbinsel ein , ist von allen Himmelsrichtungen her Angriffen ausgesetzt und keineswegs von Natur in gleichem Mafse geschützt wie jene. Trotzdem darf man ihm eine höhere Stärke beilegen: während die Bergfestungen im Appennin und Etrurien eingeschlossen und ausgehungert werden können , ist dies bei der Tiberfestung nicht möghch. In alter und neuer Zeit haben Geschichtschreiber sich die Köpfe darüber zerbrochen, warum Pyrrhos und Hannibal nach den glänzendsten Siegen von der Belagerung Abstand nahmen. Der Grund ist einfach der dafs das Unternehmen nur unter der Voraussetzung durchführbar war, dafs der Angreifer gleichzeitig an beiden Flufsufern überlegene Streitmassen zu seiner Verfügung haben mufste. Das servianische Rom gleicht nach der Auffassung seiner Bewohner einem Feldlager: auf dem Janiculum erwartet das Heer den von Etrurien, am CoUinischen Thor den vom Anio an- rückenden Feind und wechselt den Standort vermittelst eines 5 km langen Marsches, während der Belagerer von einer Angriffsfront zur anderen die vierfache Entfernung zurückzulegen und den reifsenden Strom zu überbrücken hatte. Seine Aussichten würden sich erheb- lich gebessert haben, wenn er über eine Flotte geboten, den Aus- weg zum Meer und den ganzen Flufslauf beherrscht hätte: ein solcher Fall ist indefs in den älteren Kriegen nie und erst 87 v. Chr. eingetreten, nachdem inzwischen die VVehrhaftigkeit der Festung durch den Anbau von Vorstädten sehr beeinträchtigt worden war. Die servianische Mauer hat den Gang der städtischen Entwicklung bestimmt; dies gilt auch von der Anordnung des Wohnraums die König Servius getroffen. Auf ihn wird die Einrichtung der vier städtischen Tribus zurückgeführt: des Palatium der Ramner als tribus Palatino, der latinischen Vorstadt auf dem Caelius und in der Subura als tribus Suburana, der alten Esquiliae als tribiis Esquilina, der Sabinerstadt auf dem Quirinal als tribus Collina. Diese vier Quar- tiere bilden eine sacrale Einheit: zweimal des Jahres werden die

504 Kapitel IX, Rom.

27 Kapellen der Argeer die über sie verlheilt sind, in feierlicher Procession besucht, i) Sie stellen auch ein bevorzugtes Rechts- gebiet dar. Wie der Wall des Lagers Bürger und Bundesgenossen umschliefsl, so die Stadtmauer Bürger und Bauern: noch am Aus- gang der Republik werden die Bewohner Roms als montani und pagani unterschieden (S. 497). Beide sind getrennt durch das Pomerium. In der Kaiserzeit war das Verständnifs des Begriffs mit seiner praktischen Bedeutung aus dem allgemeinen Bewufstsein ent- schwunden. Ehedem in den Tagen des alten Ständekampfs war es keineswegs gleichgiltig gewesen, ob ein Stadtviertel innerhalb oder aufserhalb des Pomerium lag: aufserhalb gebot der Magistrat unumschränkt über Leben und Tod, innerhalb hatte er den Blut- bann nicht, mufsten seine Lictoren das Beil aus dem Ruthenbündel fortthun. Die Grenze zwischen den beiden Rechtsgebieten domi und militiae, wie die römische Ausdrucksweise lautet, ist mehrfach ver- schoben worden. 2) Der Aventin lag bis zum J. 49 n. Chr. aufser- halb des Pomerium; dasselbe gilt ursprünglich auch vom Capitol und den zwischen ihm und dem Aventin befindlichen Niederungen. Dafs das Vorrücken des Pomerium und die Verleihung der Privi- legien der City die darin enthalten war, für die bauliche Gestaltung der Stadt von Bedeutung gewesen sei, versteht sich von selbst: leider läfst uns die Ueberlieferung im Einzelnen im Stich. Bürger höheren und niederen Rechts sind im Rahmen der Centurienver- fassung zum gegliederten Ganzen vereinigt, eine gemeinsame Mauer schützt die Quartiere ob sie nun innerhalb der städtischen Frei- grenze liegen oder aufserhalb. Das Feldlager hat im Praetorium seine beherrschende Mitte, der Imperator hält die zwiespältigen Heer- genossen zusammen, da ihm Alle mit Leib und Leben bedingungs- los überantwortet sind. Zum Praetorium von Rom wird der 450 m lange 150 m breite tarpeische Berg erhoben, gleich jenem die letzte widerstandsfähige Wehr wenn Wall und Mauer vom Feinde durchbrochen sind. Die südwestliche Kuppe heifst Capitoliwn der IIauptberg3); sie trägt den hochragenden Tempel des besten obersten Juppiter des wahren Königs von Rom 4), den die Tarquinier erbaut und die ersten Consuln geweiht haben. Ein schwerer massiger

1) Varro LL. V 45 fg.

2) Tac. Ann. XII 24 Liv. I 44 Sen. Diel. X 13,8 Gell. N. A. XIII 14.

3) Varro LL. V 41 Dion. H. IV 59 Plin. XXVIII 15.

4) Dio XLIV 11.

§ 2. Die Altstadt. 505

Bau (Grundfläche 59 X 55 m) aus unverputzten Tuffriuadern mit hölzernem Gebälk und thönernem Bilderschmuck, hat er für alle Zeiten als die Verkörperung römischer Macht und als höchstes Heiligtum des Erdkreises gegolten. Er brannte 83 v. Chr. 69. 80 n. Chr. ab und erstand jedesmal prächtiger aus seiner Asche. Die nordöstliche Kuppe wird von der Arx eingenommen, die sich zum Capitol verhält wie das Quaestorium im Lager zum Praetorium. Hier ist 344 v. Chr. der Gemahlin Juppiters der Juno Moneta ein Tempel errichtet worden, an den sich die Münzstätte anschlofs (S. 68). Vom Praetorium im Lager läuft die Hauptstrafse nach der Frontseite die Via Praetoria aus; an dasselbe schliefst sich das Forum an. Die nämliche Anordnung wird in Rom befolgt. Von Südost her führt die Sacra via die palatinische Altstadt von der Subura scheidend auf die Einsattelung des Capitols hinauf: der ein- zige Fahrweg der Burg und Stadt verbindet. Die starke Steigung des clivus Capitolinus (1 : 15) machte seine Benutzung recht unbe- quem. Das sumpfige Thal zwischen Capitol und Palatin wurde durch ungeheuere Aufschüttungen erhöht, der Abflufs geregelt und schliefs- lich überwölbt, wie wir ihn in der cloaca maxima vor uns sehen (S. 494). Die Sage läfst mit Recht einen langen Zeitraum über der Austrocknung verstreichen, da sie die Eröffnung des Forums dem Romulus und Titus Tatius, den Bau der Kloake dem letzten Tarquinier zuweist. Das eigentliche Forum ein länglicher Platz von 154 X 52 m wird an der Südseite von der Sacra via eingefafst: hier erhebt sich am Fufs des Capitol seit 497 v, Chr. der Tempel des Saturn, am unteren Ende seit 484 der Tempel des Castor. Die gegenüberliegende Nordseite weist den Carcer auf, sodann die Curie, das Haus des Senats dessen Bau von König Tullus Hostilius herrührt. Vor der Curie erstreckt sich das Comitium, die Ding- stätte auf der Recht gesprochen wird und die Bürger der drei alten Tribus Ramner Titier und Lucerer zusammentreten. Endlich die Ostseite wird durch den Hain der Vesta und die Regia die Amts- wohnung des Oberponlifex begrenzt. Während das staatliche Leben seinen Brennpunct im Capitol und Forum findet, drängt Handel und Verkehr dem Flufs zu. Die Niederung zwischen Capitol Palatium und Aventin ist die bevolkertste Geschäftsgegend der Stadt. Zu Füfsen des obersten Juppiter auf dem forum boarinm laufen sämtliche Hauptstrafsen als dem gewiesenen Centrum zu- sammen: auf diesen Platz führt die Fortsetzuns; der Alta semita

506 Kapitel IX. Rom.

vom Qurinal, des vtcus Patricius vom Viminal, der Subura vom Es- quilin, die nahe Porta Capena und die noch näheren Flufsthore Trigemina und Carmentalis; von diesem Platz führt die Holzbrücke die einzige l'esle Verbindung nach dem jenseitigen Ufer hinüber. An ihn stöfst der circus maximus etwa 10 ha grofs, 600 m lang und 150 ni breit, an Werkeltagen ein Krammarkt, an hohen Fest- tagen Rennbahn. Der Grund und Boden über den das städtische Leben ein- und ausströmte wie das Blut im Herzen, ist durch die Tarquinier entsumpft worden. Er war bis 88 v. Chr. vom Pomerium ausgeschlossen und angebUch durch König Numa den grofsen Priester- schaften zur Nutzniefsung überwiesen worden, in deren Gasse die Platzmiete der hier hausenden Handwerker und Krämer der collegia Capitolitiorum und Mercurialium Hofs, i) Der Verkehr ist so alt wie die Ansiedlung auf dem Palatium: daran erinnerte die ara maxitna auf dem Ochsenmarkt die der fromme Evauder dem Her- cules geweiht hatte. Aber der Uebergang von den Schilfhütten und Bretterbuden die bei Gelegenheit der Messe aufgeschlagen wurden , zu festen VVohnstätten mufs sich durch eine Reihe von Jahrhunderten hingezogen haben. Er erfolgt zuerst an der Haupt- ader die das Forum mit dem Ochsenmarkt verbindet, dem vicua Ttiscus: die Erbauung wird unter Romulus oder Tarquinius Priscus, von unseren Annalen 508 v. Chr. angesetzt.^) Sodann nach der Auswanderung der Plebs wird 493 der Cerestempel am Circus ein- geweiht und zum Mittelpunct der plebejischen Sondergemeinde er- hoben. Endlich ertrotzt die Plebs 456 die Auftheilung des Aventin zu Bauplätzen: auf diesem Hügel lag der unter Servius TuUius von Römern und Latinern gemeinschaftlich gestiftete Tempel der Diana ; der Boden befand sich nur zum kleineren Theil in Privathänden, zum gröfseren Theil in öffentlichem Besitz. Nunmehr wird das Gemeinland zu vollem Eigentum überwiesen , ein dichtes Plebejer- viertel entsteht, das in allen bürgerlichen Zwistigkeiten bis auf die Gracchen herab recht eigentlich als Festung dieses Standes ge- dient hat. 3)

Das Kriegslager das König Servius errichtet hatte, fiel 390 v. Chr. ohne Schwertstreich in die Hände der Kelten, nachdem das römische Heer an der Allia vom Rückzug in dasselbe abgeschnitten

1) Gros. V t8,27 Appian Mithr. 22.

2) Varro LL. V 46 Tac. Ann. IV 65 Liv. II 14 Dion. H. V 36 Fest. 354 u. a.

3) Dion. H. X 31. 32 Liv. lU 31.

§ 2. Die Altstadt. 507

worden war. Es verblieb sieben Monate lang in ihrem Besitz, währenddem gingen die leichten Holzhäuser meistentheils in Flammen auf. Der binnen Jahresfrist erfolgende Neubau hat in mehr als einer Richtung das Aussehen der Stadt bestimmt, i) Allerdings hatte die Gestaltung des Bodens 2) und die gesonderte Entstehung der einzelnen Viertel den Königen die Durchführung eines einheitlichen Strafsenzugs erschwert. Aber die zwölf Tafeln enthalten genaue Vorschriften über die Breite der Vici 3) , und das weitverzweigte Netz der unterirdischen .\bzugscanäle setzt eine regelmäfsige Anlage der verschiedenen Quartiere voraus. Diese ward durch den Neu- bau verwischt: die Anlieger rückten über die Fluchtlinie vor, schlugen auch wol die ganze Gasse zu ihrem Grundstück und leiteten damit jene zweck- und gesundheitswidrige Vertheilung des Raums ein die für die spätere Weltstadt verhängnilsvoU werden sollte. Ursprünghch bildete Landwirtschaft die vorwiegende Beschäftigung der Bewohner: die Sage läfst jedem Bürger zwei Morgen durch König Romulus als Erbe zugetheilt werden und führt auf diese Anweisung die Entstehung des Privateigentums an Grund und Boden zurück.^) Daneben blüht das Gewerbe auf: König Numa hat die acht Zünfte der Musikanten Goldschmiede Zimmerleute Färber Schuster Gerber Kupferschmiede Töpfer eingerichtet und alle übrigen Handwerke in einer neunten zusammengefafst. ') Beide Lebens- richtungen sind der Natur der Dinge wie der geschichthchen Ent- wicklung nach im Grofseu und Ganzen räumhch getrennt. In den ältesten Stadttheilen auf den Höhen hat der Ackerbau seinen Sitz, die geschützten und gesunden Hügel weiden von den Adelshöfen eingenommen. 6) In den Niederungen, in der Subura am Fufs des Palatium am Flufs siedeln die Gewerbsleute. Dort wiegt das Bauern- haus mit Giebeldach und Stallung, hier die Bretlerhütte vor: diese wie jenes nach dem Mafsstab kommender Zeiten beschränkt und ärmHch.7) Das Vorbild das der Staat mit seinen Tempeln und

1) Diod. XIV 116 Liv. V 55 Plul. Cam. 32 Tac. Ann. XV 38. 43 Juvenal 3.236.

2) Cic. de lege agr. 2,96 Romam in montibus positam et convallibus, cenaculis sublatam atque suspensam, ?ioti optiinis viis angustissimis semitis.

3) Schoell fr. p. 138.

4) Varro RR. I 10.

5) Plut. Numa 17.

6) Cic. de domo 101 fg. de har. resp. 32 Liv. II 7 VIII 19 V 46.

7) Varro bei Neu. 55 Val. Max. IV 4,8 Tac. Aan. II 33 re publica tenui angustas civium domos.

508 Kapitel IX. Rom.

Befestigungen gegeben, wirkt auf die bürgerliche Bauweise ein, das Blockhaus beginnt in ein Steinhaus sich umzuwandeln: die Grund- schichten werden aus Quadern, die Wände aus Luftziegeln aufge- führt.!) Das Strohdach wird zunächst durch Schindeln ersetzt, nach dem Gallischen Brand hefert der Staat seinen Bürgern gebrannte Dachziegel, erst um 280 v. Chr. jedoch verschwinden die Schindel- dächer.2) Damit hängt eine andere folgenreiche Neuerung zusammen. Das Landrecht von 450 bestimmt dafs die Häuser durch einen Ab- stand von 2V2' für die Dachtraufe getrennt seien; später haben sie durchgehends gemeinsame Zwischenwände für die das Gesetz eine Stärke von IV2' vorschreibt. 3) Die hierin liegende bedeutende Raumersparnifs wird dadurch erzielt dafs das tuscanische Atrium das den Regen durch eine Oeffnung des einwärts geneigten Daches im Inneren des Hauses zusammenfliefsen läfst, an die Stelle des bisher üblichen Giebeldachs tritt. Man darf vermuten dafs der Neubau von 390 diesen Umschwung, den Uebergang von der offenen zur geschlossenen Bauart veranlafst hat. Wenn hiermit dem Wachs- tum der Bevölkerung Rechnung getragen wird, so geschieht dies in noch höherem Mafse durch die Entwicklung des Hochbaus. Die Annalisten weisen in glaubhafter Weise bereits dem tarquinischen Königshause ein Obergeschofs zu. 4) Aber naturgemäfs sind es die Geschäftsgegenden die den Raum zu vervielfältigen in die Höhe streben: am Ochsenmarkt gab es 218 v. Chr. dreistöckige Häuser; bei der Besiedelung des Aventin 456 soll das Rechtsverhältnifs nach welchem die einzelnen Stockwerke verschiedenen Eigentümern ge- hörten, zur Anwendung gelangt sein.^) Ein Zeugnifs für die allmäliche Verdrängung der Ackerwirtschaft aus den Mauern und die fortschreitende Ausbildung städtischer Wohnweise erkennen wir in dem Umstand dafs der Gebrauch des Wagens je länger desto mehr beschränkt wird. Die Enge der Strafsen macht es begreif- lich, dafs die Gesetzgebung um dieselben frei zu halten schon sehr früh zum Einschreiten genötigt wurde. Man wufste in Rom dafs die höheren Beamten einst in der Stadt fuhren, dafs sie auch nach

1) Vgl. Pomp. Studien 25.

2) Pomp. Stud. 23.

3) Pomp. Stud. 79. 567. 630. Die communio parietum wird durch Nero untersagt Tac. Ann. XV 43.

4) Liv. I 41 Dion. H. IV 5.

5) Liv. XXI 62 XXXVI 37 XXXIX 14 Dion. H. X 32.

§ 3. Die Stadterweiterung. 509

Ablauf ihres Amis zu den Senalssitzungen fahren durften: aber dies Vorrecht ist beseitigt worden bevor es eine ausführHche Chronik gab; denn die Chronik verzeichnete nur einen einzigen Fall vom J. 241 wo die entsprechende Erlaubnifs dem blinden Pontilex Metellus vom Volk ertheilt ward.i) Was der Freistaat den Männern untersagte, gewährte er gleichwol den Frauen: als Entgelt für die fromme Hingabe ihres Coldschmucks wurde ihnen 395 gestaltet an Festtagen vierräderig, Werktags zweiräderig durch die Stadt zu fahren. Sie behaupteten dieses Vorrecht, von einer kurzen Unterbrechung (215 195) abgesehen, bis auf die Monarchie.^) Das 46 erlassene Stadtrecht Caesars schliefst mit wenigen Ausnahmen jeglichen Wagenverkehr innerhalb der bewohnten Fläche für die Geschäfts- zeit von Sonnenaufgang bis zur zehnten Tagesstunde aus. Erst im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr., seitdem die Strafsen Roms ent- völkert waren, verlor das strenge Fahrverbot seine bindende Kraft.

§ 3. Die Stadterweiterung.

Die palatinische Gründung des Romulus, wenn wir der Tra- dition folgen, ist durch den Anschlufs von Vororten bis zu dem Umfang gewachsen den die servianische Mauer anzeigt. Auch dies gewaltige Werk wird bald nach seiner Errichtung durch die treiben- den Kräfte des römischen Staats bedroht. Zunächst am Tiber breitet sich der Verkehr aufserhalb der schützenden Thore aus. Vor der Porta Trigemina am Aventin ist ein Stapelplatz für Salz von Ostia und bereits im 5. Jahrhundert auch für Getreide nach- weisbar. 3) Nach Norden im Marsfeld werden die navalia Docks für die Kriegsmarine zuerst 338 erwähnt.^) Eine ganze Reihe von Tempeln ausländischer Götter werden im Umkreis der Stadt erbaut und geben den Kern neuer Ansiedlungen ab. Das Vorrücken nach Norden wird durch die Tempel der Bellona 495 und des Apollo 431 eingeleitet; 291 nimmt Aesculap von der etwa 300 m langen Tiberinsel Besitz. Im Süden liegt ein alter 3Iarstempel eine reich- liche Millie vor Porta Capena: der Zwischenraum zwischen Thor und Tempel beginnt schon im 4. Jahrhundert ausgefüllt zu werden.

1) Fest. 49 Gell. N. A. III 18,4 Plin. VII 141.

2) Liv. I 48 V 25 XIX XXXIV 1. 8 Fest. 245 Pol. XXXII 12,4 Suet. Tib. 2.

3) Frontin aqu. 5 Liv. IV 16.

4) Liv. Vm 14 vgl. III 26.

610 Kapitel IX. Rom.

Seit der Eroberung Campaniens nämlich, im Zeitalter der Samniter- kriege dehnt sich die Stadt nach dieser Himmelsgegend aus: 312 wird die Via .\ppia die älteste römische Kunststrafse nach Capua geführt; ihr Urheber der Censor Appius Claudius hat zugleich die erste römische Wasserleitung geschaffen. Die 11 Millien lange unterirdische aqua Appia die über den Aventin nach Porta Trige- mina läuft und hier endigt, versorgt im Süden die plebejischen Viertel innerhalb wie aufserhalb der Mauer. Nach dem Krieg mit Pyrrhos wird die gleiche Wolthat dem Esquilin zu Theil durch die Anio vetus genannte Leitung, die in den J. 272 261 erbaut 43 Millien weit Gebirgswasser aus dem Anio herschaffte. Als die Römer in Sicilien und Sardinien festen Fufs gefafst hatten, sodann den Po und die Alpen als Landesgrenze in Aussicht nahmen, er- folgt der entscheidende Schritt zur Erweiterung der Stadt durch das Marsfeld. Vor Porta Carmentalis lag bereits der Gemüsemarkt (forum olitorium), und das Flufsufer wurde je länger desto mehr von Gebäuden eingerahmt. Aber die Censur des Gaius Flaminius 220 verlieh der im Entstehen begriffenen Vorstadt durch die An- lage des circus Flaminius einen ähnlichen centralen Platz wie die Altstadt im circus maximus besafs, und schuf ihr in der via Flami- nia ein festes Rückgrat. Unter allen Strafsen Roms steht die Flaminia einzig und allein der Appia an Redeutung nach, wie sie denn auch als deren nördliche Fortsetzung aufgefafst werden kann. Ihr Anfang vom Capitol ab heifst via lata jetzt Corso, und ist die Hauptverkehrsader des Marsfeldes im Altertum nicht minder als in der Neuzeit. 41/2 km vom Capitol überschreitet sie auf dem pons Mulvius Ponte Molle den Tiber: der ersten oder zweiten Rrücke welche aufserhalb des Mauergürtels geduldet wurde. i) Man kann Dämlich vermuten dafs die Insel inter duos pontes heifst sie öfters seit ihrer Weihung an Aesculap mit den beiden Ufern eine feste Verbindung gehabt habe. 2)

Durch die ringsum anschliefsenden Vororte ist die Entfestigung Roms angebahnt worden. Indessen geht es damit äufserst lang- sam, und erst am Ausgang der Republik hat die von den Königen errichtete Wehr ihre militärische Bedeutung eingebüfst. Im hanni- baUschen Kriege 217. 212 werden Mauer und Thürme ausgebessert. 3)

1) Liv. XXII 8 XXVII 51 Zonar. VIII 25.

2) Zuerst 192 erwähnt Liv. XXXV 21.

3) Liv. XXn 8 XXV 7.

§ 3. Die Stadterweiterung. 511

Nach überstandener Gefahr als nirgends ein Feind mehr drohte, dringen an der Innen- und Aiifsenseite Hänser an die Mauer her- an.i) Die beiden Hauptwerke auf dem Esquilin und Janiculum bleiben sturmfrei erhalten; im Uebrigen mufs Rom 87 gegen Cinna und Marius durch neue Schanzen gedeckt werden 2), nicht der Mauerkampf sondern die Feldschlacht entscheidet 82 und in den späteren Kriegen über sein Schicksal. Wie schwer die Regierung sich dazu verstanden hat den Anforderungen des Verkehrs gehorchend die Festung zu entwaffnen, zeigt ihr Verhalten im Brückenbau. Der Tiber gilt seit Alters mit Recht als Schützer und Schirmer: so sehr alles darauf hindrängte das rechte Ufer in den Kreis des städtischen Lebens hineinzuziehen , beschränkt sich die ältere Zeit auf drei feste Verbindungen , und alle drei der Pons Sublicius innerhalb wie die Inselbrücke aulserhalb des Thores endlich die Mulvische im Norden sind aus Holz erbaut, können mithin in kürzester Frist abgebrochen werden. Weniger durch Menschenhand als durch die Elemente sind diese spärlichen Verbindungen oft genug zerstört worden, z. B. wird der Pons Sublicius am Ochsen- markt in den J. 60. 32. 23 v. Chr. 69 n. Chr. von den Fluten fort- gerissen.3) Er hatte den ganzen Verkehr der servianischen Alt- stadt mit dem jenseitigen Ufer zu bewältigen und wird trotzdem einer eingerosteten Satzung zu Liebe nach jedem Einsturz ohne Verwendung von Erz und Eisen neu gezimmert.^) Um ihn zu ent- lasten und zugleich dem Hochwasser wirksamer zu begegnen wird oberhalb in seiner unmittelbaren Nähe der steinerne pons Aemilius Ponte Rotto erbaut: die Pfeiler werden 179 eingesenkt, aber bis zu ihrer Ueberwölbung 142 lälst die Regierung mehr als ein Menschenalter verstreichen. 5) Es dauert ein weiteres Menschenalter bevor die Mulvische Brücke 110 in Stein hergestellt wird. 6) Dann kommt 62 die Inselbrücke pons Fabricius an die Reihe. '^) EndHch

1) Wie aus Fest. 249 hervorzugehen scheint.

2) Appian b. civ. 1 67 oi vnarot xo fiev aarv raf^ote xaL zeixdjv dni- axevdis (oxvqovv xal /urixavTjuaTa ifiaravov vgl. c. 92.

3) Dio XXXVII 58 L 8 LUI 33 Tac. Hist. I 86 vita Anton. Pii 8.

4) Varro LL. V 83 Dion. H. III 45 Plut. Numa 9 Plin. XXXVI 100 Ovid Fast. V 622.

5) Liv. XL 51 Plut. Numa 9 in AtutXiov ra/uievovroe vgl. den Denar bei Mommsen Münzw. N. 124.

6) Aur. Victor, v. ili. 72 Ammian XXVII 3,9.

7) Dio XXXVII 45 CIL. I 600.

512 Kapitel IX. Rom.

hat M. Agrippa mit den veralteten Anschauungen völlig gebrochen, als er 160 m oberhalb Ponte Sisto zwischen der rechts- und links- seitigen Neustadt einen weiteren Uebergang schuf. lu der Tliat war Rom schon vorher rechtlich als ofleue Stadt anerkannt worden : den ersten uns erhaltenen Ausdruck davon finden wir in dem cae- sarischen Municipalgesetz von 46, das den Umfang Roms nicht durch die Mauer sondern durch die städtische Wohnweise bestimmt (nbei continente habitatur). Damit war der Untergang der alten Festungswerke besiegelt; wie mit so vielen Wällen in der Neuzeit geschehen ist, dient die mächtige Wehr auf dem EsquiHn fortan als öfl'enthcher Spaziergang. i)

Die iMauer ist nicht die einzige Fessel, welche die freie Ent- faltung der wirtschaftlichen Kräfte hinderte. Auch das Pomerium die städtische Freigrenze hat ihren Spielraum eingeengt. Von Hause aus der freie Platz zu beiden Seiten der Mauer, den die Ver- theidigung erheischt, ist der Begriff schon unter den Königen von seiner ursprünglichen Beziehung losgelöst und als Grenze ver- schiedener Rechtsgebiete aufgefafst worden (S. 504). Durch die Entwicklung der Volksfreiheit gegenüber der Magistratur verliert der Gegensatz zwischen beiden seine ursprüngliche Schärfe. Aber noch die Monarchie bindet sich an die äufseren Formen des Stadt- friedens: der Kaiser trägt daheim die Toga statt des Feldherrn- mantels, seine Lictoren führen zwar Beile im Bündel, doch sind die Beile wie beim Triumph mit Lorbeer verhüllt, die Garde lagert aufserhalb des Pomerium, die Palastwache zieht im Bürgerkleid, nicht im Kriegskleid auf. Desgleichen bleibt die Vorschrift in Kraft, dafs Fremde, Götter wie Menschen, vom Wohnsitz innerhalb des Pomerium ausgeschlossen sind. In den Fremdenvierteln greift die Polizeigewalt mit geringerer Rücksicht ein als der Bürger be- ansprucht. Wichtiger ist die auf ihnen vielfach lastende Beschrän- kung des Eigentums. Der Grund und Boden im Umkreis der Mauer gehört in ausgedehntem Mafse der Gemeinde, kann vvol mit oder ohne Rente zur Bebauung überlassen, aber nach jeglicher Verjährungsfrist wieder eingezogen werden. Wie sehr dies Rechts- verhältnifs in die Baugeschichte eingegriffen hat, vermögen wir mehr zu ahnen als klar nachzuweisen. Während der ganzen älteren Zeit von König Servius bis Sulla ist die Freigrenze unverändert geblieben.

1) Hör. Sat. I 8,15.

§ 3. Die Stadterweiterung. 613

Nachdem 88 v. Chr. für die KriegsrüstuDg gegen Mithridat die Liegenschaften am Capitol (S. 506) um 9000 Pfund Gold (8 Million Mark) losgeschlagen worden waren, rückt dieselbe zum ersten Mal vor. Die Monarchie hat sich minder spröde gezeigt: von Caesar Augustus Claudius Nero Vespasian Traian Aurelian wird die Er- weiterung des Pomerium überliefert.

Die Sage läfst König Romulus ein Asyl eröffnen um Einwohner für seine Gründung anzulocken, das geschichtliche Rom hat mit gewaltsamen Mitteln den Andrang abzuwehren gesucht. Die Ueber- lieferung erwähnt zuerst 187 v. Chr. als 12 000 Latiner ausgewiesen wurden, die einreifsende Uebervölkerung.i) Fortan ist dies Uebel bis zum Ausgang des Altertums ohne bleibenden Erfolg bekämpft, worden.^j Zur Entfernung der Latiner und Fremden genügte ein Machtwort der Magistrate 3) ; gegen die Orientalen wurde gelegent- lich mit äufserster Härte eingeschritten 4); insonderheit mufsten die Nichtrömer bei drohender Theuerung die Stadt räumen.^) Anders verhielt es sich mit den Bürgern : für An- und Abziehende bestand allerdings die Meldepflicht beim Consul oder Praetor 6) ; aber keine gesetzliche Schranke hinderte oder erschwerte die Einwanderung. Deshalb ergofs sich aus der bürgerlichen Bevölkerung ein ungleich stärkerer Strom nach der Hauptstadt als aus der Fremde. Da Rom Sitz der Gerichte der Regierung und Verwaltung ist, da die ver- schiedenen Seiten des Staatslebeus einen bedeutenden Aufwand an Personen beanspruchen, so mufs eine jede Vermehrung der Bürger- schaft zugleich die Einwohnerzahl steigern. Vollends nach dem Erwerb der Provinzen, als der Thron der Herrschaft und der erste Geldmarkt der Welt hier aufgeschlagen wurde, ging die Erweiterung der Stadt mit derjenigen des Reiches Hand in Hand. Das aus dem Reich erprefste Capital trieb den Bauer von seiner Hufe, der Bauer suchte naturgemäfs seine Zuflucht in der Stadt. Wol blühten zu Rom verschiedene Gewerbe welche an die Landschaften Tuch- Metall- und Thonwaaren absetzten. 'j Aber der Wettbewerb des

1) Liv. XXXIX 3 iatn tum muUitudine alieuigenarum urbem onerantt.

2) R. Pöhlmann, DieUebervölkerung der antiken Grofsstädte im Zusammen- hang städtischer Givilisation dargestellt, Preisschr. Leipzig 1884. 4.

3) Liv. XLI 9 XLII 10 Cic. pro Sest. 3U Off. III 47 Dio XXXVII 9.

4) Tac. Ann. II 85 Suet. Tib. 36.

5) Dio LV 26 Suet. Aug. 42 Gros. VII 3,6 Atimian XIV 6,19 XXVIII 4,32.

6) Cic. pro Archia 7 fg. CIL. I 2U6,lfg. Rhein. Mus. XLV 103.

7) Cato RR. 135.

Nissen, Ital. Landeskande. II. 33

514 Kapitel IX. Rom.

Capitals und der Sklavenarbeit, der Makel der an dem Handwerk haftete, veisperrte den brotlosen Bauern die Unterkunft die sie bei der analogen Entwicklung Englands in den Fabriken gefunden haben. Die darbende Menge forderte ihren Antlieil an den Früchten der Herrschaft, wie sie ihn seit Alters durch Gründung von Colonien empfangen halte.') Als die Regierung keinen Acker mehr verfüg- bar halte, und Tiberius Gracchus sie eines Besseren belehren wollte, da slrümten nach den Worten eines alten Gewährsmannes die Massen vom Lande nach Rom zusammen wie Flüsse in das all- umfassende Meer; nach dem Zeugnifs eines Zeitgenossen liefs sich der Volksführer während seines Tribunals von einem 3 4000 Mann starken Gefolge geleiten. 2) Vollends nachdem sein Bruder die Kornvertheilung an die hauptstädtische Plebs eingerichtet hatte, und die Republik ihrem Verderben rettungslos entgegen trieb, machte sich nicht allein das Gesindel aus der ganzen Halbinsel auf den Weg, auch der Tagelöhner liefs Weinberg und Saalfeld im Stich um in Rom die Welt regieren zu helfen und zu faulenzen. 3) Aufser- dem trug die Gewinnsucht der Herren welche ihre Sklaven frei hefsen um durch deren Vermittlung von den üffenthchen Spenden Nutzen zu ziehen, zur Vermehrung des Proletariats bei (S. 124).^) So waren schliefslich unter Caesar 320000 Bürger in die Listen der Getreideempfänger eingetragen: in den ersten beiden Jahr- hunderten unserer Zeilrechnung ist die Ziffer kaum unter 200000 gesunken.^) Neben dem Ungeheuern Wachstum der freien Ein- wohnerschaft nahm auch die unfreie stetig zu: leider fehlen be- stimmte Angaben um die Kopfzahl des im Dienst der Begüterten verwandten Gesindes sowie der öffentlichen und privaten Arbeit- sklaven zu schätzen (S. 119). Immerhin erscheint es dem in den nordischen Anschauungen der Gegenwart befangenen Betrachter

1) Liv. III 1 IV 47 VI 16 VIII 16X6 Dlon. H, VI 44 VII 13. 28 IX 59 Piut. Coriol. 12 Pol. II 21,8.

2) Diod. XXXIV 6 Asellio bei Gell. N. A. II 13.

3) Sallust Cat. 37 iuvenlus quae in agris manuum mercede inopiam tole- raverat, privatis atque publicis largiliunibus excila urbanum otium ingraio labori praetulerat. Appian b. civ. II 120 le aiiTjqiat.ov toIs nivr,at. x^QV' yovfievov iv ftovrj 'Pco/itj tov aQyov xal TixcaxBVOvra xai raxvspyov r/js ^IjaXiae Xecov is xfjv 'Pcüfirjv inäyerat.

4) Dion. H. IV 24 Suet. Aug. 42.

5) Suet. Caes. 41 Flut. Caes. 55 Mon. Ancyr. c, 15 Dio LXXVI 1,

§ 3. Die Statiterweiterung. 515

ein wahres Rätsel wie die im republikanischen Rom zusammenge- pferchte Menschenmenge ihr Obdach gefunden hat.

So lange Rom den Charakter als Festung bewahrte, d. h. bis in die sullanische Zeit war der Haupttheil der Bevölkerung auf die Altstadt beschränkt. Einer wirksamen Entlastung durch die Vorstädte stand auf dem Esquilin der Wall des Servius, gegenüber dem Mars- feld der schroffe Rücken des Capitol, gegenüber dem rechten Flufs- ufer die Unzulänglichkeit der Brücken im Wege. Die eigenthche Geschäftsgegend gaben die enlsumpften Niederungen am Fufs der Hügel ab. Aber um auf das Forum im Herzen der Stadt aus weiter Ferne den Strom des täglichen Lebens hin und her zu leiten, um Geschäft und Wohnung von einander zu trennen, wie London und andere Grofsstädte durch die modernen Verkehrsmittel erreicht haben, dazu fehlten nicht weniger als alle Vorbedingungen. Es genügt auf die Beschaffenheit der Strafsen hinzuweisen. Die Canalisirung war 184, die Anlage von Gangsteigen sowie die Pflasterung des Fahrdamms 174 v. Chr. theils durchgeführt theils an- gebahnt worden.^) Aber die Strafsen waren viel zu eng um einen regen Wagenverkehr zu gestatten. 2) Der Sprachgebrauch erkannte inner- halb der Altstadt nur 2 als viae Fahrwege an , die Sacra via und die Nova via auf dem Palatin, während alle übrigen als vi« be- zeichnet wurden. Man mufs annehmen dafs die Kaiserzeit eine durchgängige Verbreiterung bewirkt hat, und doch messen die vor- handenen Reste im Mittel nur 4 m, für die Hauptstrafsen 6 7 m. Es klingt schier unglaubUch dafs dieser dürftige Raum von den Anliegern durch vorspringende Tabernen und Erker weiter verkürzt wurde, wogegen die Polizei des öfteren einschreiten mufste.3) Bezüghch der freien Bewegung ihrer Ellbogen waren die Quiriten eben ge- nügsame Leute. Um 170 160 v. Chr. bewohnten 16 Aelier mit Weib und Kind zusammen ein Häuschen, und des AemiHus Paullus Tochter trug kein Bedenken in derartige Wirtschaft einzuheiraten.'*) Um dieselbe Zeit wird die Höbe der Mieten erwähnt, unter Caesar betrug sie im Durchschnitt das Vierfache des in italischen Städten

t) Liv. XXXIX 44 XLI 27.

2) Cic. de lege agr. 2,96 Tac. Ann. XV 38 Seneca Controv. II 1,11 Ju- venal 3,236.

3) Liv. XXXIX 44 Martial VII 61 Herodian VII 12,5 Ammian XXVII 9,10. V 4) Plut. Aem. Paul. 5,4 Val. Max. IV 4,8.

33*

516 Kapitel IX. Rom.

ilbliclien SatzesJ) Die ungeheuere Nachfrage führt eine Umwälzung der römischen Besitz- und Wohnverhältnisse herbei. Aehnlich wie die Bauerhufen von den Latifundien, werden die Bürgerhäuser von den Mietcasernen verschlungen (S. 46). Der städtische Wohnraum fallt dem Grofscapital als Beute anheim, wird ohne Erbarmen aus- genutzt und zum Gegenstand einer wüsten Speculation gemacht.2) Das Geld verzinst sich hier bedeutend besser als bei der Anlage in ländlichen Grundstücken, ist freilich auch gröfserer Gefahr ausge- setzt.3) Von Brand und Einsturz abgesehen, kommt es sogar ver- einzelt vor dafs auf das Drängen der Masse hin eine Jahresmiete von der Begierung erlassen wird.4) Immerhin wird durch derartige Zwischenfälle der Schwung des Geschäftes nur vorübergehend ge- stört. Der Grund und Boden erreichte Preise wie sie in unseren heutigen Weltstädten gezahlt werden. So kam die Baustelle von Caesars Forum in der wertvollsten Gegend auf 100 Millionen Sesterzen (21 3/4 Mill. Mark) zu stehen d. h. bei rund 9000 Dm der Quadrat- meter auf 2400 Mark. 5) Vielleicht der fünffache oder ein noch höherer Betrag mufste 54 v. Chr. für den Erwerb der an der Nord- seite des Forums belegenen Tabernen aufgewandt werden. ß) Bei dem Hause auf dem Palatin das Cicero für 3^2 Millionen von Crassus gekauft hatte, wurden nach amtlicher Schätzung II/2 Million 43 Procent des Wertes für die Grundfläche gerechnet '^); setzen wir solche zu 1000, höchstens 2000 Dm an, so ergiebt sich ein Preis von 2 300 Mark für den Meter. Die Ursache für das späte Auf- treten von Palästen in Rom ist vornehmlich in dem hohen Boden- wert zu suchen : erst nachdem durch die allmäliche Auflassung der Festungswerke I^uft geschafft war, konnte der Palastbau der im Altertum sich in der Ausdehnung der Grundfläche bethätigt, zur freien Entfaltung gelangen.

Die Weltherrscherin galt den Fremden als eine häfsliche Stadt.S)

1) Diod. XXXI 18 Dind. Suet. Caes. 38 Juvenal 3,225.

2) Sltab.Y 2'ib fieran^aasie aSidXsiTiTOi xal aiirai ovaaiGic.ai Qu.fr.Il3,7.

3) Gic. Off. II 88 Gell. N. A. XV 1,3. Cicero zieht aus seinen Mielhäusern SU 000 Sesterzen ad Att. XVI 1,5 XII 32. Ertrag einer Insula 60 000 Dig. XIX 2,7 und 40 0UÜ eb. 30.

4) Caes. b. civ. III 21 Cic. Off. II 83 Suet. Caes. 38 Dio XLII 51 XLVIII 9.

5) Suet. Caes. 26 Plin. XXXVI 103.

6) Cic. ad Att. IV 16,8 vgl. Suet. Aug. 56.

7) Cic. ad Fam. V 6,2 Att. IV 2,5.

8) Liv. XL 5.

§ 3. Die Stadterweiterung. 517

Man wird auf die verrufeosten Gegenden der Neuzeit, die Heimstätten von Elend und Siechtum wie das Gängeviertel in Hamburg oder die alten Theile Neapels zurückgreifen müssen um ihren Eindruck zu veranschaulichen. Ein Haus im ursprüngUchen Sinne des Wortes d. h. ein Erdgeschofs zu bewohnen ist ein Vorrecht der Reichen geworden, der grofse Haufe ist auf die Mietgelasse die insulae angewiesen. i) Vergleichsweise günstig sind die Krämer und Handwerker daran welche die jetzt alle Gassen und Durchgänge einfassenden Tabernen bevölkern. Aber solcher Gunst erfreuen sich nur die Patricier der Plebs. Bei einer Dichtigkeit der Be- völkerung die 1500 Köpfe auf den Hektar (das Vierfache des heutigen Köln innerhalb der früheren ümwallung) in der Altstadt erreicht oder überschritten haben mag, waren die nötigen Wohn- oder richtiger gesagt Schlafstellen nur durch gewaltige Steigerung des Hochbaus (S. 508) zu gewinnen. Dagegen haben einsichtige Staats- männer seit Beginn des letzten Jahrhunderts v. Chr. mit weWichen und kirchhchen Mitteln erfolglos aogekämpft.^) Augustus beschränkte die für Neubauten an öflentlichen Strafsen zulässige Höhe auf 70' 21 m, Traian ging bis auf 60' 18 m herunter.3) Es liegt auf der Hand dafs dies Mafs in Wirkhchkeit, insonderheit bei Hintergebäuden weit überschritten wurde.^) Zieht man die heutigen Bauordnungen europaeischer Hauptstädte zum Vergleich heran, so erscheinen die Höhengrenzen durchweg niedriger gesteckt, und zwar richten sie sich nach der Stralsenbreite: z.B. gestattet Paris bei 7,80 m Strafsen- breite 11,90 m Haushöhe, bei 7,80—9,75 m Strafse 14,60 m, bei 9,75—20 m Strafse 17,55 m, bei 20 m und darüber 20 m. An den Pariser Boulevards kommt also nicht einmal die Haushöhe vor, die Kaiser Augustus für 4 m breite Gassen erlaubt hat. Die Bedeutung dieser Ziffern für die öffentliche Wolfahrt ist jedem Gebildeten ge- läufig; in vortrefflicher Weise hat R. Pöhlmann die Ergebnisse der neueren Volkswirtschaftslehre zur Aufhellung der socialen Krankheits-

1) 0. Richter, Herrn. XX 91 fg. Attilio de Marchi, Ricerche intorno alle in- sulae © case a pigione di Roma antica, Milano inst. Lonab. 1891.

2) Suet. Aug. 89 Gic. Off. 111 66.

3) Strab. V 235 Aar. Victor ep. 27.

4) Am Capitol erreichen 70 n. Chr. die angebauten Häuser die Höhe des Sattels Tac. Hist. III 71. Gell. N. A. XV 1,2. Die als Merkwürdigkeit von den Stadtbeschreibungen in der neunten Region aufgeführte insula Feliculae ist eine Vorgängerin heutiger Himmelkratzer Tertullian adv. Valent. 7. Marl. VlI 20,20 wohnt ein Client 200 Stufen hoch. Juvenal 6,31 Slat, Silv. IV 4,14.

618 Kapitel IX. Rom.

erscheiniingen im alten Rom verwertet. Wir verzichten darauf bei den Einzelheiten des täglichen Lebens, der Verpestung der Luft, dem Schmutz und Gestank, den steilen Stiegen, den Dachkammern und Kellern, der Tyrannei der Vermieter, dem Laster und Ver- brechen das diese Wohnart erzeugte, zu verveeilen. Nur die be- sonderen Hauptzüge welche die Entwicklung der Republik heraus- gebildet hat, sollen hier bezeichnet werden. Selten ist mit so frevelhaftem Leichtsinn gebaut worden. Der ungebrannte Lehmziegel den Pompeji seit Alters verschmähte, behauptet sich bis zu einem von Augustus erlassenen und kraftvoll durchgeführten Verbot im allgemeinen Gebrauch, i) Dies Material gereicht den niedrigen der üeberschwemmung unterworfenen Quartieren zum Verderben (1323); da es dem Wasser keinen Widerstand leistet, brechen die Häuser zusammen, ihre Insassen werden von den Fluten fortgerissen. Zwei andere Uebel haben auch durch kaiserliche Fürsorge nicht ausge- rottet werden können. Die alte nach unserer Vermutung vom Gallischen Brande datirende Vorschrift welche als Dicke der gemein- samen Wände eine Elle festsetzt (S. 62), blieb für den entwickelten Hochbau in Kraft. Es khngt schier unglaubHch und wird doch durch einen Fachmann verbürgt dafs auf 45 cm starken Grund- mauern 5 6 Geschosse aufgethürmt wurden. 2) Bei näherer Er- wägung erkennt man dafs zwei Umstände dies ermöghchten: einer- seits ruhte die Last nicht auf den Aufsenwänden sondern war über viele Zwischenwände gleicher Stärke vertheilt; anderseits wurde die Last dadurch vermindert dafs der ganze Oberbau in leichtem Hok- fachwerk ausgeführt war. Freilich verschaffte diese Bauart den beiden Würgengeln Einsturz und Brand in der ewigen Stadt Bürgerrecht.^) W^as in geordneten Ländern der Gegenwart zu den seltensten Vorkommnissen gehört, dafs ein baufälliges Haus die Be- wohner unter seinen Trümmern begräbt, ist hier bis zum Ausgang

1) Darauf bezieht sich das bekannte Wort von der Umwandlung der Lehm- in eine Marmorstadt Suet. 28 Dio LVI 30. Das Verbot fallt vor der Abfassung von Vitruv II 8,1", also geraume Zeit vor 15 v. Chr. Letzte Erwähnung der Lehmwände 54 v. Chr. Dio XXXIX 61 vgl. Cic. Divin. II 99.

2) Vitruv II 8,16 mit dem wichtigen Zusatz Plin. XXXV 173.

3) Plut. Grass. 2,4 ras avyyevEis xai avvoixovs t^s Prö/j-rje xrjQas ifingr]- <f/iois xal avvit,r,aEii Sia ßaQOi xai nXi&oi oixoSofiTjfidzcov. Oft zusammen genannt Strab. V 235 XIV 670 Plin. XXXVI 106 Seneca Ep. 90,43 103,1 CatuU 23,9 Juvenal 3,6 fg. 190 fg. Symmach. Ep. VI 37, mehr bei Friedländer, Silteng. 16 30.

§ 3. Die StadterweiteruDg. 519

des Altertums an der Tagesordoung gewesen. Packend schildert Juvenal die Gefahr die über dem Schlummer der Quiriten schwebte: nos nrbem colimus tenui tibkine fultam magna 'parte sui; nam sie labentibus obstat viltcus, et veteris rimae cum texit hiatum, securos pendente iubet dormire ruina. vivendiim est Ulk nbi nulla incendia milli nocte metus. iam poscit aquam, iam frivola transfert Vcalegon, tabnlata tibi iam tertia fumant: tu nescis; nam si gradibus trepidatur ab imis, ultimns ardebit quem tegula sola tuetur a pluvia, molles ubi reddunt ova columbae.

Im Unterschied von anderen Grofsstädten des Altertums und der Gegenwart, in Uebereinstimmung mit unserem Mittelalter war Rom durch seinen Holzbau häufigen und verheerenden Feuers- brünsten ausgesetzt.!) Die riesige aus feuerfestem Peperin 36 m hoch errichtete Mauer durch die Augustus sein Forum gegen die Geschäftsgegend absperrte, führt uns vor Augen wie sehr der lauernde Feind gefürchtet wurde. Der Freistaat trat ihm mit beschämender Ohnmacht entgegen. Wol halte ein Dutzend hoher Beamter vom Consul abwärts bei jedem Grofsfeuer zu erscheinen, wol unterhielt die Gemeinde eine unfreie Mannschaft zur Hülfleistung, aber so kläglich war das öffentliche Löschwesen bestellt dafs es dem Wett- bewerb der Grundherren das Feld räumte. 2) Ein Speculant grofsen Stils wie M. Crassus besafs eine geschulte Feuerwehr von 500 Mann mit der er auf jede Brandstätte rückte; aber das Löschen begann erst nachdem die geängstigten Eigentümer die brennenden und be- drohten Häuser um einen Spottpreis losgeschlagen hatten: auf diesem Wege brachte der Biedermann den grüfsten Grundbesitz in Rom zusammen. Seinen Nachfolgern legte freilich die Monarchie das Handwerk: indefs hat auch sie wegen der Enge der Gassen und der Entzündhchkeit der Häuser nicht diejenige Sicherheit erreicht die Lian nach dem Aufgebot ihrer Mittel hätte erwarten sollen. Von bedeutenden Bränden erwähnt die lückenhafte Chronik folgende:

1) Hirtius b. AI. 1 nam incendio fere tula est Alexandria, quod sine contignatione ac materia sunt aedißcia et strucluris ac fornicibus conti- nentvr tectaque sunt rudere aut pavimenlis hebt den Gegensatz hervor.

2) Dig. I 15,1 Plut. Grass. 2,4 Vell. II 91 Dio LIII 24 UV 2.

520 Kapitel IX. Rom.

241 V. Chr. am Forum und rings in der Stadt, viele Menschen kommen

um Oros. IV 11,8. 213 zwei Nächte und einen Tag am ganzen Flufsufer

Liv. XXIV 47. 210 am Forum Nacht und Tag Liv. XXVI 27.

203 am Aventin Liv. XXX 26.

195? am Forum Fest. 241 probrum vgl. Liv. XXXIV 44.

192 am Tiber beim Ochsenmarkt Tag und Nacht Liv. XXXV 40.

178 am Forum Obseq. 8.

111 grofser Theil der Stadt Obseq. 39.

50 14 Vici gehen zu Grunde Oros.;^VI 14,4 VII 2,11 Obs. 65.

49 durch Blitz Dio XLI 14.

32 unbestimmt Dio L 8.

31 am Circiis maximus und anderwärts Dio L 10.

23 unbestimmt Dio LIII 33.

14 am Forum Dio LIV 24.

12 auf dem Palatin Dio LIV 29.

9 durch Blitz Dio LV 1.

7 am Forum Dio LV 8.

3 n. Chr. Palatin Dio LV 12.

6 wegen der vielen Brände wird die Wehr der Vigiles

gebildet Dio LV 26. 16 schwerer Brandschaden Dio LVII 16.

27 Caelius Tac. Ann. IV 64 Suet. Tib. 48.

36 Circus und Aventin, Tiberius schenkt 100 Mill. Sest.

Unterstützung Tac. Ann. VI 51 (45) Dio LVIII 26. "" 38 Caligula zahlt Unterstützungen Dio LIX 9 Suet. Cal. 16.

50? grofser Brand Zonar. XI 11 Suet. Claud. 18.

64 von den 14 Regionen bleiben nur 4 verschont Tac.

Ann. XV 40 Dio LXII 18. 80 drei Tage und Nächte im Marsfeld Suet. Tit. 8 Dio

LXVI 24. ca. 150. 340 Häuser brennen ab vita Ant. Pii 9. 191 Friedenstempel und Palatin Dio LXXII 24 Herodian I

14 Galen XIII 362 K. 238 viele Menschen kommen um Herodian VII 12,5 vita

Maximini 20,6 Max. et Balb. 9,2. unter Aurelian Carinus Maxentius verzeichnet der Chronograph von 354 Brände.

§ 3. Die Stadterweiterung. 521

Für das Verhältnifs des bebauten Raumes inoerhalb der Alt- stadt zum unbebauten fehlt uns ein ziffermäfsiger Ausdruck; doch mufs es ein erschreckend ungünstiges gewesen sein. Mit dem Wachstum der Bevölkerung macht sich deshalb das Bestreben be- merkbar lind zieht sich durch sieben Jahrhunderte der Stadtgeschichte hin den freien Raum zu vergröfsern, durch Niederreifsen von Häusern dem öfTentiichen Leben Platz zu schaffen. So wird das Capitol bereits 384 v. Chr. gesäubert.^) Nicht lange darauf werden die Fleischer vom Forum entfernt und in ein eigenes Schlachthaus verwiesen. 2) 320 v. Chr. erhält das Forum Gallerien; zu seiner Entlastung werden 184. 179. 169 v. Chr. Häuser angekauft und die porcische fulvische aemihsche Basilika errichtet. 3) Aber während das Raumbedürfnifs andauernd steigt, versagen der Regierung die Mittel es zu befriedigen, bis schliefslich Caesar durchgreift und aus der gaUischen Beute die Grundfläche des Forums verdreifacht. Besser als mit Luft hat der Freistaat seine Bürger mit Wasser ver- sorgt. Für die Mietcasernen reichten die vorhandenen Brunnen nicht aus, die zunehmende Verunreinigung des Tibers war geeignet die Trinkbarkeit des Flufswassers zu schmälern. *) Wenn daher in den Samniterkriegen die erste, nach dem Sieg über Pyrrhos die zweite künsthche Leitung angelegt war (S. 510), so wurde 144 mit einem Aufwand von 180 Millionen Sesterzen die 62 Millien lange vortreffHche Aqua Marcia, endlich 125 die Aqua Tepula hinzugefügt. Freilich genügte das gelieferte Quantum den Ansprüchen keines- wegs, und was schlimmer war, mit der einreifsenden Anarchie ge- rieten die Leitungen in Verfall. 5) Als hervorragende Leistung der Römer wird neben der Strafsenpflasterung und Wasserzufuhr auch die Anlage unterirdischer Abzugscanäle betrachtet. 6) Durch sie sind die Niederungen der Altstadt und des Marsfeldes entsumpft (S. 494), die Hügel ihres Unrates entledigt worden. Die Cloaken erfüllen ihre Aufgabe noch heutigen Tages. Das weit verzweigte Netz ist von den Königen begonnen, im Lauf der Zeiten ausgedehnt und vervollkommnet worden. Die Regierung hat nach dem hanni-

1) Liv. VI 20 vgl. V 50 Val. Max. VI 3,1 Plut. Cam. 36,7.

2) Pomp. Stud. 275.

3) Liv. XXXIX 44 XL 51 XLIV 16.

4) Vgl. I 315 A. 4 Frontin aq. 4.

5) Frontin aq. 9.

6) Strab. V 235 Dion. H. III 67 Liv. I 56 Plin. XXXVI 104 fg.

522 Kapitel IX. Rom.

balischen Kriege bedeutende Summen für diesen Zweck verwandt; aber mit der Auflösung der Republik wurden die Werke verwahr- lost J) Wie der römische Capitalismus in roher Selbstsucht be- fangen die üfTentliche Gesundheit gefährdete, zeigt endlich die Be- handlung der Todten. Während an allen Landstrafsen Grabmäler in thörichtem Prunk mit den Pyramiden wetteiferten , nahm der Schindanger vor dem esquilinischen Thor die Masse der Armen auf.2) Er wurde in den dreifsiger Jahren v. Chr. dem Maecenas überlassen, mit einer 8 m hohen Erdschicht verdeckt und in einen vielgepriesenen Garten umgewandelt. Darauf nimmt die bekannte Schilderung des Horaz Bezug:

huc prius angustis eiecta cadavera cellis conservus vili portanda locabat in arca; hoc miserae plehi stabat commune sepulcrum, Pantolabo scurrae Nomentanoque nepoti. mille pedes in fronte trecentos cippus in agrum, hie dahat heredes monumentum ne sequeretur. nunc licet Esquiliis habitare salubribus atque aggere in aprico spatiari, qua modo tristes albis informem spectabant ossibus agrum. Der Dichter bleibt hinter der Wirkhchkeit zurück die bei der 1872 begonnenen Anlage des esquilinischen Stadtviertels enthüllt wurde.^) Das abgesteckte Feld war von 10 m tiefen Gruben durchlöchert: Lanciani hat deren 75 untersucht. Menschen Thiere Unrat aller Art war in den Gruben durch einander gehäuft, trotz der langen Verwesung stiegen ekelhafte Dünste die Arbeit hindernd aus der Masse auf. Inschriften mit wiederholten Strafandrohungen kündeten dafs man kurzer Hand auch auf den benachbarten Grundstücken Leichen ablud. Es zeigte sich sogar dafs der Graben der servianischen Be- festigung bis an den Rand mit Leichen angefüllt war: auf dem kleinen Stück von 50 m Länge an dem die Thatsache erkannt wurde, mögen Zehntausende gemodert haben.

Die allgemeinen städtischen Verhältnisse erklären die Haltung der Bevölkerung in der langen Uebergangszeit vom Freistaat zur Monarchie. Die armen Schelme die der Hohn des Schicksals Herren der Welt nannte, hatten wahrlich keinen Beruf ihre Haut

1) Liv. XXXIX 44 Dion. H. III 67 Dio XXXXIX 43 Plin. XXXVI 104.

2) Varro LL. V 25 Fest. 217 Hör. Sat. I 8,8 fg. mit Schol.

3) Vgl. Lanciani, Ancient Rome 64 fg.

§ 4. Die Kaiserstadt. 523

für die Erhaltung des Bestehenden zu Markte zu tragen : jede Um- wälzung versprach ihnen eine Besserung ihres Loses. Die Plebs war und blieb caesarisch, weil der Kaiser sie mit Wolthaten über- häufle, für die tägliche Notdurft Luft und Licht Brot und Wasser sorgte, den Leib und Leben bedrohenden Gefahren nach Kräften wehrte, gelegentüch freien Mietzins und ein baares Stück Geld spendete, märchenhafte Augenweide und unaufhörliche Feste zum Besten gab. Die Stadt die vermeintlich den ganzen Erdkreis be- herrschte, sah die eigene ^Yolfahrt von der starken Hand ihres Gebieters umschlossen. Freilich hatten die von der Entwicklung der Weltstadt und des Weltreichs unzertrennlichen Schäden so tiefe W^urzelu geschlagen dafs sie von der Monarchie nur beschnitten, nicht ausgerottet werden konnten.

§ 4. Die Kaiserstadt. An äufserem Glanz stand das republikanische Rom hinter den Residenz- und Handelsstädten des Ostens, ja selbst hinter manchen Landstädten Italiens weit zurück. Während diese mit Theatern Odeen Amphitheatern Palaestren Thermen und endlosen Säulenhallen sich schmückten, dadurch dem gemeinen Manne das Dasein behag- licher und anmutiger gestaUeteu, blieben alle solche Herrlichkeiten der römischen Plebs bis auf die Monarchie versagt. Dem Pompeius wurde das erste steinerne Theater, Caesar die erste bedeutende Erweiterung des Forums verdankt. Sodann verwandelte Augustus nach seinen eigenen Worten die Lehm- in eine Marmorstadt, um deren Verschönerung die Nachfolger bis auf Constantin wetteifernd bemüht waren. Die Kaiserbauten bestimmen unsere sinnliche An- schauung vom antiken Rom, die Litteratur bringt durch ihre Reich- haltigkeit unserem Verständnifs die Kaiserzeit näher als frühere Epochen. 1) Die erhaltenen Bauwerke sind indessen geeignet das Urtheil über die städtische Entwicklung zu verwirren. Während sie theils durch den Ehrgeiz ihrer Urheber theils durch die fort- schreitende Verfeinerung der Sitten ins Leben gerufen worden sind, erwecken sie unwillkürlich die Vorstellung als ob die Einwohner- Schaft, wie trügerische Erfahrungen der Gegenwart zu lehren scheinen, seit Begründung des Reichs bis zu der Verlegung der Hauptstadt nach Byzanz in steter Zunahme begriffen gewesen sei, mindestens

1) L. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von August bis zum Ausgang der Antonine, 3 B. Leipzig^ 18SS— 90.

524 Kapitel IX. Rom.

die anfängliche Höhe behauptet habe. Wäre dies richtig, so be- fänden wir uns dem Gang der Wellbegebenheiten gegenüber in schwerer Verlegenheit. In Wirklichkeit jedoch läfst sich der Irrtum als solcher nachweisen.

Etwa vier Jahrhunderte lang von den Gracchen bis Aurelian war Rom eine offene Stadt deren Ausdehnung nur annähernd ermittelt werden kann.') Zwar beschränkt der strenge Sprachgebrauch die Bezeichnung urbs auf die Allstadt innerhalb der servianischen Mauer. Aber nur der Wall auf dem Esquilin bleibt als Sleuergrenze erhalten, der übrige Umkreis ist eingerissen überbaut und unkenntlich geworden. Die Mauer wird in der Kaiserzeit ersetzt durch das Pomerium. Die wiederholte Erweiterung desselben an die S. 513 erinnert wurde, hängt mit dem Vorgehen in der Altstadt zusammen. Um Licht und Luft in die grauenhaft übervölkerten Quartiere zu schaffen, werden Iläuserblücke niedergerissen und räumen öfl'entlichen An- lagen den Platz. Den Umfang der Enteignungen veranschauhcht z. B. die Thatsache dafs die Bauten auf dem Palatin 10 ha, die Kaiserfora 6 ha, die Thermen Traians 7 ha Privatbesitz verschlangen. Zum Ersatz haben die Schöpfer dieser Werke von Caesar bis Aure- lian das Pomerium vorgerückt, d. h. den Bezirk des vollen keiner Bodensteuer unterworfenen Eigentums vergrüfsert. Die Grenze des steuerfreien Stadigebiets wird seit Claudius durch beschriebene Steine hervorgehoben. 2) Unler diesem Kaiser ändert sich auch die bisher gellende räumliche Auffassung des Pomerium. Man bezog dasselbe früher auf die Mauer die Romulus um den Palatin er- richtet hatte. .Aber durch Augustus werden die romulischen Er- innerungen mit den caesarischen für immer verschwistert. Palatium erhält die Bedeutung Kaisersitz und wird als arx imperii wie bis- lang die arx Romana das Capitol von der urbs ausgeschieden. 3) Im Zusammenhang damit wird fortan das Pomerium auf die Mauer des Servius bezogen, wird der Aventin ihm einverleibt. In weitester Ausdehnung beschreiben die von Vespasian gesetzten Grenzsteine eine ungefähr T'/i Millien 11 km lange Linie, die annähernd 600 ha freien Grund und Boden umschliefst. Die aufserhalb gelegenen Stadttheile sind minder bevorrechtet und haben vielfach Bodenzins

1) Dion. H. IV 13.

2) Hülsen, Hermes XXll615fg.

3) Dio Uli 16 Tacit. Hist. III 70. 71.

§ 4. Die Kaiserstadt, 525

an den Staal zu entrichten. Dazu gehören das ganze rechte Tiberufer, das eigentliche Marsfeld sowie Abschnitte verschiedener Bezirke. Seit Caesar reicht Rom so weit wie die Strafsen von geschlossenen Häuserreihen eingefafst sind (S. 512). Die Eingemeindung der Neustadt wird 7 v. Chr. zum Abschlufs gebracht, da in diesem Jahr die Eintheilung des Ganzen in 14 Regionen oder Polizeibezirke er- folgt.') Die Stadtgrenze wird auf dem Esquihn durch den ser- vianischen Wall gebildet, mufs aber im ganzen Umkreis seit Ein- führung einer Verbrauchsteuer durch Caligula scharf umschrieben gewesen sein, so dafs der Ein- und Ausgang auf 19 Thore beschränkt blieb. ^) Die Grenze hat nachweislich geschwankt, ihre gröfste Aus- dehnung 73 n. Chr. durch Vespasian erlangt. Damals mafs sie 13,2 Milben 19,5 km, während die aurebanische Mauer nur 18,8 km lang ist.3) Da sie aber das von dieser einbezogene Praetorianer- lager ausschliefst, mufs sie nach anderen Richtungen bedeutend über die jetzigen Thore, namentlich am Flufs hinausgegriffen haben. Der innerhalb der Zollgrenze befindliche Flächenraum kann auf an- nähernd 2000 ha veranschlagt werden. Für dies Gebiet bleibt das S. 509 besprochene Fahrverbot bis zum Anfang des dritten Jahr- hunderts in Kraft.4) Wenn Wein, Oel, zeitweise auch Obst und Gemüse hier zollpflichtig sind, so kommen anderseits den Bewohnern allein die Kornspenden aus den Staalsmagazinen zu Gute, die nur ausnahmsweise auf die Vorstädte ausgedehnt werden.^) Jenseit der Zollgrenze reicht das städtische Weichbild noch eine Millie weiter. 6) Es mifst 20 Milben 30 km im Umfang, erstreckt sich bis in die Nähe von M. Mario Ponte Molle S. Agnese und den Katakomben der Via Appia. Die christlichen Friedhofe meiden dies Gebiet, auf dem orientahscber Gottesdienst nicht geduldet wird.^) Es bezeichnet die Grenze der bürgerlichen Rechtsprechung die tief in das Verkehrsleben eingreift. *) Nicht zur Stadt gehörig und

1) Dio LV 6. 8. 26. Säet. Aug. 30.

2) Dig. L 16,2. 87. 139. 147. 173: urbis appellatio muris , Romae autem continentibus aedificiis finitur quod latius patet.

3) Plin. III 65fg. und meine Erklärung Rhein. Mus. XüX 275 fg.

4) Friediänder a. 0. I^ 71 fg.

5) Vita Heliogabali 27,7.

6) Dig. L 16,154 mille passus non a miliario urbis sed a continentibus aedificiis numerandi sunt.

7) Dio LIV 6 vgl. Val. Max. II 4,2.

8) Gaius IV 104 Dig. XXXIII 9,4 L 16,2. 87. 139. 147. 173.

526 Kapitel IX. Rom.

doch durchaus von ihr ahhSngig fafst ein breiter Villengürlel das Weichbild ein, das nicht rechtlich, aber thatsdchhch erst nach 4—5 MiUien sein Ende findet. Die ganze bauHche Entwickhing seit dem Ausgang der Repubhk wird von dem Streben nach Ver- gröfserung des Wohnraums beherrscht. Erst nach einer langen Periode des Stillstands und Verfalls hat die Mauer Aurelians diesem Streben ein Ziel gesetzt. Man darf aus der anhaltenden Raum- erweiterung nicht so sehr auf einen Zuwachs der Bevölkerung als auf eine Steigerung der Lebensansprilche schliefsen, die für die oberen Schichten der Gesellschaft bezeugt wird und aller Wahr- scheinlichkeit nach wie in den Landstädten so auch hier den Mittel- stand ergriffen hat. Angesichts der vorhandenen Ueberreste kann man den Alten die über keine heutigen Verkehrsmittel verfügten, wol nachfühlen dafs Rom den Eindruck des Unermefslichen wach rief. Von welchem Standort, meint Aristides in einer um 145 ge- schriebenen Lobrede, konnte man soviel mit Gebäuden bedeckte Hügel, in Städte verwandelte Thäler, oder richtiger so viel in einer Stadt vereinigtes Land übersehen? Man befindet sich immer in der Mitte wo man auch hingeht. Die Wirkung wurde durch die Höhe der die engen Gassen einfassenden Mielhäuser verstärkt (S. 518). Wird die Höhe neben der Ausdehnung berücksichtigt, sagt Plinius, so kommt keine Stadt auf Erden dieser gleich. Ari- stides läfst Rom wie einen starken Mann der andere in die Höhe hebt, Städte auf Städten tragen : würden sie auf dem Boden aus- gebreitet, so wäre ganz Italien bis zur Adria von einer zusammen- hängenden Stadt eingenommen.!)

Die Bevölkerung hat in der Zeit des höchsten Aufschwungs unter den iuhschen Kaisern eine Million, vielleicht selbst andert- halb Millionen, letztere Ziffer jedoch nicht erheblich überstiegen. 2) Im J. 5 V. Chr. zählte man 320 000 Bürger, von denen 200000 Korn aus den öffentlichen Magazinen empfingen: da aber das weib- liche Geschlecht weit schwächer vertreten war als das männliche, kann die gesamte Plebs kaum 800 000 Köpfe erreicht haben. 3) Dazu kam der Adel, mindestens 5000 Ritter mit einem Census von 400000 Sesterzen*), 600 Senatoren mit einem Census von

1) Arist. Gr. XIV p. 198 fg. J. Plin. III 67.

2) Darin kommen die besonnenen Erörterungen so ziemlich überein vgl. Fried- länder a. 0. 1 p. 58 fg. Marquardt, Staatsverw.II p. 1 17 fg. Beloch, Bevölkerung 392 fg.

3) Monum. Anc. c. 15 Dio LIV 16 LVI 7. 4) Dion. Hai. VI 13.

§ 4. Die Kaiserstadf. 527

einer Million, ferner eine Garnison von 20 000 Mann und eine Masse von Fremden, ^'ach Aeufserungen alter Schriftsteller soll die freie Bevölkerung hinter der unfreien zurückgestanden haben. i) Ihr Blick ist jedoch getäuscht worden durch die Sklavenmenge welche die Paläste erfüllte und in der Gegenwart nur in Indien oder an slavischen Adelshöfen ihres Gleichen findet. Für jedes Kutschenpferd einer europäischen Grofsstadt brauchte Rom vier Sänftenträger, die Dienerschaft eines heutigen Fürsten genügte höchstens den Ansprüchen eines gewöhnlichen Ritters, das Haus- gesinde des Stadtpraefecten 61 n.Chr. umfafste 400 Sklaven (S. 119). Auch hat das in den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung verwandte öffentliche Gesinde, insonderheit die grofsen Gladiatoren- banden, für die allgemeine Sicherheit Besorgnifs einflöfsen können. Allein wenn wir erwägen dafs Rom von der Arbeit der Provinzen lebte und keine nennenswerte Ausfuhr besafs, so fehlte der An- lafs eine unfreie Fabrikbevölkerung anzuhäufen der an anderen Orten gegeben war. Deshalb ist es ratsam die Zahl der Sklaven geringer anzuschlagen als gewöhnlich geschieht: 300 000 dürfte eher zu hoch als zu niedrig gegriffen sein. Der jährliche Verbrauch an Weizen der sich unter Augustus auf 60 Millionen Scheffel (5,2 Mill. hl) belief, bestätigt das gewonnene Ergebnifs dafs die Einwohnerschaft mehr als eine Million betragen habe.^) Ihre Er- nährung hat zu den schwierigsten Aufgaben der kaiserlichen Politik gehört; oft genug wenn die Zufuhr aus Afrika und Aegypten stockte, sind Fremde und Sklaven ausgetrieben worden. Da das Gedeihen der Stadt ausschliefslich von der Regierung abhing, war von einem Wachstum aus eigener Kraft keine Rede, In viel höherem Mafse als es von modernen Grofsstädten gilt, war ihr Be- stand auf Einfuhr von Sklaven und Einwanderung angewiesen. Mit dem 19. Juli 64, dem Neronischen Brande hebt der sichtliche Niedergang an , dem Brande folgte Schlag auf Schlag die Pest die im Herbst 65 30000 Menschen hinraffte 3) , die Thronkriege, die Erstürmung Roms an den Saturnalien 69. In den ersten Jahren Vespasians lagen noch viele Brandstätten wüst.^) Die beiden nächsten

1) Tacit. Ann. IV 27 Sen. de dem. I 24.

2) Aegypten lieferte 20 Mül. Aur. V. ep. 2, ein Drittel des jährlichen Be- darfs Joseph b. J. II 16,4.

3) Tac. Ann. XVI 13 Suet. Nero 39.

4) Suet. Vesp. 9 CIL. VI 931.

528 Kapitel IX. Rom.

Geschlechter sahen die herrlichsten Prachtbauten erstehen, aber es ist wenig wahrscheinlich dafs die Bevölkerungsziffer je wieder ihre frühere Ilühe erreicht habe (S. 129). Die Malaria greift um sich (1 417), verheerende Seuchen, wie eine solche im Herbst 79 10000 Menschen täghch hinraffle'), die an 20 Jahre unter Marc Aurel und Commodus wütenden lilaltern-), die Pest unter Gallien mit 5000 täglichen Stei befallen '^), reifsen Lücken die nicht wieder aus- gefüllt werden konnten. Um 200 unter Septimius Severus ist der Gelreidebedarf auf 26 '/a Millionen Scheffel gesunken, weniger als die lliilfle des zur Zeit des Augustus benotigten Quantums: dafs die Einwohnerzahl in entsprechender Weise zurückgegangen war, leuchtet von selbst ein.^j IVun stand auch kein Gedränge der Strafsen dem Fahren mehr im Wege (S. 509). Und nach abermals zwei Jahrhunderten, nachdem das neue Rom am Bosporos das alte am Tiber zur l^umpelkanimer herabgedrückt halte, reichten 5 Mil- lionen Scheffel zum Unterhalt aus.^) Wenn vollends Konig Theo- derich nur eine Jahreslieferuug von 120 000 Scheffel, nach früherer Rechnung die Quote für 2000 Bürger, aussetzte, so mufs die Stadt um 51)0 bereits menschenleer gewesen sein, 6) Schliefslich bricht mit den Gollienkriegen die Nacht der Verödung und Zerstörung ein. Die wechselnden Bilder welche die Geschichte der Weltstadt von den Gracchen bis Kaiser Coustantin aufrollt, wiederholen alle den nämlichen übereinstimmenden Grundzug: die Stadt nimmt un- unterbrochen zu an Gesundheit Ordnung Sicherheit, an Schönheit und Pracht, sie nimmt ununterbrochen ab an Kraft Ansehen und Geltung im öffentlichen Leben. Um die Zeit Sullas beginnen die Reichen ihre Wohnungen umzugestalten: die Säule, dasjenige Ele- ment welches die Wandlung des Hauses in den Palast ermöglichte, dringt in den Privatbau ein. Die Baulust wird zum Bauheber: das schönste Haus Roms 78 v. Chr. wurde nach Verlauf eines Menschen- alters von hundert anderen übertrolfen.') Seitdem die Schranken

1) Hieron. a. Abr. 2093 Dio LXVl 23 Suet. Tit. «.

2) Galen XJX 15 IV 788 X 360 Kühn vila M. Ant. 13 Dio LXXIl 14 Hero- diaii I 12.

3) Vila Gallieni 5.

4) Vila Sepl. Sev. 23 vgl. Hirschfeld Phil. XXIX 25.

5) Ich glaube inil Hirschfeld a. 0., dafs die Nachricht Olympiodors Phot. cod. 80 p. 59,30 Bk. so zu deuten sei.

tJ) Anonymus Val. 67. vgl. Prokop b. Golh. 11 3. 7) Plin. XXXVI 7. 45. lU9fg.

§ 4. Die Kaiserstadt. 529

gefallen waren die die Erweiterung der Wohnfläche behinderten, dehnen sich die Säulenhallen und Gärten der Grofsen in einem Umfang aus dafs 4 Morgen (1 ha), wie man spottete, nur ein be- engtes Wohnen gestalteten. i) Nero nahm für sein Goldenes Haus im Mittelpunct der Stadt einen Raum von 50 ha in Anspruch und meinte damit eine menschenwürdige Stätte erlangt zu haben. 2) Er- freuhcher und bedeutsamer als die Offenbarungen mafsloser Selbst- sucht und Ueppigkeit die auf den Höhen der Gesellschaft zu Tage treten, erscheint die von Caesar geplante und von seinem Sohn in halbhundertjähriger Friedensarbeit durchgeführte Besserung der Dinge im Grofsen. Von Augustus rührt die neue Bauordnung her (S. 517. 18), von ihm die fortan herrschende Bauweise: der schlechte Luftziegel wird verdrängt durch stahlharten Backslein, der matte stumpfe Peperin und Sperone durch leuchtenden Travertin (I 263) und den schimmernden Marmor von Luna (S. 285). Er verdoppelt die Ausdehnung des Forum und stellt dem alten ein neues glänzen- des Rom im Marsfeld an die Seite. Was er alles im Dienst des Gemeinwesens gebaut hat, zählt seine Grabschrift mit berechtigtem Stolze auf; um das Bild zu vervollständigen müssen wir der langen Liste die Leistungen seiner Genossen anfügen. 3) Freilich spiegelt das Bild den Zwiespalt wieder der das ganze Staatsleben durchzieht: Altes und Neues, Imperium und Republik stehen im Aeufseren der Stadt sich unvermittelt gegenüber. Langsam gleitet die städtische Verwaltung, ein Zweig nach dem anderen, in die Hand des Kaisers. Nero verleiht den thatsächhchen Verhäliuisseu einen ungewöhnlichen Ausdruck: nicht durch die Mittel durch die Napoleon Hl das könig- liche Paris in ein kaiserhches umschuf, nicht durch Enteignung und Umbau, sondern durch Feuer vernichtete er das alte Rom mit seinen ehrwürdigen Ueberlieferungeu.-'j Unter all den Gewalligen die die lange Stadtgeschichte vorführt, hat keiner so tief eingegriffen wie dieser Lotterbube. Aber ein gerechtes Schicksal bat seiu An- denken von dem entweihten Boden ausgetilgt und den Ruhm der Gründung einer neuen einheilhchen strahlenden Kaiserresidenz dem Vespasian und seinen Söhnen vorbehalten. Amtlich heifst Rom

1) Val. Max. IV 4,7 Sallust Cal. 12 Seneca Ep. 90,43 114,9 Plin. XIX 50 Stat. Silv. I2,t52fg. Maitial Xil57,19fg. Olympiod. Phot. cod. 80 p. 63a ßk.

2) Suetoa N. 31. 38 Otho 7 Tac. Ann. XV 42.

3) iMonum. Anc. c. 19—21 Sueton 28—30 Strabo V 236.

4) Vgl. meine Bemerkungen Sybels Hist. Zeilschr. XXXII 337 fg. Xissen, Ital. Landes^onde. II. 34

630 Kapitel IX. Rom.

Sacra %irbs Kaiserstadt erst seit Septimius Severus, thatsächlich wurde es dazu durch Nero gemacht. Von den 14 Regionen waren 3 vüUig, 7 grofsentheils eingeäschert, die 4 äufseren allein ver- schont gebliehen: der Aulbau hat ein Jahrzehnt und länger ge- dauert (S. 527). Er ging planmäfsig von Statten : die Strafsen wurden gestreckt, verbreitert (S. 515), von forllaufenden Bogen- gängen eingefafst, den Hausbesitzern die Verwendung feuerfesten vulkanischen Gesteins im Erdgeschofs vorgeschrieben, gemeinsame Zwischenwände untersagt.") Es war auch jetzt die Müghchkeit ge- boten die in der Mitte befindlichen Gegenden von Privatgebäuden frei zu halten, dafs sie wie die Lungen dem Körper die Luft den Mietvierteln zuführten. Mit dem Schlagwort exhilarata servitus halte einst Cicero die Monarchie begrüfst; jeder Schritt den Rom vom Freistaat zur unverhüllten Despotie hin macht, bringt ihm einen neuen Schmuck, neue Annehmlichkeit und Unterhaltung. Das Leben war und bUeb kostspielig; der schäbige Client der um einen Hungerlohn hinter der Sänfte seines Herrn herlrottete, wohnte er- bärmlich ; die Grofsstadt verschlang Jahr aus Jahr ein ein Heer von Menschen nach dem Niemand fragte. Trotz Allem war es besser geworden seit jenen Tagen wo Salurninus und Clodius die Quirlten zur Wahlschlacht führten. Rom hatte mehr Luft und Licht und Grün erhalten, fliefsendes Wasser in verschwenderischer Fülle, Prachtbauten und Kunstwerke ohne Zahl wie nie eine Stadt auf Erden besessen hat. Die überschwengliche Bewunderung die ihm von den Berichterstattern aus fünf Jahrhunderten gezollt wird, er- scheint auch den nüchternen Sinnen der Gegenwart wolverdient.2)

§ 5. Die Stadttheile.

Acht Jahrhunderte waren seit dem Bau der servianischen Mauer verflossen, halb so viel seit ihrem Verfall, als die Furcht vor den Germanen wieder eine grofse Festung am Tiber schuf. Kaiser Aurelian begann 271 das Werk, Kaiser Probus vollendete es. Die Mauer 18,8 km lang, 16 m hoch, ist aus Backstein aufgeführt, mit Thürmen wol ausgerüstet, ohne Graben, hat 14 (15) Thore, 12 (13)

1) Tac. Ann. XV 43. Die Vorschriften sind immer wieder übertreten worden Marlial VII 61 Herodian Vll 12,5 Ammian XXVII 9,10, über die liederliche Bau- art der Zinshäuser S. 518.

2) blrabo V 235fg. Plin. XXXVI 101 fg. Ammian XVI 10.

§ 5. Die Stadttheile. 531

am linken, 2 am rechten Flufsufer.i) Sie hat, von Honorius Belisar u. a. hergestellt, den Wechsel der Zeiten überdauert und steht im Wesentlichen noch heute. Unwillkürlich erweckt sie eine Vor- stellung vom alten Rom die nicht zutrifft, da sie nicht die Blüte sondern den Verfall zum Ausdruck bringt. Wenn der eingeschlossene Raum nur 1230 ha (Beloch) mifst, so umfafst die von Vespasian gezogene Stadtgrenze eine mehr als anderthalb mal so grofse Fläche (S. 525). Auch die statistischen Verzeichnisse des vierten Jahr- hunderts (S. 486 A.) haben das Urtheil verwirrt. Ihre Angabe dafs Rom 1790 Einzelhäuser und 46602 Mietwohnungen enthielt, führt auf eine Bevölkerungsziffer von etwa ein Drittel Million die den damaligen Verhältnissen, nicht aber früheren angemessen erscheint. Die öffentlichen Anlagen deren trockne Aufzählung so inhaltsvoll ist, waren auf gröfsere Menschenraassen berechnet. Die Statistik ver- zeichnet u. a. 28 Bibliotheken (davon werden 7 anderweitig mit Namen erwähnt), 11 grofse Thermenanlagen, 856 Badestuben, 1352 fliefsende Brunnen, 19 Wasserleitungen, 2 Circus, 2 Amphitheater, 4 Gladiatorencasernen, 5? Naumachien, 3 Theater, 36 Marmorbögen, 22 grofse Reiterbilder, 80 goldene und 74 Götterbilder aus Elfen- bein. Die Menge der öffentlichen Stand- und Reiterbilder die noch unter Theoderichs Regierung vorhanden waren, gab seinem Minister die Wendung populus copiosissimus statuarum, greges etiam abun- dantissimi equorum in die Feder.*)

Für die Zwecke der Verwaltung hatte Augustus 14 Regionen eingerichtet (S. 525), die 7000 Mann starke Pohzei und Feuerwehr der vigües zerfiel in 7 Cohorten, so dafs der Regel nach die einzelne Cohorte den Dienst in zwei Regionen versehen haben wird. Aber die herrschende Annahme als ob die einmal getroffene Eintheilung ohne Rücksicht auf die bedeutenden Schwankungen der Stadtgrenze, die Einführung einer Verbrauchsteuer, die ausgedehnten Enteig- nungen im Inneren , die Befestigung usw. unverrückbar bis ins vierte Jahrhundert fortbestanden haben sollte, sieht recht unwahr- scheinlich aus. Das Gegentheil lehrt die mit den kleinsten Ver- waltungskörpern den viel vorgenommene Veränderung: 73 n. Chr. gab es ihrer 265, im 4. Jahrhundert auf zwei Dritteln der früheren Grundfläche nach der Summe der in der Statistik angeführten Einzel-

1) Prokop b. Goth. I 19 II 9.

2) Cassiodor Var. VII 13.

34'

532 Kapitel IX. Rom.

ansiitze 304 oder 307, nach der ebendort enthaltenen Hauptsnmme gar 423. Rlärhch sind die Stadtbezirke im letzeren Falle viel kleiner gewesen als im ersteren. Aus dem Gesagten erhellt zugleich warum wir bei unserer Umschau die constanfinische Beschreibung nur be- dingt als Filhrerin wählen dürfen.

Wir beginnen mit der 14. Region traiis Tiberim der ausge- dehntesten von allen, die im Lauf der Zeiten allmälich eng und i-n^er mit der Stadt verwachsen war. Schliefslich führten 6 Brücken hinüber, halb soviel wie heute, nämlich von Norden beginnend: pons Aelins oder Hadriani Ponte S. Angelo, pons Aurelius Ponte Sisto (Ersatz für den abgebrochenen pons Agrippae S. 512), die beiden Inselbrücken pons Fabrkins Ponte Quattro capi und pons Cestins oder pons Gratiani Ponte S. Bartolomeo, pons Aemiltns Ponte rolto, jetzt verschwunden wie der nahe pons sublmus (S. 511) und der pons Probi oder Theodosii am Aventin. In früheren Jahr- hunderten halten Mucius Scaevola und Cincinnatus ihre Hufen die ihnen hier auf etruskischem Grund und Boden angewiesen worden waren, bestellt. Sodann hatten sich Fischer Gerber Töpfer ange- siedelt und am Ausgang der Bepublik eine Masse orientalischer 'Freigelassener, namenthch Juden.') Von dem Umfang der Juden- schaft zeugt die Nachricht dafs ihrer 8000 den Gesandten des Königs Ilerodes das Geleit zur Audienz bei Augustus gaben, dafs 4000 im J. 19 n. Chr. nach Sardinien gegen die Briganten ver- schickt wurden, zeugen vier aufgefundene jüdische Katakomben. Und obwol sie sich auch in der Vorstadt an der Via Appia 2) sowie auf dem Esquilin^) eingenistet hatten, blieb Trastevere doch ihr Hauplsitz bis 1556, wo Paul IV. sie nach dem 1887 niedergerisseneu Ghetto an der Porticus Octaviae verpflanzte. Das ganze Flufsufer bis weit jenseit der Engelbrücke war ebenso wie das gegenüber liegende in den Bereich des Verkehrs gezogen und mit Magazinen bedeckt. Für diese dicht bevölkerte Begion die 78 Viel zählte, während die ihr zunächst kommende nur 35 hat, war von Augustus eine Wasserleitung aus dem Alsietiner, von Traian eine zweite aus der Gegend des Sabatiner Sees angelegt worden; die letztere ist als Aequa Paola seit 1611 wieder in Betrieb. Wie die Niederung

1) Philo Leg. ad Gaium 11 Cic. pro Fiacco 67 Josephus Ant. XVII 11,1 Tac. Ann. II 85 Sueton Tib. 36 Glaud. 25 Uio LX 6 Friedländer llie p. 618.

2) Juvenal 3,1 4 fg., liier befinden sich zwei Goemeterien.

3) Bull, crist. 1883 p. 79.

§ 5. Die Stadtlheile. 53B

eine ärmliche und fleifsige Einwohnerschaft festhielt, wurde der Reichtum durch den Hügelrücken mit seiner weiten Aussicht an- gelockt 1) :

hinc Septem domtnos videre montes

et totam licet aestimare Romain

Albanos quoque Tnsculosque coUes

et quodcunque iacet sub urbe frigus.

Viel genannt ist die Villa Caesars in der die letzte Königin von Aegypten Hof hielt, mit prachtvollen Gärten die vom Eigen- tümer letztvvillig dem Volk vermacht wurden. Die ausgedehnten Gärten der älteren Agrippina reichten his an den Flufs: ihr Sohn Caligula legte darin einen Circus an, dessen Stelle die Peterskirche einnimmt, der grofse Ohelisk vor St. Peter stand auf der Spina. Kaiser Nero pflegte in diesem Circus als Wagenlenker zu glänzen und hat durch greuelvolle Marter der Christen die Stätte ehrwürdig gemacht.^) Bis zum Ausgang des vierten Jahrhunderts haben Mithras und Kybele um den blutgedüngten Boden mit dem Christen- gott gerungen, ein Jahrhundert später ergriff der Statthalter Christi dauernd Besitz. Dafs er ihn durch alle Stürme des Mittelalters hindurch bis auf unsere Tage behaupten konnte, war zum guten Theil durch das Grabmal veranlafst das Hadrian in den Gärten der Domitia begonnen und sein Nachfolger 139 beendet halte. Für die Asche der Kaiser bestimmt die bis Caracalla in ihm Aufnahme fanden, stellte der wuchtige Quaderbau ein Unterbau von 104 m im Geviert, darüber ein Cyhnder von 73 m Durchmesser, im Ganzen 50 m hoch einen natürlichen Brückenkopf für den Rons AeHus dar der zum Marsfeld hinüberführte. Dafs ihm solche Bestimmung im Plan der aurelianischen Befestigung zugedacht war, hegt auf der Hand. Er erfüllte sie zum ersten Mal 537, als die Gothen unter Vitiges an seinen Mauern sich die Köpfe einrannten, und hat nach einer Pest von 590 dem Erzengel Michael geweiht und daher Engels- burg benannt seitdem als Zwingburg der ewigen Stadt gedient.

Die Errichtung des Aesculaptempels auf der Insel 291 v. Chr. bahnt den Uebergang auf das rechte Ufer an (S. 510). Inzwischen war bereits auf dem hnken eine bedeutende Vorstadt im Entstehen begriffen. Wir haben S. 443. 501 darauf hingewiesen dafs ein Bach

1) Martial IV 64,11 vgl. Cic. pro Caelio 36, I 316 A. 6.

2) Seneca Dial. V 18,4 Dio LIX 14 Plin. XXXVI 74 Tac. Ann. XIV 14 XV 44.

534 Kapitel IX. Rom.

die Ebene nördlich vom Capitol und Quirinal durchflofs, dafs Sümpfe einen AngrilT auf die servianische Festung von dieser Seite her erschwerten. Nach der Sage war das ganze Feld Krongut der Tarquinier und ging nach deren Vertreibung in den Besitz des Staates über.') Daraus sind Stücke an Privatleute verliehen oder verkauft worden, verliehen z. B. für Grabstätten, verkauft nament- lich 88 V. Clir. (S. 513), und damit hängt das Vorrücken des Po- merium zusammen. Weil die Strecke zwischen Capitol und Flufs die einzigen bequemen Ausgänge aus der Stadt bot, beginnt der Anbau vor Porta Flumenlana und Porta Carmentalis (S. 501). Hier erwächst ein Gegenbild zum Ochsenmarkt im forum olitorium auf dem die Oberländer das Gemüse das sie auf Kähnen herangeschafft hatten, feil boten. Ein dicht bewohntes gewerbliches Viertel schliefst sich an. Es wurde S. 510 erwähnt dafs Gaius Flaminius dieser Neustadt ihren Stempel bis auf die Gegenwart aufgedrückt hat. Die via lata Corso, der Anfang der von ihm erbauten Strafsc trennt in der späteren Einlheilung die 9. {circus Flaminius) nach dem Flufs zu gelegene von der 7. (via lata) nach dem Pincio zu gelegenen Region, Jene hat den wesentlichsten Theil der mittelalterlichen Stadt ausgemacht. Die Alten unterschieden darin zwei Hälften: die kleinere am Fufs des Capilols wurde nach dem Circus Flaminius benannt, der als Markt- Renn- und Versammlungsplatz für die Plebs diente. In den anstofsenden alten Tempeln der Bellona und des Apollo (S. 509) fanden Senatssitzungen aufserhalb des Pomerium statt. Die grüfsere Hälfte der Ebene hiefs nach dem campus Martins, auf dem in alten Zeiten die bewaffnete Bürgerschaft zur Ausübung ihrer höchsten Rechte antrat. Als die Bürger der Waffen entwöhnt waren und kein äufserer Feind ihre Sicherheit bedrohte, sind die Machthaber ans Werk gegangen in dem Häusergewirr das nach und nach aus dem Boden aufgeschossen war, Ordnung zu schaffen und es mit zeitgemäfsen Anlagen zu schmücken. So erbaute Pompeius 55 V. Chr. ein steinernes Theater mit 40 000 Sitzplätzen und eine grofse Säulenhalle daneben. So begann Caesar die saepta Julia für die Tributcomitien in Marmor herstellen und mit hohen Säulen- hallen von 1000 Schritt Länge einfassen zu lassen. 2) Das Gebäude das später als Bazar verwendet wurde, ist, von anderen Plänen zu schweigen, erst durch seinen Nachfolger vollendet worden. Augustus,

1) Liv. II 5 Dion. Hai. V 13.

2) Cic. Att. IV 16,8 vgl. XIII 33,4.

§ 5. Die Stadttheile. 535

Agrippa und die anderen Stützen des Kaisertums statteten das Marsfeld mit jener überschwänglichen Pracht aus, die in den Augen fremder Besucher das alte Rom der Repubhk zu einem blofsen An- hängsel des neuen herabdrückle.i) Die Porticus der Octavia, des Philippus, das Theater des Marcellus, des ßalbus, das Amphitheater des Statilius Taurus, von Agrippa das Pantheon, die Thermen, der Neptuntempel, endUch das kaiserliche Mausoleum legen dafür zum Theil auch uns Zeugnifs ab. Der Reichtum ist andauernd vermehrt worden: durch Domitian (Tempel der Minerva, Stadium, Odeum) Hadrian (Strafse nach seiner Brücke via tecta) Marc Aurel (Sieges- säule) u. a. Die Säulenhallen der 9. Region mafsen nach einer Schätzung 4^2 km Länge. Dem Agrippa verdankt sie noch jetzt ihr treffliches Trinkwasser (aqua Virgo 19 v. Chr.). Die Anlagen des Marsfeldes erstrecken sich noch über den östlichen Abschnitt der Ebene, der amtlich der 7. Region zugewiesen war. Erwähnt wird hier die Porticus der Pola mit der Weltkarte ihres Bruders Agrippa, der Sonuentempel Aurelians; vier Triumphbögen über- spannten die Via Lata. An Volkszahl stand die 7. Region hinter der 9. zurück, da letztere 35, erstere nur 15 vici umfafste. An Ausdehnung keineswegs; denn das Pomeriura griff über die aure- lianische Mauer hinaus. Aber während die Massen in der Niederung gedrängt wohnten, war der Pincio (S. 492j von wenigen Gärten in Anspruch genommen: Luculi entfaltete auf ihm seinen Geschmack und seine Schätze, desgleichen Pompeius und Sallust; die Besitzung des Geschichtschreibers reichte bis auf den Quirinal. Es entspricht dem Gang der Zeiten dafs alles schhefslich in die Hand des Kaisers gelangte und die Wenigen die von dieser anmutigen Höhe auf das Gewimmel zu ihren Füfsen herabblickten, von einem einzigen Herrn abgelöst wurden.

Die Aussicht vom Pincio wird im Süden durch das Capitol begrenzt, dessen Höhe zuerst 1348 durch die Treppe nach Araceli, dann 1536 durch zwei neue Wege vom Marsfeld her zugänglich gemacht worden ist. Derart erscheint die Stadterweiterung nach dieser Richtung ebenso wie Trastevere als ein fremdartiger Zusatz. Dagegen ist die servianische Altstadt in natürlichem Fortschreiten nach Ost und Süd gewachsen und bildet mit den Aufsenringen eine zusammenhängende Einheit. Die Mitte von Stadt und Reich,

.) Strabo V 236.

536 Kapitel IX. Rom.

von urbs und oibis nehmen Capitol (S. 504) und Palatium (S. 524) ein: dort thront der Herrscher des Himmels, hier thront der Herr- scher der Erde. Es entspracli den Gedanken die er von der kaiserlichen Allmacht nährte, wenn Caligula die beiden Herrscher- sitze äiifserlich durch eine Brücke mit einander verband. Anfäng- lich hatten die Gebieter andere Beisassen neben sich geduldet. Seit 384 V, Chr. jedoch war den Adlichen untersagt auf dem Capitol zu wohnen. Die alte Stadt des Romulus verblieb ihnen bis zum Aus- gang der Republik. Fulvius Flaccns der Verbündete der Gracchen, Lulatius Catulus, Cicero, Catilina, Clodius, die Redner Licinius Cal- vus und Hortensius, Antonius, Agrippa, Messalla, um ein paar be- kannte Namen zu nennen, haben in den Mauern des Palatium ihr Heim aufgeschlagen. Hier stand die Wiege des Augustus, hier das Haus des neuen StadtgrUnders. Unmerklich im Stillen wird der ganze Berg den einst die Gelahrten des Romulus bevölkert hatten, in kaiserliches Eigentum verwandelt. Die Ruinen weisen neben den von Augustus Tiberius Domitian Septimius Severus herrührenden Prunkräun)en eine Unzahl kleiner Zimmer und Kammern auf, der- art den Umlang des Hofgesindes veranschaulichend. In der That mufsten, von den Luxussklaven abgesehen, Tausende fleifsiger Köpfe und Hände sich regen um die hier zusammen strömenden Geschäfte zu bewältigen. Auch die Anlage der Kaiserfora ist keines- wegs allein auf persönlichen Ehrgeiz und das Streben nach Ver- schönerung Roms zurückzuführen. Vielmehr ist sie zunächst durch praktische Bedürfnisse veranlafst worden. Innerhalb eines Menschen- alters von Augustus bis Claudius stieg die Bürgerschaft um die Hälfte, von 4 auf 6 Millionen, und hat seitdem nicht durch natür- lichen Zuwachs, wol aber durch weitere Verleihungen dauernd zu- genommen. Entsprechend wuchs die Zahl der Rechlshändel, die in letzter Instanz auf dem Forum zum Austrag gelangten. Augustus gab dem Forum der Republik diejenige Gestalt die nach Abzug der späteren Zulhaten (Vespasianstempel Severusbogen Schola Xantha) in ihren Trümmern vor uns liegt. Die östliche Schmalseite nimmt der Tempel des Divus Julius ein, die südliche Langseite an» Clivus Capitolinus der Saturn-, am unteren Ende der Castortempel, beide umgebaut, dazwischen durch die nach dem Flufs laufenden vicus ivgarius und vicus Tuscvs begrenzt, die Basilica Julia die annähernd i/i ha die gleiche Fläche wie das Forum bedeckt. An der Nord- seite liegt die Curie und die Basilica Aemilia. Nach dieser Richtung

§ 5. Die Stadttheile. 537

hin wurde mit dem Aufwand riesiger Geldmittel (S. 516) Raum ge- schafft für das Forum Julium mit dem Tempel der Venus Genetrix, dahinter das Forum Auguslum mit dem Tempel des Mars Ultor. Bis Vespasian ist man mit dem verfügbaren Platz ausgekommen. Dieser fügte das Forum mit dem Friedenstempel hinzu. Die zwischen letzterem und dem Augustusforum befindliche Lücke wurde von Domitian und Nerva durch das Durchgangsforum ausgefüllt. Eins prächtiger als das andere, und doch wurden sie weit übertroffen durch das Forum Traians „ein ganz einziges Werk unter dem Himmel , dem auch die Götter ihre Bewunderung nicht versagen können". 1) Apollodor aus Damaskos hat den Bau geleitet. Der Baugrund wurde gewonnen durch Abtragung der Quirinal und Capitol verbindenden Höhe und Herstellung eines ebenen Durch- gangs von der Altstadt zum Marsfeld. Die ganze Anlage, Basilica Bibliothek Reiterbild Siegessäule Ehrenbogen und Tempel des Kaisers umfassend, nimmt eine Fläche von gegen 4 ha ein; die abgegrabene Erdschicht erreicht eine Tiefe von 100'. Die constantinische Sladl- beschreibung giebt für die 8. Region forum Romanum vel magnum nicht weniger als 34 vici 3480 insuJae 180 domus an, für die 10. Region Palatium nicht weniger als 20 vici 2642 insulae 89 domus. Diese Ziffern lassen sich nur so erklären dafs einerseits die Gelasse der Tempel und öffentlichen Gebäude, in denen die zugehörige Dienerschaft hauste, eingerechnet wurden, anderseits der im Privat- besitz verbliebene Raum aufs Aeufserste ausgenutzt war. Es war zwar verboten , nichts desto weniger wurde immer wieder an die Tempel angebaut.'^) Das Capitol halte schon durch das von Catulus errichtete Tabularium viel von seiner Festigkeit eingebufst; 69 n. Chr. konnte es von den Dächern der an den Felsen angeklebten Gebäude erstiegen werden. 3) Derart sind auch die beiden vor- nehmsten und glänzendsten Stadtviertel dicht bewohnt.

Vom Capitol führt die Hauptstrafse Roms die sacra via zum Forum hinab (S. 505), steigt von hier an dem Kloster der Vestalen, der Regia (Amtswohnung des Oberpontifex), den Tempeln der Pena- ten und Laren vorüber die Velia hinauf, erreichte die stattUche Breite von 12 m, mit den Gangsteigen 23 m: Schmuck- Salben-

1) Ammian XVI 10,15 Gell. N. A. XIII 25,1 Cassiod. Var. VII 6,1.

2) Ammian XXVII 9,10.

3) Tac. Hist. 111 71 nee sisti poterant scandentes per coniuncta aedificia quae ut in mtiUa pace in altum edita solum Capiiulii aequabant.

538 Kapitel IX. Rom.

Blumen- und Obslläden fafsten sie ein; auf dem Scheitel steht der Titusbogen, davor der Tempel des Juppiter Stator. Das Atrium von Nero's Goldenem Hause nahm den östlichen Theil der Velia ein: Hadrian errichtete den grofsen Doppeltempel der Venus und Roma an dessen Stelle. Nachdem Maxentius den Zwischenraum zwischen diesem und dem Friedenstempel durch seine kühn ge- wölbte Basilica geschlossen halte, reihte sich 2 km lang vom Mars- feld bis an den Fufs des Caelius in ununterbrochener Folge ein kaiserlicher Prachtbau an den andern. Keiner von allen verkörpert so eindrucksvoll die Majestät des römischen Namens wie das Am- phitlieater, das Vespasian in der Tiefe zwischen Velia Caelius und Esquilin aufführte. Nero halte hier einen Teich für seinen Garten angebracht. Das Amphitheater aus Travertin erbaut steigt in 4 Stockwerken 48,5 m auf, mifst im Umfang 365^4 Schritt 540,6 m, enthält angebhch 87 000 Plätze. Das Mittelalter erblickte darin einen Sonnentempel und übertrug darauf den Namen des mehr als 100' hohen Colusses, der der Sonne geweiht 75 n. Chr. als Schutz- geist der flavischen Stadt an der heiligen Strafse aufgerichtet worden war. An dies Bildnifs knüpft die von Beda dem Ehrwürdigen auf- bewahrte Weissagung an: quamdiu slat colysaeus, stat et Roma; quando cadet colysaeus, cadet et Roma; quando cadet Roma, cadet et mundns. Zwei Drittel der Quadern sind verschleppt, den Wert des noch vorhandenen Restes berechnete ein Architekt des 18. Jahr- hunderts nach damaligen Tagespreisen auf Vj-i Million Scudi 8 Millionen Franken. Auf dem anstofsenden Caelius und Oppius be- fanden sich die Casernen und Zeughäuser welche das Fechterwesen erforderte. Man sieht noch auf dem Caelius die Bogen der Leitung die Nero für die Wasserkünste seines Gartens angelegt hatte. In der Periode der Anfänge eine geschlossene Einheit mit besonderer Befestigung, bildet das Caelimontium die 2. Region des Augustus und wird in der Kaiserzeit vom Adel bevorzugt. Das Haus der Laterani kam nach mancherlei Schicksalen durch Constantins Schen- kung an den Papst und wurde die Mutterkirche der abendländischen Christenheit: seine Reste liegen 7,5 m unter der heutigen Kirche. Die Bauthätigkeit der Flavier ist besonders der 3. und 4. Region zugewandt gewesen. Die 3. in der Stadtbeschreibung Isis et Serapis beoannt, enthält aufser dem Amphitheater die grofsen Thermen die Titus und Traian aus einem Theil des Goldenen Hauses herstellten. Sie liegen auf dem Oppius dem südHchen Vorsprung des Esquiün

§ 5. Die Stadttheile. 539

(S. 492); der Westrand hiefs Carinae und bewahrte lange die Spuren eines alten Walles. Ihm zu Filfsen erstreckte sich die Subura, die als 4. Region nach dem Hauptgebäude den Namen templum Pacis erhielt. Da die Strafsen von den drei Thoren des esquili- nischen Rückens (S. 501) hier einmünden, ist die Subura ein Hanpt- sitz von Gewerbe und Verkehr.

Aber die eigentliche Geschäftsgegend befindet sich westhch vom Forum nach dem Flufs zu (S. 505), in diesen Niederungen ist der älteste Hochbau nachweisbar (S. 508). So oft auch der Brand in den engen Gassen tobte, haben die Kaiser doch davon Abstand genommen diesen Stadttheil umzugestalten oder in die Central- anlagen einzubeziehen. Die 11. Region hiefs circus maximus nach dem grüfsten Marktplatz Roms (S. 506). Den auf ihm abgehaltenen Wagenrennen konnten unter Augustus 150000, unter Nero angeb- lich 250 000, nach der Stadtbeschreibung gar 485000 Zuschauer beiwohnen. Die Gewölbe welche die aufsteigenden Sitzreihen trugen, waren an kleine Leute vermietet und dicht bewohnt. Die aus Holz bestehenden oberen Stockwerke gaben häufig Anlafs zu verheeren- den Bränden, stürzten auch gelegentlich unter dem Zudrang der Massen ein : die Chronik von 354 meldet dafs unter Antoninus Pius 1112, unter Diocletian 13000 Menschen durch Einstürze im Circus umkamen. Rein geschäftlichen Zwecken dienten das Velabrum (S. 494) und das Forum Boarium (S. 505). Die Flufsufer waren wie bemerkt hüben und drüben in den Kreis des Verkehrs gezogen und mit Speichern besetzt. Aber der wichtigste und älteste Stapel- platz lag südlich von der Altstadt in der 13. Region Aventinus. Der fahrbare clivu?, Publtcius führte auf diesen seit 456 v. Chr. von der Plebs besiedelten Berg (S. 506) hinauf. Aufserhalb der Porta Trigemina werden zuerst Salz-, dann Kornlager erwähnt (S. 509); 193 V. Chr. erfolgt die Einrichtung eines besonderen Emporium, und schliefslich bedeckt sich die weite Ebene am Fufs des Aventin mit grofsen Speichern. Wir kennen il horrea mit Namen, die verschiedensten Waaren lagerten in ihnen, von der Masse bunten Marmors der aus Asien Africa Griechenland angefahren und wie es scheint in Folge einer Ueberschwemmung preisgegeben wurde, zeugen die seit 1867 gemachten Funde. Als redendes Zeugnifs von der Grofsartigkeit des Verkehrs steht der Monte Testaccio da der am Fufs über 1 km im Umfang 35 m (50 m ü. M.) hoch auf- steigt und ausschhefslich aus zerbrochenen Thonkrügen die Wein

540 Kapitel IX. Rom.

Oel Getreide aus Spanien entliallen hatten, besteht (S. 129). Aehn- lichen Scherbenbergeo begegnen wir auf beiden Tiberufern, freiHch in unendlich kleinerem Mafsslab. Die ostUche Kuppe des Aventin (S. 493) nebst einem Theil der Vorstadt vor Porta Capena ist der 12. Hegion pisciiia publica zugewiesen: so heifst sie nach einem alten später beseitigten Teich. Die Via Appia bildet die Grenze gegen die 1. Region porla Capena, nach dem am Abhang des Caelius gelegenen Thor der servianischen Mauer benannt. Der Umstand dafs sie zur Bildung von zwei Regionen ausreichte, beweist die Ausdehnung dieser ältesten Vorstadt (S. 509). Die Regionenbeschrei- bung greift hier mit der Anführung des Almo '/2 km über das aurelianische Thor hinaus; 2 km weiter hegt der 309 n. Chr. erbaute Circus des Maxentius mit 18 000 Sitzplätzen. Das hervorragendste Denkmal dieses Stadttheils sind die 212 von Caracalla begonnenen Thermen die einen Flächenraum von 11ha einnehmen und alle früheren Anlagen übertreffen.

Im Osten bildete die gewaltige Mauer der Kouigszeit (S. 501) bis auf Aurelian die Stadtgrenze (S. 525). Die Hebung des Osl- viertels wurde von Augustus eingeleitet: der allen Gefühlen Hohn sprechende Schindanger verschwand (S. 522), vor dem esquilinischen Thor errichtete die Kaiserin Livia ein Schlachthaus, innerhalb eine Säulenhalle. Den Kern einer neuen Vorstadt schuf Tiberius durch den Bau der 20 ha messenden castra praetoria vor dem viminalischen Thor, wo fortan die Garde lagerte. Die Anlage ist ebenso wie das zur Unterhaltung der Soldaten bestimmte Amphitheater bei S. Croce in den Lauf der aurelianischen Mauer einbezogen worden. Auch die anderen Truppenkörper mit Ausnahme der Vigiles waren wie die Garde im äufseren Sladtring untergebracht. Die bürgerliche Eintheilung befafst die alte Sabinerstadt auf dem Quirinal als 6. Region alta semüa der Name bezeichnet wahrscheinlich die Hauptstrafse Via Venti Settembre sowie die 5. Region Esquiliae. Der Quirinal wies ein Capüolium vetus auf d. h. ein Heiligtum von Juppiter Juno Minerva, dem ein höheres .Aller zugeschrieben wurde als dem von König Tarquinius errichteten, desgleichen manche an- dere Heiligtümer aus der sabinischen Vergangenheit. In dieser heimatlichen Umgebung lag die Grabstätte des flavischen Kaiser- hauses das durch besondere AnhängUchkeit an seinen sabinischen Ursprung (S. 468) sich hervorthat. Einen glänzenden Schmuck erhielt dies Viertel durch die 305 n. Chr. eingeweihten Thermen

§ 6. Das Weichbild. 541

des üioclelian: eine Anlage die diejenige Caracalla's weit hinter sich hefs, da sie eine Fläche von 20 ha bedeckte und 3000 Badende aufnehmen konnte. Und damit nicht genug fügte Constantin eine letzte Thermenanlage oberhalb des Traiansforum hinzu. Mit der Abnahme der Bevölkerung war der Baugrund billig geworden und gestaltete derartige Ausschreitungen des Luxus.

§ 6. Das Weichbild. In der Zeit höchsten Glanzes haben die Römer sich gewöhnt in Tibur und Praeneste Aricia und Laurentum, kurz in all den Ortschaften die an den Sabiuer- und Albanerbergen, wie auf der weiten Ebene vur ihren Bhcken auftauchten (S. 481), blofse Vor- städte der eigenen zu sehen.') Wenn wir ihnen darin auch nicht folgen und das suburbium auf die zur Stadtgemeinde gehörigen und vom städtischen Leben abhängenden Weiler Gehöfte und Villen be- schränken, so bleibt die Ausdehnung dieses Bezirks stattlich genug. Die älteste Feldflur (S. 498) ist von Rom und seinen Vororten nach und nach ausgefüllt, ja überschritten worden; denn es be- deckt mit diesen einen Flächenraum von rund 120 Dkm, wovon ungefähr die Hälfte innerhalb der Rechtsgrenze, ein Sechstel inner- halb der Mauthgrenze fällt (S. 525). Das allmäliche Wachstum ist den Alten durch Grabmäler veranschaulicht worden und wird es auch uns. Jene sahen auf dem Comitium Aventin und in den Argeer- capellen Gräber die in die erste Zeit der Anfänge hinaufreichten; die Ausgrabungen auf dem Esquiün haben ein Todtenfeld inner- halb der Serviusmauer ans Licht gebracht. Dann werden die Todten vor die Thore gedrängt und behaupten sich im Umkreis der Altstadt bis in die erste Kaiserzeit. Aber mit der grofsen Er- weiterung des Pomerium durch Claudius müssen sie \ ieder weichen und hinaus rücken, so dafs sie die von Rom auslaufenden Strafsen 8 km und mehr ohne Unterbrechung einfassen. Auch die unter- irdischen Friedhöfe der Christen die wir Katakc'mben zu nennen pflegen, umgeben die aurelianische Mauer in ^^inem Abstand von 2 5 km. Einige fünfzig sind bisher bekannt geworden, die vom Ende des ersten Jahrhunderts ab angelegt uad bis in den Anfang des fünften benutzt worden sind. Ihr Areal wird auf 246,7 ha berechnet, aber da die Gänge in der Tiefe von mehreren Stock-

1) Ovid Ars amat. I 259 Fast. VI 58 Varro LL. VI 18 Flor. I 5,7.

542 Kapitel IX. Rom.

werken über einander ausgehöhlt sind, stellt sich ihre Gesamtlänge aul 876km, die Zahl der Bestatteten auf 27-2 Millionen: da diese Zahl einen Zeitraum von reichlich drei Jahrhunderten umspannt, ist sie geeignet vor einer Ueberschätzung der Stärke der Christen- gemeinde und der Bevölkerungsziffer der späteren Kaiserzeit über- haupt zu warnen. Als der Gothenkönig Alarich Rom belagert und geplündert hatte, wird das Begraben in den Katakomben durch das Begraben in den Kirchen ersetzt: Lebende und Todte flüchten gleicher Mafsen in den Schutz der Festung.

Die centrale Lage Roms als natürlicher Hauptstadt der vom Tiber durchflossenen Ebene erhält in der Menge der von seinen Thoren auslaufenden Strafsen ihren Ausdruck. Die älteren sind durchweg nach ihrem Endziel, die jüngeren nach ihrem Erbauer benannt. Wenn in der Friedenszeit die Wohnweise durch den Gang der Verkehrswege bedingt wird (S. 58), so tritt der Wandel hier in besonderer Stärke iu die Erscheinung. Augustus hat 20 v. Chr. die Herstellung der italischen Strafsen in die Hand genommen und als Denkmal seiner Thätigkeit das miliarium anreum mit einem Verzeichnifs derselben oberhalb des Forums errichtet. i) Die goldene Säule ist seit den Flaviern als Mittelpunct der Stadt betrachtet worden. Mit verzeihlichem Irrtum hat man darin auch den Endpunct der itahschen Strafsen erblickt: in Wirklichkeit werden die Entfernungen von den servianischen Thoren aus bestimmt. Als solche erkannte die Kaiserzeit 19 an (S. 525); die Regionenbeschreibung läfst von den 15 Thoren Aurelians 29 Strafsen ausgehen, und diese Ziffer trifft annähernd zu. Wir beginnen die Aufzählung auf dem rechten Lfer im Süden.

Aus porta Portuensis führt die belebte via Portuensis^) 15 Mil- lien lang nach dem von Claudius angelegten neuen Hafen an der Tibermündung. Sie hält sich nicht im Flufsthal, sondern schlägt die gerade Richtung über den Hügelrand ein. Reichlich 1 MiUie vom Thor zweigt dem Flufs folgend die via Campana^) ab und fällt am 11. Meilenstein wieder mit ihr zusammen. Am 5. Meilen-

1) Dio LIV 8 Plin. 111 66 Tac. Bist. I 27 Plut. Galba 24 SueL Otho 6 Dig. L 16,154.

2) It. Ant. 300 Regionär.

3) Acta fr. Arv. a. 224 v. 3. 14 Suet. Aug. 94 (vgl. Dio XLV 2) Regionär. CIL. VI 1610 X 1795.

§ 6. Das Weichbild. 543

Stein der Via Campana liegt in der Vigna Ceccarelli der Rundtempel der Dea Dia mit dem Hain der Arvalen (S. 498). Nicht nur dies Heiligtum, auch der Name lehrt dafs ihr ein höheres Alter zukommt als der Portuensis; denn er ist klärlich vom campns salinarum Romanarum Campo Salino, der grofsen Salzwiese am rechten Flufsufer (S. 359) abgeleitet, i)

Von porla Aurelia P. San Pancrazio auf der Höhe des Janicu- lum läuft die via Aurelia die grofse Küstenstrafse nach Pisa aus (S, 299). Unweit des Thores geht links eine antike Strafse nach der Kirche S. Pancrazio ab, verliert sich aber weiterhin im Felde. Man hat mit Grund vermutet dafs sie sich bis zur Küste fortsetzte und ehedem via Viiellia, später via Janiculensis hiefs.2) Inschrift- lich wird eine Aurelia vetus et nova unterschieden. 3) Um den steilen Anstieg nach S. Pancrazio zu vermeiden wurde nämlich ein Umweg über den 10 m niedrigeren Rücken hinter S. Peter eröffnet, der nach 372 Millien in die alte Strafse einmündet. Von der neuen, bei etwa 2 Millien Abstand von der heutigen Porta Cavalleggieri, trennt sich die via Cornelia deren nach Caere führender Gang noch erkenn- bar ist^): wer sie erbaut hat wissen wir nicht. Unbekannt ist des- gleichen der Grund der Benennung wie die Entstehungszeit der via triumphalis^); sie mündet, von Porta Angelica am Vatican über M. Mario hinführend, in die Via (Claudia) Cassia zwischen dem 8. und 9. Meilenstein aus.

Vom Capitol sind 3, von porta Flaminia Porla del Popolo 2 Millien bis zum pons Mulvius Ponte Molle, der als Holzbau schon im hannibaUschen Kriege (S. 510), in Stein seit 110 v. Chr. be- stand (S. 511); die mittleren 4 Bogen stammen aus dem Altertum. Die Brücke wird oft erwähnt 6); ihre militärische Wichtigkeil trat 312 beim Untergang des Maxentius zu Tage.") Ein Ehrenbogen war an ihr dem Augustus zum Dank für die Herstellung der flami-

1) Allein bekannt durch die Weihinschrift Not. d. Scavi 1888 p. 228.

2) Suet. Vit. 1 Regionär. Nibby III 568.

3) CIL. XIV 3610.

4) Regionär. CIL. XIV 361U, in christlichen Quellen Jordan Top. I 1,376 A. 51 Nibby III 569.

5) Regionär. CIL. XIV 3610.

6) Sali. Cat. 45 Cic. Alt. XIII 33,4 Mon. Anc. c. 20 Stat. Silv. II 1,176 Claudian 28,544.

7) Lactanz de mort. pers. 44 Aur. Vict. Caes. 40; vgl. Tac. Bist. I 87 II 89 III 82.

544 Kapitel IX. Rom.

nischen Strafse errichtet.') Ein Vorort war durch den Verkehr ins Leben gerufen worden. 2) Jenseit des Tiber folgt die via Flaminia dem Fhifsthal bis Prima Porta wo sie landeinwärts zieht, während die via Tiberina die anfängUche Richtung beibehält (S. 372). Links von der Flaminia zweigt bei Ponte Molle die via Claudia ab (S. 353). Am 6. Meilenstein der Claudia bei einem Grabmal das der Volks- mund dem Nero beilegt, führt rechts eine Strafse nach Veji (S. 356); am 11.. Meilenstein trennen sich die Claudia und die via Cassia.

Von der jetzt geschlossenen porta Pinciana lief keine Haupt- strafse aus. Es folgt porta Salaria 400 m aufserhalb des viel ge- nannten coUinischen Thors (S. 501). Die uralte via Salaria (S. 477) überschreitet zwischen dem 2. und 3. Meilenstein den Anio: die oft zerstörte Brücke wird zuerst in den Kämpfen gegen die Gallier 358 V. Chr. erwähnt.3) Am Zusammenflufs von Anio und Tiber er- hebt sich in beherrschender Höhe (62 m) ein Hügel nahezu gleichen Umfangs wie der palatinische und überaus fest, wie er denn auch gegenwärtig ein Fort trägt. In grauer Vorzeit trug er das thurm- bewehrte Antemnae, dessen Name aus der Lage vor den Flüssen her- rührt.^) Stiabo giebt seine Entfernung von Palatium richtig zu 30 Stadien == 3 Mühen an.^) Bei solcher Nähe hat es die Unab- hängigkeit früh, nach der Sage durch Romulus eingebüfst und ist zu einem Dorf, dann einer Villa herabgesunken. o) Die am 1. Novem- ber 82 V. Chr. am coUinischen Thor von Sulla geschlagenen Sam- niten suchten hier ihre letzte Zuflucht. '')

Mit der Salaria lief ursprünglich auch die via Nomentaiia vom coUinischen Thor aus 8), seit dem aurelianischen Mauerbau aus der 300 m davor liegenden porla Nomentaiia Porta Pia. Sie mündet bei Eretum wieder in jene ein (S. er 479). Grab kennzeichnen ihren Gang, so das von Constantins Tochter Constantia (mit zwei Kata- komben in der Nähe) vor dem 2. Meilenstein; zwischen dem 2. und

1) Dio LIIl 22.

2) Tac. Ann. XIII 47.

3) Liv. VII 9.

4) Vario LL. V 28 Fest. 17 M. Verg. Aen. VII 631 turrigerae A. dazu Serv. Sil. It. VIII 365 Antemna ebenso die Griechen: Dion. H. Plut. Steph. Byz.

5) Strab. V 230.

6) Liv. I 9. 11 Plut. Rom. 17 Dion. H. I 16 II 35 IV 3 VI 55 Plin. III 68 Gate Or. I 25 Jordan Not. d. Scavi 1886 p. 24 18S7 p. 64.

7) Plut. Sulla 30.

8) Strab. V 228.

§ 6. Das Weichbild. 545

3. führt eine antike Brücke über den Anio. Auf dem jenseitigen Ufer 3 Millien von Rom zur Rechten der Strafse erinnerte der mons Sacer den Plebejer an den Auszug seiner Vorfahren 494 und 449 V. Chr., dem er Recht und Freiheit verdankte. Die Ortsangaben der Alten stimmen überein. i) Auch kann über den zur Abwehr eines von Rom kommenden Gegners wie für Einfälle in römisches Gebiet gleich geeigneten Hügel auf dem die Plebs lagerte, kein Zweifel sein. Er steigt 20 m über der Thalsohle auf und wird an drei Seiten von dem eine Schleife bildenden Anio umflossen, aufser- dem im Rücken durch einen in den Anio mündenden Bach gedeckt.

Südlich vom Lager der Praetorianer befindet sich ein früh vermauertes Nebenlhor, aus dem so wenig wie aus der 500 m ein- wärts gelegenen Porta Viminalis eine Heerstrafse ausgegangen ist. Die Oerllichkeit vor der Angriffsfront zwischen dem colliuischen und esquilinischen Thor die Hannibal 211 v. Chr. vom Anio her erkundete, kennzeichnet Livius durch die Worte inter cotwalles tec- taque hortorum et sepulcra aut caoas uniiqne vias.-) Das esqui- hnische Thor ist in der Befestigung Aurelians durch zwei ersetzt worden, zunächst die 800 m entfernte porta Tiburtt'na Porta S. Lorenzo, wie sie jetzt nach der von Constantin gegründeten Patriar- chalkirche heifst. Kurz vor dem 5. Meilenstein überschreitet die via Tihurtina (in ihrer Fortsetzung Valeria) den Anio auf einer, man weifs nicht weshalb, Ponte Mammolo benannten Brücke, deren geringe Breite (4,85 m) ein hohes Alter verrät. Nach Strabo sind diese, die appische und laliuische die drei berühmtesten Strafsen.^)

Fast 1 Millie auswärts vom esquilinischen liegt ein Doppelthor porta Praenestina Porta Maggiore. Der linke Thorbogen entsendet die via Praenestina, der rechte die via Labicana^): zwischen beiden steht das Denkmal des Bäckers Eurysaces vom Ausgang der Republik. Da die erstgenannte Gabii berührt, heifst sie in alten Annalen via Gabina.^) Am 3. Meilenstein liegen die ausgedehnten Ruinen von Tor de' Schiavi aus Diocletians Zeit. Eine iNebenstrafse der Praene-

1) Gic. Brut. 54 Rep. II 58. 63 fr. p. 14,24 Baiter Fest. 318 M. Liv. II 32 III 52 Dion. H. VI 45 X 35 Val. Max. VIII 9,1.

2) Liv. XXVI 10.

3) Strab. V 236. 37.

4) Strab. V 237.

5) Liv. II 11 1116 V49.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 35

646 Kapitel IX. Rom.

stioa ist die via CoUatina.^) An der Labicana am 3. Meilenstein bezeichnen die Ruinen Tone IMgnaltara das angebliche Grabmal der Helena Mutter Constantins. Aelmlich wie in Lorium (S. 351) hatte sich um einen Kaiserpalasl eine ausgedehnte Vorstadt ange- siedelt die ein eigenes Bistum Subangnsta bildete.^)

Der Absland der porta Asinaria Porta S. Giovanni von dem servianischen Thor am Caelius beträgt 700 m. Die von hier aus- laufende via Asinaria ist eine Nebenstrafse recht alten Ursprungs, welche die Latina und Appia schneidend am 3. Meilenstein der Ardeatina endigt. 3) Es folgt die jetzt geschlossene porta Metrovia. Da im 3. Jahrhundert v. Chr. eine via Latina vetus und nova unter- schieden wird, ist es müghch dafs einer von beiden Armen dies Thor benutzt habe.*)

Wie dem auch sei, so sind sicher zwei andere aurelianische Thore an die Stelle der Porta Capena (S. 502) getreten, die ehedem den ganzen grofsen Verkehr von Süden aufnahm: die vermauerte porta Latina und die porta Appia Porta S. Sebastiano. Die via Latina und via Appia gehen 650 m vor Porta Capena in spitzem Winkel auseinander, um kurz vor Capua sich wieder zu vereinigen. Während Strabo beide mit der Valeria auf gleiche Stufe stellt (S. 545), kann in der Schätzung der Gegenwart keine römische Strafse auch nur von Weitem mit der appischen verglichen werden. Der Wanderer der im Colosseum die Gröfse Roms angestaunt hat, sieht auf ihr einen nach dem anderen die Zeugen einer reichen Vergangenheit, von dem Ringen mit Samnium und Karthago bis zu den Kämpfen und Siegen der Kirche und dem Fehdeleben des Mittelalters, an seinem Auge vorüberziehen. Wenn er sich Rechen- schaft zu geben sucht von dem stillen Zauber der ihm den Sinn gefangen hält^), so wirken drei verschiedene Ursachen zusammen. Vom 3. Meilenstein ab läuft die Strafse auf dem Rücken eines un- geheueren Lavastroms (I 262), dessen Höhenlage einen freien Rund- blick nach allen Seiten gewährt. Sodann haben Raubburgen die

1) Regionär. Fionlin aqu. 5. 10.

2) ad duos laui'os, inter duas latiros, ad laurum Cliron. min. 1 303. 490 III 296; Duchesne Archivio rom. XV 497.

3) Fest. 282 M. Regionär, vgl. Prokop b. Golh. 114 III 20.

4) Eph. epigr. I p. 133.

5) Dies ist in Erinnerung an die päpstliche Zeit gesagt: seither und be- sonders im letzten Jahrzehnt hat die Strafse von ihren Reizen viel verloren.

§ 6. Pas Weichbild. 647

in den Denkmälern sich eingenistet hatten (Caeciha Melella, Tor ili Selce), den Verkehr frühzeitig fortgescheucht und dadurch die Er- haltung der Ruinen begünstigt: erst 1850fg. wurde der Fahrdanim wieder aufgedeckt. Endlich ist nach dem eigenen Zeugnifs der Römer die Appia die belebteste und glänzendste, die Königin ihrer Slrafsen gewesen, hat noch im 6. Jahrhundert Prokop's Bewunderung erregt.') Daher hatten schon die Grofsen der Republik mit Vor- liebe ihre Ruhestätte vor Porta Capena gewählt.^) Der erste Meilenstein steht aufserhalb der aurelianischen Mauer. Die Strafse senkt sich zum Thal des Almo Acquataccio herab das im Süden das Stadtgebiet begrenzt (S. 491). Der am Fufs der Albanerberge entspringende kaum 15 km langt; Bach setzte gelegentlich den Grund unter Wasser und richtete in der Vorstadt bemerkenswerten Schaden an. 3) Der Marstempel der den Kern der Vorstadt abgegeben hatte (S. 509), lag auf der Anhöhe über dem Bach links von der Strafse. Jenseit des Almo geht rechts die via Ardeatina ab. Am 3. Meilen- stein erreicht die Appia das Grabmal der Caecilia Metella des jungem Crassus Gemahlin, einen Rundbau von 20 m Durchmesser der am Absturz des Lavastroms (64 m) weithin sichtbar thront. Erst nach weiteren 5 Millien lichtet sich die Gräberreihe.

Auch der via Ostiensis hat es, wie die am gleichnamigen Thor in die Mauer eingefügte aus carrarischem Marmor erbaute Pyramide des Cestius lehrt, an stattHchen Denkmälern nicht gefehlt. Sie hält sich in der Nähe des Flusses. Die Lage der Paulskirche zwischen dem 1. und 2. Meilenstein läfst schon schliefsen dafs Vororte sich weit hinaus erstreckt haben. In der That wird am 3. Meilenstein der vicus Alexandri als Anlegeplatz für grofse Schiffe erwähnt (l 317 A. 5). Die Angabe trifft auf den Porto della Pozzolana zu, wo aus den nahen Gruben die treffliche Erde von den seewärts fahrenden Schiffen als Rückfracht oder Ballast eingenommen wird.^) I/o Millie vorher zweigt die via Laurentina ab: an ihr liegen 3 Millien von der Stadt die aquae Salviae Tre Fontane, deren Ursprung von

1) Sta.. Silv. n 2,12 Martial IX 101,2 Prokop b. Goth. I 14.

2) Cic. Tuscul. I 13 CIL. I p. 11 fg.

3) Cic. ad Quint. 111 7 de üeor. nat. 111 52 Ovid Met. XIV 329 Fast. IV 337 fg. Lucan I 600 Martial III 47,2 Stat. Silv. V 1,222 Sil. It. VIII 363 Vib. Seq. p. 146 R. Ammian XXUI 3,7 CIL. I p. 390.

4) Nibby III 491 Wesiphal 4, Not. d. Scavi 1897 p. 195 1898 p. 450 fg.

35*

548 Kapitel IX, Rom.

der Legende mit der Hinrichtung des Apostels Paulus in Verbindung gebracht wird.')

Die Grabniäler sind es nicht allein die der Campagna ihren historischen Charakter verleihen; die meilenlangen Bogenreihen der Aquäducte machen ihnen den Rang streitig. Die Alten haben mit Lobsprüchen auf die Wasserversorgung Roms nicht gekargt und sie unter die >Yellwunder gerechnet.^) Im Lauf von sechs Jahrhunder- ten sind riesenhafte Mittel zur Lösung der Aufgabe verwandt worden. Die Gesamtlänge der Leitungen beträgt 359 Millien wovon 304 unterirdisch, 55 bis zur Höhe von 100' und mehr überirdisch geführt sind. Da die Römer aufser Stande waren Röhren herzu- stellen , die den Unebenheiten des Bodens folgend den Druck der hier bewegten Wassermengen auszuhalten vermocht hätten , waren jene Bogenstellungen nach dem Mafsstab damaliger Technik ebenso notwendig als sie nach heutigem Mafsstab eine zweckwidrige Ver- geudung der Mittel bedeuten würden. Die 4 jetzt wieder thätigen Leitungen schaffen täglich 380 000 cbm: ein Ergebnifs um das Rom von anderen Grofsstädten beneidet wird. Unter Augustus er- reichte das gelieferte Quantum rund eine, am Abschlufs des Alter- tums gar zwei Millionen cbm. Als Einheit gefafst entsprechen die Leitungen einem Flufs mit gegenwärtig 4,4, unter Augustus 11,3, unter Traian 18,5 cbm Abflufs in der Secunde, d. h. Vco ^li Vis vom Gehalt des Tiber (1 317).3) Diese Bergströme genügten nicht nur um all die öffentlichen Bäder Brunnen und Wasserwerke (S. 531) zu speisen, sondern auch unentgeltlich die Privathäuser mit treff- lichem Quellwasser zu versorgen. Der Segen der daraus der all- gemeinen Wolfahrt zuströmte, wird nicht leicht überschätzt werden können. Ueber die Geschichte der Wasserversorgung bis auf Nerva sind wir durch die sachkundige Denkschrift Frontins gut unter- richtet, recht ungenügend über die späteren Leistungen. *) Die einzelnen Leitungen fols:en zeithch so aufeinander:

t) Der Name erst in christlicher Zeit bezeugt u. a. Gregor M. Reg. XIV 14.

2) Fronlin de aq. 16 tot aquarum tarn mullis necessariis molibus pyra- viidas videlicet oliosas compares atit incrtia sed fama celebrata opera Grae- curiun? Dion. H. 111 67 Strab. V 235 Plin. XXXVI 123 Galen XVII 2,159 K. Rutil. Nam. I 97 fg. Cassiod. Var. VII 6 Prokop. b. Goth. I 19.

3) Es ist ein Versehen wenn Lanciani, Ruins p. 59 den Gehalt der Lei- tungen höher ansetzt als den des Tiber.

4) Fabretli (S. 487) Betocchi in Monografia di Roma II (S. 488); einen aus- führlichen Gommentar zuFronlin giebtLanciani in Atlide'Lincei 1880 p. 215— 614.

§ 6. Das Weichbild. 549

1. Aqua Appia 312 v. Chr. 11 Millien (S. 510), Tagesleistung 115 000 cbm.

2. Ani'o (vetus) 272 v. Chr. 43 Millien (S. 510), Tagesleistung 278 000 cbm.

3. Aqtia Marcia 144 v. Chr. 62 Mühen (S. 521), davon 71/2 i>ber- irdisch meist bei Rom, 1869 hergestellt. Die Porta Tiburtina ist ein Bogen derselben. Tagesleistung im Altertum 296314, gegenwärtig 121305 cbm.

4. Aqua Tepula 125 v. Chr. aus dem Albanergebirge auf denselben Bogen wie die Marcia, Tagesleistung 28 000 cbm.

5. Aqua Julia 33 v. Chr. I5V2 Millien, aus demselben Quellgebiet und auf denselben Bogen wie die Tepula, Tagesleistung 76 000 cbm.

6. Virgo 19 v. Chr. (S. 535) 14 Millien bis auf 1 '/4 unterirdisch, als Acqua Vergine nie ganz unterbrochen; liefert heute täglich 155271 cbm, im Altertum unbedeutend mehr.

7. Aqua Alsietina oder Augusta 2 v. Chr. 22 Millien unterirdisch, aus dem gleichnamigen See (S. 350) von Augustus zur Speisung einer Naumachie in Trastevere hergeleitet und nur im Notfall als Trinkwasser verwandt, Tagesleistung 25 000 cbm.

8. Aqua Claudia 52 n. Chr., von Caligula 38 begonnen, 46 V2 Millien davon 10 zu Tage, die mächtigste unter den Bogenreihen der Campagna. Die Porta Praenestina ist ein Bogen derselben. Tagesleistung 209000 cbm.

9. Anio novus gleichzeitig mit der vorigen und zuletzt auf dem- selben Unterbau, 59 Millien davon 9 oberirdisch. Tagesleistung 299000 cbm.

10. Aqua Traiana 110 n. Chr. 35 Milben, für Trastevere bestimmt. Das südliche Etrurien ist arm an Quellen: man fafste solche bei der Rocca Romana nürdhch vom Sabatiner See (I 259). Bei der Herstellung der Leitung (Acqua Paola 1611) wurde Seewasser hinzugefügt (S. 351) und dadurch die geringe Be- schaffenheit des Wassers wesentlich verschlechtert. Es kam auf die Vermehrung des Quantums an um die auf dem Janiculum belegenen Mühlen zu treiben. Solche waren schon im 4. Jahr- hundert in Betrieb.^) Tagesleistung im Altertum 118000, gegen- wärtig 81 000 cbm.

11. Aqua Alexandrina von Alexander Severus angelegt, 1585 von

1) CIL. VI 1711 Prokop b. Golh. I 19.

650 Kapitel IX. Rom.

Sixtus V als Acqua Feiice hergestellt, vom Albanergebirge 22

Millien. Tagesleistung heute 2l633cbni.

Um die Zahl 14 die Prokop angiebt, oder die Zahl 19 der Stadtbeschreibung heraus zu bringen lassen sich mit mehr oder weniger Ilechl Nebenleitungen einrechnen, da mehrere Hauptleitungen nachträglich durch neue Quellen verstärkt worden sind. Die Ueber- sicht spiegelt in lehrreicher Weise die geschichtliche Entwicklung wieder. Als Rom nach der Niederlage der Samniten und Hellenen Vormacht Italiens geworden war, schafft es für die wachsende Ein- wohnermenge täglich 2y'5 MilHon cbm Leitungswasser an. Es be- eilt sich damit nicht, wird aber durch den Ungeheuern Zudrang den die Weltherrschaft im Gefolge hatte, scbliefslich doch genötigt 3/io Million cbm hinzuzufügen. Dann bewirkt das Jahrhundert der Revolution einen langen Stillstand. Auguslus hat bei seiner Ordnung der städtischen Verhältnisse den vorhandenen Schatz um 1/4 Million vermehrt und damit hauptsächlich die neue Kaiserstadt im Marsfeld bedacht (S. 535). Die Regierung des Claudius bringt die über- raschende Steigerung von V2 Million cbm. Ein DedUrfnifs lag hierfür nicht vor: der Gröfsenwahn Caligula's hat das Unternehmen begonnen, der unpraktische Gemeinsinn seines Nachfolgers hat es mit einem ähnlichen Aufwand wie die Trockenlegung des Fuciner Sees erforderte (S. 453), zur Ausführung gebracht, i) Dem gegen- über fallen die späteren Leitungen nicht ins Gewicht: sie dienen wesentlich zur Versorgung jener ausgedehnten Thermen die den zunehmenden Verfall in so merkwürdigem Gegensatz begleiten (S. 540). Dies hört im 3. Jahrhundert auf. Die Erbauer der Diocletians- und Constantinsthermen haben trotz» des gewaltigen Redarfs den diese Anlagen verursachten, von weiterer Zufuhr Ab- stand nehmen können, weil der anderweitige Verbrauch mit der Devölkerung zugleich zurück gegangen war. Die Gothen schnitten 537 die Leitungen ab und seitdem hat der gröfsere Theil keinen anderen Zweken als zum Schmuck der Landschaft gedient.

1) Frontin 13 C. Caesar qtii Tiherio successit, cum painim e publicis usibus et privalis voluptatibus Septem ductus aquarum sufficere viderentur, . . . duos ductus inchoavit: quod opus Claudius magnificentissime consummavit dedicavilque.

KAPITEL X.

Latium.

Die erste Region des Augustus reicht vom Tiber bis zum Silerus, umfafst damit eine Küste von mehr als 300 km Länge mit den Mündungsgebieten des Tiber Liris Volturnus d. h. der drei gröfslen Ströme, wenn man von dem die Grenze bildenden Aruus absieht, die die Halbinsel aufweist. Bis auf den obersten Lauf ge- hört der Liris mit seinen Zuflüssen ihr ganz an. Aber da er wie die übrigen Appenninflüsse der Richtungsaxe des Gebirges folgt, so übersteigt in der Luftlinie gemessen die Ausdehnung der Region vom Meer landeinwärts nirgends 80 km, während sie am Nord- und Süd-Ende auf die Hälfte und darunter sinkt. Der Flächeninhalt mit rund 15 500 Dkm 280 d. qM steht nicht erheblich hinter der anstofsenden vierten Region zurück. Die Gegensätze welche die Natur und Geschichte Italiens erfüllen, erhallen in beiden den sprechendsten Ausdruck. Ungefähr das halbe Küstenland ist durch die Thätigkeit der Vulkane und der Flüsse dem Meer abgewonnen, verdankt der glücklichen ßodenmischung seine unerschöpfliche Fruchtbarkeit, der geringen Erhebung sein mildes Klima. Auf gleichem Raum vermag es mit Leichtigkeit die fünf- und sechsfache Zahl von Bewohnern zu ernähren wie das Gebirg. Wenn gegen- wärtig Campanien an Dichtigkeit der Bevölkerung von keiner andern Provinz erreicht wird, so traf dasselbe im Altertum auf die erste Region in ihrer Gesamtheit gegenüber den zehn folgenden zu. An Umfang nahm sie den achten, an Städten den allerobersten Platz ein. Sie zählte ihrer 86, darunter manche denen der Kaiser die Selbstverwaltung lediglich aus antiquarischer Liebhaberei belassen hat, aber auch 9 Colonien und Rom ungerechnet 4 Grofsstädte mit 50 100000 Einwohnern (S. 122). Die Brennpuncte des städtischen Lebens hegen an den Enden, im Norden am Tiber, im Süden am

5Ö2 Kapitel X. Laliuni.

Golf von ^caI)el, beitle auf vulkanistlieni Boden. Die breite Masse der Volskeiieige trennt diese bevorzugten Gebiete jüngerer Bildung von einander (I 239. 263) Wie die Ausläufer des Appennin eine räumlicbe Sclirauke zv\isclien ibnen aufgericbtel haben, macht auch die Erstreckung des Küstenlandes über P/2 Breitengrade sich kli- matisch fühlbar: die Jahres^ arme Neapels übertrifft um 2^ diejenige Roms (I 379. 396). Der natürlichen Scheidung entspricht die ge- schichtliche: im Süden hat das Hellenentum Wurzel geschlagen und aus nächster Nähe auf die Eingebornen gewiikt, hat die unter solchem Einflufs erzeugte Cullur der Osker ihre reichste Blüte ent- faltet. Freilich ^ und darin war das Verhängnifs Italiens be- schlossen — ei^vies sich der Widerstreit von Küsten- und Binnen- land mächtiger -als die Gemeinschaft von Sprache und Abstammung. Als die campanischen Städte 343 v. Chr. unter Roms Fittichen Schutz suchten gegen die Slammesverwandten in den Bergen, war die Freiheit der ganzen Halbinsel bedroht. Ali-bald rückt das Latiner- tum unaufhaltsam vor; aber es hat doch drei Jahrhunderte gedauert, bis nach dem Bundesgenossenkrieg und der Ertheilung des Bürger- rechts die oskifcche Sprache ausstirbt I 523). Der Süden ist von Natur vseit mehr begünstigt worden durch den Reichtum seines Bodens und die VorlrefTlichkeit seiner Häfen, dem Norden sicherte ein entwickeltes Flufsnelz den entscheidenden Vorrang (1 293). Wenn auch nicht an Wehi kraft, so dcch in den Künsten des Friedens an Grüfse und Wols-tand hat Capiia mit Rom wetteifern können. Daher ist es gekommen dafs die Landschaft den von ihrer Haupt- stadt entlehnten Namen bewahrt und dafs ein die gesamte Region befassender Name bis zum Ausgang des Altertums gefehlt hat.

Es wurde schon bemerkt (I 520) dafs Lathini vermutlich das- selbe bedeute wie Campania, nämlich die Ebene im Gegensatz zum Gebirg. In seiner ältesten An^^endung im Vertrag mit Karthago von 509 v. Chr. bezeichnet es das ganze den Römern verbündete oder unterthänige Küstenland von der Tibermündung bis einschliefs- lich Tarracina.i) Die Geographen rücken seit Skylax die Grenze zum Vorgebirge der Kirke zurück, das bei der veränderten Küsten- richtuug dem Seefahrer als Landmarke in die Augen fällt.^) Bei Skylax um die Mitte des 4. Jahrhunderts ist die Küste der ersten

1) Pol. III 22,11 vgl. 24,16.

2) Skylax 8 fg. vgl. Thcophrast bist, plant. V 8,3.

Lalium. ^53

Region derart unter die Stämme vertheilt dafs den Latinern ^/g, den Volskern 2/9, den Canipanern 2 '9 und endlich bis zur luca- nischen Grenze den Samniten 1/9 gehört. Der Ansatz ist für die späteren Geographen mafsgebend geworden : zwar der Name der Volsker verschwindet mit der politischen Vernichtung dieses Volkes; aber man rechnet, schwerlich mit Recht, das alte Latium antiquum^) nur bis Circeii, das neue Latium adiectum^) oder novum^) von hier bis zur campanischen Grenze. Sinuessa (106 Millien von Rom) wird bald Campanien^), bald Latium zugewiesen s), so dafs die po- litische Grenze scheinbar schwankt, während die natürliche durch den M. Massico gegeben ist. Im Binnenland läuft sie zwischen Casinum und Teanum ungefähr am 100. Meilenstein der Via Latina vorbei.6) Die Festsetzung der Grenze hat im Rechtsleben späterhin die praktische Bedeutung gehabt dafs die Ausweisung aus Rom zugleich einen Umkreis von 100 MiUien, also Latium mit einschlofs.") Dagegen waren in der Epoche der Samniterkriege in welche die Scheidung von Latium und Campanien zurück reicht, wesentlich andere Rücksichten entscheidend. Die beiden Heerstrafsen die Rom und Capua verbanden, die 312 erbaute Rüstenstrafse und die binnenländische Via Latina führten, jene ausschhefslich durch ro- misches, diese bis jenseit Casinum durch latinisches und römisches Rechtsgebiet. Allerdings waren auch die südlichen Gemeinden in den Bürgerverband ohne Stimmrecht aufgenommen worden, be- haupteten aber eine derart bevorzugte Sonderstellung dafs sie häufig als selbständige Bundesgenossen bezeichnet werden. 8) Sie bildeten eigene Legionen 'J), halfen eigene Verfassung Verwaltung Münze, vor allem ihre eigene Sprache. Die Unterscheidung von Latium und Campanien hat demnach ursprünglich den Sinn gehabt dafs in jenem Latein allein, in diesem daneben Oskisch im öffentlichen

1) Strab. V 231 Plin. III 56. 70.

2) Plin. III 59.

3) Serv. V. Aen. I 6.

4) Pol. lU 91,4 Plin. III 56 XXXI 8 Ptol. III 1,6.

5) Slrab. V 219. 231. 237 Meia II 70 Plin. III 59 Serv. V. Aen. I 6.

6) Pol. III 91,5 Strab. V 237 Ptol. III 1,54. 59.

7) Gaius I 27 Tac. Ann. XIII 26 Dio LV 26 Herodian II 13,9 Cod. Theod. XVI 5,62.

8) Liv. IX 6. 7 XXIII 5. 10. 18 XXXI 31.

9) Pol. II 24,12 Oros. IV 13,7 Liv. XII XV Gros. IV 3,4 Val. Max. U 7,15 Pol. I 7 Dien. H. XX 4 Frontin Str. IV 1,38.

554 Kapilel X. Latium.

Verkehr gebraucht wird. Eine Nachricht läfst das alte Latium vom Tiber bis Fundi sich erstrecken, das neue von Fundi bis zum Vol- turnus.i) Indem wir erwägen dafs das lalernische Gebiet seit 340, Fundi seit 338 romisch war, die Bürgercolonien Minturnae und Sinuessa erst 296 gegründet wurden, dürfen wir darin ein Zeugnifs vom Fortschritt der lateinischen Amtsprache erkennen. Au der Via Appia liegt 9 Millien von Sinuessa, 115 von Rom, der Weiler Pons Campanus bei einer über den Savo führenden Brücke '-^j: der IVame kündet klärlich die Grenze der alten campanischen Feldmark an. Freilich hatte nach dem Untergang Capua's und dem hanni- balischen Kriege eine strenge Scheidung im allgemeinen Bewufst- sein die Wichtigkeit verloren die sie im dritten und vierten Jahr- hundert besafs. Daraus erklärt sich dals die Geographen von Polybios ab die natürliche Grenze welche die Kocca Monfina (1037 m) und der M. Massico (811 m) zwischen dem Unterlauf des Liris und Volturnus aufrichten, an Stelle der politischen auf die Landschaft übertragen.

Als 292 die Grundsteuer in Italien eingeführt wurde (l 84), erhielt die erste Region des Augustus die Bezeichnung provincia Campania 3) und galt als die Speisekammer für Rom.*) Der Name Latium verschwindet aus dem Gebrauch, Campania dagegen geht allmälich in die allgemeine Bedeutung der Feldflur im Unterschied von der Stadt über.^) So hiefs der ager Romanus das alte Stadt- gebiet römisches Campanien^), während der Name in seiner Heimat, der reichen Landschaft um Capua erlosch. Der innere Zu- sammenhang sowol als die Fülle des Stoffes macht es unthuulich die ganze Region im Rahmen eines einzigen Kapitels abzuhandeln. Deshalb sollen nach einander das alte und das neue Latium sowie Campanien getrennt beschrieben werden. Die einzelnen Theile lassen sich freilich nicht ohne Willkür abgrenzen. Latium ist der vorUegende Abschnitt betitelt, verzichtet jedoch auf die Ausdehnung die Slrabo und Plinius dem Namen geben. Im Süden fallen die

1) Serv. V. Aen. I 6.

2) Hor. Sat. 1 5,45 Plin. XIV 62 Tab. Peut. lt. Hier. Gll.

3) CIL. X p. 1117 Paul. h. Lang. II 17 Feldm. 3. 48. 178. 179. 221. 229 Schol. Juvenal 3,224. 319 Serv. V. Aen. VIII 9. 564.

4) Exposiüo tolius mundi 54 (Riese p. 119) Cod. Theod. XIV 2 Gothofredus.

5) Cassiodor Var. XII 22,3 Gregor v. Tours h. Franc. 111 15 V 2 u. a.

6) Prokop b. Gotli. I 15.

§ 1. Alt Latium. 555

natUrlicheu und politischen Grenzen aus einander, die letzteren haben mehrere Jahrhunderle hindurch geschwankt. Deshalb be- schränken wir uns im Wesentlichen auf die Landschaft die das Auge von Rom aus umspannt. Sie ist dreifach gegliedert: in Küste Mitte und Appennin. Voraus geht ein Ueberbhck über die abge- storbenen Bildungen die fremdartig in die geschichtlich bekannten Zeiten hineinragen. i)

§ 1. Alt Latium. Die Sage läfst Latium nach dem König der Aboriginer Latinus benannt sein : soweit wie dessen Scepter reicht auch der Name.^) Da Lalinus über die Laurenter herrscht von der Tibermündung bis zu den Rutulern , ist die ursprüngliche Geltung des Namens eng begrenzt gewesen. Latium bezeichnet die Küste, Alba das Bergland (I 140). Von den Hüben des Ringwalls den die vulka- nische Kraft südlich vom Tiber mit ungetheilter Arbeit aufgeschüttet hat (I 260), umspannt der Bhck viele Meilen in der Runde. Als in längst vergangenen Zeiten der albanische König Umschau hielt, gehorchte der nähere Umkreis, ein gut Stück der Lande die vor dem Auge ausgebreitet lagen, seineu Befehlen : der albanische Name hat sich in den Anfängen ungleich viel weiter erstreckt als der latinische. Das Verzeichnifs der populi Albenses, der 30 Gemeinden die den ältesten albanischen Bund bildeten, ist erhalten. 3) Es sind folgende:

1) Quellen: Strabo V 228—32. 236-40 Plin. III 53—70 Ptol. III 1,5. 54 CIL, XIV (Dessau) X 1 p. 675 (Mommsen). Kaibel Inscr. Graecae p. 239—531. "Weslphal, Nibby, Gell S. 346 A. 1. Albert Bormann, Alllatinische Choro- graphie und Städtegeschichte, Halle 1852. G. Tomassetti, della Campagna Romana nel medio evo, Archivio della societä Romana di storia patria, vol. II (1879) IX. XI. XII. XIV. XV. XVII. XIX. XX. XXlI. XXUI (1900). Ueber Karten vgl. S. 485. Von der italienischen Generalstabskarte 1: 100000 entfallen auf diesen Abschnitt Bl. 144. 149—51. 158.

2) Varro LL. V 32 Liv. I 2 Cato Or. I 5 Jordan.

3) Die plinianische Beschreibung von Latium stammt aus vier verschieden- artigen Quellen: 1. einer Küstenbeschreibung § 56 60: 2. der alphabetischen Statistik des Augustus § 63. 64; 3. einer ohne erkennbare Ordnung gemachten Zusammenstellung von 20 Städten, deren Zerstörung in den römischen Annalen überliefert wird; 4.eineralphabetischenListe§69 von 30 verschollenen Gemeinden, die am albanischen Fest nach wie vor aufgerufen wurden, ihren Antheil vom Opferfleisch in Empfang zu nehmen. Der Zähigkeit mit der die römische Religion am Alten fest hielt, verdanken wir dafs die Namen auf die Nachwelt gelangten. Vermutlich hat Plinius die Liste den Antiquitäten Varro's entlehnt; die richtige Deutung hat Niebuhr I 223 angebahnt.

556 Kapitel X. Latium.

Albani als Miinicipium Alba Longa von Augustus anerkannt.

Aesolani vielleicht verschrieben für Aefnhni Süd von Tibiir.

Accienses anderweitig nicht bekannt.

Aholani anderweitig nicht bekannt. 5. Bubetani 499 erwähnt Dion. II. V 61, Sitz unbekannt.

Bolani in der Gegend von Labici und Praeneste.

Cusnetani vielleicht die Carventani an der aequischen Grenze.

Coriolani Süd vom Albaner Gebirg.

Fidenates nürdlich von Rom am Tiber. 10. Forelt unbekannt, vielleicht gleich den 499 erwähnten Fortinei

Dion. H. V 61.

Hortenses vielleicht Ortona an der aequischen Grenze.

Latinienses in unmittelbarer Nähe von Rom Cic. de har. resp.

20. 62. (Plin. III 54 XIV 67 Dio XXXIX 20 Varro LL. V 52)

und noch in der Gemeindeliste des Augustus als ager Latinns

aufgeführt Plin. III 63.

Longani wol Longnia an der volskischen Grenze.

Manates anderweitig nicht bekannt. 15. Macrales anderweitig nicht bekannt.

Munienses unbekannt, vielleicht das spätere Municipium Ca-

strimoenium.

Numinienses anderweitig nicht bekannt.

OUiculani anderweitig nicht bekannt.

Octulani anderweitig nicht bekannt. 20. Pedani zwischen Tibur und Praeneste.

Foletaurini vielleicht gleich dem § 68 erwähnten Politorium.

Querqnelnlani erwähnt Dion. V 61, hängen wol mit der porta

Querquelulana des servianischen Rom zusammen.

Skani Wohnsitz unbekannt vgl Verg. Aen. XI 317 VIII 328.

Sisolenses anderweitig nicht bekannt. 25. Tolerienses am oberen Tolero (Sacco).

Tntienses wol nach dem Fliifschen Tutia 6 Millien von Rom.

VimileUari anderweitig nicht bekannt.

Velienses erinnern an die romische Velia, eine der Gemeinden

des Septimontium.

Venetulani anderweitig nicht bekannt. 30. Vilellenses an der ae(juischen Grenze.

Die Liste trägt das Gepräge hohen Altertums an der Stirn: von Fidenae abgesehen begegnet in ihr keine einzige von den

§ 1. AU Lalium. 557

Städteo die sich einen Namen iu der Geschichte gemacht haben. Diese sind jüngeren Ursprungs. Durch Einverleibung der Dorf- schaften sind Rom Tibur Praeneste Tusculum Aricia Gabii ent- standen und gewachsen. In ihrem Schofs haben jene verschollenen Pagi sich fortgepflanzt, ähnlich wie die Kirchspiele des Septimontium zu Rom (S. 497). Es ist nicht möglich die Grenzen des albanischen Vereins zu ziehen. Aber es sieht nicht gerade wie ein Zufall aus dafs unter den 12 Gemeinden deren Sitz annähernd bestimmbar ist, keine der Küste angehört. Vielmehr wird der aus dem Namen ge- zogene Schlufs dafs der Bund ein binnenländischer war, hierdurch bestätigt. Die römischen Geschichtschreiber kennen das Verzeichnifs nicht, sondern erklären die Städte des späteren Lalium i) kurzer Hand für Colonien Alba's und bestimmen deren Zahl auf 8^) oder 18 3) oder gar 30.*) In ihrem Bestreben die Herrschaft Roms durch uralte Rechtsausprüche zu verklären scheuen sie vor der Er- findung nicht zurück Alba zur Tochterstadt von Lavinium zu machen. Glaubhafter khngl die Erzählung von den Fortschritten der römischen Waffen die einzelnen Königen zugeschrieben werden, nur dafs wir unter den zerstörten Städten Gauburgen verstehen und deren Besitzer in der albanischen Gemeindeliste suchen.

Nachdem der Vorort des Bundes von König Tullus Hostilius bezwungen worden war, verliert der Name albanisch seine poli- tische Bedeutung; die binnenländischen Gaue die ihre Selbständig- keit bewahrten, heifsen jetzt wie die an der Küste wohnenden Laliner, dieser Name dient fortan um den Gegensalz zwischen rö- mischen Bürgern und Bundesgenossen zum Ausdruck zu bringen. Der Zusatz prisci Latini bezieht sich auf den Bundesstaat der 493 durch den Vertrag des Sp. Cassius von Rom als gleichberechtigt anerkannt, aber 338 in seine Bestandlheile aufgelöst wurde. ^) Der Bund hat sich allmälich unter dem Druck äufserer namentlich von Rom drohender Gefahr gebildet. Zur Zeit der Tarquinier befafste er 8 Gemeinden: Tusculum Aricia Lanuvium am Albanergebirg,

1) Liv. 1 3. 52.

2) Verg. Aen. VI 773 fg.

3) Eusebios 2S7 Schoene aus Diodor VII.

4) Dion. H. I 45 III 10. 31. 34 VI 20, womit die V 61 aufgeführten ge- meint sind.

5) Plin. XXXIV 20; der Name wird in der Regel misbräuchlich auf die Urzeit bezogen (I 521).

558 Kapitel X. Latiuoi.

Tibur am Appennin , Cora Pometia im später volskischen Gebiet, Laurentes und Ardeates Rutuli an der Küste. Ihr Oberhaupt {dic- tator Latinus, die erste verbürgte Ausdehnung des Namens auf das Binnenland) weiht das Heihgtum der Diana am See von Nemi.i) In der nämhchen Gegend von Aricia am südwestlichen Fufs des Albanergebirgs ist die Quelle und der Hain der aqua Ferentina zu suchen, an dem die unabhängigen Latiner ihre Zusammenkünfte abhielten.^) Wegen der hier entstandenen Wohngebäude wird auch von einer Ortschaft Ferentinum gesprochen. -^j Seit Cluver hat man sie nach Marino verlegt: im Widerspruch mit den Geschicht- schreibern nach denen die Strafse von Rom ins Volskerland, d. h. die spätere Via Appia vorbeiführte.^) Keinenfalls darf der Ort auf römischem Grund und Boden gesucht werden. Unter der Quelle mag vielleicht geradezu der Abflufs des Nemisees der in dem Thal von Aricia zu Tage tritt (I 262) und nach Ardea läuft, zu ver- stehen sein. Der Bund der 8 Städte hat den Kern abgegeben und durch den Anschlufs anderer Gemeinden eine bedeutende Erweite- rung erfahren. Wenn die Ueberlieferung der am Quell der Feren- tina versammelten Eidgenossenschaft gedenkt, läfst sie diese aus 30 Gliedern bestehen. &) Die Zahl, wie männiglich aus der Aeneas- fabel bekannt, ist für Latium typisch; bereits Timaeos schreibt dem Aeneas die Gründung von 30 Burgen im Lande der Aboriginer zu.^) Ebensoviel befafst das Festverzeichnifs der albanischen Ge- meinden das mit dem Latinerbund als solchem nichts gemein hat. Der letztere ist weit jünger, nach den Annalen 499 entstanden. '') Die Liste der 30 Theilnehmer ist alphabetisch geordnet, nach der- jenigen Folge der Buchstaben die um die Mitte des dritten Jahr- hunderts üblich wurde, kann also nicht einer gleichzeitigen Ur- kunde entstammen. Jedoch erheben sich keine triftigen Gründe gegen ihre Richtigkeit, vielmehr enthält sie eine vertrauenswürdige Ueberlieferung. Die 8 Gemeinden die das Heiligtum am Nemisee gestiftet hatten §), kehren hier wieder : das von Tarquinius Superbus

1) Cato Or. II 21 Jordan.

2) Liv. I 50. 51. 52. ü 38 VII 25 Fest. 241 praetor.

3) Dion. H. MI 34. 51 IV 45 V 61.

4) Liv. II 38 Dion. H. VIII 4.

5) Liv. II 18 Dion. H. VI 63. 74. 75.

6) Lykophron AI. 1255.

7) Dion. H. V 61.

8) KoQvcov ist in KoQavcöv zu ändern.

§ 1. AU Latium. 559

zerstörte Pometia fehlt, umgekehrt wird Lavinium neben den Lau- renlern als selbständiges Glied aufgeführt, was es auch späterhin war. Ferner begegnen 6 oder 7 Namen aus der albanischen Ge- meinschaft.') Von der Gesamtzahl behaupten 17 ihren Platz als Verwaltungskürper bis in die Kaiserzeit, die übrigen 13 werden der Mehrzahl nach in der Kriegsgeschichte erwähnt.^) Geographisch lassen sie sich in folgende Gruppen einordnen:

I. Oestliche Gruppe.

Nomentum wird 338 römisches Municipium. Tibur bleibt bis 90 selbständig. Scaptia genaue Lage nicht bekannt, seit 338 römisch. Pedum 338 zerstört, geht in römischen Besitz über. 5. Bola früh zerstört, wegen der Lesung A. 1. Praeneste bleibt bis 90 selbständig. Tolerium seit 488 verschollen.

IL Mittlere Gruppe.

Gabii wird früh von den Römern erobert.

Labia wird 418 von den Römern erobert. 10. Corbio wird 457 von den Römern zerstört.

Tusculum seit 381 römisches Municipium.

Cabenses stehen noch in der Censusliste des Augustus.

Aricia wird 338 römisches Municipium.

Lanuvium wird 338 römisches Municipium. 15. Corioli seit 488 volskisch und verschollen.

IIL Küstengruppe.

LaureiUes Landgemeinde.

Lavinium bis 338 selbständig.

Ardea 442 von den Römern colonisirt (S. 27).

Tellenae früh verschollen.

1) Bcohtva-v (so mit der lateinischen Uebersetzung zu lesen statt de» handschriftlich überlieferten Boia.Xavd.v) Bivßevxavüv Kaoovevxavöiv (S. 556)^ KoQioXavüv <Po^iveia)7> (S. 556) IleBavcüv KoqxoxovXavdJv

2) TQiüQivcov der Vulgata an vorletzter Stelle ist notwendig am die Zahl 30 zu füllen: der Name sonst nirgends erwähnt, ist möglicher Weise verderbt, vgl. Schwegler II 328 A.

560 Kapitel X. Lalium.

IV. Südliche Gruppe.

20. Velitrae bald volskisch, 338 endgiltig unterworfen.

Carveutani Lage unsicher.

Coro bald volskisch, vor 330 römisch.

Norba 492 colonisirt (S. 27).

Setia 382 colonisirt (S. 27). 25. Satricum 385 colonisirt (S. 27), 346 zerstört.

Ctrcei 488 volskisch, 393 90 latinische Colonie.

Unbestimmbar.

Bubetani ehedem albanisch (S. 556). Fortinei vielleicht die albanischen Foreti. Querquetulani ehedem albanisch (S. 556). 30. Tricrini über den Namen S. 559 A. 2.

Das in diesem Bunde vereinigte Gebiet mag 40 d. D Meilen umfafst und bei der Gründung 499 das römische an Umfang um mehr als das Doppelte übertrolTen haben. Aber die innere Einheit fehlt, Rom nimmt die natürliche Mitte ein. Wie es den Unterlauf des Tiber in seiner Hand hat, sucht es auch die Küste sowie die grofsen Strafsen nach Süden zu gewinnen und damit den Zusammen- hang der Bundesgenossen zu zerreifsen. Das Vordringen der Ge- birgslämme anderseits führt zum mannichfachsten Wechsel in der Parteinahme und verleiht den Kämpfen der beiden nächsten Jahr- hunderte ein bewegtes Aussehen. Im Allgemeinen wird durch diese Kämpfe die städtische Entwicklung, die Unterordnung der kleinen Gemeinden unter eine gröfsere, die Erweiterung der Burg zur Stadtfestung befördert. Es nimmt nicht Wunder dafs aufser den mitgelheilten Verzeichnissen noch eine Menge von Gauen mit Namen erwähnt werden. Nach Plinius sind in AUlatium 50 Ge- meinden spurlos zu Grunde gegangen. i) Ihre Wohnsitze lassen sich in der Regel nur annähernd auf der Karte unterbringen. Romulus hat gleich nach dem Raub der Sabinerinnen das römische Ge- biet nach Norden hin erweitert und Caenina Antemnae Crustumerium ihm einverleibt.^) Von den drei Namen ist der an erster Stelle genannte der berühmteste: Romulus tödlete den caeninensischen

1) Plin. III 70 steht 53, aber es sind nur 20 + 30.

2) Liv. I 10 fg. Dion. H. 11 32 fg. Plut. Rom. 16 fg.

§ 1. Alt Latium. 561

König Acron im Kampf und weihte die Rüstung im Tempel des Jiippiter Feretrius.i) Zu Ehren seines Vorgängers hat Kaiser Aiiguslus den Gottesdienst der Gemeinde neu belebt und zum Be- trieb eigene sacerdotes Caetiinenses eingesetzt.^) Die Lage des Herculestempels an den der Dienst anknüpfte, ist unbekannt 3): wir suchen ihn am linken Anioufer in der Gegend der Via Nomen- tana und Tiburtina. Genau bestimmbar ist die Oertlichkeit von Antemnae, wovon S. 554 die Rede war. Ebenso erhielt sich das Andenken der dritten Gemeinde in dem ager Crustnminus von dem die 493 errichtete tribns Clustumina ihren Namen erhielt.^) Er begegnete uns bereits an der Adria in Umbrien (S. 374). Wenn er aufserdem mit einer verschollenen Stadt aus Etrurien angeführt wird, ist man um so mehr geneigt diese Feldmark an beiden Ufern des Tiber zu suchen als die Stadt nach der die Tribus heifst, einem beachtenswerten Gewährsmann zufolge den Etruskern gehörte.^) Die crustuminische Mark am rechten Ufer ist ganz oder gröfstenteils an Veji gefallen; denn vom 16. Meilenstein der Via Salaria ab schied der Fliifs vejentisches und crustuminisches Gefilde. 6) Der linkstiberinische Theil zog sich zwischen Eretum (S. 479) und Fidenae etwa vom 16. bis zum 6. Meilenstein hin und umfafste landeinwärts noch den Mons sacer am Anio (S, 545).') Der Boden war fruchtbar s), braclite sehr geschätzte Birnen hervor.'') Man begreift dafs der Dichter solch ausgedehntem Gau in den Kämpfen der Vorzeit einen ausgezeichneten Platz anweist lO); nicht minder

1) Erst seit der Herstellung des Tempels durch Augustus (Liv. IV 20) er- hält der in den Annalen namenlose König diesen Namen CIL. I p. 283 Fest. 189 M. Properz V 10,5 fg. Val. Max. III 2,3 Flor. I 1,11 Solin 1,20 Ampel. 21 Aur. Vict. 2 Serv. V. Aen. VI 860.

2) Marquardt Staatsverw. III 460.

3) Properz V 10,9 Fest. 45 Dion. H. I 79.

4) Die ältere Schreibung mit 1 wiegt durchaus auf den Inschriften vor (Kubitschek, de Rom. tribuum origine, Wien 1882, p. 38), findet sich auch Cic. pro Plane. 38 Balb. 57 , ferner wol nach der Stellung Fest. 55 vgl. Serv. V. Aen. VII 631.

5) Plin. III 52 Fest. 55 M.

6) Plin. III 54 vgl. Liv. XLl 9.13.

7) Liv. II 64 V 37 Varro LL. V. 81 RR. I 14.

8) Cic. pro Flacco 71 Plin. II 211 Liv. I 11.

9) Verg. Georg. II 88 Colum. V 10 Plin. XV 53 XXIIl 115. 10) Verg. Aen. VII 631.

Nissen, Ital. Landeskunde. 11. 36

562 Kapitel 10. Latium.

dafs in diesen von Sabinern All)anern Etruskern Römern umstrittenen Strichen die Angaben über seine Herkunft ') sowie seine Unter- werfung aus einander gehen. 2) Der Hauptort Crustumeria oder Crustumerinm ^) kommt in historischen Zeiten nicht vor; er lag stromaufwärts von Fidenae zwischen diesem und Eretum.^)

Unter Tullus Hostihus wurden die Albaner auf dem Caelius an- gesiedelt. Ancus Marcius besiedelt den Aventin uud erweitert das Gebiet bis zur Tibermündung. Von den genommenen Ortschaften wird Ficana ausdrücklich an den 11. Meilenstein der Via Ostiensis gesetzt.^) Die Hügel von Decima springen hier gegen den Flufs vor und zwingen ihn einen spitzen Winkel zu beschreiben : der ab- fallende Fels, jetzt nach dem Hof von Dragoncello benannt, hiefs den Alten Puilia saxa und schuf einen Hafen für den Ort den er auf seinem Rücken trug. Den 12. Meilenstein der Ostiensis um- fafste der ager Solonius: weiter erstreckte sich dieser Landstrich an der Feldmark der Laurenter und Ardeaten hin bis zu den Grenzen von Anlium und Lanuvium.ß) Eine vereinzelte Nachricht läfst einen Etruskerfürsten aus Sohnium dem Romulus Hilfe bringen''): wahrscheinlich gehören die Namen von Stadt und Land- schaft zusammen. In dem nämlichen Strich nach der See zu sind die zugleich mit Ficana eroberten Orte Politorium^) und Tel- lenae^) zu suchen. Ersteres begegnet vielleicht in der Liste der albanischen Gemeinden (S. 556, 21); letzleres wird unter den 30 Rundesstädten Latiums aufgeführt und scheint nach Aricia und Antium hin gelegen zu haben. In derselben Richtung weiter schieben sich die Eroberungen der Tarquinier gegen das Volsker-

1) Sabiniscli Plul. Rom. IT Stepli. Byz.; albanisch Diod. VII 3a, 7 Liv. I 38 Dion. H. II 36; etruskiscli Fest. 55; sikelisch Serv. V. Aen. VII 631.

2) Liv. I 11. 38 II 19 Dion. H. II 32. 36 III 49 XI 23. 25. 27.

3) Beide Formen bei Livius und Dionys, dichterisch Crustumerii Verg, Aen. VII 631 Cruslumium Sil. It. VIII 366. Adjectiv CrusUiminus , seltener Crustumerinus und Crustumius.

4) Liv. III 42 Dion. H. XI 23.

5) Fest. 250 M. Liv. I 33 Dion. H. III 38 Plin. III 68 Nibby II 40.

6) Fest. 250 M. Plut. Mar. 35,5 Liv. VIII 12 Gic. Att. II 3,3 9,1 Div. I 79 II 66.

7) Dion. H. II 37.

8) Liv. I 33 Dion. H. III 37. 38. 43 Plin. III 68 Cato Or. II 26 Jordan.

9) Liv. I 33 Dion. H. I 16 lil 38. 43 V 61 Diod. VII 3 a, 7 Plin, 11168 Strab. V 231. Der Ursprung der Redensart tricae Tellenae Varro bei Non. I 26 Arnob. adv. nat. V 28 bleibt dunkel.

§ 1. Alt Latium. 563

land vor. Priscus zerstört Apiolae und erntet reiche Beute. i) So- dann kehrt er die Waffen gegen die sabinische Grenze, zunächst gegen die Stadt an die das Verderben seines Hauses anknüpfen sollte, Collatia.^) Von den Albanern oder Sabinern gegründet 3) hat sie in- geschichthchen Zeiten nichts zu bedeuten.^) Dafs dem nicht immer so war, beweist die Lage und beweist die Via Col- latina (S. 546). An dieser Nebenstrafse 8 Milben von Rom bei Salone werden die Quellen der Aqua Virgo gefafst (S. 549)^); 10 Milben von Rom an der Einmündung der Üsa in den Anio er- hebt sich durch die Wasserläufe geschirmt ein Hügel der das Castell Lunghezza trägt und ehedem CoUatia trug. 6) Nachdem er diese starke Festung am linken Anioufer bezwungen, nimmt Tarquinius jeuseit des Anio 7 altlatinische oder zu den Latinern abgefallene Ortschaften ein. Unter diesen befinden sich die bekannten Muni- cipien Ficulea und Nomentum sowie das annähernd bestimmbare Crustumerium. Aber 4 bleiben übrig deren Lage nicht genau an- gegeben werden kann : Corniculiim '') Cameria ^) Ameriola ^) Medullia.^^) Im Gesichtsfeld der Römer heben sich die Kalkberge ab die dem Fufs des Lucretilis vorgelagert sind: Monticelli (389 m) und S. An- gelo in Capoccia (400 m), beide im Altertum wie jetzt von Ort- schaften eingenommen, dazwischen Poggio Cesi (415 m). Man will in diesen Hügeln die Corniculani montes und in Monticelli Corni- culum wieder finden 1'): eine ansprechende Vermutung aber nichts mehr.

Wie die Stadt Rom in 4, wurde ihre Feldmark 495 in 17 Tribus getheilt. Nach den Eroberungen der Königszeit fafsten die länd-

1) Liv. 1 35 Dion. H. III 49 Plin. III 70 Strab. V 231.

2) Liv. I 38. 57 fg. Dion. H. III 50 IV 64 Ov. Fast. II 733 Sil. It. VIII 361.

3) Verg. Aen. VI 774 dazu Servius Fest. 37 M; nach Livius sabinisch.

4) Cic. de lege agr. 2,96 Strab. V 230 Plin. lil 68.

5) Frontin 5. 10 Plin. XXXI 42.

6) So Westphal p. 100; Nibby I 478 zieht das 2 Millien entfernte Gastel- laccio an der Osa vor, das aber minder fest ist. Vielleicht hat der Ort nach dem Ausdruck Vergils a. 0. aus zwei getrennten Burgen bestanden.

7) Liv. I 38. 39 Dion. H. III 50 IV 1 Ov. Fast. VI 628 Flor. 1 5,6 Plin. III 68.

8) Liv. I 38 Dion. H. II 50. 54 III 51 V 21. 40. 49. 51 Diod. VII 3a, 7 Plut. Rom. 24, Plin. III 68 Cameinuvi.

9) Liv, I 38 Plin. III 68 (durch Conjectur hergestellt).

10) Liv. I 33. 38 Dion. II 36 III 1. 34. 38 VI 34. 55 Diod. VII 3a,7 Plin. III 68 Medullum Steph. Byz.

11) Dion. H. I 16.

36*

564 Kapitel X. Latium.

liehen Tribus als geschlossene Bezirke, im Mittel etwa eine d. Ge- viertmeile grofs, die Mauer rings ein. Nur von einzelnen wird die Stelle überliefert. Am rechten Tiberuler ist die Romulia oder Romilia die älteste ij, vermutlich bis zum Arvalenhain an der Grenze des Weichbilds reichend (S. 498). Stromabwärts folgte die Galeria: es ist nämlich wahrscheinlich dafs ihr Name mit dem am 10. Meilen- stein in den Tiber mündenden Rio Galera zusammenhängt.^) Der Bach wird erst seit dem 11. Jahrhundert erwähnt; aber in ähnhcher Weise verhält es sich mit dem Arrone und der Tribus Arnensis (S. 352). Stromauf ist die Fabia nicht ohne Grund an der Cremera der Grenze gegen Veji (S. 360) angenommen worden. 3) Am rechten Ufer des Anio sind die Clustumma (S. 561) und Claudia bezeugt.*) Uebel berufen war die Pupim'a wegen ihres unfruchtbaren unge- sunden Bodens, 8 Mühen von Rom an die tusculanische Flur stofsend."') Die bezeichnete Gegend, die Tenuten von Torre nuova Tor Vergato Carcariola usw.. weist in der That die gerügten Eigen- schaften auf. 6) Auch die Papiria scheint an Tusculum gegrenzt zu haben, insofern diese Gemeinde ihr einverleibt wurde.") Endlich erstreckte sich die nach einem Pagus benannte Lemonia vor Porta Capena an der Via Latina hin.s) Das von den Tribus umschlossene Gebiet bezeichnet nur einen Bruchtheil der Herrlichkeit die Rom unter den Tarquiniern besessen und nach deren Vertreibung im jähen Zusammenbruch seiner Macht eingebüfst hatte. Es wird an Ausdehnung von dem Gebiet der verbündeten Herniker überholt, von dem Gebiet der 30 Lalinerstädte um mehr als das Doppelte übertroffen. Wenn auch keine einzelne Bundesstadt sich entfernt mit Rom messen konnte, war dieses doch der Gesamtheit gegenüber auf Menschenalter hinaus zu einer bescheidenen Haltung genötigt. Mit Hilfe seiner Bundesgenossen erobert es das südliche Etrurien und die volskische Mark, wächst und wächst, zerbricht 338 den

1) Varro LL. V 56 Fest. 270. 71 M.

2) Nach Nibby IP 92.

3) Kubitschek de trib. orig. 12.

4) Liv, II 16 Dion. H. V 40.

5) Fest. 233 M. Liv. XXVI 9 Val. Max. IV 4,4. 6 8,1 Gic. de lege agr. 2,96 Varro RR. I 9 Colum. I 4 (Liv. IX 41).

6) Nibby 11* 666.

7) Fest. 232. 33 M. Kubitschek a. 0. 12.

8) Fest. 115 M.

§ l. Alt Latiiim. 565

latinischen Bund, die Stütze seines Wachstums. Etwa ein Viertel wird zur römischen Feldmark geschlagen, die übrigen Gemeinden fuhren ein getrenntes Sonderleben bis die Umwälzung des Jahres 90 alle bisherigen Rechtsschranken auf der Halbinsel niederreifst. *) Die freien Bauern die einst den latinischen Boden pflügten, wurden durch das aus dem Reich einströmende Capital vernichtet.^) Die Gauburgen an deren Mauern die Kraft eines jugendlichen Volkes sich erprobt hatte, mufsten von Sklaven erfüllten Gutshofen Platz machen. 3) Das Bild das um den Beginn unserer Zeitrechnung von den sieben Hügeln aus den Beschauer entzückte, die Stadt mit ihrem schwellenden Kranz von Landhäusern und Fruchtgärten, den Vor- städten am Abhang des Gebirgs (S. 541) erinnert uns an die leuch- tende Sonne welche die Planeten umkreisen. Mit dem Erkalten der Sonne erstarrt das Leben das sie genährt hatte. Von der Malaria die jetzt die Gegend beherrscht, ihrem Ursprung und Wachs- tum ist früher (1416 fg.) die Rede gewesen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte steht das parlamentarische Regiment ihr ebenso ohnmächtig gegenüber wie weiland das päpstliche. Die Schriftsteller des Altertums erkannten in den Latifundien die Ur- sache der unheilbaren Krankheit an der ihr Volk dahin siechte. 4) Sie konnten nicht ahnen dafs dies vom Reichtum des Erdkreises strotzende Land im weiteren Verlauf der Krankheit sich wandeln würde in jene baumlose Einöde welche die heutige Hauptstadt Italiens umgiebt, wo weder ein Bauer die ererbte Scholle noch ein fremder Knecht die Scholle seines Herrn umwirft, wo nur ein Zehntel der weiten Fläche obenhin beackert wird, während der Rest als W'eide dient. Auf Schritt und Tritt drängt sich dem einsamen Wanderer die Vergangenheit auf, und wenn es nur unförmliche Trümmor sind die das Gesichtsfeld füllen, so fördert der Spaten, mag man ihn in der Campagna ansetzen wo man will, anmutige glänzende Zeugen einstiger Pracht ans Licht. Damals als die Zeitgenossen der Caesaren sich ihrer erfreuten, gab es nur eine Stadt in der das Leben begehrenswert schien, oder mit den Worten des Dichters -^) :

1) Liv. VllI 14.

2) Plin. XVIII 6—21 Fest. 371 M.

3) Strab. V 230 tote /usv TtoXixfia, vvv Si xcöfiai xrr'ffcts iSimTcöv.

4) Plin. XVIII 35 Liv. VI 12 Flut. Tib.Gr. 8,7 App. b. civ. I 7. 11 Sali. Gat. 12.

5) Juvenal 10,99.

566 Kapitel X. Latium.

huius qui trahitur praetextam sumere mavis, an Fidenarum Gabiorumque esse potestas et de mensura ins dicere, vasa minora frangere pannosus vacuis aedilis Ulubris? Der Freund geschichtlicher Betrachtung wird gern bei der Spiefsbürgerei verweilen, da solche eine Brücke schlägt um die Ge- danken in die Vorzeit zurückzuführen in welcher der Grund zur römischen Weltherrschaft gelegt wurde.

§ 2. Die Seeküste.

Am 12. Meilenstein der Via Ostiensis hören die Tulfhügel auf und werden von dem Strandgürtel abgelöst der von den Ausläufern des Tolfagebirgs bis südlich von Ardea über 70 km lang und 3 10 km breit aus den vom Meer ausgeworfenen Schwemmstoffen des Tiber entstanden ist. Die regste Thätigkeit herrscht naturgemäfs unmittelbar an der Mündung. An beiden Ufern hat der Flufs durch Dünen lang gestreckte Lagunen abgeschnitten (I 202) : am rechten das Stagno di Ponente, am linken das Stagno di Levante. Das eine wie das andere ist seit Urzeiten zur Salzgewinnung ausgebeutet worden. Die Salzvviesen des rechten Ufers den campus salinarum Romanarum (S. 543) nahm Romulus den Vejentern ab (I 108), am linken drang Ancus Marcius erobernd bis zum Meer (S. 562) und gründete Ostia Gemünd die älteste römische Colonie.^) Die Gründung war an der Landseite durch den Strandsee geschützt, dem das alte Tiberbelte mit einer grofsen Krümmung bis auf ein paar hundert Schritt sich nähert, während das jetzige um den dreifachen Betrag abgerückt ist. Die Salinen wurden in der Folge bis auf die Gegen- wart hinab fortbetrieben.^) Aber der Dichter betont mit Recht dafs König Ancus nicht blos nach dem Ruhm des eisten Salzgrafen strebte 3):

Ostia munita est; idem loca navibus pulchris munda facit nautisque mari quaesentibus vitam.

1) Die Singularform Ostia -ae ist die ältere und gewöhnlichere Fest. 197 M. Charisius 1 p. 98 K.; aber bereits Sallust braucht Ostia -orum und dies scheint durch die Hafenanlage des Claudius und die Verdoppelung des Wohn- raums empfohlen worden zu sein CIL. XIV p. 4.

2) Liv. I 33 Plin. XXXI 89 Aur. Victor 5. Auf die Häufigkeit des Namens Salinalor in Ostia macht Dessau CIL. XIV p. 4 aufmerksam.

3) Ennius fr. 145 Vahlen (Fest. 258 M.) Dion. H. 111 44.

§ 2. Die Seeküste. 567

An der einförmigen Küste die zwischen dem Argentaro und Circello 200 km lang hinstreicht (I 324), bot die gröfste Fiufs- mündung den geeignetsten Ankerplatz. Seit 440 wird er als Handels- hafen i), seit den panischen Kriegen als Kriegshafen oft erwähnt.'^) Mit dem Wachstum Roms wuchs seine Bedeutung; vollends seitdem die Weltstadt für den Lebensunterhalt auf ausländische Kornzufuhr angewiesen war, hing ihr Schicksal von der Behauptung des Hafens ab und hat in der Kriegsgeschichte mehrfach (87 v. Chr. 409. 537 n. Chr.) sich nach dessen Fall zum Schlechteren gewendet.^) In alten Zeiten wurden daher auch die Colonisten als stehende Be- satzung betrachtet und selbst in Notlagen von der Aushebung für das Landheer befreit, später zum Dienst auf der Flotte herangezogen.*) Seit 267 v. Chr. erhielt ein eigener Quaestor in Ostia seinen Sitz mit der lästigen und verwickelten Aufgabe den Kornhandel zu über- wachen.5) Die Tibermündung ist dem Südwest, dem Sturmwind dieser Küste (I 386) ausgesetzt: ihr eifrigster Bewunderer mufs das zugeben. Von dem Umfang des angerichteten Schadens zeugt die beiläufige Nachricht dafs er 62 n. Chr. in dem inzwischen geschaffenen Hafen 200 beladene Schiffe zum Sinken biachte.6) Dazu kam die zunehmende Versandung die grofse Kauffahrer nötigte auf offener Rhede ganz oder theilweise zu loschen (I 318. 324). Und wenn die Flufsbarre glückHch überwunden war "), mufs auf dem schmalen Strom ein ebenso beängstigendes Gedränge gewaltet haben wie in den Gassen Roms. Die Stadenlänge in Ostia von Torre di Bovac- ciana, der alten Strandmarke, bis zum Thor nach Rom übersteigt keine IV2 km. Das ehemalige Aussehen der Gegend ist freilich sowol durch künstliche Aufschüttung 8) als durch natürhche An- schwemmung verwischt worden. Es mag wol sein dafs der Flufs

1) Dion. H.XII 1 Pol. XXXI 20,tl Justin. XLIII 3,4 Liv. XXII 11. 37 XXIX 14.

2) Liv. XXII 11. 57 XXIil 38 XXV 20 XXVII 22 Cic. de imp. Pomp. 33 Dio XXXVl 22.

3) Appian b, civ. I 67. 88 Zosim. VI 6 Prokop b. Goth. I 26.

4) Liv. XXVII 38 XXXVl 3.

5) Gic. pro Sest. 39 pro Mur. 18 de har. resp. 43 Vell. II 94 Suet. Claud. 24 Diod. XXXVI 12.

6) Dion. H. Ill 44 Tac. Ann. XV 18 Petron 76 Amniian XIX 10,1. Der Tauchergilde (urinatores) in Ostia hat es an Beschäftigung nicht gefehlt CIL. XIV 303 Dig. XIV 2,4.

7) Strab. V 232 Liv. XXIX 14.

8) Tac. Ann. XV 43.

568 Kapitel X. Lalium.

beim Austritt sich früher ausbiichtete i) und am rechten Ufer mehr Raum bot. Nichtsdestoweniger ist unverkennbar dafs alle Vor- bedingungen für die Aufnahme des Weltverkehrs hier ebenso fehl- ten wie auf den sieben Hügeln (S. 484). Caesar hat an Abhilfe gedacht.2) Die Ausführbarkeit wurde bezweifelt 3), bis Kaiser Claudius dessen Regierung wie keine zweite die kühnsten grofsarligsten Entwürfe zum gemeinen Resten ausgeführt hat, sofort nach seiner Thronbesteigung ans Werk ging.^) Mit Ungeheuern Kosten wurde 4 km uördlich von Ostia ein neuer Hafen geschaffen, theils am Strande ausgegraben, theils durch zwei Molen der See abgewonnen. Zwischen den gleich riesigen Armen ausgreifenden Molen von je 700 m Länge lag in der Mitte der Einfahrt eine künstliche Insel mit hohem Leuchlthurm.^) Der Hafen umschlofs einen Flächen- raum von 70 ha, fünfmal so viel wie der von Centumcellae (S. 333) der für den maritimen Verkehr des heutigen Rom ausreicht. Der Abschlufs der Arbeiten hat viele Jahre gedauert und zu guter letzt den Urheber um den verdienten Ruhm dafs das Werk seinen Namen empfing betrogen. Nero taufte es mit schillernder Zweideutigkeit Partus Augusti.^) Um den Anfang des zweiten Jahrhunderts fügte Traian einen geschützten Rinnenhafen von 40 ha Grundfläche in Gestalt eines Sechsecks hinzu. Seitdem lautet die amtliche Re- zeichnung Partus Augusli et Traiani oder Partus nterque und wiid im vierten Jahrhundert durch Partus urbis, Ramae, Romanus er- setzt.") Der Hafen wurde von grofsen Speichern in regelmäfsigen Zeilen eingefafst, von einer aus Rom verlegten Cohorte und Kriegs- schiffen aus Misenum bewacht *), zwischen dem inneren und äufseren Recken lag ein Kaiserpalast: kurz und gut an dem Ort der den Verkehr der Provinzen mit Rom vermitteln sollte, war in wenigen Jahren eine Wohnstätte vom Umfang eines Municipium ins Dasein

1) Wie Dion. H. III 44 angiebt, vgl, Ov. Fast. IV 291. 329 Tiberina atria.

2) Plut. Caes. 58 Suet. Claud. 20.

3) Ouintil. 1121,18 111 8,16.

4) Dio LX 11 Suet. Claud. 20 Plin. IX 14 XVI 202 CIL. XIV 85.

5) Juvenal 12,75 Val. Flacc. Arg. VII 83 Plin. XXXVI 70. 83.

6) Eckhel D. N. VI 276 Dio LXXV 16 It. mar. 493. 94. 98 Ammian XIX 10,1 Schol. Juv. 12,75 Cluver p. 877 Dessau a. 0. p. 6.

7) Belege bei Dessau p. 6. 7.

8) Suet. Claud. 25 Vesp. 8 Tac. Bist. I 80 II 63 Plut. Oth. 3 Dessau p. 9 Hirschfeld, Verwaltungsgeschichte p. 139 fg.

§ 2. Die Seeküste. 569

gerufen worden.') Diesem seinen Hafen gegenüber sah sich das alte Ostia in die Rolle des Rentners gedrängt, dessen Händen die Geschäfte der Firma entgleiten um dem Sohn und Theilhaber an- heim zu fallen. Kaiser Claudius, heifst es in einer Inschrift 46 n. Chr., hat durch die Canäle die er für die Hafenanlagen aus dem Tiber ins Meer leitete, Rom von Ueberschwemmungsgefahr befreit.^) Das war eine schwere wenn auch verzeihliche Täuschung (I 322 A). Wol aber glückte es dem Strom den künstlich geschaffenen kürzeren Weg zum Meer anzuweisen den er seitdem eingehalten hat (I 315). Damit wurde zugleich dem alten Flufsbette die Kraft entzogen um die Senkstoffe fortzuspülen. Die im Laufe dreier Jahrhunderte hervorgebrachte Wirkung schildert Rutilius als er 416 zur Heim- kehr rüstete 3):

tum demum ad naves gradior, qua fronte bicorni dwiduus Tiberis dexteriora secat.

laevus inaccessis fluvius vitatur arenis, hospitis Aeneae gloria sola manet. Die neueren Ausgrabungen nebst 2000 Inschriften bringen uns diese Epoche in anschauliche Nähe.^) Ostia zieht sich von der alten Mündung ab eine Mühe am Flufs hin und bedeckt annähernd ein Feld von 130 ha. Rechnet man den Hafen und die Vorstädte ein, so wird die Einwohnerzahl auf höher als 50000 geschätzt werden dürfen. 5) Von Hause aus gehörte die Colonie zur Tribus Voturia, später wog die Palatina vor weil die Freigelassenen ähnlich wie in Rom behandelt, also in eine städtische Tribus eingetragen wurden. An der Spitze der Verwaltung begegnet das in Colonien übliche Reamtentum. Der Platz der Duovirn scheint aber früher von Praetoren eingenommen gewesen zu sein, die als praetores sacris Volkani fadundis im Gottesdienst fortleben. Dieser Gott stellt alle übrigen so sehr in den Schatten, dafs der oberste und ursprüng- lich alleinige Priester der Stadt pontifex Volkani et aedium sacrarum heifst. Den Dioskuren als Patronen der Schiffahrt wurde vom Stadtpraetor oder -praefecten alljährlich eine Feier des Staates aus-

1) Lanciani, suUa cittä di Porto, Ann. dell' Inst. 1868 p. 144 fg.

2) CIL. XIV 85 vgl. Plin. Ep. VIII 17,2.

3) Rutil. Nam. I 179.

4) Not. d. Scavi 1888. 89 Eph. ep. VII p. 356—72, Boissier, Promenades archeologiques, Paris 1880, p. 249 S6.

5) Galen XVllI 1,348 Kühn.

570 Kapitel X. Latium.

gerichtet J) Den heimischen Güttern machten die fremden, Isis Serapis Kybele Milhras scharfen Wettbewerb. Viel Wolstand war in Ostia aufgehäuft: davon zeugen die Ruinen und die Kunstschätze die sie bergen, zeugen die ötfenllichen Aufwendungen seiner Millio- näre; von hier wurden 64 n. Chr. die Abgebrannten in Rom mit Hausrat versorgt.-) Die Feldmark, so hoch entwickelt auch der Gartenbau war 3), konnte bei ihrer geringen Ausdehnung nur einen Bruchtheil des Wolstandes beisteuern. Dessen Quelle entsprang der Aufgabe „die Schätze und Zufuhren der ganzen Welt gleichsam als Roms Seeherberge aufzunehmen".*) Die Inschriften auf denen auch nicht selten griechische Sprache erscheint »), stellen uns die einkehrenden Fremden vor, lehren die zahlreichen Gilden von See- und Flufsschiffern Lastträgern Kornmessern Weinhändlern SchifTs- zimmerleuten usw. kennen. Die stattlichen Strafsen, deren eine die für antike Verhältnisse ungewöhnliche Breite von 50' 15 m erreicht, Kaufhallen Tempel Thermen Theater sind gefälhg dem Geschmack der Kaiserzeit angepafst. Die geringe Entfernung von 16 Millien ♦') machte einen Ausflug von Rom nach dieser anmutenden Stadt und ihren Seebädern leicht ausführbar.'') Das Gestade war mit Land- häusern bedeckt. 8) Von Claudius ab haben die Kaiser mit ihrer Gnade gegen Ostia nicht gekargt: zu Anfang des 4. Jahrhunderts befand sich hier auch eine Münzstätte. 9) Der Vorrang Ostia's vor allen Städten der römischen Landschaft kommt noch in der christ- lichen Hierarchie zum Ausdruck, insofern sein Bischof an der Spitze der Cardinäle steht {decanus sacri collegii). Jedoch hat Portus be- reits in consiantinischer Zeit einen eigenen Bischof. i^) Mit dem ein- brechenden Verfall sieht sich Rom aufser Stande beide Zugänge zum Meer zu behaupten : der Hafen wird befestigt, die Stadt bleibt un- beschützt. In den Gothenkriegen hat sich der Verkehr ausschUefs- lich auf das rechte Flufsufer beschränkt. ii) Die Ueberfälle der

1) CIL. XIV 1. Aethicus Gosm. 25 (p. 83 Riese) Suidas /iaiovftäs{p. 679 Bk.)

2) Tac. Ann. XV 39 vgl. Plin. Ep. II 17,26.

3) Maulbeere Plin. XV 97, Lauch Plin. XIX 110, Melone vita Clod. Alb. 11.

4) Florus I 4 Plin. II 121 XIX 4 Strab. HI 145.

5) Kaibel inscr. Gr. 913—50 vgl. p. 694.

6) It. Ant. 301 Eutrop I 5 Hier. a. Abr. 1397 Plin. III 38.

7) Gell. N. A. XVIII 1 Minuc. Felix Oct. 3%.

8) Cic. Atl. XII 29,2 Vairo RR. III 2 Symmach. Ep. I 6 II 52 VI 35. 72.

9) Dessau zu CIL. XIV 1878. 10) Dessau a. 0. p. 7. U) Prokop b. Gotli. I 26 II 7 vgl. Cassiodor Var. VII 9,

§ 2. Die Seeküste. 571

Barbaresken die vom 7. bis zum 19. Jahrhundert anhielten ([ 114), vollendeten die Verödung dieser Rüsten und machten wiederholte Versuche sie dem Fieber zu entreifsen zu Schanden, inzwischen arbeitete Vater Tiber ungestört weiter, füllte die kaiserlichen Häfen aus und rückte sie 2 3 km vom Strande ab (I 315). Den Umfang der Insel die beide Flufsarme umschliefsen , hat er seit dem Aus- gang des Altertums mehr als verdreifacht: Prokop bestimmt ihre Breite richtig auf 2 Millien und benennt sie Sacra insula; nach einem anderen Schriftsteller soll sie wegen ihres Rosendufts „der holden Venus Weihrauch" geheifsen haben.') Der heutige Besucher hört die alten Namen Porto Isola Sagra Ostia erklingen, erblickt aber in den Trägern nur blutlose Schatten der Vergangenheit. Hatte er unter den Trümmern des Campo vaccino unter denen Gibbon den Plan zu seinem Geschichtswerk fafste, die nötige Stille und Stimmung vermifst um über Roms Gröfse und Untergang nachzu- sinnen, hier ist er sicher beides zu finden.

Die Via Aurelia die an der Küste Etruriens hinzieht, mündet durch einen Seitenarm in Ostia aus (S. 350) und setzt sich südwärts als via Severiana an der latinischen Küste fort.^) Der IVame rührt von Septimius Severus her der die Uferstrafse umgebaut oder ge- pflastert haben wird: dafs die latinischen Seestädte seit Alters durch eine solche verbunden waren, liegt in der Natur der Dinge. Ihre Länge von Ostia bis Antium beträgt 30, bis Terracina 73 Millien. Am 2. Meilenstein überschreitet sie den Abflufs der Ostlagune der die Feldmark Ostia's von der laurentinischen scheidet. 3) Nach der Sage reichte die laurentinische Feldmark ursprünglich bis zur Tiber- mündung ^): es kann auch nicht füglich bezweifelt werden dafs ein 2 Milben breiter Streifen von ihr für die Gründung von Ostia ab- getrennt worden ist. Die Südgrenze bildete der Numicius oder Numicus.^) Uebereinstimmend wird von diesem Flufs ausgesagt dafs er zwischen schilfbewachsenen Ufern in Schlangenwindungen hinkriecht und in einer Lagune endigt: das trifft auf den 25 km

1) Prokop b. Goth. I 26 Aethicus Gosm. 25 (p. 83 Riese).

2) GIL. X 1,6811 Tab. Peut.

3) CIL. XIV 126.

4) Verg. Aen. VII 30 fg. VIII 31 fg. IX 70. 469. 790. 815 XI 316 Serv. zu VII 661.

.5) Verg. Aen, VII 150. 242. 797, ISumicius Ovid Met. XIV 599 Fast. III 647 Plin. III 56, Numicus GIL. XIV 2065, beide Formen Sil. It. VIII 179. 190.

672 Kapitel X. Latium.

langen Rio Torlo zu.i) Unter gewöhnlichen Verhältnissen hätte freilich Aeneas in ihm nicht ertrinken können : nach starken Regen- güssen war solches recht wol möglich. Der ager Laurens 2) befafste mithin einen Küstenstrich von ursprünghch 16, später 14 Millien Länge. Da er landeinwärts an die solonische Landschaft stiefs (S. 562), kann sein Flächeninhalt 4 5 d. D M. nicht überschritten haben. Dünen und Moräste erfüllen den Strand und machen die Klage verständlich die ein Annalist dem Aeneas in den Mund legt: in eum deveiiisse agruni macerrimnm lüorosissimnmque.^) Der Rusch- wald Silva Laxirentina dehnte sich in den sumpügen Niederungen aus^): der Lorbeer der an der ganzen Küste weit verbreitet war (l 432), hat dem Völkchen den Namen Lauretites verschafft. 5) Hier fand der Eber eine zusagende Stätte ^), wurden von römischen Grofsen Wildparks angelegt.') Immerhin so ungünstig die Verhältnisse lagen, haben die Laurenter Seefischerei betrieben 8) und wurden im 4. Jahr- hundert V. Chr. in sicilischen Häfen angetroffen. 'J) Als sie noch im Resitz der Tibermündung waren, muls ihr Verkehr und ihre See- stellung bedeutend gewesen sein. Daraus erklärt sich einerseits die frühe Aufnahme griechischer Culte, anderseits die Verbreitung des hier heimischen Latinernamens im Rinnenland. Die Aeneasfabel die nach dem Zeugnifs des Timaeos bereits um 300 v. Chr. einge- bürgert war, hat allerdings in der von den Römern empfangenen Gestalt wirksam dazu beigetragen die geschichtlichen Zusammenhänge zu verdunkeln. Alba kann unmöglich eine Tochterstadt von Lavi- nium gewesen sein, die Ausdehnung des Namens laurentisch über Latium bis an den Liris beruht lediglich auf dichterischer Willkür. *") Der Grundzug der Erzählung dafs Lavinium auf abgetretenem Ge-

1) Nibby IP 41 6 fg.

2) Oder Laurentinus Plin. Ep. II 17,1.

3) Fab. Max. bei Serv. V. Aen. I 3 vgl. Dion. H. I 56.

4) Obseq. 24 Val. Max. I 6,7 Verg. Aen. XI 134 Symmacli. Ep. VII 15.

5) Varro LL V 152 Verg. Aen. VII 59 Herodian I 12,2.

6) Verg. Aen. X 7ü9 Hör. Sal. II 4,42 Martial IX 48.

7) Varro RR. 111 13.

8) Martial X 37,6 Plin. Ep. II 17,28.

9) Wo Tinnaeos seine Dion. H. I 67 erwähnten Nachrichten von ihnen ein- gezogen haben wird.

10) Laurentisch heifst Ardea Verg. Aen. VII 650 Stat. Silv. I 3,83; Astura Fest. 317 M. u. Stura; Marica die Göttin von Minturnae Verg. Aen. VII 47; bei Silius Italiens so viel wie römisch oder italisch.

§ 2. Die Seeküsle. 573

biet erbaut wiid , spiegelt übrigens die thatsächlichen Verhältnisse wieder die durch die Stellung Delphi's zu den Phokiern erläutert werden mögen.

Eine eigene Strafse die via Lanrentina verbindet Rom mit der heiligen Stadt. i) Sie zweigt zwischen dem 2. und 3. Meilenstein von der Ostiensis ab (S. 547), läuft mit stellenweise erhaltenem Pflaster durch Decimo (ad Decimum) und erreicht nach 19 Millien Lavintum Pratica.2) Von Ostia 16 Millien 3), vom Meer 3 entfernt 4) nimmt es einen reichlich 100 m ansteigenden steilen Hügel von 1200 m Umfang ein. Der dazu gehörige Acker beschränkte sich zeitweise auf einige hundert oder lausend Morgen. 5) Nichts desto weniger hat dies geistliche Gemeinwesen der Landesgemeinde gegenüber eine unabhängige Haltung gewahrt. Unter Romulus gehört es den Lau- rentern ß); bei der Stiftung des Heiligtums von Nemi (S. 558), im römisch-karthagischen Vertrag von 509 wird es nicht erwähnt. 'i) Dagegen tritt es in dem neuen latinischen Bunde von 499 als selbständiges Glied auf (S. 559). Aus dieser Zeil schreibt sich der Glaube her der in Lavinium die Mutlerstadt der launischen Nation erblickte. Der Glaube erhielt seine äufsere Verkörperung in einem allen Latinern gemeinsamen Venustempel, dessen Dienst Priester von Ardea besorgten.^) Demgemäfs fochten die Lavinaten in dem entscheidenden Waffengang 338 v. Chr. auf latinischer Seite, während die Laurenter sich ruhig verhieUen.-') Nunmehr hebt ein neuer

1) Vai. Max. VIII 5,6 Ovid Fast. II 679 Plin, Ep. II 17,2 Gell. N. A. X 2,2 Regionär. CIL. XIV 4086. 87.

2) Varro LL. V 144 Dion. H. I 56. 67 fg. CIL. XIV p. 186 Schwegler I 2S3 fg. Nibby IP 206fg. Toroassetti Bull. com. 1895 p. 132fg.

3) It. Ant. 301 Tab. Peut. verwirrt.

4) Strab. V 229 Dion. H. I 56.

5) Nur 500 Cassius Hemina bei Solin 2,14; 2700 wie es scheint Gate Or. I fr. 9 Jordan; die Dion. H. I 59 gemeinte Ziffer ist nicht mit Sicherheit aus- zurechnen.

6) Liv. I 14 Dion. H. II 51 fg.

7) Pol. 11122,11 wird das überlieferte agevrivoiv richtig AaQsvTlvtov er- gänzt, von Polybios, der die Gegend kannte, c. 24,16 als Landgemeinde ab- sichtlich übergangen.

8) Strab. V 232. Da Dionys überall die Lavinaten statt der Laurenter nennt, ist die Angabe III 34, dafs einer der beiden ersten Praetoren des Bundes aus Lavinium stammte, ohne Bedeutung.

9) Nach den Capitolinischen Fasten triumphirt Consul Maenius de Antia- tibus Lavinieis Felitemeis. Hier sowie Liv. VIII 11. 12. 13 Lavinium in Lanu-

574 Kapitel X. Latium.

Abschüitt ihrer Geschichte an. Mit der Sprengung des Bundes hört Lavinium auf der religiöse Mitlelpunct Latiums zu sein, statt dessen wird es die Penatenstadl von Rom. Es kehrt unter die Hoheit der Laurenter zurück, mit denen nach dem Geheifs der sihyllinischen Bücher das römische Volk alljährlich sein feierliches Bündnifs er- neuert.') Bei ihrem Amtsantritt opfern Consuln Praetoren und Dictatoren in Lavinium den Penaten und der Vesta,^) Der Ort barg kostbare Gnadenschätze: Heroldstäbe und einen Topf aus Troia, wovon schon Timaeos gehört hatte 3), die Sau welche die 30 Ferkel warf, in Salzlake 4); am nahen INumicius lag der Hain des Juppiter Indiges der für den göttlichen Aeneas ausgegeben wurde.^) Aber mit dem Verfall des Freistaats verödeten die geweihten Stätten und der Dichter klagt c):

Albanosque lares Lanrenttnosque penates rus vacuum, quod non habitet iiisi nocte coacta invüns qneshisque Numam iussisse Senator, non aetas haec carpsit edax monumentaque rerum putria desiiluü: crimen civile videmns tot vacuas urbes. Wir wissen nicht einmal welcher Tribus die Laurenter bei der Verleihung des Bürgerrechts 90 v. Chr. zugetheilt wurden. Erst als die Aeneaden den Thron der Weltherrschaft bestiegen, feierten die alten Erinnerungen ihre Auferstehung. Sie wurden nicht nur von der Muse besungen, die zahlreiche aus römischen Rittern gebildete Priesterschaft der Lanrentes Lavinates übernahm ihre Pflege.') Den- selben Namen odei* kurzweg Lanrentes führt die Stadtgemeinde^),

vium zu ändern ist unbegründet. Neben der üblichen Form Lavinas braucht Varro RR. 11 4 Laviniensis, Plin. 111 64 Verg. Aen. 1 2 IV 236 Prop. 111 32,64 Lavinius.

1) Liv. VllI 11 CIL. X 797.

2) Macrob. Sat. III 4,11 Obseq. 24 Val. Max. 1 6,7 Serv. V. Aen. II 296 III 12 Schol. Veron. V. Aen. 1 260.

3) Dion. H. 1 67.

4) Varro RR. II 4.

5) Flin. III 56 Liv. I 2 Dion. H. I 64 Tibull II 5,43.

6) Strab. V 232 Lucan VII 394.

7) Marquardt Staatsverw. 111 457 Dessau a. 0. p. 187.

8) In dem Gemeindenverzeichnifs Plin. III 64 llionenses Lavini ist ersteres allem Anschein nach ein Zusatz des Plinius, jedesfalls anderweitig nicht zu be- legen. Die Aenderung des zweiten Namens in Lanivini ist nicht zu billigen, vielmehr mufs der Ausfall von Lanuvini angenommen werden.

§ 2. Die Seeküste. 575

am Ausgang des Altertums ist daraus das unziemliche Laurolavinium gemacht worden.') Die kaiserliche Huld ist ihr fortan treu ge- blieben 2), bis mit dem Erlöschen des Heidentums die religiosa civitas um 400 n. Chr. unseren Blicken entschwindet.^)

Der erbliche Zwiespalt zwischen Stadt und Land ist von der Monarchie nicht versöhnt worden. !Nach der Gemeindeordnung des Augustus gehört nur die südliche Hälfte des laurentischen Gebiets zu Lavinium. Das au Ostia grenzende Stück hat eigene Municipal- verfassung mit Quattuorvirn und Decurionen (in Lavinium lauten die Titel vornehmer Praetoren und Senat). Sein Hauptort galt nicht als Stadt sondern als Flecken, der nach Aussage des in der Nähe ansässigen PHnius für die Befriedigung bescheidener Ansprüche aus- reichte, u. a. drei Badeanstalten besafs.^) Aus Inschriften erfahren wir dafs er nach dem ersten Kaiser amtlich vi'cus Augustanus heifst, die Gemeinde Laurentes vico Augustano.'^) In der Litteratur, damit wol auch im Volksmund heifst er seit Alters Laurentum.^) Die Ent- fernung von Rom beträgt 17, von Ostia 5 Millien '), di«; Lage inner- halb des königlichen Jagdreviers Castel Porziano (Porcigliano) ist durch Inschriftenfunde gesichert. Seit den punisehen Kriegen greifen die Latifundien um sich^), in der Kaiserzeit drängte am Strande ein Landhaus das andere. 9) Der jüngere Plinius hat das seinige ausführlich beschrieben. Was er von dem Ritt dorthin be- richtet auf sandigen Wegen durch Feld und Wiesen wo Schaf- und Rofsheerden überwintern, entspricht dem Ton der heutigen Land- schaft. Aber der Lorbeer der ihr einst den Namen verliehen , ist selten geworden, und dafs sie um 200 n. Chr. wegen ihrer Gesund- heit aufgesucht wurde, klingt der Gegenwart wie ein Märchen.'")

Von der Porta Naevia in der servianischen Mauer am Aventin läuft die via Ardeatina aus"), kreuzt den Almo (S. 547) und die

1) Feldm. 234 Serv. V. Aen. 13.5 IV 620 VI 760 VII 59. 131. 170 XI 100

2) CIL. XIV 2070 Vita M. Ant. Phil. 27.

3) So heifst sie Symmach. Ep. I 71 VII 26 vgl. Cod. Theod. VIII 5,46.

4) Plin. Ep. II 17,26.

5) CIL. XIV p. 183.

6) Cic. de or. II 22 Strab. V 229. 232 Mela 11 71 Plin. III 56 Herodian I 12,2 It. Ant. 301 Tab. Peut.

7) Plin. Ep. II 17,2.

8) Cic. de or. II 22 Varro RR. III 13 Jlacrob. Sat. I 11,21.

9) Plin. Ep. II 17,27. 10) Herodian 1 12,2. 11) Fest. 282 M. CIL. VI 13074 Regionär.

676 Kapitel X. Latium.

appische Strafse'), erreiclit ohne weitere Ortschaften zu berühren nach 23 Mühen Ardear) Das Gebiet dieser Stadt wird durch den Nuniicius vom laurentischen geschieden, läfst sich nach Nordost gegen Aricia und Lanuvium, nach Süden gegen Antium nicht näher abgrenzen, kann aber kaum 3 d. D M. erreicht haben. Die nach Südwest geöll'nete und durch Kraterseen bezeichnete Seite des alba- nischen Hingwalls ist vom Meer 20 km entfernt, auf der kurzen Strecke hat der Boden eine Neigung von 2 300 m, die strahlen- förmig abströmenden Gewässer haben tiefe Rinnen durch den lockeren Tuff genagt (1 261). Ein reichhches Dutzend solcher Wildbäche münden als Fosso degli Incastri in einem gemeinsamen Bette ins Meer; 3 Millien von der Mündung wo die Hauptbäche sich ver- einigen, den ranken Aesten vergleichbar die vom Stamm einer nach den Regeln französischer Gartenkunst gestutzten Ulme aufschiefsen, fesselt eine der lehrreichsten Stätten des latinischen Altertums den Betrachter 3) :

locus Ardea quondam

dictns avis, et nunc magnnm manet Ardea nomen

sed fortnna fuit.

Den Lavinaten gelang es nicht den Namen des Gaus durch

den der Stadt zu verdrängen; dafs es ihren Nachbarn jenseit des

Numicius gelang und gehngen mufste, wird uns durch die Oertlich-

keit und die erhaltenen Befestigungen veranschaulicht.^) Der Gau

heifst Rutuli, von der Sage in nachbarlichen Gegensatz zu den

Laurentern oder Latinern gesetzt (1 521), aber in keiner Weise als

stammfremd von ihnen unterschieden. &) Bei der Stiftung in Nemi

(S. 558) führt die Gemeinde den Doppelnamen populus Ardeatis

Rutulus, in den Zeiten vor dem gallischen Brande spricht die

Chronik gelegentlich von Rutulern^), später kennt man sie nicht

mehr und schon die altertümliche Weihung vom Albanerberg lautet

Divei (Diovei) Ardeates.') Die Bodengestaltung beförderte den Zu-

1) Hülsen in Pauly-Wissowa Encl. II 613.

2) Strab. V 232 Mela II 71 Plin. III 57 Ptol. III 1,54 CIL. X 1 p. 675.

3) Verg. Aen. VII 411.

4) 0. Richter, Ann. dell' Inst. 18S4p. 90fg. mit Plan Mon. XII 2 Not. d. Scavi 1900 p. 53.

5) Verg. Aen. XII 40 consaJiguinei vgl. S. 572 A. 10. Silius braucht rutu- lisch im Sinne von römisch.

6) Liv. I 57 IV 11 Dion. H. V 62 Zonar. VII 23.

7) Rom. Mitth. 1895 p. 65 ebenso Pol. III 22,11 Dion. H. V 61.

§ 2. Die Seeküste. 577

sammenhalt des Gaus, als natürliche Mitte war der Ort gegeben wo die verschiedenen Thalmulden zusammenstofseu. Hier auf dem lang- gestreckten Rücken zwischen dem Fosso della Mola, dem Abflufs des Nemisees, und dem Fosso dell' Äcqua buona hegt die Stadt. Den äufsersten Vorsprung nach dem Meer zu nahm der älteste Theil und nimmt der heutige Weiler ein. Er ist 360 m lang, halb so breit und 6 ha grofs. Bei einer Meereshöhe von 36 m fallen die Tuffwände 20 m senkrecht nach dem Thalgrund ab und bedürfen keines künstlichen Schutzes; an der Landseite ist eine Mauer im Läufer und Bindersystem errichtet. Drei Thore vermitteln den Zu- tritt, das nach der See führende ist in tiefem Einschnitt aus dem Felsen ausgehauen. Die Stadt oder Burg des Königs Turnus wurde durch eine erste Erweiterung auf rund 50 ha gebracht. Sie rückte über die 53 m ü. M. ansteigende Hochfläche 1/2 km vor, bis wo diese von beiden Seiten her ausgehöhlt und auf eine Breite von 450 m eingeengt wird. Die nötige Deckung für die offene Strecke gewährte eine mächtige Schanze die an die servianische auf dem Esquihn erinnert: der Wall ist rund 620 m lang, 40 m breit, 20 m hoch, der Graben 25 m breit. Die Zahl der Thore beträgt jetzt 5. Später hat Ardea ein zweites Stück der Hochfläche (60 m ü. M.) ein- verleibt und durch neue umfassende Werke gesichert. In dieser seiner gröfsten Ausdehnung ist die Zahl der Thore auf 8, der Längen- durchmesser auf 1,6 km, der Umfang auf 4,5 km, der Flächeninhalt (ßeloch) auf 85 ha gewachsen. Es konnte sich nicht mit dem königlichen Rom messen, fand aber in Latium weit und breit nirgends seines Gleichen. Wie der Reiher dessen Namen Ardea trägt ^), haben seine Bürger sich auf dem Wasser getummelt. Eine unver- bürgte Nachricht schreibt ihnen in Gemeinschaft mit den Zakyn- thiern die Gründung des spanischen Saguntum zu,'-') Meistens gilt Danae aus Argos des Perseus Mutter als Stifterin von Ardea. 3) Verständlicher khngt es wenn ein griechischer Geschichtschreiber den Ursprung der drei hervorragendsten Städte zwischen Circei und Tiber den Söhnen von Odysseus und Rirke dem Romos Antias Ardeas beilegt. *) Die Eroberung des reichen Ardea sollte das Macht- gebäude der Tarquinier als Schlufsstein krönen: in der That heifst

1) Ovid iMet. XIV 580 Serv. V. Aen. VII 412.

2) Liv. XXI 7 Sil. It. 1 293.

3) Verg. Aen. VII 410 Serv. zu VII 372 Plin. 111 56 Solin 2,5.

4) Xenagoras bei Dion. H. 1 72 Steph. Byz. 'yivTsia. Nissen, Ital. Landeskunde. IL 37

$78 Kapitel X. Latium.

die Gemeinde 509 im karthagischen Vertrag den Römern unler- Ihänig.') Sie nimmt an der Errichtung des Latiuerbundes eifrigen Anlheil (S. 558) und erlangt die Vorstandschaft am Bundestempel zu Lavinium (S. 573). Zwei Menschenalter später entspinnt sich aus einem Grenzstreit mit Aricia der Bürgerkrieg: den Gemeinen kommen die Volsker, dem Rat die Römer zu Hilfe, nach blutigem Siege wird Ardea 442 von den Römern neu besiedelt.^) Unter Anführung des verbannten Camillus schlug es die Kelten zurück^), wurde von den Samniten schwer heimgesucht^), gehorte zu den 12 latinischen Colonien die 209 ihr Unvermögen erklärten Soldaten und Geld gegen Hannibal zu liefern. &) Endlich hören wir 186 dafs es wie Alba und Setia seiner Festigkeit wegen als Staatsgefangnifs diente. 6) Während die Ueberlieferung verstummt, schreitet der Verfall rüstig fort. Er ist früh eingebrochen: Ueberreste römischer Bauten finden sich nur innerhalb des ersten Walls, so dafs allem Anschein nach die äufsere Stadt in römischer Zeit verlassen war. Die Handels- eifersucht des herrschenden Volkes mag dabei mit gesprochen haben : Münzen giebt es von Ardea so wenig wie von Antium. Aber es wird bezeugt dafs die Bildung in grauer Vorzeit Aufnahme und auch in der Zeit des Niedergangs andauernde Pflege fand : auf den Gebieten von Recht''), Geschichtschreibung s), Dichtung 9) und 3Ialerei.*°) Seit Augustus ist die Gegend wegen ihrer schlechten Luft verrufen"); im Busch weiden die kaiserhchen Elephanten.'"'') Eine ungewifs wann hergeführte Colonie hat kein erkennbares Ge- deihen hervorgebracht.'^) Die Inschriften von Ardea sind spärlich und lassen uns über die Tribus im Unklaren.

1) Liv. I 57 Dion. H, IV 64. So Dio fr. 11,13 Bk. Pol. III 22,11.

2) Diodor XII 34 Liv. III 71 IV 1. 7. 9—11 Dion. H. XI 52. 54. 62.

3) Liv. V 43 fg. Dion. H. XIII 5 Plut. Cam. 23 Appian It. 8.

4) Strab. V 232.

5) Liv. XXVII 9 XXIX 15.

6) Liv. XXXI X 19.

7) Dion. H. II 72.

8) Varro RR. 11 11 (Plin. VII 211).

9) Plin. XXXV 115.

10) Serv. V. Aen. I 44 Plin. XXXV 17. 115.

11) Strab. V 231 Seneca Ep. 105,1 Martial IV 60.

12) Juvenal 12,105. Uebrigens besafs in höherer Lage Columella III 9 ein Weingut.

13) Feldm. 231. 251 CIL. X p. 676.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 579

Das Fieber hat sich zunächst der Niederungen bemächtigt. Es ist in pohtischer Hinsicht nicht ohne Bedeutung dafs der Hafen Ardea's am Ersten verödete: kein Geograph nennt ihn, die Erklärer Vergils versetzen ihn gar nach Etrurien (S. 334). Aber im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebt er noch in der Erinnerung und heifst kurzweg Caslrum ') oder mit vollem Namen nach dem Gott der Zeugung Castrum Inui.^) Vergil weist die Gründung den albanischen Konigen zu : die Angabe erklärt sich einfach sobald wir den ehedem in der Nähe von Ardea gelegenen Venustempel an dem die Latiner eine gemeinsame Messe abhielten, eben am Hafen suchen. -^j Die Geographen kennen den verschwundenen Tempel der sein Da- sein etwas länger fristete als der Ort. Es sieht auch ganz darnach aus als ob der alte Name in dem heutigen Incastro erhalten sei.'*) Der Incastro ist der ansehnlichste Wasserlauf zwischen Tiber und Astura: dafs seine Mündung in alten Zeiten die Entwicklung der Schiffahrt befördert habe, bedarf keines Beweises. Da die letzten Jahrlausende grofse Massen von Schwemmstoffen hier abgelagert haben, werden die natürlichen Bedingungen ehedem günstiger ge- wesen sein als der Anschein gegenwärtig lehrt. Nibby hat die Spuren des Hafenorts auf den letzten Vorsprüngen der Tuffhügel am hnken Ufer des Incastro aufgefunden. s) Von hier bis Antium sind 13 Mühen. Wie der Gott der Zeugung verehrt wurde, gilt dies auch von der Geburtsgötlin Natio.^) Endlich werden kalte Schwefelquellen in der Ardeatiner Feldflur erwähnt.')

§ 3. Das Albaner Gebirge.

In ahen Tagen ist das vulkanische Ringgebirge im Süden des Tiber von verschiedenen Stämmen, von Aequern Volskern Latinern umlagert worden. Wie wenige ist es einheithch aufgebaut, aber die Einheit kam erst der Gegenwart zum Bewufstsein. Den Ge- sichtskieis des Römers begrenzten die Hügel von Tusculum und Alba *), beide Gruppen und vollends den Algidus den seinen Bhcken

1) üvid Met. XV 727 Sil. It. VIII 359 Marlial IV 60.

2) Verg. Aen. VI 775 vgl. S. 334.

3) Strab. V 232 Plin. III 57 Mela II 71.

4) Nibby IF 155.

5) Nibby P 440.

0) Cic. deor. nat. III 47.

7) Vitiuv Vlll 3,2.

8) Cic. pro Mi). 85 Strab. V 237. 239 Martial IV 64.

680 Kapitel X. Latium.

entzogenen Südrand als ein Ganzes zusammenzufassen und mit einem gemeinschaftlichen Namen zu bezeichnen lag seiner Denkweise sehr fern. Auch heute ist der uns Fremden geläufige Gebrauch von Albanergebirge bei den Umwohnern nichts weuiger als einge- bürgert. Im Altertum heifst mons Albanus der Berg auf dem die feriae Latinae das rümisch-latinische Bundesfest gefeiert wurde. Aber dieser eine Berg hat von Urzeiten ab im ganzen Verlauf der Geschichte eine Wichtigkeit besessen die alle anderen Ueberlieferungen der Umgegend verdunkelt und die Ausdehnung des Namens im an- gegebenen Sinne vollauf rechtfertigt. Es ist eine der höchsten Spitzen (949 ni Italien. Generalstab) vom Rand des Centralkraters den der Volksmund irrig Campo d'Annibale getauft hat (1 261): sie gebietet über eine weite Aussicht auf Land und Meer ^), bei klarem Welter sollen selbst die Berge Sardiniens zu erspähen sein. Die schmale (8') gepflasterte Strafse die den einst wie jetzt bewaldeten Abhang steil hinabsteigt, ist wol erhalten. Auf der Kuppe lag der Tempel des Juppiter Latiaris, das Wort nicht in der üblichen, son- dern in seiner eigentlichen Bedeutung angewandt, d. h. ein einge- hegter Bezirk (65 X 48 m) mit Altar und kleinem wie es scheint nachträglichem Einbau. '■') Das Passionistenkloster das seit 1777 die Stelle einnimmt, fällt fernhin in die Augen : im Altertum erinnerten keine ragenden Giebel und Säulenhallen daran dafs die Hohe das Heiligtum der Bundesgenossen sei wie das Capitol das Heiligtum der Bürger. 3) Daraus wird man folgern dafs die Verehrung in eine Zeit hinaufreicht, wo die Gottheit nicht im geschlossenen Raum sondern unter freiem Himmel angebetet wurde. Zu dem Schlufs stimmt der Befund an Weihgaben der zwar kein Steingerät, dagegen viel ungemünztes Kupfer und rohe Irdenwaare aufweist. Das merk- würdigste Zeugnifs liefert die Sprache: albanisch hiefs der Berg von Hause aus nicht, der Volksmund hat im heutigen Monte Gavo oder Cavi den ursprünglichen Namen bis auf die Gegenwart erhalten.*) Ein Collegium der Cabenses sacerdotes feriarum Latinarum montis Albani oder kürzer sacerdotes Cabenses montis Albani ist noch für

1) Verg. Aen. XII 134.

2) Michele de Rossi Ann. dell' Inst. 1876 p. 314fg.

3) Dafs im Laufe der Zeiten Capelien errichtet Liv. XLV 15, Statuen auf- gestellt Dio L 8, Inschriften angebracht wurden CIL, XIV p. 213, thut dem Ge- sagten keinen Eintrag.

4) Mommsen Bull, dell' Inst. 1861 p. 206.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 581

275 n. Chr. bezeugt.') Die gleichnamige Gemeinde wird unter den Gliedern des Latinerbundes von 499 und in der Censuslisle des Augustus aufgeführt''): anderweitig kommt sie nicht vor. Sie mag im Campo d'Annibale oder Atrio nach dem äufseren Ringwall zu gesessen und von dem ausgehöhlten Thal den Namen erhalten haben. Die Uebertragung des Namens auf den Berg legt die Annahme nahe, dafs dieser au ihre Grenzen stiefs oder von ihnen eingeschlossen war. Die von Rocca di Papa eingenommene Höhe (623 m) würde als Ort . des Pagus passen. 3) In Betreff des Festes waren die alten Gelehrten uneinig, indem sie dessen Stiftung entweder der latinischen Vorzeit oder den Tarquiniern zuschrieben.^) Beides ist richtig. Die ausge- zeichnete Hohe war von Natur zur Cultstälte bestimmt. Aber welche Gemeinden ursprünglich an ihr Antheil hatten, läfst sich nicht erraten: den Mittelpunct des albanischen Vereins hier zu suchen verv^■ehrt der Umstand dafs die Cabenser in dem bezüglichen Verzeichnifs (S. 556) fehlen. Es ist daher auch ganz in der Ordnung wenn die Tradition den neuen Inhalt der unter Anlehnung an die bisherigen Formen dem Feste verliehen wurde, nicht etwa mit der Zerstörung Alba's sondern ein paar Menschenalter später mit der Unterwerfung Latiums in Verbindung bringt. Bei der Stiftung nahm König Tarquinius die Verbündung aller Waffengefährten Roms Latiner Herniker Volsker in Aussicht. Nach den Wechselfällen der nächsten Jahrhunderte wurde ein engerer Kreis von 47 Gemeinden ausgesondert die das Vorrecht genossen von dem Fleisch der Opfer- thiere, weifser Farren, ihr Stück zu empfangen: 30 davon zählt Plinius aut (S. 555 A.), anderweitig erwähnt werden die Ardeaten Bo- villenser Gabiner Labicaner Lanuviner Laurenter. ^) Das war eine Antiquität, aber als eines der höchsten Staats- und Volksfeste ist das Latiar bis zum Ausgang des Heidentums gefeiert worden. 6)

1) Marquardt Staatsverw. III 459.

2) Dion. H. V 61 KaßavöJv Plin. III 64 überliefert Gabienses in monte Albano, nach der Folge des Alphabets gefordert Cabienses oder vielmehr Cabenses.

3) Toraassetti Arch. rom. IX 380.

4) Schol. Bob. zu Cic. pro Plane. 23 Orelli p. 255 Cic. pro Mil. 85 Serv. V. Aen. XII 135; Tarquinius Priscus Dion. H. VI 95 Schol. Bob.; Superbus Dion. H. IV 49 Aur. Vict. v. ill. 8.

5) Cic. pro Plane. 23 ad Att. I 3,1 Liv. XXXII 1 XXXVIl 3 XLI IG Varro LL. VI 25.

6) Preller Myth. F 210 Marquardt Staatsverw. III 2S4.

682 Kapitel X. Latium.

Die Oberherrschaft in Laliiim beanspruchte Rom als Rechts- nachfolgerin von Alba Longa. Den Namen dieser ihrer Mutter- stadl leiteten die Römer irrig (I 140) von der weifseo Sau her die dem Aeneas den Weg wies, «len Beinamen von der gestreckten Gestalt der Ansiedlung.') Da sie seit König TuUus vom Erdboden verschwunden war, nimmt es weder Wunder dafs Ausländer sie nach dem Gipfel des M. Cavo verlegt''), noch dafs die Neueren sie an verschiedenen Seiten des Sees gesucht haben. Nach Aussage der Geschichtschreiber lag Alba unter M. Cavo, auf einem Rücken am See, über der vom See aus bewässerten Ebene.3) Im Einklang mit diesen Kennzeichen hat WiUiam Gell die Stätte am nordöstlichen Ufer des Sees nachgewiesen. *) Hier zwischen Marino und dem Kloster von Palazzuola &) zog sich die Stadt mehr als eine Millie lang auf dem schmalen Uferrand (369 m) hin , der durch seinen jähen Absturz vom See her unangreifbar, auch nach dem Lande zu eine gute Deckung bot. In dem tiefen Thalgrund der den Rücken von der Hohe von Marino (403 m) scheidet, fliefst ein Bach der mit einem Bündel anderer Bäche vereinigt schliefslich als Fosso di Tor Sapienza bei Ponte Mammolo (S. 545) in den Anio mündet Man hält den Bach fälschlich für die aqiia Ferentina (S. 558): nach einer Inschrift heifst er vielmehr aqua Albana.^) Zu uns reden noch die Gräber die das Schwert des Siegers nicht erreichen konnte, jene alte Nekropole von der bereits in anderem Zusammenhang die Rede war (l 252). Sie erstreckt sich bis zum M. Crescenzo (385 m) unweit Alba's und birgt gerade hier Hüttenurnen und ähnUche Merkmale einfacher Lebensformen in besonderer Fülle, während weiter südlich im Bereich anderer Ortschaften die Funde eine fort-

1) Fabius bei Diod. VII S Varro RR. II 4 LL. V 144 Verg. Aen. VllI 45 Liv. I 3 Dion. H. 1 66 Juvenal 12,72 Properz V 1,35. Der Farbe des vulkanischen Bodens entsprechend läfst der älteste Zeuge Lykophron AI. 1256 die Sau viel- mehr schwarz sein.

2) Strab. V 229. 231 Plut. Caes. Nikol. Dam. vit. Caes. 5 vgl. Lucan m 87 V 400.

3) Liv. I 3 Dion. H. I Ü6 vgl. Liv. VII 39.

4) Gell, topography of Rome and its vicinity, London^ 1846, I p. 17 fg. Nibby P 59fg. Hülsen, Wissowa Encycl. I 1301.

5) Die Terrasse bei Palazzuola, an die seit Cluver die Meisten, auch West- phal p. 31 denken, entspricht nicht den Anforderungen der Festigkeit, recht- fertigt ebenso wenig den Ausdruck porreclae in dorso urbis.

6) CIL. XIV 2466.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 583

schreitende Eatwicklung bekunden. Bei der Zerstörung Alba's wurden einzig und allein die Heiligtümer verschont'); die mit ihrem Dienst betrauten Priesterschaften werden öfters, das Kloster der Vestalen noch um 400 n. Chr. erwähnt.") Bei ausführlicher Bezeichnung dieser "Würden nennen die Inschriften als Ort des Dienstes die arx Albana, die auch in dem Keltenkrieg 350 v. Chr. vorkommt. 3) Die Burg welche die Erinnerung an den sagenhaften Herr?chersitz wach hielt, hat 4 km von der Stadt entfernt auf dem westhchen Üferrand bei Castel Gandolfo (426 m) gestanden. Holste suchte hier Albalonga und neuere Forscher sind ihm gefolgt.^) Der Ansatz ist unvereinbar mit der Aussage des Livius dafs Alba unter M. Cavo lag, vollends mit der Aussage des Dionys dafs Alba zwischen M. Cavo und dem See lag. Allein eben so unumstofslich geht aus den Erwähnungen Cicero's und mehrerer Schriftsteller der Kaiserzeit hervor, dafs für die Burg mit den Heiligtümern lediglich Castel Gan- dolfo in Betracht kommt. 5) Stadt und Burg sind oft räumlich von einander getrennt: dafs der Abstand auf mehrere Millien anwächst, ist selten der Fall, aber z. B. bei Fregellae. Ohne Zweifel war das Westufer seiner Zugänglichkeit wegen viel geeigneter den Mittel- punct einer ausgedehnten Herrschaft abzugeben als das östhche, eine so ausgezeichnete Lage wie die von Castel Gandolfo wird nicht erst von den Bömern ausgenutzt worden sein. 6)

Die Feldmark Alba's läfst sich nur annähernd umschreiben. Die Römer nennen albanisch die Südhälfte des vor ihren Augen ausgebreiteten Gebirges, tusculanisch die Nordhälfte (S. 579). Auch

1) Liv. I 29 Dion. H. III 27. 31.

2) Ascon. zu Mil. p. 35 Kiefs. Juvenal 4,61 Symraach. Ep. IX 147. 48 CIL. XIV p. 231.

3) Liv. VII 24.

4) Holste zu Gluver 902.

5) Wie Thomas Ashby, Journal of Phüology (London 1899) XXVII p. 37 fg. richtig ausführt.

6) Spätestens ist der Ort bei der Anlage des Emissärs, die um 400 erfolgt sein soll, befestigt gewesen ; denn in der Zeit des Faustrechts setzt ein der- artiges Werk, die Hut der Schleusen und die Regelung des Abflusses eine ständige Wache voraus. Bezeichnender Weise führt Dionys I 66 unter den Vorzügen Alba's auch den auf, dafs es vermittelst Schleusen aus dem See den Bewohnern der Ebene Wasser für ihre Felder nach Belieben zuleiten konnte. Das ist ein Anachronismus, der den Emissar als bereits vorhanden hinstellt. Immerhin beweist er die Lage der Burg am westlichen Ufer, weil ein Abflufs des Sees in anderer Richtune: ausgeschlossen ist.

584 Kapitel X. Latium.

die Einsenkung bei Grotta Ferrata (350 m) die beide Hälftea trennt und von der Via Latina durchzogen wird, heifst ihnen Albana valh's.^) Aber bis hierhin kann das Stadtgebiet nicht gereicht haben. In unmittelbarer Nähe des heutigen Marino und damit in geringer Entfernung von Alba lag das Municipium Castrimoenium.'^) Die Geschichte kennt es nicht; immerhin läfst sich die Vermutung die hier den Sitz der Munienses wieder (indel (S. 556), recht wol boren. Unter allen Umständen ist an eine späte Gemeindebildung nicht zu denken. Wenn derart eine nurdhche Grenze gegeben ist, so hat das Stadtgebiet zweifellos den lacus Albajms. Lago di Castello oder Albano (I 261) umschlossen. Die steilen Ufer sind mit Baum- und Rebenpflanzungen bedeckt 3) und weisen verschiedene Ueberreste von den Anlagen römischer Villenbesitzer auf. Der Aufmerksamkeit würdiger ist das nützliche Werk das den Abflufs künstlich regelt. Der See wird durch unterirdische Zuflüsse gespeist und flofs auch ehedem auf natürlichem Wege durch unterirdische Spalten ab. Wenn diese sich verstopften, mufste der See anschwellen und ähnlich wie am Fucinus (S. 452) der Wasserstand Schwankungen unterworfen sein. Nach der Sage stieg das Wasser 398 v. Chr. bis an und über den Rand und strömte die Aecker und Gärten verheerend ins Meer: als es im nächsten Jahr in anderer Richtung abgeleitet und zur Be- rieselung der Felder verwandt wurde, war nach dem Ratschlufs der Götter Veji's Fall besiegelt.-*) Die Verbindung in die das W^erk mit einem derartigen Wendepunct der älteren Geschichte gesetzt wurde, deutet schon auf den mächtigen Eindruck hin den es bei den Zeitgenossen der Republik gemacht hat. Auch Cicero zollt ihm eine wol verdiente Anerkennung. Der Stollen ist 1,8 km lang und liegt 120 m unter dem zu durchbohrenden Uferrand, die anfängliche Weite von 2 m Höhe und 1 m Breite sinkt bald auf die Hälfte und weniger. Einzelne von den Schachten die von der Oberfläche auf die Sohle getrieben werden mufsten um die Arbeit gleichzeitig an verschiedenen Stellen in Angriff nehmen, den Schult heraus und Luft hinein schaflen zu können, sind noch kenntlich. Der Abflufs erfolgt durch eine Schleuse. Bei la Mola tritt er zu Tage und er-

1) Liv. lU 7.

2) Plin. III 63 Feldm. 233 Caslrimonienses Castrimonium, die Sclireibung^ mit oe ist durch Inschriften der besten Zeit gesichert CIL. XIV p. 239.

3) Liv. V 15 lacus in Albano nemore.

4) Cic. de divin. 1 100 II 69 Liv. V 15 fg. Dion. H. XII lOfg. Plut. Cam. 3.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 585

reicht nach einem Lauf von 22 km bei Tor di Valie an der Via Ostiensis 5 km unterhalb Roms den Tiber. Er dient nicht nur um die Seeufer vor Ueberschwemmung zu bewahren, sondern auch und dies war wol der Hauptzweck der Anlage um die Campagna zu bewässern. In den Schicksalsbüchern stand geschrieben: wenn das Wasser des Albaner Sees zum Meer geleitet würde, wäre Rom vom Verderben bedroht. Dieser Zug der Sage gehört dem im Süden schier unerschöpflichen Kapitel vom Streit um die VV'assernutzung an (I 301). Man hatte die Wahl den See entweder nach dem Meer oder nach dem Tiber hin abzuleiten: in jenem Falle strömte der Canal durch latinisches Land, kam den Aricinern und Ardeaten zu Gute, in diesem römischen Bürgern. Der Vermutung wurde S. 498 gedacht dafs der cluilische Graben 5 Millien von Rom die älteste Grenze zwischen ihm und Alba gebildet habe. Sie wird durch gewichtige Gründe gestützt. Alba kam der Tochterstadt unter ihrem dritten König an Macht und Einwohnerzahl gleich. Seine Feldmark jedoch ist nach dem Gebirge zu auf allen Seiten durch andere Gemeinden auf einen ziemlich engen Umfang beschränkt ge- wesen und kann allein in der Ebene gegen Rom hin die notwendig vorauszusetzende Ausdehnung besessen haben. Innerhalb dieses von der Appia durchzogenen Landstrichs kommen die Eigentumsansprüche von zwei Gemeinden in Frage. 3 km westlich von der Appia, 10 km nordwestlich von Alba bezeichnet die Giostra benannte OertHchkeit die Stelle einer altlatinischen Stadt. Ihr Entdecker Nibby sucht hier Tellenae (S. 559).*) Näheres wissen wir von der zweiten. Bei der Zerstörung Alba's wurden die Einwohner nach Rom ver- pflanzt.2) Begreiflicher Weise konnte die Feldflur von solcher Ent- fernung aus nicht bestellt werden: deshalb erhielt sie 3 km unter- halb der früheren Stadt einen neuen Mittelpunct in Bovülae.^) Das Alter der Ansiedlung 4) erhellt sowol aus ihrem Antheil am römisch- latinischen Bundesfest als aus dem Umstand dafs sie Stammsitz der Gens Julia war. 5) Aus ihrer älteren Geschichte ist nichts Sicheres

1) Nibby IIP 146.

2) Liv. I 30 Dion. H. III 31.

3) CIL. XIV p. 230 Westphal 19. 68 Nibby P 302.

4) Ueber den Ursprung des Namens Nonius p. 122 M. {Bohilla?) Schol. Pers. 6,55.

5) Cic. pro Plane. 23 CIL. XIV 2387.

586 Kapitel X. Latium.

bekannt.') Sie wird erwähnt 52 v. Clir. bei der etwa am 12. Meilen- stein erfolgten Rauferei zwischen dem von Aricia kommenden Clodius und dem auf der Reise nach Lanuvium begrid'enen Milo, die jenem das Leben kostete.") Einen ungeahnten Aufschwung brachte die Erhebung der Jnlier. In Rovillae nahm die römische Ritterschaft die Leiche des Augustus in Empfang, wurde 16 n. Chr. das Heilig- tum des iulischen Geschlechts eingeweiht, fanden ihm zu Ehren jährlich Circusspiele statt.3) Selbstverständlich erlangten jetzt die albanischen Priestertümer neues Ansehen, vielleicht auch rührt das Stadtrecht von Caesar oder Augustus her.^) Auf den Inschriften der Kaiserzeit heifsen die Rürger Albani Longatii Bovillenses.^) Die Liste bei Plinius führt Alba Longa und Rovillae als zwei getrennte Gemeinden auf.*>) Angesichts der antiquarischen Liebhaberei der in den kaiserlichen Ordnungen ein so weiter Spielraum vergönnt war, mag die Rurg von Alba zu ihren geistlichen Vorrechten bürger- liche hinzu erhalten haben. Wenn sie beim Census eine besondere Rubrik einnimmt, so hat sie auch eigene vom Rovillaner Stadtrat unabhängige Vermögensverwaltung gehabt. Im Uebrigen ist aus den Urkunden eine Scheidung zwischen Albanern von Alba und Albanern von Rovillae nicht durchführbar, auch ohne besondere Wichtigkeit. Die Römer betrachteten Rovillae als ihre Vorstadt '^): die fast un- unterbrochene Reihe von Rauten an der Via Appia legte solche Vorstellung nahe. Zwischen dem 11. und 12. Meilenstein wo die

1) Die gewähnliche Annahme, dafs Bovillae zum Latinerbunde gehört habe, beruht auf einer falschen Lesung bei Dionys (S. 559 A. 1). Wäre sie richtig, so müfste der Ort von den Römern abgefallen und später zurück gewonnen sein, wovon die Ueberlieferung nichts weifs. Der angebliche Triumph über Bovillae Flor. I 5,6 entstammt nicht den Annalen, sondern der Phantasie des Rhetors. Endlich die Zerstörung durch Coriolan Dion. H. VIII 20 (Piut. Cor. 29) ist möglich, aber fehlt bei Livius und erinnert in verdächtiger Weise an die c. 18 voraufgehende Zerstörung von Bola: diese beiden Namen liefen den Alten durch einander Diod. VII 3a, 7. Somit bleibt nur die Pflasterung der Appia bis Bovillae 293 übrig Liv. X 47.

2) Asconius p. 27. 30. 35. 48 Kiefs. Cic. Att. V 13,1 Appian b. civ. II 21.

3) Sueton Aug. 100 Tac. Ann. II 41 XV 23.

4) Auf Feldm. 231 das von einer Colonie Sulla's spricht, ist kein Verlafs.

5) Cicero und Asconius Bovillani.

6) Plin. III 63; da Alba § 69 nochmals als verschollen wiederkehrt, ist die Annahme wenig wahrscheinlich, dafs Plinius die Namen eigenmächtig ge- lrennt habe.

7) Ovid Fast. III 667 Prop. V 1,33 vgl. Martial II 6,15 Tac. Hist. IV 2. 46.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 587

Strafse nach Antium abzweigt, lag Bovillae westlich von der Appia im Thalgrund.') Festung ist es wol nie gewesen. Die durch den Kaisercult ins Leben gerufenen Anlagen , Circus Theater Capelle sind noch in Trümmern erhalten.

Der albanische Wein gehörte zu den besten Gewächsen die Italien hervorbrachte'); die Weinberge wurden hoch eingeschätzt.^) Die Gesundheit und Anmut der Gegend erhöhten ihren W^ert. Seit den punischen Kriegen kaufen sich die Grofsen an 4) : Pompeius Clodius Gurio u. a. Die Villa des Clodius lag oberhalb Bovillae zur Linken der Appia: ihre sinnlosen Unterbauten sollen die ehrwürdigen Götterhaine Alba's entweiht haben &); weiter nach Aricia bin folgte die Villa in der Pompeius gerne Hof hielt und auch sein Grab fand, 6) Es ist nicht möglich die zahlreichen Ruinen bei Castel Gandolfo und Albano zu sondern und bestimmten Eigentümern an- zuweisen, zumal da in der Kaiserzeit grofse Veränderungen vorge- nommen wurden. Den Gründer der Monarchie zogen die Erinnerungen an das Königtum und den Ursprung seines Geschlechts an: unmerk- lich erhält Albanum ähnlich wie es mit Palatium ging (S. 524), die Bedeutung Kaiserresidenz.'') Darin gab Domitian den Ausschlag: Jahre lang hat er von „der albanischen Burg" aus die Regierung geführt.8) Die Burg übertraf freilich an Ausdehnung ihre Vor- gängerin in der die Silvier gebaust hatten, wie ihre rs'achfolgerin den päpstlichen Sommerpalast von Castel Gandolfo, ebenso weit als die Herrschaft der Caesaren den Kirchenstaat und den Albanerbund. Nibby giebt ihr einen Umfang von 6 Millien, sie nahm den West- rand des Sees von Castel Gandolfo und Albano ein, die Unterbauten

1) Tab. Peut. 10 Millien zu verbessern in 12; richtig Plut. Cor. 29 Schol. Fers. 6,55 Eutrop. I 4.

2) Golum. III 2. 8. 9 Plin. XIV 25. 30. 64 XXIII 35 Dioskorides V 10 Galen VI 275 X 833 K. Hör. Od. IV 11 Sat. II 8,16 Juvenal 13,214 Martial XIII 109 Dion. H. I 66 Strab. V 234 Athen. I 26 d. 33 a.

3) Plut. Sulla 31.

4) Cic. de or. II 224 pro Cluent. 141 Sueton Rel. p. 27 Reiflf.

5) Cic. pro Mil. 29. 46. 48. 51. 85 Ascon. 30. Kiels.

6) Cic. pro Rabir. Post. 6 in Pis. 77 Phil. XIII 11 ad Att. IV 11, 1 VII 5, 3 Plut. Pomp. 53,4 80,6 Cic. 31,2.

7) Dio Llll 32 LVIII 24 Seneca Dial. XI 17,4 Suet. Nero 25 vgl. Dig. XXX 39,8. Immerhin hatte nicht blos Statius sondern auch Seneca Ep. 123,1 sein Albanum.

8) Tac. Agric. 45 Juvenal 4,145 Dio LXVII 1. 14 Suet. Dom. 4. 19 Stat. Silv. V 2,168 Martial XI 7,3 Plin. Ep. IV 11,6.

588 Kapitel X. Laüum.

welche die beide Ortschaften verbindenden Wege stützen, das Amphitheater bei Albano gehören ihrem Bereich an. Im Süden er- richtete Seplimius Severus das Lager der neugcbildeten zweiten parthischen Legion, dessen Ueberreste im heutigen Albano wahrge- nommen werden.i; Die Soldaten erhielten von dem Standort den Beinamen Albanier-) und haben ihn mit Weib und Kind ungefähr ein Jahrhundert lang inne gehabt.^) Derart ist hier eine Stadt ent- standen den Lagerstädten an Rhein und Donau vergleichbar: während man bis dahin Albano und Alba Longa gleich setzte, hat zuerst Cluver den Ursprung richtig erkannt.^) Seit Constantin wird die civüas Albana oder Albanensis in der Geschichte genannt s) und hat sich bei der zunehmenden Verödung der Ebene kraft ihrer festen und gesunden Lage (415 m) behauptet.

Das Gegenstück zum Albaner See sowol seiner natürlichen Bildung wie seiner geschichtlichen Bedeutung nach giebt der lacus Nemorensis Lago di Nemi ab.ß) Ein 2 km breiter Rücken (530 660 m) trennt die beiden Kessel (I 261): die Axe des grüfseren ist nach Nordwest auf Rom zu gerichtet, an dieser Seite sinkt der Krater- wall ein, der kleinere schaut gegen Süden nach Circei und der latinischen Küste. Auch der Nemisee in steiles Gehänge tief ein- gesenkt empfängt reichen Zutlufs und wird auf künstlichem Wege vom Ueberschufs befreit. Der im Südwesten durchgebrochene 1,6 km lange Stollen fördert im Thal von Aricia den mächtigen Quell ans Licht, der als Rio di Nemi nach Ardea fliefst und vermutungsweise S. 558 als Aqua Ferentina gedeutet wurde. Die römische Ueber- lieferung hat für dies Werk der alten Latiner keine Worte.') Die Arbeit ist roher, das Gefälle ungleich, man wird es einer früheren Zeit zuschreiben als den albanischen Stollen. s) Meeraugen heifsen die Seen in den Karpathen, Spiegel der Diana bei den Latinern,")

1) Henzen Ann. dell' Inst. 1867 p. 73 fg.

2) Dio LXXVIII 13.34 LXXIX 2.4.

3) Herodian VUI 5,8 vila Maximin. 23.

4) Cluver p, 914 Nibby F 78 Firanesi, Antichitä di Albano e Gaste! Gan- doifo, Roma 1762 fol.

5) ll. Hier. 612 verschrieben JlOona Prokop b. Goth. II. 4. 7 CiL. XIV p. 217.

6) Properz IV 22,25, 7) Slrab. V 240.

8) Abeken Mittelitalien 167,

9) Nemi Serv. V. Aen. VII 515, zweifelhaft der Laghetto bei Labici CIL. XIV 2772.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 589

Das tiefe stille Wasser im Waldgebirge kündete die Gegenwart der Gottheit an und fesselte die Andacht der Menschen ein Jahrtausend und länger. Die Vereinigung der acht Gemeinden die später zum Latinerbund erweitert wurde, hat das Heiligtum der Diana gestiftet (S. 557). Es verdient Erwähnung dafs eine der Teilnehmerinnen Tibur den Dienst der Bundesgüttin innerhalb der eigenen Mauern pflegte.*) Die ursprüngliche Cultstätte wird als Hain bezeichnet.'') Der Hain hat später einer grofsartigen Anlage Platz machen müssen, die terrassenförmig vom See aufsteigend einen prächtigen Tempel trug. 3) Im Tempelhof haben ausländische Gottheiten wie Isis und Bubastis Gastrecht und Capellen erhalten. Die Ruinen liegen am nördlichen Ende des Sees in den sog. Giardini unterhalb des heutigen INemi das den Namen Nemus bewahrt hat 4); denn die Alten brauchen ihn auch ohne den Zusatz Dianae oder Aricinum als Eigennamen ^) und bezeichnen die Göttin als Diana Nemorensis. Die starke Quelle die unterhalb Nemi hervorbricht und eine Mühle treibt, war der Egeria geweiht.^) Der Tempel zählte zu den reichsten im Umkreise Roms.'') Seine Legenden Feste und altertümlichen Riten haben die Römer der Kaiserzeit lebhaft beschäftigt.'*) An der Spitze stand ein König, der das Priestertum so lange inne hatte bis ein anderer ihn im Zweikampfe erlegte; die Bekleidung war damals Freien unter- sagt und entlaufenen Sklaven vorbehalten.*^) Das war ein fremd- artiges Erbstück aus gesellschaftlichen Zuständen, wo die Wildheit der Sitte der Wildheit der Natur entsprochen hatte. Inzwischen waren Hirt und Köhler längst dem Winzer und Gärtner gewichen; Landhäuser umsäumten den lieblichen See.'") Caesar begann den

1) CIL. XIV 3537.

2) Calo Or. II 21 Jordan Fest. 145 M.

3) Vitruv iV 8,4 Plin. XXXV 52.

4) P. Rosa Ann. dell' Inst. 1856 p. 5.

5) Strab. V 239 Vitruv IV 8,4 Cic. ad. Att. VI 1,25 XV 4,5 Appian b. civ. V 24 Piiilostr. Ap. Tyan. IV 36.

6) Verg. Aen. VII 763 Ovid Fast, ill 263 fg. Md. XV 4S7.

7) Appian b. civ. V 24 vgl. das von Henzen Herrn. VI 8 behandelte Inven- tar. Verg. Aen. VII 764 pingnis et ylacabilis ara Dianae, CIL. XIV p. 210 487. 499. Eph. ep. VII p. 373.

8) Preller Myth. F 314 fg.

9) Strab. V 239 Suet. Cal. 35 Pansan. II 27,4 Serv. V. Aen. VI 136 u. a. 10) Cic. ad Att. VI 1,25 XV 4,5.

590 Kapitel X. Latium.

Bau einer grofsen Villa, Caiigula schuf einen schwimmenden Garten auf dem See von dem Reste aufgetischt worden sind.')

Der Kraler von Aricia (l 262)^) bildet mit dem albanischen und nemorensischen ein Dreieck, kommt jenem an Meereshöhe diesem au Grüfse gleich. In frühen Zeiten ist es menschUcher Einsicht gelungen die Seen von Alba und Nenii zu bändigen und im Gleichmafs zu hallen, sowie das Seebecken von Aricia in einen fruchtbaren Gemüsegarten umzuwandeln. Die Trockenlegung scheint Hand in Hand mit dem Durchstich nach Nemi erfolgt zu sein; denn der Rio di Nemi dient zugleich als Entwässerungsgraben für das Thal. 3) Es hielt wie bemerkt nicht schwer den eingesunkenen Kraterwall im Süden zu öffnen: aber um der Versumpfung durch die schwankenden unterirdischen Abflüsse vom Nemisee her zu wehren, war es notwendig diese zu regeln. Im Glauben und Staats- leben der Vorzeit haben derartige Arbeiten tiefe Eindrücke hinter- lassen. Am Austritt des Stollens suchen wir den Quell der Feren- tina (S. 558/; auf dem durch ihn gewonnenen Seeboden hegt das Bundesheiligtum der Diana. in den Bereich der zwischen Rom und Latium spielenden V\^asserfragen (S. 585) führt uns der laais Turnt, nach seiner Austrocknung ein berühmtes Kohlfeld. 4) Ein verfallenes Schlofs hielt die Erinnerung an den sagenhaften Rutuler- fürsten und seine Schwester Julurna wach : in geschichtüchen Zeiten gehörte der See zur Flur Aricia's.^) Der Laghetto di Turno (kurz- we«' auch Laghetto) ein kleines Maar von 188 m Meereshöhe und 4 km Umfang liegt 2 km vom Albaner See der Mündung des Emissärs gegenüber. Im Mittelaller nahm er einen Arm des Rio Albano auf, war voll Wasser und verseuchte die Umgegend; zu Anfang des 17. Jahrhunderts wurde er nach dem Fosso di Malafede der 8 km vor

1) Suet. Caes. 46 Tac. Hist. III 36 CIL. XiV. 2225. 26 Mitth. d. Inst. 1S96 p. 189fg.

2) Strab. V 239 xoUos S' kaxiv 6 rönoe.

3) Abeken Miltelitalien 167.

4) Der Name gesichert durch Coium. X 138 Lib. pont. I 69 ed. Mommsea iiiufs auch Plin. XIX 141 statt lacuturres oder laculurreses hergestellt werden.

5) Die Worte ubi quondain f'uit lacus turrisque quae remanet, die Plinius zur Erklärung des Namens Lacuturnerises beifügte, können nicht als Glossem gestrichen, ebensowenig auf das Thal von Aricia bezogen werden. Der See heifst convallis Aricijia wie der nemorensische vallis Aricina Ovid Met. XV 488 Fast. III 263. Auch Vergil Aen. XU 134 scheint den See im Sinne gehabt zu haben.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 591

Ostia in den Tiber mündet, durch einen unterirdischen Canal ab- geleitet.*) Die Regelung der Wasserläufe von der die Fruchtbarkeit und Gesundheit der Niederungen abhing, konnte auf verschiedenen Wegen gelöst werden, hat ehedem Bündnisse und Kriege veranlafst, wo in der Folge das Gericht ihren Hader schüchtet.

Aricia war durch Gemüse- und alten Weinbau bekannt*), durch das Heiligtum von IS'emi das ihm sogar den Beinamen Nemoralts eintrugt), endlich allen Reisenden als erste Hauptstation der Via Appia (von Rom aus gerechnet).*) Die Slrafse hält wo es irgend anging, eine schnurgerade Richtung ein, überwindet von Bovillae bis Albano eine bequeme Steigung von 200 m, ebenso den Abstieg von 90 m nach dem Thalkessel wo das spätere Aricia 16 MiUien von Rom entfernt lag.^) Dann läuft sie steil den 110 m höheren Kraterrand hinauf nach Genzano zu, ihre mächtigen Unterbauten sind noch sichtbar: dies ist der berüchtigte clivus Aricinus^), von Nemipilgern nach einem dort verehrten Daemon auch cliviis Virbi benannt'), ein Standort der Bettler.^) In der Epoche des Land- friedens hatte sich die Stadt in der Ebene, wie S. 558 vermutet an der Stelle des Marktes Ferentinum, ausgebreitet. Darüber thronte in fester Lage (416 m) die Altstadt: Reste ihrer Mauer sind vor- handen. Die Gründung wird der Urzeit zugeschrieben, sei es dem Siculer Archilochus sei es dem Ascanius zugleich mit Alba und Fidenae.9) Die Blüte fällt dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. an- heira. Als die Gemeinden der Küste und des Binnenlands zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit gegen Rom sich zusammen schlössen, gab Aricia den natürhchen Mittelpunct des Bundes ab. Es über- nahm auch die Leitung."*) Nachdem König Porsena Rom gedemütigt hatte, schickt er alsbald seinen Sohn Aruns aus um die latiuische

1) Westphal 26. 37.

2) Colum. X 138. 39 Plin. XIX 110.140.41 Hör. Ep. 11 2,167 Martial XIII 19; Plin. XIV 12 XVII 213.

3) Ovid Fast. Vi 59 Lucan VI 75 Martial XIll 19.

4) Hör. Sat. 1 5,1 Val. Max. Vlll 2,4 Philostr. Ap. Tyan. V 43.

5) It. Ant. 107 Hier. 612 Tab. Peut. Dion. H. VI 32 120 Stad. = 15 Mill. Strab. V 239 160 Stad. = 16 Mill. Schol. Pers. 6,56 4 Mül. von Bovillae.

6) Val. Max. VIII 2,4 Martial II 19 XU 32,10 Symmach. Ep. VII 69.

7) Pers. 6,56 m. Schol.

8) Juvenal 4,117 m. Schol.

9) Solin. 2,10. 16 nach unbekannter Quelle; albanische Colonie nach der jüngeren Tradition DiodorVlI3a.

10) Liv. I 50. 51.

592 Kapilel X. Latium.

Nebenbuhlerin zu bezwingen, die Hellenen von Kyme bringen Hülfe, die Etrusker werden aufs Haupt geschlagen.') Dies ist das glänzendste Ulatt das die aricinische Chronik enthält. Aber die Eintracht unter den Bundesgliedern ging in die Brüche: der Grenzstreit mit Ardea kostete diesem seine Selbständigkeit (S. 578), von Aricia ist fürder keine Rede bis zum J. 338, da es zum letzten Mal und ohne Glück die Waffen gegen Rom erhoben hatte. ^) Der Sieger verfuhr glimpflich, verbürgte vertragsmäfsig die Selbstverwaltung, gewährte zunächst römisches Bürgerrecht ohne Wahlrecht, hob in der Folge auch diese Beschränkung auf.^) Hieraus erklärt sich dafs die Ari- ciner bis Caesar ihren eigenen Kalender brauchen 4) und noch in der Kaiserzeit Bürgermeister und Rat mit dem stolzen Namen Dic- tator und Senat bezeichnen.^) Das Ansehen des Dianatempels be- wirkte dafs Prodigien aus Aricia in ziemlicher Zahl der Nachwell gemeldet worden sind.ß) Seit 169 v. Chr. begegnen die Municipalen in den Reihen des römischen Amtsadels, Octavians Mutter Atia war von dort gebürtig: ein Umstand der Cicero zu warmen Lobsprüchen auf die Stadt begeistert hat.') Sie stimmte in der Tribus Horatia, hatte 87 v. Chr. durch Marius schwer zu leiden ^) , ist schliefslich durch das in nächster Nähe aufblühende Albanum überflügelt worden. Immerhin vermochte es in den festen Mauern seiner Gründer allen Stürmen zum Trotz sich unter altem Namen (la Riccia oder l'Ariccia) zu behaupten.

Die Via Appia läuft auf der Hübe des Kraterwalls (400 m) an Genzano vorbei, am 19. Meilenstein 9) zweigt eine Seitenstrafse rechts ab nach dem 20 Millien von Rom auf einem Ausläufer des Gebirges (324 m) hoch und fest gelegenen Lanuvium. In der Kaiserzeit wurde die Form Lanivium üblich und damit die Verwechslung mit Lavinium die in den Handschriften oft begegnet, befördert.'") Das

IJ Liv. 11 14 riion. H. V 36. 51. 62 VII 5. 6. 2) Liv. VIII 13.

3) Cic. Phil. III 15 Liv. VIII 14 Fest. 127 M.

4) Ovid Fast. III 91 VI 59 Censorin d. n. 22,6 Macrob, Sat. I 12,30.

5) CIL. XIV p. 203. 487 Epli. ep. VII p. 372.

6) Liv. XXII 36 XXiV 44 XXX 3S XXXV 9 Obseq. 18. 44.

7) Cic. Phil. 111 15.

8) Liv. LXXX Oros. V 19,19 Appian b. civ. I 69 Feldm. 230.

9) Hier oder am 20., wo die südliche Verbindungsstrafse mündet, ist die Station Sublanubio der Reisekarte zu suchen. Appian b. civ. II 20 giebt die Entfernung von Rom nach Lanuvium richtig auf 150 Stadien = 20 Millien an.

10) CIL. XIV p. 191.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 593

Mittelalter übertrug den Ruhm der verschollenen Penatenstadt kurzer Hand auf diesen Ort, wie der jetzige Name Civita Lavinia lehrt, nicht zu reden von dem Eisenring eines Thurms an dem der Orts- glaube den landenden Aeueas sein Schiff anbinden läfst, als ob der Meeresspiegel seitdem 300 m gesunken wäre. „Die See und Antium sind von hier aus sichtbar", bemerkt Strabo'j, wir fügen hinzu die pontinische Ebene bis Terracina, die Inseln und Circei, die Berge der Volsker. Damit ist schon ausgesprochen dafs Lanuvium Grenz- stadt war und gelegentüch mit den südhchen Nachbarn gemeinsame Sache machen konnte.^) Im Uebrigen bekunden seine Schicksale eine auffallende Uebereinstimmung mit den Schicksalen des anstofsen- den Aricia, dem allerdings die Gunst der Lage den Vorrang sicherte. Angeblich von Diomedes oder Konig Silvius gegründet, nahm es an dem engeren wie an dem weiteren Latinerbund Theil (S. 557) und erlitt in Gemeinschaft mit den Nachbargemeinden Aricia Velitrae und Antium 338 v. Chr. am Asturaflufs eine Niederlage, die ihm die Selbständigkeit kostete.^) Die Lanuviner erhielten zunächst be- schränktes 4), aber wenn eine Vermutung Niebuhrs richtig ist, be- reits 332 volles Bürgerrecht und Aufnahme in die in dortiger Gegend neu gebildete Tribus Maecia.-^) Sie haben in der Folge dem römischen Adel neues Blut zugeführt, 62 v. Chr. den ersten Consul, später die Kaiser Antoninus Pius und Commodus.ß) Wie in Aricia führen Dictator und Senat das Regiment"), blüht Obst- und Gemüsebau S), wird die Stadt 87 v. Chr. von Marius heimge-

1) Strab. V 239, wo mit Recht ytavoiiov z\x& Aaoviviov von Cluver her- gestellt ist. Sil. It. Vllf 360 eelso devexa iugo lunonia sedes.

2) Liv. VI 21.

3) Appian h. civ. II 20 Diodor VII 3 a Liv. VllI 13.

4) Liv. Vm 14.

5) Niebuhr III 164 aufgenommen von Dessau. Die Iribus Maecia (Liv. VIII 17) ist benannt a quodam castro Fest. 136. In der Nähe von Lanuvium schlagen die Römer 389 ein Lager auf ad Mecium [andere Cod. Metium Mestium] ii locus dicitur Liv. VI 2, 200 Stadien von Rom sv rc^ xaXovfisvco MaQxico Diod. XIV 117, nsoi Md^xiov o^os Plut, Cani. 34 Suid. Dafs Maecium in der gemeinsamen Quelle gestanden habe, ist sehr wahrscheinlich. Es wird ein Ausläufer des Albaner Gebirgs nach der pontinischen Ebene 5 Millien von Lanuvium zu verstehen sein, der ein verschollenes Dorf trug.

6) Gic. pro Murena 86. 90 de Divin. I 79 de Fin, II 63 Ascon. zu Mil 95 p. 47 Kiefs. vita Ant. P. 1 Gomm. 1.

7) Gic. pro Mil. 45.

8) Macrob. Sat. III 18,6 19,6.

Nissen, Ital. Landeskunde, ü. 38

694 Kapitel X. Latium.

sucht. 1) In einer Hinsicht ist Lanuvium jedoch der Nachbarin überlegen: im Ruf der Frümmigkeit.2) Seine oberste Göttin heifst nicht Diana sondern Juno, mitvollem Namen Juno Sospita Mater Regina : sie trägt ein Ziegenfell zum Schutz von Kopf und Leib, Schnabelschuhe, ausgeschnittenen Schild und Jagdspeer, weicht in ihren Reziehungen zum Leben kaum oder nur unwesenthch von der nemorensischen ab.3) Ihr Tempel auf Terrassen ruhend nahm den höchsten Punct des Stadthügels ein; er wurde von Antoninus Pius neu gebaut; von den ausgedehnten Anlagen sind Reste vorhanden.*) Reim Friedensschlufs 338 bedang sich Rom den Mitbesitz des Heihgtums aus: fortan zählt die lanuvinische Juno zu den Staatsgöttern, die Consuln müssen persönlich ihr opfern, ein Collegium zu ihrem Dienst wird aus romischen Rittern gebildet.^) Derart wurde gegen den lalinischen Rundesterapel in Nemi aus nächster Nähe ein gefährlicher Wett- bewerb eröü'net; an Glanz Reichtum Ansehen mochte die neue Nebenbuhlerin zeitweihg den Vorsprung haben. ß) Wir hören zu- letzt noch von besonderen Gunstbezeugungen welche die beiden oben erwähnten Kaiser ihrer Geburtstadt zuwandten. Die erhal- tenen baulichen üeberreste (Tempel Theater Mauer) sind unschein- bar, unter den Inschriften gewährt die Satzung einer Regräbnifs- genossenschaft von 136 n. Chr. einen lehrreichen Einblick in das Leben der unteren Stände.

Die bisher besprochene Westseite des Gebirges ist nach dem Tiber und dem Meer hin geöffnet, hat deshalb auch eine Fülle geschichtlicher Rildungen hervorgerufen. Wo aber der vulkanische Ringwall erhalten ist, was für zwei Drittel des ursprünglichen Um- fangs zutrifft, übt er vermöge seiner bedeutenden Erhebung von 5 600 m über der Ebene eine trennende Wirkung aus (l 260), ist in der Neuzeit zur ursprünglichen Waldwirtschaft zurück ge- kehrt und gehört wegen der Unsicherheit zu den unbekanntesten Strichen Mittelitaliens. Der Wall zerfällt in zwei gleiche Hälften

1) Liv. LXXX Appian b. civ. I 69 Feldm. 235.

2) Cic. de Fin. II 63.

3) Preller Myth. 13 276.

4) Abeken Mittelitalien 215 vita Ant. P. 8.

5) Liv. VllI 14 Cic. pro Mur. 90 Dessau p. 192.

6) Plin. XXXV 17 Liv. XXI 62 Appian b. civ. V 24 Varro LL. V 162 Cic. de Divin. I 99 II 59; Prodigien Liv. XXIII 31 XXIV 10 XXIX 14 XXXI 12 XXXII 9 XXXV 9 XL 19 XLI 21 XLII 2 XLV 16 Obs. 12. 20, 46.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 596

voD je 12 km Länge (auf dem Kamm gemessen). Die südliche mit Gipfeln von 940 m ist die höhere; der Zug zwischen Nemi und Velletri heifst M. Artemisio (812 m). Aber ob er diesen Namen der Diana von Nemi, der Diana vom Algidus oder einem anderen Heilig- tum verdankt, steht dahin. Weiter nördlich auf einer nach dem Castell Ariano oder Lariano benannten Höhe (891 m) befinden sich altertümliche Befestigungen mit dreifacher Mauer. i) Die Anlage ist nach Südost den Volskern zugewandt. Die Besucher verlegen hier- hin das HeiHgtum der Diana vom Algidus.^) Ihre Beschreibung jedoch pafst besser für eine Burg: man könnte z. B. an die in den Aequerkriegen erwähnte arx Carventana denken. 3) Ueberhaupt fehlt ein bestimmtes Zeugnifs das den Namen Algidus auf den südlichen Theil des Bingwalls ausdehnte, so verständlich auch ein solcher Sprachgebrauch sein würde. Eine Einsenkung (540 m) scheidet die beiden Hälften des Ringwalls und eröffnet den Zutritt in das halbmondförmige Hochthal um den Centralkrater, damit zugleich einen Weg vom Sacco nach Tusculum und Rom. Die Via Latina erreicht am 15. Meilenstein (500 m) den Fufs des Stadthügels von Tusculum und läuft nun die nächsten 6 Millieu fast eben hin. ,,Der Gegensatz dieser einsamen und schauerlichen Gegend be- merkt Westphal mit der freundlichen und belebten auf der andern Seile des Gebirges ist wirklich höchst auffallend." Der Eng- pafs la Cava dell' Aglio den die Strafse durchmifst, ist eine halbe Millie lang, dann wird der Blick nach dem Thal des Sacco frei. Dies ist die Einfallspforte der Aequer im 5. Jahrhundert v. Chr. Eine Millie weiter nördlich befindet sich ein zweiter etwas höherer (619 m) Uebergang über den Ringwall der hier Selva dell' Aglio heifst. Beide Wege wurden durch das Castell Algidum beherrscht, von dem Reste in der durch Sixtus V zerstörten Räuberburg sicht- bar gewesen sein sollen. 4) Es nimmt die Spitze des zwischen beiden Wegen aus dem Hochlhal aufsteigenden M. Piore ein (715 m), liegt

1) Nibby P 121 Abeken Mittelitalien 215 vgl. Holste zu Cluver 778,49; Tomassetti Arch. rom. IX 417 giebt einen Plan.

2) üafs es nur Horaz Od. I 21 carm. saec. 69, dafür bei so feierlicher Gelegenheit vorkommt, läfst vermuten, dafs Augustus die Octavier waren ja in Velitrae zu Hause ererbte Beziehungen zu ihm hatte. Forlunae in Algido ordnet der Staat 218 v. Chr. ein ßittfest an Liv. XXI 62.

3) Vgl. S. 556,7 Dion. H. V 61 Steph. Byz. Liv. IV 53. 55.

4) Holste zu Cluver 778,25 vgl. Westphal 76. Strab. V 237 noXixviov Dion. H. X 21 XI 3. 23. 28. 40. 44 iioXis Steph. Byz. "MyiSos TiShs.

38*

596 Kapitel X. Latium.

also 350 m hoher als Alba: ein Umstand der die Benennung kalt vollauf rechtfertigt. 1) Der Name lebt mit geringer Entstellung in der Umgebung des Ortes fort, die Alten brauchen ihn aber in viel weiterem Sinne, namenthch vom Hochthal wo der Grenzkrieg einst spielte:

scilicet hie olim Volscos Aequosque fugatos viderat in campis Algida terra tuis. Sie dehnen ihn wie es scheint auf denjenigen Theil der weder tusculanisch noch albanisch hiefs, d. h. die Hälfte des ganzen Ge- birges aus. 2) Strabo beschränkt ihn noch auf das Hochthal, erst in der Kaiserzeit ist vom mons Algidus die Rede. 3) Dies hängt mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Unter den Juliern standen noch grofse Eichwälder, wurden Rüben und Reitige die Kälte lieben gebaut. 4) Nachdem die Hügel von Tusculum und Alba seit Jahrhunderten von Villen bedeckt waren, lernte man endlich auch diese Gegend als Sommerfrische schätzen. &) Sollte eine ähn- liche Wendung in der Gegenwart eintreten, dann darf man wichtige Aufschlüsse für die Geschichte hoffen. Welchen Gemeinden das Algidum gehört hat, wissen wir nicht.^j Im 5. Jahrhundert sind die Aequer Herren und werden schliefslich durch die römischen Festungsanlagen im Rücken zum Abzug genötigt. Der nördliche Ringwall erreicht seine höchste Erhebung in der Selva dell*' Aglio mit 787 m. Dann folgt die Höhe von Rocca Priora 768 m. Dies mittelallerhche Dorf bewahrt mancherlei antike Reste die auf eine Villa und eine dieser vorausgehende Ortschaft hinweisen. Nach einer mit Beifall begrüfsten Vermutung Holste's ist Corbio hier zu suchen.') Die Gemeinde gehörte zum Latinerbund von 499.^)

1) Horaz Od. I 21,6 gettdo A. III 23,9 nivali A. Symmach. Ep, III 50 ut aestas mihi Pracnestino Algido fraiigeretur Schol. Hör. carm. saec. 69 Fronto ad Marc. II 6 p. 31 N.

2) Ovid Fast. VI 721 Liv. III 2. 23. 25. 27. 29. 30 IV 26 XXVI 9 Diodoi XII 24 Cic. Rep. II 63 Dig. 1 2,2, 24.

3) Strab. V 239 Stal. Silv. IV 4,16 Eutrop. I 17, 18 Aur. V. v. ill. 17 Hieron. a. Abr. 1528.

4) Horaz Od. IV 4,58 Piin. XVHI 130 XIX 81.

5) Martial X 30,6 Sil. It. XII 536 amoena Algida.

6) Schol. Cruq. zu Hör. Od. IV 4,58 theilt den mons A. dem ag-er Tuscu- lanus zu.

7) Hülste zu Cluver 780,18 Nibby IIP 21.

8) Dion. H. V 61 KoqßivxMv von Kiefsling nach Steph. Byz, Koqovioov in KoQßiiovitov verbessert.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 597

Was von der Stadt in den Kämpfen der Römer Latiner Volsker Aequer und ihren wechselnden Schicksalen erzählt wird, pafst gut zu der angenommenen Lage: 457 wurde sie von den Römern zer- stört, als Ortsbestimmung kommt der >'ame noch ein Mal 446 vor.') Weiter steigt der Ringwall im M. Salomone auf 773 m, sinkt bis 608 m ein und endigt jenseit des Einschnitts in den tusculanischen Hügeln.

Die Via Latina langt am Fufs des Gebirgs bei der Station ad Decimum Ciampino an : die Rewohner heifsen auf einer Inschrift der Kaiserzeit Decimienses und haben eine Dorfschaft gebildet. 2) Von hier folgt sie der Vallis Albana der Einsenkung zwischen den Tusculaner und Albaner Hügeln (S. 584) und mufs auf den nächsten 5 iMillien eine Steigung von 400 m überwinden, bis Val di Molara das Hochthal von Algidum erreicht ist.'^) Mehrere Nebenstrafsen führen von ihr hinauf nach der alten 15 Milben von Rom entfern- ten Stadt TnscidiimJ) Die Rurg nimmt die höchste Kuppe des Ringwalls (670 m)*mit einem Umfang von reichlich 800 m ein.^) Sie ist überaus fest 6): die künstlich abgeschrofften Felswände fallen nach allen Seiten jäh ab, am Wenigsten gegen Westen der Stadt zu; doch auch hier mifst der Abfall 50 m. Einem Adlerhorst ver- gleichbar überschaut sie die Lande bis zum Soracte und Ciminer- wald. In den Zeiten des Faustrechts Sitz der Macht hat sie den Römern des Mittelalters zu schaffen gemacht, bis diese 1191 ihr Mütchen kühlen konnten und keinen Stein auf dem andern liefsen. Von den Tbaten welche die Rurgherren Jahrtausende zuvor ver-

1) Liv. II 39 III 28. 30. 66. 69 Dion. H. VI 3 VIH 19 X 24. 26. 30.

2) It. Ant. 305 CIL. XIV p. 492 Xibby F 4«! Hl 294 Tomasselli Arch. rom. IX 378 A.

3) Die Station Roboraria It. Ant. 305 wird von den Handschriften 13 Millien von Rom angesetzt und ist nach dem Wildpark einer Villa benannt Gell. N. A. n20,5: die Lesung 16 ist schlecht beglaubigt vgl. Westphal 97 Nibby HP 296.

4) Josephus XVIII 6,6 giebt den Abstand der kaiserlichen Villa von Rom auf 100 Stadien = I2Y2 Millien an: dies trifft auf das heutige Frascati zu. Vermutlich hat mit der gleichen Ziffer Dion. H. X 20 auch den Endpunct im Sinn, überträgt ihn aber fälschlich auf die alte Stadt, die 300 m höher liegt und 2300 Schritt von Frascati entfernt ist (Nibby). Die Polemik CIL. XIV 4088 gegen die Ortskundigen wird damit hinfällig.

5) Canina, Descrizione dell' antico Tusculum, Roma 1S41. Nibby IIP 293 CIL. XIV p. 252.

6) Dion. H. X 20.

598 Kapitel X. Latium.

richtet, meldet weder Lied noch Sage. Aber dafs aus dieser Burg keine Verkehrs- und Grofsstadt entstehen konnte, wird dem Be- sucher sofort klar. Zu ihren Füfsen dehnt sich die langgestreckte Stadt auf dem geneigten Ringwall hin (620 572 m) ungefähr 1 km lang und 150 m breit. Den Flächeninhalt berechnet Beloch zu 14 ha, dem Anderthalbfachen des römischen Palatium. Das herrschende Geschlecht der Mamilier führte seinen Stammbaum auf Telegonus Sohn von Odysseus und Kirke zurück. i) Römische Gelehrte haben Tusculum zu einer Gründung Alba's gestempelt oder mit der Deutung des Namens sich abgemüht. 2) Ein früher Glanz umschwebt ihn : der latinische Dictator der das Heiligtum am Nemisee weihte (S. 558), stammte aus Tusculum, einen Mamilier erkor sich König Tarquinius zum Eidam und gedachte mit dessen Beistand den ge- stürzten Thron wieder aufzurichten. 3) Ohne Zweifel hat die Ge- meinde zu den kräftigsten im Latinerbunde gehört und manchen Straufs mit ihren Nachbarn ausgefochten. Die jüngeren Annalen wissen viel von ihrer Freundschaft mit Rom zu erzählen 4); Oert- lichkeiten in Rom waren nach Tusculanern zum Dank für geleistete Hülfe benannt. °) Aber nach besseren Berichten machten sie auch mit dessen Feinden gemeinsame Sache: 484 v, Chr. mit den Aequern, 381 den Volskern, 340 den Latinern, 323 den Samniten.ß) Im letzt erwähnten Falle wurde vor dem Volksgericht eine peinHche Anklage erhohen: alle Tribus aufser der PoUia sprachen die Schuldigen frei; davon schreibt sich der nachhaltige Groll der Pa- piria der die Tusculaner einverleibt waren, gegen die PoUia her. 7) Wann sie volles Bürgerrecht erlangten, ist nicht bekannt; beschränk- tes ohne Stimmrecht besafsen sie seit 38 1.^) Der Stadtrat behält

1) Aul itiren Münzen seit 150 v. Chr. Mommsen Münzwesen n. 83. 230. Fest. 131 M. Liv. I 49 Dion. H. IV 45 Horaz Od. III 29,8 Epod. 1,30 Ovid. Fast. III 92 Prop. 111 30,4 Stat. Silv. I 3,83 Sil. It. VII 692 XII 535 Hygin Fab. 127. Bei Vergil kommt Tusculum nicht vor.

2) Diodor VII 3a Fest. 355 M.

3) Liv. I 49 II 19 Dion. H. IV 45 V 21. 50 fg. VI 12.

4) So 460 Liv. III 18 Dion. H. X 16; 459 Liv. III 23 Dion. H. X 20; 455 Liv. III 31 Dion. H. X 43; 449 Liv. III 38. 42 Dion. H. XI 3. 23; 443 Liv. IV 10; 394 Liv, V28; 377 Liv. VI 33.

5) Fest. 348. 131 M.

6) Diod. XI 40; Liv. VI 25; Liv. VIII 7. 14; Plin. VII 136.

7) Liv. VIII 37 Val. Max. IX 10,1 Schol. Bob. p. 254 Cr.

8) Liv. VI 26. 33. 36 VUI 14 Dion. H. XIV 6 Plut. Cam. 38 Dio fr. 28 Fest. 127 M.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 599

seitdem zwar den anspruchsvollen Namen Senat bei, aber der Dic- talor als Oberbeamter räumt einfachen Aedilen den Platz.*) Es gab kein Municipium aus dem so viele Familien in die Reihen des römischen Adels eingedrungen wären. 2) Von Tusculum leiteten Catonen Coruncanier Fonteier Fulvier Juventier Mamiher ihre Ab- kunft her. Zur Pflege der heimischen Götter, unter denen die Dioskuren besonders verehrt wurden, war aus römischen Rittern ein eigenes Collegium gebildet. 3) Die ansässigen Bürger jedoch waren am Ausgang der Republik weder zahlreich noch von Be- deutung.^) Wie es mit manchen Villenstädten der Gegenwart ge- gangen ist, die alte Festung wurde durch ihre Umgebung erdrückt. An den Ruinen läfst sich das noch erkennen. Von dem Quellhaus mit seinem altertümlichen Spitzgewölbe und den Befestigungen welche die Kraft eines kriegerischen Zeitalters künden, sehen wir dabei ab. Die jüngeren Bauten Theater und Amphitheater (70 X ^^m Arena 48 X ^9 m mit Raum für 3000 Zuschauer) sind mit be- scheidenen Mitteln hergestellt und auf bescheidene Verhältnisse be- rechnet. Das heutige Frascati verdankt seinen Ruf den prächtigen Landhäusern die Roms Kirchenfürsten rings um das Städtchen er- baut haben. In noch höherem Grade war dies bei dem Vorgänger im Altertum der Fall; denn die päpstlichen Nipoten konnten mit dem Reichtum der früheren ^YeUherrscher nicht wetteifern. Die Nähe Gesundheit und Anmut der Gegend lockte sie aus der dum- pfigen Hauptstadt hinaus. s) Der Zug nach Tusculum scheint be- reits im dritten Jahrhundert v. Chr. begonnen zu haben.'') Aus Cicero erfahren wir die Namen von 18 Villenbesitzern alldort; er selbst hat seiner Vorliebe für den Aufenthalt bleibenden Ausdruck verheben. „Tusculum schreibt Strabo "') auf hohem Berg- rücken gelegen ist keine übel bestellte Stadt: ihren Schmuck bilden die Gärten und Häuser im Umkreis, zumal auf der Seite nach Rom; denn hier ist eine fruchtbare wasserreiche Hügellandschaft deren sanfte Höhen für die Anlage der vornehmsten Herrensitze geeigneten

1) Dessau a. 0. p. 254.

2) Gic. pro Plane. 19 fg.

3) Dessau a. 0. p. 253 Varro LL. VI 16.

4) Gic. pro Plane. 21 de leg. agr. II 96.

5) Gic. Rep. I 1 salubri et propinquo loco.

6) Val. Max. I 4,5.

7) Strab. V 239.

600 - Kapitel X. Latium.

Platz bieten." In der Kaiserzeit hat die älteste Villenstadt Roms ihren zahlreichen Nebenbuhlerinnen zum Trotz das alle Ansehen bewahrt'); Tiberius Agrippina Galba weilten hier. 2) Die Neuzeit sah nach dem Sturz der Grafen von Tusculum an Frascati die näm- liche Wandlung die eben geschildert wurde, sich wiederhole».

Der Wasserreichtum der Tusculaner Hügel kam der Hauptstadt durch zwei Leitungen aqua Tepula und Julia zu Gute (S. 549); die aqua Crabra verblieb der Gemeinde und wurde an die anstofsenden Villen verpachtet. 3) Alle drei entspringen auf dem Atrio Algidum. Dafs der Gartenbau meisterhaft betrieben wurde, versteht sich von selbst. 4) Die Grenzen der Feldflur vermögen wir nur annähernd zu bestimmen. Dafs der Algidus dazu gehörte, wie gesagt wird (S. 596 A. 6), ist fraglich. Die Flur umfafste vornehmlich das Rom zugewandte Hügelland und erstreckte sich einerseits über das Thal von Grottaferrata hinaus s), anderseits nach Monte Porzio dessen seit dem 12. Jahrhundert vorkommender Name mit dem tusculanischen Geschlecht der Porcier zusammenhängen kann. 6) 4 Millien unter- halb der alten Stadt hegt ein kleiner Krater von 2 km Umfang Pantano Secco, früher ein Seebecken das wir wissen nicht wann ausgetrocknet wurde.") Dies scheint der lacus Regillus zu sein, dessen Name mit dem Sieg verschwistert ist den Roms Ritterschaft 496 V. Chr. über den Tyrannen und seine Helfershelfer erfocht. 8) Ausdrückhch wird der See dem Gebiet von Tusculum zugeschrieben.

Im Nordosten grenzt Tusculum an den durch Weinbau bekannt gewordenen ager Labicanus.^) In der Gemeindeliste des Augustus wird er unter diesem Namen aufgeführt, weil die alte Stadt seit Aus- gang der Republik verlassen war.'") Später hat die 15 Milben von

1) Horaz Od. III 29,8 Epod. 1,29 Seneca de Benef. IV 12,3 Suetoa Rel. 83. 109. 112 Beiff. Plin. Ep. IV 13,1 V 6,45 Sfat. Silv. I 3,83 Macrob. Sat. VII 7,14.

2) Joseph. XVIII 6,6 Dio LVIII 24 LXXVIII 21 Tac. Ann. XIV 3 Suet. Galb. 4. 18 Marlial X 30,6; Lanciani Bull. com. d. R. 1884 p. 172 fg. weist 4 kaiser- liche und 40 Privatvillen nach, Tomassetti Arch. rom. IX 40 handelt von 43.

3) Fronlin de aq. 8. 9 Cic. Fam. XVI 18,3 de leg. agr. III 9 pro Balb. 45.

4) Plin. XV 97 XVI 138 XIX 102. 105 XXI 27.

5) Dessau a. 0. p. 244. 6) Nibby IP 357.

7) Nibby IIP 6 vgl. Abeken 67.

8) Liv. II 19. 21 III 20 VI 2 Dion. H. VI 3 Cic. Deor. Nat. II 6 III 11 Plin. XXXIII 38.

9) Athen. 126 f. vita Clod. Alb. 11,3.

10) Plin. III 63 Cic. pro Plane. 23 Strab. V 230. 237.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 601

Rom entfernte Postslation ad Quintanas einen solchen Aufschwung genommen , dafs sie als städtischer Miltelpuncl der Gemeinde gilt, und deren Glieder Lavicani Quintanenses oder kurzweg Quintanenses heifsen.i) Die Via Labicana zwischen der Praenestina und Latina laufend (S. 545) ist für die Verbindung mit der 418 v. Chr. ge- gründeten Colonie angelegt worden. In der Folge wurde sie nach Südost fortgesetzt und damit für den grofsen Verkehr bequemer als die Latina, insofern die Entfernung von Rom 2 Miliieu und die Steigung 300 m weniger beträgt als auf dem Weg durchs Algidum. Sie läuft nämhch an der Aufsenseite des Ringwalls zwischen diesem und dem vereinzelten Seitenkegel la Colonna (347 m) hindurch.^) Am Fufs des Kegels lag Quintanae der oben erwähnte Hauptort der Gemeinde. Der seit dem 11. Jahrhundert bezeugte Name Columna stammt aus dem Altertum; denn es entspricht der strategischen Wichtigkeit des Hügels wenn die Römer 459 an ihm, ad Columen, ein Lager gegen die Aequer aufschlagen. 3) Seit Hülste pflegte man das viel umstrittene Labici oder Labicum^) nach Colonna zu setzen.^) Die Stadt lag aber nach Strabo's ausdrücklichen W^orten ebenso wie Tusculum dem von Rom kommenden Reisenden auf der Höhe zur Rechten und mufs deshalb in Monte Compatri (583 m) oder auf einem anderen benachbarten Hügel gesucht werden. Sie gehörte dem Latinerbunde an 6), fiel 488 in die Hände Coriolans, schlofs sich 419 den Aequern an und wurde 418 erstürmt.') Die Römer siedelten eine Colonie von 1500 Rürgern au, die den Einfällen der Aequer ins Algidum ein Ende machte und vergebHch 398 von diesen belagert wurde. *) Mit den Aequerkriegen entschwindet sie unseren Blicken ; vermöge ihrer Abgelegenheit verödet die Festung und geht in ein Gut über. 9) Fortan wird nur die labicanische Gemarkung

\) It. Ant. 304 Tab. Peut. CIL. XIV p. 275.

2) Rosa Bull, deil' Inst. 1856 p. 154.

3) Liv. III 23 der Widerspruch von Cluver 779 Nibby II ^ 162 ist unbegründet.

4) Labici Liv. II 39 IV 45 V 16 Verg. Aen. VII 796 Sil. It. VIII 366 Diod. XIII 6 LaLicum Sil. It. XII 534 Slrab. a. 0. Die Schreibung mit v ist häufig.

5) Eine Uebersicht über die lange Controverse giebt Dessau a. 0.

6) Dion. H. V 61 Cic. pro Plane. 23. Von Glaukos dem Sohn des Minos gegründet Serv. V. Aen. VII 796, albanische Colonie Diod. VII 3a.

7) Liv. II 39 IV 45—47 Dion. H. VIII 19 Diod. XIII 6.

8) Liv. V 16 vgl. VI 21.

9) Strab. V 230.

602 Kapitel X. Latium.

erwähnt: sie umschlofs seit Caesar kaiserliche Besitzungen. ij In dieser Gegend an der Aufsenseite des Ringwalls scheinen mehrere in der älteren Kriegsgeschichte genannte Ortschaften gelegen zu haben. So Orlona'^) in der Nähe von Corbio (S. 596) wol die Hortenses des albanischen Bundes (S. 556, 12); Trebium^); und gleichlalls ein Glied des Albanerbundes (S. 556, 30) Vitellia das die Römer 394 mit einer Colonie besetzten: diese mufste jedoch vor den Aequern weichen und kommt nicht wieder vor.**)

Vom selben Ausgangspunct und mit der labicanischen parallel läuft die Strafse nach Praeneste die ehedem in ihrer ersten Hälfte via Gabina hiefs.^) Unter den Ueberresten ist der aus Quadern erbaute Ponte di Nona der am 9. Meilenstein mit 7 Bogen eine Schlucht überspannt, beachtenswert. Halbwegs am 12. Meilenstein ") liegt Gabii.') Es nimmt den Ostrand eines kleinen Maar von 1 Millie Durchmesser, Lago di Castiglione ein. Der Ringwall erscheint als blofse Anschwellung des Bodens: im Nordosten wo die Arx voraus- zusetzen ist, steigt er 100 m ü. M. an, im Süden 74 m, noch weniger im Westen. An der letztgenannten Seite ist der See durch einen vor 70 Jahren angelegten Abieiter in die Osa entwässert worden. Zuvor jedoch hatten die Alten durch einen die gleiche Richtung einhaltenden Caual die Wasserfläche auf einen bescheidenen Umfang zurückgebracht.^) Es nimmt daher nicht Wunder dafs dieser Teich von den Schriftstellern des Altertums mit Stillschweigen übergangen wird, während seiner seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. öfter Er- wähnung geschieht, nachdem der Abllufs verstopft und damit der See in früherer Ausdehnung hergestellt war. Der natürliche Schutz den der See gegen einen Angriff im Rücken gewährte, mufste zur Zeit der Landfehde die Ansiedler anlocken. Aehnlich wie Alba streckte sich die Stadt lang hin, geringe Reste der Mauer sind vor- handen. Ob aber ihr Umfang mit Recht zu 3 Millien angenommen wird, ist fraghch; denn sie hat im friedlichen Lauf der Dinge die

1) Liv. XXVI 9 Sueton Caes. 83 Cic. Parad. 50.

2) Liv. II 43 111 30 Dlon. H. VIII 91 cod. 'OQÖliva X 26 cod. Biqrdjva.

3) Liv. II 39.

4) Liv. II 39 V 24. 29 Sueton Vit. 1.

5) Liv. II 11 111 6 V49.

6) Strab. V 238 Dion. H. IV 53 Appian b. civ, V 23 It. Ant. 302 Tab. Peut.

7) E. (i. Visconti Monumenli Gabini, Roma 1797, Milano^ 1835.

8) Abeken 168.

§ 3. Das Albaner Gebirge. 603

Höhe preisgegeben und an der südlich vom See vorüberziehenden Landstrafse sich eingenistet. i) Auf die Landstrafse öffnet das Forum mit Kaufhallen, ein bescheidener Platz (etwa 50 X 40m); hier steht die Cella eines Tempels noch aufrecht den man vfillkürlich der Juno zuweist.2) Freilich ohne dafs es einer monumentalen Be- stätigung bedürfte, bleibt das Ansehen und die einstige Wichtigkeit des Ortes ausreichend beglaubigt. Dahin rechnen wir weder die Angaben über die Gründung 3), noch über die hier erfolgte Erziehung von Romulus und Remus*) oder die Arglist des Königs Tarquinius.'') Aber wenn die Gürtung der Toga welche die Römer ehemals im Kriege und später noch beim Opfer vornahmen, die gabinische hiefs, wenn in der Augurallehre dem gabinischen Land eine Sonderstellung angewiesen wurde, so mufs diese Stadt bedeutsame Beziehungen zum ältesten Rom gehabt haben. ß) Ein Vertrag zwischen beiden der auf einer über einen hölzernen Schild gespannten Rindshaut geschrieben war, kam unter Augustus zum Vorschein.') Nun ist es höchst merkwürdig dafs Gabii, von seiner Aufzählung unter den la- tinischen Bundesgliedern abgesehen, in der Ueberlieferung der Re- pubük nur beiläufig als leidender Theil erwähnt wird.^) Deshalb ist die in Ritualbüchern enthaltene iSachricht von seiner Zerstörung durch Rom keineswegs unbedingt zu verwerfen. 9) Wie dem auch sei, ob ihm die Kraft gewaltsam gebrochen oder allmälich ausge- sogen wurde, vor den Thoren der Weltstadt konnte ein unabhängiges Gemeinwesen nicht gedeihen. Die Schriftsteller verbreiten sich öfters über seine Verlassenheit/") Die Inschriften der Kaiserzeit führen eine municipale Selbstverwaltung vor, in der Krämer und kleine Leute den Mund voll nehmen.") Die Bauten wie angedeutet er-

1) Dion. H. IV 53.

2) Nach Verg. Aen. VII 682 Schol, Sil. lt. XII 537, Apoll Liv. XL! 16.

3) Durch 'Siculer Solin 2,tO; von Alba Verg. Aen. VI 773 Diod. VII 3 a Dion. H. IV 53.

4) Dion. H. I 84 Plut. Rom. 6 Steph. Byz. Täßiot verschrieben für rdßioi.

5) Liv. I 53 fg. Dion. H. IV 53 fg. Ovid. Fast. 11 690.

6) Varro LL. V 33 0. Müller Etrusker I 265.

7) Dion. H. IV 58 Fest. 56 M. Horaz Ep. II 1,25.

8) Liv. HI 8 VI 21 XXIV 10 XXVI 9 XLl 16 Obseq. 14 Feldm. 234.

9) Macrob. Sat. III 9,13.

10) Cic. pro Plane. 23 Dion. H. IV 53 Horaz Ep. I 11,7 Properz V 1,34 Lucan VII 392 Juvenal 3.192 6,56 10,100.

11) Wie Dessau CIL. XIV p. 278 trefflich ausführt.

604 Kapitel X. Latium.

wecken einen dürftigen Einilriick. Der Wein von Gabii wird er- wähnt i); öfter der Sperone (I 262) den die Römer hier brachen und ausgiebig verwandten. 2) Eine Kaltwasseranstalt zog die Auf- merksamkeit der Patienten auf sich. 3)

§4. DasAnioland.

Der Appennin fällt einer Mauer gleich gegen das vulkanische Land ab (I 238). Von seinem Austritt aus dem Gebirge bis zur Mündung in den Tiber kann der Anio Aniene^) einem Graben ver- glichen werden der Rom und Latium gegen jeden von INorden her anrückenden Feind schützt: in der Kriegsgeschichte alter und neuer Zeit hat die Flufslinie eine wichtige Rolle gespielt.^) Sie bildet auch noch im 5. Jahrhundert die Grenze des geschlossenen römischen Gebiets und Irans Anienem hat gerade wie Irans Tiberim die Nebenbedeutung Ausland.^*) Allerdings wohnen hier eine Reihe von Gemeinden die zu den Genossen des latinischen und des älteren albanischen Rundes gehören. Aber diese sind in den wiederholten Vorstöfsen der Sa- biner (S. 466) so oft überraunt worden, dafs man mit gleichem Rechte den Anio als sabinische wie den Tiber als etruskische Grenze bezeichnen konnte. Wenn daher Augustus das jenseitige Land nicht der ersten sondern der vierten Region einverleibte, so huldigte er alten tiefgewurzelten Anschauungen des Römers dem Hochgebirg und sabinisch verwandte Regriffe darstellen (S. 463).

Die grofse Naturstrafse die aus dem Herzen des Hochgebirgs von der Reatiner Ebene in das Tiberthal und nach Rom führt, wird gesperrt durch Fidenae.') Die Entfernung von der Porta Col- lina mifst 5 Millien^), die Angabe 6 kann sich auf das Nordende

1) Galen VI 334 K.

2) Strab. V 238 Tac. Ann. XV 43.

3) Horaz Ep. I 15,9 Juvenal 7,4. Ob die Angabe Plin. II 209 sich auf vul- kanische Hohlräume (so Nibby II- 53) oder auf früheren Seeboden bezieht, steht dahin.

4) Aellere Form Anien Priscian VI p. 208 Hertz Slat. Silv. I 3,20 5,25 Dien. H. ^Avir^s -rjxos, gewöhnlich Ii4vt7]v ^Avirjvoe.

5) Liv. I 27. 36 II 26 IV 17 VI 42 VII 9 XXVI 10 Dion. H. III 23. 55. 63. 64 Pol. IX 5,9 7,4 Plut. Cam. 41,1 Prokop b. Golh. III 24.

6) Dion. H. V 37 Liv. H 16. 32 IV 17.

7) Fidena Verg. Aen. VI 773 Sil. It. XV 91 Plin. XVI 11 Tac. Ann. IV 62 Dion. H. Plut. Steph. Byz.; der Plural ist die Regel.

8) Dion. H. II 53 HI 27 X 22 CIL. XIV p. 453.

§ 4. Das Anioland. 605

bezieheo'); denn soweit erstreckt sich die Stadt von Villa Spada bis Castel Giubbileo. Gegenüber der Mündung der Cremera (S. 358) beschreibt der Tiber einen Bogen nach dem linken Ufer und kommt dem Fufs der Tuffhügel bis auf 50 m nahe. Die Stadt mit etwa 3 Millien Umfang nimmt die Hügel ein (62 m) ein ; der höchste nach Nordwest vorspringende Punct (63 m) der bequem nach Veji hinüberschauen konnte, trug die Arx, heute Castel Giubbileo. Der Abfall um 30 40 m macht die Lage nach Westen und Norden sehr fest, weniger an den beiden andern Seiten wo die lange An- griffsfront die Vertheidigung erschwerte.^) Fidenae sperrt die Via Salaria, kann aber zu Lande über Nomentum ohne sonderliche Mühe umgangen werden. Die Tiberstrafse sperit es vüUigS): die Freiheit der Schiffahrt zu Berg und Thal war für Rom wie für Fidenae eine Lebensfrage, die zu einer endlosen Reihe von Verwicklungen führen mufste. Die Stammesangehörigkeit spricht hierbei entweder über- haupt nicht, oder doch nicht entscheidend mit. Wir haben die Fidenaten als Glied der albanischen Genossenschaft kennen gelernt (S. 556, 9). Ihre Stadt gilt als Gründung Alba's.'*) Wenn sie anderseits den Etruskern zugeschrieben wird, so erklärt sich dies aus der langjährigen Waffenbrüderschaft mit Veji. 5) Rings von römischem Gebiet umklammert, war Fidenae von Latium abgeschnitten es fehlt unter den latinischen Bundesgenossen von 499 und hatte zu wählen zwischen Anschlufs an Rom oder an Veji. Für dieses war es ein Brückenkopf zum Einfall in die römische, für jenes ein Lager zum Einfall in die vejentische Feldflur. Die Annalen erzählen, und die innere W^ahrscheinlichkeit bestätigt, dafs es häufig aus der einen Hand in die andere übergegangen ist. 6) Als schliefs- lich 426 Fidenae vom Erdboden vertilgt worden, war Veji's Schick- sal zugleich mit besiegelt.'') Die Gemeinde als solche blieb bestehen,

1) Eutrop. I 4. 19; Tab. Peut. fehlt die Ziffer.

2) Liv. IV 22.

3) Dion. H. 11 53 vgl. Liv. IV 34.

4) Diod. VII 3a Flegenmn zu verbessern in Fideiiam; Verg. Aen. VI 773 Dion. H. II 53 Solin 2,16 Steph. Byz.

5) Liv. I 15. 27 Strab. V 226.

6) Liv. I 14. 27 II 19 IV 17. 21. 22. 33. 34 Dion. H. II 53 fg. III 6fg. 23 fg. 39 fg. 50 fg. IV 51 V 40 fg. 52 fg. VI 55 X 22. 26 XI 27. 44 XII 5 Diod. XII 80 Plut. Rom. 17. 23. 25 Publ. 22 Cic. PhiL IX 4.

7) Macrob. Sat. III 9,13 Flor. I 6,4 Eutrop. I 19.

606 Kapitel X. Latium.

hat auch an eine Erhebung nach dem GalHschen Brande gedacht '), sank jedoch zu völliger Dichtigkeit herab. Die Stadt wurde wieder aulgebaut, die Einwohner fehlten; und es klingt wie Spott wenn sie ihren Stadtrat Senat, ihre Bürgermeister Dictatoren betiteln. 2) Der Einsturz eines 27 n. Chr. zum Gelderwerb errichteten Amphi- theaters, wobei 50000 Meuschen getodtet oder geschädigt wurden, ist die einzige Thatsache welche die späteren Annalen aus Fidenae melden.^) Ferner werden seine noch kenntlichen Steinbrüche er- wähnt.^)

Die nördliche Seite des Stadihügels wird durch ein Thal ge- deckt (21 m), das der 12 km lange Fosso della Buffalotta entwässert. Dies ist das Flüfschen Tutia am 6. Meilenstein der Via Salaria^); au der Mündung nimmt es den Fosso di Maipasso auf: wie bemerkt (S. 556, 26) führt eine albanische Gemeinde seinen Namen. Kleiner aber berühmter ist die Allia oder Alia am 11. Meilenstein. 6) Hier- unter kann, wenn man an der Entfernungsangabe fest hält, kein anderer Bach verstanden werden als der Fosso della Bettina der von den Crustumini montes (154 m) bei Nomentum zwischen hohen Ufern herabkommt, die Stralse kurz vor dem 11. Meilenstein kreuzt, nun in südwestlicher Bichtung nach Aufnahme eines zweiten Rinnsals als Fosso Maestro 3 km lang neben der Strafse her läuft und am 9. Meilenstein in den Tiber mündet. Die Ebene von Marcigliana die der Flufs in grofser Windung hier dem hnken Ufer zulheilt, um- fafst 4 km Länge und 2 km mittlere Breite vom 9. bis 11. Meilen- stein. Die Stellung der Romer am 18. Juli 390 ist durch die Be- schaffenheit des Bodens gegeben : die Hauptmacht nahm mit reichlich 2 km Front die Ebene, der schwache rechte Flügel die Höhen über der Allia ein. Der Bach ist im Sommer wasserleer, aber das 70 m und mehr eingeschnittene Bette gewährte eine starke Flügeldeckung. Die Gallier haben vermöge ihrer Ueberzahl den Feind umgangen,

1) Varro LL. VI IS Macrob. Sa 1. 1 11,37.

2) Cic. de leg. agr. II 96 Slrab. V 230 Horaz Ep. 1 11,8 Juvenal 6,57 10,100 CIL. XIV p. 453.

3) Tac. Ann. IV 62 Sueton Tib. 40 Cal. 31 Oros. VII 4,11.

4) Vilruv II 7,1 Plin. XXXVI 167.

5) Liv. XXVI 11 Sil. ll. Xill 5. Der Versuch Nibby's PH den Tutia für Acqua Traversa am recliten Tiberufer zu erklären ist verfehlt.

6) Liv. V 37 VI 28 Plut. Cam. 18,6 Eutrop I 20 Verg. Aen. VII 717, von Vib. Seq. irrig an den 14. Meilenstein der V. Saiaria gesetzt. Die Schreibung Jlia wiegt vielleicht vor.

§ 4. Das Anioland. 607

vom Rückzug nach Rom abgeschnitten und genötigt durch den Tiber nach Veji zu entweichen. Der Tiber hat oberhalb der Anio- mündung im Sommer zahheiche Furten, die Flucht verliert damit viel von dem Schrecken mit dem Livius sie ausschmückt. Livius ist kein Soldat, schreibt nahezu 4 Jahrhunderte nach der Schlacht, seine Schilderung verträgt nicht den Mafsstab einer modernen Ge- fechtsrelation, Indessen, von Einzelheiten abgesehen, wird der Gang der Schlacht in durchaus verständlicher Weise entwickelt. Eine Schwierigkeit erwächst allein daraus dafs Diodor, der durchweg eine reinere Ueberlieferung enthält als Livius, die Romer über den Tiber rücken und die Schlacht auf dem rechten Ufer jenseit der bekann- ten Saxa Rubra (S. 372) schlagen läfst.i) Beide Berichte sind im Uebrigen nahe verwandt und mittelbar aus der nämlichen Quelle abgeleitet, einer kürzeren Aufzeichnung die gegen 2 Jahrhunderte nach der Schlacht fällt. Auf welcher Seite liegt der Irrtum? Diodor war Ausländer, sein unmittelbarer Gewährsmann desgleichen: er begeht topographische Verstöfse vor denen ein Einheimischer ge- sichert war. Im gegebenen Falle ist die einfachste Lösung die dafs der Grieche das Ausrücken der Römer über den Anio mit einem Ausrücken über den Tiber verwechselt und den Gang der Ereig- nisse dem Fehlgrifl" angepafst hat. Umgekehrt hatte Livius über die an der Salaria spielenden Kämpfe besondere Erkundigungen einge- zogen, wurde unter Augustus in der Nähe des Schlachtfeldes ein jährhcbes Erinnerungsl'est gefeiert.^) Es hält schwer zu glauben dafs ein so eindrucksvoller Ort wie das Schlachtfeld im Gedächtnifs der Römer unvermerkt vom einen auf das andere Ufer hätte hin- über wandern sollen. Zum Glück redet die Kriegslage selbst eine eindringliche Sprache. Einfältige Kinder die nicht wufsten ob Rom auf dem linken oder rechten Flufsufer gelegen wäre, obwol ihre Gesandten so eben die Stadt ausgekundschaftet hatten , waren die Gallier nicht. Viel gescheidter ist es auch nicht wenn ihnen die Ele- mente der Kriegskunst aberkannt werden. Wollten aber die Gallier angreifen, so mufsten sie den Tiber durchschreiten wo er gangbar ist d. h. oberhalb der Aniomündung; denn der Anio bietet zwar ein Hindernifs, doch entfernt kein Hindernifs wie der Tiber. Weil dieser unterhalb des Anio nicht durchwatet werden kann, haben die

1) Diod. XIV 114. Die Richtigkeit dieses Ansatzes suchen zu beweisen Hülsen und Lindner, die Alliaschlacht eine topographische Studie, Rom 1890.

2) Liv. IV20. 31 Fest. 119 M.

608 Kapitel X. Lalium.

Gallier regeltnäfsig den Uehergang vorher bewerkstelligt und auf dem linken Ufer angegrifTen. Ferner ist es ganz begreiflich warum die Römer den AngrifT statt am Anio 8 Millien vorwärts aufnahmen ; denn so hielten sie die Herrschaft über Latiiim und ihre unzuver- lässigen Bundesgenossen fest, die andernfalls preisgegeben worden wäre. Die Wahl der Stellung an der AUia ist nicht zu tadeln, da- gegen der Mangel an Vorsicht und an genügenden Streitkräften um die von Nomenlum her drohende Umfassung abzuwehren.

Die Via Salaria verläfst am 16. Meilenstein das Tiberthal um sich landeinwärts zu wenden und in Eretum (S. 479) 18 Millien von Rom mit der Nomentana zu vereinigen. Letztere hiefs ehedem via Ficuhnsis.^) Wie andere latinische Städte hat auch Fictilea oder Ficolea im Lauf der Zeiten den Platz gewechselt.^) Ficulea vetus lag an den Corniculanischen Bergen (S. 563) unweit Nomentum, vielleicht auf dem Hügel M. Gentile (138 m) oder Torre Lupara 11 Millien von Rom. 3) Nach Inschriftfunden ist der Sitz der Ge- meinde später näher an Rom, etwa in die Gegend der Katakombe von S. Alessandro (59 m) am 7. Meilenstein gerückt worden. Von ihren Schicksalen hören wir wenig. Die Ficuleaten erscheinen weder unter den Genossen des albanischen noch des latinischen Bundes, denken aber wie die benachbarten Fidenaten nach dem gallischen Brande an Empörung.4) Sie werden wie die Nomentaner in der ersten und vierten Region des Augustus aufgeführt: beide müssen demgemäfs auch am linken Anioufer Grundslücke besessen haben. 5) Der Bach der östlich vom h. Berg in den Anio fliefst (S. 545) Fosso della Cecchina wird den pagus Ulmanus und p. Transulmanus Pelecianus getrennt haben, deren bei einem Slrafsenbau regione Fi- cu/ense Erwähnung geschieht. 6) Die via Nomentana') steigt vom

1) Liv. III 52.

2) Beide Formen sind gleich gut bezeugt CIL, XIV p. 447. Martial VI 27,2 braucht den Plural veteres Ficelias vielleicht eben deshalb, weil er beide Ort- schaften kannte.

3) Liv, I 38 Dion. H. I 16 III 51 Martial VI 27,2. Die Nähe von Nomentum folgt daraus, dafs das Gut des Atticus bald Ficulense Cic. ad Att. XII 34,1, bald Nomentanum genannt wird Nepos Att. 14,3, sowie dafs beide Gemeinden seit Innocenz I kirchlich vereinigt sind Holste zu Cluver 660,35.

4) Varro LL. VI 18.

5) Plin. III 64. 107 an letzter Stelle irrig von den Sabinern unter die Samniten geraten, Feldm. 256.

6) CIL. XIV 4012. 7) Strab. V 228 Tab. Peut. CIL XIV 3955.

§ 4. Das Anioland. 609

Anio ab (S. 545) etwa 100 m und langt zwischen dem 14. und 15. Meilenstein bei Nomentum an, das mit geringer Veränderung in dem Dorf la Mentana Namen und Platz behauptet hat.i) Die Einen erklären es für eine Gründung Alba's und rechnen es zu den Latinern 2), die andern zu den Sabinern.^) Jedoch gebort es dem launischen Bunde an, hat 33S dessen Los getheilt und minderes Bürgerrecht erhalten.^) Später heifst es Municipium mit einem Dictator an der Spitze. In seinem Gebiet wurde ein ertragreicher Weinbau betrieben 5); manche in der Lilteratur bekannte Männer haben sich darin mit Erfolg versucht.^) Es umschliefst die 3 Mil- ben von der Stadt nalie Eretum gelegenen aquae Labanae, eine kalte Schwefelquelle jetzt ßagni di Grotta Marozza (146 m).'')

Aus der Breite des Ponte Mammolo (S. 545) verglichen mit den Brücken der Via Valeria ersieht man dafs die alte Strafse nach Tibur nur 4,85 m, ihre Fortsetzung (S. 435) dagegen 7,25 m mafs. Von Ponte Mammolo aufwärts zu beiden Seiten des Anio erstrecken sich die lapidicinae Rubrae Tuffsteinbrücbe, von deren Ausbeutung die sog. Cervara Grotten Zeugnifs geben. 5) Der Tuff wurde nach Rom verschifft, ebenso wie der nach Tibur benannte Travertin der sich vom 13. Meilenstein aufwärts in mächtigen Lagern vorfindet (I 263. 314). Die Kalkniederschläge haben all- mälich ein Seebecken ausgefüllt, das einst die Niederung bis an den Fufs des Stadthügels von Tibur einnahm. Reste des Sees sind der jetzt verschwundene Lage de' Tartari und nordwärts in der Richtung auf Monticelli drei Teiche von bedeutender Tiefe (bis 50 m) aber geringem Umfang: der grüfsle hat 150 m Durchmesser und heifst Lago delle Isole Natanti von jener übrigens hier bei den Allen nicht erwähnten Erscheinung schwimmender Inseln die früher (S. 342) besprochen wurde. Er wird ebenso wie der kleinste

1) Nibby 11-409 CIL. XIV p. 440 Not. d. Scavi 1901 p. 205.

2) Liv. I 38 Dion. H. II 53 III 50 Verg. Aen. VI 773 Ptol. lll 1,54.

3) Strab. V 228 (S. 464) Verg. Aen. VII 712 Plin. III 107 Feldm. 257.

4) Dion. II. V 61 Liv. IV 22. 32 VllI 14.

5) Golum. 111 2. 3 Plin. XIV 23. 48 fg. Martial II 38 X 48,19 XIII 119 Athen. 1 27^.

6) Atlicus Nep. 14, Remmius und Seneca Plin. XIV 49 fg. Seneca Ep, 104,1 110,1, vor allen Martial und seine Freunde VI 43 VII 93 X 44.94 XII 57 XIII 42 u. a.

7) Strab. V 238 Nibby IP 143.

8) Vitruv II 7,1 Strab. V 238.

Nissen, Ital. Landeskunde. IL 39

610 Kapitel X. Latium.

(Lago delle Colonnelle) von SchwefeU|uellen, der mittlere (Lago di San Giovanni) von einem Sauerbrunnen gespeist. Die Teiche sind in den letzten Jahrhunderten durch den Ralkansatz bedeutend ein- geschrumpft; da Strabo von vielen Quellen spricht, haben wol im Altertum noch andere jetzt verschwundene bestanden. Sie wurden als aq\iac Alhulae zusammengefafst Oi ein 1549 erneuerter Canal von 2 Millien Länge führt das Wasser in den Anio und hält die Ebene trocken, er hiefs Albvla.'^) Die Bezeichnung rührt von der weifslichen Farbe des Schwefelwassers her. 3) Die älteste Strafse mied die überschwemmte Ebene und umging sie im Norden. Nach der Anlage jenes Canals wurde der Weg verkürzt. Die Reisekarte rechnet bis zum Bade 16, das Reisebuch bis Tibur 20 Milben. 4) Die kalten Schwefelquellen (25*^ C) wurden zum Baden und Trinken namentlich gegen Wundschäden verwandt; von ihrer Schätzung zeugen die Schriftsteller und die Ruinen. Neuerdings ist das Bad wieder in Betrieb genommen worden.

Bei seinem Austritt aus dem Gebirg in die Ebene beschreibt der Anio einen nach Süd gerichteten Bogen um den mons CatiUns oder Catellns M. Catillo (348 m)5), darauf nach der entgegengesetzten Seite einen zweiten um den Ausläufer des M. Ripoli. Der Höhen- unterschied auf einer Strecke von 2 km beträgt 186 m (1 314) und kann nur durch Absturz der Wassermassen überwunden werden."^) Der Hauptfall war im Altertum wie jetzt an der Ostseite Tiburs, überragt von der Arx deren Stelle zwei zierliche Tempel anzeigen : domus AUmneae resotiantis et praeceps Anio ac Tiburni hicns et uda mobilibus pomaria rivis.

Die Schönheit des Bildes ist geblieben, die einzelnen Umrisse haben sich verändert. Der Flufs setzt unablässig Sinter ab und arbeitet ebenso unermüdlich an der Zerstörung des eigenen Werks. Er unterhöhlt den weichen Felsen, bringt ihn zum Einsturz, ver-

1) Slrab. V 238 Pausan. IV 35,10 Plin. XXXI 10 Galen X 536 XI 393K. Suet. Aug. 82 Ner. 31 Slat. Silv. I 3,75 Tab. Peuf. CIL. XIV p. 435.

2) Vilruv VIII 3,2 Martial 1 12,2.

3) Serv. V. Aen. VII 83 vgl. die I 312 A. 2 angeführten Stellen.

4) lt. Ant. 309, Artemidor bei Steph. Byz. 147 Stadien? Prokop b. Goth. II 4 140 Stadien = 20 Millien.

5) Serv. V. Aen. VII 672.

6) Horaz Od. I 7,12 Strab. V 238 Dion. H. V 37 Properz IV 15,4 Stat. Silv. I 3,73 5,25 ; nach älterer Bezeichnung tullii Tiburtes Fest. 352 M. Plin. XVII 120.

§ 4. Das Anioland. 611

Stopft sein Bette und dringt verheerend in die Stadt. Die Ueber- schwemmung von 1826 die den Anlafs zum Durchstich des iM. Catillo und der jetzigen Regelung des Abflusses gab, erinnert an das Un- heil das der Anio unter Traian anrichtete, i) Der Hauptfall ist, wie überall zu geschehen pflegt, seit dem Altertum rückwärts ge- wandert. Spuren eines alten Wehrs das dem Nagen des Wassers Ein- halt thun sollte, sind weiter unterhalb noch kenntlich: der Fluls hat sein neckisches Spiel fortgetrieben, das Wehr und die beiden Brücken die zur Römerzeit von der Stadt auf das rechte Ufer hin- überführten, weggespült. Die Nachtheile der Lage wurden freilich durch die Vortheile übertroffen. Die Oertlichkeit an der Mündung einer ausgedehnten Thalschaft lud zur städtischen Ansiedlung ein und gewährte Sicherheit gegen feindlichen Angriff. Tibur Tivoli ist an drei Seiten durch den tief gebetteten Strom, an der vierten nach der Ebene durch den steilen Abhang des Stadthügels geschützt.^) Der Umfang der Mauer wird von Nibby auf 21/2 km, die Zahl der Thore auf 5 bestimmt. 3) Für das hohe Alter der Gründung spricht der Umstand dals das Rum zugewandte Thor (Porta del Colle) porla Esquilina hiefs und damit an eine Zeit erinnerte wo Esquiliae als Stadtname diente, vermuthch auch ein besonderes Gemeinwesen darstellte (S. 495), jedenfalls aber noch nicht in einem Gesamtnamen Rom einbegriflen war. *) Uebereinstimmend läfst die Geschicht- schreibung Tibur mehrere Jahrhunderte vor Rom erbaut sein. Nach dem jüngsten Ansatz ward es von Alba longa gestiftet.^) Ein Gelehrter fand in der Bezeichnung eines Stadttheils das Andenken der Sikeler fortleben, die einst vor den Aboriginern hatten weichen müssen. 6) Gemeinighch jedoch leitete man seit Cato das Geschlecht der Gründer aus Griechenland her und gab heimische Götter als Söhne oder Enkel des Königs Amphiaraos aus. '') Dem Tiburnus

1) Beschrieben von Plin. Ep. VIII 17.

2) Volksname Tiburs, jünger Tiburtinus. Den Griechen macht die Stadt viel Not: TißvQ Tißvqov Tißv^öv TißvQis Tißv^a Tlßovqa kommen vor CIL. XIV p. 365.

3) Nibby IIP 162—229.

4) CIL. XIV 3679a; Frontin aq. 6 erwähnt aufserdem eine forta Barana (Varianal) vor der die Leitung Anio vetus entspringt.

5) Diodor VII 3 a.

6) Dien. H. I 16 Solin. 2,8.

7) Solin 2,8 Verg. Aen. VII 670 dazu Serv. Hör, Od. I 18,2 II 6,5 Ovid Amor. lil 6,46 Fast. IV 72 Plin. XVI 237 Artemidor bei Steph. Byz.

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612 Kapitel X. Latium.

oder Tibiirlus nach dem die Stadt benannt sein sollte, war ein Hain geweiht i) ; der zweite Bruder Catillus kehrt als der Tibiir im Otiten überragende Berg wieder; auch der drille Coras wird der nächsten Umgebung entlehnt sein. Bei Vergil heifst Tibur super- bum'^): das Beiwort entspricht der Ausdehnung seines Gebiets und dem Selbstbewufslsein seiner geschichtlichen Haltung. Es nahm an dem engeren wie an dem weiteren Latiuerbund Theil (S. 558). Die Ueberlieferung seiner Kämpfe mit Volskern und anderen Völkern ist verschollen. 3) Gegen Bom machte es mit den Galhern 361 V. Chr., mit den Latinern 338 gemeinsame Sache: nach den Fasten wurden 360. 354. 338 Triumphe über die Tiburter gefeiert.^) Alle Schläge und Landverlusle hatten ihren Unabhängigkeitssinn nicht erstickt, der wie eine merkwürdige Urkunde lehrt, durch die Nachbarschaft der kräftigen Bergstämme genährt, noch im 2. Jahr- hundert fortglomm. •■>) Indessen gewann die von der Weltstadt ausgehende Anziehung das Ueberge wicht. Ausgleichend wirkte das Exilrecht von dem die V^erbannlen der Nähe wegen ausgiebigen Gebrauch gemacht zu haben scheinen 6), Römer erwerben in Tibur Grundbesitz 'j, einzelne Geschlechter von dort finden Aufnahme unter den römischen Adel.^) Der Ausgleich kam 90 v. Chr. durch Ver- leihung des Bürgerrechts in der Tribus Camilia zum Abschlufs. 9) In der nachfolgenden Friedenszeit entwickelte sich Tibur als Villenstadt und Nebenbuhlerin von Tusculum. i^j Der höheren Er- hebung gemäfs ist der Wasserreichtum gröfser, die Luft kühler, die Landschaft gewaltiger, ii) Doch gebricht es nicht an stilleren Reizen. Die hohen Cypressen dergleichen den Besucher der Villa d'Este fesseln, haben auch das Auge der Allen entzückt. ^2) Das graue

1) Horaz Od. I 7,13 Sueton rel. p. 47 Reiff. Plin. XVI 237 Stepli, Byz.

2) Verg. Aen. Vll 630 dazu Serv. Symmach. Ep. VII 15.

3) Serv. V. Aen. VIII 285 Fest. 321 M.

4) Liv. VII 9. 11. 12. 18. 19 VIII 12—14.

5) CIL. XIV 3584.

6) Pol. VI 14,8 Liv. ill 58 IX 30 XLIII 2 Ovid ex Ponto I 3,82 Fast. VI 665.

7) Cic. de Or. 11224. 263. 276 pro Cluent. 141 Phih V 19.

8) Cic. pro ßalb. 53.

9) Appian b. civ. I 65 Dessau a. 0. p. 366.

10) Seneca de Benef. IV 12,3.

11) Tibur udum Her. Od. III 29,6 IV 2,30 Ov. Fast. IV 71 frigidum Symm. Ep. VII 31 glaciale Stat. Silv. 13,1 vgl. Martial Vll 13 Prop. V 7,82 Sil. It. XII 229.

12) Symmach. Ep. VII 31.

§ 4. Das Anioland. 613

Olivenkleifl aber das jetzt die Hügel umhüllt, liat ein buntes Laub- dach verdrängt. Wein- und Obstgärten bedeckten ehemals die Flur, die Feige hatte besonderen Ruf, pomosa arva lautet ein ständiges Beiwort, i) Aus dem vvechselvoUen Grün leuchteten die weifsen Landhäuser hervor die nicht an Zahl, dafür an Pracht die tuscu- lanischen überboten. Der Weltstreit zwischen Republik und Monar- chie hat sich hier gewisser Mafsen wiederholt. Caesar und seine Nachfolger Antonius Augustus Germanicus brachten Tibur in die Mode.2) Schliefslich hat Hadrian auf dem linken Flufsufer in der Ebene während seiner letzten Lebensjahre jene V'illa geschaffen, deren Trümmer eine Fläche von 70 ha einnehmen (I 459) und die reichste Ausbeute an Kunstwerken lieferten : er liefs damit die Schlösser der Vorgänger ebenso weit hinler sich wie mit seinem Mausoleum deren Pyramiden. Unweit der Villa hat die Königin Zenobia gehaust. 3) Seinen Weltruf jedoch verdankt Tivoli keinem Kaiser oder König, sondern den Dichtern die von Catull bis Statins die Schönheit der Gegend gepriesen haben, in erster Linie dem Horaz. 4) Im Hinblick auf Tusculum darf man wol sagen, dafs das Lied weiter reicht als die Rede, dafs der Sänger der mächtigste Mann auf Erden ist. Ungleich kräftiger als am Albaner Gebirg erhält sich das städtische Leben in Tibur. Neben den Erzeugnissen des Bodens gelangen auch Töpferwaaren auf den Markt. ^) Die Verwaltung mit Senat Quattuorvirn Quaestoren mehreren Beamten für Wasserbau ist reich gegliedert. 6) Noch reicher die Priester- schaft mit Pontifices Augurn Saliern einem Flamen Dialis und Vestalen. An der Spitze der Götlerschar steht Hercules mit dem Beinamen Victor, nach dem Tibur häufig die Herculesstadt heifst. ^ Seinem Dienst war das Collegium der Salier geweiht: es gab ein

1) Colum. X 138 Plin. XIV 38 XV 70 Hör. Od. I 7,14 18,2 IV 3,10 Sat. II 4,70 Prop. V 7,81 Athen. I 26e Galen XIV 15 K. Sil. It. IV 225 Marlial IX 60.

2) Gic. in Salust. 19 Phil. V 19 VI 10 XIII 19 ad Alt. XVI 3,1 Suet. Aug. 72. 82 Cal. 8 Claud. 34.

3) Vita Hadr. 23. 26 tyr. trig. 30,27. Winnefeld, Die Villa des Hadrian bei Tivoli, Ergänzungsheft HI der Jahrb. d. arch. Inst., Berlin 1895.

4) GatuU 44 Prop. IV 15 V 7,81 Stat. Silv. I 3 Suet, rel. p. 47 Reiff.

5) Seneca Ep. 119,3.

6) Dessau a. 0. p, 367, ebd. ein Verzeichnifs der Zünfte, vgl, Dig. XXXII 1, 35, 3.

7) Suet. Gal. 8 Prop. III 30,5 Martial I 12,1 IV 62 VH 13 Sil. It. IV 224 Stat. Silv. III 1,183 Symm. Ep. VH 19.

614 Kapitel X. Latium.

eigenes Buch darüber, i) Ein Orakel schlofs sich an.-) Der Tempel gehorte zu den grüfsten und reichsten in Latium, enthielt eine gut ausgestattete Bibliothek, bot für Gerichtsverhandlungen Raum. 3) Zu beiderseitigem Nutzen wurde die Verehrung des Kaisers mit der- jenigen des Hercules verschmolzen.'*) Die Lage des ausgedehnten Heiligtums ist bestritten : man sucht es in der sog. Villa des Mae- cenas vor dem Thor oder bei dem Dom. Eher dürfte an das Burgviertel im Nordosten zu denken sein (S. 610); denn hier hauste Albunea die tiburtinische Sibylla, die füglich nicht von der Orakel- stätte getrennt werden darf. ^) Mancherlei Ueberreste von Thermen Villen Brücken sind erhalten. Auf dem Ponte dell'Acquoria über- schreitet die alte von den Schwefelseen kommende, auf dem Ponte Lucano wo das Grabmal der Plautier liegt, die jüngere Via Tibur- tina den Anio. Beide münden durch die Porta del Colle oder Romana in die Stadt: noch um 350 n. Chr. ist auf Staatskosten der Zugang bequemer gemacht worden. ^) In den Gothenkriegen hat Tibur seine Festigkeit bewiesen, in die Kämpfe des Mittelalters machtvoll eingegriffen. 7)

Das Gebiet Tiburs hatte einen bedeutenden Umfang, befafste den grofseren Theil des Aniothals von Ponte Mammolo bis Subiaco d. h. in weitester Ausdehnung eine Strecke von 40 Millien. Im Einzelnen lassen sich die Grenzen nicht genau feststellen, haben auch nachweisbar geschwankt. Etwa 5 km in der Luftlinie von der Stadt nach Süden lag Aefula, dem Anschein nach eine der ver- schollenen albanischen Gemeinden (S.556, 2). Die Burg wurde 211 v. Chr. zur Beobachtung der Via Latina besetzt und fiel bei einem Ausblick vom Es(iuilin in das Gesichtsfeld zwischen Tibur und Tusculum. s) Ein Bauunternehmer stellte 88 n. Chr. die Leitung der Aqua Claudia unter dem mons Aeflmius her und erneuerte zum Dank für die Hülfe der Bona Dea ihren verfallenen Tempel. ^) Die hervor-

1) Macrob. Sat. III 12,7 Seiv. V. Aen. Vlil 285.

2) Tibull II 5,69 (?) Stat. Silv. I 3,79.

3) Ap|)ian b. civ. V 24 Sliab. V 238 Suet. Aug. 72 Juvenal 14,90 Gell. N. A. XIX 5 (IX 14,3).

4) Dessau a. 0. p. 367. 68.

5) Laclanz Inst. I G Hör. Od. I 7,12 Verg. Aen. VII 83 vgl. Juvenal 14,87.

6) CIL. XIV 3582. 83.

7) Prokop b. Golh. 11 4 III 11. 24.

8) Liv. XXVI 9 XXXll 29 Hör. Od. III 29,6.

9) CIL. XIV 3530.

§ 4. Das Anioland. 61B

gehobenen Merkmale treffen sämtlich auf den M. S. Angelo in Arcese, einen Ausläufer des M. Ripoli, zu. Die Höhe (598 m) ist weithin sichtbar i), bewahrt noch Reste von Befestigungen und dem Unterbau eines Tempels; der Stollen der Aqua Claudia von dem die Bauinschrift spricht, mifst 4950 m.^) Die Gemeinde hatte ihre Selbständigkeit längst eiugebülst und war zu Tibur gezogen worden. 3} Die Annalen erwähnen dafs eine Reihe fester Plätze diesem angehörte, machen darunter Empulum und Sassula aus- drücklich namhaft: jenes ward 355, dieses 354 v. Chr. von den Romern eingenommen. 4) Ihre Lage ist unbekannt. Empulum wird 5 Millien von TivoH im Thal von Ampiglione unterhalb Castel Madama gesucht 5); Sassula 2 Millien weiter nach CiciUano zu. ß) Dafs die bezeichnete Gegend tiburtinisch war, scheint gewifs. '') Dagegen finden sich bei Ciciliano 8 Mühen von Tivoli Mauern polygonaler Bauart die einem selbständigen Gemeinwesen zuzuschreiben sind. Die Inschriften lehren uns die Verfassung, leider nicht den Namen kennen. ^)

Von Tibur ab läuft die Via Valeria auf dem rechten Ufer des Anio und erreicht nach 8 Millien Varia, wie der heutige Name Vicovaro andeutet, einen Vicus der Tiburter. 9) Er war befestigt und bestand aus einem oberen und unteren Dorf, zwischen denen die Strafse hindurch fühlte. lO) Nach Varia pflegten die Hausväter der fünf Feuerstellen die zum Gut des Horaz gehörten, zu Markt und zur Versammlung der Bauerschaft zu geben. 'i) Das Gut war von den Grenzen der tiburtinischen Feldmark umschlossen i-), wird aber vom Dichter sabinisch genannt. ^3) jjan ersieht daraus dafs Augustus

1) Nibby 12 26.

2) Lauciani, Rom. Mitth. 1891 p. 153. Ders. Fronlin p. 352.

3) Dessau p. 364.

4) Liv. VII 18. 19.

5) Nibby II ^ 5.

6) Nibby IIP 62.

7) CIL. XIV p. 362.

8) Nibby 111 ^^ 97 CIL. XIV p. 360 Trebula SuflFenas vermutet Dessau: mit Unrecht s. S. 475.

9) Strab. V 238 verschrieben Olaleqia für Oiaqia Tab. Peut. Cluver 783 CIL. XIV p. 357.

10) Nibby IIP 478.

11) Hör. Ep. I 14,3.

12) Sueton. rel. 47 Reiß.

13) Hör. Od. I 20,1 22,9 H 18,14 III 1,47 4,22 Sat. II 7,118.

616 Kapitel X. Latium.

volkstümlichen Auscliauungen folgte, als er Tibur deü Sabinern und der vierten Region zutheilte. i) 2 Millien hinler Varia mündet ein kühler Bach Digentia Licenza, der nur 15 km lang dennoch gelegentlich die anslofsenden Wiegen versandet 2): addü opus pigro rivns, si decidit imher, miilta mole docendus aprico parcere pralo. Das Thal streicht von Süd nach Nord, veird von 6 700 m hohen Bergen im Osten eingefafst, während nach Westen die Fort- setzungen des M. Gennaro 1000 m übersteigen. 3) Am Eingang nimmt Cantahipo oder Bardella die östliche Hübe (487 m) ein, das Dorf hat neuerdings den alten Namen Mandela wieder angenommen. Da der rugosus frigore pagus sein Wasser aus dem Bach holte, wird man versucht ihn mehr in die Tiefe zu rücken: die Lage in dieser Umgebung ist inschriftlich gesichert. 4) Nach 3 km schnüren die Berge das Thal ein und trennen es in eine untere und obere Hälfte. Jenseit der Enge an der Westseite thront das Dörfchen Rocca Giovine auf steilem Felsen. Eine hier befindliche Inschrift meldet dafs Kaiser Vespasian den verfallenen Tempel der Victoria hergestellt habe. '^) Da die sabinische Göttin Vacnna von Varro als Victoria erklärt wird, hat Holste mit hoher Wahrscheinlichkeit die In- schrift auf das famim putre Vacunae hinter dem Horaz die Epistel an Aristius abfafste, bezogen. 6) In der That ist der Kreis innerhalb dessen das vom Dichter verherrlichte Sabinum gesucht werden darf, ziemhch eng umschrieben : es lag im oberen Thal der Digentia an der Westseite. P. Rosa bestimmt den Ort genauer 1 km Nordwest von Rocca Giovine bei der Madonna delle Gase, Andere anderswo. ") Mehrere Quellen erheben Anspruch auf den Namen Bandusia. ^) Welche Berglehne unter Ustica zu verstehen sei, ist schwer zu sagen. 9) Ob Lucretilis einen einzelnen Berg oder eine ganze Gruppe bedeute, ist ungewifs: wir haben uns für letzteres entschieden und die her-

1) Plin. III 107.

2) Hör. Ep. I 14,29 16,12 18,104 Nibby IIP 719.

3) Hör. Ep. I 16,5.

4) Hör. Ep. I 18,105 CIL. XIV 3482.

5) CIL. XIV 3485.

6) Hör. Ep. 1 10,49 mit Schol. Holste zu It. ant. 676,43 Preller Myth. F 408.

7) Bull, deir Inst. 1857 p. 30. 105. 151.

8) Hör. Od. HI 13 vgl. Kap. XIII 5.

9) Hör. Od. I 17,11 mit Scbol.

§ 4. Das Anioland. 617

kömmliche üeberlragung des Namens auf die im M. Gennaro gipfelnde Gruppe beibehalten, weil solcher Sprachgebrauch bei den Römern sehr verbreitet ist. i) Auf die Einzelheiten kommt nicht allzu viel an : der Gesamteindruck den das schöne Bergthal erweckt, stimmt mit den Schilderungen bei Horaz völlig überein.

Die Station ad Lamnas Hegt 33 Millien von Rom, 13 von Tibur bei der heutigen Osteria della Ferrata2): hier verliifst die alle Via Valeria den Anio um landeinwärts nach 9 Millien Carsioli zu erreichen (S. 460). Die bisherige Richtung wird fortgesetzt durch die von Kaiser Nero gebaute via Sublacensis. 3) Nach 3 Millien wo links der Rio freddo herab kommt, erweitert sich das Thal: hier geht die neue fahrbare Strafse nach Carsioli ab, an der die Quellen der Aqua Marcia bei der Kirche S. Maria di Arsoli entspringen.^) Am 38. Meilenstein der Sublacensis wird die Aqua Claudia gefafst. ^) Das den oberen Anio und Turano trennende Gebirge steigt im M. Autore bis zu 1853 m und engt das Thal ein. Am 42. Meilen- stein wird die Anio novus benannte Leitung dem Flufs entnommen 6); am 45. an der Stelle des heutigen Subiaco (408 m) lag die kaiser- liche Villa die den Bau der Strafse veranlafst hatte. Beide Oert- lichkeiten fielen innerhalb des Simbrtiinus ager der nach einem ver- schollenen Gau so geheifsen haben wird. ') In der Kaiserzeit war er der Gemarkung von Tibur einverleibt, gehörte aber ehedem zu den Aequern. §) Genau lassen sich die Grenzen die dies Volk während seiner gröfsten Machtentfaltung im fünften Jahrhundert inne gehabt hat, nicht bestimmen. Aber man erkennt dafs es einen zusammenhängenden Strich vom Fucinus bis zum Albaner Gebirg behauptete (I 515). An Tibur scheint das obere Aniothal spät, vielleicht erst durch Augustus gekommen zu sein. Einen flüchtigen Glanz brachte Nero's Regierung in die Wildnifs. Wie das Goldene Haus und der Umbau Roms gegen die herrschende Anschauung verstiefs, wird es auch die Zeitgenossen hochhebst befremdet haben

1) Hör. Od. I 17,1 Fest. 119 M.

2) Tab. Peut. Nibby 11 2 36.

3) Frontin de aq. 7. 14. 15. 93 Tab. Peut. verwirrt.

4) Frontin 7.

5) Frontin 14.

6) Frontin 15.

7) Tac. Ann. XI 13 XIV 22 Frontin 15 Sil. It. VUI 369.

8) Tac. Ann. XIV 22 Sil. It. VIII 369.

618 Kapitel X. Latium.

als der Fürst bald nach seiner TlnoDbesteigung eine riesenhafte Villenanlage in diesem engen von steilen Felsen überragten Winkel schuf. Siiblaqueum hiefs sie, weil der Flufs oberhalb durch Stau- werke in drei auf einander folgende Becken umgewandelt worden war.i) Die Augenweide die diese Wasserkunst bot, ist im Altertum berühmt gewesen ; doch wird die Villa seit Nero 's Sturz nicht wieder als Residenz erwähnt. Die Ufer der Seen waren zur Wildnifs zu- rück gekehrt, als S. Benedict aus Nursia (S. 468) 494 hierhin vor der Welt flüchtete. Der Anio hat die Sleindämme nach einander, den letzten 1305 fortgespült. Die unscheinbaren Reste der kaiser- lichen Bauten bleiben unbeachtet, das Andenken des Stifters, des Ordens und seiner Grofsthaten hat die Stätte geweiht. 2)

Von Tivoli bis Subiaco hat der Anio 117 m Fall, von da ab nimmt die Neigung zu. 12 Milben von Subiaco 8 Milben unterhalb der Quellen liegt Treba Augusta in der ersten Region. 3) Es war Bischofsitz der erst 1015 nach Anagni übertragen ward. Uns ver- anschaulicht der Ort wie die Adulation in der Einsamkeit des Ge- birges sich nicht minder einnistet als im Gewühl des Flachlands. Nach Ausweis der Inschriften haben die Trebaner ihre Beziehungen zum Kaiserbaus eifrig gepflegt, sogar ihre Stadträte decuriones Com- modtani benannt. Ob sie ursprünglich Aequer waren, vielleicht durch Augustus Stadtrechl erhielten, läfst sich lediglich erraten. Die Ueberreste im heutigen Trevi sind unbedeutend. 5 Millien süd- lich von Subiaco liegt die Bergstadt Aßlae (684 m) die gleichfalls der ersten Region zugewiesen und vermutlich ehedem aequiscb war. 4} Sie halte eigene Verwaltung. Dafs das Dorf Affile mit dem Namen zugleich den Platz bewahrt hat, lehren die Fundstücke. '^) Ferner sind in Civitclla ^>) oder wie es neuerdings umgetauft ward, Bellegra (815 m), sowie in Olevano (571 m)'') Reste der Befestigung erbalten, die aus unbehauenen Steinen errichtet in jene Vorzeit hinauf weisen, wo Aequer Ilerniker Latiner hier mit einander rangen. Die Namen

1) Plin. III 109 Tac. Ann. XIV 22 Frontin 93 Tab. Peut. CIL. XIV p. 354.

2) iNIbby 1112 120.

3) Plin. III 64. 109 Fiontin de aq. 93 Plol. III 1,54 Tab. Peut. CIL. XIV p. 353.

4) Die Endung unsicher: Plin. 111 63 verderbt, Feldm. 230 /ifile CIL. XIV p. 351.

5) Nibby P 37.

6) CIL. XIV 3437 Nibby P 466.

7) CIL. XIV 3438 fg. Nibby IP 421.

§ 4. Das Anioland. 619

der Burgen sind nicht überliefert; ebenso wenig läfst sich sagen wie weit die Herrschaft Praeneste's in den Bergen reichte.

Mit dem Verfall von Gabii (S. 603) wird die Bezeichnung via Praenestina für die ganze 23 Millien lange Strafse von Rom bis Praeneste übhch.i) Mit der Annäherung an das Gebirge hinter Gabii steigt sie und überschreitet nach einander 5 nach Nordwest dem Anio zufliefsende Bäche. In diesem zwischen Algidus und Appenoin einer- Tibur und Praeneste anderseits beündlichen Land- strich sind mehrere Ortschaften zu suchen, die ihre Unabhängigkeit an die beiden Städte eingebüfst hatten, in der Folge aber an Rom abgetreten werden mufsten. Unter ihnen hat Scaptia der 332 er- richteten tribus Scaptia den Namen verliehen. 2) Die Gemeinde nahm an dem latinischen Bunde von 499 Theil, wird aber in der Geschichte nirgends erwähnt und gilt als verschollen. 3) Seit Cluver versetzt man sie nach Passerano Ost von Gabii, wo die Spuren auf einen alten Ort hinweisen: doch fehlt jeglicher Anhalt für die Benennung.*) Sicherer ist Pedum in Gallicano an der praenestinischen Strafse 19 Millien von Rom untergebracht worden. ä) Die Lage war durch zwei Wasserläufe gedeckt und entspricht den strategischen Be- dingungen welche die Kriegsgeschichte an den Ort stellt. Zuerst Glied des albanischen (S. 556,20), dann des latinischen Bundes wurde er 488 von Coriolan genommen der von hier auf Rom marschirte.6) 358 lagerten die Gallier bei Pedum und erlitten eine Niederlage.") In dem letzten Freiheitskampf 339 38 dessen Last auf den Schultern der Tiburter und Praenestiner ruhte, war mit der Zerstörung der Stadt die Kraft Latiums gebrochen.») Die Ge- meinde erhielt beschränktes Bürgerrecht, lOst sich aber in der Folge auf, so dafs ihr Andenken nur in der landschaftlichen Bezeichnung regio Pedana fortlelbt.9) Dem nämlichen Kreise gehört die alba-

1) Strab. V 238 It. Ant. 302 Tab. Peut. CIL. XIV 169.

2) Liv. VIII 17 Fest. 343 M. Suet. Aug. 40.

3) Dion. H. V 61 Plin. III 68 Sil. It. VIII 395.

4) Cluver It. Ant. 966 wurde durch die Conjectur des Ursinus getäuscht, der an der angeführten Stelle bei Festus die Pedaner in Scaptia wohnen läfst; Nibby lU^ 67.

5) Cluver 965 Nibby II ^ 551 Dessau p. 288 A. 6.

6) Liv. U 39 Dion. H. V 61 VIII 19. 26 Plut. Cor. 28.

7) Liv. VII 12. 8) Liv. VIII 12. 13. 14.

9) Hör. Ep. I 4,2 mit Schol. Cic. ad Att. IX 18,3; von Geographen allein Steph. Byz. IleSa ausonische Stadt.

620 Kapitel X, Latium.

nische (S. 556,6), später lalinische (S. 559 A. 1) Gemeinde Bola anJ) Sie stiefs an die Grenzen von Labici und wurde Jalirzehnte lanc von Apcjuern und Rümern umstritten. Die Stadt fiel angeblich 488 in Coriolans Hände 2), ward 411 den Aequern entrissen und von diesen 389 vorgeblicii belagert.^) Seitdem kommt sie nicht mehr vor und wird in den Kämpfen zu Grunde gegangen sein. Man suchte sie in Lugnano oder in Zagarolo: eher möchte an Cesareo ad Statuas eine Station der Labicana 3 Millien hinter Quintanae (S. 601) zu denken sein.-*)

Die Bodenschwelle welche diese Städte trug (I 238), trennt das Stromgebiet des Tiber von dem des Liris. Der Appennin der das vulkanische Land begrenzend eine nahezu südliche Richtung einge- halten hatte, biegt ostwärts um. Den Vorsprung an der Ecke nimmt Praeneste Palestrina ein.^) Für den römischen Beschauer ist das Beiwort hoch und die Deutung des Namens, als ob es vor den Bergen stehe, gerechtfertigt. "0 Die Spitze mit der Arx jetzt Castel S. Pietro mifst 752 m, der Boden vor der Stadt 415 m: wenn da- her Strabo die senkrechte Erhebung auf 2 Stadien angiebt, so trifft das zu.') In 5 Terrassen klettert die Stadt den Abhang hinan und ist durch Schenkelmauern mit der Burg verbunden. Obwol der umschlossene Raum nur 32 ha (Beloch) betragen soll, erreichen die einfassenden Mauern ungefähr eine Länge von 3 Millien 4 72 km. Nimmt man die Stützmauern der Terrassen innerhalb des Rings hinzu, so legte der Anblick in der That nahe die Stadt IloXvörecpavog die zinnenreiche zu benennen.*) Strabo vergleicht die beiden nach ihrer Lage und Geschichte verwandten Appenninstädte Tibur und Praeneste mit einander: jene sei fest, diese aber viel fester; die Burg werde durch einen Einschnitt von dem übrigen Gebirge ab- gesondert, der Boden sei von Gängen unterhöhlt die nicht nur der

1) Albanische Gründung Diod. VIF 3 a Verg. Aen. VI 775.

2) Dion. H. VIII 18 Plut. Cor. 28 Steph. Byz.

3) Diod. Xlll 42 XIV 117 Liv. IV 49 fg. VI 2.

4) Tab. Peut. CIL. XIV 2825 fg. Nibby IIF 115.

5) Neutrum, vereinzelt Veig. Aen. VIII 5(51 weiblich. Meistens rj ÜQai- vearoe, vereinzelt rb ü^aivearov nnd to ÜQuivtaxe.

6) Cato b. Serv. V. Aen. VII 682 Fest. 224 M. Plaut. Capt. 882.

7) Slrab. V 238, die Angabe beruht auf Schätzung, nicht auf Messung; denn sonst würde die Breite Plol. III 1,54 anders bestimmt sein (vgl. I 32).

8) Strab. a.O. ; Steph, Byz. überträgt durch Verwechslung das Beiwort auf Tibur; Plin. III 64 Suidas ^rsfdvfj.

§ 4. Das Anioland. 621

Wasserversorgu ug sondern auch für heimliche Ausfälle dienen. „Andere Stallte schätzen eine starke Wehr als kostbares Gut, den Praenestinern gereichte sie zum Verderben wegen der Un- ruhen in Rom. Denn die Umstürzler flüchten hierhin und wenn sie zur Uebergabe genötigt worden sind, trägt die Stadt den Schaden der Belagerung und büfst obendrein ihr Land ein, weil die Schuld den Unschuldigen in die Schuiie geschoben wird." Zahl- reiche Beispiele lassen sich für die Richtigkeit dieses Salzes bei- bringen. Schon 198 v. Chr. drohte Praeneste in die Hände der aufständischen Sklaven zu falleu.i) 82 wurde es von dem jüngeren Marius zum Hauptquartier erwählt uud sah die ganze Bürgerschaft, 5000 an der Zahl, unter Sulla's Beilen enden. 2) Am 1. November 63 versuchte Catilina einen Handstreich, den die Wachsamkeit des Consuls vereitelte. 3) 41 entging es noch eben dem Ungewitter das sich über Perusia entlud.-*) Gleiche Schicksale haben die Stadt in christlichen Zeiten verfolgt: um von geringeren Schlägen zu schweigen, wurde sie 1298 von Bonifaz VHI, 1437 von Eugen IV in Grund und Boden zerstört. Die Festigkeit liefert den einen Schlüssel zum Verständnifs der Geschichte Praeneste's, als zweiter kommt die geographische Lage hinzu. Von seiner Hohe aus übersieht der Bürger die Küste von Astura bis Caere, hat die Häfen von Antium und Ostia in gleichem Abstand von 45 km vor sich, sieht zur Rechten die weite vulkanische Ebene bis zum Ciminischen Wald ausgebreitet, zur Linken die Gebirge der Volsker und Herniker mit dem geräumigen Thalgrund der den Wanderer nach Süden lockt. Der Ausblick lehrt dafs diese Bastion des Appennin dazu bestimmt war eine Handels- und Hauptstadt der Umlande zu werden, aber auch am Schniltpunct zweier Kreise befindlich von der Anziehungs- kraft Latiums und Roms minder betrofl'en wurde als Aricia Tusculum oder Tibur. Die erhaltenen Mauern zeugen von der Zeit ihrer Ent- stehung, führen von Mörtel- Quader- gefugtem Polygonalbau schliefs- lich zur sog. kyklopischen Schichtung unbehauener Steine und da- mit zu fernen Jahrhunderten hinauf. Die einheimische Legende schrieb die Gründung dem Caeculus einem Sohne Vulcans zu.°)

1) Liv. XXXII 26.

2) Val. Max. IX 2,1 Lucan II 193 Plut. Sulla 32 Appian b. civ. I 94.

3) Cic. in Cat. I 8.

4) Appian b. civ. V 21 Dio XLVIII 10 Suet. Tib. 4.

5) Solin 2,9 Gato Or. II 22 Jord. Veig. Aen. YII 678 dazu Scrv.

622 Kapitel X. Latium.

Die Griechen leiteten sie von Praenestos dem Sohn des Latinns, Enkel des Odysseus und der Kirke her.i) Nach der jüngsten Fassung war sie eine Colonie Aiha's.2) Obwol in der Bundes- matrikel von 499 aufgeführt, hat Praeneste alsbald die latinische Sache verlassen. 3) Mit Aequern und Volskern die im 5. Jahr- hundert so schwer auf Latium drückten, hatte es ein Abkommen getroffen: wir hüren 462 von einer einzigen unbedeulenden Strei- ferei.**) 383 beginnt der Kampf gegen Rom der nach mancherlei Wechselfällen 338 mit der Unterwerfung abschliefst. ^) Auf die Periode der Unabhängigkeit folgt 338—90 die Periode der Bundes- genossenschaft. Die Stadt hatte Exilrccht^) und schickte ihre Co- horten unter eigenen Praetoren zum römischen Heer,'') Den er- littenen Gcbietsverhist mag sie schwer verschmerzt haben, vor der Landung des Königs Pyrrlios Hefs Rom einige Patrioten hinrichten. 8) Es zeugt für das Selbstgefühl der Praenestiner dafs die Vertheidiger von Casilinum 216 das ihnen zum Lohn für ihre Tapferkeit ange- botene römische Bürgerrecht ablehnten. 9) ,, Ruhmredig wie ein Praenestiner" heifst es bei Plautus.io) An altererbtem Wolstand und Bildung kam keine Landstadt Mittelitaliens dieser gleich.^*) Der Gartenbau war hoch entwickelt: aufser Wein^^) und Zwiebeln i3) wer- den unter seinen Erzeugnissen vor allem Nüsse i^) und Rosen i^) er- wähnt. Auf ähnlicher Stufe stand das Gewerbe i^), dessen Richtung durch Rosenoeli'') und Geschmeide i*) hinlänglich gekennzeichnet

1) Steph. Byz. Solin 2,9; von Telegonos PInt. Parall. 41.

2) Diodor VII 3a.

3) Dion. H. V 61 Liv. II 19.

4) Liv. 111 8.

5) Diod. XV 47 XVI 45 Liv. VI 21. 27-30 VIII 12—14 Flut. Cam. 37 Fest. 363 M. Plin. XXXIII 17.

6) Pol. VI 14,8 Liv. XLIII 2.

7) Liv. IX 16 XXIII 19.

8) Zonar. VIII 3. 9) Liv. XXIll 20.

10) Plaut, ßacch. 24 Liv. XLil 1.

11) Appian b. civ. I 94.

12) Athen. I 26f.

13) Plin. XIX 97.

14) Gate RR. 8 Plin. XV 90 XVII 96 Naevius bei Macrob. Sat. III 18,5 da- her nuculae Spitzname der Praenestiner Fest. 172 M.

15) Plin. XXI 16. 20 Martial IX 60,3.

16) CIL. XIV 2874—82.

17) Plin. Xlll 5. IS) Plin. XXXIII 61.

§ 4. Das Anioland. 623

wird: einem hiesigen Goldschmied danken wir eines der ältesten unter den vorhandenen Denkmälern lateinischer Sprache. i) Der süd- lich vor den Thoren bei der Landkirche S, Rocco belegene Fried- hof birgt in 5 m Tiefe und mehr die urkundlichen Beweise einer bedeutenden Vergangenheit.^) Ihm entstiegen Arbeiten aus Edel- metall und Elfenbein die orientalischen Werkstätten entstammend, etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. eingeführt sein mögen, weist doch eine Silberschale den Namen des phönizischen iMeisters auf. 3) Sehr zahlreich sind die Gegenstände aus Erz die sich über einen langen Zeitraum erstrecken, darunter Spiegel und die fast ausschliefslich hier vorkommenden sog. Cisten, deren Zeichnung von etruskischen griechischen latinischen Händen herrührt. 4) Die Gräber waren durch pinienförmige Denksteine mit den Namen des Todten bestimmt: die Form begegnet anderswo nirgends. Wenn man in Rom sich über die örthche Färbung des Praenestiuer Latein aufhielt ^j, so fällt dem gegenüber der Umstand dafs ein von hier gebürtiger Schauspieler die Stücke des Terenz auf die Bühne brachte 6), weniger ins Ge- wicht als die Verbreitung der Schrift die an 300 bisher bekannt gewordene Steine jenes Friedhofs bekunden. Die lebhafte Einfuhr griechischer Weine im 2. Jahrhundert lehren die in derselben Gegend gefundenen Stempel aus Rhodos kennen.') Umgekehrt kommen im Freihafen Delos die Namen praenestinischer Kaufleute ans Licht. ^ Den Uebermut des römischen Adels kosteten von allen Bundes- genossen zuerst die Praenestiner.^) Sie traten nach Erlangung des Bürgerrechts auf die demokratische Seite lO) und büfsten 82 mit der Vernichtung.il) Die alten Geschlechter der Anicier Magulnier Orce- vier Saufeier Vatronier erlöschen, SuUa's Veteranen Iheilen den Be-

1) CIL. XIV 4123 Goldspange mit der linksläufigen Inschrift Manios med fhe fhaked Numasioi = Manius me fecit Numerio.

2) CiL. XIV p. 328 f?.

3) Ann. dell' Inst. 1876 p. 197—294 1879 p. 5—23 Bull, dell' Inst. 1876 p. 117—131.

4) Ann. dell' Inst. 1866 p. 150—209 CIL. XIV p. 473.

5) Plaut. Irin. 609 Truc. 691 Luciiius bei Quint. I 5,56 Fest. 163. 357. 359 M.

6) Nach den Didascalien.

7) BulL deir Inst. 1865 p. 68. 72—78.

8) Dessau a. 0. p. 289.

9) Liv. XLII 1.

10) Appian b. civ. I 65.

11) Flor. II 9,27.

624 Kapitel X. Latium.

sitz ohne die Standhaftigkeit ihrer Vorgänger (S. 94) J) Die ver- änderte Sinnesart erhält in der Vorliebe für Gladiatoreukämpfe die bis ins 6. Jahrhundert n. Chr. fortdauern, den treffendsten Aus- druck.2) Auguslus und andere Kaiser wandten ihre Gunst Praeneste ZU.3) Es wird seiner kühlen Luft halber als Somnaeraufenthalt ge- wählt, ohne doch die Anziehung von Tibur oder Tusculum zu üben.*) In römischer Zeit entfaltet sich das städische Leben am Fufs des Hügels aufserhalb der Thore; man nimmt an, dafs der Raum der alten Festung grüfstentheils dem Bereich des Fortunatempels ein- verleibt worden wäre. 5) Die Fortuna Primigenia gehorte zu den angesehensten Gottheiten Latiums^); ein halbes Jahrtausend lang wurde ihr Rat von Consuln und Caesaren eingeholt.'') Das Heilig- tum ein Rundbau thronte oberhalb der Stadt: dafs aber diese von Sulla*») in eine gigantische Treppenanlage von 135 m senkrechter Höhe umgewandelt worden wäre, wird doch erst nach gründlicher Lokalforschung glaubhaft erscheinen können. 9) Was die Verfassung betrifft, so ist Praeneste seit Sulla Colonie und nur vorübergehend unter TiberiusMunicipium gewesen. lO) An den wissenschaftlichen Be- strebungen der Kaiserzeit hat es Antheil gehabt durch Verrius Flaccus dessen Kalender zur Hälfte gerettet ist, sowie durch Aelian.^^) Es hat durch alle Wechselfälle hindurch seinen Bestand behauptet, mit geringer Aenderung auch seinen Namen: die. Form Palestrina aus civüas Praenestina entstellt, begegnet schon 873.^^)

1) Cic. de leg. agr. II 78.

2) Cic. pro Plane. 63 ad Alt. Xil 2,2 CIL. XIV 3010 Bau eines Amphi- theaters, eh. 3014 Bau einer Gladiatorenschule, Tac. Ann. XV 46 Cassiod. Var. VI 15.

3) Suet. Aug. 72. 82 Gell. N. A. XVI 13 vita M. Ant. 21.

4) aeslivae deliciae Flor. I 5,7 frigidum Hör. Od. III 4,23 Ep. I 2,2 Prop. III 30,3 Stat. Silv. IV 4,15 Mart. IV 64,33 Juvenal 14,88 Plin. Ep. V 6,45 Sym- mach. Ep. I 5 111 50 VII 35 IX 83.

5) Nibby I12 475fg.

6) Strab. V 238 Cic. de Divin. II 85 Liv. XXIII 19 XLV 44 CIL. XIV p. 295 Preller Myth. IM 189.

7) Val. Max. I 3,2 Suet. Tib. 63 Domit. 15 vita Ale.\. Sev. 4.

8) Plin. XXXVI 189.

9) Bull, dell' lust. 1881 p. 248.

10) Dessau a. 0. p. 289.

11) Suet. rel. p. 113 Reiff. Suidas.

12) Prokop b. Goth. 1 18. 19. 22 haben die Handschriften nvXrjv Uevsar^ivap.

KAPITEL XI.

Neu Latiiim.

Das appenniniscbe Land das die beiden grofsen vom Tiber und Volturnus durchströmten Vulkangebiete scheidet, wird im vorliegen- den Abschnitt beschrieben. Die Eigenart des italischen Stamm- gebirges in parallelen Ketten zu streichen ist in der Mitte der Halbinsel am Schärfsten ausgeprägt (I 239). Der bezeichnete Theil weist drei über einander gelagerte Längenthäler auf die zur Auf- nahme besonderer staathcher Bildungen bestimmt waren: das pomptinische Küstenthal, das Thal des Trerus und das Thal des oberen Liris. Die beiden ersten hängen räumlich mit der Tiber- ebene zusammen und haben seit ältesten Zeiten die geschichtliche Anziehung die der gröfste Flufs und die gröfste Ebene der Halb- insel ausübte, auf ihre Geschicke wirken lassen. Aber der Liris fliefst nach Süden in den Golf von Gaeta, am Vorgebirge von Tarracina endigt der 150 km lange Küstenstrich den die Tiber- mündung beherrscht, eine neue klimatische Zone hebt an (I 379). Daher leitet das Mündungsgebiet des Liris den Uebergang nach Campanien ein. Wenn also die ganze Landschaft vierfach geghedert ist, haben auch vier Stämme sich in den Besitz getheilt: Latiner und Aurunker an der Küste, Herniker und Volsker im Gebirg. Von diesen entfalten die an letzter Stelle genannten in den An- fängen der römischen Repubhk die gröfste Macht und entreifsen den andern Stämmen ansehnUche Gebietstrecken. Auch Rom hat die Eroberungen die es seinen Königen verdankte, eingebüfst und ist erst durch die im Norden auf Kosten Etruriens errungene Er- weiterung der Herrschaft hinreichend erstarkt um den im Süden verlorenen Besitz zurück fordern zu können. Der Anschlufs Capua's folgte und das Bündnifs mit Samnium, die volskische Nation wurde im Lauf des 4. Jahrhunderts vernichtet (I 519). Ihr Land wird

Nissen, Ital. Laadeskande. II. 40

626 Kapitel XI. Neu Latium.

fortan von römischen Bürgern und lalinischen Bundesgenossen bewohnt und unter dem Namen Latium einbegriffen, weil Latein die allein gültige Amisprache ist (S. 553). >)

§ 1. Die Volsker Mark. Was jenseit der Albaner Berge liegt, ist den Blicken des Römers entzogen; von den albanischen Höhen aus umspannt das Auge Meer und Küste bis zu den Vorgebirgen von Circei und Tarracina. Die ganze früher (1 324) beschriebene Ebene ist vom Tiber ab nirgends von einer Naturgrenze durchschnitten, die Wahrschein- lichkeit spricht dafür dafs sie ursprünglich von ein und demselben Stamm bewohnt war. Die Ueberlieferung sieht die Sache ebenso an. Nach Cato war die Ebene in den Händen der Aboriginer die nach der Ankunft des Aeneas Latiner getauft wurden. ^j Die Städte Cora Pometia Salricum gelten als Colonien Alba's. 3) In Wirklich- keit gehören Cora und Pometia zu den Stiftern des engeren Bundes (S. 558), nehmen Cora Circei Corioli Norba Satricum Setia Velitrae an dem Latinerbund von 499 Theil. 4) Nach römischer Anschauung reicht das alte Latium bis Circei (S. 553), nach urkundlichem Zeug- nifs das römische Machtgebiet im J. 509 bis Tarracina. Livius läfst den letzten Tarquinier den Krieg gegen die Volsker eröffnen der sich durch mehr als zwei Jahrhunderte fortspinnen sollte. &) Mit dem Sturz des Königtums geben die Dämme nach die bis dahin die Bergslämme zurück gehalten hatten, ihre Scharen überschwemmen das flache Land, die Sage von Coriolan die den Feind 488 an der Grenze des alten Weichbildes 5 Millien von Rom lagern läfst, bezeichnet den höchsten Stand der Flut. Die Ebene südwärts vom Albaner Gebirg ist verloren; es gilt sie zurück zu erobern, mindes- tens den latinischen Namen vor weiteren Verlusten zu bewahren. Die Erzählung der langen Fehde gereicht dem Leser zum Verdrufs: er wundert sich mit Livius über die unerschöpfliche Wehrkraft von

1) Quellen: Strabo V 231—34. 37. 38 Plinius HI 57-59. 63. 64 Ptolc- maeos III 1, 5. 6. 54 CIL. X I p. 498—675 (Mommsen) Eph. ep. Vllf p. 146—63 (Ihm) Kaibel inscr. Gr. p. 236 38. Von der italienischen Generalstabskarte kommen in Betracht Bl. 150—52. 158—60. 170. 71.

2) Cato Or. I 4 (vgl. 5) Jordan agrum quem Folsci habuerunt campestris plerus Jboriginuin fuil.

3) Diodor VII 3a.

4) Dion. H. V 61.

5) Liv. 1 53, König Ancus üion. H. III 41 IV 49. 52.

§ 1. Die Volsker Mark. 627

Gegenden, die nachmals dem kaiserlichen Heer spärliche Rekruten lieferten und allein durch Sklavenhorden vor der Verödung geschützt wurden.^) Das Rätsel findet seine Lösung, wenn wir diese Kämpfe von den üebertreihungen ruhmrediger Annahsten loslösen und auf den bescheidenen Roden herabsetzen, den der Grenzstreit von Nach- barn in der Regel nicht überschreitet. Gröfseren Umfang nimmt er erst an wo es sich um das Schicksal einer Stadt handelt: der heutigen Skepsis gegenüber wird die Ueberlieferung vollkommen im Rechte sein, wenn sie diese Machtstützen mehrfach aus der einen in die andere Hand übergehen läfst.

Dies gilt auch von der Hauptstadt der Volsker AntiumS^) Sie ist mit dem Hafen von Ardea (13 MiJlien S. 579) und Ostia (30 MillienS) durch die Via Severiana, mit Rom (36 Milben) durch eine bei Ro- villae von der Appia abzweigende Strafse verbunden (S. 587). Die Küste die vom alten Ostia in schnurgerader Linie nach Südost streicht, biegt hier nach Ost um und beschreibt einen flachen Bogen der durch die Vorgebirge von Antium und Astura begrenzt wird : der Abstand beider, die Sehne des Rogens mifst 12 km. Die offene Bai ist zwar allen Tücken des Südwinds preisgegeben, aber in den Zeiten der Anfänge als man die Schiffe am Ende der Fahrt auf den Strand schleppte, boten diese Vorsprünge brauchbare Rheden und wurden Sitze einer seemännischen Revölkerung. Das antiatische Vorgebirge (14 m) das jetzt von den Trümmern eines ausgedehnten, vermutlich kaiserlichen Palastes bedeckt wird, trug den alten Hafen- ort. Rei Gelegenheit seiner Zerstörung durch den Consul des J. 469 erfahren wir dafs er Caeno hiefs.*) Die Rewohner lagen dem Seeraub eifrig ob, suchten noch unter römischer Herrschaft die griechischen Gewässer heim, so dafs sowol Alexander der Grofse als Demetrios der Städteeroberer in Rom Beschwerde erhoben. &) In geringer Entfernung vom Strand nördlich vom heutigen Anzio erstreckte sich auf dem 38 m hohen aus Sandstein bestehenden

1) Liv. VI 12 vgl. S. 102.

2) Elhnikon Antias Adj. Antianus Antiatinus Antiensis. Dafs der Name ursprünglich "-(rfv^eta oA^v^Avd'tov gelautet habe, behaupten Spätere beiSleph. Byz. (Philostr. Ap. Tyan. VIII 20 Prokop b. Goth. I 26) um ihn von ävd-o6 ableiten zu können.

3) Strabo V 232 rechnet 260 Stadien, also je nach der Reduction ent- weder weniger oder unbedeutend mehr.

4) Liv. II 63 Dion. H. IX 56.

5) Dion. H. VII 37 IX 56 Strab. V 232.

40*

628 Kapitel XI. Neu Latium.

Uferrantl die eigentliche Stadt lang hin. Nibby der den geringen Resten der alten Mauer nachgespürt hat, schätzt den Umfang auf 3 Millien, also ebenso grofs wie in Ardea (S. 38).i) Der beachtens- werten Ueberheferung welche die Gründung von Rom Ardea und Antium den Söhnen des Odysseus und der Kirke zuschreibt, wurde früher (S. 577) gedacht. An dem latinischen Ursprung kann nicht gezweifelt werden. Wenn Antium in den Annalen stets volskisch genannt wird, so hat eben hier ein ähnlicher Hergang statt ge- funden wie in den Griechenstädten des Südens, die samnitische Scharen in ihren Gemeindeverband aufnehmen mufsten. Dem rö- mischen König unterthänig, ist es um 500 v. Chr. an die Volsker gekommen. 2) Seitdem heifst Antium die reichste angesehenste wichtigste Stadt des Volkes 3), haben die Antiates Volsci ihre Schwerter oft mit den Römern gekreuzt.*) Das Verhältnifs zum Hinterlande, der Wettbewerb den Ostia und Antium als Ausfuhrhäfen einander machten, hat den Gang der Verwicklungen beeinflufst. Die Neben- buhlerin kam vorübergehend 467. 377 in römische Gewalt, dauernd 338 nach dem Aufstand der Latiner deren Niederlagen sie getheilt hatte.5) Die Kriegsschiffe, 6 an der Zahl, wurden ausgeliefert, ihre Schnäbel prangten an der Rednerbühne zu Rom, Antium erhielt eine Bürgercolonie, 317 eine entsprechende Verfassung und die gleiche Befreiung vom Kriegsdienst wie Ostia (S. 567). '^) Freilich sank der Verkehr ebenso herunter wie er dort stieg, die Rhede versandete immer mehr (l 325) , am Ausgang der Republik ist die Wandlung eingetreten die sich in der Gegenwart wiederholt.'') Als bevorzugte Sommerfrische am Meer läfst jedoch das alte Antium die Schöpfung unseres Jahrhunderts himmelweit hinter sich. Von Torre Caldara im Nordf^n bis Nettuno eine Strecke von 5 Millien ziehen sich am Strande in ununterbrochener Folge die Unterbauten

1) Nibby 1^ 181. Not. d. Scavi 1884 p. 240.

2) Pol. 11122,11 Dion. H. IV 49, es fehlt im Latinerbund 499.

3) Liv. II 63 1 VI 9 Dion. H. VI 3 VIII 1 IX 56 Plut. Gor. 22,1.

4) Liv. II 33 Vlll 13 Triumphalfasfen u. c. 408.

5) Liv. II 65 III 1. 4 VI 33 VIII 12—14 Dion. H. IX 58 X 21 Pol. III 24,16 Plin. XXXIV 20 Flor. I 5, 10.

6) Liv. Vm 14 IX 20 XXVll 38 XXXVJ 3 Plin. III 57 Feidm. 229 CIL. X 1 p. 660. Prodigien Liv. XXII 1 XXVIII 11 XXX 2 Plut. Fab. 2 Dio fr. 57,60. Später war Antium der Tribus Quirina zugetheilt.

7) Strab. V 232 Cic. ad Att. jl 1,1 6,2 IV 8a,l IX 9,4 XII 19,1 XV 12,1 Liv. XLIII 4.

§ 1. Die Volsker Mark. 629

von Villen hin, vornehmlich Stützmauern bestimmt den weichen Sandstein gegen die Brandung zu schützen. Derart ist Antium von der Verödung der das nachbarliche Ardea anheim fiel (S. 578), im Altertum verschont gebheben, hat trotz der im Bürgerkrieg erhtlenen Verluste 1) einen gewissen Wolstand gerettet. Seine Tempelschätze konnten sich mit denen von Lanuvium Nemi und Tibur messen. 2) Fortuna war die Hauptgötlin, in doppeller Gestalt als Kriegs- und Friedensgöttin verehrt, daher auch von Schwestern Fortunae ge- sprochen wird: sie gaben Orakel.3) Die Schriftsteller erwähnen lerner Aesculap-^); von einem Tempel des Neptun leitet man den Namen Nettuno her. Der neben diesem Ort mündende Bach Caca- mele wird als der Loracina angesehen, aus dem Antium 170 v, Chr. auf Staatskosten mit Wasser versorgt wurde.^) Eine neue Blüte brachte die Monarchie: von Augustus ab wurde dies ein Lieblings- aufenthalt des Hofes, Cahgula und Nero sind hier geborene); die Inschriften bestätigen das Hervortreten des kaiserlichen Gesindes im städtischen Leben."?) Nero siedelt eine Colonie Veteranen in seiner Geburtstadt an und beschenkt sie mit einem künstlichen Hafen, dessen Molen einen Flächenraum von etwa 60 ha schirmend um- gaben.«) Der Hafen wurde noch 537 gebraucht »), im Mittelalter aus Furcht vor den Saracenen verlassen und bei der Anlage des jetzigen Hafens unter Innocenz XU. zerstört.

"Das Gebiet von Antium grenzte an der Küste an die Gebiete von Ardea und Circei, mag somit über 25 Millien oder mehr sich erstreckt haben. Ausdrücklich wird ihm Astura 7 Millien Südost von Antium zugesprochen.^«) Dies ist eine kleine durch einen Damm mit dem Festland verbundene Insel welche die flache antiatische

1) Liv. LXXX Appiaa b. civ. I 69.

2) Appian b. civ. V 24.

3) Hör Od I 35 Tac. Ann. III 71 Suet. Cal. 57 Marlial V 1,3 Macrob. Sat. I 23,13 Preller Myth. IF 192 CIL. X 1 6555. 6638 C 2,28 Epi). ep. VIII 647.

4) V3l. Max. I 8,2 Ovid Met. XV 718.

5) Liv. XLIII 4 vita Anton. P. 8 vgl. CIL. X 1,6656.

6) Strab. V 232 Plin. XXXII 4 Suet. Au^. 58 Tib. 38 Cal. 8. 49 Nero 6. 9. 25 Tac. Ann. XIV 3. 4 XV 23. 39 Die LVIII 25 LXIl 15 vita Anton. P. 8 Philostr. Ap. Tyan. VIII 20.

7) Plin. XXXV 52 CIL. X 1, 6638. 66 fg. 79. 6706.

8) Tac. Ann. XIV 27 Suet. Nero 9.

9) Prokop b. Goth. I 26.

10) Plin. m 57. 81 Tab. Peut.

630 Kapitel XI. Neu Latium.

Bai abschliefst (S. 627). Etwa 1 km weiter mündet der gleich- namige, auch wol Stura bezeichnete Fliifs nach einem Lauf von 40 km, vom Südrand des albanischen Ringwalls kommend. i) Die dort ansässigen Gemeinden Aricia Lanuvium Velitrae die zu den Anliaten stiefsen, erlitten 338 an seinen Ufern eine entscheidende Niederlage.2) Zwischen Mündung und Insel befand sich ein erträg- licher Ankerplatz und eine Ortschaft. 3) Cieero hat hier ein Land- haus besessen 4); ferner wird der Aufenthalt der ersten Kaiser be- zeugt. &) Ein leerer Zwischenraum von 4 Millien trennt die antia- tische Villenreihe von der asturischen deren Trümmer zwar hinter jener zurückstehen, aber ansehnlich genug sind. 6) Von Astura bis zum Vorgebirge der Kirke folgt wieder ein flacher Bogen der auf der Via Severiana 22 Millien mifst. ') Hinter dem Dünengürtel ziehen sich langgestreckte Lagunen hin. Das Aussehen der Gegend hat seit dem Altertum Aenderungen erlitten. Ehedem mündete der von Norba kommende Nymphaeus Ninfa 9 Millien von Astura ins Meer 8); jetzt wird er von dem Entwässeriingscanal Sixtus' V abge- fangen. An seinem linken Ufer lag die Station Clostra oder Clo- stra Romana.^) Der Name deutet auf eine alte Befestigung hin, die vielleicht in der Epoche der Volskerkriege zum Schutz Circei's oder Anliums angelegt war und die Grenzen beider Gemeinden angab. io) Denselben Ursprung verrät die Station ad Turres albas welche die Reisekarte 3 Millien weiter verzeichnet, i^) Von hier bis zur Stadt Circei sind 12 Mühen. Für die Bestimmung der binnenländischen Grenzen Antiums fehlen feste Anhallspuncte. Um 4 altlatinische Gemeinden hat sich der Streit zwischen Antiaten und Römern sre-

1) Die verkürzte Form Fest, 317 M. Strab. V 232; Jlstura Liv. Plin. Serv.

2) Liv. VIII 13.

3) Strab. V 232 Serv. V. Aen. VH 801 Steph. Byz.

4) Cic. ad Farn. VI 19,2 ad Att. Xil 40,2 XIII 26,2 Plut. Gic. 47.

5) Sueton Aug. 97 Tib. 72 Plin. XXXII 4.

6) Nibby P 266 fg.

7) Strab. V 232 rechnet von Antium bis zum Vorgebirge ziemlich zutreffend 290 Stadien = 29 Millien.

8) Plin. III 57 Holsle zu Cluver 992.

9) Plin. III 57 Ptol. III 1,5 Tab. Peut. Geogr. Rav, IV 32 V 2.

10) vgl. Liv. VI 9,4 IX 32,1 XXXI 48,7 XLV 11,4. Holste a. 0. denkt an Molen zum Schutz der Flufsmündung gegen Versandung, Elter (S. 633 A. 10) an Schleusen : dagegen spricht das Beiwort Romana.

11) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

§ 1, Die Volsker Mark. 631

dreht. Unter diesen ist Corioli am Weitesten nach Rom zu vor- geschoben. Es gehörte zum albanischen (S. 556,8) und latinischen (S. 559,15) Bund, fiel aber bald nach dessen Stiftung an die Vols- ker, wurde 493 zurückerobert, 488 von Neuem verloren und ist in diesen Kämpfen zu Grunde gegangen, i) Seine Feldflur stiefs an die Fluren von Ardea und Aricia: Nibby sucht die Stadt oberhalb Fontana di Papa auf dem Hügel M. Giove (247 m) westlich von Lanuvium,2) Tn der nämlichen Gegend und im gleichen Zusammen- hang werden erwähnt: Pollusca nach Nibby Osteria di Civita in der Mitte zwischen Corioli und Longula, wo die Strafsen nach Antium und Satricum sich trennen, 21 Millien von Rom 16 von Antium 3); Longula albanische Gemeinde (S. 556,13), nach Nibby Buon Riposo westUch von der antiatinischen Strafse nach Ardea zu, 27 Milben von Rom 10 von Antium.^) Wichtiger als die genannten Ortschaf- ten ist Satricum. Angeblich von Alba gegründet, nahm es 499 an dem Latinerbunde Theil (S. 560,25) und wurde 488 volskisch.^) In der Folge ist es mehrfach von den Rümern gewonnen und wieder verloren, zweimal durch Feuer zerstört worden.**) Seit 346 erinnerte nur der Tempel der Mater Matuta an das ehemalige Dasein der Stadl,'^) Bei diesen Kämpfen hat es sich für die Römer darum gehandelt Antium zu umklammern und von seinen Verbindungen mit dem Binnenland abzuschneiden, für die Antiaten darum die natürliche Slrafse die der Astura bietet, offen zu halten. Mit sicherem Blick hat Nibby Satricum bei Conca (27 m) wo die ver- schiedenen Quellbäche des Astura zusammen fliefsen, gesucht: die Lage erinnnert an Ardea. Er wies hier eine Burg von 7 800 m Umfang nach. Neuerdings ist in westnordwestlicher Richtung 1 Millie entfernt ein altertümlicher Tempel aufgedeckt worden den

1) Liv. n 33. 39 in 71 Dion. H. IV 45 [cod. KÖqiXU Steph. Byz.] V 61 VI 92 VIII 19 [cod. KontoXavmv] 36 Plut. Gor. 8.

2) Nibby I^ 512, beistimmend Westphal 37.

3) Liv. II 33. 39 Dion. H. VI 91 VI» 36 Nibby P 402.

4) Liv. II 33. 39 Dion. H. VI 91 VIII 36. 85 Nibby P 326.

5) Diod. VII 3 a Dion. H. V 61 VIII 36 Liv. II 39.

6) Nach Diod. XIV 102 fiel es 393 von Rom ab; nach Liv. VI 7. 8. 22. 32. 33 wurde es 386 von Camillus erobert, alsbald colonisirt, aber 381 von den Volskern erstürmt, 377 von den Latinern verbrannt.

7) Fast. Gap. Liv. VII 27 VIII 1 XXVIII 11 Plin. III 68. Nicht zu ver- wechseln mit der gleichnamigen Stadt am Liris.

632 Kapitel XI. Neu Laliiim.

man der Mater Maluta zuschreibt. Die Ausdehnung der Stadt bleibt noch zu ermitteln.^)

Eine ähnüche aber selbständigere Stellung nimmt Velürae Vel- letri ein. 2) Auf einem Seitenkegel (400 m) südhch vor dem al- banischen Wall gelegen, ist es 20 Millien von Antium, 15 von Praeneste, 25 von Rom entfernt.^) Unter allen Städten in denen einst Volsker geherrscht haben, ist dies die einzige aus der ein Denkmal ihrer Sprache auf uns gelangt ist: die Inschrift entstammt dem 4. Jahrhundert und benennt die beiden obersten Magistrate medix, den Rat couehriu d. h. curia J) Die Annalen nehmen für Velitrae keinen latinischen Ursprung in Anspruch, sondern lassen es zur Königszeit volskisch sein.^) Gegen die Richtigkeit dieser An- gabe spricht der Umstand dafs die Gemeinde dem Latinerbund von 499 angehört (S. 560,20). Der Platz war überaus wichtig, weil er ein sei es gegen Süden sei es gegen Norden vorgeschobenes Boll- werk darstellt und die Einsenkung zwischen den Albaner und Vols- ker Bergen , also die Strafse von Antium nach dem inneren Ap- pennin beherrscht. Es fällt bald nach 499 (einige Jahre später als Antium) in die Hände der Volsker, wird 494 ihnen entrisssen und von einer 492. 404 verstärkten römischen Colonie besetzt. 6) Trotzdem sagen sich die Veliterner (vermutlich nach Aufnahme eines volskischen Haufens) 393 von Rom los und sind bis zur Vernich- tung der latinischen Freiheit 338 dessen eifrigste Gegner verblieben.'') Der Niederlage folgte die Strafe auf dem Fufse nach; die Mauer wird geschleift, der Stadtrat nach Etrurien verschickt, dessen Land- besitz römischen Colonisten überwiesen, die Masse der Bevölkerung wird entweder unterthänig oder erhält minderes Bürgerrecht. In der Kaiserzeit hat Velitrae Colonialverfassung; welcher Tribus es zu-

1) Nibby IIP 64 Rom. Mitlli. d. Inst. 1896 p. t57.

2) Velitrae Sil. It. VIII 377 Xlll 229, volsk. Feiestrom = Feliieniormn Mommsen Unterit. Dial. 324.

3) Strab. V 237 Piin. III 64 Feldm. 238 Sleph. ßyz. BeXuQa CIL. X 1 p. 651 Nibby IIF 438.

4) Mommsen Unterit. Dial. 320 Fabrelti 2736.

5) Dion. H. III 41 Sueton Aug. 1 Dio XLV 1.

6) Liv. II 30. 31. 34 Dion. H. VI 42. 43 VII 12. 13 Diod. XIV 34 Plut. Cor. 12.

7) Den Abfall setzt 393 Diod. XIV 102, ein Jahrzehnt später Liv. VI 12. 13. 17. 21. 22. 29. 36. 38. 42 VII 15 Vlll 3. 12—14 Plut. Cam. 42 Sueton Aug. 94.

§ 1. Die Volsker Mark. 633

getheilt war, steht nicht fest.i) Ueberhaupt verschwindet sein Name aus der Uebedieferiing^) und wird nur heziiglich der Herkunft des Augustus die Oclavier waren von hier gebürtig erwähnt. 3) Da es 5 Milben abseits von der Via Appia lag, erklärt sich das Schweigen. Auch fehlen Ruinen. Immerhin mag der Umfang der Stadt, nach der mittelalterlichen Mauer zu schHefsen, an 3 Millien betragen haben. Sie besafs ein Amphitheater. *) Caligula hatte im Veliternischen ein Gut; unter den Erzeugnissen des Landbaus standen Wein und Schnecken in besonderem Ruf.^)

Die Ktlstenebene die von Vehtrae ab 40 Milben nach Süden hinzieht, ist I 326 fg. im Zusammenhang geschildert worden. Die natürbchen Bedingungen sind die gleichen gebheben, das geschicht- liche Bild hat im Lauf der Zeiten mehrfach seine Züge gewechselt. Die Blüte wie der Verfall dieser Malariagegenden gebt mit dem Wol- befinden des ganzen Landes, dessen jeweiligen politischen und so- cialen Zuständen Hand in Hand. Es hiefse gegen unzweideutige Thatsachen verstofsen, wollte man die düstern Farben der Gegen- wart unbesehens zur Ausmalung der Vergangenheit verwenden.^) Im 5. Jahrhundert ist hier die Kornkammer, zu der Rom bei Mis- wachs und Not seine Zuflucht nimmt.") Die Küste ist mit präch- tigem Hochwald bestanden (I 432), wo das Wildschwein gejagt wird^) und der Räuber ein Versteck findet: in alten wie in neuen Tagen. 9) Die Strandseen der Lago di Fogliano L. dei Monaci L. di Capro- lace L. di Paola dienen als Fischleiche, die Zucht wird mit jener verfeinerten Sorgfalt betrieben die romische Gutswirtschaft aus- zeichnet, i*^) Die Republik hat zu wiederholten Malen umfassende Ansiedlungen im pomptinischen Gebiet vorgenommen. Der Nieder- gang der Bauerschaft, die Verwandlung von Korn- in Weideland hat die Ausbreitung von Sumpf und Fieber befördert (I 416).

1) CIL. X 1 p. 652.

2) Prodigien Liv. XXX 38 XXXII 1. 9.

3) Sueton 1. 6. 94 Dio XLV 1.

4) CIL. X 1,6565.

5) Plin. VIII 140 XII 10 XIV 65.

6) Nicolai, De bonificamenli delle terre Pontine, Roma 1800, De Prony, Description des marais Pontlns, Paris 1823.

7) Liv. II 34 IV 25 VI 5. 21 Dion. H. IV 50 V 26 VI 29 2.

8) Pol. XXXI 22 XXXII 15,8.

9) Juvenal 3,307.

10) Elter Bull, dell' Inst. 1884 p. 73 fg.

634 Kapitel XF, Neu Latium.

Aber wie wenig der heutige Mafsstab auf die Kaiserzeil zutrifft, lehren Anlagen wie die grofsen Villen am Lago di Fogliano und Lago di Paola.i) Gegenwärtig ist das Land von Anfang Juni bis Ende November menschenleer; ehedem waren eine ganze Reihe von Orten im Sommer bewohnbar. Immerhin ist die Luft dieser Nie- derungen auch in den besten Zeiten keine gute gewesen 2) und hat die dichte Besiedlung die gesunden Gegenden eignet, ausgeschlossen. Vielmehr suchen die Städte denen die Ausbeulung der Ebene zu- fällt, die Höhe auf, um sich nicht so sehr gegen feindlichen An- griff als gegen das Fieber zu schützen. Der ganze Landstrich hat von dem Volk der Pomptini oder Pometini seinen Namen erhalten.-^) Die Hauptstadt Siiessa Pometia, auch wol nur mit letzterem Namen bezeichnet*), scheint zwischen Velletri und Cisterna (77 m) wo das Land sich allmälich gegen die Niederung abdacht, gesucht werden zu müssen. 5) Sie gilt der Ueberheferung als sehr reich, ist aber von Tarquinius Superbus, sodann 495 zerstört worden und seitdem verschollen. 6) Da die Pometiner zu den Stiftern des Heihgtums von Nemi gehören (S. 558), kann an ihrem lalinischen Volkstum nicht gezweifelt werden.') Das Vordringen der Volsker um 500 Po- metia fehlt im Verzeichnils der Bundesgenossen von 499 hat die Einsicht in den wirklichen Sachverhalt verdunkelt: die jüngerrn AnnaUsten schreiben diesem Stamm einen Besitzstand als ursprüng- lich vorhanden zu der erst nach Vertreibung der Könige erreicht wurde.8) Die Erinnerung an die Gemeinde blieb an ihrer Feldflur haften; die Römer übertrugen den Namen auf die 358 errichtete tribus Pomptina, zu der nachmals Setia und Circei geschlagen wur- den 9), und dehnten ihn folgerichtig auch auf die untere Niederung,

1) Eiter Bull, dell' Inst. 1884 p. 56 fg.

2) Gic. de Or. II 290 tamquam in Pomptinum diverleris neque amoenum neque salubrem locum vgl. ad Fam. VII 18, 3 ad Att. VII 5,3.

3) Die Gleichheit beider Formen bezeugt Fest. 232 M. Pometinus Gato Or. II 21 Jordan Fabius bei Liv. I 55; die Griechen ncofievrlvoe.

4) Liv. 1116. 17. 22. 25 Plin. 111 68 Diod. VII 3a; Pomelii Verg. Aen. VI 775.

5) Wie aus Dion. H. VI 29 Liv. II 16 und der Theilnahme an der Stiftung von Nemi hervorgeht.

6) Gic. Rep. II 44 Li vi I 53. 55 II 17 Dion. H. IV 50 VI 29 Plin. III 68 VII 69 Tac. Bist. III 72 Strab. V 231.

7) Gato Or. II 21 Verg. VI 775 Diod. VII 3 a Liv. II 16.

8) So Liv. Dion. H. Strab., ersterer II 16 mit Schwankungen.

9) Liv, VI 5. 6, 21 VII 15 Fest. 232 M.

§ 1. Die Volsker Mark. 635

das Gebiet der 318 errichteten tribus Oufentina mit Privernum und Tarracina aus.^)

Der Dünengürtel der die Niederung einschliefst, ist 9 10 km breit und 20 40 m hoch. Aber die Sandhügel umfassen aufser den oben namhaft gemachten Seen ein paar Dutzend Teiche und Tümpel die zur Verschlechterung der Luft das Ihre beitragen. In dem weiten Waldrevier war für eine Stadt kein Platz; dazu hatte die Natur den mons Circaeus oder pronwnturinm Circaeum bestimmt. 2) Dies Vorgebirge von West nach Ostsüdost 5 km streichend steigt im Westen bis 541 m; den Umfang beziffert Theophrast ziemlich richtig auf 80 Stadien. Es gehört einer älteren geologischen Bildung an (I 222), ist nach einer richtigen Beobachtung der Alten ehedem eine Insel gewesen die nachträglich durch Anschwemmung mit dem Festland verbunden wurde. 3) In der Küste macht dieser Bergstock einen Abschnitt, indem er den mittelitalischen Busen der nach Norden von dem 200 km entfernten Argentaro begrenzt wird, ab- schlielst. Nunmehr biegt die Rüste nach Osten um, und hebt jene engere Verbindung zwischen Land und Meer an die einen Vorzug Campaniens gegenüber Latium bedeutet. In geologischer Hinsicht erhält die Insel der Kirke bei 120 km Abstand ihr Gegenstück in Capri, geographisch betrachtet in den phlegraeischen Vulkanen. Zwischen beiden Endpuncten wölbt sich der aurunkisch- campa- nische Busen mit einer Sehne von 90 km: die pontinischen Inseln sind ihm vorgelagert, auf dem Scheitel mündet der Liris aus. Die in Kyme und Aenaria wohnenden Hellenen benannten naturgemäfs den Nordwestwind Kig/Jag*); der Name erlangte in der Folge weitere Verbreitung und blieb namentlich am Mistral hängen (I 384). Wie sie aber mit ihrem poetischen Gewissen sich abfanden als sie

VfjaOV TijV TtBQi TtÖVTOg dftBlQBTOg eOXECpdVMTaL'

ttVXYi dfi yß-aixa'KYi Y.el'ta.t' '/.ciTtvbv d^ivl f-UGOrj eÖQay.ov 6(p-9^alfj.otOL did ÖQVfxd Ttvy.vd y.al v).vv

1) Liv. IX 20 Fest. 194 xM. Dion. H. II 49 Plin. III 59.

2) Verg. Aen. VII 799 Sil. It. VIII 390; to KiQxaXov oder Ki^xaiov Sky- lax 8 Theophrast h. pl. V 8,3 Pol. XXXI 22,2 23,2 Diod. IV 45,5 Slrab. I 23 V 231. 32; Kipxaiov axgov Ptol. 111 1,5.

3) Freilich nicht in historischer Zeit, wie I 4 im Anschlufs an Plin. III 58 (vgl. Theophr. h. pl. V 8,3 Varro bei Serv. V. Aen. III 386 Prokop b. Goth. I 11) als möglich hingestellt wurde.

4) Ausdrücklich bezeugt Aristoteles de signis; überliefert ist KiQxas.

636 Kapilel XI. Neu Latium.

in diesem hochragenden Cap erbHckten, ist schwer zu sagen i): es sei denn dafs die Furcht vor den Bewohnern jede Annäherung untersagte. 2) Bereits Hesiod kennt die Verbindung der Kirke mit Latium (I 5); im 4. Jahrhundert v. Chr. wurde Elpenors Grab von den Eingebornen gezeigt, später auch die Trinkschale des Odysseus.3) In römischer Zeit genofs Kirke gütUicher Ehren und halte einen TempeH); man will ihn in den Trümmern auf der höchsten Spitze wieder finden. So alt nun auch die durch Namensähnlichkeit ver- anlal'ste Anknüpfung der Fabel an diesen Ort sein mag, wird doch um deswegen ihr Ursprung anderswo zu suchen sein, weil in besserer Schrift den Römern die Stadt Cercei, der Wind Cercius hiefs.5) Die Stadt lag etwa 300 m hoch an der Nordseite: an- sehnliche Polygonalmanern sind noch vorhanden (Cittadella vecchia). Als Hafen diente der 4 km westlich entfernte Strandsee Lago di Paola.6) Die Herrschaft über die zu ihren Fufsen ausgebreitete Ebene hing vom Besitz dieser Stadt ab. Den römischen Königen unterthänig, 499 Mitglied des latinischen Bundes, wird sie 488 von den Volskern gewonnen, 393 zurück erobert Jj Wenn die Reisekarte an der Küstenstrafse 12 Millien von Circei eine Station ad Turres albas, 4 Millien östlich eine zweite ad Turres aufführt, so mögen die Namen von Grenzbefestigungen gegen Antium und Tarracina herrühren, aus einer Zeit als das Schicksal dieser Stadt hin und her schwankte. Das Streben nach Selbständigkeit verleugnet Circei nicht, ein Bürger von hier steht im kritischen Jahr 340 an der Spitze des lalinischen Bundes.^) Indessen hat es keinen hervor- ragenden Antheil am Kriege genommen und seine Stellung als

1) Hom. Od. X 195. Der Bildung seiner Zeit gemäfs bezeichnet Apoll. Rhod. III 312 ay.xi]v r^nei^ov Tv^ar^viSos als Sitz der Kirke.

2) Verg. Aen. VII 10 fg.

3) Skylax 8 Theophr. h. pl. V 8,3 Sliab. V 232 (Arist.) Mirab. 78 Plin. XV 119.

4) Gic. de deorum nat. III 48 Strab. a. 0.

5) Mommsen CIL. X 1 p. 635; vielleicht wie Ardea nach einem Wasser- vogel (cerceris Varro LL. V 79 vgl. xiqxos) benannt. In der Kaiserzeit dringt die griechische Form durch.

6) Holste zu It. ant. 1002,29. Auf eine Reinigung des leicht versanden- den Ausflufskanals scheint CIL. X 1,6428 sich zu beziehen.

7) Pol. III 22,11 24,16 Liv. I 56 II 39 Dion. H. IV 63 V 61 VIII 14 Flut. Cor. 28 Diod. XIV 102.

8) Liv. VI 12. 13. 17. 21 VIII 3.

§ 1. Die Volsker Mark. 637

launische Colonie bis zur Verleihung des Bürgerrechts 90 v. Chr. bewahrt.') Der GroCsgrundbesitz wog bereits um 200 v. Chr. vor2), Gartenbau und Austernzucht blühen 3), prächtige Landhäuser ent- stehen, darunter ein kaiserHches.4) Das Städtchen besafs ein Am- phitheater &), verdankte übrigens der Zauberin, deren Namen es trug, seinen Nachruhm. 6)

Das Dünenland wird durch den Fiume Sisto gegen die Nie- derung abgrenzt: dieser Canal leitet die Abflüsse des nördlichen Abschnitts Fiume Teppia und Ninfa die im Altertum unterhalb Astura nach Westen mündeten (S. 630), gen Süden in den Golf von Tar- racina. In der Absicht die kürzeste Linie nach Capua einzuhalten ist die Via Appia mit ungeheuren Kosten ') für Aufschüttungen Gräben Brücken schnurgerade durch die Sümpfe geführt worden. Die Anlage von 312 machte, wie bemerkt (1327), mehrfache Er- neuerungen nötig: Meilensteine der Kaiser Vespasian Nerva Traiau Caracalla Diocletian Maxentius Constantin Jovian Theodosius be- zeugen die öffentliche Fürsorge, der grofsen Herstellungsarbeiten zu geschweigen.s) Am Fufs von Lanuvium (S. 592 A. 9) hat die Via Appia ungefähr 300 m Meereshohe und fällt allmähch 200 m bis zur nächsten Station ad Sponsas, die 30 Mühen von Rom unweit des mittelalterlichen Cisterna (77 m) zu suchen ist, 9) Den In- schriften zufolge hat Ulubrae zwischen Cisterna und Sermoneta in der Niederung gelegen. Die zur pomptinischen Tribus gehörende Stadt ist wegen ihrer Verlassenheit sprichwörthch lOj, bewahrt ihre Verfassung aber noch im 2. Jahrhundert n. Chr.n) Bei der Sta- tion Tres Tabernae 33 Milben von Rom hat die Strafse noch 48 m Höhe. 12) Sie wird hier von einer anderen gekreuzt die von Antium

1) Liv. XXVII 9 XXIX 15 Cic. Fin. IV 7.

2) Liv. XXXII 26 CIL. X 1,6838.

3) Plin. XIX 134 XXXII 60. 62. 63 Hör. Sat. II 4,33 Juvenal 4,140.

4) Cic. ad Att. XII 19,1 XV 10 Suet. Aug. 16 IIb. 72 Martial V 1,5 XI 7,4.

5) CIL. X 1,6429 Suet. Tib. 72.

6)

Plin.

XXV 11.

T)

Diod,

. XX 36.

8)

CIL.

X l p. 683 fg.

9)

It. H

ier. 612 Nibby P

463.

10)

Cic.

ad Fam. VII 12.2

18,3

Hör.

Ep.

I 11,30

Juvenal

10,102,

11)

Plin.

III 64 Feldm. 23^

> CIL,

. X

1 p.

642.

12) Cic. ad Att. I 13,1 H 10. 12,2 13,1 Apostelgesch. 28,15 lt. Ant. 107 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 Zosim. II 10,2 Aur. V. ep. 55.

638 Kapitel XI. Neu Latium.

(20 Millien) über Satricum herkommt und sich nach Norba fort- setzt. Der Verkehr hat eine Ortschaft ins Leben gerufen die Bi- schofsitz war und wegen ihrer Verödung 592 mit Vellelri vereinigt werden mufste.*) Bei Tripontium Tone Tre Ponli 39 Millien von Rom beträgt die Meereshöhe noch 10 m.2) Statt der ehe- mahgen drei Brücken genügt jetzt eine, weil Treppia Ninfa und andere Bäche in einem gemeinsamen Bette vereinigt sind. Am Aus- gang des Altertums waren die Flüsse unbotmäfsig geworden, man rechnete von hier ab den Beginn der Sümpfe.^) Dem entsprechend wurde bei der Erneuerung der Via Appia der Abzugscanal der fortan an ihrer Rechten herläuft (Linea Pia), von Tre Ponti aus gegraben. Der Canal wird jede Millie von einem Quergraben rechtwinklig ge- schnitten: da der 42. und 46. römische Meilenstein noch aufrecht standen und annähernd genau als Mafs der Millie 658,5 Canne Romane oder 1471 m ergaben, so haben die päpstlichen Ingenieure ihren antiken Vorgängern eine verdiente Huldigung dargebracht, indem sie an denjenigen Puncten ihre Gräben zogen, wo allemal ein alter Meilenstein gestanden haben mufs. Wenn daher die heu- tige Karte den Beschauer an die Thätigkeit der Agrimensoren er- innert, so entfaltet sie in Wahrheit ein Bild aus dem 18. Jahr- hundert. Allerdings hatte die Linea Pia ihren Vorläufer. Eine Tagereise von Rom am 43. Meilenstein bezeichnet Forum Appi (7 m) differtum nautis cauponibus atque malignis den eigentlichen Eingang der Sümpfe.4) Der 312 gegründete und in der Clientel der Clau- dier verbliebene Markt hatte Stadtrecht. 5) Mit der zunehmenden Versumpfung ging er ein und war im 6. Jahrhundert n. Chr. durch Regeta am 40. Meilenstein ersetzt. 6) Ein halbes Jahrtausend lang kann es ihm an Leben nicht gefehlt haben ; denn hier war der Ort wo, ähnlich wie am unteren Po (I 200) oder im heutigen Holland (l 327), die leistungsfähigere Wasserstrafse mit der Land- strafse in Wettbewerb trat. Dies war für die nächsten 19 Millien bis Tarracina der Fall : die Strecke hiefs Deceimovium und wird als

1) Gregor M. Reg. 11 48.

2) CIL. X 1,6824. 50 Strab. V 237 hält es irrig für eine Stadt.

3) CIL. X 1,6850.

4) Cic. ad Att. 11 10 Hör. Sat. I 5,3 Plin. XIV 61 Apostelgesch. 28,15 lt. Ant. 107 Hieros. 611 Geogr. Rav. IV 34 Vib. Seq. 154 Riese CIL. X 1,6824.

5) Suet. Tib. 2 Plin. III 64.

6) Prokop b. Goth. I 11.

§ l. Die Volsker Mark. 639

selbständiges Ganzes behandelt, derart dafs die Meilensteine neben der von Rom ab laufenden Bezifferung zur Bequemlichkeit der Reisenden noch besonders die Entfernung von Forum Appi angeben. i) So geschieht es bereits auf einem Stein aus der Mitte des 3. Jahr- hunderts V. Chr. 2) Es liegt aber auf der Hand dafs Strafse und Canal gleichzeitig entstanden sind; denn ohne die eine hat die andere Anlage keinen Sinn. Wie in der Kaiserzeit der Name einer Strafse mehrfach auf die anstofsende Landschaft übergeht, so be- zeichnet man um 500 n. Chr. das ganze Gebiet von Tripontium bis Tarracina als Decennovium 3) und redet nicht mehr von pomptini- schen Sumpfen. 4) Der rivtis Decennovius wird vom Flufs la Cavata gespeist. 5) Er hat in seiner oberen Hälfte bis mittwegs zur Station ad Medias Posta la Mesa (2,37 m) 6) eine leidliche Neigung (1 : 3000), in der unteren um so weniger. Ob im Altertum ein Abzugscanal an den Dünen hin dem Fiume Sisto entsprechend gezogen war, wissen wir nicht. An der linken Seite haben die Gebirgsbäche den Römern viel zu schaffen gemacht. Sie betrachten den bei Setia entspringenden Ufens, in älterer Schreibung Oufens üffente, weil die 318 errichtete Tribus nach ihm heifst, als Hauptflufs,") Be- deutend länger (gegen 50 km) ist der an Privernum vorbeifliefsende Amasenus Amaseno.*) Ob sich beide ehedem wie jetzt am 55. Meilen- stein vereinigten, ist zweifelhaft; das jetzige Bett ist künstlich. Am 55. Meilenstein liegt das berüchtigte Pantano dell' Inferno die Saturae atra palns die Silius als Nachahmer Vergils mit den Worten schildert 9):

et qiios pestifera Pomptini uligine campi, qua Saturae nebulosa palus restagnat et atro liventis coeno per squalida turbidus arva cogit aquas Ufens atque inficit aequora limo, ducit . . .

1) CIL. X 1 p. 684. 2) CIL. X 2 p. 1019.

.3) C'L. X 1, p. 690 Cassiod. Var. II 32. 33.

4) Erwähnungen aus der Kaiserzeit Lucan III 85 Martial X 74,10 Tac. Ann. XV 42, zuletzt Dio an den I 327 angef. Stellen.

5) Prokop. b. Goth. 111. 6) It. Hieros. 611.

7) Fest. 194 M. Strab. V 233 Vib. Seq. 152 Riese Claudian 1,257 tarda- ius suis erroribus. Inschriftlich lautet die Tribus meist Ouf., dann Off. Of., ver- einzelt Uf. Plin. III 59 ßumen Aufenlum scheint verschrieben.

8) Verg. Aen. VII 685 XI 547 m. Schol. Vib. Seq. 146 R.

9) Verg. Aen. Vil 801 Sil. It. VIII 379.

640 Kapitel XI. Neu Latium.

Wenn man dtMi Spuren der Alten im Einzelnen nachgeht und dann zusammen ra>send erwägt was sie im Kampf mit Wasser und Fieher aus diesem grofsen Marschland gemacht haben (I 327), wird ihnen gebührende Anerkennung nicht versagt werden. Sodann aber, wie die Karle des Näheren zeigt, sind eine Reihe von Stellen der Feld- flur von Setia Privernum und Tarracina so tief eingesunken dafs ohne Dampfkraft und moderne Technik ihre Entsumpfung aufser- halb des Bereichs der Möglichkeit lag.

Als letzte Canalstation wird Feronia genannt, ein angesehenes Heiligtum mit mächtiger Quelle am Fufs des M. Leano 3 MiUien von Terracina.^) Der Punct ist militärisch wichtig. Der vom Ama- seno umflossene Gebirgsstock läuft in zwei Rücken gegen das Meer hin aus: im M. Leano (676 m) dessen äufserste Spitze (481 m) 3 km von der Küste entfernt ist, sowie im M. Giusto (670 m) der zuletzt M. S. Angelo geheifsen (228 m) unmittelbar ins Meer abfällt und die Stadt trägt. Die beiden Berge umschHefsen ein Thal mit 450 ha Gartenland in gesunder Lage (15 m), dessen von den Alten be- schriebene Vermessung noch in den Grundzügen erkennbar ist. 2) Der von Norden her anrückende Angreifer schlug naturgemäfs am Heiligtum der Feronia sein Lager auf.^) Deshalb wollten die Opti- niaten 49 v. Chr. Stadt und Heiligtum durch Thürme mit einander verbinden 4): damit wäre eine grofse Verschanzung geschaffen worden deren Graben der Canal darstellte. In den gewöhnlichen Kriegs- läuften hat die Stadt ohne derartige Vorwerke zur Sperrung der Via Appia ausgereicht. Sie heifst volskisch Anxur oder vulgär Axur^), lateinisch Tarracina oder Tarricina.^) Treffend wird die Lage mit den W^orten wr&s ^rona m pfl^wdes gekennzeichnet.'') An- xur vom Strand 1/2 km entfernt schaut nach der Niederung. Mit

1) Hor. Sat. I 5,24 mit Schol. Geogr. Rav. IV 34; Veig. Aen. VII 800 mit Scliol. und zu VIII 5G4 Vib. Seq. t53 R. Dion. H. II 49 Preller Mytli. F 267. 429.

2) Feldm. 179. 238 (fig. 153). M. R. de la Blanchere, Terracine, essai d'histoire locale, Paris 1884.

3) Tac. Hist. 111 76.

4) Plin. II 146 (nach Detlefsen) Caes. b. civ. I 24 Cic. ad Att. VI» llb,l.

5) Fest. 22 M. Liv. IV 59 Diod. XIV Xf," Av^coq ; in den Handschriften oft Anxyr so auch Serv. V. Aen. VII 799; neutral Hor. Sat. I 5,26, männlich Mar- lial V 1,6 VI 42,6 X 51,8; Axur Feldm. 179 und Inschriften CIL. X 1 p. 623.

6) Letzteres auf Inschriften vorwiegend; der Plural Tarrachiae Liv. IV 59 Appian b. civ. III 12 Ptol. III 1,5 Athen. VI 224c.

7) Liv. IV 59 V 13.

§ 1. Die Volsker Mark. 641

einem Umfang von 1 V2 Um (gegen 600 m lang 200 m breit) klettert es an Praeneste erinnernd am M. Teodorico oder S. Angelo in die Hohe. Unterhalb des Gipfels (228 m) ragen mächtige Unterbauten die vom Volksmund einem Palast Konig Theoderichs beigelegt wurden, in Wirklichkeit einem Tempel angehören: ob der Inhaber Venus oder vielmehr Juppiter Anxur hiefs, steht dahin.^) Die Via Appia durchmafs die Stadt und mufste das steile V'orgebirge über- schreiten, bevor am 64. Meilenstein die Kiistenebene von Fundi er- reicht wurde. Der Schweifs den der Weg einem gelehrten Mann kostete, wird den Einfall erzeugt haben dafs der Stadtname eigent- lich Trachas oder Trachine lauten müfste.2) An vielen Stellen sind die Stutzmauern der Strafse noch vorhanden. 3) Man ist aber zeitig darauf bedacht gewesen die lästige Steigung zu vermindern. Schon 184 V. Chr. wurde der Versuch gemacht das Vorgebirge durch einen etwa 100 Schritt langen ins Meer geschütteten Damm zu umgehen. 4) Die umgangene Felsnadel heifst gegenwärtig Pesco Montano, im Altertum ad Neptmiias aquas von den hervorbrechenden Quellen: sie enthalten Schwefel Eisen, eine auch Arsen; letztere ist von den Alten und wieder 1839 aus Vorsicht verschüttet worden.^) Die Quellen ziehen sich ein paar Millien am Ufer hin und wurden nach Ausweis der Ruinen von Badegästen viel besucht. 6) In der ersten Kaiserzeit wurde die Via Appia endgiltig ans Meer gelegt. Da der jilte Damm entweder überhaupt nur auf Fufsgänger berechnet oder durch die Brandung und herabstürzendes Gestein zerstört war, unter- nahm sei es Auguslus sei es einer seiner Nachfolger auf einer Strecke von 2 Millien eine ebene Strafse aus dem Felsen aushauen zu lassen. Die von 10 zu 10' über einander angebrachten Marken zeigen dafs am Pesco Monlano eine senkrechte Wand von 125' Höhe abgetragen worden ist.") Wenn man berechnet dafs hier allein 40000 cbm Gestein mit dem Schlägel abgesprengt werden mufsten, wozu in der Folge noch mindere Leistungen hinzu kommen, wird man die Anerkennung verstehen die neuere Techniker der

1) Millh. d. Inst. 1895 p. 86 Preller, Mytli. P 267.

2) Ovid Met. XV 717 Sliab. V 233.

3) Westphal p. 62.

4) Westphal p. 65.

5) Liv. XXXIX 44 XL 51 Vitruv. VIII 3,15.

6) Martial V 1,6 VI 42,6 X 51,7.

7) CiL. X 1,6849.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 'il

642 Kapitel XI. Neu Latiuro.

Arbeit gezollt haben. Die Via Appia landeinwärts gewandt, wird bis zum 68. Meilenstein auf der einen Seite vom Gebirge, auf der anderen vom Lago di Fondi und dessen Abflufs (Fosso di Canneto) eingefafst. Der Pafs, in der Neuzeit an drei Stellen durch Thore ge- sperrt und die politische Grenze zwischen dem Kirchenstaat und dem Königreich Neapel bildend, heifst in der Kriegsgeschichte ad Lau- /j//as, vermittelt denThermopylen vergleichbar den Uebergang von Süd- nach Miltelilalien und erlebte 315 v. Chr. einen blutigen Sieg der Samniten über Rom. 9 In diesem Pafs mufs ein von Süden kommen- der Angriff abgewehrt werden; denn läfst man den Feind die Höhe des M. S. Angelo gewinnen, so wird die Stadt unhaltbar und der Weg nach Rom frei. 2) Dergestalt erscheint Anxur als Ausfallsthor in den Händen der Volsker, als Hauptstadt der pomptinischen Marsch, was es jetzt wieder ist, in latinischem Besitz gegründet zu sein. Aber über seinen Ursprung schweigt die Ueberlieferung. Unter römischer Oberhoheit 509, fehlt es im Latinerbund von 499, wird von den Römern 406 erstürmt, 402 verloren, 400 zurück er- obert, 397 von den Volskern belagert, endgiltig 329 durch eine Bürgercolonie gesichert.^) Letztere begegnet in den Annalen oft. 4) Die Stadt war nicht nur ein Knotenpunct der Via Appia und Se- veriana 5), sondern besafs seit Allers einen jetzt verlandeten künst- lichen Hafen dessen Molen einen Ankergrund bescheidener Aus- dehnung (12 ha) umschliefsen.^) Mit der Monarchie siedelt sie in die Ebene über, ähnlich wie Pius VI. hier die Neustadt erbaut hat. Von Duovirn und Senat gelenkt, erhält sie ein neues zierliches Forum mit einem Tempel des Augustus (der heuligen Kathedrale) als Heiligtum, ein kleines Amphitheater und aus 35 Millien Absland hergeleitet gutes Trinkwasser. Das Vorgebirge mit seiner südlichen Pflanzenwelt) und seiner herrlichen Aussicht hatte schon um 200

1) Liv. VII 39 IX 23 XXII 15 Diod. XIX 72 Dion. H. XV 3.

2) Liv. IV 59.

3) Pol. III 22,11 24,16 Ennius bei Fest. 22 f^ulseuhis perdidit Anxvr Diod. XIV 16 Liv. IV 59 V 8. 13. 16 VIII 21 Vell. I 14.

4) Liv. XXII 15 XXIV 44 XXVII 4. 38 XXVIli 1 1 XXXVI 3 XL 45. 51 Obseq. 12. 14. 24. 28 Tac. Hist. III 57. 76 IV 3 Vai. Max. VIII 1,13.

5) Cic. de Gr. II 240 ad Fam. VII 23,3 ad All. VII 5,3 Hör. Sat. I 5,26 Tac. Ann. III 2 It. Ant. 107. 121. 122 Hieios. 611 Tab. Pcut. Mela II 71,

6) Liv. XXVII 4 Plut. Mar. 36,1 Caes. 58,4 Tac. Hist, III 77 vita Anton. P, 8 It, mar. 515 CiL. X 2,8399.

7) Plin. XVI 138 XIV 34.

§ 1. Die Volsker Mark. 643

V. Chr. römische AilHche angezogen: Galba und Domitian besafsen daselbst Landhäuser. i) Die Inschriften und die vor den Aulagen Pius' VI. zahlreicher als jetzt vorhandenen Ruinen erwecken deu Eindruck frühhchen Gedeihens. Die zunehmende Verödung machte dem ein Ende, aber die Verkehrslage bewahrte dem Platz sein An- sehen: aus der Epoche der Gothenkriege mögen die ausgedehnten Mauern stammen die den Gipfel des Vorgebirges umspannen.^)

Vor dem Bau und nach dem Verfall der Via Appia zog sich der grofse Verkehr, wie gegenwärtig wieder die Eisenbahn thut, am Fufs des Gebirges hin das wir mit dem Namen der Volsker bezeichnen ; denn ob der ein einziges Mal erwähnte mons Lepinus auf den ganzen Zug ausgedehnt werden darf uud nicht vielmehr auf den Rücken bei Signia beschränkt werden mufs, ist recht zweifelhaft (I 238). Die Städte von denen aus die Niederung be- stellt wurde, nehmen den Abhang iu ansehnlicher Höhe ein. Die nördlichste unter ihnen ist Coro Cori, 12 Millieu von Velitrae, 8 von Signia, 10 von Cisterna an der Via Appia enlfernt.S) Nach Südwest der Ebene zugewandt steigt Cora einen Hügel (397 m) hinan, der sich aus einer Einbuchtung des Gebirges abgesondert erhebt. Zwei Bäche die nachher in den reifsenden Teppia münden, fassen tief eingeklüftet den Hügel ein: über den südlichen vor dem Thor nach Norba wölbt sich der Ponte della Catena der in seiner Bauart (drei Lagen TufTquadern) an den Bogen der Cloaca maxima am Tiber erinnert. Die natürliche Festigkeit ist durch mächtige Mauern in polygonalem Stil verstärkt worden. Ein dreifacher Gürtel bot den Feinden Trotz. In der Unterstadt zunächst führen grofse Cisternen die Thatsaclie vor Augen dafs Cora einst wie heute auf Regenwasser angewiesen war. 4) Die Obersladt birgt noch Ueber- reste des Tempels der in sullanischer Zeit dem Castor und PoUux geweiht wurde. EndHch der dritte Ring umschliefst die Burg auf dem Gipfel mit dem Tempel des Stadtgoltes, als welcher herkömm- lich aber grundlos Hercules ausgegeben wird. Die erhaltenen be- deutenden Denkmäler gehören der Republik an. Früh hat Cora allem Anschein nach Anschlufs an den campanischen Handel gesucht

1) Liv. XL 51 Suet. Galba 4 Martial V 1,G X 51,7 58,1.

2) Prokop b. Gotli. I 11. 15 11 2. 4. 5 vgl. Symmacli. Ep. II 3. 6 X 40 Cod. Theod. XIV 6,3.

3) Nibby 1M87 Westphal 42 CIL. X 1 p. 645.

4) CIL. X 1,6526.

41*

644 Kapitel XI. Neu Latium.

und um 300 v. Chr., wenn auch in beschränkter Zahl, Silber- und Kupfermünzen geschlagen (S. 74).') Die Ueberlieferung führt seinen Ursprung auf Alba longa 2) oder auf griechische Heroen, sei es Dar- danosS), sei es Koras zurück.*) Urkundlich wird es unter den Stiftern des engeren (S. 558) und weiteren (S. 560) Latinerbundes aufgeführt. Nach den Annalen stand zu Konig Tullus Zeiten einer seiner Bürger an der Spitze des Bundes. &) Dann ging die Stadt an die Volsker verloren, wurde zurück erobert, erscheint 330 auf römischer Seite.*^) Municipium heifst sie 211 und war der Tribus Papiria zugetheilt."') Nach dem hannibalischen Kriege wird sie ihrer Abgelegenheit wegen selten erwähnt S) und gilt als verödet 9): nur ihre Steinbrüche hatten Ruf.io) Im 13. Jahrhundert erst ward sie neu besiedelt.

Verwandte Schicksale hat die 5 Millien weiter südlich gelegene Nachbarin Norba gehabt. Der Stadthügel stürzt mehr als 400 m nach der Niederung steil ab und ist auch an der inneren Hälfte seines Umfangs gegen das Gebirge hin leidlich gedeckt. Der 2^/2 km lange Mauerring bietet ein hervorragendes Beispiel der älteren Be- festigungskuiist: man sieht ein Thor, mehrere Thürme, unterirdische Ausfallsgänge, im Inneren Unterbauten vielleicht von Tempeln, alles in polygonalem Stil mit späteren Ausbesserungen. i') Norba war eine der angesehenen Latinerstädte im Bunde von 499 ^'^) und erhielt 492 zur Beherrschung des pomptinischeu Gebiets eine Colonie.i-*) Ob diese sich der Volsker erwehrt hat, wissen wir nicht. Doch taucht sie in gleicher Eigenschaft 342. 330 wieder auf, gehört 209 zu den 18 latinischen Colonien die Rom ihre letzte Kraft zur Ver-

1) Mommsen, Münzweseii 210.

2) Verg. Aen. VI 775 Diod. VII 3 a.

3) Plin. tu 63 Solin 2,7.

4) Serv. V. Aen. VII 670. 72 Solin 2,8.

5) bion. ü. III 34.

6) Liv. II 16. 22 VIII 19 Piopeiz V 10,26; ein Patricier Coranus Plin. XI 244.

7) Liv. XXVI 8.

8) Streb. V 237 Sil. It. IV 220 VllI 378.

9) Lucan VII 392 Symm. Ep. I 8 rustica.

10) Plin. XXXVI 135.

11) Ann. dell' Inst, 1829 p. 3üfg. und Mon. I 1 fg.

12) Dion. H. V 61 McoqeavöJv nach der alphabetisclien Folge verbessert in NcoQßavcäv,

13) Liv. II 34 Dion. H. VII 13 Dio fr. 18,4.

§ 1. Die Volsker Mark. 645

fügung stellten, dient 199 den karthagischen Geiseln zum Aufent- halt.^} Zum Verderben gereichte Norba seine Festigkeit im sulla- nischen Bürgerkrieg: es setzte nach der Einnahme f*raeneste's den Widerstand kräftig fort, ward Ende 82 v. Chr. durch Verrat einge- nommen und ging in Flammen auf.2) Seitdem ist die Stätte ver- lassen. Der Forlbestand der Gemeinde wird durch das Verzeichnifs des Angustus verbürgt; Inschriften fehlen. 3) Vermutlich ist sie nach der Ebene übergesiedelt und wird durch das mittelalterliche Ninfa an der Quelle des Nymphaeus dargestellt: der Flufs kommt aus einem kleinen See mit schwimmenden Inseln Saliares.*) Die Un- sicherheit hat die Bewohner aus diesem Ort verjagt und bewogen im heutigen Norma unweit der alten Stadt den Schutz der Hohe (472 m) aufzusuchen. In dem 4 Millien von iNorba entfernten Sermoneta (257 m) vermutet Cluver das verschollene altlatinische Sulmo; Beweise für die Annahme fehlen.^)

Von Tripontium (S. 638) oder bald darauf zweigt eine Strafse ab, die an Setia vorbei über Privernum ins Thal des Trerus führt und für die Reise nach Campanien in Betracht kam wenn die Via Appia unter Wasser war. Der 280 m betragende Aufstieg nach Setia Sezze (319 m) heifst dem Lucilius opus diinimJ) Die Stadt nahm 499 am latinischen Bunde Theil, traf allem Anschein nach mit den vordringenden Volskern ein Abkommen, erbat 382 oder 379 eine Colonie.') Als Bundeshaupt trat einer ihrer Bürger 340 für die Ansprüche der Latiner in die Schranken; im übrigen hat sie die Grenzwacht gegen die volskischen Bergstämme gehalten und den Krieg gegen Rom nicht mitgemacht.*) Sie zählte zu den 12 latinischeo Colonien die 209 versagten, ward 198 durch eine Ver- schwörung africanischer Sklaven bedroht.^) Endlich wurde sie 82 V. Chr. von Sulla eingenommen lO) und verschwindet damit aus der

1) Liv. VII 42 Vlil 1. 19 XXVII 10 XXXII 2. 26.

2) Appian b. civ. I 94 Plin. III 68.

3) Plin. III 64 Snid. CIL. X 1 p. 642.

4) Plin. II 209 überliefert Saltares.

5) Plin. III 68 Verg. Aen. X 517 Cluver It. ant. 1022.

6) Lucilius bei Gell. N. A. XVI 9 (fr. III 7 L. Müller). Der Dichter geht mit einem Umweg von 36 Millien (fr. 4) nach der Latina, um den Kot der Appia (fr. 6 omne Her hoc labosum atque lutosum) zu vermeiden.

7) Dien. H. V 61 Vell. I 14 Liv. VI 30.

8) Liv. VII 42 VIII 1. 3.

9) Liv. XXVII 9 XXIX 15 XXXII 26. 10) Appian b. civ. I 87.

646 Kapitel XI. Neu Laliutn.

Geschichte. •) Aber seit Augustus erlangt der Wein ihrer Berge unter den Edelgevvächsen Itahens eine der obersten Stellen 2);

pendula Pomptinos qnae spectat Setia campos

exigua vetulos misit ab iirbe cados. Setia war Municipium mit Quattuorvirn, früher Praetoren genannt, an der Spitze. 3) Reste der Ringmauer und anderer Bauten fallen durch ihre Rusticabehandlung auf. Jenseit Setia wird das Ge- birge durch breite Thäler aufgelockert, die der Amasenus und seine Zuflüsse entwässern. Bequeme Zugänge nach dem Trerus hin werden dadurch eröffnet: die Strafse nach Frusino hat keine höhere Steigung als 253 m, die Strafse nach Fregellae nur 155 m zu über- winden. Die Thalschaft giebt den Hauptsitz ab für die Privernates einen volskischen Stamm. 4) Die Ruinen des römischen Privernum liegen 2 km nördlich vom heutigen Piperno (150 m) in der Ebene (36 m) an einer Strafsenkreuzung unweit des Amasenus.^) Das Beiwort hoch das ein Dichter dem Namen giebt, schickt sich nicht für diesen Ort.^) Ebenso wenig kann nach den wirtschaftlichen Zuständen und der Kriegführung älterer Jahrhunderte erwartet werden dafs ein unabhängiges Bergvolk eine derartige Hauptstadt sich geschaffen habe. Für den bäuerlichen Charakter des Gemein- wesens zeugt die Thatsache dafs ein römischer Praefect späterhin ihm Recht sprach.^) Man wird daher die Frage aufwerfeu dürfen ob das Privernum dessen Einnahme die Annalen zweimal melden, nicht auf ein oder zwei Bergfestungeu zu beziehen und die Ver- kehrsstadt der Ebene als eine Schöpfung des Landfriedens zu be- trachten sei. Darüber kann allein die Localforschung Gewifsheit bringen. 8) Die Eroberungen Roms im Pomptinischen haben die Pri- vernaten 358. 342. 330 zu den Waffen gerufen.^) Aus den abge-

1) Erwähnt Cic. de leg. agr. 2,66 Strab. V 231. 237 Plin. III 64 Ptol. 111 1,54 Steph. Byz. Feldm. 237. Titinius hat eine Setina geschrieben Ribbeck fr. com. p. 148.

2) Strab. V 234. 237 Plin. III 60 XIV 52. 61 XXIII 36 Martial X 36. 74,10 XllI 112 Juvenal 10,27 Sil, It. VIII 376 X 33 Stat. Silv. II 6,90.

3) CIL. X 1 p. 640. 4) Verg. Aen. VII 685 XI 540.

5) Strab. V 237 Plin. IH 64 Ptol. III 1,54 Steph. Byz. Feldm. 236 CIL. X 1 p. 637.

6) Sil. It. VI 43 vgl. VIII 393. 7) Fest. 233 M.

8) Not. d. Scavi 1899 p. 88 fg. 96.

9) Liv. VII 15. 16. 42 VIII 1. 19—21 Fast. Cap. 357. 329 Dio fr. 35,11 Val. Max. VI 2.1.

§ 2. Die Herniker. 647

tretenen Läudereien wurde 318 die Tribus Oufentina gebildet (S. 639).^) Die Besiegten erhielten im Hinblick auf das Vorrücken der Samniten an den Liris Bürgerrecht, vermutlich einstweilen ohne Stimmrecht. In der Folge wird die Gemeinde nur beiläufig er- wähnt^), unter anderem wegen ihres Weinbaus.^)

§ 2. D i e H e r n i k e r. Die Volskerberge werden von der Masse des Appennin durch eine Einsenkung getrennt, die bei 10 12 km mittlerer Breite bis zum Liris 60 km lang ist. Der Trerus Sacco oder Tolero führt ihre nicht eben bedeutenden Abflüsse (I 330) dem genannten Strom zu. 4) Die Vermutung Nibby's dafs das nur einmal vorkommende Trerus verschrieben sei aus Tolerus, läfst sich hören; denn der heutige Name erinnert an die zum albanischen (S. 556, 25), später zum latinischen (S. 559, 7) Bunde gehörende Gemeinde der Toleri- enses die nach ihrer Einnahme durch Coriolan aus der Ueber- Heferung verschwindet.-^) Angemessen sucht Nibby Tolerium in Val- montone das 5 Millien südlich von Praeneste einen von zwei Quell- bächen des Sacco umflossenen Tuflhügel (303 m) einnimmt und Spuren alter Besiedlung aufweist. 6) Der wichtigste Zuflufs des Sacco hiefs im Altertum wie jetzt Cosa'): an ihm liegen Aletrium und Frusino, das Thal des Sacco erreicht bei seiner Einmündung die gröfste Ausdehnung. Die Fruchtbarkeit der Niederung wird gerühmt. Einst gehörte das ganze linke Flufsufer welches an Gröfse das rechte weit überragt, bis zum Liris hin den Hernikern: aber der Süden mit Fabrateria und Frusino ging an die Volsker verloren; im Norden machten die Aequer von ihren Bergen aus unaufhörlich Vorstöfse ins offene Land. Der Umklammerung dieser beiden mit einander verbündeten Völker erwehrten sich die Herniker durch Anschlufs an Latium und Rom. Es khngt nicht unglaublich wenn

1) Fest. 194 M. Liv. VIII 1.

?.) Cic. de leg. agr. 2,66 de divin. I 97 de or. 11 224 pro Cluent. 141 ; Liv. XXVII 11 XXXI 12 XLII 2 Obseq. 14. 36. 38.

3) Plin. XIV 65 Athen. I26e.

4) Strab. V 237.

5) Plin. III 69 Dion. H. V 61 VIII 17. 26 Flut. Coriol. 28 Steph. Byz. Merk- würdiger Weise erwähnt Livius Tolerium gar nicht, statt dessen in dem näm- lichen Zusammenhang II 39 das anderweitig unbekannte Trebiian (S. 602).

6) Nibby III 2 369 fg.

7) Strab. V 237.

648 Kapitel XL Neu Latiiim.

ihre freuntlschaftlichen Beziehungen zu Rom his in die Königszeit zurück verfolgt wurden i): eine feste Gestalt jedoch nahmen sie erst 486 durch das von Sp. Cassius geschlossene Bündnifs an.^) Von der Verfassung der hernikischen Eidgenossenschaft erfahren wir nichts, auch weder Zahl noch Namen der Theilnehmer. Es ist aber klar dafs sie aufsor den in den Annalen erwähnten Städten Anagnia Ferentinum Aletrium Verulae eine ganze Reihe selbständiger Land- gemeinden befafste^), welche die roscida rivis Hernka saxa, das gegen den Liris bis 2000 m aufsteigende Grenzgebirge bewohnend dem Volk seinen Namen verschafft haben (l 515). Diese Districle haben ihre eigene Verwaltung in die Kaiserzeit hinüber gerettet: die Censusliste des Augustus führt aufser dem Bergstädtchen Capi- tulum auch den ager üernkus als Gemeindeverband auf. 4) Wenn der Dreibund von 486 jedem Mitglied gleiche Lasten auferlegte und gleichen Beuteantheil zusagte, kann damals die Wehrkraft der Her- niker hinter derjenigen ihrer Verbündeten nicht zurück gestanden haben (S. 560). Auch hatten sie ein Jahrhundert lang den ersten Anprall von Aequern und Volskern zu brechen. &) Die Machter- weiterung Roms im Norden verschob das bisherige Gleichgewicht. Deshalb unterstützen die Herniker zuerst den Feind heimlich und gehen 362 zum offenen Kriege über, der erst 358 mit ihrer Nieder- lage beendigt wird. 6) Zum letzten Mal erheben sie 306 für die Freiheit Italiens die Waffen, aber nur Anagnia mit den Landge- meinden im Norden. Die Aufständischen werden der römischen Bürgerschaft ohne Stimmrecht einverleibt, die Städte Ferentinum Aletrium Verulae ziehen vor Bundesgenossen zu bleiben.^) Sie alle scheinen erst 90 v, Chr. volles Bürgerrecht erlangt zu haben, jedenfalls nicht viel früher.^) Ihr Slammesgefühl ist in der Kaiser- zeit noch nicht erloschen.

Die via Latina ist die grofse Verkehrsader der Landschaft, vor Eröffnung der kürzeren und bequemeren Appia zugleich die wich-

1) Fest. 351 M. Dion. H. IV 49.

2) Liv. II 22. 40. 41 Dion. H. V 20. 62 VI 5. 7. 25. 50. 76 VIII 64. 78. 83.

3) Liv. IX 42.

4) Plin. III 63.

5) Liv. MI 6 IV 51 VI 10 Dion. H. IX 5. 16. 35. 62. 67 fg. X 15. 20 XI 2. 47.

6) Liv. VI 2. 6—10 VII 6—9. 12. 15 Fast. Cap.

7) Liv. IX 42. 43 Cic. Phil. VI 13 Plin. XXXIV 23.

8) Dem ans Cic. pro Baib. 31 OIT. I 35 Shab. V 231 gezogenen gegen- theiligen Schlufs widerspricht Liv. XXXIV 42 Gell. N. A. X 3,3.

§ 2. Die Herniker. 649

ligste Verbinduugslinie zwischen Rom und Campanien. Für das erste Drittel des Weges hatte der Reisende die Wahl zwischen 3 Strafsen der Praenestina Labicana LatinaJ) Von diesen verdiente die via Labicana ihrer geringeren Steigung und aufserdem ihrer Abkürzung halber entschieden den Vorzug (S. 601), wurde demge- mäfs auch als Hauptstralse betrachtet. Alle drei sind durch ver- schiedene Querstrafsen verbunden: zuerst treffen Labicana und La- tina ad Pictasz) unterhalb Lugnano 25 bezw. 27, alsdann ad Bi- vium^) an der Rrilcke über den Sacco 30 bezw. 32, endlich am Compitum Anagninum*) Osteria della Fontana 40 bezw. 42 Millien von Rom zusammen. Hier mündet auch die 47 Millien lange Strafse von Rom über Praeneste ein. 5) Von diesen Linien ist die am rechten Saccoufer laufende und im Reisebuch Latina be- nannte als die älteste anzusehen, weil sie Signia und Ecelra an Latium anschliefst. Beide Städte liegen an den Abhängen des Volskergebirgs. Vom Pafs Algidum (S. 595) langt die Via Latina nach 6 Millien am Fufs (277 m) von Monte Fortino oder, wie es neuerdings heifst, Artena an. Oberhalb dieses Ortes bewahrt das Piano della Civita das Andenken einer verschollenen Stadt mit ab- gesonderter Arx (621 m). Die Lage ist überaus fest, die Mauer von altertümlicher Roheit. 6) Nibby vermutet hier das volskische Artena das 404 durch Verrat erobert und zerstört wurde"'): seinem Vorschlag ist die amtliche Namengebung gefolgt. Mit grölserem Recht nimmt Abeken die Stätte für Ecetra in Anspruch.*) Dies Bollwerk der Volsker mufs in der Nachbarschaft von Latinern Ae- quern und Hernikern gesucht werden : was auf den bezeichneten Platz in befriedigender Weise zutrifft. 9) Der Name verschwindet seit 378 spurlos aus der Ueberlieferung. Ebenso die zwischen dem Albaner- und Volskergebirg ungewifs wo gelegene Grenzfestung Verrugo.^'^^) Wenn unter König Tarquinius die volskischen Städte

1) It. Ant. 302—306 CIL. X 1 p. 695.

2) Strab. V 237 It. Ant. 304. 5 Tab. Geogr. Rav. IV 33 vgl. S. 59.

3) Tab. Peut. ad birium Geogr. Rav. IV 33 bribila.

4) Liv. XXVII 4 It. 305. 6 Tab. Peut.; sub Anagniae It. Ant. 302.

5) It. Ant. 302.

6) Nibby I » 262.

7) Liv. IV 61.

8) Abeken, Mittelitalien 75.

9) Liv. II 25 III 4 IV 61 VI 31 Dion. H. VI 32 Vlil 4X21 Steph. Byz. 10) Diod. XIV 11 'E^^ovxav eb. 98 Ox eQQ^ylvoi Liv. IV 1. 55. 58 V 28.

650 Kapitel XI. Neu Latium.

Antium und Ecetra als Genossen des von ihm gestifteten Bundes auf- geführt weiden, so vermutet man dafs damals die eine wie die andere (S. 627) im Besitz der Latiner war.i) Dauernd behaupte- ten diese das 10 Millien weiter entfernte Signia Segni, das gemein- schaftlich mit dem gegenüber hegenden Anagnia den Eintritt in das Saccothal bewacht. Die Thalsohle niifst 180 m ü. M., in Ge- stalt einer Birne mit 16 ha Grundfläche (Beloch) steigt die Stadt den mons Lepinus hinan, die Spitze mit der Kirche S. Pietro, einem ehemahgen Tempel, erreicht 668 m.^) Die 2 km lange aus poly- gonalen Blöcken erbaute Mauer ist grofsen Theils erhalten, des- gleichen zwei Thore die ohne Anwendung des Bogenschnitts die Wölbung durch Vorschrägen der Seitenwände ersetzen. 3) Die An- nalen schreiben die Gründung dem letzten Tarquinius zu, die Er- neuerung der Colonie dem J. 495. 4) Sie hat gegen Latiner und Herniker wie im hannibalischen Kriege treu zu Rom gestanden, nach letzterem ihrer Festigkeit wegen den karthagischen Geiseln zum Aufenthalt gedient. 5) Mancherlei Thatsachen bekunden die Blüte des Gemeinwesens. Wie Cora, aber dem Anschein nach um- fassender, hat es in Silber geprägt. ^j Der Cementbelag der den früheren Lehmboden verdrängte {opus Signinum), ist hier erfunden. '') Sein herber Wein wurde als Heilmittel geschätzt. §) Berühmt waren seine Birnen 9) und sein Kohl. lO) Aus der Colonie latinischen Rech- tes wurde 90 v. Chr. ein römisches Municipium das Senat und Prae- toren lenkten, i') Im darauf folgenden Bürgerkriege hielt es zur

1) Dion. H. IV 49. 2) Plaut. Capt. 882.

3) Ann. dell' Inst. 1829 p. 57. 78 1834 p. 360 Abeken 160.

4) Liv. I 56 II 21 Dion. H. IV 63. Wenn die Römer 508 einen Platz ^i- ovvQiov Dion. H. V 20 oder 2!iyXiovQiav Plut. Pub!. 16 gegen Latiner und Herniker besetzen, so ist es sachlich angemessen hierunter Signia zu ver- stehen, von wem auch die Corruptel herrühren mag. Dafs Signia im Latiner- bund von 499 fehlt, erklärt sich aus der Sachlage dafs es in römischer Ge- walt war.

5) Liv. VII 8 VIII 3 XXVIl 10 XXXII 2 Dion. H. V 58.

6) Mommsen, Münzwesen 253.

7) Vitruv VIll 7,14 Colum. RR. I 6 VIII 15 Plin. XVII 46 XXXV 165 Pallad. I 17. 40.

8) Strab. V 237 Plin. XIV 65 XXIII 36 XXXII 109 Gels. IV 12 Galen VI 334 K. u, 0. Athen. I 27 b Martial XIII 116 Sil. It. VIII 378.

9) Colum. V 10 Plin. XV 55 Juvenal 11,73 Gels. II 24 IV 26.

10) Colum. X 131.

11) Plin.11164 Feldm. 237 Geogr. Rav.IV33 CIL.X 1 p. 591 Eph. ep. VIH p. 154.

§ 2. Die Herniker. 651

demokratischen Regierung. 1) Von hier rückte 82 Marius nach Sacri- portus zwischen den Abhängen des Albaner und Volskergebirgs dem Gegner die Strafse sperrend; er ward aufs Haupt geschlagen und rettete sich mit Mühe nach Praeneste.2) Die Eigenschaft und die genaue Lage des Schlachtorts ist unbekannt. Seit jenem Kriege wird Signia in der Geschichte nicht wieder erwähnt, bis es im MittelaUer als päpstUche Festung zu Ehren gelangt.

Der Sacco scheint die Grenze der hernikischen Eidgenossen- schaft im Grofsen und Ganzen gebildet zu haben. Von den Berg- gauen vermögen wir einen Gemeindesitz in dem Städtchen Capitu- lum Hernicvm nachzuweisen.^) Das Dorf Piglio (621 m) 17 Millien von Praeneste, je 8 von Treba und Anagnia entfernt, bezeichnet annähernd dessen Stelle. Bei Erzählung des Aufstandes von 306 wird Anagnia als selbständige Macht von den Hernikern d. h. den Berggauen unterschieden.^) Es beruft den Landtag der verbündeten Gemeinden der im Circus maritimus wie anzunehmen ist aufser- halb der Mauer am Compitum sich versammelt.^) Es soll bereits dem König Tullus Hilfstruppen nach Rom gesandt haben.'') Seine führende Rolle erregte naturgemäfs die Eifersucht der südlichen Städte und den Neid der latinischen Nebenbuhlerin Signia. Die Dichter priesen die Fruchtbarkeit seiner Fluren.') Ferner ist seine Verkehrslage ungleich günstiger: zum Compitum dem Knotenpunct der verschiedeneu Strafsen (S. 649) hatten die Anagniner eine starke Millie^), die Signiner die sechsfache Entfernung zurückzulegen. Das Compitum wo sich ein Heiligtum der Diana und wahrschein- lich später auch ein Vorort befand, hat 222 m, die Stadt 460 m

1) Plut. Sulla 28,4.

2) Plut. a. 0. Appian b. civ. I 87 Liv. LXXXVII Vell. II 26 Lucan II 134 Flor. II 9,24.

3) Strab. V 238 Fun. III 63 Feldm. 232 CIL. X 1 p. 590 Nibby P 382.

4) Liv. IX 43 Fast. Cap. Diod. XX 80 Plin. XXXIV 23 Cic. Phil. VI 13.

5) Liv. IX 42.

6) Fest. 351 M. Es heifst marsische Sdiol. zu V. Aen. VII 684 oder pe- lasgische Gründung Macrob. Sat. V 18,15.

7) Verg. Aen. VII 684 dives Sil. lt. VllI 392 pinguis XII 533 Cerealis.

8) Cic. Phil. II 106 devii, Fronto ad iM. Caes. IV 4. Bei der Flucht des Demetrios 162 v. Chr. dient eine Jagdpartie nach Circei als Deckmantel, zu der eis ^Avayveiai geschickt wird um die Meute zu holen Pol, XXXI 21,6 22,2. 5 23,2 fg. Ein Blick auf die Karte lehrt, dafs darunter nicht die bekannte Stadt, sondern irgend eine Oertlichkeit jenseit der Volskerberge im Pomptini- schen zu verstehen ist.

652 Kapitel XI. Neu Lalium.

Meereshuhe. Sie nimmt einen besonderen Ilügelrücken ein der ohne den Verkehr allzu sehr zu erschweren ausreichenden Schulz gewährt. Von der aus Quadern IrelTlich gel'ügten Mauer sind grofse Stücke erhalten.!) Die misgliickte Schilderhebung 306 versetzte dem Gedeihen Anagnia's einen harten Stofs. Der Landtag und die Ehe- gemeinschaft der hernikischen Gemeinden wurde aufgehoben, die abtrünnigen Gemeinden erhielten Bürgerrecht ohne Stimmrecht und ohne Selbstverwaltung die an einen Praefecten überging. 2) Man begreift darnach dafs die Anagniner in der Abwehr gegen König Pyrrhos sich nicht sonderlich anstrengten. 3) Wann sie Aufnahme in die Tribus Publiha und volles Bürgerrecht empfingen, wird nicht berichtet. Sie bilden in der Folge ein Mtmicipium mit Senat Prae- foren und anderen Magistraten. 4) Als solches zählt es, wie die In- schriften bestätigen, zu den angesehenen Landstädten. &) Vor allem genofs es den Ruhm und Vortheil altvaterischer Frömmigkeit: seine geistlichen Vorrechte bei den Hernikern waren ihm 306 belassen worden. 6) Dieser Umstand bewog Kaiser Marc Aurel zu einem Besuch über den er seinem Lehrer schreibt: „wir sahen die alte Stadt die zwar klein ist, aber viele Altertümer in sich birgt, Gottes- häuser und heihge Gegenstände über die Mafsen. Kein Winkel war da wo nicht ein Sühnort oder eine Capelle oder ein Tempel stände. Aufserdem viele linnene Bücher über den Gottesdienst.""?) Auch im Mittelalter hat sich Anagni als treue Tochter der Kirche be- währt. Von bekannten Persönlichkeiten der Kaiserzeit waren Valens der Feldherr des Vitellius und Marcia die Gattin des Commodus von hier gebürtig. ») Die reizende Umgegend hatte Cicero Brutus und andere Grofse zu Gutskäufen veranlafst.^) Später ist ein

1) Bull, deir Inst. 1885 p. 190.

2) Liv. IX 43 Fest. 127. 233 M.

3) Appian Samn. 10. Der Marsch Hannibals Liv. XXVI 9 ist ungeschichtlich.

4) Cic. pro domo 81 Feldm. 230 CIL. X 1 p. 584.

5) Strab. V 238 Plin. III 63 Ptol. III 1,54.

6) Die Inschriften erwähnen Pontifices Augurn Salier, Darstellung der Salier Ann. dell' Inst. 1869 p. 75.

7) Fronto IV 4 Charis. p. 242 Keil. Die Prodigien sind zahlreich: Liv. XXVI 23 XXVII 4 XXIX 14 XXX 2 XLIII 13 XLV 16 Obseq. 11. 15. 27.

6) Tac. Bist. III 62; Mommsen zu CIL. X 5918; Serv. V. Aen. VII 684 ist ungereimt.

9) Cic. ad Att. XII 1,1 XV 26,1 ad Qu. fr. II 5,4, daher Nachbar der Ale- trinaten pro Ciuent. 49. 56.

§ 2. Die Heriiiker. Ö53

kaiserliches Gut villa Magna am rechten Ufer des Sacco 6 Miliieii von Anagni nachweisbar: den Namen lernen wir aus einer Wege- bauinschrift kennen; er lebt am alten Orte (Villamagna) fort.^)

Die drei südhchen Städte der Herniker haben ihr Buudesrecht von 486 das dem latinischen entsprach , bis 90 v. Chr. behalten (S. 648 A. 8). Von ihnen stufst Ferentinum Ferentino 8 Millien vom Compitum Anaguinum an die Via Latina.-) Der Stadthügel überragt die Strafse um 150 m, die Ringmauer ist in polygonalem Stil erbaut. Den Gipfel (393 m) nimmt die Burg ein: zwei Cen- soren haben sie mit einer 33' (9,075 m) hohen und ebenso tief fundirten Stützmaner umzogen. =^) Welche Gottheit dort thronte, wissen wir leider nicht. Der Bau stammt aus der Zeit vor Ver- leihung des Bürgerrechts, als die Ferentinaten die Ungebühr romi- scher Beamten und den Spott der hauptstädtischen Bühne über sich ergehen lassen mufsten.*) Ferentinum begegnet zuerst 413, als es in die Hände der Volsker gefallen war und durch die Römer be- freit ward; diese nehmen es 361 ein; am Aufstand 306 unbelheiligt, hat es wie Signia 199 die karthagischen Geiseln bewacht, 195 bei der Gründung von Colonien gleiches Recht wie die Römer bean- sprucht.-^) Sodann Municipium in der Tribus Publilia wird es kaum noch erwähnt "^j, allenfalls als Beispiel für einen stillen Ort.") Er hatte sich zwar aufserhalb der Mauer ausgebreitet: aber da die Zinsen einer Stiftung im Betrag von 4200 Sesterzeu 913 Mark zur jährlichen Bewirtung der ganzen freien Einwohnerschaft ausreichten, kann diese nur ein paar tausend Kopfe gezählt haben. s) Nach In- schriften des 3. Jahrhunderts die von Ferentinates novani reden, scheint sie von Staats wegen verstärkt worden zu sein.'^) Ihre eigentliche Blüte entfallen diese Städte, bevor sie von der römischen

1) Marc Aurel an Fioiilo IV 4 CIL. X 1,5909.

2) Slrab. V 237 lt. Aiit. 302. 305 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33.

3) Ann. dell' Inst. 1834 p. 144 CIL. X 1,5S3S; bei der Erklärung der In- schrift ist der italische Fufs (S. 65) anzuwenden.

4) Gell. N. A. X 3,3 Titinius 85 (Ribbeck p. 146) Ferenlinatis populus res Graecas sludet,

5) Liv. IV 51. 56. 61 VII 9 IX 42. 43 XXVI 9 XXXII 2 XXXIV 42 Sil. It. VllI 393.

6) Strab. V 237 Plin. 111 64 Plol. III 1,54 Feldni. 234.

7) Hör. Ep. I 17,8 mit Schol.

8) CIL. X 1,5853.

9) CIL. X 1,5825. 28.

654 Kapitel XI. Neu Latium.

Hürgerschaft verschluckt wurden. Solche Bemerkung drängt sich vor allem bei Aktrium Alatri auf, das den stolzen Trotz des alten Fehdelebens in hervorrragender Weise verkörpert. Von Ferentinum 7 Millien und ebensoviel von Frusino entfernt, am rechten Ufer des Cosa gelegen, beherrscht es das Hügelland des unteren wie das Engthal des oberen Laufes. Der 2 km lange Ring umschliefst eine Grundfläche von 25 ha; in Mitten auf dem Gipfel (502 m) stellt die längliche Burg (600 m Umfang) die innere Festung dar. Die Mauer im Durchschnitt 9 m hoch schmiegt sich den steilen Abhängen an und ist mit Sorgfalt aus vieleckigen Blöcken gefügt, von denen manche eine seltene Grüfse erreichen: so mifst der Sturz des Burg- thors über 5 m Länge 1,60 m Höhe 1,75 m Breite und wiegt 6 700 Centner. Von den 4 Stadllhoren rühren 2 aus dem Aher- tum her, die beiden anderen sind umgebaut; denn die Hernikerfesle hat den Nachfahren als das Faustrecht wieder zur Geltung kam, sicheren Schutz geboten. i) Von den Erbauern und ihren Kämpfen meldet keine Ueberlieferung. Aletrium wird nach 306 und nach 90 als es römisches Municipium geworden war, nur beiläufig ge- nannt.^) Aber aus der Zeit der Unabhängigkeit entwirft die In- schrift des Betilienus Varus ein anziehendes Bild, wie um 120 v. Chr. die Stadt der Segnungen des Friedens sich erfreute. Zweimal Censor hat er nach Beschlufs des Senats alle städtischen Strafsen mit Gangsteigen versehen, eine Säulenhalle nach der Burg, einen Spielplatz, eine Uhr, Sitzbänke, ein Schlachthaus, ein Badebassin, eine Schwemme am Thore erbaut bezw. angelegt, die Basilica mit Stuck überzogen, eine Wasserleitung in die Stadt geführt, deren Röhren von der Thalsohle das Wasser 340' 93,5 m hoch trieben : letzteres eine bemerkenswerte Leistung.^) Die letzte von den drei Hernikerslädten Verulae Veroli liegt hoch (664 m) und fest 7 Millien Südwest von Alatri, ebenso viel Nordost von Frosinone. Reste der polygonalen Mauer sind vorhanden. Seit 90 v. Chr. römisches Muni- cipium wird es in der Litteratur kaum beachtet.^)

1) iMiUh. d. röm. Inst. 1889 p. 126—152 mit Plan.

2) Liv. IX 42. 43 Plaut. Capt. 883 Cic. pro Cluent. 46. 49. 56 Strab. V 237 Piin. III63; Feldm. 230 hat die Form Alatrium, Geogr. Rav. IV 33 Alatrum; CIL. X 1 p. 566.

3) CIL. X 5807 p. 566. 980; bei den technischen Untersuchungen der zu- treffenden Angabe ist verkannt worden, dafs der italische Fufs gemeint sei.

4) Fior.I 5,6 als Beispiel der Kleinheil; Liv. IX 42. 43 Plin. III 64 Feldm. 239 CIL. X 1 p. 565.

§ 2. Die Herniker. 6Ö5

Ein Gebirgswall mit Gipfeln von 2000 m und darüber schützt die Herniker im Osten gegen die Volsker. Aber wo der Liris nach Süden umbiegt, bei Sora wird der Wall von einer breiten Lücke unterbrochen, das 2— 300 m hohe Hügelland setzt dem Eroberer keine Schranken. So scheint zunächst Frusino Frosinone in vols- kischen Besitz gelangt zu sein. Es nimmt einen Hügel (291 m) am linken Ufer des Cosa ein, auf der Via Laiina 7 Milben von Ferentinum entfernt.') Es wurde 306 von den Römern erobert und verlor ein Drittel seines Gebiets das der Staat versteigern liefs.2) Die Bewohner denen ein Praefect Recht sprach, werden minderes Bürgerrecht bekommen haben. 3) Der Titel Colonie stammt aus der Kaiserzeit.4) Die litterarischen Erwähnungen berechtigen nicht bei der Stadt zu verweilen s), so wenig wie die spärbchen Inschriften und Ruinen: unter letzleren soll sich ein Amphitheater befinden. 5 Millien südbch von Frosinone hart am linken Ufer des Sacco dem heutigen Ceccano gegenüber gelegen, enthält die Kirche S. Maria del Fiume eine Anzahl Inschriften von Fahrateria vetus.^) Die Trägerin dieses Namens mufs in der Nähe gesucht werden, wenn auch die genaue Oertlichkeit noch nicht ermittelt ist. 330 v. Chr. erbitten die volskischen Gemeinden der Fuhraterni und Lucani Schutz von Rom gegen die Samniten.') Die Lucaner haben ihre Selbstverwallung eingebUfst und kommen nicht mehr vor. Jene bilden ein ursprünglich von Dictaloren später von Quattuorvirn ge- leitetes Municipium, das vermutlich 124 in der Ausdehnung be- schränkt, bei seiner Kleinheit und Abgeschiedenheit nicht allzu viel bedeutet^). Die Via Latina läuft von Frosinone durch das Hügel- land fort und langt nach 14 Millien bei Fregellannm Ceprano am Liris an welches die Station für den am jenseitigen Ufer befind- lichen Markt Fregellae (S. 675) isl.^) Dem Liris folgend über-

1) it. Ant. 303. 305 Plaut. Capt. 8S3.

2) So Diod. XX 80 nacti dem man die Stadt den Hernikern zuweisen könnte, von denen Liv. X 1, der das Ereignifs 303 ansetzt, sie unterscheidet.

3) Fest. 233 M. Prodigien Liv. (XXVI 9) XXVll 37 XXX 2. 38 XXXI 12 XXXIl 29 Obseq. 15.20.

4) CIL. X 1 p. 554.

5) Cic. ad Att. XI 4,1 13,4 Strab. V 237 Plin. 111 (i4 Ptol. III 1,54 Juvenal 3,224 Sil. lt. VIII 398 XII 532 Feldm. 233.

6) CIL. X 1 p. 552. 7) Liv. VIII 19.

8) Plin. III 64 Sil. It. VIII 396 Cod. Justin. XI 40.

9) lt. Ant. 303. 305.

666 Kapitel XI. Neu Latiuni.

schreitet sie den Trerus, erreicht nach 3 Millien Fahrateria nova und gehl von hier üher den Liris nach Aquinum, Reste der Brücken sind vorhanden.') Den Namen bewahrt das Dorf Falva- terra auf der Höhe (38 1 m). Die alte Stadt lag in der Ebene (120 m) beim Zusammenflufs von Trerus und Liris zwischen S. Giovanni in Carico und Isoletta. Sie ist 124 v. Chr. nach Fregellae's Zerstörung erbaut worden. 2) Aus dem Namen ersieht man dafs die Gemeinde der Fabraterner getheilt wurde. Das südliche Stück erhielt wesent- hchen Zuwachs aus Fregellaner Gebiet, so dafs die Feldmark an Arpinum und Aquinum grenzte. 3) Das neue Gemeinwesen war BUrgercolonie und der Tribus Tromentina zugewiesen, hat auch Duovirn an der Spitze, mufs sich aber in der Kaiserzeit mit dem Namen Municipium begnügen. So selten sie erwähnt wird, darf man sie doch nach ihren Inschriften den ansehnlichen Gemeinden zuzählen. 4)

§ 3. Die Aurunker. Die Küste von Tarracina bis Sinuessa kann als Gegenstück zu dem vorhin beschriebenen Abschnitt von Anlium bis Tarracina gelten. Die physischen Unterschiede fallen in die Augen: das breite Hinterland fehlt, der Appennin in geschlossener Masse, weiter der Massiciis rücken ans Meer vor und weisen der Ebene eine be- scheidene Ausdehnung zu, dafür ist die Strandlinie geschwungener und macht die Annäherung an den Süden sich fühlbar. Aber was den Vergleich herausfordert, ist die üebereinstimmung der geschicht- lichen Verhältnisse. Wie in der römischen Chronik das ganze pomptinische Land, so heifst den griechischen Seefahrern die Küste von Circei bis Campanien volskisch (S. 553). Die Herrschaft dieses Volkes hat hier wie dort bleibende Spuren hinterlassen: volskisch ist einst in Vehtrae geschrieben (S. 632), in Formiae und Fundi gesprochen worden. s) In beiden Fällen jedoch lagert die Herrschaft über einer älteren Culturschicht und dauert nur anderthalb Jahr- hundert. Der Zeitraum war zu kurz um die voraufgegangene Stammesart zu vertilgen. Ein vereinzeltes Denkmal läfst schliefsen dafs das oskische Sprachgebiet einst bei Tarracina seinen Anfang

1) It. Ant. 303 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 CIL. X 1 p. 547. 697 fg.

2) Vell. I 15.

3) Cic. pro Cluent, 192 ad Farn. IX 24,1.

4) Slrab. V 237 Plin. lil 64 Juvenal 3,224 Feldm. 234.

5) Fest. 293 M. Chaiis. p. 111 Keil.

§ 3. Die Aurunker. 657

genommen habe (l 531 A. 2). Die Geschichte der Umwälzung die Mittelilahen vom Tiber bis zum Volturnus im 5. Jahrhundert heim- suchte, ist für uns verloren. Wo die Chronik den Namen zum ersten Mal erwähnt, 503 sagt sie Pometia und Cora seien zu den Aurunkern abgefallen; 495 rücken ihre Scharen, wilde schrecklich aussehende Leute bis Aricia und werden aufs Haupt geschlagen. i) Dann ist es von ihnen bis zu den samnitischen Kriegen still. Hatten nach Vertreibung der Könige die Aurunker in kühnem Aufschwung das südhche Latium zu gewinnen getrachtet, so ist mittlerweile ihr Reich auf einen winzigen Umfang zusammen geschrumpft (I 532). Es umfafst 314 noch 3 Gemeinden und geht jetzt völlig zu Grunde.^) Da der IName den hellenischen Geschichtschreibern des 5. Jahr- hunderts geläufig gewesen war, hat er späteren Gelehrten Anlafs zu verschiedenartiger Betrachtung geboten. Wenn die Aurunker einerseits als wilde Barbaren bezeichnet werden, so scheint diese Vorstellung von Gebirgsdorfern entlehnt zu sein die unter der Bot- mäfsigkeit der latinischen Städte ihre Eigenart lange bewahrten.^) Umgekehrt aber versetzt die Deutung des Namens als ,,die Herren, die Kühnen,, in die Zeiten früheren Glanzes zurück.^) Auch ist die Einsicht dafs ehemals die launische Küste bei Circei von der auso- nischen abgelöst wurde, gelegentlich zu Worte gelangt.-^j

Die nördUchen Städte Fundi und Formiae sind im 4. Jahr- hundert volskisch, halten mithin wie solches in Latium und Campa- uien geschah, aller Wahrscheinlichkeit nach volskische Streithaufen in ihren Gemeindeverband aufnehmen müssen. Ihre Iriedfertige Haltung gegen Rom erklärt sich ungezwungen bei einer gemischten Bevölkerung und der davon unzertrennlichen Schwäche der Wehr- kraft. Die von Rom verhehene Verfassung steht mit solcher An- nahme in Einklang. Sie erhalten zunächst 338 minderes Bürgerrecht*»), alsdann 188 volles Bürgerrecht und Aufnahme in die Tribus Aemi- lia.") Trotzdem bleibt ihnen die freie Bewegung der Municipien versagt: vielmehr tritt zu den gewählten Beamten, drei Aedilen, ein

1) Liv. II 16. 17. 26 Dion. H. VI 32 vgl. I 21.

2) Liv. IX 25.

3) Dion. H. I 21 VI 32 Verg. Aen. VII 727.

4) Suidas Alaoviav vgl. Et. Magn. 171.

5) Strab. V 232. 233.

6) Liv. VIII 14 Vell. I 14 Dion. H. XV 7 Fest. 127 M.

7) Liv. XXXVIIl 36.

Nissen, ItaJ. Landeskunde. IL 42

658 Kapitel XI. Neu Latium.

vom römischen Praetor bestellter Praefect hinzu der nicht nur Recht spricht, sondern auch die Beschlüsse des Stadtrats bestätigt. i) Den Grund dieser Einrichtung darf man in der Ausdehnung der zu den Städten gehörigen Bergdistricte erblicken welche die Er- haltung nationaler Gegensätze beförderte. Die Appenninkette die wir mit dem Namen der Volsker bezeichnen (I 238), zerfällt in vier durch Einsenkungen geschiedene Theile. Der Stock der im Vor- gebirge von Tarracina endigt, wird nach Norden durch den Ama- senus begrenzt (S. 639). Im Süden bildet das Thal von Vallecorsa einen Einschnitt und leitet von den Fabraternern am Tierus be- quem hinüber an die Küste: nur am Abschlufs bei Acquaviva ist ein Rücken von 615 m zu überwinden. Die nächste bis zum Au- sente reichende Bergmasse fällt auf einer Strecke von 15 km un- mittelbar ins Meer; die Gipfel die landeinwärts 1000 m überragen (M. Petrella 1533 m), ermäfsigen sich hier auf 200 m. Zwischen diesem Vorsprung und dem von Tarracina entsteht eine 13 km breite 10 km tiefe Ausbuchtung die vom Schutt des Gebirges ausgelullt, ein verkleinertes Abbild des pomptinischen Gefildes darstellt (l 329). Die Alten benennen die Bai sitius Amyndanus-) oder mare Amucla- num^), die Lagune lacus Amyclanus ^) ^ nach einer verschollenen Stadt AnnmcJae oder Amyclae, deren Bewohner durch die Menge von Schlangen verjagt sein sollen. 5) Daneben wird die Sage nach welcher die altlakonische Königssladt Amyklae durch unzeitiges Schweigen ihrer Bürger eine Beute Sparta's wurde, auf diesen Ort übertragen und damit für ihn ein lakonischer Ursprung behauptet. c) In geschichtlichen Zeiten ist Fundi Fondi Herrin des ausgedehnten Gebiets. Sie liegt am Nordende der Ebene 8 m ü. M., je 13 Milben von Tarracina und Formiae entfernt.^) Sie bildet ein regelmäfsiges Viereck mit etwa 16 ha Grundfläche; ein Thor und Reste der alten Ringmauer sind noch sichtbar. Die Via Appia, durch Sümpfe zu einem Umweg um den 8 Dkm haltenden lacus Fundanus Lago di

1) Fest. 233 M. CIL. X 1 p. 6U3. 617.

2) Plin. X1V61.

3J Tac. Ann. IV 59 vgl. Athen. 111 121a.

4) Isigonos fr. 17 Müller FHG. IV 437 Xitivr^v MvnXainv.

5) Plin. HI 59 VIII 104 Isigonos a. 0. Solin. 2,32 Seiv. V. Aen. X 564; Amyclae Fundanae Maitial Xlil 115.

6) Verg. Aen. X 564 mit Schol. Sil. It. VIII 528.

7) II. Ant. 108. 121 Hieros. 611 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 GIU X 1 p. 691.

. § 3. Die Aurunker. 659

Fondii) gezwungen, durchschnitt das Städtchen und machte es den Reisenden verlraut.2) Indem Horaz bei seinem Besuch den hoch- mügenden Aedil als Praetor betitelt, verleiht er mit dichterischer Freiheit dem Narren eine Rangerhöhung. 3) Von der Verfassung und Geschichte des Gemeinwesens war oben die Rede. Es bleibt nachzutragen dafs einer der vornehmsten Bürger 330 den Auf- sland der Privernaten mitmachte, dafs die Familie der Kaiserin Livia von hier stammle. *) Der Fundaner Wein hatte Ruf 5), wurde frei- lich durch den Caecuber völlig in den Schatten gestellt. Der ager Caecuhus ist die INiederung an der Küste, wo an Pappeln die edle Traube gezogen wurde die gelegentlich den ersten Preis unter allen Gewächsen Italiens errang.*^) Den Abschlufs der Mederung bildet ein Vorgebirge mit dem Fischerdorf Sperlonga das im Altertum den amyclaeischen Thunfisch auf den Markt brachte.") Der Name des Orts lautete Spelnnca nach der natürlichen Grotte die Kaiser Tiberius, ein Liebhaber solcher Naturspiele, seiner hier befindUchen Villa ein- gefügt halte. ^) Die Hauptgrotte bewahrt noch die Spuren künst- lerischen Schmuckes; ebenso sind Reste der Villa erhalten.

Von Fundi zieht die Via Appia schnurgerade auf die Schlucht von Itri zu, in der sie bis 277 m zu steigen hat. Hinler dem Kessel in dem Itri hegt (207 m), folgt der Abstieg an den Golf von Gaeta nach Formiae Mola di Gaeta, neuerdings Formia umge- tauft, 88 Milben von Rom.») Die Stadt am Fuls (50 m) des M. Mola (270 m), hinter dem Gipfel von 13 1500 m empor ragen, nimmt die Mitte der Rucht ein die einen nach Südost geöffneten Halbkreis mit 8 km Durchmesser beschreibt. Die Bucht wird von zwei Vor-

1) Plin. III 59.

2) Cic. ad Att. XIV 6,1 Slrab. V 233 Mela II 71 (Plin. III 59 oder 64 ver- gessen) Plol. III 1,54.

3) Hör. Sal. 1 5,34 Mommsen Herrn. XIII 113.

4) Liv. VIII 19 XU 27 Cic. de lege agr. II 66 Sueton Tib. 5 Cal. 23 Galb. 8 Vit. 6 Feld-Ti. 234 CiL. X 1 p, 617.

5) Plin. XIV 65 Marlial XIII 113 Strab. V 234 Athen. I 27 a.

6) Hör. Od. I 2u,9 11 14,25 Strab. V 234 Cokim. 111 8 Plin. II 209 HI 60 XIV 52. 61 XVI 173 XVII 31 XXIII 35 Martial XII 17 XIII 115 Athen. I 27a Galen VI 805 K. Dioskor. V 10.

7) Athen. III 121a.

8) Slrab. V 233 Plin. III 59 Tac. Ann. IV 59 Suet. Tib. 39.

9) It. Ant. 108. 121 Hieros. 611 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 Wege- bau Liv. XXXIX 44 CIL. X 1 p. 692.

42*

660 Kapitel XI. Neu Latium.

gebirgen begrenzt: im Osten M. Scavori (125 m) im Westen Torre d'Orlando (167 m). Rolandsthurm nennt der Volksmund das mäch- tige Grabmal (einen Rundbau aus Travertinquadern nach Art der Caeciha Metella) das Munatius Plancus, Gründer von Lyon und Basel (42 V. Chr.) sich auf dieser stolzen Höhe errichtete. Das Gap fordert zum Vergleich mit dem Cap von Misenum auf, beide erwecken aus der Ferne den Eindruck riesiger Tumuli, der Dichter wies diesen dem Trompeter, jenen der Amme seines Helden an. i) Ein feiner Natursinn spricht aus der Erfindung. Aeltere Fabeln entrollen ver- schiedenartige Bilder. An den Hügeln angew^achsen wie der Finger an der Hand, springt ein niedriger Felsrücken vor und schafft den nach Nord gewandten portus Caietae oder Caieta"^) einen der geschützte- sten Häfen Italiens. 3) Er ist 5 Millien von Formiae entfernt 4) und oberhalb der Stadt durch einen Richtweg mit derViaAppia verbunden. Der belebte Platz wird oft erwähnt 5), hat aber im Altertum keine Selbständigkeit erlangt.*^) Erst nachdem die Saracenen 856 Formiae zerstörten und die Bevölkerung dicht gedrängt den Schutz des Vorgebirges aufsuchte, hat das frühere Verhältnifs beider Ortschaften sich umgekehrt. Gaeta's Ruhm füllt die Blätter der Geschichte : von den Thaten der alten Ausoner und Volsker singt keine Muse. Man könnte sich versucht fühlen einen Nachhall ihrer Kämpfe mit den Hellenen in dem Umstand zu erblicken dafs die Laestrygonen und Lamos' hohe Stadt nach Formiae versetzt werden, wenn die Gleichung nicht gar so jung wäre und auf einen Stammbaum für den reichen

1) Verg. Aen. VII 2 Ovid Met. XIV 443 Dioii. H. I 53 Slrab. V 233 Solin 2,13 Stat. Silv. I 3,87 Martial V 1,5 X 30,8.

2) Der Genetiv hebt den Hafen, der Nominativ den Ort hervor. Dion. H. I 53 überträgt den Namen auf das Vorgebirge, Strab. V 233 auf den Golf.

3) Cic. de imp. Gn. Pomp. 33 porium Caietae celebefrimum ac plenissi- mum navium, Tac. Ann. XV 46 Flor. I 11,4 nobilis.

4) Wie Strab. V 233 richtig angiebt.

5) Plin. 111 59 Vita Ant. P. 8 Ant. Phil. 19 Piut. Cic. 47,4.

6) Deshalb auch mit einer Praeposition verbunden, doch sieht man früh von dieser Strenge ab und behandelt es als Stadtnamen: Cic. ad Att. VIJI 3,6 XIV 7,1 (in Rasur) in Caieta de Or. II 22 ad Caietam = Val. Max. VIII 8,1 Caietae ders. V 3,4 Cassiod. ehr. a. 711 Appian b. civ. IV 19 (xfiq>l Kuit^ttjv nöXiv (Schweighäuser) CIL. VI 8583 Obseq. 5 = Liv. XL 2. Ob aber Livius doch nicht a Formiis aedem ApolUnis ac Caietae geschrieben, da er fr. 50 ab Caieta sagt, bleibt unsicher. Gegebenen Falles könnte die einheimische Schutzgöttiu gemeint sein.

§ 3. Die Aurunker. 661

Lamia abzielte, i) Timaeos hat die Argonauten herangezogen und Caieta von Medea's Vater Aietes hergeleitet.'^) Mit Beifall wurde ein Gelehrter begrüfst der in dem Namen die Spuren der Lakonen ent- deckte.3) Wir geben ihm gern den Laufpafs und bescheiden uns das Wenige zu wissen das S. 657 über die ältere Geschichte und Verfassung Formiae's beigebracht ward. Von den Piraten und Sexlus Pompeius geplündert, ist die Stadt durch Hadrian zur Colonie er- hoben worden : ihre Bürgermeister heifsen fortan Duovirn statt Aedilen,4) Die Inschriften allein müssen sie vergegenwärtigen; denn die zahlreichen Ruinen gehören Villen an die den ganzen Zwischen- raum zwischen Stadt und Hafen ausfüllten. Das temperatae dulce Formiae litus von Bergen umhegt in südHchem Pflanzenschmuck prangend, die Reize Neapels in stiller Ruhe entfaltend &), hat seit den punischen Kriegen unter dem Adel Roms Verehrer gefunden und bei allen Wechseln der Mode sich bewahrt.^) Cicero's Manen um- schweben das gastliche Gestade an dem er tür die Freiheit in den Tod ging: sein Formianum lag nur eine starke Millie von Gaeta, wird deshalb von ihm auch Caietanum benannt.") Dies bescheidene Landhaus ist es freilich nicht, sondern die Pracht die Mamurra (ein Bürger der Stadt) und seines Gleichen mit keltischem Golde aufthürmten, deren Trümmer das Auge fesseln. *) Der Formianer Wein wird gelobt. 9)

Auf das östliche Vorgebirge des Golfs von Gaeta folgt die Küstenebene die der Liris ausgefüllt hat (I 330). Sie erstreckt sich am Strande 16 km lang hin, landeinwärts 14 km. Gen Osten dacht sich der vulkanische Ringwall der Rocca Monfina (I 266) allmälich

1) Cic. ad Att. II 13 bedarf die Anspielung 59 v. Chr. einen Commentar, Hör. Od. 111 17 Plin. 111 59 Sil. lt. Vll 41Ü Vlll 529.

2) Lykophr. AI. 1274 Diod. IV 56.

3) Strab. V 233 Plin. 111 59 Fest. 83 M. Serv. V. Aen. VII 695 <PoQ!iCai = 'Ogfiiai Siä To sioQfiov Kaiäja = KaiäSa (Thuk. I 134 Strab. VIII 367).

4) Cic. de imp. Cn. Pomp. 33 Flor. II 18,2 CIL. X 1 p. 603. Andere Er- wähnungen Liv. XXXII 1. 29 XXXV 21 XL 2 Obseq. 14 Mela 11 71 Ptol. III 1,5 Feldm. 234 Sueton Vit. 7.

5) Martial X 30.

6) Cic. de Rep. I 61 de Or. II 22 (Laelius) Phil. XIII 11 ad Att. VII 8,4 (Pompeius) de Deor. nat. Ill 86 ad Att. XV 13,5 Tac. Ann. XVI 10 vita Ant. Phil. 19 Aelian Tact. praef. Dig. I 8,4.

7) Liv. fr. 50 Appian b. civ. IV 19 Plut. Cic. 47,4 Cic. ad Att. I 3 u. 4 XIV 7.

8) Hör. Sat. I 5,37 m. Schol. Plin. XXXVI 48.

9) Hör. Od. I 20,11 III 16,34 Athen. I 26e.

662 Kapitel XI. Neu Latium.

ab und wird durch den Massicus (I 264) fortgesetzt. An der gegen- überliegenden Nordseite fehlt die Vermittlung zwischen dem Appennin und der Ebene. Der volskische Appennin zerfällt wie S. 658 be- merkt ward, in vier Abschnitte: der vom Liris umflossene Südost- abschnitt hat die geringste Ausdehnung und Erhebung (M. Majo 940 m). Das Thal des Ausente trennt ihn von den höheren for- mianischen Bergen. Der Ausente wie der rechts in ihn einmün- dende Ausentello erinnern durch ihre Namen an die ehemaligen Bewohner. Nach Ausweis der Inschriften bestand hier in römischer Zeit ein Vicus.i) Der heutige Hauptort des Thals Tratte ist Auso- nia umgetauft worden: was besser kHugt, aber auf blofsem Belieben beruht. Die 3 d. GM. grofse Küstenebene und das Gebirge das sie schützend umgiebt, war den Aurunkern bis zum Ausgang des 4. Jahrhunderts verblieben. Als sie nach dem Sieg der Samniten bei Lautulae 315 auf deren Seite traten, wurde im nächsten Feld- zug ihre Selbständigkeit aufgehoben.") Von den 3 namhaft ge- machten Städten die damals den Rest der aurunkischen Gemein- schaft darstellten, war Minturnae oder nach älterer Schreibung Menturnae^) der Hafen der beiden anderen. Es liegt am rechten Ufer des Liris 2 km oberhalb der Mündung, oder wenn man die Vorstadt jenseit der Brücke mit zur Stadt rechnen will, an beiden Ufern des Liris. 4) Die Brücke auf der die appische Strafse den Flufs überschreitet, hiefs pons Tiretius.^) Unweit der Mündung wurde Marica eine altitalische Göttin in einem heiligen Hain ver- ehrt.6) In dem anstofsenden Sumpf suchte der flüchtige Marius ein Versteck: mit minderem Glück als Garibaldi in den Sümpfen von Ravenna.'^) Ein 1 2 km breiter Sumpfgürlel fafst den Strand in seiner ganzen Ausdehnung ein.^) Jenseit bei 8 m Meereshöhe liegt die Stadt und läuft die Via Appia. Die Luft war in solcher Nachbarschaft keine gute 9), aber die Vortheile des Platzes hefsen

1) CiL X 1 p. 529. 2) Liv. IX 25.

3) CIL. X 1 p. 595.

4) Streb. V 233 Plin. III 59 (vgl. I 329 A. 2) Mela II 71 Ptol. III 1,54.

5) Cic. ad Alt. XVI13a,l.

6) Strab. V 233 Plut. Mar. 39 Liv. XXVII 37 Hör. Od, III 17,8 Serv. V. Aen. VII 47 Lucan II 424 Marlial X 30,9 XIII 83 Vib. Seq. 149. 153 Riese Glaudian I 259 Preller Mylh. 13 412.

7) Plut. Mar. 36—40 Appiau b. civ. I 61. 62 Vell. II 19 Juvenal 10,276 u. a.

8) Weidenpflanzung Cic. de lege agr. 2,36.

9) Ovid Met. XV 716 Minturnae graves.

§ 3. Die Aurunker. 663

darüber hinwegsehen. Er ist durch die Appia mit Formiae und Sinuessa verbunden, von beiden je 9, von Rom 97 Milben ent- fernt.*) Ferner zweigt hier eine Strafse ab au Suessa (10 Millien) vorbei nach Teanum (18 Milben) und Benevent (78 3IiUien).'') End- lich führt eine Strafse den Ausente hinauf der bei Minturnae in den Liris einfliefst, bat eine Steigung von 160 m zu überwinden und erreicht nach 25 Millien Aquinum.3) Die günstige Verkebrslage 4) bat den Aufschwung des Gewerbes befördert °) und die Geschicke der Stadt bestimmt. Sie verlor ihren oskischen Charakter 6) durch die Bürgercolonie die 295 gegründet und nachmals der Tribus Teretina zugewiesen ward.') Sie gebort zu den Colonien des Augustup'^) und erhielt von ihm eine Gebietserweiterung.^) Inschrif- ten und Ruinen (darunter ein Amphitheater) bekunden die Blüte des Gemeinwesens. Es wird noch im 6. Jahrhundert erwähnt J<>) In der Folge wurde die Stätte verlassen : 2 Millien oberhalb an einem gesünderen und geschützteren Ort (140 m) bot Traetto das jetzt Minturno beifst, den Bewohnern Unterkunft. Als Schwester- colonie wurde 295 in sahn Vesctno Sinuessa gestiftet, die Grenz- festung des erweiterten Latium gegen Campanien und von hervor- ragender strategischer Bedeutung.") Das Bergland das den Unterlauf des Liris von dem des Volturnus scheidet, umfafst verschiedenartige Bestandtheile. Dem Meer zunächst vollzieht ein 5 km breiter 12 km langer Rücken die Trennung. Er mifst im Mittel 500 m, die höchste Spitze 811 m, bestebt aus Kalk mit einem Mantel von pliocaenen und vulkanischen Massen, bat in einer früheren geologischen Periode

1) Strab. V 233 80 Stadien It. Ant. 108 Hieros. 611 Tab. Peut. Geogr, Rav. IV 32 V 2 CIL. X 1 p. 693.

2) lt. Ant. 121 Tab. Peut.

3) Cic. ad All. XVJ 10 zu interpungiren verti igäur me a Minturnis Ar- pinum versus constitueravi, ut . . . eb. 13 a, 2 via mala.

4) Cic. ad Fam. XIV 14,2 ad Att. V 1,5 3,2 VII 13,6.

5) Cato RR. 135.

6) Wenn Dionys nach Sleph. Byz. sie den Samniten zuschreibt, wird er an die oskische Nationalität gedacht haben.

7) Veli. I 14 Liv. X 21 XXVII 38 XXXVI 3 Cic. pro Plane. 26; Prodigien Liv. XXVII 37 XXXVI 37 XLIII 13 Obseq. 27.

8) Plin. III 59 Dion. H. I 9 Plol. III 1,54.

9) Feldm. 178. 235.

10) Prokop b. Goth. III 26.

11) Vell. I 14 Liv. X 21 XXil 14 XXVII 38 XXXVI 3.

664 Kapitel XI. Neu Latium.

eine Insel gebildet (I 264). Der glücklichen Bodenmischung ver- dankt er seinen Ruf: denn dies ist der weinberiihmte mons Massi- cus.^) Gegen das Meer vorspringend läfst er am Strand einen Durchgang den saltus Vesctmis frei, der in der Kriegsgeschichte ge- nannt wird gleich dem Pafs von Lautulae bei Tarracina (S. 642). Durch ihn entkamen 340 die am Vesuv geschlagenen Latiner, durch ihn drangen die Samniten 296 ins Falernerland, von hier sah Fabius 217 dessen Verwüstung abwartend an. 2) Die Aurunkerstadt Vescia ist seit 314 verschollen 3), ihr Name haftet nicht blofs am Pafs, sondern ähnlich wie das mit Pometia geschah (S. 634), diente ager Vescinns zur Bezeichnung der ganzen Küstenebene am unteren Liris.4) Die Stadt wird am Massicus zu suchen sein ; ihre Nach- folgerin Sinuessa sperrt den nördlichen Eingang des Passes, am Strande zwischen zwei Bächen gelegen: Torre S. Limato, 4 Millien Nord vom heutigen Mondragone, bezeichnet den Ort. Die Feldmark erstreckte sich bis ans Falernische hin.^) Die älteste Namensform lautet Senuisa, die jüngere Sinuesa oder gewöhnlich Sinuessa und scheint einheimisch zu sein. 6) Die Stadt ist 106 Millien von Rom''), fällt daher aufserhalb der rechtlichen, innerhalb der natürlichen Grenze Latiums und wird bald zu diesem bald zu Campanien ge- rechnet (S. 553). Die Republik hat in der Colonie viel bauen lassen. s) Augustus freihch wandte seine Gunst der Nachbarin Minlurnae zu. Dann aber ist sie vermutlich durch Domitian und im Zusammenbang mit der Anlage der Via Domitiana nach Puteoli wieder zum Rang einer colonia Flavia erhoben worden. 9) Die Reisenden rasteten gern in Sinuessa'") und priesen seine weiche

1) Verg. Georg. II 143 III 526 Aen. VII 726 Hör. Od. I 1,19 III 21,5 Colum. m 8 Plin. III 60 XIV 64 Martial I 26,8 XIII 111 Sil. It. VII 166. 207. 263.

2) Liv. YIII 11 X20 XXII 14.

3) Liv, VIII 11 IX 25 Sleph. Byz. Beaxia.

4) Liv. X 20. 31 Cic. de lege agr. II 66 Lucan II 425 Cluver 1083.

5) Liv. XXil 14.

6) CIL. X 1 p. 463; von sinus abgeleitet Strab. V 234; die Angabe eine griechische Stadt Sinope sei hier vorausgegangen Liv. X 21 Plin. III 59, sieht darnach aus, als ob sie aus dem heimischen Namen herausgesponnen wäre.

7) It. Ant. 108 Hieros. 61 1 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 CIL. X 1 p. 693.

8) Hemina fr. 38 (Serv. V. Aen. I 421) Liv. XLI 27; Prodigien Liv, XXVII 11 XXXI 12 XXXIl 9 XLI 21.

9) CIL. X 4735 Feldm. 237 vgl. Eph. ep. VIII p. 141 fg.

10) Cic. ad Att. IX 15,6 16,1 Hör. Sat. I 5,40 Ovid Met. XV 715.

§ 3. Die Aurunker. 665

Luft*); Cicero hatte hier ein Absteigequartier.'^) Die Ueberreste der von den Saracenen zerstörten Stadt sind nachgerade vom Erd- boden verschwunden: ein Amphitheater war darunter. 3) Eine kleine aber ausgewählte Gesellschaft wurde durch die 2 km südlich an der engsten Stelle des Pafses beündlichen aqnae St'nuessanae Bagni Minerali angezogen : das Wasser half gegen Unfruchtbarkeit der Weiber und gegen Tollheit der Männer. 4) Das Gebiet von Sinuessa scheint bis zum pons Campanns 115 Midien von Rom (S, 554) ge- reicht zu haben: sicher gehört ihm der am 112. Meilenstein der Appia gelegene vicus Caedkms an^); desgleichen der vicus Petrtnus der näher am Meer etwa bei Mondragone zu suchen ist.ß) Um die Feldmark gegen Minturnae und Suessa abzugrenzen, fehlt jeglicher Anhalt. Vielleicht stiefsen alle drei Gemeinden bei Trifannm zu- sammen, wo 340 die latinische Landwehr geschlagen ward.")

An den Massicus schliefst der Ringwall der Rocca Monfina an (I 266). Dieses einen Flächenraum von 250 dkm bedeckende Ge- birge erinnert in seinem Bau an das albanische, desgleichen in seiner Geschichte. Es ist die Hochburg der aurunkischen Nation gewesen wie jenes der latinischen : gegen beide laufen andere Stämme Sturm. Aber im Norden erleichterte die Bodengestaltung den Vertbeidigern ihre Aufgabe; denn an der Angriffsfront den Aequern uud Volskern zugewandt steht der Ringwall unversehrt da. Umgekehrt ist hier an der bedrohten Seite nach Samnium hin der schützende Wall verschwunden und durch ein niedriges Hügelland ersetzt: in ihm konnten die vom Volturnus her einbrechenden Sidi- ciner sich ausbreiten und den Zusammenhang der Nation sprengen. Die alte Hauptstadt Aurunca oder Ausoyia lag bei 700 m Meereshöhe ähnhch wie Alba lang hingestreckt auf dem erhaltenen Theil des

1) Tac. Ann. XII 66 Sil. lt. VIII 527 Martial VI 42,5.

2) Cic. ad Fam. XII 20 ad Alt. XIV 8,1 XV lb,l XVIIO. 13a,l.

3) CIL. X 4727. 37.

4) Liv. XXII 13 Tac. Ann. XII 66 Hist. I 72 Plut. Oth. 2 Plin. XXXI 8 Mar- tial VI 42,5. Eine Mofetta erwähnt Plin. II 20S.

5) CIL. X 4727 Plin. XIV 62 Fest. 45 iM. Auch Liv. XXII 36,8 wird caedes aquas in Caedicias zu verbessern sein. Wenn aber Cluver 1083 unbedachter Weise Plin. XI 241 den vestinischen Käse zu einem vescinischen machen will, so vergifst er, dafs Weinbau und Alpenwirtschaft unvereinbare Dinge sind, sowie dafs der Name vescinisch auf die Gegend Süd vom Massicus nicht zutrifft.

6) Cic. ad Fam. VI 19,1 Hör. Ep. I 5,5 mit.Schol.

7) Liv. VIII 11 Diod. XVJ 90.

666 Kapitel XI. Neu Latium.

Ringwalls (Serra orler Cortinella) im Südwesten: von Mauern und Gebäuden sind in roher und polygonaler Art geschichtete Reste vor- banden, i) TrelTend schildert Vergil die Machtvertheilung wie sie sich beim Eingreifen der Römer um die Mitte des 4. Jahrhunderts gestaltet hatte:

mille rapit populos, vertmit felicia Baccho Massica qni rastris et qnos de coUibus altis Anrunci misere patres, Sididnaque iuxla aequora guique Cales lincnnt, amnisque vadosi accola Voltnrni . . . Unter dem Druck der Sidiciner wurde die alte Stätte 337 preisge- geben, die Bewohner siedelten 5 Millien unterhalb nach dem Hügel von Suessa (203 m) über, der die Strafse vom unteren Liris nach Teanum beherrscht (S. 663). Die Verlegung der Hauptstadt wie es scheint in einen bereits bestehenden und nunmehr erweiterten Ort bezweckt ein Bollwerk aufzurichten , das Teanum den Widerpart halten kann. 2) Nur 24 Jahr hat die neue Gründung den stolzen Namen Aurnnca geführt. ^j Sie räumt 313 der latinischen Colonie Suessa den Platz.4j Die Colonie war nicht nur eine Stütze römischer Macht, sondern auch römischer Bildung und hat dieser einen mächtigen Kämpfer gestellt. Allein magnus Anruncae alumnns konnte Lucilius erst genannt werden nach dem Erlöschen der oskischcn Sprache.^) Das Beiwort Aurunca wird amtlich überhaupt nicht, in der Littera- tur seit Angustus gebraucht ß); zwei Menschenalter früher mufs es unliebsam geklungen haben. Suessa gehört zu den Prägestätten und hat sowol Silber- wie Kupfermünzen geschlagen.'') Es hat das Handwerk gepflegt, z. B. Wagen Dreschmaschinen Körbe geliefert.^) Es stellte zum Bundesheer eine Cohorte, versagte aber im hanniba- lischen Kriege.«) Es kam 90 bei Verleihung des Bürgerrechts in

1) Fest. 18 M. Verg. Aen. VII 725 Abekeii Ann. dell' Inst. 1839 p. 199fg.

2) Liv. VIII 15 vgl. Diod. XVI 90.

3) Liv. IX 25 heifst die Stadt Aiisona. Die I 531 A. 2 erwähnte Münze mit der Aufschrift Aumnknd gehört nach Neapel, der oskische Name war falsch gelesen, Dressel Berliner Katalog 148.

4) Liv. IX 28 Vell. I 14.

5) Juvenal 1,20 Auson. Ep. 15.9.

6) CIL. X 3969 Liv. VIII 15 XXXII 9 Vell. I 14 Feldm. 3. 237.

7) Mommsen Münzwesen 166. 355.

8) Cato RR. 135,1. 3.

9) Liv. X 33 XXVII 9 XXIX 15 Prodigien XXXII 1. 9.

. § 4. Die Volsker. 667

die aemilische Tribus»), ergriff 83 für Sulla Partei^), heifst dem Cicero lautissimum oppidum nunc municipum honesttssimorum quon- dam colonorum.^) Die Triumvirn siedellen Veteranen an, daher zählt die colonia Julia Felix Classica Suessa zu den bevorzugten Städten des Augustus.4) Da die Strafse an ihr vorbei führt, wird ihr Name in der Kaiserzeit kaum erwähnt.^) Indessen hat sie als Sessa (neuer- dings Sessa Aurunca) die Stürme der Zeiten überdauert und be- wahrt aus dem Altertum un verächtliche üeberreste (Brücke, Amphi- theater). Der Mauerring mafs ungefähr 2V2 km. Suessa wird in der Kaiserzeit zu Campanien gerechnet ß), liegt auch 107 Millien von Rom, also jenseit der Banngrenze. Vom Regionenverband aus- geschlossen ist die im nämlichen Jahr 313 gegründete latinische Colonie Pontiae.') Die Alten bezeichnen mit diesem Namen einer- seits die Hauptinsel Ponza nur die Griechen brauchen den Sin- gular Pontia'^) , dehnen ihn anderseits auf die Nachbarinseln Sinonia Zannone^) und Palmaria Palmarola lO) aus.ii) Die ganze vulkanische Gruppe (I 272) liegt von festländischen Häfen Circei am Nächsten (30—40 km), aber doch so sehr innerhalb des Macht- bereichs der Volsker von Formiae Tarracina und Antium dafs diese bis zur römischen Besitzergreifung die Herren waren. Was über ihre Geschichte zu sagen , ist früher (1 369) beigebracht worden.'*)

§ 4. Die Volsker.

Die Ponzainseln, Formiae und Tarracina. Antium und Velitrae

sind erst um 500 volskisch geworden. Auch Fregellae am mittleren

Liris der Mündung des Trerus gegenüber hat ehedem einen anderen

Herrn gehabt. Neben dem Landgewinn der auf Kosten der Latiner

1) CIL. X 1 p. 465.

2) Appian b. civ. I 85. 86. 108 CIL. X 4751.

3) Cic. Phil. HI 10 IV 4 XIII 18.

4) CIL. X 4832 Plin. III 63 Feldm. 3. 15. 48. 79. 237.

5) Sil. It. VIII 398 Geogr. Rav. IV 34.

6) Feldm. 3. 48. 79 Ptol. III 1,59.

7) Liv. 1X28 Diod. XIXIOI.

8) Strab. II 123 V 233 Diod. XIX 101 Ptol. III 1,69 Euseb. a. Abr. 2112 (p. 162. 63 Schoene).

9) Plin. III 81 Mela 11 121.

10) Plin. Mela a. 0. Varro RR. III 5.

11) Plin. XXXII 154 Athen. VI 224c Dio LIX 22 It. mar. 515.

12) Spärliche Inschriften CIL. X 1 p. 677.

668 Kapitel XI. Neu Lalium.

Aurunker Herniker Sidiciner gemacht wurde, verzeichnen die An- nalen nur Eine erhebliche Einbufse, indem sie das volskische Ge- biet um 400 bis an den Fucinersee ausdehnen (S. 456 A. 6). Die innere Wahrscheinhchkeit spricht dafür dafs die Ausbreitung des Stammes durch den Druck den Marser und Samniten ausübten, be- fördert wurde, dafs manche Weide und mancher Thalgrund den Drängern als Beute anheim fiel. Die an der Küste und in der Ebene errungenen Erfolge haben den Zusammenhalt des Stammes weit mehr geschwächt als gestärkt. Gröfsere Verbände wird es sicherlich innerhalb desselben gegeben haben : aber man schaut ver- gebens nach Spuren einer religiösen oder politischen Gemeinschaft aus welche die in Dorf und Stadt weit verstreuten Genossen gleichen Blutes und gleicher Sprache vereinigt hätte. Bei dem zwischen Rom und Samnium getroffenen Abkommen wurde letzterem im Binnenland die Lirisgrenze zugestanden. Als beide Mächte mit ein- ander handgemein wurden, schwankten die Volsker in ihrer Partei- nahme hin und her. Um sich ihrer Treue zu versichern errichtete Rom in Sora Fregellae und Interamna starke latinische Colonien und nahm die Gesamtheit der Volsker in den Bürgerverband ohne Stimm- recht auf.') Einzelnen wenn nicht allen Gemeinden ist auch das Stimmrecht lange vor dem Bundesgenossenkrieg verliehen worden. Dergestalt dienen die Grenzen Neu Latiums zugleich zur Bestimmung der Volskergrenze.

Die Wiege des streitbaren Volkes hat in dem Hochland südhch vom Fucinus gestanden. Die Hauptkette welche die Wasserscheide zwischen dem adriatischen und tyrrhenischen Meer, dem Sagrus und Liris bildet, streicht 45 km lang in Südost Richtung mit Gipfeln von 17 1900 m. Dann stöfst sie auf einen höheren in Absätzen von Nord nach Süd laufenden Zug an den sie in rechtem Winkel anschliefst. Ein 15 km langes Stück dieses Zuges das in La Meta (2241 m) seinen Knotenpunct hat, begrenzt das Stromgebiet des Liris gegen den Volturnus im Osten. Endlich erstreckt sich zwischen beiden Flüssen von West nach Ost auf 50 km Entfernung ein mehr- fach durchbrochenes niedriges Gebirge (höchster Gipfel M. Cairo 1669 m) das zusammen mit den gegenüber befindlichen Bergen von Formiae die Ebene des mittleren Liris einrahmt. In Mitten der drei unterschiedenen Züge liegt ein unregelmäfsig gestalteter

1) Cic. pro Balb. 31 Off. I 35 Streb. V 231.

§ 4. Die Volsker. 669

Kessel mit 4 500 m minierer Erhebung und 10 km Durchmesser. Er senkt sich von Nord nach Süd, wird vom 60 km langen Melpis Melfa 1) und dessen Nebenbächen entwässert. An der Südseite des Kessels 150 m über der Melfa 490 m über Meer nimmt Ätina einen beherrschenden Hügel ein, 12 Millien von Casinum, wenig mehr von Arpinum entfernt: monte nivoso descendens heifst es bei Silius (in der That drückt seine Umgebung die Jahreswärme herab), prisca bei Martial, potens bei Vergil.2) Der heutige Ort bewahrt den Namen, füllt aber den allen aus sorgfältig behaueuen vieleckigen Blöcken erbauten Mauerring nur zum Theil aus. Ein Gebiet von 3 400 Dkm meist Wald und Weide hat dazu gehört. Auf gleicher Stufe wirtschaftlicher Entwicklung wie das angrenzende Samnium stehend, hat Atina 313- 293 am Kampf gegen Rom Theil ge- nommen. 3) Wann es Aufnahme in die römische Bürgerschaft und die Tribus Teretina fand , wird nicht überhefert. Der Gebirgs- charakter der Landschaft erklärt uns warum das Gemeinwesen noch zu Cicero's Zeit von Praefecten geleitet wurde. Cicero be- kundet seinen Nachbarn aufrichtiges WolwoUen , hebt insonderheit die wehrhafte freie Bauerschaft hervor die noch nicht vom Grofs- grundbesitz verdrängt worden war. 4) Unter der Monarchie ist Atina ein blühendes Municipium mit Duovirn an der Spitze, wie die In- schriften lehren 5); denn die Schriftsteller erwähnen es kaum. 6) Vor der römischen Herrschaft hat eine selbständige Gemeinde wie es scheint den nördlichen Thalkessel bewohnt. Der Name von Cominium ist das Mittelalter hindurch an diesem Landstrich haften geblieben. Aber der Punct wo die von den Römern 293 eroberte Ortschaft gestanden '), ist strittig: man kann an die alte Landkirche S. Mario del Campo (515 m) 1 Mühe von Alvito die die Stelle eines Tempels einnimmt, denken oder an das Dorf S. Donato Val

1) Von Strabo V 237 allein erwähnt und überschätzt (I 330). Die Reise- karte verzeichnet halbwegs zwischen Fabrateria und Aquinum Melfel, Geogr. Rav. IV 33 Mulfe: vielleicht ist die heutige Form Melfa einzusetzen.

2) Sil. It. Vlil 397 Martial X 92 Verg. Aen. VII 630 XI 869 XII 661.

3) Liv. IX 28 X 39.

4) Cic. pro Plane. 19. 21. 22. 30. 32. 47 de Divin. I 59 II 137. 5). CIL. X 1 p. 499.

6) Plin. HI 63 Ptol. III 1,54 Feldm. 230.

7) Liv. X 39—43 nach einem ganz romanhaften Bericht; Dion. H. XVIII 4. 5 setzt die Einnahme ein Jahr früher, wenn er nicht an ein anderes Cominium denkt.

670 Kapitel XI. Neu Latium.

di Comino (728 m) 5 Millien von Alvito; von hier geht ein Saum- weg nach dem Thal des Sagrus hhiüber.i) Aber Spuren einer be- Jesligten Stadt fehlen. Die zahlreichen Inschriften erweisen für die romische Zeit die Zugehörigkeit des Vicus oder Pagus zu Atina.

Das Becken von Atina ist allein von Westen vom Liris her bequem zugänghch: nach dieser Richtung fliefst der 15 km lange Fibrenus Fibreno oder Fiume della I^sta (I 329). Der klare kalte wasserreiche Bach ist durch Cicero berühmt geworden. 2) Sein Vaterhaus und Gut Arpinas lag vermutlich am linken Ufer bei der Einmündung in den Liris (280 m) 3): das Kloster S. Do- menico ungefähr 4 km von Sora 2 km von Isola enthält Werkslücke und Säulen die von einem Umbau des Silius oder irgend eines späteren Besitzers herrühren.^) Der Fibrenus ist mehrmals gespalten: eine dieser Auen in der Nähe der Villa ist die insula Arpinas wo das zweite Gespräch über die Gesetze statt fand.^) Eine römische Brücke von der ein Bogen steht (Ponte di Cicerone), überschritt hier den Liris; die Strafse leitete nach dem 7 Millien entfernten Cereatae Marianae, dessen Andenken in dem alten Kloster Casamari (290 m) am Amaseno 6 Milben von Verulae (S. 654) fortlebt. 6) Dies ist die Heimat des Gaius Marius'), ehedem ein arpinalischer Flecken, von den Triumvirn losgetrennt theils um die Stadt Cicero's zu schwächen, theils um den demokratischen Helden zu ehren. Den Hang eines Municipium mit Duovirn Pontifices usw. hat er in der Kaiserzeit behalten.'^) Wenn derart das Gebiet von Arpinum während der Republik im Norden bis nahe an Sora reichte, im Westen an Verulae, im Süden au Fabrateria (S. 656), im Osten an Atina (S. 669) grenzte, mag es einen Flächeninhalt von 250 Dkm gehabt haben. Es ist grolstentheils gebirgig, wie die umliegende Landschaft die Cicero von Sora bis Venafrum zusammenfafst als nostra illa aspera et montuosa et fidelis et simplex et fautrix suorum regio ß) Die Be-

1) JVlaiicini, Giornale degli Scavi di Ponipel IV 28 fg.

2) Der Name wird erwähnt Cic. de Leg. II 1. 6 Sil. lt. YllI 399.

3) Cic. Tusc. V 74 ad Farn. XIV 7,3 ad Att. I 16,10 de leg. agr. III 8.

4) Martial XI 48 CIL. X 1 p. 558.

5) Cic. ad Att. XII 12,1 de Leg. II 1.

6) Bull, dell' Inst. 1851 p. 10 fg. CIL. X 1 p. 5G4 Eph. ep. VIII p. 152.

7) Plut. Mar. 3 ^v xcÖ/utj Ki^Quidrcovi ti^e 'AQnivrjs Feldm. 233.

8) Plin. III 63 Cernetani [nach den Inschriften in Cereatini zu verbessern] qui Mariani cognominantur Slrab. V 238.

9) Cic. pro Plane. 22 ad Alt. 1111,2.

§ 4. Die Volsker. 671

wunderer des grol'sen Redners führen seinen Stammbau auf die volskischen Könige zurück.') Elier schenken wir den Gegnern Glauben die den Wolsland des Vaters aus dem Betrieb von Walker- grubeii die Stadt besafs solche und ahnlichem Erwerb ab- leiten.*) Immerhin konnte Arpiniim Arpino den Eindruck einer ehemaligen Konigsstadt erwecken. Es nimmt einen unregelmäfsig geformten Hügel ein der bis 627 m aufsteigt. Der westliche Theil hängt nur durch einen schmalen Rücken mit der eigentlichen Stadt zusammen; er liegt niedriger als die Altstadt, wird aber wegen seiner Abgeschlossenheit und Festigkeit als die Arx angesehen. Der gesamte Umfang der Mauer mifsl ungefähr 3 km und befafst 50 ha Inhalt (S. 38j; sie ist aus vieleckigeu Blocken errichtet; ein Thor auf der Höhe (Porta dell' Arco) wird durch einen Spitz- bugen geschlossen und sieht sehr altertümlich aus. Die Gemeinde hat während der Republik wie im Mittelaller ihre Wehr in Stand gehalten: unter den wenigen vorhandenen Inschiifteu beziehen sich drei auf Mauer- und Thurmbau. Die Geschichte Arpinums beginnt für uns erst im Samnilerkrieg, wo diese volskischen Städte den Kampfpreis der streitenden Mächte abgeben. Es wird 305 von den Römern zurück erobert und 303 mit minderem Bürgerrecht bedachl.S) Es erhält 18& Stimmrecht und Aufnahme in die Tribus Cornelia, bleibt aber Praefectur mit drei Aedilen als höchsten einheimischen Beamten : gerade wie in Fuudi und Formiae die durch den näm- lichen Volksbeschlufs Stimmrecht erlangt hatten (S. 657).^) Zu Cicero 's Zeiten war Arpinum Älunicipium geworden, ohne dafs die drei Aedilen durch Qualtuorvirn ersetzt worden wäreu.ä) Der Stadt- rat heilst Senat. ^) Die Gemeinde halte Grundbesitz in Oberitaheu auf dessen Erträgen ihr Haushall beruhte.') in der Kaiseizeit scheint sie durch den erhtlenen Gebietsverlusl herabgekoninien zu sein und wird aufser in Verbindung mit ihren beiden grofsen Söhnen kaum erwähnt.^) Die Schriften Cicero's mit ihren so zahlreichen Bezügen

1) Plul. Cic. 1 Sil. It. Vill 4U4 Suet. rei. p. &U Reilf. Auf. V. v. ill. 81.

2) Dio XLVI 4. 5 CIL. X 56S2.

3) Diod. XX yo Liv. IX 44 X 1.

4) Liv. XXXVIII 36 Fest. 233 M.

5) Cic. ad Fam. XllI II. 12. b) CIL. X 1 p. 556.

7) Cic. ad Fam. XIII 11.

6) Plin. 111 63 Varro RR. I 8,2 Sciiol. Bob. 363 Oi. Juvenai 8,237. 245 Päd. Lang. VI 27.

672 Kapitel XI. Neu Latium.

auf die geliebte Heimat haben dieser ein bleibendes Denkmal ge- stiftet, i)

Der Liris in seinem Oberlauf durch das Thal von Roveto (l 329) fliefst 45 km lang nach Südost, wird hierauf von den be- gleitenden Bergzügen eingeengt und genötigt um den rechts vor- springenden Colle S. Angelo (880 m) einen grofsen Bogen zu be- schreiben. Dann folgt ein weites Becken bis zu den Fällen von Isola in welchem der Strom eine südüche Richtung einhält. Die Enge wird durch Sota gesperrt, in alten und neuen Zeiten eine wichtige Festung, gewisser Mafsen der Schlüssel der Abruzzen. Sie hat weder Namen noch Stelle verändert ohne doch erhebliche Ueberreste auf- zuweisen. Die Stadt erstreckte sich bei ein Drittel Breite reichlich 1 km lang in der Ebene (280 m) am rechten Ufer hin und wird im Halbkreis vom Liris umflossen der eine starke Schutzwehr über- flüssig machte. Im Rücken der Stadt steigt ein schmaler Felsrücken steil (539 m) auf, der die Arx trug und einige Reste ihrer poly- gonalen Mauer enthält. Angreifbar sind nur die beiden kurzen Strecken in Nord und Süd die zwischen dem Fufs des Felsens und dem Fluls oflen liegen. Gelingt es freilich wie 314 v. Chr. auf Ziegenpfaden die Burg zu beschleichen , so wird die Stadt unhalt- bar."*) 345 erobert, metzelte sie 315 die römische Besatzung nieder; die Anstifter, 225 an der Zahl, wurden 314 auf dem Forum zu Rom hingerichtet; 306 von den Samniten erstürmt, ward sie 305 zurück gewonnen. Bald darauf 803 ging das alte Bollwerk der Volsker gegen die Marser für immer in den Besitz des latinischen Stammes über, als es 4000 Ansiedler erhielt deren Aecker vor- wiegend im Thal von Roveto gesucht werden müssen. 3) Wie diese Bauern in fremder Umgebung die lateinische Sprache gepflegt haben, führt uns eine altertümhche Weihinschrift vor Augen. 4) Im hanni- balischen Kriege versagte Sora 209 mil der Minderheit der latini- schen Colonieri^); bei der Aufnahme in den Bürgerverband kam es in die Tribus Romilia.ö) Von den Triumvirn wurde eine hier aus- gehobene Legion nach der Schlacht bei Philippi in der Heimat an-

1) 0. E. Schmidt, Arpinum eine topographisch -historische Skizze, Meifsen 1900. 2) Liv. IX 24.

3) Diod. XIX 72 XX 80 Liv. Vli 28 IX 23. 24. 43. 44 X I Vell. I 14.

4) CIL. X 5708; über jüngere soranische Redner Cic. Brut. 169 de Gr. III 43 vgl. pro Plane. 22.

5) Liv. XX VII 9 XXIX 15. 6) CIL. X 1 p. 560.

§ 4. Die Volsker. 673

gesiedelt. 1) Daher gehört Sora zu den Colonien des Augustus^) und den ansehnUcheu Landstädten des kaiserlichen Italien. 3)

Unterhalb der Fälle von Isola ist der Liris bei 190 m Meeres- höhe angelangt, die sich nachdem er ein Hügelland durchmessen, beim Austritt in die Ebene von Fregellae auf 140 m vermindert hat. Die nach Südost gewandte Ebene ist 30 km lang 10 km breit und nach Süden geneigt. Deshalb {liefst der Liris hier am Fufs der aurunkischen Berge hin. Wo er den Trerus aufnimmt, hat er 100 m Meereshohe und kann nirgends mehr durchwatet werden (I 330). Durch den Zusammenstofs der Thäler wird ein Brenn- punct des Verkehrs geschaffen : flufsauf geht es in die viel ver- zweigten Landschaften des Hochappennin, abwärts zu den Aurun- kern an der Küste oder um die Rocca Monfina herum an den Volturnus nach Campanien und Samnium; anderseits eröffnet der Trerus eine Hauptstrafse nach Latium und Etrurien. Selbst wenn die Ueberlieferung vöUig verstummt wäre, könnte ein Blick auf die Karte lehren dafs die Stämme und Mächte des unabhängigen Italien auf dem weiten Blachfeld um den Vorrang gekämpft haben. Fre- gellae beherrscht die Lirisbrücke.*) Ob die Stadt ursprünglich den Hernikern oder Sidicinern oder wem sonst angehört habe, ist nicht zu sagen. ^) Alsdann gelangte sie in volskischen Besitz, wurde von den Samniten zerstört, 328 durch eine Colonie latinischen Rechtes ersetzt, deren Gründung den Ausbruch des zweiten samnitischen Kriegs verursachte. 6) Für das Versländnifs der Begebenheiten ist der Umstand von Wichtigkeit dafs es ein altes und ein neues Fregellae gegeben hat, die durch einen Zwischenraum von 8 km getrennt waren. Jenes wird in den Aunaleu Arx Fregellana'^) später kurzweg Arx *) genannt und heifst jetzt noch Arce. Es liegt 8 km in der Luftlinie Süd von Arpiuum auf den Hohen zur Linken des Liris bei dessen Austritt in die Ebene. Ueber dem Dorf erhebt

1) Mommsen zu CIL. X 5713.

2) Plin. III 63 Feldm. 237. 244 CIL. X 5670. 5711. 13.

3) Strab. V 23S Ptol. HI 1.54 Juvenal 3,223 SiL It. VIII 394.

4) Liv. XXVI 9.

5) Liv, VIII 22 wird Sidicinorum oder Hernicorum hergestellt; das hand- schriftliche Segninorum kann richtig sein.

6) Liv. VIII 22. 23 IX 4 Dion. H. XV 8. 10 Appian Samn. 4,1.

7) Liv. IX 28 Diod. XIX 101 wo der Name von Sora ausgefallen ist tj^v IS <pQeysX}.avcöv [uxqotioXiv xal ttjv ^co(>apcüv] nöXiv elXe.

8) Geogr. Rav. IV 33 Paul. h. Lang. VI 27.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 43

674 Kapitel XI. Neu Latium.;

sich die Burg Rocca d'Arce (504 m) welche- die Ebene um mehr als 300 m überragt, durch die Steilheit des von Natur und Menschen- hand abgeschrofften Felsens, an der zugänglichsten Seite durch eine polygonale Mauer gesichert ist. Die Burg galt im Mittelalter für uneinnehmbar. Während des Landfriedens, wol erst seit 125 v. Chr., war sie der arpinatischen Feldmark einverleibt; denn von dieser war das Arcamim das mehrfach erwähnte Landgut des Q. Cicero umschlossen. i) Man schreibt letzterem die unterhalb Arce befindhchen römischen Trümmer (Fontana buona) zu: die Entfernung 12 Millien vom Arpinas des Redners, 15 MiUien von Aquinum würde stimmen. 2) Ein zweites Landgut des Q. Cicero Laterium gewährt die Mittel um den Sitz einer verschollenen Gemeinde aus der Epoche der samnitischen Kriege zu bestimmen. Nach der stark gefärbten Erzählung der Annalen fallen die Satricani trotz ihres Bürgerrechts in Folge der caudinischen Niederlage 321 ab, betheiligen sich an der Zerstörung Fregellae's und nehmen eine samnitische Besatzung in ihre Mauern auf. Als 319 der Consul anrückt, gewinnt die rö- mische Partei die Oberhand, giebt Besatzung und Stadt preis; die Schuldigen werden hingerichtet, die Gemeinde des Waffenrechtes und damit der Selbständigkeit beraubt. 3) In ciceronischer Zeit be- fand sich ein Dorf Satricum in der Gegend des Laterium. *) Diese Villa war eine ganze Tagereise von Anagnia, eine halbe vom Ar- pinas, d. 1). nach dem gemächlichen Tempo das die Ausflüge des Redners einhalten, rund 20 bezw. 10 Milben entfernt 5) und zu Arpinum gehörig 6), mufs demnach in der Nachbarschaft von Cer- eatae (S. 670) gesucht werden. Mit Sicherheit kann Satricum dem rechten Lirisufer zugewiesen , vielleicht in Bauco (487 m) oder M. S. Giovanni (420 m) 10 Millien oberhalb Fregellae angesetzt werden. "^j Zu Arpinum wird es entweder 303 oder 188 geschlagen (S. 671), von den Triumvirn wieder abgetrennt worden sein. Im Unter- schied von den Bergstädten im Umkreise haben die Römer 828 in

1) Cic. ad Att. 1 6,2 V 1,3. 4 VII 5,3 X 2,1. 3 XVI 10,1 ad Qu. fr. II 5,4 JII 1,1 3,1 9,7 CIL. X 1 p. 555. 2j Cic. ad Att. V 1 u. a.

3) Liv. IX 12. 16.

4) Cic. ad Qu. fr. III 1,4.

5) Cic. ad Qu. fr. II 5,4 III 1,4 3,1 ad Att. X 1,1.

6) Cic. ad Att. IV 7,3.

7) Vielleicht gehört ihm die Weihinschrift CIL. X 5779 an und kann zur genaueren Bestimmung der Lage dienen.

§ 4. Die Volsker. 675

der Ebene am linken Ufer des Liris ein neues Fregellae als Ersatz des von den Samniten zerstörten erbaut. Bei der Einmündung des Trerus macht der Liris einen rechten Winkel, indem er die bis- herige Südrichtung mit der Ostrichtung des Trerus vertauscht. In diesem Winkel ist die Colonie angelegt, so dafs Rücken und rechte Flanke durch den Flufs geschützt sind. Auf dem hohen Uferrand gelegen (124 m) hat sie auch eine durch einen Bachgrund gedeckte Front, ^'ur die linke Flanke nach Norden kann mit Erfolg an- gegriffen werden. Die Stätte (Opi) ist früh verödet und seitdem als Steinbruch von den anliegenden Ortschaften Ceprano und Iso- letta ausgebeutet worden; die Fundamente liegen in der Tiefe, plan- mäfsige Grabungen können allein Grundrifs und Ausdehnung der Stadt feststellen.!) Sie wurde nach dem eaudinischen Frieden zer- stört, die Bewohner scheinen die frühere Stätte wieder aufgesucht zu haben, der Neubau wird nicht ausdrückhch erzählt, wird aber am Ausgang des Krieges nach den Siegen der römischen Waffen erfolgt sein. 2) Fregellae hat dem Pyrrhos wie dem Hannibal widerstanden und seine Bundespflichten treulich erfüllt.3) Im Frieden übte es kraft seiner günstigen Lage eine starke An- ziehung aus: 177 erheben die Samniten und Paeligner Be- schwerde dafs aus ihrer Mitte 4000 Familien übergesiedelt seien. *) Während der gracchischen Bewegung stellt es den Wortführer um für die Latiner das Stimmrecht zu verlangen^), ergreift die Waffen als in Güte nichts zu erreichen war. 6) Aber es fällt 125 durch Verrat und seine Blüte ist für immer dahin.'') Nach Aussage der Schriftsteller ward die Stadt zerstört; jedoch blieben die Tempel stehen ^) und nach dem Bundesgenossenkrieg erscheint Fregellae als selbständiges Municipium, wird in solcher Eigenschaft auch von Augustus anerkannt. 9) In Wirklichkeit war es durch die bedeutende

1) Auf de Chaupy, Decouverte de la maison de campagne d' Horace, Rome 1769, III 475 gehen unsere Nachrichten im Wesentlichen zurück.

2) Liv. Vm 22. 23 IX 12. 28 Diod. XIX 101 (vgl. S. 673 A. 7).

3) Flor. I 13,24 Liv. XXVI 9 XXVIl 10. 26. 27 XXXVII 34 Plut. Marc. 29 Sil. II. V 542 XII 529 Prodigien XXVI 23 XXVIII 11 XLIII 13.

4) Liv. XLl 8. 5) Cic. Brut. 170.

6) Cornif. (ad Herenn.) IV 13. 22. 37 Cic. de inv. I 11 de leg. agr. 2,90.

7) Cic. de Fin. V 62 Phil. III 17 Liv. LX Obseq. 30 Val. Max. II 8,4 Vell. II 6,3 Ascon. 15 Kiefs. Plut. C. Gracch. 3,1.

8) Obseq. 52 Strab. V 233. 237. 238.

9) Cic. ad Fam. Xlil 76 Plin. III 64.

43*

676 Kapitel XL Neu Latium.

Schmälerung seines Gebiets und durch die künstliche Ablenkung des Verkehrs zum Dorl' herabgesunken. Die Via Latin» läuft seit 124 V. Chr. durch Faluateria (S. 656), überschreitet ein paar hun- dert Schritt unterhalb der jetzigen Brücke bei Isoletta den Liris, läfst mithin Fregellae links liegen. Wenn bei Columella eine Reben- art diesen INamen trägt, so ist dies ein Nachklang aus glücklicheren Tagen.')

Uebrigeus war nicht Fabrateria Haupterbe, sondern Aquinum Aquino. Die Dinerariengeben die Entfernungbeider Städte von einander richtig zu 8 Millien an ; der Melpis mit der Station gleichen Namens (S. 669 A. 1) fällt in die Mitte.2) Aquinum 80 Millien von Rom, liegt in der Ebene (102 m) an einem Bach. Inschriften wie Ruinen weisen ihm unter den Landstädten einen höheren Rang an. Ein Thor, Reste der aus Travertlnquadern erbauten Mauer, Spuren des Grabens, zwei Tempel, Theater, Amphitheater u.a. sind sichtbar. Ferner hat es Kupfermünzen mit lateinischer Aufschrift geschlagen. 3) Derart werden die Angaben der Schriftsteller durch die Denkmäler bestätigt. Freilich kommt der Name in der älteren Geschichte nicht vor, wird zum ersten Mal 211 beiläuGg erwähnt. 4) Aber nach dem Sturz Fregellae's ist der Aufschwung ein derartiger dafs Cicero von einer belebten, Strabo von einer grofsen Stadt spricht.^) Sie gehörte als Municipium zur Tribus Oufentina, erhielt eine Colonie durch die Triumvirn und wird als solche im Verzeichniis des Augustus aufgeführt.'^) Die Verkehrslage ist günstig: einerseits wird Aquinum von der Via Latina durchzogen, anderseits steht es durch die Strafse nach Min- turnae (S. 663) mit dem Meer in Verbindung. In gewerblicher Hinsicht boren wir von der Blüte der Färberei.") Seinen bleibenden Ruhm verdankt Aquinum dem grofsen Dichter *) und dem grofsen Scholastiker die es der Welt geschenkt hat. Auch die Familie des Kaisers i'escen- nius Niger soll von hier stammen.») Die Via Latina erreicht nach

1) Colum. III 2.

2) It. Ant. 303 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 CIL. X 1 p. 698.

3) iMommsen Münzwesen 117. 355.

4) Liv. XXVI 9.

5) Cic. Phil. II 106 pro Ciuent. 192 pro Plane. 22 ad Atl. V 1 XVI 10. 13 a ad Farn. IX 24 XVI 24, Strab. V 237, ingens Sil. It. VIII 403 XII 528.

6) Feldm. 229 Piin. III 63 Tac. Bist. I 88 II 63 CIL. X 1 p. 530 Eph. ep. VIIl^p. 150.

7) Her. Ep. I 10,26 m. Schol. 8) Jiivenal 3,318 fg. CIL. X 5382. 9) ViU Pesc. 1 ; sonst noch erwähnt Ptol. III 1,54.

§ 4. Die Volsker. 677

7 Millien, 87 Millien von Romi), Casimim San Germano, umge- tauft Cassino, die letzte Stadt in Neu Latium.^) Sie liegt am Fufs eines Ausläufers den der M. Cairo (1669 m) gen Süden entsendet: den Gipfel (519 m) nimmt seit 529 die vom h. Benedict, wie es heifst, an der Stelle eines Apollotempels gegründete weltberühmte Abtei Montecassino ein. Der Appennin umzieht hier eine 5 km breite längliche Bucht deren eine Seite von der Gruppe des M. Cairo, die andere von den die Wasserscheide zwischen Liris und Volturnus bildenden Bergen eingenommen wird. Derart erstreckt sich über 15 km von Nord nach Süd ebenes Land das von dem 30 km langen Rapido durchflössen wird: nach Norden läuft eine Strafse nach Alina aus, gen Süden biegt der Liris nach Minturnae um. Diese Linie wird von der Aquinum und Teanum verbindenden Via Latina geschnitten. Casinum liegt am Schnittpunct: die Erklärung des Namens Aller Markt trifft sachlich zu. 3) Indessen kann die Stadt erst nachträglich in die Ebene hinabgestiegen sein: vordem nutzte sie den Schutz des Berges aus, die Höhe von Montecassino wird im Leben S. Benedicts als Arx bezeichnet.^) Der Rapido fliefst an der Stadt vorbei; aufserdem brechen viele Quellen ringsum am Saum der Berge hervor. s) Der Wasserreichtum erfüllt den Thalkessel häufig mit Nebel, das Beiwort nebulosi rura Casini ist nicht unver- dient.6) Aber die Hügel tragen Oel "), das Gefilde ist fruchtbar und gesegnet, daher auch fremden Eingriffen ausgesetzt.^) Von den Samniten kam es an die Romer. 9) Jene werden es den Volskern entrissen, bezw. die Herrschaft über das volskische Land errungen haben. Man kann solches aus dem Vorgehen der Römer schliefseo, die einen Theil des Landes der 312 gegründeten Colonie Interamna zuwandten, den Casinaten dagegen minderes Bürgerrecht verliehen. 'O) An der Spitze des Gemeinwesens standen Praefecten, später wurde

1) It. Ant. 303 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 CIL. X l p. 698.

2) Strab. V 23" Plin. III 63; Ptol. III 1,54 ausgefallen.

3) Varro LL. VII 29 vgl. Cato RR. 135.

4) Paul. h. Lang. I 26 Gregor M. Dial. U 8.

5) Der Plin. II 227 erwähnte Scalebra ist nicht sicher bestimmbar, Cluver 1042 Holste 221.

6) Sil. It. IV 227 XII 527 nymphis habitata Casmis rura, vgl. die Wid- mung Nymphis aelemis CIL. X 5163.

7) Lucil. fr. ine. 129 L. Müller, Varro Macrob. Sat. III 16,12.

8) Cato RR. 136 Cic. de leg. agr. III 14 Varro RR. II 3.

9) Varro LL. VII 29. 10) Liv. XXVII 23 Plin. VII 36 Obseq. 12.

678 Kapitel XI. Neu Latium.

es Municipium in der Tribus Teretina, schliefslich nach Äugustns ColonieJ) Die hochgelegene Stadt 2) hat sich unter der Herrschaft des Landfriedens an der Via Laiina ausgebreitet und die Neben- buhlerin Interamna weit überflügelt. 3) Unter den Ruinen ist das Amphitheater hervorzuheben, das Ummidia Quadratilla eine schau- lustige Dame aus dem Kreise des jüngeren Plinius gestiftet hat.^j Auch von der Villa wo Varro Vogel gemästet und Bücher geschrieben, wo M. Antonius gezecht hat 5), sind Ueberreste vorhanden, um von anderen Gebäuden zu schweigen. Casinum wird bei den Zügen Hannibals erwähnt 6), was sich aus der Lage erklärt. Indessen hatten die Rümer ihre Festung zur Behauptung der Landschaft in der Ebene angelegt, indem sie 312 die latinische Colonie Interamna Lirenas Sucasina gründeten.") Zur Unterscheidung von den gleich- namigen Städten in Umbrien (S. 405) und Picenum (S. 430) wird das eine oder das andere Beiwort hinzugefügt, von den Schriftstellern die Tieflage gegenüber Casinum, von den Inschriften die Nähe des Liris hervorgehoben. 8) Genauer ausgedrückt nimmt die amtliche Bezeichnung nicht auf den Flufs, sondern auf die nach ihm be- nannte Gemeinde der Lirenates Bezug, gerade wie beim Nar und den Nahartern der Fall ist. 9) Für die Wichtigkeit der Gründung spricht die Zahl der Colonisten die 4000 betrug (S. 103). Sie hat denn auch als Stützpuncl im Kampfe gegen Samnium gedient, da- gegen im haunibalischen Kriege 209 mit der Minderheit der latini- schen Colonien versagt.i*') Bei der Ertheilung des Bürgerrechts 90 wurde sie Municipium in der Tribus Teretina, solches kommt in der Litteratur kaum vor.^i) Dies hängt damit zusammen dafs es abseits der Via Latina lag. Freilich lag es nach einem bestimmten Zeug-

1) Feldro. 232 CIL. X l p. 51Ü Eph. ep. VIII p. 147 fg.

2) sulj Casinum Liv. XXVI 9 Varro RR. III 4,2 5,9.

3) TiöXis (i^iöloyoi Slrab. V 237.

4) CIL. X 5183 Plin. Ep. VII 24 Varro RR. III 3,9.

5) Varro RR. III 4. 5 Colum. VIII 16 Cic. Phil. II 103.

6) Liv. XXII 13 XXllI 17 XXVI 9 Plut. Fab. 6; aufserdem erwähnt Cic. pro Plane. 22.

7) Liv. IX 2S Diod. XIX 105 Vell. I 14.

8) Plin. III 64 Jnleratnnates Sucasini qui et Lirenates vocantw; Liv. IX 28 Internam Catinam von Mommsen verbessert Inter[am]na7n [Sü]casinam; CIL. X 1 p. 525.

9) Bei der Aufzählung der volskischen Völker Sil. It. VIII 402 ist Lari- naiium klärlich in Lirinalium zu ändern.

10) Liv. X 36. 39 XXVII 9 XXIX 15. 11) Cic. Phil. II 105 Feldm. 234.

§ 4. Die Volsker. 679

nifs 294 und 211 an derselben i); auch versteht sich im Grunde von selbst dafs die Römer ihre Militärstrafsen zu ihren Waffenplätzen ohne Umweg führten. Aber während Rom sich ursprünglich auf die Latiner gegenüber den Volskern stützte, hat es später den Spiefs umgedreht und den Eingeborenen früher als jenen Bürger- recht verliehen. Die Verlegung der Via Latina nach Casinum ist den Meilensteinen zufolge 39 v. Chr. durchgeführt, reicht vermut- lich bis 124 zurück wo nach dem Aufstand ihr Lauf von Fregellae abgelenkt ward (S. 676)/ Interamna hat noch im 5. Jahrhundert bestanden 2), war im Mittelalter eine Burg Terame oder Termine wie die verlassene Stätte jetzt noch heifst. Der Zusammenflufs von dem der Name herrührt 3), wird bewirkt durch den Bach von Aquino (le Forme d'Aquino) der die westliche, einen kleinen Bach (Spalla bassa) der die östliche, endhch den beide aufnehmenden Liris der die südliche Seite des Stadthügels deckt. Der Hügel steigt von 39 bis 67 m an und entbehrt nur im Norden natürlichen Schutzes, so dafs der Ort für eine Festung weislich ausgesucht war. Die Ent- fernung von den beiden Volskerstädten die sie beobachtet, beträgt von Casinum 6, von Aquinum 5 Millien. Aus dem Kessel von Casinum geht die Via Latina über in das Thal der Peccia: dieser 30 km lange Bach entspringt auf der Rocca Monßna, fliefst in einer Schleife um den Stock des M. Camino (963 m) und mündet in den Liris. Der 96. Meilenstein ist bei M. Rotondo gefunden wor- den.*) Hinter Mignano auf der Wasserscheide gegen den Volturnus hat der 100. der Grenzstein des neuen Latium (S. 553) gestanden: davon scheint der ihn im Osten überragende M. Cesimo (1170 m) benannt zu sein. Nunmehr betritt die Strafse campanischen Boden. s)

1) Liv. X 36 XXVI 9. 2) CIL. X 5349.

3) Strab. V 237. 4) CIL. X 6901.

5) In dem Liv. X 39 berichteten Feldzug 293 werden von den Consuln Amiternum und Dtironia erstürmt. Carmelo Mancini, Giorn. d. Sc. di Pompei IV 40 fg. vermutet ersteres am Nord-Ende des Thals von Casinum bei S. Elia Fiumerapido (wo 1 km entfernt bei der alten Landkirche S. Maria Maggiore Reste von Polygonalmauern sichtbar sein sollen), Duronia am linken Ufer der Melfa im Gebiet von Aquinum bei Roccasecca (wo gleichfalls Reste von Polygonalmauern bei Colle granaro). An beiden Orten weisen die lateinischen Inschriften das Dasein von Ortschaften nach. Aber die Benennung entbehrt jedes festen Anhalts und wie S. 472 A. 1 bemerkt, es liegt näher an das sa- binische Amiternum zu denken.

KAPITEL XII.

Campanien,

Die vom Volturniis dem grOfslen Flufs des Südens durch- strömte Ebene verdankt vulkanischer Thätigkeit ihren Ursprung. Die Erdkraft hat hier länger und stetiger geschafft als in Etrurien und Latium, hat dadurch einerseits die jenen Landschaften eigen- liiniliche Zerklüftung des Bodens durch das Wasser verhindert, anderseits dorn Boden eine schier unerschöpfliche Fruchtbarkeit be- scheert (i 265). Der beste Spelt im Umkreis des Mittelmeers wuchs in Campanien, Sommer- und Winterkorn hinter einander, worauf Hirse und wohl gar noch Küchenkräuter nachfolgten, so dafs ein einziges Jahr drei bis vier Ernten lieferte, auch heutigen Tages liefert (I 449). Der Ceres machte Vater Liber den Vorrang streitig: von den Weingauen Italiens war dies der küstlichste. Als drittes Erfordernis für des Leibes Notdurft brachten die angrenzenden Berge vorzügliches Oel hervor. Mit derselben verschwenderischen Freigebigkeit wie das Land spendete das Meer zum Unterhalt des Menschen seine Früchte (I 109). Nach den Worten des IMinius hatte die Natur Freude an der Arbeit, als sie diese Küste nebst ihrer reichen glückseligen Anmut schuf, i) Während dem nördlichen Vulkangebiet ein einförmiger Strand vorgelagert ist (I 99), wird das südliche durch einen weiten mit trefflichen Häfen ausgestatteten Busen aufgeschlossen, mit dem Weltverkehr in Verbindung gesetzt und zu dessen Träger für die italische Halbinsel bestimmt. In seiner Beschreibung rückt Polybios diesen entscheidenden Gesichts- punct in den Vordergrund 2): „die campanische ist die ausgezeich-

1) Plin. III 40 qualiter [narrari debel] Campaniae ora per se felixque illa ac beata amocnilas, ut palam sit uno in loco gaitdentis opus esse nalurael

2) Pol. 111 91 vgl. II 17.

Campanien. 681

netste Ebene Italiens sowol ihrer Fruchtbarkeit und Schönheit wegen, als weil sie unmittelbar an die See stufst und die Häfen umfafst, in die fast vom ganzen Erdkreis die nach Italien segelnden Schiffe einlaufen; sie enthält auch die ausgezeichnetsten und schön- sten Städte Italiens auf ihren Fluren.'* Timaeos und ältere Schrift- steller hatten nach den Ausbrüchen des Vesuv das umliegende Ge- filde das verbrannte benannt und in ihm den Schauplatz des Gigan- tenkampfes erblickt (I 266). Bei Polybios begegnen wir zuerst der seitdem üblich gewordenen ümdeutung des Namens und der Fabel: die Götter selbst hätten um den Besitz des gesegneten Landes gestritten. Die Vorstellungen der Römer wurden nicht nur durch den Vergleich zwischen latinischem und campanischem Boden be- stimmt, sondern auch durch das mildere wärmere Klima (I 379. 396). In zahllosen Aussprüchen kehren die Beiworte fruchtbar anmutig schön gesegnet immer wieder, i) Es genügt die Schilderung anzu- führen die Florus beim Ausbruch des ersten Samnitenkriegs ent- wirft 2): „von allen Landschaften Italiens nicht nur sondern auf dem ganzen Erdenrund ist Campanien die schönste. Nirgends ist der Himmel weicher: in Folge dessen bringt er einen zweimaligen Blütenfrühling. Nirgends ist das Land ertragreicher: daher heifst es ein Zankapfel von Liber und Ceres. Nirgends ist das Meer so gastlich." Seit der Niederlage Hannibals bis zum Ausgang des Altertums hat dies reizvolle Gestade eine unverminderte Anziehung auf die Erholungsbedürftigen ausgeübt. Die Reize waren ein Ge- schenk der Natur, aber durch die geschichtliche Entwicklung er- höht worden.

Zu den Vorzügen Campaniens rechnet Polybios auch den Schutz der Grenze durch hohe zusammenhängende Gebirge, die nur von drei schwierigen Engpässen unterbrochen und für das Binnenland wegsam gemacht würden. In seinem Bestreben den Zug den Hanni- bal 217 ins falernische Gebiet nördlich vom Volturnus unternahm, zu veranschaulichen hat der Geschichtschreiber die für diesen Theil gültigen Verhältnisse unrichtig auf das Ganze übertragen und den

1) Cic. de lege agr. II 95 fg. Phil. II 101 Liv. VII 31. 38 Dion. H. I 37 Strab. V 242 fg. Verg. Georg. 11 224 Tibull I 9,33 Properz IV 4,5 Golum. III 8 Mela II 70 Sen. Dial. 1X2,13 Plin. III 40. 60 XVIIl 109 fg. Tac. Hist. I 2 III 60. 66 Plut. Grass. 22,5 Martial IV 44 XUI 118 Philostr. Ap. Tyan. VII 10 Symmach. £p. I 5. 7 Gassiod. Var. IV 50.

2) Flor. I U.

682 Kapitel XII. Campanien.

Wert der natürlichen Deckung weit überschätzt. Die Berge welche die Ebene einem Theater gleich umrahmen, sind au einem Dutzend Stellen eingeseukt und bieten beiiueme Einfallslhore. Diese zu be- nutzen war in alten Zeiten die Lockung für die Nachbarn gar grols. Anderseits erleichterte die Zugänglichkeit der Küste den Hellenen in Irühen Jahrhunderten festen Fufs zu fassen und den Nordrand des Golfs von Neapel in Besitz zu nehmen. Das Hinter- land bewohnten die Osker.i) Nachdem der Ausbreitung der Hellenen auf dem tyrrhenischen Meer durch Karthager und Etrusker Halt geboten war (I 121), als der letzte König in Rom regierte, richten die Etrusker ihre Angriffe gegen Kyme.2) Eine junge Chronik dieser Stadt erzählt von gewaltigen Heerzügen die 524 und 504 abgeschlagen wurden 3); in der ersten pythischen Ode preist Pindar den Sieg den König Hieron als Schützer des Hellenentums über die etruskische Flotte 474 bei Kyme erfocht.4) Aber solche ver- einzelten Erfolge können an der Thatsache nichts ändern dafs die Etrusker die Herrschaft behaupteten , zumal nachdem sie um 470 Capua und Nola gegründet hatten: daher erhält die Landschaft im 5. Jahrhundert ihren Namen. 5) iVlünzen und Inschriften bezeugen dafs die etruskische Sprache im 3. Jahrhundert hier noch nicht erloschen war. Neben dem mafsgebenden Einflufs den die beiden genannten Völker auf die Cultur der Landschaft ausübten, fällt nicht ins Gewicht, verdient aber Erwähnung dafs auch die halbhellenischen Daunier ein Stück derselben sich angeeignet hatten (I 544 A 4). Wenn schliefslich der eingeborene oskische Stamm die Fremdherr- schaft abschüttelte, so war dies weniger sein eigenes als das Ver- dienst der samnitischen Nachbarn. Aus ihrer Mitte gingen die Cam- paner hervor, die 438 einen Staat bihleten, 423 den etruskischen

1) Tliuk. VI 4,5 KvfiTjs T^s dp 'Omxia XnXxiStxije nöXecas Strab. V 242 Aiii,t. Pol. VII 9,3 Dion. H. I 22. 53 VII 3 Skymn. 236.

2) Die I 500 erwäiinle Angabe Vell. I 7, nach der die Etrusker Capua und Nola um 800 v. Chr. gegründet haben sollen, ist kaum möglich. In Ueber- einstimmung mit dem monumentalen Thatbestand rückt Gato dies Ereignifs auf 470 herab. Dion. H. VII 3 setzt ganz entsprechend den ersten Zug der Etrusker gegen Kyme 524 und bringt ihn mit der gallischen Einwanderung in Überitalien in Verbindung. Auf den pragmatischen Zusammenhang zwischen diesen Kämpfen und der Gründung Gapua's weist schon Niebuhr I 85 hin.

3) Dion. H. VII 3. 5.

4) Roehl I. Gr. antiquiss. 510 Diod. XI 51.

h) Sophokles bei Dion. H. I 12 Theophr. h. pl. IX 16,6 Philistos fr. 41 Müller.

Gampanien. 683

Adel in Capua niedermeUelten , 420 Kyme mil Sturm nahineD.i) Neapel mufste eine campanische Schar seiner Bürgerschaft einver- leiben.2) Es schickte 413 den Athenern vor Syrakus campanische Söldner zu Hülfe; die nächsten anderthalb Jahrhunderte verbreitet dieser Name in Sicilien Furcht und Schrecken (1 525 A. 2). So erklärt sich dafs er in der Litteratur Eingang findet und die älteren Bezeichnungen Opikia und Tyrrhenia verdrängt. Um 350 setzt die Küstenbeschreibung des Skylax die Campaner zwischen Volskern und Samniten an, so dafs Neapel noch zu Gampanien gehurt, während etwa von Herculaneum ab bis zum Silarus Samniten wohnen. ») Man ersieht daraus dafs selbst in den Zeiten des höchsten Auf- schwungs, als aus der etruskischen und hellenischen Schrift die oskische abgeleitet wurde und eine nationale Cultur erstand, die von Rocca Monfina bis zu den Surrentiner Bergen zusammenhängend sich erstreckende Ebene keine staathche Einheit erreicht hat. Wie im Süden Nola Pompeji Nuceria, so sind im Norden Teanum und Cales davon ausgeschlossen. Auch die Küste ging ihre eigenen Wege: die Feindschaft zwischen den Seestädten und der binnen- ländischen Hauptstadt lebt noch in der Kaiserzeit fort. Die bunte Mischung der Stämme, da neben und über dem oskischen oder au- sonischen Grundstock im Lauf der Zeiten Hellenen Etrusker Dau- nier Samniten eine herrschende Stelle errungen hatten, hefs das Gefühl landsmännischer Gemeinschaft nicht aufkommen. Ueberhaupt fehlte dem südlichen Vulkangebiet die natürliche Mitte die das nörd- liche in Rom besafs. Der einförmige latinische Strand könnt«' kein urwüchsiges Seeleben erzeugen, Ostia ist nie etwas anderes gewesen als der Hafen Roms. Aber der Golf von Neapel mit seinen tiefen Buchten und vorgelagerten Inseln, von den beiden Enden des lauggestreckten Festlands gleich weit entfernt, war zum Träger des

1) Diod. XII 31. 76 Liv. IV 37. 44 gehen nicht auf die römische Stadt- chronik, sondern auf griechische Ueberlieferung zurück. Die Archontenlisle bei Diodor ergiebt für die Einnahme Kyme's dasselbe Jahr das Livius hat: darnach ist sie auch für die Zeitbestimmung der ersten Notiz zu Grunde zu legen und die um 7 Jahr rückständige Consuiliste aufser Acht zu lassen, wo- mit die Bemerkung I 525 A. 1 sich erledigt. Die Bildung der campanischeu Nation und das Blutbad in Capua werden ohne Not zusammen geworfen.

2) Strab. V 246 Velleius I 4.

3) Skylax 10. Der Ansatz kehrt Ptol. 111 1,6 wieder, nur dafs hier die Mündungen von Liris und Sarnus zur Hervorhebung der Grenzen gewählt werden.

684 Kapitel XII. Campanien.

Weltvorkehrs und eine selbständige Aufgabe zu lösen bestimmt. Die bewegte Gestaltung seiner Küste hat Campanien wie zum Segen so zum Verderben gereicht. In etruskischer Zeit stand Capua als Ilaujit an der Spitze eines Bundes von angeblich zwölf Städten; als die Verwicklung mit Samnium begann, war etwa die halbe Ebene unter seiner Führung geeinigt. 340 mufs es die falernische Besitzung nürdlich vom Vollurnus abtreten, die an römische An- siedler aufgellieilt wird. Im rechtlichen Sinne befafst seitdem Cam- pania oder ager Campmms Capua und die ihm verbündeten Ge- meinen, ein Gebiet von rund 1000 Gkm. Es büfste 211 seine Selbstverwaltung ein, wurde eine Domäne des römischen Staats. Damit war das Oskertum auf die südliche Ebene am Vesuv be- schränkt und erhielt sich allhier noch bis zum Bundesgenossenkrieg. Seit Sulla ist sein Untergang besiegelt, nur die Griechenstadt Neapel erinnerte an die Quelle der italischen Cultur aus der von einander unabhängig Etrusker Latiner Osker geschöpft hatten.

Durch zwei Canäle strömte die fremde Bildung in älterer Zeit nach Rom ein, in mächtiger Fülle aus dem nahen Etrurien, schwächer von Kyme und den hellenischen Städten des Südens. Als die Le- gionen an und über den Volturnus vordrangen, kehrt sich das Ver- hältnifs beider Zuflüsse um: jener versiegt, dieser nimmt stetig an Umfang zu. Freilich begegnete die latinische Sonderart zunächst (ienj überlegenen Wettbewerb der campanischen Cultur. Die Dich- tigkeit der Bevölkerung hatte hier eine fortschreitende Arbeits- theilung, eine Blüte von Handel und Gewerbe, von Kunst und Wissenschaft (I 538) hervorgebracht, desgleichen der Norden nicht kannte. Bis auf Augustus entbehrte die Wellherrscherin am Tiber all jener der Gesundheit und Annehmlichkeit dienenden öffentlichen Anstalten, die seit Jahrhunderten in Campanien zum städtischen Hausrat gehört halten (S. 523). Hinter den Ausbrüchen von Hafs Neid Verachtung mit denen die Litleratur des Freistaals nicht kargt gegenüber den oskischen Vettern, lauert die Selbsterkenntnifs die der Halbbarbar im Angesicht feinerer Lebensformen empfindet.^) Nachdem schliefslich die Gegensätze ausgeglichen waren, hegt über der Landschaft jener stille Zauber ausgebreitet den das Andenken welterscbütternder Kämpfe webt. In der Thal stellte sich dem

1) Plaut. Trin. 545 Calo bei Plin. XXIX 14 Hör. Sat. I 5,62 Gell. N. A. I 24,2 Juvenal 3,207 6,455 Cic. de leg. agr. I 20 II 91. 95 in Pis. 25 Val. Max. 1! 4,6.

§ 1. Die Nordmark. 685

nachdenklichen Beschauer die geschichlUche Vergangenheit nicht minder bewegt und wechselvoll dar als das Ringen der tellurischen Mächte.

Wir verzichten darauf das letzte Drittel der ersten Region in der Ausdehnung zu behandeln die ihr Augustus verliehen hat. Amtlich reicht sie im Süden bis zum Silarus: obwol dieser Flufs eine alte Völkergrenze bezeichnet, so gehört der kleine Strich am Golf von Salerno natürlich betrachtet nicht mehr zu Campanien. Noch weniger vermögen wir aus physischen und aus geschicht- lichen Gründen dem Kaiser zu folgen, wenn er durch Rücksichten der Verwaltung bewogen wurde das mittlere Volturnusthal und ver- schiedene Gemeinden des Appeunin in die KUsteulaudschaft einzu- beziehen. Die Beschreibung zerfällt in vier Theile, was die räum- liche Gliederung und die geschichtliche Entwicklung gleichmäfsig an die Haod giebt. Der Unterlauf des Vollurnus vollzieht eine ähnliche Scheidung wie der Tiber: somit bildet der Strich nördhch vom Flufs den ersten Abschnitt. Dann folgt der ager Campanus im engeren Sinne des Worts, das von Capua beherrschte Gebiet; hierauf die Phlegraea mit den hellenischen Seestädten , an letzter Stelle der Süden den Skylax den Samniten anweist, wo das oskische V^^esen sich am längsten erhielt.^)

§ 1. Die Nordmark. Die Appenninbucht die von den Vulkanen ausgefüllt worden ist, wird durch die beiden Vorgebirge von Gaeta und Sorrent um- schlossen (I 264). Der geringe Unterschied der Polhohe (38') er- klärt die Uebereinstimmung von Klima und Vegetation an dieser ganzen Küste (I 379). Den natürlichen Verhältnissen zufolge müfste Gaeta und Formiae zu Campanien gerechnet werden, wie im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung geschieht. 2) Die geschichtliche Entwicklung hat vordem zu anderen Ansätzen der Grenze geführt.

1) Quellen: Pol. II 17,1 III 91 Slrab. V 242— 51 Plin. III 60—65 Ptol. Ill 1,6. T. 59. 60. Conway, The Italic Dialects, Cambridge 1S97, 2 vol. CiL. X l (Mommsen) Eph. ep. VIII p. 85 141 (Ihm). Kaibel Inscr. Graecae p. 186—234. Nicola Corcia, Storia delie Due Sicilie, torao secondo, Napoli 1845. Julius Beioch, Campanien, Breslau 1879, mit Nachträgen 189Ü. Carla topografica ed idrografica dei contorni di Napoli 1: 25000, 15 Bl. 1818 mit Nachträgen bis 1876. Von der Generalstabskarte 1: 100 000 entfallen auf diesen Theil Bl. 161. 171. 72. 183—85. 196. 97.

2) Flor. I 11,4 II 18,2.

68ö Kapitel XII. Caropanien.

Bei Skylax werden die Volsker von den Campanern abgelöst, sind also die Auninker unter letzteren IV'amen einbegriffen: ganz überein- stimmend gehört bei Ptolemaeos Forniiae zu Latium, die Mündung des Liris zu Campanien (S. 683 A. 3). Wie sodann unter römischer Herrschaft Sprache und Recht eingriffen, wie die Geographen die Wasserscheide zwischen Liris und Volturnus als Grenzbestimmung im Nordwesten festhielten, ist früher erörtert worden (S. 553). Im Nordosten gegen Samniuni ist solche durch den Appennin gegeben. Der Mittellauf des Volturnus wird vom Stock des Matese und einer niedrigen Seitenkette eingefafst (I 332). Eine Kette darf man das streng genommen nicht nennen. Bei Rufrae Presenzano gähnt eine 6 km breite Lücke durch welche die Bäche von der Rocca Monfina ungehindert in den Volturnus fliefsen , so dafs das Flufs- thal hier unmittelbar an das Vulkangebirge anstöfst. Dann springt der Qiierriegel von Vairano (580 m) vor und schliefst nach Norden das Becken von Teanum ab. Das ungefähr 100 Gkm enthaltende 120 m ü. M. und darüber gelegene Becken wird gröfstentheils in den Volturnus entwässert durch Bäche die im Westen und Süd- osten um den Querriegel von Vairano herum fliefsen, zum Theil in den Savo Savone.i) Dieser 50 km lange Flufs eutpringt im Atrio der Rocca Monfina bei etwa 600 m Meereshöhe, erreicht unterhalb Teanum (196 m) die Ebene und weiter an den Ausläufern des M. Maggiore hin das falernische Gefilde, die grofse Niederung am unteren Volturnus, Nach dem Gesagten ist das Becken von Teanum den Samniten an der Nordseite bequem zugänglich. Auch die in einer Breite von 4 und einer Länge von 10 km das Becken nach Nordost einfassenden 3 500 m ansteigenden Berge eröffnen leichte I»ässe z«im Volturnusthal. Dann ändert sich das bisherige Verhältnifs. Eine Gebirgsmasse, in der Luftlinie 18 km in nordsüdlicher 20 km in westöstlicher Richtung messend, füllt den Bogen aus, den der Flufs zwischen Mittel- und Unterlauf beschreibt. Den Kern stellt der nach Südwest streichende Rücken des M. Maggiore dar, der als Südwand des teanensischen Beckens bis 1037 m aufsteigt. Fast im rechten Winkel läuft von ihm nach Südsüdost eine 15 km lange Kette aus, deren anfängliche Höhe von 720 m sich zuletzt auf 2 300 m ermäfsigt. Sie springt bis hart an den Flufs heran und wird am jenseitigen Ufer durch den Tifata (602 m) fortgesetzt.

1) Plin. III Kl Slat. Silv. IV 3,66 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

§ 1. Die Nordmark. 687

Die Enge durch die der Volturnus in die weite Tuffebene hinaus tritt, ist einem Thor, der Bergzug einer schützenden Mauer ver- gleichbar.

Die 30 km lange und im Mittel 10 km breite Ebene, im Süden durch den liefen Flufs im Westen durch das Meer gedeckt, war nach dem Zeugnifs des Polybios 217 v. Chr. nur auf 3 schwierigen Wegen vom Binnenland aus für ein feindhches Heer zu erreichen.^) Unter diesen kam der aus dem Hirpinerland von Benevent her den Flufs entlang führende Weg für Hannibal nicht in Frage, weil die Flufsenge von dem 5 km unterhalb gelegenen Casilinum leicht zu sperren war. 2) Die schwache Stelle der Verschanzung welche der Berggeist um dies reiche Gefilde aufgeworfen hatte, befand sich im Norden zwischen dem Vulkan und dem Appennin. Die südwest- lichen Fortsetzungen des M. Maggiore werden niedriger. Zunächst folgt das 6 km lange 4 500 m hohe Massiv von Bocchetta als Ver- kehrshindernifs, sodann aber eine breite Mulde durch welche die Via Latina mit geringfügiger Steigung von 10 20 m von Teanum nach Cales und in die weite Ebene gelangt. Die Länge des Passes beträgt reichlich 2 km. Er wird im Norden von dem erwähnten Massiv überragt, im Süden von dem Hügeldreieck (211 226 m) oberhalb Sparanise (70 m). An dies Dreieck stöfst eine 1 km breite Einsenkung die von der Eisenbahn benutzt wird, endlich beschliefst als losgelöstes Ghed der Hügel von Francolise (143 m) den ganzen vom M. Maggiore ausgehenden Zug. Aus den angeführten Daten läfst sich die Erzählung bei Polybios leicht erklären."^) Hannibal marschirte von Benevent aus im geräumigen Thal des Volturnus aufwärts bis jenseit Allifae, schwenkte von hier links in das Becken von Teanum ab. Er hatte nunmehr die Wahl entweder südwest- lich dem Savo entlang durch die 8 km lange 1 2 km breite Oeff- nung zwischen dem Fufs der Bocca Monfina und den Ausläufern des M. Maggiore nach dem Meer hinzustofsen oder südwärts der Via Latina folgend die kürzeste Linie nach dem Volturnus und Capua einzuschlagen. Für den letzteren Weg gab die Hoffnung Capua zu gewinnen den Ausschlag. In einem Abstand von 1 2

1) Pol. III 91,8.

2) Liv. XXII 15. 16.

3) In der Lücke 111 91,9 hat etwa gestanden (lia fisv anb t^s J^awinSos [Sia T^S rwv TiavittZv ;fö;^«s, SevTtQa Se xaru rov Eoißiavov xetl rove Ka^tjvove], r, Se xarä/oinos.

688 Kupilel XII. Campanien.

Tagemarjcheu rückte Fabius hinlerdiein uud hielt sich au die Festungen Siuuessa Teauum Cales gelehnt auf den Bergen im Um- kreise, (dine durch eine FeUischlacht die römischen Hufen und Weiler im Falernerland vor der greulichsten Verwüstung zu retten.') Aber die Beule gedachte er dem Feinde abzujagen. Zu dem Zweck sperrte Fabius die Flufsenge durch Besetzung Casilinums, den l'afs der Via Latina bei Cales durch eine Abtheilung von 4000 Mann und schlug mit dem Hauptheer sein Lager auf den Höhen bei Spa- ranise auf, von wo aus der Weg am Savone entlang und die lati- uische Strafse gleicher Mafsen beobachtet und angegriffen werden konnten. Jener war für den Abzug der Karthager mit ihrem Un- geheuern Trofs deshalb ungeeignet, weil er auf 8 km hinaus von beiden Seiten belästigt werden kann, während die gefährliche Strecke auf der Latina nur ein Viertel so lang ist. Indem Hannibal 2000 Ochsen mit brennenden Reisigbündeln auf den Hörnern die seit- liche Anhöhe d. h. eine Steigung von 100 m hinauf treiben liefs, eilte die römische Besatzung dem vermeintUchen Feind entgegen und gab den Thalgrund frei, so dafs Heer und Trofs im Verlauf einer INachtwache ungehindert hindurch rückten. Livius benennt den Schauplatz Calltcula mons iugum Calliculae d. h. kleine Trift mehrere IMade durchkreuzen das Hügeldreieck von Sparanise ; Polybios aus kailhagischer Quelle schöpfend nach dem Eribiaims colUs, sei es dafs darunter die ganze Gruppe oder eine einzelne Höhe zu verstehen ist."-*)

Die zwischen Rocca Monfina und Ai)pennin klaffende Lücke hat seit Alters Heer- uud Völkerzügen Durchlafs gewährt. Ueber die einheimische Bevölkerung der Ausoner sind zuerst die Etrusker und Umbrer eingebrochen. 3) Verschiedene Ortsnamen z. B. slella- tinisches und falernisches Gehlde kehren bei Capenaten und Falis- kern wieder, legen damit den Schlufs nahe dafs die Masse der An- siedler die unter Führung des etruskischen Adels von diesen frucht- baren Fluren Besitz ergriff, gerade wie in der Heimat am Tiber

1) Die Nachricht Liv. XXII 13, dafs Hannibal eigentlich nach Casinum ge- wollt, sowie die Nachricht c. 15, dafs der Reiteranführer Minucius 40 km rückwärts zur Deckung von Lautulae entsandt worden, sind schwer verständlich und wol nur auf Irrtum eines Annalisten zurückzuführen, in dessen Kopf die Ortsnamen wie in einem Kaleidoskop herumwirbeiten.

2) Liv. XXII 15. 16 vgl. XXVI 9 Pol. III 92,1.

3) Dion. H. I 21 Plin. III 60 ienuere Osci Graeci Umbri Tusci Campani.

§ 1. Die Nordmark. 689

italischen Bluts gewesen sei.i) Die Herrschaft der Etrusker mag etwa ein Jahrhundert gedauert haben, die Herrschaft der Campaner die sie ablöste, hat dies Zeitmafs nicht erreicht. Mittlerweile war der Zusammenhang der aurunkischen Nation die in dem umgebenden Gebirge ihre Unabhängigkeit behauptete, durch einen anderen Stamm gesprengt worden: die Sidiciner halten sich auf der Innenseite der Rocca Monfina eingenistet (S. 665) und damit die Thorwacht für die Ebene bezogen. Als solche um 345 in die Hände der Samniten zu fallen drohte, rückten die Campaner in eigener Sache zum Schulz der Nachbarn aus. Die daraus entspringende Verwicklung führte das El gebnifs herbei dafs zu den drei oskischen Volkern der Nord- mark, Aurunkern Sidicinern Campanern, 340 als Mitbesitzer die Römer hinzu kamen, denen Capua den ager Falernus abtreten mufste.2) Diese Bezeichnung wird in engerem und weiterem Sinne gebraucht. Im letzteren Falle umfafst sie das ganze Flachland nörd- hch vom Volturnus^), wenn aber die Rechtsstellung berücksichtigt wird, nur den dritten Theil. Im Westen reichte die Feldmark der 296 gegründeten Colonie Siuuessa bis an den Savo und die cam- panische Brücke (S, 665), hier hef aller Wahrscheinlichkeit nach im 4. Jahrhundert die Grenze zwischen Campanern und Aurunkern (S. 554). Die östhche Ebene hiefs campus Stellas und verblieb bei Capua bis zur Zerstörung 211.*) Genau läfst sich sein Umfang gegen das anstofsende Cales das eine porta Stellatina hatte, nicht umschreiben 5); ebenso wenig wie weit er nach Westen ging. Zwischen das calenische und falernische Gebiet war aufserdem der ager' Statanus eingeschoben der allein als Weingau erwähnt, ebenso wie die anderen seinen an Südetrurien erinnernden Namen (S. 335) von einer verschollenen Ortschaft bekommen haben wird. 6) In der Raiserzeit wuchs der Wein der die Marke Falerner trug, in den Lagen jenseit der campanischen Brücke nördlich von der Via Appia.") Aber die Geschichtschreiber der Repubhk dehnen den Bezirk dieses

1) Fest. 343 M. Müller, Etrusker I 176.

2) Liv. VIII 11.

3) Pol. III 90. 92. 94 Diod. XX 90 (vgl. Liv. IX 44) Liv. VII 26 X 21.

4) Liv. IX 44 campum Stellalem agri Campani X 31 XXII 13 Cic. de leg. agr. I 20 II 85 Suet. Gaes. 20 Sil. It. XI 266 Obseq. 14. 37.

5) CIL. X 4660.

6) Strab. V 234. 243 Plin. XIV 65 XXIII 36 Athen. I 26 e.

7) Plin. XIV 62.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 44

690 Kapitel XII. Campanien.

Namens ausdrücklich bis an den Volturnus und ostwärts bis Casi- linum aus.') Er befand sich so scheint es 340 als campa- nische Domäne im ßillbesilz von 1600 Rittern die für ihren Ver- lust bei der Abtretung durch eine der campanischen Staatscasse zur Last gelegte Rente (450 Denar für Jahr und Kopf) entschädigt wurden. Das Land ward sofort in Losen von 10 Vorsus 3/4 ha an romische Bürger aufgelheilt. Die Zahl der Empfänger kann nicht niedriger als 6000 veranschlagt werden, weil sie zur Stiftung der tribiis Falerna die 318 erfolgte, ausreichend erschien.^) Da ferner für Almende Hofraum Wege mindestens der gleiche Betrag wie für die Ackerlose gerechnet werden mufs, so hat das von Capua 340 abgetretene Land einen Flächeninhalt von rund 100 Dkm be- fafst und 200—250 Küpfe auf den Kilometer ernährt (S. 104). Das alsbald in Menge hier gegossene Schvverkupfer kennzeichnet äufserlich die römische Enclave innerhalb einer vorgeschrittenen Umgebung (S. 74). Der Gau blieb auch nachher dicht bewohnt, aber nicht von den Nachkommen der römischen Ansiedler. Die Bauern wurden durch die Kriegsnot und das Capital zu Grunde gerichtet. Schon 217 hören wir von Gütern in dieser Gegend 3); am Ausgang der Republik sind die Hufen zu Besitzungen von 1000 Morgen Gröfse zusammengeschlagen worden.-*) Das Fehlen der In- schriften giebt einen Fingerzeig für das Fehlen des Mittelstandes.^) Freilich hat der Wandel der Wirtschaft den Ruhm des Namens be- gründet. Seit Caesar gehurt der Falerner zu den edelsten Weinen der W^elt (1452)*') und wenn ihm auch ein Jahrhundert später Stataner Calener und viele andere den Rang streitig machten ''), so wurde er schliefslich zum Gattungsbegriff. ^j Der Obstbau stand gleichfalls auf hoher Stufe. 9) Mit dem Verfall des Altertums hat

1) Li V. VIII n XXII 15.

2) Diod. XIX 10 Liv. IX 20.

3) Liv. XXII 23 Piut. Fab. 7.

4) Hör. Epod. 4,13 Cic. pro Cluent. 175 Phil. XIII 11 ad Fam. VI 19,1 Cornif. ad Herenn. IV 64.

5) Mommsen CIL. X 1 p. 460.

6) Catull 27 Varro RR. I 2,6 Cic. Brut. 287; Verg. Georg II 96 Martial IX 93,1 Athen. I 26 c.

7) Strab. V 234. 243 flin. III 60 XIV 62 fg. Hör. Od. I 20,9.

8) Galen XIV 77 K. Sil. It. VII 165 fg. Sidon. Ap. Ep. II 13,7 IX 13,5,59 Carm. 17,15 CIL. IV 1679. 2565a. 66.

9) Plin. XV 53.

§ 1. Die Nordmark. 691

sich Malaria eingenistet, die in den Lagunen der Küste und manchen Sunipfsheckeu landeinwärts geeignete Brutstätten fand.i)

Am Flufs zieht sich eine Niederung hin die von Casilinum ab- wärts bis zur Breite von 6 km anwächst und im Mittel 10 11 m, an manchen Stellen nur 1 2 m Meereshöhe hat. Die Via Appia führt oberhalb der Niederung hin, der 126. Meilenstein stand bei Annunziatella 29 m; sie erreicht Casilinum 14 Millien von Pons Campanus 129 Millien von Rom.^) Sulla halte an der Strafse eine Colonie Urbätia gegründet die unter Auguslus Stadtrecht besafs, aber 57 n. Chr. in Capua eingemeindet wurde.3) Seitdem kommt ihr Name nur noch in den Reisebüchern als Station 9 Millien von Casihuum vor.*) Seinen städtischen Mittelpunct hatte das Falerner- land in Forum Popüi: die Censusliste fügt ex Falerno zur Unter- scheidung von den gleichnamigen Gemeinden der Aemilia und Lu- caniens hinzu. ^) INach Inschriftfunden lag es am Fufs der Rocca Monfina (79 ra) 8 km südlich von Teanum, 5 km östlich von Carinola, reichhch 2 km nordwesthch von Francolise, an oder in der Nähe einer Strafseukreuzung.^) Wie früher bemerkt (S. 663J, kennen die Itinerarien eine Strafse, die an Suessa vorbei über den Rücken zwischen Rocca Monfina und Massicus läuft und Minturnae mit Teanum verbindet. Auf der Höhe des Rückens (22U m) zweigt von ihr sUdösthch auf Capua zu eine zweite ab, die in der Neuzeit vor Entstehung der Eisenbahnen den Hauptverkehr zwischeu Rom und

1) Eine seit Alters oft genannte und in vielen Spielarten verbreitete Rebe ist die aminaeische, Olck in Pauly-Wissowa's Encycl. I 1836. Als ihre Heimat wird Macrob. Sat. III 20,7 der Falernergau bezeichnet; richtiger ist an die Um- gegend von Neapel zu denken Galen X 833 XIV 16 K. In den Politien soll Aristoteles den Namen von thessalischen Aminei, die ihre Reben nach Italien verpflanzten, abgeleitet haben Philarg. zu V. Georg. II 97. Dagegen erklärt Hesychios ^Afitveia als Namen von Peuketia. Man kann ja alles combiniren, die Rebe zuerst von Thessalien nach Apulien, sodann mit den Dauniern nach dem südlichen Campanien einwandern und von hier aus sich über viele Länder verbreiten lassen. Aber die. Geschichte dieser wichtigen wirtschaftlichen Vor- gänge ist verloren. Wir bescheiden uns in den Aminaeern ein verschollenes Volk sei es Campaniens sei es Apuliens zu erblicken.

2) CIL. X 1 p. 694.

3) Plin. III 64 XIV 62 Tac. Ann. XIII 31.

4) Tab. Peut. Geogr. Rav, IV 34, die Zahlen sind mit It. Ant. 108 Hieros. 611 verglichen um 2 zu klein.

5) Plin. HI 64 Plol. 111 1,59 Feldm. 233 Forum Populi CIL. X 1 p. 460.

6) CIL. X 4724. 22. 27.

44*

692 Kapitel Xll. Campanien.

Campanien vermittelte. Es spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür dafs um die Festungen Suessa (313) und Cales (334) anzuschliefsen die Via Appia ursprünglich diese Richtung eingehalten habe. Später nach der Gründung von Sinuessa (296) zog man den Weg über letztere Sladl vor, der kaum eine Millie länger die Steigung von 200 m vermied. Das Forum ging übrigens der Via Appia zeitlich voraus, insofern sein Ursprung mit der Errichtung der falernischen Tribus zusammenhängen wird und auf M. Popilius Consul 316 als Stifter recht gut pafst.i) In der Nähe wurde eine verlassene Burg Larisa gezeigt und den Pelasgern, wir sagen wol richtiger Faliskern, zugesciirieben.2) Das Gemeinwesen hat noch im 4. Jahrhundert Ehrenbeschlüsse gefafst: Näheres hören wir von ihm nicht.

Als nördlichste Stadt Campaniens wird Teanum Teano hinge- stellt (S. 553 A. 6). Man kann die Landschaft bis zum 100. Meilen- stein der Via Latina unweit Mignano wo Latium endigt, ausdehnen (S. 679). Aber da der Vicus Rufrae wie es scheint zum Gebiet von Venafrum gehört hat, das wir im Hinblick auf die ältere Ge- schichte zu Samnium rechnen, so fährt die Beschreibung ungefähr am HO. Meilenstein fort. In der That bildet der Querriegel von Vairano der das teanensische Becken im Norden abschliefst und bis auf 1 km Absland sich dem Fufs der Rocca Monfina nähert, die natürliche Grenze des ager Sidicinus.^) Der oskische Canton der Sidicini ist ja durch den Umstand berühmt geworden dafs er den Anstofs zum ersten Samnitenkrieg gab (I 532). Er hat die Aurun- ker aus dem Atrio der Rocca Monfina verdrängt (S. 665) und ein Gebiet von etwa 300 Gkm erworben. Es ist möglich dafs er ehe- dem sich bedeutend weiter nach Norden erstreckte; aber lediglich durch eine ganz unsichere Vermutung ist er bis Fregellae am Liris gerückt worden (S. 673 A. 5). Die Sidiciner haben gemeinschaft- lich mit Campanern und Latinern gegen Samnium, mit den Aurun- kern von Cales gegen Rom gefochten, sodann während Cales in eine laiinische Colonie verwandelt wurde, 334 gleich den Campanern minderes Bürgerrecht erhalten.'*) Demgemäfs sind ihre Truppen mit

1) Nach Liv. 1X21 ohne Heer.

2) Dion. H. I 2t.

3) Liv. VIII 17 X 14. XXVI 9.

4) Liv. VII 29 VIII 1. 2. 4.5. 15. 16. 17. Die Unterwerfung der Sidiciner felilt bei Livius, aber ohne Zweifel sind sie unter der pars Samnitiiim, die zugleich mit den Campanern in die Bürgerschaft aufgenommen werden, Vell.

§ 1. Die Nordmark. 693

den campanischen zu besonderen oskischen Legionen vereinigt.!) Ihre Münzen in Silber und Kupfer tragen die oskische Aufschrift Teianud Sidikinnd, gewöhnUch nur Teianud, jüngere Kupfermünzen die lateinische Tiano {== Teanorum).'^) Sie halten treu zu Rom im hannihalischen sowol als im marsischen Krieg. 3) Dabei fällt freilich ins Gewicht dafs an beiden Seiten latiuische Colonien Suessa und Cales die Treue verbürgten. Der Gau hatte in Teanum Sidicinum einen Mittelpunct gefunden; die Schriftsteller brauchen gleichbe- deutend den Stadt- wie den Volksnamen, wenn auch jener in der amtlichen Sprache diesen verdrängt. 4) Ohne Zweifel hat die Stadt in älterer wie jüngerer Zeit die Haltung des Gaus bestimmt. Sie nimmt am südöstlichen Fufs der Rocca Monfina einen Hügel von 196 m Höhe und etwa 2 km Umfang ein; nach Ausweis der Ruinen, unter denen ein Theater Erwähnung verdient (140 m), hat sie sich's in der Kaiserzeit weiter abwärts am Savone bequem gemacht. Dieser Bach setzt sie mit dem Hochthal des vulkanischen Ringgebirges in Verbindung (S. 686). Von INorden her trifft die Via Laiina unge- fähr 115 Millien von Rom hier ein und erreicht nach weiteren 5 Millien Cales.^) In Südrichtung führt eine Strafse ins Falerner- land mit seinem 6 Milben entfernten Forum (S. 691). Die nord- südlichen Verbindungen werden durch die Querstrafse geschnitten die von Benevent und dem inneren Samnium aus an Teanum vor- bei laufend in den Hafen Minturnae einmündet (S. 663). Dergestalt in Mitten von fünf Strafsen gelegen , hat die Stadt in der Kriegs- geschichte erwähnt zu werden Anspruch. 6) Ihrer Wichtigkeit ent- sprechend gehört sie zu den Colonien des Augustus.") Später scheint

I 14,3 zu verstehen. Vielleicht ist eben diese Aufnahme ein Kriegsgrund für die Samniten gewesen Appian Samn. 4.

1) Die meuterische Besatzung von Rhegion, gewöhnlich als Legion be- zeichnet (S. 553 A, 9), bestand nach Dion.H. XX4 aus einer sidicinischen und zwei campanischen Cohorten.

2) Artemidor bei Sleph. Byz. Teavov.

3) Liv. XXII 57 XXIII 24 XXVI 9. 14. 15 Appian Hann. 27 b. civ. I 45. 85 Sil. It. XII 524.

4) Gic. Phil. II 107 ad Alt. VI 1,23 Sidicini (nie Teanenses), ad Att. VIII

II B 2 HD 2 Teanum Sidicinum, wo Verwechslung ausgeschlossen Phil. XII 27 de leg. agr. II 86. 96 ad Alt. VII 13,7 14,1 XVI 11,6 Teanum; Piin. ill 63 Teanum Sidicinum cognomine; CIL. X 4782. 84. 85. 6013 Teanenses.

5) Tab. Peut. ist verwirrt. It. Ant. 303 giebt den Umweg über Venafrum.

6) Appian b. civ. V 20 Gic. ad Att. Vll 13,7 und die A. 4 angeführten Stellen. 7) Plin. III 63 Feldm. 238.

694 Kapitel XII. Campanien.

sie nach einer inschrifllichen Bezeichnung colonia Claudia Firma Teanum von Claudius neu colonisirt worden zu sein : auf die repu- blikanische Liebhaberei dieses Kaisers mag zurückgehen dafs unter den Magistrnten ein tribitnus plehis und ein praefectus rebus divinis vorkommt.') Was das bürgerliche Leben betrifft, so schildert eine Hede des Gaius Gracchus die Ungebühr der die Landstädte von Seiten römischer Beamten ausgesetzt waren. 2) Welcher Tribus die Sidiciner 90 zugewiesen wurden, ist nicht bekannt. Nach Strabo's Zeugnifs ist Teanum die gröfste Stadt an der Via Latina und im campanischen Binnenland. 3)

Zwei Capellen der Fortuna zu beiden Seiten der Via Latina zeigten die Grenze zwischen Teanum und Cales an*): man wird sie am Eingang des oben (S. 687) behandelten Passes suchen. Dem 15 km langen Rücken der dies Flachland im Osten abschliefst (S. 686), sind niedrige Berge vorgelagert: die Höhen von Vitulazio (216 m) Pastorano (206 m) Pignataro (362 m) M. Calvento (412 m). Sie bilden mit den Hügeln von Sparanise und Francolise (S. 687) einen 18 km langen Bogen dessen Scheitel auf l^/a km eingesunken ist. Hinter der Einsenkung breitet sich ein vom Stock der Roc- chetta überragtes Thal (120 m) aus. Zwischen zwei ihm enlfliefsen- den Bächen (Rio dei Lanzi) liegt in der Einsenkung etwa 100 m hoch Cales Calvi.^) Der Ort ist noch Bischofsitz obwol auf wenige Häuser beschränkt. Die Ruinen aus dem Altertum, u. a. Amphitheater und Theater, übertreffen die teanensischen und lehren dafs ehedem an dieser ungesunden Stätte ein kraftvolles Leben pulsirt hat. Der Consul des J. 335 triumphirte über die Calener: gleich ihren Schwestern wurde auch diese Aurunkerstadt 334 in eine Colonie und zwar latinischen Rechts mit 2500 Colonisten umgewandelt.^) Von Teanum 5 von Casilinum 8 Millien entfernt, ist dies der am wei- testen vorgeschobene Posten des römischen Staats gegenüber seinen oskischen Angehörigen. Für das ihm zukommende Ansehen zeugt

1) CIL. X 1 p. 471 Eph. ep. VIII p. 143.

2) Gell. N. A. X 3,3.

3) Sirab. V 237. 248; Ptol. III 1,59.

4) Strab. V 249 CIL. X 4633 vgl. Cic. Phil. XII 27 Appian b. civ. I 84.

5) Sil. It. VIII 512 XII 525 braucht neben dem Plural auch den Singular Tlireiciam Calcn wegen angeblicher Gründung durch den Thraker Calais; Plin. III 63 Calcnum; Cic. de leg. agr. II 86 ad Farn. IX 13,3 Calenum muni- cipium, gewöhnlich Calet Calibus, Tab. Peul. Cale, Steph. ßyz. KaXrjala.

6) Liv. VIII 16 Vell. 1 14 Fast. Cap.

§ 1. Die Nordmark. 695

der Umstand dafs seit der Errichtung der italischen Quaesturen 267 der mit dem südlichen Sprengel betraute Quaestor hier seinen Amt- sitz hatte, i) Die Feldmark stiefs im Westen bei Francolise2) an die falernische, im Süden an das zu Capua gehörende stellatinische Ge- filde, im Osten und Norden an die Bergzüge die gegen Trebula und Teanum die Grenze bilden. Sie mag 150 200 Dkm umfafst haben und war dicht bewohnt. Aufserhalb der Stadt von der 6 Thore in- schrifthch namhaft gemacht werden 3), kennen wir einen vicus Pa- latius zwischen Calvi und Pignataro.*) Die Rebberge trugen den edlen Calener den der Dichter preist. 5) Das Gewerbe stand früher als der Weinbau in hoher Blüte. So die Töpferei deren aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammende Erzeugnisse nach Etrurien aus- geführt wurden. 6) Cato nennt Cales und Minturnae als beste Be- zugsquellen für Kapuzen und Ackergerät aller Art.'^) Endlich hat die Stadt in ausgedehnter Weise Silber- uud Kupfermünzen ge- schlagen (S. 75). Sie wurde im samnitischen uud noch härter im hannibalischen Kriege mitgenommen, so dafs sie 209 ihre Unfähig- keit zu weiteren Leistungen erklärte. *) Nach dem Krieg wurden zur Verstärkung neue Ansiedler entsandt. 9) Das J, 90 verlieh ihr das Bürgerrecht und Aufnahme in die Tribus Pobhlia. Cicero unter- hielt freundliche Beziehungen zum Municipium.io) Der Stadtrat heifst Senat, die obersten Beamten Censoren und Praetoren.ii) Im 3. Jahrhundert n. Chr. führt es den Titel Colonie. Cales wird oft mit Teanum zusammen als ansehnliche Stadt aufgeführt, diesem jedoch nachgesetzt 1^): die Denkmäler würden eher das Gegentheil schUefsen

1) Tac. Ann. IV 27.

2) Hier befindet sich der Plin. II 230 Val. Max. I 8 ext. 18 erwähnte Sauer- brunnen, der XXXI 9 Vitruv VIII 3,17 nach anderer Quelle als aqua Aeidula 4 Millien von Teanum aufgeführt wird.

3) CIL. X 4650. 60.

4) CIL. X 4641.

5) Hör. Od. I 20,9 31,9 IV 12,14 Juvenal 1,69 Strab. V 243 Plin. III 60 XIV 65 Athen. I 27 a.

6) CIL. X 2 p. 885 Varro Men. 114 Buch.

7) Cato RR. 135,

8) Liv. X 20 XXII 13. 15 XXIII 31 XXIV 45 XXVI 9. 15. 16 XXVII 9 XXIX 15 Val. Max. 111 2 ext. 1. 8,1.

9) CIL. P p. 200.

10) Cic. ad Fam. IX 13,3 u. a.

11) CIL. X 1 p. 451 Eph. ep. VIII p. 134 fg.

12) PoL III 91,5 Strab. V 237. 249 Cic. de leg. assr. II 86. 96.

696 Kapitel XII. Campanien.

lassen. In der Litteratiir kommt es als Geburlsort des M. Vinicius dem der Geschiclitsabrifs des Velleius gewidmet ist, vor.i)

§ 2. Capua. Keinem der Stämme die einander in der Herrschaft ablösten, gelang es die vulkanische Ebene am Volturnus dem Rahmen eines Staatswesens einzufügen. Immerhin hat die Trägerin der einheit- lichen Bestrebungen eine Stellung errungen die dem Ehrgeiz den höchsten Preis vorgaukeln konnte. In den grofsen Kriegen der Republik galt Capua unbestritten als zweite Stadt Italiens und nährte nach der Schlacht bei Cannae die trügerische Hoffnung binnen kurzem die erste zu werden. 2) Die Selbsterhallung hat nach ihrer eigenen Aussage die Römer zur Vernichtung von Karthago Korinth und Capua genötigt. 3) In dieser stolzen Trias nimmt Capua keinen unziemlichen Platz ein. Die Länge seiner Mauer wird allerdings nicht nur von der römischen sondern auch in mehreren Zwölf- städten Etruriens übertroffen (S. 37). Aber da sie ein dem Qua- drat genähertes Rechteck beschreibt, umfafst sie mehr Flächenraum als letztere und wenn die Fläche (182 Dkm) noch nicht die Hälfte des servianischen Rom oder des etruskischen Veji erreicht, gestattet sie dafür eine viel stärkere Ausnutzung und dichtere Bebauung, weil alle örtlichen Hindernisse fortfallen. Im Unterschied von der Masse italischer Städte deren Gestalt durch natürliche Bedingungen, vor allem die Rücksicht auf natürlichen Schutz vorgeschrieben war, trägt Capua den Stempel einer fortgeschrittenen Entwicklung an der Stirn. Es liegt ohne alle Deckung im freien Felde, so weit wir erkennen können , mit regelmäfsig sich schneidenden Strafsen als ob die Landmesser ein riesiges Lager abgesteckt hätten. Die Ueber- lieferung bestätigt, was der Augenschein lehrt, dafs dies das Werk einer jüngeren Zeit sei. Zwar hat municipale Eitelkeit es um einige Jahrhunderte höher hinaufschieben wollen: der hier gebürtige oder sefshatte Velleius pflichtet eifrig einem Vorgänger bei der die Gründung 800 v. Chr. ansetzt. 4) Er hätte nach dem damals einge- bürgerten Datum von Troia's Fall füglich noch vier Jahrhunderte der Almeureihe hinzulegen können. Kurz vor Caesars Tode deckten

1) Tac. Ann. VI 21. Andere Erwähnungen Ptol. III 1,59 Feldm. 232.

2) Liv. VII 30 XXIII 10. 11 Pol. III 91,6 Plut. Fab. 17.

3) Cic. de leg. agr. II 86. 87 Phil. XII 7 Flor. I 11,6 34,1.

4) Vell. I 7 Mommsen CIL. X 1 p. 367 A. 1.

§ 2. Capua. 697

Schatzgräber die Gruft des Stadfgründers Capys auf.i) So hiefs der Vetter des Aeneas nach ihrem aus Homer bekannten Grofsvater.^) Der gemeinsame Ursprung Roms UMd Capua's wird von den Dich- tern der Kaiserzeit ohne Anstofs anerkannt. 3) In der Epoche der samnitischen Kriege werden beide Städte sogar als Schwestern be- trachtet, da sie von Romulus und Remus gegründet sein sollen. 4) Das Rild der säugenden Wölfin mit den Zwillingen wird 296 am ruminalischen Feigenbaum errichtet und gleichzeitig den campanischen Didrachmen aufgedrückt.^) Demselben Zusammenhang mag die Aufnahme des Volturnus in den römischen Gottesdienst ange- hören (I 331). Von dem Gewebe in das Dichtung und Slaats- kunst vereint die Anfänge der oskischen und latinischen Grofsstadt einhüllten, sind nur vereinzelte Fäden nachweisbar. Es wurde 216 von starker Hand zerrissen, als die altera Roma Rlut und Recht verratend sich dem Unhold aus Africa an den Hals warf. Ein jeder Römer in dem das Andenken an die Not und Gefahr jener Tage fortlebte, hatte allen Grund sich der angeblichen Verwandten von Herzen zu schämen. Da nun aber die Abstammung der Gründer Roms von Aeneas allgemein angenommen war, blieb der nationalen Geschichtscbreibung nichts übrig als die Zugehörigkeit Capua's zur troianischen Sippe zu leugnen. Sie schob die mythischen Gebilde bei Seite, sah der WirkHchkeit ins Auge und setzte die Etrusker in ihr verkümmertes Recht ein.^) Nach Cato hat Capua vor seiner Ein- nahme (211) ungefähr 260 Jahre bestanden. Der Gewährsmann bat im hannibalischen Krieg mitgefochten , hat dem Ursprung der italischen Städte nachgeforscht wie kein anderer vor- oder nach- her, seine Aussage erweckt volles Vertrauen. Den etruskischen Namen der Gründung giebt weder Cato noch Polybios an. Nach Livius lautete er Volturnum, oder nach einem anderen Annalisten Alitermim im Auschlufs an die einheimische Renennung des Flusses (I 331). Auch fehlt es nicht an Gelehrten die capys für etruskisch ausgeben und durch falco (voltur) erklären. Doch braucht man

1) Sueton Caes. 81.

2) Hom. II. XX 239 Coelius Antipater fr. 52 Peter Enn. Ann. 31 Vahlen.

3) Verg. Aen. X 145 Ovid Fast. IV 45 Lucan II 393 Stat. Silv. III 5,77.

4) Dion. H. I 72. 73 Etym. M. 490,1.

5) Liv. X 23 Mommsen Münzwesen 254.

6) Cato bei Veil. 1 7 Pol. II 17 Strab. V 242 Liv. IV 37 Fest. 43 M. Serv. Aen. X 145.

698 Kapitel XH. Campanien.

dabei nicht zu verweilen, ila die ächte Ueberlieferung wie die Stadt in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens geheifsen habe, verstummt ist.^) Ein wichtiges Zeugnifs bietet die porta Capena, vielleicht das einzige Thor 2) des servianischen Rom das nach einer auswärtigen Gemeinde benannt ist. 3) Dafs darunter Capua zu verstehen sei, wo das ent- sprechende .\ord\vestthor porta Romana heilst *), scheint sicher; aber ebenso sicher dafs die eine wie die andere Benennung nicht vor der Anlage der appischen Strafse oder frühestens dem politischen Zusammenschlufs beider Städte aufgekommen sein kann.

Unter den verschiedenen Deutungen des Namens leitet eine Capua von capnt ab und läfst es als Haupt eines Bundes von 12 Städten gegründet sein.^) Die sprachliche Zuläi5::igkeit mag auf sich beruhen. Von einer Reihe campanischer Städte wird der etruskische Ursprung durch Schriftsteller, von anderen wie Irnthi und Velecha durch Münzen bezeugt. Indefs hält es schwer die Zahl voll zu machen oder den Umfang dieses Bundes näher zu bestimmen (I 500). Aber wenn der Urheber jener Deutung die alle weit überragende Stellung Capua's betonte^ war er zweifellos im Recht. Der Abstand vom Volturnus beträgt genau 3 Millien ß), vom Fufs des Tifata un- gefähr die Hälfte. Der Stadtboden im Nordosten 44 m , im Mittel 36 m ü. M., ist nach Westen und Süden geneigt. Wie wenig die Oertlichkeit den Anforderungen an natürliche Festigkeit genügte, lehren ihre Schicksale im Mittelalter. Nach der Zerstörung durch die Saracenen 840 siedelten die Bewohner nach der Stätte von Ca- silinum am Volturnus um und übertrugen auf diese den Namen Capua. Die Kirche S. Maria hielt unter den Trümmern das An- denken der Rümerzeit wach, das um sie erwachsene Städtchen hat erst seit Kurzem als Capua Vetere den Wettbewerb mit der mittel-

1) Dafs Steph. Byz. Kania noXts ^IzaXiae 'Exaxalos EvqcCtiti ano KanvoS rov TQüutxov nicht einer ailionischen Erdbeschreibung entstammen könne, vurde schon I 7 bemerkt.

2) Die porta Quevquclulana S. 556 giebt möglicher Weise ein zweites Beispiel.

3) Serv. V, Aen. VII 697 bringt es mit Gapena zusammen das in der ent- gegengesetzten Himmelsrichtung liegt.

4) Liv. XL 45.

5) Strab. V 242. 248, nicht Polybios wie irrig behauptet wird; Geogr. Rav. IV 34 h'apua caput Campaniae.

6) Lucil. fr. 11! 16 L. M. terminus hie est FollurJius Capua longe tvia milia passum; Tab. Peut. Ps. Ascon. zu Cic. Verr. II p. 193 Or. Dion. H. XV 4 sagt 30 Stadien = 3 Millien; Strab. V 237 nur 19 Stadien.

§ 2, Capua. 699

alterlichen Festung aufgenommen. Der heutige Boden liegt 2 3 m über dem antiken, keine sichtbaren Kennzeichen verraten die Um- risse der Etruskerstadt, an wissenschaftHcher Nachforschung hat es bisher gefehlt. Aber die eifrig betriebene Ausbeute der Gräberschätze in der die Nachfahren mit den Colonisten Caesars wetteifern i), hat Dank dem glücklichen Scharfblick Beloch's wenigstens zu annähernd sicheren Ergebnissen geführt.2) Die oskische Nekropole umfafst das heutige S. Maria nebst den östlich anstofsenden Feldern von allen Seiten: einen Raum von rund 200 ha auf dem keine alten Gräber sondern nur Ziegelgräber des ausgehenden Altertums sich finden, wie solche allerwärts bei der fortschreitenden Verödung an früher städtisch bewohnten Orten vorkommen. Die Ausstattung der alten Gräber reicht nicht über den Anfang des 5. Jahrhunderts hinauf. 3) Wo die Via Appia den umschriebenen Raum betritt und wieder ver- läfst, fällt sie beidemal in scharfem Knick aus ihrer geraden Rich- tung heraus, und zwar aus keinem anderen denkbaren Grunde als weil sie hier eine Hauptstrafse der Stadt darstellt. Die gedachte Strecke mifst 1650 m 6000 italische Fufs, und soweit erstreckte sich die Stadt der Länge nach von West nach Ost: der Endpunct im Osten steht zudem durch aufgefundene Reste des Thores fest. Ein ähnlicher Anhalt um die Breitenausdehnung von Nord nach Süd zu bestimmen wird vermifst. Nach den umgebenden Gräberfeldern kann sie zu 1100 m 4000' angesetzt werden. Die Alten bewunder- ten die Gesundheit Planmäfsigkeit Schönheit der Anlage, die ebenen breiten Strafsen die vortheilhaft gegen die Bauart Roms abstachen.^) Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür dafs das Ganze ein Rechteck bildete und von einem rechtwinkhgen Strafsennetz durchzogen war. Die Länge desselben von West nach Ost war bei der Erbauung oder Fortführung der Via Appia 312 bezw, 268 v. Chr. gegeben. Es sieht aber nicht danach aus und ist nach den bisherigen Grab- funden überhaupt ausgeschlossen dafs die ursprüngliche Mauer kleiner gewesen und erst nachträglich erweitert worden sei. Fragt man

1) Suef. Caes. 81.

2) Belöch Catnpanien 344.

3) Nach einer Mittheilung G. Karo's. Die zahlreichen Äusgrahungsberichte in den Schriften des Arch. Instituts, den Not. d. Scavi, den Atti della com- missione conservatrice dei monumenti nella provincia di Terra di Lavoro» Caserta 1870 fg., harren einer zusammenfassenden Bearbeitung.

4) Cic. de lege agr, II 95. 96.

700 Kapitel XII. Campanien.

nach dem Ziel das den Erbauern dieses gewaltigen Feldlagers vor- schwebte, so ist es offenbar gegen die 15 16 Millien entfernten Griecbenst.'idte Kyme und Neapel gerichtet. Und wenn nach Strabo's Worten der Besitz der fruchtl)aren Ebene von den Kymaeern auf die Etnisker überging, so hängt der Uebergang mit der Gründung Capua's zusammen. Aber von weiteren Betrachtungen sehen wir ab, obwol nicht allein etruskische Metallarbeiten den älteren Gräbern entsteigen, um von der ersten Periode der Stadtgeschichte Kunde zu geben, sondern kürzlich ein hervorragendes Schriftstück dem Zweifel Slillschweigen geboten hat.^)

Nach langen Kämpfen ward 423 die etruskische Herrschaft von der campanischen abgelost (S. 682). Das Volk das 438 die ge- schichtliche Bühne betreten hatte, nennt sich Campani Bewohner der Ebene zur Unterscheidung von den samnitischen Stammvätern im Gebirg.2) So lautete auch mit mancherlei Abweichungen die halbgriechische Aufschrift auf Silbermünzen von Neapel. Damit hat der oskische Stadtname Jcapv[o] nichts gemein. Er steht auf der älteren Silbermünze, verschwindet seit 338 und wird durch Roma Romano verdrängt: nur auf Kupfer bleibt er bis zum Ende der Prägung 211 erhalten (S. 75). Die Römer leiten ihn entweder von Capys dem Anführer der siegreichen Samniten oder gewöhn- lich von Campus ab. 3) Letzteres deshalb weil ihnen die Stadtbe- wohner in der Regel Campaner heifsen. Daran nahm ihr Sprach- gefühl mit Recht Anstofs^); richtige Bildungen zeigt die alte Be- nennung der Porta Capena (S. 698) oder der me(I[is] kapva{ns] = praetor Capnnnus einer altoskischen Inschrift.'') Trotzdem wird jene Bezeichnung mit Capuensis erst dann vertauscht nachdem Campania auf die ganze erste Region ausgedehnt worden war. 6) Der Grund aber weshalb die Römer den Volksnamen kurzer Hand auf die Be- wohner der Hauptstadt übertragen , ist einfach der dafs Atellaner Calatiner Casiliner Sabatiner und wie die sonstigen Angehörigen des campanischen Bundes heifsen mögen, neben dem Vorort völlig

1) Bücheier Rhein. Mus. LV Ifg.

2) Diod. XII 31.

3) Liv. IV 37 Fest. 43 M. Plin. HI 63 Seiv. V. Aen. X 145 Paul. h. Lang. II 17.

4) Varro LL. X 16 und bei Serv. a. 0. vgl. Lucil. fr. III 17 L. M. Cam- pana Capua.

5) Mommsen Unt. Dial. 177 Conway 119.

6) CIL. X 3857. 60 Schol. Bob. zu Cic. p. red. i. s. 17 p. 249 Or.

§ 2. Capua. 701

in den Schatten treten. Wie aus den Trümmern des etruskischen Reiches diese pohtische Gemeinschaft entstand und 80 Jahre später mit Rom vereinigt wurde, meldet keine glaubwürdige Ueberlieferung. Was Annahsten von einer 343 erfolgten bedingungslosen Uebergabe erzählen, trägt den Stempel der Erfindung an der Stirn, i) Freihch mufsten die Campaner den Falernergau abtreten und auf eine eigene äufsere Politik Verzicht leisten. Dafür gewährte ein gleiches Bündnifs die Selbstverwaltung 2), aufserdem aber die Verleihung des minderen Bürgerrechts alle damit verbundenen privatrechllichen Vortheile (S. 553). 3) Letzteres gilt von Hause aus nur für die Ritterschaft und die herrschende samnitische Gemeinde, der Zwie- spalt zwischen ihr und der einheimischen Plebs veranlafste seit 318 die jährhche Entsendung eines Praefecten aus Rom als Schieds- richter und Aufseher, aber in der Folge sind die oskischen und etruskischen Plebejer gleichberechtigte Campaner geworden. ■*) An der Spitze stand der medix tulicus: die Würde war allen Ständen und Gemeinden zugängUch, wurde z. B. 214 von einem Bürger aus Alella bekleidet. 5j

Das Bundesgebiet auf dem rechten Volturnusufer war durch die Römer auf das stellatische Gefilde beschränkt worden (S. 689). Es befafste das linke Ufer von der Mündung ununterbrochen bis weit aufwärts von der Flufsenge den Zug des Tifata einschliefsend, reichte im Süden bis nahe an Cumae und den Golf von Neapel, im Südosten bis Maddaloni. Rechnet man den Flächeninhalt zu rund 1000 Dkm, so entfallen davon drei Viertel auf Capua, kaum ein Viertel auf die verbündeten Gemeinden. 6) Die aufserordenthche Dichtigkeit der Bevölkerung (S. 104) wird durch zwei Zeugnisse er- härtet: 216 waren in den Censuslisten als zum Felddienst ver-

1) Liv. VII 29 fg. VIII 2 XXIII 5.

2) Liv. XXIII 5 XXXI 31, bestätigt durch die Goldmünze mit dem ßundes- opfer Mommsen Münzwesen p. 260.

3) Die Regelung des verwicliellen Verhältnisses ist durch eine Reihe ver- schiedener Acte erfolgt, über die wir ungenügend unterrichtet sind Liv. VIII 11. 14 IX 20 Vell. I 14. Ennius Ann. 174 Vahlen cives Romani tunc facti sunt Campani.

4) Die Ritterstellen wachsen zwischen 340 und 211 von 1600 auf 4000 Liv. VIII 11 XXIII 5.

5) Liv.XXlII 35 XXIV 19 XXVI 6 Ennius Ann. 296 Vahlen.

6) Daraus erklärt sich der Sprachgebrauch des Polybios nie Ka/inavia sondern nsQi oder Marä Kanir^v nsSia zu sagen.

702 Kapitel XII. Campanien.

ptlichlel eingetragen 30 000 Mann zu Fufs 4000 zu Pferde i); 59 ward das verfügbare Domanialland (etwa 500 Dkm) an 20000 Bürger die drei und mehr Kinder hatten, aufgetheilt.2) Die Unfreien ein- gerechnet die bereits im hannibahschen Krieg in den Städten be- merkbar waren 3), mufs die Bevölkerung schon damals 200 Köpfe auf den Quadratkilometer überschritten haben. Von der Fruchtbar- keit des Landes war wiederholt die Rede (S. 680). Der lockere durchlässige Boden der bei Dürre vom Wind in schwarzen Staub- wolken •*) aufgewirbelt wird (I 389), die terra pulla der alten Land- wirte setzte der Bestellung geringe Schwierigkeit entgegen : Kühe oder Esel wurden vor den leichten Pflug gespannt. &) Das Haupt- koru war der Spelt (1 446) der zu Graupen (alica) verarbeitet wurde, ähnlich wie heutigen Tages der Weizen zu Maccaroni.*^) Doch wurde auch feiner Weizen gebaut ') und sehr viel Hirse (I 446). Campanisches Getreide hat in alleren Zeiten mehrfach den Romern die grüfsten Dienste geleistet. 8) Ferner hatte der W^ein Ruf: er wuchs ebenso wie heute (1 453) an Ulmen die in Zeilen die Felder durchziehen.^) Durch ihren Reichtum an Blumen, namentlich an Rosen (Ceulifolien) war die Landschaft vor allem ausgezeichnet und in Folge dessen nach Aegypten der Hauptsitz für die Bereitung von Salben. 10) Der Bedarf an Oel den dies Gewerbe halte, wurde von den angrenzenden Hügeln kaum bestritten; ein Sprichwort liefs in Campanien mehr Salbe erzeugen als anderswo Oel.'i) Der Platz in Capua wo die Salbenhändler verkehrten, hiefs Seplasia^^): grofse Summen wurden hier umgesetzt '>')? der Name verbreitete sich über

1) Liv. XX1II5 vgl. Pol. II 24,14.

2) Vell. II 44 Suelon Caes. 20 Appian b. civ. II 10.

3) Liv. XXIV 19 XXVI 4.

4) Ilor. Sat. II 8,55.

5) Cato RR. 135. 151 Vairo I 20 Gohnn. II 10 VI 1 Plin. XVII 36.

6) Varro RR. I 2 Plin. XVIII 82. 109—116 Fest. 7 M.

7) Plin. XVIII 86.

8) Liv. II 52 Cic. de leg. agr. II 80.

9j Pol. XXXI V 11,1 Plin. XIV 10. 49. 69 Athen. I 27 b.

10) Plin. XII 106 XIII 5. 26 XVIII Hl XXI 16. 17. 20. 53 Cato RR. 107 Athen. XV 688e.

11) Plin. XVIII 111 Dig. XLV 1,00.

12) Cic. de leg. agr. 11 94 pro Sest. 19 in Pis. 24 dazu Ascod, 9 Schoell Fest. 317. 340; un^uenlarU CIL. X 3968. 74. 75. 79. 82.

13) Varro Sat. Men. 38. 511 Plaut. Rudens,631 Plin. XXXIII 164 XXXIV 108.

§ 2. Capua. 703

Westeuropa zur Bezeichnung des Gewerbes. i) Pomade und Schminke waren in römischer Vorstellung von dieser Sladt unzertrennlich gleichwie in teutonischer von Paris.2) Auf anderen Gebieten des Schaffens hat es ebenso wenig an reger Thätigkeit gefehlt. 3) Die Erzarbeiten standen in hohem Ansehen.^) Sodann wird Teppich- weberei»), Tischlerei^), Seilerei"), Töpferei^) rühmend erwähnt. Viel Geld und Gut strömte in Capua zusammen: die Zahl der ritter- lichen Vermögen ist verhältuifsmäfsig grofs.^) Die Cultur die hier aus der Mischung oskischer etruskischer hellenischer Elemente ent- stand und zwei Jahrhunderte blühte, hat auf Rom stärker einge- wirkt als wir im Einzelnen nachweisen können. Seit dem Abfall 216 wird der ehemaligen Schwester nur mit giftigem Hafs gedacht: Hochmut und Schwelgerei sind die ständigen Beiwörter. Aber der Campaner Naevius war es doch der zuerst die Geschichte der römi- schen Vorzeit in ihr Bette leitete. Die Verschwägerung des cam- panischen und römischen Adels stellte die Einfachheit der Sitten am Tiber auf eine harte Probe. lO) Den im Süden hoch entwickelten Rennsport darf man loben. ii) Aber das Gladiatorentum, dies ekle Geschwür das seit 264 immer weiter um sich frafs, hatte seine Wurzeln in Capua. Dessen Bewohnern wurde nachgesagt dafs sie bei Gastmählern zur Erhöhung der Lustbarkeit Kämpfe veranstalte- ten und die Zahl der Fechter nach dem Rang der Gäste bemafsen.^2) In der langen Zeit wo die römische Polizei dem Lasier entgegen arbeitete, hatte es in Capua seine Hochschule. Aus ihr gingen Spartacus und die Anführer im Sklavenkrieg 73 hervor; auf ihr unterhielt Caesar 49 eine Bande von, wenn die Zahl richtig ist,

1) Petron 76 vita Heliog. 30,1 Gloss. Labb. CIL. XI 1621 aus Florenz, Brambach J. Rh. 416 aus Köln u. a.

2) Cic. in Pis. 25.

3) Cassiod. Var. VIII 33,3 induslriosa Campania.

4) Plin. XXXIV 2. 95 Porph. zu Hör. Sat. I 6,117 Isidor XVI 19 Cato RR. 135.

5) Plaut. Pseud. 146.

6) Plin. XVI 225.

7) Cato RR. 135.

8) Cato RR. 135 Hör. Sat. I 6,117 II 3,144.

9) Pol. III 91,6 TTjv naawv noze fiaxaoicoxarTjv yeyovvlav noXiv KaTtvr^v ders. VII 1.

10) .Liv. XXIII 2. 4 XXVI 33 Val. Max. IV 4.

11) Lucil. fr. XV 14 L. M.

12j Strab. V 250 Sil. It. XI 51; Gleiches wird von den Römern ausgesagt Athen. IV 153 f.

704 Kapitel XII. Campanien.

50U0 Manu, jedesfalls von Besorguifs erregeuder Stärke. i) Eine kaiserliclie Anstalt blieb am Ort bestehen, nachdem der Hauptbetrieb nach Rom verlegt worden war. 2) Was endlich die viel berufenen Genüsse belritTt die Hannibals Heer in Capua verdorben haben sollen 3), so wird das Gerede durch die Thatsacheu Lügen gestraft. Die stolze üppige Stadt ward auch nicht durch das Schwert, sondern (hirch den Hunger bezwungen, weil sie der Umklammerung des Feindes sich nicht zu erwehren, vor allem nicht den Zugang zur See frei zu machen vermochte.

Auf die oskische folgt die römische Periode, zunächst eine von 211 bis 59 währende Uebergangszeit, in der diese reiche Landschaft den Parteien der Republik zum Zankapfel diente.^) Nach der Uebergabe wurde der Adel hingerichtet oder verbannt, die Plebs in die Clientel, das Bundesgebiet in das Eigentum des Staates über- nommen.&) Allerdings erlangen die Campaner nach dem Kriege 189 die privaten Rechte römischer Bürger wieder, dienen in der Legion, aber bleiben vom Wahlrecht und der Selbstverwaltung aus- geschlossen. Sie sind weder Herren der Stadt die sie bewohnen, noch der Scholle die sie bebauen, sondern Pächter die der Staat jederzeit aus ihrem Besitz austreiben kann. Capua ist keine Stadt mehr, sondern das Scheinbild einer solchen, der Sammelplatz für die Landschaft wo der Bauer kaufen und verkaufen kann. Recht sprechen die Praefecten die der l'raetor aus Rom als seine Ver- treter, später das Volk durch Wahl entsendet: einheimische Magi- strale fehlen. Wenn der Verein römischer Bürger in Capua Cicero zum Patron ernannte und durch ein Standbild ehrte, so hat die Auszeichnung ungefähr den nämlichen Wert wie das Diplom durch das eine heutige Schützengesellschaft einen vornehmen Gönner zum Hauptmann bestellt.*^) Oeffentliches Leben pflanzt sich allein in den Dorfschaften (pagi) anerkannter Mafsen fort: Dörfer jedoch bilden nur kirchliche, nicht politische Gemeinden.'^) Es leuchtet ein dafs

1) Cic. ad Alt. VII 14,2 Caes. b. civ. I 14.

2) CIL. IV 1182 vita Did. Jul. 8.

3) Liv. XXlil 18 (vgl. VII 38) Val. Max. IX 1 ext. 1 Cic. de leg. agr. I 20 II 95 Slrab. V 250. 51.

4) Mommsen CIL. X 1 p.366f^t.

5) Liv. XXVI 16. 33 fg. XXX VIII 28. 36 Vell. II 44 Cic. de leg. agr. II 84. 88 fg. 95 fg. 6) Cic. pro Sest. 9 in Pis. 25.

7) CIL. X 3772 nennt den pagiis Hercula7ieus , den man im Dorfe Ercole bei Caserla wiederfinden will; eb. 3783 fehlt der Name.

§ 2. Capua. 705

ein derartiger Reclitszusland der ein Stück Inland zur Provinz stempelte, den uacbgeborenen Geschlechtern unleidlich erscheinen mufste. Wichtiger war noch die finanzielle Seite der Frage. Der ager Campanus blieb nicht in seinem ganzen Umfang Staatseigen- tum. Das stellalische Feld wurde den Göttern geweiht, Geld zwang 205 und 199 zu Verkäufen an der Küste wie am Tifata, endhch erhielten je 300 Colonisten in Volturnum und Liternum Landlose. i) Jedoch war genug übrig um in kleinen Parcellen verpachtet eine erkleckliche Rente abzuwerfen. Da die angrenzenden Gutsherren weite Strecken öffentlichen Grund und Bodens immer wieder sich aneigneten, kaufte man sie 165 aus und stellte einen abgerundeten Bezirk von 125 Dkm vor ferneren Uebergriffen sicher. 2) Dies Vor- gehen betraf etwa den vierten Theil der Domäne. Die regierenden Kreise erblickten in den campanischen Einkünften den festen Grundpfeiler für einen geordneten Staatshaushalt. 3) Die Volkspartei wollte das Besitztum an bedürftige Bürger zu freiem Eigen ver- theilen. Gaius Gracchus hatte die Gründung einer Colonie geplant, sein Sturz vereitelte sie.^) Die Colonie wurde 83 angelegt, von dem siegreichen Sulla alsbald wieder aufgehoben. s) Hierauf stellte der Tribun Rulkis 63 seinen von Cicero bekämpften Antrag. End- lich ward er 59 von Caesar in grofsem Stil verwirklicht und Capua als Colonie unter die Sfadtgemeinden Itahens aufgenommen. 6) Wie schon bemerkt (S. 702 A. 2) wurden 500 Dkm Domanialland an 20 000 kinderreiche Bürger aufgetheilt.") Die Ordnung der Dinge hielt nur bis zu Caesars Tode vor, da Antonius sofort eine neue Colonie beabsichtigte und in unmittelbare Nachbarschaft nach Casi- linum führte.*') Die Triumvirn beschlossen 43 Capua ihren Soldaten

1) Sueton Caes. 20 Liv. XXVIII 46 XXXIl 7 XXXIV 45.

2) Liv. XXVII 3. 11 XLIl 1. 19 Gran. Licinian. 15 Bonn Gic. ad AU. II 16,1 de leg. agr. II 76. 82.

3) Gic. ad Alt. II 16,1 de leg. agr. II 80 fundmn pulcherrimum populi Romani, caput vestrae pecujiiae, pacis ornamentum, subsidimn belli, funda- mentum vectigalium, horreum legionum, solacium amionae.

4) Die Nachricht Plut. 8 wird zwar von Cicero de leg. agr. II 81 bestritten, aber der Stein CIL. X 3861 lehrt, dafs die Vermessung für die Anlage bereits statt gefunden hatte.

5) Gic. de leg. agr. II 92 fg.

6) Cic. pro Sest. 9 Caes. b. civ. I 14 Suet. Gaes. 81 Dio XXXVIII 7.

7) Varro RR. I 2,10 Plut. Gat. min. 33,1 Suet. Gaes. 20.

8) Cic. Phil. II 101 fg.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 45

706 Kapitel XII. Campanien,

auszuliefern. •) Da die Ausführung dieses Beschlusses nacii der Schlacht bei IMiilippi dem Octavian zufiel und die Campaner dessen Anhänger waren, wurde eine abermalige Umwälzung der Besitzver- hältnisse verhütet. 2) Sie beschränkte sich darauf dafs Octavian 36 mit dem Gemeindeland von Capua Veteranen ausstattete und dafür eine reiche Entschädigung bewilligte. Die Stadt erhielt Ländereien auf Kreta die ihr jährlich 1200 000 Sesterzen (261 000 M) ein- brachten, eine viel gepriesene Wasserleitung die aqua Julia von der Reste im Osten oberhalb S. Prisco nachgewiesen sind. 3) Aufserdem erbielt sie auf ihre Vorstellungen dafs die Graupenfabriken den Thon des coUis Leucogeus nicht entbehren könnten (S. 702), den Bezirk von Astroni: der bisherigen Besitzerin Neapel wurde als Kaufpreis eine Rente von 200000 Sesterzen (43 500 M.) auf den Fiscus an- gewiesen.4) Nach derartigen Wolthaten ist es nicht zu verwundern dafs die Colonie als Gründung des Augustus galt und colonia Julia Felix Augusta hiefs.^) Ihre Feldmark wird an 800 Dkm um- fafst haben. Seit 57 n. Chr. griff sie auf das rechte Flufsufer in den allen 340 v. Chr. abgetretenen Falernergau über, als Nero Ve- teranen ansiedelte und Urbana zu Capua schlug (S. 691). Die Wirren nach Nero's Sturz verursachten empfindlichen Schaden. Puteoli erktärte sich für Vespasian: Grund genug für Capua die Fahne des Vitellius hoch zu halten. Die bewaffnete Macht schritt ein. 6) Es scheint dafs Capua zur Strafe im Süden den Landstrich um Aversa der Rivalin hat abtreten müssen, was einen Gebietsver- lust von 100 Dkm oder mehr bedeuten würde.'') Dem einbrechen- den Verfall hat Capua länger widerstehen können als die kleinen Nachbarstädte. Um 200 n. Ciir. fand hier Dio die Sammlung an seiner Geschichte zu schreiben und die Stille die er in Rom ent- behrte. S) Aber am Ausgang des 4 Jahrhunderts nimmt es noch unter den Städten des Reiches die achte, unter den Städten Italiens nach Rom und Mailand die dritte Stelle ein.*^) Ebenso bewahrt es

1) Appian b. civ. IV 3.

2) Dio XLV 12 Appian b. civ. V 24,

3) Vell. II 81 Dio XLIX 14 CIL. X 3938.

4) Plin. XVIII 114.

5) Piin. III 63 Feldm. 231 CIL. X 3832. «) Tac. Hisl. III 57 IV 3.

7) Nach den Inschriften wie CIL. X 3735. 50 erscheint die Gegend als puteolanisch, was sie vordem nicht war.

8) Dio LXXVl 2. 9) Auson. Op. 19,46 fg.

§ 2. Capua. 707

io der Langobardenzeit sein Ansehen. i) Der Zerstörung durch die Saracenen ward oben (S. 698) gedacht.

Von dem Glänze der Vergangenheit ist heule verhältnifsmäfsig wenig zu schauen: für die Erhaltung der Denkmäler bietet das lachende Land keinen günstigen Boden. Und doch haben die wechselnden Geschicke seinem Antlitz untilgbare Spuren eingegraben. Der Lauf der Via Appia liefs das Bild der etruskischen und oski- schen Stadt vor unserem geistigen Auge aufsteigen (S. 699), die Umgegend erinnert an die socialen Kämpfe die das römische Italien erschütterten. Das Wegenetz zwischen S. Maria Caserla und Maddaloni im Osten, nach Süden bis jenseit Marcianise wo das Land im Mittelalter versumpft war und durch neue Canäle (Regi Lagni) ein ganz abweichendes Aussehen erhalten hat, entspricht noch vielfach den Vorschriften der alten Feldmesser. Es grenzt gleiche Quadrate von 710 m Seitenfläche d. h. Centurien von 200 Juchert 50,5 ha ab und rührt von den abschliefsenden Landver- theilungen des Caesar und Augustus her.^) Der Decumanus, die Basis der Vermessung lief von Norden nach Süden, weil das Terri- torium sich in dieser Richtung am Weitesten erstreckte. 3) Aus Inschriften erfahren wir dafs Augustus das Pomerium der Stadt be- stimmte (S. 524) und damit eine neue Periode ihrer Geschichte er- öfFnete.4) Bisher war Capua Festung gewesen , und zwar wegen seiner Gröfse und Hülfsquellen , seiner beherrschenden Lage im Mittelpunct der italischen Hauptstrafsen von hervorragender Wichtig- keit. Auch nach dem samnitischen und hannibalischen Kriege tritt dies zu Tage. Es diente 88. 83. 63. 49. 41 in den Kämpfen gegen die Italiker, gegen Sulla Catilina Caesar L. Antonius als Waffen platz. 5) Allerdings lag schon in oskischer Zeit 150 Schritt vor dem Ostthor im Fondo Pattorelli ein viel besuchter Tempel. Aber die Ent- festigung hebt hier wie anderswo erst mit Augustus an. Die grofsen Bauten an der Nord- und Westseite zeigen dafs ein feindlicher An- griff nicht mehr befürchtet wurde: als solcher im 5. und 6. Jahr-

1) Paul. h. Lang. II 17.

2) Beloch p. 309, dem der Hinweis auf diese Ersciieinung verdankt wird, führt sie auf den Praetor Lentulus 162 v. Chr. und Gaius Gracchus zurück; Meitzen Siedelung und Agrarwesen I 320 Anlage 29 auf Caesar.

3) Feldu). 29. 170. 209,21.

4) CIL X 3825.

5) Appian b. civ, I 56. 63 fg. 84. 86 II 29. 37 V 24 Sali. Cat. 30 Cic. pro Sest. 9 Caes. b. civ. I 14 u. a.

45*

708 Kapitel XII. Gampanien.

liiindert erfolgte, war Capua wehrlos. i) Von der Blüte die sich unter der Herrschalt des Friedens entl'altele, ist wenig zu melden. Capua gehurt mit Casilinum Aleila Calatia zur falernischen Tribus. Die Verfassung weicht nicht von dem in Colonien üblichen Schema ab.^) Desgleichen der Gottesdienst: nur das Vorkommen einer Judenge- meinde verdient erwähnt zu werden. 3) Das Papstbuch läfst Con- stantin eine Kirche der Apostel erbauen. *) Wie allgemein in der Kaiserzeit ühhch war, zerfiel die Stadt in Regionen: eine davon hiefs regio Compüi.''>) Die beiden oft erwähnten Plätze, die Seplasia mit dem Salbenmarkt (S. 702) und die Albana mit dem Weifsen Uaus, worunter das Stadthaus gemeint scheint 6), lassen sich topo- graphisch nicht unterbringen. An der Via Appia sind nordwestlich vor der Porta Romana (S. 698) Reste eines Ehrenbogens vorhanden, innerhalb des Thores rechts ein Theater links ausgedehnte Thermen. '') Dafs die Appia die vornehmste Gräberstrafse in römischer Zeit ge- wesen sei ^j, bestätigen ein paar Grabthürme östlich vor der Stadt. Aufserhalb der Stadt an der Nordseite werden Reste einer zweiten Thermenrmlage bemerkt, mehr indefs lenkt das Amphitheater die Aufmerksamkeit auf sich. Den mächtigen Bau hatte die Colonie des Augustus errichtet, Kaiser Hadrian hergestellt, Antoninus Pius neu geweiht.-^) Die äufsere Umfassung 80 Bogen 4 Stockwerk hoch besteht aus Travertin, das Innere aus Backstein. Nach seinen Ab- messungen (170 X 140 m, Arena 76 X 46 m, Zahl der Zuschauer 42 500) ist dies Gebäude ein Jahrhundert lang ohne Gleichen ge- wesen und erst durch die von den Flaviern in Rom aufgebotenen Mittel übertrolTen worden. Wenn aber das Colosseum als Wahr- zeichen der ewigen Stadt galt (S. 538), so hat ein richtiges Gefühl den Stadtrat von Capua seit der Renaissance beseelt und das cam- panische Amphitheater vor weiterer Zerstörung zu schützen veran- lafst. Diese Steinmassen geben ein Gleichnifs von der elruskischen

1) Prokop b, Goth. I 14.

2) CIL. X 1 p. 368.

3) CIL. X 3905.

4) Gestorum pontificum Romanorum I p. 70 (ed. Mommsen Mon. Germ. hist. Ber. 1898). Christliche Inschriften CIL. X 4485 fg. Eph. ep. VIII 514 fg.

5) CIL. X 3857.

6) Liv. XXXII 9 XL 45 Cic. de leg. agr. II 94 Val. Max. IX 1 ext., 1.

7) Liv. XXIII 7.

8) CIL. X 3903,17.

9) CIL. X 3832.

§ 2. Capua, 709

oskischen und römischen Vergangenheit, spiegeln deren fernreichende Wirkungen wieder.

Aus dem Nordthor porta Volturnensis läuft die Strafse nach Samnium aus.^) Sie erreicht in gerader Richtung nach kaum 4 Millien den Flufs westlich von der Enge und überschreitet ihn auf einer alten Brücke (unterhalb der heutigen), deren Trümmer der Volksmund Ponte d'Annibale tauft. Auf dem rechten Ufer geht's zunächst nach Caiatia das 11 Millien von Capua entfernt ist. In spitzem Winkel zur Hauptstrafse führt aus demselben Thor die via Dianae in 3 Millien zu dem berühmten Tempel der Gottin und dem Vicus der bei ihm entstanden war.-) Die verlassene Benedictiner- abtoi S. Angelo in Formis am westlichen Fuls (75 m) des Tifata kennzeichnet die Stätte. Das Gebirge das Capua und dessen Um- gebung überragt, wird im Norden vom Volturno umflossen, nach Osten durch eine Einsenkung der die Bahn Neapel Foggia folgt, die Valle di Maddaloni begrenzt. Es mifst in der Luftlinie von West nach Ost 16 km, von Nord nach Süd 14 km. Der mauer- fürmige Abfall gegen die Ebene hält zuerst eine südöstliche Richtung inne und beschreibt dann um Caserta einen Bogen au dessen süd- lichem Vorsprung (171 m) Maddaloni liegt. Dieser Abfall weist die höchste Erhebung auf: M. Tifata oberhalb Capua 602 m, M. Virgo oberhalb Caserta 620 m. Landeinwärts erreichen die Gipfel nirgend 400 m. Gegenwärtig verraten die nackten Berglehnen nichts von den Eichwäldern denen sie den Namen Tifata verdankten 3): im 4. Jahrhundert n. Chr. boten sie herrliche Birsch.^) Der Name um- fafste gerade wie der neuere Monti di Maddaloni die ganze Gruppe innerhalb der bezeichneten Grenzen; ihn auf den Berg bei Capua zu beschränken, wie vielfach geschieht, ist für das Altertum unzu- lässig. Das Waldgebirge gewährte Bandenführern geeigneten Unter- schlupfs), der Ebene Schutz gegen Ueberfall. Jedoch kann es von Heeren im Norden wie im Süden umgangen, auch nötigenfalls an verschiedenen Orten der Mitte durchzogen werden. Die Reisekarte

1) Tab. Peut. CIL. X 3913.

2) Tab. Peut. ad I)iana{m)\erwmt, Pausan. V 12,3 30 Stadien = 3 Millien, CIL. X 3913. 3T92.

3) Fest. 366 M. Liv. VII 29 Tifata imminentes Capuae colles, XXVI 5 post Tifata montem imminentem Capuae, Dio XLII 25 la Ticparriva oqt]. Als Singular nur einmal dichterisch CIL. X 3796.

4) CIL. X 3796 Sil. It. XIII 219.

5) Dio XLII 25.

710 Kapitel XII. Campanien.

verzeicliuel im Rücken des Tifata eine Ortschaft Castra Haimibalis, die in der Gegend der Einmündung des Isclero in den Volturnus zu suchen ist.') Hier hatten die Karthager seit 215 ein Lager zur Beherrschung der grofsen Strafsen die der Flufs mitsamt seinen Zuflüssen erolTnet, angelegt'-^); von hier brach Hannibal 211 durch das Thal von Maddaloni zum Entsatz von Capua vor, von hier unter- nahm er nach dem Scheitern dieses Versuchs den Volturnus und weiter den Liris hinauf den berühmten Marsch gegen Rom. 3) Aus der Reisekarte entnimmt man dafs zur Kaiserzeit durch das Thal von Maddaloni eine Strafse nach Telesia führte: die Entfernung dieser Stadt von Capua beträgt 22 Millien. Ebendahin führte am linken Ufer des Volturnus nordlich um den Tifata herum eine zweite Strafse. An diese verlegt die Karte 6 Millien jenseit des Dianen- lempels einen Ort Syllae, der Caialia gegenüber fallen würde. ^) Der Name hängt mit dem Sieg zusammen den Sulla 83 in der Nähe des Tempels zwischen dem Volturnus und Capua über Consul Nor- banus erfocht.^) Die Göttin wird hier seit Alters verehrt worden sein, auch ohne den homerischen Weihgeschenken die sie besafs, Gewicht beizulegen. 6) Sulla bedachte sie fürstlich, indem er ihr die am Fufs des Berges entspringenden Mineralquellen sowie die anstofsenden Aecker verlieh. Die Stiftung die gleicher Mafsen die Habsucht der Stadtgemeinde wie der Anlieger erwecken konnte, ist von Augustus und Vespasian gegen Uebergriffe geschützt worden.'^) Das Tempelgebiet heifst mons Dianae Tifatinae und hat seinen eigenen Praefecten der Recht spricht.*) Es mag den gröfseren Theil des Waldgebirges umschlossen haben, aber nicht das ganze. Einen Nebenbuhler der Diana lehrt uns die Karte im Jovis Tifa- tinus kennen den sie weiter nach Süden vom Hannibalslager westlich rückt. 0) Das Glück hat ihm minder gelächelt. Man sucht das

1) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33.

2) Liv. XXIII 36. 39.

3) Liv. XXVi 5 in volle occulta post Tifata monlem durch die gleich er- wähnie Kinnahme von Galatia bestimmt. Dichterisch Sil. It. XII 486fg.

4) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 Sila.

5) Vell. II 25 Flor. II 9,19 Obseq. 57.

6) Athen. XI 466 e 489 b Pausan. V 12,3,

7) Vell. II 25 CIL. X 3828. 8) CIL. X 3933. 4564.

9) Mit dem Capilol das Tiberius in Capua weiht, hat dies nichts zu schafTen; denn apud Capiiam. Tac. Ann. IV 57 besagt nach taciteischem Ge-: brauch dasselbe wie Capuae Sueton Tib. 40 Cal. 57.

§ 2. Capua. 711

Heiligtum entweder oberhalb Casagiove oder in Piedimonte ober- halb Caserta. Immerhin scheint ein Hauptlhor Capua's die porta Jovis nach ihm benannt zu sein. Darunter ist das Thor zu ver- stehen, durch das die Appia und unter einem Winkel von 75*^ eine Strafse nach S. Prisco ausläult d. h. in der Richtung wo der Tem- pel gelegen haben mufs. Durch das gedachte Thor hielt das römi- sche Heer seinen Einzug 211 in die bezwungene Sladt.i)

Das gegenüber liegende Thor an der Westseite ist die porla Romana (S. 698). IN'ach 3 Millien erreicht die Appia den Flufs (S. 698 A. 6) und überschreitet ihn auf einer antiken Brücke. Das heutige Capua nimmt nordlich von der Brücke eine schmale Land- zunge von 1 km Länge und 300 m Breite ein und beschränkt sich auf das linke Ufer. Seine Vorgängerin Casilinnm war auf beiden Ufern, vornehmlich dem rechten ausgebreitet^) ; die Brücke die sie zu beherrschen hatte, konnte füglich nicht an der Stadt vorbei, sondern nur durch die Stadt hindurch führen. Aber das Bild das der Reisende im Altertum schaute, ist nicht wieder zu erkennen, weil seine Umrisse verwischt sind. Der Volturnus beschrieb damals andere Windungen und hat sein Betle wie seine Ufer ansehnlich erhöht, so dafs die Tiefe 4 8 m beträgt in der die alten Bauwerke hüben wie drüben angetroffen werden. Rings von der Feldmark Capua's umgeben, kann Casilinum von Hause aus kein selbständiges Gemeinwesen gebildet haben. Es ist der Brückenkopf der den Uebergang über den Volturnus und das östliche Thor der falernischen Ebene (S. 687) sperrt, bis auf die Gegenwart herab von hervor- ragender militärischer Bedeutung. Fabius besetzte ihn 217, Hanni- bal eroberte ihn nach hartnäckiger Vertheidigung im Winter 216/15. Bereits 214 fiel der Platz den Römern wieder in die Hände und gewährte ihnen einen festen Rückhalt zum Angriff auf Capua. 3) Dann verschwindet der iName bis in caesarische Zeit. 4) Ob bei der Auflheilung der campanischen Domäne Casilinum als besondere Co-

1) Liv. XXVI 14.

2) Liv. XXIII 17 Dion. H. XV 4 Slrab. V 249 ini Se 'Pcouris Kaadlvov iS^rat ini reo OvovXrovovco jioxa/i(ü Plin. XVII 7.

3) Liv. XXII 15 XXIin?. 19. 20 XXIV 19 XXV 20. 22 Plin. VIII 222 Strab. V 249: nach dem Gang der Belagerung sollte man meinen, dafs Casilinum auf dem linken Ufer lag, was der ausdrücklichen Angabe des Livius widerspricht. Ganz abenteuerlich ist die Vorstellung (Liv. XXVI 9 üion. H. XV 4), dafs der Volturnus ohne Brücke gewesen sei.

4 Praefectur Fest. 233 M.

712 Kapitel XII. Campanien.

lonie eingerichtet wurde, steht dahin: sicher geschah es 44 durch Antonius.') Aber sein Gegner hat sie vermuthch bei der Neu- ordnung von Capua (S. 706) aufgehoben: sie fehlt deshalb in der Liste der italischen Gemeinden. Der Ort wurde durch die Nach- barsclialt der mächtigen Hauptstadt erdrückt. 2) Da die Flufsschiff- fahrl wenig zu bedeuten hatte (I 333), sicherten allein die einmün- denden Strafsen ihn vor völliger Vergessenheit. 3)

An der Westseite lag ein zweites Thor durch das eine Haupt- strafse nach der 18 Millien entfernten Flufsmündung auslief. 4) Seit dem Altertum hat der Volturnus seine Mündung um 2 3 km vor- gerückt. Dafs hier lange Zeit vor dem Eingreifen der Romer ein Hafen gewesen sei, ward schon in anderem Zusammenhang be- merkt (I 333). Beloch äufsert die Vermutung das nur aus Milnzen bekannte Velecha könne die alte Bezeichnung des Platzes sein: eine monumentale Stütze dafür wird noch vermifst; nur das Schwer- kupfer das auf regen Verkehr mit den Ansiedlern im Falernergau hinweist, liel'se sich geltend machen (S. 74). Den Hümern hiefs der Platz nach dem Flufs Volturmim. Sie befestigten ihn 212 und errichteten daselbst die Magazine für das Belagerungsheer. s) Nach- dem die Canipaner Casilinum am rechten , Volturnum am linken Ufer und damit die ganze Flufslinie verloren hatten, rückte die Ein- schliefsung und Aushungerung ihrer Stadt unabwendbar heran. Eine Colonie von 300 Bürgern wurde 194 angesiedelt; die von Rom entsandten Praefecten sprachen hier wie im übrigen Campanien Recht. 'J) Die Colonisten waren zum Schutz der Küste bestimmt die im 2. Jahrhundert von Piraten heimgesucht wurde.") Volturnum selbst fiel 38 dem Sextus Pompeius in die Hände. *) Durch die Un- gunst seiner Umgebung herabgedrückt, nahm es unter Domitian

t) Cic. Pliil. II 102 ad Alt. XVI 8,1 10,1 Vell. II 61 Appian b. civ. III 40. Das Ethnikon Casilinemes Cic. de inv. II 171 Casilinates Val. Max. VII 6,2 vgl. Sil. It. XII 426.

2) Plin. III 70 sunt morientes Casilini reliquiae CIL. X 1 p. 369.

3) Sirab. V 237. 38. 49 VI 283 Ptol. III 1,59 Tab. Peut. CIL. X 3792.

4) Der Angriff auf die porta quae Follurnum ferl Liv. XXVI 6 wird 211 durch Geschützfeuer abgewiesen; das Fehlen der Praeposition zeigt, dafs die Hafenstadt gemeint sei.

5) Liv. XXV 20. 22 XXVI 6.

6) Liv. XXXII 29 XXXIV 45 Varro LL. V 29 Fest. 233 M. Vib. Sequ. 152 R.

7) Val. Max. II 10,2.

8) Dio XLVIll 46.

§ 2. Capua. 713

einen unerwarteten Aufschwung. Die 95 n. Chr. vollendete via Domüiana die von Sinuessa ah an der Küste hin nach Putooli führt, verkürzte die Verbindung dieses Hafens mit Rom gegenüber dem Umweg den die Appia über Capua machte, um 16 Millien.') Der Flufs wurde an seiner Mündung überbrückt von diesem hervor- ragenden Werk sind Reste vorhanden und durchgreifend geregelt, desgleichen für die Hebung der verwahrlosten Gegend viel gethan. Dadurch war Volturnum an eine grofse Verkehrstrafse gebracht, wird auch bei dieser Gelegenheit ebenso wie Sinuessa (S. 664) den Titel Colonie den es später führt, erhalten haben. ^) Es lag am linken Ufer hart am Meer 3); Castel Volturno giebt annähernd die Stelle an. Die ganze campanische Küste vom M. Massico bis zu den phlegraeischen Hüben, eine Strecke von 25 Millien ist von einem breiten Gürtel von Sanddünen und Lagunen eingefafst. Die Bildung Latiums wiederholt sich. Aber dem Volturnus der die Auswurfstoffe lieferte ^), gebrach es an der nötigen Kraft um einen Sitz des Verkehrs zu schaden wie solchen der Tiber ins Leben ge- rufen hatte. Zu beiden Seiten dehnt und dehnte sich auf den Dünen meilenweit der Buschwald hin, seit dem Mittelalter nach dem vorwiegenden Baum Pineta benannt. Den Alten hiefs der Pinien- wald südlich von Volturnum von seinen Haselhühnern silva Gal- linaria, ein bekannter Versteck für die Corsarenhäuptlinge des Sex- tus Pompeius und die Wegelagerer der Kaiserzeit. ^) Gerade wie im pomptinischen Gebiet lastet, wenn auch in abgeschwächtem Grade, auf dem campanischen das Verhängnifs dafs die Dünenkette die Entwässerung des Hinterlandes erschwert. Fast die ganze Ebene Süd vom Volturnus mit rund 1500 Dkm war auf den bei Mola entspringenden Clanins angewiesen (I 333). Die Verheerungen die er anrichtete, worauf gelegentlich zurück zu kommen ist, haben ihn den Hellenen früh bekannt gemacht.^) Seit der im 16. Jahrhundert

1) Dio LXVIl 14 Stat. Silv. IV 3 Teiherilicht den Bau; It. Ant. 122 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

2) Unter Augiistus oppidum Plin. III 61, Feldm. 239 kaum richtig, CIL. X 1 p. 357.

3) Strab. V 243 Mela II 70 Plin. 111 61 Plol. III 1,6 Sil. It. VIII 528 fluctu- que sonorinn f'uUurniim.

4) Plin. XXXVI 194.

5) Cic. Farn. IX 23 Strab. V 243 Juvenal 3,307 vgl. S. 142 A. 3.

6) Ljkophr. AI, 718 Dion. H. VII 3 rkävn, die Dichter nnd Commentatoren Clanuts.

714 Kapitel XII. Campanien.

begonnenen Canalisirung mündet er in einem Durciistich 6 km süd- lich von Volturnum ins Meer und steht nur durch einen Neben- arm mit der palus Literna Lago di Patria in Verbindung, die ehe- dem seine Gewässer aufgenommen hatte, i) Dieser reichlich 2 Dkm grofse 150 m tiefe fischreiche See niuis im Altertum sich weiter ausgedehnt haben. Er hat im Süden einen natürlichen Abflufs ins Meer von 1 km Länge Foce di Patria, von den Alten Liternus he- naonl.'^) Daran oder in der Nähe lag Liternum^); die Reisebücher geben die Entfernung von Sinuessa zu 24, von Volturnum zu 12 Millien an, was um 4 bezw. 2 zu hoch erscheint.^) Die sandige und sumpdge Gegend war bei den Römern verrufen. s) Der Ort wurde 215 von ihnen besetzt und 194 wie Volturnum 300 Bürgern angewiesen, denen gleichfalls ein Praefect Recht sprach.'') Er be- wahrte sein Stadtrecht") trotzdem er als vicus ignobüts, seine Um- gebung als deserta palus bezeichnet wird.^) Das Andenken des älteren Scipio der durch die Parteikämpfe aus Rom vertrieben die letzten Lebensjahre (j* 183) in dieser Wildnifs zugebracht hatte, verlieh ihm einen unverdienten Glanz. Das Landhaus aus Quadern erbaut, mit Thürmen bewehrt und von einer Mauer umgeben, wie die Unsicherheit der Gegend mit sich brachte, konnte den Zeitge- nossen Nero's die frühere Einfachheit der Sitten vor Augen führen: das Gut war durch seine Baumzucht berühmt. 9) Das Grab Scipio's wurde von den Geschichtsclireibern aufgesucht: die Aufschrift soll den Undank der Vaterstadt gegen den Todten erwähnt und dadurch den Anlafs zur mittelalterlichen Umnennung von Liternum in Pa- tria gegeben haben. lO) Durch den Strafsenbau Domilians kam neues Leben in den stillen Ort, der gleich Sinuessa und Volturnum seit-

1) Slat. Silv. IV 3,66 Sil. I». VII 278.

2) Liv. XXXII 29 Stiab. V 243, vgl. I 329 A. 2.

3) Bull, (leir Insl. 1885 p. 13 Not. d. Scavi 1885 p. 80.

4) lt. Ant. 122 Tab. Peut.

5) Liv, XXII 16 Lilerni arenas stagnaque perhorrida situ.

6) Liv. XXIII 35 XXXII 29 XXXIV 45 Fest. 233 M.

7) Cic. de leg. agr. 11 66 ad Alt. X 13,2 Strab. V 243 Mela II 70 Plin. III 61 Ptol. III 1,6 Ov. .Met. XV 714.

8) Val. Max. V 3,2.

9) Seneca Ep. 86. 51,11 Val. Max. II 10,2 Plin. XIV 49 XVI 234.

10) Liv. XXXVIII 52. 53. 56 Val. Max. V 3,2 Stiab. V 243 Dio fr. 63 XXXVIII 26.

§ 2. Capua. 715

dem colonia Lüernina heifst.i) Er verödete erst im 8. Jahrhundert. 2) Vor der römischen Herrschaft hat Liternum unter der Ober- hoheit Capua's gestanden. 3) Noch früher hatten die Hellenen durch Wasserbauten das Sumpfland urbar zu machen gesucht: daran er- innerte die fossa Graeca, vielleicht der Canal der nördhch in den Lago di Licüla mündet. Wenn die Deutung richtig ist, so hat der Staat 205 in seiner Geldnot den zwischen dem Canal und dem Meer befindhchen Wald versilbert.^) In diesem Lagunengebiet die verschollene Gemeinde der Sabalini anzusetzen die einzig und allein bei dem 210 über sie verhängten Strafgericht vorkommt, wird man durch den Namen versucht.^) Ein altes Heiligtum des campanischen Bundes lag bei Hamae 3 Millien von Cumae. Da seine Fortdauer in der Kaiserzeit bezeugt ist, scheint es statthaft die im campani- schen Festkalender unter dem 27. Juli erwähnte Wallfahrt profeclio ad Her Averni mit der ehemaligen Bundesfeier zu gleichen. 6) Der Kreis innerhalb dessen Hamae vermutlich entdeckt werden wird (S. Teodoro S. Severino Sa. Chiara), ist ziemhch eug umschrieben. Volle Klarheit kann nur die archaeologische Erschliefsung dieses unbekannten Landstrichs bringen.

Die Namen der südlichen Thore Capua's sind nicht überliefert. Ihre hervoragende Wichtigkeit leuchtet sofort ein, da der Verkehr mit den grofsen Seestädten durch sie einmündet. Zwei Strafsen- züge sind zu unterscheiden,") Der westliche als Consularstrafse be- zeichnet geht nach Cumae und Puleoli.») Am Fufs der phlegraei- schen Höhen etwa bei Qualiano am 14. Meilenstein theilt sich die Strafse, die Entfernung beider Städte von Capua ist ungefähr die gleiche, nämlich 22 Millien. 9) Der östliche Zug verbindet Capua

1) Bull, dell' Inst. 1885 p. 15.

2) Symmach. Ep. VI 5. Die spärlichen Inschriften CIL. X 1 p. 356 sind später vermehrt worden Eph. ep. Vlli p. 118 (S. 714 A. 3).

3) Sil. It. VI 653 fg.

4) Liv. XXVIII 46.

5) Liv. XXVI 33 vgl. Fada Sabatia (S. 143) lacus SabaÜnus (S. 351) Sa- batiu a.nnis in Bruttium.

6) Liv. XXIII 35. 36 Not. de Scavi 1885 p. 81 CIL. CIL. X 3792; vielleicht steckt der Name Cato RR. 135,2 fiscinae cainpanicae Hamae oder Hamis [cod. eame] utiles sunt.

7) CIL. X l p. 705.

8) Plin. XVIII 111, von den Neueren Via Campana benannt nach Sueton Aug. 94, das sich aber auf die Umgegend von Rom bezieht (S. 542).

9) Tab. Peut. giebt 21 für Puteoli an.

716 Kapitel XII. Campanien.

mit Neapel und ist 18 Millien lang.') llalhwegs liegt Atella, oskisch nach Ausweis seiner Münzen Aderl[o] geheil'sen (S. 75). Als Glied des campanischen Bundes hat es die wechselnden Schicksale der Hauptstadt gelheilt. Vor dieser fiel es nach der cannensischen Schlacht zu Ilannibal ab und hielt nach ihrer Einnahme noch aus. 2) Deshalb war die von den Römern 210 verhängte Strafe um so strenger: die Bewohner, so viele ihrer nicht mit Hannibal nach Thurii ge- zogen waren, mufsten die Heimat räumen. Atella zeitweise den vertriebenen Nucerinern überlassen, wurde Eigentum des Staates und einem Praefecten unterstellt.*) Ob seiner Haltung im hanni- balischen Krieg oder welchem anderen Umstand es die zweifelhalte Ehre verdankte als Krähwinkel der römischen Posse zu dienen, ist nicht bekannt. Ebenso wenig wissen wir wann das Gemeinwesen wieder hergestellt ward. Cicero der freundliche Beziehungen zu ihm hatte, erwähnt 63. 54. 45 das Municipiura und verwendet sich da- filr dafs die Besitzungen in Gallien aus denen die Stadtcasse erheb- liche Einkünfte erhielt, ihm nicht entzogen werden möchten. 4) In der Folge wird es zu den Mittelstädten in Campanien gerechnet &); eine nicht einwandfreie Nachricht spricht von seinem Amphi- theater.i*) Die Gemeinde ist erst 1030 nach Aversa verpflanzt worden. Die Kirche Sa. Maria di Atella, die Dörfer Sant Arpino und Pomigliano führen noch den Beinamen. Mancherlei üeber- reste sind erkennbar; auch wurden solche von einer Wasserleitung entdeckt.

An der Ostseite laufen aus der porta Jovis nach Nordosten die Strafse nach dem Heiligtum des tifatinischen Juppiter, nach Südosten die Via Appia aus (S. 711). Letztere erreicht nach 6 Millien Cala- tia.') Die Kirche S. Giacomo und das Grundstück delle Gallazze oder Galluzze nebst Schutt und Trümmern kennzeichnen den Ort. Beloch weist darauf hin dafs die Appia an dieser Stelle gerade wie in Capua (S. 699) ohne sichtbaren Grund die südöstliche Richtung verläfst,

1) Tab. Pent. Geogr. Rav. IV 34.

2) Liv. XXII 61 XXVI 16. 33. 34 XXVII 3 Pol. IX 45 Appian Hann. 49 Sil. It. XI 14. Ein Atcllaner war 214 Bundeshaupt (S. 701).

3) Liv. XXVII 37 Fest. 233 M.

4) Cic. de lege agr. II SG fr. p. 3. IV Kayser ad Qu. fr. II 12,3 ad Farn. XIII 7.

5) Strab. V 249 Plin. 111 63 Ptol. 111 1,59, die angebliclie Coionie des Au- gostus Feldm. 230 ist schlecht beglaubigt, CIL. X 1 p. 359.

6) Sueton Tib. 75.

7) Tab. Pcut. Holsten. ann. p. 268 CIL. X 6909.

§ 3. Die Seeslädte, 717

550 m 2000' nach Osten läuft und dann wieder zur anßinglichen Richtung zuriiciv kehrt. Er zieht daraus den berechtigten Schlufs dafs die Appia auf der gedachten Strecke die alte Stadt der Länge nach durchschnitten habe.i) In der Ebene (51 ni) planmäfsig an- angelegt kann diese füglich nicht mehr als 20 25 ha Flächeninhalt umschlossen haben, war also wie die Allen sagen, in Wirklichkeit klein. 2) Sie hat dem campanischen Bunde angehört und gemünzt, wenn auch die Stücke mit der oskischen Aufschrift Kalati weit seltener begegnen als die von Atella. Vom Ausgang der Valle di Maddaloni nur 2 Millien entfernt (S. 709 fg.) und zugleich die Appia sperrend ein Vorwerk von Capua, hat der Platz strategische Be- deutung gehabt. Bei ihm lagerten die Consuln 321 bevor sie den verhängnifsvollen Marsch durch den caudinischen Pafs antraten; 313 ward er den Samniten entrissen, ging aber 307 wieder verloren. 3) Gemeinschaftlich mit Atella ergriff Calatia 216 die karthagische Partei, fiel 212 in die Gewalt des römischen Belagerungsheeres, ward 211 von Hannibal befreit.-*) Bald darauf wurde es Domäne und mit den ausgewiesenen Atellanern bevölkert.^) Bei der Auf- theilung der campanischen Domäne scheint Calalia aus einer Prae- fectur die es bis dahin gewesen, in eine Colonie umgewandelt worden zu sein. 6) Aber Augustus hat sie ebenso wie Casiliuum (S. 712) aufgehoben und mit Capua vereinigt.") Die Ortschaft ging im 9. Jahr- hundert zu Grunde.

§ 3. Die Seestädte. Die vulkanische Kraft hat in dem weiten Bereich ihrer Thätig- keit verschieden gewirkt. Sie hat einzelne Massen aufgethürmt wie den M. Amiata den Ciminerwald das Albanergebirg Rocca Monfina Vesuv Vultur Aetna. Im Fehdeleben der Vorzeit haben diese Berg- massen den Stämmen Schutz geboten , sie auch wohl als Grenze von einander geschieden. Ein nachhaltiger jedoch oder tiefgreifen-

1) Beloch Campanien 372.

2) Liv. XXVI 5 castellum Sil. It. VIII 542 parvis muris.

3) Liv. IX 2. 28. 43 Diod. XIX 101 KsXiav XX 80 'Axiav in KaXaxiav zu verbessern.

4) Liv. XXII 6t XXVI 5. Sil. It. VllI 542 XI t4.

5) Liv. XXVI 16. 33 XXVII 3 XLl 27 XLII 20 XLV 16 Fest. 233 M.

6) Cic. ad Att. XVI 8,1 Veli. II 61 Appian b. civ. lil 40 Nie. Damasc. v. Caes. 31.

7) Feldm. 232 Strab. V 249 VI 283 CiL. X 1 p. 369.

718 Kapitel XII. Canipanien.

der Einniifs aiil den Gang der Geschichte kann ihnen nicht beige- legt werden. Am Nordrand des Golfs von Neapel ist der Erdgeist auf einer 45 km langen Linie an der Arbeit gewesen, hat nicht an einer einzigen Stelle, sondern scheinbar planlos bald hier bald dort gebaut (1 267). Den verzettelten Angriffen leistete die See erfolg- reiche Gegenwehr, rifs was jener errichtet hatte, zum grofsen Theil in ihren gierigen Schlund. Schliefslich blieben die Phlegraeischen Gefilde übrig, in dem Sinne den die Geologen mit dem Wort ver- binden, ein Gebiet, die anstofsenden Inseln eingerechnet, von reichlich 4 d. DM. d. h. unerheblich mehr als der Vesuv einnimmt. Sein höch- ster Gipfel (M. Epomeo auf Ischia 792 m) erreicht zwei, der höch- ste Gipfel auf dem Festland (Camaldoli 458 m) ein Drittel der Vesuv- höhe, die übrigen stehen mit 1 300 m noch weiter zurück. Sie sind längst erkaltet und erwecken dem Auge das auf der Flammen- säule des Vesuv ruhte, den Eindruck von Zwergen neben einem Riesen. Der Feuerberg vom Seespiegel unvermittelt 1282 m auf- steigend, ragt weit und breit sichtbar als Wahrzeichen Campaniens in die Luft. Aber so sehr er den Naturfreund fesselt, kommt ihm in geschichtlicher Hinsicht keine allgemeine, nur eine landschaft- liche Bedeutung zu. Wer den Beziehungen nachspürt die zwischen der Gestalt der Erdoberfläche und den Geschicken der Menschheit obwalten, dem bieten die krausen Züge der Phlegraea den Stoff zu leiflichem Nachdenken : möglicher Weise wird er zu dem Ergebnifs gelangen dafs nicht blinder Zufall sondern schöpferische Weisheit diese Hügel geschichtet hat, unter allen Umständen an eine gemein- gültige Erfahrung erinnert werden , wenn er den tieferen Grund dem dieser Schauplatz seine bevorzugte Stelle in der Entwicklung Italiens verdankt, auf den heifsen Kampf zurückführt den die un- versöhnlichen Mächte des Schafl'ens und Zerstörens, Erde und Wasser hier gekämpft haben, Der Satz Strabo's laut dessen Italien zu- meist hafenlos ist, die vorhandenen Häfen aber durch ihre Gröfse und Trefliichkeit Bewunderung verdienen (I 99), gilt für die gesamte Küste und im Besonderen für die campanische. Nach dem Golf von Gaela folgt 60 km lang ein glatter nur von Flufsläufen durch- brochener Strand. Die Flüsse sind zu klein, als dafs sie ihrem Beruf genügen könnten das Binnenland dem Meer zu erschliefsen. Liris und Vnlturnus zusammen haben noch nicht die halbe Wassermenge des Tiber. Ihre Mündungen so wenig wie die von ihnen geschaffenen Lagunen vermögen den grofsen Verkehr aufzunehmen. Eine neue

§ 3. Die Seestädte. 719

Welt tliul sicli auf, der einförmige Strand wird von einer grofsen Einbuchtung abgelost, die nnit all ihren Biegungen jenen an LSnge reichlich um die Hälfte übertrifft. Polybios hat sie KQazrjQ Kessel benannt nach einem für seine Zeit und seine Leser angemessenen Gleichnifs i), das auch die Zeichnung der älteren Karten beeinflufst, gegenwärtig aber die Anwendbarkeit verloren hat. >Yill man die Gestalt des Golfs durch eine mathematische Figur veranschaulichen, so liegt ihm ein nach Südwest geöffnetes ungleichseitiges Viereck zu Grunde. Die Oef!'nung zwischen den beiden Vorgebirgen von Misenum und Campanella mifst 30 km, die Nordseite in der Luft- linie 15 km, die südliche 20 km. Werden die anstofsenden Inseln hinzugefügt, so erhöht sich der Betrag für die nördliche um 20 km, für die Südseite um 10 km. Der Rahmen von dem eine Meeres- fläche von reichlich 1000 Dkm umschlossen ist, zeigt in der Bildung und der Geltung seiner Theile erhebliche Unterschiede. Im Süden ist er ein hoher und schmaler Vorsprung des Appennin, der in jähem Absturz nur für kleine Ebenen Raum bietet und an die Riviera sowol in physischer als historischer Hinsicht erinnert. Im Osten wird die campanische Ebene von den Wogen bespült: sie streicht ganzrandig und bekommt auch nicht durch den Kegel des Vesuv belebtere Umrisse. Dagegen haben die Ueberreste zerstörter Kraterwälle im Norden mannichfach gewölbte Ufer und alle Vorbe- dingungen für die Aufnahme des Welthandels geschaffen. Der Rücken des Posilip gliedert sie in zwei Hälften. Davon ist die öst- liche die Bai von Neapel weit offener, aber durch den Umstand be- günstigt, dafs sie unmittelbar an die freie Ebene angrenzt. Die Westhälfte, der Golf von Pozzuoli ist zu drei Vierteln seines Um- fangs von Land eingefafst und gewährt gelegentlich den Schutz eines Binnensees. Aus diesem Grunde ist er der Hauptsitz des Seeverkehrs im Altertum gewesen. Wie im Lauf der Zeiten der Verkehr landeinwärts von West nach Ost, von Stadt zu Stadt ge- wandert ist, spiegelt die wechselnde Benennung des grofsen Golfs wieder: den Hellenen hiefs er Kv/.iarog^), den Römern vereinzelt Sinus Campamis ^), öfter smus Ptiteolanus *) , erst in der Neuzeit

1) Polybios bei Strab. V 242 Cic. ad Att. II 8,2.

2) Eratosthenesbei Strab..V22. 23(Aristot.) Mir. 103 Stefh.Byz. ^eiQtlvovaai.

3) Plin. II 203.

4) -Mela II 70 Plin. III 82 Stat. Silv. II 2,3 ; natürlich auch in beschränktem Sinne der Golf von Pozzuoli Sueton Aug. 98 Aur. Vict. ep. Caes. 9.

720 Kapitel XU. Campanien.

Golfo di ^apoli. Der Wechsel des Vororts und die Slelliing die diese Siadte in der Gesci)ichte Campaniens und ganz Italiens ein- genommen haben, werden verständlich durch den Bau der sie um- gebenden Landschaft.

Das Hügelland am Nordrand des Golfs von Neapel ist aus etwa 27 theils erhaltenen theils zerstörten Ringwällen zusammen gesetzt. Da Schöpfung und Zerstörung den verschiedensten Jahrhunderten angehörte, entstand ein unwegsames Gewirre das bequem zugäng- lich zu machen die Technik der Alten zu den äufsersten An- strengungen genötigt hat. Der Centralheerd der vulkanischen Thatigkeit lag am und im Meer, die schwachen Seiten der Kraler- ringe sind dem Meer zugewandt. Daraus folgt dafs die Hochränder gegen die Ebene hin abfallen und das Vordringen von ihr aus er- schweren. Man kann das ganze 3 d. DM. haltende Gebiet als eine riesige Festung betrachten, die nach Osten durch Posilip (170 m) S. Elmo (224 m) Capodimonte (152 ni), nach Norden durch Höhen die von 385 m 320 m gen Westen auf 129 m und weniger sinken, nach West und Süd durch das Meer gedeckt ist. Hinter dem aufseren schützt ein zweiter innerer Kreis mit Camaldoli (45S m) Toccio Romano (287 m) M. Spaccata (70 m) M. Corvara (319 m): erst wenn auch dieser durchbrochen ist, wird der Zugang zum Meer frei. In den Anfängen der Geschichte als die Höhen bewaldet waren, spotteten sie jeden Angriffs der Binnenländer. Jedoch hat die Festung im Westen ihre verwundbare Stelle; am Strande hin kann der Angreifer die Schutzvvehren umgehen, ohne sonderliche Hemmnisse an die Ufer des Golfs von Pozzuoli und in die Thäler der Kraterwälle gelangen. Als Domitian die Küslenstrafse erneute (S. 713), stellte er eine Verbindung wieder her, die zeitweise die wichtigste in Campanien gewesen war. Im Einzelnen ist die Gegend noch nicht durchforscht worden. Immerhin liegt die Vermutung nahe dafs die S. 715 erwähnte fossa Graeca nicht blos zu Culturzwecken, sondern auch zum Besten der Grenzver- tbeidigung gedient hahe.i) 5,4 km von Liternum mündet der Lago di Licola ins Meer: eine 2,5 km lange 0,3 km breite Lagune deren im Altertum nicht gedacht wird. Man hat deshalb ihre Entstehung den Canalbauten Nero 's (I 333) zuschreiben wollen: schwerlich mit Recht. Wie dem auch sei, füllte der Sumpf den 2 km messenden

1) Vgl. Plut. de mul. virt. 26.

§ 3. Die Seestädte. 721

Abstaad vom M. Ruscello (138 m) zum Meer gröfsteotheils aus, be- schränkte den Zugang auf zwei kurze leicht zu sperrende Strecken am Fufs des Kraters und auf der Düne. Man mufs diese Verliält- nisse im Auge behalten um die Berichte der cumanischen Chronik über die Kriege mit Etruskern und Carapanern nicht für schlechter zu halten als sie sind.i) Südlich vom Lago di Licola, wie die Reisebücher richtig angehen,'^) 6 Millien von Liternum steigt 1 200 m vom Meer ein 82 m hoher Trachytfelsen mit der Burg Kvfxri auf. Ihre Mauer ist 1400 m lang wie das Palatium des Ro- mulus (S. 493), das sie indefs an Festigkeit übertrifft; denn der Fels ist von Natur so schroff und künstlich so abgeglättet worden dafs er ein einziges Thor im Südosten hat und hier allein einen Sturm zuläfst.3) An seinem Fufs nimmt die Unterstadt eine nach Ost abgedachte Fläche ein die nach der See hin abfällt, im Uebrigen aber auf den Schutz ihrer starken Mauer angewiesen ist. 4) Der Umfang, soweit er sich verfolgen läfst, beträgt annähernd 3 km, der Flächeninhalt von Stadt und Burg etwa 60 ha. Dem Besucher der Trümmerstälte kommt Agamemnons Herrschersitz in den Sinn. E. Curtius veranschauUcht die Lage von Mykenae das am Ende der Inachosebene versteckt die Strafsen nach Korinth bewacht, durch das Bild einer Kieuzspinne die am Rande ihres Netzes auf Beute lauert: mag der Wanderer kommen woher er will, die Feste taucht vor seinen Bücken erst auf wenn er unmittelbar davor steht. So lauert Kyme im äufsersten Winkel der campanischen Niederung und hütet den Eintritt in die W^aldwildnifs mit ihren fruchtbaren Gründen und land- umgürteten Buchten. Auf der Akropolis von Kyme denkt Niemand an einen ehrsamen Kaufherrn der in der Fremde eine Factorei stiftet, gewaltige Seekönige haben hier ihren Thron aufgeschlagen. Dies konnte nicht geschehen bevor die Hellenen in den campani- schen Gewässern heimisch geworden waren; die Nachricht die sie von Ischia auf das Festland übersiedeln läfst, klingt verständig und glaubhaft. 5) Die Gründung der Burg zu der die Stadt einen jün- geren Zuv7achs bildet, wird dem 8. Jahrhundert zuzuschreiben sein. 6)

i) Dion. H. VII 4.

2) It. Ant. 122 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

3) Die Festigkeit wird bei der Belagerung durch Narses 552 n. Chr. her- vorgehoben Agath. I 8 vgl. Prokop b. Goth, IV 34.

4) Liv. XXill 37 Vell. I 4.

5) Liv. Vlll 22 Dieis, Sibyilinische Blätter p. 98.

6) An dem Ansatz 1047 v. Chr. bei Eusebios und ähnlich Vell, I 4 hat Nissen, Ital. Landeslnmde. II.

722 Kapitel XII. Campanien.

Die Coloiiisten kamen von Clialkis auf Euboeai); die engen Be- ziehungen welche deren Nachkommen zu Athen unterhielten, ruhten auf Gemeinschaft des Stammes. An der Ausbreitung der hellenischen Seemacht hat Kyme durch Besetzung von Zankle an der Strafse von Messina mitgewirkt 2), vorzugsweise jedoch seine Kraft auf die Schöpfung einer festländischen Herrschaft verwandt. Es unterwarf nicht nur das Waldgebirge das man ihm als natürliches Weichbild zusprechen kann, sondern nach Aussage der Alten die ganze cam- panische Ebene.3) Auf diese wird der am Stadtgebiet haftende Name Tteöiov Oleygalov übertragen (1 267). Nach Kyme wenden sich die Bomer um Korn einzukaufen 4), von ihm beziehen die Osker das Thongeschirr und den Schmuck den sie ihren Todten ins Grab legen, von ihm erhält Italien die Schrift, die griechische Beligion, die Elemente der Cultur. Die Münzen und Todtengaben sind für uns die einzigen gleichzeitigen Zeugen dieser glänzenden Entwick- lung; sie hat 507 durch den Sieg bei Aricia (S. 592) einen Platz in der fortlaufenden Erzählung der Chronik erhalten. Im 5. Jahr- hundert geht es rasch bergab: der Hader zwischen Adel und Volk 5), mafsloser Aufwand'') schwächt die Stadt; vor den Etruskern mufs sie zu König Hieron von Syrakus ihre Zuflucht nehmen (S. 682); das fortschreitende Leben siedelt über nach dem minder fest, aber für den Verkehr ungleich bequemer und günstiger gelegenen Neapel, dem neuen Kyme.

Das alte ward 420 von den Campanern mit Sturm genommen (S. 683 A. 1). Auf die griechische folgt die oskische Periode, die reichlich zwei Jahrhunderte gedauert hat.^) Die Sieger hausten

schon Niebulir I 174 mit Recht Anstofs genommen: er hängt mit der Anknüpfung der Aeneastabel, die Naevius Vergii u. A. vornahmen, zusammen. Dasselbe Moment hat die Annahme der Beziehungen zur Troas und dem aeolischen Kyme (A. 1) empfohlen.

1) Die Betheiligung des aeolischen Kyme wird von dem Localstolz des Ephoros hinzugethan sein Skymn. 238 Slrab. V 243fg. Heibig, Das homerische Epos, 321 fg; nach Steph. Byz. gab es auch auf Euboea ein Kyme von dem der Name herröhren mag.

2) Thukyd. VI 4,5 Pausan. VII 22,8.

3) Slrab. V 242 Plin. III 60 Dion. H. VII 3.

4) Liv. II 9. 34 Dion. H. V 26 VII 2 XII 1.

5) Dion. H. VH 2fg. Pliit. de mul. virt. 26 vgl. quaest. Gr. 2.

6) Athen. XII 528d.

7) Vell. I 4 Cumanos Osca mulavil vicinia.

§ 3. Die Seestädte. 723

übel: die mäunliche Bevölkerung mufste über die Klinge springen, in die Sklaverei oder Verbannung wandern.^) Dennoch, bemerkt Strabo , waren zu seiner Zeit viele Spuren der hellenischen Ein- richtungen im kirchlichen und bürgerlichen Leben vorhanden. Die Aussage des Augenzeugen wird durch die Denkmäler bestätigt: so geringfügig an sich der griechische Inschriftenbestand erscheint, überlrifl'l er den oskischen weitaus.'^) Was das Hellenentum in Kyme vor völligem Untergang rettete, war seine Bildung, vor allem seine Religion. Aus dem Festkalender ersehen wir dafs die heiligen Orte dieser Stadt vom campanischen Bunde in den Kreis allgemeiner Verehrung gezogen wurden. 3) Ihre Goiter, ApoUon Demeter Dio- nysos fanden überall Aufnahme. Die Thätigkeit ihrer Prieslerschaft in der Ausbildung des campanischen Gottesdienstes wird durch keinen Strahl der Ueberlieferung erhellt. Klarer liegt die Mitwirkung zu Tage die sie bei der Einbürgerung des ritus Graecus in Rom, bei dessen Vorgeschichte Schrifttum und was damit zusammenhängt, ausgeübt hat. Die Fäden waren unter den Tarquiniern angeknüpft, seit 338 wo die Kymaeer mit den übrigen Campauern minderes Bürgerrecht erhielten ^), fortgespounen, durch den hannibalischen Krieg eingewoben worden. Kyme machte den Abfall seiner Bundes- genossen nicht mit, der Angriff Hanuibals ward 215 abgeschlagen, damit war der Kette die Capua erwürgen sollte, ein wichtiges Glied eingefügt. Es galt den Römern wie die Benennung der praefecti Capuam Cumas zeigt, als zweite Stadt des römischen Campanien.^) Aber wenn ihm auch 180 der Gebrauch der lateinischen Amtsprache und etwa ein Menschenalter später volles Bürgerrecht zu Theil wurde C), seine Blüte war unwiederbringHch dahin. Den Hafen von Puleoh erhoben die Römer 194 zur Bürgercolouie, den Hafen von Misenum eignete sich Augustus au. Das Weltbad Baiae verblieb ihm, C%imae selbst wurde eine bescheidene Kleinstadt, für ruhe- liebende Leute und arme Gelehrte ein passender Aufenthalt. '') Die

1) Diod. XII 76 Slrab. V 243 Dion. H. XV 6, letzterer setzt wol irrig die Verlreibuug ein Mensclienalter später an.

2) Kaibel 86Ü 72 Gonway 88— 92. Bemerkenswert die amtliche Benennung aedem Demelros CIL. X 3685,

3) Liv. XXIII 35 CIL. X 3792.

4) Liv. VIII 14.

5) Liv. XXllI 15. 31. 35-37 XXIV 13 XXVll 23 Fest. 233 M CIL. XI 3717.

6) Liv. XL 42 Obseq. 28. 54.

7) Juvenal 3,2 Slat. Silv. IV 3,65 Veli. I 4 Sueton Rel. p. 92. t06 Reiff.

46*

724 Kapitel XII. Campanien.

Feldmark kann eine Ausdehnung von 60 Ckm kaum überschritten haben. \Vährend der frühere Sprachgebrauch campus Phlegrams auf ganz Campanien anwandte, begrenzt er ihn jetzt nach Ost und >'ord durch die von Capua kommenden Strafsen (S. 715). In solcher Umschreibung benennt er ihn auch Lehoriae campus LeborinusA) Die Alten erklären Campanien für die fruchtbarste Landschaft auf Erden , das leborinische Gefilde für den fruchtbarsten Theil Cam- paniens. Daher mag es rühren dafs der Name in Terra di Lavoro entstellt, seit dem Mittelalter als Ersatz für den verloren gegangenen ISamen Campanien dient, volle 5000 Ckm also mehr als je phle- graeisch geheifsen hatte, umspannt, aber nach jenem bei der Wanderung von Namen oft wiederkehrenden Spiel des Zufalls seine Hf'imat ausschliefst, die mit den Küsten des Golfs zur Provinz Neapel gehört. Nach dem Gesagten begreift man dafs die Erzeugnisse des cumanischen Landbaus Ruf hatten: Flachs 2) Kohl 3) Wein. 4) Cumae besafs vortreffliche Tonuaren (I 111)^), heferte Jagd- und Fisch- netze von unübertrefflicher Feinheit und Festigkeit''), betrieb eine schwunghafte Töpferei.'^) Die Mittel reichten für allerlei Bauten, sogar für ein Amphitheater aus. Auch erhielt das Municipium^) im Lauf der Kaiserzeit den Titel einer Colonie.") Leider hatte ihm bei der entscheidenden Wendung der Dinge, bei dem Uebergang des Freistaats zur Monarchie kein glücklicher Stern geleuchtet. W^ährend der Cumaner Blossius der vornehmste Ratgeber des alteren Gracchus gewesen war ^^), hielt die Geistlichkeit später zum

1) Plin. m 60 Leburini campt XVH 28 Leborino XVIII 111 Leboriae (oder Laboriae) vgl. CIL. X 2225, vielleictit von lebes die Tlialkessel Itezeichnend, ähnlich wie crater den Golf (S. 719).

2) Flin. XIX 10 fg. Gratti Gyneg. 35 Hör. Ep. I 18,46. •6) Colum. X 137 Plin. XiX 14U.

4) Athen. I 26 f.

5) Strab. V 243 vgl. Ennius p. 166,6 Vahlen.

6) S. A. 2.

7) Plin. XXXV 164, mehr bei Marquardt Privatleben 640 A. 2, Varro Men. 114 Bücheier.

8) Cic. de leg. agr. 11 66. 86. 96 fr. 3 IV Kayser ad Att. X 13,1 ad Fam, VllI 1,2 CIL. X 3711 Plin. III 61.

9) Vermutlich durch Domitian vgl. S. 713: die Angabe Feldm. 232 bezieht sich auf Misenum ; der Roman Pelrons spielt hier nicht wie Mommsen Hertn. XIII 109 CIL. X 1 p. 351 meint.

10) Plut. Tib. Gr. 8. 17.20 Cic. Lael. 37 Val. Max. IV 7,1.

§ 3. Die Seestädte. 725

Senat und zog sich Caesars Ungnade zu.i) Caesars Sohn legte die Axt an die geweihten Haine und die Hand auf den städtischen Hafeu, ohne dal's wir von einer Entschädigung an die Beraubten horten. Die Tage wo Arislodemos dem letzten König von Rom ein Asyl bot und die Etrusker niederschlugt), waren längst vergangen. Aber die Politik des Augustiis hat den Abstand zwischen Vergangen- heit und Gegenwart noch erweitert. Sie schlofs der Sibylla die mit ihren Sprüchen die Gemüter so oft erregt halle, die Lippen. Im zweiten Jalnhundert unserer Zeitrechnung erfuhr der Reisende aus dem Munde des herumführenden Küsters die Bestätigung dafs die greise Seherin endlich von der Last des Lebens erlöst worden sei.3) Er besuchte ihre leere Höhle an der Ostseite bei dem Burg- aufgang, eine weite Halle wo einst die Gläubigen der Antwort warteten die aus dem inneren Gemach hervorschoU. Die Höhle ist jetzt verschwunden, da Narses 552 um zu stürmen ihre Decke nebst der darüber hinziehenden Mauer zum Einsturz gebracht hatte.'*) Seit- dem die Dienerin verstummt war, gab Apoll im Burglempel wo sein 15' hohes Holzbild stand, auf Fragen durch die an vielen Orten iibUchen Lose Bescheid: dies Orakel fand auch fremden Zuspruch.^) Unmerklich sank die Vergessenheil herab. Im langen Frieden waren die Mauern wie wir sehen überbaut worden, aber die alters- graue Burg chalkidischer Corsaren wurde von den Gothen als sicherer Ort für die Aufbewahrung ihrer Schätze gewählt.*') Nachdem die Neapolitaner sie 1207 als Räubernest zerstört haben, ist die Stätte völlig verödet. Die Ueberresle des Altertums sind unter Pflanzungen und Gestrüpp versteckt: auf der Burg im Osten der dem Apoll ge- weihte Haupltempel, im Süden ein zweiler'), dann in der Stadt der

1) Cic. ad Au. X 13,1 de Div. I 98 Hin. XVII 243; die römischen Quinde- cimvirn liallen die Obeiaufsiclil über den cupanischen Goltesdiensl CIL. X 3Ü98. 99.

2) Liv. 11 21. 34 Cic. Tusc. III 27 Dion. H. V 36 VI 21 Vll 2 fg. Plut. de mul. virl. 26.

3) Petron 48 Juvenal 3,3 Pausan. VIII 24,5 X 12,8.

4) (Alislot.) Mir. 95 Verg. Aen. VI 42 Stat. Silv. V 3,172 Justin, Marl. coli. 37 Agalli. I 10. Ausführlicli hat Cluver 1107—14 gegen die gewöhnliche Annahme die an den Avernus die Grotta della Sibilla verlegt, den Sachverhalt aufgehellt.

5) Vita Clod. Alb. 5 Serv. V. Aen. VI 9.

6) Prokop b. Golh. I 14 III 6 IV 34. 35 Agath. I 8—11. 20.

7) Von Beloch nach Liv. XXVII 23 dem Zeus zugeschrieben.

726 Kapitel XII. Campanien.

Tempel tler Demeter, vor der Stadt das Amphitheater, der Viaduct (Aren FeUce) w. a. Der ganze Biirgfelsen ist von unterirdischen Gängen durchzogen die des ['fadfinders harren. Um so reichere Ausbeute hat die Nekropole für Kunst- und Culturgeschichte gehefert. Was Delphi für Hellas, ist Kyme fiir Italien gewesen. Die er- habensten Dichlungen die in alter und neuer Zeit der romanische Genius, die Vergil und Dante geschaffen haben, wurzeln in diesem Boden. Der verworrene Bau des Landes, die bewaldeten Ringwälle, die tiefen Gründe, die tödtlichen Dünste, die heifseu Quellen, die ausströmenden Dampfwolken, die Erschütterungen der Erde, und vollends ein Ausbruch mit all seinen Schrecken stellten an den Mut der ionischen Ansiedler die höchsten Anforderungen, regten ihre Phantasie in den innersten Tiefen auf. Dafs Homer ihren Er- zählungen Farben für die Ausmalung von Odysseus' Hüllenfahrt entlehnt habe, ist eine nicht zu beweisende aber wahrscheinliche Annahme (l 4). Unter allen Umständen war eine so ungewöhnliche rätselhafte furchtbare Natur geeignet den Gedanken an die Unter- welt zu erzeugen und mit ihren Erscheinungen unauflöslich zu verknüpfen. Ursprung und Wachstum der cumanischen Theologie läfst sich nicht verfolgen. Im Licht der späteren Aufklärung zer- rann das Geheimnifs ihrer Wunder und Gnadenorte. Acherusia palns hiefs der 2 km südlich von Cumae gelegene durch seine Austern bekannte Lago del Fusaro^): ein Sirandsee von 2 km Länge kaum halber Breite und 7 m höchster Tiefe. Die Alten halten ihm am Südende bei Tor di Gaveta durch einen 180 m langen unterirdischen Stollen einen Abflufs ins tyrrhenische Meer eröffnet. An der Mündung erblickt man die ausgedehnten Trümmer der Villa des Servilius Vatia^), wie denn nach Ausweis der Ueberresle der dem Lärm von Baiae entrückte Strand in der Kaiserzeit auch andere Verehrer gefunden hat. Der campanische Festkalender von 387 n. Chr. verzeichnet unter dem 15. October ein Erntefest Acerusae an einem Heiligtum dieser Gegend. 3) Der Acheron wird von den älteren Schriftstellern im Lucriner oder im Averner See erblickt 4): die dortigen Hafenbauten werden ihn wol zur Auswanderung ge- nötigt haben. Uebrigens beträgt die Entfernung des Fusaro von

1) Siral). V 243 Plin. Ili 61 Tab. Peut. Vib. Seq. 153 Riese.

2) Beschrieben Seii. Ep. 55 Beloch Camp. 188.

3) CIL. X 3792.

4) Lykophr. AI. 695 Strab. I 26 V 244. 245 Serv. V. Aen. VI 107.

§ 3. Die Seestädte. 727

Baiae kaum eine Millie. Dann wird die Halbinsel wieder breiter, reichlich 3 km: im Osten steigen die Höhen von Baiae 127 m an, durch eine Einsenkung davon gelrennt im Südwesten der M. di Procida 145 ni. Die Halbinsel endigt im promunturium Misenum das den Golf von Pozzuoh und den ganzen Golf von Neapel im Norden begrenzt.^) Dies 1 km lange 0,4 km breite 168 m hohe Gap, der Rest eines zerstörten Kraterwalls hängt mit dem Festland (M. di Procida) nur durch die 2 km lange schmale Düne von Mini- scola zusammen. Weithin sichtbar konnte es in der That den Eindruck eines riesigen Grabhügels machen, den man ehedem einem Gefährten des Odysseus^), seit Vergil dem Trompeter des Aeneas errichtet sein liefs.^) Wie die ganze Umgegend ist auch dies Vor- gebirge mit seinem einzigartigen Rundbhck seit dem 2. Jahrhundert V. Chr. zum Landsitz gewählt worden. 4) Von der kaiserlichen Villa in der Tiberius 37 n. Chr. starb, sind zahlreiche Ruinen erhalten: sie hatte früher dem Marius und LucuUus gehört. &) Das Vorgebirge und daran anschüefsend der Strand von Miuiscola begrenzen im Süden den nach Ost geöffneten portus Misenus ß), den „tiefen und schönen Hafen im Opikerland" der einst das 5 Millien entfernte Kyme mit der Heimat verbunden hatte.'') Mit der Festigung des Landfriedens war er für den Handelsverkehr zu abgelegen, als Kriegshafen für das westliche Mittelmeer dagegen vorzüglich ge- eignet. Seit Augustus ankerte hier die classis [praetoria] Misenensis die Hauptflotte der Kaiserzeit und bestand noch um 400 n. Chr.*^) Die Bucht mifst reichlich 2 km Länge 0,5 km Breite und gegen- wärtig 14 m höchster Tiefe. Sie zerfällt in zwei Hälften. Der

1) Strab. V 243 Miseni promunlurium Liv. XXIV 13 Tac. Ann. VI 50 XV 46.

2) Strab. 1 26 V 245 Lykophr. AI. 737.

3) Verg. Aen. VI 162 fg. Dion. H. I 53 u. a.

4) Plut. G. Gracch. 19,1 Cic. de or. II 60 ad Att. I 13,5 X 8,10fg. Phil. II 48. 73.

5) Plut. Mar. 34,2 Tac. Ann. VI 50 Sueton Tib. 73 Plin. XVIII 32; die Be- schreibung Phaedr. II 5,7 fg. würde allenfalls auch auf den M. di Procida zu- treffen, wo aber die Ruinen fehlen.

6) Flor. I 11,4.

7) Dion. H. I 53 VII 3 XU 1 Liv. XXIV 13.

8) Suet. Aug. 49 Tac. Ann. IV 5 Veget. IV 31 Not. Dign. Occ. 118 CiL. X 1 p. 317 fg. Epli. ep. VIII p. 111 fg. Fiebiger Leipz. Stud. XV (1894). Aus den Inschriften kennen wir gegen 80 Namen von misenensischen, kaum die Hälfte von ravennatischen KriegsscliifTen ; Dreiruderer machen reichlich zwei Drillrl des Bestandes aus.

728 Kapitel XII. Campanien.

Innenhafen ist in der Neuzeit zum Zweck der Salzgewinnung durch einen Damm abgeschnitten und in eine Lagune (Mare morto) um- gewandelt worden, die rasch versandet und die Luft verschlechtert. Im Altertum führte eine hölzerne Brücke hinüber, die von Baiae kommende Strafse aufnehmend. i) Am Eingang des Vorderhafens sind Pfeiler von zwei Wellenbrechern bemerkbar: der längere springt von der Südspitze 180 m vor. Die INordspitze (Punta della Pennata) ist durchstochen um einer Versandung der Hafenmündung vorzu- beugen. Ein Fischerdorf Misenum oder Miseni'^) hatte hier längst bestanden. 3) Die Kriegsflotte verlieh ihm einen neuen Aufschwung und einen neuen Anstrich. Es erhielt Stadtrecht und den Titel colonia J(ulia) von einem der ersten Kaiser.^) Da die Gemarkung keine 1000 ha befafst, handelt es sich nicht um eine Machtstütze in dem Sinn den Augustus mit dem Worte verband, sondern um eine Ehrung mit der die Nachfolger Veteranen gegenüber nicht kargten. Aehnlich wie in Ravenna (S. 254) war die Selbstverwaltung durch die Admiralität beschränkt.^) Die Stadt lag am Fuf's des Vorgebirges bei dem heuligen Weiler und war durch zwei Slrafsen mit Cumae verbunden: die eine lief über iMiniscola^) am Fusaro hin, die andere über die Holzbrücke und Baiae wird zu 6 Millien gerechnet.') Ein Theater, Wasserleitung ^j, manche andere Ueber- reste sind wahrnehmbar. Nach langer Trennung wurden die Ge- meinden Cumae und Misenum 592 kirchlich wieder vereinigt. 9) Misenum ist im 9. Jahrhundert von den Saracenen zerstört worden.

1) CIL. X 3344.

2) Der Plural Properz I 11,4 CIL. X 3342a. 3675. 3336 Plul. C. Gracch. 19,1 Mar. 34,2 Ant. 32,2 Joseph. A. XIX 1,1 Ptol. III 1,6.

3) Diod. IV 22 Cic. de imp. Pomp. 33 Hör. Sat. li 4,33.

4) CIL. X 3703. 04 geiiören offenbar nach Misenum, dessen Eigenschaft als Colonie durch n. 3674. 78 ohnehin festsieht. Die Nachricht Feldm. 232 von einer Ansiedlung durch Augustus und einer Landvertheilung an Veteranen durch Claudius in Cumae geht auf Misenum, das ja eben auf cumanischem Ge- biet angelegt ist.

5) CIL. X 3334. 44, Duovirn eb. 3678 Eph. ep. VIII 445.

6) Der Name soll aus milüum schula entstanden sein: in der That ist CIL. X 3344 mit der üeberschrift schola ainnaturlarum] hier gefunden. Auf diesem Wege spielten sich die vom jüngeren Plinius Ep. VI 20 beschriebenen Vorgänge am 25. Aug. 79 ab (I 282).

7) II. Ant. 123 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

8) Der grofse Piscina Mirabilis benannte Behälter bei Bacoli gehörte dazu.

9) Gregor M. Registr. II 44.

§ 3. Die Seestädte. 729

Die 4 km entfernte Insel Prochyta Procida besitzt gegenwärtig auf dem Festland das Gebiet von Misenum: im Altertum wird die Sache umgekehrt gewesen sein. Obwol nur 4 Dkm grofs zählt sie doch 14 000' Bewohner. Sie ist aus den Westrändern von 3 (das losgerissene Vivara hinzugerechnet 4) eingestürzten Kratern zu- sammen gesetzt. Diese gehören in geologischer Hinsicht zu den Phlegraeischen Gefilden des Festlands (l 266). Die Alten erblickten in Procida ein abgetrenntes Stück von Ischia und erklärten den griechischen Namen aus vulkanischen Vorgängen. i) Dagegen rührte er nach Naevius von der Amme des Aeneas her.^) Was die Dichter sonst von dem liebhchen Eiland aussagen , zeugt nicht eben vou Orlskenntnifs.3) Die grüfsere Nachbarin (46 Gkm) nimmt in der Ueberlieferung mehr Platz ein. Den Hellenen heifst sie IIi^rjTioüaaa oder Ilid-rjxovoaat ^), den Römern Aenaria ^j, dichterisch seit Vergil Inarime.^) Die Deutung des ersten Namens als Affeninsel") wird dahin verstanden dafs die Hellenen wirkUch Vierhänder vorgefunden hätten*): was aus klimatischen Gründen uicht möglich ist. Der zweite jüngere wird mit Aeneas zusammen gebracht. 9) Den Kern der Insel bildet ein Kraler dessen 792 ra hoher Nordrand von den

1) Plin. II 203 Hl 82 Serv. V. Aen. IX 715 von n^oxrvac, It. mar, 515 Procita.

2) Dion. H. I 53 Plin. Ili 82 Serv. V. Aen. IX 715.

3) Die Ränder fallen zwar bis 75 m steil ab, rechtfertigten aber weder das Beiwort alla Verg. Aen. IX 715 noch aspera Stat, Silv. II 2,76. Auch war die Insel schwerlich so menschenleer wie Juvenal 3,5 andeutet.

4) Der Singular Skylax lU Strab. I 6U li 123 Ptol. III 1,69 Mela 11 121 Plin. III 82; der Plural (Arisl.) Mir. 37 Strab. V 247 VI 258 Liv. Vlll 22 Ov. Met. XIV 90 Plin. U 203 Appiau b. civ. V 69 wird ausdrücklich auf Ischia allein bezogen; nichtsdestoweniger liegt die Annahme nahe, dafs er ursprünglich Procida u. Vivara mit einschlofs, vgl. Steph. Byz.

5) Cic. ad Alt. X 13,1 Appian b. civ. V 69. 71. 81 Plut. Mar. 37. 40 It. mar. 515. Dafs Liv. VIII 22 Mela II 121 Aenaria und Pilhecusae für ver- schiedene Inseln halten, kommt auf das allgemeine Conto der Unwissenheit der Römer in Geographie.

6) Verg. Aen. IX 716 dazu Serv. Ov. Met. XIV 89 Lucan V 101 Plin. III 82 u. a. fälschlich nach Hom. II. II 783 vgl. Strab. XIII 626 Steph. Byz. 'AQt/ia.

7) Lykophr. AI. 691 Strab. Xill 626 Plin. III 82 Ov. Met. XIV 90 Xenagoras bei Harpokr. und Suidas KeQxarp.

8) So 0. Keiler, Thiere des class. Alt., p. 1. Der Name kommt auch in Nord Africa vor Diod. XX 58 Steph. Byz.

9) Fest. 20 M. Plin. III 82.

730 Kapilel XII. Campanien.

Hellenen als Schaiiberg 'Emonevg bezeichnet wurde. i) Er wird von einer Anzahl niedriger Auswurfslellen umgeben. Ihrer Thätig- keit und des vom Meer geleisteten Widerstandes ist früher gedacht worden (1 252. 266. 283). Die Fruchtbarkeit der Insel die heute 25 000 Köpfe nährt, ihre günstige Lage vor dem campanischen Golf bestimmten sie zum natürlichen Slützpunct für die Besiedlung des Festlands (S. 721). Dafs die Eretrier und Chalkidier von Euboea auch durch Bergbau auf Gold zum Bleiben bewogen worden seien 2), ist mit dem sonstigen Vorkommen des Metalls unvereinbar. Da- gegen wild man den Alten gern glauben dafs die Bewohner mehr- fach durch vulkanische Vorgänge vertrieben wurden. Um 470 halte König Hieron von Syrakus eine Besatzung gegen die Etrusker hin- verlegt. Sodann kam der Besitz an Neapel 3), ging aber sei es an die Campaner sei es an die Römer verloren. Hierauf ist Ischia römisch gewesen bis Augustus es im Tausch gegen Capri den Nea- politanern verlieh.'*) Die hellenische Stadt die Skylax um 350 er- wähnt, nahm den an der nordwestlichen Küste bei Lacco vor- springenden M. di Vico (121 m) ein. Am Fufse liegt S. Restituta die Hauptkirche der Insel sowie die Nekropole der Stadt. Da ihr, wenigstens in bekannter Zeit, die Selbstverwaltung abging, ist die Ausbeute an Inschriften nicht erheblich. &) Die meisten rühren von Curgästen her, die warmen Quellen übten im Altertum wie heute ihre Zugkraft aus. 6) Der Name der Nymphae Nitrodae oder Nitro- des hat sich in Nitroli bei Moropano erhalten : diese Quelle liegt im Süden, während gegenwärtig die Quellen der Nordküste bei Casa- micciola und Ischia aufgesucht werden.

Die Ufer des campanischen Golfs waren seit Augustus mit Ort- schaften und Landhäusern so dicht bevölkert dafs sie den Eindruck einer einzigen zusammenhängenden Stadt machten.'') Wer aus weit- räumigen Gegenden kommend heute seinen Blick über dies Bild

1) Timaeos bei Slrab. V 248 Plin. II 203; aus einer unrichtigen Lesart ist das moderne M. Epomeo entstanden, der volkstümliche Name lautet M. S. Nicola.

2) Slrab. V 247.

3) Aus dieser Zeit scheint zu stammen die Soldaleninschrift Kaibel 894 Mommsen Unterit. Dial. 197.

4) Obseq. 54 Sueton Aug. 92 Strab. V 248.

5) CIL X 1 p. 679 Kaibel 891—94.

6) Strab. V 248 Plin. XXXI 9; andere Erwähnungen II 227 XVI 141 XXXII 154 nach eigener Anschauung.

7) Slrab. V 247.

§ 3. Die Seeslädte. 731

gleiten läfst, wird ähnlich zu urtheilen geneigt sein. Nur die Nord- weslecke, gerade derjenige Theil der im Alterlum die höchste Pracht entfallet hatte, fällt aus dem Rahmen des Ganzen heraus: den An- griffen der Seeräuher am Meisten ausgesetzt, wurde sie früh ver- lassen und dem Fieber preisgegeben. In Folge dessen bestimmen Ruinen ihren landschaftlichen Charakter. Diese gehören vorzugs- weise Villen an die den Besitzer oft gewechselt haben: es ist ziem- lich aussichtslos dem Wandel im Einzelnen nachzugehen und ohne sonderliche Bedeutung. Dazu kommt dafs der Meeresspiegel an der Küste von Misenum bis Puteoli gegen früher gestiegen ist, der Strand ehedem breiter war (1290); ferner dafs der M. nuovo das Aussehen seiner Umgebung völlig umgestaltet hat (l 267). Um so mehr haben wir uns auf die allgemeinen Züge zu beschränken. Die Reisebücher rechnen 3 Millien von 3Iisenum bis Baiae^) Die Halbinsel wird eingeengt durch den See von Fusaro (S. 726) auf der einen , den Baianns sinus auf der anderen Seite.^) Die flach gewölbte Bucht wird im Süden von dem Vorsprung den das im 16. Jahrhundert erbaute Castell von Baja einnimmt, im Norden von der Punta dell' Epitaffio begrenzt: beide Spitzen sind 1,2 km von einander entfernt, über der Sehne dringt die Bucht 400 m ins Land, früher weniger. Mit dem durch sie gebildeten portus Baia- rum''^) kann es nicht weit her gewesen sein, da dem Hafen sowol Schutz als die nötige Tiefe fehlte. *) Für die Cumaner freilich be- safs er mit dem misenatischen verglichen den Vorzug gröfserer Nähe, soll denn auch gleich diesem nach dem Steuermann des Odysseus benannt sein.») Weltruf hat die Gegend durch ihre Heil- quellen erlangt. INirgends, meint Plinius ß), brechen sie in solcher Fülle und mit so verschiedenen Heilkräften ausgestattet hervor als hier: es giebt schwefelhaltige W^asser, alaunhaltigc salzhaltige erd- pechhaltige, auch salzige Säuerlinge; einige Quellen nützen durch ihren Dampf und sind mächtig genug um Badestuben zu heizen und kaltes Wasser in den Wannen zum Kochen zu bringen. Der Name

1) It. Ant. 123 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

2) Plin. II 227 XXXI 4 Hör. Ep. I 1,83.

3) Plin. III 61 Slat. Silv. IV 7,17 Flor. I 11,4 Athen. II 43b.

4) Cluver U19, gegenwärtig höchstens 6 m.

5) Lykophr. AI. 694 Strab. I 26 V 245 Varro bei Serv. V. Aen. IX 710 III 441 Sil. It. Vlil 539 XII 114; vereinzelt als Gefährte des Aeneas ausgegeben Serv. V. Aen. IX 710.

6) Plin. XXXI 4 Vitruv II 6,2 Celsus II 17 Pio XLVIII 51.

730

Kapitel XII. Campanien.

Hellenen als Schauberg 'Encoftevg bezeichnet wurde. i) Er wird von einer Anzahl niedriger Aiiswurfslellen umgeben. Ihrer Thälig- keit und des vom Meer geleisteten Widerstandes ist früher gedacht worden (1 252. 266. 283). Die Fruchtbarkeit der Insel die heute 25 000 Köpfe nährt, ihre günstige Lage vor dem campanischen Golf bestimmten sie zum natürlichen Stützpunct für die Besiedlung des Festlands (S. 721). Dafs die Eretrier und Chalkidier von Euboea auch durch Bergbau auf Gold zum Bleiben bewogen worden seien 2), ist mit dem sonstigen Vorkommen des Metalls unvereinbar. Da- gegen wild man den Alten gern glauben dafs die Bewohner mehr- fach durch vulkanische Vorgänge vertrieben wurden. Um 470 halle König Hieron von Syrakus eine Besatzung gegen die Elrusker hin- verlegt. Sodann kam der Besitz an Neapel 3), ging aber sei es an die Campaner sei es an die Römer verloren. Hierauf ist Ischia römisch gewesen bis Augustus es im Tausch gegen Capri den Nea- politanern verlieh. 4) Die hellenische Stadt die Skylax um 350 er- wähnt, nahm den an der nordwestlichen Küste bei Lacco vor- springenden M. di Vice (121 m) ein. Am F'ufse liegt S. Restituta die Hauptkirche der Insel sowie die Nekropole der Stadt. Da ihr, wenigstens in bekannter Zeit, die Selbstverwaltung abging, ist die Ausbeute an Inschriften nicht erheblich. s) Die meisten rühren von Curgäslen her, die warmen Quellen übten im Altertum wie heute ihre Zugkraft aus.^) Der Name der Nymphae Nitrodae oder Nitro- des hat sich in Nitroli bei Moropano erhalten : diese Quelle liegt im Süden, während gegenwärtig die Quellen der Nordküste bei Casa- micciola und Ischia aufgesucht werden.

Die Ufer des campanischen Golfs waren seit Augustus mit Ort- schaften und Landhäusern so dicht bevölkert dafs sie den Eindruck einer einzigen zusammenhängenden Stadt machten. '') Wer aus weit- räumigen Gegenden kommend heute seinen Blick über dies Bild

1) Timaeos bei Strab. V 248 Piin. II 203; aus einer unrichtigen Lesart ist das moderne M. Epomeo entstanden, der volkslümlictie Name lautet M. S. Nicola.

2) Strab. V 247.

3) .\us dieser Zeit scheint zu stammen die Soldaleninschrift Kaibel 894 Mommsen Untcrit. Dlal. 197.

4) Obseq. 54 Sueton Aug. 92 Strab. V 248.

5) CIL X 1 p. 679 Kaibel 891—94.

6) Strab. V 248 Plin. XXXI 9; andere Erwähnungen II 227 XVI 141 XXXII 154 nach eigener Anschauung.

7) Strab. V 247.

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§ 3. Die Seeslädte,

731

gleiten läfst, wird ähnlich zu urtheilen geneigt sein. Nur die Nord- weslecke, gerade derjenige Theil der im Altertum die höchste Pracht entfaltet hatte, fallt aus dem Rahmen des Ganzen heraus: den An- griffen der Seeräuber am Meisten ausgesetzt, wurde sie früh ver- lassen und dem Fieber preisgegeben. In Folge dessen bestimmen Ruinen ihren landschaftlichen Charakter. Diese gehören vorzugs- weise Villen an die den Besitzer oft gewechselt haben: es ist ziem- lich aussichtslos dem Wandel im Einzelnen nachzugehen und ohne sonderliche Bedeutung. Dazu kommt dafs der Meeresspiegel an der Küste von Misenum bis Puteoli gegen früher gestiegen ist, der Strand ehedem breiter war (1290); ferner dafs der M. nuovo das Aussehen seiner Umgebung völlig umgestaltet hat (I 267). Um so mehr haben wir uns auf die allgemeinen Züge zu beschränken. Die Reisebücher rechnen 3 Millien von Misenum bis Baiae^) Die Halbinsel wird eingeengt durch den See von Fusaro (S. 726) auf der einen , den Baianns sinus auf der anderen Seite.^) Die flach gewölbte Bucht wird im Süden von dem Vorsprung den das im 16. Jahrhundert erbaute Castell von Baja einnimmt, im Norden von der Punta dell' Epitaftio begrenzt: beide Spitzen sind 1,2km von einander entfernt, über der Sehne dringt die Bucht 400 m ins Land, früher weniger. Mit dem durch sie gebildeten poitns Baia- rum^) kann es nicht weit her gewesen sein, da dem Hafen sowol Schutz als die nötige Tiefe fehlte. *) Für die Cumaner freilich be- safs er mit dem misenatischen verglichen den Vorzug gröfserer Nähe, soll denn auch gleich diesem nach dem Steuermann des Odysseus benannt sein. 5) Weltruf hat die Gegend durch ihre Heil- quellen erlangt. Nirgends, meint Plinius 6), brechen sie in solcher Fülle und mit so verschiedenen Heilkräften ausgestattet hervor als hier: es giebt schwefelhaltige Wasser, alaunhaltigc salzhaltige erd- pechhallige, auch salzige Säuerlinge; einige Quellen nützen durch ihren Dampf und sind mächtig genug um Badestuben zu heizen und kaltes Wasser in den Wannen zum Kochen zu bringen. Der Name

1) lt. Ant. 123 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

2) Piin. II 227 XXXI 4 Hör. Ep. I 1,83.

3) Plin. III 61 Slat. Siiv. IV 7,17 Flor. 1 11,4 Athen. II 43b.

4) Cliiver 1119, gegenwärtig; höchstens 6 m.

5) Lykophr. AI. 694 Strab. I 26 V 245 Varro bei Serv. V. Aen. IX 710 HI 441 Sil. It. Vill 539 XII 114; vereinzelt als Gefährte des Aeneas ausgegeben Serv. V. Aen. IX 710.

6) Plin. XXXI 4 Vitruv 11 6,2 Celsus II 17 Dio XLVIII 51.

732 Kapitel XII. Campanien.

Baiae wird über das ganze Gebiet der Tbernialqiiellen vom Vorge- birge Miseüum 1) bis au das Weichbild von Piileoü^), namentlich auch den Kessel des Averner Sees ausgedehnt 3); daher erklärt sich der Sprachgebrauch den Lucrinus als Baianus lacus zu bezeichnen.*) In der rOniisicben Ueberlieferung begegnen die (Juellen zuerst als aquae Cumanae und zwar 176 v. Chr. 5) Zu Marius Zeiten sind sie unter dem ^a^le^ Baiae bekannt'»); ein Menschenalter später ist dies da^ erste Bad der Welt und behauptet seinen Hang bis zum Ausgang des Altertums.'') Es vereinigt die Gesellschalt im Frühling; nach einer vereinzelten Aeuf::erung galt die Lult im Spätjahr für ungesund.^) Von dem Badeleben und seiner Zügellosigkeit ist oft in starken Worten die Rede.'-*) Der Zudrang war so stark und es wurde so viel gebaut dal's Baiae an Grolse hinter Puteoli nicht zu- rück stand. '0) Drei Glasgeläfse die ziemlich roh die Sehenswürdig- keiten der Küste vorführen und durch Beischriften erläutern, lehren dals wenigstens in der späteren Kaiserzeit auch ein Publicum hier verkehrte das derartige Dulzendwaaie als Andenken mitzunehmen nicht verschmähte. *i) Freilich waren es die l*rachtbauten der Grofsen mit ihren Gärten und Fischleichen die das Aussehen der Gegend bestimmten. Eine Ruine unter Wasser 50 m Nord von Punta del Fortino dient als Beleg für die Liebhaberei dem Meer den Baugrund abzulroizen.i^) Obenan standen die kaiserlichen Schöpfungen in denen der INachfulger seine Vorgänger zu über- bieten suchte: ein Bestreben das mit Kero einen gewissen Abschluis erreichte. Auf der Hohe südwestlich über dem Hafen thronte die

1) Varro RR. III 17,9.

2) Joseph. Arcli. XVIII 7,2 giebt den Absland zwischen Baiae und Puteoli zu 5 Stadien an.

3) Dio XLVm 51.

4j Fun. IX 168 XIV Gl Tac. Ann. XIV 4.

5) Liv. XU 16 Lucrez VI 747.

6) Plul. Mar. 34,1.

7) Hör. Ejj. I 1,83 Marlial VI 42,7 Friedländer Darstellungen 11« 119.

8) Cic. ad Fain. IX 12,1, dagegen die blühende Schilderung Cassiod. Var. IX 6.

9) Cic. pro Cael. 27. 35. 38. 47. 49 frg. p. 29 IV Kayser Varro Men. fr. 44 Buech. Seneca Ep. 51 Froperz 1 11 Slat. Silv. IV 7,19 desides Baiae.

10) Slrab. V 246.

11) H. Jordan, Arch. Zeil. 1868 p. 91.

12) Sallu.>.t Cal. 13,1 2ü,ll Hör. Od. li 18,20 Verg. Aen. IX 710 Plin. Ep. IX 7,2.

§ 3. Die SeestäJte. 733

Villa Caesars, in der Hadrian 138 von seinen Leiden erlöst ward.') Die Oertlichkeit wird als Bat'ae veteres bezeichnet: so hiefs der zu Cumae gehörige Vicns im Unterschied von >'eu Baiae das nach Puteoli zu auf fiscalischem Grund entstanden war.2) Von Alt Baiae wird der Villenort BauJi unterschieden , der nach der her- kömmlichen und allem Anschein nach richtigen Annahme in dem heutigen Dorf Bacoli (28 m) nahe beim Hafen von Misenum fort- lebt. 3) Man brachte den Namen mit den Ställen (ßoav'/ua) zu- sammen in denen Hercules die Rinder des Geryones barg, während er einen Damm am Lucriner See aufschüttete.*) Auf der Höhe nicht weit von der seines iVebenbuhlers entfernt lag die Villa des Pompeius.ö) Am Ufer lag die berühmte Villa des IJedners Horten- sius die nachher in den Besitz des Kaiserhauses gelangte: berühmt bei der Menge wegen ihrer zahmen Muränen ß), bei den Gebildeten als Schauplatz des LucuUus betitelten Buchs der Academica Cicero's "), bei den Geschichtskundigen als Schauplatz der Ermordung Agrippi- na's durch Kaiser IXero ihren Sohn.*) Von Bauli schlug Caligula eine Schiffbrücke nach dem Molo von Puteoli um einen kindischen Triumph zu feiern: der Abstand wird zu 3600 Schritt angegeben, beträgt aber weniger. 9) Inschriftlich wird ein ordo und coUegtum

t) Cic. ad Alt. XII 40,3 Seneca Ep. ot,ll Tac. Ann. XIV 9.

2) Ctir. a. 354 (in Momniseu Ghron. min. 1 146); Hör. Ep. 1 15,7 CIL. X 3698 Joseph. Arcli. XVIII 7,2

3) Belocti Camp. 176 f^. suclit Bauli auf Punta dell' Epitaffio, dem Vor- gebirge das die Bucht von Baiae im Norden begrenzt (S. 731). Der einzige Grund der sich dafür anführen iäfst, ist die Reihenfolge Plin. III 61 Misenum portus ßaiarum Bauli lacus Lucrinus: jedoch scheint es bedenklich ihr ein entscheidendes Gewicht beizulegen. Die Berichte über Agrippina's Ermordung (A. 8), so wenig sie sich auch durch topographische Klarheit empfehlen, sprechen eher für Bacoli. Dasselbe gilt vom Brückenschlag Galigula's (A. 9),

4) Sil. It. XII 156 Symm. Ep. I 1 Serv. V. Aen. VI 107.

5) Cic, ad Farn. VIII 1,4 Seneca Ep. 51,11.

6) Varro RR. lli 17,5 Plin. IX 172 vgl. X 193 Martial iV 30.

7) Cic. Acad. prior. II 9. 125.

8) Tac. Ann. XIV 4 fg. Sueton Ner, 34 Oio LXl 13.

9) Die Entfernung von Punta dell' Epitaffio aus beträgt 3 km, von der Bucht von Baiae oder dem Strand von Bacoli aus 3,6 km, also höchstens ^3 der überlieferten Zahl. Diese gehl aber nicht auf eine Messung der Brücke zurück. Cic. Acad. prior. II 100 rechnet von Bauli nach Puteoli zu Wasser 30 Stadien d. h. wahrscheinlich 4,44 km oder höchstens 4,95 km (S. 66). Die Angabe triflfl genau zu, wenn man die Bucht von iMisenum als den gewiesenen Ausgangspunct betrachtet. Aehnlich wird It. mar. 515 die Entfernung von

734 Kapitel XII. Campanien.

Baulanorum erwähnt: darunter ist das kaiserliche Gesinde der Schlüsser von Misenuni Hauh Alt Baiae Neu Baiae zu verstehen.') Am Scheitel des Bogens den der Golf von l'uteoli beschreibt, wird der Zusammenhang der Küste unterbrochen durcii den lacus Lncrinus, einen Strandsee den der M. nuovo 1538 bis auf einen Bi uchtheil an der Seite von Baiae zugeschüttet hat (I 267). Eine niedrige schmale Düne trennte ihn vom Meer: die kürzeste Ver- bindung zu Lande zwischen den Häfen von Baiae und Puleoli und deshalb früh in einen Slrafsendamm verwandelt. 2) Dies ist die 1 Millie lange via Herculanea die oll von den Wogen überflutet, durch Agrippa und Claudius hergestellt werden mufsle.3) Agrippa hatte aus der Lagune den Vorhafen zum Avernus dem neu ge- schaffenen Kriegshafen machen wollen : der Plan scheiterte weil die Lagune für Kriegsschiffe zu seicht war.4) Statt dessen bot sie ein vorzügliches Fischrevier, das seit dem hannibalischen Kriege in den Besitz des Staates übergegangen war und bei der Verpachtung der Domänen von den Censoren herkömmlich an erster Stelle ausge- boten wurde, der guten Vorbedeutung wegen die der Klang des Namens weckte. 5) Um 100 v. Chi-, legte ein Feinschmecker einen Austernpark an*»); die Auslern wurden an Pfählen gezogen') und errangen auf dem Markte den Preis.^) Damals waren die Ufer noch still, hallten aber bald von dem Lärm der Badegäste wieder: der See wurde der Miltelpuncl des aufblühenden Neu Baiae, Kahnfahr- ten bei Ta<( und Nacht gehörten zu den besonderen Reizen des

Piocida nacli Miseiiuin zu 3U Stadien beslimml. üer Gewährsmann Suetons Cal. 19 hat den Ansatz des campanischen Poitulans leichthin mit der Länge der Brücke gogiirlien und nach allischer Rechnung (S. (17) S'/a Stadien der Millie zugelheill. Somit erhielt er 3,6 Miliien oder 5,33 km. Eben dasselbe Mafs drückt Dio LIX 17 der 7 V2 Stadien auf die Millie rechnet, durch 26 Stadien aus: eigentlich hätte er 27 schreiben sollen.

1) iMommsen zu CIL. X 1746—48.

2) Die ältesten Zeugen für die Einbürgerung des Heraklesmythos in Kyme sind die Vasen: den Kampf mit Geryones stellt CIGr. IV 7582 dar; Cacus die Bronzeurne Mon. deli' Inst. V tav 25.

3) Cic. de lege agr. II 36 Slrab. V 245 Lykophr. AI. 697 m. Schoi. Diod. IV 22 Properz IV 17,4 Sil. It. Xll 118 Plin. XXXVI 125 Serv. V. Georg. II 161.

4) Strab. V 245.

5) Cic. de lege agr. 11 36 Fest. 121 M. Serv. V. Georg. II 161.

6) Plin. IX 168 Val. Max. IX 1,1 Strab. V 245.

7) Auson. Ep, 9,30 und die S. 732 erwähnten Gläser.

8) Cic. ad Att. IV 10,1 Her. Epod. 2,49 Sat. 114,32 Plin. XXXII 61 Pe- iron 119,34 Varro Men. 501 Buech. Juvenal 4,141 Marlial VI 11,5 XIII 90.

§ 3. Die Seestädte. 735

Badelebens. ') Unter den Villenbesitzern werden Varro und Cicero genannt. Das Academia oder meistens nach der Ortsangehorigkeit als Cumanum bezeichnete Landhaus, ein I.ieblingsaufenthalt des Redners lag an der Ostseite des Sees 2) und liegt jetzt unter dem M. nuovo begraben: im 16. Jahrhundert befand sich hier ein be- suchter Badeort Tripergole. Der Lucrinus stand mit dem lacus Avernus in Verbindung: der trennende Landrücken ist jetzt 600 m breit, war aber vor 1538 viel schmäler. Der runde See ist ein ehemaliger Krater, von steilen nur im Süden eingestürzten Wänden umgeben , haX an 1 km Durchmesser bei 65 m Tiefe. Die herr- schende Waldesstille, die Verlassenheit, die Fieberluft, die langen unterirdischen Gänge rufen in der Brust des Besuchers eine Stimmung wach, die den Eindruck verständlich macht den in grauer Vorzeit die hellenischen Ansiedler empfangen haben mögen. Weil kein Vogel sollte hinüberfliegen können ohne von den Dünsten be- täubt zu fallen, nannten sie den See ^'Aoqvog den vügellosen und weihten ihn der Persephone, 3) Hier entsprang die Quelle der Styx aus der kein Frommer trank, hier wurden die Toten beschworen, hier war Odysseus und nach ihm Aeneas ins Schattenreich hinab- gestiegen, hier hausten die Kimmerier die niemals ein Sonnenstrahl traf. Hannibal brachte 214 der heiligen Stätte seine Verehrung dar; noch 6 Jahrhunderte später fand am 27. Juli eine Wallfahrt zu ihr statt. 4) Mittlerweile indefs war ihre Weihe unwiederbring- lich geraubt worden. Um einen gegen jeden Angriff feindlicher Flotten geschützten Kriegshafen zu gewinnen, schuf Agrippa 37 v. Chr. den See in den portits Julius um.^) Der Wald wurde ge- schlagen, die Verbindungscanäle zwischen Avernus und Lucrinus, Lucrinus und Golf erweitert, Werften und Arsenale angelegt, im Einzelnen vermögen wir von der Ausdehnung dieser Arbeiten keine Rechenschaft zu geben. Aber der über 1 km lange Tunnel (Grotta della Face) der durch den M. Grillo gebrochen ist um den Weg

1) Cic. pro Cael. 35. 49 Hör. Od. 1115,3 Seneca Ep. 51,12 Tac. Ann. XIV 4. 5 Prcperz I 11,10 Juvenal 12,80 Martial III 20,20 I 62.

2) Plin. XXXI 6fg. Cic. ad Att. XIV 16,1 17,1 Acad. post. I 1 u, oft.

3) Diod. IV 22 Skymn. 237 Et. iMagn. Strab. I 26 V 244 Lykophr. AI. 704 m. Schol. (Aristol.) Mir. 102 Max. Tyr. Diss. 14,2 Plin. III 61 XXXI 21 Lucrez VI 738 Cic. Tusc. I 37 Verg. Aen. III 442 VI 237 Lucan II 668 Sil. It. XII 121.

4) Liv. XXIV 12 vgl. Sil. It. XIII 414; GIL. X 3792.

5) Dio XLVIII 50 Flor. II 18,6 Cassiod. a. 717/37 (Chron. min. II 134) Strab. V 244. 45 Verg. Georg. II 161 m. Schol. Suel. Aug. 16 Vell. II 79.

736 Kapilel XII. Campanien.

vom Avernus nach Cumae abzukürzen, zeugt von der Gröfse der verlflgbaren Mittel. Sie wurden zur Niederkrimpfung des Sextus Pompeius aufgeboten. Nachdem dies Ziel erreicht war, gab der Kaiser den bei der Seichtigkeit des Lucrinus und der Enge der Einfahrten auf die Dauer ungeeigneten Portus Julius auf und ver- legte die Flolte nach der prächtigen Bucht von Misenum. Damit war dem Aufschwung des neuen Baiae die Bahn frei gegeben: der Avernus erweiterte das Becken des Lucrinus'), an seinen Ufern entstanden grofse Thermen, zahlreiche Ueberreste sind davon er- halten.

An der Punta Caruso endet der Damm des Hercules, aber jen- seit des l.ucrinus setzen sich Heilquellen Thermen Villen ohne Unterbrechung fort. Nahe bei Puleoli lag ein grofser Fischteich und der Palast in dem Nero am Minervafest 59 die Henkersmahl- zeit der Mutter bereitete.'^) Dahinter 1 km landeinwärts erhebt sich der M. Barbaro 329 m, der Siidrand des Kraters von Campiglione, der weinberiihmte mons Gaurus.^) Er gehörte seit dem hanniba- lischen Krieg zum Staatsgut.'*) In seiner Nähe haben 340 Römer und Samniten ihre erste Schlacht geschlagen. 5) Die Oerllichkeit wird durch den Umstand erläutert, dafs südlich am Fufs die 4 Mil- ben lange Strafse von Cumae nach Puteoli vorbeiführt 6), im Osten die Strafse von Capua nach Puteoli. Jene überschreitet den M. Grillo und läuft nördlich um den Avernus und Lucrinus herum. Die von Capua kommende Strafse wendet sich von Qnaliano (S. 715) dem Nordrand (129 m) eines grofsen Kraters zu. Der Kessel (37 m) mit 4 km Durchmesser heifst Piano di Quarto, weil die Entfernung von Puteoli 4 Milben beträgt, und ist durch Fruchtbarkeit ausge-

1) Ausleinzuchl Plin. XXXll 61 Cassiodor Var. IX 6, Kahnfahrt Ammiaa XXVIII 4,18.

2) Der Tac. Ann. XIV 4 gemeinte Ort wird durch den Zusammenhang, die Glasgefäfse (S. 732) und Joseph. XVIII 7,2 bestimmt.

3) Die Gleichung ist gesichert durch Plin. XIV 64 Stat. Silv. III 1,147 Lucan II 667 Sil. It. XII 160 Sidon. Ap. carm. V 345 Symmach. Ep. I 8 VIII 23. Gauriis manis Juvenal 9,57 geht nicht auf die Kraterhöhlung sondern ist über- setzt, vgl. Gaurana oslrea 8,86. Wein Plin. 11160 XIV 38. 64 Flor. 111,5 Stat. Silv. IV 3,64 Athen. I 26 f. und die angef. Stellen.

4) Cic. de leg. agr. II 36 vgl. die Juno Gaura in Capua CIL. X 3783.

5) Liv. VII 32.

6) It. Am. 123 [4 nach cod. Esc.]; bei der Station in Fineis Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2, 1 Millie vor der Stadt treffen beide zusammen.

§ 2. Die Seestädte. 737

zeichnet. Die Ruinen von Grabniälern der Kaiserzeit geleiten die Strafse in fast ununterbrochener Folge. i) Der südliche Rand des Kessels Montagna Spaccata mifst 70 m. ^Yeite^ läuft die Strafse hindurch zwischen den Kratern von Campighone im Westen, Fossa Lupara und Cighano, dahinter Astroni im Osten. Der Rand von Astroni steigt bis 251 m, ein 1 km langer Rücken verbindet ihn mit der Solfatara, einem kleinen Krater von 3 400 m Durchmesser dem aus Ritzen unaufhörlich Schwefeldämpfe entquellen. Solche Thätigkeit in unmittelbarer INachbarschaft eines Welthafens mufste die Aufmerksamkeit der Alten fesseln , ganz abgesehen von der reichen Ausbeute an Schwefel die hier gemacht wurde.2) Indem sie die umhegte Stätte einem Marktplatz glichen und dem Gott des Feuers zuwiesen, gaben sie ihr den Namen Forum Volcani.'^) Südlich davon steigt M. Ohbano 156 m und fällt schroff nach dem Meer ab, oder richtiger zu dem flachen Strand der von hier nach Westen bis zum Lucrinus 1 200 m breit hinzieht. Der Strand wird durch einen ins Meer vorspringenden Tuffhügel (36 m) unter- brochen, den die Natur selbst für die Anlage einer Stadt empfohlen hatte. Denn er liegt in der Mitte des grofsen Busens den Mise- num und Posilip begrenzen, in der Mitte des phlegraeischen Landes, an der Mündung der bequemsten Strafse die Capua mit dem Meer verbindend die Hügel durchschneidet, endlich gut geschützt.-*) Die Kymaeer besetzten den günstigen Ort-^) Die Nachricht dafs Samier um 525 Dicaearchia gegründet haben, mag richtig sein, wenn sie auf eine Einwanderung und Ansiedlung unter kymaeischer Hoheit beschränkt wird : das Fehlen von Münzen lehrt dafs der Hafen keiner staatlichen Selbständigkeit genofs.^) Der ursprüngliche Name wird in römischer Zeit vielfach sowol in griechischer Prosa als in lateinischer Poesie beibehalten.") Von der oskischen Periode schweigt die Ueberheferung. Aber die Karte lehrt uns dafs die phlegraeische Bergfestung (S. 720) in der Mitte, wo die Strafse von Capua ein-

1) An ihr spielt die Erzählung Petron 62.

2) Aetna 431 Petron 120,67 Sil. h. XII 133.

3) Ausdrücklich benannt nur Streb. V 246.

4) Liv. XXIV 13 locus munimento qiioque non natura modo tutus.

5) Strab. V 245.

6) Steph. Byz. norioXoi Hieron. a. Abr. 1489 Fest. 72. 122 M. Andere mythische Ableitung Gic. ad Att. XIV 14,1 Sil. It. XII 159.

7) Pol. III 91 Diod. IV 22 V 13 Strabo stets Pausanias Plutarch o.a.; von Dichtern Lucilius Petron Statius Silius.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 47

738 Kapitel XII. Campanien.

liiiift, ihre schwächste Stelle hat. liier mögen die Campaner ein- gehrochen sein, bevor sie den Sturm auf das starke Kyme wagten. In der That scheint Dikaearchia als Haupthafen des campanischen Bundes die früher vermifste Unabhängigkeit erlangt zu haben. Mit gutem Grund hat man ihm die zahlreichen Silbermünzen zugewiesen, welche die oskische Aufschrift Fistlns daneben zuweilen die grie- chische (DtazeUa tragen, desgleichen Fistlus als gleichbedeutend mit Piiteoli erkannt. i) Die Römer erklären den Namen sei es von der Mt^nge der hier befindlichen Quellen als Brunnenstadt, sei es vom (.estank des Schwefelwassers.^) Von den Schicksalen der Be- wohner hören wir bis zum hannibalischen Kriege nichts. Nach dem Abfall Capua's gelang es den Römern rechtzeitig eine Besatzung von 6000 Mann nach Puteoli zu werfen, die 214 den Angriff Hannibals abschlug. In den nächsten Jahren wie im ganzen Ver- lauf des Krieges ist der Flafen ihnen von wesentlichem Nutzen ge- wesen.3) Sie behandelten ihn als Eigentum, richteten 199 einen Zoll ein und siedelten 194 eine Colonie von 300 Bürgern an, denen ein Praefect Recht sprach. 4) Da das Stadtgebiet nur einige hundert Hektar umfafst, kann nach Ausstattung der Colonisten für die alt- angesessene griechisch-oskische Bevölkerung wenig Land übrig ge- blieben sein. Diese war auf Handel und Gewerbe angewiesen und wenn Lucilius Puteoli ein Abbild von Delos dem zu seiner Zeit blühendsten Hafen des Reichs benennt, so trifft der Vergleich in mehr als einer Beziehung zu. 5) Der unruhige Geist, der Seeleute und Handwerker im Unterschied von Ackerbürgern erfüllt, hat ge- legenthch zu inneren Wirren geführt, die das Einschreiten der Staatsgewalt nötig machten. 6) Er ihut sich in nachbarlicher Feind- schaft gegen Capua kund (S. 706). In den grofsen Verwicklungen ergreift er Partei für den Herrn der See, hält demzufolge 49 zu Pompeius, 43 v. Chr. zu Brutus und Cassius, 70 n. Chr. zu Vespa- sian.'O Nero verlieh der Stadt 60 den Rang einer Colonie den sie

1) Mommsen, Unterit. Dial. 105. 201. 309.

2) Varro LL. V 25 Fest. 218. 19 M. Strab. V 245 Steph. Byz. Jixaia^xeia Plin. XXXI 4. 3) Liv. XXIV 12. 13 XXV 20. 22 XXVI 17 XXX 21.

4) Liv. XXXII 7 XXXIV 45 Strab. V 245 Vell. I 15 Fest. 233 M; das Jahr der Gründung wird durch CIL. X 1781 bestätigt.

5) Bei Fest. 122 inde Dicarchitum populos Delumque minorem fr. III 18 L. iMüller.

6) Piut. Sulla 37 Val. Max. IX 3,8; Tac. Ann. XIII 48 Cic. de leg. agr. II 86.

7) Cic. Tusc. I 86 in Vatin. 12 Phil. II 107 Tac. Bist. III 57.

§ 3. Die Seestädte. 739

in der Zwischenzeit eingebilfst halte, und den Namen colonia Nero- nensis Clandia Augusta Puteolorwn, der nach seinem Sturz in Flavia Augusta umgewandelt wurde J) Bei derselben Gelegenheit erhielt sie, so scheint es, zum Lohn für ihre Parteinahme gegen Vitellius einen Capua abgenommenen Landstrich der ihr bisheriges Gebiet vervielfachte (S. 706).

Da Puteoli bei der Besitzergreifung um 200 v. Chr. der einzige römische Hafen am Golf von Neapel war, insofern Misenum dem Hinterland zu fern lag, hat die Staatsverwaltung sein Emporkommen Neapel gegenüber nach Kräften begünstigt. Der Hafen war so sicher und war mit so vorzüglichen Anlagen ausgerüstet dafs nach Born bestimmte Beisende es vorzogen in Puteoli statt in Ostia zu landen.2) Desgleichen wurde ein grofser Theil der Einfuhr hier gelöscht um in den campanischen Fabriken verarbeitet zu werden. Es kam dahin dafs Puteoli trotzdem der Abstand auf der appischen Strafse 155 Millien betrug, als der Haupthafen Boms betrachtet werden konnte.3) Gerade wie in Ostia (S. 569) wog die palati- nische Tribus unter den Bewohnern vor, wie dieses erhielt es eine Cohoite Feuerwehr zum Schutz gegen Brandschaden. *) Im 2. Jahrhundert v. Chr. entfaltet sich seine Blüte s), wird durch die zunehmende Versandung der Tibermündung befördert und beginnt nach dem neuen Aufschwung den Ostia durch die Schöpfung von Portus nahm (S. 568) zu welken. Bereits 105 v. Chr. hatte es einen Tempel des Serapis aufzuweisen^): ein Be- weis dafs die aus Papier Glas Linnen Teppichen Korn Aegyptens, Gewürzen und Kostbarkeiten Indiens bestehende alexandrinische Einfuhr auf den 31arkt von Puteoli gelangte.^) Es war ein Ereig- nifs und die iMenge drängte sich auf den Molen , wenn Schnell- segler erspäht wurden als Vorboten des nachfolgenden Convois der Lastschiffe. Die Alexandriner allein genossen das Vorrecht die Top- segel innerhalb des Golfs beibehalten zu dürfen, daran erkannte

1) CIL. X 1 p. 182 Rendiconti de' Lincei VI (1897) 389 Tac. Ann. XIV 27.

2) Cir. pro Cael. 23 pro Plane. 65 Apostelgesch. 28,13 Philo in Flacc. 533 M. Sueton Tit. 5.

3) Strab. V 231. 245.

4) Sueton Claud. 25 Petron 78, Inschriften von Vigiles fehlen.

5) Pol. JII 91,2 Stat. Silv. III 5.75 Dicarchei portus et litora mundi hot- pila vgl. 738 A. 5.

6) CIL. X 1781.

7) Cic. pro Rabir. Post. 40 Sueton Aug. 98 Strab. XVII 793.

47*

740 Kapitel XII. Campanien.

man sie von NVeiteni , Andere inulsten sie an der Durchlahrt bei Capri senken: eine Vorschrilt römischer Seepolizei deren Sinn un- erlindlich sciieint. ') Alcxandria sieht obenan. Die übrigen Handels- städte des Ostens sind gleichlalls durch zahlreiche und begüterte Angehörige vertreten, so Tyros Kibyra Berytos HehopoHs.'^) Das Denkn)al ^velches 14 asiatische Slädle 30 n. Chr. dem Kaiser Tiberius zum Dank für seine Freigebigkeit in Rom errichteten, wiederholten die Augustalen von Puteoli wegen ihrer Beziehungen zu den ge- nannten Slädteu.3) Nach den Grabschritlen und namentlich den Culten zu schliel'sen mula das orientalische Element sich bemerk- bar genug geniacht haben, um die Bezeichnung urbs Graeca im Roman Feirons zu rechtrertigen.4) Das Hauptgeschäft wird mit der Levante gemacht. &) Daneben ist der aliicanische und spanische Verkehr sehr bedeutend,'') Zur Ausfuhr lieferte das Hinterland vor allen Dingen Wein; von anderen Artikeln in denen er speculirt hatte, nennt Trimalchio Speck Bohnen Salbe Sklaven.') Die Ge- werbthätigkeit kann nicht gering gewesen sein. In Puteoli wurde das treiniche Eisen Elba's verarbeitet^), wurde Färberei und Be- reitung von Farben mit bestem Erfolg betrieben. y) Ferner trägt die Puzzolana, der vulkanische Sand der dem Kalkmörtel eine un- verwüstliche Bindekraft verleiht, seinen Namen. lO) Sie kommt am Vesuv und den phlograeischen Hügeln wie an vielen anderen Orten vor; ihre hervorragenden Eigenschaften lernte man aber erst an den puteolanischen Wasserbauten kennen 'i) und führte sie von diesem Hafen aus: so allein läfsl sich die Benennung befriedigend erklären.

Wie in Colonien üblich hiefsen die obersten Beamten Duovirn.

1) Seneca Ep. 77,1 Cic. pro Caelio 23.

2) Kaibel Inser. Gr. 830. 31 829 CIL. X 1576. 78. 79 1634.

3) CIL. X 1624.

4) Pelron 81.

5) CIL. X 1797 fafst zusammen mercatores qui Alexandreai Asiat Syriai negotiantur.

b) Strab. 111 145 Philostr. Ap. Tyan. VII 11 p. 134 Plin. VIII 6 Cic. Verr. V 154 fg.

7) Pelron 76.

8) Diod. V 13 CIL. X 1931 neguLialur ferrariaruni et vinariariae.

9) Plin. XXXIII 106. 161. 62 XXXV 45 CIL. X 1952. 62 540. Auch der syrische beidenweber Kaibel 785 wird nach Puteoli gehören.

10) Zuerst Seneca Nat. Qu. III 20,3 Plin. XVI 202 XXXV 166 XXXVI 70.

11) Strab. V 245 Plin. XXXVI 70.

§ 3. Die Seestädte. 741

Die Zahl der Stadtrate war grofs, wurden doch hei einem Ehren- heschlufs 92 Anwesende ermittelt, i) Immerhin begreift man aus dem Charakter der Stadt und dem raschen Wechsel der in der Gesellschaft der Kaiserzeit sich vollzieht (S. 126), wenn der zweite Stand den Adel in den Hintergrund drängt. Die Augustalen haben Corporationsrecht, zerfallen in Decurien, kennen unter sich dupli- ciarti die den andern vorgehen ähnlich wie Geheime Commerzien- räthe den gewöhnlichen. 2) Neben den orientalischen Culten zu denen Juden- und Christentum gehören 3), ist nichts den Geist der Bevölkerung zu kennzeichnen geeigneter als die Thatsache, dafs ein Bürger dem lebenden Augustus den prächtigen Tempel errichtet hat, der in der heutigen Kathedralkirche erhalten ist.^) Das Protzen- tiim dieser Kreise schildert Petron in ergötzlicher Weise, ohne zu verschweigen dafs doch auch Kunst und Wissenschaft ihre Bechnung fanden. 5) Dafür fehlt es nicht an weiteren Belegen. 6) Gelehrte und gebildete Männer nahmen in Puteoli Aufenthalt: Cicero u. a. besafs ein Landhaus, .in dem später Kaiser Hadrian vorläufig be- stattet ward.'') Ansehnliche Ueberreste bekunden den Glanz und die Gröfse der alten Stadt. Den Kern bildete der vorspringende Tuffhügel (S. 737) von wenig mehr als 1 km Umfang, auf den das mittelalterliche Pozzuoli sich zurückgezogen und Dikaearchia sich beschränkt hatte. Der natürliche Schutz den der Stadthügel den Schiffen gewährt, wird zwar in Misenum übertroffen, aber in keiner anderen Bucht des Golfs von Neapel erreicht. Er wurde durch Bauten verstärkt welche die Aufmerksamkeit der Alten fesselten und die ihnen gezollte Bewunderung wol verdienten.*) Nach Westen war ein 11 16 m breiter Molo 386 m weit ins Meer hinaus ge- führt: so viel ist nachweisbar, wahrscheinlich war er noch länger. 9) Man unterscheidet 16 massige Pfeiler (bis 16 m im Geviert) die

1) CIL. X 1783.

2) CIL. X l p. 183.

3) CIL. X 2258 Apostelgesch. 28,14.

4) CIL. X 1613.

5) Petron 83. 88.

6) Plin. IX 25 Gell. N. A. XVIII 5 Steph. Byz. Jtx. Sueton Rel. 40 Reiff.

7) Cic. ad Farn. V 15,2 ad Alt. XIV 16,1 20,1 XV la,2 1 b,l de Fato 2 Vita Hadr. 25 Philostr. Ap. Tyan. VII 11 p. 133.

8) Antiphilos von Byzanz Anlh. Pal. VII 379 Dueb. Strab. V 245.

9) pilae Seneca Ep. 77,1 Glasgefäfse, opus pilarum CIL. X 1641, Puteo- lanae moles Sueton Cal. 19.

742 Kapitel XII. Campanien.

durch jetzt eingestürzte Bogen verbunden waren: die Ocffnungen sollten der Verschlammung des Hafens vorbeugen. Die an den Pfeilern befindlichen Ringe zum Festmachen der Schiffe sind in Folge der Senkung der Küste (I 290) jetzt 2 m unter Wasstr. Durch die Flut zerstört, wurde der Molo noch einmal 139 n. Chr. hergestellt.') Von hier erstreckt sich nach Westen der gegen 2 km lange Staden (ripa) mit seinen Hallen Speichern und Docks. 2) Ein redendes Zeugnifs von der Pracht der Anlagen steht uns im Ma- cellum (sog. Serapislempel) einer Markthalle von 45 X 38,5 m vor Augen, von dem früher in anderem Zusammenhang (I 290) gesprochen ward. Unförmliche Trümmer am und im Wasser fassen das ganze Ufer ein. Dies ist das Emporium die Geschäftsgegend von Puteoli.-*) Freilich keineswegs die einzige: um den Anlegeplatz zu vermehren ist südlich vom grofsen Molo ein kleiner von 80 m Länge erbaut, namentlich aber südlich vom Stadtfelsen durch Pfeiler eine ge- schützte Fläche von 2 ha umhegt worden. Es trifft also zu wenn die Alten von puteolauischen Häfen reden. *) Unter den Sehens- würdigkeiten dieser Küste führen die Glasgefäfse den sonst nirgends erwähnten Leuchtthurm auf; er wird einen Vorsprung des Stadt- hügels eingenommen haben. Wie über den Strand breitet sich die mächtig anwachsende Stadt auch landeinwärts auf den Hügeln aus etwa 2 km von Ost nach West reichend. Ummauert wurde sie nicht und war in Folge dessen den späteren Angrifl'en der Bar- baren wehrlos preisgegeben. Sie war in Regionen eingetheilt: von vier kennen wir den Namen, s) Sie erhielt durch zwei Leitungen Wasser: die eine unterirdische kommt von Norden und versorgt noch jetzt Pozzuoli, die andere vermittelt das Wasser des Serino der ganzen Küste von Neapel bis Misenum. Mancherlei ötfentliche Gebäude wie Thermen Basiliken Tempel sind uns aus Inschriften undUeberresten bekannt. Erwähnung verdient derCircus(375X45 m) am westlichen Ende der Stadt und das dem capuanischen nach-

1) CIL. X 1641.

2) Cic. Acad. II 80 porticus Neptuni, Petron 106 porticus HereuUs, Cic. Fin, II 84 granaria, Plin. XXXVI 70 naoalia, CIL. X 1690—92 und Glasge- fäfse ripa.

3) Cic. ad Alt. V 2,2 CIL. X 1698.

4) Strab. V 245 Stat. Silv. IV 8,7.

5) Petron 78 CIL. X 1700 r. Palalina 1695 r. portae triumphalis 1631 r. vici yesloriani et Calpurniani; (1680 gehört nach Neapel); Eph. ep. Vlil 365 r. clivi vilriari sive vici turari.

§ 3. Die Seestädte. 743

Stehende aber sehr stattliche Amphitheater (147 X 117 m Arena 72 X 42 m) nach der Solfalara zu. Die Bauten, die Gräberstralseu, (S. 737), die Inschriften (etwa 1800 lateinische, einige 30 griechi- sche) entsprechen nach antikem Mafsstab einer Grofssladt die hinter einer Einwohnerzahl von 100000 nicht allzuweit zurück gehHeben sein kann. Ihre Höhe erreicht sie unter Claudius und Nero, wurde alsdann durch Ostia völlig überholt und sank ziemlich schnell. i) Der Bettelbrief den die ansässigen Tyrier 174 n. Chr. an ihre Hei- mat richten^ führt uns den Fortschritt des Verfalls vor Augen.2) Zum Unterhalt der Bürgerschaft mufste die Mildthätigkeit des Kaisers beisteuern; doch zwang die Not der Zeit im 4. Jahrhundert mehr- fach zur Verminderung der ausgeworfenen Kornspenden. 3)

Das Stadtgebiet war im Osten ebenso beschränkt wie im Westen; denn der collis Leiicogeus den Augustus den Capuanern für ihre Graupenfabriken schenkte (S. 706), sowie die colles Leucogei mit Schwefeladern und Heilquellen gehörten zu Neapel.^) Dafs der Name an den Höhen um Astroni und Solfatara haftet und von dem durch die Gase entfärbten Gestein herrührt, unterliegt keinem Zweifel. Für die Anfänge Neapels ist die Thatsache bedeutungsvoll dafs seine Feldmark bis 2 km oder näher an Puteoli heranreichte. Die Entfernung beider Städte wird in den Reisebüchern zu 10 Mil- lien angesetzt, ö) Der 150 200 m hohe Rücken der das phle- graeische Land nach Osten abschhefst (S. 720), fällt jäh ab und stellt ein sehr lästiges Verkehrshindernifs dar. Von den 3 Slrafsen die es überwinden, läuft die eine landeinwärts zwischen Solfatara und M. Olibano hindurch, nördlich um den 1870 ausgetrockneten Kratersee von Agnano, steigt nach Soccavo, über den Vomero (200 m) nach Antignano , nördUch an S. Elmo (224 m) vorbei nach Porta di Costantinopoli. Die Strafse ist nach den Meilensteinen 102 n. Chr. erbaut und 10 Millien lang. 6) Die beiden anderen ziehen vereinigt 4 km am Strande hin bis Bagnoli, wo nach Nordost eine 4 km lange Ebene sich öffnet. Die Hauptstrafse folgt der Ebene und durch-

1) Petron 44 haec colonia retroversus crescit tanquam coda vituli.

2) Kaibel Inscr. Gr. 830.

3) CIL. X 1562 Symmach. Ep. X 40 unter Constantin 150 000 Modii, während das freilich weit mehr begünstigte Rom etwa 5 Millionen erhielt (S. 528)

4) Plin. XVllI 114 XXXI 12 XXXV 174 Stobaeos Anth. III p. 244 Mein.

5) It. Ant. 123 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 CIL. X 1 p. 702 fg.

6) CIL. X 6926—28.

744 Kapitel XII. Campanien.

bricht den einer Mauer gleich sperrenden Bergrücken vermittelst eines Tunnels von 707 m Länge 3 4 m Breite 3 5 m Höhe (in der Neuzeit auf das Doppelte und mehr erweitert, seit 1885 durch die 734 m lange neue Grotte ersetzt). Die andere Strafse bleibt von Bagnoli aus an der Küste und führt unter der Spitze des Po- sihp in der sog. Grotta di Seiano, einem 770 m langen 4 6 m breiten 4 8 m hohen Tunnel hindurch. Sie wurde im 4. Jahr- hundert erneuert, wie der bei La Gaiola gefundene 7. Meilenstein bezeugt. 1) Da sie den Windungen der Küste folgt, beträgt der Umweg der binnenländischen gegenüber 2 Milben. Beide stofsen wieder an der Chiaia 7 bezw. 9 Millien von Puteoli zusammen. Die Reisekarle verzeichnet die eine wie die andere crypta, Strabo kennt nur eine und schreibt sie Cocceius dem Erbauer des Tunnels von Cumae (S. 735) zu. 2). Wenn er ihr ferner doppelte Wagen- breite und zahlreiche Lichtschachte beilegt, so trifft dies allein auf die Grotta di Seiano zu, da die andere keine Lichtschachte und kaum die verlangte Breite hatte. Es ist auch ganz verständlich bei den ausschliefslich für Kriegszwecke bestimmten Anlagen des J. 37 V. Chr., wenn die Verbindung unmittelbar an der Küste durch einen Tunnel erleichtert wurde. Der andere dagegen bei Fuori- grotta der im Leben Neapels bis in die jüngste Zeit eine so grofse Rolle gespielt hat, kürzte den Verkehr ab und drängte jenen in den Hintergrund. Er ist mit geringeren Mitteln ausgeführt, etwa unter Claudius: auf ihn pafsl Seneca's Beschreibung der crypta Neapolitana.^) Seinen Namen hat der Bergrücken die letzten 3 Millien bis zur Spitze von Pmisüypum Sorgenfrei, einer Villa des Fischzüchters Vedius I'oUio erhalten , die durch Vermächtnifs an Augustus kam und seitdem kaiserlicher Besitz war.^) Das Cap Coroglio in dem der Posilip endigt, begrenzt den Busen von Pu- teoli; es wird fortgesetzt durch kleinere Klippen und bei 800 m Abstand Nesis Nisida einen runden Krater. s) Der Nordrand steigt 109 m auf, der Südrand ist eingesunken und läfst das Meer in den Porto Paone eintreten. Auch an der Landseite war durch Pfeiler

1) CIL. X 1488. 6930.

2) Strab. V 2.45. 46.

3) Seneca Ep. 57 Petron fr. 16 Buech. Geogr. Rav. V 2.

4) Dio LIV 23 Plin. III 82 IX 167 CIL. X 1488. Der Name begegnet auch am Sabatiner See (S. 353).

5) Seneca Ep. 53,1 ; über die hier erwähnte Mofetta I 252 A. 2.

§ 3. Die Seestädte. 745

nach Art der putcolanischen ein geschützter Ankerplatz geschaffen. Wie gegenwärtig auf der Höhe ein Zuchthaus, ragte einst ein Park weithin sichtbar über den Golf.i) Das Gut war durch seinen wilden Spargel berühmt.2) Brutus hatte im Juli 44 auf ihm Zuflucht ge- nommen ; Nesis geborte damals dem Lucullus.3) Auf dem gegen- über liegenden Festland sind mancherlei Trümmer, jenseit des Tunnels z.B. ein kleines Theater und Odeon vorhanden. Die Ab- hänge des Posihp nach Osten dem Meer zu sind minder schroff als auf der Westseite und daher zum Anbau geeignet. Jenseit Fuori- grotta breitet sich der schmale Rücken des Posilip, der die Rich- tung von SSW nach NNO eingehalten hatte, plateauarlig aus. Auf einer Sehne von nahezu 3 km zieht der flache Bogen des Vomero (166 m) gen Osten bis zum Knotenpunct von S. Elmo (224 m). Letzterer entsendet nach Süden einen steilen Ausläufer von 1 km Länge, den Pizzofalcone; dieser wird seinerseits durch eine Klippe fortgesetzt, die nach ihrer Gestalt Castel dell' Ovo heifst, bei den Alten Megaris oder Megalia hiefs.^) Die Villen die den Bogen, die heutige Mergellina und Chiaia ausfüllten s), wurden überstrahlt durch die grofsartigen Anlagen und Fischteiche des Lucullus die an beiden Seiten des Pizzofalcone sich weithin erstreckten. 6) Sein IN'ame lebte im castellum Lncullannm fort, wohin Odoaker 476 den Romulus Augustulus verbannte, das später mehrfach erwähnt wird und den Pizzofalcone nebst Umgebungen bezeichnet.^) Von S. Elmo bis Capodimonte (152 m) auf einer Sehne von nahezu 3 km beschreibt der Höhenzug wieder einen nach Ostsüdost geöffneten Rogen, der das alte Neapel im Westen und Norden steil überragt, während an der Aufsenseite die Höhen von Capodimonte nordwärts nach der campanischen Ebene sich abdachen, die Höhen von S. Elmo west- wärts mit Camaldoli und dem Krater von Pianura zusammenhängen. Obwol aufserhalb des Schutzes der phlegraeischen Rergwälle

1) Stat. Silv. III 1,148.

2) Plin. XIX 146.

3) Gic. ad Att. XVI 1,1 2,3 3,6 4,1 Phil. X 8.

4) Plin. III 82 Stat. Silv. II 2,80.

5) lieber Limon und Euploea (La Gaiola?) Staf. Silv. lil 1,149 2,79. 82 vgl. Mommsen Herrn. XVllI 158, anders Beloch Camp. 83. 466.

6) Gic. Acad. prior. II 9 Varro RR. III 17,9 Men. 160 Buech. Plin. IX 170 Plut. Luc. 39,3 Vell. II 33.

7) Marc, comes ehr. min. II 91 Jordanes Rom. 344 Gel. 243 Gregor M. Registr. I 23 III 1 X 7 Eugipp. v. S. Severin. 46,2.

746 Kapitel XII. Campaiiien.

gelegen , galt Neapel nicht niintler als Kyme (S. 721 A. 3) für eine starke Festung. Weder König Pyrrhos noch Hannibal haben sich getraut sie zu belagern.') Belisar machte 536 die Erfahrung dafs ihre Mauer theils durcli das Meer theils durch die Bodenge- staltUDg geschützt und wegen der Abschüssigkeit nirgends ersteig- bar sei.2) Die bauliche Entwicklung der letzten vier Jahrhunderte hat die Schärfe der Umrisse verwischt, doch läfsl sich der Zug der antiken Mauer, ihr Verhältnifs zur Umgebung, die Anordnung der Slrafsen innerhalb der heutigen Altstadt (Ost vom Toledo) noch nachweisen. 3) Das Weichbild der Stadt wird im Osten durch den am Fufs des M. Somma entspringenden kleinen Sebethus Fiume della Maddalena begrenzt, der mit mehreren anderen Bächen eine ehedem sumpfige Niederung durchtliefst.^) Von der Mündung bis zum Eiland Megaris beträgt der gerade Abstand 3 km: auf dieser Sehne wülbt sich ein Bogen von 1 km Scheitelhühe. Der Bogen drang ehedem 30 50 m tiefer ein, um welchen Betrag das Ufer vorgerückt ist: indessen konnte sich die offene Rhede entfernt nicht mit den sicheren Häfen von Puteoli und Misenum messen. 2 300 m von der Uferlinie erhebt sich über den tlachen Strand eine Boden- schwellung, die an der Nord- Ost- und Südseite durch einen Ab- fall von 10 20 m (im Westen weniger) gedeckt und für eine Stadt- anlage vorzügUch geeignet war. Der Umfang der Mauer mifst rund 4 km, der Durchmesser von West nach Ost 1200 m von Nord nach Süd 825 m. ihr Lauf steht ziemlich fest, bis auf die Westseile wo der Uebergang nach dem Toledo hin minder deutlich sich vollzog. Die Nordseite reicht von S. Maria di Costantinopoli dem Museum gegenüber bis SS. Apostoli: der Largo delle Pigne (Piazza Cavour) und Strada S. Carlo all' Arena liegen merklich tiefer als diese Linie, sind zudem seit dem Altertum um 10 20 m aufgefüllt worden. In gleicher Weise kennzeichnet nach Osten die Str. Carbonara als äufsere Ringstrafse den Gang der Mauer von SS. Apostoli bis Gaste! Capuano. Die Mauer durchschneidet das Gastell, überragt die Str.

1) Zonar. VllI 4 Liv. XXIII 1. 14. 15 XXIV 13.

2) Prokop b. Golh. 1 8. 10 111 8.

3) Beloch Campanien 62 fg. vgl. Capasso Plan von Neapel im 11. Jahih. Archivio storico nap. XVI fg. der Plan XVII (1892).

4) Auf einer Münze ^ensid-oe (mit aiqnaiv und dem Sumpf zusammen- hängend?) Verg. Aen. VII 734 Colum. X 134 Stat. Silv. I 2,263 Vib. Seq. CIL. X 14S0.

§ 3. Die Seestädte. 747

della Maddaleiia und biegt in südwestlicher Richtung nach dem Vico Sopramuro und S. Agostino alla Zecca um. Im Süden ist der Unterschied zwischen Stadt und Strand besonders fülilbar, da mehr- fach Treppen ihn ausgleichen müssen. Die Mauer schmiegt sich dem ausgezackten Hochrand eng an, von S. Agostino alla Zecca über S. Seveiino, S. Marcellino, Universität, S. Giovanni Maggiore nach S. Maria la Nuova ziehend. Endlich an der Westseite dienen von S. Maria la Nuova ab die Str. Montoliveto, S. Pietro a Maiella und die Str. S. 3Iaria di Costanlinopoli als Hauptpuncte um den Gang zu bestimmen. Das ursprüngliche Strafsennetz ist in der Haupt- sache erhalten. Nur 3 parallele Decuraani durchziehen die Stadt von Ost nach West und theilen sie in 4 annähernd gleiche Viertel: nämlich Str. della Sapieuza Anticaglia SS. Apostoli ; Str. de' Tribu- nali; Sir. S. Trinilä Kilo S. Biagio de'Librai Forcella. Diese werden rechtwinklig von einigen 20 Kardines geschnitten, so dafs der Wohnraum 100 oder mehr lange schmale Häuserblocke enthält. Von späteren Erweiterungen abgesehen, scheinen alle Strafsen ur- sprünglich die gleiche Breite von ungefähr 4 m gehabt zu haben. Ihre Anordnung ist durch gesundheitliche Rücksichten bestimmt worden, indem man den Zutritt der Sumpfluft von Osten vom Se- bethos her möglichst ausschlofs, dagegen dem Seewind die ganze Stadt öffnete. Die Allen forderten dafs die Strafseurichtung mit den wahren Himmelsgegenden und den herrschenden Winden nicht zusammen fallen dürfe, i) Auch dies Gebot der Theorie ist befolgt, da die Abweichung vom Meridian 26^ beträgt, die Kardines also von NNW nach SSO streichen. Ein Vergleich der Altstadt mit den jüngeren Stadttheilen ist geeignet die Vorzüge ihrer Bauweise die auf engem Raum ausreichende Lüftung mit Schutz gegen Sonne und Wind zu verbinden weifs, in das richtige Licht zu rücken. Aus dem Thatbestand ergiebt sich dafs Neapel mit einem Flächen- inhalt von reichlich 100 ha (anderlhalbmal so viel wie Kyme oder Pompeji S. 37) nach einheitlichem Plan der an die Lehren des Hippodamos von Milet erinnert, nicht früher als 450—40 v. Chr. gegründet sein kann. 2) Eben dieser Epoche wird die älteste Münze mit der zwischen chalkidischem und ionischem Alphabet hin

1) Vitruv 1 6.

2) Die von Beloch Camp. 70 angenommene Uebereinslimmung mit dem Plan von Tliurioi Diod XII 10 ist bei unserer ünkenntnifs von der Zahl und Lage der neapolitanischen Thore nicht beweisbar.

748 Kapitel XII. Campanien.

und her scliwankenden Aufschrift NeoTtoXlrrjg NerjTtokig zuge- wiesen. Das Gepräge (Pallas mit Oelkranz) deutet auf Beziehungen zu Athen, die bis zu dessen Niederlage 413 sehr enge gewesen sein müssen. Athener beiheiligten sich an der Gründung, 433 oder 32 erschien ein attischer Strateg und richtete in Neapel einen Fackellauf ein, es warb 413 campanische Söldner für die Belagerung von Syrakus.') Dies ist ein vereinzelter Lichtstrahl der in die Dunkelheit der älteren Stadtgeschichte fällt.

Die ,,neue" Stadt hatte eine Vorgängerin: dafs Kyme den Ost- rand der phlegraeischen Hügel besetzte, von hier aus die Ebene beherrschte und mit den Eingeborenen Handel trieb, wird über- liefert und entspricht der Natur der Dinge. Ferner ist der Pizzo- falcone mit dem Eiland »egaris der gewiesene Ort, wo man eine frühe Niederlassung der Kymaeer annehmen kann. Ihr Name soll nag^evÖTCt] gewesen sein, nach einer Sirene die in aller Folgezeit göttlicher Ehren genofs.2) Als sodann Neapel gegründet ward, überflügelte diese Grofsstadt kraft ihrer günstigen Verkehrslage das alte Kyme und wurde nach dessen Eroberung durch die Campaner die letzte Zufluchtstätte des hellernschen Stammes an den aiisoni- schen Gestaden (S. 723). Durch Aufnahme einer campanischen Schar in ihren Gemeindeverband rettete sie ihre Unabhängigkeit. Zeitweise erscheint auf den Stadtmünzen der Name der Eindring- linge KarCTtavog oder Ka/.i7tavo.^) Es ist wol möglich dafs diese Schar, die sich von der campanischen Nation losgetrennt hatte, den Pizzofalcone zum Wohnsitz erhielt. Die Annahme würde erklären warum die Annalen 328 eine Palaepob's neben Neapel kennen und den Consul 326 über die Samniten von Palaeopolis triumphiren lassen; denn Campaner waren in römischem Munde die Leute nicht und die Bezeichnung Altstadt ergab sich für den Pizzofalcone von selbst.'*) Wie dem auch sei, wir sehen Neapel eine kraftvolle Poli- tik entfalten, Ischia und Capri besetzen (S. 730), in die sicilischen

1) Sfrab. V 246 Timaeos bei Schol. zu Lykophr. AI. 732 Diod. XIII 44,2. Auch die Benennung ^öXtiqov Lykophr. AI. 717 Steph. Byz. weist nach Athen.

2) Strab. I 23. 26 V 246 XIV 654 Steph. Byz. Verg. Georg. IV 564 mit Schol. Ovid Met. XV 712 Piin. III 62 Soiin 2,9 Sil. It. VIII 534 XII 2S.

3) Dressel Berliner Katalog 70.

4) Liv. VIII 22 fg. Fast. Gap. Es ist zu beachten dafs die Gampaner rö- mische Bürger und die Neapolitaner treue Bundesgenossen waren in der Er- innerung der ältesten Annalisten.

§ 3. Die Seestädte. 74&

Händel eingreifen. i) Gegen den canipanischen Bund und dessen Wettbewerb von Puteoli und Cumae aus stützt es sich auf die süd- liche Landschaft und Samnium.2) Seine Münze beherrscht den Verkehr in Campanien und Samnium. Seitdem Capua römisch geworden, war ein Zusamnienstofs unvermeidHch. ISach kurzem Schwanken schlössen die Hellenen 326 mit Rom ein gleiches Bündnifs ab, an dem sie in der schwersten Bedrängnifs mit unver- brüchlicher Treue lest gehalten haben. 3) Neapel behält seine Sprache und Verfassung 4) , seine Marine^), Münze 6), Asylrecht '), wüd durch den Demetercullus mit der Staatskirche verbunden.*) Aber der Vorrang als erste Handelsstadt Miltelilaliens den es im 4. und 3. Jahrhundert dem oskischen Puteoli gegenüber behauptet hatte, geht an das römische verloren (S. 739). '-^j Von den Sulla- nern 82 duich Verrat genommen, wird es grausam bestraft. i'^') ISach heftigem Sträuben halten sich seine Bürger zum Eintritt in den römischen Gemeindeverband und die Tribus Maecia verstanden, je- doch nicht ohne die an erster Stelle erwähnten Vorrechte mit her- über zu nehmen. 11) Als Municipium 12) bedient es sich noch unter den Flaviern der griechischen Amisprache, auch wol des griechi- schen Kalenders 13), die Bürgerschaft ist nach wie vor in Phretrien eingetheilt i*), neben den römischen Municipalbeamlen kommen De- marchen und Laukelarchen noch im 4. Jahrhundert vor. i^) Wenn das Gedränge semitischer Handelsleute im Emporium von Puteoli

1) Diod. XVI 18 Timaeos Athen. VI 250 d.

2) Liv. VllI 22. 23 Appian Sainn. 4,5.

3) Vell. 1 4 exijfiia semper in Romanos ftdes Liv. XXII 32 XXIII 1, 15 XXIV 13 Plut. iMarc. 10,1 Diod. XXVI 13.

4) Strab. V 246 vgl. Cic. pro Atchia 5. 10.

5) Pol. I 20,14 Liv. XXXV 16 XXXVI 42 Appian b. civ. I 89.

6) Mommsen Münzwesen p. 115. 117. 325.

7) Pol. VI 14,8.

8) Cic. pro Balbo 55.

9) Der Hafen wird noch ISO erwähnt Liv. XL 41.

10) Appian b. civ. I 89.

11) Cic. pro Balbo 21 CIL. X 1 p. 171.

12) Cic. ad Farn. XIII 30,1 ad Att..X 13,1.

13) Kaibel Inscr. Gr. 757 60.

14) Von 9 sind die Namen bekannt Kaibel p. 191.

15) CIL. X 1492. Mit der Gleichstellung von Demarch (Hadrian bekleidet die Würde, vita 19) und Duovir ist Kaibel 756 a unvereinbar. Was die Lau- kelarchie betrifTt, so sind Wort und Sinn beide dunkel Kaibel p. 191.

750 Kapitel XII. Campanien.

Potron wol den Anlafs gewäliren konnte von einer Graeca urbs zu sj)rechen (S. 740), so traf die Bezeichnung auf Neapel im wahren Sinne des Wortes zu.^) Die Mehrzahl der erhaltenen Inschriften ist hier griechisch wie dort lateinisch. Von den jungen Göttern der orientalischen Mischcultur die der Handel an alle Gestade trug, wollten die Nachkommen der Chalkidier nichts wissen. 2) Sie bUeben dem überlieferten Glauben an Apoll und die in Weihen verehrte Demeter, an Hebon 3) und Aphrodite, Herakles und die Dioskuren, Aphrodite und Sebethos, die Tyche der Stadt und die Schulzpatrone der Phretrien treu.-*) Ihr Dienst verabscheute die Schlächterei der Arena an welcher der Römer seine Augenweide fand, förderte statt dessen die F*flege der Gymnastik und der musischen Künste. Jene stand in solchen Ehren dafs Kaiser Titus die jährlich wechselnde und mit erheblichen Kosten verbundene Vorstandschaft des Gymna- siums einmal übernommen bat.^) Das seit Alters im Hochsommer der Stadtgöltin Parthenope dargebrachte Fesf') wurde 2 v. Chr. er- weitert zu einer vierjährigen Feier, die man mit gymnischen und musischen Wetlkämpfen dem Augustus und seiner Stammutter Aphrodite zur Verherrlichung beging."^) Sie lüeh^Iralixa' Pcoi^mla ^eßaGTcc iao).vf.in:ia, hatte in Italien nicht ihres Gleichen und galt als den grofsen Nationalfesten von Hellas ebenbürlig.S) Verschiedene Kaiser haben den Vorsitz an den Spielen nicht verschmäht. 9) W'as die äufseren Lebensbedingungen anlangt, so war Neapel dem nachbarlichen Puteoli darin überlegen dafs es ein Gebiet von etwa 200 Dkm besafs. Dies grenzte in der Ebene an das nolanische ^^), umfafste den westlichen Theil der phlegraeischen Hügel (S. 743) aufserdem Ischia (S. 730), seit 79 vielleicht auch die Flur von Her-

1) blrab. V 246 VI 253 Cic. Tusc. I 86 pro Arcliia 5. 10 Tac. Ann. XV 33 Sueton Nero 20.

2) Die Weihungen an Isis Kaibel 719 und Milhras CIL. X 1479 rühren von vornehmen Römern her.

3) Kaibel 716. 17 d'eoe knitpavsaxaroe gleich Liber pa<er Macrob.Saf. 1 18,9.

4) Slat. Silv. IV 8,45 fg.

5) CIL. X 1481.

6) Lykophr. AI. 732 mit Schol.

7) Dio LV 10 bestätigt durch Kaibel 748.

8) Oft erwähnt Strab. V 246 Dio LVI 29 Sueton Aug. 98 Vell. IT 123 CIL. XII 3232 Kaibel p. 191. Der 86 von Domitian gestiftete capitolinische Agon ging ihm an Rang vor Stat. Silv. III 5,92.

9) Sueton Claud. 11 Dio LX 6 Titus dreimal CIL. X 1481. 10) Cic. de Off. I 33.

§ 3. Die Seestädte. 751

culaneum (S. 760). Der fetten Fluren der ehrwürdigen Parthenope wird gelegentlich gedacht. >) Ihre Weine gehörten gerade nicht zu den besten Marken 2), aber Kastanien ^) und Quitten *) hatten Ruf. Auch mufs der Anbau der Rose bedeutend gewesen sein, da Neapel in der Bereitung von Rosenöl mit Capua wetteifert.^) Ferner wird an den leukogaeischen Hügeln (S, 743) Schwefel gegraben. ß) Bezeichnender für die Eigenart der Stadt ist die Korallenindustrie.'') Das hastende Treiben, das Profzentum das bei Puteoli so sehr in die Augen stach, fällt fort. Die Vergangenheit herrscht, beschau- liche Stille, während es weder an Mitteln noch an Gemeinsinn fehlt um die Stadt mit prächtigen Bauten und Kunstwerken zu schmücken. 8) Statins preist die Tempel, den Säulenwald, Theater und Odeon, die reizvolle Umgegend. 9) Zwei Leitungen führten Wasser herbei: die ältere unterirdische (Acqua della BoUa) wird den Quellen des Sebe- thos entnommen und ist seit ihrer Anlage in ununterbrochener Thätigkeit gewesen; die jüngere 1885 wieder erneuert (Acqua di Serino) ist ein grofsartiges Werk der ersten Kaiserzeit, entspringt im Hirpinerland bei Serino im Thal des Sabato oberhalb AveUino, fliefst theils unter- theils oberirdisch, versorgt aus den reinen Quellen des Appennin das östliche und nördhche Ufer des Golfs, endigt nach einem Lauf von 70 Millien bei Misenum (S. 728). Gerühmt werden auch die Thermen Neapels die denen von Baiae zwar in der Menge aber nicht in der Einrichtung nachstanden. lO) Ein Modebad war es freilich nicht: dagegen wer die Stille suchte, ausruhen wollte von Arbeit Krank- heit oder Last der Jahre, wer für feinere Bildung Sinn hatte, fand seine Rechnung.^i) Einst der verbannten, ward es seit dem letzten

1) Dionys Per. 357 Schol. zu \erg. Georg. IV 564.

2) Plin. XIV 69 Galen X 833 XIV 19 K. Athen. I 27 c.

3) Plin. XV 94 XVII 122 Martial V 78,14.

4) Plin. XV 37.

5) Varro Men. 511 Buech. Plin. XIII 5 Athen. XV 688 e.

6) Piin. XVIII 114 XXXI 12 XXXV 174.

7) Plin. XXXII 21. Der Seiden weber Kaibel 785 wird nach Puteoli gehören.

8) Plin. XXIX 8 XXXV 147 Philostr. Im. prooem.

9) Stat. Silv. III 5,89.

10) Strab. V 246.

11) Cic. pro Sulla 17 locus est ipse non tarn, ad in fl ammandos calamito- sorum animos quam ad consolandos adcommodatus. Hör. Epod. 5,43 oliosa iV. Ovid. Met. XV 711 in otia natam Parthenopen. Sil. It. XII 31 nunc malles urbi ritus atque hospita Musis otia et exemptum curis gravioribus aevum. Stat. Silv. III 5,S5 Strab. V 246.

752 Kapitel XII. Campanien.

voichrislliclien Jalniuindeit der ruhebediiiriigeii Römer Asyl und deren Zahl war grofs.ij Man hat aus einer Redewendung bei Pro- kop scbliefscn wollen Neapel sei eine kleine Stadt gewesen. 2) Aber solches ist mit dem Flächeninhalt innerhalb der Mauer und den V'orstadten die 4 5 Stockwerk hohe Häuser zählten, unvereinbar.^) Einen starken Fremdenzuflurs brachten die Bildungsanstalten*), die ihm den Beinamen doda Neapolis eintrugen. 5) Unter seinen Bürgern halte es Diciiter ^), Philosophen'), GeschichlscbreiberS) aulzuweisen. Die Manen Vergils der an ihm den Landbau besang, umschweben das liebliche Gestade: sein Grab lag gegen 2 Millien vor der Stadt an der puteolanischen Strafse, etwa in der heuligen Villa INazionale.^) Im 3. Jahrhundert erhält Neapel den Titel Colouie und erscheint völlig lalinisirt.io) Nachdem um 440 n. Chr. seine Mauer hergestellt worden war^), hat es alle Stürme überdauert, im 6. wie im 7. Jahr- hundert geblüht 12) und im 12. den Herrsebersitz über den Süden erlangt, auf den es kraft seiner Lage gegründeten Anspruch hatte. Die ereignifsvolle Geschichte hat begreitlicher Weise unter den Denkmälern des Altertums gründlich aufgeräumt: immerhin sind Reste eines Theaters (Anticaglia) und Tempels der Dioskuren (S. Paolo Maggiore) vorhanden, die ausgedehnten Grabfelder insonder- heit die Katakomben von S. Gennaroi^) bringen die Dichtigkeit der Bevölkerung zur Anschauung. Sie mag in der Blütezeit die Vor- städte einbegriflen Puteoli nahe gekommen sein (S. 743), hat aber seit dem 2. Jahrhundert einen gewaltigen Vorsprung gewonnen.

1) Cic. pro Rabir. Post. 26 celeberriinum oppidum.

2) Prokop b. Goth. I 8 die Gesandten sagen so im Vergleich mit den Römern zn den Gotlien.

3) Philostr. Im. prooem. 4) Slat. Silv. V 3,162 fg.

5) Colum. X 134 Martial V 78,14.

6) Statins und sein Vater Siiv. 111 5,78 fg. V 3,112. 205; Silius Italicus Plin. Ep. 1117; Lucilius? Seneca Ep. 49,1 53,1 70,1.

7) Cic. de Fin. V 8. 75 Seneca Ep. 76,4 93,1.

8) Eumachos Müller FHGr. III 102; Clodius ebd. IV 364.

9) Sueton Rel. p. 43. 63. ReifT. V. Georg. IV 564. Die Grotta di Posilipo an deren Eingang die vulgäre Tradition das Grab verlegt, war damals noch nicht vorhanden.

10) Eph. ep. VIII 871 vgl. CIL. X 1 p. 171.

11) CIL. X 1485.

12) Cassiod. Var. VI 23 urbs ornata mullitudine civium, abundans marinis terreiiisque deliciis. Paul. h. Lang. II 17 (und seine Quelle) opulentissima.

13) CIL. X l p. 179 Kaibel p. 218.

§ 4. Der Süden. 76S

§ 4. Der Süden.

Der Bau der phlegraeischen Hügel hat die Einigung Cam- paniens verhindert: er verslattete den Seestädten ein Sonderleben zu führen und zog den südlichen Theil der Ebene in diesen Kreis hinein. Das Land das Capua in einem Bundesstaat vereinigt hatte, reicht nur bis zum caudinischen Pafs durch den die Hauptstrafse von Samnium nach dem Meer läuft. Eine Linie von Benevent über Caudium nach Neapel gezogen dient dazu zwei politische Gegensätze zu trennen ; denn bei den grofsen Verwicklungen der Halbinsel fechten Nord und Süd regelmäfsig unter feindlichen Fahnen, und während jener seit 338 dem römischen ßürgerverband einverleibt ist, bewahrt dieser seine Unabhängigkeit und Nationalität bis zum Bundesgenossenkrieg. Ob die südlichen Gemeinden sich zu einer Einheit zusammengeschlossen hatten, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen: die Gemeinschaft ihres Handelns wird durch die Ueberein- stimmung ihrer Lage genügend erklärt. Unter allen Umständen überwog keine Stadt in dem Mafse um die Leitung in der Art Capua's beanspruchen zu können. Den Uebergang von Nord nach Süd vermittelt der von der samnitischen Strafse durchzogene Grenzstrich.

Die Via Appia biegt von Calatia (S. 716) ostwärts um in das trichterförmige Thal das den caudinischen Pafs einleitet; sie erreicht 6 Millien von der genannten Stadt, 12 von Capua den vicus Nova- nensis oder ad Novas.^) S. Maria a Vico bei Arienzo bezeichnet an- nähernd die Stelle. Der Vicus gehörte zu Suessula das 2 3 km westlich von der Eisenbahnstation Cancello in einer Niederung (Pantano d'Acerra) lag. Es wurde im Mittelalter der Malaria wegen verlassen , kann aber nach den Ruinen zu schliefsen nicht viel grüfser als Calatia (S. 717) gewesen sein. Die nach Regium führende Via Popilia zweigt 3 Milben vor Capua 2) von der Via Appia ab und läuft über Suessula nach Nola: die Reisekarte setzt Suessula in die Mitte, von beiden Orten je 9 Millien entfernt. Die Popilia wird hier geschnitten von der Strafse Benevent Neapel, letzteres ist 13, Acerrae 3 Millien von Suessula entfernt. Aus dem Gesag- ten erklärt sich die strategische Wichtigkeit des Platzes: er wird 343 als Schlachtfeld erwähnt; 216 12 als Hannibal und die Römer

1) Tab. Peut. lt. Hieros. 610 CIL. X 3764. 6910 fg.

2) Liv. XXVI 5 via quae Suessulam fert vgl. VIII 2. Nissen, Ital. Landeskunde. IL 48

754 Kapitel XII. Campanien.

um den Besitz Campaniens rangen, hatte Marcellus ein festes Lager auf dem Ausldufer des Appennin oberhalb Cancello, wo später eine mittelalterUche Burg stand (207 m), aufgeschlagen. i) Die Gemeinde erhielt 338 minderes Bürgerrecht, später eine Ansiedlung suUani- scher Veteranen und bietet keinen Anlafs zu längerem Verweilen. 2) So wenig wie Suessula hat Acerrae zum campanischen Bunde gehurt, dagegen engere Beziehungen zu Nola und Nuceria unter- halten. 3) Der Name kehrt in Umbrien und jenseit des Po wieder, vermutlich hängt die Gründung mit dem Einbruch der Etrusker zusammen. Das heutige Acerra ein regelmäfsiges Rechteck von 709 X 500 m giebt allem Anschein nach den Grundplan wieder, obwol eine monumentale Bestätigung vermifst wird. Die Stadt liegt völlig eben (27 m), wurde durch den jetzt canalisirten Clanius gegen feindhchen Angriff geschützt, in friedlichen Zeiten aber selbst arg belästigt.'*) Sie erlangte 332 minderes Bürgerrecht, in der Folge als Municipium Aufnahme in die Tribus Falerna.^) Von Hannibal ward sie 216 zerstört. Sie bewies 210 wieder hergestellt ihre Treue abermals beim Abfall der Bundesgenossen, da sie 90 als römisches Hauptquartier eine Belagerung aushielt und dem Vordringen der Aufständischen ein Ziel setzte. 6) Später wird ihrer nicht weiter gedacht.")

Durch den Golf von Neapel wird die südliche Ebene auf 15 km, die halbe Breite der nördlichen eingeengt. Die W^egsamkeit des Grenzgebirges hört auf, bequeme Zugänge ins Hochland wie sie der Volturnus, die Thäler von Maddaloni und Gaudium darbieten, sucht man vergebens. Südlich vom caudinischen Thal wachsen die Gipfel bis 1500 m und darüber (M. Giesco Alto 1495 m M. Avella 1591 m M. Vallatrone 1511 m M, Vergine 1480 m); der Hauptstock ent- sendet drei Ausläufer nach Westen, unter denen der schon namhaft gemachte oberhalb Suessula endigende der längste ist. Dieser und der mittlere Ausläufer schliefsen das Hochlhal von Abella ein. Das

1) Liv. VII 37 XXIII 14. 17. 32. 39 XXIV 46 XXV 7. 22.

2) Liv. VIII 14 Fest. 233 M. Feldm. 237 Strab. V 249 Plin. III 64 «L X 1 p. 363. V. Duhn Rom. Mitth. II (1887) 235-68.

3) Strab. V 247.

4) Verg. Georg. li 225 mit Schoi. Sil. It. VIII 535.

5) Liv. VIII 17 Fest. 233 M. CIL. X 1 p. 362.

6) Liv. XXIII 17. 19 XXVII 3 Appian Lib. 63 Sil. It. XII 422; Appian b. civ. I 42. 45.

7) Strab. V 249 Plin. III 63 Feldm. 229.

§ 4. Der Süden. 755

Gebiet der Stadt wird zu 2 d. D M. gerechnet i), aber enthielt wenig Getreideland. 2) Um so gröfser war der Ruf ihres Obstes: die aus dem Pontos stammenden Lamberts- oder lombardischen Nüsse werden unter 7iuces avellanae verstanden, sind also hier zuerst eingebürgert worden. 3) Für den Verkehr mit den Hellenen zeugt auch der Umstand dafs Abella wie Nola als chalkidische Colonie betrachtet wurde. 4) Die älteste zuverlässige Kunde giebt ein in oskischer Sprache abgefafster Vertrag den beide Städte im 2. Jahrhundert v. Chr. über ein gemeinsames Heiligtum des Hercules vereinbart haben. 5) Im Bundesgenossenkrieg ward Abella von den Aufständischen nieder- gebrannt, sodann von den Römern mit den gleichfalls treu ver- bliebenen hirpinischen Nachbarn zusammen der Tribus Galeria zu- getheilt.6) Als Colonie wird es in der früheren Kaiserzeit bezeichnet, ohne dafs Näheres über die Verleihung des Titels bekannt wäre.') Es lag nördlich oberhalb des heutigen Avella (200 m) 6 Millien von Nola und hat trotz seiner Kleinheit ein Amphitheater nebst einer stattlichen Zahl von Inschriften aufzuweisen.^) Die Festigkeit des Platzes erhellt schon aus der Höhe: Avella vecchia 333 m; seine Strafsen sind erst um 340 n. Chr. gepflastert worden. 9) Man begreift dafs diese Bergstadt in der Ueberlieferung vöUig in den Schatten gerückt wird durch das angrenzende Nola das als Haupt von Südcampanien gelegentlich an der Seite Capua's eine Stelle findet. 10) Freilich sind die beiderseitigen Machtmittel recht ungleich. Der dritte Vorsprung des Appennin an dessen Fufs das heutige Palma liegt, rückt dem äufseren Ringwall des Vesuv (Ottaiano 241 m) bis auf 5 km nahe und bewirkt damit eine natürliche Scheidung: der letzte vom Sarnus durchflossene Abschnitt der Ebene hat durch- aus seine Selbständigkeit bewahrt. Immerhin umfalst die nolanische

1) Beloch Camp. 18.

2) Sil. It. VIII 543.

3) Calo RR. 8,2 Verg. Aen. VII 740 mit Schol. Plin. XV 88 Serv. V. Georg. II 65 Colum. V 10 u. a.

4) Justin XX 1,13 Serv. V. Aen. VII 740: mit Recht weist der Dichter selbst auf die rauhe Art der Bergbewohner hin.

5) Gonway 95.

6) Gran. Licinian. p. 27 Bonn CIL. X 1 p, 137,

7) Feldm. 230 schreibt sie fälschlich Vespasian zu.

8) Strab. V 249 Plin. III 63 Ptol. III 1,59 Paulin. Nol. carm. XXI 711.

9) CIL. X 1199 Cod. Theod. I 2,4. 10) Pol. II 17,1 Vell. I 7.

48*

756 Kapitel XII. Campanien.

Feldmark reichlich 6 d. DM. 350 Dkm, grenzt im Westen etwa bei Pomigliano d'Arco an Neapel, hierauf an Acerrae Suessiila Abella AhelHnum, endlich im Süden an Pompeji. Der Boden zählt zu den besten Campaniens.^) Aus Inschriften lernen wir vier Dörfer der Feldmark kennen : den pag^is Agrifanus p. Capricidanus p. Lanita p. Mytlianus; der zweite gehört nach dem Fundort zu schliefsen in die Gegend von Val di Lauro.") Dies zwischen dem zweiten und dritten Ausläufer des Appennin bei kaum 1 km Breite 10 km nach Südost sich hinziehende Thal hat den Namen der Laurinienses eines Vicus oder Pagus erhalten, dessen Kenntnifs wir gleichfalls einer Inschrift verdanken. 3) Die von Vergil aufgeführten Orte Batulum und Celemna haben keine Spur hinterlassen. *) In der Mitte seiner Feldmark vor dem zweiten Seitenast des Stammgebirges (M. Visci- ano 478 m) in der Ebene gelegen (40 m) entbehrt Nola der natür- lichen Deckung.6) Nach der heutigen Stadt zu urtheilen die den Sitz nicht gewechselt hat, und den oskischen Gräbern vor ihren Mauern kann der Umfang kaum 2 km erreicht haben. Indessen wäre es unbegreiflich dafs eine so winzige Festung nicht nur den wiederholten Angriffen Hannibals widerstand 6), sondern 88 von Sulla mit 6 Legionen vergeblich belagert wurde und erst 80 seinen Waffen erlag.") In der Raiserzeit hat sie sich weit über den jetzigen Umkreis nach West und Süd erstreckt: ein Amphitheater ist noch kenntlich, früher sind Tempel und ein Theater nachge- wiesen worden. Bereits 313 war eine dicht bewohnte Vorstadt vor- handen, die von den Römern in Brand gesteckt ward.^) Unter solchen Umständen gewinnt das Zeugnifs Ambrogio Leone's der die Reste der Umfassungsmauer gesehen und ihre Länge auf 3 Mil- lien geschätzt hat, an innerer Glaubwürdigkeit.*^) Man thut wol

1) Gell. N. A. VI 20,1 über Verg. Georg. II 225; Cassiod. Var. IV 50,2.

2) CIL. X 1278-80 Not. d. Scavi 1900 p. 101. 3) CIL. X 1238.

4) Verg. Aen. VII 739 mit Schol.

5) Liv. XXIII 45 Sil. It. XII 162.

6) Liv. XXIII 14-16. 39. 43-46 XXIV 13. 17 Plut. Marc. 10—12 ii. a.

7) Appian b. civ. I 42. 50. 65 Plut. Sulla 8 Vell. II 17. 18. 20 Plin. XXII 12 Liv. LXXXIX Cic. de Divin. I 72 Gran. Licinian. p. 39 Bonn.

8) Liv. IX 28. Ich lege kein Gewicht darauf dafs die Stadt Diod. XIX 101 Akropolis heifst, weil der Gleichklang der Namen in diesem Stack Auslassungen und Verwechslungen veranlafst hat vgl. S. 673 A. 7.

9) Ambr. Leo, de Nola. Venet. 1514 fol. abgedruckt in Burmann Thes. lt. IX pars IV.

§ 4. Der Süden. 767

sich dabei zu beruhigen bis die wissenschaftliche Topographie die in Nola weniger als anderswo gepflegt worden ist, den wirklichen Sachverhalt ermittelt haben wird. Nach der Rolle die sie in der Geschichte gespielt hat, ist die Stadt aller Wahrscheinlichkeit nach ansehnlich gewesen. Jedoch sind zwei Stufen in ihrer Entwicklung zu unterscheiden. Nach den theils griechischen theils oskischen theiJs aus beiden Sprachen gemischten Aufschriften der älteren aus dem 4. Jahrhundert stammenden Münzen hiefs sie ursprüngHch Hyria Uria oder OrinaJ) Der Name ist bei den Japygern zu Hause; da ferner in der ethnographischen üebersicht bei Poly- bios Daunier und Nolaner verbunden werden 2), ist der Schlufs Friedländer's durchaus berechtigt dafs Uria die nolanische Altstadt, vielleicht innerhalb ihrer heutigen Grenzen, bezeichne. Das oski- sehe Novla bedeutet Neustadt^); die jüngeren Münzen ungefähr seit 300 führen den Namen in griechischer Form, die Litteratur kennt ihn allein. Im Uebrigen lassen sich ihre Nachrichten mit dem Thatbestand ungezwungen vereinigen. Die Gründung von Uria fällt kurz nach 470: Calo schreibt sie den Elruskern zu; da die Daunier zu dem Völkerbunde gehörten der unter etruskischer Führung die Herrschaft der Hellenen über Campanien brach, ist dies unwesentlich. 4) Die Lage deutet klar auf eine fortgeschrittene Zeit hin. Die Stadterweiterung und der damit zusammenhängende Namenswechsel scheinen erst nach dem Anschlufs an Rom erfolgt zu sein. Den einzigen Anhalt zur näheren Restimmung gewähren die Münzen; in Kupfer hat Uria nicht geprägt, wol aber Nola.^) An die Verbindung mit den Etruskern erinnern die an nolaner Ge- fäfsen beündüchen Aufschriften in dieser Sprache. Nachdem die Samniten Campanien erobert hatten, bildete sich ein freundnachbar- hches Verhältnifs zu Neapel heraus. Dies erhellt nicht so sehr aus dem Gepräge seiner Münzen und den griechischen Vasen die in grofser Menge den Nekropolen Nola's enthoben wurden, als aus

1) Julius Friedländer, Oskische Münzen, Leipzig 1850, p. 37; Dressel Berliner Katalog 98.

2) Pol. III 91,5.

3) Mommsen, Unterit. Diai. p. 283.

4) Vell. I 7 Dion. H. VII 3 Solin 2,16 verwechselt Tyrier und Tyrrhener. Dafs Steph. ßyz. NäXa nöXn Avaövcov '' ExaraXoe Ev^cüTtrj nicht einer all- ionischen Erdbeschreibung entstammen könne, liegt auf der Hand vgl. S. 698 A. l

5) Mommsen Münzwesen 163. 64. 355.

758 Kapitel XII. Campanien.

liislorischen Zeugnissen. i) Bei der Verwicklung die 327 zum Kriege mit Rom führte, befanden sich noianische llülfslruppen in Neapel. 2) 313 ward Nola eingenommen und niufste der römischen Bundes- genossenschaft beitreten. 3) Nach der Schlacht bei Cannae war die Plebs zum Abfall geneigt, der Adel hielt zu Rom, das Scheitern der karthagischen Angriffe wurde für Campanien verhängnifsvoll.4) Das Gewerbe kann in dieser Stadt nicht unerheblich gewesen sein: ihre Oelpressen Thon- und Kupferwaren werden empfohlen.^) Sie ward 90 trotz der römischen Besatzung von den Samniten eingenommen und ein Jahrzehnt lang behauptet''), dann 73 von Spartacus ver- wüstet.') Mit dem Bürgerrecht in der Tribus Falerna hatte sie Veteranen Sulla's aufzunehmen, s) Auguslus reihte sie als Colonie ein unter die Stützen seiner Macht 0): ein Beweis für die ihr ge- bührende Geltung der bei dem sonstigen Schweigen der Litleratur hervorgehoben werden mufs.^o) Augustus liat hier im väterlichen Hause seine Tage beschlossen, Tiberius schuf das Sterbehaus in einen Tempel um.n) Auch Vespasian soll Colonislen angesiedelt haben. i2j Von den Ruinen der Kaiserzeit war oben die Rede. Die Serinoleitung (S. 751) durchzog die Feldmark von Palma bis Po- migliano d'Arco und entsandte einen Zweig in die Stadt; auch von Abella her wurde sie mit Wasser versorgt.^^) In der Christenheit verdankt Nola seinem Bischof Paulin us dem die Einführung der Glocken in den Gottesdienst beigelegt wird, einen ehrenvollen Namen. Der Heilige erlebte die Plünderung Alarichs 410, aber nicht mehr die Heimsuchung durch Genserich der 455 die Stadt zerstörte und

Ij Dion. H. XV 5; dahin gehört auch die angebliche chalkidische Ab- stammung der Nolaner Justin XX 1,13 Sil. It. XII 161.

2) Liv. VIII 23. 26 Dion. H. XV 5.

3) Liv. IX 28 Diod. XIX 101.

4) Sil. lt. VIII 534 Poeno no7i pervia Nola und die Stellen S. 756 A. 6.

5) Gato RR. 135,2. Die Ueppigkeit der Nolaner erwähnt Auson. Epigr. 67,5

6) Liv. LXXIII wo sie irrig Colonie heifst und die S.756 A.7 angef. Stellen.

7) Flor. II 8,5.

8) Für solche Annahme (S. 31) spricht sowol die innere Wahrscheinlich- keit als Feldm. 236 und der Name colojüa Felix Augusta CIL. X 1 p. 142.

9) Plin. III 63.

10) Strab. V 247. 49 Ptol. III 1,60 Gic. ad Alt. XIII 8 Feldm. 162.

11) Vell. II 123 Tac. Ann. I 5. 9 IV 57 Sueton Aug. 98. 100 Tib. 40 Die LVI 29. 46.

12) Feldm. 236.

13) Paulin. Nol. carm. XXI 712.

§ 4. Der Süden. 759

die Bewohner in die Sklaverei verkaufte.') Von diesem Schlage hat sie sich nie wieder erholt.

Von Neapel erreicht die Küstenstrafse nach 5 Millien Hercu- laneum Resina.2) Da die Schlammflüsse von 79 und die nach- folgenden Ausbrüche des Vesuvs den Boden um 12 30 m erhöht sowie auf Kosten des Meers erweitert haben, wird die Einsicht in die ursprünglichen Verhältnisse erschwert. Auch haben die im 18. und 19. Jahrhundert unternommenen Ausgrabungen für Kunst- und Lilteraturgeschichte reichere Ausbeute geliefert als für Topo- graphie.3) Die Stadt war klein.'*) Sie nahm ein nach Südwest gerichtetes Vorgebirge ein, hatte einen sicheren Hafen und war durch zwei einfassende Schluchten geschützt. s) Gegenwärtig streicht die Küste in gerader Linie, weil der Ausbruch von 1631 die Buchten zur Seite des Vorgebirges ausgefüllt und das Land um mehrere hundert Meter vorgerückt hat. Obwol die Stadtmauer kurz vor Beginn unserer Zeitrechnung hergestellt worden war ß), sind keine Spuren von ihr zu Tage getreten. Dies hängt mit der Regelmäfsigkeit der Anlage, der auffallenden Breite der Strafsen, der jungen Bauart der Häuser zusammen : Herculaneum sieht nicht so geflickt wie Pom- peji, vielmehr ganz einheitlich aus. Der Schlufs drängt sich auf dafs jenes am 5. Februar 63 gründlicher vom Erdbeben zerstört und in den folgenden Jahren erneut worden sei.') Bei dem Neu- bau wird denn auch die Ringmauer als zwecklos beseitigt worden sein. So viel man erkennt, war der Stadtfels bei geringer Breite stark nach Südwesten dem Meer zu geneigt und bot nur für eine kleine Ansiedlung Raum. Sie hat die Schicksale der ansehnlicheren Nachbarin getheilt. Die Mythenschreiber führten ihren Ursprung auf die Wanderungen des Hercules zurück. s) Die geschichtliche Ueber- lieferung liefs Osker Etrusker Samniten einander in der Herrschaft

1) Augustin Giv. Dei 1 10 Hist. Miscella XVIII 15.

2) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

3) Michele Ruggiero, Storia degli Scavi di Ercolano, Napoli 1885. 4.

4) Sisenna fr. 53 Peter parvis moenibus, Strab. V 246 ipQoioiov, Dion. H. I 44 noXixvrj.

5) Sisenna (A. 4) spricht von fluviae: aber viel Wasser können sie nicht enthalten haben.

6) CIL. X 1425.

7) Seneca Nat. Qu. VI 1,2 26,5, Tac. Ann. XV 22 übergeht neben dem celebre oppidum Pompei das benachbarte Herculaneum als zu unbedeutend.

8) Dion. H. 144 Ovid. Met. XV 711.

760 Kapitel XII. Campanien.

ablösen.!) Ein Meddix tuticiis stand an der Spitze der Genieinde.2) Sie nahm an der Erhebung der Ilahker Theil, ward 89 von den Römern erobert und darauf als Municipium der Tribus Menenia zugewiesen. 3) In der folgenden Friedenszeit erfüllten Landhäuser des römischen Adels die Umgegend. 4) Die Pracht ihrer Ausstattung hat die kaum 200 m vom Theater entfernte 1752 aufgefundene Casa de' Papiri in erfreulichster Weise bewiesen: dieser Villa ver- dankt das Nationalmuseum in Neapel seinen herrlichen Schatz an Bronzen , die Litteratur die Bücherei eines epikureischen Philo- sophen deren 1800 Rollen leider eine etwas einseitige Geistesrich- tung des Besitzers bekunden. Die Verschiedenartigkeit der Ver- schüttung (I 281) bewirkt dafs die Funde in Herculaneum ungleich reichhaltiger ausfallen als in Pompeji : dort war es für die Ueber- lebenden ebenso mühsam ihre Kostbarkeiten hervor zu holen als hier leicht. Die allen Schatzgräber haben an beiden Orten Spuren ihrer Thäligkeit hinterlassen; in Herculaneum stöfst man auf ange- fangene Schachte wo die Arbeit als aussichtslos aufgegeben worden ist. Für die Gegenwart sind die Schwierigkeiten noch erheblich gewachsen, vor allem durch den Umstand dafs eine dicht bevölkerte Ortschaft über den Trümmern liegt, die Höhe der Kosten schreckt von einer umfassenden Nachforschung ab. Den adlichen Grund- herren verdankte das Städtchen eine Reihe öffentlicher Gebäude: Basilica Macellum Thermen ein Theater für 3000 Zuschauer usw. Der Name blieb nach der Zerstörung an der Oertlichkeit haften, aber die Stadtgemeinde verschwand, indem ihr Gebiet, wie es scheint, zu Neapel geschlagen wurde. ^) Beloch schätzt das Gebiet auf eine deutsche Quadratmeile. Die Grenze gegen Pompeji zwischen Torre del Greco und Torre dell' Annunziata war durch Lagunen bezeichnet, aus denen beide Städte Salz gewannen. 6)

Der letzte Abschnitt der campanischen Ebene wird vom Samus Sarno durchflofsen (I 334). Die Quellbäche der hirpinischen Berge vereinigen sich bei S. Severino und treten bei Nuceria ins Flach-

1) Strab. V247.

2) Conway 87.

3) Vell. II 16 Sisenna fr. 54 CIL. X 1 p. 156.

4) Seneca Dia). V 21,5 Plin. Ep. VI 16,8 Kaibel 707fg.

5),Mela II Plin. III 62 Marc Aurel IV 48 Dio LXVI 23 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 Flor. I 11,6 nach älterer Onelie. 6) Colum. X 135 CIL. IV 128. 1611.

§ 4. Der Süden. 761

land hinaus. 1) Der von Süden kommende Bach der hier einmündet, scheint Draco geheifsen zu hahen.^) Gegenwärtig haltet der Name Sarno an den reichen Quellen die im Norden hei dem Slädtchen Sarno und an dem Bergstock Schlappe di Sarno (763 m) ent- springen und zur Bewässerung abgeleitet sind. Im Altertum ver- stärkten sie den Ilauptslrom der in sanftem Lauf das Gefilde durch- mafs, vermöge seiner Wasserfülle nicht durchschritten werden konnte und in seiner Mündung einen brauchbaren Hafen darbot.") Mit dem Flufsnamen hängen die populi Sarrastes zusammen die Nuceria gegründet haben sollen *); der Flufs wurde göttlich ver- ehrt. &) Polybios läfst den Ost- und SUdrand des campanischen Golfs vom Volk der Nuceriner bewohnt sein.^) Verschiedene That- sachen deuten darauf hin dafs die Gemeinden des Südens von Her- culaneum ab einst einen Bund gebildet haben.") Obvvol vier von ihnen durch ihre maritime Lage auf den Handel angewiesen sind, hat einzig und allein der binnenländische Vorort gemünzt, während doch Capua seinen Verbündeten die Münzfreiheit beliefs. Im zweiten Samnitenkrieg haben die Städte gegen Rom gefochten, aber zuletzt einen günstigen Frieden erlangt. Sie schlössen sich 89 den sam- nitischen Slammesgeuossen an mit Ausnahme des Vororts, wurden später der Tribus Äjenenia zugewiesen. Von der Bundesverfassung wissen wir nichts, dürfen vermuten dafs sie auf Betreiben Roms nach dem hannibaliscben Kriege gelockert wurde, indefs unter keinen Umsländen in den Weddices von Herculaneum und Pompeji Bundesbeanite suchen. Die sacralen und persönlichen Bande wirkten noch lauge fort. Der Nuceriner P. Sittius ein Parteigänger Caesars übertrug heimatliche Erinnerungen auf das von ihm in Numidien begründete Gemeinwesen : der Hauplorl Cirta nahm eine Stellung ein

1) Es beruht wol auf Verwirrung wenn Vibius Satmus Niiceriae sowol unter den fluvii als den montes aufzählt.

2) In Urkunden von La Cava Draconcello (Beloch Camp. 213), von Prokop. b. Goth. IV 35 irrig auf den Hauplflufs übertragen.

3) Verg. Aen. VII 738 Sil. lt. VIII 537 Slat. Silv. I 2,205 Lucan II 424 Strab. V 247 Plin. III 62 Ptoi. III 1,7 Geogr. Rav. IV 32 V 2 Prokop b. Goth. IV 35 (A. 2). Oros. IV 15,2 (mit Arnus verwechselt).

4) Verg. Aen. VII 738 dazu Serv. Sil. It. VIII 536, als Beiname vielleicht auf einer Münze von Nuceria Mommsen Unt. Dial. 293.

5) Sueton de gramm. 28 (p. 124 Reiff.).

6) Pol. III 91,4.

7) Beloch Camp. 240.

762 Kapitel XIF. Campanien.

wie vormals Niiceria, der Hafen Rusicade liiefs Veneria nach Pom- peji, das binnenländische Mileu Sarnensis nach Stabiae, die am Meer belegene Grenzstadt Chullu Minervia nach Surrenlum. Die Entfernungen dieser Orle untereinander sind gröfser als in Cam- l)anien, ihre Anordnung die nämliche.^)

Die Reisekarte setzt 6 Millien von Herculaneum die Station Oplontis, 3 Millien weiter Pompeis an. 2) Das Andenken der 79 n. Chr. verschütteten Stadt ging allmälich verloren: die Anwohner bezeichneten die Tril mm erst alte la Civita, Holste erkannte dafs dies Pompeji sei; bis dahin war Pompeji in Oltaiano, von Biondo in Torre Annunziata, von Cluver in Scafati gesucht worden,^) 1748 begann die Ausgrabung und ist anderthalb Jahrhunderte lang mit wechselndem Eifer so weit gefördert worden dafs reichlich die Hälfte des von der Ringmauer umschlossenen Gebiets frei liegt.*) Die Länge der Mauer beträgt rund 3 km, der Flächeninhalt 64,7 ha. Die

1) Mommsen Herrn. I 4" fg.

2) Tab. Peul. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

3) Biondo It. ill. 236 (übersetzt) Alberti It. 187 Cluver lt. ant. 1155 dazu Holste.

4) Reiche Litteratur: Fr. Furchlieim, Bibliotheca Pompeiana, Napoli^ 1892. Quellenwerke: Geschichte der Ausgrabungen, Giuseppe Fiorelli, Pompeianarum antiquilalum historia, 2 vol. Napoli 1870. 72. Ders. Gii scavi di P. dal 1861 ai 1872, Napoli 1873,4. Ders. Descrizione di P., Napoli 1875. Giornale degli scavi di P. 4 vol. foi. Napoli 1868 78. (M. Ruggiero) Pompei e la regione sotterrala dal Vesuvio nell' anno LXXIX, Napoli 1879,4. Inschriften Gon- way inscr. ose. n. 39—86 Kaibel inscr. gr. n. 701 6 Zangemeister CiL. IV (Pinsel- und Griffelschrift) Mommsen CIL X 1 p. 89fg. Ihm Eph. ep. VIII p. 86 90. Architektur Charles Franfois Mazois, Les ruines de Pomp6i des- sinies et mesur^es pendant les ann^es 1809 11; ouvrage continuc par M. Gau 4 vol. fol. Paris 1812—38. Ernest Breton, Pompeia, Paris ^ 1869. Malerei W'oifgang Heibig, Wandgemälde der verschütteten Städte Campaniens, Leipzig 1869. Ders. Untersuchungen über die campanische Wandmalerei, Leipzig 1873. August Mau, Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji, Berlin 1882. Dafs es möglich sei durch eine technische Analyse der Bauwerke im engen Anschlufs an die allgemeine Entwicklung des Landes die Geschichte der Stadt aufzuhellen wurde von mir 1865 erkannt und auf Grund von Vorarbeiten Richard Schöne's dargelegt: Pompeianische Studien zur Städtekunde des Alter- tums, Leipzig 1877. Daran schliefst an A. Mau, Pompejanische Beiträge, Ber- lin 1879. Ders. in seiner Bearbeitung von Johannes Overbeck Pompeji, Leip- zig^ 1885. Ders. Pompeji in Leben und Kunst, Leipzig 1900. Nachdem das Material in den drei letzten Jahrzehnten so sehr vermehrt worden und die Kenntnifs des alten Städtewesens gewachsen ist, wäre es an der Zeit eine neue Chronik von Pompeji zu schreiben.

§ 4. Der Süden. 763

Sladt ist erbaut auf dem Absturz eines Lavastroms der alle vesu- vischen Strome an Länge und Mächtigkeit übertrifft (1 270). Die Meereshohe sinkt von 42,5 im Nordwesten bis 12,8 m im Südosten der Stadt. Das Meer war fast 1 km (I 334), der Sarnus ungefähr ebenso viel entfernt. Jenseit der Sarnobrücke wo nach dem Ra- vennaten eine Station Samum lag, theilt sich die Strafse: nach Slabiae rechnet die Reisekarte 3, nach Nuceria 12 Millien.i) Ferner führte eine Slrafse von Pompeji nach dem 12 Millien entfernten Nola. „Stapelplatz, schreibt Strabo 2), von INola Nuceria und Acer- rae ist Pompeji am Flusse Sarous der die Waaren sowol in Em- pfang nimmt als ausführt." Acerrae war seit 332 römisch und hatte nur halb so weit nach dem Hafen von Neapel: die Bemerkung pafst nicht auf die Zeit des Landfriedens, mufs sich vielmehr auf eine Zeit beziehen wo der politische Gegen salz zu den Hellenen die Landesbewohner zum Zusammenschlufs und zur Schaffung eines o^kischen Hafens nütigte. Nach demselben Gewährsmann war der Hafen zuerst in Händen der Osker, dann der Etrusker, hierauf der Samniteu. Dies führt ins 6. Jahrhundert im Einklang mit dem monumentalen Thatbestand. Die Ueberreste des Minervatempels auf der Burg reichen über 500 v. Chr. hinauf und rücken damit die Gründung der Stadt ein halbes oder ganzes Jahrhundert hoher hinauf als Neapel. Der Plan ist durchaus einheitlich: die ovale Fläche wird durch zwei von Ost nach West laufende Hauptslrafsen in 3 Drittel, sodann durch von Nord nach Süd laufende Haupt- stralsen in 12 (?) Quartiere ungleicher Gröfse getheilt, die durch ein regelmäfsiges Netz kleiner Gassen in etwa 150 Häuserblöcke zerfallen. Die Zahl der Thore war 8, nach jeder Himmelsgegend 2. Man kann vermuten dafs die südcampanischen Gemeinden deren Vertreter jene drei von Strabo namhaft geraachten Städte sind, gemeinschaftlich Pompeji gestiftet haben. 3) Die Namen der Städte

1) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2.

2) Strab. V 247.

3) Die Deutung des Namens ist zweifelhaft. Pompeii nofintjia Dion. H. I 44 Strab. V 247. 51 {Ilofinrjioi, nach lateinischen Quellen Plut. Cic. 8 Dio LXVI 23) oskisch nach dem Adjectiv Pompaü[a] wird von den Alten von pompa und dem Zuge des Hercules mit den erbeuteten Rindern (Solin 2,5 Serv. V, Aen. VII 662 Mart. Cap. VI 642 Isid. XV 1,51) oder von nE/insiv (so Strab. a. 0. wie es scheint) abgeleitet. Nach dieser Wurzel würde es nicht etwa Golonie, sondern portus ausdrücken. Der Erklärung von einem Zahlwort pompe steht der Umstand im Wege dafs weder die Anlage noch die geschichtlichen

764 Kapitel XII. Campanien.

weisen in eine jüngere Zeit als 500 v. Chr., aber umfassen eben die Gesamtheit des unabhängigen Südens. In der Folge gehurt Pompeji dem oucerinischen Bunde an ohne seinen Ursprung zu verleugnen.') Für uns bietet es in seinen älteren Theilen den reinsten Typus der uskischen Cultur. Das Gebiet umfafste die Abhänge des Vesuv, dessen Bimstein^) und Wein 3) von hier verschifft wurde. In der Niederung die voitrefflichen Kohl lieferte'*), gab der Sarnus die Grenze gegen Stabiae ab. Für die Grenzbestimmung gegen Nola und Nuceria fehlt ein sicherer Anhalt: immerhin läfst sich die Ausdehnung der Feldmark zu 80 100 Dkm ansetzen. Das älteste Zeugnifs für gewerbliche Thätigkeit rührt von Cato her, der den Ankauf von Oeipressen in Pompeji empfiehlt.^) In der Kaiserzeit hat sein Fischextract Ruf erlangt.*^) Die Ausgrabungen haben uns eine Menge der verschiedensten Zünfte und Werkstätten vorgeführt; namentlich stand das Tuchgewerbe in Blüte."') Pompeji wurde zu den ansehnlichen Städten Campaniens gerechnet 8); Cicero kenn- zeichnet das herrschende Selbstgefühl durch den Witz in den rö- mischen Senat zu gelangen sei leicht, in den pompejanischen Stadt- rat schwierig.'') Unter den öffentlichen Gebäuden sei verwiesen auf das Amphitheater mit etwa 20 000, das Theater mit 5000, das Odeon mit 1500 Sitzplätzen ; ferner auf die Thermen deren vier aufser zahlreichen Anlagen in den Privathäusern vorhanden sind. Einen unerschöpflichen Quell von Belehrung bietet der W'ohnraum und sein Wandel im Laufe der Zeiten dar. Von der ältesten Bau- weise als man mit Kalkstein den die Niederschläge des Sarnus her- vorgebracht hatten (I 263), und mit Lehm baute, sind Ueberreste genug erhalten dafs wir das ursprüngliche Bürgerhaus nebst dem

Verhältnisse die Bezeictinuiig Fünfstadl rechtfertigen. Jedoch erinnert Buecheler an quinqu(ire=luslrare Charis. 81,22, so dafs der Name etwas Aehnliches wie Sacriportus besagen könnte.

1) Aehniich haben nach Strab. V 242 Paeligner und Marruciner an dem vestinischen Hafen Antheil (S. 439).

2) Vitruv II 6,2.

3) Colum. III 2,27 Piin. XIV 35. 38. 70.

4) Colum. X 135 Plin. XIX 140; ob auch Zwiebeln? Colum. XII 10,1.

5) Cato RR. 22. 135.

6) Plin. XXXI 94 CIL. IV 2574fg.

7) Damit hängt die bedeutende Schafzucht zusammen Seneca Nat. Qu. VI 27,1.

8) Appian b. civ. 1 39 Cic. de lege agr. II 86. 96.

9) Macrob. Sat. 113,11.

§ 4. Der Süden. 765

ganzen Bebauungsplan in den Hauptzügen wieder herstellen können. Bei der Gründung enthielt die Stadt ungefähr 3000 kleine ein- stöckige Atrien. Im 3. Jahrhundert bahnt die Einführung des Kalkraörtels eine Aenderung der Technik, bahnt die Zunahme von Industrie und Wolstand eine Aenderung der Wohnweise an. Die Zahl der selbständigen Atrien nimmt andauernd ab, sie werden zu herrschaftlichen Häusern vereinigt, die verdrängten Besitzer finden in Mietgelassen, in den Tabernen an der Strafse sowie den oberen Stockwerken Unterkunft. Die Umbildung der Gesellschaft, der Niedergang des Mittelstandes, die Scheidung in Reich und Arm läfst sich Schritt für Schritt verfolgen. Damit geht nicht etwa eine Abnahme sondern eine Zunahme der Bevölkerung Hand in Hand. Wohnten in vorrömischer Zeit mindestens 12 000 Menschen inner- halb der Ringmauer, so steigt unter den Kaisern die Ziffer auf 20 000. Dazu kamen die Vorstädte: die Niederlassung am Hafen und seit 80 v. Chr. der pagus Augustus felix suburbanus vor dem Hereulaner Thor. Erst das Erdbeben am 5. Febr. 63 n. Chr. schlug eine Wunde die nicht wieder heilen sollte. Die Ueberlieferung erwähnt den Namen 310 v. Chr., indem die römische Flotte bei Pompeji landete und einen verunglückten Streifzug ins Nucerinische unternahm. 1) Nach dem hannibalischen Kriege erhält das öffent- liche wie das private Bauwesen einen glänzenden Aufschwung. Im trügerischen Gefühl der Sicherheit läfst man die Ringmauer ver- fallen. Sie wurde eilfertig hergestellt und durch 12 Thürme ver- stärkt, da Pompeji mit den aufständischen Bundesgenossen gemein- same Sache machte: 89 v. Chr. lagerte Sulla im Norden am Fufs des Vesuv, Wegweiser für die italische Besatzung sind an den Strafsenecken noch zu lesen.2) Zur Strafe mufste die Stadt 80 v. Chr. Veteranen aufnehmen , heifst fortan colonia Veneria Cornelia Pompeianorum, gehört der Tribus Menenia an und wird nach lang- jährigen Reibungen zwischen Alt- und Neubürgern schliefshch ro- manisirt."*) Die anmutige Gegend wurde von den Vornehmen zum Landaufenthalt gewählt: Cicero besafs hier eine Villa, des- gleichen die kaiserliche Familie.'*) Luxus und Verweichlichung nahmen ständig zu, für öffentHche Wolfahrt um den Massen das

1) Liv. IX 38.

2) Appian b. civ. I 39. 50 ne^l üofmaia öqt} Conway 60 fg.

3) Cic. pro Sulla 60 fg. CIL. X 1 p, 89.

4) Sueton Glaud. 27.

766 Kapitel Xil. Campanien.

Dasein begehrenswert zu machen geschah sehr viel. Das Genufs- leben der Kaiserzeit spricht aus den Ruinen mit wunderbarer Klar- heit. An der Wand einer ärmlichen Wohnung stehen die tief- sinnigen Namen Sodoma Gomora: der Jude oder Christ der sie eingeritzt hat, kennzeichnet also seine Umgebung. Lehrreich ist es den schrittweisen Forlgang von der verschämten zur nackten Ver- götterung der Caesaren zu begleiten. Nero ist besonders verehrt und bereits als junger Prinz durch einen eigenen Priester ausge- zeichnet worden. Seinen Dank bethätigte der Selbstherrscher später dadurch dafs er, wie es scheint, den Titel neronische Colonie an Pompeji verlieh. 1) Durch eine grolse Schlägerei die sie 59 n. Chr. im Amphitheater den Nucerinern lieferten, kamen die Pompejaner nochmals in der Leute Mund. 2) Sie waren beschäftigt die Schäden des Erdbebens von 63 auszubessern und ihre Stadt nach neuester Mode auszuschmücken als der Vesuv diese lachende Welt begrub (I 281). Die Feldmark wurde mit der nolanischen vereinigt. Die zerstörten Städte wieder aufzubauen fehlten die Mittel, ein Zeit- genosse klagt 3):

cuncla iacent flammis et tristi mersa favilla nee superi vellent hoc licuisse sibi. Vor der SarnusmUudung liegt die Khppe Revigliano mit einem Castell, im Altertum Herculis pelra geheifsen.^) Die Brücke über den Flufs wo die Strafsen nach Nuceria und Stabiae sich trennten, hiefs in Pompeji pons Stabiatius und begrenzte die Gemarkung. 5) Die Heisekarte rechnet 3 Millien von Pompeji bis Stabiae. Der Fleck wo die alte oskische Stadt stand, ist bisher noch nicht er- mittelt worden, Sie ward 90 v. Chr. von den Italikern eingenommen, aber am 30. April 89 von Sulla zerstört. o) Ihr Gebiet kam an das den Römern treu gebliebene Nuceria.") Eine Ortschaft jedoch er- hielt den Namen; denn die Gegend war ihrer Reize und Heilquellen

1) Sogliano, Rendiconti de' Lincei VI (1897) 389 fg.

2) Tac. Ann. XIV 17, in Pompeji bildlich dargestellt und in Kritzeleien erwähnt.

3) Martial IV 44 Sueton Tit. 8 Dio LXVI 24 Marc Aurel IV 48 Euseb. a, Abr. 2095 Piut. de Pvthiae orac. 9 de sera num. vind. 21 (566e).

4) Plin. XXXII 17.

5) Conway 39 CIL. X 1064.

6) Appian b. civ. I 42 Plin. III 70.

7) In der Küstenbeschreibung Plin. III 62 nimmt der ager Nucerinus den Platz zwischen Pompeji und Surrentum ein.

§ 4. Der Süden. 767

wegen sehr beliebt. i) Die Villenstadt zog sich nach Ausweis der 1749 82 unternommenen Ausgrabungen 1 km vom Strande nach Gragnano zu hin.') IV'ach der Verschütlung 79 wurde sie am Strande selbst dem heutigen Castellamare di Stabia entsprechend aufgebaut 3) und gewann als Milchcurort einen grofsen Ruf.^) Die Curanstalt war 4 Millien entfernt am Lactarius mons dessen Name im M. Lattaro (an der Strafse von Castellamare nach Agerola und Amalti) lortlebt.5) König Teias fiel 553 in diesen Bergen. Der Querzug der die campanische Ebene im Süden abschhefst und Italien der Breite nach durchstreicht, hat oberhalb Stabiae im M. S. Angelo 1443 m einen Knotenpunct (I 242). Von hier läuft ein 20 km langer Rücken mit Gipfeln von 5 900 m aus nach Südwest, in der Punta Campanella (47 m) endigend, lieber dem Cap steigt in drei Spitzen der M. S. Costanzo (498 m) auf, der einen berühmten Tem- pel der Minerva trug. Das promutiturium Minervae das die Golfe von Kyme und Posidonia scheidet und an einer VVeltstrafse liegt, war in seemännischen Kreisen weit bekannt. 6) Die Vorüberfahren- den spendeten der Göttin Wein ^), Odysseus galt als Gründer ihres Heiligtums.*) Da in der Bocca piccola, der Durchfahrt zwischen Capri und dem Festland gelegentlich rauhe See steht, fanden die Gebilde der Schiftersage geeignete Unterkunft. Das Vorgebirge hiefs auch promunturium Sir enum ^) , die drei unbewohnten Khppen die 8 km östlich im Golf von Posidonia liegen, Sirenum pelrae, jetzt H Galli.io) Die unholden Sängerinnen hatten an der Nordseite einen Tempel in der Gegend von Massa Lubrenseii); auch wird ein Theil

1) Cic. ad Farn. VII 1,1 Ovid. Met. XV 711 Colum. X 133 Seneca Nat. Qu. VI 1,1 Plin. XXXI 9 XXXII 17 CIL. X l p. 84.

2) Michele Ruggiero, Degli scavi di Stabia, Napoli 1881. 4.

3) Plin. Ep. VI 16,12.

4) Galen X 363 fg. Symmach. Ep. VI 17.

5) Gassiod. Var. XI 10 Prokop b. Golh. IV 35 vgl. II 4, gewöhnlich findet man den Namen im heuligen Lettere wieder.

6) Liv. XL 18 XLII 20 Lucil. fr. III 19 L. M. Appian b. civ. V 98 Eratos- thenes Slrab. I 22 V 247 Ovid. iMet. XV 709 Mela II 69 Seneca Ep. 77,2 Stat- Silv. III 1,109.

7) Stat. Silv. III 2,24.

8) Strab. V 247.

9) Strab. V 247 Dion. Perieg. 360 mit Schol.

10) Strab. I 22 V 247 Mela II 69 Ptol. III 1,69 Verg. Aen. V 864.

11) Strab. 122 V 247.

768 Kapitel XII. Campanien.

des Gebirges mons Sirenianus genannt. i) V^ereinzelt kommt end- lich noch die Bezeichnung Surrentinum promunturium vor. 2) Die Halbinsel hat in der Luftlinie eine Mittelbreite von 5 km, stürzt nach Süden jäh ab, breitet sich dagegen nach Norden in Flächen aus die den Meeresspiegel nur um 50 100 m überragen. Die grufsle das Piano di Sorrento erstreckt sich 5 km lang zwischen zwei Vorgebirgen Punta di Sorrento und Punta di Scutolo. Am Wesiende liegt Surrentum von zwei Schluchten eingefafst: die öst- liche mündet in die kleine, die westliche in die grofse Marina aus. Die Lage ist fest, nur im Südwesten ist eine Strecke von 300 m angreifbar. Der Umfang der Stadt mifst reichlich 2 km , ihr In- halt 22 ha. Die regelmäfsige Anlage mit rechtwinkligen Häuser- blücken darf dem Altertum zugeschrieben werden, da die äufseren Umrisse von Natur gegeben sind. Nur der Strand war ehedem breiter: zahlreiche Trümmer unter Wasser beweisen dafs die ganze Küste seit der Romerzeit gesunken ist. Die Halbinsel soll von Lipara aus besetzt worden sein 3): man begreift dafs die Hellenen wie das nahe Capri so auch diesen vom Festland her schwer zu- gänglichen Strich sich angeeignet hatten. Die Feldmesser berichten dafs er der Minerva geweiht und von Griechen bebaut worden sei. 4) Wirklich führte Sorrent ehemals den Beinamen Minervium.^) Den Hellenen erging es aber am Südrand des Golfs nicht besser als am Nordrand. Sie erlagen den Samniten von deren Herrschaft oskische Inschriften und Gräber zeugen. <*) Wie Stabiae schlofs sich Sorrent 90 v. Chr. den Italikern an, ward nachher der menenischen Tribus zugetheilt. An der Spitze des Municipium stehen Duovirn.^) Eine reizvolle Gegend ein herrliches Klima machen und machten den Aufenthalt begehrenswert. s) An 20 km lang von Punta di Scutolo

1) Feldm. 237,2.

2) Tac. Ann. IV 67 Stat. Silv. V 3,165.

3) Diod. V 7,6.

4) Feidm. 236,22 vgl. Stat. Silv. II 2,95.

5) Appian b. civ. I 42 wo nach dem Zusammenhang nur die Stadt Surren- tum gemeint sein kann, ist Mivosqvov zu verbessern in Mivi^oviov, vgl. oben S. 762 Minervia ChuUu.

6) Conway p. 53 Strab. V 247 2:vQQevr6v iwv Kaftnav£v. Etruskische Spuren fehlen, Steph. Byz. ^. nohs TvoQTjviae gehört in die Reihe der S. 682 A. 5 angeführten Zeugnisse.

7) CIL. X 1 p. 76.

8) Hör. Ep. I 17,52 Surrentum amoenum Sil. It. V 466 Zephyro Surren- tum molle talubri.

§ 4. Der Süden. 769

bis Punta tlella Campanella folgte ein Landhaus dem anderen. Die Ceberreste lassen oft genug die Pracht ahnen, die einst diese Küste bedeckte. Die Vorliebe der ersten Kaiser für Capri kam auch ihr zu Gute, eine kaiserliche Villa lag bei Sorrent.i) Unter den Privatvillen ist diejenige des Puteolaners Pollius Felix durch die Schilderungen seines Freundes Statins bekannt geworden: die Marina di Puolo zwischen dem Capo di Massa und der Punta di Sorrento bewahrt den Namen des Besitzers, die Ruinen erfüllen das Vorgebirge.^) Inzwischen hat die Landschaft ihr Kleid ge- wechselt: Hochwald schmückte, als Statins dichtete, die nackten Berge 3) ; der VVeinstock behauptete das Feld das er in der Neuzeit den Agrumen hat räumen müssen. Der Surrentiner erlangte erst mit 25 Jahren seine Reife und stand vornehmlich bei den Aerzten in Ehren. 4) Lange vorher hatte Ennius den hier gefangenen See- fisch empfohlen.^) In gewerblicher Hinsicht wurde das Thonge- schirr von Sorrent geschätzt. 6) Eine alte Strafse von der viele Spuren vorhanden sind, lief vom Vorgebirge der Minerva über Sorrent nach Stabiae.') Während die heutige 1832 gesprengte Strafse aus der Sorrentiner Ebene in einem grofsen Bogen um die Punta di Scutolo herumführt, stieg die alte den Pafs von Ca- maldoli steil hinauf zwischen dem kleinen M. S. Augelo (431 m) und Alberi (411 m). Dieser Höhenzug der weiter nördlich 215 m mifst und in dem erwähnten Vorgebirge endigt, scheidet das Piano di Sorrento von Aeqiiatia.^) Darunter ist das zweite gröfsere Thal- land der Halbinsel zu verstehen; es wird gegen Stabiae durch den hohen Rücken den der M. S. Angelo (S. 767) nach Norden zum Capo d'Orlando vorschickt (M. Faito 1280 m M. delle Fragole 452 m) scharf begrenzt. Der Name hat sich in dem Weiler Massa Equana

1) Sueton Aug. 65 CIL. X 691—713.

2) Stat. Silv. II 2 III 1 Beloch Camp. 269.

3) Stat. Silv. III 1,118.

4) Hör. Sat. II 4,55 Ovid. Met. XV 710 Slrab. V 243 Colum. III 2. 8 Plin. III 60 XIV 22. 34. 38. 64 Stat. Silv. III 5,102 Martial XIII 110 Athen. I 26d Galen XIV 15 K. u. 0. Marquardt Privatleben 11 435 A. 16.

5) Ennius p. 166,6 Vahlen.

6) Plin. XXXV 160 Martial XIII 110 XIV 102.

7) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 vgl. Mela II 69 Plin. III 62 Ptol. III 1,7.

8) Allein genannt Sil. It. V 465 felicia Baccho Aequana, und zwar in Verbindung mit Surrentum.

Nissen, Ital. Landeskaade. II. 49

770 Kapitel XU. Campanien.

lind der Marina di Equa erhalten. Der Haiiptort Vico auf einem Vorsprung am Meer, aller Bischofsitz, hat im 17. Jahrhundert den ßeinamen Equense angenommen. Auch hier sind Ruinen voo Villen vorhanden, doch in geringer Zahl. Aequana gehörte im Altertum zu Surrentum 1), so dafs dessen Gebiet nahezu 100 Dkm erreichte. Reichlich 3 Millien ist Capreae vom Festland entfernt.^) Die Insel mit 11 Millien Umfangt) und 10,5 Dkm Inhalt setzt das Ge- birge von Sorrent fort und wiederholt dessen Bau: der kleinere oestliche Theil (340 m) ist durch einen Sattel mit dem westlichen Haupttheil (M. Solaro 585 m) verbunden. Der Felsen fällt ringsum schroff ab: das Oberland Anacapri war bis 1874 für seinen Ver- kehr mit der Aufsenwelt auf eine Treppe von 784 Stufen ange- wiesen, nur die Nordseite bietet einen erträglichen Landeplatz (Marina grande).^) An Wasser mangelt es: das Unterland besitzt 4 Quellen, Anacapri nur Cisternen. Ziegeninsel war in der Thal die passendste Bezeichnung 5), die plurale Bildung des Namens in Campanien beliebt. 6) Immerhin hatte der Besitz für eine Seemacht grofsen Wert; die Hellenen haben ihn ergriffen und dauernd fest- gehalten , während das surrenlinische Gegengestade der Samniten Beute wurde.') Die Bewohner bewahrten griechische Sprache und Sitte noch in der Kaiserzeit.S) So ungastlich das Felseneiland wie der Horst eines Seeadlers aus den Wogen emporragt, birgt es des Lieblichen gar viel, bietet dem Winzer und Gärtner geeigneten Boden. Der Herrscher fand in seinem weiten Reich keinen schöneren passenderen Ort um von der Arbeit auszuruhen und lästiges Ge- dränge zu verbannen. Augustus erwarb Capri von Neapel 29 v. Chr., als er noch unumschränkt über Land und Leute verfügte, gegen

1) CIL. X 1 p. 83.

2) Tac. Ann. IV 67.

3) Plin. III 82.

4) Sueton Tib. 40. 60 Tac. Ann, IV 67.

5) Hesych. xon^a al'l Tv^Qiqvoi, da auch auf Sicilien ein oqoe KanqMvöv vorkommt Diod. XXXVI 4, ist anzunehmen dafs den Weslhellenen diese Be- deutung geläufig war.

6) Cnmae Baiae Pithecussae Pideoli Acerrae Pompeii Stabiae Aequana; vereinzeil Kanqia Sleph. Byz. Dio LH 43 LVIII 5 LXXII 4 Capruria It. mar. 516.

7) Verg. Aen. Vll 735 kleidet die Herrschaft Neapels in ein mythisches Gewand ein, Tac. Ann. IV 67.

8) Sueton Aug. 98 Kaibel 896—902. Der Dichter Blaesos stammle aus- Capri Steph. Byz.

§ 4. Der Süden. 771

Abtretung von Ischia zum Eigentum und richtete sich häuslich ein.i) Sein Nachfolger hielt hier die letzten zehn Jahre seiner Regierung Hof: das römische Volk hat ihm die darin ausgedrückte Verachtung nie verziehen und den ehrhchen Namen beschmutzt. Die Ungunst wurde auf die Insel mit übertragen: dem Aufenthalt des Tiberius, meint Dio, verdanke sie ihren Ruf, etwas Nützliches sei dort nicht. 2) Sie hat in der Folge nach Landesart (I 367) als Kerker gedient. 3) Allerdings konnte der Dichter des Golfs vom reichen Capreae sprechen.'*) Tiberius hatte an den schönsten Stellen zwölf Villen errichtet die noch nachweisbar sind und der gebührenden Aus- stattung sicherHch nicht entbehrten. s) Besondere Erwähnung ver- dienen die üeberreste eines Leuchtthurms dem Vorgebirge der Minerva gegenüber, der wol bereits von Augustus herrührt. «) Die Insel hatte wie heutigen Tages und den Verhältnissen entsprechend ursprünglich zwei Ortschaften, seit der Monarchie nur eine."^ Sie lag daran erinnert die alte Kirche S. Costanzo an der Marina beim Aufstieg nach Anacapri: Agoranomen leiteten die Verwaltung^), Fischerei war das wichtigste Gewerbe.^)

Das Gebirge östüch vom M. S. Angelo (S. 767) weist noch Gipfel von 12 1300 m auf, bis eine Thalseokung den Zusammen- hang unterbricht. Das Thal hat in seiner Wurzel oberhalb des Golfs von Salerno etwa 200 m Meereshöhe und vermittelt vom Golf einen bequemen Zugang nach Campanien. Es mündet nach 8 km in einen Kessel von 4 km Länge und 2 km Breite aus (63 m) den der von Norden kommende Sarnus durchfliefst. Die umfassenden Höhen erreichen im Süden 1130 m im Osten 482 m im Norden 283 m im Westen 197 m. Im Westen ist es nur ein schmaler "Rücken der den Verschlufs bewirkt und den Austritt des Sarnus in die grofse Ebene einengt. Das heutige Nocera de' Pagani nimmt die Flufsenge ein, das alte lag im Kessel. Die Taulkirche S. Maria

1) Strab. V 248 Dio LH 43 Sueton Aug. 72. 92. 98. Unter der insula ApragopoUs (Sueton 98) ist Sorrent zu verstehen.

2) Dio LH 43.

3) Dio LXXII 4.

4) Stat. Silv. III 1,128.

5) Tac. Ann. IV 67 Sueton Tib. 65 villa Jovis.

6) Sueton Tib. 74.

7) Strab. V 248.

8) Kaibel 896. 97.

9) Plin. XXX 45 Sueton Tib. 60.

49*

772 Kapitel XII. Campanien.

Maggiore sehr früher Gründung giebt einen Anhalt für die Oert- hchkeit; an den südUchen Abliängen besonders bei Pareli finden sich aufserdem Unterbauten, wie es scheint, von Villen sowie Gräber. Im Uebrigen bleibt Plan und Ausdehnung von Nuceria Alfatema noch durch Grabung zu bestimmen. Seine Bedeutung im Verkehrs- leben ist von Natur gegeben, insofern die von Norden nach Süden von Capua nach Regium laufende Via Popilia und die von Vi^esten nach Osten von Pompeji über Abellinum nach Benevent laufende Strafso sich hier kreuzen. Die Entfernungen von Nuceria betragen: nach Nola 16, Salernum 8, Pompeji 12, AbeUinum 22 MiUien.^) Wie ihre wiederholte Einnahme zeigt, ist die Stadt weder grofs noch fest gewesen. Sie hat den umwohnenden Berggemeinden als Markt und dem südHchen Campanien als politischer Mittelpunct gedient (S. 761). Ihre Silber- und Kupfermünzen tragen die oskische Auf- schrift Nuvkrinum Alafaternum.'^) Der Name Nuceria 3) begegnet mehrfach in Italien und scheint Neuburg zu bedeuten, der an zweiter Stelle stehende kehrt noch einmal bei einer vorschoUenen Gemeinde der Aequer wieder und enthält in seiner Vorderhälfte die verbreitete Wurzel alb, bedeutet mithin Hochländer. Die Cen- susliste des Augustus führt die Stadt unter Alfaterni auf.*) Dies ist eine Ausnahme: wie in den meisten anderen Fällen hat der Sprach- gebrauch den Stammnamen durch den Stadtnamen verdrängt. So bereits bei Philistos.^) Das Gebiet nach der Einverleibung Stabiae's (S. 766) wird von Beloch zu 220 Dkm angesetzt. Im zweiten Samniterkrieg ergriffen 316 die Alfaterner die Waffen gegen Rom, mufsten aber 308 nach Erstürmung ihrer Stadt sich dessen Bundes- genossen beigesellen.'') Das Bündnifs gewährte ihnen Münz- und Asylrecht.^) Sie haben fortan standhaft zu Rom gehahen, 216 Nuceria durch Hannibal zerstören sehen und die nächsten Jahre vertrieben in Atella gewohnt (S. 716).^) Papius Mutilus brannte

1) It. Ant. 109. 123 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32. 34 V 2 CIL. X 1 p, 704. 707.

2) Mommsen Münzwesen 165. 356.

3) Nouceria CIL. X 6950 Nucherini eb. 1429 CIL. IV 2183.

4) Plin. III 63.

5) fr. 41 Müller vgl. S. 682 A. 5.

6) Diod. XIX 65 Liv. IX 38. 41.

7) Cic. pro Balbo 28.

8) Liv. XXIII 15 XXVII 3 Sil. It. XII 424 Appian Kann. 49 Lib. 63 Val. Max. IX 6 ext. 2 Dio fr. 57,35.

§ 4. Der Süden. 773

89 die Vorstädte nieder um sie zur Tlieilnahme am Aufstand zu zwingen.') Wiederum litten sie schwer 73 im Sklavenkrieg.2) Nach- dem Nuceria mit Bürgerrecht ausgestattet und der menenischen Tribus eingefügt war, hatte der Verfall des Mittelstandes so um sich gegriffen 3) dafs dies Gemeinwesen passender Weise zur Einziehung ins Auge gefafst werden konnte.^) Die Triumvirn hatten es ihren Veteranen zugedacht. Aus den Jahren nach der Schlacht bei Phi- lippi rührt die colonia Nuceria Constantia her, die jedoch wir wissen nicht weshalb in der Liste der Colonien des Augustus fehlt.5) 57 n. Chr. wurde sie durch neue Ansiedler verstärkt. 6) Hinter Pompeji stand die städtische Entwicklung weit zurück'); der nachbarlichen Eifersucht zwischen beiden Orten ist oben (S. 766) gedacht worden. Das Erdbeben von 63 hat beide heim- gesucht^); desgleichen hat der Vesuv seinen Aschenregen auch über Nuceria niedergehen lassen. Im Gothenkrieg wird die Stadt noch erwähnt. 9) üebrigeus waren die Vitellier denen der Kaiser von 69 angehört, hier zu Hause.io)

1) Appian b. civ. 142 Flor. 116,11.

2) f lor. II 8,5.

3) Diod. XXXVI 2, 2 a.

4) Cic. de leg. agr. II 86. 96 Appian b. civ. IV 3.

5) Feldm. 235 lt. Ant. 123 Geogr. Rav. IV 34 Ptol. III 1,60 CIL. X 1 p. 124.

6) Tac. Ann. XIII 31.

7) Strab. V 247. 49. 51.

8) Seneca Nat. Quaest. VI 1,2.

9) Piokop b. Goth. IV 35. 10) Sueton Vit. 1. 2.

KAPITEL XIII.

Samnium.

Am 1. November 82 v. Chr. rückten die Samniten vor das Collinische Thor um Rom vom Erdboden zu vertilgen. Ihr Anführer Pontius Telesinus rief aus: „die Wolfe die Italiens Freiheit raubten, würden immer wiederkehren, so lange der Wald in dem sie ihre Zuflucht fänden, von der Axt verschont bliebe.')" Das Glück der Schlachten war Sulla hold; der Sieger ruhte und rastete nicht bis alle namhaften Männer jenes Volkes getödtet oder aus dem Lande gejagt waren: nach seiner Ueberzeugung könnte kein Römer je in Frieden leben wenn samnitische Gemeinden fortbestehen blieben. 2) Die letzte Entscheidung in dem dreihundertjährigen Ringen zwischen Stadt und Land Küste und Gebirg Einheit und Freiheit war ge- fallen; sechs lange Kriege hatten die Vorkämpfer der Unabhängig- keit allein, mit anderen Stämmen gemeinschaftlich, im Runde mit Fremden und immer voll unversöhnlichen Hasses gegen Rom aus- gefochten, bevor sie von der geschichtlichen Rühne verschwanden. Ihre Freiheitsliebe hat dem Gegner Achtung abgenötigt 3), ihre Kämpfe werden von den Annalisten in breiter Ausführlichkeit er- zählt. Aber wir sind aufser Stande dem Gang der Feldzüge zu folgen oder die Mehrzahl der dabei erwähnten Ortsnamen topo- graphisch zu bestimmen. Daran ist die Rhetorik der Geschicht- schreiber und die Unkenntnifs im eigenen Lande Schuld, freilich nicht allein : nach einem Ausspruch des Florus hatte der Sieger keinen Stein auf dem anderen gelassen, so dafs man in Samnium nach Samnium suchen mufsle und nicht begriff woher es den Stoff zu 24 Trium-

1) Vdl. II 27,2

2) Strab. V 249.

3) Liv. X 31 nee suis nee externis viribus tarn stare poterant tarnen hello Tion abslinebant : adeo ne infelieiler quidetn defensae libertatis taedebat, et vinci quam non temptare vietoriam malebant vgl. VII 29 Strab. V 250.

Samnium. 775

pheü geliefert habe,^) Sulla hatte ein siebentägiges Fest der Vic- toria zum Andenken der Schlacht am Collinischen Thor und des Untergangs der Samniten eingesetzt; das Fest wurde auch unter den Caesaren gefeiert, ist jedoch im 4. Jahrhundert verschollen. Es sieht wie eine Nachwirkung der alten Todfeindschaft aus, wenn Augustus in seiner Regionentheilung Samnium auf 8 Gemeinden beschränkt (I 531). Die Aechtung des Namens ist erst aufgehoben worden , als der sullanische Sieg mit anderen Erinnerungen der Republik verblafsle und Italien dem übrigen Reich gleichgestellt wurde. Im 4. Jahrhundert diente er zur Bezeichnung einer Pro- vinz deren Umfang geschwankt hat. 2) Sie war anTänghch in der Verwaltung mit Campanien verbunden, erhielt aber später einen besonderen Statthalter (rector).^) Nach einer Angabe befafsten ihre Grenzen 3 von den 8 Landschaften welche die vierte augustische Region enthielt, nämUch das Land der Paeligner Frentaner und Samniten.^) Noch weiter erstreckten sie sich unter den Lango- barden, da die 14. Provinz Samnium im Norden bis an den Aternus reichte, im Süden als ihre Hauptstadt Benevent aus der zweiten Region des Augustus umschlofs.^) Aber mit der Eintheilung ist auch der Name untergegangen ; die Provinz Molise oder wie sie neuerdings heifst, Campobasso (4381 Dkm) deckt sich nur ganz an- nähernd mit dem Samnium des ersten Kaisers. Der Abstand gegen- über der Vergangenheit ist grofs. Um 350 v. Chr. in der Küsten- beschreibung des Skylax wo der Name zum ersten Male in der Ueberlieferung auftaucht, sitzen die Samniten vom Ufer der tyrrhe- nischen See zwischen Neapel und Posidonia über die ganze Breite der Halbinsel bis zur Adria, an der sie zwischen Apulien und An- cona den Raum von zwei Tages- und einer Nachtfahrt einnehmen. 6) FreiUch macht eine nachträglich eingefügte Notiz darauf aufmerk- sam dafs dies weite Gebiet in 5 verschiedene Mundarten zerfallen sei. Von den einzelnen Cantonen wie Frentaner Larinaten Cara- cenei- Pentrer Hirpiner AbeUinaten Caudiner Alfalerner die es um-

1) Flor. I 11,8.

2) Aelteste Erwähnuna: vila Tetric. sen. 5, sodann 364 Cod. Theod. IX 30,1 Not. Dign. Occ. 10. 436 Nov. Valent. 35,1. 4 (452) Cassiodor Var. III 13 IV 10 V 26. 27 XI 36.

3) CIL. IX p. 203.

4) Feldm. 259.

5) Paul. h. Lang. II 20 und dessen Quelle.

6) Skylax 11. 15, der I 523 A. 3 geäufserte Zweifel ist nicht berechtigt.

776 Kapitel XIII. Samnium.

fafste, ist uns vielleicht nur die Minderzahl namentlich bekannt. In Belren" der Verfassung die die Stämme zu einem Bunde ver- einigte, versagt die Ueberlieferung völlig. Mufsten wir es ablehnen das italische Hochland im engen Anschlufs an die Ordnungen des Augustus zu beschreiben (S. 433), so fehlt leider ein Gewährsmann der uns durch die politischen Bildungen der alten Zeit die Wege weisen konnte. Es ist früher dargelegt worden (1 529) wie dies tapfere Bauernvolk auf Kosten seiner Nachbarn um sich griff und sodann schrittweise durch die römischen Festungen zurückgedrängt wurde. Der ganze Hergang die ziclbewufste Politik Roms wird nicht durch die Ueberlieferung erklärt, wol aber durch den Bau des Landes.

Nach der heutigen Eintheilung sind die Provinzen Molise (Cam- I)obasso) Benevento und Principato ulteriore (Avellino) mit Stücken von Abruzzo citeriore (Chieti) Abruzzo ulteriore II (Aquila) Terra di Lavoro (Caserta) Principato citeriore (Salerno) Basilicata (Potenza) d. h. im Osten beginnend die Kreise Lanciano, Vasto, Larino, Cam- pobasso, Jsernia, Solmona, Avezzano, Piedimonte d'Alife, Caserta, Benevento, Cerreto Sannita, S. Bartolommeo in Galdo, Avellino, Ariano, Sant' Angelo de' Lombardi, Salerno, Melfi, im Ganzen ein Gebiet von rund 280 d. D M. 15300 nl<m zu einem Hauptabschnitt vereinigt. Die Anordnung wird durch physische sowol als histo- rische Rücksichten begründet. Das tiefe Thal des Sangro macht einen deutlichen Einschnitt im Aufbau des Appennin (I 240) und begrenzt zugleich die Herrschaft der oskischen Sprache gegenüber den Mundarten der Mittelstämme. Im Süden sodann wird durch den Querzug der mit Capri und den Bergen von Sorrent beginnend die Breite der Halbinsel durchzieht, die veränderte Axenstellung des Appennin eingeleitet (I 240. 42). Eine Sprachgrenze läuft hier nicht, aber eine politische von nachhaltiger Bedeutung. Endlich stellen im Westen und Osten die grofsen Ebenen Campaniens und Apuliens natürliche Gegensätze zu dem umschriebenen Hochland dar. Letz- teres wurde I 241 als ein Gewirre von Hügeln und Bergen, deren Vertheilung auf kein deutliches Princip zurückgeführt werden könne, bezeichnet. Immerhin verdient Beachtung dafs der Ueber- gang von der Axenstellung des Nord- und Centralappennins zu der dem Süden eigentümlichen bereits hier beginnt. Dort steht die Ent- fernung vom tyrrbenischen Meer im Verhältnifs von 1:3, in Sam- nium dagegen im Verhältnifs 5 : 2. Der Oslrand des sabellischen

Samniuni. 777

Gebirgsvierecks mit den höchsten Erhebungen des Appennin weist in seinen Forlsetzungen jenseit des Sangro im M. Capraro noch einen stattlichen Gipfel von 1721 m auf; dann aber nimmt die Höhe stark ab. Das Hauptgebirge von Samniura schliefst vielmehr an den Westrand der Abruzzen an. Vom Fuciner Becken läuft nach Südost zwischen dem oberen Liris und Sangro eine Kette mit Gipfeln von 1800 m und darüber aus, die dann nach Süden ge- wandt ihre höchste Erhebung im M. Petroso 2247 m und La Meta 2241 m erreicht. La Meta bildet den Knotenpunct der Gebirgs- masse die das Stromgebiet des Liris von dem des Volturnus scheidet. Das 5 km breite Thal des Volturnus unterbricht ihren Zusammen- hang. Hierauf folgt die Montagna del Matese mit dem M. iMiletto 2050 m, ein Stock von etwa 50 km Länge und 25 km Breite der einer Festung gleich im Herzen des Landes aufsteigt. .Als Gräben umfassen den Matese im Westen und Südwesten der Volturnus, im Süden der Calor, im Osten der Tamarus; nur im Nordosten und Norden im Quellgebiet von Tifernus und Vandra ist er mit den nach der Adria gerichteten Zügen verbunden. Die Hohe nimmt nach Süden dem Calor zu bis wenig über 200 m ab. Jenseit dieses Flufses wächst sie sofort ansehnlich, da M. Camposanto 1394 m und M. Taburno oberhalb Caudium 1393 m aufweist, wächst dann weiter südwärts bis zum lucaniscben Grenzgebirge, jenem Querzug dessen 17 1800 m messende Gipfel früher (I 242) aufgezähll wurden. Ihre Bäche fliefsen nach .Norden und vereinigen sich in jener oben angedeuteten Spalte die den Stock des Matese von dem des Taburno trennt und vom Calor durchströmt wird. Wie der samnitische Fhifs so darf man den Volturnus benennen aus einem wasserreicheren nordlichen .Arm und einem minder mächtigen aber fast gleich langen südbchen Arm entsteht (I 331), so zerfällt nach dem Gesagten das Binnenland in eine rauhere Nordhälfte die den Namen Samnium am längsten bewahrt hat, und eine gemäfsigtere Südhälfte den ager Hirpinus. Der Südhälfte schliefsen wir die Mark von Venusia an, die eine Sonderstellung behauptet und den Uebergang nach Apulien vermittelt. Zu diesen drei Theilen kommt das adriatische und soweit es sich dem gegebenen Rahmen einfügt, das lyrrheuische Litoral hinzu. "Demnach ist die Beschreibung fünf- fach gegliedert; sie beginnt im Osten. i)

1) Quellen: Slrab. V 242. 49—51 Plin. III 63. 64. 70. 103. 105—7 Ptol.

778 Kapitel XIII. Samnium.

§ 1, Die Frentaner, Die natürliche Grenze zwischen Apuhen und dem adriatischen Küstenland stellt der Unterlauf des 98 km langen Fertur Fortore dari): von seiner Mündung zieht sich der 22 km lange Strandsee von Lesina nach dem Garganus hin; sein rechter Uferrand bildet die Wasserscheide gegen den im rechten Winkel zu den adriatischen Flüssen nach Südost gerichteten Candelaro (I 242). Augustus hatte die zweite Region bis zum nächsten Flufs der dem Fortore an Gröfse wenig nachsteht (I 339- 343), dem Tifernm Biferuo vorge- rückt 2); auch hat der zwischen beiden Flüssen wohnende Canton der Larinaten eine selbständige Haltung eingenommen (1 527). Immerhin ist an seiner Stammesangehürigkeit kein Zweifel möglich. Im INorden bezeichnet der Sagrus Sangro im Allgemeinen sowol eine Natur- als eine Sprachgrenze. 3) Genauer ist sie durch das FlUfschen Foro gegeben, wo bei den Marrucinern die Herrschaft des lateinischen Alphabets beginnt (S. 443). Während die Aus- dehnung der Frentaner an der Küste durch feste Puncte bestimm- bar ist, läfst sie sich landeinwärts nur durch eine verschlungene Linie umschreiben. Den Marrucinern gegenüber gehört ihnen das Strom- gebiet des Sangro. Gegen die Paehgner hat die hohe Maiella eine Scheidewand aufgerichtet. Sodann zeigen Flufsengen des Sangro Trigno Biferno Fortore den Uebergang vom Ober- zum unterlauf und damit von Samnium zum Küstenland an. Die heutigen Kreise Lanciano Vasto Larino mit 3544 Dkm drücken den Umfang des Stammes aus. Seinen Wohnsitzen wie seiner Geschichte nach ist er als Bindeglied zwischen den Samniten und den Mittelslämmeu zu betrachten. Die Sprache ist ihm mit jenen gemeinsam (1 527) ; Wein und Oel die auf den subappenninischen Hügeln wachsen, finden den Flufsthälern fokend ihren gewiesenen Absatz im Ober-

HI 1,7. 15. 56-59. 62. 64 Conway (S. 685 A. 1) I p. 169—217. CIL. IX X (Mommsen) Eph. ep. VIII p. 18-26. 82—85 (Ihm). Kaibel Inscr. Gr. p. 184-86. Coreia Storia delle Due Sicilie I, Napoli 1S43. Von der Generalstabs- karte 1:100000 sind zu verwerten Bl. 146—48. 152—55. 160—63. 172—75. 185-88.

1) Plin. III 103 /lumen portuosuin Ferlur [cod. Par.] Fer [cod. Leid.] Frentu [vulg.], sonst nirgends erwähnt.

2) Meia II 65 Plin. III 103. 106, während Strab. V 242 Ptol. lU 1,15 Apulien mit Teanum und dem Garganus beginnen lassen.

3) Strab. V 242; Plol. III 1,16 irrig ^ä^os: beide fassen ihn irrig als Grenz- fluTs zwischen Frentanern und Paelignern.

§ 1. Die Frentaner. 779

land das beider Erzeugnisse entbehrt. Anderseits werden die Hügel von den Triftvvegen durchzogen, auf denen die Heerden vom Hoch- appennin nach Apulien wandern (S. 434). Die wirtschaftliche Ab- hängigkeit des Gebirgs von der Ebene und umgekehrt der Ebene vom Gebirg ist stark genug gewesen, um auch das trennende Durch- gangsland zu verketten. Man begreift dafs seine Haltung in den grofsen Kriegen geschwankt hat. Nach dem caudinischen Frieden steht es auf samnitischer Seite. Consul Aulius schlägt 319 die Frentaner aufs Haupt und zwingt die Stadt in die das geschlagene Heer sich geflüchtet halte, Geiseln zu stellen. Ausdrückhch be- nannt wird die Stadt nicht, kann aber nach dem ganzen Zusammen- hang nur gleichnamig mit dem Volk gewesen sein.i) Aus einer nach 268 geprägten ziemlich liäufigen Rupfermünze mit der oski- schen Aufschrift Frentrei im Locativ (S. 76) ersehen wir dafs die Stadt Frentrum geheifsen hat.^) Darunter ist Anxanum das den Beinamen noch in der Kaiserzeit geführt hat, zu verstehen. 3) Der sattsam bekannte Hergang dafs der Stamm- im Lauf der Zeiten durch den Sladtnamen verdrängt wird, spielt sich in diesem Falle ab. Wie das heutige Lanciano (283 m) stellt auch das mittelalter- liche und antike den Markt- und Sammelplatz eines weiten Bezirks dar. Der nördlich vom Aternus aus dem Vestinerland kommende Triftweg läuft unmittelbar an der Mauer vorbei, in nur 5 km Ab- stand der von der Flufsenge des Aternus durch das Marrucinische fuhrende Triftweg den die Römer auf dem Marsch nach Apulien einhalten mufsten. Er wird wie den Gegenstand so auch den Schau- platz des Kampfes von 319 abgegeben haben. Hatten sie bislang nur den Durchzug gestattet, so schlössen die Frentaner 304 ein Freundschaftsbündnifs mit Rom^), schickten ihre Truppen gegen Pyrrhos^) sowol als Hannibal^) und erhoben erst 91 mit den Bundesgenossen die Waffen für die gemeinsame Freiheit.") Sie er-

1) Liv. IX 16 urbem.

2) Mommsen, Unlerit. Dial. 309 Conway 196. Steph. Byz. <pQevravov noXts ^IxaXiae angeblich aus Strab. V 241. 42. Die Dissimilation ist im Latei- nischen nicht unbedingt durchgedrungen: Frentra villa Mela II 65, Frentranus CIL VI 200 col. 5,56.

3) Pliu. III 106 CIL. IX 3314.

4) Liv. IX 45 vgl. Diod. XX 101.

5) Plut. Pyrrh. 16,10 Dion. H. XX 1 Flor. I 13,7.

6) Pol. 1124,12 Sil. It. XV 567 vgl. VIII 519 Liv. XXII 61.

7) Appian b. civ. I 39. 52 Cic. pro Gluent. 21.

780 Kapitel XIII. Samnium.

langten Bürgerrecht in der Tribus Arnensis, während Larinum der Clustumina zugetheill wurde. •) Die Abtrennung des Südens von der Landesgemeinde reicht in die Zeit der Unabhängigkeit zurück: er hat mit der Aufschrift Larinom in griechischem, später Larinei Lari- nor[um] in lateinischem Alphabet Kupfermünzen geschlagen. 2) Dem- gemäfs unterscheiden die Schriftsteller zwischen larinatischem und frentanischem Gebiet.^) Die Einheit des letzteren wurde von den Römern in Stadtbezirke aufgelöst.

Die S. 409 fg. von Picenum gegebene Schilderung trifft auch auf diese Landschaft zu, nur dafs in Folge der Nähe des Hochge- birgs die Erhebung im Norden gröfser ist und nach Süden hin ab- nimmt. Die spätestens im 2. Jahrhundert v. Chr. vermessene Küsten- strafse*) stellt die Hauptverkehrsader dar. Die Reisebücher ver- zeichnen die Stationen; doch fehlen Meilensteine um ihre Angaben im Einzelnen nachzuprüfen. Die Karte rechnet 16, das Reisebuch gar 21 Millien (die Eisenbahn 20 km) von Ostia Aterni (S. 439) bis Hortona das seinen alten Namen Ortona bewahrt hat. Es nimmt ein Vorgebirge (68 m) mit einer kleinen Marina zu Fufsen ein, war vermutlich Municipium und heifst Hafen der Frentaner.^) Letz- teres mit Bezug auf die 11 Millien landeinwärts gelegene Hauptstadt Anxanum Lanciano.^) Dafs dies das oskische Frentrum sei, ward oben bemerkt: die Bewohner heifsen in der Kaiserzeit inxam oder Anxates Frentani.'') Sie hatten die Verfassung eines Municipium und bewohnten ein ausgedehntes Territorium dem der Umfang der Stadt entsprach. Die römische Stadt beschränkte sich nicht auf die drei Hügel der heutigen (283 m), sondern hatte auch den jenseit des Triftwegs sich erhebenden Hügel von Sa. Giusta (261 m) in ihren Bereich gezogen. Ueberreste einer Wasserleitung, eines Theaters (Palast des Erzbischofs) und besonders die zwei Hügel

1) Kubitschek, imp. rom. tributim discr. p. 41. 49.

2) Conway 195.

3) Liv. XXVII 43 Caes. b. civ. I 23 Sil. It. XV 565 Cic. pro Cluent. 197. 98.

4) Poiybios bei Strab. VI 285.

5) Strab. V 242 Plin. III 106 (dieser allein hat die Aspiration) Ptol. III 1,16 It. Ant. 313 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 VI Marceil. Comes a. 538 (chron. min. II p. 105) CIL. IX p. 281. 677,

6) It. Ant. 313 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 Vi Plin. III 106 Ptol. III 1,56 CIL. IX p. 278.

7) Erstere Form Plin. III 106, letztere CIL. IX 3314. Die späte Form An- xianus eb. 2998 leitet den Uebergang zur heutigen ein.

§ 1. Die Frentaner. 781

verbindende Backsteinbrücke auf der die Kathedrale S. Maria del Ponte erbaut ist, bekunden ihren ehemaligen Glanz. Der gerade Abstand vom Meer beträgt 8 Milben, etwas weniger vom Sangro; Reste der alten Brücke sind vorhanden. Der Sangro empfängt 20 km von der Mündung seinen bedeutendsten Zuflufs den 40 km langen Aventino. Dieser entspringt am M. Secine (1883 m) dem höchsten Gipfel einer Bergmasse die im Westen die Stromgebiete von Gizio (Aterno) und Sangro scheidet, dann niedriger werdend sich bis zum Zusammenflufs von Aventino und Sangro fortsetzt. In dem Hochland zwischen Monlenerodomo (1192 m) und Fallas- coso (920 m) lag bei S. Maria del Palazzo (981 m) das Municipium der Juvanenses: die Censusliste bei Plinius hat den Namen entweder ausgelassen oder verschrieben in Lanuenses die sonst nirgends vor- kommen.') Die verhältnifsmäfsig zahlreichen Inschriften erläutern wie zur Kaiserzeit die Formen des städtischen Regiments sich in diesen Bergen eingebürgert hatten. Der IName Aventino sieht alt aus und erinnert an Rom. 8 km vor seinem Einflufs in den San- gro nimmt er links die Bäche Lajo und Avello auf zwischen denen eine Hochfläche Piano della Roma hinzieht. Hier hatte entweder der pagus Urbanus oder ein Municipium seinen Sitz.2) Der San- gro begrenzt den 954 Dkm haltenden Kreis Lanciano.

Es folgt der Kreis Vasto mit 1113 Dkm bis zum Trinius Tri- gno.3) Dieser 85 km lange Strom (1 343) entspringt an dem Berg- zug der den Mittellauf des Sangro einfafst und im M. Capraro 1721 m erreicht, beschreibt alsdann nach Südost einen Bogen um das Hochland des alten Bovianum und wendet sich nordöstlich dem Meere zu: jenseit Terventum mufs er noch zwei Engen überwinden bevor die Bahn frei wird. Die Ortschaften dieses Bezirks sind nur zum Theil dem Namen nach bekannt. Die Reisekarte verzeich- net Süd vom Sangro 7 Millien von Anxanum die Station Pallanum die ungefähr dem heutigen Paglieta (234 m) am Triftweg entspricht. 4) Von hier werden 12 Millien bis Histonium Vasto gezählt.^) Die

1) Plin. III 106 Feldm. 260,12 CIL. IX p. 274.

2) CIL. IX p. 277 Not. d. Scavi 1895 p. 95.

3) Allein erwähnt Plin. III 106 der ihm einen Hafen beilegt, was nicht mehr zutrifft.

4) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 Vi.

5) So Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 VI; irrig It. Ant. 314 von Anxanum 25 Millien.

782 Kapitel XIII. Samnium.

Stadt ragt 144 m hoch am Meer, von Olivenhainen umgeben; aber ein Hafen lehlt. Solchen bot im Altertum das 7 km nach ^ord gelegene Vorgebirge (24 m) Punta della Penna, wo oskische und römische Ueberrestc gefunden wurden. Obwol nur von den Geo- graphen erwähnt, hat Histonium nach dem Zeugnifs seiner Denk- mäler, insonderheit seiner vielen Inschrilten ein blühendes Gemein- wesen dargestellt. 1) Unter den Denkmälern befindet sich der grofse Doppelsarkophag des Paquius Scaeva Proconsul von Cypern , die Ehreninschrill für Valerius Pudens der mit 13 Jahren als lateinischer Dichter beim Capitohnischen Agon 106 n. Chr. gekrönt wurde, be- fand sich ein Capitolium d. h. Tempel des Juppiter, ein Macellum u. a. Histonium heifst Municipium mit Quattuorvirn und Aedilen an der Spitze. Aus der Epoche der Unabhängigkeit werden Cen- soren erwähnt.^) Freilich ist kaum glaubhch dafs der ganze Kreis dem Rahmen eines einzigen Municipium eingefügt gewesen sei. Am rechten Ufer des Sangro zwischen Bomba (424 m) und Alessa (475 m) liegt der M. Pallano (1020 m) mit einer aus gewal- tigen Blöcken ohne Mörtel errichteten Ringmauer. Sowol oskische als lateinische Inschrilten sind in der Gegend gefunden worden. Der Nalurgrenze wegen die der Flufs bildet, ist es nicht möghch die Landschaft um Atessa dem Municipium Juvanum am jenseitigen Ufer zuzutheilen.3) Vielmehr scheint der in der Inschrift vereias Lovkanateeis = iuventulis Lucanatis vorkommende Name Lucania hier fortgelebt zu haben. *) Es wäre sogar denkbar dafs Lamienses der Censusliste in Lucanenses zu ändern sei.'') Leider sind wir aufs Raten angewiesen, fehlt doch jeder Anhalt wo die unter den fren- tanischen Gemeinden stehenden Carelini Supernates et Infernales zu suchen sind. 6)

Der Kreis Larino zwischen Trigno und Fortore umfafst 1477 Dkm.'') In dem Abschnitt zwischen Trigno und Biferno ist

1) xMela II 65 Plin. 111 106 Ptol. III 1,15 Feldm. 260 CIL. IX p. 265 Eph. ep, VIII p. 25.

2) Conway 189 fg.

3) CIL. IX 2972 fg.

4) Mommsen, Unterit. Dial. 169 Conway 193.

5) Plin. III 106.

6) Vielleicht ist Carecini zu schreiben vgl, S. 790.

7) Nach dem Fundort des Schiedspruchs CIL. IX 2827 hat Histonium Be- sitzungen jenseit des Tifernus gehabt: natürlich aufserhalb der geschlossenen Feldmark.

§ 1. Die Frentaner. 783

keiner Ortschaft mit Sicherheit SelbgtverwaUung beizulegen. Das Reise- buch setzt Uscosium 15 Millien von Histonium l4Millien von Larinum an: was auf den Fufs von iM. Antico (178 m) an) Triflweg bei S. Giacomo degU Schiavoni führt. i) Ferner kommt der Hafen Buca hinzu der dem apuhschen Teanum benachbart war und nach 200 Stadien = 25 Millien Fahrt vom Lago di Lesina aus erreicht wurde.2) Daraus folgt dafs Buca die Stelle des heutigen Termoli einnahm. Das Vorgebirge (34 m) von Termoli trat im Altertum schärfer aus der Küstenlinie hervor, weil der nur 4 km entfernte Biferno (desgleichen weiterhin der Forlore) seine Mündung merkbar vorgeschoben hat. Es leuchtet ohne weiteres ein dafs der Schutz des Vorgebirges an dieser hafenlosen Küste im Mittelalter wie in früherer Zeil den Seefahrern von doppeltem Wert war. Aufserdem läuft am Biferno eine von Samnium und Campanien kommende die Adria mit dem Golf von Neapel verbindende Strafse aus. Trotz alledem beruht das Stadtrecht von Buca auf dem blofsen Zeugnifs der Geo- graphen.3) 16 Milben landeinwärts thront Larinum auf dem rechten Ufer des Tifernus 6 km von diesem entfernt. Es nimmt die Höhe eines Bergrückens (475 m) M. Arone ein, der nach dem Tifernus hin bis 294 m einsinkt, nach allen anderen Seiten an 200 m abfällt. Im Süden und Osten wird er vom Cigno, dessen Bette 200 m ü. M. zeigt, dem längsten der in den Tifernus ein- mündenden Bäche umflossen. Gen Westen wird er durch einen Einschnitt (etwa 250 m) vom heutigen Larino (300 m) gelrennt das nach Zerstörung des alten in 1 km Abstand, wie man meint seit dem 9. Jahrhundert entstanden ist. Endhch nach Norden erstrecken sich die Piani di Larino in sanfter Neigung von 260 m bis 25 m am Zusammenflufs von Cigno und Biferno der 10 km abliegt. Der- gestalt überragt die Stadt das weite Hügelland zwischen Tifernus und Fertur bis zum Meer, findet in dieser Richtung auch jenseit der Flüsse nirgends ihres Gleichen. Der festen ausgezeichneten Lage entspricht der Umfang der Mauer: er mifst rund 4 km. In der That war hier ein ßrennpunct des Verkehrs gegeben. Die drei von der Ostseite der Abruzzen kommenden Triftwege führen

1) lt. Ant. 314 ^renio für Larino; Tab. Peut. (Geogr. Rav. IV 31 Vi) giebt die Entfernung Histonium Larinum mit 23 Millien zu niedrig an.

2) Strab. V 242 VI 285 womit Ptol. III 1,15 gut stimmt. Mela 11 65 und durch ihn verführt Plin. III 106 rücken sinnlos Buca nördlich von Histonium.

3) CIL. IX p. 263.

784 Kapitel XIII. Samnium.

in 3 9 km Entfenuing unter d^n iMauern vorbei,') Die von den Paelignerii und Marsern aus durch Samnium 'laufenden Triflwege sind rückwärts 15 bezw. 30 km entfernt. Die frentanische Heer- slrafse bringt Larinum einerseits mit Histonium (S. 782) anderseits mildem apulischen Teanum in Verbindung: dorthin sind es 18 Mil- lien.2) Eine andere Strafse geht nach Bovianum in Samnium, setzt sich sei es nach Aesernia und dem Volturnus sei es nach ßeneven- tum fort, erreicht damit Campanien und die tyrrhenische See.3) Die Landschaft zwischen Tifernus und Ferlur vermittelt den Ueher- gang nach Apulien; in der Pflanzenwelt zeigen ihn die bei Ter- moU zuerst auftretenden Cacteen an (I 427). Seitdem Larinum der zweiten Region einverleibt war, gilt es vielfach als apulisch.^) Aber in dem Gemeindeverzeichnifs heifst es ausdrücklich Larinates cognomine Frentani^); im 4. Jahrhundert werden sie zu Samnium geschlagen. ö) ihrer frühen Absonderung von den nördlichen Fren- lanern ward oben (S. 780) gedacht. In der Kriegsgeschichte kommt dies Gebiet als Schauplatz und die Stadt als StUtzpunct häufig vor: 217 207 168 89 49 v. Chr., was nach dem Gesagten nicht zu ver- wundern ist.') Sodann entwirft Cicero in seiner für den Larina- ten Aulus Cluentius 66 gehaltenen Vertheidigungsrede ein grauen- haltes Bild von der Ruchlosigkeit des dortigen Adels. Inzwischen war Larinum römisches Municipium geworden dessen Ruhm In- schriften künden 8), mehr noch der Grundrifs von Amphitheater und anderen Gebäuden. Der einheimische Stammgott war Mars; er ver- fügte über eine zahlreiche Dienerschaft.'^) Aufser der Hauptstadt läfst sich in diesem Landstrich keine Ortschaft mit Bestimmtheit nachweisen. Nach dem Meer zu hat Claternia oder Clitemia ge- legen: ob dies einen Vicus oder ein Municipium bedeutet, wissen wir nicht. 10 j Von besonderer Wichtigkeit wäre die Ermittelung von

1) Cic. pro Cluent. 161.

2) Cic. pro Cluent. 27 Tab. Peut.

3) Cic. ad Att. VII 12,2 13,7 Tab. Peut.

4) Mela II 65 Plin. III 103 Steph. Byz. y/ä^iva.

5) Plin. III 105 Ptol. III 1,56.

6) Feidm. 260.

7) Pol. III 101,3 Liv. XXII 18. 24 XXVII 40. 43 XLV 2 Appian b. civ. I 52 <:ic. ad Att. VII 12,2 13,7 Caes. b. civ. I 23.

8) CIL. IX p. 69.

9) Cic. pro Cluent. 43.

10) Mela II 65 hat die erste, Plin. III 103 die zweite Form.

§ 2. Die Nordsamniten. 785

Gerunium oder Gereonium, das Haonibal 217 eroberte und unter den grüfsten Schwierigkeiten den nachfolgenden Winter behauptete.') Die örtliche Forschung sucht es an der samnitischen Strafse 8 km oberhalb Larino an einem Berg Gerione (611 m) und erklärt das 4 km weiter entfernte Casacalenda (626 m) für die arx Calena die der Reiterführer Minucius besetzte/^) Allein der trügerische An- klang der Namen hat zu Annahmen verleitet die in jeder Hinsicht unsinnig sind. Zur Winterzeit spendet das Gebirge keine Nahrung : um nicht zu verhungern , um sich frei zu bewegen mufste das karthagische Reiterheer in der Ebene hausen. Uebereinslimmend verlegen die Gewährsmänner Gerunium nach Apulien, das römische Slandlager ins Larinatische. Appian läfst die feindlichen Heere bei einem Abstand von 10 Stadien durch einen Flufs gelrennt sein: der Name ist verschrieben, aber gemeint ist der Fortore.3) Da ferner von Gerunium nach Luceria 25 Millien sind, bat schon Cluver mit sicherem Blick den gesuchten Ort in Castel Dragonara (118 m) er- kannt.^) Die Gegend entspricht allen Anforderungen der Erzählung. Hügel mäfsiger Erhebung (1 200 m ü. M.) umrahmen den Fluls, ein samnitischer und ein frentanischer Triftweg überschreiten ihn im Angesicht von Dragonara, thalabwärts in greifbarer Nähe die übrigen. Wo nun am rechten Ufer Gerunium und am linken Arx Calena stand, genau zu bestimmen sowie den Feldzug im Einzelnen zu erörtern ist nur im Gelände selbst möglich. Es stimmt zu dem getroffenen Ansatz, wenn die Reisekarte auf der zwischen Larinum und Teanum nach Samnium abgehenden Strafse als erste Station Geronum mit 8 Millien nennt: die folgenden Stationen sowie der Lauf der Strafsen sind nicht bekannt. Die Entfernung von Lari- num nach Gerunium beträgt 14 Millien.

§ 2. Die Nordsamniten. Die Wasserscheide zwischen dem adriatischen und tyrrhenischen Meer beschreibt im Hochland von Samnium eine höchst verwickelte Linie (1 241). Die Quelle des Sangro liegt bei 41 o 52' N. Br. lO

1) Pol. 111 100. 101. 102. 107 V 108,9 re^ovviov ebenso Steph. Byz. mit der Nebenform Fe^wia; Appian Hann. 15. 16 rsQcovia; Liv. XXll 18. 23. 24. 32. 39. 44 Gereonium, Tab, Peut. Geronum.

2) Pol. III 101,3.

3) Appian Hann. 16 äipsilov ofilov, verfehlt Schweighäuser AvfiSov, eher zu schreiben <PeQroga.

4) Pol. III 100,3 Cluver It. ant. 1213.

Nissen, Ital. Landeskunde. 11. 50

786 Kapitel XIII. Samnium.

17' 0. von Rom; M. di Mezzo (1286 m) wo die Vandra (ein Quellflufs des Volturno I 332), und M. Pizzi (1372 m) wo der Trigno ent- springt, sind nur 6' nach Süden aber 30' weiter nach Ost gerückt. Die Nordseite des Matese entsendet von Boviaoum aus unter 41 o 29' N. Br. 2" 1' 0. L. den Biferno zur Adria, unter 41» 27' N. Br. 2^ 7' 0. L. den Tammaro in den Calore und das tyrrhenische Meer. Der Fortore tritt unter 41 » 19' N. Br. 35' 0. L. zu Tage, die L'tila (ein Nebenflufs des Calore) unter 41 o 1' N. Br. 2^ 49' 0. L. Die Daten erläutern die Wegsamkeil des Gebirges, das dem Durchzug vom einen Meer zum anderen nirgends eine unüberwindhche Schranke entgegensetzt. Auch das bedeutendste Verkehrshindernifs die Montagna del Matese (S. 777) kann im Süden und Norden umgangen werden. Im Uebrigen hat diese wuchtige Bergmasse entscheidend auf das Leben der Landschaft eingewirkt. Sie ist aus zwei Zügen zusammengesetzt. Der südliche Zug mit Gipfeln von 10 1300 m steigt mauerartig über dem Thal des Vol- turnus (100 m im Mittel) auf. Ein längliches Hochthal mit einem 4 Dkm haltenden See (1007 m) trennt ihn von der Hauptkette die 15 2000 m Gipfelhöhe aufweist. Das Thal zu ihren Füfsen im Norden liegt 500 m, die von ihm durch das Bergland nach Aesernia führende Strafse an höchster Stelle 735 m. Es leuchtet ein dafs der Matese etwa 1000 Dkm Wald und Weide umfassend der Sennerei eine wichtige Heimstätte darbot. Von Bovianum aus läuft ein Trift- weg über Benevent nach Apulien. Ein Erlafs von 168 n. Chr. schärft den Saepinaten und Bovianensern ein sich der Uebergrifl'e gegen die kaiserlichen Heerden zu enthalten: zugleich ein merk- würdiges Zeugnifs für die Thatsache dafs bei dieser rohesten Wirt- schaftsform die Gewalt am Längsten geübt worden ist.^) Es leuchtet ein dafs der Matese seinen Umwohnern im Kampfe gegen Rom als unnahbare Zufluchtstätte gedient hat, gleichwie die Sila den Brettiern. Nach den Annalen sind die Römer zum ersten Male 295 v. Chr. in die Bergfestung eingedrungen: bei dieser Gelegenheit lernen wir mons Tifernus als alten Namen des Matese kennen. 2) Es leuchtet

1) CIL. IX 2438 vgl. Cic. pro Cluent. 161.

2) Liv. X 30. Dafs hierunter nicht ein einzelner Berg etwa an der Quelle des Tifeinus bei Bovianum, sondern die ganze Gruppe verstanden wird, lehrt Pol. III 100,2. Hannibal will 217 vom Falernerfjfau nach Gerunium, hat also von Teanum (S. 693) um den Südfufs des Matese bis Ponlelandolfo rund 80 km, dann auf der larinatischen Strafse (S. 784 A. 3) über Gampobasso bis S. Elia

§ 2. Die Nordsamniten. 787

endlich ein dafs der Matese die landschaftliche Gliederung und die Sonderung des Stammes in einzelne Cantone bestimmt hat. Nach der S. 776 gegebenen Ausführung weisen wir den Nordsamniten zu: die Kreise Campobasso, Isernia, Piedimonte d'Aiife, nebst Stücken von Solmona, Avezzano, Caserta und Cerreto Sannita, ein Gebiet von rund 5000 Dkm. Davon trägt das südwestliche Drittel, das 5 km breite 70 km lange Thal des Volturnus nebst dem Grenz- gebirge ein freundliches Gepräge. Man kaun es eine Erweiterung Campaniens nennen, mit dem es bei Teanum im Norden durch eine weite Oeffnung des Bergwalls zusammen hängt, und zwar eine willkommene Erweiterung; denn die Hänge des Gebirgs lieferten der Salbeninduslrie von Capua (S. 702) und Neapel (S. 751) jenes küsthche Oel, das auf dem Erdrund seines Gleichen nicht fand (I 454). Aus wirtschaftlichen Gründen war es demnach wol be- rechtigt wenn Augustus diesen fruchtbaren Strich der ersten Region zuwies, wie er auch jetzt zum Theil der Terra di Lavoro (Provinz Caserta) angehört. Aber ein paar Jahrhunderte zuvor als die Baum- zucht noch in ihren Anfängen stand, haben die Ufer des Volturnus zumal für das heifse Ringen zwischen Rom und Samnium den Schauplatz abgegeben. Wie die Grenzleute hiefsen die der erste Angriff des Feindes traf, wird nicht überliefert. Ein verkleinertes Gegenstück zum reichen Thal des Volturnus bietet im Nordosten des Matese eine Einsenkung dar, wo Tifernus und Tamarus ent- springen. Sie liegt im Mittel 500 m ü. M., erstreckt sich bei 3 km mittlerer Breite an 30 km lang hin und hat dem Volk der Pentrer als Sammelplatz gedient (I 529). Noch höher, über 800 m erhebt sich am mittleren Sangro das 9 km lange 2 km breite Thal das Aufldena die Hauptstadt der Caracener einnahm (1 528). Das ganze übrige Land enthält aufser den schmalen Gründen an den Rändern seiner Bäche nur Berge und Hochflächen : es ist bezeichnend dafs das alte Bovianum bei Pietrabbondante, ein Heiligtum der ganzen Nation von allen Verkehrstrafsen| entrückt 1027 m Meereshöhe zeigt. Man darf bei der Dürftigkeit unserer Nachrichten in diesen

80 km, endlich auf dem Triftweg bis Gerunium 30 km, im Ganzen 7 8 Märsche zurück zu legen. Wenn er sich nun in Bewegung setzt naQo. xb Aißvqvov oQoe, so kann schlechterdings kein anderes Gebirge verslanden werden als der Matese und ist zu schreiben TißvQvov, Schweighäusers Aenderung TaßvQvov ist unmöglich. Liv. XXII 18 trotz des topographischen Unsinns bestätigt den Weg.

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788 Kapitel XIII. Samnium.

Berggaiien weder nach Namen noch Grenzen fragen. Dagegen er- klärt die Beschaffenheit des Landes die hartnäckige Gegenwehr die es seinen römischen Unterdrückern geleistet hat (l 530). Als Zwing- hurg wurde von diesen 263 v. Chr. .\esernia gegründet: am nord- westlichen Fufs des Matese (457 m) und am Abschlul's der Niederung des Volturnus gelegen (I 331), beherrscht sie die beiden Haupt- strafsen die von Campanien und Benevent aus den Matese umfassen, bei Ponte S. Leonardo 1 Millie Nord von der Stadt zusammenstofsen und nun vereint nach dem Thal des Sangro und von dort über das l'iiino di Cinque Miglia nach Sulmo laufen (S. 436). Die Festung fiel 90 V. Chr. in die Hände der Saniniten und ist ein Jahrzehnt hindurch behauptet worden. Als nun schliefslich auch ihnen das römische Bürgerrecht verliehen wurde, hat man die von Augustus förmlich ausgesprochene Trennung der Landschaft bereits angebahnt, iosofero der ganze gebirgige Nordosten in die Tribus Voltinia, das Thal des Volturnus in verschiedene andere Tribus kam. Die Wunden die das Schwert Sulla's geschlagen hatte, sind freilich nie wieder geheilt, Strabo will keiner einzigen Ortschaft den Rang einer Stadt zuerkennen. 1) Die Beschreibung beginnt im Norden an der paelig- nischen Grenze.

Von Sulmo (S. 449) erreicht eine Hauptstrafse , vielleicht Via Minucia geheifsen (S. 436), nach etwa 30 Millien Aufidena.^) Sie hat das gefürchtete Piano di Cinque Miglia zu überschreiten (S. 445); wie heutigen Tages die Madonna del Carmine am nördlichen Ende der Hochfläche (1267 m) so stärkte dereinst Juppiter den einsamen Wanderer. Die Reisekarle verzeichnet weiter unten 7 Millien von Sulmo eine Station unter dem entstellten Namen Jovis Larene.^) Vom Joch geht ein Triftweg aus, der nach 35 km an Bovianuni Vetus vorbeiführt. Die Slrafse durchmifst die 5 Millien nach denen die Ebene benannt ist, darauf weitere 3 bis Roccaraso (1236 m) und fällt ziemlich scharf zum Sangro (800 m) ab. Am nördlichen Ende des oben erwähnten Flufsthals an der Stelle von Castel di Sangro dessen Burg 1009 m aufsteigt, ist nach den Itinerarien wie den Inschriften AuQdena anzusetzen.*) Es ward 298 v. Chr. von den Römern er-

1) Sirab. V 250. 2) It. Ant. 102 rechnet 24 Tab. Peut. 32 Millien.

3) CIL. IX 2795—7. Die Aenderung Cluvers It. ant. 759 Palenus die Holste's Beifall fand, wird durch die Inschriften widerlegt.

4) CIL. IX p. 259 Garraelo Mancini, Giornale degli Scavi di Pompei IV (1878) p. 47.

§ 2. Die Nordsamniten, 789

stürmt und später als Municipium von Duovirn geleitet.^) Da Ptole- maeos dem Stamm der Caraceni diese Stadt alleio zuweist, so ist sie kläriich als dessen Hauptort anzusehen. Ursprünglich war sie das nicht, die Burg umschlofs innerhalb ihrer rohen Mauer nur einen Raum von 4/5 ha. Die städtische Entwicklung wird dem Landfrieden und der grofsen Strafse verdankt. Nach vielen Jahr- hunderten hat das Blatt sich gewandt. Im Mittelalter, man weifs nicht wann, sind die Bewohner an das andere Ende des Thals übergesiedelt und haben ähnlich wie die Capuaner (S. 698) auf die neue Ansiedlung (893 m) den Namen Alfedena übertragen. Die Höhe oberhalb (Civitalta 1154 m) an deren Fufs der Sangro sich durch eine Schlucht den Austritt in die Ebene bahnt, hat Reste einer altertümhchen Ringmauer erhalten. Sie ist 1,74 km lang und befafst einen Flächeninhalt von 13,4 ha. Wahrscheiuhch ist dies die Mauer des 293 v. Chr. zerstörten Aquüonia: die bei Livius zu 20 Millien angegebene Entfernung von Cominium (S. 669) stimmt, desgleichen hält es schwer für die blühende Schilderung der Schlacht einen so geeigneten Schauplatz ausfindig zu machen wie die Ebene am Sangro; von ihr läuft der marsische Triftweg über Pescolanciano unweit Bovianum Vetus wohin die samnitischen Reiter flohen und nach einem Ritt von 40 km gelangten. 2) Der Triftweg nimmt 13 Milben stromauf bei Opi (1250 m) seinen An- fang: ob das Hochthal des Sangro (1147 m) zu beiden Seiten von Opi in der Kaiserzeit mit Atina (S. 669) vereinigt war, steht dahin 3) ; geographisch gehört es zu Aufidena. Dem caracenischen, nicht dem hirpinischen Aquilonia wird die seltene Kupfermünze mit der Auf- schrift Akudunniad beizulegen sein.*) Den Culturstand der Gegend haben die neueren Ausgrabungen zur Anschauung gebracht.^) Die alten Grabfunde hören im 3. Jahrhundert mit der Zerstörung der Sladt auf. In römischer Zeit ist sie zu einem Pagus von Aufidena herabgesunken, Eine andere Stadt der Caracener ist Cluviae, die Heimat des Helvidius Priscus der unter Nero und Vespasian die Rechte des Freistaals verfocht. 6) Sie hatte 311 v. Chr. eine römi-

1) Liv. X 12 Plin. III 107 Ptol. III 1,57 Feldm. 259. Bruchstücke oskischer Inschriften Conway 177—80 Paul. h. Lang. II 20. 2) Liv. X 39-44.

3) CIL. X 5142, 45. 46. 47 mit der Tribus von Atina.

4) Dressel, Berl. Münzkat. III 1,53 Garrucci 100,

5) Mariani Aufidena, Monumenti de' Lincei X (1901) p. 225 638.

6) Tac, Bist. IV 5.

790 Kapitel XIII. Samnium.

sehe Besatzung, ward von den Samniten ausgehungert, aber vom Cnnsul Junius zurück erobert. i) Ihr Fehlen bei Plinius wird daher rühren dafs sie erst nach Augiistus Municipalrecht erhalten hat. Die Lage ist unbekannt, jedoch nicht gar zu weit von Anxanuni, also am Mittellauf des Sangro zu suchen. 2) Ebenso scheint zu Hadrians Zeit ein Municipium Trebula am linken Flufsufer 30 km unterhalb Castel di Sangro bestanden zu haben: die Kirche der Madonna degli Spineti (696 m) unweit Quadri auf antiken Mauern erbaut giebt den Mittelpunct dieser ländlichen Gemeinde an. 3) Im Hintergrunde steigt der quer vor der Maiella gelagerte Zug des M. Secine (1883 m) auf. 4) Die Caracener werden bei Ptolemaeos ausdrücklich von den Samniten unterschieden. Ebenso geschieht es in der Erzählung wie die Consuln 269 v. Chr. einen samnitischen Bandenführer aufhoben, alsdann sich gegen die Caracener wandten bei denen er seine Beute in Sicherheit gebracht hatte.ö) Sie ge- raten vor der Burg durch nächtliches Schneegestöber in äufserste Gefahr aus der das Mondlicht sie errettet: ein Zug der die beschwer- liche Kriegführung in dieser unwirtlichen Gegend veranschaulicht. Der Stamm war auf das obere und mittlere Stromgebiet des Sangro beschränkt. Wenn die S. 782 A. 6 angedeutete Vermutung dafs für Carelini zu schreiben sei Carecini, das Bichtige treffen sollte, so würde das Fehlen von Inschriften die diese beiden Verwaltungs- kürper des Augustus erwähnten, sowie umgekehrt die inschriftliche Erwähnung von Mnnicipien die in der Liste des ersten Kaisers nicht stehen, von Juvanum Cluviae Trebula einfach zu erklären sein. Gerade wie bei den unter ähnlichen Verhältnissen lebenden Vestinern (S. 438) scheint auch bei den Caracenern die Auflösung der Landesgemeinde in kleine Sondergemeinden während der Kaiser- zeit Fortschritte gemacht zu haben. 6) Uebrigens rechnet Augustus

1) Liv. 1X31.

2) CIL. IX 2999 Feldm. 260 Cltfjes.

3) CIL. IX p. 262.

4) Die Serra Carracino (2404 m) 6 km S vom höchsten Gipfel der Maielia (M. Amaro 2795 m) W von Juvanum (S. 781) bewahrt möglicher Weise die Erinnerung an die KeQxcüXa[v^T]] die 90 v. Chr. den Amtsbezirk des marsischen und samnitischen Consuls trennten Diod. XXXVII 2,7, da beide Namen wol mit den Caracenern zusammenhängen und hier in der That eine Völkergrenze läuft.

5) Zonar. VIII 7 (vgl. Dion. H. XX 17) inl Kaotxivovs oder KaQxivove mit Unrecht von Cluver 1194 in Ka^ixiov verändert.

6) Die vielfach beanstandete Wendung Tac. Hist. IV 5 rcgione Ilaliae Carecina e municipio Ctuvio deutet den Uebergang an.

§ 2. Die Nordsamniten. 791

tlen Samniten die AuQdenaten zu, dagegen die Careliner dea Frentanern.

Die Bergkette deren höchste Erhebung >I. Capraro (1721 m) ist, begrenzt die Flufsgebiele des Sangro und des Trigno. Im letzteren bei 12 km Abstand vom genannten Gipfel in südöstlicher Richtung nimmt der M. Seraceno (1211 m) unsere besondere Auf- merksamkeit in Anspruch. Er weist die Reste einer alten Burg- befestigung auf, an die gegen 200 m tiefer die Stadt sich anschlofs. Ausgrabungen haben u. a. einen Tempel zu Tage gefördert sowie ein kleines Theater das in Einzelheiten an das Odeon zu Pompeji erinnert, besonders aber durch die Steinlehnen der drei unteren Sitzreihen auffällt. Die Ausdehnung der Stadt ist unermittelt, unter allen Umständen gering.») 2 km unterhalb führt der paelignische Triftweg vorbei, in 9 km Entfernung bei Pescolanciano jenseit des Trigno (770 m) der marsische. Wenn die Nachfolgerin Pietrabbon- <lante (1027 m) dem heutigen Verkehr völlig entrückt ist, so war nach dem Mafsstab ältester Zeiten ehedem das gerade Gegentheil der Fall. Auf dem Triftweg war der heilige Lenz der Sabiner den Stier des Mars an der Spitze herangezogen, hatte ihn wo er sich lagerte, dem Gott geopfert, eine Stadt gegründet und dem Führer zu Ehren Bovianum benannt (I 528). Oskische Inschriften bezeugen dafs der Name hier haftete, dafs die Meddices und Censoren der Safineis den oben erwähnten Tempel erbaut und ausgeschmückt haben.-) Es fragt sich ob darunter die Gesamtheit der Nation oder der im Stromgebiet des Trigno sefshafte Stamm zu verstehen sei: bei unserer Unkeuntnifs der samnitischen Bundesverfassung läfst sich darauf nicht antworten. 3) Ebenso ist nur mit annähernder Sicherheit zu entscheiden wenn der Name in den älteren Kriegen vorkommt, ob dies Bovianum oder das am Matese gelegene gemeint sei. 4) Plinius fügt zur Unterscheidung das Beiwort Vetits hinzu und nennt es Colonie.^) In der ganzen vierten Region hat Kaiser Augustus keiner anderen Gemeinde solchen Rang eingeräumt; er

1) Giulio de Petra, Giorn. d. Sc. di Pompei II 117 fg. eb. A. Caraba p. 395 fg.

2) Conway 168—74. Die I 528 A. 8 erwähnte Inschrift eines Censors ist wesentlich anders zu ergänzen als dort gesagt wurde.

3) Die von Mommsen (zuerst Unterital. Dial. 173) geäuTserte Vermutung, es sei Hauptstadt der Caracener, widerspricht den Angaben der Alten.

4) Erst im dritten Krieg scheinen die römischen Waffen Pietrabbondantc erreicht zu haben Liv. X 12. 41.

5) Plin. III 107 Feldm. 231. 259 Ptol. III 1,58 CIL. IX p. 257.

792 Kapitel XIII. Samnium.

scheint nach dem Sieg bei Phihppi Veteranen angesiedelt zu haben. Indessen ist der Ort dadurch nicht in die Höhe gekommen und früh verödet. Eine für uns namenlose Stadt lag 15 km nördlich von Bovianum, je 5 km von Agnone und Capracolta entfernt, beim Fönte Romito (954 mj am Fiifs des M. S. Nicola (1177 m). In der Nähe befand sich ein Heiligtum der Ceres dem die sog. Weih- inschrift von Agnone, eins der längsten Denkmäler der oskischen Sprache entstammt. i) Weiter nach Ost in dem Bergland das den Mittellauf des Trigno einengt, ist Schiavi di Abruzzo (1168 m) am linken Ufer Sitz einer Gemeinde gewesen: die verhällnifsmäfsig zahlreichen Inschriften geben den Schlufs an die Hand.'-^) Die Höhen des rechten Ufers sind niedriger. Eine Hügelgruppe (599 m) Schiavi in südöstlicher Richtung gegenüber trägt Terventum Tn\eaio: der Flufs im Nordwesten, ein einmündender Bach im Südosten ver- leihen Schutz gegen feindlichen Angriff; 6 km oberhalb läuft der paelignische Triftweg vorüber, auf dem man nach weiteren 18 km Bovianum erreicht. Eine unsichere Nachricht redet von einer drei- maligen Belagerung; die erhaltenen Annalen wissen davon nichts. Immerhin gehört Terventum zu den wenigen Gemeinden Samniums die Sladtrecht hatten und erweckt durch seine römischen Inschriften den Eindruck der Blüte.^) Gleichfalls am rechten Ufer und zwar im Quellgebiet wird eine alte Ortschaft 5 km von Molise vom mar- sischen Triftweg gestreift. Sie hiefs früher Civita vecchia (918 m) und heifst neuerdings Duronia: allein diese an einer einzigen Stelle erwähnte Burg mufs dem Zusammenhang nach anderswo gesucht werden (S. 679 A. 5).

Vom heutigen Duronia sind es 12 km bis zum Uebergang des marsischen Triltwegs über den Tifernus (348 m), sodann 6 km bis Madonna della Neve (773 m); 6 km von dort nach Norden liegt die Kirche S. Maria a Faif'oli (597 m) westlich unterhalb Montagano (807 m). Der Beiname ist aus Fagifulae entstellt, dessen Stätte sie bezeichnet. Auch einzelne Inschriften legen von diesem in der Liste des Augustus enthaltenen Municipium Zeugnifs ab. *) In der Geschichte kommt es 214 v. Chr. unter den abgefallenen Städten

1) Conway 175. 7G Mommsen Unterit. Dial. 128fg.

2) CIL. IX p. 257.

3) Plin. III 107 Feldm. 238 CIL. IX p. 241 ; die Form Tervmtum wiegt vor, doch begegnet auch Terevenlum.

4) Plin. ill 107 Liv. XXIV 20 (verschrieben Fugifulae) CIL. IX p. 237.

§ 2. Die Nordsamoiteo. 793

Tor die der alte Fabius zurück eruberle. Da die Penirer nach der Schlacht vou Cannae treu geblieben waren, su kann es ihnen nicht zugerechnet werden, wie denn überhaupt die Grenzen des Canlons enger zu ziehen sind als gemeinhin geschieht. Immerhin weist ihre Absonderung von der gemeinsamen Sache dtr Nation sowie ihre .Namensnennung in den Anualen darauf hin, dafs die Pentri Samnites über eine ansehnliche Macht verfügten. ') Da sie die an 100 Zkm haltende Ebene am nordostlichen Fufs des Matese. die grofste im inneren Samnium besafseu, mögen sie wol eine leitende Rolle beanspruclit haben. t)araut deutet der Umstand dafs ihre Hauptstadt Bovianum hiefs und somit nach der Wandersage den Ursprung der Niition mit dem eigenen Urspi ung verknüpfte.-) Phnius fügt das Beiwort Undecumamorum hinzu, weil Vespasian eine Colonie Veteranen dieser ihm ergebenen Legion hier angesiedelt hatte. -1 Vurdem war es Municipium. Die rümische Stadt lag in der Ebene (455 m) und ist durch Abschwemmung von den Bergen 10 m und tiefer verschüttet worden. Das heutige ßojano ist an die Bergwand angelehnt (550 mj. darüber thront die Burg Civita superiore (75U m). Die samnitische Stadt hatte nicht weniger als drei Burgen*); Reste der Polygonalmauer finden sich in Civiia. In den grofsen Kriegen der Repubük ist sie oft umstritten wurden. Die Consulü lagern zum ersten Mal 314 v, Chr. vor Bovianum, nehmen es 311 und machen reiche Beute; bei der zweiten Ein- nahme 305 wird die Widerstandskraft der Samniten gebrochen. ^) In den nächsten Kriegen treten die Pentrer in den Hinlergrund, halten 216 zu Rom und geben 212 einem romischen Heer Quartier. ^) Sodann ist Bovianum bei der Erhebung der Bundesgenossen Sitz der samnitischen Ral^versammlung; Sulla greift die Burgen von der Hube im Rücken an und erstürmt nach dreistündigem Kampf 59 die Stadt; im nächsten Jahr hält Silo wieder seinen siegreichen Einzug, "j Obwol sie nach wie vor als Mitlelpunct des Berglandes

1) üv. IX bl XXII 61 Dion. H. XVll 4.

2j Liv. IX 31 Caput hoc erat Penlrorum Samnitium lange dilitsimum alque opulentiitimum armis virUqut:.

3) Plin. III luT Feldm. 131 CIL. JX p. 239.

4) Appian b. civ. I 51.

5) Liv. IX 2S. 31. 44 Diod. XX 90 wo durch ein Versehen des Autors oder seiner Abschreiber BdJiay für Bovätoy steht.

Liv. XXII 61 XXV 13.

') Appian b. civ. 1 51 übseq. 56.

794 Kapitel XIII. Samnium.

betrachtet wird i), müssen die Wunden des letzten Krieges unheil- bar gewesen sein. 2) Erst die Colonie Vespasians brachte einen neuen Aufschwung der durch die Verkehrslage befördert wurde. Ein Triftweg ging von hier über Benevent (S. 786), desgleichen eine Strafse über Gerunium (S. 785) nach Apulien aus; von der Strafse nach Benevent und Aesernia wird unten die Rede sein. Endlich geschieht auch der Jagd im Matese beiläufig Erwähnung. 3) Der bei Bovianum entspringende Tifernus hat Tifernum den Namen verliehen. Dieser Ort scheint nördlich in mäfsiger Entfernung von Bovianum gelegen zu haben, ist aber früh ver- schollen. 4) Der pentrische Triflweg überschreitet 10 km von Bovianum die Bodenschwelle (570 m) welche die Wasserscheide zwischen adriatischem und tyrrhenischem Meer, zunächst zwischen Tifernus und Tamarus (1332) bildet.^) Er langt 4 km weiter bei dem römischen Saepinum an, dessen Ruinen jetzt Altilia heifsen. Sie verdienen zunächst wegen ihrer genauen Datirung beachtet zu werden. Mauer Thore Thürme sind um Christi Geburt (zwischen 2 V. u. 4 n.Chr.) auf Kosten des Tiberius errichtet worden 6); Haustein ist nur in den Thorbögen verwandt, alles Uebrige schönes Netzwerk. Mit einem Umfang von II/2 km ist die Stadt rechtwinklig mit 4 Thoren angelegt, enthält ein Theater und andere öffentliche Gebäude. Das samnitische Saepinum das 293 belagert und ge- nommen ward '), haben wir nicht vor uns solches mufs in fester Höhenlage angesetzt werden , sondern einen Versuch mit kaiser- lichen Mitteln der verwahrlosten Gegend aufzuhelfen, wie ihn später Vespasian in Bovianum wiederholte. 8) Mit dem Unterschied jedoch dafs Saepinum stets Municipium verblieb. ^) Ob diese Versuche mit

1) Cic. pro Cluent. 197.

2) Slrab. V 250.

3) Sil. It. VIII 564.

4) Liv. IX 44 X 14, an dem Bestand des Ortes zn zweifeln fehlt ein Grund. Roccaspromonte (696 m) am linken Ufer des Tifernus 20 km Nord von Bovia- num unweit des marsisclien Triftwegs, wo ein samnitisches Heiligtum stand (Mommsen Unterit. Dial. 174 Gonway 165) entspricht den Anforderungen der Erzählung.

5) Der antike mit dem heutigen übereinstimmende Name kommt nur It. Ant. 103 vor.

6) CIL. IX 2443.

7) Liv. X 44. 45 Gonway 164.

8) Strabo hat Saepinum völlig übergangen.

9) Plin. III 107 Ptol. III 1,58 Feldm. 237 CIL. IX p. 227. 675.

§ 2. Die Nordsamniten. 795

der fiscalischen Nutzung des Matese zusammenhingen (S. 786) und wie das Weiderecht geordnet war, wissen wir nicht. Tm 7. Jahr- hundert sind beide Städte verödet, i) Das heutige Sepino liegt 3 km südlich vom römischen am Berghang (698 m). Die 6 km lange Enge durch die der Tamarus abfliefst, kann als Südgrenze der Pentrer betrachtet werden.

Das Land südwestlich vom Matese vermittelt den Uebergang zwischen dem Hochgebirg und Campanieu (S. 787). Der Volturnus der es durchströmt, wird dreimal durch Querzüge eingeengt, dergestalt bis zur Vereinigung mit dem Calor sein Thal in vier an Höhe ab- nehmende Becken gegliedert. Das nördlichste hat zur Hauptstadt Aesernia, das zweite und gröfste Venafrum, das dritte Allifae, end- lich das letzte Telesia. Zu diesen vier Kreisen kommt als fünfter das die Grenze bildende Bergland am rechten Ufer hinzu. Die Via Traiana ist durch zwei Strafsen mit dem nördlichen Samnium verbunden. Die eine läuft von Benevent am rechten Ufer des Tamarus aufwärts, langt nach 18 Millien bei Sirpium unweit Mor- cone und von hier nach 12 Millien in Saepinum an. 2) Die zweite geht von dem 22 Millien Ost von Benevent nach Apulien zu be- legenen Aequum Tuticum aus, erreicht nach 21 Millien den Tamarus und ferneren 16 Saepinum. 3) Von Bovianum führt die Strafse durch das Bergland (S. 788) in 18 Millien nach Aesernia.^) Die Wichtigkeit des Platzes auf die S. 788 hingewiesen wurde, erklärt da(s die Bömer ihn bereits 295 besetzt hielten, s) Jedoch haben sie erst 263 eine latinische Colonie hergeführt, deren Kupfermünzen halb oskische halb latinische Aufschrift tragen. ^) Die Festung ist das Gegenstück zu Benevent, mit dem zwei Strafsen die Verbindung unterhalten: eine kürzere über Bovianum und Saepinum 58 Millien, eine längere am Volturnus 66 Millien. Sie ist ein gegen das Ge- birge vorgeschobener Posten und beherrscht dessen Verkehrswege nach der Ebene: die beiden Uebergänge zu den Caracenern am Sangro, wovon der eine durch das Hochthal des Volturnus nach

1) Paul. h. Lang. V 29.

2) Tab. Peut, Geogr. Rav. IV 34, ein Gognomen Serpicanus in der saepi- natischen Inschrift 2465.

3) It. Ant. 103 nennt statt Saepinum vielmehr Bovianum, doch mufs eine Station mit etwa 10 Millien ausgefallen sein.

4) So richtig die älteste Handschrift It. Ant. 102.

5) Liv. X 31 was ohne Grund beanstandet wird.

6) Liv. XVI Vell. I 14 Conway 185.

796 Kapitel XIII. Samnium.

A(|uilonia Alfedeua (Pafshühe 1077 m), der andere im Reisebuch zu 28 Millieu beslimmle nach Aufidena Castel di Sangro (f^afshühe 1081 m) hinfuhrt •); desgleichen nach Nordosten den 18 Milüen langen Weg nach Bovianum Vetus sowie die beiden Kunststrafsen nach Süden, eudhch im Westen die Saumpfade (Pafshühe 1025 m) auf denen Atina erreicht wird. Der Platz selbst auf einer von zwei zusammen fliefsenden Bächen gedeckten Landspitze (457 m) ist stark, am Wenigsten die an die Hochebene anslofsende INord- seile. Reste der Ringmauer theils in Polygonal- theils in Quader- bau sind erhalten, ferner eine W'asserleitung nebst vielen Inschriften. Die auf Aesernia gesetzten Erwartungen sind im hannibalischen Kriege reichlich erfüllt worden. 2) In der Folge angesehen 3), üeferte es den römischen Fechterschulen Mannschaft. ^J Der Buudesgenossen- krieg knickte seine Blüte: durch Hunger bezwungen fiel es 90 in die Hände der Samniten ^), wurde nach der Räumung von Corfinium der Hauptsitz des Aufstandes und erst 80 von Sulla wieder ge- nommen.^) Strabo spricht von völliger Vernichtung^); doch hat es als Municipium in der Tribus Tromentina vermöge seiner gün- stigen Verkehrslage ein leidliches Dasein etwa wie am selben Fleck Isernia gefristet: so läfst sich aus den Inschriften schhefsen. ^)

In der Friedenszeit hat das benachbarte Venafrum Venafro eine ungleich gröfsere Bedeutung gehabt. Es wird zu Campanien gerechnet und von Augustus als Colonie in der ersten Region an- erkannt. 9) Nachdem unterhalb Aesernia die verschiedenen Quell- arme mit dem Volturnus zusammen geflossen sind (I 332), wird das Thal auf 2 km eingeengt und alsbald auf 6 km erbreitert. Der westliche Bergzug beschreibt einen Halbkreis von 15 km Durch- messer, in dessen Scheitel Venafrum (220 m) dem Hang sich an-

1) Cic. ad Alt. VIII lld,2.

2) Liv. XXVII 10 XLIV 40 Sil. It. VIII 566.

3) Cic. Brut. 136.

4) Lucil. IV 15 L. M.

5) Liv. LXXII. LXXIII Oros. V 18,14. 16 Sisenna fr. 6. 16 Peter Appian b. civ. 141. 51 Diod. XXXVII 19.

6) Diod. XXXVII 2,9 Liv. LXXXIX 7r)tam kann füglich nur Aesernia sein.

7) Slrab. V 238. 5(t.

8) Piin. III 107 Ptol. III 1,58 Feldm. 233. 60 Esernia Paul, h. Lang. II 20 Bisernia CIL. IX p. 245.

9) Plin. III 63 Feldm. 239 Ptol. III 1,59 Strab. V 238. 43 CIL. X 1 p. 477.

§ 2. Die Nordsananiten. 797

schmiegt, den 5 km östlich enlfernten Strom um 60 m überragend, i) Der westliche Bergzug wird nach Süden niedriger und schmaler, bei ad Flexum am 95. Meilenstein der Via Latina ist er auf einen Rücken von 451 m Höhe eingeschrumpft, eine 9 Millien lange Strafse führt von der Latina hinüber nach Venafrum.-) Die ge- dachte Station entspricht dem heutigen S. Pietro in Fine; letzteres Beiwort bezieht sich auf die Grenze der casinatischeo und venafraner Feldmark. 3) Südlich von dem Bergsattel steigt noch der M. Cesimo 1170 m auf (S. 679), dann klafft ein 6 km breite Lücke, das Ein- fallsthor von Samnium nach Campanien (S. 686) durch das eine 18 Millien lange Strafse Venafrum mit dem sidicinischen Teanum verbindet. 4) An der Ecke des Bergzuges, ungefähr am 103. Meilen- stein der Via Latina zeigt die Kirche S. Feiice a Rufo unweit der Eisenbahnstation Presenzano den Ort der allen Samniterstadt Ru- frium an, die 326 in römische Hände fiel. ^) Ihre Oelpressen, aus der Lava der Rocca Monfina gearbeitet, werden von Cato empfohlen. ß) Aber die Selbstverwaltung geht verloren und der stattliche Vicus Rufrae wie die jüngere Form lautet, ist zu Venafrum geschlagen. ^) Der Querriegel von Vairano (S. 686) der das Becken von Teanum im Norden abschliefst und das Volturnuslhal auf weniger als 3 km einschnürt, stellt die natürliche Grenze des Stadtgebiets gegen Teanum und Allifae dar. Ebenso auf der anderen Seite gegen das 13 Millien entfernte Aesernia der halbwegs vollzogene Strafsen- übergang vom rechten auf das Unke Ufer: die Strafse war von Augustus erneuert, der 110. Meilenstein (von Rom aus) stand unter- halb Monteroduni am linken Ufer. 8) Nach den getroffenen Be- stimmungen mag das Gebiet an 500 Ckm umfafst haben. Die Ge- birgsbewohner blickten mit Neid auf die Oelwälder, die es bedeckten 9) und mit ihrem Ruhm die Welt erfüllten (I 454). Oel wurde hier

1) Darnach ist Strab. V 23S einzuschränken.

2) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33 CIL. X 1 p. 699.

3) Möglicher Weise kann hier in älterer Zeit der 100. Meilenstein und damit der Grenzstein des erweiterten Latium gestanden haben (S. 679).

4) Gic. ad Att. VII 13,7 It. Ant. 303 CIL. X 1 p. 699.

5) Liv. VIII 25 Verg, Aen. VII 739 mit Schol. Sil. It. VIII 566.

6) Cato RR. 22. 135.

7) CIL. X 1 p. 475.

8) CIL. IX p. 589; Aielleicht ist hier ad Rotas Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 anzusetzen.

9) Cic. pro Plane. 22 de leg. agr. II 66 Plin. XVII 31.

798 Kapitel Xlll. Samnium.

schon zu Cato's Zeilen erzeugt, bei dem Venafrum zuerst begegnet, vermutlich viel früher. i) In der älteren Geschichte wird es nicht erwähnt.2) Minderes Bürgerrecht wird ihm ungewifs wann verliehen worden sein, weshalb es unter den l'raefecturen erscheint.') Wann die Aufnahme in die Tribus Teretina erfolgte^ ist gleichfalls unbe- kannt. Die Samniten nahmen die Stadt 90 durch Verrat ein und metzelten die reimische Besatzung nieder. 4) Als colonia Augusta Julia Venafrum sodann gehört sie zu den Stützen der kaiserhchen Macht; von Augustus rührt die Vergröfserung des Territoriums, die Herstellung der grofsen Landstrafsen, die Anlage einer Wasserleitung her. Ziegeleien und Eisenarbeiten werden schon von Cato er- wähnt^); aus der Menge der Vereine kann man auf die fortdauernde Blüte des Gewerbes und die Einwohnerzahl einen Schlufs thun.^) Aber von Bauwerken, z. B. einem Amphitheater, ist so gut wie Nichts übrig geblieben.

Von Venafrum sind reichlich 20 Millien bis Allifae das eine Durchgangstrafse mitTeanum (17) uudTelesia (15Millien) verbindet.'^) Alife ist zwar Sitz eines Bischofs, aber ein ärmUcher Ort dem das Gewand aus dem Altertum um den mageren Leib schlottert; denn die im 4. Jahrhundert n. Chr. erbaute Mauer umschliefst ein Rechleck von über 2 km Umfang. In der INahe sind die Ruinen der grofsartigen Herculesthermen , eines Theaters, vielleicht auch Amphitheaters erhallen. Diese ansehnliche Rümerstadt liegt in der Ebene (110 m) 3 km vom Volluruus am linken Ufer. Vermutlich hat die samnitische Stadt eine natürliche Deckung gesucht und 4 km oberhalb den Platz von Castello d'Ahfe (470 m) eingenommen, wo der Zutritt in das Innere des Matesegebirgs sich üflnet und bei Piedimunle d'Alife der jetzigen Kreisstadt (207 m) die oskische Nekropole ist. Vor Ankunft der Römer war der Verkehr bereits entwickelt und hatte eine ausgedehnte Silberprägung veranlafst: die Münzen tragen theils griechische theils oskische theils aus beiden Alphabeten gemischte Aufschrift und gehören dem 4. Jahrhundert

1) Cato RR. 146 vgl. 136.

2) Sei V. V. Aen. XI 246 fabelt von einer Gründung durch Diomedes. Dafs es gemünzt habe (Garrucci 91), ist unsicher (Conway p. 146).

3) Fest. 233 M.

4) Appian b. civ. 1 41.

5) Cato RR. 135.

6) Cic. ad Qu. fr. III 1,3 Hör. Od. 111 5,55 Plin. XXXI 9.

7) lt. Ant. 122. 304 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34.

§ 2. Die Nordsamniten. 791^

V. Chr. an.i) AUifae ergab sich 326 deu Römern, wurde durch den caudinischen Frieden wieder frei, aber 310 erstürmt; unter seinen Mauern erUtten die Samniten 307 eine neue Niederlage.^) Mit der Münzherrlichkeit ist es seitdem für immer vorbei. Die Durchmärsche Hannibals 217 und 211 fügten der Gegend empfind- lichen Schaden zu. 3) Im übrigen wird ihre Fruchtbarkeit gerühmt und neben der venafranischen genannt.'*) Beide Städte haben während der Republik im Wesentlichen gleiche Schicksale gehabt, sind Praefecturen gewesen und nachher der Tribus Teretina ein- verleibt worden.^) Aber während AUifae in der Epoche der Unab- hängigkeit einen weiten Vorsprung hatte, wurde es in der Folge von der IVachbarin überholt. Für die städtische Entwicklung in Samnium war ehedem die Nähe Capua's entscheidend und AUifae von diesem Handelscentrum nur 25 Milben (Venafrum 34) abgerückt. Nach der Unterwerfung Italiens dagegen gab das Verhältnils zu den grofsen von Rom auslaufenden Strafsen den Ausschlag. AUifae lag jetzt an einer blofsen Nebenstrafso, durch das Grenzgebirge verdeckt so dafs es zwar amtlich zu Campanien, von den Geographen jedoch zu Samnium gerechnet wurde. 6) Augustus hat denn auch Venafrum zur Colonie erhoben, nicht AUifae: der Gnade eines Nachfolgers verdankt letzteres diesen Titel.') Dafs es trotz aUem ein blühendes Gemeinwesen war, le^jren wie gesagt die Ruinen, lehren desgleichen die Inschriften.^)

Das etwa 350 Dkm messende Bergland südlich von AUifae das am rechten Ufer den vom Volturnus beschrieben Bogen ausfüllt (S. 686), hat drei Gemeinden mit Selbstverwaltung aufzuweisen. Eine vom Telia durchflossene Einsenkung trennt das östliche Drittel von der Hauptmasse. Damit ist auch der Weg von AUifae nach Capua vorgezeichnet. An ihm kündet 9 km von jenem Ort, 2 km vom Volturnus entfernt, auf einer mäfsigen Anhöhe (etwa

1) Dressel Berliner Kat. 72.

2) Liv. VIII 25 IX 38. 42 Diod. XX 35. Das 326 zugleich mit Rufrium (S. 797) und AUifae unterworfene Callifae mag zwischen beiden Orten ge- legen haben, ist aber anderweitig nicht bekannt.

3) Liv. XXII 13. 17. 18 XXVI 9 Sil. It. VllI 535 XII 526.

4) Cic. pro Plane. 22 de leg. agr, II 66 Sil. It. XII 526.

5) Fest. 233 M. CIL. IX p. 214.

6) Plin. III 63 Feldm. 231, Strab. V 238 Ptol. III 1,58.

7) Feldm. 231 CIL. IX 2354 X 4590.

8) Hör. Sat. II 8,39 m. Schol. erwähnt die hier gefertigten Becher.

800 Kapitel XIII. Samniam.

120 m) die Kirche S, Ferdinando, früher S. Maria di Covultere ge- heifsen, unweit Alvignano die Stätte von Cubulteria an.^ Ihre Kupfermünzen tragen die oskische Aufschrift Knpeltermim.^) Die Stadt fiel zu Hannibal ab, ward aber schon 215 vom alten Fabius bezwungen.^) Sonst wissen wir nur dafs sie als Municipium in der Kaiserzeit bestanden hat. Weiter aufwärts 20 km von Allifae er- reicht die Strafse Caialia Cajazzo (241 m). Es liegt auf dem Berg- rücken der steil nach Süd zum Volturnus (36 m) abfällt. Der Strafse nach Capua ist S. 709 gedacht worden ; ferner führt nach Osten dem Bach Felcio entlang über den Flufs nach Telesia (16 km) eine andere. Immerhin ist die militärische Bedeutung des Platzes gering. Er war im hannibalischen Krieg in den Händen der Bömer.'i) Kupfermünzen mit der lateinischen Aufschrift Caiatino die dem 3. Jahrhundert angehören, lassen vermuten dafs die Ge- meinde damals minderes Bürgerrecht besafs.^) Ferner erfahren wir dafs sie als Municipium mit Duovirn gleich ihren Nachbarinnen zur ersten Begion zählte.^) In der westlichen Hauptmasse des Berg- landes 20 km Nord von Capua wird Trebula durch das Dorf Treglia dargestellt: selbst 300 m hoch, ist es von 6 700 m hohen Bergen rings umgeben. Trotz dieser Lage war sein Wein in neronischer Zeit zu Ansehen gelangt.'') Zur Unterscheidung von einer ver- scholleneu Gemeinde südlich vom Volturnus und von den drei gleichnamigen Gemeinden der 4. Begion heifsen die in der Liste der ersten Begion aufgeführten Trehulani Balliensesß) Sie fielen zu Hannibal ab und wurden 215 von Fabius zum Gehorsam zurück gebracht.9) Ihre Feldflur war ausgedehnt genug um bei den Acker- vertheilungen die man plante oder ins Werk setzte, in Betracht zu

1) .so iiischriftlich CIL. X 1 p. 449 und Plin. iil 63, Liv. XXllI 39 Com- bulleria XXIV 20 Conpiilteria.

2) Dressel Berliner Katalog 88.

3) Irrig von Livius nach anderer Quelle unter 214 wiederholt.

4) Liv. XXII 13 XXIU 14.

5) Mommsen Münzwesen 117 CIL. X 1 p. 444.

6) Plin. III 63 irrig Calatiae statt Caiatia. Ob die eine oder andere Er- wähnung aus den Samniterkriegen die wir S. 717 Galatia zuwiesen, etwa auf Caialia zu beziehen sei, läfst sich bei der leicht möglichen Verwechslung nicht sicher sagen.

7) Plin. XIV 69.

8) Plin. III 64 so die Leidener Handschrift, die übrigen Ballinienses. Ptol. III 1,59 und die anderen Autoren ohne Beiwort.

9) Liv. XXIII 39.

§ 2. Die Nordsamniten. 801

kommen!); sie erstreckte sich vermutlich über das 7 km lange Thal von Pontelatone hinunter bis an den Volturnus. Vermutlich hat sie auch die Samniterstadt Austicula mit umfafst die 215 von Fabius erobert ward und seitdem unseren ßhcken entschwindet. 2) Von Trebula sind Reste der Mauer, einer Wasserleitung, Gräber erhalten. Es war Municipium von Quattuorvirn, späterhin Duovirn regiert. 3)

Das Becken von AUifae wird 4 Milhen unterhalb der Stadt durch die Enge abgeschlossen in die links CoUe Petrito (243 m) rechts M. Carofalo (240 m) den Fluls einzwängen, Jenseit empfängt er vom Matese den Titerno dessen Name alt khngt. Am oberen Lauf liegt die jetzige Kreisstadt Cerreto Sannita (290 m). Wo der Titerno in die Ebene hinaustritt (125 m), umströmt er den 2 km langen von 450 m bis 733 m ansteigenden Rücken des M. Acero. Der Berg trug das samnitische Telesia, von dem es seltene Kupfer- münzen mit der Aufschrift Telis giebt.*) Die einzige geschichtliche Erwähnung betrifft seinen Abfall zu Hannibal und seine Erstürmung 214 durch Fabius.^) Allerdings weifs Livius von einer voraus- gehenden Einnahme von Seiten der Karthager 217 zu berichten: aber die Proben von Ortskunde die er oder vielmehr der von ihm benutzte Gewährsmann in diesem Kapitel beibringt, zeugen von ebenso viel Geschmack- als Gedankenlosigkeit. In der gemeinsamen Quelle die Polybios getreu wieder giebt, stand zu lesen dafs die Karthager nach Verwüstung des ßeneventanischen sich der reichen Vorräte einer mauerlosen Stadt Vemisia bemächtigten. Der Annähst dem solcher Name nur am Voltur geläufig war, setzt alles üebrige streichend biiiuilings Telesia ein, ohne zu erwägen ob Hannibal mit einem römischen Heer im Rücken eine ßergfestung die nicht durch blofsen Handstreich zu nehmen war, überhaupt hätte an- greifen können. »i) Eine Ortschaft Venusia am Volturnus kommt sonst nirgends vor. Aber man darf die Frage aufwerfen ob nicht sein Andenken in dem 3 Millien nordösthch vom römischen Telesia

1) Cic. de leg. agr. II 66 Feldm. 238.

2) Liv. XXIII 39.

3) CIL. X l p. 442.

4) Garrucci 91 Conway 182.

5) Liv. XXIV 20.

6) Pol. III 90,8 Liv. XXII 13 Cluver It. ant. 1224 will den Unsinn des Livius in den giiecliischen Text hinein emendiren und findet damit Beifall.

Nissen, Ital. Landeskunde II. 51

802 Kapitel XIII. Samnium.

in etwa 120 m Meereshühe gelegenen Dorf Castelvenere fortlebt. Unter den mehr als 200 Gemeinden des Königreichs Italien deren Namen mit Castei anfängt, wiederholt sich diese Zusammensetzung nicht, begegnet nur noch einmal in Istrien. Das gleichfalls allein dastehende Portovenere stammt aus dem Altertum (S. 147). Da die Oertlichkeit den Anforderungen der Erzählung genügt, würde eine nähere Untersuchung sich lohnen. Fabius Maximus durchzog 214 die Gegend mit Sengen und Brennen, trieb das Vieh fort und machte die Bewohner zu Sklaven. Dafs die Nachkommen der Ge- retteten mit dem Landsturm 82 auf Rom marschirten , ist sicher genug. Aber wenn ihr Anführer Telesinus hiefs (S. 774), so folgt daraus keineswegs dafs er ein Bürger dieser Stadt war ^); vollends ohne Grund hat man ihr auch den Sieger von Caudium glorreichen Gedenkens zu Gute schreiben wollen. Die Geschichte des römischen Telesia ist in verschiedenen Stücken unklar. Es gehört zur faler- nischen Tribus und heifst Colonie, seine Bürgermeister praetores duoviri.'^) Ob aber die Colonie nach Aussage der Feldmesser von den Triumvirn oder nach Mommsens Vermutung von Sulla ge- gründet war, läfst sich kaum sagen. 3) Augustus erkennt die Colonie nicht an, sondern rechnet sie zu den Municipien der ersten Region. *) Wenn indefs Strabo von einer Verödung Telesia's redet, so trifft dies nach Ausweis der Denkmäler wol auf die Zeit des Gewährs- mannes, nicht aber des Schreibenden zu. 5) Am Südfufs des M. Acero (S. 801) bezeichnet das Dorf S. Salvatore (95 m) die Stätte eines Herculestempels, an den sich vermutlich ein Vicus aiischlofs. Von hier liegt 2 Millien nach Südost 1 km vom Volturnus entfernt das im 9. Jahrhundert entstandene heutige Telese (60 m), zwar Bischof- sitz, aber verödet und vom Fieber geplagt. Zwischen beiden Orten in der Mitte finden sich die Trümmer der Römerstadt. Der Um- fang der aus Netzwerk in Gestalt eines Achtecks errichteten Mauer

1) Gic. pro Gaec. 87 Vell. II 16. 27 Val. Max. VI 8,2 Flor. II 6,6 9,22 Oros. V 21,8 Appian b. civ. 1 90. 93 brauchen übereinstimmend Telesinus als Cognomen des G. Pontius.

2) CIL. IX p. 205.

3) Feldm. 238. Die Ergänzung von CIL. IX 2219 eol(oniae) Herc{uliae Tel(esiae) ist nicht einwandfrei, da man z. B. auch an col(legio) Herc{ulaniorum) Tel(esinornm) denken könnte. Ein Tempel des Gottes stand in S. Salvatore Telesino.

4) Fun. 111 64, Ptol. III 1,58 setzt sie nach Samnium.

5) Strab. V 250.

§ 3. Die Hirpiner. 803

beträgt reichlich 2 km; repubUkanische Inschriften erwähnen den Bau von Thürmen.i) Eine etwa 12 km lange Leitung schaffte Ge- birgswasser aus dem Titerno heran. Ein Amphitheater liegt im Westen vor der Stadt; in den gegen 2 km östlich hervor brechenden jetzt viel benutzten Schwefelquellen wird man die thermae Sabinianae erkennen, von deren Herstellung die Rede ist. 2) Die Entfernung von Telesia nach Benevent beträgt 24, nach Capua über Caiatia (S. 800) oder am linken Ufer über Syllae (S. 710) 22 Millien.3)

§3. Die Hirpiner. Das südliche Samnium stöfst unmittelbar an die campanische und apuhsche Ebene. Die Strafse die beide verbindet, ist 60 Millien lang; auf ihr drängt sich der Verkehr zwischen dem weiten Hügel- land der adriatischen Südostküste und der tyrrhenischen Westküste, zwischen den besten Häfen die Italien an beiden Meeren besafs, zusammen; sie stellt den kürzesten Weg vom unteren Tiber nach Hellas und dem Orient dar. Zur Zeit der römischen Weltherrschaft hat der hin und her wogende Verkehr diese Thäler und Berge berührt und dem Ganzen den Ausdruck eines Durchgangslandes verliehen. Dazu war es von Natur wol geeignet: Gipfel Pässe und mittlere Erhebung stehen um 2 300 m hinter dem nördlichen Samnium zurück. Ein anderer Unterschied fällt noch mehr in die Augen. Die natürhche Mitte die dort fehlt, ist im Süden vorhanden. Die Gewässer die den zweiten Hauptarm des Volturnus schaffen, treffen nahe bei einander zusammen und bewirken damit dafs das 3000 Dkm haltende Stromgebiet ein beherrschendes Centrum er- hält, das seit 268 v. Chr. von der Römerfestung Benevent einge- nommen wird (I 332). Diese liegt 300 m tiefer als die Schwester Aesernia (S. 795) und öffnet ihre Thore nicht für Saumpfade des Hochgebirgs, sondern für Strafsen die nach allen Gegenden der Windrose zu den Sitzen von Handel und Gewerbe ausstrahlen. Seit seiner Gründung ist denn auch Benevent eine Hauptstadt des Binnenlands gewesen, wie das durch den Wall des Appennins von ihm getrennte Capua ein Haupt der Küstenebene, hat von der Völkerwanderung bis auf unsere Tage einem Herzogtum den Namen

1) CIL. IX 2230. 35.

2) CIL. IX 2212.

3) It. Ant. 122. 304 Tab. Peut. Geogr. Kav, IV 34 mit verschiedenen Irrtümern.

51*

804 Kapitel XIII. Saiiinium.

fjegebi'ii. Die Gunst seiner Lage konnte es freilich erst voll ent- lallen nachdem der Sondergeisl dei- Canlone gebrochen war. In der Vorzeit als die jetzt so nackten Berge ihr Waldeskleid trugen (I 432), Stellleu sich dem friedlichen wie dem kriegerischen Durch- zug Hindernisse in den Weg, die fortzuräumen hunderijährige Kämpfe erforderte. Es leuchtet ein dafs diese Kämpfe in den besten frucht- barsten Gegenden getobt haben; im Hinblick auf die Wein- und Obstgärten die Saalfelder und Gehöfte des römischen Gebiets meinte König I'yrrhos: das Land seiner Bundesgenossen wäre so gründ- lich v.Mwüstei dafs man ihm nicht ansehen könne ob es überhaupt je bewohnt gewesen sei (1 530). Es leuchtet ferner ein dafs Rom seine Siege vor allem ausnutzte um die grofse Durchgangstrafse zu sichern. Zu diesem Zweck gründete es Beuevent und verpflanzte 180 ihm zum Rückhalt zwei ligurische Berggaue in die Nähe, da- mit die wilde Kraft der Apuaner Alpen der ^Yildheit Samniums die Stange hielte. Dergestalt war eine 1000 Dkm oder mehr befassende lateinische Sprachinsel im Herzen des feindlichen Landes umfriedet, damit zugleich dessen Trennung in zwei Hälften bewirkt. Die ältere Geschichte kennt solche nicht: in der Stammliste von 225 v. Chr. ist die waflenpflichlige Mannschaft beider Landeshälften als eine Emheit aufgeführt (l 530). Aber die Geschichtschreiber des hannibalischen Krieges, zuerst Polybios, unterscheiden zwischen Samniten und Hirpinern (I 529 A. 4). Die Grenze wird in doppelter Weise bestimmt: entweder beschränkt man den Namen hirpinisch auf den an das lucanische Gebirge sich anlehnenden höhereu Theil, rechnet also Benevent und die mittleren Striche zu Samnium^); oder im Anschlul's an die natürlichen Verhältnisse (S. 777) voll- zieht man die Sclieidung nach dem Stromgebiet.'-) Wie die einzelnen Cantone vor den Kriegen mit Rom angeordnet waren, läfst sich nicht erraten. In den bekannten Zeiten sind die Hirpini auf die Uochlhäler beschränkt, leben dem Wolfe gleich der sie der Sage nach auf der W^anderschaft geführt hatte, vom Ertrage der Jagd; die römischen Feslungen Venusia im Rücken, Benevent und Luceria von vorn schützen das Fruchtland gegen ihre Slreifereien: deshalb ist unter den Stämmen Samniums dies der unversöhnlichste Feind

1) Liv. XXil 13 XXIH 41. 43 Ptol. III 1,58 tlieilt Gaudium Benevent Tuti- cum den Samniten zu, vgl. Strab. V 250.

2) So Itereits Pol. 111 91,9 nach den Ausführungen S. 687.

§ 3. Die Hirpiner. 805

gewesen J) Einen noch übleren Klang für das Ohr der Römer hatte der INanie der Caudini. Er haftet an dem Gebirge zwischen Capua und Benevent; aber seine ehemabge Ausdehnung läfst sich nicht mehr bestimmen.-) Wir folgen der Eintheilung des Augustus, welche die Naturgrenze zu Grunde gelegt und den Hirpinern in der zweiten Region 9 Gemeinden mit Selbstverwaltung zugewiesen hat, fügen aber noch Abellinum bei das der Kaiser unter Campanieti gestellt hat. Der Abschnitt befafst mithin die Kreise S. Bartolommeo in Galdü, Benevent, Avellino, Ariano, Sant' Angelo de' Lombardi, rund 80 d. G M. oder 4400 Gkm. Der lange Friede hat die ehe- maligen Gegensätze ausgeglichen und den Namen der Hirpiner früher dem Gedächtnifs entrückt als den samnitischen, er wird zu- letzt von Ptolemaeos gebraucht. Dafs die Trennung von Nord und Süd seit Diocletian verschwindet, wurde bereits S. 775 vermerkt. Die grofse Durchgangstrafse von Rom nach Brundisium wird zu 360 Millien gerechnet und Via Appia benannt. 3) Letzteres hat die unsinnige Meinung veranlafst, als ob der Censor von 312 v. Chr. dies Ziel bereits erreicht hätte, üeber die Weilerführung seines Werkes von Capua wo es endigte, fehlen die Nachrichten ; indessen ist nicht daran zu zweifeln dafs sie in verschiedenen Absätzen mit dem Fortgang der Eroberung und der Anlage romischer Colonien erfolgte. Aus diesem Grunde kommen mehrere Linien in Betracht die nach wechselnden Verhältnissen im Lauf der Zeiten ausgebaut worden sind. Nur das erste 32 Millien lange Stück von Capua bis Benevent giebt den gemeinsamen Anfang aller ab und ist keinen Schwankungen unterworfen gewesen, weil die Natur die einzu- haltende Richtung deutlich vorgezeichnet hatte. Der Appenniu der scheinbar als undurchdringUche Mauer gegen die campanische Ebene abfällt, besteht in Wirklichkeit aus einzelnen von West nach Ost streichenden Stocken die vielfach nur locker zusammenhängen, auch durch Spalten getrennt sind und so den Zutritt ins Binnen- land eroffnen. Ein solches Eingangsthal ist die Valle di Madda- loni zwischen der Tifatagruppe und M. Longano (S. 710). Daran

1) Sil. It. VIII 569 Hirpinaque pubes horrebat teils et tergo hirsuta ferarum. hos venatus alit. litstra incoluere sitimque averlunt fluvio somnique labore paranlur. Ders. XI 11 gens Hirpini vana inducilisque quieti et rupisse iiidigna ftdem.

2) Liv. XXIII 41. 43 XXIV 20 Vell. II 1,5.

3) Strab. VI 283 Aur. Vict. v. ill. 34.

806 Kapitel XIII. Samnium.

stufst unter einem Winkel von 70*^ ein zweites das wegen seiner Ostrichtung den kürzesten Weg nach Apulien anzeigt und die trichterfürmige Höhhing der Ebene zukehrt, während das Thal von Maddaloni gleichsam umgestülpt ihr die Spitze aufsetzt. Wir haben S. 753 die Via Appia bis zum Vicus Novanensis bei Arienzo 12 Millien von Capua verfolgt. Die Meilensteine von denen die ältesten die Herstellung durch Augustus 17 v. Chr. melden, zählen von Capua aus.i) Ungefähr am 14. geht der Trichter in die Spitze über. Der Engpafs ist 3 Millien lang, steigt auf dieser Strecke 150 m und wird von den einschliefsenden Bergen im Norden um 500 m im Süden um 6 700 m überragt. Da der Grund in Folge der Ent- waldung durch abgeschwemmte Erdmassen bedeutend erhöht worden ist, mufs der Wanderer ehemals in der Tiefe weit mehr den Ein- druck einer Schlucht empfangen haben als gegenwärtig wo die Slrafse höher am Abhang gelegt ist: dadurch wird es verständlich dafs Livius die Römer 321 hier per cavam rupem marschiren läfst.-) Das Dorf Forchia an der Südseite und der ganze Pafs hat durch das Mittelalter hindurch seinen römischen Namen Furculae oder Furcae Caudinae gerettet.^) Gleiches gilt von der Valle Caudina in die der Pafs ausmündet. Dies Hochlhal ist 250 300 m ü. M. also 200 250 m über der campanischen Ebene gelegen. Sein gröfster Durchmesser in der Länge von Süd nach Nord beträgt 7 8 , in der Breite von West nach Ost 5 Millien. Es ist kesselartig von Bergen eingeschlossen die von der Thalsohle 4 600 m und mehr ansteigen: der höchste unter ihnen der schroffe mons Tahurnus (1393 m) im Norden bewahrt seinen Namen der übrigens im Alter- tum nicht auf diesen Gipfel beschränkt, sondern auf die ganze Gruppe bis zum Volturnus hin (S. 777) ausgedehnt wurde.*) Das Becken in vorgeschichtlicher Zeit ein See ist nach Norden geneigt und wird durch den Isclero (im Volksmund Schito) entwässert. Es hätte auch nach Westen durch die Furculae Caudinae oder nach Osten Benevent zu durch den Serretello abfliefsen können, wenn

1) CIL. IX p. 590.

2) Liv. IX 2.

3) Holsle zu Cluver 1196,43; Liv, IX 2. 3, 11 Oros. III 15,2 V 7,1 Flor. I 11,9 Aur. Viel. v. ill. 30 Plut. Par. 3 p. 306 C, Furcae nur Val. Max. V ext. 1,5 VlI 2,17, Fauces Col. X 132.

4) Verg. Georg. II 38 Aen. XII 715 mit Schol. Vib. Seq. 157 Riese Gratt. Cyneg. 509 Caudini saxa Taburni.

§ 3. Die Hirpiner. 807

nicht an beiden Stellen eine Anschwellung des Bodens um 20 m gegenüber der Mitte der Thalsohle den Abflufs verwehrte. Daraus ergiebt sich dafs die Valle Caudina 3 Zugänge hatte, die wie das Thal selbst in der Kriegsgeschichte einen hervorragenden Platz be- anspruchen. — Die Via Appia durchschneidet das Thal der Breite nach und langt 21 Millien von Capua, 4 vom Pafs nach Aussage der Reisebücher bei Caudium an.i) Darunter ist zunächst die Post- station in der Ebene zu verstehen, die der Verkehr während des Landfriedens ins Leben gerufen hatte.^) Die samnitische Sladt die den Namen des Cantons trug, hat des natürlichen Schutzes nicht entbehren können. Da aber der Hügel an den Montesarchio sich anlehnt (427 m), in bevorzugter Weise aus der Bergwand vor- springend nach allen Seiten geschützt ist, kommt er allein in Frage. Mithin lag die Stadt abseits I1/2 Millien nördlich von der Via Appia.3) Diese verläfst das Hochthal durch den steilen Pafs Sferra- cavallo und senkt sich die nächsten IV2 Millien um 110 m zum Serretello.4) Sie folgt dem Bach bis Benevent; mehrere Brücken bestätigen den Lauf im Einzelnen. s) Gewöhnlich hat man nach Holste's Vorgang Caudium am nördlichen Ausgang der Furculae auf den Bergabhang Costa Cauda bei Arpaia verlegt: der Ansatz ist durch die Reisebücher ausgeschlossen. Allerdings weist Montesarchio nur geringe Spuren alter Ansiedlnng auf. Jedoch nimmt solches nicht Wunder: Caudium war Municipium in der Tribus Falerna, aber ein Schatten ohne ßlut.ß) Augustus hatte das ganze Gebiet der Colonie Benevent zugetheilt; wenn der Reisende aus der be- engenden Schlucht in das schöne von Olivenhainen umkränzte Thal hinaustrat, konnte er lesen dafs dies Alles bis an die Mauer des

1) Hor. Sat. I 5,51 Strab. V 249 VI 283 It. Ant. 111 Hieros. 610 Tab. Peut. Geogr. Ray. IV 33 CIL. IX p. 198.

2) Die Caudi cauponae des Horaz. It. Hier. 610 unterscheidet ausdrück- lich zwischen civitas et mansio Caudiis [irrig Claudiis] und giebt gegenüber den anderen Itinerarien die Entfernung von Benevent 1 Millie zu hoch an, was für die civitas vollkonamen zutrifft. Aehnlich vi'ird 612 civitas Aricia et Albano zusammengefafst; andere Beispiele finden sich nicht.

3) Nach dem Fundort von CIL. IX 5994 ergiebt sich die Entfernung. In der That fehlte für die Römer jeglicher Grund ihre Strafse im Winkel über Montesarchio zu führen.

4) Liv. IX 2 per aliiim saltum arliorem impeditioremque , Holste a. 0. nennt ihn saltum difficilem et silvosum.

5) CIL. IX 2122 Garrucci, Dissertazioni archeologiche, Roma 1864, p. 82.

6) Plin. m 105 Ptol. III 1,58 CIL. IX p. 198.

808 Kapitel XIII. Samnium.

verfallenen Nestes drüben am Berge weder dessen Insassen noch den Kneipwirten deren rote Dächer aus der Ferne zur Einkehr einladend winkten, gehöre, dafs dies nicht caudinisches Eigentum sei sondern heneventanisches.i) Ein Bischof von Gaudium wird noch 499 erwähnt 2); oh die Stadt damals noch bestand oder das Thal gemeint ist, bleibt unentschieden. Ein Romanschreiber läfst 3 römische Legionen mitsamt ihren Feldherrn in den Furculae fallen. 3) Durch List wurden 321 beide Consuln in das Hochthal gelockt, zur WafTenstreckung und einem demütigenden Frieden ge- zwungen.4) Der Feind halte sie ungestört von Calatia (S. 717) ab den Engpafs durchziehen lassen; aber als die römische Heersäule vor dem Pafs von Sferracavallo anlangt, findet sie ihn stark ver- schanzt und mittlerweile ist auch der Rückweg bei Arpaia versperrt. Die Schilderung die Livius von der Oerllichkeit entwirft, ist Zug um Zug der Gegend abgelauscht. Die Erzählung der Vorgänge da- gegen fällt aus dem Bereich des Möglichen heiaus und verdankt einer mit Raum und Zeit frei schallenden Phantasie ihren Ursprung. Gewifs befanden sich die in der Valle Caudina umzingelten Römer in der ungünstigsten Lage; jedoch ist es ganz undenkbar dafs sie ohne ernsten Kampf, ohne wiederholte Versuche durchzubrechen unter dem Joch entlassen worden wären wie eine Heerde Schafe aus dem Pferch. Die herkömmliche Dichtung ist nach den gracchi- schen Unruhen entstanden. s) Andere Annalisten bei denen der samnitische Anführer Pontius Telesinus heifst und damit zum Ahn- herrn von Sulla's Gegner gestempelt wird (S. 802), haben sie mit jüngeren Farben ausgemalt. ß) Volles Verständnifs erhält die Katastrophe von Gaudium durch die Betrachtung des dritten Zu- gangs der in das Hochthal führt.') Im Nordwesten 1 km hinter dem Dorf Moiano (264 m) windet sich der Isclero 4 km lang durch den Bergwall, bis bei S. Agala de' Goti die Bahn zum Volturnus fiei wird. Die Thalränder überragen den Grund um etwa 200 m

1) Feldm. 232 CIL. IX 2165.

2) Acta Synhod. in Mommsens Cassiodor p. 400,33 408,38.

3) Plut. Par. 4 p. 306 G.

4) Liv. IX 1—12. 27 Appian Samn. 4 Dion. H. XVI 1,3 Dio fr. 36,9fg:. Zonar. Vi! 26 Cic. Cat. m. 41 Off. III 109 Geil. N. A. XVII 21,36 vgl. S. 806 A. 8.

5) Ri)eiii. Mus. XXV 1 fg.

6) Eiitrop. X 17 Aur. Vict. v. ill. 30.

7) Slürenburg, zum Schlachtfeld in den caud. Pässen, Progr. d. Thomas- schuie, Leipzig 1869.

§ 3. Die Hirpiner. 809

und sind mühsam zu erklimmen. Halbwegs wird der Grund durch eine Seitenschlucht unerheblich erweitert. Der Pafs läfst sich leicht sperren. Den Eingang beherrscht S. Agata de' Goli. Dieser Ort nimmt eine Landzunge ein (153 m) die gegen den Isclero (70 m) vorspringt, an drei Seiten um 80 m steil abfällt und nur an der südlichen Schmalseite angreifbar ist. Nach Süden führt ein Berg- weg zwischen dem Rücken des M. Longano (580 m) und M. Burrano (776 m) über Durazzano (298 m) und ein etwa 360 m hohes Joch i) hinunter in die Ebene oberhalb Suessula (S. 753); die Entfernung von S. Agata bis Suessula beträgt 12 iMillien. Nach Westen läuft eine Strafse aus die nach 3 Millien den Ausgang des Thals von Maddaloni, nach 5 den Volturnus erreicht. Die Wichtigkeit des Platzes beruht also darin dafs er ein Thor von Samnium bewacht und eine Wegekreuzung im Grenzgebirge beherrscht. Wie monu- mental fest steht, ist S. Agata die Nachfolgerin einer alten Stadt: obwol die inschriftliche Bestätigung noch fehlt, hat man sie mit Recht Saticula getauft. Die Rümer richten gleich im ersten Kriegs- jahr 343 einen Vorstofs gegen die Festung, geraten aber auf dem Marsch nach Suessula etwa bei Forchia di Durazzano in arge Not, bis der Mut des P. Decius Rettung schafft.-) Als sie 321 durch den caudinischen Pafs vorrücken, befindet sich Saticula noch immer in samnitischen Händen und schneidet den Rückzug am Isclero ab. 316 lagert ein Heer vor den Mauern, weist den zum Entsatz an- dringenden Feind zurück und erzwingt 315 die Uebergabe.3) Zur Sicherung ward 313 eine latinische Colonie gegründet.*) Der Wert dieses Punctes für den Kampf gegen Samnium leuchtet von selbst ein; bei der schweren Not die 216 anhob, wird er ausdrücklich erwähnt. Als Capua's Abfall den geraden Weg durch die Ebene versperrte, konnte Marcellus von Casilinum aus bei Caiatia den Volturnus überschreiten und auf Saticula und Suessula gestützt das

1) Im Unterschied von der heutigen führte die alte Strafse in die Schlucht von Forchia di Durazzano hinunter, in saltum cava valle pervium wie es treffend Liv. Vil 34 heifst. Der Name stammt ohne Zweifel aus dem Altertum; es verdient Beachtung:, dafs Furculae in dieser Gegend zweimal, sonst sehr selten in Italien vorkommt.

2) Liv. VII 34 37, Aur. Vict. v. ill. 26 läfst die beiden Heere vertauschend den Vorgang am Gaurus sich abspielen".

3) Liv. IX 21. 22 Diod. XiX 72.

4) Fest. 340 M. Veli. I 14,4 von Livius ausgelassen, aber nachträglich XXVII lU erwälmt.

810 Kapitel XIII. Samniutn.

gefährdete Nola retten i): damals wurden beide Zugänge nach Caudium von den Römern gehalten (S. 753). Seitdem gerät der Ort in Ver- gessenheit; er ehrt noch den Triumvir Octavian , fehlt jedoch in der Censiislisle bei Plinius, was verschiedenartige Erklärungen zu- läfst.2) Durch Saticula wird zugleich ein anderer verschollener Ort näher bestimmt. Zwischen seinem und dem Gebiet von Suessula war der ager Trebulanus eingeschoben und grenzte wie anderweitig mehrfach bezeugt wird, an die Via Appia.3) Die Stadt ist durch den Vicus Novanensis an der Strafse (S. 753), eine junge Gründung nach Ausweis des Namens, ersetzt worden. Sie lag nach der Karte zu schliefsen auf der Höhe Tripaola (etwa 350 m) unmittelbar über dem Eingang zum Thal von Maddaloni und 2 km vom Joch von Forchia di Durazzano.4) Wahrscheinlich sind es diese Trebulaner, nicht die BaUienser denen 303 minderes Bürgerrecht verliehen wurde. ^) Der Verlust ihrer Selbständigkeit wird mit der Ansiedlung sullanischer Veteranen in Suessula wo sie später eingemeindet sind, in Zusammenhang gebracht werden dürfen. Wie weit sich west- lich vom Thal von Maddaloni das Tempelgebiet des Juppiter Tifa- tinus erstreckte (S. 710), ist nicht zu sagen. 6) Ebenso wenig welche ältere Gemeinden in dem ganzen Strich um M. Virgo herum gesessen haben mögen.

Die Einnahme Saticula's leitet eine Wendung im Kampf gegen Samnium ein. Es gelingt den Römern den mächtigen Gebirgswall den die Natur gegen Campanion aufgerichtet hatte, zu durchbrechen und das Herz des Landes mit ihren Stöfsen zu treffen. Hinter den Mauern der Hauptstadt müssen die geschlagenen Samniten 314, wo sie zum ersten Mal in der Ueberlieferung begegnet, Schutz

1) Liv. XXIII 14.

2) Verg. Acn. VII 729 Saticulus asper dazu Serv., Steph. Byz. CIL. IX p. 196.

3) Die Handschriften Liv. XXIII 14 geben Trebianum, zu verbessern nach Cic. ad Att, V 2,1 3 4,1 VII 2,2 3,12 adTam. XI 27,3. Cicero legt am 10. Mai 51 von Pompeji, je nachdem man das Landhaus des Pontius ansetzt, die für seine Verhältnisse lange Reise von 25 28 Millien zurück, am nächsten Tag 18 20 bis Benevent.

4) Nach CIL. X 3764, 'die rätselhafte Inschrift ist vielleicht aufzulösen cultoi'ies) 2[ovis) o{[ttimi) m(aximi) S(uessulani) Hortense[n\s. Colum. X 132 kennzeichnet unter den berühmten Kohlgegenden diese durch die Wendung Cavdinis fandbus horti. Hat die Stadt einst Trebula llortensis geheifsen?

5) Liv, X 1.

6) Am Ende hat in ihm die Widmung der Stadt Telesia CIL. X 3835 ge- standen.

§ 3. Die Hirpiner. 811

suchen. 1) Ihr damahger Name lautete im Munde der Römer Male- ventum oder Maluentum'-), entsprechend der Aufschrift Malies die hierher gehörige seltene Kupfermünzen tragen. 3) Als Gründer galt in der Kaiserzeit Diomedes, der auch die mächtigen Hauer des kalydonischen Ebers, ein Erbstück von seinem Oheim Meleager den Einwohnern als köstliche Reliquie hinterlassen hatte.*) Verständiger klingt die Nachricht die den einstigen Besitz der Gegend den Au- sonern zuschreibt.^) In der Folge hat das Schicksal der Stadt den Untergang der samnitischen Freiheit entschieden. Sie scheint erst um 278 76 während Pyrrhos' Abwesenheit in Sicilien in die Hände der Römer gefallen zu sein und dient ihnen 275 als Stütz- punct in dem letzten Feldzug den der König in Italien unternahm.^) Durch eine latinische Golonie wird sie 268 dauernd gesichert '') und hat das Omen bewahrheitet das den Namen in Beneventiin zu ändern gebot. §) Die Gunst der Lage auf die schon S. 803 hinge- wiesen wurde, leuchtet sofort ein. Wo der Calor ^) nach Aufnahme der üfita deren alten Namen wir nicht kennen, im rechten Winkel nach Westen umbiegt, hat er 153 m Meereshöhe. Bis zur Mündung des Tamarus sind 8 km: von hier fliefst er 4 km weiter gen West und beschreibt alsdann eine Windung in Gestalt eines W dessen obere Schafte 2 km von einander abstehen. Hierauf nimmt er bei 110 m Meereshöhe den Sabatus^^) auf, dann ein paar andere Bäche,

1) Liv. IX 27.

2) Fest. 34. 340 M. Liv. IX 27 Pliri. UI 105 Steph. Byz. BaveßevTos Prokop. b. Goth. I 15.

3) Dresse! in Saliets Zeitschr. f. Numism. XIV (1886) 171.

4) Solin. 2,10 Serv. V. Aen. VIII 9 XI 246 Mart. Gap, VI 642 Prokop b. Goth. I 15 Steph. Byz. a. 0.

5) Fest. 18 M.

6) Plut. Pyrrh. 25, Frontin IV 1,14 läfst den König besiegt werden in campis Arusinis circa urbem Maleventum [Cod. Fatuenlum oder Slatuentum). Da die Schlacht an der Strafse nach Lucanien, vielleicht mehrere Märsche von Benevent entfernt geschlagen wurde, iäfst sich begreifen, dafs die livianische Tradition Flor. I 13,11 Oros. IV 2,3 die campi Arnsini nach Lucanien verlegte. Bestimmbar sind sie um so weniger als wir nicht wissen welche Strafse Pyrrhos einschlug.

7) Vell. I 14 Liv. XV Pol. III 90,8 Eutrop. II 16.

8) S. die A. 2 angef. Stellen.

9) Liv. XXIV 14 XXV 17 Appian Kann. 36 Vib. Seq. 147 Riese Serv. V. Aen. VII 563 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33.

10) So nach dem heutigen Sabbato vorauszusetzen, aber durch kein Zeugnifs belegt.

812 Kapitel Xlll. Samnium.

um im grofsen Bogen um den Taburnus herum seinen Weg sich zum Volturnus zu bahnen (I 332). Dem Sabbato parallel fliefst ein kleiner Bach S. iViccola ; beide fassen einen 2 km breiten Rücken ein der von 337 m auf 190 m und nach West umgebogen 150 m einsinkt. Benevent ist auf der Beugung lang hingestreckt: die am Fufs des Stadthilgels fliefsenden Sabbato und Calore ge- wahren volle Sicherheit; auch im Osten wo die mittelalterhche und antike Burg lag, wird der Angriff durch den vom Bach S. Niecola gebildeten Einschnitt sehr erschwert. Der Umfang der mittelalter- lichen Mauer mifst reichlich 3 km und wird den Umfang der sam- nitischen und römischen Festung annähernd wiedergeben. Von dieser ist aufser vielen VVerkstücken nur ein Thor vorhanden; denn die Mauer wurde 542 n. Chr. von Totilas geschleift, i) Damals war die Verweichlichung eines langen Friedens vorausgegangen. Aber als die Waffen in Italien noch nicht rosteten, hat Benevent seine Stärke bewährt. So oft die Karthager in den Jahren 217 11 vor- über gezogen sind, so wichtig der Gewinn der Stadt gewesen wäre, haben sie jeden dahin zielenden Versuch unterlassen.'-) Auch beim Aufstand der Bundesgenossen ist dies Bollwerk der suUanischen Partei unberührt geblieben. 3) Die strategische Bedeutung des l'latzes wird durch den Umstand erläutert dafs nicht weniger als 6 Ilauptstrafsen einlaufen: 1, die campanische, die Fortsetzung der Via Appia von Capua (S. 805), überschreitet den Sabbato am West- ende der Stadt vermittelst des Ponte Leproso (der jetzt eine 3Iühle trägt); 2, an der ISordseite den Calore überschreitend die Volturnus- strafse von Telesia (S. 803) und Aesernia (S. 788); 3, ebendaselbst die Tifernusstrafse von Bovianum (S. 793) und Aesernia (S. 795), zugleich mit dem Triftvvcg (S. 794); 4, im Nordosten die apulische von Luceria und später auch Brundisium, als solche Via Traiana genannt; 5, im Südosten die tarentinische gewöhnlich Via Appia benannte von Tarent und Brundisium; 6, im Süden die lucanisclie von Salernum. Demgemäfs ist nicht zu verwundern dafs Benevent von Reisenden viel besucht wurde.-*) Auf solche scheint auch die

1) Piokop b. Goth. III 6.

2) Pol. III 9Ü,8 Liv. XXII 13 XXIV 14 fg. XXV 13—17 XXVII 10 Val. Max. V 6,8 Appian Hann. 36. 37.

3) Cic. Verr. I 38 mit Schol. p. 169 Gr.

4) Cic. ad Att. V 3,3 4,1 Hör. Sat. I 5,71 Strab. V 249 VI 282. 83 Vell. II 123 Tac. Ann. XV 34 Die LXVI 9 Suet. Aug. 97 Nero 36.

§ 3. Die Hirpiner. 813

gewerbliche Thätigkeit berechnet zu sein.') Die Aerzle sind be- sonders stark vertreten. 2) Daneben blühten die Wissenschaften: die Stadt errichtete einheimischen Dichtern und Gelehrten z. B. dem aus Horaz bekannten Orbilius Standbilder auf ihrem Capitol.3) Das Griechentum drang ein, wie weniger durch fremdsprachige In- schriften*) als durch Gülte s) und unter Domitian errichtete Obelisken, ein ungewöhnliches Schaustück aufserhalb Roms gezeigt wird.^) Mit gutem Grund nimmt Strabo von seinem geringschätzigen Ur- theil über die samnitischen Städte Benevent aus.'^) Die Colonie war bei ihrer Gründung mit einer ansehnlichen Feldmark und manchen Vorrechten ausgestattet worden. Sie münzt in Kupfer 8), nennt ihre Bürgermeister Consuln^), überträgt die Oertlichkeiten Roms vom Tiber an den Caior.i<)) Durch den Bundesgenossenkrieg wurde sie Municipium in der Tribus Stellatina, alsdann 42 v. Chr. von den Triumvirn eingezogen ii); Munatius Planen» vertheilte die Landlose i2j, unter Einverleibung von Gaudium (S. 807) siedelte Augustus neue Veteranen an und erhob die colonia Julia Concordia Augusta Felix Beneventum unter die Stützen seiner Herrschaft. i3) Die Stadt dehnte sich weit über den alten Mauerring hinaus; die zahlreichen Inschriften, die Reste von Bauwerken wie Theater und Thermen , die Porta Aurea der schone nirgends erreichte Ehren- bogen den die romische Regierung 115 n. Chr. dem Kaiser Traian widmete, sind laute Zeugen ehemaliger Blüte. i*) Es ward schon S. 803 bemerkt dafs sie unter der veränderten Weltlage eine be-

1) Plin. XXXII 19 CIL. IX 1707—13. 17—24.

2) CIL. IX 1618 coUegium medicorum 1655 archiater 1714. 15 inedicus.

3) Suet. de grarom. 9 CIL. IX 1571. 72. 1663.

4) Kaibel 691 fg. vgl. Eph. ep. VllI p. 20 fg.

5) CIL. IX 1538-42.

6) Noi. d. Sc. 1893 p. 267 fg. Rom. Milt. 1S93 p. 210 fg.

7) Sirab. V 250.

8) Conway 159.

9) Nach Empfang des Bürgerrechts Praetoren, dann Quattuorvirn, schliefs- lich Duoviin CIL. IX p. 136.

10) Capilolium Suet. de gramm. 9, regio Esquilhia CiL. IX 1569, regio viae Jiovae el>. 1596.

llj Appian b. civ. IV 3.

12) CIL. X 60S7 Feldm. 159. 210, 231. 232.

13) Plin. III 105 CIL. IX p. 136.

14) Synimach. Ep. I 3 nennt sie unter vielen Lobsprüchen 375 n. Chr. urbs maxima.

814 Kapitel XIII. Samnium.

scheidene Nachblüte getrieben hat.i) Unter den Ortschal'ten der Feldmark sind der Lage nach bekannt: Folianum F'ogHanise (350 m) nördhch von Gaudium im Bergland von Vitulano das sich Ost vom Camposanto (1394 m) nach dem Calore hinzieht 2); Nuceriola Pastena (307 m) am 4. Meilenstein der Via Appia nach Aeclanum zu, mit einem Heiligtum der Beueventaner^); pagus Veianus Pago Vejano (437 m) am rechten Ufer des Tammaro 12 MilUen Nordnordost von Benevent.'') Auf der AHmentartafel der Ligurer werden als beneven- tanisch bezeichnet die pagi Aeqnanus Caelanus Catillinns Cetanus Ltgustinus Mefanus Meflanus Romanus Saeculanus Tncianus.^) Von diesen erhält der an 1. und der an 8. Stelle genannte in Ligustino beigefügt: ein Zusatz der sich aus den Schicksalen der Gegend er- klärt. Der Consul Scipio Barbatus hat 298 v. Chr., wie seine Grab- schrift meldet, Taurasia und Cisauna in Samnium eingenommen. 6) Das Gebiet verblieb römische Domäne und reichte aus um 180 eine Ansiedlung vou 40 000 Apuanern zu denen nachträglich weitere 7000 Köpfe hinzukamen, aufnehmen zu können.^) Es entsprach ungefähr dem heutigen Kreise S. Bartolommeo in Galdo am oberen Tammaro und Fortore der auf 654 Dkm 59000 Einwohner ernährt (S. 104). Als ehemalige Eigentümer werden nur die Taurasini namhaft gemacht, sei es dafs Cisauna anderswo zu suchen oder wegen seiner Kleinheit übergangen ist.^) Aus den neuen Ansiedlern werden zwei Gemeinden gebildet die vermutlich zuerst minderes, später volles Bürgerrecht in der Tribus Velina erlangen. Sie heifsen nach den beiden Consuln die 180 ihre Verpflanzung be- wirkt hatten, Ligures Baebiani und Ligures Corneliani, werden auch in der Censusliste des Auguslus als selbständige Municipien aufge- führt.^) Die Stadt der Baebianer liegt 15 Millien nördlich von Benevenl, reichlich 2 südlich von Circello, wie die Ruinen im Busch-

1) Paul. h. Lang. II 20.

2) CIL. IX p. 194.

3) Nueriola Tab. Peul. JSucerulas Geogr. Rav. IV 33 Nuceria Guido 40, CIL. IX p. 190.

4) CIL. IX p. 133.

5) CIL. IX 1455.

6) Mommsen CIL. I 30.

7) Liv. XL 38. 41.

8) Das in Campanien untergegangene Taurania Plin. III 70, auf das auch Steph. Byz. Tavqavla zu beziehen ist, gehört nicht hierher.

9) Plin. III 105.

§ 3. Die Hirpiner. 815

wald (etwa 600 m) bezeugen. t) Sie hat die Aufmerksamkeit ge- fesselt durch die Stiftung die Traian 101 n. Chr. zum Besten armer Kinder ihr zuwandte (S. 94). Das Capital betrug 401 800 Sesterz und genügte nach dem Mafsstab der veleialischen Urkunde zum Unter- halt von etwa llOZöghngen, stand also beträchthch hinter jener Stiftung zurück (S. 276). Desgleichen ist die Tafel viel nachlässiger geschrieben. Sie führt als baebianisch auf die pagi Albanus Articu- tanus Beneventamis Fascianus Hercidaneus Horlimlanus Libicanus Libitinus Martialis Salutaris. Um diese oder die oben hergezählten Pagi von Benevent näher zu bestimmen fehlt jeglicher Anhalt. Sogar der Wohnsitz der Ligures Corneliani bleibt im Unklaren. Man kann vermuten dafs ein Theil ihrer Feldmark zu Traians Zeit an Benevent gekommen war anders läfst sich der Zusatz in Ligustino bei zwei ßeneventaner Pagi kaum erklären. Der Rest ist dann später mit den Baebianern verschmolzen worden; denn die Feldmesser kennen die beiden ligurischen Gemeinden nur als eine einzige.-)

Von Benevent an begannen vor den Augen des Horaz die ver- trauten Berge Apuliens aufzusteigen. 3) Der Berggürtel der das innere Samnium vom östlichen Flachland scheidet, ist breiter als der campanische aber auch 300 m niedriger. Unter den Strafsen die ihn durchziehen, hat in älterer Zeit diejenige welche Benevent in Verbindung setzt mit Luceria, seil 314 der rümischeu Haupt- festung, sowie mit Sipontum, seit 194 dem romischen llaupthafen Apuliens eine besondere Wichtigkeit beansprucht. Nachdem Rechts- gleichheit in Italien eingeführt war, verloren die militärischen Rück- sichten ihre Geltung: solche offenbaren sich indefs in dem Umstand dafs die Strafse bis an oder auf die Pafshöhe 30 Mühen östlich von Benevent von beneventanischem oder ligurischem Gebiet eingefafst ist. In jüngerer Zeit wurde sie als eine Hauptlinie nach Brundisium betrachtet obvvol sie nicht fahrbar war 4); erst 109 n. Chr. ist durch Traian ein Fahrweg von 6V2 m geringster Breite im Gebirge, 8V2 m in der Ebene erbaut worden und heifst fortan via Traiana.'^) Von

1) CIL. IX p. 125.

2) Feldm. 235, ein curalor Ligurum CorneUanorum kommt noch CIL IX 2354 vor.

3) Hör. Sat. I 5,77.

4) Cic. ad Att. VI 1,1 Strab. VI 282.

5) CIL. IX p. 592.

816 Kapitel XllI, Samniutn.

(It'in oben erwähnten Ehrenhugen ausgehend überschreitet sie nach 3 Müllen den Calor bei der Einmündung des Tamarus (Ponte Valen- lino) und steigt nun am lecliten UlVr zuerst von Calor, dann Ufita, endlich Miscauo (der in die L'lita einfliefst) ähnlich wie die heutige Eisenbahn langsam aufwärts. Am 10. Meilenstein also in der Nähe von S. Arcangelo Trimonti (früher Montemale) setzen die Itinerarien Forum novum an, einen Vicus wol jüngeren Ursprungs.') Der weitere Lauf der Strafse ist durch Meilensteine und Brücken übei" die Wildbäche (wie Ponte delle Chianche unterhalb ßuonalbergo) gesichert. Sie langt 22 Millien von ßenevent2) bei der altin Samniterstadl Aequum Tuticum^) an, die bei einem Gehöft S. Eleu- terio 6 km südlich von Castelfranco in Miscano 500 m hoch lag.^) Von den Römern im 3. oder 4. Krieg erobert ^j sank der Markt den Diomedes gegründet haben sollte <>), zu einem Vicus der Bene- ventaner herab.') Der auch anderswo begegnende erste Theil des INamens der vielleicht Dingstatt bedeutet, ging im Munde der Römer vielfach in Equus über, wie der Ort selbst in eine Poststation.'*) Wenn es schliefslich im Pilgerbuch von 333 heifst mansio ad Equum magnum, so sieht man wie auch die letzte Erinnerung an die o>- kische Vergangenheil erloschen ist. 9) Ein Verkehrscentrum Wiir seit Alters vorhanden, weil die apulische von West nach Ost laufende Strafse hier von der binnenländischen gekreuzt wird. Letztere im Ueisebuch als Strafse von Mailand nach Sicilien betrachtet kommt zunächst von Saepinum (S. 795) und setzt sich nach Venusia fort das 64 Mühen von Aequum entfernt ist. 'O) Die Via Traiana steigt von Aequum die nächsten 8 Millien auf die Pafshühe mit der mutatio Aquilonis die der Capelle S. Vito (915 m) entspricht. Sie hat dt-n Buccolo di Troia (905 m) stellenweise durch Felseinschnilte, im

1) It. Hieros. 610 Forno novo, Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34.

2) It. Hieros. 610 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34,21 Millien It. Ant. 112.

3) Ptoi. ill 1,58 Tovrixov unter den samiiitischen Städten.

4) CiL. IX p. 122.

5) Nach der apokryphen Quelle Plut. Parall. 37 Toi^iov fnjTQÖnoXiv

6) Serv. V. Aen. VIII 9.

7) CIL. IX 1418. 19.

8) Porphyr, zu Hör. Sat. 1 5.87 Serv. V. Aen. VIII 9 Tab. Peut. geben Aequuvi titticum, Cic. ad Att. VI 1,1 It. Ant. 103. 11. 12. 15 Equum tuticum.

9) Ein Pferd wird das Wahrzeichen gewesen sein, Mominsen Unterit. Dial. 305 vgl. CIL. X 1081.

10) It. Ant. 103.

§ 3. Die Hirpiner. 817

Ganzen 3 Millien in gleicher Höhe zu überschreiten, wo der Reisende die Wildheit des Nordwinds (I 384) kosten kann heute wie vor zweitausend Jahren, i) Nach der apulischen Seite folgt in drei Kehren ein steiler Abfall von 300 m; 40 Millien von Benevent wird Aecae Troia (439 m) erreicht, in weiteren 12 Millien Luceria. Die 291 v. Chr. gegründete Colonie Venusia, die grüf^te die überhaupt jemals von den Römern ausgesandt worden ist, bot für die Fortsetzung der Via Appia das nächste Ziel. Aber die in dei- Luftlinie 90 km messende Strecke ist von Bergen angefüllt, deren Ueberwindung auf verschiedenen Wegen versucht werden kann und versucht worden ist. Zu Aenderungen lag um so mehr Anlafs vor, als es bis 109 n. Chr. keine andere Fahrstrafse von Benevent nach ßrundisium gab (S. 815) und die Reise durch den Wechsel von Auf- und Abstieg ermUdete.2) Die wenigen erhaltenen Meilensteine stammen aus jüngerer Zeit, von Hadrian und Constantin.^) Der Anfang der Strafse stand fest: sie langt über Nuceriola (S. 814) nach 10 Millien am Calor an Reste der alten Brücke Ponte Rotto sind erhalten 15 Millien von Benevent bei Aeculanum oder Äedanum.*} Dies lag 1 Millie nördlich von Mirabella Eclano bei der Taverna del Passo oder le Grotte (400 m) und war Ausgangs- punct von 3 verschiedenen Strafsen nach Apulien. Ob der Ort im 2. Samniterkrieg vorkam, ist fraglich. s) Nachdem Benevent römisch geworden war, erhebt er sich zum Haupt des hirpiniscben Stammes.^) Sulla steckt 89 v. Chr. die aus Pfahlwerk bestehende Mauer in Brand, erzwingt die Uebergabe der Stadt und unterwirft damit auch das Volk.') Der Urgrofsvater des Geschichtschreibers Velleius, Bürger von Aeclanum hatte mit einer hirpiniscben Legion auf SuUa's Seite gefochten, der Grofsvater ist einer der Quattuorvirn die eine neue Befestigung aufführen.*) Die Stadt wird Municipium in der Tribus Cornelia, erlangt später durch Hadrian, der auch die Via Appia von

1) It. Hieros. 610 Ghaupy, Maison d' Horace III 491.

2) Sirab. V 233. 49 Vi 283 Gell. N. A. X 3, 5.

3) CIL. IX p. 602.

4) It. Ant. 120 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 33; Cic. ad Aft. VII 3, 1 XVI 2, 4; die volle Form bei den älteren Schriftstellern, die verkürzte bei den jüngeren und auf zahlreiehen Inschriften CIL. IX p. 98.

5) Nach Sieph. Byz. erwähnt Dion. H. XVI Atxalov (pgovqtov ttjs ^IxaXiat.

6) Plin. 111 105 (Leid. Aeculani) Ptol. III 1,62 Vell. II 16.

7) Appian b. civ. I 51.

8) Vell. II 16 CIL. IX 1140.

Nissen, Ital. Landeekande. II. 52

818 Kapitel XIII. Samnium.

Benevent bis hierher (15,75 Millien) erneuerle, den Rang einer Colonie.i) d\q Hiiinen der Sladimauer Wasserleitung Thermen, ein Amphitheater bekunden ihre Blüte, noch mehr die überraschende Fülle von Inschriflen, die sich auf gegen 400 belaufen.-) Von ge- werbhcher Thäligkeil ist darin nicht die Rede, aber wir lesen dafs ein Bürgermeister der traianischen Epoche Menander übersetzt und Komödien gedichtet hat. 3) Nach der Eintheilung Diocietians ist Aeclaniim mit Apulien vereinigt.^) Sein Bischof Julianus nimmt in der Kirchengeschichte als Anhänger des Pelagius und Gegner Augustins einen hervorragenden Platz ein.^) Nach der Zeistörung 669 ist es als Quintodecimum (nach der Entfernung von Benevent so benannt) wieder aufgetaucht, bis im 11. Jahrhundert die Ein- wohner nach dem nahen Castell Mirabella und der Bischof nach Frigenlo übersiedelten. 6) Die Ufita durchmifst auf ihrem nach Nordwest gerichteten Lauf ein unter 350—400 m gelegenes ge- räumiges Thal, das sich bei 12 km Länge 5 und schliefslich 10 km in die Breite erstreckt; alsdann nach ihrem Austritt bei Melito (305 m) wird sie wieder von Höhen bis zur Mündung in den Calor eingeengt. Das Thal stellt die natürliche Vereinigung des ganzen von der Ufita entwässerten Berglands dar; Aeclanum am wesi liehen Ende des Thals gelegen und nur 3 Millien vom Calor entfernt, ver- mittelt den Verkehr einerseits nach Benevent anderseits nach dem Sabbato und dem Golf von Salerno. Den zuletzt angedeuleten Weg schlug in der Neuzeit die Poststrafse von Neapel nach Apulien ein: er führt vom Thal der Ufita nordwärts in allmälicher Steigung hinauf nach Ariane (817 m) und fällt dann ab in die Valle di Bo- vino (Vihinum) die vom Cerbalus Cervaro durchströmt wiid.') Die letzten 20 km vor der Ausmündung in die apulische Ebene wird das Thal von steilen Bergwänden um 3 4U0 m überragt und bildet einen nur vom Anfangs- und Endpiinct aus zugänglichen Pafs (3 400 m). Aber der Pafs verbindet Samnium und Apulien

1) CIL. IX 1095. tili. 23. 60. 1414. 6075 vgl. Feldm. 210. 2fil.

2) Darunter 2 oskisclie Conway 156. 57; 2 giiechisclie Kaibel 689. 90 deren erstere den Archiater der Stadt nennt.

3) CIL. IX 1164.

4) Feldm. 210. 261 CIL. IX p. 99.

5) Frosper a. 439 (Mommsen Chron. min. I p. 477).

6) Hülste zu Gluver 1203,43 Ughelli It. sacra X 6.

7) Der Flufs allein genannt Plin. 111 103.

. § 3. Üie Hirpiner. 819

in so bequemer Weise, dafs er von der Poststrafse wie der über Benevent geleiteten Eisenbahn l)enutzt wird. Bereits in republi- kanischer Zeit ist dieser Weg von Aeclanum ab ausgebauli), im 2. Jahrhundert n. Chr. aus Gemeindemitteln hergestellt^) und schliefs- lich als via Aurelia Aeclanensis unter die Staatstrafsen aufgenommen worden. 3) Begreiflicher Weise gewährte er Aeclanum den gröfsten Vorlheil: von der Appia bei Grotta Minarda 4 Millien von Aeclanum abzweigend mifst er bis Herdoniae 44 Millien.'*) Einen zweiten Weg nach Apulien zeichnet der Flufs vor der im oberen Lauf Ca- laggio, im unteren Carapella heifst; der antike Name wird nicht überliefert. Horaz hat 37 v. Chr. diesen Weg genommen und be- zeugt ausdrückhch die Fahrbarkeit. Von Benevent aus erreichte er nach einer mühseligen Tagereise von 30 35 Millien Trivici villa.^) Die aus 3 Vici bestehende Ortschaft hat vermutlich zu Aeclanum gehört und schon im 5. Jahrhundert einen Bischofsitz erlangt. 6) Man wird sie nordlich vom heutigen Trevico, das die Spitze (1090 m) der östlich vom Thal der Ufita aufsteigenden Berge einnimmt, an der Wasserscheide in einer Höhenlage von 7 800 m zu suchen haben. Von Trivicum fuhr der Dichter 24 Millien bergab, zu einem Städtchen das nicht in den Vers pafste. Darunter wird mit Recht Ausculum verstanden, wo nach den Meilensteinen die Via Trai- ana, die grofse Landstrafse nach Brundisium hindurchführte.') Die Strecke von Aeclanum bis Ausculum mifst 42 45 Millien, harrt aber noch genauer Feststellung. Die dritte Strafse von Aeclanum nach Apulien steht in den Reisebüchern und mufs für die spätere Kaiserzeit als die am Meisten benutzte angesehen werden. Sie folgt in 7 800 m Höhe der Wasserscheide zwischen Uüta und Calor, zwischen Ufita und Aiifidus, endlich Calaggio und Aufidus. Der Reisende konnte 10 Millien von Aeclanum dem unweit der Strafse nach Süden zu befindlichen lacus Ampsanctus mit einem Heiligtum der Mefitis seinen Besuch abstatten. Die starken Kohlensäure und Schwefelwasserstoff auswerfenden Quellen (le Mußte, Mefita) machen

1) CiL. IX 6073 gehört nach dem Fundort ihr an, nicht der Via Appia.

2) CIL. IX 670 [Her]donilana, 1156 via ducens Herdonias, 1414 vj'a ewn- tibus in ApiiUam.

3) CIL. IX p. 601.

4) CIL. IX 670; 1175 erwähnt das caput viae bei Grotta Minarda.

5) Hör. Sat. I 5, 79 mit Schol. CIL. IX p. 121.

6) Ugheili It. sacr. VIII 536.

7) CIL. IX 6016 fg.

52*

820 Kapitel XIII. Samnium.

sich weithin bemerkbar und wirken in unmittelbarer Nähe tödthch (I 242. 271). Sie haben begreil'licher Weise die Aufmerksamkeit der Alten gefesselt, Vergii entwirft eine eindrucksvolle Schilderung der Ampsancti volles ohne sich an die Wirklichkeit ängstlich zu binden; denn die hohen Berge die ihre Einfassung bilden sollen, sind volle 15 km abgerückt. i) Es sind zwei Tümpel in einer wal- digen Schlucht zwischen Kalksteinhügeln, die das Gas ausströmen, der grüfsere hat 5.0 m Umfang 2 m Tiefe. Der Tempel der Mefitis wird gegenwärtig durch das Heiligtum der Märtyrerin Sa. Felicita ersetzt; ein Weiler hatte sich um ihn gebildet.^) Die Reisebücher führen 22 Millien von Aeclanum die Station sub Romula auf, die nach der gemachten Angabe in die Nähe von Bisaccia (973 m) fällt.^) Dies ist ein alter Bischofsilz und wahrscheinlich Romulea das 296 V. Chr. von den Römern erstürmt ward.*) Stadirecht hat der Ort nicht gehabt, war vielmehr eingemeindet in dem 5 Millien entfernten Aquilonia. Im Unterschied von der samnitischen Stadt dieses Namens (S. 789) wird die hirpinische in der Geschichte nicht erwähnt, da- gegen als Municipium durch Schriftsteller und Inschriften verbürgt.^) Wie Hülste ei kannte, giebt Lacedonia (734 m) alter Bischofsitz mit Resten von Thermen und einem Tempel sowie vielen Inschriften die Hirpinerstadt wieder: der Name greift auf die oskische Form zurück. Irrig hatte Cluver ihn dem 10 km südöstlich entfernten Carbonara zugewiesen , letzteres hat sich das zu Nutzen gemacht und heifst seit 1862 amtlich Aquilonia. 6) Die Strafse erreichte nach weiteren 7 Millien bergab die Station am pons Avfidi Ponte Sa. Venere (212 m), von wo 19 Millien bis Venusia gerechnet wurden.') Die drei von Aeclanuni nach Apulien laufenden Strafsen werden von der binnenländischen geschnitten, von der bei Aequum Tuticum bereits die Rede war (S. 816). Sie hiefs nach den Meilensteinen via Herculia und war unter der Regierung des Diocletian und Maxi- mian erbaut. Das Reisebuch unterscheidet zwei Linien von Aequum

1) Cic. de Divin. I 79 Plin. II 2ü8 Verg:. Aen. VI! 563 mit Schot. Claudian de rapiu Pros. 11 350 Sidon. Ep. III 13, 8 Vib. Seq. p. 153 Riese CIL. IX p. 91 Cluver lu ant. 12U1.

2) CIL. IX 1027-34.

3) II. Ant. 120 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35.

4) Liv. X 17 Stepb. Byz. Ughelti ll. sacr. VI 1024 Cluver It. ant. 1204.

5) Plin. III 105 Plol. III 1, 62 Tab. Peul. Geogr. Rav. IV 35 CIL. IX p. 88. 668.

6) Cluver lt. anl. 1204 dazu Holste.

7) lt. Ant. 121 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35.

§ 3. Die Hirpiner. 821

bis Venusia, die eine 64 die andere 68 Millien lang.i) Ueber ihren Gang und die Lage der Stationen lassen sich nur Vermutungen bei- bringen.^)

Im Süden wird das Hirpinerland durch ein hohes Gebirge (I 242) von Lucanien getrennt, doch fehlt es nicht an bequemen Durch- gängen. Zwischen dem Stock der im M. Cervialto (1809 m) und dem Stock der im M. Marzano (1530 m) gipfelt, öffnet sich eine breite Thalmulde die am oberen Ende nur 472 m höchste Meeres- höhe hat. Durch sie fliefst der Silarus in den Busen von Paestum al) und hat sich ohne Zweifel ein reger Verkehr der Stämme bewegt, wenn wir auch Nichts davon erfahren. Der Süd vom Ampsauctus entspringende Aufidus, der gröfste unter den apulischen Flüssen, strömt in raschem Lauf am nördlichen Fufs des Grenzgebirges hin (1 337). In der Richtung jener Thalmulde 50 Millien von der Mün- dung des Silarus entfernt, steigt unmittelbar am rechten Ufer des Auüdus ihn um 200 m überragend ein Hügelrücken (609 m) mit der Stadt Compsa Conza della Campania auf. Den älteren Gewährs- männern war dies eine Stadt der Hirpiner 3), die späteren, denen die Slammesunterschiede nicht mehr geläufig waren, verlegten sie nach Lucanien 4) oder Apulien.^) Die Festigkeit der Lage machte sie zum natürlichen Haupt der ganzen Landschaft am oberen Au- fidus. Hannibal gewann in ihr nach der Schlacht bei Cannae eine sichere Unterkunft für Leute und Gepäck; aber 214 nahm Fabius die Festung mit Sturm wieder. 6) Im ßundesgenossenkrieg ward Compsa 89 von Sulla besetzt.'') Dann erhielt es Bürgerrecht und gehörte zur Tribus Galeria.^) Sein Name kommt nachmals bei den Unruhen 48 v. Chr. vor, indem die eine Ueberlieferung Milo beim Angriff auf diese Stadt durch einen Steinvvurf getödtet werden läfst, die andere den Vorgang nach Cosa im Gebiet von Thurii verlegt. 9)

1) lt. Ant. 103. 112 CIL. IX p. 599.

2) CIL. IX 6060. 61 passen nicht hierher, weil die ZiEfern zu niedrig sind.

3) Liv. XXm 1 VeH. II 68 Plin. lil 105.

4) Ptol. 111 1, 61 vgl. Serv. V. Aen. VII 563.

5) Dio XLll 25 Feldm. 210. 261.

6) Liv. XXIII t XXIV 20.

7) Vell. II 16 die Handschriften haben Cosam, Cic. Verr. V 158 fg. municeps Cunsanus dem heutigen Conza entsprechend.

8) CIL. IX p. 88.

9) Die erste Version vertreten durch den ortskundigen Velleius II 68 ver- dient den Vorzug, ihr scheint Dio XLII 25 zu folgen (A. 5). Caes. b. civ. III 22

822 Kapitel XIII. Samnium.

Die Entfernung von den grofsen Stiafsen schlofs eine städtische Entwicklung in der Zeil des Landfriedens aus, im Mittelalter kam die Festung zu neuen Ehren, zählt aher gegenwärtig nur 1300 Ein- wohner.') — Aus den Hochthälern des Calor und Sabbato leiten nur Saumpfade nach Lucanien hinüber. Dagegen kann man vom mittleren Sabbato nach 200 m Steigung unter Bewältigung einer Meereshöhe von 500 m, sei es in die campanische Ebene, sei es an den Golf von Salerno gelangen. Wie in der Neuzeit Poststrafse und Eisenbahn dieser Einsenkung gefolgt sind, so war auch im Altertum Benevent mit Salerno durch eine 40 Millien lange Strafse verbunden.^) Nahezu halbwegs der Ansatz der Reisekarte von 16 Millien ist um 2 zu niedrig wo das Thal des Sabbato durch eine Ausbuchtung nach Westen um 8 km erweitert wird, lag am linken Ufer des Flufses Abellinnm (307 m). Die Stätte ist verödet, die Trägerin des Namens die Provinzialhauptstadt Avellino 2 Millien weiter nach Westen an einen festeren Ort (390 m) gerückt. Die alten Annalen verzeichnen den Namen nicht; auch lehrt die Lage und lehren die Reste der in Netzwerk errichteten Bauten (Stadt- mauer Amphitheater), dafs der Ort seine Blüte dem entwickelten Verkehr und seine Gründung dem Landfrieden verdankt. Darüber gestaltet die Censusliste des Augustus einen einleuchtenden Schlufs. Sie Iheilt das oppidum Abellinum der ersten Region Campanien zu, führt aber aufserdem in der zweiten unter den Ilirpinern Abelli- nates cognomine Protropi und unter den Apulern Abellinales cogno- minati Marsi auf. 3) Die beiden letzteren sind offenbar Landge- meinden mit Selbstverwaltung, wie solche in verschiedenen Theilen des Hochgebirgs begegnen: inschriftlich sind sie bisher noch nicht bezeugt, die Ermittelung ihrer Dingstätten hängt von genauerer Nachforschung oder einem glücklichen Zufall ab. Immerhin ersieht man aus der Censusliste, dafs die apulische Gemeinde im Osten, die

Cosa in agro Thurino wird auf Flüchtigkeit beruhen und da es einen solchen Ort überhaupt nicht gab, Plin. II 147 durch caslellum Carissanum ersetzt worden sein. Die Aenderung des letzteren in Compsanum ist unstatthaft, da Compsa kein Dorf war.

1) Liv. XXIV 44 erwähnt ein Prodigium in lovis Ficiltni templo quod in Compsano agro est: die Oertlichkeit ist nicht bekannt.

2) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34.

3) Plin. III 63. 105, Ptol. III 1, 62 schreibt Abellinum den Hirpinern zu, dagegen Feldm. 229 Cod. Theod. XII 1, 68 Campanien.

§ 4. Die Picentiner. 823

hirpinische in der Mitte zu suchen, endlich die campanische die kein unlersclieidendes Beiwort führt, als die wichtigste aufzufassen sei. Alle drei müssen einst eine Völkerschaft der Abellinates ge- bildet haben , deren politischer Zusammenhang beim Empfang des römischen Bürgerrechts zerrissen, aber ähnlich wie bei Vestinem (S. 438) und Marsern (S. 455) durch den gemeinsamen Namen in der Erinnerung fest gehallen wurde. Wenn auch die nähere Ab- grenzung unmöglich ist, wird man im Aligemeinen die Abellinaten südlich von den Hirpinern ansetzen dürfen. Die Hauptgemeinde am Sabbato wurde Municipium in der Tribus Galeria.^) In der Kaiserzeit führte sie den Titel Colonie: seit wann ist unbekannt. Sie wird im Westen von dem campanischen Grenzgebirge überragt: aus ihm hebt sich der M. Vergine (1480 m) mit einem berühmten W'allfahrtsort ab der die Stelle eines Tempels der Güttermutter ein- nehmen soll.

§4. DiePicentiner.

Das Los der Samniten, welche die Verbindung zwischen dem Binnenland und der tyrrbenischen See unterhielten, ist ein ver- schiedenartiges gewesen. Die Gemeinden am Golf von Neapel haben zwar auch an dem grofsen Krieg gegen Rom Theil genommen, aber gegen Ende des Kriegs Frieden geschlossen und als Bundesgenossen gegenüber den Lockungen Hannihals, vereinzelt sogar der Stammes- genossen 90 V. Chr. die Treue bewahrt. Deshalb hat sich hier das oskische Wesen bis zu seinem Ausgang behauptet. Am Golf von Salerno dagegen wurden die Samniten völlig vertrieben. Um die Strafsen die aus Lucanien nach Samnium führen, in der Gewalt zu haben gründete Rom 273 die Colonie Paestum und verstärkte solche 268 durch Verpflanzung der unterworfenen Picenter, nach demselben Verfahren das mit den Ligurern bei Benevenl wiederholt wurde. Die Kopfzahl der Ansiedler ist unbekannt, doch mag es sich um 10 d. DM. oder mehr gehandelt haben die ihre Bewohner ver- tauschten. Der ager Picentinus reicht an der Küste 30 oder 32 V2 Mil- ben hin von der Inseln der Sirenen (S. 767) bis zum Silerus dem Grenzflufs des alten Italiens. 2) Obwol von Augustus der ersten Re- gion zugetheilt, nimmt er bei den Geographen eine Sonderstellung

1) CIL. X p. 127.

2) Strab. V 251 Plin. III 38. 70.

824 Kapitel XIII. Samnium.

zwischen Campanien und Lucanien ein, was auch den natürlichen Verhältnissen entspricht.^) Die binnenländische Grenze ist im All- gemeinen durch das Gebirge gegeben, läfst sich aber nicht genau bestimmen. Ebenso bleibt die staatsrechtliche Stellung der Picentiner ob sie minderes Bürgerrecht hatten oder Bundesgenossen waren, im Unklaren.^) Der Damm den Rom durch dies Völkchen zwischen Lucanern und Hirpinern aufgerichtet glaubte, hielt einer ernsthaften Sturmflut nicht Stand. Als die beiderseitigen Nachbarn zu Hannibal abfielen, folgte es ihrem Beispiel. In der Kriegsgeschichte geschieht seiner keine Erwähnung, wol aber der Strafe die es nach dem Kriege erhielt. Die Picentiner büfsten Selbstverwaltung Eigentum an Grund und Boden das Waffenrecht ein , wurden im Felde als Boten und Diener verwandt.^) Wann sie aus dieser Hörigkeit zum Genufs bürgerlicher Gleichheit aufrückten, ist nicht überliefert.

Der Golf von Salerno IIoasidioviccTrjg -aölTtog^) sinus Pae- stanus^) wird vom surrenliner Vorgebirge und der Punta Licosa eingefafst, der Abstand beider beträgt 60 km, doppelt so viel wie beim Golf von Neapel (S. 719). Demgemäfs sind auch die übrigen Verhältnisse gröfser. An der 40 km langen Oslseite mündet der bedeutende Siler oder Silarus Sele 6) und hat eine Ebene von über 200 Dkm aufgebaut (I 335): hier hatte Paestum seine Herrschaft gegründet, wovon in einem der nächsten Abschnitte zu handeln ist. Im Ganzen betrachtet fehlen die natürlichen Bedingungen um ein Seeleben und einen Verkehr zu erzeugen wie ihn der campanische Golf aufweist. Am Meisten scheint hierfür die Nordseite geeignet wo die surrentiner Berge 500 m und mehr jäh abstürzen (S. 768), zahllose Buchten und Ankerplätze bilden, den Strandbewohner nötigen auf weitem Meer den Unterhalt zu suchen den die eng umgrenzte Heimat versagt. Die Erfahrung dafs Steilküsten die Entwicklung

1) Nur Mela II 69 dehnt Lucanien bis zum surrentinischen Vorgebirge aus; anderseits läfst Ptol. III 1, 7. 60 die Picentiner vom Sarnus ab wohnen und Nola Nuceria Surientum Salernum umfassen.

2) Sil. It. VIII 578.

3) Strab. V 251.

4) Strab. 1 21. 22 V 209. 211. 251 VI 252.

5) Cic. ad Alt. XVI 6, 1 Mela II 69 Plin. III 71. 85 Strab. V 251.

6) Die Kurzform Colum. X 136 Lucan II 426 Vib. Seq. Paul. h. Lang. II 17 ist nach Ausweis der heutigen als die einheimische zu betrachten, Silerus Mela II 69 Plin. II 70, Silarus Lucil. fr. III 21 L. M. Verg. Georg. III 146 Sil. It. VIII 580 Tab. Peul. 2iXaQH Strab. V 251 VI 252. 55.

§ 4. Die Picentiner. 825

der Schiffahrt befördern (I 114), wird auch in diesem Falle bestätigt: seit dem frühen Mittelalter strahlt der Name Amalfi in hellem Glanz. Als Vorläuferin von Amalfi lernen wir aus Strabo Marcina kennen, eine Gründung der Etrusker später von Samniten bewohnt. i) Dafs das Land bis zum Silarus einst den Etruskern gehorcht habe, wird anderweitig bezeugt ohne Erwähnung der Stadt. 2) Sie wird früh verblüht sein, mag aber vordem die Hellenen belästigt haben und diesem Umstand die Erhaltung ihres Andenkens verdanken. INach Strabo's Angabe hat sie bei Vietri gelegen wo die Strafse von Nu- ceria mündet (S. 772). Mit der Ansiedlung der Picenter bekam die Landschaft eine neue Hauptstadt in Picentia.^) Diese lag 7 Millien südöstlich von Salerno jenseit des Baches Picentino bei S. Maria a Vico oder Vicenza. Nach der Reisekarte stiefsen die von Benevent über AbelUnum kommende Strafse und die aus Campanien über Nuceria und Salernum kommende Strafse hier zusammen um sich nach Lucanien fortzusetzen. Nach dem hannibalischen Krieg wurde die Stadt in einen von Salernum abhängigen Flecken verwandelt, sodann 89 v. Chr. von den Samniten zerstört.*) Der Verkehr den die Gabelung der Strafsen mit sich brachte, rief ihn wieder ins Leben. Es ist sogar nicht ausgeschlossen dafs er im Laufe der Kaiserzeit sein Stadirecht zurück erlangte. s) Zur Bewachung der Picentiner ward 194 v. Chr. eine Colonie von 300 römischen Bürgern nach Salernum oder castrum Salerni ausgesandt. ß) Letztere Fassung des Namens deutet an dafs ein vorhandenes Dorf zur Aufnahme der Colonie gewählt wurde.") Der Hafen nimmt den Scheitel eines Bogens ein der sich über einer 12 km langen Sehne wölbt, ist von Nuceria 9 und von AbeUinum das Thal des Irno hinauf einige 20 Millien entfernt. Der flache Strand dehnt sich bis 1/2 km Breite aus, darüber steigt die Altstadt die einfassende Hohe an, das lango- bardische Castell bis 275 m. Im Allgemeinen haben die antiken Verhältnisse den mittelalterlichen entsprochen; jedoch fehlen sowol

1) Strab. V 251.

2) Plin. m 70.

3) Strab. V 251 Mela II 69 Plin. 111 70 Steph. Byz. Tab. Peut. Georg. Rav. IV 34 CIL. X p. 60.

4) Flor. II 6, 11.

5) CIL. X 3608.

6) Liv. XXXII 29 XXXIV 45 Vell. l 15.

7) Sil. It. VIII 582.

826 Kapitel XIII. Samnium.

Ueberreste als feste Aiihaltspuncte um den Grundrifs der römischen Anlage zu entwerfen. Da das ganze picentinische Gebiet bis zum Silarus ihr untergeordnet wurde, mufs die Stadt einen bedeutenden Aufschwung erhalten haben. i) Eine zeitweilige Unterbrechung be- wirkte Papius Mutilus 89 v. Chr., da er die Zwingburg eroberte und die Unfreien zu den Waffen rief. 2) lo der nachfolgenden Friedens- zeit wird ihr mildes Klima gerühmt 3), sonst nichts Bemerkenswertes gemeldet.^) Auch die Inschriften geben weder über die Tiibus noch die Verfassung der Stadt nähere Auskunft.^) Immerhin zeugt der Titel Colonie den sie unter den Kaisern führt, von einem gewissen Ansehen. Im 4. Jahrhundert haben die Correctoren von Lucanien und Bruttium hier ihren Sitz.^) Als die Langobarden herrschten, heifsen Capua Neapel und Salerno die reichsten Städte Campaniens ''); noch später ist die salernitaner Hochschule eine Wiege der modernen Medicin geworden.

§5. Die Mark Venusia.

Unter den Flüssen die das samnitische Hochland nach der Adria entsendet, ist der Aufidus der längste und der am Weitesten nach Westen vordringende; die Quellen am M. Calvello (1580 m) sind in der Luftlinie nur 35 km vom Golf von Salerno entfernt. Er entspringt im Lande der Hirpiner, durchmifst das von diesen be- wohnte Hochthal von Compsa (S. 821), wendet sich hierauf nach Norden und beschreibt einen weiten Bogen um den Vultur. Von der angegebenen Wendung bis zu seinem Austritt in die Ebene wird er zum Grenzwächter zwischen den Provinzen Principato ulteriore (Avellino) und Basilicata (Potenza) in der Neuzeit, den Hirpinern und Apulien im Altertum. Der geschichtlichen Scheidung hat die Natur vorgearbeitet. Der Querzug des Appennin dessen Gewässer nach Südost dem Busen von Tarent, nach Norden in den Aufidus der Adria zuströmen, schliefst Samnium gegen Lucanien ab. Allein

1) Strab. V 251 Lucan 11 425.

2) Appian c. civ. I 42.

3) Hör. Ep. I 15, 1.

4) Val. Max. VI 8, 5 Plin. III 70 XIII 25 Ptol, III 1, 7 It. Ant. 109 Tab. Peut. Geogr. Ray. V 2.

5) CIL. X 1 p. 61, eine regio Ilortensiaria erwähnt n. 521.

6) Böcking zu Not. Dign. Occ 435 CIL. X p. 1.

7) Paul. h. Lang. II 17.

§ 5. Die Mark Venusia. 827

im Osten wird er so niedrig dafs von einer scharfen Trennung nicht mehr die Rede sein kann. Das Gleiche gilt dem apulischen Tiefland gegenüber; die Gebirgsmaiier die vom Fortore ab es einfafst, sinkt nach Süden zu ein, mifst zwischen dem Calaggio und Auüdus 2 300m weniger als in den früheren Abschnitten. Bei Ponte S. Venere wird der Aufidus frei und vertauscht die zuletzt eingehaltene nordliche mit einer Ostlichen, sodann nordöstlichen Richtung, dem Meer zustrebend. Der Höhenzug der ihn auf dieser 25 km langen nach Ost gewandten Strecke bei 10 km Abstand geleitet, erreicht in la Bicocca 673 m, durchgängig nur 3—400 m. Als einen Wall läfst er sich nicht betrachten, vielmehr als eine Anschwellung die langsam und regel- mäfsig zum Stammgebirge hinaufführt. Dem entspricht die Ge- staltung des Bodens. Während der AuQdus unterhalb des Hochthals von Compsa auf der linken Seite von appennischen Bergen ein- geengt ist die nur kleine Thäler besitzen und kurze Bäche erzeugen, hat er zur Rechten ein ausgedehntes bewegtes Gelände das ihn speist. In der Tertiärzeit schnitt hier ein Meerbusen in die appenninischen Massen ein, die vulkanische Kraft machte sich daran ihn auszufüllen. Sie baute den mächtigen VoUur oder VuUur bis zur Höhe von 1330 m auf. Apulisch heifst der Berg mit Recht^); denn alle anderen Berge weit überragend beherrscht er das Gesichtsfeld Apuliens und wird dessen Wahrzeichen gleich dem Vesuv in Campanien. Beide stimmen in der Erhebung und im Umfang nahezu völlig überein; aber der Vultur hat seine Arbeit Jahrlausende vor dem westlichen Bruder beendigt ([ 271). In Folge dessen hat er weder die Umgebung einebnen noch ihr die unerschöpfliche Triebkraft verleihen können die das gesegnete Campanien auszeichnet. Die Landschaft zwischen Appennin und Aufidus ist aus einem bunten Wechsel von Hügeln tertiärer und vulkanischer Bildung zusammen gesetzt der jeder Regel spottet. Immerhin ist der Boden fruchtbar, trägt gegenwärtig einen geschätzten Wein: Nachrichten über die Erzeugnisse im Altertum fehlen. Für die Römer gewann dieser Strich durch seine geogra- phische Lage einen doppelten Wert. Sie haben hier zum ersten Male das Verfahren angewandt das sie ein Menschenalter später am Calor und am oberen Volturnus wiederholten. Wie der Holzfäller

1) Hör. Od. III 4, 9 vgl. Sat. II 1, 34 Lucan IX 1S5. Der Flufs Volturnus letirt dafs der Name der oskischen Sprache angehört und Berg bedeutet. Der aus der Schlacht bei Cannae bekannte Wind ist nicht nach dem Vulkan be- nannt, sondern bedeutet allgemein SO, ursprünglich wol Bergwind (I 389).

828 Kapitel XIII. Samnium.

Keile in den Baum treibt nm die Saftströmung zu stören, haben die Römer an drei Stellen den Zusammenhang des samnitischen Gebirgstamms durch starke Festungen und grofse latinische An- siedlungen zu zerreifsen gesucht. Horaz meldet was er in der Heimat vernommen^):

sequor hunc, Lucanus an Apulus, anceps; natu Venusinns arat fitiem sub utrumque colonns, misstts ad hoc piilsis, velus est ut fama, Sabellis, quo ne per vacuum Romano incurreret hostis, sive quod Apula gens seu quod Lucania bellum meuteret violenta. Der Dichter überschätzt die Bedeutung der ihm vertrauten Nach- barn, verglichen mit der Gefahr die dem römischen Volke von Sam- nium drohte. Einer allgemeinen Landeskunde trägt Strabo Rechnung wenn er diese Mark als Grenze zwischen Lucanien und Samnium betrachtet und letzlerem zuweist.^) Sie wurde 291 v. Chr. durch die Stiftung der lalinischen Colonie Venusia errichtet und mit 20000 Colonisten d. h. einer bürgerhchen Bevölkerung von 80 100000 Seelen besiedelt.») Der Kreis Melfi der auf 29 d. DM. 1583 Dkm reichlich 100000 Einwohner ausschliefslich von der Landwirtschaft ernährt (S. 103), giebt soviel wir sehen, den Umfang der Mark getreu wieder. Von der Hauptstadt reichte sie in der Lufthnie nach Norden 20 km bis an den Unterlauf des Aufidus und die Flur von Canusium; ebenso viel betrug die Entfernung zu den lucanischen Grenzorten Bantia und Aceruntia; der Blick auf die Berge der Hirpiner war dem Städter durch den Vultur versperrt. Die in Mitten der Osker und Daunier geschaffene lateinische Sprachinsel hat ihre Bestimmung ein Jahrhundert und länger erfüllt. Im Einzelnen führt uns dies die Ueberlieferung des hannibalischen Krieges vor. 4) Der Krieg hatte solchen Menschenverlust verursacht dafs 200 nach seinem Abschlufs eine Verstärkung durch neue Colonisten sich als notwendig erwies. 5) in der nachfolgenden Friedenszeit jedoch wurde der Gegensatz zu den Umwohnern bis zu dem Grade abgeschliffen dafs Venusia deren

1) Hör. Sat. II 1, 34.

2) Strab. VI 254. 283.

3) Dion. H. XVI 17 Vell. I 14.

4) Pol. III 116, 13. 117, 2 Liv. XXII 49. 54 XXVII 2. 10. 20. 25. 40 Piut. Fab. 16, 5 Marc. 29, 1 Appian Kann. 50 Nepos Hann. 5 Cic. Tusc. I 89.

5) Liv. XXXI 49.

§ 5. Die Mark Venusia. 829

Empörung mitmachte und 89 von den römischen Waffen bezwungen werden mufste. i) Nunmehr wurde es Municipium in der Tribus Horatia.'^) Die Gröfse und Blüte der Stadt veranlafste ihre Ein- ziehung durch die Triumvirn, Augustus führt sie unter seinen Co- lonien auf.3) Die Kämpfe der Stämme in alten Zeiten verblafsten in der Erinnerung vor den Umwälzungen die der Bundesgenossen- krieg und die Revolution verhängt hatten. Fortan rechnete man Venusia zu Apulien: im gewöhnlichen Leben wie in der kaiserlichen Verwaltung.*) Erst die Neuzeit hat es davon abgetrennt.

Auf der Aufidusbrücke (S. 820) geht die Via Appia vom hir- pinischen auf veousiner Gebiet über, steigt etwa 300 m um die Höhen zu gewinnen die das apulische Küstenland abschUefsen (S. 827), erreicht nach manchem Auf- und Abstieg 19 Millien von der Brücke die Stadt. Diese nimmt einen länglichen Rücken (410 m) des ge- dachten Zuges ein und ist nach Norden geneigt. Eine etwa 100 m eingeschnittene Fiumara die dem Aufidus zueilt, erschwert die An- näherung von der Nordseite &) ; auch die Langseiten sind durch Thaleinschnitte ausreichend gedeckt, die eigentliche Angriffsfront ist nach Süden dem Gebirge zugewandt. Der Platz ist ausersehen um den Verkehr des Hochlands mit der Küste zu vermitteln und eine weitgreifende Herrschaft auszuüben. Bereits in der samnitischen Periode war er stark bevölkert. 6) Der Umfang der Mauer ist nicht bekannt, mag aber 3 4 km betragen haben. Wenn ein Ortskundiger die vorhandenen Ruinen antiker Gebäude einen Kreis von 16 km ausfüllen läfst, so kann dies höchstens vom gesamten Weichbild in der Kaiserzeit seine Richtigkeit haben. ^) Es versteht sich von selbst dafs die 291 verpflanzte Menschenmasse nicht in der Stadt wohnte, sondern über den ihr angewiesenen Bezirk von 29 d. DM. verstreut wurde. Daraus erklärt sich eine Besonderheit der Ver-

1) Diod. XXXVII 2, 10 Appian b. civ. I 39. 42. 52 vgl. Gell. N. A. X 3, 5.

2) CIL. IX p. 44.

3) Appian b. civ, IV 3 Hör. Ep. II 2, 50 Plin. III 104 (105) CIL. IX 449. 472.

4) Hör. Od. m 4, 9. 16, 26 Sat. I 5, 77 Diod. XXXVH 2, 10 Plin. III 104. 105 Ptol. III 1,64 Feldm. 210. 261 Paul. h. Lang. II 21. Dem entsprechend wird Diomedes wie im übrigen Apulien zum Stadtgründer gemacht Serv. V. Aen. XI 246.

5) Dafs der Bach nach Hör. Od. HI 30, 11 Daunus geheifsen habe, ist möglich aber unsicher vgl. Od. IV 14, 26,

6) Dion. H, XVI 17.

7) Cimaglia, Antiquitates Venusinae, Neap. 1757. 4.

830 Kapitel Xlll. Samnium.

fassung: die latinische Colonie halte Volkstribunen, einen Magistrat der von Hause aus zum Schulze der Bauern bestimmt war.i) Auf die Wichtigkeit die Venusia für die kriegerische Unterwerfung SUd- italiens gehabt hat, wurde oben hingewiesen. Seine Stellung im Verkehrsleben wird für die Epoche der Unabhängigkeit durch zahl- reiche Kupfermünzen erläutert. 2) Zur vollen Entfaltung gelangte die Blüle der Stadt mit der Sicherung des Landfriedens. Zwischen Benevent und Tarent in der Mille gelegen, von beiden Punclen annähernd 80 Milhen entfernt, wurde sie durch die Via Appia be- lebt.3) Ferner läuft die binnenländische Strafse von Aequum Tu- ticum ein (S. 816) um sich nach Potenlia und Sicilien fortzusetzen. 4) Von dem städtischen Gewerbe schweigt die Ueberlieferung, auf eine ausgedehnte kleinbürgerliche Bevölkerung lassen die Inschriften schliefsen.5) Damit steht der schwunghafte Beirieb des Fechter- handwerks in Einklänge); Reste eines Amphitheaters sind noch vor- handen. Ein kaiserlicher Erlafs von 398 erwähnt die Verbreitung der Juden in Apulien und Calabrien : eine etwa aus dem 6. Jahr- hundert stammende Katakombe nördlich von der Stadt bei der Fiu- mara bestätigt das für den vorHegenden Fall."') Die Magistratur mit Duovirn Aedilen Quaestoren Curatoren ist auf ein ansehnliches Ge- meinwesen zugeschnitten. s) Von 291 v, Chr. wo der Name auf- taucht, bis ins 4. Jahrhundert unserer Zeitrechnung wird seine Blüte hervorgehoben. 9) Unter den Langobarden ist sie verwelkt, Venusia kommt bei Paulus Diaconus nicht vor; das heutige Venosa besitzt stattliche Denkmäler aus dem Mittelalter, aber nicht aus dem Alter- tum. Von der samnitischen Vergangenheit sind keine Spuren übrig.

Geschichtliche Erinnerungen haben freilich mit dem Ruhm Ve- nusia's nichts zu thun, die Welt nennt die Geburtsladt eines Dichters.

1) CIL. IX 438.

2) Mommsen Münzwesen 243 fg.

3) Cic. ad AU. V 5, 1 XVI 5, 3 ad Farn. XIV 20 It. Ant. 121 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35 Strab. VI 283 Gell. N. A. X 3, 5.

4) It. Ant. 104. 113.

5) Aerzte CIL. IX 467. 470. 6213.

6) CIL. IX 465. 66. 86.

7) Cod. Theod. XII 1, 158 CIL. IX p. 660.

8) CIL. IX p. 45.

9) Dion. H. XVI 17 Appian b. civ. IV 3 Strab. V 250 VI 254 CIL. IX 430 splendida civitat Fenusinorum.

§ 5. Die Mark Vennsia. 831

Horaz der Vater gehörte jenem Stand kleiner Geschäftsleute an der vorhin erwähnt wurde. i) Der Sohn ist in zarter Kindheit hinaus- geschickt worden und hat die Heimat nur vorübergehend wieder gesehen. Aber in der Fremde bleibt er ihr mit unwandelbarer Treue zugethan und flicht die Eindrücke die seine jungen Sinne empfangen hatten, den stolzesten Schöpfungen seiner Muse ein. Zu einem geschlossenen Bilde lassen sich die einzelnen Züge nicht ver- einigen, die Lage des väterlichen Landguts ist unbestimmbar. 2j Von den 3 bei Horaz erwähnten Nachbarstädten fallen Aceruntia und Bantia aufserhalb dieser Region nach Lucanien (Kap. XV 2). Somit bleibt für den jetzigen Rahmen das 15 km Süd von Venosa ent- fernte Forentum Forenza übrig. Es liegt 6 km von der lucanischen Grenze 762 m ü. M. ; das arvum pingue humüt's Forenti von dem Horaz spricht, pafst zu den Höhenlinien der Gegend nicht. ^j Die Annahme dafs die Bewohner während des Landfriedens 300 m unter- halb der alten Festung und 4 km näher an Venosa auf den Feldern von S. Martino sich angebaut hatten, klingt wahrscheinlich. Als das Faustrecht sodann Geltung erlangte, suchten sie den Schutz der frUhereri Wohnstätte wieder auf. Forenza ist unter der festen Stadt Forentum zu versteheu die von den Römern 317 v. Chr. erstürmt ward; dem späteren Sprachgebrauch gemäfs theilen die Annalen sie Apulien zu und lassen sie an Lucanien stofsen.^j unter Augustus hatte sie Selbstverwaltung^): im Hinblick auf die hohe Zahl der Colonisten (S. 828) möchte man vermuten dafs sie ehedem in Venusia

1) Ilor. Sat. I 6, 6. 45. S6 Ep. 1 20, 20 Suet. rel. p. 44 ReifF.

2) Der fons Bandusiae Od. 111 13 wird von den Scholien nach der Sabina verlegt, wie auch Ep. 1 16, 12 fordert (S. 616). Anderseits hat Chaupy, Maison d' Hör. lil 364. 53S fg. nachgewiesen dafs ein Quell bei Venusia in einer Bulle von 1103 so heifst. Der durch die Ode verherrlichte und nicht aus. drücklich der Sabina zugeschriebene Name wird von einem patriotischen Ve- nusiner hierhin übertragen sein, wie ähnlich mit Pausilypon Jcademia Tempe usw. geschehen ist. Die Oertlichkeit der Quelle 11 km S von Venosa pafst nicht auf das väterliche Landgut, das andere Verse am Vultur (Od. III 4, 9) und in der Nähe des Aufidus (Od. IV 9, 2) zu suchen gebieten. Daher ist es nicht wahrscheinlich dafs der Dichter den Namen aus der allen Heimat für die neue entlehnt habe, ebenso\»enig dafs er hier wie dort ursprünglich ge- wesen sei.

3) Hör. Od. III 4, 16 dazu Porphyrio der Ferente oppidum nach Lucanien in ein Thai verlegt.

4) Liv. IX 20 Diod. XIX 65 <pEQ£VTr, CIL. IX p. 43.

5) Plin. 111 105.

832 Kapitel XIII. Samnium.

eingemeindet war und etwa in den Wirren des letzten Jahrhunderts losgetrennt ward. Der Abfall der Colonie 89 v. Chr. mag auch weitere Verluste bewirkt haben und die eine oder andere der in der Censusliste aufgeführten unbekannten Gemeinden innerhalb der alten Mark der Venusiner versteckt sein. Für die Einzelforschung bleibt in dem behandelten Gebiet viel zu thun übrig.^)

1) CIL. IX p. 61 erwähnt das Vorhandensein unbekannter Inschriften.

KAPITEL XIV.

Apulien.

Wie das Poland den Uebergang von der Culturwelt des Südens nach Mitteleuropa einleitet, kann das letzte Drittel der Halbinsel als Bindeglied zwischen Rom und Hellas betrachtet werden. Jenseit des lucanisch-samnitischen Grenzgebirges rückt der Appennin an das tyrrhenische Meer heran und entsendet seine Flüsse in den Busen von Tarent (I 239). Die Natur erleichterte die Einwanderung über See von Osten her: in einer Zeit die älter ist als unsere Ueber- lieferung, haben halbhellenische Stämme die ihnen zugewandten Ebenen und Hügel in Besitz genommen; seit dem Ausgang des 8. Jahrhunderts wurden die Küsten der gebirgigen Westhälfte von Ansiedlungen hellenischer Cullurstaaten erfüllt. Auf einem Raum von rund 1000 d. Quadratmeilen vollzieht sich eine Entwicklung der es an buntem Wechsel nicht gebricht: Fremde und Eingeborene Stadt und Land, Königtum und Freistaat, Stadt und Stadt, die viel- seitigsten Gegensätze ringen mit einander; auch greifen auswärtige Mächte von Sicilien und Griechenland her in diese Kämpfe ein. Im Lauf des 4. Jahrhunderts bringt die oskische Nation nahezu den ganzen Westen in ihre Gewalt und richtet ihre Angriffe gegen den Osten der unter dem Einflufs Tarents steht. Dann fällt die nor- dische Grofsmacht den Samniten in den Rücken, aber übernimmt zugleich mit den fortschreitenden Erfolgen ihrer Waffen die Rolle der bisherigen Dränger. In dem Bündnifs das Rom 306 mit Karthago schliefst, bezeichnet es Italien d. h. den hellenischen Süden als das ihm zukommende Machtgebiet (I 66). Um solchen Anspruch zu erhärten hat es die schweren Kriege geführt die den Namen des Pyrrhos und Hannibal tragen. Man begreift dafs die Gegenden die den Preis, auch den Schauplatz des Kampfes abgegeben haben. Als der Friede endhch einzog, ist er aufser Stande gewesen die ihnen geschlagenen Wunden zu heilen. Die Blüte dieser Landschaften fällt

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 53

834 Kapitel XiV. Apulien.

aus dem Bereich unserer Darstellung heraus, für die Römerzeit genügt ein geringer Raum im Verhällnifs zur Ausdehnung der behandelten Fläche. In seiner allgemeinen Erdbeschreibung hat Strabo den Stoff derart gegliedert dafs das fünfte Buch Norden und Mitte als das römische Italien umfafst, das sechste Buch Lucanien Bruttium Sicilien Apulien als das griechische Italien umfafst. Ein anderer Weg ist gewiesen für den Versuch die Geschichte Roms zu erläutern. Im Anschlufs an den Bau des Landes, seine Besiedlung und Geschichte hat Augustus das griechische Italien in zwei Regionen getheilt und ist nur darin von den natürlichen Verhältnissen ab- gewichen , dafs er der kleinereu das südliche Samnium anfügte. Nachdem letzteres dem gebührenden Zusammenhang zurück gegeben worden ist, bleiben von der zweiten Region die drei apulischen Provinzen Capitanata (Foggia) Terra di Bari (Bari) Terra d' Otranto (Lecce) übrig die in diesem Abschnitt beschrieben werden sollen. Das Annuario statistico berechnet den Flächeninhalt zu 19110 Dkm, die frühere amtliche Angabe 22115 Dkm war viel zu hoch gegriffen. Vom Garganus abgesehen der eine Gebirgsinsel darstellt uud im M. Calvo bis 1056 m ansteigt, mifst der höchste Gipfel des Höhen- zugs der parallel mit der Küste streicht, Torre Disperata 686 m; durchweg sind die Hügel der Murgie oder Serre weit niedriger und nehmen südwärts beständig an Erhebung ab (I 243). Ohne äufseren Zusammenhang mit dem Appennin gehört doch der Kern des Höhen- zugs sowol als der Garganus der nämlichen Secundärformation wie jener an. Aber im Grofsen und Ganzen ist die Landschaft erst in der jüngeren Tertiärzeit entstanden. Von Zeugen der Vergangen- heit hat sie vorzugsweise Gräber aufzuweisen : da die widerstands- fähigen Gesteine des Appennin fehlen, sind ihre Mauern und Bauten früh zu Grunde gegangen. Vor Allem erklärt sich aus der Durch- lässigkeit des Kreidebodens die dem Osten eigentümliche Dürre (1337); denn die Wirkung der Niederschläge, die ohnehin viel spärlicher fallen als an der appenninischen Seite, wird hierdurch stark beein- trächtigt. Vom Cap Leuca bis zum Aufidus auf einer Küstenlänge von 300 km giebt es keinen ständigen Wasserlauf, nur das nörd- liche Drittel wird vom Vorrat des Appennin gespeist. Ohne Zweifel ist der Mangel durch die zunehmende Entwaldung vergröfsert worden: doch gilt schon den Alten Wasserarmut als besonderes Merkmal Apuliens. Man kann es nicht zu den gesegnetsten Theilen Italiens rechnen. Immerhin war die Ebene im Norden als Weide-

§ 1. Die Ebene. 835

und Kornland ein begehrenswerter Besitz; während der breite Hügel- rücken südlich vom AuQdus mageren Boden und dünne Bevölkerung aufweist, zeichnet sich ein Küstenstrich von lOü km Länge und 15 km Breite durch Fruchtbarkeit aus; auch der Halbinsel sind an Oel Wein und Garten fruchten reiche Erträge abgewonnen worden. Was in Betreff der Einwanderung, der Sprache und Abstammung, der Verfassung und Cultur der Bewohner, ihren Kämpfen mit Hellenen und Samniten zu sagen ist, ward früher (I 539 46) zusammen gefafst. Die von der Natur gegebene Drittelung des Landes ist in den politischen Einlheilungen von Altertum und Neuzeit mehrfach zum Ausdruck gelangt, i)

§ 1. Die Ebene.

Zwischen Fortore und Ofanto zieht der Appennin mit einer Kammhöhe von 6 700 m und Gipfeln von 10—1100 m mauer- artig hin und bildet eine scharf ausgesprochene Grenze. Nach Norden hat Augustus die zweite oder regio Apulia et Calabria"^) bis an den Biferno vorgeschoben, während die heulige Eintheilung am Forlore Hall macht, was den natürlichen und geschichtlichen Ver- hältnissen entspricht (S. 778). Den Namen Apulien der am Fortore heimisch zu sein scheint, dehnten die Römer über die ganze adria- tische Küste bis zur Halbinsel aus, während die Griechen die Ebene als Daunia von dem anstofsenden Hügelland unterschieden (I 541). Der Aufidus macht zwischen beiden einen Abschnitt (I 242), dient auch gegenwärtig als Provinzialgrenze. Die Provinz heifst jetzt nach der 7 km südHch von Arpi in der Mitte gelegenen Hauptstadt Foggia, unter den Bourbonen Capilanata, entstellt aus Karartavög welchen Titel der byzantinische Statthalter führte. Die Gröfse wurde amthch früher zu 7648 Dkm angegeben, jetzt auf 6963 Dkm be- schränkt. Seit dem Altertum ist das feste Land durch Ausfüllung der Strandseen, insbesondere in dem ausgedehnten Lagunengebiet das sich 50 km lang vom Garganus bis zur Mündung des Aufidus erstreckt, um mehrere d. Quadratmeilen erweitert worden (I 338).

1) Quellen: Strab. VI 277—85 Mela II 65—68 Plin. III 99—105 Ptol. IH l, 10 14. 63, 64. 67. 68. Kaibel Inscr. Gr. p. 180—83. CIL. IX (Mommsen) Eph. ep. VIII p, 3—17 (Ihm). Corcia, Storia delle Due Sicilie III, Napoii 1847. Von der Generalstabskarte 1:100 000 gehören hierher Bl. 154—57. 163—65. 174—78. 188—91. 201—4. 213—15. 223.

2) So lautet die amtliche Bezeichnung CIL. IX p. 762 corrector iuridicus Böcking zu Not. Dign, Occ. 436.

53*

836 Kapitel XIV. Apulien.

Man glaubt ein Abbild des padanischen Italien auf die Halbinsel übertragen vor sich zu sehen. Der Mafsstab ist zwar sehr verkürzt, die Ebene auf ein Zwölftel der nördlichen gebracht, die Berge Samniums und die Wildbäche die sie entsenden, mit den Alpen und ihren Strumen zu vergleichen künnte auf den ersten Blick als ge- schmacklose Spielerei erscheinen. Aber Aehnlichkeiten sind vor- handen, nirgends weist das Appenninland eine so einförmige weit- räumige Bodengestaltung auf. In einer früheren Epoche der Erd- geschichte trennte ein Meerestheil den Garganus vom Appennin und wurde dann langsam zurückgedrängt (I 241). Zuerst hat sich im Norden eine Nehrung gebildet und die Insel landfest gemacht: der vom unteren Fortore in einer Länge von 20 km und einer mittleren Erhebung von 140 m zum Garganus führende Rücken giebt diese älteste Nehrung wieder. Jenseit ist durch die Schwemmsloffe des Fortore und der vom Garganus abstürzenden Rinnsei der Ufenand um 8 km vorgerückt worden. Eine schmale und niedrige (3 m) Zunge schliefst jetzt den 25 km langen 70 Dkm haltenden Lago di Lesina ein. i) Dieser wird durch den M d' Elio (252 m) von dem 75 Dkm grofsen trapezförmigen Lago di Varano geschieden den gleichfalls eine Düne gegen das Meer abgrenzt. 2) Freilich haben die landbauenden Kiäfte im Norden vergleichsweise wenig geleistet, das eigentliche Feld ihrer Thätigkeit erstreckt sich in südösllicher Richtung von jenem Höhenzug der zuerst den Garganus mit dem Appennin verknüpfte. Da letzterer vorwiegend die Schuttmassen zur Erhöhung des Meerbodens lieferte, so gelten hier die nämlichen Bildungs- geselze die für den Polauf dargelegt wurden (I 177). Vom Fufs der Appenninkette dacht sich das Land nach Nordost ab, der tiefsten Einsenkung zu die unweit des Garganus hinzieht. Hier (liefst als Sammelrinne die Bäche von Samnium aufnehmend der Candelaro, dessen alten Namen wir nicht kennen (I 338). Er entspringt un- weit Teanum auf dem Uferrand des Fortore bei 140 m Meereshöhe und mündet nach 60 km Lauf in die Lagune von Sipontum. Mithin ist der Boden von der ältesten Nehrung aus nach Südost geneigt.

1) Wahrscheinlich ist dies der locus Pantanus den Plin. III 103 neben der Mündung des Ferlur nennt vgl. Strab. VI 285. Das Wort, zuerst wieder belegt durch eine karolingische Urkunde, bedeutet im Mittellatein und Italienischen Sumpf und entstammt klärlich der Volkssprache.

2) Dafs an ihm der porlus Gamae zu suchen sei Plin, III 103, ist möglich, aber unsicher.

§ 1. Die Ebene. 837

Aber die Appenninflüsse durchbrechen die Bergkette unter 2 300 m Meereshühe: daher ist die Neigung in nordüstUcher Richtung der Sammelrinne zu viel bedeutender. Der Meeresarm der in tausend- jähriger Arbeit ausgefüllt wurde, mifst von Nord nach Süd rund 100 km nnd wächst dabei in der Breite von 20 auf 50 km. Das Ringen des Festen und Flüssigen das die Gegenwart beobachtet (I 337), mufs in vorgeschichtliche Zeiten zurück verfolgt werden um das Relief der Landschaft im Einzelnen zu erklären. Dem Gebirge gegenüber ist es ein Tiefland und erscheint als eine einzige baumlose Steppe die unter den Strahlen der Sommersonne verdorrt und von den Herbstregen befruchtet sich in saftiges Grün kleidet. Aber die Steppe ist nicht glatt wie eine Tenne, sondern weist Un- gleichheiten der Erhebung, Wechsel zwischen Sand- und Thon- lageru, mageren und fetten Boden auf: die Laune des Wassers hat dies bewirkt.

Trotz seiner Gröfse und Abgeschlossenheit hat der Garganus früh die Selbständigkeit eingebüfst und ist zu einem Anhängsel des Neulands herabgesunken von dem Niemand spricht. Daran trägt sein Bau die Schuld. Er hat annähernd die Form einer Ellipse mit 60 km Durchmesser von West nach Ost 30 km von Nord nach Süd; Strabo rechnet die Küste von Sipontum bis zum promunturium Gargani Testa del Gargano 300 Stadien 53 km. i) Die Gipfel er- reichen im Westen und Süden 1000 m und darüber, nach Osten und Norden nimmt die Erhebung ab. Von hoher Warte über- schaute der Hirte die nächtlichen Waldbrände durch die der Cala- brer seiner Heerde fette Weiden bereitete. 2) Ob er selbst dieses im Süden üblichen Mittels sich enthalten habe, steht dahin: jeden- falls sind die Eichenwälder des Garganus die unter der Wucht des Boreas ächzten , völlig verschwunden. 3) Dem Gebirge fehlt es an durchgreifender Gliederung, fehlt ein beherrschendes Thal, ein ge- räumiger Hafen. Immerhin hat dieser massige so weit in die Wogen hinein ragende Vorsprung sich nicht blos den Geographen zur Bestimmung der Meeresgrenzen empfohlen 4), sondern auch die Seefahrer angelockt. Dafs in der Küstenbeschreibung des Skylax unter ^'Aqlov der Garganus zu verstehen sei, ward schon bemerkt

1) Strab. VI 284 Plin. III 103. 111 Lucan V 380.

2) Sil. lt. VII 366.

3) Horaz Od. II 9, 7 Ep. II 1, 202 Sil. It. VIII 629.

4) Ptol. III 1, 1. 14 Dion. Per. 380.

838 Kapitel XIV. Apulien.

(I 539 A. 5). Der Name ist längst mit leichter Aenderung in Jqiov verbessert worden. So hiefs nach Strabo ein Hügel der auf der Spitze eine Orakelstätte des Kalchas, unterhalb 100 Stadien vom Meer die Capelle des Podalirios mit einer Heilquelle trug '). Seit 493 hat der Erzengel Michael Besitz ergriffen, auf steiler Höhe (843 m) überragt der weltberühmte Wallfahrtsort Monte S. Angelo die Lagune von Sipontum. Der fromme Betrieb hat sowol die Namen als die Formen gewechselt: der Bach Althaenus in welchem die Daunier ihre kranken Glieder und ihr krankes Vieh wuschen, heifst jetzt Rio degli Angeli, in der Kirche trinkt der Pilger das heilbringende Wasser. Aber wie die Gläubigen in der Neuzeit den Garganus nach der Gnadenstätte M. S. Angelo getauft haben, so hiefsen beide den griechischen Seefahrern gleichlautend Drium Wald. Der Bergzug an dem diese Bezeichnungen im engeren Sinne haften, endigt in der I'unta Rossa (199 m). Dann folgt ein flacher Strand von 2 km Länge und Breite mit einer offenen Rhede; hinter dem Strand setzt sich das Binnenland muldenförmig bis an die Nordküste fort und erreicht nur in einzelnen Kuppen 700 m, während an beiden Seiten 2 300 m höhere Bergketten aufsteigen. In dieser Einsenkung hatten die Malinates ex Gargano ihren Sitz die in der Gemeinde- liste des Auguslus aufgeführt werden. 2) Das Dorf Mattinata (100 m) oberhalb jener eben erwähnten Rhede bewahrt ihr Andenken. Archytas hatte hier Schiffbruch gelitten , viel ßuchsbaum wuchs in der Gegend den Bienen zur Nahrung, Horaz braucht Matina cacumma für den ganzen Garganus. 3) In der That ist auf der Halbinsel keine zweite Gemeinde mit Selbstverwallung sicher nachweisbar. An der Nordseite den Diomedes- oder Tremiliinseln (I 371) gegenüber lag ein Städtchen Urium Uria Hyrium*): mit der letzten Form über- einstimmend tragen seine Kupfermünzen die griechische Aufschrift YgLarivcov. ^) Ferner wird der sinus Urias in Worten erwähnt die füglich auf den Lage di Varano (S. 836) passen, der im Alter-

1) Strab. VI 284 Lykophr. AI. 1047 fg. m. Schol.

2) Pün. III 105 überliefert Melinates, gewöhnlich in Merinates geändert was irrig ist CIL. IX p. 66.

3) Hör. Od. I 28, 3 IV 2, 27 Epod. 16, 28 mit Schol. Lucan IX 185. Ob die Kupfermünze mit der Aufschrift Mal (S. 78) dieser Gemeinde oder den Mateo- lani (Plin. III 105) zukommt, ist nicht zu entscheiden, Dressel Berliner Kat. 195.

4) Strab. VI 284 Plin. III 103 Ptol. III 1, 14 Dion. Per. 379.

5) Garrucci 109 Dressel Berliner Katalog 191.

§ 1. Die Ebene. 839

tum noch nicht gegen das Meer abgeschlossen war. ') Damit ist die Lage des Ortes annähernd gegeben: man setzt ihn nach Rodi am Meer oder 5 km landeinwärts nach Vico del Gargano.'-^) Jedoch bleibt eine genaue Durchforschung dieser entrückten Landschaft vorläufig ein frommer Wunsch. Für die Schiffahrt am Wichtigsten ist der Hafen von Vieste an der Ostseile, insofern er dem Küsten- fahrer Unterkunft bietet um den Wechsel des Windes abzuwarten. Ob dies etwa der von Plinius erwähnte portus Aggasus sei, läfst sich um so weniger entscheiden als die Anordnung der Namen bei ihm gestört ist. 3)

Das Tiefland hiefs den Hellenen Javvla (I 541) den Römern vereinzelt Apulia Dauniorum. *) Es wird gegenwärtig als Puglia piana von der gebirgigen Puglia petrosa unterschieden oder als Tavohere di Puglia d. h. Schachbrett bezeichnet, weil breite erhöhte Flächen mit weiten Mulden abwechseln wie altem Meeresboden eignet. Das Klima ist heifs^) geerntet wird Anfang .Juni und im Rereich der Lagunen ungesund (I 337). Sofern nicht aufser- gewöhnliche Dürre ^) oder Heuschrecken ^) die Frucht vernichten, bringt der Weizen gute Erträge, wurde auch im Altertum ausgeführt. ^) Rekannter jedoch war und ist die apulische Wolle 9), ehedem auch die Pferdezucht. 10) Das Verhältnifs von Korn- und Weideland zu einander hat stark geschwankt und von dem Angebot auf dem Welt- markt abgehangen. Während früher eine MilUon Schafe auf dem apulischen Kronland graste, ist die Ziffer jetzt auf ein Drittel ge- sunken. Nach den Herbstregen mit Einbruch des Winters Ende October rücken sie von den Rergen ein, im Mai rücken sie wieder

1) Mela II 66. Das Miltelstück der Nehrung heifst Isola, das östliche Stück ist in den letzten Jahrhunderten angefüllt.

2) CIL. IX p. 66, der letztere Name ist wol antik und schliefst damit die ohnehin bedenkliche Annahme aus die die Jrini der Censusliste Plin. III 105 hierher ziehen will.

3) Plin. III 103.

4) Plin. III 103 vgl. Fest. 69.

5) Varro RR. I 6, 3 Hör. Epod. 2, 41.

6) Paul. h. Lang. II 21 Apulia autem a perdäione nominalur; cilius enim ibi solis fervoribus terrae virentia perduntur: leitet also nach unbekannter Quelle den Namen von anöXlvfii her.

7) Liv. XLII 10.

8) Varro RR. I 2. 29. 57 Colum. III 8 Strab. VI 284.

9) Varro LL. IX 39 Colum. VII 2 Plin. VllI 190 Martial XIV 155. 10) Pol. 11 24, 11 Liv. XXIV 20.

840 Kapitel XIV. Apulien.;

ab. Zur Düngung des Bodens für den kommenden Winter legten die Alten beim Abzug Feuer an ; vom Garganus oder Vultur aus erschien dann die Steppe als ein einziges Flammenmeer, i) Es gewährt einen eigentümlichen Reiz diese Wanderzüge zu beobachten. Eine ungeheure Staubwolke kündet sie von fern an, dicht geschlossen den Hirten und die Hunde voran eilt Haufe auf Haufe vorüber; denn wie die Legion in Cohorten, ist die Hauptheerde in Einzei- heerden gesondert. 2) Die Triftwege von 350 Fufs Breite (tratturi delle pecore) ebenso wie die Rastfelder wo die Heerdeo auf dem Marsche grasen dürfen^ sind genau vorgezeichnet. 3) Im vorigen Kapitel ist öfter von diesen Naturstrafsen die Rede gewesen, unter der Annahme dafs ihr Lauf sich seit dem Altertum nicht wesentlich verändert habe. Die Annahme wird durch den Umstand empfohlen dafs Anfang und Ende der Triftwege die nämlichen geblieben sind; aufserdem aber liegt für den bei Termoli vorbeiführenden (S. 783) ein Zeugnifs aus der Gothenzeit^), für den vom Matese ausgehenden ein Zeugnifs aus dem 2. Jahrhundert vor (S. 786). Die Wanderung erstreckte sich im Altertum nicht blos nach Samnium, sondern bis zur Gruppe der Sibilla oberhalb Reate d. h. über einen Marsch von 250 km. 5) Den Wechsel zwischen Sommer- und Winterweide giebt der Kreislauf der Sonne an die Hand. Wann der Wechsel eine solche Ausdehnung wie unter römischer Herrschaft gewonnen hatte, wird nicht überliefert: jedoch darf man vermuten dafs er durch den Aufschwung der Industrie Tarents einen starken Anstofs em- pfangen habe. Die Annalisten lassen 321 apulische Hirten auf dem campanisch-samnitischen Grenzgebirge weiden, ß) Wie S. 434 angedeutet, hat der Trieb zur Weide und deren Nutzung zahllose Streitigkeiten die mit den Waffen geschlichtet wurden, unter den Cantonen hervorrufen müssen. Durch die Kriege des 4. und

1) Lucan IX 182.

2) Von einer solchen Begegnung bemerkt Westphal (Justus Tommasini, Spatziergang usw. p. 261) launig und zutreffend: „da that ich nun in meinem Herzen dem verständigen von mir sehr hochgeschätzten Ritter Don Quixote feierliche Abbitte, weil ich es früherhin für gar zu unklug gehalten hatte, dafs der vortreffliche Mann Schafheerden für Kriegsheere angesehen habe; denn ich war nahe daran gewesen in denselben Irrtum zu verfallen".

3) CIL IX 2826 designati et stationales calles.

4) CIL IX 2826.

5) Varro RR. II j>raef. 6 II 1, 16 lil 17, 9.

6) Liv. IX 2 die Deutung ergiebt sich aus dem Zusammenhang.

§ l. Die Ebene. 841

3. Jahrhunderts gelangte ein grofser Theil der apulischen Ebene in den Besitz des rumischen Staats^); für jedes Stück Vieh wurde Weidegeld an den Steuerpächter, späterhin den kaiserlichen Procurator gezahlt. 2) Die Hirten waren unfrei. 3) „Ehemals, sagt Strabo*), blühte dieses ganze Land, Hannibal aber und die späteren Kriege haben es verödet." Die Zustände die sich nach dem hannibalischen Kriege entwickelt hatten, werden durch eine Angabe der Chronik grell beleuchtet 5) : „eine grofse Sklavenbewegung fand dieses Jahr (185 V. Chr.) in Apulien statt. Den Amtsbezirk Tarent halte der Praetor L. Postumiiis inne. Er stellte über die Verschwörung der Hirten welche die Landstrafsen und Staatsweiden durch ihre Räu- bereien unsicher gemacht hatten, eine strenge Untersuchung an. Er verurlheilte gegen 7000 Menschen; viele davon flohen, viele wurden hingerichtet". Auch in ruhigen Zeiten blieben Streitig- keiten zwischen den Anliegern und durchziehenden Hirten an der Tagesordnung. 6) Kaiserliche Erlasse von 364 und 399 verbieten die Hirten beritten zu machen aus Furcht vor ihrer Raublust. ') Vom Mittelalter bis zur Gegenwart herab soweit die Geschichte des Ta- voliere genauer zu verfolgen ist, hat der Grofsbetrieb der Weide- wirtschaft mit dem fiscalischen Druck und den Eingriffen in die Rechte der Grundbesitzer, denen z. B. Baumzucht auf ihren Aeckern untersagt war, gleich einem Bleigewicht auf Apulien gelastet und jede höhere Regung erstickt. W^enn man so will, beruhte das Verhängnifs der Landschaft auf einem Naturgesetz ; durch die Römer ist es in die Erscheinung getreten. Gegen das fremde Joch sind die apulischen Städte wiederholt, zum letzten Mal 90 v. Chr. auf- gestanden. S) In der Friedenszeit fallen sie der Vergessenheit an- heim und bieten keinen Stoff zu längerem Verweilen. 9)

Wo der frentanische Triftweg den Fortore kreuzt, 18 Millien von Larinum (S. 784 A. 2) 8 vom Meer lag die in älterer Zeit Teate, in jüngerer Teanum Apulum (vereinzelt Teanum Apulorum)

1) Liv. XXXIX 29 pascua publica.

2) Varro RR. II 1, 16 CIL IX 2438.

3) Liv. XXXIX 29 Sueton Gaes. 42 CIL. IX 947.

4) Strab. VI 285.

5) Liv. XXXIX 29.

6) Gic. pro Gluent. 161 CIL. IX 2335. 2438. 2826.

7) Cod. Theod. IX 30, 2. 5.

8) Appian b. civ. I 39. 42. 52.

9) Seneca Ep. 87, 7 deserta Apuliae vgL Juvenal 4, 27.

842 Kapitel XIV. Apulien.

benannte Grenzstadt.') Nach der oskischen Aufschrift ihrer Münzen zu schHefsen gehörte sie im 4. Jahrhundert v. Chr. den Samniten (I 528. 41). 318 ergab sie sich den Romern und galt damals als das Haupt von Apuhen.2) In der That steht sie unter den Münz- stätten des Landes obenan, hat auch die Didrachmen von Tarent nachgepiägt.3) Diese Blüte wurde durch den hannibalischen Krieg geknickt. In der Folge war Teanum Municipium und vielleicht der Tribus Cornelia zugewiesen. *) Später Sitz eines Bischofs verödete es während des Mittelalters. Die Reste der Kirche (Pezza della Chiesa) 5 km von S. Paolo di Civitate zeigen den Platz an, den die Stadt auf dem Uferrand (etwa 180 m) oberhalb der alten Brücke über den Fortore (Ponte di Civitate) einnahm. Sie beherrschte den Uebergang und mufs strategische Bedeutung gehabt haben. ^) Die Strafse lief von hier über das unbekannte Ergitmm nach dem 43 Millien entfernten Hafen von Sipontum. ^) Wie Teanum heifst auch die 20 km südlich gelegene Stadt öfters auf Inschriften wie bei Schriftstellern Luceria Apula. '') Im ersten Fall kann das Bei- wort zur Unterscheidung von dem sidicinischen Teanum gesetzt sein, im zweiten Fall ist solche Erklärung ausgeschlossen , weil es kein anderes Luceria gab. Eher konnte der Zusatz die Hauptstadt des römischen Apulien kennzeichnen sollen. Indessen haben bezeugter Mafsen die Apuler westlich vom Garganus, nördlich von den Dauniern gewohnt 8) und so wird am Wahrscheinlichsten das Fortwirken ein- heimischer Ueberlieferung in jenem Beinamen erblickt werden dürfen. Der Minervatempel in Luceria besafs unter anderen Weibgeschenken

1) Bronzemünzen in oskischer Schrift (vor 300) Tiialmm == Teatium, Silber- u Bronzemünzen (nach 300) in lateinischer oder griechischer Schrift Tiati, desgleichen Liv. IX 20, 7 Feldm. 210 Theatinus (A) 261 Teate. Die jüngere Form Cic. pro Cluent. 27. 197 ad Alt. VII 12, 2 Liv IX 20, 4 Mela II 65 Plin. III 103 Strab. VI 285 Ptol. 11! 1, 63 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 V 1. Im 4. Jahrhundert civitas Theanensis CIL. IX 703.

2) Liv. IX 20.

3) Dressel Berl. Katalog 204.

4) CIL. IX p. 67.

5) Cic. ad Att. VII 12, 2.

6) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 V 1.

7) Ptol. III 1, 63 AovicEQia ^AnovXöüv (verschrieben Novxsoia) Tab. Peut. (verschrieben A'mc. Ap.) Geogr. Rav. IV 35 Luceria Apuliae Aur. V. v. ill, 30 L. Apula CIL. IX p. 74; Aovxaoia Pol. lil 88, 5 100, 1. 3 bestätigt durch Steph. Byz,

8) Strab. VI 283. 85 PUn. III 104.

§ 1. Die Ebene. 843

die Diomedes gestiftet, auch das trojanische Palladium, i) Das war frommer Betrug: aber sicherlich ist eiu so hervorragender Platz der an mihtärischer Wichtigkeit in der ganzen Landschaft seines Gleichen nicht findet, früh besiedelt und oft umstritten worden. Zwischen zwei Bächen Salsola und Volgane die vereint in den Candelaro münden, zieht sich eine lang gestreckte Hochfläche hin deren höchste Erhebung die Stadt trägt. Der Stadtboden fällt im Norden und Westen etwa 100 m steil zur Salsola ab, sinkt dagegen nach Süden und Osten ganz allmälich. Das heutige Lucera hat aufser In- schriften keine antiken üeberreste aufzuweisen; ein Amphitheater oestlich aufserhalb ist kaum kenntlich. Noch unter den Lango- barden blühend wurde die Stadt 663 von Kaiser Constans IL von Grund aus zerstört.'-^) Sie verdankt ihre Auferstehung dem Hohen- staufen Friedrich IL, der eine Colonie von Saracenen ansiedelte und damit einen Eckpfeiler seiner Macht in Apulien schuf. Das Werk des Mittelalters macht uns eine anderthalb Jahrlausend weiter ent- rückte Vergangenheit lebendig. Oberhalb auf einem nach Westen gerichteten Vorsprung (251 m) liegt das Kastell, die alte Arx. Von hier umspannt der Blick den langen Bergwall der Samnium be- grenzt, erfafst im äufsersten Süden den Vultur, umspannt das weite vom Garganus und vom Meer eingerahmte Flachland. Die Festung beherrscht das Flachland und schützt es gegen Angriffe vom Gebirg denen sie trotzig die Stirn bietet. In ihrem Bereich münden nordlich und südlich Triftvvege aus, sie war mit Arpi und Aecae (9 bezw. 12 MiUien) verbunden. 3) Luceria stand 321 v. Chr. auf römischer Seite, wurde im caudinischen Frieden den Samniten aus- geliefert, nach dem Wiederausbruch der Feindsehgkeiten zurück erobert, hierauf 315 oder 314 mit einer lalinischen Colonie von 2500 Mann belegt. 4) „Aus Furcht ihren Einflufs in Apulien vöUig einzubüfsen, schreibt ein kundiger Gewährsmann 5), entsandten die Römer eine Colonie nach Luceria einer sehr ausgezeichneten Stadt in dortiger Gegend: von ihr aus führten sie den Kampf gegen die Samniten und haben nicht schlecht für die eigene Sicherheit ge-

1) Strab. VI 264. 84 vgl. (Arist.) de mir. ausc. 109.

2) Paul. h. Lang. II 21 V 7.

3) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35.

4) Liv. IX 2. 12. 13. 15. 26, die Colonie wird von Livius 314, von Diodor XIX 72. 315, von Velleius I 14 323 angesetzt.

5) Diodor XIX 72 vielleicht nach Posidonios.

844 Kapitel XIV. Apulien.

sorgt. Denn dieser Stadt verdankten sie nicht allein die Oberhand im zweiten samnilischen Krieg, auch in den folgenden Kriegen bis auf die Gegenwart herab bedienten sie sich ihrer als Stützpunct gegen die benachbarten Stämme." Dies wird ausdrücklich für den Feld- zug 294 ^), für die Dauer des Kampfes gegen nannibal2), endlich für den Bürgerkrieg 49 bestätigt. '^) Im Frieden war Luceria ein Sitz des Wollhandels 4) und unterhielt während seiner Unabhängig- keit eine reichhaltige Kupferprägung. ^) Der hervorgehobenen Be- deutung entspricht es dafs die Stadt zu den Colonien des Augustus gehört. *») Sie war in die claudische Tribus eingetragen. ")

Von Luceria 12 Millien südlich lag Aecae bei dem heutigen Troja in hoher (439 m) und fester Lage, als erste apulische Stadt die von der Via Traiana berührt wurde (S. 817).^) Sie wird 217 erwähnt als Fabius hier sein Lager gegen Hannibal aufschlug, fiel zu letzterem nach der Schlacht bei Cannae ab, ward aber schon 214 von den Römern zurück gewonnen. 9) Ohne nähere Kunde bleiben wir von dem Municipium das bis zum Ausgang des Alter- tums fortbestanden hatJOj Die Strafse die von Aeclanum über Ariano durch das Thal des Cerbalus nach Apulien führte, ist S. 818 beschrieben worden. Sie wird am Ausgang des Passes überragt von Vibinum, das am rechten Flufsufer 3 400 m über der Thal- sühle, 647 m hoch liegt. In dieser Gegend wählte Hannibal 217 seinen Standort zur Verwüstung der Ebene, rückte auch nachher durch den Pafs nach Samnium und Campanien ab.n) Das Muni-

1) Liv. X 35. 36.

2) Pol. lil 88, 5. 100, 1. 3 Liv. XXII 9 XXIII 33. 37 XXVII 10 XXIV 3. 14. 20.

3) Cic. ad Fam. XV 15, 4 ad Alt. VII 12, 2. 20, 1 VIII 1. 2, 3. 3, 5. 16, 2 Caes. b. civ. I 24 Lucan 11 473 Appian b. civ. II 38 Oros. VI 15, 1.

4) Horaz Od. III 15, 14 Cic. pro Ciuent. 197 CIL. IX 826.

5) Dressel BerL Kat. 26. 192.

6) Piin. III 104 Feldm. 210. 261, die Inschriften nennen die Oberbeamten Quattuorvirn und erwähnen die Colonie erst im 3. Jahrhundert n. Chr., so dafs der Rang zeitweise aberkannt gewesen zu sein scheint.

7) CIL. IX p. 74. Die Reisekarte zeichnet bei Luceria ein grofses Gebäude mit der Beischrift Pretorium Lavcriaimm : was das bedeuten soll, ist unklar.

8) It. Ant. 116 Hier. 610 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35 Guido 47. 51.

9) Pol. 111 88, 9 Liv. XXIV 20.

10) Plin. III 105 Feldm. 210, 8 CIL. IX p. 85 Meiste zu Cluver It. ant. 1202, 40.

11) Pol. III 88, 6 Olßoüviov.

§ 1. Die Ebene. 846

cipium halte Duovirn an der Spitze '); der Name lautete im Mittel- alter Divinum oder Bibinum, jetzt Bovino. 2) Die Via Traiana erreichte 22 Millien von Aecae Ausculum wo eine von Aeclanum kommende Fahrstrafse einmündete (S. 819). Die dem 4. und 3. Jahr- hundert angehörigen Bronzemünzen geben in griechischen Lettern die oskische Form Auhuscl Auhuscli Auscia Ausclin.^) Der Diphthong der Anfangsilbe findet sich auf Inschriften und bei Schriftstellern ^), wird auch wol in o verdumpft ^), aber meistens in den Handschriften durch a wiedergegeben "^axXov Asculum. Dies ist das Städtchen dessen Name wegen der Kürze der zweiten Silbe nicht in den Vers ging (S. 819), wo das Wasser knapp aber vorzügliches Weizen- brot feil war. 6) Es liegt auf einem Hügel (410 m) am rechten Ufer des Carapella, diesen um fast 300 m überragend und durch die Wegekreuzung strategisch bedeutsam; denn die Via Traiana setzte sich nach Canusium (30 Millien) und die hirpinische Strafse nach Herdoniae (10 Millien) fort. Die Sprache der Münzen läfst schliefsen dafs Ausculum samnitisch geworden war (I 530). Zu seinen Füfsen in der Ebene am Carapella gewann König Pyrrhos 279 nach zwei- tägigem Kampf einen Sieg über die Römer. '^) Beim Aufstand des J. 90 hielt es zu den Bundesgenossen, s) Dann hat es Bürger- und Municipalrecht in der Tribus Papiria erhalten. 9) Das heutige Ascoli Satriano bewahrt den Namen nebst Inschriften und Ueber- resten der alten Stadt.

Während ein breiter Saum des an den Appennin angelehnten höheren Landes von den Samniten beherrscht wurde, haben die Daunier das Tiefland behauptet: ihre Kernwaffe die Reiterei (I 545) kam in der weiten Ebene zu voller Geltung. Seit dem Mittelalter ist Foggia die Hauptstadt , kraft seiner centralen Lage in raschem Aufschwung begriffen. 5 Millien nördlich erinnern die Höfe 1' .\rpetta

1) Plin. III 105 Feldm. 210, 8 Ptol. III 1, 63 Omßdgva CIL. IX p. 86.

2) Holste zu Cluver It. ant. 1202, 40.

3) Conway 29 Dressel Berl. Kai. 183.

4) CIL. IX 661. 65, Feldm. 210. 60. 61 ager Aiueulinut, Plin. III 105 ist aus Aeulani oder Eculani herzustellen Ausculani.

5) Fest. 197 M.

6) Hör. Sat. 1 5, 87.

7) Plut. Pyrrh. 21 Dion. H. XX 1 fg. Fest. 197 Zonar. VUI 5 Frontin II 3, 21 Flor. I 13, 9.

8) Appian b. civ. I 52.

9) CIL. IX p. 62.

846 Kapilel XIV. Apulien.

antica (54 m) 1' Arpa (49 m) am rechten , die Capelle S. Nicola d' Arpe (57 m) am linken Ufer des Celone ^) an die antike Vor- gängerin Arpi. Diese von den Römern gebrauchte Namensform wird durch die zahlreichen aus dem 3. Jahrhundert stammenden Silber- und Kupiermünzen mit der griechischen Aufschrift AqTtavov Aqtkx bestätigt. -) Sie findet aber erst allmälich bei griechischen Schriftstellern Eingang, denen die Stadt '^(»yii^itTr/ra heifst. 3) Das soll aus "Aqyog "^'l/tTtiov verkürzt sein, wie aus jenem ^Aqnoi. Als Wappenlhier erscheint ein Rofs auf den Münzen, die einst blühende Rossezucht mag den Namen veranlafst haben, wie auch die Fabel von der Gründung durch Diomedes. ^) Aus dem Umfang der Mauer konnte man nach Strabo entnehmen dafs sie einst zu den grüfsten Städten Italiens gehört habe. In der Schlacht bei Ausculum schickte sie den Romern 4000 Mann 400 Reiter zu Hülfe, zwei Menschen- alter später betrug die heimische Besatzung 3000 Mann. 5) Ihr Gebiet reichte bis an das 20 Millien entfernte Meer: ein durch die Lagunen geführter Canal wurde als Werk des Diomedes betrachtet; jedoch hatte der Held ihn unvollendet gelassen, ö) Die Uebergriffe der Sanmiten trieben Arpi zum Anschlufs an die Römer, denen es z.B. 315 und 279 wesentliche Dienste leistete.'') In seiner Treue wurde es auch nicht 217 durch die planmäfsigen Verwüstungen Hannibals wankend gemacht; erst nach der Schlacht bei Cannae erfolgte der Uebertrilt. 8) Ein Jahrhundert zuvor hatte das römische Heer sich auf Arpi gestützt um das 20 km entfernte Luceria zu bekämpfen ; jetzt waren die Rollen vertauscht. Als es dem Fabius 213 glückte die von 5000 Mann karthagischer Truppen bewachte Stadt zu überrumpeln, entzog er dem Feinde in Apulien dessen

1) Lykophroa AI. 593 neunt ihn <PvXafios, Stepli. Byz. Avaav p. 148, 6 Mein, bestätigt die Lesung, giebt aber Xaovia p, 686, 16 Mein, statt dessen

2) Dressel, Beri. Kat. 179 fg.

3) Lykophr. AI. 592 Polemo Schol. vet. zu Find. Nenn. X 12 Pol. III 88, 6 118, 3 Dion. H. XX 3 Strab. VI 283 Appian Kann. 31 Steph. Byz. Plin. III 104 Verg. Aen. XI 246 dazu Serv. Argyripa X 28 XI 250. 428 Arpi, beide Formen auch Sil. It., Ptoi. III 1, 63 'Aquoi.

4) Justin XX 1, 10 Lykophr. Slrab. usw. Appian Hann. 31.

5) Dion. H. XX 3 Liv. XXIV 47.

6) Liv. XXXIV 45 Strab. VI 284.

7) Liv. IX 13 Dion. H. XX 3.

8) Pol. III 88, 6. 118, 3 Liv. XXII 9. 12. 61 Oros. IV 15, 1.

§ 1, Die Ebene. 847

stärksten Halt. ') Damit hat Arpi seine geschichtliche Rolle aus- gespielt. Es wurde nach Kriegsrecht durch den Verlust der See- küste bestraft 2), die Colonien in Sipontum und Luceria fafsten es seitdem in der Mitte ein und verbürgten sein Wolverhallen. Zwar kommt der Name einigemal vor, erscheint auch in der Liste des Augustus^); jedoch wird der Niedergang des Municipium von Strabo erwähnt und sprechend durch das gänzliche Fehlen lateinischer In- schriften erläutert. 4) Nach der Reisekarte führt nur eine Quer- strafse von Luceria nach Sipontum über Arpi; unseren Itinerarien zufolge ist Herdoniae der Knotenpunct des apulischen Strafsen- netzes. ^) Sie lassen im Widerspruch mit den Meilensteinen Traians die Via Traiana nicht mehr über Ausculum gehen , sondern über Herdoniae dessen Entfernung von Aecae zu 19, von Canusium zu 26 Millien gerechnet wird. Derart laufen 3 Appenninstrafsen von hier aus: die Via Traiana nach Benevent, die Via Herdonitana über Vibinum nach Aeclanum (S. 818), eben dorthin die Strafse über Ausculum (S. 819). Der Name der Stadt 6j lautetauf ihren Kupfer- mürzen Ogöaviov'^) und lebt fort in dem Weiler Ordona mit allerlei Ueberresten von römischem Netzwerk. Sie nimmt den rechten üfer- rand (120 m) des Carapella ein, wo dieser von einem Triftweg ge- kreuzt wird. Der wichtige Platz schlofs sich 216 an Hannibal an und wurde seit 214 wiederholt auf längere Zeit von den Römern belagert. 8) Obgleich das Einschliefsungsheer 212 und 210 ver- nichtet ward, blieb zuletzt doch nichts übrig als den Platz 210 zu räumen und zu zerstören. In der Folge zählt er zu den vielen Municipien von denen man nichts weifs. ^)

1) Liv. XXIV 3. 45—47 XXV 15 Appian Kann. 31.

2) Liv. XXXIV 45.

3) Obseq. 30 Cic. ad AU. IX 3, 2 Plin. II 211 III 105 Feldm. 210 260 Ptol. III 1, 63 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35. Ein delphischer Proxenos 191 v. Chr. Diltenberger 1^ 26S, 65. 4) CIL. IX p. 83.

5) lt. Ant. 116 Hier. 610, verzeichnet Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35.

6) In der Ueberlieferung vielfach entstellt: herdoniae CIL. IX 1156, Her- donienses Plin. III 105, KeoScovia Slrab. VI 282, 'EoScoiia Ptol. 111 1, 63, E^- Sovia Appian Kann. 48, Herdonia Sil. It. VIII 567, Herdonea Liv. XXV 21 XXVII 1, Ardaneae Liv. XXIV 20, Erdoniae Serdonis lt. (A. 5) Hardona Feldm. 210, Ardona Feldm. 260.

7) Head H. N. 39.

•8) Liv. XXIV 20 XXV 21 XXVII 1 Appian Hann. 48.

9) CIL. IX p. 64 Sil. lt. Vlll 567 obscura incuUis Herdonia agris steht unter den Samniten, aber bezieht sich doch wo! auf diese Stadl.

848 Kapitel XIV. Apulien.

Das LaguncDgebiet das den Verkehr des Binnenlands mit dem Meer vermittelt, weist gegenwärtig nur zwei grüfsere Wasserflächen auf. Davon mifsi der Lago Salso im Norden 6 G km, hat sich aber einst über 15 km Länge 12 km Breite erstreckt, das Pantano di Celentano Panlano Verzentino und andere Niederungen umfassend. Der Candelaro und Cervaro haben sie ausgefüllt. Im Altertum ge- währte der Durebbruch dieser Flüsse durch den Lido eine bequeme Einfahrt und die weite Lagune den Schiffen eine geräumige Unter- kunft. •) Als die Mündungen sich verstopften und das Wasser stagnirte, machte die Verlandung, aber damit Hand in Hand die Verschlechterung der Luft rasche Fortschritte. Um 1263 gründete Künig Manfred als Ersatz für das verödete Sipontum das seinen Namen tragende Manfredonia am Fufs des Garganus. Jenes lag 3 km entfernt am Nordrand der Lagune: die schöne Kathedrale S. Maria Maggiore di Siponto giebt die Stätte an. Diomedes galt als Stifter: ein Ausdruck dafür dafs es sich um ein altes Besitztum der Daunier handelt. 2) Es gehörte nach einer Angabe den Ar- panern3): damit stimmt dafs Sipont das unabhängigen Gemeinden zukommende Münzrecht nicht geübt hat. Im Uebrigen entsprach der Hafenplatz der Bedeutung seiner Hauptstadt: er verkehrte mit Tarent^), mit dem griechischen Gestade ^j, führte das apulische Korn aus. 6) Um 330 v. Chr. fiel er vielleicht in die Hände des Alexander von Epiros '), ward 194 einer römischen Bürgercolonie überwiesen und ein Jahrzehnt darauf durch neue Ansiedler verstärkt, s) Während die Feldmark wegen ihrer Dürre verrufen war^j, tritt die Bedeutung der Stadt in den Kriegen 49. 40 v. Chr. zu Tage.io) In der Kaiser- zeit führt sie ihren allen Titel Colonie fort^') und wird noch unter

1) Strab. VI 284.

2) Strabo a. 0. der den Namen von den ausgeworfenen Sepien herleiten will; doch steht die Form ^moie fest (Cic. ad Att. VI 2, 3) wird auch von Dichtern entlehnt (Lucan V 377 Sil. lt. VIII 633). 3) Liv. XXXIV 45.

4) Pol. X 1, 8. 5) Cic. ad Att. X 7, 1 It. mar. 497.

6) Strab. VI 284.

7) Liv. VIII 24 vgl. Kap. XVI 1.

8) Liv. XXXIV 45 XXXIX 23.

9) Cic. de lege agr. II 71.

10( Cic. ad Att. IX 15, 1 vgl. Caes. b. civ. III 2; Appian b. civ. V 56. 58 Dio XLVIII 27.

11) CIL. IX p. 66. 665; erwähnt Plin. III 103 Mela II 66 Ptol. III 1, 14 Steph. ßyz. Feldm. 210. 261.

§ l. Die Ebene. 849

langobardischer Herrschaft als blühend hingestellt, i) Eine Strafse lief auf dem Lido von Sipont nach der Mündung des AuQdus und weiter. Die Itinerarien nennen die Stationen Anxamtm und Salinae'^), aber nicht die alte Stadt Salapia deren Abstand von Sipont mit 140 Stadien beziffert wird. 3) Dieser Betrag von 17 18 Millien trifft auf die Ruinen zu die an der Westseite der grofsen Lagune unweit Posta di Salpi bei 16 m Meereshöhe verzeichnet sind, von der Heerstrafse also nicht berührt wurden. Sie gehören der jüngeren Stadt an; die ältere die im Laufe des letzten Jahrhunderts der Republik wegen ihrer schlechteu Luft verlassen werden mufste, lag 4 Millien entfernt nach Süden. *) Inschriften sind bisher nicht entdeckt worden, die genauere Erforschung der Marschen bleibt der Zukunft vorbehalten. °) Die palus Salapina oder Salpma ^) Lago di Salpi mifst noch 11 km Länge 4 km Breite, ehedem bedeutend mehr (I 337). Am Südende wurde nach Aussage der Itinerarien und wird gegenwärtig Salz gewonnen (Saline di Barletta). Davon erhielt die Stadt ihren Namen ; die volle Form die auf den in römischer Zeit (250 210) mit der Aufschrift ^alanivoyv neben ^alrciviJüv geprägten Kupfermünzen begegnet"), wird im Volksmund *) Salpia und hat sich so fortgepflanzt. Die ursprüngliche Anlage wird in unmittelbarer Nachbarschaft der Salinen zu suchen sein. ^) Als Gründer sah man entweder Diomedes oder den Rhodier Elpias an. 10) Der Platz war dem Binnenland weniger entrückt als Sipon- tum, beherrschte die Mündung des Aufidus, nahm den Verkehr des Flufsgebiets auf und stellte zur Zeit der Unabhängigkeit den Haupt- hafen Dauniens dar.^') Seine Wichtigkeit lernen wir aus dem hanni- balischen Krieg kennen. Nach der Schlacht bei Cannae schlofs sich

1) Paul. h. Lang. II 21 IV 44.

2) It. Ant. 314 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 V 1.

3) Strab. VI 284.

4) VitruvI4, 12.

5) CIL. IX p. 65.

6) Lucan V 377 hat die volle, Vib. Seq. die verkürzte Form.

7) Gairucci 113 Head H. N. 40 die Magistratsnamen kehren in Arpi wieder; vielleicht hatte Hannibal Salapia diesem zugetheilt.

8) So Vitruv Vib. Seq. a. 0. Ptol. III 1, 14 Feldna. 210. 261, bereits Lykophr. AI. 1129 m. Schol.

9) Guido V. Pisa 22 Salinis quae et Satapis.

10) Vitruv I 4, 12 Strab. XIV 654, letzterer wie auch Sleph. ßyz. taufen die Stadt ''Elnia.

11) Strab. VI 283.

Nissen, lud. Landeskiuide II. 54

860 Kapitel XIV. Apulien.

Salapia dem Ilannibal an , der hier Magazine anlegte, auch wol längere Hast hielt, i) Als die Römer 210 es zurück gewannen, ging zugleich Hcrdoniae und die ganze Ebene dem Feind verloren. Vergebens richtete er 208 einen letzten Anschlag gegen die Stadt. Sodann hat sie ihrer Vergangenheit treu auf Seiten der Bundes- genossen gefochten und ist 89 v. Chr. durch Feuer zerstört worden. 2) Es lag in der Natur der Dinge, dafs die römische Regierung bis zum allgemeinen Ausgleich für die bürgerliche Ansiedlung in Sipon- tum nach Kräften sorgte und das fremde Salapia verkümmern liefs. So wurde dieses eine Brutstätte des Fiebers. 3) Die von Vitruv ge- schilderten Mafsnahmen, der Neubau an höherem Ort der Durchstich des Lido und die Anlage eines Hafens haben zunächst Abhilfe geschafft. 4) Ueber die Wiederkehr des Uebels und die Schicksale des Municipium zur Kaiserzeit versagt die Kunde.

§ 2. Das Hügelland.

Die Beschreibung macht am unteren Aufidus, der heutigen Provinzialgrenze Halt. Auch den römischen Geographen ist ein solcher Einschnitt geläufig &), der Amtsprache dagegen nicht. Die Censusliste sondert wol die Hirpiner Calabrer Sallentiner aus, fafst aber alle übrigen Gemeinden der zweiten Region in einer einzigen Gruppe zusammen. Als sie aufgestellt wurde, waren die alten Stammesgegensätze zwischen Apulern Dauniern Peuketiern längst verschwunden. 6) Anders verhielt es sich mit der Scheidung von Küste und Binnenland. Sie war von der Natur durch den breiten Rücken der Murgie der die iapygische von der oskischen Nation abschlofs, klar und deutlich bestimmt. Eine Flufslinie dient zur Kennzeichnung der Grenze. Nördlich von dem oft erwähnten Quer- zug den wir als Grenze von Samnium und Lucanien betrachten, und zwar im Westen von M. Torretta (1071 m) entspringt aus dem kleinen Bergsee Lago Pesole (793 m) der Bradanus Bradano. ') An

1) Liv. XXIV 20. 47 XXVI 38 XXVII 1. 28 Appian Hann. 45—47. 51 Plin. III 103 Val. Max. III 8, ext. 1.

2) Appian b. civ. I 52.-

3) Cic. de leg. agr. II 71.

4) Vitruv I 4, 12.

5) Strab. VI 283 Plin. III 103 Ptol. III 1, 13.

6) Strab. VI 283. 85.

7) Einzige Erwähnung It. Ant. 104. Guido 29 Bradanus amenissimus qui et Tardus propler sinuosos orbes sui disciirsus, unde et Bradirios Graece

§ 2. Das Hügelland. 851

Länge (167 km) dem Aufidus gleich fliefst er nach Südosten und mündet bei Metapont in den Golf von Tarent. Da der gröfsere Theil seines Laufes die Murgie einfafst, hat er in der Anschauung alter und neuer Zeit die Länder Apulien ued Lucanien von ein- ander getrennt: was eigentlich nur für den Unterlauf zutrifft. Land- einwärts fallen die links ausmündenden Thäler auf die lucanische Seite und die politische Grenze streicht in vielfach gezackter Linie. Aehnlich im Süden. Die Hellenen befafsten die ganze Küste vom Cap Leuca bis zum Garganus unter dem Namen Japygien (I 539), die Neuzeit rechnet gleichfalls die Halbinsel in dem das südöstliche Italien endigt, zu Apulien. Aber die Römer schliefsen sie davon aus. 1) Die Grenze zwischen Calabrien und ApuUen stimmt an der adriatischen Küste mit der jetzigen überein, biegt aber im Innern viel weiter nach Norden aus als gegenwärtig, während umgekehrt ein Stück des zur Provinz Lecce gehörigen Kreises Tarent apuHsch ist. Die Terra di Bari enthält 5350 Dkm, wir setzen den zu behan- delnden Abschnitt mit 6000 Dkm in Rechnung, indem der topo- graphischen Ordnung zu Liebe mehrere calabrische Gemeinden ein- bezogen werden. Er ist in drei Theile gegliedert: das Aufidusthal, die Küste und das Hügelland des Innern.

Der Aufidus stellt den Abschlufs der Ebene dar, deren Entstehung S. 836 geschildert wurde. In maeandrischen Windungen^) wälzt er sich durch das 1 2 km breite Stromthal dem Meere zu. Der rechte Uferrand ist merklich höher als der linke, darin kommt die Steigung des Littorals die auf 25 km vom Strand bis zum Rücken der Murgie 500 m beträgt, zum Ausdruck. Zwei Strafsen führen hinüber: die binnenländische Via Traiana bei Canusium, 18 km unterhalb die Küstenstrafse unweit Cannae. Der Flufs hat seit dem Altertum seine Mündung um 3 km oder mehr vorgerückt, aber an der Stetigkeit des Wasserstandes schwere Einbufse erlitten (I 337). Zu Strabo's Zeiten gelangten die Schiffe stromauf bis an den Fufs des Stadthügels von Canusium. 3) Aus dem Gesagten erhellt, warum die beiden Uebergänge in der alten und neuen Kriegsgeschichte

dicitur. In Wirklichkeit ist der Name am Vultur heimisch: Bradano heifst auch ein Zuflufs der Fiumara d'Atella die den Vulkan im Süden umfassend in den Außdus mündet.

1) So noch Paul. h. Lang. II 21.

2) Angedeutet Sil. It. IX 219. 27. 37 vgl. Guido 22. 70.

3) Strab. VI 283 90 Stadien je nach der Reduction 11 oder 9 Millien.

54*

852 Kapitel XIV. Apiilien.

mehrfach erwähnt worden sind. Bis zur ehemaligen Mündung reichen die Hügel des rechten Ufers, während das linke ganz flach ist; 5 km oherhalh (8 km von der heuligen Mündung) nimmt die Erhehung zu, fällt in steilem Winkel zum Stromthal ab und über- ragt es um 40 50 m. Der ausgebuchtele Httgel heifst M. di Canne (ein Hof, 65 m, Masseria di Canne), enthält üeberreste aus römischer Zeit und bewahrt das Andenken einer 1083 zerstörten Stadt, deren Bischofsitz erst 1425 mit dem von Trani vereinigt ward. ^) Cannae heifst den Annalisten Vicus^): dies kann für die Epoche des Bundesgenossenkrieges in dem es auf feindlicher Seite stand, seine Richtigkeit haben. 3) Jedenfalls besafs es seit Augustus Stadtrecht 4), mochte auch die Versumpfung der Lagunen die wir bei Salapia kennen lernten (S. 849), den Aufschwung unmöglich machen.^) Im dritten Jahrhundert v. Chr. als dieser grofse Hafen blühte, kann Cannae ebenso wenig unbedeutend gewesen sein, wie seine Nach- folgerin Barletta. Es bestand aus einer Oberstadt auf geschützter Höhe und einer Unterstadt am Flufs oder den Abhängen. Letztere ward 217 sei es von Hannibal sei es von den Einwohnern zer- stört, ß) Denn die Festung ward armirt und zur Aufnahme der römischen Magazine bestimmt, wofür die Wasserverbindungen sie vorzüglich befähigten. Nachdem es dem Feind gelungen war im Frühsommer 216 die Festung samt den aufgespeicherten Vorräten zu nehmen, befahl der Senat den Consuln zu schlagen. Das rönjische Heer von Canusium auf Cannae marschirend lieferte ein glückliches Gefecht und zwar auf dem linken Ufer des Aufidus. Der Erfolg verstattete den Uebergang und die Theilung der Streitkräfte: zwei Drittel lagerten auf dem rechten Ufer in unmittelbarar Fühlung mit dem Feinde und bewachten dessen Abzug nach Südost an die Küste; das letzte Drittel auf dem linken Ufer flankirte den Weg durch die Ebene auf dem Hannibal gekommen war. In der That erscheint die strategische Lage der Karthager sehr ungünstig und auf die Dauer unhaltbar, da sie auf einen kteinen Raum durch Meer und Lagunen eingeengt waren. '') Die Operationen im Einzelnen

1) Ughelli It. sacr. VII 788 fg.

2) Liv. XXII 43. 49 Flor. I 22, 15 ignobilis Apuliae vicus Appian Hann. 17.

3) Appiaii b. civ. 1 52.

4) Plin. III 105 CIL. IX p. 34.

5) Sil. It. VIII 622 urbis vesUgia priscae.

6) Pol. III 107, 4.

7) Pol. III 112, 2 Sil. It. X 170 stagna Aufida.

§ 2. Das Hügelland. 853

ZU verfolgen und gar an bestimmte Oerllichkeiten zu knüpfen ist freilich ausgeschlossen : wir kennen weder die Aenderungen des Flufsbeltes noch die Furten die beide Ufer verbanden i), weder die Flufsmündung und die Grenzen der Lagunen noch die benachbarten Ortschaften, lauter Dinge die den Rahmen für taktische Fragen abgeben.-} INnr soviel ist gewifs dafs die Entscheidung in der Ebene des linken Ufers fiel. 3) Die Rümer boten die Schlacht an, den rechten Flügel au den Flufs gelehnt, die Front nach Südost gewandt, verlegten also dem Gegner den Weg in die grofse apuhsche Ebene und bedrohten ihn für den Fall des Sieges mit gänzlicher Vernichtung, indem gleichzeitig eine andere Abtheilung auf dem entgegengesetzten Ufer das karthagische Lager angriff und die Flufs- übergänge sperrte. Der Plan zeugt von Geschick und Kühnheit, wenn man will Verwegenheit, weil die Verbindung mit dem eigenen Lager und damit der gesicherte Rückzug für den Fall der Nieder- lage an einem Zwirnsfaden hing. Ob man auf den einen oder den andern Gegner blickt, beide schritten am 2. August zu einem Waffen- gang auf Leben und Tod. Lehrreich für das Verständnifs des Feld- zugs von 216 sind die Vorgänge die sich auf dem nämlichen Schau- platz 89 V. Chr. abspielten. Der Praetor Cosconius macht sich nach der Einnahme von Salapia und Cannae an die Belagerung von Canusium, wird von dem samnitischen Entsatzheer geschlagen und zieht sich nach Cannae zurück. Die Samniten rücken nach, der Auüdus trennt beide Heere, auf die ritterbche Herausforderung selbst herüber zu kommen oder den Uebergang frei zu geben geht der Römer arglistig ein. Er weicht scheinbar zurück, fällt über die den Flufs durchwatenden Haufen her, richtet ein wildes Gemetzel an. Der Rest der Samniten flüchtet nach Canusium. 4)

Stromauf steigt der Boden rasch : 7 8 Millien von Cannae ^) nimmt Canusium (154 m) einen Vorsprung des Uferrandes ein; die

1) Pol. 111113, 6.

2) Am Wenigsten ist der torrens (Flor. I 22, 18) oder flumen (Val. Max. IX 2 ext. 2) Fergellus den Hannibal mit römischen Leichen überbrückt haben soll, für die Ermittlung des Schlachtfeldes zu brauchen, sintemal es in dieser Gegend keine Bäche giebt: weshalb Sil. It. VIII 668 vorsichtiger Weise den Namen ausläCst.

3) Der Gegenstand ist oft erörtert worden vgl. Stuerenburg, de Romanorum cladibus Trasumenna et Cannensi, Progr. Leipzig 1883. 4.

4) Appian b. civ. I 53.

5) Prokop b. Goth. HI 18 giebt 25 Stadien, die Hälfte zu wenig.

854 Kapitel XIV. Apulien.

Brücke im Grund auf der die Via Traiana über den Aufidus gelangt, mifst 59 m Meereshühe. Die Entfernung von Herdoniae (S. 847) beträgt 26, nach Rubi 30 Millien. ') Die Lage am Flufs, an der Grenze von Flach- und Hügelland, halbwegs zwischen Meer und Gebirge schuf hier ein Verkehrscenlrum und rief eine Grofsstadt ins Leben. Aus dem Mauerring sei klar, meint Strabo, dafs Canusium und Arpi früher zu den grüfsten Städten Italiens gezählt haben. '^) War dieses in Mitten der weiten Ebene zu deren natürlichem Haupt ausersehen, so hatte jenes durch die Wasserstrafse einen nicht zu unterschätzenden Vorrang und konnte die Erzeugnisse seiner Fabriken unmittelbar nach Bari dem wichtigsten Hafen Apuliens verschiffen. Strabo läfst beide Städte verfallen sein. Davon hat Arpi sich nie wieder erholt (S. 846), Canusium hat sich in der Kaiserzeit zur unbestritten ersten Stelle im eigentlichen Apulien aufgeschwungen. Das heutige Canosa delle Puglie, von Olivenhainen umgeben, be- schränkt sich auf die Altstadt. Die Erweiterungen derselben über die anstofsenden Hügel und den Thalgrund erreichten einen sehr beträchtlichen Umfang der noch festgestellt werden mufs: ein heimischer Antiquar giebt ihm kühnlich eine gröfsere Länge als der aurehanischen Mauer Roms. In alten Tagen hatte Diomedes hier gejagt 3) und nach seinen Hunden die Gründung benannt. *) Mit dieser Fabel wird die Zugehörigkeit Canusiums zu Daunien aus- gesprochen ^), die andere Gewährsmänner bestreiten. 6) Die Ge- schichte gedenkt seiner zum ersten Male bei Gelegenheit des 318 oder 17 erfolgten Anschlusses an Rom.'') Es gewährte den Römern auf dem Zug gegen Cannae einen festen Rückhalt, nach der Nieder- lage eine Zuflucht; Hannibal hat keinen Angriff versucht.^) In seinem politischen Verhalten ist Canusium wahrscheinlich durch die Rücksicht auf eine ungestörte Einfuhr von Wolle und Ausfuhr von Tuchen geleitet worden. Die Nachrichten über die gewerbliche

1) lt. Ant, 116 Hieros. 610 Geogr. Rav. IV 35 CIL. IX p. 596; der Name ist in der Tab. Peut. ausgefallen.

2) Streb. VI 283.

3) Serv. V. Aen. XI 246.

4) Hör. Sat. I 5, 92 Strab. VI 283.

5) So auch Ptol. III 1, 63.

6) Plin. III 103, obwol 104 es wieder den Dauniern zuweist.

7) Liv. IX 20 Diod. XIX 10.

8) Pol. 111 107, 3 Liv. XXll 50. 52 XXVII 12. 42 Dio fr. 57, 30 Appian Kann. 24. 26,

§ 2. Das Hügelland. 855

Thäligkeit der Stadt entstammen der Kaiserzeit ^), können aber füglich zur Erläuterung früherer Perioden verwandt werden.^) Die Wolle der Umgegend genofs gleich der Tarentiner höchster Wert- schätzung»); sie war dunkel 4); die in der Naturfarbe hergestellten Stoffe zeichneten sich durch Feinheit und Dauerhaftigkeit aus &), die künstlich gefärbten geringeren fanden für Soldaten und Sklaven V'erwendung.6) Eine kaiserhche Spinnerei wird im Staatshandbuch von 400 aufgeführt.'') Die Entwicklung deren Ausläufer eben an- gedeutet wurden, eröffnete dem hellenischen Wesen Thor und Thür. Die in Silber und Kupfer geprägten Münzen tragen die Aufschrift Kavvoiviov.^) Massenhaft wird den Gräbern das bemalte Prunk- geschirr enthoben, das obwol im Lande angefertigt sich in seinen Darstellungen ganz innerhalb des fremden Gedankenkreises hält. Am Ausgang der Repubhk hat das Latein die griechische Umgang- sprache noch nicht unterdrückt (I 541). Der Bundesgenossenkrieg der die Periode der Unabhängigkeit von der römischen Periode der Stadtgeschichte trennt, sah die Canusiner mit den andern Apulern auf Seiten der Erhebung.^) Es ward S. 853 erzählt dafs ein römisches Heer 89 vor ihren Mauern lagerte: ein ernstlicher Angriff auf die grofse und feste Stadt ist nicht gewagt worden. Im Bürgerkrieg 49 V. Chr. sowie im Gothenkrieg 546 n. Chr. kommt sie nur beiläufig vor.iö) Manche Erwähnungen beziehen sich auf den grofsen Durchgangsverkehr nach Brundisium, für den sie als Rast- ort diente.i') Mit Horaz haben auch neuere Reisende über das Brot geklagt und dessen Unreinheit aus den schlechten Mühlsteinen die man dort bricht, erklärt. 12) Dem Mangel an Trinkwasser hat

1) Blümner, Gewerbliche Thäligkeit des Alt. p. 121.

2) Es hat 195 v. Chr. eine delphische Proxenie, Diltenberger P 268, 15.

3) Plin. VIII 190.

4) Fun. VIII 191 xMarlial XIV 127.

5) Athen. III 97 e Martial XIV 127 vita Carin. 20, 6.

6) Suet. Nero 30 Martial IX 22, 9. XIV 129 Plin. XXXV 45.

7) Not. Dign. Occ. 49.

8) Dressel Berl. Kai. 190.

9) Appian b. civ. I 42. 52.

10) Cic. ad Alt. VIII 11 D 1 Caes. b. civ. I 24; Prokop b. Golh. III 18. Dafs App. b. civ. I 84 den Sieg Sulla's über Norbanus nach Canusium verlegt, ist ein Schreibfehler für Casilinum.

11) Cic. ad Alt. I 13, 1 Appian b. civ. V 57 vita Marci 8, 11 Verl 6, 7.

12) Hör. Sat. I 5, 91.

856 Kapitel XIV. Apullen.

erst eine von Herodes Auicus angelegte Leitung abgeholfen.*) Die Anlage hängt zusammen mit der Erliebung Canusiums zur colonia Aurelia Augusta Pia unter Antoninus Pius.^) Bis dahin war es Wunicipium in der Trihus Ufentina mit Quattuorvirn an der Spitze gewesen. Ob und warum es von Landanweisungen an Veteranen verschont gel)lieben war, wissen wir nicht 3): das Gebiet mufs ausgedehnt gewesen sein und war nicht nur wegen seiner Wolle sondern auch wegen seines Wein- und Oslbaues bekannt.'*) Zahl- reiche Zeugen der späteren Kaiserzeit künden den Glanz von Ca- nusium. Ein Verzeichnifs des Stadtrats aus dem Jahr 223 führt 31 Patrone aus dem Senatoren - 8 aus dem Reichsritterstande auf, dann machen die Ratsglieder nach Rangclassen geordnet ein ganzes Hundert voll, den Schlufs bilden 25 ratsbürlige Knaben. 5) Wenn ferner die apulisch-calabrische Region dem Vater des Kaisers Theo- dosius hier ein Denkmal setzt, so erkennt sie damit Canusium als Hauptstadt an.*^} Unter den Bauwerken ist ein grofses Amphi- theater und ein Thor hervorzuheben. In langobardischer Zeit wird die Stadt noch mit Auszeichnung genannt ''), sinkt aber unmerklich von der einstigen Höhe herab.

Das Land südlich vom Aufidus zerfällt in eine schmale Gultur- zone und eine dreimal so breite Wald- und Heidezone im Innern. Die Küste vom heutigen Barletta bis Monopoli erscheint als ein ein- einziger Garten voller Weinstücke Oel- und Fruchtbäume, von grofsen Ortschaften und reichen Villen belebt. Ein Blick auf die Karte lehrt wie die Bevölkerung in diesem Strich sich zusammen drängt, während weile Flächen der Provinz leer bleiben. Ein ähnliches Verhällnifs hat im Altertum bestanden: wenn auch Nachrichten fehlen, so liefern die Nekropolen der Culturzone mit ihren uner- schöpflichen Vasenschätzen den Beweis. Vielleicht haben die Natur- gegensälze in den Slammesbezeichnungen Ausdruck gefunden. Der Name iapygisch der den älteren Hellenen das östliche Italien be- deutet, ist bei dem Ilaupthafen Bari zu Hause (I 540) und hat sich

1) Philostr. Vit. Sopli. II 5.

2) CIL. IX p. 35.

3) Feldm. 210. 260.

4) Varro RR. I 8.

5) CIL. IX 338.

6) CIL. IX 333.

7) Paul. ti. Lang. II 21.

§ 2. Das Hügelland. 867

allem Anschein nach von hier über See verbreitet. i) IlevxHiot die Schwarzwälder weist klärUch auf das Innere; die spätere Aus- dehnung des Namens auf die Küste mag durch Kämpfe und Um- wälzungen veranlafst sein von denen jede Kunde verschollen ist. Die Armut unserer Ueberlieferung verwehrt längeres Verweilen bei den einzelnen Ortschaften. Die Zahl der Gemeinden ist vergleichs- weise grofs: aber wie ein beherrschendes Flufstbal und jeghche Gliederung des Landes fehlt, so hat auch keine von allen einen entscheidenden Vorrang erlangt.

Die Via Traiana erreicht nach einer langen Tagereise^), näm- lich 30 MiUien Rubi Ruvo (260 m).^) Die Stadt ist in unserem Jahrhundert durch ihre Vasenfunde berühmt geworden. Sie hat eine umfassende Silber- und Kupferprägung betrieben, die Stücke tragen die Aufschrift Pvip oder Pvßaoxeivwv.^) Lateinisch heifst die Gemeinde Ruhustini; sie hatte Selbstverwaltung. s) H Millien weiter folgt das Municipium Rutonti Bitonto (118 m).^) Aus der Zeit der Unabhängigkeit stammen die Bvtovtlvcov beschriebenen Kupfer- münzen.') In der Censusliste steht die Gemeinde unter den cala- brischen ^) : sie kann durch ein Versehen dorthin geraten sein ; aber allem Anschein nach hat sich wirklich der Stamm im Binnenland so weit naeh Norden erstreckt. Der Ort ist früh verbauert. 9) Von hier führt die Via Traiana in 12 3Iillien nach Bari'^)^ eine Nebenlinie wenig kürzer nach Caelia Cegli del Carapo oder di Bari

1) Die Plin. III 102 aufgeführten angeblichen Flüsse sind auf der Generalslabs- karte kaum erkennbare Bäche. Sacht man davon die gröfsten aus, so iäfst sich etwa der Japyx dem Baiice, weiter nördlich der Pactius dem Lama Paterno, endlich Aveldius der Tab. Peut. dem Palombariello bei Trani gleichen.

2) Hör. Sat. I 5, 94; irrig 23 lt. Ant. 116, richtig 30 Millien Hieros. 610. Halbwegs ad Quintumdecimum, statt dessen Tab. Peut. Rudae Geogr. Rav. IV 35 Budae.

3) Unterwegs ist nach Strab. VI 282 die Gemeinde der I^atini Plin. IH 105 anzusetzen.

4) Dressel Berliner Kai. 197 Garrucci 115 Head H. N. 40.

5) Plin. UI 105 Feldm. 262 CIL. IX p. 33. 658 Eph. ep. VIII p. 16.

6} It. Ant. 117 Hieros. 609 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35, die beiden ersten mit abweichender Schreibung.

7) Dressel Berliner Kat. 218.

8) Plin. HI 105 Feldm. 262.

9) MartialIV55, 29; lt. Hieros. 609 mutalio; nur 2 Inschriften Eph. ep. VUI p. 16.

lü) It. Ant. 117 Hieros. 609.

858 Kapitel XIV. Apulien.

(70 m).i) Silber- und Kupfermünzen mit der Aufschrift KaiXivwv bezeugen seine ehemalige Selbständigkeit.-) Es wird auch von den Geographen erwähnt und den Peuketiern zugewiesen. Bei Phnius fehlt der Name, sei es durch ein Versehen, sei es dafs das Gemein- wesen vorübergehend einem anderen, etwa dem 4 Millien entfernten Bari, einverleibt war. 3) Von Bari landeinwärts 22 km auf dem Wege nach Tarent liegt Grnmum Grumo von dem es Kupfermünzen mit der Legende Fqv giebt: die Gemeinde der Grumbestini wird zu den calabrischen gerecbnet.*) Von Caelia sind 9 MiUien bis Azetium dessen richtige JNamensform wir aus den Münzen mit A^ritivwv kennen lernen.^) Nach der Censusliste ist die Gemeinde calabrisch. Sie hat bei dem heutigen Butigliano (125 m) gewohnt. Gleich- falls wird den Calabrern das Municipium Norha zugezählt das man bei Conversano (219 m) sucht.^) Von hier senkt sich die binnen- ländische Strafse über ad Veneris an die Küste und fällt mit der Hauptlinie zusammen.

Die Küstenstrafse von Sipont bis Bari ist ungefähr 75 Millien lang. Die Reisebücher weichen in Betreff der Stationen völlig von einander ab; keine einzige der genannten scheint Stadtrecht gehabt zu haben. '^) Von Sipontum bis zur Mündung des Aufidus werden 33 Millien gerechnet; nach dem Flufs hiefs die Station Aufidena oder Avfidum.^) Der Abstand von 6 Millien der für die nächste Station Barduli angesetzt wird, pafst auf das heutige ßarletta '■*) ; desgleichen 9 Millien von hier nach Turenum oder Tirenum auf die Stadt Trani.io) Wenn schon diese Gleichungen durchaus unsicher sind, wird man gern darauf verzichten für Respa^^) und Natiolum

1) Tab. Peuf. Geogr. Rav. IV 35.

2) Dressel Berl. Kat. 185 Garrucci 117.

3) Strab. VI 282 Ptol. III 1, 64 Feldm. 262 CIL. IX p. 30.

4) Plin. III 105 Garrucci 119.

5) Dressel Berl. Kat. 212 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35 Ezetium Plin. III 105 j4egelini.

6) Plin. III 105 Norbanenses Tab, Peut. Norve Geogr. Rav. IV 35 JSorbe.

7) CIL. IX p. 32.

8) It. Ant. 314; Tab. Peut. Aufinum; Geogr. Rav. IV 31 Aufidum, V 1 Au- sidum; Guido 22. 70 Aufidiena das er mit Cannae gleich setzt.

9) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 Vi vgl. Guido 22. 71.

10) Tab. Peut. giebt die erste, die anderen Quellen die zweite Form.

11) It. Ant. 315; fehlt auf der Karte wo eine Station ausgefallen ist, für die Guido 24. 71 Melßs einsetzt.

§ 2. Das Hügelland. 859

unter den Städten Bisceglie Molfetta Giovinazzo eine Auswahl zu treffen. 1) Festen Boden betreten wir erst in Barium Bari. 2) Die Küsteustrafse stufst hier mit der Via Traiana zusammen um sich nach Brundisiura fortzusetzen. Aufserdem stellt eine 60 Mühen lange Querstrafse die Verbindung mit Tarent her.3) In der Neu- zeit ist Bari nicht nur in Apulien sondern in dem festländischen Theil des ehemaligen Königreichs Neapel die gröfste Provinzialstadt. Auf der weiten Strecke vom Garganus bis wo die Halbinsel anfangt, besitzt es den besten Hafen. Seine centrale Lage die im Wegenetz zur Schau tritt, machte es zum geeigneten Markt für die Land- gemeinden im Umkreis. Wir wundern uns nicht wenn sein Name 338 gelegentlich der Kämpfe der Tarentiner bei Theopomp be- gegnet. 4) In den römischen Annalen erscheint er 181 v. Chr. und zwar als maritimer Fixpunct, wofür er auch sonst von den Hydro- graphen verwandt wird.^J Auch wird sein Fischreichtum erwähnt. 6) Trotz allem mufs man sich hüten die Bedeutung die Bari seit den Kreuzzügen gewonnen hat, auf das Altertum zu übertragen. Es ist auf 60 und mehr Millien die einzige Seestadt der lapyger, aber so wenig ihr führendes Haupt wie Genua das der Ligurer. Die Nach- barschaft von Butonli und Caelia beschränkte ihr Gebiet auf 50, höchstens 100 Dkm. Die Stadt selbst hat einen Umfang von kaum 272 km. Sie nimmt eine nach Norden etwa 800 m vorspringende Landzunge ein , an deren südöstlicher Seite durch Molen ein ge- schütztes Becken mit 10 ha Inhalt (Porto vecchio) hergestellt ist. Ihre bescheidene Hallung kommt darin zum Ausdruck dafs es nur Kupfermünzen mit der Aufschrift Baoivtov giebt ") , während die Nachbarinnen z. B. Caelia und Bubi Silber geprägt haben. Noch in der langobardischen Landesbeschreibung die die blühenden Städte Apuhens herzählt, wird der Name Bari vermifst.^) Als römisches

1) Die Fabeln Guido's sind für die Kenntnifs des Mittelalters wertvoll, für das Altertum wertlos.

2) So die ältere Form z. B. Mela II 66 Plin. III 102 Ptol. III 1, 13 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 V 1, jünger der Plural ßaria CIL. VI 2381b I 10 ^aria It. Ant. 117. 119 Beroes It. Hieros. 609.

3) It. Ant. 119.

4) Steph. Byz. Bagr^Tiov.

5) Liv. XL 18 Strab. VI 283.

6) Hör. Sat. I 5, 9". Berühmter Weinmarkt ist es heute, ob auch im Alter- tum, wie Detlefsen durch Conjectur Plin. XIV 69 erweisen will, steht dahin.

7) Dressel Berl. Kat. 184. S) Paul. h. Lang. H 21.

860 Kapitel XIV. Apulien.

Municipium gehürle es zur Tribiis Claudia. i) Die Entfernung von Bari nach Brundisiuni beträgt wie die von Sipontum nach Bari rund 75 Millien.2) In der ersten Hälfte dieser Strecke die zu Apulien gehört, nähert sich der 3 400 m hohe Hügelrand des Landrückens dem Meer und engt den Küstensaum auf wer)ige Kilo- meter ein. In der Gegend des heutigen Polignano 20 Millien von Bari setzen die Reisebücher eine Station Turres Caesaris an^}; ebendaselbst sucht man wegen der häufigen Funde apulischer Kupfer- münzen mit der Aufschrift Neano eine Stadt Neapolis die ander- weitig nicht bekannt ist.4) 9 Millien weiter ungefähr bei Monopoli scheinen die Dirini gewohnt zu haben die Selbstverwaltung hatten: sonst wissen wir von ihnen nichts.^) Auf sie folgt nach 9 Millien die letzte Stadt der Peuketier*"') Gnatia das von den Homern auch Egnatia oder Ignatia geschrieben wird.'^) Der Vorschlag eines Vokals scheint volkstümlich gewesen zu sein, wie denn der heutige Name Anazzo lautet. Die Stätte liegt 10 km von Monopoli am Meer und ist durch ihre ergiebigen Grabfunde bekannt, während die Ring- mauer in jüngster Zeit für neue Bauten nahezu abgetragen wurde. s) Das Municipium war durch seinen Hafen und die Strafseu in der Nähe mündet die binnenländische in die Küstenstrafse ein (S. 858) mit dem grofsen Verkehr verbunden. 0) Seinen Ruhm verdankt es freilich allein dem Spott des Horaz der an das hier geübte Wunder Weihrauch ohne Feuer zu verbrennen nicht glauben wollte. lO)

1) Tac. Ann. XVI 9 CIL. IX p. 31.

2) It. Ant. 315 leclinet 76, Hieros. 609 falsch 70, desgleichen Tab. Peut. 87 Millien, Strab. VI 283 zur See 7Ü0 Stadien, die Eisenbahn 1 11 km,

3) It. Ant. 117 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 VI; lt. Hieros. 609 setzt 11 Millien von Bari Turres lulianae, 9 Millien weiter Turres Aureliaiiae.

4) Dressel Berl. Kat. 196 Garrucci 118.

5) Plin. 111 105 Dirini Tab. Peut. Derlum Geogr. Rav. IV 31 Diriam V 1 Dixium. Guido 27 Dirium quac 7iunc Monopolis.

6) Strab. VI 283 Plin. 111 102 Ptol. III 1, 1.3, als Grenzstadt den Sallentinern zugezählt Plin. II 240.

7) rva&iv(ov Kaibel 685 Gnatia Hör. Sat. I 5, 97 mit Schol. Mela U 66 It. Ant. 315 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 ; Egnatia oder Ig'natia Strab. Plin. Ptol. a. 0. It. Ant. 117 (Hieros. 609 Leonatia) Geogr. Rav. V 1 Feldm. 262 CIL. IX p. 28.

8) Monimsen, Unterit. Dial. 66.

9) Strab. VI 283.

10) Hör. Sat. I 5, 97 Plin. II 240. Gnatia lymphis iratis exstructa kann Angesichts der reichen und trefTlichen Quellen des Ortes nicht auf Wasser- armut gedeutet werden.

§ 3. Calabrien. 861

lieber das Innere, den breiten Rücken der Miirgie wo einst die iapygische Ritterschaft gehaust hatte, in der Folge unfreie Hirten die Heerden des römischen Grofscapitals weideten, versagen unsere Nachrichten fast ganz. Die Via Appia von Venusia nach Tarent läuft am südwesthchen Abhang hin, ihr Zug ist gegeben, aber die einzelnen Stationen schweben in der Luft. Das Reise- buch giebt die Entfernung mit 80 Miilien 15 20 Millien zu niedrig an, die Reisekarte bringt nur einen Theil der Route. Nach jenem würde die erste Station Silvium 20 Millien von Venusia bei Garag- none zu suchen sein, die Karte rückt sie 15 Millien weiter nach Gravina.i) Dies ist Rischofsitz und seit dem Mittelaller ein berühmter Markt. Auch Silvium hat eine bedeutende Stellung in der Land- schaft eingenommen: Strabo bezeichnet sie als Grenzstadt der Peu- ketier; sie hatte 306 v. Chr. eine Resatzung der Samniten, wurde von den römischen Coosuln nach längerer Relagerung erstürmt und lieferte ihnen reiche Reute.^) Von hier rückten die Consuln vor um das samnitische Gebiet 5 Monate lang planmäfsig zu verwüsten. Ferner hat Sulla bei seinem Vormarsch 83 v. Chr. die Stadt be- rührt.3) Sie steht in der Censushste des Augustus, Inschriften fehlen. 4) Unter den apulischen Municipien hat endlich noch Gmn&ia Genosa den alten Namen und den alten Platz bewahrt. 5) Es liegt auf einem Ausläufer der Murgie (257 m), von dem aus die Ebene sich nach dem 20 km entfernten Golf von Tarent abdacht, 12 km abseit von der Via Appia, etwas weniger vom Rradanus.

§ 3. Calabrien. 6)

Dem Gegensatz den zum hoch ragenden griechischen Gestade das westliche Gegengestade am loniossund bildet, leiht der Dichter Ausdruck indem er seinen Helden erzählen läfsf):

1) It. Ant. 121 Tab. Peut. Silutum Geogr. Rav. IV 35 Silitum.

2) Strab. VI 283 Diod. XX 80.

3) Flui Sulla 27, 6.

4) Plin. 111 105 CIL. IX p. 27.

5) Plin. 111 105 Feldm. 262 CIL. IX 259.

6) Grundlegend Antonius de Ferrariis (geboren 1440 in Galatone bei Lecce, daher gewöhnlich Galateus benannt) de situ lapygiae, zuerst Basel 1558 ge- druckt, dann mehrfach wiederholt und ausgeschrieben.

7) Verg. Aen. 111 521.

862 Kapitel XIV. Apulien.

iamque rubescehat stellis Aurora fugatis cnm procul ohscnros collis humüemque videmns Italiam. Italiam prinnis conclamat Achates, Itah'am laeto socii clamore salutant. Eine niedere flache Terrasse von weifsem Kalkstein der Tertiär- und Kreideformation macht im Südosten den Beschlufs des Appennin- lands (1 243). Ihre Basis von Tarent nach Brindisi mifst 44 Millien, die alle Hauptstadt Uria nimmt in der Mitte den höchsten Punct (166 m) ein und überschaut gleichmäfsig das Meer im Westen wie im Osten. Die Länge bis zur Südspitze beträgt 70 Millien , mit ab- nehmender Breite wächst die Erhebung und erreicht 201 m. Trotzdem weist dies ganze Gebiet keinen ständigen Wasserlauf, keinen Bach auf der eine Mülile zu treiben vermöchte. Das Wasser sickert ein und mufs mühsam aus tiefen Brunnen geschöpft werden. Der dürre Kalkboden jedoch ist durch emsigen Fleifs bemeistert, das Land in einen Garten verwandelt worden wie Attika zur Zeit seiner Blütei): in beiden Fällen unter dem Einflufs einer grofsen See- und Handelstadt. Die Wolle von Tarent besafs Weltruf, zur Schonung trugen die Schafe Schutzdecken.^) Sie weideten namentlich in dem Küstenstrich zwischen Tarent und Gallipoli3); der Name der saltus Carminianenses worunter die ganze apulisch-calabrische Domäne einbefafst wird, lebt im heutigen Carmiano 7 Millien West von Lecce fort.'*) Immerhin ist es die Baumzucht gewesen die das Aussehen der Halbinsel bestimmte. Die Olivenwälder die sie gegen- wärtig bedecken (I 454), reichen nach Aussage der Landwirte weit zurück.^) Wenn der Boden hierfür besonders geeignet er- scheint (I 244), so hat doch der Weinbau im Altertum nicht minder geblüht. 6) Gerühmt werden ferner die Feigen'), Mandeln s),

1) Strab. VI 281 oiwS^ore^a S^ ovaa evßoros oiSsv r^rrov xai bvSsvS^os o^äxai.

2) Varro RR. II 2, 18 Hör. Od. II 6, 10; Colum. VII 2. 4 XI 2 Plin. VIII 190. 191 XXIX 33 Pallad. XII 13 Strab. VI 284 Marlial XIII 125 VIII 28, 3 Fers. 2, 65 u. a.

3) Von Schlangen heimgesucht Verg. Georg. III 425 Solin 2, 33.

4) Not. Dign. Occ. 11 vgl. CIL. X 1795.

5) Theophr. h. pl. IV 14, 9 caus. pi. II 7, 5 V 10, 3 Cato RR, 6 Varro I 24 Colum. XII 49 Plin. XV 20 Hör. II 6, 16 Macrob. S. III 20, 6.

6) Aihen. I 27 c Hör. Od. II 6, 19 Plin. XIV 69 Mari. XIII 125.

7) Plin. XV 71.

8) Plin. XV 90.

§ 3. Calabrien. 863

Kastanien!), Nüsse 2), PinienkerneS), Birnen*), KüchenkräuterS), die alle nach dem Ausfuhrhafen Tarenl benannt sind. Bezeugt wird die Pflege jener Zierbäume auf denen die Gartenkunst der Alten be- ruhte, wie CypresseC) und Myrte.') Um den Vergleich mit Attika zu vervollständigen kann endlich noch der calabrische Honig erwähnt werden.^) Die Aehnlichkeiten der beiden Halbinseln hinsichtlich ihrer Bildung Bodenbeschaffenheit und Bebauung fallen in die Augen. Aber die geschichtliche Entwicklung weist keinerlei Berührungspuncte zwischen ihnen auf. In Hellas wurden die Gaue unter dem Druck feindlicher Stämme zu einem staatHchen Ganzen verschmolzen. In Italien haben die Fremden einen vorzüglichen Hafen in Besitz ge- nommen, eine Stadt gegründet, den Verkehr an sich gerissen, viel Land erobert und eine Grofsmacht geschaffen. Die Eingeborenen aber schliefsen sich nicht zu einer nationalen Einheit zusammen, sondern zerfallen in lose Stammbünde die ebenso oft gegen einander als gegen den gemeinsamen Dränger kämpfen. Sie erliegen der fremden Cultur, nicht den fremden Waffen und bewahren zumeist ihre politische Unabhängigkeit. Unter der Führung Tarents erreicht die Halbinsel wie der ganze Süden eine Höhe von Wolstand und Gesittung, die nachfolgende Zeiten tief beschämen sollte. Die An- gaben über die Volkszahl dienen zur Erläuterung: Tarent stellte einst 30000 Mann zu Fufs nebst 4000 Reitern ins Feld 9); das Aufgebot der Mächte die mit Pyrrhos den Uebergriffen Roms be- gegnen wollten, Samniten Lucaner Messapier Tarentiner, wurde deni König auf 20 000 Reiter und 350 000 Fufsgänger beziffert.io) Iq. dessen fehlte der vielköpfigen Gesellschaft ein einheithcher Wille und was noch schlimmer war, die fortschreitende Gesittung hatte die Wehrkraft der Städte untergraben (l 455). Der Krieg mit Rom rafl'te die Hälfte der Freien bin : 225 v. Chr. als fast zwei Menschen- alter seit der Unterwerfung verflossen waren, standen die eben er-

1) Plin. XV 93. 94.

2) Colum. V 10.

3) Plin. XV 35.

4) Cato RR. 7 Colam. V lO Plin. XV 55. 61 Macrob. S. III 19, 6.

5) Colum. VIII U Theophr. caus. pl. IV 16, 2.

6) Cato RR. 151 Plin. XVI 141.

7) Plin. XV 122 XVII 62.

8) Strab. VI 282 Hör. Od. II 6, 14 Varro bei Macrob. S. lii 16, 12.

9) Strab. VI 280.

10) Plut. Pyrrh. 13, 6.

864 Kapitel XIV. Apulien.

wähnten Stämme zwar mit 26000 Reitern (I 545) aber nur mit 150 000 Fufsgängern in den Dienstrollen aufgeführt.') Dann kam der hannibalische Krieg und auf den verwüsteten Gefilden richtete sich der römische Geldsack ein. Tarent wurde ein Sitz der Ver- gangenheit, Brundisium von der aufstrebenden Gegenwart getragen. „Ehedem, sagt Strabo von der Halbinsel'^), war dies ganze Land reich bevölkert und hatte 13 Städte, aber jetzt findet man aufser Tarent und Brundisium blofse Dörfer: so gründlich ist es ausgemergelt." Die Aussage wird durch die Fülle vorrömischer und den Maogel römischer Denkmäler bestätigt.

Die Terra d' Otranto oder Provinz Lecce wird zu 6797 (früher 8530) Dkm Inhalt berechnet. Auf die Abweichung der heutigen von den alten Stammesgrenzen ward S. 851 hingewiesen, Der in diesem Abschnitt beschriebene Landestheil beschränkt sich auf rund 6000 Dkm, das römische Calabrien umfafste 7—8000 Dkm, griff über die Halbinsel hinaus an der Küste zwischen Brindisi und Gnatia (S. 860) , im Binnenland bis nördlich von Bari (S. 857). Es ist nicht möglich die politischen Bildungen die vor der römischen Herrschaft in diesem Gebiet bestanden , klar zu erkennen. Die Messapier scheinen der leitende Canton gewesen zu sein (I 540), ihr König war mit Athen verbündet und stellte 413 Hülfstruppen zur Belagerung von Syrakus.^) Die Calabrer werden allerdings im 5. Jahrhundert erwähnt, aber kommen in der geschichtlichen Ueber- üeferung nicht vor.*) Wenn nun was den Helleneu messapisch hiefi?, von den Römern calabrisch benannt wurde &), so könnte man vermuten dals dem letzteren Volk der Vorsitz im Stammbund über- tragen worden wäre. Jedoch liegt die Annahme näher dafs die oskischen Nachbarn wie den Namen Apuli (I 541) so auch Calabri an die lateinische Sprache vermittelten. Von Augustus werden den Calabreru 10, den Sallentinern im Süden 5 binnenländische Ge- meinden mit Selbstverwaltung zugewiesen. 6) In der Verwaltung der Kaiserzeit ist Calabria mit Apulia verbunden , wird aber als unab-

1) Fol. II 24, 10.

2) Strab. VI 281.

3) Thuk. VII 33.

4) Rhinlhoii bei Hesych.

5) Polybios braucht II 24, 11 III 88, 4 die griechische, X 1, 3 die römische Benennung.

6) Plin. III 105.

§ 3. Calabrien. 865

häDgige Einheit aufgefafst, ja sogar vorübergehend zu der anstofsenden dritten Region Lucanien gezogen.') Die Byzantiner dehnten den Namen über ihre süditahschen Besitzungen aus 2) und behielten ihn, nachdem um 668 Tarent Brindisi und die öslhche Halbinsel von den Langobarden erobert wurden 3), für die ihnen verbUebene weslhche Halbinsel bei.*) So kam es dafs der Name in seiner eigentlichen Heimat erlosch, dagegen die Erinnerung an das alte Volk der Brettier verdrängte.

Der Sinus Tarentimis ist der grüfste Meerbusen Italiens: sein Durchmesser zwischen dem lacinischen und iapygischen Vorgebirge wird von den Alten annähernd richtig zu 100, der Umfang zu 250 MiUien angesetzt s); der Flächeninhalt beträgt rund 350 deutsche Quadratmeilen. Dies ganze Becken findet seinen Brennpunct im Hafen der Stadt nach der es benannt ist. Die 648 km lange Küste von der Südspitze ßrultiums bis zur Südspitze Calabriens hat wol Sommerhäfen und offene Rheden (195), aber nur diesen einzigen vorzüglich geschützten weiträumigen Ankerplatz der auf die Küsten- schiffahrt früherer Zeilen die stärkste Anziehung ausüben mufste, aufzuweisen. 6) Das breitische Gebirge fällt durchweg steil zum Meer ab , auch die iapygische Halbinsel bietet ihrer geringen Er- hebung zum Trotz mit Nichten ein gastliches Gestade. Aber in Mitten der weiten Ebene die das nordhche Ende des Golfs einfafst, öffnet sich mit einem Durchmesser von 8 km gen Westen eine halb- kreisförmige Bucht. Sie wird durch Torre Rondinella nach Norden, Cap S. Vito nach Süden begrenzt, die dazwischen liegenden flachen Inseln S. Pietro und S. Paolo brechen die Gewalt der Brandung. Nur die südliche Einfahit zwischen S. Vito und der kleinen Insel S. Paolo kann gegenwärtig von Schiffen benutzt werden. Ob die nördliche Einfahrt jenseit der gröfseren S. Pietro bereits im Alter- tum versandet war, wissen wir nicht. Auf dem Zug nach Syrakus 413 V. Chr. ankerten die Athener bei den Inseln um messapische Speerwerfer aufzunehmen : bei dieser Gelegenheit hören wir dafs

1) CIL. IX 2213.

2) Georg. Cypr. (um 600) p. 31 Geizer, vielleicht später interpolirt.

3) Paul. h. Lang. VI 1.

4) Im heuligen Sinne Paul. h. Lang. V 11.

5) Plin. 111 99 von Polybios bei Strab. VI 261 richtig auf 700 Stadien er- mäfsigt; Mela II 68 Ptol. III 1, 10 Prokop b. Golh. 111 28.

6) Ausgeführt Pol. X 1 Flor. I 13, 3.

Nissen, Ital. Landesknnde. U. 55

866 Kapitel XIV, Apulien.

sie Choerades hiefsen.^) Die Buciit heifst lieule Marc grande und bildet die aufsere Rhede der Stadt. Eine 150 m breite Enge die jetzt vom Ponte di Napoli überbrückt ist und aucb im Altertum überbrückt war 2), verbindet sie mit dem Mare piccolo. Dies ist eine Lagune von 8 km Länge und böcbstens halber Breite: die vor- springende Punta della Penna beschränkt die Breite auf 600 m und giebt dem Gewässer einen herzförmigen Ausschnitt. Die Gezeiten deren Wechsel deutlich wahrnehmbar ist, beleben die Lagune: mit steigender Flut wandern die Fische ein, mit Ebbe wieder ins Meer hinaus und werden beim Abzug in dem schmalen Durchlafs gefangen. Die Fauna des Mare piccolo ist aufserordentlich reich, zählt neben den Schalthieren nicht weniger als 93 Arten Fische. 3) Eine so günstige Fangstelle wie die Landzunge zwischen dem äiifseren und inneren Becken hat früh besiedelt werden müssen. Rohes oder im geometrischen Stil verziertes Thongeschirr, vereinzelte Steinwaffen erinnern an die ältesten Bewohner. Der Landzunge gegenüber auf Punta Tonno ist jüngst ein befestigtes Pfahldorf nachgewiesen worden : die oberen Schichten bargen mykenische Scherben , die unteren bekundeten dieselbe Ausstattung die sich am Po noch viele Jahrhunderte behaupten sollte. 4) Als die Fischerei zur Seefahrt fortschritt, gewährte die Lagune den Schiffen vollkommene Sicher- heit sowol gegen Wind und Wetter als gegen feindlichen Angriff. Porlus Tarentinus ist die alte Bezeichnung des Mare piccolo oder wenigstens des westHchen Theils der an die Stadt stöfst.^) Ein junger Gewährsmann läfst hier vor Ankunft der Hellenen bereits eine grofse und reiche Stadt bestehen 6): wenn man den Mafsstab der Zeiten berücksichtigt, klingt die Nachricht ganz glaubhaft. Auch werden verschiedene ältere Namen und Siedlungen überliefert.^) Geschichthch ist allein Tagag bekannt. So hiefs angeblich ein Sohn des Poseidon, sein Bild auf dem Delphin erscheint als Sladt-

1) Thuk. VII 33.

2) Pol. VIII 36 setzt die Brücke voraus, Slrab. Vi 278 Appian Kann. 34 bezeugen sie ausdrücklich.

3) Hör. Sat. II 4, 34 Ennius Hed. 5.

4) Ouagliati Not. d. Scavi 1900 p. 411—64.

5) Prokop b. Goth. III 23. 27 IV 26 Liv. XXUI 33 vgl. A. 2.

6) Paus. X 10, 8. 13, 10 luslin. III 4, 11.

7) (Arist.) mir. ausc. 106.

§ 3. Calabrien. 867

Wappen auf den Münzen. i) Indessen ist der Name 2; augenscheinlich einheimischen Ursprungs und kehrt 8 km West vom Mare piccolo wieder, wo er vom Abflufs einer seit dem Altertum ausgefüllten Lagune, der noch jetzt Tara heifst, geführt wird. 3) Die Jungfern- kinder Sparta's die um 707 v. Chr. die Küste eroberten, haben ihn zu hohen Ehren gebracht.*)

Wie so mancher erlauchten Stadt hat freilich auch dieser das Schicksal arg mitgespielt. Die geschichthche Ueberlieferung sciiweigt von ihren Grofsthaten und verweilt mit gehässiger Parteilichkeit bei ihrem Verfall. Oftmalige Zerstörung und tausendjährige Verödung haben die Denkmäler alten Glanzes beseitigt. Einem Stadtbild gegen- über das einst an Reichtum und Umfang in Italien seines Gleichen nicht gekannt hat, müssen wir froh sein wenn die Hauptlinien sich feststellen lassen. &) Zwischen der Lagune und der äufseren Bucht springt vom Festland nach Westen eine Halbinsel in Gestalt eines Kegels vor: die Basis mifst etwa 3, die Höhe 4 km. Die Aufsen- seite streicht in regelrecht geschwungener Linie, die Innenseite be- schreibt hinter il Pizzone (dem Gegenstück zu der S. 866 erwähnten Punta della Penna) einen flachen Bogen. Von dem Kegel ist die 1000 m lange 400 m breite Spitze die bis auf den schmalen Aus- gang die Lagune absperrt, durch einen niedrigen Nacken getrennt. Gegenwärtig wird der Nacken von einem 90 m breiten die gröfsten Kriegsschiffe einlassenden Canal durchbrochen: der drehbare Ponte di Lecce überschreitet ihn. Der Durchstich hängt mit der Anlage des itaUenischen Kriegshafens im Mare piccolo zusammen, ist aber bereits im 15. und wieder im 18. Jahrhundert, wenn auch nicht in gleicher Vollendung wie jetzt, gemacht worden. Auf der so ge- schafl"enen Insel liegt die Altstadt von Taranto und lag die Altstadt von Taras. Eine Insel in unserm Sinne des Worts war das zur Zeit der Hellenen noch nicht, wol aber nach damaliger Auffassung:

1) Aristot. bei Poll. IX 80 Paus. X 10, 8. 13, 10; nach Anderen i-^coi ne Strab. VI 279 Skymn. 331.

2) Nach Steph. Byz. wird der Stadlnanne auch weiblich gebraucht, doch nur von Späteren wie Dion. Per. 377. Neben Tarentum vereinzelt Tarentut Mela II 68 Flor. I 13 Sil. It. XII 434 Sidon. Ap. carm. V 430.

3) Steph. Byz. Appian b. civ. V 94 Paus. X 10, 8.

4) Die Gründung nach Antiochos und Ephoros Strab. VI 278 80 Diod. VIII 21 Arisl. Pol. V 6, 1 Skymn. 330 fg. lustin. III 4 Pol. VIU 35, 9.

5) Viola, Notizie degli Scavi 1881 p. 376—436 mit Plan, vgl. Evans, Jour- nal of Hellenic Studies VII p. 1 fg., London 1886.

55*

868 Kapitel XIV. Apulien.

von dem 2'/2 km messenden Umfang waren vier Fünftel vom Meer geschirmt, das letzte Fünftel brauchte künstlicher Deckung gegen das Land. Die Spuren der Befestigungswerke, der Mauer mit tiefem Graben davor i), sind durch die neuen Canaibauten verwischt worden. Der Höhenunterschied trug wesentlich zu ihrer Verstärkung bei. Der Stadtboden ist niedrig, sagt Strabo^), hebt sich jedoch ein wenig in der Akropolis. Die mittlere Höhenlinie der Neustadt kann zu 16 m angenommen werden, der höchste Punct der Altstadt mifst 26 m: kommt auch hiervon mit 4 5 m der Zuwachs an Bauschutt in Abzug, so überragt doch die Altstadt jene und insonderheit die unmittelbar anstofsende Einsenkung. In der That waren die neuen Quartiere dadurch ihr gegenüber im Nachtheil, dafs sie den Schlüssel zum Hafen besafs.3) Nach einem mifslungenen Angriff 212 mufste Hannibal sich auf die Blockade beschränken. Er sicherte die Neu- stadt durch mächtige Schanzen, schaffte Kriegsschiffe aus dem inneren Hafen über Land auf die Aufsenrhede um die Zufuhr zur See ab- zuschneiden. Aber die römische Besatzung hatte vermittelst der Brücke im Westen einen Ausweg zu Lande 4), der Plan sie aus- zuhungern scheiterte, und der Mifserfolg wurde verhängnifsvoll für den ganzen Krieg. Zu Hannibals und Pyrrhos' Zeiten war die Insel die beherrschende Burg der Stadt. Von den Kunstschätzen die sie damals barg, fand Strabo nur kümmerliche Reste vor.») Wir erblicken noch Trümmer eines dorischen Tempels, der um 600 erbaut sein mag. Die Umgebung des Tempels, das mittelalterliche Taranto wo die Furcht vor den Piraten die Bevölkerung in hohen fläusern und dunkeln Gängen Gassen kann man sie kaum nennen 500 Köpfe auf den Hektar zusammen gepfercht hat, führt den nachdenklichen Beschauer zu den Anfängen von Taras zurück. Gerade wie jetzt stand die Fischerei unter den Erwerbszweigen obenan. 6) Und wie der Aufschwung des geeinten Italien ein neues Tareut aufserhalb. der Insel ins Leben gerufen hat, so rückte dorische Kraft die Sladt- grenze bis zu einem Ziel hinaus, das vorläufig unerreichbar er- scheint. — Seit vielen Jahren haust der Bauer innerhalb des altea

1) Pol. VIII 34, 7.

2) Strab. VI 278.

3) Pol. VIII 36, 3 Liv. XXV 11 claustra portus.

4) Liv. XXV 15 XXVI 39.

5) Strab. VI 278.

6) Arist. Pol. IV 4, 1.

§ 3. Calabrien. 869

Mauerriügs und hat mit den städtischen Anlagen gründlich auf- geräumt. Immerhin zeigt eine Aushöhlung des Bodens (Canalone) den Stadigraben an; von der sorgfältig gefügten Mauer dahinter sind gleichfalls einzelne Schichten nachgewiesen worden. Sie läuft von der Masseria Collepazzo am Mare piccolo nach Süden und biegt halbwegs in stumpfem Winkel nach Westsüdwest zur Masseria Montegranaro am Mare grande um. Ihre Länge mifst 3V2 km, das Achtfache der die Landseite der Altstadt schützenden Wehr. Auch die Seeseiten waren ummauert: man erbhckt Mauertrümmer im Wasser das hüben wie drüben die Ufer abgenagt hat. Für die Landseite werden zwei Thore bezeugt. >) Die einmündenden beiden Hauptstrafsen durchzogen die Stadt der Länge nach und endigten auf der Agora, die nicht allzu weit von der Altstadt ablag. Wir hören ferner von einem Hauptthor das zum Hafen am Mare piccolo führte 2); indefs kann die Zahl der Ausgänge damit nicht erschöpft sein. Der Flächeninhalt wird berechnet zu 42 ha für die Altstadt, 529 ha für die Neustadt. Jene Ziffer ist wegen der seit dem Alter- tum eingetretenen Anschwemmung etwas niedriger, diese wegen der Abspülung höher zu veranschlagen. Sehen wir von solcher kleinen Ungenauigkeit ab, so steht Tarent mit rund 570 ha an Gröfse hinter Syrakus (1814 ha) zurück, Athen mit dem Piraeus (585 ha) gleich, übertrifft das servianische Rom (426 ha) Capua (182 ha) und alle anderen Städte Italiens weitaus.^) Der umschlossene Raum war nicht vollständig bebaut: im Osten an der Stadtmauer blieb eine Zone frei wo die Tarentiner ihre Todten begruben.^) Immerhin darf man die Einwohnerschaft während der Blüte nicht unter 100 150000 Seelen schätzen, wurden doch allein 209 nach so viel Heimsuchungen 30000 in die Sklaverei verkauft. &) Auf die Frage wann die grofsartige Stadlerweiterung vollzogen ward, bleiben wir die Antwort schuldig. <*) Aus allgemeinen Erwägungen kann sie so- wol dem 5. als dem 4. Jahrhundert v. Chr. zuoreschrieben werden.

1) Pol. VIII 30. 31 Liv. XXV 9.

2) Pol. Vlil 32, 6.

3) Skymn. 330 fxeyiaxrj tcöv iv 'iTaXiq Tdqas.

4) Pol. VIII 30, 6.

5) Liv. XXVII 16 Plut. Fab. 22, 4.

6) Viola p. 392 schliefst aus den Mauerresten und den daran befindlichen Steinmetzzeichen dafs sie nicht über 450 400 hinauf reichen kann. Jedoch hat eine Mauer von solcher Ausdehnung öfterer Erneuerungen bedurft, zumal sie 272 geschleift ward Zonar. VIII 6.

870 Kapitel XIV. Apulien.

Da die ältesten Gräber im Westen aufserhalb der Altstadt, die jüngeren im Osten zu liegen scheinen, gelingt es vielleicht mit Hülfe der Grabfunde einzelne Stufen der Entwicklung zu unterscheiden.

Wenn auch alle anderen Quellen versiegt wären, so genügten die Münzen um zu zeigen dafs Tarent während seiner Unabhängig- keit die erste Ilandelstadt Italiens gewesen sei. Die Reichhaltigkeit der Typen Avellino unterschied 896 steht im Westen allein hinter Syrakus zurück, allen übrigen Prägestätten voran. Die Münze be- herrschte ganz Apulien und das innere Samnium. Wie sehr sie von den Bedürfnissen des Grofshandels abhing, lehrt die Auswahl der Metalle. Kupfer wird spät und in beschränktem Umfang ge- schlagen, auch die Scheidemünze ist von Silber, dagegen ist Gold stark vertreten.!) Beiläufig hören wir aus dem 5. Jahrhundert von den lebhaften Beziehungen die mit Plätzen wie Korinth'^) Aegina^) Knidos ^) unterhalten wurden. Die Angabe dafs Tarent zu den aeginetischen Candelabern die Schäfte heferte, wirft ein helles Licht auf die Entwicklung des Kunsthandwerks sowol als des geschäft- lichen Verkehrs. Jenes lernen wir unmittelbar aus den apulischen Nekropolen kennen : Tarent hat sie mit buntem Geschirr ausgestattet. &) Unter allen Gewerben die einst hier bluten, das wichtigste, rettete die Weberei und Färberei ihren Weltruf bis in die letzten Zeiten des Altertums. Der Wolle geschah S. 862 Erwähnung. Sie wurde am Galaesus gewaschen 6), den der Localstolz auch wol Eurotas be- nannte ''), einem an der Nordseite in das Marc piccolo mündenden Bach: das Kirchlein Madonna di Galeso hält die Erinnerung wach.s) Den Farbstoff schenkte das Meer: neben vielen anderen Muscheln kommt die Purpurschnecke in mehreren Arten vor. Ihre Schalen

1) Mommsen, Münzwesen 103 Head H. N. 44 fg. Berliner Kat. 222 fg.

2) Herod. I 24.

3) Plin. XXXIV 11.

4) Herod. III 138.

5) Athen. XI 478 b.

6) Martial II 43, 3 IV 28, 3 V 37, 2 VIII 28, 3 XII 63, 3 vgl. Verg. Georg. IV 126 Hör. Od. II 6, 10 Prop. HI 32, 67 Slat. Silv. lU 3, 93 Sid. Ap. carm. 24, 59 Ciaudian 1 260.

7) Pol. Vlil 35, 8.

8) Die Kirche ist von Taranto 2^2 Millien entfernt. Das Pol. VIII 35, 8 Liv. XXV 11 angegebene doppelle Mafs bezieht sich auf das karthagische Lager, das aus strategischen Gründen auf der Höhe gegen Melapont gerichtet zu denken ist. In wiefern Aenderungen im Wasserlauf eingetreten sind, weifs ich nicht.

§ 3. Galabrien. 871

der Abfall tarenlinischer Fabriken liegen am Ufer der Lagune hoch aufgelhürmt. Die auf den Münzen häußg angebrachte Muschel spielt auf den Betrieb an. Die Auswüchse der herrschenden Mode werden schon im 4. Jahrhundert gegeifselt •) , die romische To»a erregte 282 v. Chr. den lauten Hohn ihrer Jünger.'^) In der Fol^e beziehen die Sieger weifse und bunte Tuche durchscheinende Gazen und ähnliche Artikel von diesem Ort 3); 400 n. Chr. weist er eine kaiserliche Färberei, die einzige des itaHschen Festlands auf.^) Wie die Stadt selbst hat auch ihr Gebiet anfänghch einen bescheidenen Umfang gehabt. Der 8 km entfernte Bach Taras (S. 867) giebt die Ausdehnung nach West an, das Dorf Saturhim nach Südost s): der letztere Name lebt fort in der kleinen Bucht Saturo mit der Torre Saturo die 12 km von Tarent abhegt. '^j Die Grenzen die ein paar Geviertmeilen nicht überschritten, wurden in steten Kämpfen vor- gerückt; die über Messapier Peukelier Japyger erfochtenen Siege waren in Delphi von Künsllerhand verewigt.'') Die schliefshche Grolse der Feldmark läfst sich mit annähernder Richtigkeit nicht schätzen. Aber man ersieht doch dafs die Hellenen im Wesent- hchen auf den Küstensaum beschränkt blieben und im Binnenland sich öfters blutige Küpfe holten. In diesen Kriegen kommt die heimische von der Ilophtentaktik abweichende Fechtweise zur An- wendung. Die Messapier fuhren den Wurfspeer, der Späteren als unterscheidendes Merkmal der römischen Legion gilt.*) Auch die leichte Reiterei die unter dem Namen Taqavrlvoi seit dem Aus- gang des 4. Jahrhunderts in den Söldnerheeren begegnet, ist mit der nämlichen Waffe ausgerüstet. 9) Die Wurfwaffe ist dem Hirten von Natur an die Hand gegeben, der mit dem Beruf des Hirten für die öffenlhche Sicherheit verbundenen Gefahren haben wir früher (S. 841) gedacht, diesem Kreise entstammten die wilden Gesellen die

1) Klearch bei Athen. XII 522 d.

2) Dio fr. 39, 7 Appian Samn. 7.

3) Plin. IX 137 Hör. Ep. IIl, 207 Martial (S. 870 A. 6), mehr BlQmner p. 122 f?.

4) Not. Dign. Occ. c. 10.

5) Das delphische Orakel das Phalanthos der Führer der Parthenier eihielt, Antiochos Slrab. VI 279 Diod. VIII 21 giebt diese Deutung an die Hand.

6) Steph. Byz. ^Suzv^iov Serv. V. Georg. IV 335 Prob. V. Georg. II 176 vgl. Hör. Saf. I 6, 59 m. Schol.

7) Paus. X 10, ü. 13, 10.

8) Thuk. VII 33.

9) Arrian Takt. 4 Polyaen III 7, 1 Diod. XIX 82 Liv. XXXV 28 u. a.

872 Kapitel XIV. Apulien.

im Oslen ihre Haut zu Markte trugen und von dem Werbeplatz den Namen empQngen. Vielleicht bedeutender als die über die Ein- geborenen errungenen sind die Erfolge die Tarent auf Kosten der eigenen Stammesgenossen davon trug. Der drohende Wettbewerb Thurii's ward durch den Sturz der athenischen Macht beseitigt. Und als nun Dionys im Bunde mit den Lucanern die Städte Grofs- griechenlands knechtete, brachte das nationale Unheil den Taren- tinern Nutzen , erhob sie zur Führerschaft des Hellenentums in Italien. Dafs solche Höhe erreicht werden konnte, war freilich vor allem das Verdienst der ruhigen Entwicklung im Innern. Während die Vernichtung der Pythagoreer die achaeischen Gemeinden heillos zerrüttete, fand die vervehmte Secte in Tarents Mauern Schutz und Duldung; einer ihrer Hanptvertrelcr, Archytas der Freund Piatons, hat Jahrzehnte hindurch an der Spitze der Staatsleitung gestanden. *) Um die Zeil der Perserkriege war das Königtum noch nicht ab- geschafft.^) Die von den Japygern 473 erlittene schwere Nieder- lage raffte den Adel dahin und bahnte den Weg für die Demokratie.^) Aber diese Demokratie findet vor den Augen eines Aristoteles Gnade.4) Die Schiiderungen die Theopomp und seine Nachahmer von dem üppigen zügellosen Leben mit breitem Pinsel ausmalen, erwecken das Mifstrauen des unbefangenen Richters.^) Die Pflege von Kunst und Wissenschaft, die Namen eines Archytas Aristoxenos Rhinthon, ganz zu geschweigen des Andronikos dem die römische Jugend die Kenntnifs Homers verdankt, beweisen dafs die Taren- tiner nicht blos zu zechen , sondern auch zu arbeiten verstanden. Endlich haben sie in rühmlichem Kampf gegen die üebermacht der Verhältnisse ihre Freiheit vertheidigt nnd verloren.

Die Herrschaft Tarents ruhte auf seinem Geld, seinem Handel und Gewerbe. Da das Bürgeraufgebot dem Heerbann der Lucaner Samniten Messapier an Zahl nicht gleichkam, mufstc der Ausfall durch Söldner gedeckt werden. Unter Aufwand bedeutender Mittel hat der tarentinische Kaufmann durch die Landsknechte eines Archi- damos Alexander Kleonymos die seit 350 unablässig wiederholten

1) üiog. Laert. VIII 4.

2) Herod. III 136.

3) Herod. VII 170 Arist. Pol. V 2, 8 Diod. XI 52.

4) Arist. Pol. VI 3, 5.

5) Athen. IV 166 e (Theopomp) XII 522 d (Klearch) Plut. Pyrrh. 13. 16 (Ti- inaeo3) Pol. VIII 26, 1 Strab. VI 280.

§ 3. Calabrien. 873

Angriffe der Stämme abgewehrt. Er konnte meinen auch mit deo Römern ein gutes Geschäft gemacht zu haben (S. 833). Rom ver- pflichtete sich keine Kriegsschiffe jenseits des lacinischen Vorgebirges zu entsenden , erkannte damit den ganzen Meerestheil (S. 865) als Resitztum der Tarenliner an.ij Die Rechnung trog. Zur Gründung der venusinischen Mark die die Verbindung mit Apuhen bedrohte (S. 828), halten sie geschwiegen; als jedoch unter schnöder Mifs- achtung der Verträge 282 ein römisches Geschwader am Horizont auftauchte, brauchten sie ihr Hausrecht und bohrten die Schiffe in den Grund. Tarent unternahm die Refreiung Italiens vom römischen Joch. Das Unternehmen scheiterte, nicht an der Führung durch König Pyrrhos, sondern au der schlechten Zucht seiner Truppen 2) und dem Eingreifen Karthago's. Als nach zehnjährigem Krieg die Rurg 272 von den epirotischen Söldnern ausgeliefert ward, verlor die Stadt Flotte und Mauer und zahlte Tribut. Der griechische Grofskaufmann hatte ausgespielt, der römische machte sich's in den allen Häusern bequem. 3) Eine starke Resatzung bürgte ein Jahr- hundert und länger für das ^yolve^halten der Rürgerschaft.*) Trotz- dem wurde Hannibal 212 als Erretter begrüfst. Der Erhebung folgte 209 das blutige Strafgericht auf dem Fufse nach. Tarent büfste seine Kunstwerke, seinen Reichtum, einen grofsen Theil seiner Revölkerung, seine Unabhängigkeit ein^): die schönen Di- drachmen mit Delphin und Reiter verschwinden aus dem Verkehr. 6) Es behielt seine Selbstverwallung'), stellte den Römern auch wol Schiffe^), bewahrte nach Empfang des Rürgerrechts 9) griechische Sprache und Sitte bis in die Kaiserzeit. lO) Klima und Gegend übten auf die Römer ihre Anziehung aus und werden von den Dichtern

1) Appian Samn. 7.

2) Dio fr. 40, 25. 26 Appian Samn. 8.

3) Pol. VIII 33, 5.

4) Pol. II 24, 13 VIII 26 fg. Liv. XXVIII 10 XXIX 13 XXXVI 2 XXXVIII 42 XXXIX 29 Appian Syr. 15.

5) Slrab. VI 27S. 281 Liv. XXVII 16 Plut. Fab. 22 Plin. XXXIV 40.

6) Mommsen, Münzwesen 330.

7) Liv. XXVII 25 XXXV 16 Cic. pro Archia 5. 10 in Verr. IV 135.

8) Pol. I 20, 14 Liv. XXXV 16.

9) Eine Tafel des Statuts ward 1894 gefunden, Mon. ant. d. Lincei VI (1895) p. 405 fg.

10) Slrab. VI 253 Cic. Fin. I 7.

874 Kapitel XIV. Apulien.

gepriesen.') Die Stadt mochte einen iilinlichen Eindruck erwecken wie heul zu Tage Venedig oder Brügge. Obwol die Quartiere im Osten verlassen waren , nahm sie sich mit ihrem Gymnasium und Marktplatz in Strabo's Augen ganz stattlich aus. 2) Die Regierung hat wiederholt versucht ihr aufzuhelfen: 123 v. Chr. wurde eine Colonie Nephmia hergeführt 3), Ponipeius siedelte unterworfene Piraten an^), endlich Nero 60 n. Chr. Veteranen. &) Die neue römische Epoche kündet sich durch ein Amphitheater und was nützlicher war, eine Wasserleitung an. Letztere führt aus 15 km Entfernung Trinkwasser in die bisher auf Brunnen angewiesene Stadt und zwar über den Ponte di INapoli auf die Insel. Die An- lage der Leitung und der siebenbogigen Brücke die sie trägt, machte allerdings die Lagune für Schiffe unzugänghch. Mit dem alten Hafen verüdete zugleich die Stadt, die Veteranen rissen aus, ein oder zwei Menschenalter nach der ueronischen Colonie wird Tarent mit Metapont Thurii und Kroton auf gleiche Stufe gestellt. 6) Die ebenso spärlichen wie dürftigen Inschriften geben einen Mafsstab für die gedrückten Verhältnisse der Gemeinde ab."?) Die althellenische Befestigung wurde 546 erneuert um ganz Calabrien in ihren Schutz aufzunehmen , 549 jedoch von Totilas mühelos erobert.*) Später ist der Platz abwechselnd in den Händen der Byzantiner Lango- barden Saracenen und zuletzt der Normannen gewesen.

Tarent liegt an einem Knotenpunct des Verkehrs: von Süden trifft die lucanische Küstenstrafse ein, von Nordwesten die samnitische über Venusia (S. 861), von Norden die apulische über Barium (S. 859), von Osten die calahrische von Brundisium, von Südosten die sallen- tinische. Davon werden die an zweiter und vierter Stelle aufge- führten gemeinhin als Via Appia zui^ammen gefafsf, obwol ihr Er- bauer unbekannt ist.'*) Man kann veimuten dafs sie von den

1) Gell. N. A. XllI 2, 2 Cic. ad Fam. VII 12, l Tac. Ann. XIV 12 Sen. Dial. IX 2, 13; Verg. Georg. IV 125 Hör. Od. II 6, 10 III 5, 56 Ep. I 7, 45 Prop. III 32, 67.

2) Slrab. VI 278.

3) Vell. I 15, 4 Strab. VI 281 Hör. Od. I 28, 29 Feldm. 211.

4) Probus V. Georg. IV 125.

5) Tac. Ann. XiV 27.

6) Dio Chrys. or. XXXIH 401 M. *

7) CIL. IX p. 22. 655. 693 Eph. ep. VIII p. 12 Kaibel p. 180. 689.

8) Prokop b. Golh. III 23. 37.

9) Irrig nennt Aur. V. v. ill. 34 den blinden Appius von 312.

§ 3. Calabrien. 875

Römern in Verbindung mit der Gründung der Colonie in Brundisium angelegt worden sei. Dies war die einzige fahrbare Landslrafse von Rom nach dem Orient, die BequemHchkeit sicherte ihr der kürzeren durch Apuhen laufenden gegenüber den Vorrang der erst 109 n. Chr. durch Traian eingeholt ward (S. 815); Meilensteine sind noch von Constantin vorhanden. ') Man rechnete die Ent- fernung von Brundisium nach Rom zu ebenso viel Millien als das Jahr Tage enthält, d. h. 360 oder 366.2) ßa aber in den Reise- bUchern die Strecke von Venusia nach Tarent zu kurz gekommen ist (S. 861), so werden die Reisenden ursprünglich an ein Schalt- jahr alten Stils von 377 oder 378 Tagen gedacht haben, was mit der wirklichen Zahl der Millien nahe übereinstimmt. Wie dem nun sei, so wird der Abstand von Tarent und Brundisium richtig mit 44 Millien angegeben. 3) Ungefähr halbwegs, 20 Millien von Tarent erreicht die Strafse Uria Messapia *), in einheimischer Sprache auf seinen aus römischer Zeit stammenden Kupfermünzen Orra, jetzt Oria. 5) Die beherrschende Lage in der Milte der Halbinsel (S. 862) pafst für die Hauptstadt eines Volkes: Strabo sah auf der Durchreise den allen Königspalast. ^) Seit dem 266 über sie gefeierten Triumph kommen die Messapier in der Geschichte nicht wieder vor (I 540). Die Stadt behielt Selbstverwaltung.") 12 Millien weiter folgt Mesagne dessen alten Namen wir nicht kennen s), hierauf in gleichem Abstand Brundisium Brindisi. ^) Die

1) CIL. IX 6076. 77.

2) Die erste der hellenischen Volksanschauung entsprechende Ziffer hat Strab. VI 283 Plin. II 244, die zweite ergiebt sich aus den Theilsummen des It. Ant. vgl. CIL. IX p. 602.

3) It. Ant. 119 Tab. Peut.

4) Plin. III 100 Uria cui cognomen [ad discrimeii] Apulae Messapia nach Cluvers 1248 Verbesserung.

5) Mommsen ünt. Dial. 61 CIL. IX p. 20 Garrucci 120.

6) Strab. VI 282. 83 über die Verwechslung mit der sallentinischen Stadt gl. N. s. S. 885.

7) Die Stadt wird 40 v. Chr. erwähnt Äppian b. civ. V 58; Ptol. III 1, 68 OiQTjTOv) Feidm. 211. 262 ist die Form nicht sicher.

8) CiL. IX p. 19.

9) Die Griechen Herodot Polybios Strabon usw. (auch inschrifllich wie Dittenberger F 268, 70) setzen die Tenuis Boevidaiov Boevrealrot, dagegen die amtliche einheimische Inschrift Kaibel 672 BoevSealvcov. Dichter brauchen die Kurzform Brenda Fest. 33 M. , aber der Anlaut im Lateinischen ßruTi ist durch die Münzen und die Litteratur gesichert. In Tab. Peut. It. Hier. 609

876 Kapitel XIV. Apulien.

Stadt wird um ilires Hafens willen genannt den Strabo dem Taren- tiner vorzieht und Ennius mit den Worten preist'): ' Brundisium pulcro praecinctum praepete portu. Die Alten vergleichen ihn mit einem Hirschgeweih und lassen den Namen in messapischer Sprache Hirschkopf bedeuten. 2) Das Bild ist angemessen gewählt. Wie im Westen durch die Lagune von Tarenl lockert das Meer auch im Osten bei einer in der Luft- linie reichlich 50 km messenden Entfernung die einförmige messa- pische Küste auf. Es schafft zunächst eine trichterförmig sich verengende Bucht von 4 km Weile und 3 km Länge. Diese Aufsen- rhede wird durch 6 Eilande gegen den Wogenprall geschirmt. 3) Die seewärts gelegenen kleinen heifsen Le Petagne; die nördliche Hauplinsel (S. Andrea) streicht 1 km dem Ufer parallel und ist halb so weit von ihm entfernt. Die so entstehende Einfahrt (Bocca di Puglia) ist neuerdings abgeschnitten worden, da man um der Ver- sandung zu begegnen die äufserste Spitze der Insel durch einen Damm mit dem Festland verband. Ein Angreifer zur See findet in der Insel einen geeigneten gegen den inneren Hafen vorspringen- den Stützpunct: nur fehlt Trinkwasser. 4) Der Name im Altertum scheint Barra gelautet zu haben. &) Zwischen dieser und der Insel- gruppe Le Petagne ist die 2 km breite Haupteinfahrt, die ehedem wie jetzt durch einen Leuchtlhurm auf der ersten Klippe erhellt wurde. 6) Die eben umschriebene Aufsenrhede läuft landwärts aus nach Süden in einen lodten Arm der jetzt ausgefüllt ist (Fosso piccolo), sodann nach Südwesten in den Hauptarm der den eigent- lichen Hafen bildet. Der Eingang (/awcesjporfMs'') war im Altertum ungefähr 300 m lang und breit. In der Neuzeit gänzlich versandet, ist er bei der Herstellung des Hafens auf einen Canal von kaum ein Viertel der ursprünglichen Breite eingeengt worden. Caesar versuchte (9 17 März 49) den Eingang durch eine Sperre zu

Brindisi, Geogr. Rav. IV 31 Brendesium V 1 Brindice bricht dann die alte Valgär- sprache durch.

1) Strab. VI 282 Ennius Gell. N. A. VII 6, 6 IX 4, 1 Lucan II 609 fg.

2) Strab. VI 282 Sleph. Byz. Hesych. Elym. M. Schol. Bern, zu Lucan II 609.

3) Plin. lii 151.

4) Caes. b. civ, III 23. 100 Appian b. civ. IV S2. Eine Süfswasserquelle innerhalb des Hafens erwähnt Plin. 11230; sie ist nicht mehr vorhanden.

5) Fest. 33 M. unter Barium.

6) Mela II 114.

7) So bezeichnet Caes. b. civ. I 25.

§ 3. Calabrien. 877

schliefscD, brachte auch fast die Hälfte fertig, als die feindliche Flotte von Griechenland zurückkehrte und Pompeius aus der Falle herausholte. Spuren der Dammbauten wurden in der Neuzeit ge- legentlich angetroffen. Wie von der Stirn die Stangen des GeNveihs vorspringen i), gabelt sich die Bucht in zwei schmale Führden: eine etwa 2 km lange nach Westen (Seno grande), eine wenig kürzere nach Süden (Seno piccolo). Beide reichten im Altertum weiter ins Land. Sie bieten bei genügender Tiefe für grofse Seeschiffe den vollkommensten Schutz und bei der Länge der Staden eine unver- ächtUche Bequemlichkeit des Verkehrs. Die von ihnen umfafste Halbinsel ist der gewiesene Ort einer Stadt. Solche ist an drei Seiten durch das Wasser gedeckt und dem Angriff vom Lande her nur auf einer Strecke von 1 km ausgesetzt. Dafs ein derartiger Platz früh von Seefahrern angelaufen und früh von Ansiedlern ein- genommen wurde, läfst sich erwarten. Die Ueberlieferung schreibt die Gründung den Kretern oder Aetolern unter Theseus Minos lapyx Diomedes oder einem Herakliden Brentos zu. 2) Sie hält die Messapier für verwilderte Kreter und die Japyger für Nachkommen des Diomedes ([ 542), erzählt von Kämpfen beider Völker um den Besitz des Hafens. Sie erzählt dafs der König von Brundisium viel Land an die nach Tarent gekommenen Lakonen verlor, trotzdem ihren verbannten Anführer Phalanthos gastlich aufnahm und nach dem Tode prunkhaft bestattete. Derart ist der Gegensatz beider Städte nach der Ueberlieferung von Anfang an gegeben. Er setzt sich in historischen Zeiten fort: wie die Messapier als Feinde Tarents mit Athen verbündet sind (S. 864), so unterhält Brundisium mit Thurii einen Gaslvertrag. 3) Freilich konnte der Hafen im Besitz der Messapier 4), wenn auch deren wichtigste Stadt 5), die Vorzüge seiner Gestaltung nicht voll und frei entfalten, weil das Hinterland fehlte. Erst für das geeinte Italien wurde er das Hauptthor des Personenverkehrs mit Hellas und der Levante. Um es in seine Hand zu bringen überzog Rom 267. 66 die Messapier und Sallentiner mit

1) Caerar bei Cic. ad Alt. IX 14, 1 ab utroque portus cornu. •1) Strab. VI 282 Schol. Bern, zu Lucan II 609 lustin XII 2, 7 Herakl. Pont, fr. 27 (U 220 Müller) Steph. Byz.

3) Kaibel 672 vgl. Mominsen Herrn. III 298; wegen dieser engen Beziehungen ist auch dem Herodot IV 99 der Name ganz geläufig,

4) Skymn. 364 Boevreatov inivBiöv re icöv Meaffanicov.

5) Flor. I 15 Caput regionis.

878 Kapitel XIV. Apulien.

Krieg '), sicherte sodann den eroberten Platz 244 durch eine lati- nische Colonie. 2) Der 5. August wurde als Stiftungstag gefeiert. 3) Damit wechselte Brundisium seine Volksangehörigkeit, sprach nicht mehr Messapisch sondern Latein. ■*) Es war mit einem fruchtbaren Gebiet ausgestattet worden dessen Grüfse nur geschätzt werden kann, aber eher 1000 Dkm überstieg als darunter blieb, s) Unter seinen Erzeugnissen werden Honig und Wolle hervorgehoben; vom Weinbau ist die Rede 6); die künstliche Geflügelzucht ward hier ausgebildet. "0 Den Feinschmeckern lieferte es Seefische 8) und Austern 9), fertigte endlich in republikanischer Zeit die behebtesten Spiegel. ^^) Aber die eigentliche Bestimmung der Colonie ist auf der kupfernen Scheidemünze deren Prägung ihr verstattet ward, zum Ausdruck gebracht: die Münzen tragen den bekränzten Kopf des Neptun und den bekannten tarentinischen Typus des Reiters auf dem Delphin, gleichsam als ob sie den Wettbewerb mit der bisherigen Seekönigin ankünden wollten. ^i) In den nächsten Jahrzehnten nach der Gründung erprobten die Römer den Wert dieses Bollwerks gegenüber der griechischen Halbinsel i^) sowol als der umgebenden Landschaft. '3) Nach dem hannibalischen Krieg als Italien endgiltig unterworfen war und nunmehr der Orient an die Reihe kam, nimmt die Stadt einen raschen Aufschwung, während Tarent unheilbar hinsiecht.''*) Die Ueberfahrt nach den jenseitigen Häfen Dyrrachium für die Route Thessalonica-Byzanz (100 Millien). '■^) Aulona (90 Millien) '6) und

1) Zonar. VIII 7 Flor. I 15 Eutrop. II 17.

2) Vell. I 14,8 Liv. XIX.

3) Cic. ad Att. IV 1, 4 pro Sest. 131.

4) Mommsen ünterit. Dial. 60. Die Unzuverlässigkeit des messapischen Elements lehrt der Verrat von Clastidium 218 Pol. HI 69 Liv. XXI 48.;

5) Slrab. VI 282.

6) Varro RR. I 8 Plin. XVII 166.

7) Plin. X 141 Varro RR. 111 5 vgl. Cic. pro Plane. 97.

8) Ennius Hed. 4.

9) Plin. IX 169 XXXIl 61.

10) Plin. XXXIll 130 XXXIV 160.

11) Mommsen, Münzwesen 352 Berliner Kat. 213.

12) Pol. II 11, 7 üio fr. 49, 2 Liv. XXIII 33. 48 XXIV 10. 11.

13) Liv. XXV 22 XXVII 10 Appian Hann. 34.

14) Pol. X 1,9.

15) Slrab. VI 283 Plin. III 101 225 Millien, lt. Ant. 317 1400 Stadien == 140 Millien, It. mar. 497 1000 Stadien = 100 Millien.;

16) It. Ant. 323 It. mar. 497 1000 Stadien = 100 Millien.

§ 3. Calabrien. 879

Corcyra (160 Millien) ist zwar bedeutend länger als von Hydruntum aus (l 94), galt aber als entsprecbend sicherer, i) Und obwol die Furcht vor der Seekrankheit dem letzteren Wege Verehrer zu- führte 2), hat er doch erst am Ausgang des Altertums den Strom der Reisenden abgelenkt. 3) Brundisium bedeckte eine Fläche von etwa 80 ha, stand somit zwischen Pompeji und Ostia in der Mitte. Der Bundesgenossenkrieg verschaffte ihm römisches Bürgerrecht und Aufnahme in die Tribus Maecia. Seitdem war und blieb es Muni- cipium mit der üblichen Magistratur. *) Durch Sulla ward es zum Freihafen erhoben.^) Aber mit der S. 876 erwähnten Belagerung im März 49 v. Chr. beginnt die schwere Bedrängnifs die erst durch den Sieg Octavians ihr Ende finden sollte: 42 und 40 folgten neue Angriffe, um von der andauernden Schädigung des Handels zu schweigen. Die Monarchie hat viel für die Stadt gethan^ prunkende Denkmäler errichtet ß), durch die Via Traiana eine zweite Fahrstrafse nach Rom geschaffen (S. 815), an eine durchgreifende Besserung jedoch der landschaftlichen Verhältnisse nicht gedacht. ") Die Weide- wirtschaft herrscht vor, die Landbevölkerung ist unfrei gewaltthätig zu Aufständen geneigt s), die Malaria schleicht ungestört umher (I 337. 417 A. 1). Etwa 300 brundisinische Inschriften, mit Tarent verglichen eine grofse Zahl, sind auf uns gelangt 9): den Grund- besitzerstand der in kräftigeren Gemeinden den Ton angiebt, sucht man auf ihnen vergebens. Und so eifrig der Handel betrieben wird'O), so viele Orientalen mit ihren Culten begegnen, der Grofs- händler fehlt, weil das aufnahmefähige Hinterland nicht vorhanden

1) Plin. III 101 Tac. Ann. III 1 im Winter von Corcyra war Brundisium naviganti celerrimum fidissimumque adpulsu. Cic. Phil, I 7 Brundisium iter- que illud quod trilum in Graeciam est. vgl. vila M. Aur. 9, 4. 27, 3 vita Sev. 15,2.

2) Liv. XXXVI 21 (vgl. Flut. Cato maior 9, 6) Cic. ad Alt. XV 21, 3 Strab. VI 281.

3) It. Ant. 115. 323. 329 It. mar. 489 Hieros. 609.

4) CIL. IX p. 8.

5) Appian b. civ. I 79.

6) Dio LI 19.

7) Feldm. 262.

8) Tac. Ann. IV 27.

9) CIL. IX 32—214 6096-6150 6391—96 c Eph. ep. VIII 2—51 Kaibel 672-84.

10) Cic. de Divin. II 84 Dig XIV 1, 1, 12 Saeton rel. 122 Reiff. Sidon. Ep. I 10,2 CIL. IX 60. 62.

880 Kapitel XIV. Apulien.

ist. Die Grabsteine kleiner Leute die von den Reisenden leben, reden zu uns; denn die Fremdeninduslrie war dazumalen kein Grofsgewerbe wie in heuliger Zeit. Der fliegende Buchhändler mit griechischen Schmökern i), der aus Rom verschriebene Litterat der die Dichter verhunzt'^), der vom Rat geehrte epikureische Philosoph aus Rhodos 3) vervollständigen das Bild des nahenden Verfalls. Als Pacuvius in Brundisium geboren wurde*), Horaz von langer Fahrt ausruhte ^), Vergil die Augen schlofs ^), mögen die Farben frischer gewesen sein. Die Mauer war im 6. Jahrhundert längst gefallen ^), der Verkehr nach Hydruntum gewandert. Dann gelangt der trefl"- liche Hafen namentlich während der Kreuzzüge wieder zu Ehren, verödet später und versandet, wird schliefslich vom geeinten ItaUen seiner ehemahgen Bestimmung zurückgegeben. Die antiken Ueber- reste von Wasserleitung und Thermen, zwei Säulen eines Denkmals sind unbedeutend.

Von einer Anzahl Ortschaften im Umkreis von Brindisi sind messapische Inschriften erhalten aber keine lateinischen: wir können sie deshalb auch nicht benennen. Dahin gehören 28 km nord- westlich Carovigno s), 37 km nordwestlich Ostuni »), 38 km westlich Ceglie Messapico (301 m), offenbar Caelia wie das gleichnamige Municipium bei Bari (S. 857) aber in der Litteratur nicht nach- weisbar.'ö) Einen dritten Ort des Namens führt PHnius in der KUstenbeschreibung südlich unweit Brindisi auf.*') An der Küsten- strafse welche die ganze Halbinsel von Brindisi bis Tarent umzieht, findet sich 12 Millien von Brindisi bei S. Pietro Vernotico die Stätte des verlassenen Valesium die noch jetzt Valesio heifst.^'-) Trotz seiner Funde kann der Ort nicht erheblich gewesen sein. 25 Milben

1) Geil. N. A. IX 4.

2) Gell. N. A. XVI 6.

3) CIL. iX 48.

4) Hieron. a. Abr. 1863.

5) Hör. Sat. I 5, 104.

6) Hieron. a. Abr. 1999.

7) Prokop b. Golh. III 18.

8) Mommsen Unterit. Dial. 63.

9) .Mommsen a. 0. 64 an das territorium Auslranum Feldm. 211 erinnernd.

10) iMommsen a. 0. 62.

11) Plin. III 101.

12) Mommsen a. 0. 60, die Namensform ist unsicher: Mela II 66 Faletium Plin. III 101 Dalesium It. Ilieros. 609 Falentia Tab. Peut. Balenlium Geogr. Rav. IV 31 V l Baletium Guido 71 Faletum vel Falentium.

. § 3. Calabrien. 881

von Brindisi setzen die Reisebücher Lupiae an. i) Als Nachfolgerin betrachtet sich Lecce (51 m) die ansehnliche Hauptstadt der Provinz. Antike Bauwerke sind gegenwärtig verschwunden, waren indefs nach dem Zeugnifs des Guido von Pisa im 12. und des Galateus im 15. Jahrhundert reichHch vorhanden. Unter allen Umständen mufs Lupiae, wenn nicht auf dem nämlichen Fleck wie Lecce, so doch io unmittelbarer Nähe gesucht werden. Von den Geographen wird es theils ins Binnenland 2) theils an die Küste verlegt. 3) Die Ent- fernung von letzterer beträgt 8 Millien ; an der kleinen Bucht von S. Cataido befand sich ein Hafen den Kaiser Hadrian ausbaute.^) Hier landete nach Caesars Ermordung sein Erbe Octavian und ver- weilte einige Tage in Lupiae. 5) Dem Kaiser Marc Aurel führten höfische Gelehrte seinen Stammbaum auf den Gründer der Stadt, einen sallentinischen König Malemnius des Dasummius Sohn zurück. 6) Dieser Verwandtschaft wird sie die Erhebung zur Colonie zu danken haben. "^ Um dieselbe Zeit erhielt sie vielleicht auch ein Amphi- theater; jedoch sind die Inschriften spärlich.^) In Lecce erinnert die Porta a Rugge an den kaum 1 km westlich entfernten verlassenen Ort der im Altertum Rudiae hiefs und Municipalrechl besafs. ^) Die Lage ist sowol inschriftlich als durch die Angabe Strabo's gesichert.*^) Um des Dichters Willen den er der Welt geschenkt, wird der Ort genannt^i):

Ennins antiqua Messapi ab origine regis . . . miserunt Calahri, Rudiae gennere vetustae: nunc Rudiae solo memorabüe nomen alumno.

1) It. Ant. 118 Lupiae, Hieros. 609 Clipeas, Tab. Peut. Luppia, Geogr. Rav. IV 31 V 1 Lupia; der vielfach entstellte Name wird gesichert durch CIL. X 1795.

2) Slrab. VI 2S2 Aovniai.

3) Mela II 66 Lupae Plin. III 101 Lupia Ptol. III 1, 12 y/ovnniai.

4) Pausan. VI 19, 9 Aovnla.

5) Nicol. Dam. v. Gaes. 17 Ainnai. Appian b. civ. III 10 Aovniat.

6) vita Marci 1, 6 vgl. Pausan. VI 19, 9.

7) CIL, X 1795 Feldm. 211. 262 territorium Lyppierue.

8) Momrosen Unterital. Dial. 59 CIL. IX p. 5.

9) Mommsen Unterital. Dial. 58 CIL. IX p. 6. Rudiae Mela II 66 Sil. It. XII 396 'PovSia Ptol. III 1, 67, Ethnikon Rudinus bei Schriftstellern und CIL. IX 23, Rodinus Feldm. 262.

10) Slrab. Vi 281. 82 Guido 28 (71) Lictiae coniuncta civitas Rüge di- gnoscittir.

11) Sil. It. XII 393 Cic. de or. ni 168 pro Arch. 22 Strab. VI 281 Mela II 66 Auson. XXVII 13, 17.

Nissen, Ital. Landesktmde. IL 56

882 Kapitel XIV. Apulien.

Er heifst in der Regel calabrisch i), bei Slrabo hellenisch. Ennius selbst rühmte sich griechisch oskisch und lateinisch zu sprechen d.h. die drei Litteratursprachen seiner Zeit 2); zum Rang einer solchen hatte sich die messapische Muttersprache nicht auf- zuschwingen vermocht (I 542). An der Küste zwischen Lecce und Otranto linden sich mehrere Lagunen, bei denen die in der plinia- nischen Beschreibung aufgezählten verschollenen Hafenorte vermutet werden können. 3) Darunter steht portus Tarentmus: der Name scheint anzudeuten dafs Tarent sich einen Stützpunct im Osten der Halbinsel gesichert halte. 4) Alsdann folgen Fratuertium, das ver- lassene Soletum 5) und 50 Millien auf der Landstrafse von Brundisium entfernt Hydrus Uydruntum Otranto. ^) Es nimmt eine Anhöhe (35 m) ein am südlichen Ende einer Bucht von 800 m Durchmesser. Der Hafen ist geräumig und bequem, aber nach Nordost geölfnet und den Nordwinden preisgegeben. Was seine Benutzung ehedem empfahl, war der Umstand dafs Griechenland und Italien hier einander am Nächsten traten (I 94. 20). Er wird denn auch in der Küsten beschreibung des Skylax und der Geschichte Theopomps er- wähnt '), soll in Urzeiten von Kretern besiedelt worden sein. ^) Oben (S. 879) ward bemerkt dafs der römische Verkehr sich in beschränkten Grenzen hielt und erst in späteren Jahrhunderten wuchs. Vor Er- lheilung des Bürgerrechts hatte die Regierung allen Grund die

1) Hör. Od. IV 8, 20 mit Schol. Ovid. ars am. 111 409 Sil. It. a. 0. Suidas nennt den Dichter einen Messapier. Irrig setzt Mela II 66 Rudiae aufserhalb Calabriens nördlich von Brundisium, schreibt ihm folgend Plin. 111 102 die Stadt den Poediculern zu.

2) Gell. N. A. XVII 17 Fest. 293 M. Sueton de gramm. 1 nennt ihn semi- graecus, Hieron. a. Abr. 1777 läfst ihn in Tarent geboren sein vgl. Reifferscheid Sueton 100.

3) Plin. HI 101.

4) Möglicher Weise ist darunter Hydrus zu verstehen Skyl. 14.

5) Ein Ort Soleto (91 m) liegt in der Mitte der Halbinsel 20 km Süd von Lecce, Galateus hat Spuren der alten Ringmauer gefunden. Ob dies das So- letum desertum. des Plinius sei, steht dahin.

6) Die griechische Form brauchen Cic. ad Farn. XVI 9, 2 ad Att, XV 21, 3 XVI 5, 3 Mela II 66 Hijdrus mons(?) Lucan V 375; Hydruntum Liv. XXXVI 21; beide Formen Plin. III 100. 1; Hydrentini CIL. X 1795; Hydnmto lt. Ant. 118 Odronlo lt. Hieros. 609 YdrutUe Tab. Peut. Ydrontiis Geogr. Rav. IV 31 Vi Paul. h. Lang. 11 21 Ydroiitum.

7) Skyl. 14. 27 Steph. Byz. 'TSqüIs.

8) Steph. Byz. Biavvoe.

§ 3. Calabrien. 883

latinische Colonie Briindisium zu begünstigen: Hydruntum blieb abgelegen i) und ward spät an das Netz der Staatstrafsen ange- schlossen.^) Obwol Municipium 3) war es deshalb nur ein Städt- chen. 4) Am Ausgang des Altertums hat es ßrindisi weit über- flügelt^): trotzdem giebt Galateus den Umfang der Ringmauer nicht höher als 11 Stadien etwa 2 km an. Die Oströmer haben den Platz bis ins 11. Jahrhundert behauptet, die Türken 1486 von Grund aus zerstört. Von einigen Säulen und zwei Inschriften abgesehen sind keine alten Denkmäler erhalten.

Bis Gap d'Otranto (40» 6') 5 km Süd von der Stadt hält die Küste eine südöstliche, nunmehr bis zur Südspitze eine südHche Richtung ein. Dieser letzte Abschnitt mit der gröfsten Erhebung der Halbinsel (S. 862) ist gegenwärtig mit Gehöften und Dörfern bedeckt. „Kaum hat man, schreibt ein Reisender, die letzten Häuser eines Dorfes im Rücken, so taucht schon der Kirchthurm des nächsten auf, und bisweilen geht man von einem unmittelbar ins andere. Die Natur hat alle ihre Gaben verschwenderisch ausgeschüttet: ununterbrochene Olivenhaine köstliche Weingärten machen den Winkel zum glücklichsten der Erde; Rinder Maulthiere Esel nehmen ihrer- seits in Gröfse und Schönheit der Gestalt an diesem Segen Theil." Ob und inwieweit die begeisterte Schilderung für die römische Zeit zutrifft, ist allerdings Iraglich. Bewohnt war der ganze Strich von den Sallentinern, deren Nordgrenze gegen die Calabrer oder Messapier nicht mit Sicherheit gezogen werden kann (l 540 A. 4). ^) Als erstes Municipium ist Basta zu erwähnen, das in dem Weiler Vaste (105 m) 15 km Südwest von Otranto 6 km von der See fortdauert und nach Galateus mancherlei Ueberreste aufwies. '') Das Dorf Castro aufragendem Ufer (99 m) an der See 6 km von Vaste 18 km

1) Lucan V 375 avius Hydrus.

2) Meilensteine sind nicht erhalten. Cicero benutzt 50 den Seeweg von Hydruntum nach Brundisium ad Farn. XVI 9, 2, Cato 191 den Landweg Liv. XXXVI 21 vgl. Strab. VI 281.

3) CIL. IX p. 5 Feldm. 262.

4) Strab. VI 281 noXi/yt] Steph. Byz. fgoigiov.

5) Cassiodor Var. I 2 Prokop b. Vand. 1 1 b. Goth. I 15 u. o. Paul. h. Lang. II 21 aptam mercimonüs.

6) Ptol. 111 1, 12. 67 rechnet Lupiae und Hydruntum den Calabrern , aber mit Unrecht Rudiae den Sallentinern zu.

7) Plin. III 100 Basta 105 Basterbini Ptol, III 1, 67 Bavara Mommsen ünterital. Dial. 52.

56*

884 Kapitel XIV. Apulien.

von Otranto bezeichnet die Stätte von Castrum Minervae. i) Der Tempel der ehemals reich war 2), ist nach der Legende von Aeneas besucht und die offene Rhede an seinem Fufs seitdem Partus Veneris benannt worden. ^) Idomeneus von Kreta soll den Tempel gegründet, die Nation der Sallentiner aus einer Mischung von Kretern Illyrern und italischen Lokrern geschaffen und in 12 Gemeinden gesondert haben. ^) Aber nach dem Verlust der Unabhängigkeit ging es mit dem Stammesheiligtum bergab: Selbstverwaltung kann die Ortschaft nicht gehabt haben. Von Otranto erreicht der Schiffer nach 300 Stadien = 30 Millien &) Acran Japygiam (I 539 A. 3) oder nach lateinischer Ausdrucksweise promunturmm Sallentinum (I 540 A. 5) Cap S. Maria di Leuca oder Finisterra (59 m) unter 39 <^ 47' 30": die durch eine Bucht getrennte Punta Ristola westlich davon springt noch einige Secunden weiter nach Süden vor. Die weifse Färbung der Steilküste verlieh der an der Bucht gelegenen Ortschaft den Namen Leuca den sie noch immer führt, ß) Begreiflicher Weise haben die Seefahrer hier oft Zuflucht gesucht ''); daran knüpfen Fabeln von Herakles und den Giganten an, nach denen diese Küste Leuternia geheifsen haben soll, s) Die Ortschaft gehörte zu dem 6 km landeinwärts gelegenen Municipinm Veretum, dessen Stelle die Kirche der Madonna di Vereto (161 m) unweit Patü anzeigt. ») Der Umfang der um 900 von den Saracenen zerstörten Stadt soll sehr bedeutend gewesen sein. Unter anderer Nameusform als 'Yglf] Uria bekannt, galt sie als Mutterstadt der Sallentiner ^O); noch 171 v.Chr.

1) Tab. Peut. giebt die Entfernung von Otranto mit 8 Millien zu klein an. Geogr. Ray, IV 31 VI Guido 29. 71 Minervium.

2) Strab. VI 281.

3) Dion. H. I 51 Verg. Aen. III 530 mit Schol. die Schilderung des Dichters widerstreitet der Wirklichkeit.

4) Probus Verg. Ecl. 6, 31 nach Varro: Salentini dicli quod m salo ami- citiam fecerint.

5) So It. mar. 489, viel zu niedrig Strab. VI 281 Plin. III 100 150 Stadien 19 Millien, Tab. Peut. von Castro ab 12 Millien.

6) Strab. VI 281 Lucan V 376 It. mar. 489 Guido 29 Mommsen Unterit. Dial. 51. 7) CIL. IX 1 fg.

8) (Arist.) de mir. ausc. 97. 98 Strab. VI 281.

9) Strab. VI 281. 82 Plin. III 105 Ptol. III 1, 67 Feldm. 262 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 VI Guido 29. 71 Beretos quae nunc Leuca CIL. IX 6.

10) Herod. VII 170 Varro bei Prob. Verg. Ecl. 6, 31 Strab. VI 282. Dafs Ptol. III 1, 68 das calabrische Uria (S. 875 A. 7) OvQrjtov nennt, bestätigt die Gleichheit der Formen,

. § 3. Calabrien. 885

haben die Urites den Römern 4 Schiffe gestellt, i) Wenn Strabo ferner als anderen Nanoen von Veretum Baris angiebt und die Ent- fernung zur See zwischen Baris und Leuca zu 80 Stadien, so wird darunter der Hafen am Tarenliner Golf zu verstehen sein, von dem die Stadt 4 km abliegt, ^j 12 Millien von Veretum nach Nordwest erreicht die Strafse das 4 Milben von der Küste entfernte üzentum Ugento (108 m). 3) Seine Kupfermünzen (S. 77) tragen die messa- pische Legende l^oC« ^O^av; ebenso sind Inschriften in dieser Sprache aus Gräbern hervorgezogen worden. *) Die Gemeinde fiel nach der Schlacht bei Cannae ab und wurde in Gemeinschaft mit den übrigen Sallentinern 207 unterworfen. ^) Die Stadt ist zwar Bischofsitz, aber nach ihrer Zerstörung 1537 durch die Türken von bescheidener Ausdehnung. Spuren der alten Hafenanlagen sind vor- handen. — Nach weilereu 12 Millien folgt das Municipium Aletium (73 m); die Kirche S. Maria della Lizza oder dell' Alizza beim Dorf Picciotti 5 Millien von Gallipoli bewahrte das Andenken, bis neuer- dings das Dorf den Namen Alezio angenommen hat. 6) Dieser Stadt werden die altertümlichen den tarentinischen nachgebildeten Silber- münzen mit der Aufschrift faXed-ag oder BaXe&ag beigelegt. ") Sie zeichnet sich ferner durch ihren Reichtum an messapischen In- schriften aus. s) Aletium erhält einen natürlichen Hafen der allerdings wegen seiner Schiffbrüche berüchtigt ist, durch die mehr als 2 km lange Halbinsel die das sallentinische Gestade in bemerkens- werter Weise unterbricht. Ihr Kopf, ein Felsen (14 m) von 2 km Umfang, hing früher an einem schmalen Nacken mit dem Fest- land zusammen. Diesen hat die See durchnagt, so dafs gegenwärtig eine Brücke von 12 Bogen die Verbindung herstellen mufs. PUnius

1) Liv. XLII 48, auf das calabrische Uria kann dies nach der Unterwerfung nicht bezogen werden.

2) Ob Steph. Byz. Bägn hergehört, ist unsicher.

3) Die Namensform ist inschriftlich gesichert CIL. IX p. 3 Piin. III 105 Ulen- tini Ptol. III 1, 67 OC^evrov Tab. PeuU isinium Geogr. Rav. IV 31 Mirtum Guido 29.

4) Monimsen, ünterit. Dial. 51.

5) Liv. XXII 61 XXV 1 XXVII 40.

6) Strab. VI 282 ('AXrjria nicht mit völliger Sicherheit aus 2aXi^nia her- gestellt) Plin. 111 105 Ptol. III 1, 67 Tab. Peut. Baletium Geogr. Rav. IV 31 Vi B aletium.

7) Head H. N. 42 setzt sie um 350.

8) Mommsen, Unterit. Dial. 57 CIL. IX p. 3.

886 Kapitel XIV. Apulien.

bezifTert die Enlfernung von Leuca mit 33, von Tarent mit 75 Millien, letzteres etwas hoch. Dies ist ein Platz wie ihn die alten Handels- völker zu besetzen liebten. Die Tarentiner hatten hier eine Factorei gegründet, deren sich später der Spartaner Leukippos bemächtigte, i) Der Name Callipolis verriet den griechischen Ursprung und hat sich als Gallipoli behauptet. Der einheimische lautete Anxa, wird aber nur von Plinius erwähnt. 2) Obwol die Stadt erst seit dem Mittel- alter durch ihre Oelausfuhr zu einiger Bedeutung gelangt ist, scheint sie doch ehedem Selbstverwaltung gehabt zu haben. 3) Die enge Bau- fläche und wiederholte Zerstörung machten die Erhaltung alter Bau- werke unmöglich. Dagegen berechtigen Schalenhügel zum Schlufs dafs hier wie in Tarent (S. 870) Purpur bereitet wurde. 10 Millien nördlich von Aletium liegt das Municipium Neretum 4) Nardö (43 m) in einer mit Fieber behafteten Gegend; denn die Erhebung des 5 km entfernten Uferrands erschwert den Abflufs des Regens. Aus einer Inschrift lernen wir den Namen des emporium Nauna, wol eines kleinen Küstenorts kennen.^) Plinius erwähnt ferner den portus Sasine oder Sasinea von wo der Absland Brindisi's geringer sei als von Tarent 6): dies trifft auf Porto Cesareo zu. '') Gegenwärtig sind die Häfen dieses ganzen Strichs trotz ihres Reichtums an Fischen verlassen. Endlich bleibt Manduria (79 m) das in der Ueberlieferung mehrfach vorkommt, 29 Millien von Neretum 25 von Tarent, zu besprechen. ^) Neben den Ruinen der von den Saracenen im 10. Jahrhundert zerstörten Stadt erhob sich Casalnuovo, das langsam wuchs und seit 1700 wieder Manduria heifst. Von der alten Mauer deren Umfang zu 4 km angegeben wird, sind ansehn- Reste erhalten: es war ein doppelter Ring aus Quadern ohne Mörtel geschichtet, mit breitem Graben davor. Vor diesem starken Boll- werk der Messapier gegen Tarent liefs König Archidamos am

1) Dion. H. XIX 3 vgl. Strab. VI 265.

2) Mela II 66 urbs Grata Callipolis Plln. III 100.

3) CIL. IX p. 3.

4) Plin. III 105 Ptol. III 1, 67 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 Vi CIL. IX p. 4 Mommsen Unterit. Dial. 58.

5) CIL. IX 10.

6) Plin. III 99 mit unsicherer Lesung. Der Name kehrt in der Insel Sason an der illyrischen Küste wieder.

7) CIL. IX p. 5.

8) Tab. Peut. giebt als zweite Zahl 20 was zu niedrig ist; Geogr. Rav. IV 31 V 1.

§ 3. Calabrien. 887

3. August 338 dem Schlachttag von Chaeronea sein Leben. •) Nach dem Abfall zu Hannibal wurde es 209 mit Sturm genommen. 2) Wahrscheinlich ist das Stadtgebiet damals in eine römische Domäne umgewandelt worden: in der Liste der Municipien fehlt der Name. Er wird bei Plinius allein wegen eines Brunnens angeführt, dessen Wasserstand weder durch Schöpfen noch durch Zugiefsen verändert werden konnte. 3) Der merkwürdige Brunnen ist noch vorhanden. In der Liste fehlt gleichfalls Graxa von dem römische Kupfer- münzen erhalten sind.-) Die der nämlichen Epoche angehörenden Kupfermünzen mit der Aufschrift 2tv werden der Gemeinde der Stulnini zuzuweisen sein, die bei Plinius unter dem calabrischen Binnenland steht, aber nicht nachweisbar ist.')

1) Plut. Agis 3, 2 Theopomp Athen. XII 536 d Diod. XVI 63. 88 Paus. HI 10, 5.

2) Liv. XXVJI 15.

3) Plin. II 226 in Salle7itino wie Livius, doch wird diese Benennung ganz allgemein gebraucht I 540 A. 4.

4) Garrucci 119 Head H. N. 43.

5) Plin. III 105 Garrucci 120 Head H, N. 43.

KAPITEL XV. Lucanieu.

Die dritte Region des Augustus umfalst die gebirgige West- hälfte von Unteritalien und führt den Doppelnamen Lucania et BruttüA) Die Scheidung zwischen dem Appennin und den Granit- massen der Sila (I 244), zwischen Festland und Halbinsel ist von Natur gegeben. Wie Bau und Entstehung beiden Theilen gesonderte Bahnen vorschrieben, haben auch die Stämme während ihrer Un- abhängigkeit zwei Staaten gebildet. Freilich sind die Eingebornen in historischen Zeiten niemals im vollen Besitz der heimathchen Scholle gewesen. Am Ausgang des achten Jahrhunderts beginnen die Hellenen die fruchbaren Küsten an sich zu reifsen und fahren damit fort bis zum fünften, wo die erstarkten Bergvölker das ver- lorene Erbe wieder einfordern. In dem langen Kampfe der sich nunmehr entspinnt, sinkt die Schale allmäüch zu Gunsten der Osker, da fällt Rom dem Sieger in den Arm, und in den wiederholten Versuchen das fremde Joch abzuschütteln geht die oskische Nation zu Grunde. Wenn die Schicksale dieser Landschaften in den Haupt- zügen übereinstimmen, weichen sie doch im Einzelnen von ein- ander ab. Der Süden mit seiner langgestreckten Küste steht ganz unter dem Einflufs des Meeres und bildet in gewissem Sinne ein Gegenstück zu Sicilien. Der Norden ist mit dem appenninischen Stammgebirg unlöslich verwachsen, hat von den Seestädten nie ganz bewältigt werden können, deshalb auch die Führung im Freiheits- kampf ergriffen. Er steht der italischen Entwicklung ungleich näher und hat zwar kein günstiges, aber immerhin ein besseres Los gezogen als die eingeengte Halbinsel. Die früher (I 534) angegebenen Grenzen Lucaniens umschliefsen die Provinz Principato citeriore oder Salerno mit Ausnahme des gleichnamigen Kreises

1) Plin. III 71 Zusammenstellung der correctores Marquardt Staatsverw. I 87 Paul. h. Lang. II 17.

Lucanien. 889

(S. 823), die Provinz Basilicata oder Potenza mit Ausnahme des Kreises Melfi (S. 828). Der Flufs ßradanus bestimmt jetzt wie ehe- dem die Ausdehnung im Osten gegen Apulien (S. 850). Dagegen findet im Süden eine grüfsere Abweichung statt, da die Allen nicht an der von Natur aufgerichteten Scheidewand des M. Pollino (I 243) Halt machen, sondern den Crati am Fufs der Sila als Grenze be- trachten, mithin ein Stück der Provinz Calabria citeriore oder Co- senza nämlich den Kreis Castrovillari zu Lucanien rechnen. Der Flächeninhalt beträgt demnach rund 260 deutsche Quadratmeilen 14500 Dkm; davon wurden dem lucanischen Bund nach seiner Unterwerfung unter Rom vermutungsweise 180 deutsche Quadrat- meilen zugewiesen (I 535). Von allen Theilen des festländischen Italien ist dieser wegen trauriger socialer Zustände am Schwächsten bevölkert und erreicht kaum die Hälfte des mittleren Durchschnitts, so dafs man auf das menschenleere Sardinien hinüber greifen mufs um eine noch niedrigere Ziffer anzutreffen. Ein ähnliches Ver- hällnifs wie die heutige Statistik aufdeckt, wird für die römische Zeit aozuuehmen sein. Nicht aber in früheren Jahrhunderten. Wenn der lucanische Bund dasjenige Gewicht auf dem Schlacht- feld vermissen läfst das nach seinem Gebietsumfang zu erwarten wäre, wenn er in der Stammrolle von 225 v. Chr. nur mit 30000 Mann und 3000 Reitern aufgeführt wird^), so erklärten wir diese Er- scheinung daraus dafs die iMasse der Bevölkerung aus Hörigen be- stand und zum WafTeudienst nicht berechtigt war (I 535). Viel- mehr schreibt sich der Niedergang des Landes erst vom hanni- balischen Kriege her, in welchem es 216 abfiel, bis 209 auf Seiten des Feindes aushielt und 206 von diesem völlig geräumt wurde.2) Als sodann die Lucaner im Bundesgenossenkrieg die Waffen nicht niederlegten und gemeinschaftlich mit den Samniten die Schlacht der Verzweiflung am Collinischen Thor schlugen 3), iheilten sie das Schicksal ihrer Stammesgenossen (S. 774). In der Censusliste des Augustus waren etwa 15 Gemeinden mit Selbstverwaltung ein- getragen: eine ansehnliche Stadt wird darunter vermifst. Die Küsten veröden und fallen der Malaria anheim. Von der Verödung des Innern zeugen die verlassenen Mauerringe deren Namen wir nicht kennen. Das Innere wird zwar von der Via Popilia in ganzer Länge

1) Pol. II 24, 12; Diod. XIV 101 giebt 4000 Reiter, vgl. S. 106.

2) Strab. V 251 Liv. XXII 61 XXVII 15 XXVIII 11.

3) Appiaa b. civ. I 39. 51. 53. 91. 93.

890 Kapitel XV. Lucanien.

von Nord nach Süd durchzogen; aber die Strafse nach Sicihen ist keine Weltstrafse wie die Appia. Den späteren Römern gilt Luca- nien als ein Berg- und Waldland') das Bären für die Arena heferf^), Schweine und Kinder 3) züchtet, den Markt mit Würsten versorgt.^) Cato erwähnt noch den hier betriebenen Wagenbau''): dies ist aber auch das letzte Zeugnifs über lucanische Gewerbthätigkeit. Der Bau des Appennin ist früher (I 242) geschildert worden: die Wasser- scheide zwischen dem tyrrhenischen und ionischen Meer gliedert das Land in eine gebirgige Westhälfte und eine mit den Hügeln des Subappennnin nach dem Tarentiner Golf abgedachte Oslhälfte. Demgemäfs zerfällt auch die Beschreibung in zwei Abschnitte.^)

§ 1. Das Westland.

Unter den Flüssen der italienischen Halbinsel nimmt der Stier Sele (S. 824) die siebente Stelle ein. So sehr er auch hinter dem Arnus Umbro Tiber Liris Volturnus zurück bleibt, wird er an der adriatischen Seite nur vom Aternus in der Ausdehnung des Strom- gebiets übertroffen (I 342). Eigentlich müfste der Hauptstrom Tanager Negro heifsen'); denn an Länge und Wasserfülle kann sich der Sele mit seinem angebhchen Zuflufs nicht messen (I, 334). Im Ganzem sind es 4 gröfsere Wasserläufe, 2 von Norden, 2 von Süden kommend, deren Vereinigung unweit der Küste von den Geographen als Grenze des allen Italien betrachtet wurde (I 530). Die an der Mündung ausgebreitete Ebene stellt vermöge ihres Flächen- inhalts die beherrschende Mitte des Landes dar. Indessen sind manche Striche ihrem Einflufs ganz entrückt, auch ist die Ver-

1) Sen. Dia). IX 2, 13 Hor. Sat. II 3, 234 8, 6.

2) Varro LL. V 100 Martial de spect. 8, l vgl. Galen VI 666 Kühn.

3) Verg. Georg. III 146 vgl. bos Lnca lucanischer Ochse als Bezeichnung des Eiephanten aus dem Kriege mit Pyrrhus stammend.

4) Lucanicae Cic. ad Fam. IX 16, 8 Martial IV 46, 8 XIII 35 Ed. DiocI. 4, 15. 16 dazu Blömner vgl. Ammian XXVIII 4, 28.

5) Cato RR. 135.

6) Quellen: Strab. VI 252—55. 263-65 Mela II 68. 69 Plin. III 71. 97. 98 Plol. ill l, 8. 10. 61. Kaibel inscr. Gr. p. 158—79 Conway p. 11 fg. CIL. X (Mommsen) Eph. ep. Vlil p. 75—81 (Ihm). Corcia Storia delle Due Sicilie III, Napoli 1847. Giacomo Tropea, Fonli e letteratura della geografia Lucana, .Messina 1893. Von der Generalstabskarte 1:100 000 entfallen auf diesen Theil Bl. 198-201. 209—12. 220-22.

7) Verg. Georg. III 151 m. Schol. It. Ant. 109 Vib. Seq. 151 R.

§ 1. Das Westland, 891

bindung mit den abhängigen Theilen erschwert. Mangelnde Ueber- sichlhchkeit und Wegsamkeit kann als ein Merkmal von West-Lu- canien gelten. Da es zu keiner ausgesprochenen Kammbildung kommt, beschreibt die Wasserscheide zwischen beiden Meeren eine vielfach verschlungene Linie. Das samnitische Grenzgebirge an dem der Sele entspringt, weist westlich von den Quellen Gipfel von mehr als 1800 m auf. Nach Osten zu zwischen Sele und Platano nimmt die Erhebung um 300 m ab. Dann aber jenseit des Platano streicht in südöstlicher Richtung eine 20 km breite und doppelt so lange Bergmasse die im M. Volturino 1836 m ansteigt: von ihrem Rücken fliefst der Agri in den Golf von Tarent. An der West- seite fällt das Gebirge 8 900 m nach der Einsenkung ab, die als ein nahezu 40 km langer 6 km breiter Spalt in der Axe des ganzen Systems klafft. Das so entstandene vom Tanager durchströmte Hochthal (450 m) bildet einen Sammelplatz für die weite bewegte Umgegend. Aber es ist an allen Seiten eingeschlossen, so dafs am Nordende das W^asser sich eine unterirdische Bahn brechen mufs. Wo der Tanager wieder zu Tage kommt, wird er von dem mächtigen mons Älburnus M. Alburno überragt dessen höchste Spitze 1742 m erreicht. Der über 10 km Breite und 20 km Länge bedeckende Stock sticht von der Küstenebene her in die Augen, und deshalb hat Vergil den Namen der Nachwelt überliefert.') Die weiteren Fortsetzungen geben ihm an Erhebung nichts nach, der M. Cervati mifst gar 1899 m. Westlich vom Val di Diano, dem Hochthal des Tanager erstreckt sich ein Bergland von etwa 50 km Ausdehnung nach beiden Himmelsrichtungen, das von einigen Küstenbächen ab- gesehen , nur durch den 72 km langen Calor Calore den letzten bedeutenden Nebenflufs des Sele aufgelockert wird.2) Man kann es als eine plumpe Gebirgshalbinsel betrachten, die von dem flachen Golf von Paestum und dem auf einer Sehne von 20 km eindringen- den nach Süden geöffneten Golf von Policastro umfafst wird. Vom Oberlauf des Agri und Tanagro ab ballt sich der Appennin zusammen und rückt ans tyrrhenische Meer heran, indem die Höhe bis zum M. PoUino (2271 m) dem Abschlufs der appenninischen Bildungen wächst (I 243). In diesem letzten Abschnitt ist der Theil Lucaniens der zur tyrrhenischen Seite gehört, von geringer Aus-

1) Verg. Georg. III 146.

2) Der antike Name ist nicht gesichert, da It. Ant. 110 sich auf den Ober- lauf des Tanager bezieht.

892 Kapitel XV. Lucanien.

deliDung. Das ganze eben umschriebene Gebiet enthält rund 5000 Dkm ein reichliches Drittel des lucanischen Landes.

Gleich anderen Flüssen hat auch derSiler durch Anschwemmung die Küstenlinie verändert. Da seine Entfernung von Paestum zu 50 Stadien bestimmt wird, mul's er im Altertum etwa 1 km nörd- licher geflossen sein als gegenwärtig. i) Um den doppelten Betrag mag er seine Mündung vorgeschoben haben. Der jetzt versumpfte Flufshafen hiefs portiis Älburnus.^) Er besafs einen alten angeblich von Jason herrührenden Tempel der argivischen Hera.^) In der Nähe am Strande hatten die Sybariten eine befestigte Factorei er- richtet. Diese wurde weiter südlich an einen höheren Ort (18 m) bei 700 m Abstand vom Meer verlegt und durch die Stadt nooeidtovia ersetzt. Nach Osten und Süden war die Stadt durcb einen Bach (Fosso Capo dei Fiumi) und Lagunen gedeckt. Nach Norden hebt sich der Boden unmerklich : hier war die Angriffsfront. Die trefflich erhaltene Ringmauer mifst 4,9 km und umschliefst eine Fläche von 126 ha (Beloch). Sie hat 4 Thore die durch 2 llauptstrafsen ver- bunden sind. 4} Ob einzelne Theile der Befestigung wie etwa die Thürme nachträglich hinzugefügt sind , bleibt eine offene Frage. Jedesfalls gehört die grofse planmäfsige Anlage noch dem 6. Jahr- hundert v. Chr. an. Dahin weist der Stil der erhaltenen Tempel, weist auch die umfassende Prägung die den Normen des grofs- griechischen Münzbundes entspricht. s) Der Siler lagert seinen Kalkgehalt in der Ebene ab c) und hat damit wie der Anio (I 263) grofse Traverlinlager geschaßten. Aus ihnen holten die Posidoniateu ihren Baustein, dessen goldgelbe Farbe vortheilhaft von dem stumpfen Tuff und Trachyt des Nordens abslach. Ebensoweit liefs die neue Gründung der Achaeer das ionische Kyme (S. 721) an Grofse hinter sich. Sie heifst eine Tochter von Sybaris '^J und bedient sich der dorischen Mundart.^) Aus einer Erwähnung bei Herodot kann man schliefsen dafs sie bereits 530 v. Chr. bestand. S) In Betreff ihrer

1) Slrab. VI 252.

2j Lucilius bei Prob. V. Georg. III 146, fr. III 21 L. M.

3) Slrab. a. 0. Plin. III 70 Soiin 2, 7.

4) Deiagardette. les Ruines de Paeslum, Paris 1840,

5) Mommsen, Münzwesen 106 fg.

6) Slrab. V 251 Plin. II 226 Sil, It. VIII 580.

7) Sliymn. 249.

8) Solin 2, 10; aufser den Münzen 2 Inseln iflen Kaibel p. 179.

9) Herod. I 167.

§ 1. Das Westland." 893

Schicksale ist die Ueberliefening stumm. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür dafs Posidonia am Ausgang des 5. Jahrhunderts eine lucanische Schar in ihren Mauern aufnehmen mufsteJ) Die Landung des Königs Alexander von Epiros 332 v. Chr. und der von ihm über die vereinigten Samniten und Lucaner erfochtene Sieg hat dies Verhältnifs, wenn überhaupt, so nur vorübergehend geändert.^) Die I 538 erwähnten Grabgemälde führen uns die fremden Herren in prunkendem Waffenschmuck vor, die alten Einwohner vermochten auf die Dauer ihre hellenische Eigenart nicht zu behaupten. In wunderlicher Fassung erzählte man sich um 300 v. Chr. in Tarent^): die Posidoniaten am tyrrhenischen Golf seien ursprünglich Hellenen gewesen, aber nach Einbufse ihres Volktums Tyrrhener oder Romer geworden, hätten Sprache und Sitte vertauscht und feierten nur noch ein einziges hellenisches Fest; an ihm gedenken sie in Ge- meinschaft der alten Zeiten und Sitten, klagen und weinen zusammen und gehen dann aus einander. Das Ende der lucanischen Periode kennen wir so wenig wie den Anfang. Nach der Vertreibung des Pyrrhos erhielt Posidonia 273 eine latinische Colouie und heifst fortan Paestum (in älterer Schreibung Paishim)J) Zur Verstärkung des Bollwerks wurden 268 die Picentiner nördlich vom Siler an- gesiedelt (S. 823). In den Stürmen des hannibalischen Krieges gab diese Schutzwehr nach, aber die Colonie hielt Stand. ^) Für das Ver- kehrsleben ist die Thatsache von Wichtigkeit dafs sie den Römern Schiffe gestellt hat^); noch mehr der rege Betrieb ihrer Münze. Zwar ist die Prägung von Silber ihr wie anderen Städten bald untersagt worden; indessen hat sie nach Empfang des Bürgerrechts, sogar noch unter Augustus und Tiberius in Kupfer gemünzt, was bei den Municipien Italiens seines Gleichen nicht wieder findet.") Von Erwerbszweigen wird allein die Gärtnerei erwähnt die mit ihren Remontantrosen Rom im Winter versorgte. s) Was die politische Geschichte betrifft,

1) Bei Skylax 12 ist die Küste lucanisch; 390 v. Chr. hat schon Laos seine Unabhängigkeit eingebüfst (1 534), 2) Liv. Vlll 17.

3) Aristoxenos bei Athen. XIV 632 a.

4) Liv. XIV Veii. I 14.

5) Liv. XXII 36 XXVil 10.

6) Liv. XXVI 39 vgl. Cic. ad Alt. XI IT, 3.

7) Mommsen Münzwesen 338.

8) Verg. Georg. IV 119 Colum. X 37 Ovid Met. XV 708 ex Ponto II 1, 28 Prep. V 5, 61 Martial IV 42, 10 VI 80 Ennod. Dictio S (p. 447, 20 Hartel) Carnn. I 9, 146 (p. 538 H.) Auson. App. II 11 Glaudian X 247.

894 Kapitel XV. Lucanien.

so wurde Paestum 90 v. Chr. der Tribus Maecia zugelheilt.i) Es heifsl Praefectur^), niufs aber bald, wir wissen nicht wann, eine Colonie aufgenommen liaben. Möglicher Weise ist die Gründung als eine Folge des Sklavenkriegs zu betrachten der die Gegend 71 V. Chr. heimgesucht hatte. 3) Von Augustus rührt sie nicht her*): woraus schon erhellt dafs ihr Rang in der Kaiserzeil keineswegs der Stufe gleichkommt welche die griechischen Denkmäler zu fordern scheinen. Die Malaria die Strabo vermerkt, bietet ein Zeugnifs für die Schwäche des Gemeinwesens. Vespasian hat ihm 71 n. Chr. durch Ansiedlung von Veteranen der misenischen Flotte, wenn auch gemeines, so doch neues Blut zugeführt.^) Die Homer haben ihrer Geschmacksrichtung durch ein Amphitheater Ausdruck verliehen: aber die Abmessungen des Baus (56,9 x 34,4 m) sind kümmerlich und seine Lage im Herzen der Stadt zeigt wie wertlos der Wohn- raum innerhalb der althellenischen Ringmauer geworden war. Immerhin wird der Name noch in der langobardischen Landes- beschreibung genannt (<), die Furcht vor den Saracenen trieb die Einwohner zur Auswanderung auf die Hübe nach Capaccio vecchio (386 m). Seitdem ist die Stätte verlassen und das Fieber hat die Schüpfungen der Hellenen bewacht. Die Mauer mit einem Dutzend Thürmen, ein Doppeltempel, der schone Tempel den man dem Stadt- gott Poseidon zuweist, ein kleinerer Tempel stehen noch aufrecht. Von den nahen Bergen im Osten schaffte eine Leitung Wasser heran. Vor dem Nordthor nach dem Sele hin erstreckte sich das Gräberfeld. Die römischen Ueberreste fallen nicht ins Gewicht. Cluver hat die Stätte aufgesucht, verliert aber über die Ruinen so wenig ein Wort wie einer seiner Vorgänger. Der Sinn für die Hoheit griechischer Kunst wurde anderthalb Jahrhunderte später erschlossen.

Auf einem Vorsprung (71 m) am Meer liegt 8 km südlich von Paestum Agropoli, das bereits 592 als Bistum Acropolis vorzukommen

1) CIL. X p. 52 Eph. ep. VIII p. 81.

2) Feldm. 209.

3) Spartacus lagert an der Mündung des Siler Oros. V 24, 6. Die ylsv- yavis Ufj.vr] die bald süfses bald salziges Wasser hat I*lut. Grass. 11, 1, wird mit Cluver 1256 auf die Lagunen von Paestum zu beziehen sein. Der Berg unsicherer Lesung Frontin Stral, II 4, 7 5, 34 ist dagegen nicht zu bestimmen.

4) Piin. 1II71 oppidinn Paestum.

5) Eph. ep. II p. 457.

6) Mela II 69 Plol. 111 1, 8 Paul. h. Lang. II 17.

§ 1. Das Westland. 895

scheint, indefs keine alten Denkmäler besitzt. ^ Die Punta Licosa (176 m) die den Paestaner Golf abschliefst (S. 824), ist nach der anstofsenden Klippe Leucosia benannt: auf ihr sollte eine Sirene gleichen Namens oder auch eine Base des Aeneas begraben sein.-) Die in dem Vorgebirge 3) auslaufende Landschaft erreicht in Madonna della Stella ihre höchste Erhebung (1130 m)J) Sie heifst Cilento, was man durch diesseit des Alento erklärt. Der Alento, in älterer Fassung Haies &), in jüngerer Alyntos^), entspringt auf dem M. Vesole (1200 m) ostlich von Paestum und fliefst 40 km lang von Nord nach Süd. Er hat seit der Rümerzeit um 2 km seine Mündung vor- gerückt und die ehemalige Hafenbucht ausgefüllt."') An der süd- östlichen Seite der Bucht springt eine Hügelkette vor, die an der Rückseite von einem Bach (Fiumarella d' Ascea) eingefafst wird. Die äufserste Spitze (99 m) nehmen die Ruinen des mittelalterlichen Castellamare di Veglia oder della Brusca, sowie der berühmten Stadt '^Yskrj, in jüngerer Form 'Elia, bei den Römern Velia ein.^) Die Ueberbleibsel sind unansehnlich, genügen jedoch um den Um- rifs der Ringmauer herzustellen. ^j Der Bodengestaltung sich an- schmiegend fafst sie in der Form eines Dreiecks 5 mäfsige Hügel ein, indem die Spitze des Dreiecks den höchsten Punct (134 m) des Stadtgebiets bildet, die Basis nach dem Meer zu geöffnet ist. In

1) Gregor M. Registr. II 42 vgl. Steph. Byz. Uxqu.

2) Lykophr. AI. 723 Strab. II 123 VI 252 Plin. III 85 reden von einer Sirene, Dion. H. I 53 Solin 2, 13 von einer Base des Aeneas; Plin. Dion. haben die Form Leucasia, aber auch Plin. II 204 Sil. It. VIII 578 Leucosia; CIL. XI p. 52.

3) Lykophron AI. 722 nennt das Vorgebirge 'Evine'cae axxrjv, nach den Schollen eine Umschreibung von HoaeiSsiov axQov. letzteres ist sonst nicht bezeugt und allem Anschein nach aus dem Stadtnamen entlehnt.

4) Ob und welche Bäche des Cilento unter 7s und AäQii Lykophr. AI. 724 zu verstehen seien, ist unbestimmbar.

5) Cic. ad Farn. VII 20, 1 ad Alt. XVI 7, 5; Slrab. VI 252 meint wol den Flufs wenn er eine Quelle "Elrjv erwähnt nach der Velia benannt sei: so Steph. Byz.

6) Vib. Seq. 146 Riese.

7) Appian b. civ. V 98 Verg. Aen, VI 366 Cic. ad Att. XVI 7, 5, wo die Entfernung des Hafens mit 3 Millien von einer Villa zu rechnen ist.

8) Die Münzen TsXrixmv oder TeXr] ebenso Herod. 1 167 Strab. VI 252 Steph. Byz. 'Elia Suidas Diog. Laert. JX 5, 6. 'Elia zuerst Plato Soph. 1 Skyl. 12 Dikaearch fr. 33 (Müller FHG. II 245) Arist. Rhet. II 23, 27 u. a. Nach grie- chischen Quellen Elea Cic. de deor. nat. 111 82; bei den Römern Felia Plin. m 71 Ptol. 111 1, 8 Steph. Byz.

9) Schleuning, Jahrbuch des arch. Instituts IV (1889) p. 169 fg., Berlin 1890.

896 Kapitel XV, Lucanien.

der Bearbeitung des Kalksteins lassen sich drei Bauperioden unter- scheiden: der jüngsten gehören die Thürme an. Der Umfang mifst rund 5 km, die umschlossene Fläche 110 ha: davon ist allem An- schein nach ein Viertel nie bewohnt gewesen. Den Namen Elea's haben die Denker die ihn trugen, unsterblich gemacht. Mit der Herrlichkeit Athens verglichen war es allerdings eine geringe Stadt; aber sie durfte nicht blos in wissenschaftlicher Hinsicht auf die Tüchtigkeit ihrer Bürger stolz sein.*) Xenophanes hatte die Gründung besungen.2) Die von Corsica vertriebenen Phokaeer entrissen um 530 V. Chr. den Oenotrern den Ort.3) So minderwertig der Hafen auch war^), trieb sie die Armut des Landes dazu von Fischerei und Schiffahrt ihren Unterhalt zu suchen. s) Die weite Verbreitung ihrer Münze in Süditalien beweist dafs sie sich eine geachtete Handel- stellung zu erringen wufsten. Mit den Waffen erwehrten sie sich nicht nur der nachbarlichen Eifersucht der Posidoniaten, sondern behaupteten ihre Unabhängigkeit gegen den lucanischen Bund. 6) Daher kommt es dafs das Hellenentum hier länger gedauert hat als anderswo: die in römischer Zeit aus den trefflichen Thonlagern der Umgegend gefertigten Ziegel führen griechische Stempel, an Zahl stehen die griechischen Steinschriften den lateinischen wenig nach.'^) Zu Rom trat Elea früh in ein günstiges Vertragsverhältnifs das lediglich zur Stellung von Schiffen verpflichtete. §) Elea theilte sich mit Neapel in die Ehre dafs seine Bürgerinnen zum Ceresdienst be- rufen wurden. ö) Nach dem Bundesgenossenkrieg mufste es sein bisheriges Recht mit dem Recht eines römischen Municipium ver- tauschen. lO) Das milde Klima lockte zum Besuche^^), der Adel er- warb Besitzungen ^2)^ die Küstenfahrer liefen den Hafen an '3); aber

1) Piog. Leert. IX 5, 6.

2) Diog. Laert. IX 2, 3.

3) Herod. I 167 danach Antiochos bei Strab. VI 252, Skymn. 250.

4) Appian b. civ. V 98 Vell. II 79, 3.

5) Strab. VI 252.

6) Polyaen VI 11 Plut. Tim. 35, 2 Strab. a. 0.

7) CIL. X p. 51. 1005 Eph, ep. VIII p. 80 Kaibel p. 177. 598. 688 Schleu- ning a. 0. p. 187.

8) Pol. I 20, 14 Liv. XXVI 39.

9) Cic. pro Balbo 55.

10) Cic. pro Balbo 55 Feldm. 209 CiL. X 462.

11) Plut. Aem. Paul. 39 Horaz Ep. I 15, 1.

12) Cic. ad Farn. VII 20 ad Alt. XVI 6, 1.

13) Cic. Verr. II 99 V 44 Phil. 19X8 Top. 5 ad Fam. IX 7, 2 Plut. Brut. 23.

§ 1. Das Westland. 897

in der Kaiserzeit wird es von der Stadt stille, sie erlischt wie ein ausgebranntes LichtJ) Die Gegend ist gegenwärtig recht ungesund. Nach der Küstenbeschreibung lagen vor Velia Oenotrides in- sulae, an Zahl zwei Pontia und Isacia, beide mit Ankerplätzen. 2) Sie sind jetzt verschwunden: Pontia sucht man in einer unter- seeischen Khppe 3 km Süd von Velia, Isacia 5 km Süd von Velia scheint an den Rücken der das Dorf Ascea trägt, angewachsen zu sein. Von Punta Licosa ab streicht die Küste ohne Ausdruck: um so bedeutender trat dem Seefahrer das kühn vorstrebende promiinturiiim Palinurum oder Palimirus Punta Palinuro (202 m) entgegen. 3) Es hat an der Nordseite einen kleinen geschützten, jetzt versandeten Hafen.'*) Aber die Stürme umtoben das Cap mit solcher Gewalt dafs romische Flotten 253 und 36 v. Chr. au ihm zerschellt sind.^) Den Windgott den die Hellenen mit gutem Grunde hier verehrten 6), hat die höQsche Dichtung in den Steuermann des Aeneas umgedeutet.") Bei Punta PaHnuro schlägt die Küste eine üstUche Richtung ein um nach 15 km bei dem promunturium Buxentum Capo degli Infreschi auf einer Sehne von 20 km den nach Süden geöffneten Bogen zu beschreiben den der Golf von PoUcastro ausfülh. Der in der Gegend wuchernde Buchsbaum hat einem Vorgebirge einem Flufs und einer Stadt den Namen Ilv^ovg verheben. s) Davon hat der 30 km lange Flufs Bussento (I 335) allein den Namen Buxentus bewahrt.^) Von der Stadt wissen wir wenig. Alterlümhche Münzen die ihren Aufschriften zufolge sowol in Siris als in Pyxus gesetzlichen Curs hatten, lehren dafs dies Ge- meinwesen bereits im 6. Jahrhundert bestand.^o) Sodann hat um 470 V. Chr. Mikythos Herr von Rhegion und Messene Ansiedler her- geführt die sieb bald verliefen. ^i) Im hannibalischen Krieg läfst der

1) Das Bistum ist 592 verwaist Gregor M. Regislr. II 42.

2) Strab. VI 252 Piin. III 85.

3) Strab. VI 253 Mela II 69 Plin. lil 71.

4) Dion. H. I 53.

5) Gros. IV 9, 11; Dio XLIX 1 Appian b. civ. V 98 Vell. II 79, 3.

6) Ser-. zu V. Aen. VI 378.

7) Verg. Aen. V 833 fg. VI 381 Dion. H. Mela a. 0. Lucan IX 42 Solin 2, 13.

8) Strab. VI 253; Steph. Byz. unterscheidet irrig JIv^n und üv^ovs, verlegt jenes ins oenotrische Binnenland, dieses nacli Sicilien.

9) Die lateinische Form ist nicht überliefert.

10) Mommsen Münzwesen 107. 154.

11) Diod. XI 59 Strab. VI 253 Steph. Byz.

Nissen, Ital. Laudeskonde. II. 57

898 Kapitel XV. Lucanien.

Dichter die Mannschaft von Buxentuni mit Keulen im rümisclien Heerbann antreten, i) Nach dem Kriege wurde 194 v. Chr. mit 300 Bürgern die Colouie Buxentum gegründet.^) Da diese so wenig fest wurzelte wie ihre griechische Vorgängerin, mufste 186 eine Ver- stärkung nachgeschickt werden. 3) Aus den wenigen Inschriften ersieht man dafs die Gemeinde der pomptinischen Tribus zugetheilt war und Duovirn an der Spitze hatte.'*) Das Bistum erscheint 592 verwaist.^) Im Mittelalter hat die Stadt Policaslro eine längst ver- welkte Blüte getrieben. Sie nimmt den Hügel (87 m) ein der am linken Ufer des Bussento dessen Austritt ins Meer überragt. 9 km östlich folgt Sapri an einer kleinen nach Südwest gewandten Bucht. Man sucht hier das verschollene ^alÖQog das den heimat- losen Sybariten Unterkunft bot.<^) Auch das mit ihm bei der- selben Gelegenheit erwähnte ^cog hat nicht bis in jüngere Zeiten gedauert, nimmt aber in der Ueberlieferung einen bemerkenswerten Platz ein. Strabo benennt nach ihm den Golf von Policastro, den wir nach dieser Auffassung durch das Vorgebirge von Buxentum und die 45 km entfernte Punla di Cirella zu umgrenzen haben.'') Von letzterer Spitze 7 km nach Norden mündet der Laus Lao der Grenzflufs zwischen Oenotrien und Italien Lucanien und Bruttium §), wozu seine verhältnifsmäfsige Gröfse ihn wol befähigte (l 335). Die geräumige Ebene an der Mündung wurde von den Sybariten durch Anlage der Colonie ^äog in Besitz genommen, die wenig oberhalb des Meeres 400 Stadien von Elea entfernt war. 9) Wiewol die Oertlichkeit im Einzelnen genauerer Bestimmung harrt, scheint es sicher dafs Scalea 4 km nordlich vom Flufs den Hafen und zwar einen ganz guten abgab, während die Stadt in der Nähe landein- wärts zu suchen ist. Der Ansatz wird durch die Reisekarte be- stätigt die 8 Millien von Cirella Lavinium aufführt. lo) Da nämlich das Adjectiv ^alvog lautet ^i), wie denn auch der Flufs heute Lao

1) Sil. lt. VUl 583. 2) Liv. XXXIl 29 XXXIV 45 Vell. I 15, 3.

3) Liv. XXXIX 23.

4) CIL. XI p. 51 Mela II 69 Plin. III 72 Ptol. UI 1, 8 Feldm. 209.

5) Gregor M. Registr. II 42.

6) Herod, VI 21 Sleph. Byz.

7) Strab, VI 253.

8) Strab. VI 253. 54. 55 Plin. UI 72 Ptol. III 1, 9 Steph. Byz.

9) Strab. VI 253 Herod. VI 21.

10) Tab. Peut., Geogr, Rav. IV 32 Laminium V 2 Lavimunium.

11) Nach den Münzaufschriften und Steph. Byz,

§ 1. Das Westland. 899

oder Laino genannt wird, so kann dem Wegemafs entsprechend in Lavinium nur das Dorf erblickt werden , das an die Stelle der früheren Stadt getreten war. Die Ueberlieferung gedenkt ihrer zweimal: Laos war wie Skidros eine Zufluchtstätte der Sybariten und stand 390 v. Chr. im Bunde mit den Lucanern. In diesem Jahr überschritten die Thurier 15 000 Mann stark die Wasserscheide und zogen zu Thal um die reiche Stadt zu belagern. Die syra- kusische Flotte und das ganze Aufgebot Lucaniens kam den Be- drohten zu Hülfe. Auf den Hügeln die den Flufs bei seinem Aus- tritt an die Küste umgürten , bei einem Heiligtum des Drakon der ein Gefährte des Üdysseus gewesen sein soll, erblickten die Italioten mit Schrecken den weit überlegenen Feind und wurden erbarmungs- los hingemetzelt. 1) Wann Laos seine städtische Selbständigkeit ein- büfste, ist unbekannt: die oskischen Magistratsnamen auf den Kupfer- münzen beweisen dafs Lucaner in den Reihen der Bürgerschaft Aufnahme gefunden hatten. 2) Zweifelhaft bleibt die Lage von Blanda oder Blandae.^) Die Annalen erzählen dafs diese lucanische Stadt 214 V. Chr. von den Römern erstürmt ward. 4) Eine Inschrift giebt ihr den Beinamen Blanda Julia und bezeichnet die Magistrate als Duovirn ^) : also werden hier wie in anderen Küstenplätzen zu Anfang der Kaiserzeit Veteranen der Flotte angesiedelt sein. Endlich kommt der Bischofsitz neben dem von Velia und Buxentum 592 vor.**) Zu alledem pafst gut wenn die Karte bei der Aufzählung der Küstenorte Blanda 16 Millien nördlich von Lavinium rückt '^: dies führt in die Gegend von Maratea, wie Cluver zuerst erkannt hat. 8) Unweit seiner Mündung nimmt der von Norden kommende Talago (so der Generalstab) oder Noce einen westwärts fliefsenden Bach auf. Zwischen beiden Wasserläufen steigt der Hügel Piarella mit einem antiken Mauerring an. 9) Ganz angemessen wird Blanda

1) Diodor XIV 101 fg. Strab. VI 253. 2) Gonway I p. 15.

3) Die Pluralform Liv. XXIV 20 Geogr. Rav. IV 32 V 2.

4) Liv. XXIV 20.

5) GIL. X 125.

6) Gregor M. Registr. II 42.

7) Tab. Peut. in dem ferneren Verlauf verwirrt und aus Gcogr. Rav. IV 32 V 2 zu ergänzen.

8) Holste zu 1262,42 schliefst das Gleiche, nimmt aber zu 1263,3 statt dessen Sapri an, was unmöglich ist, da der Ravennate zwischen Blanda und Buxentum, also bei Sapri Cessernia ansetzt.

9) Not. degli Scavi 1897 p. 176.

57*

900 Kapitel XV. Lucanlen.

hier gesucht, aber eine inschriftliche Bestätigung fehlt. Irrig theilt Flolemaeos die Stadt dem Binnenland i), Plinius der bretlischen Küste südlich vom Lao zu.2)

Den Verkehr von Griechenland und Asien nach Rom vermitteln die beiden Strafsen die von Brundisium auslaufend in Benevent wieder zusammen treffen (S. 812). Als dritte reiht ihnen Strabo die Strafse an die von Regium aus durch Bruttium Lucanien Samnium nach Campanien führt und vor Capua (S. 753) in die Via Appia einmündet.3) Er fügt einschränkend hinzu dafs sie 3 oder 4 Tage mehr durch das appenniuische Gebirge erfordere als jene. Nach der Messung des Erbauers beträgt die Entfernung von Capua nach Regium 321 Millien, während sie sich nach Brundisium 77 Milben niedriger stellt (S. 875). Der Unterschied wurde auch durch den kürzeren Seeweg von Regium nach dem Osten nicht eingebracht; denn die Alten klammerten sich an die Küsten an (I 131). Des- halb kann diese Linie nur in Ausnahmefällen für Reisen nach dem Orient benutzt worden sein.'*) Für die Verbindung mit Sicihen und Africa hatte sie höheren Wert. Während seiner Censur 159 V. Chr. hat M. Popilius Laenas die Strafse von Capua nach Regium erbaut und wie er sich ausdrückt, auf dieser Strafse alle Brücken Meilensteine und Entfernungsangaben errichlet.^) Aber der Name via Popilia den sie ursprünglich geführt haben mufs, ist verschollen ß) und die Folgezeit hat ihr nur örtliche, keine allgemeine Bedeutung zuerkannt.') Wie in der Neuzeit vor Eröffnung der Eisenbahnen selten ein Reisender angetroffen wurde der von Neapel nach Sicilien den Landweg eingeschlagen hätte, ist es auch im Altertum gewesen : die Länge und Beschwerde des Weges über- wand die Furcht vor der See.

1) Ptol. III 1, 61 vgl. CIL. X 1 p. 50.

2) Plin. 111 72, vielleicht auch Mela II 69.

3) Strab. VI 283.

4) So von Cicero auf seiner Flucht 58 v. Chr., ad Att. III 5. 2. 3. 4. 6. 7.

5) CIL. I 551 X 6950. Der Zulheilung an P. Popilius Consul 132 steht der jüngere Schriftcharakter (geschlossenes P) des Meilensteins den wir von diesem Manne haben (n. 550), entgegen und noch mehr die Thatsache dafs der Wege- bau innerhalb der italischen Halbinsel in älterer Zeit den Censoren oblag, vgl. S. 903 A. 5.

6) It. Ant. 106 Appia via recto ilinere bezeichnet sie als Fortsetzung der Appia.

7) Durchgehende Zählung der Meilen fehlt CIL. X 1 p. 708.

§ 1. Das Westland. 901

Als Grenzstation können wir ad Silarum nicht betrachten, bis wohin die Karte 29 Millien von Nuceria zählt. i) Die Hügel nämlich welche die Ebene im Norden überragen (Ehurina iuga)'^), gehören zu Lucanien. An ihrem Fufs (103 m) liegt das der fabischen Tribus zugeschriebene Municipium Eburum Eboli mit geringen Ueberresten aus dem Altertum. 3) Ohne den Ort zu berühren überschreitet die Strafse den Siler 3 Millien unterhalb und steigt die nächsten 9 Milben über 400 m bis Scorzo (510 m). Sie wird rechts ein- gefafst vom mächtigen Alburnus (S. 891), Hnks vom M. la Difesa (677 m) der von fern wie ein Kegel aussieht und in der Nähe sich als langer Rücken entpuppt. Die besondere Erscheinung mag dem mehrfach erwähnten Weiler oder Dorf den Namen Nares Lucanae eingetragen haben. 4) Die Dorfschaft war als pagus Naranus in Volcei eingemeindet.^) Von Scorzo senkt sich die Strafse und hält eine mittlere Hohe von 250 m die nächsten 10 Milben ein. Während rechts der Alburnus aufragt, fliefst links im Grunde der Tanager und vereinigt sich (135 m) mit dem Platano oder wie er hier heifst, Fiume Bianco. In dieser Gegend mufs Ä7ini forum gelegen haben, über das im Herbst 73 v. Chr. die Horden des Spartacus von Nares Lucanae niedersteigend bei Tagesanbruch herfielen und Verderben brachten. ß) Der volkreiche Markt erscheint als pagus Forensis unter den von Volcei abhängigen Ortschaften und ist links unterhalb der Via Popilia zu suchen.") Statt seiner führt die Karte 9 Millien von Nares Lucanae d. h. bei Auletta (280 m) Aceronia auf.*) Man kann vermuten dafs Forum Anni mit der Strafse zu- sammen hängt die ostwärts nach Potentia abzweigt: das Gebirge das dabei zu überwinden war, heifst auf der Karte mons Balabo und

1) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34; It. Ant. 109 ad Tanarum XXVIII kann richtig sein, indem ja der Tanager und nicht der Siler als Hauptstrom zu gelten hat (S. 890).

2) Sallust Hist. III 98 Maurenbrecher.

3) Plin. III 98 CIL. X 1 p. 49. Die Datirung des am 6. April geschriebenen und vor n. 2 zu stellenden Briefes ad Att. III 5 Thuri wird angemessen in Eburi verbessert.

4) Sallust Hist. HI 98 Maur. Cic. ad Att. III 2 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 Guido 43.

5) CIL. X 407.

6) Sallust Hist. 111 98 Maur.

7) CIL. X 407.

8) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 Guido 43, andere Lesung Acerronia.

902 Kapitel XV. Lucanien.

weist hohe Gipfel (M. Marzano 1530 m Nord vom Platano, M. Vetrice 1240 m Süd vom Platano) bei einer Pafshöhe die 500 m nicht über- schreitet, auf. An der Strafse in einem Thalkessel (500 m) liegt Vielri di Potenza: der Name erinnert an die cam]pi Veteres, wo Tib. Gracchus 212 v. Chr. durch List seinen Tod fand.') Die ganze Landschaft zwischen Balabo und Alburnus, durchströmt vom Siler Platano und Tanager, wird beherrscht von Volcet Buccino (649 m) nordlich über dem Zusammenflufs von Platano und Tanager, weithin sichtbar. 2) Dies war die Hauptstadt der Volceiani Vulcientes Volcentani die von den Hirpinern im Norden, den Lucanern im Westen und Süden, der Mark Venusia im Osten begrenzt, eine selbständige Völkerschaft gebildet hatten. 3) Sie waren im Verein mit jenen beiden Völkern zu Hannibal abgefallen, lieferten aber 209 dessen Besatzungen aus und kehrten zum Gehorsam zurück.'*) Nach dem Bundesgenossenkrieg kamen sie in die pomptinische Tribus, standen zunächst unter Praefecten und erhielten später die Bechte eines Municipium. Von der Ausdehnung des Gebiets zeugt eine verstümmelte Inschrift von 323 n. Chr. die aufser den oben be- stimmten fagus Naranus und pagus Forensis zwei unbekannte in abgekürzter Form p. Aequam . . . und p. Trasamunc . . enthält. 5) Ferner waren die an die Venusiner Mark stofsenden Nnmestrani ihm zugetheilt.6) Die Stadt Numistro war 210 v. Chr. in römischen Händen: auf sie gestützt lieferte Marcellus den Karthagern eine Schlacht die zwar unentschieden blieb, aber die Uebergabe der be- nachbarten Völker im folgenden Jahr nach sich zog.'') Nach der Erzählung sowie ziemlich zahlreichen Inschriften hat Numistro in der Gegend von Muro Lucano gelegen 8): 4 km unterhalb von Muro auf einem durch einen Bach gedeckten Hügel (450 m) ist die mächtige Bingmauer kenntlich. Alles in Allem kann der ßergcanton der Volcentaner zu 800 oder 1000 Dkm eingeschätzt werden. Ob er zur Zeit der Stammkriege unter den Sammelnamen Samniten oder den der Lucaner einbegriffen wurde, ist nicht zu ermitteln.

1) Liv. XXV 16.

2) So auf Inschriften CIL. X 1 p. 43 Ptol. III 1, 61 OvXmi.

3) Die 1. Form inschrifüich, 2. Liv. XXVll 15, 3. Plin. 111 98 Feldm. 209.

4) Liv. XXVII 15.

5) CIL. X 407.

6) Plin. 111 98.

7) Liv. XXVII 2. 15.

8) CIL. X 1 p. 46 2 p. 964 Eph. ep. VIII p. 79.

§ 1. Das Westland. 903

Bei Pertosa ans einer tiefen S. Michele geweihten Hohle stürzt der Flufs hervor der 6 km oberhalb verschwunden war (1335). Das Reise- buch verzeichnet hier 49 Millien von IVuceria die Station ad CaloremJ) Daran ist ohne Not Anstofs genommen worden; denn die Anwohner benennen nicht nur den an Serra Malombra (1332 m) entspringen- den öslhchen Quellarm sondern auch den Flufs in Val Diano der schriftmäfsig als Tanager oder Negro bekannt ist, mit dem Namen Calore und das Reisebuch beweist das Alter des Gebrauchs. 2) Die Strafse steigt etwa 400 m und langt 51 Millien von Nuceria bei Forum Popili Polla und am jNordende des Val Diano an. 3) Der 159 v. Chr. angelegte Markt besafs kein Stadtrecht und war in Atina eingemeindet. ^) Die Zustände die in den von der Via PopiUa durchzogenen Landschaften ein Menschenalter und mehr nach dem hannibalischen Kriege anhielten, werden durch eine Angabe der Bauinschrift beleuchtet. Danach hat M. Popilius während seiner Praetur 176 in Sicilien 917 entlaufene Sklaven der Bundesgenossen aufgreifen lassen und ihren Herren zurückgegeben, während seiner Censur 159 zum ersten Male römisches Staatsland zu Gunsten des Ackerbaus dem Weidebetrieb entzogen. ^) Die Entwässerung und damit die Gesundung des ehemaligen Seebeckens (l 335) verlangt ein ausgebreitetes Canalnetz. Die Anlage geht auf die Rümer zurück^), die auch den Ausflufs bei Pertosa erleichtert haben. Am Ostrand des Thals 5 Millien von Forum Popih folgt Atina Atena Lucano, Municipium in der pomptinischen Tribus. ') Zahlreiche Inschriften,

1) It. Ant. 110.

2) Auch in der Vorlage der Annalen Liv. XXV 17 wird unter Calor der Tanager gemeint gewesen sein, was den Bearbeiter in die Irre führte.

3) Tab. Peut.; Foro Populi Geogr. Rav. IV 34 Guido 43.

4) Plin. II 225.

5) Auf die gracchische Bewegung und den Consul von 132 (S. 900 A. 5) der ein heftiger Feind der Bewegung war, passen die Salze nicht. Der Stein mufs aus seiner Umgebung erklärt werden: er steht auf römischem Boden, aber die Strafse läuft in ganzer Ausdehnung vorwiegend durch das Gebiet von Bundesgenossen. Deshalb spricht der Stein von den Wolthaten die Popilius diesen erwiesen habe. Bekanntlich befand sich 133 ein grofser Theil der Do- mäne in Händen der Bundesgenossen: CIL. X 2S9 meldet von der Assignation desselben in Val Diano. Dafs Popilius 176 die Provinz Sardinien ausschlug, berichtet Liv. XLl 15 ohne seine Amtslhäligkeit zu berühren: er kann mit einem besonderen Auftrag in Süditalien oder Sicilien betraut gewesen sein.

6) Vermutlich bezieht sich darauf CIL. X 293.

7) Plin. III 98 II 225 Feldm. 209 CIL. X 1 p. 37 2 p. 962 Eph. ep. VIII p. 78.

904 Kapitel XV. Lucanien.

Beste eines Amphillieaters Mauer und Thürme weisen iiim einen hervorragenden Platz in der Gegend an. Die Mauer in der Länge von 3,2 km umscliliefst 54 ha Fläche. Damit wetteifert 5 MiUien weiter an der Westseite des Thals Tegianum Diane, 1862 Teggiano umgetauft i), mit mancherlei antiken tJeberresten. Die Neuzeit hat letzterem den Vorrang zuerkannt und bezeichnet das langgestreckte Thal als Val di Diano. Der Fund einer oskischen mit griechischen Buchstaben geschriebenen Inschrift verdient als Merkmal alter Bildung erwähnt zu werden, ^j Das römische Municipium von Nero zur Colonie erhoben 3), war der Tribus Pomptina zugetheill. Das Beisebuch setzt 25 Millien von Pertosa die Station in Marcelliana an.*) Hier fand gegen Ende September eine berühmte Messe statt, die im 6. Jahrhundert n. Glu'. von Campanien Apulien Calabrien und Bruttium aus besucht wurde. ^) Der Ort gehörte zur nahen Stadt Cosilinum der ein hohes Alter beigelegt wird, "j Die Lage wurde be- stritten^), steht aber nunmehr vollkommen fest. Das südliche Ende des Val Diano stellt einen natürlichen Brennpunct des Verkehrs dar, insofern eine 25 Millien lange Strafse von Buxentum und seinem Golf, eine wenig kürzere von Grumentum s) und Ostlucanien, beide mit mälsiger Steigung, in die Via Popilia einmünden. Die einzelnen Mafsangaben treffen zusammen bei Padula. Auf Colle S. Binaldo nördlich von Padula bei etwa 800 m Höhe ist die Burg und Bing- mauer einer alten Stadt kenntlich die Cosilinum in einer Inschrift genannt wird. 9) Zu Füfsen bei S. Giovanni in Fönte (467 m) war während des Landfriedens der Marktllecken Marcelliana aufgeblüht.

1) Plin. III 98 entweder ausgefallea oder Tergilani verschrieben für Tegia- nenses; Feldm, 209 praef. Tegenensis; CIL. XI p. 33 2 p. 962. 1004 Eph. ep. VIII p. 78.

2) Eph. ep. II p. 153.

3) Rendiconti de' Lincei VI (1S9T) p. 3S9.

4) It. Ant. 110.

5) Cassiod. Var. VIII 33.

6) Die Form wird inschriftiicli bezeugt Not. d. Sc. 1900 p. 503 CIL. X 2 p. 961; Tab. Peut. Guido 40 Cosilianmn, Geogr. Rav. IV 33 Concilas; Feldm. 209 Consilina. Wenn der Name Pliii. 111 98 nicht durch blofses Versehen fehlt, hat Aiiguslus das Stadtrecht nicht anerkannt.

7) CIL. X 1 p. 25.

8) Tab. Peut. scheint die Entfernung zwischen Grumentum und Cosilinum auf 25 Millien anzusetzen, was etwa 5 Millien zu viel ist.

9) Not. d. Sc. 1900 p. 111. 503.

§ 1. Das Westland. 905

Die topographischen Angaben stimmen hiermit überein. ij Süd- westHch davon auf dem Wege nach Buxentam liegt Sanza (487 m), das an die Sontini der plinianischen Liste erinnert 2): geographisch betrachtet ist die Gleichung beider ganz annehmbar, stützt sich übrigens allein auf die Namensähnlichkeit.

Das Val Diano bietet in der wilden Berglandschaft eine er- quickende Unterbrechung. Beim Verlassen steigt die Via Popilia langsam am Tanager oder Calore aufwärts und verläfst ihn nach 10 Millien bei 588 m Höhe. Dann nimmt die Steigung zu, die Gegend ist so oede „dafs man auf viele Meilen kein lebendiges Wesen gewahr wird." ») Die Station Caesariana 21 Millien von Marcelliana ist jenseit des in einem Kessel gelegenen Lagonegro zu suchen. 4) Der Name scheint anzudeuten dafs sich hier kaiserhche Besitzungen befanden. Nach 23 Millien folgt Nerulum oder Neruli% wo die von Mailand nach dem Sund von Messina durch die Abruzzen laufende Hauptstralse in die Via Popilia einmündet. Die Vereinigung geschieht in der Nachbarschaft von Rotonda (633 m) am oberen Lao nördlich von dem abschliefsenden Querriegel des M. Pollino. Der Name weckt die Aufmerksamkeit des Geschichlsfreundes, dem er bereits 317 v, Chr. in den Annalen begegnet war. Als die Feind- seligkeiten nach dem caudinischen Frieden von Neuem ausbrachen, haben die Römer sich zuerst in der apulischen Ebene festgesetzt und dann gegen Lucanien gewandt. Während der eine Consul im Quellgebiet des Bradanus thätig war, rückte der andere nach Süden, zog den Siris hinauf, überschritt die 900 m hohe Wasserscheide, überraschte Nerulum und nahm es mit Sturm. Gern hätten wir ein Wort über seinen Rückmarsch gehört: doch auch so bleibt das erste Auftreten der römischen Waffen an der Grenze Brultiums ein denkwürdiges Ereignifs. ^) Die Bedeutung des Laus als Vermittler

1) Fr. Lenormant, A travers 1' Apulie et la Lucanie, Paris 1883, II p. 105 fg. vgl. Not. d. Sc. 1897 p. 173.

2) Piin. III 98.

3) Juslus Tooimasini, Spatziergang durch Kalabrien und Apulien, Kon- stanz 1828,

4) It. Ant. 110.

5) Nerulo It. Ant. 105. 110, Nerulos Tab. Peut., Nerbulos Geogr. Rav. IV 34, Herbulum Guido 43.

6) Liv. IX 20, das inhaltreiclie Kapitel beschliefst die Geschichte der J. 318. 17 mit den Worten: Jiec arma modo sed iura etiavi Romana late pol- lebant.

906 Kapitel XV. Lucanien.

zwischen dem ionischen und lyrihenischen Meer gelangt noch in der langobardischen Landesbeschreibung zum Ausdruck. Diese macht nur zwei Städte in Lucanien namhaft: Paeslum und Lainus Laino (471 m) am oberen LausJ) Die Stelle des letzteren hatte ehedem Nerulum vertreten.

§ 2. Das Ostland.

Der Bau des Appennin bedingt die Gliederung des Landes. Nördlich vom Garganus entsendet er an 30 Ausläufer zur Adria, ein beherrschendes Flufssystem fehlt, aber die niedrigen Hügel des Sub- appennin mit ihren Olivenhainen und Weingärten sind im Vergleich zum Inneren weit bevorzugt. Der Rücken der Murgie der in der calabrischeu Halbinsel endigt, sondert Apulien als Welt für sich ab. Jenseit der Murgie am tarentinischen Busen kehren die Verhältnisse von der mittleren Adria wieder, das östliche und das westliche Lucanien stehen ähnlich zu einander wie die Landschaften der Picenter und Frentaner zu den Abruzzen. Immerhin bewirkt die veränderte Richtung der Gebirgsaxe (I 239) dafs der Osten den Westen an Ausdehnung in einem Mafse übertrifft das an dem adriatischen Gestade unerhört ist. Darin liegt auch der Grund für das ver- schiedene Ergebnifs das die geschichtliche Entwicklung in beiden Fällen gehabt hat. Den sabinischen Stämmen ist es ein Leichtes gewesen die Küste zu gewinnen und die spärlichen Ansiedlungen der Fremden sich anzueignen. Trotz aller Erfolge im Einzelnen die sie von auswärtigen Mächten unterstützt errangen, haben die Lucaner ihr Ziel die Seeslädle zu bezwingen nur zum Theil erreicht. Das Wort Seestädte ist im Gegensalz zu den abgeschlossenen Thälern des Inneren gebraucht: wiewol am ganzen Golf Tarcnt allein einen für grofsen Verkehr geeigneten Hafen besafs (S. 865), genügten die Ankerplätze doch um bei guter Jahreszeit Aus- und Einfuhr zu ver- mitteln. Im Uebrigen waren die hellenischen Niederlassungen wesent- lich auf Ackerbau angewiesen und hatten grolse fruchtbare Gebiete unterworfen. Ihre Beziehungen unter einander sowol als zu den Eingeborenen sind durch die Bodengestaltung stark beeinflufst worden. Der Rücken der Murgie im Nordosten, das samnitische Grenzgebirge im Norden, die Hauptkette des Appennin im Westen, der Querriegel des M. Pollino im Süden geben den Rahmen für diesen Landestheil ab. Die Erhebun» sinkt nach Osten zu. Der am Bradanus 15 km

1) Paul. h. Lang. II 17.

§ 2. Das Oslland. 907

Breite messende vüUig ebene Küslensaum wird nach Südwest fort- schreitend schmäler und verschwindet schUefslich, indem die Fort- setzungen des M. Pollino mit Höhen von 4— 500 m bis ans Meer reichen. Hinter der Ebene folgt ein von 5 gröfseren Flüssen auf- gelockertes Hügelland, dessen Erhebung mit dem Abstand vom Meer wächst. Die in der Richtungsaxe des Appennin streichende Kette die unter anderen ansehnlichen Gipfeln den M. dell' Impiso (1300 m) aufweist, bezeichnet den Abschliifs der hügeligen und den Beginn der gebirgigen Landeshälfte. \Vie in Picenum bilden die einzelnen durch Höhenzüge getrennten Flufsthäler Unterabschnitte. Am Deut- lichsten ist dies in der Ebene von Sybaris ausgesprochen die als blofses Anhängsel zu Lucanien erscheint und mit gleichem Recht zu Bruttium gerechnet werden konnte. Die Alten setzten den Crathis als Grenzflufs an und somit durchmilst die am Meer hinführende Haupt- strafse auf 60 Milben Länge lucanisches Land. In wie weit solches von der Via Appia auf der Strecke Venusia-Tarent (S. 861) berührt wurde, ist nicht zu sagen (S. 851). Dagegen war das Innere durch die Via Herculea mit verschiedenen Abzweigungen an das grofse Strafsennetz angeschlossen, worauf gegebenen Ortes einzugehen ist. An die Maik Venusia (S. 826) stiefs die Gemeinde der 5anfmi, die von der Censusliste ausdrücklich zu Lucanien gerechnet wird, was die Gemeinschaft der Sprache bestätigt.') Die Entfernung von Venusia nach Bantia, oskisch Bansa, beträgt 14 Millien : letzteres lag unweit der alten Abtei S. Maria di Banzi (570 m).^) Reste der saltus Bantini der Wälder zwischen beiden Städten sind noch vorhanden: in ihnen fiel 208 v. Chr. der tapfere M. Marcellus als Opfer eines Hinterhalts. 3) Bantia liegt 5 Milben nördhch vom Bradanus; seine Feldflur erstreckte sich am südlichen Flufsufer mindestens 3 Millien weiter bis Oppido oder Palmira, wie es amt- lich heifst: die Leutchen haben für gut befunden den überkommenen schlichten Namen mit einem wolklingenden zu vertauschen. Aus Oppido also stammt das viel behandelte Bruchstück einer Erztafel die auf der Vorderseile ein um 120 v. Chr. geschriebenes römisches Gesetz, auf der Rückseite in oskischer Sprache und lateinischer Schrift die ein Menschenalter jüngere Aufzeichnung des bantiniscben

1) Plin. 111 98; irrig nennen Apulien Liv. XXVII 25 Scliol. zu Hör. Od. III 4, 15.

2) Sleph. Byz. CIL. IX p. 43.

3) Hör. Od. III 4, 15 Liv. XXVII 25—27 Plut. Marc. 29.

908 Kapitel XV. Lucanien.

Stadirechts enthält, ') 16 Millien südhch von Venusia, 4 Millien nordwestlich von Oppido ragt der Kegel empor, dessen Spitze (S33 ni) celsae nidum Aceruntiae Acerenza trägt, ^j Die Stadt ist aufser im Süden von allen anderen Seilen unzugänglich und behilft sich deshalb mit einem einzigen Thor. Sie wird von den Schriftstellern über- einstimmend mit der heutigen Kreisgrenze nach Lucanien gesetzt 3) und hatte Selbstverwaltung, obwol ihr Name durch ein Versehen in der Liste bei Plinius fehlt, ^) Den guten Eluf den ihr Wein jetzt hat, scheint er bereits im Altertum gehabt zu haben, s) Die aufser- ordentliche Stärke der Festung kommt in der älteren Kriegsgeschichte nicht zum Ausdruck; dagegen wird sie als Bollwerk der Gothen und Langobarden im 6. und 7, Jahrhundert hervorgehoben, 6) Die Via llerculea läuft von Venusia (S, 830) nach Potenlia, die Entfernung beträgt ungefähr 32 Millien, Halbwegs in dem Becken von Lago Pesole wo der Bradanus entspringt (S, 850) wird die Station ad fluvium Bradanum anzunehmen sein, "j Die Richtung wird durch einen Meilenstein von 311 n. Chr. der hier stand, gesichert; denn die Angaben der Itinerarien befinden sich in unlösbarer Verwirrung. Die Strafse hält durchweg eine Hohe von 800 m und darüber ein : man begreift es wenn die Fuhrmannsgilden anderer Städte in Potentia durch ein coUegium mulionum et asinarioruiu ersetzt sind.*) Das heutige Polenza Hauptstadt der Basilicata hat 823 m Meereshühe und ist im 10. oder 11. Jahrhundert entstanden; das alte Potentia lag etwa 140 m niedriger am Casuentus Basento.^) Diesem ansehn- lichen Flufs (l 336, 343) folgt die Eisenbahn von Neapel nach Tarent: es kann füglich nicht bezweifelt werden dafs die von der Popilia abzweigende Querstrafse (S. 901) sich jenseit Potenlia nach

1) Bruns, Fontes iuris Rom. anliqui, Frib.*' 1893, p. 48 fg.

2) CIL. IX p. 43 auf Inschriften Aoerunlia und Acerentiu, Hör, Od. III 4, 14 mit Scliol.

3) Prokop b. Goth. III 23 Schol. Hör, a. 0.; Faul, h. Lang, II 21 theilt es Apulien zu,

4) CIL. IX 417. 6193 Eph, ep. VIII p. 18 vgl. Kap, XVI 1.

5) CIL. IX p, 660. Verehrung Julians d. A. Rev. arch. 1901 p. 350.

6) Prokop b, Golh. III 23. 26 IV 26. 34 Paul. h. Lang, V 7.

7) It, Ant. 104, CIL. IX 6067.

8) CIL. X 143.

9) Plin. III 97 Bakchylides 10, 115 scheint die Kurzform Küaas zu brauchen, Diels Ilerm. XXXIII 335, Die heutige Form hat schon Guido 29 Basenlius defluus et omni gravilatc fecundus, propter quud graece Dasinlos quasi ba- dizon sinlomus aj/pellalur.

§ 2. Das Oslland. 909

der Appia und Tareiil fortsetzte. Derait nimmt die Stadt den Schoittpuntt von zwei Haiiptstrafsen ein. Freilicli gedenkt ihrer die historische Ucberliefeiiing mit keiner SilLe. ') Der Name verrät römischen Ursprung; man fühlt sich versucht ihn mit den zur Er- schliefsung Lucaniens im 2. Jahrhundert v. Chr. unternommenen Wegebauten in Beziehung zu bringen. Aber die Fülle der In- schriften berechtigt von der Blüte des Gemeinwesens zu reden. 2) Es war Municipium in der poraptinischen Tribus. Von Potenza hat die Via Ilercnlea das Bergland zu durchschreiten das den Basenlo vom Adris Agri (I 336. 343) trennt. 3) Die Wasserscheide sinkt nicht unter 11 1200 m, demgemäfs verläuft dieser Abschnitt der Strafse in gröfserer Hohe als der vorige. Sie erreicht nach 15 Miliieti Änxia Anzia (1087 m). Der Ort ist durch seine reichen Vasenfunde, aufserdem durch eine mit griechischen Lettern geschriebene oskische Inschrift bekannt: weiter wissen wir von ihm nichts. 4) Nun gehts liinunter an den Fiume d' Anzi und mit 700 m Steigung zwischen M. Volturino (1836 m) und Timpe Pilato (1598 m) hindurch nach dem Hochlhal des Agri: die Entfernung von Anzi nach Grumentum beträgt rund 20 Miliien. Die Quellbächc des Agri vereinigen sich in einem Hochthal das bei 600 m Mittelhöhe 12 km lang und halb so breit ist. Damit ist ein Sammelplatz für die wilde Gebirgswelt im Umkreis gegeben, gleich dem Val di Diano zu dem ein Weg nach Cosilinum hinüber leitet (S. 904). Die Via Herculea von Venusia nach Bruttium berührt es. Endlich eröffnet der nach Osten {liefsende Agri eine Verbindung mit dem Tarentiner Busen. Am unteren Ende wo der Strom sich anschickt seine Bahn durch das Hügelland zu brechen, liegt am rechten Ufer in etwa 600 m Meeres- höhe ein abgeflachter Bücken, im Norden durch den Strom, an den Langseilen durch Schluchten gedeckt. Der Rücken trug Gnimenhitn die Hauptstadt von Ostiucanien. Von Freund und Feind im hanni- balischen Krieg ^) wie im bundesgenössischen ^) heifs umstritten.

1) Plin. 111 98 Ploi. III 1, 61 feldm. 209. In der Nähe bei Vaglio sind oskische Inschriften gefunden worden ConM'ay 14 16.

2) CIL. XI p. 21 2 p. 961. 1004 Eph. ep. VIII p. 75.

3) Strab, VI 264 Plin. III 97: Tafeln von Heraclea oft (Kaibel 645). Cluver 1279 will Acidios ll. Ant. 104 in den Flufsnamen umändern, jedoch ist mit den Mafsen des Reisebuchs rein nichts anzufangen,

4) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 35 CIL. X l p. 25 Conway 22.

5) Liv. XXIIl 37 XXVII 41.

6) Appian b. civ. 1 41.

910 Kapitel XV. Lucanien.

erhielt sie, wie es scheint (S. 31), zur Strafe für ihren Abfall i) eine siiUanische Colonie.^j Kurz vor dem Ausbruch des Rampfes zwischen ]*ompeius und Caesar sind die Aedilen eifrig an der Arbeit die Mauer in Stand zu setzen. ^) Bestimmte Nachrichten aus der Kaiser- zeit fehlen; aber die Schriftsteller schenken doch dieser Stadt eine gröfsere Aufmerksamkeit als ihren lucanischen Schwestern. 4) Damit stimmt die Reiciialtigkeit der Inschriften. ^) Neben den verschiedenen Bauwerken die sie erwähnen, ist ein Amphitheater von ganz statt- lichen Abmessungen (Arena 62,6 X 60 m) besonders beachtenswert, weil aufser in Paestum (S. 894) kein derartiges Schaugebäude in Lucanien begegnet. Die Tribus der Gemeinde ist die pomptinische, die obersten Beamten heifsen praetores duoviri. Seitdem die letzten Bewohner im 10. Jnhrhundert nach dem gegenüber und hoher ge- legenen Saponara (772 m) übergesiedelt waren, geriet die Stätte in Vergessenheit, bis Holste zuerst ihre Bedeutung erkannte. 6) Das Stadtgebiet erinnert durch seine Ausdehnung au die Verhältnisse die wir am Fufs der Alpen vorfanden. Eine junge Quelle läfst es sogar an das tarentinische grenzen, und vielleicht trifft die An- gabe für den Ausgang des Altertums zu. ') In früheren Zeiten scheint nicht nur die Landschaft am Agri zu Grumentum gehört zu haben, sondern auch die nördlichen Abhänge des M. PoUino bis zum Meer hin. Strabo führt in der Küstenbeschreibung zwischen Thurii und Heraclea das berühmte Weindorf Lagaria auf, Plinius bestimmt dessen Lage nach Grumentum, was ohne administrative Beziehung keinen Sinn hätte. ^) Können wir das Dorf auch nicht auf unseren Karlen unterbringen, so mufs es als griechische Gründung in der Nähe der Küste gesucht werden. Im Binnenland sind die Stationen der Via Ilerculea Semuncla in der Gegend von Lauria ^J sowie Nerulum (S. 905) als grumentinisch zu betrachten.

Die bekannten Städte Ostlucaniens sind an das Hochland oder

1) Fior. II 6, 11 Seneca de benef. III 23, 2 Macrob. Sat. I 11, 23.

2) Mommsen Herrn. XVIII 166 CIL. X 1 p. 27.

3) CIL. X 219. 20.

4) Slrab. VI 254 Plin. III 98 XIV 69 Ptol. III 1, 61 Feldm. 209 lt. Ant. 104 Tab. Peut. Geogr. IV 35 Guido 49.

5) CIL. X 1 p. 27 2 p. 961. 1004 Eph. ep. VIII p. 76.

6) Holste zu Cluver 1279.

7) Geogr. Rav. IV 35 Guido 49.

8) Lykophr. AI. 930 Slrab. VI 263 Plin. XIV 69 Etym. M. Steph. Byz.

9) lt. Ant. 104.

§ 2. Das Ostland. 911

an die Küste gebunden. Es mag wol sein dafs die eine oder andere verschollene Gemeinde in den Hügeln die den Uebergang zwischen beiden Gegensätzen vermitteln, gesessen habe. Aber die natüriichen waren zugleich nationale Gegensätze. Die hellenischen Seestädte hatten ihre Herrschaft weithin über die oenolrischen Dörfer aus- gebreitet, vom Hochgebirg aus suchten die Lucaner ihre Grenzen vorzurücken. In dem Ringen beider Mächte stellt die Mittelzone den nächsten Kampfpreis dar und ist unter dem Druck der einen wie der anderen Macht zu keiner unabhängigen Entwicklung gelangt. Aus diesem Gesichtspunct allein läfst sich der monutnentale That- bestand befriedigend erklären. An Grabfeldern mit den Erzeug- nissen griechischer Töpfer ist kein Mangel, dagegen fehlen lateinische Inschriften, i) Selbst wenn die 3 unbestimmten Gemeinden der augusteischen Liste sämtlich diesem Bezirk zugetheilt würden, wäre der Raum keineswegs ausgefüllt. Die Verhältnisse der Römerzeit wirken in der Gegenwart nach. In dem menschenarmen Lucanien ist mit den Gebirgskreisen verglichen der Kreis Matera der die Culturzone umfafst, am dünnsten bevölkert, die Bewohner drängen sich auf den Hügeln zusammen, in den Thälern hausen die Wild- wasser, die fruchtbaren Gefilde sind dem Fieber verfallen. Der Fluch der über dem Lande ruht, schreibt sich von den Kriegen der Römer her: es sieht nicht danach aus, als ob eine nahe Zukunft ihn heben werde. Die Mündungen des Bradanus und Casuentus nähern sich bis auf den geringen Abstand von 5 km. Im Bereich der Vereinigung zweier grofser Naturstrafsen mufste früh eine Ansiedlung entstehen: wenn man solche nach den Funden in die jüngere Steinzeit rücken will, so hat man vielleicht Recht. Die Geschichtschreiber erzählen von Helden die nach Troia's Zerstörung landeten, von einer älteren Stadt Meraßog, nennen verschiedene Gründer, der eine diesen, der andere jenen.-) Der thatsächliche Kern der Sagen läfsl sich nicht herausschälen. Erst im 7. Jahrhundert mit der Ankunft achaeischer Colonisten beginnt der glänzende Aufschwung von MeraTtövriov Metapoiitum.^) Die Achaeer erwarben in glücklichen Kämpfen mit den Nachbarn ein ausgedehntes Gebiet. Sie setzten dem Vordringen

1) CIL. X l p. 21 vgl. Kaibel p. 176.

2) Strab. VI 264. 65 V 222 lustin XX 2 Diod. IV 67 Steph. Byz. Mer. und UXvßas.

3) Der armenische Eusebios setzt die Gründung a. Abr. 1243 = 774 v. Chr., ungefähr ein Jahrhundert zu hoch.

912 Kapitel XV. Lucanien.

Tarents ein Ziel als Grenzwäcliler Oenotriens gegen Japygien (I 64), nahmen den Eingeborenen viel Land ab und entrissen den loniern die Sintis, i) Von der Geltung Metaponts im Verkehrsleben gewährt die Häufigkeit und Reichhaltigkeit seiner Münzen einen greifbaren Beweis. Es war ein Glied des achaeischen Münzbundes und be- zeichnete seine Prägung durch eine Kornaehre als Stadtwappen. Ein anderer Hinweis auf die Quelle seines Reichtums kann in dem goldenen Herbst, vermutlich einer Garbe des edlen Metalls die es dem delphischen Gotte darbrachte, erblickt werden. 2) Es besafs ein gefülltes Schalzhaus in Olympia. 3) Die einzige Nachricht aus der Periode in der solche Blüte sich entfaltete, betrifft Pythagoras der sein Leben in Metapont bcscblofs: Cicero hat die Grabstätte noch aufgesucht.-*) Den heroischen Ehren zum Trotz die sie dem An- denken des Weisen zollte, hatte die Bürgerschaft dessen Anhänger mit Feuer und Schwert verfolgt. Immerhin scheint sie glimpflicher aus diesen Wirren weggekommen zu sein als andere Stammes- genossen. ^) Sodann schliefst sich Metapont 413 den Athenern an und schickt Hülfstruppen gegen Syrakus. ß) Im 4. Jahrhundert nimmt die Verweichlichung überhand ''), fremde Söldnerführer be- kämpfen die andrängenden Lucaner und üben alle Ungebühr gegen ihre Schützlinge aus. 8) Vermutlich ist Metapont nach der Nieder- lage des Pyrrhos in römische Abhängigkeit geraten. Nach Abzug der römischen Besatzung 212 wurde es eine Hauptstüze des Feindes; als dieser 207 zurückweichen mufste, nahm er die ganze Einwohner- schaft mit nach Brutlium. «) Es wird nicht überliefert, ist aber nach dem Abfall und der Räumung anzunehmen, dafs Metapont nebst seiner Feldmaik in den Besitz des römischen Volkes überging. lo) Die Stadt verschwindet nicht plötzlich vom Erdboden, wird im

1) Plul. Varia Apophlh. Lac. 15.

2) Strab. VI 264.

3) Pausan. VI 19, 11 V 22, 5 Athen. XI 479 f.

4) Cic. de Fin. V 4 Liv. I 18 Piut. de genio Socr. 13 Diog. Laert. VIII 1, 40 Jamblich. v. Pyth. 170. 249. 266 Porph. v. Pylh. 56. 57 Lucian Gail. 18.

5) Jamblich. v. Pyth. 262.

6) Thukyd. Vll 33, 4 57, 11 vgl. Dlod. XIII 3, 4 XVI 66, 5 Polyaen V 2, 21.

7) Plut. Var. Apophlh. Lac. 15.

8) Liv. VllI 24 lustin XII 2, 12; Diod. XX 104.

9) Pol. Vlil 36, l Liv. XXII 61 XXIV 20 XXV 11. 15 XXVIl 1. 16. 42. 51 Appian Hann. 33. 35.

10) Feldm. 262.

§ 2. Das Ostland. 913

Sklavenkrieg geplündert i) und nach wie vor erwähnt. 2) In dem allgemeinen Verfall der Grofsgriechenland betroffen hatte 3), geht sie langsam zu Grunde. Die Ringmauer die im 2. Jahrhundert n. Chr. vorhanden war*), barg ein paar Hofe und einige ärmliche Hütten. Dann weichen auch diese, ein Steinbruch bleibt übrig den die Um- gegend ausbeutet. Da man keine Verwendung für sie hatte, stehen als Wahrzeichen der Vergangenheit 15 verwitterte Säulen noch auf- recht: der Tempel dem sie angehören, liegt 2 km nordöstlich vorm Thor am Bradanus. Aus den zerstreuten Nachrichten der Litteratur konnte man den Schlufs ziehen dafs die Kunst hier früh eifrige Pflege gefunden habe. 5) Die Ausgrabungen bestätigen den Schlufs. ß) Sie deckten den Tempel des Apoll Lykeios '), das Theater, einen zweiten Tempel u. a. auf. Die Eisenbahnstation Metaponto be- zeichnet jetzt die Stätte. Die Ringmauer ist allerdings vollständig abgetragen. Aber da nur eine dünne Erdschicht die Trümmer deckt, könnte Umfang und Grundplan der gesamten Anlage ohne sonder- lichen Aufwand ermittelt werden. Darüber bleiben wir vorläufig im Unklaren. Immerbin gewähren die Hafeubauten einen unverächt- Hchen Beweis für die Einsicht und das Können des städtischen Be- triebs. Man hefs sich nicht an den Flufsmündungen genügen, sondern hob zwischen beiden in der Mitte ein gegenwärtig ver- sumpftes Becken (Laguna di S. Pelagiana) ans, speiste das Becken durch einen aus dem Bradanus abgeleiteten Canal und führte zu- gleich um die Vertheidigung zu stärken den Canal an der Stadt- mauer vorbei. So ist die Ackerstadt mit der See in Verbindung geblieben und hat ein paar Kriegsschiffe unterhalten. ^)

Von Tarent bis Metapont sind 28 Millien. Unter den Itinerarien enthält diesen Namen allein das ravennatische.9) Auf den Basento

1) Flor. II 8, 5 Oios. V 24, 2.

2) Skyl. 14 Skymn. 327 Dion. Per. 368 Pol. X 1, 4 Cic. de Fin. V 4 Appian b. civ. V 93 Alela II 68 Plin. III 97 Ptol. III 1, 10 Geogr. Rav. IV 31 V 1; Guido 29 giebt sogar eine blühende Schilderung der Stadt.

3) Cic. Lael. 13 Strab. VI 262.

4) Pausan. VI 19, 11 Dio Or. XXXIII 401 M.

5) Plin. XIV 9 Herod. IV 15 Athen. XIII 605 c.

6) Duc de Luynes, Metaponte, Paris 1833, fol. Not. degli Scavi 1880 fg.

7) Kaibel p. 175. 76.

8) Thuk. VII 33, 5.

9) Geogr. Rav. lY 31 V 1 ; unverständlich statt dessen Turiostu Tab. Peut. ; Guido 29. 72.

Nissen, Ital. Landesknnde. IL 58

914 Kapitel XV. Lucanien.

folgt nach 6 Millien der Talandrus Salandrella oder Cavone (I 336. 43) dessen Gebiet auf das Hügelland beschränkt ist und keine Griechen- stadt aufweist.') In gleichen Abständen folgen einander die be- deutenderen Aciris (S. 909) und Siris Sinni (I 336. 43).2) Letzteres ist ein einheimischer Name: er kehrt wieder im M. Serino (2007 m) wo der Flufs entspringt, sowie in der Gemeinde der Sirini die Selbstverwaltung hatte und am Ober- oder Mittellauf gewohnt haben wird.3) Beide Flüsse waren schiffbar. An der Mündung des Siris hatten die Eingeborenen Choner oder Morgeten eine Stadt erbaut; spätere Geschichtschreiber bringen sie mit dem Brand Troia's in Verbindung. 4) Kolophonier die das lydische Joch in die Fremde trieb, haben um 670 v. Chr. Stadt und Land erobert &) und jene angeblich JIoXUiov umgenannt. *5) Dem tiefen Eindruck den dieser Erfolg in der ionischen Welt macht, leiht Archilochos Worte: ov yccQ TL xaXog XiZqog ovö^ ircLfXEQog ovo' kgarog olog dficpl 2lQLog qoag. Die Oertlichkeit wo die Stadt lag, ist monumental nicht festgestellt. Ob ein Name Polieion je in Gebrauch gewesen sei, erscheint zweifel- haft; die Stadt nebst der zugehörigen Feldmark heifst ständig ^iQig^ letztere auch wol ^LQlTLg.'^) Ferner bleiben wir darüber im Un- klaren, ob die Münze die Pyxus und Siris gemeinschaftlich ist (S. 897), in die ionische Periode oder die achaeische fällt. Die lonier gelangten rasch zu solchem Ansehen dafs bei der Freier- schau die Klisthenes von Sikyon abhielt, Italien und der Westen durch einen Sybariten und einen Siriten vertreten war.^) An beiden Orten soll Ueppigkeit und VerweichHchung gleicher Mafsen ein- gerissen sein. Ohnehin mufsten die Achaeer sich versucht fühlen

1) Plin. III 97 nach der besten Handschrift.

2) Archilochos b. Athen. XII 523 d. Etym. M. Strab. VI 264 Steph. Byz. Plin. 111 97 Plut. Pyrrh. 16, 4 (Flor. I 13, 7 Oros. IV 1, 8 mit dem Liris ver- wechselt).

3) Plin. III 98. Den Uebergang in die moderne Form Sinni verfolgt man Tab. Peut. Semnum Geogr, Rav. IV 31 Scinasium Guido 30. 72 Senasum; schon Lykophr. AI. 982 nennt den Flufs Jüvie.

4) Arist. Pol. VII 9, 3 Strab. VI 264 Lykophr. AI. 978 fg. m. Schol. Etym. M. (Arist.) de mir. ausc. 106.

5) Athen. XII 523 c nach Aristoteles und Timaeos.

6) In den A. 4 citirten Quellen bezeugt, vielleicht nach Timaeos.

7) Strab. a. 0. Athen. XIV 656 c.

8) Herod. VI 127.

§ 2. Das Ostland. 915

den Fremdkörper aus ihrer Mitte auszuscheiden und so haben sie denn im 6. Jahrhundert der ionischen Herrlichkeit am Siris ein Ende gemacht.*) Die Mutterstadt Athen übernahm die Ansprüche auf das verlorene Land: Themistokles zwang auf Salamis die Ver- bündeten zur Schlacht, durch die Drohung andernfalls Kind und Kegel an Bord zu nehmen und mit der attischen Flotte nach dem alten Besitztum in Italien zu fahren. 2) Die Rechte gingen auf Thurii über, das jedoch im Krieg gegen Tarent den Kürzeren zog und thatsächlich auf Siris verzichtete. 3) Die Tarentiner gründeten 432 'HQox/.eia Heraclea wenig oberhalb des Meeres, wie Strabo sagt, und 24 Stadien von Siris das ihm als Hafen diente, entfernt. Der 4 km landeinwärts liegende Hof Policoro (30 m) giebt die Stätte an. Von hier führt der Abstand von 24 Stadien auf ein verlassenes Bette des Siris an dessen linkem Ufer die gleichnamige Stadt anzunehmen ist: der Flufs ist gegenwärtig 2 Millien weiter nach Süden gerückt. Die neue Gründung wurde zum Sitz des Bundes- tages erhoben den die italiotischen Städte im 4. Jahrhundert be- schickten: nach seiner Verfeindung mit Tarent versuchte Alexander von Epiros ihn nach Thurii zu verlegen. 4) Auch die Münzhoheit Heraclea's scheint ursprünglich von den Tarentinern beschränkt worden zu sein. 5) Auf diese Colonie gestützt erwartete König Pyrrhos im Sommer 280 die von Thurii her anrückenden Römer und brachte ihnen nachdem sie den Siris überschritten hatten, eine entscheidende Niederlage bei. 6) Freilich gelang es der römischen Diplo- matie 278 durch ein so günstiges Bündnifs die Tochter- der Mutterstadt abspenstig zu machen dafs jene 89 v. Chr. nur mit Widerstreben da- für das römische Bürgerrecht eintauschte.'^) Der unfreiwillige üeber- tritt zu Hannibal 212 hatte keine nachtheiligen Folgen. 8) Im Bundes- genossenkrieg verbrannte das städtische Archiv. 9) Nach dem Krieg

1) lustin XX 2.

2) Herod. VIII 62.

3) Dittenberger P 35 Antiochos b. Strab. VI 264 Diod. XII 36, 3 Liv. VIII 24. Ungenau werfen die Römer Siris und Heraclea zusammen Plin. III 97 Liv. I 18.

4) Strab. VI 280 Liv. VIll 24.

5) Momrasen Münzwesen 104 Head H. N. 59.

6) Plut. Pyrrh. 16 f?. u. a.

7) Cic. pro Balbo 21. 50. Vielleicht fällt das Bündnifs schon 282: was den Ausbruch des tarentinischen Kriegs in ein neues Licht rücken würde.

8) Appian Hann. 35.

9) Cic. pro Archia 8.

58*

916 Kapitel XV. Lucanien.

erfreute sich die Stadt noch leidlichen WolergehensJ) Dazu trug der Umstand bei dafs von Venusia eine 92 Millien lange Querstrafse hierhin abzweigte 2); unter den Stationen der Küstenstrafse erscheint der Name gleichfalls in den Itinerarien.3) Aber es braucht kein Zufall zu sein dafs er bei Ptolemaeos fehlt; Inschriften fehlen auch.^) Die berühmten Tafeln von Heraclea erläuteren ältere Zeiten : die Vorderseite enthält in dorischer Mundart Bestimmungen über die Verpachtung von Tempelländereien am Agri und vielseitige Belehrung über die Stadt des 3. Jahrhunderts^), die Rückseite mit dem cae- sarischen Stadtrecht von 46 v. Chr. gestattet einen Schlufs auf die Uebergangszeit von der Autonomie zum Municipium zu thun.ß) Aber wie letzteres bis auf unscheinbare Trümmer vom Erdboden verschwinden konnte, wissen wir schlechterdings nicht. Vermuten läfst sich dafs die Einwohner um der fortschreitenden Verseuchung der Küste zu entrinnen vor Einführung des Christentums nach der Höhe übersiedelten. Ein Bistum Heraclea giebt es nicht, dagegen ist die 10 km oberhalb gelegene Kirche S. Maria di Anglona (263 m) Sitz eines solchen und zugleich Nachfolgerin einer antiken Ort- schaft. Aus der Urkunde über die Vermessung des Tempellandes erfahren wir deren Namen TlavöoGla"'); auf dem sanft ansteigenden Gelände (60 m) zwischen Heraclea und Pandosia hatte Pyrrhos sein Lager aufgeschlagen. 8)

Die Küstenebene flndet 10 Millien südlich von Heraclea ihren Abschlufs durch das von Westen nach Osten streichende Gebirge welches die Stromgebiete des Siris und Crathis von einander trennt. Nachdem die Strafse an dessen Abhängen 20 Millien dem Strande folgend durchmessen und zahllose Gebirgsbäche überschritten hat^ gelangt sie auf einen in physischer und historischer Hinsicht merk- würdigen Boden. Die vom Crathis und seinen Nebenflüssen ge- schaffene 230 Dkm grofse Ebene scheidet den Appennin von den Granitbildungen Brultiums (1 243). Die heutige Verwilderung und Verlassenheit (1 336) ist die Schuld der Gesellschaft; denn bei ge-

1) Cic. pro Archia 6. 7 Mela II 68 Steph. Byz.

2) lt. Ant. 113 der Strafsenzug mit den Stationen ist nicht festgestellt.

3) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 Vi Guido 30.

4) CIL. X 1 p. 21.

5) Kaibel 645.

6) CIL. I 206.

7J Kaibel 645 I 12. 54. 64. 70. 113, 8) Plut. Pyrrh. 16, 4.

§ 2. Das Ostland. 917

ordneten! Anbau entfaltet sie noch immer die unerschöpfliche Frucht- barkeit die Sophokles und Varro gepriesen haben. i) Ihre Gestalt kann einem ostwärts auf das Meer zu geöffneten Theater verglichen werden, das von mächtigen Bergen eingefafst ist. Die Berge stellen die Aufsenwand dar, der Hügelsaum der den Uebergang zur Niederung vermittelt, die Sitzreihen. Im Norden hat die schroffe Wand des M. Pollino eine Anzahl Gipfel von 2000 m und darüber aufzuweisen : von Westen anfangend Coppa di Paolo 1907 m M. Grattaculo 1895 m Serra del Prete 2186 m M. Pollino 2248 m Serra Dolcedorme 2271 m La Manfriana 1980 m, dahinter Serra Crispo 2052 m und endlich im Osten M. Sparviere 1713 m. Ihnen giebt die Küsteu- kette die den Ausweg zur tyrrhenischen See versperrt, wenig nach, indem von Norden nach Süden M. Caramolo 1826 m Cozzo Pellegrino 1986 m La iMula 1931m Montea 1784 m einander folgen. Am Niedrigsten ist die südliche Umfassung die von dem Rand der Sila gebildet wird: dieser übersteigt kaum 1000 m, da die Hochgipfel im Innern auftreten (I 244). Wie eine zusammenhängende Mauer umschliefst das Gebirge die Ebene im Halbkreis. Indessen wird es von zwei den Zugang eröffnenden Flüssen aufgelockert. Von Norden entströmt dem M. PoUino der 2vßaQig Sybaris Coscile um zuerst eine südöstliche, sodann östliche Richtung einzuhalten. 2) Seit der Zerstörung der gleichnamigen Stadt vereinigt er sich 5 km vor der Mündung mit dem Crati: vordem hatten beide gesonderte, wenn auch nur ein paar Kilometer von einander entfernte Betten. Den Namen sollen die Ansiedler aus der achaeischeu Heimat über- tragen haben. 3) Dem Flufswasser sagte man nach dafs es die Pferde scheu mache.'*) Viel bedeutender ist der Kgäd-ig Crathis Crati (I 336. 43): er durchläuft von Süden nach Norden die breite Spalte welche die Küstenkette und die Sila von einander trennt, wendet sich alsdann nach Nordost dem Meer zu.^) Sein Name

1) Sophokl. Ant. 1118 Plin. XVIII 65 Varro RR. I 44.

2) Thuk. VII 35 Skyl. 13 Skymn. 339 (Arist.) mir. ausc. 107 Athen. VI 269f. IX 393 e Diod. XI 90 XII 9. 10 Strab. VI 262 Plin. JII 97 Ovid Met. XV 315 Vib. Seq.' 151 R.

3) Strab. VIII 386.

4) Strab. VI 263 (Arist.) mir. ausc. 169 vgl. Aelian bist. an. XVI 23 Plin. XXXI 13.

5) Herod. V 45 Skyl. 13 Theokrit 5, 16 Athen. VI 269 f. Diod. XI 90 XII 9 Strab. VI 263 Plin. III 97 Lykophr. AI. 1021 Ovid Fast. III 581; Tab. Peut. Crater.

918 Kapitel XV. Lucanien.

slainmt gleichfalls aus Achaia.i) Seinem Wasser wird neben anderen Heilkräften die Eigenschaft nachgerühmt das Haar blond zu färben 2j; ob statt des tiefen Schwarz das gegenwärtig herrscht, die Bewohner einst blondhaarig gewesen sind, bleibt füglich dahin gestellt. Durch diese beiden Flufsläufe ist der grofsen ßinnenlandstrafe von Capua nach Regium die Bahn vorgezeichnet. Wir haben S. 905 die Via Popilia bei Nerulum verlassen. Von hier hat sie einen ilücken von 1083 m zu überwinden um die 4 Millien breite Hoch- tläche des Campo Tenese (965 m) die Wasserscheide beider Meere zu gewinnen. Hierauf fällt sie steil nach Muranum Morano Cala- bro (722 m) am oberen Sybaris. Die Bauinschrilt des Popilius die den Ort allein erwähnt, bezilferl den Abstand von Forum Popili auf 74 Millien, das Reisebuch das Summuranum d. h. die etwa lOü m tiefer gelegene Poststation nennt, den Abstand von Nerulum auf 16 Millien. 3) Nach weiteren 12 Millien folgt Inleramniiim im Thal des Sybaris.4) Danu geht es über Caprasia 9 Millien in der Gegend von Spezzano Albanese (292 m) s) iu das Thal des Crathis und an dessen Ufer nach Consentia, Der Erbauer wie das Reisebuch rechnet von Muranum nach Coasentia 49 Millien. 6) Zur binnen- ländischeu kam die in griechischer Zeit viel wichtigere Küstenstrafse hinzu um an der Mündung des Crathis einen Brenupunct des Ver- kehrs ins Leben zu rufen.

Alle Bedingungen zur Schöpfung einer grofsen Stadtherrschaft waren in seltener Fülle vereinigt. Ein Gebiet von 3000 Dkm und mehr, ausgedehnter als Attika oder Boeotien, war durch starke Grenzen beschirmt auf den Austausch seiner Gaben und Güter an- gewiesen. Die Ebene brachte das notige Korn '), die Hügel vor- züglichen Wein in Menge ^), die Berge steuerten Wolle'-*) Honig Wachs Pech Holz (1 246). Dazu kam der Besitz von Metallen ;

1) Herod. 1 145 Slrab. VIII 38G Paus. VII 25, 11 VIII 15, 9.

2) Eurip. Tro. 227 Theoplirast bei Aelian h. an. XII 36 (Ärist.) mir. ausc. 169 Timaeos fr. 63 M. Slrab. X 449 Plin. XXXI 13 Ovid Met. XV 315 Vib. Seq. u. a.

3) It. Ant. 105. 110 an letzter Stelle nur 14 Millien, was zu wenig ist.

4) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 Guido 43.

5) It. Ant. 105. IIU Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 Guido 43.

6) Die Angaben Tab. Peut. sind verwirrt.

7) Zur Ausfuhr reichte es kaum Athen. Xi! 519 f.

8) Athen. XII 519 d Plin. XIV 39. 69 Strab. VI 264.

9) Aelian h. an. XII 36 Plin. XXXI 13 Vilruv VIII 3, 14.

§ 2. Das Ostland. 919

Silber fand sich bei S. Marco Argentano (430 m) wesllich oberhalb des Cratithals i), auf Silber wurde in der Sila bei Longobucco (794 m) am oberen Trionto noch im 16. Jahrhundert gebaut; beide Orte sind im Machtbereich von Sybaris enthalten. Die Minen erklären die Reichhaltigkeit seiner Münze; während andere Städte aus Mangel an Metall das Auskunftsmitlel ergriffen fremde Stücke umzustempeln, hatte man solches hier nicht nötig. Es versteht sich von selbst dafs nur eine starke Mannschaft die Macht erwerben und behaupten konnte: bei den drei in verschiedenen Jahrhunderlen entsandten Colonien ist die Zahl der Ansiedler denn auch beträchtlich gewesen. Von der späteren Verknüpfung mit dem Kampf um Troia absehend 2) rücken wir die Gründung von ^ißaQig an das Ende des 8. Jahr- hunderts. 3) Achaeer bildeten den Kern der Einwanderer, daneben waren Troezenier betheiligt, das Bürgerrecht wurde stets freigebig verheben. 4j Die Stadt lag lang gestreckt zwischen beiden Flüssen die einen vorzügUchen Schutz gewährten. Canäle und Brücken bestimmten den äufseren Anblick. 5) Die Untersuchungen Cavallari's haben uns über die Oertlichkeit im Grofsen und Ganzen aufgeklärt. 6) Von den Hügeln der Serra Pohnara (135 m) reichte ein gegen 10 km langer 2 km breiter von den Flüssen eingefafster niedriger Streifen Landes ans Meer: auf ihm ist 6 km vom Meer entfernt das reiche Sybaris zu suchen. Das ehemalige Bette des Crathis läfst sich noch deutlich verfolgen (Crali vecchio).'') Die Krotoniaten gruben es 510 v. Chr. 9 km vor der Mündung ab und lenkten den Strom in die Stadt, deren Lehmwände (das gewühnhche Baumaterial des alten Hellas) rasch einstürzen mufsten.^) Damit wurde der Stadtboden in einen Sumpf verwandelt und durch die Ablagerungen des Flusses erhöht, bis dieser sich ein neues Bette mit starken Krümmungen nach dem Coscile hin gebahnt hatte. Es wäre eine lohnende aber nur mit schweren Kosten zu lösende Aufgabe die begrabenen Trümmer ans Licht zu ziehen; denn bei weniger als

1) Die Eingebornen erklären es für Argentanum, das 203 v. Chr. zu den Römern überging Liv. XXX 19; doch fehlt ein Beweis.

2) Solin 2, 10.

3) Nach Skymn. 360 um 720, nach Euseb. 708.

4) Strab. VI 263 Arist. Pol. V 2, 10 Diod. XII 9, 2.

5) Athen. XII 519 d. e.

6) Not. degli Scavi 1879 p. 245 mit Plan, 1880 p. 152.

7) Erwähnt Herod. V 45 naQo. top ^t^qov K^ä&tv,

8) Slrab. VI 263.

920 Kapitel XV. Lucanien.

2 m Tiefe steckt man schon im Wasser. Der Umfang von Sybaris wird auf 50 Stadien 9 km angegeben i): was nicht übertrieben er- scheint. Der hier gepflegte Luxus setzt ein entwickeltes Gewerbe voraus: beiläufig wird die Purpurförberei erwähnt 2), aus jüngerer Zeit die Herstellung von Fischextract.^) Der Handel war bedeutend: mit Milet wurden die engsten Beziehungen unterhalten ■*), desgleichen mit den Etruskern.'') Sybaris hatte seine Herrschaft jenseit der Wasserscheide am Golf von Laos ausgebreitet (S. 898). Für wert- volle Waaren bot der nur 2 Tage erfordernde Transport zu Lande über Campo Tenese (S. 918) dem Verkehr zwischen Orient und Occident unleugbare Vortheile gegenüber dem Seeweg durch die Strafse von Messina. Immerhin machte die Unzulänglichkeit ihres Hafens die Sybariten zu sefshafteren Menschen als die Hellenen in der Regel waren. ß) Sie beschränkten sich deshalb auch auf eine Landmacht. Die Nachricht die solche über 4 benachbarte Stämme und 25 Gaue ausdehnt, bietet keinen Anslofs. Wenn aber weiter die Zahl der Ritter auf 5000, vollends der Bürger auf 300000 an- gegeben wird, kann man unbedenklich eine Null streichen.'^) Den jähen Zusammenbruch all dieser Herrlichkeit erläutert keine be- friedigende UeberUeferungS), wir können ihn nur mit den Alten auf innere Schwäche und Entartung zurückführen (I 63 A. 4).

Die von den überlebenden Sybariten gemachten Versuche ihre Sladt wieder herzustellen wurden durch den Hafs der Krotoniaten vereitelt, bis Athen die Sache in die Hand nahm und 443 in grofsem Stil durchführte. Für die Anlage wurde südlich dem zerstörten Sybaris gegenüber das etwa im Mittel 10 m höhere rechte Ufer des Crathis gewählt. Genauer gesprochen sind es zwei mäfsige An- höhen die durch einen Giefsbach (Torrente Mosolito) getrennt werden. In der Einsenkung entspringt eine reiche treffliche Quelle, jetzt Fönte del Fico, ehemals OovQia die gewaltige geheifsen.^j

1) Strab. VI 263.

2) Athen. XII 521 d.

3) Plin. XXXI94 Athen. VI 274 d.

4) Hemd. VI 21 Athen. XM 519 b.

5) Athen. XII 519 c.

6) Athen. XII 519 e.

7) Strab. VI 263 Athen. XII 519 c Diod. XII 9.

8) Herod. V 44 Diod. XII 9 Strab. VI 263.

9) Diod. XII 10, 6 Strab. VI 263 Steph. Byz. Schol. Ar. Wolken 332.

§ 2. Das Ostland. 921

Nach ihr wurJe die Stadt QovQia^) oder Qovqiov Thurium% ge- wöhnlich QovQioi Thurii benannt.^) Die unscheinbaren Trümmer (le Muraghe) 6 km Ost von Terranova di Sibari gelegen, bedecken eine Fläche von 2^/2 km Länge und 1 km Breite und lassen auf einen Umfang von 6 7 km schliefsen. Der Grundplan wurde durch 4 Hauplstrafsen die sie der Länge nach, 3 llauptstrafsen die sie der Breite nach durchzogen, gebildet.'*) Athen gedachte sich hier eine starke Stütze für seine weitschauende Handelspolitik im Westen zu sichern. Nachdem die sybaritischen Altbürger beseitigt waren, rührte es in ganz Hellas die Werbetrommel um Ansiedler herbei- zulocken: Herodot und Lysias sind ihr gefolgt. Eine waffenfrohe Bürgerschaft erstand, die ihre Kampflust gegen Stammesgenossen und Fremde gleichmäfsig bethätigte.^) Aber bunt gemischt wie sie war, hat sie der Multerstadt die Treue nicht gewahrt. Als die Wolken des peloponnesischen Krieges herauf zogen, verständigte sie sich mit Tareut und gab die Siritis preis fS. 915). 413 schlofs sie mit den Athenern ein Angriffs- und Vertheidigungsbündnifs und schickte Truppen gegen Syrakus. Die folgenden Jahre trugen ihre Trieren mit verdoppeltem Eifer zum Sturz Athens bei. 6) Rühm- licher ist die Rolle die Thurii als Vorkämpfer des Hellenentums gegen Lucaner und Brettier gespielt hat. 390 erlitt es bei Laos eine blutige Niederlage (S. 899); als eine syrakusische Flotte von 300 Segeln gegen die Stadt heran fuhr, ward sie durch einen Sturm von der drohenden Gefahr befreit.') Die unablässige Be- drängnifs von Seiten der Italiker wurde durch die Feindschaft Tarents verschärft. s) Wie S. 915 erwähnt, suchte König Alexander von Epiros den Sitz des italiotisclien Bundes von Heraclea nach der Thurialis zu verlegen und liefs zu diesem Zweck einen ge- eigneten Platz am 'A'/.älavdoog befestigen. 9) Damit wird einer der Bäche zwischen Siris und Sybaris gemeint sein, ohne dafs eine genaue Bestimmung möglich wäre. Der ererbte Gegensatz beider

1) Thukyd. VI 61, 7 88, 9 104, 2 VII 33, 5 Skyl. 12. 13 Stepli. Byz.

2) (Arist.) mir. ausc. 169 Diod. XII 10, 6 Ptol. III 1, 10 Steph. Byz. Mela II 68.

3) Auch von Thukydides und Diodor.

4) Diod. XII 10.

5) Polyaen II 10 Diod. XII 23 vgl. Arist. Pol. V 6, 6. 8.

6) Thukyd. VII 33. 35. 57 VIII 35. 84 Xen. Hell. I 5, 19 Diod. XII 35 XllI 11,1.

7) Aelian Var. Hist. XII 61.

8) Polyaen II 10, 2. 4 Diod. XVI 15, 2 Plut. Tim. 16. 2.

9) Strab, VI 280.

922 Kapitel XV. Lucanien.

Städte hat schliefslich den Uutergaüg des fieiea Hellenentums in Italien veranlafst. Thurii erbat und erhielt 282 römischen Schutz gegen die vereinigten Lucaner und Bretlier denen es nicht mehr gewachsen >Yar. ') Aber als Rom die Verträge mit den Tarentinern brach (S. 873), ergriffen diese die Waffen, vertrieben die römische Besatzung nebst deren Anhang und plünderten die Sladt.2) So- dann hat sie sich wieder erholt, bis der hannibalische Krieg ihr Verderben brachte. Widerwillig 212 auf die Seite der Karthager gedrängt, hat sie die Bewohner des campanischen Atella und des apulischen Herdoniae aufnehmen müssen. Bei seinem Rückzug 204 führte Hannibal die ihm geneigten Bürger ab nach Kroton und gab die übrigen seinen Soldaten preis. 3) Damit erlosch die unter so verheifsungsvoUen Aussichten ins Werk gesetzte Gründung des Perikles. Wir möchten mehr von ihr wissen 4): den heimischen Kunstsinn lehren uns die Münzen und das Thongeschirr kennen. Eine latinische Colonie in der Stärke von 3000 Mann nebst 300 Reitern ward 194 m agrum Thurinum beschlossen, 193 in castrum Frentinum entsandt. s) Unter letzterer Bezeichnung scheint ein Dorf gemeint zu sein, das den Mittelpunct der Ansiedlung bilden sollte. Da aber an Ackerland zur Vertheilung 27248 ha verfügbar waren , so niufs die Allmende eingerechnet ein grofser und wie vorauszusetzen der beste Theil der thurinischen Feldmark vom Staat eingezogen worden sein. Die Colonie nennt sich auf ihren Kupfermünzen Copia, was vielleicht als eine Uebersetzung von QovQia anzusehen ist.«) Nachdem sodann 90 v. Chr. die griechische Stadtgemeinde so gut wie die Colonie das Bürgerrecht erlangt halte, heifst das Municipium amtlich C(opia) Thur(u), während der ge-

1) Liv. XI Dion. H. XIX 13 Plin. XXXIV 32 Val. Max. I 8, 6 Ammian XXIV 4, 24 Slrab. VI 263. Die merkwürdige Nachricht Tac. Ann. XIV 21 dafs die Wagenrennen aus Thurii eingeführt seien, kann auf ältere Beziehungen zwischen beiden Städten zurück gehen; Liv. X 2 Thuriae ist doch wol eben diese Stadt (I 540 A. 4), so dafs die Römer bereits 302 zu ihren Gunsten einschritten.

2) Appian Samn. 7.

3) Liv. XXV 7. 15 XXVI 39 XXVII 1. 26 Appian Hann. 34. 49. 50. 57 Pol. VIII 26, 2.

4) Inschriften auf Goldplättchen Kaibel p. 158 fg.

5) Liv. XXXIV 53 XXXV 9 nach verschiedenen Quellen: die eine nennt die Cognomina der Triumviin, die andere läfst sie aus.

6) Strab. VI 263 Sleph. Byz. Ooi'^ioi geben den Plural an, was kaum richtig ist.

§ 2. Das Ostland. 923

wohnliche Gebrauch sich mit dem alten vertrauten ^ameD begnügt, i) Thurii Gel 72 dem Spartacus in die Hände 2), wurde 48 von M. Caelius bedroht 3), 40 v. Chr. von Sextus Pompeius belagert.^) Im 2. Jahr- hundert n. Chr. war es verödet^), wird aber noch im 6. erwähnt. ß) Das Reisebuch rechnet richtig 44 Milben von Heraclea bis Thurii, weitere 12 h'\s Roscianum.') Dies ist das heutige Rossano (291 m) 3 Milben oberhalb des Strandes gelegen. Die Marina von Rossano für den Hafen von Thurii zu hallen, als welchen Prokop Ruscia bezeichnet, ist mit den Leistungen dieser Stadt zur See kaum ver- einbar.^) Man wird von vornherein geneigt sein den Hafen mehr nach Norden und näher bei Thurii in einer seitdem ausgefüllten Lagune zu suchen. Die Poststation hat selbstverständlich in der Ebene gelegen, bis die Bewohner durch die zunehmende Unsicher- heit genötigt wurden nach der festen Hübe die Rossano einnimmt, umzusiedeln. Prokop kennt diese Festung bereits und verlegt sie 60 Stadien 8 Milben oberhalb von Ruscia. Von den übrigen Ort- schaften der Thuriatis läfst sich keine näher bestimmen. 9)

1) CIL. X 1 p. 18 Cic. pro lull. 14.

2) Appian b. civ. I 117 Flor. II 8, 5 Suelon Aug. 3. 7.

3) Caes. b. civ. III 22 Vell. II 68 Euseb. a. Abr. 1969.

4) Appian b. civ. V 56. 58. 62.

5) Bio Or. XXXIil 401 M.

6) Prokop b. Golh. I 15 Tab. Peut. Turis Geogr. Rav. IV 31 Guido 30 Turris,

7) It. Ant. 114.

8) Prokop b. Goth. III 28 vgl. Cic. ad Alt. IX 19, 3.

9) Nach Kaibel 643 ist eine solche bei S. Agala am oberen Esaro der in den Cralhis fliefst, anzunehmen. L'eber Cosa und castellum Carissanum vgl. S. 821 A. 9.

KAPITEL XVI.

Bruttiuin.

Die Halbinsel die den Abschlufs Italiens im Südwesten bildet, liegt zwiscben 40 und 38 ^ N. Br. und umfafst nach der heutigen Einlheilung in drei Provinzen (den bereits behandelten Kreis Castro- villari einbegriffen) 15075 Dkm 275 d. DM mit IV4 MilHon Ein- wohnern. Geologisch betrachtet gehört sie nicht zum Appenniu, sondern reicht in eine ältere Periode der Erdgeschichte zurück (I 244). Auch ihre politische Entwicklung hat besondere Bahnen eingeschlagen: zweimal war sie ein halbes Jahrtausend lang von dem Lande mit dem sie äufserlich zusammen hängt, völlig getrennt im Besitz der Griechen. Nach Vernichtung der ostgothischen Herrschaft im G. Jahrhundert hat Byzanz den Besitz bis zur Mitte des 11. behauptet, wo er ihm durch die Normannen entrissen ward. Unter anderen bleibenden Spuren hat die byzantinische Zeit uns den S. 865 be- rührten Wechsel in der Benennung der beiden südlichen Ausläufer Italiens hinterlassen, so dafs was ehedem calabrisch, jetzt apulisch, und was ehedem brettisch, jetzt calabrisch heifst. Auch die erste am Ausgang des 8. Jahrhunderts anhebende Epoche des Hellenen- tums in dieser Landschaft hat mancherlei Verschiebung und Wan- derung von Namen znr Folge gehabt. Wir haben früher dargelegt wie die Südspitze ursprünglich Italien biefs und dieser Name immer weiter, schliefslich bis an den Fufs der Alpen vorrückte. Demselben Bezirk entstammt die minder berühmte aber immerhin beachtens- werte Landesbezeichnung Meyälrj 'Ekldg: ein Sprichwort bringt sie, wir wissen nicht aus welchem Grunde, mit der Stadt Terina in Verbindung.!) Polybios der älteste unter den erhaltenen Schrift- stellern der sie anwendet, bezeugt für das 6. Jahrhundert dafs der ganze Strich in dem der pythagoreische Bund zu Macht und Ansehen

1) Steph. Byz. Teoiva.

Braltiam. 925

gelaogt war, sich ihrer bediente. ') Seit den Perserkriegen wird sie vereinzelt vom Multeiland gebraucht^), nicht aber von den Colonien (I 59). Von Grofsgriechenland ist erst wieder die Rede, nachdem dessen Träger ihre Unabhängigkeit eingebüfst hatten und im Glänze der Vergangenheit einen Trost für die Kümmernifs der Gegenwart suchten. Gelehite Verehrer des Pythagoras haben den ISamen aus einer verschollenen Chronik hervorgeholt 3), die Römer übersetzten ihn mit Magna Graecia oder Maior Graecia^) um nicht ohne Spott den griechisch sprechenden Theil von dem übrigen Italien zu unter- scheiden. 5) Aber da die fremden Städte nach dem italischen Kriege bis auf wenige Ausnahmen die lateinische Amtsprache ein- führten, so wird jene Renennung zum Kunstausdruck dem ein that- sächlicher Hintergrund fehlt, dessen Gebrauch durch keine festen Grenzen umschrieben ist. Er wird über ganz Italien bis nach Venetien ausgedehnt 6), oder neben Lucanien und Rrullium auf Sicilien mit bezogen. ") Gewöhnlich versteht man darunter die Küsten des Golfs, von Tarent bis Locri nach dem Vorgang des Plinius und Ptolemaeos ^), aber nicht mit gleichem Recht die Küsten von Tarent bis Cumae. 9) Wir erklärten das Aufkommen des Namens aus der Prahlerei die in Colonien gegenüber der Heimat häußg sich breit macht (I 59). Davon abgesehen ist er gar nicht übel gewählt. Die griechische Sprache vermochte deshalb Riuttium völlig zu er- obern 10), weil dessen ausgedehnte Küsten von der See ebenso leicht als vom Lande aus schwer zugänglich waren.

Die langgestreckte Halbinsel erinneit in Rau und Güederung an Hellas. Man kann die Ebene von Sybaris mit Thessalien, den Strandweg an den Fortsetzungen des M. Pollino hin mit dem Tempe- pafs vergleichen. Das zweite Drittel wird durch die Gebirgsinsel

1) Pol. 11 39 vgl. Athen. XII 523 e Cic. Lad. 13.

2) Eurip. -Med. 440 Tro. 1115 Iph. A. 1378.

3) Vielleicht zuerst Timaeos nach fr. 77 Müller, Athen. XII 523 e Cic. Tuse. I 38 IV 2 V 10 de Or. 11 154 111 139 Rep. III 7 Seneca Ep. 90, 6.

4) Letzlere Form Liv. XXXI 7 Fest. 134 M. und oft.

5) Cic. pro Archia 10 Plin. ill 42.

6) lustin XX 1. 2, 1 Ovid Fast. IV 64.

7) Strab. VI 253 Fest. 134 M.

&) Plin. III 95 Plol. III 1, 10 vgl. Liv. XXII 61.

9) Seneca Dial. XII 7, 2 Serv. V. Aen. I 569; Pol. III 118, 2 steht die Be- zeichnung nur als schlechte Interpolation junger Handschriften. 10) Fest. 35 M. Porph. zu Hör. Sat. I 10, 30.

926 Kapitel XVI, Bruttium.

Sila gebildet. „Die lucanischen Berge, schreibt Prokop i), reichen bis nach Bruttium und treten so nahe zusammen dafs sie nur zwei enge Zugänge frei lassen, von denen der eine Petra sanguinis, der andere bei den Eingebornen Labulla heifst." Jener ist am Crathis und der Binnenstrafse, dieser an der See zu suchen wo er von der starken Festung Roscianum beherrscht wird (S. 923). Endlich trennt ein Isthmus den dritten Abschnitt ab (1245) der mit 5000 Dkm Inhalt nur ein Viertel des Peloponnes erreicht, im Uebrigen wie dieser ein abgeschlossenes Ganzes ausmacht. Die beiden Granit- massen die durch den Isthmus geschieden sind, werden in der Litteratur als Sila und Aspromonte bezeichnet (I 245). Aber der Bewohner der Einsenkung in der Mitte kennt nur le due Site und der Volksmund hat auch hier den uralten Gebrauch bewahrt, weil gerade für das südliche Gebirge der Name Sila d. h. Wald aus- drücklich bezeugt ist. Im Uebrigen lehrt ein Blick auf die Karte dafs die nürdliche Sila vermöge ihrer Gröfse und UnzugängUchkeit der Fremdherrschaft erfolgreichen Widerstand leisten konnte. Während die fruchtbaren Gestade am Meer Bewohner und Herrscher oft wechselten, schützte die mächtige Bergfestung ihre oskischen In- sassen (I 535 fg.). Soweit die Zeugnisse zurück reichen, sind dies die Brettier gewesen (I 527). Aus ihrer Vergessenheit treten sie zuerst um 450 in das Licht der UeberUeferung und gründen 356 einen Bundesstaat der den Hellenen viel zu schaffen machte. Aber Rom als Vorkämpferin der Städte hat diesen Bund von Land- gemeinden vernichtet und über die Bauern die Knechtschaft verhängt (I 536 fg.). Von dem Volke leiten griechische Schriftsteller den Landesnamen Bgerria BQSTtiavrj ab. 2) Nach ihrem Vorgang reden wir von Bruttium ; denn der Römer kennt nur den ager Bruttius die das Ganze befassende Staatsdomäne 3), oder braucht besonders in jüngerer Zeit den Volksnamen Bruttii^ wie er bei Gebirgsgegenden zu thun pflegt. *) Die Beschreibung zerfällt nach dem Gesagten in 2wei Abschnitte. Da die meisten Ortschaften deren Namen über-

1) Prokop b. Goth. III 28.

2) Pol. I 56, 3 IX 7, 10 25, 1 27, 11 XI 6, 1 XIII 10, 4. 8 Strab. VI 255 Athen. V 208 e Plut. Fab. 22, 1 Dio XLII 25 Steph. Byz.

3) Gato bei Priscian VII p. 337 Hertz Liv. XXV 1 XXVI 12 XXVII 41 Mela 11 115; über die Schwankung des Vokals I 535 A. 6.

4) Cic. pro Rose. Am. 132 pro Gaecina 54 Caes. b. civ. I 30, 4 Liv. XXIV 1 XXV l XXVII 51 XXXIV 53 vita Tetrici sen. 5 Plut. Tim. 19, 3 u. o. stehend als Bezeichnung der Region S. 888.

§ 1. Das Nordland. 927

liefert werden, nicht sicher bestimmt sind, anderseits die Blüte dieser Gegenden vor die römische Zeit fällt, ist eine angemessene Kürze geboten. Das Erdbeben das Bruttium mehr als andere Landschaften heimsucht (l 284), hat zur Vernichtung der Denkmäler viel bei- getragen. *)

§ 1. Das Nordland.

Bei aller Uebereinstimmung im geologischen Aufbau wie in der geschichtlichen Entwicklang weisen die beiden durch die Senke von Tiriolo getrennten Hälften des Granillandes bemerkenswerte Ver- schiedenheiten auf. Jenseit der Senke gelangt der Charakter der Halbinsel zum deutlichen Ausdruck, der 100 km lange Gebirgskamm hält die Mitte ein, die Küsten sind gleichmäfsig belebt, wenn auch die Sicilien zugewandte Seite den Vorrang behauptet. Ganz anders ist die Nordhälfte gestaltet. Sie umfafst nahezu den doppelten Flächeninhalt, da bei 90 km Länge von Nord nach Süd die Breite von West nach Ost 100 km erreicht. Sie ist durchaus nach Osten auf den Tarentiner Golf gerichtet. Die hart am tyrrhenischen Meer streichende Kette mit Gipfeln von 14 1500 m (M. Cocuzzo 1542 m) gewährt keinen Raum für Küstenebenen und sperrt durch ihren Absturz den Seeverkehr aus. Landeinwärts sendet sie mit sanfterem Gehänge ihre Bäche in den Crathis. Das von diesem durchströmte an 50 km messende Längslhal scheidet die Küstenkette von dem grofsen Waldgebirge, an dem gegenwärtig der Name Sila vorzugs- weise haftet (I 244). Für ein binnenländisches Staatswesen wie die Brettier es schufen, bietet das Thal die natürliche Mitte. Aber die längste Zeit ist das Gebirge von der Küste aus beherrscht gewesen und nimmt mit dieser verglichen in der Ueberlieferung einen gar bescheidenen Platz ein. An drei Orten hatte die Natur den helle- nischen Ansiedlern den Boden bereitet und Ebenen zu ihrer Auf- nahme aufgeschüttet. Von diesen entfaltet die Niederung am Unter- lauf des Crathis und Sybaris die grüfste Fruchtbarkeit (S. 917), wird aber an Ausdehnung durch die Küstenebene von Kroton übertrolTen (I 335). Dazu kommt von minderer Bedeutung das Mündungsland

1) Ouellen: Strab. VI 253—63 Mela II 68. 69 Plin. III 72—74. 95—98 Ptol. III 1, 9. 10. 65. 66. Kaibel inscr. Gr. p. 150—60 Conway, it. dial. p. 3 fg. CIL. X (Mommsen) Eph. ep. VIII p. 70— 74 (Ihm). Barrius, de antiquitate et situ Calabriae, Rom 1571, in Burmann thes. antiq. It. IX. Fr. Lenormant, la Grande-Grece, 3 vol. Paris 1881. 84. Von der Generalstabskarte 1:100000 gehören hierher Bl. 228—31. 236—38. 241—43. 245—47. 254. 55. 263. 64.

928 Kapitel XVI. Brutlium.

des Sabatiis und Lameliis im Südueslen. Damit sind in drei Himmels- gegenden die Aufsenwerke bezeichnet die den Fremden in die Hände lallen und zum Angriff gegen die Wakhvildnifs dienen. Wenn die Wildnifs bis auf den heutigen Tag noch nicht völlig gebrochen ist (1 246), so wird der Grund vornehmlich in ihrer Unvvegsamkeit zu suchen sein. Das Land wird und wurde nur von drei durchgehenden Strafsen durchzogen: ihrer zwei klammern sich im Westen und Osten an die Küsten, die letzte binnenländische folgt der vom Crathis entwässerten Einsenkung. Der langjährige Widerstand den Hannibal mit geschwächten Kräften der römischen Uebermacht leistete, wird durch die Thatsaehe erklärt dafs diese Strafsen mit Leichtigkeit ge- sperrt werden konnten.

Die tyrrhenische Küstenstrafse wird allein von der Reisekarle bezeugt, i) 8 Millien von Lavinium (S. 898) lag Cerilli oder Certllae das im hannibalischen Krieg verödete. 2) Der Name lebt fort, die üeberreste befinden sich in der Nähe des Weilers Cirella. Daran stöfst ein kleines Vorgebirge (36 m), an dem man den von Plinius den Phociern zugeschriebenen portus Parlhenius sucht. 3) Ein schmaler geradliniger Strand folgt, erst nach 40 Millien verzeichnet die Karte Clampetia, das der Entfernung gemäfs dem heutigen Amantea ent- spricht. 4) Der griechische Name lautet Aa(.i7iiteia ^), desgleichen heifst das 24 km nach Süden gelegene Cap Suvero das den Golf von Terina begrenzt, ^afiTtsTt^g. ^) Clampetia wurde 204 v. Chr. von den Römern erstürmt und sank seitdem zum Rang eines Dorfes herab. '') Südlich vom M. Cocuzzo nimmt die Erhebung ab, die Küstenkelte ändert ihre Richtung nach Südost und tritt mit dem inneren Gebirge in unmittelbare Verbindung (I 244). Dadurch wird die Rodengestaltung mannichfaltiger. Der erste Flufs der auf solchen Namen Anspruch erheben kann, ist der Sabatus Savuto^): die Quelle bei 1300 m Meereshöhe ist in der Luftlinie 45 km von der

1) Tab. Peut. Geogr. IV 32 V 2 Guido 32. 74.

2) Sil. It. VIII 579 giebt die letztere Form, während Streb. VI 255 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 für die erstere sprechen.

3) Plin. III 72.

4) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 Guido 32. 74.

5) Polybios bei Steph. Byz.

6) Lykophr. AI. 1068, es giebt kein anderes Vorgebirge das der Dichter im Sinn haben könnte.

7) Liv. XXIX 38 XXX 19 Mela II 69 Plin. III 72 locus Clampetiae. &) lt. An(. 105. 110.

§ 1. Das Nordland. 929

Mündung ins tyrrhenische Meer entfernt. Oberhalb der Mündung (6 km) am südlichen Ufer hält das hochgelegene Nocera Tirinese die Erinnerung an eine einheimische Stadt Nuceria wach, die allein aus Kupfermünzen mit der Aufschrift Nov/.Qivtov bekannt isl.^) Das Gepräge ist dem von Terina verwandt. Allem Anschein nach stammt die Gründung aus der Periode der brettischen Unabhängig- keit. Die älteren Gelehrten erklärten Nocera für das ehemalige Terina 2), die neuere ISamengebung hat zur Unterscheidung von der umbrischen und campanischen Gemeinde das Beiwort Tirinese hinzu- gefügt und damit jene Annahme amthch verbürgt. Nichts desto weniger ist sie schon aus dem Grunde hinfällig dafs die Stadt nicht von dem nach ihr benannten Busen von Terina getrennt werden kann. ,4 km westlich von Nocera 2 km südlich von der Mündung des Savuto birgt der Hochrand am Meer der durch Torre del Casale (152 m) bezeichnet wird, desgleichen der Strand zu seinen Füfsen (Pietra la Nave) Spuren einer Stadt, die nach den zahlreichen Ziegeln zu schliefsen noch unter den Kaisern bestanden hat. Dafs dies Tempsa war, lehrt die Reisekarte die den Ort 10 Millien von Clampetia ansetzt. 3) Auch finden sich die von Strabo als verlassen erwähnten Kupfergruben in der Nähe. 4) Das nützHche Metall hat in der Vorzeit eine starke Anziehung ausgeübt. Wenn nun Homer den Taphier Mentes sagen läfst

Ttkicov kul oXvoTta növrov in aXXod-göovg avx^QWTtovg ig T€f.ieor]V (.lera yiaXy.bv, ayto d aX^cova oiör^govj so verstand man darunter entweder und richtiger Tamasos auf Cypern oder T€/ii€orj in Bruttium; der letzteren Ansicht huldigt Strabo. 5) Die Einwohner pflegten die Ueberlieferungen der Heroenzeit und zeigten vor dem Thor ein von Oleaster beschattetes Heiligtum das einem Gefährten des Odyssus geweiht war. 6) Italischen Ursprungs wird die Stadt, wie ihre Silbermünzen lehren, im 6. Jahrhundert von Kroton abhängig. "') Später ist sie, vermutlich unter Mitwirkung des

1) Ganucci 168. Die Sprache verbietet die Zulheilung an die campanische Stadt (S. 772).

2) Audi Cluver 1287.

3) Tal). Peul. Geogr. Rav. IV 32 V 2 Guido 32. 74.

4) Strab. VI 255 Ovid Met. XV 7Ü7 Stat. Silv. 1 1, 42.

5) Hom. Od. I 184 m. Schol. Strab. VI 255 Steph. ßyz. Täfiaaos und Te- fiiarj.

6) Strab. a. 0. Pausan. VI 6, 7 fg. Suidas Ei&vfios.

7) Head H. N. 96.

Nissen, Ital. Landeskxmde. II. 59

930 Kapitel XVI. Bruttium.

alleren Dionys, in die Hände der Lokrer gefallen und schliefslich von den Brettiern eingenommen worden. Der hannibalische Krieg verursachte schweren Schaden, zur Hebung ward 194 v. Chr. eine römische Bürgercolonie entsandt, i) Der Zuwachs an Kraft hat auf die Dauer nicht vorgehalten ; denn nach der Niederlage des Spartacus bemächtigte sich eine Bande flüchtiger Sklaven des Gemeinwesens. 2) Immerhin war Tempsa die erste Stadt die nach Laus an der bretti- schen Küste begegnete, auf dem Weltmarkt durch seine Weine ver- treten, wird deshalb auch in der Kaiserzeit genannt; Inschriften fehlen.^) Jenseit vom Cap Suvero beginnt die Landenge von Tiriolo die beide Hälften Bruttiums von einander trennt (1 245). Auf einer Sehne von 28 km beschreibt die Küste einen flachen Bogen dessen Scheitel im Altertum hoher gewölbt war als jetzt. Der Busen wird sinus Terinaeus*) oder y^oX^tog ^iTtTtwvicctrjg sinus Vi- bonensis^) nach den bekannten Städten, auch nach dem einmünden- den Hauptflufs Lamelus Lamalo oder Amato 6) ^afirirLY.bg v.61itoQ, '), endlich von dem alten Antiochos aus Syrakus nach einer unbekannten Oertlichkeit NaTtrjrivog Kolrtog benannt, s) Die Bäche haben mit ihren Schuttmassen eine Ebene von 150 Dkm aufgebaut, an deren Erweiterung sie rüstig fortarbeiten. Unter ihnen wird der Fiume de' Bagni mit seinem breiten Kiesbett als 'QxivaQog oder Tiqiva anzusehen sein.'') Die Lage der gleichnamigen Stadt ist bestritten. Mit grofser Wahrscheinlichkeit sucht man sie bei Sa. Eufemia nach dem die Neuzeit den Golf benennt. 'O) Damit ist nicht der jetzige vom Strande 3 km entfernte Flecken (80 m) der seit dem Erdbeben von 1638 entstanden unter der Last des Fiebers hinsiecht, sondern di«' unterhalb befindliche Abtei Sa. Eufemia gemeint. Sie ward auf

1) Liv. XXXIV 45.

2) Gic. Veir. V 39. 41.

3) Strab. VI 255 Mela II 69 Plin. 111 72 XIV 69 Ptol. III 1, 9.

4) Thukyd. VI 104, 2 Plin. III 72. 95.

5) Strab. VI 255. 261 Plol. III 1, 9 Gic. Att. XVI 6, 1 Plin. III 72 Macrob. Set. VI 4, 9.

6) Hekataeos bei Sleph. Byz. nennt einen FluCs Aäur^Tos und eine anders- woher unbekannte Stadt yiafiT]TZvot. Der Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 verzeichnete Tannus kann der S Zuflufs des Lamato, Fiume Pcsipo sein.

7) Arislot. Pol. VII 9, 2.

8) Strab. VI 255 Dion. H. I 35.

9) Lykophr. AI. 729. 1009 Suid., Steph. Byz. Tsq. Lenormanl III 100. 10) Bunbury bei Smith, Lenormant III 96 fg.

§ 1. Das Nordland. 931

alten Trümmern 1063 gegründet und 1638 vom Erdbeben ver- schlungen. Demnach ist die Stadt am Nordrand und in unmittel- barer Nähe des Golfs anzusetzen. Die fruchtbare Ebene am Meer hat den Herrn oft gewechselt. Die Krotoniaten eroberten sie und gründeten TeQiva. ^) Als Zeugnifs von dessen Blüte sind die Münzen vorhanden, die an Zahl und Schönheit im achaeischen MUnzgebiet einen hohen Rang einnehmen. Wir hören ferner von Kämpfen mit den kriegerischen Thuriern -), sodann vom Vordringen der Brettier. Terina gab für die Eingeborenen das nächste Angriffsziel um die See zu gewinnen ab, war denn auch die erste Hellenenstadt die sie um 356 V. Chr. bewältigten. 3) Zeitweise ward sie ihnen durch König Alexander von Epiros und die Römer entrissen *), aber schhefs- lich von Hannibal zerstört, als seine Mittel zur Verlheidigung nicht mehr ausreichten. &) Seitdem erlosch der Name. Aus der näheren Umgebung werden eine Anzahl von Oertlichkeiten angeführt deren Bestimmung nicht möglich ist: so die Insel Ligea mit dem Grab einer Sirene 6), die Vorgebirge ylivog "') und Tvlrjaoog ^), ein Flufs ^dQTjg wenn die Lesung richtig ist. 9)

Die Via Popilia erreicht 49 Millien von Muranum Consentia Cosenza, einen Knotenpunct der Strafse nach dem Zeugnifs der Bauinschrift (S. 918), einst Hauptstadt des brettischen Bundes, gegen- wärtig der Provinz Calabria citeriore.io) Am Abschlufs der tiefen Spalte zwischen Küstenkette und Sila nimmt sie einen vorspringen- den Hügel (385 m) ein der das Thal um 130 m überragt. Zu Füfsen vereinigen sich 6 Quellbäche in zwei Armen zum gröfsten Strom Bruttiums: der östliche heifst wie der Strom selbst Crathis

1) Skyl. 12 Skymn. 306 Strab. VI 256 Plin. III 72 Steph. Byz. Lykophr. AI. 726 SÖlin 2, 10.

2) Polyaen II 10, 1.

3) Diod. XVI 15.

4) Liv. Vlll 24 XXV 1.

5) Strab. VI 256.

6) Lykophr. AI. 726 Soliu 2, 9.

7) Lykophr. AI. 994.

8) Lykophr. AI. 993 Steph. Byz.

9) Lykophr. AI. 730. Man hat nach einer terinaeischen Mänze'Ayrj ändern und auf eine hier sprudelnde Schwefelquelle beziehen, endlich die aquae Angae der Tab. Peut. damit in Verbindung bringen wollen, vgl. Lenorman a. 0. 101.

10) Strab. VI 256; It. Ant. 105. HO Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 34 Guido 43.

59*

932 Kapitel XVI. Bruttiuro.

Crali, der westliche Arm Basentns Baseoto. i) Den letzteren leiteten die Gotlien 410 ab um ihren Konig Alarich zu bestatten und das Grab vor Schändung zu bewahren. Durch die tief eingerissenen Flufsbelten wird die Sladt von Norden unangreifbar. Zur Festig- keit kam die centrale Lage um einen Mittelpunct des Verkehrs zu schaffen. Allerdings ist das grofse Waldgebirge nach Osten auf den Golf von Tarent geöffnet und kehrt dem Thal einen Hochrand mit Gipfeln von 17 1800 m zu der die Verbindung sehr erschwert. Aber nach dem lyrrhenischen Meer und nach Süden auf die Land- enge sind die Wege bequemer und haben nur Höhenzüge von 8 900 m zu überwinden. Die Via Popilia braucht 18 Mühen bis ad Sabatum, etwa Carpanzano (610 m) am linken Flufsufer, ebenso viel von hier nach ad Turris in der Ebene von Terina^): im Ein- zelnen ist der Strafsenzug nicht festgelegt. In alterer Zeit wurde er von griechischen Heeren begangen 3), das Thal des Crathis scheint von Sybaris-Thurii, das südliche Gebirge von Terina abhängig ge- wesen zu sein. Im Kriege mit Alexander von Epiros wird Consentia den Lucanern zugeschrieben, gerät vorübergehend in die Gewall des Königs und alsbald an die ßrettier. 4) Diese haben etwa seit 325 v.Chr. die neue Erwerbung zum Bundessitz erhoben: hier werden die Volksmünzen mit der Aufschrift Bqsttiojv geschlagen sein (S. 76). Vordem hatte es seit 400 selbständig unter eigenem Namen in Kupfer gemünzt. 5) Immerhin hat die natürliche Trennung vom Osten, der Gegensatz zwischen der Stadt und den Landgemeinden im Innern sich politisch bemerkbar gemacht. Consentia mufste 216 mit den Waffen zum Anschlufs an Haniiibal gezwungen werden, trat 213 und endgültig 204 wieder auf die römische Seite, ß) Es heifst eine grofse Stadt: Spartacus zog an ihr vorüber, Sextus Pompeius belagerte sie 40 V. Chr. vergebens. '^) Nach dem Zeugnifs des Lucilius sprachen

1) So die Handschriften Jordanes Get. 158 Bist. Miscelia XIII 28. Wenn man ihn in Deutschland nach Plalens Vorgang Busenlo tauft (Mommsen setzt die Form in den Text des Jordanes), so beruht dies auf einer Verwechslung mit dem Bussento bei Policastro (S. 897): beide Flüsse werden noch bei Brock- haus zusammen geworfen, 2) It. Ant. 105. 110.

3) Polyaen II 10, 1.

4) Liv. VIII 24 indem nach der Erzählung unter den Lucanern die Anwohner des Crathis zu verstehen sind.

5) Head H. N, 79.

6) Liv. XXlll 30 XXV 1 XXVIII 11 XXIX 38 XXX 19 Appian Hann. 56.

7) Gros. V 24, 2 Appian Hann. 56 b. civ. V 56, 58.

§ 1. Das Nordland. 933

die Bewohner griechisch wie Tarentiner und Sikeler. i) Ueber das ihnen von Rom verliehene Recht wird nichts überhefert: vermutlich haben sie die Selbstverwallung behalten und im italischen Krieg Bürgerrecht erlangt.'^) Die Umgegend zeichnete sich durch Wein- und Obstbau aus. 3) Den litterarischen Nachrichten gegenüber ist es eine befremdende Thatsache dafs Ruinen wie Inschriften gleich- mäfsig fehlen. 4) Neben dem politischen und socialen Verhängnifs das über der Landschaft lastet, trägt daran das Erdbeben das gerade Cosenza am häufigsten heimsucht (I 284), die Hauptschuld.

Im Binnenland weist die Censusliste aufser den Consentinern nur noch der Gemeinde der Apiustani Selbstverwaltung zu: die Lage ist unbekannt. 5) Letzteres gilt auch von den meisten Ort- schaften die in der Kriegsgeschichte vorkommen. Nach den Hand- schriften des Livius hat Alexander von Epiros den Brettiern Sipontum abgenommen 6): man versteht darunter gewöhnlich das apulische (S. 848), aber die Ueberlieferung kann richtig und eine verschollene brettische Stadt gemeint sein. Der Konig fiel am Acheron wenig oberhalb von Consentia.') Der Name hat sich im Caronle erhalten, einem der drei Quellbäche des Basento, von Südwesten in diesen einmündend. Bei Mendicino wo die verschiedenen Wasserläufe zum Caronte sieh vereinigen, etwa lU km von Cosenza erkennt man die drei Hügel die ein Wahrzeichen von Pandosia bildeten. *) Dieser

1) Cic. Fin. I 7.

2) Plin. III 72 Mela II 68 Ptol. 111 1, 65 Feldm. 209.

3) Vairo RR. 1 7, 6 Plin. XIV 69 XVI 115.

4) CIL. X 1 p. 17.

5) Plin. 111 98 Ptol. lil 1, 66 nennt 'äßovarov neben Petelia in Grofs- griechenland.

6) Liv. Vlll 24.

7) Strab. VI 256 Liv. VIII 24 Justin XII 2, 14.

8) Die Lage ist in Folge der Widersprüche unserer Quellen sehr bestritten, aber schon bei Holste zu Gluver 1318, 49 richtig gedeutet worden. Skylax 12 zählt in Lucanien auf Aäos IlavSoaia IlXaxseis Isgiva; ändert man mit den Herausgebern den sinnlosen dritten Namen in AufindTBia, so ist alles in Ord- nung. Nun ist aber Pandosia durch ein 1200 m hohes Gebirge und einen Abstand von 15 km vom Meer getrennt, kann daher füglich zum Rinnenland gezählt werden. Wenn es also Plin. III 73 heifst oppidum Consentia intu$. [in penimula] fluvius Acheron a quo oppidani Acherontini. Hippo eq$., so sind die eingeklammerten Worte an falsche Stelle geraten, aufserdem irrtümlich das lucanische Municipium Aceruntia (S. 908) herbezogen. Skymnos 326 nennt Pandosia zwischen Kroton und Thurii, was nicht unbedingt falsch ist, aber den Anlafs gegeben hat es östlich von der Sila in Cerenzia am oberen Senapido

934 Kapitel XVI. Bruttium.

alte Herrschersitz der Oeuotrer war von den Hellenen erobert, aber später an die Eingeborenen wieder verloren worden. Er mufste sich 203 V. Chr. den Römern ergeben und verschwindet seitdem aus der Ueberlieferung.i) Ein monumentales Zeugnifs aus der griechischen Periode gewähren seine Silbermünzen und beweisen zugleich dafs Pandosia wie ihre Nachbarinnen Temese und Terina (S. 929. 31) mit Kroton enge Beziehungen unterhielt. Die Münzen werden 450 400 gesetzt.^) Verschollen sind 6 Ortschaften die mit vielen geringeren Gemeinden 203 v. Chr. von llannibal ab- fielen.3) Zwar weifs die Localforschung die Namen unterzubringen, auch wohl ihren Ansätzen amtliche Geltung zu verschaffen. *) Jedoch lohnt es sich nicht auf diesem schwankenden Boden zu verweilen. In der Luftlinie 20 km Ost von Cosenza steigt der höchste Gipfel der Sila , Botte Donato 1930 m auf. Das mächtige Waldgebirge, die Wiege der brettischen Nation stellt sich scheinbar als eine einzige Festung dar (l 245). Den stärksten Schutz besitzt sie im Westen wo nur der Murcone vom mittleren Crathis und der Sabatus von der tyrrhenischen Küste aus den Zutritt erleichtern. Dagegen nimmt die Erhebung nach dem ionischen Meer hin ab, zahlreiche Wasserläufe lockern das Innere auf. Vom Westrand gehen in süd- östlicher und östlicher Richtung eine Reihe von Zügen aus die die ganze Masse in verschiedene Abschnitte gliedern. Wir können ihrer 4 annehmen und nach den bedeutendsten Flüssen benennen. Der Nordrand der sich zur Ebene von Sybaris abdacht, dann die südöstlich streichende Küste einfafst bis zur Punta dell' Alice, wo sie nach Süden umbiegt, weist Höhen von 11 1200 m auf. Der M. Paleparto erreicht 1481 m und wird im Süden vom Tgäeig Trionto umflossen. Dies ist der ansehnlichste unter den Wasser- läufen dieses Abschnitts und theilt ihn in zwei Hälften. An seinen

einem Zuflufs des Neto (S. 936) zu suchen. Genannt wird die Stadt auTser den A. 7 angefülirten Stellen Plut. de fortuna Rom. 13 Steph. Byz. , ohne Nennung den Lucanern zugeschrieben Pausan. I 11, 3. 7. Ob Mardonia das Theopomp nach Plin. Hl 98 als Alexanders Todesort in Lucanien angiebt, ver- lesen sei, ist nicht zu entscheiden: da solcher Name nirgends vorkommt, scheint es in der That so.

1) Liv. XXIX 38.

2) Head H. N. 90. Auf einem Stater wird der Krathis genannt, also das Quellgebiet in dem die Stadt lag, mit Recht auf den Hauptstrom bezogen.

3) Liv. XXX 19 und nach anderer Quelle XXIX 38.

4) CIL.X5*.

§ 1. Das Nordland. 935

Ufern erlitten die Sybariten die entscheidende Niederlage der die Zerstörung ihrer Stadt auf dem Fufs nachfolgte i); hier gründeten sie ein neues Sybaris das um 450 den Brettiern erlag. 2) Jenseit des Trionto treten Höhen von 1 200 m so hart an den Strand dafs kaum für die Strafse Raum bleibt. Dies ist das engste Stück jenes Küstenpasses der bei Prokop Labulla heifst (S. 926) und die Herrschaften von Sybaris und Kroton gegen einander abgrenzt. Der 413 als Grenzflufs der Thuriatis bezeichnete 'YXiag kann füglich nur der Torrente Fiumenica am Ausgang des Passes sein. 3) An ihm lag Paternum 27 Millien von Rossano (S. 923), alter ßischof- sitz der im 9. Jahrhundert nach Cirö verpflanzt ward.4) Vom Hylias ab beginnt die Krotoniatis. Unter K^i/uiaoa axoa ist die Punta deir AHce zu verstehen.^) Die gleichnamige Stadt, angebhch eine Gründung Philoktets hat 8 km weiter südlich am linken Ufer des Lipuda gelegen. 6) Ein Flufs /C()/7a(7a ist bezeugt''): dies ist mit- hin der Lipuda und nach ihm das früh untergegangene Städtchen benannt. In der i\ähe wurde von hellenischen Gelehrten Xojvt] die Hauptstadt der ehemaligen Choner gesucht.^) Der zweite Abschnitt der Sila wird durch den 80 km langen Neaethus >'eto aufgeschlossen, den grölsten Fliifs der Krotoniatis und deshalb auch von Plinius aufgeführt. 9) Wie die Akropolis von der Neustadt um- fafst wird, baut sich im Inneren der Gebirgsfestuog ein gewaltiges Massiv auf das sich über 60 km von Nord nach Süd und 40 km von West nach Ost erstreckt. Durch ihre Höhenlage ist die Land- schaft auf Wald- und Weidenutzung angewiesen (I 246). In engen Schluchten müssen sich die Gewässer Bahn brechen und diese

1) Jamblich v. Pyth. 260.

2) Diod. XII 22 Strab. VI 264. Eine längere Dauer der Stadt läfst sich aus der 5. Idylle Theokrits nicht folgern.

3) Thuk. VII 35.

4) It. Ant. 114 vgl. Holste zu Gluver 1315, 10.

5) Strab. VI 254.

6) Lykophr. AI. 913 Strab. VI 254 Steph. Byz. Koiuiaa.

7) Steph. Byz.

8) Strab. VI 254 Steph. Byz. Tzetzes zu Lykophr. 912.

9) Plin. I!I 97. Vermutlich ist auch It. Ant. 114 Meto in Neto zu ändern, dann aber auch die Entfernung von Paternum auf 22 statt 32 Millien zu kürzen. Theokrit 4, 24 N^ai&os, Strab. VI 262 Suid. Niaid^os; Lykophr. AI. 921 m. Schol. Euphorion bei Steph. Byz. 'Aay.avia schreiben Navai&os, da die Fabel von der Verbrennung der Schiffe durch die gefangenen Troianerinnen hier wie anderswo gespielt haben soll.

936 Kapitel XVI. Bruttium.

Klausen sind mit Leichtigkeit zu sperren. Sie fliefsen nach allen Weltgegenden, aber die bedeutendsten sammeln sich zum Neto. Es sind vier durch 17 1900 m hohe Bergstöcke getrennte Ströme. Der nördlichste führt den Namen Neto, entspringt an Macchia Sacra (1884 m) und Botte Donato (1930 m), beschreibt dann einen Bogen zwischen M. Pettinascura (1707 m) und M. Volpintesta (1750 m) hindurch. Der letztere Zug auf der einen, der M. Carlomagno (1670 m) auf der anderen, der südlichen Seite begrenzen den Garga. Länger als dieser ist der Arvo: seine Quellen liegen am Colle della Vacca (1755 m) denen des Crathis gegenüber; nach Süden wird er durch eine Kette umschlossen die im Montenero (1881 m) gipfelt. Die drei genannten Ströme vereinigen sich am Fufse des Hauptortes der Sila, S. Giovanni in Fiore (1132 m) bei 807 m Meereshöhe. Nunmehr windet sich der Neto in südöstlicher Richtung 15 km lang durch eine Enge und fällt dabei 640 m. Im letzten Drittel wird er durch den vom M. Cardoneto (1675 m) kommenden AmpoUino, das vierte Glied dieser Gruppe verstärkt. Aufserhalb der Enge ändert der Neto seine Richtung nach Osten und vollzieht seinen 30 km messenden Unterlauf durch ein Hügel- land von mäfsiger Erhebung: Theokrit preist die Futterkräuter an dem niedrigen Ufer.i) Er ist fischreich und trocknet im Sommer nicht aus. Von Norden her fliefsen der Lese oder Senapido, end- lich der Vitravo ein. Etwa 8 km von der antiken Mündung des Neto in nordwestlicher Richtung, geradeaus vom Strand gegen 5 km entfernt thront Strongoli (341 m): nach der Gestalt des Stadthügels haben die Byzantiner die Festung umgetauft 2): ehedem hiefs sie Petelia IIsTrjkla.^) Die Hellenen schrieben IMiiloktet die Gründung zu^): in der That lehren Inschriften und Münzen gleicher Mafsen dafs die griechische Sprache hier bis zum Empfang des Bürgerrechts 89 v. Chr. geherrscht habe.^) Es war wie Vergil sagt, eine kleine Stadt, aber schwer angreifbar, weil sie nach Süden 300 m und auch an den übrigen Seiten steil abfällt. Sie überwachte den Austritt

1) Theokrit 4, 24.

2) Vgl. Prokop de aedif. IV 8.

3) Die Schreibung Petüia beruht auf Misbrauch , CIL. X 1 p. 15 Eph. ep. VIII p. 73.

4) Strab. VI 254, Verg. Aen. III 402 dazu Serv., Solin 2, 10.

5) Kaibel p. 156, aus römischer Zeit Kupfermünzen mit neiTjlivcJv Head H. N. 91.

§ 1. Das Nordland. 937

des Neto ins Meer und konnte die Lebensader eines ausgedehnten Hinterlandes unterbinden. Früh ist sie dem Machtgebiet Krotons einverleibt worden, entbehrt deshalb auch in älterer Zeit des Münz- rechts. Dann gerät sie unter ßeihülfe des älteren Dionys in die Hände der Eingeborenen und dient als Stützpunct zur Bekämpfung von Thurii.i) 216 v. Chr. gehört sie zum breltiscben Bunde, bleibt aber gleich den anderen Städten der Halbinsel den Bomern treu.2) Wenn sie im Unterschied von ihren Schwesteru eine elfmonatliche Belagerung aushält und schliefslich ausgehungert wird, so ist dies nicht nur ein Beweis für ihre Festigkeit, sondern auch für ihre Verfeindung mit den wilden Gesellen der Berge. 3) Sie erhält neue Ansiedler und gewährt im Forlgang des Krieges bis zu ihrer Bäumung den Karthagern Schutz.*) Als Born wieder Herrin im Lande war, wurden die ehemaligen Bewohner die sich gerettet hatten, aufgesucht, in ihr Eigentum eingesetzt und neben anderen Vorrechten durch das Münzrecht belohnt.^) Ihr Gebiet wird später noch als Schau- platz des Sklaven kriegs erwähnt. 6; Im Uebrigen erfreute sich Pelelia mit anderen brettischen Städten verglichen, einer bemerkenswerten Blüte.'') In der Friedenszeit wanderte die Bevölkerung zu Thal, es entstand eine neue Ansiedlung am Fufs des Stadthügels nach der Küstenstrafse hin. Seit dem italischen Krieg war Petelia Muni- cipium in der Tribus Cornelia und bediente sich der lateinischen Sprache. Der dritte Abschnitt in der Entwicklung der Sila wird durch den 60 km langen Thagines Tacina entwässert.^) Er ent- springt am Tempone Morello (1657 m) und wird im Norden durch einen 16 1700 m hohen Bergstock vom Ampollino geschieden. Im Süden steigt Petto di Mandra 1682 m auf und bildet die Grenz- wand gegen den Solio, seinen wichtigsten Zuflufs. Während der

1) Die Zeilbestimmung vor der Schöpfung des bretlischen Staats folgt aus Strab. VI 254, wo sie eine Metropole der Lucaner und Festung der Samniten heifst.

2) Liv. XXlll 20.

3) Pol. VII 1 Liv. XXIll 30 Fronlin IV 5, 18 Vai. Max. VI 6 ext. 2 Petron 141 Sil. It. XII 431 Appian Hann. 29.

4) Liv. XXVIl 26 Appian Hann. 59. 60 Piut. Marc. 29.

5) Appian Hann. 29.

6) Piut. Grass. 11,4.

7) Strab. VI 254 Mela II 68 Plin. III 96 Plol. III 1, 66 Tab. Peul. Geogr. Rav. IV 31 Pelia Guido 30. 72 Pellia Steph. Byz.

8) Erstere Form Plin. III 96, letztere It. Änt. 114.

938 Kapitel XVI. BruUium.

Tacina im Hochland nach Osten strömt, biegt er für die zweite Hälfte seines Laufes nach Süden um. Das Heisebuch beziffert auf der Kilstenstrafe den Abstand zwischen Neto und Tacina auf 24 Millien. Beim Austritt aus dem Gebirge sind beide Flüsse einander bis 4 km genähert. Alsdann treibt ein Höhenzug (M. Fuscaldo 565 m) sie aus einander und nach verschiedenen Himmelsgegenden dem Meere zu. Dem Durchschnitt der Ost- und Süd-Richtung entsprechend setzt sich das Land in einem breiten Auswuchs fort, dessen Nordspitze promunturhim Lacinium Capo delle Colonne die Grenze des Taren- tiner Golfs darstellt (S. 865) und von der Südspitze Capo Rizzuto 18 km entfernt ist. Der ganze umschriebene Raum weist kaum Erhebungen über 200 m auf und macht im Gegensatz zum Hoch- land den Eindruck einer Ebene. Die Bedingungen für die Schöpfung eines grofsen Stadtwesens waren ähnlich wie am unteren Crathis vorhanden, doch fehlt es nicht an Besonderheiten.

Während Sybaris eine Landstadt war (S. 920) , ist KqÖtcov Croton Cotrone von der See ausgegangen und bis auf den heutigen Tag eine Seestadt geblieben, i) Den grofsen Wolstand der Kroto- niaten leitet Polybios einzig und allein daraus her dafs sie an der hafenlosen Küste von Rhegion bis Tarent den einzigen Ankerplatz besäfsen , obwohl dieser nur für den Sommer geeignet, an Aus- dehnung nnd Güte mit dem tarentinischen entfernt nicht vergleich- bar wäre. 2) Aus der sanft geschwungenen Küste springt 15 km von der Mündung des Neaethus, 9 km vom lacinischen Vorgebirge ein 43 m hoher Hügel vor. Etwa 1,5 km westlich davon mündet ein kleiner Bach Ataaqog Aesar Esaro.3) Ob dessen Mündung einst Schiffe aufnehmen konnte, steht dahin; jedenfalls war die Rhede durch das Vorgebirge gegen Süd- durch das Land gegen Westwinde geschützt. In der Folge hat man den Schutz durch Molen künstlich verstärkt. Das Vorgebirge wird von der mittel- alterlichen und heutigen Stadt eingenommen, hat auch vermöge

1) Die Form Crotona kommt am Ausgang des Altertums vor It. mar. 489. 90 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 Guido 30. 72; Colroiia schon Greg. M. Reg. II 39. 40.

2) Pol. X 1 Liv. XXIV 2.

3) Oft auf Münzen dargestellt; Lykophr. AI. 011 Theokrit 4, 17 Dion. Per. 370 Strab. VI 262 Diod. VIlI 17 Üvid Met. XV 23; Stepli. Byz. KqUoiv läfst ihn von einem Berg dieses Namens entspringen, v/ixs wol auf einer Ver- wechslung beruht.

§ 1. Das Nordland. 939

seiner Festigkeit und seiner günstigen Lage für die Seefahrer in frühen Zeiten zur Besiedlung aufgefordert. Nach der glauhhaften Angabe des Ephoros haben die Japyger den Ort vor den Hellenen inne gehabt (I 544). Auf Münzen die um 400 v. Chr. geschlagen sind, wird Herakles als Gründer bezeichnet. i) Auf seiner \yanderung findet er bei Kroton Aufnahme, todtet unfreiwillig den Gastfreund und errichtet ihm ein prächtiges Grabmal: derart lührt die Fabel den Stadtnamen auf einen einheimischen Fürsten zurück. 2) Die älteste Sage befafst sich mit solchen Deutungen nicht, sondern er- zählt dafs Achaeer unter Myskellos das Gemeinwesen schufen. 3) Das geschah am Ausgang des 8. Jahrhunderts, als auch Syrakus Sybaris Tarent ins Leben traten: im Einzelnen lassen sich die Daten nicht genau feststellen. Die Altstadt auf dem Vorgebirge ist später zur ragenden Burg geworden. 4) Die Häuser sind bis und über den Aesar vorgerückt, so dafs der Bach mitten durch bewohnte Quartiere flofs und die Ringmauer auf den jenseitigen Hügeln eine Länge von 12 Millien erreichte. 3) Dies Mafs wird für 280 v. Chr. bezeugt: es beträgt reichlich die Hälfte der Ausdehnung von Syrakus der gröfsten hellenischen Stadt, annähernd das Gleiche wie der Umfang des aurelianischen und das Doppelte vom Umfang des servianischen Rom. Aber über das Wachstum von Kroton und die Geschichte seiner Erweiterungen bleibt die Ueberlieferung stumm wie ein Fisch. Der Mangel wird keineswegs durch die Ergebnisse örtlicher Forschung ausgeglichen. In keiner Giofsstadt Alt Italiens ist mit den Denk- mälern gründlicher aufgeräumt worden. Nach dem langsamen Ab- bruch im Mittelalter lieferten die immer noch ansehnlichen Reste 1541 das Material zur Errichtung von Festungswerken gegen die Barbaresken. Der Grüfse der Stadt hat das von ihr abhängige Gebiet entsprochen und mag in der Zeit höchster Machtfülle 4 oder 5000 Ckm 80 deutsche Ouadratmeilen umspannt haben. Hinsichtlich der Topographie sind wir in beiden Fällen gleich übel dran, können von der Landschaft ebenso wenie: ein farbenfrohes Bild vorführen

1) Read H. N. 80 fg.

2) Htrakl. Pont. fr. 36 (II 223 Müller) Diod. IV 24, 7 Ovid Met. XV 15 Jamblich v. Pylli. 50 Et. M.

3) Hippys fr. 4 (II 14 Möller) Antiochos Strab. VI 262 Diod. VIII 17 Skymn- 325 Dion. H. II 59.

4) Sil. It. XI 18 aUa Croton, Liv. XXIV 3, 8.

5) Liv. XXIV 3, 1.

940 Kapitel XVI. Brnttium.

wie von der Stadt; denn die namhaft gemachten Oerthchkeiten lassen sich in der Regel nicht hestimmen. Immerhin sind die Hauptzüge der Entwicklung von der ^alur vorgezeichnet. Zunächst werden die Achaeer die fruchlhare Ebene zwischen Neto und Ta- cina, recht eigentlich das Weichbild Krotons unterworfen haben. Von dieser starken Basis ihrer Macht drangen sie nach allen Seiten erobernd vor. Jenseit des Neto lockte gleifsendes Metall: am Ober- lauf seines letzten Zuflufses, des Vitravo ist im Altertum bei Ver- zino (550 m) auf Silber gebaut worden; es steht nichts im Wege die dem Philoktet als Gründer zugeschriebene Ortschaft Vertinae hier zu suchen, i) Dafs Kroton über bedeutende Erzlager verfügte, ersieht man aus der Reichhaltigkeit seiner Prägung die in älterer Zeit es Sybaris zuvor thut (S. 919) und im 5. Jahrhundert der taren- tinischen gleich kommt (S. 870). Es hat auch Petelia (S. 936) Krimissa (S. 935) Macalla'^) und andere angebHch von Philoktet herrührende Ortschaften in Abhängigkeit gebracht, aber an dem Küstenpafs, der von Natur bestimmten Grenze Halt gemacht. Wol ist der Siegeszug seiner Waffen durch den Bergwall nicht ver- hindert worden; jedoch bildet der Ilylias auch nach der Zerstörung von Sybaris die Nordgrenze der Krotoniatis (S. 935). Die Schranken die sich der Ausdehnung im Südwesten entgegen stellten, waren leichter zu überwinden. Die Achaeer erobern die Küsten des Golfs von Squillace, setzen sich durch die Gründung von Terina am tyrrheiiischen Meer fest (S. 931), bringen den Isthmus in ihre Ge- walt. Kaulonia unterwirft sich ihrer Führung, weitere Versuche solche über den ganzen Süden zu erstrecken werden durch Lokrcr und Rheginer vereitelt. Die aufgezählten Erfolge gehören den ersten Jahrhunderten nach der Gründung an. Von dieser Ilelden- zeit meldet keine Chronik: wie die drei wichtigsten Ereignisse von denen wir Kunde haben, der Sturz von Sybaris, die Niederlage an der Sagra, die Austreibung der Pythagoreer, zeitlich auf einander gefolgt sind, selbst darüber bewegen sich die erhaltenen Berichte in unlösbaren Widersprüchen. Kriegerische und körperliche Tüchtig- keit, heifst es 3), wurde ausgebildet; keine andere Stadt hat so viel Kränze in Olympia errungen. Aber wenn die Alten das Geheim- nifs solchen Ruhmes in der besonderen Gesundheit des Landes

1) Strab. VI 254.

2) (Arist.) mir. ausc. 107.

3) Strab. VI 262 Cic. de inv. II 2.

§ 1. Das Nordland. 941

erkcnneu wollen, so haben sie lediglich den Gegensatz zu Sybaris vor Augen und verleihen ihm eine ungebührliche Tragweite. i) Sicherlich ist die Luft auf den Hügeln besser als in der Niederung des Crathis (I 414) ; die Erklärung jedoch warum die Krotoniatis ein so starkes Geschlecht zeugte, gewährt der Bau der Halbinsel. Die Hauptmasse der Sila wird durch Neto und Tacina erschlossen, im Kampf mit den Schrecken des Hochgebirgs und dem Freiheitsdrang seiner Bewohner übte die Jugend Rrotons alle Künste der Palaestra. Ihr Vorbild istMilon den 6 olympische und 7 pythische Kränze schmückten, der Simson unter den Hellenen. Eine sinnige Sage läfst ihn im Walde verkommen, als er zur Erprobung seiner schwindenden Kraft einen halb gespaltenen Baum aus einander reifsen will, mit Händen und Füfsen in den Spalt greift dafs die Keile herausfallen; aber die beiden Hälften des Stammes schnellen jäh zurück, fesseln den alten Helden und bieten ihn den Wulfen zum Frafs dar. Ob das Schicksal der Vaterstadt dem Erzähler vor der Seele schwebte oder nicht, gleichwol hat er ihm bildUchen Ausdruck verliehen: volle Manueskraft allein konnte das Erbe der Väter behaupten. Wo die geschichtliche Ueberlieferung einsetzt, im 5. Jahrhundert beginnt sie zu erlahmen. Neben dem Grofsgrundbesitz der das Regiment führte und im pythagoreischen Bunde festen Halt suchte, war der Demos empor gekommen.-) Von gewerblicher Thätigkeit boren wir nichts; denn die angesehene medicinische Schule bestätigt nur die ohnehin bekannte Blüte der W'issenschaft.^) Immerhin kann eine Stadt vom Umfang Krotons nicht ausschliefslich von Schiffern und Händlern bevölkert worden sein. Die Feindschaft zwischen Adel und Ge- meinde loderte zeilweise in hellen Flammen (I 64) und glomm fort bis zum Verlust der Unabhängigkeit. 4) Den Verwicklungen die die hellenische Nation in und nach den Perserkriegen erschütterten, schaute Kroton unthälig zu. Zwar hat es von den Westhellenen allein 480 für die gemeinsame Freiheit hei Salamis gefochten, aber die Hülfleistung beschränkte sich auf ein einziges Schiff. &) Mit Thurii schlofs es Freundschaft, beobachtete im peloponnesischen

1) Strab. VI 262 Plin. II 211 u. a.

2) Val. Max. VIII i5 ext. 1 Justin XX 4 Diog. Laert. Vlil 1,3 Jamblich v. Pyth. 248 fg. Porph. v. Pyth. 54 fg.

3) Herod. III 131 Aristot. iMet. I 5, 6 u. o.

4) Liv. XXIV 3.

5) Herod. VIII 47.

942 Kapitel XVI. Brutlium.

Kriege Neutralität.!) Aus seiner beschaulichen Ruhe wurde es endlich durch die Herrscher von Syrakus unliebsam aufgestört. In dem Freiheitskrieg 389 übernimmt Kroton als volkreichste Stadt die Führung der Italioten.^) Aber das Glück der Waffen hat sie auf immer verlassen. Dionys überrumpelt die Burg und behält die Stadt 13 Jahre lang in seiner Gewalt.3) 317 lagern die Brettier vor ihren Mauern, ein syrakusischer Feldherr entsetzt sie und wirft sich zum Tyrannen auf.4) Als sodann die Romer eingreifen, steht der Adel auf ihrer, das Volk auf Seiten der Gegner. Im Krieg mit Pyrrhos, wo Kroton wie ein Spielball aus einer Hand in die andere übergeht, sinkt die Einwohnerschaft von ihrer ehemaligen Hohe tief herab 5): 216 wird die Zahl der Bürger nur auf 2000 beziffert, die Quartiere jenseit des Aesar sind geräumt, ein breiter unbewohnter Gürtel scheidet die Burg von der Sladt.ß) Unter Hannibals Ver- mittlung zogen 215 die Breitier in die verödeten Mauern ein, die frühere Herrin wurde zur Gefährtin der Sila. Die Kinder des Landes haben die Wolthat vergolten, ihr Herzblut in eigener und fremder Sache vergossen. Die römische Uebermacht hat 206 203 einzelne Vorwerke genommen, aber die Räumung der Bergfestung lediglich durch den Einfall in Africa erzwungen.'^) Aus diesem letzten Ruhmesblatt der krotoniatischen Chronik leuchten dem Leser die erhabenen Züge der Landschaft entgegen. Nunmehr zieht das Fieber auf den Fluren ein deren Reize Theokrit besungen hatte, und jene Verwahrlosung welche die ganze heutige Küste entstellt (I 336). Der Menschenarmut aufzuhelfen bezweckte die 194 ent- sandte Bürgercolonie nicht, diente vielmehr augenscheinlich als Stutze für die Verwaltung der ausgedehnten Domänen. 8) Der Hafen verhütete die völlige Erstarrung des Lebens.'^) Aber in der Kaiser- zeit war und blieb Kroton eine gefallene Gröfse.i^) De^ ererbten

1) Diod. XII 11 XIII 3 Thukyd. VII 35.

2) Diod. XIV 100. 103.

3) Liv. XXIV 3 Dion. H. XX 7.

4) Diod. XIX 3. 10 XXi 4.

5) Zonal. VIII 6 (p. 123. 127 Pinder) Fronlin III 6, 4,

6) Liv. XXIII 30 XXIV 3.

7) Liv. XXIX 36 XXX 19 Appian Hann. 57.

8) Liv. XXXIV 45.

9) Cic. ad All. IX 19, 3 It. mar. 489. 90.

10) Dio Or. XXXIII 401 M; Petioii 116 wo die grelle Sittenschilderung auf Rom gemünzt ist.

§ 1. Das Nordland. 943

Titel Colonie deu es beansprucht, fehlte der Inhalt und deshalb auch die Anerkennung des Augustus.^) Schliefslich hat es 552 eine hartnäckige Belagerung durch die Gothen ausgehalten und ist unter byzantinischer Herrschaft wieder griechisch geworden, bis mit den Normannen eine neue Epoche anhebt.^)

In einem siidüsthchen Abstand von 6 Millien 3) folgt t6 yla/.iviov ^axivia anga promunturium Lacinium.^) Es endigt in Gestalt eines Fufses (24 m) dessen nach Norden gewandte Spitze den be- rühmten Tempel trägt. Da der Tempel ein wichtiges weithin sicht- bares Seezeichen abgiebt, heifst das Vorgebirge im alten Cursbuch Naus d. h. vaög, in der Neuzeit Capo Nau oder Capo delle Colonne. Jetzt ist es nur noch eine 8,29 m hohe Säule, im 17. Jahrhundert waren's zwei, um 1520 wurde die leidlich erhaltene Ruine für den Bau des bischöflichen Palasts in Cotrone abgebrochen. Der Tempel war langgestreckt (angeblich 48 Säulen mit 6 in der Front) und wird nach seinen altertümlichen Verhältnissen um 600 v. Chr. er- richtet sein. Sein Ursprung reichte höher hinauf^): Heia hat eine einheimische Göttin verdrängt, ähnlich wie sie selbst nach tausend- jähriger Herrschaft der Madonna del Capo weichen mufste. Ein Tannenwald mit fetten Weiden lieferte dem Heiligtum reichen Ertrag, zur Messe strömten die Italioten von weit und breit herbei, weihten der Göttin die schönsten Kunstwerke und die kostbarsten Ge- schenke. 6j Der angehäufte Schatz wurde geplündert und wieder erneuert. ') Hannibal liefs ihn unberührt und stiftele einen Bericht über seine Thaten auf Erz. §) Aber der Censor Q. Fulvius Flacus ent- blödete sich nicht 174 den Tempel seiner Marmorziegel zu berauben um

1) CIL. XI p. 14, griechische Inschriften fehlen; Plin. Hl 97 Mela II 68 Ptol. 111 1, 10.

2) Prokop b. Goth. 1 15 111 28 IV 25. 26.

3) Die überlieferten Zahlen: 16 Liv. XXIV 3, 150 Stadien Strab. VI 262 sind aus 6 und 50 veischiieben; 100 Stadien = 10 Millien It. mar. 490 von Hafen zu Hafen etwas hoch gerechnet.

4) Strab. VI 262. 281 Et. M. Appian Sanin. 7 b. civ. V 133 iMela U 68 Plin. 111 43. 96. 97. 99 Ptol. 111 1, 10 Steph. Byz. Suid. Lykophr. AI. 856 m. Schol.

5) Serv. V. Aen. lU 552 Dien. H. I 51 Diod. IV 24, 7; der Ursprung des Namens mag auf die Japyger zurückgehen (I 544).

6) Skylax 13 (Arist.) mir, ausc. 96 Athen. XU 541a Cic. de iuv. II 1 Liv. XXIV 3.

7) (Arist.) mir. ausc. 96 Plut. Pomp. 24, 5 Appian b. civ. V 133.

8) Cic. de divin. I 48 Pol. 111 33, 18 56, 4 Liv. XXVIH 46.

944 Kapitel XVI. Bruttium.

damit in Rom einen der Fortuna gelobten Bau einzudecken. Der Senat schickte zwar die Ziegel zurück, aber der Unternehmer fand nach seiner Aussage keinen fähigen Künstler um sie an ihre frühere Stelle zu bringen : sie blieben also in der Nähe liegen und sind vor einem Menschenalter entdeckt und zerstreut worden, i) Das letzte Zeugnifs von der Verehrung der lacinischen Juno ist die Inschrift eines kaiserlichen Freigelassenen und Beamten unter Traian.-) Strabo erwähnt weiter tluv ^laTcvyoiv ay-gat rgstg: die drei Spitzen heifsen gegenwärtig Capo Cimiti im Osten Capo Rizzuto und Le Castella im Süden. 3) Die hervorragendste ist Capo Rizzuto unter 38^ 54' als Grenze des scylletischen Busens, von den Alten zfiooxovQiäg benannt. *) In der alten Küstenbeschreibung die den Namen des Skylax führt, steht neben dem lacinischen Tempel die Insel der Kalypso auf der Odysseus verweilte. Da Prokop auf das entschiedenste leugnet dafs bewohnbare Inseln zwischen Korkyra und Rhegion vorkämen, könnte man die Angabe auf sich beruhen lassen, wenn sie nicht durch Plinius in einer Weise bekräftigt würde die GehOr verdient. ^) Nach ihm liegt 10 Millien von der lacinischen Küste insula Dioscoron, sodann Calypsus das homerische Ogygia, ferner Tyris Eranusa und Meloessa. Somit erhalten wir ein verkleinertes Seitenstück zur Gruppe des Diomedes die auch 5 Inseln umfafst (I 371). Ptolemaeos kennt sie nicht, ein Seebeben mag diese Klippen zerstört haben, vielleicht in den Anfängen unserer Zeilrechnung.

Der vierte und letzte Abschnitt in der Gliederung der Sila be- fafst den Südrand und dessen Abdachungen zum scylletischen Busen. Das Randgebirge weist Gipfel von 15 1600 m auf, M. Femmina- morta im Südosten mifst sogar 1740 m. Da die gerade Entfernung von der Küste aus 30 40 km kaum überschreitet, ist die Bildung von Flufssystemen ausgeschlossen. Unter einem Dutzend in südöst- licher Richtung parallel herab kommender Giefsbäche werden vier als schiffbar hervorgehoben"): was auf Flöfserei (1335) und be- scheidene Landeplätze an den Mündungen hindeutet. Die Reihen-

1) Liv. XLII 3 Val. Max. I 1, 20.

2) CIL. X 106.

3) Slrab. VI 261.

4) Diod. XIII 3, 3.

5) Skylax 13 Prokop b. Gotb. IV 22 Plin. III 96.

6) Plin. III 96.

§ 2. Das Südland. 945

folge und theilweise Erhaltung der Namen ermöglicht den Aroga. im Crocchio, den Semiriis im Simeri, den Crotalus im Alli, endlich den bedeutendsten ^) Carcinus im Corace wieder zu finden. Die Römer hatten bereits um 270 v. Chr. die halbe Sila als Staatsgut sich angeeignet (I 246). Die andere Hälfte kam nach dem hanni- bahschen Kriege hinzu (1537); denn den 5 Gemeinden mit Selbst- verwaltung, die für das nurdhche Bruttium allein bezeugt sind, kann wenig Wald überlassen worden sein. Als Ertrag der Domäne stand Holz^) und I*ech3) obenan, die Viehzucht kam auch in Betracht •*), ferner wurden Birnen ^) und Kohl 6) aus Bruttium ausgeführt. Der Steuerpächter führte das grofse Wort'); wer in älterer Zeit die staatlichen Rechte ausübte, ist nicht bekannt. Unter den verschiedenen Verwaltungsbezirken in die die Domäne zerfallen sein mufs, ist uns allein der ager Teuranus aus dem 186 v. Chr. hierhin gerichteten Sendschreiben über die Bacchanalien vertraut. 8) Die Erztafel ward in Tiriolo das gegen 600 m hoch auf der Wasserscheide zwischen beiden Meeren liegt, gefunden. Da auch andere Reste des Alterturas zu Tage gefördeit werden, z. B. 1897 ein Münzschatz aus den letzten Jahren des hannibalischen Kriegs 9), so ist hier in Uebereinstimmung mit der Lage der Hauptort des Bezirks anzusetzen.

§ 2. Das Südland. Der letzte Abschnitt der italischen Halbinsel umfafst annähernd 5000 Dkm 90 d. DM. und vermittelt den Uebergang nach Sicilien. In einer älteren Periode der Erdgeschichte war er rings vom Meer umflossen und ist spät durch den Isthmus von Tiriolo landfest geworden (I 245). Diese Enge die an schmälster Stelle nur 31 km Breite und 250 m Erhebung aufweist, hat in die Entwicklung Bruttiums tief eingegriffen

1) Mela II 08.

2) Thukyd. VI 90, 3 Athen. V 208 e Dion. H. XX 15 Greg. M. Reg. IX 124 bis 27.

3) Strab. VI 261 Dion. H. XX 15 Coluni. XII 18 Plin. XIV 127 XV 31 XVI 53 XXIV 37. 39 Dioskorid. Mal. med. I 97 Galen XIII 629 XIX 726. 740 K. Veget- a. vet. IV 14. 15. 23. 25.

4) Vario RR. II 1, 2 Verg. Georg. III 219 Aen. Xil 715, Cassiod. Var. XII 12 rühmt den Silanus caseus.

5) Plin. XV 55.

6) Plin. XIX 140.

7) Liv. XXV 1.

8) CIL. XI p. 13.

9) Not. degli Scavi 1898 p. 174.

Nissen, Ital. Landeskunde. II. 60

946 Kapitel XVI. BruUium.

Der Sage nach begrenzte sie das Reich des Königs Italos, welcher Name zur Unterscheidung zwischen Festland und Insel in Umlauf kam (I 60). Der ältere Dionys plante den Bau einer Mauer um die hellenischen Freistadle von einander zu trennen und den Süden bedingungslos mit der sicilischen Herrschaft zu verschmelzen: jedoch wurde die Ausführung vereitelt. ') Die einzuhaltende Linie war einerseits durch den Lauf des Lamato, anderseits den des Corace gegeben. An der Mündung des Corace ist die Marina der heutigen Provinzialhauplstadt Catanzaro die 10 l<m oberhalb 343 m hoch liegt. Die Rhede ist schlecht genug, immerhin die beste am ganzen Golf von Squillace. Ueber der Mündung am rechten Ufer erhebt sich der Hügel Roccella (84 m) mit mittelalterlichen und antiken Trümmern. 2) Die letzteren gehören dem Hafenort Castra Hannibalis an.3j Aus dem Namen läfst sich schliefsen dafs er, zumal nach dem Verlust von Locri 205, von den Karthagern als ein Hauptwerk ihrer Vertheidigung in der Krotoniatis betrachtet und stark befestigt wurde. Nach dem Kriege schickte Rom 199 zum Schutz des Zolhvesens das aus der Sila bedeutende Erträge lieferte, 300 Bürger her. Die An- siedlung ist in die 122 gestiftete Colonie Scolacium aufgegangen die auf die Rhede am Corace angewiesen war. 4) Endlich tritt in der Ueberlieferung des Altertums die militärische Wichtigkeit des Isthmus während des Sklavenkriegs 71 v. Chr. zu Tage. Als die Sklaven nach Rhegion marschirt waren in der getäuschten Erwartung den Krieg nach Sicilien hinüber spielen zu können, schnitt Crassus ihnen den Rückweg ab, indem er einen 15 Fufs breiten und tiefen Graben nebst Wall 20 Millien lang von Meer zu Meer zog."') Aber es gelang Sparlacus zuletzt nach vielen Bemühungen und Verlusten bei einem nächtlichen Schneegestöber mit dem Centrum auf der Höhe durchzubrechen und die Flügel nachzuziehen. 6)

1) Strab. VI 261 Plin. III 95. 2) Lenormant II 253 fg.

3) Plin. III 95 Tab. Peut. /innibali richtig 3li Millien von Lacinium, Geogr. Rav. IV 31 Aninba V 1 Anioal Guido 10. 30. 72.

4) Liv. XXXII 7; die vorgetragene Deutung wird CIL. X 1 p. 12 A. mit Unrecht bezweifelt, weil sie allseitig den Tliatsachen P.eciiiiung trägt.

5) Plut. Grass. 10 Fronlin I 5,20 Appian b. civ. I 119. Plutarch bezifTerl die Länge der Schanze auf 300 Stadien = 40 Millien (S. 67) d. h. durch irgend ein Versehen auf das Doppelte der Breite des Isthmus die Plin. III 95 richtig zu 20 Millien angiebt. Die Schanzlinie mufste so kurz als möglich sein.

6) An der brettischen Küste schneit es nicht; doch wäre eine örtliche Untersuchung des Kampfplatzes erwünscht.

§ 2. Das Südland. ' 947

Der Busen der von Cap Rizzulo bis Cap Stilo bei Monesteraci auf einer Sehne von nahezu 70 km an der Mündung des Corace wo er am Weitesten steigt, eine Hohe von 25 km erreicht, hiefs den Alten xdlrtog ^-avXlrjTixog^) oder 2)ivX?^r]Tlvog^) sinus Scyllaceus.^) In seefahrenden Kreisen genofs und geniefst er einen üblen Ruf, führt daher auch vom männermordenden Ungeheuer seinen Namen. 4) Die Stadt ^nvkl^rcov, zuerst 415 erwähnt, hat keine geschichthche Rolle gespielt: sie gehörte mit dem ganzen Golf den Krotoniaten, bis Dionys sie diesen abnahm und den Lokrern zutheilte. ^) Später wurde ihr Ursprung in Iroianische Zeiten hinauf gerückt und dem athenischen König Menestheus^) oder dem Odysseus gutgeschrieben.') Die Römer hatten schon 199 den Hafenplatz am Corace mit 300 Bürgern besetzt und stifteten 122 die Colonie Scolacium Miner- vium. 8) Nachdem diese durch Kaiser Nerva neue Ansiedler erhalten hatte, lautet ihr amtlicher Titel colonia Minervia Nervia Augiista Scolacium. ^) Daneben kommt bei griechischen und römischen Schrift- stellern die Form Scylacium vor, aus der die heutige Squillace ent- standen ist.io Das Reisebuch giebt die Entfernung von Tacina am gleichnamigen Flufs (S. 937) richtig zu 22 Millien an n); von der Station zweigte eine 25 Millien lange Verbindungstrafse nach Vibo an der Westküste ab. 12) Die Stadt liegt oberhalb der Strafsen auf einem schwer zugänglichen Hügel (345 m) 3 Millien vom Strand, 6 vom Hafen entfernt. In blühender Schilderung vergleicht Cassiodor

1) Aristot. Pol, VII 9, 2 Strab. VI 255, 261 nach Antiochos.

2) Dion, H. I 35 gleichfalls nach Antiochos, Aristot. de signis (I 390 A, 3) Steph. Byz, dazu Meineke.

3) Mela II 68 Plin. III 95 beide mit schwankender Lesung, Ptol. III 1, 10

4) Verg. Aen. HI 553 naoifragum Scylaceum dazu Serv.

5) Diod. Xlll 3 Strab. VI 261, sie fehlt bei Skylax und Skymnos.

6) Strab. VI 261 Plin, III 95 Solin II 10 Serv. V, Aen. III 553. Der Beiname der rönaischen Colonie Minervia ist von dem Hauptcult abzuleiten, giebt aber einen Fingerzeig für die Erklärung der Fabel.

7) Serv. V. Aen. III 553 Cassiod. Var. XII 15, jüager als die vorhergehende Fabel und aus dem Stadtnamen entnommen.

8) Vell. I 15 setzt die Gründung ein Jahr früher.

9) CIL. XI p. 12 Rom. Mitth. V (1890) p. 69.

10) Strab. VI 261 Plol. III l, 10 Appian V 103. 109; Verg. Aen. III 553 Ovid Met. XV 702 Solin II 10 It. Ant. 114 Tab. Peut. Cassiod. Var. XII 15.

11) It. Ant. 114.

12) Tab. Peut. Appian b, civ. V 103 vgl. Geogr. Rav. IV 34 Guido 43.

60*

948 Kapitel XVI. Bruttium.

sie einer haogenden Traube die den ganzen Tag von der Sonne be- schienen wird. Südlich gegenüber Squillace steigt der mons Moscius 441 m auf und stürzt den Weg sperrend 300 m zum Meer ab. An diesem Vorgebirge, der Punta di Staletti haftet ursprüngUch der Stadtname, weshalb es auch geradezu ro ^ycvläxiov ogog heifst. i) Die griechische Seemannsage ist freilich verblafst vor den Erinne- rungen an den Minister der Gothenkönige, der nach seinem Rück- tritt von den Geschäften in der Heimat 30 und mehr Jahre lang den klösterlichen Stand zierte. Auf seinen väterlichen Besitzungen erbaute er um 550 das monasterium Vivariense an der Nordseite des Moscius, benannt nach den am Vorgebirge ausgehauenen Fisch- teichen die von der See gespeist wurden. Die Teiche sind als Grotte di S. Gregorio oder di Staletti bekannt und liegen jetzt trocken. Von den Klosteranlagen sind ausgedehnte Trümmer aus spätrömischem Backsteinbau vorhanden (Coscia di Staletti). Der fischreiche Pellena aus dem die Klostergärten bewässert wurden, ist der Fiume di Squillace: er entsteht aus zwei Bächen, Gatlarella im Norden Torrente Grande im Süden, die den Stadthügel einfassen, sich an dessen östlichem Fufs vereinigen, voreint südöstlich dem Vorgebirge zu laufen. Endlich der fons Arethiisae sprudelt noch immer als Fontana di Cassiodoro unweit des Strandes hervor, wenn auch ohne die wunderbaren Begleiterscheinungen die dem Minister in der Ferne seine erregte Einbildungskraft vorgaukelte. Im Uebrigen ist die Fruchtbarkeit und Schönheit die er der Heimat nachrühmt, unverändert geblieben, jedoch als neuer und wesentlicher Zug des Bildes das Fieber hinzugekommen. Den nahenden Verfall kündet die Thatsache an dafs um 527 einem Grofswürdenträger der an der Arethusa rastete, die Pferde von den Bauern gestohlen wurden. 598 erscheint das Kloster unter dem Namen monaslerinm Castelliense und die um 535 noch offene Stadt als Festung. Von letzterer be- ansprucht das Kloster Bodenzins: offenbar sind Cassiodor und seine Vorfahren die Grundherren und jeder Funke bürgerlicher Unab- hängigkeit längst erloschen gewesen.^)

Der Golf von Scylacium wird bei den Alten durch das laciuische Vorgebirge einerseits, das promunlurinm Cocynthus anderseits be-

1) Appian b. civ. V 103.

2) Cassiod. Var. VIII 32 XII 14. 15 Insl. div. litt. 29 Gregor M. Reg. VIll 30. 32 Lenormanl II 360 fg.

§ 2. Das Südland. 949

grenzt. ') Letzteres ist die Puuta di Stilo (43 m) unweit der Rhede von Monesleraci. Nicht übel vergleicht Plinius die Ostküste Brultiums mit einem Amazonenschild dessen Hörner durch die Spitzen von La- cininm und Leucopetra dargestellt werden, die Rundung dazwischen durch Cocynthus,2) Da die Küste an diesem Cap die von Squillace ab eingehaltene Süd- mit einer SUdwestrichtung vertauscht, ist die falsche Vorstellung aufgekommen, als ob hier der südhchste Punct des Festlandes sei, der in Wahrheit 32 Minuten dem Aequator näher gerückt ist. 3) Wahrscheinlich ist der Irrtum durch die Heiligkeit des Ortes genährt worden. Der heutige Name Stilo begegnet bereits im Cursbuch als Stilida ^), klärlich von den Säulen eines verfallenen Tempels herrührend wie am lacinischen Vorgebirge der Fall ist (S. 943): beim Bau des Leuchlthurms von Stilo sind Reste eines altgriechischen Heiligtums entdeckt worden. ^) An der Landstrafse wird eine Ortschaft Cocintum 22 Milben von Scylacium vermerkt. 6) In der Nähe ist Mystiae oder Mustiae zu suchen die PhiUstos in seiner Geschichte des Dionys eine Stadt der Samniten genannt hatte. '') Es giebt eine Kupfermünze die um 300 von Mystiae und Hyporon gemeinsam geschlagen wurde: letzleres hat nach dem Reise- buch 42 Millien von Regium gelegen. ^) Gleichfalls unbekannt ist das castrum Consilinnm.'^) Ruinen 4 km landeinwärts von Cap Stile am Stilaro aufgefunden, können vielleicht Mustiae angehören. lO) Man kann ferner geneigt sein im Stilaro den Flufs 'EllsTtOQog zu er- kennen an dessen Ufern Dionys 387 v. Chr. die Streitmacht der Italioten vernichtete ^i): gewöhnlich wird darunter der 20 km nörd-

1) Plin. III 95 It. mar. 490, Mela II 68 nennt iriig statt seiner das prom. Zephyrium.

2) Plin. III 43.

3) Pol, II 14, 5 der die Gegend besucht, aber keine Polhöhen bestimmt hat (I 29) Plin. III 95 vgl. Appian b. civ. V 103.

4) It. mar. 490.

5) Not. degli Scavi 1891 p. 61 fg.

6) It. Ant. 114.

7) Phil, bei Steph. Byz. Mela II 68 Plin. III 95; vinum Mysticum Plin. XIV 75 stammt aus dem Ausland.

8) Head H. N. 89 It. Ant. 115.

9) Plin. III 95, irrig Consentia Mela II 68.

10) Not. degli Scavi 1891 p. 68 fg.

11) Pol. I 6, 2 Polyaen V 3, 2; die Form "EXcoqos Diod. XIV 104 ist nach dem gefallenen Anführer'^^.<w(>ts aus Syrakus und der Niederlage der Athener 413 auf dem helorischen Gefilde (XIII 19) zurecht gemodelt.

950 Kapitel XVI. BruUium.

lieber fliefsende Bach Gallipari verstanden. Die Schlacht entschied das Schicksal des von Dionys belagerten KavXwvia Caulon^): der Sieger zerstörte die Stadt, verpflanzte die Einwohner nach Syrakus und überwies den Lokrern die Feldmark. 2) Es vvar der südlichste Vorposten, der Achaeer gewesen, entweder von Kroton 3) oder vom Mutterland ^) aus gegründet, vielleicht von beiden gemeinsam. Die erhaltenen Münzen (S. 77) bekunden die angesehene Stellung des Gemeinwesens. ^) In der Ueberlieferung erscheint es als Stütze der Pythagoreer; die nach deren Sturz entstandenen Wirren werden durch einen Bund geschlichtet den Kroton Syharis und Kaulonia eingehen. 6) Während des peloponnesischen Kriegs zeigt es sich im Gegensatz zum nachbarlichen Lokri den Athenern geneigt und liefert ihnen Bauholz. ") Die Stadt wurde bald nach 387, wir wissen nicht von wem, wieder hergestellt. ^) Sie litt schwer während der Kämpfe mitPyrrhos, als sie von campanischen Truppen eingenommen ward. 9) Ein ähnliches Los blieb ihr 209 durch Hannibals Dazwischen- kunft erspart, lo) Seine hellenische Eigenart hatte Kaulonia bisher bewahrt''), aber seine frühere Bedeutung längst eingebüfst. Als Strabo schrieb, war es verödet. Wenn der Name noch auf der Reisekarte steht, so fehlt er als belanglos bei Ptolemaeos. Seit Barrius wird er bei Castelvetere gesucht, der Ort heifst jetzt amt- lich Caulonia. Die alte Stadt lag aber nicht an der Stelle der heutigen sondern 3 4 Millien dem Meer näher. '2) Wahrscheinlich

1) Ein Gelehrter (Ephoros?) hat an dem ungewöhnlichen Namen Anstofs ge- nommen und behauptet in Anlehnung an das verbreitete AvXoüv, er habe ehe- dem AlXovia gelautet Skymn. 320 Strab. Vi 261 Ps. Hekalaeos bei Steph. Byz. AvXcüv und Kavltovia, Appian Hann. 49 Eustath. Hom. II. IX 48: die bis 550 hinauf reichenden Münzen widerlegen die Behauptung. Lateinisch CauloTi Liv. XXVII 15 Piin. 111 95 Tab. Peut. (ieogr. Rav. IV 32 V 1 Verg. Aen. III 553 Ovid Met. XV 705, Caulunia Liv. XXVII 12 Mcla II 68 Solin II lü.

2) Diod. XIV 106.

3) Skymn. 319 Steph. Byz. AlXciv Sulin II 10.

4) Strab. VI 261 Pausan. VI 3, 12.

5) Head H. N. 78.

6) Pol. II 39, 6 Jamblich v. Pylh. 262. 67 Porph. v. Pylh. 56.

7) Thukyd. VII 25, 2.

8) Plut. Dion 26, 4.

9) Pausan. VI 3, 12.

10) Liv. XXVII 12. 15 Plut. Fab. 22, 1 Appian Hann. 49.

11) Pol. X 1,4 Skylax 13.

12) Verg. Aen. III 553.

§ 2. Das Südland. 951

nahm sie die Hüben zwischen den Bächen Precarili und Allaro ein, wo sich Ruinen befinden sollen. An der Mündung der Bäche war der Hafen, dessen Entfernung von Cocynlbus 10 iMIUien betrug.^) Eine genaue Untersuchung der Oerthchkeit wird noch verrnifst. Als Grenze der Kauloniatis kann man die Sagra ansehen-), jenen berühmten Flufs an dem der äufserste Süden seine Unabhängigkeit von Kroton dauernd sicherte (S. 940). Die Sage hat den Kampf mit den lebhaftesten Farben ausgeschmückt: durch den Beistand der Dioskuren erfochten die Lokrer über eine zehnfache Uebermacht den herrlichsten Sieg. 3) Allerdings ist die Wertung des Tages die hier zu V»orte kommt, durchaus berechtigt; aber auf ganz natürlichem Wege erklärt es sich, wenn in den Strandpässen am ionischen 3Ieer nicht die Masse sondern die Tapferkeit den Aus- schlag giebt. Unter den in Betracht kommenden Bächen hat der von Lokri 12 km entfernte Turbolo Anspruch für die Sagra gehalten zu werden : au seinem linken Ufer bis nach Roccella nähern sich die Höhen dem Strand und erleichtern die Verlheidigung. Jedoch münden auf dieser 8 km messenden Strecke noch ein paar andere Bäche deren Namen verschieden angegeben werden, und vielleich ist der Turbolo jener unsicher überlieferte Flufs Bulotus oder Butrotus wo Hannibal 205 lagerte. ^)

Von der Enge an der Sagra bis nach Cap Bruzzano erstreckt sich 35 km lang offenes Land, dessen wechselnde Breite im Durch- schnitt 10 km mifst. Um seine geschichtliche Stellung zu erfassen erinnern wir uns dafs Südbruttium in 3 Abschnitte zerfällt. Der nördlichste Serra S. Bruno steigt im M. Pecoraro nur 1420 m auf, aber dehnt sich in breiter Masse von Meer zu Meer, von Cap Va- ticano bis Cap Stilo gegen 70 km aus. Der südlichste Aspromonte erreicht im Montalto eine Höhe von 1958 m, beschränkt sich dagegen auf kaum 50 km Breite, Der mittlere Abschnitt der beide Massive mit einander verbindet, sinkt unter 1000 m ein, die Breite der Halbinsel auf 40 km. Davon kommt die grüfsere Hälfte auf die

1) Porph. V. Pylh. 56. Nach It. mar. 490 sind von Cap Nau bis Slilo 60ü Stadien == 60 Millien, nach Agiippa Plin. III 96 von Lacinium bis Caulon 70 Millien.

2) Sil ab. VI 261 Plin. III 95.

3) lustin XX 3 Cic. de deor. nat. II 6 III 11. 13 Liv. XXIX 18 Plut, Aem. P. 25, 1 u. a.

4) Liv. XXIX 7.

952 Kapitel XVI. Bruttium.

tyrrhenisclie Seite, die sich zur ionischen wie 3 : 2 verhält. Die Lokrer die im mittleren Ahschnitt geboten, halten anfänglich das ZscpvQiov axQOv pronntnturinm Zepkyrium Capo Bruzzano besetzt.^) Dieser Vorsprung (146 m) 7 Minuten nördlich von Cap Spartivento bot den Küstenlahrern Schutz gegen Westwinde und erhielt daher seinen Namen. Obwol die Ansiedler nach 3 oder 4 Jahren den Platz ver- liefsen und 20 km weiter nördlich zogen, pflanzte sich die Er- innerung an den ursprünglichen Wohnsitz in dem Beiwort fort, das in hellenischem Munde ^oxgol ol ^ETtiKscpvQioi die Lokrer am Westcap von den Stämmen in der Heimat unterschied.^) Ueber ihre Herkunft ging die Sage ähnlich wie in Tarent, dafs sie der Verbindung freier Frauen mit Leibeigenen entsprofsen wären: wes- halb denn auch in der Gemeinde die weibhche Linie den Vorrang vor der männlichen hatte. 3) Man wufste aber nicht recht welchem Stamme sie angehörten, dem ozolischen oder opuutischeu, wenn auch die letztere Ansicht den meisten Beifall fand. *) Endlich wichen die Gelehrten in Betreff des Gründungsjahres von einander ab: man kann es mit Strabo bald nach dem von Kroton und Syiakus ansetzen. ^) Die eingebornen Sikeler hatten die Ankömmlinge güt- lich aufgenommen, wurden aber trotzdem bei erster Gelegenheit von Haus und Hof vertrieben: wegen bewiesener Arglist ist die Vertrags- treue der Lokrer übel berufen worden. 6) Die Sage weist darauf hin dafs die Lokrer sich des Landes bemächtigten: der Ort nach dem sie ihre Hauptstadt verlegten, ist nicht so sehr für den Handel und Verkehr als für die Beherrschung eines ausgedehnten Gebiets berechnet. Er nimmt ungefähr die Mitte des oben umschriebenen Küstenstrichs ein und ist der niedrigsten Einsenkung des Gebirg- kamms zugewandt. Aehnlich wie die Spartaner den Taygetos über- schritten und nach schweren Kämpfen die fetten Fluren Messeniens

1) Pinclar fr. 178 Bergk Strab. VI 259. 270 Skymn. 278 Ptol. III 1, 10 Pausan. VI 6, 4 19, 6 Steph. Byz. Mela II 68 Plin. III 74.

2) Pindar Ol. 10, 15 Herod. VI 23 Thukyd. VII 1 Aristot. Pol. II 9, 5 Skymn. 313 u. a. vgl. Athen. I 22 b; seit Polybios wird es durch oi iv 'ixaXiq ersetzt.

3) Pol. XII 5 fg. Dion. Per. 365.

4) Strab. VI 259 Skymn. 316 Pausan. HI 19, 12; daher bei den Dichtern das Beiwort Narycius, von der Geburtstadt des lokrischen Aias Verg. Aen. III 399 Georg. II 438 Coium. X 386 Plin. XIV 128.

5) Strab. VI 259 Pausan. III 3, 1 ; Eusebios setzt Lokri 29 (Hieronymus) oder 35 (arm. Uebers.) Jahre nach Kroton und Sybaris.

6) Pol. XII 6. 12 a u. a.

§ 2. Das Südland. 953

eroberten, sind die Lokrer an die lyrrhenisclie See vorgedrungen. Von den Kämpfen der Lokrer meldet weder Lied noch Chronik, die Trümmer allein lassen das allmäliche Wachstum der Stadt erkennen.') Sie beOnden sich 3 km südlich von Gerace Marina. Die zahl- losen Bäche die vom nahen Gebirge herab kommen, verleihen dem Stadiboden sein eigentümliches Gepräge: zwei grüfsere in einem Abstand von 2 km decken die beiden Langseiten, zwei kleinere dazwischen theilen die umschlossene Fläche in drei schmale Streifen, die landeinwärts in drei steilen Hügeln endigen. Jeder Hügel ist ummauert und bildet eine Burg für sich.^) Zu Füfsen der drei Burgen liegt die dreitheilige Stadt etwa 50 m über und 1,5 km vom Meer entfernt. Die Anlage scheint auf ein Zusammenwohnen ver- schiedener Stamme hinzudeuten. Später und zwar vermutlich zur Zeit des Dionys ist sie durch die Neustadt verdoppelt worden, indem man die Schenkelmauern bis ans Meer vorschob und den Hafen in die Befestigung einschlofs. In dieser weitesten Ausdehnung zeigt Locri einen Umfang von 7 km mit einem Flächeninhalt von 245 ha (Beloch). Von der Höhe der Altstadt die ^ErtWTtig hiefs^), zog sich in der romischen Epoche das Leben in die Ebene hinunter an die Küstenstrafse welche die Neustadt durchschnitt. Immerhin ist hier ein altertümlicher Tempel aufgedeckt worden, vielleicht das be- rühmte Heiligtum der Perscphone das bezeugter Mafsen aufserhalb der Mauer lag. *) Da ein natürlicher Hafen fehlt, mufs solcher künstlich ausgeworfen gewesen sein: dies bedarf noch örtlicher Fest- stellung. Als Seemacht ist Locri bekannt genug. In Betreff seines Handels erfahren wir nichts, dürfen aber schliefsen dafs es die Er- zeugnisse des Gebirgs ausführte, weil brettisches Pech unter seinem Namen geht. ^) Unter allen helleuischen Gemeinden hat diese

1) Die Ueberresle bei Torre di Gerace, den Ortskundigen schon früher bekannt (Karte von Rizzi Zannoni, Tommasini Spatziergang p. 146), sind durch die Ausgrabungen des Duc de Luynes Ann. d. corr. arch. 1830 p. 3 und neuer- dings Rom. Millh. V (1890) p. 161 näher untersucht worden. Ein genügender Plan fehlt.

2) Wenn Liv. XXIX 6 nur zwei erwähnt, so mufs die mittlere mit einer der beiden anderen verbunden gewesen sein.

3) Strab. VI 259 von Meineke aus 'EacCmv verbessert.

4) Liv. XXIX 18 XXXI 12 Appian Samn. 12 Val. Max. I 1, ext. 1.

5) Plin. XIV 128 Verg. Georg. II 438 Colum. X 386. Es ist befremdend dafs die Münze erst um 344 anhebt und für den conservativen Anstrich des Gemeinwesens bezeichnend Head H. N. 86.

954 Kapitel XVI, Bruttium.

zuerst ihre Geselze schriftlich aiifgezeichuet und Neuerungen abhold an dem altbewährten Gesetzbuch festgehalten, so dafs sie anderen als Muster und Vorbild dienen konnte. i) Nachdem sie den Angriff der Krotoniaten abgeschlagen hatte, fand sie gegen die Herrschafts- gelüste des nachbarlichen Rhegion eine sichere Stütze an Syrakus.^) Sie ergriff eifrig Partei gegen Athen, 3) Als Dionys bei den Rheginern sich einen Korb holte, gaben die Lokrer ihm ihre vornehmste Jungfrau zum Weibe. Aeufserlich betrachtet hat die Verbindung Lokri auf den Gipfel seiner Entwicklung gehoben, das Gebiet bis an und über den Isthmus ausgedehnt, den Umfang der Mauern ver- doppelt. 4) In Wirklichkeit hat sie den Verfall eingeleitet und die Rürger alle Bitternisse der Tyrannei durchkosten lassen. &) Die Erhebung der Eingebornen hat sich zwar nicht an die Stadt selbst herangewagt, aber zum Welken jener in Kunst und Wissenschaft hervorragenden Blüte die einst Pindar pries, an ihrem Theil bei- getragen, ß) Eine lokrische Münze stellt die Roma dar die von der Treue bekränzt wird. ") Die Zeitgeschichte liefert dazu einen eigen- tümlichen Commentar: nach der Schlacht von Heraklea 280 schlofs sich Lokri dem Pyrrhos an, nach dessen Abzug 277 den Römern, nach dessen Rückkehr von Sicilien 275 dem König®), 215 deniHannibal, 205 den Römern und opferte dabei regelmäfsig die bisherige Besatzung den neuen Freunden. 9) Nichts desto weniger verblieb die Gemeinde im Bundesverhältnifsiö) und wurde nur gleich den anderen griechi- schen Seestädten zur Stellung von Kriegschiffen herangezogen. 'i)

1) Plat. Leg. I 638 b. Demoslh. XXIV 139 fg. Diod. VIII 23 XII 20 Strab- VI 259. 60 Porph. v. Pylh. 56 Cic. Leg. II 15.

2) Pindar Pylh. 2, 18 m. Schol. Diod. XI 68.

3) Thukyd. III 86. 99. lO.-i. 115 IV 1. 24. 25 V 5 VI 44 VII 4. 25. 35 VIII 91 Diod. Xll 54 Xlll 3.

4) Diod. XIV 44. 100. 106. 107.

5) Alistot. Pol. V 6, 7 lustln XXI 2 fg. Athen. XII 541c Strab. VI 259 Cic. de deor. nat. III 83.

6) Pindar Ol. 10. 11 Jamblich v. Pylh. 267 Cic. Fin. V 87 Slrab. VI 255. 260 Pausan. VI 6, 4 fg. Plin. VII 152.

7) Wegen der Datiriing Monmisen Münzwesen p. 326.

8) lustin XVIII 1, 9 Zonar. VDl 6 Appian Samii. 12 Liv. XXIX 18.

9) Liv. XXII 61 XXIil 30 XXIV 1 XXVU 25 XXIX 8 fg. 16 fg. Pluf. Marc. 29 Appian Hann. 55.

10) Liv. XXIX 19.

11) Pol. I -20, 14 Xil 5, 2 Liv. XLII 48.

§ 2. Das Südland. 955

Sie hat von der Gunst des Polybios und Cicero Nutzen gezogen i), aber weder als griechische Freistadt 2) noch seit 89 v. Chr. als römisches Municipium viel zu bedeuten gehabt. 3) Gelegentliche Er- wähnungen reichen bis ins 6. Jahrhundert^); 915 wurde sie von den Saracenen zerstört.

Das lokrische Gebiet wurde nach der Meinung der Alten vou Pest und Erdbeben verschont 5), innerhalb seiner Grenzen erscholl der Gesang der Cicaden, der jenseit im Rheginischen verstummte. ß) Das Gebiet reichte über das 'H'QÜ/.leiov Cap Spartivento (121 m) hinaus '}, den südösthchen Vorspruug Bruttiums der einen Abschnitt zu bezeichnen scheint. Und zwar wird 25 km weiter westlich der "Aliq^ als Grenze angegeben. *) Dies ist einer der gröfsten unter den Bächen die vom Aspromonte herabkommeu, noch jetzt Alice oder Fiuraara di Mehto genannt. 9) Auch erinnert im Quellgebiet der M. Peripoli an die ehemaligen Wacht- und Blockhäuser an der Grenze. lO) Doch scheint der Strich zwischen Halex und Kar/.irog neutral gewesen zu sein, so dafs von rheginischer Seite auch letzterer als Grenz- flufs in Anspruch genommen werden konnte.^) Die Athener sind 425 in diesem Strich zu Gunsten der Rheginer eingeschritten. 12) Es unterhegt keinem Zweifel dafs unter dem Caecinus die 8 km östlich, also 17 km von Spartivento mündende, an Grüfse der Alice gleich kommende Fiumara Piscopio oder di Amendolea zu verstehen sei. Von diesem Südpunct bis zur Sagra im Norden (S. 951) bildet der Gebirgskamm eine natürhche Grenze. Wie S. 953 bemerkt, hat das

1) Pol. XII 5 Cic. Leg. II 15 pro Arch. 10 Verr. V 90.

2) Die griechischen Inschriften Kaibel p. 155 gehören der alleren Epoche vor Dionys an. ^

3) CIL. XI p. 5. 1003 Eph. ep. Vlll p. 72. 209.

4) Verg. Aen. III 399 XI 265 Sil. It. XI 20 Mela II 68 Piin. 111 95 u. 0. Plol. III 1, 10 Prokop b. Golh. I 15 Tab. Peul. Geogr. Rav. IV 32 V 1 Guido 31. 72.

5) Plin. II 211.

6) Timaeos fr. 64 M. Strab. VI 260 Konon Phot. ßibl. 186 p. 131b Bekker Diod. IV 22 Plin. XI 95.

7) Strab. VI 259.

8) Thukyd. 111 99 Timaeos fr. 64 M. Strab. VI 260 Dion. Per. 367 Suid.

9) Der erstere Name bei Rizzi Zannoni, der letztere von der Ortschaft Melito entlehnt auf der Generalstabskarte.

10) Thukyd. 111 99.

11) Aelian nat. an. V 9 var. last. Vlll 18 Pausan. VI 6, 4.

12) Thukyd. III 103.

956 Kapitel XVI. Brutlium.

Gebirge tue Lokrer an der Eroberung der jenseitigen Landschaft nicht verhindert. Aber die dort gegründeten Colonien Medma und Hipponion rissen sich im 5. Jahrhundert von der Mutterstadt los ') und bedürfen einer gesonderten Behandlung.

Die Via Popilia durchmifst die fruchtbare aber gegenwärtig ver- ödete Ebene von Terina (S. 931), überschreitet den Lametus, hierauf die Angitula Angitoja^) und erreicht nach steilem Anstieg 57 Millien von Cosenza das 557 m hoch gelegene Yibo Monteleone. Der Ab- stand von Regium beträgt 66 Millien, so dafs Vibo fast die Mitte zwischen diesen beiden Hauptorten des römischen Bruttium ein- nimmt. Da aufserdem die tyrrhenische Küstenstrafse (S. 928) und ein Seitenarm der ionischen von Scylacium her (S. 947) einlaufen, wird es ein Knotenpunct des Strafsennetzes. Zu Füfsen 4 km ent- fernt öffnet sich eine geräumige Hafenbucht die jetzt versandet, ehedem etwa 1 km tiefer eindrang und besseren Schutz bot als der Augenschein lehrt. Als Bivona pflanzt sie den alten Namen fort 3), während die von Saracenen zerstörte Stadt durch ihren Hersteller Friedrich H. den heutigen Monteleone erhalten hat. Der Hafen erfreute sich lebhaften Verkehrs 4)^ sein Thunfisch stand in beson- derem Rufe 5), in römischer Zeit wurde der ganze Meerbusen nach Vibo benannt (S. 930). üeberreste der Hafenanlagen sind noch kenntlich, das Fort nimmt die Stelle eines Tempels ein. Auch in der Oberstadt sind die Bauwerke des Altertums ungeachtet wieder- holter Zerstörung und fortgesetzten Abbruchs nicht völlig beseitigt worden. Man unterscheidet ein Theater, römische Thermen und verfolgt die Ringmauer in ihrem ganzen Verlauf. 6) Am höchsten Ort im Süden giebt die verfallene Citadelle den Platz der Akropolis an. Der Abfall des Bergrückens den die Stadt einnimmt, gewährt ihr wirksamen Schutz, An der Angriffsfront im Nordwesten ist

1) Sie führen 422 mit üir Krieg Thuiiyd, V 5, wo Weidner Rhein. Mus. XIX 141 das überlieferte 'irtoveae xai MeXaiovs in 'Irnttoviärae xal MsSfiaiove verbessert hat.

2) lt. Ant. 106 Guido 43. Geogr. Rav. IV 34 verschrieben Angila.

3) Den Uebergang bezeichnet Mela II 69 Fibone It. Ant. 111 Tab. Peut. Fibona Geogr. Rav. IV 32 Bibona V 2 Fivona Feldm. 209 agej- yivonensit.

4) Strab. VI 256 Gic. Verr. II 99 V 40. 158 pro Plane. 96 ad Att. IIl 3. 4 XVI 6, 1.

5) Archestratos Athen. VII 302 a.

6) Vito Capialbi, Cenno sulle mura d' Ipponio, Meni. dell' Inst. d. c. a. 1832 p. 159—93.

§ 2. Das Südland. 957

die Abwehr durch eine doppelte Mauer und häufige Thürnie ver- stärkt worden. Der Umfang stellt sich auf 6,67 km, der Flächen- inhalt auf rund 200 ha, kommt mithin Lokri ziemlich gleich (S. 953). Es versteht sich von selbst dafs ^ItitkÜviov bei seiner Gründung durch die Lokrer eine solche Ausdehnung nicht gehabt haben kann. ') Vielmehr scheint die Mauer in der jetzigen Gestalt erst 379 bei der durch Karthago veranlafsten neuen Besiedlung errichtet zu sein: darauf führt die regelmäfsige Bauart in Quadern, darauf das Vor- kommen von Gräbern innerhalb des Rings. Der Bürger über- schaute ein weites Gesichtsfeld, die Liparen, den Aetna, die Gebirgs- kette vom Aspromonte bis Tiriolo, den M. Cocuzzo und Clampetia (S. 928), in der Ferne sogar das Gap von Buxentum (S. 897). Oest- lich vom Stadlhügel fliefst die Mesima in tief eingeschnittenem Thale, nördlich breitet sich die von Lamato und Angitola bewässerte terinaeische Küstenebene aus. Klärlich hat die Gründung ursprüng- lich den Zweck gehabt als Bollwerk gegen die Krotoniaten zu dienen. Sie wurde gleich der Mutterstadt von Syrakus begünstigt 2), blieb aber von jener abhängig, was durch das Fehlen eigener Münze angezeigt wird. Wie oben erwähnt, erhob Hipponion 422 die Waffen gegen Lokri und verharrte seitdem in ausgesprochener Feindschaft zu ihm. Dionys zerstörte 388 die Stadt, verpflanzte die Bewohner nach Syrakus und theilte den Lokrern die Feldmark zu. 3) Die Karthager machten 379 dies rückgängig, setzten die Vertriebenen in den Besitz ihres Eigentums ein und stellten die Stadt mit aller Sorgfalt wieder her. 4) Indefs ward sie bereits 356 von den Bretliern erobert ^) und mit Unterbrechungen bezeugt ist eine Einnahme durch Agathokles ß) ein Jahrhundert und länger behauptet. Diese Periode hat ihren monumentalen Ausdruck erhalten durch oskische Aufschriften in griechischem Alphabet. ') Das sind theils Stempel der hier blühenden Ziegeleien, theils Stempel der seit der Unab- hängigkeit von Lokri geschlagenen Kupfermünzen. ^) Die letzteren

1) Strab. VI 256 Skymn. 308 vgl. Skyl. 12.

2) Athen. XII 542 a.

3) Diod. XIV 107 Dion. H. XX 7.

4) Diod. XV 24.

5) Diod. XVI 15 Liv. XXXV 40 Slrab. VI 256.

6) Diod. XXI 8 Strab. a. 0.

7) Mommsen, Unterit. Dial. p. 191. 92. Die griechischen Inschriften der Stadt Kaibel p. 156 sind ganz jung.

8) Head H. N. 85.

958 Kapitel XVI. Bruttium.

bezeichnen den Anfang des Stadtnamens durch Yei oder Vei'p, woraus dann die lateinische Form Viho entlehnt ist. ^) Die Römer haben 237 den wichtigen Platz durch eine Colonie Valentia zu sichern gesucht. 2) Der amtliche Sprachgebrauch hält an dieser Bezeichnung fest-*), während in gewöhnlicher Rede Vibo ihr vorgeschoben 4) oder auch allein gesetzt wird.^) In Betreff des Schicksals der Colonie läfst uns die Ueberheferung im Stich: sie wird 218 von der kar- thagischen Flotte angegriffen und mag nach der Schlacht bei Cannae in die Hände der Brettier gefallen sein. 6) Nach erfochtenera Siege wurde eine latinische Colonie in Stärke von 4000 Mann 194 beschlossen und 192 ausgeführt: der Ansiedler erhielt 15 Juchert und zur Vertheilung gelangten etwa 3 d. QM Ackerland.^) Damit waren Valentia und ihre Schwester Copia (S. 922) als die beiden Zwingburgen zur Beherrschung Bruttiums ins Leben gerufen. Beide haben das Recht erhalten in Kupfer zu münzen. Der Doppelname ent- spricht der Zusammensetzung des Gemeinwesens, insofern die Colonie in der Oberstadt, die griechische Seebevölkerung am Hafen ihren Sitz hat: mit gutem Grund ist daher auch der Name Bivona am Hafen hängen geblieben (S. 956). Den politischen Ausgleich brachte der italische Krieg mit dem Bürgerrecht und der Aufnahme in die Tribus Aemilia. Fortan gehörte Vibo zu den hervorragenden Muni- cipien Italiens^), befand sich auch auf der Liste jener Landstädte deren Auslieferung an ihre Truppen die Triumvirn verfügt hatten, blieb jedoch durch die Gunst Octavians vor solchem Lose bewahrt. 9) Die Bedeutung seines Hafens tritt besonders in den Seekämpfen gegen die Pompeianer zu Tage.i") Aus den Inschriften lernt man

1) Die angebliciie griechische Form Hippo quod nunc Fibonem f^aleiitiam appellamus Plin, III 73 beruht wol auf einem Versehen.

2) Vell. I 14,8.

3) CIL 1512. 551 Cic. Verr. V 40. 15S Vell. a. 0.

4) Strab. VI 256 Plin. III 73 Ptol. III 1, 65 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 Sleph. Byz.

5) Vgl. S. 930 A. 5 Cic. Verr. II 99 pro Plane. 96 ad Att. III 3. 4 XVI 6, 1 Caes. b. civ. III 101.

6) Liv. XXI 51. Vielleicht erklärt sich ihre militairische Schwäche daraus dafs sie Bürgercolonie war.

7) Liv. XXXIV 53 XXXV 40.

8) Cic. Verr. V 40.

9) Appian b. civ. IV 3. 86.

tO) Caes. b. civ. III 101 Appian V 91. 99. 103. 105. 112.

§ 2. Das Südland. 959

einen stattlichen Zuschnitt der Verfassung kennen, wobei weder ein Senat noch sogar ein pontifex maximus fehlt. i)

Die Schönheit der Gegend verbunden mit den Beziehungen zu Syrakus hat bewirkt dafs der Raub der Persephone hierhin verlegt wurde. 2) An dieOdysseussage erinnern d\e Ithacesiae insulae gegenüber Vibo3): darunter können füglich nur einige Klippen ostlich von Bivona bei I'orto Sa. Venere die jetzt als Stützen für die Herstellung eines Kunsthafens dienen, angesehen werden. Zwischen der Bucht von Vibo und dem portus Herculis beginnt nach Strabo die Halbinsel nach der Strafse von Messina umzubiegen. *) Der äufserste Vor- sprung heifst gegenwärtig Capo Vaticaoo (126 m): in der Nähe ist der Herculeshafen zu suchen ; ob aber nördlich oder südlich, steht dabin. Man hat ihn im heutigen Tropea wieder finden wollen. Ein um 400 beschriebener christlicher Grabstein lehrt dafs dessen ^ame im Altertum Trapeta lautete: anderswo kommt er nicht vor. 5) Da- gegen sieht die Bezeichnung des Capo Valicano ursprünglich aus und findet sich möglicher Weise bei Mela. 6) Wo das buckelartige Bergland das in diesem Cap endigt, von einem flachen nach Süden streichenden Strand abgelöst wird, hat im Winkel Nicotera (209 m) seinen alten N'amen bewahrt. Das Reisebuch giebt die Entfernung von Vibo richtig zu 18 Millien an. Es ist Sitz eines Bischofs.") Eine Ebene erstreckt sich hierauf 18 km entlang der Küste und erreicht landeinwärts in der Mitte ungefähr die gleiche Ausdehnung. Sie wird im Norden von der Mesima entwässert (I 335). Dies Flufs- system trennt das von Vibo beherrschte Hügelland das im Cap Vaticano endigt und zwischen dem Cap und Nicotera im M. Poro (708 m) seinen höchsten Gipfel aufweist, von dem Hauptgebirge Serra S. Bruno. Der Name Mesima entstammt dem Altertum §) und kehrt wieder in der Stadt Miöf-ia oder Mea^ia: zwischen beiden

1) CIL. X p. T. 1003.

2) Slrab. VI 256 Athen. XII 542 a.

3) Plin. m 85 Solin 3, 2.

4) Strab. VI 256 Plin. III 73.

5) CIL X 2 p. 959 vgl. Holste zu Cluver 1292, 10.

6) Mela II 69 kinc in Tuscum viare jlexus est et eiusdem terrae latus alterum Malicana ionium Fibone vielleicht zu schreiben Vaticana Hipponium nunc Fibo, vgl. Müller zu Ptol. III 1, 9 der auch TavQtavos axoneXos auf dies Vorgebirge bezieht.

7) lt. Ant. 106. 111 Greg. M. Reg. VI 38.

8) Elym. M. 581 Meßfia.

960 Kapitel XVI. BruttiHtn.

Formen schwanken nicht nur die Schriftsteller sondern bemerkens- werter Weise auch die Münzen. *) Es war wie Hipponion von den Lokrern gegründet 2) und hat geraume Zeit gleiche Schicksale ge- habt. Mit der Selbständigkeit fehlt ihm das Münzrecht, erst nach seiner Befreiung prägt es in Kupfer (S. 76). Wie S. 956 bemerkt, führen beide Gemeinden 422 mit der Mutterstadt Krieg. Aber 396 siedelt Diouys 4000 Medmaeer in Messana an, und seitdem begegnet der Name in der Ueberlieferung nicht wieder. 3) Man kann ver- muten dafs die Stadt im hannibalischen Kriege völlig zu Grunde ging. Dies erklärt sich um so leichter als sie allem Anschein nach in der Ebene lag, und zwar am linken Ufer des Mesma bei Rosarno. Hier sprudelt auch eine mächtige Quelle (Fönte Santuccio), von der Strabo den Namen herleitet. 4) Nach demselben Gewährsmann hiefs der nahe Hafen 'Ef^iTtoQiov. ob solcher an der Flufsmündung oder in der 8 km entfernten Marina von Nicotera zu suchen sei, bleibt ungewifs. Seitdem aber Vibo von den Römern zum Rang einer Colonie erhoben war, konnte von einer unabhängigen Entwicklung dieser Gegend keine Rede sein, daher auch Medma uur als Dorf fortbestehen.

Vom Mesma 10 km südHch mündet sein Zwillingsbruder Metaurusx das letzte Stück heifst jetzt Petrace, einer der Hauptzuflüsse Marro.^) Er entsteht aus einem Bündel von Bächen die vom Aspromonte her kommen, und ist sowol durch seine Ueberschwemmungen als seinen Fischreichtum bekannt. Von ihm hatte Metaurum den Namen ent- lehnt, eine Gründung der Lokrer oder auch der Zanklaeer die der Welt nach einer Angabe den Stesichoros geschenkt haben soll. ^) Weiter hat sie nicht von sich reden gemacht und war zu Strabo's Zeit ein bescheidener Ankerplatz, der ungefähr dem heutigen Gioja (29 m) entsprach. Am linken Ufer des Petrace oder Metamus be-

1) Head H. N. 89. Slepli. Byz. führt beide Formen als verschiedene Städte auf. Ob Plin. 111 73 Medua hierher gehört, ist fraglich. Anderweitig kommt der Name im Lateinischen nicht vor.

2) Thukyd. V 5, 3 Strab. VI 256 Skymn. 308 Etym. M. 581 Mea/ia vgl Skyl. 12 Meaa.

3) Diod. XIV 78, 5.

4) Strab. VI 256, wol richtiger Et. M. vom Flufs 959 A. 8.

5) Strab. VI 256 Plin. lil 73.

6) Meia II 68 Soiin 2, 11; Steph. Byz. verlegt Mdrav^os wie andere Küsten- orte nach Siciiien (vgl. Meintke zu Hivveaaa), Suidas IlxrialxoQoe richtig Ma- ■tavQla nach Italien.

§ 2. Das Südland. 961

wahrt der M. Traviano (150 m) das Andenken an Taurianum, wie Cato sagt, eine Sladt der Aurunker deren sich die Achaeer auf der Heimkehr von Troia bemächtigten, i) Sie scheint den Rheginera gehurt zu haben, wird aber in der Ueberlieferung nirgends erwähnt.2) Sie war sciion 591 verödet, endgiltig ward ihr Bistum 1087 auf Mileto übertragen. 3) Der Name der Stadt gewährte einen Anhalt um die Orestessage an diesem Gestade einzubürgern. Pliuius kennt hier einen portus Orestis und die Generalstabskarte verzeichnet Porto Oreste nördlich bei Palmi: der Ansatz stammt kaum aus echt volkstümlicher Ueberlieferung, trifft aber im Allgemeinen zu.^) Da Aeschylos den Namen Rhegion erklärte (I 96), hat er sich vermutlich auch mit der örtlichen Gestaltung der Sage befafst. Nachdem Orestes die Schwester aus Tauris befreit halte, soll er Sühne finden ent- weder in einem Flufs der aus der Vereinigung von 7 anderen ent- steht, oder in 7 Flüssen die alle der gleichen Quelle entspringen. 5) Cato der eisten Annahme huldigend denkt an den Metaurus der

6 Flüsse umfafst und läfst im siebenten der im engeren Sinne taurianisches und rheginisches Gebiet scheidet, die Sühne erfolgen. Dieser Grenzflufs heifst ihm Paccolkus und entspricht einem der Bäche die bei Bagnara münden. Dagegen zählt Varro bei Rhegion

7 Flüsse nach einander auf in denen Orestes entsühnt wurde: die gemeinsame Quelle im Sinne des Orakels ist auf der HochQäche des Aspromonte zu suchen. Da nun von diesem 10 Fiumaren zwischen Rhegion und dem Metaurus ins Meer fallen, ist die Auswahl schwer, und ein Mittel fehlt um die Namen auf der Karte unterzubringen. Nach Bagnara verlegt man mit Recht den porhts Balarus, wo 42 v. Chr. die von Sextus Pompeius geschlagene Flotte der Triumvirn Schutz suchte. 6) Gekämpft wurde bei dem 9 km entfernten 2/.id-

1) Cato Gr. III 1 Jordan, Mela II 68 mit schwankender Lesung, Plin. III 73 Tauroentum, Tab. Peut, Tauriana 23 Millien von Vibo etwas niedrig, Tau- riana Geogr. Rav. IV 32 V 2 Guido 31. 73, Plol. III 1, 9 vgl. S. 959 A. 6.

2) Bei Cato scheint die Lesung richtig Rhegini Taurocini vocantur de ßuvio qui propter ßuit, d. h. der Metaurus.

3) Greg. M. Reg. I 39 Holste zu Cluver 1293.

4) Plin. III 73.

5) Prob, zu Veig. Ed. Einl. Schol. Theokr. p. 4 Ahrens vgl. Jordan Cato Eid. p. 45.

6) Appian b. civ. IV 85; Geogr. Rav. IV 34 Balaruvi, von Guido 43 irrig mit Caslrovillari geglichen, von Tab. Peut. ausgelassen.

Nissen, Ital. Landeskunde II. "1

962 Kapitel XVI, Bruttium.

Xaiov ccKQOv oder x6 2y.vXXaiov Scilla. *) Dies ist ein etwa 500 m von (1er Küste vorspringender 80 m hoher Felsen, der an beiden Seiten einen kleinen Hafen bietet. Daraus erwuchs eine Ortschaft Scyllaeum. 2) Anaxilaos Herrscher von Rhegion hatte hier einen Kriegshafen errichtet um etruskischen Piraten die Durchfahrt durch den Sund zu wehren. Aber wenn Schriftsteller den Sund nach der Scylla benennen (I 96 A. 1), so denken sie dabei nicht an die stra- tegische Wichtigkeit des Platzes, sondern an die Dichtung Homers. 3) Die Alten haben das Schreckbild sovvol auf Seeraub (l 105) als auf den im Sund betriebenen Fischfang bezogen (I 111). Nicht blos die Scylla sondern auch deren Mutter hatte ihr Unterkommen ge- funden : letztere als Flufs Cralaeis d. h. einer der zwischen Bagnara und Scilla mündenden Bäche. 4) Reichlich 7 km von Scilla biegt die Küste von Westsüdwest nach Süd um. Die Spitze, Punta del Pezzo ist r; Kalvvg promunturium Caenus, zwischen welchem und dem Cap Pelorum auf sicilischer Seite der Sund am meisten eingeengt ist. 5) Den Absland rechnet Thukydides richtig zu 20 Stadien 6), während andere Angaben viel zu niedrig ausfallen (l 96 A. 2). Vom Vorgebirge gelangte man nach 1 km zu einem Heiligtum des Poseidon bei Villa S Giovanni, wo in der Kaiserzeit eine Säule Columna Columna Regia i) "Pi^yivtov orvlig den gewöhnlichen Ueberfahrtsort be- zeichnete, ■') Das Reisebuch setzt hier den Abschlufs der von Mai- land und Rom nach Sicilien laufenden Reichstrafsen an. Eine Sage läfst König Authari die Säule mit seiner Lanze berühren und erklären dafs der Langobarden Gebiet bis hierher reiche, ^j Die Entfernung von Regium beträgt 100 Stadien = 10 Millien.^) P. Po- pilius der seine Slrafse von Capua bis Regium geführt hat, nennt

1) Strab. 1 20. 23. 24 VI 256 Appian b. civ. IV 85 V 85 Ptol. III 1, 9 Dio XLVIII 47; Prokop b, Goth. IV 20 oqos to ^xvXaiov.

2) Plin. III 73, iMela II 68 Scylla, Geogr. Rav, IV 34 Silaceon, Guido 43 Scillaceum.

3) Prokop b. Golh. III 18. 27 IV 26.

4) Plin. III 73; Geogr, Rav. IV 34 Guido 43 Oraler.

5) Slrab. VI 257 Plin. III 73; Geogr. Rav. IV 34 Cocineon Guido 43 Coc- cinium wol aus einer Zusainmenziehung von Columna und Caenus entstanden.

6) Thukyd. VI 1 das Stadion von 148 m oder 165 m ist gemeint.

7) Strab. Vr257 Plin. III 71. 73. 86 It. Ant. 98. 106. 111.

8) Paul. h. Lang. 111 32.

9) Suab. a. 0,, die Ziffer bei Plinius ist zerstört, auf der Bahn sind von Villa S. Giovanni bis Reggio 15 km.

§ 2. Das Südland. 963

als Ort der Ueberfabrt ad Statuam 6 Millien von gedachter Stadt. i) Die Station fällt in die Nähe von Galileo superiore.

Von Capua sind nach der Inschrift des Popilius 321, mithin von Rom 452 Millien bis 'Prjiov Regium Reggio di Calabria.2) Heut zu Tage Hauptstadt der Provinz CalabriauUeriorel mit 3164 Dkm, umfafste sie in römischer Zeit einen gröfseren Bezirk. Der Aus- druck ^ 'Pr]yivtüv x^QQovi]Oog dehnt ihn über das breltiscbe Süd- land 3), /iirjTQo/tlig rrjg Bq^rrLag gar über ganz Bruttium aus. *) Im 4. Jahrhundert schlagen die Correctoren von Lucanien und Bruttium wie in Salernum (S. 826) so auch hier ihren Sitz auf. &) Man könnte erwarten dafs bedeutende Denkmäler von dieser Ver- gangenheit Zeugnifs ablegen würden. Allein Regium ist von Gothen Saracenen Pisanern Normannen und zweimal von Türken zerstört, als schlimmstem Feind vom Erdbeben wiederholt heimgesucht worden, zeigt in Folge dessen wie das gegenüber liegende Messina ein ganz modernes Aussehen. Damit ist die monumentale Ueberlieferung auf Grabfunde und Inschriften beschränkt. Wir mögen dies bedauern, insofern das städtische Leben stärker entwickelt war als anderswo. Zwar können die Agrumen- und Olivenhaine die gegenwärtig den Saum des Hochgebirgs schmücken, den gartengleichen Anbau im Altertum veranschaulichen; der Reginer zählte zu den besseren Marken der Kaiserzeit ö)^ in Rhegion ist die Platane (I 442) um 400 V. Chr. zuerst auf italischem Boden eingebürgert worden. '') Aber an Ausdehnung kam die Feldflur der lokrischen, vollends der krotoniatischen nicht gleich: nach Süden wurde sie durch den Halex begrenzt (S. 955), überschritt im Norden, einschliefslich Taurianum, kaum den Metaurus (S. 960). Was die Stadt grofs gemacht hat, war ihre Lage an einer belebten Weltstrafse. Allerdings kann sich ihr Hafen nicht mit dem nur 11 km entfernten Hafen Messina's ^) messen, der zu den besten am Mittelmeer gehört. Jedoch ist der

1) CIL. X 6950. 56—58.

2) Im Lateinischen ohne Aspiration, daher der Natne von regius abgeleitet werden konnte Strab. VI 258. Die Einwohner Regini, die von Regium Lepidum in der Aemilia (S. 267) Regienses CIL. X 1 p. 3.

3) Plut. Grass. 10, 4.

4) Olympiodor fr, 15 (Müller IV p. 60).

5) Boecking zu Not. Dig. Occ. 435 CIL. X 1 p. 4.

6) Athen. I 26 e Cassiod. Var. XII 14.

7) Theophrast h. plant. IV 5, 6 Plin. XII 7.

8) Richtig It. mar. 491.

61*

964 Kapitel XVI. Bruttlum.

Abstand zwischen dem beiderseitigen Verkehr im Altertum durchaus nicht so erhebhch gewesen wie gegenwärtig. Wenn Rhegion 50 Trieren gegen Dionys stellte, hat Messana eine geringere Rüstung aufgebracht, i) Was ferner das Gewerbe betrifft, dessen Aufschwung mit dem Handel Hand in Hand zu gehen pflegt, so scheint die italische Stadt ihre sicilische Schwester übertroffen zu haben, hat sie doch durch ihre Erzgiefserei zur Zeit der Perserkriege 2)^ unter den ersten Kaisern durch Kunsttöpferei Ruhm erlangt. 3) Endlich ist sie in der Litteratur durch hervorragende Namen vertreten *); den Dichter Ibykos, den ältesten Geschichtschreiber des Westens Hippys, aus jüngerer Zeit Lykos und Theagenes. '") Zur Beherrschung des Sundes haben die Chalkidier zuerst an der sicilischen Seite den verlockenden Hafen von Zankle in Besitz genommen, hierauf gegen Ausgang des 8. Jahrhunderts Rhegion gegründet. Sie wählten eine flache Bucht die nach Nordwest auf Zankle geöffnet und 11 km von ihm entfernt ist, als Ort der Anlage. Ein Gotterspruch hatte sie an den Flufs Axpiag gewiesen : welchem Bach im städtischen Weich- bild dieser unbekannte Name zusteht, wissen wir nicht. 6) An der Gründung nahmen messenische Geschlechter Theil und behielten in der Folge die Leitung des Gemeinwesens.'') Das chalkidische Ge- präge ist dadurch nicht beeinträchtigt worden. Wie die Ufer des Sundes zusammen gehörten und nach der Meinung der Hellenen durch eine finstere Naturgewalt aus einander gerissen worden waren (I 96), so haben sie im Wesentlichen die gleiche Politik verfolgt und gleiche Schicksale erlebt. Der Gegensatz zu Syrakus und den Doriern giebt bei beiden den leitenden Gedanken ab. Was die Haltung der Rheginer auf dem Festland betrifft, so haben sie zwar die Lokrer im Kampf gegen die Uebermacht Krotons unterstützt (S. 951), im Uebrigen mit ihnen in nachbarlicher Feindschaft ge- lebt, die sich sogar auf die unvernünftige Creatur erstreckte (S. 955). Wie die chalkidischen Namensgenossen nahmen sie die Gesetze des

1) Diod. XIV 8. 40, vordem gar 100 XII 54.

2) Pausari. III 17, 6 VI 4, 4 Plin. XXXIV 59.

3) Plin. XXXV 165.

4) Slrab. VI 258 iniifavrj S' oiv nöXiv . . . noXXove avS^ae 7ia^aax(>/*^^V^ n^iove Xiyov TOis ftev xara noXnixr^v o^et^v tovs 8e tcarn natSeiav.

5) Suidas s. v. Müller FHGr. II 12. 370.

6) Diod. VIll 23.

7) Thukyd. VI 4, 6 Slrab. VI 257 Diod. XIV 40, 1 Skymn. 311 Pausan. IV 23, 6 Herakl. Pol. 25 (FHGr. II 219).

§ 2. Das Südland. 965

Cliarondas an und lialten eine aristokratische Verfassung >), gewährten auch zeitweiUg den Pythagoreern Unterkunft. 2) Sodann warf sich 494 Anaxilaos zum Tyrannen auf 3), gewann Zankle das fortan Messene heifst^), schlofs Bünduifs mit den Karthagern^), wurde allein durch das Einschreilen des syrakusischen Königs Hieron an der Bewältigung Lokri's verhindert (S. 954 A. 2). Sein Nachfolger Mikythos be- setzte Pyxus in Lucanien (S. 897) und sandte den Tarentinern Hülfsiruppen gegen die Messapier (S. 871). Aber nach dessen Fort- gang wurde die Tyrannis 461 gestürzt 6), mit der glänzenden Macht- entfaltung und der Politik grofsen Stils war es von nun ab vorbei. Rhegion sucht und findet jetzt seinen Rückhalt an Athen: die Ur- kunde des kurz vor dem peloponnesischen Kriege abgeschlossenen Bündnisses ist noch erhalten. ') Es bildet 427 das Hauptquartier der Athener (S. 955), bleibt dagegen 415 neutral, ^j Der laufende Hase auf den Münzen des Anaxilaos hat den Rheginern argen Schimpf eingetragen und ihre Feigheit zum Sprichwort erhoben. ^) Der heldenmütige Kampf gegen Dionys der 387 mit ihrer Ver- nichtung endigte, straft die Bosheit Lügen. i^j Der jüngere Dionys baute einen Theil der Stadt unter dem Namen Ooißicc wieder auf i^); 351 erlangte sie die Freiheit zurück und unterstützte 345 den Timoleon.i2) Aber die nachfolgenden Wirren rissen die Stadt aber- mals mit sich. i3) Die Furcht vor den Eingebornen trieb sie in Roms Arme. Ihr Vertrauen wurde bitter getäuscht, als die aus Campanern bestehende römische Besatzung 280 die Bürger nieder- metzelte und deren Erbe antrat. Erst 271 ging diese oskische Episode der Stadtgeschichte zu Ende, fand der Treubruch die ge- bührende Sühne die den mamerlinischen Genossen in Messana er-

1) Aristot. Pol, II 9, 5 Heraklides a. 0.

2) Jamblich v. Pyth. 33. 130. 251 Porphyr. 21,

3) Aristot. Pol. V 10, 4 Diod. XI 48.

4) Herod. VI 23 VII 164 Thukyd. VI 4, 6.

5) Herod. Vil 165.

6) Diod. XI 76, 5.

7) Diltenberger P 25.

8) Thukyd. III 86. 88. 115 IV 1. 24 VI 44. 79 Diod. XIII 3 XII 51.

9) Athen. 1 19 f Suidas Xaydis u. a. Head H. N, 93.

10) Diod. XIV 8. 40. 44. 87. 90. 100. 103. 106. 108. 111 fg.

11) Strab. VI 258.

12) Diod. XVI 45. 66. 68 Plut. Tim. 9. 10,

13) Diod. XIX 4.

966 Kapitel XVF. BruUium.

spart blieb. ^) Die wieder hergestellte hellenische Gemeinde hielt ungleich dem benachbarten Lokri (S. 954) unverbrüchlich zu Rom, stellte bei dem allgemeinen Abfall zu Hannibal den letzten Rettungs- anker in Brultium dar 2), trotzte später noch den empörten Italikern.3) Sie bewahrte denn auch innere Selbständigkeit, eigene Münze 4) und wurde nur für den Seekrieg zu Leistungen herangezogen!. &) Auch nach dem Empfang des römischen Bürgerrechts als Municipium 6) verharrte Rhegion bei der Sprache und Sitte seiner Väter ^): das bezügliche Zeugnifs Strabo's wird durch das Vorwiegen der griechi- schen Inschriften gegenüber den lateinischen vollauf bestätigt. §) Ein schweres Erdbeben 91 v. Chr. schädigte den Wolstand vorüber- gehend 9), aber 42 gehörte es zu den 18 Municipien die den Heeren der Triumvirn preisgegeben werden sollten. Octavian verschonte es wie Vibo (S. 958) wegen der Bedeutung die beiden Orten für die Be- kämpfung des Sextus Pompeius zukam. Immerhin war die Bevölkerung in den Bürgerkriegen so geschwächt dafs 36 die Ansiedlung von Veteranen zweckmäfsig erschien. lo) Von daher schreibt sich die amt- liche Benennung Reginm Julium Regini Julienses, die aber keines- wegs Colonialrecht einschliefst. i') In der Kaiserzeit wird die Stadt öfter erwähnt 12), namentlich in den Gothenkriegen wo sie 410 in Alarichs, 549 in Totila's Hände fiel.i^) In allen Wechseln des Schicksals ist ihr Ansehen nie erloschen. i*)

1) Pol. I 7 Diod. XXll Ifg. Dion. H. XX 4. 5 Oros. IV 3 Liv. XV XXI 31 Appian Samn, 9 Dio fr. 40, 7.

2) Pol. IX 7, 10 27, 11 Diod. XXVI 13 Appian Kann. 44 Liv. XXIII 30 Regini tantumniodo regionis eins et in fide erga Romanos et potestaiis suae ad ultimum manserunl, XXIV 1 XXVI 12 XXIX 6.

3) Diod. XXXVII 2, 13.

4) Momniseii Münzwesen 325.

5) Liv. XXVI 39 XXXV 16 XXXVI 42 XLII 48.

6) Gic. Verr. IV 26. 135 Phil. I 8 ad Farn. XII 25, 3.

7) Strab. VI 253 Gic. pro Archia 5. 10.

8) Kaibel p. 150 fg. Not. d. Scavi 1902 p. 44.

9) Obseq. 54 Slrab. VI 258.

10) Strab. VI 259 vgl. Appian b. civ. II 95 IV 3. 25. 39. 85. 86 V 81. 84 Dio XLVIIl 18. 47 Suet. Aug. 16.

11) Plol. III 1, 9 CIL. X p. 3. 1003 Eph. ep. VIII p. 70.

12) Tac. Ann. I 53 Suet. Tit. 5 Mela II 68 Plin. III 43. 73. 86.

13) Histor. Mise. Xlil 27 XVIII 16. 19 XIX 24 Prokop b. Goth. I 8 III 18. 37. 39. Jord. Get. 309.

14) Gassiod. Var. XII 14 Paul. h. Lang. II 17.

§ 2. Das Südland. 967

Bei den Alten ist auch von xo '^Fr^yiov aTLQVixrQiov die Rede.i) Darunter hat man das 6 Millien von der Stadt entfernte Capo d Pellaro zu verstehen das mit dem jenseitigen Capo di Scaletta den Sund auf 14 km einschnürt. Strabo überträgt irrig auf dies Vor- gebirge den Namen ^evKonixQa der dem südwestHchen Vorsprung des Festlands Capo dell' Armi unter 37^ 56' zukommt. 2) Er heifst auch nixQa xr^g 'Pr^ylvrig^), führt aber regelmäfsig das von der hellen Farbe des Gesteins herrührende Beiwort. Die Entfernung von Rhegion wurde auf 15 Millien' bestimmt. Bei Leucopetra nahm man das Ende von Sila und Appennin an. Da die Schiffe am Cap ihren Curs änderten und bei widrigem Wind am Lande Schutz suchten ^), ist eine kleine Ortschaft gleichen Namens ent- standen. °)

1) Thukyd. IV 24, 4 VI 44, 2 Skylax 12 luslin IV 1, 7 vgl. (Arist.) mir. ausc. 130.

2) Strab. VI 259 Plin. Ill 74 Ptol. III 1, 9 Dion. Per. 79 Cic. Phil. I 7 ad Att. XVI 7, 1. Vereinzelt heifst auch das iapygische Cap Leuca (S. 884) Leu- copetra Tarentinorum Cic. ad Att. XVI 6, 1.

3) Thukyd. VII 35.

4) Äppian b. civ. V 109 Cic. Phil. I 7 ad Att. XVI 7, 1.

5) Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 1 Guido 31. 72.

Antike Ortsnamen.

Das Verzeichnits enthalt nicht nur die im Handbuch besprochenen , sondern auch diejenigen Oertiichkeiten die der Kürze -wegen übergangen sind. Während im ersteren Falle auf dio Darstellung , wird im letzteren auf das ZeugniCs des Altertums verwiesen. Die zahlreichen von Personen entlehnten Gutsnamen blieben unberücksichtigt. Was die Stadt Rom betrifft, so ist nur eine Auswahl von Namen angeführt worden : über die reichhaltige Litteratur zu diesen Angaben gewährt Hülsen's Nomenciator nähere Auskunft.

Abala? port. Brutüum Appian b. civ.

V 112 vgl. Balarus Abas fl? Sleph. Byz. '^/Sat Abella mun. Avella Campaniea 754 Abellinates gens Samnium 823 Abellinates Marsi inun. 822 Abellinates Frotropi mun. 822 Abellinum mun. col. Avellino 822 Abolani pop. Latium 556 Aborigines gens Latium I 531 II 555 Abrutium Teramo? 428 A. 7 Absyrlides ins. Brioni Istrien 241 Abydum opp. Apulien Steph. Byz. Academia villa Cumae Camp. 735 Acalander fl. Thurii Lucanien 921 Accienses pop. Latium 556 Acelum mun. Asolo Veneter 223 Aceronia Auletta Lucanien 901 Acerrae opp. Pizzigheltone Trans-

padana 192 Acerrae mun. Acerra Campanien 754 Acerrae Va fr iae opp.Umbrien Plin.

III 114 Aceruntia mun. Acerenza Luc. 908 Acheron fl. Caronte Bruttium 933 Acherontini? Brutlium 933 A. 8 Acherusia paiiis Lago del Fusaro

Campanien 726 Acidios? Lucanien 909 A. 3 Aciris fl. Agri Lud 336.34311 909 Acra Japygia prom. Gap Leuca Ca-

labrien I 539 A. 3 II 884 Acropolis opp. Agropoli Lucan. 894 Acuca opp. Apulien Liv. XXIV 20 Addua fl. Adda Transpadama I 180.

188 II 188

AdriaAdriacumAdrianumAdri-

aticum mare Adria 190 Adtine retine Spoleto-Terni 404 A. 8 Adula mons St. Gotthard 1148 Aecae mun. Troia Apulien 844 AecaluMi opp. = Aeclanum.'' 817 A. 5 Aeclanum Aeculanum mun. col.

Mirabella Eclano Hirpiner 817 Aedro port. Chioggia Veneier 219 Aeflanus mons Colle Faustiniano

Latium 614 Aefula opp. Colle Faustiniano Lat. 614 Aegates ins. W Sicilien I 369 Aegetini? mun. Calabrien Plin. III

105 vgl. Azetium Aegilion ins. s. Capraria Aegusa ins. Favignana Sicilien I 370 Aemilia regio Romagna 3.243 Aemilia via Rimini-Piacenza 243 Aemil ia Scauri viaPisa-Dertona 143 Aenaria ins. Iscbia Campanien 1266

83 II 729 Aenea opp. Janiculum Rom 490 A. 1 Aeoliae ins. Liparen 1 272. 369 A e q u a m . . . pag. Volcei Lucanien 902 A e q u a n a vic. Vico Equense Camp. 769 Aequanus pag. Benevenl Samn, 814 Aequi gens I 514 II 461 Aequiculi mun. Cicolano 462 Aequimelium Rom Varro LL. V 157 Aequum Fall scumstat. Via Flaminia

Elrurien 364 Aequum Tuticum vic. S. Eleulerio

Samnium 816 Aesarus fl. Esaro Croton 93S Aesculetum Rom Plin. XVI 37

Antike Ortsnamen.

969

Aeseinia col. mun. Isernia Samn. 795 ad Aesim Scheggia Umbiien 390 ad Aesim Sinigaglia-Ancona It.

Anf. 316 Aesis fl. Esino Gallische Mark 1 71.

341 II 376 Aesis (Aesulum col.?j mun. lesi Gal- lische Mark 386 Aesolani? pop. Latium 556 A e s u V i u m pralum Rom Plut. Publ. 9 A e thali a ins. s. 11 va Aetna nions Etna Sicilien 1 250. 74.

77. 80 Afilae mun. Affile Aequer 618 Agaminus pag. Ghemme Libiker 177 Aggasus port. Vieste? Apulien 839 Agger Servi Tuili Rom 501 Agida opp. Gapodistria? Istrien 240 Agon es gens Transpadaoa 173 Agrifanus pag. Nola Campanien 756 Agylla opp. s. Caere Agunia fl. Agogna Libiker 11 97 II 177 Aharna opp. s. Arna Alba Do eil! a Riviera Tab. Peut.

Geogr. Rav. IV 32 V 2 Alba Fucens col. mun. Albe Aequer

457 Alba Longa mun. Latium 582 Alba Pompeia mun. Alba Lig. 155 Albana aqua Marino Latium 532 Albana arxGastelGandolfoLalium583 Albana platea Capua 708 Albanum opp. Albano Latium 587 A 1 b a n u s lacus Lago di Caslello Latium

I 261 II 584 Albanus muiis M. Gavi Latium I 252.

60. 79 II 580 Albanus pag. Ligurer Samnium 815 Albenses populi alban. Bund 555 Albenses Fuicentes pag. Prae-

tultier GIL. IX 5146 Albensis pag. Veleia Aemilia 276 Albina fl. Albegna Etr. 1 30711309 Albi tem i US Salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Albula fl. Vibrala.'' Picenum 430 Albula fl.Tevere Latium I 308 Albula fl. Tivoli Latium 610 Album Ingaunum mun. Albenga

Riviera 141 Album Intimilium mun.Ventimiglia

Riviera 141 Alburnus mons Alburno Lucanien

1 242 II 891 Alburnus port. Sele Lucanien 892 Aletium mun. Alezio Calabrien 885

Aletrini mun. Apulien Piin.IlI 105 Ale tri um mun. Alatri Herniker 654 Alex fl. s. Halex A 1 e X a n d r i vic. Porto della Pozzellana

Rom I 317 11 547 Alfaterni gens Samnium 772 Alfaterni pop. Aequer Plin. 111 108 Alfellani mun. Apulien Plin. 111 105 Algae port. Elrurien It. mar. 498 Algidum Val Molara Latium 595 Algidum opp. Castel dell' Aglio La- tium 595 Algidus mons Selva dell' Aglio La- tium I 261 11 596 Alia fl. Fosso della Bettina Lat. 606 Aliana regio Alagna Libiker 176 Alianus castel. Genua GIL. V 7749,

17 Aliternum=GapuaI331 A.3II697 Allia s. Alia

Allifae mun. col. Alife Samnium 798 Alma fl. Alma Etrurien It. mar. 500 Almanicenses Almanticenses

Seealpen CIL. V 7869 p. 1092 Almo fl. Acqualaccio Rom 547 Alpe Apennina Riviera 146 Alpe Cottia M. Genevre 151 Alpe Graia KL Bernhard 1 147.

59 II 173 Alpe Summa Seealpen 135. 138. 140 Alpes Appenninae 1219 Alpes Atrectianae 1 147 A. 4 Alpes Garnicae 1 149 Alpes Geutronicae 1 147 A. 3 Alpes Gottiae 1 146. 57 11 149 Alpes Graiae I 147. 58 11 167 Alpes Juliae I 149. 66 Alpes Maritimae I 146. 57 II 134 Alpes Noricae I 149 Alpes Poeninae 1 147. 59 II 167 Alpes Rae ticae 1 148 Alpes Tridentinae I 149 II 210 Alpes Venetae I 149 Alpis Bardonis Bardi Aemilia I 219

A. 3 Alpis J ulia M. Genevre 151 A. 5 Alpis Julia Biinbaumer Wald 234 Alsa fl. Ausa Garner I 196 A. 1 II 229 A 1 s i e ti n u s lac. L. di Marlignano Etru- rien I 260 11 350 Alsium col. Palo Elrurien 350 Alsuca Val Sugana Alpeu 223 Altanum Squillace-Reggio iL Ant.

115 Althaenus fl. Rio degli Angeli Apu- lien 838

970

Antike Ortsnamen,

Altinum mun. Altino Veneter 222 AI usias fl. s. Lusias A 1 y n lus fl s. Haies Anrjaltlieae cornu villa Vibo Athen.

XII 542a Amalune fl. Malone Tauriner Geogr.

Rav. IV 36. Amantia Amantea Brultium Geogr.

Rav. IV 32 vgl. Tab. Peut. Annicia Amasenusfl. Aniaseno Lat. 1 325 II 639 Ambitrebius pag. Veleia Aem. 276 Ambuleius ager Mincio Venelien

Joid. Gel. 223 Amentinus minor pag. Rom CIL. VI

251 Ameria mun. Amelia Umbrien 399 Amerinum castel. Umbrien 400 Ameiiola opp, Latium 563 Ametinum mun. Etrurien 371 Aminaei pop.'' Campanien 691 A. 1 Amiternum praef. mun. S. Viltorino

Sabina 470 Amiternum opp. Volskei? 679 A. 5 Amitinnm s. Ametinum Am peius opp. Sleph. Byz. Amphitheatrum Flavium Rom

538 Ampsanctus lac. Mefita Hirpiner I

242. 71 II 819 Amunclae opp. Aurunker 658 Amyclae s. Amunclae Anagnia mun. Anagni Herniker 651 Anagniae pontinisches Gebiet 651 A. 8 A nagnis castrum Nano Alpen 211 A. 1 Anamari? gens Cispadana I 473 A.

2 477. 81 Ananes? gens Cispadana I 473 A. Anaone porf. Seealpen 137 Anauni pop. Val di Non Alpen 210 Anaurus? fl. Latium Kaibel inscr.

1089 Anaxus port. F. Lignano.'' Carner I

196 A. 1 Ancara opp. Pol. bei Steph. Byz. Anchise opp. Dion. H. I 73 Steph.

Byz. Ancon Anco na col. Ancona Pice-

num 415 Ancyrium opp. Steph. Byz. Suid. Andes vic. Pietole? Mantua 203 A ndres? s. Ananes Anemo fl. Lamone Aem. I 192 II 250 Anesiates vic. Nese Transp. 190 Angaesi gens Lykophr. AI. 1058 Angelum stat. Manuciner It. Ant. 313 Angitiae lucus s. Lucus Fucens

Angitula fl.Angitola Bruttium 956 Angulus mun. Spoltore Vestiner 440 A nid US? Ligurer Liv. XL 38 Anien Anio fl. Aniene Latium I

314 II 604 Aniensis tribus Liv. X 9 Animula opp. Apulien Plaut. Mil.

glor. 654 Fest. 25 M. Phil. V. Georg.

II 134 Aninus vic. Marser CIL. IX 3813 Anio port. Etrurien Mela II 72 s. Pa-

napio Anneianum Este - Modena It. Ant,

281 Anneianum Faenza-Luca It. Ant.

284 Annicia Bruttium Tab. Peut. Annum? Lanciano- Vasto Tab. Peut.

Georg, Rav. IV 31 V 1 Antemnae opp, Antemne Rom 544 Antheia = Antium 627 A. 2 Antin um mun, Civilä d' Antino Mar- ser 456 Antipolis laniculum Rom 490 A. 1 Antium? port. Ligurer Skylax 4 Antium col. Anzio Latium 627 Anxa opp. s, Callipolis Anxanum mun. Lanciano Frent. 780 Anxanum stat. Apulien 849 Anxates mun. Marser 457 Anxia opp. Anzi Lucanien 909 Anxur col, Terracina Latium 640 Apamestini mun. Calabrien Plin. III

105 Apenestae Apulien PtoLIII 1,14 Aphanae opp, Steph. Byz. Hesych.

Zenob, III 92 vgl Apina Apicilia Concordia-Aquileia It, Hier.

559 Apina opp, Apulien Plin. III 104 vgl.

Aphanae Apiolae opp. Latium 563 ApoUinaris pag. Placentia Aem. 274 Aponiana ins. Favignana Aegaten b.

Afric. 2 Aponus fons Abano Veneter 221 Appenninus mons I 217 Appenninus Areliascus et Cau-

dalascus mons Veleia Aemilia CIL,

XI 1147 Appenninus Laevia mons Veleia

Aemilia CIL. XI 1147 April is lac, s, Prilius Aprusa fl, Ausa Aemilia 248 Aprustum mun. Bruttium 933 Apsias fl, Regium Bruttium 964

Antike Ortsnamen.

971

Apuani gens Ligurien I 474 II 283

Apulia regio le Puglie 834

Apuli gens 1 541 II 842

Aqua Acidula Francolise Campa- nien 695 A. 2

Aqua Crabra Tusculum Latium 600

Aqua Diniidia Slabiae Campanien Plin.XXXI 9

Aqua Viva slat. Acquaviva Etr. 367

Aquae Albulae Aique Albule La- tium 610

Aquae Angae Bruttium 931 A. 9

Aqnae ApoUinares Bagni di Vi- carello Eliurien 353

Aquae Auguriae Gael. Aurel. de morbis V 4,77

Aquae ßormiae ßormio Alpen 1S9

Aquae Caeretanae Caerites B. del Sasso Etrurien 349

Aquae Ciceronianae Cumae Cam- panien Plin.XXXI 6

Aquae Cumanae Baja Camp. 732

Aquae Gutiliae Paterno Sabina 475

Aquae Labanae B. di Giotta Ma- rozza Latium 609

Aquae Nepesinae Nepel Etrurien Cael. Aurel. de morbis III 2,45 V 4,77

Aquae Neptuniae Terracina 641

Aquae Nitrodae-es Nitioli Jschia 730

Aquae Passeris Bacucco Etrurien 341

Aquae Patavinae s. Aponus

Aquae Pisanae B. di S. Giuliano Etrurien 291

Aquae Populoniae leCaldane Etru- rien 305

Aquae Posidianae Baiae Campanien Plin. XXXI 5

Aquae Scantiae Campanien Plin. II 240 vgl. Scantia silva

Aquae Senanae Siena Etrurien Cael. Aurel. de morbis II 1,48

Aquae Sinuessanae B. di Mondra- gone Aurunker 665

Aquae Statiellae mun. Acqui Li- gurien 157

Aquae lauri mun. Bagni di Ferrata Etrurien 334

Aquae Vesevinae Vesuv Campa- nien Cael. Aurel. de morbis II 1,48

Aquae Vola terra nae Bagno a Mor- bo? Etrurien Tab.Peut.

Aquae urbis Romae: Alexandrina 549

Alsietina 549 Anio Novus 549. 617 Anio Vetus 51U. 49 Appia 510. 49 An fei a Plin.XXXI 41 Claudia 549. 617 Julia 549

Marcia 521. 49. 617 Tepula 521. 49 Tr aia na 549 Virgo 535. 49 ad Aquas Antrodoco Ascoii Tab.

Peut. ad Aquilam FIorenz-Arezzo 314 Aquiieia col. mun. Aquileia Carn. 229 Aquilis fl. Carner Zos. V 29,4 Aquilo ni a opp. Alfedena? Sauin. 789 Aquilonia mun. Lace<<ogna Hir-

piner 820 Aquilonis mutatio S. Vito Samn. 816 A q u i n u m mun. col. Aquino Vols. 676 Arae Muciae Veji Etr. Plin. 11211 Araxus fous Aslroni Campanien Plin.

XVllI 114 Arcanum praed. Arce Volsker 674 Archippe? opp. Marser 452 A. 1 Arcia Alsa? Carner vita Maximin.

28,8 Arciades fl. Reggio Tab. Peut. Geogr.

Rav. IV 32 V 2 Arcynia s. Hercynia silva Ardaneae s. Herdoniae Ardea col. mun. Ardea Latium 576. Arebrigium stat. Derby Saiasser 173 Areliascus nions s. Appenninus Arentinus mons Praenesle Latium

Vib. Seq. 154 R. Ares? fl. Bruttium 931 Aretbusa fons Fontana di Gassiodoro

Bruttium 948 Argeades fl. Bruttium Varro Prob.

V. Ed. vgl. S. 961 und Arciades Argenia gentilitas Toscolano Garda-

see CIL. V 4871 Argen tan um opp. Bruttium 919 A. l Argen tari US moiis M. Arjjentaro

Etrurien 1 233. 307 II 309 Argen tia Gorgonzola Insnbrer 184 Argetini mun. Calabrien Plin. III 105 Argiletuni Rom Varro LL V 157 Argons port. Porto Ferraio Elba I

368 II 305 Argyripa s. Arpi Arianthe opp. Oenotrer Steph. Byz.

vgl. Aiintlia Aricia mun. Ariccia Latium 591

972

Antike Ortsnamen.

A ricinus clivus Via Appia 591 A ricinus lac. s. Nemorensis Arilica Peschiera Cenomanen 208 Ariminum col. Rimini Acmilia 248 Ari minus fl. Mareccliia Aemilia I

341. 43 II 248 Arinales pop. Umbrien Plin.lIIll4 Arintiie opp. Oenotrer Steph. Byz.

vgl. Arianlhe Ariolicum Thuile Salasser 173 Armenla fl. Fiora Elrurien 1 257.

308. 342 II 311 Ar na muii. Civitella d' Arne Umb. 394 Arnensis tribus Arrone Etrurien 352 Arn es tum s. Ernestum Amine fl. s. Armenta Arnus fl. Arno Etrurien I 303 II 291 Arogas fl. Grocchio Bruttium 945 Arpi mun. 1' Arpa Apulien 846 A r p i n a s praed. S. Domenico Vols. 670 Arpinum mun. Arpino Volsker 671 Arrentia opp. Steph, Byz. Arretinum stagnum Val di Chiana

Etrurien 315 Arretium mun. col. Arezzo Etr. 314 Arsia fl. Arsa Istrien I 80 11 238 Arsia silva r. Tiberufer Rom 360 Artani vic? Cremona Cenomanen CIL.

V 4088 Artemisia ins. Gianutri Etrurien I

369 Artemisium opp. Oenotrer Steph.

Byz. Artena opp. Etrurien Liv. IV 61,11 Artena opp. Artena? Volsker 649 Arten ia Artegna Carner 2:J7 A. 1 Articulanus pag, Ligurer Samn. 815 Arusnates pag. Val Policella Ve- rona 204 Arx Rom 505

Arx Fregellana Arce Volsker 673 Arusini campi Lucanien? 811 A. 6 Asc . . . pagus Asso Transpadana

CIL, V 5216 Asconis fossa Ravenna 253 A s c u 1 u m P i c e n u m col. Ascoli Pice-

no 426 Aselium? mun. Campanien Feldm.

230 vgl. Casentium Asili gens? Picenum 386 A. 7 Asisium mun. Asisi Umbrien 394 Aspia fl. Aspio Picenum 418 Astagus fl. Astico Veneter 218 Astura fl. Astura Latium 030 Astura opp. Astura Latium 629 A tagi s fl. s. Atesis

Atella mun. Sant Arpino Camp. 716 Atem um vic. Pescara Vestiner 439 Aternus fl. Aterno-PescaraI339.431I

439 Atesis fl. Etsch I 192. 99 II 205 Ateste col. Este Veneier I 193 II 217 Athenae opp. Steph. Byz. Athyrnus fl. Volturnus 1 331 A. 3. Atiela saltus Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Atina opp. Veneter Plin. III 131 Atina mun. Atina Volsker 669 Atina mun. Atena Lucano Luc. 903 Atison fl. s. Atesis Atrani mun. Apulien Plin. lil 105 Atria mun. Adria Veneter 214 Atrianns fl. Tartaro Veneter 215 Atrinum opp. Aemilia? Liv. XXIV

47 vgl. 44 Attidium mun. Attigio Gallische

Mark 386 Attinava salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Audena fl. Ligurer Liv, XLI 19 Aufenginates pag? Vestiner Not.

d. Sc. 1899 p. 66. Aufentum? fl. Latium 639 A. 7 Aufidena mun. Gastet di Sangro

Samnium 788 Aufidena-dum stat. Apulien 858 Aufidus fl. Ofanto Apulien 1337.43

II 821. 26 Aufina mun. Ofena Vestiner 441 Aufugum opp. Bruttium Liv. XXX

19 Auginus mons Ligurer Liv. XXXIX 2 A u g u s t a fossa Ravenna-Sagis I 205 II

253 Augusta Bagiennorum mun. Bene

Ligurien 154 Augusta Praetoria Salassorum

col. Aosta Transpadana 171 Augusta Taurinorum col. Turin

Transpadana 163 Augustanus vic. Castel Porziano

Latium 575 Au Ion Tarent Hör, Od. II 6,18 Mar-

tial XIII 125 Aulonia s. Gaulonia Aurini pop. s. Salurnia Aurunca s. Suessa Aurunci gens Campanien I 531 II 657 Auraei Verona-Vicenza lt. Hier. 558 Ausculum mun. Ascoli Satriano

Apulien 845 Ausona s. Suessa

Antike Ortsnamen.

973

Ausones gens Campanien 1524.31.

44 II 657 Ausonia terra Italien I 65. 524 A. 4 Ausonium mare lyrrhen. Meer I 95 Auser fl. Serchio Etrurien I 306 II 289 Austicula opp. Samnium 801 Austranum terrilorium Ostuiii? Ca-

labrien 880 A. 9 Ausuciates pag. Osuccio Transp.

188 Ausugum Borgo di Val Sugana 224 Ausur fl. s. Auser Auximum col. Osimo Picenum 418 Avega saltus Veleia Aemilia CiL. XI

1147 Aveia Vestina praef. Fossa 442 Aveldius fl. Palombariello? Apulien

857 A. l Ave IIa s. Abelia Avens fl. Velino Sabina I 312 A.

3 II 468 Aventia fl. Avenza Etrurien 286 Aventinensis pagus Rom 497 Aventinensis vicus Ariminum 250 Aventinus mons Avenlin Rom 493.

506. 539 Avernus lac Lago Averno Campanien

I 268 II 735 Avesica Aquileia-Fiume It. Ant. 273 Avisione port. Seealpen 137 Axia castei, Castel d'Asso Etrur. 331 Azestum Rom Joan. Ant. fr. 201,6 =

ad Sextum? Azetium mun. Rutigliano Cal. 858

Babia? Plin. XIV 69

Baccanae staf. Baccano Etrurien

I 260 II 356 Badies vic. Via Salaria Picenum It.

Ant. 307 vgl. Befania Badiza opp. Bruttium Pol. XIII bei

Stepli. Byz. vgl. Besidiae Baebiaiia Lorium-Alsium Tab, Peuf.

Geogr. Rav. IV 36 Bae biani s. Ligures Bagienni gens Ligurien 154 Bagiennus pag. Veleia Aemilia 276 Baginas vic. Bastia Ligurien 155 A. 1 Baiae (velties) Baja Campanien 733 Baianus lac. Lucrinersee 732 Baianus sinus Seno di Baja 731 Baiarum portus Porto di Baja 731 Balabo mons Lucanien 901 Balarus port. Bagnara Bruttium 961 Baleianum Aequuni Tuticum-Venu-

sia It. Ant. 112

Baicsium-elium-entium s. Vale-

sium Baletus fl. Abalemarco? Bruttium

Plin. III 72 Ballista mons tose. Appennin Liv.

XXXIX 2 (XL 41?) XLI 18 Balneum Regis caslrum Bagnorea

Etrurien 340 Banaurides ins. Etrurien? Steph.

Byz. Bandusia fons Licenzathal Sab. 616 B a n (1 u s i a fons Venosa Apul. 831 A. 2 Bantia mun. S. Maria di Banzi Lu- canien 907 Bardomagus vic. Insubrer CIL. V

5872. 78 Barduli Barletta? Apulien 858 Ba re tiu m s. Barium Baris opp. s. Veretum Barga salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Barium mun. Bari Apulien 859 Barpana ins. tyrrh. Aleer Plin. III 81 Barra ins. Brindisi Calahrien 876 Basen t US fl. Basento Brut. 932 Basta mun. Vasle Sallentiner 883 Basterbini s. Basta Baiheia via Tarent Pol. VIII 31.35 Batinus fl. Tordino? Picenum 430 Batulum opp. Campanien 756 Ba tus fl. s. Baletus Bauli Villa Bacoli Camp. 733 Bausta s. Basta

Bauzaun m Bozen Brennerstrafse 211 Bechuni Beluni ?gensPtol. 1111,28 Bedesisfl. Ronco Aemilia I 192 II 250 Bedriacum Calvatone Cremona 201 Befania Guido 54 s. Badies vicus Belli liona s. Bilitio Be llun um mun. Beliuno Veneter 224 Benacenses pop. Toscolano Garda-

see 197 Benacus lac. Gardasee I 180. 81.

90 II 109 Benebendus? Camp. Steph. Byz. Beneventanus pag. Ligurer Sam- nium 815 Beneventum col.BeneventSamn.811 Beneventum stat. Verona-Brescia It.

Hier. 558 Beregra mun. Praetuttier 431 Bergae opp. Bruttium Liv. XXX 19 Berga I ei pop. Val Bregaglia Alpen 188 Bergomum mun. Bergamo Transpa-

dana 189 Beria mun. = Berua? CIL. V 947

974

Anlike Ortsnamen.

Berigiema mons Genua CIL. V

7749.19 Bersula fl. r. vom Po Tab. Peut. Berua niun. Veneter 225 Beruselis salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 B esidi a e opp. BruUium Liv. XXX 19

vgl. Baliza Betifu iu s pag. Scanno Paeligner 450 Betuclelum fl. h vom Po Tab. Peut. Beturboi) opp. Viterbo Elmiien 343 Belurnis s. Biturgia Bexum Pisa -Genua Geogr. Rav. IV

3-2 V 2 Bibola Pisa-Genua Geogr. Rav. IV 32

V 2 Guido 35 Bililio Bellinzoiia Alpen 185 Binbelli pop. Liguiien Pliii. 111 47 Biracellum Eliurien Plol. 111 1,43 ßitiiiia Biluniasalt. Veleia Aemilia

CiL. XI 1147 Biturgia Biluriza u. a. Florenz-

Arezzo 314 A. 3 ad Bi vi um Saccobiücke Rom-Anagni

649 Blaesioia salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Blanda mun. Maratea? Lucanien 899 Bla ndeno Placenlia-W Alpen Gic. ad.

Ouint. fr. II 13,1 Blera mun. Bieda Etrurien 345 Blera Venusia - Taient II. Ant. 121

Geogr. Rav. IV 35 Blondelia vic. Veleia Aemilia CIL.

Xi 1147 Blusliemelus mons? Genua GIL.V

7749,21 Boaceas Luna-Genua It. Ant. 293 BoactesfL Vara Liguiien 1 303 II 148 Bobonia? opp. Sleph. Byz. Bodetia Genua-Pisa lt. Ant. 294 Bodincomagum mun. Monteü da Po

Ligurien 157 A. 3 Bodincus fl. Po I 138 Boedinus pag. Superaequum Paelig- ner CIL. IX 3311 Boielis sali. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Boii pop. Lodi Tianspadana 179 Boii gens Aemilia I 477. 82 II 244 Bola opp. Latium 620 Bondelia Elnirien Ptol. III 1,43 Bononia col. Bologna Aemilia 262 Boplo mons Genua CIL. V 7749,18 Boraliola salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147

Borcani mun. Apulien Plin. III 105 Boreontini gensSamnium Skylax 15 Boron? fl. Vara Ligurien 148 A. 1 Boutes vic.? Lomello CIL. V 6473 BovianumUndecumanorummun.

col. Bojano Samnium I 529 11 793 Bovianum Vetus col. Pielrabbon-

dante Samnium I 528 II 791 Bovillae mun. Latium 585 ad Bradanuni Pesole Lucanien 908 Bradanus fl.Bradano Lucanien I 336.

343 II 850 Braecores Gallianatespag. Galli-

ano Transpadana 188 Bremtonicum castel. Brentonico Tri-

ent PauL b. Lang. III 31 Brenn US mons Biescia Alpen Phil.

V. Georg IV. 278. Bretina Venetieu Ptol. III 1,28 Bren-

tino Brettius fl? Steph. Byz. B rettus opp.? Stepb. Byz. Br i a g o n t i n u s pag. Placentia Aem. 274 Briniates pop. Ligurer Liv. XL! 19

vgl. Friniates ßrinta Brintesia fl, ßrenta Padua

I 194. 203 II 219 Brittii s. Brutlii

Brixellum col. Brescello Aem. 267 Brixia col. Brescia Cenomanen 196 Bro[manenses] vic. Brumano Ber- gamo 190 Broxas Carner Paul. h. Lang. V 23 Brundisii prom. Capo di Leuca I 540

A. 5 Brundisium col. mun. Brindisi Cala-

brien 875 Brundulum port. Brondolo Padua I

203. 206 11 219 Bruttates Bruttii gens I 535 II 926 Bruttium prom. Capo dell' Armi Sal- lust bei Serv. V. Aen. III 400 Mela

II 68 Plin. III 5

Bruttius ager le Calabrie I 244.84.

527. 35 11 924 Brygeides ins. ApoU. Rhod. IV 330.

470 vgl. Absyrlides Bry sta ci a opp. Oenotrer Steph. Byz. Bubetani pop. Latium 556. 60 Buca mun ? Termoli Frentaner 783 Bud a e s. Rndae Bullia stat. Velinis? Vada-Pisa Geogr.

Rav. IV 32 V 2 Bulnetia Pisa-Genua Geogr. Rav. IV

32 V 1 Guido 35 Bulotus fl. Turbolo? Bruttium 951

Antike Ortsnamen.

975

Buraea opp. Steph. Byz.

Busta Gallorum Sigillo Umbrien392

Butonti mun. Bitonto Apulien 857

Butrium mun. Aemilia 255

Bn trotu s s. Bnlotus

Buxen tum col. Policaslro Luc. 897

ßuxenlus fl. Bussenlo Lucanien 897

Cabardiacus fundus Caverzago Ae- milia 274 Cabenses mun. M. Cavi Lat. 559. 80 Caburriates pop. Transpadana I

472 II 164 Caburrum mun. Gavour Tiansp. 164 Cadianum Verona-Vicenza lt. Hier.

558 Caeciua ü. Cecina Etrurien I 306.

42 II 300 Caecinum opp. Bruttium Stepii.Byz. Caecinus fl. Fiumara di Amendolea

Bruttium 955 Caecubus ager Piano di Fondi Neu

Latium 659 Gaedici pop. Aequer Plin. III 108 Gaedicius campus Vestiner Plin. XI

241 Gaedicius vic. Via Appia 665 Gaeianus pag. Benevent Samn. 814 Gaelestini pop. UmbrienPlin.lil 114 Gaelia mun. Geglie di Bari Ap. 857 Gaelia Biindisi Calabrien 880 Gaelia Geglie Messapico Gal. 8S0 Gaelianum Venusia-Heraclea It. Ant.

113 Gaelina opp. Veneter Plin. HI 131 Gaeliolus mons Rom Varro LL. V46 Gaelius mons Rom 492. 538 Gaenia mons Camaion Seealpen I 146 Gaenina opp. Latium 560 Gaeno port. Anzio Latium 627 Gaenus prom. Funta del Pezzo

Bruttium 962 Gaeptiema convallis Genua GIL. V

7749,8 Gaere mun. Gervetri Etrurien 347 Gaeretanus Gaeritis amnis Fosso

della Vaccina 347 Gaeruleus fons Sabina Plin. XXXVI

122 Frontia de aq. 13. 14. 72 GIL.

VI 1256 Caesariana stat. Lucanien 905 Gaesena mun. Cesena Aemilia 258 Gaiatia mun. Gajazzo Samnium 800 Caieta port. Gaela Neu Latium 660 Gaieta prom. Dion. H. I 53 Strab. V

233

Gaieta sinus Golfo di Terracina

Strab. V 233 Galaberfl.? Lucanien Pausan. VI 6,11 Calabri gens I 540. 43 A. 2 II 864 Calabria regio Terra d' Otranlo I

243. 541 II 861 Calagua? col. Gampanien Feldm. 231 Galamarcus? mons Lucanien Frontin

Str. H 4,7 Gluver It. ant. 1256 Galanico stat. Ligurien Tab. Peut.

vgl. Ganalico Galasarna opp. Lucanien Strab. VI

254 C a 1 a t i a mun. S. Giacomo delle Gallazze

Gampanien 716 Galen a arx Frentaner 785 Gales vic. Gagli Gallische Mark 382 Gal es col. mun. Calvi Cimpanien 694 Galetra opp. Etrurien 309 A. 2 312 Galliae opp. Tarent Steph. Byz. vgl.

Gallipolis GaUicula mons Sparanise Gampa- nien 688 Gallifae opp. Samnium 799 A. 2 Gallipolis mun.? Gallipoli Galab. 886 Galor fl. Galore Samnium I 332 II 811 Galor? Galore Lucanien 891 Galor fl. Oberlauf des Tanager 903 ad Galorem Pertosa Lucanien 903 Galypsus ins. Bruttium 944 Gamars opp. Ghiusi Etrurien 323 Camellani s. Nucerini Gamere ager Bruttium Ovid Fast. III

582 Gameria opp. Latium 563 G a m e r i n u m mun. Gamerino Umbr.388 Gamertes gens Umbrien 387 Gampani gens 1 525 H 682. 700 G a m p a n i a regio I 263. 84. 379. 532 H

6S0 Gampanus ager iVlittelcamp. 684 Gampanus sinus Golf v. Neapel 719 GampusMartius Rom 493. 509. 534. Gampus SalinarumRomanarum

Gampo Salino Tiber N. Seile 543 Gamunni Val Gamonica Alpen 197 ad Ganales Venusia-Tarent II. Ant.

121 ad Ganales Larino - Samnium Tab.

Peut. Ganalico stat. Ligurien It. Ant. 295

vgl. Galanico Ganianus satt. Veleia Aemilia GIL.

XI 1147 Ganini campi Bellinzona Alpen 185 Ganna fl.? Aufidus? Liv. XXV 12

976

Antike Ortsnamen.

Cannae mun. Canne Apulien 852 Ganta ins. Pola Istrien 241 Ganterius mons Sabine Varro RR.

II l

Canusium mun. cnl. Canosa Ap. 853 Gapena porta Rom 502. 40.46.698. Capena mun. Givitucola Etr. 371 Gapenas fl. Gramiccia Etrurien 369 Gapenates gens Etr. I 514 II 368 Capilla ti gens Seealpen I 474 II. 134 Capitolium mons Rom 504. 37 Capitolium vetus Rom 540 Gapi tul um Hernicum mun. Piglio?

Neu Latium 651 Gaprae Istiien Geogr. Rav. IV 31 V 14 Gaprae vic. Gapiaia? Umbrien 393 Gapraria ins. Capraja I 367 Gapraria = Gapreae 770 A. 6 Gaprasia Spezzano Albanese am

Giati 918 Gapiasiae ostium Porto di Belocchio

Veneter I 205 II 214 Gapreae ins. Capri Campanien 770 Capriculanus pag. Val di Lauro

Campanien 756 Gaprium castel, Etr. Diodor XX 44 Gapua col. Capua vetere 696 Garaceni gens Samnium I 528 II 789 Garbania ins. Etrurien Mela II 122 Garbanlia Pavia-Turin It. Anf. 340 Carbina opp. Apulien Athen. XII

522 d Carbonaria ostia Po di Ariano I

206 II 214 Garbonarius mons Aequer? Tab.

Peut. Geogr. Rav. IV 34 Ca rein US fl. Corace Brut. I 335 II 945 Gareiae Galera Etrurien 354 Garetini Iniernates mun. Fren-

taner 782. 90 Garetini Supernates mun. Fren-

taner 782. 90 Carissanum castel. Thurii Luc. 822 A Carminia ne nses saltus Garmiano

Galabrien 862 Garni gens Friaul I 479. 87 II 225 Carraca Veneter Ptol. III 1,28 Carreum Potentia mun. Chieri Li-

gurien 157 Garsioli col. mun. Givita Carenza

Aequer 460 Carsitani pag. Aequer? Macrob.Sat.

III 18,5

Garsulae mun. S. Damiano Umbr. 398 Garucla salt. Veleia Aemilia CIL. XI 1147

Carustum opp. Ligurien Liv. XLII 7 Garventana arx Castel Lariano?

Latium 595 Carventani pop. Latium 557. 595 A. 3 ad Casas Caesarianas S. Giovanni

Etrurien 314 Casentium? mun. Campanien Feldm.

231 vgl. Asetium Casilinum opp. Gapua Camp. 711 Casilinus fl. = Voltuinus I 331 Ca sin um mun. Gassino Volsker 677 Gasmonates pop. Ligurien Plin. III

47 Gasperia opp. Sabina Verg. Aen. VII

714 m. Schol. Sil. lt. VIII 415 Vib.

Seq. Himella Gassiciacum Gassago Brianza? Au- gustin conf. IX 3,2 Gastania opp. Tarent Steph. Byz. Gastelliense monasterium s. Viva-

riense in GasteUo stat. Faventia- Luca It.

Ant. 238 Castellum Firmanorum Porto S.

Giorgio Picenum 424 Gastola opp. Etrurien Diod. XX 35 Castra Hannibalis Tifata Campa- nien 710 Castra Hannibalis Roccella Brut-

tium 946 Castra praetoria Rom 540 Castrimoenium mun. Marino Lat. 584 Castrum Inui Incastro Latium 579 Caslrum Minervae Gastro Gala- brien 884 Castrum Novuni col. Giulianova

Picenum 430 Gastrum Novum col. Torre Ghia-

ruccia Etrurien 334 Gastrum Truenlinum s. Truentum Gasuentillani-tini mun. Gasen tino

Umbrien 296 Gasuentus fl. Basento Lucanien I

336. 343 II 908 Gatali pop. Istrien 239 Cataracta? opp. Apulien Diod. XX

26 Gathena? mons Lucanien Frontin

Str. II 5,54 vgl. Galamarcus Ca tillinus pag. Benevent Samn. 814 Cati llus mons M. Gatillo Latium 610 Caturiges pop. Transpadana Plin. III

125 Caturniacus vic. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Gaudalascus mons s. Appenninus

Antike Ortsnamen.

977

Gaudini gens Samnium I 529 11805 Gaudium mun. Montesarchio Samni- um 807 Caulon-ia opp. bei Gaulonia Brutti-

um 950 Cavaturini vic. Genua GIL. V 7749,

38 fg. Geba Ceva Ligurien 154 Gebula Pisa -Genua Geogr. Rav. V 2

Guido 78 Ceios? S. Valentino Marruciner 445 Celeiates pop. Ligurien Liv. XXXII

29 Gelemna opp. Gampanien 756 Gelsilon-inum? Pisa-Vada Geogr.

Rav. IV 32 V 2 Guido 34. 77 Gelsina ins. It. mar. 516 Gemenelum mun. Gimiez Alpen 137 Geneta Geneda Veneter 224 Genomani gens Brescia I 477 II 195 Censorglacenses vic. Gamerino

Umbrien GIL. XI 5632 ad Gentesimum Gentesimo Antro-

doco-Ascoli 426 Gentumcellae port. Givita vecchia

Etrurien 332 ad Gepasias Oderzo-Feltre It. Ant.

280 Geraunii montes Sabina 475 Geraunilia? opp. Apul. Diod. XX 26 Gerbalus fl.GervaroApul. I 338 II 818 Gercei s. Circei Ger Cola? mons Serra Garracino?

Abruzzen 790 A. 4 Gerdiciates pop. Ligurien Liv. XXXII

29 Gereatae Marianae mun. Gasamari

Volsker670 Geresius lac. Lago di Lugano 1180.

87 II 185 Gerfennia Collarmele Marser 455 Gerialis pag. Placentia Aemilia 274 Gerilli-ae opp. Girella Bruttium 928 Germalu s Rom 497 Ger malus vic. Ariminum 250 Geroliensis Rom Varro LL. V 47 Gesennia opp. unbest. Liv. IX 44 vgl.

Serennia Gessernia? Sapri Lucanien 899 A. 8 Geste stat. Turin-Pavia It. Hier. 557 Getanus pag. Benevent Samn. 814 Getus fl. Sele? (Arist.) mir. ausc. 95 Ghalcitis opp. Apulien Steph. Byz. Ghandane opp. Apulien Steph. Byz. Ghaones gens Lucanien I 534. 44 Gharybdis Strafse von Messina I 105 Nissen, Ital. Landeskunde. II.

Choerades ins. S Pietro S Paolo

Tarent 866 Ghone opp. Bruttium 935 Giarne[nses] pag? Feltre GIL. V

2072 Gimetra opp. Samnium Liv. X 15 Ciminia silva saltus mons Etrurien I

257 II 335 G i m i n i u s lac. Lago di Vico I 258 II 356 G i m m e r i u m opp. Avernus Gampanien

Plin.Iliet Gingilia opp. Vestiner Liv. VIII 29 Gingulani mun.Lalium Plin. 111 63 Gingulum mons M. S. Vicino Um-

brien-Picenum 420 Gingulum mun. Gingoli Picenum 420 Ginna opp. Samnium Diod. XIX 76 G i r c a e u s mons M. Girceo Latium 1 4.

222. 324 II 635 Circei col. M. Circeio Latium 636 Gircus Flaminius Rom 510. 534 Gircus Gaianus Rorn 533 Gircus Maritimus Anagni 651 Gircus Maximus Rom 506. 539 Giris fl. s. Aciris Gisa u na opp. Samnium- 814 Gispius mons Esquilin Rom 492. 97 Glampetia opp. Amantea Brut. 928 Glanis fl. Chiana Etrurien I 299. 304.

11 II 315 Glanis fl. = Liris 1329 A. 2 Glanius fl. Lagni Camp. I 333 II 713 Clasius fl. Chiascio Umbrien I 310 Glassis port. Ravenna 253 Glaslidium opp. Casteggio Aem. 271 Claterna mun. Quaderna Aem. 259 Glaternia Frentaner s. Cliternia Claudia praef. Sabatiner See Ktr. 352 Claudia tribus r. Anioufer 564 Glaudiens [is pagus] Cola Verona

CIL. V 3991 Clavenna Chiavenna Alpen I 162 II

188 Glaxelus mons Genua CIL. V 7749,21 Gleite? opp. Etym. M. Glenna Clavenna? fl. Chiavenna

Aemilia 270 Glesis? fl. Chiese Cenomanen I 189

II 190 A. 2 Clete opp. Lykophr. AI. 1004 vgl.

Gleite Clibanus uious Bruttium Plin. III 96 Cli bes s. Cluviae

Glisiuslacuslvrea?! 182 II 185 A. 4 Cliternia mun. Capradosso Aeq. 462 Cliternia mun? Frentaner 784 62

978

Antike Ortsnamen.

Clitorius? lac. Foligno Umbrien 401 Clitumnus fl. Clitunno ümbrien I

310 II 402 Clocoris fl. Ortona Frentaner Tab.

Peilt. Cloeliae fossae s. Cluilia Clostra Rom a n a Grenzwehr Lat, 630 Chiana man. am Chieiiti Picenum 421 Cluentensis vic. Civitanuova Pice- num 421 Cluentus? fl. Chienti Picenum 421 Cluilia fossa Landgraben Rom 498 Clusinus lac. L. di Chiusi £lrurien

I 305 II 323 Clusiolum opp. Umbrien Plin. III 114 Clusium mun. Chiusi Etrurien 323 Clusius fl. s.Clesis 196 A. 2 Clustumina tribus 561 Cluturnum stat. Samnium Tab. Peut.

Geogr. Rav. IV 34 Cluviae mun. Samnium 789 Cocynthum Monesteraci Brut. 949 Cocynthus prom, Capo di Stilo Brut-

tium 948 Codeta Rom Fest. 58 Colicaria vic. S. Possidonio (Miran-

dola) Aemilia 265 Collatia opp. Lunghezza Latium 563 Collatini mun. Apulien Plin. III 105 Colli na porta Rom 501 Collina tribus Rom 503 Columbaria ins. tyrrh. Meer Plin. III

81 Coiumen mons la Colonna Latium 601 Columna Regia Villa S. Giovanni

Brutlium 962 Comacina ins. S. Giovanni Transpa-

dana 188 Comacinus lac. s. Larius Comara? fl, Vestiner Tab. Peut. Comberanea rivus Genua CIL. V

7749,7. 8 Combulteria s. Cubulteria Comenses gens Transpadana 179.85 ComiUomagus Broni Aemilia 271 Comini pop. Aequer Plin. III 108 Cominium opp. S. Donato Vols. 669 Cominium Ocritum Samnium Liv.

XXV 14 Commelium Ligurien CiL. V 7537 CompitumAnagninum Osteria della

Fontana Herniker 649 Compsa mun. Conza Hirpiner 821 Com um mun. Como Transpadana 185 Concanauni Insubrer CIL. V 5584 Concordia col. Concordia Garn. 228

Confluentes Reno-Lavino Aem. 260 ad Confluentes Rubicon Aem. 247 ad Confluentes A lern um et Ti-

rinum Vestiner 436 C 0 n p e t u mut. Rimini-Cesena IL Hier.

615 Consentia mun. Cosenza Brut. 931 Co n Sil in um castr. Bruttium 949 Consuletus rivus Sabina CIL. IX

4791 Contenebra opp. S Etrurien Liv. VI 4 Copia col. s. Thurii 922 Cora mun. Gori Latium 643 Corbio opp. Rocca Priora? Lat. 596 Coretus mons Reate Sabina 475 Corfinium mun. Pentima Paeligner

I 340 II 447 Gorilla opp. Latium Dion. H. IV 45 Corinenses mun. Apulien Plin. III

105 Corioli opp. M. Giove? Latium 631 Cormones Cormons Carner Paul. H.

Lang. IV 37 VI 51 Corne coUis Tusculum Latium Plin.

XVI 242 Corne ta Rom Varro LL. V 152 Cornetus campus agro Falisco Vi-

truv VIII 3,17 Corniculani montes Latium 563 Corniculanum stat. Ravenna-Atria

Tab. Peut. Corniculum opp. Latium 563 Corogennates vic. Insubrer 183 Correa Potentia mun. Chieri Li- gurien 157 Gorsi gens I 365. 550 Corsica ins. I 362 Corsula opp. Reate Sabina 475 Cortona mun. Gortona Etrurien 318 Gortuosa opp. S Etrurien Liv. VI 4 Cosa col. Ansedonia Etrurien 310 C 0 s a fl. Cosa Herniker 647 Cosa? Thurii 822 A. Cosa na praedia Sabina Suet. Vesp. 1 G 0 s il i n u m mun. Padula Lucanien 904 Cossa Oeiiotrien Steph. ßyz. Gossyra ins. Pantelleria I 276 Costa balenae stat. Riviera 141 Cosyte opp. Umbrien Steph. Byz. Gottii regnum W Alpen 148 Cottiae s. Gutliae Grabra aqua Tusculum Latium 600 Gramones gens Samnium Skylax 15 Granita? monsM.Corno? Zonar. VIII6 Grata eis fl. Bruttium 962 Grat er Golf von Neapel 719

Antike Ortsnamen.

979

Crathis fl. Crati Lucanien-ßruttium

I 336. 343 II 917. 931 Cremera fl. Valca Etruiien 35" Cremona col. Cremona Genom. 199 Cremonis iugum M. Cramont WAlpen

I 147 Crimissa fl, Lipuda Bruttium 935 Crimissa opp. bei Giro Bruttium 935 Crimissa prom. Punta dell' Alice

Bruttium 935 Cri nivolum opp.UmbrienPiin.III 114 Crixia stat. Ligurien It. Ant. 295 Tab.

Peut. Crotalla opp. Bruttium Steph. Byz. Crotalus fl. Alli Bruttium 945 Groton col. Gotrone Bruttium 938 Croton mons? Bruttium 938 A. 3 Grustum er ia-um opp. Latium 562 Crustuminus ager Etr.-Latium 561 Grustum ium opp? Vib. Seq. Schol,

Lucan 11 406 vgl. Cluver 605 Grustumium fl.GoncaOall. Mark 374 Crypta Neapolitana Grotla di Po-

silipo 744 Gubulteria mun, Alvignano Sam-

nium 800 Guburriates s. Gaburriates Cuculum? opp. = Aequiculi 462 A. 4 Gumae mun. Guma Gampanien 721 Cumanus sinus Golf von Neapel 719 Gunerum prom. M. Gonero Picenum

194. 234 II 415 Guneus aureus stat. Splügen Tab.

Peut. Cuntinus vic. Gontes Seealpen GIL.

V 7868 Cupra maritima mun. Marano Pice- num 425 Cupra montana mun. Massaccio

Picenum 419 Cures Sabini mun. Gorrese Sab. 478 Curtius fons Frontin de aq. 13. 14.

72 GIL. VI 1256 Plin. XXXVI 122 Gusuetani pop. Latium 556 Cutilia opp. Givita Ducale Sab. 475 Cutiliensis lac. Pozzo di Latignano

Sabina 476 Cutina opp. Vestiner Liv. VIII 29 Cuttiae stat, Gozzo Libiker 176 Cylistanus opp. Etym. M. Cylistarus fl. Lykophr. AI. 946 Cyterium opp. Oenotrer Steph. Byz.

Daedalea opp. Steph. Byz. Dardi gens Apulien Plin. III 104 Daunia Capitanata I 541 II 839

Daunii gens I 54 t II 845

Dann ium opp. Lykophr. AI. 1254

Steph. Byz. Dann US fl.? Fiumara di Venosa 829

A. 5 Debelis salt. Veleia Aemilia GIL. XI

1147 Decastadium Squillace-Reggio It.

Ant. 115 Decennovium Pont. Sümpfe 639 Decennovius rivus Linea Pia La- tium I 326 II 639 Deciaui mun. Galabrien Plin III 105 ad Decimum Turin -Pa via It. Hier.

556 ad Decimum Pavia-Mailand It. Hier,

557 ad Decimum Giampino Rom - Tus-

culum 597 ad Decimum Brindisi - Ganosa It.

Hier. 609 Dectunines vic. Genua GIL. V

7749,38 fg. Delphini portus Portofino Riv. 146 Dertona col. Tortona Ligurien 158 Dia opp.? Alpen Steph. Byz. Diana Tifatina praef. S. Angelo in

Formis Gampanien 710 Dianensis vic. Ariminum 250 Dia n ium ins. Gianutri Etrurien I 369 Dianius pag. Veleia Aemilia 276 Dicaearchia s. Puteoli Digentia rivus Licenza Sabina 616 Dinium salt. Veleia Aemilia GIL. XI

1147 Diomedeae ins. Tremitiinseln Adria I

371 Dioscoron ins. Bruttium 944 Dioscurias prom. Gapo Rizzuto

Bruttium 944 Dirini mun. iMonopoii? Apulien 860 Dolates Sallentini mun. Umbrien

I 543 A. 2 Doliola Forum Rom Varro V 157

Fest. 69. D 0 m i t i a n a positio N Lido des Argen- taro Etrurien 311 A. 3 Domitius pag. Veleia Aemilia 276 Draco fl. Draconcello Gampanien 761 Dripsinum mun. Ligurien 157 Drium mons M. S. Angelo Apul. 838 Dubios stat. Nocera-Ancona 388 ad Duodecimum Susa - Turin It.

Hier. 556 ad Duodecimum Padua - Altino It. Hier. 559

62*

980

Antike Ortsnamen.

ad Duodecimum Olranto - Brindisi It. Hier. 609

Duplavilis Duplavenis Veneter Venaiit. Fort. v. S. Marl. IV 668 Paul. H. Lanpr. II 13

Duria fl. Doia Riparia Cotlisches Reich I 185 II 150

Duria Bautica fl. üora Baltea Sa- lasser I 185 11 168

Duriae stat. Domo Libiker It. Hier. 557 Amm. XV 8,18

Duronia opp. Samnium 679 A. 5

Eba.'" opp. Etrurien Ptol. 111 1,43 Eboreius pag. Libarna Ligurien 158 E bro port. Tab. Peut. s. Aedro Eburum niun. Eboli Lucanien 901 Ebutiana Samnium Tab. Peut. Ecetraopp. Monte Fortino? Vols.649 Echetia opp. Steph. Byz. Ecetra? Edrum? Idro Cenomanen 197 Edus fl. Genua CIL. V 7749,7 fg. Egna tia s. Gnatia Eilen ia opp. Metapont Et. M. Suid.

(Arist.) mir. ausc. 108 Elea s. Veiia Eleana s. Hellana Eleates sinus Busen v. Velia Appian

b. civ. V 98 Strab. VI 252 Electrides ins. Po Istrlen 241 Elees fl. s. Haies Eleutii pop. Apulien Steph. Byz. Elleporus fl. Slilaro? Brultium 949 Elpia = Salapia 849 A. 10 Elymi gens Sicilien I 469 546 Empor! um? Empoli Elr. 292 Emporium Rom 539 Eroporium Campanien? Steph. Byz. Emporium port. Medma Biut. 960 Empulum opp. Latium 615 Endidae Egna Brennerstrafse 211 Eniseca rivus Secca Genua CIL. V

7749,22 ad Ensem? Scheggia Umbrien 390 Entella fl. Lavagna Riviera 146 Eolane Po s. Volane. Epanterii Montan i pop. Ligurien

Liv. XXXIII 46 Ephyra opp. Campanien? Steph. Byz. Epizephyrii pop. s. Locri Epopeus mons Epomeo Campanien

I 252 11 730 Epopis mons Locri Bruttium 958 Eporedia col. Ivrea Salasser 169 Equus Magnus s. Tuticus s. Ae-

quum Tuticum

Eranusa ins. Bruttium 944

Eretenus fl. Retrone - Bacchiglione Veneter 218

Eretum vic. Sabina 479

Ergitium Apulien 842

Eribianus collis Sparanise Campa- nien 688

Eridanus fl. Po I 183 H 213

Erimum opp. Oenotrer Steph. Byz.

E r n e s t u m stat. Bari-Brindisi It. Ant. 315 vgl. Arnestum

E s q u i 1 i a e opp. Esquilin Rom 492. 95

Esturri pop. Stura? Plin. 11147.135

Esubiani s. Vesubiani

Ethae? opp. Bruttium Diod. XXI 3

Etruria regio 1 231. 54. 99. 306. 417 n 3. 278

Etrusci gens I 493 fg. II 278

Eudracinum S. Remy Salasser 172

Euganei gens i486. 91

Eugiton fl. Bruttium Varro Prob. V. Ecl. vgl. S. 961

E u p il i s lac. Brianza I 182 H 180

Euploea Neapel 745 A. 5

Eurotas fl. = Galaesus 870

Fabaris fl. s. Farfarus Fabia tribus r. Tiberufer 564 Fabia nus pag. Solmona Paeligner450 Fabrate ria Nova col. Falvalerra

Volsker 656 Fab rate ria Vetus mun. Ceccano

Herniker 655 Faesulae mun. col. Fiesole Etr. 293 Fagifulae mun. Montagano Sam- nium 792 Fagutal Esqnilin Rom 497 Falacrinus vic. Civila Reale Sab. 468 Faleria port. s. Falesia Falerii Novi mun. Falleri Etr. 365 Falerii Veteres opp. Civila Castel-

lana Etrurien 363 Falerio mun. col. Falerone Pic. 423 Falerna tribus N Campanien 692 Falernus ager N Campanien 6S9 Falernus mons Falerone Pic. 423 Falesia port. Porto Falese Etr. 304 Falinates pop. Umbrien Plin. III 114 Falisci gens S Etrurien I 513 H 362 Fanum Fortunae col. Fano Galli- sche Mark 384 Fanum Fugitivi stat. Spoleto-Terni

Umbrien 404 Fanum Voltumnae Montefiascone? Etrurien 341

Antike Ortsnamen.

981

Farfarus fl. Farfa Sabina I 314 A.

l II 478 Farra ticanus pag. Piacentia CIL. V

4148. 7356 XI 1147 Fascianus pag. Ligurer Sam. 815 Faustinianus ager Falerner^auPlin.

XIV 62 Faventia mun. Faenza Aemilia 258 Faveria opp. Istrien Liv. XLI 11 Favouienses s. Nucerini Febra ins. Calabr. Serv. V. Aen,XI271 Fecusses pop. Istrien 242 Feliginates pop. Umbrien Fun. 111

114 Felsina s. Bononia Feltria mun. Feltre Veneter 223 Fenectani campi Latium? Liv. VllI

12 Fensernia opp. Campanien 75 Ferentina aqua Rio di Nemi Lal. 558 Feientinum Val d' Ariccia Lat. 558 Ferentinummun.Ferentino Hern. 653 Ferentum mun. Ferento Etr. 341 Feretrus s. Mons Feretrus' Feritrum opp. Samnium Liv. X 34 Feronia lucus Terracina Neu Lat. 640 Fertor £1 Bisagno Genua I 303 II 144 Fertur fl. Fortore Frentaner I 338.

43 II 778 Fescennia mun. Etrurien 366 Festi Arvalenhain Rom 498 Fibrenusfl. Fibreno Vols. I 329II 670 Ficana opp. Dragoncello Latium 562 Ficolea-ulea mun. Via Nomentana

Latium 608 Ficolea mun. Samnium Plin. 111 107 Fidenae mun. Villa Spada Lat. 604 Fidenlia mun. Borge S Donnino Ae- milia 270 Fidentiola vic. s. Fidentia Fifeltares = Peltuinates? Vest. 442

A 2 F i f i c u 1 a n u s pag. Paganica Vest. 442 ad Figlinas Riviera Tab. Peut. ad Finem Vicenza-Padua 218 ad Fines Avigliana Gott. Reich 150 ad Fines S. Giovanni Etr. 171 II 314 ad Fines Fine Etrurien I 71 11300 Firm um col. Fermo Picenum 423 Firronianus sah. Mailand CIL. V

5503 Fiscellus mons Gransasso d' Italia

I 237 II 437 Fisia arx Gubbio Umbrien 391 Fisternae stat. Vigliano Sabina 469 Fistlus s. Puteoli 74

Flanaticus sinus Golf v. Quarnero

I 142 Flaminia regio Mark ürbino 377 Flania vic. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Flavina-ium S Etrurien Verg. Aen.

VII 696 m. Schol. Sil. It. VIII 490 ad Flexum Brescia -Verona It. Hier.

558 ad Flexum S. Pielro in Fine Cam- panien 797 Floreius pag. Veleia Aemilia 276 Florentia mun. col. Firenze Etr. 295 Florentia-iola Fiorenzuola Aemilia

270 Flosis fl. Fiastrone? Picenum 421 Flusor fl. Potenza Picenum 419 ad Fonteclos Piacenza - Parma It.

Hier. 616 Focunates pop. Vogogna? Alpen 184 Folia fl. Foglia Gallische Mark 379 Folianum Foglianise Benevent 814 For(ensis.'') vic. Arminum 250 Forensis pag. Voicei Lncanien 901 Foren tan i mun. Latium Plin. III 64 Foren tum mun. Forenza Venusiner

Mark 831 Foreta ni mun. Venetien Plin. III 130

vgl. 193 A. 4 Foreti pop. Latium 556 F ormiae mun. Mola di Gaeta (Formia)

Neu Latium 659 Formio fl. Risano Istrien I 77 II 238 ad Fornolus Aquileia-Emona It. Hier.

560 Fortinei pop. Latium 560 Fortunensis pag. Bergamo CIL. V

5112 Foruli vic. Givita Tommassa Sab. 469 Forum Alieni Lendinara? Ven. 217 Forum Annii s. Forensis pagus Voi- cei Lucanien 901 Forum Appii mun. Foro Appi La- tium 638 Forum Aurelii Montalto Etr. 327 Forum Brentanorum mun. Um- brien Plin HI 113 LIL. XI 6055 Forum Cassii Vetralla Etrurien 344 Forum Clodii mun. Aem. 268 A. 10 Forum Clodii Luna-Luca Etr. 287 Forum Clodii mun. S.Liberato Etru- rien 352 Forum Cornelii mun. Imola Aemilia

259 Forum Decii mun. La Posta Sabina 468

982

Antike Ortsnamen.

Forum Druentinorum mun. Aemi-

lia 269 A. Forum Esii = F.Decii? 469 A. 1 Forum Flaminii mun. S.Giovanni

Profiamma Umbrien 393 Forum Fulvii mun. Villa del Foro

Ligurien 156 Forum Gallorum Castelfranco Ae-

milia 266 Forum Germa(nici?) mun. Busca

Ligurien 153 Forum Julii Concupiensiummun.

Umbrien Plin.111113 Forum Julii Jriensium mun.

Voghera Ligurien 159 Forum Julii Transpadanorum

mun. Cividale d' Austria Carner 235 Forum Jutuntorum? Transp. 190 Forum Lepidi mun. Reggio Aemilia

267 Forum Licinii Transpadana 190 Forum Licinii mun. Aem. 268 A. 10 Forum Livii mun. Forli Aem. 258 Forum Novum mun. Fornovo Ae- milia 268 Forum Novum mun. Vescovio Sa-

bina477 Forum Novum vie, S. Arcangelo

Trimonü Hirpiner 816 Forum Popilii mun. Forlimpopoli

Aemilia 258 Forum Popilii ex Falerno mun.

Francolise Campanien 691 Forum Popilii Polla Lucanien 903 Forum Populi s. F. Popilii Aemilia Forum Sempronii mun. Fossom-

brone Gallische Mark 383 Forum Subertanum mun. Etrurien

344 Forum Vibii mun. Revello Tauriner

153. 164 Forum Volcani Solfatara Campanien

I 252 II 737 Fossa Stralse v. Bonifacio I 100 Fossa Asconis Ravenna 253 Fossa Augusta Ravenna - Sagis I

205 II 253

Fossa Clodia Chioggia Veneter I

206 II 219

Fossa Cluilia Rom 498 Fossa Fla via Sagis-Atria I 205 II 214 Fossa Graeca campan. Küste 715. 20 Fossa Neronis campan. Küste 1 333 Fossa Philislina Etsch - Atria I

206 11 215 Fossae stat. Alria-Allinum Tab.Peut.

Fossae Papirianae stat. Viareggio

Etrurien 287 Fossiones Atria 1 206 II 215 Fratuertium Lecce - Otranlo Cala-

brien 882 Fratuolum Hirpiner Ptol. III 1,62 Fregellae coi. mun. Opi Volsker 675 Pregellanum stat. Ceprano 655 Fregenae col. Maccarese Etr. 350 Frentani gens I 527 II 778 Frentinum castrum Thurii Luc. 922 Frentrum opp. Lanciano Frent. 779 Frcsilia opp. JVlarser Liv. X 3 Fretum Gallicum Str. v. Bonifacio

I 100 Fretum Siculum Str. v. Messina I

96. 105 Frigid US fl. Wippach Carner I 196 II

234 Friniates pop. Ligurer Liv.XXXIX 2

vgl. Briniates Frurentani gens Steph.Byz.s. Fren- tani Frusino mun. Frosinone Hern. 655 Frusteniae Vestiner 442 Fstaniensis? vic. Marser CIL. IX

3856 Fucinus iac. L, Fucino Abruzzen I

298. 510 II 450 Fulginiae - ium mun. Foligno Um- brien 401 Fundanus Iac. L. di Fondi Neu La-

tium 658 Fundi mun. Fondi Neu Lalium 658 Furcona Civila di Bagno Vest. 442 Furculae Gaudinae Forchia Sam-

nium 806 Furfo vic. S. Maria di Furfona Ves- tiner 442

Gabeil US fl. Secchia Aemilia 264

A. 5 Gabii luun. Casliglione Latium 602 G a b i n u s Iac. L. di Casliglione Latium

602 Gaesaone stat. Cesanne Cottisches

Reich 151 Galaesus fl. Tarent 870 Galeria tribus Rio Galera r. Tiber-

ufer 564 Galli gens I 474 fg. Gallia citerior I 76 II 160 Gallia togata I 78 II 160 A. 5 Gallicus ager Mark Urbino 377 Gallianates pagus s. Braecores Gallinaria ins. Gallinara Riviera 142

Antike Ortsnamen.

983

Gallinaria Silva Pineta di Castel

Volturno Campanien 713 ad Gallinas viila Prima Porta Rom

373 Gallitae gens. Alpen Plin. 111 137 Garbantia stat. Libiker It. Ant. 340 Garda Garda Cenomanen 209 Garga vic. Thurii Serv. V. Georg. 1

103 Garga nus mons Gargano I 241 II 837 Gargarum fl. opp. Metapont Steph.

Byz. (Arist.) mir. ausc. 108 Serv. V

Georg. I 103 Garuli pop. Ligurer Liv. XLI 19 Gaulos ins. Gozzo I 370 Gaurus mons M. ßarbaro Camp. 736 Gennanum Zenano Val Trompia

Brescia CIL. V 4924 Genua mun. Genova Riviera 145 Genusia mun. Genosa Apulien 861 Gereonium opp. s. Gerunium Gerunium opp. Gaslei Dragonara

Apulien 785 Glanis fl. s. Clanis Giern ona mun.? Gemona Garner 237 Gnalia mun. Anazzo Apulien 860 Gorgon ins. Gorgona Etrurien I 367 Gorlynaea opp.? Theopomp fr. 114 Gradus ins. Grado Carner 232 Graeca fossa camp. Küste 715. 720 ad Graecos Florenz-ChiusiTab. Peut. Grai Graioceli gens Alpen 152 Grani mons Aequer? Tab. Peut. Graviscae col. Porto Clemenlino

Etrurien 331 Graxa opp. Calabrien. 77. 887 Grebia vic. Val. Camonica Alpen CIL.

V4962 Grumbestini mun. Grumo Calabrien

858 Grumentum col. Saponara Luc. 909 Gurasium opp. Etrurien Diod. XIV

109 Gurgures montes M. Terminillo Sa-

bina I 237 II 467. 72

Hadria col. Atri Picenum 431 Hadrianus ager Atri Picenum 428 HadriaUcum raare Adrla I 91 A.

4 II 432 Haies fl. Alento Lucanien 895 Halex fl. Alice Bruttium 955 Hamae S. Severino? Campanien 715 Hasta mun. Asli Liguiicn 156 Hasta stat. Riviera Tab. Peut. Geogr.

Rav. V 2

Hasta stat. Etrurien Tab. Peut. Geogr.

Rav. IV 32 V2 H a tri a s. Hadiia Hellana Pistoria-Florenz Tab. Peut.

Geogr. Rhv. IV36 Helorus fl. s. Elleporus Helvillum vic. Sigillo Umbrien 392 Helvinus fl. Salinello? Picenum 430 Heraclea mun. Policoro Luc. 915 Herbanum mun. Etrurien Plin. III 52 Herbelloni It. Hier. 614 s. Hel- villum Hercl(an enses) pag.? Feltre CIL V

2072 Herculaneum mun. Resina Campa- nien 759 Herculaneum opp. Samnium Liv.

X 45 Herculaneus pag. Ercole? Capua

704 A. 7

Herculaneus pag. Ligurer Samn. 815

Herculaneus rivus Sabina - Rom

Frontin de aq. 15. 19 Plin. XXXI 42

Herculanius pag. Placenlia Aemilia

274 ad Herculem Pisa-Vada lt. Ant. 293

Geogr. Rav. IV 32 V 2 Herc(culeus) vic. Brescia CIL. V

4488 Herculis petra Revigliano Campa- nien 766 Herculis porl. Villafranca Seealpen

137 Herculis port. Capo Vaticano Brut- tium 959 Herculis Monoeci port. Monaco

Seealpen 138 H e r c u 1 i s prom. Cap Spartivento Brut- tium 955 Hercynia Silva N- Alpen I 138 Herdoniae mun. Ordona Apulien 847 Hergates pop. Ligurer Liv. XLI 19 Hernici gens 1 515 11647 Hernicus ager mun. 648 ad Hesim s. ad Aesim Hesperia Italien I 59 Hiera ins. Volcano I 250. 72. 80. 83 Himella fl. Imele- Salto Abruzzen

1 312 Himera fl. Fiume Salso Sicilien I 350 Hipponiates sinus s. Vibonensis Hippo nium s. Vibo Hipporum Bruttium It. Ant. 115 s.

Hyporon Hirpi Falisker 368 Hirpini gens Samnium I 529 II 803

984

Antike Ortsnamen.

Hispellum col. Spello Umbrien 396 Histonium mun. Vasto Frentaner

782 Hislri gens 1493 II 238 Histria regio Istrien I 493 II 237 inHonoratianum Aequum Tulicum-

Venusia It. Ant. 103 Hormiae s. Foimiae Horla mun. Orte Etrurien 362 Hortenses pop. Lalium 556 Horticulanus pag. Ligurer Samnium

815 H 0 r 1 0 n a mun. ? Ortona Frentaner 780 Hortulorum collis M. Pincio Rom492 Hostiiia vic. Ostigiia Verona 208 Humagum Umago Islrien Geogr. Rav.

IV 30 V14 Humana mun. = Numana 418 A. 2 Hydruntum Hydrus mun. Olranto

Galabrien 882 Hyele s. Velia

Hylias fl. Fiumenica Brultium 935 Hypsas fl. Beiice Sicilien I 351 Hyporon opp. Bruttium 77. 949 Hyria s. Nola 75 Hyrium s. Urium

I actus? fl.r. vomPoPlin.IlI 118 vgl.

Tab. Peut. laia ladatinus vic. Occimiano Ligurien

CIL. V 7450 lanicolensis pag. Trastevere Rom

497 laniculum mons Gianicolo Rom 490.

533 I a p u d e s gens Kelten? I 507 A. II 389 lapyges gens I 539fg. II 856 lapygia regio s. Apulia lapygum prom. Gapo Cimiti Rizzuto

le Caslella Brultium 944 lapyx fl. Baiice? Apulien 857 A. 1 Idex fl. Idice Aemilia 260 Igiiium ins. Giglio Etrurien I 368 Igiturvium = Iguvium 391 A. 4 Iguvium mun. Gubbio Umbrien I

504 II 390 Ilionenses pop. = Lavinates? La-

tium 574 A. 8 II va ins. Elba Etrurien I 367. 551 II

305 Ilvates gens Ligurien I 551 Imeus mons Forca Caruso Paeligner

435 Imolas castr. Imola Aemilia 259 Inarime ins. Ischia Campanien 729 Inbrinium Samnium Liv. VIII 30

Incia fl. Enza Aemilia 268

I n c i t a r i a port. Porto S Stefano Etru- rien 310

Indus tri a mun. Monteü da Po Li- gurien 157

Ingauni gens Albenga Riviera 142

Ingenan[um] castellum Brescia CIL. V 4488

Insubres gens Mailand I 477 II 179

Interamna Lirinas Succasina col. mun. Termine Volsker 678

Interamna Nahars mun. Terni Um- brien I 313 11405

Interamnia Praetuttianorum mun. Teramo Picenum 430

Interamnium stat. Sybaris 918

I n termanan a? stat. Via Flaminia 364 A. 3

Interocrium vic. Antrodoco Sabina 469

Interpromium vic. Torre de' Passeri Abruzzen 444

Intimilii pop. Ventimiglia Riviera 141

ad loglandem Florenz-Chiusi Tab. Peut.

loventio mons Colle de' Giovi Genua 144

lovis Larene Sulmo-Aufidena Abruz- zen 78S

lovis Tifatinus Piedimonte Cam- panien 710

Ira fl. StalTora Ligurien 159

Iria mun. col. Voghera Ligurien 159

Irini mun. Apulien. Plin. III 105 vgl. S. 839 A. 2

Irmene opp. Veneter Plin. III 131

Irnthie? opp. Picentiner? 75

Irvaccus vic. Veleia Aemilia CIL. XI 1147

Is? fl. Lucanien 895 A. 4

Isacia ins. Lucanien 897

Isarchi pop. Alpen 211 A. 6

Isarcus fl. Eisack Alpen I 192 II 211

Isaurus fl. = Pisaurus

Isla opp. s. Tisia

Issa opp. Reatina Sabina 475

Italia opp. = Corfinium I 72. 340 II 448

Italia terra 1 60fg.

Ilalici 1 72. 83

Italium s. Talium

Ithacesiae ins. Porlo Sa. Venere Bruttium 959

Itone opp. Italien Steph. Byz. vgl. S. 956 A. 1

Antike Ortsnamen.

985

luanelius vicus Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 lulia Augusta Taurinorum col.

Turin 166 luliumCarnicum col. Zuglio Carner

237 Iu[lius] pag. Val Trompia Brescia

CIL. V 4911 lulius pag. Placentia Aemilia 274 lulius port. Avernersee Camp. 735 lunonius pag. Veleia Aemilia 276 luvanenses mun. Failascoso Fren-

taner 781 Ixias opp. Oenotrer Steph. Byz.

Labicanus ager mun. Latium 600 Labici-cum col. M. Compatri? La- tium 601 Labro port. Etrurien Cic. ad Qu. fr.

II 5,3 Labulla Bruttium 926 Lacinium prom. Capo delle Colonne

Bruttium 943 Lactarius mons M. Lattaro Cam-

panien 767 Laebactes pag. Castel Lavazzo Bel-

luuo Alpen 224 L a e V e 1 u s salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Laevi gens Transpadana I 477 II 179 Lagaria opp. Lucanien 910 Lainus opp. Laino Lucanien 906 Lambrus fl. Lambro Transpadana I

1S8 U 180 ad Lamnas Osteria della Ferrata Ti- voli-Alba 617 Lameticus sinus Golf von Sa.

Eufemia 930 Lametini opp. Bruttium 930 A. 6 Lametus fl. Lamato Bruttium 930 Lampetes prom. Cap. Suvero Brut- tium 928 Lampe tia s. Clampetia Lamusium Plut. ParaU. 14 sehr,

Lanuvium Langenses Viturii castel. Genua

Langasco 145 Languvilla Lombardei Prokop b.

Goth. I 15 Lanita pag. Nola Campanien 756 Lanuenses? mun. Frentaner 781 Lanuvium mun. Civita Lavinia La- tium 592 Lapicini pop. Ligurer Liv. XLl 19 Lapillanus pag. Cassino Neu Latium CIL. X 5172

Larene s. lovis Larene

Larice stat. Aquileia-Virunum 236 A. 1

Larignum castel. Alpen Vitruv. II

9,15 Larinates gens Abruzzen I 527 II

780. 84 Larinum mun. Larino vecchio Fren- taner 780. 783 Laris? fl. Lucanien 895 A. 4 Larisa opp. Campanien Dion. H. I 21 Larius lac. Lago di Como I 180.

88 II 187 Larulum? opp. Umbrien Strab. V 227 Latapadon fl. Bruttium Varro Prob.

V. Ecl. vgl. S. 961 Latavius salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Laterium praedium Casamari Vols-

ker 674 Laternii gens Samnium Skylax 15 Latiaris coUis Rom Varro LL. V 52 Latini gens I 519 fg. II 555. 57 Latinienses pop. Latium ö.")'» Latinus ager mun. Latium 556 Latium adieclum I 521 II 553 Latium antiquum I 255 fg. 324.

432. 520 11 553 La tymnum monsKrotoniatisTheokrit

4,19 m. Schol. Laumellum Lomello Libiker 176 Laurentes gens mun. Latium 572. 75 Laurentum vic. Castel Porziano La- tium 575 Laurinienses Val di Lauro Cam- panien 756 Laurolavavi nium s. Lavinium 575 Laus fl. Lao Lucanien I 64. 243.

335 11 898 Laus opp. Scalea Lucanien 898 Laus Pompeia mun. Lodi vecchio

Transpadana 191 LautulaePafsv.TerracinaI328II642

Lautumiae Rom 498

Lavernae pag. Prezza Paeligner 450

Lavern i um Gaeta Cic. ad Att. VII

8,4 de fato fr. 5 La vica ui s. Labicani Lavinium mun. Pralica Latium 573 La vi ni US fl. Lavino Aem. I 191 II 260 Lavinium stat. Scalea Lucanien 898 Leboriae Gebiet von Cumae 724 Lebriemelus fons Genua CIL. V

7749,22 Lemonia tribns Latium 564 Lemurinus mons Genua CIL. \ 7749,14 fg.

986

Antike Ortsnamen.

Lemuris fl. Genua CIL. 7749,7 Lepinus mons Segni Lalium I 238 A. Lepontii pop. Valle Leventina Alpen

1 478 II 180. 84 Lesis Salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Lethaeon mons Lykophr. AI. 703 m.

Schol. Letiis mons Ligurer Liv. XLI 18 Val.

Max. I 5,9 Leuca Leuca Calabrien 884 Leucasia s. Leucosia L e u c e r i s Bergamo- Brescia Tab. Peut. Leucogeus collis Aslroni Neapel 743 Leucomelius salt. Veleia Aemilia

CIL. XI 1147 Leiicopetra prom. Capo dell' Armi

Bruttium 967 Leucopetra Tarentinoium Cap

Leuca Calabrien 967 A. 2 Leucosia ins. Licosa Lucanien 895 Leucothea ins.? Plin. III 83 Leutarnia Lykophr. AI. 978 m. Schol. Leuternia Sallentiner 884 Libarna col. Serravalle Ligurien 158 Libicanus pag. Ligurer Samn. 815 Libici gens Traiispadana I 477 II 174 Libitinus pag. Ligurer Samn. 815 Libui gens s. Libici Liburni gens Picenum 414 Liburnus mons s. Taburnus 787 A. Licirrus pag. Seealpen CIL, V 7923 Liflum? opp. Aequer Diod. XIV 102 Lifoequa? opp. Aequer Diod. XiV

106 Ligea ins. Bruttium 931 Ligures gens I 46S fg. II 131 Ligures Baebiani mun. Gircello

Samnium 814 Ligures Corneliani mun. Sam- nium 815 Liguria regio I 230. 434 II 3. 131 Ligusticum mare sinus I 100. 115 Ligustinus pag. Benevent Samn. 814 Limon villa Chiaia Neapel 745 A. 5 Lingeus fl. Etrurien Lykophr. AI.

I24u Schol. Lynceus Lingones gens Aemilia I 477 11244 Linus prom. Brutlium 931 Lipara ins. Lipari I 369 Liparaeorum ins. Liparen I 250. 72.

80. 83. 369. Liquentia fl. Livenza Venetien I

195 II 224 Liquentia port. Caorle Venetien 224 Lirenates gens Interamna Vols. 678

Liris fl. Liri I 329 fg.

Lis ta opp. Sahina 471

Litana Silva Aemilia 256

Literna palus Lago di Patria Cam- panien 714

Liternum praef.col. Torre di Patria Campanien 714

Liternus fl. Foce di Patria Cam- panien 714

Litubium opp. Retorbido? Ligurien 271 A. 4

L i V i u s pag. Val Trompia Brescia CIL. V 4909

Locanus fl. Bruttium Ptol. III 1,10 Schol. Dion. Per. Geogr. min. II 432

Locri mun. Torre di Gerace Brut- tium 953

Locri Epizephyrii pop. Brut. 952

Locria fons Cap Bruzzano Bruttium Strab. VI 259

Longa ni pop. Latium 556

Longula opp. Buon Riposo? Lat. 631

Longula opp. Samnium? Liv. IX 39

Loracina fl. Cacamele Latium 629

Lorium Bottaccia S Etrurien 351

Lothronus fl. = Volturnus 1 333 A. 3

Lu bell US vic. Veleia Aemilia CIL. XI 1147

Luca col. Lucca Etrurien 287

Lucana palus Lagune v. Paestum894 A. 3

Lucanenses? mun. Atessa Frent. 782

Lucani pop. Volsker 655

Lucani gens I 533 fg. II 106. 889

L u c a n i a regio Basilicala I 242. 334 fg. II 888

Luceoli castrum Scheggia.''Umb. 390

Luc eres tribus Caelius? Rom 497

Luceria Apula col. Lucera Ap. 842

Luco Bormani stat. Riviera 141

Lucretilis mons M. Gennaro Sabina I 238 II 616

Lucretius pag. Saturnia Etrurien N. d.Sc. 1899 p. 485

Lucrinns lac. Lago Lucrino Campa- nien I 268 II 734

Luculla num castellum Pizzofalcone Neapel 745

Lucul(lanus) pag. Benevent CIL. IX 1618

Lucus Feroniae col. Rignano Etru- rien 369

Lucus Fucens mun, Luco Marser 456

Lucus lovis Indigetis Rio Torto

Antike Ortsnamen.

987

Lalium Plin. 111 56 Dion. H. 1 64 Liv.

12 Schol. Ver. V. Aen. 1 260 TibuU

II 5,43 u.a. vgl. S. 571 Lueria (Luna?)opp. Ligurien Fronlin

Strat. III 2,1 Lumone stal, Riviera It. Ant. 296 Luna col. Luni Etiuiien 283 Lupiae mun. col. Lecce Calabr. 881 Luras pag. Veleia Aemilia 276 Lusias fl. Thurii Aelian nat. anim. X

38 Schol. Theokr. 7,78 Athen XII

519c Lymphaeum opp. Brut tium Liv. XXX

19

Macalla opp.Brullium 940 Macra fl. Magra Ligurien I 303 11 131 Macrales pop. Lalium 556 Macri campi Magreta Aemilia 265 Maecia tiibus La tium 593 A. 5 Magna Graecia Italien 1 59 11 925 Maielli pop. Ligurien Plin. 111 47 Maior Graecia Italien 925 Mala ni US opp. Oenolrer Steph. Byz. Maleventum s. Beneventum Malitiosa silva Sabina Liv. 1 30

Dion. H. III 33 ad Mallias Reggio-Nicotera lt. Ant.

106 ad Maium Aquileia - Fiume lt. Ant.

273 M a m a r c i n a opp. Ausoner Steph. Byz.

vgl. Marcina Mamertium opp. Brultium Strab. YI

261 Steph. Byz. Manates pop. Latium 556 Mandela pag. Mandela Sabina 616 Manduria opp. Manduria Cal. 886 Manliana Populonium-Castiglione It.

Ant. 292 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV

42 V 2 Manliana Siena - Chiusi Tab. Peut.

Geogr. Rav. IV 36 Ptol. III 1,43 Mannicelus Colle Maniceno Genua

CIL. V 7749,6. 12 Mantua col. mun. Mantova 202 Marcelliana S.Giovanni in Fönte

Lucanien 904 Marcikia opp. Vietri Picentiner 825 Marcius saltus Ligur. Liv. XXXIX 20 Marcius? mons = Maecius 593 A. 5 Mardonia? opp. Lucanien 934 A. Mare Adrianum 190 A. 6 Marc Ausonium I 95 Mare Etruscum Liv. XL 41 Mare Gallicum 1 101

Mare I b e r i c u m 1 101

Mare Inferum 1 89

Mare lonium I 95

Mare Libycum I 101

Mare Ligusticum 1 100. 115

Mare Medi terra neum 1 101

Mare Nostrum I 102

Mare Sardoum 1 100

Mace Siculum 1 95

Mare Super um I S9

Mare Tuscum I 98

Mare Tyrrenum I 98

Marici gens Transp. I 473 A. 2 II

179 Maricla fl. Marecchia Ariminum 248 Ma rmoreae opp. Samn. Liv. XXVII 1 Marrucini gens Chieti Abruzzen I

518 II 443 Marruvium Marsorum mun. S.

Benedelto Marser 456 Marsi gens Fucino I 515 II 454 Marta fl. Maria Etrurien 1 308 II 329 Martanum porl. Mündung der Marta

Etrurien 329 A, 1 Martiali s pag. Ligurer Samnium 815 ad Martis Oulx Coltisches Reich 151 ad Martis s. Vicus Martis Tudertium ad Martis Pescia Lucca-Pistoia 292 ad .Martis Anlrodoco - Ascoli Tab.

Peut. Guido 54 Martius pag. Libarna Ligurien 158 Maruvium opp. Realina Sabina 475 Massa Veternensis Massa Marit-

tima? Etrurien 306 Massicus mons M. Massico Aurunker

1 264 II 664 Mataurus s. Metaurus Mateolani mun. Apulien Plin.IlI 105 Materina plaga Umbrien Liv. IX 41 Maternum Etrurien 335 A. 2 Maticana? vielleicht Valicana Brut-

tium 959 A. 6 Matilica mun. Matelica Gallische

Mark 386 MatinatesexGargano mun. Matti-

nata Apulien 838 ad Matrem magnam Aequum tut.-

Venusia It. Ant. 103 Matrini vic, le Capannacce Etrurien

I 258 II 344 M a t r i n u m port.Piombamüadung Plce-

num 431 Matrinus fl. Piomba Picenum 431 Matronae mons M, Genevre Cotti-

sches Reich 151 ad Medias Turin-Pavia It. Hier. 557

988

Antike Ortsnamen.

ad Medias Modena-Bologna It. Hier.

616 ad ftledias Mesa Rom-Terracina 634 Mediolanum niun. Milano 180 Medma opp. Liguiien Sleph. Byz. Medma opp. Rosarno? Brutlium 959 Medua? Brutlium 960 A. 1 Meduaci gens Alpen Strab. V216 Meduacus fl. Brenta Veneter I 194.

203 II 219 Meduacus inaior port. Porto di Ma-

lamocco I 194. 207 II 219. 222 Meduacus minor port. Porto Secco?

I 194. 207 II 219 Medulli pop. Savoyen Cottisches

Reich 152 Medullia opp. Latium 563 Medutius pag. Veieia Aemilia 276 Mefanus pag. Benevent Samnium 814 Meflanus pag. Benevent Samn. 814 Mefula opp. Reatina Sabina 475 M egalia = Megaris Megaris ins. Gastet deli' Ovo Neapel

745 Melae opp. Samnium Liv. XXVII 1 Melfa?stat. Fabrateria-Aquino669 A.l Meifis stat. Apulien 858 A. 11 Meligunis ins. Lipara Kallim. Hymn.

3,48 Plin. JII 93 u.a. Melite ins. Malta I 318. 370 M ella fl. Mella Cenomanen I 189 II 196 Meloessa ins. Bruttium 944 Melpes fl. Mingardo Lucanien Plin.

III 72 Melpis fl, Melfa Volsker 669 Melpum opp. Transpadana I 498 Membles fl. Lucanien Lykophr. AI.

1083 m. Schol. Menaria ins. Meloria Livorno Plin.

III 81 Mendicoleius vic. Val Diano Lu- canien Tab.Peut.Geogr.Rav.lv 34

Guido 43 Menecine opp. Oenolrer Steph. Byz. Menoncaleni pop. Istrien 242 ad Mensulas Siena-ChiusiTab.Peut.

Geogr. Rav. IV 36 Mentovini vic. Genua CIL. V 7749,

38 fg. Menturnae s. Minturnae Mercurialis pag.Parma Aemilia CIL.

XI 1147 Merula fl. Merla Riviera I 302 Plin.

III 48 Mesia Silva r. Tiberufer Etrurien 359 M e s i a t e s pop. Val Mesocco Alpen 1 85

Mesma fl. Mesima Bruttium 959 Mesma opp. s. Medma Mesochorum Tarent Tab. Peut.

Geogr. Rav. IV 31. 35 Messanicus fl. Po bei Ravenna 213 Messapia Terra d' Otranto I 540 II

861 Messapii gens I 540 II 864 Metabus s. Metapontum Metapontum opp. Metaponto Lu- canien 911 Metaurum port. Gioja Bruttium 960 Metaurus fl. Metauro Gallische Mark

I 341. 43 11 381 Metaurus fl. Marro Bruttium 960 Mettia salt. Veieia Aemilia CIL. XI

1147 Mevania mun. Bevagna Umbrien 396 Mevaniola mun. Galeata Gallische

Mark 379 Micodes fl. Bruttium Varro Prob. V.

Ecl. vgl. S. 961 Milionia opp. Samnium Liv. X 3.34

Steph. Byz. Milogonis ins. Plin. III 93 s. Meli- gunis Miltopes statio Calabrien Plin. III

101 Mincius fl. Mincio I 189 II 202 Minervae prom. Punla della Campa- nella Campanien 767 Minervia ins. Pola Istrien 240 Mi nervi um opp. s. Surrentum Mi nervi US vic. Nave Brescia CIL. V

p. 440 Minio fl. Mignone Etr. I 308 II 332 Minturnae col. Traetto (Mintnrno)

Aurunker 662 Minucius pons V. Flaminia 408 Misco? fl. Musone Picenum 418 Miseni-um col.Miseno Camp. 728 Misenum prom. Cap. Miseno Cam- panien I 267. 68. 82 11 727 Misenus port. Porto Miseno Cam- panien 727 Misius fl. Picenum Tab. Peut. Misqu ilen(sis) pag. S.Ilaria Asolo

CIL. V 2090 Misus fl. Miso Gallische Mark 385 Modicia vic, Monza Insubrer 183.84 Molee fl. Bruttium Varro Prob. V.

Ecl. vgl. S. 961 Monadi gens Apulien Plin. III 104 ad Monilia Moneglia Riviera Tab.

Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 2 Moninas pag. Veieia Aem. 158. 276

Antike Ortsnamen.

989

Monoeci port, Monaco Seealpen 138 Mons Feretratus = M, Feretrus Mens Feretrus opp. S. Leo Galli- sche Mark 379 Mons Silicis castrum Monselice Ve-

neter 218 Montani gens Ligurien 134 Montanus pag, Esquilin Rom 497 Montes saltus Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Montunates vic.Montonale Ins. 183 Morgetes gens Antiochos Dion. H.I

12 Strab. VI 257. 270 Moscius mons M.di Staletti Bruttium

948 Mucella vallis Mugello Etrurien 296 Muciae arae Veji Etrurien 361 Mugilla opp. Latium Liv. 1139 Dion.

H. Vll! 36 M u 1 e t a s collis Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Mulvius pons Ponte Molle Rom 510.

511. 543 Mnnienses pop. Latium 556 Munio = Minio 332 A. 6 Muranum Morano Caiabro Luc. 918 Murgantia opp. Samnium Liv. X 17

Steph. Byz. Muro stat. Castel Mur, Val ßregaglia,

Alpen It. Ant. 277 Musin US mons M. Musino Etrurien I

260 II 361 Mustiae opp. am Stilaro? Brut. 949 Mutela mons Sabina Feldm. 21 Mutila opp. Istrien Liv. XLI 11 Mutilum castrum Meldola? Aem. 258 Mutina col.Modena Aemilia 264 M ystiae s. Mustiae 77 Myttianus pag. Nola Camp. 756

Nahartes gens Umbrien 389. 405 Napetinus sinus Golf von Sa. Eu-

femia 930 Nar fl. Nera Umbrien I 312 II 405 Naranus pagus s. Nares Lucanae Nares Lucanae pag. ScorzoLuc. 901 Narnia col. mun. Narni Umbrien 406 Natini mun. Apulien 857 A. 3 Natiolum Apulien 858 Natiso fl.NatisoneCarnerl 196 11 229 Nauna emporium Calabrien 886 Naus prom. s. Lacinium 943 Navalia Rom 509 ad Navalia Riviera Tab. Peut. Navelis vic. Seealpen CIL. V 7923 Neaethus fl. Neto Bruttium 935

Neapolis opp. Cittanuova Istr. 240 Neapolis mun.Napoli Camp. 746 Neapolis opp. Polignano Ap. 860 Nema turi pop. Seealpen Plin. III 137

Colum. XII 20. 22. 24 Neminie fons Reatina Sab. 474 A. 2 Nemorensis lac. Lago di Nemi La- tium I 261 II 588 Nemus (Dianae) Nemi Latium 589 Nemus? fl. Feldm. 340,16 Lachm. Nengo fl. Quieto? Istrien Geogr.Rav.

IV 36 Nepe Nepet Nepete col. mun. Nepi

Etrurien 366 Neptunia col. Tarent 874 Nequinum s. Narnia Neretini mun. Apulien Plin. III 105 Neretum mun. Nardö Calabrien 886 Neronia stat. Ravenna-Atria 214 A. 2 Nersa vic. Nesce Aequiculer 462 Nervesia s. Nersa Neruli-um opp.Rotonda Luc. 905 Nesactium opp. Altura Istrien 242 Nesis ins. Nisida Campanien I 252

A. 2 II 744 Neviasca fl. Genua CIL. V 7749,9 Nevidunus salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Nicaea opp. Nizza Seealpen 136 Nicotera opp. Nicotera i5ruttium9D9 Ninaea opp. Oenotrer Steph. Byz. Ningum stat. Triest-Parenzo It. Ant.

271 Nitelius vic. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 N itrodae-es aquae Nitroli Ischia 730 Nodinus fl. Rom Cic. de deor. nat.

III 52 Nola col. Nola Campanien 755 Nomen tum mun. Mentana Lat. 609 ad Nonum Mailaiid-Lodi 191 A. 6 ad Nonum Altino-Padua lt. Hier, 559 ad Nonum Rom-Albano lt. Hier. 612 Norba col. Norma Latium 644 Norba mun. Conversano? Cal. 858 Norbe opp. Latium Plin. 111 68 Nostrum mare I 102 Notium mare = inferum I 98 Nova na mun. Picenum 425 Novanensis vic. Arienzo Camp. 753 Novanus fl. Gallische Mark Plin. U

292 Novaria? fl. = Agogna 177 A. 5 Novaria mun.Novara Libiker 177 ad Novas Siena-Chiusi Tab. Peut.

Geogr. Rav. IV 36

990

Antike Ortsnamen.

ad Novas Rimini-Ravenna Tab. Peut. ad Novas Capua- Gaudium s. Nova-

nensis vicus Novem pagi mun. Etrurien 352 Ko viodun us pag. Placentia Aem. 274 Novus vicus Via Salaria 47S Nuceria opp. Aemiiia Ptol. III 1,42 Nuceria opp. Nocera Terinese Brut-

lium 929 Kuceria Alfaterna mun. col. No- cera de' Pagani Gampanien 772 Nuceiini Gamellani mun. Nocera

Umbrien 393 Nucerini Favonienses mun. No- cera Umbrien 393 Nuceriola-ulae-ia Benevent -Ec-

lano 814 Numana mun. Umana Picenum 418 Numicius(cus)fl. Rio Torto La t. 571 Numinienses pop. Latium 556 Numistro opp. Muro Lucano Luca-

nien 902 Numistro opp. Brultium? Ptol. III

1,65 Nure? fl. Nure Aemiiia 270 Nursia praef. mun. Norcia Sab. 468 Nymphaeus fl. Ninfa Latium 630

Ocelum vic. Chiusa Gott. Reich 150

Ocinarus fl. s. Terina 930

Ocra mons Birnbaumer Wald Alpen

I 149. 166 11 235 Ocra opp. Carner 235 A. 2 Ocriculum mun. Olricoli Unibr. 407 Ocriculum opp. Bruttium Liv. XXX

19 ad Octa vum Turin-Susa It. Hier. 556 ad Oclavum Fano-Fossombrone It.

Hier. 615 ad Octavum Capua-Sinuessa It. Hier.

611 Octulani pop. Latium 556 Odiates vic. Genua GIL. V 7749,38 Oecubaria = Vicus Varianus 261 A. 2 Oena Oenarea opp. Etrurien (Arist.)

mir. ausc. 94 Steph. Byz. Oenotri gens I 526 Oenotria Lucanien I 525 Oenotrides ins. Lucanien 897 Offentina s. Oufentina 639 Oglasa ins. Motilecristo I 368 Ogygia s. Galypsus ins. 944 Olana fl.s. Volane 214 A. 3 Olbia Alpen Posidonios Athen. VI

233 d Olcium s. Volci

Olliculani pop. Latium 556

Olli US fl. Oglio Cenomanen I 189 II

196 Olona fl. Oiane Transpadana 180 Olsi s. Volsci 0 pice Italien I 65 Opici Opsci Osci gens I 524 Opino Venosa-Potenza It. Ant. 104 Opitergium mun. Oderzo Ven. 224 Opiontis stat. Neapel- Pompeji 762 Oppius mons Esquilin Rom 492. 97 Orbitanium opp.Samnium Liv. XXIV

20 Orestis port. Porto Oreste? Brut. 961 Orgus fl. Orco Tauriner I 185 H 163 Orina s. Uria-Nola 757 Orobii gens Transpadana 179 Orra s. Uria Messapia 77 Ortona opp. Latium 602 Orumbovii s. Orobii Orvinium opp. Reatina Sabina 475 Osa fl. Osa Etrurien 309 Oscela? Ossola Alpen 184 A. 6 Osopus Osoppo Garner 237 Ossa mons Lykoplir. A1.697 m.Schol. Ostia col. Ostia Latium 566 Ostia Aterni vic. Pescara Vest. 439 Ostium Caprasiae Porto di Be-

locchio Po 1 205 H 214 Ostium Carbonariae Po di Ariano

I 205 n 214 Ostium Eridanum S. Alberto Po di

Primaro I 205 II 213 Ostium Sagis Porto di Magnavacca

Po 1 205 II 214 Ostium Spineticum S.Alberto Po

di Primaro I 205 II 213 Ostra mun. Montenuovo Gallische

Mark 385 Otesia mun. S. Agata Aemiiia 261 0 ufens s. Ufens Oufentina tribus 639

Paccolicus fl. Bagnara Bruttium 961 Pacinates gens Fest. 222 M. Pactius fl. Lama Paterno? Apulien

857 A. 1 Padi num mun. Bondeno? Aemiiia 265 Padua s. Padusa 213 A. 4 ad Päd um Ravenna-Atria 214 Padus fl. Po I 183 fg. Padus magnus fl. Volane? 214 Padusa fl. Po di Primaro 213 Paeligni gens Abruzzen I 516 II 445 Paesinates pop. Umbrien Plin.Ill 114 Paestum col. mun. Pesto Lncan. 893

ÄDlike Ortsnamen.

991

Paestanus sinus Golfo di Salerno

824 Paesus opp. Apulien Steph. Byz.

Paetinianus pag. Petignano Perugia

Etruiien CIL. XI 1947 Palaepolis opp. Pizzofalcone Neapel

748 Palatinm opp. Realina Sabina 475 Palatium mons Palatin Rom 492.

496. 524. 536 ad Palatium VeronaTrient It. Ant.

275 Palinurum-us prom. Punta Palinuro

Lucanien 897 Palionenses mun. Calabrien Plin.

m 105 Pallanum stal. Paglieta Prent. 781 Pallenses lapicidinae Rom Vitruv.

II 7,1. 5 Pallia fl. Paglia Elrurien I 311 II 337 Palmaria ins. Palmarola I 272. 369 Palmensis ager Giulianova Pic. 428 Palo fl. Paglione Seealpen I 302 II 136 Palsicium opp. Veneter Plin. III 131

vgl. Apicilia Palumbinum opp. Samnium Liv. X

45 Panapio port. Elrurien II. mar. 498 Pandateria ins. Venlotene I 369 Pandosia opp. Apulien (Arist.) mir.

ausc. 97 Pandosia opp. S. Maria di Anglona

Lucanien 916 Pandosia opp. Mendicino Brut. 933 Pantanus lac. Lago di Lesina Apu- lien 836 A. 1 Panna? opp. Samnium Slrab. V 250 Papia Pavia s. Ticinum 190 Papinus mons Aemilia Liv. XLV

12,11 P apiria Iribus Latium 564 Papiriana s. Fossae Papirianae Parentium col. Parenzo Istrien 240 Parma cd. Parma Aemilia 268 Parma fl. Parma Aemilia 268 Parra opp. Orobier 189 Parthenius portus Phocensium Ci-

rella? Bruttium 928 Parlhenope opp. Pizzofalcone Ne- apel 748 Pat avium mun. Padova Venetien I

175. 194. 202 490 fg. II 218 Paternum opp. bei Giro Brut. 935 Palycus opp. Oenolrien Steph. Byz. Paulo fl. s. Palo

Pausilypum villa See von Bracciaao

353 PaHsilypum villa Posilipo Neapel

744 Pausulae mun. S. Claudio bei Pau-

sula Picenum 421 Pedo mun. Borgo S. Dalmazzo Gotti- sches Reich? 149. 153 Pedum opp. Gallicano? Lalium 619 Peithesa opp. Elrurien 74 Pellaon opp. Veneter Plin. III 131 Pelle na fl. Fiume di Squillace Brut- tium 948 Pelluinum praef. mun. Prata Vestiner

441 Penlri gens Samnium I 529 II 793 Perge mons Elrurien Lykophron AI.

805 Perusia mun. col. Perugia Elr. 321 Perusium? Aemilia 261 Pelelia mun. Strongoli Bruttium 936 Petelinus lucus Rom Liv. VI 20 VII

41 Plut. Cam.36 Varro LL. V 50 Petra pertusa Furlopafs Gallische

.Mark 383 Petra sanguinis Bruttium 926 Petrin US vic. Mondragone Aurunker

665 Petronia amnis .\larsfeld Rom 493 PeucaeiSteph. Byz. XavSävj] s. Peu-

cetii Peucetii gens Apulien 1540 11857 Peuceliantes gens Steph. Byz. Phalae Tarent Jambl. v. Pyth" 190 Phalerum s. Neapolis 748 A. l Phelessaei gens Picenum Eudoxos

bei Steph. Byz. Phellus mons Elym. M. 790,10 Pherae opp. Apulien Sleph. Byz. Phistelia s.Puteoli 75. 738 Phlegraeus campus Gebiet von

Cumae I 267 II 724 Phligadia mons (Plecken? I 165)

Strab. IV 20" Phoebia opp. Rhegion Bruttium 965 Phylamus fl. Celone Apulien vgL

Pyramus 846 A. 1 Piccis mous Carner Jord. Gel. 219 Picenles-ini gens 1511 II 413. 823 Picentia opp. S. Maria a Vicenza

Picenliner 825 Picenum regio Mark Ancona u. Fermo

409 Picenum annonarium MarkUrbino

377 Picelia pag.? Latium Dion. H. V 40

992

Antike Ortsnamen.

Picianae silvae Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 ad Picta s Lugnano Rom-Anagni.649 Pincius mons M. Pincio Rom 492. 535 Pineta Lido von Ravenna 251 Pinna Vestina mun. Givita di Penne

Vestiner 439 ad'Pinum Venosa-Heraclea It. Ant.

113 Piquentum opp. Pinguenle Istr. 242 Pirae opp. Aurunker Plin. III 59 Piranum Pirano Istrien Geogr. Rav.

IV 31 V 14 ad Piium Birnbaumer "Wald 235 ad Pirum Cagli-Ancona 392 A. 3 ad Pirum Apulien - Samnium Tab.

Peut. adPirumPhilumeni Fano-Sinigag-

lia Tab. Peut. Pisae mun. col. Pisa Etriirien 288 P isa n d es? LucanienTab. Peut. Geogr.

Rav. IV 35 Guido 48 Pisaurumcol. Pesaro Call. Mark 380 Pisaurus fl. Foglia Call. Mark 379 Piscaria fl. Pescara {= Aternus)

Abruzzen 440 Piscinae Pisa-Vada Tab. Peut. Geogr.

Rav. IV 32 V 2 Pistoriae mun. Pistoja Etrurien 292 Pilhecusa-ae ins. Isciiia I 266 II 729 Pitinum opp. Madonna di Pettino

Satiina 470 PitinumMergens mun, Acqualagna

Gallische Mark 382 Pitinum Pisaurense mun. Mace-

rata Feltria Gallische Mark 379 Pitonius fl. (Pedogna) Giovenco

Maiser 451 Placentia col. Piacenza Aemilia 270 Planasia ins. Pianosa 1 368 Plangenses mun. Umbrien Plin. III

114 Planina mun. Monteroberto Pic. 419 Plateae Krolon Jambl. v. Pytb. 261 Pia vis fl. Piave Veneter 1 194 II 223 Plestia mun. S. Maria di Pislia Um- brien 388 Plestiiia opp. Marser Li V. X 3 Plestinus lac. Lago di Colfiorito

Umbrien 388 Plistica opp. Samnium Liv. IX 21.

22 Diod. XIX 72 Plutium opp. Steph. Byz. Poediculi gens Apulien I 540 Poeninus lac. Lago di Bernardo I

160

Poeninus mons Grofser Bernhard I

148. 156. 159 II 171. 172 Pola col. Pola Istrien 241 Polaticum prom. Punta di Promon-

tore Istrien 242 Poletaurini pop. Latium 556 Poli e fl. Bruttium Varro Prob. V. Ecl.

vgl. S. 961 P 0 1 i e u m opp. s. Siris Polima rtium opp. Bomarzo Etr. 342 Politorium opp. Latium 562 Pollentia mun. Polenzo Ligurien 155 Pollentini mun. Urbisaglia Pic. 422 Pollitium opp. Marruciner I)iod. XIX

105 Pollusca opp. Osteria di Givita? La- tium 631 Pometia s. Suessa Pometia Pometini pop. Latium 634 Pompeii col. Pompei Canipanien I

269. 70. 81. 82. 88. 334. 434. 523

II 19. 31. 37. 43. 44. 46. 48. 51.

53. 62. 67. 518. 762 fg. Pomptina palus Paludi Pontiac La- tium 1 326 II 633 Pomptina tribus I 326 H 634 Pons Aufidi stat. Ponte Sa. Venere

Apulien 820 Pons Aureoli stat. Pontirolo In-

subrer 189 Pons Campanus stat. Savobrücke

Via Appia 554 Pons Drusi stat. Blumau Brenner-

strafse 211 Pons Sonti stat. Aquileia 234 Pontelongo Siponto- Vastolt. Ant.3 14 Ponte Secies Modena-Reggio 264

A. 5 Pontes urbis Romae:

A e li u s(Hadriani) P. S. Angelo 538 Aemilius P. rotto 511 Agrippae 512. 532 Aurelius P. Sisto 532 Cestius (Gratiani) P. S. ßartolo-

meo 532 Fabricius P. Quattro capi 511.

532 Mulvius P. Molle 510.511.543 Probi (Theodosii) 532 Sublicius 511 Pontia ins. Lucanien 897 Pontiae col. Ponza 1 369 II 667 Ponliae ins. Ponzainseln Volsker I

272. 369 II 667 Poptis Salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147

Antike Ortsnamen.

993

Populonium mun. Populonia Etru-

rien 304 Porcifera Porco bera fl. Poicevera

Genua I 303 II 144 Portae ur bis Romae:

Appia P. S. Sebastiane 546 Asinaria P. S. Giovanni 546 Aurelia P. S. Pancrazio 543 Capena 502. 546. 698 Carmentalis 501. 534 Collina 501. 544 Esquilina 501 Flaminia P. del Popolo 543 Flumentana 501. 534 Fontinalis Liv. XXXV 10 Janualis Varro LL. V 165 Latina 546

Lavernalis Varro LL. V 1 63 Metrovia 546 Minucia Fest. 122. 147 Mugonia Palatin Varro LL. V 164 Na e via Varro LL. V 163 Nomentana P. Pia 544 Ostiensis P. S. PaoFo 547 Pandana Varro LL. V 43 Pinciana 544 Portuensis P. Portese 542 Praenestina P. Maggiore 545 Querquetu lana 556 Plin. XVI

37 Fest. 261 Ouiri nalis Fest. 254 Ratumena Fest. 274 Plin. VIII

161 Rauduscula Varro LL. V 163 Ramana-ula Varro V 164 VI 24

Fest. 262. 269 Salaria P. Salara 544 Salutaris Fest. 326 Sanqualis Fest. 343. 44. 45 Saturnia Vatto LL. V 42 Tiburtina P. S. Lorenzo 545 Trigemina 502. 509. 539 Vimina lis 501. 545 ad Portum Malamocco? Veneter 222 in Portu stat. Empoli Etrurien 292 Portns Aggasus Vieste? Apui. 839 Portus Argous Porto Ferraio Elba

I 36b II 305 Portus Augusti Porto Latium 568 Portus Gosanus Etrurien 310 Portus Delphinl Portofino Riviera

146 Portus Faleria Falesia Porto

Falese Etrurien 1 307 II 304 Portus Garnae Lago di Varano? Apulien 836 A. 2 Ni ssen, Ital. Landeskunde. II.

Portus Herculis Villafranca 137

Portus Herculis Porto Ercole Etru- rien 310

Portus Herculis Capo Vaticano Bruttium 959

Portis Herculis Monoeci Monaco Seealpen 138

Portus Julius Avernersee Gampa- nien 735

Portus LoretanusEtrurienLiv.XXX 39,1

Portns Lunae Golf von Spezia Li- gurien 146

Portus Maurici Porto Maurizio Riviera 141

Portus Misenus iMiseno Camp, 727

Portus Olivula Villafranca 137

Portus Orestis Porto Oreste? Brut- tium 961

Portus Parthenius Girella? Brut- tium 928

Portus Pisanus N von Livorno Etrurien 290

Portus Reatinus Porto di Falco- nera? Carner I 196 A. 1 II 228 A. 5

Portus Tarentinus Lecce-Otranto Calabrien 882

Portus TelamonTaiamoneEtr. 308

Portus Traian US Troia?Etr.306A.3

Portus Veneris Porto Venere Ri- viera 147

Portus Veneris? Gastro Calabr. 684

Posidonia opp. Paestum Lucan. 892

Posidonium Strab. VI 257 s. Columna Regia

Potentia col. mun. S.Maria a Potenza Picenum 420

Potentia mun. Potenza Lucanien 908

Praeneste mun. col. Palestrina La- tium 620

Praetorium La verianum? Lucera Apulien 844 A. 7

Praeluttii gens Abruzzo ulteriore I I 512 II 428

P r e n i c u s mons Genua CIL. V 7749,20

Prifernum VestinerTab. Peut.Geogr. Rav. IV 34

Prilius lac. Lago di Gastiglione Etru- rien 1 307 II 308

Prisci Latini Latinischer Bund I 521 II 557

Privernum praef. Piperno Volsk. 646

Prochyta ins. Procida Campanien 1 266 II 729

Procila s. Prochyta

Prolaqueum Pioraco ümbrien 388

63

994

Antike Ortsnamen.

Promunturium Brundisii Cap

Leuca Calabrien I 540 A. 5 Promunturium ßuxentum Capo

degli Idfreschi Lucanien 897 Promunturium Circaeum Circeo

Latlum 635 Promunturium Gargani Testa del

Gargano Apulien 837 Promunturium Lunae PuntaBiaaca

Elrurien 283 Promunturium Miner vae Punta

della Campanella Campanien 767 Promunturium M ise n um Cap Mi-

seno Campanien 727 Promunturium Palinurum - us

Punta Paiinuro Lucanien 897 PromunturiumPopul oniumEtru

rien 304 Promunturium Posidium? Punta

Licosa Lucanien 895 A. 3 Promunturium Sallentinum Cap

Leuca Calabrien I 540 A. 5 II 884 Promunturium Telamon Punta di

Talamone Elrurien 308 Promunturium Veneris Circeo

Lalium CiL. X 1,6430 Ptanias It. Hier.614 s. Tadinae Puci n um casl. Caslel Duino? Istr. 239 Puilia saxa Dragoncello Latium 562 Pullaria ins. Brinni Istrien 240 Pnllopice stat. Riviera It. Ant. 294 Punicum slat. Sa. Marinella Elrurien

346 Pupinia tribus Latium 564 Pn teolanus sinus Golf v. Neapel 719 Pu teoli col.mun.Pozzuoli Campanien

738 Puticuli Esquilin Rom 522 Pyramus fl Celone Apulien vgl. Phy-

iamus 846 A. 1 Pyrgi col. Sa. Severa Elrurien 346 Pyxus s. Buxentum

Quadrata opp. Transpadana 175 üuarqueni mun. Venetien? Plin. III

130 Ouerquelulani pop. Latium 556 OuerquetuI a nus mens s, Caelius

Tac. Ann. IV 65 Quintana e mun. Colonna Lalium 601 (Juinlianum porl. Elrurien It. mar.

499 Qui nlodeci mum - Aeclanum 818 ad Quinlumdecimum Canosa-Ruvo

857 A. 2 Quirinalis coliis Quirinal Rom 492

Raeti gens Alpen 1 483 fg. II 225 Ra c li a provincia I 85 Ramnes tribus Rom 496 R a p i n i u m porl. Elrurien It. mar. 498 Rarentus opp. Steph. Byz. Ra sennae gens Elrurien I 496 II 278 Raudius campus Libiker 175 Ravenna mun. Ravenna Aemilia 251 Reale praef. mun. Rieli Sabina 476 Realina palus Ebene von Rieli 472 R e a l i n u s fl. Lemene Carner 228 A. 5 Reprae Elrurien Strab. V 225 It. mar.

499 Regeta ponlinische Sümpfe 638 Regi a tes s. Veleiales Regillum opp. Sabina Liv. II 16 III

58 Dien. H. V 40 XI 15 Sueton Tib. 1 Regillus lac. Pantano Secco Latium

600 Regisvilla s. Regae Rep;ium prom. Capo di Pellaro Brut-

tium 967 Regi um Julium mun. Reggio Brut-

tium 963 Regium Lepidum mun. Reggio Ae- milia 267 Remens Veji Elrurien Liv. XLII 2 Remuria opp. Rom Fest. 277 M. Plut.

Rom. 9. 11 Dion. H. I 85. 87 u. a. Resala opp. Umbrien Steph. Byz. R espa Apulien 858 Reteno fl. Retrone-Bacchiglione Ve-

neler 218 Retovina regio Retorbido? Lig. 271

A. 4 Relron s. Reteno Reunia Ragogna Carner 237 Rhenus fl Reno Aemilia I 191 II 260 Rhipae Alpen I 138 Rhodae opp. Steph. Byz. R h 0 d i a e opp. s. Rudiae Ricina Riviera Tab. Peut. Geogr, Rav.

IV 32 V 2 Ricina mun, col, Recina Picenum 420 Rigomagus Trino Libiker 176 Rigonus fl. Riglio Aemilia 270 RipaVeientana r.Tiberufer Rom 490 Roboraria stat. Via Latina Latium

597 A. 3 Roma urbs Rom 495 Komanus pag. Benevenl Samn. 814 Romilia Romulia tribus r.Tiber- ufer 359. 564 Romechium Bruttium Ovid Met. XV

705 Romulea opp. Hirpiner 820

Antike Ortsnamen.

995

Roscianum Rossano Lucanien 923 Rosea Rosia campus le Roscie Sa-

bina 473 Rostrata villa stal. Via Flaminia

Etrurien 371 ad Rota Lodi-Piacenza It. Hier. 617 ad Rolas Venafio-Iseinia? 797 A. 8 Rubacaustus salt. Veleia Aemilia

CIL. XI 1147 Rubi mun. Ruvo ApuHen 857 Rubicon fl. TJrgone-Fiumicino Aemilia

I 76 II 246 Rubra e lapidicinae Gervara Lat. 609 ad Rubras s. Saxa rubra Rubu stini s. Rubi Rudae (Budae?) Apulien 857 A. 2 Rudiae mun. Rugge Calabrien 881 Rufrae opp. Presenzano Campanien

797 Rufrium s. Rufrae Ruginiuni Rovigno Istrien 240 Rumon fl. Tiber I 320 Rundictes Istrien CIL. V 698 Rusano fl. s. Formio Ruscia port. Thurii Lucanien 923 Rusellae col. Grosseto Etrurien 308 Rutuba n. Roia Riviera I 302 II141 Rutuli gens Ardea Latium 576

Sabata opp. Trevignano? Etr. 352 Sabate Angularia Anguillara Etru- rien 352 Sabatia s. Vada Riviera Sabatina tribus Etrurien 352 Sabatini pop. camp. Küste 715 Sabatinus lac. Lago di Bracciano

Etrurien I 259 II 351 ad Sabatum Carpanzano? Bruttium

932 Sabatus?fl. Sabbato Hirpiner I 332 II

811 Sabatus fl. Savuto Biutlium 928 Sa belli gens Samniten Sabiner I 528 Sabini pop. Val Sabbia Alpen 197 S ab i n i gens Miltelappennin Samnium

I 510. 15. 16. 26 II 463. 791 Saccumum? opp. Etrurien Amm.

XVII 7, 13 Sacer mens M. Sagro Rom 545. 61 Sacer mons Apulien Diod. XX 26 Sacra insula Isola Sagra Latium 571 Sacrani pop. Rom 495 Sacraria le Vene Umbrien 402 Sa erat a Picenum Tab. Peut. Geogr.

Rav. IV 31 V 1 Sacriportus Latium 651

Saeculanus pag. Benevent Samnium

814 Saena col. Siena Etrurien 312 Saepinum mun. Sepino Samnium

794 Sagatae silvae Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Sagis fl. Po di Magnavacca I 205 II

214 Sagra fl, Turboio? Bruttium 951 Sagrus fl. Sangro Samnium 1 339.

43 II 778 Salangi gens Lykophr. AI. 1058

Steph. Byz. Salapia mun. Posta di Salpi Ap. 849 Sa lapina palus Lago di Salpi Ap. 849 Salassi gens Val d Aostal 478. II 168 Säle bro slat. Populonium-Castiglione

It. Ant. 292 Tab. Peut. Geogr. Rav.

IV 32 V 2 Salernum col. Salerno Picentiner825 Saliares ins. Ninfa Latium 645 Salinae Salino Vestiner 438 Salinae Saline di Barlelta Ap. 849 Salinae? Plut. Grass. 9,4 Salinae Herculeae Gamp.760 A. 6 SaUentia opp. Steph. Byz. Sallentini gens Terra d' Otranto I

540 II 883 Sallentinuni prom. Gapo di Leuca

1 540 II 884 Salpi a Alpen I 140 Salpia s. Salapia Salpinates pop. Elrurien 339 Saltus Galliani Aquinates mun.

Aemilia 277 Salurnis Salurn Brennerstrafse 211 Salutaris pag. Veleia Aemilia 276 Salutaris pag. Ligurer Samnium815 Salvius pag. Veleia Aemilia 276 Samnites gens I 526 II 774 Samnium regio 775 Sandon opp. Steph. Byz. Sannus? fl. Salino? Vestiner 438 San OS stat. Allinum - Goncordia It.

Hier. 559 Sapinia tribus Savio Aemilia 257 Sapis fl. Savio Aemilia 1 192 II 250 Sappinates pop. Gallische Mark 378 Sapriportus Tarent Liv. XXVI 39 Sardi gens I 550 Sardinia ins. I 353 Sari US fl. Serio Transp. I 18S II 189 Sarmadium opp. Calabrien Plin. III

100 Sarnis stat.Verona-Trient Tab. Peut,

63*

996

Antike Ortsnamen.

Samum slat. Pompeji- Stabiae Cam-

panien 763 Sainus fl. Sarno Camp. I 334 II 760 Sarnus mons? Campanien 761 A. 1 Sarranates pop. tmbrien Plin. MI

114 Sariastes gens Campanien 761 Sarsina mun. Sarsina Call. Mark 379 Sarsina t es gens Gallische Mark 378 Sarus fl. Plol. 111 1,16 s. Sagrus Sa sine port. Poilo Cesareo Cal, 886 Sassina s. Sarsina Sassula opp. Latium 615 Saternus fl. Santerno Aemilia 251 Saticula col. S. Agata de' Goti Sam-

nium 809 Satricum opp. Conca Latium 631 Sa tri cum opp. Bauco? Volsker 674 Satura palus Panlano dell' Inferno

Latium 639 Saturium Torre Saturo Tarent 871 Saturnia col. Saturnia Etrurien 312 Savo Savona Riviera 143 Savo fl. Savone Campanien 686 Saxa rubra Prima Porta Etr. 372 Sc a bris port. Etrurien It. mar. 500 Scantia Silva Campanien Cic. de leg.

agr. 13 III 15 vgl. Aquae Sc. S c a p t i a opp. Passerano ? Latium 559.

619 Scaptia tribus Latium 619 Scatebra fl. Cassino Neu Latium 677

A. 5 Scidrus opp. Sapri? Lucanien S98 Scingomagus vic. Exilles Cottisches

Reich 150 Scolacium col. Squillace Brutt. 947 Scultenna fl. Scoltenna-Panaro Ae- milia I 190 II 260 Scylaceum prom. Punta di Staletti948 Scylacium opp. s. Scolacium ScyllaceussinusGolfodiSquillace947 Scyllaeum prom. Scilla Brultium I

105 II 962 Sebelhus fl. Fiume della Maddalena

Campanien 746 Sebinus lac. Iseosee Cenomanen I

189 II 197 Sebuini vic. Angera Insubrer 184 Secenia vic. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Secia fl. Secchia Aemilia 1190 II 264 Secula fl. s. Secia Segesta opp. Carner Plin. III 131 Segesta Tiguliorum Sestri Le- vante Riviera 146

Segnini? gens Neu Latium 673 A. 5 Segusio mun. Susa Cott. Reich 150 Semirus fl. Simeri Brultium 945 Semnus fl. Sinni = Siris 914 A. 3 Semuncla Lucanien 910 Sena fl. Nigola Gallische Mark 385 Sena Gallica col. mun. Sinigaglia

Gallische Mark 385 Senones gens I 477 II 376 Sentianum Aequuni Tuticum-Venu-

sia It. Ant. 112 Sentinum mun. Sentino Gallische

Mark 386 Senum opp. Calabrien Plin. III 100 Senvisa s. Sinuessa Sepernates vic? Nazzano Etr. 371 Seplasia platea Capua 702 Septaquae s. Septem Aquae Septem Aquae pag. Rieti Sabina 474 Septem Maria Lagunen von Atria

I 205 II 214 Septem Pagi r. Tiberufer Etr. 352 Septempeda mun. Sanseverino Pi-

cenum 419 Septimonlium laiin. Rom 495. 97 Serennia opp. Diod. XX 90 vgl.

Cesennia Serninus vic. Galliera Aemilia 261 Serra fl. Tiber I 320 Servitia vina Plin. XIV 69 brutlisch? Sesites fl Sesia Transp. I 186 II 176 Sesterio fl. Slirone Aemilia 270 Sestinum mun. Sestino Gallische

Mark 379 Seslium opp. Oenotrer Steph. Ryz. Setaeum Sybaris Steph. ßyz. Elym.

M. Suid. S e ti a col. mun. Sezza Volsk. Mark 645 Severus mons Monlagna della Si-

billa? Sabina 1 236 II 467 ad S ext um Populonium-Siena Tab.

Peut. Geogr. Rav, IV 36 ad Sex tum Rom 356 Si bereue opp. Oenotrer Steph. Byz. Sibrium Castel Seprio Insubrer 184 Sicani pop. Latium 556 Sicani gens Sicilien I 546 Sicilia ins. I 272. 345 Sicilinum opp. Hiipiner Liv. XXIII

37,12 Sicimina mons Aemilia Liv. XLV

12,11 Siculi gens Sicilien I 546 Sidicini gens Campanien I 532 II 692 Sigliuria?opp. Plut. Publ.16,2 Jani-

culum

Antike Ortsnamen.

997

Sisnia col. Segni Lalium 650

Sila mons Sila ßruttium I 245 II 926

ad Silanos Aquileia-Virunum Tab.

Peat. ad Silarum Nocera-Polla 901 Sila r US fl. Silaro Aemilia 259 Sila r US Siler Silerus fl. Sele

Lucanien I 334 II 824. 890 Silbiuni Salvore Istrien Geogr. Rav.

IV 30 V 14 Silis fl. Sele Venelien I 194 II 222 Silvium mun, Giavina? Apulien 861 Simbruinus ager Subiaco Aequer

617 Sinduni pop. Trident. Alpen 210 Sinneasis pag. Placentia Aem. 274 Sinnius fl. Senio Aem. I 192 II 250 S i n 0 n i a ins. Zannonel 272. 369 II 667 Sinuessa col. mun. Mondragone Au-

runker 664 Sipara Istrien Geogr. Rav. IV 30 V 14 Sipo n tum col. ManiVedonia Ap. 848 Sipontum opp. Bruilium? 933 Sirenianus nions Massa Lubrense?

Campanien 768 Siienum ins. li Galli Campanien 767 Sirenum prom. Punta della Campa- nella Campanien 767 Sirini mun. Lucanien 914 Sirisfl. Sinni Lucanien 1336.43 II 914 Siris opp. Lucanien 914 Sirmio paenins. Sermione Gardasee

208 Sirpium Morcone Samnium 795 Sisolenses pop. Latium 556 ad Solaria Riviera Tab. Peut. ad Solaria Pistoria - Florenz Tab.

Peut. Geogr. Rav. IV36 Soletum Soleto? Calabiien 882 A. 5 Solicelus Salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Solinates pop. Umbrien Plin. III 114 Solona tes mun. Sogliano.\emilia 277 Solonium opp. Latium 562 Solonius ager Latium 562 Sontinl mun. Sanza? Lucanien 905 S 0 n t i u s fl. Isonzo Garner 1 196 II 229.

234 Sora col. Sora Volsker 672 Soracte mons S. Oreste Etrurien I

238. 260. 401 II 367. 481 Sorrinenses mun. Viterbo Etr. 344 Soti pop. Ligurien Plin. III 47 Spellates s. Hispellum Spelunca Sperlonga Neu Latium 659 Spelunc ae ßari-Brindisi It. Ant. 118.

315 It. Hier. 609 Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 V 1 Spina opp. Longastrino? Aemilia 213 Spines fl. Po dl Primaro 213 S p i n 0 fl Rom Cic. de deor. nat. III 52 Spin US fl. s. Spines Spolelium col. mun. Spolelo Um- brien 403 ad Sponsas Cisterna V. Appia 637 Spurianus vic. Atella Campanien

CIL. X 3750 S ta bi a e opp.CisteUamare Cimp. 766 Statanus ager N Campanien 689 Statellates p>p. Ligurien 157 S ta tielli s. Statellates Statiellus pag. Veleia Aemilia 276 Statonia mun. Piligliano Etr. 335 Statoniensis lac. Lago di Mezzano

Etrurien 335 ad Statuam Gallico superiore ßrut- tium 963 ad S t a t u a s Arezzo-Ghiusi It. Ant. 285 ad Statuas S. Cesareo Rom-Anagai

620 Statulae Goriano? Paeligner Tab.

Peut. Stellas campus N Campanien 689 Stellatina tribus S Etrurien 369 Stellatinus campus S Etrurien 369 Stellatinus pag. Soriano Etr. 344 Stephane s. Praeneste S t i 1 i d a prom. Capo di Stilo Brut. 949 Stoechades ins. Hyeres I 100 S toeni pop. 0 Alpen Plin. III 134 vgl.

Stoni Stoni pop. 0 Alpen Strab. IV 204 vgl.

Stoeni Stracteos fl. ßruttium Varro Prob.

V. Ecl. vgl. S. 961 Strament(ari US) vic. S. Maria a

Vico Praetuttier 429 Strapellini mun. Apulien Plin. III105 Strongyle ins. Stromboli I 250. 72 Stulnini mun. Calabrien 77. 887 Stura fl. Stura Tauriner I 1S5 II 163 S ura fl. Latium s. Astura S turni s. Stulnini Suana mun. Sovana Etrurien 335 Suasa mun. Castelleone Gallische

Mark 385 Subertani mun. Etrurien 344 Subinates Riva S. Vitale Lugano 185 Sublanubio stat. Civita Lavinia La- tium 592 A. 9 Sublaqueum Subiaco Aequer I 314 II 613

998

Antike Ortsnamen.

Sublavio Seben Brennersfrafse 211 Sublupatia Venusia-Tarent ll. Ant.

121 Tab. Peut. Geogr.Rav. iV 35 Subocriiii pop. Istrien 242 Subsicivum Squillace - Reggio lt.

Ant. 115 Subura Rom 497. 53« Succeianum Squillace - Reggio lt.

Ant. 115 Succosa bei Cosa Eliuiien 311 S u c i n i a n i pop. La tium CIL. VI 2178 fg. Sucusanus pag. Subura Rom 497 Suessa (Auiunca) col. Sessa 666 Suessa Pometia opp. Latium I

326 II 634 Suessula opp. Reatina Sabina 475 Suessula niun. Cancello Camp. 753 Suffitanae silvae Veleia Aemilia

CIL. XI 1147 S u i 11 a t e s mun. Sigillo ? Umbrien 392 Suismontins mons Liguier Liv.

XXXIX 2 (XL 41?) S Ulcus pag. Veleia Aemilia 276 Sulmo mun. Solmona Paeligner 449 Sulmo opp. Sermonela? Latium 645 Summo lacu slat. SamolacoTianspa-

dana 187 Summuranum s. Muranum Suna opp. Realina Sabiner 475 Superaequum mun. Castelvecchio

Subeqno Paeligner 447 Supinum vic. Trasacco Marser 456 Suriates pop. ümbiien Plin. III 114 Surpicanum slat. Trontothal Pice-

num Tab. Peut. Guido 54 Surrentinum prom. Punta della

Campanelia Campanien 708 Surrentum mun. Sorten to Campanien

768 Sutrium col. Sutri Klrurien 355 Sybaris fl. Coscile Luc. I 336 II 917 Sybaris opp. Lucanien 919 Syllae Tifata Campanien 710

Tabellaria Via Aurelia Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 32 V 1 Guido 34. 76 Taberna frigida Luna-Pisa 287 Taburnus mons M. Tabuino Sam-

nium 806 Tacina fl. Taciiia Biuttium 937 Tadiates pop. Aequer Plin. III 108 Tadina e mun. Gualdo Tadino Um- brien 392 Talandrus fl. Saiandrelia-Cavone Lu- canien I 336. 343 11 914 Talium? Apulien Diod. XX 26

Tamarus fl, Tammaro Samnium I

332 II 794 Tamese? opp. u. fl. s. Temese Tanager fl. Negro Lucanien I 334 II

890. 903 Tanarus fl. Tanaro Ligur. I 186 II 154 Tannetum mun. Taneto Aemilia 268 Tannus fl. Pesipo? Brut. 930 A. 6 Taphros Strafse v. Bonifacio I 100 Taras fl. Tara Calabrien 867 Taras opp. s. Tarentum T a r b 0 n i a salf . Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Tarentinus port. Mare piccolo Ta-

rent 866 Tarentinus port. Olranto?„Cal. 882

A. 4 Tarentinus sinus G. di Taranto 865 Tarentum col. Taranto Calabrien 866 Tarinates mun. Sabina Plin. III 107 Tarpe opp.? Steph. Byz. Tarpeius mons M. Caprino Rom 504 Tarquiniensis lac. Lago di Bolsena

Etrurien 329 A. 2 T a r q u i n i i mun. Corneto Etrurien 329 Tarra cina- icina col. Teiracina La- tium 640 Tartarus fl. Tartaro Venetien 1 192 II

215 Tarus fl. Taro Aemilia I 189. 198 II

268 Tarvesedum slat. Splügenslrafse It.

Ant. 278 Tab. Peut. Tarvisium mun. Treviso Ven. 223 Taurania opp. Campanien 814 A. 8 Taurasia opp. Turin 164 Taurasia opp. Samnium 814 Taurianum opp. M. Traviano Biut- tium 961 Taurianus scopulus Cap. Vaticano?

ßruttium 959 A. 6 Taurini-isci gens Turin I 478 II 163 Tauroenlum s. Taurianum Taurubulae mons Sorrent Slat. Silv.

III 1, 129 Tavia fl. Taggia Riviera 141 Taxtanulates Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 V 2. 4 Teanum Apulum mun. S.Paolo di

Civitate Apulien 841 Teanum Sidicium mun. col. Teano

Campanien 693 Teate s. Teanum Apulum Teate Marrucinorum mun. Chieti

Abruzzen 444 Tebae clivus Reale Varro RR. 1111,6

Antike Ortsnamen.

999

Tepianum mun. Diano Lucanien 904 ad Teglanum Nola - Nuceria Tab.

Peut. Tegulata Sestri Levante Riviera 146 Telamon opp.Talamone Elrurien 309 Telamon prom. Punta di Talamone

Elrurien SOS Telesia col. mun. Telese Samn. 801 Tellegatae Telgate Bergamo 190 Tellenae opp. Latium 562 Temese s. Tempsa Tempsa col, mun. Torre de! Gasale

Brultium 829 Teramne s. Interamnia Praet. Tergeste col. Triest Islrien 239 Tergilani? mun. Lucanien 904 A. 1 Terina fl. Fiume de' Bagni Brut. 930 Terina opp. Sa. Eufemia Biut. 930 Terinaeus sinus Golf von Sa. Eufemia

I 99 II 930 Terventum mun.Trivenlo Samn. 792 Tessuinus fl. Tesino Picenum 425 Testruna vic. Amiternum Sabina 463 Tetellus Erbusco? Bergatno-Brescia

It. Hier. 558 CIL, V p.440 Tetrica mons Montagna della Sibilla

Sabina I 236 II 467 Teuranus ager Tiriolo Bruttium 945 Teuthras fl. Cumae Prop. I 11,11 Sil.

It. XI 288. 433. 81 Teutria? ins. Plin. III 151 s. Trimerus Thagines fl. s. Tacina ThebaeLucanae opp. LucanienPlin.

III 98 Steph. Byz. Thuria fons Fönte del Fico Lucanien

920 Thurii-ium col. Terranova di Sibari

Lucanien 921 Thymbris fl. s. Tiberis Tiberis fl. Tevere I 308fg. Tibur mun. Tivoli Latium 611 Ticinum mun. Pavia Transp. 190 Ticinus fl. Ticino I 187 II 173 Tifata mons M. di Maddaloni Cam-

panien 709 Tifata opp. Latium Plin. 111 68 Tifernum opp. Roccaspromonte?

Samnium 794 A. 4 Tifernum Metaurense mun. S.

Angelo in Vado Gallische Mark 381 Tifernum Tiberinum mun. Gittä

di Gastello Umbrien 394 Tifernus fl, Biferno Samnium I 339.

43 II 778 Tifernus mons Montagna del Matese

I 241 II 786

Tiglita fl, bei Sestri Levante Riviera

146 A, 4 Ti gu li a s, Tegulata Tigullia salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Tiliaventus fl, Tagliamenio I 195 II

229 Tiliaventus m a i o r port. P. di Base-

leghe? I 196 A. 1 Tiliaventus minor port. P, di Tag-

liamento.'' I 196 A. 1 Timavi lacus L, di Pietra Rossa 233 Timavus fl. fons Timavo Istr. 233 Tinia fl. Topino Umbrien 1310 II 393 Tiinna fl. Tenna Pic. I 341. 43 II 421 Tiora Matiene opp. Amiternum Sa- bina 471 Tirenum s. Turenum T i r e ti u s pons Minturnae V, Appia 662 Tirinus fl. Tritano Vesliner 441 Tisia opp. Bruttium .Appian Hann. 44

Diod.XXXVIi 2,13 Steph. Byz. Tities Iribus Quirinal Rom 496 Titon fl, Circei Lykophr. AI. 1276m.

Schol. ad Tilulos Aquileia- Fiume It. Ant.

273 Togali gens Italiker I 70. 78 Togienses mun. Venelien 218 A. 5 Togisonus fl. Bacchiglione Venelien

I 194 II 218 Tolentines(is) pag. TolentiDO Pice- num 421 Tolentinum mun.Tolentino Pic. 421 Tolenus fl. Torano Aequer I 313 II

460 Tolerienses pop. Latium 556. 59.

647 Tolerium opp, Valmon tone? Lat. 647 Tolerus? fl. Tolero I 330 II 647 Trachas Trachine s. Tarracina Traeis(entus) fl. Trionlo Brut. 934 Traiana s. Trea 420 A. 1 Transpadana regio 3. 161 Transpadana Italia 160 Transpadani gens 160 Transpadum IGl Transulmanus Pelecianus pag.

Ficulea Latium 608 Trapeia Tropea Bruttium 959 Trasumenus lac. Lago Trasimeno

Elrurien I 298 II 319 Trasamunc . . . pag. Volcei Luc. 902 Trausius campus S Elrurien Diod. XIV

117 Trea mun. Treja Picenum 420

1000

Antike Ortsnamen.

Treba mun. Trevi Aequer 618 Trebi in un. Trevi Umbrien 401 Tre bia fl. Trebbia Aemilia I 188. 98 II

272 Trebi um opp. Lalium 602 Trebula mun. Quadri Caracener 790 Trebula opp. Tripaola.'' Camp. 810 Trebula Balliensis mun. Treglia

Campanien 800 Trebula Mutuesca mun. Montele-

one Sabina 478 Trebula Suffenas mun. Reatina

Sabina 475 Trerus fl. Sacco I 330 II 647 TresTabernae Piacenza - Lodi lt.

Hier. 617 TresTabernae Terni - Spoleto It.

Hier. 613 Tres Tabernae Rom-Terracina 637 Trica opp. Apulien Plin. III 104 ad Tricesimum Tricesimo Aquileia-

Aguonlum 236 Tricrini pop.Latium 559 A. 2 Tridente-entum mun. col. Trento

Cenomanen 209 Tridentini gens Alpen 210 Trifanum Piano di Sessa Aurunker

665 Trigaboli Ferrara I 205 II 213 Trimerus ins. Tremiti Adria I 371 Trinius fl. Trigno Samn. I 343 II 781 Tripontium stat. Treponti Latium

638 Triturrita villa Livorno 290 Trivicum opp. Trevico Hiipiner 819 Troia Patavium Venelien 221 Troia Latium Liv. 1 1, 5 Dion. I 53 Troianus pag. Patavium 221 Troiluni opp. Etrurien Liv. X 46,10 Tromenlina tribus Etrurien 360 Tromentus campus Etrurien 360 Tropaea Augusti Turbia Seealpen

135. 138 Trossulum opp. Etrurien 339 Truentum mun. Colonnella Pic. 425 Truentus fl. Tronto Picenum I 341.

43 II 425 Trumplini Val Trompia Alpen 197 Tublinum Toblino Val di Sarca Alpen

CIL.V 5005 Tucianus pag. Benevent Samnium

814 Tu der col. Todi Umbrien I 480 II 398 Tuficum mun. Albacina Gallische

Mark 386 Tuledo mons Genua CIL. V 7749,19

Tulelasca fl. Genua CIL. V 7749,21 Tulliasses pnp. Trid. Alpen 210 TuUum mons Alpen Strab. IV 207 Tuppelius salt. Veleia Aemilia CIL.

XI 1147 Türen um Trani? Apulien 858 Turia fl. s. Tutia Turnantini mun. Apulien Plin. III

105 Turni lac. Laghetto di Turno Latium

I 262 II 590 Turocaelum Vettiolum opp, Um- brien Plin. III 114 ad Turres Porto -Civita vecchia It.

Ant. 290. 301 ad Turres Circei-Terracina 636 ad Turres Gosenza-Monteleone 932 ad Turres albas Astura-Circei 636 ad Turres Aurelianas Bari-Brin-

disi 860 A. 3 ad Turres Caesaris Bari-Brind. 860 ad Turres Julianas Bari-Brindisi

860 A. 3 Turri ta s. Triturrita Turrus fl Torre Carner I 196 II 229 Tuscana mun. Toscanella Etr. 336 Tusci Villa Val Teverina 394 Tuscia regio Toscana 278 Tusculum mun. Frascati Lat. 597 T utia fl. Fosso della Buffalotta Latium

606 Tuticum s. Aequum T. Tulienses pop. Latium 556 Tutini mun. Calabrien Plin. IH 105 Tylessus prom. Bruttium 931 Tyrrheni gens s. Etrusci Tyrrhenia Italien I 65. 500 Tyris ins. Bruttium 944 Tyrseta? opp. Samnium Steph. Byz.

Uberi pop. Furka Alpen 185 Uccia vic. Veleia Aemilia CiL. XI

1147 Ufens fl. Uffente Latium 639 Ulila salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Ulmanus pag. Ficulea Latium 608 Ulubrae mun. Cisterna Latium 637 Ulurtini mun. Apulien Plin. III 105 Umber lac. Asisi Umb. I 310 H 395 Umbri gens I 502 II 374. 389 Umbria regio 3. 394 Umbro fl. Ombrone Etrurien I 307.

342. 505 n 308 ad Undecimum Aquileia-Emona It.

Hier. 559

Antike Ortsnamen.

1001

ad Undecimum Aquileia-Concordia

It. Hier. 559 ad Undecimunn Canosa-Ordona Jt.

Hier. 610 Urbana col. Falerneriand 691 Urbanates mnn. Aeniiiia Piin.Iil 116 U r b a n u s pag. Piano della Roma Fren-

taner 781 ürbinum Hortense mun, CoUe-

mancio Umbrlen 396 Urbinum Meta urense mun.Urbino

Gallische Maik 381 Urbisalvia mun. col.Urbisaglia Pice-

num 422 Urbs fl. Orba Ligurien 158 Urbs Silva Ticinum Lombardei 162 Urbs Salvia s. Uibisalvia Urbs Vetus opp. Orvielo = Volsinii

Etrurien 340 A. 4 Urgo ins. s. Gorgon Uria opp. Nola Ganpanien 757 U ria s. Veretum Uria Messapia mun. Oria Galabrien

875 Urias sinus Lago di Varano? Apiil.838 Uritanus ager Aemilia Appian b. civ.

1 S9 Feldm. 29 Urium-ia opp. Rodi? Apnlien 538 Ursaria ins. Oizera Pola Istrien 241 Ursentini mun. Lucanien Plin. 111 98 Urvinum s. Urbinum Uscosium siat. Frentaner 783 Usid icani pop. Umbtien Plin. HI 114 Ustica moiis Sabina 616 üstica ins. Uslica Liparen I 272 Utens fl. Moiilone Aemilia I 192.

477 II -250. 257 U tis s. Utens Uzentum mun. Ugenlo Galabrien 885

Vaeunae fanum Rocca Giovine Sa- bina 616 Vaeunae nemus Bacugno Sabina 468 Vada Sabatia vic. Vado Riviera 143 Vada Volaterrana vic. Torre di

Vada Etrurien 300 Vadimonis lac. Lago di Bassano

Etrurien 342 Valenlia mun? Valenza Ligurien 156 V a 1 e n t i a = Rom Fe-M. 266 M. Solin

1,1 Seiv. V. Aen. I 273 Valentia Galabrien s. Valesium Valen t ia col. s. Vibo Valen tinus pag. Placentia Äem. 274 Valeria pmvincia Abruzzen 437 Valerius pag. Veleia Aem. 276

Valesium S. Pietro Vernotico Gala- brien 880 Valva s. Goifinium 448 Valvata stat. Gascina? Pisa-Florenz

292 Varamus fl. Stella? Carnerl 196 A. 1 Vardaga te mun. Teiruggia Lig. 157 Varia vic. Vicovaro Sabina 615 Varia n US vic. Vigarano Aemilia 261 Varisto salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Varus fl. Var Ligurien I 79. 302 II 135 Vatia opp. Reatina Sabina 475 Vaticanus ager coilis mons Rom

490. 533 Vatrenus fl. Sanlerno Aemilia I

192 11251 Vaunia Venetien Ptol. III 1,28 Veascium? opp. Diod. XIV 117 Vecellanus pag. Superaequum Pae-

ligner GIL. IX 3305 Vediantii pop. Seealpen 134. 137 Veheia(s.'* nus?) pag. Gupra mon

tana Picenum GIL. IX 5699 Veianus pag. Pago Vejano Benevent

814. Veii mun. Isola Farnese Etr. 357 Velabra salt. Veleia Aemilia CIL. XI

1147 Velabrensis vic. Ariminum 250 Velabrum Rom 494. 539 Velecha opp. Volturnum? Gamp. 712 Veleia mun. Macinesso Aemilia 275 Veleiates Regiates pop. Aemilia

275 Velia Rom 493. 497. 537 Velia opp. Samnium Liv. X 45 Velia mun. Gastellamare della Brusca

Lucanien 895 Velienses pop. Latium 556 Velina Iribus Picenum 414 Velin is stat. Pisa-Vada Tab. Peut. Velinus lac. Realina Sabina 472 Velitrae col. Vellelri Latium 632 Velleiates pop. Ligurer Plin. III 47 V elleius pag. Veleia Aemilia 276 Velunum s. Bellunum Velvia sali. Veleia Aemilia GIL. XI

1147 Venafrum mun. col. Venafro Gam-

panien 796 Vena ria ins. lyrrh. Meer Piin.Iil 81 Vendupalis rivus Genua CIL. V

7749.9 Veneni pop. Ligurien Piin.Iil 47 ad Veneris Apulien 858

1002

Antike Ortsnamen.

Yenerius pag. Placentia Äem. 274 Venerius vic. Mailand CIL. V5S04 Veneti gens 1 488 fg. II 211 Venetia regio Veneto 3. 193 Venetulani pop. Latium 556 Vennuni Verona-Trient Tab. Peut. Venostes pop. Vintscligau Alpen 211 Venusia opp. Gastelvenere? Sam-

nium 801 Venusia col. Venosa Apulien 828 Veraglasca fl. Genua CIL. V 7749,9 Veral(ianus?) pag. Verona CIL. V

3249 Verbanus lac. Lago Maggiorel 180 fg.

187 II 184 Vercellae mun. Vercelli T ranspadana

176 Vercellensis pag. Placentia Aemilia

274 Vercellium opp. Hirpiner Liv. XXIII

37,12 Verestis fl. Latium Strab. V 239 Veretum mun. Palü Calabrien 884 Vergellus fl. Apulien 853 A. 2 Verona mun. col. Verona Cenom. 204 Veronensis pag. Placentia 274 Verrugo opp. Latium 649 Vertamacori pop. Transp. 174 Vertinae opp. Verzino Brut. 940 Verulae mun. Veroli Herniker 654 Vervasses castellum Vervö Trident.

Alpen 211 Vescellani mun. Hirpiner Piin. III

105 Liv. XXIII 37,12 Vescia opp. Aurunker 664 Vescinus ager Piano di Sessa 664 Vescinus salt. Mondragone 663 Veseris fl.? opp.? Campanien Liv.

VIII 8 X 28 Cic. de Fin. 1 23 Off. lU

1 12 Val. Max. VI 4,1 Aur. V. vir. ill.

26. 28 Vesidia fl. Elrurien Tab. Peut. Vesinicates mun. Umbrien Plin.III

114 Vespasiae locus Sabina 468 Vestini gens Abruzzen I 517 11438 Vesubiani pop. Val Vesubia Cotti-

sches Reich 135. 149. A. 3 Vesulus mons M. Viso Alpen I 147.

184 II 135 Vesuvius mons Vesuv Campanien I

251. 268 fg. 281 fg. Veteres campi Vietri? Luc. 902 Vettona mun. Bettona Umbrien 396 Vetulonium mun. Colonna Etrurien

306

Vetusc(cnsf'S?) civitas Fabrateria ' velus CIL. X 5651 Viae publicae :

Aemilia Ariminum-Placentia 243 Aemilia Scauri Pisa-Dertona

143 Amerina Rom-Ameria 361 Annia Aqoileia-Virunum? 231

A. 2 Annia Falerii ? 362 Appia Rom Gapua (Brundisium)

5U. 546. 637. 699. 716. 753.

805. 861. 874 Ardeatina Rom-Ardea 575 Asinaria Rom 546 Aurelia Rom-Pisa 299 Aurelia Aeclanensis 819 Caecilia Rom-Hadria 429. 470 Camp an a Amiternum CIL. IX

4321 Campana agro Falisco Vitruv

VIU 3,17 Campana Rom-Porto 542 Cassia Rom-Florenz 295. 313.

344. 353. Ciminia Sutrium-Viterbo 343.

356 Claudia Rom-Luca 353 Claudia Augusta Allinum-Do-

nau I 163 II 210 Claudia nova Foruli -Aternus

436 ClaudiaValeria Cer fennia- Ater-

num 436 Clodia s. Claudia C 0 1 1 a t i n a Rom-GoUatia 546. 563 Cornelia Rom-Caere 543 Curia Reate-lnteramna? 475 Dianae Gapua-Tifata 709 Domitiana Sinuessa-Puteoli 713 Falerna Cales-Forum Popili?

CIL. X 3910 Ferentiensis Viterbo-Ferentum

343 Ficulensis Rom-Ficulea 608 Flaminia Rom-Aiiminium 375 Fla via Triest-Pola 240 Fulvia Dertona-Pollentia 156 Gabina Rom-Gabii 602 Gallica Frontin Str. II 6,1 Herculanea Baiae-Puteol 734 Herculia Aequum- Venusia 816.

820 Herdonitana Aeclanum-Herdo-

niae 819 Janiculensis Rom-Küste 543

Antike Ortsnamen.

1003

Viae publicae:

Julia Augusta Placentia-Var

140. 157 Labicana Bom-Labicum 545.

601. 649 Lata Corso Rom 510. 534 Latina Bom-Capua 546. 595.

649. 679 L a u r e n t i n a Bom-Laurentum 573 Minucia Gorfinium?-Brundisium

436. 788 Nomentana Bom-Nomentum

544. 608

Nova Palatin Born 515 OstiensisRom-Oslia 547.62.66 Popilia Ariminum-Aquileia 213.

227 Popilia Capua-Begium 900.963 Portuensis Bom-Porto 542 Postumia Genua-Aquileia 144.

158. 199 Praenestina Bom-Praeneste

545. 619

Quinctia Beale-Interamna? 475 Sacra Forum Born 505. 537 Salaria Bom-Hadria 49. 426.

429. 464. 477. 544 Severiana Ostia-Terracina 571 Sublacensis Ferrata-Subiaco

617 Tecta Corso Vitt. Em. Bora 535 Tiberina r. Tiberufer 372 Tiburtina Bom-Tivoii 435. 545.

609. Traiana Benevent- Brundisium

815. Triumphalis M. Mario-Bom

543 Valeria Tivoli-Atri 435 Vitellia Born-Küste 543 Vitularia Arpino Gic. ad Quint. fr. III 1,3 Vibarna? opp. Apulien Plol. III 1,63 Vibinum mun. Bovino Apulien 844 Vibo col. Monteleone Brutlium 956 Vibonensis sinus Golf von Sa. Eu-

femia 930 ad Vicensimum Monte di Guardia

Rom-Ocriculum 371 ad Vicensimum Thurii-Heraclea It.

Ant. 113 Vicetia mun. Vicenza Veneter 218 Victium fl. Cervo? Transpadana 175 Victumulae opp. Transpadana 174 ad Victoriolas Bologna-Modena lt. Hier. 616

Vicus Alexandri Porto della Pozzo-

lana Born I 317 II 547 Vicus Badies Via Salaria Picenum

II. Ant. 307 s. Befania Vicus Martis Tuderti um S. Maria

in Pantano Umbiien 397 Vicus Matrini le Capannaccie Etru-

rien 1 258 II 344 Vicus Mendicoleius Via Popilia

Lucanien Tab. Peut. Geogr. Bav. IV

34 Guido 43 Vicus Novus Via Salaria 478 Vicus Serninus Galliera Aemilia

261 Vicus Varianus Vigarano Aemilia

261 Vicus Virginis Biviera Tab. Peut.

Geogr. Bav. IV 32 V 2 Vidicini pop. Picenum Plin. III 108 Vignae Aequer? Tab. Peut. Villa Magna Viliamagna Herniker

653 Viminalis coUis Born 492. 96 Vimitellari pop. Latium 556 Vindinates mun. Unibrien Plin. III

114 CIL. XI 4209 Vinelasca rivus Genua CIL. V 7749,10 Vintimilio s. Album Intiniilium Virbi clivus Aricia Latium 591 Virginis vic. Biviera Tab. Peut.

Geogr. Bav. IV 32 V 2 Visen tum mun. Bisenzo Elrurien

336 Visuentani mun. Umbrien Plin. III

114 Vitellia opp. Latium 602 Vitricium stat. Verrez Salasser 170 Viturii s. Langenses Vivariense monaslerium Coscia di

Staletti Brutlium 948 Vobenum Bovegno Val Trompia

Brescia CIL. V 4910 Voberna Vobarna Val Sabbia Brescia

CIL. V 4905 Volane fl. Po di Volano I 205 II 214 Volaterrae mun. Volterra Elrurien

301 Volcaniae ins. Liparen I 272 Voicei mun. Buccino Lucanien 902 Volceiani-entani gens 902 Volci mun. Piano di Voce Elrurien

327 Volsci gens 1 518 II 626. 667 Volsiniensis lac. Lago di Bolsena

Elrurien I 258 II 335 Volsinii mun. Bolsena Elrurien 339

1004

Antike Ortsnamen.

Volsinii veteres Orvieto Etrurien

337 Vomanus fl.VomanoPraetuttierI341.

43 II 428 Voltumnae fanum Montefiascone ?

Etrurien 341 Voltur Vultur mons M. Voltore

Venusiner Mark I 271 II 827 Voiturnum s. Capua 697

Volturnum col. CastelVolturno Cam-

panien 712 Volturnus fl. Volturno I 265. 331.

342 II 711

Z a cy n t h u s'opp.Krotoniatis Theokrit

4,32 m. Schol. Zephyrium prom. Capo ßruzzano

ßruttium 952

Druck von J. B. Hirsch fei d in Leipzig.

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