JAHRBÜCHER DES NASSAUISCHEN VEREINS FÜR NATURKUNDE. JAHRBÜCHER DES NASSAUISCHEN VEREINS FÜR NATURKUNDE. HERAUSGEGEBEN VON DE ARNOLD PAGENSTECHER, KÖNIGL. GEH. SANITÄTSRATH, INSPECTOR DES NATURHISTORISCHEN MUSEUMS UND SECRETÄR DES NASSAÜISCHEN VEREINS FÜR NATURKUNDE. JAHßOANG 51. MIT 5 ABBILDUNGEN IM TEXT. WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BERGMANN 1898. {^\ -^^. "^ rf¥ 6) Die Herren Verfasser übernehmen die Verantwortung für ihre Arbeiten. Druck von Carl K i 1 1 e r in Wiesbaden. Inhalt. Seite I. Vereins-Nachrichten. Protokoll der Generalversammlung des Nassau isclien Vereins für Naturkunde vom 12. Decemb er 1897 . . IX Jahresbericht, erstattet in der General versammlun g des Nassauischen Vereins für Naturkunde am 12. De- cember 1897, von Dr. Arnold Pagenstecher, Königl. Geh. Sanitätsrath, Museumsinspector und Secretär des Nassauischen Vereins für Naturkunde X Bericht über die wissenschaftlichen Abendunterhaltungen des Vereins, von Lehrer Gull (Wiesbaden) XVI Nekrolog: Carl Ludwig Fr idolin von Sand berger . . XXXIII Verzeichniss der Mitglieder des Nassauischen Vereins für Naturkunde im September 1898 XXXV II. Abhandlungen. Chemische Untersuchung der Neuen S e 1 1 e r s e r Mineral- quelle zu Selters bei Weilburg a. d. Lahn. Ausgeführt im Chemischen Laboratorium Fresenius von Prof. Dr. H. Fresenius (Wiesbaden) 1 lieber den Einfluss des Eisens auf die Verdauungs-Vorgänge. Von Dr. Carl Genth, prakt. Arzt in Langenschwalbach .... 25 U e b e r d i e E n t w i c k e 1 u n g der analytischen Chemie in den letzten 5 0 Jahren. Vortrag, gehalten beim Festact zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Labo- ratoriums Fresenius am 2 5. Mai 1898, von Prof Dr. Th. Wilhelm Fresenius (Wiesbaden) 63 lieber Gasglühlicht. Vortrag, gehalten am 25. Mai 1898 bei Gelegenheit der Feier des fünfzigjährigen Jubi- läums des Chemischen Laboratoriums Fresenius zu Wiesbaden. Von Prof. Dr. Ernst Hintz (Wiesbaden) ... 77 Die Lepid opferen des Hochgebirges. Von Dr. Arnold Pagen- stecher (Wiesbaden) 10^ — VI — Seite Beiträge zur Lepidopteren -Fauna des Malayischen Ar- chipels (XII). Von Dr. Arnold Pagenstecher (Wiesbaden) . 179 Macro lepidopteren der L oreley- Gegen d. Von August Fuchs, Pfarrer zu Bornich bei St. Goarshausen a. Ehein. (Fünfte Be- sprechung) 201 Revision der Mosbacher Säuget hierfau na. Von Dr. Henry- Schröder (Berlin) 211 Die Gewinnung des Goldes. Vortrag, gehalten in der Generalversammlung des Nassauischen Vereins für Naturkunde am 12. December 1897 von Dr. L. Grünhut, Docenten und Abtheilungsvorsteher am chemischen Laboratorium zu Wiesbaden. (Mit 5 Abbildungen im Text) 231 Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen der Station Wiesbaden im Jahre 1897. Von Aug. Römer (Wiesbaden) 291 I. Yereiiis-Naclirichteii. Protokoll X^ der Generalversammlimg des Nassaiüschen Vereins für Naturkunde vom 12. December 1897. Die von Mitgliedern und Gästen zahlreich besuchte Versammlung- wurde um 117^ Uhr durch den Vereinssecretär Geh. San.-Rath Dr. A. Pagenstecher in Vertretung des erkrankten Herrn Vereinsdirektors Reg.-Prcäs. von Tepper-Laski eröffnet. Auf seinen Vorschlag über- nahm Herr Professor Dr. Heinrich Fresenius den Vorsitz mit einigen begrüssenden und dankenden Worten. Der Vereinssecretär trug hierauf den Jahresbericht für 1897 (s. Anhang) vor. Es folgt die Wahl des Vorstandes für die nächsten zwei Jahre. Auf Vorschlag des Herrn Rechtsanwalts Dr. Romeiss wurde der bis- herige Vorstand wieder gewählt und besteht derselbe daher für 1898 und 1899 aus den Herren Reg.-Präsident von Tepper-Laski i), Direktor, Geh. San.-Rath Dr. A. Pagenstecher, Vereinssecretär und Museumsinspector, Prof. Dr. Heinrich Fresenius, Cassirer, Apo- theker Vigener, Vorstand der botanischen Section, Dr. L. Dreyer, Vorstand der zoologischen Section, Prof. Dr. Meineke, Vorstand der mineralogischen Section, Direktor Dr. L. Kaiser und Garteninspector Dr. L. C a V e t. Da von Seiten der Versammlung weder Anträge, noch Wünsche vorgebracht wurden, so folgte hierauf der mit grossem Beifall aufgenommene Vortrag des Dozenten am Fresenius 'sehen chemischen Laboratorium, Herrn Dr. Grünhut, über die Gewinnung des Goldes. Hierauf Schluss der Versammlung. Ein gemeinsames Mittagsmahl in den Räumen des Casinos vereinigte zahlreiche Mitglieder und Gäste des Vereins. Der Vereinssecretär: . Dr. A. Pagenstecher. 1) An seine Stelle trat nach seiner Versetzung nach Liegnitz durch Coop- tation des Vorstandes Herr Reg.-Präsident Dr. Wentzel. Jahresbericht erstattet in der Generalversammlung des Nassauischen Vereins für Naturkunde am 12. December 1897 Dr. Arnold Pagenstecher, Geh. Sanitätsrath, Yereinssecretär. Der Jahresbericht über das abgelaufene Yereinsjahr, welchen ich mir statutengemäss vorzutragen erlaube, wird Ihre Aufmerksamkeit nicht lange in Anspruch nehmen. Sowohl unser Yereinsleben, als die Obsorge für das uns anvertraute naturhistorische Museum hat sich in den gewohnten Bahnen bewegt. Unser Personalbestand ist im Wesentlichen derselbe geblieben. Ueberaus schweren Verlust hat uns das Hinscheiden mehrerer verdienter Männer gebracht. In dem am 11. Juni d. J. verstorbenen, am 28. Dezember 1818 geborenen Herrn Geh. Hofrath Professor Dr. Remigius Fresenius verloren wir den Nestor unseres Vereins, unsern langjährigen früheren Vereinsdirector und hochgeschätztes Ehrenmitglied, mit dessen Sein das- jenige unseres Vereins auf das Innigste lange Jahre verknüpft war. Was der Verstorbene demselben im Speciellen gewesen, das habe ich in einem im diesjährigen, bereits in Ihrem Besitze befindlichen, Jahr- buche in einem kurzen Necrologe mir zu schildern erlaubt. Es erübrigt mir daher nur nochmals bei dieser Gelegenheit den Ausdruck unserer tiefsten Trauer über den schweren unersetzlichen Verlust, wie die Ver- sicherung eines unverlöschlichen Gedenkens an den theuren Mann aus- zusprechen. Ihm war es zwar nicht beschieden, seinen 80. Geburtstag, wie er hoffte, und den Tag des 50jährigen Bestehens des von ihm so segensreich geleiteten Instituts zu erleben: aber der Segen, der ihn auf — XI — allen seinen Wegen während seines erfolgreichen Wirkens begleitete, blieb ihm auch in dem sanften, von ihm kaum geahnten Tode getreu. Einen ebenfalls schweren Verlust erlitten wir durch den Tod des Hofraths Dr. William P r e y e r. Es war ihm nicht vergönnt, auf der Höhe seines Ruhmes dahinzugehen: nach langem, schmerzhaftem Leiden entschlief der berühmte Gelehrte, nachdem der müden Hand die Feder, die so manche geistreiche Gedanken festgehalten hatte, langsam ent- glitten war. Ich entnehme die nachfolgenden Sätze einem in der Nation Nr. 44 vom 31. Juli 1897 erschienenen Necrologe von Albert Eulenburg, da dieselben gewiss für Viele unter Ihnen, die sich seiner prägnanten Persönlichkeit erinnern, von Interesse sein werden. »W. Preyer's in noch rüstigem Mannesalter und inmitten einer fruchtbaren litterarischen Schafi'ensthätigkeit erfolgtes Hinscheiden wird vielleicht in den weiteren Kreisen von Verehrern und Freunden der Naturwissenschaften noch schmerzlicher empfunden werden und eine fühlbarere Lücke hinterlassen, als in dem engeren Cirkel specieller Fach- und Zunftgenossen des hervorragenden Physiologen, des Jenenser und Berliner akademischen Lehrers. Nicht als ob man hier seine Be- deutung verkannt oder in missgünstiger Weise zu verkleinern gesucht hätte, aber mancherlei Umstände wirkten zusammen, um ihn diesem Kreise allmählich fern und ferner zu rücken, und zuletzt fast zu ent- fremden. Preyer, in England geboren und in freien, von den unsrigen wesentlich verschiedenen Verhältnissen herangewachsen und zum Theil auch wissenschaftlich herangebildet, wählte sich sein Arbeitsfeld nicht allein da, wo die bei uns in Deutschland so lange Zeit fast allein- herrschende Schule es vorzugsweise und nahezu ausschliesslich zu suchen gewöhnt war. Preyer wandte sich mit einer gewissen Vorliebe den Grenzgebieten der »exakten« Forschung zu: er griif zu Gegenständen, die sich nur der am menschlichen Object angestellten methodischen Beobachtung, nicht den herkömmlichen Laboratoriumsexperimenten er- schliessen konnten, er wagte es sich mit wissenschaftlich nicht recht hoffähigen Dingen, wie Schlaf und Traum, Hypnotismus und Somnam- bulismus, Sprache und Schrift, Zahlbegriff und Gedankenlesen, Willen und Empfindung und vollends gar mit jenem verpönteren, undefinir- baren in dem mechanischen Rechenexempel niemals aufgehenden EtAvas, der sogenannten »Seele« ernstlich zu beschäftigen. — XII — Preyer war eine begeisterungsfällige, rasch entflammende Natur und diese schöne Eigenschaft verlockte ihn hier und da zu enthusias- ischer Ueberschätzung des rasch und lebhaft Ergriffenen, die ihm den Standpunkt kühler Besonnenheit und nüchternen Vorsicht hin und wieder verrückte. Er war eine Künstlernatur, er bethätigte diese in Rede und Schrift, in der ganzen Art seines Auftretens, in der Meisterhaftig- keit seiner Darstellung, in der künstlerischen Abrundung und Vollen- dung der Form. — Alles das, was Preyer so nach der Seite des zünftigen Gelehrtenthums schaden konnte und musste, kam ihm als reichbegabten und glänzenden wissenschaftlichen Popularisator auf der andern Seite zu Gute. Im Gedächtniss der überwiegenden Laienmenge wird Preyer 's Name wohl vor Allem als der des Verfassers der »Seele des Kindes« haften, zu welchem Buche Preyer an seinem eigenen Sohne die Studien gemacht hatte. Noch zweimal hat sich Preyer in grösserem und für einen weiteren Kreis bestimmten Werke mit Fragen befasst, die dem Urtheil und Verständniss gebildeter Laien näher zu liegen scheinen. Die erste dieser Fragen ist der »Hypnotismus«. Preyer konnte sich auf seine in England erworbene Kenntniss der B r a i d 'sehen Lehren und Schriften und auf seine eigenen Untersuchungen über »Fascination« und über die sogenannte Schreckstarre (Kataplexie) bei Thieren berufen. Er gab 1890 als einer der Ersten in seinem Buche über den Hypno- tismus eine noch heute lesenswerthe Darstellung des ganzen gewaltigen Stoffes. — Vielen wird auch die 1895 erschienene kleine Schrift über einen Fall von Fascination und das Auftreten Preyer 's als Gutachter in der berüchtigten Czapski- Affaire im Gedächtniss sein. Preyer's letztes populäres Beschäftigungsobject war die »Graphologie«, der er 1895 ein umfangreiches Specialwerk gewidmet hat, da er ein überzeugter Anhänger dieser Lehre war, die ihn auch in dem bekannten Bacon- Shakespeare- Streit Partei zu ergreifen veranlasste. Bei aller scheinbaren Gunst der äusseren Verhältnisse, bei glänzen- den persönlichen Vorzügen und trotz einer sanguinischen Veranlagung, die ihm über manche Misserfolge hinweghalf, gehörte Preyer wohl im Ganzen nicht zu den in sich befriedigten »glücklichen« Naturen und auch in seinem Lebenswege fehlte bei vielem Licht der dunkle Schatten nicht, der kaum einem Menschenleben bei längerer Dauer erspart bleibt. Die vier letzten Jahre seines Wiesbadener Asj'ls waren durch standhaft hingenommenes schweres Leiden getrübt. So weit Eulenburg. — XIII — Wir haben den Verstorbenen vielfach in unserer Mitte gesehen: er gab gerne und willig uns von dem, was sein reiches Innere bewegte und so werden wir auch ihm eine bleibend dankbare Erinnerung be- wahren. Zum Zeichen dieser Gefühle, die wir für ihn wie für unsern unver- gesslichen Remigius Fresenius hegen, bitte ich Sie sich von Ihren Sitzen erheben zu wollen. Durch Austritt verlor unser Verein die Herren : Dr. R o s e r in Wiesbaden und Hauptmann a. D. Giebeler in Montabaur, durch Wegzug Herrn Dr. med. L o s s e n , sowie Herrn Dr. med. S c h e i n m a n n dahier. Es traten ein die Herren: Professor Dr. Laubenheim er zu Höchst, Generalmajor v. Thompson zu Hochheim, Rentner Denecke zu Wiesbaden, Dr. med. Böttcher und Dr. med. Lande daselbst. Unsere wissenschaftlichen Bestrebungen gingen in gleicher Weise voran, wie in früheren Jahren. Zeuge davon sind unsere regelmässigen wissenschaftlichen Abendunterhaltungen, die belehrend und anregend auf den verschiedensten Gebieten der Naturwissenschaft wirken und unser Vereinsleben stetig fördern; Zeuge sind auch die botani- schen Excursionen, welche in diesem Sommer wiederum unter der Leitung des Herrn Vi gen er und Leonhard zahlreich ausgeführt wurden und in erfolgreicher Weise zur Erforschung unseres Vereins. gebietes beitrugen. So gelang es Herrn Leonhard, eine für unsere Gegend neue Pflanze aufzufinden. Es wäre zu wünschen, dass auch in den andern Gebieten ein gleiches Streben herrscht. Indess findet es leider nur noch Vertreter in dem Sammeln von Käfern und Schmetterlingen, während die sonst so fruchtbaren Gebiete der Ornithologie und andere Zweige der Entomologie daneben völlig brach liegen. Es wäre zu wünschen, dass sich bald auch für solche eifrige Forscher fänden. Denn in einzelnen Zweigen der Zoologie ist für unser Gebiet noch wenig oder Nichts geleistet worden und unser Museum entbehrt darin Manches. Weiterhin bekundet diese wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins unser diesjähriges Jahrbuch, welches in gewohnter Weise dazu gedient hat, unsere Verbindungen mit wissenschaftlichen Korporationen des In- und Auslandes aufrecht zu erhalten, deren Zahl sich nunmehr auf 313 be- — XIY — läuft. Die reichen Schätze von Tauschobjectcn, welche in der letzten Zeit sich gehäuft hatten und für welche wir keinen Platz mehr in den beiden unsere Vereinsbibliothek bergenden Zimmern finden konnten, machten eine völlige Um- und Neuordnung dieser Bibliothek, die jetzt 16920 bereits eingetragene Bücher, Schriften, Werke u. dgl. aufweist, notlnvendig. Mit den in den letzten Tagen eingegangenen Tauschschriften Avird sich die Zahl bereits auf über 17 000 gesteigert haben. Wir Avaren gezwungen einen Theil der Schriften, unter diesen vorzugsweise die weniger gangbaren und in fremden Sprachen verfassten, in einem Xebengelasse im Museumsgebäude selbst unterzubringen und über diese eine besonderes Verzeichniss aufzustellen. Herr Conservator Römer hat sich dieser mühsamen und zeitraubenden Arbeit unterzogen und die Bibliothek, ist nunmehr wieder für die Benutzung um einen nicht ge- ringen Theil zugänglicher gemacht worden, indem neue Zugänge leicht in die ihnen zugehörige Stelle gebracht werden können. Auf die Dauer wird hierdurch dem Platzmangel nicht abgeholfen sein, ebenso wenig, wie den bedeutenden Schwierigkeiten, die sich im naturhistorischen Museum selbst einer Weiterentwickelung desselben entgegen stellen. Wir können für diesen Punkt nun hoffen, dass eine baldige Regelung der zwischen der königl. Regierung und dem kom- munalständischen Verbände eingeleiteten Verhandlungen eintritt, nach- dem die städtischen Vertretungen in anerkennungswerther Weise der Ermöglichung eines von mir bereits vor mehreren Jahren in der General- versammlung angeregten Planes des Neubaues des Museumsgebäudes an Stelle der Justizgebäude dadurch zu Hilfe gekommen ist, dass sie einen Theil des anstossenden sogen. »Dern'schen« Geländes zur Ver- fügung gestellt hat. In der Pflege und Unterhaltung unserer Sammlungen, die auch in diesem Jahre wieder vielfach zu wissenschaftlichen Arbeiten von in- und ausländischen Gelehrten benutzt worden sind, sind wir in ge- wohnter Weise vorgegangen. Die Museumssammlungen wurden wie alljährlich vor der Eröffnung des Museums für die Sommermonate einer genauen Durchsicht unterzogen und, soweit es der Raum gestattet, in eine bessere systematische Anordnung gebracht. In der paläontologi- schen Sammlung wurden verschiedene Verbesserungen nöthig. Leider ist Herr Conservator R ö m e r in den letzten Monaten von schwerer Krank- heit heimgesucht worden und konnte er sich dadurch nicht so, wie gewünscht, der Fortführung der Arbeit widmen. Zu un erer Freude — XV — hat sich sein Befinden jetzt so weit gebessert, dass er demnächst wieder sich der gewohnten Arbeit wird unterziehen können. Neue Erwerbungen haben wir aus bekannten Gründen und bei passender Gelegenheit nur spärlich vornehmen können. Wir finden also solche eine von Herrn Dr. Dohrn aus Sumatra gelieferten Collection von Exoten aufgestellt. Als Schenkungen wurden dem Museum einverleibt: Eine Eiersammlung von Herrn Landgerichtsrath Dussel hier, Eine Eeihe von Geste in sproben aus dem neuen Stollen der Wasserleitungsarbeiten, welche wir der gütigen Vermittlung des Herrn Gas- und Wasserdirectors Mouchall verdanken. Für unsere Bibliothek erhielten wir von Herrn Consul Voll mar eine Reihe von werthvollen Schriften aus dem aSTachlasse des berühmten Naturforschers Professor Ehrenberg in Berlin. Auch von verschie- denen andern Mitgliedern wurden uns werthvolle Schenkungen gemacht. Wir sagen den gütigen Gebern unsern besonderen Dank auch an dieser Stelle. Der Vorstand giebt nach zweijähriger Thätigkeit statutenmässig sein Amt in die Hände der Generalversammlung zurück, die heute be- rufen ist, eine Neuwahl, beziehungsweise Wiederwahl desselben vorzu- nehmen. Dazu habe ich Folgendes zu bemerken: Herr Professor Fresenius hatte die Güte, nachdem der im vorigen Jahre zum Cassirer erwählte Herr H ebner aus dienstlichen Gründen die Stelle nicht Aveiter versehen konnte, sie zu übernehmen. An Stelle des ver- storbenen V^orstehers der mineralogischen Station, Herrn Duderstadt hatte der Vorstand kraft seines statutenmässigen Rechtes Herrn Prof. Dr. Meine ke cooptirt. Diese Cooptation würde von der Generalver- sammlung zu genehmigen sein. Unsere Rechnung pro 1896/97 liegt noch der Königl. Oberrech- nungskammer zur Prüfung vor, nachdem sie einer solchen Seitens der Königl. Regierung bereits unterzogen worden ist. Meine Herren! Das ist das W^enige, was ich Hmen aus dem an- spruchslosen Stilleben unseres Vereins mitzutheilen hatte: ich hege die Hoffnung, dass Sie trotzdem die Ueberzeugung gewonnen haben, dass unser Verein auch in seinen bescheidenen Verhältnissen fortdauernd bestrebt ist, die Fahne der Naturwissenschaften hoch zu halten. Bericht über die wissenschaftlichen Abendunterhaltungen des Vereins. Der Nassauische Verein für Naturkunde hielt im Winter- halbjahre 1897/98 im Ganzen 13 wissenschaftliche Abendunterhaltungen iib. Die höchste Mitgliederzahl in den einzelnen Sitzungen betrug 55, die geringste 14 Mitglieder. Im Ganzen wurden 37 grössere und kleinere Vorträge gehalten. Gäste waren fast in den meisten Sitzungen anwesend. I. 1897 am 28. October. Herr Geheime Sanitätsrath Dr. A. Pagenstecher eröffnete die €rste Sitzung und begrüsste die Erschienenen. Herr Dr. Grünhut hielt einen Vortrag über Margarine. Redner beantwortete zunächst die Frage: »Was ist Margarine und wie wird sie hergestellt.« 1869 habe der Franzose Mege Mouries die erste Margarine dargestellt und 1872 wurde die erste deutsche Margarine- fabrik in Frankfurt errichtet. Auch die gesetzlichen Bestimmungen der Fabrikation und des Verkaufs, ebenso die Methoden des Färbens der Margarine fanden eingehende Erörterung. Herr Oberlehrer Dr. K a d e s c h behandelte hierauf in seinem Vor- trage das »Telephoniren ohne Draht«. Ausgehend von B oll 'sehen Versuchen mit Silenplatten (1880) wurde die Preer'sche Entdeckung erläutert und sodann die Versuche von Rathenow am Wannsee (1894) besprochen, um dann die Experimente von dem Italiener Macconi (1896) eingehender zu demonstrireu. II. 1897 am 4. November. Herr Dr. Mahlinger sprach über die »Termiten«. Redner demonstrirte an einem Präparate die Entwicklung, die Lebensweise und — XYII — den Bau der Wohnungen dieser tropischen Thiere und schilderte ein- gehender den Schaden, den diese Insekten anrichten. Herr Lehrer Leonhardt legte eine in unserem Gebiete neue Pflanze: »Tordylium maximum« vor und besprach deren Aufbau, die charakteristische Form und ihren Fundort bei Patersberg a. Rh. Hierauf verbreitete sich Redner eingehender über die Familie: »Ficus« und besprach die eigenthtimlichen Befruchtungsvorgänge dieser Gattung. Auch die Verbreitung der Ficusarten und ihr Nutzen fand eine ein- gehendere Besprechung. Herr Rentner Cuntz stellte an die Versammlung die Anfrage, woher es komme, dass sich im Jurakalk Versteinerungen fänden, während dieselben im Granit fehlten ; es handele sich wohl dabei um die Frage : »Welche Gesteine sind die ältesten?« Herr Sanitätsrath Dr. Florschütz entwickelte hierauf eingehender den geologischen Aufbau der ältesten Gesteine, dem Gneis, bis zum Jurakalk und demonstrirte das vermuthliche verschiedene Alter der einzelnen Schichten. HI. 1897 am 11. November. Herr Lehrer Gull sprach über Ranatra linearis, die Nadelskorpion- wanze. Redner legte ein hier gefangenes Exemplar dieser Thierspecies vor und schilderte die Entwicklung, den Körperbau, die Lebensweise und namentlich die auffallende Anpassung dieses Insektes an di<3 Um- gebung, die sich zeige au der auffallenden Körpergestalt, die einem verwelkten Hähnchen gleiche und an ihrem Verhalten bei etwaiger Gefahr. Herr Sanitätsrath Dr. Genth sprach hierauf »über den Orientirungs- sinn der höheren Thiere und des Menschen.« Nach den Untersuchungen des AViener Physiologen, Prof. E x n e r , die derselbe mit Tauben anstellte, nahm dieser einen sechsten Sinn, den Orientirungssinn, an, denn ausser dem scharfen Gehör, dem Geruch und dem Gesichtssinn dieser Thiere hätten wir es bei denselben noch mit einer unbewussteu Thätigkeit zu thun, die Exner eingehender erforschte. Redner demonstrirte nun- mehr eingehend die halbkreisförmigen Kanäle der Gehörknochen und betonte, dass man annehme, hier sei der Sitz eines sechsten Sinnes. Hierauf demonstrirte Redner noch die Veränderungen in der Bewegung in den Otolithen und machte auf allerlei Störungen aufmerksam, die Jabrb. d. nass. Vfii. f. Nat. 51. II M — XVIII — dabei eintreten könnten. Auch über den Zeit sinn, der darin bestehe, dass sich die Sinnesorgane gegenseitig unterstützten und wir uns auch nach dem Gefühl orientiren könnten, sprach Redner eingehender. Herr Geh. Sanitätsrath Dr. Pagenstecher sprach über eine Gruppe von Schmetterlingen, deren AVeibchen ungeflügelt sind und die zum Theil eine sehr interessante Entwicklung zeigten. So demon- strirte er den Frostnachtschmetterling, den Sackträger, den Aenderling und Biston hirtarius. Herr Dr. W. Fresenius sprach über geistige Getränke und beleuchtete die Frage: »Wie hängt es zusammen, dass man neuer- dings mehr helles als dunkeles Bier trinkt.« Diese ganze Frage hänge nämlich hauptsächlich damit zusammen, dass der Betrieb in den Bier- brauereien ein anderer geworden sei, denn es spiele der Vergährungs- grad, der bei dem hellen Biere geringer als bei dem dunkelen sei, eine Hauptrolle dabei, wie dies Redner eingehender nachwies. Während früher allgemein der Vergährungsgrad zwischen 50 — 60 gestanden, sei derselbe jetzt vielfach auf 48, ja sogar auf 44 Grad herabgesetzt worden. Hierauf sprach Redner dann noch eingehender über die Herstellung der Südweine, namentlich des Malagaweines. Es wurden die dabei üblichen Verfahren entwickelt und eingehender die Fälschungen, die man bei diesen Weinen vielfach nachweisen könnte, erläutert. IV. 1897 am 18. November. Herr Oberlehrer Dr. Kadesch demonstrirte in dem Physiksaale der Ober -Realschule »das Telegraphiren ohne Draht«. Redner sprach zunächst über die schon längst im Gebrauch befindlichen optischen Apparate, die den Vorzug hatten , dass eine zusammenhängende Ver- bindung nicht nöthig war. Daher sei auch das Bestreben der Elektriker schon lange darauf gerichtet gewesen, dieses Princip auch auf den modernen Telegraphen anzuwenden. Redner beleuchtete nunmehr zunächst die Frage näher: »Wie entstehen elektrische Wellen.« Prof. Herz habe zuerst die elektrischen Wellen nachgewiesen und der Engländer Brennle habe dann diese Resultate verwerthet, praktische Versuche angestellt und einen Apparat ersonnen , der es ermöglichte , bis auf 21 km Zeichen geben zu können. Redner demonstrirte diesen Apparat eingehend an der Tafel und führte dann in wohlgelungenen Experimenten das Telegraphiren ohne Draht vor. Auch die Schwierigkeit, die der - XIX — Cohirer bis jetzt noch oft biete und ebenso die Störungen, die bei der Telegraphie von Schiff zu Schiff bis jetzt noch zu überwinden seien, fanden eingehende Erörterung. V. 1897 am 25. November. Herr Oberforstmeister Prof. Dr. Borggreve hatte auf Wunsch der Vereinsmitglieder ein Referat über den Vogelschutz übernommen. Redner gab zunächst einen geschichtlichen Ueberblick über die Thätig- keit des Vereins zum Schutze der Vogelwelt und besprach die Be- strebungen und die Berichte von Gloger, Lenz, Ratzeburg und Xordlinger. 1878 hatte Redner auf dem Ornithologen-Kongresse eine Schrift über diese Frage veröffentlicht und nachfolgende Thesen aufgestellt : a) Die Frage der indirekten Nützlichkeit und Schädlichkeit durch Begünstigung oder Benachtheiligung der Kulturerzeugnisse und des kulturfeindlichen Ungeziefers, wegen der mannifaltig wechselnden Nahrung der Vögel, ist für die meisten und wichtigsten Arten eine streitige und wird wohl stets eine solche bleiben. b) Eine allgemeine Verminderung der Individuenzahl der unter den jetzigen Kulturverhältnissen übrigens örtlich existenzfähigen Vogelarten in Folge direkter menschlicher Nachstellungen ist bislang nicht exakt nachgewiesen und wird von vielen namhaften Ornithologen bestritten. c) Eine dauernde und bedeutsame Vermehrung der jetzigen durch- schnittlichen Frühjahrs-Individuenzahl durch Verhinderung oder wesentliche Beschränkung der jetzt in Europa üblichen Vogel- jagd, bleibt wegen der Elastizität der sonstigen Vernichtungs- faktoren der Vögel ebenfalls zweifelhaft und wird von manchen berechtigten Vertretern der V^^issenschaft bis zum experimen- tellen Gegenbeweise bezweifelt. d) Selbst wenn die Fragen d— c im Sinne eines weitgehenden gesetzlichen Vogelschutzes zu entscheiden wären, würden inter- nationale Vereinbarungen unter sämmtlichen europäischen Staaten, welche einen vollständigen Schutz der wichtigsten Arten be- zweckten, viele lokale Interessen und Gewohnheiten verletzen und daher schwerlich zu erreichen, beziehlich, nach den bereits gemachten Erfahrungen, fast sicher nicht durchzuführen sein. II* — XX — c) Dagegen würde eine etwa die erste Jahreshälfte umfassende strenge Schonzeit für alle während derselben nicht direkt und handgreiflich schädlich werdenden Vogelarten wahrscheinlich eine namhafte Steigerung der jetzigen jährlichen Sommer- und Herbst-Individuenzahl bewirken, und damit im gleichen Interesse aller, sei es mehr an der Erhaltung, sei es mehr an der Jagd interessirten - Nationen sein, f) Deshalb ist,' wenn überhaupt in der Sache etwas geschehen soll, zunächst eine entsprechende internationale Vereinbarung auf Probe anzustreben. g) Für dieselbe durch Vermittelung der diplomatischen Vertreter Deutschlands bei den übrigen Regierungen Europas und Nord- afrikas zunächst feststellen zu lassen, ob und in wie weit die betreffenden Regierungen geneigt und in der Lage sind, die Statuirung und Durchführung einer etA^a die erste Kalender- jahrhälfte umfassenden gesetzlichen Schonzeit für alle nicht direkt kultur-, jagd- und fischereischädlichen Vogelarten, vor- läufig auf drei Jahre zu bewirken. h) Alle zur regelmässigen genauen Beobachtung eines bestimmt abgegrenzten, wenn auch kleinen Gebietes geneigten Ornitho- logen sind darum zu bitten, dass sie für die betreffenden drei Jahre die vorhandene Zahl der brütenden Paare dieses Gebietes in übersichtlich tabellarischer Form zusammenstellen und einem am Ende der Probezeit zu berufenden Ornithologenkongress einzusenden. i. Derselbe hätte dann über die Räthlichkeit der Aufrecht- erhaltung, Abänderung oder Aufgabe der für die Probezeit eingeführten Bestimmungen zu beschliessen. Redner besprach die einzelnen Thesen eingehender und stellte den Begriff von Schaden und Nutzen der Vögel fest. Herr Oberrealschuldirektor Dr. Kaiser sprach über die Mes- sungen der Wellenlängen des Lichtes. An kleinen Federchen, welche Redner herumreichte, konnten die anwesenden Mitglieder eigenartige, reizende Farbenerscheinungen , eine Reihe des Farbenspectrums be- obachten, das in ein breites Band zerlegt war und von dem bekannten prismatischen Spectrum verschieden war; schon deshalb, weil die violette Farbe nicht vorherrschte. Genauer noch konnte man dieses Spectrum an dem Nob er t 'sehen Gitter beobachten, das Redner eingehend demon- — XXI — strirte. Redner beantwortete nun zunächst die Frage : »Wie sind diese Erscheinungen zu erklären.« Sehr eingehend wurde dann das Wesen der Lichtwellen und die Wellenlänge erklärt und ebenso die dabei geltenden Gesetze festgestellt. Viel bequemer könnte man die Wellen- länge durch das Spectrometer mit Hilfe des Spaltenfernrohres messen, was ebenfalls eingehend an der Tafel nachgewiesen wurde. VI. 1897 am 9. December. Herr Postsekretär Maus hielt einen Vortrag über die Schmetter- lingsfamilie der Parnassier. In Europa sei diese Familie in 3 Arten vertreten, nämlich in Parnassius Appolo; P. Delius ; P. Mnemosyne. Nachdem Redner Ei, Raupe, Puppe und die Flugzeit des Schmetterlings beschrieben hatte , besprach er die verschiedenen Abweichungen in Farbe und Grösse der Exemplare und erwähnte die verschiedenen Flug- gebiete. Eigenthümlich sei dabei die Thatsache, dass die Raupe von Delius längere Zeit unter Wasser leben könnte ohne Schaden zu nehmen. Nach Rühl's Untersuchungen sei festgestellt, dass sonstige Raupen von Tagfaltern im Wasser bald ertrinken, dass sich dagegen die behaarten Raupen von Eulen u. s. w. von abends 7 bis 12 Uhr mittags unter Wasser hielten und nach einer Erholung von 3 bis 4 Stunden wieder Nahrung zu sich nalimen. Das Fluggebiet von Delius be- schränke sich nur auf einige Gebiete in den Alpen, während dasjenige von Mnemosyne sehr ausgedehnt sei. Während Amerika wie Europa nur 3 Arten aufweise, finde man in Asien gegen 60 Varietäten der Parnassier. Aus der Sammlung des Herrn H. Wage mann wurden zahlreiche Exemplare dieser Familie vorgezeigt. Im Anschluss hieran demonstrirte Herr Geh. Sanitätsrath Dr. Pagen stech er die Vertreter der amerikanischen Parnassier und machte wichtige biologische Mit- theilungen über diese Familie, namentlich in Bezug auf die eigenartigen Vorgänge bei der Fortpflanzung dieser interessanten Schmetterlinge. In Afrika und Australien seien die Parnassier nicht vertreten. Herr Sanitätsrath Dr. Genth demonstrirte Präparate des Ein- siedlerkrebses in seinem Mutualismus zur Actinie, sowie zwischen Spongien und Krabben. Auch der Unterschied dieser Lebensgemein- schaften in Bezug auf Mutualismus und Commensalismus wurde von Redner eingehend geschildert. Auch Herr Dr. Dreyer sprach im iVnschluss hieran über einige — XXII — Lebeiisgemeinscliaften niederer Thiere, namentlich einer Holothurie, in deren Leibeshöhie ein bestimmter Fisch mit dieser zusammenlebe. Herr Oberforstmeister Prof. Dr. Borggreve hielt einen längeren Vortrag über naturgesetzliche EntNvicklung der Baumformen, Baum Schönheit und Baumkrankheit. Redner ging von der Pländerwirth- schaft im Forstbetrieb aus und erinnerte an die Befürchtung des hiesigen Publikums bezüglich der unmittelbar bevorstehenden Lichtung des Kurparks. Die zur Revision ernannte Kommission, bestehend aus Gärtnern und zwei Forstleuten, zu denen auch der Herr Vortragende gehörte, war öfters verschiedener Meinung, welche Bäume gefällt und welche erhalten bleiben sollten, weil man über Schönheitsgesetze ver- schiedener Meinung sein könnte und ^veil auch oft der eine Sach- verständige einen Baum für krank hält und demgemäss für seine Ent- fernung stimmt, von dem ein Anderer, der zAvar die Krankheit auch anerkennt, überzeugt ist, dass er trotzdem noch viele Jahre aushalten kann. Eingehend besprach dann Redner auf recht wissenschaftliche Weise, wie sich die Krone bei Bäumen in geschlossenen Ständen, an Waldrändern und in Lichtungen naturg^mäss entwickelte und betonte, dass zu erwarten stände, dass die Auslichtung auch im Kurpark eine derartige würde, dass man wegen der Zukunft desselben beruhigt sein könnte. VII. 1898 am 6. Januar. Herr Dr. Staffel sprach über das Photographiren. Ais Amateur hatte sich Redner die Aufgabe gestellt, das Photographiren einmal von der wissenschaftlichen Seite aus zu besprechen. Die Berufsphotographen betrieben von ihrem Standpunkte aus nicht immer das Photographiren naturgemäss und auch das Publikum nehme vielfach bei der Beurtheilung derselben einen niederen Standpunkt ein. Schon das bekannte Wort »er sei gut getroffen« Hesse darauf schliessen. Die Linse treffe immer naturgetreu, nur mit der einzigen Einschränkung, dass sie die Farbe nicht wiedergebe , was Redner eingehender nachwies. Von einer Photographie müsse vor allem Xaturtreue verlangt und studirt werden, wie sich die betreffende Person von der vortheilhaftesten Seite darstellen Hesse , worauf sehr viel ankomme. Ausserdem würden künstlerische Ausführung und gute Technik verlangt. Vielfach müsse der Photograph der Eitelkeit des Menschen Rechnung tragen und ebenso dem Geschmack — XXIII - seiner Kunden. Die Schönheit einer Aufnahme könne aber nur nach der richtigen Yertheilung von Licht und Schatten beurtheilt werden. Redner schilderte hierauf eingehend das Verfahren zur Herstellung eines Bildes, entwickelte die Unterschiede der früheren sogenannten nassen Platten und den jetzt allgemein im Gebrauch befindlichen Trockenplatten sowie die Herstellung von Chlorsilber und der jetzigen Chromsilberpapiere. Nachdem dann das Retouchiren, die Herstellung der Diapositive, das Photographiren auf Postkarten etc. eingehender besprochen war, wurden von Redner zahlreiche, vortrefflich gelungene Photographien der ver- schiedenartigsten Methoden der Aufnahme herumgereicht. Zum Schluss betonte Redner den Naturgenuss, den sich der Amateur durch solche Aufnahmen verschaffe und empfahl die Beschäftigung mit dem Apparate. Herr Dr. Lenz sprach über die Uebertragung der Farben beim Photographiren. Redner erwähnte, dass schon seit einer Reihe von Jahren farbige Photographien hergestellt wurden, aber bei diesem Verfahren war es noch nicht gelungen, Farben zu photographiren, es wurden vielmehr nacheinander bis zu 10 Farben übereinander auf- gedruckt und so die natürlichen Farben fixirt. Xamentlich seien in dieser Beziehung die sogenannten 3 Farbendrucke in neuerer Zeit sehr bekannt geworden. Da sei es aber vor kurzem seinem Bruder, dem Oberlehrer Lenz in Braunschweig, gelungen, wirkliche farbige Photo- graphien herzustellen. Redner erläuterte an der Tafel ausführlich das Verfahren und verwies auf das diesbezügliche Werk seines Bruders über diesen Gegenstand : »Die Farbenphotographie von Oberlehrer Th. Lenz in Braunschweig«, Rani dohr 'sehe Buchhandlung. Zum Schlüsse zeigte Redner zwei wohlgelungene Farbenspectrum, die Ober- lehrer Lenz angefertigt hatte, vor. Herr Lehrer Leonhardt sjn^ach hierauf über Pflanzenfamilien, in deren äusseren Bau merkwürdige Unterschiede vorherrschten. So zunächst über einige tropische Euphorbiacaea Ph^dlanthus und Ruscus, die Redner demonstrirte. Eingehender wurden dann die Cacteen besprochen, von denen auch seit 1820 viele Arten von Amerika aus bei uns cultivirt würden. Da ihnen die Blätter fehlen und warzen- artige Gebilde dieselben ersetzen und da die meisten auf äusserst trockenem Wüstensande ihr Dasein fristen, so befänden sich am Stamme Spaltöffnungen, wodurch Kohlenoxyd eingeführt wurde ; aber auch die Rinde sei so beschaffen, dass sie durch besondere Wassergewebe Ab- sonderungen von Oxalsäuren Salzen und Schleimsubstanzen, die Pflanzen — XXIV — vor zu starker Yerdunstung und Austrocknuiig beschützten. Redner beschrieb dann eingehend die Opuntia- Arten, die in Mexico haupt- sächlich wegen der Cochenillenzucht massenhaft angebaut wurden. Mehr ^Yürden heutzutage die Opuntien wegen ihrer sehr geschätzten Früchte angebaut und auch jetzt von unseren Gärtnern cultivirt, namentlich Peireskia. Nachdem dann noch die Riesen unter den Cacteen, wie Cercus monströsus , beschrieben und das Pfropfen von Peireskia auf Epiphyllum erläutert war, schloss Redner mit dem Hinweis auf einen Versuch von Dr. Russ in Hannover, der 5 Jahre lang einen Cactus in einem verkorkten und versiegelten Arzneiglase, in welches er Wasser und etwas Erde gebracht hatte, am Leben erhielt. vni. 1898 am 13. Januar. Herr Rentner Cuntz sprach über das Verhältniss des Kohlenstoffs, wie er in der Natur in freiem (Steinkohle) und gebundenem Zustande (Kalkstein) vorkommt, xluf sehr anschauliche Weise zeigte Redner an 2 Würfeln, die in einem Cubikdecimeter Kalkstein enthaltene Menge gebundenen Kohlenstoffs, welche als Steinkohle berechnet, einen Würfel von 5,9 cm Länge und 208 ccm Inhalt ausmachen würde. Die chemischen Vorgänge und die Gewichtsverhältnisse zwischen freiem und gebundenem Kohlenstoff wurden an der Tafel eingehender demonstrirt und dann von Redner die Frage beantwortet: »Wie verhält sich in der Xatur die freie zur gebundenen Kohlenstoftmenge.« In eingehenderen Zahlen- verhältnissen wurde dabei eine Berechnung des oberschlesischen Jura- kalkes und des darin gebunden enthaltenen Kohlenstoffs vorgeführt und es ergab sich, dass der darin gebundene Kohlenstoff' bereits 2 mal so gross ist, als die Gesammtmenge des Kohlenstoffs, welchen wir in den Steinkohlenlagern von ganz Mitteleuropa besitzen und ferner, dass die Gesammtmenge des in den verschiedenen Juragebieten Mitteleuropas gebunden enthaltenen Kohlenstoffs mindestens 16 mal so viel, als die Kohlenmenge sämmtlicher Steinkohlenlager Mitteleuropas beträgt. Herr Oberlehrer Dr. Kadesch sprach über eine neuerdings bekannt gew^ordene Verbesserung in der elektrischen Beleuchtung. Redner betonte , dass der allgemeinen Einführung des elektrischen Lichtes der hohe Kostenpunkt hemmend entgegentrete, weil die Verluste bei demselben immer noch 5^/q und bei Bogenlampen sogar 10 ^/^ betragen. Daher seien die Elektrotechniker bestrebt, billigere Licht- — XXV — quellen zu finden. So habe Tesla Verbesserungen eingeführt, neuer- dings sei dies aber namentlich von Mac Ferlan Moore geschehen. Letzterer sollte ein bedeutend billigeres und für das Auge angenehmeres Licht gefunden haben als das elektrische Bogenlicht. Er verwende dabei Geissler 'sehe Röhren in Verbindung mit dem Inductionsapparate. Die sehr sinnvollen Einrichtungen und die Wirkungen der betreifenden Versuche wurden von Redner sehr anschaulich an der Tafel entwickelt. Herr Dr. W. Fresenius sprach über eine Verbesserung des Thermometers gegen thermische Xaclnvirkungen. Man hatte schon früher beobachtet, dass beim längeren Gebrauch eines Thermometers sich dessen Nullpunkt veränderte, namentlich trat dies ein, wenn in Fabriken hochgradige Temperaturen gemessen werden mussten. Diese Erhöhung konnte vermieden werden, wenn bei dem Anfertigen das Thermometer stark erhitzt und dann langsam zum Erkalten gebracht wurde. Von grosser Bedeutung dabei w^ar aber die Zusammensetzung des Glases selbst und es habe deshalb neuerdings Dr. Schott in Jena Thermometer fabriciren lassen, bei denen durch Kompensation von zwei verschiedenen Glasarten jene Verrückung des Nullpunktes aufgehoben wird. Zum Schlüsse machte dann Redner noch Mittheilungen über das von Dr.. Schott aus Glasarten hergestellte Verbundglas, welches die Nachtheile des Hartglases nicht hat. IX. 1898 am 3. Februar. Herr Prof. Ley endeck er sprach über die Kohlenstoifmenge in der Natur. Die Gesammtproduktion von Kohlen auf der Erde betrug im Jaln-e 1890 = 514 Millionen und nimmt jährlich um etwa 10 Millionen zu. Da nun die Gesammtoberfläche der Erde 510 Millionen 9 km beträgt, so kommen auf 1 qkm 1 Tonne Kohlen im Jahre, oder auf 1 qm 1 gr Die auf 1 qm ruhende Luftsäule wiegt 9000 X 76 X 13,6 g. = 13^/3 t. Davon sei dem Volumen nach der 2000 ste, dem Gewichte nach der 1500 ste Theil Kohlensäure und davon wieder '^/22 Kohle. Das machte I88O g auf 1 qm. Es würde also, wenn der Verbrauch nicht zunähme, nach etwa 1800 Jahren die Menge der Kohlensäure in der Luft sich verdoppelt haben. Steige aber die Produktion in der seit- herigen Weise, so würde dieses in nicht ganz 400 Jahren eintreten. Nun sei einerseits die Verbrennung von Holz, Petroleum etc. nicht die einzige Quelle von Kohlensäure, ungleich mehr lieferte die Athmung — XXYI — der Menschen und Tliiere und der YerAvesungsprozess organischer Stoffe. Andererseits sei es mehr als wahrscheinlich, dass durch intensivere Bebauung der Erdoberfläche, durch tippigen Wuchs der Pflanzen auch der Verbrauch an Kohlen im AVachsen ist. Aber auch das Steigen des Kohlensäuregehaltes der Luft auf das Doppelte, von ^'20 auf \/io'7o' würde der Gesundheit keinen Eintrag thun. Herr Sanitätsrath Dr. Florschütz sprach über die »Lössbil- dung« in der Umgebung von Pchierstein. Diese sei in archäologischer und geologischer Hinsicht besonders dadurch interessant, weil sich in den dortigen, zum Theil 30 Fuss dicken, homogenen Lösschichten sehr zahlreiche Mulden zeigen, in welchen sich Asche- und Kohlenreste vor- iinden. Yon grösserer Bedeutung seien aber die zahlreichen Funde von Kulturbildern eines Volkes, das zur Pfahlbautenzeit dorten lebte. Redner schilderte nunmehr eingehend die in diesen Mulden gefundenen Gerätlischaften, leider alle in Bruchstücken; so die Campanula-Formen, Mahlsteine, Arbeitsinstrumente, welche vielfach so aussehen wie solche, die in den Pfahlbauten am Bodensee gefunden wurden. Redner ging dann auf die Frage näher ein: »Was bedeuten diese trichterförmigen,, oft 2 m im Durchmesser grossen Mulden.« Es sei festgestellt, dass es Abfallgruben der Pfahlbautenbewohner sind, deren Wohnungen nicht im Wasser, sondern in der Nähe desselben auf einem Hügel standen. Noch heute hätten die Dajaken auf Borneo genau dieselben Wohnungs- einrichtungen wie unsere ältesten Bewohner in unserer nächsten Um- gebung. Der Schluss dieser Periode sei etwa 1500 Jahre vor Christus eingetreten. Redner schilderte dann noch eingehend die Lebensweise dieser Pfahlbautenbewohner und die Martelle. Herr Oberforstmeister Prof. Dr. Borggreve beleuchtete die Frage der Zu- oder Abnahme des Kohlensäuregehaltes der Erde, die Herr Prof. I/Cyendecker angeregt hatte, namentlich in Bezug auf die Waldvegetation. Redner betonte, dass man heutzutage durch vereinfaclite Rechnungsarten ziemlich leicht und genau den Vorrath an Holzbestand nach Cubikmetern berechnen könnte und ebenso wie viel etwa jährlich an Nachwuchs auf einem Hektar erzeugt werden könne, ja was ein Waldbestand vor 300 und mehr Jahren an Wachsthumsenergie geleistet habe. Die Vegetation sei bei gleichen klimatischen Verhältnissen vor allem von den Bodenverhältnissen ab- hängig, also dem mehr oder weniger vorhandenen Nährwerth desselben, was eingehender durch den Verlust an Waldstreu etc. sehr anschaulich - XXYII — nachgewiesen wurde. Die Energie des Waclistlmms sei zwar früher "bedeutender als jetzt gewesen, dies hänge aber eng damit zusammen, dass die Nährstofte durch Entnahme der Produkte verringert wurden. Das Plus an Kohlensäure habe also für den Waldbestand nicht den Effekt gehabt, dass die Waldvegetation gefördert, sondern eher ver- ringert wurde, da durch gesteigerte Kultur der Wald mehr und mehr in Anspruch genommen würde. X. 1898 am 10. Februar. Herr Oberrealschuldirektor Dr. Kaiser sprach über die Frage: »Wie entsteht der Föhnwind«. Redner führte aus, dass da, avo ein- fache geographische Verhältnisse maassgebend sind, auch die geologischen Bedingungen diesen entsprechen. So beruhen darauf auch die Regel- niässigkeit der Passat- und Monsunwinde. Dagegen träten in Mittel- europa die Winde nicht so regelmässig auf, weil lokale Verhältnisse mitspielten. Auch der Föhnwind würde auf diese Weise beeinflusst. Er sei der bekannteste, berühmteste und gefurchteste, andererseits aber auch wieder der geschätzteste Wind der Schweiz. Am häufigsten stellte sich derselbe im Frühjahr ein und '»hätte die untrüglichen Zeichen von grosser Trockenheit und Hitze. Seine Wirkung äussere sich als Gefahr, durch die zahlreichen Brände, die in seinem Gefolge auftreten und als Nutzen, weil er grosse Schneemassen schnell und ungefährlich beseitige. Ueber seine Entstehungsursache hätten früher die Schweizer Gelehrten, so namentlich Escher und v. d. Lind, angenommen, er würde durch heisse Winde aus der Wüste Saharah gebildet, während später Dowe diese Anschauung bekämpfte, was Redner genauer erläuterte. In neuerer Zeit habe Professor Hann eine Theorie aufgestellt, die wohl die richtige sei. Er stellte fest, dass der Föhnwind durch feuchte Luftströme gebildet wird, welche von der Südseite der Alpen, beim Aufsteigen in kältere Zonen geführt, den W^assergehalt abgeben, anderntheils dabei durch die geleistete Arbeit Wärme verlieren, die aber beim Herab- stürzen der Luftströme auf der Nordseite des Gebirges durch Kom- primiren wiedergewonnen und dadurch sowohl trocken wie heiss wird. Daraus erkläre sich dann auch die Erscheinung, dass in südlicheren Thäleru zuweilen feuchtere und kühlere Winde vorherrschten als auf der Xordseite. Der ganze Vorgang sei also ein rein lokaler. Redner schilderte dann noch die Erscheinungen des Föhns beim Schmelzen des — XXVIII — Schnees, der kein Anschwellen der Gebirgsbäche hervorrufe und be- leuchtete dann noch die Frage, ob nicht auch noch nebenbei beim Auf- treten des Föhnwindes die südliche Wärme mitwirke. Redner schloss mit dem Hinweis, dass auch hier wieder die allgemeinen Gesetze vom Umsatz der Arbeit in Wärme und umgekehrt bestätigt würden. Herr Dr. Grünhut sprach über die Gewinnung der künstlichen Seide. Redner beschrieb zunächst den chemischen Aufbau und die Struktur der Wolle, Baumwolle und der Seide und schildeite die Ent- stehung der letzteren durch die Seidenraupe. Da gerade die Seide von allen Gespinnststoft'en der werthvollste sei , so habe man sich eifrigst bemüht, an Stelle dieses Naturproduktes ein Kunstprodukt zu finden. Im Jahre 1889 hätte dann thatsächlich auf der Pariser Weltausstellung Chardonne und später Lehn er zum ersten Male solche künstliche Seide hergestellt. Nach Angabe des Patentes würde dieselbe aus Baum- wolle und Cellulose gewonnen. Diese Stoffe wurden ir.it Hülfe von Salpeter- und Schwefelsäure in eine klebrige Flüssigkeit verwandelt und dann durch sehr enge capillare Röhrchen gepresst, worauf sie dann durch weitere chemische Behandlung gehärtet und ihrer Struktur nach der Seide ähnlich gemacht wurden. Redner wies dann auf die ähnliche Herstellung von Schiessbaumwolie, rJluchschwachem Pulver und Collodium hin und erläuterte die Denitirung. Auch die Unterschiede der natür- lichen und der künstlichen Seide wurden hervorgehoben und betont, dass die künstliche Seide neuerdings namentlich für die sogenannten Strümpfe beim Gasglühlicht Verwendung gefunden habe. Herr Dr. W. Fresenius sprach über die Anwendung des Telephons auf chemische Analj'se. Man habe mit Erfolg versucht, so führte Redner aus, zu manchen sogenannten chemischen Stimmungen das Telephon heranzuziehen, da es sich dabei darum handele, gewisse chemischen Eigenschaften festzustellen. Redner erläuterte an der Tafel eingehend die Messung der elektrischen Widerstände und erläuterte dieses Prinzip in seiner Anwendung bei den Leitungswiderständen von verschiedenen Salzlösungen , so Chlorkalium und Chlorrubidium. Da aber die Temperatur bei solchen Messungen von grossem Einfluss sei, so wurde eine Abänderung dieses Verfahrens vorgeschlagen, die Redner eingehend nachwies. Sei auch diese Methode bis jetzt noch mehr theoretisch, so könne dieselbe doch noch so au Bedeutung gewinnen, dass sie beim Chemiker in der Praxis gute Anwendung fände. XXIX XL 1898 am 17. Februar. Herr Lehrer Jordan sprach über Tetraphis pellucida, ein kleines Moos, welches an Felsen und auf feuchtem Waldboden auch in unserer Umgebung vielfach vorkomme. Redner schilderte eingehender den Aufbau und die Fortpflanzungsorgane desselben und beschrieb die Eigen- thümlichkeit gerade dieses Mooses, das an unfruchtbaren Stämmchen, Antheridien ähnliche Gebilde zeige, deren Zweck und Bedeutung noch nicht genau festgestellt sei. Es dürften aber umgebildete Antheridien sein und man hätte es damit bei den Kryptogamen mit einer Erschei- nung zu thun, wie sie bei den Phanerogamen vielfach vorkommt, indem sich bei gefüllten Blüthen Staubgefässe in Blüthenblätter umbilden. Herr Lehrer Leonhardt sprach über die Athmung der Pflanzen. Redner schilderte den LTnterschied zwischen Assimilation und Re- spiration der Pflanzen und entwickelte die Uebereinstimmung der Pflanzen- und Thierathmung, die der berühmte Pflanzenphysiologe Prof. Sachs 1860 entgütig festgestellt habe. Zwei Versuche, die diese Thatsache beweisen, wurden von Redner beschrieben und dann an Bei- spielen nachgewiesen, wie die Lebensthätigkeit bei manchen Pflanzen auf ein Minimum herabgesetzt oder auf kürzere Zeit ganz eingestellt werden könnte. Redner beleuchtete dann die Frage, auf welche Weise die Gase dem Pflanzenkörper zugeführt würden und wies an Beispielen nach, dass dies die Spaltöifnungen besorgten, während anderntheils die Mangrovebäume eine Ausnahme von dieser Regel bildeten. Durch das Yerathmen von kohlenstoffhaltigen Stoffen würde Wärme entwickelt, die man bei manchen Pflanzen bis auf 10 — 20 Grad messen könnte. Zum Schluss wurde dann der eigentliche Zweck des Athmens demonstrirt und es ergab sich, dass die Pflanze nicht wegen des Sauerstoffs, der oxydirend auf sie einwirkt, athmet, sondern weil sie von sich aus das Bedürfniss zum Athmen hat. Prof. Xoll in Bonn hätte nachgewiesen, dass durch die Athmung die Gewinnung von Lebensenergie bezweckt würde, wenn auch damit stets ein Yerlust an Kohlenhydraten und Fetten, also an organischer Substanz verbunden war. Herr Dr. Grünhut sprach über die Elektrolyse bei der Gold- und Silberscheidung. Der stetige Begleiter vom Silber, das Gold, konnte früher nur sehr unvollkommen vom Silber getrennt w^erden, was Redner erläuterte. Daher seien alle älteren Silbermünzen und Silbergeräthe — XXX — noch goldhaltig. Redner schilderte nun wie Prof Rössler in Frank- furt a. M. verfahren hätte, um bei Einführung des Marksystems nach 1866 alle früheren Silbermünzen im Auftrage der Regierung umzu- schmelzeu, damit reines Silber ausgeschieden wurde. Vor einigen Jahren habe dann Prof. Mob ins in Frankfurt ein neues Verfahren, das elektrolytische eingefülirt, das durch seine ausserordentlich scharfe Trennung sehr günstige Resultate lieferte. Redner entwickelte an der Tafel in sehr anschaulicher Weise die scheinbar sehr complicirten Vor- gänge bei der Elektrolyse, für die Zersetzung der Silberlösung. Nach- dem dann das Princip der Elektrolyse und die Begriffe der Kathode und Anode entwickelt waren, schilderte Redner noch die Resultate des Zersetzungsprozesses . XII. 1898 am 24. Februar. Herr Dr. Hintz sprach über das Wesen des Gasglühlichtes. Der Redner führt aus, dass er das Thema gewählt habe, weil es seine Ab- sicht gewesen sei, ein Arbeitsgebiet heranzuziehen, welches das Labo- ratorium in der jüngsten Zeit vielfach beschäftigt habe. Nach einer kurzen Schilderung der Wandlungen der Beleuchtungstechnik in unserem Jahrhundert zeigt er, wie durch die Erfindung des Gasglühlichtes die Gasbeleuchtung aufs Neue dem elektrischen Licht gegenüber concurrenz- fähig geworden ist. Die weitgehende Bedeutung der Erfindung Dr. Karl Au er 's von Welsbach sieht er darin, dass dieser durch sein Verfahren einen Glühkörper von sehr kleiner Masse, nur 0,5 g, herstellt und demselben eine möglichst grosse Oberfläche verleiht, sodass die einfache Bunsenflamme im Stande ist, diesen Glühkörper ein äusserst intensives Licht ausstrahlen zu lassen. Die Darstellung der Glühkörper aus den sogenannten Strümpfen wird eingehend beschriebcD, das Tränken, Auswringen, Trocknen, Vernähen mit Asbestfaden und Abbrennen. Ueber die Zusammensetzung des zum Tränken benutzten Leuchtfluids gibt der Redner an, dass dasselbe aus Thornitrat und Ceronitrat besteht und die Zusammensetzung derartig gewählt ist, dass in dem fertigen Glühkörper auf 99 «/^ Thorerde 1^1^ Ceroxyd entfällt. Auf Grund der eigenen Arbeiten schildert Redner weiter, durch welche begleitenden Substanzen das Lichtemmissionsvermögen dieser Glühkörper, deren Leuchtkraft etwa 70 Kerzen beträgt, beeiuflusst werden kann und geht dann zu den über das Wesen des Gasglühlichtes aufgestellten Erklärungs- — XXXI — versuchen über. Er legt hierbei die interessante Thatsache dar, das5 ein Glühkürper aus reiner Thorerde ebensowenig leuchtkräftig ist, wie- ein Glühkörper aus reinem Ceroxyd und dass die Thorerde nur durch den Zusatz geringer Mengen von Ceroxyd das Leuchtvermögen erlangt. Sehr interessant sind die Angaben, die Redner über das Ausgangs- material, das Thornitrat, macht. Dasselbe ist im Preis von 2000 M. Ende 1894 auf 70 bis 80 Mk. pro kg in der Jetztzeit gesunken. Gewonnen wurde das Thornitrat früher aus dem Thorit Scandinaviens und in neuerer Zeit aus dem Monazitsand Brasiliens. Schliesslich berührt der Redner die Auer 'sehen Patente und den heute schwebenden Streit über die Tragweite derselben. Er schildert,, wie im Anfang der Processe die analytischen Methoden geschaffen werden mussten, welche eine Untersuchung der Glühkörper des Handels überhaupt ermöglichten, und wie dann weiter die P'rage der Tragweite des Patentes No. 41 945 zu entscheiden war. iJa detaillirte Angaben zu weit führen würden , so sei nur bemerkt, dass das Urtheil des Königlichen Landgerichtes Berlin, welches die heutigen Glühkörper des Handels unter das Patent Xo 41 945 stellte, durch das Kammergericht zu Berlin aufgehoben w^orden ist und die Entscheidung des Reichs- gerichts demnächst bevorsteht. In seinem Schlusswort hebt Redner ausdrücklich das Verdienst Au er 's von Welsbach hervor, welcher mit dem Gasglühlicht der Beleuchtungstechnik eine Lichtquelle geschaffen habe, ausgezeichnet durch Lichtstärke bei geringerem Gasverbrauch und geringerer Wärme- entwicklung. Herr Oberlehrer Dr. Kadesch entwarf dann ein sehr ausführ- liches Lebensbild von Werner v. Siemens und erläuterte dessen Erfindungen auf dem Gebiete des Telegraphen wesens und der Elektricität, sowie die grossartige Erfindung der Dynamomaschine. xni. 1898 den 3. März. Herr Lehrer Leonhardt sprach über die Epiphyteu oder Luft- pflanzen und stellte zunächst den Unterschied derselben mit den pflanz- lichen Parasiten fest. An grossen Abbildungen wurde eine ganze Reihe Repräsentanten der wichtigsten Gruppen tropischer Pflanzen vorgeführt, an welchen erläutert wurde , wie sie in die höchsten Baumspitzen gelangen, wie sie sich dorten festhalten und wie sie sich gegen Aus- — XXXII — trocknung und deren schüdliclion Folgen schützen. Auch die Ernährung namentlich von Ficus, Drymoglossum , Dischidia, Grammytophyllum, Myrmecodia etc. wurde eingehender erörtert. Zum Schlüsse machte Redner wieder auf die merkwürdigen Beziehungen der Ameisen zu den sogenannten »Ameisenpflanzen« aufmerksam. Herr Oberrealschuldirektor Dr. Kaiser sprach hierauf über die Lichtgeschwindigkeit. Zunächst wurde die Frage näher beleuchtet : »Wie man die Wellenlänge des Lichtes misst.« Bis zum 17. Jahr- hundert habe man geglaubt, dass sich das Licht momentan fortpflanze und keine Zeit in Anspruch nehme. Da sei es aber (1685) Olaf Römer in Paris gelungen auf merkwürdige Weise dasselbe auf astronomischem Wege zu messen, obwohl er etwas ganz anderes suchen w'ollte als die Fortpflanzung des Lichtes. Nachdem nämlich, wohl Galilei, 1609 das Fernrohr erfunden hatte, entdeckte derselbe schon 1610 die Monde des Jupiters. Er musste aber die weitere Arbeit dem vorhin erwähnten Nachfolger Römer überlassen. Redner demon- strirte nun an der Tafel in sehr klarer und anschaulicher Weise ein- gehend diese Ermittlungen in Bezug auf Messung der Lichtwellen. Es wurde dann später eine zweite astronomische Methode für Berechnung der Lichtgeschwindigkeit vom Engländer Bradley (1725) demonstrirt. Er suchte nach der sogenannten Parallaxe der Fixsterne dieselbe zu bestimmen. Auch diese Methode wurde vom Redner eingehend demon- strirt. Es zeigte sich bei Bradley 's Untersuchungen das Gegentheil von dem was er suchte und er gab seinen Feststellungen den Namen : »Die Abberation des Lichts. -< Redner entwickelte nun eingehend die Frage: »Wie kann man aus der Abberation die Lichtgeschwindigkeit bemessen.« Auch auf experimentellem Wege sei die Lichtgeschwindig- keit gemessen w^orden von dem Franzosen Fizean (1849) und Toucault, was Redner genau nachwies. Redner schloss mit dem Hinweis , dass diese stauneuswerthen Resultate den Beweis lieferten, was gute Sinne und scharfer Verstand ausrichten und wie ganz fern- stehende Dinge in Zusammenhang gebracht werden könnten. Der Vorsitzende Herr Geh. Sanitätsrath Dr. Pagenstecher schloss dann die winterlichen Donnerstagssitzungen, w^orauf Herr Sanitäts- rath Dr. Flor schütz dem Vorsitzenden im Namen des Vereins den wärmsten Dank für die umsichtige und vorzügliche Leitung der Sitzungen aussprach. J. Gull. Nekrolog. Am 11. April 1898 verschied zu Würzburg Herr Gelieimrath Dr. Carl Ludwig F r i d o 1 i n von S a n d b e r g e r , ordentlicher öffentlicher Professor der Mineralogie und Geologie an der Universität dortselbst, von 1849 bis 1855 Secretär des Nassauischen Vereins für Naturkunde und Inspector des naturhistorischen Museums zu Wiesbaden. Der berühmte Gelehrte hat sich sowohl um unsern Verein, in dessen Section für Mineralogie, Geognosie und Geologie er bereits 1849 als eifriges Mitglied eintrat und dessen Jahrbücher er als Vereinssecretär vom Jahre 1850 bis 1855 herausgab, wie auch als Museunisinspector um die Erweiterung des naturhistorischen Museums bedeutende Ver- dienste erworben. Auch nach seinem Wegzuge von Wiesbaden hat er zuerst als correspondirendes und später als Ehrenmitglied des Vereins demselben sein wärmstes Interesse stets erhalten, lieber den Lebens- gang des verdienten Mannes entnehme ich einer am 11. Mai 1898 zu Würzburg von dem Rector der Universität Herrn Professor J. Pryn gehaltenen Rectoratsrede das Nachfolgende: »Carl Ludwig Fridolin von S an db erger ward geboren am 22. November 1826 zu Dillenburg, erhielt seine wissenschaftliche Vorbildung auf dem Gymnasium zu Weilburg, an das sein Vater als Professor versetzt worden war, und besuchte dann die Universitäten zu Bonn, Heidelberg, Giessen und Marburg, um dort unter Leitung von Männern, wie B i s c h o f f , Bronn, L e o n h a r d , B u n s e n und von Liebig mineralogische, paläontologische und chemische Studien zu machen. Nachdem er im Jahre 1846 als 19 jähriger zu Giessen sich den Doktorgrad erworben hatte, begann er im folgenden Jahre zusammen mit seinem Bruder Guido die Herausgabe eines grösseren Werkes, welches die Versteinerungen des rheinischen Schichtensystems in Nassau behandelte, das später mit dem Wollaston 'sehen Preise gekrönt wurde. Im Jahre 1849 sehen wir ihn als Secretär des Nassauischen Vereins Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. III — XXXIV — für Naturkunde, drei Jahre darauf als Inspector des schönen natur- historischen Museums zu Wiesbaden. Aus dieser Stellung schied er zu Anfang des Jahres 1855, um an dem damals in hoher Blüte stehenden Polytechnikum zu Karlsruhe die Professur der Mineralogie und Geologie zu übernehmen. In die Karlsruher Zeit fällt die Abfassung seines zweiten grösseren Werkes »die Conchylien des Mainzer Tertiärbeckens«, das in den Jahren 1858 — 1863 erschienen ist. 1863 wurde er als Nachfolger des im Jahre zuvor verstorbenen Mineralogen li u m p f nach Würzburg berufen. Damit begann für ihn eine neue Periode frucht- barster Thätigkeit. Vor Allem wandte er sich dem Studium der frän- kischen Trias zu und machte als der erste die geologischen Verhält- nisse Unterfrankens der wissenschaftlichen Welt bekannt. Die von ihm geordnete und im alten Universitätsgebäude aufgestellte unterfränkische Lokalsammlung wird für alle Zeiten ein ruhmvolles Denkmal seiner Thätigkeit bilden. Hier entstand auch seine dritte grössere, in den Jahren 1871 bis 1876 unter dem Titel »Die Land- und Süsswasser- conchylien der Vorwelt« erschienen und später mit der goldenen Cothenius- medaille gekrönte Arbeit. Hier endlich verfasste er seine fundamentale Arbeit »Ueber die Erzgänge«, von zahlreichen kleinen Arbeiten nicht zu reden. Seine angestrengte wissenschaftliche Thätigkeit hielt ihn nicht ab, auch für die allgemeinen Interessen der Hochschule zu wirken, sowohl im Senat, dem er acht Jahre angehört hat, wie in der Facultät, deren Decan er zweimal gewiesen ist. Als Lehrer nicht minder bedeutend denn als Forscher hat Sand- berger nicht nur durch seine privaten akademischen Vorlesungen in hohem Grade anregend gewirkt, sondern auch durch seine Publica und sonstigen öffentlichen Vorträge das Interesse für die heimathliche Boden- und Gesteinkunde in w^eiteren Kreisen erweckt. Von den aus seinem Laboratorium hervorgegangenen Mineralogen wirken einige jetzt als Professoren an deutschen Hochschulen, andere als Direktoren grosser industrieller Unternehmungen. Als er im Früh- jahr 1896 kurz nach der Feier seines fünfzigjährigen Doktorjubiläums, durch Alter und Krankheit veranlasst, seine Thätigkeit als Lehrer und Forscher beschloss, da konnte er auf ein an Erfolgen reiches Leben zurückblicken Denn auch an äusseren Ehrungen hat es ihm nicht gefehlt. Wiederholt war er von Allerhöchster Stelle ausgezeichnet worden und vielen gelehrten Gesellschaften gehörte er als Mitglied an. i>ii- Verzeichniss der Mitglieder des Nassauischen Vereins für Naturkunde im September 1898/0 I. Vorstand. Herr Regierungspräsident Dr. Wentzel. « Geh. Sanitätsratli Dr. Arnold Pagen Stecher, Museums-lnspector und Vereinssecretär. « Professor Dr. Heinrich Fresenius, Cassirer. « Apotheker A. Vi gen er, Vorsteher der botanischen Section. « Rentner Dr. L. Dreyer, Vorsteher der zoologischen Section. « Professor Dr. Meineke, Vorsteher der mineralogischen Section. « Oberrealschuldirector Dr. Kaiser. « Garteninspector Dr. L. Cavet. II. E li r e 11 in i t g 1 i e d e r. Herr v. Baumbach, Landforstmeister a. D., in Freiburg i. B. « Dr. Bunsen, Geheimerath, in Heidelberg. « Dr. Erlen meyer, Professor, in Frankfurt a. M. « Dr. V. Etting hausen, Professor, in Wien. « Graf zu Eulen bürg, Ministerpräsident a. D., in Berlin. « Dr. Geinitz, Geh. Hofrath, in Dresden. « Dr. Ritter v. Hauer, K. K. Hofrath und Director des Hof- museums, in AVien. « Dr. Haeckel, Professor, in Jena. « Alexanderv. Ho meyer. Major z. D., in Greifswald. « Dr. V. K ö 1 1 i k e r , Professor, in Würzburg. *> ') Um Mittheilung vorgekommener Aenderungen im Personenstand wird freundlichst gebeten. UV XXXVI — III. (Jorrespoiidireiide Mitglieder. Herr Dr. 0. Böttger, Professor, in Frankfurt a. M. <^< Dr. Büchner, Professor, in Giessen. Dr. Buddeberg, Rector, in Nassau a. Lahn. « Dr. V. Canstein, Königl. Oecononiieratli und General-Secretär, in Berlin. « Freudenberg, General-Consul, in Colombo. « Dr. B. Hagen, Hofrath, in Frankfurt a. M. « Ernst H e r b 0 r n , Bergdirector, in Sidney. « Dr. L. V. Hey den, Königl. Major a. D., in Bockenheim. « Dr. Hueppe, Professor der Hygiene, in Prag. « Dr. Kays er, Professor der Geologie, in Marburg. « Dr. F. Kinkelin, Professor, in Frankfurt a. M. « Dr. C. List, in Oldenburg. « Dr. Ludwig, Professor, in Bonn. « Dr. E, eichenbach, Professor, in Frankfurt a. M. « V. Schönfeldt, Oberst z. D., in Eisenach (Villa Wartburg). « P. T. C. Snellen, in Rotterdam. « Dr. Thomae, Gymnasiallelirer in Elberfeld. lY. Ordentliche Mitglieder. A. Wohnhaft in Wiesbaden und nächster Umgehung. Herr A b e g g , Rentner. « Alb recht, Dr. med., prakt. Arzt. « Aufermann, Rentner. « V. Aweyden, Ober-Reg.-Rath. « Berle, Ferd., Dr., Banquier. « B e c k e r , Dr. med., prakt. Arzt. « Bergmann, J. F., Verlagsbuchhändler. « Bertram, Dr., Appellationsgerichts-Vicei)räsident a. D. « Bischof, Professor Dr., Chemiker. Boettcher, Dr. med., prakt. Arzt. « B 0 r g g r e V e , Professor Dr. , Oberforstmeister. « V. Born, W., Rentner. « Brauneck, Geh. Sanitätsrath. « Brömme, Ad., Tonkünstler. « Buntebarth, Rentner. Caesar, Reg.-Rath. Gas pari H., W., Lehrer. — XXXVII — Herr Cavet, Dr., Königl. Garteninspector. « Chelius, Georg, Rentner. « C 1 0 u t h , Dr. med., Sanitätsrath. Coester, Dr. med., prakt. Arzt. « Conradv, Dr., Geh. Sanitätsrath. « Gramer, Dr. med., prakt. Arzt, Sanitätsrath. « Cuntz, Wilhehn, Dr. med., prakt. Arzt. « Cuntz, Friedrich, Dr. med., prakt. Arzt. « Cuntz, Adolf, Rentner. D a h 1 e n , Generalsecretär. D e n e k e , Ludwig, Rentner. Doms, Leo, Rentner. Dreyer, L., Dr. phil., Rentner. Dubbers, H., Dr. phil. Ebel, Dr. phil. Elgershausen, Luitpold, Rentner. Eiffert, Obcrlandesgerichtsrath a. D. Fiebig, Georg, Lehrer. Flor schütz, Dr., Sanitätsrath. Frank, Dr., Dozent und Abth.-Yorst. am ehem. Laboratorium von Fresenius. Fresenius, H., Dr., Professor. Fresenius, W., Dr., Professor. Frey, Hermann, Dr. Frey tag, 0., Rentner, Premierlieut. a. D. Fuchs, Dr. med.. Frauenarzt. Fuchs, Director a. D. Fuchs, Landgerichtsrath a. D. Funke, Zahnarzt. Füssmann, E., Rentner. G e c k s , Buchhändler. Gessert, Th., Rentner. Gleitsmann, Dr. med., Kreisphysikus. Sanitätsrath. Gräber, Commerzienrath . Groschwitz, C, Buchbinder. Groschwitz, G., Lithograph. G r ü n h u t , Dr., Dozent am cliem. Laboratorium von Prof. Fresenius. — XXXVIII — Herr Gull, Lehrer. « Güntz, Dr. med. « Gygas, Dr. med., Oberstabsarzt a. D. Haekeiibruch, Dr. med., prakt. Arzt. Hagemann, Dr. phil., Archivar. Hamm ach er G., Rentner. II eck er, Ewald, Dr. med., prakt. Arzt. Heimerdinger, M., Ju^Yelier. Heintzmann, Dr. jur., Rentner. He n sei, C, Buchhändler. Herr fahr dt, Oberstlieutenant z. D. Hertz, H., Kaufmann. Hess, Bürgermeister. Hessenberg, G., Rentner. V. Hey den, Dr., Rentner. Hintz, Dr. phil., Professor. Hiort, Buchbinder. Hirsch, Franz, Schlosser. Hirsch, Heinrich, Schreiner. Honigmann, Dr. med., prakt. Arzt. V. Ibell, Dr., Ober-Bürgermeister. Jessnitzer, Rentner. Jordan, G., Lehrer. Kadesch, Dr., Oberlehrer. Kaiser, Dr., Director der Oberrealschule. Kalle, F., Rentner, Stadtrath. Kessler, Landesbank-Directionsrath. Kind, Dr., Gewerberath. K i r c h m a i r , Rentner. Kiesel, Dr. phil. Klärner, Carl, Lehrer. Knauer, F., Rentner. Kobbe, F., Kaufmann. Koch, G., Dr. med., Hofrath. Kögel, Rentner. König, Dr. med., prakt. Arzt. Körner, Beigeordneter. Koettschau, Oberstlieutenant z. D. Kugel, Apotheker. — XXXIX — Herr Lande, Dr. med., prakt. Arzt. « Landow, Dr. med., prakt. Arzt. « La quer, Dr. med., prakt. Arzt. « Lauer, Rentner. « Lautz, Professor. « Lenz, Dr., Oberstabs-Apotheker im Kriegsministerium a. 1) « Leisler, Rechtsanwalt. « Leo, Rentner. « Leonhard, Lehrer a. D. « Leonhardt, Rentner. « Levi, Carl, Buchhändler. « Le>; endeck er, Professor. « Löbnitz, Rentner. « Lossen, Dr. phil., Rentner. « Lugen buhl, Dr. med. Mahlinger, Dr. phil., Hülfslehrer an der Oberrealschule Marburg, F., Rentner. Maus, W., Postsecretär. Meineke, Dr., Director, Professor. Michaelis, Fr. , Schlachthausdirector. Mouchall, Director des Gas- und Wasserwerks. Moxter, Dr. med., prakt. Arzt. Müller, Peter, Lehrer. « Nagel, Apotheker. « Neuendorf f, W., Badewirth. « van Niessen, Dr. med., prakt. Arzt. « Obertüschen, Dr. med., prakt. Arzt. « Pagenstecher, Arnold, Dr. med.. Geh. Sanitätsrath. « Pagenstecher, Dr. H., Augenarzt, Professor. « Pagen Stecher, Ernst, Dr., prakt. Arzt. « Paraquin, W., Rentner. « Pfeiffer, Emil, Dr. med., Sanitätsrath. « Plessner, Dr. med., prakt. Arzt. « Pröbsting, A., Dr. med., prakt. Arzt. « Peucker, Apotheker. '^ Ramdohr, Dr. med., prakt. Arzt. *= V. R e i c h e n a u , Geh. Regierungsratli, Verwaltungsgerichtsdirector. — xxxx - Herr Ricker, Dr. med., Sanitiitsratli. « Rick er jun., Dr., prakt. Arzt. « Rinkel, Schulinspector. «c Ritter, C, sen., Buchdruckereibesitzer. « Ritter, C, jun., Buchdrucker. « Röder, Ad., Rentner. « Römer, August, Conservator am Museum. « Romeiss, Otto, Dr., Rechtsanwalt. « Rospatt, Geh. Regierungsrath. « Rudloff, Dr. med., prakt. Arzt. « Rühl, Georg, Kaufmann. S a r 1 0 r i u s , Landes-Director. V. Scheliha, Oberst a. D. S c h e 1 1 c n b e r g , Apotheker. S c h e 1 1 e n b e r g , Hof-Buchdruckereibesitzer, Schellenberg, Dr. med., prakt. Arzt. Schierenberg, E., Rentner. Schlichter, Rentner. Schnabel, Rentner. Schreiber, Geh. Regierungsrath. Schulte, Rentner. V. Seckendorff, Telegraphendirector. S e i p , Gymnasiallehrer. Siebert, Professor an der Oberrealschule. Sjö ström, M., Rentner. Spamer, Gymnasiallehrer. Spieseke, Dr., Oberstabsarzt a. D. Staffel, Dr. med., prakt. Arzt. Stoss, Apotheker. Strecker, Dr. med., prakt. Arzt. S t r e m p e 1 , Apotheker. Thanisch, A., Apotheker. T h ö n g e s , H . , Dr. , Justizrath. Touton, Dr. med., prakt. Arzt. Vi gen er, Apotheker. Yogels berger, Oberingenieur. Voigt, Dr. med., prakt. Arzt. Voll mar, Rentno'\ — XXXXI — Herr Wächter, Rentner. « Wagemann, H., Weinhändler. bJD i1 . bc -i a» Jl II R geringe Nieder schl. keine Trübim r- -IJ ^ niS ^ o ►-5 [o o B 1 o o V ^ bc »--j: bsj i> ' ■ bß .^ , bß CO 1 ff 11 - starke] Nieder schl. OJ ff n ^ -2 TS ?3 ^ II- 1:3 ^ r5 2 o C ;3 o , , bß T— 1 3 ^ 'S 'S K starke: Nieder schl. ff ff :ff H • • *3 • CT" • 02 v^ o -M C» • t-1 H • -+J ^J ^^ r^ ^fH . Ä ^ C ^ ^ CS 'S -1-3 ä .S" ' iZJ ö ü I» U2 ^ • tu '-+3 « > 4- «ä «4-( S+-H 2 • « o § ^ g H ^ o" Ö^ o' C » Ferratin 1 . 1 » » 1 Hämoglobin 3 » » Hämatogen 1 » 1 Peptonat 1 » 1 » p> Hämol 1 ^ 1 Saccharat 1 » 1 Sa. 13 mal mehr, 21 mal weniger, 7 mal gleichviel Filtrat. Danach will es mir scheinen, als müsse man d e m E i s e n doch einen hindernden Einfluss auf die Verflüssigung des Ei- weisses zuschreiben. Freilich ist das Ergebniss nach dieser Rich- tung hin nicht absolut beweisend. Es kann nicht geleugnet werden, dass gegen diese Auffassung vor allem solche Versuche sprechen, bei welchen die eisenhaltige Probe mehr Pepton bei kleinerem Filtrat lieferte als die eisenfreie, oder solche, welche bei gleichstarker Biuretreaction dennoch recht erhebliche Unterschiede in der Menge der Filtrate auf- weisen. — 59 — 16 mal war die Peptonmeiige der Grösse des Filtrats entsprechend vermehrt oder vermindert. 23 mal dagegen nicht. Ich glaube den Grund für diese Erscheinung in dem Umstände suchen zu müssen, dass die Aufquellung des Eiweisses in der Salzsäure, wenn auch mit der grössten Vorsicht eingeleitet, dennoch niemals ganz gleichmässig ausfiel. Es ist dies ohne Zweifel eine Fehlerquelle des Versuchs. Dennoch kann ich deshalb die Methode der Filtration und Peptonbestimmung nicht für minderwerthiger halten als die bei der Pankreasverdauung gewählte der Wägung des unverdauten Fibrinrestes, weil die Beschaffenheit des Fibrins einer genauen Dosirung mindestens eben so grosse Schwierigkeiten ent- gegenstellen dürfte. Dass die Wirksamkeit der organischen Eisenpräparate bei der Magenverdauung nicht den Gegensatz zeigen, wie bei der Pankreas- und Gallenverdauung, wird noch später näher erörtert werden. Wie erklärt sich nun die Einwirkung des Eisens auf die Verdauungs- vorgänge? Haben wir sie in der Veränderung der zu verdauenden Substanz oder in derjenigen der Verdauungssecrete oder endlich in beiden zu suchen? In Beantwortung der ersten Frage wiederhole ich, dass das Stärke- mehl in keiner Weise durch Eisen verändert wird. Anders ist es bei den Fetten und Eiweissstoffen. Eisenhaltiges Wasser lässt sich leichter mit Oel zusammenschütteln und bildet eine beständigere Emulsion, als eisenfreies. Mit den Eiweissstoffen geht Eisen leicht eine organische Verbindung ein. Erstere mischen sich in Folge dessen leichter mit Wasser und verlieren ihre viscide Beschaffenheit. Es ist klar, dass diese Veränderungen auf die Verdauung von Einfluss sein müssen; dass sie aber zur Erklärung der Erscheinungen nicht ausreichen, geht aus dem Mitgetheilten zur Genüge hervor. Wir sind deshalb gezwungen, auch eine Veränderung der Secrete anzunehmen. Da dieselben sämmtlich Eiweissstoffe enthalten, so wird das Eisen sich mit denselben ebenfalls organisch binden. Nach dem, was auf Seite 47 auseinandergesetzt wurde, muss aber hinzugefügt werden, dass die Bildung eines Eisenalbuminates nur bei alkalischer Keaction der Mischung möglich ist. Wir dürfen demnach die Bildung eines Eisenalkalialbuminats wohl im Speichel, Pankreassaft und in der Galle voraussetzen, nicht aber im Magensaft. — 60 — An und für sich ist es deshalb nicht auffallend, dass die Wirkung des Eisens in den alkalischen Secreten eine andere ist, als in den sauer reagirenden. Eine Ausnahme bildet die Pankreasverdauung des Eiweisses. Man müsste analog der besseren Verdauung der Fette und Kohlehydrate auch hier einen begünstigenden Einfluss des Eisens erwarten, aber das ist nicht der Fall. Dieser Punkt bedarf noch der Aufklärung, welche ich einstweilen schuldig bleiben muss. Dass dasselbe ^alz die Wirkung eines Fermentes günstig, die eines anderen ungünstig beeinflusst, ja dass ein und dasselbe Ferment von demselben Salze nach beiden Richtungen verändert werden kann, ist eine Erfahrung, welche alle Forscher in diesem Gebiete gemacht haben. Ebstein und Müller fanden, dass diejenigen Salze, die Crystallwasser enthalten, die Fermentation weniger hemmen, als die durch Schmelzen von Wasser befreiten, woraus sie folgern, dass die Wirkung der Salze auf Wasserentziehung beruhe. Ich erwähne diese Ansicht, Aveiss aber nicht, ob dieselbe auch für die Eisensalze anwendbar ist. Besondere Schwierigkeiten bereiten die organischen Eisenverbindungen. Wir haben gesehen, dass sie bei der Verdauung der Kohlehydrate und Fette nicht begünstigend einwirken. Der Hergang verläuft hier ebenso, als wenn man gar kein Eisen zugesetzt hätte. Es ist nicht anzunehmen, dass bei denselben das Eisen aus seiner organischen Verbindung austrete, um sich mit dem Eiweiss des Fermentes zu verbinden. Ich war deshalb geneigt, in der Bildung des Eisenalbuminates das begünstigende Moment zu suchen. Und insofern glaubte ich auch die Lösung des Räthsels der Eiweissverdauung durch das Pankreassecret gefunden zu haben, da hier das Eisen sowohl durch das Eiweiss des Nahrungsmittels als auch durch das des Ferments in Anspruch genommen wird und deshalb unmöglich auf letzteres gleich stark einwirken kann, wie bei der Verdauung der Kohlehydrate und Fette. Allein die Erfahrungen bei der Magenver- dauung machten mich in dieser Annahme wieder wankend. Da in einer saueren Lösung kein Eisenalbuminat bestehen kann, so müsste auch bei der Magenverdauung das Eisenalbuminat der organischen Präparate ohne Einfluss auf dieselbe sein. Das Eisen derselben — so dachte ich — wird durch die Salzsäure sofort aus der organischen Verbindung gelöst, und kann sich mit dem Eiweiss der Nahrung oder des Ferments nicht verbinden. Die Wirkung der organischen Eisenmittel müsste also die- selbe sein wie die der anorganischen Eisenmittel, nämlich eine ungünstige. Nun stellte es sich zunächst heraus, dass meine Annahme nicht zutreffend — 61 — war. Das Eisen spaltete sich während der Verdauung durchaus nicht aus allen organischen Verbindungen ab. In einigen derselben, wie in dem Ferratin und dem Hämol war das allerdings der Fall, in den übrigen nicht. Wie aus den Versuchen (siehe die letzte Tabelle) hervor- geht, erweist sich auch in letzteren ein verschiedener Grad der Festig- keit, mit welcher das Eisen in denselben an das Eiweiss gebunden ist. In dem Ferr. peptonatum und saccharatum ist die Verbindung lockerer als im Hämoglobin und Hämatogen, aus welchen das Eisen erst durch Kochen nach Zusatz mit Salzsäure abgetrennt werden konnte. Man hätte demnach von Ferratin und Hämol einen ungünstigen Einfluss erwarten dürfen, von dem Ferr. pepton. nnd sacchar. einen zweifelhaften, das Hämoglobin aber und Hämatogen hätte ohne Einfluss auf die Ver- dauung sein müssen. Alles das traf nur bedingungsweise zu. Ich musste also den Schluss, dass das begünstigende Moment in der Bildung eines Eisenalbuminates des Ferments beruhe, fallen lassen. Meine Versuche haben demnach nach dieser Richtung hin keinen befriedigenden Abschluss gefunden. Die Frage, w^arum die Eisensalze einmal günstig, das andere Mal ungünstig wirken, bleibt einstweilen eine offene, vielleicht aber geben meine Versuche künftigen Untersuchungen eine Richtung. Zum Schlüsse die positiven Ergebnisse meiner Arbeit : 1. Das Eisen wirkt günstig auf die Verdauung der Kohlehydrate, indem es die Umwandlung derselben in die Zwischen- und End- producte beschleunigt. 2. Es wirkt ferner günstig auf die Verdauung der Fette, indem es eine beständigere Emulsionirung bedingt. 3. Es wirkt ungünstig auf die Verdauung der Eiweissstoffe, indem es die Ueberführung derselben in Pepton verlangsamt. Die practischen Ergebnisse aus diesen Erfahrungen zu ziehen, liegt nicht im Rahmen dieser Arbeit. Unzweifelhaft aber geben dieselben auch dem Arzt Winke in Bezug auf die Anwendungsweise der verschiedenen Eisenpräparate. ÜBER DIE EKTWICKELUNG DER ANALYTISCHEN CHEMIE IN DEN LETZTEN 50 JAHREN, YOKT^AG, GEHALTEN BEIM FESTACT ZUE FEIEK DES FÜNFZIGJÄHRIGEN BESTEHENS DES LABORATORIUMS FRESENIUS AM 25. MAI 1898 VON Dr. TH. WILHELM FRESENIUS, PROFESSOK, DIRECTOR UND MITINHABER DES CHEMISCHEN LAB0RAT0R1U]VIS FRESENIUS ZU WIESBADEN. Verehrte Festversammlung ! Bei Gelegenheit des 25 jährigen Jubiläums unserer Anstalt entrollte der unvergessliche Professor Neubauer in seiner poetisch begeisterten Weise ein Bild der Entwickelung der Chemie in den letzten Jahr- zehnten. Er zeigte wie die Chemie kaum hundert Jahre vor der Gründung des Laboratoriums aus den ersten Anfängen heraus begonnen hatte sich zu einer Wissenschaft zu entwickeln, wie erst heute vor noch nicht hundert Jahren Berzelius mit seinen ersten wissenschaftlichen Leistungen hervortrat und wies dann in grossen Zügen nach, wie in den folgenden Jahrzehnten die Chemie herangewachsen war zu einem stolzen Baume, der an seinen verschiedenen Zweigen reiche Früchte trägt. Er wünschte demselben ein weiteres Grünen und Gedeihen und er wies in die Zukunft schauend darauf hin, wie es geheimnissvoll in den Zweigen dieses Baumes rausche, wie in seinem Schatten die Jünger Sassen und diesen Tönen lauschend immer neue Erkenntnisse erlangen und zum Segen der Menschheit verwerthen und verbreiten würden. Wenn wir heute nach weiteren fünfundzwanzig Jahren uns anschicken wieder einmal stille zu stehen und die Blicke rückwärts schweifen zu lassen, erkennen wir bald, dass der Baum zu einem solchen Riesen herangewachsen ist, dass wir ihn in seiner ganzen Grösse und seiner vielfachen Verzweigung schwer zu überschauen vermögen. Wir sehen wie die einst kleinen Zweige starke Aeste geworden, die selbst die Stärke eines Baumes erreicht und sich wiederum in neue Zweige getheilt und ausgewachsen haben. Ich will mich daher begnügen heute nur einen Ast und seine Zweige ins Auge zu fassen und die Früchte, die an ihm gewachsen sind. Ich will mich beschränken auf die analytisch e Chemie, deren Pflege das Laboratorium von Anbeginn an ganz besonders als seine Auf- gabe betrachtete, und die deshalb für uns am heutigen Tage im Vorder- grund des Interesses steht. Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. 5 — 66 — Sie ist einer der ältesten und untersten Aeste des Baumes und es muss noch heute jeder, der den Baum erklimmen will, zunächst auf ihn steigen, um dann die oberen frisch grünenden und sich breit entfaltenden Aeste zu erreichen. Aber auch er treibt aussen, wo er ins Freie ragt immer frische Zweige, die neue Blüthen und Früchte tragen. Der Name Scheidekunst für Chemie zeigt uns, dass, als man nicht mehr Gold zu machen und den Stein der Weisen zu suchen oder Arzneien herzustellen als die Aufgabe unserer Wissenschaft ansah, der Zweck derselben darin gefunden wurde, die Körper in ihre Bestand- theile zu zerlegen, zu analysiren. Die Anfänge der analytischen Chemie im heutigen Sinne und in ihrer Beziehung zum praktischen Leben finden wir in der Pharmacie, bei der man die Arzneimittel prüfte, in der Metallurgie, deren Probir- und Scheidemethoden, wie sie jetzt geübt w-erden, z. Th. schon recht alt sind, und später in der Mineralogie, bei Avelcher man neben dem Aussehen und den physikalischen Eigenschaften der Mineralien nament- lich ihr Verhalten vor dem Löthrohr zur Unterscheidung der Einzelnen von einander benutzte. Von den Chemikern, welche auf dem durch Lavoisier und Berzelius geschaffenen Boden chemischer Anschauungen zu Anfang dieses Jahrhunderts speciell sich der Analyse widmeten, ist vor allen Heinrich Rose zu nennen, der sow^ohl durch Zusammenfassung der bis dahin bekannten Thatsachen in seinem Handbuche der analytischen Chemie, als auch durch Ausarbeitung zahlreicher analytischer Methoden diesen Zweig der Wissenschaft wesentlich förderte. Im Jahre 1841 erschien die Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse von Remigius Fresenius, welcher lateinische Namen vielfach für eine Pseudonym gehalten wurde. Das Schriftchen, welches mein Vater als Student der Pharmacie in seinem zweiten üniversitäts- semester geschrieben hatte, erregte Aufsehen, weil es einen bis dahin in diesem Sinne nicht existirenden systematischen Gang der qualitativen. Analyse enthielt, denselben Gang, der auch heute noch im Wesentlichen der neuesten Auflage zu Grunde liegt und der sich wie das inzwischen sehr erweiterte Buch allgemein eingebürgert hat. Neben der hier nicht näher zu besprechenden Ausgestaltung des Ganges der qualitativen Analyse durch Auffindung neuer Reactionen und Erforschung der Bedingungen, welche bei der Anwendung derselben einzuhalten sind, hat man auch ganz neue Wege betreten. Robert — 67 — B u 11 s e 11 bildete die F 1 a in m e n r e a c t i o n e n mit der ilim eigenen genialen Gescliicklichkeit zu einer in sich abgeschlossenen Untersuchungs- form aus. Er begründete mit Kirchhoff zusammen die Spectral- a n a 1 y s e , die beute nicht mehr nur zum Studium des Lichtes ge- färbter Flammen benutzt wird, sondern ebenso wie in dieser älteren Form durch das Studium der Funken-. Fluorescenz- und Absorptions- spectren uns auf grossen Gebieten die Möglichkeit erschlossen hat, früher ungeahnte Verschiedenheit der einzelnen Elemente und Verbin- dungen objectiv zu erkennen. Die durch das Beispiel der petrographischen Forschung, namentlich von mineralogischer Seite vorgeschlagene Anwendung des Mikroskops bei der qualitativen Analyse führte in den Händen Strengs und Haushofers zur Ausbildung mikrochemischer Reactionen. Behrens hat, auf dem von diesen betretenen Weg mit Erfolg weiterschreitend, nicht nur für die anorganische, sondern auch für die organische quali- tative Analyse systematische Untersuchungsmethoden ausgebildet. Wie man von jeher die zahlenmässige Bestimmung physikalischer Eigenschaften, specifisches Gewicht, Schmelz- und Siedepunkt zur Ifidenti- cirung speciell organischer Körper benutzt hat, so hat man nicht nur dieses Princip weiter verfolgt — ich erwähne nur das Refractometer und das Viscosimeter und verweise Sie auf die Erkennung von C e r neben Thor durch Bestimmung der Intensität des Lichtenmissionsvermögens — sondern man hat auch die quantitative chemische Bestimmung in den Dienst der qualitativen Analyse gestellt. Speciell auf dem Gebiete der Untersuchung der Fette und W^achsarten haben wir erst im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte eine einigermassen sichere Grundlage ge- wonnen, seit durch Hehner, v. Hübl, Köttstorfer, Reichert, M e i s s 1 , Benedikt und seine Schüler Methoden dieser Art vorge- schlagen wurden. Auch auf dem Gebiete der quantitativen chemischen Analyse, das wir soeben schon betreten haben, kann ich es nicht versuchen, auch nur an einzelnen Beispielen auszuführen, wie sich z. B. die Gewichts- analyse vervollkommnet hat. Ich kann daher auch die Verdienste mancher bedeutender Forscher auf unserem Gebiete gar nicht erwähnen, Aveil die Fülle der Einzelheiten eine zu erdrückende ist, aber ich kann es mir doch nicht versagen, an dieser Stelle wieder einmal darauf hinzuweisen, dass viele der Methoden, die uns heute so geläufig sind, deren Grund- lagen uns so selbstverständlich vorkommen, als müsse man das immer — 68 — gewusst haben, erst in den letzten sechzig Jahren ausgebildet worden sind. Ein beredtes Zeugniss dafür sind die analytischen Belege in der Anleitung zur quantitativen Analyse meines Vaters. Sie stellen die Grundlage dar, die er sich bei dem ersten Erscheinen dieses Werkes im Jahre 18 i6 erst schaffen musste , weil über die durch jene Versuche entschiedenen Fragen damals etwas Gewisses nicht bekannt war. Im Sinne jener Untersuchungen sind auch die meisten übrigen Arbeiten meines Vaters, die sich auf analytische Methoden beziehen, ausgeführt; denn noch heute ist es der einzig gangbare Weg, durch experimentelle Feststellung auch der kleinsten Einzelheiten die Be- dingungen klarzulegen, unter welchen sich die Körper quantitativ von einander trennen und in zur Wägung geeigneter Form vollständig ab- scheiden lassen. Dass so noch immer vieles auszubauen ist, zeigen, um nur diese hervorzuheben, die aus den letzten Jahren stammenden Ar- beiten meines Vaters über die Bestimmung und Trennung von Baryt, S t r 0 n t i a n und Kai k. Erst im Laufe dieses Jahrhunderts sind für die meisten der jetzt üblichen Bestimmungsmethoden die erforderlichen Grundlagen erforscht worden. Erinnern wir uns nur, dass uns erst durch die umfassende Tbätig- keit von Berzelius die Atomgewichte der Mehrzahl der Elemente bekannt geworden sind, dann begreifen wir es freilich, dass erst seit jener Zeit sich die quantitative Analyse ausbilden konnte ; denn es sind die Ecksteine auf denen der ganze Bau ruht. Dumas, E r d m a n n und M a r c h a n d , M a r i g n a c und vielen anderen verdanken wir wesentliche Förderungen auf diesem Gebiete. Vor Allen aber ist S t a s zu nennen, der mit ebenso bewundernswerther Ausdauer und Geschicklichkeit als genialer Erfindungsgabe das Princip durchführte jede, auch die allerkleinste Fehlerquelle, Avenn irgend möglich, auszuschliessen und so seine klassischen Atomgewichtsbestimmungen aus- führte, die seinen Namen unvergesslich gemacht haben. Seine Methoden sind seitdem vorbildlich geworden. In neuester Zeit haben sich der Atomgewichtsbestimmung speciell die Amerikaner zugCAvandt, von diesen ist namentlicli Th. W. Richards zu nennen, dem wir eine Reihe mit grosser Sorgfalt durchgeführter Atomgewichtsbestimmungen verdanken. Die wesentlich interessante, ja geradezu brennende Frage auf diesem Gebiete, die nach dem Verhältniss der Atomgewichte von — 69 — Sauerstoff und Wasserstoff, ist erst in den letzten Jahren durch die Arbeiten von Lord Ra3'leigh, von Thomson und von Morley ent- schieden worden. Neben der Urform quantitativer Analyse, der Gewichts- analyse, entAvickelte sich die zuerst durch Gay-Lusac begründete, durch P) u n s e n , M a r g u e r i t e und F e h 1 i n g weitere ausgearbeitete M a a s s - analyse, namentlich seit Mohr ihr das Princip der Normallösungen zu Grunde legte, zu ausserordentlicher Blüthe und Vollkommenheit. Maassanalytische Methoden sind die gegebene Grundlage der Be- triebscontrole in Fabriken, weil sie, in kurzer Zeit ausführbar und ungemein vielseitig, den jeweils gegebenen Verhältnissen leicht angepasst werden können. Sie haben demnach in der Industrie eine sehr weite Verbreitung gefunden und sind in vielen Fällen die Vorbedingung ratio- neller Leitung und Ueberwachung ganzer Fabrikationszweige geworden. Das Mohr 'sehe System der Normallösungen ist seinem ganzen Wesen nach aufgebaut auf der dualistischen Anschauung, welche der bis zum Anfang der sechziger Jahre ganz allgemein üblichen Aequi- valentformelschreibung zu Grunde liegt. Die u n i t a r e Auffassung unserer M o 1 e c u 1 a r f o r m e 1 n drängte zu einem Ausgleich des bei dem Begriff der Normallösung sich einstellenden Widerspruchs. Dass es gelungen ist, diesen Ausgleich zu finden, ohne die einge- bürgerte Normalconcentration zu ändern, erscheint mir als eine glück- liche Lösung dieser Frage. Es wird mir stets eine liebe Erinnerung sein, dass es mir vergönnt war, dabei wesentlich mitzuwirken. Aber nicht nur dies maassanalytische System, sondern auch die hergebrachte und allgemein verbreitete Aus drucks weise analytischer Ergebnisse ist auf die dualistische Schreib- und Denkweise aufgebaut und die unitare Anschauung, die der jetzt herrschenden Molecularformel- schreibung zu Grunde liegt, hat nicht vermocht sie zu verdrängen. Wesentlich grössere x\ussicht dazu die Grundlage einer neuen analy- tischen Ausdrucksweise zu bilden, bietet die lo nenthe orie, die in ihrem dualistischen Princip in mancher Hinsicht der älteren Anschauung Verwandtes bietet. Sie dürfte überhaupt berufen sein zur Erklärung analytisch wichtiger Vorgänge geeignete Ausdrücke zu finden. Doch muss betont werden, dass vieles, was jetzt als durch die lonentheorie in ein neues Licht gerückt erscheint, bereits im alten Dualismus einen durchaus entsprechenden Ausdruck fand, während der unitaren Auf- fassung gegenüber ein unbestreitbarer Fortschritt vorliegt. — 70 — Der pliysikaliscli-cliemischeu Forsclmng, die zu der lonentheorie ge- führt hat, verdanken wir auch eine Reihe von Moleculargewi chts- bestimmungsmethoden, die von ihren Begründern Raoult, Ostwald, Beckmann und anderen zunächst zu rein wissenschaftlichen Zwecken benutzt wurden, sich aber wie, namentlich Beckmann gezeigt hat, auch praktisch analytisch wohl verwerthen lassen. Der Name der Ionen ist entnommen der Fara day 'sehen Betrach- tungsweise der Elelvtrolyse. Der Analyse hat man die Elektrolyse gleichfalls dienstbar gemacht. Luckow hat zuerst bei der Kupferbestimmung ein Verfahren benutzt, an das sich die neueren elektrolytischen Methoden hinsichtlich der Apparatur anlehnen. Im hiesigen Laboratorium haben Wrightson sowie mein Bruder Heinrich und Bergmann auf diesem Gebiete gearbeitet. Namentlich aber verdanken wir neben anderen den Ausbau elektro- lytischer Methoden von Miller, K i 1 i a n i und C 1 a s s e n , welch' letzterer speciell gezeigt hat, eine wie vielfache Anwendbarkeit die elektrolytische Methode besitzt. Die Anwendung des Polarisations Instrument es, die namentlich für die Zuckerbestimmung die ausgedehnteste Anwendung findet, hat durch Landolt eine allgemeine Durchbildung erfahren, für die speciellen Zwecke der Untersuchung des Zuckers sind die polarimetrische sowie andere Methoden ausgebildet worden von S c h e i b 1 e r , D e g e n e r , Herzfeld, Tolle ns und ihren Schülern und heute bildet die Analyse die Grundlage nicht nur des Handels mit den Rohmaterialien und Halb- fabrikaten der Zuckerindustrie, sondern auch der Controle des Betriebs in der Zuckerfabrikation und selbst der rationellen Rübenzucht. Das g a s V 0 1 u m e t r i s c h e Princip, das dem K n o p 'sehen Azotometer und dem S c h e i b 1 e r 'sehen Calcimeter zu Grunde liegt, haben L u n g e, Baum an n und andere zu einem allgemein anwendbaren Verfahren ausgebildet. Auf dem Gebiete der Gasanalyse besitzen wir neben der klassischen Form, die Bunsen dieser Methode für rein wissenschaftliche Zwecke gegeben, durch die Arbeiten von Orsat, Bunte, Hempel, Winkler, Pettersson und anderen handlichere Formen, die geeignet sind ins praktische Leben übertragen zu werden und heute im Fabrikbetriebe z. B. zur Controle der Feuerungsanlagen ausgedehnte Verwendung finden. — 71 — Bei der Elementaranalyse organischer Körper ist die alte Lie- b i g 'sehe Verbrennung mit Kupferoxyd fast ganz durch die Verbrennung im Sauerstoffstrom verdrängt worden und neuerdings wendet Berthelot mit Erfolg seine in der Calorimetrie so sehr bewährte Bombe, die mit comprimirtem Sauerstoff gefüllt ist, zu diesem Zwecke an. An Stelle der I) u m a s 'sehen und V a r r e n t r a p p - W i 1 1 'sehen Methode zur S t i c k s t o ff b e s t i m m u n g setzte K j e 1 d a h 1 eine neue Methode, die vor 1 5 Jahren zuerst veröffentlicht, heute vollkommen und überall eingebürgert ist. Die Zuckerbestimmung auf Grund des F e h 1 i n g 'sehen Princips hat Soxhlet erst auf eine sichere Grundlage gestellt, indem erzeigte, durch welche Bedingungen das früher für alle Zuckerarten und Con- centrationen als gleichbleibend angenommene Reductionsverhältnis be- einflusst wird. Allihn und Meissl verdanken wir die Schaffung der so viel bequemeren gewichtsanalytischen Bestimmung auf dieser Basis und ganz neuerdings hat unsKjeldahl mit einer wesentlich verbesserten, richtige Resultate verbürgenden Arbeitsvorschrift, die für alle Zuckerarten gleich ist, beschenkt. Doch ich darf mich nicht in die Details verlieren und möchte, ehe ich des Einflusses gedenke, den die analytische Chemie auf die ein- zelnen Zweige des öffentlichen Lebens ausgeübt hat, Ihre Blicke noch einen Moment auf die äusseren Hülfsmittel des Analytikers, auf die Ent- wickelung der Apparate und Instrumente richten, denn sie zeigen uns auch den ungeheueren Fortschritt unserer Specialwissenschaft. Wer heute die zu speciellen Zwecken construirten Rühr- und Schüttel- maschinen, Laboratoriumsturbinen und Centrifugen, die Thermosäulen und Accumulatoren, die Polarisationsapparate, Viscosimeter, die auch zu quantitativen Bestimmungen verwendbaren Spectroskope, die mit fein geschliffenen Glashähnen versehenen Bürette, automatischen Pipetten, Nitro- meter und gasanalytischen Apparate, die Wasser- und Quecksilberluft- pumpen, die den einzelnen Zwecken angepassten Trockenschränke, die ausserordentlich vervollkommneten Wagen überblickt, wie sie uns ein analytisches Labaratorium vor Augen führt, wer sich vergegenwärtigt, dass man jetzt Glasgefässe in jeder Art von Form, mit jeder gewünschten SchliftVerbindung, aus gegen Temperaturschwankungeu und chemische Agentien widerstandsfähigem Glase mit Leichtigkeit erhalten kann, dass uns die Kohlensäure, der Sauerstoff und Wasserstoff, das Chlor und die — 72 — schweflige Säure in comprimirter Form zu Gebote stehen u. s. w., der wird sich kaum mehr hineinversetzen können in die primitiven Ver- hältnisse, unter denen noch mein Vater seine ersten analytischen Ar- beiten ausgeführt hat. Wenn man sich seiner Schilderungen erinnert, wie er zu jeder Fällung mit Schwefelwasserstoff diesen erst neu entwickeln musste, (von continuirlichen Gasentwicklungsapparaten war damals keine Rede) und wie er sich dazu, weil Trichterrohre noch nicht existirten, zum Ein- giessen der Säure eines oben etwas weiteren Glasrohres bediente ; wenn man sich vergegenwärtigt, dass noch, als das hiesige Laboratorium schon jahrelang bestand, Gummischläuche nicht käuflich waren, so dass gas- dichte Verschlüsse aneinander stossender Glasröhren in der Art hergestellt wurden, dass man ein um die Röhren gelegtes Kautschukplättchen mit einer scharfen Schere abschnitt, die Ränder aneinander drückte und dann das so gebildete Kautschukröhrchen mit Seidenfäden überband; wenn man sich erinnert, dass alle Apparate nur mit Korkstopfen her- zustellen waren, dass wir den Quetschhahn erst M o h r verdanken, und dass die allgemeine Benutzung des Gases als Heizquelle erst durch die Bunsen 'sehe Lampe vermittelt wurde: wenn wir uns im Geiste zurück- versetzen in die Zeit, da ausschliesslich die Spirituslampe und das Holz- kohlenfeuer zum Heizen dienten (der Name Feuerraum für ein viel benutztes Local in unserem Laboratorium stammt noch aus jener Zeit) dann meint man sich fast in mittelalterliche Zustände zurückversetzt und hat Mühe sich klar zu machen, dass es erst Jahrzehnte sind, die uns von diesen Verhältnissen trennen. Ebenso gross ist der Umschwung auf dem Gebiete des Unterrichts in der analytischen Chemie. Wenn man die stolzen Paläste der Laboratorien an Universitäten und technischen Hochschulen betrachtet, die heute der praktischen Aus- bildung in der Chemie, auch der analytischen, dienen, dann klingt es fast wie ein Märchen , dass zu der Zeit , als unser Laboratorium gegründet wurde , erst auf wenigen deutschen Universitäten über- haupt Laboratorien existirten. Die hiesige x\nstalt ist eine der ersten Stätten, die nach dem Beispiele, das Lieb ig gegeben hatte, die Ausbildung der Chemiker durch einen gleichzeitig praktischen und theoretischen Unterricht ermöglichten. Dass hier der Schwerpunkt der praktischen Ausbildung auf analy- tischem Gebiete lag ist selbstverständlich. Die heutige Versammlung — 73 — ein besserer Beweis, als alle Worte, welche Früchte diese Methode getragen und wie sich unter Mitwirkung auch unserer Anstalt die analytische Chemie über die ganze Erde verbreitet hat. Neben dem Unterricht war die hiesige Anstalt von vornherein auch der praktischen Bethätigung der analj^tischen Chemie gewidmet. Sie ist das erste oder eines der ersten öffentlichen Unter- suchungslaboratorien und in vieler Hinsicht vorbildlich geworden für die grosse Anzahl solcher Anstalten, die jetzt emporgeblüht sind. Ihre Zahl bezeugt, welche Bedeutung die analytische Chemie auf fast allen Gebieten des öffentlichen Lebens gewonnen hat. Im Dienste der Medicin stehend, hat sie die Zusammensetzung der von der Natur gebotenen heilkräftigen Quellen erforscht und so die Unterlagen zu klarer Erkenntniss der empirisch erkannten Heilwirkungen geschaffen. Durch die -Untersuchung der Secrete des menschlichen Körpers hat sie die Diagnose in vielen Fällen wesentlich gesichert. Wie auf dem einen dieser Gebiete mein Vater, so ist auf dem anderen Neubauer geradezu bahnbrechend vorgegangen. Die gerichtliche Chemie, an deren Ausbau die beiden eben genannten neben Otto, Stas und vor allen D ragend or ff, Huse- mann, Hilger und vielen anderen wesentlich theilnahmen, erstreckt sich heute nicht mehr ausschliesslich auf die Auffindung von Giften oder den NachAveis von Blut u. dergl. sondern die Rechtspflege nimmt die Dienste der analytischen Chemie auch auf anderen Gebieten in Anspruch z. B. wie Sie aus dem vorhin gehörten Vortrage meines Schwagers^) entnehmen konnten, in patentrechtlichen Fragen, namentlich aber in Bezug auf die Untersuchung von Nahrungs-, G e n u s s m i 1 1 e 1 n und Gebrauchsgegenständen. Die in dieser Beziehung erfolgten gesetzlichen Regelungen durch das Nahrungsmittelgesetz, das Gesetz über den Verkehr mit blei- und zinkhal- tigen Gegenständen, über die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben,, durch das Wein- und das Margarinegesetz haben eine lebhafte Einwir- kung auf die Entwickelung der sogenannten Nahrungsmittelchemie gehabt. Nicht als ob man vor jener Zeit auf diesen Gebieten nur geringe Kenntnisse besessen hätte ; wer z. B. meines Vaters Lehrbuch der Chemie für Landwirthe, Forstw'irthe und Cameralisten aus dem Jahre 1847 aufschlägt, wird erstaunen, wie viel über diese Fragen schon da- mals bekannt war. Aber eine Zeit lang hat die alles Interesse in ') E. Hintz, Uebei- Gasglühlicht. S. 77 dieses Jahrbuchs. - 74 — Anspruch nehmende organische Chemie sich so mächtig entwickelt, dass sie solche Fragen zurückdrängte. Dem durch die erwähnten Gesetze gegebenen neuen Impulse folgend sind grosse Fortschritte auf diesem Gebiete gemacht worden. Ich hebe nur die Entwicklung der Wein- chemie hervor, welche wir Neubauer — unter dessen Leitung hier in Verbindung mit dem Laboratorium die erste deutsche önologische Ver- suchsstation errichtet wurde — m e i n e m V a t e r und B o r g m a n n , N e s s 1 e r und Barth, Kayser, Halenke und M ö s 1 i n g e r , sowie überhaupt der ganzen Weinstatistik-Commission und und anderen verdanken; die Ausbildung der Mil ch unter s uchungsmethoden, die namentlich durch R i 1 1 h a u s e n , Adams, Werner Schmitt, S o x - hl et, Fleischmann und viele andere erfolgte, und die neuerdings durch die Centrifugalapparate von Gerber und B a b c o c k so ver- einfacht ist, dass sie in jeder Molkerei Anwendung findet; die Ausbildung der Fett Untersuchung durch quantitative Be- stimmungen, die ich schon oben erwähnte, und die durch Wollny, Sendtner und andere wesentlich vervollkommnet wurde. Eine erhebliche Förderung verdankt die ganze Nahrungsmittel- chemie in Deutschland der von Hilger geleiteten freien Ver- einigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie, aus der auch die Weinstatistik-Commission hervorgegangen ist. Um Einheitlichkeit der Untersuchung und Begutachtung herbeizu- führen hat neuerdings das Kaiserliche Gesundheitsamt die Initiative ergriffen und eine C o m m i s s i o n von Nahrungsmittel- ch emikern zusammenberufen, deren Arbeiten zum Theil schon der Oeffentlichkeit vorliegen. Die durch eine ähnliche Commission bearbeitete Anleitung zur Weinuntersuchung ist sogar officiell durch den Bundesrath ein- geführt w^orden. Auf dem Gebiete der L andwirthschaft, jvelcher durch Liebig erst der richtige Begriff des Werthes der Düngung, speciell der Mineral- Düngung, geschenkt worden ist, hat die analytische Chemie grosse Be- deutung gewonnen sowohl dadurch, dass sie die Ergebnisse von Anbau- und Düngungsversuchen richtig zu beurtheilen lehrt, als auch namentlich durch die Controle des Dünger: und Futterhandels, welche beide Auf- ga.ben in erster Linie durch die landwirthschaftlichen Versuchsstationen gelöst werden. Welche Bedeutung dieser Zweig der angewandten Chemie — 75 — erlangt hat, ergibt sich, wenn wir uns der Namen von Paul Wagner, Stutzer, König, Kühn, M ä r c k e r , H e 1 1 r i e g e 1 und anderen erinnern, wenn wir uns die Gesammtarbeit des Verbandes land- wirth sc haftlicher Versuchsstationen, dessen Wiege hier in Wiesbaden stand, vor Augen führen. Auch an dieser Aufgabe, die analytische Chemie in den Dienst der Landwirthschaft zu stellen, betheiligte sich das Laboratorium, nicht nur durch die laufenden Arbeiten der Versuchsstation, sondern auch durch Ausbildung der Methoden. Ich erinnere nur an die grundlegende Ar- beit, die mein Vater in Gemeinschaft mit Neubauer und Luck auf diesem Gebiete veröffentlichte. Gerade die bis jetzt besprochenen Gebiete, auf denen die analytische Chemie in den Dienst der Allgemeinheit getreten ist, haben vielfach Anlass gegeben, andere Naturwissenschaften im gleichen Sinne heran- zuziehen in ähnlicher Weise wie wir es oben allgemein schon in Bezug auf physikalische Methoden gesehen haben. Hier kommen namentlich die Botanik und die Bakteriologie in Frage. Die Vereinigung der letzteren mit der analytischen Chemie hat durch die schönen Arbeiten von Hellriegel und Willfarth die früher für unmöglich gehaltene Thatsache der Assimilation des atmo- sphärischen Stickstoffs durch die Pflanzen erkennen lassen, wodurch der Landwirthschaft ganz neue Bahnen gewiesen wurden. Ebenfalls auf der Vereinigung von bakteriologischer und chemisch- analytischer Prüfung ist die heutige Trink wasseruntersuchung gegründet, Avie sie in ziemlich abgeschlossener Form in den letzten Tagen von dem Verband selbstständiger öffentlicher Chemiker auf Grund der Vorschläge meines Schwagers Hintz und des Herrn Dr. G.Frank angenommen worden sind. Die chemische Industrie und der Handel mit ihren Roh- materialien und Erzeugnissen ebenso wie der mit den Producten des Bergbaues und Hüttenwesens haben der chemischen Analyse ein weites Feld der Bethätigung geboten. Heute gibt es nicht nur keine chemische Fabrik, die nicht ihren Betrieb in der mannigfachsten Art und Weise analytisch controlirt, sondern es wird auch bei der Werthbemessung der einzelnen Roh- materialien der analytisch bestimmte Gehalt zu Grunde gelegt, es wird auf etwa die Güte des Fabrikates beeinträchtigende Verunreinigung ge- prüft, kurz die chemische Industrie und der mit ihr in Verbindung — 76 — stehende Handel sind so recht eigentlich der Boden, auf dem sich die Arbeit der öffentlichen Untersuchungslaboratorien vollzieht. Vergegenwärtigen wir uns, dass z. B. in hiesigem Laboratorium die Analysen gemacht werden auf Grund deren die weinsäurehaltigen Rohmaterialien bezahlt werden, die von Messina nach New-York ge- liefert werden, dass hier die Manganerze des Kaukasus, die Schwefel- kiese aus Spanien und Skandinavien, die Eisenerze aus Spanien und Schweden, ebenso wie die deutschen, die Nickelerze aus Neucaledonien untersucht werden und zw^ar für deutsche , wie russische, englische, französische, italienische und amerikanische Werke und dass in der gleichen Weise die Kalisalze der deutschen Gruben , der essigsaure Kalk Amerikas und alle die vielseitigen Producte der Industrie auf ihren Werth und ihre Reinheit geprüft werden, und wenn wir damit zusammenhalten die Anwendung auf den oben genannten Gebieten, dann sehen wdr auch wieder in den uns hier vor Augen stehenden Beispielen, wie dieser Ast der analytischen Chemie sich mächtig ausgebreitet hat und wie er seine Zweige reckt, so dass ihr Schatten fällt über den ganzen Erdkreis und wie der ganzen Menschheit seine Früchte zu Gute kommen. Dass diese nicht verloren gehen, sind besondere Sammelstätten ge- schaffen in der ausgebreiteten analytischen Litteratur. Ich will davon hier nur noch die Zeitschrift für analytische Chemie erwähnen, die mein Vater vor nunmehr fast 37 Jahren begründet hat^ mit der Bestimmung ein Archiv der analytischen Chemie zu werden. Der Erfolg hat gezeigt, dass sie dieser Aufgabe gerecht gew^orden ist. Hoffen wir, dass, wenn wir an dem Ast, an dessen Grünen und Blühen wir uns heute erfreuen wieder einmal die Jahresringe zählen, er ebenso frische Triebe zeigt, wir auf ebenso reiche Ernten seiner Früchte zurückblicken dürfen wie heute. Und möge es der Anstalt, deren Jubiläum wir heute feiern, vergönnt sein im Geiste und Sinne ihres Gründers sich noch lange zu widmen, ihrer vornehmsten xiufgabe der Pflege der chemischen Analyse. ÜBER GASGLÜHLICHT. YOßTKAG, OEHALTEX AM 25. MAI 1898 BEI GELEGENHEIT DER FEIER DBS FÜNFZIGJÄHRIGEN JUBILÄUMS DES CHEMISCHEN LABORATORIUMS FRESENIUS zu WIESBADEN. Von DE. ERNST HINTZ. PROFESSOR, DIEECTÜR UND MITINHABER DES CHEMISCHEN LABORATORIUMS FRESENIUS ZU WIESBADEN. Hochansehnliclie Festversammlung ! In der Absicht, Ihnen an dem heutigen Tage ein Gebiet vorzuführen, welches die ^Arbeitskraft des Laboratoriums in der jüngsten Zeit vielfach in Anspruch genommen hat, habe ich mir als Thema das Gas glühlicht, jenen rasch emporgeblühten Industriezweig, ausgewählt. In unserem Jahrhundert hat die Beleuchtungsindustrie merkwürdige Wandlungen, stets verbunden mit ausserordentlichen Fortschritten, auf- zuweisen. Als das Leuchtgas in dem zweiten Jahrzehnt zunächst in den Gross- städten Eingang fand, da wurden die Gasflammen, deren Helligkeit nicht mehr als 10 — 15 Kerzen betrug, für eine erstaunliche Leistung der Industrie erklärt. Dem Leuchtgas erwuchs im Laufe der Jahrzehnte eine mächtige Concurrenz in dem elektrischen Licht, welches den ungeheueren Vorzug besass, dass es jede Steigerung der Helligkeit gestattete, ohne gleich- zeitig zu unangenehmen Temperaturerhöhungen Veranlassung zu geben. Es drohten also dem Leuchtgas gerade die heissen Verbrennungsproducte verhängnissvoll zu werden, und stand ihm schützend nur der Umstand zur Seite, dass das elektrische Gltihlicht in Anlage und Gebrauch grössere Unkosten verursachte. . Diese Chancen wurden jedoch in unsereni Jahrzehnt sehr wesentlich verschoben durch die Entdeckung des Gasglühlichts, indem nunmehr gerade die intensive Heizkraft der nicht leuchtenden Bunsenflamme auf den Glühkörper wirkend zur Erzeugung eines äusserst intensiven Lichtes benutzt wurde. Diese Incandescenzbeleuchtung bedeutet in der Beleuchtungstechnik einen so eigenartigen, neuen und wesentlichen Fortschritt, dass der Name des Erfinders Dr. Karl Auer von Welsbach in Wien unvergessen bleiben wird. Die neue Erfindung aber, wie dies fast stets der Fall ist, hat in gewissem Sinne Vorläufer gehabt. So kann man das Kalklicht, welches — 80 — Thomas Drummond 1826 beschrieb, als den ersten Anfang der Incandescenzbeleuchtung bezeichnen. Es beruhte darauf, dass in dem Knallgasgebläse ein Stück Kalk zur Weissgluth erhitzt ^Yurde, welches dann ein intensives Licht ausstrahlte. Der Kalk zerfällt jedoch bei dem Stehen, muss deshalb jedesmal erneuert werden, und besitzt daher das Drummond 'sehe Kalklicht keine praktische Bedeutung. Nicht viel günstiger gestalten sich die Verhältnisse unter Benutzung ■der Zirkonstifte an Stelle des Kalks, denn diese Stifte, beziehungsweise der Kalk, sind plumpe Massen, welche in ihrer ganzen Masse erhitzt werden müssen und doch nur auf ihrer relativ kleinen Oberfläche Licht ausstrahlen. Lii Gegensatz hierzu stellt Auer von Welsbach durch Tränken und Abbrennen eines Gewebes einen Glühkörper her, verleiht demselben eine sehr kleine Masse, nur 0,5 g, und dabei eine möglichst grosse Ober- fläche, weshalb sein Verfahren als ein Epoche machender Fortschritt zu laezeichnen ist. Der erzielte Vortheil ist ein ungeheuerer, denn nunmehr reicht die einfache Bunsenflamme aus, den Glühkörper erglühen und ein äusserst intensives Licht ausstrahlen zu lassen. Ich wende mich einer Beschreibung der Darstellung der Glüh- körper zu. Stücke von Baumwollschlauch, oben umgenäht, etwa 1 7 cm lang, die sogenannten Strümpfe, bilden das Ausgangsmaterial. Die Strümpfe müssen vollkommen rein sein, was man dadurch erreicht, dass man den Baumwollschlauch vor dem Zerschneiden durch Waschen mit Soda, Wasser. Säure und wiederum Wasser von Fett etc. befreit. Die trocknen Strümpfe tränkt man nun mit dem Leuchtfluid, auf dessen Zusammensetzung ich gleich zurückkommen werde und lässt dieselben dann eine Wringmaschine passiren, welche so eingestellt ist, dass in den Strümpfen nicht mehr Leuchtfluid zurückbleibt, als dass sich später bei dem Veraschen ein 0,5 g wiegendes Aschenskelett ergibt. Die imprägnirten Strümpfe werden auf geriefte Glascylinder auf- gezogen, getrocknet und müssen an dem Kopf, an dem umgenähten Ende, mit Asbestfaden vernäht und mit einer Schleife aus Asbestfaden versehen werden. Bei dem^'ernähen der Strümpfe wird neuerdings die obere umnähte Oeffnung durch einen Kunstgriff trichterförmig erweitert, um den Ver- — 81 — brennungsproducten des Leuchtgases aus dem Innern des Glülikörpers «inen leichteren Austritt zu gestatten. Der fertige vernähte Strumpf muss nun abgebrannt, d. h. in den Glühkörper umgewandelt werden. Zu diesem Zweck wird er zunächst auf einem cylindrischen Holzdorn vorgeformt, dann mittelst der Asbest- schleife an einem eisernen Haken befestigt und mit der Bunsenflamme an dem Kopfende angezündet. Der Strumpf brennt von oben nach unten ab, wobei er sich durch Zusammenziehen der Maschen verkürzt. Wäh- rend des Abbrennens ftihrt man an dem unteren Ende zwei Glasröhren ein und verhindert mittelst derselben ein zu weites Zusammenziehen, ein Zuengewerden des Glühkörpers. Das frisch abgebrannte Skelett ist jedoch noch weich und muss weiter in der Pressgasflamme gehärtet und ge- formt werden. Nun ist der Glühkörper gebrauchsfertig und kann auf den Magnesia- stift des Bunsenbrenners aufgesetzt werden, wobei die Asbestschleife das Mittel zur Befestigung bietet. Alle diese Manipulationen erfordern eine gewisse Geschicklichkeit und Uebung, welche die Arbeiterinnen der betreffenden Fabriken in hohem Maasse besitzen. Das einzige bei der Fabrikation in Betracht kommende chemische Präparat ist also das Leuchtfluid. Dasselbe besteht heute fast ausnahmslos aus Thornitrat und Cero- nitrat, und zwar enthält die Lösung etwa 30 *^/o Salz, während Thor- nitrat und Ceronitrat so gemischt sind, dass auf 99*^/0 Thorerde 1^/q Geroxyd, in Form der Nitrate, entfällt. Nachdem ich dies erläutert habe, ist auch klar, aus was der Auer'sche Glühkörper besteht. Da bei dem Abbrennen des Gewebes, beziehungsweise bei dem Erhitzen in der Pressgasflamme die Nitrate, die salpetersauren Salze, sich zersetzen und nur die Oxyde, die Erden, zurückbleiben, so bestellt der Auer'sche Glühkörper aus 99 Theilen Thorerde und einem Theile Ceroxyd, in Form des Dioxyds. Wenn man nun Glühkörper untersucht, so kann man in denselben unter Umständen auch noch andere Bestandtheile finden. Zunächst behandeln manche die Köpfe der Strümpfe mit einer Härtungsflüssigkeit, welche dieselben widerstandsfähiger machen soll, und die aus Aluminiumnitrat, früher auch Magnesiumnitrat, bisweilen unter Zusatz von Phosphorsäure, besteht. Es sind daher bei der Untersuchung von Glühkörpern die Köpfe stets zu entfernen, damit die Zusammen- setzung des eigentlichen Glühkörpers ungetrübt erscheint. JabrL. d. nass. Ver. f. Nat, 51. ß — 82 — Weiter findet man, ich stütze mich dabei auf die durch Unter- suchung von mehr als 40 Glühkörpersorten verschiedenen Ursprungs gewonnene eigene Erfahrung, Spuren oder geringe Mengen von seltenen Erden, Neodymoxyd, Lanthanoxyd, Yttererde und Zirkonerde, indem solche als Verunreinigung des Thornitrats des Handels in die Glüh- körper gelangen. In Einzelfällen mögen auch kleine Mengen der genannten seltenen Erden absichtlich zugesetzt worden sein. Schiesslich sind stets in den Glühkörpern Kalk und Magnesia vor- handen, welche in der Mehrzahl der Fälle als Aschenbestandtheile dem Gewebe entstammen dürften. Von der möglichen Gegenwart von Säuren will ich vorläufig absehen. Ich gehe nunmehr auf das Lichtemissionsvermögen der Glühkörper ein. Dasselbe ist allein abhängig, gleichmässig gute Arbeit bei der Anfertigung vorausgesetzt, von dem Verhältniss Thorerde : Ceroxyd, und zwar hat ein Auerkörper, welcher auf 99 Theile Thorerde 1 Theil Ceroxyd enthält, 50—70 und auch über 70 Kerzen Leuchtkraft bei 100 Liter stündlichem Gasverbrauch. Es ist durch diese Intensität das Auerlicht zu der billigsten Lichtquelle geworden, denn es kosten bei einem Gaspreis in Wiesbaden von 16 Pfennigen per Cubikmeter bei dem Auerlicht 20 Hefnerkerzen 0,53 Pfennige pro Stunde, gegen 2,4 Pfennige pro Stunde bei den alten Schnitt- und Argand-Brennern. Ohne Einfluss auf die Leuchtkraft der Glühkörpermischung, 99 Theile Thorerde 1 Theil Ceroxyd, sind Zirkonerde, Neodymoxyd, Lanthan- oxyd und Yttererde, einerlei, ob eine der betreffenden Erden in Mengen unter oder von etwa einem Procent vorhanden ist, einerlei ob etwa 0,5^/oKalk zugegen ist oder nicht. Ja sogar rund 2 ^/q Neodymoxyd, Lanthanoxyd und Yttererde beeinträchtigen den photometrischen Effect nicht, während Zirkonerde in derselben Menge schon das Lichtemissions- vermögen etwas mindert. Auf diese interessanten Beeinflussungen hier weiter einzugehen, kann ich mir nicht gestatten ; ich werde jedoch meinem heutigen Vortrage im Druck die Resultate meiner systematisch durch- geführten Untersuchung als wissenschaftliche Anlage beifügen, i) Die Leuchtkraft der Auerbrenner (99 Thorerde : 1 Ceroxyd) geht nun mit der Zeit zurück; sie vermindert sich mehr und mehr, aber nach 800 Brennstunden ist doch noch etwa die Hälfte der ursprüng- lichen Hefnerkerzen vorhanden. 1) Ueber Gasglühlicht. Wiesbaden, C. W. KreideTs Verlag, 1898. — 83 , Nachdem ich Ihnen erläutert habe, dass die Glühkörper aus 99 Theilen Thorerde und 1 Theil Ceroxyd bestehen, liegt die Frage sehr nahe wie sich reine Thorerde, beziehungsweise reines Ceroxyd bei der Ver- wendung zu Gliihkörpern verhalt. Die Versuche haben nun gelehrt dass weder chemisch reines Thornitrat, noch chemisch reines Ceronitrat ent- sprechend angewandt, brauchbare Gluhkörper ergeben. Reine Thor- körper liefern nach meinen Versuchen bei einem stündlichen Gasverbrauch von 100 Litern 3-4 Hefnerkerzen bei düsterem, rothem Licht Ein nicht leuchtkräftigeres, mattes Licht erhält man mit dem reinen Cerkörper Mischt man aber dem Thornitrat nur Spure« von Ceronitrat zu' so beginnt sofort die Leuchtkraft sich zu zeigen. Wenn daher in dem Glühkörper auf 99,9 Theile Thorerde 0,1 Theil Ceroxvd also der tausendste Theil Ceroxyd, zugegen ist, so zeigt sich bei 'einem stünd- lichen Gasverbrauch von 115 Litern bereits eine Lichtstärke von 15 bis 17 Hefnerkerzen, welche bei einem Ansteigen des Cergehaltes auf 0,0 /o Ceroxyd auf 40-42 Hefnerkerzen anwächst, um bei einem Procent das Maximum zu erreichen. Aeusserst merkwürdig ist nun das weitere Verhalten bei steigendem Cergehalt. Während 2 «/, Ceroxyd die Leuchtkraft noch scheinbar unverändert lassen, bewirkt eine Steigerung des Cergehaltes über 3 »/o Ceroxyd eine Abnahme der Leuchtkraft und bei 0 I, Ceroxyd ist dieselbe bereits wieder auf etwa 40 Hefnerkerzen gesunken. Für diese merkwürdige Erscheinung ist es schwer eine Erklärun.. zu geben. " Bunte') hat es versucht und etwa folgendes ausgeführt- _ Thorerde übt auf die Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstofi im Luftgemisch keinen Einfluss aus ; die Entzündung erfolgt bei 650 «C Ceroxyd dagegen bewirkt, dass die Vereinigung schon bei 350» C statt- findet. Während es selbst scheinbar unverändert bleibt. Dieses wirksame Ceroxyd ist in dem Glühkörper, in der porösen Masse der aufgeblähten Thorerde, sehr weitgehend vertheilt. Wenn nun die Thorerde, als schlechter Wärmeleiter wirkend, die Cero.xydtheilchen in dem Glühkörper i.sohrt so werden in Folge der intensiven Verbrennung an den Ceroxyd- «leilchen Temperaturmaxima entstehen, welche ausreichen, die intensive ijluh- und Lichtwirkung hervorzubringen. Wie gesagt, es ist dies ein Versuch zur Erklärung der merkwürdigen ^^orl^egendei^^Thatsache, welche wohl noch mehr discutirt werden wird. ') Ber. d. deutschen ehem. Gesellsch. zu Berlin 31, 10. — 84 — An Stelle der Glülikörpermiscliung, 99 Tlieile Thorerde 1 Tlieil Ceroxyd, hat man sieb nun bemüht, andere Mischungen zu substituiren. So ist als ebenbürtige Substanz das Russiumoxyd erklärt worden, welches sich schliesslich als durch Ceroxyd verunreinigte Thorerde entpuppte. Ferner ist als neues Element das Lucium für die Beleuchtungs- technik empfohlen worden, und auch mir lagen im vorigen Jahre der- artige Präparate vor, welche jedoch zurückgezogen wurden, als ich mich, ohne eine abschliessende Arbeit, auf Grund von Yorversuchen der An- schauung zuwandte, welche auch Crookes veröffentlicht hat, dass das Oxyd des Luciums wohl als eine unreine Yttererde bezeichnet wer- den darf. In der zweiten Hälfte des letzten Jahres sind, um den herrschenden Patentschutz zu umgehen, vielfach Glühkörper vertrieben worden, welche Säuren enthalten sollten und theilweise enthielten. Praktisch sind mir vorgekommen Arsensäure, Antimonsäure und Kieselsäure in Yerbindung mit der Glühkörpermischung 99 Theile Thorerde 1 Theil Ceroxyd. Be- sondere Yorzüge bieten zweifellos die beiden erstgenannten Sorten nicht, wohl aber schliesst deren Anwendung in sanitärer Beziehung gewisse Gefahren nicht aus. Ich werde an anderer Stelle auf diese Yerhältnisse zurückkommen, zumal ich über die Arsensäure haltigen Glühkörper als Sachverständiger zu berichten habe. Durch die Glühkörperindustrie ist das Thornitrat ein Bedarfsartikel geworden. Ende 1894 kostete das Thornitrat per Kilogramm 2000 Mark und bei grösseren Abschlüssen 1800 Ylark, während heute in Folge des Wettkampfes unserer stark entwickelten chemischen Industrie der Preis auf 70—80 Mark, ja noch tiefer gesunken ist. Es ist dies ein Preissturz, wie er öhnlich kaum dagewesen sein dürfte. Als die Dar- stellung von Thornitrat in grösserem Maassstabe aufgenommen wurde, diente der Thorit, beziehungsweise der Orangit Skandinaviens als Aus- gangsmateriaL welche beide wasserhaltige kieselsaure Thorerde sind. Yon diesen ist besonders der Thorit, das an Thorerde reichere Material, sehr geeignet zur Darstellung von Thornitrat, denn es findet sich in den handelsüblichen Sorten neben etwa 50 <^/o Thorerde nur 0,5 ^'o Ceroxyd und etwa ebensoviel Neodymoxyd und Lanthanoxyd, sowie Yttererde. AYenn man ein solches Material in kurzhandigster Weise auf Thorerde verarbeitet, so kommt man und muss man, wie es meine systematischen Arbeiten vorherseiien lassen, zu einem Thornitrat ge- — 85 — langen, welches ohne weiteres als Leuchtfluid zu benutzen ist und einen photometrischen Eifect von über 60 Hefnerkerzen ergibt, wie ich Ihnen dies hier im Versuch zeige. Ich habe bei der Darstellung dieses Thor- nitrats einfach die Thorerde mit Oxalsäure gefällt, ohne eine Nach- behandlung eintreten zu lassen, und dadurch ein Leuchtfluid erhalten, welches, auf den Glühkörper bezogen, in 100 Theilen ausser Thorerde 1 Theil Ceroxj'd, 1 Theil Neodymoxyd und Lanthanoxyd, sowie einen Theil Yttererde enthält und somit ohne jeden Versuch nach seiner Zu- sammensetzung obigen Effect erwarten lässt. Ich will hier nur noch einflechten, dass in chemischen Kreisen die Kenntniss von dem Cer- gehalt der Thorite zwar vorhanden sein konnte, nicht aber unbedingt vorhanden sein musste. Wäre jedoch die Industrie zur Darstellung des Thornitrats auf den Thorit, beziehungsweise Orangit als Ausgangsmaterial dauernd angewiesen geblieben, so hätte das Gasglühlicht sich nie zu der heutigen Blüthe entwickeln können. Bei dem gesteigerten Bedarf reichte nämlich, trotzdem aller Orten gefahndet wurde, das spärliche Vorkommen von Thorit nicht aus, und heute ist deshalb allgemein der Monazitsand, obwohl schwieriger und weniger bequem verarbeitbar, das i\.usgangsmaterial der Fabriken. Der Monazit, im Wesentlichen Ceriumphosphat, bei dem ein Theil. des Cers durch Lanthan, Didym und Thor vertreten ist, findet sich industriell verwerthbar in Nordcarolina und Brasilien und wird nicht auf primärer Lagerstätte gewonnen ; derselbe kommt in gelbbraunen Partikeln in den durch Verwitterungs- und Schlämmprocesse entstandenen Sandablagerungen der Flussthäler vor, neben Quarz, Rutil, Titanit, Magnetit, Korund, Augit u. s. w\ Diesem Vorkommen ist es zuzuschreiben, dass der Monazitsand des Handels einen schAvankenden, relativ geringen Gehalt an Thorerde be- sitzt, im Durchschnitt 3,5 — 5,5 ^/^ Thorerde, bei relativ hohem Gehalt an Ceroxyd und begleitenden Erden, etwa 50 ^1^. Ich will nun das Thema nicht verlassen, ohne mich kurz den Auer'schen Patenten und dem heute schwebenden Streit über die Trag- weite derselben zuzuwenden, also den Fragen, welche mich in den letzten 2 Jahren so vielfach beschäftigt haben. Als die Processe begannen, mussten zunächst die Glühkörper des Handels zuverlässig analysirt werden, wozu analytische Methoden ge- — 86 — schaffen und erprobt werden mussten. Dann waren wichtige Fragen bezüglich der Tragweite der Patente zu erledigen. Dr. Carl Au er von Welsbach hat nämlich in dem Patent No. 41945 sich reines Thoroxyd schützen lassen, als Glühkörper für weisses Licht. Da nun, wie ich früher dargelegt habe, die chemisch reine Thorerde so gut wie kein Licht gibt, so ist zweifellos, dass das, was Au er damals unter Händen hatte, keine reine Thorerde war, sondern eine Ceroxyd enthaltende leuchtkräftige Thorerde. Diese hatte Au er wohl in der Weise etwa aus Thorit dargestellt, wie ich dies oben erläutert habe. Als Au er 1891 seinen Irrthum erkannte und das kaiserliche Patentamt um ein ueues Patent ersuchte, welches ihm den Glühkörper 99^ j^ Thorerde 1 ^/^ Ceroxyd schützen sollte, wurde er abgewiesen mit der Begründung, der Körper stehe bereits unter dem Schutz des Patentes No. 41945. Da Au er sich in dem Patent No. 41945 eine leuchtkräftige Thorerde, also eine cerhaltige Thorerde schützen liess und nachgewiesen ist, dass in dem Jahr 1886 die Thorsalze in der Regel Cer enthalten haben und nur in Ausnahmefällen vollständig davon befreit worden sind, so hat das königliche Landgericht in Berlin der Licenzträgerin Auer's Glühkörper geschützt, aus Thorerde und wenig Ceroxyd bestehend, dabei eine Grenze von 3 ^/q Ceroxyd festsetzend. Das Kammergericht zu Berlin hat dieses Urtheil beseitigt, und nun steht die Entscheidung des Reichsgerichtes noch aus. Die Frage bezüglich der Tragweite der Patente lässt sich aber noch unter Berücksichtigung eines anderen Gesichtspunktes betrachten. Nicht nur der Anspruch 3 des Patentes No. 41945, Anwendung von Thorerde, sondern auch der Anspruch 5 desselben Patentes ist heran- gezogen worden, um die heutigen Glühkürper des Handels als unter das Patent fallend zu bezeichnen. Der Anspruch 5 behandelt nämlich geradezu für die Erzeugung constant gelben und intensiven Lichts eine Beimischung von Ceroxyd zum Thoroxyd, ohne Angabe von Procentzahlen. Es ist nun immer gefolgert worden, der im Patent festgesetzten gelben Glühfarbe wegen, dieser Anspruch könne sich nur auf cerreiche Mischungen beziehen, weil diese allein gelbe Glühfarbe besässen; sinn- gemäss wurde der weitere Schluss gezogen, die relativ cerarmen heutigen Glühkörper mit ihrem weisseren Licht würden durch den Anspruch 5 nicht berührt. Nach meinem Dafürhalten ist bei der Auslegung des — 87 — Patentes in erster Linie auf die Worte constant und intensiv, nicht aber auf das Wort gelb, die Glühfarbe bezeichnend, Werth zu legen, denn die Glühfarbe kann, wie sich belegen lässt, sehr leicht durch ge- ringfügige Nebenumstände beeinflusst werden, was ich an anderem Orte w^eiter ausführen will. Es gehen daher auch die Ansichten verschiedener Beobachter über ein und dieselbe Glühfarbe sehr auseinander. Bunte ^) giebt z. B. an, sein reiner Thorkörper habe fahlblaues Licht ausgestrahlt, Auer^) nennt das von seinem reinen Thorkörper eraittirte Licht stark gelb , und ich möchte den vor Ihren Augen be- findlichen Versuch als von düsterer rother bis rothvioletter Gluth be- zeichnen. Diese Streitfragen werden und müssen ausgetragen werden, doch hat der Kampf die Entwickelung nicht gehemmt, was sie an den auf- gestellten versendbaren, abgebrannten Glühkörpern, den verbesserten, vermehrte Luftzufuhr gestattenden Cylindern beispielsweise ersehen wollen. Mag aber schliesslich die Entscheidung fallen, wie sie will, mag das Patent die Erfindung decken oder nicht, ungeschmälert bleibt das Verdienst Aue r 's von Welsbach, welcher mit dem Gasglühlicht eine Neuerung in der Beleuchtungstechnik geschaffen hat, ausgezeichnet durch Lichtstärke, bei geringerem Gasverbrauch und geringerer Wärme- entwickelung. 1) Ber. d. deutschen ehem. Gesellsch. zu Berlin 31, 11. 2) Patentanmeldung des Civil-Ligenieurs Richard Lüders, Görlitz, für Dr. Karl Auer von Welsbach, d. d. Görlitz, 12. August 1891. DIE LEPIDOPTEREN DES HOCHGEBIRGES, Von DR- ARNOLD PAGENSTECHER. (WIESBADEN.) ^''■'{, Einleitung. Der Wanderer, der im Alpengebirge von der Tiefebene bis zu den Höhen des ewigen Schnees aufsteigt, kann im Zeitraum weniger Stunden die klimatischen Bedingungen verschiedener Breiten durchmessen und die dadurch bedingten Veränderungen der Flora und Fauna be- urtheilen. Als Tournefort die Abhänge des Ararat bestieg, traf er nach Martins^) am Fusse des Gebirges die Pflanzen Armeniens an, höher hinauf die von Italien, noch höher die aus der Umgegend von Paris, darüber die von Schweden, und endlich in der Nähe des ewigen Schnees die von Lappland. Ein Gleiches wiederholt sich an allen höheren Ge- birgen und wirkt namentlich an isolirten Berggipfeln überraschend. Die am Fusse der Berge meist reichhaltige Flora und Fauna wird, je höher wir kommen, immer ärmer. Aber dieselbe ist eine eigenthümliche und steht einerseits in gewisser Verbindung mit der Flora und Fauna des Nordens, wie sie andererseits auf allen höheren Gebirgen der ganzen Welt sich als eine verwandte, ja des Oefteren als eine identische erweist. In meiner Arbeit über die Lepidopteren des Nordpolargebietes ^) habe ich dasjenige, was in der mir zugänglichen Literatur über die- selben bekannt geworden, zusammenzustellen gesucht und die Analogie der Gattungen und Arten der Schmetterlinge der höheren Breiten mit denen der höheren Gebirgsgegenden von Europa und Asien wie Nord- amerika, ja selbst Südamerika hervorgehoben. Was ich dort nur kurz anführen konnte, das möchte ich in der nachfolgenden Zusammenfassung meiner Lesefrüchte über unsere dermalige Erfahrungen über alpine 1) Martins, Von Spitzbergen zur Sahara I, p. 5. 2j Jahrbücher des Nassauischeii Vereins für Naturkunde. Bd. 50. p. 180 ff. (1897). — 92 - Schmetterlinge des Weiteren betrachten. So wird der Gegenstand meiner Ausführungen die Verbreitung der Schmetterlinge auf den Hochge- birgen innerhalb des alpinen G-ürtels sein, welcher sich zwischen der Schneegrenze einerseits und der Waldgrenze andererseits er- streckt. Allgemeine pliysisclie Momente. Schneegrenze. Es sei mir vergönnt, der Betrachtung dieser beiden Momente einige allgemeine Fragen der ph3'sischen Erdkunde vorauszuschicken. Ich kann dieselben nicht besser einleiten, als indem ich einige klassische Ausführungen Alexanders von Humboldt 's hier wiedergebe^). Nach ihm „ist das Gesetz der mit der Höhe abnehmenden Wärme unter verschiedenen Breiten einer der wichtigsten Gegenstände für die Kenntniss meteorologischen Prozesse, für die Geographie der Pflanzen- welt, die Theorie der irdischen Strahlenbrechung und die verschiedenen Hypothesen, welche sich auf die Bestimmung der Höhe der Atmosphäre beziehen " „In jedem Systeme gleicher Krümmung der Isothermen herrscht ein inniger und nothwendiger Zusammenhang zwischen drei Elementen : der Wärmeabnahme in senkrechter Richtung von unten nach oben, der Temperaturverschiedenheit bei einer Aenderung von P in der geo- graphischen Breite, der Gleichheit der mittleren Temperatur einer Bergstation und der Polardistanz eines im Meeresspiegel belegenen Punktes " „Die untere Grenze des ewigen Schnees in einer gegebenen Breite, ist die Sommergrenze der Schneelinie, d. h. das Maximum der Höhe^ bis zu welcher sich die Schneelinie im Laufe des ganzen Jahres zu- rückzieht" Wir kennen nur die untere, nicht die obere Grenze des ewigen Schnees, aber diese untere Grenze ist nicht blos eine Funktion der geographischen Breite oder der mittleren Jahrestemperatur; der Aequator, ja selbst die Tropenregion ist nicht, wie man lange gelehrt hat, der Ort, an welchem die Schneegrenze ihre grösste Erhebung über dem Niveau des Oceans erreicht. Das Phänomen, das ich hier berühre, ist ein sehr zusammengesetztes, im Allgemeinen von Verhältnissen der Temperatur, der Feuchtigkeit und der Berggestaltung ab- hängig. Bei spezieller Analyse dieser Verhältnisse erkennt man als 1) Kosmos I, p. 552 ff. — 93 — gleichzeitig bestimmende Ursache : die Temperatur, Differenz der ver- schiedenen Jahreszeiten, die Richtung der herrschenden Winde und ihre Berührung mit Land und Meer, der Grad der Trockenheit oder Feuchtigkeit der oberen Luftschichten, die absolute Grösse (Dicke) der gefallenen und aufgehäuften Schneemassen, das Yerhältniss der Schnee- grenze zur Gesammthöhe des Berges, die relative Stellung des letzteren in der Bergkette, die Schroffheit der Abhänge, die Nähe anderer, eben- falls perpetuirlich mit Schnee bedeckter Gipfel, die Ausdehnung, Lage und Höhe der Ebene, aus welcher der Schneeberg isolirt oder als Theil einer Gruppe (Kette) aufsteigt, und die eine Seeküste oder der innere Theil eines Continents, bewaldet oder eine Grastlur, sandig und dürr und mit nackten Feldplatten bedeckt, oder ein feuchter Moorboden sein kann. Während dass die Schneegrenze in Südamerika unter dem Aequator eine Höhe erreicht, welche der des Gipfels des Montblanc in der Alpenkette gleich ist, und sie im Hochland von Mexiko gegen den nördlichen Wendekreis hin, in 19*^ Breite, nach neueren Messungen sich ungefähr um 960' senkt, steigt sie nach Pentland in der südlichen Tropenzone (l^^/^*^ — 18*^ Br.) nicht in der östlichen, sondern in der meernahen w^estlichen Andenkette von Chili mehr als 2500' höher als unter dem Aequator unfern Quito, am Chimborazo, am Cotopaxi und am Antisana " „Am Himalaja liegt die Schneegrenze (Br. 30^/4 — 31*^) am südlichen Abhänge ungefähr in der Höhe (12 180 Fuss), in welcher man sie nach mehrfachen Combinationen und Vergleichungen mit anderen Bergketten vermuthen konnte; am nördlichen Abhänge aber, unter der Einwirkung des Hochlandes von Tibet, dessen mittlere Erhebung 10800 Fuss zu sein scheint, liegt die Schneegrenze 10600 Fuss hoch " Soweit Alexander von Humboldt. Genauere Zahlen über die Höhe der Schneegrenze an den ver- schiedensten Orten verdanken wir den Gebrüdern S c h 1 a g i n t w e i t ^). Nach ihnen beträgt sie: 1. Am Himalaya Südabhang 16200', (bei einem Jahresmittel von -{-o)^ am Nordabhang (Jahresmittel — 2,8) 18600'; 2. in der Karakorumkette (Jahresmittel — 3,5) Nordseite 18600', Südseite 19600'; 3. am Küenlun ( — 3,4 Jahresmittel) 15800' nördliche Seite 15100'. 1) Eeisen in Indien und Hochasieii, Bd. lY. p. 522, ff. — 94 — Am Hinclukuscli 13000'. In den Anden von Mexico bei 18^ N.Br. 14990'. Oestliche Anden Bolivien (14^ S.Br.) 15600'. Westliche Anden Bolivien (16^ S.Br.) 18500'. In einzelnen Thälern 20000'. In den Alpen (46'^ N.B.) —4 Jahresmittel Südabhang 9200', Nordabhang 8900'. Am Monte Rosa 9001'. In Norwegen (68*^ N.Br., Jahresmittel —4,8) 5240 — 5590'. Am Karakorum ist der geringe atmosphärische Niederschlag die Ursache der hohen Schneegrenze, am Himalayasüdabhang ist die Menge des Niederschlags in der Schneegrenze 40 Zoll, in den Alpen 20, am Karakorum 4, am Küenlun 10 Zoll. Die Höhe der Schneegrenze ^) hängt von der Sonnenwärme und der Niederschlagsmenge ab und schwankt infolge orographischer Verschiedenheiten, wobei vor Allem die Lage an der Sonnen- und Schattenseite eines Gebirges und die Lage gegenüber der herrschenden Windrichtung massgebend ist. Die Schneegrenze senkt sich an dem thermischen Aequator nach beiden Polen hin und zwar rascher nach dem Südpol, weil auf der Südhemisphäre die Sommertemperatur niedriger ist, als unter entsprechenden nördlichen Breiten. Die höchste Seehöhe erreicht die Schneegrenze stets innerhalb der inneren Zone, wo das Landklima wärmer ist, als das Seeklima, aber nicht unter dem Aequator, sondern in den trockensten Gegenden. Sievers^) sagt: „Im Allgemeinen liegt die Schneegrenze in der Sierra Nevada de Merida ziemlich niedrig, stimmt aber mit der Sierra Nevada de Santa Marta in Columbien überein : bei beiden beträgt die Höhe der Schnee- linie 4400 m. In fast allen Theilen Südamerikas liegt sie verhältniss- mässig viel höher u. s. w." Die alte Welt hat ihre höchste Schneegrenze im trocknen Tibet. Unterm 35^2^ N.Br. trägt das Karakorumgebirge erst über 5700 m, auf der Südseite erst über 5900 m ewigen Schnee. Der Himalaya trennt zwei Klimaextreme, den enorm feuchten Süden von dem enorm trocknen Norden, so dass die Schneegrenze am Nordabhang bei 5300 m, 1) Vergleiche: Supan, Griindzüge der physischen Erdkunde, p. 143. 2) Sievers, Venezuela S. 169. — 95 - am Südabhaiig bei 4900 Meter liegt. Ebenso erhebt sich im Innern des Pamir nach Grum Grshimailo die Grenze des ewigen Schnee'» infolge der extremen Trockenheit zuweilen über 17000', im Transalai zu 15500', im Alai zu 14000' und selbst 15000'. In den Ostalpen da- gegen liegt nach Richters die Yertheilung der Schneegrenze im Innern der Oetzthaler Alpen bei 2900 m, am Ortler ebenfals bei 2900 m, am Glockner bei 2600 m. Sie senkt sich im Osten und hat im Oetzthale und den Ortler Alpen vermöge der Verlangsamung der vertikalen Wärme- abnähme und der geringen Niederschlagsmenge eine hohe Lage. Wir sehen also die Schneegrenze sich nach den verschiedenen Lokalverhältnissen richten, nicht aber nach den Höhen der Breite. Kaukasus und Pyrenäen liegen unter gleicher Breite: aber bei dem ersten beginnt die Schneelinie mit 3358 m, bei den Pyrenäen mit 2730 m. In jeder Zone hat der ewige Schnee in verschiedenen Jahres- zeiten ein Maximum und ein Minimum der Ausdehnung, die man als Oscillation der Schneegrenze kennt. Die Waldgrenze. Neben der Schneegrenze bezeichnete ich oben die Waldgrenze als bestimmendes Moment für die Abgrenzung des uns beschäftigenden Hochgebirgsgebietes. Wie die Baumgrenze das Nordpolargebiet vom übrigen paläarktischen und nearktischen Gebiet abschliesst, so ist auch für die senkrechte Verbreitung der Organismen die Waldgrenze die- jenige Marke, welche uns verlässliche Anhaltspunkte bietet. Auch sie ist indess anf den verschiedenen Punkten nach den örtlichen physischen und klimatischen Bedingungen wechselnd. Nach Supan^) stellt sie sich in den verschiedenen Welttheilen als höchste Waldgrenze wie folgt: Norwegen bei 67^ unter 700 Stanowoigebirge « 60^ bei 1140 Felsengebirge (56") « 1220 Alatau (45^) « 2600 Pamir (40^) « 3600 Neu Mexico (350) , 3700 Tibet (30*^) « 4600 Pic von Orizaba « 3088 1) Supan, Grundzüge der phys. Erdkunde p. 604. bei 3800 m. « 3400 « 3500 « renze : 74« bei 260 m. 64« « 555 « 570 « 820 « (440) « 1370 « (290) « 3250 « 3500 « ds « 1220 « (54«) « 450 » - 96 Abyssinien Cordilleren von Bogota Ecuador Ostseite Dagegen liegt die tiefste Waldgrenze: In Norwegen bei Im Ural « In Schottland « White Mountains Im Himalaja In Guatemala In Südalpen Neuseelands und im Feuerland Die Höhe der Waldgrenze ist von denselben Bedingungen abhängig, wie die Schneelinie. Sie sinkt vom Aequator gegen die Pole hin immer tiefer, aber nur unter gleicher Verhältnissen : im Bereiche des Seeclimas liegt sie ebenfalls tiefer. Ueber 4600 m finden sich nirgends mehr Bäume. In tropischen Gebirgen beschränkt die abnehmende Feuchtigkeit die Entwicklung der Bäume, daher finden sich in Borneo und Sumatra schon keine Bäume mehr in einer Höhe, wo wir sie im Himalaya noch antreffen. Auf Java fällt die Waldgrenze mit der Grenze des Pflanzen- gebietes zusammen ; in den Anden nähert sich die Waldgrenze der Schneelinie, doch findet sich hier alpine Strauchvegetation. Im Feuer- lande erlaubt der Sturm nicht die Entwicklung des Waldes. Ebenso wie in der polaren Waldgrenze zwerghafte Baumformen die äussersten Vorposten bilden, so auch in vielen Hochgebirgen. In den Sudeten und Karpathen bildet das Krummholz eine selbstständige Formation. Meist vollzieht sich der Uebergang allmählich : in den nordamerikanischen Gebirgen trennt ein scharfer Strich, die sog. Timberline, den Hochwald vom Knieholzgürtel. Am Himalaya stehen Coniferen noch in Gruppen bis zu 11800' bei einer Jahresisotherme von 7,4« C. In den Alpen finden sich Zirkelkiefern bis 6500', einzelne sogar bis 7000'. Auf der Südseite des Küenlun ist die Strauchgrenze bei 13 000', auf den nörd- lichen Karakorum finden sich vereinzelte Sträucher noch 16 500 — 17 000'. „Von der heissen Zone der nördlichen Hemissphäre bis zum Aequator bilden die obere Baumgrenze^) für England nach Wahlenberg 1) Vergl.: AI. v. Humboldt, Ansichten der Natur IL S. 186 ff. — 97 — im Sulitelma Gebirge (Br. 68«) nicht Nadelholz, sondern Birken (ße- tula alba) weit über der oberen Grenze der Pinus sylvestris; für die gemässigte Zone in den Alpen (Br. 45^//) Pinus picea, gegen welche die Birken zurückbleiben; in den Pyrenäen (Br. 42 72^) Pin^s uncinata und Pinus sylvestris v. rubra; unter den Tropen in Mexico (Br. 19 » tois 20 0) Pinus montezumae weit über Alnus toluccensis, Quercus spicata und Quercus crassipes, in den Schneebergen von Quito, unter dem Aequator, Escallonia myrtilloides , Aralia avicennifolia und Drymis Winteri. Diese letzte Baumart bietet .das auffallendste Beispiel der ununterbrochenen Verbreitung derselben Baumart von dem südlichsten Punkt des Feuerlandes und der Einsiedler-Insel bis zum nördlichen Hoch- lande von Mexico auf eine Meridianerstreckung von 86 Breitegraden oder 1290 geographischen Meilen. Wo nicht die Birke, wie im äussersten Norden, sondern, wie in den Schweizer Alpen und den Pyrenäen, die Nadelhölzer die Baumgrenze der höchsten Bergkuppen bilden; folgen ihnen zunächst gegen den Schneegipfel hin, den sie malerisch umkreuzen, in Europa und Yorderasien die Alpenrosen, Rhododendra, welche an der Silla von Caracas und im peruanischen Paramo de Saraguru durch -die purpurrothen Blüthen einer andern Ericacee, durch das anmuthige Geschlecht der Befarien ersetzt werden. In England folgt zunächst auf das Nadelholz Rhododendron laponicum; in den Schweizer Alpen Rhododendron ferrugineum und hirsutum, in den Pyrenäen bloss R. ferrugineum, im Kaukasus R. caucasicum. Wollen wir die letzte, der Schneelinie nahe Vegetations-Zone bis unter die Wendekreise ver- folgen, so müssen wir nennen: im mexicanischen Tropenlande Cnicus nivalis und Chelone gentianoides, in der kalten Gebirgsgegend von Neugranada die wolligen Espeletia grandiflora, E. corymbosa und E. argentea; in der Andeskette von Quito Culcitium rufescens, C. ledifolium und nivale : gelbblühende Compositen, welche hier die ihnen physiognomisch so ähnlichen, etwas nördlichem Wollkräuter von Neu- Granada, die Espeletien, ersetzen. Das Ersetzen, die Wiederholung ähnlicher, fast gleicher Formen in Gegenden, welche durch Meere oder weite Länderstrecken getrennt sind, ist ein wundersames Natur- gesetz. „ . . . Weit über die Regionen der Alpenkräuter, der Gräser und der Eichenen hinweg, ja über der Grenze des ewigen Schnees, wandert aufwärts sporadisch und wie vereinzelt, zum grössten Erstaunen der Botaniker, unter den Tropen, wie in der temperirten Zone, auf Fels- l)löcken, welche schneefrei bleiben, hie und da eine phanerogame Pflanze. Jahrl). d. nass. Ver. f. Nat. 51. r, — 98 — Auf 14 800' Höhe am Chimborazo findet sich Saxifraga Boussingaulti, in den Schweizer Alpen ist noch 106 80 Fuss hoch Silene acaulis gesehen worden. Die erstere vegetirt 600, die letztere 2460 Fuss über der localen Schneegrenze, zu der Zeit gemessen, als beide Pflanzen ge- funden wurden." Die klimatischen Contraste, welche sich im Hochgebirge beobachten lassen und von denen die Waldgrenze und Schneegrenze einen vielfach wechselnden Ausdruck geben, sind viel bedeutender, als wir solche in der Tiefebene beobachten. Namentlich sind die Feuchtigkeitsverhältnisse ausserordentlich verschieden. Indem der feuchte Boden des Hochge- birges in steter Verdunstung Wärme bindet und auch häufigere Nebel und Wolken den Zutritt der Sonnenstrahlen behindern, erscheinen die Sommer im Hochgebirge relativ kühler, als die Winter. So beobachten wir, dass die Wärme im Winter in den Alpen bei einer senkrechten Erhebung von 710' um 1 ^ C, abnimmt, im Sommer dagegen bei 440'. Die Vegetation folgt diesen klimatischen Bedingungen und mit ihr auch die Fauna, so dass wir entsprechend dem Höhenunterschiede eine Reihe von übereinanderliegenden Stufen unterscheiden können. Höhenstufen. Hai 1er hatte bereits 1768 eine Uebersicht der Höhenzonen ge- geben, welche Christ^) in trefflicher Weise aus dem Lateinischen wiedergegeben hat und Wahlenberg hatte sieben Pflanzenregionen in den Alpen aufgestellt. 0. Heer blieb es vorbehalten, für die euro- päischen Alpen eine von den nachfolgenden Schriftstellern zumeist angenommene und auch für die aussereuropäischen Hochgebirge unter entsprechenden Aenderungen vergleichbare Eintheilung der Erhebungs- stufen für Flora und Fauna bekannt zu geben. Heer unterscheidet fünf Hauj^tregionen : 1. die untere Region (mit den Unterabtheilungen Tiefebene und Hügelregion), 2. die montane, 3. die subalpine, 4. die alpine und 5. die subnivalc Region. Die erstere reicht in den nördlichsn Alpen bis zu 2500' oder der obere Grenze der Wallnuss, die zweite von da bis zur Buchengrenze (4000'), die dritte bis zu 5500', der Grenze des Baumwuchses, die vierte bts 4000' oder zur oberen Grenze der Alpenrose, die letzte endlich bis zur Schneelinie und selbst etwas über diese hinaus. Diese für die nördlichen Alpen 1) Christ, Pflanzenleben der Schweiz. S. 10 ff. — 99 ~ geltenden Stufen verschieben sich ja nach den Polhöhen und den davon abhängigen Vegetationsverhcältnisse etwas. Auch gehen die einzelnen Stufen verschieden ineinander über und verschieben ihre Grenzen nach örtlichen Verhältnissen. Für den Gegenstand unserer besonderen Betrachtung hat bereits die • dritte Region, die subalpine, die Region des Nadelwaldes, welche von der oberen Buchengrenze bis zu der des Baumwuchses überhaupt, d. h. 4000 bis 5500' in den nördlichen Alpen (6000' in den centralen), von 3000 bis 3500' in Mitteldeutschland reicht, Interesse. Denn sie muss als eine üebergangsstation für die Schmetterlinge des uns besonders beschäftigenden Reviers gelten, als welches wir die obere Alpenregion von 5500 bis 7000' in den nördlichen Alpen (von 6000 bis 7000' in den wärmeren) ansehen, jene Region oberhalb der Baumgrenze, in welcher die Alpenflora sich in hervorragender Weise entwickelt, während die Holzgewächse sich auf eine Buschvegetation beshränken. Sie um- fasst die Gipfel der niederen und die Kämme der höheren Alpen und findet sich auch im Riesengebirge. Die untere Schneeregion, von der oberen Grenze der vorigen bis zur Schneelinie, erstreckt sich von 4000 bis 8000' und zeigt eine spär- liche, aus rasenartigen Kräutern bestehende Vegetation, welche bei 8000 und 9000' zwischen Felsen und Schneefeldern völlig zu verschwinden pflegt. Tegetatioü der alpinen Region. von Tschudii) trennt die Alpenregion von 3000 bis 4000' von der von 7000 bis 14 000' reichenden Schneeregion und theilt diesen Gürtel der Alpenregion mit seinen herrlichen Alpenwiesen hinsichtlich der Vegetation in zwei Hälften, welche durch das Verschwinden der höheren Baumformen getrennt werden, an deren Stelle Büsche und Zwerg- sträuche treten. Die Blüthenpflanzen des Tieflandes treten in der Alpen- region bis auf 1/4 zurück, um in der unteren Schneeregion kaum noch ^/7 der sämmtlichen Pflanzen auszumachen. Indess wohnen in der obern Schneeregion viel mehr Blüthenpflanzen, als Blüthenlose, während in der unteren Schneeregion sich das Gleichgewicht zwischen beiden herstellt. Moose und Flechten aber nehmen in der oberen Alpenregion schon kleine Gebiete für sich in Anspruch. Die Blüthenpflanzen sind zunächst 1) V. Tschudi, Thierleben der Alpenwelt. — 100 — mehrjährig, treten vielfach in compakten Massen auf und werden, je hoher wir steigen, um so gedrungener an Wuchs. Sträucher werden zu Halbsträucliern, die häufigen Weidenarten stellen kleine Büsche dar, und mit den krautartigen Gewächsen werden auch die Gräser immer niedriger : Alles in Analogie mit den Pflanzen der Nordpolarregion. Bei kleinen Blättern treiben die ausdauernden Pflanzen dagegen tief und lebhaft gefärbte Blumen unter dem Einfluss der grossen Boden- und Luftfeuchtigkeit wie der Intensität des Sommerlichtes. Mit der Vereinfachung der Pflanzenwelt wird auch das Thierleben sparsamer. In der Schneeregion können wir eine zusammenhängende Vege- tation von den vereinzelten Ansetzen derselben unterscheiden. In dem von der Sonne erwärmten Boden erfreuen sich hier bei klarem Lichte und starker Insolation die niedrigen Blumen eines kurzen Lebensprocesses. Den die höchsten Felsen bedeckenden Flechten schliessen sich etwas tiefer Laub- und Lebermoose an bei 8500 bis 9000', untermischt mit einzelnen Blüthenpflanzen wie Draba, Viola, Potentilla, Saxifraga, Gen- tiana u. A. Neben Anklängen an die hochnordische Fauna finden sich solche mit der aller anderen Hochgebirge und sowohl Lappland, als der Jura, die Apenninnen, Pyrenäen, Sudeten, Karpathen und der Kaukasus zeigen denen der Alpen verwandte Pflanzen. Wer sich des Näheren über alle einschlägige Verhältnisse der Alpenflora informiren will, den verweise ich das oben erwähnte, vor- treffliche und ungemein fesselnde Buch von Christ, das Pflanzeuleben der Schweiz. Thierwelt der alpinen Region. Die Thierwelt reicht nicht ganz so weit, als die Blüthen- pflanzen, aber auch sie hat ihre Repräsentanten noch in der Schnee- region. 32 Thierarten bleiben stets in ihr, nämlich 18 Insekten, eine Schnecke, die aber nicht über 9000' geht, und 13 Spinnen, von denen noch 5 Arten von 3000 bis 10 000', ja eine Art in Höhen von 11000' gefunden wurde. Von 9000 bis 8500 treten eine Reihe andrer Insektenarten auf, die ihren ständigen Aufenthaltsort hier haben und nicht etwa allein durch Windströmungen hinaufgetragen werden. Selbst die Schneeregion hat noch ständige Bewohner, Schmetterlinge, Käfer, Hummeln, freilich wenig zahlreich und vielfach verborgen lebend. Kli- matische Verhältnisse bedingen auch hier Verschiedenheiten und die obersten Grenzen sind auf der Südseite der Centralalpen erheblich höher - 101 — gesteckt, als auf der nördlichen. Und wie wir im Kaukasus, den armenischen und sibirischen Alpen, wie im Himalaya einen grossen Theil unserer Hochgebirgspflanzen finden und auch in den Gebirgen der neuen Welt gleiche Gattungen vorkommen, so bietet die Thierwelt des hohen Nordens mit der des Hochgebirges grosse Uebereinstimmung und bleibt sich der Norden von Amerika, Asien und Europa gleich. Heller^) hat uns eine treif liehe Darstellung der einschlägigen Verhältnisse für die Ostalpen gegeben. Die untere Grenze des Hochgebirges , also jenes Gebirgsgürtels, welcher über den Saum der Hochwälder emporragt, schwankt zwischen 1700 und 2000 Metern und liegt im östlichen Theil der Tyroler Alpen niedriger, in dem westlichen höher. Die obere Grenze erhebt sich am Ortler bis zu 3905 Meter. Mit jeder Höhenstufe wird das Thier- und Pflanzenleben einfacher und erlischt in der oberen Region völlig. Während die alpine Region von 1700 bis 2300 Metern ein ziemlich reiches Thierleben neben einer zusammenhängenden Vegetationsdecke und Matten mit niedrem Buschwerk und Sträuchern zeigt, hat die sub- nivale von 2300 — 2700 Metern nur eine sparsame Pflanzendecke und arme Thierwelt, die nivale von 2400—2800 Meter zeigt Schnee und Eis und eine ganz vereinzelte Pflanzen- und Thierwelt. Dabei hat die Pflanzenwelt eine bedeutend grössere Gleichförmigkeit und Constanz, während die Thierwelt einem grösseren Wechsel unter- worfen ist durch ihre freie Beweglichkeit ; viele Thiere, die sonst nur im Thale oder der Waldregion vorkommen, steigen in günstiger Jahres- zeit in die alpine oder selbst nivale Region auf. Diese Einwanderung kann eine regelmässige oder zufällige sein, so dass wir unter den Thieren des Hochgebirges genuine Alpenthiere, alpiphile und alpivage Thiere unterscheiden können. Die letzteren können wie allerdings bei der Betrachtung der alpinen Thiere ausschliessen , die alpiphilen dagegen müssen wir berücksichtigen. — Schon Alexander v o n H u m b o 1 d t ^) hatte darauf aufmerksam gemacht, dass Saussure Schmetterlinge auf dem Montblanc, R a m o n d in den Einöden, welche den Gipfel des Mont- perdu umgeben, auffanden, sowie dass er mit Bonpland auf dem 1) üeber das Thierleben des Tyroler Hochgebirges. Schriften des kaiserl. Academie der Wissenschaften. Math. Nat. Cl. 1. Abth. Bd. LXXXIII. (1888). S. 103 ff. 2) Ansichten der Natur II, S. 42 ff. — 102 — östlichen Abhänge des Chimborazo in einer Höhe von 18 096 Fuss ge- flügelte Insekten um sich schwirren sah, fliegenähnliche Dipteren, dort wo die letzte Vegetation sich in Lecidea geographica darbot, 2400 Fuss höher als der Gipfel des Montblanc. Etwas tiefer bei 2400 Toisen oberhalb der Schneeregion hatte B o n p 1 a n d gelbliche Schmetterlinge dicht über den Boden hinfliegen sehen. Während A. von Humboldt das Auftreten geflügelter Insekten in solchen Höhen von dem Empor- strömen Avarmer Luftströmungen, welche jene mit sich führten, abhängig machen zu müssen glaubte, tritt M. Wagner dem entgegen und urgirt, dass für viele der dort beobachteten Schmetterlinge die alpine Region der eigentliche Wohnort sei. Auf Pfarrer Ratz er in Büren ^) spricht sich gegen die bisher sehr allgemein verbreitete Ansicht aus, dass die sich zuweilen auf dem Hochfirn zahlreich findenden Insekten überwiegend durch passive Wanderungen dorthin gelangt sein, Nach seiner Ueber- zeugung haben dies nicht passiver Transport, d. h. auffliegende Luft- strömungen und Stürme zur Folge, sondern durchaus spontane Migration, Flugbewegungen in engeren Grenzen. Er beweist dies aus den athmo- sphärischen Verhältnissen zur Zeit des Vorkommens, wie aus der Auswahl und dem Verhalten der beobachteten Arten. Die Lepidoptereii der Alpen. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen über die klimatischen, ])flanz- lichen und thierischen Verhältnisse des Hochgeblrgsgürtels, w^elche für das Leben der Lepidopteren von massgebenden Einflüsse sind, wall ich mich zu der Betrachtung dieser selbst, w'ie sie auf den verschiedenen der Erde auftreten, wenden und zwar zunächst zu denjenigen unserer Alpe n. Senkrechte Terbreitung. Die senkrechte Verbreitung der Lepidopteren von dem Tieflande bis in die höchsten Regionen der Gebirge ist analog derjenigen von dem Aequator nach den Polen hin, wie bei den übrigen lebenden Or- ganismen. Wie in den tropischen Gegenden bei der gleichzeitigen massigen Entwickelung der Vegetation auch das Insektenleben eine ganz besondere Ausdehnung gewinnt und je weiter wir uns nach den nörd- 1) Mitth. Schweiz, Entom. Gesellschaft Vol. X, 1 p. — 103 — lieben Breiten bewegen, mebr und mebr abzunebmen pflegt, um im ewigen Eis und Schnee ganz zu ersterben, so finden sich, wenn auch natürlich je nach der verschiedenen Oertlichkeit in verschiedenartiger Entwicklung von der Tiefebene bis zum oberen Hochgebirge die Lepi- dopteren in abnehmender Zahl. Aber wenn es als Regel gilt, (s. Pabst, Ent. Zeitschr. Jahrg. 1896 n. 7.) dass je mehr wir uns von den Tropen entfernen, die Zahl der Arten abnimmt, w^ährend die der Individuen ein und derselben Art zunimmt und die Aequatorialzonen und die arktische die Extreme bilden , so prävalirt in den tiefen Thälern der Alpen die Zahl der Spezies bei weniger Häufigkeit der Individuen, während beim Aufstiege auf die höchsten Gipfel wir das umgekehrte Verhältniss beobachten. Der Massenflug einzelner Species an günstigen Orten ist in den Schweizer und Tj'roler Alpen oft aufs Höchste über- raschend. Bath (vergl. Eutomologist 1875, Xr. XXVIII, 286) fing im Monat Juli auf der Riftelalp bei Zermatt (2340 m) in 6 Stunden 250 Tagschmetterlinge in 20 Spezies und in dem die Hälfte tiefer ge- legenen Kandersteg in einem Vormittag 200 Stück in 35 Spezies, wobei allerdings noch besondere Ergebnisse ins Spiel kommen können. Ebenso schwer aber, wie es ist, die Verbreitungsgrenze der Lepidopteren in der geographischen Breite in wagrechter Richtung festzusetzen, ebenso wenig ist es möglich, für die senkrechte Verbreitung derselben bestimmte Grenzen zu finden. Einmal hindern uns hierin unsere noch vielfach lücken- haften Kenntnisse, und anderseits binden sich viele Lepidopteren nicht an bestimmte Aufenthaltsorte innerhalb bestimmter Höhengrenzen, sondern viele Arten pflegen innerhalb mehr oder weniger bedeutenden senkrechten Erhebungen zu wechseln. Xamentlich ist es schwer, die untere Grenze festzusetzen, denn die obere Waldgrenze, w^elche wir als die untere Grenze der alpinen Region kennen lernten, ist keine absolute für die leicht- beschwingten Falter, von denen viele in der subalpinen Region der Nadelhölzer und noch weiter abwärts zu wechseln pflegen. Die obere Grenze wird durch die natürlichen physischen Bedingungeu gegeben. Zeitweise gehen freilich einzelne Falter selbst bis über die Grenzen des ewigen Schnees hinaus, so unter Andern unsere kosmomopolitische Vanessa cardui nebst einzelnen ihrer Verwandten. In dem zwischen der Waldgrenze und der Schneegrenze gelegenen Gürtel aber findet sich ein nicht unbedeutender Grundstock von Lepi- dopteren, welcher die Alpenregion inne zu halten pflegt und hier allein seine wesentlichen Daseinsbedingungen findet. — 104 — Die Ausdehnung der verticalen Verbreitung steht mit der horizon- talen nach der geographischen Breite in der Regel in geradem Ver- hältnisse, und diejenigen Schmetterlinge, welche eine weite Verbreitung in senkrechter Linie haben, pflegen auch weit nach Norden zu gehen, wobei im Wesentlichen die Temperaturverhältnisse wirksam sind. Doch spielen andere Agentien mit, wie namentlich die für die Vegetation so wichtigen Feuchtigkeitsverhältnisse, ferner der Boden in seiner Zusammen- setzung, die Lage gegen die Sonne, der Luftdruck, die Winde, die Electrizitätsverhältnisse und dergleichen mehr. Die Gebrüder Speyer^) haben in ihrem trefflichen Werke die senkrechte Verbreitung der Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz in klarer Weise entwickelt. Sie urgiren dortselbst, dass die obere Region der Alpen dem nördlichen Erdtheile entspricht. Die grosse Zahl der Bergfalter mache einen überwiegenden Reichthum der Alpen aus. Aus einer übersichtlichen Darstellung der den verschiedenen Höhen- regionen angehörigen Lepidopteren ergibt sich eine schnelle Abnahme der Arten in der Zahl von unten nach oben und zwar in überraschender Regelmässigkeit. Das Verhältniss der aus der Ebene aufsteigenden zu den Bergfaltern ändert sich nach oben immer mehr zu Gunsten der letzteren und die relative Zeit derselben überwiegt in immer wachsender Weise, je höher man kommt. Sie bildet bereits in der subalpinen Region die Hälfte, in der alpinen w^eit über die Hälfte, in der sub- nivalen ^/g der Summen der Arten. Bis in die subalpine Region über- wiegen noch die Falter der Ebene über die Bergthiere, weiter hinauf tritt das entgegengesetzte Verhältniss auf: die beiden oberen bewohnten Regionen, um die es sich für uns hauptsächlich handelt, besitzen eine Bevölkerung, welche zum grössten Theil der Ebene fremd ist. Speyer sagen : „Man wäre desshalb berechtigt, die Waldgrenze als die Scheide ZAveier Reiche anzunehmen, wenn die baumlose Region zu dem einen Requisit eines Reiches — mehr als die Hälfte eigenthümliche Arten — auch das andere besässe : eine erhebliche Zahl eigenthümlicher Gattungen. Die Gattung C h i o n o b a s ist aber die einzige, welche das Hochgebirge vor dem Tief- und Hügellande voraus hat und ist dazu nur durch eine Art vertreten. Erebia und Doritis sind zwar der Hauptmasse ihrer Arten nach Bergfalter, so dass man die wenigen auch in der Ebene vorkommenden 1) Adolf Speyer und August Speyer. Die geographische Ver- breitung der Schmetterlinge Deutschlands und der Schweiz. Leipzig 1858. — 105 — als vereinzelte Repräsentanten betrchten kann, aber sie werden sehoii in der Region der liaubwälder zahlreich und scheinen in den Lichtungen ihr Maximum zu erreichen. Oberhalb der Baumgrenze sind überhaupt noch 13 Gattungen in 54 Arten und unter diesen Argynnis mit 7, Erebia mit 11 und Lycaena mit 13 Spezies am Stärksten vertreten; im oberen Theil der baumlosen Region überwiegen aber die Erebia mit 7 Spezies die übrigen (5) Gattungen bedeutend, und auf sie folgen die Pieris mit 4 Spezies, während die Lycaenen nur noch 2 Arten aufzu- weisen haben". „Eine Reihe von Faltern hat die Ebene mit den höchsten Regionen gemein, so besonders die so weit verbreitete Vanessa urticae, cardui, Pieris brassicae, rapae und napi, die bis zur Schneelinie und selbst darüber hinaus zeitweise gehen. 5 Arten erreichen den Saum der subnivalen Region, bis in die alpine gehen 10 und weitere 10 reichen, bis zur Baumgrenze, welche im Ganzen 23 Falter die Ebene über- schreiten." Es scheint mir, als ob die Annahme der Waldgrenze als Scheide- linie wohl berechtigt sei, zumal wenn man auch die eigenthümliche nahe Yerwandschaft der Lepidopterenbevölkerung der beiden obeien Regionen des Hochgebirges mit der des Nordpolargebietes, sowohl an Gattungen,. als Arten berücksichtigt. Wenn auch die Schmetterlinge den für die Vegetation geltenden Gesetzen ebenfalls gehorchen, so spielen doch Besonnung und Winde bei ihrer Verbreitung im Wesentlichen mit, so dass das pflanzliche und das Leben der Lepidopteren nicht überall parallel läuft. Es ist nicht wohl möglich, die Falter des Hochgebirges von einer ganz bestimmten Erhebung an festzusetzen, da dieselben ja nach ihrer Individualität und nach der Configuration ihres Wohnortes auf ver- verschiedenen Höhen anzutreffen sind, wenn auch ein gewisser Mittel- werth anzunehmen ist. Die subalpine Region der Alpen beherbergt nach Speyer 85 Arten von Tagfaltern, von denen 34 die obere, 12 die untere Grenze ihrer Verbreitung haben, 40 mit den angrenzenden Regionen gemein sind. Die obere Alpenregion zeigt 54 Arten Tagfalter, von denen 11 die Baumgrenze nur an gewissen Lokalitäten überschreiten, während die Mehrzahl der andern innerhalb der Region ihre obere Grenze findet. 20 Falter erreichen die subnivale Region, nämlich r Melitaea cynthia, v. merope, asterie; Argynnis pales; Vanessa urticae,. antiopa, cardui; Erebia epiphron, v. cassiope, melampus, alecto, manto^. — 106 — gorge, tyndarus, mnestra; Lycaena pheretes, orbitulus; Pieris brassicae rapae, napi, callidice. Mehrere derselben wie Vanessa antiopa und P. brassicae besuchen die Schneeregion gelegentlich. Am höchsten gehen überhaupt nach Speyer folgende Tagfalter: Vanessa cardui, Melitaea asterie, Argynnis pales bis 8500', Erebia cassiope und manto bis 9000', gorge bis 11000', Argynnis pales wurde nach bei 14 000' gefunden. Frey fand an den Grenzpfählen des Lebens bei einer Höhe von 8500' noch folgende Lepidopteren : Pieris callidice, Argynnis pales, Erebia gorge, Arctia cervini, Agrotis culminicola, Dasydia tenebraria, Psodos alticolaria, Scoparia valesialis, Dichrorampha harpeana und Butalis glacialis. Auch für die Nachtfalter der Schweizer Alpen haben die Gebrüder Speyer 1) versucht, die Gsenzen der oberen Verbreitung festzustellen, insbesondere für die Noctuen, von denen eine Reihe von Arten aus- schliesslich montan sind (Vio tler Gesammtbevölkerung). Das genus Agrotis umfasst nicht weniger als 22 montane Arten, Hadena 8 und Plusia 7. Nach der Höhengrenze ist freilich die Kenntniss immer noch lückenhaft. Jn die subnivale Region gehen einige wenige Arten, nament- lich Agrolis fatidica, Hadena dentina, Anarta melanopa und Plusia divergens, von welchen Arten dentina auch in der Ebene lebt. Nach einer von Speyer gegebenen, jetzt wohl etwas zu rectificirenden Tabelle fanden sich : In der 1. Region 520 Arten, wovon 480 Falter der Ebene, 40 Bergfalter „ „ 2. „ 280 „ „ 232 „ „ „ 48 « » 3. „ 96 „ „ 53 „ „ „ 33 „ ■j, » 4, „ 27 „ „ 8 „ „ „ 19 „ « 55 5, „ b „ ,, 1 „ „ „ 55 Ich habe bereits oben bemerkt, dass sich bei der Erörterung der Bewohner der Alpenregion eine scharfe Grenze der Verbreitung nach unten nicht ziehen lässt. Eine Anzahl von Arten, welche den an Lepi- dopteren reichen Tannengürtel bewohnen, pflegen von diesem auf die Alpenregion überzuschweifen. Christ, der erfahrene Botaniker und Entomologe sagt-) : ,,Der Tannengürtel, besonders in seinem oberen Theil und auf seinen Lichtungen, ist von einer grosser Zahl echter Alpen- falter belebt, die zwar meist namhaft in die Höhe, in die offene Alpen- 1) Geographische Verbreitung u s. w. II. S. 23 ff. 2) Pflanzenleben der Schweiz. S. 220, S. 338 ff. — 107 — region aufsteigen, aber doch in der oberen Waldregion ihre eigentliche Heimath haben. Die Bräunlinge liefern das grösste Contingent dieser Waldbewohner, Epinephele hiera erscheint schon im Mai, gleich nach der Schneeschmelze in dem oberen Theile, um im Sommer in grosse Höhe zu fliegen. Ceononympha satyrion wimmelt in den Wiesen ; Erebia ligea, euryale, oeme, pharte, stygne, pronoe, aethiops, pyrrha, medusa sind stellenweise verbreitet, allen aber laufen E. tyndarus und melampus den Rang in unzählbarer Menge ab. Im Vergleich zu den auf deutschen Gebirgen vorkommenden sind die Alpenbräunlinge durch Verdüsterung und Verschwinden der roth- gelben Binder auf lichtbraunem Grunde ausgezeichnet. Ebenso wird die hellblaue Lycaena arion unserer Hügel in den Alpen zu einem tief- schwarzen Falter mit wenigen herrlich blauen Reflexen, und erhält das Weibchen von Polyommatus virgaureae eine dunkelbraungraue Farbe (v. zermattensis). Vielleicht ist diese Erscheinung der Insolation in den Alpen zuzuschreiben." Von Lycänen finden sich pheretes und optilete, häufiger acis, eumedon, aegon, argus, ferner Polyom. chryseis, Syrichthus cacaliae, Arg. ama- thusia, niobe. Die endemisch alpinen herrschen hier vor den nordischen Formen vor . . . . " „In der Lerchenregion finden sich Erebia goante, ebenso ceto und Lycaena eros. An Stelle von chryseis tritt eurybia, dann zeigt sich Parnassius mnemosyne im Wallis und Unter engadin, Lyc. donzeli Statt Melitaea parthenie stellt sich im Wallis und Engadin Melitaea varia, statt melampus die var. cassiope ein. Wenn auch die meisten der Alpen- bräunlinge, Bläulinge und Argynnis der oberen Waldregion angehören, so gibt es doch eine Anzahl, welche das Gebüsch der Alpensträucher und die offenen Alpentriften vorziehen. Das Gebüsch lieben : *) Colias palaeno, *) Polyomatus eurybia ; Erebia cassiope. mnestra. Den offenen Rasen ziehen vor: Melitaea cynthia, Pieris callidice, Colias phicomone Parnassius delius, "'') Argynnis pales, '^) Lycaena orbitulus, ''•") Erebia lappona, Oeneis aello, '■^') Zygaena exulans. Eigentlich nivale Tag- schmetterlinge die nur die obere Alpenregion von 2100 m und höher bewohnen, sind Melitaea asterie, Erebia gorge und alecto, Melitaea aurinia var. merope." Wir besitzen eine ganze Reihe von Sammelberichten aus den Schweizer Alpen, welche uns über das Auftreten der alpinen Arten von *) Die so bezeichneten Arten sind zugleich nordisch. — 108 — den einzelnen Lokalitäten belehren. Da anerkannte Entomologen sieb öfters längere Zeit an einem bestimmten Platze aufhielten, so sind von manchen Orten recht erschöpfende Verzeichnisse vorhanden. Namentlich besitzen wir solche aus den beiden, ganz besonders durch Insekten- und speziell Schmetterlingsreichthum bevorzugten Orten, dem obern Wallis und dem Engadin. Die Lepidopteren des Wallis. Was dieses betrifft, so sind hier zu erwähnen die Beobachtungen von 0. Struve^), welcher an verschiedenen Punkten der Schweizer Alpen mit Erfolg gesammelt hatte. Er traf noch bei 10 298' Mamestra dentina und Plusia gamma erstarrt auf den Schneefeldern an der Wasserscheide des Rhein- und Rhonegletschers. Weiter erwähne ich die Mittheilungen von Jaeggi^), welcher seine Fangergebnisse in Wallis am Fusse des grossen Aletschgletschers bei Zermatt, am Riffelberg und Gornergrat wie an der Gondoschlucht, dem liaquinthal und dem Rossobodengletscher am Simplon schildert. Dieselbe Gegend hatte sich auch Pfarrer Raetz er zum Gegen- stand einer Excursion gewählt, deren Ergebnisse er in einer übersicht- lichen Zusammenstellung der im Simplongebiete in der 2. Hälfte des Juli beobachteten Lepidopteren (300 Arten) gibt^) und dabei die auf- fallende Uebereinstimmung derselben in verschiedenen Gebieten der Alpen betont. Mit Zugrundelegung dieser Raetzer 'sehen Arbeit hat auch Omar W ac k er z app*^) in seinsr Arbeit „lieber den Simplon zum Monte Rosa" die Eindrücke geschildert, die er in Beziehung auf das Schmetterlingsleben in Wallis und speciell in dem an der Simplonstrasse in der Höhe von 4700' gelegene Berisal während eines mehrw^öchent- lichen Aufenthaltes empfing. Er schildert, wie sich beim Aufstieg von Brieg nach Berisal die Schmetterlingswelt allmählich verändert, wie das I^aquinthal ein abgeschlossenes Faunengebiet darstellt und wie in der Schlucht von Gondo sich die echte Alpenlandschaft von einer Ge- birgslandschaft mit südlichem Charakter trennt. Die Grenze der alpinen Flora und Fauna liegt in der Südseite des Monte Rosa erst bei 9200'. Doch fand er, in dem 6400' hoch gelegenen Mattmack Wirthshaus beim Uebergang über den Monte Rosa ins Seesthaal rastend, eine nahezu 1) Stett. Ent. Ges. 1874. 2) Mitth. Schweiz. Ent. Ges. H. I, S. 10, H. HI, S. 82 ff. u. S. 216 ff. 3) Mitth. Schweiz. Ent. Ges. Vol. VI. H. 4, S. 165 ff. 4) Stett. Ent. Ztg. 1890, S. 137 ff. — 109 — arktische Landschaft mit gleicher Fauna und Flora, wie in den Polar- ländern. In Zermatt fand er ein Schöpfungscentrum der reichen Walliser Fauna und Flora, deren günstige Resultate durch die Insolation, die Wirkung des intensiveren Lichtes bei klarem Himmel bewirkt werden. In einem weitern Aufsatze ^) gibt W. ein Yerzeichniss der von ihm auf der Südseite des Simplon aufgefundenen Macrolepidopteren, (331 Arten) welches sich mit dem von Pfarrer Raetzer gegebenen ziemlich deckt. Die Lepidopteren Graiibündeiis. Ganz besonders genau ist die Lepidopterenfauna des oberen Grau- l)ündens studirt worden, insbesondere des Engadins und seiner nächsten Umgebung. Schon 1861 erzählte M e n g elbi er 2) in seinen Reiseskizzen aus den Alpen seine lepidopterischen Erlebnisse im Oberengadin in sehr anschaulicher Weise und gab ein Yerzeichniss der von ihm, Pfaffen- zeller und Bischof aufgefundenen Arten mit Berücksichtigung der senkrechten Verbreitung und des Waldgürtels, der bei Samaden und Pontresina noch 500 — 800' über der Thalsohle liegt. M. betont bereits, dass man wohl an keinem anderen Platze der Welt eine solche Fülle von Lepidopteren, wie sie sich im Engadin, auf den Rasenflächen in geeigneten Lagen und selbst an den Abenden tummelt, antreffen kann. Ihm schlössen sich H e r r i c h S c h ä f f e r ^) und Meyer ü ü r r *) mit ihren Berichten über entomologische Sammelreisen an. Die vorzüg- lichsten Berichte aber verdanken wir dem Altmeister Z e 1 1 e rs ^) , «welcher in seinen klassischen Arbeiten: Bemerkungen über einige Graubündner Lepidopteren" und „Beiträge zur Lepidopterenfauna der Ober-Albula" uns die Umgebungen Berguns, wie auch des Weissensteines und des Albula- Hospizes in lepidopterologischer Beziehung kennen lehrt und einer Auf- zählung der von ihm aufgefundenen Schmetterlinge die wichtigsten und interessantesten biologischen Bemerkungen zufügte. Seiner Aufzählung der dort zu beobachtenden Arten, die er etwa auf 1000 anschlägt, schloss er drei Sätze zur weiteren Untersuchung bei : bei den Macropteren 1) Stett. Ent. Ztg. 1890, S. 211 ff. 2) Stett. Ent. Ztg. 1861, S. 9 ff. 3) Herrich Schäffer in Regensburg. Correspondenzblatt 1863. 4) Mitth. Schweiz. Ent. Gesellsch. 1863. 5) Stett. Ent. Ztg. 1876 u. u. 1877, S. 265. S. 627 11. 1878, S. 81 ff. - 110 — findet nur eine jährliche Erzeugung statt, 2. die Mehrzahl der Macrolep- teren hat in Folge von klimatischen Einflüssen, namentlich der grösseren Feuchtigkeit der Luft, welche ihre Nahrung üppiger und kräftiger macht, einen beträchtlicheren Umfang des Körpers und der Flügel, als in ebenen Ländern, 3. viele Arten neigen zur Verdunklung, indem ihre hellen Farben eingeschränkt und theilweise getrübt oder auch ganz verdeckt werden, während das Dunklere einen tiefern und kräftigern Ton annimmt, so bei Pieris napi (bryoniae), Erebia pronoe, Crambus pratellus und perlellus, selbst Tinagma perdicellum. Ueber die Gross-Schmetterlinge (280 Arten) der Umgebung von Sa- maden berichtete von Homeyer (Jahrb. Nass.-Ver. f. Nat. 1878/79, S. 84.) Frey sammelte mit B oll 1873 auf dem Albula-Hospiz und seiner nächsten Umgebung noch 130 Arten. Dieser Pass ist freilich um des- willen so günstig, weil er windstill ist und weil die herrlichen Gras- flächen auf der rechten Seite des Passes mit Granitboden reicher sind, als die auf der linken mit Kalkboden, und wenig von den Kühen abgeweidet werden. Derselbe (^) giebt ein Yerzeichniss der auf dem 2313 Meter hoch gelegeneu Terrain vorkommenden Arten. Dasselbe erscheint an Tagfaltern reich, an Noctuen dürftig versehen, an Pyralo-Crambiden ärmlich, wie an Tineiden. Yon Interesse ist eine dortselbst gegebene vergleichende Uebersicht mit den in Island, in Finnmarken und auf den Dovrefjeld aufgefundenen Lepidopteren. Albulahospiz, Island, Finnmarken, Dovrefjeld. Papilioniden : 44 0 24 12 Sphingiden: 2 0 1 2 Bombyciden: 10 0 3 11 Noctuiden: 6 9 21 14 Geometriden: 17 10 35 25 Pyralocrambiden : .... 23 3 17 13 Tortriciden: 24 3 36 34 Tineiden: 24 7 57 53 Pterophoriden 2 1 2 6 152 33 196 170 1) Frey, Albula Pass in Graubünden. Mitth. Schweiz. Ent. Ges. Yol. IV,. S. 10 11. 550. — 111 — Yortrefflich hat Killias (^) in seinen Beiträgen zu Insektenfauna Graubündens die dortigen Lepidoj^teren zusammengestellt. Er gibt ein ausführliches Verzeichniss, in welchem für unsere Zwecke die genaue Höhenangabe der Verbreitung von der Ebene bis zur montanen und alpinen Region von besonderem Werth ist. Die alpine Region erstrekt sich als untere A. nach ihm von einigen hundert Metern durchschnittlich unter der Baumgrenze bis zur Schneegrenze (1600 — 3000 Meter), während die obere A. bis zum Aufhören des organischen Lebens geht. Ein Nachtrag (^) zu seiner Arbeit, welcher sich auf Mittheilungen von W 0 c k e (^), sowie von Z e 1 1 e r über die Charaktere der Tarasper Tag- falter stützt, ergiebt eine Mischung alpiner mit südlichen Formen unter Verschärfung der Zeichnung und des Colorits, Verdunkelung und Ver- tiefung der Färbung. Killias zählt in der alpinen Region von 1000— 2000 M. Macrolepidoptera Ueberhaupt Ausschliesslich Tagschmetterlinge 41 20 Schwärmer 7 4 Spinner 21 7 Eulen 56 33 Spanner 59 27 184 91 Microlepidoptera Pyraliden 45 21 Wickler 76 40 Motten 145 83 MicrOi)teryginen 4 — Pterophoriden 11 2 Alucitinen — — 281 146 Summa 465 23^ 1) Frey in Jahrb. Naturf. Ges. Graubünden Bd. 20, die Lepidopteren des Albulapasses. 2) Jahrb. Naturf. Ges. Jahrgang 22 und 23. 3) Jahrb. Naturf. Ges. Graub. Jahrgang XXIX S. 3 (1886). 4) Jahrb. Schles. Ges. f. vaterl. Cultur. Breslau 1881. 5) Jahrb. Naturf. Ges. Graubünden 1882. — 112 — In der montanen Region Macrolepidoptera 629 74 Microlepidoptera 404 116 10-33 190 Die eigenthümlichen Verhältnisse der rhätischen Alpen sind durch ihren geographischen Charakter bestimmt. Nach Christ (^) ist derselbe der eines mächtiges Hochlandes, einer tafelförmigen Massenerhebung, die an Ausdehnung nur im Norden der pyrenäischen Halbinsel und in Skandi- navien erreicht wird. Rhätien ist das schweizerische Tibet. Die Er- hebung der ganzen Masse bewirkt, dass das Klima ein continentales Avird. Im Sommer erwärmt sich das ganze Hochland durch die vermehrte Insolation, welche in der Höhe stattfindet, und im Winter ist die Er- kältung durch die Strahlung in die reinen Himmelsräume um so heftiger. Nach dem Wallis ist das rhätische Hochland das trockenste, regen- ärmste Gebiet der Schweiz, indem die Luftströmungen beim Eintritt in die südlichen und nördlichen Vorberge ihre Feuchtigkeit verliren. Die Evaporationskraft der alpinen Höhe wirkt in hohem Grade, trocknet die Oberfläche des Bodens aus und bewahrt die Vegetation vor dem Ueber- maass kalten Schneewassers. So ist die Vegetation des Oberengadins eine specifische Alpenflora und während die oberste Baumgrenze bis 2331 Meter über dem Meere steigt und Arve und Lerche Charakterbäume sind, besteht die Vegetation der offenen Wiesen und Triften aus eigent- lichen Alpenpflanzen, wie Androsace, Gentiana, Viola, Pedicularis, Onobry- chis, Trifolium, Aster, Centaurea, Chrysanthemum, Hieracium, Arnica, Lychnis, Cirsium, Phleum. Im rhätischen Hochland scheidet sich das Eloragebiet der Westalpen von dem der Ostalpen und auch die Falter- vveit beginnt im Unterengadin eine verschiedene zu werden. Während das Oberengadin auf seiner breiten Gebirgsmasse westalpine Colonien zeigt, waltet in den schroffen Thälern und steilen Bergen des Unter- engadin eine östliche Strömung. Ausführliche und genaue Mittheilungen über das Auftreten der Le- pidoptereu der Alpen in den verschiedenen Höhenstufen finden wir in dem vortrefflichen Werke Frey 's, die Lepidoptera der Schweiz. Dort sind alle Erfahrungen der verschiedensten Forscher zusammengezogen und ich gebe daher einen Auszug über die von 1000' an aufwärts dort vorkommenden Lepidopteren im Anhang. 1) Pflanzenleben der Schweiz p. 354 ff. 113 Oestliche Alp6n. Wenden wir uns nunmehr zu den in den östlichen Alpen auftretenden Schmetterlingen, so bemerken wir eine auffallende Uebereinstimmung der in den bayrischen und tyroler Alpen vorhandenen Arten mit den schweize- rischen, natürlich mit lokalen Modifikationen. Ueber die Verbreitung der Tagfalter im bayrischen Hochgebirge finden wir interessante Notizen bei Sendter 1). Er berichtet über eine Excursion in Allgäu und er- Avähnt dabei die Höhengrenze mehrerer von ihm gefundener Arten E. melampus 3000—5000 Pariser Fuss, nudea 2500—4000, ligea 3000— 5200, pyrrha 3000 — 5200, oeme 4500 - 5200, manto 5000 — 6500, tyndarus 5000—5200, cassiope 4000—5200, Coenon. satyrion 4000— 6500, Colias phicomone 2500 — 5200, P. bryoniae 2500—6500, Argyn- nis pales 5000—6500, Lycaena orbitulus 5200—6500. Besonders zu erwähnen ist für die tyroler Alpen die bereits früher an- geführte Arbeit von Helle r^). Nach ihm machen sich unter den Insekten die Schmetterlinge am meisten bemerkbar, welche auf grünen Matten, an sonnigen Gehängen, in den Buschwäldern und der Strauchformation -der alpinen Region an schönen Sommertagen in grosser Menge erscheinen Tind selbst im Gebiete der Schneeregion nicht ganz fehlen. Es wurden im tyroler Hochgebirge 785 verschiedene Formen von Lepidopteren be- •obachtet (700 Arten 85 Varietäten) von denen ein Drittel (271) dem Hochgebirge eigenthümlich sind, zwei Drittel (514) auch in den tieferen Hegionen leben. Sie vertheilen sich in folgender Weise. Tagfalter : 2 1 Gattungen, 94 Arten, 2 8 Varietäten, wovon 25 alpin, 67 alpiphil Schwärmer 3 « 9 « 7 Spinner 12 « 35 « 9 Eulen 21 « 67 « 5 Spanner 26 « 117 « 13 -Zünsler 16 « 77 << 9 Wickler 12 « 113 « 10 Motten 60 « 162 « 4 Federmotten 7 « 26 « — 4 « 12 20 « 24 26 « 46 35 « 95 38 « 48 37 « 86 51 « 135 5 «: 21 i) Stett. Ent-Ztg. 1857, p. 46. 2) Sitzungsb. Kais. Ac. Wiss. Math. Naturw. Cl. Bd. 83, Jahr^. 1881 Abth I, Heft I-V, p. 103 flF. ^ . . Jalirb. d. nass. Ver. f. Nat. 61. o — 114 — Heller giebt daselbst eine vollständige, im Allgemeinen mit den Frey 'sehen Mittheilungen übereinstimmende Uebersicht der beobachteten Lepidopteren nach der senkrechten Verbreitung in fünf Regionen, sowie nach der horizontalen ,in den Nord-, Central- und Südalpen, welche be- sonders werthvoll hinsichtlich der senkrechten Verbreitung ist. Die höchste vertikale Verbreitung erreichen nach Heller (1. c.p. 129) die folgenden, die eigentlich alpinen Schmetterlinge des tyroler Hochgebirges darstellenden Formen : Pieris callidice ; Lycaena pheretes, orbitulus ; Melitaea cynthia, merope, varia, asteria; Argynnis pales ; Erebia cassiope, mnestra, pyrrhula, glacialis, lappona, gorge ; Ino chrysocephala ; Zygaena exulans ; Setina freyeri, andereggi, riffelensis; Aretia quenseli; Agrotis carnica, culminicola. fati- dica ; Plusia Hochenwarthi, devergens, Anarta melanopa, nigrita ; Gnophos zelleraria, spurcaria ; Dasydia tenebraria, wockearia ; Psodos alticolaria, alpinata; Pygmaena fusca; Scoparia valesialis; Hercyna helveticalis ; Botys uliginosalis, murinalis, opacalis; Crambus luctiferellus, furcatellus, rostellus ; Asarta aethiopilla ; Tortrix monticolana ; Sciaphila osseana, Spalerophera alpicolana ; Cochylis deutschiana, Penthina noricana ; Dichor- rampha harpeana; Melasina ciliaris, lugubris; Gelechia longicornis; Lita diffluella, pygmäeella . Ergatis heliacella ; Ornix alpicola ; Coleophora. fulvosquamella ; Chauliodes suavellus ; Tinagma dryadis ; Butalis amphony- cellus, glacialis. Pancalia latreillella ; Bucculatrix jugicola ; Nepticula. dryadella. Früher schon hatte Zeller über die Schmetterlinge der Krumm- holzkiefer in Oberkärnthen, sowie Nickerl ^) über die Schmetterlinge von Oberkärnthen, insbesondere der Pasterze (8000^) und Gemsgrube geschrieben. Das von N. gegebene Verzeichuiss deckt sich ziemlich mit solchen aus anderen Alpengegenden, Staudinger^) erweiterte die Kenntnisse über jene für den Ento- mologen ergiebige Gegend durch Bemerkungen über einzelne Arten und ihre Höhengrenze, insbesondere auch für Microlepideptera. lieber das in sechs getrennte Becken zerfallende Oetzthal, die lepidepterologisch inte- ressant sind, berichtete von Gump penberg ^). Mit dem Uebergang des Kalkes in Glimmerschiefer im 2. Umenhauser Becken (1036 m) tritt ein Wechsel in der Vegetation und Fauna auf: die Vegetation mengt alpine Formen mit denen der Ebene. Die Falter tragen noch den 1) Stett. Ent-Ztg. 1845, p. 57. 2) Stett. Ent-Ztg. 1855, p. 374 und 1856. 3) Stett. Ent-Ztg. 1859, p. 280. — 115 — Charakter der Bergregion. Im 3. Becken (1164 m) fand v. G. bereits neben Polyommatus gordius die Erebia melampus und Syrichthus sao und caecus, im Säldner Becken (1354 m) Lobophora sabinata und Plusia ain, im Gügler Becken 1900 m am Weg zum Ramoljocb Lycaena orbi- tulus und optilete, Erebia cassiope v. nelamus, tyndarus; Coenonympha satyrion, Argynnis pales, Zygaena exulans, Psodos alticolaria und al- pinata, also alpine Formen; und im Venterbecken (1850m) Melitaea varia, Erebia cassiope, manto, pharte, tyndarus, adyte ; Pararge hiera, Syrichthus cacaliae, Hesperia v. catena, Setina irorella, andereggi, ra- mosa, roscida; Agrotis ocellina, corticea, Hadena maillardi, Gnophos dilucidaria, serotinaria. Erebia manto und pharte fallen in eine engbe- grenzte senkrechte Verbreitung zwischen 1700 und 1800 Meter, in welcher Höhe alle Setinen vermengt flogen. — Für die Höhe von 24- 2500 m besonders characteristisch wurde von Calberla (i) Erebia gla- cialis Esp. (alecto Hb.) vielfach verbreitet geschildert. Deiitsclie Mittelgebirge. Die deutschen Mittelgebirge erreichen mit ihren höchsten Erhebungen zumeist nicht die Grenze des Baumwuchses. Nur im Schwarzwald, den Vogesen, dem Harze und den Sudeten erhalten einzelne Gipfel einen alpinen Charakter mit einzelnen alpinen Bewohnern. Es findet sich Erebia manto v. vogesica in den Vogesen, epiphron im Harz und in den schle- sischen Bergen, melampus v. sudetica in den Sudeten, euryale in Schlesien u. s. w.; besonders sind es die Moorgebiete des Oberharzes, welche durch ihre klimatischen Bedingungen eine Hinneigung zu alpinen Ver- hältnissen bekunden. Moorgebiete des Oberharzes. Nach Hoffmann C") zeigen sich im Oberharze eine geringe Arten- zahl bei vielen Individuen und bei Beschränkung auf einige Futterpflanzen. Hie Flugzeit ist auf drei Monate beschränkt: es besteht nur eine Gene- ration; die Spätherbstfalter erscheinen einen Monat früher; die Flachlands- frühlingsfalter im Juni. Das Raupenleben ist verlängert, die Falter sind grösser und kräftiger gebaut, die Noctuen meist grobschuppiger. Dabei besteht eine Tendenz zur Verdunklung durch das nebelige, feuchte Klima, 1) Iris IX, S. 377. 2) Lepidopterenfaiina des Oberharzes. Stett. Ent. Ztg. 1888, S. 357 ff. — 116 — wie an der Nordseeküste, den Meeren Nordenglands sowie in Island und Schottland, und den Shettlandsinseln. Eigenthümlich sind : Argynnis pales, Erebia epiphron, Hepialus velleda, Bombyx crataegi, v. ariae ; B. quercus v. alpina, Acronycta menyanthidis, Agrotis sincera, speciosa, occulta, Mamestra glauca, Luperina haworthii, immunda, Hadena rubri- rena, Hyppa rectilinea, C. arcuosa, Calocampa solidaginis, Plusia interro- gationis, Anarta myrtilli, cordigera, Cidaria cambrica, caesiata, subhastata, albulata, sordidata, Teras maccana, Tortrix Steinerana, Penthina metalli- cana, Gelechia boreella, viduella, Elachista monticola, turfosella. Karpathen. In den Karpathen haben wir ebenfalls eine, wenn auch nicht sehr ausgesprochene alpine Region mit alpinen Tagfaltern so in den galicischen Karpathen mit Argynnis pales, Erebia v. cassiope, manto, lappona, gorge, goante, pronoe, euryale. Dagegen fehlen dort Parnassius delis und hoch- alpine Lycänen. In den Gebirgen Ungarns und Siebenbürgens kommt C. phicomone, Melitaea cynthia, aurinia v. merope, Erebia epiphron, cassiope, melampus, ceto, psodea, melas, tyndarus vor. Auf den Moorwiesen des Hochgebirges der Bukowina treffen wir einige im Mittelgebirge seltene Arten, wie typhon, hylas, corydon, Plusia bractea und Parnassius apollo. Oberhalb der Baumgrenzefindet sich Nem. plantaginis, ferner Hepialus carna, Erebia euryale, lappona, tyndarus sowie Argynnis pales und amuthusia. Die in den Karpathen einheimischen al- pinen Arten fliegen nach Caradja (^) in viel geringerer Erhebung, als in den central europäischen Gebirgen. In einer Erhebung von 1000 Metern finden wii» dort auf den ursprünglichen Bergwiesen neben alpinen Erebien eine Anzahl Arten von Colias, Polyommatus, Lycaena, Melitaea, Argynnis, Zygaena. Die alpine Region ist arm und die wenigen Arten finden sich in geringer Individuenzahl, wohl wegen vieler Winde. Es sind dies : Erebia epiphron, v. nelamus, und cassiope, E. melampus, manto, medusa, oeme, lappona, gorge, gorgone, aethiops, ligea, euryale und einige mehr. Griechenland. In Griechenland ziehen sich an dem 7 — 8000' hohen Veluchi, dem Grenzgebirge zwischen Thessalien und Griechenland, die Nadelholz- 1) Iris VIII, (1895) S. 23. — 117 — Waldungen bis 7000 ', dann folgt ein kahles, nur mit niedrigen Alpen- kräutern bedecktes Terrain, wo Schafe und Ziegen weiden. Diese oberen Regionen sind, wie alle ähnlichen der Gebirge Südeuropas, sehr arm an Lepidopteren. Dort fliegt als einzige Erebia, wie auf der Sierra Nevada in Andalusien ^) E. tyndarus, v. ottomana. Auf dem isolirten Dohlen- gebirge fliegt oberhalb der Tannenregion Colias libanotica und Polyommatus thetis. Ebenso verhält es sich mit dem Parnass, der in seinem oberen kahlen Plateau fast gar keine Schmetterlinge zeigt. Auf dem 8000 ' hohen Taygetus im Peloponnes fing Kr ue per auf den höchsten Punkten Lycaena hclena und Satyrus mamurra. Apeninnen. In den Apeninnen finden sich nach Calberla-) in Höhen von 12 — 1600 Metern Erebia epiphronv. cassiope, ceto, medusa bis 1500 m, stygue bei 1600—1800, glacialis bei 1600— 2200 m. (Gran Sasso) und tyndarus bei 1200 — 2000m eurgalo bei 1500 — 1600 m, ebenso ligea bei 1500. Verschiedene Agrotis-Arten fliegen ebendaselbst, so simulans bei 2000 m, nyctemera, simplonia. cinerea, ebenso Anarta melanopa auf dem Gran Sasso bei 2100 m. Corsica. Auf Corsica kommen, trotzdem die Berge über 8000' gehen, keine eigentlich alpine Schmetterlinge vor; desgleichen in Sardinien. Schottland. Skandinavien. In Schottlands Gebirgen, in welchen wie in den skandinavischen die Baumgrenze schon bedeutend tiefer liegt und die klimatischen Yer- hältnisse überhaupt die der Höhen bereits zeigen, wird Erepia epiphron beobachtet. Die Falter der skan di navi sehen Ebene sind denen analog, welche wir in wärmeren Breiten auf höheren Lagen antreffen. Das Dovrefjeld mit einer Mittelhöhe von 700 — 1000 Meter hat bereits eine völlig alpine Fauna. Ich verweise auf die weiteren hier einschlägigen Verhältnisse auf die Erörterungen, welche ich in meiner Arbeit: »Die Lepidopteren des Xordpolargebietes« gegeben haben. Hier möchte ich nur noch die Angaben Rogenhofers^) reproduciren, dass wir von 1) S. Staudinger, Ho. Soc. Ent. Eoss. VIT, S. 8 (lS70i. 2) Iris 1895. 3) Sitzungsb. k. k. zool. bot. Ges. Wien Bd. XXXYIII, (1888) S. 83. — 118 — rein alpinen Arten 29 Rhopaloceren (darunter 17 Erebien) 2 Sphin- giden, 12 Bombjciden, 32 Noctuiden (12 Agrotis) und 37 Geometriden (17 Cidaria) in Summa 112 Arten kennen, welche 45 rein nordischen Arten gegenüberstehen, nämlich 13 Tagfaltern, 2 Sphingiden, 30 Bom- byciden, 16 Noctuen (8 Anarta) und 10 Geometriden. Pyrenäen. Spanien. Wenden wir uns von dem Norden Europas noch zu seinem Westen, so haben wir in den Pyrenäen ein den Alpen ähnliches und reiches Feld. Bekanntlich stimmen Pyrenäen und Alpen sowohl hinsichtlich der Flora und Fauna trotz vieler und gemeinsamer Züge nicht ganz überein. Während die Alpenrose vielfach verbreitet ist, fehlt dasEdelweiss ; die Molluskenfauna der Pyrenäen ist verschieden von der den Alpen, und bei den Säugethieren sehen wir zwar die Charakterthiere des Hochgebirges der Alpen auch in den Pyrenäen, aber auch abweichende Formen beim Steinbock und Gemse und viele eigenthümliche Thierformen, denen wir erst w ieder im Osten be- gegnen. Es ist dort die Schmetterlingsfauna insofern eine etwas andere, als sich südliche mit alpinen Formen vereinigen. Wir begegnen gleichen Ab- stufungen in der Pflanzen- und Thierwelt je nach der Höhenlage. Die Pflanzenwelt ist eine sehr reiche und bedingt auch eine entsprechend entwickelte Insektenfauna, welche nicht allein von französischen Forschern, wie de Graslin und Oberthur, sondern auch von deutschen, wie Struve, und englischen wie Elwes erforscht wurde. Struve verweilte nicht allein in den Westpyrenäen, der Maledetta- gruppe, am Pic du Midi, Ck)l de Laquet, sondern auch in den Ost- pyrenäen und hat uns durch seine Reiseberichte ^) werthvolle Auf- schlüsse gegeben. Er hatte das Glück, am Pic de Midi bei 2238 m Höhe eine sehr gelegene Unterkunft im dortigen Observatoir zu finden, von wo aus er bei 2877 m Höhe sammeln konnte. Der Beichthum an interessanten alpinen Formen von Schmetterlingen war namentlich am Col de Laquet (2600 m) sehr gross (Pieris callidice, Lycaena orbi- tulus, Erebia Lefebrei, gorge, Zygaena anthyllidis, exulans, Psodos chaonaria, Emydia rippertii). Von Luchon aus besuchte er das Hospice de France und Port de Yenasque und sammelte auf dieser Tour unter Anderen: Cleogene petiveraria, Polyom. phlaeas v. eleus, Erebia gorge, gorgone, goante, Lefebrei, Zygaena exulans, Crambus digutellus. Bei L) Drei Sommer in den Pyrenäen, Stett. Ent. Ztg. 1882, p. 392 ff. — 119 — einer Excursion nach Port de la Picarde fing er bei 2200 m Polyomm. virgaureae, v. miegii, Erebia euryale o. ocellaris, E. oeme, var spodea, Emanto, var. caecilia, S. sao, S. carthami, Charaeas graminis, Plusia interrogationis, Heliothis peltiger, Acidalia perochrearia, Ortholitha li- mitata und Anaitis praeformata, zumeist also Thiere, die wir auch in den deutschen Alpen in gleichen Höhen fliegen zu sehen gewohnt sind. In den OstpjTenäen sammelte er bei Vernet les bains südliche mit alpinen Formen gemischt. Auf der Höhe des Canigou fanden sich ähn- liche Thiere, wie bei Luchon: Erebia Lefebrei, gorge, Hepialus pyre- naicus, Emydia rippertii, Agrotis recussa, obelisca, corrosa, fatidica, decora und conspicua, ferner Psyche bicolorella, Melasina melas. Bei 2300 m fand sich P. callidice, Melitaea merope, Erebia gorge, Zygaena exulans, Pygmaena vexatoria. Bei Mont Louis, einer kleinen französichen Orenzfestung (1600 m) konnte er die alpine und hochalpine Welt weiter durchforschen und es fanden sich : Acidalia luteolaiia, conti- guaria, Aspilates gilvaria, Agrotis v. marmorea, Caradrina exigua, Ino gorgon, Argynnis selene, Coenonympha iphis, Orgyia aurolimbata, Arctia maculosa, Ocnogyna hemigena, Hadena treitschkei. Auf einer kleinen Waldwiese an der äussersten Grenze der Waldregion fand er bei Be- steigung des Cambredosa : Argynnis pales, Colias phicomone ; Erebia liCfebrei, gorge, gorgone, epiphron v. pyrenaica, dromus; Lycaena orbi- tulus, Agrotis conspicua, A. pernix, ferner Pieris callidice, Erebia lap- pona, Zyg. exulans, Agrotis ocillaris, Emydia Rippertii, Crambus digi- tellus, Hepialus pyrenaicus, Spilosoma sordida. Ueber sämmtliche von S t r u V e aufgefundenen Lepidopteren, (von Vernet und Mont Louis) er- hielten wir ein Verzeichniss.^) Dieselben Gegenden hatte de Graslin^) durchforscht mit ähn- lichen Resultaten. 0 b e r t h u r ^), beschäftigte sich mehr mit den Lepi- dopteren der centralen und westlichen. Pyrenäen, welche früher schon Pierret*) besucht hatte. Ob. suchte auch den Picos de Europe in den spanischen Pyrenäen auf. Während Ob. in der Ebene Pap. podalirius, Rhod. Cleopatra, Callimorpha hera fing, etwas höher Melan. galathea, Erebia stygne, eryale, cassiope in den Wiesen, traf er bei 1800 m Colias 1) 1. c p. 493. 2) Annal. Soc. Ent. France 1863. 3) Oberthur, Etudes d'Entomologie VIII. Lep. des Pyrenees und Annal. soc. Ent. France (6). Bull. p. CLI-CLIV. 4) Pierret, Annal. Soc. Ent. France 1848. — 120 -^ phicomoue, Arg. pales, Lycaena pyrenaica, Erebia gorge, dromus. melas auf den Blumen. Einen sehr bemerkenswerthen Aufsatz veröifentlichte E 1 w e s ^) über die Pyrenäen und ihre Tagfalter, in welchem auch die Arbeiten von de Graslin, Struve und Oberthur erwähnt und benützt wurden. Elwes hielt sich zunächst 12 Tage lang in Vernet in den Ostpyrenäen auf (2000 '), wo er im Stande war, bei geringem Aufstieg bereits in Gegenden von alpinem Charakter zu gelangen, in welchen eine bemerkenswerthe Mischung von Mittelmeerformen mit alpinen und arktischen sich bemerkbar macht. (Rhodocera Cleopatra, Anthocharis- euphenoides, Thais medesicaste einerseits und Colias phicomone, Lycaena orbitulus, Erebia lappona, Argynnis pales, die man bei 4000' bereits findet. E. verweilte auch sieben Tage in Bagneres de Luchon und begab sich nach St. Laurent und Gavarnie, sowie nach dem Pic du midi de Bigorre in den Centralpyrenäen, wo er bei ungefähr 8000 ' Lycaena baetica, Erebia lappona, Lycaena orbitulus und Rhodocera rhamni fing. Er gibt in seinem Verzeichnisse genaue Höhenangaben über das Auf- treten der (circa 150) von ihm beobachteten Arten von Tagfaltern und betont, dass eigenthümlicher Weise eine Reihe von Formen der Schweizer Alpen fehlen, wie Parnassius delius, Colias palaeno, Lycaena optilete,. donzelii, sebrus, Melitaea maturna, aurelia, asterie, Argynnis amathusia^ thore, Erebia melampus, mnestra pharte, ceto, medusa, glacialis, medea, ligea, Chionobas aello, Pararge hiera, Coenonympha satyrion, davus^ Syrichthus andromedae. Ein ausführliches Verzeichniss mit genauen Höhenangaben über die von ihm in den höheren Lagen des Depart. de la haute Garonne aufgefundenen zahlreichen Lepidopteren verdanken wir Caradja ^). Er traf in der dritten Zone, dem eigentlichen Gebirge über 1000 m, bis wohin die alpinen Schmetterlinge in den Pyrenäen heruntersteigen, 5S Species und 18 Variat. u. Aberrationen an und zwar : Rhopalocera 17 Spec. 9 Var. und Aberrationen, Sphinges 2 Sp. 4 Var., Bombyces 1 Sp. 3 Yar.y Noctuen 12 Sp. 1 Yar., Geometrid. 21 Spec. 8 Var. Auffallend ist der Mangel besonderer Formen in den Pyrenäen^ während doch besondere Pflanzen sich finden. 1) Elwes, on the butterflies of the French Pyr., Trans Ent. Soc. Lond. 1887 p. 385. 2) Iris 1893, p. 167. ~ 121 — In dem andalusischen Hochlande, der Sierra Nevada von Granada erhebt sich der Mulhacen als der höchste Berg Spaniens bis zu 3554 m und damit über die Schneelinie, während der Kamm durchschnittlich 3086 m beträgt. Die Schneegrenze liegt im Norden bei 2990 m, im Süden bei 3180 m, die Baumgrenze bei 1700 m, nnd somit tritt ein alpiner Gürtel auf. Sehr interessant sind die Mittheilungen, welche wir Voigt ^) verdanken. Dieser besuchte das eigentliche Alpengebiet und die höchsten Erhebungen der Sierra de Nevada. Er schildert (1. c. p. 393) den Gürtel der südalpinen Flora, der mindestens 3000 ' für sich beansprucht. Wo Wasser aus der Erde dringt, da bildet sich stets eine dichte Grasnarbe, an den trockenen Hängen aber ist der Boden unbedeckt. Auch findet sich noch mancher Weissdornstrauch und Ber- beris. Genista baetica überzieht weite Flächen und Thymusstauden begleiten sie, Cistusröschen und niedliche Dianthusblüthen bringen Ab- wechslung und die Mannichfaltigkeit der Distelgewächse ist sehr gross. Allmählich mischen sich einige Coniferensträuche in den Pflanzenwuchs, die Zweige kriechen am Boden hin, erheben sich etwa ^g ^^ ^^^^ bilden einen kreisrunden Strauch. Zwischen 7000 und 8000 ' ist der Boden schliesslich ganz von dem Strauch überzogen. Am Rücken des Gebirges- löst sich das Gewirr zu Einzelgruppen und die Alpenregion ist erreicht. Bei 2600 m fand Y. an dem 3484 m hohen Piccacho ein nahe- liegendes Schneefeld mit einer Menge erstarrter Insecten bedeckt, die wahrscheinlich durch starken Westwind heraufgeführt waren und sich zum Theil von ihrer Erstarrung erholten. An schneefreien Stellen erspross überall eine interessante alpine Flora von Anthyllis, Saxifraga, Viola, Ranunculus Arten und andere Pflanzen. Hier war das Thierleben reicher, als in der Coniferenregion : Erebia manto (soll heissen tyndarus) und Lycaena idas flogen in allernächster Nähe der Schnee- felder , ebenso wie Argynnis chlorodippe , Hesperiden , Macroglossa stellatarum, Vanessa urticae und cardui. Die drei letzten Arten umschwärmten die höchsten Gipfel der Nevada, auch Lycaenen und Hesperiden gehen weit nach oben, erreichen aber die Gipfel nicht ganz. Kaukasus. Wenden wir uns nunmehr nach Osten und Asien zu, so haben wir,, da der Ural keine Höhen mit eigentlich alpinem Charakter zeigt, zu- 1) Wanderungen in der Sierra Nevada. Stett. Ent. Ztg. 1888 p. 356 ff. — 122 — nächst den Kaukasus als die Grenze zwischen Europa und Asien zu besprechen. Seine Hauptketten haben durchschnittlich 3000 m, während der Elbrus sich zu 5646 m erhebt. Es findet sich auch dort eine alpine Lepidopterenfauna , aber während die Alpen 23 Erebienarten aufweisen, zeigen sich im Kaukasus nur 7. Dagegen stehen 17 sonstige Satyriden des Kaukasus 9 der Alpen gegenüber. Elwes') hält es für sehr bemerkenswerth, dass im Kaukasus keine besondere Species von Erebia vorkommt und keine der sibirischen und turkestanischen Arten. Genügend erforscht ist übrigens der Kau- kasus noch nicht ganz. Einige Mittheilungen finden sich in Roma- noff's Memoires sur les Lepidopteres Bd. V. Von besonderen alpinen Tagfalter treifen wir auf Parnassius nordmanni und Satyrus alpina ; von den centraleuropäischen Arten werden Pieris callidice, Argynnis pales, Erebia tyndarus und Lycaena orbitulus besonders erw^ähnt. Wahrscheinlich ist an der schwachen Besiedelung die grosse Isolation der Bergketten durch Steppen und Seen Schuld. Rad de traf auf seinen Reisen im Kaukasus (S. Petermann's geogr. Mitth. 1874) über 8000 — 9000 ' ein Paar kosmopolitische Schmetter- linge, Vanessa cardui und Vanessa urticae. Diese waren an den Gletschern des hohen Ararat in fast 15000 ' Meereshöhe ebenso lustig, wäe in der heissen Tiefebene. Christoph (Eine Reise im westl. Kaukasus. St. Ent. Ztg. 1881 p. 157) erwähnt an dem bei Borshom gelegenen 6000 ' hohen Dorf Bakurian, sowie an den bis 8000' hohen Acht-Persky-Bergen Lyc. an- teros und dardanus, Argynnis pales v. caucasica, Nemeoph. plantaginis, V. caucasica, Agrotis luperinoides. In Abbastuman fing er Erebia hewit- soni und am Schambobell (7000') Nemeophila plantaginis, var. caucasica. Her Cyna sericatalis. Im nordöstl. Kaukasus fand Christoph (Siehe Stand in ger St. Ent. Ztg. 1877, p. 203) Cleogene opulentaria in der Höhe von 7—8000 ', welche Art auch von Alpheraky im nördlichen Centralkaukasus ge- fangen wurde. Armenien. In Armenien, einem alpinen Hochland, in welchem sich der grosse Vulkan Ararat mit 5163 m Höhe bei einer Firugrenze bis 4370 m erhebt, sind die Verhältnisse von denen des Kaukasus sehr ver- 1) Trans Ent. Soc. Lond. 1889, p. 323. — 123 — schieden. Die Flora ist ungleich reicher als dort; Bäume und Hoch- wiesen sind auf dem Ararat zwar selten, aber Blumen zur Frühlingszeit überaus häufig. Wir gelangen bei 6000—7000 ' auf ein Hochplateau weiter Ebenen, die sich allmählich erheben. Hier herrscht ein excessives Continentalklima. Die Luft ist sehr trocken und die Vegetation erstirbt vielfach schon bei 8000 ' an der Sonne. Sie charakterisirt sich vielfach als Steppenflora des meridionalen Russlands ^) und dem entspricht auch die Lepidopterenfauna. Ueber ihr in den Gebirgszügen erhebt sich in den nord- und süd- persischen Randgebirgen, in dem armenischen Hochgebirge, wie in den höchsten Ketten des Taurus und der nordkleinasiatischen Gebirg eine be- sondere Vegetationsregion, die sog. Gebirgswald- und Glacialregion des Orients. Der Hochgebirgswald von Platanen, Eichen, Pappeln und Nadel- hölzern bedeckt am Ararat bis zu 2500 m Höhe die Hälfte des Berges, an dem die Schneelinie bei 4150 m Höhe liegt, so dass zwischen beiden Grenzen die alpinen Hochgebirgsregion, welche mitteleuropäische und cen- tralasiatische Formen in sich vereinigt, Raum zur Entfaltung findet. Je w^Qiter wir nach Osten kommen, desto öder wird die Hochgebirgsvegetation, die letzten und höchsten Vertreter der Pflanzenwelt werden überall von einer Glacialflora gestellt, welcher Stauden und Zwiebelgew^ächse, Gentiana, Viola, Myosotis und andere angehören. Nur beherbergen die nörd- lichen persischen Randgebirge mehr nordische Formen als die südlichen. (Sievers, Asien S. 291.) Kleinasien. Persien. Im vorderen Kleinasien erheben sich w^eite Gebirgszüge bis in die Schneegrenze und zwar ist der Vulkan Erdachin Dagh in Angora 3550 m hoch (Schneelinie bei 3400 m) der Bulgar Dagh im cili- €ischen Taurus 3477 m; der lybische Taurus ist 3200 m und beide zeigen das Gepräge eines echt alpinen Hochlandes. Der Kamm des Libanon hat 2300 m, der Gipfel 3000 m, so dass der Schnee 10 Monate lang liegen bleibt. Der Hermon am Antilibanon ist 2800 m hoch und schnee- bedeckt. Die Höhen sind zumeist öde und kahl und fast ganz ohne Lepidop- teren. Wachholder, Krummholz wachsen dort und kriechende Kirschen reifen in den grössten Höhen. Ueber das Auftreten von Schmetterlingen auf der Höhengrenze ist wenig Zuverlässiges bekannt. Auch im Hoch- 1) Vergl. Romanoff in Horae Soc. Ent. Ross. 1875 p. 483. — 124 — land von P e r s i e n , welches mit seiner Nordkettc im Nordosten durch den Hindukusch mit dem grossen östlichen innerasiatischen Hochland verbunden ist . ragen die Gebirgswälle über die Schneegrenze mit 5500 — 6500 m hinaus, so im Südosten der Zagrosberge, welche sich Westbeludschistan und Südwestafghanistan anschliesen. Am Dema- wend, dem 5630 m hohen vulkanischen Schneeberge des Elbrus liegt die Baumgrenze bei 2600 m, die Schneegrenze bei 4100 m. Am Kuh-i-dena im südwestlichen Persien 5000 m folgt auf eine Eichenregion schon in 1500 m Höhe eine alpine Region mit zahlreichen Gesträuchen und darüber eine dritte mit alpinen Stauden, so dass die Baumgrenze dort weit tiefer als im Norden liegt. Das Alpenland Aserbeidschan im Nord- westen des Landes hat den Sawelan Dagh mit 4813 m. Hier zeigt sich an den Abhängen des Gebirges eine subalpine Flora und von 2800 m. an viele ächte Alpenpflanzen. Flora und Fauna tragen ein im Wesent- lichen südeuropäisches Gepräge. Ueber die Schmetterlinge Persiens besitzen wir Mittheilungen von Christoph ^), welcher sich auf einer entomologischen Reise unter Anderem in Schahkuh (4000—5000 ') hoch an dem 12000 ' holten Berge Schahkuh in der Mitte zwischen Astrabad und Schahrud aufhielt und hier eine interessante Ausbeute an alpinen Schmetterlingen machte. Bei einer Hochgebirgstour fand er bei 10000 ' ausser einer interessanten Lycaena Colias sagartia und libanotica, myrmidone, Satyrus beroe, aurantiaca nebst Yanessa cardui, atalanta und urticae, Hypochalcis ahenella ; ferner eine alpine Varietät von Mel. trivia bei 12000', aber keine Anarta. C h r i s t o p h -) gibt ein Verzeichniss der gefangenen Arten mit genaueren Höhenangaben. Dort in Schahkuh fand er Parn. mnemosyne, Pieris callidice, leucodice (lOOCO '), Leucophasia sinapis, Colias sagartia (3000—11000), erate (8000'), myrmidone (10000'), edusa, aurorina ; Rhodocera rhamni. Polyommatus ochimus, alciphron, Ly- caena sieversii, aegagrus (10 — 11000'), semiargus, Vanessa polychloros, urticae, io, atalanta, cardui, Melitaea didyma (12000) Argynnis alexandra, pandora, Melan. japygia, Satyrus semele, beroe, Spilothyrus alceae, althaeae, S. carthami, Deilephila livornica, Sesia zimmermanni, Zygaena dorycnei, Deiopeia pulchella, Arctia villica, maculosa, Dasychira fasce- iina, Bombyx eversmanni, Agrotis forcipula und viele Andere. 1) Stett. Ent. Ztg. 1872 p. 204 ; Horae Soc. Ent. Ross. X. p. 8 ff., (1873) und Xn p. 181 ff. (1876). 2) Hör. soc. Ent. Ross. X. — 125 — Im Daghe stall schliessen sich die Verhältnisse an die des Wald- landes zwischen Elbrus u. Caspi-See an. Doch war am Sawelan wegen weidendem Vieh wenig zu finden. Beobachtet wurde Colias myrmidone, (8700'), Lycaena eros, Erebia tyndarus (10000 '), Lycaena cytis (8000 bis 10000'), Lyc. damon (11000'), Epinephele capella (12000 '), Par- nassius apollo (5000 ', nordmanni (13000 '), Satyrus actaea (10000 '), Agrotis anachoreta (10000 '), conspicua, lycorum (12000'), Hypochalcia ahenella (11000' Schakuh). Bienert (Lepid. Erg. einer Reise in Persien 188/9) setzt die Wald- grenze des Alburs bei Astrabad auf 8000'. Er betont die Verschiedenheit des ^ord- und Südabhangs. Ersterer ist reich bewaldet mit üppiger Vege- tation bis 3000 ', während auf der Südseite, mit den Nebenseiten der Vorkette eine völlig verschiedene Fauna und Flora auftritt. In der alpinen Region der Südseite, in welcher ein baumartiger Juniperus vereinzelt vorkommt, sind die Abhänge dürr und öde und statt der grünenden Oebüsche des Nordens finden sich dornige, niedergedrückte Pflanzen, Astragalus, Prunus u. s. w., zwischen denen üraba, Euphorbia, Muscari, Iris Schutz suchen. Von Lepidopteren fand sich nur eine geringe Anzahl: Lycaena phlaeas v. eleus, thersamon, var. omphale, Syrichthus seratulae, Tephrosia oppositaria, während in der südalpinen Region der Nordseite noch Argynnis latonia und Boarmia rhomboidaria flogen. Bei Mershat fand er in subalpiner Region Epinephele amardaea, Cato- €ala elocata, Gnophos ambiguata, in alpiner Region Epinephele amar- •dea, in subalpiner Region Syrichtus serratulae. Arabien. Turkestan. In Arabien haben wir ebenfalls im Süden Erhebungen über 3200 m. Indess ist uns über die jedenfalls nur spärlichen liCpidopteren- formen nichts Näheres bekannt. Den persischen Gebirgen schliessen sich die von Turkestan an, wo wir Bergzüge von 6000 bis 7000 m finden. Das Werk von Fedschenko ^) gibt uns in den von E r s c h o f f bearbeiteten Schmetter- lingen eine sorgfältige Analyse der Vorkommnisse, die einen um «0 höheren Werth haben, als sie von Höhenangaben begleitet ist. Die im Allgemeinen sich an die Mittelmeerfauna noch anschliessende ^) Fedschenko, Reise in Turkestan, Lepid. von Erschoff; auch im Auszug in St. Ent. Ztg. 1879 p. 886. - 126 - Lepidopterenfauna (71 ^/^ der Gesammtzalil setzt sich aus Species zu- sammen, die in Kleinasien, Südeuropa und den Steppen der Wolga and des Ural gefunden werden) zeigt uns in den in den höheren Lagen er- scheinenden Schmetterlingen solche, welche auch in unseren Alpen vor- kommen, daneben aber auch eine Reihe neuer Repräsentanten in den einzelnen Gattungen, besonders von Parnassius, Colias, Lycaena, zu welchen sich namentlich auch Satyrus gesellt. Die einzelnen Arten gewinnen, entsprechend dem Aufrücken der Schneegrenze, eine weit bedeutendere Höhengrenze. Nach Erschoff wurden beobachtet: 284 Arten in der Höhe von 750—4500 ' 41 Arten bis 4500 ' 24 Arten bis 8000 ' und darüber. Parnassius appollonius (8000—13000 '), P. corybas (4000—13000 ')t P. actius (8000 — 13000 '), mnemosyne (4500—8000), Aporia crataegi (4500—8000 '), Pieris rapae desgleichen, P. callidice (8000—8500 '), Colias nastes v. cocandica (8000—13000'), C. erate (2500—8000,), eogene (5000 13000 '), Lycaena aegon (4500—8000 '), L- tengs- troemi desgleichen, L. astrarche (8000 — 13000), eros var. candatus (8000—13000 '), L. icarus (4500—8000 '), jolas (4500—8000 '); Vanessa egea (8000 '), Melitaea didyma (4500), Argynnis euphrosyne (4500 '), pales (8000 '), niobe (4000 '), Satyrus heydenreichi (4800 bis 8000'), anthe v. hanifa (3500 — 8000'), actaea v. parthicea (8000 bis 13000'), Epinephele amardea (7500—8000 bis 13000 '), Syrichthus alveus (8000 '), Macroglossa stellatarum (4800 '), Ino tenuicornis (4800'), chrysocephala (4500 '), Zygaena philosellae (4500 '), cocandica (8000 '), minos (8000 '), Syntomis maracandica (4800 '), Spilosoma melanostigma (4800 '), Lasiocampa sordida (4500 '), Agrotis nomes (8000 '), Mamestra leineri (8000 ') ; Hadena funerea (4500 '), Plusia circumflexa (4800 '), PI. Hochenwarthi (8000 '), Heliothis jugorum (8000 ') ; Spintherops gia- cialis (8000) ; Acidalia beckeraria (8000 ') ; Boarmia cocandica (8000 ')r Gnophos sp. (4500 '), Cidaria fedschenkoi (8000 '), Crambus pratellus (4500), Pempelia semirubella (4800 '), Melissoblaptes bipunctana (4500'), Penthina zelleri (4500 '), Psecadia parvella (4500 ') ; Leioptilus scaro- dactylus (4500 '). lieber die Schmetterlinge der Hochgebirgsparthien Innerasiens haben wir in der Neuzeit überaus werthvolle Aufschlüsse erhalten. — 127 — namentlich ist dies der Fall mit den im Gebiet der russischen Macht- sphäre liegenden Theilen, welche durch ausgedehnte Forschungsreisen russischer Geographen und Entomologen uns auch hinsichtlich ihrer Lepidopteren bekannt geworden sind. Die Resultate dieser Reisen sind, wie in den Horae Soc. Entom. Russicae, so ganz besonders in muster- giltiger Weise in den durch fürstliche Munificenz herrlich ausgestatteten Memoires sur les Lepidopteres von Romanoff niedergelegt. Iniierasien. ,, Zwischen die Wüsten von Beludschistan und das indische Fünf- stromland legt sich," wieKobelt, Thiergeographische Studien, p. 108, ausführt, ,,dem Indus parallel laufend, ein die Nordwestgrenze Indiens darstellendes nicht über 2250m hohes Gebirge, das Brahnigebirge. Wo es und seine Fortsetzung, der Tacht-i-Soleiman, das Quellgebiet des Kabulflusses erreichen, schliesst sich an das vielverzweigte Gebirgsland Afghanistan ein Bergwall an, der sich wie eine ungeheure Mauer aus der centralasiatischen Wüste erhebt: zuerst der Hindukusch mit dem Bedachschan, dann der gewaltige Rücken des Pamir, das Dach der Welt, endlich der Thianschan und der Alatau und Tarbagatai. Weiter- hin fügt sich als nordwestlicher Eckpfeiler der Altai selbst an und von ihm ziehen die Berglande am Oberlauf der sibirischen Ströme unter wechselndem Namen nördlich vom Amur bis zum Meerbusen von Ochotsk" (Changai, Taiman, Sajan, Jablonoi und Stanowoigebirge). ,,Auf der andern Seite schliesst sich an den Pamir, durch die Durchbruchsstelle des obern Indus von ihm getrennt, in ihrer ganzen Länge über die Schneelinie hervorragend, die ungeheure Mauer des Himalaya, das indische Tiefland scharf abschliessend, an; sie reicht bis zum Tiefthal des Brahmaputra, dann bricht sie plötzlich ab und geht in die viel niedrigeren Bergketten über, welche Südchina und Hinterindien erfüllen. Das ungeheure Hochplateau, welches den ganzen Raum zwischen Altai und Himalaya ausfüllt, stürzt nach Osten ungefähr am hundertsten Längengrad steil gegen den Mittellauf des Jangtsekiang ab. Unter wechselndem Namen lässt sich dieser Steilabfall auch jenseits des grossen Flusses verfolgen bis zum Hoangho und verflacht sich dann zur Wüste Gobi." ,,Das so umgrenzte Gebiet ist aber durchaus keine gleichmässige Hochfläche. Es wird in ostwestlicher Richtung durchschnitten von der Parallelkette des Kuenlun und des Thian Schan und zwischen beiden liegt eine ausgedehnte Einsenkung, das Henhai der Chinesen. Sie hängt — 128 — im Osten mit der Hochebene am obern Hoangho zusammen, während sie sich nach Nordwesten zwischen Altai und Thian Schan oder viel- mehr zwischen Tabargatai und Alatau durch die dsungarische Pforte in das Tiefland des russischen Turkestan öffnet; an sie schliesst sich das ^chinesische Turkestan, in welchem der Tarimfluss dem Lor Noor zu- strömt. Diese Einsenkung ist eine abflusslose Salzsteppe, während eine andere kleinere Einsenkung hinter dem Himalaja und dem Karakorum sich erstreckt. Ihre westliche Hälfte enthält die Hochländer von Ladak, Kaschmir und entsendet ihre Gewässer zum arabischen Meer; die öst- liche gibt dem Oberlauf des Brahmaputra den Ursprung." Alle die genannten eine riesige Ausdehnung einnehmenden Gebirgs- züge bieten da, wo sie über die Baumlinie emporragen, alpinen Schmetter- lingen einen willkommenen Aufenthalt. Die Baum- und Schneegrenze wechselt allerdings vielfach. Im Thian Schan steigt sie von Westen nach Osten an. Unterhalb der von Picea Schrenkiana gebildeten AVald- region (1500 — 2000 m) ist die Vegetation der Steppe alleinherrschend, oberhalb derselbe liegen die Bergwiesen der Kirgisen und die Sommer- weiden der Tanguten und es blüht die alpine Flora unter der Zone des ewigen Schnees. Die Baumgrenze liegt bei 2800 m, die Schneegrenze im Westen im Serafschanthale bei 3600 m bis 2900 m, im Alaigebirge 4200 — 4700m hoch, im Osten übersteigt sie vielfach 5000m. Im gewaltigen Pamirgebiete, in welchem der Thian Schan von Norden, der Kuenlun von Osten, der Karakorum und Himalaja von Nordosten und von Südwesten der Hindukusch aneinandertreten und in welchem die russische Machtsphäre planmässig vorgeht, gehen die aufragenden Höhen- züge über die Durchschnittshöhe von 3000 m bis zu 4 und 6000 m, je zuweilen 7000 m an und werden oberhalb der Baumgrenze von 3800 bis 4200 m Höhe an von einer reichen , vorzügliche Futterkräuter bergenden Grasvegetation bekleidet. Im Karakorum liegt, wie bereits bemerkt, die Schneelinie niedriger (4900 m), als im Norden (5300 m). Im Süden beginnt bei 3000 m der Hochgebirgswald, über der Wald- grenze die baumarme Region, in welcher vereinzelte Fichten noch bis zu 4000 m Höhe, die Tamariske bis über 5000 m vorkommen ; über ihr breitet sich die Alpenwiese mit ihrer Blüthenpracht, mit Rhododendron, Rhabarber, Rosen und Berberitzen aus. Oberhalb 5000 m sind nur noch Moose und Flechten, doch fand Schlagint weit noch bei 5700 und 6000 m Spuren von Phanerogamen. Das im Norden des Himalaj-a gelegene Thibet ist das grösste Hoch- — 129 — land der Erde (4000 m), ein gefaltetes Gebirgsland, in welchem der Baumwuchs nur in den niedern Theilen, im Tsaidam, gedeiht. Das östliche Thibet ist die Geburtsstätte der grossen Ströme Salven, Mekong und Yantsekiang , die in das neuerdings von französischen Forschern explorirte Gebiet von Hinterindien und China führen. Das nördliche Thibet gehört dem Kuenlunsystem an, welches namentlieh von russischen Forschern, so von Przewalsky besucht wurde. Es zeigt drei Haupt- ketten von wildem Alpencharakter. Nordtibet trägt auf dem 4000 bis 5000 m hohen kalten Hoch- land baumlose Wüstensteppen , die nur selten von Grasfluren unter- brochen werden. Am Kukunoor wachsen ausser Wasserpflanzen nur die gewöhnlichsten centralasiatischen Pflanzen, Gräser, Dornsträucher, Artemisien, salzliebende Gewächse und verkümmerte Nadelhölzer und nur an sumpfigen Stellen gedeiht eine frischere Vegetation. In Ost- tibet, wo Przewalsky die schönsten Wälder Centralasiens fand, beginnt der Alpengürtel, in dessen unterer Hälfte Alpensträucher und w^eiter oben Alpenkräuter wachsen, bei 3000 m und reicht bis 3450 m und 4500 m absoluter Höhe. Trotz der Kürze der Vegetationsfähig- keit ist die Mannigfaltigkeit der Arten gross. Juni und Juli sind die einzigen frostfreien Monate, in welcher Zeit Blumen, Schmetterlinge und Spinnen sich ihres Lebens und der Sonnenstrahlen freuen dürfen. Bei 4500 m hört jede Vegetation auf und das Steingerölle herrscht allein (Sievers, Asien). Ich hatte oben die Erörterung der Schmetterlingswelt mit Tür- ke st an abgeschlossen und wende mich daher zu der diesem Lande am nächsten liegenden Gebirgskette der Alai ketten, über welche wir €ine vortreffliche Schilderung in der Arbeit von Grum Grshimailo in den Memoires sur les Lepidopteres von Romanoff erhalten haben (im Auszug von Speyer in der Stett. Ent. Ztg. 1885, p. 363). Sein Bericht theilt uns die lepidopterologischen Ergebnisse seiner Reise in dies innerasiatische Hochland mit, das sich dort in Höhen von 7000 l)is 12000 Fuss erhebt. Es bleibt die alpine und subalpine Region, des Alaigebiets in keiner Weise hinter dem Reichthum der mittel- europäischen Alpen zurück. Nicht nur dunkelgefärbte Erebien, sondern auch zahlreiche lebhaft gefärbte Colias- Arten und eine Reihe von prächtigen Parnassiern geben dem Alai ein characteristisches Gepräge. Bei 11000 und selbst 13 000 Fuss gibt es dort noch reiche Beute, Jahrb. d. nass. Vtr. f Nut. 51. 9 — 130 — iihloiii die südliche Lage und das continentale Klima die Seliiieelinio um mehrere Tausend Fuss hinaufschieben. Die alpine Zone geht in den Alaiketten nicht unter 9000' und liegt gewöhnlich bei 10 000', im Transalai liegt sie nicht unter 11500' und erhebt sich wohl bis zu 14 500'. Im Kouujout erhebt sie sich noch höher und die untere Grenze liegt bei 13 000'. — Dabei beschränken sich die Schmetterlinge nicht auf bestimmte Höhen . sondern bewegen sich in weiten Grenzen . so chloridice von 1000' bis 11000': Lyc. fergana, L. zephyrus, Argynuis lathonia, Melitaea sibina und einige Satyriden fliegen in 2000 — 7000'. (So kommt es auch, dass Gr. Gr. Parnassius delphius, P. rhodius, Colias eogene. Lycaena amor. Argynnis pale, Melitaea fergana, Pyrgus alpina. Pieris callidice v. orientalis und andere alpine Arten im Alai etwas über 3000', im Kounjont bei beinahe IG 000' auffand.) Grum Grshimailo fand im Beginne Juni am Platze Arctscha Basch eine reiche Flora und Fauna. Hier tiog Colias christophi nebst vielen seltenen dem Himalaya und dem südwestlichen Theil des Thianschan angehörigen Arten, wie Colias eogene. Polycaena tamerlana. Heliothis jugorum. An der Schneegrenze tlogen grosse Exemplare von Vanessa urticae. Colias hyale (var?) und bei 14 000 Fuss noch eine Psyche-Art. Am Karakasch-Pass traten viele werthvolle Thiere auf. so Ino sp., Parnassius actius. var. rhodius. Lycaena anisophthalma. Coenonympha sunbecca. Bombyx sp. Am Fluss Balakty fand sich an den theilweise noch mit Schnee bedeckten Abhängen : Parnassius discobolus, Antho- charis sp.. Colias thisoa. Colias alpherakyi, wiscotti. romanovi, Erebia jordana. Lycaena sp. und vieles Andere. In einem kleinen schlucht- artigen Thal bei Kitschi Karamuk zählte Grum Grshimailo auf einer kleinen Sandstelle im Bache von iVoD Faden Grösse 15 Lycaena- Arten . worunter 3 unbekannte Spezies und dabei Colias alpherakyi, C. romanovi. Parn. discobolus. apollonius, Pieris n. sp., Erebia mara- candica. Thecla mirabilis, Syrichthus antonia, staudingeri, sidae (?) Pararge eversmanni. Satyrus pelopaea, Epinephele haberhaueri. pulchella, naubidensis. Coenonympha nolckeni, im Ganzen 47 Rhopalocera. Jenseils des Passes Dschirga bei der Ansiedlung Katta Karamuk in 12 000 Fuss Höhe hatten die Excursionen noch glänzenden Erfolg. Es waren vor- wiegend Colias- und Parnassius-Arten vertreten, so Parnassius discobolus. actius. mnemosyne. romanovi, ferner (^olias alpherakyi. romanovi. hyale, eogena. thisoa in Menge, Erebia n, sp. , Satyrus josephi : Polyommatus solskyi, Lycaena pheretulus. Pieris chrysidice. Cossus ? — 131 — spec. Trotz Wind, Nebel, Regengüssen und Nachtfrösten wurden nicht selten 400 Exemplare bei einer Excursion gefangen. Am Flusse Kisil- Art und dem See Karakul machte er ebenfalls interessante Beute, so die polare Colias nastes in der var. cocandica, Colias thisoa, eogena, Parnassius staudingeri, delius (?j, actius, P. spec, Polycaena tamerlana. Erebia hades, Erebia sp., Argynnis pales, var. graeca etc. — Einzelne Mittheilungen über Schmetterlinge vom Alai und Transalai finden sich ferner neben sonstigen Angaben über solche, welche aus andern Gebirgen Centralasiens entstammen, in den zahlreichen Arbeiten von Dr. Stau- dinger und Anderen in der ,,Iris", sowie in der Stett. Ent. Ztg. und auch in den Horae soc. Ent. Ptossicae zerstreut, die ich hier im Einzelnen nicht näher anführe, da keine genauen Höhenangaben damit verbunden sind. Pamir. Noch ausgedehnter und wichtiger sind die Forschungen, welche Grum Grshimailo über den Pamir selbst und seine Lepidopteren machte und über welche er in dem lY. Band der Romanoff 'sehen Memoiren berichtete. In diesem Centralpuncte des ganzen asiatischen Continents, welcher ebenwohl von Gebirgsketten durchzogen wird, dauert der Winter sehr lange und der Sommer eigentlich nur 1^2 Monate. Die Zone der alpinen und subalpinen Pflanzen umsäumt nur mit schmalem Bande den ewigen Schnee, der nirgends unter 14 000 Fuss heruntergeht. Seine Grenze nach oben ist wegen der grossen Trockenheit der Luft bis X7 000 Fuss. Die Zone der Alpenwiesen, wie der Eintritt des Früh- lings und Herbstes richtet sich nach der wechselnden Schneegrenze. Während der Frühling Ende des Monats Juni zu beginnen pflegt, ist Ende August bereits der Anfang des Herbstes. Zwischen den einzelnen im Pamir zusammenstossenden Bergketten finden sich grosse Contraste. Während im Alai die alpine Zone niemals über 9000 Fuss herabsteigt und die normale untere Grenze über 10000 Fuss sich befindet, geht sie im Transalai nicht unter 10 500 Fuss und erhebt sich manchmal bis zu 14000 Fuss. Im Alai fliegen schon Ende Mai Parnassius delphius, Lycaena pheretulus und Melitaea minerva, in Transalai trifft man frische Exemplare bis zum 10. August. Das Auftreten der Schmetterlinge ist nach Grum Grshimailo nicht allein abhängig von der direkten Erhebung, sondern von andern 9* — 132 — Momenten, wie der Nähe des ewigen Schnees, der Lage und Neigung der Gehänge, dem Boden und dem Wasser. Er theilt daher auch die vorkommenden Schmetterlinge in verschiedene Gruppen: 1. die der Alpenwiesen, 2. der Wiesen und Wälder, 3. der felsigen Halden, 4. der wüsten Stellen auf Höhen über 10 000 Fuss und 5. der hochgelegenen Steppen, 6. der Thäler. (S, Anhang.) Eine ganze Reihe von Gattungen der Tagfalter ist dem Pamir eigen, wie Parnassius, Pieris, Colias, Polyommatus, Lycaena, Melitaea, Erebia, Oeneis, Satyrus, Pararge, Epinephele, Thymelicus, Pamphila. An Sphingiden ist die Gegend sehr arm und auch nur wenige Bombyces finden sich. Manche Heteroceren Gattungen und Familien fehlen, wie Lithosia, Emydia, Callimorpha, Hepialus, Cochliopodae, Notodontidae, Cymatophoridae. Characteristisch für Pamir sind Crateronyx mit sarda- napalus, Porthesia mit kargalica, Leucoma mit flavosulphurea, Orygia mit prisca und tristis, Endagria mit alpicola, Spilosoma mit turensis und melanostigma. Zwei Gattungen sind dem Pamir eigenthümlich : Dasorgyia und Euarctia mit je einer Art. Eine übersichtliche Tabelle des Vor- kommens der im Pamir aufgefundenen Tagfalter in andern Bezirken der palaarktischen Fauna ist von besonderem Interesse, (p. 126 ff.). Eine ganz besondere Aufmerksamkeit widmet Grum Grshimailo der Erörterung der beiden, im Pamir vorzugswesse vertretenen so höchst interessanten Gattungen Colias und Parnassius. (Siehe Anhang.) Von den letztern zählt er nicht weniger als 31 Arten und 17 Varietäten auf, von denen der Pamir allein 30 ^/o und darunter 3 Arten und 7 Varietäten eigenthümlich hat. Die Höhengrenzen dieser Thiere sind zum Theil ausserordentlich hoch. Thiansclian. Im Thianschan sammelte Alpheraky auf seiner Reise nach Kuldja und berichtete darüber in Horae societatis entomol. Rossicae XVI, p. 334, Lep. de Kuldja et des montagnes environnes. Seinem S. 367 if. gegebenen Verzeichnisse sind folgende Angaben über die in hohen Erhebungen angetroffenen Lepidopteren zu ent- nehmen: Pap. podalirius (3000—4000'), P. machaon, v. asiatica (10 000), Parnassius apollo v. hesebolus (8000'), corybas v. discobolus (3800 — 11000'), P. actius (9 — 13 000'), P. delphius (9000'), Aporia crataegi (5000'), P. rapae (7000'), P. napi, v. bryoniae (9000'), P. callidice, v. chrysidice (8 — 13000'), P. leucodice (3000—6000), An- — 133 — thocharis cardamines (6800'), Colias erschoffi (5000 — 7000'), C. erate Esp. (10 000'), C. staudingeri (7 — 12 000'), thisoa (4500 — 9000'), aurora (7500'), Rhodocera rliamni (5000'), Thecia rubi (5000'), Polyommatus splendeiis (5000'), alciphron (5500'!, P. phlaeas (9000'), Lycaeiia argus V. planorum (2500—9000'), orion (7000'), pheretiades (8 — 10000'), astrarche (7000'}, eros (6500'), sarta (5000'), icarus (6000'), eumedon (6000'), amanda (60Ö0'), damon (7000—9000'), argiolus (4500'), buddhista (7000'), semiargus (7000'), persepliatta (4000—6000'), L. alcon (5—8000'), arion (3500—8000'), Neptis lucilla v. ludmilla (8000'), Yanssa urticae v. turcica (12 000'), Y. antiopa (7000';, Pyrameis cardui, Melitaea cinxia (5000'), arduinna (4000'j, didyma, var. ala (4-9000'), M. fergana (12000'), solona (9000'), Argynnis pales v. graeca (13000'), lathonia (9000'), A. aglaja (3 — 10000'), niobe (3500 bis 8000'), pandora (5000'), Melanargia japygia, v. suwarovius (3000 bis 9000'), Erebia turanica (3000—10 000'), E. kalmuka (9000'), E. sibo (9000—11000'), Satyrus autonoe (9000'), regeli (8000 — 10000'), Satyrus arethusa (4000'), Pararge eversmanni (5000'), Epinephele lycaon (^^6000—7000'), Ep. naubidensis (6000 — 7000'), Coenonympha iphis (7000'), sunbecca (3000 — 13 000,), Syrichthus tesellum (6500— 8000'), Hesperia lineola (3000 — 7000'), comraa v. mixta (8000 — 9000'), H. sy Ivan US. Auch Grum Grshimailo beschreibt vom Thian Seh an ver- schiedene alpine Arten (Horae Soc. Ent. Ross. XXY, XXYII, XXX) zugleich mit solchen vom Elbrus, Pamir, Sininschan u. s. w. Sie gehören sämmtlich zu den bereits angeführten Gattungen Parnassius^ Colias, Melitaea, Argynnis, Polyommatus, Lycaena, Erebia, Satyrus, Pyrgus, Nemeophila, Arctia, Hepialus, Dasychira. Thibet. Im Gebiet des K u e n 1 u n liegt das trockne 1 ^Jq relative Feuchtig- keit zeigende Hochland von Thibet, bei 4000 bis 4500m mit Rand- gebirgen von 7000 m. Seine höchst interessante Fauna ist in der neueren Zeit theils von russischen, theils von englischen, französischen und deutschen Forschern untersucht worden. Im wesentlichen ist sie eine paläarktische, doch kommen in den tiefern Thälern auch sonstige Formen vor. Oberthur führt in seinen bekannten Etudes d'Entomologie ver- schiedene von den französischen Missionaren hauptsächlich gesammelte — 134 — Lepidopteren auf und A 1 p h e r a k y (R o m a n o f f Memoiren III, S. 403) einige neue Lepidopteren von Tliibet, insbesondere Parnassius przewalski (14000'), Aporia?, Pieris roborowski (7000'), Colias eogene v. stolizkana (14 000'), Lycaena prosecusa, Coenonympha semenovi, Catocala puerpera. Weiter gibt er werthvolle Mittheilungen (Lepid. rapp. de Thibet par Przewalsky in Roman off Mem. V, S. 60) worin er 1 Papilionide, 2 Parnassius, 1 Aporia, 3 Pieris, 1 Anthocharis, 3 Colias, 2 Lycaena, 1 Oeneis, 1 Coenonympha, 3 Sphingiden ^ 1 Spilosoma, 1 Hepialus, 4 Noctuen besclireibt. St au dinge r beschreibt (Iris VIII), (1895) S. 300, eine Anzahl von im Innern Thibets (zwischen Lob Noor und Kukn Noor) gesammelter Schmetterlinge von durchaus paläarktischem Character; darunter 2 Lycaena, 2 Hepialus, 1 Dalailama, 12 Agrotis, 2 Mamestra, 1 Manobia, 1 Dianthocia, 1 Isochlora, 1 Haderonia, 3 Hadena, 1 Rhizo- gramma, 1 Hiptelia, 1 Dasysternum, 2 Plusia, 1 Acidalia, 1 Eusarca, 1 Anaitis, 1 Cheimatobia, 1 Eucosmia, 1 Scotosia, 5 Cidaria, 1 Eupithecia. Characteristisch scheint für Thibet und die benachbarten chinesischen Gebirge, welche ebenfalls in neuerer Zeit zu durchforschen versucht wurden, die Gattungen Mesapia Gray (mit peloria) und Balthia (mit shawii) zu sein, welche nebst der Gattung Calinaga Moore (mit buddha) und den Parnassiern die grössten Höhen der asiatischen Gebirge be- wohnen. Auch die interessante Gattung Davidina mit armandi Ob. wurde auf den höchsten Gipfeln des Pe Hoa Chan in Nordchina gefunden. Wie dorthin, so verbreiten sich übrigens verwandte Pieriden auch bis in die westlichen Gebirge. In Beludschistan (8000') und Quecttoh (8000') wurde Mataporia belucha beobachtet. Die durch von Richt- hofen bekannte chinesische Provinz Setschuan, welche von Sczechenyi, von Przewalski und Po tan in, Obrutscheff, wie von fran- zösischen Reisenden G i 1 1 und Bonvalot, von Missionaren und englischen Reisenden, wie Lid der dal e besucht wurden, hat in ihrem von Westen nach Thibet, im Südwesten und Süden an das hinterindische Gebirgssystem übergehenden Hochgebirgen verwandte Er- scheinungen. In dem grossen Werke von Leech über die Schmetter- linge Chinas, Japans und Koreas, das mir leider bis jetzt nicht zugänglich gewesen ist, werden viele zu erwähnende Arten aufgeführt. Alpheraky (Mem. Cap. IX) erwähnt Papilio machaon v. montana von Nan Chan als characteristische alpine Varietät, verschieden von sikkimensis aus der Höhe von 8000—9000', ferner Parnassius imperator v. imperatrix Alph. aus der Höhe von über 9000' in Nord-China, Pap. epaphus v. sikkimensis — 135 — Elw. von der Humboldtkette in Nan Chan zwischen 8000 und 14 000', Pieri dubernardi Ob. von 10000 bis 13 000' aus derselben Gegend, Colias cocandica, Erebiav. grumi 9000 — 14000', sowie verschiedene interessante Noctuiden. Ueber die mehr nördlich an der Grenze Westsibiriens, sowie in Ostsibirien hinziehenden Gebirge haben wir ebenfalls in den letzten Jahren vielfache Aufschlüsse erhalten. Leider fehlen aber, wie bereits bemerkt, den vielfachen Mittheilungen, so denen Stauding er 's über centralasiatische Lepidopteren meistens die genauere Höhennachweise. Nur bei wenigen Arten, z. B. aus dem Tarbagatai für Colias thisoa, Erebia Pawlowskyi var. haberhaueri, Oeneis mulla, oder aus dem Alatau für Erebia turanica und Er. myops finden sich bezügliche Angaben. (Stett. Ent. Ztg. 1881). Es besteht natürlich in diesen Bergen eine nahe Verwandtschaft der Lepidopteren, aber auch characteristische Ver- schiedenheiten. Dies geht schon aus den Bemerkungen Grum Grshismailo's über die Verbreitung der Parnassier hervor. Kamtschatka. Indem ich die nördlichen Gebirge des Altai, Tarbagatai, des Changan, Kentei, des lablonowoi- und des Stanowoigebirges, welche im Gebiet des ostsibirischen excessiven Continentalklimas mit sehr kalten Wintern und heissen Sommern liegen, welche ersteren sich indess auf diesen Ge- birgen weniger geltend zu machen scheinen, des oben gerügten Mangels genauerer Mittheilungen wegen hier nicht weiter berücksichtige, möchte ich nur noch das ganz östlich gelegene Kamtschatka erwähnen, welches in seinen hohen Vulkanen bis zu 5160 m sich erhebt. Die Schneelinie liegt bei 56^ NB etwa 1600 m hoch, die Baumgrenze liegt unterhalb derselben schon bei 300 m Höhe und über ihr Krummholz, Erlengebüsch, Wachholder und Rhododendronsträuche. Herz, der in einer kurzen Sammelzeit dortselbst auch die höheren Gebirge durch- forschte, fand, wie er in Memoires von Rom an off IX, S. 209 be- richtet, verhältnissmässig wenig Arten paläarctischen Charakters. Die Armuth der Fauna wird durch die klimatischen Verhältnisse und die koUosale Feuchtigkeit bedingt, welche zwar ein üppiges Blüthenmeer, aber nur wenig Insekten erzeugt. Die Arten, welche er in grossen Mengen fand, sind die in alpinen Gegenden auch sonst im paläarctischen Gebiet vorkommenden Colias palaeno, Pap. machaon v. kamtschadica, — 136 — Lyc. optilete, eumedon v, fylgii, Argynnis euphrosyne, ino, pales, thore, ferner Erebia embla, Nemeophila plantaginis u. a. mehr. Auf Sachalin grenzen 2 Floragebiete, ein nordisches mit alpinem Character und ein südliches, dem nordjapanischen ähnliches in der Art aneinander, dass im Norden nordische Pflanzen selbst an den Küsten, im Süden dagegen nur noch auf den höhern Theilen der Berge zu finden sind. Das Küstengebirge steigt bis 1500 m und aus der Tundra kommt man durch Laub- und Nadelwald endlich in die Region des Krummholzes. Himalaya. Der Himalaya, diese klimatische Scheidewand zwischen dem tropischen Indien und dem nordischen Sibirien, in welchen wir die höchsten Berggipfel der Erde finden, zeigt naturgemäss eine ganze Reihe alpiner Landschaften, vorzugsweise in Kaschmir, Nepal, (Sikkim), Bhutan und Assam. Die Schmetterlinge gehen gemäss den dort herrschenden klimatischen Bedingungen weit höher hinauf, als in Europa. So wurden (Zol. bot. Ges. Wien 1866, S. 367) in Chini (Sudletsch Thal im Himalaya) unter 31^ 32' nördl. Breite bei einer Höhe von 9000 Fuss unter 80 Schmetterlingsarten 60 Tagfalter gefunden und Robert Schlagint weit traf im Himalaya bei einer Höhe von 13 000', ja in Tibet und Turkestan bei einer Höhe von 16 000 Fuss noch Schmetter- linge (S. Keferstein, St. Ent. Zg. 1869, S. 192). Unter den vielen Arbeiten, w^elche uns über die liCpidopteren dieser Gegenden bekannt gemacht haben, geben uns die besten Aufschlüsse diejenige von Elwes in seinem Catal. of Lepid. of Sikkim in den Trans. Ent. Soc. London 1888, p. 169 ff. Sikkim ist eine der Lepidopteren reichsten Gegenden, welche es gibt. Die günstige Lage dieses kleinen Landstrichs zwischen Nepal und Bhutan, das im Norden von Thibet, im Süden von den Ebenen Bengalens begrenzt wird, in einer für Lepidopteren geschaffenen Vege- tationsbedingung, ist hieran Schuld. Den östlichen Himalaya kann man in drei Elevationszonen mit sehr verschiedener Flora und Fauna eintheilen. Während dieselben sich bis auf 5000 als tropisch und indomalayisch darstellen, sind sie von 5000 bis 10000 oder 12 000' subtropisch mit Pflanzen, Vögel und Insekten, wie sie sich in den bergigen Gegenden von Kachmir bis Sumatra und Formosa zeigen. Dagegen ist die alpine Zone über 10000' und 12 000' von Formen bewohnt, welche für die paläarktische Region — 137 — charakteristisch sind. Während die mittlere Zone mehr Arten von kosmopolitischem Charakter unter den Lepidopteren hat, ist die obere,, von starkem Regenfalle ausgezeichnete Zone, ärmer an Arten, als man denken sollte und als sich in China und Turkestan finden. Leider ist über 12 000' von Europäern wenig systematisch gesammelt worden; bei einem solchen Verfahren würden sich in den trockenen Innern Bezirken, bei 9 bis 14000 vielleicht noch mehr Spezies finden lassen. Heteroceren finden sich zwischen 6000' und 9000' zahlreicher, als zwischen 3000' und 6000', in Darjiling (7500') kann man nach Elwes in einer Nacht ungefähr 120 Arten Heteroceren erbeuten. Während in den Thälern die Schmetterlinge im April und Mai häufig sind, trifft man solche in den höheren Regionen mehr im Sep- tember und October. Es ist hier schwieriger zu sammeln, als in den Alpen, wo man in einer Saison 90 ^/^ aller Arten findet, während in Sikkim dies nur mit 56'^/,, der Fall ist. Die reiche Fauna Sikkims in seinen Thälern und Bergen nimmt nach Kashmir, Kumaon und gegen Nordwest hin ab. Elwes traf in Sikkim 530 Arten, während von Malacca 490, am Nordwest-Himalaya 333 bekannt sind. Aus der alpinen Region ist anzuführen: Vanessa cardui bei 12 000' und mehr — indica bei 12 000' und cashmirensis desgleichen, Oeneis- pumilus, Melitaea sindura, Argynnis childreni (12 000), Arg. altissima^ pales, Colias fieldii (12 000'), Pieris canidia (12 000'), Parnassius- hardiwickii, P. jacquemonti, acco. W^arren und Elwes (Proc. Zool. Soc. Lond. 1883, S. 341 ft\) führen in ihrer Abhandlung über neue Gattungen und Arten der Geometriden aus Indien (Sikkim) eine Reihe- von Spezies auf, welche von Elwes in Höhen von 10000 — 12000' an- getroffen wurden und etwas darunter. So lieferte die Gattung Psilonana Vertreter bei 7000', Cryptaloba bei 7000— 10 000', Isoloba bei 10000 bis 12000', Terpna bei 7000—8000', Sphagnodela bei 10000—13000', Hemistolabei 10000', Euchloris bei 10000', Amathia bei 4000 — 13000', Hydrelia bei 10000', Glaucopteryx bei 10 000 — 13 000', Photoscotosia bei 10 000 — 12 000', Polyphasia ebenso, Cidaria, Perizoma, Gagitodes, Eupithecia, alles Gattungen, den europäischen Alpenbewohnern verwandt. Auch zu den Abraxinae gehörige Gattungen, wie Paricterodes,. Abraxas, ferner Ennominae, wie Ischalis oder Ascotinae (Boarmidae), wie Vertreter von Deinotricha, Alcis, Micrabraxas, Poecilalcis lieben die Höhen, gleich ihren europäischen Verwandten. — 138 — Ueber Kaschmir, das eine aus tropischen und paläarktischen Formen gemeinsam zusammengesetzte Fauna besitzt, haben wir Mit- theilungen von Kollar (Lepidopteren in Hügels Kaschmir), von Moore über Reeds Ausbeute (List of diurnal Lepid. coli in Caschmere Territ., Proc. Ent. Soc. London 1874, S. 26 ff.) und Capt. Longs Berichte über Jerdon's Sammelergebnisse. Jerdon fand auf den höheren Bergen bei 8000 — 12 000' insbesondere Satyriden, Argynnis, Vanessa und dergleichen und R e e d sah im Thale selbst gewöhnliche Arten fliegen, dagegen fand er auf den Pässen bei 8000' und 11000' und auf dem Plateau nach Ladak hin bessere Sachen. Aus den Mittheilungen Moore 's (Lepid. in Scientif. results of the second Yarkand mission, Calcutta 1879) über die Sammelergebnisse Ton Dr. Stolyzka in Ladak und Yarkand erfahren wir ebenfalls interessante Beobachtungen über Höhen bewohnende Leindopteren : Hipparchin lehana (13 000'), Aulocera brahmina 11200', Vanessa ladakensis 15 000', Baltia (Mesapia) shawii 15 590' (Karakorum-Pass) und 18 000' (Changa-Lung Pass), Colias stolizkana 17 000' (Changla, Ladak), Parnassius charltonius (13 000') (Ladak), Parnassius jacquemonti 17 000' (Changla, Ladak), Polyommatus ariana (11200'), Agrotis aquilina 13 000', Hadena stolizcana 14810', Catocala pudica 10870' (Ladak), Thera kashgara 14480' (Larentide). Japan. In Japan, dem Reich der aufgehenden Sonne, findet man zwar keinen ewigen Schnee und Gletscher, wohl aber liegen auf vielen der höchsten Gipfeln noch spät im Nachsommer ansehnliche Schneefelder, die im October bleibend werden, so am Fusijama (3715 m). Wo der Baumwuchs, dessen obere Grenze bei 2000 m angenommen werden kann, aufhört, da zeigen sich auf vielen Gipfeln alpine Kräuter und Ericaccen in der Zone des Knieholzes. Die Existenz des Baumwuchses, wie der Beginn der alpinen Flora, hängt w^eniger von der Temperatur, als von den Winden ab. Auf manchen Bergen tritt nach Rein schon bei 1400 m eine Vegetation mit alpinem Charakter auf. Der im Norden Japans wesentlich paläarktische Charakter der Lepidopterenfauna erhält im Süden indische Beimischungen. Ueber die näheren Verhältnisse der auf den Höhen vorkommenden Schmetterlinge vermag ich nichts an- zugehen. — 139 — Torderindieii. Malacca. Malayischer Arcliipel. Die Gebirge Vorderindiens (Khasia, Nilgirri , West Ghats) die Ceylons, von Malacca (wo allerdings einzelne Berge 3000 ni erreichen sollen), die der grossen und kleinen Sundainseln, Celebes, Molukken und Philippinen erreichen bei ihrer dem Aequator so nahe kommenden Lage nicht eine solche Höhe, dass von ewigem Schnee die Rede sein könnte und es kann daher hier weniger von einer alpinen Flora, als von einer solchen der Bergwiesen gesprochen werden. Die Waldgrenze fällt auf Java mit der Grenze des Pflanzenlebens überhaupt zusammen. Fruhstorfer (Berl. Ent. Zeitschrift, Bd. 41, Heft 4, S. 309 (1896) fand dort auf den höchsten Erhebungen, und zwar nur selten, Schmetterlingsarten, welche auch zwischen 4000 und 6000 Fuss vorkamen. Am höchsten geht nach Fruhstorfer Danais albata, welche er noch bei 9000' antraf und die auch den dichtesten Schwefeldampf der Vulkane nicht scheut. Auf dem 8000' hohen Gipfel des Tschikorei fand Frustorf er im August 1891 Pyrameis dejeani fliegend. Auf Bali, dessen höchste Erhebung 3200 m beträgt, sowie auf Lombok, dessen Vulkan Ridjani 4200 m erreicht, wird es ähnlich sein. Desgleichen auf Sumbawa und Flores. Auf den Gebirgen Sumatras, welche bis 3600 m ansteigen, ent- wickelt sich ebenfalls keine besondere Hochgebirgsfauna , und wie auf den übrigen malayischen Inseln auf den Spitzen der Berge nur eine Pflanzenwelt, die sich der der gemässigten Gegenden nähert. Forbes, Wanderungen im malayischen Archipel, S. 169, fand auf dem Tenganun die Vegetation nahe dem Gipfel zumeist aus Myrthen und magern Zweigen des Haidekrauts bestehend, und bei 7200' Höhe ausser Schmeissfliegen und Bienen nur ein paar Schmetterlinge. Auf dem 9700' hohen Vulkan Dempa, wo Forbes nach dem Aufhören des Waldes bei 8600' Vaccinium, Rhododendron, Farrnkräuter und eine kleine Enziana fand, traf er wenige Insekten an ausser Schwärmen von Schmeissfliegen. Auf dem Panderongoberg traf Wallacc bei 3000' Kräuter der ge- mässigten Zone, bei 5000' Equisetaceen, bei 6000' Himbeeren und Brom- beeren, bei 7000' erscheinen Cypressen und die Waldbäume werden kleiner und sind mehr mit Moosen und Flechten bedeckt, welche von hier an aufwärts rapid an Ausdehnung zunehmen. 8000' hoch werden europäische Pflanzenformen sehr zahlreich, Geisblatt, Johanniskraut und Schneeball sind überall, bei 9000' fand sich die schöne Königsprimel. — 140 — Auf dem Gipfel fand er offenes Feld, mit Dickicht von strauchartigen Artemisien und Gnaphalien mit Butterblumen, Teilchen, Heidelbeeren^ Gänsedisteln, Sternblümchen, weissen und gelben Cruciferen, Wegerich und Gräsern. Auf Borneo erhebt sich der Kinabalu im Nordosten dieser Insel zu 4175m weit über die Waldgrenze und zeigt Inder hohen Region Savannenbildung mit subalpiner Vegetation, Erdbeeren, Gräsern, Rhododondron und Akazien u. s. w. Wir haben in der Neuzeit von diesem Berge verschiedene Schmetterlingsärten kennen lernen ; genauere Höhenangaben sind mir aber nicht bekannt. Formosa. Auf Formosa ist auf dem 13800' (4206 m) hohen Mount Morisso n bis 6000' hoch dichte Bewaldung beobachtet, dann folgen Sträucher und weiter oben nackte Felsen. Schnee scheint nur zeitweise vorhanden zu sein. Bei einem Besuch am 16. November 1896 herrschte eine Wärme von 16^ auf dem Gipfel (Globus 10. April 1897), während War bürg (Verh. Ges. Erdk. Berlin 1889) die ganze Bergkette in Schnee gehüllt sah. Neuguinea. Die Hochgebirge Neuguineas mögen wohl zeitw^eise Schnee auf ihren Gipfeln tragen, aber eine eigentlich alpine Region findet sich wohl auch dort nicht. Mac Gregor wies bei einer Besteigung des Mount Scratchley im englischen Neu-Guinea (10 500') eine Fläche von 40 (engl.) Quadratmeilen nach, die meist mit Gras, Felsblöcken, Baum- gruppen und Büsche bedeckt ist, und W'O sich gelber Hahnenfuss, Maass- liebchen und andere Pflanzen einer gemässigten Zone finden. Auch anf den Gipfeln der Berge des (4000 m) Owen Stanley, der Wharton- kette und des Mount Albert Edward fand Mac Gregor schönes Gras- land. (Globus 22. Mai 1897). Der auf 5000 m geschätzte Ottoberg im Bismarkgebirge trägt wirklichen Schnee ; aber diese Berge haben bislang jegliche Untersuchungen durch ihre furchtbare Steilheit und Unwegsamkeit gekreuzt. Ueber 3500 m soll die Vegetation strauch- artig sein, Rhododendron mit australischen Pflanzen und Grasrasen ab- wechseln, in welchen Veronica, Gentiana, Potentilla, Hypericum und Myosotis an unsere Wiesen erinnern. — 141 — Australien. Auch in Australien, welches bekanntlich eine im Ganzen arme Schmetterlingsfauna hat, die aber relativ reich an Microlepidopteren ist, erreicht in den australischen, aber keinen eigentlich alpinen Charakter tragenden Alpen das sogenannte Koscziuskoplateau die eigentliche Schnee- grenze nicht. Auf dem 1984 m hohen Mount Bogong ist die Waldzone nach oben scharf abgegrenzt und geht in einen blumigen Rasen über, der den Gipfelpunkt bedeckt und namentlich reich an der auffallenden weissen Aster alpinus ist neben Caltha Euphrasia, Gentiana und dem zu den Myrtaceen gehörigen Halbstrauch Kungea Mülleri und einzelnen Haidekräutern. Aus der Bogonghochebene ragt der Feathertop Schnee- felder tragend hervor. Der höchste Berg Australiens, der im Koscziusko Tafelland aufragende Mount Townsend hat 2241 m Höhe und felsigen Boden mit wenigen hochalpinen Blumen. Hie und da zieren Schuee- felder das Tafelland. Meyrick (An ascent of mount Koscziusko in Ent. Monthly Mag. vol. 22, p. 78 ff.) fand bei einer Besteigung desselben indess bei 5000 ' eine Fauna mit neuen Formen. Die meisten Schmetterlinge waren Geometriden von australischem Typus. Es wurden 60 neue Spezies gefunden, darunter eine Xeuica- und Telesto-Art. Neil-Seeland. In Neu- Seeland, in welchem die eigenthümliche, aus indischen, australischen und zum Theil südamerikanischen Pflanzen zusammen- gesetzte Vegetation bekanntlich eine sehr arme Lepidopterenfauna ernährt, die nur in den Microptern eine grössere Entwicklung findet, während die Tagfalterfauna sich aus 2 Vanessa, 4 Chrysophanus , 2 Erebia 1 Argyrophenga zusammensetzt, erhebt sich in den gewaltigen Neu- seeländischen Alpen der Südinsel, welche zwar hochalpinen Charakter tragen, aber durch baumloses Geröll mit Brombeeren und Disteln aus- gezeichnet sind, der Mount Cook mit seinem Nachbar bis auf 4024 m und damit über die Schneegrenze. Auf der Nordinsel reicht der Ruapahu mit 2803 m in die Region des ewigen Schnees, der stellenweise bis 1700 m herabsteigt. Die alpine Region ist ein Staudengürtel mit Senecio eleagnifolia und Olearia nitida als Charakterpflanzen, die sich an die in verschiedenen Höhen endende Waldvegetation anschliesst und bis zur Schneegrenze — 142 — reicht. Auf dem Mount Cook endet bei 2000 m die Vegetation mit Haastia, Gnaphalium, Ranunculus lyelli und endlich mit Moosen und Flechten. Wiewohl wir in den südlichen Alpen durch van Haast neuerdings besser bekannt geworden sind, vermag ich nichts Näheres über die etw^aige Vertheilung der an und für sich armen Lepidopteren- fauna nach den Höhenregionen mitzutheilen. Hawai. Auf den Gipfeln der breiten Vulkane Hawais herrscht ein hoch- alpines Höhenklima; die Waldgrenze liegt bereits in 2000 m Höhe, die Baumgrenze zieht sich in 3000 m hin, darüber hinaus ist nur geringer Pflanzenwuchs, weil die Gipfel der Vulkane zum grössten Theil mit Lavaströmen bedeckt sind. Dennoch setzt sich am Mauna Loa aus gut gedeihenden Sträuchern und Kräutern eine leidliche Hochgebirgsflora aus Vaccinien, Geranium, Compositen, Artemisien u. s. w. zusammen. Der Mauna Loa mit 4170 m ragt aber nicht über die Schneegrenze hinaus. Bei der Armuth der oceanischen Inseln und der Sandwichinseln insbe- sondere an einheimischen Arten von Schmetterlingen überhaupt dürfte innerhalb des alpinen Gürtels nur w^enig zu finden sein. Indess fehlen hierüber nähere Mittheilungen. Afrika. Wenden wir uns nunmehr zu Afrika, so bedingen es die geographische Lage dieses Erdtheils, wie die gegenüber Asien und Amerika w^eit zurückstehenden Erhebungen , dass wir sehr wenige Gegenden des riesigen, ein ungeheures Tafelland zumeist darstellenden Continents in den Kreis der Betrachtung zu ziehen haben. Das nordafrikanische Faltungsgebirge schliesst sich an die Gebirgs- systeme Südeuropas eng an und hat bereits hierdurch, wie durch seine Fauna und Flora ein ganz südeuropäisches Gepräge. Weder das nord- algerische, noch das südalgerische Randgebirge (kleiner und grosser Atlas) erreichen Höhen, w^elche im Gebiet des ewigen Schnees liegen. Zw^ar wird am marokkanischen Atlas eine Höhe von 4500 m erreicht, aber es ist zweifelhaft, ob dort ewiger Schnee vorhanden ist, wenn auch die Gipfel der Centralkette zeitweise mit Schneefeldern bedeckt sind. Oberhalb der bei 2500 m beginnenden Baumgrenze finden sich Wiesen und Matten, Sträucher und Stauden und weiterhin Moose und Flechten, aber w'ir sind über die Einzelheiten der Lepidopterenfauna nicht unter- — 143 — richtet. K i r b y (Butterflies and Motlis of Afrika, Vortrag im Victoria- Institut) sagt ausdrücklich, dass ihm keine einzige wahre alpine Art aus den Bergen von Nordafrika bekannt sei, obwohl das genus Erebia am Südtheile und auf Madagaskar durch das verwandte genus Pseudo- nympha ersetzt sei. 0 berthur (Et. d'Ent. IX (1884) hält es nicht für unwahrscheinlich, dass Erebia dromus und Parnassius mnemosyne auf den höheren Bergen der Kabylie gefunden werden konnten. Auch auf den can arischen Inseln, deren Fauna wesentlich euro- päisch ist, bleibt der Schnee auf dem 3716 m hohen Pic de Teyde, auf welchem wir über den Wolken und der Lorbeer- und Macquis-Zone eine trockene Region des Ratama und der Ericaceen von 1700 m bis zum höchsten Gipfel finden, nur im Februar bis April liegen. Arktische Pflanzen fehlen auf der Höhe gänzlich und die Höhenzonen kommen bei den Lepidopteren nach R e b e 1 nur sehr unvollkommen zum Aus- druck. Nur Vanessa cardui und einige Pieriden scheinen in die nicht alpine Höhe zu streifen. Auf Madeira erreichen die bis zu 3000 m ansteigenden Berge nicht die Schneelinie. Die Verhältnisse sind dort ähnlich wie auf den Canaren. Die höchsten Gipfel Abyssiniens gehen mit 4626 m gerade an die Grenze des ewigen Schnee's heran. Die Hochgebirgsflora hat viele Anklänge an Süd- und Mitteleuropa und Engler sagt: »Die alpine Flora der Bergspitzen besitzt mit europäischen Gebirgen die gleichen Gattungen, die Arten aber sind ausnahmslos verschieden.« Ueber das Verhalten der Lepidopterenfauna in den Hochgebirgen ist mir nichts näheres aus der Literatur bekannt geworden. Gehen wir weiter südlich, so haben wir in den Gebieten des Kilimandscharo und Kenias, wie des Ruwensori und den um die innernafrikanischen Seen gelegenen hohen Bergen wiederum solche vor uns, welche die Schneelinie trotz der dem Aequator benach- barten Lage erreichen. Am Kilimandscharo (6000 m Höhe), welcher von 5500m an ewigen Schnee hat, unterscheidet man (S. Volckens^ der Kilimandscharo), eine deutliche Waldgrenze, welche den Wald von der Region der Bergwiesen abgrenzt. Die Bergwiesen erheben sich von der oberen, von 2500 — 3000 m wechselnden Grenze des Waldes bis zur Flechtenregion und man tritt aus dem Walde direkt ^uf die Grasflur, welche wegen der hochgradigen Trockenheit der Luft und der starken Inhalation den Charakter der Steppenflora hat, wenn sich auch nicht dieselben Arten finden wegen der Kälte der Nächte und den — 144 - Schwankungen der Temperatur. Auf der Grasflur sieht man in der Regenzeit einen schwellenden Teppich von Alpenpflanzen, untermischt mit Stauden und Kräutern, sowie vereinzelten Bäumen von 6 — 8 m. Schmetterlinge scheinen wenig in die Höhe zu gehen. Volkens nennt überhaupt den Kilimandscharo arm an Schmetterlingen: von Macro- lepidopteren hebt er nur Vanessa cardui hervor, dagegen einen relativen Reichthum an Microlepidopteren. Die von Johnson in seinem Buche über den Kilimandscharo gegebenen Daten über die von ihm gefangenen Schmetterlinge beziehen sich fast durchgängig auf solche von 1500 bis 2400 m, also noch innerhalb der Baumgrenze gefangene Arten. Aehnliche Verhältnisse zeigt der Kenia mit seiner bei 3000m liegenden Baumgrenze und der bei 4700 m liegenden Grenze der Blüthen. pflanzen und auch wohl die zwischen der Nilquelle sich erhebenden ■grossen Berge des Ruwensoristockes. Der auf der Westseite von Afrika sich erhebende Pic von Kamerun, welcher zeitweise Schnee trägt, zeigt seine Baumgrenze bereits bei 2000 m und darüber Gebüschgruppen und nackte Felsen. Von einer alpinen Fauna und Flora ist hier noch nichts bekannt. Das Gleiche gilt von dem auf der gegenüberliegenden Insel Fernando Po sich erhebenden Clarence Pic. Afrika scheint uns also hinsichtlich einer wesentlichen Hoch- gebirgsfauna der Lepidopteren im Stiche zu lassen. Ich komme nunmehr in meiner Betrachtung zu der Lepidopteren- fauna der Hochgebirge der Neuen AVeit. Nordamerika. Die nördlichen Theile Nordamerikas zeigen bekanntlich, sobald Schmetterlinge überhaupt in ihnen auftreten können, sich in diesen nahezu identisch mit denen in den nördlichsten Gebietstheilen von Nord- asien und Nordeuropa zu beobachtenden. Indess verliert sich das circumpolare Gepräge um so mehr, je weiter wir nach Süden vorgehen und je mehr die klimatischen Bedingungen ein Auftreten anderer Formen ermöglichen. Auch die höheren Gebirge Nordamerikas gleichen in ihrer Flora und Fauna denjenigen der Alten Welt und wir beobachten dort Gattungen und Arten, welche denen unserer alpinen Höhen nahe verwandt sind. Diese Verwandtschaft geht so weit, dass verscliiedene Autoren den begründeten Vorschlag gemacht haben, die nearktische Region mit der paläarktischen in eine einzige zu vereinen. Dringen — 145 — wir weiter nach Süden in den Welttheil vor. so mischen sich allerdings neue Formen ein, welche ihren Ursprung theilweise in Central- und Süd- amerika haben. Interessant ist dabei die von Packard bereits erwähnte und von Elwes ausgeführte Erfahrung, dass ein Unterschied in dem östlichen und westlichen Theil des nördlichen amerikanischen Continents besteht. Auf der pacifischen Seite zeigt sich nicht, wie man dies a priori vielleicht erwarten sollte , eine Verwandtschaft zu chinesischen und japanesischen Formen , sondern es treten z. B. in Californien europäische in einer Ausdehnung auf, dass dessen Fauna weniger der der Vereinigten Staaten überhaupt, als der von Sibirien und Nord- europa gleicht. Dagegen werden im Osten Nordamerikas nicht allein Pflanzen von chinesischer und japanesischer Verwandtschaft beobachtet, sondern auch einige Formen von Schmetterlingen (Midea, Achalurus). Eine wesentliche Aehnlichkeit der Lepidopteren der Felsengebirge von Colorado, Montana und Alberta findet mit denen des nördlichen Asiens und Europas statt. Elwes gibt in seiner bekannten Präsidentenrede (Trans. Ent. Soc. London 1894, p. LVIII) eine kleine Aufzählung und erwähnt Erebia magdalena, E. tyndarus, E. epispodea, E. sophia, Coenonympha tiphon, ferner Argynnis chariclea und freija, Papilio machaon, Colias hecla, C. nastes, Anthocharis ausonides, Pamphila palaemon, Hesperia centaureae. So ist unter 56^ nördl. Br. in den Felsengebirgen bei einer höchsten Waldgrenze von 1220 m das nordische Element in denselben Erhebungen überwiegend wie in Europas und Asiens Gebirge. Dieselben Gattungen, welche wir dort als vorzugsweise BeAvohner kennen gelernt haben, treffen wir auch in Nordamerika wieder, also" Colias, Argynnis, Erebia, Oeneis, sowie, wenn auch bei Weitem nicht in der grossartigen Entwicklung und Verbreitung wie in Europa und besonders Asien, das Genus Parnassius. — Im Yellowstone Park, in welchem die Flora alpinen Character hat, die Höhe bedeutend, das Klima im Winter sehr kalt, im Sommer heiss ist, fand Elwes (Tr. Ent. Soc. Lond. 1888, S. XXX) ausser der interessanten Erebia (Coeno- nympha nach Elwes) heydeni die der alpinen Pieris callidice nahe verwandte P. occidentalis, ebenso wie sonstige alpine Formen: Chionobas uhleri, Chionobas phryxus, Erebia epispodea, Argynnis eurynome, helena und freija. Die Gattung Oeneis, welche die die strengste Kälte er- tragende Tagfaltergattung zu sein scheint, lebt auch in Nordamerika auf hohen Bergen, wo sie steinige und felsige Parthien über der Baum- grenze vorzieht und zeigt dort verschiedene Vertreter in grosser Höhe, Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. 10 — 146 — so semidea (Colorado 12 — 14 000 Fuss), brucei (Colorado 12—14 000 Fuss), alberta (8 bis 9000) diryxus (Colorado 9 — 12 000 Fuss), uhleri (Colorado 9—10 000 Fuss). In den Hochlanden Mexicos, in welchen sich der Popocatepetl bis zu 5452 m, der Iztacaihuatl bis zu 5286 m erhebt, wo in der terra fria die Vegetation bis über 2000 m von Kiefern und andern Nadelhölzern, sowie auch Eichen bis zur obern Baumgrenze bei 4000 m gebildet wird, und wo als letzte Pflanzen vor dem gänzlichen Aufhören der Vegetation 0. Müller u. A. Ribes odoratus und Arenaria bryodes bis über 16 000 Fuss fand, bemerken wir das nordische Element weniger stark ausgesprochen, als dies selbst in Südamerika in den Hochlanden von Ecuador, Brasilien und Chili der Fall ist. Dort in Mexico treten nur wenige Formen von Grapta als verwandte Thiere auf. In Nordamerika liegen bekanntlich die höchsten Berggipfel im Norden (Eliasberg 5520 m); die Rocky mountains erheben sich mit zahl- reichen Gipfeln über die Schneegrenze (Mount Hooker 4775 m, Mount Brown 4875, Murchison 4398 und in der Sierra Nevada de California steigt der Mount Whitney zu 4561 m auf und zeigt in einer Höhe von 13 000 Fuss ganz europäische Formen wie Colias, Argynnis, Lycaena und Parnassius. Während auf den Gipfeln der Berge in Colorado über 12000 sich eine alpine Fauna findet, die in einigen Spezies in Labrador, Grönland und den Alpen vorkommt, zeigt der Mount Washington (1918 m) in New Hampshire als die höchste Spitze der weissen Berge höchst bemerkenswerthe faunistische Erscheinungen. Ganz isolirt von der ganzen umgebenden Fauna hat sich hier eine hochnordische Lepidopteren- fauna erhalten und die arktische Oeneis semidea und Dasychira Rossi scheinen als Rest der Eiszeit übrig geblieben zu sein und damit einen für die Erklärung der geographischen Verbreitung der Lepidopteren hochwichtiges Moment zu bilden. Als ein Beispiel besonderer Beobachtung einiger Arten setze ich hier noch eine kleine, von Packard gegebene Tabelle ein (Packard, Geom. N.-Am., S. 585) Colorado | M.-Wash. | Labrador | Grönland \ Island Lappland j Alpen Oeneis semidea x x — — — — — Arctia quenseli x x x x — x x Anarta melanopa x x x — — x x Agrotis islandica x — x x x — — Plusia Hochenwarthi x — x — — x x — 147 — Südamerika. Südamerika ist hinsichtlich seines Klimas , seiner Flora und Fauna überaus verschieden. Es erscheint mir zum Yerständniss der Lepidopterenfauna nothwendig, auch hier, wie bei Asien, etwas näher auf die Gebirge, sowie auf ihre Vegetationsverhältnisse einzugehen. Südamerika wird im Westen von einer colossalen Hochgebirgskette durchzogen, der sich im Nordosten ein ebenfalls hochansteigendes Massen- gebirge anschliesst. Mit dem Gesammtnamen Cordilleren bezeichnet man die Hauptgebirge Süd-, aber auch Nordamerikas, welche im Isthmus von Panama eine Unterbrechung finden. Vorzugsweise werden die süd- amerikanischen Meridiangebirge als Cordilleren oder Andes bezeichnet, bei denen man einkettige Südanden, doppelkettige Mittelanden mit plateauartigen Hochthälern und divergirende Nordanden unterscheidet. Das südlichste Stück bilden die Cordilleren des Feuerlandsarchipels, dessen gletscherbedeckte Gipfel nicht über 2200 m steigen, bei denen die Schneelinie aber bereits bei 1120 m liegt und die tiefste Wald- grenze bei 450 m, da der Wald in den stürmischen Höhen nicht ge- deiht. Auf den schmalen patagonischen Cordilleren bleibt die Schneelinie auf 1600 m. Bei 41 ^ südl. Br. beginnt das Gebirge an zu steigen, so dass die Cordilleren in Chili und Argentinien eine mittlere Kamm- höhe von 4500 m zeigen, während die Gipfel über 6000 m gehen. (Aconcagna 7070 m, Cerro Mercedaria 6798 m, Copiapo 6000 m). Die Cordilleren von Nordchili und Bolivia (24'^ südl. Br.) ragen mit dem vielfach wüstenhaften Hochland (Atacama) 3600 bis 4000 m hoch an, während die Vulkangipfel bis 7000 m gehen. Die Region des ewigen Schnees liegt hier 5600 m hoch. In Bolivien, dessen aus- gedehnte Hochsteppe Puna genannt wird, steigt mit dem Ilimani (16^ südl. Br.) 7314 m, der Soreto 7513 m an. i) Die höchste Waldgrenze ist bis 2800 m. Zwischen beiden Cordillerenästen liegt das Hochplateau des berühmten Titicaca-Sees 3824 m hoch. Die Cordilleren von Peru (4^), in deren Ostseite die höchste Waldgrenze bei 3500 m sich be- findet, zeigen die höchsten Erhebungen, wie Pichincha mit 4787 m und Chimboraza mit 6310 m sich im westlichen Theil, während im Osten der 1) Nach andern Berechnungen betragen die beiden Höhen 6410 m (Ilimani) und 6550 m (Soreto). 10* — 148 — CeiTO del Altar mit 5404 m, der Antisana mit 5756 m, der Cotopaxi (0,25 ^ südl. Br.) in Ecuador mit 5982 m mit seinem wunderbaren Schnee- kegel sich erheben und als letzter der grosse Vulkan Ecuadors der • Sangay mit 5323 m. Der Vegetationscharakter der hohen Puna ist im Westen ein un- gemein dürftiger, charakterisirt durch stachligen Graswuchs, der sich bei vorhandener Feuchtigkeit in Torfbildung mit einzelnen Moosen verliert, die östliche Cordillere hat mehr alpine Frische. Nach V. T s c h u d i ^) nennt man in Peru und Bolivien das Hoch- land zwischen den beiden grossen Cordillerengruppen Puna. Diese be- ginnt bei einer Höhe von ungefähr 10 500 Fuss und reicht bis an die Grenze des ewigen Schnees. Die wilden, rauhen, nnr von einzelnen Hirten bewohnten Gegenden von 12 500 Fuss bis zur Schneegrenze heissen Puna brava. Die Vegetation ist äusserst spärlich und beschränkt sich auf einige Bacharideen, Umbelliferen, Verbenaceen, Gentianeen, Valerianeen, Stipaceen. Das kalte Klima gestattet keine Agrikultur: an manchen Stellen wird etwas Viehzucht getrieben und man findet hier bei einer überaus spärlichen sonstigen Fauna und der Region des Condors noch Heerden von verkümmerten Schafen, Lamas und Alpacas. Die Region zwischen 12 000 und 12 500 Fuss wird einfach Puna ge- nannt. Sie hat ein etwas milderes Klima und gestattet etwas Acker- bau bei schwunghafter Viehzucht. In die Fauna und Flora mischen sich einige neue Arten. Die Stipa- Arten, welche hauptsächlich den Pflanzenwuchs der eisigen Region von 11 — 12 000 Fuss ausmachen, bilden eigenthümliche Büschel von 12 — 18 Zoll im Durchmesser, sind kreis- rund, selten länglich steif, bürstenförmig und fast immer in der Rich- tung des herrschenden Windes versandet. Zahlreiche Wühlmäuse, die sich von der spärlichen Vegetation des Sommers oder von unterirdischen Wurzeln ernähren, bilden nebst einigen Vögeln die Hauptbevölkerung dieser überaus vegetationsarmen Wüsten, in der auch die niedere Fauna fast erlischt. Auf den übrigen nördlicheren Hochgebirgen bezeichnet man die Höhen über der Baumgrenze als Paramos. Sie sind durch eisige Winde und Nebel, durch mit Schnee und Graupeln gemischte Regen und heftige Gewitter und einen grossen Gegensatz von Wärme in der Sonne, Kälte im Schatten ausgezeichnet, in welchem das thierische 1) Reisen, Bd. V, S. 197 ff. — 149 — Leben ganz zurücktritt. Die Flora ist dieselbe, wie die der Puna. Harte Gräser, Espeletia (rauhwollige Compositen), die Gesträucher der Tola-Stauden von Calcitium und Werneria nebst Umbelliferen, Cacteen und Ericaceen (im Osten) machen sie aus. Im äussersten Süden herrscht eine antarktische Hochgebirgsregion , deren Charakterpflanzen im obern Theil der gesammten Anden bis nach Bolivien in immer grössere Höhe übergehen, so dass sie im Feuerland bei 1000 m, am Acongagna bei 3 — 4000 m, in Bolivien noch höher sich finden. Die Höhengrenze des Pflanzenwuchses ist auf den östlichen und westlichen Abhängen verschieden. Auf der chilenischen Seite gedeiht über der Baumgrenze (1800 m) eine Strauchvegetation bis zu 3000 m. Dann folgen Kräuter und Gräser. Auf den Hochpässen über 4000 m herrscht Yegetationslosigkeit. Auf der argentinischen Seite wachsen bis zu 2800 m Adesmiasträucher, die in Krüppelform übergehen und Wiesen Platz machen, bis bei 3500 m die Vegetation aufhört. Auf dem Hoch- land der Atakama vertreten Wüstenkakteen und der .Tolastrauch die Vege- tation, in Bolivien ist sie etwas frischer, am Titicacasee gedeihen selbst Gerstenfelder. Von dem isolirten Gebirgssystem Südamerikas steigt die Sierra Nevada de Santa Marta zwischen dem Magdalenenstrom und dem Golf von Maracaibo mit Picecha (5100 m) in die Region des ewigen Schnees, während die höchste Waldgrenze bei 2500 m sich befindet. In Venezuela erhebt sich die Sierra Nevada de Merida mit 4700 m über die Schnee- grenze. Dort finden sich ebenfalls Paramo.s. Sievers erläutert in seinen trefflichen Werke über Venezuela (1888) die Paramo als eine über die Baumgrenze hinausragende, öde, kahle, von Winden umstürmte Hochfläche, die mit Gräsern und Alpen- pflanzen bewachsen, die ins Gebiet der Gramineen, Befarien, Freilejon gehören, während die allerhöchsten Stellen von Vegetation entblösst sind. Die Atmosphäre auf den Paramos ist meist trübe, mit Wasserdampf erfüllt, und starker Thau, Nebel, Regen und Schnee häufig. Die Vege- tation ist in diesen durch tiefe Stille ausgezeichneten Gegenden ein- förmig; weite Wiesenflächen, Hochmoore, dazwischen kleine Lagunen, Freilejon, die Charakterpflanze des Paramo, zahlreiche Blumen, von Thau bedeckt, wechseln mit starren Felsenmassen, um die der kalte, stürmische Wind die Nebel treibt. Schmetterlinge sind spärlich und meist in dunkeln, braunen bis schwarzen Farben. Die Baum- und Schneegrenze liegt verschieden hoch je nach der Configuration der Berge — 150 — und den Winden, so dass die Baumgrenze zuweilen bis 2500 m, an an andern Stellen bei 3000 m sich findet. Oberhalb derselben finden wir eine Region blühender Sträucher, Stauden und Kräuter, unter denen die Befarien (Andesrosen) hervorleuchten, dann folgen die Gräser und ihnen die Region des Freilejon, der verschiedenen Espeletia-Arten mit w^eissgrünen Blättern und gelben Blumen, w^elche die charakteristische Vegetationsform für Venezuela bilden. Ueber die Region des Freilejon tritt der Schnee in -seine Rechte, dessen Grenze, wie bemerkt, verschie- den ist. Sowohl in der Sierra Nevada de Santa Marta, als in der Sierra Nevada de Merida beträgt die Schneegrenze etwa 4400 m; sie liegt tiefer wegen der vielen Niederschläge. Die Gebirgszüge von Guyana (Roreima) und von Brasilien erreichen nur massige Höhen, so dass sie für uns nicht in Betracht kommen. Der eigentümliche Reichthum an Lepidopteren , welcher das Tief- land, die terra caliente, von Südamerika, in so ungewöhnlicher Weise auszeichnet, nimmt gegen die Höhen ausserordentlich ab. Leider sind die in der Litteratur vorhandenen Beobachtungen über die Lepidopteren- fauna der Hochgebirge nicht übermässig häufig. Doch entschädigen uns wiederum unter den mir bekannt gewordenen einige, welche auch ge- naue Höhenangaben enthalten, in ausreichender Weise. Ich will zunächst aus den interessanten Mittheilungen, welche wir über die Gebirgsflora und -Fauna von Südamerika M. Wagner i) verdanken, das für unser Thema Wichtige herausgreifen. M. Wagner unterscheidet in der centralamerikanischen Cordillere eine Region der Ebene bis 1300 Fuss, eine untere Bergregion bis 3400 Fuss, eine mittlere Bergregion bis 4400 Fuss, eine obere Berg- region bis 8000 Fuss, eine Nadelholzregion von 8 — 10 000 Fuss, und eine Region alpiner Pflanzen von 10 — 11000, so in Guatemala, während allerdings in den übrigen Staaten Centralamerikas wenige Berggipfel die untere Grenze dieser Höhenstufe erreichen. Auf den Vulkanen von Costarica, von welchen sich nur zwei über 10 000 Fuss erheben, kommen oberhalb der Baumgrenze hauptsächlich alpine Sträucher und Kräuter, Gaulteria, Arbutus, Andromeda, Spiraea vor, auf den Berggipfeln von Guatemala neben diesen noch alpine niedere Pflanzen, wie Alchemilla, Draba, Arabis, Gentiana, Ranunculus, Saxifraga, Cerantium und ähnliche, unsern Alpenpflanzen verwandte Formen, daneben auch 1) Naturwissenschaftliche Reise im tropischen Amerika. — 151 — Werneria, welche bis dicht an die Schneelinie den Boden polsterartig überzieht, ebenso wie Calcitium, welches auf dem Pichincha und Chim- borazo noch über der Schneelinie auf Felsblöcken bei 15 000 Fuss ge- sammelt wurde. Eine eigentliche Region der Kryptogamen, wie in unsern Alpen, den Pyrenäen und Kaukasus, ist in Centralamererika nicht vorhanden. Mit der Höhe nehmen also solche Formen zu, welche die Gebirgs- höhen Centralamerikas mit der Flora von Mittel- und Süd-Europa und besonders den Alpen gemeinsam haben. Das in den tieferen Lagen wie 12 : 1 stehende Verhältniss der tropischen zu den europäischen Pflanzen ändert sich in der kühleren Region wie 7:3, in den Paramos bei 11 — 13 000 Fuss in 5:4, so dass ein ungeübtes Auge sich in das Engadin versetzt glaubt. In den Höhen über 13 000 Fuss steigert sich die generische Gleichheit mit dem europäischen Vegetationstypus bis zur Hälfte. Bei einer Besteigung des Pichincha hatte M. Wagner bei 11000 Fuss in einer Hütte eines Corral übernachtet. Gras weiden fehlten hier in der Region der Büsche und an gelichteten Stellen wucherte Alche- milla. Bei 1000 Fuss über der Höhe des Corral verschwanden die Büsche allmählich und es begann die untere Grenze der alpinen Region mit den sogenannten Paramos oder Bergwiesen, deren seltsame, fremd- artig gestaltete niedere Flora unter den hohen gelben Stengeln der vertrockneten Gräser versteckt sind. Bei 12 500 Fuss kamen noch verschiedene isolirte Sträucher vor, die Gräser aber überwuchern die einzelnen alpinen Strohblumen. Eine europäische Alpenflora gibt einen schöneren Anbick. Dort finden sich neben eigenthümlichen Colibriarten zwei Spezies der Gattung Colias, sowie eine Hipparchia-Art, welche in raschem Fluge um den Rand der Schneefelder flattert, während einzelne Dipteren auch bei ganz ruhigem Wetter also nicht unfreiwillig herauf- geführt, um die höchsten Felsblöcke der Schneeregion fliegen. So findet der Botaniker noch reichen Stoff in Höhen, in denen im Kaukasus und Armenien längst alles organische Leben erstorben ist. Phanerogamische Pflanzen leben am Chimborazo anf Höhen, welche den Schneegipfel des Montblanc und Monte Rosa überragen, Saxifraga Boussingoulti als höchst vorkommende aller Gefässpflanzen , während in der Schw^eiz und Tirol die höchsten Alpenpflanzen Saxifraga, Cerastium, welche über die Schnee- linie gehen, nicht über 8000 Fuss vorkommen. Erst bei 16 000 Fuss sind Gefässpflanzen ausgeschlossen und Kryptogamen treten in ihre Rechte. — 152 — Die Höhenfauna der Anden Ecuadors steht an Mannigfaltigkeit der Gattungen und Arten nach Wagner^) sehr hinter der Höhenflora zurück, bietet aber doch manche interessante und eigenthümliche That- sachen. So ist der Zoologe überrascht, auf Bergstufen, welche mit dem Gipfel des Ortlers in gleichem Niveau stehen, neben gewissen Typen der Tropenzone andere Gattungen und Spezies wiederzufinden, welche auffallend an unsere alpine Thierwelt erinnern. Von der Hoch- ebene bis zur Schneelinie der Vulkane nimmt diese Erscheinung ganz im Verhältniss zur Höhe zu, besonders bei den zahlreichen Insekten. Auf den Abhängen des Chimborazo erhascht der Entomologe Schmetter- linge aus den Gattungen Colias und Hipparchia, welche unsern alpinen Arten so ähnlich sind, dass ein Kennerauge dazu gehört, sie zu unter- scheiden. Ja auf dem Berge Cazamba, den der Aequator durchschneidet, erscheint eine Plusiaart, welche wie eine Zwischenform von unserer Plusia jota und gamma aussieht. Bei einigen dieser Schmetterlinge scheint das Vorkommen auf den Kamm und die höchsten Felsspitzen der Cordilleren, bei andern auf den Rand der Firne der höchsten Schneedome und Vulkanhügel be- schränkt zu sein. Diese durch ein Naturgesetz begründete Erscheinung gleicher generischer Formen bei der Wiederkehr sehr ähnlicher klima- tischer Verhältnisse zeigt auch die Familie der Hymenoptera. A. von Humboldt glaubte, dass die Dipteren, welche er am Chimborazo in beträchtlicher Höhe über der Schneelinie um einzelne Felsblöcke schwirrend beobachtete, durch aufsteigende warme Luftströmungen ganz unfreiwillig in diese höheren Regionen geführt worden seien. Dies ist irrig. Diese Zweiflügler sind, wie die Schmetterlinge, welche um die Blumen an den Firnränden schweben , eigenthümliche Arten dieser Regionen, das hier in den luftdünnen Höhen doch noch ihre Existenz- bedingungen finden und sich in ihrem Organismus durch lange Ge- wöhnung an das rauhe Klima und die sonstigen Naturverhältnisse angepasst haben. Denn sie leben hier ausschliesslich und scheinen sich niemals in die niedrigen Hochebenen zu verirren. Die merkwürdige Mischung generischer Formen aus Nordamerika und den Hochgebirgen Asiens und Europas mit tropischen amerikanischem Typus des Thier- und Pflanzenreichs in den hohen Andesregionen ist eine interessante Thatsache für die geographische Verbreitung der Organismen. 1) 1. c. S. 548. — 153 — Diesen Ausführungen M. W a g n e r ' s entsprechen die schönen Beobachtungen G a r 1 e p p ' s , die er in seinem hochinteressanten Briefe aus Bolivien (Deutsche Ent. Zeitschr. Iris Dresden Y, 272) schildert. Garlepp sammelte in einer Höhe von 5600 bis 5800 m im äussersten Grenzgebiete Cotacajaco und Albomachi auf den Höhen der Cordilleren, wo die grasbewachsenen, nur theil weise durch Felsen unterbrochenen Höhenrücken den schroffen unbewachsenen Felsspitzen mit Geröllfeldern,, deren Nischen fast immer, selbst im Sommer, mit Schnee oder Hagel bedeckt sind, Platz machen. Bei 4000 m auf den feuchten, zum Theil sumpfigen Wiesen sammelte er Spezies von Pieris, Colias, Lycaena, sowie Phulia, i\.rgyn- nis und endlich auf dem ganz kahlen Felsboden, wo kein Grashalm wächst und nur hier und da, kaum sichtbar, ein kleinblättriges Kraut mit fast stielloser Blüthe sich auf die Erde drückt, zwei weitere Phulia-Arten. Diese pflegen in windstillen Augenblicken ängstlich und dicht über die Erde hin zu fliegen und sich mit ausgebreiteten Flügeln platt auf die kahle Erde zu setzen. Eine Art namentlich fliegt nur in den äussersten Geröllfeldern, wo sie fast täglich von Schnee und Eis bedeckt werden muss und eine Vegetation nicht mehr existirt. Näheres über diese, sowie die zwischen 3600 und 4500 m ge- fangenen Thiere finden wir bei Staudinger [Hochandine Lepidopteren^ Iris VII, p. 48 (1894), sowie in Iris X, Heft 1, p. 123 (1897) und X, Heft 2, p. 351 (1898): Garlepp sammelte hiernach in einer Höhe von 3500 bis 4500 m bei Cochobamba im Quellgebiet des Rio Chapari an der Quebrada Malajo, ferner bei Cocopata (3500 m) und Huallatani (5000 bis 5800 m.) Die nachfolgenden hochandinen Spezies Averden von S t a u d i n g e r (Iris VII) aufgeführt: Tagfalter: Phulia nymphula (von Huallatani, Cocopata), Ph. nymphaea (Bolivien, Bucklay; und Illimani Stubel), Phulia nympha, Ph. illimani (lUimanni Stubel; Malaja, Garlepp), Ph. nysias (lUimanni Stubel ; Huallatani, Garlepp), Trifurcula huanaco (Huallat.); Papilio madyes (Cocop.) Dismorphia nemesis (Cocop.) ; Hesperocharis Marschalli (Cocop.) Eurema actinas (Cocop.), Eur. plotaea (Cocop.); Pieris microdice (Huallat.), P. orthodice (Cocop.), P. stig- madice (Cocop.), Pieris eleona (Cocop.), Catopsilia cipris (Cocop.), Methania agasicles (Coc), Meganostoma caesonica (Coc), Colias euxanthe (Coc, HualL), Colias lesbia var. andina (Coc); Danais gilippus (Coc); — 154 — Lycorea atergatis (HualL), Tithorea harmonia, var. pseudonyma, Heli- conius leopardus (Coc), P. anactoria var. oenustus ; Colaenis glycera (Col.), Euptoieta hegasia (Coc.) ; Actinote nicylla (Coc.) ; Argynnis nica (Malaja 4510 m, Huallat.) ; Phyciodes simois (Coc), Phyr. ursula (Coc), Chlosyne saundersi (Coc.) ; Hypanartia zabulina (Coc.) ; Pyrameis carye (Huall., Coc); Pyr. virginiensis (Coc) ; Junonia lavinia (Coc); Cybdelis bolivia (Coc); Perisama xanthina (Coc); Oreophila diotima (Coc); Dyiiamine ines (Coc); Anaea thyriantina (Coc); Morpho aurora (Coc); Euptychia rustica (Coc); Paphia chrysozona (Coc); Lymanapoda cerumna (Coc) ; Sterome andensis (Coc.) ; Pedaliodes albopunetata (Huall.), Ped. postica (Coc) ; P. menis (Coc) ; Ped. coca (Coc) ; Ped. philo (Coc) ; Lasiophila orbifera (Coc.) ; Las. hewitsonia (Coc) ; Daedalma dinias (Coc.) ; Pronophila cordillera (Coc.) ; Corades ituna (Coc.) ; Cor. €istina (Coc.) ; Cor. saraba (Coc.) ; C. melania (Coc.) ; Cupido caesius (Huall. Coc.) ; Cup. speciosa (Huall.) ; Cup. vapa (Huall, Coc) ; Cup. moza (Coc. Huall): Thecla culminicola (Huall.); Th. oxida (Coc); Th. cestri (Coc.) ; Th. longula (Coc.) ; Th. alihoba (Coc.) ; Erycides pitj^usa (Coc.) ; Pamphila phylaeus, var. andica (Huall.) ; Hesperia syrichthus (Coc) ; Hesp. domicella (Coc.) ; Hesp. emma (Coc.) ; Butleria agathocles (Coc.) ; ferner von Heteroceren: Castnia Ileus (Coc); Eupyra imperialis (Huall.); Charidea sub- gloriosa, Attacus condor (Coc.) ; die Noctuiden : Agrotis fasciana (Huall.) ; Andicola huallatania (Huall.) ; die Geometriden Azelina cocopata (Coc.) ; Scotosia albosignata (Coc) ; Lygris coarctata (Coc.) ; Erateina lianda (Coc.) ; Er. undulina (Coc.) ; Er. rosina (Coc) ; Scordylia fluminola (Coc); Sc. cyclopata (Coc); Sc. jalskiuris (Coc); Sc. morvula (Coc); Sc. fidoniata (Coc.) ; Polyomma phlaearia (Coc) ; Tineola culminicola (Huall.) Diesen Arten fügt Staudinger (Iris X, p. 123 ff.) die nach- folgenden aus den Hochgebirgen Südamerikas zu: Pedaliodes phaeana (Sierra Nevada von Merida, Venezuela 3000 m) ; Ped. Thiemii (Paso del Quindia, Columbia 4000 m) ; Ped. autonis (Cillutinaira bei La Paz 3000 m); Ped. anina (Locotol Bolivien 2600 m); Ped. hewitsoni (Chaco, 3000 m); Ped. illimani (lllimani 4000 m); Ped. subtangula (Cillu- tinaira 3000 m — pheretiades Gr. Smith & Kirby); Ped. apicalis (Bolivia 2000 m) ; Ped. pronoe (Boliv. 3000 m); Ped. phrasa Gr. Suc u. Kirby u. Pedal, porima St. (Cillutinaira 2000 m) (= poria Gr. Sm. u. Kirby); Ped. emma; Lasiophila regia (Cillutinaira 3000m); — 155 — Daedalma dora (Paramos von Bojota 2000 m) ; Manerebia cyclopina und cyclopella (Boliv. 2000 m) ; Maniola typhlops (La Paz 3000 m) ; Sabatoga mirabilis (Columbia 3000 m.); Oneocliistus opalinus (Sierra Nevada de Merida 3 bis 4000 m); Lymanopoda marianna (Merida) L. galactea (La Paz, Bolivia 3000 m). Iris X, 2, p. 351 fügte Staudinger dieser noch zu: Phulia nymphagoga St. (Bolivia 4000 m bei La Paz) und Satyrus gustavi St. (Bolivia 4000 m) und als ebendaselbst auf der Hochebene gefangen Pieris macrodice, Colias euxanthe, Lycaena speciosa, Lycaena sp., 1 Cosside sp. und Geometride sp. Auch von mehreren anderen Seiten wurden hochandine - Lepidop- teren bekannt gemacht, so von Godman u. Salvin: Colias alticola vom Pichincha und Chimborazo, sowie Antisana 12 bis 16000 Fuss, ebenso wie einige Lycaeniden, so Lycaena aequatorialis 5500' von Godman u. Salvin und Lycaena andicola (von Quita 9 bis 12000') von Holland. Eine wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse über alpine Schmetterlinge aus Südamerika verdanken wir den Forschungen und dem Eifer A. S tu bei 's, dessen Lepidoteren - Sammlungen von P. Maassen und G. Weymer (Berlin 1890) bearbeitet wurden. Besonders werthvoll sind die genauen Angaben über die Höhen, in welchen die Thiere gefangen werden. Sie beziehen sich vielfach auf die rauhen Hochgebirgsregionen (Paramos), wo es, wie St übel sagt, im Gegensatz zu dem reichen Tieflande vielleicht einen ganzen Tag erfordert, um ein halbes Dutzend kleiner, unansehnlicher Thiere zu- sammen zu bringen, hier eine abgeflogene Hesperide, dort eine schadhafte Colias- Art zu erhaschen oder einer grauen Noctua habhaft zu werden, die in kalter regnerischer Nacht das Lagerfeuer umschwirrt. Die klima- tischen Unterschiede, welche in der Horizontalentfernung um 30 Breite- grade, also etwa von Sicilien bis England, auseinanderliegen, sind bei einer verticalen Bodenerhebung unter dem Aequator bis auf einen Ab- stand von 4 oder 5000 m nahe gerückt und es zeigen sich daher nicht nur Falter der Berge, sondern auch solche, die an das nördliche Europa erinnern oder aber sich bei näherer Betrachtung als vollkommen identisch erweisen. Stübel fand bei einer Excursion in den östlichen Cordilleren von Quita u. A., an Tagfaltern: Pedaliodes tena (4300 m, Antisana), Lycaena koa (4000m; Antisana), Colias dinora (4000 m, Antisana); — 156 — an Spinnern: Langsdorfia marmorata (4000 m) , Triodia monticola (4000 m), Tr. lucicola (3600 m), Antarctia brunnea (4000 m), Hebena? bicolor (3600 m), Edema albifrons (4000 m), Sagana semioculata (3600 m), Dirphia nata (4000 m, Antisana), D. famula (3600 m), Lasiocampa demissa (4000 m), Clisiocampa decifiens (4000 m, Antisana), Moma hiroglyphica (4000m Antisana) ; an N o c t u i d e n : Leucania arcupunctata (4000 m, Antisana), L. Kirschii (4000 m, Antisana), L. lineolata (4000 m, Antisana), L. lucentia (4000 m, Antisana), Mamestra calographa (4000 m, Antisana), Agrotis trisignata (4000 m); an Geometriden: Nipteria incoloraria (4200 m, Cidaria vireonaria (4000 m), C. famularia (4000 m), C. passerata (4000 m). Ferner bei Riobamba am Cerro del Alttr: an Tagfaltern: Thecla onida (3800 m), an Noctuiden: Mamestra dimitata (4000 m), Agrotis acanthus (4000 m), A. obscurella (3800 m), Agr. unicolora (4000 m) u. Hadena juvenilis (4000 m), Hypena framiscalis (4000 m), an Geometriden: Azelina spectrata (4000 m), Psodos gemina (4000 m). Marmoperyx marmorata (4000 m), Eupithecia adspersata (4000 m), Phibalapteryx partiaria (4000 m), Cidaria polata (4000 m), (sonst im höchsten Norden von Europa und Nordamerika) Mesotype albilinearia (4000 m), Crambus psychellus (4000 m). Ferner am Paramo de Alar ; die Noctuide Agrotis unicolora (4700 m); an Geometriden: Cidaria nubilaria (4100 m), Psodos splendens (4100 m) und am Chimborazo u. A. : den Tagfalter Sterome pronophila (3700 m) und die Geometride Psodos delicatula (4000 m). Des Weiteren werden als alpine Schmetterlinge im genannten Werke aufgeführt; von Tagfaltern: Pseudomaniola euripides (am Portaguelo de Corocoro (3600 — 4600 m), Ps. eleantes (Tacore, Bolivia 3600 — 4600 m), Lycaena pelorias (Sajama in Bolivia 3600 bis 4600 m), L. ludicra (Titicaca-See und Sajama (3600 bis 6000 m), Lymanopoda huilana (Paramo de Huile 9000 m), L. altis (Ecuador 2800 m), Pedaliodes gortyna (Paramo de Guasco 2500 m), Ped. Reissi (P. del Tolima 3000 bis 3600 m), P. albopunctata (Peru 3000 bis 3600 m) ; von Spinnern: Lasiocampa demissa (Ecuador, 4000 m), Dirphia famula (Ecuador, Chalupas 3700 m), erythropus (Pichincha 4100 m), Saturnia medea (Pichincha, Ecuador 3600 m); von Noctuiden: Leucania bilinea (Bolivia 3600 — 4600 m), Hadena juvenilis (Ecuador 3800 bis 4000 m), H. nun (Bolivia 3600—4000 m), H. albisignata (Bolivia 3600 — 4600 m), Caradrina tolima (Columbien 4000 m), — 157 — Agrotis extineta (Parmo de Aloa, Ecuador 4100 m), unicolora (Ecuador 3800-4000 m), plectina (Collanes 3500—4000 m) ; an Geome- triden: Phibalapteryx paritaria (Ecuador 900 — 4000 m), Psodos gemina (Collanes , Ecuador 3500 — 4000 m) , Eupithecia affinitata (Chile, Columbien 4000 m), adspersata (Collanes, Ecuador 3800 bis 4000 m), Cidaria nubilaria (Ecuador 4100 m) u. s. w. Yon den Hochgebirgen Chilis haben wir noch das Genus Erressa Doubleday mit der Art chilensis hier zu erwähnen, eine unserer A. cardamines ähnliche Art. Wiewohl nun weite Bezirke der Hochgebirge Südamerikas noch der nähern Erforschung harren, so sind wir doch schon im Stande, uns aus den angeführten Sammelergebnissen und Beobachtungen von W. Wagner, Garlepp u. Stübel ein ungefähres Bild von der Lepidopterenfauna in jenen hochgelegenen Gegenden zu machen. Bekannte Gattungen, die wir als Bewohner der Alpen, wie der Hochgebirge Asiens kennen lernten, treten uns auch hier entgegen und vereinen sich mit einzelnen für Südamerika charakteristischen ver- wandten Gattungen. Wir finden Pieridengattungen vertreten wie Pieris , Colias, die €igenthümlichen Phulia und Trifurcula, welche ihre nächsten Ver- wandten bei asiatischen Pieriden finden ; die Nymphaliden zeigen sich in den Gattungen Argynnis und Pyrameis, die Satyriden mit Pseudo- maniola , Lymanopoda , Pedaliodes , Steroma an Stelle der nordischen Erebia und Oeneis. Endlich erscheinen auch Lycaeniden und Hes- periden. Yon Heteroceren beobachten wir hauptsächlich Vertreter aus den Eamilien der Hepialiden, der Arctiiden und Lithosiden ; von Noctuiden: Agrotis, Prodenia, Hadena, Mamestra, Caradrina, Leucania; von Geometriden namentlich Cidaria, Psodos, Eupithecia, Erateina, Azelina u. s. w., von Micropteren: Crambus, Tinea u. A. In den südlichsten Theilen von Südamerika, in welchen die Wald- grenze und die Schneegrenze bereits erheblich herabsinken und ein nahezu polares Klima herrscht, sehen wir ebenfalls noch ähnliche Geschlechter, auftreten, M. P. Mabille erwähnt (Mission scientifique au Cap Hörn, Lepidopteren) vom Cap Hörn 1 Satyride (Neosatyrus haleni, 2 Argynnis (Argynnis anna Bl. und cytheris Drury), sowie 2 Pieriden (Pieris xanthodice Luc. und theodice Boisd.) und von Heteroceren 1 Hepi- - 158 — alus (N. fuscus Mab.) 1 Dasychira (D. platyptera Mab.) 3 Saturnia (S. hyadesi Mab., Clerophane frauenfeldii Feld.; 10 Noctuidae Agrotis typhlina Mab. , Agrotis xanthostula Mab. , frigida Mab.^ gravida Mab., carbonifera Mab., bicolor Mab., corticea S.V.; orthosia, mollis Mab., Hadena tetragona Mab., Anarta trisema Mab und ferner G e 0 m e t r i d e n : Ennomos hyadesi Mab. , Salpis antennata Mab.^ Aspilates glyphicarius Mab., Hypoplectis distictaria Mab., Synneuria vircellata Mab., Psodos quadrisectaria Mab., Lobophora stenopteraria Mab., Lob. oculata Mab., L. multivirgulata Mab., Cidaria citrinaria Mab. , Cid. perornata Mab. , Ypsipetes mutabilis Mab. , Larentia semilotaria Mab. und von Microlepidopteren Crambus biradiellus Mab. und Tinea galeatella Mab. Zwei Momente sind es zunächst, welche uns in der vorstehenden Erörterung über alpine Sshmetterlinge als besonders bemerkenswerth entgegentreten: einmal die vielfache Uebereinstimmung der letzteren mit den Schmetterlingen des Nordpolargebietes und zweitens die über- raschend nahe Verwandtschaft, ja Identität der in den verschiedenen Hochgebirgsregionen der Erde auftretenden Gattungen und Arten. Ueber die erste Erscheinung, die Uebereinstimmung der alpinen und nordischen Schmetterlinge habe ich in meinem Aufsatze: »Die Schmetterlinge des Nordpolargebietes» (im Jahrb. Nass. Verein für Naturk. Heft 50) mich des Weiteren ausgesprochen und kann ich mich daher unter Verweisung auf das dort Gesagte hier kurz fassen. Wie uns in Nordfinnland bei 2000 Fuss Meereshöhe eine Vege- tation umgiebt, wie in den Alpen an der Schneegrenze, so stimmen auch die Sammelergebnisse an Lepidopteren, die wir in den Hochalpen er- halten, in Gattungen und vielfach in den Arten mit denen Nordfinnlands und andern nördlichen Bezirken überein. Ein Vergleich der in vor- stehender Schrift aufgeführten Gattungen und Arten bestätigt dies des Weitern. Die innige Verwandtschaft der Flora der Bezirke des Nordens wie der hohen Alpen beruht aber auf ähnlichen klimatischen Bedingungen, insbesondere auf den ähnlichen Wärmeverhältnissen. Zwar sind die physischen Bedingungen, welcher die Thiere des Hochgebirges unterworfen sind , nicht ganz dieselben , wie die des Nordens: die Insolation, die Luft-, Feuchtigkeits- und Bodenverhält- nisse ändern w^esentlich ab. Aber sie scheinen mehr für die Lebensbedingungen der einzelnen Individuen wichtiger zu sein, als für — 159 — die der Gattungen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass wir in. dem Nordpolargebiet, wie in den Hochgebirgen dieselben Geschlechter verbreitet sehen: Pieris, Colias, Polyommatus, Lycaena, Erebia, Oeneis^ Vanessa, Argynnis, Melitaea, Syrichthus. Die Schwärmer und Spinner sind in beiden Gebieten verhältniss- mässig sehr gering vertreten; aber auch hier begegnen wir denselben Geschlechtern, z. B. Zygaena, Arctia, Nemeophila. Viel reicher sind die Berührungspunkte beider Verbreitungscentren in den Noctuiden und Geometriden, bei denen wir ebenfalls zahlreiche Gattungen und Arten in beiden vertreten finden, so vorzugsweise bei Agrotis, Hadena, Plusia, Anarta, Cidaria, Eupithecia. Auch die Pyralo-Crambiden , sowie die Tortriciden und nicht weniger die Tineiden und Federmotten zeigen dieselben Gattungen und selbst Arten unter Botys, Scoparia, Pempelia, Teras , Tortrix^ Sciaphila, Penthina , Grapholitha, Plutella, Gelechia, Gracilaria und Anderen. Es würde zu weit führen, dies im Einzelnen weiter auszu- führen. Vergleichen wir nun zweitens die in den verschiedenen Fauna- gebieten der Erde vorkommenden Hochgebirgsschmetterlinge, so finden wir auch hier dieselben Geschlechter und selbst Arten in räumlich w^eit von einander getrennten Bezirken. Das einheitliche Nordpolargebiet, welches wir für die sonst noch als getrennt angesehenen paläarktischen und nearktischen Gebiete const- tuiren konnten, verbreitet sich gewissermassen auch über die Kämme der Hochgebirge der Erde und das in ihnen vorhandene verwandte alpine Gebiet Europas und Asiens, wie Nordamerikas und selbst in das im Uebrigen doch eine gewisse Selbstständigkeit bewahrende Süd- amerika. Von den Hochgebirgen in anderen, beziehungsweise tropischen Gegenden der Erde, könnten war aus den oben angegebenen Ver- hältnissen hier absehen. Es sei mir vergönnt, das Gesagte an einigen Tagfaltergattungen, die in dieser Beziehung sowohl am Besten untersucht sind, als auch ein höheres Interesse in Anspruch nehmen können, des Näheren in ihrer geographischen Verbreitung nachzuweisen. Colias-Arten (s. Anhang Vn und VHI) , sind nicht nur nahe den Eisfeldern Grönlands und Lapplands zu Hause, sondern auch nahe den Gletschern unserer Alpen wie der Bergriesen im Innern Asiens und der Anden von Nord- amerika. Ebenso umgaukeln dunkelgefärbte Argynnis (s. Anhang IX),. — 160 — •die Alpenpflanzen Europas und Asiens wie der nordamerikanischen Telsengebirge und der südamerikanischen Cordilleren nicht minder, wie •die kaum sich dem Lichte zeigende kleine Blume der Nordpolar- gegend. Ihnen schliessen sich kleine liebliche Lycäniden an, von denen wir die Gattungen Cupido (Lycaena) und Polyommatus in den höchsten Breiten und in den Höhen der Gebirge auffinden. Bemerkenswerth ist, dass die Gattung Erebia (s. Anhang X), welche für den Norden, wie für das alpine Gebiet der paläarktischen und nearktischen Fauna so eigenthümlich ist, nach Süden hin aber durch den Himalaja begrenzt wird, nur wenige Vertreter von Nordamerika und den Höhen entlang nach dem in Nordamerika eine besondere Subregion darstellenden Chili entsandt hat, während auf den Anden Süd- amerikas sonst in den unwirthlichen Steinwüsten der Paramas verwandte Gattungen, wie Pedaliodes, Lasiophila, Lymanopoda, Steroma sich als eigenthümliche aber verwandte Gattungen zeigen, ebenso wie auch unter •den Spinnern und Spannern besondere Gattungen dort vorkommen, wie Tryodia, Dirphia, Azelina, Scordylia, Erateina. Es würde zu weit führen, hier auch auf die verschiedenen Heterocen- gattungen des Weiteren eingehen zu wollen. Ich möchte nur Einiges hervorheben. Hepialiden finden sich nicht nur im Nordpolargebiet, sondern auch auf den Hochgebirgen Europas, Asiens und Amerikas (Tryodia in Süd- amerika), Ariitiden sind ungemein verbreitet in den gleichen Bezirken und haben merkwürdige Weise auch einen, wie es scheint, autochthonen Vertreter auf den canarischen Inseln. Ein ähnliches Verhalten zeigt sich bei der Liparidengattung Dasychira, die in D. fascelina einen echten Gebirgsbewohner Europas und Asiens -Zeigt. Die interessante Dasychira Rossi ist eine Bewohnerin des höchsten Nordens und findet sich ähnlich auf dem Mount Washington Newhampshire) in Nordamerika. Eine verwandte Art w^urde am Cap. Hörn gefunden und die canarischen Inseln zeigen eine wohl autochthone Eorm als Rest der früheren Lepidopterenbevölkerung. Die Noctuidengattung Agrotis ist eine der universell verbreitesten überhaupt, die eben wohl in der Ebene, als in den Höhen, im Norden, wie im Süden, und in den Tropen ihre Vertreter hat, was bei den Lebensbedingungen der Raupe erklärlich ist. Sie findet sich in der Nordpolargegend, wie im ganzen paläarktischen und nearktischen Ge- biete, und im neotropischen auf den Hochgebirgen zahlreich vertreten. — 161 — wohl am artenreichsten gegenüber allen anderen. Die schöne Gattung Plusia, welche wir in der Xordpolargegend gut vertreten finden, hat mehrfache Arten aufzuweisen, welche auf den Gebirgszügen der alten und neuen Welt auftreten, wie sie auch in Südamerika auf den Höhen «ich findet. Zugleich meidet sie auch nicht die tropischen Gebiete. Eine echt nordische, aber den Gebirgen Europas wie Nord-Amerikas zukommende Gattung bilden die interessanten Anarta Arten, welche Gattung auch in Süd-Amerika am Cap Hörn auftritt, dagegen in Island und, wie es scheint auch in den Hochgebirgen Asiens fehlt. Von Geometriden ist am universellsten verbreitet die Gattung Cidaria. Sie belebt die höchsten Breiten Europas, Asiens und Nord- amerikas nicht minder, wie die Höhen der Gebirge dieser Länder und ist auch in Südamerika sowohl auf den Höhen, als wie im fernsten Süden vertreten und tritt selbst in Australien noch auf den höheren Gebirgen ohne eigentlichen, ausgeprägten alpinen Charakter auf. Ihre Yerbreitung dürfte der des genus Agrotis wenig nachgeben. Diese Beispiele mögen genügen und ich will nur noch auf einige biologische Momente hier eingehen, indem ich die mehr hypothetischen des Grundes der Yerbreitung der verschiedenen Gattungen auf den Höhen und die Fragen der Eiszeit und der Wanderung der Schmetterlinge hier nicht erörtere. Es ist natürlich, dass sich die auf den Hochgebirgen zeigenden Schmetterlinge den Eigenthümlichkeiten dieser Gegenden in ihren Lebens- gewohnheiten adaptiren müssen, wobei sie zahlreichen Gefahren aus- gesetzt bleiben, die ihren Verwandten in der Ebene erspart bleiben. So beobachtete Simony (s. Bertkau, Entom. Jahresbericht f. 1885, S. 63) ca. 20 Exemplare von Vanessa atalanta in einer Höhe von 11 580 Fuss bei einer Temperatur von — 7 *^ R. ; dieselben waren erstarrt, während bei einer Höhe von 8000 Fuss Agrotis simulans in einer Alpen- hütte bei -|- 0,5 ^ lebhaft das Licht umschwirrte (Sitzungsb. Wiener zool. bot. Ges. 35, S. 31). Die Blumen des Hochgebirges erscheinen dem aufmerksamen Be- obachter lebhafter und feuriger gefärbt, als die der Ebene. Selbst auf den Höhen des Feldbergs im badischen Schwarzwalde konnte ich fest- stellen, dass die röthlichen Blüthen der Erica, wie die blauen Blumen der Campannla einen ungleich tiefere, gesättigtere Färbung annehmen, als an dem tiefer gelegenen Titi See. : eine Erscheinung, die an anderen Jahrb. d, nass. Ver. f. Nat. 51, 11 — 162 — Pflanzen in der Nähe des ewigen Schnees noch ungleich prägnanter wird. A.uch bei den Thierien bemerken wir entsprechende Veränderungen, wenn sie sich in die Region der vorherrschende Kälte begeben. Zwar sind die Erscheinungen, welche wir bei den Bewohnern des Hochgebirges bemerken, nicht so prägnant, wie die im Polargebiet auf^ tretenden, aber immerhin deutlich nachweisbar. "Wir bemerken bei den Insekten, insbesondere bei den Schmetterlingen, eine gewisse Schuppen- armuth bei Dichterwerden der Haare des Körpers. Bei einigen trat auch, z. B. bei Vanessa, ein Feurigwerden der Farbe, desgleichen bei innerasiatischen Colias Arten, bei andern allerdings auch Verdüsterung der Farbe (Polyomm. v. eurybia.) auf. Interessant ist, wie sich schon auf kleine Entfernungen hin im Hochgebirge bei geänderten Verhältnissen auch eine Veränderung der Farbe zeigt, wie wir dies in dem bereits oben angeführten Fall vom Ober- und Unter-Engadin sehen, in welch' letzterem nach Christ und Killias eine wesentliche Verdüsterung der Farben einzelner Schmetter- linge beobachtet wurde. Analog sind auch die ebenfalls bereits erwähnten Veränderungen, welche die Schmetterlinge in den der Natur der Hochgebirge verwandten Moorgebieten als Folge von Kälte und Feuchtigkeit erleiden. Andere biologische Erscheinungen treten bei den Schmetterlingen des Hochgebirges als begreifliche Folgezustände der Umgebung ein. Ich erwähne hier blos die durch die Kürze der Entwicklungszeit bedingten Verhältnisse. Aehnlich, wie die Schmetterlinge des Nordpolargebietes sind die Lepidopteren des Hochgebirges gezwungen, nicht allein nur in einer Generation jährlich zu erscheinen, sondern auch häufig ihre Entwickelung auf mehrere Jahre zu vertheilen und sowohl eine längere Raupenperiode, als Puppenruhe in Anspruch zu nehmen. Dann aber erscheinen bei der günstigen Jahreszeit die Thiere einer Art fast gleichzeitig in einem kurzen Zeitraum, so dass, zumal bei der geringen Zahl geeigneter Plätze für die Nahrungsaufnahmen u. s. w. viellach ein ungeahnter Individuen- reichthum das Hochgebirge bevölkert. (Vergl. auch das hierüber in meinen Lepidopt. des Nordpolargebiets Gesagte). Die Verschiedenheiten der Höhe, in welcher die Schmetterlinge in den verschiedenen Theilen der Erde je nach den örtlichen klimatischen Verhältnissen erscheinen, hat ihre Begründung in den oben angegebenen physischen Momenten. Während in der Schweiz (Vergl. Heer, über die obersten Grenzen des thierischen und pflanzlichen Lebens, Zürich 1845) — 163 — kein Schmetterling in der Regel höher als 9000 Fuss geht, finden wie im Himalaya bei 9000 Fuss noch 80 Arten mit 60 Tagfaltern. Das Gleiche ist auf den Anden Südamerikas der Fall, wo mit dem Empor- steigen der Schneegrenze auch die Schmetterlinge eine viel höhere Luftgrenze erreichen, wie wir dies oben gesehen haben. Ihre innere Organisation aber befähigt sie, dort mit gleicher Energie den Daseins- bedingungen zu folgen, wie ihre Brüder in der Ebene und wohl ohne dass sie, wie der Mensch und die Säugethiere, von der Rarificirung der Luft dort zu leiden haben. Freilich bequemen sie sich auch hier, wie wir dies in den interessanten Mittheilungen Garlepps hörten, den ört- lichen Verhältnissen an und suchen sich vor den Einflüssen der Winde in geeigneter Weise zu schützen, indem sie sich der Mutter Erde dauernd näher halten, als die leichbeschwingten Falter der Ebene dies zu thun pflegen. Ein höchst interessantes Verhältniss muss hier noch erwähnt werden, auf welches Dr. Hermann Müller in seiner vortrefflichen Schrift „Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten und ihre Anpassung an dieselben", besonders aufmerksam gemacht hat. Die Resultate der überaus fleissigen und zahlreichen Beobacbtungen dieses eifrigen Forschers verdienen es, wieder einmal den Entomologen vorgeführt zu werden, von denen sie bisher vielfach wenig gewürdigt wurden. Aus ihnen lässt sich das Verhältniss, in welchem auf den Hochgebirgen — wenigstens unserer Alpen — die Schmetterlinge zu den Blumen und deren Befruch- tung stehen, deutlich erkennen. Ich entnehme daher dem angeführten Werke die nachfolgenden Details. H. Müller studirte auf mehrfachen Ferienreisen in den Alpen, insbesondere dem Ortlergebiete und Graubünden, die Thätigkeit der Falter, die der erste warme Sonnenstrahl in ihre farbenprächtige Blumengärten lockt, die erste die Sonne verdeckende Wolke in ihre Verstecke zurückscheucht. Die Falter haben nächst den Bienen bei Blumen mit engerem Zu- sammenschliessen der Blumenkrone und der tiefen Bergung des Honigs bedeutenden Einfluss durch die Kreuzungsvermittlung, namentlich bei röthlich blühenden Compositen und anderen roth blühenden Blumen, aber auch violetten oder blauen. Auch die gelbe Farbe lockt viel mehr Falter und Bienen, wie die weisse, welche von Dipteren bevorzugt wird. Am Besuche der völlig offenen Honigblumen machen die Falter 11* — 164 — 11,7 ^/o aller verschiedenartigen Insektenbesucher aus: Mit der stufen- weise tiefern Bergung und reichern Absonderung des Honigs steigert sich ihr Zudrang bis auf 32,5 ^/q, bei den Blumengesellschaften auf 48,5 ^/q. Am spärlichsten sind sie an den bienenblüthigen Ranunculaceen, am reichlichsten an den Blüthen Papilionaceen (55,3 ^/q). Die ausgeprägten Falterblumen bieten einen charakteristischen Schmuck der Alpenflora und die Falter bringen es in den besuchtesten Klimas zu 86,5 ^/^ der Gesammtheit verschiedenartiger Besuche. Yon 33 Falterblumen wurden 8 ausschliesslich von Faltern besucht, 8 noch von Insekten, die der Ausbreitung durch die Falter keinen Ein- trag thun. Müller vergleicht auch die Alpenblumen mit denen des Tieflandes hinsichtlich der Möglichkeit des Besuchs durch Schmetterlinge. lieber der Baumgrenze hatten die Windblüthen den Insektenblüthen das Feld geräumt und auf ihnen tummelt sich ein reiches Heer von Faltern, die nach ungünstigem Wetter um so eifriger an die Arbeit gehen, wenn die Blumen sich den warmen Sonnenstrahlen geöffnet haben. Oberhalb der Baumgrenze sieht man sich auf jedem Schritt von zahlreichen in der Blumenthätigkeit begriffenen Insekten umgeben, sagt Müller und hierin wird ihm Jeder beistimmen können, dem es vergönnt war, an einem schönen Juni- oder Julitage in alpiner Höhe an geeigneten Stellen zu sammeln. Ich kann vor Allen die herrlichen Thäler des Engadin, besonders das Heuthal und das Fexthal erwähnen, an welchem man die Wahrheit des Müller 'sehen Ausspruches bestätigen kann. Ich selbst habe nie in meinem Leben eine solche Fülle von Insekten und besonders von Schmetterlingen um Blumen fliegen sehen, als an einem der prachtvollen Julitage, die ich mit meinem lieben Freunde Georg S e m p e r in Sils Maria im Engadin und in den den Ort umgebenden blühenden Wiesen und grasigen , blumenreichen Abhängen, besonders des Fexthals zu verleben das Glück hatte. Nach Müller nimmt auf den Alpen die verhältnissmässige Menge der am Blumenbesuch betheiligten Falter und Dipteren alpaufwärts stufenweise zu, die verhältnissmässige Menge der Käfer, der Bienen, der Hymenopteren überhaupt und der sonstigen Insekten stufenweise ab. Die Lepidopteren machen auf den Alpen oberhalb der Baumgrenze 30 ^/q von je 100 Blumen besuchenden Insekten aus, die Hymenopteren 18,3 ^/q, die Dipteren 43,6 *^/q, die Coleopteren 6,8 "/q und sonstige Insekten 0,6 ^/q. Die relative Häufigkeit der Falter auf den Alpen hält Müller für — 165 — eine viel grössere, als im Tiefland, besonders beim Steigen von der subalpinen in die alpine Kegion. Müller macht auch die hauptsächlich von ihm beobachteten Arten namhaft. Unter den Rhopaloceren fand er, dass die Lycaena Arten besonders blaue Blumen bevorzugten, (L. agestis, alsus, argus, corydon, icarus, orbitulus, pheretes ; die Polyommatus Arten rothe oder gelbe Blüthen (P. dorilis, eurybia, virgaureae). Von Hesperiden beobachtete er H. comma, Syrichthus cacaliae, centaureae, von Nymphaliden Argynnis pales, Melitaea merope und varia, Vanessa cardui, von Papili- oniden : Parnassius apoUo und delius, von Pieriden besonders Col. phicomone, von Satyriden : besonders Coen. satyrion, Erebia malampus und E. tyndarus, von Sphinges besonders Macroglossa stellatarum, Ino statices und Zygaena exulans ; von Noctuen 18 Arten, darunter Agrotis ocellina, Mythimna im- becilla, Plusia gamma und P. hochenwarthi, von Geometrides 24 Arten und dabei besonders Odezia chaerophylltaa, Cleogene lutearia und Psodos alpicoloria; von Microlepidopteren 52 Arten, darunter besonders Botys Arten und Catastia auriciliella, sowie Hercyna phrygialis. Wir ersehen aus dem Mitgetheilten den ungemeinen Werth, welchen die Schmetterlinge für die Flora und Fauna der Alpen haben und wie sie einen von Vielen ungeahnten bestimmenden Einfluss auf den Haus- halt der Natur ausüben. Mit dem Vorstehenden möchte ich meine Erörterungen und Zu- sammenstellungen über die Hochgebirgsfalter der Erde schliessen und nur noch im Anhange einige nähere Details über die Verbreitung der Schmetterlinge in den Alpen, wie über einige besonders interessante Tagfaltergattungen geben. Die vielfachen Lücken, welche ich in meiner Darstellung hauptsäch- lich vermöge unserer noch unvollständigen Kenntniss hinsichtlich der Verbreitung der Schmetterlinge in gewissen Gegenden der Erde lassen musste, werden wohl in nicht zu langer Zeit ausgefüllt werden können. Denn es macht sich neben dem Massenimport von Lepidopteren, welcher dem Bedürfnisse spekulativer Händler und dem Streben nach glänzenden Sammlungsschaustücken Seitens vieler Entomophilen dient, in der erfreulichsten Weise Seitens wissenschaftlicher Corporationen, wie erlauchter Gönner und anderer hochgestellter und opferbereiter Förderer der Entomologie das Bestreben geltend, die Sammelresultate geübter und durchgebildeter Reisender in einer nicht allein für die Special- wissenschaft, sondern auch für die Geographie und Naturlehre im All- 1G6 gemeinen fördernden Weise auszunutzen. Auf diese Weise werden wir allmählich in den Stand gesetzt werden, die grossen Gesetze des Werdens und Vergehens der Organismen auf unserer veränderlichen Erdoberfläche kennen zu lernen. Anhang. I. Die ausführlichsten und genauesten Mittheilungen über das Auf- treten der Lepidopteren in den Alpen in den verschiedenen Höhenstufen finden wir in dem vortrefflichen Werke von Frey (Die Lepidopteren in der Schweiz), woselbst man dieselben nachsehen möge. Eine gedrängte üebersicht der wichtigeren Daten über die von 4000 m aufwärts vorkommen- den Lepidopteren, also von der subalpinen Rea^ion an, möge indess hier Platz finden, behufs Vervollständigung der früheren Angaben. Unter den Bergfaltern ist die Gattung Papilio nur durch P. machaon in der Höhe vertreten, welcher nach Frey bis 6000 und 7000 Fuss geht. Er wird vereinzelt am Oberengadin getroffen, ebenso wie im hohen Norden. Von Parnassius, welche Gattung, wie wir sehen, die für Mittelasien charakteristischsten Höhenschmetterlinge aufweist, kommt apollo meist nur in geringen Erhebungen vor, erreicht aber Höhen von 6000 bis 6500 Fuss, so im Oberengadin, ja bei Zermatt sogar 7570 Fuss. Da- gegen ist Parn. delius der Ebene gänzlich fremd und kommt an den verschiedensten Stellen der Alpen von 4000—7500 Fuss Höhe vor. P. mnemosyne geht nur bis 5500 Fuss. Unter den Pieriden ist das genus Aporia mit crataegi nur bis 6500 Fuss (Engadin, Bergün) vertreten, dagegen sendet Pieris ver- schiedene Arten. Brassicae gewinnt Höhen von 7000—8000 Fuss, ebenso geht rapae bis zur Schneegrenze, napi (v. bryoniae) liebt geringere Er- hebungen, dagegen wird callidice (welche dem Norden fehlt) bis zu 9346 Fuss (am Gorner Grat) gefunden. Von Anthocharis geht belia nur bis 5000 Fuss, dagegen cardamines und Leucophasia sinapis bis 6000 Fuss. Das im Norden und in den Gebirgen Centralasiens besonders ver- tretene Genua Colias zeigt im Alpengebiet Colias palaeno von 4600 bis 6000 Fuss; phicomone wird oberhalb der Baumgrenze bis 8000 Fuss gefunden, ebenso hyale vereinzelt bis 8000 Fuss und auch edusa (Sils — 167 — Maria 7000 Fuss, Zermatt 8000 Fuss) Rhodocera rhamni geht bis 6000 Fuss und darüber (Gemmi 6791 Fuss). Von den im Alpengebiet stark vertretenen Lycaeniden geht Thecla rubi, die auch im nordischen Gebiet heimisch ist, hie und da in die Höhe (Engadin). Polj'Ommatus virgaureae wird bis 7000 Fuss gefunden chryseis mit var. eurybia ist im Egadin nicht selten, erlischt aber rasch über der Grenze des Baumwuchses. P. circe, phlaeas und helle gehen bis 4000 Fuss. Lycaena argus überschreitet in der var. aegidion die Baumgrenze, optilete ist ein von 4000 bis 7000 Fuss häufig auftretender Falter, hylas und pheretes gehen bis 7000 Fuss, ebenso vereinzelt agestis, orbitulus bis 8000 Fuss, eros ist bei 5000 und 6000 Fuss häufig, bei 7000 Fuss spärlich zu finden. Ebenda endet L. alexis SV. während eumedon bis 8000 Fuss geht. L. adonis und corydon gehen bis 6000 und 6500 Fuss, letzterer sogar vereinzelt bis 7000 Fuss, damon bis 6000 Fuss, ebenso donzelii, während alsus 7000 Fuss überschreitet. Lycaena acis und alcon finden sich bis 7000 Fuss, arion nur bis 6000 Fuss. Von Nymphaliden ist Vanessa urticae hochalpin, io geht bis 7000 Fuss, ebenso antiopa und atalanta, cardui bis 8500 Fuss. Melitaea ist sehr charakteristisch für das Hochgebirge. M. cynthia geht bis 8000 Fuss, maturna bis 6000 Fuss, artemis in der var. merope bis 8000 Fuss, didyma bis 6000 Fuss, ebenso wie dictynna. Mel. athalia und aurelia, parthenia in var. varia gehen bis 4000 Fuss, asteria ist spezifisch für Höhen von 7000 Fuss und mehr (Calanda 8560 Fuss). Argynnis ist ein nordisches und alpines Geschlecht. A. selene geht nur bis 5500 Fuss, euphrosyne bis 6000 Fuss, pales bis 9000 Fuss, lathonia bis 8000 Fuss, niobe vereinzelt bis 7000 Fuss, thore nur bis 5000, ebenso wie ino. A. aglaia ist selten über der Baumgrenze. Wesentlich alpin ist das genus Erebia. E. cassiope geht von 4000 bis 7000, ja selbst 8000 Fuss, melampus von 3000 bis über 7000 Fuss, «riphyle bis 8000, mnestra von 5000 — 7000 Fuss, pharte von 4000 bis 6000 Fuss, ebenso pyrrha bis über die Region der Nadelhölzer. Während ceto bereits bei 4500 Fuss, medusa und stygne bei 4000 Fuss ihre Grenze finden, oeme bis 5500 Fuss, nernie bei 5000 Fuss, geht evias bis 6000 Fuss, glacialis (alecto) sogar bis 8000 und 9340 Fuss (Piz- ümbrail) manto bis 8000 Fuss. E. tyndarus geht nur bis 4000 Fuss, — 168 — goante bis 6500 Fuss, pronoe von 5000 — 6000 Fuss und höher, ligea über 6000 Fuss, ebenso wie euryale, gorge bis über 8000 Fuss. Chionobas aello, die sich schon bei 2000 Fuss zeigt, gewinnt Höhen von 7000 Fuss. Von Satyrus Arten geht nur semele bis 6000 Fuss, ebenso Pararge maera und hiera. Coenonympha satyrion kommt von 4000 — 7000 Fuss pamphilus nur bis 6000 Fuss vor. Von Hesperiden geht Syrichthus var. serratulae in das Oberengadin, S. cacaliae von 5500 — 7500 Fuss, andromedae bis 4000 Fuss und höher. Hesperia actaeon findet sich in Zermatt, sylvanus bis 6000 Fuss und comma bis 7500 Fuss. Carterocephalus paniscus ist im Alpenlande lokal. Von Sphingiden wurde Sph. convolvuli bis 8000 Fuss Höhe beobachtet, Deilephila galii, euphorbiae, elpenor und porcellus, sowie lineata kommen im Oberengadin vor. Macroglossa stellatarum kommt in Höhen von 40C0 Fuss, Jno statices bis gegen 6000 Fuss und Jno v. chrysocephala bis 8000 Fuss vor. Zygaena minos, var. nubigena kommt über 6000 Fuss hoch vor, vereinzelt bis 7000 Fuss, exulans beginnt bei 5000 Fuss und geht bis 8500 Fuss und darüber. Zyg. filipendulae geht in einer Varietät bis über die Thalsohle des Oberengadins hinaus, medicaginis kommt bis 6000 Fuss und fausta in der var. jucunda bis 7000 Fuss hoch vor. Von Bombyciden finden wir Nudaria munduna bis über 6000 Fuss. Aechte Gebirgsbewohner sind die Setina-Arten, von denen irrorea in Höhen von 6000 Fuss, freyeri bis 4000 Fuss, var. andereggi über 8000 Fuss, var. riffelensis bis 8500 Fuss, roscida bis 7500 Fuss gehen. S. aurita tritt in der var. ramosa noch bei 9000 Fuss, ja bei 10 053 Fnss (Pig Languard) auf. Die Lithosia Arten gehen über 5000 Fuss, cereola über 6000 Fuss hinaus. Nemeophila russula wird bis 6000 Fuss, plantaginis bis 8000 Fuss hoch beobachtet. Callimorpha dominula soll bei 6000 Fuss noch vor- kommen, die echt nordische Arctia caja geht bis zu der Baumgrenze. Hochalpin ist Arctia flavia, ebenso maculosa und A. cervini geht bis 8500 Fuss, ebenso quenseli, die auch Bewohner des Nordens ist. Spilosoma fuliginosa erreicht Höhen von 5500Fuss,sordida 6000 Fuss; Hepialus humuli hat seine Höhengrenze über 6000 Fuss, sylvanus, velleda und lupulinus eine solche von 5300 Fuss. — 169 — Pyche vilosella wird bei 5500 Fuss noch gefunden, ebenso opacella, plumifera, plumistrella, tenella und calvella. Echinopteryx pulla fliegt über 7200 Fuss; Daycehire fascelina wurde bis 6200 Fuss gefunden. Bombyx crategii tritt in der var. ariee im obern Engadin auf, ebenso populi (v. alpina), alpicola bei 8000 — 9000 Fuss, lanestris in var. arbusculae desgleichen, quercus in var. alpina bis 4000 Fuss. Lasiocampa potatoria geht im Oberengadin über 5800 Fuss, ebenso Harpya vinula, Pygaera curtula, anachoreta und reclusa über 5000 Fuss, Von den Noctuiden geht Acronycta auricoma vereinzelt über die Baumgrenze, euphorbia bis über 8000 Fuss, euphrasiae und rumicis sind gleichfalls Höhenbewohner, wie sich auch Bryophila perla im Ober- engadin findet. Ein grosses Contingent liefern die Agrotis Arten, so Agrotis por- phyrea, fimbria (8500') augur, senna, pronuba (10 000') hyperborea 7000'. triangulum (5500') sincera (5500') speciosa (Oberengadin), candelisequa^ ditrapezium (desgl.), rubi (6000'), festiva 5500, conflua, depuncta, mul- tangula, cuprea, alpestris, musiva, pyrophila (5000') lucernea, nyctemera (Oberengadin), culminicola (7 — 8000'), helvetina (7000'), signifera, latens, grisescens (6700'), decora (6700'), simplonia (7000'), cos (5500'). fusca, cinerea, exclamationis, recussa (6000'), nigricans, tritici, suffusa, segetum, corticea, fatidica (7000'), welche sämmtlich die Baumgrenze überschreiten, ebenso wie Charaeas graminis und Neuronia popularis, Mamestra advena hat eine Höhengrenze von 7000', ebenso pisi, glauca marmorosa, contigua bei 6000 Fuss, serena darüber hinaus und dentina geht weit über 7000 Fuss. Dianthoecia caesia und conspersa gehen bis 7000 Fuss, filigramma kommt im Oberengadin vor und tephroleuca bis 6500 Fuss. Polia flavicincta, rufocincta und xanthomista gehen über 5000 Fuss, chi bis 6000 Fuss. Hadena adusta und maillardi fliegen über 7000 Fuss, zeta bis 6000 Fuss, gemmea findet sich im Oberengadin, ebenso rubrirena, furva und lateritia. H. polyodon geht bis 5500 Fuss, ebenso basilinea, rurea, gemina und strigilis. Brotolomia meticulosa wird im Engadin bei 5500 Fuss gefunden, Leucania scirpi von den Walliser Hochalpen erwähnt, ebenso geht L. comma bis über 7000 Fuss, sowie andereggi, auch conigera (6000 Fuss) und vitellina. Mythimna imbecilla findet sich 6000 Fuss und darüber, Caradrina cubicularis noch bis 7000 Fuss, palustris im Oberengadin bis 6000 Fuss. — 170 — Auch Amphipyra tragopogonis erreicht 6000 Fuss. Pachnohia rubricosa kommt ebenfalls im Engadin vor. Cleoseris viminalis geht bis 5500 Fuss, Scoliopterjx libatrix bis 7000 Fuss. Xylina conformis findet sich, ebenso wie ingrica im Oberengadin, Lithocampa ramosa bis 6000 Fuss, CucuUia lactucae über 1500 Fuss. companulae im Oberengadin. Plusia stellt ebenfalls sein Contingent. Illustris steigt bis 7000 Fuss, bractea bis 5500 Fuss, gamma bis 8000 Fuss, ain über 5000 Fuss, divergens findet sich von 5000 — 8000 Fuss, devergens bis 8000 Fuss. Die nordische Gattung Anarta hat ihre mehrfachen Vertreter: cordigera findet sich bis 6000 Fuss, melanopa bis 8000 Fuss, nigrita geht über 8000 Fuss; funesta tritt im Oberengadin auf. Omia cymbalariae geht über 4000 Fuss, Heliothis peltiger desgleichen und Prothymnia aenea bis 6000 Fuss. Unter den Geometriden finden sich zunächst von der Gattung Acidalia einige Arten in höhern Regionen, so A. flaveolaria bis 6000 Fuss, perochrearia über 5500 Fuss, contiguaria bis 5000 Fuss, margine- punctala (immutata), erreicht 6000 Fuss, ebenso mutata und fumata. Eurymene dolabraria tritt bis 5500 Fuss, Epione apiciaria bis 4800 Fuss , parallelaria bis 5000 Fuss auf Venilia macularia bis 5000 Biston lapponarius findet sich mit B. alpinus im Oberengadin, wo auch Gnophos furvata vorkommt. Gn. glaucinaria kommt bis 8000', sordaria bis 7000', dilucidaria bis 8000', zelleraria von 5200 bis 8000', caelibaria bis 8000 und operaria bis 7000' hoch vor. Dasydia tenebraria hat eine Höhengrenze von 9000 bis 10 000' und lebt auf dem letzten Grenzgebiet. Psodos alticolaria ist ebenfalls €in Thier der höchsten Alpen bis über 9000' Ps. coracina und trepi- daria wie horridaria erreichen 7500', alpinata ist von 4500 bis 7000' anzutreffen und Pygmaena fusca bis 8000'. Fidonia picearia geht bis 6000 ', ebenso Ematurga atomaria, Halia brunneata bis 8000', Phasiane clathrata bis 5000', Cleogene tinctaria bis 6000 ', ebenso Lythria plumularia. Ortholitha mensuraria geht nur bis 5000 ', bipunctaria bis 7000 ; Minoa euphorbiata bis 5500, Odezia chaerophyllata bis 7000'. — Anaitis paludata erreicht 5500 ', Triphosa dubitata über 7000', Lygris prunata bis 5500 und populata bis 6000. Sehr zahlreich sind die Cidaria -Arten im Hochgebirge vertreten. C. fulvata, rubiginata, variata, simulata, juniperata, munitata, olivita, turbata, kollararia gehen über 5000 ', aquata bis 7000 ' salicata bis ^ 171 — 6000 ' didymata, cambrica, vespertaria bis 5000 ', incursata bis 6000. L. montanata tritt noch bei Zermatt auf, ebenso ligustrata, ferrugata und suffumata; propugnata gebt bis 5000, caesiata bis 6500, ebenso flavi- cinctata, incultaria, rupestrata. C. frustata bis 5000, ebenso alpicolaria sinuata, galiata, alaudaria; lugubrata erreicht 6000', hastata 7000', tristata, lacteata und moUuginata 5500 ' wie minorata. C. albulata und elutata finden sich bis 6000', silaceata, derivata bis 5000'. Collix spcrsata findet sich noch bei 5500'. Auch viele Eupithecien sind alpin. Einige erreichen nur 5000', scriptaria geht bis 7000, andere bis 5500, wie satyrata, helveticaria, primulata, trisignaria, vulgata, lariciata und sobrinata. Von P y r a 1 0 - C r a m b i d a e haben wir zu erwähnen : Asopia pinguinalis, die bei Zermatt vorkommt, Scoparia centuriella (6000'), Sc. vallesiella 7000 bis 9000 ' sudetica 3000 bis 7000 '. Hercyna holo- sericealis wohnt 6000' hoch und aufwärts und rupicolalis, helveticalis, rupestralis, sowie alpestralis sind sämmtlich hochalpin. Botys otomacu- lalis und cingulalis erreichen 5500', porphyralis, purpuralis, maculalis, aerealis 7000', alpinalis 6000' monticalis 8000, meerinalis 6000 und rhododendralis 7000 '. Botys pascualis und nebulalis treten bis 5000 ', sororialis bis 7000 ', wie nitidalis und inquinatalis bis 7000 hoch auf, Diasemia litteralis bis 6000 '. Crambus cerusellus geht bis 5000' pascuellus und alienellus bis 5500', Cr. pratellus erreicht 7000', dumetellus 5500' Cr. zermattensis findet sich bei Zermatt, Cr. maculalis und conchellus, wie speculalis bei 6000 ' luctiferellus bei 8000 ', furcatellus bei 7000 ', ebenso radiellus und spuriellus, colonellus 6000' culmellus und obscurellus 7000, tris- tellus 5000, perlellus und rostellus 7000 '. Die nordische Pempelia fusca tritt bis 6000, palumbella bis 7000', ornatella bis 5600 ' auf. Asarta aethiopella geht bis 8000 ' Catastia marginella bis 7000 und Myelois flaviciliella ebenso weit. Auch die Tortriciden stellen ein stattliches Contingent zu den höheren Alpenbewohnern, von denen viele zugleich als hochnordisch be- kannt sind. Es sind die Gattungen Teras, Tortrix, Sciaphila, Sphaleroptera, Conchylis, Penthina (zahlreich), Aphelia, Grapholitha (zahlreich), Phthoro- blastis, Phoxopteryx, denen wir begegnen. Auch von T i n e i d e n wird eine grosse Zahl im höheren Alpen- gebiet aufgefunden. Hier treffen wir Arten der Gattungen Choreutis, — 172 — Simaethis, Melasina, Talaeporia, Lypusa, Xysmatodesma, Scordia, Tinea^ Myrmecozela, Lampronia, Teichobia, Iiicurvaria, Nemophora, Adela, Nemotois, Swammerdamia , Hyponomeuta, Psecadia, Plutella, (unter andern die weitverbreitete curciferarum bis 7200 ') Cerostoma, Lymnosa bis 7200'), Gelechia (zablreich), Parasia, Cleodora, Ypsolopbus, Sophronia, Pleurota, Anchinia, Oecophora, Acrolepis, Glyphypteryx, Tinagma, Argyresthia, Zelleria, Gracilaria, Coleophora, Chauliodes^ Laverna, Elachista, Lithocolletis, Lyonetia, Bucculatrix, Nepticula, Micropteryx, Platypteryx, Amblyptilia, Oxyptilus, Mimaeoptilus, Ptero- phorus und Aciptilia. II. Zu S. 108. R a e t z e r erwähnt von der Simplon-Passböhe und dem Rossboden- gletscher (Elevation von 2000 m); Zygaena exulans, antophile Noctuen wie Mamestra microdon, dentina, glauca, die hochalpinen Auarta vidua cordiger, Plusia, Agrotis, Melitaea cynthia, Pieris callidice, Erebia manto, Psodos trepidaria und horridaria, Dasydia tenebraria, Erebia mnestra, pharte. Auf der Passhöhe : Colias palaeno mit v. werdandi, Lycaena optilete V. cyparissus, Psyche plumistrella und v. valesiella; ferner Colias phicomone, Melitaea merope und varia, Erebia manto, tyndarus^ cassiope, gorge, Lycaena orbitulus, hylas, pheretes, alcon, sowie neben alpinen Cidarien, Eupithecia und Gnophos, besonders Cid. incultaria, Eup. scriptaria, Gnophos obfuscaria, mendicaria, andereggiana, spurcaria, sowie Hadena zeti. Das Rossbodenthal bietet Uebergang von der hochalpinen Fauna durch Zygaena transalpina, minos, achilleae, filipendulae, meliloti, ferner Ino V. chrysocephala, Nemeophila plantaginis, Setina irrorella v. andereggii, V. signata und v. freyeri, Plusia ain. Die abwärts gelegene Waldregion von Simplon bietet Erebia tyndarus, Parnassius apollo, Scoria dealbata, Odezia tibialata, Ortholitha limitata Erebia ceto, Argynnis amathusia, Setina Arten Avie Lithosia lurideola und cereola, Cleogene lutearia, Acidalia flaveolaria, perochraria, Zygaena transalpina, Lycaena arion, argon, acis, sebrus, optilete ; Acidalia immorata, marginepunctata, besonders incanata, fumata, Minoa ephor- biata, Prothymnia laccata, Omia cymbalariae, zu denen sich namentlich thalabwärts Cidaria- Arten in grosser (36) Zahl gesellen mit Acidalia contiguaria und Eupithecia impurata und Gnophos Artea an den Fels- — 173 — parthieeii. lu der alpinen Lärchenregion gesellen sich dazu eine Reihe anderer Spanner und zahlreiche Eulen und Spinner. III. Zu S. 108. Das von 0. Wackerzapp (Stett. Ent. Ztg. 1890, p. 280ff) ge- gebene Yerzeichniss der (im Juli aufgefundenen) Macrolepidopteren der Südseite des Simplon umfasst 120 Tagfalter, 29 Sphinges, 38 Bombyces, 38 Noctuen, 100 Geometriden (darunter 39 Cidaria). Von der Nord- seite des Simplons (Berisal) erwähnt er als besonders charakteristisch : Lycaena lycidas, Eucosmia certata v. simplonica, sowie von dem nahen Oanterthal CoenonymiDha darwiniana, die aus dem Laquinthal herauf- gewandert ist. IV. Zu S. 131. Grum Grshimailo (Romanoff Mem. Lep. IV, p. 214 Pamir) erwähnt aus dem Pamir die nachfolgende Höhenschmetterlinge (die dort vorkommenden Parnassius s. oben) : Pieris roborowski (12 300 bis 14200'), tadjika (9000'), rapae (7000'), canidia (7000 '), napi (8500 '), ochsenheimeri (prairies alpines), shawii (13000 bis 15200'), iranica (16000'), daplidice (13000'), chloridice (3000 bis 10000'), callidice (10000'), leucodice (10000'). p. 318. Colias Marco Polo (12 500-15 000') erate (Pamir 12 000, Alai 10 000') hyale (3000'), sieversi (9500—11000), cocandica (von 12 000 bis über 16 000'), eogene F. (9000 bis 10 000') stau- dingeri, v. pamira (10000), regia (10—11000') alpherakii (10000 und darüber), christophi (10000'), romanovi (8000—9500') thisoa (9500'), Aviscotti (3000—12 5000'). Thecla sassanides (7000—11000'), lunulata (10000'), Thestor fedtschenksi (9500'), Polyommatus solskyi (10 000'), var. fulmimans (11000'), Sultan (10000'), sarthus (8000'), phoenicurus (6500') ther- samon v. alaica (7000'), Lycaena alaina (12 000'), eversmanni (3000 bis 14000'), christophi v. rogneda (6000 — 7000'), rutilans (10500'), iris 7800— 10000'), (bellona 10500'), loewii (6000 — 8000'), zephy- rinus (2000—8000'), cytis (10000'), panaegides (v. alaica), 7500 bis 12000'), tengtroemi (3300 — 9000'), pheretes (über 25000'), phere- tiades v. pheretulus, (9000—10000'), astrarche (14000 '), venus (9000 '), eros V. erigone (12 000—13 600'), hunza (12000—15500') magnifica — 174 — 2700—7500 ') eumedon (112OO0, kogistana (9500'), pbyllis v. phyllides (8000'), kindermaüiii v. melania (6000—11000), dagmara (5500 bis 7000 '), persephatta (5500—12 000'), cyllarus (4500—8000'), chrysopes (11000'). Polycaena tamerlana v. tamir (9000 — 14 000'). Vanessa urticae (10 000'), v. nixa 9000—14000'), V. cardui. Melitaea arduinna (10000'), didyraa v. ala (10 000'), saxatilis p. fergana (9000—10000') V. maracandica (14000'), pamira (10 000'), minerva (7000—10 000'), Argynnis hegemone (9000—10000'), pales (bis 145000'), becate (10000), latbonia (11000'), aglaja (8000— 14000 '). pandora (9000'). Melanargia parce (8000'). v. lucida (7500 'j, Erebia meta (10000'), maracandica (10500'), bades (10000'), jordana (11000'), mongolica (10000—11000'), radians (11500'), Oenas bora (11200'). Satyrus beydenreicbi (10000'), lebana 6000-10 500'), wilkinsi 10—11000'), dissoluta (14000'), josepbi (10000'), pamirus (9000'), actaea var. alaica (bis 10000'), Epinepbele capella (11500'), Coeno- nympbae nolckeni (10000') sunbecca (3000 — 14000 '), Pyrgus pioteus V. prometbaes (9000'), nobilis (9500'), antonia, v. gigantea (7000 bis 8000 '), alpina 9000—15 000'), v. darwazica (10 500'), malvae (9000'), lutulentus (9500'), orbifer v. lugens (3000—10 000), Pamphila comma 10000—13000'). Macroglossa fuciformis (9500'), stellatarum (8000'), Sesia senilis (11500'), cbrysidformis v. turanica (9000'), Ino dolosa (6000 bis 10000'), Zygaena bissariensis (9000'), Zygaena cocandica (4000 bis 5000') Syntomis maracandica v. cocandica (9000'), Arctia interscalaris (7000—10000), glapbira v. gratiosa (9500'), rupicola (10 000'), Cossus campicola (8000') Endagria monticala (10 000 — 11000'), Acantbopsyche grummi (12 000'), Cbalia staudingeri (12 000 '), Dasycbira selenopbora (12 000 — 14 000'), fascelina (9000 'j. V. Zu S. 132. Sebr interessant ist die Gruppirung der Tagfalter des Pamir, welcbe Grum Grsbimailo nacb den cbarakteristiscben Eigentbümlicb- keiten ibrer verschiedenen Verbreitungsbezirke (p. 115 Rom. Mem. sur les Lep.) vornimmt. Er zählt unter der ersten Gruppe (alpine Wiesen) auf: Parnassius discobolus, romanovi, rhodius, delpbius, Pieris tadjika — 175 — oclisenheimeri, callidice v. orientalis, Anthocliaris letia, Cölias alpheraki, sieversi, h3'ale, eogene, pamira thisoa, romanovi ; Polyommatus alpheraki, sols^yi, sarthus, thersamon, v. alaica. Lycaena alaina, rutilans, tomyris, lehanus, pheretes. pheretulus, amor, venus, bucldhista, persephatta, chrysopis. Polycaena tamerlana. Vonessa urticae, cashmirensis. Melitaea ala, pamira, minerva. Argyimis hegemone, pales, v. generator, hecate V. alaica. Erebia radians, meta, mongolica. Oeneis liora. Epinephile pulchella, Coenonympha nolckeni, sunbecea; Hesperia comma, Pyrgus alpina. 24 Procent. Dritte Gruppe, welche die steinigen eboulements einnimmt und auf dem sai lebt (Erhebung über 10000' mit Oxytropis, Onosma, Androsace, Potentilla, Saxifraga, Artemisia) : Parnassius actius, charltonius, simo?; Colias cocandica, christophi^ regia: Lycaena eversmanni, sarta. Polycaena tomerlana ; Melitaea saxatilis V. fergana, var. meracandica; Pyrgus malvae. 28 Procent. Vierte Gruppe, welche die hohen Wiesen einnimmt, mit Astragalus Oxytropus, Echinospermus und Eremerus, mindestens bei 10 000': Parnassius discobolus var. ; Pieris roborowski, shawii, Colias marco-polo, cocandica, alpheraki, wiskottii, Polyommatus sultan, caspius v. transiens; Lycaena iris, bellona, cytis et var. hunza, iphigenides, actinides ; Melitaeea catapelia?; Satyrus hübneri, dissoluta, josephi, boloricus, lehana. 22 Procent. VL Zu S. 132. Grum Grshimailo gibt eine schematische Uebersicht über die geographische Verbreitung des Genus Parnassius (Romanoff Memoires sur les Lepidopteres IV, p. 148), welche erwähnenswerth ist. Er zählt nicht weniger als 31 Arten und 17 Varietäten auf. Im centralen Europa kommen vor: P. apollo, delius, mne- mosyne. In Mitteleuropa: P. apollo. In Finnland: P. apollo, mnemosyne. In Klein asien: P. mnemosyne. Im Kaukasus: P. nordmanni, apollo, mnemosyne var. Im Ural: Mnemosj^ne, apollo var., delius var. In Persien: Mnemosyne var. 176 Im Pamir: apollonius, honratlii, princeps, discobolus v., romanovi, ^ctius, delphius var, stolizkanus, charltonius, mnemosyne, rhodius, simo. Im Thian Schau: delphius, actius, discobolus, apollo var., apollonius. Im Himalaya: rhodius? himalayensis, hardwickii, charltonius, stolizkanus, jacquemonti, acco, simo. Im Altai: stubendorffi, clarius, tenedius, delius indermedius, apollo Tar., nomion. Im Bass. d. Baikal: eversmanni?, clarius V, tenedius, inter- medius, stubendorffi. Im Bourhhan Boudda: P. przewalskii, jacqemonti var. In Thibet: P. Imperator, acco? simo? Im östl. Sibirien: stubendorffi, eversmanni, corybas ?, nomion ? bremeri, delius v., sedakovii, felderi. In Japan: P. glacialis. Im nördl. Amerika: nomion, smintheus, clarius, thor. YII. Zu S. 132. Grum Grshimailo führt die nachfolgende Höhenverbreitung •der Colias-Gruppe eogene-cocand .alpine und polare Formen aufwe Colias boothi-Art — hecla Lecf. — regia Gr. Gr. — staudingeri Alp. — V. pamiri Gr. Gr. — eogene Feld. . — V. stolizkana Moor — cocandica Erch. — behri Edw. — nastes B. . — werdandi Z. . — V. melinos E. — phicomone L. ea auf: (Mem. Lep. IV, 266), welche st Contrees polaires . desgl. Zone alpine 11000 p. 7 -11000'. 10— 11 000 ^ 10— llooo^ 11000'. 11 — 14000' Contrees polaires. — subpolaires. Zone alpine. — 177 — VIII. Zu S. 159. Nach Elwes (Tr. Ent. Soc. Lond. 1881, p. 1 ff) wird Colias fieldii im NW. Himalaya von 900' bis 14 800' gefunden. Sie ist im April bei 3500 bis 4000 ' in Kula vorhanden bis Mai, verschwindet dann auf dieser Höhe, um im Herbste bei 6000 bis 10 000' sich zu ünden. An der tibetanischen Grenze findet sie sich im Herbst von 10 — 12 000', in Kaschmir von Juni bis August bei 6000 bis 10 000'. €olias dimera Doubl., von der dimora und euxanthe wohl Varietäten sind, wird am Chimborazo gefunden, sowie in den Anden von Ecuador, am Pichincha bei 11000 — 12500', am Antisana bei 16000'. Colias lesbia, in Patagonien verbreitet und in Argentinien einen der gemeinsten Tagfalter darstellend, kommt in den Anden von PJcuador an verschiedenen Stellen vor, 8000—12 000' hoch. Colias eogene findet sich auf den Alpenpässen, die vom Himalaya nach Ladak führen, von 11000' an aufwärts, in Ladak selbst bei 16000—17000'. Colias staudingeri fliegt in den hohen Bergen bei Kuldja 7000 l)is 12000'. IX. Zu S. 159. Elwes (a revision of the genus Argynnis in Trans. Ent. Soc. London 1889 p. 535 ff.) führt vom Genus Argynnis folgende Arten als alpine (und zugleich arktisch) auf. Argynnis v. triclaris (Color. 10 000'), A. hegemone (Thianchan 6000'), myrina (Rocky mountains) altissima (Sikkim bor. summ, alp.) gemmata, (Sikkim) bor. alp.; Ladak), clara (NW -Himalaja 12 000'?, Kaschmir) jerdoni (Kaschmir) (8000 — 12000'), gong (Thibet or), pales (Alpes Pyr. , Eur. bor, Asia centr. ad 69^, Himalaya oc. et or. montes) v. generator (Turkestan, Ladak) v. caucasica (Kaue, montes , Arm. montes), chariclea (Rocky mountains), helena (Rocky mountains i (7000 — 12000'), freya (Colorado), amathusia (Alp., Altai), frigga (Rocky mountains), thore (Alpes, Scand.), astarte (Brit. Columbia) ino , v. amurensis (Japan 5000'), lathonia v. isaea (Himalaya) lathonioides (Chili 6000'), modesta (Chili montes 8000—10000'), aglaja v. vithala (Ladak 15000'), jainadeva (NW.-Himalaya, Ladak (7000 — 12000'), kamala (Himalaya bor. occ. 6000—7000 '), childreni (Himalaya 6000—10,000 '). Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51 12 — 178 — X. Zu S. 160. Ueber die Verbreitung der Gattung Erebia finden wir folgende Angaben bei Elwes (Trans. Ent. Soc. Lond. 1889, p. 317 ff.): Erebia epiphron (Hung, Siles), v. cassiope (Alpes, Pyr. Hung; ; melampus (Alp., Hung, v. sudetica ( Sil. montes) ; eriphyle (Helv. alpes); areta (Cav. alp.); mnestra (Alp. Gal). E. maurisius v. haberhaueri (Tarbagatai, Alatau) ; kindermanni (Altai); turanica (Alatau, Namagan Thianschan (3000—10 000'), pharte < Alp. Pyr. Styr.) ; nianto (Alp. Pyr. Hung. alp.), V. vogesiaca (Vogesen 3800 — 4000') v. caecilia (Alp. Pyr.) V. pyrrhula (Graub. 7—8000'); ceto (Alp., Hung. alp., Gal. alp.)/ oeme (Alp. Gal. montes, Pyr.); spodea (Austr. et Styr. alp.); medusa^ V. hippomedusa (Helo 3700— (iOOO'), epispodea (Col. alp. 9500' Idaho 7000') V. brucei (Colorado 12 000'); stygne (Germ, et Gal. montes^ Pyr., Daghestan), nerine (Germ. Pyr. montes), v. stelviana (Stelvio morula (Tyrol. alp.); scipio (Gal. alpes, Digne) E. melas (Hung., Graecia, Pyr. 7 — 9000', v. astur (8000'), v. lefebrei (Pyr. 6 — 8000'); evias (Val. Ped. et Gal. alpes, Pyr. Hisp., E. glacialis (Helv. et Tyr. alpes); magdalena (Colorado 12 — 14000'), meta (Turkestan) ; lappona (Alp. Pyr. Scad.) v. stenyo (Pyr.); ocnus (Alatau), sibo (Kuldja, Thianschan, Transili), kalmuka (Kuldja montes), radians (Kuldja). E. tyndarus (Alp, Pyr. Hung. et Gal.) v. dromus (Pyr. Cauc.) v. hispania (Andalusia), v. ottomana (Arm. montes, Graeciae montes); gorge (Sum. alp., Pyr.); goante (Alpes); pronoe (Alp. Gal. Hung.) v. pitho (Alp. Pyr.); E. aethiops (Gal. alpes); ligea v. euryale (Alp. Pyr. Sib. Hung. It.) myops (Alatau) ; maracandica (Alai, Pamir) : kalinda (Him. 9 — 13000'); shallada (Him. occ. 8000'); mani (Ladak), v. jordana. (Namagan), v. roxane (Pamir), hades (Alai). BEITEÄGE ZUR LEPIDOPTEKEN-FAÜNA DES MALAYISCHEN ARCHIPELS. (XII.) Von DR ARNOLD PAGENSTECHER (WIESBADEN.) 12' Ueber einige Schmetterlinge Yon der Insel Bawean bei Jaya. Hofrath Dr. B. Hagen hat in den Nassauischen Jahrbüchern für Naturkunde 1896, S. 171 ff. einen interessanten Beitrag zur Rhopaloceren- fauna der Insel Bawean geliefert, in welchem er 42 Tagfalterarten ver- zeichnet. Durch die Güte meines Freundes, Hauptmann Holz auf Java, bin ich in den Stand gesetzt, die Mittheilungen von Herrn Dr. Hagen zu bestätigen und zu erweitern, indem mein verehrter Freund und lang- jähriger, eifriger Yersorger mit Lepidopteren aus dem malayischen Archipel mir eine kleine Sendung von Schmetterlingen von iener Insel machte. Leider herrschten während des Aufenthaltes des Sammlers auf Bawean so ungünstige klimatische Bedingungen, dass die Ausbeute nur spärlich ausfiel. Dr. Hagen erwähnte in seiner Arbeit, dass die geographische Lage von Bawean zwischen Java und Borneo derselben ein nicht geringes zoogeographisches Interesse zuweise. Ausser Java und Borneo kommen für die Besiedlung der keinen Insel noch Südcelebes und die kleinen Sunda- Inseln in Betracht. Auch war die Insel wohl im Stande, Lokalformen hervorzubringen. Das nachstehende Verzeichniss der mir zugekommenen Arten — die von Dr. Hagen noch nicht erwähnten sind mit * bezeichnet — bestätigt das von Dr. Hagen in seiner xlrbeit Gesagte zumeist. *1. Ornithoptera (Troides) hefena L. (pompeus Cramer). Ich erhielt. 2 cf c^ und 1 9^ welche der javanischen Form zuzurechnen sind. Die cTcf haben völlig schwarze Vorderflügel, die Hinterflügel zeigen starke Entwicklung der submarginalen schwarzen Flecken, welche bei dem einen Exemplar sich in allen Zellen finden. Bei dem andern fehlt der zweite. Die je zu unterst und oberst gelegenen Flecken sind die grössten. Das 9 zeigt starke gelbliche Färbung — 182 — längs der Adern der Vorderflügel, die Hinterflügel eine starke Entwicklung der submarginalen Keilflecke, wodurch das Exemplar viel dunkler erscheint, als javanische, wenigstens als solche von Ostjava. Papilio polytes theseus Cramer. Die von Dr. Hagen gemachte Bemerkung, dass das weisse Mittelband der Hinterflügel des Q schmäler wäre, als bei Exemplaren von Java, Sumatra und Borneo, trifft auch bei dem mir zugekommenen § zu. Papilio memnon L. Ein 9 zu der Form agenor L. gehörig liegt mir vor. P. peranthus F., var. baweana Hagen. Ich erhielt 1 cf und 1 9- Das 9 stimmt im Allgemeinen mit der Beschreibung überein, welche Hagen von seinen Exemplaren gibt. Es ist indess etwas grösser, als diese. Auf der Oberseite sind die stärker entwickelten grünen Halbmonde der Hinterflügel auffallend; die grüne Färbung der Vorder- und Hinterflügel geht viel mehr in das Bläuliche über wie bei javanischen Exemplaren und entfernt sich wesentlich von der grüngoldenen der Sambawa-Exemplare, welche Früh stör f er neuerdings (Soc. Cat. 1898, No. 22) als Subspecies peranthus transiens bezeichnet. Der helle von Hagen erwähnte Fleck an der Costa der Hinterflügel ist vorhanden. Auffallend ist die hellere, mehr weisslich-röthliche Färbung der Aussenhälfte der Hinterflügel. Das schwarze Mittelband ist schmal. Das rf zeigt ebenfalls auf der Oberseite eine mehr grünblaue Färbung. Der Verlauf der schwarzen Mittelbinde ist nach innen convex. Die Unterseite ist nicht erheblich ^on der bei javanischen Exemplaren verschieden, die Augenflecken etwas stärker gelblich und bläulich. . Papilio coon Fabr. Die zahlreich erhaltenen Stücke sind nicht wesentlich von javanischen verschieden, ausser dass die w^eisse Mittelparthie der Hinterflügel etw^as reducirt erscheint. . P. eurypylus axion Felder. Hagen nennt seine Exemplare telephus. Das mir vorliegende Exemplar unterscheidet sich von meinen ost- javanischen durch eine viele schmälere Mittelbinde. . Tachyris nero F. Ich erhielt ein (f, w^elches von javanischen durch den Mangel einer schwärzlichen Umrandung der Vorder- und Hinterflügel sich unterscheidet. Es ist übrigens nicht kleiner, als — 183 — ostjavanische wie dies Hagen von seinen Exemplaren angibt; die Färbung ist ziemlich dieselbe. 8. Delias egialea Cramer. Es liegen mir mehrere Exemplare vor, welche javanischen völlig entsprechen. 9. Melanitis leda L. Nur ein 9 erhalten. Auf der Oberseite mit grossem schwarzem, weiss doppeltgekernten und nach innen gelb umzogen Apicalfleck der Yorderflügel und kleinem weissen Annal- fleck der Hinterflügel. Auf der Unterseite nur sehr geringe An- deutung von Ocellen. 10. Lethe europa F. Ein gut erhaltenes 9 ohne Besonderheiten. 11. Elymnias lutescens Btl. In zahlreichen rfc?' und 99 eingesandt- Die 9? si""^^ grösser und heller gefärbt. 12. El. baweana Hagen. Ebenfalls in zahlreichen rTcT und 99 erhalten. Ist wohl kaum von El. lais zu trennen, sondern nur eine auf den Vorderflügeln verdunkelte Lokalvarietät, bei welcher durch den dadurch hervorgerufenen Gegensatz in der Färbung die Hinter- flügel noch heller erscheinen. Die cTcr" sind lebhafter gefärbt als die 99. Ein Unterschied in der Grösse gegenüber lais, den Dr. Hagen aus seinem einzigen 9 herleitet, finde ich nicht begründet. 13. Cethosia penthesilea Cramer. Mehrere cTcT erhalten, welche an Grösse verschieden, an Zeichnung und Färbung javanischen Exem- plaren entsprechen. 14. Symphaedra annae Hagen. Ich erhielt zahlreiche cfcf "^d 95^ welche der Hagen 'sehen Beschreibung entsprechen. Wiewohl die 99 si^^ ^'^u denen von Symphaedra dirtea erheblich unter- scheiden, haben wir es doch hier nur mit einer Varietät zu thun von dieser auch sonst je nach den verschiedenen Lokalitäten, in denen sie vorkommt, variirenden xlrt Herr Sn eilen theilt mir brieflich mit, dass er ähnlich gefärbte Exemplare, wie annae, auch aus Java erhalten habe. 15. Euthalia kastobo Hagen. Auch diese auf ein einzelnes 9 gegründete Art halte ich für eine interessante, auf der Oberseite verdunkelte, auf der Unterseite viel lebhafter gefärbte und gezeichnete Varietät von Euthelia garuda, welche bekanntlich, wie dies auch schon Hagen angibt, sehr variirt. Es liegen mir 5 cTcT und 2 99 vor, welche ziemlich mit der Borneoform von garuda zusammen- — 184 — fallen. Damit sind sie allerdings von der Abbildung D ist an t 's von Malakka-Exemplaren, namentlich auf der Unterseite, recht er- heblich verschieden. Oberseits ist das 9 dunkler, als Malakka^ Exemplare, auf der Unterseite ist die äussere Parthie der Vorder- und Hinterflügel glänzend weissröthlich, metallisch schimmernd, die innere Flügelparthie gelblichgrau, die dunklen Bänder und Flecken scharf ausgeprägt. Auch bei den cJ^cT ist die Oberseite viel dunkler, die Zeichnung der Bänder und Flecken wie die Färbung derselben sehr scharf und deutlich, die äusseren Flügelparthien metallisch schimmernd, die inneren Flügelparthien dunkler, als beim 9- *16. Euthalia lubentina Gramer. Nur cTd^ erhalten, welche ebenfalls erheblich dunkler gefärbt erscheinen, als indische Exemplare. Es ist wohl unnöthig, denselben in der neuerdings so beliebten Manier einen Namen zu geben. *17. Limenitls procris Gramer. Einsehr lebhaft gezeichnetes Exemplar erhalten, dessen schmales, centrales, weisses Band aus durch die Adern unterbrochenen w^eissen Flecken auf den Vorderflügeln, auf den Hinterflügeln aus fünf schmäleren Flecken gebildet wird. Am Apex zwei kleinere weisse Flecken, Auch hier halte ich es für unnöthig, diese armen Heiden zu taufen. 18. Ämblypodia adatha Hew. Ein Exemplar, ohne Besonderheiten, er- halten. *19. Sithon jangaia Norsf. Ein 9 ^^ der Ausbeute. *20. Udaspes folus Gr. Zwei gut erhaltene Exemplare. *21. Ophthalmis milete Gr. cTd^ und 99 erhalten, die erstem mit gelblicher Schneide der Yorderflügel und gelblichen Flecken, die letztern mit mehr weisslichen. *22. Euchromia horsfieldi Moore. Nur ein Exemplar, gleich solchen von Sumbawe. *23. Cricula trifenestrata Helf. Yiele, sehr variirende Exemplare, helle und dunkle erhalten. *24. Chalcosia metachloros Wek. Ein cT, gleich javanischen. — 185 — II. Uel)er Lepidopteren Yon den keinen Snnda-InselD, Suinba, Sanibawa, Alor. In den Jahrbüchern des Nassauischen Vereins für Naturkunde von 1896 (Jahrgang 49) habe ich S. 95 ff. über eine Sammlung von Lepidop- teren berichtet, welche mir von den Inseln Sumba und Sambawa zuge- kommen waren. Ein mir neuerdings zugesandtes Material von solchen aus Sumba, Sambawa und Alor setzt mich in den Stand zu nachfolgenden Bemer- kungen. Rliopalocera. Papilio memnon L. var. merapu Doherty. 9 Sumba. Von dieser Lokal- form des allbekannten memnon standen mir früher v^on Sambawa mehrere cfcT und 29' ^'^^^ Sumba nur ein cT zu Gebote, deren Eigenthümlicbkeiten ich 1. c. S. 105 ausführlicher erörtert habe (Vergl. auch Rothschild in Novit. Zool. 1895, S. 325.) Ein nunmehr erhaltenes 9 ^^n Sumba, dessen Besonderheiten bisher unbekannt waren, will ich hier beschreiben. Rothschild hat bekanntlich die Sambawaform (r^) von memnon, welche auch auf Lombok vorkommt (S. Fruhstorfer, Berl. Ent. Zeitschrift 1897, S. 13) als memnon clathratus in Nov. Zool. III, S. 322 von der Doherty 'sehen Sumbaform merapu unterschieden, und zwar nicht allein wegen der geringeren Grösse, sondern weil die Randparthie der Hinterflügel auf der Unterseite w^eniger gelblich, meist grau und mehr nach dem Diskus verbreitert ist und weil die grauen Strahlen der Oberseite der Hinterflügel nahe dem Rande breiter werden. Das 9 von merapu Doh. w^ar ihm unbekannt, das 9 von clathratus beschreibt er Nov. Zool. 1895, S. 316. Das mir vorliegende Weibchen von memnon var. merapu von Sumba ist etwas grösser, als die mir vorliegenden 99 ^'^^^ ^- clathratus von Sambawa. Die allgemeine Färbung ist eine bedeutend hellere, indem nicht allein die schwarzen Streifen zwischen den Adern viel weniger stark ausgeprägt sind, sondern indem auch auf den Ilinterflügeln — 186 — das bei v. clatliratus weit in die Mittelzelle vorspringende Schwarz des Orundes auf die innerste Partliie desselben bei var. merapu beschränkt bleibt. Auf den Vorderflügeln ist der rothe Basalfleck bei merapu ver- waschen und nicht wie bei clathratus Rothschild scharf begrenzt. Auf den Hinterflügeln ist, wie bemerkt, nur der Grund schwarz gefärbt, die Adern dicht schwarz beschuppt, der Diskus weisslichgelb. Der grössere Theil der Mittelzelle, wie die nach der Costa zu gelegenen Zellen, welche bei var. clathratus schwarz sind, sind weisslich, die äussersten Parthien des Diskus gelblich angelaufen. Die bei clathratus schuppen- förmigen, schwarzen, submarginalen Keilflecke sind bei v. merapu un- gemein verlängert keilförmig, nach innen zugespitzt. Auf der Unterseite ist der Gegensatz in der Färbung ebenso aus- gesprochen, wie auf der Oberseite. Der rothe Basalfleck der Vorderflügel verwaschen, die weisslich gelbe Diskalfärbung ausgedehnter, die gelb- liche Umsäumung der schwarzen Keilflecke stärker entwickelt. Der Hinterleib ist oben schwarz, in den Seiten gelblich. Pap. demoleus L. V. sthenefinus Rothsh. Auf die Verschiedenheit der auf Sumba vorkommenden Form dieses Falters von den auf be- nachbarten Gebieten der indoaustralischen Region hat neuerdings Fruhstorfer besonders aufmerksam gemacht und die Sumbaform als pictus bezeichnet. (Fruhstorfer in Berl. Ent. Zeitschr. Bd. 42 (1897). Pap. peranthus Fabr. Von dieser Art empfing ich wiederum zahlreiche rj^' und 99 von Sambawa, welche sämmtlich die von mir an- gegebenen Charaktere tragen (1. c. S. 109), wegen denen Herr Fruhstorfer diese Form als transiens von der R ob er 'sehen von Bonerate stammenden fulgens trennen zu können glaubt. Die leichten Abweichungen der Sumbawaform von der javanischen scheinen allerdings constant (ich bemerke, dass das von mir in meiner Arbeit erwähnte , zu javanischen hinneigende Exemplar wirklich von Java stammte, wie sich nachträglich herausgestellt hat.) Alor-Exemplare rechnet Fruhstorfer (1. c. S. 309) nach 5 c^rf , die sich durch leuchtend grüngoldenes Colorit und namentlich durch leuchtend goldige Subapicalbinde und durch kräftigere breite Anlage der schwarzen Medianbinden auszeichnen sollen, zu einer als aberratio phoebus bezeichneten Form, von welcher cTc/ aus Flores Uebergänge zu transiens von Sambawa und Lonibok bilden sollen. Mir liegen von — 187 — Alor sowohl rf.cT als 99 voi% clereii Unterschiede von Sumbawastücken als recht geringfügig erscheinen. Man könnte wohl sagen, dass die cTcf von Sumbawa mehr goldgrün, die cTcf von Alor mehr grüngold, auch im Allgemeinen etwas grösser sind und dass die Filzflecken der Yorderflügel bei Alorstücken etwas weniger ausgebreitet erscheinen. Die 99 von Alor sind ebenfalls etwas grösser, als die von Sambawa. Auf der Unterseite bemerke ich keine auffallenden Verschiedenheiten. Pap. neumoegeni Hodrath. Die mir neuerdings zugekommenen Stücke bekunden die Constanz der Art bei cf(^ und 99- P. helenus biseriatus Rothschild Nov. Zool. II, 287 habe ich in einem 0^ Exemplar von Sambawa erhalten. Pap. sallastius Staudinger. Zahlreiche Exemplare von Sumba, leider nur cTcf, bleiben sich sehr gleich. Ein Exemplar von Alor ist kaum verschieden von denen von Sumba, höchstens dass die Mittelbinde etwas schmäler erscheint, wie auch die sonstigen Flecken etwas kleiner und weniger scharf abgesetzt erscheinen. P. eurypylides von Sambawa, der auch auf Lombok (Fruhstorf er, Berl. Ent. Zeitschr., S. 13) fliegt, habe ich ebenfalls bisher nur in (^fcT Exemplaren erhalten. Pap. sarpedon L. Von dieser Art unterscheidet Rothschild die mit breiterer Mittelbinde versehene Form von Sambawa als P. sarpedon adonarensis (Nov. Zool. III, S. 325) von der mit schmälerer Mittelbinde versehenen Form sarpedon jugans (1. c. S. 324) die auch auf Lombok vorkommt. (Fruhstorf er, Berl. Ent. Zeitschr. 1897, S. 13). Pap. oreon Doh. Stücke von Alor unterscheiden sich nicht von Sumba- Exemplaren. Delias periboea Godart. Meine Exemplare von Alor haben auf der Unterseite der Hinterflügel die rothen Saumflecke durchgehends kräftig entwickelt, während die Samba -Exemplare (var. pagen- stecheri nach Fruhstorf er) sowohl bei cTcT als bei 99 ^^^ dritten, vierten und fünften rothen Flecke ganz verwaschen sind. Auf der Oberseite sind die gelblich-weissen Strahlflecke beim 9 bei den Alor-Exemplaren kräftiger. Lombok-Exemplare (periboce livia Fruhstorf er Societas, entomol. 1896 p. 14) entsprechen den Sumbawa-Exemplaren. — 188 — Delius sumbawana Rothschild, Nov. Zool. 1., p. 662. cf (1894), II, Taf. VIII, Fig. 5, (1895), welche mir in der ersten Sendung nicht zu- gekommen war, habe ich nunmehr in männlichen und weiblichen Exemplaren von Sambawa erhalten. Die letzteren unterscheiden sich auf der Unterseite nur wenig von den cTö^, auf der Oberseite sind sie schwarzbraun, die Adern weiss bestäubt, die meisten Randflecke kräftig entwickelt, die submarginalen rothen von der Unterseite her durchschimmernd. Deüas fasciata Rothschild, Nov. Zool. I, p. 362, habe ich nunmehr auch in w^eiblichen Exemplaren von Sumba erhalten. Sie ent- sprechen der Abbildung von Grose Smith (Rhop. Exot, Del. IV, Fig. 1). Catopsilia crocale Cr. in der Form flava Btlr. von Alor erhalten. Catops. catiüa Cr. Ich erhielt ^rj und 99 mit rothen Fühlern von Alor; die 99 i^^ ^^^ ^^n Butler (Rhop. Exot.) abgebildeten Form mit röthlichen, brauiiroth umzogeuen Flecken der Unterseite. Euploea deheeri Doh. Von dieser, nach einem männlichen Exemplare von Doherty (Buttfl. Sumba und Sumbawa, p, 163) aufgestellten Art erhielt ich in der zweiten Sendung mehrere, auch weibliche Exemplare (gefangen Dezbr. 1896). Die Weibchen, welche mittler- weile auch von Frühst orf er (Berl. Ent. Zeitschrift 1897, p. 123) nach Exemplaren von Lombok beschrieben wurden, sind im Allgemeinen etwas kleiner und namentlich gegen den Aussenrand hin heller. Sehr verschieden sind die ^T^^f in der Entwicklung^ der weisslichen Flecke auf der Oberseite, wäe der Unterseite beider Flügelpaare, so dass man ohne Berücksichtigung der in der inneren und äusseren Hälfte sehr charakteristisch verschieden gefärbten Unterseite, wie der dort nicht fehlenden diskalen Flecke ver- schiedene Arten vermuthen könnte. Die Beschreibung Doherty 's passt deshalb auch nicht auf alle Exemplare, insofern sowohl die diskalen, als submarginalen und marginalen Flecke der Oberseite, besonders aber auf der Unterseite an Zahl ausserordentlich wechseln, wobei indes die Unterseite mit der Oberseite einigermaassen corre- spondirt. Während ein Exemplar nur zwei kleine submarginale Flecke der Oberseite der Vorderflügel in Zelle 2 und 3 zeigt, hat ein anderes ausser diesen noch 5 weitere und 2 an der costa,. wie auch 2 diskale. Auf den Hinterflügeln zeigen sich zumeist — 189 — drei submarginale Flecke auf der Oberseite; auf der Unterseite trägt der Vorderflügel meistens einen Fleck in der Zelle, um welchen im Halbkreise 5 diskale. Submarginale sind in der Zahl von 2 bis 6 und an Grösse verschieden entwickelt. Marginale sind meist schwach bis zu 5 zu erkennen. Auf der Unterseite der Hinter- flügel stehen 4 Flecke in der Zelle, umgeben von 7 diskalen, 3 bis 4 submarginalen und bis 11 marginalen. Euploea dongo Doh. habe ich nunmehr ebenfalls erhalten. Sie ist = gelderi Snellen und kommt auch in Flores und auf Lombok vor. Euploea atossa Pag. Ton dieser Art, welche ich nach einem cT auf- stellte und abbildete, habe ich weitere Q^(f und auch 99 erhalten. Sie zeigen, dass auch diese Art variirt. Mehrere der 55 ^"^^^ dem abgebildeten Exemplar (1. c, p. 132, Taf. III, Fig. 2, .^f (nicht 9) sehr ähnlich, doch sind bei beiden die marginalen und submargi- nalen weissen Flecke der Oberseite der Hinterflügel sehr viel stärker ausgeprägt, so dass das eine Exemplar 7 submarginale grössere und 12 marginale Flecke zeigt, die nach dem Yorder- rande hin mehr und mehr verblassen. Auch zeigt ein Exemplar in der oberen Hälfte des Yorderrandes zwei undeutliche weiss- liche Flecke. Ein drittes Exemplar hat längs des Apex des Yorder- randes einen verwischten bläulich-weisseu Fleck und drei marginale und submarginale des Hinterflügels. x\uf der Unterseite sind diese drei Exemplare dem abgebildeten sehr nahe kommend, doch haben sie hier dieselben weisslichen submarginalen Flecke der Yorder- flügel, welche dem abgebildeten . Exemplare fehlen. Bei einem Exemplare stehen auch noch einige marginale Flecke der Yorder- flügel neben den stark entwickelten submarginalen und sind auch hier eine Reihe von 7 kleineren bläulich-weissen diskalen Flecken vorhanden, während die submarginalen und marginalen weiss- lich sind. Das dunkelbraunschwarze, an den Rändern etwas hellere 9 zeigt auf der Oberseite der Yorderflügel am Yorderrande weiss- liche Flecke, am Hinterrand ebenfalls einen. Die Hinterflügel haben die submarginalen und marginalen Flecke viel stärker entwickelt, als beim rf, die äusseren sind etwas strahlenförmig. Am Ende der Zelle ein weisslicher, rundlicher Fleck. Die Unterseite der Yorderflügel ist heller braun, namentlich am Aussenrand, der Innen- rand ist bläulich -weiss mit bläulich- weissem Längsstrahl. Am — 190 — Vorderrande in der Mitte ein weisslicher, rundlicher Fleck, am oberen Theil des Aussenrandes zwei submarginale und ein margi- naler Fleck, ebenso am unteren Theil desselben ein kleiner weiss- bläulicher Fleck, nach aussen ein ebensolcher in Zelle 3 und ein grosser, viereckiger, bläulich-weisser in Zelle 2. Hinterflügel braun, aussen heller mit 7 diskalen, bläulich- weissen Flecken, einem in der Mittelzelle und mit einer Reihe von submarginalen, läng- lichen und marginalen, mehr rundlichen, weissen Flecken. Fransen schwarz und weiss, Brust, Kopf und Hinterleib mit weissen Flecken. Fruhstorfer (ßerl. Ent. Zeitschrift 1897, p. 123) stellt die von mir als Crastia bezeichnete Art zu Isamia und beschreibt die Lombok- form des cf? welche die auch oberseits sehr deutliche aus breiten^ grossen Längsflecken bestehende Submarginalbinde zeigt, wie dies auch einige meiner Stücke tliun. Die Lombokweibchen differiren nach ihm^ abgesehen von dem Fehlen der secundären, sexuellen Charaktere, nur durch das Auftreten eines sehr langen, weiss-violetten, breiten Streifens auf der Vorderflügel -Unterseite, welcher sich unter die Submediana lagert und ^/g der Flügelbreite einnimmt. Cynthia arsinoe Gramer. Von dieser Art, welche bekanntlich bemerkenswerth variirt, und welche ich von Samba und Sambawa, Fruhstorfer als Cynthia erota aurosundana (Berl. Ent. Zeitschrift 1895, p. 341 und 1897, p. 4) von Lombok erwähnte, habe ich von Alor ^Tc^ und 99 ^^ ebenfalls etwas veränderter Tracht erhalten, welche einem tauf lustigen Entomologen Gelegenheit zur Anbringung eines neuen Namens, alorensis, geben würde. Ich glaube, dass es genügt, wenn man diese Alorform als solche beschreibt. Das (f ist lebhaft rothbraun, die schwarzen Wellenlinien deutlich; auf den Hinterflügeln stehen zwei kleine, schwarz ge- kernte Augenflecke, die Milte der Costa ist etwas heller gefärbt. Die Unterseite ist heller in Färbung und erscheint bunter durch die fast gerade mittlere und die gewellten äusseren Querlinien, wie durch die weisslichen Flecke am Apex des Vorderflügels, den schwärzlichen am Hinterwinkel und die längs des geraden röth- lichen Querstreifens auf den Hinterflügeln nach aussen auftretende weissliche Färbung. Die innere Hälfte der Flügel ist mehr hell- — 191 — roth, die äussere violett; in der letzteren stehen auf den Hinter- flügeln zwei schwarz und blau gekernte Augenflecke. Der 9 ist auf der Oberseite beider Flügelpaare grünlich-braun mit -weiss- lichen, schwarz eingefassten Querbinden, welche auf den Vorder- flügeln aus dreifacher Reihe verschieden grosser und nach aussen verblassender Zackenflecken besteht, auf den Hinterflügeln einfach ist und den Hinterwinkel nicht erreicht. Am Rande eine doppelte schwarz gewellte Marginallinie. Auf den Hinterflügeln zwei röth- lich-braune, schwarz und blau gekernte Augenflecke. Die Unter- seite ist blassbraun, schwach violett überhaucht, die Zeichnungen der Oberseite viel schwächer markirt. Im Apex des Vorderflügels eia rundlicher, weisslicher Fleck, am Hinterwinkel eine lineare, etwas verwaschene schwärzliche Färbung. Junonia timorensis Wall. Von Alor erhielt ich eine kleine Anzahl sehr schöner, grosser und namentlich auf der Unterseite lebhaft variirender Stücke. Die Oberseite der Vorder- und Hinterflügel ist röthlichbraun, mit Schwarz übergössen, der eine Augenfleck auf den Vorderflügeln, die weissen Agitalflecke daselbst und die 4 bis 5 Augenflecke der Hinterflügel deutlich entwickelt, die Aussenränder heller roth- braun. Die Unterseite ist sehr bunt gezeichnet und ändert ab, je nachdem die weisslichen, aschgrauen, röthlich-braunen oder schwärzlichen Tinten überwiegen. Die schwarz gekernten Augen- flecke sind auf den Vorderflügeln in der Zahl von 3, auf den Hinterflügeln von 3 bis 5 deutlich, von denen aber die 2 mittleren stets schwach entwickelt sind. Auf den Hinterflügeln ist die braune, nach innen heller eingefasste Längsbinde, die vom Innen- rand znm zugespitzten Afterwinkel führt, stets deutlich ent- wickelt. Precis ida Cr. Sie kommt auch auf Alor vor, von wo ich ein olivengrünes Stück mit lebhaft weiss gescheckten Fransen und kleinen rothen Augenflecken der Oberseite erhielt. Die Unter- seite ist purpurbraun, mit ganz geringer Andeutung der Augen- flecke der Hinterflügel. Der Apex der Vorderflügel ist weisslich, die Fransen der Vorderflügel lebhaft weiss gescheckt. Limenitis hollandii Doh. In meiner Sumba- Arbeit habe ich diese Art p. 143, Note, als nicht erhalten und ttatt ihrer Athyma seleno- — 192 — phora, mit der ich sie verwechselt hatte, aufgeführt. Ich sehe mich genöthigt, die Athyma-Art einzuziehen und statt ihrer Lim. hollandii als zahlreich empfangen hier zu bemerken. Hypolimnas sambawana Pag. Diese neue und schöne Art habe ich als von Sambawa in einigen Stücken erhalten, in den Entomologischen Nachrichten 1898, No. 6, p. 81, beschrieben. Rhinopalpa sabina Gramer. Von Alor erhielt ich diese Art in sehr lebhaft auf der Unterseite variirenden Stücken. Symphaedra aegle Doh. Von dieser Art oder wohl besser dirtea Varietät habe ich neben einigen Männern nun auch das Weib erhalten. Die Oberseite der Vorderflügel desselben ist schwarz mit gelblichweissen Flecken bis zur Mittelzelle, von da an bis zum Aussenrande mit grünlich-weissen ; nur die obersten sub- marginalen sind wieder gelblich. Die Hinterflügel sind schwärzlich, alle Flecke orangegelb, nach dem Afterwinkel hin etwas grünlich- blau umsäumt. Die Unterseite der Vorderflügel ist schwärzlich, an der Costa und am Aussenrande gelblichbraun. Die Flecke sind etwas kräftiger entwickelt, als auf der Oberseite, bläulich, grünlichweiss, am Grunde der Mittelzelle einige kleine bläuliche. Die Hinterflügel sind am Grunde verwaschen schwärzlich und fahlgelb. Die (7) submarginalen Flecke sind schwärzlich, ge- winkelt, die gelblichen um sie herum und im Diskus, wie die kleinen im Grunde erdfarben. Palpen, Brust, Beine und der Hinterleib unten gelblich, oben schwärzlich. Ich halte S. aegle, ebenso wie S. annae von Borneo nur für eine der zahlreichen Varietäten, in denen S. dirtea erscheint. Doleschallia bisaltide Gramer. Von Alor erhielt ich ein Stück, das ebenfalls etAvas von den gewöhnlichen Formen der variirenden Art abweicht. Auf der Oberseite sind die vier apikalen weiss- lichen Flecke, das aus drei durch die Adern getheilte heller- gelbe Querband im schAvarzen, den ganzen Apicaltheil von über der Mitte des Gostalrandes bis zum Hinterwinkel, dort sich zu- si^itzend, einnehmenden Grund deutlich entwickelt. Der innere Theil des Vorderflügels ist röthlichbraun, nach dem oberen hin etwas heller. Die braunrothen, am Aussenrande schwarz um- säumten Hinterflügel zeigen zwei ganz kleine schwarze Augen- flecke. Die Unterseite aller Flügel ist eintönig zimmetbraun. Es — 193 — zeichnen sich ausser dem dunklen liängsstreifen nur schwache weissliche Apikaiflecke, die ZeichnuHgen am Grunde der Unter- flügel und die beiden Augenflecke deutlicher ab. Die um den Hinterwinkel der Vorderflügel, wie um die äussere und namentlich um den Schwanzanhang liegende Parthie der Hinterflügel ist dunkler, purpurn übergössen. Palpen und Kehle lebhaft weisslich. Charaxes jovis Staudinger. Von Alor erhielt ich ein Exemplar, welches den Sumba-Stücken sehr nahe kommt. Indess ist mehr als die Hälfte des Yorderflügels von dem breiten bis über ^3 des Hinter- randes reichenden schwarzen Apikaltheil eingenommen. Die weissen Flecke erscheinen etwas kleiner. Eine bläuliche Begrenzung des schwarzen Randes nach innen ist äusserst schwach auf den Vorderflügeln, auf den Hinterflügeln sehr lebhaft entwickelt. Libythea narina Godart. Ein Exemplar aus Alor. 2emeros strigatus Pag. von Sumba wird von Fruhstorfer (Stett. Ent. Zeitschr. Bd. 42, pag. 303) für Lokalform von phlegyas erklärt, gleichwie Z. retiarius Grose Smith, welche auf Sambawa und Lombok vorkommt. Von Lycaeniden habe ich eine Reihe von Arten nunmehr erhalten, "welche Doherty gefangen hatte, die mir in der ersten Sendung nicht zugekommen waren. Ich nenne: Hypolycaena sipylus von Sambawa, Cyaniris akasa Horsf. Lampides aelianns F. (Sambawa). Zizera pygmaea Snellen, Jamides bochus Cr. Catachrysops ancyra Feld, C. cagaya Feld, ardates Moore, Polyomatus baeticus L., Sithon isabeüa (Sambawa), IVliletus boisduvaü (Sambawa). Von Nacaduba laura Doh. kannte dieser Autor nur das 9: das -er in seiner Arbeit auf Taf. H Fig. 11 abbildet, (auf der Tafel- Erklärung steht Fig. 9 fälschlich, während Fig. 9 Lampides masu dar- stellt). Ich habe die Männchen zahlreich erhalten. Diese sind auf der Oberseite dunkel violettblau mit schwarzem, an der Spitze weisslichem Schwänzchen, ganz schmaler schwarzer Fransenlinie und weisslichen F'^ransen. Die Zeichnung der Unterseite schimmert etwas durch. Sie ist der auffallenden Zeichnung des p ähnlich, enthält aber weniger Weiss im Grunde und mehr Schwarz auch in den Streifen und Linien. Fruhstorfer (Berl. Ent. Zeitschrift 1897, p. 7) führt die Art als auf Lombok häufig auf. — Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. 13 — 194 — Von neuerdings von den genannten Inseln erhaltenen Heterocereri erwähne ich hier die nachfolgenden; Acosmeryx acteus (Sambawa), Gynautocera vacillans (Sambawa), Barsine roseoirrorata Butler, v. scripta Hampson (Sambawa), Redoa submarginata (Sambawa), Ophthalmis mil^te Gramer. Ueber diese schöne indomalayische Art, welche ich von Java^ Borneo, Oelebes, Sumba, Sambawa, Bawean, Lombok in zahlreichen Exemplaren vor mir habe, möchte ich mir einige Bemerkungen erlauben. Sie zeigt je nach ihrem Wohnort ein etwas wechselndes Gewand, welches dazu Veranlassung für die Autoren gegeben hat, sie unter verschiedenem Namen aufzuführen: 1785. Phal. noctua milete Gramer P. E. 1, pl. 18 f. d. (N.- Amerika ! fälschlich). 1854. Eusemia melite Gr. (sie) Walker Lit I p. 53. 1859. Eusemia milete Moore, Gat. Lep. E. J. G. M. IL, p. 290 pl. 13 f. 4 (Garva). 1874. Eusemia milete Boisduval, Revue Zool. pag. 94. 1874. Agarista Rosenbergi Felder, Lep. Nov. II, 2, pl. 107 f. 1 cT (Gelebes). 1877. Eusemia milete Butler, 111. typ. Het. Br. M. I, p. 9 pl. 5 f. 6 (Java). 1892. Phalenoides milete Gr. Swinhoe Lastern Het. p. 158 (Java), 1892. Phalenoides milete Kirby, Gat. Het. p. 22 (Java). 1894 Eusemia milete Pagenstecher, Jahrb. N. V. f. Nat. p. 31 (Java). 1895. Eus. milete Gr. Snellen, Sumatra Het. Iris VIII p. 142 (= rosenbergi F.). 1895. Ophthalmis milete Gr. Jordan in Nov. Zool. III, p. 49. 1896. Phalenoides milete Gr. Pagenstecher Jahrb. N. V. f. N. p. 156 (Sumba). 1997. Phalenoides milete, Pagen Stecher, Kukenthal's Picise in Abhandl. Senckenb. Naturf.-Ges. p. 431 (Borneo). Das von Gramer zuerst abgebildete Exemplar ist ein solches mit kleinen weisslichen Flecken ohne metallischblaue Einlagerungen um dieselben. Die Fei der 'sehe Abbildung von Ag. rosenbergi zeigt ein — 195 — grosses Q mit grossen weisslichen Flecken und mit reichen metallisch- blauen silberglänzenden Einlagerungen. Butler dagegen bildet ein kleines (cT) Exemplar von Java ab mit bleichgelben Flecken und gelblicher Costa und einigen metallischblauen Schüppchen. Snellen gibt bereits an, dass die auf dem Festland fehlende Art in Färbung der Flecke von gelb, blassgelb bis weiss variiren und dass die Schneide des Vorder- randes der Yorderflügel beim (/ gelb, beim 9 schwarz sei. Die mir vor- liegenden (25) Exemplare verhalten sich wie folgt: 1. Exemplare von Java. Ein 9 von Südjava ist gross mit kräftig entwickelten weisslichen Flecken und massigen blauen Ein- lagerungen, ebenso ein solches von Mitteljava. 3 cf cT von Westjava sind blau, mit schwach gelblichen Flecken, gelblicher Costa, gelblichen Beinen und sparsamen metallischblauen Ein- lagerungen. Die Fühler sind gegen die Spitze weisslich. 2. Exemplare von Bawean (Insel bei Java). ^ cT d^ sind blau mit gelblichen, fast orangen Flecken, gelblicher Costa und zahlreichen metallischblauen Einlagerungen, wie bei einem Borneo-Exemplar. Der Fühlerschaft ist schwärzlich. 3 9 9 sind grösser mit lichtgelben grossen Flecken und sparsamen blauen Einlagerungen. Costa, wie Beine schwärzlich. Fühler- schaft schwärzlich. 3. Ein Exemplar von Borneo (q^) hat mittlere Grösse, gelbliche Co3ta, sparsame blaue Einlagerungen zwischen den leicht gelb- lichen Flecken. Fühlerschaft an der Spitze weisslich. 4. Exemplare von Celebes. Ein grosses 9 von Tombongo in Ostcelebes, von R i b b e gesammelt, hat weissliche sehr kleine Flecke und sehr sparsame silberblaue Einlagerungen im Diskus und am Grunde. Fühler oben durchaus weisslich, nicht nur gegen die Spitze, unten schwärzlich. Beine unten schwärzlich. Dieses Exemplar entspricht der Felder 'sehen Abbildung von rosenbergi. Ein zweites d' ebendaher ist kleiner, hat grössere etwas leicht gelbliche Flecke, gelbliche Costa und reichliche blauliche Einlagerungen. Fühler oben durchaus weiss. Beine gelb. 4 cf (^' von Samanga (Süd-Celebes\ von Fruhstorfer gesammelt, haben gelbliche Costa, grosse weissliche Flecke, sehr sparsame metallischblaue Einlagerungen. Fühlerscliaft oben weisslich. 13* — 196 — Exemplare von Sumba zeigen keine erheblichen Verschiedenheiten von javanischen. Dagegen weichen Exemplare von Sambawa wesentlich von allen anderen ab. 4 Q 9 sind sehr gross und lebhaft gefärbt. Die Flecke durchgängig weisslich, daneben sehr reichliche und kräftig entwickelte metallischblaue Einlagerungen. Zwischen den Flecken in allen Theilen der Vorder- und Hinterflügel, auf der Oberseite wie Unterseite. Die Beine sind schwarz, die Fühler nur an der Spitze weisslich. 3 cf cT sind ebenfalls kräftig entwickelt und ebenso lebhaft gefärbt, wie die 9 9' ^'^ Flecken weisslich, die Costa schwach gelblich, die Fühler nur gegen die Spitze weisslich. Sämmtliche Exemplare haben durch die kräftigen metallischschimmernden Flecke ein viel bunteres Aussehen, als die sonstigen Stücke. K i r b y zählt in seinem Catalog Agarista rosenbergi zu der W a 1 - ker 'sehen Phal. mutatus, welche indess Jordan gleichzeitig mit milete zu Ophthalmis rechnet, also wohl als verschieden annimmt. Da Kirby die Fei der 'sehe Abbildung heranzieht, die ein 9 von milete darstellt, so müsste mutatus 9 von milete sein. Boisduval trennt beide Formen. Da mir mutatus in Natur unbekannt ist, vermag ich nicht zu ent- scheiden. Fruhstorfer führt in seinem Preisverzeichnisse eine Eusemia stictica Frühst, von Lombok auf. Nach Ansicht eines solchen Stückes ist es nichts anderes, als milete ^- der von ihm ebenfalls selbstständig aufgeführten rosenbergi. Nyctemera coleta Cr. habe ich ebenfalls von Sumba erhalten, desgleichen Nyctemera iatistriga Snellen, eine Art, die öfters unter anderen Namen versandt wird, so als lombokiana Fruhstorfer. Die Art variirt in der Grösse sehr wesentlich und sind namentlich Stücke aus dem Osten kleiner, als die typischen von Celebes und den Mo- lukken. Entomogramma torsa Guerin, habe ich in einem Exemplar von Sumba erhalten (Weingapu 4. XII. 95). Pterogonia excisa Pagenst. n. sp. Eine in nur einem Exemplar erhaltene Noctuide von Sumba setze ich, wie Herr Snellen, in die von Borneo und Ceylon, wae von Indien bekannte Gattung Pterogonia. Ich setze sie zu der Section II (Craspedogonia) von Hampson, Ind. Moths. p. 363, obwohl sie auch von dieser Eigenthümlich- — 197 — keiten voraus hat. Bei dieser Section sind die Fransen der Yorder- flügel gewellt und der Aussenrand geeckt, wozu bei unserer Art noch ein Ausschnitt des Innenrandes kommt. 2 45 mm. Vorderflügel bräunlich, am Grunde, längs der Costa und mehr am Apex schwärzlich verdüstert, welche Färbung vor dem Apex dreieckig in den Flügel hereinspringt und auch am Grunde in den Diskus reicht. Der äussere Flügeltheil röthlich übergössen mit schwärz- lichen Atomen und verwischten welligen Querlinien. Der Hinterrand der Vorderflügel springt in der Mitte stark eckig vor. Ein kleiner weisslicher Punkt steht in der Flügelmitte als Andeutung der Ring- mittel, am Flügelgrunde eine fast fleischfarbene strichförmige Anhäufung etwas erhöhter Schuppen, die bis nahe zum genannten Vorsprung des Hinterrandes geht. Die Hinterflügel sind schwarzbraun mit weisslicher Querbinde von nahe dem Vorderwinkel zum Afterwinkel, der Hinter- rand ist weisslich, ebenso der Aussenrand an dem Afterwinkel und in der Mitte. Palpen, Kopf, Brust und Hinterleib sind bräunlich, letzterer trägt weissliche Ringe. Die Fühler sind bräunlich, fadenförmig, die Palpen bräunlich, dicht beschuppt, die Beine braun. Die Unterseite ist hellbraun; beide Flügel gegen den Aussenrand hin schwarz be- schattet und mit einem schwarzen Querstreifen. Der Aussenrand wie oben. Lobophora squamigera Guenee, Taf. 24 f. 13, die von Nordaustralien bekannt ist, erhielt ich in einem Exemplar von Sambawa. Ferner die folgenden Arten : Heterochroma oxygrapha Snellen (Sumba, Patadala 13 XH 1895). Boccana viridaSis Moore (Sambawa). PseudagSossa fulvipicta Butler (Sambawa) Scirpophaga virginea Z. (Patadala Sumba 16. /XL 95). Botys incoloraiis (ruficostalis Led. Sambawa). Botys miniosalis Gn. (Sumba 20./XII. 95). Oligostigma quinqualis Sn. (Sumba 6./XI. 95). Hornigia anella AV. V. Sumba). Verschiedene kleinere Noctuiden blieben bis jetzt unbestimmt. 198 III. Ueber einige Heteroceren yon Lombok. Durch die Güte des Herrn Fruhstorfer ( Berlin) empfing ich verschiedene Heteroceren, die er auf seinen Reisen im indischen Ar- chipel gesammelt hatte. Unter diesen waren namentlich solche von Celebes und Lombok vertreten. Ueber einige von der letzteren Insel stammende möchte ich mir hier einige Bemerkungen erlauben. Syntomoides microchilus Hampson, Ind. Moths. I, p. 2 12, dort von Tenasserim aufgeführt, wurde in Lombok, Sapit2000', April 1896, gefangen. Deiopeia pulchella L. in sehr grossen, stark mit rothen Flecken ver- sehenen Exemplaren ebenfalls von Lombok, Sapit 2000 ', Mai, Juni 1896, vorliegend. Argina cribraria Cr., ebenfalls ein grosses Exemplar von Lombok, Sapit 2000', Mai, Juni 1896, vorhanden. Nyctemera trita Wkl. Es liegen verschiedene Exemplare, ebenfalls mit Lombok, Sapit 2000' hoch, Mai, Juni 1896 bezeichnet vor, welche zu dieser Art zu rechnen sind, wenn sie auch etwas reichliche schwarze Zeichnung haben. Nyctemera assimiile Wlk. Diese Art liegt ebenfalls in mehreren Exemplaren von Lombok Sapit 2000' April 1896 vor. Das weisse Querband der Vorderflügel ist mehr oder weniger ver- blasst. Nyctemera arcuata Wlk. (nee Voll.). Ebendaher, Sapit 2000 ' April 1896. Nyctemera tenuifascia Snellen. Diese eigenthümliche Art, Sambalan 4000' April 1896 gefangen, wurde im 1. Heft des 41. Bandes (1898) der Tijd. voor Entomologie von Herrn Snellen be- schrieben und abgebildet, PI. V, f. 2 dem ich die neue Art vor- gelegt hatte. Die Abbildung ist bis auf den etwas zu viel Schwarz, statt Gelb zeigenden Körper gelungen. Die Art ist ausgezeichnet durch graubraune Vorderflügel mit einer eigenthümlichen schmalen — 199 — gezackten, von nahe ^/^ der Costa zum Innenwinkel ziehenden, beide nicht erreichenden, weisslichen Binde, die sich nach dem Innenwinkel etwas verbreitert. Der Hinterrand ist schmal weiss Hinterflügel weiss, mit ziemlich breiter, nach innen gewellter Binde. Brust gelb, schwarz gefleckt, Hinterleib gelb, schwarz geringelt. Füsse schwarz. 5 ^^ '^^"^• Wyctemera pagenstecheri Frühst, i. 1. Unter diesem Namen sandte mir Herr Frühster f er einige auf Lombok, Sambalan 5000' hoch gefangene Exemplare. Dieselben stehen der latistriga Snellen nahe, deren Grösse sie auch haben. Yorderflügel schwärzlichbraun, am Grunde mit (6) gelblich beschatteten Längsstreifen, welche die Flügelmitte nicht erreichen. Ein in der Mitte 4 mm breites, an den Adern nicht getheiltes, weisses Querband geht von der Costa zum Innenwinkel, diesen nicht erreichend, dort etwas zu- gespitzt. Die Ränder dieser Querbinde sind leicht gewellt, Hinterflügel meist mit schwarzem Aussenrande, der am Hinter- winkel mit einem spitzen Zacken vorspringt. Fühler schwarz, Halskragen gelb, Brust schwarz mit gelben Längsstreifen, Hinter- leib schwarz, gelb geringelt, Afterkuppe gelb. Die Unterseite wie oben. Deilemera maculata Wlk. Ein Exemplar Lombok, Sapit 2000', April, Mai 1896. Hypsa egens Wlk. Einige Exemplare, Lombok Sapit 2000 ' Mai, Juni 1896. Remigia archesia Cr. Lombok, Sapit 2000', April 1896. IVlicronia caseata Guen. Lombok, Sapit 2000', April 1896. Einige Exemplare erhalten. IVlicronia oppositata Sn. Lombok, Sapit 2000', April 1896. Ebenso. Eumelea rosalia Cr. Es liegen mir einige Exemplare dieser Art vor, bez.: Lombok, Sapit 2000', April 1896. Es sind sowohl solche, bei denen das Roth, als solche, bei denen das Gelb völlig über- wiegt. Bursadella taminia Felder. Ein Exemplar Lombok, Sapit 2000 ', April 1896. Ein gleiches von Süd-Celebes, Bua Kraeng 5000', Febr. 1896. — 200 — Vitessa plumosa Hampson. Unter dieser ßezeichuung sandte mir H. Fruhstorfer ein Exemplar, Lombok, Sapit 2000 ', April 1896^ welches sich aber nicht sehr wesentlich von suradeva Moore unterscheidet. Erythrolophus idaea Swinhoe Tr. Ent. Soc. 1892, p. 6. Ein Exemplar dieses indischen Spanners von Lombok, Sapit 2000', April 1896. MACROLEPIDOPTEREN DER LORELEY-GECtEND. Von AUGUST FUCHS, Pfarrer zu Bornicli bei St. Goarshausen a. Ehein. Fünfte Besprech.uiig'. [Fortsetzung zu Jahrgang 1893, S. 89—101.] I. Anthocharis cardaniines L. aberr. nov. quadripunctata. Alle Flügel beiderseits mit einem Mittelfleck: der- jenige der Vorderflügel oben gross und strichförmig, vorn halbrund, hinten abgeschnitten, schwarz; derjenige der Hinterflügel fein und rundlich, grauschwarz; unten ist derjenige der Vorderflügel wenig kleiner als oben, sonst gleich gestaltet, derjenige der Hinterflügel da- gegen sehr gross und tiefschwarz, im grünen Gewölke stehend. Hiermit ist diese bemerkenswerthe Abänderung, die ich in einem frischen cf aus der hiesigen Gegend besitze, in ihren Besonderheiten genügend charakterisirt; zur Art selbst sei Folgendes bemerkt: In der bald kräftigeren, bald schwächlicheren Ausbildung des schwarzen Mittel- mondes der Vorderflügel — denn auf den Hinterflügeln ist er ja sonst nicht üblich — ändern auch die aus derselben Gegend stammenden Exemplare von Cardamines ab: davon kann sich jeder Freund unserer Wissenschaft, welcher sich die Mühe nimmt, auch gemeine Arten in Mehrzahl einzusammeln, um sie sorgfältig zu studiren, überzeugen; bei einem hiesigen (^ erreicht er die Grösse der sicilianischen var. turritis 0. Auch sein Abstand vom Beginne des orangerothen Flügeltheiles ist verschieden: bald ist er dem Rande desselben wurzelwärts näher gerückt, bald steht er ihm ferner; doch das hängt nicht von seiner eigenen Stellung im Ganzen der Flügelfläche ab, da ich in dieser Hin- sicht keine Veränderlichkeit sehe, sondern von der Ausdehnung des orangerothen Spitzent heiles der Vorder flügel. Ein männliches Stück von hier führt zum Beginn dieses so sehr in die Augen fallenden Flügeltheiles, an dem man den fliegenden Falter schon von Weitem erkennt, unterhalb des Vorderrandes bis zum schwarzen Mittelfleck graue Bewölkung. II. Melitaea Atlialia Esp. aberr. Jordisi ßühl. Ein schönes Exemplar dieser neuerdings bei Frankfurt a. M. ent- deckten und bis jetzt nur dort gefundenen Aberration besitze ich auch aus — 204 — dem Eheinthale, wo ich es auf einer Wiese an der Stelle, wo die Ur- bach in den Rhein mündet, Oberwesel schräg gegenüber am 22. Juni 1885 selbst fing. Es fiel schon beim Fluge durch seine von andern Stücken dieser Art abweichende Zeichnung auf und gelangte eben da- durch in meine Hand. III. Nemophila plantaginis L. [cf. Eoessl. Schuppflgl. p. 40, Eine vollständige zweite Generation mehr- mals im August erzogen, unter ihr aberr. matronalis Frr., auch (^ mit rothen Hinterflügeln, aber niemals aberr. hospita S. V.] Herr Postsecretär Seibel zu St. Goarshausen erzog 1897 von einem Anfangs Juni gefangenen 9 i^och 2 weitere Generationen, deren letzte, also dritte, in Folge des inzwischen eingetretenen Winters nicht mehr zu allgemeiner Entwicklung gelangte. Dabei zeigte sich an den Exemplaren der letzteren ein Rückgang der schwarzen Zeichnung, namentlich bei den cT ini Wurzelfelde der Hinterflügel, wie ich ihn in gleicher Weise an Exemplaren meiner Sammlung von den oberösterreichi- schen Alpen und aus dem höchsten Norden, von Tromsoe, bemerke, aber auch an einem hiesigen (^ der ersten Generation, sodass geschlossen werden muss, es könne diese Verarmung der Hinterflügel an Schwarz, wenn sie auch von den Temperaturverhältnissen mit beeinflusst werden mag, doch nicht lediglich von ihnen abhängig sein. Ein 9 ^^"^ Winterzucht weist gelbe Hinterflügel auf und ein zweites vermittelt den Uebergang. Da ich gleich gefärbte 9 von Bodoe, den oberösterreichi- schen Alpen und von Bormio besitze, so ist hiermit nicht bloss die weite Verbreitung dieser Form constatirt, sondern auch der Nachweis erbracht, dass diese Abweichung von der sonst üblichen Färbung durch Temperaturverhältnisse mit bedingt wird. Die von Ro essler erzogenen ^ mit rothen Hinterflügeln, zu denen ich selbst einen Uebergang besitze, verdienen als forma cf rubricans bezeichnet zu werden. Die aberr. hospita S. V. (mit weisser Grundfarbe der Hinterflügel) kommt in unserem Gebiete doch vor: sie wurde zu Anfang der fünf- ziger Jahre in meiner Gegenwart bei Usingen gefangen; ferner flog im Mai 1865, während ich in einem Walde bei Oberursel einen soeben gefangenen gewöhnlichen Plantaginis-Falter in meine Schachtel steckte^ ein an den weissen Hinterflügeln deutlich erkanntes cT an mir vorüber. Da Ro essler bei seiner wiederholten Aufzucht aus Eiern auch die — 205 — mir iiocli nicht aufgestossene aberr. matronalis erhielt, so kommen in unserem Gebiete alle Formen dieser veränderlichen Art vor. In besonders heissen Sommern fliegen auch im Freien einzelne vorzeitig entwickelte Exemplare der sonst nur einmal im Jahr erschei- nenden Art, z. B. im August 1865. ly. Callimorplia Hera L. aberr. liitescens Stdgr. Ich besitze ein im Juli 1896 bei Oberlahnstein gefangenes Exemplar dieser auffallenden Farbenvarietät, welche beiderseits mit gelben Hinter- flügeln ausgestattet ist. Bisher war aus unserem Gebiete nur ein Ueber- gang bekannt; dieses von mir selbst Anfangs August 1868 im oberen AVisperthale gefangene Stück schliesst sich aber durch das zwar ge- dämpfte und in Gelb ziehende, aber immer noch beibehaltene Roth seiner Hinterflügel eher der gewöhnlichen Hera an als der aberr. lutescens. T. Dianthoecia luteago S. Y. rar. iiov. Seibelii. [Eoessl. Verz. p. 164 (64), Xr. 368: Dianth. luteago S. V. var. Faehrii Blum. Früher bei Wiesbaden auf dem Neroberg, scheint ausgestorben. Die Eaupe in den Stengeln und Wurzeln von Silene nutans und inflata. Schmetter- ling zur Zeit der Blüte dieser Pflanzen. — Ders. Schuppflgl. p. 93, Nr. 467 (ausführlicher). Die Wiesbadener Sammler fingen diese Eule in Mehrzahl rechts von dem auf den Neroberg führenden Weg. Die Schmetterlnge flogen schnell über den Boden hin, ohne wie die Verwandten, z B Albimacula, an den Blüthen der Silene nutans zu verweilen. Die Art verschwand, nachdem der Alterthums- verein durch vorgenommene Ausgrabungen diese Pflanzen grösstentheils vernichtet hatte, und i.st bis jetzt nicht wieder gefunden Avorden. Eher vielleicht noch im Mombacher Wald vorhanden oder bei Frauenstein, Eauenthal und an anderen Orten, wo diese Pflanze massenhaft wächst]. Herr Postsecretär Seibel lockte im Juni v. J. durch das helle Licht einer Petroleumlampe, welche er in einem Zimmer seiner Woh- nung so aufstellte, dass das Licht grell in die dicht hinter dem Hause sich erhebenden Rheinberge hineinfiel, nicht bloss die bei uns seither nur selten vorgekommene Endagria ulula Bkh. (pantherina Hb.) in Mehrzahl an, sondern auch 8 Exemplare dieser Art, welche der — nach Hof mann nur in Südrussland heimischen — var. argillacea Hb. sehr nahe stehen, aber sich von 2 Stücken dieser Varietät durch folgende Merkmale unterscheiden: ihre Färbung ist mehr grünlich graubraun, die lichten, holzfarbenen Stellen noch heller und ausgedehnter, also die — 206 — Farbenunterschiede greller, die Zeichnung härter; ferner führen sie auf den Vorderflügeln eine Art von schwarz gefasster Zapfenmakel, welche den Russen fehlt. Diese, in ihrer Ausfüllung von der Grundfarbe nicht verschieden, wird gebildet durch einen schwarzen Ausschnitt des- ersten Querstreifens und 2 von ihm abstehende schwarze Striche, welche saumwärts gerichtet sind und an ihren Enden zusammenlaufen ; der obere Strich begrenzt gleichzeitig die unter der Ringmakel stehende grosse scharf lichte Flügelstelle. Alles Uebrige wie bei var. argiliacea, also auch die von der dunkeln Farbe der Vorderflügel so sehr - — oder noch mehr — abstechenden lichten Makeln. Von der typischen Luteago^ wie ich sie in 4 Wiener Exemplaren vor mir habe, sind sie auffallend verschieden, wenn auch ihre Uebereinstimmung in der Zeichnungsanlage die Zugehörigkeit zu der Art beweist. Da Roessler zu seiner im Verzeichniss gegebenen ersten Nach- richt den Zusatz macht: var. Faehrii Blum, so müssen auch die Wies- badener Exemplare, deren er übrigens, soweit ich mich entsinne, keines- besass, in ihrem Aussehen von der Stammart abgewichen sein und zu. der im Vorstehenden beschriebenen Varietät gehört haben. Von einem zu Lorch am Rhein gefangenen frischen Stück, welches sich in der Sammlung des Herrn Röder befindet, gilt dies bestimmt. Es hätte also in erster Linie der von Blum gegebene Name einzutreten; da aber Roessler keine Beschreibung beifügt, der von ihm acceptirte Name also nur ein nomen in litteris ist, auch von Roessler selbst in den Schuppenflüglern nicht weiter aufrecht erhalten wird, so benenne ich die var. neu nach demjenigen, welchem ihre Wiederauffindung nach so langer Zeit gelang. Wir wissen nunmehr genau nicht bloss, dass Dianth. luteago in unserem Gebiete noch heimisch ist, sondern auch dass ihr localer Verbreitungsbezirk das nassauische Rheinthal mit einbegreift. Die Vermuthung ist gestattet, dass sie auch in der Wiesbadener Gegend doch wohl werde wiedergefunden werden können. VI. Orrhodia yau puiictatum Esp. (sileiie S. Y.) aberr. Imma- culata Steig r. [Stdgr. Cat de 1870.] Zwar nicht die vollständig ausgebildete aberr. Immaculata Stdgr., aber doch e^nen charakteristischen Uebergang zu dieser jedenfalls sehr seltenen Form, über die meines Wissens keine weiteren Nachrichten als die kurze Notiz im Staudinger 'sehen Cataloge in die Oeffentlich- — 207 — keit gedrungen sind, besitze ich selbst aus meinem Pfarrgarten, wo das tadellos frische Stück am 3. October 1893 sich Abends am Köder ein- stellte. Die sammtschwarze Ausfüllung der Ringmakel, welche bei der typischen Art so sehr in die Augen fällt, fehlt diesem Exemplare völlig und von der Nierenmakel die obere Hälfte: nur unten links findet sich ein kleiner schwarzer Fleck und ihm gegenüber 2 gleich gefärbte Punkte: das ist alles. Denkt man sich auch noch diese hinweg, so kann darum doch keine Verwechselung mit der stets ungefleckten Yeronicae Hb. entstehen (cf. Stdgr. Cat!): diese letztere, an sich grösser, hat breitere und trüber gefärbte Vorderflügel. TU. ** Acidalia herbariata Fabr.i) Auch die Entdeckung dieser Art in unserer nächsten Umgebung ist ein Verdienst des Herrn S e i b e 1. S'e war Mitte Juni 1897 — später nur noch in meist abgeflogenen Stücken — auf einem zum Wohnhause desselben gehörigen Heuschober so gemein, dass sie täglich zu Dutzenden eingefangen werden konnte und sich beim Fluge während der Abenddämmerung sogar in die Zimmer verirrte, wo sie uns, während wir der Unterhaltung pflogen, besuchte. Auf sie aufmerksam gemacht, stellte ich sofort die Art fest. Unter ihr Laevigaria Hb. selten. Im August wurden nur 2 Exemplare bemerkt, woraus zu schliessen ist, dass eine vollständige Sommergeneration bei uns nicht zur Ent- wickelung kommt. Die Art ist übrigens auch bei Frankfurt a. M. gefunden, besitzt also, trotzdem sie so lange unbekannt blieb, im Gebiete des Mittelrheins eine nicht unbeträchtliche Verbreitung. Till. Pliasiane clathrata L. aberr. \\o\, nocturuata. Diese Art kommt bei uns in helleren oder dunkleren Exemplaren vor, bald mit weisser, bald mit mehr gelblicher Grundfarbe, ohne dass ein Einfluss der Temperaturverhältnisse, wie er bei anderen Arten im verschiedenen Aussehen der Frühjahrs- und Sommergeneration zu Tage ^) Mit ** bezeichne ich die den „Schuppenflüglern" als der letzten und hervorragendsten Zusammenfassung unserer Lepidopterenfauna fehlenden Arten, deren Auffindunsf einen Zuwachs für unsere Fauna bedeutet. — 208 — tritt, nachweisbar wäre; doch sind meine dunkelsten Exemplare aus der hochgelegenen, im Sommer nur auf kurze Zeit heissen Gegend des oberen Wisperthaies. Eine prachtvolle Aberration brachte Herr Forst- meister Wen dl an dt zu St. Goarshausen, ebenso eifrig und tüchtig als Lepidopterologe wie ein weithin bekannter Ornithologe, aus Tabiau im Kreise Wehlau, Ostpreussen, mit, wo er sie, und zwar zur Sommer- zeit, in 2 Exemplaren beobachtete, deren er leider nur eines fing — ein wahres Cabinetstück an Frische der Färbung und Charakteristik der Zeichnung. Grösse der Stammform. Alle Flügel oben tiefschwarz, die Yorderflügel mit 3 weissen Fleckchen vor dem Saume: 2 stehen neben einander vor der Mitte des Saumes, eins oben vor der Spitze; die Hinterflügel mit 2 weissen Flecken in der Mitte und einem saum- wärts gerückten vor dem Innenwinkel. Unterseite mehr braunschwarz, einfarbig mit den von der Oberseite her bekannten Flecken. Franzen weiss gescheckt. Körper schwarz mit feinen weissen Einschnitten. IX. Cidaria ferrugata L. [Roessl. Schuppflgl. p. 160]. Ro essler bezeichnet die auch hier vorkommende schöne Varietät mit blauschwarzem Mittelfelde der Vorderflügel als var. unidentaria Hw. In der neuesten Staudinger 'sehen Preisliste wird Unidentaria Hw. von Ferrugata getrennt; da ich von der ersteren keine auswärtigen Exemplare habe, so weiss ich nicht, ob hiermit auf eine besondere Art hingewiesen werden soll. Was ich nach R o e s s 1 e r 's Vorgang unter dem Namen Unidentaria aus hiesiger Gegend in meiner Sammlung führe — nur 2 gefangene Stück neben 34 erzogenen Ferrugata: ein Beweis für die Seltenheit jener Form wenigstens hier zu Lande, gehört sicher als Varietät zu Ferrugata, wenn auch an der äusseren Ausrandung des Mittelfeldes der Vorderflügel die obere Ecke an meinen 2 Exemplaren weniger vortritt — bei einem kaum merklich — als an den sicheren der in dieser Hinsicht doch etwas veränderlichen Ferrugata. In dem blauschwarzen Mittelfelde stimmen die 2 Stück gut zu meinen Ferrugata von Bilbao; aber die letzteren haben einen schmächtigeren Bau, sind kleiner und ihre Vorderflügel schmäler und spitzer; die beiden Ecken an der äusseren Begrenzung des Mittelfeldes treten saumwärts kräftig vor und die zwischen ihnen befindliche Aushöhlung ist tief. Sie bilden eine besondere Localform, welche den Namen var. Bilbainensis führen kann. — 209 — Die Form Spadicearia S. V., von Heinemann als besondere Art aufgeführt und auch von Zeller vorübergehend als solche betrachtet, welche R o e s s 1 e r nach seiner Angabe zahlreich erzog, habe ich selbst hier noch nie erhalten — weder gefangen noch erzogen; nur ein im Freien erbeutetes Stück könnte man vielleicht zu ihr ziehen. Ich muss also annehmen, dass sie in unserer nächsten Umgebung nur selten zur Entwicklung gelangt, wenn sie nicht ganz fehlt. Ihre Bestimmung in den Sammlungen scheint nicht ganz sicher gehandhabt zu werden : was ich als Spadicearia von Tromsoe erhielt, ist nicht diese Varietät, sondern ebenso wie var. Bilbainensis eine durch den Charakter der Landschaft, in der sie entsteht, ausgebildete Localform, deren unterscheidendes Merkmal, abgesehen von ihrer etwas geringeren Grösse, in dem matten Farben- tone der Yorflügel und der fast völligen Verlöschung des Mittelfeldes besteht. Im hohen Norden selten, scheint sie als Spadicearia zuweilen die Sammlungen zu besuchen, verdient aber von ihr getrennt und als eine Localform, etwa unter dem Namen var. Tromsoensis, angesehen zu werden. Schon Ro essler hat angemerkt, dass die bei Ferrugata sehr leichte Aufzucht aus Eiern zu so schön gefärbten Exemplaren verhilft, wie man sie im Freien kaum findet. Ich habe seine Erfahrung bestätigt gefunden und kann jedem, dessen Sinn nicht in kaufmännischer Weise darauf gerichtet ist, nur hochpreisige Arten zu züchten, den lohnenden Versuch empfehlen. Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. 14 REVISION DEE MOSBACHER 8ÄÜGETHIERFAUM. VON DR HENRY SCHRÖDER (BERLIN.) W JJie Säugethierfauna des Mosbacher Sandes ist, wie bekannt, viel- facli der Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen. Nach- dem H. V. Meyer dieselbe mehrfach erwähnt hatte, gab bereits 1875 S an db erger in den Land- und Süsswasserconchylien S. 826 ein Yer- zeichniss, das mit geringen Zusätzen versehen von Koch in die Er- läuterungen zu Blatt Wiesbaden der geologischen Specialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten S. 50 aufgenommen wurde. Gelegentlich der 60. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wiesbaden im Jahre 1887 gab Herr Conservator A. Roemer ein zweites Verzeichnis der bisher durch fleissiges Sammeln stark vermehrten Fauna, das im Jahre 1895 mit wesentlichen Veränderungen und Verbesse- rungen in diesen Jahrbüchern wieder abgedruckt wurde. Inzwischen hatten Andreae,^) Kinkelin 2) und Pohlig^) durch Behandlung einzelner Thierformen Beiträge zur Kenntniss der Mosbacher Fauna geliefert. Die nachfolgende Tabelle giebt eine Uebersicht der bisher von den verschiedenen Autoren angegebenen Thierformen und in der letzten Columne die von mir sicher erkannten Species. Das Folgende enthält eine mit kurzen Bemerkungen versehene Auf- zählung der von mir in den Museen gefundenen und mit Sicherheit aus dem Mosbacher Sande stammenden Säugethierreste. Ursprünglich war eine ausführliche Behandlung der einzelnen Thier-Species beabsichtigt; dieselbe würde jedoch mehrfach zu einer umfangreichen Discussion ver- anlassen und ohne Abbildung nicht durchzuführen sein, so dass damit 1) Der Diluvialsand von Hangenbieten. Abhandig. zur geol. Specialkarte von Elsass-Lothringen IV. 2. S. 32. 2) Bericht der S enckenbergischen Ges. 1889, S. 104. — Die Tertiär- und Diluvialbildungen des Untermainthaies etc. Abhandl. zur geolog. Specialkarte von Preussen etc. IX., 4, S. 259. — Bericht der Senckenberg. Ges. 1885/86 S. 145—160. — Abhandl. der Senckenberg. naturf. Ges. XX. I. 3) Dentition und Kranologie des El. antiquus. Nova acta Acad. Leopold, Carol. LIH. S. 302. — 214 8681 .1 a p 0 j q 0 g 5681 6881 2681 '^ 6881 UTt95[nTX i88T t88I 8 ■B 8 .1 p II Y 0881 qoo3 GL8I .i9S.i8qpu«g r^ bß PXH l-s »3 __^ ri ^ o 'S «3 ö o r^ Cü ^ ni rQ ^ o 3 p^ p^ |=i >- (D S ;-< ;2L, cö c3 cä 2 ^ o ;3 W O O XX XX X XXX XX X X X XX XXX X X X X X XX XXX XX XXX lI o '^ bQ B . f^ l-S o 1-3 ^ -^ ^ M g 53 . ^ -P i^ Ä c3 m CO ö V m o -1 a^ O «3 c3 -^ s M H p^ pq p^ M K 3 13 Ö Pi > f> t* > ;h ;-! sh ;h ;-! ;-! o o) 'i' ti;! o Qj O O O O O O pH c .3 PS • S -M er! p. M ',-^ PS Ol «3 <^ (kS 03 CS -»J ,^ r^ pG r^ o ^ CLi U^ o o m ffl W W w w o H-^ 6 ^ ;^ ^ H^! CD ;:; M !_:; f^ ^ o ^ ^ O t» c3 eS "3 «3 P-i 1=^ :=' O S. ^ H P P S O ;h 1^ ><1 o, s c3 C3 o K% s O CO rt o >-i c; o w fe P^ w __ 216 — der Kahmen dieser Jahrbücher weit tiberschritten würde. Eine aus- führlichere Behandlung der einschlägigen Fragen wird in den Abhand- lungen der geolog. Specialkarte von Preussen erfolgen ; die Rhinoceroten des Mosbacher Sandes befinden sich im Druck. Es ist mir eine angenehme Pflicht, hier den Vorständen und Beamten der Museen zu Berlin, Frankfurt a. M., Mainz, Wiesbaden, den Herrn Geh. Oberbergrath Dr. Hauchecorne, Prof. Dr.Kinkelin, v. Reichenau, Geh. Sanitätsrath Dr. Pagenstecher, Conservator A. Roemer meinen verbindlichsten Dank für die ausserordentliche Liebenswürdigkeit aus- zudrücken, mit welcher sie diese Untersuchung allseitig unterstützt haben. Ich möchte noch hervorheben, dass ich hier nur die Säugethier- Fauna des Mosbacher Sandes behandele und alle Reste, dei denen die Herkunft aus dem Löss oder, nach den Fundstücken zu urtheilen, der Verdacht derselben vorliegt, fortlasse. Als solche nenne ich Cervus tarandus, Arctomys marmotta, Talpa europea, ein grosser Theil der Elephas primigenius-Zähne und die bearbeiteten Knochen, welche die Existenz des Menschen vermuthen lassen. Die aus dem Löss stam- menden Reste sind wohl meistens durch ihre lichtere Färbung und an- haftende Lösspartien kenntlich; ausserdem kommen jedoch auch im Löss durch Mangan- und Eisenverbindungen braungefärbte und auch kiesige Schichten vor, so dass auch diese beiden Merkmale versagen können. So beobachtete ich im Jahre 1892 folgende Profile in den Mosbacher Sandgruben: A. 1) Lösslehm 0,95 m 2) Löss im Liegenden mit einzelnen Steinchen . 1,20 m 3) Brauner Lehm 0,75 m 4) Sehr kalkiger Löss 0,08 m 5) Grauer Löss 0,75 m 6) Kies mit grauem Löss verknüpft 0,25 m 7) Sand. B. 1) Lösslehm 2) Löss nach dem Liegenden in Sandlöss mit Ge-> 1,50m rollen übergehend 3) Löss , 1,10 m 4) Kies mit Löss verknüpft 0,3 m 5) Sand. — 217 — Falls nun Wirbelthierreste aus den Schichten 3) u. 6) des Profils A oder 2) und 4) des Profils B stammen, können dieselben wohl eine Farbe und Erhaltung, welche der aus den echten Mosbacher Sauden sehr ähnlich ist, annehmen. Vollständige Skelette kommen in Mosbach nicht vor, vielmehr sind die Knochen einzeln und manchmal bereits in zerbrochenem Zustande in den Kies eingebettet worden. Eine Abrollung einzelner Knochen ist selten, aber sie kommt vor. Equus caballus L. Reste eines ausserordentlich kräftig gebauten Pferdes^) finden sich sehr häufig in Mosbach und sind in allen Museen vertreten; das Museum der Landesanstalt besitzt einen fast voll- ständigen Schädel und einen vollständig erhaltenen Unterkiefer. Welcher Race das Mosbacher Pferd angehört, will ich hier nicht untersuchen ; für den vorliegenden Zweck genügt es, festgestellt zu haben, dass in Mosbach nur Equus caballus und nicht E. stenonis Cocchi vorhanden ist. Rhinoceros etruscus Falc. Diese aus dem oberen Pliocän des Arno- Thaies und aus dem Forestbed Englands bekannte Rhinoceros- Art ist in Mosbach häufig. Die besterhaltenen Stücke besitzt das Museum der Landesanstalt und das Mainzer Museum, beide je einen Schädel mit Praemolaren und Molaren, letzteres einen vollständigen Unterkiefer und ersteres vollständig erhaltene Reihen des definitiven und des Milchgebisses. Rh. etruscus unterscheidet sich durch nur sanft aufsteigende Parietalia, starke, fast horizontal verlaufende Cingula an der Innenseite der Praemolaren des Ober- kiefers und grössere Niedrigkeit der Zahnkronen von dem echten Rh. Merkii, das zudem noch erheblich grösser ist. Die Ueber- einstimmung der Mosbacher Zähne mit solchen aus dem italie- nischen Pliocän ist vollkommen. Uebrigens vermuthete bereits Sandberg er Rh. etruscus in Mosbach. Der grösste Theil der in den Sammlungen vorhandenen Rhinoceros-Reste gehört zu Rh. etruscus, während Rh. Merckü Jag. selten ist. Die Praemolaren des Oberkiefers, die sich am leichtesten von denen des Rh. etruscus unterscheiden, sind ausgezeichnet hypsodont ; ihr inneres Cingulum , das weniger 1) Ne bring, Sitzungsber. d. Ges. Naturf. Freunde zu Berlin 1885 Nr. 10. — 218 — kräftig entwickelt ist, steigt steil an dem Yorderhügel nach der Kaufläche zu. Die Oberkieferzäliue gleichen vollständig den aus den Thüringer Kalktuifen bekannten. Sus SCrofa L. Einzelne Eckzähne sind mehrfach gefunden; das Frank- furter Museum besitzt auch einen Backenzahn. Hippopotamus amphibius var major Cuv. Reste des Flusspferdes waren in den Museen bis vor Kurzem durch einige wenige Eck- zähne und 2 Backzähne vertreten. In der letzten Zeit hat je- doch das Frankfurter Museum 2 grössere ünterkieferbruchstücke mit Schneidezähnen, Eckzähnen und Backzähnen und mehrere Gliedmaassenknochen erworben. Cervus capreolus L. Rehgehörne, Unter- und Oberkieferzälme zum Theil zu Reihen geschlossen sind in Mosbach nicht selten ge- funden. Irgend welche Abweichungen von dem lebenden Reh habe ich nicht beobachten können. Cervus elaphus L. varr. Bei der ganz ausserordentlichen Variabilität der Geweihe und den noch grösseren Meinungsverschiedenheiten der Autoren über die Beziehungen und gegenseitige Abgrenzung der Varietäten, namentlich fossiler Hirsche, legt mir die sehr mangelhafte Erhaltung — einigermaassen vollständige Exem- plare von Geweihstangen sind in den Museen kaum vorhan- den, sondern nur immer grössere oder kleinere Bruchstücke — die allergrösste Vorsicht bei der Bestimmung auf. Ein von R 0 e m e r ziemlich vollständig aufgefundenes Geweih spricht in Folge seiner einfach gabelförmigen glattigen Endverzweigung für eine Beziehung Cervus Lühdorfi Bolau — dem von Tscherski, Mem. de l'Acad. de St. Petersbourg XL Nr. 1, 1892, S. 222 als Cervus canadensis var. maral bezeichneten Jesubrahirsch sehr ähnlich. Andere Stücke scheinen jedoch wieder auf den echten Rothhirsch (C. elaphus) hinzuweisen. Die Auffindung mehrerer complet bis in ihre Endverzweigungen erhaltener Geweihe ist dringend nothwendig, um die Frage nach der Stellung der Mos- bacher Hirsche zu entscheiden. Von den Autoren wird Cervus (Rangifer) tarandus für Mosbach angegeben. Die betreffenden in den Museen als solche bezeich- neten Stücke sind — ganz abgesehen von den aus dem Löss stammenden — derartig fragmentarisch , dass ich die sichere — 219 — Ueberzeugung der Existenz dieser Spezies nicht habe gewinnen können. Die Glätte eines Geweihstückes kann allein kaum als Beweis für die Zugehörigkeit zu C. tarandus ausreichen, da es auch fast glatte Elaphus-Geweihe giebt und ferner die in Mos- bach vorkommende Abrollung einzelner Stücke in Betracht zu ziehen ist. Ausserdem ist noch zu beachten, dass einzelne der Mosbacher Geweihfragmente in Beziehung zu den aus dem Forestbed beschriebenen Cerviden- Arten stehen mögen. Ich muss daher das Vorhandensein dieser Species im Mosbacher Sand als sehr fraglich hinstellen. Kinkelin^) findet 1892 in seiner Sammlung keinen Anhalt für das Vorhandensein des C. tarandus im Mosbacher Sand. Cervus (AIces) latifrons Johns. Zu den fast häufigsten Resten gehören in Mosbach Skelettheile, Gebisse und Geweihe eines riesenhaften Elchs, dessen Schaufeln an einer sehr langen und kräftigen Stange sitzen. Namentlich das Wiesbadener Museum besitzt ausserordentlich gut erhaltene Stücke, darunter einen Schädel mit beiderzeitigen Stangen und Anfang der Schaufeln. Die von Sandberger und Koch als Cervus enrjT^eros bezeichneten Stücke gehören hierher, wie Kinkel in (Ber. der Senckenberg. Ges. 1889 S. 101) bemerkt. Dass neben C. (Alces) latifrons Johns, noch das lebende Elch C. (Alces) palmatus Gray in Mos- bach vorkommt, davon habe ich mich nicht überzeugen können ; die betreffenden in den Museen als solche bezeichneten Stücke können auch als Fragmente von Latifrons-Geweihen gedeutet werden.^) Capra aegagrus Gmel. Bei meinen diesjährigen Besuch des Mainzer Museums machte mich Herr von R eiche nau mit dem in Mosbach gefundenen Hornzapfen der Wildziege bekannt. Die mir gütigst überantwortete Beschreibung des Stückes setze ich w^örtlich hierher : 1) Tertiär- und Diluvialbildungen im Untermainthal. S. 259. 2j Kinkel in b. c. 1892 S. 260 sagt: „So fehlt mir auch ein sicherer Beweis für die Existenz von Alces palmatus Klein sp. ; die charakteristische kurze Basis des Geweihes eines solchen ist mir noch nicht zu Gesicht ge- kommen; zwei Fragmente breiter Schaufeln könnten einer Varietät von Alces palmatus angehören, eine Varietät, die heute mehr als eine Abnormität er- scheint". 220 »Capra aegagrus Gmelin, der Paseng oder die Bezoarziege. Dass dieses heute im westlichsten Asien und auf einigen zu Griechen- land gezählten Inseln lebende Thier zur Interglacialzeit ein Be- wohner der westdeutschen Gebirge gewesen, lehrt der Fund seines Hornzapfens in dem Mosbacher Sande, zugleich mit Elephas antiquus Falconer und Rhinoceros Mercki Jäger. Das interessante Stück wurde mir an Ort und Stelle mit der Bemerkung von Seiten eines Arbeiters eingehändigt, dass dies das Hörn eines »Steinbockes« sei. Wiewohl nun die Aehnlichkeit eine grosse ist, so machte mich doch einestheils die flache Form des Zapfens, anderntheils die lange, rundlich ausgezogene Spitze stutzig, jene Annahme zu acceptiren; ich vermuthete vielmehr, dass der Zapfen der Wildziege vorliege und äusserte dies auch. Später trug ich wieder Bedenken, weil ich mich gar nicht erinnern konnte, einen sicheren Nachweis der ehemaligen Existenz dieser jetzt so weitab wohnenden Böcke aus unserem Vaterlande ver- nommen zu haben ; ja, ich glaubte schon eine seither unbekannt gebliebene Art von Steinböcken vor mir zu haben, bis Herr Professor Dr. A. N e h r i n g mich wieder auf die Wildziege verwies. Ein Vergleich mit einem Hohlhorne eines solchen Bockes, sowie mit den mir zur Verfügung stehenden Abbildungen und Beschreibungen hat mir nun die Gewissheit gegeben, dass wir Capra aegagrus vor uns haben. Unter dieser Bezeichnung habe ich das Object in dtm neuen geologisch-paläontologischen Saale unseres Museums bereits aufgestellt. Das Fundstück ist genügend gut erhalten, um bestimmt werden zu können, wenigstens gleich der Mehrzahl der Mosbacher Fossilien nicht abgerollt. Ein weiterer Transport zu Wasser erscheint daher ausgeschlossen und vielmehr die Annahme berechtigt, dass der frühere Besitzer des Hornzapfens in der Nähe, wohl auf dem Taunusgebirge, gelebt habe. Der Zapfen ist ganz nahe am Schädel abgebrochen und an der Bruchstelle mit einer aus feinem grauem Sande und Kalk bestehenden Cementkruste bekleidet, in welche einige Gerolle aus Quarz und Buntsandstein eingebettet sind. Die Cementkruste zu entfernen, erschien nicht rathsam, da bei der morschen Beschaffenheit des Knochens als sicher anzunehmen war, dass alsdann ein guter Theil des hübschen und wichtigen Fundstückes verloren gehen würde. Sind doch unsere Thierreste — 221 — in den Diluvialsanden niemals versteinert, im Gegentheile aber ausgelaugt und namentlich in feuchtem Zustande äusserst zerbrechlich ! Es liegt der rechte Zapfen vor. Derselbe hat, obenher der Krümmung nach gemessen, eine Länge von 73 cm, untenher, in gleicherweise, von 61cm und zeigt an der völlig erhaltenen Endhälfte (von 34 cm Länge) oben eine scharfe Kante, innen eine Abflachung und aussen eine Wölbung, während er untenher zugerundet ist. Da der basale Theil vorn be- schädigt ist (durch Abbröckelung), so nahm ich daran keine weiteren Messungen vor. Der Umfang des Zapfens beträgt am unbeschädigten Theile, und zwar 34 cm von der Spitze, der oberen Krümmung nach gemessen, entfernt 14 cm. 20 « von der Spitze, der oberen Krümmung nach gemessen, entfernt 10 « 10 « von der Spitze, der oberen Krümmung nach gemessen, entfernt 8 « und 2 « von der Spitze, der oberen Krümmung nach gemessen, entfernt 5 « Bei 34 cm Spitzenentfernung, gemessen wie oben, und 14 cm Umfang beträgt der Durchmesser 5,5 cm in der Höhe, d. h. von der abgerundeten Unter- zur scharfkantigen Oberseite. Zuletzt spitzt sich der Zapfen in rundlicher (kegeliger) Form rasch zu. Von der Seite betrachtet, steigt der Zapfen von der Stirne aus steil aufwärts, doch nur am Grunde, und wendet sich dann nach hinten im Bogen. Die Vorderansicht zeigt, dass das Hörn erst etwas nach aussen und zuletzt nach innen gerichtet war. Alle diese Verhältnisse stimmen mit dem wilden Bocke vortrefflich überein.« Der Verfasser selbst hat noch nicht Gelegenheit gehabt, dies ausgezeichnete Stück zu untersuchen. Es ist wohl kein Zweifel, dass dasselbe in einer Beziehung zu den von A. Roemer als Capra Ibex L. bezeichneten Stirnzapfenfragment steht. Meiner Bitte um Uebersendung dessen konnte nicht willfahrt werden. Ein Gleiches gilt von den durch Roemer als zu Rupicapra rupicapra Fall, gehörig bezeichneten Reste, die ich bisher noch nicht habe mit dem geeigneten Vergleichsmaterial confrontiren — 222 — können. Auch wäre wohl noch an eine Beziehung zu Caprovis Savinii Newton zu denken. Bison priscus Boj. Sehr häufig sind in Mosbach Skelettreste des Wisent. Das Wiesbadener Museum besitzt einen vollständig erhaltenen Schädel mit beiden Hornzapfen, ein Prachtstück ohne Gleichen. Sämmtliche Schädelhinterhauptsstücke von in Mosbach gefundenen Boviden, obwohl sie in der Form und Grösse jedenfalls dem Alter und dem Geschlecht nach differiren, gehören zu Bison priscus, und ich muss das Vorkommen von Bos primigenius oder gar Bos taurus in den Mosbacher Sauden mit K i n k e 1 i n ^) leugnen. Elephas antiquus Falc. Die durch die rhombische Form ihrer Schmelz- figuren leicht kenntlichen Zähne dieses Elephanten, dem Ober- und Unterkiefer verschiedener Altersstadien angehörig, sind in Mosbach gar nicht selten; auch Skeiettreste in riesenhaften Formen (ein Schulterblatt in Wiesbaden, ein Humerus in Frank- furt) kommen häufiger vor. Gegenüber den beiden ausserdem in Mosbach anzutreffenden Elephanten überwiegt E. antiquus bei Weitem an Zahl der Fundstücke. Elephas trogontherii Pohlig. In seiner »Dentition und Kranologie des Elephas antiquus Falc. I, S. 202 u. 203, zieht Pohlig 1889 eine fragmentarische Mandibel aus dem Wiesbadener Museum und mehrere obere und untere, defecte dritte Molaren des Museums der geologischen Landesanstalt zu seinen Elephas trogon- therii, der in der Lamellenformel an E. antiquus erinnert, in der Form der Krone und Abrasionsfiguren sich dagegen E. pri- migenius und meridionalis nähert. Seit der Zeit hat das Museum der Landesanstalt noch mehrere derartige Molaren, noch in Oberkiefer resp. Unterkiefer steckend, erworben; ferner fand ich im Wiesbadener Museum einen ausgezeichneten dritten oberen Molaren und in Frankfurt wohl zusammengehörigen Ober- und Unterkiefer mit den dritten Molaren, so dass E. trogontherii nicht sehr viel seltener als E. antiquus in Mosbach zu sein scheint. Vor und nach der Pohl ig 'sehen Arbeit habe ich vielfach geschwankt, zu welcher der in Betracht kommenden Species diese eigenthümlich gestalteten Zähne gehören, habe mich jedoch i) Tertiär- und Diluvialbildmigen des Untermain -Thaies, S. 259. — 223 — entschlossen, die von Pohlig für die »broad crowned variety of Elephas anliquus des Leith Adams« eingeführte Bezeichnung zu acceptiren. E. primigenius Blumenb. Wie Koemer bemerkt, gehört der grösste Theil aller in den Museen mit dem Fundort Mosbach befind- licher Mammuthzähne dem Löss an ; sie verrathen ihre Lager- stätte durch ihre helle Färbung. Ausnehmen muss ich jedoch davon einen oberen dritten Molaren des Museums der Landes- anstalt und zwei untere dritte Molaren mit Abrasionsrest des zweiten (zu einem Kiefer gehörig) des Frankfurter Museums, die sich durch ihre rostbraune Färbung als jedenfalls aus dem Diluvial- sande herstammend kennzeichnen. Die Dünne der Schmelzj^latten veranlasst mich, beide Zähne zu Elephas primigenius zu stellen. F. Roemer erwähnt ausserdem noch, dass in Mosbach mehr- fach Stosszähne des Mammuth gefunden seien. Lepus sp. Andreae (1. c. S. 34) sammelte bei Mosbach einen fossilen Unterkieferzahn, anscheinend mit Lepus timidus identisch. Cricetus frumentarius Fall. Eine vollständig erhaltene rechte ünter- kieferhälfte zeigt ganz die in Mosbach gewöhnliche Färbung. Mus sp. u. Arvicola sp. Einzelne Zähne weisen auf diese Gattungen hin. Castor fiber L. Gut erhaltene Unterkiefer und einzelne Schneidezähne und Backzähne aller Altersstadien, die in Nichts von dem lebenden Biber abweichen, gehören immerhin zu den seltenen Vorkomm- nissen in Mosbach. Trogontherium Cuvieri Fisch. Noch seltener sind Unterkieferreste dieser Art. Koch glaubte einen Unterkiefer zu Castor Issiodorensis Croizet et Jobert ziehen zu können. Das betreffende, jetzt der geologischen Landesanstalt gehörige Stück und andere in anderen Museen befindliche ähnlich gestaltete Stücke halte ich jedoch für junge Exemplare des Trogontherium. Dieselben haben mit letz- terem die starke äussere Rundung der Schneidezähne gemeinsam. Der erste Backzahn besitzt bei ihnen in der Kaufläche eine deut- liche Einbuchtung. Xach der Zahnwurzel zu wird dieselbe jedoch immer schwächer und verschwindet schliesslich, so dass auch bei diesen Exemplaren ebenso wie beim zw^eifellosen Trogon- therium mit fortschreitender Abkauung die Aussenfläche des- Zahnes vollkommen glatt erscheinen würde. — 224 — IJrsus spelaeus Roseum. Namentlich Unterkieferhälften neben anderen selteneren Skeletttheilen des Höhlenbären werden häufig in Mos- bach gefunden. A. Roemer (1895, S. 1888) giebt mehrere Unterkiefer-Bruchstücke mit Eck- und einzelnen Backzähnen als zu Ursus arctos L. gehörig an ; ebenso bezieht K i n k e 1 i n einen Eckzahn wohl wegen seiner Kleinheit auf diese Species. Das Merkmal, welches Ursus arctos und spelaeus von einander unter- scheidet, ist das Fehlen der drei vorderen Prämolaren bei aus- gewachsenen Individuen der letzten Species. In dieser Hinsicht gehören sämmtliche mir bekannte Ursus -Reste zu spelaeus. Ein Eckzahn dürfte nicht ausreichend sein, um das Vorhandensein der einen oder der anderen Species zu beweisen. iVleles vulgaris Desm. Eine linke Unterkieferhälfte mit Zahnreihe be- findet sich im Wiesbadener Museum. Canis sp. A. Roemer bezieht mehrere Eckzähne und Zehenglieder von Mosbach zu dieser Gattung; ebenfalls gehört dazu ein sehr fragmentisch erhaltener Unterkieferast im Museum der Landes- anstalt. Diese Stücke reichen nicht aus, um die Zugehörigkeit des Mosbacher Caniden zu einer der Untergruppen der Gattung festzustellen,, was mit Wahrscheinlichkeit gelingen wird, wenn der im Mainzer Museum vorhandene Unterkieferast dem geeig- neten Vergleichsmaterial gegenüber gestellt wird. Letzteres Stück ist mir erst in letzter Zeit zu Gesichte gekommen, so dass ich einen derartigen Vergleich noch nicht habe vornehmen können. Hyaena crocuta var. spelaea Goldf. Eins der Prachtstücke des Wies- badener Museums ist ein tadellos mit Zähnen erhaltener Schädel. Im Mainzer Museum befindet sich eine Unterkieferhälfte. Im Zahnbau habe ich keine erhebliche Abweichung dieser Stücke von den in jüngeren Ablagerungen vorkommenden Hyaena-Resten feststellen können. Betreffs der Maassverhältnisse des Schädels steht ein Vergleich noch aus, da mir bisher nicht genügend vollständig erhaltenes Material von Schädeln der Höhlenhyäne zur Verfügung gestanden hat. Felis leo var. spelaea Goldf. Das Museum der Landesanstalt bewahrt eine Unterkieferhälfte auf, auf Grund welcher Koch das Vor- handensein dieser Species in Mosbach feststellte. Im Wiesbadener — 225 — Museum befindet sich (A. Roemer 1895) ausserdem noch Radius mit Ulna und der Epistropheus. Felis lynx L. Einzelne Zähne von geringerer Grösse, im Wiesbadener und Frankfurter Museum befindlich, gehören wahrscheinlich zu Felis lynx. Weiteres Material, um diese Bestimmung zu stützen, wäre sehr erwünscht. Nach dem Vorstehenden scheiden also aus der Zahl der bisher für den Mosbacher Sand angegebenen Säugethieren folgende aus: Talpa europaea L. Der Lagerstätte nach verdächtig, das Stück, ein Becken, ist lichter gefärbt (mit einzelnen Eisenoxydhydratflecken), als die Fundstücke aus Mosbacher Sand sonst zu sein pflegen. Vielleicht aus Löss. Ursus arctos L. auf ungenügender Grundlage bestimmt. Arctomys marmota Schreb. Mit dem Fundort Mosbach befinden sich im Frankfurter Museum Murmelthierreste , die aber nach Kinkelin (1. c. S. 260) aus dem Löss stammen. Im Wies- badener Museum befindet sich noch das Modell eines Unter- kiefers. Ueber das Original ist mir Nichts bekannt. Castor issiodorensis Croiz. et Job. =■ Trogontherium Cuvieri Fisch, juvenis. Hypudaeus amphibius L. Ungenügendes Material. Rhinoceros sp. A. Roemer = Rhinoceros Merckii. Elephas sp. A. Roemer = Elephas antiquus juvenis. Cervus (Rangifer) tarandus L. ungenügendes Material und der Herkunft aus Löss verdächtig. Cervus hibernicus Ow. = Cervus (Alces) latifrons Johns. Cervus (Alces) palmatus Klein = Cervus (Alces) latifrons Johns. Alces sp. A. Roemer =-- Alces latifrons Johns. Bos primigenius Boj. = Bison priscus Boj. Bos taurus L. = Bison priscus Boj. Homo sapiens L. A. Roemer führt einen gespaltenen Knochen, einen zugespitzten Knochen und eine Rehstange, in welcher eine Höhlung ausgearbeitet ist, an. Die auf Thätigkeit des Menschen zurück- geführte Gestalt könnte auch auf ein natürliches Zerbrechen und Jahrb. d. nass. Ver, f. Xat. 51. 15 — 226 — Abrollen in stark bewegtem Wasser und spätere Verwitterung des innen mürber beschaffenen Knochengewebes, das eine Aus- höhlung verursachte, zurückgeführt werden. Einzelne Species bedürfen noch der Completirung des Materials und Sorex oder Plecotus sp., Rupicapra rupicapra. Capra ibex, Antilope sp. der erneuten Untersuchung, die ich noch im Laufe dieses Herbstes nachzuliefern gedenke. Als äquivalent den Mosbacher Sauden sind am Mittelrhein nach Andreae die Sande von Mauer zu betrachten. Der auch dort gefundenen Säugethierfauna fehlen allerdings, soweit mir die Literatur bekannt ist, noch diejenigen Formen, wie Trogontherium und Hippopotamus, Elephas trogontherii, Cervus latifrons, welche der Mosbacher Fauna das eigen- thümliche Gepräge verleihen. Jedoch steht zu erwarten, dass dieselben sich auch hier bei intensiverem Sammeln finden werden, zumal ich die in Mauer gefundenen Rhinoceros-Reste, die mir vor mehreren Jahren von Herrn Professor Andreae und neuerdings von Herrn Geheimrath Rosenbusch zur Untersuchung übergeben wurden, auf Rh. etruscus beziehen konnte und somit ein neues Bindeglied zwischen den beiden Faunen vorhanden ist. Pohlig^) erwähnt Cervus (Alces) latifrons, ein Stück ohne Fund- ort und eins von Alzei aus dem Museum von Karlsruhe; wahrscheinlich liegen hier Mosbacher Sande vor. Ob jedoch die Fundorte, welche vielfach als gleichaltrig mit Mosbach aufgeführt werden^), wirklich alle dieses Alter besitzen, scheint mir sehr zweifelhaft. Als mitteldeutsches Aequivalent von Mosbach betrachte ich mit Pohlig ^) die Hochterasseuschotter von Süssenborn bei Weimar etc., w^elche älter als die durch die älteren Thüringer Kalktuffe repräsentirte » Antiquus-Stufe« sind. »Diese Ablagerungen erstrecken sich zu den höchsten Kanten der Thalböschungen hinan und überziehen auch die Plateaus bis zu mehr als 300 m Meereshöhe, reichen aber andererseits in solchen Gegenden, wo der Beginn fluviatiler Action tiefe Thalstrecken bereits vorfand, wie in den Travertinbecken von Weimar und Tonna, selbst bis auf das heutige Niveau der Flüsse herab«. Im Jahre 1885 giebt Pohlig die Säugethierfauna dieser Schotter als aus folgenden Species bestehend 1) Palaeontographica 39, S. 237. 2) Lepsius, Geologie von Deutschland I, S. 654. 3) Zeitschr. f. ges. Naturw. Halle 1885, S. 260. 227 an : Elephas trogontherii, Elephas primigenius ?, Rhinoceros sp. (Merckii?), Equus caballus, Bison priscus, Cervus elaphus, Cervus tarandus ?, Cervus capreolus, Ursus sp. Ich kann hinzufügen, dass das Rhinoceros von Süssenborn nach Stücken, die mir Herr Geheimrath v. F ritsch in Halle und Herr Dr. Weiss in Gotha vorgelegt hat, nicht das Tau- bacher Rhinoceros ist, sondern zu Rh. etruscus gehört. Es ist somit die Aehnlichkeit der Faunen von Süssenborn und Mosbach hierdurch eine noch engere geworden ; jedoch muss ich hierbei auch wieder hervor- heben, dass in den Thüringer Schottern Hippopotamus und Trogonthe- rium etc. bisher nicht gefunden sind. In späteren Publicationen zuerst 1887^) nimmt Pohlig jedoch eine Zweitheilung dieser Trogontherienschotter vor; er unterscheidet eine jüngere »Mosbacher Stufe, tiefere Terassenschotter, Hippopotamus, E. antiquus«, und eine ältere »Rixdorfer Stufe, höhere Terrassen- und Plateauschotter Mitteldeutschlands , Ovibos , Rhinoceros tichorhinus, Mammuth häufiger, Rh. Merckii sehr selten«. Zur Mosbacher Stufe rechnet er die den Taubacher Travertin unterteufenden Schichten. »An der Grenze von Travertinsand und unterlagerndem Flusskies in welchen ersterer durch Thon und fluviatilen Sand übergeht«, -) fand sich Cervus (Alces) latifrons Daw^kins; »die Schichten enthalten u. a. neben vor- waltenden Resten von Rhinoceros Merckianum und Elephas trogontherii noch solche von E. primigenius typus und schon vereinzelte von E. antiquus«. Zur Rixdorfer Stufe ^) stellt er^) die Schotter von Süssen- born bei Weimar. Er unterscheidet dadurch höhere ältere Schotter von Süssenborn und tiefere jüngere Schotter von Taubach. Da nach den oben citirten Ausführungen P o h 1 i g 's über die Ablagerung der Schotter die verschiedene Höhenlage kein zwingender Grund ist für verschiedenes Alter derselben, so dürfte nur ein faunistischer Grund für die Trennung vorliegen und dieser besteht darin, dass Elephas antiquus noch nicht in den Süssenborner Schottern gefunden worden und somit ein erheblicher Unterschied gegen Mosbach vorhanden ist, avo E. antiquus zu den häufigsten Fossilien gehört. Einerseits wird aber 1) Zeitschr. d. deutsch, geolog. Ges. 1887, S. 806. 2j Palaeoutagraphica 39, S. 2^0. 3) Die Aequivalenz von Rixdorf halte ich für unmöglich, wie ich in der Zeitschr. d. deutsch, geol. Ges. 1895, S. 218, ausgeführt habe ; die Bezeichnung Rixdorfer Stufe für Thüringer Diluvialbildungen ist daher zu streichen. 4) Ibid. S. 256. 15* — 228 — wieder eine nähere Beziehung zwischen den Süssenborner und Mosbacher Schottern durch das Vorkommen von Rhinoceros etruscus geschaffen, wie andererseits eine gleiche Beziehung zwischen Taubacher und Mos- bacher Schottern durch das Vorkommen von Cervus (Alces) latifrons in beiden vorhanden ist. Die Unterscheidung zweier faunistisch abweichender Stufen innerhalb der Thüringer höheren Schotter scheint mir hiernach nicht ausreichend begründet. Vielleicht findet sich E. antiquus noch in den Süssenborner Schottern und wahrscheinlich ist das Rhinoceros Merckii der Taubacher Schotter ein etruscus. Ich neige mehr dazu, beide für gleichaltrig zu halten; die Süssenborner Schichten sind äquivalent den Mosbacher, zu welcher Anschauung auch Herr Dr. Weiss, wie er mir mittheilte, auf Grund der Conchylienfauna gekommen ist. Die Aequivalenz der Süssenborner Fauna mit der Mosbacher ist von weittragender Bedeutung. Gelingt es, die Beziehungen der ersteren zu norddeutschem glacialen Diluvium und ebenso der letzteren etwa durch Vermittlung der Mauerer-Fauna zur süddeutschen und alpinen Ver- gletscherung unzweifelhaft festzustellen, so wird dadurch auch auf diesem Wege ein Vergleich der Ablagerungen beider grossen europäischen Ver- gletscherungsgebiete möglich. Meinungen wurden in dieser Hinsicht schon vielfach aufgestellt, doch Beweise sind bisher keine beigebracht. Auf die rein geologischen Verhältnisse kann ich hier nicht ein- gehen, darf jedoch nicht unterlassen, darauf aufmerksam zu machen, dass die Antiquus - Stufe ^) des Untermainthaies und des Südabhanges des Taunus, welche die Mosbacher Fauna enthält sich mit der Antiquus- Stufe ^) Thüringens faunistisch nicht deckt, wie aus dem Vorhergehenden sich ergiebt. Der Umstand, dass Rhinoceros etruscus und Elephas trogontherii in Süssenborn getrennt von Rh. Merckii und Elephas antiquus im Taubacher^) Kalktuff und dass diese 4 Formen zusammen im Mosbacher Sand vorkommen, hat mir den Gedanken nahe gelegt, ob nicht doch die Mosbacher Sande Thiere verschiedener, sonst in Deutsch- land getrennter Niveaus enthalten, und dass Formen von älteren Habitus Trogontherium , Hippopotamus , Rh. etruscus, E. trogontherii. 1) Kinkelin, die Tertiär- u. Diluvialbildungen des Untermainthales etc. S. 228. 2) Po hl ig, Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 39, S. 806. 3) In den Taubacher Schottern kommt allerdings Elephas trogontherii und auch Cervus (Alces) latifrons zusammen mit e antiquus vor. — 229 — Cervus (Alces) latifroiis in tieferem Niveau auftreten und Formen wie Rhinoceros Merckii, Elephas antiquus und primigenius höheren Schichten angehören \). Diese Frage lässt sich natürlich nur an Ort und Stelle entscheiden, und habe ich nicht verfehlt, die Herreu, welche Mosbach oder andere Fundpunkte der Fauna häufiger besuchen und dort sammeln können, darauf aufmerksam zu machen. Selbstverständlich gehört dazu eine sorgfältige Aufsammlung aller, auch der kleinsten Bruchstücke, wie genaue Xotirung der Fundstelle, die häufig in Folge der falschen Angaben der Arbeiter nicht zu eruiren ist, und vor Allem eine viel- fache Wiederholung der Beobachtungen. Herr von Beichenau theilte mir jedoch schon eine diesbezügliche Notiz mit, die ich mir hierher zu setzen erlaube: »Ich weiss nun bestimmt: 1. Alces latifrons liegt nur in den Sauden auf dem Taunus- schotter. Daselbst liegt noch Rhinoceros etruscus, Cervus Lühdorfi, elaphus vom Wapiti-Typus; — bis jetzt kein Elephas daselbst. 2. Rhinoceros Merckii liegt 5 Meter höher mit Ursus spelaeus, Cervus elaphus und Capra aegagrus. Hier und in den Zwischenschichten namentlich Elephas, Hyaena crocuta spelaea«. Das Vorkommen älterer Typen in Mosbach legt den Vergleich mit dem Englischen Forestbed, aus dem ja eine reiche Säugethierfauna bekannt ist, sehr nahe. Bereits Sandberger^) stellte fest, dass die Fauna von Mosbach die Hälfte seiner Säugethiere mit dem Forestbed gemein hat. Das Verhältniss ist heute ein anderes: von den 21 ihrer Species nach sicher bestimmten Formen von Mosbach kommen 16 im Forestbed vor, und zwar: Equus caballus, Rhinoceros etruscus, Rh. Merckii^), Sus scrofa, Hippopotamus major, Cervus capreolus'^), Cervus i) Andi-eae 1. c. S. 32 sagt: „Es dürfte freilich sein, ob alle diese Säuge- thierreste wirklich genau aus einem und demselben Diluvialniveau von Mosbach stammen." i^j 1. c. S. 827. 3) Von Newton als Eh. megarhinus de Christ, aufgeführt. Nach meinen Fntersuchungen wird diese Speciesbezeichnung in England fälschlich für Eh. Merckii angewandt. 4) Wird als fraglich aufgeführt. — 230 — elaphus, Cervus latifrons, Bison priscus, Elephas antiquus ^), Elephas tro- gontlierii, Elephas primigenius ^), Castor fiber, Trogontherium Cuvieri, Ursus spelaeus, Hyeiia spelaea. Hieraus dürfte sich aber eine volle Gleichaltrigkeit beider Faunen nicht begründen lassen, denn das Forestbed schliesst ausserdem nani ent- lich noch Elephas meridionalis, Equus stenonis, Machairodus sp. und eine Reihe Cerviden ein. Besonders auf erstere Species wird allseitig und in jüngster Zeit' von Pohlig^"*) bedeutender Werth gelegt, ja er folgert daraus sofort die nahe Aequivalenz mit den pliocänen Ab- lagerungen des Arnothaies. Da die Fauna derselben jedoch einen ausgesprochenen tertiären Charakter aufweist und daher ohne Zweifel pliocän ist, das Forestbed dagegen in der Mehrzahl seiner Formen einen plistocänen Charakter trägt und mit Mosbach die nächste Beziehung zeigt, zumal wenn man betrachtet, dass E. meridionalis die allernächste Verwandtschaft mit dem Mosbacher E. trogontherii besitzt, so ist der Schnitt zwischen Pliocän und Plistocän nicht zwischen die Faunen des Forestbed und der Mosbacher Sande, sondern meines Dafürhaltens über die Fauna des Val d'Arno superiore zu legen und Mosbach eine nahe Beziehung zu dem Englischen Forestbed zuzuweisen. Es ist alsdann auch keine Veranlassung vorhanden, von einer pliocänen Interglacialzeit zu sprechen. 1) Pohlig will die „pliocänen Erfuiule" von E. antiquus aus England und Italien als E. (antiquus) Nestii bezeichnen. 2) Wird als fraglich aufgeführt. 3) L c. S. 311. DIE GEWINNUNG DES GOLDES. YOETEAG, GEHALTEN IN DER GENERALVERSAMMLUNG DES NASSAUISCHEN VEREINS FÜR NATURKUNDE AM 12. DECEMBER 1897 VON DR L. GEÜNHUT, DOCENTEN UND ABTHEILUNGSVOESTEHER AM CHEMISCHEN LABORATORIUM ZU WIESBADEN. Mit 5 Abbildungen im Text. Di 'ie Geschichte des Goldes steht in engster Beziehung zur Ge- schichte der geographischen Entdeckungen. Ueberall wohin sich die Culturmenschheit ausbreitete, wohin sie ihre Grenzen hinausschob, überall traf sie bald auf Gold. So erschlossen uns Columbus und die Con- quistadoren die Schätze der Antillen, Centralamerikas und Perus; so folgte in viel späteren Zeiten der Colonisation der Weststaaten von Nordamerika unmittelbar die Entdeckung der californischen Goldlager. Wo immer die weisse Rasse sich niederliess: in Australien, in Afrika stiess sie auf reiche Goldvorkommnisse. Die Bearbeitung dieser Lager- stätten ist meist die erste Thätigkeit des Eroberers oder Ansiedlers und dann erst folgt die geregelte Arbeit des Ackerbauers und des Händlers. Diese Verquickung der Geschichte des Goldes mit der Geschichte der Colonisation wird durch die Eigenart seines Yorkommens begründet. Meist findet es sich in lockeren Bodeuschichten dicht an der Oberfläche unserer Erdkruste. In ihnen wird es bei den ersten Versuchen einer Bodencultur aufgefunden, und es lässt sich daraus mit Leichtigkeit ge- winnen ; sie sind aber auch verhältnissmässig rasch erschöpft. Deswegen ist an den Stätten jahrhundertalter Cultur in der Regel die Auffindung neuer Goldlagerstätten nicht mehr zu erwarten und die Ausbeute der bekannten nur noch gering, und die Erschliessung weiterer Quellen des rothen Metalles kann erst mit der Erschliessung jungfräulicher Länderstrecken erfolgen. Die leichte Zugänglichkeit des Goldes Hess es schon in sehr frühen Zeiten bekannt werden. Vielleicht war es das erste Metall, das die Menschheit überhaupt kannte. Woher unsere prähistorischen Vorfahren das Gold erhielten, das sie zu Schmuckgegenständen, zu Schwertgritf- verzierungen, zu Hals- und Armringen — theils in feiner Filigran- ausführung — verarbeiteten, wie sie es gewannen : darüber fehlt uns natürlich jeder bestimmte Anhalt. Wir dürfen aber vermuthen, dass sie es mit primitiven Hilfsmitteln aus dem Flusssande ihrer nächsten __ 234 — Heimath ausgewaschen haben. Gewiss Hessen jedoch erwachende Handelsbeziehungen und wachsende technische Geschicklichkeit die Menschheit schon zu Beginn der geschichtlichen Ueberlieferung über diesen Standpunkt hinausgehen. Die Königin von Saba und die Schiffe Hirams brachten Salomo aus dem Auslande Gold in Fülle. Dio- dorus Siculus schildert uns, wie die.Egypter durch ihre Kriegs- gefangenen an der Grenze von Aethiopien Gold bergmännisch gewinnen Hessen und Plinius giebt eine anschauliche Beschreibung des hydrau- lischen Goldabbaues der Römer in Spanien und der eigens dazu errich- teten grossartigen Wasserwerke. ^) Ursprünglich diente das Gold nur zur Herstellung von Schmuck. Bald aber erfüllte es eine zweite, wichtigere Aufgabe : es ward zum Tauschobject, zum Werthmesser der Waare, zur Münze. Dadurch war mit den sich ständig erweiternden Handelsbeziehungen der Cultur- völker ein fortdauernd wachsendes Bedürfniss nach Gold geschaffen. Nach Ueberwiudung der Scholastik widmeten sich die ersten Regungen selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit der Aufgabe, den Vorrath um- laufenden Goldes zu vermehren, insbesondere es aus unedlen Metallen zu gewinnen. Freilich ist eine solche »Transsubstantiation« mittler- weile als unmöglich erkannt Avorden, aber die Beschäftigung mit diesem Problem ist in einem anderen Sinne nicht vergeblich gewesen : aus ihr erwuchs die Wissenschaft der Chemie. Ihr ist es vorbehalten geblieben, der Aufgabe — w^enn auch in anderem Sinne — gerecht zu w^erden. Noch in der Mitte unseres Jahrhunderts befand sich die Goldgewinnung an den meisten Stätten in einem Stadium, das nicht anders als »Raub- bau« genannnt werden kann. Vielleicht ein Drittel des in den ge- förderten Erzen enthaltenen Goldes ging damals — und zum grössten Theil unwiderbringlich — verloren in Folge der angewandten mangel- haften Methoden. Heute ist das anders geAvorden. Das unablässige Bemühen von Chemikern und Hüttenleuten Hess eine Reihe von Ver- fahren entstehen, die eine wesentlich bessere Goldausbeute aus den Erzen gestatten, als die älteren einfacheren. Mit Staunen gewahren wir heute an Stätten, die kaum der Cultur erschlossen und theil weise nur von Abenteurern bewohnt sind, die der Golddurst zusammengewürfelt hat, grosse Anlagen, in denen complicirte chemische Betriebe durch- geführt werden und die mit den modernsten Hilfsmitteln der Technik •ausgerüstet sind. 1) G. vom Rath. Ueber das Gold. Berlin 1879. — Z^ö — Die folgenden Schilderungen wollen den Leser an einige Stätten älteren und neueren Goldbergbaues führen und ihn so mit den Be- sonderheiten des Vorkommens und der Gewinnung von Gold vertraut machen. Parallel der Westküste der Vereinigten Staaten von Nordamerika, in einer Entfernung von 250 km von derselben, zieht sich vom 36. bis zum 42. Parailelkreise ein nordsüdlich streichendes Gebirge hin: die Sierra Nevada. Der Ostabfall dieser hochgebirgartigen, zu mehr als 4000 m sich aufgipfelnden Kette senkt sich gegen ein unwdrthliches 1300 bis 1800 m hohes Tafelland ab, das 9000 Quadratmeilen grosse »Great Basin.« In jüngst vergangenen geologischen Epochen die Stätte, an der sich zwei grosse Binnenseen, der »Lake Lahontan« und der »Lake Bonneville« ausdehnten, ist es heute bei aller Farbenpracht, bei aller Bläue seiner Salz- und Soda-Seen, bei aller Schönheit der begrenzen- den Felsenberge doch nur eine abflusslose, von relativ wenig Menschen bew^ohnte Wüste. ^) An der Grenze der Sierra Nevada und dieses Great Basin zieht sich, an der Ostseite der ersteren und in ungefähr 35 km Entfernung davon, etwas nördlich vom 39. Parallelkreise eine Parallel- kette hin, die Washoe-Berge im Staate Nevada. Im Westen bilden die Thalsenke des Washoe-Sees, im Süden der Carson-Fluss und im Norden der Truckee-Fluss die Grenzen dieser Erhebung. Ihr höchster Gipfel, der Mt. Davidson, ist 2385 m hoch. In diesen Washoe-Bergen sind reiche Gold- und Silberlagerstätten aufgefunden worden. Die Geschichte ihrer Entdeckung und Ausnützung ist abenteuerlich genug, und wenn man E. Lords ausführliche Dar- stellung derselben durchblättert, ist man versucht zu glauben, das phan- tastische Werk eines Romanschriftstellers vor sich zu haben. Mormonen, die aus dem Kriege der Vereinigten Staaten gegen Mexico zurück- gekehrt waren und sich im Jahre 1848 hier niederliessen, waren die Entdecker des Goldes. Doch brachte es ihnen persönlich keinen Nutzen. Brigham Young berief sie in die neu gegründete Salzseestadt zurück und dort mussten sie ihr Gold abgeben. Es soll den Reichthum der Mormonenkirche begründet haben. Noch während ihrer Anwesenheit kamen auch californische Goldsucher in die Gegend, blieben aber lange 1) G. vom Rath. Geographisch-geologische Blicke auf die pacifischen Länder Nordamerikas. Verhandl. d. Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin. 12, 402-418, 1885. — 236 — vereinzelt und fanden nur massigen Gewinn. In den Jahren von 1851 bis 1858 gruben dort jeweilig 100 bis 200 Leute nach Gold und ihre Gesammt - Ausbeute erreichte in diesen 7 Jahren einen Werth von 2 300 000 Mk. Die Fundstätten lagen in einer westlichen Seitenschlucht des Carson- Thales, die von den Ansiedlern Gold-Caiion genannt wurde. Die Ge- winnung des Goldes geschah mit Hilfe einfacher Werkzeuge, die wir später noch kennen lernen werden, und sie beschränkte sich auf die Bearbeitung der lockeren oberen Bodenschichten, namentlich aber der Sandablagerungen der Flüsse. Bald wurden in der Nähe dieser leicht zugänglichen Lagerstätten andere etwas minder leicht erreichbare aufgefunden, die in Form von Erzgängen im anstehenden Gestein auftraten. Schon 1856 sollen zwei Brüder Grosh solche Gänge entdeckt haben. Beide starben aber bald, und es blieb einem Abenteurer, Namens Henry Comstock, vorbehalten in Gemeinschaft mit z^vei Irländern, im Winter 1858/59 die ersten Muthungen auf diese — etwas nördlich vom Gold-Canon ge- legenen — Lagerstätten einzulegen, das heisst das Besitzrecht auf die Mineralschätze der betreffenden Landstrecken zu erwerben. Im Juni 1859 gelangte eine Erzprobe aus diesen Golddistricten nach Gross-Valley, einem californischen Orte, und es wurde dort fest- gestellt, dass sie nicht nur sehr goldreich, sondern auch stark silber- haltig war. Das veranlasste einige Einwohner dieses Ortes unter Füh- rung von James Walsh sich nach Washoe zu begeben und den dort w^ohnenden Goldsuchern ihr Besitzrecht abzukaufen. Auch Com stock verkaufte seinen Antheil. 42 500 Mk. w\aren der Kaufpreis, der ihm zufiel und von dem 42 Mk. und 50 Pfennige baar angezahlt wurden. Die benachbarten Muthungen erw^arben die neuen Einwanderer für 300 000 Mk. Der Minenantheil, den Comstock für einen Preis, der ihm ein Vermögen dünkte, dahingegeben hatte, barg den w^esentlichsten Theil eines Erzganges, der vielleicht die grösste Vereinigung von Edelmetallen auf der ganzen Erde darstellt. Unmittelbar nach Comstocks Fort- gehen begann dort ein regelrechter Bergbau, und von 1860 bis 1892 sind aus diesem Erzmittel Gold im Werthe von 600 Millionen Mk. und Silber im Werthe von 900 Millionen Mk. gewonnen worden ^) und aus 1) S. F. Emmons. Mineral resoiirces of the United States. Calendar year 1892. Washington 1893, S. 76. — 237 — dem Erträgniss wurden bereits bis 1882 492 450 000 Mk. Dividenden vertheilt. Comstocks Xame ist durch diese Verknüpfung der Lebens- geschichte seines Trägers mit der Entdeckungsgeschichte eines der grössten Edelmetalllager unvergessen geblieben und der Erzgang, von dem wir sprechen, wird nach ihm Com stock- Gang genannt. Sonst freilich hat Com stock keinen Anspruch auf Unsterblichkeit. Sein Leben nach der Yeräusserung seines Minenbesitzes war, wie sein Vor- leben, das eines Abenteurers. Er kaufte sich zunächst von einem Mormonen ein Weib; 250 Mk., ein Pferd und ein Revolver waren der Preis, den er dafür zahlte. Die Schöne betrog ihn, er verliess die Washoe- Berge und setzte anderwärts sein ungeordnetes Leben fort, heimathlos und unausgesetzt auf der Wanderschaft. 1870 endigte er durch Selbstmord; er starb »elend, schmutzig, unbetrauert, unbemerkt und fast ungekannt. « (E. S u e s s ^). Der C 0 m s 1 0 c k - G a n g streicht am Ostabhange der Washoe-Berge in einer Meereshöhe von WVO bis 2100 m zu Tage aus und erstreckt sich dem Gebirgszuge parallel (also in meridionaler Richtung) in einer Gesammtlänge von 6,7 km. Wir müssen in ihm die Ausfüllung einer Spalte erblicken, die in einer früheren Epoche der Erdgeschichte auf- gerissen wurde. Die Gegend, von der wir sprechen, war in geologischer Vergangen- heit der Schauplatz lebhafter vulkanischer Thätigkeit. Fünf Epochen lassen sich unterscheiden, in welchen hier feurig - flüssige Massen als Lavaströme dem Erdinnern entstiegen und sich als mächtige Decken auf der Erdoberfläche ausbreiteten. Ihnen entsprechen fünf verschiedene Gesteintypen, die als Erstarrungsproducte dieser Eruptivmassen anzu- sehen sind. Diese Gesteine sind: Diorit, Diabas, Hornblende- Andesit, Augit-Andesit und abermals Hornblende-Andesit. Die einzelnen Gestein- massen, welche durch die Eruptionen zu Tage gefördert wurden, liegen nicht horizontal übereinander, sondern sie finden sich als eine unter 1) F. von Ptichthofen. Die Metallproduction Californiens und der an- grenzenden Länder. Petermanns Mittheilungen. Erg. -Heft 14, S. 30, 1864. — E. Suess, Die Zukunft des Goldes. Wien 1877, S. 320. — E. Lord. Corastock mining and miners. Monographs of the United States geological survev. 4. Washinsfton 1883. 238 ca. 40'^' nach Ost einfallende Gesteiufolge. Diese Lagerungsverliältnisse werden durch Figur 1 erläutert, welche einen von West nach Ost verlaufenden Gebirgsquerschnitt darstellt. Wir ersehen daraus, dass der Mt. Davidson, der bereits erwähnte höchste Berg der Washoe- Kette, aus dem ältesten der genannten vulkanischen Gesteine — dem Diorit — gebildet wird, und dass seinem steil geneigten Ostabhang die Bänke der übrigen, Eruptionsmassen in der angegebenen Reihenfolge Fiff. 1. WA. Da vidson Virginia - City. West " b3 c d Querprofil durch die Washoeberge. a Diorit. b Comstockgang. c Diabas, d Äelterer Hornblendeandesit. e Augitandesit. auflagern. Nur der zweite Hornblende- Andesit fehlt in dieser Figur, weil sich der gezeichnete Durchschnitt nicht bis in die Kegion seines Auftretens erstreckt. Längs der meridional verlaufenden Grenzlinie von Diorit und Diabas öffnete sich in einer früheren Periode der Erdgeschichte eine ungeheure Spaltenkluft. Die Spalte folgte in ihren oberen Horizonten der Berührungsfläche des Diabases mit dem Diorit, verliess dieselbe jedoch in den unteren Tiefen und fand nunmehr ihre Fortsetzung in dem Diorit selbst. Ihre Kluftweite (Mächtigkeit) ist nicht überall die gleiche, sie wechselt von 20 m bis zu 200 m. Wir dürfen uns die Entstehung einer solchen Spalte nicht etwa so vorstellen, als ob sich lediglich ein glatter Riss in dem Gestein ge- bildet hätte. Von der Hauptkluft aus erstreckten sich vielmehr noch zahlreiche Seitenrisse in das Nebengestein hinein und verwandelten so das anstehende Gestein in der nächsten Nachbarschaft der Spalte in — 239 — ein Haufwerk loser Felstrümmer. In unserem speciellen Fall ist das nameutlicli auf der östlichen Seite der Spalte eingetreten, wo sie vom Diabas begrenzt wird. Die so entstandenen Trümmermassen, deren einzelne Blöcke nicht selten gigantische Dimensionen aufweisen, stürzten unmittelbar nach dem Aufreissen der Spalte in dieselbe hinab und füllten sie auf diese Weise zum Theil wieder aus. Alsbald machten sich aber noch andere Phänomene geltend, die für eine Ausfüllung der Räume sorgten, die noch zwischen den nachgestürzten Trümmerblöcken- leer zurückgeblieben waren. In dem Nebengestein der Spalte, nament- lich im Diabas, circulirten Grundw^asserströme. Sie führten im Laufe unendlich langer Zeiträume diejenigen Bestandtheile des Gesteines, die im Wasser löslich sind, mit sich fort und nahmen, je länger ihr Weg sich erstreckte, immer mehr den Charakter einer — wenn auch nocli so verdünnten — Auflösung mineralischer Substanzen an. Schliesslich gelaugten die Wassermassen in die offene Spalte und hier schieden sich jeweilig die gelösten Mineralien krystallinisch aus. Das geschah theils in Folge der Verdunstung des Lösungsmittels, theils vielleicht auch in Folge einer Wechselzersetzung mit anderen Mineral- Auflösungen, die anderen Orts in ähnlicher Weise entstanden waren und nunmehr hier in Gestalt von Quellen aus der Tiefe der Spalte empor dran gen. Auf diese AVeise wurde die Spalte allmählich vollständig ausgefüllt; aus der aufgerissenen Kluft entstand ein Gang : der Com stock -Gang, dessen Lage längs der Grenzfläche von Diorit und Diabas sich unschwer an dem Gebirgsdurchschnitt Figur 1 erkennen lässt. Bei dem Vorgang der Auslaugung erlitt auch das Nebengestein eine tiefgreifende Zersetzung, durch welche die petrographischen Unter- schiede der vorhin aufgezählten einzelnen Eruptivgesteine verwischt wurden. Fast überall stellte sich als Product der Zersetzung ein und dasselbe grüne Mineral, der Chlorit, ein. Hierdurch w^urde den ur- sprünglich verschiedenen Gesteinen eine gewisse Gleichförmigkeit auf- geprägt, die früher Richthofe n veranlasste, sie unter einem gemein- schaftlichen Namen (Propylit) zu vereinigen. Unter den Mineralien, Avelche auf die beschriebene Weise in die Spalte gelangten und sie im Laufe der Zeit völlig ausfüllten, ist das vorwaltende Quarz; nur stellenweise kommt auch Kalkspath vor. Der Quarz bildet in der Regel keine festen zusammenhängenden Massen ^ sondern zeigt mehr oder minder eine bröcklige Structur, die ihm ein zuckerähnliches Aussehen verleiht und den Namen »Zuckerquarz« ein- — 240 — getragen hat. In diesem Gangmittel finden sich in grosser Menge edle Gold- und Silbererze. Sie sind meist so fein vertheilt, dass sie nur selten direct erkannt werden können und sich in der Regel nur durch die Färbung verrathen, die sie dem Quarz ertheilen. Diese Erze sind gediegen Silber, gediegen Gold, ferner die Verbindung des Silbers mit Schwefel, welche man S überglänz nennt, sowie in geringen Mengen Stephanit und Polybasit, beides Verbindungen von Schwefelsilber mit Schwefelantimon. Seltener sind silberreicher Bleiglanz und dunkles Rothgiltigerz, letzteres gleichfalls eine Verbindung von Schwefelsilber mit Schwefelantimon. Schliesslich kommen auch Zinkblende, Schwefel- kies, Kupferkies und einige andere Mineralien vor. Nebengesteinstrümmer und Zuckerquarz finden sich allenthalben in der ganzen Erstreckung des Ganges sowohl seiner Länge nach, als auch in allen Teufen. Nicht so die edlen Erze. Ihr Vorkommen ist vielmehr auf einzelne Regionen der Gangausfüllung beschränkt. Diese edelmetallführenden Partien sind merklich gegen die übrige Gangmasse abgegrenzt, sie besitzen linsenförmige oder fischkörperähnliche Gestalt. Man nennt sie Bonanzas. Abgesehen von ihnen ist also der Gang erz- arm oder erzleer und verengt sich stellenweise zu einem dünnen Quarz- trum oder einer Thonkluft. Die grösste dieser Bonanzas ist die Gold- Hill-Bonanza. Sie hatte eine Längenerstreckung von 335 m und reichte mehr als 200 m in die Tiefe hinab. Zuweilen liegen im Gangraum mehrere Bonanzas neben einander. Nach Richthofe n führen nament- lich die der Erdoberfläche zunächst gelegenen Regionen der Bonanzas einen hohen Gehalt an gediegenem Golde. Doch fehlt auch hier nicht ein reicher Silbergehalt ; und in den tieferen Horizonten ändert sich das Verhältniss von Gold zu Silber schnell zum Vortheil des letzteren Metalles. ^) Die ersten hier thätigen Goldsucher beschränkten sich auf eine Verarbeitung der goldreichen lockeren sandigen oberen Bodenschichten. Der Metallreichthum der tieferen Lagen war ihnen noch nicht bekannt. Sie bedienten sich bei ihrer Arbeit eines höchst primitiven Verfahrens: 1) F. V. Richthofen a. a. 0. 26. — E. Suess a. a. 0. 128—139. — Geo. F. Becker. A summary of the geology of the Comstock lode and the Washoe district. Second annual report of the United States geological survey. Washington 1882, S. 291—330. — Derselbe. Geology of the Com- stock lode aud the Washoe district. Monographs of the United States geological survey 3. Washington 1882. — 241 — sie wuschen das Gold aus. Diese Gold Wäscherei beruht darauf, dass beim Anrühren des goldhaltigen Sandes mit Wasser das specifisch schwere Gold rascher zu Boden sinkt, als die leichteren Sandpartikeln. Als Werkzeug diente die sogenannte Pfanne, eine flache eiserne Schüssel von der Gestalt einer Casserolle, die gleichzeitig meist auch als Essgeräth benutzt wurde. Man vermischte in ihr den Goldsand mit Wasser, spülte durch geschickte kreisende oder schüttelnde Bewegung die Sandkörner mit der Flüssigkeit weg und behielt nach hinreichend häufiger Wiederholung des Vorgangs schliesslich ziemlich reine Gold- körner übrig. — Ein etwas grösserer Ai^parat, der auf dem gleichen Princip beruhte, war die Wiege. Es war ein langer Kasten, der auf zwei Wiegehölzern stand und durch einen Handgriff in wiegenartig schaukelnde Bewegung versetzt wurde. Der Kasten besass einen schwach geneigten doppelten Boden: einen massiven und darüber einen Sieb- boden. Durch letzteren fielen der feine Sand und die Goldkörner hin- durch auf den eigentlichen festen Boden, während die gröberen leichteren Theile darauf zurückblieben und durch einen zufliessenden Wasserstrahl hinweg und aus dem Kasten heraus geführt wurden. Durch Querrippen, die auf dem massiven Boden angebracht waren, wurden hier die herab- gefallenen Goldkörner zurückgehalten, während der feine Sand durch eine besondere, darüber liegende Oeffnung weggeschwemmt wurde. Diese Verfahren, sowie alle anderen mit so primitiven Hilfsmitteln durchgeführten Waschprocesse sind mit grossen Goldverlusten verknüpft, die bis zu 50 ^Z^, betragen können. Es ist ganz unvermeidlich, dass mit dem fortgewaschenen Sande auch Gold mit fortgeführt wird. Als man erkannte, welch' reichhaltige Lagerstätte der Comstock-Gang war, als man einsah, dass er sich in die Tiefe erstrecke, begann man als- bald grössere Sorgfalt auf eine möglichst vollständige Gewinnung der vorhandenen Erze zu verwenden, ebenso wie auf eine vollständige Ab- scheidung des darin enthaltenen Edelmetalls. Diesem Bestreben ent- sprang die Einführung geregelten Bergbaus und geeigneter Verhüttungs- methoden im Comstock-Reviere. Der Bergbau geschah in einfacher, aber zugleich grossartiger Weise. Die Bonanzas wurden im Laufe der Zeit bis in grosse Teufen hinab vollständig herausgenommen und an ihre Stelle, um ein Einstürzen der bisherigen, nunmehr frei stehenden Seitenwände zu vermeiden, ein kunst- volles Zimmerwerk starker Holzbalken gesetzt. Der Wald der Sierra Nevada wurde, wie Bichthofen sagt, in die Gruben geschleppt. Jabrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. 16 242 Schächte wurden angelegt, Stollen vorgetrieben und Dampfmaschinen angeschafft. Im Juni 1880, als Bergbau und Metallgewinnung schon stark im Zurückgehen waren, betrug nach Becker der Gesammt-Effect der am Comstock-Gang aufgestellten Maschinen 24 130 Pferdekräfte, die Schächte und Querstrgcken erreichten eine Länge von insgesammt 240 km, 2770 Menschen waren in den Werken beschäftigt, die zu- sammen einen Jahreslohn von 19 000 000 Mk. bezogen. Die geförderten Erze bestehen aus der beschriebenen Gangaus- füllung, also in der Hauptsache aus Zuckerquarz, Gold, Silber und den genannten silberhaltigen Mineralien. Der Gehalt an Silber beträgt nach Schnabel^) 0,05 bis 2,786^0' f^erjenige an Gold 0,001 bis 0,57%, Erze mit weniger als 0.2 ^/^ Silber lohnen nach Brand ^) die Ver- arbeitung nicht. Doch können natürlich solche silberarmen Erze noch um ihres Goldgehaltes willen verarbeitungswürdig sein. Die Verarbeitung der Erze geschah nach besonderen Abarten des sogenannten A m a 1 g a m a t i o n s v e r f a h r e n s. Diese Processe, die man an vielen anderen Stätten der Goldgewinnung wiederfindet, beruhen auf einer Ueberführung des Goldes sowie des Silbers in sogenanntes Amalgam, das heisst in eine halbflüssige Legirung mit Quecksilber. Die Bildung des Amalgams erfolgt direct beim Zusammenbringen der sehr fein v er th eilten blanken Metalle mit Quecksilber. Bringt man jedoch Quecksilber mit den zerkleinerten Roherzen zusammen, so kommt neben dieser chemischen Wirkung noch eine andere, rein physi- kalische ins Spiel. Das specifische Gewicht des Quecksilbers ist wesent- lich höher, als dasjenige der Mineralien, welche das Gold begleiten, und es müssen deshalb diese fremden Erzgemengtheile auf dem Queck- silber obenauf schwimmen. Dagegen sinkt Gold in Quecksilber zu Boden, und es werden in Folge dessen auf rein mechanischem Wege auch diejenigen Goldpartikeln von den begleitenden Mineralien getrennt^ welche um ihrer Grösse oder Oberflächenbeschafienheit willen nicht mit in Amalgam übergeführt werden konnten. Alle Amalgamationsverfahren zerfallen in drei gesonderte Opera- tionen : 1) C. Schnabel. Handbuch der Metallhüttenk. 1, 664—729. Berlin 1894. 2) 0. Damm er. Handbuch der chemischen Technologie 2, 521. Stutt- gart 1895. — 243 — 1. die Herstellung des Amalgams; 2. die Tremiung desselben von den begleitenden Mineralien; 3. die Reingewinnung des Edelmetalles aus dem Amalgam. Die Herstellung des Amalgams erfolgt im einfachsten Falle durch ein directes Zusammenbringen der Erze mit Qu cksilber. Die Trennung geschieht mit Hilfe des verschiedenen specifischen Gewichtes von Amal- gam und Begleitmineralien durch ein einfaches Schlämmverfahren. Um schliesslich Gold und Silber rein zu erhalten, wird das Amalgam in eisernen Retorten erhitzt. Das Quecksilber entweicht hierbei dampf- förmig und kann in geeigneten Vorlagen condensirt und alsdann aufs neue zur Amalgambereitung benutzt werden; Gold und Silber dagegen bleiben in der Retorte als die ( rwünscliten Eiidproducte des Verfahrens zurück. Der Process konnte in dieser einfachsten Form im Comstock-Revier nicht angewendet werden, weil die dortigen Erze, wie wir bereits sahen, neben gediegen Gold und gediegen Silber noch in reichem Maasse Edel- metalle in Form che m i s c h e r V e r b i n d u n g e n , namentlich als Silber- glanz, enthalten. Diese Verbindung des Silbers mit Schwefel amalgamirt sich nicht direct mit Quecksilber und ihr Silbergehalt würde verloren gehen. Um das zu vermeiden unterwarf man in der ersten Zeit die Erze einer sogenannten chlorirenden Röstung. Sie wurden mit Koch- salz gemischt und in Oefen geröstet, die nach Rieht hofen eine Be- schickung von 500 bis 600 kg fassten. In Folge chemischer Um- setzungen mannigfaltigster Art gehen bei einem solchen Röstprocess sowohl die g e d i e g e n e n E d e 1 m e t a 1 1 e , a 1 s a u c h die i n F o r m che m i s c h e r V e r b i n d u n g e n v o r h a n d e n e n nahezu vollständig in Chlorverbindungen über. In der fertig abgerösteten Masse findet sich demnach fast alles Gold in Form von Goldchlorid, fast alles Silber in Form \on Silberchlorid vor. Das Röstgut wurde nunmehr in horizontal liegende, rotirende Fässer gebracht, in welchen sich ausserdem noch Wasser, sowie eiserne Kugeln befinden. Das Wasser löst das Goldchlorid und das überschüssige, un- zersetzt gebliebene Kochsalz auf, und das letztere wirkt auf das Silber- chlorid lösend ein. Auf diese Lösung übt dann das Eisen (der Kugeln) eine zersetzende Wirkung aus, indem es alles Silber und alles Gold in Form der freien Metalle abscheidet und sich seinerseits mit dem Chlor verbindet und in Lösung geht. Setzt man jetzt Quecksilber zu und 16* — 244 — lässt weiter rotiren, so amalgamirt sich die ganze Menge der aus- geschiedenen Edelmetalle mit Leichtigkeit, und der Zweck ist erreicht. Neben diesem Verfahren der sogenannten » F ä s s e r - A m a 1 g a m a - tion« ist von Anfang an noch ein zweites in Gebrauch gewesen: die Pfannen-Amalgama tion. Bei dieser Abart fällt die chlorirende Röstung weg. Sie ist im Laufe der Zeit auf eine hohe Stufe der tech- nischen Durchbildung gebracht worden, so dass sie bald nicht nur am Comstock-Gang die Fässeramalgamation völlig verdrängte, sondern auch an vielen anderen Lagerstätten angewendet wurde und heute noch im Betriebe steht. Man nennt das Verfahren häufig den Washoe-Pro- cess. Das Wesen desselben besteht darin, dass die Amalgamation in der Wärme bei Gegenwart von Wasser sowie von geringen Mengen Koch- salz und Kupfervitriol und von äusserst fein vertheiltem Eisen vor- genommen wird. Unter diesen Bedingungen wird auch das im Schwefelsilber enthaltene Silber direct in Amalgam übergeführt. Zunächst müssen die Erze zerkleinert werden, dann erfolgt die Amalgamation derselben. Dieselbe geschieht in eigenartigen Apparaten, sogenannten Pfannen, in welchen das Erz mit Quecksilber und mit den erwähnten Zuschlägen beständig in eine sehr innige Berührung ge- bracht wird. Hierauf folgt, wie bei allen Amalgamationsmethoden die Isolirung und Reinigung des Amalgams und schliesslich die zur Ent- fernung des Quecksilbers nothwendige Destillation. Ich gebe im Folgen- den eine etwas genauere Beschreibung des Verfahrens, wobei ich den eingehenden Angaben Schnabels folge. Die Zerkleinerung der Erze beginnt mit einem Vorbrechen der gröberen Stücke auf Steinbrechern; dann kommt das ganze ge- förderte Erzquantum auf Pochwerke. Man verAvendet speciell die in Californien erfundene Art derselben und bezeichnet sie als »Califor- nische Pochwerke.« Sie bestehen zunächst aus einer 1,2 m bis 1,5 m langen, ebenso hohen und 0,3 m breiten gusseisernen Mulde, dem Poch trog. Dieser Pochtrog besitzt auf seiner oberen Seite einen liängsschlitz, durch welchen die geförderten Erze continuirlich in den- selben eingetragen werden. Ausserdem besitzt der Pochtrog in seiner unteren -Region auf beiden Seiten (rechts und links) noch je einen Längs- schlitz, durch welche das zerkleinerte Material herausgeschafft wird. Diese Austragöffnungen sind mit Sieben überdeckt, so dass thatsächlich nur das feingepochte Material, welches die Siebmaschen zu passiren vermag, das Pochwerk verlassen kann. — 245 — In den Poclitrog fallen eine Anzahl, gewöhnlich 5, sogenannter Pochstempel in regelmässigem Rhythmus nieder, werden wieder gehoben und fallen wieder nieder. Die Zahl der Schläge dieser Pochstempel beträgt 70 bis 80 in der Minute; die Höhe, aus der sie niederfallen und zu der sie durch geeignete mechanische Vorrichtungen immer wieder emporgehoben werden, etwa 0,25 m. Jeder Pochstempel besteht aus einer schweren schmiedeeisernen Stange, welche an ihrem unteren Ende einen cylindrischen Gusseisen- körper, den Poch schuh, trägt. Das Gewicht der Pochschuhe beträgt 45 bis 80 kg, der ganze Pochstempel wiegt 350 bis 450 kg. Die in den Pochtrog eingetragenen Erze werden durch die Gewalt der niederfallenden Stempel zerkleinert. Zugleich fliesst beständig Wasser ein und schwemmt das fein gepochte Erz durch die Austragöffnungen fort. Im grossen Durchschnitt kommen auf jeden Stempel stündlich 325 1 Wasser, und er verarbeitet in 24 Stunden 1 bis 3 Tonnen Erz. Die abfliessende Pochtrübe wird in Sammelbehälter geleitet, in welchen die schweren Theile als ein schlammiger Bodensatz nieder- sinken, während die leichteren suspendirt bleiben. Sie gelangen mit dem abfliessenden Wasser in eine zweite Gruppe von Sammelbehältern, in welchen die etwa mitgerissenen schweren Theile nochmals Gelegen- heit finden, sich abzusetzen. Aus allen diesen Behältern v.ird das ab- gesetzte Erz, nachdem das Wasser abgelassen ist, mit gestielten Eimern ausgeschöpft. Es kommt nunmehr in die Pfannen zur A m a 1 g a m a t i o n. Diese Pfannen sind 0,6 bis 0,76 m hohe cylindrische gusseiserne Ge- fässe von 1,2 bis 1,7 m Durchmesser, in deren Mitte eine verticale W^elle läuft. Die Welle trägt an ihrem unteren Ende einen durch- löcherten gusseisernen Kegel, der unten in einer horizontalen Gusseisen- scheibe endigt. In die Unterseite der letzeren sind mindestens 6 Guss- eisenstücke von je 250 bis 400 kg Gewicht, sogenannte Schuhe, eingesetzt. Diese Vorrichtung, der sogenannte Läufer, dient als Reibvorrichtung und bewegt sich dicht über dem »Mahlboden« hin, der sich über dem eigentlichen Boden der Pfanne befindet. Er besteht gewöhnlich aus einzelnen Eisenstücken, die radiale Rinnen zwischen sich lassen. Durch den Deckel der Pfanne führt ein Rohr, durch welches Dampf in das Innere geleitet werden kann. Eine jede solche Pfanne wird, je nach ihrer Grösse, mit 400 bis 2250 kg gepochten Erzes und so viel Wasser beschickt, dass die Be- — 246 — scliickung einen gleichmässigen Brei darstellt. Die Pfanne vdrd so etwa bis zur Hälfte gefüllt, dann wird der Läufer so weit herabgelassen, dass sich Schuhe und Mahlboden berühren, und man lässt ihn nun mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 90 Umdrehungen in der Minute rotiren, während gleichzeitig durch die betreffende Oeffnung im Pfannen- deckel Wasserdampf hinzuströmt. Durch diese Operation beabsichtigt man das gepochte Erz zunächst fein zu mahlen, eine Aufgabe, die ge- wöhnlich nach einer zweistündigen Rotationsdauer als gelöst angesehen werden kann. Jetzt erst iolgt die Amalgamation. In die Pfanne wird Quecksilber gebracht und zwar etwa 10 ^/g vom Gewichte des in ihr sich befindenden Erzes, und man lässt nunmehr den Läufer noch zwei bis drei Stunden umlaufen. Durch die Rotation des Läufers »wird das Quecksilber auf dem Boden der Pfanne zertheilt und in eine Bewegung gebracht, welche die einzelnen Theile desselben mit dem Erzbrei in Berührung bringt. Es bilden sich in Folge der Gestalt der Schuhe und der Oeffnungen im kegelförmigen Theil des Läufers Strömungen, welche den Erzbrei an den Seiten der Pfanne in die Höhe heben, während das Quecksilber sich am Boden bewegt. Der an den Seiten der Pfanne in die Höhe gestiegene Erzbrei sinkt in der Mitte derselben nieder, gelangt unter den Läufer, wo er mit dem Quecksilber in innige Berührung kommt und tritt dann zwischen den Schuhen und den radialen Rinnen des Mahlbodens hindurch an die Pfannenwand, wo er von neuem emporgehoben wird. Um ein zu starkes Emporsteigen des Erzbreis zu verhindern, sind in einer gewissen Höhe an den Seiten- wänden der Pfanne Flügel angebracht.« (Schnabel). Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen (S. 244), dass die Amal- gamation in den Pfannen nur dann eine ausreichend vollständige, d. h. auch auf das chemisch gebundene Silber sich erstreckende, ist, wenn sie in der Wärme, sowie bei Gegenwart von Eisen und geringen Mengen von Salzen sich vollzieht. Für die Erreichung der erforderlichen höheren Temperatur wird bei dem Verfahren durch den beständig in die Pfanne einströmenden Wasserdampf gesorgt. Die nöthige Eisenmenge fügt man der Amalgamationsraischung nicht besonders hinzu, sie gelangt viel- mehr — und zwar in äusserst feiner Vertheiliing — in dieselbe, indem sich die gusseisernen Theile der gesammten Apparatur allmählich ab- nützen und die von ihnen abgeriebenen Eisenpartikelchen sich dem Erz- pulver beimischen. Diese Abnützung an Eisen beträgt auf 1 Tonne Erz im Pochwerk 1.5 bis 3 kg, in der Pfanne - in welcher sie sich sowohl — 247 — auf die Läufer - Schuhe als auch auf den Mahlboden und die Pfannen- wände erstreckt — 3,5 bis 5 kg und sie wird binnen kurzer Zeit sehr augenfällig. Die Pochschuhe haben beispielsweise ursprünglich eine Hölie von 127 bis 152 mm; dieselbe geht jedoch innerhalb weniger Tage bis auf 25 mm zurück. Ist dieses Stadium der Abnützung ein- getreten, so müssen sie durch neue ersetzt werden. Als Salze, die man für das Zustandekommen der Amalgamation für wichtig hält, benützt man jetzt eine Mischung von Kupfervitriol und Kochsalz, die man in einer Menge von etwa 4,5 bis 9 kg pro Tonne meist den Erzen direct zusetzt, wenn man sie in die Pfanne bringt. Man sah, wie Richthofen mittheilt, in der ersten Zeit diesen Zusatz als die Hauptsache bei dem ganzen Pfanuenverfahren an und mehrere Patente wurden auf die Zusammensetzung geeigneter Salzmischungen verliehen. Man hat damals thatsächlich alle möglichen Mischungen verwendet und ausser Kochsalz und Kupfervitriol beispielsweise auch Soda, Alaun, Kalisalpeter, Salmiak, Eisenvitriol, Oxalsäure und Katechu benützt. Nachdem die Amalgamation beendigt ist, muss das gebildete Amalgam von den das Erz begleitenden fremden mineralischen Bei- mengungen getrennt werden. Zu diesem Zwecke wird der gesammte Inhalt der Pfannen in besondere Klärbottiche, sogenannte Settier ge- bracht. Es sind das grosse cylindrische Bottiche mit Gusseisenboden und Holzwänden, deren Boden von der Mitte aus nach der Peripherie geneigt ist. Dieselben sind ferner mit einem dem Läufer der Pfannen in mancher Beziehung nicht unähnlichen Rührwerk ausgestattet. Je ein Settier fasst den Inhalt zweier Pfannen. Nachdem der Settier mit dem Pfanneninhalt beschickt worden ist, wird er bis nahe zum Rand mit Wasser gefüllt. Dann lässt man den Rührer mit einer Tourenzahl von 10 bis 15, höchstens mit 20 Um- drehungen in der Minute umlaufen. Durch die Bewegung des Rühr- werks werden die leichteren Theile im Wasser suspendirt erhalten, während Amalgam , überschüssiges Quecksilber , unzersetzt gebliebene Schwefelmetalle und feine Eisentheile sich auf dem Boden absetzen. Nach durchschnittlich 3 Vo stündiger Rührdauer wird der Settier ent- leert, indem man — unter fortgesetztem Umrühren und Wasserzulauf — die Flüssigkeit mit den suspendirten leichten Theilen durch Abfluss- öffnungen abzapft, die sich in der Seitenwand betinden. — 248 — Das Amalgam, welches bei diesem Verfahren auf dem Boden der Settier zurückblieb, wird nunmehr durch eine Filtration vom über- schüssigen Quecksilber getrennt. Man bringt es deshalb in grosse Spitz- beutel aus Segeltuch, die — mit der Spitze nach unten — an einem eisernen Ring aufgehängt sind. Jeder derselben kann bis zu 600 kg Amalgam aufnehmen. Das Gewicht des Amalgams reicht hin, um den grössten Theil des Quecksilber-Ueberschusses durch die Poren des Segel- tuches hindurchzudrticken, und es bleibt in den Beuteln schliesslich ein relativ quecksilberarmes Amalgam zurück, welches etwa 7 Theile Queck- silber auf 1 Theil goldhaltiges Silber enthält. Dasselbe ward in den nunmehr zu besprechenden Gusseisenretorten ausgeglüht. Diese Retorten sind liegende Gusseisencylinder von 1,2 bis 1,5 m Länge, 0,3 bis 0,35 m Durchmesser und 44 mm Wandstärke. Sie sind horizontal in den Glühofen eingemauert und werden auf ihrer Vorder- seite durch eine Gusseisenplatte verschlossen, während sich ihr Hinter- ende zu einem Eisenrohre von 63 mm Durchmesser verjüngt. Der Boden der Retorte wird im Innern mit Thonbrei überzogen, dann wird sie — je nach ihrer Grösse — mit 250 bis 1000 kg des liltrirten Amalgams beschickt und allmählich bis zur Kirschrothgluth angeheizt. Bei dieser Temperatur wird innerhalb 5 bis 10 Stunden alles Quecksilber bis auf 1 — 1,5'^/q aus dem Amalgam abgetrieben. Das Quecksilber entweicht dampfförmig durch das verjüngte Rohr am hinteren Ende der Retorte; an dieses schliesst sich ein anderes Rohr an, das ausserhalb des Ofens in einen mit Wasser gefüllten Kühlkasten führt, in welchem das Queck- silber condensirt wird. Die Edelmetalle, die so aus ihrer Verbindung mit dem Queck- silber wieder befreit wurden, bleiben in Gestalt einer schwammigen Masse in der Retorte zurück. Dieser Rückstand stellt eine Mischung von Gold und Silber dar, deren Proportion von dem Verhältniss ab- hängig ist, in welchem die beiden Metalle in den verarbeiteten Erzen sich fanden. Die Mischung wird meistens durch Umschmelzen in Tiegeln, die in kleine Flammöfen eingestellt werden, einer nochmaligen Reinigung (»Raffination«) unterworfen und alsdann in Gusseisenformen zu Ziegeln gegossen. Im Uebrigen erfährt sie aber keine weitere Be- arbeitung; insbesondere sieht man davon ab, sie bereits auf den Werken, in welchen sie gewonnen wurde und die in der Regel in nächster Nähe der Erzgruben liegen, in ihre beiden Componenten zu trennen. Man bringt vielmehr diese Mischung unter dem Namen »Bullion« direct — 249 — in den Handel. Die Scheidung des Bullion in reines Gold und reines Silber erfolgt erst in besonderen Werkstätten, sogenannten Scheidc- anstalten, die zum Theil mit den Münzstätten verbunden sind. Die Edelmetallgewinnung nach dem Verfahren der Pfannenamalga- mation ist, wie fast jedes technische Verfahren, mit Verlusten verknüpft^ Verlusten, die sich sowohl auf die Ausbeute an Gold und Silber, als auch auf die Wiedergewinnung des verwendeten Quecksilbers beziehen. Der Quecksilberverlust beträgt nach Schnabel 0,5 bis 1,5 kg auf die Tonne Erz. Von der Grösse des Verlustes an Edelmetall kann man sich am besten ein Bild machen, wenn man einige Zahlen der ameri- kanischen Minenstatistik von 1880 einer näheren Betrachtung unterzieht. Nach diesen Aufstellungen ^) wurden im Staate Xevada in der Zeit vom 1. Juni 1879 bis 31. Mai 1880 346 331 Tonnen Erz verarbeitet. Dieselben enthielten insgesammt einen Probirgehalt, das heisst einen mit Hilfe der geAvöhnlichen hüttenmännischen Methoden durch chemische Analyse festgestellten Gehalt von 8245,250 kg Gold und 337 303,1 kg- Silber. Die wirkliche Ausbeute betrug jedoch nur 6434,813 kg Gold und 278797,9 kg Silber. Es wurden also von dem durch Probiren festgestellten, wirklich in den Erzen vorhandenen Gold nur 78,04 ^Z,^,. von dem Silber 82,65 ^/,3 gewonnen. Alles üebrige ist verloren gegangen^ und dieser Verlust repräsentirte für das hier besprochene Erzquantum eines einzigen Staates in einem einzigen Jahre einen Werth von 15 451000 Mark. Diese Verluste sind in der Hauptsache durch eine Unvollkommenheit des benützten Verfahrens bedingt. Auch bei dem Washoeprocess iot nämlich die Amalgamation immer noch eine unvoll- ständige; es haben sich aber bisher keine Mittel auffinden lassen, sie zu einer vollständigeren zu gestalten, und so die Verluste einzuschränken. Nach Versuchen, die in den Vereinigten Staaten angestellt wurden,, gelang es nicht, mehr als 81 ^/^ des in den Erzen enthaltenen Silbers in der Pfanne zu amalgamiren. Der übrige Edelmetallgehalt der Erze fliesst mit der trüben Flüssigkeit fort, die man aus den Settiers abzapft, und er ist folglich in den schlammigen Bodensätzen, den sogenannten Tailings enthalten, die sich aus diesen Trübeströmen absetzen. Um die Edelmetallverluste möglichst einzuschränken, ging man daher mehr- fach dazu über, diese Tailings aufzuarbeiten. Es werden zunächst nach 1) Clarence King. Second amiual report of the United States geological_ survey. 1880—81. Washington 1882, S. 346. "' ■ " -- 250 — einer im Grossen betriebenen Art Waschverfaliren die leichtesten Be- standtbeile fortgeschwemmt, und die an den specifisch schweren Gemeng- theilen (also an Edelmetallen) angereiciierten Rückstände erneut nach dem Washoe-Process verarbeitet. Die oben mitgetheilten Ausbeuteziffern sind Total-Ausbeuten ; in ihnen ist also dieser Gewinn aus den Tailings mit inbegriffen. Die mitgetheilten Zahlen aus der Minenstatistik gewähren uns gleichzeitig ein ungefähres Bild von dem Dur ch schnitt s- Gehalt der verarbeiteten Erze an Edelmetallen und ergänzen so die bereits früher (S. 242) gemachten Angaben über die Grenz werthe. Nur muss dabei freilich in Betracht gezogen werden, dass diese Erze etwa nur zur Hälfte vom Comstock-Gang stammten, zur anderen Hälfte aber von anderen Gruben des Staates Nevada herrühren. Hiernach enthielt 1 Tonne Erz im Durchschnitt 23,81 g oder 0,0024 •^/q Gold und 973,93 g oder 0,0974 ^/^ Silber. Wenn wir früher hörten, dass nach Brand der niedrigste Silbergehalt, bei dem eine Verarbeitung noch lohnt, 0,2 ^/q beträgt, und nunmehr sehen, dass der Durchschnittsgehalt erheblich unter diesem Minimum liegt, so müssen wir uns erinnern, dass die Verarbeitungswürdigkeit dieser Erze theilweise durch ihren Goldgehalt bedingt wird. Das Bullionproduct des Comstockrevieres enthielt im grossen Durchschnitt 4 ^/^ Gold und 96 ^/^ Silber. Es erscheint auf den ersten Anblick sonderbar, dass ein Betrieb, der ein so goldarmes Product liefert, hier als wichtiger Repräsentant der Goldgewinnung be- schrieben wurde. Man gewinnt aber sofort eine andere Ansicht, wenn man den Goldgehalt des Bullion nicht, wie eben geschehen, in Gewichts- procenten, sondern statt dessen in Werthprocenten ausdrückt. So gemessen besteht das Comstock-Bullion zu 40 ^/q seines Werthes aus Gold und zu 60*^/q aus Silber, und Avie gross die Gesammtmenge Gold ist, die der Comstockgang auf den Weltmarkt geliefert hat, wurde ja schon früher erwähnt (S. 236). Die Glanzzeit des Bergbaus und der Edelmetallgewinnung auf dem Comstockgang war die Mitte der siebenziger Jahre. Damals sind h'er Jahr für Jahr für 100 bis 160 Millionen Mark Silber und Gold ge- wonnen worden. Nach del Mar^) stellte sich die Ausbeute vom Com- stockgang von 1871 bis 1876 wie folgt: i) A. Soetbeer. Edelmetallproduction und Werthverhältniss zwischen Gold und Silber. Petermanns Mittheilungen. Erg.-Heft 57, S. 99, 1879. — 251 — Gold Silber Gesanimt- Gewicht Werth in Gewicht Werth in Bullion- in k^^ Mark in kof Mark Werth in Mk. 1871 5872,8 17329064 149870,0 26479994 43809058 1872 9088,5 26817 646 159067,1 28105006 - 54922652 1873 15076.1 44588196 265483,5 46907 326 91495522 1874 18119,0 53464256 285784,5 50262244 104726500 . 1875 16909,2 49894450 348597,7 61592479 111486929 1876 25929,9 76512339 494807,7 87425 820 163938159 Bereits 1879 sank die Ausbeute wieder auf 13 213 913 Mk. Gold und 16 205 990 Mk. Silber i), noch ärger war der Rückgang 1881 und 1882 -). Dann folgt wohl wieder eine kleine Zunahme, namentlich in den Jahren 1891 und 1892. Specielle Zahlen für den Comstock- gang liegen mir über diese Periode nicht vor. Wie gering die Aus- beute aber auch in diesen Jahren war, geht schon daraus hervor, dass die Bullionproduction des ganzen Staates Nevada 1891 28 Millionen Mark betrug. Seitdem kann von Bergbau und Goldgewinnung im Com- stockrevier kaum mehr die Rede sein. Der Gang ist in seiner ganzen Längenerstreckung bis zu einer Tiefe von etwa 900 m abgebaut worden. Bergbau in grössere Teufen hinab wird durch hier vorliegende besondere Yerhältnisse unmöglich gemacht, ja er war schon vor Erreichung dieses Niveaus wesentlich erschwert. Die Schwierigkeiten wurden durch die Wasserführung und die Temperaturverhältnisse in den Tiefbauten geschaffen. Mit Erreichung der grösseren Tiefen stellte sich nicht nur sehr viel Wasser in den Werken ein, sondern obenein auch sehr warmes Wasser. Das AYasser, das in den unteren Teufen der Goldhill-Mine im Winter 1880/81 circulirte, war nach Becker 77^ C. warm und die Lufttemperatur in den Werken näherte sich, je nach der Ventilation, mehr oder weniger derjenigen des Wassers. Dieser Zufluss warmer Quellen, die von unten in der Gangspalte empordringen, bedingt ganz aussergewöhnliche Wärme- zustände, die wesentlich von denjenigen abweichen, die man anderwärts beobachtete. Während die geothermische Tiefenstufe, das heisst die Anzahl von Metern, welche man in die Tiefe gehen muss, um eine 1) Ciaren ce King, a. a. 0., S. 346. 2) Mineral resources of the United States, 1892, S. 76. — 252 — Temperaturzunabme von 1 ^ C. zu erreichen, im Allgemeinen 31m be- trägt, geht sie im Comstock-Revier auf 16,8 m zurück, wie sich aus den Beobachtungen von Reade und Barus berechnet. Man hat in unserem Erzrevier schon frühzeitig die Schwierigkeiten erkannt, welche das Wasser dem Bergbau bereitet und hat durch eine Anzahl von Stollen, das heisst von tunnelartigen Querschlägen durch das Gestein, das Wasser unterhalb der im Betrieb stehenden Teufen abzuleiten und so die Bergwerke gewissermaassen zu drainiren ver- sucht. Der grösste dieser Stollen ist der Sutro-Tunn el, der eine Länge von 6,2 km erreicht. Suchte man so das Wasser abzuleiten, so bemühte man sich auch gleichzeitig, der hohen Lufttemperatur durch entsprechende Ventilations- einrichtungen zn begegnen. Die Luft wurde durch die betreffenden Einrichtungen mit einer anderwärts völlig ungekannten Geschwindigkeit abgesaugt; dennoch waren Todesfälle in folge der Hitze nichts unge- w^Öhnliches (Becker). Stollen und Ventilation erlaubten wohl den Bergbau bis in grössere Teufen fortzusetzen, als das sonst möglich gewiesen wäre; schliesslich versagten aber auch sie ihre Hilfe und die Erzgewinnung musste auf- gegeben werden. Eine Weile fanden die Amalgamationswerke noch verhältnissmässig kümmerliche Beschäftigung, indem man Nachlese in den verlassenen Gruben der früheren Jahre hielt und kleine Erzpartien förderte, die dereinst stehen geblieben waren, oder indem man die auf- gesammelten Tailings verarbeitete. Heute spielt auch diese Production keine Bolle mehr. Wohl wird in Nevada noch Gold und Silber auf einigen anderen Werken gewonnen, die hier nicht besprochen werden sollen, aber die stolze Stellung die es als erster Edelmetallproducent der Union in den Glanzzeiten des Comstockrevieres einnahm, hat es längst verloren. 1876 trug Nevada zu der 334,5 Millionen Mark be- tragenden Edelmetallproduction der Vereinigten Staaten 59,8 ^/^ bei; 1895 betrug die Gesammtproduction an Silber und Gold 504,3 Mill. Mark, Nevada lieferte hierzu jedoch nur 2,3 ^/q. Die Sierra Nevada, die auf ihrer Ostseite den gewaltigen Erzgang barg, dessen Beschaffenheit und Geschichte soeben eingehend erörtert Avurde, ist auch auf ihrem westlichen Abhang, der sich nach dem Staate Californien herabsenkt, reich an Gold. Die Gipfelzone des — 253 — Oebirges besteht aus granitisclien Gesteinen. Steigt man nach Westen herab, so trifft man allenthalben auf steil aufgerichtete blaugraue Schieferschichten, welche der Gebirgsrichtung parallel, also von NNW. nach SSO., streichen und unter 70 bis 85 *^' auf die Achse des Gebirges zu, also nach Osten, einfallen. Man hielt diese Schiefer auf Grund einiger spärlicher Yersteinerungsfunde bei Mariposa anfänglich für jurassisch; neuere Untersuchungen haben die Bestimmung ihres geologi- schen Alters einerseits bis in das Palaeozoicum, andererseits bis in die untere Kreide verschoben. Gewissheit herrscht hierüber durchaus noch nicht. An vulkanischen Erscheinungen hat es auf diesem Westflügel der Sierra Nevada ebenso wenig gefehlt, wie auf dem oben beschriebenen Theile des Ostflügels. Nur traten sie hier in anderer Weise auf. Die Ablagerungen, die sie hinterliessen, lassen sich zweckmässig in zwei Gruppen bringen, deren eine durch ein System von Diorit- und Diabas- gängen repräsentirt wird, die in nicht geringer Anzahl die Schiefer durchsetzen und in ihrer Streichrichtung mit dem Streichen derselben übereinstimmen. Die zweite Gruppe vulkanischer Erscheinungen trat in jüngerer geologischer Vergangenheit in Form von basaltischen Lava- ergüssen und Ablagerungen trachytischer und andesitischer Tuffe auf, die sich deckenförmig auf den glatt abgeschnittenen Schichtenköpfen der Schiefer und auf den angrenzenden Granitpartien über Hunderte von Quadratmeilen ausbreiteten und durch ihre ebene Oberfläche die Gleichmässigkeit des Westabfalles der Sierra Nevada bedingen. In ihrer ganzen Längenerstreckung sind die Schiefer des West- hanges der Sierra N e vada durchsetzt von goldführenden Quarz- gängen, die gleich den Diorit- und Diabasgängen in ihrem Streichen mit dem meridionalen Streichen des ganzen Gebirges, und der Schiefer im besonderen, übereinstimmen. Sie bilden eine schmale Zone in der Mitte des W^estabfalls des Gebirges in einer Meereshöhe von 900 bis 1500 m. »Ihr Complex ist einer der ausgedehntesten und regelmässigsten Gangzüge der Welt. Einzelne Gänge treten innerhalb einer deutschen Meile des Hauptzuges auf, andere begleiten ihn, zu parallelen Gang- zügen von geringerer Ausdehnung gruppirt, in grösserer Entfernung zu beiden Seiten. Die Zahl der Gänge ist oft in kleinem Raum ausser- ordentlich gross, dann wieder sind sie sparsamer und liegen w^eiter aus- einander. Die durchschnittliche Mächtigkeit ist nicht mehr als 0,6 bis 0,9 m, obwohl sie häufig 2, 3 und 3,5 m beträgt und einzelne Gänge — 254 — stellenweise zu mehr als 6 m anschwellen. Die meisten Gänge sind in ihrem Streichen regelmässig und viele lassen sich auf Meilen verfolgen.« (von Richthofen.) Der wichtigste dieser Gangzüge, der Mutter- gang (Mother lode), ist bei einer zwischen 5 und 20 m wechselnden Mächtigkeit in einer Erstreckung von 120 km bekannt. Wenn wir die gesammte Längenausdehnung des ganzen Gangsystemes ermessen wollen, so reichen 700 km noch nicht aus. So lang ist allein die Sierra Nevada, und diese bietet von dort, W'O sie im Norden aus den vulkanischen Regionen von Mount Shasta und Lassens Peak sich herauslöst bis dahin, avo sie im Süden durch die Mojawe-Wüste abge- schnitten wird durchweg an ihrem Westabhang das eben gezeichnete Bild. Aber die geologischen Vertreter der goldführenden Schiefer- formation lassen sich im Norden noch weiter bis in das westliche Oregon hinein verfolgen und im Süden jenseits der Wüste in den Bergen Süd-Californiens und auf der Ostseite der Halbinsel Nieder-Californien nachweisen. Die Ausfüllung der Gänge, die vermuthlich gleich derjenigen des Com stockganges auf eine Auslaugung des Nebengesteins durch Grund"- wasser zurückzuführen ist, besteht neben Quarz hauptsächlich aus ge- diegenem Gold und aus goldhaltigem Eisenkies. Die Yertheilung des Goldes in den Gängen ist ungleichmässig; die reichsten Gänge sind die- jenigen, welche in der nächsten Nachbarschaft der Diorit- und Diabas- gänge auftreten, sich an dieselben anschaaren oder dieselben durch- kreuzen. Weiter hat sich gezeigt, dass im Allgemeinen der Reichthum an Gold mit der Tiefe abnimmt. Eine der wichtigsten Gruben, die berühmte Eureka-Mine, die in neunjährigem Betriebe Gold im Werthe von 17 630 000 Mark geliefert hatte, erreichte beispielsweise das Ende der goldführenden Zone in 200 m Tiefe und musste verlassen werden, da ein weiterer Abbau nichts mehr förderte. Auf den Quarzgängen wurde in den Jahren 1852 bis 1856 ein sehr bedeutender Bergbau betrieben, der freilich in den folgenden Jahren erheblich zurückging und erst seit etwa 1864 wieder in etwas grösserem Umfange aufgenommen wurde. Die geförderten Erze wurden nass gepocht, danach durch einen Waschprocess an Gold relativ an- gereichert und schliesslich nach einer besonderen Abart des Amalgamations- verfahrens w^eiter verarbeitet. In den fünfziger Jahren mögen diese Werke eine jährliche Goldausbeute von ca. 60 Millionen Mark geliefert — ^o5 — haben; 1879 betrug die Goldgewinnung aus californisclien Quarzgängen 35 359 112 Mark^). So reich diese Lagerstätten au^li sind, und so gross ihre Verbreitung ist, so standen sie in ihrem Erträgniss doch weit zurück gegen eine zweite Gruppe von Goldfundstätten, die gleichfalls dem Staate Californien angehören und in dem Längsthal aufgefunden wurden, in welchem die Flüsse Sacramento und San Joaquin ihren Lauf nehmen. Ihre Entdeckung w'ar es, die vor etwa 50 Jahren Californien in den Ruf eines modernen: Eldorado brachte, und ihre Ausnützung überschw^emmte damals mit einem Male die Welt mit einem früher kaum geahnten Yorrath von Gold.» Um die geologische Entstehungsgeschichte dieser Lagerstätten völlig verständlich zu machen, muss ich zunächst ein Bild von den oro- graphischen und hydrographischen Verhältnissen derjenigen Landestheile Californiens entwerfen, die nicht der Sierra Nevada angehören. Die Sierra Nevada ist nicht das einzige Gebirge Californiens. Ihr parallel zieht sich in etwa 80 km Entfernung von der Küste längs der- selben ein zweites, niedrigeres Gebirge hin, die Küstenkette (Coast Range), die in mehreren Gipfeln 1800 bis 2100m Höhe erreicht. Küstenkette und Sierra Nevada schliessen zwischen sich ein grosses Längsthal ein, das bei etwa 660 km Länge eine durchschnittliche Breite von 80 km besitzt, also weit mehr als die doppelte Breite der Rhein- ebene auf der Strecke von Basel bis Mainz. In diesem grossem californi- schen Centralthal nehmen zwei Flüsse ihren Lauf: der eine, der Sacra- mento, von Norden her kommend, in der Gegend des Mt. Shasta ent- springend, nach Süden in dem Centralthal herabfliessend, dann etwas nördlich vom 38. Parallelkreise nach Westen abbiegend, um an einem Durchbruch der Küstenkette sich in die Bai von San Francisco zu er- giessen. Der andere Fluss ist der San Joaquin. Er entspringt arn Südende der Sierra Nevada, in der Gegend des Mt. Abbot, fiiesst von da hinab in das Centralthal, wendet sich in diesem scharf nach Norden 1) Für diesen, sowie für den folgenden Theil dieses Abschnittes wurden be- nutzt: F. von Rieht hofen. Die Metallpruduction Californiens und der an- grenzenden Länder. Petermanns Mittheilungen. Erg.-Heft 14, 1864. — E Suess. Die Zukunft des Goldes. Wien 1877. — G. vom Rath üeber das Gold. Berlin 1879. — Derselbe Verhandl. der Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin 12, 402 bis 418, 1885. — Mineral resources of the United States. Calendar 3'ear 1892, S. 60. — C. W. Hilgard Die Bodenverhältnisse Californiens. Zeitschr. der deutsch, geologischen Gesellschaft 45, 15—22, 1893 — 256 — und biegt schliesslich nahezu an derselben Stelle, wie der Sacramento nach Westen ab, um gleich diesem in dieselbe seeartige Ausbuchtung der San Francisco-ßai einzumünden. Sacramento und San Joaquin empfangen von der Küstenkette her nur wenige wasserarme und zuweilen versiegende Zuflüsse, von Osten dagegen strömen ihnen in tief eingerissenen Felsschluchten (Caiions) zahl- lose Nebenflüsse zu^ deren Quellen sämmtlich auf dem wasserreichen Westabhang der Sierra Nevada liegen. Diese Nebenflüsse beladen sich in ihrem Oberlaufe mit den losen Oesteinsfragmenten, welche durch die Wirkung des Spaltenfrostes und der Verwitterung von dem anstellenden Gestein losgelöst wurden. Sie führen sie auf ihrem Laufe mit sich herab und rollen und schleifen -sie durch die Bewegung aneinander ab. Diese Geröllmassen schieben sie auf dem Thalboden ihres eigenen Bettes her, reiben und reissen mit ihrer Hilfe auch von diesem mechanisch grössere oder geringere Gesteinsfragmente los, die sie gleich den übrigen vorwärts transportiren, indem sie so zugleich ihre Thalsohle immer tiefer und tiefer in den anstehenden Fels einschneiden. Dieser erodirenden Wirkung der Wasser- läufe fiel alles zum Opfer, w^as ihnen im Wege lag; der Granit der Centralerhebung, wie die Schiefer des Westhanges und ebenso die in ihnen aufsetzenden goldführenden Quarzgänge: von ihnen allen wurden im Laufe der Jahrmilliarden grosse Mengen losgerissen, abgeschliffen und fortgeführt. Sobald die Flüsse von dem Gebirgshang herab und in das Central- thal herunterkommen, verringert sich ihr Gefälle, ihr Lauf wird träger und ihre lebendige Kraft mithin geringer. Die Geröllmassen die sie in ihrem raschen Oberlauf mit Leichtigkeit forttrugen, können sie nun- mehr nicht weiterschleppen; sie lassen einen Theil derselben zu Boden fallen und auf dem Grunde ihres Bettes liegen. Nach bekannten physi- kalischen Gesetzen müssen es nun einerseits die specifisch schwersten und andererseits die grössten Fragmente sein, die auf diese Weise zuerst zur Ablagerung kommen, während die leichteren und kleineren weiter geführt werden bis in den Sacramento und San Joaquin, die die alier- leichtesten und feinsten Partikeln sogar mit hinausnehmen bis in den stillen Ocean. Die Flüsse haben, wie wir sahen, mit dem losen Gesteinsmaterial, das sie vom Gebirge her mitbrachten, und in dem sich auch die los- gerissenen Fragmeute aus den quarzigen Goldgängen befanden, im grossen — 257 — Maassstabe dieselbe Arbeit verrichtet, die Avir früher (S. 241) die ersten Goldgräber am Gold- Canon mit ihrer Pfanne oder Wieg.e im Kleinen ausführen sahen. Das Leichte wurde fortgeschwemmt, und das Schwere, in welchem das Gold enthalten und angereichert war, zurück- gelassen. Diese Arbeit ist nicht nur auf die geologische Gegenwart beschränkt. Bereits in früheren Epochen der Erdgeschichte, noch ehe jene Laven und vulkanischen Tuffe abgelagert wurden, die heute den Westabhang der Sierra Nevada bedecken, glich das Flusssystem dieses Gebirges in grossen Zügen dem heutigen. Schon damals wurden die Gesteine des Gebirges hinabgeschvvemmt in das Centralthal und auf diese Weise goldhaltige Flussschotter auf den Schichtenköpfen des Schiefers abgelagert. Diese Sedimente prähistorischer Flüsse sind durch die später erfolgenden Ausbrüche der erwähnten Laven und Tuffe tiberdeckt wor- den, und die Flüsse der Gegenwart mussten aufs neue ihre Thäler in diese vulkanischen Decken einschneiden, mussten danach erst durch Wegschaffuug der Gerolle der früheren Flüsse ihr Bett zu vertiefen suchen, um schliesslich auch ihrerseits den Schiefer zu erreichen, und in ihm ihre Erosionsarbeit fortzusetzen. Dort aber, wo die Flüsse der Gegenwart die vulkanischen Decken unberührt gelassen haben, dort sind auch die darunter liegenden Geröllablagerungen der Flüsse ver- gangener Zeiten wohl erhalten bis auf unsere Tage liegen geblieben. So unterscheiden wir in dem. grossen californischen Centralthal zwei Gruppen goldführender Schotter-Ablagerungen: solche in den Flussbetten der Gegenwart, die meist frei liegen und solche in verlassenen Fluss- betten aus vergangener geologischer Zeit (»dead rivers«), die meist von vulkanischen Massen bedeckt sind. Hier wie dort befindet sich das Gold auf s e c u n d ä r e r Lagerstätte. Die p r i m ä r e Lagerstätte waren die Quarzgänge im Schiefer; von ihnen aus hat sie das fliessende Wasser an die secundäre gebracht. Man nennt solche secundäre Lagerstätten, in denen sich das Gold in Gestalt grösserer oder kleinerer Körner, sowie als feinster Staub in Geröll oder Kies vertheilt findet, Seifen; auf Englisch heissen sie Placers. Ich will nicht verschweigen, dass die Ansicht nicht von allen Geo- logen getheilt wird, das Seifengold sei durch eine solche natürliche mechanische Aufbereitung des an anderer Stelle primär abgelagerten Goldes an den Ort gebracht worden, an dem wir es gegenwärtig finden. Vielfach ist vielmehr der Meinung Ausdruck verliehen worden, es sei auch hier aus wässerigen Lösungen, die es aus den Nachbargesteinen Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51 1« — 258 — herausgelöst und au seine jetzige Stelle gebracht hätten, auskrystallisirt oder in anderer Weise abgeschieden. Die Entstehung des Goldes in den Seifen wäre hiernach dieselbe wie auf den Gängen. Demgegenüber hat E. Cohen ^) überzeugend nachgewiesen, dass die Gründe, welche man für eine alleinige oder vorherrschende chemische Entstehung des Seifengoldes durch Abscheidung aus Lösungen geltend machte, nicht derart sind, dass sie eine andere Erklärungsweise ausschliessen und dass ihnen höchstens eine Beweiskraft für locale Verhältnisse zuerkannt werden kann. Im Allgemeinen wird man daher die vorhin gegebene Darstellung der Bildung der californischen Goldseifen für richtig halten dürfen. lieber die Beschaffenheit der Goldseifen ist nach dem, was bisher über ihre Entstehungsweise gesagt wurde, nur noch wenig zu bemerken. Sie stellen eben Schottermassen dar, in denen meist Quarzgerölle vor- herrschen, und die gewöhnlich von bläulicher Farbe sind. Ihre Mäch- tigkeit ist sehr wechselnd und stellenweise geradezu bedeutend , sie beträgt bis zu 200 m. Oft findet sich das Gold, namentlich in den Ablagerungen des älteren Flusssystemes, in den untersten Horizonten, welche dem Schiefer unmittelbar auflagern, in viel reicherem Maasse als in den oberen. Es tritt in Gestalt von Staub, Blättchen, Körnern und grösseren Stücken auf, deren Gewicht in allerdings sehr ver- einzelten Fällen bis 70 kg erreichte. Wie eine Reihe eingehender Untersuchungen ergab, ist das Gold der californischen Seifen immer silberhaltig; im Grossen und Ganzen scheint 85 ^/q Gold und 15 ^/q Silber als Durchschnittszusammensetzung gelten zu können. Eine Zu- sammenstellung von Gl. K i n g 2j zeigt Schwankungen im Feingoldgehalt von 78,4% bis 97 o/^. Die Entdeckung der ersten californischen Goldseifen erfolgte am 2. Februar 1848 am Sacramento auf der Besitzung des Schweizer Capitäns Sutter gelegentlich der Anlage eines neuen Wasserzuflusses zu einer Sägemühle. Goldgräber eilten sogleich von allen Seiten herbei und die Vereinigten Staaten von Nordamerika, die bis dahin nach S 0 e t b e e r so Avenig an Edelmetall geliefert hatten , wie kaum ein anderer Ländercomplex gleicher Ausdehnung, nahmen seit dieser Ent- 1) E. Cohen. ITtber die Entstehung des Seifengoldes. Mittheilungen aus dem naturwis?enschaftl. Verein f. Neu-Vorpommern und Rügen 19, 52 — 70, 1887. 2) a a. 0. S. 379. — 259 — deckung in rascher Entwickelung eine der ersten Stellen ein. Bereits in dem ersten Jahre 1848 betrug die Goldausfuhr über San Francisco 42 Millionen Mark. Die Gewinnung des Goldes auf diesen Lagerstätten erfolgte von Anfang an bis fast zur Gegenwart nahezu ausschliesslich durch Wasch- verfahren. Die Arbeit der Goldgrcäber führte im Wesentlichen nur die mechanische Aufbereitung zu Ende, w^elche die Natur begonnen hatte, als sie das Metall von seiner primären Lagerstätte in die Seifen herab- führte. Die besondere Art aber, in w^elcher diese Processe angewendet W'Urden, steigerte sich im Laufe der Zeit von der primitivsten Ausfüh- rungsweise bis zu einer beachtenswerthen Stufe technischer Vollendung. Die ersten Goldgräber arbeiteten mit jenen einfachen Werkzeugen, der Pfanne und Wiege, die vorhin beschrieben wurden. Neben ihnen benützte man bald noch eine andere Vorrichtung, den »long Tom«, der in seinem Princip bereits mit den sogleich zu erwähnenden Schleussen über- einstimmt und als deren unvollkommener Vorläufer angesehen w^erden kann. Eine solche Arbeit war nur gewinnbringend, als Gold gewisser- maassen auf der Strasse lag, als es galt die Alluvien der jetzigen Flüsse zu verarbeiteten, die leicht aufzufinden waren und nur geringe Mächtigkeit besassen, so dass der »pay dirt« (die zahlende Schicht) leicht erreicht w^ar, und sie lohnte nur an solchen Fundstätten wo ein benachbarter Fluss das erforderliche Wasser bot. Bald aber änderten sich die Zeiten. Man hatte tiefer nach dem Golde zu graben und das Wasser von weiter her zu der Arbeitsstätte in theuren Leitungen herbeizuführen. Nunmehr waren jene einfachen Methoden, die erheblichen Zeitaufwand bedingten, viel zu kostspielig um die Ausbeute zu lohnen. Nach Zahlen, die vom Rath mittheilt, stellten sich die Arbeitslöhne bei der Verwaschung eines Kubikmeters Sand^) mit der Pfanne zu 109 Mark, mit der Wiege zu 27,3 Mark, mit dem long Tom zu 5,4 Mark, mit den Schleussen jedoch, die nun- mehr zur Einführung gelangten, nur zu 26 Pfennigen. Diese Seh le US sen (sluices) sind geneigte hölzerne Rinnsale von 0.40 — 0,55 m Breite und Avenigstens 0,22 m Tiefe, die eine Länge von mehreren Hundert Metern besitzen. Der goldführende Sand wird in den Kopf der Rinne eingeworfen und durch einen kräftigen Wasser- strom hinabgeschwemmt. Quer- und Längsleisten, die in geeigneter 1) Unter Voraussetzung eines Tagelohnes von 16,60 Mark. 17 — 260 — Weise in den Rinnen angebracht sind, zertlieilen die Brocken, die mit dem Wasser herabkommen. Das Gold bleibt hierbei auf dem Boden der Schleusse zurück und wird dort aufgefangen. Gewöhnlich bringt man in jene Abtheilungen, in denen sich das Gold sammeln soll, Queck- silber und vereinigt so die Amalgamation mit dem Waschen. Man belegt hierzu den Boden der Schleussen mit einem Pflaster von parallelepipe- dischen Steinen oder Holzblöcken , fügt aber die einzelnen Piaster- elemente nicht dicht zusammen, sondern lässt Binnen zwischen denselben offen. In diese Rinnen bringt man das Quecksilber und in ihnen fängt man das Gold auf. Zur Erhöhung der Wirksamkeit bringt man von Strecke zu Strecke sogenannte undercur rents an. Man ersetzt den festen Boden des Gerinnes durch einen Rost und lässt das Ende frei. Unter dem Rost ist ein zweites kurzes Gerinne angebracht, das in eine seitwärts stehende neue Schleusse überleitet. Die feinen Theile und das schw^ere Gold werden durch den Rost hindurchgespült und gelangen durch den darunter befindlichen undercurrent in die neue Schleusse, in der sie weiter ver- waschen werden ; die groben Theile jedoch gehen über die Oeffnungen des Rostes hinweg, verlassen die erste Schleusse durch deren freies Ende und werden so eliminirt. Das undercurrent stellt aber nicht nur, wie bisher beschrieben, das Verbindungsstück zwischen der ersten und zweiten Schleusse her, sondern es ist gleichzeitig zu einer Vorrichtung umgestaltet, die zur Beschleunigung des Goldabsatzes dient. Es besitzt unterhalb des Rostes die Gestalt eines grossen flachen Holzkastens. Das Wasser, das durch den engen Querschnitt der Schleusse herabströmt, muss nunmehr den erheblich grösseren Querschnitt dieses Kastens durchfliessen und büsst so für diese Wegstrecke erheblich an Geschwindigkeit ein. Dadurch verliert es aber natürlich an Tragfähigkeit für die suspendirten Theile und lässt Gold zu Boden snken, welches dort mit Quecksilber, das man zuvor hineingebracht hat, zusammentrifft und sich mit diesem amalgamirt. Der grösste Theil des Goldes sammelt sich in den ersten Theilen des ganzen Systems an. Aus diesen wird deshalb das Amalgam auch ein bis zwei Mal monatlich entfernt; aus den unteren Theilen hebt man es dagegen nur in längeren Intervallen (6 Wochen bis ^/^ Jahr) heraus. Das Amalgam wird gewaschen, durch Segeltuchbeutel filtrirt, mit Schwefelsäure ausgekocht und schliesslich ausgeglüht. ^) ij C. Schnabel. Handbuch der Metallhüttenkimde 1, 790 if. 1894. — 261 — L)en Verlust an Gold bei diesem Verfahren schätzt StölzeP) zu 15 bis 20 ^/q; der Quecksilberverlust beträgt nach Schnabel meist 10 bis 15*^/q, erreicht jedoch bis 37,5 ^/^ der angewandten Menge. Bei diesem grossen Quecksilberbedarf der californischen Goldindustrie ist es von V/ichtigkeit, dass in Californien selbst sehr reiche Lager auch dieses Metalles sich finden und abgebaut werden Die Vortheile, welche die Verwaschung der Goldsande in den Schleussen in Beziehung auf die Gestehungskosten bot, erwiesen sich schon wenige Jahre nach der Entdeckung des Goldes nicht mehr als ausreichend. Geröllmassen von 30 bis 70 m und mehr Mächtigkeit mussten nunmehr schon weggeräumt werden, wollte man abbauwürdige Lager finden. Dafür war die Handarbeit mit Hacke und Schaufel zu theuer und so Hess man etwa seit 1852 auch diese Arbeit durch das Wasser besorgen. Zur hydraulischen Gewinnung des Goldes gesellte sich der hydraulische Abbau desselben. Man führte das Wassei in geeigneten Leitungen vom Gebirge her in relativ hoch gelegene Reservoirs und spritzte dasselbe unter dem Druck, den es von diesen her besass und der 76 bis 152 m Wassersäule entsprach, aus Schläuchen mit Zinnrohrmundstück aus einer Entfernung von 48 bis 60 m gegen die Schotter wände. Die Gewalt der Wassermassen brachte die letzteren zum Einsturz und schwemmte sie direct hinab in die Schleussen. Nur zuweilen tritt an Stelle des hydraulischen Baues der gewöhn- liche Bergbau. Dort wo die Schotter fest verkittet oder von den vul- kanischen Ablagerungen derart bedeckt sind, dass man mit dem Wasser schlecht heran kann, trieb man meist einen Stollen vor und baute von diesem aus ab. Man konnte die Kosten des Stollenbaues leicht dadurch aufwiegen, dass man nur entlang der »zahlenden Schicht« am Boden des Flussbettes blieb und nichts von den darüber liegenden Sedimenten wegzunehmen brauchte (von Richthofen). Je mehr die californische Goldgewinnung den zuletzt geschilderten Charakter annahm, um so weniger war sie geeignet, von dem einzelnen Manne ausgeübt zu werden. Die Zeiten des »Digger«, der mittellos herkam und zu Schätzen gelangte, waren bald vorüber und der Betrieb einer Goldwäsche bedurfte unter den geschilderten Verhältnissen ebenso gut eines Anlagecapitals, wie irgend ein anderer, und der Vereinigung Mehrerer mit ihren Mitteln und Kräften zu gemeinsamer Arbeit. Wer nicht zuvor W^asserleitungen anlegen und Schleussen bauen konnte, wer 1) C. Stölzel. Die Metallurgie. Bmimschweig 1863—1886, S. 1359. — 262 — nicht wochenlang zu warten vermoclite, bis die zalilende Schicht erreicht war, der konnte nicht Goldgräber werden. Nur der anspruchslose Chinese vermochte in seiner fast vollständigen Bedürfnisslosigkeit noch lange auch als primitiver Digger seine Rechnung zu finden und als solcher die von dem einheimischen Goldgräber bereits verlassenen Fund- stätten erfolgreich zu verwaschen. Die Hauptbedingung für das Zustandekommen der Goldgewinnung in der beschriebenen Art ist der Wasserreichthum der Sierra Nevada. Ohne dies^^n wäre all das nicht möglich gewesen. 1868 betrug der Wasserbedarf eines einzigen Looses in Californien 30 600 cbm täglich. Eine Wassermenge, wie sie der Rhein durchschnittlich bei Bonn führt, würde ausreichen etwa 5700 solcher Loose zu versorgen. 1876 waren 8270 km Wasserleitungen erbaut: eine Strecke, die etwa der Entfernung von Paris bis Bombay gleicht. Mehr als 60 Millionen Mark waren auf die Erbauung derselben verwendet. Um relativ geringe Mengen Gold zu gewinnen mussten ungeheuer grosse Massen Schotter durch die Schleussen gespült werden. Am Ende derselben sammelten sich die Tailings, die Aufbereitungsrückstände dieses Verfahrens, alsdann an oder sie geriethen mit den abfliessenden Wässern in die Flussläufe. Der Sacramento und seine Nebenflüsse wie auch der San Joaquin sind von rothem Schlamme getrübt; in den Strömen entstehen Sandbänke, ja sogar der Golf von San Francisco droht zu versanden. Weit bedenklicher aber sind die Ablagerungen der Tailings in den Thalböden, die in förmliche Schutthalden durch sie verwandelt werden. Die oberen Thalgründe des Sacramento sind bei- spielsweise bis 5 m hoch von diesen Schlammmassen bedeckt. Das sind Verhältnisse, die den sehr grossen landwirthschaftlichen Interessen Cali- forniens auf die Dauer ausserordentlich gefährlich zu werden drohten und welche nach langen Erwägungen in letzter Zeit dahin führten, die hydraulische Goldgewinnung in Californien völlig zu verbieten. Die Gewinnung des Goldes geschieht daher dort seit einigen Jahren vorzugsweise nach einem xlmalgamationsverfahren, das in seinen Haupt- zügen Aehnlichkeit mit demjenigen hat, das auf den Pochwerken am Witwatersrand angewendet wird und das ich bei der Besprechung der- selben beschreibe. Aber längst vor Erlass dieser einschneidenden Maass- regel war die Production erheblich zurückgegangen. Die Glanzzeit Californiens waren die Jahre 1850 bis 1859, in welchen dort jährlieh im Durchschnitt für 233 Millionen Mark Gold gewonnen wurde; den — 263 — Höhepunkt bedeutet 1853 mit 273 Milliouen Mark. Davon entstammten vielleicht drei Viertel den Seifen und ein Viertel den früher erwähnten (rängen. Bis 1870 sank die Ausbeute allmählich bis auf 90 bis 100 Millionen Mark und bis 1880 weiter auf 75 000 000 Mark, wovon bereits mehr als die Hälfte den Gängen entstammte. Von da ab bis zur Gegenwart hat Californien alljährlich für 50 bis 65 Millionen Mk. Gold geliefert und producirte 1895 22459,518 kg Feingewicht im Werthe von G2,7 Millionen Mark. Auch mit dieser Production steht es immer noch an der Spitze der Goldstaaten der nordamerikanischen Union. Trotz des Rückganges der Goldproduction in Californien und des fast völligen Versiegens der Comstock- Werke ist die Gesammtproduction der Vereinigten Staaten von Nordamerika in den letzten 25 Jahren ihrem absoluten Werthe nach ziemlich constant geblieben. An Stelle der erschöpften Minen wurden in Folge der zunehmenden Besiedelung des Landes neue nicht unwichtige Lagerstätten erschlossen. Unter den- jenigen Staaten, die im letzten Jahrzehnt in dieser Beziehung zu früher ungeahnter Bedeutung sich emporgeschwungen haben, ist vor allem Colorado zu nennen. Colorado nahm unter den Edelmetall producirenden Staaten bis zum Jahre 1878 nur einen bescheidenen Rang ein. In jenem Jahre wurden die reichen Silberlagerstätten von Leadville auf der Ostseite der Sawatch-Kette entdeckt und 1888 schloss sich hieran die Entdeckung weiterer reicher Silberfunde auf der Westseite derselben Kette, im Minen district von Aspen. Durch die Ausbeute beider Fundstätten rückte Colorado zum ersten Silberproducenten der Union auf, so dass wir es 1895 in der Edelmetallstatistik mit einer Silberproduction im Münzwerthe von 128 573 600 Mk. auffinden. Die Gesammt-Silber- production der Vereinigten Staaten erreichte in jenem Jahre einen Münzwerth von 306 217 000 Mk., so dass also Colorado 4.2 ^j^ der- selben geliefert hatte. In einem ähnlichen Verhältniss nimmt es bereits seit dem Anfang der achtziger Jahre an der Silberförderung Theil. Der Leadville-District hatte seit seiner Erschliessung bis zum Anfang des Jahres 1893 für 570 000 000 Mk., der Aspen-District bis zum gleichen Zeitpunct für 190 000 000 Mk. Silber geliefert. Eine ähnliche Bedeutung wie für den Silbermarkt hat Colorado in den letzten Jahren auch für den Goldmarkt der Union gewonnen. Gold — 264 — wurde schon seit 1859 oder 1860 dort gefunden. Die Ausbeute er- reichte jahrelang keinen höheren Werth als durchschnittlich 12- bis 18 000 000 Mk. jährlich und sie lässt erst nach dem Jahre 1890 einen bemerkenswerthen Zuwachs erkennen. Die folgende Tabelle enthält darüber einige nähere Angaben: Goldproduction des Staates Colorado. Fein-Gewicht Werth kg Mk. 1890 . . . . 6243,5 . . . 17 637 500 1891 . . . . 6920,5 . . . 19 550 000 1892 . . . . 7973,6 . . . 22 525 000 1893 . . . . 11324,1 . . . 31989750 1894 . . . . 15972,1 . . . 45119968 1895 . . . . 20017,0 . . . . 56 546 675 Die Goldproduction Colorados ist also in der Gegenwart fast eben- so gross, wie diejenige von Californien. Einen sehr bemerkenswerthen xlntheil an diesem Aufschwung verdankt man der Entdeckung von Lagerstätten in dem Gripp le-Creek-District. Nach Schätzung der Münze zu Denver ist aus diesem Minenbezirk von 1891 bis 1894 für 23 561860 Mk. Gold ausgebracht worden, also rund 20 ^1^ der Gesammtproduction des ganzen Staates. Der Minen-District von Cripple-Creek i) liegt im westlichen Theil der Grafschaft El Paso. Etwa 10 bis 20 km südwestlich vom Pikes Peak, einem 4312 m hohen Gipfel eines der östlichsten Ausläufer des Felsengebirges, erheben sich zwischen dem Beaver Creek und dem Dil Creek (zwei Nebenflüssen des Arkansas) eine Reihe rundlicher Hügel von 2700 bis 3300 m Höhe. Ihrem geologischen Aufbau nach präsentiren sie sich als ein Complex der verschiedenartigsten Eruptivgesteine, die allseitig von einem Kranze von Granit umgeben sind. Der letztere stellt das Grundgestein der ganzen Gegend dar ; wir finden ihn beispiels- weise auch in der Pikes Peak-Kette wieder, und der Durchbruch der vulkanischen Massen durch dieses Grundgestein erfolgte in der Zeit vom Schluss der Kreideperiode bis in das Tertiär hinein. Die ganzen Ver- 1) Whitman Gross und R. A. F. Penrose jr. Geology and mining industry of the Cripple Creek district, Colorado. Sixteenth aiinual report of the United States geological survey. Part IT, S. 11—209. Washington 1895. - 265 ^ hältnisse im Cripple Creek-District, der innerhalb dieses Hügellandes liegt, lassen keine andere Deutung zu, als dass man es hier mit den Ueberresten eines echten Kraters zu thun hat. Hauptsächlich wird er von klastischem Material aufgebaut, das nichts anderes ist, als der Rest von Schlacken- und Aschen-Eruptionen, und das als Tuff oder Breccie bezeichnet wird. Dazwischen kommen massige Gesteine vor. Sie sind die Vertreter der Lavaergüsse und sind theilweise durch die nachfolgenden Ausbrüche in ihrer Gestalt und ursprünglichen Lage verändert, theilweise — soweit sie aus diesen späteren xiusbrüchen selbst herrühren — als Injectionen zwischen das ältere Gesteinsmaterial eingekeilt. Das erste in der Reihe dieser Massengesteine ist Andesit; ihm folgte eine Reihe von Aus- brüchen von Phonolit, dem wesentlichsten Gesteine der Gegend. Zwischen diesen erfolgte der Auswurf der Tuffe und Breccien. Als letzte Pro- ducte der Eruption findet man Xephelinbasalt und Plagioklasbasalt in schmalen Gängen. Diese Gänge durchsetzen alle anderen Gesteinsarten des Districtes und streichen ohne Unterschied vom Granit zur Breccie und umgekehrt. Sie sind die letzten Anzeichen eruptiver Thätigkeit und ihr Auftreten beweist, dass nach dem Ausbruch der vorhergehenden Gesteine eine Periode der Spaltenbildung eingetreten war, denn sie sind als Injectionen in Spalten zu deuten. Die Spaltenbildung dauerte auch über die Zeit fort, in welcher die Gangbasalte zur Eruption kamen, und die in relativ jüngster Zeit entstandenen Spalten sind es, die zum Theil nachträglich eine solche Ausfüllung erfuhren, dass sie sich heute als Goldgänge präsentiren. Penrose bezeichnet es als einen bemerkenswerthen Zug des ganzen Districts, dass die Erzgänge oft den Eruptivgängen sich anschaaren, ent- weder in ihrem ganzen Verlauf oder, was der häufigere Fall ist, für kürzere Strecken. Wo immer ein Erzgang einen Eruptivgang trift't, ist es sehr wahrscheinlich, dass er in seiner Richtung abgelenkt wird, um dem letzteren zu folgen. Die Ausfüllung der Erzgänge besteht aus demselben Mineralienmateriale, wie ihr Nebengestein, zu dem sich dann mehr oder weniger Quarz, purpurfarbener Flussspath, Opal und Kaolin sowie in geringerer Menge Eisenkies und einige andere Mineralien ge- sellen. Gold findet sich in diesem Gangmittel sowohl als freies Gold, sowie in einer Verbindung mit Tellur, welche mit dem Namen Calaverit belegt wird, und vielleicht auch als goldhaltiger Eisenkies. Die in Rede stehenden Gänge unterscheiden sich im allgemeinen von anderen — 26(5 — Ooldgängen dadurch, dass in ihnen der Quarz eine relativ nicht sehr bedeutende Rolle spielt, und sie weisen speciell gegen die bisher in dieser Arbeit beschriebenen in so fern einen Unterschied auf, als das Gold hier in der Hauptsache in der erwähnten Verbindung mit Tellur auftritt. Das freie Gold ist an dieser Fundstätte grösstentheils erst nachträglich durch Oxydation des Tellurgoldes in Freiheit gesetzt worden. Dort, wo die Gänge zu Tage ausstreichen, ja stellenweise selbst bis 2U Teufen von 60 und 100 m hinab sind sie in ihrem Aussehen wesentlich verändert, indem der Sauerstoff der Luft und die eindringenden atmosphärischen Niederschläge eine Oxydation des Eisenkieses zu Roth- eisenstein und Brauneisenstein veranlassten. Man bezeichnet diese Ver- änderungen, die man fast bei allen Erzlagerstätten beobachten kann, als die Bildung eines »eisernen Hutes«. Neben den Goldgängen finden sich am Cripple Creek auch Gold- seifen ; doch ist ihre Bedeutung für den District eine geringere. Der Werth der geförderten Erze schwankte 1894/95 pro Tonne zwischen 50 bis 125 Mk. einerseits und 1250 bis 1700 Mk. andererseits und mag im Durchschnitt 200 bis 350 Mk. betragen haben. Mit dem Gold zusammen findet sich auch hier Silber, in der Regel jedoch nur in kleinen Mengen. Die Gewinnung des Goldes aus diesen Erzen ^) geschieht nach dem Verfahren der Chlor ation. Dasselbe beruht darauf, alles Gold in Form seiner Verbindung mit Chlor in wässrige Lösung überzuführen und es aus dieser durch geeignete Zusätze als reines Metall wieder auszufällen. Die Tendenz des Verfahrens ist in ihrem ersten Theile mit derjenigen verwandt, die vorhin bei der chlorirenden Röstung an- gegeben wurde, aber die Mittel zur Herstellung des Goldchlorides sind wesentlich andere, die nunmehr kurz beschrieben werden sollen. Am Cripple Creek werden die geförderten Erze zunächst in Stete- fel dt 'sehen Oefen getrocknet. Es sind das Schachtöfen, in welchen das Erz auf schrägen Gusseisenplatten, deren Neigung 38 ^ beträgt, allmählich durch den Ofenschacht herabrutscht, während ihm die heissen Feuergase einer Rostfeuerung entgegengeführt werden, so dass es unten getrocknet ankommt. Das Erz wird dann zwischen harten Stahlrollen zerkleinert und darauf in geeigneten Oefen geröstet. Bei dem Röst- process werden in Folge der Einwirkung der hohen Temperatur und der Luft, welche in Folge der Ofenconstruction dem Röstgut in reich- 1) J. Dawson Hawkins. Chemiker-Zeitung 20, 362. 1896. — 267 — licliem Maasse zugeführt wird, alle unedlen Metalle aus ihren anderen Yerbindungsformen in Oxyde übergeführt und nur Gold und etwa vor- handenes Silber bleibt im freien metallischen Zustande. Würden die Cripple Creek-Erze nur Freigold enthalten, so könnte die Röstung fort- bleiben; so aber muss durch sie das Gold erst aus seiner Verbindung mit Tellur in Freiheit gesetzt werden. Die abgerösteten Erze w^erden in Stahlfässer gebracht, die innen mit Blei ausgeschlagen sind, damit sie von dem sogleich zu erwähnenden Chlor nicht so stark angegriffen werden. Sie sind ca. 2,7 m lang und besitzen 1,5 m Durchmesser. In jedes Fass bringt man 5 Tonnen Erz; zuvor hat man dasselbe jedoch schon mit 2500 1 Wasser und 75 kg con- centrirter Schwefelsäure beschickt. Schliesslich bedeckt man die Ober- fläche des Erzes mit Chlorkalk, verschliesst das Fass und lässt es 3 Stunden mit 3 bis 4 Umdrehungen in der Minute rotiren. Es ent- wickelt sich hierbei aus dem Chlorkalk und der verdünnten Schwefel- säure Chlor, und dieses führt alles Gold in Form von Goldchlorid in die wässrige Lösung über Diese wird schliesslich unter Druck über Filter abiiltrirt, die in den Fässern selbst angebracht sind und deren filtrirende Schicht aus Sand oder Asbest besteht. Nun bleibt nur noch die Ausfällung des Goldes aus dieser Lösung vorzunehmen. Sie erfolgt mit denselben Mitteln, deren man sich auch im chemischen Laboratorium in kleinem Maassstabe zu demselben Zwecke zu bedienen pflegt; man setzt entweder Eisenvitriollö.sung oder Holzkohle zu oder man leitet Schwefelwasserstoff ein. Im letzteren Falle muss man zuvor das über- schüssige Chlor durch Einleiten von schwefliger Säure unschädlich machen. Bei dem ersten Fällungsverfahren erhält man das Gold als reines Metall, bei dem zweiten bekommt man es als goldhaltige Holz- kohle, die alsdann noch im Muffelofen verbrannt werden muss. Das dritte Verfahren liefert das gesuchte Metall in Gestalt von Schwefel- gold, das noch einer Röstung bedarf, um in reines Gold übergeführt zu W'Crden. Diese letzte Methode soll die besten Resultate geben. Chlorationsverfahren, wie das vorstehend beschriebene, sind an vielen anderen Stätten der Goldgewinnung, namentlich auch in Califoruien, in Ge- brauch. Die Methode, die in ihrer ursprünglichen Form von dem berühmten Freiberger Hüttenchemiker P 1 a 1 1 n e r herrührt, erfuhr natürlich, je nach den localen Verhältnissen, mannigfaltige Modificationen. Nicht nur, dass — wie schon erwähnt — in manchen Fällen die Röstung fortbleiben kann, es sind auch Abänderungen möglich und gebräuchlich in Beziehung — 268 — auf die Apparatur. Man verwendet insbesondere statt der rotirendeii Fässer auch feststehende Gefässe, die bei Ivleinen Betrieben aus Stein- zeug, bei grossen aus Holzbottichen bestehen, welch letztere mit Theer überzogen sind. Ferner kann man die Entwickelung des Chlors, statt sie wie am Cripple Creek in den Gefässen selbst vorzunehmen, auch ausserhalb derselben von sich gehen lassen, und das Gas dann erst in dieselben einleiten. Man ist gegenwärtig bestrebt, diese Verfahren hier und da durch andere zu ersetzen, bei welchen man sich an Stelle von Chlor des mit ihm nahe verwandten Broms bedient. Ein solcher Bromation- Process ist beispielsweise auf der Nellie Bly Gold Mining & Redac- tion Co. in Magnolia, Colorado, in Betrieb ^). Mit Hilfe desselben ver- arbeitet man dort Erze, die pro Tonne Gold im Werthe von 34 bis 84 Mark in Form von Tellurverbindungen enthalten. Die Vorbereitung dieser Erze geschieht ebenso, wie bei der Chloration; an Stelle der letzteren selbst erfolgt aber dann in den Fässern eine Behandlung mit einer Auflösung von Brom in Wasser. Das Gold wird hierbei in Form von Goldbromid in die wässerige Lösung übergeführt; es soll das rascher und sicherer gelingen, als die entsprechende Umwandlung in Gold- chlorid bei den Chlorationsverfahren. Das Brom ist jedoch ein sehr kostspieliges Material und seine Verwendung ist trotz dieses Vortheils nur dann lohnend, Avenn man es immer wieder zurückgewinnt. Um das zu ermöglichen, wird die Goldbromidlösung in geeigneten Apparaten mit Chlorkalk und Schwefelsäure zusammengebracht. Es entwickelt sich alsdann aus diesen zugesetzten Reagentien Chlor, und dieses setzt sich mit dem Goldbromid um zu Goldchlorid und freiem Brom, Avelch' letzteres abdestillirt und condensirt wird, und wieder verwendet werden kann. Der Verlust an Brom soll immer noch 0,25 kg pro Tonne Erz betragen. Aus der zurückbleibenden Lösung, welche nunmehr Goldchlorid enthält, wird das Gold in der gleichen Weise ausgefällt, wie bei dem Chlora- tionsverfahren. Das neueste Goldland ist das Grenzgebiet zwischen Britisch Nord- amerika und Alaska. Dort ist in dem sogenannten K 1 o n d y k e - 1) Parker C. Mc. Jlhiiiey. The Cassel - Hiiiman Gold and Bromine Process. • Journal of the American chemical society 18, 451 — 456, 1896. — Vergl. auch H. Pauli, Zeitschrift f. angew. Chemie 1897, S. 185. — E. Andreoii, daselbst 1898, S. 663. — 269 — DistricteM seit 1897 ein wahres Goldfieber ausgebrochen. Die Fundstätten liegen in dem Landwinkel, der von dem Yukonfluss und seinem bei Dawson einmündenden Nebenfluss, dem Klondyke-River ab- gegrenzt wird. Das anstehende Gestein besteht im wesentlichen aus Thonschiefer, in welchem sich linsenförmige Quarzeinlagerungen finden. Diese Quarzlager enthalten Gold, meist jedoch in zu geringer Menge, als dass ihr Abbau unter den schwierigen Verhältnissen, welche dort herrschen, lohnend wäre. Dagegen sind Seifen, die mit ihnen natürlich in genetischem Zusammenhange stehen, stellenweise reich und bauwürdig, namentlich an den Stellen, wo die Sande auf den anstehenden Quarz- linsen auflagern. Da der Boden das ganze Jahr gefroren ist, so muss er erst durch erhitzte Steine aufgethaut werden, ehe man das gold- führende Material gewinnen kann. Im Winter fehlt es natürlich unter diesen Umständen vollständig an Wasser, so dass das Verwaschen der geförderten Gesteine und Schottermassen auf die Zeit zweier Sommer- monate beschränkt bleibt. Diese Schwierigkeiten und dazu die ungeheure Theuerung der nothwendigsten Lebensmittel, über die man in der Tages- presse las. lohnt die Arbeit nur bei einem Ausbringen von 30 g pro Tag. Ein Ausbringen von 60 bis 90 g gilt aber schon als ausser- gewöhnlich. Gold wird im Klondyke-Bezirk bereits seit 1889 gewonnen; die Ausbeute betrug von da bis einschliesslich 1896 nicht ganz 7 Millionen Mark; 1897 ist für 9,5 Millionen Mark Gold gegraben worden. Fast gleichzeitig mit der Entdeckung des Goldes in Californien begann die geregelte Gewinnung desselben im grössten Umfange auch in Australien-). Die ersten Lagerstätten wurden bereits 1841 von einem Geistlichen Namens W. B. Clarke entdeckt; die Goldgräberei im Grossen wurde jedoch erst 1851 aufgenommen. Seitdem haben namentlich die Colonien Victoria, Queensland und Neu - Süd -W^ales und daneben — wenn auch in wesentlich geringerem Maasse — Süd- Australien, Tasmanien und Neu-Seeland und ganz neuerdings auch West -Australien ununterbrochen reiche Goldausbeuten geliefert. Der Höhepunkt der australischen Production fällt in die Jahre 1856 bis 1860, in welchen ' 1) Chemiker-Zeitung 22, Kepertorium S. 76 ii. 164, 1898. 2) E. Suess. Die Zukunft des Goldes. — G. vom Rath. Ueber das Gold. — A. Soetbeer. Edelmetallproduction, S. 100. — 270 — nach Soetbeer durchschnittlich für circa 242 Millionen Mark in jedem Jahre gewonnen wurde. Zur Zeit beträgt die jährliche Ausbeute in Australien etwa 170 bis 175 Millionen Mark. Ich will hier keine eingehende Schilderung des Vorkommens und der Gewinnung des Goldes in Australien geben, weil principiell Neues dem bei der Besprechung anderer Fundorte erwähnten kaum hinzu- zufügen wäre. Ich liegnüge mich daher, zu bemerken, dass sich Gold dort sowohl auf primärer Lagerstätte in Quarzgängen, als auch auf secundärer in Seifen findet, welche mit den ersteren genetisch zusammen- hängen. Die Gänge setzen meist in Schiefergestein auf und sind ausser- ordentlich zahlreich. 1876 waren in Victoria allein 3307 bekannt, Gold findet sich in ihnen sowohl in gediegenem Zustande, als auch in Gestalt goldhaltigen Eisenkieses. In den obersten Niveaus der Gänge trat ganz wie am Cripple-Creek in sehr erheblichem Maasse die Bildung des »eisernen Hutes« ein und die Gangausfüllung besteht nunmehr aus Quarz und aus dem meist zu Brauneisenstein zersetzten Eisenkies, zwischen welchen sich das Gold in Gestalt von grossen Klumpen, oder von kleinen, wohlausgebildeten Krystallen oder auch von kleinsten Schüppchen findet. Der Abbau der Gänge reicht in der Regel nur bis in jene Regionen, bis zu welchen diese Zersetzung vorgeschritten ist; tiefer hinab wird er unterlassen, weil sowohl die bergmännische Ge- winnung des Erzes, als auch die hüttenmännische Ausbringung des Goldes aus denselben sehr complicirt und darum sehr kostspielig würde. Aus den geförderten Erzen wurden in Victoria 1876 im Durchschnitt 16,42 g Gold pro Tonne gewonnen. Die australischen Goldseifen gehören — gleich den californischen — ■ ihrer Entstehung nach nicht nur der geologischen Gegenwart an, sondern ihr Alter reicht bis in die Tertiärzeit zurück. »Die pliocänen Alluvionen erscheinen theils als Hügel, einzeln oder gereiht, zu Plateaus verbunden^ theils als Ausfüllung alter Flussläufe, als sogenannte Deep leads. Dort ist es die Aufgabe der Goldgräber, das alte Stromgerinne tief unten auf dem Felsenboden nach Durchgrabung mächtiger Geröllschichten auf- zufinden und zu verfolgen, denn in dem ehemaligen Wasserlauf, welcher zuweilen eine entgegengesetzte Richtung verfolgte, Avie die hoch auf den AUuvionsmassen strömenden heutigen Gewässer, findet sich der grösste Goldreichthum« (vom Rath). Die Bildung der Goldseifen geht in Australien vermuthlich noch weiter zurück, als bis zur Tertiärzeit, denn man findet bereits in den dortigen Conglomeraten aus der Stein- 271 kohlenperiode reiche Mengen von Gold und darf vielleicht auch sie als Producte der Abtragung und mechanischen Aufbereitung der Quarz- gänge durch fliessendes Wasser ansehen. Für die australischen Goldseifen ist das Vorkommen grosser Gold- klumpen, sogenannter Nuggets. charakteristisch. Natürlich kommen sie nur sehr vereinzelt vor, jede Auffindung eines neuen bildet aber eine mächtige Anregung für das Zuströmen von Goldgräbern in die betreifende Gegend. Den grössten Xugget, der je gegraben wurde, fand man 1858 am Bakery-Hill bei Ballarat in Nord -Victoria; er wog 68,26 kg und wurde für 186 500 Mark verkauft. Mehrere andere Nuggets erreichten Gewichte bis zu 50 kg. Die Goldgewinnung wurde in Australien zuerst auf den recenten^ später auf den älteren Alluvionen betrieben und erst zuletzt auf den Gängen in Angriff genommen. Im Jahre 1856, als die Goldgewinnung in Victoria ihren Höhepunkt erreicht hatte, zählte man dort nach Soetbeer 115343 Goldgräber, darunter 18 109 Chinesen. Zwei Jahre später stieg bei schon abnehmendem Ertrage die Zahl der Goldgräber noch höher, nämlich auf 147 358, worunter 33 673 Chinesen. Der durchschnittliche Antheil des einzelnen Arbeiters an der Goldgewinnung schwankt je nach dem Jahre zwischen 2000 und 2800 Mark. Die gleichzeitige Inangriffnahme der Bearbeitung so ausgiebiger Goldlagerstätten, wie diejenigen Californiens und Australiens, zu der Fiff. 2. 'AlOOOOOHg. 150 000 100000 50000 !6S0 OHg Darstellung der gesammten Goldproduction nach Gewicht von 1493-1875. Nach A. Soetheer. sich — neben der seit 1843 merklich erhöhten Ausbeute in Russland — alsbald nach Ablauf der ersten und glänzendsten Jahre die Ausbeutung 972 _ des Comstockganges gesellte, übte auf die Gesammt-Goldproduction der Erde eine ausserordentliche Wirkung. Fig. 2 giebt davon eine Vorstellung. Sie ist eine wesentlich verkleinerte Reproduction einer graphischen Dar- stellung der Goldproduction von 1493 bis 1875, die von Soetbeer in seiner berühmten Arbeit über Edelmetall-Production mitgetheilt wurde. Ist der Maassstab hier auch so klein gewählt, dass Einzelheiten nicht mehr abgelesen werden können, so gewährt die Figur in ihrer Ge- sammtheit doch einen sehr deutlichen üeberblick über die Veränderung, welche durch die Erschliessung der erwähnten Lagerstätten geschaffen wurde. 1 mm Abstand bedeutet in der Horizontalen einen abgelaufenen Zeitraum von 5 Jahren, in der Verticalen eine producirte Goldmenge von 5000 kg. Man ersieht leicht, wie von der Entdeckung Amerikas bis nahe zur Mitte unseres Jahrhunderts heran, die alljährlich auf der ganzen Erde producirte Goldmenge nur zwischen 5800 kg und etwa 20 000 kg geschwankt hatte, mit Ausnahme einer deutlich merkbaren Steigerung auf etwa 25 000 kg, die in die Mitte des vorigen Jahr- hunderts fällt und auf die damals ihren Höhepunkt erreichende Ausbeute aus den Goldfeldern von Brasilien zurückzuführen ist. Vor allem aber zeigt die Figur in deutlichster Weise den rapiden Sprung, den die Production etwa um 1850 von diesen relativ geringen Mengen fast unvermittelt bis zu mehr als 200 000 kg macht; eine Menge, welcher ein Werth von 558 000 000 Mark entspricht. Fig. 3. 900 Millionen Mark 800 700 600 500 400 ;;;::::::;:ä::E|;::::::::[:;:|:::; '■\:IT^ i : 1 : I 1 : 1. ' fS llllll lllllll II 1 [|^ 1^^ ■ I-^^ä^ y TW' m 1860 1&65 1&70 1S75 1830 1885 Jährliche Gesammt-Goldproduction von 1856—1896. 1mm 1890 1895 10 Millionen Mart. Auf dieser stolzen Höhe vermochte sich die Production zunächst noch nicht lange zu halten. Es ist das ohne Schwierigkeit aus Figur 3 — 273 — ersichtlich, in welcher ich die Angaben einer am Schlüsse dieser Arbeit abgedruckten Tabelle graphisch dargestellt habe. Man erkennt leicht, dass die Production von 1856 bis 1883 im allgemeinen gefallen und von 563 Millionen Mark im ersteren Jahre auf 407 im letzteren ge- sunken ist, und ersieht, wie sie seitdem sich wieder eines regelmässigen Steigens erfreut, so dass sie 1896 den hohen Betrag von 882 Millionen Mark erreichte. Die Steigerung war namentlich seit 1890 eine sehr rapide. Diese letzte Etappe in der Entwickelung der Goldproduction ist auf die Entdeckung einer neuen Lagerstätte zurückzuführen, auf die Erschliessung der Goldfelder am Wi twatersrand in Transvaal. Der topographische Charakter Südafrikas ^) ist ziemlich einförmig. Er wird bedingt durch das YorAvalten einer durchschnittlich 1330 m Höhe erreichenden Hochebene, der Karroo, welche fast den ganzen Raum von der Südspitze bis zum 26 ^ südl. Breite einnimmt, meist nur durch einen schmalen Küstensaum von der Meeresküste getrennt ist und von einer Anzahl der Südafrika eigenthümlichen Tafelberge und Spitz- köpfe überragt wird. Die Karroo greift auch über den ost -westlich gerichteten Lauf des Vaal-Flusses hinweg auf den südlichen Theil der heutigen Transvaal -Republik über. Sie führt hier den Namen des Hooge-Velds und wird im Norden durch einen bis zu ca. 1800 m ansteigenden Höhezug abgegrenzt, den Wi twatersrand, der unter dem 26. Parallelkreise, im Mittel etwa 90 km nördlich vom Vaal-Flusse, in nach Süden ausgebauchtem flachen Bogen in äquatorialer Richtung dahinstreicht (S chmeisser). Dieses Gebirge und seine nächste Um- gegend bergen die reichen Fundstätten des südafrikanischen Goldes. Die Gesteinschichten des Witwatersrands lehnen sich an die Ge- bilde der südafrikanischen Primärformation an, welche ihrerseits den Boden im Norden des Gebirges im District Pretoria aufbauen. (Yergl. 1) Für die folgende Schilderung der geologischen Verhältnisse wurden be- nutzt: A. Schenck. Die geologische Entwickelung Südafrikas. Peternianns Mittheilungen 34, 225, 1888. — Derselbe. Zeitschrift der deutsch, geolog. Gesellschaft 41, 573, 1889. — Walco t Gibson. On the gold bearing rocks of the Southern Transvaal. Quarterly journ. of the geolog. society 48, 404, 1892. — Schmeisser. Ueber Vorkommen und Gewinnung der nutzbaren Mineralien in der südafrikanischen Republik. Berlin 1894. — D. Drap er. Geological section Pretoria to Vaal river. Sixth annual report. Witwatersrand Chamber of mines S. 192, 1895. — G. A. F. Molen graaf. Neues Jahrb. f. Mineralogie Beil.-Bd. 9, 1894/95. Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. ■ 18 274 Figur 4). Die Primärformation setzt sich hier im wesentlichen aus zwei verschiedenen Gesteinscomplexen zusammen. In ihren älteren, mehr nördlich gelegenen Regionen besteht sie aus Granit, in ihren jüngeren, dem Rand — Rand ist die ortsübliche Abkürzung des Namens Wit- watersrand — näher liegenden Partien wird sie aus einem System eisen- Ficf. 4. Wif-wat-ersrand Heidelberg- Rand. Idealprofil vom Witwatersrand zum Heidelbergrand. a Witwatersrandschichten. b Granit. schüssiger Thonschiefer zusammengesetzt, die mit Sandsteinen und Quarziten wechsellagern und, bei west-östlichem Streichen, auf dem Granit aufliegen und steil aufgerichtet sind. Sie fallen meist unter 60 — 90*^ nach Süden ein. Grünsteinartige Eruptivgesteine sind häufig zwischen sie eingelagert oder setzen gangartig zwischen sie hindurch. Dieser Complex von . Schiefern wird von Schenck als Swasischichten, von Molengraaf als alte Schieferformation bezeichnet; das Alter desselben ist vermuthlich silurisch. Schreitet man von dieser Schieferzone nach Süden fort, so gelangt man zunächst an eine Folge gleich näher zu beschreibender Schichten, welche den Schiefern discordant aufgelagert sind, jedoch gleichfalls nach Süden einfallen. Sie setzen den eigentlichen Rand zusammen und er- hielten die Bezeichnung Witwatersrandschichten. Ihnen folgen immer weiter nach Süden zu eine Reihe verschiedenartiger Sedimentär- gesteine, eines immer das andere discordant überlagernd, stets südlich einfallend, aber je weiter entfernt vom Rand, um so flacher. Auch zwischen sie sind Grünsteine eingelagert oder sie werden gangartig von denselben durchsetzt. Auf eine nähere Beschreibung dieses jüngeren Schichtensystems will ich hier verzichten ; sie setzen sich aus Sandsteinen, Schiefern, blauschwarzen Dolomiten und den erwähnten Grünsteinen zu- sammen und werden meist unter der Bezeichnung Kap-Formation mit — 275 — den Witwatersrandschichten zu einer grossen Gruppe zusammengefasst. Die Gliederung derselben im Einzelnen wird von den verschiedenen Autoren in verschiedener Weise vorgenommen und soll hier übergangen werden. Je weiter man auf den Köpfen des beschriebenen Schichtensystems vom Rand nach Süden fortschreitet, um so mehr verflacht sich das südliche Fallen der Schichten, bis es schliesslicli in eine horizontale Lagerung tibergeht. Wandert man von dieser Stelle aus weiter nach Süden auf den nördlich von Heidelberg sich erhebenden, langgestreckten, von West nach Ost streichenden Gebirgszug, den Heidelberg-Rand zu, so beobachtet man, dass die horizontale Lagerung allmählich wieder in eine geneigte übergeht, dass das Fallen der jetzt folgenden Schicliten jedoch nach Norden gerichtet ist, Man überschreitet auf diesem weiteren Weg die ganze Reihe der bisher überschrittenen Schichten noch einmal, jedoch diesmal in umgekehrter Folge, und erreicht schliesslich am Heidelbergrand selbst wiederum die Witwatersrandschichten, die hier steil nach Norden einfallen. Die vorstehende Schilderung und viel- leicht besser noch das Profil, Figur 4, lassen erkennen, dass das ganze System der Kap -Formation eine flache Mulde bildet, deren Ränder im Norden und Süden vom Witwatersrand und Heidelberg-Rand gebildet und aus Witwatersrandschichten zusammengesetzt werden. Die Mittellinie dieser etwa 80 km breiten Mulde streicht von Ost nach West, sie biegt alsdann im Westen des Transvaalstaates ziemlich unvermittelt nach Süden um. Auf diese Verhältnisse will ich hier nicht weiter eingehen. Von den soeben geschilderten Formationen des südlichen Transvaal sind zwei goldführend: die alte Schieferformation und die Wit- watersrandschichten. Die erstere ist fast überall, wo sie auftritt, von goldführenden Quarzgängen durchsetzt, die in ihrem Streichen demjenigen der Schiefer folgen. Ihre Ausfüllung besteht aus Quarz von wasser- heller, milchweisser oder grauer, seltener auch bläulicher, gelblicher, röthlicher, grünlicher oder schwarzer Farbe, zu dem sich gediegen Gold, Eisenkies und geringe Mengen von Kupfererzen hinzugesellen. Die Mächtigkeit der bauwürdigen Gänge schw^ankt zwischen 20 und 70 cm ; das Gold ist in denselben local angereichert. An solchen Stellen be- trägt der Goldgehalt mit wenigen Ausnahmen 40 — 70 g pro Tonne, an den dazwischenliegenden meist nicht mehr als 20 g. 18* 276 Die alte Scliieferformation findet sich direct im Norden des Wit- watersrands nur in spärlicher Entwickelung, ist dagegen in ihrer Fort- setzung nach Osten in viel erheblicherem Maasse entwickelt. Dieser östlichen Fortsetzung, welche als De Kaap -Goldfeld bekannt ist, gehören die berühmtesten Lagerstätten des eben besprochenen Typus an. Hier liegt die berühmte Sheba-Mine, deren Gold 1885 ent- deckt wurde und das erste Goldfieber in Transvaal hervorrief. Nach Schmeisser konnte man dort in der ersten Betriebszeit einmal 500 Tonnen Erz verarbeiten, die auf jede Tonne 250 g Gold lieferten. Im grossen Durchschnitt ist der Goldgehalt natürlich erheblich niedriger. Er soll nach Schmeisser 46g pro Tonne betragen; nach Angaben des sechsten Berichtes der Chamber of Mines in Johannesburg ^) wurde im ganzen De Kaap-Districte 1894 eine Ausbeute von 18,9 g Gold pro Tonne verarbeitetes Erz erzielt. Ich stelle im Folgenden noch die Goldausbeute des De Kaap-Feldes seit seiner Erschliessung zusammen, dieselbe repräsentirt von 1885 bis 1896 einen Werth von zusammen 41 Millionen Mark. 1885 und 1886 . . 537,07 kg. 1887 . . 802,91 « 1888 . . 1520,51 « 1889 . . 1088,56 « 1890 . . 737,38 « 1891 . . 1909,07 « 1892 . . 1963,19 « 1893 . . 2099,17 « 1894 . . 2879,15 « 1895 . . 1960,73 « 1896 . . . 3775,23 « Neben dem De Kaap-Goldfeld sind noch mehrere andere im süd- lichen Transvaal zu nennen, die in geologischer Beziehung mit dem- selben übereinstimmen, also Gold auf Quarzgängen der alten Schiefer- formation führen. Die Ausbeute ist bei allen erheblich geringer, als 1) Die Berichte dieser Kammer sind im Folgenden noch vielfach benutzt, namentlich für statistische Angaben. Ich verdanke die Einsicht in dieselben Herrn Dr. L. Liebmann in Frankfurt a. M., dem ich für die Liebenswürdig- keit, mit welcher er mir dieselben zugänglich machte, auch an dieser Stelle meinen Dank ausspreche. — 277 — bei dem erwähnten ; als das nächst wichtige wäre noch dasjenige von Klein-Letaba zu nennen. Wesentlich überragt wird die Bedeutung dieser Funde durch die Goldvorkommnisse in den Witwatersrandschichten , namentlich durch diejenigen auf dem Rand selbst. Ihre Entdeckung erfolgte im Jahre 1884 durch einen Deutschen Namens S trüben und ihre Ausbeutung machte so rapide Fortschritte und lieferte so ausserordentliche Ergeb- nisse, dass die Goldproduction Transvaals seitdem diejenige aller anderen Staaten mit Ausnahme der nordanlerikanischen Union überholt hat und in absehbarer Zeit wohl auch diese überflügeln wird ^). Die Witwatersrandschichten des Nordflügels der Mulde bestehen aus einem Complex röthlicher, quarzitischer Sandsteine, zwischen welche Conglomeratschichten flötzartig eingelagert sind. Das Schichtensystem streicht in einer Erstreckung von 80 km von Ost nach West zu Tage aus und fällt in seinen liegenden Gliedern unter 85 ^ nach Süden ein, in den unteren Teufen näher zur Muldenmitte folgt dann Yerflachung. Nach den bisherigen Aufschlüssen dürften die Witwatersrandschichten im Muldentiefsten bis zu 6 bis 7 km Tiefe unter die Erdoberfläche untertauchen; bis zu 240m Teufe waren sie 1896 bergmännisch auf- geschlossen, bis zu 750 m Teufe durch Bohrlöcher in unveränderter Zusammensetzung nachgewiesen. Das goldführende Mittel sind die Conglomeratflötze. Man nennt dieselben dort Reefs. Innerhalb des ganzen Schichtencomplexes sind 73 Flötze bekannt, die sich zu 8 Flötzgruppen vereinigen lassen, deren wichtigste und meist genannte die Hauptflötzgruppe (Main Reef Series) ist. Die Mächtigkeit der Flötze wechselt zwischen vollständiger Verdrückung und mehreren Metern Weite und erreicht im Maximum 30 m. Sie wächst natürlich besonders da, wo nach Ausk eilung eines ZAvischenmittels mehrere Flötze zu einem einzigen sich zusammenschliessen (Schmeiss er). Berechnet man die durchschnittliche Gesammt - Mächtigkeit aller aufgeschlossenen Flötze zusammengenommen in ihrer Erstreckung über die ganze auf- 1) Von weiterer Litteratur über Transvaal, die neben der früher citirten für das Folgende benutzt wurde, führe ich noch an: Friedr. J e p p e. Die Witwatersrand-Goldfelder in Transv^aal. Peternianns Mittheilungen 34, 257, 1888. — C. G 0 e p n e r. lieber den jetzigen Stand der Goldgewinnung in Transvaal. Zeitschrift f. angew. Chemie 1896, S. 248. -- G. Bodlaender. Die Chemie des Cyanidverfahrens Daselbst 1896, S. 588. — F. B. A h r e n s. Die Goldindustrie der südafrikanischen Republik. Stuttgart 1897. — 278 — geschlossene Lagerstätte, so findet man nach Perkins 1,67 m; S c h m e i s s e r nimmt sie zu 1,5 m an. Die Conglomerate bestehen aus hellen, weissen Quarzkieseln von der Grösse eines Stecknadelkopfes bis zu der eines Hühnereies, stellenweise bis zu der eines Kindskopfes und von der Gestalt echter, durch Wasserbewegung abgerollter Geschiebe. Meist sind die einzelnen Kiesel hasel- bis wallnussgross. Sie werden durch ein im frischen Zu- stande graublaues oder grünliches, kieseliges Bindemittel mit einander verkittet. Gold findet sich als Freigold in diesem Gestein und zwar ausschliesslich im Bindemittel, niemals im Geröllquarz. Es ist meist innig mit Eisenkies vergesellschaftet, und zwar derartig, dass es nie in denselben eingeschlossen ist, wohl aber derart, dass es selbst den Eisenkies umschliesst. Die zu Tage ausstreichenden Horizonte der Conglomerate sind der Bildung des »eisernen Hutes« anheim gefallen; an Stelle des Eisenkieses sind Hohlräume getreten, die zum Theil mit Eisenoxydhydrat ausgekleidet sind und in denen das Gold liegt ^). In grösseren Teufen ist der Eisenkies noch unzersetzt erhalten und die Erze aus denselben, die sogenannten »pyritischen Erze«, gewähren etwas grössere Schv>ierigkeiten beim Ausbringen des Goldes, als die aus den oberen zersetzten Schichten. Als bekannt wurde, dass das Gold des Witwatersrands sich in Conglomeraten findet, war man sehr rasch mit der Theorie bei der Hand, dass diese Ablagerungen, die wohl zweifellos verkittete Schotter früherer geologischer Perioden darstellen, alte Goldseifen seien. Ihre Bildung sollte auf die Abtragung und Aufbereitung von Quarzgängen der südafrikanischen Primärformation zurückzuführen sein, wie sie heute noch vorkommen und soeben beschrieben wurden. Nähere, namentlich mikroskopische Untersuchungen der betreffenden Gesteine bestätigten diese vorgefasste Meinung ab&r nicht, ergaben vielmehr Anhaltspunkte dafür, dass das gediegene Gold der Conglomerate nicht aufbereitetes Gold (Schwemmgold) darstellt, sondern cn Ort und Stelle gebildet wurde, also auf primärer Lagerstätte sich findet. Die Conglomerate werden am Witwatersrand bergmännisch abgebaut ; eine andere Gewinnungsweise derselben wäre ihrer ganzen Beschaffen- heit nach unmöglich. Aus diesem Grunde, dann aber auch, weil die Erze verhältnissmässig arm sind, bot der Rand von Anfang an dem 1) Vergl. Schmeisser a. a. 0 — E. Cohen. Mittheilungen aus dem naturwissenschaftl. Verein für Neu-Vorpommern und Rügen 19, 34, 1888. — 279 — einfachen Goldgräber kein Terrain, sondern nur dem Unternehmer, der über ein gewisses Anfangskapital verfügen konnte. Bergbau und Gold- gewinnung liegen auf dem Rand fast ausschliesslich in den Händen von Actiengesellschaften, die allerdings Actien von äusserst geringem Nominal- werth ausgeben, meist solche zu 1 Pfund Sterling. Manche dieser Gesell- schaften prosperiren ausserordentlich ; so vertheilte die Ferreira-Mining Co. von 1892 bis 1896 zusammen 780 ^/q Dividende. Andere Gesellschaften bringen ihren Actionären dagegen auch namhafte Verluste. Die Gesammt- menge des in der Transvaal-Goldindustrie investirten Kapitals stieg von Anfang 1895 bis Ende 1895 von 786,8 Millionen auf 1156,3 Millionen Mark. 1895 wurden 40,4 Millionen Mark Dividende vertheilt, was einer durchschnittlichen Verzinsung von nur 3,5 bis 5,1 ^/^ entspricht. Am Witwatersrand sind etwa 60 bis 70 Bergwerke im Betrieb. Die Förderung geschieht meist durch flache, dem Einfallen der Schichten folgende Schächte, seltener durch verticale (»saigere«) Schächte. 1896 wurden etwas über 4 Millionen Tonnen Erze gefördert und daraus für 157 Millionen Mark Gold gewonnen, lieber die Anzahl der beschäftigten Arbeiter Hessen sich in jenem Jahre bei 81 Gesellschaften Nachrichten erheben. Dieselben beschäftigten 7430 Weisse mit einem durchschnitt- lichen Jahreslohn von 5800 Mk., und 47 097 Eingeborene mit einem Durchschnittswochenlohn von 15,20 Mk. und freier Verpflegung. Von den aufgezählten Eingeborenen waren 32 950 innerhalb der Bergwerke, die übrigen über Tage beschäftigt. Einschliesslich der nicht in der Statistik mitbegriffenen Gesellschaften wird die Zahl der in der Gold- industrie beschäftigten Eingeborenen 1896 auf 70000 geschätzt. In demselben Jahre betrug der Gesammteffect aller auf dem Rand aufgestellten Dampfmaschinen 113 663 Pferdekräfte; 1101 Dampfkessel mit 75 227 qm Heizfläche waren vorhanden, davon 802 im Betrieb, und es wurden 692176 Tonnen Kesselkohle ^j verbraucht. Die verwendeten Schmiermittel bewerthen sich zu 1,4 Millionen Mark. Die Sprengarbeit in den Bergwerken bedurfte für 2 Millionen Mark Dynamit, für 8,8 Millionen Mark Sprenggelatine und für 450 000 Mark Gelignit, Roburit und andere Sprengstoffe. Die Beleuchtung der Bergwerke erfolgt vor- wiegend mit Stearinkerzen; es wurden davon für 1,5 Millionen Mark 1) Nur beiläufig sei erwähnt, dass der Bedarf der Goldindustrie Transvaals jetzt fast vollständig durch einheimische Kohlen gedeckt wird, ein Fnistand, welcher die Entwickelung der ganzen Verhältnisse dort ausserordentlich förderte. — 280 — verbraucht. Daneben waren 23 319 elektrische Lampen mit einer Ge- sammtlichtstärke von 585 778 Kerzen vorhanden. Die Erze der reichsten Minen des Witwatersrands (Robinson, Ferreira, Crown-Reef, Wemmer) enthalten durchschnittlich 45 — 60 g Gold pro Tonne. Eine grössere Anzahl von notorisch guten und rentablen Minen verarbeiten Erze von 15 — 25 g Gold pro Tonne ^); ein Gehalt von 11,7g gilt als die untere Grenze der Bauwürdigkeit^). Die geförderten Erze werden auf Steinbrechern vorgebrochen und dann zunächst nach einem Verfahren weiter verarbeitet, welches das Feinpochen mit der Amalgamation vereinigt. Zu diesem Verfahren der »P 0 c h w e r k s a m a 1 g a m a t i 0 n « benutzt man californische Pochwerke, wie ich sie früher beschrieben habe (S. 244); nur werden in den Pochtrog in einem unter der Eintragöflfnung des Er^es ausgesparten Raum zwei auf einer Seite mit Quecksilber bestrichene Kupferplatten derart eingeschraubt, dass die Quecksilberflächen bei 1 cm Abstand einander zugewendet sind. Man verwendete früher Pochstempel im Gewicht von 295 — 340 kg, seitdem man mit dem Bergbau das Gebiet der pyritischen Erze erreicht hat, machte sich die Einführung schwererer Stempel nöthig und man benutzt namentlich seit 1893 solche mit 453 kg Schlaggewicht. Mit Hilfe der in den Pochtrog eingeschraubten, quecksilber- bestrichenen Kupferplatten und mit Hilfe von Quecksilber, welches in Mengen von 30 g stündlich in den Pochtrog eingegossen wird, findet schon innerhalb desselben eine theilweise Amalgamation des im Erze enthaltenen Freigoldes statt. Ein Theil des so gebildeten Amalgams bleibt auf den Kupferplatten hängen, der grösste Theil fliesst jedoch mit der Pochtrübe durch das Sieb der Austragöffnung des Pochtroges ab. Um seiner habhaft zu werden, lässt man die Trübe über sogenannte Am algamir tische fliessen, die im wesentlichen aus einer geneigten, mit Quecksilber bestrichenen Kupferplatte bestehen, deren Breite der- jenigen des Pochwerkes gleicht und derea Länge 2,5 —3 m beträgt. Geschwindigkeit des Trübestroms und Neigung des Tisches sind so ausprobirt, dass alles Amalgam auf der Platte des letzteren, der sogen. Amalgamationsschürze, liaftt n bleibt. Es wird von dieser, sowie von den Platten des Pochtroges abgekratzt, gemahlen, durch weiteren Quecksilberzusatz verflüssigt, filtrirt und schliesslich ausgeglüht. Der 1) J. Loewy. Chemiker-Zeitung 21, 196, 1897. 2) Chemiker-Zeitung 21, Eepert. S. 87, 1897. — 281 — Quecksilberverlust beläuft sich bei oxyclirten Erzen auf 15 g pro Tonne,, bei pyritischen auf 25—30 g. Das gewonnene Gold wird umgeschmolzen; sein Feingehalt beträgt zwischen 800 und 830 Tausendtheilen. Es ist mit Silber, Kupfer und dergl. verunreinigt. Die Amalgamation des in den Erzen vorhandenen Goldes ist nach diesem Verfahren eine unvollständige ; namentlich entziehen sich die- jenigen Goldtheilchen, welche auf verhältnissmässig grosse Flächen von Eisenkies aufgelagert sind, der Amalgamation. So lange man oxydische Erze des eisernen Hutes verarbeitete, brachte man mittelst des Amalga- mations Verfahrens bis zu 80 ^j^ des darin enthaltenen Goldes aus. Anders wurde die Sachlage jedoch, als man die tieferen, pyritischen Lagen in Angriff nehmen musste, von deren Goldgehalt nur 55 — 60^/^^ gewonnen wurden (G o e p n e r). Aus diesen Verhältnissen ergab sich für die Goldwerke des Wit- watersrands die Nothwendigkeit, die von den Amalgamationstischen ab- fliessende Pochtrübe noch weiter zu verarbeiten, um nach Möglichkeit auch den darin verbliebenen namhaften Rest des Goldes auszubringen. Es ge- schieht das, indem man sie zunächst durch einen mechanischen Auf- bereitungsprocess relativ an Gold anreichert und den so erhaltenen goldreicheren Rückstand, die »Co ncent rat es«, weiter verarbeitet. Zur Gewinnung der Concentrates führt man die Pochtrübe meist über sogenannte F r u e v a n n e r s. Dieselben bestehen aus einem Gummituch ohne Ende, das über die etwas geneigte Längsfläche des Apparates hinweg in der Richtung nach dem Amalgamirtisch zu ansteigend, als- dann am Ende des Apparates abwärts bewegt und an der unteren Seite desselben zum unteren Ende geleitet wird, um daselbst wieder nach vorn aufzusteigen. Der Apparat erhält durch Excenterbewegung bis zu 200 seitliche Stösse in der Minute. Die über den Frue vanner fliessende Pochtrübe lässt auf dem sich ihr entgegen bewegenden Gummituch ihre schwersten Antheile als Concentrates zurück. Dieselben werden durch das ansteigende Tuch nach oben fortgeführt, während die feinen und leichten Theilchen mit der Pochtrübe nach unten zu abfliessen. Man lässt die letztere in Schlammteichen absitzen. Von der weiteren Ver- arbeitung der im ersten Schlammteich sich absetzenden relativ schwereren Theile, der Tailings, wird sogleich die Rede sein. Die leichtesten Partikeln kommen erst in einem zweiten Behälter zum Ab- satz ; man nennt sie S 1 i m e s. Die Concentrates enthalten einen namhaften Antheil Gold in — 282 — Form goldhaltigen Eisenkieses. Ihre Verarbeitung erfolgt mit Hilfe eines Chloration -Verfahrens. Natürlich muss auch in diesem Falle, in welchem das Gold mit relativ grossen Mengen Eisenkies, also Schwefel- eisen, verwachsen ist, der eigentlichen Behandlung mit Chlor eine sehr gründliche Röstung vorangehen. Das Ausbringen des Goldes aus den Concentrates erfolgt in der Regel nicht auf den Minen selbst, sondern wird von besonderen Werken, sogenannten Customsworks, vorgenommen, welche das Rohmaterial aufkaufen. Die grössten dieser Werke sind diejenigen der Robinson Company und der Randt Central Ore Re- duction Co. Die Tailings enthalten im Durchschnitt noch 7,5 bis 10g Gold pro Tonne, welches sich auf dem bisher beschriebenen Wege den Erzen nicht entziehen Hess. Berücksichtigt man, dass auf die Tonne Poch- erze ^/g Tonnen solcher Tailings erhalten werden, so erkennt man, dass die Verarbeitung der letzteren als eine sehr lohnende Aufgabe erscheinen musste. Ihre Durchführung gelang zum ersten Male im März 1891. Seitdem ist die Goldausbeute aus Tailings in immer steigendem Maasse bis zu bemerkenswerther Höhe angewachsen und man hat sich nicht nur begnügt, die im laufenden Betriebe abfallenden Tailings zu ver- arbeiten, sondern hat auch die Aufarbeitung der in früheren Betriebs- iahren aufgesammelten in grösstem Umfange aufgenommen. Das sogen. Tailinggold erscheint aus diesem Grunde in der Minenstatistik der letzten Jahre in einem viel grösseren Verhältniss, als es der Ausbeute aus den im laufenden Jahre geförderten Erze entspricht. Das in Gebrauch genommene Verfahren der Tailingverarbeitung war ursprünglich Mac Arthur und den Gebrüdern Forrest patentirt und ist als Mac Arthur -Forrest-Process bekannt. Es wurde von der African Gold Recovery Co. gegen eine Licenzgebühr von 10*^/^ des danach gewonnenen Goldes den Werken überlassen. Ende 1894 wurde jedoch in Transvaal, und am 2. Februar 1895 auch durch Reichsgerichtentscheidung in Deutschland, das Patent für ungiltig er- klärt und die Benutzung des Verfahrens steht nunmehr frei. Der Process beruht auf einer 12 — 18 stündigen Behandlung der Tailings mit sehr verdünnter, alkalischer Cyankaliumlösung. Unter Mit- wirkung des Sauerstoffes der Luft geht hierbei das Gold als Kalium- goldcyanür in Lösung und kann aus derselben alsdann durch Zusatz von metallischem Zink wieder ausgefällt werden. Seit Einführung des Verfahrens erreichte der Cyankaliumbedarf Transvaals eine sehr ge- — 283 — ' waltige Ausdebnung; 1896 sind 892 153 kg im Wertlie von 2 561000 Mark gebraucht worden. Die Behandlung der Tailings mit Cyankaliumlösung wird in grossen Holzbottichen von 55 bis zu 600 Tonnen Fassungsraum vorgenommen, die oberhalb ihres eigentliclien Bodens noch einen mit Cocosmatten be- deckten Seihboden besitzen, auf welchem die ausgelaugten Massen dann zurückbleiben. Die verwendeten Cyankaliumlösungen sind sehr dünn, meist nur 0,1 — 0,25 procentig ; sie müssen aber in grossem Ueber- schuss angewendet werden. Theoretisch würden 2 Gewichtstheile Cyan- kalium zur Lösung von 3 Gewichtstheilen Gold ausreichen; in Wirk- lichkeit braucht man indessen 40 Gewichtstheile Cyankalium auf 1 Gewichtstheil Gold. Es beruht dieser colossale Verbrauch auf der leichten Zersetzbarkeit des Cyankaliums durch den Sauerstoff der Luft und durch Bestandtheile der Erze. Aus den erhaltenen Lösungen muss nunmehr das Gold wieder abgeschieden werden. Das geschieht durch Zusatz blanker Zinkdreh- spähne und wird in besonderen Fällkästen vorgenommen. Auf der Oberfläche des Zinkes schlägt sich metallisches Gold schlammförmig nieder, indem zugleich eine aequivalente Menge Zink in Lösung geht. Die Abscheidung beruht auf der Umsetzung des gebildeten Kaliumgold- cyanürs mit Zink zu Kaliumzinkcyanür und Gold. Da Zink im Ueber- schuss angewendet wird, enthalten die Schlämme neben Gold noch wesentliche Mengen dieses Metalls. Um sie davon zu befreien, werden sie nach dem Trocknen zunächst zur Oxydation des Zinks geröstet und das Röstgut wird dann zur Verschlackung des Zinks mit doppeltkohlen- saurem Xatron, Borax, Sand und bisw^eilen auch mit Flussspath ge- schmolzen ^). Der Feingehalt des so erhaltenen Tailinggoldes schwankt zwischen 620 und 860 Tausendtheilen. Der Mac Arthur-Forrest-Process ist mit nicht unbedeutenden Ver- lusten verbunden. Bereits die Auslaugung der Tailings durch die Cyanidlösung ist unvollständig und es bleiben in der Regel noch 2 bis 3 g Gold in der Tonne ungelöst zurück. Vor allem aber gehen bei der Röstung des Zink-Goldschlammes etwa 35 ^/^ des darin enthaltenen Goldes verloren, weil das bei der Rösttemperatur sich theilweise ver- flüchtigende Zink Gold mechanisch mitreisst. Anstatt mit Zink fällen Siemens und Halske-) bei einer von 1) de Lunay. Chemiker-Ztg. 20, Repert. 261, 1896. 2) Zeitschrift f. angew. Chemie 1897, S. 30. • _ 284 — ihnen ausgearbeiteten Modification des Cyanidverfalirens das Gold mit Hilfe des elektrischen Stromes aus den Kaliumgoldcyanürlösungen aus. Als positiver Pol der verwendeten Elekcricitätsquelle tauchen Eisen- bleche in die zu fällende Flüssigkeit ein, als negativer Pol Bleibleche. Lässt man den Strom mit einer Stärke von 0,54 Ampere für jeden Quadratmeter der negativen Elektrode durch die Flüssigkeit hindurch- gehen, so scheidet sich das Gold auf der Oberfläche der Bleibleche ab. Die letzteren werden von Zeit zu Zeit herausgehoben und durch neue ersetzt. Das ausgehobene goldhaltige Blei behandelt man durch sogen. Treibarbeit weiter, indem man durch Erhitzen auf offenen Herden das Blei oxydirt und das gebildete Bleioxyd durch Abziehen von dem zurück- bleibenden Edelmetall trennt. Das resultirende Gold hat eine Feinheit von etwa 900 Tausendtheilen. Dieser Siemens process wurde 1893 zum ersten Male auf dem Rand im kleinen Maassstab versucht. Ein etwas grösserer Versuch wurde 1894 mit 6300 Tonnen Tailings angestellt, welche dabei eine Ausbeute von 45,9 kg lieferten. Seitdem hat er sich auf dem Rand einer steigenden Aufnahme zu erfreuen. Mit ihm sind in der Regel noch einige kleine Abweichungen in der Herstellung der Kaliumgold- cyanürlösung verknüpft. Beispielsweise kann man noch wesentlich dünnere Cyankaliumlösungen, bis herunter zu 0,01 procentigen benützen. Auf diese Einzelheiten kann ich hier nicht eingehen, ebenso wenig, wie mir hier der Ort zu sein scheint, die Vorzüge der beiden Cyanid -Verfahren, des Mac Arthur-Forrest- Processes und des Siemens- Processes gegen einander abzuwägen. Die Vorzüge beider Methoden haben in der allerletzten Zeit dazu geführt, das Gebiet ihrer Anwendung wesentlich über den Kreis der Tailingverarbeitung hinaus auszudehnen. Zunächst ist man am Wit- w^atersrand selbst dazu übergegangen, die Concentrates theilweise nach dem Cyanidverfahren zu verarbeiten, statt durch Chloration. Es ist das ohne Schwierigkeit gelungen, nur muss die Auslaugungsdauer dieses Materials wesentlich über das bei den Tailings übliche Maass ausgedehnt werden. Andere Versuche, mit Hilfe dieser Arbeitsweise auch den letzten Aufbereitungsrückständen, den vorhin (S. 281) erwähnten S lim es, ihr Gold nach einer vorhergehenden nochmaligen mechanischen Auf- bereitung zu entziehen, scheinen bisher dagegen nicht von Erfolg ge- krönt zu sein. — 285 — Auch ausserhalb Transvaals haben neuerdings die Cyanidverfalireu erfolgreiche Anwendung gefunden, so stellenweise in Colorado, Arizona, Dakota und in Neu-Seeland zur d i r e c t e n Verarbeitung der von den Gruben geförderten und gepochten Erze i). Die vorstehenden Angaben über- die Goldlagerstätten 4esWitwaters- rands bedürfen nur noch einiger Ergänzung durch statistisches Material. Fig. 5. 160 Millionen Mark fUO 120 100 1892 1893 1ß9U 1695 Goldproduction am Witwatersrand von 1892—1896. I&de Ich verweise mit Beziehung darauf zunächst auf Figur 5, welche die Production von 1892 bis 1896 ihrem Werth nach ermessen lässt und die hauptsächlich bestimmt ist, die rapide Vermehrung der Gesammt- production zu erläutern und den starken Zuwachs in das rechte Licht zu setzen, den sie in den letzten Jahren hauptsächlich durch die Ver- arbeitung des Tailings erfuhr. 1) Chemiker-Zeitung 21, Eepert. 39 u. 70, 1897. — 286 — Die gesammte Goldförderung des Witvvatersrands seit seiner Er- schliessung giebt die folgende Tabelle dem Gewichte nach an. Ihr sind auch die Zahlen für die Förderung aller anderen Districte Transvaals zusammengenommen in einer zweiten Spalte beigefügt. Witwatersrand. Andere Districte in Transvaal. 1887—1889 19991,15 kg 1890 15 388,81 „ — 1891 22680,24 „ — 1892 37 658,02 „ 3561,74 kg 1893 45 980,64 „ 4100,81 „ 1894 62951,49 „ 7516,54 „ 1895 70734,61 „ 7083,71 „ 1896 70935,75 „ 6759,38 , Wie man sieht, wird am Witwatersrand etwa ^/^q des im ganzen Transvaalfreistaat gewonnenen Goldes producirt. Der Rest wird haupt- sächlich durch die Förderung des De Kaap Goldfeldes (S. 276) gedeckt^ sowie durch die Ergebnisse des Abbaues der Goldfelder von Heidelberg, Potschefstroom und Klerksdorp, welche auf dem zweiten Ausstreichen der Witwatersrandschichteh auf dem Süd flu gel der früher (S. 275) beschriebenen Mulde in Angriff genommen wurden. Daneben ist noch das nördlich des De Kaap-Feldes gelegene Goldfeld von Lydenburg zu erwähnen, auf welchem goldführende Sandsteinflötze abgebaut werden, deren Zusammenhang mit den hier eingehend beschriebenen Schichten- systemen nicht bekannt zu sein scheint. Die vorstehenden Skizzen beanspruchen durchaus nicht, eine er- schöpfende Darstellung auch nur der wichtigsten Goldlagerstätten zu geben. Vorkommnisse, von einer so ausserordentlichen Ergiebigkeit, wie diejenigen Russlands und -— um nur bei Europa zu bleiben — interessante Lagerstätten, wie die von Siebenbürgen, von Ungarn, vom Monte Rosa konnten ebenso wenig Erwähnung ünden, wie die erst vor wenigen Decennien aufgegebene Goldwäscherei aus den Sauden des — 287 — Rheins zwischen Kehl und Karlsruhe. Dennoch besitzt auch die vor- liegende Abhandlung insofern Vollständigkeit, als sie ermöglicht, sich mit allen wichtigen Abarten des Goldvorkommens an geeigneten Bei- spielen vertraut zu machen. Der Leser hatte Gelegenheit, die Ablagerung des Goldes auf primärer und secundärer Lagerstätte kennen zu lernen, ebenso wie den genetischen Zusammenhang beider Classen von Fund- stätten. In Beziehung auf die primären Lager konnte er unterscheiden zwischen den als Spaltenausfüllung aufzufassenden Gängen und den als Glied einer regelmässigen Schichtenfolge auftretenden Conglomerat- bänken des Witwatersrands. Das Gold selbst fand sich bald als Frei- gold, bald in Gesellschaft mit Eisenkies, bald auch in Verbindung mit Tellur. In gleicher Weise gewährt diese Abhandlung auch einen nahezu vollständigen Ueberblick über die bei der Gewinnung des Goldes be- folgten Principien. Wir lernten den Was chprocess kennen in seinen einfachsten Formen mit Pfanne, Wiege und long Tom bis zu den complicirtesten mit Schleussen und undercurrents. Wir sahen, wie er hierbei schon mit dem Amalgamationsver fahren vereinigt wurde. Dieses letztere muss als eine zweite Hauptgruppe der Methoden zur Goldausbringung angesehen werden, und wir lernten es in seinen ünter- formen als Pochwerksamalgamation, als Pfannenamalgamation und als Fässeramalgamation näher kennen. Drittens ist dann die Gewinnung des Goldes durch Ueberführen in wässrige Lösung zu nennen, und es sind in Beziehung hierauf die Chloration, Bromation und die beiden Cyanidverfahren näher beschrieben worden. Nur eine letzte Gruppe von Methoden der Goldgewinnung muss noch mit wenigen Worten erwähnt werden: die sogenannte Scheidung,- mit deren Hilfe man aus goldhaltigem Silber die geringen darin ent- haltenen Goldmengen abscheiden kann. Fast überall, wo Silbererze vor- kommen, findet sich auch Gold, sei es auch in geringsten Mengen. Alles hüttenmännisch dargestellte Silber enthält daher auch etwas Gold, und man ist dazu übergegangen, dasselbe daraus zu gewinnen und es gleichfalls aus alten Silbermünzen, die aus ungeschiedenem Gold ge- prägt wurden, abzuscheiden. Dazu dienen namentlich zwei Verfahren. Das eine, die Affination, beruht auf einer Bthandlung des Silbers mit concentrirter, kochender Schwefelsäure. Silber ist darin löslich und kann später aus der Lösung — 288 — Aviedergewoiiiien werden, Gold bleibt ungelöst zurück und wird eventuell noch einer weiteren Reinigung unterworfen. Die Methode ist beispiels- weise auf der Hütte zu Oker im Harz in Betrieb. Ein anderes wichtiges Scheideverfahren ist ein elektrolytisches. Es rührt von Möbius her und wird u. A. auf der deutschen Gold- und Silberscheideanstalt in Frankfurt a. M. benutzt. Aus dem zu scheidenden goldhaltigen Silber werden Platten gegossen, die als positive Elektroden in eine schw^ach angesäuerte Lösung von Kupfer- nitrat und Silbernitrat eingehängt werden. Ihnen gegenüber hängt als negative Elektrode ein Silberblech. Leitet man einen elektrischen Strom durch die Lösung, so ward an der positiven Elektrode allmählich alles Silber aufgelöst und an der negativen gleichzeitig in Form von Krystallen wieder abgeschieden. Die fremden Metalle, vor allem auch das Gold, die in dem zu scheidenden Silber mit enthalten w'aren, w^erden hierbei nicht mit aufgelöst. Man sammelt sie in Leinensäcken, mit denen die positiven Elektroden von Anfang an umhüllt waren und reinigt das Gold eventuell noch einmal. Die Goldproduction Deutschlands, w^elches wir z. B. 1896 mit 9 751000 Mark in der Statistik finden, beruht ausschliesslich auf der Gewinnung von Scheidegold. Um dem Leser schliesslich noch eine Vorstellung von der ge- sammten Goldförderung auf der Erde zu geben, theile ich im P'olgenden eine Tabelle mit, welche die Total -Ausbeute der Jahre 1856 bis 1895 aufzählt. Die Zahlen für 1856 bis 1890 sind einer Zusammen- stellung von William K e n t ^) entnommen und werden von diesem als »die w^ahrscheinlichsten Werthe« bezeichnet. Er hat sie durch Yer- gleichung der Tabellen von Soetbeer, von Sir Hector Hay und derjenigen des amerikanischen Münzdirectors abgeleitet. Die Zahlen für 1891 bis 1895 entnehme ich einer neuen Veröffentlichung von E. Biedermann^), 1) Mineral resources of the United States. Caleiidar years 1889 and 1890, S. 54. ^) Ernst Biederm ann- Production, Verwendung mid Vertheilung der Edelmetalle. Zeitschr, f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen .Staate 46, 1—68, 1898. 289 Gesammt-Goldpr oduction der ganzen Erde in Millionen Mark 1856 562,8 1870 1 516,6 1883 407,4 1857 562,8 1871 499,8 1884 420,0 1858 558,6 1872 474,6 1885 445,2 1859 546,0 1873 470,4 1886 445,2 1860 533,4 1874 466,2 1887 445,2 1861 512,4 1875 466,2 1888 462,0 1862 499,8 1876 466,2 1889 504,0 1863 499,8 1877 487,2 1890 495,6 1864 512,4 1878 504,0 1891 543,3 1865 529,2 1879 478,8 1892 597,3 1866 533,4 1880 453,6 1893 659,9 1867 533,4 1881 436,8 1894 740,7 1868 529,2 1882 420,0 1895 818,2 1869 525,0 Die Vertheilung der Goldproduction auf die einzelnen Länder er- giebt sich für die Jahre 1895 und 1896 aus der folgenden Tabelle^). 1895 Verein. Staaten von Nord-Amerika 191066 000 Mk. Afrika 181744000 « Australien und Neuseeland Russland Mexico Indien China Columbien Brasilien Britisch Guiana Französisch Guiana . Deutschland .... Oesterreich-Ungarn Andere Länder 174604 000 129662000 22 848 000 18360000 18972000 12995000 9098000 8854000 7 609 000 9 608 000 7 466 000 27 622000 1896 232560000 Mk. 184620000 « 178337000 « 128 928000 « 38719000 « 24480000 « 21094000 « 12 648000 « 10118000 « 8915000 « 7 650000 « 9 751000 « 7466000 « 36 394 000 ^ 820508000 Mk. 881680000 Mk. 1) Chemiker-Ztg. 21, 66, 1897. — Die Totalsumme für 1895 weicht in dieser Quelle um ein geringes von derjenigen der vorhergehenden Tabelle ab. Jahrb. d. nass. Ver. f. Nat. 51. 19 — 290 — Noch ein Gesichtspunkt der Edelmetallstatistik verdient am Schlüsse dieser Arbeit wenigstens gestreift zu werden, die Frage nach der Ge- sammtmenge des Goldes, die bisher überhaupt gefördert wurde. Zu- sammenstellungen hierüber hat in sehr gründlicher Weise Soetbeer in seiner classischen Arbeit über die Edelmetall-Production gegeben. Sie beziehen sich auf die Zeit von der Entdeckung Amerikas, also von 1493, bis 1875. Biedermann hat in seiner vorhin citirten Abhand- lung diese Zahlen bis auf 1895 ergänzt, und es stellt sich hiernach die Gesammt - Goldproduction der Erde von 1493 bis 1895 wie folgt dar : Vereinigte Staaten von Nord-Amerika. 8 707 590 000 Mk. Australien 7 731090000 « Russland 4921560000 « Columbia 3 622 833 000 « Brasilien 2 990 880 000 « Peru, Bolivia, Chile 2 053 440 000 « Deutschland und Oesterreich-Ungarn . 1467 540 000 « Mexico 613 800000 « Afrika 1395 000 000 « Uebrige Länder 3 225 240 000 « Total 36 728 973 000 Mk. Zu dieser Goldproduction gesellte sich im gleichen Zeitraum eine Silberausbeute von 44 787 075000 Mk., so dass also die gesammte Ge- winnung an Münzmetall seit 1493 den Werth von 81,5 Milliarden Mark erreicht. Die gewonnene Goldmenge hat ein Gewicht von etwa 13 000 Tonnen, sie nimmt ein Volumen von etw^a 675 Cubikmetern ein und repräsentirt eine Kugel von nicht ganz 5,5 Metern Halbmesser. Wahrlich eine minimale Menge im Verhältniss zur Grösse unseres Planeten. Ergebnisse der meteorologischen Beobachtiiügen der Station Wiesbaden im Jahre ISO'7^. Von Aug. Römer, Conservator. Die beigefügte Tabelle ergiebt folgende Jahres-Ueber Sicht.*) Mittlerer Luftdruck Höchster beobachteter Luftdruck am 21. November Niedrigster « « «29. « Mittlere Lufttemperatur Höchste beobachtete Lufttemperatur am 29. Juni u. 25. Niedrigste « « «25. Januar . Höchstes Tagesmittel der « «29. Juni Niedrigstes « « « «22. Januar . Mittlere absolute Feuchtigkeit « relative « Höhensumme der atmosphärischen Niederschläge . Grösste Regenhöhe innerhalb 24 Stunden am 10. Juni Juli 752,5 mm 771,3 « 726,7 « 9,60 C. 30,0 « — 7,6 « 23,7 « — 5,2 « 7,7 mm 571,3 mm 28,4 « *) Die Beobachtungsstunden sind: 7 Uhr Morgens, 2 Uhr Nachmittags und 9 Uhr Abends. (Ortszeit.) 19* — 292 — Zahl der Tage mit Niederschlag (mehr als 0,2 mm) . . . . 132 « « « « Regen 137 « « « Schnee 30 « « « « Hagel 1 « « « « Graupeln 7 ^ Thau 47 « « « « Reif 27 « Nebel 27 « « « « Gewitter 24 « « « « Wetterleuchten 11 Zahl der heiteren (wolkenlosen) Tage 41 « « trüben (bedeckten) Tage 168 « « Sturmtage 2 « « Eistage 10 « « Frosttage 67 « « Sommertage ^ 37 Zahl der beobachteten N.-Winde 103 NE.- « 156 « « « E.- « 113 « « « SE.- « 89 « « « S.- <^ 43 « « « SW.- « 255 « « « W.- « . 88 « « « NW.- « 135 « ^ « Windstillen 113 293 CS bJO oS o cq *bJD O o o xn Ö bJD l^WIK ! ^ oocogoc-c-c-c-c-ooc-odS 8 05 o" - coocoixiascNio^oooaioo OOOiOOC-C-OOOOOOOOOGOOOl ^ o o IT- -2 CS o" OOCiOOC>-OOOOOOOOOOOCOOO:> ^ 1 PWIM oq cr .oT oi" cr ^ ^ o oo" CS s ^^ ^^ '^^ '^ '-1 ^^ W^ Oi^ O^ CD^ CO^ ^ CO -^ lO CD oo 1— r i-h" 1— T o5^ crT -«^ ^ "co^ . c-" f3 s ran;i?(i O^^CDCOGO^^ljcC-OCDOO CM ^ ,— 1 ^ ^ " t,(M . C•" 1— r LO" cd" III! ^ ^ 1 1 ! 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'om^s OJ 1-H ^ CO "^ 00 CO -tH CJi 1 CXD GO CO CO 1-H 1-H ^ ^ CO 00 T— ( 03 T-H T-( CM CM 03 CD 1— t C5 o 1 CO 1-H ^ C^ oa r-H o T-H CO o y—l 00 c^ 1-H CM 00 ^ w. 1 o r-l CO T-H CO CM r-H 00 "ä CO ig CO 1—1 o T-H 00 - Ol m 1 ir- L^ 00 (M c- \ ^ o-: CM 1 CO CO lO t- 00 CO CO 00 c^ CO D- tr^ 00 00 00 H 03 00 1— 1 -* CO ! CO 03 CO CM ^ CO CO r-H 1-H ^ CX) '^ 1—1 m Ci CO D- CO T-H (M '^ CO CD Iz: o T— 1 oa (M CO CO CM 00 CO •^ CM 1-H t- ^ ^ s -* CM CO T— 1 ö 1-H Maxi- mum in 24 Stun- den. mm T-H o Ol lO CM^ T-H s o -* o CM co" 1—1 ■" (M o co" oo" cd" ^ ! C5~ oo"^ CM CO CD~ 00 CO o oo" o oo" CO oo" co^ 1 s *^H < HS ►-5 -1^ O) 1 ;h o 1 o o C. W. KREIDEL's Verlan m Wiesbaden. Die Methoden der Bakterien -Forschung". Handbuch der gesammten Methoden der Mikrobiologie Dr. Ferdinand Hueppe, Professor der Hygiene an der Universität zu Prag. Fünfte verbesserte Auflage. Mit 2 Tafeln in Farbendruck und 68 Holzschnitten. Preis: Mark 10.65. In die mikroskopische Technik, welche so schwierig einer schriftlichen Mittheilung sich fügt, wird der Leser, angeregt durch die geschmackvolle Bearbeitung der Formen der Mikroorganismen, mit Ge- schick eingeführt und sein Interesse daran durch die Darstellungsweise dauernd gefesselt. Einer nicht polemisirenden, aber stillschweigend ge- übten Kritik verdanken wir es, dass der Vorzug der Vollständigkeit nicht unter der Last des massenhaft Ueberflüssigen verloren geht; wo das Wort nicht ausreicht, ist geschickt das Bild ihm zur Seite gesetzt. Besonders hervorzuheben ist die Einführung der neuesten Färbungs- methoden und die grössere Berücksichtigung anderer Mikroorganismen neben den Bakterien, so dass das Werk jetzt zu einem »Handbuch der gesammten Methoden der Bakteriologie« erweitert ist. Einer besonderen Empfehlung bedarf nach alledem das gediegene, sowohl für den Anfänger, als nicht minder auch für die Fortsetzung des eigenen Studiums trefflich geeignete Werk nicht. JAHRBÜCHER DEa NASSAÜISCHEN VEREINS FÜR NATURKÜNDE. HERAUSGEGEBEN VON DE- ARNOLD PAGENSTECHER, KÖNIGIi. GEH. SANITÄTSRATH, INSPECTOR DKS NATURHISTORISCHEN MUSEUMS UM SECRETÄR DES NASSAUISCHEN VEREINS FÜR NATURKUNDE. JAHRGANG 51. MIT 5 ABBILDUNGEN IM TEXT. WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BERGMANN. 1898. Druck von Carl Ritter in Wiesbaden,