I JAHRBÜCHER für wissenschaftliche Botanik. Herausgegeben von Dr. N. Pringsheim. Vierzehnter Band. Mit 24 zum Theil farbigen Tafelu. Berlin, 1884. Verlag von Gebrüder Honitraeger. K(K Eggeis. tfSV LIBkAUV NEW YOkK BUTAMCAL Inhalt. Seite K. Göbel. Beiträge zur Eulwickelungsgeschichte einiger luflorescenzen mit Tafel I-IV 1 I. Symmetrieverhältnisse 1 II. Zur Entwickeluiigsgeschichte der Aehrchen 11 1. Lolium 11 2. Lepturus cylindricus 12 3. Authoxanthum odoratum 13 4. Coleanthus subtilis 14 5. Hordeum 17 6. Phalaris arundinacea 17 7. Andropogon Ischaemon 18 8. Setaria 19 9. Pennisetum 20 10. Cenchrus 21 11. Anthephora elcgans 24 12. Coix • 26 13. Cornucopiae cuciillatum 33 III. Zur Kenntniss der Urticaceen-Inflorescenzen 37 Figuren-Erklärung 39 M. Westermaler. lieber Bau und Funktion des pflanzlichea Hautgewebe- systems mit Tafel V— VII 43 Einleitung. I. Kapitel: Orientirung über den Stand unserer Kenntnisse in Be- ziehung auf Bau und Funktion des Rautgewebesystems, insbeson- dere des epidermalen Wassergewebes. Neue Fragestellung; Unter- suchungsmetbode 44 II. Kapitel: Anforderungen au ein epidermales Gewebe, wenn das- selbe als Wasserversorgungssystem zu fungiren hat 51 III. Kapitel: Physiologische Begründung der Funktion des dünn- wandigen epidermalen Gewebes als Wasserversorgungssystem. Be- sprechung jener Structurverhältnisse, welche zu dieser Funktion C^ in nächster Beziehung stehen. — Biologisch-anatomische Thatsachen 52 cn IV. Kapitel: Flüssigkeitsverkehr innerhalb des epidermaien Wassor- gewebes selbst Continuität dieses Gewebesystems 63 V. Kapitel: Epidermales Wassergewebe und Assirailationssystem . 69 VI. Kapitel: Epidermales Wassergewebe und Leitbündelsystem . . 71 IV Inhalt. Seite VII. Kapitel: Mechanisch bedeutsame Strncturverhältuisse des Haut- gewebesysteras grüner Organe im Allgemeinen. Ihre Beziehungen zur Funktion des epidermalen Wassergewebes 73 Schlusswort, enthaltend das Hauptergebniss der Untersuchung . . 70 Figuren-Erklärung 80 H. AmbroDO. Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen mit Tafel VIII 82 Figuren-Erklärung 109 N. Prlngsheiin. Nachträgliche Bemerkungen zu dem Befruchtungsact von Achlya 1 1 1 I. Die amöboiden Protoplasmabildungen in den Antheridien . . . 111 IL Die Existenz des Sexualactes bei Saprolegnia und Achlya . . . 124 Alfred Fischer. Ueber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den Desraidieen mit Tafel IX— X 133 I. Die Gattung Closterium 134 A. Chemische Natur der Krystalle 134 B. Vertheilung der Krystalle in der Zelle 140 II. Die übrigen Desmidieen 151 1. Cosmarium Corda 154 2. Micrasterias Ag 159 3. Euastrum Ehrb 160 4. Staurastrum Meyen 161 5. Desmidium Ag. und Hyalotheca Ehrb 161 6. Pleurotaenium Naeg 161 7. Penium Breb 165 8. Tetraemorus Ralfs 167 9. Ueber das Vorkommen von Krystallen bei den Algen überhaupt 168 III. Schlussbetrachtung ^ 170 Figuren-Erklärung 182 P. Frltsch. Ueber farbige körnige Stoffe des Zellinhalts mit Tafel XI— XIII 185 Impatiens longieomu 188 Trapaeolum majus 191 Oenothera biennis 192 Cerinthe aspera 193 Calendula officinalis 194 Tagetes glandulifera 195 Viola tricolor 197 Rudbeckia laciniata 198 Digitalis ambigua Murr 199 Salpiglossis variabilis 199 Rosa canina 202 Pirus aucuparia 203 Pinis Hostii 206 Evonymus latifolius 206 Evonymus europaeus 208 Celastrus candens 210 Convallaria majalis 210 Taxus baccata 212 Inhalt. V Seite Rryonia dioica . 213 Daucus Carota 222 Arum maculatum 224 Thimbergia alata 225 Delphinium tricolor 226 Viburnum Timis L 227 Fucus vesiculosus 228 Furcellaria fastigiata, Hudson 230 Otto Mniler. Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira Thwaites) arenaria Moore. Mit Tafel XIV— XVIII . . . 232 1. Beziehungen zur Zweischaligkeit und Auxosporenbiklung . , 232 2. Die Zellhaut von Melosira arenaria Moore 245 3. Ableitung des Gesetzes und besondere Eigenschaften der Faden- formel 25G 4. 'Unregelmässiger Fadenaufbau 282 Erklärung der Figuren-Tafeln 288 L. lelakovsky. Untersuchungen über die Homologien der generativen Pro- dukte der Fruchtblätter bei den Phanerogamen und Gefässkryptogameu mit Tafel XIX— XXI 201 I. Die Indusien der Gefässkrytogamen 294 II. Infegumentbildungen normaler und verlaubender Ovula, verglichen mit den Indusialbildungen der Fiederblättchen der Farne . . . 300 III. Analoge Bildungen an Syringablättern 312 IV. Verhältniss der blattrandständigen zu den blaitunterständigen Spo- rangien und Sori 310 V. Homologien der Oviüa bei den übrigen Gefässkryptogamen (ausser den Farnen) 339 VI. Homologien der Ovula der Gymnospermen 352 VII. Homologien der Antherenbildung 365 Figuren-Erklärung von Tafel XIX— XXI 376 M. Mobius. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie der Mono- kotylen-ähnlichen Eryngien mit Tafel XXII— XXIV 370 I. Einleitung 370 II. Anatomie des Blattes 384 III. Anatomie des Stammes 408 IV. Anatomie der Wurzel 416 V. Uebersicht der Ergebnisse. Samen. Keimung 420 Figuren-Erklärung von Tafel XXII-XXIV . 424 H. de Vries. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft 427 I. Theil. Ueber isotonische Coefficienten 427 Einleitung 427 I. Principien der Methoden 433 II. Bestimmung der isotonisclien Coefticienton nach der plasmolytischen Methode 441 § 1. Beschreibung der vergleichenden plasmolytischen Methode . 441 § 2. Versuche nach der vergleichenden plasmolytischen Methode . 4ö0 § 3. Die plasmolytische Transport-Methode 465 VI Inhalt Seite § 4. Einige Versuche zur Kritik der Methode 475 § 5. Berechnung älterer Versuche 481 III. Bestimmung der isotonischen Coefficienten nach der Methode der Gewebespannung 484 § 1. Beschreibung der Methode 484 § 2. Beschreibung der Versuche 495 IV. Resultate , 511 § 1. Grundzüge der Lehre von den isotonischen Coefficienten. . 511 § 2. üeber die Beziehungen zwischen der Gefrierpunkts-Erniedri- gung und dem isotonischen Coefficienten von Verbindungen in wässrigen Lösungen 521 § 3. Berechnung der osmotischen Druckkraft mittelst der isotoni- schen Coefficienten 527 § 4. Anwendung der isotonischen Coefficienten bei physiologischen Versuchen 533 II. Theil. lieber die Analyse der Turgorkraft 538 Einleitung 538 I. Ueber die Messung der Turgorkraft ausgepresster Zellsäfte . . . 541 II. Beschreibung der Methode zur Analyse der Turgorkraft .... 562 III. üeber den Antheil der wichtigsten Bestandtheile des Zellsaftes an der Turgorkraft 577 IV. Ueber das Verhältniss von Kalium und Calcium zum Turgor . • . 590 Alphabetisch nach den Namen der Verfasser geordnetes Inhaltsverzeichniss. Seite H. AmbroDO. Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. Hierzu Tafel VIII 82 Dr. L. Celakovsky. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte der Fruchtblätter bei den Phanerogamen und Gefässkrypto- gamen. Hierzu Tafel XIX— XXI 291 Alfred Fischer. Ueber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den Desmidieen. Hierzu Tafel IX— X 133 F. Fritsch. Ueber farbige körnige Stoffe des Zellinhalts. Hierzu Tafel XI— XIU 185 K. Göbel. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. Hier- zu Tafel I-IV 1 Martin Möbliis. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie der Monokotylen-ähnlichen Eryngien. Hierzu Tafel XXII— XXIV ... 379 Otto Müller. Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira Thwaites) arenaria Moore. Hierzu Tafel XIV— XVIII . . 232 N. PrlDgsheira. Nachträgliche Bemerkungen zu den Befruchtungsact von Achlya 111 H. de Vries. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft 427 M. Westermaier. Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebe- systems. Hierzu Tafel V— VII 43 Verzeichniss der Tafeln. Tafel I-IV. .Fig. 1—66. Jugendliche Entwicklungszustände und Querschnitte von Gras-Aehrchen, (siehe Seite 39—42). Taf. IV. Fig. 67 — 68. Jugendlicher Entwicklungszustand der In- florescenz von Urtica canadensis. Tafel V— VII. Epidermale Wassergewebe, (siehe Seite 80). Tafel VIII. Fig. 1 — 4. Schematische Darstellungen über Druck und Dicken- wachsthum in Epidermiszollen mit gewellten Radial- wänden, (siehe Seite 109-110). Fig. 5 — 8. Epidermiszellen von Nadeln von Pinus silvestris, Fig. 5; des Blattes von Epacris palludosa, Fig. 6—7; des Blattes von Cycas revoluta, Fig 8. Tafel IX— X. Gypskrystalle bei Desmidiaceen; Zersetzungskörperchen; Zygnema- kügelchen, (siehe Seite 182-184). Tafel XI— XIII. Farbige, körnige Stoffe des Zelliuhaltes, (siehe Seite 185— 231). Tafel XIV—XVIII. Zellhaut und Zelltheilungsfolge bei Melosira aienaria, (siehe Seite 288—290'. Tafel XIX— XXI. Metamorphosirte, vergrünte, verlaubte Fruchtblätter bei Pha- uerogamen und Gefässcryptogamen, (siehe Seite 376 — 37S\ Tafel XXII— XXIV. Zur Morphologie und Anatomie der Monokotylen-ähujichen Eryngien. Berichtigung zu dem Aufsatze: „Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira arenaria Moore". Tafel XIV, Figur 2 ist fehlerhaft wiedergegeben worden. An der rechten oberen Ecke der zweiten Schale wird durch die ßruchkante des Gürtelbandes e ein dreieckiger Raum abgegrenzt, welcher durch Absprengung von der bedecken- den Gürtelbaudmembrati befreit wurde und über dem daher die senkrechten Längs- furchen (s. pag. 252) des Gürtelbandes fehlen müssen Die Darstellung der selben an dieser Stelle der Figur ist unrichtig und bei der Gorrectur der Tafel übersehen worden. Otto Müller. Beiträge zur Entwickeiungsgeschiclite einiger Inflorescenzen. Von K. Goebel. Mit Tafel I— IV Zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte der Gras- iuflorescenz. Die folgende Uotersuchung ging aus von der Beschäftigung mit den Symmetrie Verhältnissen der Grasinflorescenz. Verhältnisse, die mir bei der Frage nach dem Vorkommen dorsiventral-verzweigter Pflauzenorgane von Interesse schienen ^). Daran schloss sich die Untersuchung einiger anderer, ^^elfach unrichtig aufgefasster Form- verhältnisse dieser Inflorescenzen an, eine Untersuchung, die natür- lich ein grösseres Interesse bieten würde, wenn sie auf zahlreichere Formen sich hätte ausdehnen können. Da mir hierzu in Ermange- lung eines botanischen Gartens und anderer Hilfsmittel die Gelegen- heit fehlt, so erlaube ich mir, wenigstens die nachstehenden, grössten- theils in früheren Jahren gewonnenen Ergebnisse zu veröffentlichen. I. Symmetrieverhältnisse. Kaum in einer anderen natürlichen Familie dürfte die äussere Gestaltung der Inflorescenzen eine so ungemein mannigfaltige sein, als bei den Gramineen. Es genüs^t, an die Kolben von Zea, an die 1) \g\. üeber die Verzweigrung dorsiventraler Sprosse, Arb. des bot. Inst zu Würzburg, IL Bd., speciell p, 427. Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. 1 2 K. Goebel, Rispen von Poa, die walzenförmigen Inflorescenzen von Alopecurus und Phleum, die Formen von Nardus, Coleanthus u. a. zu erinnern. Es fragte sich, ob und wie weit diese anscheinend so verschiedenen Verzweigungsformen sich zurückführen lassen auf einen gemeinsamen Typus oder deren mehrere, und welches eventuell die Vorgänge sind, durch welche die äusseren Formverschiedenheiten veranlasst werden. Es zeigte sich, dass die grosse Mannigfaltigkeit der Formen doch nur Modifikationen zweier Typen, des dorsiventralen und des radiä- ren, darstellt. Der weitaus verbreitetste ist der dorsiveutrale, auch ra- diäre Inflorescenzen pflegen wenigstens dorsiventrale Seitensprosse zu besitzen. Es ist indess nach dem fertigen Zustand keineswegs immer ganz leicht, zu entscheiden, welchem dieser Typen eine Inflorescenz angehört. Nehmen wir als Ausgangspunkt z. B. die ziemlich ein- gehenden Angaben in Do eil 's Flora von Baden, so werden dort (pag. 134) zwei Unterabtheilungen der Festucaceen darnach getrennt, ob der Blüthenstand „einseitig" ist oder nicht, und es fallen in die eine Abtheilung z. B. die Poae minores, in die andere die Poae majores. In der That aber stimmen beide Abtheilungen darin über- ein, dass sie in ihren Jugendstadien einseitig -dorsi ventral sind. Diese Dorsiventralität wird bei der einen Abtheilung durch spätere Entwickelungsvorgänge verdeckt, bei der anderen gesteigert. Ein noch auffallenderes Beispiel bilden die Fuchsschwanz- gräser, von denen pag. 220 a. a. 0. gesagt wird: Blüthenstand ährenförmig rispig oder ährenförmig mit spiralig stehender ( — Alopecurus, Phleum — ) oder abwechselnd zweizeiliger Verzwei- gung (Chamagrostis). Die Entwickelungsgeschichte dagegen zeigt, dass die Symmetrieverhältnisse keineswegs innerhalb dieser Abthei- lung wechseln, sondern dass die Gattungen Phleum und Alopecurus trotz ihrer walzenförmigen Blüthenstände ganz dieselbe zweizeilig- dorsiventrale Verzweigung besitzen, wie Chamagostris. Schon Wigand^) hat darauf hingewiesen, dass die Stellung der Zweige an der Grasinflorescenz damit zusammenhänge, dass die zweizeilig gestellten Grasblätter (nach der Terminologie der Spiral- 1) Botanische Untersuchungen, Braunschweig 1854, IV, Beiträge zur Morpho- logie der Grasblüthe aus der Entwickelungsgeschichte, pag. 89; vgl. ausserdem: Schmalhausen, Ueber die Grasinflorescenz (russisch, mit 1 Tafel). Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. 3 theorie)') eine „Hebungs-" und eine „Seukungs"-Seite unterscheiden lassen, und dass die Hebungsseite bei je zwei aufeinanderfolgenden Blättern wechselt, wodurch die liebungsseiten sämmtlicher Blätter nach einer und derselben Seite der Axe hinfallen, mit anderen Worten: der Stengel eines Grases lässt zwei Seiten erkennen, eine solche, auf welcher die Blattinsortionen einander genähert sind — sie mag als Bauchseite bezeichnet werden — und eine solche, auf welcher sie entfernter stehen, die Rückenseite. Dieser Unterschied von Bauch- und Rückenseite prägt sich auch in der Stellung der Seitenachsen auf das Deutlichste aus, indem die Achsen erster Ordnung mehr oder weniger auf der Bauchseite der Hauptachse zusammengerückt erscheinen, während die Rückenseite in extremen Fällen ganz entblösst von seitlichen Sprossungen er- scheint. Der Anlage nach verhalten sich so alle nicht radiären Gras- inflorescenzen, allein nicht bei allen bleibt diese Anordnung dauernd erhalten. Unter den einheimischen Gräsern ist das letztere der Fall z. B. bei Nardus stricta. Die Inflorescenzachse ist hier auf dem Rücken gewölbt, während die Bauchseite flach ist. Hier sitzen die Blüthen in Ausschnitten der Inflorescenzachse in zwei einander dicht berührenden Reihen, so dass die Rückenseite völlig bliithenleer er- scheint. Mit geringen Modifikationen ist diese dorsiventrale Anord- nung auch im fertigen Zustand erkennbar, den Doell (a. a. 0. p. 131) treffend charakterisirt, wenn er sagt: , Spindel dreiseitig, eine Seite nicht mit Aehrchen besetzt." Ganz ähnlich wie Nardus verhält sich auch Lepturus panno- nicus und in sehr auffallendem Grade die Paspalum-Arten , z. B. Paspalum stoloniferum, wo, wie Fig. 15 zeigt, die Inflorescenzäste (die zu Aehrchen werden) völlig auf die Bauchseite der Inflorescenz- achse gerückt erscheinen und nahe der Glitte derselben entspringen, während auf der Rückenansicht eines solchen Inflorescenzastes von Seitenzweigen überhaupt nichts wahrzunehmen ist, ein Verhältniss, das sehr an das von Urtica dioica früher beschriebene erinnert. Auch bei Formen, die nicht wie Nardus etc. sitzende Aehrchen, sondern eine rispenförmige Inflorescenz besitzen, tritt im fertigen 1) A. Braun, in Nova Act. Ak. Leop. Carol. XVI p. 385 (Citat nach Wigand). 1* 4 K. Goebel, Zustand die Dorsiventralität oft deutlich hervor. So z. B. bei Gly- ceria spectabilis. Die Inflorescenzspindel ist hier ziemlich breit und besitzt, wie bei Nardus, eine gewölbte Rücken- und eine mehr oder weniger zweischneidige Bauchseite. Die abwechselnd zweizeilig an derselben entstehenden Aeste sind hier einander auf der Bauchseite nicht so genähert, wie bei Nardus, es ist aber deutlich erkennbar, dass hier ein schmäleres Stück Inflorescenzachse zw^ischen je zwei auf einander folgenden Aesten liegt, als auf der Rückenseite. Die Inflorescenzäste erster Ordnung verzweigen sich weiter in einer Ebene, die sich mit der der Hauptachse kreuzt Auch sie besitzen eine Rücken- und eine Bauchseite, sie nehmen aber zugleich auch an der Gesammtsymmetrie der ganzen Inflorescenz theil, wie sich dies darin ausspricht, dass die gegen die Bauchseite der letzteren hingerichte- ten Seitenachsen dritter Ordnung früher auftreten, als die entsprechen- den Achsen auf der entgegengesetzten Seite. Diese zeitliche Reihen- folge hat zugleich insofern Einfluss auf den Habitus, als die nach der Rückenseite der Gesammtinflorescenz gerichteten Aeste dadurch zu- gleich weiter von der Hauptachse abstehen, als die gegen die Bauch- seite hingerichteten, und so die Rückenseite leerer an Sprossungen erscheinen lassen, als die entgegengesetzte. Die gegen die Spitze der Inflorescenzachse hin stehenden Achsen erster Ordnung verzweigen sich nicht mehr, sondern werden direkt zu Aehrchen, wie der Gipfel der Inflorescenz selbst. Die etwas weiter nach unten stehenden bringen häufig noch einen Seitenzweig hervor, und dieser steht dann auf der Bauchseite der Inflorescenz, eine Thatsache, w^elche bei manchen anderen Grasinflorescenzen in der ganzen Inflorescenz wiederkehrt. So z. B. bei Stenotaphrum glabrum. Die Aeste der Inflorescenz stehen hier auf die Bauchseite und produciren je einen zum Aehrchen w^erdenden Seitenast, wie die oberen Inflorescenzäste von Glyceria. Dasselbe Verhältniss zeigen die unten zu berührenden Aeste der männlichen Inflorescenz von Zea Mais. Verschiedene Verhältnisse tragen bei manchen Inflorescenzen dazu bei, die Einseitigkeit im fertigen Zustand zu verstärken. Als Beispiele mögen dienen Poa annua und Dactylis glomerata. Bei Poa annua stehen die Inflorescenzäste derart, dass sie, wie namentlich bei kräftigen Inflorescenzachsen hervortritt, gegen die Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. 5 Bauchseite der Inflorescenz etwas convergiren (vgl. das Schema Fig. 65), wodurch schon an und für sich die Rückenseite leerer er- scheint. Der erste Seitenast zweiter Ordnung steht auch hier auf der Bauchseite, er ist derjenige, der am längsten gestielt ist, und da das unterste Internodium der Seitenachse erster Ordnung gewöhnlich sehr verkürzt bleibt, so ist ohne Weiteres klar, dass auf diese Weise die Inflorescenz einseitig werden muss. Dieselben Faktoren, wie bei Poa annua, bedingen auch die so auffallende Dorsiventralität der Inflorescenz von Dactylis glomerata, nur spielt hier die verschiedene Länge der unteren Internodien der Seitenzweige keine so grosse Rolle, da dieselben, wenigstens im oberen „knäueligen" Theile der Inflorescenz gewöhnlich verkürzt bleiben. Die Hauptursache der Einseitigkeit ist hier die schiefe Stellung der Verzw^eigungsebenen der Seitenachsen zu der der Haupt- achse der Inflorescenz: die beiden Verzweigungsebenen schneiden sich nicht unter einem rechten, sondern unter einem (auf der Bauch- seite) spitzen Winkel; die Seitenachsen erster Ordnung sind auch hier auf der Bauchseite der Inflorescenzachse einander genähert. Bei diesen weiteren V«rzwei|ungen treten dieselben Verhältnisse ein, wie bei der Hauptachse, und da diese sämmtlichen Verzweigungssysteme ihre Rückenseiten der Inflorescenzachse zukehren, und die Interno- dien derselben sich nicht verlängern, so resultirt daraus der eigen- thümliche Habitus der Dactylis-Inflorescenz , der, wie erwähnt, da- durch hauptsächlich zu Stande kommt, dass die zweizeilig dorsiven- tral gestellten und zweizeilig dorsiventral verzweigten Inflorescenz- äste sich in Ebenen verzweigen, die sich (verlängert gedacht) auf der Bauchseite der Inflorescenz schneiden^). Wie Hofmeister 2) die Einseitigkeit der Dactylis-Inflorescenz in A^erbindung mit der Schwerkraft setzen konnte, ist mir völlig unerfindlich. Denn zur Zeit der Anlegung der verschiedenen Sprosssysteme sind die Seiten- achsen der Inflorsecenz dicht angepresst, die letztere selbst aber steht aufrecht und besitzt also keine dem Erdboden zugewendete Seite, von einem Einfluss der Schwerkraft auf die Symmetrieverhätlnisse 1) Vgl. auch Doell a. a. 0. p. 149. 2) Allgemeine Morphologie p. 604. Auch die „oxcessive Verbreiterung der einen, dem Zenith zugewendeten Lüngshälfte der Infloresceuzachsen vorletzter und Yorvorletzter Ordnung** hat mit der Schwerkraft nichts zu thun. g K. Goebel, kann hier also gar keine Rede sein, so wenig, als bei einem anderen der mir bekannten Gräser. Erst viel später, zur Blüthezeit treten Lagenverändeningen der unteren gestielten Inflorescenzäste ein, bei welchen dann die Bauchseite der Inflorescenzäste nach unten gekehrt erscheint. Es geschieht dies, wie bei vielen anderen Gräsern, da- durch, dass durch das Anschwellen der kleinen Gewebepolster am Grunde der Inflorescenzäste die letzteren von der Hauptachse ab- spreizen, wobei nach dem oben Gesagten ihre der Inflorescenzachse abgekehrte Seite, d. h. die Bauchseite nach unten gekehrt werden muss. Es geschieht aber auch dies, wie erwähnt, nicht durch die ungleichmässige Belastung der Inflorescenzäste, sondern dadurch, dass sie durch das Gewebepolster an ihrer Basis von der Inflorescenz- achse weggedrängt werden (vgl. unten). Eine ähnliche schiefe Stel- lung der Verzweigungsebenen der Inflorescenzäste findet sich auch bei anderen Gräsern, z. B. Festuca-Arten. Die Inflorescenzen anderer Gräser sind dagegen bekanntlich im fertigen Zustand nicht „einseitig", z. B, die von Bromus, Hordeum, der „Poae majores" u. a. Der Anlage nach tritt aber auch hier bei allen von mir untersuchten Formen die^Dorsrventralität deutlich hervor. Sie wird aber verdeckt durch verschiedene Umstände. An einer dünnen Inflorescenzspindel tritt die Annäherung ihrer Aeste auf der Bauchseite weniger hervor, ausserdem zeigen die Sprossun- gen auf der Bauch- und Rückenseite der Gesammtinflorescenz in diesen Fällen keine solche Diff'erenz in der Förderung, wie z. B. bei Poa annua. Am meisten verdeckt ist die Dorsiventralität bei den walzenförmigen Inflorescenzen von Phleum, Alopecurus u. a., die dann, wie erwähnt, vielfach auch als radiäre angesehen worden sind. Dass dies nicht der Fall ist, geht aus der Entwickelungsgeschichte hervor. Diese zeigt z. B. bei Alopecurus ruthenicus (Fig. 1), dass die Inflo- rescenzäste nicht „spiralig", sondern dorsiventral zweizeilig gestellt sind, wobei die Differenz zwischen Bauch- und Rückenseite der In- florescenzachse auch hier deutlich hervortritt. Der Schein spiraliger Anordnung kommt dadurch zu Stande, dass die sämmtlichen Inter- nodien sich nur sehr wenig strecken, und so durch die dichte Stel- lung der Verzweigungssysteme (die an den consecutiven Achsen ein- ander kreuzen) jener bekannte gedrängte Blüthenstand resultirt. — An diese scheinbar radiäre Formen schliesst sich eine Anzahl Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. 7 wirklich radiärer an. Der einfachste Fall findet sich bei Zea Mais, von dem Wigand sagt (a. a. 0. p. 90); „Eine Ausnahme der zweizeiligen Stellung der Seitenbildungen habe ich nur bei Zea Mais gefunden, wo sowohl an der weiblichen Aehre, als an der primären Achse des männlichen Blüthenstandes die Aehrchen in vier, rings um die Spindel gleich- massig vertheilten Längsreihen stehen und zwar sämmtlich aus der Hauptachse selbst entspringen, wogegen die sekundären kleineren Aehrchen, welche aus dem unteren Theile der mittleren entspringen und im Kreise um dieselbe herumstehen, die oben beschriebene symmetrische Form haben, und ihre flache Rückenseite der Haupt- achse zukehren." — Was das erste Auftreten von seitlichen Spros- sungen betrifft, so kann ich die Wigand 'sehen Angaben nur be- stätigen, und möchte nur betonen, dass schon die Inflorescenzachse selbst vor dem Auftreten von Seitensprossungen sich von denen der dorsiventralen Grasinflorescenzen unterscheidet, indem sie nicht w^ie diese breite Bauch- und Rückenseite und schmale Flanken besitzt, sondern namentlich bei der weiblichen Inflorescenz relativ dick und drehrund ist. Auch in anderen Fällen sind ja die Symmetriever- hältnisse eines Sprosses schon am Vegetationspunkt desselben aus- geprägt (vgl. die Beispiele in „Ueber die Verzweig, dorsiv. Sprosse"). Die Reihen, in denen die vier Seitensprossungen an der Inflorescenz- achse stehen, sind übrigens nicht immer gerade, sondern oft bedeu- tend gedreht. Es liegt nahe, diese vier Reihen paarweise zusammen- zufassen und sie als aus Verzweigung von zwei unterdrückten Achsen zweiter Ordnung hervorgegangen zu betrachten, zumal zwischen je zwei Reihen oft eine wulstige Hervorragung der Inflorescenzachse kenntlich ist. Genauere Untersuchung zeigt indess, dass die Ver- muthung unrichtig, und dass die Reihen in der That gesondert an der Hauptachse stehen. Die Vegetationspunkte der Inflorescenzachse und die obersten Sprossungen derselben verkümmern, die anderen bilden sich entweder zu Inflorescenzästen (wie im unteren Theil der männlichen Inflorescenz) oder zu Aehrchen aus, die obersten direkt, die unteren, nachdem sie Seitenzweige (die ebenfalls zu Aehrchen werden) angelegt haben. Dies Seitenährchen steht (im radiären Theile der Inflorescenz) entweder rechts oder links, ohne dass inner- halb einer Reihe sich dabei eine Regelmässigkeit beobachten Hesse. o K. Goebel, Das gegenüberstehende Seitenährchen wird in seltenen Fällen zwar noch angelegt, gelangt aber höchst selten zur Ausbildung. In der weiblichen Inflorescenz stehen demgemäss am Kolben acht Lüngs- reihen von Aehrchen, wo eine grössere Zahl (10, 12 etc.) vorhanden ist, ist wohl anfangs eine höhere Zahl (5, 6 etc.) Achsen erster Ordnung aufgetreten. Die männlichen Inflorescenzen besitzen an ihrer Basis Seiten- zweige, die in der Jugend aufrecht der Hauptspindel angedrückt sind, die Rückenseite ist meist etwas concav. Es sind diese grund- ständigen Seitenäste ihrerseits an ihrer Basis dorsiventral- zweizeilig verzweigt und bringen an ihrer Basis Seitenäste, an ihren höheren Theilen Sprossungen hervor, die, nachdem sie einen, stets nach der Bauchseite hingerichteten, zum Aehrchen werdenden Spross pro- ducirt haben, zu Aehrchen werden. Es tritt hier also dasselbe Ver- hältniss auf, das oben von Glyceria erwähnt wurde, und die radiäre männliche Inflorescenz besitzt also Seitenäste, die dorsiventral sind und ihre Rückenseite der Hauptachse zukehren. Dies gilt auch für andere radiäre Inflorsecenzen , z. B. für Se- taria. Die Zweige erster Ordnung erscheinen hier an der Inflores- cenzspindel, die ähnliche Gestalt hat wie die von Zea (vgl. Fig. 7) in progressiver Reihenfolge, ohne dass in ihrem Auftreten sonst irgend welche Regelmässigkeit, etwa wie bei Zea zu erkennen wäre. Die einzelnen Sprossungen, welche die Inflorescenzachse dicht be- decken, sind natürlich schliesslich auch in Orthostich en geordnet. Die Achsen zweiter Ordnung sind aber auch hier dorsiventral-zwei- zeilig verzweigt, wie unten näher darzulegen sein wird, die Seiten- zweige dritter Ordnung werden aber zu Borsten, während die Achsen zweiter Ordnung selbst zu Aehrchenachsen werden. Ueberblicken wir die geschilderten Symmetrieverhältnisse, so zeigt sich, dass sich dieselben zwar nicht auf einen Typus zurück- führen lassen, sondern auf zwei; den dorsiventralen und den radiä- ren. Die „Tendenz" der Förderung einer Seite tritt in verschiedener Weise und auch bei den Seitenzweigen der radiären Inflorescenzen hervor. Die beiden Typen sind aber in Wirklichkeit nicht scharf von einander geschieden, wie dies scheinen könnte. Dies zeigen Fälle, wie der von Alopecurus und Phleum, die dorsiventral ange- legt sind, aber im fertigen Zustand allseitig mit Blüthen bedeckt Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen 9 erscheinen. Denkt man sich die Internodien zwischen zwei Inflo- rescenzästen von Alopecurus verlängert statt verkürzt, so erhält man irn Wesentlichen die eigenthiimliche InÜorescenz von Coleanthus subtilis: zweizeilig angeordnet sitzen an der Hauptachse Aehrchen- büschel; letztere sind hervorgegangen aus der zweizeiligen Verzwei- gung eines Seitenastes. Jede Achse endigt mit einem Aehrchen (und zwar mit einer Terminalblüthe, s. u.), gestreckt werden aber nur die Aehrchenstiele, während die sonstigen Internodien des Yerzweigungs- systems kurz bleiben. Was hier mit sämmtlichen Internodien ge- schieht, das tritt in anderen, zahlreichen Fällen nur bei den unter- sten Internodien der Achsen zweiter Ordnung ein, es stehen dann bekanntlich scheinbar einige Inflorescenzäste in halb-quirliger Anord- nung an der Inüorescenzachse. Aus gleicher Anlage entwickelt sich also bei den Gräsern der verschiedenste Habitus der Inflores- cenzen, ohne dass dabei tiefgreifende Wachsthumsdifferenzen im Spiele wären, vielmehr handelt es sich meist nur um den relativen Grad der Ausbildung der einzelnen Verzweigungssysteme, die Ver- längerung oder das Kurzbleiben bestimmter Achsenstücke etc. Auf letzteren Umstand sind auch die eigenthümlichen Inflorescenzen mancher Chlorideen zurückzuführen. So besitzt z. B. Chloris radiata Inflorescenzäste, die zur Blüthezeit horizontal gerichtet von dem In- sertionspunkt ausstrahlen. Dieser eigenthümliche Habitus ist darauf zurückzuführen, dass die radiär verzweigte Hauptachse ihren über der Insertion der Inflorescenzäste gelegenen Theil verkümmern lässt (Fig. 14, die mittlere gewölbte Contour). Den Gegensatz dazu bieten Inflorescenzen, wie die von Andropogon Ischaemon. Die Inflorescenz- achse ist hier in ihrem unteren Theil radiär verzweigt, sie trägt (in den untersuchten Fällen) meist vier Aeste, die so stehen, dass zwei die normale zweizeilige Stellung fortsetzen, zwei damit gekreuzt sind. Der charakteristische Habitus dieser Inflorescenz ergiebt sich daraus, dass die Seitenachsen sich ebenso so stark entwickeln wie die Hauptachse. In ihrem ährchentragenden Theile ist dieselbe übrigens ebenso wie die Seitenaxen dorsiventral. 10 K- Ooebel, lieber die Eutwickelungs folge der Seitensprossen an den Grasinilorescenzen liegen zahlreiche Mittheilungen von TrecuP) vor. Nach denselben würde dieselbe bei den verschiedenen Arten eine sehr verschiedene sein. Neben gewöhnlicher akropetaler Reihen- folge käme basipetale Entstehung der Inflorescenzzweige vor, so z. B. bei Nardus. Bei Glyceria lluitans, Milium effusum, Poa annua sollen sich an der Basis der Inflorescenz neue Zweige bilden, wäh- rend im oberen Theile derselben die gewöhnliche Anordnung herrscht. Bei Seeale Cereale und Lagurus ovatus dagegen sollen zuerst in der Mittelregion der Inflorescenzachse Zweige entstehen, und die Spross- bildung von hier aus dann nach oben wie nach unten fortschreiten. — Ich finde indess in allen disen Fällen, soweit ich sie nach- untersucht habe, nur eine verschiedene Ausbildung akropetal ange- legter Organe; die Verschiedenheit ist allerdings oft ziemlich auf- fällig. So z. B. bei Nardus, wo das Gipfelährchen schon in allen Theilen ausgebildet ist, während die unteren Aehrchen noch die Form kleiner Höcker haben. Es lassen sich dreierlei Modifikationen in dieser Beziehung unterscheiden: 1. Akropetalc Anlage und Ausbildung. 2. Akropetale Anlage und basipetale Ausbildung. 3. Akropetale Anlage und Vorauseilen der Mittelregion der Inflorescenzachse. Als Beispiele für den ersteren Fall mögen die radiären Inflo- rescenzen von Zea und Setaria, für den zweiten die von Nardus, Lepturus, Psilurus, Milium effusum, Poa annua, für den dritten Alo- pecurus, Phleum pratense genannt sein. Am auffallendsten ist Lagurus ovatus, wo die mittleren Inflorescenzzweige schon relativ recht gross sind, während die unter ihnen gelegenen als sehr kleine Anlagen sich zeigen. So war es bei dem allerdings sehr spärlichen Material die- ser Pflanze, das ich untersuchen konnte. So wenig also a priori ein Grund vorliegt, die Möglichkeit einer Abweichung von der ge- wöhnlichen akropetalen Anlegungsfolge bei den Gräsern zu leugnen, so wenig habe ich mich doch von deren Stattfinden überzeugen können. Der Grund der verschiedenen Entwickelungsfolge liegt offen- 1) Trecul: evoulution de l'inflorescence des Graminees, comptes rendu? de TAcad. des sciences, T. XC, 1880. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. H bar in der verschieden grossen und raschen Stoffzufuhr. Diejenigen Sprossungen, die in dem nicht begünstigten Inflorescenztheil liegen, verkümmern häufig. Andererseits zeigt sich z. B. beim Weizen die För- derung der Mitteh'egion der Inflorescenz auch darin, dass hier die Körner im fertigen Zustand schwerer sind, ein Verhältniss, das bei Nardus zu Gunsten der Inflorescenzspitze sich ändern dürfte. Dafür, dass schon ganz angelegte Organe bei den Gräsern plötzlich stehen bleiben und verkümmern, soll unten noch eine Anzahl von Bei- spielen angeführt werden. — II. Zur Entwickelungsgeschiclite der Aehrchen. Der normale, d. h. häufigste Bau der Gi'asährchen ist bekannt genug: am Grunde zwei glumae, darauf an die Aehrchenachse die paleae inferiores, in deren Achsel die Blüthen stehen, die je noch ein Yorblatt, die palea superior, hervorbringen. Es fehlt indess auch nicht an abweichenden Formen, von denen es sich fragt, in- wieweit die Erklärungen, durch welche man sie auf den normalen Typus zurückführt, eine Unterstützung resp. Berichtigung in der Entwickelungsgeschichte finden, namentlich, w^ie weit die „verküm- merten" Organe etwa auch in der Anlage nachzuweisen sind. I 1. Lolium (Fig. 2 u. 3, Taf. I). Die Aehrchen von Lolium, welche Seitenachsen der Inflorescenz- Hauptachse sind, zeichnen sich bekanntlich dadurch aus, dass die obere, der Inflorescenzachse zugekehrte gluma verkümmert, während die untere stark entwickelt ist und scheinbar das Deckblatt der Aehrchen darstellt. Bei Lolium temulentum ist die fehlende Gluma öfters in entwickeltem Stadium gefunden worden. Die Entwicke- lungsgeschichte zeigt denn auch, dass sie der Anlage nach stets vor- handen ist (wenigstens in den untersuchten Fällen). Das Deckblatt der Aehrchen ist unterhalb der unteren gluma als ein feiner Saum 12 K. Goebel, noch sichtbar. Ihm gegenüber steht in gleicher Gestalt das Rudi- ment der unteren, der Inflorescenzachse zugewendete Gluma (Fig. 2), die Anlage derselben bleibt aber auf einem sehr frühen Stadium stehen, während die obere dem Deckblatt superponirte Gluma sich dafür um so üppiger entwickelt. Die Anlage der beiden rudimentären Blattbildungen scheint dabei eine verspätete zu sein — wenigstens werden sie erst sichtbar, nachdem die obere Gluma schon eine ziemlich beträchtliche Grösse erreicht hat. Am Endährchen dagegen treten, wie bekannt, beide Glumae wohlentwickelt auf. Bei Lolium perenue dagegen ist zwar eine Spur des Deckblattes der Aerchen- achse oft noch ziemlich deutlich, die derselben gegenüberstehende Gluma aber ist nicht als deutlich abgesonderte Anlage wahrnehmbar. Man kann als Andeutung derselben eine kleine Erhöhung an der Aehrchenachse betrachten, die aber eben so gut eine rein zufällige sein kann. Die Entwickelungsgeschichte bestätigt also bei Lolium temulentum vollständig die durch Vergleichung gewonnene An- schauung und dass diese letztere auch für den Fall spurloser Unter- drückung der einen Gluma gilt, braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden. 2. Lepturus cylindricus (Fig. 58 u. 59, Taf. IV). Die Aehrchen sitzen in Aushöhlungen der ausgeprägt dorsiven- tralen Inflorescenzachse, deren Rückenseite zweiseitig gewölbt ist. Die auch bei Lolium fehlende Gluma ist hier eben so spurlos unter- drückt, wie das Deckblatt der einblüthigen Aehrchen, dieselben be- sitzen also im Ganzen drei Hüllblätter, die gluma superior und die beiden paleae. Bei Lepturus pannonicus ist das Aehrchen zwei- blüthig und zeigt auch die Anlage einer dritten Blüthe, während andere Lepturusarten bekanntlich einblüthige Aehrchen besitzen, die wir uns aus Verarmung mehrblüthiger Aehrchen hervorgegangen denken können. Das Fehlschlagen der einen Gluma bringen wir auch hier w-ieder damit in Zusammenhang, dass die Aehrchen in den Aushöhlungen der Inflorescenzachse sitzen und von der stark entwickelten oberen Gluma hinreichend geschützt werden. Bei der Endblüthe, die frei steht, kommen auch hier beide glumae wieder zur Entwickelung. Das Vorauseilen der Endpartie der Inflorescenz Beitrage zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. 13 gegenüber der basalen ist hier besonders auffallend. Bei anderen Lepturus-Arteu (L. incurvatus, filiformis, pannonicus) ist die untere Gluma bekanntlich noch vorhanden — um so auffallender ist ihre spurlose Unterdrückung bei L. cylindricus. • 3. Anthoxanthum odoratum (Fig. 55 u. 56, Taf. III u. IV). Anthoxanthum ist eines der wenigen Gräser, bei welchen wenig- stens einige Autoren Terminalblüthen gelten lassen. So z. B. DoelP) und mit ihm Eichler a. a. 0. Die Entwickelungsge- schichte zeigt, dass die Blüthen hier terminal an der Aehrchenachse stehen. An derselben treten zunächst in disticher Stellung sechs Blattanlagen auf, die sechste, oberste, später klein bleibende, wie es scheint, etwas verspätet. Die Distichie dieser Blattanlagen fort- setzend treten dann unterhalb des Achsenendes die Anlagen der zwei Stamina als breite Höcker hervor, während das Carpell hier wie überall als ein die Blüthenachse halbseitig umfassender Ring- wall auftritt. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, stehen hier somit die Hüllblätter säramtlich an derselben Achse wie die Blüthe. Nach dem gewöhnlichen Schema ist das Verhältniss hier aber trotzdem so aufzufassen, dass die beiden untersten Hüllblätter glumae sind, die beiden folgenden die paleae inferiores von verkümmerten Seiten- blüthen^). Man findet in der Achsel der Hüllblätter drei und vier, nicht selten einen Höcker; der als Rudiment einer verkümmerten Blüthenanlage aufgefasst werden kann. Das fünfte Hüllblatt ist die palea inferior der Endblüthe, das sechste die palea superior der- selben. Diese, dem gewöhnlichen Falle sich anschliessende Deutung hat nur insofern Schwierigkeit, als die palea inferior und superior an derselben Achse stehen. Nun finden sich aber bei den Gräsern, wie im Folgenden gezeigt werden soll, alle Uebergänge von seit- licher bis zu terminaler Blüthenanlage, und zwar in Fällen, wo Nic- 1) Mannheimer Jahresbericht von 1868 p. 41 (Citat nach Eichler). 2) Nach Roeper (zur Flora Mecklenburgs, IT, p. 120) hat Kunth „bei einem Cap'schen Exemplar den flos neuter infimus zu einem flos masciilus bipaleaceus triander und den ilos neuter superior bisweilen zu einem sog. flos bipaleaceus" ausgebildet gefunden. 14 K. Goebel, mand an der morphologischen Bedeutung der Spelzen zweifelt. Damit fällt für mich der Grund weg, bei Anthoxanthum die beiden obersten Schuppen nicht als Deck- und Vorspelzen gelten zu lassen. In phylogene- tischem Sinne sind sie dies jedenfalls und dementsprechend braucht man nur noch einen mit den obersten Hüllblättern gekreuzten „Perigonquirl" zu ergänzen^) (vgl. Eichler a. a. 0. „da die beiden Staubgefässe median stehen, so ist allerdings ein mit ihnen gekreuz- ter Perigonquirl zu ergänzen, aber auch nur einer"). Für die eben vorgetragene Bezeichnung spricht vor Allem auch die Analogie mit Hierochloa, von der Fig. 57 einen Aehrchenquerschnitt giebt. Die bei Anthoxanthum verkümmerten Seitenblüthen sind hier be- kanntlich in Form von männlichen, mit drei Staubblättern versehe- nen Blüthen ausgebildet. Die Endblüthe ist dagegen dimer. Dass sie nicht wirklich terminal sein soll, da Eichler und Doell ein steriles Achsenende oberhalb derselben gefunden haben (mir ist dies bei allerdings spärlichem Material von Hierochloa borealis nicht ge- glückt, die Entwickelungsgeschichte zu verfolgen hatte ich keine Ge- legenheit), ist aus dem angeführten Grunde kein Hinderniss, sie als der Endblüthe von Anthoxanthum gleichwertig anzusehen. Der von Doell (vgl. Eichler a. a. 0. p. 124} erwähnte Fall einer monströsen Anthotaxumblüthe, wo ein mit den (von Doell als „äusseres Perigon") betrachteten Hüllblättern fünf und sechs ge- kreuztes „inneres Perigon" angegeben wird, scheint mir bei der voll- ständigen Isolirtheit der Beobachtung und bei der Thatsache, dass sie an einer monströsen Blüthe gemacht wurde, zunächst noch nicht verwerthbar. Dimere Terminalblüthen an der Aehrchenaxe wie Anthoxanthum hat auch ein anderes Gras: 4. Coleanthus subtilis (Fig. 60—63, Taf. IV). Die Aehrchen sind ebenfalls einblüthig, es sind aber nur zwei Hüllblätter statt der sechs bei Anthoxanthum vorhanden, allein diese kreuzen sich mit den Staubblättern (vgl. das Diagramm 1) In der dimeren, hermaphroditen Endblüthe von Hierochloa stehen die lodiculae alternirend mit p. s. und p. i. der Blüthe. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. \q Fig. 63 und die Fig. 61 und 62). Es fragt sich, wie die beiden Hüllblätter hier zu bezeichnen sind, und wie die Thatsache, dass sie mit den Staubblättern gekreuzt sind, in Uebereinstimmung mit den sonst sich findenden Verhältnissen zu bringen ist. Die Entwickelungsgeschichte zeigt Folgendes. Jeder Inflorescenz- ast schliesst — wenn er nicht verkümmert — mit einer Blüthe ab. Die Entwickelung schreitet dabei von oben nach unten in dem dicht gedrängten Verzweigungssysteme vor, d. h. in jedem aus einer Seiten- achse hervorgegangenen Sprosssystem entwickelt sich zunächst die Endblüthe, dann die Seitenachsen erster Ordnung u. a. w. Gestaltet sich efn Spross zum Aehrchen um, so schwillt er unter seinem Ende etwas an, es treten dann die Anlagen der beiden Hüllblätter auf, die sich aber zunächst nicht weiter entwickeln, es geschieht dies erst nach Auftreten der Staubblattanlagen. Die sämmtlichen Inflorescenzachsen sind, wie oben erwähnt, zweizeilig verzweigt. Die Hüllblätter der Endblüthe eines Inflorescenzastes sind so orientirt, dass ihre Medianebenen sich kreuzen mit der Verzweigungsebene des betreffenden Sprosses, d. h. also mit den Medianebenen der (nicht ausgebildeten) Deckblätter seiner Seitensprosse. Die Staub- blattanlagen setzen also die Distichie der Seitensprosse wieder fort. Von einem abortirenden dritten Stamen ist zu keiner Zeit etwas zu sehen, die Blüthen sind vielmehr dimer, wobei dem dorsiventralen Charakter des ganzen Verzweigungssystems entsprechend die Staub- blattanlagen auf einer Seite der Blüthenachsc einander etwas ge- nähert sind. Sie überholen zunächst die Anlagen der Hüllblätter, von denen das obere lang mit breit abgestutztem Rande ist, wäh- rend das untere mehr zugespitzt sich gestaltet, im fertigen Zustand ist das erstere gewöhnlich tief ausgcrandet resp. zw^eispaltig „palea bifida". Das Carpell erscheint als einseitiger Ring wall, dessen Medianebene sich mit der Insertionsebene der Stamina kreuzt, dem- entsprechend kreuzen sich auch im fertigen Zustand — soweit Her- barmaterial ein Urtheil gestattet — die Narben mit den Staub- blättern. Der letztere Umstand, der mit den Stellungsverhältnissen in der Blüthe von Anthotaxum und Hierochloa übereinstimmt, lässt eine Ableitung der Coleanthusblüthe aus trimerem Typus durch Ver- kümmerung eines (resp. von vieren) Staubblättern iunthunlich er- scheinen, denn dann müsste die Stellung der Narben eine andere 16 K. Goebel, sein, ausserdem weisen auch alle sonstigen Verhältnisse auf einen typisch dimeren Bau hin. Man könnte nun daran denken, die zwei Hüllblätter als Perigon- blätter aufzufassen. Allein sie stimmen in allen ihren Eigenschaften so sehr mit den Spelzen anderer Gräser überein, dass eine solche Bezeichnung nicht gerathen erscheint, zumal man dann ein Gras vor sich hätte, dass von allen anderen sich in der auffallendsten Weise durch das Fehlen von Hüllblättern und das Vorhandensein eines Perigons (von der Entstehung des letzteren ganz abgesehen) unterschiede. Die beiden Hüllblätter werden denn auch gewöhnlich als paleae bezeichnet (z. B. in Nees v. Eesenbeck genera plantarum florae Germaniae „glumae nullae, paleae duae") ebenso bei Koch und Eichler (a. a. 0. p. 129). Ich glaube aber vielmehr, dass die Hüllblätter als glumae zu bezeichnen, die paleae dagegen spurlos unterdrückt sind. Die unterdrückten paleae würden sich mit den glumae kreuzen, d. h. dieselben Medianebenen besitzen, wie die Staubblätter (s. d. Diagramm Fig. 63). Dann existirt in dem ein- blütigen Aehrchen dieselbe Anordnung der Theile (von der Dimerie abgesehen) wie in dem von Hordeum, w^o die glumae ebenfalls be- kanntlich mit den paleae gekreuzt sind. Wollte man dagegen unter derselben Voraussetzung annehmen, die glumae seien abortirt, so wüi'de das über die Schwierigkeit nicht hiuaushelfen , während ^dr in dem von mir angenommenen Falle ein Anthoxanthum - Aehrchen mit Hordeumstellung der glumae haben, die beiden paleae inferiores der (bei Anthoxanthum nicht zur Entwickelung gelangenden) Seiten- blüthen fallen hier weg, ohne dass man anzunehmen brauchte, sie seien abortirt. Für die paleae dagegen ist mir dies nicht nur in vergleichendem, sondern in phylogenetischem Sinne wahrscheinlich, und wir dürfen dies Abortiren wohl damit in Zusammenhang brin- gen, dass die Blüthen von Coleanthus sehr klein sind, ausserdem die ganze Inflorescenz bis kurz vor dem Aufblühen in einer Blatt- scheide steckt, so dass also die Nothwendigkeit eines ausgiebigen Schutzes hier wegfällt, und dass mit dem Ueberflüssigwerden von Organen ein Verkümmern derselben verbunden ist, dafür liefert Lolium ein Beispiel. Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Inflorescenzen. 17 5. Hordeum (Fig. 4-6 Taf. I). Aus dieser Gattung wurden Hordeum distichum und H. (Critho) Aegiceras untersucht. Die Anordnung der Seitenachsen an der wie gewöhnlich dorsiventral- zweizeilig verzweigten Inflorescenzachse ist die, dass jeder Seitenspross noch je zwei secundäre Seitenachsen (von denen eine gegen die Bauch-, die andere gegen die Rückenseite der Gesammtinflorescenz hin gerichtet ist) producirt, alle drei Seiten- sprosse (der zweiter Ordnung und die beiden dritter Ordnung) wer- den zu einblüthigen Aehrchen. Das Auffallende an denselben ist hier bekanntlich, dass die glumae sich mit den paleae kreuzen, während sie sonst in eine Ebene mit denselben fallen. Sie entstehen an den Mittelährchen rechts und links, einander auf der Bauchseite ge- nähert, unterhalb jeder gluma steht dann noch die rudimentäre Braktee einer der Seitenblüthen (Fig. 5, br^, brg). Bedenkt man, dass es eine sehr häufige Erscheinung bei der Verzweigung der Gräser ist, dass die Verzweigungsebenen der Tochterachsen sich mit der der Mutterachse kreuzen, also das erste Blatt der ersteren (von dem sehr häufig unterdrückten, bei Coix z. B. vorhandenen Vorblatt) derselben Achse um Vi ^eue Fragestellung; Untersucliungsmethode. Wir wissen, wozu den Pflanzen die Cuticula nothwendig ist, welche als continuirliches Häutchen die Epidermiszellen bedeckt. Ihre physiologische Bedeutung liegt anerkanntermassen darin, dass sie in Folge ihrer geringen Permeabilität für Wasser den Flüssigkeits- verlust, der durch Verdunstung herbeigeführt wird, einschränkt, analog der Funktion des Korkes an älteren Organen. Geht man aber in der physiologischen Deutung des Hautgewebe- systems um einen Schritt weiter, so befinden wir uns schon im Ge- biete der Vermuthungen oder Wahrscheinlichkeiten. Für's Erste stehen wir nämlich vor der längst bekannten ana- tomischen Erscheinung, dass an Blättern und grünen Stammorganen ganz allgemein eine oder mehrere wasserführende Zellschichten die übrigen Gewebe bedecken, besonders an der Oberseite erstgenannter 1) Eine vorläufige Mittheilung über die wesentlichen Ergebnisse dieser Unter- suchung erschien in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften zu Berlin (XXXVIII, 1882). lieber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 45 Organe. Der anatomische Sprachgebrauch neigt sogar manchmal dazu hin, unter Epidermis im engsten Sinne immer eine oberfläch- liche wassererfüllte Zellschicht zu verstehen, während als Epi- dermis im weiteren Sinn die oberflächliche Zelllage mehrschichtiger Pflanzenkörper ohne Rücksicht auf den Zellinhalt bezeichnet wird, so lange eine solche vom Beginn der Grewebesonderung an vorhanden ist (de Bary, Vergl. Anat. p. 31).^) Aber nicht blos der wässerige meist farblose Zellsaft ist es, der diese oberflächlichen Schichten auszeichnet, sondern der Bau der Zellen selbst. Charakteristisch sind für dieselben nämlich dünne Radialwände und dicke Aussenwände. Wir begegnen ferner auf Flächenschnitten oft dem bekannten welligen Verlauf der Radial- wände; in anderen Fällen springen dicke Leisten von der Aussen- wand nach innen vor, indem die äusseren Theile der Radialwände stark verdickt sind (Aloe-Blatt); wiederum anderswo (Bromeliaceen, Coniferen, Orchideen) betheiligen sich mechanische Zellen an dem Bau des Hautgewebesystems. Soll das pflanzliche Hautgewebe einer physiologisch-anatomischen Betrachtung unterzogen werden, so muss dies nach drei Richtungen hin geschehen. Für's Erste kommt als wesentliches Merkmal des Hautgewebe- systems in Betracht das Vorhandensein der Cuticula (einschliesslich der Cuticularschichten). Das Hautsystem muss zweitens als ein wasserführendes Ge- webesystem betrachtet werden; hiermit stehen einerseits der flüssige Inhalt der Epidermis und ihrer wasserführenden Verstärkungs- schichten, andererseits die Dünnheit der Radialwände und noch eine Anzahl wenigerTverbreiteter Strukturverhältnisse im Zusammenhang. Das pflanzliche Hautgewebe ist drittens in seiner Funktion als „Haut" oder Hülle schlechthin ins Auge zu fassen, d. h. als ein 1) Anmerkung. Wenn im Verlaufe dieser Abhandlung die Ausdrücke „mehr- fache, mehrschichtige Epidermis", „mehrfaches oder mehrschichtiges Wasserge- webe" gebraucht werden, so ist dabei von der Entwickelungsgeschichte ganz Ab- stand genommen. Letztere liegt [meiner Aufgabe durchaus ferne, da hier in erster Linie die Funktion in Betracht kommt. Für die Funktion aber ist es absolut gleichgültig, ob ein mehrschichtiges Hautgewebe durch Theilung einer einfachen Epidermis oder unter Betheiligung von inneren Schichten zu Stande kommt. 46 M. Westermaier, Gewebe, welehes innere und empfindlichere Organe gegen die Aussen- welt durch eine gewisse Derbheit und Steifigkeit seiner Struktur abschliesst. Unter diesen Gesichtspunkt fallen sowohl die Dicke der Aussenwand als eine Reihe oben erwähnter anatomischer Erschei- nungen, welche sich, so zu sagen, auf den ersten Blick als Einrich- tungen mechanischer Natur dokumentiren. Während unsere Kenntnisse über die Funktion der Cuticula als befriedigend bezeichnet werden können, lässt sich dies nicht be- haupten hinsichtlich der beiden ancleren Seiten, welche das Haut- gewebesystem der anatomisch -physiologischen Forschung darbietet. Ein Studium des Hautsystems nach den beiden anderen Richtungen hin ist nun Gegenstand dieser Untersuchung. Zunächst ist es angezeigt, vom gegenwärtigen Stand unseres Wissens über das epidermale wasserführende Gewebe Notiz zu nehmen. Die Schlüsse, welche von Pfitzer^) insbesondere aus dem Studium der Standortsverhältnisse gezogen w^urden, können trotz der Wichtigkeit dieser Beziehungen als hinreidiend nicht erachtet werden, um als Beweise für eine bestimmte Funktion zu gelten. Dies geht aus Folgendem hervor. Wäre In Bezug auf das so sehr durchforschte mechanische Gewebesystem bloss nachgewiesen, dass gewisse dickwandige Zell- formen in jenen Organen, die der Biegungsfestigkeit bedürfen, peri- pherisch gelagert sind, dagegen in den auf Zug beanspruchten Organen dem Centrum genähert liegen, so könnte man sich damit nicht ein für allemal zufrieden geben; eine solche Theorie wäre immer noch der mächtigsten Stütze bedürftig, des von Schwendener zugleich erbrachten exakten Beweises nämlich, dass die von mecha- nischen Gesichtspunkten aus so rationell vertheilten Zellen auch in der That mechanisch leistungsfähige Elemente sind, indem sie ein ausserordentlich hohes Tragvermögen besitzen. Es gehört also zu einer begründeten Lehre von der Funktion eines Gewebesystems der Nachweis, dass der anatomische Bau dieses Systems zu der behaupteten Funktion vorzüglich geeignet sei; je genauer Funktionsfähigkeit und Spiel des betreffenden Apparates 1) Pringsheims Jahrb. Bd. Vlll. Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 47 konstatirt werden können, desto leichter wird sich eine tiefer gehende Einsicht in die Funktion desselben ableiten lassen. Das Studium der Standortsverhältnisse im Zusammenhalt mit der Anatomie wird und mu'ss dann die auf möglichst direktem Wege gewonnenen Sätze bestätigen und gewissermassen illustriren. So instruktiv somit die Folgerungen aus biologischen Verhältnissen sind, sie dürfen doch nicht schon als endgiltige Beweise für eine bestimmte Funktion aufgefasst werden; sie sind vielmehr höchst werthvolle Winke, in welcher Richtung die Funktion zu suchen ist; diese Winke können nament- lich zu neuer Fragestellung Anlass geben und so eventuell zum direkten Nachweis einer bereits wahrscheinlich gemachten Funktion hinführen. Pfitzer's unstreitiges Verdienst um die Förderung unserer Kenntnisse über die Funktion des in Rede stehenden Gewebesystems (epid. Wassergewebe) glaube ich in folgenden Worten in der rich- tigen Weise zu würdigen. Die von diesem Forscher ausgesprochene Idee, dass der Besitz starker wasserführender epidermaler Schichten hauptsächlich zur Speicherung von Wasservorräthen für den Nothfall diene, wird von ihm durch den Hinweis darauf begründet, dass die betreffenden Pflanzen vorzugsweise tropische Felsbe wohner und Epiphyten seien, somit unter Verhältnissen leben, welche ein schnelles Abfliessen des Wassers von dem abschüssigen Standort mit sich bringen und so nur eine zeitweilige Aufnahme von Flüssigkeit durch die Wurzeln gestatten. Mit obiger Idee im Einklang steht ferner die von diesem Autor geäusserte Ansicht, dass das innere W^assergewebe bei Me- sembryanthemum , Aloe und ähnlichen Pflanzen im Allgemeinen physiologisch gleichwerthig sei mit den starken epidermalen W^asser- geweben. Ausserdem wird in jener Abhandlung auf die interessante Thatsache hingewiesen, dass gerade solche ßromeliaceen, welche andere Vorrichtungen zur Wassererwerbung besitzen, schwächere epidermale Schichten besitzen. Neben dieser Hauptfunktion werden von Pfitzer gelegentlich hereingezogen Vermehrung der Festigkeit der Blätter (p. 63), Schutz des Chlorophylls gegen zu intensives Licht (ebenda), Abhaltung schädlicher Wärmestrahlen (p. 70), wobei die Thatsache, dass ein Wärme absorbirender Schirm den bedeckten Gegenstand nicht blos 48 M. Westermaier, vor übermässiger Erwärmung, sondern auch umgekehrt vor starker Erkältimg schützt, unberücksichtigt blieb. Ich nehme nun Pfitzer's erstgenannte Idee von der Wasser- versorgung auf, verlange aber ausser dem Fingerzeig, den die Natur durch jene biologischen Verhältnisse giebt, eine experimentelle Be- gründung dieser Funktion. Die übrigen Fragen, ob und wie weit die anderen oben er- wähnten Momente bei der physiologischen Deutung des epidermalen Wassergewebes in Betracht kommen, müssen gleichfalls auf dem Wege des Versuches entschieden werden, Sie mögen der Zukunft vorbehalten bleiben. Neben der experimentellen Prüfung, ob die Funktion der Wasser- versorgung wdrklich in Betracht zu ziehen ist, habe ich mir im ersteren Theil meiner Arbeit die Aufgabe gestellt, nach der anato- mischen Seite hin diejenigen Verhältnisse zu studiren und hervor- zuheben, welche in sichtlichem Zusammenhange mit der Funktion des epidermalen Wassergew^ebes stehen. So viel über die Behandlung und Förderung der Frage durch Pfitzer und über meine Stellung zu dem von ihm begründeten Stand unseres Wissens. — Mit Recht bezeichnete auch neuestens Haberlandt in seinem anziehenden Werke über „die physiologischen Leistungen der Pflanzen- gewebe" ^) diejenige Funktion der Epidermis, welche sich durch den farblosen^ wässerigen Zellinhalt verräth, als eine fragliche. Ver- muthungs weise nur schreibt er den wassererfüllten Epidermiszellen eine optische Wirksamkeit zu. Doch liegen die bezüglichen Ver- hältnisse noch so unklar, dass diese Hypothese in der That „einer eingehenden Prüfung" bedürftig ist. Bei stärker und überall ziem- lich gleichmässig ausgebildeten Wassergeweben, wie z. B. bei Ficus elastica, Peperomia latifolia, wird wohl der Sachverhalt kaum anders aufzufassen sein, als dass man sich eine durch dünne Membranen (Radialwände und Tangentialwände) gefächerte Wassermasse über dem Assimilationssystem ausgebreitet denkt. — Nun Einiges über meine Untersuchungsmethode. 1) Handbuch der Botanik von Schenk II. Bd. p. 579 (Encyclop. der Natur- wiseenschaften). lieber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 49 Die Erforschung der Gewebesysteme rücksichtlich ihrer Funktion erfolgt nach zwei verschiedenen Methoden ; ja man kann sogar unter den Gewebesystemen vom methodologischen Standpunkt aus ver- schiedene Gruppen unterscheiden, erstens nämlich solche, deren Funktion in letzter Instanz aus den physikalischen Eigenschaften der betreffenden isolirten Zellkomplexe oder Gewebetheile zu erschliessen ist, zweitens solche Gewebesysteme, über deren Funktion uns nicht die Kenntniss ihrer physikalischen Eigenschaften endgiltig aufklärt, sondern die Verfolgung verschiedener Zustände, welche die bc- trefienden Gewebe im Leben durchlaufen; endlich giebt es drittens Gewebesysteme, bei deren Funktionsermittelung beide Methoden an- zuwenden sind. In die erste Kategorie gehört beispielsweise das mechanische Gewebesystem. Nach Isolirung der Skeletstränge selbst oder der- jenigen Partie des Pllanzenkörpers, in welcher sie sich vorzugsweise befinden, Hess sich mit erforderlicher Genauigkeit das Tragvermögen innerhalb der Elasticitätsgrenze sowie die specifische Ausdehnung jener Zellen bestimmen; unter Zuhülfenahme einiger Grundsätze der. Mechanik und an der Hand der vergleichenden Anatomie konnte dann mit Sicherheit auf ihre Leistungen im Leben der Pflanze ge- schlossen werden. (Schwenden er, Mech. Princip.) Zu diesen Gewebesystemen gehören ferner die durch ihre rela- tive Impermeabilität wirksamen Cuticulargebilde (Cuticula, Kork). Ihre physikalischen Eigenschaften sind wenigstens nach einer Seite hin gerade betreffs ihrer Undurchlässigkeit für Flüssigkeiten bekannt; die physiologische Bedeutung des Vorhandenseins dieser Gebilde ist ganz besonders aus dieser Kenntniss zu folgern. Die beiden genannten Systeme gehören somit in diejenige Gruppe von Gewebesystemen, deren Leistungsfähigkeit in letzter Instanz auf dem Wege der direkten Prüfung ihrer physikalischen Eigenschaften festzustellen ist, welcher das ganz oder thoilweise isolirte Gewebe unterworfen wird. Das Experiment am isolirten System orgiebt jene physikalischen Eigenschaften, die im Leben von entscheidender Be- deutung sind, und auf der festen Basis der Kenntniss dieser Eigen- schaften konnte sich dann der Bau der Theorie von der Funktion erheben. Gehen wir nun zu derjenigen Kategorie von Gewebesystemen Jfthrb. f. wiss. Botanik. XIV j 50 ^^- Westermaier, Über, deren Funktion auf dem anderen (zweiten) Wege zu ermitteln ist. Hierzu gehört z. B. das Assimilationssystem sowie der Spaltöffnungs- apparat und das epidermale Wassergewebe, soweit es als Wasser- versorgungssystem fungirt. Der meistens langsame Verlauf der in Rede stehenden Funktio- nen muss in verschiedenen Stadien am lebenden Pflanzenkörper be- obachtet werden, wenn wir zur Kenntniss dieser Funktionen gelangen wollen. Die Beziehungen zu den anderen Geweben spielen hier eine Rolle, die absolut nicht ignorirt werden kann. Es braucht gar nicht weiter ausgeführt zu werden, dass ein isolirtes Schliesszellenpaar sich anders verhält, als derselbe Apparat im Zusammenhang mit den Epidermiszellen. Die von Seh wendener 1881 publicirte Untersuchung über das Spiel des Spaltöffnungsapparates zeigt uns, dass es hierbei wesentlich auf Fixirung von verschiedenen Zuständen ankam, was durch die Messungen geschah; anderer- seits bekundete sich in derselben Untersuchung der hohe Werth der vergleichenden Anatomie. Während also hier die Methode der Isolirung und darauffolgen- der Untersuchung der physikalischen Eigenschaften in Wegfall kommt, ist bei solchen Gewebesystemen der Einblick in ihre Funktion da- durch einigermassen ermöglicht, dass wir verschiedene Stadien wäh- rend des Lebens durch die Beobachtung fixiren können, gleichwie uns die Einsicht in das Spiel irgend eines Apparates dadurch er- leichtert ist, wenn dasselbe nicht zu schnell erfolgt und mit deut- lichen Form Veränderungen verknüpft ist. Die Combination hat als- dann jene beobachteten Zustände an einander zu reihen, um ein vollständiges Bild der Bewegung zu gewinnen. Wie schon erwähnt, kommt auch hier (^e vergleichende Anatomie der gewebephysiolo- gischen Forschung in höchst erspriesslicher Weise zu Hülfe. Zur dritten Kategorie von Gewebesystemen, vom methodologischen Standpunkt aus betrachtet, gehört beispielsweise das Collenchym. Ambronn (Pringsheim's Jahrb. 1881) hat uns in seiner Unter- suchung über dieses Gewebesystem nicht blos die physikalischen Eigenschaften der isolirten Collenchymstränge kennen gelehrt, son- dern zog ausserdem das Verhalten des Collenchyms in seinem Zu- sammenhang mit angrenzendem Gewebe in Betracht. — Nachdem ich mich im Vorstehenden über die Untersuch ungs- Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 51 methocle ausgesprochen, soll im folgenden Kapitel in Kürze die Frage behandelt werden, welche Forderungen sich aus der Funktion eines epidermalen Wasser Versorgungssystems für dessen anatomischen Bau ergeben. Wenn dann sowohl die Beobachtung gewisser LebenszAistände während eines Versuches als auch das vergleichend anatomische Studium jene Funktion hervortreten lassen, so wird sie sich eben hierdurch als eine wahre, richtig erkannte Funktion erweisen. n. Kapitel. Anforderungen an ein epidermales (Gewebe, wenn dasselbe als Wasser- versorgnugssystem zu fungiren hat. Wenn man in den epidermalen mit wässriger Flüssigkeit er- füllten Zellschichten ein AVasserversorgungssystem erblicken will, so ist es angezeigt, sich über die Anforderungen, denen ein solches System zu genügen hat, eine klare Vorstellung zu machen. Dies soll im Folgenden versucht werden. Ein Wasserversorgungssystem muss befähigt sein, einerseits zur Wasseraufnahme bei starker Flüssigkeitszufuhr, andererseits zu all- mäliger Wasserabgabe bei eintretendem und steigendem Wasser- mangel; letzteres, die Abgabe nämlich, muss sichtlich zu Gunsten der übrigen Gewebe geschehen. Die direkten Folgen erheblichen Wasserverlustes müssen also vorzugsweise von den Elementen des Wasserreservoirs getragen werden, und bei neuer Flüssigkeitszufuhr muss wiederum Spoicherung eintreten und jene Folgen des Verlustes müssen wieder ausgeglichen werden können. Dieser Vorgang ist auf zweierlei Weise denkbar. Ist das Wassergewebe durch seinen Bau (Dickwandigkeit, Aussteifungsleistcn) nach Art der Gefässe gegen Collabiren geschützt, dann füllt es sich mit verdünnter Luft bei Wasserabgabe ; ist es dünnwandig, dann collabirt es und vermin- dert sein Volumen, ohne Luft eintreten zu lassen. Den Besitz dieser Fähigkeit zur abwechselnden Speicheruiig und Abgabe von Wasser kann man als die wichtigste Anforderung be- zeichnen, welche au ein tierartiges Gewebesystem zu stellen ist. 52 M. Westerraaier, Eütsprechend der Aufgabe, als \V^asserversorgungssystem zu dienen, erscheint ferner die Forderung, dass ein Flüssigkeitsverkehr innerhalb der Elemente des Systems selbst mit Leichtigkeit statt- finde. Denn auf diese Weise kann eine möglichst gleichmässige Wirksamkeit zu Gunsten der übrigen (zu versorgenden) Gewebe ent- faltet werden. Die Funktion eines Wasserversorgungssystems verlangt ausser- dem Förderung des Flüssigkeitsverkehrs zwischen seinen eigenen Elementen einerseits und den zu versorgenden Geweben andererseits, in erster Linie also OfFenhaltung des Verkehrs mit dem unmittelbar angrenzenden Gewebesystem, dem Assimilationssystem. Eine letzte, naheliegende Forderung an ein epidermales Wasser- reservoir im Pflanzenkörper ist diejenige, dass ein solches System zu den vom Boden her das Wasser leitenden Elementen wenigstens bei höherer Gewebedifferenzirung in näherer Beziehung stehe. Ich will nun durch das Experiment und durch das Studium des anatomischen Baues zu zeigen versuchen, dass im epidermalen Wassergewebe diese Anforderungen erfüllt sind. Ein Prüfstein für die Richtigkeit der im Folgenden vertretenen Auffassung wird natürlich darin liegen, dass in ihrem Lichte nicht blos vereinzelte anatomische Thatsachen, sondern eine grössere Reihe von Strukturverhältnissen in ihrer physiologischen Bedeutung hervor- treten. Die im Folgenden getroffene Gliederung des Stoffes ergiebt sich bereits aus dem Gesagten als zweckentsprechend. m. Kapitel. Physiologische Begründung der Funktion des dünnwandigen epidcrmalen Gewebes als Wasserrersorgungssystem. Besprechung jener Structur- verhältnisse, welche zu dieser Funktion in nächster Beziehung stehen. — Biologisch-anatomische Thatsachen. Das Vorhandensein einer gewissen Wassermenge im Pflanzen- körper gehört zu den wichtigsten Lebensbedingungen. Das Wasser wird aber dem Boden, überhaupt dem Substrat, an welches die üeber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 53 Landpflanzen gebunden sind, nicht in regelmässigen Zeitabständen zugeführt; der Wechsel von Wasserzufuhr und Wasserverbrauch ist im Gegentheil sowohl in den Tropen als in den gemässigten Klimaten vielfach ein ungeregelter, und trotzdem widerstehen die wildwachsenden Pflanzen im Allgemeinen glücklich der Ge- fahr, die ihnen in Folge des Verdunstungsverlustes bei lang aus- bleibender Flüssigkeitszufuhr droht. So allbekannt diese Sätze sind, so gehört doch die unmittelbar sich anknüpfende Frage, ob es ein Gewebesystem giebt, das bei Bestehung jener Gefahren von hervor- ragender Bedeutung ist, und die weitere Frage, wie dieses System fungirt, zu denjenigen, die einer eingehenden Behandlung noch nicht unterzogen wurden. Es handelt sich nicht um Schutz gegen Ver- dunstung, den bekanntlich die Cuticula gewährt, sondern um ein System, fähig zur Speicherung und zur Lieferung von Wasservor- räthen. Die Antwort auf die erste der obigen Fragen scheint mir im Folgenden zu liegen. Es ist eine an manchen Blättern leicht zu konstatirende, bisher wenig beachtete physiologische Thatsache, dass sich beim Welken derselben die Zellen des Wassergebes einerseits und die grünen Zellen, insbesonders die typischen Assimilationszellen andererseits ganz ungleich verhalten. Während nämlich z. B. bei einer Mohr- rübe oder einer gewöhnlichen Wurzel die Folgen des Wasserverlustes beim Austrocknen ganz allmälig, d. h. ohne schroff"en Gegensatz zwischen äusseren und inneren Zellen von aussen nach innen sich geltend machen, zeigt sich beim Austrocknen mancher Blätter ein deut- licher Gegensatz im Verhalten der oberflächlichen wasserfüh- renden gegenüber den Assimilationszellen. Die grünen Zellen besitzen eine grössere Kraft, Wasser anzuziehen und fest zu halten. Als erstes Beispiel diene ein allmälig austrocknendes (abge- renntes) Bromeliaceenblatt (Tillandsia nigra). Die Collabescenz, die deutliche Folge des Wasserverlustes, ergreift iu hohem Grade die Zellen des ^Vassergewebes (Fig. 1, Taf. \). Man findet die epidermalen Wassergewebezellen stark colhibirt, und die Ersclieinung des Collapsus hört plötzlich an den grünen Zellen auf. Bestände kein Unterschied zwischen den beiderlei Zellen in Bczichun«]f auf wasseranziehende 54 M. Westermaier. Kraft, so würden die dünnwandigen Zellen von aussen nach innen allmälig und ohne merklichen Unterschied die Spuren des Wasser- verlustes zeigen. Dem ist aber nicht so; vielmehr macht sich der genannte Gegensatz geltend. Diese einfache physiologische That- sache erscheint von entscheidender Bedeutung für die Funktion des epidermalen Wassergewebes. . Bei allmälig austrocknenden (abgetrennten) Blättern von Tra- descantia discolor zeigen sich die ersten und stärksten Colla- bescenzerscheinungen im Allgemeinen in den am grünen Gewebe dicht anliegenden oder demselben ziemlich genäherten Wassergewebe- schichten, während mehr nach aussen gelegene farblose Zellschichten noch wasserreich sind und erst später collabiren. Besonders instruktiv ist die Verfolgung des Vorgangs, der sich öfter beim Austrocknen eines fingerförmigen Sedum- Blattes be- obachten lässt. Dasselbe ist im Innern mit wasserführenden Zellen versehen. Die grünen Zellen (unter der niedrigen Epidermis) zeigen in den betreffenden wasserarmen Zuständen in ihrer Gesammtheit noch keine Membranfaltungen, wenn die inneren chloropbyllarmen Wasser- gewebezellen schon collabirt sind. Der ungefähr elliptische Querschnitt eines solchen Blattes verändert sich in diesen Fällen derart, dass mitten auf der Blattoberseite eine einspringende Falte entsteht. Der äussere Umriss wird hierbei also herzförmig. An der Einfaltungs- linie des Blattes werden wohl auch einige grüne Zellen collabiren müssen, was aber als Folge des im Innern stattfindenden grossen Wasserverlustes aufzufassen ist (Fig. 2 u. 3, Taf. V). Der Umfang vermindert sich zwar auch bedeutend; die grünen Zellen verlieren natürlich viel von ihrem Turgor. Doch Hess sich, wie gesagt, ein allgemeiner Collapsus der grünen Zellen in radialer Richtung nicht beobachten in einem Zustand, in welchem das innere farblose Ge- webe diese Erscheinung in deutlichster AVeise zeigte. Die Versuche, die ich mit lebenden Pflanzen anstellte, erstreck- ten sich auf eine Pflanze mit sehr stark entwickeltem „Hypoderm" (Peperomia latifolia), ferner auf eine solche mit massig ausge- bildetem Wassergewebe (Tradescantia discolor) und endlich auf Luzula maxima mit einschichtiger (hoher) Blattepideinnis. Gehen wir nun etwas näher auf einen dieser Versuche ein. Zu üeber Bau und Funktion der pflanzlichen Hautgewebesysteme. 55 den allgemeinsten anatomischen EigeDthümlichkeiten der wasserfüh- renden epidermalen Zellen gehört die Dünnheit ihrer Radialwände. Diese Eigenschaft kommt nicht blos gewöhnlich den Zellen einer einfachen Epidermis zu, sondern auch im Allgemeinen jenen grossen farblosen Zellen, w^elche die mehrschichtigen Wassergewebe bei Piperaceen, Bromeliaceen, Ficus etc. zusammensetzen. Dieselbe ist, wie wir sehen werden, von der grössten Bedeutung für die Funktion dieses Gewebesystems. Die Blätter vonPeperomia latifolia besitzen an ihrer Ober- seite ein sehr stark entwickeltes Wassergewebe. In unseren bota- nischen Gärten kultivirt man die Pflanze im Warmhaus, also in feuchter Atmosphäre. Trotzdem vermag sie lange Perioden von Wassermangel zu überstehen; ein Exemplar konnte ich z. B. drei bis vier Wochen unbegossen erhalten. Entscheidend dabei ist, dass gerade die epidermalen farblosen Schichten den Wasserverlust resp. die dadurch hervorgerufenene Yolumenverminderung auf sich nehmen, indem sie in radialer Richtung zusammensinken. Bei endlich er- folgender Wasserzufuhr können sie sich dann wieder in den Zustand der Turgescenz versetzen. Bei genügender W^asserversorgung sind also die dünneu radialen Zellwände des sogenannten Hypoderms unserer Pflanze gespannt und gerade gestreckt. Tritt W^assermangel ein und steigert sich die Noth allmälig, so beobachtet man auf Durchschnitten durch die Blätter eine starke wellige Verbiegung der Radial wände, welche sich schliesslich auf das ganze Wassergewebe erstreckt mit Ausnahme der kleinen peripherischen Zellen, welche etwas collenchymatischen Charakter besitzen. Querschnitte solcher Blätter zeigen die viel- fache Faltung sowohl an den vom Beobachter im Profil gesehenen Wänden, indem statt einer gerade gestreckten Membran eine wellen- linig verbogene sich präsehtirt, als auch an den von der Fläche ge- sehenen Wänden, welche die Falten in Gestalt zahh'eicher Quer- linien zur Anschauung bringen. Das Maximum des Wasserverlustes, d. h. der stärkste Collapsus befindet sich nach mehreren Beobachtungen etwa in der Mitte des Wassergewebes, also zwisclien seiner äusseren und inneren Grenz- fläche. (Bei einer anderen Art, P. incaiia, ist die innerste Schicht der Wassergewebezellen auf den Radialseiten erheblich colleuchyma- 56 M. Westermaier, tisch verdickt, jedoch, wie es scheint, nicht an allen Blättern. In diesem Fall erreicht wohl aus diesem Grunde das Collabiren seinen höchsten Grad nicht in der unmittelbaren Nähe des Assimilations- gewebes.) Der geschilderte Zustand der Collabescenz erwies sich, wde schon erwähnt, nicht als irreparabel, sondern in einem oder wenigen Tagen saugt sich bei den Versuchen nach erfolgter Wasserzufuhr (Be- giessen) das Gewebe wieder voll. Die Radialwände sind nun wieder gerade gestreckt durch den Druck des im Innenraum der Zellen ent- haltenen Wassers. Dies Experiment konnte an demselben Indivi- duum wiederholt werden. Bei einem solchen Versuch mit Peperomia latifolia stellte sich über die Quantität des Wasserverlustes Folgendes heraus. Die Mächtigkeit des Wassergewebes, also die Dicke der gesamm- ten epidermalen Schichten, betrug nach überstandener Trockenheit 1 Millimeter; die grossen Hypodermzellen w^aren stark zusammen- gefallen. Die Pflanze wurde nun begossen; am Abend des folgen- den Tages ergab die Untersuchung, dass dasselbe Blatt seine Wasser- gewebezellen gefüllt hatte, und jetzt betrug die Mächtigkeit des farblosen Gewebes IV2 Millimeter. Die Dicke des übrigen Blatt- gewebes war nach wie vor etwa V2 Millimeter. Somit hat das epidermale Wassergewebe in diesem Falle ein Volumen Wasser ver- loren und wieder aufgenommen, welches gleich ist dem Volumen des gesammten übrigen Blattgewebes, die lufterfüllten Intercellular- räume auch noch voll Wasser gedacht. Wenn nun das epidermale Wassergewebe in solcher Weise fähig ist, einen erlittenen Wasserverlust (im letzten Fall von so erheb- licher Grösse) binnen Kurzem wieder auszugleichen, am unter ähn- lichen Verhältnissen dasselbe Spiel zu wiederholen, so lässt sich von dem hier ausserordentlich stark ausgebildeten Wassergewebe mit Recht behaupten, es sei ein Wasserversorgungssystem bei eintreten- dem Wassermangel. Das aufgespeicherte Wasser wdrd also, wenn die atmosphärischen Niederschläge spärlich geworden sind oder ganz aufgehört haben, verbraucht. „Verbrauch" bedeutet in unserem Falle natürlich in erster Linie Verdunstungsverlust. Trägt nun ein System zu Gunsten anderer den unvermeidlichen Wasserverlust, der beim Fehlen des üeber Bau iind Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 57 ersteren die übrigen treffen würde, so versorgt jenes Gewebesystem das Organ mit dem zur Erhaltung des Lebens absolut nöthigen Wasser. Denn die Transpiration gehört zu den unvermeidlichen Lebensumständen und ein zeitweiliges Herabsinken der Wasserzufiihr liegt auch im Gefolge natürlicher Lebensverhältnisse. Hielten alle dünnwandigen Gewebe das von der Verdunstung geforderte Wasser mit gleicher Kraft fest, so würde eben keines in vorwiegender Weise die Folgen des Verlustes auf sich nehmen, und in diesem Fall könnte von einem Wasserversorgungssystem in unse- rem Sinne nicht die Rede sein. Das System des epidermalen Wassergewebes übernimmt aber in sichtbarer Weise die Leistung des zur Lebensunterhaltung nothwendigen Tributs zu Gunsten des Ganzen. Dabei ist es irrelevant, ob das Wasser aus unserem Ge- webesystem von solchen Geweben an sich gerissen wird, welche durch die Verdunstung Verluste erleiden, oder ob der Wasserdampf direkt aus den Zellen des Wassergewebes in kleinen Mengen durch die Cuticula nach aussen dringt, oder ob endlich derselbe in kleine im wasserführenden System selbst entstehende Intercellularkanäle eintritt, um von da sich durch andere luftführende Räume den Weg nach aussen zu bahnen. Bei Ceratonia siliqua konnte ich weder beim Trockenhalten einer Topfpflanze noch beim Austrocknen abgetrennter Blätter mit Sicherheit jenen Zustand beobachten, in welchem die Epidermis- zellen allein collabirt waren. Dies hat vielleicht darin seinen Gruud, dass die Geschwindigkeit des Austrocknens ein bestimmtes Maass nicht überschreiten darf, wenn jener L^nterschied in der wasser- anziehenden Kraft der grünen Zellen einerseits und der Wassergewebe- zellen andererseits zur Geltung kommen soll. Gewissermassen zur Kritik meiner obigen Schlussfolgerungen sei noch kurz Folgendes angeführt. Es ist ganz selbstverständlich, dass man durch fortgesetzten Wassermangel den mit Wasser versehenen Zellen eines Gewebes Flüssigkeit entziehen kann und dieselben müssen naturnothwendig, wenn sie schwache Wände haben, der Abnahme ihres flüssigen Inhalts durch Zusammenfallen unter MembranfuUung Rechnung tragen. Daher ist das Ausschlaggebende bei unseren oben besprochenen V'ersuchen, dass sich ein deutlicher Gegensatz zwischen den epidermalen Wasser- 5g M. Westermaier, gewcbczellcn und den Assimilationszcllcn beobachten lässt, nicht allenfalls die Erscheinung der Collabescenz an sich. Wichtig ist ferner, dass sich die Zellen des Wasserversorgungs- systems bei erneuter Wasserzufuhr wieder füllten, welcher ganze Vorgang sich unter ähnlichen Verhältnissen wiederholt. Speciell bei dem stark entwickelten W^assergewebe der Peperomia latifolia ist noch von besonderem Interesse, dass in Folge des Vorhanden- seins dieses Gewebes ein Wasserverlust ertragen werden konnte, der das gesammte übrige Blattgewebe ohne Zufuhr total ausgetrocknet hätte, wenn letzterem dasselbe Flüssigkeitsquantum wäre entzogen worden. Mit Recht betrachtet man an einem abgeschnittenen Blatt, wel- ches langsam austrocknet, das Zusammenfallen der oberflächlich ge- legenen Zellen als einen Vorläufer des Todes, dagegen erwies sich dieselbe Erscheinung an der lebenden Pflanze nur als ein Anzeichen grossen Wassermangels. Denn wir sahen, dass das Leben der Pflanze ausser Gefahr ist, wenn das Bedürfniss nach Flüssigkeit noch recht- zeitig befriedigt wird. Die Versuche ergaben somit für das epidermale Wassergewebe die Funktion, einerseits Flüssigkeit bei gebotener Gelegenheit in reichlichem Maasse zu speichern, andererseits durch hauptsächliche Uebernahme des Wasserverlustes die Folgen grosser Trockenheit von den bedeckten Geweben abzuwenden. Die schliesslich natürlich tödtlichen Folgen fortschreitender W^asserabgabe möglichst lange hinauszuschieben, ist zweifellos eine wichtige physiologische Leistung eines Gewebesystems. Im Wesentlichen ergaben die Versuche mit den beiden anderen oben erwähnten lebenden Pflanzen, Tradescantia discolor und Luzula maxima ein analoges Resultat wie jener mit Peperomia latifolia. Bei Luzula maxima habe ich zu bemerken, dass sich die Spuren grosser Trockenheit auch durch Braunfärbung der Blatt- spitzen äusserten; dieses durch Gelb- oder Braunfärbung sich kund- gebende Absterben der Blattspitzen beobachtet man auch an Exem- plaren im Freien (Berl. ünivers. -Garten).. Zwischen den beiden Extremen der Ausbildung des epidermalen Wassergewebes, einem mächtigen Hypoderm (Peperomia latifolia) und einer einfachen sehr niedrigen Epidermis, giebt es bekanntlich Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems, 59 alle nur wünschbaren Mittelstufen, Nicht nur in einer und der- selben Familie (Piperaceen, Begoniaceen, Bromeliaceen) finden sich verschiedene Entwickelungsgrade des genannten Systems, sogar in der nämlichen Gattung kommen Abstufungen in seiner Ausbildung vor; das Blatt von Scirpus natalensis besitzt z. B, eine mehrschich- tige, dasjenige von Scirpus Holoschoenus eine einfache farblose Epidermis, Aus den obigen Versuchen wie aus der letzteren Thatsache cr- giebt sich vielleicht die Berechtigung, für das epidermale Wasser- gewebe im Allgemeinen die Funktion eines Wasserversorgungssystems in Anspruch zu nehmen, sofern es zu dem blasebalg-ähnlichen Spiel durch dünne Radialwände überhaupt geeignet ist. Betreffs der ringsum starkwandigen Epidermiszellen, wie sie da und dort vorkommen (Hex aquifolium. Ruscus aculeatus Mo hl: Vermischte Schriften Taf. X p. 267) mag Folgendes rein theoretisch bemerkt werden. Ist die Wandung einer Zelle hinlänglich stark, um dem äusseren Luftdruck Widerstand zu leisten, so w^ird die Zelle bei hohem Wasserverlust nicht coUabiren, sondern es tritt eine dem Turgor ent- gegengesetzte Spannung in der Zelle ein und es entsteht in ihr ein wasserleerer, luftverdünnter Raum, der auf seine Umgebung schwach wasserentziehehd wirkt. Man könnte die Frage aufwerfen, welchen Vortheil gerade die Dünnwandi^keit und die damit zusammenhängende Collabescenz bietet gegenüber einem ringsum starkwandigen Wassergewebe. Am näch- sten liegt wohl bei Beantwortung derselben die Rücksichtnahme auf die Thatsache, dass bis jetzt nur höchst seltene Fälle bekannt sine], in welchem Luft in grösseren Mengen solche Zellen erfüllt, w^elche einen lebenden Plasmaschlauch besitzen. Der Umstand , dass sich die Zellen des Wassergewebes nicht blos wieder mit Wasser füllen, sondern ihren Primordialschlauch trotz der Collabescenz lebend er- halten, lässt sich also mit zartwandigon Elementen, die trotz des Collabirens immer imr Wasser und keine Luft enthalten, leichter vereinigen, als mit starkwandigen, die sich beim Wasserverlust theil- wcise mit Luft füllen würden. Ob in d^er dickwandigen Epidermis mancher Pflanzen im Leben wirklich zeitweise Luft in den Zellen enthalten ist, muss noch näher untersucht werden. ßQ M. Westermaier, Wie verhält sich nun zu den oben mitgetheilten Beobachtungen über die Inanspruchnahme des epidermalen Wassergewebes und zu den daraus gezogenen Folgerungen die vergleichende Anatomie? Das Ergebniss der vergleichend anatomischen Untersuchung wird, wie wir sehen werden, diese Folgerungen beleuchten und fester begründen. Theils noch in diesem, theils in dem darauf folgenden Abschnitte sollen die betreffenden Strukturverhältnisse erörtert werden. Zuerst möchte ich die Aufmerksamkeit der Anatomen auf einen Punkt hinlenken, der mir zum Gesagten in deutlicher Beziehung zu stehen scheint. Die Blattstruktur von Olea europaea ist im All- gemeinen bekannt. Speciell erinnere ich an jene mechanischen Zellen, welche theils in der Richtung der Blattfläche, theils senk- recht zu derselben verlaufen. Erstere liegen einerseits zwischen Pallisadenzellen und Epidermis, andererseits im Schwammparenchym; die senkrecht gestellten verstreben da und dort wde Pfeiler die beiderlei horizontal gestellten. Denn man sieht nicht blos regel- mässig die Verbindung zwischen den senkrecht verlaufenden Fasern und den über den Pallisadenzellen befindlichen, sondern beobachtet auch hin und wieder einen Zusammenhang der senkrechten Bast- zellen mit horizontalen des Schwammparenchyms. Letztere bilden ein sehr unregelmässig anastomisirendes Faserwerk, das sich in ver- schiedenen Höhen des Schwammgewebes ausbreitet. Wir haben es hier also sichtlich mit jeiner Vorrichtung zu thun, welche den Schutz des Assimilationsgewebes gegen radial wirkende Druckkräfte bezwekt. Bei hoher Trockenheit kann nämlich leicht ein Zusammenschrumpfen des gesammten Blattgewebes senkrecht zur Fläche beginnen, und es ist dann klar, dass für diesen Fall die Pallisadenzellen sich des Schutzes jenes verstrebenden Systems zu erfi'euen haben. Nun aber ist wohl zu beachten, dass diese Ein- richtung sich keineswegs auch auf die Epidermis ausdehnt. Die strebepfeilerähnlichen Bildungen endigen an der Epidermisinuen- wand. Nach aussen folgen dann die dünnen Radialwände der Epi- dermiszellen. Also ist das Zusammenfallen in radialer Richtung ein Vorgang, welcher für die Assimilationszellen sorgfältig verhütet werden soll, der aber an derselben Stelle für die Epidermis ermög- licht und sogar durch die Dünnheit der Radialwände erleichtert ist. üeber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 61 Dieses anatomische Verbiiltniss steht in schöner Harmonie mit der oben einer mit dünnen Radialwänden versehenen Epidermis zuge- schriebenen Funktion. In analoger Weise erstreckt sich auch die Strebevorrichtung im Blatt von Kingia australis R. Br. nicht bis zur Epidermisaussenwand; die mechanischen Elemente beginnen erst innerhalb der Epidermis als subepidermaler Bastbeleg ^). Im Hinblick auf das oben dargelegte Spiel dünnwandiger epi- dermaler Wassergewebe, bei Wasserabgabe zu collabiren und wieder anzuschwellen bei Flüssigkeitszufuhr, liegt der Versuch nahe, eine in physiologischer Hinsicht bisher dunkle Strukturerscheinung zu deuten. Nach Radlkofer's Untersuchungen (Monographie der Sapinda- ceen-Gattung Serjania, München 1875, p. 100) ist nämlich die schleimartige Metamorphose der Epidermisinnenwand ein sehr ver- breitetes Vorkommniss. Insbesondere sind es Holzgewächse, denen diese Eigenthümlichkeit zukommt, welche ich mit wenigen Worten skizziren will. Bei Beobachtung von in Wasser liegenden Querschnitten durch ein Blatt von Erica caffra oder von Arbutus Unedo etc. erhält man den Eindruck, als ob eine zweischichtige Epidermis vorläge. Pfitzer Hess sich bei letzterer Pflanze wirklich irre führen (Pringsheim's Jahrbücher VIII, Taf. VI, Fig. 11). Dem ist jedoch nicht so; durch die Einwirkung des Wassers ist die verschleimte Epidermisinnen- wand nämlich sehr stark gequollen (s. meine Fig. 1, Taf. VII); die beiden dünnen Grenzlamellen dieser Innenwand, also die an das Lumen angrenzenden und die mit den Pallisadenzellen in Berührung be- findlichen sind nicht verschleimt und durch die zwischen ihnen liegende gequoUene Masse nach aussou und innen stark vorgew^ölbt. Es liegt nun, wie schon angedeutet, nahe, diesen hygroskopischen Polstern die Funktion zuzuschreiben, Wasser abwechselnd zu speichern und bei Trockenheit unter Volumenverminderung wieder abzugeben. Doch ist es mir nicht gelungen, durch einen Versuch diese Hypothese zu stützen. Mit der vorstehenden Aufstellung verbinde ich übrigens keincs- 1) Tschiroh, Abhandlungen des Bot. Vcr. d. Pr. Brandenburg, XXUI. Q2 M. Westermaier, wegs die Ansicht, als ob die Verschleimung der Epidermisinnen- wand einer Steigerung der Wasserversorgungsfunktion gleichkäme; die in Rede stehende Erscheinung nur als Modifikation, als eine andere Erscheinungsform der normalen einschichtigen wasserführenden Epidermis zu betrachten, veranlasst mich der Umstand, dass die Verschleimungsmetamorphose z. B. auch bei Lythrum Salicaria sich findet, sowie bei vielen Salix- Arten, also bei Pflanzen, die keineswegs wegen Trockenheit ihres Standortes eines verstärkten Wasserversorgungssystems bedürfen. Statt einer dünnwandigen wassererfüllten Zelle wäre eben in den betreffenden Fällen ein mit Wasser imbibirtes Polster vorhanden. Hier ist der Ort, eine kleine biologisch - anatomische Betrach- tung einzuschalten. Es ist ohne jeden Versuch klar, dass ein Blatt, welches sich ganz in feuchter Atmosphäre befindet und überdies einer directen Besonnung selten ausgesetzt ist, weniger Wasserverlust durch Ver- dunstung erleidet, als ein anderes, w^elches einerseits an trockene Luft grenzt und mitunter stundenlang von den direkten Sonnen- strahlen getroffen wird, während die andere Blattseite an Wasser grenzt und gar nicht verdunstet und während Wasserzufuhr von unten aufs ergiebigste erfolgt, wie dies bei den schwimmenden Blättern zahlreicher Wasserpflanzen der Fall ist. Versuchen wir also, eine biologisch - anatomische Reihe aufzu- stellen, an deren Endpunkt die mit normaler einschichtiger Epider- mis versehenen Pflanzen sich befinden, so stehen auf der untersten Stufe dieser Skala natürlich die ganz untergetauchten Blätter. Sie repräsentiren durch ihre Umgebung das Extrem von Schutz gegen Wassermangel. Bei diesen ergreift nun auch bekanntlich das Assimilationssystem vielfach aufs entschiedenste Besitz von der sonst dem epidermalen Wassergewebe zukommenden oberflächlichen Zelllage. Nun aber reihen sich zunächst biologisch und anatomisch einige Farnblätter an. Auch bei ihnen lässt sich nicht blos das Fehlen einer oberseitigen farblosen Epidermis konstatiren, sondern das Assi- milationssystem entwickelt seine specifischen Elemente, d. h. die am reichlichsten mit Chlorophyll versehenen Zellen in manchen Fällen lieber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 63 unmittelbar an der Oberfläche des Organs (Oberseite des Blattes von Didymochlaena sinuosa und Adiantum trapeziforme ^). Ganz entsprechend der hier vertretenen Auffassung ist es, wenn wir an den Blättern eines australischen Farnbaumes, Dicksonia antarctica, der nach F. Müller (Grisebach, Vegetation der Erde II, 215) der Dürre am besten widerstehen soll, eine entschie- dene Abweichung von dem eben erwähnten Bauverhältniss finden. Die Blätter dieser Pflanze zeichnen sich nämlich durch den Besitz einer stellenweise sogar doppelten farblosen Zellschicht von der Oberseite aus. Ueberdies geht aus dem anatomischen Bau des Spalt- öffnungsapparates nach Tschirch (Linnaea 1881) aufs Bestimmteste hervor, dass die Pflanze eines stärkeren Schutzes gegen Verdunstung bedarf, als andere Farne; denn sie zeigt die hiefür charakteristische Eigenthümlichkeit einer stark entwickelten Cuticularleiste. An dritter Stelle kommen die schwimmenden und die ganz in der Luft vegetirenden Blätter ächter Wasserpflanzen, welchen im Allgemeinen eine Epidermis von geringer Dicke zukommt, in deren Zellen hier und da geringe Mengen von Chlorophyll sich vorfinden. Letztere Gruppen und hierzu noch einige wenig besonnte Pflanzen-) leiten uns dann zu den mit normaler chlorophyllfreier Epidermis versehenen Gewächsen über. — Im Ganzen und Grossen dürfte diese Reihe den natürlichen Vorkommnissen wohl entsprechen. (Vgl. hierüber auch Stahl, Zeitschr. für Naturwissensch. XVI., N. F. IX, 1, 2, Jena 1883.) IV. Kapitel. Flüssigkeltsverkelir iiiiiorhall) des opidermalou Wassergewebes selbst. Coutiiiiiität dieses Gewebesystems. Gemäss der im vorigen Kapitel erörterten Aufgabe des epider- malen Wassergewebes, als AVasserreservoir zu dienen, welches den Verdunstungsverlust in letzter Linie vorzugsweise deckt, ist die For- 1) Haberlandt, Vergleichende Anatomie des Assimilationssystems, Taf. VIII, Fig. U, 12 dieser Jahrb. XIII. 2) de Bary, Vergleichende Anatomie p. 70. 54 t M. Westermaier, derung naheliegend, dass z^Yische^ den einzelnen Elementen eines solchen Systems in der mit der Organobei-fläche parallelen Richtung ein lebhafter Flüssigkeitsverkehr herrsche. Denn es ist klar, dass wasserentziehende Agentien nicht immer an allen Punkten der Organ- oberfläche mit gleicher Intensität wirken, so dass eine Zuströmung von den weniger in Anspruch genommenen Stellen nach dem Orte des stärksten Verbrauches innerhalb des AVassergewebes nothwendig erscheint. Eine solche Strömung ist keine diosmotische, sondern eine nach einer Richtung fortschreitende Bewegung der Wassertheil- chen durch die Membran hindurch. Die geringe Dicke der Radial wände dient natürlich zugleich nebst ihrer oben erörterten Funktion diesem Wasserverkehr innerhalb unseres Systems. Ausserdem aber muss hier an die ausserordentlich verbreitete und daher nur eines Hinweises bedürftige Thatsache erinnert werden, dass die Radial wände der Epidermis von zahlreichen Poren durchsetzt sind. Es liegt uns hiernach in diesem Kapitel nicht mehr ob, die Frage nach der Förderung des Flüssigkeits Verkehrs innerhalb des epidermalen Wassergewebes in ihrer allgemeinsten Form weiter zu behandeln; denn darüber wird kein Zweifel bestehen, dass zahlreiche Poren und dünne Wände anatomische Eigenschaften sind, welche diesen Verkehr begünstigen. Präzisiren wir vielmehr die in Rede stehende Frage dahin, ob anatomische Verhältnisse vorkommen, welche eine lokale Ver- kehrsunterbrechung im epidermalen Wassergewebe zu verhindern ge- eignet sind, anders ausgedrückt, ob gewisse Einrichtungen zu Gunsten der Continuität dieses Gewebesystems existiren. Die vergleichende Anatomie wird diese Frage im bejahenden Sinn beantworten. Es handle sich also, das sei vorausgesetzt, um Verhinderung des gänzlichen oder auch zu frühzeitigen Collabirens in radialer Rich- tung, da solches eine Hemmung des Verkehrs in der zur Oberfläche parallelen Richtung zur Folge hätte. Würde ein gänzliches Zusam- mensinken epidermale Flächen oder Streifen von einiger Ausdehnung umfassen, so wäre dadurch selbstverständlich die Möglichkeit, Wasser Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 65 dahin zu befördern, wo der grösste Verlust stattfindet, wesentlich beeinträchtigt. Dreierlei Erscheinungen sollen nun zur Besprechung gelangen. Fürs Erste ziehe ich jene cystolithenähnlichen Biklungen heran, die in Gestalt eines Kegels von der Innenwand einer Epidermiszelle ins Lumen derselben vorspringen. In der Epidermis zahlreicher Cyperaceen-Stengel und -Blätter fand Duval-Jouve (Mem. de Facad. de Montpellier 1872; de Bary, Vergl. Anat. p. 34) eine bis zwei Längsreihen solcher Epidermiszellen, welche die Bastrippen bedecken, von abweichendem Bau gegenüber den übrigen Oberhautzellen. Die Innenwand der betreffenden Zellen ist wohl meist verdickt und es springt zugleich ein Kegel aus verkieselter Membransubstanz, dessen Basis auf der Innenwand steht, ziemlich nahe an die Aussen wand vor. Bei weiterer Untersuchung (auf radialen Längsschnitten) findet man manchmal zw^ei Kegel in einer Epidermiszelle longitudinal neben einander ^). Die Wirkungsweise dieser Kegel (Fig. 3, 4, Taf.VI) lässt sich fol- gendermassen denken. Nähert sich bei steigendem Wasserverlust die Epidermisaussenw^and der Innenwand, so ist durch die Kegel die gänzliche Unterbrechung des Wasserverkehrs in diesen Zellen verhin- dert, indem sich die Aussenwand wohl an die Spitze des Kegels anlegen kann, die Region rings um die Basis des Kegels dagegen dem Verkehr offen bleibt. Bei Eriophorum latifolium sind, wie Fig. 3, Taf. VI zeigt, die betreffenden Zellen mit den kegelförmigen Verdickungen kürzer als die übrigen Epidermiszellen; hier liegen sie isolirt zwischen gewöhn- lichen Oberhautzellen. Im Hochblatt von Cyperus alternifolius sind manche Bast- stränge von sehr hohen oder massig hohen Epidermiszellen bedeckt, andere von sehr niedrigen. Wo nun hohe Oberhautzellen dem Skeletstrang aussen anliegen, findet man diese Kegel nicht, dagegen sind ununterbrochene Längsreihen solcher KegelzeHen da zu beobachten, wo der Querschnitt eine niedrige (leicht ganz collabirende) Epidermis- zelle ausserhalb des mechanischen Complexes zeigt (Fig. 4, Taf. VI). 1) Auch Mo hl hat, wie aus ciutM- Bemerkunij in seiner Arbeit „Leber das Kieselskelet lebender Pflauzenzellen" (Bot. Zeit. 18G1) hervorgeht, diese Gebilde gesehen. Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. 5 ßß M. Westermaier, Dem Gesagten ist noch weiter hiazuzufügen , class man die Kegelzellen in den Blättern von Scirpus natalensis sehr zahl- reich über den Bastrippen der unteren Blattepidermis findet, aber nur sporadisch in der Epidermis der Oberseite. Letztere ist hier mit einem 3 — 4 schichtigen Wassergewebe versehen, dessen innere Schichten (2 — 3) innerhalb der Baststränge verlaufen. An der oberen Blattseite erscheint die Continuität des epidermalen Was.ser- gewebes auch ohne die Kegelzellen hinlänglich gesichert, während dies bei der einschichtigen Epidermis der Unterseite nicht der Fall ist. Das reichliche Auftreten der fraglichen Erscheinung auf der Unterseite kann also wiederum als im Dienste der Continuität stehend betrachtet werden. Nach Haberlandt (Entwickelungsgsch. des mach. Gewebesyst. Taf. I Fig. 14) kommen zwar auch in dem mit mehrschichtiger Epidermis versehenen Hochblatt von Papyrus anti- quorum ähnliche Bildungen vor. Doch sind hier die Vorspränge sehr schw^ach, auf Querschnitten kaum sichtbar ; für unsere Betrach- tung scheint der Fall wohl nicht typisch ; Erwähnung verdient jedoch, dass auch hier an manchen Stellen der Oberseite das Assimilations- gewebe dicht an einen Baststrang grenzt. Kämen die erwähnten Gebilde ganz beliebig zerstreut in der Epidermis vor, dann wäre die Annahme, dass es funktionslose Aus- scheidungsprodukte seien, naheliegend; allein durch ihr Vorkommen in gewissen Epidermiszellen, sowie durch ihr Auftreten in Längs- reihen (unterbrochene oder mehr kontinuirliche) ist zu vorstehender Erwägung nach- der physiologischen Seite hin Veranlassung gegeben. Nicht zu verwechseln mit den hier erörterten Strukturverhält- nissen sind die von Mette nius entdeckten, von Rosanoff (Bot. Zeit. 1871) weiter verfolgten kleinen Cystolithenzellen an der Peripherie von Baststrängen, welche Bildungen auch Haberlandt (Entwickl. d. mech. Gew^ebesyst. p. 16) erwähnt. In der Schutzscheide mancher Gramineenwurzeln (Andropogoneen; s. Klinge, Mem. de Fac. imp. des sciences, Petersb. 1879) beob- achtet man gleichfalls kegelförmige Erhebungen, die von der dicken Innenwand nach aussen, also ins Lumen der Scheidenzellen vor- springen. Es mag dahingestellt bleiben, ob diesem Vorkommniss analoge Bedeutung zukommt, wie dem oben näher besprochenen. Immerhin ist daran zu denken, dass gerade bei Gramineenwurzeln üeber Bau und Funkiou des pflanzlichen Hautgewebesystems. 67 die Schntzscheide nach Verlust der Rinde die Epidermis ersetzt. Diese Eigenthümlichkeit scheint allen Schutzscheidezellen ringsum zuzukommen, ein Umstand, welcher bei der Gleichwerthigkeit der Zellen nicht auffällt. — Ich muss mich darauf beschränken, die vorstehenden und die in diesem Kapitel noch folgenden anatomischen Verhältnisse, welche alle, wie es scheint, die AVegsamkeit des epidermalen Gewebesystems über den Skelettheilen begünstigen, aufzuzählen: nicht möglich aber ist es uns gegenwärtig, anzugeben, warum jene Eigenthümlichkeiten im Bau des epidermalen Systems gerade über den mechanischen Zellen nothwendig sind. Ich komme zu einer zwoiten Reihe von Strukturverhältnissen, welche ich ebenfalls in Beziehung zur Förderung der Continuität bringen möchte. Die Fortsetzung des bereits oben eingeschlagenen Gedanken- ganges führt uns nämlich zu folgender Erwägung. Handelt es sich darum, zum Zwecke der Förderung des Wasserverkehrs im epider- malen System insbesondere jene Partieen desselben zu begünstigen, w^elche nach innen an mechanische Zellkomplexe grenzen, so lässt sich mit Grund behaupten, dieser Zweck wäre auch dadurch zu er- reichen, dass das epidermale Wassergewebe an diesen Stellen eine grössere Mächtigkeit erlangte. Eine solche Verstärkung des eben genannten Systems könnte sowohl durch Vermehrung seiner Zell- lagen wie durch einfache Vergrösserung der Zellen erzielt werden. Wir begegnen in der That beiden Erscheinungen. Bei S partium albuin (Stamm), dessen assimilirende Zweige durch peripherische Bastrippen ihre Biegungsfestigkeit erlangen, ist das epidermale AVassergewebe über den Bastrippen 2 — 3 schichtig, über dem grünen Gewebe einschichtig. Es hat somit das epidermale Wassergewebe an der Aussenseite der Bastrippen einen grösseren Spielraum als über den grünen Zellen, mit anderen Worten: dem Eintreten des vollständigen Collapsus ist über den Skeletsträngen ein grösseres Hinderniss in den Weg gelegt, als an anderen Stellen; die Continuität scheint somit gesichert. Achnliche Verhältnisse liegen bei Genista aetnensis (Stamm) vor. Der andere Weg, Vergrösserung der Zellen an den betreffenden Orten, ist an mehreren Organen zu beobachten. 68 M. Westermaier, An Querschnitten durch den Stamm von Ephedra mono- stachya (Fig. 5, Taf. YII) bemerkt man oft, dass gerade über den (hier kleinen) Bastpfosten je eine grosse Epidermiszelle liegt. Ausser- dem tritt da und dort hervor, dass die Radialwände an den über den Skeletsträngen liegenden Epidermiszellen etwas dicker sind, was ja selbstverständlich diesen Zellen das Collabiren erschwert. Aehnliches beobachtete ich an einem Halm von Juncus glau- cus. Ueber den Bastrippen im Blatt von Typha latifolia sind gleichfalls die Epidermiszellen höher. Eine dritte Kategorie von anatomischen Verhältnissen, deren physiologische Bedeutung ich ebenfalls in der Aufrechthaltung der Continuität des epidermaleu Wassergewebes erblicke, ist das Vor- kommen von sogenannten sekundären Epidermiszellen in Fällen, wie sie die Blätter von Calamagrostis epigeios und Cyperus ve- getus darstellen (vgl. Haberlandt, Entwickl. d. mech, Gewebesyst. Taf. I, Fig. 6, 16). Die Hälfte oder zwei Dritttheile des Quer- schnittes einer Epidermiszelle und zwar der an das grüne Gewebe angrenzende Theil sind von einem Bastbündel eingenommen, wäh- rend der peripherische Theil für eine kleine Epidermiszelle reservirt bleibt. Nimmt man an, dass die Forderung nach der Continuität des epidermalen AVassergewebes in der That eine physiologische sei, so erscheinen diese Vorkommnisse hierdurch einigermassen beleuchtet. Es sind somit verschiedenartige anatomische Verhältnisse, als deren gemeinsamen physiologischen Hintergrund wir die Continuität des wasserführenden epidermalen Gewebesystems heranzuziehen ver- suchten. Den beiden letzteren Kategorien gemeinsam ist der Umstand, dass in beiden Fällen das mechanische Gewebe Concessionen macht zu Gunsten des epidermalen Wassergewebes. Im Anschluss an das Gesagte erübrigt noch, unser Auge kurz auf die Frage zu richten, ob bei flächenartigen Organen der Flüssig- keitsverkehr zwischen ober- und unterseitigem Wassergewebe in anatomischer Hinsicht irgendwie gefördert erscheint. Die Betrach- tung des Baues der Blattränder zeigt uns, dass dies der Fall ist. Wenige Beispiele mögen genügen. Die Struktur des Blattrandes von Podocarpus salicifolia, Typha latifolia lässt erkennen, dass üeber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 69 die Continuität zwischen dem Wassergewebe der oberen und unteren Blattseite gewahrt ist. Denn obwohl aus mechanischen Gründen ') eine Anhäufung mechanischer Zellen an dem Blattrand Statt hat, so geht doch die Epidermis über die mechanischen Zellen hinweg. Bei Tradescantia discolor fliessen die Wassergewebe der oberen und unteren Blattseite ganz deutlich am Blattrande zusammen und zwar nicht blos je eine Zellschicht von oben und unten, sondern je zwei. V. Kapitel. Epidermales Wassergewebe und Assiinilationssystem. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Folgen des sich allmälig steigernden Wassermangels in einem Organ, welches mit epidermalem Wassergewebe versehen ist. Soweit die Cuticula gegen Wasser durchlässig ist — eine abso- lute Impermeabilität ist ihr ja nicht zuzuschreiben — betrüft natür- lich der Wasserverlust in erster Linie die oberflächlich gelegenen Schichten, d. h. das epidermale VVassergewebe. Die Verdunstung nach den Intercellularräumen aber sucht zu- nächst die an sie angrenzenden Zellen ihrer Flüssigkeit zu berauben, also in einem normalen Blatt die Zellen des Schwammgewebes und Pallisadenparenchyms. Die Elemente des Wassergewebes aber sind es trotzdem, welche den schliesslichen Wasserverlust des Orgaus vorzugsweise zu tragen geeignet sind. Fassen wir nun die Pallisadenzellen ins Auge, so ersetzen die- selben ihren Verlust, indem sie aus den Zellen des Wassergewebes Wasser an sich ziehen. Ausserdem wird zweitens ein bedeutungs- voller Flüssigkeitsverkehr zwischen epidermalem Wassergewebe und Assimilationssystem dann stattfinden, wenn bei reichlicher Wasser- 1) Vgl. Haberlandt, Die physiologischen Leistungen der Pflanzengewebe. Handbuch der Botanik von Schenk. Breslau 1882. 70 M. Westermaier, Versorgung nach Trockenheit eine Füllung des epidermalen Systems von unten her erfolgt. Diesem Verkehr steht nun nach dem anatomischen Befund im Allgemeinen kein Hinderniss entgegen. Die Innenmembranen eines einschichtigen oder der innersten Schicht eines mehrfachen epider- malen Wassergewebes sind entweder durch ihre Dünnheit oder durch Poren für diese Wasserbewegung geeignet. (Poren findet man z. B. zwischen Epidermis und Assimilationszellen im Stamm von Dian- thus Armeria; hier sind die Epidermisinnenwände ziemlich dick.) Geht man aber etwas strenger zu Werke, so lässt sich der vor- liegenden Frage nach der Förderung dieses Wasserverkehrs zwischen den beiden Systemen noch eine andere Seite abgewinnen, indem wir dieselbe nämlich folgendermassen präzisiren: Ist auch in solchen Fällen, in welchen aus physiologischen Gründen mechanische Zellen, deren Lumen durch die Wandverdickung fast auf Null reducirt ist, zwischen den beiden in Rede stehenden Gewebesystemen Platz ergreifen, für jenen Verkehr die Möglichkeit offen gelassen? Die Behauptung, dass eine solche Communikation zwischen den beiden Geweben nothwendig sei, würde gerade da- durch eine Begründung erfahren, dass auch unter schwierigen Ver- hältnissen diesem Bedürfniss durch den anatomischen Bau Rechnung getragen ist. Derartige Verhältnisse liegen nun vor im Stamm von Casuarina equisetifolia, w^o zur Herstellung der Biegungsfestig- keit, und im Blatt von Podocarpus salicifolia, wo zur Er- höhung der Hautsteifigkeit und Biegungsfestigkeit zugleich mecha- nische Zeilkomplexe sich zwischen die genannten Systeme ein- drängen. Meine Figuren 5 auf Taf. V und 6 auf Taf. VII stellen die beiden Fälle dar. Man sieht sofort, dass das mechanische Gewebe wirklich zu Gunsten unserer Forderung Concessionen macht. Im Stamm von Casuarina equisetifolia befindet sich das typische Assimilationsgewebe (Pallisadenzellen) nicht blos zu beiden Seiten der im Querschnitt dreieckigen Bastrippen, wie bei Equise- tum hiemale, Genistati nctoria, sondern auch radial innerhalb der Bastrippe. Der Wasserverkehr zwischen dem letztgenannten Theil des Assimilationssystems einerseits und dem epidermalen Wassergewebe ausserhalb der Bastrippe andererseits ist dadurch er- Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 71 leichtert, dass die Bastrippe durchbrochen ist; in ungefähr radialer Richtung ist dieselbe von dünnwandigen Zellen durchsetzt. Auf diese eigenthümliche anatomische Erscheinung machte schon Schwen- den er im „Median. Prinzip" (p. 147) aufmerksam. Durchmustert man ferner, um zu dem anderen Fall überzugehen, Blattquerschnitte von Podocarpus salicifolia, so findet sich oberseitSj wo die Spaltöffnungen fehlen, hin und wieder eine Lücke in der Reihe der subepidermalen Bastzellen; es ragt dann das Palli- sadengewebe bis ganz an die Epidermis hinan. In der Flächen- ansicht erscheinen längere, an Markstrahlen (auf Tangentialschnitten) erinnernde Streifen, welche diesen Durchlassstellen entsprechen. Es mag nochmals erwähnt werden, dass wir es beiCasuarina equ. wie bei Podocarpus salicif. mit mechanischen Elementen zu thun haben, die fast bis zum Verschwinden des Lumens verdickt sind. In den Fiedern von Cycas revoluta sind dagegen die sub- epidermalen Fasern mit einem geräumigen Lumen versehen. liier finden sich keine derartigen Lücken. VI. Kapitel. Epidermalcs Wassergewebe und Leitbündclsystem. Ausser den von Sachs (Pringsheim's Jahrb. III, p. 197 u. 241) und de Vries (Landwirthsch. Jahrb., herausgegeben von Nathusius und Thiel, 1878) physiologisch, von Ilaberlandt (dies. Jahrb. XIII) jüngst auf anatomischem Wege als Ableitungssystera erkannten dünnwandigen farblosen Gefässbündelscheiden werden die Leitbündel nicht selten von Schienen farbloser, oft krystallführender Zellen be- gleitet. Diese Schienen münden nun oft in das epidermale ^Vasser- gewebe; beide Gewebe fliessen zusammen und bilden anscheinend ein System. Als Beispiele führe ich an die Blätter von Ficus elasti ca (Fig. 1, Taf. VI), Eucalyptus globulus (Fig. 2, Taf. VI), Myrtus Pimenta, Amygdalus nana, Quercus suber, Arbutus Unedo; insbesondere sind 72 M. Westermaier, die kleinen Gefässbündel riicksichtlich dieser Verbindungen ins Auge zu fassen. Man geht wohl meistens von der stillschweigenden Voraus- setzung aus, dass der Primordialschlauch einer Pallisadenzelle an der gegen die Epidermiszelle zu gekehrten Seite eine andere Beschaffen- heit habe, als an der gegenüberliegenden Membranfläche der Palli- sadenzelle, indem derselbe w^ohl nach dem Innern des Blattes zu gelöste Assimilationsprodukte durchlässt, nicht aber nach der Epidermis- seitc hin. Andererseits wäre denkbar, dass auch die Epidermis- zellen selbst in Folge der Beschaffenheit ihres Primordialschlauches gegen Eintritt von Zucker u. dgl. sich ablehnend verhielten. Für diese im Wesentlichen gleichbedeutenden Annahmen — denn von einer festgestellten Thatsache ist nicht die Rede — spricht der ge- wichtige Umstand, dass wandernde Assimilationsprodukte in Form von (feinkörniger) Stärke im Allgemeinen nicht in der Epidermis beobachtet wurden. Angenommen nun, es stelle sich späterhin heraus, dass dennoch die Auswanderung von Assimilationsprodukten nicht blos nach innen erfolgt, sondern auch durch die Epidermis vermittelt wird, so steht das häufige Zusammenfliessen der ableitenden farblosen Gefässbündel- scheiden mit dem epidermalen Wassergewebe hiermit in klarer Be- ziehung. Diese Fälle wwden sich dann als ein w^eiterer „Typus" zu den von Haberlandt (1. c.) aufgestellten anreihen. Liegt nun aber wirklich in der Beschaffenheit des Primordial- schlauches, sei es der Pallisadenzellen oder der Epidermiszellen, wie dies als wahrscheinlich bezeichnet werden kann, eine unübersteig- liche Schranke gegenüber dem Uebertritt von gelösten Assimilations- produkten, so ist betreffs der physiologischen Deutung jener Commu- nicationen zwischen Gefässbündelelementen und epidermalem Wasser- gew^ebe folgende Erwägung angezeigt. In den Fällen weit gehender Gewebedifferenzirung, d. h. also grösserer Arbeitstheilung, ist die Forderung berechtigt, dass zur Zeit der Füllung des epidermalen Wassergewebes nicht blos die Zellen des Assimilationssystems als wasserleitende Elemente zwischen Ge- fässbündeln und epidermalen Schichten in Anspruch genommen werden, sondern eben ein Gewebe, welches eine möglichst directe Verbindung zwischen den wasserleitenden Elementen der Gefässbündel Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 73 und der Epidermis herstellt. Ein solches Gewebe ist nun aber ge- geben durch das Zusammenfliessen der farblosen Schienen mit der wasserführenden Hautschicht. Die Unterbrechungen der Bastzell- komplexe an den beiden Seiten der Gefassbündel, auf welche Seh wenden er (Mech. Princ.) aufmerksam machte, kommen hierbei natürlich als wichtig in Betracht. Diese letztere physiologische Be- deutung kann übrigens den in Rede stehenden Communicationen zwischen Wassergewebe und Gefassbündelsystem auch dann zuge- schrieben werden, wenn eine Betheiligung der Epidermis an der Ableitung festgestellt sein würde. Diese Deutung hat daher schon jetzt Anspruch darauf, als eine naturgemässe, d. h. zutreffende be- trachtet zu werden. YII. Kapitel. Mechanisch hedeutsaine Structurverhältnisse des Hautgewehesysteras grüner Organe im Allgemeinen. Ihre Beziehungen zur Funktion des epidermalen Wassergewebes. Die Bezeichnung „Hautgewebesystem" der grünen Pflanzenorgane umfasst, wie schon Eingangs dieser Abhandlung hervorgehoben wurde, mehr als epidermales Wassergewebe sammt Cuticula. Denn abstrahiren wir von dem cuticularisirten Häutchen, ferner von dem Wassergehalt der epidermalen Zellen und ihren dünnen Radial- wänden, so bleibt immer noch eine Eigenschaft, nämlich eine ge- wisse mechanische Widerstandsfähigkeit der Haut zurück, welche anderen anatomischen Verhältnissen entspringt. Von den hierher gehörigen Strukturverhältnissen soll nun im Folgenden die Rede sein. Es handelt sich also im Allgemeinen um einen durch das Haut- system bewirkten mechanischen Abschluss gegen die äusseren Medien, speciell um die Steifigkeit der Haut. In der einfachsten Weise tritt uns genannte Eigenschaft in dem dichten Zusammenschluss der Zellen und ferner in der erheblichen Dicke der Epidermisaussenwand entgegen. Die letztere so allgemeine und bekannte Erscheinung hat mit dem Wassergewebe als solchem 'j^ M. Westermaier, und mit der Firnktion der Cuticula niclits zu tliun; sie tritt ja auch an untergetauchten Organen (Stamm von Elodea) hervor, obwohl bei ihnen ein epidermales Wassergewebe nicht in Betracht kommt und die Cuticula auf ein Minimum reducirt ist, ferner auch an dem Blatt des Farnkrautes Didymochlaena sinuosa (nach liaber- landt, Taf. VIII Fig. 12 in dessen Vergl. Anat. d. Assimilationssyst.), obgleich hier ebenfalls die oberflächliche Zellscliicht dem Assimila- tionsgewebe augehört, also ein epidermales Wassergewebe oberseits fehlt. Von Interesse ist es nun, jene Einrichtungen näher zu betrach- ten, welche w^esentlich zur Erhöhung der Steifigkeit der Organhülle beitragen. Meistens erstrecken sich diese Strukturverhältnisse nur auf die Aussenseite des epidermalen Wassergewebes, in manchen Fällen aber auch auf die Innenseite. Wenden wir uns zuerst der Betrachtung der Aussenseite zu. Die Steifigkeit der Aussenw^and wird, wie schon angedeutet, erstens erhöht durch Steigerung ihrer Dicke. Ich gehe nicht darauf ein, die Abstufungen dieser Erscheinung zu verfolgen ; als Extrem aber möchte ich hervorheben die Blätter mancher Coniferen (vgl. Thomas, Pringsh. Jahrb. Bd. IV). Bei Pinus silvestris z. B. ist die oberflächliche Schicht bekanntlich aus bastähnlichen Zellen gebildet; unter denselben liegt das Wassergewebe. Die dick- wandigen oberflächlichen Zellen können als eine sehr dicke Aussen- wand aufgefasst werden. Analoge Verhältnisse finden sich auch an solchen Organen, bei welchen ein mehrschichtiges Wassergewebe vorhanden ist. Im epidermalen Wassergewebe mancher Piperaceen zeigen die äusser- sten Zelllagen (oberseits), welche aus kleinen Zellen bestehen, schwach collenchymatischen Charakter. Ausgeprägt mechanischen Charakter vollends besitzen die peripherischen Schichten des Wassergewebes mancher Bromeliaceen (Nidularium splendens, Aechmea fulgens). Diese eben erwähnten mechanischen Zelllagen wirken dem mehrschichtigen Wassergewebe gegenüber ähnlich, wie eine dicke Aussenwand bei einfacher Epidermis. Die Steifigkeit der äussersten Membran nimmt zweitens zu durch ein auf dieselbe befestigtes (d. h. an sie angewachsenes) Netzwerk von Leisten. Dieser Forderung entspricht die oft zu Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 75 beobachtende Ansatzweise der Radialwände der Epidermiszellen an die Aussenwand; sie setzen nämlich vielfach mit breiterer Basis an. In gleichem Sinne verstärkend, die Steifigkeit aber noch mehr erhöhend wirkt das Weitervorspriugen eines aussteifenden Leisten- netzes nach innen ; hierher gehören Fälle wie die Epidermis des Blattes von Aloe glabra; die Wandverdickung erstreckt sich hier von der starken Aussenwand an auf einen grossen Theil der Radial- wand. Auch hier lässt sich eine analoge Erscheinung bezüglich des mehrschichtigen epi dermalen Wassergewebes konstatiren. In den Blättern von Peperomia percskiaefolia K. ist die äusserst© Zellschicht des mächtigen Wassergew^ebes nicht blos mit sehr dicken Aussenwänden versehen, sondern es erstreckt sich eine starke Ver- dickung fast bis nach innen auch über die Radialwände. Aehnlich ist die Epidermis der Blattunterseite gebaut. Die Steifigkeit der oberflächlichen Zelllage wird drittens er- höht durch einen wellenförmigen Verlauf der Steifungsleisten. Denn die Anzahl der Leisten ist bei wellenlinigem Verlauf (auf eine passende Einheit bezogen und bei gleicher Grösse der Zellen) höher als bei geradlinigem Verlauf. Theils sind es die ganzen Radialwände, theils nur ihre äusseren Partieen, w^elche wellenlinig an der Aussenwand verlaufen. An dieser Stelle will ich einer von Haberlandt (Assimilations- system p. 10 f.) angestellten Betrachtung einige Bemerkungen an- schliessen. Durch die in Rede stehende „Verzahnung" der Epider- miszellen wird wirklich die Zugfestigkeit der Epidermis in der Rich- tung der Fläche erhöht und zwar wird, wie genannter Autor an- giebt, eben durch die Wellung die Festigkeit der Verbindung der Epidermiszellen gesteigert. Gehen wir etwas näher auf die Sache ein. Trifft es zu, dass die Verwachsungsflächen zweier Epidermis- zellen unter einander bei einem senkrecht zu ihnen wirkenden Zug die schwächsten Stellen repräsentiren, dann wird sicher durch eine Ver- grösserung der Verwachsungsfläche die Zugfestigkeit in der betreften- den Richtung erhöht. Wenn aber ein Reissen eben so leicht mitten durch die Aussen- Y6 M. Westermaier, wände und Innenwände erfolgt, dann ist die Wcllung für die Zug- festigkeit ohne Belang. Denn in letzterem Fall, wenn nämlich der die Zellen sozusagen verbindende Kitt (Intercellularsubstanz) eine ebenso feste Verbindung herstellt, wie die Membransubstanz selbst, ist Folgendes zu beachten. Ein Zug, der in irgend einer Richtung der Fläche auf eine Epidermis mit lauter gewellten Radial wänden wirkt, wird von den flachen Aussen- und Innenwänden aufgenommen. Eine direkte In- anspruchnahme der Radialwände auf Zug könnte erst erfolgen nach ihrer Geradestreckung; letztere könnte mit kleinem Kraftaufwand ge- schehen, tritt aber schon wegen der geringeren Dehnbarkeit der theil- weise cuticularisirten Aussenwand nicht ein. Ein einfacher Versuch mit der Blattscheide von Seeale cereale zeigt nun aber in der That, dass die Wellung der Wände für die Erhöhung der Zugfestigkeit wohl in Betracht kommen kann. Die in der Längsrichtung der Scheide verlaufenden Radialwände sind gewellt. Ein Zerren in tangentialer Richtung und die Unter- suchung der entstandenen Rissstellen ergiebt, dass die Orte der Trennung in der Rege genau den welligen Verwachsungslinien ent- sprechen; daraus folgt, dass hier die schwächsten Stellen sind und dass eine Vergrösserung der Verwachsungsflächen für diesen Fall vortheilhaft wirkt. Neben der gegebenen Falls die Steifigkeit und auch die Zug- festigkeit erhöhenden Wirksamkeit ist noch ein dritter Punkt zu be- rücksichtigen, nämlich die Erhöhung der Strebefestigkeit der einzelnen Epidermiszelle. Was diese Strebefestigkeit betrifft, so hat man sich angesichts einer welligen Epidermis, bei welcher die Wellung sich auf die ganzen Radialwände erstreckt, zu vergegenwärtigen, dass sich je zwei gegenüber liegende Buchten (Halbcylinder) zu einem Cylinder com- biniren; Cylinder aber (auch nur aus Papier gedacht) stellen ent- schieden strebfeste Constructionen dar. Erstreckt sich die Wellung aber nur auf den äusseren Theil der Radialwände, so kommen durch ähnliche Combination wie vorhin Kegel zur Wirkung, welche mit ihrer Basis nach aussen gerichtet sind. Es liegt nach dem Vorausgehenden nahe, in dem Umstand, dass sich bei Grasblättern (de Bary, Vergleich. Anatomie p. 33), Ueber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 77 Luzula maxima die Wellung der Radialwände nur auf den äusseren Theil derselben erstreckt, eine Concession zu Gunsten des oben erörterten Spiels (Zusammensinken in radialer Richtung etc.) zu erblicken. Diesen Fällen wäre ausserdem vergleichbar die starke Wandverdickung bei Aloe glabra, die ebenfalls eine innere Partie der Radialwände unberührt lässt. Denn sowohl die erhebliche Wand- dicke als die Wellung der Radialwände stehen dem Vorgang ihrer Verbiegung natürlich hinderlich im Wege. Uebrigens sind versteifende Leisten keineswegs einzig und allein durch die Radialwände gegeben; es können vielmehr von der Aussen- wand direkt ins Lumen der Epidermiszellen netzförmig anastomo- sirende Yerdickungsfasern vorspringen, wie ich dies z. B. bei den Blättern einer Mahonia beobachtete. Der wellige Verlauf der Radialwände in der Epidermis findet sich nun auch bei mehrschichtigem Wassergewebe. Im Blatt von Phrynium cylindricum z. B. ist die sehr niedrige äussere Zell- lage des zweischichtigen Wassergewebes mit undulirten Radial wänden versehen. An dieser Stelle mag noch eine Bemerkung Platz finden mit Rücksicht auf die von Haberland t (Physiol. Leistungen p. 576 des Handbuchs der Botanik von Schenk) erwähnte Thatsache, dass die Wellung bei den Dicotylen vorwiegend auf der Blattunterseite auftritt. Dies mag auch in einigem Zusammenhang damit stehen, dass das oberseitige Wassergewebe einem grösseren Wasserverlust und dem damit innig zusammenhängenden Collabiren mehr ausge- setzt ist als das untere. Als vierte Modalität von Aussteifungseinrichtungen an der Aussenseite des epidermalen Wassergewebes soll noch angeführt werden die grosse Zahl von Radial wänden, resultirend aus der Kleinheit der oberflächlichen Zellen. Dieses sehen wir an der äusser- sten Zelllage des „Hypoderms" bei den Blättern von Peperomia latifolia verwirklicht. — Werfen wir noch einen Blick auf diejenigen Fälle, in welchen die mechanischen Ausrüstungen des Hautgewebesystems an der Innen- seite des epidermalen Wassei^ewebes liegen. Als hierher gehörig betrachte ich die Blätter mancher Coniferen; als Beispiele nenne ich die Nadeln von Picea excelsa, dann die 78 M. Westermaier, Blätter von Podocarpus salicifolia; diese Organe besitzen be- kanntlich zwischen der einschichtigen Epidermis und dem grünen Gewebe eine Schicht mechanischer Zellen. Je kürzer die betreffenden Organe sind, mit um so grösserer Wahrscheinlichkeit lässt sich wohl behaupten, dass die subepidermalen Sterei'den zur Erhöhung der Hautsteifigkeit dienen, nicht aber um der Biegungsfestigkeit des Organs willen vorhanden sind. Ferner erinnere ich an den anatomischen Bau mancher Orchi- deenblätter. Als Exempel diene Renanthera eximia, auf deren Blattoberseite sich meine Figuren 5 u. 6, Taf. VI beziehen. Während hier die Steifigkeit offenbar nur in der Längsrichtung des Blattes erhöht ist — denn zwischen den längsverlaufenden dickwandigen Fasern liegen dünnwandige Zellreihen des Wassergewebes — hängen bei Podocarpus salicifolia die aussteifenden Elemente auch in der Querrichtung zusammen. Es obliegt mir noch, dem Titel dieses Kapitels nach seiner anderen Seite hin gerecht zu werden. Jene Strukturverhältnisse, welche die Steifigkeit der Aussen- fiäche eines einschichtigen oder mehrschichtigen Wassergewebes be- dingen, erscheinen für das Spiel des epidermalen Wassergewebes bei Wasserverlust und Wiederaufnahme von Flüssigkeit nicht ohne Bedeutung. Eine Folge der Steifigkeit der Aussen wand (beziehungsweise der peripherischen Schichten) ist, dass die Annäherung der Aussenwände beim Zusammensinken in radialer Richtung für grössere Flächen eine gleichmässige wird. Dem Entstehen kleiner Falten oder Runzeln an dieser Aussenfläche ist durch ihre Steifigkeit vorgebeugt, die entstehenden Verbiegungen der Aussenmembranen sind sanfter. Das Entstehen kleiner und steiler Falten an der Aussenfläche könnte möglicherweise eine Zerrung des grünen Gewebes zur Folge haben, indem die Aussenwand an zwei benachbarten Punkten auf die inne- ren Zellen hier drückt, dort an ihnen mittelst der Radialwände nach aussen zieht. Die erörterte mechanische Ausrüstung der Aussenmembran (bezw. Aussenschicht) steht also nicht ausser aller Beziehung zu der oben eingehender behandelten Funktion des epidermalen Wasser- lieber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 79 gewebes, indem diese Strukturverhältnisse modifizirend auf die Ge- staltsveränderung des VVassergewebes einwirken. Am Schlüsse dieser Abhandlung ist noch die Frage am Platze, \varum die Pflanze so allgemein ein Wasserreservoir für ihre grünen Organe an die Oberfläche verlegt und nicht vielmehr ins Innere. Die Beantwortung dieser Frage steht mit der sich immer mehr sich klärenden Einsicht in die Funktion der Gefässe im innigen Zu- sammenhang und fällt zusammen mit dem wesentlichen Resultat meiner Untersuchung, w^elches ich in folgender Weise zusammenfasse. Der Wasserbedarf im Pflanzenkörper wird durch zwei Gewebesysteme gedeckt. Das eine durchzieht strangartig das Innere der Stämme, Blätter und Wurzeln, das andere bedeckt man- telartig insbesondere die grünen Organe, deren Wasser- bedürfniss mit Rücksicht auf die beiden Vorgänge der Transpiration und Assimilation von besonderer Bedeu- tung ist. In den Gefässen und gefässähnlichen Zellen der Leitbündel er- blicken wir das im Innern der Pflanzenorganc befindliche Wasser- gewebe und zwar in Gestalt eines reichverzweigten und anastomo- sirenden röhrenartigen Sj^stems. Diesem inneren Wasserge- webe gegenüber ist die Configuratjion als Mantel für ein zweites w^asserführendes System die rationellste; denn auf diese Weise sind die übrigen Gewebe und Gewebe- partien am besten mit Wasser versorgt; dieses zweite System ist das epidermale Wassergewebe. Die Elemente des epidermalen Wassergewebes sind dünnwandige, lebende Zellen (mit Primordialschlauch) : bei Wasserverlust coli abiren sie und können dann wieder turgescent werden. Die Elemente des „trachealen" Wassergewebes (um es kurz zu bezeichnen) sind todt (ohne Primordialschlauch), immer ohne Tur- gor; sie sind entweder dickwandig oder mit Aussteifungsvorrich- tungen (Ringen, Spiralen etc.) versehen; sie collabiren daher bei W^asserabgabe nicht, sondern lassen verdünnte Luft eintreten. Im Einklang hiermit steht auch die bekannte Thatsache, dass 80 Ä^- Westermaier, untergetauchte Pflanzentheile einerseits durch eine schwache Ausbil- dung des trachealen, andererseits durch völligen Verzicht auf das epidermale Wassergewebe sich auszeichnen. Einrichtungen verschied euer Art — Dicke der Aussen- wand, Auftreten von Leisten an derselben, Theilnahme der mechanischen Zellen an der Zusammensetzung des Hautgewebes — dienen der Steifigkeit des Hautsystems. Figuren-Erklärung. Tafel V. Fig. 1. Kleines Stück eines Blattquerschnittes einer ßromeliacee (Tillandsia) skizzirt, den schroffen Gegensatz zwischen dem collabirten Wassergewebe und dem nicht collabirten Assimilationsgewebe zeigend. (Länge der Wassergewebe- zellen nicht genau.) Flg. 2 und Fig. 3. Skizzen. Fig. 3 giebt die Querschnittsansicht durch ein vertrocknetes Se dum- Blatt; das im Innern befindliche Wassergewebe ist colla- birt. Fig. 2 zeigt denselben Querschnitt nach längerer Einwirkung von Wasser; die vorher collabirten Zellen im Innern sind wieder in den turgescenten Zustand zurückgekehrt. Fig. 4. Peperomia latifolia. Skizze einer Blattquerschnittspartie, welche uns den Habitus des epidermalen Wassergewebes zeigt, wenn dasselbe in Folge von Trockenheit, welcher das Blatt ausgesetzt war, collabirt war und nun bei Wasserzusatz zum Querschnitt sich allmälig wieder ausdehnt. Die dem grünen Gewebe zunächst anliegenden Zellen sind schon wieder ganz gestreckt. Die (schwach coUenchymatisch verdickten) äussersten Zellen, welche in der Figur nach links folgen würden, sind nicht collabirt. Fig. 5. Casuarina equisetifolia. Partie eines Stammquerschnitts mit einer Bastrippe. Letztere ist von dünnwandigen Zellen durchsetzt, welche dem Wasserverkehr zwischen epidermalem Wassergewebe und Assimilationssystem för- derlich sind (Kap. V). Vergr. 600. Tafel VI. Fig. 1. Ficuselastica. Gefässbündel im Blattquerschnitt. Das epider- male Wassergewebe fliesst mit dem farblosen Gewebe, welches die Gefässbündel begleitet, zusammen. L— L = Leptom; bei m eine schmale Zelle mit milchsaft- artigem Inhalt. Vergr. 120. (s. Kap. VI.) Fig. 2. Eucalyptus globulus. Querschnitt durch einen Blattstrang. üeber Bau und Funktion des pflanzlichen Hautgewebesystems. 81 Vom Gefässbündel zur Epidermis führen gleichfalls farblose, hier mit Krystallen oder Krystalldrusen erfüllte Zellen. Vergr. 250. Fig. 3. Eriophorum latifolium, Halm. Radialer Längsschnitt durch die äusserste Partie einer Bastrippe (b Bastzelle) und durch die Epidermis e. a = Epidermisaussenwand. Zwei Epiderraiszellen sind mit kegelförmigen Mem- branverdickungen versehen. Vergr. 600. (s. Kap. IV.) Fig. 4. Cyperus alternifolius, Hochblatt. Flächenansicht der oberen Epidermis; die Kegelzellen k zeigend. Vergr. 250. Fig 5. Renanthera eximia, ßlattoberseite in der Flächenansicht von aussen (Vergr. 250) und Fig. 6, dieselbe im Querschnitt darstellend; p Porus. Vergr. 250. (s. Kap. VII.) Tafel VII. Fig. 1. ArbutusUnedo, Theil eines Blattquerschnittes in Wasser; g = ge- quollene Innenwand der Epidermiszelle; i. 1. = innerste Lamelle der Innenwaii Das Lumen ist weiss gelassen. Vergr. 600. (s. Ende des III. Kap.) Fig. 2. Spartium album. Querschnitt durch eine ßastrippe und Um- gebung. Ueber der Bastrippe ist das epidermale Wassergewebe verstärkt. Vergr. 250. (s. Kap. IV.) Fig. 3. Cyperus alternifolius, Hochblattoberseite. Qiierschnittspartie mit Epidermis sammt Kegelzelle. G.B. =^ Gefässbündel. Vergr. 600. (Vgl. Taf. VI, Fig. 4.) Fig. 4. Carex arenaria, Halm. Bastrippe mit Kegelzelle im Querschnitt darstellend. Vergr. 600. Fig. 5. Ephedra monostachya, Theil eines Stammquerschnittes, über den Baststrängen grössere Epidermiszellen zeigend, Vergr. c. 120. (s. Kap. IV.) Fig. 6. Podocarpus salicifolia, Blattoberseite im Querschnitt. Das mechanische Gewebe ist unterbrochen zu Gunsten des Wasserverkehrs zwischen Assimilationssystem und epidermalem Wassergewebe. Vergr. 250. (s. Kap. V.) Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV TJeber Poren in den Anssenwänden von Epidermiszellen, Von Dr. H. Ambronn. Mit Tafel VIII. Der Saft- und Gasaustausch aneinanderstossender Zellen, deren "Wände nicht mit wirklichen Löchern versehen sind, geschieht stets durch Diosmose der betreffenden Inhaltsstoffe, mögen dies nun tropf- bar-flüssige oder gasförmige Körper sein. Befinden sich die Zell- wände noch im jugendlichen Zustande oder bleiben sie in der ganzen Zeit ihrer Functionsfähigkeit in der Form dünner Cellulose-Membranen erhalten, so kann die Diosmose mit Leichtigkeit auf der ganzen Ausdehnung der Zell wand vor sich gehen. Haben dagegen in älteren Stadien die Zellwände durch w^eiteres vorgeschrittenes Wachsthum mehr oder minder an Dicke zugenommen, so bieten sich dem schnellen Austausch, der wohl in den meisten Fällen nöthig ist, bedeutendere Schwierigkeiten dar. Da das Dickenwachsthum der Zellwände bei manchen Gewebe- arten wegen der ihnen zuertheilten Function eine unumgängliche Nothwendigkeit ist, so muss die Wanderung der nöthigen Nähr- stoffe möglichst erleichtert werden. Dieses Ziel erreicht die Pflanze dadurch, dass die Wände solcher Zellen nicht gleich- massig in die Dicke wachsen, sondern an einzelnen bestimmt um- schriebenen Stellen ihre frühere Wandstärke beibehalten, ohne dass hierdurch der Hauptfunction der betreffenden Gewebe Eintrag ge- than würde. Auf diese Weise entstehen je nach der Funktion der üeber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 83 Zelle, Dach der Anordnung der Micellarreihen, nach der Natur der diffundirenden Stoffe mannigfaltig ausgebildete Tüpfel. Hat die Pflanze dagegen Ursache, einzelne Zellen oder Zellcomplexe gegen andere abzuschliessen, damit keine Diffusion stattfindet, so wird die Tüpfelbildung unterbleiben, und es wird ausserdem noch durch eine chemische oder physikalische Umwandlung der Cellulose dafür ge- sorgt werden, dass die durch verdickte Wände schon möglichst ver- ringerte Diosmose fast gänzlich verhindert werde. Die Veranlassungen zu einem derartigen Abschliessen einzelner Zellen oder Zellkomplexe von anderen können sehr verschieden- artige sein. Es kann z. B. grossen Yortheil darbieten, wenn die Leitung von notbw^endigen Nährstoffen auf w^eitere Entfernung vor sich gehen muss, ohne dass unterwegs eine Abgabe der zu leitenden Stoffe an andere benachbarte Gewebe stattfinden soll. Ein derartiger Fall liegt beispielsweise vor bei den axilen Ge- fässbündelsträngen der Wurzeln, die denn auch immer von einer cuticularisirten Scheide umgeben sind. Ebenso ist von grösster Wichtigkeit für die Pflanze, ihre der Verdunstung am meisten aus- gesetzten Theile, also die peripherisch liegenden, möglichst gegen Abgabe von W^asser zu schützen. Allerdings muss die Pflanze transpiriren, aber dieser Process der Transpiration ist durch gewisse Einrichtungen, hauptsächlich durch die Spaltöffnungen geregelt. Die Epidermis der oberirdischen Pflanzen- theile ist deshalb auch fast nur an den Stellen unterbrochen, wo jene Gebilde liegen. Ihre Aussenvvand wird überdies von der mehr oder w^eniger mächtigen Cuticula gegen das anstossende Medium abgegrenzt. Ausserdem aber sind in den meisten Fällen die Aussen wände der Epidermiszellen nicht mit Tüpfeln versehen, sie zeigen gleich- massige und oft sehr starke Verdickungen. Es ist dieser letztere Umstand auch sofort erklärlich, wenn man bedenkt, dass Tüpfel- bildung im Innern der Pflanze, wo Zelle an Zelle stösst, wohl einen plausiblen Grund hat, dass aber da, wo jede Zelle mit einer Wand an die umgebende Luft angrenzt, eine Tüpfelbildung unterbleiben kann. Damit stimmen jedoch die Thatsachen scheinbar nicht immer überein, es finden sich in manchen Fällen in den Aussenwänden der G* 84 Epidermiszellen Tüpfel vor. Obwohl dieses Vorkommen von Tüpfeln an dergleichen Orten immerhin zu den Seltenheiten gehört, so scheint mir doch die Noth wendigkeit vorhanden zu sein, solche Erscheinungen mit der sonstigen Function der Poren in Zusammenhang zu bringen oder durch entwickelungsgeschichtliche Untersuchung nachzuweisen, dass dieselben als eine naturgemässe Folge anderer zweckdienlicher Einrichtungen, die mit den übrigen Tüpfeln ihrer Function nach nichts zu thun haben, aufzufassen seien. Die Noth wendigkeit, eine derartige Erklärung zu suchen, ist deshalb vorhanden, weil in eine als richtig geltende Theorie — und eine solche ist wohl die An- nahme, dass die Poren im Innern der Gewebe eine Erleichterung der Diosmose bezwecken — alle Thatsachen passen müssen, die wir in der Structur der Pflanzen beobachten können. Es sollte der Zweck der nachstehenden Untersuchungen sein, eine genügende Erklärung solcher Tüpfelbildung in den Aussenwänden der Epidermiszellen zu geben. Von den ziemlich zahlreichen sehr zerstreuten Literaturangaben über diesen Punkt sind nur wenige von Wichtigkeit, die meisten bieten nichts Anderes als eine Constatirung von hierher gehörige^ Vorkommnissen. Ich glaube, die letzteren hier unbeachtet lassen zu dürfen, da die bis jetzt bekannten Fälle schon öfters, z. B. in De Bary's vergleichender Anatomie^), zusammengefasst worden sind. üeber die etwaige Beziehung solcher Tüpfel zur Function der Epidermis habe ich nirgends eine Angabe finden können. In den Lehrbüchern und Handbüchern, wo der anatomische Bau der Epi- dermiszellen behandelt wird, werden solche Poren immer nur als Ausnahmen von der Regel, dass die Aussenwände der Epidermis- zellen tüpfellos seien, angeführt. Nur Hofmeister geht in seiner „Lehre von der Pflanzenzelle " ^j bei Besprechung der verschiedenen Verdickungsarten der Zellhaut auf die Bedeutung der im Innern der Gewebe regelmässig correspondirenden Tüpfel ein. Nachdem er aus- einander gesetzt hat, dass sich die nicht verdickten Stellen zweier aneinander stossender Zellwände decken, dass also die Tüpfel cor- respondiren, sagt er weiter: „Eine ursächliche Bedingung der Tüpfel- 1) S. 74. 2) S. 171. Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 35 bildung kann in diesen wechselseitigen Beziehungen darum nicht gesucht werden, weil Tüpfel auch auf den freien Aussenflächen von Oberhautzellen in der Luft vegetirender Pflanzentheile vorkommen, so in denen der Gräser, der Cycas revoluta, der Kiefern, in den Haaren der jungen Zweige von Pinus balsamea." Hofmeister schliesst demnach aus dem vereinzelten Vorkommen von Tüpfeln auf den Aussenwänden von Epidermiszellen, dass über- haupt das regelmässige Correspondiren der Tüpfel keine bestimmte Ursache habe und wohl auch keinen bestimmten Vortheil für die Pflanze darbiete, dass es vielmehr eine zufällige Erscheinung sei. Ob Hofmeister mit seiner eben citirten Bemerkung jede ursäch- liche Bedingung des gegenseitigen Correspondirens der Tüpfel leugnen will, oder ob er blos meint, dass, etwa aus rein mechanischen Ur- sachen, die im Vorgange des Dickenwachsthums begründet seien, eine solche ursächliche Bedingung nicht bestehe, ist aus seiner Aeusscrung nicht klar ersichtlich. Will er die letztere Meinung damit aussprechen, so lässt sich dagegen sagen, dass wir über die Mechanik des Dickenwachsthums noch ziemlich im Unklaren sind, folglich über die Einwirkung, die etwa ein in der Entstehung be- griffener Tüpfel einer Zellwand auf das Dickenwachsthum der an- grenzenden Zellwand auszuüben vermag, ganz und gar nichts Ge- naues aussprechen können. Aus diesem Grunde darf man aber noch nicht behaupten, dass eine solche Bedingung der Tüpfelbildung nicht vorhanden sei, son- dern man muss zugeben, dass man darüber nichts weiss. Noch viel weniger Hesse sich jedoch die Bemerkung Hofmeister's rechtfertigen, wenn er damit, gestützt auf das vereinzelte Vorkommen von Tüpfeln an Orten, wo ihre Function, ihre Entwickelungsgoschichte noch nicht recht klar ist, jegliche ursächliche Bedingung der Tüpfel- bildung ableugnen wollte. Dass die Tüpfel in den Zellen irgend eine Function haben, dass sie also nicht blos etwa ein Spiel der Natur, eine mehr zufällige Erscheinung seien, wird wohl Niemand ernstlich bestreiten. Ebensowenig kann aber auch ein Zweifel darüber herrschen, dass das regelmässige Correspondiren derselben für die Pflanze von irgend welchem Vortlieile sei. Nimmt man an, dass die Tüpfel zur Erleichterung der Diosmose vorhanden seien — und wir wissen zur Zeit durchaus nichts Besseres darüber — so 86 H- Ambronn, kann man nicht auf Grund einiger weniger Ausnahmen die ganze Theorie über den Haufen werfen, sondern man muss die Ausnahmen genau untersuchen und zusehen, ob sie in der That einen Wider- spruch gegen die Theorie enthalten. Selbst wenn man keine ge- nügende Erklärung für jene Ausnahmen findet, so ist es immerhin besser, vorläufig anzunehmen, dass uns die Ursachen, welche die Ausnahmen herbeiführen, noch unbekannt sind, als von einzelnen Abnormitäten auf die Ungültigkeit der aus der weitaus grösseren Mehrzahl normaler Vorkommnisse gezogenen Regel zu schliessen. In einer Abhandlung von Mettenius über die Hymenophylla- ceen ^), in welcher der genannte Forscher neben entwickelungsge- schichtlichen Untersuchungen auch auf den anatomischen Bau näher eingeht, finden sich mehrere Angaben über Tüpfel in den an die Luft grenzenden Zellwänden der Blätter. Die Hymenophyllen nehmen durch den eigenthümlichen Bau ihrer Blattorgane, durch den fast gänzlichen Mangel an Spaltöffnungen eine Sonderstellung unter den Farnkräutern ein. Die Blätter sehr vieler Hymenophylleen sind wie diejenigen der Moose einschichtig, oder sie bestehen nur aus wenigen (2 — 4) Zellschichten. Die Zellen der einschichtigen Blätter sowohl wie diejenigen, welche an der Oberfläche der mehrschichtigen liegen, zeigen eine mannigfaltige Ausbildung ihrer Radial- und Aussenwände. Sie besitzen theils Wellungen und Faltungen, theils auch netzartige Verdickungen. Mettenius unterscheidet unter den Zellen, in denen Wellungen oder Faltungen der Radialwände auftreten, zweierlei Arten, solche, bei denen die Wellungen bezvv. Faltungen über die ganze Ausdeh- nung der Radialwände hinweggehen und solche, bei denen sie sich nur in den äusseren Partien finden. Die letzteren, die uns hier hauptsächlich interessiren, bezeichnet er als amphimorphe Zellen, weil ihre Umrisse bei verschiedener Einstellung des Mikroskops ver- schiedene Form haben. Je nachdem nun diese amphimorphen Zellen in ihrem äusseren Theile Wellungen oder Faltungen zeigen, spricht er von amphimorph gewellten oder amphimorph divaricaten Zellen. Ferner beschreibt er noch bei mehreren Hymenophylleen solche 1) Ueber die Hymenophyllaceae. Abhandl. der math.-phys. Classe der Kgl. Sachs. G. d. W., Band YH, No. II. 1864. üeber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 87 Zellen, in denen netzartige Verdickungen zugleich in Verbindung mit jenen amphimorph - divaricaten Radialwändcn auftreten. Es scheint mir am besten zu sein, wenn ich die betreffenden Angaben Mettenius', in denen er das Vorkommen von Tüpfeln auf den Aussenwänden der in der angeführten Weise ausgebildeten Zellen beschreibt, wörtlich wiedergebe, zugleich unter Verweisung auf die Figuren der Originalabhandlung: Seite 452. „Bei amphimorphen Zellen besitzt die äussere Wand längs ihrer Peripherie (Taf. II, 26, 29, 31, III. 9, 10) eine Reihe von Tüpfeln, indem die von den benachbarten Falten seitlich getrennten Feldchen der äusseren Wand mit einem Tüpfel versehen sind 1). Diese Tüpfel kommen an Ausdehnung der Area dieser Feldchen annähernd gleich und alterniren auf den aneinander liegen- den Membranen benachbarter Zellen gerade wie die sie begrenzenden Falten" „Diese Tüpfel nehmen z. B. bei Trichomanes rigidum mit Zu- nahme der Ausdehnung der Falten und der von denselben getrenn- ten Felder an Weite zu, und lässt sich dann erkennen, dass sie auf der der Peripherie der Zelle zugekehrten Seite eine bedeutendere Tiefe als auf der entgegengesetzten, dem Centrum der Zelle zuge- kehrten, besitzen und demgemäss die Verdickungsschichten an der Grenze der seitlichen und äusseren Wand der Zelle eine bedeuten- dere Stärke besitzen und allmälig gegen die Mitte der äusseren Wand sich verdünnen." „Bei amphimorphen Zellen endlich, deren vorspringende Läpp- chen eine bedeutendere Grösse haben, z. B. bei Trichomanes Java- nicum (111, 34) erreichen diese Tüpfel die grösste Ausdehnung und erstrecken sich über die äussere Wand dieser Vorsprünge bis zu dem Anfang derselben zwischen den inneren Enden der Falten.'* Ganz ähnliche Verhältnisse, wie sie hier von Mettenius für Hymen ophyllaceen beschrieben werden, finden sich, wie ich weiter unten zeigen werde, bei den Blättern einiger Conifcren. 1) Mettenius verweist hier in einer Aninerknnf!: ,iran7. richtig auf ähnliches Verhalten amphiraorpher Zellen bei anderen Pflanzen, z. B. Lyoopodiuiu s juarro- sum, mancher Arten von Aiitrophyum, der Gräser, so bei Elymus arenarius. 38 H. Ambronn, lieber die netzartig verdickten Aussenwändc sagt er: „Sämmtliche hierher gehörige Zellen gehören zu den amphi- morphen-divaricateu und sind auf der äusseren Wand mit einer Reihe peripherischer Tüpfel versehen, zeigen ferner in der An- ordnung ihrer Falten eine Uebereinstimmung darin, dass die stär- keren derselben an die den amphimorphen Charakter dieser Zellen begründenden Falten unmittelbar sich anschliessen , als Verlän- gerungen oder Verzweigungen derselben (Taf. III, 28, 32, 33) auf- treten, also in der Richtung von der Peripherie gegen das Cen- trum der Zelle hin ziehen, hier aber dann häufiger und unregel- mässiger sich verzweigen und kleinere Maschen bilden." (Taf. III, 38, 39, 40, 43.) Ferner: „An diese Zellen mit netzförmiger äusserer V^and reihen sich alsdann ausserordentlich innig Zellen an, deren äussere Wand mit zahlreichen feinen tüpfelähnlichen Stellen versehen ist, diese stimmen mit den netzfaltigen stets insofern überein, als eine Reihe randstän- diger Tüpfel ihren amphimorphen Charakter bekundet (Taf. III, 48, 49, 50) und weichen nur dadurch ab, dass die Grösse dieser rand- ständigen Tüpfel eine geringere und dass innerhalb derselben auf der Fläche der äusseren Membran eine grosse Anzahl kleiner Tüpfel aus- gebildet ist, Verschiedenheiten, in welchen indess nur gradweise Unterschiede von den Zellen mit netzfaltiger äusserer Membran er- blickt werden können." Diese von Mettenius gemachten Mittheilungen konnte ich, soweit mir die von ihm untersuchten Arten aus dem Leipziger Universitäts-Herbarium zu Gebote standen, grösstentheils bestätigen. Bei Besprechung der Art und Weise des Dickenwachsthums solcher gewellter, gefalteter oder netzartiger Membranen werde ich auf die gegebenen Citate Bezug nehmen. Ich will nun in Folgendem versuchen, die Verhältnisse, wie ich sie bei den von mir in dieser Hinsicht untersuchten Pflanzen ge- funden habe, entweder entwickelungsgeschichtlich oder in anderer Weise zu erklären. Ich bemerke jedoch ausdrücklich, dass die lieber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 89 nachstehenden Mittheilungen nur der Versuch einer Erklärung, die sich allerdings stets an das anatomisch und entwickelungsgeschichtlich Feststehende halten wird, sein soll. Zunächst sollen diejenigen Fälle besprochen werden, wo meiner Meinung nach die Tüpfel als eine nothwcndige oder auch mehr zu- fällige Folge anderer für die Pflanze zweckdienlicher Einrichtungen anzusehen sind, sodann die wenigen anderen Fälle, wo, wie ich glaube, die Tüpfel in jugendlichen Stadien als echte der Diosmose dienende Einrichtungen, in älteren dagegen als functionslos aufgefasst werden müssen. Die gegenseitige Verbindung der Epidermiszellen an ihren ra- dialen Wänden ist bei vielen Pflanzen dadurch eine festere geworden, dass diese Wände nicht grade verlaufen, sondern mehr oder weniger gewellt sind. Es wird durch diesen Umstand eine grössere Zug- festigkeit der Epidermis in tangentialer Richtung erzielt, da die be- rührenden Flächen vergrössert werden und in Folge dessen der Zu- sammenhang ein innigerer wird. Dass eine solche grössere Festigkeit der Epidermis in tangentialer Richtung für die Pflanzen in mehr- facher Hinsicht von grosser Wichtigkeit ist, leuchtet sofort ein, zu- mal gerade die Epidermis sehr häufig bedeutend auf Zug sowohl in der Längs- wie in der Querrichtung in Anspruch genommen wird. Ich kann hier auf die einzelnen Ursachen, welche eine derartige Inanspruchnahme auf Zug herbeiführen, nicht näher eingehen, son- dern verweise auf die von Haberlandt in seiner Schrift „Die phy- siologischen Leistungen der Gewebe" gemachten Bemerkungen über die Function der Epidermis.^) Jene Wellungen, die wie Verzahnungen wirken, finden sich jedoch bei einer Reihe von Pflanzen nicht auf der ganzen Ausdeh- nung der radialen Wände, sondern sie sind auf den äusseren, also der Luft zugekehrten , Theil derselben beschränkt. Sie kommen in diesem Falle dadurch zu Stande, dass die äusseren Partieen der Wände ein stärkeres Flächenwachsthum als die dem Innern der Pflanze zugekehrten besitzen. Solche Zellen entsprechen demnach 1) Encyclopädie der Naturwissenschaften, Botanils, herausg. von Schenk, Bd. II' S. 573 ff. 90 H- Ambronn, denjenigen, welche Metten ins als amphimorph gewellte bezeichnet. Die radialen Wände bekommen in Folge dessen eine eigenthümliche Gestalt, die innere Hälfte stellt eine Ebene, die äussere dagegen eine wellig hin und her gekrümmte Fläche dar. Betrachtet man die Form der letzteren rein theoretisch, so kann man sich die Entstehung derselben folgendermassen veranschaulichen; Denkt man sich eine gerade Linie, die gleichmässig in der Weise fortbewegt wird, dass sie mit ihrem einen Endpunkt auf einer geraden Linie, mit dem anderen dagegen auf einer, etwa der Sinuscurve ähnlichen, Wellencurve hinläuft, so bekommt man den äusseren Theil der Radialwände in den amphimorph -gewellten Epi- dermiszellen. ^) In der Natur dieser Fläche liegt es^ dass die Stärke der Wellun- gen von der ursprünglich vorhandenen Wellencurve an nach der geraden Linie zu immer mehr abnimmt, mit anderen Worten, dass die Differenz zwischen den Maxima und Minima der einzelnen Wellencurven, welche man erhält, wenn man sich die in Rede stehende Fläche durch successive Ebenen parallel mit der Ebene der bereits vorhandenen Wellencurve geschnitten denkt, immer geringer wird. Die Maxima sowohl wie die Minima dieser einzelnen Curven liegen in geraden Linien, welche in der Mitte der Radialwände an- setzen und schief in einer zur Aussenw^and und dem ebenen Theil der Radialwand senkrechten Ebene nach aussen gehen. Das Zustandekommen derartiger Wellungen ist nur dann mög- lich, wenn zwischen den äusseren und inneren Partieen der radialen Epidermiszellwände eine Differenz der Wachsthumsenergie vorhanden ist. Das Flächenwachsthum des äusseren Theils in der Richtung parallel zur Aussenwand der Epidermiszellen ist ein stärkeres, wie in dem inneren. Aus der Regelmässigkeit der Wellungen lässt sich zugleich mit Wahrscheinlichkeit schliessen, dass das stärkere Flächen- wachsthum von aussen nach innen allmälig und nicht sprungweise abnimmt, w^as ja auch aus anderen Gründen schon anzunehmen ist. Ist die Differenz zwischen der Stärke des Flächenwachsthums des 1) Anmerk. Die auf diese Weise erzeugte Fläche gehört zu der Kategorie der windschiefen Flächen, die dadurch charakterisirt sind, dass nie je zwei auf- einanderfolgende Lagen der erzeugenden Linie in eine Ebene fallen. lieber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 91 äusseren und inneren Theils einer Radialwand eine bedeutendere, so werden anfangs wohl ebenfalls Wellungen, später aber, wenn sich der äussere Theil noch mehr auszudehnen sucht, auch Faltungen, d. h. Duplicaturen, bei denen sich die Membranen dicht aneinander legen, entstehen. Jedenfalls werden aber solche Faltungen auftreten, wenn das stärkere Flächenwachsthum nicht gleichmässig vertheilt, sondern auf bestimmte Stellen beschränkt ist. Es werden hierdurch Faltungen hervorgerufen, die ähnlich jenen sind, welche sich in den assimilirenden Zellen vieler Coniferenblätter finden. Nur erstrecken sich bei den letzteren die Faltungen über die ganzen Wände hinweg, während sie bei den hier in Betracht kommenden amphimorphen Epidermiszellen sich nur auf die äussere Hälfte der Radialwände beschränken.^) Da auch hierbei, wie bei den Wellungen, das stär- kere Wachsthum allmälig von aussen nach innen zunimmt, so wird die Form der in das Zelllumen hineinragenden Faltungen die eines rechtwinkligen Dreiecks sein, das senkrecht zur Radial- und Aussen- wand verläuft. Die eine Kathete desselben setzt an die Radialwand, die andere an die Aussenwand an und die Hypotenuse ist dem Innern der Zelle zugekehrt. Faltungen und Wellungen kommen oft combinirt vor und zwar in der Weise, dass anfangs die Radialwände schwach gewellt werden, und dass dann später, unter Beibehaltung der einmal vorhandenen Wellungen, an den Stellen, wo die Maxima und Minima der Wellen- curve liegen, noch Faltungen eintreten. Diese alterniren in Folge dessen regelmässig in den an einander stossenden Zellen. Eine derartige Combination von Faltung und Wellung findet sich häufig bei den Hymenophylleen, wie aus den bereits citirten Angaben von Mettenius und den hierzu gehörigen Figuren der genannten Abhandlung ersichtlich sind. Auch in der Epidermis mancher Coniferennadeln und der Equi- setenhalme finden sich ähnliche Vorhältnisse, auf die ich weiter unten noch eingehender zu sprechen kommen werde. Die Faltungen sind nun nicht, wie die Wellungen, dazu geeig- net, die Festigkeit der Epidermis in tangentialer Richtung zu ver- 1) Es entsprecben also solche Zellen den amphimoiph-divaricaten nach Mettenius. 92 H. Ambronn, stärkcD, denn durch die Einfaltungen werden wohl die Flächen der Radialwände selbst vergrössert, aber nicht die Berührungsflächen an einander stossender Epidermiszellen. Die Faltungen haben dagegen eine andere Function, die darin besteht, dass sie in ihrer Form als dreiseitige Träger eine wirksame Aussteifungseinrichtung der zarten Epidermiszellen bilden und so das Collabiren der Wände, vorzugs- weise das Eindrücken der Aussenwand bei starker Verdunstung mög-. liehst verhindern. Dieselbe Wirkung würden selbstverständlich auch andere der Form nach ähnliche Träger ausüben, die ihren Ursprung nicht Fal- tungen verdanken, sondern die als Yerdickungsleisten, welche den Radialwänden ansitzen, aufzufassen wären, wie dies für die Epidermis- zellen mancher Blumenblätter wahrscheinlich ist. Die Epidermiszellen mit gewellten Radial wänden haben offen- bar, wie schon erwähnt, zunächst die Bedeutung, eine in tangentialer Richtung widerstandsfähigere Epidermis herzustellen, sie haben ausserdem noch mechanisch dieselbe Wirkung wie die Faltungen oder Verdickungsleisten; denn durch diese Ausbiegungen des oberen Theils der radialen Epidermiszellwände werden ebenfalls derartige, wenn auch nicht ^o wirksame Stützen, wie sie die Faltungen dar- bieten, geschaffen. Wir sehen also , wie sowohl Faltungen als Wellungen für die Festigkeit der einzelnen Epidermiszellen bezw. der ganzen Epidermis von Wichtigkeit sein können. Die eben mitgetheilten Beobachtungen und Betrachtungen be- ziehen sich zunächst nur auf die Ausbildung der Epidermis und ihrer Elemente im jugendlichen noch unverdicktem Zustande. Dass gerade in diesem Altersstadium , wo die Blätter oder Stengel noch nicht ihre volle Ausbildung erlangt haben und noch in lebhaftem Wachsthum begriffen sind, einerseits die Inanspruchnahme der Epi- dermis auf Zug weit mehr hervortritt und andererseits die zarten nur von einer schwachen Cuticula überdeckten Zellen der Verdunstung mehr ausgesetzt sind, als später, wenn die betreffenden Organe ihr Wachsthum beendet haben, ist sofort einleuchtend. Fragen wir nun, welches Bild bieten uns solche Epidermis- zellen mit ihren gewellten oder gefalteten Radialwänden bei vorge- Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 93 schrittenem Dickenwachsthuin dar. Zunächst möge der Fall be- trachtet werden, wo jene in ihrem äusseren Theile gewellten Epider- miszellwände vorliegen. Es ist eine mechanische Nothwendigkeit, dass die äusseren stärker wachsenden Partieen der Wände passiv in mehr oder minder regelmässiger Weise wellenförmig hin und her gebogen werden. Durch dieses passive Hin- und Herbiegen entstehen in der gewellten Membran naturgemäss manche Spannungsdifferenzen. An den Stellen, wo die Maxima und Minima der Wellencurve liegen, erfährt die Membran offenbar einen Druck senkrecht zu ihrer Fläche; an den Stellen jedoch, die zwischen den Maxima und Minima liegen, also an den sogenannten Beugungspunkten der Curve, ist ein derartiger Druck nicht vorhanden. In Fig. 1 geben die an den Punkten m vorhandenen Pfeile die Richtung des Druckes, welchen die Membran durch die Biegung erfährt, und b die Stellen, wo die Beugungs- punkte liegen, an. Es ist ausserdem selbstverständlich, dass die Theile, welche an den Stellen der Maxima und Minima auf der con- vexen Seite liegen, auf Zug, diejenigen dagegen, die auf der con- caven Seite liegen, auf Druck in Anspruch genommen werden. Wir können nun zwar nicht mit Bestimmtheit behaupten, welche Einwirkungen ein passives Hin- und Herbiegen der Radialwände und die offenbar damit verbundenen Spannungsverhältnisse in be- stimmten Partieen derselben auf die Art und Weise des Dicken- wachsthums ausüben können; aber immerhin kann es als wahr- scheinlich hingestellt werden, dass da, wo starker Druck vorherrscht, sich nicht so leicht neue Micelle einlagern werden, als an den Orten, wo solcher Druck nicht vorhanden ist. Es scheint mir eine derartige Annahme erlaubt zu sein, da sie gegen unsere Anschauungen von der Einlagerung neuer Micelle, z. B. beim Wachsthum der Stärkekörner, nicht verstösst. Demnach wären also diejenigen Par- tieen der gebogenen Membran, welche den Concavitäten an den Stellen, wo die Maxima und Minima liegen, zugekehrt sind, am wenigsten für das Einlagern neuer Micelle geeignet, denn hier ist nicht nur ein Druck senkrecht zur Fläche, sondern auch noch ein solcher in tangentialer Richtung vorhanden. Diejenigen Partieen, welche den Convexitäten zugekehrt sind, erfahren zwar ebenfalls 94 H« Ambronn, einen Druck senkrecht zur Fläche, zugleich aber auch einen Zug in tangentialer Richtung, so dass hier eine Einlagerung- neuer Micelle schon eher möglich ist. Am besten eingerichtet für das Zustande- kommen von Dickenwachsthum sind jedenfalls diejenigen Partieen, die an den Beugungspunkten liegen, wo weder Druck senkrecht zur Fläche der Membran noch auch in der Richtung der Tangente stattfindet. Allerdings könnte hiernach die Wirkung jener passiven Biegung nur in den ersten Stadien des Dickenwachsthums bestimmend auf die Einlagerung neuer Micelle sein, aber es steht der weiteren An- nahme, dass diese anfängliche Wirkung auch für das fernere Dicken- wachsthum einen gewissen Einfluss beibehält, zunächst, ehe wir nicht besser darüber unterrichtet sind. Nichts entgegen. Es wäre ein solcher Einfluss als etwas Aehnliches aufzufassen, wie die Ein- wirkungen, welche die Ausbildung excentrischer Stärkekörner be- dingen. Schon die geringste Abweichung vom kugelig concentrischen Bau durch stärkeres Flächenwachsthum einzelner peripherischer Par- tieen übt, wie Nägeli^) aus seinen Untersuchungen folgert, auf die weitere Ausbildung der Stärkekörner einen bestimmenden Ein- fluss aus. Die Thatsachen, welche die genauen Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte und über den Schichtenverlauf im fertigen Zustande ergeben, stimmen mit den gemachten Annahmen vollkommen überein. Verfolgt man die Entwickelungsgeschichte solcher Epidermis- zellen, so sieht man in ganz jugendlichen Stadien, dass die radialen Wände der Zellen in ihrer ganzen Ausdehnung eben sind; erst später treten, allmälig immer stärker werdend, die Wellungen des äusseren Theiles derselben auf. Beginnt das Dickenwachsthum, so werden stets zuerst die Stellen, wo die Beugungspunkte der Wellencurve liegen, verdickt, sodann theilt sich dasselbe auch denjenigen Partieen der Maxima und Minima mit, die den Convexitäten zugekehrt sind, während die Stellen der Maxima und Minima, die an den Concavitäten liegen, fast ganz unverdickt bleiben. Schreitet das Dickenwachsthum nun noch weiter fort, so entstehen schliesslich Hohlräume, die aus gewissen i: Die Stärkekörner, S. 320 ff. üeber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 95 optischen Gründen wie schief von innen nach aussen gerichtete Tüpfel aussehen. In Folge ihrer Entwickelungsgeschichte liegen sie alternirend rechts und links von der Mittellamelle und grenzen fast direkt an dieselbe an. Macht man im fertigen Zustande den Schichtenverlauf in dem äusseren Theile der Radial wände durch quellende Mittel, wie ver- dünnte Säuren, deutlich sichtbar, so entspricht er vollständig dem Bilde, welches man sich auf Grund der Entwickelungsgeschichte und auch rein theoretisch auf Grund der oben auseinander gesetzten Spannungsverhältnisse in den passiv gebogenen Membranen construi- ren kann (vergl. Fig. 2). Am zahlreichsten sind die Verdickungsschichten an den Beu- gungspunkten und an den Stellen, wo die Convexitäten der Maxima und Minima liegen, während dort, wo die Concavitäten liegen, eine Verdickung fast gar nicht vorhanden ist, indem sich die Schichten, die an den Beugungspunkten liegen, nach den Concavitäten aus- keilen und somit jene engen vielfach als Tüpfel beschriebenen Kanäle bilden. Die Art und Weise des Dickenwachsthums, wde sie eben be- schrieben wurde, giebt nur Aufschluss über die Entstehung von tüpfelähnlichen Gebilden, wenn man die Radialwände und ihre wei- tere Ausbildung auf Flächenschnitten untersucht. Es bleibt deshalb noch übrig, auch diese Verhältnisse, wie sie sich in der Profil- ansicht, also auf Querschnitten finden, zu besprechen. Betrachtet man zunächst wiederum die jüngsten Stadien, so findet man, dass der Querschnitt der Epidermiszellen etwa die Form eines Rechtecks hat. In den darauf folgenden Alterszuständen , in denen zwar die Wellungen der Radialwände schon vorhanden, die letzteren aber noch unverdickt sind, zeigen die Querschnitte der Zellen, je nachdem sie durch die Welluug der einen oder beider Radialwände durchgegangen sind, etwa die Form eines Trapezes bezw. Rhomboides. Vergegenwärtigt man sich, in welcher Weise die Aussenwände der Epidermiszellen während des Zustandekommens der Wellungeu an den Radialwänden sich verhalten, so wird man sofort einsehen, dass dieselben in einzelnen Partiecn auf Zug, in anderen Partieen auf Druck und zwar in tangentialer Richtung in Anspruch genommen 96 H. Ambronn, werden. Da, wo die Maxima und Minima der Wellencurve liegen, wird die Aussenwand derjenigen Zelle, welcher die Concavität der Wellung zugekehrt ist, gezogen, derjenigen dagegen, in welche die Convexität hineinragt, gedrückt werden. Da aber die Aussenwände solchen Zug- und Druckwirkungen jedenfalls Widerstand entgegen- setzen, so wird die gewellte Fläche nicht genau mit der oben in rein theoretischer Weise definirteu windschiefen Fläche zusammen- fallen, sondern es werden sich in ihren äussersten Partieen, wo sie an den Aussenwänden ansitzt, geringe Abweichungen davon bemerk- lich machen. Die Abweichungen müssen sich darin kundgeben, dass die Radialwände in den Wellungen auf dem Querschnitte nicht als gerade Linien unter spitzem Winkel an die Aussenwände ansetzen, sondern dass sie in ihrem äussersten Theile leicht gebogen sind. Man kann dieses, zunächst durch theoretische Gründe geforderte Re- sultat des Widerstandes, den die Aussenwände der Wellung in den Radial wänden entgegensetzen, auf jedem Querschnitt durch derartige Epidermiszellen anatomisch bestätigt finden. Die Wirkung der Bie- gungen, deren Concavitäten und Convexitäten nach derselben Seite wie die der betreffenden Wellungen liegen, auf das Dickenwachs- thum der Radial- und Aussenwände wird nach dem oben Mitgetheilten eine ganz ähnliche sein, wie diejenige, welche durch die passiven Biegungen in den Wellungen an den Radialwänden allein hervor- gerufen wird; denn jene durch den Widerstand der Aussenwände bedingten Biegungen sind ja ebenfalls rein passiver Natur. Betrachten wir nun, wie sich der Verlauf des Dickenwachsthums gestalten wird. In Fig. 3 wird durch die Pfeile die Richtung angegeben, wo nach den eben besprochenen Einwirkungen der stärkste Druck senkrecht zur Fläche stattfindet, ausserdem ist einleuchtend, dass der am Scheitelpunkt der Concavität liegende Theil der Fläche am stärksten in tangentialer Richtung gedrückt wird. Hier also wird eine Einlagerung neuer Micelle am meisten auf Widerstand stossen. Dieser Widerstand wird mehr und mehr abnehmen , je weiter die Partieen der Aussen- und Radialwand von dem Scheitelpunkt der Concavität entfernt sind. Für die Aussenwand ist dieses sofort er- sichtlich, bei der Radialwand verhält sich die Sache deshalb so, Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 97 weil nach innen die Wellencurven immer flacher werden und schliesslich in der Mitte der Wand in eine gerade Linie übergehen. Je flacher aber die Wellenlinien werden, desto schwächer wird der Druck in den concaven Partieen in tangentialer Richtung wirken. Aus allen diesen Gründen muss also der aus diesen mannigfaltigen Spannungsverhältnissen in den Radial- und Aussenwänden resultirende tüpfelähnliche Canal ungefähr die Form eines Kegels erhalten, der nach aussen abgestumpft ist. Die Axe des Kegels wird etwa mit der Halbirungslinie des kleinsten Winkels, den die gewellte Radialwand mit der Aussenwand bildet, zusammenfallen. Alle diese zunächst aus theoretischen Folgerungen gewonnenen Resultate finden bei genauer anatomischer Untersuchung der fertigen Zustände sowohl als auch durch die Entwickelungsgeschichte ihre volle Bestätigung. Nur auf Grund dieser üebereinstimmung der theoretischen Annahmen und der wirklichen Verhältnisse schien es mir gerechtfertigt zu sein, eine derartige Erklärung für jene eigen- thümlichen Tüpfelbildungen zu geben, nach welcher sie ihrer Entwicke- lungsgeschichte nach Nichts mit den echten der Diosmose dienenden Poren zu thun haben, sondern als eine naturgemässe Folge anderer zweckdienlicher Einrichtungen aufzufassen sind. Die Mehrzahl der Tüpfel auf Aussenwänden von Epidermis- zellen, die bisher bekannt geworden sind, ist zurückzuführen auf Wellungen der Radialwände. Allgemein verbreitet finden sich die- selben in der Familie der Gräser. Sowohl die Epidermis der Stengel wie die der Blätter und Blattscheiden ist mit solchen Poren in den Wellungen der Radialwände versehen. Dadurch, dass in älteren Stadien diese Wände verhältnissmässig stark verdickt werden, hat es bei oberflächlicher Betrachtung oft den Anschein, als ob gar keine Wellungen vorhanden wären. Man kann jedoch stets bei genauer Untersuchung den w^elligen Verlauf der Mittellamelle nachweisen. Die Angabe Mohl's, dass bei Elymus arenarius i) nicht blos in den Wellungen sich Poren vorfänden, sondern dass solche auch auf der übrigen Aussenfläche zerstreut seien, kann ich niclit be- stätigen. 1) Ueber die Cuticula der Gewächse. Verm. Schriften S. 262. Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. n 98 H- Ambronn, Es ist diese Angabe Mohl's, die sehr oft citirt worden ist, ebenso auf einem Irrthume zurückzuführen, wie seine in derselben Abhandlung i) gemachte Bemerkung über Hakea gibbosa, die bekannt" lieh Nägeli bereits berichtigt hat. Die Poren, welche Mo hl bei Elymus arenarius auf der Aussen- wand gesehen haben will, gehören derselben gar nicht an, sondern es sind diejenigen, welche sich auf den Innenwänden der Epidermis- zellen vorfinden. Da der Zwischenraum zwischen Aussen- und Innen- wand ein sehr geringer ist, so hat es auf Flächenschnitten, zumal bei schwächerer Vergrösserung, den Anschein, als ob die Poren sich in der Aussenwand befänden. Bei stärkerer Vergrösserung erkennt man den wahren Sachverhalt sofort; man sieht ausserdem noch, dass da, wo Bastbündel direct unter der Epidermis liegen, stets ein schief gestellter spaltenförmiger Tüpfel der Bastzellwand mit dem kreisrunden der Epidermiszellwand correspondirt. Ein solches Ver- halten wäre natürlich nicht möglich, wenn sich die Tüpfel wirklich auf der Aussenw^and befänden. Auch Quer- und Längsschnitte lassen nicht den geringsten Zweifel darüber bestehen, dass die Angabe Mohl's auf einem Irrthum beruht. Ganz dasselbe gilt für alle anderen Gräser, welche ich unter- suchte. Soweit mir bekannt geworden ist, macht nur Bambusa, worauf ich später noch zu sprechen kommen werde, darin eine Aus- nahme. Ebenso wie die Gräser verhalten sich sehr viele Juncaceen und und Cyperaceen. Unter den Farnkräutern besitzen nach den An- gaben von Mettenius manche Hymenophylleen derartige Poren. Auch bei den anderen Abtheilungen der Farnkräuter ist die Wellung sowohl der ganzen Radialwände als auch nur des äusseren Theiles derselben in den Epidermiszellen der Blätter eine häufige Erschei- nung. In all den Fällen, wo nur* Wellungen des äusseren Theiles der Radialwände auftreten, finden sich in älteren Zuständen je nach der geringeren oder stärkeren Verdickung der Wände engere oder weitere bei durchfallendem Lichte röthlich aussehende Stellen, die den bei Gräsern, Juncaceen u. s. w. vorhandenen Poren vollkommen analog sind. Weitere Beispiele solcher Poren bieten die Equiseten 1) a. a. 0. S, 264. üeber Poren in den Aussenwänden von Epiderjpiszellen. 99 und manche Coniferen, hauptsächlich die Arten der Gattung Abies dar. Eine eigenthümliche Gestalt besitzen die Epidermiszellen der Blätter von Amaryllis formosissima. Hier sind die Wellungen nur auf die schmalen Querwände be- schränkt, die Längswände bleiben vollkommen gerade. An den Stellen, wo zwei Epidermiszellen in der Vertikalrichtung aneinander stossen, ist die trennende Querwand in ihrem äusseren Theile ein- oder zweimal wellig hin und her gebogen. Diese Wellungen greifen gewöhnlich auf die darüber oder darunter liegende, nicht selten jedoch auch auf die rechts und links angrenzenden Epidermiszellen über. Das weiter vorschreitende Dickenwachsthum führt dann eben- falls zur Bildung porenähnlicher Canäle. Auch da, wo Epidermiszellen mit den Querwänden an Spalt- öffnungen anstossen, finden sich häufig derartige Tüpfel vor. Unter den Dicotylen ist eine ziemliche Anzahl von Pflanzen bekannt, die ebenfalls solche Poren in den Aussenwänden der Epi- dermiszellen besitzen. De Bary giebt in seiner vergl. Anatomie^) eine Reihe solcher Pflanzen an, ebenso Kraus in seiner Abhandlung „Ueber den Bau der Cycadeenfiedern".-) In all den angeführten Fällen lässt sich das Vorkommen von Poren auf frühere vorhandene Wellungen zurückführen. Wesentlich Neues bieten daher alle diese Pflanzen nicht dar, weder in der Entwickelungsgeschichte noch in der späteren Ausbil- dung der Poren. Von der Stärke der Wellung im Jugendzustande ist es natürlich abhängig, ob im fertigen Zustande die Poren als enge Canäle oder nur als schwache Andeutung davon vorhanden sind. Ich halte es für unthunlich, jeden einzelnen Fall näher v.u. beschreiben, da hierzu fortwährend Wiederholungen nöthig wären; auch schien es mir überflüssig zu sein, noch mehr Beispiele anzu- führen, da es mir weniger darum zu thun war, neue Thatsachen, die nichts wesentlich Neues darbieten, beizubringen, als vielmehr darum, für die bereits bekannten auf Grund der Entwickeluugs- 1) S. 74. 2) Pringsheim's Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. IV, S. 318, 319. jAQ H. Ambronn, geschichte sowohl ^^^ ^^^^ ^^^^ Betrachtung der fertigen Zustänile eine ungezwungene l^r^lärung zu geben. Eine andere Art ^^^ Tüpfeln an der Aussenseite von Epidermis- zellen ist wie beref' ^^^^^ erwähnt wurde, auf das Vorkommen von Faltuno"en zurück '^^^^^^^^^^' Betrachten wir nun den Verlauf des Dickenwachs^^''^^^^' "^^'^^ ^^' ^^^^ hierbei gestalten wird. DiKi fälle von Faltungen, welche mir bei meinen Untersuchungen bekannt geworden sind, ebenso diejenigen, welche Mettenius bei den amphimorph-divaricaten Zellen der Hymenophylleen angiebt, sind alle zugleich von schwachen Wellungen der Radialwände be- gleitet. In sehr jugendlichen Stadien zeigen sich noch keine Fal- tungen, sondern es sind nur schwache Wellungen vorhanden. Diese Wellungen nehmen jedoch nicht weiter an Stärke zu, sondern es bildet sich an dem Scheitelpunkte jedes Wellenberges eine mehr oder weniger in das Lumen hervorragende Faltung. Es sind also auch wieder ganz ebenso, wie bei den Wellungen allein, die Partieen der Wände, wo die Concavitäten der Wellungen liegen, am wenigsten geeignet für die Einlagerung neuer Micelle. Etwas anders gestaltet sich jedoch die Verengung der zwischen ein- zelnen Faltungen enthaltenen dreiseitig prismatischen Zwischen- räumen, da hier von Beugungspunkten der Wellencurve in dem Sinne, wie oben, nicht die Rede sein kann. Die Verhältnisse sind deshalb hier etwas einfacher. Die durch Faltung hervorgerufenen dreiseitigen Stützen werden sich nach beiden Seiten hin gleichmässig verdicken, so dass der dazwischen liegende Raum immer enger wird. An den Stellen jedoch, wo die Concavität der ursprünglich vorhan- denen Wellungen liegt, wird das Dickenwachsthum der Radialwand weniger lebhaft vor sich gehen. Das Resultat wird also auch hier ein ähnliches wie bei den Wellungen sein, indem schliesslich durch einen derartigen Verdickungsprozess ebenfalls enge Hohlräume ge- schaffen werden, die in die verdickten Radial- und Aussenwände hineinragen. Sie werden von der Fläche gesehen aus optischen Gründen einen röthlichen Schimmer zeigen und in Folge dessen wie echte Poren aussehen. Ungefähr dasselbe würde wohl auch erfolgen, wenn jene Stützen nicht auf Faltungen zurückzuführen, sondern als Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszelleu. 101 Verdickungsleisten, die den radialen Wänden ansitzen, aufzufassen wären. Wie aus den obigen Literaturangaben zu sehen ist, hat bereits Metten ins eine ganze Reihe solcher Tiipfelbildungen bei Hymeno- phylleen nachgewiesen. Ich kann diesen Beispielen noch Picea cxelsa und einige andere Picea- Arten, ferner Equisetum hiemale hinzufügen. Bei dieser Equisetum-Art kommen allerdings auch noch netzartige Verdickun<^en vor, die mit jenen Stützen in Zusammenhang stehen, worauf ich später noch zurückkommen werde. Ausserdem kann ich für Equi- setum hiemale nicht als sicher hinstellen, dass die dreiseitigen Stützen als Faltungen zu betrachten sind, da es mir nicht gelan«^, durch Quellungsmittel dieselben in Wellungen überzuführen oder eine scharf abgegrenzte Mittellamelle zu unterscheiden. Da es aber wie ich bereits zeigte, für den Verdickungsmodus ziemlich gleich- gültig ist, ob Faltungen oder leistenartige Verdickungen vorliegen, so sind diese Fälle immerhin hierher zu rechnen, zumal auch hier immer erst schw^ache Wellungen auftreten. Auf jedem Wellenberg bildet sich dann ganz wie bei Picea eine solche Stütze, wodurch ein regelmässiges Alterniren der Tüpfel im fertigen Zustande hervorge- rufen wird. An den oberirdischen Stengeln von Equisetum hiemale kommen übrigens auch Tüpfel vor, welche AVellungeu allein ihren Ursprung ver- danken; jene dreieckige Stützen sind hier nicht vorhanden. Je älter die Blätter von Picea werden, desto weniger deutlich werden die Tüpfel, da sich die Verschiedenheit des Dickenwachs- thums allmälig auszugleichen scheint, so dass schliesslich nur noch schw^ache zackenartige Ansätze an den Radialwänden zurückbleiben. Ganz dasselbe Verhalten, wie bei Picea, habe ich auch bei einer nicht näher bestimmten Art von Cunninghamia gefunden, nur l)in ich auch hier nicht sicher, ob die dreiseitigen Stützen Faltungen oder Verdickungsleisten sind. Es giebt nun noch, wie bereits erwähnt wurde, einen dritten Fall von Poren in den Aussenwänden der Epidermiszelleu, bei dem dieselben ebenfalls die Folge einer anderen nützlichen Einrichtung im Baue der Epidermiszelleu sind. Nicht blos solche Stützen, wie sie im Vorhergehenden beschrieben wurden, dienen dazu, die Epi- 102 H. Ambronn, dermis gegen die schädlichen Wirkungen starker Verdunstung zu schützen, sondern auch noch andere Aussteifungseinrichtungen haben diesen Zweck. So können netzartige Verdickungen oder Faltungen der Aussenwände im jugendlichen Stadium einen ebenso wirksamen Widerstand gegen Collabiren oder Eindrücken der Wände leisten. Solche netzartige Verdickungen oder netzartige Faltungen schei- nen seltener vorzukommen w^ie die Wellungen und Faltungen der Radial wände; sie finden sich vorzugsweise in den Blättern mancher Cycadeen, Coniferen und an manchen Partieen der Equisetenhalme, ausserdem nach Mettenius bei vielen Hymenophylleen. Die Art und W^eise, wie in Folge der netzartigen Verdickungen schliesslich enge Porenkanäle entstehen, ist aus dem Verlauf des Dickenwachsthums leicht zu erkennen. In ganz jugendlichen Sta- dien sind die Maschen zwischen jden netzartigen Verdickungsleisten noch ziemlich weit, bei fortschreitendem Dickenwachsthum werden dieselben immer enger und schliesslich entstehen im fertigen Zu- stande jene engen Tüpfel. Das beste Beispiel für diese Art von Poren bieten die Blätter der Cycas- Arten. Sowohl in den Epidermiszellen der Blätter als auch in denen der Blattstiele finden sich zahlreiche meist längs der Radialwände verlaufende Poren in den Aussenwänden. Auf Quer- und Längsschnitten sieht man deutlich, dass Porenkanäle, ungefähr von der Form abgestumpfter Kegel, in die ziemlich starken Ver- dickungen der Aussenwände hineinragen. Dieselben reichen aber niemals bis direkt an die Cuticula, sondern gehen kaum bis über die Hälfte der Verdickung hinaus. Macht man durch Quellungs- mittel auf Querschnitten den Schichtenverlauf sichtbar, so zeigt sich, dass nicht, wie bei echten Poren, die Verdickungsschichten an den Wandungen der Porenkanäle plötzlich abbrechen, sondern dass sie sich ganz allmälig auskeilen; dass die Verdickungsschichten ver- laufen, wie es in Fig. 8 dargestellt ist. Diese Art der Verdickung stimmt mit der Entwickelungsgeschichte vollkommen überein. Schon in ziemlich jungen Stadien zeigen sich in den Epidermiszellen und zwar nicht blos in den Aussenwänden, sondern auch an den radialen und Innenwänden netzartige Ver- dickungen mit weiten Maschen, so dass also die Epidermiszelle eine ähnliche Structur besitzt, wie sie sich in den netzfaserartig verdickten Ueber Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen. 103 Trachei'den findet. Die Netzfasern der Aussenwand werden nun mit zunehmendem Dickenwachsthum stärker und verbreitern sich ausser- dem, so dass die zwischen ihnen befindlichen Maschen allmälig immer enger werden und schliesslich im fertigen Zustande als enge Porenkanäle erscheinen. Die Art ihrer Entstehung erklärt auch, weshalb sie vorzugsweise längs der Radialwände auftreten, denn die gegenseitigen Vereinigungen der von den Radialwänden immer einzeln ausgehenden Netzfasern liegen regelmässig in der Mitte der Aussen- wand und es treten hier zwischen den einzelnen Fasern nur selten Maschen auf. Derartige netzartige Verdickungen sind unter den Cycadeen, soweit mir bekannt geworden ist, nur bei Arten der Gattung Cycas vorhanden; die übrigen Gattungen besitzen dieselben nicht. Bei Stangeria paradoxa finden sich zwar Poren in den Aussenwänden, aber dieselben sind nicht auf netzartige Verdickungen, sondern auf Wellungen der Radialwände zurückzuführen, wie auch schon aus der von Kraus gegebenen Abbildung ersichtlich ist. Es finden sich in Folge der Wellungen Poren, die längs der Radialwände verlaufen und ganz mit den bereits beschriebenen bei Gräsern u. s. w. übereinstimmen. Auch bei manchen Coniferen sind derartige netzartige Ver- dickungen vorhanden. Sie finden sich in den Blättern mehrerer Pinus-Arten, P. silvestris, P. Cembra, P. Pumilio, ferner bei Cedrus Deodora; jedoch sind nicht alle Oberhautzellen mit derartigen Ver- dickungen der Aussenwände versehen, sondern nur diejenigen, welche in der Nähe der Spaltöffnungen liegen. In den anderen Epidermis- zellen sind allerdings ebenfalls Poren auf den Aussenwänden vor- handen, aber dieselben entstehen durch Wellung der Radialwände und stehen deshalb längs der letzteren. Auf den übrigen Partieen der Aussenwände finden sich keine Poren, obwohl es auf Flächen- schnitten oft den Anschein hat, als ob Tüpfel vorhanden wären. Bei genauerer Untersuchung zeigt sich stets, dass es, ähnlich wie Elymus arenarius, die Poren der Innenwand sind, welche die Täu- schung veranlassen. Die in der Nähe von Spaltöffnungen liegenden Zellen haben im jugendlichen Zustand sehr weite Maschen zwischen den Netzfasern und die letzteren sind ganz schmal; dabei sind die Netzfasern ge- wöhnlich sehr unregelmässig angeordnet, so dass die Maschen bald 104 H- Ambronn, breit spaltenförmig , bald auch mehr kreisförmig erscheinen. In Fig. 5 sind die betreffenden Zellen von Pinus silvestris dargestellt. Später werden die Maschen ganz wie bei Cycas allmälig enger und schliesslich bleiben nur noch schmale Spalten oder enge Löclier übrig. In einigen Fällen war es mir sehr wahrscheinlich, dass das weiter vorgeschrittene Dickenwachsthum sogar zum Verschliessen der Poren führe, da beim Einlegen der Schnitte in Schwefelkohlenstoff oft in einige Poren der Zelle diese Flüssigkeit sofort eindrang, in andere dagegen nicht. Erst nachdem die Schnitte längere Zeit, etwa einen Tag, in Schwefelkohlenstoff gelegen hatten, waren alle Poren damit gefüllt. Noch deutlicher zeigte sich dieses Verhalten bei den Knospen- schuppen einiger Pinus-Arten^ an deren Epidermis ebenfalls solche durch anfänglich netzartige Verdickungen hervorgerufene Poren vor- handen sind. Sofort nach dem Einlegen w^ar etwa nur die Hälfte der Poren mit Schwefelkohlenstoff erfüllt, die übrigen hatten das frühere röthliche Aussehen beibehalten und erst, nachdem die Schnitte etwa einen Tag laug oder noch länger in der Flüssigkeit gelegen hatten, zeigte sich die charakteristische schwach bläuliche Farbe, wie sie durch das Eindringen von Schwefelkohlenstoff in Porenkanäle hervorgerufen wird. Die Schnitte wurden stets erst längere Zeit mit Aether behandelt und dann erst in Schwefelkohlenstoff gelegt. Der Umstand, dass der Schwefelkohlenstoff unter solchen Ver- hältnissen in manchen Poren erst nach längerer Zeit, in andere da- gegen, die derselben Zelle angehören, sofort eintritt, spricht dafür, dass die ersteren durch das Dickenw^achsthum zum Theil verschlossen wurden. Man muss annehmen, dass der Schwefelkohlenstoff nach längerer Zeit durch die Zellmembran hindurch zu dringen und so die vorhandene Höhlung auszufüllen vermag, was ja sehr leicht mög- lich ist. Obw^ohl hiernach ein Verschluss der Poren als wahrschein- lich anzusehen ist, so kann es doch nicht mit der wünschenswerthen Genauigkeit anatomisch bestätigt werden ; es ist mir nicht gelungen, auf Quer- oder Längsschnitten diese Frage sicher zu entscheiden. Auch bei einigen Equiseten finden sich Tüpfel in den Aussen- wänden der Epidermiszellen ; wie schon oben erwähnt wurde, sind die Radialwände in ihrem äusseren Theile stark gewellt und es üeber Poren in den Aussenwänden von Epidernuszellen. 105 treten in Folge dessen im fertigen Zustande in allen Epidermis- zellen Poren auf, die denen bei den Grä-sern ganz analog sind. Ausserdem aber besitzen manche Equiseten, z. B. E. hiemale, E. variegatura, E. limosum auch noch an bestimmten Stellen des Sten- gels netzartige Verdickungsleisten an der Aussenwand der Oberhaut- zellen. Am schönsten sind diese ausgebildet am Rhizom von E. hie- male. Wellungen der Radialwände sind auch hier anfanglich vor- handen, später gehen aber, ähnlich wie bei den Coniferen, von jedem Wellenberg aus Verdickungsleisten quer über die Aussenw^ände hin- weg nach den Wellungen der anderen radialen Längswand der Zelle. Diese Verdickungsleisten werden bald ziemlich stark, so dass die Zelle aussieht, als wenn sie in lauter niedrige Querfächer getheilt wäre. Die Leisten bilden jedoch nicht immer nur eine solche leiterartige Verdickung der Aussenwand, sondern sie verbinden sich auch öfters und gewähren dann mehr das Aussehen eines Netzes mit kleineren und grösseren Maschen. Im fertigen Zustande finden sich die Maschen oder Spalten zwischen den Verdickungsleisten stark verengt, so dass sie ein ähnliches Bild geben, wie die spaltenförmigen Poren der den Spaltöffnungen benachbarten Zellen der Pinus-Arten. Aehnliche Verhältnisse finden sich bei E. varie- gatum und E. limosum an denjenigen Partieen der Stengel, die in der Nähe der Scheiden liegen oder von denselben bedeckt sind, also direct über den Stellen, wo das intercalare Wachsthum stattge- funden hat. Eine eigenthümliche Art der Verdickung ist noch zu erwähnen, die sich an den Aussenwänden der Blattepidermiszellen einiger f^pacrideen, Arten der Gattungen Epacris und Leucopogon, vorfinden. Am deutlichsten zeigt dies Epacris paludosa. Zunächst sind hier ebenfalls Wellungen des äusseren Theils der Radial wände vorhanden und deshalb in älteren Stadien Poren, die mit denen der Gräser übereinstimmen. Ausserdem aber linden sich zahlreiche sehr ver- schiedenartig gestaltete porenähnliche Spalten auf der übrigen Aussen- wand. Sie besitzen fast nie einen kreisförmigen Imriss, sondern in den meisten Fällen die Form von unregclmässigen nach allen Rich- tungen hin verlaufenden Spalten. Von der Fläche gesehen bietet 106 H. Ambronn, die Epidermis der Blätter etwa das Bild dar, wie es in Fig. 6 dar- gestellt ist. Nicht selten laufen diese Spalten von den in den Wellungen sich befindenden Poren aus. Auf Querschnitten sieht man, dass die Spalten nicht bis an die hier sehr mächtige Caticula, sondern nur etwa bis zur Hälfte der Verdickungsschichten gehen. (Vgl. Fig. -7.) Macht man durch Qaellungsmittel den Schichtenverlauf sichtbar, so zeigt sich sehr deutlich, dass die einzelnen Schichten in mehr oder weniger stark gebogenen Wellenlinien an den Stellen, wo jene Spalten sich vorfinden, verlaufen und sich nicht plötzlich sondern ganz allmälig an der Wandung der Spalten auskeilen. Auch ist die Weite der Spalten, da, wo sie an das Lumen der Zelle angrenzen, gewöhnlich doppelt so gross, als an ihren nach aussen liegenden Enden. In jungen Stadien sind diese Spalten auch etwa doppelt so weit wie später, so dass die Verdickung der Aussenwand auch hier als eine netzartige, aber sehr unregelmässige anzusprechen ist. Aehn- liche finden sich bei Epacris grandiflora und E. splendens, doch sind hier, hauptsächlich bei der letzteren Art, die Spalten enger wie bei E. paludosa. Bei der anderen bereits genannten Gattung Leuco- pogon ist die Verdickung der Aussenwand noch eigenthümlicher wie bei Epacris. Man findet hier verschiedene Fälle; entw^eder ist die Aussenwand in ihrer ganzen ^Ausdehnung gegenüber den Seiten- wänden verhältnissmässig schwach verdickt oder es laufen ein oder zwei, selten mehrere breite Verdickungsleisten auf derselben hin, die sich meist an einigen Stellen vereinigen. In dem letzteren Falle entstehen Spalten, die gewöhnlich sich über die ganze Länge der Aussenwand erstrecken. Ausserdem ist die ganze Epidermis mit einer sehr starken Cuticula bedeckt, die an ihrer Innenseite zahlreiche Risse und Spalten besitzt, in welche die Cellulosemembran der Aussenwand hineinragt. Hierdurch ge- winnt es auf Flächenschnitten den Anschein, als ob zahlreiche mannigfaltig gestaltete kleine Poren in den Aussenwänden vorhanden wären, da durch das Eindringen der schwächer lichtbrechenden Cellulose in die Cuticula die Risse und Spalten der letzteren ein röthliches Aussehen bekommen, ähnlich wie dies bei Hakea gibbosa der Fall ist. Untersucht man die Epidermiszellen von LeucopogonCunninghamii üeber Poren in den Aussenwäuden von Epidermiszellen. 107 auf Querschnitten, so sieht man sofort, dass die Cuticula sehr zer- rissene Contouren zeigt und die Cellulose stets diese Unebenheiten ausfüllt. . Aehnlich wie Leucopogon Cunninghamii verhält sich auch L. Richii. Auch diese Art der Verdickung, wie wir sie bei Leucopogon und Epacris finden, ist nicht als eine solche aufzufassen, die etwa den Verkehr der Epidermiszellen mit der angrenzenden Luft er- leichtern soll. Eine derartige Erleichterung würde gänzlich verhindert werden durch die starke Cuticula, und dies ist auch erklärlich, wenn man bedenkt, dass gerade die genannten Epacrideen in den trockensten Gegenden einheimisch sind. Alle im Vorhergehenden besprochenen Fälle von Poren in den Aussenwänden von Epidermiszellen lassen sich also in ganz unge- zwungener Weise erklären, ohne dass man'etwa anzunehmen brauchte, diese Tüpfel hätten dieselbe Function wie die im Innern der Gewebe vorkommenden und ohne dass man daraus denselben Schluss, wie Hofmeister (1. c. p. 171), 7J eben fmüsste. _ Immerhin bleiben aber noch zwei Fälle übrig, bei denen man eine derartige Erklärung nicht zu geben vermag. Es sind dies zu- nächst die bereits erwähnten Poren in den Ep':lermiszellen des Stengels und der Blattscheiden von Bambusa und sodann diejenigen, welche in der Epidermis der Luftknollen mancher Orchideen sich finden. Bei Bambusa sind sowohl an den Blattspreiten wie auch an den Stengeln und Blattscheiden die Radialwände der Epidermis- zellen in ihrem äusseren Theile [gewellt und aus diesen Wellungen resultiren im fertigen Zustande dieselben porenähnlichen Gebilde wie bei den übrigen Gräsern. Ausserdem aber finden sich noch Tüpfel auf den übrigen Partieen der Aussenwände mit Ausnahme derjenigen die der Blattspreite angehören. Die entwickelungsgeschichtliche Untersuchung ergiebt, dass die Entstehung und auch die weitere Ausbildung derselben vollkommen übereinstimmt mit derjenigen der echten Poren. Es wenlen in sehr jungen^^Stadien schon kleine kreisrunde Stellen sichtbar, an denen die Wand sich nicht weiter verdickt: im fertigen Zustande sind die Poren oft verzweigt und durchsetzen die Verdickungsschichten, die sich an den Porenwandungen plötzlich aus- 108 H. Ambronn, keilen, ziemlich senkrecht. Auf dem Querschnitt erscheinen die Poren, da die Wände convex nach aussen gewölbt und die Verdickungsschichten demgemäss in Bogen verlaufen, als enge Kanäle, die wie orthogonale Trajectorien zu den Curven der Verdickungschichten ähnlich wie die Risse in einem Stärkekorn verlaufen. Da die ganzen Wände sehr stark verkieselt sind, so ist wohl auch hier nicht anzunehmen, dass die Poren in den älteren Stadien dieselbe Function wde echte Tüpfel haben; ausserdem aber wären, wenn durch dieselben etwa eine Ver- bindung mit der äusseren Luft erzielt werden sollte, Stengel und Blattscheiden viel w^eniger zu einem derartigen Verkehr geeignet wie Epidermis der Blattspreite; an der letzteren sind aber solche Poren nirgends zu finden. Im jugendlichen Zustande, wo eine Verkieselung der Epidermis- zellwände noch nicht eingetreten ist, dieselben auch noch weniger verdickt sind, liegen Scheiden und Stengel ganz eng aneinander, die Cuticula ist noch sehr zart und zwischen den aufeinanderliegenden Scheiden und auch zwischen dem Stengel und der umschliessenden Scheide kann in Stadien, in denen diese Organe noch im lebhaften Wachsthum begriffen sind, recht wohl eine Diosmose des Zellsafts in den Epidermiszellen der direkt aueinanderstossenden Stengel und Scheiden stattfinden. Später, wenn dieselben ausgebildet und ihre Wände stark ver- kieselt sind, ist natürlich ein solcher Verkehr nicht mehr möglich und die noch vorhandenen Poren sind höchst wahrscheinlich als funktionslos zu betrachten. Ebenso wde bei Bambusa verhält sich die Sache bei den Luft- knollen einiger Orchideen aus den Gattungen Oncidium, Stanhopea, Lycaste, Gongora. Die Radialwände der Epidermiszellen sind hier ebenfalls gewellt, aber nicht blos in ihrem äusseren Theile, sondern auf der ganzen Fläche. Poren, durch Wellungmidieen betrift't, so möchte ich das gänzliche Fehlen der Krystalle auch bei ihnen noch nicht als Regel aufstellen, sondern eher in der kleinen Zahl von Exem- plaren, welche ich von ihnen untersuchen konnte, die Ursache mei- ner negativen -Resultate finden. Uebrigens schliesst die Abwesenheit der Kry.stalle noch nicht das Vorhandensein von Gyps aus, da derselbe, entsprechend seiner Löslichkeit im WassÄ-, im Zellsafte gelöst vorkommen kann. Gleichwohl steht der Annahme nichts entgegen, dass sich unter den Desmidieen auch solche Formen finden, welche constant frei von Gyps sind. Da wir über die physiologischen Eigenthümlich- keiten der Desmidieen noch gar nichts wissen, so halte ich vorläufig alle Speculationen über etwaige Umstände, welche das Fehlen der Krystalle bei der dritten Gruppe erklären könnten, für unberechtigt und berücksichtige im weiteren Verlaufe unserer Auseinandersetzung nur die anderen sieben Gattungen. Einige von ihnen verdienen unser besonderes Interesse noch deshalb, weil bei ihnen neben dem Gyps fast regelmässig kleine Körnchen, die Zersetzungskörperchen , auftreten, welche durch ihr reichliches Vorkommen das Aussehen der Alge durchaus verändern. Zunächst möchte ich auch von diesen Zersetzungskörperchen ab- sehen und ausschliesslich die Gypskrystalle zum Gegenstand einer kurzen Betrachtung machen. Für die Formen der ersten Gruppe, bei denen die Krystalle zu den constauten Inhaltskörpern der Zelle gehören, lässt sich bei der eigenartigen Vermehrungsweise der Desmidieen, durch Theilung, er- warten, dass auf diesem Wege die, einmal ausgeschieden, für ihis Leben der Zelle jedenfalls werthlosen Gypskrystalle niemals aus ilir entfernt werden können. Da anzunehmen ist, dass bei fortgesetzter Vegetation eines Individuums immer neue Krystalle gebildet werden, so müssten dieselben schliesslich so bedeutend überhand nehmen, dass sie der normalen Entwickelung des übrigen Zellinhaltes sehr nachtheilig werden könnten. Obgleich nun bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung eine Ausleerung der KrystaUe nicht erfolgen kann, wird dennoch durch den Theilungsvorgang einer Uebcrfüllung der Zelle mit Gyps vorgebeugt. Sobald die günstigen Bedingungen für eine lebhafte Assimilations- 172 Alfred Fischer, tliiitlgkcit der Dcsmidiceu gegeben sind, werden auch die Theilungs- sclirittc schnell aufeinander folgen, und ein neu entstandenes Indivi- duum wird nicht allzu lange der einseitigen Thätigkeit der Nah- rungsaufnahme leben können, sondern bald eine neue Theilung er- fahren. Umgekehrt wird unter Umständen, welche die vegetative Ver- mehrung der Desmidieen verhindern, auch eine Herabsetzung der übrigen Lebensprocesse eintreten, der Stoffwechsel wird weniger energisch von statten gehen. Dann werden aber auch seine Neben- producte, also die Gypskrystalle, minder zahlreich sich bilden und durch ihre Anhäufung das Leben der Zelle gefährden können. Im anderen Falle, also bei höchster Energie der Ernährung, wird die Menge der entstehenden Krystalle durch die eintretende Fortpflanzung auf zwei Zellen vertheilt und somit eine übermässige Ansammlung des Gypses verhindert. Nehmen wir z. B. an, dass eine ausgewachsene Closteriumzelle 200 Gypskrystalle entlialte, welche zu je 100 auf eine Zellhälfte entfallen, so werden nach der Theilung in jeder der sich zu einem ganzen Individuum ergänzenden Zellhälften nur 100 Krystalle vorhanden sein. Setzen wir voraus, dass 200 Gyps- krystalle für das Gedeihen der Closteriumzelle ein Optimum be- zeichnen, so kann die auswachsende Zellhälfte bis zu der nächsten Theilung 100 neue Krystalle ohne Nachtheil abscheiden. Die nun- mehr ausgewachsene Zelle enthält wiederum 200 Kiystalle in der früheren Vertheilung und es wird , bei der nun eintretenden vege- tativen Vermehrung, dasselbe geschehen wie früher, d. h. je 100 Krystalle werden einem neuen Individuum von der Mutter- zelle überliefert. So geht die Sache von Generation zu Generation weiter, immer bleibt aber, ceteris paribus, in den ausgewachsenen Individuen die Zahl der Krystalle nahezu constant. Wie viel Indi- viduen einer und derselben Species man auch immer durchmustert, niemals findet man auffallende Differenzen in dem Krystallreich- thum der Endbläschen und des übrigen Saftraumes vor. Sobald wir annehmen, dass Zelltheilung und Krystallabscheidung von denselben Bedingungen abhängig sind, und dies allein halte ich für natur- gemäss, dann wird durch die vegetative Vermehrung, welche eine Ausscheidung der Krystalle aus der Zelle nicht ermöglicht, in der oben angedeuteten AVeisc einer übermässigen Ansammlung von üeber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den Desmidieen. 173 Krystallen entgegengearbeitet. Ja, es leuchtet ein, dass gerade durch die eigenartige Theilung der Desmidieen die Zahl der Krystalle iu den auf einander folgenden Zellgeuerationen constant erhalten wird. Ebenso wie für Closterium gilt natürlich unsere Berechnung auch für die anderen Gattungen, also für Plcurotaenium, Penium und Tetmemorus. Wie gestalten sich nun die Verhältnisse bei der Zygotenfort- pflanzung? Frühere Beobachter haben den ja nur untergeordnetes Interesse gewährenden Krystallen keine Aufmerksamkeit geschenkt und ich selbst kann nur nach dem Verhalten der reifen Zygoten von Closte- rium rostratum diese Frage entscheiden, da ich weder die Copulation, noch die Zygotenkeimung bisher beobachtet habe. Schon durch den Umstand, dass bei einigen Closterien, z. B. Cl. Lunula 'j, nur zwischen halberwachsenen Individuen Copulation stattfindet, bei anderen Arten dagegen, z. B. Cl. rostratum voll- ständige Exemplare zu Gameten werden, wird es nahe gelegt, dass die Zahl der in den Zygoten eingeschlossenen Krystalle eine verschie- dene sein muss. Bei Cl. Lunula dürften nur so viele in der Zygote enthalten sein, als in einem ausgewachsenen Individuum, bei Cl. rostra- tum doppelt so viel. Nach meinen Beobachtungen an den Zygoten dieser Art bleiben nur wenige Krystalle in den sich entleerenden Häuten der copulirenden Zellen zurück, die meisten wandern in den Copulationscanal mit ein und linden sich in der reifen Zygote wieder (Fig. 14, Taf. X). Da die Copulation im Innern eines allseitig geschlossenen Raumes stattfindet, so müssen nothwendigcrweise die Krystalle in die Zygote aufgenommen werden, und können nicht, wie wohl sonst bei Befruchtuiigsvorgängen, als unbrauchbar ausge- stossen werden. Immerhin könnten sie in den leeren Membranen zurückbleiben, aber auch dies geschieht nicht. Die Zygoten der Closterien enthalten also ebenfalls GypskrystaHe. Möglicherweise könnten dieselben bei der Keimung abgeschieden werden, allein dies dürfte doch den Beobachtern nicht entgangen sein und sonach müssen wir annehmen, dass auch die durch Kei- mung einer Zygote entstehenden Individuen von Anfang au Gyps- 1) Conf. de Bary: C'uujugateu, Taf. V, Fig. 24. 174 -^l^'^''' I'i'^'her, krystalle fiilircn , welche in den copuliienden Zellen .schon enthalten Avaren. Da nach den bisherigen Erfahrungen mindestens zwei neue Closterien niis einer Ruhespore hervorgehen, so kann auch durch die geschlechtliche Fortpflanzung eine Ueberfüllung der jungen Keim- linge mit Gypskrystallen nicht hervorgerufen werden. Im Ucbrigen sind wir noch zu w^enig über den Keimungsprocess unterrichtet, um weitere Auseinandersetzungen daran anknüpfen zu können. Auf keinen Fall wird also weder durch die ungeschlechtliche noch durch die geschlechtliche Fortpflanzung eine übermässige Auf- speicherung von Krystallen eingeleitet, im Gegentheil wird durch die beiden Formen der Desmidieenfortpflanzung eine Normirung des Krystallgehaltes angebahnt. Niemals werden aber die einmal in einer Zelle gebildeten Krystalle bei Lebzeiten der erstcren ent- fernt, sondern verbleiben bis zu dem Tode derselben darin. Bei ungestörter Entwdckelung der Closterien etc. kann demnach ein Gypskrystall viele Generationen durchwandern und vielleicht auch bei geeigneter Lage wachsen, so dass es uns nicht auffallen darf, wenn wir in vielen Closterien unter lauter kleineren Krystallen auch besonders grosse auffinden. Ich verzichte darauf, die Lebensgeschichte eines solchen Krystalls weiter auszumalen und überlasse dieses nicht uninteressante Geschäft der Phantasie des Lesers. Die Bedeutung des Gypses für den Haushalt der Closterien etc. liegt jedenfalls darin, dass der Gyps ein Ausscheidungsproduct des Stoffwechsels ist. Während bei den höheren Pflanzen der frei wer- dende Kalk als oxalsaures Salz abgelagert wird, scheidet er sich bei den Desmidieen als Sulfat aus. Ob die Mengen von Schw^cfel- säure, welche zur Bindung des Kalkes erforderlich sind, sich auf den in den Sumpfgräben reichlich vorhandenen und im Wasser ge- lösten Schwefel w^asserstoff zurückführen lassen, wage ich nicht zu ent- scheiden, halte es aber nicht für unwahrscheinlich. Die Anschauungen, welche wir aus einer Betrachtung der regel- mässig Krystalle führenden Desmidieen gewonnen haben, lassen sich auch auf diejenigen Genera (Cosmarium, Micrastcrias, Euastrum) übertragen, bei denen nicht in allen Individuen Krystalle vorkommen. Es wird sich nur darum handeln, zu ermitteln, wie die kry.^^tall freien und krystallhaltigen Exemplare sich zu einander verhalten und wie Ueber das Vorkommen von Hypskry stallen bei den Desmidieen. 175 diese Unregelmässigkeit sich erklären lässt. Ich knüpfe an Micraste- rias an, da die Erscheinungen hier selten durch das Auftreten von Zersetzungskörperchen verwischt werden. Die Abscheidung von Gypskrystallcn bedeutet auch für Micraste- rias keinen krankhaften Zustand und düjfte vielmehr in antleren Umständen ihre Erklärung finden. Sobakl die uns ja noch gänzlich unbekannten, einer Theilung günstigen Bedingungen, welche jedenfalls in gleicher Weise die Lebhaftigkeit des Stoffwechsels beeinflussen, vorhanden sind, werden auch bei Micrastorias die Generationen rasch auf einander folgen. Krystallfreie Exemplare werden zunächst eine krystallfreie Nachkommenschaft hinterlassen, krystallhaltige dagegen ihren Tochtergenerationen ihre Krystalle überliefern und zwar genau nach derselben Rechnung, wie bei Closterium. Sobald also einmal in einer Micrasterias- (Cosmarium- oder Euastrum-)Zelle Gypskrystalle zur Abscheidung gelangt sind, werden sie, so wie bei Closterium, niemals wieder aus dieser Zelle frei und wandern in die Nachkommen derselben über. AVie die Zygoten von Micrasterias etc. sich verhalten, habe ich nicht ermitteln können. Von vorn herein lässt sicli schon so viel absehen, dass nur bei der Copulation zweier krystallfreier Individuen krystallfreie Zygoten entstehen. Sobald aber eine der copulirenden Zellen Krystalle enthält, müssen solche sich auch in der Zygote wiederfinden. Ebenso, wenn zwei krystallhaltige Individuen mit einander copuliren. Die Zygoten von Micrasterias, Cosmarium und Euastrum werden also gelegentlich eine krystallfreie, gelegentlich eine krystallhaltige Nachkommenschaft erzeugen. Wir sehen, dass die Krystalle, welche bei Micrasterias etc. ab- geschieden werden, gerade so sich verhalten, wie bei Closterium. Einmal vorhanden, werden sie nur durch den Tod der Zelle frei und durchwandern sonst alle von der sie zuerst erzeugenden Zelle abstammenden Generationen. Die Hauptfrage bleibt uns noch zu hisen übriu'. nämlich die, welche Ursache wir für die erste Entstehung von Gypskrystallcn bei Micrasterias, Cosmarium und Euastrum geltend machen wollen. Die Zahl der krystall freien Zellen ist bei Micrasterias und Cosmarium (Euastrum konnte ich nur in wenigen Exemplaren unter- 176 Alfre.l Fischer, suchen) eine geringe, weitaus der grösstc Theil der von mir unter- suchten Individuen enthielt Gypskrystalle. Ein Einfluss der Localität auf die Abscheidung der Krystallc fällt ausser Betracht, da an derselben Stelle krystallführcnde und krystallfreic Exemplare unter einander vorkommen. Wir müssen also in einer Verschiedenheit der Individuen selbst die Ursache für das sonderbare Verhalten suchen. Nach Allem, was ich bei Micrasterias und Cosmarium gesehen habe, trage ich kein Bedenken, besonders alten Zellen, die sich lange nicht theilen konnten, die Fähigkeit der Krystallabsclieidung zu- zusprechen. Da Gyps im Verhältniss von 1 : 500 in Wasser löslich ist, so wird auch im Zellsaft, der ja vorwiegend aus Wasser besteht, eine entsprechende Menge von schwefelsaurem Kalk gelöst sein. In diesem Zustande wird jedenfalls auch bei den kry stallfreien Individuen Gyps vorkommen, sich aber bei einer microchemischen Untersuchung dem Beobachter entziehen. Selbst eine Behandlung mit Chlorbaryum liefert in solchen krystallfreien Zellen keine sichtbare Ausscheidung von Schwerspath, da die Menge des Gypses eine zu geringe ist. Vorausgesetzt, dass unsere Annahme für die krystallfreien Indi- viduen zutrifft^), so können wir aus ihnen dann leicht die krystall- führenden ableiten. Sobald die Abgabe von schwefelsaurem Kalk den Sättigungsgrad des Zellsaftes für Gyps überschreitet, muss sich derselbe in Krystallform abscheiden. Dieser Zustand wird aber um so schneller eintreten, je seltener die Zelle sich theilt. Dies steht mit unserer Behauptung, dass Theil ung und Kry stall- abscheidung von denselben Bedingungen abhängig sind, nämlich in erster Linie von der Energie des Stoffwechsels, durchaus nicht im Widerspruch^ da selbst bei schwächster Aufnahmethätigkeit der Zelle immer noch geringe Mengen von Gyps ausgefällt werden müssen. So werden sich nach und nach krystallfreic Individuen in krystallführcnde verwandeln, ohne dass ersteren der Gyps jemals ge- fehlt hat. Es ist natürlich nicht möglich, in einer überwachten Cultur krystallfreic Exemplare in die andere Form überzuführen, 1) Dieselbe Annahme dürfte auch für die Formen der dritten Gruppe, für Staurastum, Hyalotheca, Desmidium mit vieler Wahrscheinliclikeit gemacht werden. lieber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den De^midieen. 177 aber gelegentlich findet man scheinbar krystallfreie Individuen, in denen nach Behandlung mit Schwefelsäure äusserst winzige, unlös- liche, glänzende Körnchen sichtbar werden, die ich nicht als Kunst- producte ansehen möchte, sondern vielmehr als kleine Gypskrystalle. Wir brauchen nur ein Wachsthum dieser Kryställchen anzunehmen, um zu den grössere Krystalle führenden Individuen zu gelangen. Ich betone nochmals, dass also auch alle Formen unserer zweiten Gruppe gypshaltig sind und nur der constantc Krystallgehalt die erste Gruppe charakterisirt. Jedenfalls gehört der Gyps, sei es im Zellsaft gelöst, sei es in Krystallform ausgeschieden, zu den- jenigen Producten einer Desmidieenzelle , welche bei deren Gesund- heit zur Abscheidung gelangen, ebenso wie bei den Gefässpflanzen der Oxalsäure Kalk. Anders verhält es sich mit den Zersetzungskörperchen, die ich nunmehr, zunächst ohne Rücksicht auf ihr Vorkommen neben den Gypskrystallen, besprechen will. Wir haben bei folgenden Desmidieen das Auftreten der Zer- setzungskörperchen kennen gelernt: Pleurotaenium , Tetmemorus, Cosmarium und Euastrum. Gramer^) beobachtete sie bei Micraste- rias truncata, Nägeli^), wie es scheint, bei Staurastrum. Niemals hat man bisher die Zersetzungskörperchen bei Closterium und Penium aufgefunden. Unter den vielen Hunderten von Closterien, welche mir durch die Hand gingen, habe ich niemals ihr Auftreten beobachtet, ebensowenig bei Penium. lieber die chemische Natur der Zersetzungskörperchen habe ich bereits bei Cosmarium mich ausgesprochen; hier mache ich besonders noch darauf aufmerksam, dass sie in chemischer Beziehung Aehn- ichkeit mit einigen Zersetzungsproducten des Eiweisses haben. Die beiden von Loew unterschiedenen Formen bestehen, ihrem Verhalten gegen Reagentien nach, aus dersell)en Substanz und dürften für die Desmidieen gleiche Bedeutung haben. Bei Cosmarium, Euastrum und Micrasterias hatten wir aber Gelegenheit, in durchaus gesunden, also keine Zersetzungskörperchen enthaltenden Individuen andere kugelige Gebilde zu beobachten, welche in ihrem chemischen 1) Hedwigia II, p. G4. 1) Hedwigia 11, p. G4. 2) Pflanzenpbysiologische Untersuchungen I, p. 51. 178 Alfred Fischer, Verhalten und auch in ihrem Aussehen durchaus den Zygnema- liügelchen gleichen. Ebenso finden sich dieselben bei Plcurotaenium und Tetmemorus. Sie haften entweder bewegungslos dem Chloro- phyllkörper an oder wimmeln unter Brown'schen Bewegungen im Zellsaft umher. Bei Penium und Closterium konnte ich niemals Zygnemakügelchen wahrnehmen. Da wir bei ihnen dieselben Eigen- schaften constatirt haben, wie bei den Zersetzungskörperchen, so fragt es sich zunächst, ob bei den Zygnemakügelchen enthaltenden Desmidieen ein Zusammenhang der ersteren mit den Zersetzungs- körperchen sich ermitteln lässt. Da die Bedingungen ganz unbekannt sind, welche bei den Desmidieen die Erfüllung mit Zersetzungskörperchen herbeiführen, da wir ferner weder für Zygnema noch für die Desmidieen die Be- deutung der Zygnemakügelchen kennen, so können wir auch nur vermuthungsweise und mit aller Vorsicht uns über einen etwaigen Zusammenhang der beiden Bildungen bei den Desmidieen äussern. Wir wollen Zygnema weiterhin nicht in den Kreis unserer Be- trachtung hereinziehen und uns ausschliesslich an die Desmidieen halten. Bei ihnen können die Zygnemakügelchen entweder Reserve- stoffe darstellen oder unlösliche, fernerhin unbrauchbare Ausscheid ungs- producte des Stoffwechsels. Ich wage nicht, mich definitiv für eine der beiden Möglichkeiten zu entscheiden, halte es aber für wahrscheinlicher, dass die Zygnema- kügelchen Ausscheidungsproducte sind und als solche wollen wir sie auch fernerhin betrachten. Da, wie bereits Nägeli^) betonte, bei der eigenartigen Entwickehingsweise der Desmidieen eine Entfernung der als unbrauchbar ausgeschiedenen Substanzen nicht erfolgen kann, so müssen sich dieselben in der Zelle ansammeln und diese schliess- lich ganz erfüllen. Auch die Zygnemakügelchen werden sich, als Aus- scheidungsproducte, in der Desmidieenzelle anhäufen (Taf. X, Fig. 6) ; in Folge ihrer Kleinheit werden sie, im Zellsafte schwimmend, Molecular- bewegungen ausführen und damit alle Eigenschaften der Zersetzungs- körperchen angenommen haben. Wir kommen demnach zu der Ansicht, dass Zygnemakügelchen und Zersetzungskörperchen bei den Desmidieen dieselben Bildungen sind, dass die ersteren normaler 1) Pflanzenphys. Untersuchungen I, p. 51. üeber das Voikommen von Gypskrystallen bei den DesmiJieen. 179 Weise in der Zelle sich vorfinden und bei massenhafter Ansammlung den Eindruck einer Körnchenzersetzung hervorrufen, weshalb wir sie dann als Zersetzungskörperchen bezeichnen. Sollte zwischen diesen und den Zygnemakiigclchen der ange- nommene Zusammenhang wirklich bestehen, dann miissten beson- ders solche Individuen reichlich mit Zersetzungskörperchen erfüllt sein, welche sich lange nicht theilen konnten. Solche Individuen zeichnen sich aber, wie wir früher sahen, durch Reichthum an Oyps- krystallcn aus und unsere Annahme dürfte durch die Thatsache weitere Wahrscheinlichkeit erlangen, dass bei Cosmarium und Euastrum regelmässig neben den Zersetzungskörperchen Hypskrystalle sich nachweisen lassen. Vielleicht steht auch die reichlichere Ab- scheidung von Gypskrystallen mit dem Auftreten der Zersetzungs- körperchen in irgend einem engeren Zusammenhange. Ich habe bis- her keine Anhaltepunkte für die Berechtigung dieser Vermuthung gewinnen können. Wir leiten demnach die Zersetzungskörperchen aus den Zygnema- kügelchen ab und nehmen an, dass die genannten Desmidieen durch übermässige Production von in Zygnemakügelchenform abgelagerten Ausscheid ungsstoften schliesslich einer Ueberfüllung mit Zersetzungs- körperchen anheimfallen. Ich möchte mich nicht tiefer in das Gebiet der Speculation ver- lieren und bemerke ausdrücklich, dass die vorstehende Auseinander- setzung nur ein Versuch sein soll, die absonderlichen Verhältnisse unserem Verständnisse näher zu bringen. Den einzig sicheren AVeg zur Wahrheit sehe ich auch hier in experimentellen Untersuchungen, die allerdings mit vielen Schwierigkeiten verknüpft sein dürften. Es wird sich in erster Linie darum handeln, die Zygnemakügelchen bei Zygnema selbst eingehender zu studiren, um dann auch bei den Desmidieen mit präciser Fragestellung an die experimentelle Unter- suchung herantreten zu können. Wir wollen nunmehr zu ermitteln suchen, in welcher Weise die Zersetzungskörperchen durch ihre Anhäufung die Lebensprocesse der Desmidieen aufhalten. Man möchte vermuthen, dass die Zersetzungskörperchen nur in Zimmerculturen auftreten, in denen einer lebhaften Entwickelung der Desmidieen mancherlei Hemmnisse entgegenstehen, allein nicht min- IgQ Alfred Fischer, der häufig findet sich die Körnchenzersetzung auch an den Standorten der Desmidieen selbst vor. Leider verfüge ich noch nicht über Be- obachtungen, welche sich über den Zeitraum eines ganzen Jahres erstrecken, so dass ich nicht angeben kann, ob bestimmte Jahreszeiten dem Auftreten der Zersetzungskörpcrchen besonderen Vorschub leisten. Auch in der spärlichen Litteratur über unseren Gegenstand fehlen diesbezügliche Angaben. Ich lasse deshalb diese Frage offen mit dem Bemerken, dass vom September ab bis Ende des Jahres reich- lich mit Zersetzungskörpcrchen erfüllte Desmidieen im Freien sich auffinden lassen. Sollte sich unsere Ansicht bestätigen, der zufolge die Zygnemakügelchen ausgeschiedene Substanzen darstellen, dann müssen auch das ganze Jahr hindurch solche Individuen anzutreffen sein, bei denen durch massenhafte Ansammlung der Zygnemakügel- chen, die wir dann als Zersetzungskörpcrchen bezeichnen, das Leben der Zelle gefährdet wird. Auch sind nicht einzelne Fundorte besonders durch häufiges Vorkommen solcher Exemplare ausgezeichnet, so dass man au Ma- terial von den verschiedensten Stellen die gleiche Erscheinung be- obachten kann. Der nachtheilige Einfluss, welcher aus einer Erfüllung mit Zer- setzungskörpcrchen für das Leben der Desmidieen erwächst, hängt, wie es scheint, nicht ausschliesslich von der Menge der vorhandenen Körperchen ab. Selbst bei reichlichem Auftreten derselben bleibt die Zelle anfangs noch lebendig, wie man aus den Strömungen des Wandbeleges deutlich erkennen kann. Ja selbst eine Theilung solcher Individuen gehört nicht zu den Seltenheiten (Fig. 19, Taf. IX). Nach unserer früheren Berechnung für Closterium müssen wir gerade in einer Theilung das einzige Mittel erkennen, durch welches die Zelle einem weiteren Ueberhandnehmen der Zersetzungskörpcrchen entgegenarbeiten kann. Da sich Zersetzungskörper-chen enthaltende Desmidieen verhält- nissmässig häufig theilen, so darf es uns nicht Wunder nehmen, eine so grosse Zahl von ihnen mit den genannten Gebilden erfüllt zu sehen. Auch hier können viele Generationen hinter einander aus einem Zersetzungskörpcrchen führenden Individuum ihren L^rsprung nehmen und alle werden das gleiche Verhalten zeigen, wie die Mutter- zelle, alle werden mit wimmelnden Körnchen erfüllt sein. Ueber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den Desmldieen. 181 Wir sehen, dass die Erfüllung mit Zersetzungskörperchen nicht unbedingt den Tod der Zelle nach sich zieht. Dieser erfolgt erst dann, wenn eine Theilung unterbleibt und dadurch eine weitere Ansammlung der Körnchen hervorgerufen wird. Sie häufen sich schliesslich in solchen Mengen an, dass die anderen Inhaltskürper der Zelle, also der Chlorophyllapparat und der AVaudbelcg in ihrer normalen Lagerung und Function gestört werden. Der Wandbeleg verschwindet und geht ebenfalls, wie es scheint, in Zersetzungskörperchen über. Bis zuletzt erhält sich neben dem Zell- kern der Chlorophyllkörper, welcher am längsten zu widerstehen scheint und seine sämmtlichen Stärkeeinschlüsse und Amylumheerde ver- loren hat. Die Zelle stirbt natürlich schon nach dem Verschwinden des Wandbeleges ab, das umgebende Wasser dringt unbehindert in das Zellinere ein und löst die Zersetzungskörperchen auf. Das End- resultat der Körnchenzersetzung besteht darin, dass die gänzlich ent- leerten Zellhäute zurückbleiben, die man denn auch oft in recht reichlichen Mengen vorfindet. Die Körnchenzersetzung der Desmidieen zeigt uns also, dass diese Algen schliesslich durch übermässige Aufspeicherung ihrer eigenen Ausscheidungsproducte zu Grunde gehen, wenn nicht durch rasch aufeinander folgende Theilungen einer derartigen Ueberfüllung vorgebeugt wird. Sobald eine Desmidiee sich zwar weiter ernähren, aber nicht theilen kann, fällt sie schliesslich dem Tode anheim, da sie auf keine Weise im Stande ist, die weiterhin unbrauchbaren Pro- ducte des Stoffwechsels zu entfernen. Diese Körnchenzersetzung tritt nach den bisherigen Beobachtungen bei Cosmarium, Micrasterias, Euastrum, Staurastrum (nach Nägeli), Pleurotaenium und Tetmemorus ein. Jedenfalls dürfen wir in dem ersten Auftreten der Zygnema- kügelchen keinen krankhaften Zustand der Zelle erblicken. Erst durch Vermehrung der Kügelchen \\ird die Gesundheit der Zelle benachtheiligt und dann gehen diese, wie es scheint, ohne Aenderung ihrer chemischen Natur in Zersetzungskörperchen über. Der Name „Zersetzungskörperchen" involvirt also nicht, dass die Körperchen einer Zersetzung der Zelle ihre erste Entstehung verdanken, sondern umgekehrt, dass durch ihre massenhafte Vermehrung schliesslich eine Zersetzung der Zelle herbeigeführt wird. Nicht alle mit Zer- Jahib. f. wis8, Botanik. XIV. |3 182 Alfred Fischer, setzungskörperchen erfüllten Desmidieen stehen am Ende ihrer Lobens- zeit, sie können sich vielmehr noch theilen und lange weiter leben. Erst eine übermässige Vermehrung der genannten Einschlüsse führt schliesslich zum Tode der Zelle. Wie sich die körncheuhaltigen Individuen bei der Copulation verhalten und ob sie überhaupt copuliren, wurde bisher nicht er- mittelt. Es bleibt somit noch ein wichtiger Punkt zu untersuchen übrig, nach dessen Erledigung erst die Zygotenfortpflanzung in ihrer vollen Bedeutung für die Lebensgeschichte der Desmidieen gewürdigt werden kann. Unsere Untersuchung liefert uns für die Familie derselben das fast allgemein gültige Resultat, dass bei dem Stoffwechsel Gyps als Ausscheidungsproduct entsteht. Je nach der Menge des abgegebenen schwefelsauren Kalkes bleibt derselbe entweder im Zellsaft gelöst oder scheidet sich in Krystallform aus. Vielleicht gelingt es einst bei näherer Bekanntschaft mit den physiologischen Eigenthümlich- keiten der Desmidieen auch die Gypsabscheidung in ihrer wahren Bedeutung für den Haushalt der kleinen Algen zu erkennen. Leipzig, im December 1882. Figuren-Erklärung. Die Gypskrystalle wurden mit möglichst scharfen Umrissen und dunkler Fär- bung eingezeichnet; sie heben sich deutlich gegen die Zygnemakügelchen, resp. die Zersetzungskörperchen ab. Tafel IX. Fig. 1. Schema zur Demonstration der Endbläschenentstehung, w Wand- beleg, k Zellkern, c Chlorophyllkurper, s Saftraum. Fig. 2. Closterium Ehrenbergii. Structur des Chlorophyllkürpers 100/1. Fig. 3. Closterium Ehrenbergii 100/1. Chlorophyllkurper. Fig. 4. Closterium Lunula. Das Endbläschen in der Durchschnittsansicht, mit tafelförmigen Gypskrystallen. 675/1. üeber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den Desmidieen. 183 Fig. 5. Closteriiira bunula. Das Endbläschen in der FUlchenansicht, das Auslaufen der Chlorophylllcisten zeig'end. 675 1. Fig. 6. Closterium Lunula, Form colaratum Klebs, mit Krystalldruse im Eudbläschen. 675 1. Fig. 7. Cl. Ralfsii, Form Delpontii Klebs. 675/1. Fig. 8. CI. juncidum. 675 1. Fig. 9. CI. Dianae. 675 1. Fig. 10. Cl. costahim. Endbläschen mit Drusenkürper. 675/1. Fig. 11. Cl. roslratum. 675/1. Fig. 12 a— g. Closterium Ehrenbergii. Entwickelungsgeschichte des End- bläschens. 675/1. Fig. a. 9 Uhr Vormittags. Fig. b. 10 Uhr Vormittags. Fig. c. 11 Uhr Vormittags. Fig. d. 12 Uhr 20 Min. Vormittags. Fig. e. 2 Uhr Nachmittags. Fig. f. '/24 Uhr Nachmittags. Fig. g. 11 Uhr Nachts. Fig. 12 k. Cl. Ehrenbergii. Missbildung, hervorgerufen durch das Ausbleiben des Wachsthums am Chlorophyllkörper. 675/1. Fig. 13a— c. Cl. Ehrenbergii. Endbläschenentwickelung. 350 1. Fig. a. 9 Uhr Vormittags. Fig. b. Voll Uhr Vormittags. Fig. c. V2I Uhr Vormittags. Hier war nach der Trennung der Zellhälften an der Grenze des Chlorophyllkörpers kein Saftraum vorhanden, derselbe bildete sich erst mit der zunehmenden Verjüngung der Theilungswand. Er wird später- hin zum Endbläschen. In Fig. 12 und 13 wurde die Umgrenzung des Chlorophyllkörpers genau nach der Natur wiedergegeben, während seine Struetur und die Leisten mehr oder weniger schematisch eingetragen wurden. Fig. 14. Zygneraa stellinum mit Zygncmakiigclchen. 675/1. Fig. 15. Cosmarium Meneghinii mit Zygnemakügelchen. 675/1. Fig. 16. Cosmarium Meneghinii mit Zersetzungskörperchen. 675/1. Fig. 17. Cosm. Botrytis, nach der Behandlung mit conc. Schwefelsäure. Das Exemplar enthielt viele Zersetzungskörperchen und Gypskrystalle, letztere bliolien allein ungelöst. 675/1. Fig. 18. Cosm. Botrytis, reichlich mit Zersetzungskörperchen erfüllt. Zeigt die beiden Formen derselben, die grossen, stumpf eckigen und die kleinen, rund- lichen. Die Zeichnung wurde durch verschieden tiefe Einstellung gewonnen, da die grossen Zersetzung.skörperchcn infolge ihrer Si-hwere tiefer liegen, als die kleineren. 675/1. Fig. 19. Cosm. Botrytis mit einer jungen Zellhälfto uml Zersetzungskörper- chen. 350/1. Fig. 20. Cosm. Botrytis mit Zersetzungskörperchen. Die schwarz gehaltenen Stellen sind dioht damit erfüllt. 350/1. 13* 184 Alfred Fischer, üeber das Vorkommen von Gypskrystallen etc. Tafel X. Fig. 1 a. Mierasterias rotata. Mittellappen mit Gypskrystallen. G75 1. Fig. 1 b. Derselbe nach Behandlung mit Schwcfelsiiiire. G75/1. Fig. 2. Pleurotaenium nodulosum dicht mit Körnchen erfüllt und bei schwacher Vergrösserung schwarz erscheinend. 100 1. Fig. 3a. Pleurotaenium nodulosum. Eine Zellhälfte mit axilem Saftraum und Endblüschen, Gypskrystalle und Zersetzungskörpci chen enthaltend. 350/1. Fig. 3b. Pleurot. nodulosum. Endbläschen und sein üebergang in den axilen Saftraum. 675/1. Fig. 4. Pleurot. nodulosum nach Behandlung mit Schwefelsäure. 675, I. F'ig. 5a— c. Pleurot. noduljsum. Entwickelung des Eu biäschens. 075,1. Fig. a. V4IO Uhr Vormittags. Fig. b. 7-23 Uhr Nachmittags. Fig. c. ^,45 Uhr Nachmittags. Der Chlorophyllkörper wurde mehr oder weniger schematisirt. Fig. 6. Mierasterias truncata. Zellhälfte mit zahlreichen Zygnemakugelchen als üebergangsstadium zur Körnchenzersetzung. Erwies sich als krystallfrei. 675, 1- Fig. 7 a. Penium Digitus. 675 1. Fig. -7 b. Dasselbe Exemplar nach Behandlung mit Schwefelsäure. 675/1. Fig. 8. Penium Navicula mit kry stallführenden Endbläschen. 675 1. Fig. 9. Tetmemorus granulatus. Mit Zersetzungskörperchen erfüllt und bei schwacher Vergrösserung schwarz erscheinend 100/1. Fig. 10. Tetmemorus granulatus. Zellscheitel mit Einschnitt. 671/1. Fig. 11. Tetmemorus granulatus nach Behandlung mit Schwefelsäure. 675/L Fig. 12. Spirogyra setiformis. Die Verbreitung der Oxalsäuren Kalkkrystalle zeigend, welche in dichten Haufen beisammen liegen. 100/1. Fig 13. Spirogyra setiformis. Zwei Chlorophyllbänder mit Oxalatkrystallen, vier- und dreiarmigen Zwillingskreuzen. 675/1. Fig. 14. Closterium rostratum. Zygote nach Behandlung mit Schwefelsäure die ungelösten Gypskrystalle enthaltend. 675/1. üeber farbige körnige Stoffe des Zellinhalts. Von Dr. P. Fritsch. Mit Tafel XI-XIII. Auf Veranlassung des Herrn Professor Dr. Robert Caspary habe ich im Herbste des Jahres 1881 Pflanzentheile, ^Y eiche durch farbige, körnige Stoffe des Zellinhaltes, nicht durch Flüssigkeiten, für das blosse Auge gefärbt erscheinen und zwar mit Ausschluss des körnigen Chlorophylls, an Material, das im Königl. botanischen Garten zu Königsberg gezogen, mit einem Mikroskope von Seibert Vasser versetzt und nun mit Aether au.sgeschüttelt, der allen Farbstoff auf- nahm und bei seinem Verdunsten an den Wandungen des Gefiisses gelbe Oeltröpfchen zurückliess, die sehr bald zu kleinen nadeiförmigen 224 P- Fiitscb, Krystallen erstarrten. Ihre Quantität war leider zu gering, um durch eine chemische Analyse Aufschluss über ihre elementare Zusammen- setzung zu geben. Hierzu würden vielleicht 1 — 2 Scheffel erforder- lich sein, welche Menge mir nicht zur Verfügung stand. Sehr kleine Farbkörner fand ich ferner bei Arum maculatum. Hier enthalten die Zellen der brennend rothgefärbten Früchte eine sehr grosse Menge braunroth gefärbter Farbkörner. Diese sind so klein, dass an ihnen der Bau nicht näher ermittelt werden konnte, so dass ich mich auf chemische Reactionen beschrän- ken musste. Schwefelsäure färbt sie violett bis sch^varzblau, dann schmutzig braungrün und löst den Farbstoff dann auf. Salzsäure färbt die Körner nur dunkler; Jod dunkel blaugrün. Salpetersäure färbt sie erst schmutziggrün und entfärbt dann. Kalilauge lässt sie aufquellen. Auch sie haben einen protoplasmatischen Farbstoffträger; denn die durch Alkohol entfärbten Körner werden durch Jod gebräunt. Ich wende mich jetzt zu einem in Pflanzenzellen sehr selten ungelöst vorkommenden Farbstoff, dem violetten. Ich habe ungelösten violetten Farbstoff nur einmal Gelegenheit gehabt zu beobachten. Hildebrand bemerkt über ihn^): „Die violette Farbe findet sich immer an den Zellsaft gebunden, z. B. bei Viola odorata etc , nur bei Amorpha fructicosa und in den Zellen des Blumenkronenschlundes von Gilia tricolor schwammen in dem violettgefärbten Zellsaft in jeder Zelle je ein dunkler violettes, kugelförmiges Körnchen, bei Gilia tricolor waren deren manchmal auch mehrere kleinere vorhanden; ausserdem fand ich bei einer violettgrauen, rothgestreiften Papaverblüthe in den Zellen je einen dunkel violett gefärbten Kärper mit verschwimmenden Umrissen." Weiss fügt noch hinzu-), dass „als krümliche Masse der violette Farbstoff bei vielen Passiflorabeeren, z. B. bei Passiflora 1) Jahrb. f. wiss. Botanik, III, p. 62. 2) a. a 0. Bd. 54, I, p. 183 fi. lieber farbige körnige Stoffe des Zellinhalts. 225 acerifolia vorkommt." Ferner hat er unmittelbar unter der Epider- mis des Stengels von Convallaria majalis in einer Schicht gestreckter Zellen grössere und kleinere violette Farbstoff kugeln, wohl auch violett gefärbte anders gestaltete Farbstoffkonkremente vorgefunden. Auf diese geringe Notizen beschränkt sich unsere Kenntniss dieses Farbstoffes. Ich fand ihn bei Thunbergia alata (Fig. 31). Bei dieser Pflanze ist der tellerartig ausgebreitete Rand der Blüthe durch gelbe Farbkörner gefärbt, während der röhrenförmige Grund der Korolle eine dunkelviolette Färbung zeigt. Diese wird hier bedingt durch dunkel violette, in starker Molekularbewegung begriffene Farbkörner und einem gelösten mehr bläulich scheinenden Farbstoff. Die ungemein kleinen, sich stark bewegenden Farbkörner sind in den Zellen höchst unregelmässig vertheilt, bald haben sie sich auf einen Punkt zusammengedrängt, wo sie dann oft so dicht bei einanderliegen, dass mau starke Vergrösserungen anwenden muss, um sie nicht für eine grosse Farbstoffkugel zu halten. Dann haben sie sich wieder in der ganzen Zelle verbreitet, hier und da grössere Haufen bildend. Selbst kochender Alkohol entfärbt sie sehr langsam und die zurückbleibenden Kügelchen werden von dem sich zusammenziehen- den Protoplasma derartig eingeschlossen, dass man nicht mit Be- stimmtheit sagen kann, ob die durch Jod erzielte Bräunung durch die Farbstoffträger allein bedingt wird. Kalilauge löst die Farbkörner sofort zu einer blauvioletten Flüssigkeit auf, die sehr schnell gebleicht wird. Concentriite Schwofel- säure färbt den Saft roth und löst mit derselben Farbe die Körner auf. Jod färbt sie grünlich gelbbraun. Näheres liess sich an den Farbkörnern ihrer Kleinheit wegen nicht beobachten. Fast möchte ich aber behaupten, dass es solide Farbkugeln sind ohne joden Farbstoff'träger. Nicht viel mehr als von violetten Farbstoff körnern ist uns von blauen bekannt. Ueber sie giebt Weiss (Bd. 54, p. 202) folgende Angabe: 226 P- Fritsch, „Der blaue Farbstoff von Blumenblättern und Früchten tritt fast immer gelöst auf. Die Fälle, wo man ihn bisher ungelöst kannte, sind sehr selten. Am längsten ist er bei Strelitzia reginae bekannt, Trecul giebt ihn bei Atropa belladonna und Solanum guineese, Hilde brand bei Tillandsia amoena an. Unger endlich macht genauer auf die blauen Farbstoff kugeln in den Zellen reifer Passiflorabeeren aufmerksam. Krümliehen, ultramarin- oder indigo- blauen Farbstoff fand ich bei Passiflora acerifolia und Passiflora alata, ähnlich den strahligen Konkrementen, die man häufig in den Zellen der reifen Frucht von Solanum nigrum findet. Eine ganz eigenthümliche Gestaltung von ungelöstem blauen Farbstoff fand ich in der Blüthe verschiedener Delphinium- Arten." Bei Delphinium elatum hat Weiss ihn in Form von zierlichen feinstrahligen Federchen beobachtet. Ich selbst konnte blauen unge- lösten Farbstoff bei zwei Pflanzen beobachten. Delphinium tricolor (Fig. 32). In der Blüthe dieser Pflanze herrscht eine grosse ]\Iannigfaltigkeit von färbenden Säften in den einzelnen Zellen, indem einige hell- blauen Saft enthalten, andere dunkelblauen, wieder andere hell- violetten, dann solche Zellen, die dunkelvioletten führen, kurz, es kommen fast alle Schattirungen von hellblau bis dunkelviolett vor. Die Spitzen der Blumenblätter, die sich schon äusserlich durch ihre dunkelgraue Färbung auszeichnen, enthalten in ihren Zellen grau- braunen Saft und zuweilen auch eine ebenso gefärbte bräunliche Masse. In der Mitte der Blumenblätter kann man nun in den einzelnen Zellen sehr oft äusserst kleine blaue Farbkörner beobachten, deren Durchmesser noch nicht 0,00056 mm beträgt. Sie sind immer nur in sehr geringer Menge in den einzelnen Zellen vorhanden und liegen dann zusammen. Hierdurch wird ihre Beobachtung etwas erleichtert und so kann man denn wahrnehmen, wie sie nicht nur in starker Molekularbewegung sind , sondern auch ihre Stelle in der Zelle be- ständig wechseln, indem sie sich langsam von einem Ende der Zelle zum andern begeben. Diese Körnchen sind sowohl in den Zellen, die den so ver- Ueber farbige körnige Stoffe des Zellinhalts. 227 schieden gefärbten Saft enthalten, als auch in solchen, in denen kein gelöster Farbstoff sich vorfindet, vorhanden. An ihnen kann man selbst mit den stärksten Vergrössorungen keine Einzelheiten beobachten; sie erscheinen als massive Körner ohne jede Vacuole und sind von kugelrunder Gestalt. Salpetersäure färbt den Saft roth und löst mit derselben Farbe die Farbkörner auf; ebenso ^Yirkt Schwefel- und Salpetersäure. Der Kalilauge widerstehen sie längere Zeit, zerfallen darauf und werden mit grüner Farbe gelöst. Jod färbt sie nicht, sondern wirkt auf sie zerstörend. Kochender Alkohol löst sie laugsam aber vollständig auf. Es sind somit Farbkörner in eigentlicher Bedeutung. In manchen Zellen findet sich nur blaugefärbtes krümliches Protoplasma. Bei einer verwandten Art, Delphinium consolida, beobachtete ich in den stark papillösen Zellen einen zähflüssigen, blaugefärbten Saft, der die Zellen nur theilweise erfüllt. Diejenigen Stellen, an denen man ihn besonders häufig beobachten kann, zeichnen sich schon äusserlich durch eine dunklere Färbung als die der Um- gebung aus. Endlich konnte ich ungelösten blauen Farbstoff beobachten in den Früchten von Viburnum Tinus L. (Fig. 33). Dieselben enthalten in der äussersten peripherischen Zellen- schicht eine dunkelblaue körnige Masse, während die darunter lie- genden Zellen nur Chlorophyllkörner und einen blassrothen Saft enthalten, der die Wandungen der darüberliegenden Zellen blassroth gefärbt erscheinen lässt. Diese unregelmässig geformten, tiefblauen Massen worden schon von Wasser angegriffen. Bei längerem Liegen in Wasser kann man ein allmähliches Erblassen derselben vom Rande aus nach dem Innern der Substanz zu beobachten. Doch gelang es nicht, sie vollständig zu entfärben. Auch mit Alkohol musste längere Zeit gekocht wer- den, um den Farbstoff vollständig zu entfernen. Es blieb aber schliesslich eine farblose, krümlich aussehende Masse zurück, die durch Jodlösung gebräunt wurde, also wiederum Protoplasma ist. Liess man zur ursprünglichen, blaugefärbten Masse Jodlösung hinzu- 228 P- Fritscb, treten, so wirkte hierbei zunächst der Alkohol auflösend auf den blauen Farbstoff ein, welche Lösung nun von dem Jod rothbraun gefärbt wird. Concentrirte Schwefelsäure löst den Farbstoff" auf mit oraugerother Farbe. Aehnlich wirken die anderen Säuren. Kalilauge löst den Farb- stoff gleichfalls auf, zuerst zu einem blauen Saft, der bald schön smaragdgrün gefärbt wird, dann aber allmählich erbleicht. Es erübrigen jetzt noch einige Worte über den grünen Farbstoff", der in fester Form am häufigsten von allen anderen vorkommt, ge- löst dagegen ausserordentlich selten angetroffen wird. Hildebrand führt auf Seite G6 seiner Arbeit als einzige Aus- nahme die grünblühende Varietät von Medicago sativa an; Weiss fand ihn in den Haaren von Goldfusia glommerata, wo er nach ihm die Endzelle häufig erfüllen soll. Doch meint er selbst schon, dass mau hier mit verbesserten Mikroskopen auch körnige Farbstoffe finden dürfte. Ich wende mich jetzt zum letzten in Pflanzenzellen beobachteten Farbstoffe, dem braunen. Hildebrand erw\ähnt in der Anmerkung p. 66 sein Vorkommen als Farbkorn und Farbspindel bei Neottia nidus avis, gelöst in den Blumenblättern von Delphinium-Arten, wie auch ich schon angegeben habe, und in denen von Vicia Faba. Besonders aber habe ich ihn bei Seetangen beobachtet. Fucusvesiculosus. Dieser Tang zeigt am unteren Stammende eine dunkle, etwas ins Grünliche gehende Färbung, die mehr nach oben ins Rothbraune übergeht. Erstere rührt von Chlorophyllkörnern (Fig. 34) her, die in ziemlicher Menge in den sonst leeren Zellen sich vorfinden. Doch finden sich auch Stellen, an denen die Zellen viele Schleimkörner neben wenig Chlorophyll enthalten. Diese Theile machen sich durch eine hellere grünere Färbung schon äusserlich bemerkbar. In den mehr bräunlich gefärbten Aesten finden sich nun viel kleinere Zellen, die zum' Theil farblosen Inhalts, zum Theil dunkel Ucber fuibige kuniige Stoffe d-.'s Zelliiilialls. 229 braune Farbkörncr ontbalten. Doch liegt gewöhnlich in jetler Zelle nur ein Farbkorn (Fig. 35). Diese schon an und für sich sporadisch auftretenden Körner nehmen von der Peripherie nach dem Innein zu immer mehr ab, und je seltener sie werden, um so häufiger lindet sich Chlorophyll. Die braunen Farbköiner, die als völlig kompakte Massen in den Zellen liegen, haben einen Durchmesser von 0,0081 mm der Breite nach und von 0,0129 mm der Länge nach. Ihr Pigment ist in Wasser viel leichter löslich als in Alkohol. Anhaltendes Kochen mit Alkohol bewirkte nur ein schwaches Erblassen der Farbkörner, während beim Kochen mit Wasser die Pflanzentheile sehr bald eine grüne Färbung annahmen, und das Wasser selbst intensiv rothbraun gefärbt wurde. Es war der braune Farbstoff in Lösung gegangen und dadurch war das vorhandene Chorophyll mehr zur Geltung ge- kommen. Der Träger des Farbstoffes, kleine farblose Körner, wurde durch Jod stark gebräunt und auch von Salpetersäure gelbgefärbt. Concentrirte Schwefelsäure entfärbte die Farbkörner, wie auch ihren wässerigen Auszug; doch trat bei letzterem die Färbung wieder ein, wenn die Säure neutralisirt w'urde. Salpetersäure und Salzsäure zeigen dieselbe Wirkung. Kali- lauge färbte nur dunkler. Der wässerige Auszug des Farbstoffes zeigte eine sehr schwache Fluorescens von roth in blau. Ein anderer Tang, der auch als Fuc. vesic. bestimmt wurde, sich aber durch dunklere Färbung und das Fehlen der Schwimm- blasen auszeichnete, zeigte fast dieselben Verhältnisse. In den peripherischen Zellschichtcn fanden sich in den einzelnen Zellen viele kleine Körnchen von grünlich brauner Farl)e (Fig. 3t)). Nach der Mitte zu werden die Körner grösser, dafür ihre Zhhl geringer, es tritt eine Verschmelzung der einzelnen Individuen zu grösseren Farbstoff konkrementen ein (Fig. 37). Ihre Grösse wechselt von 0,016—0,0388 mm Durchmesser. Die innersten Zellen sind lang gestreckt und enthalten Faibkörner, die sich der Form der Zelle angepasst haben. Kalter Alkohol wirkt fast gar nicht auf die Farbkörner, kochen- der nur auf die kleineren, die grossen braunen wurden nicht ver- Jahrb. f. wi-s. notaiiik. XIV, \^ 230 P- Fritsoh, ändert. Beim Kochen mit Wasser ging ein brauner Farbstoff in Lösung, welche auch schwach fluorescirte. Doch war nach dem Kochen, das so lange fortpesetzt wurde, bis nichts mehr gelöst wurde, eine Veränderung der grösseren Farbkörner nicht zu beob- achten, um diese zu entfärben , wurde mit Salpetersäure gekocht, worauf der Farbstoffträger durch sein Braunwerden sich bei hinzu- tretendem Jod als Protoplasma erkennen Hess. Schwefelsäure und Kalilauge wirken ebenso wie bei Fucus vesiculosus. Auch hier wird der wässerige Farbstoflfauszug durch Säuren ge- bleicht, ohne dabei den Farbstoff selbst zu zerstören, denn Basen riefen ihn wieder hervor. Endlich wurde noch untersucht Furcellaria fastigiata, Hudson, die mit den beiden obigen zusammengefunden worden war. Auch hier finden sich Chlorophyll- und braune Farbkörner (Fig. 40), letztere aber in bedeutend grösserer Anzahl, als bei den eben beschriebenen Pflanzen. Der braune Farbstoff, der wieder in Wasser löslich ist, ist auch hier an Protoplasma gebunden, wie durch Jodreaktion konstatirt wurde. Die am intensivsten gefärbten Körner liegen in der Peripherie, die nach der Mitte liegenden, wer- den immer blasser, bis im centralen Stammtheil nur ungefärbte Körner die Zellen erfüllen (Fig. 38). Unter den peripherischen, nur mit braunen Farbkörnern ange- füllten Zellen finden sich mehrere Lagen, in denen die Zellen bald diese Körner bald Chlorophyll enthalten, das die Zellwandungen der obersten Schicht im Präparate grün erscheinen lässt (Fig. 39). Die braunen Farbkörner haben eine mittlere Grösse von 0,0097 mm im Durchmesser ; verlieren beim Behandeln mit den meisten Rea- gentien (H2SO4, HKO und HNO3) schnell ihre Farbe. Widerstands- fähiger zeigt sich der Farbstoff der Salzsäure und selbst freiem Chlor gegenüber. Stets nehmen aber die Schnitte hierbei eine grünliche Färbung an, indem das bis dahin verdeckte Chlorophyll zur Geltung kommt. Ueber farbige körnige Stoffe des Zellinhalts. 231 Das Verliältniss, in dem das Chlorophyll zu den Farbkörnern steht, konnte bei diesen letzten drei Pfianzen nicht ermittelt werden. Fast schöint es so, als wenn die braunen Farbkörner durch Um- bildung der Chlorophyllkörner entstanden sind, doch bleibt es spä- teren Untersuchungen übei lassen, dies Dunkel zu lichten. Hervorheben will ich nur noch, dass die Chlorophyllkörner als FarbstofFträger aucli Protoplasma haben. Denn nach dem Entfärben derselben mit Alkohol blieben farblose Kügelchen zurück, die von Jod gebräunt wurden. 16^ Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltlieilungsfolge von Melosira (Ortliosira Thwaites) arenaria Moore. Von Otto Müller. Hierzu Taf. XIV-XVIII. 1. Beziehungen zur Zweisclialigkeit und Auxosporen- bildung. Von allen namhaften xVutoren wird ohne Vorbehalt anerkannt, dass die vegetative Vennehrung der Racillariaceen dem Gesetze der Zweit hei hing unterliege; keiner derselben aber spricht sich darüber aus, wie weit oder wie eng dieser Begriff zu fassen sei. Mannigfache Folgerungen jedoch lassen keinen Zweifel darüber, dass das Wort „Zweitheilung" im Sinne der Autoren keine zu enge Be- grenzung erfah.ron darf. Dasselbe soll nicht nur ausdrücken, dass eine Mutterzelle gleichzeitig stets zwei, nie mehr nie weniger, Tochter- zellen erzeugt, sondern auch, dass jede Zelle unter normalen A'er- hiiltnissen berufen ist sich ununterbrochen in gedachter AVeise zu vermehren; dafür spricht schon der häufige Hinweis auf die unge- heure Nachkommenschaft und deren Berechnung nach dem Binomial- theorem^"-2). Damit aber ist der Begriff nicht erschöpft; das Schema 1) Touiaschek, Paul, lieber das Entwickelungsgesetz der Diatoinaceen. Bot, Zeit. 1873 p. 274, 275. 2) Pfitzer in Sohenk's Handbuch, Bd. IT, p. 435. Die Zellhaut mul das Gesetz der ZcllllieiIiiiif58fol;:c von Melusira etc. 233 der Zelltheiliingsfülgc, welches E. Pfitzer aufstellt'), setzt auch stillschweigend den gleichzeitigen Beginn und gleiche Zeitdauer der Theilungsvorgänge aller Zellen derselben Generation, ununter- brochene simultane Zweitheilung, voraus. Jode Unregelmässig- keit würde andere Gruppirung der Zellen im Faden zur Folge haben. Eine strenge Durchführung des Gesetzes in infinitum wird von vornherein nicht unterstellt werden dürfen, die Wahrscheinlichkeit häufiger Abweichungen oder vielleicht unbekannter gesetzmässiger Beschränkungen, liegt vielmehr in der Natur der Sache. Soviel mir bekannt, sind über diesen Gegenstand Special-Unter- suchungen nicht vorhanden, das zu den gewöhnlichsten Erscheinungen gehörende Vorkommen von Zellenpaaren einzeln lebender sowohl, als im Fadenverbande verbleibender Arten, hat vielleicht diese Verallge- meinerung des Gesetzes veranlasst. Manche fadenbildende Arten, deren Zellkörper durch die Be- schaffenheit der äusseren Umrisse der Schalen und die seitlichen Begrenzungen der Gürtelbänder die regelmässige Zusammen- setzung des Fadens aus Z willungszellen ohne weiteres erkennen lässt, bei welchen z. B. am Rande des Fadens immer eine durch die über- einandergreifenden Gürtelbänder geschlossene Einkerbung mit einer offnen abwechselt-), werden in der That dem Gesetze der simultanen Zweitheilung folgen; wo dagegen die Gruppirung der Zellen zu Zellenpaaren aus den Conturen des Fadens nicht unmittelbar ersichtlich ist, darf der Geltungsbereich jenes Gesetzes nicht implicitc angenommen werden, noch weniger aber kann dies, meines Erachtens, bei einzeln lebenden Arten geschehen, deren Zellen sich vor erneuter Theilung trennen. Nachdem Pfitzer^) die Zweischaligkeit der Zellhaiit und deren Unfähigkeit zu continuirlichem Längenwachsthum, als besondere Kennzeichen der Auxosporeen aufgestellt und über die Beziehungen 1) Pfitzer, K. Bau und Entwickclung der Bacillanaceeii, Roiin 1871. p. 22, p. 100 ff. und Taf. 6 Fij?. -1. Derselbe in Schenk's LIandbuch der Botanik, Breslau 1882, Bd. II. p. 431 ff. 2) Pfitzer, 1. c. p. 129. 3) 1. c. p. 21 ff., 39, 153 ff. Derselbe in Schenk's Handbuch, Bd. II. p. 444- 234 ^tto Müller, dieser Eigenschaften zur Sporenbildung lichtvolle Sclilussfolgerungen gezogen, erscheint das verhältnissmässig seltene') Vorkommen der Auxosporen immerhin auffallend. Fasst man die Consequeuzen des Gesetzes der Zweitheilung ins Auge, so dürfte man vielmehr ein häufiges Auffinden von Auxosporen erwarten. Nach Pfitzer's Ausführungen-) erreichen im allgemeinen die Auxosporen die doppelte Länge ihrer Mutterzcllen; die Länge der Bacillariaccen variirt grosscntheils von a bis 2 «, wenn a den Längendurchmesser der kleinsten Zelle einer Art ausdrückt, doch kommen in einigen Fällen auch grössere Schwankungen, 3, 4 bis 10 a vor. Bezeichnet y den Dickendurchmesser der Gürtelbandmembran^ so beträgt, nach der geltenden Annahme, das Maass der Verkleine- rung, welche eine der beiden Tochterzcllen bei jeder Theilung er- fährt, 2 y; die kleinste Zelle der ni^u Generation ist mithin um 2 n y kleiner als die Urmutterzelle'^). Wird die Grenze 2, 3 . . . a—a ~ 2 ny überschritten, dann müsste nach oben citirtem Gesetz im allgemeinen Auxosporenbildung eintreten. Die Anzahl der Theilungen, welche dazu erforderlich sind, ist n =^- — ' '^ , je grösser also a und je kleiner y, desto mehr Theilungen sind nothwendig und es müssten daher Formen mit grossem Längendurchmesser ipso facto geringere Neigung zur Auxosporenbildung zeigen, als solche mit kleinem. Dazu kommt, dass der Dickendurchmesser der Gürtel- bandmembran dem Längendurchmesser der Zelle keineswegs propor- tional ist, im Gegentheil besitzen lange Formen oft sehr dünne, kurze, relativ dickere Gürtelbänder, und es wird daher das Herab- sinken der Länge der Zelle von 2 a auf a bei verschiedenen Arten nach einer sehr verschiedenen Anzahl Theilungen erfolgen; in allen Fällen aber kann man versichert sein, dass dazu der Werth von ??, 1) Schmitz, F. Auxosporenbildung der Bacillariaceen. Sitzurgsber. d. Naturf. Gesellsch. zu Halle, 1877, Juni. Sep.-Abdr p. 2. 2) 1. c. p. 16. 3) Ich bin der Meinung, dass dieses Maass in vielen Fällen als zu gering sich erweist; wo nämlich die Anlage der jungen Schalen innerhalb eines von doppelter Gürtelbandmembran umschlossenen Raumtheiles der Zelle erfolgt und die jungen Schalen der umschliessenden Gürtclbandrnembran nicht unmittelbar anliegen, ist dieser Werth 4 y und mehr (s. p. 255, 256). Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge. von Melosira etc. 235 die Zahl der vorangangenen Theilungen, ein bemerkenswerth grosser sein muss. Nun gilt zwar der Satz, dass die Grösse der Species bis zur unteren Längengrenze herabsinken müsse bevor Auxosporenbildung eintritt, nicht ausnahmslos; bei Formen mit grosser A^ariation bilden auch grössere Zellen entsprechend grössere Auxosporen und bei ein- zelnen Bacillariaccen erzeugen Zellen sehr verschiedener Grösse Auxosporen, die ihnen einigermaassen proportional sind ^). Dennoch bleibt der charakteristische Zug der Sporenbildung, dass aus kleinen Zellen erheblich grössere entstehen, und allen verschiedenen Formen der Sporenbilduug gemeinsam ist der erhebliche Grössenunter- schied zwischen den die Sporen erzeugenden letzten Zellen der alten Generation und den in der Spore entstehenden Erstlingen einer neuen Entwickelungsreihe- ^^- '^). Auch auf diese Fälle werden daher die vorstehenden Ausführungen anwendbar sein. Melosira arenaria z. B. hat eine Variation von 3,25 a : a, a =--^ 40 jtt (s. p. 246), y soll zu 0,6 /t und das Verkleinerungs- maass aus den p. 255, 256 mitgetheilten Giünden zu 5 y, also 3 /u, angenommen werden. Würde die ganze Variationsschwankung durch- laufen, so ist n = 30; wenn aber, mit Rücksicht auf die Grösse der Variation, bereits Zellen von 65 ,« Auxosporen bilden sollten, dann beträgt 7i = 22; viele andere Arten aber dürften sicher un- gleiche höhere Werthe für n ergeben. P. Tomaschek"*) hat bereits darauf hingewiesen, dass bei dem Gesetze der Zweitheilung die Zahl der Zellen verschiedener Ordnun- gen absteigender Grösse der ntcn Generation durch die Coeflicienten der Binomialreihe bestimmt ist. Bei höheren Werthen von n müssen die Theilungen daher unter anderen allemal auch sehr be- deutende Mengen von Zellen liefern, deren Länge jener Grenze 2, 3 . . . ci—a = 2 n y ausserordentlich nahe steht und jede neue Theilung dieser Zellen müsste gewaltige Giengen Tochterzellen pro- duciren, welche nun ihrerseits Auxosporen erzeugten. 1) Pfitzer, 1 c. p. 160, WA. 2) Pfitzer in Schenk's Handbuch liJ. I[. p. 436. 3) Schmitz, 1. c. p. 2. 4) 1. c. p. 275. 236 OWo y.iiller, Nehmen wir in dein Beispiel von Melosira arenaria den gewiss sehr niedrig gegrilfenen Werth n — 22 an. Würde Melosira arenaria dem Gesetze ununterbrochener simultaner Zweitheihing folgen und würden alle Zellen, deren Längendurchmesser von 130 /t auf 65 (i herabgesunken, Mutterzellen von Auxosporen, dann müssten erzeugt werden : ich 22 Th( ?ilur Igen = 1 Auxospore, - 23 - 23 Auxosporen - 24 - 276 - 25 - 2 300 - 26 - 14 950 - 27 - 80 730 u. s. f. - 43 - ca. 1052 100 000 000 Wenn daher die Auxosporenbildung in der Entwickelungsreihe der Bacillariaceen-Zelle auch verhältnissmässig spät auftritt, wenn auch im allgemeinen zahlreiche Generationen vorangehen, bevor die Bedingungen der Uebergangsgeueration gegeben sind ^), so muss die Production von Auxosporen alsdann doch um so massenhafter er- folgen. Die Thatsache, dass Auxosporen so viel seltener beobachtet werden als man nach jenen Voraussetzungen zu erwarten berechtigt ist, lässt bereits darauf schlicssen, dass unbekannte Ursachen die Bedingungen ihrer Entwickelung beeinflussen , soweit diese mit dem Herabsinken der Grösse in Verbindung gebracht werden darf. Viel- leicht, sogar wahrscheinlich, wirken mannigfache Ursachen auf das Gesetz der Zweitheilung modificirend ein, vielleicht folgen ver- schiedene Arten den verschiedensten Gesetzen, welche sich kaum je unserer Kenntniss erschlicssen werden, weil die Bedingungen ihrer Erforschung zu ungünstige sind. Der tiefere Einblick in eine dieser präsumtiven Mannigfaltigkeiten, welche, wie ich glaube, mit einiger Sicherheit constatirt werden kann, die handgreiflich zur Production relativ grosser Tochterzellen, zur Verrückung der Grenze 2, 3 ... a — a ~ 2 n y in weite Ferne führt, dürfte, selb.^^t wenn ihr Nachweis 1) Schmitz, 1. c. p. 0. Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfol^yc von Melosira etc. 237 nur für eine oder wenige Arten gelingen sollte, aus den angeführten Gründen wohl einiges Interesse beanspruchen. Diese Modiflcationen bestehen in regel- und gesetzmässi- gen Verzögerungen der Thoil u ngsdau er morphologisch bestimmter Zellind ivid ucn. Die Yermuthuiig, dass die Entwickelung der Racillariaceen nicht ausnahmslos dem Gesetze der simultanen Zweitheilung unterstellt sei, drängte sich mir zuerst bei Gelegenheit einer Untersuchung der anatomischen Verhältnisse in der Gattung Terpsinoe auf^). Ich fand hier Drillingsgruppen deren Begrenzung durch je eine freie Schale den unmittelbaren Beweis lieferten, dass sie nicht durch Abtrennung von einer aus simultaner Zweitheilung entstandenen grösseren Zell- gruppe isolirt sein konnten, und die Häufigkeit ihres Vorkommens schloss den Zufall von vornherein aus. Unter freier Schale = f sei im Folgenden stets die grössere, nicht von Gürtelbandmenibran bedeckte, der beiden Schalen einer Zelle verstanden, unter umschlossener — u die kleinere, von der Giirtelbandhälfte der grösseren eingeschlossene Schale derselben Zelle. In den schem. Fig. 1-4, Taf. 15, bezeichnen die blauen Linien den Querschnitt von Schalen, die rothen den von Gürtelband- hälften, die Exponenten a, /?, y die Ordnungen absteigender Grösse, die Stellenzahlen 1, 2 die Reihe der zeitigen Aufeinanderfolge der Elemente f und u. f" und ii" bedeuten daher die Schalen der Urmutterzclle; 1(2 ist eine umschlossene Schale von der Grösse der Schale u der Urmutterzclle, welche in der zweiten Theilung ent- standen ist. Durch Theilung der Mutterzello /"" it" , Fig. 1, entsteht die Zwillingsgruppe f u'l u{ f^, Fig. 2. Fortgesetzte Zweitheilung derselben erzeugt die Vierlingsgruppe f" u'i 1(2 fi fl ''? ?^2 f ' Fig. 4, deren Anordnung und Grössenverhältnisse die einzig mög- lichen sind, welche eine nach dem Gesetze simultaner Zweitheilung entstandene Vierlingsgruppe aufweisen kann. Mag nun die erste oder die letzte der Zellen dieser Gruppe abgelöst werden, immer 1) Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforsch. Freunde. Berlin 1881. p. 3 ff. 238 Otto Müller, verbleibt eine Drillingsgruppe, deren erste oder letzte Schale eine umschlossene ist, fuuffu oder uffnuf. Theilt sich aber in dem Zwilling die grössere Tochterzelle f n" der Urmutterzelle, während die kleinere i^ f^ ungetheilt bleibt, dann entsteht eine Drillingsgruppe von der Form f" U2 t4 f\ ?'i /"'^ Drillingsgruppen von der Form fuufuf oder fiifuuf, welche durch zwei freie Schalen begrenzt werden, müssen daher unbedingt selbständige orga- nische Bildungen sein, sie stammen von einem Zwillinge, dessen eine Zelle sich wiederholt theilte, während die andere ungetheilt blieb. Ich hielt mich daher zu dem Schlüsse berechtigt, dass es sich bei jenen Terpsinoe-Drillingen um ein gesetzmässiges Verhalten handele, welches der simultanen Zweitheilung nicht mehr ent- spricht. Diese Beobachtung veranlasste mich zu weiteren Nachforschungen an solchen Bacillariaceen, deren Zellen in grösserer Zahl im Faden- verbande zu verbleiben pflegen, in der Hoffnung, den Stammbaum des Fadens zu ermitteln. Solche Untersuchungen werden aber nur dann Aussicht auf Erfolg bieten, wenn 1. die Aufeinanderfolge der freien und der umschlossenen Schalen, f und u^ im Faden richtig erkannt, aus diesen Elementen eine Fadenformel gebildet, und 2. in den Zwillingsgruppen die grössere von der kleineren Tochterzelle sicher unterschieden werden kann. Die Kenntniss dieser Factoren lässt in der That einen Schluss auf die zeitliche Aufeinanderfolge der Zellen desselben Fadens und damit auf dessen Stammbaum zu, wie im letzten Abschnitt näher entwickelt werden wird. Diese Vorbedingungen aber sind der Unter- suchung keineswegs günstig, nur in dem einen Falle, Melosira arenaria, habe ich bisher beide zugleich erfüllt gefunden. Bei Melosira arenaria zeichnet sich die grössere Tochterzelle in den Zwillingsgruppen des Fadens durch einen Verdickungsring am Gürtelbandrande der Schale aus, welcher der kleineren Tochter- zelle mangelt; die anatomischen Details werden im zweiten, und die Gründe dafür, dass jene in der That die grössere Zelle sein muss, im dritten Abschnitt erörtert werden. Die Ueborlagerung des Gürtel- Die Zellhaiit und das Gesetz der Zelltheilungsfolge vou Melosira etc. 239 bandes ist optisch nachweisbar und gestattet die Aufstellung einer Fadenformel, in welcher das den Elementen f und u zugefügte Zeichen.- das Vorhandensein jenes Verdickungsringes, das Zeichen o dessen Fehlen anzeigt, speciell also das der Schale u zugefügte Zeichen - die grössere, o die kleinere Tochterzelle ihrer Special- mutterzellen kenntlich macht. Die Rückführung zahlreicher mikro- skopisch bestimmter vielgliedriger Faden fragmente auf vornngegan- gene Theilungszustände Hess ein fest begrenztes Gesetz erkennen, dessen Schematismus auf Taf. 16 in Form eines regelmässig aus der Urmutterzelle fu entwickelten Fadens siebenter Theilung darge- stellt ist. Das bezügliche Gesetz lautet: Die grössere Tochterzelle der »ten theilt sich in der folgenden Theilungsperiode, der n + Iten, die kleinere Tochterzelle dagegen regelmässig erst in der zweitfol- genden, M -f 2ten Theilungsperiode. Der Wortlaut dieses Gesetzes lässt dessen tief eingreifende Wir- kung nicht unmittelbar erkennen, erst die nähere Betrachtung giebt überraschende Aufschlüsse über die mächtige Hemmung, welche es der fortschreitenden Verkleinerung der Zellen entgegenstellt. Im wesentlichen handelt es sich bei diesem Gesetze um eine Differenz der Theilungsdauer; wahrend die grössere der beiden Tochterzellen in einem gegebenen Zeitabschnitt ihre Theilung voll- endet, gebraucht die kleinere den doppelten Zeitraum. Bei der Theilung der Mutterzelle dürfte das Plasma in zwei ungleichwerthige Hälften zerfallen; derjenige Theil, welcher der grösseren Tochterzelle einverleibt wird, scheint quantitativ reichlicher und mit einer grösseren vitalen Energie verschen zu sein, als der andere Theil; es ist sogar noch ein Plus zur Anlegung des Verdickungsringes vorhanden, wel- cher der kleineren Tochterzelle mangelt, und die dadurch eben mor- phologisch als solche erkennbar wird. Dieses Ueberspringcn einer Generation beschränkt die Vermeh- rung gerade der kleineren Zellen und die regelmässige Wiederholung des Vorganges bei der Theilung jeder einzelnen Zelle potenzirt den Ausfall mit fortschreitender Theilung immer mehr zu Gunsten der grösseren. Bei der simultanen Zweitheilung erfolgt die \ er- 240 Oftu .Müller, mohrung nach Potenzen von zwei, l)ci unserem Gesetze dagegen nach Maassgabe einer recurrenten Reihe, in welcher jedes Glied die Summe der beiden vorangehenden Glieder ist, s. p. 2G4, Nr. 14. Die folgende Zusammenstellung der Produkte der ersten zwölf Theilungen in beiden Fällen zeigt schon das enorme Zurückbleiben der vegativen Vermehrung, welche unser Gesetz zur Folge hat. Theil.: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 2. 4. 8. 16. 32. 64. 128. 256. 512. 1024. 2048. 4096 Zell. 2. 3. 5. 8. 13. 21. 34. 55. 89. 144. 233. 377 Zell. Gleiche Dauer der einzelnen Theilung.svorgänge vorausgesetzt, würde eine Zelle in successiver simultaner Zweitheilung nach 18 Thei- lungen bereits 262 144 Nachkommen in demselben Zeitraum pro- ducirt haben, in welchem nach unserem Gesetze nur 6764 erzeugt wären, etwa der 39ste Theil jener Zahl. Vorher aber wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Werth n = 18 in Hinblick auf die Auxosporenbildung jedenfalls ein viel zu kleiner ist, die Differenzen wachsen daher bei höherem Werthe von n nahezu bis zum Ver- schwinden der nach unserem Gesetze erzeugten Zellenzahl, gegenüber der durch simultane Zweitheilung erzeugten. Noch eigenthümlicher aber erscheinen die Wirkungen unseres Gesetzes, wenn man die Zahlen der Zellen vergleicht, w^elche den verschiedenen Ordnungen absteigender Grösse: a, ß, y, ö . . . . in beiden Fällen zukommen (s. dritter Abschnitt p. 2^1). Ich setze die Componenten der 18ten Theil ung in ihren absoluten und den procentischen Werthen hierher: 3060. 8568. 18564. 31824. 1,2 3,3 7,1 12,1 1365. 2002. 1716. 792. 20,0 29,6 25,4 11,7 Ordnungen: i x X ,« v o tt q Anzahl: 43758. 48620. 43758. 31824. 18564. 8568. 30G0. 816. Procent: 16,7 18,3 16,7 12,1 7,1 3,3 1,2 0,31 Anzahl: 165. 10. 0 0 0 0 0 0 Procent: 2,4 0,15 Ordnungen: a ß Y d Anzahl : 1. 18. 153. 816. Procent: 0,00038 0,0069 0.058 0,31 Anzahl: 1. 18. 136. 560, Procent: 0,015 0,27 2,0 8,3 Die Zellhant und dns Gesetz der Zclltheilniigsfolge von Melosira etc. 241 Ordnungen: a % cp Anzahl: 153. 18. 1. = 262 144 Zellen. Procent: • 0,0ö8 0,0069 0,00038 Anzahl: 0 0 0 = 6 7G5 Zellen. Nahezu die Hälfte aller Ordnungen, welche nach dem Gesetze simultaner Zweitheilung gebildet werden, und zwar diejenigen ge- ringster Grösse mit imposanten ZifTern, entfällt unter der Herrschaft unseres Gesetzes gänzlich und bei der verbleibenden Hälfte der grösseren Ordnungen sprechen die Procentzahlen augenfällig zu Gunsten der Production grosser Zollen. Die Auxosporenbildung von Melosira arenariaist von F r. S c h m i t z ^) beobachtet worden; die Details sind aber leider noch nicht ver- öffentlicht. Die Auxosporen der Melosireen entstehen auf unge- schlechtlichem Wege durch einfache Verjüngung^); während aber in in der Gattung Melosira die Theilungsebenen von Mutterzelle und Auxospore parallel liegen, kreuzen sich diese Ebenen in der Gattung Orthosira rechtwinklig und die Auxosporen entwickeln sich freier, von Gallertmasse umgeben, zwischen den Schalen der Mutterzelle ^). Da Fr. Schmitz bei Gelegenheit seiner Mittheilung über die Auxo- sporen unserer Art dieselbe ausdrücklich als Orthosira bezeichnet, so ist anzunehmen, dass sie diesem Gesetze folgt. In dem Beispiele von Melosira arenaria wurde angenommen, dass die Zellen der Ordnung ip (der 22sten Ordnung absteigender Grösse) Auxosporen erzeugen, s. p. 235. Nach unserem Gesetze erscheint die Ordnung ip mit einer Zelle erst nach 43 Theilungen, s. 282. Wir sahen ai)er, dass unter dem Gesetze simultaner Zwci- theilung in 43 Theilungen bereits 1 052 100 OOOCX)0 Au\os[.oreii gebildet werden müssten, denen jene eine gegen über.steht. Die Wirkung ist daher eine durchgreifende; dieselbe diirflo aber vielleicht noch gesteigert werden können durch die Verlnsie, welche ungünstige Einwirkungen der regelmässigen l'^ntwickelung sicherlich in beiden Fällen zufügen. Ungemessene Giengen von In- dividuen werden stets zu Grunde gehen, und zwar unterliegen die 1) 1. c. p. 4. 2) Schmitz, 1. c. p. 2, 0, 7 und Pfitzcr in Sclienk's nandh. Rd. H. p. 441. o) P fitzer, I. c. p. 13t. [>eiselbe in Solienk\s llandh. Rd. II p. 440. 242 Otto Müller, Zellen den hierauf einwirkenden Ursachen, ob sie nun dem einen oder dem anderen Gesetze ihre Entstehung verdanken. Treffen die schädlichen Einflüsse jedoch sehr bedeutende Mengen von Individuen, welche schon durch ihre räumliche Ausdehnung sich unter günstigeren Vorbedingungen befinden, so liegt es immerhin im Bereiche der Wahrscheinlichkeit, dass ihnen ceteris partibus ein relativ grösseres Quantum entgeht, als wenn die Zahl derselben dem gegenüber eine auf engem Raum beschränkte, verschwindend kleine ist. Auch die- ser Umstand dürfte also das seltene Auftreten der Auxosporen unter der Herrschaft unseres Gesetzes plausibel erscheinen lassen. Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass ein eingehendes Studium der scheinbaren Unregelmässigkeiten vielleicht zu weiteren Gesichtspunkten führt. Die meisten beobachteten Faden fragmente weichen von dem Schema des regelmässig entwickelten Fadens mehr oder weniger ab. Zwischengeschobene oder mangelnde Glieder lassen erkennen, dass in früheren Theilungsperioden ungesetzmässige Thei- lungen stattgefunden oder gesetzmässige unterblieben. Bei genügender Zellenzahl lässt sich in vielen Fällen diejenige Zelle ermitteln, welche in einer der vorangenenen Theilungsperioden den Anlass dazu gab ; Taf. 18 zeigt die Formel und den Stammbaum eines derartigen Fragmentes. Sofern nun, nach Analogie anderer Algen, gewisse Zellen nur eine begrenzte Anzahl Theilungen eingehen, würde der Ausfall von Gliedern zu einer gesetzmässigen Erscheinung werden, welche unter Umständen das Hauptgesetz wesentlich zu modificiren im Stande wäre. Aller Wahrscheinlichkeit nach bestehen ähnliche Modificationen in der That. Das auf Taf. 18 dargestellte Fragment weist einen Ausfall von Gliedern an drei Stellen nach und die Rück- wärtsconstruction lässt erkennen, dass die 8 te Zelle jeder Theilungs- periode gesetzwidrig die folgenden Perioden übersprungen hat. Diese Beobachtung steht keineswegs vereinzelt und ich vermuthe deshalb, dass die Untersuchung, besonders von Fäden geringen Durchmessers welche der Auxosporenbildung näher stehen, und die Rückführung der mangelnden Glieder auf den Ursprung des Defects, werthvolle Thatsachen ergeben würden; vgl. auch Abschnitt 4. Der Mangel genügenden, namentlich lebenden, Materials ge- stattete mir nicht nach den Cireuzen der Zellenzahl lebender Fäden zu forschen. Ich vermuthe, dass diese Zahl keineswegs eine unbe- Die Zellhaut iind das Gesetz der Zelltlieilungsfolge von Melosira etc. 243 grenzte ist, dass die Fäden bestimmte Längen niemals überschreiten. Ob mechanische Einwirkiiiigcu den Zusammenhang der Zellen lockern, ob vielleicht andere Ursachen dazu mitwirken, muss unentschieden bleiben. Immerhin ist die Thatsache auffallend, dass relativ viele Fragmente von Fäden verschiedenen Durchmessers gefunden werden, welche den Beginn eines aus der Zelle fu sich entwickelnden Fadens darstellen. Man darf vielleicht daran denken, dass die Zellen dieser Form länger lebens- und theilungsfähig bleiben; liegen sie zwischen abgestorbenen Zellen ihrer Umgebung, dann genügt wohl schon der durch lebhaftes Flottiren bewirkte Zug um die Gürtel- bänder der toten Zellen voneinandergleiten zu lassen und somit die lebenden zu isoliren, w^elche dann zu Mutterzellen neuer Fäden werden. Bei den angestellten Betrachtungen wurde die Dauer einer Theilungsperiode unter beiden Gesetzen als gleich angenommen, nur unter dieser Voraussetzung sind dieselben richtig. Wenn auch unser Gesetz die Aufeinanderfolge gleicher vegetativer Reihengenera- tionen erheblich vermehrt und deren Unterbrechung durch eine Uebergaugsgeneration in weite Ferne rückt, so ist die Erzeugung gleich grosser Mengen von Auxosporen wie unter dem Gesetze si- multaner Zweitheilung, wenn nicht anderweite Einwirkungen wie die oben angedeuteten hemmend entgegentreten, doch nur eine Frage der Zeit. Würde unser Gesetz auf die Dauer einer Theilungs- periode kürzend einwirken, so sind die Schlüsse hinfällig, die Diffe- renzen müssten verschwinden. Im dritten Abschnitt wird erörtert, dass unter beiden Gesetzen mit wachsendem n die Zellenzahl jeder Ordnung absteigender Grösse nach derselben Ordnung der figurirten Zahlen zunimmt, s. p. 280 ff., diese setzen aber bei beiden Gesetzen in verschiedenen Perioden ein. So würde in dem Beispiel von Melosira arenaria die Zahl der Auxosporen im Falle simultaner Zweitheilung von der 22sten, im Falle unseres Gesetzes von der 43sten Theilung anfangend, in beiden Fällen aber alsdann gleich- massig nach der Reihe der 22sten Ordnung ligurirtcr Zahlen fort- schreiten. Für die Wahrscheinlichkeit, dass die Dauer der Gesammtheit aller physiologischen Vorgänge, welche unter den Begriff der Tliei- 244 Otto Müller, lung fallen, von den in Frage stehenden Gesetzen beeinflusst werde, liegt aber keinerlei Grund vor. Alles in Allem kann man die i]en Faden zusammensetzenden Individuen nicht mehr als völlig gleichwerthig ansehen, wie l)ei den- jenigen Arten, welche dem Gesetze simultaner Zweithoilung unter- worfen sind; nicht sowohl ihre Form, als auch der vegetative Vor- gang der Theilung zeigt gewisse Unterschiede, welche sich zu einer bestimmten Gesammtwirkung potenziren. Diese steht, allem An- scheine nach, in engem Zusammenhange mit anderweiten Lebens- erscheinungen (Auxosporen), deren Ursprung wiederum in dem der Gruppe eigenthümlichen morphologischen Aufbau des Zellkörpers (Zw^ischaligkeit) gesucht werden muss. Die Elemente des Fadens dokumentiren daher eine gewisse Zusammengehörigkeit, welche ver- bietet den Faden lediglich als eine Colonie einzelliger Organismen zu betrachten, es zeigen sich vielmehr die ersten Anfänge morpholo- gischer und biologischer Differenzirung. — Aehnliche Gruppirungen, Drillings- und Zwillingsgruppen ab- wechselnd, finden sich bei Melosira Borrerii und Melosira nummu- loides; ein Merkmal für die Unterscheidung der kleineren Tochter- zellen ist aber nicht vorhanden. Pfitzer^) macht schon darauf aufmerksam, dass die Länge der Gürtelbünder bei Melosira Borrerii eigentluimliche Erscheinungen veranlasst. Ich glaube, dass nicht sowohl die Länge der Giirtel- bänder, als vielmehr die Gruppirung der Zellen diese Erscheinungen hervorruft. Wo im Verlaufe der Randbegrenzimgen bei Melosira Borrerii zwei aufeinanderfolgende Einkerbungen durch Gürtelbandmembran geschlossen sind, Taf. 15, Fig. 9aa, oder wo bei Melosira nummu- loides eine völlig geschlossene neben einer halb geschlossenen sich befindet, Fig. 8aa, ist eine Drillingsgruppe vorhanden. Bei Melosira nummuloides sind die Gürtelbänder kürzer und die Gürtelbandhälfte der Drillingszelle erreicht daher die freie Schale der Mittelzelle des Drillings nicht ganz, bei Melosira Borrerii dagegen wird dieselbe noch theilweise bedeckt. 1) 1. c. p. 129. Die Zellhuut und das Gesetz der Zelltheiluugsfolge von Melosira eto. 245 Bei beiden Arten «iud Drillingsgruppen sehr häufig; ich habe aber nicht entscheiden können, ob die Anordnung derselben unserem Gesetze folgt oder nicht, weil die Länge der zur Untersuchung vor- liegenden Fäden nicht ausreichte und der Mangel eines Merkmals zur Unterscheidung der kleineren Tochterzelle die Rückwärtsconstruc- tion und die Erkenntniss von Unregelmässigkeiten verhinderte. — Andere Melosireen, subflexilis, crenulata, Jürgensii, moniliformis, Roeseana, bedürfen genauerer Untersuchung. Das häufige Vorkommen von Drillingsgruppen in der Gattung Terpsinoe ist bereits erwähnt worden. Ich konnte dasselbe bei den Arten musica und americana feststellen, doch bedarf es dazu eines nicht mit Säuren behandelten Materials. Die Zellindividuen von Terpsinoe musica sind zu Zick-Zack-Ketten verbunden; die Glieder der Kette bestehen aus einer, höchstens aus zwei Zellen, während bei Terpsinoe americana oft auch drei noch mit der ganzen Ober- fläche der Schalen zusammenhängende Zellen ein Glied bilden. Leider stand mir nur getrocknetes Material zur Verfügung, aus dem nur Ketten von geringer Gliederzahl isolirt werden konnten, welche das Gesetz nicht deutlich erkennen Hessen. Weitere Forschungen an Faden-, sowie Zick- Zack -Ketten -bildende Arten sind daher wünschensw^erth. 2. Die Zellhaut von Melosira arenaria Moore. Melosira arenaria lebt in süssen Gewässern Europas, nach Rabenhorst^) besonders in feuchten Mergelgruben. Die Zellen sind zu mehr oder weniger langen, cylindrischen, etwas gekrümmten Fäden verbunden. Smith ^) und neuestens Van Ilcurck^) geben 1) Rabenliorst, L. Flora Algarum. Leipzig 18G4. Rd I, p. 43. 2) Smith, W. Synopsis of Briüsh Diatomaceae. London 18j(). IkI. II. PL LH. 3; Van Heurok, H. Synopsis des Diatomöes de Beluiipie. Anvers 1882. PL XC. Jahrb f. wiss. Botanik XIV. 17 246 Otto Müller, instructive Abbildungen. Der Breiten- bezw. Längendurcbmesser der Zellen ist nach Kützingi) 4i-_87 fx. Smith 2) 66—130 fx. Rabenhorst 115 fi. Schiimann=^) 39-61 fi. Meine Messungen ergaben 47 — 95 [.t. Die bisher beobachtete Variation beträgt daher 40—130 ^ oder 3,25 a : a. Die Höhe der Zellen ist dem Längendurchmesser nicht pro- portional, der Länge von 95 (.i entsprach eine Höhe von 29 {jl - 68 M - - - - 25 iw -59/1 - - - - 24 iu -51/1 - - - - 23 ^ - 47 .u - - - - 21 fi Die cylindrische Gestalt der Fäden erschwert die Beobachtung. Für das Studium der Oberflächenstructur eignen sich stark brechende Medien, wie Monobromnaphtalin oder Anisöl etc.; die seitlichen Be- «^renzungen des Fadens dagegen müssen in schwächer brechenden Medien beobachtet werden, welche die so störenden Randschatten des Objects vorlheilhaft aufhellen. Ich arbeitete anfänglich mit Collodium, später, auf Anregung des Herrn C. Günther, mit Olivenöl, welches Medium ich behufs Erkennung der Fadenbegren- zung warm empfehlen kann. Die Schale von Melosira arenaria ist ein kurzer, auf einer Seite (Schalenseite der Zelle) durch einen wenig gewölbten Deckel (Discus) geschlossener Hohl cy linder mit kreisrundem Querschnitt, Taf. 14, Fig. 14, 15. Auf dem Discus befindet sich eine äusserst seichte centrale Depression, welche sich bis etwa zum Beginn der radialen Falten ausbreitet; zwischen den Deckeln zweier Nachbar- schalen muss hier also ein sehr schmaler linsenförmiger Raum bleiben. 4) Kützing, F. T. Die kieselschaligen Bacillarien. Nordhausen 1865. Zweiter Abdr. p. 55. 5) 1. c. p. 59. G) Schumann, J. Diatomeen iler Hohen Tatra. Wien 18G7. p. 81. Die Zellliaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 247 Die Membran des Discus geht mit scharfer Biegung und gleich- zeitig unter erheblicher Verstärkung in die Membran des Mantels Gf, über. Wahrscheinlich besteht die Zellvvand aus zwei Lamellen, welche nur im Centrum des Discus völlig verwachsen sind. In der Peripherie desselben bildet die äussere Lamelle, Fig. 11, zahlreiche, radial gestellte Falten bezw. Fasern, c, Fig. 10—15, welche in centrifiigaler Dichtung nicht nur an Breite, sondern auch an Höhe zunehmen, Fig 11 und 15; das zarte, weil niedrig ver- laufende, centrische Ende derselben ist oft gabelig getheilt, Fig. 10. Im Centrum finden sich kleine flache Grübchen von regelmässiger, Fig. 10, oder auch unregelmässiger Gestalt, oder sehr zarte, kurze, zierlich gebogene Fältelungen, Fig. 11, 12. Bei hoher Einstellung auf die Gürtelbandseite der Zelle er- scheinen diese Falten in der Nähe der Mediane im optischen Durch- schnitt als fingerförmige Hervorragungen, r, Fig. 6, 7, welche beim Senken des Tubus an Höhe verlieren; je mehr seitlich, desto un- deutlicher wird das Bild, weil, wegen ihrer radialen Stellung, die Falten oder Fasern nunmehr schiefwinklig zu ihrer Längsachse ge- schnitten werden und die Bilder mehrerer Durchschnite über ein- ander liegen; trifft die optische Ebene die Ebene des Durchmessers, dann wird der Querschnitt zum Längsschnitt, Fig. 15, c. Die nebeneinander liegenden Deckelplatten zweier Zellen, welche bei der Theilung gleichzeitig entstehen, passen ihre Falten einander an, dergestalt, dass das Faltensystem der einen als Matrize der anderen betrachtet werden kann. Stellung und Verlauf, Breiten- und Tiefendimensionen der Falten entsprechen sich gegenseitig, nur ist bei den einen erhaben, was bei den anderen hohl ist. Die ein- zelnen Zellen sind dadurch sehr fest aneinandergefügt, Fig. 2, r, Mitteltheil der Figur, und so erklärt sich leicht, dass nur selten, selbst nach mechanischer Einwirkung auf die Fäden, wirklich isolirte Zellen gefunden werden; meistens gleiten die Gürtelbänder von ein- ander, während die beiden benachbarten Schalen zweier Zellen verbunden bleiben. Lagern nun solche, gleichsam aus zwei unpaaren Hälften zusammengesetzten Zellreste auf der Schalenseite, so erblickt man die Faltensystemc der beiden sich berührenden Membranen gleichzeitig und es muss der Eindruck einer sehr dicht gestellten, undeutlichen, radialen Streifung enistehen , da au(di die wenngK-ich 17* 248 Otto Müller, äusserst engen, so doch immer vorhandenen, auf allen optischen Durchschnitten deutlich wahrnehmbaren Spalten zwischen den Falten im Bilde ihren Ausdruck finden. So ist die Abbildung aufzufassen, welche Van Heurck^) von der Schalenseite giebt, sie bezieht sich auf zwei vorhandene Deckel platten. Die Membran des Schalen-Mantels ist ungleich dicker als die des Discus, durchschnittlich etwa 2,6 ^w; ihr Längsschnitt ähnelt der Form eines mit der Spitze dem Zelllumen zugekehrten Stiefels, Fig. 15. Die Oberfläche, ausgenommen ein schmaler Streifen un- mittelbar unter der Kante des Discus, bezw. den dort endenden Falten, und ein ähnlicher am Gürtelbandrande der Schale, Fig. 3, ist mit Areolen bedeckt, welche alternirende geradlinige Reihen bilden, Fig. 16. Schumann zählte 29 V2 Querriefen und 41 unter 45^ geneigte Punktreihen auf Vjoo"; die Entfernung der schiefen Reihen von einander beträgt danach 0,55 f.i, der Abstand der geraden Querreihen 0,76 /i. Meine Messungen der ersteren er- gaben im Durchschnitt 0,57 ^, sie stimmen also mit Schumann überein; dagegen beträgt die Neigung der schiefen Reihen nicht 45 ^, sondern , soweit ich dies bei dem Mangel eines Goniometers feststellen konnte, weniger, etwa 40 ^ da die schiefen Streifen sich unter einem AVinkel von etwa 80^ schneiden, wobei jedoch nicht ausser Betracht zu lassen ist, dass sie etwas gebogen und un- regelmässig verlaufen. Wenn nach DippeP) die Entfernung der Punktreihen von Pleurosigma balticum zu 0,74 ^, von Pleurosigma angulatum zu 0,46 f^i anzunehmen ist, dann steht die Feinheit der Streifung zwischen jenen beiden Probeobjekten; sie würde der weniger bekannten Grammatophora serpentina, 0,55 fi entsprechen. Ich vermuthe, dass der feinere Bau der Mantel -Membran ein ähnlicher ist wie bei den Pleurosigmen , d. h. zwischen zwei La- mellen befindet sich ein System von Netzleisten, welche kleine Hohl- räume umschliessen, wie Flögel zuerst bei Pleurosigma^) nachwies 1) 1. c. PI. XC, Fig. 2 2) Dippel, L. Das Mikroskop. Braunschweig, 1867. Bd. L p. 134,135. 3) Flogel, J. H. L., in Archiv f. mikr. Anat. von Max Schultze. Bonn 1870, Bd. YI, p. 472 ff. Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolüc von Melosira etc. 249 und ich bei Triceratium ') unter Bezugnahme auf Pleurosigma näher beschrieb. Schon das eigenthümliche Farbenspiel, welches die Zellen, ähnlich den Pleurosigmen, zeigen, wenn sie in Medien beobachtet werden, deren Brechungsindex von dem der Zellwandsubstanz wesent- lich abweicht, wie in Luft (minus), Monobromnaphtalin, Anisöl (plus), deutet auf die Achnlichkeit des feineren Baues. Deutliche Beugungs- spectra werden an zwei Stellen zur Seite der Längsachse bei Ein- stellung auf den optischen Durchschnitt des Fadens sichtbar, F''ig. 1. Die Farbe im durchfallenden Licht ist ein sehr lichtes Braun, im reflectirten, weiss. Der Winkel, unter dem die Reihen der Areolen sich schneiden, bedingt aber jedenfalls eine andere Configuration der Netzleisten bezw. Kammerwände, als bei Pleurosigma angulatum und Triceratium Favus. Die Construetion mit zwei schiefen Reihen, welche sich unter 80^ schneiden und deren gegenseitiger Abstand zum gegenseitigen Ab- stände der Querreihen sich etwa wie 3 : 4 verhält, wie die oben mitgetheilten Riefen zahlen vorschreiben, ergiebt Hohlräume mit acht- eckiger Grundfläche, Fig. 16. Diese Achtecke sind in Richtung des Längendurchmessers gestreckt, was mit der Beobachtung der Areolen bei starken Vergrösserungen zu stimmen scheint. Die Netzleisten müssen unter diesen Verhältnissen an den Kreuzungskanten verdickt angenommen w^erden. Für das Vorhandensein eines Systems von Hohlräumen lindet man überdies an Bruchstücken der Mantel raembran directe Beweise. Bei Fragmenten verläuft häufig die Bruchkante der äusseren Lamelle anders, als die der inneren, Fig. 4, 5, und das abgebrochene Stück legt die Netzteisten auf dem verbliebenen Stück a' der anderen La- melle frei, die Areolen erscheinen darauf in derselben Anordnung wie auf der Oberfläche der unverletzten Membran; die Conturen der Bruchkanten sind deutlich gezackt. Meiner Vermuthung nach comniuniciren die Hohlräume wie bei Triceratium, Pleurosigma, durch freie Oefl'nungen in der zarten äusseren Lamelle mit dem umgebenden Wasser, während die innere, 1) Müller, Otto, in Reichert's und du Bois-Reymond's Archiv. Leipzig 1871, p. 619 ff., im Auszuge bei Pfitzer, E, Bacillariaceen, in Schenk's Handbuch, Bd. II. p. 415 ff. 250 Otto Müller, ebenfalls zarte Lamelle, den Zellraiim abschliesst. Die Hohlräume selbst würden sich als langgestreckte, die Mantelmembran senkrecht zur Fläche durchsetzende Porenkanälc von 2,6 /t Länge, 0,76 [i Höhe und 0,56 /.t Breite ausweisen. Die Schalen desselben Fadens sind nicht gleichartig gebaut. Eine Hälfte derselben zeichnet sich vor der andern durch eine eigen- thümliche Verdickung des Gürtel baudrandes aus; die Ungleichheit betrifft aber nicht nothwendig die Schalen derselben Zelle. Die Ver- dickungszone, welche der äusseren Membranlamelle aufliegt, schneidet in etwa ^/g der Höhe des Cylindermantels mit einer deutlichen Grenzlinie ab, welche mithin als Querlinie erscheint, Fig. 1, 2, 3, 4, 5, 14 bei b. In Olivenöl zeigt der optische Durchschnitt, dass ein schmaler oberer Streifen dieser Randverdickung nicht mit der Mantelmembran verwachsen ist, sondern als eine scharfe Schneide den Mantel um- giebt, Fig. 14, die äussere Contur der Zelle erscheint an dieser Stelle daher nicht rechtwinklig, sondern spitzwinklig gebrochen, Fig. 15. Aber auch die A^erwachsung des unteren Theiles kann keine innige sein, da der Verdickungsrand unter Umständen einen besonderen Bruch eingeht, wie die Fragmente Fig. 3, 4,5 beweisen; eine reale Spalte, welche ringförmig um den Mantel verläuft, ist jedoch nur an einer schmalen Zone des oberen Randes wahrnehm- bar. Das in Fig. 3 über den Bruch der Mantelmembran vorragende Stück b' der Verdickungszone zeigte dieselbe Areolirung wie die Membran, die Bruchkante an der linken Seite war deutlich gezackt; der Bau des Verdickungsringes stimmt daher mit dem jener Mem- bran überein. Wenn dieser Verdickungsring an beiden Schalen derselben Zelle vorhanden ist oder beiden mangelt, dann ist Melosira arenaria in Bezug auf die Theilungsebene bilateral symmetrisch gebaut; wenn dagegen die Rand verdickung nur an einer der beiden Schalen auf- tritt, so ist die Zelle zwar bilateral, aber asymmetrisch gebaut. Die untere, zur Mantelmembran rechtwinklig stehende Fläche des Gürtelbandrandes der Schale ist kreisrund ; der Durchmesser dieser ringförmigen Fläche beträgt 3 — 3,6 ^u; ähnlich dem Discus Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 251 ist sie mit kleinen Falten oder Leisten besetzt, welche hier als ra- dial verlaufende Querleisten erscheinen, Fig. 9. Von der Giirtel- bandseite- aus gesehen, projiciren sich die Querleisten am Rande der Sciiale in Form kurzer Zähnchen, Fig. 4, 5, d. Dieser Fläche ist das Gürtelband mittelbar angefügt; die Stärke desselben ist aber sehr viel geringer als die der Schalenmembran, ich schätze den Durchmesser zu 0,6 /f. Von cylindrischer Form, biegt dieses zarte Membranstück am Rande (Schalenrand des Gürtel- bandes) recht\Yinklig nach innen um Fig. 14, 15, g\ das dadurch entstehende ringförmige Fliichenstück ist ebenfalls radial gefurcht und auch diese Falten erscheinen daher am Rande in ihrer Projection als Zähnchen, Fig. 8, g. Bei sorgfältiger Einstellung auf die Ober- fläche kann man das Ineinandergreifen der Zähne der Ränder der Schale und des Gürtelbandes deutlich wahrnehmen, Fig. 2, 3, rhj. So erklären sich die beiden transversalen Punktreihen aller Autoren, welche Smith und Van Heurck, ersterer Fig. 334 a' und r/, offenbar in unrichtiger Auffassung abbilden. Liegt die Zelle auf der Deckelfläche, den Rand mit angefügtem Gürtelbande nach oben gekehrt, so gelingt es auch, bei Verwendung des vollen Lichtkegels des Abbe'schen Condcnsors und möglichst centrischer Spiegelstellung, welche zweckmässig durch die freie Oefl"nung des Objectivs regulirt wird, das Bild der Fig. 9 zu er- halten. An der Peripherie bemerkt man doppelte Conturen; der durch dieselben begrenzte helle Kreis ist durch zahlreiche runde Punkte rosenkranzartig gegliedert. Diese Punkte befinden sich stets zwischen den Enden zweier Leisten des Schalenrandes, und von ihnen ausgehend dringen zarte Linien in die Zwischenräume jener Leisten. Das Bild ist also analog dem oben bescliriebenen, welches bei Betrachtung zweier verbundener Deckelplatten von der Schalen- seite der Zelle zu Stande kommt. Der periphere helle Kreis ist die Projection des Gürtelband-Mantels an der Umbiegungsstelle //, dessen Durchmesser um ein geringes grösser als der Schalendurchmesser ist. Die dunkeln Punkte entsprechen der Projection der dickeren Membranstreifen /", Fig. 8, zwischen den sogleich zu betrachtenden Längsfurchen f des cylindrischen Mantels; diese dickeren Streifen gehen auf den umgebogenen Rand fj des Gürtelbandes als Leisten (Wellen- 252 Otto Müller, berge der Falten) über und letztere licgon zwi.sclicn den Leisten des Schalenrandes. Die den Wellenthälern entsprechenden Rinnen dagegen setzen sich auf dem Mantel des Gürtelbandes in Form seichter Längs- furchen fort, f\ ^velche in Richtung zum freien Rande immer zarter werden und schon in beträchtlicher Entfernung von demselben enden; bei schief einfallendem Lichte vermag man allerdings diese Längsfalten noch weiter zu verfolgen. Mit Syt^temen homogener Immersion ertennt man ausserdem zwei äusserst zarte Streifensysteme sich kreuzender Linien, welche die ganze Giirtelbandmembran be- decken; die Auflösung dieser Streifen kommt der Lösung sehr schwie- riger Probeobjectc gleich. Beim Durchmustern von Präparaten findet man in der Regel nur Giirtelbandfragmente, welche die Länge einer Schalenhöhe besitzen, Fig. 3,^. Die Länge des vollständigen Gürtelbaudes ist aber grösser, etwa IV3 der Sclialenhöhe; bei einer Höhe der Schale von 13 jt* w^ar die Gürtelbandlänge 21 i-i. In dem Fragment Fig. 2 bemerkt man bei e' je ein Ansatzstück, welches durch eine zarte Naht mit dem oberen Theile des Gürtelbandes verbunden ist. Diese Naht deutet auf eine Pause im Waclisthum des Gürtelbandes. Es verdient besonders hervorgehoben zu werden, dass die ruhenden Zellen (nicht in Theilung befindlichen) des Fadens nur eine Gürtelbandhälfte besitzen, die umschliessende; die Bildung der zweiten, der umschlossenen, muss als ein die Theilung begleitender Akt betrachtet werden, so auch Pfitzer^) bei Melosira varians. Ich habe das gleiche A^erhalten bei vielen anderen Bacilla- riaceen constatiren können, z B. bei Terpsinoe. Ein gänzliches Unterbleiben der Ausbildung einer Gürtelbandhälftc scheint übrigens bei der Auxosporenbildung mehrfach vorzukommen^"- 3). Mit der räumlichen Ausdehnung des Protoplasma und dem dadurch beding- ten passiven Heraustreten der eingeschlossenen Schale aus der Um- fassung der präexistirenden Gürtelbandhälfte beginnt an dem bis dahin freien Rande der eingeschlossenen Schale die Ausscheidung 1) I. c. p 129. 2) Schmitz, Fr, 1. c p. 0, 4 3) Pfitzer, 1. c. p. 63. Derselbe in Scheuk's Hanrlb. Bd. II. p. 440. Die Zellhaut und das Gesetz dor Zelltheilungsfolge too Melosira etc. 253 der neuen Gürtelbandhälfto. Nachdem das junge Gürtelbandstück die Länge einer Schalenhöhe erreicht hat, tritt wahrscheinlich jene Wachs- thumspause ein, obgleich das Austreten der umschlossenen Schale fortdauert, bis der freie Raum zwischen den auseinandergewichenen Schalen die Breite der doppelten Höhe einer Scliale erreicht hat Das erneute Wachsthum des freien Randes des umschlossenen Gürtelbandstückes beginnt erst wieder nachdem die jungen Schalen in der Theilungsebene angelegt sind; dasselbe hält dann so lange an, bis der wachsende Gürtel bandrand auf Widerstand stösst, welchen er, wie eine Betrachtung der schematischen Figur 5 Taf. 15 ergiebt, an dem oberen Rande der Verdickungszone der nächstfolgenden ab- ge wendeten jungen Schale findet. Solchem Widerstände aber muss der wachsende Rand der umschlossenen Gürtelbandhälfte noth- wendig begegnen, weil eine der beiden jungen Schalen, wie im dritten Abschnitt näher erörtert wird, stets am Rande verdickt ist, und zwar immer die der Wachsthumsrichtung des freien Gürtelband- randes abgewendete. Diese Schlüsse ziehe ich aus den Bildern, welche die seitlichen Begrenzungen der Fäden darbieten, Taf. 15, Fig. 6 und 7. Wäre das untere Gürtelbandstück vor Bildung der jungen Schalen vorhanden, so müsste es, ebenso wie das obere Stück, die Länge einer Schalenhöhc besitzen und auch die Verdickungszone der folgenden abgewendeten Schale u m schliessen. Das aber ist ohne Zweifel nicht der Fall; das untere Gürtelbandstück e' hat nur die Länge einer Schalenhöhe minus V^erdickungszone und stösst un- mittelbar auf den Rand derselben, wie auch das von der Fläche gesehene, in Figur 2 Taf. 14 dargestellte Fragment beweist und noch des Näheren erörtert werden wird. Im ersten Abschnitt wurde die Aufstellung einer Fadenformel, welche die Aufeinanderfolge der freien und umschlossenen Schalen im Faden ausdrückt, als erste Bedingung zur Ermittelung des Stammbaumes gefordert. Nach Schilderung des anatomischen Baues der Zellhaut kann nunmehr jener Forderung genügt werden. Als umschlossen =: u wurde die kleinere Schale einer Zelle bezeichnet, welche von der Membran der Gürtel bandhälfte der zuge- hörigen grösseren Schale derselben Zelle eingeschlossen wird; die 254 • Otto Müller, grössere dagegen, mit der uniscbliessenden Giirtelbandhälftc, als frei — f\ vgl. die schematischen Figuren auf Taf. 15. Zunächst muss daher die Ueberlagerung der kleinen Schale durch Gürtelmembran im mikroskopischen Bilde nachgewiesen werden. Dieser Nachweis gelingt sowohl in dem Oberflächenbilde des Fadens, durch Aufsuchen der oben beschriebenen Längsfurchen auf dem Giirtelbandmantel, Taf. 14, Fig. 8, als auch in dem Bilde der seit- lichen Fadenbegrenzungen. Die Untersuchung der Oberfläche muss in stark brechenden Medien oder in Luft geschehen. Die zarten Längsfalten des oberen Gürtelbandabschnittes bedecken bei höchster Einstellung auf die Schaleuoberfläche, ausgehend von dem gezahnten Gürtelbandrande der freien Schale, die Areolen der darunter befindlichen Mantel- fläche der eingeschlossenen Schale, Taf. 14, Fig. 1, 2 und enden etwa in halber Höhe dieser Schale. Die Richtung ihres Verlaufs, vom Schalenrande des Gürtelbandes nach dem freien Rande, Fig. 2, 3, 14, /", weist daher auf die Lage des letzteren und lässt, wo sie deutlich erkannt wird, über die richtige Bezeichnung der betreffenden Schale in der Formel keinen Zweifel. Unter Umständen aber ist die Erkennung und die Feststellung des Verlaufes dieser Längsfalten äusserst schwierig, auch die sorgfältigste Einstellung und Beleuch- tung führt nicht zum Ziele. Der in Fig. 1 dargestellte fünfzellige Faden ergiebt nach der Stellung der Längsfurchen die Formel fmifuffuuf. Zur Vervoll- ständigung dieser Formel ist aber noch die Constatirung des A^or- handenseins (Zeichen -) oder Mangels (Zeichen o) des Verdickungs- ringes erforderlich. Dieser Verdickungsring wird an der Querlinie erkannt, welche der obere, dem Schalendeckel zugewendete, Rand desselben auf dem cylindrisclien Mantel der Schale markirt, Fig. 2, 3, 4, h. Indess begegnen hierbei mannigfaclie Täuschungen, welche die Richtigkeit der Fadenformel leicht beeinträchtigen. Nicht nur die gesuchte Randverdickung hat eine solche Querlinie zur Folge, sondern unter Umständen verursachen auch die freien Gürtelband - ränder ähnliche Querstriche, welche dann irrthümlich als einer Randverdickung zugehörig angenommen werden. Für die richtige Auffassung der in Rede stehenden Verhältnisse ist daher das Stu- Die Zellhaut unf.l das Gesetz der Zelltbeilungsfolge \on Melosira etc. 255 dium der seitlichen Begrenzungen in schwach brechenden Medien (Olivenöl) unentbehrl ich. Der in Olivenöl eingelegte Faden ergiebt mit gut definirenden Systemen, womöglich homogener Immersion, einen brauchbareren optischen Durchschnitt als man seiner körperlichen Natur nach vor- aussetzen sollte. An den mit a bezeichneten Stellen der Fig. 6 Taf. 15 stehen die freien Ränder zweier Gürtelbandhälften einander gegenüber; entweder erreichen sie sich nicht ganz oder sie decken sich eine kurze Strecke. In beiden Fällen müssen auf der Oberiläche Querlinien erscheinen, welche, falls diese über Schalen verlaufen welche thatsächl ich keine Rand verdickung besitzen, Anlass zu dem oben erwähnten Irrthum geben. Nur die sorgfältige Betrachtung des Durchschnittes der Schal enmembran kann den richtigen Sachverhalt feststellen; die seitliche Contur derselben muss, wie bereits früher erwähnt wurde, spitzwinklig gebrochen sein, falls eine Randverdickung besteht. Die Pseudo-Querlinien sind übrigens auch häufig durch schiefen Verlauf unterscheidbar. In ausgezeichneter AVeise zeigen ferner die seitlichen Faden- conturen das Ausw^achsen der Gürtelbänder bis ihnen durch Wider- stand Halt geboten wird, Fig. 6, c und 7. Ein solches Auswachsen ist die Regel und der freie Gürtelbandrand berührt in der That den oberen Rand des Verdick ungsringes unmittelbar, so, dass ich lange Zeit über den Sachverhalt in Zweifel gewesen bin. Der Eindruck, dass das Gürtelband mit der Randverdickung der folgenden abgewendeten Schale verwachsen ist, drängt sich auch bei näherer Betrachtung immer wieder auf. AVenn man indessen den vollen Lichtkegel des Abbeschen Condensors, nach Entfernung der Blendungsscheibe, ein- wirken lässt, dann kann man sich in jedem einzelnen Falle mit ge- nügender Sicherheit davon überzeugen, dass zwischen beiden Bän- dern eine ausserordentlich enge Lücke vorhanden ist, viel enger, als in der Zeichnung darzustellen möglich. Durch dieses Auswachsen wird der grössere Theil der folgenden abgewendeten Schale von Gürtelbandmembran überw^icherl, und, sofern diese Schale eine umschlossene ist, wie in allen Zwillingen, liegt dann eine doppelte Membranschicht über derselben, vgl. die schema- tische Fig. 5 und Fig. 7. Im anderen Falle aber bleibt die 256 O'to Müller, Schale trotz der theilweisen Ueberlagerung im Sinne unserer Defi- nition eine freie, da sie nicht von Gürtelbandmembran der zuge- hörigen Zellhälfte umschlossen wird; ein ganz ähnliches Verhält- niss besteht bei Melosira Borrerii, Fig. 9. Der Raum zwischen Schalen- und Gürtelbandmembran erweist sich bei dem Studium der seitlichen Begrenzungen überraschend breit, so, dass ein schmaler Protoplasmagürtel denselben ausfüllen könnte. Die Stelle h der Fig. 7 ist bemerkenswerth, weil sie erkennen lässt, dass das scheinbar kurze Gürtelband der Schale f lediglich ein Bruchstück ist, dessen Fortsetzung dem umfassenden Gürtelband- stück der letzten Schale anliegt; die Vergleichung der gegenüber liegenden Seite giebt darüber Aufschluss; vielleicht finden auch die kurzen Gürtelbänder h der schon vor dieser Beobachtung gezeichneten Fig. 6 theilweise ähnliche Erklärung, anderentheils handelt es sich bei diesen um unausgewachsene Gürtelbaudhälften in Zellen deren Theilung soeben erst vollendet wurde. 3. Ableitung des Gesetzes und besondere Eigenschaften der Fadenformel. Im Folgenden bezeichnet der Ausdruck Zwilling = Z eine einfache Zwillingsgruppe von der Form fuuf. Unter Drilling ist eine dreizellige, beiderseits durch je ein f begrenzte Gruppe ver- standen, welche aus einem Zwilling, dem Drillingszwilling — (Z) und einer dritten Zelle, der Drillingszelle = d besteht. Die Drillingszelle ist diejenige Zelle, welche aus dem Mutterzwillinge un- getheilt in die Drillingsgruppe übergegangen ist, s. p. 238; letztere ist, vom Standpunkte des Beobachters aus, entweder nach rechts: fuufuf, oder nach links: fufuuf, ausgeschoben. Die Beobachtung vieler Zellfäden führte zu folgenden Ergeb- nissen : 1) Jeder Faden (vgl. Taf. 15, Fig. 5 und Taf. 16) besteht aus Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 257 einer bestimmten Anzahl zu Zwillingen und Drillingen gruppirten Zellen. 2) Die Grenz schalen sämmtlicher Nachbarzellen haben un- gleiche Zeichen. Auf die Endschale - einer Zelle folgt die Anfangs- schale 0 der nächsten und umgekehrt. Haben die beiden Schalen derselben Zelle gleiche Zeichen, dann kehrt die Folge der Zeichen der Grenzschalen um. Daraus folgt: a) Die beiden benachbarten f aller Zwillings- bezw. Drillings- gruppen, haben ungleiche Zeichen; auf die Endschale f eines Zwillings, Drillings, folgt die Anfangsschale f des Nachbar-Zwillings, -Drillings und umgekehrt. b) Haben Anfang- und End-/ desselben Zwillings, Drillings, gleiche Zeichen , dann kehrt die Folge der Zeichen der be- nachbarten /", der End- und Anfangsschalen benachbarter Zwillings-, Drillings-Gruppen um. c) Auch die beiden benachbarten w aller Zwillinge, der einfachen und der Drillingszwillinge, Z und (Z)^ haben ungleiche Zeichen. d) Mehr als zwei aufeinanderfolgende gleiche Zeichen können nicht vorkommen. Folgen scheinbar dennoch mehr als zwei -, dann ergiebt eine genaue Untersuchung das A"or- handensein von Pseudo-Querlinien, welche nicht von einer Randverdickung herrühren, s. p. 254, 255. 3) Das u der ausgeschobenen Drilliugszelle ist stets u. Hieraus _ ()_()0 __00 0_0_ welche Formeln auch rückwärts gelesen Gültigkeit besitzen. An diese Formeln können wir bereits einige Betrachtungen knüpfen, welche später bei Aufsuchung der allgemeinen Formeln für die verschiedenen Zellformen ihre Verwerthung finden werden. Auch die grössere Tochterzelle erscheint hiernach nicht noth- wendig in derselben Gestalt, welche vor der Theilung die Mutterzelle besessen, wie man wohl stillschweigend bisher angenommen, indem Mutterzellen, welche ihr u mit dem Zeichen o der kleineren Tochter- zelle als f vererben, unter dem Zwange der Regel 5 das verlorene ti 0 o in der grösseren Tochterzelle als u ersetzen. Dagegen gleichen die grösseren Tochterzellen der Mutterzelle vollkommen, wenn letztere ein u besass; das ist aber in der zweiten Generation, also in allen Zwillingen, Z und (Z) durchgehends der Fall, wie ein Blick auf die Formeln sub 6 zeigt, und deshalb müssen ganz allgemein grössere Tochterzellen in allen folgenden Generationen wiederum gleiche grössere Tochterzellen erzeugen. Da ihr ti nach Nr. 5 = u ist, so können 7) grössere Tochterzellen nur in den Formen fu bezw. tif oder fu bezw. uf erscheinen und kleinere Tochterzellen lediglich 0 _ _ o in der Form fu bezw. uf erzeugen. -0 0 _ Derselben Regel folgend führen 8) kleinere Tochterzellen ihr u als u; sie besitzen deshalb u nur die Formen fu bezw. uf oder fu bezw. uf. Die von ihnen _0 0. 00 0 0 erzeugten grösseren Tochterzellen gleichen ihnen daher niemals und die kleineren Tochterzellen erscheinen nur in der Form fu bezw. uf. 0 0 0 0 Damit sind alle Bedingungen gegeben, die Entwickelungs- geschichte eines beliebigen Fadens oder Fadonstücks abzuleiten. Man findet die Stammzelle des Zwillings, wenn man die beiden jüngst Jahrb f. wiss. Botanik. XIV. [Q 262 Otto Müller, gebildeten u ausschaltet und das f der kleineren Tochterzelle mit seinem Zeichen dem f der grösseren Tochterzelle als zugehöriges ti anfügt, wie das ohne Weiteres aus den oben mitgetheilten Formeln hervorgeht. Beim Drilling fügt man nach Ermittelung der Stamm- zelle des Drillingszwillings die Drillingszelle unverändert hinzu und führt dann den so gewonnenen Mutterzwilling auf seine Stammzelle zurück. Der Drilling fuufuf entstand aus l> _ 0 _ 0 0 dem Mutterzwilling fu uf und dieser entstand aus der Stammzelle fi(. 0 0 Die Anwendung des Vorstehenden zur Ermittelung des Stamm- baums vielgliedriger Fäden führt nunmehr auf das bereits im ersten Abschnitt mitgetheilte Entwickelungsgesetz: Die grössere Tochterzelle der nten theilt sich in der folgenden, n-\r lien, die kleinere regelmässig erst in der zweitfolgenden, n -h 2ten, Theilungsperiode. Dieses Gesetz lässt die kleinere Tochterzelle unverändert in die n + Ite Theilungsperiode übergehen und in derselben zur Drillingszelle werden, indem sie dem neuen Theilungsproduct der grösseren Tochterzelle, einem Zwilling (ZJ, vor- oder nachge- schoben wird. In der n -h 2ten Theilung wird sie dann w'ieder Mutterzelle und bildet einen einfachen Zwilling. Alle Zwillinge der wten Theilung, die einfachen sowohl wie die Drillingszwillinge, Z ■\- (Z), müssen mithin in der n -f Iten Periode je einen Drilling, jede Drillingszelle aber, als unveränderte kleinere Tochterzelle aus der n — Iten Periode, ausserdem einen einfachen Zwilling bilden. 9) Die n + Ite Periode enthält daher so viel einfache Zwillinge als die nie Drillinge, und so viel Drillinge als die nie einfache Zwillinge -f Drillinge. Eine Stammzelle bildet nach der ersten Theilung einen Zwilling, nach der zweiten einen Drilling, nach der dritten je einen Zwilling und einen Drilling, nach der vierten einen Zwilling und zwei Drillinge u. s. f., es wächst daher die Zahl der Zwillinge und Drillinge wie folgt: Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 263 10) Theilung 1 3 4 5 6 7 8 9 10 11. s Zellen 2 3 5 8 13 21 34 55 89 144 Zwillinge 1 1 1 2 3 5 8 13 21 Drillinge 1 1 2 3 5 8 13 21 34 Bezeichnet im Folgenden a die Zahl der einfachen Zwillinge, b die der Drillinge der iiten Theilung'speriode, so ist 11) b — a = die Zahl der Zwillinge der n — Iten Periode, a = - - - Drillinge - - - 2a — b = - - - Zwillinge - n — 2ten b ~ a = - - - Drillinge 2b — 3a ~ - - - Zwillinge - )t — 3ten 2a — b = - - - Drillinge 5a — 3b = - - - Zwillinge - n — 4ten 2b — 3a = - - - Drillinge - u. s. f. b = die Zahl der Zwillinge der n + Iten Periode, a + b = - - - Drillinge a + b = - - - Zwillinge - n H- 2ten a + 2b - - - - Drillinge a + 2b = - - - Zwillinge - )f f 3ten 2a + 3b = - ' - Drillinge - 2a 4- 3b = - - - Zwillinge - n -t- 4ten 3a 4- 5b = - - - Drillinge - u. s. f. Die Gesammtzahl der Zellen ist, wie ohne Weiteres erhellt, 12) in der nten Periode 2a + 3b und demnach in der n -\- Iten Periode 3a -j- 5b in der 7i + 2ten Periode 5a -f- 8b u. s. f. 18* 264 Ot(o Müller, Die Zunahme des Fadens an Zellen beim Uebergange aus der nion in die w -f Ite Periode, da jeder Drilling eine Zunahme um zwei, jeder einfache Zwilling eine solche um eine Zelle ver- anlasst, ist 13) a -f 2b. Zellenzahl m toto, Gruppirung der Glieder, sowie Zuwachs regeln sich daher sämmtlich nach Maassgabe der bekannten recur- renten Reihe: 14) 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144 ... . worin jedes Glied gleich der Summe der beiden vorangehenden ist. In jedem regelmässig gebildeten Faden verhält sich auch die Länge der neuen Elemente B zu der Länge der alten A, nach der geometrischen Proportion des goldenen Schnittes, d. h. wie die Länge der alten Elemente Ä zur Länge des ganzen Fadens A -\- B. Taf. 16 enthält das Schema eines regelmässig aus der ürmutter- zelle fu entwickelten Fadens siebenter Theilung. Jede Generation wiederholt bis zur Zellenzahl der vorangegangenen, deren Gruppi- rung, Zeichenfolge und Zellengrösse. Die Zeichenfolge der Grenzschalen aller Zwillinge, Z und (Zj, und der Elemente der Drillingszellen, bilden gemeinsam die Zeichen- folge der Elemente der n — Iten Periode, weil in der folgenden Ge- neration die grösseren Tochterzellen und die Drillingszellen zu je einer Drillingsgruppe heranwachsen und ihre u diesen Gruppen als begrenzende f vererben, während die kleineren Tochterzellen unver- ändert als Drillingszellen übergehen; oder anders ausgedrückt: die Grenzschalen der Zwillinge und die Drillingszellen sind die aus der n — Iten Periode überkommenen alten Elemente des Fadens. Zwischen ihnen werden die benachbarten n aller Zwillinge neuge- bildet, deren Zeichen die Reihenfolge der Zeichen der alten Elemente (= der Zeichenfolge der Elemente der n — Iten Periode) derart er- gänzen, dass nunmehr auch die Zeichenfolge der Elemente der nten die Folge der Elemente der n — Iten, bis zu deren Zellenzahl, wiederholt. Die Zeichenfolge der Grenzschalen der Drillings und Zwillings- gruppen der nten bildet die Zeichenfolge der Elemente der n — 2ten Periode, weil nach zwei Generationen die grösseren Tochterzellen zu Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheiluiigsfolge von Melosira etc. 265 je einer Drillingsgruppe, die kleineren Tochterzellen zu je einer Zwillingsgruppe herangewachsen und ihre u zu eineni der begren- zenden f dieser Gruppen geworden sind; oder anders, die Grenz- schalen der Drillings- und Zwillingsgruppen der nten sind die aus der 71 — 2tcn Periode überkommenen alten Elemente. Auch das Schema Taf. 15 Fig. 4 illustrirt diese Verhältnisse. Die Zeichenfolge, von rechts nach links gelesen, bleibt dieselbe, wenn zunächst die mit 5, dann die mit 4 u. s. f. bezeichneten Schalen ausgeschaltet werden. Die Zahl der verschiedenen Elemente der wten Periode er- giebt sich aus den Regeln sub Nr. 2 und 3. Im zweiten Abschnitt wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Hälfte aller Schalen -f 1, also (2a + 3b) 4- 1 das Zeichen -, (2a + 3b) — 1 dagegen das Zeichen o zukommt, vorausgesetzt, dass die Urmutterzelle die Form fu besessen hat. Diese Zeichen ver- theilen sich auf f und u in ungleicher Weise. Nach Nr. 2a und b sind so viel f und eben so viel /' vorhanden, als Grenzen von Zwillings- und Drillingsgruppen: = (a + b) — 1; dazu treten nach Nr. 3b die f aller Mittelzellen von Drillingen: = b und endlich zwei f als Anfangs- und Schlussschalen des Fadens, die beiden Schalen der Urmutterzelle. Im Ganzen sind also vor- handen (a + 2b) + 1 /■; (a f b) — 1 f. Sollten Urmutterzellen von der Form fu vorkommen, dann würde + l auf Seite /*, — 1 auf Seite f stehen ; bei den Formen fu oder fu entfallen + 1 und — 1. Nach Nr. 2c sind so viel u und eben so viel u vorhanden, als benachbarte it in allen Zwillingen, Z -\- (Z), also a -f b; dazu treten nach Nr. 3 so viel u als Drillingszellen: - b. Im Ganzen sind also vorhanden a + b ?/; a + 2b w. Um die Elemente des Zuwachses festzustellen ist daran zu erinnern, dass sämmtliche neu erzeugten Schalen als u gebildet 266 Otto Müller, werden und zwar muss nach Nr. 2c die Hälfte aller dieser neuen w = w, die andere Hälfte = u sein. J)er Zuwachs an Zellen 0 beim Uebergange aus der ??ten in die n + Ite Periode beträgt, wie unter Nr. 13 gezeigt, a -1- 2b, an Schalen mithin 2a 4- 4b; es werden daher jedesmal a + 2b u und a + 2b w neu erzeugt. 0 Indess kann der Zuwachs nicht unter dieser Form erscheinen. Den Ausführungen unter Nr. 6 zufolge ergänzen die grösseren Tochterzellen in allen Zwillingen, Z -h (Z), das ihren kleineren Tochterzellen als /' vererbte u in ihren grösseren Tochterzellen. Von den neu gebildeten a 4- 2b u werden daher in der n + Iten Periode a + b für die erwähnten grösseren Tochterzellen verwendet und eben so viel alte w rücken als / in die kleineren Tochterzellen. Die übrigen neu gebildeten b u werden als solche den grösseren Tochterzellen der Drillingszellen einverleibt, welche letzteren als kleinere Tochterzellen aus der n — Iten Periode in die nie unver- ändert übergegangen, gesetzmässig wieder Mutterzellen werden. Dabei vererben sie ihr u ihren kleineren Tochterzellen als / und bilden in 0 o denselben neue u. Von den neu gebildeten a -f 2b ii werden 0 0 daher b in der 7i -\- Iten Periode für die kleineren Tochterzellen jener Drillingszellen verwendet und eben so viele alte i* rücken als/ 0 0 in dieselben. Für den Zuwachs aus der ;^ten in die n + Ite Pe- riode ergeben sich daher die Elemente: a + b /*; b /; b i^; a -f- b u. - 0 - 0 15) Der Faden enthält hiernach an Elementen: / ./ u u nte Periode: (a -f 2b)-f-l; (a + b) - 1 ; a+ b; a-[-2b; -=4a+ 6b Zuwachs: a -f b; b; b; a + b; — 2a+ 4b n + Ite Per.: (2a-F 3b)4- 1 ; (a + 2b)- 1; a + 2b; 2a-}-3b; = 6a-l-10b. Betrachten wir nunmehr die Gruppirung dieser Elemente zu Zellen und zwar zunächst in den kleineren Tochtcrzellen. Die hier folgenden Entwickelungen sind aus dem Schema Taf. 17 ersichtlich. Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 267 Die Regel Tst. 7 beweist, dass kleinere Tochterzellen von grösseren Tochterzellen nur in der Form fu bezw. uf gebildet -0 O _ werden können. So viel grössere Tochterzellen in allen Zwillingen, ^-|- (Z) der n + Iten Theilung, so viel fu werden daher als deren kleinere Tochterzellen in den (Z) der >iten neu gebildet, also a 4- (b — a) = b. Dazu treten nach Regel 4, und zwar als Drillings- zellen, so viel alte /w, als in der n — Iten Theilung Mittelzellen von Drillingen enthalten waren, da diese als kleinere Tochterzellen von grösseren Tochterzellen der n — 2ten Periode die Form fu haben und unverändert aus der n — Iten in die nio, Theilung übergehen müssen; also a. Die nte Theilung enthält daher im Ganzen a + b /w bezw. uf. _ 0 0 _ Hiervon gehen die Mittelzellen in den Drillingen der ?«ten Pe- riode unverändert in die n V Ite und zwar als Drillingszellen über, also b. Ferner werden in den (Z) der n + Iten Theilung so viel fu neu gebildet, als grössere Tochterzellen in den Z -f- (Z) der ?«ten _ 0 enthalten sind, also a + b. Die n + Ite Theilung enthält daher im Ganzen b + (a -f- b) = a + 2b /i^ bezw. uf. _ 0 0 _ Der Zuwachs beim Uebergange aus der ;iten in die ;? + Itc Periode beträgt mithin (a -f- 2b) — (a + b) = b fu bezw. uf. _ 0 0 _ Die kleineren Tochterzellen von kleineren Tochterzellen können nach Regel 8 nur in der Form fu bezw. uf erscheinen. Die Drillings- 0 0 0 0 Zellen der n — Iten Periode sind unveränderte kleinere Tochterzellen der n — 2ten, müssen daher in der ?«ten wieder Mutterzollcn werden und einfache Zwillinge bilden. So viel Drillingszellen in der n — Iten Periode enthalten, so viel fu werden daher in den einfachen Zwillingen neu gebildet, also a. So viel Drillingszellen dagegen in der n — 2ten enthalten waren, so viel alte fu gehen als Drilliugszellen in die 7ite über, o o also b — a. 268 Otto Müller, Die nie Theilung enthält daher im Ganzen a + (b — a) = h fu bezw. uf. 0 0 0 0 Davon gehen als Drillingszellen in die n + Ite Theilung unver- ändert über so viel, als in der nten kleinere Tochterzellen von Drillingszellen der n — Iten Theilung vorhanden, also a. In den einfachen Zwillingen der n f Iten werden neu gebildet so viel, als Drillingszellen in der nten Theilung enthalten, also b. Die n -{- Ite Theilung enthält daher im Ganzen a -f b fu bezw. uf. 'o 0 o n Der Zuwachs beim üebergange in die n f Ite Periode be- trägt mithin (a + b) — b = a fu bezw. uf. b o 0 b Behufs Ableitung der grösseren Tochterzellen ist die Berück- sichtigung der sämmtlichen vorangegangenen Theilungen erforderlich. Die Form aller Mittelzellen von Drillingen ist nach Regel 4 fu bezw. uf Als kleinere Tochterzellen erzeugen dieselben erst in *. 0 0 _ der n + 2ten Periode wieder grössere Tochterzellen von der Form fu bezw. uf. In der ^ten Theilung kommen daher so viel fit bezw. uf vor, als die Summe aller Mittelzellen von Drillingen in der (n — 2) + (w — 3) + . . . -f 3 4- 2ten Periode, die erste ausge- schlossen, da in dieser keine Drillingsgruppe enthalten ist. Dazu tritt je 1 fu als grössere Tochterzelle der Urmutterzelle (Anfangs- zelle) des Fadens und, von der 3ten Theilung beginnend, 1 uf als grössere Tochterzelle der kleineren Tochterzelle Iter Theilung (Schlusszelle des Fadens). Die Reihe unter Nr. 10, nach welcher Zwillinge und Drillinge mit w^achsendem n fortschreiten, ist weder eine arithmetische, noch eine geometrische; die Summenformeln für derartige Reihen sind deshalb nicht anwendbar. Wir folgen daher dem Satze, dass das rte Glied jeder Reihe gleich ist der Summe aus dem Anfangsgliede, hier = 1, und den r — 1 ersten Gliedern der ersten Differenz- reihe. Diese Differenzreihe gleicht in unserem Falle der ursprüng- lichen Reihe, nur steht sie, w^ic leicht zu ersehen, um ein Glied zurück. Das rte Glied unserer Reihe, Ar, ist daher gleich 1 plus Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 269 der Summe der r — 2 ersten Glieder. Wir erhalten sodann die Summeuformel für die r ersten Glieder S ^ 2 Ar-f Ar-i— 1. Es soll jedoch die Summe der Drillinge der {n — 2) -[- {n — 3) -j- . . . 3 -f 2ten Theilung gefunden werden. In der n — 2ten Periode sind nach Nr. 11 b — a, in der n — 3ten 2a — b Drillinge enthalten. Die Gleichung geht daher über in S = 2 (b — a) + (2a — b) — 1 und deren Auflösung ergiebt b — 1 ; dazu die beiden Anfang- und Schluss-/*w, also zusammen b + 1. Da b — du fu in der ?i — Iten Periode als Drillingszellen enthalten waren, so befinden sich von jenen h -V \ fu, b — a als deren grössere Tochterzellen in den einfachen Zwillingen, der Rest a + 1 in den (Zj der wten Periode, s. Taf. 17. Die nie Periode enthält daher im Ganzen b -1- 1 fu bezw. uf. Diese erzeugen in den (ZJ der n -\- Iten Periode eben so viele, also b-|-l gleiche grössere Tochterzellen. Vorher, s. p. 267, wurde nachgewiesen, dass a Drillingszellen von der Form fu in der nten enthalten sind, welche eben so viel, also a, grössere Tochter- zellen von der Form fu in den Zwillingen der n + Iten Periode erzeugen müssen. Die n + Ite Periode enthält daher (a + b) -f 1 fu bezw. uf. Der Zuwachs beim Uebergange aus der nten in die n -f Iste Periode beträgt daher (a + b) + 1 — (b + 1) = a fu bezw. uf. Drillingszellen besitzen nur die Formen fu bezw. u f oder fu _ 0 0 _ o II bezw. uf. Zellen von der Form fu erzeugen zufolge Nr. 6 in der n -f Iten Periode kleinere Tochterzellen von der Form ?//, gehen o o dann als solche unverändert in die n + 2te und erzeugen in der n + 3ten Periode grössere Tochterzellen von der Form fi( bezw. uf und diese nun in allen folgenden Perioden wiederum grössere Tochterzellen gleicher Form. 270 Otto Müller, Die Anzahl fu^ welche in der ni^n Theilung vorkommen, muss daher gleich sein der Summe aller Drillinge in der (w — 3) -|- (n ~ 4) . . . + 3 + 2ten Theilung. Nach Nr. 11 beträgt die Zahl der Drillinge in der n — 3ten Theilung 2a — b, in der n — 4ten 2b — 3a. Die Summenformel ist daher S = 2 (2a — b) + (2b — 3a) — 1, und deren Auflösung ergiebt den Werth a — 1. Davon befinden sich 2a — b als grössere Tochterzellen von der gleichen Anzahl Drillingszellen von der Form fu der n — Iten, in den einfachen 0 0 Zwillingen, der Rest (b — a) — 1 in den (Z) der /«ten Periode; s. Taf. 17. In der nten Periode sind enthalten a — 1 fu bezw. uf. 0 _ _ 0 Diese erzeugen in den (Z) der n 4- Iten Periode eben so viele grössere Tochterzellen gleicher Form, b — a Drillingszellen von der Form /"w, welche, wie vorher p. 267 nachgewiesen worden, in 0 0 der nten Periode enthalten sind, erzeugen in den einfachen Zwillingen der n 4- Iten Periode eben so viel grössere Tochterzellen von der Form fu. 0 _ Die n + Ite Periode enthält daher (b — a) -f (a — 1) = b — 1 fu bezw. uf. 0 _ _ 0 Der Zuwachs bei üebergange aus der niQn in die n + Ite Periode beträgt daher (b — 1) — (a - 1) = b — a fu bezw. uf. 0 _ _ 0 Nachdem wir unter Nr. 15 die Elemente ermittelt haben, aus denen ein Faden nter Theilnng sich zusammensetzt, besitzen wir ein einfaches Mittel um die Richtigkeit der vorstehend analytisch gefundenen Ableitungen zu prüfen. Subtrahiren wir die für die kleineren Tochterzellen fu und uf erhaltenen Zahlenwerthe von _ (I 0 0 dem Bestände der Elemente, so müssen damit sämmtliche u erschöpft 0 sein und die übrig bleibenden /", /", u genau für die Zusammen- setzung der grösseren Tochterzellen fti und uf ausreichen. Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 271 In der nten Theilung siod verfügbar: f f if ?^ (a + 2b)4- 1 ; (a-fb) - 1 -, a-f b; a-h2b. Für/"/« u. Z*/^ wurden verwendet: a+b ; b ; — ;a-f2b. O 0 0 Für fti und fu verbleiben: b + l ; a — 1 ;a + b; 0 Von a -f b ii müssen sich b -f 1 mit der gleichen Zahl f zu h + 1 fti verbinden und die übrig bleibenden a — In mit a — 1 /'zu a — 1 fn. Im Zuwachs sind verfügbar: f f u ?* _ o _ 0 a + b; b ; b ; a + b. Für fu und fu wurden verwendet: b; a ; - ; a + b. Für fu und fu verbleiben: a ; b — a; b ; 0 _ _ 0 _ Davon verbinden sich a f mit a u zu a fu, und die übrig bleibenden b — a u mit b — a, f zu 0 b — a fu. 272 Otto Müller, 16) Zusammenstellung der vorstehenden Ergebnisse: fu fu 0 0 fu fu 0 _ Summe I.Die?^-lteThei- lung enthält i.d.einf.Zwillingen 2a -b b-a — 2b -3a 2b -2a in den (Z) . . . . (b-a)4-l — a (2a-b)-l 2a in d. Drillingszellen — 2a -b b-a — a a + l a b (b-a)-l ah 2b IL Der Zuwachs enthält i.d.einf.Zwillingen 2b - 3a 1 2a - b — 5a- 3b 4a -2b in den (Z) .... 2a- b ! — b-a 2b- 3a 2b -2a in d. Drillingszellen — i2b-3a 2a -b — b-a b-a b — a a 2a -b a + b III. Die nte Thei- lung enthält i.d.einf.Zwillingen b-a a — 2a -b 2a in den (Z) . . . . a + l — b (b-a)-l 2b in d. Drillingszellen — b-a a — b b4-| b a-hb a-l 2a + 3b IV. Der Zuwachs enthält i. d. einf.Zwillingen 2a -b b-a — 2b^3a 2b - 2a in den (Z) .... b-a — a 2a -b 2a in d. Drillingszellen — 1 2a - b b-a — a a a b b-a a + 2b V. Die n-\- Ite Theilungenth.: i. d. einf.Zwillingen a b — b-a 2b in den (Z) .... b + 1 — a-fb a-l 2a 4- 2b i. d. Drillingszellen — a b — a + b (a+b) + l a + b a -1- 2b b-1 3a + 5b Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilmigsfolge von Melosira etc. 273 Die oberflächliche Vorgleichung vorstehender Formeln, speciell der Nummern III, IV, V könnte leicht zu der irrthümlichen Auf- fassung führen, dass die grösseren Tochterzellen des Zuwachses, a fu und b — a fu^ mit eben so viel, also b, kleineren Tochter- zellen aus der wten von der Form fu\ die einfachen Zwillinge der n -V Isten Theilung zusammensetzen, während die kleineren Tochter- zellen des Zuwachses, a fu und b fu die Drillingszellen der n + Isten 0 0 _ 0 Theilung bilden; der Rest des Bestandes der wten Theilung dagegen, die grösseren Tochterzellen h -\- 1 fti und a — 1 fri sich mit der- selben Anzahl, also a + b kleineren Tochterzellen von der Form fu - o zu den (Z) der n -(- Isten Theilung vereinigen. Die vorangegangenen Ableitungen erweisen jedoch eine wesent- lich andere Zusammensetzung der Zwillinge und Drillinge. Die Verschiebungen und Formveränderungen, welche hierbei stattfinden, soll die auf Taf. 17 versuchte graphische Darstellung nochmals über- sichtlich vorführen. Versuchen wir nunmehr den verwickelten Aufbau des Fadens aus seinen Elementen, den Schalen /", /", ?/, m, durch Bildung von . 0 _ 0 Gruppen niederer und höherer Ordnungen anschaulich zu machen, Drillings- und Zwillingsgruppen, deren Mutterzellen die Stellung fu gehabt haben, bezeichnen wir mit dem Vorzeichen -f, solche, deren Mutterzellen die umgekehrte Stellung uf hatten, mit dem Vor- zeichen — . Die Ausdrücke positive und negative Drillingsgruppen etc. sollen daher lediglich diese Beziehung zur Mutterzelle bildlich vergegenwärtigen. Positive Drillingsgruppen, + />, schieben ihre Drillingszelle nach rechts, fuufnf^ negative, — />, nach links aus, fufuuf. In der n + Iten Periode bildet jeder Drilling einen Drilling und einen Zw'illing, jeder Zwilling einen Drilling. Mit Vorzeichen versehen erzeugen, wie ein Blick auf Taf. 1() lehrt, -f D erzeugt + J) — Z] — D erzeugt -f Z — I); + Z - +7); ~Z - - D. Von dem positiven Drilling zweiter Theilung ausgehend, können wir den gröberen Bau des Fadens hiernach bereits construiren. 274 Otto Müller, Die Elemente zweiter Ordnung Z und 1) sind jedoch unter sicli wesentlich verschieden. Die einfachen Zwillinge der /iten Theilung stammen von den Drillingszellen der n — Iten, s. p. 262; Drillingszellen können nach Nr. 3a nur die Formen fu bezw. uf und fu bezw. uf besitzen und _0 0_ 00 0 0 daher treten einfache Zwillinge im regelmässig entwickelten Faden in vier Formen auf: + Z^ = fuuf] — Zi fuuf] 00 oo__ -h ^2 ~ fuuf; — Z2 fuuf, 0_00 ()0_0 fuufj fuuf Die Formen " " " ' ' ' " \ kommen nur in den Drillingszwillingen fuuf; fuuf ^ ^ 0_0_ _0_0 vor, ausgenommen der nach der ersten Theilung der Urmutterzelle fu entstehende einfache Zwilling fuuf; wo daher jene Formen selbständig auftreten, muss vermuthet werden, dass die Drillingszelle fehlt, s. auch Abschnitt 4. Drillinge können den acht Zellformen der n — 2ten fu bezw. uf fu bezw. uf; fu bezw. uf fu bezw. uf entstammen und daher _0 0_l)_ -000 00 folgende acht Formen annehmen: + Dl = fuufuf; — />i = fufuuf; __ü_ü_ _0_0__ + Dg = fuufuf; — D2 =■ fufuuf; 0-0 0 (I0_0 -\r D-^ = fuufuf; — Dg = fufuuf; 0 _ 0 _ 0 _ _ O _ O _ (t 4- D4 = fuufuf; — D4 = fufuuf; 0_0_00 00_0-(t Somit haben wir 6 positive und 6 negative Elemente zweiter Ordnung, i Z^ und Z2, A bis D^. 17) Von der Urmutterzelle ausgehend gelangt man nunmehr zu den Formeln : 2te 3te 4te 5te 6te 7te H-DJ-^i|-D,|+J^2-A|+A + ^i-AI+Ö3-^2 + A+^i-A| + 1 - 5 - 2 +6 - 1 8te -f D3 - Zi - D, 4- I\ - Z2 + Do -h z,-n,\ + 3 + 5 - 1 9te + D^-Z, -D^ + Z^-n^ \D,-Z,-D^-\-D, - ^2 + A -i- >^i-A I ,y + 4 -6 +2 +5 -1 1 Die Zellhaut uud das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 275 Werden die homologen Grippen mit entsprechenden Ziffern bezeichnet, so erhält man 6 positive und 6 negative gleichartige Gruppen,, welche als Elemente dritter Ordnung den Aufbau des Fadens gestalten. Die Vorzeichen -\- und — sind hier ganz will- kürlich gewählt; das Zeichen — bedeutet nur Umkelirung der Zeichen und Stellung der + Gruppe. 4te 5te 6te lOte 3+1-6+2+5-1 Vereinigt man wiederum homologe Gruppen zu Elementen vierter Ordnung, so betheiligen sich 2 positive und 2 negative Elemente vierter, A und B, zugleich mit 2 positiven und 2 negativen Elementen dritter Ordnung 1 und 4 an dem Aufbau. Die Verbindungen der- selben ergeben 8 positive und 8 negative Untergruppen a' — h'. 18) + a' + b' -[- c' -4- d' -1- e' -|- f — a' -f- e' +j;' — c' - b' -a' + e' + 1|+A-1 l+B-l 4te -f N 7te B + l-A-ll 4- P lOte -|- e' -f h' - f — e' — d' — c' — b' — a' + e' + 44-A-4-i-l-B+l-A-l ^ - N . Ute -[- e' 4- h' -f b' -f c' — g' — e' + a' — f - e' — d' — c' — b' — a' ^ 4 + A^l +^B^4-}- 1 +^ -4-1- 1 -IT-'r 1 - A - 1 - P - 0 - N 12te 276 Otto Müller, Werden weiter die gleichartigen Gruppen zu Elementen fünfter Ordnung vereinigt, so erhalten wir 3 positive und 3 negative, N, 0, P, welche zugleich mit 2 positiven und 2 negativen Elementen dritter Ordnung den Faden aufbauen: 8te 9te lOte Ute 12te + nI+o-iI + p-iI + 4-o-n!-}- 4-P + 1-0-N| + 1 -f II - 1 Endlich gelangt man zu den Elementen sechster Ordnung 1 und II und damit zur engsten Begrenzung der drei grossen Gruppen, welche in jedem Falle nachgewiesen werden können: lOte Ute 12te 19) (+ I - 1) ! (-f 4 + II) I (+ 4 - I I Setzt man hierin für — 1 und + 4 die entsprechenden Elemente erster Ordnung, so findet man die Elemente der ersten und der dritten Gruppe in symmetrischer Anordnung der Art^ dass von den freien Enden des Fadens aus, gleiche Stellen durch gleiche Elemente mit gleichen Zeichen besetzt sind, mit alleiniger Ausnahme der Schlussschale der ersten und der Anfangsschale der dritten Gruppe, welche ungleiche Zeichen besitzen. Von den 2a -f 3b Zellen ^) der 7iten Theilung enthält die erste Gruppe so viel, als die n — 2te Theilung im Ganzen, oder zwei auf- einander folgende Gruppen der 7i — Iten, also a -f b; auch ent- spricht dieselbe in der Zusammensetzung genau den 7t — 2 ersten Theilungen. Anfang- und Schlussschale dieser Gruppen haben gleiche Zeichen. Die dritte Gruppe wiederholt die erste in umgekehrter Folge, ausgenommen die Schlussschale; Anfang- und Schlussschale dieser Gruppe haben daher ungleiche Zeichen. Die Anfangschale der ersten und die Schlussschale der dritten Gruppe dagegen haben wiederum gleiche Zeichen. Dritte Gruppe Zellenzahl b — a = b a = a -|- b b = a -f 2b a + b = 2a -f- 3b w -f Ite =r a 4- 2b a + b a 4- 2b == 3a -f 5b 1) Erste Mittel- n — 3te = b-a 2a -b n — 2te = a b — a n — Ite = b a nie = a 4- b b Die Zellhaut und das Cieselz der Zellthciluiigsfolj.'C von Melosira etc. 277 In der y/ten Theilung müssen daher zunächt 2 (a + b) — 1 Schalen, von den freien Enden des Fadens aus gezählt, in dem an- gedeuteten Sinne symmetrisch angeordnet sein, die 2 (a + b) ten Schalen dagegen sind unsymmetrisch. Die Mittel gruppe enthält so viel Zellen als die >? — 3te oder die (n ~ 1) - (n — 2) te Theilung, also (a + 2b) — (a + b) =: b; sie stimmt im Bau mit der dritten Gruppe der n — Iten Theilung überein, Anfang- und Schlussschale haben daher ungleiche Zeichen. Jede dieser Gruppen lässt sich nun wieder in analoge drei Untergruppen zerlegen, da ja Zellenzahl und Anordnung einem voll- ständigen Faden jüngerer Geneiation im Wesen entspricht. Die Mittelgruppe zerfällt in die drei Untergruppen b — a; 2a — b; b -- a. Auf die mit ungleichen Zeichen versehenen, also in unserem Sinne unsymmetrischen Anfangs- und Schlussschalen dieser Gruppe folgen analog der ersten und dritten Gruppe daher jederseits zunächst 2 (b — a) — 2 symmetrisch angeordnete Schalen und alsdann die Schlusschale der ersten und die Anfangsschale der dritten Unter- gruppe mit ungleichen Zeichen. Zerlegt man fortschreitend die 2a — b Zellen enthaltende mitt- lere Untergruppe der Mittelgruppe in ihre drei Componenten: 5a — 3b; 5b — 8a; 5a — 3b und bestimmt die Symmetrie ihrer Elemente nach denselben Ge- sichtspunkten, u. s. f., so findet man in der uicn Theilung allgemein die Symmetrie der Elemente, von je einem freien Ende des Fadens bis zur Mitte, nach folgender Formel geordnet: 20) [-2(a + b)-l + 1-| + |-1 + 2 (I, - a) - 2 I- 1] .^ ^ri -(-2(5a-3b)-2+n^| 1 f 2(131. -21a)-2 + n _,. La ^■^^~""" """^ XJ La ' XJ ^ ri + 2 (89a - 55b) - 2 + IT ^ Wird der symmetrische Theil eines Gliedes = 0, dann folgen bis zur Fadenmitte 2a -|- 31), nur noch unsymmetrische Elemente, deren aber nie mehr als noch 3, nie weniger als noch 1 sein können. In der Mitte des Fadens liegt daher stets eine Gruppe von 4, 6 oder Jahrb. f wiss. Botanik. XIV . 19 278 Otto Müller, 8 unsymmetrischen Schalen. In Fäden mit ungerader Zellenzahl, in denen eine Mittelzelle vorhanden, sind die Schalen dieser Zelle nicht mehr lediglich bezüglich ihrer Zeichen, sondern auch hinsichtlich der Gürtelband- Bedeckung, f und ?y, unsymmetrisch. Diese empirisch gefundene Formel kann auch analytisch ent- wickelt werden, doch w'ird um so mehr auf eine solche Ableitung verzichtet werden dürfen , als dieselbe mit Schwierigkeiten ver- knüpft ist. Die Tabelle am Schluss zeigt die Symmetrie-Verhältnisse der Fäden in den ersten 12 Theilungen, bis zur Mitte; auch in diesem Falle schreiten die Glieder nach recurrenten Reihen fort. In der ersten Reihe 3, 5, 9, 15, 25 . . . ist jedes Glied gleich der Summe der beiden vorangehenden 4- 1, in der folgenden gleich der Summe der beiden vorangehenden -f 2. Die Verfolgung der unsymmetrischen Elemente in den voran- gegangenen Theilungsperioden an dem Schema Taf. 16 ergiebt ferner die interessante Thatsache, dass jede Schale, welche bei ihrer Geburt unsymmetrisch gestellt wurde, im Laufe aller späteren Theilungs- perioden auch unsymmetrisch gestellt bleibt. Mit Hülfe der aufgestellten Schemata sind Avir nunmehr in der Lage, jeden beliebigen Fadenabschnitt ^^ter Theilung nach seinen Elementen festzustellen, in vielen Fällen aber auch umgekehrt, ein beobachtetes Fadenfragment sicher zu bestimmen. Zu diesem Zweck empfiehlt sich zunächst das Schema Nr. 18 durch die 8 positiven und 8 negativen Untergruppen, welche an sich charakte- ristische Faden theile von 21 — 26 Zellen Länge, in ihrer gegenseitigen Stellung unter Umständen sichere diagnostische Merkmale bieten. Bis zur 12ten Theilung sind z. B. vorhanden: Untergruppe a' -1- 2 mal — 4 ma ■ - b' + 2 - - 3 ~ - c' 4- 2 - — 3 - - d' + 1 - — 2 - - e' -f 4 - - 3 - - V -1- 1 - - 2 - - gM- 1 - — 1 - - h' -h 2 ' — 0 - Die Zellluiiil uu 1 da.-i Geset/. der ZellLbeilangsfolge von Melo.dra elc. 279 Mit Berücksichtigung der Naclil)argruppeii bieten sich daher der Bestiraraung eines Fadenstiicks mancherlei A\'alirscheiiilichkeiten. Bei kleineren Fragmenten sind die vorangehenden Schemata Nr. 17 heran- zuziehen, indess ohne gleich günstige Aussicht auf Erfolg; wenn jedoch Fadentheile vorliegen, welche Grenzen benachbarter Untergruppen einschliessen, wird die Wahrscheinlichkeit grösser. Die directen grösseren Tochterzellen der ürrautterzelle haben deren Grösse und bilden die Zellen der Ordnung «, deren daher nur je eine, die Anfangszelle, in jeder Theiluug enthalten sein kann. Die nie Theilung enthält 1 Zelle der Ordnung a. Die Ürrautterzelle und deren directen grösseren Tochterzellen bilden bei jeder Theilung je eine um den doppelten Durchmesser der Gürtelbandmembran = 2 y kleiners Tochterzelle, s. übrigens die Be- merkungen p. 234. Die Zahl der Zellen von der Grösse ß schreitet daher mit den Theilungsperioden nach der Einerreihe fort. Die nie Theilung enthält 71 Zellen der Ordnung ß. Von den n — Iß der 71 — Iten Periode gebt eins, als neu ge- bildete kleinere Tochter unverändert in die 7iie Periode, die übrigen 71 — 2 ß erzeugen in der ;?ten eben so viele kleinere Tochterzellen, welche, um 4 y kleiner als die Urmutterzelle, der Ordnung y ange- hören. Von den n — 2 ß der 71 — 2ten Periode ging eins unver- ändert in die 71 — Ite, die übrigen 11 — 3 ß erzeugten in der '/i — Iten eben so viel kleinere Tochterzellen der (Jrösse /, welche als solche unverändert in die ??te übergehen. Auf dieselbe Weise stammten aus der 71 — 3ten in der n — Iten, n — 4 alte y, welche in der ;/ten eben so viele grössere Tochterzellen gleicher Grösse y, bilden. Wir erhalten daher die Reihe u — 2-i-7t — '^-\-7i — 4 1- 3 -h 2 + 1 und wenn wir die Reihe summiren, finden wir in der ;/ten Theilung ^, (n — 1) . ()i — 2) „ u 1 n •■ S = — - — ^^ — ^ — , Zellen von der Grosse y. 1 u Für 71 = 3 ist S - 1, d. h die Reihe der Zellen von der Grösse y 19* 2gO '^'♦♦o Müller, beginnt in der dritten Thcilung mit 1 und steigt in den folgenden mit der Reihe der figurirten Zahlen^) zweiter Ordnung 1, 3, 6, 10, 15 . . . Die als kleinere Tochterzellen der n — 2ten unverändert in die n — Ite übergegangenen n — 4 y, bilden in der wten eben so viele kleinere Tochterzellen der Ordnung 6. Die als kleinere Tochter- zellen der n — 3ten unverändert in die n — 2te übergegangenen ^i — 5 y^ bilden in der n — Iten eben so viel grössere Tochter- zellen Y und kleinere Tochterzellen ö. Die grösseren y bilden in der ??ten neue n — 5 kleinere Tochterzellen d und die in der n — Iten gebildeten n — 5 kleineren Tochterzellen S gehen aus dieser in die niQ über; zusammen 2 {n — 5) ö. Die als kleinere Tochter- zellen der V — 4ten in die n — ote übergegangenen n — 6 y, bilden in der 7i — 2ten kleinere Tochterzellen J, welche unverändert in die n — Ite übergehen und in der >^ten eben so viele gleiche grössere Tochterzellen erzeugen. Zugleich bildeten sie in der n — 2ten eben so viele grössere Tochterzellen y, welche der /iten 2 (w — 6) zuführen müssen; zusammen 3 (n — 6) ö. In derselben Weise werden aus früheren Theilungen der y^ten 4 {n — 7), 5 (n — 8) , . . einverleibt. Hieraus ergiebt sich die Reihe: 1 (,, _. 4) -r 2 {^n — 5) + 3 (/i ~ 6) + 4 (>i — 7) + . . . . -h {n — 5) . 2 + {n — 4) . 1. Setzt man in dieser Reihe 7i — 4 = a und entwickelt die Diffe- renzreihen, so erkennt man die Reihe als eine arithmetische zweiter Ordnung mit der beständigen Differenz — 2. Die Summirung der Reihe ergiebt in der v/ten Theilung (u — 4) . {n — 3) . (n — 2) „ ,, in- . S — > — ^^ — ^ — ^ ^ — ö Zellen von der Grosse o. Für n ~ b ist S = 1, d. h. die Reihe der Zellen von der Grösse d beginnt in der fünften Theilungsperiode mit 1 und steigt 1) Die Glieder einer arithmetischen Reihe rter Ordnung, in welcher das erste Glied = 1 und für welobe jedes Glied der Hen Differenzreihe = 1 ist, bilden die figurirten Zahlen der rten Ordnung. Behm, G.: Mathematische For- meln, p. 5G. In den Reihen der figurirten Zahlen ist die Reihe der natürlichen Zahlen die erste Ordnung und allgemein die j^te Zahl der rten Ordnung _ p (p -1-1) (p -f r - 1) Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 281 in den folgenden mit der Reihe der figurirten Zahlen dritter Ord- nung 1, 4, 10, 20, 35 ... . Fahren wir fort in derselben Weise die Grösse der Zellen ab- zuleiten, so ergiebt sich, dass die in die n — 4te als kleinere Tochter- zellen übergegangenen )i — 6 )', der y/ten je eine Zelle von der Grösse f, die n — 1 y der n — 5ten, je 3 f, die n — 8 y der )i — Gtcn, je 6 e u. s. f. zuführen. Wir bilden daher die Reihe 1 0^ — 0) -I 3 (m — 7) + 6 (>i - 8) + 10 {n — \)) -V 4- {ti — 7) . 3 I- {ii — 6) . 1 Diese Reihe ist eine arithmetische Reihe dritter Ordnung mit der beständigen Dillcrenz — 3. In der ;;ten Theilung beiinden sich daher S — ^ — - — - — ^ — ^ — - — ^ — 2 — " Zellen vun der Grösse e. Für n = 7 ist S = 1, d. h. die Reihe der Zellen von der Grösse s beginnt in der siebenten Theilungsperiode mit 1 und steigt in den folgenden mit der Reihe der figurirten Zahlen vierter Ordnung 1, 5, 15, 35, 70 ... . 21) In der /iten Theilung finden wir im Ganzen: , }i ^ , n — 1 . n — 2 , n — 2 . n — d . n — 4 , , 1 „ f _ ^ -I- ^ _ ^ y + -T" ■ 2 ■ 3- ^ + n — ti — 4 . n — 5 . n — (1 + -^.2.3.4 ' + n — 4 . 11 — 5 . n — 6 . 7i — 1 . n — 8 ^ , '^ 1.2.3.4.5 ^ -^ • • • n - (/• - 2) . n - (r - 1) . . . .n~- (2^r -4) . 1 . 2 . r: . r — 1 ^ Eine elementare Snmmenformel für diese Reihe kann ich nicht uufstcllen; vermuthlich ist die Reihe überhaupt nicht oder nur durch Integration zu summiren. Da aber die gesuchte Summe gleich ist der Gesammtzahl der Zellen y/ter Theilung. welche nach unserer llauptreihe unter Nr. 14 fortschreiten und das rtc (iliod derselben leicht zu finden ist, s. p. 264, so kann die Öummirung entbehrt werden. Unter dem Gesetze ununterbrochener simultaner Zweitheilung regeln sich die Grössen Verhältnisse der Zellen, wie schon erwähnt. 282 Otto Müller, nach den Coeflioienten der Binomialn-ilio und die Vermehrung im Ganzen nach deren Summe, S — 2". Auch in diesem Falle schrei- ben die einzelnen Glieder mit wachsendem n nach den Reihen der figurirten Zahlen fori. Die GJicderzahl der Binomialreihe ist — n + 1 und die rte Ordnung figurirter Zahlen mit derem ersten Gliede = 1 die Reihe schliesst, ist die r^te. Fortgesetzte simultane Zweitheilung erzeugt daher Zellen von n + 1 verschiedenen Grössen absteigender Richtung, deren kleinste um 2 n y kleiner als die Urmutterzelle ist. Unsere Reihe dagegen hat nur ^ ^- 1 bei geradem und n + 1 . + 1 Glieder bei unseradem ]i\ die rte Ordnuno^ fiLCurirter 9 , VllV/ LV^ V^l V.lil.lI_lQ iJ-,. Zahlen mit derem zweiten Gliede bei geradem n die Reihe schliesst, n . ist ^ und mit derem ersten = 1 bei ungeradem n die Reihe schliesst, ist — -= — . Die Theiluucr nach unserem Gesetze erzeugt daher Zellen 2 o o y% ')i ~\' 1 von nur -^ -f 1 bezw. — - — -\~ 1 verschiedenen Grössen, deren kleinste nur um )i y^ bezw. {)% + 1 ) y kleiner ist als die Urmutterzelle. Bei dem Gesetze simultaner Zweitheilung setzt daher die rte Ordnung figurirter Zahlen mit dem n + Iten Gliede bei der r -- /?ten Theilung ein; bei unserem Gesetze dagegen mit dem — ^ — -f Iten Gliede bei der 2 y — 1 == «ten Theilung. Im ersten Abschnitt sind die Wirkungen des Gesetzes an Bei- spielen erläutert worden, s. p. 240 ff. 4. Unregelmässiger Fadenaufbau. Bei dem Umstände, dass die Dauer der Theilungen, der Zeit- abschnitt von Vollendung der einen bis zum Abschluss der folgenden, bei den grösseren und kleineren Tochterzellen eine verschiedene ist, deren jede genau eingehalten werden muss, wenn anders nicht Die Zellhaiit und das Gesetz der Zelltheilimgsfolge von Melosira etc. 283 Störungen in der regelmässigen Entwickehing des Fadens eintreten sollen, kann es nicht auffallen, dass völlig regelmässig entwickelte Fäden .von grosser Zellenzahl kaum je angetroifen werden. Die regelmässige Folge der Elemente wird mehr oder weniger häufig durch überzählige oder mangelnde Glieder unterbrochen; Fragmente indess bis 20 Zellen aus verschiedenen Regionen kommen oft völlig regelmässig entwickelt vor. Die Fadenformel eines beobachteten Fragments von 38 Zellen enthält Taf. 18; eine Vergleichung mit der regelmässigen Formel Taf. 16 kennzeichnet dasselbe als den Anfang oder den Schluss eines Fadens von jedenfalls mehr als sieben Theilungen. An drei Stellen ist ein Minus, an zwei ein Plus zu erkennen. Die Riickwärts- coustruction erweist, dass in den drei vorausgegangenen Generationen jedesmal die achte Zelle, vom Beginn an gerechnet, den Ausfall veranlasste; diese, obgleich grössere Tochterzelle, theilte sich nicht in der folgenden Generation, sondern übersprang dieselbe. Die unter- bliebene Theilung musste in der n h Iten den Ausfall der Mittel- zelle eines Drillings, in der 7i f 2ten den einer Drillingszelle, in der n + 3ten dun eines einfachen Zwillings veranlassen. Leider ist die Gliederzahl zu gering, um zu constatiren, ob auch in den weiter zurückhegenden Perioden dieselbe Unregelmässigkeit stattgefunden, welche alsdann zwischen den Zellen 46 und 50 des regelmässigen Fadens den Ausfall einer Drillingsgruppe, zwischen den Zellen 75—81 den eines Drillings und eines Zwillings u. s. f. bewirken müsste. Aehnliche, mehr oder weniger regelmässig auftretende Ab- weichungen von der gesetzmässigen Entwickehing habe ich auch an anderen Fäden beobachtet und ich wies daher schon im ersten Ai)- schnitt, s. p. 242, auf diese bemerkenswerthen Eigenthiimlichkeiten hin, deren genauere Kenntniss vielleicht wesentliche Modificationen des Gesetzes ergiebt; besonders dürfte von der Untersuchung (k>r Fäden geringeren Durchmessers als Producte vielfach vorangegan- gener Theilungen entscheidende Auskunft über diese Verhältnisse zu erwarten sein. Die beiden überzähligen Zellen des Fragments sind, wie Taf. 18 unmittelbar zeigt, durch verfrühte Theilung kleinerer Tochter- zellen der beiden vorangehenden Perioden entstanden. 284 Otto Miiller, Das auf Taf. 15 Fig. 6 abgebildete Fragment ist das Ende eines Fadens 6ter oder 9ter Tlieilung: i- L\ T Zi T 7>4 ± D, I I . 6te fniifuf fu uf fu fünf >< : T- 2 5te' fu uf uf H > 9te Der Ausfall einer Drillings- und einer Zwillingsgruppe entstand durch verzögerte Theilung der grösseren Tochterzelle fu in der n — öten Periode. Ueberspringt eine kleinere Tochterzelle mehr als eine Generation, so giebt sie in der n -f- 3ten Veranlassung zu einer eigenthümlichen VierlingsgTuppe, indem sie einem Drilling vor- oder nachgeschoben wird. Derartige Bildungen habe ich verhältnissmässig selten ge- funden, Taf. 15 Fig. 7 zeigt einen solchen Fall. Die Formel de Fragments ist: 7^ D, + 1>, ~Z, D, fufinif i fuufuf fidtf ft(fuu -Itf 7te < h Dasselbe erweist sich als ein Fadenstück aus der Grenzregion der Tten und 8ten Theilung; die Zelle fu^ als kleinere Tochterzelle, ging ungetheilt aus der n — 2ten in die m — Ite | Periode über; in dieser hätte sie zur Mutterzellc ■werden und in der nten einen einfachen Zwilling bilden müssen; sie passirte aber auch die n 4- Ite ungetheilt, veranlasste den Ausfall der Zelle uf O (I und erscheint daher in der nian vor einem Drilling. Ein anderer Fall einer Vierlingsbildung wird p. 286 erörtert werden. fti fu uf _ 0 _ 0 -0 Die folgende Formel erkennt man als das | 1 /| Fragment eines Fadens von wenigstens 9 Theilungen: fu t fu fuuf _ 0 I - " o - ü - uf f» uf uf Die Zellliaut und das Gcselz der Zelltbeilung^folge von Melosira etc. 285 fuuf fünf fuitf fuuf fünf fünf fuuf fnuf fufuuf + 3 I ■+ 5 I - 1 + + H > 8te 4- 1\ — Z, — D.2 4- Zo fuuf fuuf fu fu uf fu fu fünf fu uf uf I 1+4 I -(3! + + + -+- Die drei ersten Unregelmässigkeiten entstanden in der )i — Iten Theilung; die kleineren Tuchterzellen von drei nebeneinanderliegenden Gruppen theilten sich verfrüht und schoben anstatt drei Drillings- zellen, drei irreguläre Zwillinge in den Faden. Auch das vierte Plus entstand in der n — Iten Periode in gleicher AVeise. Die beiden begrenzenden f der überzähligen Zwillingsgruppen sind die alten Elemente der kleineren Tochterzellen, welche aus der n — Iten unverändert hätten übergehen müssen und deshalb stören die Zeichen der beiden n dieser Zwillinge den regelmässigen Verlauf. Der Ursprung der drei letzten Unregelmässigkeiten muss da- gegen in früheren Perioden gesucht werden. Die fünfte und die siebente entstanden wie die vorigen, doch war es eine kleinere Tochterzelle der n — 2ten Periode, welche sich verfrüht theilte. Dadurch wurde in der 11 - Iten ein irregulärer Zwilling gebildet, der sich dann gesetzmässig weiter entwickelte, d. h. dessen kleinere Tochterzelle ging unverändert als Drilliiigs/.rlle in die y^te Periode über, die grössere theilte sich. In dem auf solche Weise erzeugten irregulären Drilling ist die Mittelzelle überzählig. Die Entwickelung ist analog derjenigen, des auf Taf. 18 dargestellten Plus der Zelle fu. Das sechste überzählige Glied endlich hat durch seine Stellung einen jener oben erwähnten Vierlinge zur Folge. Die Veranlassung gab eine kleinere Tocliterzelle der n — 3ten , welche sich ungesetz- mässig theilte. Die kleinere Tochterzelle der dadurch inder;/ — 2ten entstandenen irregulären Zwillingsgruppe ging dann unverändert, nicht sowohl in die n — -Ite, sondern auch in die ;/te über, während sich 286 Otto Müller, die grössere gcsetzraässig weiter entwickelte, d. h. in der nten einen Drilling bildete, dem jene ungetheilt gebliebene Zelle sich vorschob. Dadurch, dass dieselbe auch während der letzten Periode ungetheilt blieb, wurde der Fehler ihrer frühen Geburt zwar corrigirt, doch ist sie nach links durch die überzählige in der n— Iten entstandenen Zelle verdrängt worden, welche als kleinere Tochterzelle \ regelrecht ungetheilt in die nie überging. \ Dieser Fall unterscheidet sich von der p. 284 besprochenen Vierlingsbildung dadurch, dass hier die Zelle uf als kleinere Tochterzelle in der 0 _ n + 3ten gesetzmässig eine Drillingsgruppe, dort die Zelle uf als grössere Tochterzelle gesetzmässig r ^ eine Zwillings- + Drillingsgruppe hätte bilden müssen. Hier entstand der Vierling daher durch eine überzählige, dort durch den Maugel einer Zelle, fu fy Das Plus oder das Minus im Faden entscheidet " j^ Y /| über die Eigenschaft der die Unregelmässigkeit ^^ f^ f^^ ^f veranlassenden Zelle als kleinere oder grössere o o -^ - o - - Tochterzelle. I uf "f uf Die Zellhaut und das Gesetz der Zelltheiluugsfolge von Meiosira etc. 287 1 U3icqo(5 apngqajs •uiuiisun dtiotipuiioq 4- -f -}- 4- + + 4 + 4 4 4 + 1 suapvjsap aiinV •P "I ':MX-+X-tX--::XXX-tX'OXOOX^X-CXccX^X § ■"! i + _g o i; ■-' "^ a ' «2 ., 1 OIX o ® >^ i- -C -t^ r. S S § CJ •^ CD -* .2 s - a -TS z 4- -1- 4- 4- :iä «^ ^ (M X -M X C-l X 3^1 X 'S «- ^ -j_ 4- 4- -r 5 3 ►->. si d -M -^ oo 'i^ ■^ ^ -j -T CD » f g + 4 4- 4- + 4- 4 mmetr jllung verseb Ci X ^1 X -ri X fM X -M X TI X C-1 X -f- -h -r 4- + 4 4- 4 4- + 4- -L. _ ^ CO lO C5 lO o _ r- '^ r- (^ >-> ^ ->* o t^ CO c/3 c/:i X ^^ Ol s^ 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 ^ tr- 1 1 . ,_H CD »-I co 1 1 1 1 1 1 1 1 Ol »iO 1 1 1 1 1 1 ,_! lO lO lO o CD n er von e de ung ^J 1 1 1 1 1 1 1-H CO c- Ol 1 1 1 1 ,_^ "^ o o »O CD -^ o- 1 ® ' c« = i-^ 1 1 1 1 C^= 1 1 1 — ' Ol <— ■ «-H 1 r— < C-1 CO lO 00 CO 1— • ■^ lO S3 •— < Ol CO lO 1 1 '^ r-1 _l Ol CO o QO CO _ -^ t< g <^ 1 1 Ol CO J> S ' 1 1 '^ r- 1 ,_( (M CO o OO CO _t ■^ ^• 1 1 Ol CO -^ f— ( i-^ T-H Ol CO »o 00 CO _H -* o CTS .2 <ü ^ s ■ rN CO o 00 d 1 -^ s 1 1 '—< »— < (?>» CO lO QO CO _< 'S»« »o 1 1 <>! 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Die beigesetzten Vergrösserungsziffern beziehen sich auf die Systeme homogener Immersion '/,2" Zeiss und ','9'' Seibert, combinirt mit den Ocularen Zeiss II— IV und auf einen Abstand von ca. 28 cm. Tafel XIV. In sämmtiichen Figuren dieser Tafel bedeutet: a die Mantelmembran der Schale, b den Verdickungsring am Gürtelbandrande der Schale, c die Falten (Fasern) auf dem DeckeKheile (Discus) der Schale, cl die Projection der Leisten auf der Fläche des unteren Gürtelbandrandes der Schale, c die Mantelmembran einer Gürtelbandhälfte; e' dieselbe, unteres Stück, /' convexe, verdickte Stellen des Gürtelbaudmantels; /' concave, verdünnte Stellen, Längsfurchen, desselben, g Projection der Falten (Leisten) auf dem umgebogenen Rande, Schalen- raude, einer Gürtelbandhälfte. Die Figuren 1—13 sind nach Präparaten in Monobromnaphtalin gezeichnet. Fig. 1. Vergr. 470. Habituszeichnung einer Gruppe von fünf Zellen (1 Drilling und 1 Zwilling) aus der oberen und mittleren Einstellung combinirt. Die beiden Längslinien zur Seite der Mediane bedeuten Beugungsspectra. Fig. 2. Vergr. 558. Fragment von zwei Zellen. Die beiden Schalen der oberen Zelle ohne Verdickungsring; von der unteren Zelle ist nur eine Schale mit Verdickungsring h vorhanden. Beide Gürtclbamlhälften mit Ansatzstücken e', das Ansatzstück der oberen Gürtelbandhälfte ist bis zum Rande des Vcrdickungs- ringes der abgewendeten Schale jtusgewachsen. Die Längsfurchen des Gürtel- bandes überlagern bei der oberen Zelle die Areolen der umschlosseneu Schale. Fig. 3. Vergr, 760. Fragment einer Schale mit Verdickungsring und un- vollständiger Gürtelbandhälfte. Der Bruch des Verdickungsringes überragt seit- lich den Bruch der Schalenmembran; auf dem überstehenden Stück befindet sich die gleiche Areolirung wie auf der Mantelmembran; die Rruchkante des Verdickungs- ringes ist gezackt. Fig. 4. Vergr. 1092. Fragment einer Schale von innen. Die äussere La- melle der Mantelraembran überragt bei a' die innere. Auf dem überstehenden Stück sind die Reste der Netzleisten der polygonalen Hohlräume sichtbar; die Bruchkante i.st gezackt. Der Verdickungsring b ist an der rechten Seite abge- brochen. Fig. 5. Vergr. 7G0. Die äussere und innere Lamelle der Mantelmembran, sowie der Verdickungsring zeigen verschiedenen Bruch. Fig. 6. Vergr. 1392. Fragment der Kante von Discus und Mantel. Die radialen Falten des Discus erscheinen hier im Querschnitt als hohe fingerförmige Zacken; sie gehen mit breiter Basis, etwas unterhalb der eigentlichen Umbiegungs- kante, in die Mantelmembran über. Die Zellhaut und ilas Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira etc. 289 Fig. 7. Verirr. 7(10. Wie Figr. 6. Fig. 8. Vergr, 1392. Giirfelhandfragment mit den Längsfurchen f und sehr zarter Streifung. Fig. 9-. Vergr. 1392. Untere Fläche des Schalenrandes mit den radialen Leisten rf, und obere Fläche des Giirtclbandrandes mit ihren radialen Falten g^ in 5itu. Fig. 10. Vergr. TGO, Cenirura des Discus mit Grübchen. Die radialen Falten verlaufen thciiweise mit gahelig getheilten Enden, Fig. 11. Vergr. 760. Fragment eines Discus ; die obere Lamelle desselben ist radial gefaltet. Die Falten nehmen in centrifugaler Richtung an Höhe und Breite zu und ragen theilweise über den Bruch der unteren Lamelle hervor. Fig. 12. Vergr. 558. Fragment eines Discus mit unregelmässigen zarten Fältelungen. Fig. 13. Vergr. 76Ö. Umbiegungskante von Discus und MantLl. mit den zungenförmigen PhidcTi der radialen Falten, welche in der Projectiou auf der Giirtelbandausicht, Fig. 6, 7, als. fingerförmige Zacken erscheinen, Fig. 14. Ideale perspectivische Ansicht einer Schale und einer Giiitel- bandhälfte. Fig. 15. Idealer Längsschnitt. Fig. 16. Projection des Netzleistensystems der Mantel-Areolen; zwei unter ca, 80^ sich schneidende Linieusysteme mit verdickten Knotenpunkten, welche alternirende geradlinige Reihen länglicher Octogone bilden. Tafel XV. Die Figuren 6 und 7 sind nach Präparaten in Olivenöl, 8 und 9 in Canada- balsam, gezeichnet. Die blauen Linien der schematischen Figuren bedeuten Schalen-, die rothen Gürtel banddurchschnitte, f = freie, u = umschlossene Schale, s. p, 237. Fig. 1—4. Schema der Entwickelung eines Zwillings, einer Drilling.-igruppe durch Theilung der grösseren Tochterzellc des Zwillings, einer Gruppe von viel Zellen durch simultane Zweitheilung. Fig. 5. Schema eines Fadens von Melosira arenaria nach 5 Theilungen, rai den marginalen Verdickungsringcn und Bezeichnung der zeitlichen Entstehung der Schalen durch ZilTern, welche die verschiedenen Theilungen anzeigen. Fig. 6. Vergr, 470. Handbegrenzungen eines Fadenstücks von Melosira arenaria. Bei a stehen sich die freien Ränder der Görtelbandhälften unmittelbar gegenüber und geben Veranlassung zu Pseudoquerstrichen, welche leicht für die Randcontur eines Vcrdickungsringes gehalten werden können, b kurze Gürtel- bandhälften, c lang ausgewachsene Gürtelbandhälften, deren freier Rand ilem Rande des Verdickungsringcs der abgewendeten Schale unmittelbar gegenübersteht. Fig. 7. Vergr. 470. Fadenstück von Melosira arenaria bei mittlerer Ein- stellung, zur Demonstration der Randbegrenzungen. Fig. 8, Vergr. 470. Fadenstück von Melosira nummuloides mit Drillings- gruppen, bei a. Fig. 9. Vergr, 470. Drilliugsgruppe von Melosira Borrerii. 290 Otto Müller, Die Zellhaut und das Gesetz der Zelliheilungsfolge etc. Tafel XVI und XVII erläuterü die im dritten Abschnitt gegebenen Entwickelungeu; veigl. besonders p. 264 und 266. Tafel XVIII illustrirt die Im vierten Abschnitt dargestellten Abweichungen vom regelmässigen Fadenaufbau; vergl. auch p. 242. Inhalt des vorliegenden 2. Heftes Band XIV Seite Alfred Fischer. Ueber das Vorkommen von Gypskrystallen bei den Desmidieen mit Tafel IX-X 133 I. Die Gattung Closteiium 134 A. Chemische Natur der Krystalle 134 B. Vertheilung der Krystalle in der Zelle 140 II. Die übrigen Desmidieen 151 1. Cosmarium Corda 154 2. Micrasterias Ag. . . . " 159 3. Euastrum Ehrb 100 4. Staurastrum Meyen 161 5. Desmidium Ag. und Hyalotheca Ehrb IGl 6. Pleurotaenium Naeg 161 7. Peniura Breb 165 8. Tetmeraorus Ralfs 167 9. Ueber das Vorkommen von Krystallen bei den Algen überhaupt 16S III. Schlussbetraohtung 170 Figuren-Erklärung 182 P. Fiilscli. Ueber farbige körnige Stoffe dos Zelliuhalts mit Tafel XI— XIII 185 Impatiens longicornu 188 Trapaeolum majus 191 Oenothera biennis 192 Cerinthe aspera 19o Calendula officiualis 194 Tagetes glandulifera 195 Viola tricolor 197 Rudbeckia laciniata 198 Digitalis ambigua Murr 199 Salpiglossis variabilis 199 Rosa canina 202 Pirus aucuparia 203 Pirus Hostii 20G Evonymus latifolius 206 292 L Celakovsky, Blattzipfel ebenso gebildet werden, wie die Indusien vom sorustragenden Fruchtblattzipfel der Filicinen. Wer hingegen das Hauptgewicht auf das entwickelungsgeschichtlichc Faktum legt, dass der Nucellus vom oberen Theile des Ovularhöckers selbst direkt dar- gestellt wird, für den ist freilich die natürlichste Auffassung die, dass die Integumente von dem zum Nucellus gewordenen Makrospo- rangium selber erzeugt werden, mithin, wenn man auch noch alle Sporangien für morphologisch gleich werthig hält, von den Farn- indusien ihrem Ursprung nach gänzlich verschieden sind und eine phylogenetisch neue, bei den Gefässkryptogamen noch nicht vorhan- dene Bildung repräsentiren , wogegen die Farnindusien bei den Phanerogamen keine Homologa finden. Die Anhänger dieser letzteren Ansicht befinden sich im Wider- spruche mit den evidenten Thatsachen der Vergrünungsgeschichte (allgemeiner gesagt: Metamorphogenese), welche sie daher entweder ignoriren oder als morphologisch werthlos herabsetzen oder ihrer Ansicht gewaltsam accomodiren müssen. Der vermeintliche Widerspruch zwischen der Entwickelungs- geschichte und den die Foliolartheorie des Ovulums fordernden Ver- grünungsthatsachen besteht aber in Wirklichkeit gar nicht, der Schein eines solchen ist nur dadurch entstanden, dass man ohne Weiteres ein Sporangium aus einem pol yangischen Sorus mit dem Ovulum verglichen hat. Nachdem aber das Ovulum nur ein Spo- rangium enthält, so gehörte es sich, dasselbe vor Allem mit den einzelnen randständigen Sporangien (monangischen Sori nach Prantl's Bezeichnung) gewisser Farne (namentlich der Schizaeaceen) zu ver- gleichen. Es ist PrantPs nicht geringes Verdienst, die Entwicke- lung der Sporangien (und bei Lygodium des Indusiums) der Schi- zaeaceen aufgeklärt und auf die Bedeutung der hierbei aufgedeckten Thatsachen für die richtige Deutung des Ovulums hingewiesen zu haben ^). In den allgemeinen Schlussbetrachtungen seines unten citirten Werkes hat derselbe auf S. 153 — 155 den Vergleich des Ovulums mit einem „monangischen Sorus" der Schizaeaceen in 1) Siehe die „Untersuchungen zur Morphologie der Gefässkryptogamen". II. Heft. Die Schizaeaceen. 1881. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 293 treffender Weise ausgeführt, wenngleich nicht alle dort entwickelten Vorstellungen sich als unanfechtbar erweisen werden. Die Gleichsetzung der Integumente mit den Indusien liegt übri- gens so nahe, dass sie auch schon früher ohne Rücksicht auf die noch unbekannte Entwickelung der Schizaeaceen und nur mit Bezug- nahme auf die Vergrünungserscheinungen als unabweislich erkannt wurde, so von Warming in seiner Schrift ^de Fovule" und früher noch von mir in dem Artikel über die morphologische Bedeutung der Samenknospen (Flora 1874); ja das Indusium von Azolla ist nach Strasburger bereits von Griffith mit dem Integument des Eichens verglichen worden. Ich habe bisher nur nebenbei in meinen Arbeiten über ver- grünte Ovula die besagten Homologien berührt, nur für Azolla zuletzt etwas näher ausgeführt^). Eine allgemeine, tiefer in Einzelheiten eingehende und vergleichende Darstellung dieser Homologien ist aber bisher nicht unternommen worden. Doch scheint sie mir sehr wünschenswerth zu sein, um einestheils das Resultat der Yergrü- nungsgeschichte den Einwendungen der Genetiker gegenüber noch mehr zu befestigen und anderentheils einige Dunkelheiten, die jener Homologie bisher anhängen, aufzuhellen. So steht der allgemeinen Gleichsetzung der Integumente und Indusien die anscheinend allzu ungleiche Entstehung und Situirung der Indusien bei verschiedenen Farnen (z. B. bei Aspidium entgegen den Hymenophyllaceen) und zweitens der Umstand entgegen, dass zwei Indusien um denselben Sorus bei den Filicinen nicht vorkommen, daher das äussere Inte- gument ohne alle Analogie bei den Kryptogamen zu sein scheint. Meine Aufgabe zerfällt also in mehrere Theile, und zwar ist zunächst, wenn möglich, der wesentliche Zusammenhang zwischen den verschiedenen Indusialgebilden nachzuweisen, zweitens sind die correspondirenden Bildungen in den Anamorphosen des Eichens vor- zuführen, woraus sich ergeben wird, ob für das äussere von zwei Integumcnten ein homologer Theil bei den Filicinen existirt oder nicht; drittens kann ich auf ganz analoge Bildungen in einem anderen Bereiche von Organen, nämlich von Laubblättern, der näheren 1) Botanisches Centralblatt. 1882, No. 22. Vergrünungsgeschichte der Eichen von Aquilegia. S. 15 ff. 20* 294 L. Celakovsky, Erläuterung wegen hinweisen. In einem vierten Abschnitt wird sich dann eine einheitliche und erschöpfende Darstellung der Homologien des Ovulums und der generativen Blattorgane der Filicinen ergeben, worauf in einem fünften die Homologien bei den übrigen Gefäss- kryptogamen und in einem sechsten das Verhältniss des gymnospermen Eichens zum angiospermen zu besprechen, in einem siebenten end- lich die Homologien des Sporophylls und des Staubblattes zu ent- wickeln sein werden. I. Die Indusien der Gefässkryptogamen. Ein becherförmig geschlossenes, vom ganzen Endtheile des Fruchtblattzipfels (wenn wir vom Receptaculum zunächst absehen) gebildetes Indusium von Trichomaues und ein unterständiges, trichomartig entstehendes, schildförmiges, die Sporangien von oben bedeckendes Indusium eines Aspidium sind so extreme Gebilde, dass sie, an und für sich betrachtet, gar keinen Vergleich zuzulassen scheinen , und doch ist unter gehöriger Berücksichtigung aller Zwischenformen ein sehr genauer Zusammenhang zwischen ihnen erkennbar. An dem einen Endpunkt der Indusienreihe bieten die voll- kommenste Entwickelung des Indusiums die Hymenophyllaceen und von den Cyatheaceen die Gattung Thyrsopteris. Bei dieser ist das ganze Blättchen des fertilen Blattes auf ein gestieltes becherförmiges Indusium mit terminalem Receptaculum reducirt (Fig. 1), während bei den Hymenophyllaceen (Fig. 3) der basale Theil des Blattseg- ments noch blattartig entwickelt ist und der Blattsaum meist noch auf die beiden Flanken des Bechers sich hinauferstreckt. An Hyme- nophyllum schliesst sich zunächst an Dicksonia mit gleichfalls zwei- lappigem Indusium, nur mit dem Unterschiede, dass bereits der untere Lappen zarter ist als der obere und das ganze Indusium mehr nach der Blattunterseite gebogen, also dem Blattrande unter einem Winkel angesetzt erscheint. Dagegen lehnt sich Davallia (Fig. 4) nahe an Arten von Trichomanes (Fig. 3) an, indem die Mündung ringförmig bleibt. Aber auch da weicht die untere Wand des Bechers von der blattartigen oberseitigen Wand desselben ab, Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 295 ist zarter, obwohl mehrschichtig; besonders bemerkenswerth ist aber der Umstand, dass die obere Wand des Bechers, welche in die mit ihr gleichartige Blattfläche des Sporophyllzipfels übergeht, mit dem oberen Rande über den oberen Rand der unteren Wand ein wenig vorragt, so dass jene untere Wand wie eine aus der Unterseite des Blattzipfels hervorgewachsene oder ihr angeheftete Tasche erscheint. Diese unterseitige Wand allein entspricht dem blatt- unterständigcn häutigen und einschichtigen Indusium oder dem Schleierchen (velum) der Polypodiaccen. So entstand zunächst der Schleier von Cystopteris (Fig. 5), indem die (allerdings seichte) Tasche vom Blattrande viel bedeutender als bei Davallia abgerückt, ist oder vielmehr, indem die obere blattartige Wand des Bechers beträchtlich blattzipfelartig über die untere schleierartige Wand hinaus eutwdckelt worden ist (was allerdings nicht im entwickelungsgeschichtlichen Sinne zu nehmen ist). Von dem Indusium von Davallia und Cystopteris lassen sich alle anderen blattunterseitigen Schleierbildungen ableiten. Indem die Insertion des Schleiers, statt wie bei Cystopteris nach der Spitze des Blattzipfels zu concav zu sein, umgekehrt nach dieser Seite hin convex und nach abwärts concav sich bildet, so dass die die enge Bucht begrenzenden Theile der Rückseite des Schleiers sich berühren, entsteht die nierenförmige, in einer Bucht angeheftete Form von Nephrodium (Polystichum) (Fig. 6). Schon bei vielen Nephrodien ist diese Insertionslinie sehr kurz; wenn sie sich nun extrem verkürzt, wobei die nach unten umgebogenen Ränder ver- schmelzen, so entsteht das schildförmige, im Mittelpunkte angeheftete Indusium superum von Aspidium s. str. (Fig. 7). Durch diese Ab- leitung wird es auch verständlich, dass der Innenwinkel des Velum bei Cystopteris sich bei Aspidium um die ganze Basis des Schleiers ringförmig herumzieht, die Sporangien also auch rings um seine Basis entspringen und der Schleier selbst auf den Gipfel des Rc- ceptaculums gelangt. Mit der Streckung des sporangiumtragenden Nerven (des Receptaculums) tritt dann bei Asplenium, Scolopen- drium eine halbseitige Ausbildung des bei Nephrodium vorhan- denen Schleiers und Sorus auf nur einer Seite des Nerven ein. Athyrium filix femina zeigt oftmals sehr schön die phylogenetische Entstehung und morphologische Ableitung des Schleiers von Asplenium 296 L. Celakovsky, aus dem Schleier von Nephrodium, wie dies die Fig. 8, 9, 10, ver- schieden gestaltete Indusien des Athyrium filix femina darstellend, statt aller Worte am besten demonstriren. Durch Verschmelzung der Sori und der wie bei Cystopteris situirtcn, jedoch mit gerader Linie inserirten Schleier geht der dem Rande eines grösseren Haupt- abschnitts parallele, nach aussen offene Schleier von Lindsaya hervor. Andererseits kann aber das Velum von Cystopteris seine Inser- tion nach aufwärts, d. h. zur Spitze des Blattzipfels hin ring- förmig erweitern und mit den Rändern verschmelzend sackförmig sich schliessen (also ganz im Gegensatz zum Yelum von Aspidium). Das blattunterständige Velum ist dann ebenso um den Sorus becher- förmig entwickelt, wie das terminale (oder mit Rücksicht auf das eigentlich terminale Receptaculum subterminale) Indusium der Hymenophyllaceen. Bekannte Beispiele becherförmiger Schleier: Cyathea (Fig. 2), Diacalpe. Auch Woodsia und Hypoderris gehören dahin. Von diesem geschlossenen Velum abzuleiten ist dann jener unvollständige, dem ßlattrande parallele Schleier, gleichsam nur der dem Blattzipfelende zugewandte Theil des geschlossenen Velum, welcher bei Cassebeera, und vom Blattrande entfernt, der Mittelrippe ge- nähert bei Woodwardia auftritt. Durch Verschmelzung der ganzen Reihe von Sori von Woodwardia und ihrer Schleier erhalten wir den der Mittelrippe eines Hauptabschnitts parallelen langen Schleier von Blechnum. Die blattunterständigen Indusien lassen sich also aus dem sub- terminalen, ihr Sorus aus dem terminalen Sorus ableiten; wir er- kennen daher mit Prantl im terminalen Sorus und seinem Indu- sium die ursprünglichere Bildung, aus der der blattunterständige beschleierte Sorus durch Abschwächung des unterseitigen Theils des subterminalen Indusiums (Schleiers) und selbständigere Ausbildung des oberseitigen Theils (als Blattzipfel) hervorgeht. Die äusserste Reduktion des Schleiers auf ein Minimum wird z. B. bei Woodsia, Athyrium alpestre beobachtet, ein weiterer Schritt führt zum Schwin- den der Hülle, zum nackten blattunterseitigen Sorus hin. Wir haben bisher bei der vergleichenden Zusammenfassung und rationellen Ableitung der Indusien nur deren fertigen Zustand ins Auge gefasst, allein auch die Entwickelung bietet Vergleichspunkte Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 297 zum Verständniss der extremen Fälle. Hierbei muss ausser dem Iiidusium oder Velum auch der Sorus und dessen Receptaculum in Betracht, gezogen werden. Nach PrantTs Untersuchungen ist das Receptaculum der Hymenophyllaceen auch entwickelungsgeschichtlich der Endtheil des Blattzipfels, um ihn bildet sich (ebenfalls aus den Randzellen des Blattabschnitts) das becherförmige Indusium. In gleicher Weise wird auch der Sorus von Davallia, Dicksonia, Cibo- tium terminal erzeugt, und um ihn das subterminale Indusium. Im Gegensatze dazu entstehen jedoch in anderen Fällen die Receptacula schon ursprünglich aus der Blattunterseite über dem Rücken oder dem Ende des Nerven, also zum ßlattzipfel von Anfang an lateral, und auch das geschlossene Velum von Woodsia und Cyathea bildet sich um das Receptaculum in zum Blattzipfel lateraler Stellung. Hier also terminaler Sorus und subterminales Indusium, dort late- raler blattunterseitiger Sorus und unterseitiger seitlicher Schleier. Allein dieser Gegensatz in der Stellung und Entwickelung wird vermittelt durch die Entwickelung bei gewissen Gattungen, deren Kenntniss wir ebenfalls Prantl verdanken, und dadurch werden Prantl's Beobachtungen besonders w^erthvoll und interessant. Bei den Schizaeaceen nämlich, bei denen der Sorus durch ein einzelnes Sporangium vertreten ist, so dass dieses genau an Stelle des Receptaculums eines polyangischen Sorus erscheint, entstehen diese Sporangien ebenso terminal zum fertilen Blattzipfel wie das Receptaculum bei den Hymenophyllaceen und den anderen genannten Gattungen, allein die Sporangien bleiben nicht in ihrer, zu dem ge- meinsamen Blattabschnitt, der sie trägt (Sorophor nach Prantl's Bezeichnung), randständigen Stellung, sondern rücken allmählich auf dessen Unterseite hin, indem sich zur selben Zeit auf ihrer Ober- seite als Fortsetzung der Blattlläche ein neuer Blattrand oder ül)er jedem einzelnen Sporangium ein neuer Blattzipfelendtheil bildet. Dieser Blattlappen (resp. ungetheilter Blattsaum) ist also lateral unter dem terminalen Sporangium entstanden, allein im fertigen Zustande stellt er nichtsdestoweniger eine blosse Fortsetzung des das Sporangium tragenden Blattzipfels dar und das ursprünglich terminale Sporangium ist in der That zum Blattzipfel lateral ge- worden und steht ebenso auf dessen Blattunterseite, wie die Sori der meisten Polypodiaceen. 298 L. Celakovsky, Unter allen Gattungen der Schizaeaceen zeigt aber Lygodium die interessanteste Entwickelung, weil dieses ein Indusium besitzt, welches den übrigen Gattungen der Gruppe abgeht. Prantl hat nun gefunden, dass dieses Indusium ebenso wie dasjenige der Hy- menophyllaceen ursprünglich ringförmig unter dem (das Recepta- culum ersetzenden) Sporangium sich erhebt, dass aber später durch bevorzugtes Wachsthum der oberseitigen Indusienwand, welche über die unterseitige Wand des Indusiums in einen besonderen Blatt- zipfel auswächst, die unterseitige Wand mit dem Sporangium gleich- sam nach der Blattunterseite abrückt und als ein wirklich blatt- unterständiger taschenförmiger Schleier sich ausbildet. Dieses Velum ist nun trotz der abweichenden Entwickelung doch völlig äquivalent dem gleich von Anfang auf der Blattunterseite hervorwachsenden Velum der Polypodiaceen, es zeigt sich, dass zwischen dem Indusium der Hymenophyllaceen und dem Velum der Polypodiaceen u. a. kein fundamentaler Gegensatz besteht diese vielmehr als verschieden sich entwickelnde Modificationen desselben Organs betrachtet werden müssen. Bemerkenswerth ist noch das zweiklappige Indusium von Cibo- tium. Es entsteht nach Prantl wie das von Dicksonia, allein, während in letzterer Gattung die obere Klappe auch erwachsen in der Verlängerung des Blattzipfels steht, so gelangt sie bei Cibotium ganz auf die Blattunterseite, indem der Blattzipfel oberseits über sie hinaus blattartig fortwächst (siehe z. B. Lürssen, med. pharm. Bot. S. 556; Payer, Bot. cryptog. Fig. 989). Zwischen dem ge- schlossenen Indusium von Cyathea und dem äquivalenten zwei- klappigen von Cibotium besteht also ebenfalls wieder der entwicke- lungsgeschichtliche Unterschied, dass ersteres sammt Sorus gleich blattunterständig entsteht, letzteres aber in die nämliche Lage erst nachträglich gelangt. Thyrsopteris, Dicksonia, Cibotium, Cyathea aus derselben Familie bilden mithin eine zusammenhängende Reihe vom bleibend subterminalen Indusium zum ursprünglich blattunter- ständigen Indusiumbecher hin. Endlich ist auch unter den Polypodiaceen unsere Pteris aquilina (Pteridium) nach Prantl entwickelungsgeschichtlich dadurch aus- gezeichnet, dass deren reihenförmig zusammenfliessende Sori ursprüng- lich aus dem Blattrande entstehen und nachträglich durch seitlich Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 299 unter ihm stattfindendes Hervorwachsen eines neuen, definitiven, be- schleiernden häutigen Blattrandes in blattunterständige Lage gelangen, während das Gros der Gattung Pteris gleich anfänglich unter dem Blattrande entspringende Sori besitzt. Die besprochenen Unterschiede in der Entwickelungsweise des Sorus und seines Indusiums sind offenbar von geringerem systema- tischen Werthe, da sie sich in verschiedenen Familien der Farne wiederholen, ja in derselben Gattung (Pteris) zusammen auftreten können. Die Cypellosoreae Prantl's können somit nicht den Werth einer natürlichen systematischen Gruppe, sondern nur den Werth einer der Uebersicht der Entwickelungsarten dienlichen, übrigens aber künstlichen Eintheilung beanspruchen. Es lassen sich die von Prantl erforschten Entwickelungserschei- nungen dem Gesetz der zeiträumlichen Umkehrung ^) subsumiren und sind ein neuer guter Beleg für die Giltigkeit desselben. In dem durch Lygodium u. s. w. repräsentirten Falle wird das Sporangium sehr frühzeitig und daher terminal zur Blattzipfelanlage angelegt; der Blattzipfel selbst wächst erst später aus und seitlich unterhalb des Sporangiums, doch stellt er als der kräftigere Theil sehr bald das Sporangium lateral; in dem sehr häufigen Falle der Polypodiaceen u. s. w. entsteht der das einzelne Sporangium ersetzende Sorus etwas später, daher gleich seitlich an dem bereits kräftiger ent- wickelten Blattzipfel. Im ersteren Falle ist also der Anlage nach das Sporangium terminal, der Endtheil des Blattzipfels lateral, im zweiten aber umgekehrt der letztere terminal und das Sporangium lateral. Ebenso wechselt mit der verschiedeneu Kräftigkeit des Schleiers (oder der unterständigen Wand des ganzen becherförmigen Indusiums) auch dessen zeitliches und räumliches Verhältniss zum Blattzipfel (der oberseitigen Wand des Indusiumbechers). Bei den Hymenophyllaceen halten einander beide Theile in gleich kräftiger Bildung das Gleichgewicht, daher bilden sie sich auch gleichzeitig, — gleich nach Anlage der terminalen Columella, und bilden zu- sammen den beiderseits gleichartigen Becher; bei Lygodium ist es ursprünglich ebenso, aber bald überwiegt das Wachsthum des Blatt- lappens über das des Schleiers, der nun deutlich lateral zum Blatt- 1) s. meinen Artikel über terminale Ausgliedciungen. 300 L. Celakovsky, läppchcii sich stellt; bei den Polypodiaceen aber ist von Anfang an der Schleier der schwächere, reducirtere Theil. daher entsteht er verspätet und gleich lateral unter dem terminalen Blattlappen. Es handelt sich hier überall nicht um verschiedene morphologische AVerthe, sondern um wechselnde dynamische Verhältnisse. Daher zeigt sich auch hier wieder, zu welchen unnatürlichen Auffassungen die Morphologie gelangt, wenn sie den anfänglichen (also entwickelungsgeschichtlich auszuforschenden) Gegensatz der lateralen und terminalen Anlage für so bedeutsam hält, dass sie danach die morphologischen Homologien beurtheilt. Die also ledig- lich auf Entwiclvelungsgeschichte basirte Morphologie muss den Blatt- zipfel und das Velum von Lygodium für total verschieden vom Blattzipfel und Velum z. B. bei Cystopteris ansehen, den Blattlappen von Lygodium für eine neue, weil seitliche, Sprossung am ursprüng- lichen Blattzipfel, während er doch offenbar nur der obere Theil des ganzen Blattzipfels ist. Ohne Kenntniss oder Beachtung des Gesetzes der zeiträumlichen Verkehrung kann die Entwickelungsgeschichte die richtige Einsicht, welche schon der fertige Zustand gewährt, in sol- chen Fällen nur trüben und verwirren, indem sie das wahrhaft Homologe als wesentlich verschieden erscheinen lässt. Erst bei ver- gleichender Behandlung entfaltet die Entwickelungsgeschichte ihren Werth, indem sie im Gegentheil das anscheinend weit Disparate nähert und verbindet. II. Integumentbilduagen normaler und verlaubender Ovula, verglichen mit den Indusialbildungen der Fiederblättchen der Farne. Die Entwickelung des normalen Ovulums beginnt bekanntlich mit der Anlage des zum Ovularhöcker terminalen Nucellus, unter welchem zunächst, bisweilen gleichzeitig, ein Integument hervor- sprosst, welches entweder als einzige Hülle besteht, oder welchem ein zweites äusseres Integument nachfolgt. Da nun der Nucellus einem Sporangium homolog ist, so folgt, dass zwischen der Bildung des Eichens und derjenigen des sporangiumerzeugenden Blattzipfels von Lygodium ebenfalls Uebereinstimmung besteht, denn das Spo- Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 301 rangium von Lygodium entsteht ebenso terminal zum Blattzipfel des Fruchtblattes wie der Nucellus zum Ovularhöcker und das Indusium wird in gleicher AVeise um das Sporangium angelegt, wie das (ein- zige oder innere) Integument eines Ovulums um den Nucellus. Ebenso besteht Homologie zwischen dem Ovulum und dem Blatt- zipfel von Trichomaiies, mit dem einzigen Unterschiede, dass hier statt einem Sporangium das sporangiumerzeugende Receptaculum gesetzt ist. Diese Homologie ist, wie schon bemerkt, bereits von Prantl ganz richtig erkannt und hervorgehoben worden, und an derselben kann kein Machtspruch (wie der des Recensenten von PrantTs n. Theil der Vergl. Unters, in Bot. Ztg. 1882) etwas ändern. Prantl bemerkt weiter im IL Theil der Vergl. Unters. S. 154: „Der von uns hier versuchte Vergleich zwischen Ovulum und Sorus dürfte vielleicht einiges Licht auf gewisse Vergrünungserscheinungen werfen. — — Der Sorus steht ursprünglich am Blattrande, wie die Ovula; bei vielen Farnen (Mohria, Pteris aquillua) wird er noch am Blattrande angelegt aber nachträglich gegen die Unterseite ver- schoben, bei anderen endlich (Gleichenia, Pterisarten) entsteht er schon auf der Unterseite. Dieselben Verschiedenheiten, wie wir sie hier zwischen verschiedenen Gattungen finden, ergeben sich nun für die vergrünten Ovula zwischen dem normalen und abnormen Zu- stand. Es würde sich also ein derartig vergrüntes Ovulum, dessen Kern einem Blättchen aufsitzt, zu dem normalen (einfach behüllten) verhalten etwa wie der Sorus von Mohria zu dem von Lygodium." Der Vergleich ist im Ganzen treffend, denn bei Mohria steht das erwachsene Sporangium frei (ohne Indusium) auf der Fläche (freilich Unterseite) des Blattzipfels, sowie der Kern des verlaubtcn Eichens auf der Fläche (obzwar Oberseite) des Ovularblättchens; bei Lygodium ist abei der Anfangszustand des Sporangiums und seines Indusiums ganz übereinstimmend mit dorn des Nucellus unil Integuments eines normalen Ovulum. Nur die Erklärung, die Prantl dafür giebt, dass der Nucellus der Oberseite des Ovular- blättchens aufsitzt, das Sporangium von Mohria aber der LTnterseite des Blattabschnitts, — nämlich: „dass die Verschiebung in dorn einen Falle gegen die Unterseite, in dem andern gegen die Oberseite 302 L. Celakovsky, zu gerichtet ist, hängt eben mit der allgemeinen Ausbildung der Seiten zusammen" — ist unklar und nichtssagend, denn die allge- meine Ausbildung der Seiten der Blattzipfel ist bei Farnen und Phanerogamen ganz gleichartig. Es ist also mit dieser Bemerkung die verschiedene Verschiebung des Nucellus und des Farnsporan- giums nicht erklärt, den Grund derselben werden wir aber später- hin aufdecken. Um den an sich ganz richtigen Gedanken Prantl's folgerichtig und speciell auszuführen, dazu müssen eben die in den Vergrünun- gen vorkommenden wichtigeren Momente hervorgehoben und mit den Formen der Sori und Indusien bei den Farnen verglichen werden. Dies wollen wir im Folgenden thun.^) Wir finden normal dichlamyde Ovula in Vergrün un gen mono- chlamyd, als einfache gestielte Becher, wobei der Becher dem Inte- gument, der Stiel dem Funiculus entspricht. Der Nucellus sitzt bis- weilen noch im Grunde des Bechers (entsprechend seiner normalen terminalen Anlage) wie in Fig. 11 (Reseda), öfter aber auf die Wand des Bechers hinaufgerückt, wie in Fig. 13 (Alliaria). Unter den Farnen finden wir ganz eben solche gestielte Becher bei Thyrsopteris elegans (Fig. 1) als Blattzipfel letzten Grades eines gefiedert-zusammen- gesetzten Fruchtblattes ; nur erhebt sich aus dem Bechergrunde statt eines einzelnen Sporangiums ein säulchenförmiges Receptaculum mit zahlreichen Sporangien. Der -Homologie der beiden Becher ist jedoch dieser Unterschied nicht im geringsten abträglich, weil ja auch schon bei den Farnen das polyangische Receptaculum ein einzelnes Sporangium (daher von Prantl mit Recht monangischer Sorus ge- 1) Um Wiederholungen der Citate zu vermeiden, citire ich hier ein für allemal meine betreffenden Arbeiten über Ovularvergrünungen: a) lieber die morphologische Bedeutung der Samenknospen. In Flora 1874. Darin vergrünte Eichen von Anagallis beschrieben und abgebildet. b) Vergrünungsgeschichte der Eichen von Alliaria officinalis Andrz. Bot. Ztg. 1875. c) Vergrünungsgeschichte der Suchen von Trifolium repens L. Bot. Ztg. 1877. d) Ueber Chloranthien der Reseda lutea L. Bot Ztg. 1878. e) Ueber vergiünte Eichen der Hesperis matronalis L. „Flora" 1879. f) Vergrünungsgeschichte der Eichen von Aquilegia als neuer Beleg zur Foliolartheorie. Bot. Centralblatt. Jahrg. III, 1882. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 303 nannt) ersetzen kann. . Man kann im Voraus annehmen , dass das Receptaculum von Thyrsopteris wie bei den Hymenophyllaceen der Endtheil des Sorusblättchens ist, unter welchem das glockenförmige Indusium rings hervorwächst. Die Homologie dieser Fiederblättchen von Thyrsopteris mit den vergrünten Eichen der Fig. 11 ist so evident wie möglich. Weiter stellt uns Fig. 14 ein vergrüntes Ovulum von Trifolium repens dar, dessen Integumentbecher, den Nucellus im Grunde ber- gend, beiderseits von Blattsubstanz des unterwärts flach blattartigen Ovularblättchens umsäumt ist. Wenn wir wiederum statt der Co- lumella von Trichomanes (Fig. 3) ein einzelnes Sporangium setzen, so besteht die grösste Uebereinstimmung zwischen jeuer Form des verlaubten Eichens beim Klee und dem fertilen Fiederblättchen von Trichomanes, nur mit dem unwesentlichen Unterschiede, dass der Becher des Eichens auf der Oberseite tiefer ausgeschnitten ist. Auch ein vergrüntes Ovulum von Anagallis in der Fig. 15 kommt einem fertilen Blattzipfel von Trichomanes sehr nahe, nur ist jener Inte- gumentbecher von Anagallis mit senkrechter Mündung geöffnet, das homologe Indusium von Trichomanes mit horizontaler Oeffnung. Von besonderem Interesse sind ferner jene bei verschiedenen Pflanzen vorkommenden Formen verlaubter Ovula, deren inneres Integument auf die Unterseite des Ovularblättchens (genauer seiner Grundspreite) gerückt ist, wie in Fig. 12 von Reseda lutea, Fig. 18 von Hesperis, Fig. 19 von Alliaria, Da es nicht zweifelhaft sein kann, dass das (innere) Integument und der Nucellus dieser Ovula in normaler Weise zuerst angelegt worden sind, so darf man uitheilen, dass der blattartige Spreiten- theil erst später an der Basis des Integuments hervorgewachsen ist, ebenso wie der blattartige Lappen von Cibotium. Die zuletzt er- wähnten Formen der Ovula sind somit auch entwickelungsgeschicht- lich direkt mit den fertilen Blattzipfelu und Indusien des genannten Farnes zu identificiren. Spcciell die Fig. 19 von Alliaria mit dem zweilappigen inneren Integumente auf der Rückseite der Grundspreite kommt auffallend übcrcin mit einem Blattzipfel von C'ibotium und dessen zweiklappigem Indusium, wobei es gewiss ein unwesentlicher Umstand ist, dass das Indusium bis zum Grunde getheilt, das Inte- gument aber nur zweilappig ist. 304 L. Celakovsky, Auch oin Blattzipfel mit dem ausgezeichnet becherförmigen Indusium auf seiner Rückseite, den Cyathea (Fig. 2 im Durchschnitt) aufweist, ist homolog der Grundspreite der Ovula Fig. 12, 18, 19 mit ihrem rückenständigen Intoguraentbechcr. Nach dem , was im I. Kapitel über den Gegensatz in der Entwickelung des Indusiums aus dem Fiederblättclien (Polypodiaceen , Cyathea) oder umgekehrt des Fiederblättchens aus dem Indusium (Lygodium, Cibotium) uns klar geworden, dass nämlich dieser Entwickelungsgegensatz, der nur vom wechselnden Kraftverhältniss beider Theile abhängt, die Homo- logien aller dieser Indusien und der sie tragenden Fiederblättchen nicht aufhebt, kann auch die Homologie der zuletzt genannten ver- laubten Ovula mit dem Blattzipfel von Cyathea durch die wahr- scheinlich verschiedene Entwickelung beider Theile nicht mehr in Frage kommen. An diesem Punkte angelangt, können wir nunmehr auch die Beantwortung der Frage suchen, welchem Theile des Farnblatts das äussere Integument des Ovulums äquivalent ist. Prantl ist über die, wie er meint, schwierige Deutung des doppelten Integuments im Unklaren geblieben, obwohl er zugiebt, „es könnte sich vielleicht aus einem Studium der Vergrünungen unter diesem Gesichtspunkt (nämlich dem des Vergleichs mit den Farnen) ein Aufschluss über die Deutung des doppelten Integuments ergeben". Die Deutung des äusseren Integuments ergiebt sich aber mit Leichtigkeit aus den von mir bereits längst studirten und publicir- ten Vergrünungsgeschichten der Ovula verschiedener Phanerogamen. Insbesondere klar und einfach ergiebt sich eine solche Deutung aus der Vergrünungsgeschichte von Hesperis. Hier ist, wie Fig. 18 zeigt, die Grundspreite s zugleich das verlaubte äussere Integument, wie die an ihrem Grunde noch angedeutete Becherbildung ganz sicher beweist. Somit ist auch der Blattzipfel eines Farn- blattes, der das Indusium (den Schleier) auf seiner Unter- seite trägt, das Aequivalent des äusseren Ovula r integu- ments von Hesperis. Würde sich z. B. der (bis zur Basis von den Nachbarlacinien getrennt gedachte) Blattzipfel um das Indusium von Cyathea tutenförmig herumschlagen und zum Becher schliessen, so würde er auch gestaltlich dem äusseren Integumente von Hesperis Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 305 gleichen, nachdem er aber flach bleibt, so gleicht er nur der Grund- spreite in Fig. 12 oder 18. Die Becherform fehlt also noch dem das Indusium tragenden Fiederläppchen der Farne, allein der dem äusseren Integument homologe Theil ist dennoch auch bei den Far- nen schon vorgebildet. So einfach verhält sich freilich in allen von mir studirten Ver- grünuugen nur die Grundspreite von Hesperis. In anderen Fällen (Alliaria, Trifolium) ist zwar die Grundspreite im äusseren Integu- mente auch enthalten, allein sie zweigt sich gleichsam von seiner Aussenseite ab und der Rest bleibt als scheidige Bildung aus der Unterseite der Grundspreite. Die letztere schliesst nicht selbst zum Becher des äusseren Integuments zusammen, sondern der Becher entsteht durch eine blosse Ausstülpung aus der Unterseite der Grundspreite (mithin auch des Ovularblättchens) um das innere In- tegument herum. So auch bei Aquilegia, wo jedoch das Ovular- blättchen eine gesonderte Grundspreite gar nicht mehr bildet. Vom Standpunkte der vergleichenden Morphologie besonders interessant sind die Ovularblättchen Fig. 16 und 17 von Hesperis matronalis. Die Blättchen, von denen das der Fig. 16 durch Becherbildung an seinem Grunde wieder als äusseres Integument sich kundgiebt, tragen auf der Rückseite nicht wie gewöhnlich nur ein inneres Integument, sondern deren mehrere, welche wie Taschen am Ende des Haupt- und der Seitennerven erscheinen, also ganz ähnlich den taschenförmigen Indusien von Davallia; sie können daher auch als polysor bezeichnet werden, während das normale Ovulum und demnach in der Regel auch das Ovularblättchen monosor ist. Die Ovularblättchen Fig. 16, 17 entsprechen also Farnblättchen mit mehreren beschleierten Soris. Normal polysore Ovula, mit mehreren inneren Tntegumenten innerhalb des äusseren Integuments giebt es zwar nicht; dagegen können die Sporocarpien der Marsilia- ceen, wie noch später näher ausgeführt werden soll, als ein Gebilde angeführt werden, welches mit einem polysoren (und zugleich in jedem Sorus auch polyangischen) Ovulum, wenn es solche gäbe, äquivalent wäre. Wenigstens zeigen die polysoren Ovularblättchen von Hesperis die Möglichkeit eines polysoren Ovulums. 306 L. Celakovsky, Um einerseits die Metamorphose des Ovulums aus dem Ovular- blättchen, wie sich dieselbe auf Grund zahlreicher Vcrgriinungsge- schichten construiren lässt, andererseits den gradweisen (metamorphen) Zusammenhang der Indusialbildungen bei Farnen und die Ueber- einstimmung beider anschaulich zu demonstriren, habe ich die in den Fig. 20 bis 31 gegebene Reihe von halbschematischen Durch- schnitten dargestellt, welche sowohl die Hauptformen der normalen und abnormen Ovula als auch indusientragender Farnblattzipfel re- präsentiren können. Die stärkeren Linien der Conturen bedeuten überall die (mor- phologische und in der Verlaubung auch physiologisch differenzirte) Blattoberseite; sp kann sowohl einen Nucellus als sein Homologen, ein Sporangium, als auch ein die Stelle des Sporangiums einneh- mendes Receptaculum eines polyangischen Farnsorus bedeuten. Die erste Form Fig. 20 stellt dar: 1. ein nicht laubartiges Blattsegment mit terminalem Sporan- gium, z. B. von Botrychium, Osmunda, 2. ein abnormes stielartiges Ovulum ohne Integumente mit terminalem Nucellus, wie es z. B. Pen zig für Scrofularia abgebildet hat, 3. ein integumentloses normales Ovulum, wie es bei Santala- ceen, Balanophoreen, unter den Monocotyledonen bei Crinum vorkommt; auch kann es das erste noch integumentlose Stadium eines später behüllten Eichens, also den Ovular- höcker mit der terminalen Anlage des Nucellus bedeuten. Alle diese Gebilde sind untereinander vollständig homolog. Fig. 21 unterscheidet sich von der vorigen nur dadurch, dass das den terminalen Nucellus (oder Sporangium) erzeugende Blättchen laubig entwickelt ist. Normale Ovula können diese Form natürlich nicht zeigen ; aber auch fertile laubige Farnblattzipfel tragen niemals ein terminales Sporangium, weil dieses dann stets auf die Blattfläche abgerückt erscheint. Das Schema wird nur als seltene Zwischen- form im verlaubten Fruchtknoten realisirt, solche Umbildungen von Ovulis sind von mir bei Trifolium repens (1. c. Taf. II, Fig. 22, 23) beobachtet. In Fig. 22 hat sich das Blättchen von der Unterseite her über das Sporangium hinaus verlängert; letzteres ist somit auf die Blatt- Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 307 Oberseite hin geriic1\t und lateral geworden. Man kann sagen , das fertile Blättchen hat sich verzweigt, der eine Zweig ist das in der früheren Figur terminale Sporangium, der andere Zweig ist iaubartig und bildet die Fortsetzung des unterhalb des Sporangiums stehenden Blättchens, ist also als der kräftigere Zweig terminal zum Blättchen der Fig. 21 gewachsen und hat das Sporangium seitlich abgelenkt. Als normale Bildung kommen zwar einzelne Sporangien oder Sori auf der Oberseite des Blättchens, mithin auch des ganzen Fruchtblattes nicht vor (höchstens bei Polybotrya cervina), sondern nur abnormer Weise nach AI. Braun bei mehreren Farnen. Dagegen wird in Vergrünungen an vollkommen verlaubten Eichen (welche noch vor Anlage eines Integumentwalles vergrünt sind) der Nucellus nicht selten auf der Oberseite des Ovularblättchens erblickt. Was die Entstehung eines solchen Ovularblättchens be- trifft, so darf wohl angenommen werden, dass meistens der ursprüng- lich terminale Nucellus durch das sich über ihn hinaus entwickelnde Ovularblättchen zur Seite gedrückt worden ist, ähnlich wie bei den Schizaeaceen das ursprünglich terminale Sporangium von dem sich nachträglich bildenden Blattläppchen oder gemeinsamen Saume auf die Blattfläche (jedoch Unterseite) rückt. Allein auch die Möglich- keit ist nicht ausgeschlossen, dass dieser Nucellus bisweilen an dem schon zum Ovularblättchen weiter entwickelten Ovularböcker , also verspätet und relativ schwächer gleich seitlich aus seiner Oberseite gesprosst ist. Dafür spricht ganz sicher die wiederholte Beobachtung zweier, ja auch mehrerer Ovularkerne auf demselben Ovularblättchen, die nicht alle terminal angelegt worden sein können. Also hat das Gesetz der zeiträumlichen Verkehrung auch hier seine Geltung. In Fig. 23 beginnt sich nunmehr der obere Theil des Blätt- chens um das Sporangium oder Receptaculum herum becherförmig auszubilden. Ovularblättchen dieser Art habe ich besonders exquisit für Anagallis dargestellt (1. c. Fig. 5, 6, auch Fig. 15 unserer Taf. XIX). Auch Fig. 14 von Trifolium repens gehört hierher. Hiervon unterscheidet sich Fig. 24 nur durch eine gleichmässig hohe Ausbildung des Bechers. Wenn ^-j) in Fig. 24 das Receptaculum eines polyangischen Sorus bedeutet, so stellt diese Figur ein Blätt- chen mit Indusium von Trichoraanes dar. Fig. 25 unterscheidet sich von Fig. 24 wiederum dadurch, dass Jahrb. f, wiss. Botanik. XIV. 21 308 L. Celakovsky, sich eine Blattfläche am Becher nicht gebildet hat, dass also der Becher von der ganzen Lamina des Blättchens gebildet wird und seine ganze Aussenfläche durchaus der Blattunterseite entspricht. Verlaubte Ovula dieser Art beobachtete ich besonders bei Alliaria (1. c. Fig. 22, 2.3, auch unsere Fig. 13). Da diese laubigen Becher deutlich differenzirte Seiten erkennen lassen, so weist in der That die Innenfläche eines solchen Bechers die Beschaff'enheit der Blatt- oberseite, die Aussenfläche die der Blattunterseite auf. Die Fig. 25 könnte auch ein monochlamydes normales Eichen repräsentiren, und ist wenigstens das Eichen der Abietineen ganz sicher von dieser Beschaffenheit^). Für die monochlamyden Eichen der Angiospermen und auch der Taxaceen und Cycadeen wird aber weiterhin eine andere Deutung (nach dem Schema der l<'ig. 34) als wahrschein- licher nachgewiesen werden. Von Farnen ist die bereits erwähnte Thyrsopteris (Fig. 1) hier wohl anzuführen, deren fertiles Fieder- blättchen durch Fig. 25 dargestellt werden kann, wenn man wieder das Sporangium sp durch ein Receptaculum mit Sorus vertreten sein lässt. Aus der Form Fig. 24 geht weiterhin durch eine Art Ver- zweigung die Form Fig. 26 hervor. Die obere Wand des apicalen Bechers verzweigt oder theilt sich in zwei Theile, von denen der eine als Becherwand i weiter wächst, der andere spreitenartige s aber als Fortsetzung des unteren blattartigen Theils des Ovular- blättchens sich erhebt. Beide Theile differenziren auf den einander zugekehrten Flächen nach dem Gesetz der sogenannten Spreitenver- kehrung homologe Blattseiten und zw^ar die physiologischen Blatt- unterseiten, so dass nunmehr die Oberseite der Spreite und des Bechers (welche letztere die Innenwand des Bechers bildet), welche in Fig. 24 in einander übergingen, durch die neuen Blattunterseiten von einander getrennt werden. Der Becher rückt in Folge dieser Verzweigung auf die Unterseite (Rückseite) des fertilen Blättchens. Von Fig. 26 unterscheidet sich die Fig. 27 nur insofern, als die Sonderung und selbständige Entwickelung des Bechers und des 1) Siehe meine Abhandhmg: „Zur Kritik der Ansichten von der Frucht- schirppe der Abietineen" und den folgenden Abschnitt VI. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 309 neuen Spreitentheils weiter fortgeschritten, der Becher damit tiefer am Rücken der Spreite -s- (Grundspreite) herabgerückt ist. a) Vergrünte Ovula dieser beiden Formen sind häufig bei Ana- gallis, Hesperis, Alliaria, Reseda von mir beobachtet worden und habe ich die Spreite, die den Recher auf ihrer Unterseite trägt, als Grundspreite (früher auch als Funicularsp reite) bezeichnet. b) Fertile Fiederblättchen des Farnblatts von dieser Art finden sich bei Cibotium, bei welchem der (übrigens zweiklappige) Becher die frühere Bildung ist, der Spreitenlappen erst später sich seitlich abzweigt, was wahrscheinlich auch beim abnormen Ovulum dieser Form stattfindet; — dann bei Cyathea, Woodsia, Hypoderris, bei denen das becherartige Indusium erst nachträglich seitlich aus der Spreite hervorsprosst (Gesetz der zeiträumlichen Verkehrung). Durch Reduction, d. h. partielle Ausbildung des unterseitigen Indusiums der Fig. 27 gehen dann die verschiedenen unterseitigen Schleier der Polypodiaceen, von Lygodium u. a. hervor. Fig. 28 stellt den Fall dar, wo sich die oberseitige Wand i des Bechers gar nicht und nur die Wand v entwickelt hat, was bei Cystopteris sich findet. Wenn dagegen die Wand i sich entwickelt, die Wand v aber unterdrückt wird, so entsteht der Schleier von Cassebeera, Woodwardia u. s. f., wie das schon früher besprochen wurde. Wenn dann zuletzt im supponirten Reductionsprozesse auch das Velum schmndet, so erhalten wir den Fall mancher Polypodiaceen, Schizaeaceen etc. (Fig. 29), wo ein nacktes Sporangium oder Recepta- culum auf der Unterseite der Blattlacinie entspringt. Die hier gegebene Ableitung zunächst des beschleierten, dann des nackten unterständigen Sorus aus dem terminalen Sorus mit becherförmigem Indusium erklärt es nach dem Gesetz der Spreiten- verkehrung, weshalb der Sorus auf die Unterseite des Fiederblätt- chens s (eigentlich der Grundspreite des Fiederblättchens) rücken muss, während das Sporangium ursprünglich wie in Fig. 22 der Oberseite des Fiederblättchens entsprosst, im Indusialbecher auch der Oberseite zugehört und in Vergrünungen des Eichens auch wie- der dort zum Vorschein kommt. Dafür, dass in der That das sub- terminale becherförmige Indusium phylogenetisch der Bildung des unterständigen Schleiers voranging, kann als Zeugniss die Familie der Hymenophyllaceen angeführt werden, welche, wie allgemein 21* 310 L. Celakovsky, anerkannt wird, an die unterste Entwickelungsstufe der Filices (wenn man hiervon die Ophioglosseen ausnimmt) zu stellen ist. In- dessen soll keineswegs behauptet werden, dass die nackten unter- ständigen Sori allgemein und überall aus beschleierten entstanden sein müssten. Es ist ebenso gut möglich , ja vielfach wahrschein- licher, dass sie ebenso wie der terminale behüllte Sorus direkt aus dem Fiederblättchen mit terminalem Sporangium (Fig. 20 und 21) hervorgegangen sind. Vergleichen wir einfach nur das Gebilde Fig. 22 mit Fig. 29, unter der gewiss begründeten Voraussetzung, dass sie beide aus Fig. 20 entstanden sind, so erkennen wir den Unterschied, dass in Fig. 22 der das ursprüngliche Fiederblättchen (mit terminalem Sporangium) fortsetzende Blattzvveig von der Unter- seite des Fiederblättchens aus, in Fig. 29 aber von dessen Ober- seite aus unter dem terminalen Sporangium seinen Ursprung nimmt, so dass im ersteren Falle das Sporangium auf die Oberseite, im anderen Falle auf die Unterseite gelangen musste. Hiermit ist der Ausspruch Prantl's, wonach das Herabrücken des Sporangiums „mit der allgemeinen Ausbildung der Seiten" zusammenhängen soll, aufzuklären und zu berichtigen. Dass das Herabrücken der Sori auf die Blattunterseite für die betreffenden Farngattungen von Vor- theil war, versteht sich von selbst, indem nur so das Farnblatt, welches nach Art der meisten Blätter seine morphologische Ober- seite mehr oder weniger vollkommen nach oben wendet, seinen Soris besseren Schutz gegen atmosphärische Einflüsse (Regen u. s. w.) bieten konnte. Uebrigens sei hier gleich auf die folgenden Paragraphen ver- wiesen, in welchen die ganze für Phanerogamen und Kryptogamen gleich geltende Formenreihe des fertilen Sporenblättchens unserem Verständniss noch näher gerückt werden wird. Von der Form Fig. 27 sind endlich noch die Formen Fig. 30 und 31 abzuleiten, welche jedoch bei den Farnen kein Analogon finden und nur vergrünten und normalen Ovulis eigenthümlich sind, daher ich sie nur kurz der Vollständigkeit der Reihe wegen anführe. Die in Fig. 27 noch flache Grundspreite s hat sich in Fig. 30 bereits am Grunde becherförmig geschlossen gebildet, als erster Anfang eines äusseren Integuments. Ein solches Eichen ist in Fig. 18 für Hesperis abgebildet. Erhebt sich zuletzt die äussere Hülle ringsum üntersuchuDgen über die Homologien der generativen Produkte etc. 311 gleichmässig glockig, so resultirt die Gestalt Fig. 31, die eines nor- malen orthotropen Ovulums. Demgemäss, wenn ein Ovulum von der Gestalt Fig. 30 bei Hesperis so deutlich verlaubt, dass es auf seinen Hüllen die Ober- und Unterseite differenzirt, erkennt man deutlich, dass die innere Hülle ihre Oberseite innen, ihre Unterseite aussen hat, das äussere Integument aber umgekehrt, womit auch dem Gesetze der Spreiten verkehrung Genüge geleistet wird. Nicht immer, ja sogar nur selten, wird indess in der Verlau- bung das äussere Integument direkt zur Grundspreite, häufiger trennt sich, wie es Fig. 32 für Alliaria darstellt, die in der äusseren Hülle enthaltene Grundspreite als besondere Auszweigung ab und nimmt umsomehr an Kräftigkeit zu, je mehr der scheidige Ueberrest der äusseren Hülle reducirt wird. Letzterer erscheint nur als eine Ausstülpung aus der Unterseite der Grundspreite, und ist auch, wie wir sehen werden, kein besonderer integrirender Theil des völlig verlaubten Ovularblättchens neben der Grundspreite, wird deshalb auch reducirt oder gleichsam in die Grundspreite eingezogen. Man kann somit auch in diesem Falle von der Rückbildung des äusseren Inieguments in die Grundspreite und von der Aequivaleuz dieser beiden Theile reden. Die Verschiedenheit in der besagten Verlaubungsform von Alliaria (ebenso Trifolium, Reseda) und der von Hesperis beruht augenscheinlich auf dem Umstände, dass bei letzterer nur das äussere Integument, nicht aber auch der Funiculus, bei den anderen aber mit der äusseren Hülle zugleich auch der Funiculus laubartig sich ausbildet, weshalb ich eben die Gruudspreite bei Alliaria zuerst als Funicularspreite bezeichnet habe. Wir haben im gegenwärtigen Paragraphen gesehen, dass sämmt- liche Vergrünuugsformen des Ovulums nur die mannigfachen For- men des fertilcn Fiederblättchens der Farne wiederholen und dass die bei ihrer Bildung stattfindenden Vorgänge mit den Bildungs- vorgängen, durch welche diese verschiedenen Formen bei den Farnen zu Stande kamen und die theilweise ja noch in der Einzelentwickc- lung (der Schizaeaceen) ihren Ausdruck finden, zusammenfallen. Derselbe V^erlaubungsprocess, der heutzutage noch die Anlage des Ovulum im vergrünten Fruchtknoten umbildet, hat aus der noch nicht laubigen Anlage der sporangialen Fiederblättchen (wie sie noch 312 L. CelakoYsky, bei Botrychium existiren) die laubigen Fiederblättchen der übrigen Filices, welche ihre Sporangien auf Laubblättern tragen, mit ihren Schleiern und Soris hervorgebracht , dasselbe Bildungsgesetz waltet in beiden Prozessen. Wenn also ein Ovulum verlaubt oder ver- grünt, so sind die dabei stattfindenden Vorgänge wohl im Vergleich mit der normalen Entwickelung und Form des Eichens abnorm, sie bringen aber nicht, wie Viele immer noch glauben, ganz unver- gleichbare, morphologisch gesetzlose Produkte hervor, sondern wesentlich dieselben Formen, die wir bei den Farnen auf verschie- dene Gattungen vertheilt wieder sehen. Die Identität der Gestalten beweist aber auch die Identität des der Gestaltung zu Grunde lie- genden, nämlich des Ovulum einerseits und des Sporenblättchens mit Indusium und Sporangium andererseits. Hiernach möge man beurtheilen, ob diejenigen Recht haben, welche meine Vergrünungs- studien nur als einen Beitrag zur Teratologie aufgenommen und ihm die von mir stets betonte Bedeutung für die allgemeine Mor- phologie abgesprochen haben, indem sie den durch die Vergrünungs- reihen für die wahre morphologische Natur des Ovulum erbrachten Beweisen zum Trotz das Ovulum nicht mit dem ganzen Fieder- blättchen, sondern nur mit dem vom Fiederblättchen getragenen emergenz- oder trichomwerthigen Sporangium eines Farns identificiren und die Homologie der Indusien und der Integumente verneinen. III. Analoge Bildungen an Syringablättern. Ich habe schon in dem Aufsatz über vergrünte Eichen der Hesperis matronalis (Flora 1879, Separatabdruck S. 20 ff.) die vor- läufige Mittheilung gemacht, dass sich an Syringablättern den am Ovularblättchen stattfindenden, zur Bildung des Eichens führenden Vorgängen ganz analoge Bildungsvorgänge beobachten lassen, welche geeignet sind, die Deutung des Ovulums in ein noch helleres Licht zu setzen. Es mag nun hinzugefügt werden, dass dieselben Vor- gänge auch die analogen Indusialbildungen der Farne morphologisch zu beleuchten im Stande sind. Goebel hat mir in seiner Entgeg- nung auf den erwähnten Aufsatz in der „Flora" eingewendet, dass die Natur des Ovulums nur durch direkte Untersuchung desselben, Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 313 namentlich seiner Entwickelungsgeschichte, nicht aber durch das, was an Fliederblättern und anderen heterogenen Organen stattfindet, erkannt werden könne. Ich habe aber gar nicht behauptet, dass dies meine Absicht sei. Die morphologische Natur des Ovulums wird durch seine eigene Metamorphogenie (Vergrünungs- geschichte) erkannt — dass die Entwickelungsgeschichte dazu tauge, bestreite ich allerdings entschieden — , allein auch die an ganz anderen Blattorganen stattfindenden Prozesse können zum Verständ- niss des Ovulum noch insofern beitragen, als die dort auftre- tenden Gebilde nachweisliche Uebereinstimmung mit den Formbildungen der Vergrünungsreihe des Ovulums zeigen, also vom gleichen Bildungsgesetze beherrscht werden. Dagegen kann doch vernünftiger Weise ein Widerspruch nicht erhoben werden. Wie ich schon am angegebenen Orte bemerkt habe, findet man auf den niedrigen Büschen der Syringa vulgaris des Prager Belvederes in manchen Jahren sowohl Kappenblätter als auch lehrreiche Ceber- gangsformen in die gewöhnliche Form des Laubblattes in Menge; doch sucht man in manchen Jahren nach ihnen fast vergeblich, woraus zu folgen scheint, dass zu ihrer Erzeugung eigenthümliche, nicht immer vorhandene (wahrscheinlich AVitterungs-) Einflüsse nothwendig sind. (Von Milben oder anderen Insekten findet man keine Spur.) Nachstehend will ich einige besonders charakteristische Formen be- schreiben und abbilden. Wir sehen zunächst in Fig. 36 das Blatt durch zwei seitliche Buchten dreispaltig, mit einem terminalen und zwei seitlichen Ab- schnitten. Zwischen den beiden Buchten war das Blatt vertieft und durch eine jederseits von der Mittelrippe zur Bucht verlaufende quere Falte wie in zwei Theile gegliedert, einen oberen, den grossen Endzipfel, und einen unteren in die beiden Seitenlappen ausgehenden Theil. Aehnlich ist auch das Blatt Fig. 37, allein die Vertiefung (in A sichtbar) ist bedeutender, beckenförraig; was als Querfaltcn im vorigen Blatte erschien, sind hier deutlich die oberen bis zur Rippe verlaufenden Ränder der Seitenzipfel. Von unten betrachtet (B) erscheint jeder Seitenzipfel, als wäre er, ursprünglich getrennt, mit dem Mittelzipfel in einer scharfen wellig gebogenen Furche wie zusammengewachsen, obwohl eine völlige Trennung wohl nie vor- 314 L. Celakovsky, banden war, sondern die Einfaltung sich erst später als eine unvoll- kommen durchgeführte Sonderung gebildet haben mag. In der fol- genden Fig. 38 hat sich der Mittelzipfel ganz von dem unteren Blatttheil getrennt und auf besonderem Stiele von ihm entfernt: er ist zu einer schönen Tute oder Becherform geworden, indem seine Ränder (ohne Zweifel congenital) unter dem Ausschnitt der Tute verwachsen sind. Auch die beiden Seitenzipfel sind mit den Innen- rändern gegen einander gerollt und über dem Stiel am Grunde ein wenig zu einer Membran vereinigt gewachsen. Die beiden Seiten- lappen sind dann in der Fjg. 39 weiter hinauf zu einer kurz zweilappigen Spreite vereinigt und die eigentlich doch terminale gestielte Kappe erscheint mehr zur Seite abgelenkt, wie aus der Basis der Unter- seite dieser Spreite hervorgewachsen. Während aber in Fig. 39 die Kappe, das obere Blattglied, grösser als die basale Spreite ist, erscheint das Grössen verhältniss beider Theile in Fig. 40 gerade umgekehrt, die Grundspreite bildet den weit grösseren, oben seicht zweilappigen Theil des Blattes, aus dessen Unterseite in der Verlängerung der Mittelrippe die kleine, wiederum gestielte Tute entspringt. Die beiden folgenden Gestalten sind als minder vollkommene Anläufe zur Bildung der Kappe und Grundspreite zu betrachten. In Fig. 41 sehen wir die beiden Seitenlappen, welche in ihrer Ver- einigung die Grimdspreite ausmachen, auf der Oberseite völlig ge- trennt, indem der rechte Lappen einen freien Rand gebildet hat. Dahinter aber sind beide Lappen in einer gemeinsamen, hinten (B) durch eine Furche angezeigten Linie verschmolzen. Am Grunde dieser rückseitigen Furche sieht man (in B) einen walzlichen An- hang, den verkümmerten, auf eine blosse Rippe reducirten Endtheil des Blattes. Das Blatt Fig. 42 ist aber nur einerseits eingeschnitten, der Seitenlappen und der Endlappen haben (in A von der Oberseite gesehen) ihre benachbarten Ränder nach oben gerollt und sind in einer tiefen Falte daselbst verschmolzen. Von rückwärts (B) sieht man den bis zur Mittelrippe reichenden freien Bug des Mittel- zipfels. Sehr hübsch und interessant ist die Blattform der Fig. 43. Hier ist wieder der bei weitem grössere obere Theil des Blattes zur Tute geworden, ja man sieht die verschmolzeneu Blattränder als Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 315 eine scharfe Kante vom Rande der Tute bis zur Spitze einer sehr kleinen und mit dem Grunde der Tute verbundenen Grundspreite herablaufen. Letztere ist eigentlich gar nicht als besondere freie Spreite entwickelt, es sind nur zwei von der Verlängerung der Kante längs der Tutenbasis nach abwärts verlaufende Blattsäume, die am Grunde in einen kleinen verkehrteiförmigen Basaltheil des ganzen Blattes übergehen. In Fig. 44 fehlt eine Grundspreite an der Basis des Bechers, d. h. der Becher ist von der ganzen Blattspreite durch Verschmel- zung ihrer Ränder gebildet. Eine eigenthümliche Bildung, die ich nur nebenbei vorführe, stellt zuletzt noch Fig. 45 dar. Aus der Oberseite eines Fieder- blattes ist rechts nahe der Mittelrippe eine kleine Tute hervor- gewachsen. Der Seitennerv, dem sie aufsitzt, verlauft zu einem Einschnitt am rechten Rande. Entsprechend dem Gesetze der Spreiten verkehr ung (wonach flächenbürtige Blattsprossungen oder Emersionen dem Mutterblatt ihre gleichnamige Seite zukehren), war die Aussenwand der Tute als Oberseite, die Innenwand derselben als Unterseite differenzirt. Der Einschnitt am Blattrande und die zu ihm verlaufende erhabene Kante wiesen darauf hin, dass hier der Seitenlappen R mit dem Endabschnitt verschmolzen ist und dass die Tute ein Seitenläppchen des Blattes ist, welches durch jene Verschmelzung^ auf die Oberseite gelangt ist. Dies giebt überhaupt einen Wink , wie solche flächenbürtige Blattzipfel (Emersionen, Excrescenzen) eigentlich zu betrachten sind. Doch ich übergehe zu meiner Hauptaufgabe in diesem Para- graphen, der in der Vergleichung der vorgeführten Syringablatt- formen mit den Formen des vergrünten Eichens und der Farnblatt- zipfel besteht. Bei diesem Vergleiche entfällt natürlich die Rücksicht auf die Sporangien und Nucelli, deren Homologa ja am Syringa- blatte nicht vorhanden sind. Dies ist umsoweniger bedenklich , als auch so viele vergrünte Ovula keine Spur eines Nucellus zu bilden pflegen, wobei die Bedeutung der Integumente doch dieselbe bleibt. Zuvörderst ist es klar, dass der einfache Blattbecher Fig. 44 jenen verlaubten und normalen monochlamyden Eichen, welche dem Typus der Fig. 25 angehören, und dem Blattzipfel von Thyrsopteris vergleichbar ist. Es besteht hier und bei den nachfolgenden Ver- 316 L. CelakoYsky, gleichen nur der eine Unterschied, dass die Kappe des Flieders vom ganzen Blatte, der Becher des Ovulum und der Indusiumbecher von einem Blattsegment gebildet werden, welcher Unterschied irrelevant ist, da ein Blattsegment alle Formprozessc des ganzen Blattes wieder- holen kann. Die Fig. 43 entspricht ferner dem Ovulum nach dem Schema Fig. 26, wie solche bei Alliaria (1. c. Fig. 21), bei Reseda (1. c. Fig. 22), auch bei Anagallis (1. c. Fig. 7) beobachtet sind. Würde die Spreitenfläche am Grunde des Bechers in Fig. 43 längs der Bauchnath des Bechers . bis zum Rande desselben reichen, w^as ich zwar beim Flieder nicht beobachtet habe, was aber eine leicht mög- liche, zwischen Fig. 43 und 37 mitten innen stehende Bildung wäre, so wäre eine solche Blattform identisch mit der für Alliaria (1. c. Fig. 18) abgebildeten Form des Ovulums und im Wesentlichen auch identisch mit dem fertilen Blattzipfel von Trichomanes oder Davallia. Die Kappenblätter der Fig. 38—40 finden dann ihre vollkom- mene Analogie in den nicht seltenen Eichen des Typus Fig. 27 und bei den Farnen in den unterseits becherförmige Indusien tragenden Blattzipfeln von Cibotium, Cyathea, Woodsia. Das den Kappen blättern von Syringa, den Ovulis und den indusienbildenden Farnblättchen Gemeinsame lässt sich nun in dieser Weise zusammenfassen. Die (vollständig, glockig ausgebildeten) Indusien und die inneren oder einzigen Integumente sind gleich den Blatttuten der Ulmen, Linden, Syringen Kappen- oder Becherbil- dungen eines spreitenförmigen Blattorgans, durch dütenförmige Zu- sammenrollung des Blättchens oder Blattes, so dass die Oberseite nach innen zu liegen kommt, und durch Verschmelzung der Blatt- ränder (oder der zur Mittelrippe convergirenden Streifen der Ober- seite) zu erklären. Entweder bildet die ganze Spreite des Blattes oder Blättchens die Tute, oder nur dessen oberer Theil, so dass sich dann das Blattorgan in zwei Theile gliedert, einen becherför- migen Endtheil und einen Grundtheil, der flach spreitenartig bleibt. Die in diesem Falle vorkommenden Variationen lassen sich in fol- gender Weise veranschaulichen. Man nehme ein längliches Blatt, z. B. aus Papier geschnitten, und lege es im oberen Theile nach seiner (irgendwie bezeichneten, z. B. gefärbten) Oberseite zu düten- förmig zusammen, so dass der Grund der Düte in der Mittellinie Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 317 des Blattes bei c (Fig. 46) liegt. Es kommen dann die zur Mittelrippe convergirenden Linien der Blattoberseite ac und 6 c an einander zu liegen und mögen mit einander vereinigt werden. Der Blatttheil achd bildet nun den Becher, der Theil ache den Spreitengrund, der längs des Streifens, der durch Vereinigung der Linien ac und hc entsteht, mit dem Becher zusammenhängt. Es resultirt daraus eine Gestalt, Fig. 47, die am verlaubten Eichen von Alliaria beob- achtet wird. Lassen wir nun die Unterseite der beiden Flügel des Spreitengrundes der Wand des Bechers anwachsen (Fig. 48), so er- halten wir jene Gestalt, die wir am fertilen Fiederblättchen der Hy- menophyllaceen vor uns sehen. Nun aber mögen die beiden Flügel des Blattgrundes empor- wachsen bis zu den Punkten / und g (in Fig. 49), so dass ein drei- lappiges Blatt entsteht, die Tute wdeder durch Zusammenwachsen der Linien ac^ bc gebildet werden, wobei auch die Streifen af und bg vereinigt werden. Daraus entsteht die Gestalt Fig. 50. Die Tute hängt hier mit der Unterseite des Spreitengrundes zusammen, welcher nun als besondere Spreite erscheint und passend Grund- spreite genannt werden mag. Auch möge wieder (wie in Fig. 48) die Wand des Bechers zu beiden Seiten der Linie a{b)c mit der Rückseite der Grundspreite mehr oder weniger breit verschmelzen. So erhalten wir das Fiederblättchen von Davallia, Lygodium, Cystopteris. Bei Cystopteris allerdings ist die Tute eine abgeschwächte Bildung, daher sie aus der Unterseite der Grundspreite herauswächst, welch letztere hingegen als selbständiges, mit dem sterilen Fieder- blättchen desselben Farns gleichgebildetes Blättchen gebildet wird. Lassen wir ferner den Becher durch Verschmelzung nicht nur der Linien ac und bc (in Fig. 46), sondern auch der freien Blatt- ränder längs ah und bi hervorgehen, so entsteht die Becherbildung am Syringablatte der Fig. 43, die auch an verlaubten Eichen (Alliaria 1. c. Fig. 19) beobachtet worden ist. Wenn ebenso in Fig. 49 nicht nur cf und cg sich vereinigen, sondern auch ali mit 6^, so entstehen Becher, mit deren AVand mehr oder weniger hoch hinauf eine selbständige Grundspreite vereinigt ist, wie dies an ver- laubten Eichen von Alliaria (I. c. Fig. 20) ebenfalls vorkommt. Endlich sei das Blatt oder Blättchen tief bis auf den Mittel- nerv dreitheilig (Fig. 51), der Endabschnitt bilde durch Verschmelzung 318 L. Celakovsky, der Ränder hc' und ic' die Kappe, der Grundtheil durch Ver- schmelzen der Ränder cf und cg wie früher eine ventrale Grund- spreite, so erhalten wir Blätter oder Blättchen mit völlig getrennter riickenständiger Tute, die entweder gestielt oder sitzend erscheint, je uachdem der Endabschnitt gestielt war oder nicht. Dahin ge- hören die Syringablätter Fig. 38—40, die nicht seltenen verlaubten Eichen von Alliaria 1. c. Fig. 16, 18 u. s. w., dann die fertilen Fiederblättchen mit Jndusium von Cyathea, Woodsia u. s. w. Das äussere Integument von Hesperis in Fig. 18 entsteht dann aus Fig. 51 durch Umrollung der Ränder der Grundspreite nach rückw^ärts und deren Verschmelzung in den Linien ek und el. So metamorphosirt sich aus der einfachen Grundlage eines Fiederblättchens des Fruchtblattes einerseits das Ovulum in seinen verschiedenen Verlaubungsformen, andererseits der fertile Farnblatt- abschnitt in derselben Weise, wie aus einem Syringablatte seine mannigfachen Kappenformen. Der Genetiker wird freilich einwenden, dies seien ideelle oder ersonnene Constructionen, denen die reale Entwickelung des Eichens und indusienbildenden Farnblättchens nicht entspricht. Hier liegt nun wieder der Zwiespalt zwischen jenem als idealistisch verschrieenen Rationalismus, den ich mehr im Sinne der Braun' sehen Auf- fassungsweise vertrete, und jenem entwickelungsgläubigen Realismus, der zur Zeit der herrschende Gesichtspunkt in der Morphologie ist. Ein Ovulum von Hesperis entwickelt sich allerdings nicht aus einer dreitheiligen Blättchenanlage durch nachträgliches Zusammenrollen und Verwachsen der Blattränder u. s. w. Die Entwickelung geht in einfachster kürzester Weise auf die Herstellung der definitiven Form aus; dennoch aber sind in den Integumenten der Wesenheit nach eben jene Theile enthalten, w^elche an einem flach entwickelten dreitheiligen Blättchen vorhanden wären, und in jener Verbindung, welche umständlicher, aber verständlicher auf die dargelegte Weise hätte hergestellt werden können; so wie z. B. auch im Fruchtknoten einer Primel, trotz dessen cyclomartiger Entwickelung als ungetheil- tes Ganzes, eben jene Fruchtblätter enthalten sind, die sich auch in anderer Weise, nämlich als freie Blätter eines Kreises entwickeln könnten und auch so dann und wann in abnormen Fällen sich wirklich entwickeln. Deshalb ist eben die Entwicklungsgeschichte Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 319 in derartigen Fällen ganz ungeeignet zur Erklärung eines complicir- teren abgeleiteten Oebildes, wie das Ovulum es ist, und leisten gerade die Abweichungen von der normalen Entwickelung, verglei- chend studirt, viel bessere Dienste. Der Vorzug einer wie hier entwickelten vergleichend construc- tiven Auffassung und zugleich die beste Bürgschaft für ihre Wahr- heit besteht darin, dass dieselbe 1. sowohl auf die normalen als auch alle abnormen Formen des Eichens Anwendung findet und alle aus einem Prinzip heraus erklärt, d. h. ableitet, 2. dass sie den phylogenetischen Zusammenhang der weiblichen Generationsorgane der Phauerogamen mit denen der Gefäss- kryptogamen in allen Einzelheiten nachweist, während der beliebte entwickelungsgeschichtliche Realismus, welcher nur die Entwickelung des normalen Ovulums und der Repro- duktionsorgane jeder Gruppe von Kryptogamen für sich, also die unvermittelten Bildungsextreme, beachtet und aus- deutet, keine anderen Homologien erkennen kann, als die des Sporangiums und des Nucellus, alles andere — und das ist gar nicht wenig — so isolirt stehen lassend, wie er es vorgefunden. IV. Verhältniss der blattrandständigen zu den blatt- unterständigen Sporangien und Sori. Wenn wir im vorigen Abschnitt das innere Integument des Eichens und das subterminale Indusium der Hymenophyllaceen der Tute als dem Endtheil des Syringablattes gleichwerthig erklärten, so Hessen wir eine wohl zu erwartende Einwendung unberücksichtigt, dass nämlich das innere Integument und das Indusium von Tricho- manes sich nicht aus der Spitze des Blättchens bilde, welche ja zum Nucellus oder Receptaculum des Sorus wird, sondern als seit- liche Neubildung darunter; daher sie nicht mit der terminalen Blatt- tute der Syringa für gleichwerthig gelten können. Es handelt sich da wieder um den Gegensatz der terminalen 320 L. Celakovsky, und lateralen Stellung und Anlage, den ich für morphologisch un- wichtig und für die festzustellenden Homologien unwesentlich erkläre. Auf obigen Einwand Hesse sich zwar zunächst erwidern, dass das innere Integument vergrünter Eichen auch bald mit, bald ohne Nu- cellus auftritt und dabei doch dieselbe Bildung bleibt, allein der Genetiker wird das Letztere eben darum negiren und zum Nachtheil der Vergrünungen sagen, es könne eben darum ein solcher Becher ohne Nucellus mit dem inneren Integument des normalen Eichens nicht identisch sein. Darum muss ich viel weiter ausholen und theilweise eine Darstellung anticipiren, die ich anderwärts vollstän- diger geben werde. Diese Darstellung wird auch die Lösung einer Frage ermög- lichen, die bereits von Prantl aufgeworfen aber nicht glücklich beantwortet wurde, nämlich, ob das zum Blattzipfel terminale Spo- rangium (von Prantl monangischer Sorus genannt) phylogenetisch das Primäre sei und aus diesem der polyangische Sorus mit Re- ceptaculum sich entwickelt habe, oder ob es sich umgekehrt damit verhalte. Prantl glaubt das Letztere, er fasst „den monangischen Sorus als eine Verarmungserscheinung" auf (Untersuchungen II, S. 152) und stützt sich dabei auf die Verwandtschaftsbeziehungen der Schizaeaceen zu den Gleich eniaceen, bei denen auch schon „wohl eine Neigung zur Verarmung in die Erscheinung tritt", sowie auf die Analogien mit ähnlichen Verarmungen in den Theilen der Blüthe, der Zahl der Ovula u. s. w." Das gelegentliche Auftreten von zwei Sporangien, z. B. bei Lygodium, erscheine dann als „Rückschlag". Für die andere entgegengesetzte Möglichkeit, dass das einzelne terminale Sporangium das Ursprüngliche wäre, meint Prantl, spreche wohl keine einzige Thatsache. Da man aber sodann fragen muss, welchen Ursprung alsdann der polyangische Sorus haben könne, so gipfelt Prantl' s Auffassung zuletzt in der Annahme, dass der ganze Sorus der Hymenophyllaceen der Moos- kapsel homolog sei, dass nämlich das becherförmige Indusium der Kapselwand, das Receptaculum der Mooscolumella, die Gesammtheit der Sporangien dem sporenbildenden Gewebe der Mooskapsel ent- spreche. Anhaltspunkte für diese Ansicht findet Prantl in der Entwickelung des Sorus der Hymenophyllaceen, dann auch in der Analogie der Frucht der Marsiliaceen , die nach Russow und Untersuchungen über die Ffomologien der generativen Produkte etc. 321 Juranyi anfangs ein einfaches solides Gebilde ist, in welchem sich durch innere Spaltungen die Höhlungen für die Sori differenziren, in denen somit die Sporangien in der That „als endogene Bildungen" entstehen. Der Vergleich des Sorus der Hymenophyllaceen mit einer Moos- kapsel hat wenig Beifall gefunden, namentlich haben sich Magnus und Kienitz-Gerloff entschieden gegen ihn ausgesprochen. Ich kann mich nur den beiden Letztgenannten anschliessen und zwar nicht nur aus den von Diesen angeführten Gründen, sondern auch darum, weil, wie in den früheren Abschnitten gezeigt worden, das Indusium der Hymenophyllaceen eine durch Verschmelzung der Blattränder zu Stande kommende Blatttute ist, was doch von der Wand der Mooskapsel absolut nicht gesagt werden kann. Ich gedenke vielmehr die Berechtigung der These nachzuweisen, dass das einzelne, zum Fruchtblattzipfel terminale Sporangium ur- sprünglicher ist als der polyangische Sorus mit' seinem Recepta- culum, w^oraus dann auch eine andere Auffassung der Frucht der Marsiliaceen sich ergiebt und der Vergleich der Mooskapsel mit dem ganzen Sorus von selbst entfällt. Gleich Prantl leite ich die geschlechtlich erzeugte Generation der ersten Gefässkryptogamen von einer Verzweigung der Moosfrucht ab, denn das ist eine unabweisbare phylogenetische Annahme. Ein Verzweigungssystem von lauter Reproduktionsorganen konnte aber selbständig nicht fortbestehen; es musste Laubblattmetamorphose eintreten und zwar entweder so, dass ein Theil der Kapseln des Verzweigungssystems und zwar die ersten unteren zu Laubblättern umgebildet wurden (Fig. 72), oder so, dass sie zwar alle die Laubblatt- form annahmen, die Laubblätter jedoch alle oder zum Theil durch weitere Verzweigung Sporangien bildeten, wie wir das in einfiichster Form bei den Lycopodinen (Fig. 73), in zusammengesetzterer Form bei den Filicinen antreffen. Durch die primäre Verzweigung des Sporogons entstand also die beblätterte Axe, und zwar können wir uns diese Verzweigung als ursprünglich sympodial (pleiopodial) vorstellen, denn wenn auch der Spross, die beblätterte Axe, allgemein als Monopodium sich zu entwickeln pflegt, so ist doch die monopodiale Entwickelung aus der sympodialen (oder pleiopodialen) abzuleiten, durch wechselndes 322 L. Celakovsky, Kraftverhältniss nach dem Gesetz der zeiträumlichen Verkehrung, was ich hier nicht näher begründen kann und worüber ich meine Abhandlung über terminale Ausgliederungen zu vergleichen bitte. Die zum Sympodium vereinigten Basaltheile der Sporogonstiele bil- deten die Axe (das Kaulom), die Endtheile der Sporogone meta- morphosirtcn sich in Blätter. Das den beblätterten Spross zusammen- setzende Aequivalent des Sporogons ist das Sprossglied und jedes Sprossglied besteht aus einem Blatt und dem zugehörigen Stengelgliede. Das Sympodium der Stengelglieder, das Kaulom, nahm allgemein die monopodiale Entwickelungsform an, indem die Blätter seitlich an einem präformirten Achsenscbeitel, der nur die vorauseilende Anlage weiterer Sprossglieder ist, hervorzuwachsen begannen. Die Verzweigung wiederholte sich im Blatt, jedes ein- fache Verzweigungsglied des Blattes kann als Blattglied bezeich- net werden. An vegetativen verzweigten Blättern bilden sich auch alle Blattglieder laubartig aus, an den fructificativen aber behalten die Blattglieder, alle oder zumeist nur gewisse derselben, die gene- rative Funktion, Bau und Gestalt des Sporangiums bei. Die Blatt- glieder sind ebenfalls nichts anderes als Sporogone, jedoch secundäre Wiederholungen derselben im Bereiche der Blattregion des primären Sprossgliedes, Wiederholungen eines höheren Grades ; ihr Sympodium bildet die Blattspindel (z. B. des gefiedertes Blattes), sowie das Sympodium der Sprossglieder den Stengel darstellt. Die Spross- glieder und die Blattglieder sind also nur durch den Verzweigungs- rang und die verschiedene, gegensätzliche Differenzirung unterschie- dene Homologa des Sporogons, für welche ich den von Schultz- Schultzenstein geschaffenen gemeinsamen Namen Anaphyton adoptire. Das Anaphyton, welches nach Schnitze nstein's Dar- stellung ein blosses Gedankending, ein „unfassbarer Proteus", wie ihm vorgeworfen wurde, zu sein schien, nimmt nunmehr, nach phylogenetischer Methode in seinem Ursprünge aufgesucht, die ganz concrete und wohlbekannte Gestalt des Sporogons, der Mooskapsel, an. Dies in gedrängtester Kürze der Inhalt einer wissenschaftlichen phylogenetischen Anaphytosenlehre. ^) 1) Ich weiss sehr wohl um die Schwierigkeiten, welche sich der Durchfüh- rung der Anaphytosenlehre im Einzelnen darbieten, und keune im Voraus die Ein- wendungen, die ihr nach dieser kurzen Darlegung der Fundamente gemacht Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 323 Die Weiterverlegung des Sporangiums in höhere Verzweigungs- grade lässt sich mit Hülfe des hier waltenden Gesetzes der zeit- räumlichen VerkehruDg in folgender AV^eise noch genauer verfolgen. 1. Indem die Verzweigung des primären Sporogons in die monopodiale Form übergeht, wird das Sporangium zum Seitenzweige ersten Grades, äquivalent dem Blatte, welches sich aus ihm auch metamorphosirt hat (Fig. 72). Es ist dies ein Fall, der sich in seiner Einfachheit in der heutigen Pflanzenwelt nicht realisirt findet. Man hat zwar die Sporangien von Psilotum und Tmesipteris so auf- fassen wollen, nämlich als direkte Seitenprodukte eines Zw^eigleins, allein ein sorgfältigerer Vergleich zeigt, dass auch bei diesen Pflan- zen die Sporangien keinen ganzen Blättern, sondern nur Blattgliedcrn äquivalent sind, weil das Stielchen des 2 — 3 zähligen Sporangien- standes kein Kaulom, sondern nur ein ventrales Blattsegment des zweitheiligen Fruchtblattes bedeutet. 2. Das zum Stengel laterale Sporangium vom Werthe des Blattes verzweigt sich weiter, zunächst pleiopodial, dann monopodial und wird zum zusammengesetzten Blatte. Der einfachste Fall ist bei den Lycopodiaceen realisirt; unter dem stengelbürtigen Sporan- gium entsteht ein vegetativ metamorphosirter Blattzweig (Fig. 73). Nach Analogie der Entstehung des Blattlappens unter dem (zum Blattgliede) terminalen Sporangium der Schizaeaceen sei dieser Zweig zunächst lateral unter dem Sporangium hervorgewachsen. iMit der ümkehrung der relativen Kräftigkeit beider Zweige kehrt sich aber auch die erste Entstehung weiterhin um; der vegetative Blattlappen' erscheint zuerst und direkt aus der Achse, das Sporan- gium entsteht später an seinem Grunde ^) (was thatsächlich bei den könnten, allein ich habe diese Schwierigkeiten bereits überwunden, und konnte es auch, weil das Prinzip gewiss gut und richtig ist. Die Publikation einer um- fassenderen Arbeit hierüber, die ich schon seit Langem vorbereite, steht bevor. Ich hoffe wenigstens, dass die Zurückführung der morphologischen Pflanzenglieder auf ein ürglied keinen prinzipiellen Widerspruch erfahren wird, weil jj^i doch die neuere Morphologie immer mehr zur Erkenntniss strebt, dass die verschiedenen morphologischen Glieder aus einem Urgliede, dem Thallom (und das Sporogon ist ja ein einfaches Thallom) hervorgebildet sind. 1) Wenn diese Umkchmng, die sich in den verschiedensten Organbereichen der Pflanze nachweisen lässt, Jemandem ihrer Neuheit wegen befremdlich vor- kommt, so möge er sich des ganz gleichen, besonders von Warming aufgewie- wiesenen Verhältnisses des Tragblattes zur Achselknospe erinnern. Jahrb. f. wiss BoLinik. XIV. 22 324 L. Celakovsky, Lycopodiaceen stattfindet), der laubartige Blattzweig wird hiermit zum primären Blatte und das Sporangium ist jetzt in einen zweiten Verzweigungsgrad versetzt und zum Blattgliede (ventralen Blättchen) geworden. Wenn sich dieses ventrale Sporangium in monopodialer Form weiterverzw^igt, so erscheint es als Blattglied nächsthöherer Ordnung, so nämlich bei den Ophioglosseen (Fig. 74), bei denen auch der sterile laubige Blattzweig sich monopodial weiter verzwei- gend das zusammengesetzte Blatt (deutlich bei Botrychium, ver- schmolzengliedrig und anscheinend einfach bei Ophioglossum) bildet. 3. Das Sporogon (im Werthe des Blattgliedes) verzweigt sich in gleicher Weise weiter und wird so zum Seitenzweig höheren Grades am Blattgliede, nämlich zum Metablastem, Dies kann in zweifacher Weise geschehen. a.) Der Seitenzweig unter dem Sporangium (bei Farnen von der Blattoberseite her hervorwachsend) bildet sich laubartig ebenso aus wie der Basaltheil des Sporangiums, in dessen Verlängerung er sich erstarkend stellt und mit dem er nun ein Blattglied darstellt, wobei das zum Blattgliede ursprünglich terminale Sporangium late- ral auf die Blattfläche (und zwar Unterseite) rückt. So nach Prantl die Schizaeaceen. Durch gleich anfängliche Umkehrung des Kraft- verhältnisses bildet sich dann das Sporangium gleich lateral aus der Fläche des Blattgliedes (Acrostichaceen). b) Der Seitenzweig bildet sich als Sporangium aus, erzeugt in gleicher Weise ein Sporangium, welcher Vorgang sich wiederholt. Die ganze Kette (das Sympodium der Sporangien) entwickelt sich aber wieder monopodial und so entsteht das zum Blattzipfel terminale Receptaculum , an dem sich die Sporangien seitlich hervorbilden (Hymenophyllaceen). In Folge dessen befindet sich das Recepta- culum an derselben Stelle, an welcher ursprünglich ein einzelnes zum Blattzipfel terminales Sporangium sich befand. Der Vergleich der Fig. 75 mit 76 mag es veranschaulichen. Es sei in Fig. 75 spi das terminale Sporangium im Grunde des Integuments (z. B. von Lygodium im frühesten Entwickelungszustand), so ist der Sorus von Hymenophyllum in der AVeise, welche Fig. 76 darstellt, daraus abzuleiten. Aus dem Grunde des ersten Sporangiums spi sprosst sp2, aus diesem sp^ u. s w. Das Receptaculum ist das Sympo- dium der Grundtheile der consecutiven Sporangien und die letzteren Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 325 erscheinen in seitliclie Lage abgelenkt. Freilich erfolgt die Eut- wickelung des Sortis nicht wirklich in solcher pleiopodialer Weise, sondern ist, ebenso wie die Entwickelung des Sprosses in monopo- diale Entwickelung übergegangen. Vergleichbar (obwolü natürlich nicht genau morphologisch homolog) ist die Columella mit ihren Sporangien dem Kaulom mit seinen Phyllomen oder einer monopo- dial sich bildenden Wickel (bei manchen Borragincen nach Kraus und Göbel). Durch die Verknüpfung der beiden sub a und b angeführten Verzweigungsmodi entsteht das zum Blattzipfel unterständige polyan- gische Receptaculum (bei Cibotium, und mit Umkehrung der Ent- wickeluugsweise bei Cyathea), Nur nach dieser Ableitung wird es begreiflich, wie das Spo- rangium von der Mooskapsel an bis zum Sporangium deti polyan- gischen Sorus in allen morphologischen Kategorien, als Thallom, Blatt, Blattzipfel und Metablastem erscheinen kann, ohne dass damit die Verschiedenwerthigkeit der genannten Gliedkategorieen aufgehoben würde. Das Sporangium der Farne ist phylogenetisch homolog dem Sporangium der Moose, trotz dem verschiedenen morphologischen Range derselben; es ist das aber gewiss eine eigenthümliche Ho- mologie, die nur in der phylogenetischen Descendenz des Ungleich- artigen aus Gleichartigem durch dessen Verzweigung in verschiedene, gegen einander differenzirte Grade (durch Anaphytose) ihren Grund und ihre Erklärung findet und die von der gewöhnlichen morpholo- gischen Homologie, die nur zwischen Gliedern gleichen Ranges oder gleicher Kategorie besteht, wesentlich verschieden ist\). 1) Wenn (von Göbel) gesagt woiden ist, das Sporangium sei überall das- selbe Gebilde, überall eben nur Sporangium, so ist das im Sinne obiger Descen- denz-Homologie des morphologisch Ungleichartigen wohl richtig, wenn aber hinzu- gefügt wird , es sei selbst eine eigene morphologische Kategorie neben Kaulom, Phyllom, Trichom, so ist das gewiss unrichtig, denn das Sporangium ist ausserdem entweder Tliallom, oder Phyllom oder Blattzipfel oder endlich Trichom (Meta- blastem), weil alle diese Glieder in ihrem vegetativen Zustand aus den verschie- denen Verzweigungsgraden des Sporogons metamorphosirt sind. Wenn zur Be- gründung jener irrigen Ansicht darauf hingedeutet wird, das Sporangium z. B. der Polypodiaceen könne nicht als aus einem gewöhnlii^hen (vegetativen) Haare metamorphosirt angesehen werden, so ist dies wiederum richtig, aber der Schluss daraus, es könne mithin nicht den Werth eines Trichoms haben, ist falsch. Das Sporangium kann nicht aus einem vegetativen Trichom entstanden sein, wohl 99» 326 L Celakovsky, Dass diese Ableitung der morphologischen Glieder aus dem primären Anapliyton (Sporogonium) auf phylogenetischer Wahrheit (oder wenn man lieber will, Wahrscheinlichkeit) basirt, ist an sich klar, weil sie allen phylogenetischen Entwickeliingsfortschritt durch die denkbar einfachsten Mittel, durch Verzweigung in höhere Grade und erbliche Differenzirung erklärt; es spricht für sie auch noch der Ueberrest dieser Entwickelung, der sich bei den Schizaeaceen als individueller Entwickeluugsmodus noch erhalten hat. Hiernach kann aber der behüllte terminale Sorus der Hymeno- phyllaceen nicht direkt mit der Mooskapsel verglichen und ihr ho- molog gehalten werden. Dieser polyangische Sorus kann auch nicht eine frühere Bildung sein als das einzelne terminale Sporangium. Darum sind in dieser Beziehung die Hymenophyllaceen weiter fort- geschritten als die Ophioglosseen und als die Schizaeaceen. Der Blattzipfel, der das Indusium der Hymenophyllaceen bildet, ist zwar auch nach der Auaphytosenlehre eine Umbildung des Sporangiums (im zweiten Verzweigungsgrade), jedoch des ganzen, und kann also nicht blos der Wand der Mooskapsel äquivalent sein, welche zudem in keiner Weise mit einer Blatttute verglichen werden kann. Prantl stützt sich für seine Hypothese auf die Entwickelungs- geschichte, auf die ersten Zelltheilungen bei der Anlage des Sorus und auf den anatomischen Bau, er betrachtet das Indusium als Fortsetzung der Rinde, das Receptaculum als Fortsetzung des Fibro- vasalstrangs des Blattzipfels, und folgert daraus, dass die Oberhaut des Receptaculum nicht mit der Epidermis auf den Nerven des ve- getativen Blattzipfels gleichzustellen sei, die Sporangien daher keine Trichome, sondern endogene Bildungen seien. Aber eine solche Ausdeutung der Entwickelungsgeschichte und der Anatomie ist un- zulässig; das Indusium kann ja nicht anders entstehen als aus der peripherischen Schicht des Blattrandes und die Columella nicht anders als aus dem Centrum desselben, ohne dass daraus etwas für die morphologische Bedeutung der Theilc folgen würde. Die Auf- aber kann umgekehrt aus einem Sporangium der dritten (metablastemwerthigen) Rangstufe ein Trichom oder Metoblastem geworden sein. So kann ja der Nucellus des Ovulums in der Vergrünung ganz den Ciiarakter eines Generationsorgaus, eines Sporangiums einbüssen und ist dann nur eine simple Eraergenz. Untersuchungen über die Iforaulogien der generativen Produkte etc. 327 fasbuiig eriiuieit stark an Li nnc's Ansicht, nach welcher der Kelch die Fortsetzung der Rinde, die Corolle und Staubgefässc die des Holzes, der Fruchtknoten die des Markes des Blüthenstiels sein sollte. Die Analogie der Verarmungen in der Zahl der l^liithentheile u. s. w., auf die sich Prantl noch beruft, ist, neben unsere Gründe gehalten, ohne Beweiskraft, weil neben Verarmungen auch Bereiche- rungen vorkommen können, daher auch die Verwandtschaftsbezie- huugen zu den Gleicheniaceen nichts erweisen, weil die geringere Zahl der Sporangien im Sorus der Gleicheniaceen ebenso gut auf Bereicherung eines monangischcn Sorus als auf Verarmung eines polyangischen beruhen kann. Wenn also einerseits ein terminales Einzelsporangiuni ursprüng- licher ist als der terminale polyangische Sorus, so ist anderseits auch das zum Blattzipfel terminale Sporangium oder das terminale Receptaculum für ursprünglicher zu halten als das zum Blattzipfel laterale unterständige Sporangium oder Receptaculum, wie das die Entwickelung der Schizaeaceen noch heutzutage darthut. Daraus folgt aber w^eiter, dass auch der zum Ovularhöcker terminale Nu- cellus, der bei der Entwickelung des normalen Ovulum sich bildet, ursprünglicher ist, als der auf die Oberseite des Ovularblättchens in der Vergrünung rückende Nucellus. Ich gestehe gern . dass ich hiermit eine früher lange gehegte Vorstellung berichtige, denn ich war vordem der Ansicht, das Ovu- lum müsse aus einem Fiederblättchen mit seitlichem oberständigem Nucellus metamorphosirt sein, weil in der Vergrünung der Nucellus schliesslich auf der Oberseite des Ovularblättchens erscheint. Ich glaubte, das Ovulum deshalb aus einem Farntypus mit blattober- ständigem Sporangium ableiten zu müssen, daher ich die terminale Entstehung des Nucellus am Ovularhöcker für eine erst mit der Ovularmetamorphosc eingetretene secundäre Erscheinung hielt. Diese Annahme stiess besonders von Seiten Strasbu rger's auf Wider- spruch und war auch das Ilaupthinderniss, um dessentwillen Stras- burger die Foliolartheorie nicht anerkennen mochte und lieber eine unzutreffende Interpretation der Vergnügungserscheinungen ver- sucht hat. Durch RrantTs Beobachtungen der Entwickelungsgeschichto der Schizaeaceen belehrt, gebe ich nunmehr meine obige Annahme 328 L. Celakovsky, auf, denn es ist nunmehr der richtige Anknüpfungspunkt für das Ovulum bei den Schizaeaceen mit ursprünglich terminalem Sporan- gium gefanden und hinlänglich nachgewiesen. Die terminale Anlage des Nucellus am Ovularhöcker mag daher als ursprünglich gelten und die Anlage des inneren Integuments als ursprünglich lateral unter dem Nucellus, wie die des Indusiums von Lygodium. Da- gegen dürfte auch Strasburger nichts einzuwenden haben. Damit ist aber die Foliolartheorie des Ovulums auch ohne Rücksicht auf die von Vielen so perhorrescirten Vergrünungsabnormitäten erwiesen, denn auch dann ist das dem Fiederblättchen von Lygodium homologe Ovulum ein Fiederblättchen des Fruchtblattes, die Integumente sind Tutenbildungen dieses Fiederblättchens und der Nucellus der ur- sprüngliche Gipfeltheil des jungen Fiederblättchens. Noch ursprünglicher als das Sporangium der Schizaeaceen ist — auch im Sinne der oben gegebenen Ableitung — das Sporangium der Ophioglosseen , welches aller Hüllen noch entbehrt und dabei vom grössten Theile des Fiederblättchens gebildet wird. Dieses Sporangium ist vollkommen homolog mit dem nackten hüllenlosen Ovulum der Santalaceen, Balanophoreen und von Crinum. Von diesem Sporangium kann also, Strasburger 's Ansicht vom Ovu- lum gemäss, gesagt werden, dass aus ihm das behüllte Ovulum da- durch entstanden ist, dass es Hüllen um sich gebildet hat. Aber dieses Sporangium ist ebenso gewiss keine blosse Emergenz, sondern einem ganzen Blattzipfel oder Blattglied äquivalent und kann daher recht wohl Tutenbilduiigen aus sich hervorgehen lassen. Keines- wegs kann dies aber vom blattunterständigen Sporangium oder gar von dem Sporangium eines polyangischen Sorus gelten, welche den Werth einer Emergenz haben und eine Hülle nur von dem sie tra- genden Blattzipfel erhalten können. Die Ableitung des phanerogamen Ovulums aus dem Sporangium der Ophioglosseen wird ausser durch die Entwickelungsgeschichte des Ovulums auch noch durch zwei andere Gründe unteistützt. Wir finden nämlich allgemein, dass sich neue Entvvickelungsreihen des Pflanzenreichs nicht an die höher entwickelten Gipfelpunkte älterer Entwickelungskreiso, sondern an deren unterste Grenzformen an- schliessen (wie z. B. auch die Farne selbst nicht an die hoch entwickelten Laubmoose, sondern an die niederen thallosen Lebermoose), und die Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 329 Ophioglosseen stellen sich hinsichtlich ihrer Sporangienbildung aller- dings als die niedrigsten, primitivsten Filicinen dar. Der Anschluss der Phanerogamen an den nächsten Verwandtschaftskreis der Ophio- glosseen — natürlich mit Ergänzung der grossen phylogenetischen Lücke zwischen ihnen durch untergegangene Formen — ist auch darum berechtigt, weil die Anthcre der Angiospermen, wie ich in diesen Jahrbüchern (Bd. XI, Heft 1) des Näheren ausgeführt habe und worauf ich noch zuiiickkomme, am naturgemässesten aus dem Spo- rophyll von Ophioglossum sich ableiten lässt. In meiner Controverse mit Strasburger über die Natur des Ovulums war also Wahrheit und Irrthum auf beiden Seiten. Ich habe geirrt, indem ich das Ovulum auf Grund der Vergrünungen von einem Farn mit blattdächenständigem Sporangium al)lciten wollte und deshalb die terminale Anlage des Nucellus am Ovularhöcker nicht für ursprünglich hielt, und Strasburger's Irrthum bestand darin , dass er alle Sporangien der Gefässkryptogamen ohne Unter- schied für gleichwerthig (und zwar für Emcrgenzen) ansah und daher seine These vom Ursprung des Ovulums aus dem einzelnen Sporangium allzu allgemein aussprach, weshalb er auch die Vergrü- nungen des Eichens nicht richtig zu deuten vermochte. Ich habe bisher die Umbildungen des Ovulums in der Vergrü- nung und insbesondere das Erscheinen des Nucellus auf der Ober- seite des verlaubten Ovularblättchcns für einen atavistischen Rück- schlag gehalten, weil ich eben das Ovulum von einem Farn, dessen Sporangien auf der Oberseite von Laubblattzipfeln entsprangen, ab- leiten zu müssen glaubte. Diesen Atavismus hat schon AI. Braun und später Strasburger, wie ich nun einsehe, mit Hecht bestritten. Nachdem ich erkannt habe, dass auch dem Entwickelungsgang der Anaphytosenlehrc zufolge das Ovulum vom Sporangium der Ophio- glosseen hergeleitet werden muss, so kann ich allerdings in der Vcr- laubung des Ovulums keinen Rückschlag zur atavistischen Form mehr erblicken. Wohl aber erzeugt die Verlaubung aus dcm()vulum ähnliche Gestalten, wie sie einst die phylogenetische Verlaubung des ursprünglich wie bei den Ophioglosseen rein generativen Blattzipfels unter den Farnen hervorgebracht hat, weil eben die morphologische Grundlage beiderseits, nämlich im Ovulum das Ovularblättchen mit Nucellus, bei den Farnen das Sporophyllblättchen mit Sporangium .330 L. CelakoYsky, / identisch ist. Derselbe Verlaubungsprozess kann aus demselben Substrat auch wieder dieselben Formen hervorbringen. Die noch gegenwärtig zu beobachtende Entstehung der verschiedenen Umbil- dungsformen des Ovulums in der Vergrilnung hat hiernach zwar keine atavistische Bedeutung, allein sie giebt dennoch ein glän- zendes Zeuguiss für die Descendenztheorie ab. Ueber die ursprünglich terminale Entstehung des Nucellus am Fruchtblattzipfel wird also kein Dissensus mehr bestehen. Jedoch bleibt der Nucellus nur so lange terminal, als das Fiederblättchen, dessen Spitze er bildet, nicht verlaubt; auch an abnormen Eichen nur dann, wenn das Ovularblättchen schwächlich, nicht laubig, son- dern stielförmig sich ausbildet. Sobald das Ovularblättchen ver- laubt, erscheint der Nucellus auf seiner Oberseite. Auch unter den Farnen giebt es kein Beispiel, dass ein flach laubiges Fiederblättchen das Sporangium (oder den Sorus) dauernd auf seiner Spitze behielte. Stets rückt es entweder im Verlaufe der Entwickelung (bei Schizaeaceen) oder steht es gleich ursprünglich auf der Fläche (und zwar Unterseite) des Fiederblättchens. Das ist also ein allgemeines für die Kryptogamen wie für die Phanerogamen giltiges Gesetz. Es fragt sich aber doch, ob der terminale und der am Ovular- blättchen seitliche, oberseitige Nucellus identisch sind. Wenn er gleich dem Sporangium der Schizaeaceen terminal angelegt und dann erst durch Hervorwachsen eines neuen Blattlappens lateral gestellt wird, so wird Niemand leugnen können, dass es in beiden Stellungen derselbe Nucellus ist. Wie aber, wenn der Nucellus gleich lateral am Ovularblättchen entsteht, was in Vergrüuungen gewiss auch stattfindet, da es Ovularblättchen mit zwei und mehr Nucellen giebt? Ich behaupte, dass auch dieser Nucellus mit dem terminal angelegten identisch ist. Ein Sporenblättchen (also auch ein Ovularblättchen) kann niemals so verlauben, dass es das Sporangium (Nucellus) an der Spitze behielte, warum, das ist schwer zu sagen; aber offenbar ist es allgemein giltiges Gesetz. Das verlaubende Sporenblättchen muss sich also verzweigen und nur der eine Blättchenzweig kann ver- lauben, was auf einer physiologisch nothwendigen Theilung der Arbeit zu beruhen scheint. Es sei in Fig. 78 oh das junge noch ungetheilte und unverlaubte Ovular- oder Sporenblättchen (Ovular- höcker) ; sein Gipfel wachse frühzeitig in den nun terminalen Nucellus Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 331 oder Sporangium s aus. Wenn es nunmehr verlaubt, so verzweigt es sich, es treibt einen seitlichen neuen Zweig b unter dem termi- nalen Nucellus hervor, welcher sich ebenso wie der Grundtheil des primären Blättchens laubartig ausbildet und indem er, kräftiger wer- dend als der terminale Nucellus, denselben zur Seite drückt und sich selbst in verlängerte Richtung des Grundtheils stellt, bildet er mit diesem ein einziges Blättchen (dann etwa Fig. 79). So zeigt es die Entwickelungsgeschichte der Schizaeaceen und so ist auch die Entwickelung des verlaubenden Ovularblättchens für jene Fälle an- zunehmen, in denen die Verlaubung später als die Anlage des Nu- cellus eintrat; denn dann war gewiss wie im normalen Falle der Nucellus ursprünglich terminal, am verlaubten Ovularblättchen jedoch erscheint er lateral. Mit der Verlaubung muss er stets lateral ge- stellt werden, weil dabei immer der laubige Blattzweig kräftiger, voluminöser wird als der Nucellus; aber auch in vielen normalen Eichen überwiegt bald der seitliche Blattzweig, der sich als Integu- ment tutenförmig geschlossen ausbildet, über den Nucellus, der Dor- saltheil des Integuments stellt sich in verlängerte Richtung des ur- sprünglichen Ovularhöckers und rückt den Nucellus in laterale Stellung (Fig. 80). Dies ist bekanntlich ein mittleres, aber immer noch sehr frühzeitiges Entwackelungsstadium des anatropen Ovu- lums. Wenn dann noch eine weitere kräftige Streckung des im Integument enthaltenen Rückentheils des Ovularblättchens (resp. seines laubigen Zweiges) stattfindet, so wird der Nucellus schliess- lich umgekehrt und die Kappe mit ihm. So erklärt sich durch das gewonnene Verständniss der Herkunft des Ovulums und seiner Intc- gumente auch die merkwürdige Erscheinung der vorherrschenden Anatropie des Ovulums. Auch in der Verlaubung vorkommende derartige kappcnförmige Ovularblättchen habe ich vor Kurzem für Aquilegia abgebildet. Wenn aber das ursprüngliche Kraftverhältniss zwischen Nucellus und Blattlappen (Rückseite des Integuments) sich dauernd erhält, so bleibt der Nucellus terminal und das Integument um ihn lateral, woraus die Form des atropen oder anatropen Ovulums resultirt. Es kann aber das Kraftverhältniss, so wie es in dem früheren Falle erst im Verlaufe der weiteren Entwickelung sich umgekehrt auch gleich im Anfang der Entwickelung schon umgekehrt statt. 332 L. Celakovsky, haben, wenn nämlich die Veilaubung frühzeitig und früher noch als die Anlage des Nucellus beginnt. Es sei wieder ok in Fig. 79 der ursprüngliche Ovularhöcker, der sich in die beiden Zweige zu theilen hat. Wenn nun der laubige Rlattzweig b von Anfang an über- wiegt, so wird er gleich in verlängerter Richtung des Ovularhöckers sich bilden und der Nucellus n gleich anfangs und schon am Ovular- höcker, dem jungen Blattzipfel, lateral in derselben Lage auftreten, iu welche er in dem früheren Falle erst später durch Ueberwiegen des Laubzweiges gelangt war. In beiden Fällen ist aber der Nu- cellus und der Laubzweig der nämliche, nur nach dem wechselnden Kraftverhältniss bald der eine bald der andere terminal oder lateral angelegt. Gleich anfangs kräftiger als der Nucellus kann der laubige Zweig aber nur dann auftreten, wenn der Ovularhücker vergrünt und zwar schon frühzeitig und 'intensiv vergrünt und verlaubt, also nur in der Abnormität und nur in dieser kann deshalb der Nucellus seitlich aus der Oberseite hervorsprossen. Dasselbe gilt von dem gleich ursprünglich lateralen Ursprung des Sporaiigiums (oder Sorus) aus dem Sporenblättchen der Farne, nur dass da die Verlaubung normal eintritt. Nachdem wir somit zur Genüge begreifen gelernt haben, dass der frühzeitig terminal angelegte und der später oder auch von An- fang an am Ovularblättchen laterale Nucellus identisch sind und dass in derselben Weise auch die terminale Fortsetzung des Fieder- blättchens (h in Fig. 79) identisch ist mit dem lateralen Blattzweig (/; in Fig. 78), aus welchem durch um den Nucellus herumgreifende Tutenbildung das Litegument entsteht, so können wir auch die im Anfange des gegenw^ärtigen Abschnitts gestellte Frage ganz bestimmt dahin beantworten, dass es für die Homologie der Blatttuten ganz gleichgiltig ist, ob die Tute einen terminal oder lateral angelegten Nucellus (oder Sporangium resp. Receptaculum) oder auch gar keinen umfasst. Es ist also vollkommen berechtigt, wenn die Tute des Syriugablattes und das Integumeut für die nämliche morphologische Bildung erklärt und wenn alles das, was von der Bildung der ersteren gilt, auch auf das Integument und den Indusialbecher an- gewandt wird. Die Identität der Integumenttute mit und ohne terminal ange- Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 333 legten Nucellus lässt sich auch noch mit der Entwickelung einer solchen Tute nachweisen. Die Entwickelung einer leeren Blatttute, z. B. am Carpid von Geum (Bayer, Organogenie de la fleur) beginnt mit einer grubenförmigen Aushöhlung des breiten Gipfels der Carpidanlage , ihr bisheriger Gipfelpunkt hört nämlich auf zu wachsen und um ihn erhebt sich eine Krei^zone als Becherwand, in welcher auch die Spitze des Carpids liegt. Es weicht somit der Mediantheil des die Tute bildenden Endtheils um einen bestimmten Winkel von der bisherigen Wachsthumsachse der Blattanlage ab, ebenso wie der seitlich unter dem terminalen Nucellus (Fig. 78) entstehende Blattlappen h und ebenso wie der unter dem terminalen Nucellus (in Fig. 35) entstehende Rückentheil des Integuments es thun würde. Würde sich der Nucellus oder das Sporangium s ver- späten, d. h. in dem Stadium, wo die Tute sich zu erheben an- fängt, vorläufig gehemmt sein, so würde der für ihn bestimmte Terminalpunkt t der jungen Anlage vor der Tutenbildung als Grund- theil des sonst völlig identischen Bechers verbleiben; er könnte später innerhalb der Tute noch hervorwachsen oder auch gänzlich unterdrückt bleiben. Das Sporangium 6, mag es sich nun früher oder später bilden, ist in Bezug auf das ganze tutenförmige Blätt- chen, dessen Gipfelpunkt in a liegt, ein seitliches Produkt desselben, in Bezug auf das jugendliche Stadium vor der Kappenbilduug, dessen Gipfelpunkt in t liegt, ist es aber ein Terminalgebilde. Wir müssen also zwei relative, in verschiedenen Entvvickelungs- stadien auftretende Terminalpunkte unterscheiden, den Terminal- punkt der Anlage vor der Tutenbildung als Erzeuger des Nucellus oder Sporangiums und den Terminalpinikt des erwachsenen Tuten- blättchens. Der frühere Terminalpunkt wird zum Lateralpunkt im Verlaufe der Entwickelung und dies beweist wohl am besten, wie wenig es bei der Abschätzung der Homologien auf die terminale oder laterale Entstehung eines Gebildes ankommt. Die beiden rela- tiven Terminalpunkte weist aber auch das sporangienbildende Fieder- blättchen einer Schizaeacee auf; der frühere Scheitelpunkt desselben ist wieder jener, dem das Sporangium entstammt, der des erwachse- nen Blättchens ist aber in der Spitze des seitlich darunter entstan- denen Blattlappens {b in Fig. 78) gegeben. Das fertile Blättchen von ßotrychium hat nur einen Terminnl- 334 L. Celakovsky, punkt, denselben, der das Sporangium bildet, dafür bleibt es unver- laubt. Wir sehen, der phylogenetische Fortschritt besteht in einem zunächst lateralen , dann aber terminal werdenden Zuwachs des Blättchens, womit die erst nachträglich, dann aber gleich ursprüng- lich laterale Stellung des ursprünglich terminalen Sporangiums ver- bunden ist. Der letzte phylogenetische Schritt besteht dann in der Klasse der Farne darin, dass wiederum der erstere Terminalpunkt entfällt, d. h, noch vor Anlage des Sporangiums (oder Sorus) lateral wird und letzteres nach dem Gesetz der zeiträumlichen Verkehrung gleich von Anfang an lateral auftritt. Alles nun, was von der relativen oder scheinbaren Verschiebung des Sporangiums und des nackten Sorus gesagt w^orden, gilt ebenso auch von der Verschiebung des behüllten Sorus, also des Indusiums, der zunächst subterminalen Blatttute, in die blattunterständige Stellung. Ein Fiederblättchen eines Farns, bei dem das subterminal an- gelegte Indusium zuletzt unterständig wird, besitzt im Verlaufe der Entwickeluug sogar drei verschiedene Scheitelpunkte, der erste ist wieder jener der ersten Anlage, aus welchem das Sporangium oder Receptaculum hervorgeht. Der zweite Gipfelpunkt ist im Rande des Indusialbechers gelegen, der dritte, welcher zuletzt entsteht, ge- hört dem Blattlappen (z. B. Cibotium) und ist der definitive Scheitel- punkt des ganzen Blättchens. Ebenso verhält sich, zunächst unter Voraussetzung einer analogen Entwickeluug, ein verlaubtes Ovulum mit Grundspreite. So ist in Fig. 27 t der Terminalpunkt der jungen Anlage, aus dem der Nucellus wird oder doch geworden sein könnte, a ist der zweite Terminalpunkt, im Becher des Integuments gelegen, endlich h der zuletzt entstandene Terminalpunkt in der Grundspreite. Wirbetrachtenjetztnur das Verhältniss der beiden Scheitelpunkte a und k. Es fragt sich nämlich, welcher der beiden Scheitelpunkte die Spitze des Blättchens bildet, wenn sich dieses völlig flach und ohne Tute ausgestaltet. Was das Ovulum betrifft, so stimmt dasselbe in dieser Beziehung vollkommen überein mit dem Tutenblatte der Syringa. Wie bei diesem der Gipfelpunkt des ganzen Blättchens in der Spitze der Tute (Fig. 37—40) gelegen ist, ebenso wird beim Ovulum der Scheitelpunkt a der Tute zum Scheitelpunkte des flachen Ovularblättchens. Denn die Grundspreite, welche wie bei Syringa den verschmolzenen Seitenlappen des flachen Ovularblättchens ent- Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 335 spricht, wird nur in gewissen mittleren Verlaubungsgraden erzeugt, in denen noch die Integumentkappe angelegt worden ist. Unter- bleibt die Kappenbildung, so unterbleibt auch die Bildung der Grundspreite, indem der untere Theil des Ovularblättchens mit dem oberen, nicht mehr kappenförmigen, zusammen als einfaches Ganzes, d. h. als einfaches Ovularblättchen verlaubt. Der Scheitelpunkt k ist also bei vollkommener (frühzeitiger) Verlaubung gleichsam ins Blättchen eingezogen, sow^ic auch der primäre Scheitelpunkt f, wenn die Anlage des Nucellus unterbleibt; es restirt nur der mittlere Gipfelpunkt a. Anders verliält sich die Sache bei den Farnen. Wenn bei diesen das Fiederblättchen steril gebildet wird, so unterbleibt nicht nur die Bildung des Sporangiums oder des Sorus, sondern auch die des Indusiums völlig, der Scheitelpunkt a wird also mit dem Scheitel- punkt t zugleich eingezogen und wird das sterile Blättchen nur durch die Grundspreite repräsentirt. Die so häufige Abschwächung des Indusiums, mit welcher nach dem Gesetz der zeiträumlichen Verkehrung auch die (umgekehrte) Entstehung des Indusiums aus der Grundspreite verbunden ist, macht bereits den Anlauf zum völligen Schwinden desselben ; schon bei dem fertilen Fiederblättchen mit unterständigem Schleier verliert der in der Tute enthaltene Gipfelpunkt a seine Bedeutung als organischer Gipfelpunkt des Ge- sammtblättchens, welche dem Gipfelpunkte k der Grundspreite zufällt. Die üebereinstiramung im Formbildungsprozessc des Ovulums und der indusienbildenden Blattfieder wäre gewiss vollkommener, wenn Caspary's Ansicht sich bewährt hätte, w^elcher glaubte, dass in der Vergrünung die innere Integumentkappe zuletzt eingezogen oder auf Null reducirt werde. Dem ist aber nicht so, die Kappe öffnet sich nur (immer vergleichsweise gesprochen!) und verfliesst ohne Gliederung mit dem unteren Theile des Ovularblättchens. Hierin besteht also allerdings ein Gegensatz zwischen den Phanero- gamen und den Gefässkryptogamen, aus welchem der weitere Gegen- satz resultirt und uns klar verständlich wird, dass bei den letzteren das unbehiillte Sporangium (oder Sorus) auf die Unterseite, bei ersteren, w^enn ihr Ovulum verlaubt, aber auf die Oberseite des Blättchens rücken muss. Jedoch besteht ursprünglich, vor dem Schwinden des Indusiums, doch volle Uebereinstimmung in der 336 L. Celakovsky, Situirung des Sporangiums resp. Nucellus, denn innerhalb des In- dusialbecliers befindet sich das Sporangium oder der Sorus der Kryptogamen ebenfalls auf der Oberseite des ganzen Blättchens. Dies ist, wenn auch die Oberseite nicht so deutlich wie im Becher des verlaubten Ovulums differenzirt ist, daraus ersichtlich, dass die Tute eben auch nach der Unterseite der Grundspreite abrückt. Wäre es umgekehrt, wäre das Sporangium auch in der Indusialtute auf die Unterseite gesetzt und von ihr umgeben, wäre also der ur- sprüngliche Gipfeltheil des Fiederblättchens nach seiner Unterseite, entgegengesetzt wie bei den Phanerogamen , gerollt, so müsste ent- sprechend dem allgemein gültigen Gesetz der Spreitenverkehrung die Tute auf die Oberseite der Grundspreite versetzt werden. Wir wollen unter den gewonneneu Gesichtspunkten und mit Zugrundelegung der durch die Syringablätter nahegelegten construc- tiven Erkenntnisse die Reihe der Bildungen, welche das Ovular- blättchen und das Fiederblättchen der Farne annehmen kann (Fig. 20—29), noch einmal durchgehen. Das Blättchen kann hier- nach auf ein einfaches, ein dreitheiliges und ein fiederschnittiges fünftheiliges Blättchen der Reihe nach zurückgeführt werden. I. Fig. 20 und 21 sind noch ganz einfache Fiederblättchen. II. Fig. 22 entspricht einem dreitheiligen Blatte, dessen End- zipfel das Sporangium ist, dessen Seitenzipfel aber hinter dem Endzipfel nach der Unterseite hin herumgeschlagen und mit den Innenrändern verschmolzen zu denken sind, womit der Endzipfel auf die Oberseite als Emergenz ge- langt, während der Terminalpunkt der verschmolzenen Seitenblättchen zum Scheitelpunkt des ganzen Blättchens wird. In Fig. 23 — 25 ebenso, nur mit Tutenbildung des Ve.'schmelzungskörpers der Seitenblättchen. III. Fig. 26 und 27 (dann auch 28, 30 und 31) repräsentiren ein fünfzähliges Blättchen: Endzipfel und ihm benachbarte (obere) Seitenzipfel wie früher sub II, die beiden unteren Abschnitte sind, dem Gesetz der Spreitenverkehrung gemäss, nach der Oberseite hin zu einem Zipfel, der Grund.spreite, verschmolzen, womit der obere dreitheilige Theil des Blätt- chens auf die Unterseite gelangt. Untersuchuniren über die Homologien der generativen Produkte etc. 337 IV. Fig. 29 ist dann wieder einem dreitheiligen Blättchen äqui- valent, dessen Seitenzipfel aber wie die zwei unteren Zipfel des fünftheiligen Blattes nach der Oberseite hin um das Sporangium herumgeschlagen und verschmolzen sind, womit dieses gleichfalls auf die Unterseite versetzt wird. Die Ableitung des blattunterständigen Sorus und seines Indu- sium, falls es vorhanden ist, aus einem terminalen Sorus verlangt die Zugehörigkeit je eines Sorus zu einem Blättchen. Gegen die Allgemeingiltigkeit dieses Satzes könnte aber ein nach den gang und gäben Vorstellungen gewichtiger Einwand erhoben werden. Es giebt nämlich, namentlich unter den Polypodiaceen , Gattungen, deren Blattabschnitte auf den anastomosirenden Nerven der Blattunterseite zahlreiche Sori tragen (z. B. Meniscium, Niphobolus). Hier scheint es sicher, dass sich die Sori nicht auf ebenso viele Blattzipfel be- ziehen lassen. Allein die Wahrnehmung, dass ein einfaches, aber complicirt genervtes Blatt oder Blattabschnitt durch allmähliche tiefer gehende Zertheilung in ein gelapptes, getheiltes, zuletzt ganz zusammenge- setztes Blatt übergehen kann, ohne dass Grösse, Umriss, Nervatur besonders geändert würde, was vielfach die zerschlitztblätterigen Gartenvarietäten unserer Laubhölzer, sowie normale Mittelformen auf denselben Blättern oder auf Blättern derselben Pflanze (Gleditschia, Pimpinella saxifraga^ Cruciferen etc.) zeigen, weist darauf hin, dass ein solches anscheinend einfaches Blattorgan einem zusammenge- setzten äquivalent ist, und berechtigt dazu, es für wesentlich zu- sammengesetzt, für ein verschmolzenes Blattverzweigungssystem zu halten. Ein solches Blatt oder Blattabschnitt ist also kein einfaches Glied (Anaphyton), sondern, wie es Schultz-Schultzenstei n nannte, ein „ sympleurischer" Verschmelzungskörper mehrfacher Anaphyta, d. h. hier Blattzipfcl (wie es z. B. Fig. 77 für Meniscium veranschaulicht). Auch in diesem Falle ist somit jeder Sorus das Produkt eines Blattzipfels, obzwar alle Blattzipfel zu einem polysoren Blattsegment vereinigt oder verschmolzen sind. Indem ich in diesem Abschnitt den Nachweis der wahren Homologa aller Theile des Ovulums bei den Filices schliesse, kann ich nicht umhin, gewisse mehr oder weniger entgegenstehende An- sichten neuerer Morphologen zu berühren. So hat kürzlich Goebel 338 L. Celakovsky, die Bezeichnung „Placenta" auf das Receptaculum des Farnsorus ausgedehnt, in Folge der Meinung, dass ein Sporangiuni aus dem polyangischen Sorus der Hymenophyllaceen , Polypodiaccen u. s. w. dem ganzen Ovulum homolog ist. Da die letztere Ansicht ent- schieden falsch ist, so leuchtet auch das Unpassende dieser Termi- nologie von selbst ein, wenn überhaupt — und dies muss doch ge- fordert werden — mit dem gleichen Namen auch dasselbe Ding, also Homologie ausgedrückt werden soll. Denn ein Homologen des Receptaculum ist. eben weil das Ovulum monangisch ist, bei den Phanerogamen ebensowenig wie bei den Schizaeaceen vorhanden, und wäre es vorhanden, so müsste es innerhalb des (inneren oder einzigen) Integuments gefunden werden, woraus zu ersehen, dass die Placenta der Phanerogamen und das Recaptaculum der Farne zwei durchaus verschiedene Partien des Fruchtblattes sind. Eher könnte man Prantl's Bemerkung (Untersuchungen etc. II. pag. 155), dass wohl die „Sorophore" der Schizaeaceen Placenten genannt werden dürften, beistimmen, insofern der Sorophor die (frei- lich öfter verschmolzenen) Fiederblättchen trägt, welche die Homologa des Ovulums sind. Indessen ist auch der Sorophor, der Blatt- abschnitt, der die Sori trägt, mit der Placenta des' Fruchtknotens nicht identisch, denn wenn wir uns das Fruchtblatt einer Schizaeacec zum monomeren Fruchtknoten (tutenförmig) geschlossen denken, so müssen auch die Sorophoren und überhaupt alle Blattzipfel ins Innere des Fruchtknotens gelangen und es zeigt sich, dass die Pla- centen, nämlich die Vereinigungsstreifen des Fruchtblatts auch nicht in den Sorophoren liegen können. Wenn man ein Homologon der Sorophoren und überhaupt solcher Blattsegmente, die nicht unmittel- bar zu Ovulis umgebildet sind, sucht, so dürfte man sie vielleicht bei den Orchideen finden, wo die Ovula auf den Placenten in trau- bige Gruppen vereinigt sind, welche letzteren also Sorophoren mit mehreren Eichen entsprechen würden und zwar auch darin, dass die Sorophoren nach Prantl's Definition solche Lacinien höheren Grades sind, die am vegetativen Laubblatt nicht ausgegliedert werden. Wenn ferner Prantl sagt (1. c. p. 154), der Funiculus sei zu vergleichen „mit einem Stiele des Sorus, wie er in der That bei manchen Farnen (besonders Cypellosoreen) vorhanden ist", so ist Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 839 dies auch mir bis zu einem gewissen Grade richtig, nämlich nur dann, wenn ein solches Sorusstielchen zugleich der Grundtheil des ganzen Sporenblättchens ist, wie bei Thyrsopteris. Jedoch der Stiel eines Indusiums, welchei' aus der Unterseite des Sporenblättchens oder aus der Spitze eines laubigen Sporenblättchens entspringen würde, wäre nicht dem Funicnlus gleich werthig, sondern dem Stiel- chen des inneren Integuments, welches in Vergrünungen, z. B. bei Alliaria (1. c. Fig. 17, 21, 34, 40 u. s. w.) sich bildet. Unsere Distinction ergiebt sich aus der Erkenntniss, dass die Spreite des Fiedorblättchens, aus welcher der Sorus nebst Indusium entspringt, der Grundspreite des verlaubten Ovulums, also einem zum Ovulum (nämlich zum Ovularblättchen) selbst gehörigen Theile, welcher bei Hesperis geradezu das äussere Integument bildet, äquivalent ist. V. Homologien der Ovula bei den übrigen Gefäss- kryptogamen (ausser den Farnen). Die nächsten Verwandten der Farne, die Rhizocarpeen , mögen auch zunächst besprochen werden. Nach allem Vorausgeschickten kann es nicht zw^eifelhaft sein, dass das Sporocarp der Salviniaceen einem einfach behüllten Ovulum homolog ist. Ich verweise des Näheren auf den Vergleich, den ich im Botan. Centralblatt 1882 No. 22 in dem Aufsatz über vergrünte Eichen von Aquilegia zwischen dem Sporocarp der Azolla und dem Ovulum gezogen habe. Uebrigens ist auch die Uebereinstimmung mit dem fertilen Blattzipfel von Thyrsopteris, dessen Homologie mit einem monochlamyden Ovulum bereits hervorgehoben worden, evident. Die Sporocarpien der Sal- viniaceen differiren von einem einfach behüllten Ovulum nur insofern, als ihr Sorus polyangisch ist. Wenn aber die weibliche Frucht von Azolla wirklich schon ursprünglich monangisch wäre (dem freilich Griff ith's Angaben entgegenstellen), so wäre die Uebereinstimmung derselben mit dem Ovulum noch vollkommener. Nicht so einfach lässt sich die mehrkammerige Sporenfrucht der Marsiliaceen mit dem Ovulum vergleichen, obwohl sie ihm ebenfalls homolog sein muss, weil doch die Sporenfrüchtc der Rhizocarpeen Jahrb. f. wies. Botanik, XIV. 23 340 L. Celakovsky, Überall, ob ein- oder melirfächerig, gleich werthige Gebilde sind. Indessen verstellt sich diese mehrfächerige polysore Frucht sehr ein- fach als ein congenitaler Verschmelzungskörper, durch Verschmel- zung mehrerer solcher Tuten, wie sie bei Salviniaceen einzeln existiren, hervorgegangen. Sie besteht aus ebensoviel verschmolze- nen Blattgliedern oder Fiederblättchen als Fächer vorhanden sind. Die bei Pilularia gewöhnlich vierfächerige Frucht ist also einem viertheiligen oder zweijochig gefiederten Blättchen (nach Art des vier- theiligen Blattes von Marsilia) äquivalent, die mehrfächerige, zwei Parallelreihen von Fächern besitzende Frucht von Marsilia aber einem mehrzählig paarig- fiedertheiligen Blättchen gleichwerthig. Man braucht sich nicht daran zu stossen, dass ein fiedertheiliger fertiler Abschnitt zu dem vierzähligen Blatt von Marsilia und ein zwei- bis vierzähliger fertiler Abschnitt zu dem spreitenlosen Blatte von Pilularia nicht zu passen scheint. Auch bei den Ophioglosseen, an welche sich die Marsiliaceen in Bezug auf Verzweigung des Blattes in einen sterilen dorsalen und einen fertilen ventralen Theil zunächst anschliessen , ist der fruchtbare Blatttheil oftmals reich- licher getheilt, z. B. bei Botrychium lunaria, nicht nur aus viel mehr primären Abschnitten bestehend, sondern deren untere auch noch in den zweiten Grad verzweigt. Bei Pilularia ist nun eine Reduktion der Spreite eingetreten, die am sterilen Blatttheil bis zum Schwinden derselben gediehen ist. Das bei den Salviniaceen ungetheilte sporocarpe Fiederblättchen ist also bei den Marsiliaceen selbst wieder zwei- bis vieltheilig und jeder Theil tutenförmig gebildet. Die Scheidewände, die mit rich- tigem Takte gemeinhin als Indusien bezeichnet werden , sind die verschmolzenen Seiten- und Innenwände der Tuten, welche sich bei Marsilia zuletzt auch wirklich von einander trennen. Jedes dieser sogenannten Indusien entspricht auch durchaus der unterseitigen Wand von Trichomanes und Davallia, ist auch viel zarter als die mächtigen, zur Fruchtschale vereinigten Aussenwände. Auch lässt sich das fertile Fiederblättchen der Marsiliaceen mit dem schon früher erwähnten polysoren Ovularblättchen der Hesperis matronalis (Fig. 16 und 17) sehr w^ohl identifiziren. Aus einem solchen lässt sich das Sporocarp der ersteren dadurch ableiten, dass wir uns das in Fig. 16 am Grunde scheidige Blättchen rings glockig (gleich dem Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 341 äusseren Tntegumeiit)^ die Wunde der inneren Integumente aber unter sich durchaus verschmolzen und die Mündung der Glocke durch die Verschmelzung geschlossen denken. Hier sei gleich bemerkt, wie aus dieser gewiss zutreffenden Ableitung folgt, dass die Aussenwand dieses Sporocarps von der Blattoberseite des Blättchens dargestellt wird, worauf wir später zurückkommen werden. Von Interesse ist noch die Bemerkung, dass sich das gewöhnliche monosore Ovulum, so auch das verlaubte Ovularblättchen von Hesperis (Fig. 18) zu dem ungewöhnlichen polysoren Ovularblättchen derselben Pflanze (Fig. 16, 17) gerade so verhält, wie das monosore Sporocarp der Salviniaceen zu dem polysoren der Marsiliaceen. Was dann das Receptaculum betrifft, so verhält sich das centrale der Salviniaceen zu dem wandständigen der Marsiliaceen, wie das Receptaculum von Polypodium oder Cyathea zu dem längs der Blättchennerven ge- streckten von Asplcnium. Genauer möchte ich das längs der äusseren Tuten- oder Fächerwand gestreckte Receptaculum der Marsiliaceen als zusammengesetzt, als einer Reihe einfacher Salviniaceen-Receptacula entsprechend ansehen, weil es bei Marsilia nach Russow aus einer Reihe von 6 — 8 Mutterzellen hervorgeht, welche mittelst schiefer Wände sich theilend, eine Scheitelzelle bilden, aus der zuletzt ein terminales Makrosporangium erwächst, während die Mikrosporaugien seitlich aus den Aussenzellen der weiter geth eilten Segmente hervor- gehen. Damit stimmt nun sehr w^ohl die Angabe von Griffith über die Entstehung des terminalen Makrosporangiums und mehrerer lateraler, später vom Makrosporangium zu verdrängender Sporangien aus der einfachen Columella der weiblichen Sporenfrucht von Azolla überein. Die entwickelungsgeschichtlichen Angaben über die Sporenfrucht der Marsiliaceen, die übrigens bei verschiedenen Beobachtern sehr verschieden lauten, sind für die bereits feststehende Deutung der Sporenfrucht ohne Belang. Nach den Einen (Russow für Marsilia, Juranyi für Pilularia) sollen die Fächer durch innere Spaltungen entstehen und die Sorusmutterzellen eigentlich endogene Zellen sein. Wäre dies richtig, so würde diese Entwickelung ungefähr ebenso zu deuten sein, wie die Entwickelung des Fruchtknotens der Rafflesiaceen (nach Graf Solms-Laubach' s schönen Untersuchungen). Was ich zur Aufklärung dieser letzteren Entwickelung in der Bot. Ztg. 1877 23* 342 L. Celakovsky, (Vergrünnngsgeschicilte der Eichen von Trifolium repens) vorgebracht habe und was auch Eichler acceptirt hat, gälte mutatis mutandis auch von der Entwickelung der Sporenfrucht der Marsiliaceen. Die- selbe wäre vom Anfang ihrer Entwickelung an ein so vollständi- ger Verschmelzungskörper, dass in ihr nicht nur die Indusialbecher unter sich, sondern auch deren innere Wand mit den Sorusanlagen verschmolzen aufträten. Die spätere mechanische Trennung dieser Theile w^äre ein der mechanischen Verwachsung ursprünglich freier Theile entgegengesetzter Prozess. Goebel hat jedoch für Pilularia in Bot. Ztg. 1883 den An- gaben Juranyi's widersprochen und gezeigt, dass die Fächer als Grübchen an der Anlage auftreten, die sich zu den Fächern ver- tiefen, so dass also die Fächer wie beim einfächerigen Sporocarp der Salviniaceen von Anfang an vorhanden und nach aussen durch freie Kanäle geöffnet sind. Nach dieser Darstellung besteht von Anfang an nur eine Verschmelzung der Indusien untereinander, nicht aber eine Verschmelzung dieser mit den Soris. Die Entwickelung lässt sich vergleichen mit der Entwickelung mancher mehrfächeriger Fruchtknoten (z. B. von Tetragonia nach Payer's Organogen. Taf. 77) deren Fächer, obzwar auf Verschmelzung der Fruchtblätter beruhend, dennoch wie Grübchen im Blüthenboden sich zu bilden beginnen. Dieselbe Entwickelung glaubt Goebel auch für Marsilia annehmen zu dürfen, obwohl, wie mir scheint, Russow's Angaben und Ab- bildungen doch gar zu bestimmt lauten. Es wäre ja möglich, dass die Entwickelung in beiden Gattungen in der angegebenen Weise verschieden verliefe, was der Homologie der Sporenfrüchte übrigens keinen Eintrag thun würde. Wer freilich glaubt, dass die morpho- logische Deutung von der Entwickelungsgeschichte abhängt, wird bei der offenbaren Gleichwerthigkeit beider Sporocarpien lieber die gleiche Entwickelung nachzuweisen bestrebt sein. Jedenfalls ist aber das Sporocarp der Marsiliaceen keine Stütze mehr für die von Prantl aufgestellte Identifizirung des behüllten Sorus mit der Mooskapsel, In anderem Sinne, als dies Prantl ge- meint hat, ist allerdings der Blattzipfel, der den behüllten Sorus bildet, in niederem Grade homolog der Mooskapsel, nämlich nach der früher gegebenen Darlegung der Anaphytosenlehre, und so möchte ich Prantl's Hypothese als eine die Anaphytose noch etwas unklar Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 343 vorahnende Anschauung auffassen, vermischt mit dem Irrthum, dass die Marsiliaceenfrucht zwischen der Moosfrucht und dem Hymeno- phyllaceensorus in der Mitte stehe, während sie vielmehr durch ihre Zusammengesetztheit und Verschmelzung eine offenbar spätere, fort- geschrittenere Bildung als selbst der letztere repräsentirt. Auf eir.e seltsjime Homologie ist hierbei noch die Aufmerksam- keit zu lenken. Das einfache Sporocarp der Salviniaceen und das Ovulum sind homolog dem Sporocarp der Marsiliaceen, aber sie sind auch jedem Fache desselben mit dessen Sorus homolog. Diese Art von Homologie, durch welche der Theil dem Ganzen homolog gesetzt wird, ist schon Prantl aufgefallen und hat dieser Folgendes über sie bemerkt: „Es mag zwar paradox erscheinen, dass ein Ge- bilde homolog sein soll einem ganzen anderen Gebilde und einem Theil des letzteren; es ist dies eine Art von Homologie, welche man weder der allgemeinen noch der speziellen unterordnen kann, für welche wir aber im Pflanzenreich zahlreiche Beispiele finden; das einzige Carpell von Actaea z. B. ist zweifellos homolog einem einzelnen Carpell von Helleborus, es ist aber als ganzes Gynaeceum auch homolog dem ganzen Gynaeceum, d. i. mehreren Carpellen von Helleborus." Dieselbe zwiefache, verschiedeugradige Homologie besteht auch zwischen dem Sporangium von Botrychium unJ einem polyangischen, zumal terminalen Sorus (der Hymenophyllaceen) und andererseits zwischen ersterem und jedem einzelnen Sporangium dieses Sorus. In gleicher Weise besteht der Anaphytose zufolge in dem erläuterten Sinne Homologie der Moosfrucht zuerst mit dem Sporocarp einer Rhizocarpee, dann aber mit jedem einzelnen Sporangium derselben. Man könnte, um ein recht imposantes Beispiel zu nennen, auch sagen, die Moosfrucht als ganze geschlechtlich erzeugte Generation sei homolog einem ganzen Farnstock und einem mächtig verzweigten Eichbaum, andererseits aber auch jedem Sporangium des erstereu und jedem Nucellus im Ovulum des letzteren. Eine Erklärung dieses anscheinend logischen Widerspruchs er- giebt sich leicht aus dem Begriffe der pflanzlichen Anaphytose, als der Wiederholung oder Wiedererzeugung des Anaphyton (Sporogon) durch Verzweigung in verschiedene und verschieden sicli differen- zirende Grade. Die Wiederholung des Identischen in der Verzwei- 344 L. Celakovsky, gung ist also der Grund jener doppelten Homologien; sowie ja ein ganz einfacher Stamm auch homolog ist einem verzweigten und zu- gleich als Spross auch jedem Zweige des letzteren. Es erübrigt noch, das Verhältniss der Sporangien der Equise- taceen und Lycopodinen zum Ovulum zu eruiren, welches davon ab- hängen wird, ob diese Sporangien den Verzweigungsrang und Werth von Blattgliedern, wie bei Ophioglosseen, oder von Metablastemen, wie bei den Polypodiaceen, Cyatheaccen haben. Mit hierauf bezüg- lichen Reflexionen hat sich bereits Strasburger beschäftigt^) und als Resultat derselben vom Sporangium die Sporocyste unterschieden. Er bezeichnet nämlich die 5'porangien der Ophioglosseen, Equiseta- ceen und Lycopodinen als Sporocysten, deren Begriff' der ist, dass sie einem ganzen polyangischeu Sorus homolog sind. Den Vorgang, auf dem diese Homologie beruhen soll, fasst Strasburger so auf, dass dabei die Sporangien eines polyangischeu Sorus „eliminirt", d. i. ins Receptaculum aufgenommen worden sind. Er betrachtet also wie Prantl den polyangischeu Sorus als das Frühere und lässt die Sporocyste aus ihm hervorgegangen sein, nur nimmt er eine Elimination oder Zurücknahme, Prantl dagegen eine Ver- armung an. Strasburg er' s Vorstellung von dem Verhältniss der Sporan- gien der Ophioglosseen zu dem Sorus z. B. der Hymenophyllaceen ist also derjenigen, zu welcher uns schon früher die Idee der Ana- phytose geleitet hat, gerade entgegengesetzt, schon darum, weil wir den Sorus als das Spätere, das einzelne terminale Sporangium als das Frühere betrachten müssen. Abgesehen aber von dieser mehr theoretischen Differenz, enthält Strasburger 's Unterscheidung der Sporocyste und des Sporangiums doch etwas Wahres, welches ich nach unseren vorgängigen Betrachtungen dahin näher bestimme, dass die Sporocyste einem Blattgliede (Fiederblättchen), das gewöhn- liche Sporangium aber einem Metablastem des Fiederblättchens gleichwerthig ist. Es ist nun zu untersuchen, ob die Sporangien der Equisetaceen und Lycopodinen wirklich dem obigen Begriff'e der Sporocyste ent- sprechen. 1) Einige Bemerkungen über Lycopodiaceen. Bot. Ztg. 1873. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 345 Was die Equisetaceen betrifft, so ist die Entscheidung hierüber dadurch erschwert, dass die Sporenblätter schiklförmig gebildet sind. Hier hilft zunächst der Vergleich mit den in phylogenetischer und überhaupt in vergleichend 'morphologischer Hinsicht so \Yichtigen Ophioglosseen , welche gegenwärtig den wahren Ausgangspunkt der Phyle der Gefässkryptogamen repräsentiren. Wir finden die schild- förmige Bildung der Sporangienträger bereits bei einer Ophioglossce, der tropischen Helminthostachys zeylanica, die ich zwar nur aus Beschreibungen und Abbildungen kenne (Payer, Botanique crypto- gamique, p. 205, fig. 1023, 1024; Luerssen, medicinisch-pharma- ceutische Botanik, I. Th., Kryptogameu, p. 590), welche aber wohl genügen, um sich von ihr eine in den Hauptpunkten zutreffende Vor- stellung zu bilden. Die Sporangien dieses Farns sind quirlförmig zu 3 — 4 der Unterseite je einer schildförmigen, lappig-zerschlitzten Schuppe am Ende eines Zwcigleins^) des rispenförmigen fertilen Blattabschnitts, wie auch zu 1--2 dem stielartigen Theil dieses Zweigleins inserirt. Jedes der Sporangien des Quirls wird von oben von einem selbst wieder schlitzig-gezähnten Hauptlappen des Schild- chens bedeckt. Jedes Zweiglein aber ist einem zwei Reihen Spo- rangien tragenden Segmente von Botrychium offenbar äquivalent; jedoch ist das erstere von Helminthostachys ein radiäres, das von Botrychium ein bilaterales Gebilde. Analog verhält sich auch das radiäre Schildchen der Equisetenblüthe (vulgo Aehre) zum vegeta- tiven Blatte der Schachtelhalme. Es fragt sich nun, ob diese beiden Bildungen mit einander vergleichbar, d. i. eines aus dem andern ableitbar sind? Goebel negirt die Zulässigkeit irgend welcher A^er- gleichung derselben, indem er dabei Milde 's Ansicht zurückweist, welcher auf Grund einer Abnormität gefunden hatte, dass die Spo- rangien der Equisetcn eigentlich auf der Oberseite ihres Frucht- blattes entspringen. Goebel benutzt diesen Ausspruch Milde's zu einem Seitenhieb auf den morphologischen AVerth der Abnor- mitäten. Die Begriffe radiär und bilateral sollen nach derartiger Auf- fassung so verschieden sein, dass sich die ihnen entsprechenden Objekte gar nicht vergleichen lassen. Dagegen muss aber betont 1) Natürlich ist damit kein Kaulomzweig, sondern ein Phyllomzweig gemeint. 346 L. Celakovsky, werden, dass zwischen den Naturobjekten keine solche Kluft gähnt, wie zwischen den Begriffen unserer abstrakten Definitionen. Eines hat sich aus dem Andern entwickelt, überall giebt es Uebergänge zwischen den Extremen und Manches, das sich jetzt ganz anders als in der Stammform entwickelt, ist aus seinem begrifflichen und entwickelungsgeschichtlichen Widerpart abzuleiten. Auch die schild- förmige Blattbildung muss aus der bei der Pflanze primären bilate- ralen ableitbar sein und ist es auch; das „Wie" demonstriren aber gerade jene Uebergänge, welche, wenn sie in den sog. Abnormitäten auftreten, so vielfach unterschätzt werden ^). Was zunächst die Schildchen der Equiseten betrifft, so habe ich selbst einmal im sogenannten „Ringe" deutliche Uebergangs- formen vom gew'öhnlichen bilateralen Blatte zum radiären schild- förmigen beobachtet, wie sie die halbschematischen Figuren 81 — 83 darstellen. Fig. 81 war noch ein vollkommen bilaterales Blatt mit gesonderter Ober- und Unterseite; der Endtheil der Blatt Unter- seite hat bereits deutlich die Färbung und Beschaffenheit der Ober- seite des Schildchens angenommen und fängt an, sich durch einen sanften Bug von dem übrigen Grundtheil der Blattunterseite abzu- sondern. In Fig. 82 oder 84 ist das gerundet dreieckige Schildchen noch deutlicher abgesetzt, in Fig. 83 ist durch Vorziehen des quer über die Unterseite ausgebildeten Randes, stielförmige Abrundung und Zusammenziehung des das Schildchen tragenden Blatttheils ein fast 1) In einem Vortrage : „Die Teratologie als Behelf der phylogenetischen For- schung" (Kosmos, YI. Jahrg. 1882) anerkennt E. Heinricher die phylogenetische Bedeutsamkeit der Teratologie im Allgemeinen, schliesst aber sonderbarer Weise die VergrünuDgcn, gerade oft die bedeutsamsten Abnormitäten, davon aus. Als Grund wird angeführt, dass die Chloranthien von Insekten verursacht werden. Gewiss giebt es solche Fälle, aber ebenso gewiss hat die Mehrzahl der Vergrü- nungen, und gerade die morphologisch werthvolleren, nicht diese Ursache. Die von Insekten verursachten Chloranthien sind darum morphologisch und phyloge- netisch meist unbedeutsam, weil sie z. B. statt der Bliithentheile, soviel ich ge- sehen habe, meist ein Convolut krankhafter Laubblättchen, die auf die normalen Blüthenblätter nicht zurückführbar sind, erzeugen. Aber auch wenn wirklich die morphologisch bedeutsamen Vergrünungen, welche nämlich Anamorphosenreiheu produciren, durch Insekten verursacht wären, so wäre das doch kein triftiger Grund, sie morphologisch und phylogenetisch zu verwerfen, weil es nur darauf ankommt, ob die Vergrünung nachweisbare Anamorphosenreiheu liefert oder nicht, die Ursache der Vergrünung aber ganz gleichgültig ist Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 347 normales Schildchen geworden. In Fig. 82 war unterbalb des neuen Spreitenrandes unterseits ein Sporangium augelegt. Aus diesen Zwischenformen ist ersichtlich, dass die Oberseite des Schild- chens in der That einem Theil der Blattunterseite des bilateralen Blattes entspricht und dass die Sporangien nächst dem Rande theils der ursprünglichen Oberseite, theils der Unterseite angehören. Das Schildchen von Helrainthostachys ist ferner in derselben Weise aus einer zwei Reihen Sporangien tragenden Blattlacinie von Botrychium herzuleiten. Dass auch hier die Oberseite des Schild- chens der Blattunterseite des bilateralen Blattzipfels entspricht, lässt sich daraus schliessen, dass auch in den beiden anderen Gattungen Botrychium und Ophioglossum [die Blattunterseite im Wachsthum über die Oberseite prävalirt, so dass die doch gewiss randbiirtigen und Blattzipfeln äquivalenten Sporangien oder Sporocysten (bei Bo- trychium thun es selbst die Blattläppchen des sterilen Abschnitts) immer bedeutend nach der Oberseite hin verschoben erscheinen, so dass sie sich auf dieser beinahe berühren. Wenn nun ein solcher sporangientragender Eudtheil des Abschnitts in der für Equisetum geschilderten Weise schildförmig sich bildet, so wird daraus richtig die Stellung der Sporocysten auf der Unterseite des Schildchens re- sultiren. Die Sporangien von Helminthostachys sind ohne Zweifel wie bei den übrigen Ophioglosseen Blattlacinien homolog, nur werden sie durch die schildförmige Ausbildung des sie tragenden Blatttheils nach der Unterseite des Schildchens gedrängt, und dasselbe darf also auch für Equisetum angenommen werden. Die zerschlitzten Läppchen, in welche das Schildchen von Hel- minthostachys über den Sporangien auswächst, sind mithin den über den ursprünglich randständigen Sporangien hervorwachsenden Blattläppchen der Schizaeaceen analog und dürften sich wohl auch ebenso später als die Sporangien bilden. Vergleichsweise sei hier zu besserer Bekräftigung alles dessen, was wir bisher erkannt haben, auch auf die schildförmigen Frucht- und Staubblätter vieler Gymnospermen verwiesen. Während bei Cycas die Ovula evident blattrandständig sind zum bilateralen Fruchtblatt, sehen wir bei Zamia die beiden Ovula, die gewiss auch Blattzipfeln äquivalent sind, am Rande des Fruchtschildchens, ebenso wie die Sporocysten von Equisetum, beiderseits nach der Unterseite 348 L. CelakoYsky, des Schildchens gerückt. Ebenso verhält sich auch das Schildchen des Staubblattes von Taxus mit seinen Pollensäckchen, welche daher auch Sporocysteu, d. h. Blattzipfeln äquivalent sind. Der gelappte Rand oberhalb der Pollensäcke ist aber offenbar den Läppchen am Schildchen von Helminthostachys gleichzusetzen. Dass auch hier die Oberseite des Schildchens der Unterseite des bilateralen Blattes entspricht, beweist die Uebergangsform bei den Abietiueen, wo das Schildchen als Crista nur etwa so wie an dem abnormen Uebergangs- blatte von Equisetum in Fig. 81 und 82 entwickelt ist^ und die zwei Pollensäckchen unter dem unteren Rande (wie bei Juniperus, Cupressus etc.) stehen, und noch deutlicher die pollenbildenden Deck- blätter androgyner Zapfen der Abietincen (s. II. v. Mo hl 's und Stenzel's betreffende Arbeiten), wo die beiden Pollensäckchen auf der Rückseite des Deckblatts unter der Crista stehen. Eine ähnliche Mittelform zwischen der rein bilateralen und der rein radiären Form wie Fig. 82, 84 bei Equisetum stellen ferner die Staubblätter von Cycas dar, sehr evident zei;^en besonders die am Grunde der männ- lichen Blüthe stehenden Uebergänge in gewöhnliche Schuppenblätter, dass die Oberseite des endständigen Schildchens aus der Unterseite der Schuppe hervorgeht. Die schildförmigen Bildungen der Fruchtblätter (rcsp. Staub- blätter) der Gefässkryptogamen und Gymnospermen sind hiernach morphologisch verschieden von den schildförmigen Blättern der Angiospermen, an denen die Oberseite des Schildes von der Ober- seite des flachen bilateralen Blattes gebildet wird. Die schildför- mige Bildung dieser Blätter beruht auf Verschmelzung der beiden basalen, nach der Blattoberseite herumgeschlagenen Spreitenlappen. Ich erwähne hier die von mir und anderen beobachteten am Grunde schildförmigen Laubblätter der Haselnuss, die mit normalen herz- förmigen Blättern am selben Zweig zusammen vorkommen. (Vergl. Fig. 68 u. 69.) Auch die schildförmigen Antheren, welche die Pollenfächer auf der Oberseite des Schildes tragen (s. Pringsh. Jahrb. Bd. XI, Heft 1, S. 133), entsprechen dem Typus der schildförmigen Laubblätter. Die Sporangien der schildförmigen Fruchtblätter (resp. Staub- blätter) der Gefässkryptogamen und Gymnospermen, ursprünglich Blattzipfeln gleichwerthig (bei Helminthostachys), sind also bei Untersuchungen über die Honrologien der generativen Produkte etc. 349 Equisetum und Taxus vom Rande sowohl nach der Oberseite als nach der Unterseite des Blattes abgerückt, bei den Cupressineen und Abietinecn (auf den Staubblättern) nur auf die Unterseite be- schränkt und sind damit emergenzwerthig geworden. Was die Lycopodinen (Dichotomen nach Sachs) betrifft, so müssen wir die isosporen Lycopodiacecn und die heterosporen Sela- ginellaceen und Isoetes besonders betrachten. Strasburger hat es bereits wahrscheinlich gemacht, dass das an der inneren Basis des Fruchtblattes oder in der Axille desselben bei Lycopodium entsprin- gende Sporangium dem ventralen, jedoch auf ein Sporangium redu- cirten Blatttheil der Ophioglosseen , also einem ventralen Blattzipfel äquivalent ist. Eine wirkliche Reduktion im phylogenetischen Sinne ist jedoch schwerlich anzunehmen, vielmehr ist es mir wahrschein- licher, dass sowohl die Lycopodiacecn als auch die Ophioglosseen von einem gemeinsamen Stamme abstammen, der die einfachen Fruchtblätter der Lycopodiaceen besass, und dass die reichere Ver- zweigung der beiden Abschnitte des fertilen Blattes der Ophioglosseen ganz selbständig progressiv erfolgt ist. Phyloglossuni möchte jenem hypothetischen gemeinsamen Typus noch näher stehen. Das Spo- rangium (oder Sporocyste) der Lycopodien ist mithin einem nackten Ovulum völlig homolog. Sowie also die kryptogamen Fruchtblätter mit rand- ständigen Sporocysten, wie ßotrychium, Ophioglossum , das Prototyp sind der phanerogamen Carpiden mit blatt- randständigen Ovulis, ebenso ist das Fruchtblatt von Lycopodium mit axillärer (oder subaxillarer) Sporo- cyste das Prototyp eines Carpids mit axillärem Ovulum (z. B. Euphorbia, Ranunculus), und somit auch für ein Carpid mit zur Blüthenaxe terminalem Ovulum (z. B. Polygoneen), welches trotz dieser Stellung gewiss einem Carpido des Fruchtknotens zugehört^). Betreffend den „Sporangienstand" von Psilotum und Tmesipteris habe ich in der Abhandlung: „Zur Kritik der Ansichten von der 1) S. hierüber meine Abhandlungen über die Placenten und über die Frucht- schuppe der Abietineen. 350 L. Celakov'sky, Fruchtschuppe der Abietiiieen" gezeigt, dass derselbe kein Kauloin- zweig ist, wie mehrfach auf Grund der Entwickelungsgcschichtc be- hauptet worden, sondern ein zwei bis drei Sporangien tragender Blatttheil, ebenfalls homolog dem fortilen Blatttheil der Ophioglosseen, aber nicht so stark wie bei Lycopodium „rcducirt", oder besser ge- sagt, durch Verzweigung des Lycopodiensporangiums herzuleiten. Der sterile zweitheilige Blatttheil bildet sich aber verspätet und daher nach dem Gesetz der zeiträumlichen Vorkehrung aus dem stielförraigen Träger der Sporaiigiengruppe. Diese entspricht der drei- bis vierzähligen Gruppe eines Blattzweigleins von Helmintho- stachys, nur ist der lappige Schild der letzteren Gattung bei den Psiloteen nicht entwickelt. Die Sporangien der Psiloteen sind fer- ner, ganz ähnlich wie die Sporangien der Marattien, zu einem ge- fächerten Sporangium verschmolzen. Da hier eben von diesen Verschmelzungen die Rede ist, so möge im Rückblick auf die interessante Stufenreihe der Verschmel- zungskörper der verschiedenen generativen Verzweigungsgrade des Anaphyton hingewiesen sein. 1. Bei den Angiospermen verschmelzen die tutenförmigen Fruchtblätter einer Blüthe zum gefächerten Fruchtknoten; 2. bei den Marsiliaceen verschmelzen die auch laubig- tuten- förmigen Blattglieder eines Fruchtblattes zu einem zwei- bis vielfächerigen Sporocarp, als Homologen eines behüllten polysoren Ovulums; 3. bei den Psiloteen verschmelzen die eher noch als Blatt- glieder (Sporocysten) denn als Emergeuzen anzusprechenden Sporangien mit einander, als Homologon eines verzweigten (in abnormen Fällen zu beobachtenden) aber nackten Ovulums; 4. bei den Marattien verschmelzen die zahlreichen entschieden emergenzartigen Sporangien zu einem mehrfächerigen Ho- mologon verschmolzener Nucelli eines Ovulums (Ovular- blättchens). Bei den Selaginellen kommt zum axillären Sporangium noch die Ligula hinzu. Sie entspringt am Blattgrunde über dem Spo- rangium und zwar erst nach dessen Anlage. Ihre Deutung ist nach den bei Schizaeaceen gemachten Beobachtungen nicht schwer. Wenn das Sporangium der ventral gestellte Blattzipfel ist, so erscheint Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 351 die Ligula als der nämliche Blattlappen, der bei den schleierlosen Schizaeaceen später oberhalb der Sporangien hervorwächst. Nur ist hier bei der ventralen Stellung des Sporangiums dieser Blattlappen, da er als Ligula äusserst schwach gebildet ist, mit dem Fruchtblatte etwas verschmolzen, so dass er de facto aus dem Fruchtblatte selbst hervorwächst. Das Sporangium steht wie bei den Schizaeaceen und überhaupt nach der bei Farnen herrschenden Regel auf der Unter- seite der Ligula, welche ihre Oberseite dem Fruchtblatt zukehrt, was dem Gesetz der Spreitenemersionen vollkommen entspricht (auch bei den Ophioglosseen kehren die beiden Blatttheile einander die Blattoberseiten zu). Bemerkenswerth ist allerdings, dass die Ligula auch am Grunde aller sterilen Blätter sich findet. An diesen ist es das abgeschwächte ventrale Blättchen ohne Sporangium, sowie analog am fertilen Blatte von Mohria einzelne Blattlacinien steril ohne Sporangium vorkommen (s. Prantl, 1. c. Fig. 20 B). Anknüpfend an unsere phylogenetische Hypothese (und an die Anaphytosenlehre) dürfen wir uns vorstellen, dass ursprünglich alle Blätter fertil waren (wie bei den Ophioglosseen noch jetzt fast alle fertil sind), dass aber dann die Fertilität auf bestimmte Zweigspitzen eingeschränkt worden ist, wobei die sterilen Blätter die Ligula als ererbten üeberrest beibehielten. Interessant ist Isoetes durch die Homologien seines Fort- pflanzungsapparats. Die Homologie der Ligula von Isoetes und der von Selaginella ist anerkannt und schon im Namen ausgedrückt, obschon in der Entwickelung der Unterschied besteht, dass die Ligula von Isoetes bedeutend früher aus dem Fruchtblatt hervor- sprosst als das Sporangium. Als etwas Neues im Verwandtschafts- kreis der Dichotomen kommt bei Isoetes eine Hülle des Sporangiums, das Velum, hinzu, welches ohne Frage dem Indusium der Farne gleichwcrthig ist. Wie bei Selaginella ist der ventrale Blattzipfe), der Ligula genannt wird, dem Grunde des Fruchtblattes an- oder eingewachsen. Einer solchen congenitalen Verwachsung ist auch die Entwickelung nicht ungünstig, da die Ligula nahe am Blattgrunde angelegt und dann emporgehoben wird, so wie z. B. die Stamina von der Kronröhre, der sie congenital eingewachsen sind. Die Ligula mit Velum und Sporangium ist somit homolog einem Blatt- zipfel von Cyathea mit seinem behüllten Sorus, und in beiden Fällen 352 L. Celakovsky, geht die Bildung des Blattzipfels der Anlage des behiillten Sorus voraus. Es scheint auch, dass das Isoetessporangium eigentlich ein Sorus von mehreren wie bei Marattia verschmolzenen Sporangien ist und dass die Trabeculae die unvollständigen Scheidewände der- selben bedeuten. Da nun ein Farnblattzipfel mit unterständigem Indusium einem doppeltbehüllten Ovulum homolog ist, so ist damit auch die Homologie von Tsoetes ausgesprochen: es entspricht das Velum dem inneren Integument, die Ligula der Grundspreite des halbverlaubten Ovulums, dem laubigen Aequivalent des äusseren Integuments ^). VI. Homologien der Ovula der Gymnospermen. Nachdem die Gymnospermie der Cycadeen und Coniferen theils durch randständige, Blattfiederblättchen ersetzende Stellung der Ovula von Cycas, theils durch die blattunterständige Stellung der Ovula der Abietineen in den Anamorphosen durchwachsener Fichtenzapfen vollkommen klar und sicher erwiesen ist, sind auch die Homologien der Gymnospermen und Gefässkryptogamen klar geworden. Die Cycadeen entsprechen dem Typus eines Farns mit blattrandständigen Sporangien oder Sori, theilweise auch dem Equisetentypus, die Coni- feren mit ihrem flächenständigen Eichen dagegen theils den Farnen mit blattunterständigen Soris, theils den Lycopodinen mit ventralem Sporangium. Ueber die Ovula der Cycadeen ist wenig mehr zu bemerken; sie unterscheiden sich von den homologen Sporangien der Ophio- glosseen wesentlich nur dadurch, dass sie behüllt sind, und ihre Fruchtblätter durch ihre Einspreitigkeit von dem doppelspreitigen Fruchtblatt der letzteren. Durch das Dasein von Indusien nähern sich den Cycadeen wiederum die Hymenophyllaceen , entfernen sich aber durch flach blattartige Entwickelung des unteren Theils des Sporen blättchens und durch den polyangischen Sorus an Stelle des einzigen Sporangiums. Ueber die schildförmigen Fruchtblätter der 1) Diese Deutung habe ich schon in der Abhandlung: ,Zur Kritik der An- sichten von der Fruchtschuppe der Abietineen" gegeben. Untersuchungen über die noraolo^en der generativen Produkte etc. 353 Zaraieen und ihre Homologie mit den Equisetenschildern ist sclion im vorigen Abschnitt das Nöthige gesagt \Yorden. Bei den Coniferon müssen wir uns dagegen etwas länger ver- weilen, denn deren Homologien werden noch meistens (auch von . einem gründlichen Kenner derselben, Eich 1er) sehr missdeutet. Obzwar ich diese Homologien schon in der mehrfach citirten Ab- handlung über die Fruchtschuppe der Abietineen beleuchtet habe, wird es doch nicht unangemessen sein, sie hier im Zusammenhange mit dem bisher Dargelegten in Kürze nochmals zu besprechen, zumal als Eichler in seiner Entgegnung auf meine „Kritik" meine Dar- legung jener Homologien sehr absprechend beurtheilt hat^). Strasburg er fasst die zahlreichen Familien der Conifcren in zwei Hauptgruppen zusammen, in den Araucariaceen (wozu die eigentlichen Araucarieen, die Abietineen, Cupressineen, Taxodieen gehören) und in den Taxaceen (dahin die eigentlichen Taxeen, die Podocarpeen und Cephalotaxeen). Ich halte mich an diese in der That ganz vorzügliche Eintheilung, denn diese beiden ünterabthei- lungen der Coniferen sind in der That so verschieden, dass wir sie hier auch getrennt behandeln müssen. Die Ovula der Araucariaceen Strasb, besitzen bekanntlich nur ein Integument und entspringen aus der Unterseite der Carpiden, w^elche zur Fruchtschuppe verschmolzen in der Achsel des Deckblatts stehen, diesem nach dem Gesetz der Spreitenverkehrung ihre Ober- seite zukehren und mit ihm, bei den Abietineen wenig, sonst sehr hochgradig verwachsen sind. Auf das Faktum der unterseitigen Stellung der Ovula ist zuerst Stenzel beim Studium der Ana- morphosen der Fichtenzapfen gestossen, und dies kam ihm aus dem Grunde, weil bei den Angiospermen die Ovula, wenn nicht am Blattrande, aus der Oberseite dos Carpids hervorsprossen, anfangs so unwahrscheinlich vor, dass er längere Zeit an der Richtigkeit seiner Beobachtung zweifelte, bis er sich überzeugte, dass vielfach wieder- holte Untersuchungen immer dasselbe Resultat ergaben. Aber auch dann, wenn man die abnormen Anamorphosen nicht 1) S. dessen Entgep^niing auf meine „Kritik" in den Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, und meine Antwort hierauf in den Sitzungs- berichten der böhm. Gesellschaft der Wissenschaften vom vorigen Jahre. 354 L. Celakovsky, berücksichtigt und die von Sachs und Eichler für die Araucariaceen gelehrte Auffassung, dass die Fruchtschuppe eine Excrescenz des Fruchtblattes ist, acceptirt, muss man anerkennen, dass die Ovula der Blattunterseite angehören. Denn die Excrescenz muss ebenfalls ihre Oberseite gegen die Oberseite des Fruchtblattes, zu dem sie ge- hört, gewendet haben, was denn auch die Orientirnng der Gefäss- bündel bestätigt. Freilich ist die Fruchtschuppe nur bei den Abie- tineen, wo sie so mächtig ist, vom Deckblatt (resp. Fruchtblatt) so- weit frei, dass der Ursprung der Ovula aus der Unterseite dieser Schuppe selbst sofort evident ist. Aber auch bei den Cupressineen, deren Fruchtschuppe mit dem Deckblatt sehr stark verschmolzen ist, so dass ihnen Eichler nicht einmal eine Excrescenz, sondern nur eine Auftreibung oder Verdickung der inneren Blattbasis zuerkennen will, unterscheidet man öfter, z. B. deutlich an den unteren Zapfen- schuppen von Thuja occidentalis und Biota orientalis, den verschmol- zenen, nur mit der Spitze freien Theil der Fruchtschuppe in Folge der deutlich herablaufenden Ränder des Deckblattes, wie auch der Verlauf der schon am Grunde gesonderten Stränge für beide Theile der Zapfenschuppe dafür spricht. In anderen Fällen fällt freilich der Rand der Fruchtschuppe mit dem des Deckblattes zusammen, ^venn beide gleich breit sind, wie z. B. bei Chamaecyparis Lawso- niana und wie an den oberen Zapfenschuppen der Thuja und Biota. Wenn endlich bei manchen Cupressineen und bei Araucaria Sect. Eutacta die Ränder der „Excrescenz" wegen sehr vollkommener Ver- schmelzung am Verschmelzungsprodukt auch gar nicht mehr hervor- treten, so wird doch kein vergleichender Morphologe zweifeln können, dass Verschmelzung zweier Theile vorliegt, so wde bei Isoetes und Selaginella, womit auch die Entwickelung der sogen. Ligula stimmt, da sie zunächst an der Basis angelegt und dann emporgehoben wird, wobei congenitale Verwachsung sehr wohl stattfinden kann. In allen diesen Fällen entspringen also die Ovula aus der Unterseite der Fruchtschuppe, nach der Excresccnztheorie also aus der Unterseite der Excrescenz, niemals direkt aus der Oberseite des „Fruchtblattes". Das einzige Integument der Araucariaceen ist mit- hin homolog dem blattunterständigen Indusium der Farne (z. B. Cjathea) oder dem inneren Integument aus der Unterseite eines verlaubten Ovularblättchens; es hat nach der allgemeinen Regel Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 355 innen die Bluttoberseite und aussen die Unterseite und daher ent- springt es conform mit dem Gesetz der Spreitenverkehrung aus der Unterseite des Fruchtblattes (oder nach der Excrescenztheorie aus der Unterseite der ventralen Excrescenz, d. i. des ventral gestellten Theilblättchens des Fruchtblattes). Nun ist aber bei den Araucarien, welche nicht zur Section Eutacta gehören, eine freie „Ligula" aus der Zapfenschuppe nicht zu sehen, und das Ovulum entspringt dem Ansehen nach aus der Oberseite des „Fruchtblattes" direkt. Somit gilt entweder das Gesetz der Spreitenverkehrung hier nicht, oder das Ovulum hat eine andere Beschaffenheit als bei den anderen Araucariaceen und selbst bei Araucaria excelsa, nämlich sein Integument kehrt die Ober- seite nach auswärts, oder die Fruchtschuppe (die Ligula) ist so total mit dem Deckblatt verschmolzen, dass sie äusserlich nicht mehr sichtbar ist. Die beiden erstgenannten Alternativen sind äusserst unwahrscheinlich. AVenn wir aber von den Abietineen aus zu den Cupressineen , Taxodieen, Araucarieen fortschreitend, die Frucht- schuppe (sei sie auch nur eine Excrescenz) immer mehr abgeschwächt und dabei auch immer mehr mit dem Deckblatt verschmolzen sehen, so hat die totale Verschmelzung in der letzteren Familie, zumal in der Gattung Araucaria, wo diese Fruchtschuppe in einer Section nur noch mit einer kleinen Spitze (Ligula) frei hervorschaut, gar kein Bedenken gegen sich. Die Berechtigung zur Annahme einer phylogenetischen Reihe, deren Ausgangspunkt die Abietineen und deren Schlusspunkt die Araucarieen bilden, und nicht umgekehrt, er- giebt sich vor Allem aus dem Umstände, dass bei den Cupressineen eine Verschmelzung zweier Blattgebilde nach äusseren und inneren Merkmalen gar nicht geleugnet werden kann, Verschmelzung aber phylogenetisch immer für später gelten muss als freie Ausbildung der betreffenden Theile, dann aber nach Heer auch aus dem Zeug- niss der Thatsachen der Paläontologie. Auch ist totale Verschmel- zung zweier serial hinter einander stehenden Gebilde keineswegs bei- spiellos. So erscheint das Stamen von Viscum nur als eine An- schwellung am Perigonblatt und bildet sich auch so (s. Eichler's Blüthendiagramme); völlige Verschmelzung des Kelches mit dem unterständigen Fruchtknoten ist (bei Umbelliferen , Compositen etc.) aucli nicht selten. Ein anderes Beispiel gänzlicher Verschmelzung Jahrb. f. wis3. Botanik. XIV. 24 356 L. Celakovsky, bieten die Antheren der Orchideen (s. En gier 's Beiträge zur Kennt- niss der Antheren der Metaspermen , Pringsheiras Jahrb. Bd. X, Taf. XXIII, Fig. 41 — 45), deren Thelien, obwohl zweifächerig, doch äusserlich ungetheilt erscheinen, weil die Excrescenz, welche das vordere Fach bildet, mit der dahinter liegenden Blatthälfte total verschmolzen ist. Dieses Beispiel wäre um so zutreffender, wenn die Fruchtschuppe wirklich auch eine Excrescenz des Frucht- blattes wäre. Dass die einfach behüllten Ovula der Araucariaceen aus der Unterseite ihres Fruchtblattes ihren Ursprung nehmen, ebenso wie die nicht gerade randständigen Indusien der Farne, und dem überall bewährten Gesetze der Spreitenverkehrung gemäss, steht also fest, auch wenn wir die weitere Frage unentschieden lassen Nvürden, ob die Fruchtschuppe eine Excrescenz ist oder von Fruchtblättern eines Achselsprosses gebildet wird. Die letztere, von Mo hl, Braun') und Stenzel gegebene und begründete Deutung der Fruchtschuppe habe ich durch eine lückenlose Untersuchung der Zapfenabnormitäten, der Anamorphosen der Fruchtschuppe der Fichte, in meiner citirten Abhandlung nur bestätigen können. Mein selbständiger Antheil an dieser Untersuchung besteht in dem durch Darstellung zusammenhängender Mittelformen gelieferten Nachweis, dass das vordere Knospenblatt, welches als Mittelzipfel der drei- theiligen Fruchtschuppe in gewissen Anamorphosen erscheint, ebenso gegen das Deckblatt verkehrt ist, wie die beiden Lateralblätter der Knospe. Wenn wir diese Verkehrung, die Herrn Eichler ganz unglaublich und undenkbar vorkommt, die aber nichtsdestoweniger in comparativer Weise dargethan ist, vom Gesichtspunkte der Ana- morphosenlehre betrachten, so erscheint sie uns verständlich. Die drei Sprossglieder der Achselknospe bilden sich analog dreien Blatt- gliedern eines dreitheiligen Blattes; so wie diese in eine Ebene ge- stellt sind und ihre Oberseiten alle nach einer Seite bilden, ebenso 1) Prof. G. Engelmann schrieb mir über Braun's Antheil an der Zapfen- schuppenfrage: „Es ergiebt sich jetzt, dass Braun schon im Jahre 1842 auf der Strassburger französischen Naturforscherversaramlung sich über die Natur der Abietineenschuppe aussprach und zugleich erklärte, dass die Ovula auf dem Rücken der Carpelle hervorgebracht würden, wie in dem Proces- verbal zu lesen ist. • Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 357 die drei Sprossglieder. Die Anordnung der consecutiven Spross- glieder in spiraliger oder wirteliger Folge um eine Centralaxe, wo- mit die gewöhnliche Orientirung der beiden Blattseiten zusammen- hängt, obwohl die herrschende Regel, ist doch kein ausnahmsloses Gesetz; die Sprossglieder können, wenn der Spross so schwach und begrenzt ist, dass er keinen Achseuscheitel bildet, gleich den Blatt- gliedern in eine Ebene sich stellen und in dieser Lage auch völlig verschmelzen. Ein solcher blattartiger Spross unterliegt dann dem Gesetz der Spreitenverkehrung in Bezug auf das Tragblatt, dem er zugehört und dessen Sprossung er ebenso gut ist wie z. B. ein achsel- ständiges Sporangium. Bei den Abietineen erzeugt nach dem Zeugniss der Anamor- phosen in den Zapfendurchwachsungen ein einfaches schuppeuförmiges Fruchtblatt je ein Ovulum aus seiner Unterseite. Es ist das der allereinfachste Fall eines Fruchtblattes und homolog dem denkbaren Falle, dass ein kryptogames Fruchtblatt, wie das der Lycopodiaceen, ein einziges Indusium aus seiner Unterseite erzeugen würde. Dieselbe Deutung ist auch für die Cupressineen und Taxodieen die \vahr- scheinlichste, obgleich nicht so sicher wie für die Abietineen nach- gewiesen.^) Bezüglich der Araucarieen habe ich die Möglichkeit gelten lassen, dass ihre Ligula der Eich 1er 'sehen Ansicht gemäss eine Excrescenz sein könnte, aber auch nur die Möglichkeit, welcher die entgegen- gesetzte Möglichkeit, dass sie aus Carpellen besteht, zur Seite gesetzt werden muss. Wäre aber die Ligula eine ventrale Excrescenz, so würden sich die Araucarieen von den Abietineen und Cupressineen weit entfernen und vielmehr den Taxaceen anschliessen, was der bisher geltenden Ansicht von ihrer systematischen Stellung ganz zu- widerlaufen würde. Wenn wir nun zu den Taxaceen Strasb., der zweiten grossen Coniferengruppe übergehen, so finden wir die Ovula (Gingko und Cephalotaxus, also die Ce[)halotaxeen St ras burger 's ausgenommen) mit zwei I n t e g u m e n t e n versehen und der Oberseite des Carpells 1) Doch schrieb mir neuerdings Prof. G. Kugel mann: „Von Sequoia ist mir kürzlich auch eine Monstrosität zugekommen, die sie auf eine Stufe mit Abietineen zu stellen und ausserdem die Andeutung von Braun zu bewahrheiten schdnt, dass bei diesen Pflanzen mehr als zwei Carpellblätter vorhanden sind." 24* 358 L. Celakovsky, bald in grösserer Höhe (l)ei Dacrydium, Microcachrys), bald an der Basis oder ganz im Blattwinkol (Podocarpus, Phyllocladus) inserirt, oder wenn das Carpell das oberste Blatt des Blüthensprosses ist, aus der blattachselständigen in die zur Sprossaxe terminale Lage (bei den Taxeen Strasb.) eingerückt^). Die Stellung der Ovula der Taxaceen Strasb. zum Carpell ist also dieselbe, welche die ventralen Blattfiedern und die Blattlacinien homologen Sporangien zu ihrem Fruchtblatte bei den Ophioglosseen, Marsiliaceen und Lycopodinen zeigen. Der hoch am Blatte zu be- obachtenden Stellung des Ovulums von Dacrydium oder Microcachrys entspricht die Stellung der ventralen Blattfieder bei den Ophioglosseen, bei Marsilia, die blattgrundständige und axilläre Stellung bei Podo- carpusarten und bei Phyllocladus findet sich vorgebildet in der axillären Stellung der Sporocyste der Lycopodien und Selaginellen und des Sporocarpiums von Pilularia. Ihr vollkommenstes Homologen finden diese Ovula in dem behüllten Sporangium von Isoetes, wobei die Ligula dieser Gattung, wie wir bereits erkannt haben, dem äusseren Integumente entspricht. Dass das äussere Integument zu- letzt, die Ligula von Isoetes zuerst angelegt wird, das ist als Er- scheinung des Gesetzes der zeiträumlichen Yerkehrung für denjenigen, der alle darunter zu subsummirenden Fälle mit Aufmerksamkeit ver- folgt hat, ohne morphologische Bedeutung; ebensowenig wird es ihn beirren, dass das Integument aus der Basis des Ovularhöckers, die Ligula aber aus dem Fruchtblatt direkt entsteht. Und wäre die Ligula von Araucaria wirklich auch eine Excrescenz wie die von Isoetes, so müsste sie ebenfalls dem äusseren Integument einer Podocarpee gleichgesetzt werden 2). Ferner ist es einleuchtend, dass ein doppeltbehülltes Ovulum, dessen äusseres Integument nach dem Gesetze der Spreitenverkehrung seine Oberseite (wenigstens potentialiter) aussen hat (s. Fig. 18, 30, 31) nach demselben Gesetze, wenn nicht aus dem Blattrande, aus der 1) Darüber, dass dieses terminale Ovulum aus der axillären Stellung, und diese aus der blattoberseitigen Stellung abzuleiten ist, siebe die Auseinander- setzungen in meiner „Kritik". 2) Wenn sich Eich 1er hierüber lustig macht, so ist das eben nur seiner Nichtbeachtung des Gesetzes der Eeiträumlichen Verkehrung zuzuschreiben. üntersuchuDgen über die IIomolo}:^ien der {generativen Produkte etc. 359 Oberseite des Carpells entspringen muss, ebenso wie das einfach belüillte Eichen aus seiner Cnterseite. Von den Taxaceen Strasb. haben nur die Cephalotaxeen ein- fache Integumcnte. Ihre Blüthen bieten dem Verständniss besondere Schwierigkeiten, man darf aber wolil aus comparativen Gründen Eichler beistimmen, dass die zweisamigen Gruppen die Blüthen sind und dass somit die Carpelle bei Cephalotaxus gänzlich unter- drückt, bei Gingko rudimentär (Pseudocupula Strasburgers) seien. Dann sind aber diese Ovula eigentlich axillär, rcsp. der Oberseite des Carpells zugewendet wie bei den Podocarpeen, und müsste ihr Integument nach aussen seine Blattoberseite besitzen. Da dieses Integument aber nach innen, um den Eikern herum, die Oberseite des Ovularblättchens hat, so bleibt keine andere Annahme, als dass im einfachen Integument der Cephalotaxeen, welches weder blati- randständig noch blattunterständig ist, das Acquivalent zweier verschmolzenen Integumente der Podocarpeen vorliegt. Eine Be- stätigung dieser Annahme erblickte ich in der Ausbildung des reifen Integuments, welche sehr wohl der Verschmelzung beider Integu- mente von Taxus und Torreya entspricht, und insbesondere noch in der von Strasburger nachgewiesenen Verkehrung der Gefässbündel in der fleischigen Aussenschicht des Integuments von Cephalotaxus. Die volle Verschmelzung der Integumente ist auch nicht so paradox, wenn man die bereits theilweise eingetretene Verschmelzung der- selben bei Podocarpus berücksichtigt und sich erinnert, dass Stras- burger auch für Delphinium eine hochgradige Verschmelzung zweier Integumente nachgewiesen hat. (Fig. 33 stellt diese Verschmelzung an einem orthutropen Ovulum dar.) Von da ist nur ein kleiner Schritt bis zur totalen Verschmelzung (Fig. 34), wie sie für die Cephalotaxeen anzundimen ist. Ich überlasse es der Beurtheilung der Botaniker, ob die Methode, welclie zu dieser Annahme nothwendig führt, welche nur das Gesetz der Spreitenverkehrung consequent im AuL^e behält und überhaupt keine andere als vergleichende Methode ist, die Ironie eines vergleichenden Morphologen wie Eichler mit Recht verdient. Ich gehe aber noch weiter und kann zeigen, dass das Homologen eines solchen monochlamyden Ovulums, dessen Integument zwei ver- schmolzenen Integumenten äquivalent ist, bereits bei den Gefäss- 360 L. Celakovsky, kryptogamen vorgebildet existirt. Ich meine die FruchthüUe der Marsiliaceen, von der schon oben ausgemacht wurde, dass sie einem Ovularblättchen mit mehreren inneren Integumentcn, wie in Fig. 16, homolog ist und durch Verschmelzung der äusseren Hülle dieses Eichens mit den inneren Integumenten abgeleitet werden kann. Die Sporocarpien der Marsiliaceen sind ja ebenfalls ventral zum Frucht- blatt gestellt, bei Pilularia selbst axillär oder subaxillär ^), daher ihre Aussenseite der Blattoberseite entsprechen muss. Für die Sal- viniaceen ist aus Verwandtschaftsgründen dieselbe Beschaffenheit des Sporocarps anzunehmen, obzwar dasselbe nicht ventral gestellt ist; das Indusium von Salvinia oder Azolla ist mithin dem Integument Fig. 34 entsprechend gebildet. Die genauere Deutung der monochlamyden Eichen der Cephalo- taxeen ruft aber weitere Fragen wach. Wie verhalten sich hiernach andere monochlamyde Eichen, namentlich der Angiospermen? Von denen, welche als Excrescenzen der Oberseite des Carpells entstehen, muss offenbar dasselbe behauptet werden, was von den Eichen der Cephalotaxeen. Schliesslich drängt zur gleichen Annahme auch hin- sichtlich der blattrandständigen Ovula der Umstand, dass bei der Verwachsung der Carpelle auch diese Ovula nach der Blattoberseite rücken, indem sich, wie aufgelöste Fruchtknoten mit Wandplacenten von Trifolium repens, Aquilegia u. s. w. zeigen, ausserhalb der Ovularrandblättchen je ein besonderer Saum bildet, mittelst dessen die Carpiden verschmelzen. Die Randblättchen, aus denen die Ovula sich metamorphosiren, sind denn auch, wie Vergrünungen zeigen, so umgeschlagen, dass sie ihre Oberseite der Innenseite des Carpids zu- kehren. Die Verschmelzung zweier Integumente bei monochlamyden Eichen ist daher nicht nur in der Familie der Ranunculaceen , wo monochlamyde und dichlamyde Eichen nebst dem bei Delphinium nachgewiesenen Uebergange vorkommen-), sondern ganz allgemein bei den Angiospermen anzunehmen. Daher mag es auch kommen. 1) Göbel giebt neuestens an, dass die „Frucht" von Pilularia aus der Basis des Fruchtblattes entsteht. Für den morphologischen Werth derselben (als Blattzipfel) ist es übrigens gleichgiltig, ob die Anlage noch aus der Blattbasis oder bereits ganz oder zum Theil aus der Axe im Blattwinkel stattfindet. 2) S. Schleiden's Abhandlung in Wiegmann's Archiv, V. Jahrg., 1. Bd. S. 285. Untersuchungen über -die Homologien der generativen Produkte etc. 361 dass das einzige Integument der Sympetalen, wie Warming be- merkt hat, ungewöhnlich dick und massiv sich bildet. Und wie steht es mit den monochlamyden Ovulis bei den Cy- cadeen, wo sie deutlich blattrandstündig sind? Diese Frage hat mir schon Eich 1er in seiner vorcitirten Entgegnung entgegen- gehalten. Da die Carpiden der Cycadeen offen sind und die Ovula stets randständig bleiben, so lässt sich die Natur ihres Integumeuts durch das Spreitenverkehrungsgesetz nicht erweisen, allein nach der Analogie der übrigen blattrandständigen Eichen, dann insbesondere bei der Uebereinstimmung im Bau des reifen Integuments von Cycas und den Cephalotaxeen ist es doch höchst wahrscheinlich, dass auch das Integument der Cycadeen beiden Integumenten dichlamyder Eichen äquivalent ist. Ueberhaupt ist es also sehr wahrscheinlich, dass nur die blatt- unterseitigen Ovula der Araucariaceen ein im strengsten Sinne ein- faches Integument, dessen Aussenseite der Blattunterseite entspricht, besitzen. Hiernach scheint der Abstand zwischen den Araucariaceen und den übrigen Gymnospermen, speziell den Taxaceen, sehr bedeutend zu sein, um so grösser, da die „Zapfen" der Cycadeen, der Podo- carpeen u. s. w. Blüthen sind, aus Fruchtblättern bestehend, bei den Araucariaceen nach Zeugniss der Auamorphosen aber wirkliche Aehren, deren Deckblätter die verschmolzenen Fruchtblätter erst in ihren Achseln erzeugen. Dies verlangt einige Erklärung. Ich muss sagen, dass es mir zur grössten Befriedigung gereichen würde, wenn Sachs und Eichler mit ihrer Excresceuztheorie bei den Araucariaceen das Richtige getroffen hätten. Denn es bestände dann eine sehr schöne Uebereinstimmung im morphologischen Auf- bau der weiblichen Generationsorganc aller Coniferen unter sich und mit den Cycadeen. Die „Zapfen" wären überall die Blüthen und mit den männlichen Blüthen der Sprossfolge nach und in Ueber- einstimmung mit den Erscheinungen an androgynen Zapfen gleich- werthig, die Zapfenblätter wären überall die Carpelle, die Frucht- schuppe überall das Homologon der Grundspreite und mithin der äusseren Eihülle, des sog. Arillus der Taxaceen. Ich begreife es daher, wenn Eich 1er (obwohl er die Homologie der Fruchtschuppe mit dem Arillus, die doch auch Strasburger, freilich bei ganz 362 L. Celakovsky, anderer Deutung dieser Gebilde, begründet gefunden hatte, verwirft) an der Excrescenztheorie so unerschütterlich festhält und ihretwillen die abnormen Anamorphosen zu missdeuten fortfährt. Allein gegen das für den vorurtheilsfreien Beobachter so klare und in anderer Weise, als es von Braun, Mohl, Stenzel, Willkomm, von mir, nach brieflicher Mittheilung auch von Engel mann geschehen, nicht zu verstehende Ergebniss der Metamorphogenese giebt es keine weitere Appellation. Die Excrescenztheorie Hesse sich nur dann auch für die Abie- tiueen beibehalten, wenn man zugeben könnte, dass aus den Lappen einer ursprünglichen Eraersionsspreite im Verlaubungsprozesse die Vorbiätter einer wahren Achselknospe werden können, oder, um mich im Sinne der Auaphytosenlehre auszudrücken, dass aus Blatt- gliedern Sprossglieder werden könnten, zu welchem morphologischen Wagestück ich mich, trotzdem ich vor neuen ungewohnten Ideen nicht zurückschrecke, aus Mangel aller sonstigen Anhaltspunkte bis- her nicht entschliessen konnte ^). Die Verschiedenheit der Araucariaceen und der übrigen Gymno- spermen lässt sich aber in folgender Weise aus ursprünglicher Gleich- heit deduciren und phylogenetisch verständlich machen. Die blattrandständige Stellung der Ovula, wie sie noch bei den Cycadeen besteht, lässt sich auch in der Gymnospermenklasse als die ursprüngliche auffassen. Schon bei den Zamieen sind die Ovular- lacinien auf 2 reducirt. Bei den Taxaceen bildet nun jedes Frucht- blatt nur ein Ovulum, und zw^ar überging die blattrandständige Stellung desselben in eine zum Fruchtblatt ventrale Stellung (analog den Ophioglosseen und Marsiliaceen). Die Ovula der Cycadeen und Taxaceen und ihrer Stammformen entsprechen ihrer Hülle nach dem Sporocarp der Rhizocarpeen, sind also entweder unecht monochlamyd (synchlamyd könnte man sie auch nennen) oder dichlamyd. Schon bei den Taxaceen sehen wir aber die weiblichen Einzelblüthen häufig in zapfenförmige Inflorescenzen zusammengestellt (selbst bei Taxus ist eine freilich einblüthige Aehre vorhanden, analog den einblüthigen 1) Das Sporangium kann zwar durch Anaphytose, durch Verzweigung in höhere Grade, aus dem Werthe eines Sprossgliedes in den Werth eines Blattgliedes transferirt werden, nicht aber kann ein Sprossglied durch Metamorphose, also z. B. auch durch Yerlaubung, in ein Blaltglied oder umgekehrt übergehen. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 363 Aehreu und Trauben mancher Gräser, Papilionacecn u. s. w.). Bei den Araucariaceen beschränkten sich nun die Blüthensprosse nicht nur auf zwei oder wenige Fruchtblätter, sondern sie wurden auch so begrenzt, dass sie gar keinen Vegetationspunkt oder Achsenscheitel mehr bilden, in Folge dessen die Fruchtblätter dem Deckblatt gegen- über in eine Ebene nach dem Spreitenverkehrungsgesetz sich stellten und in dieser Lage auch zur Fruchtschuppe verschmolzen. Bei den Abietineen blieben diese Fruchtschuppen, die Blüthensprosse, noch ziemlich frei von den Deckblättern, bei den Cupressineen und Taxodieen verschmolzen sie auch mit den Deckblättern beträchtlich, um endlich bei den meisten Arten von Araucaria und bei Daniara ganz und gar mit dem Deckblatt zu verschmelzen und in ihm auf- zugehen. Zufolge der verkehrten Stellung der Carpelle (und späterer Verschmelzung derselben mit dem Deckblatt) musste das Ovulum (oder deren mehrere), um vom Fruchtblatt geschützt zu werden, auf die Unterseite des Carpells rücken; aber nach der Unterseite kann es nur mit echt einfachem Integument gelangen. Die Ovular- lacinie (Grundspreite Fig. 27), welche das äussere Integument her- giebt und das innere Integument auf ihrer Rückseite trägt, wurde also ins Fruchtblatt gleichsam eingezogen oder eingeschmolzen (so wie ein Blattzipfel eines zertheilten Blattes im unzertheilten einge- schmolzen ist) und damit das einfache innere Integument auf die Unterseite des Carpells versetzt^). Unter der Voraussetzung also, dass ursprünglich bei der Stamm- form der Coniferen weibliche Einzelblütlien mit biattrandstämligon Ovulis bestanden haben, lassen sich mehrere Abnormitäten als ata- vistische Rückfälle verstehen, so die Erscheinung an androgyncn Abietineenzapfen , deren Deckblätter Pollensäcke produciren, dann namentlich die von Mohl abgebildete Abnormität an Abies all)a Poir. (Pinus alba Ait.), deren Deckblätter ausser rückenständigen Pullensäcken auch noch zwei randständige Lappen von zum Theil ganz ovulumartiger Gestalt entwickelt hatten. 1) Ich möchte jenen Zahn, den man an völliß- frei gewordenen und in Vor- blattstellung gerückten Carpellen in den Abnormitiiten manchmal beobachtet (s. Kritik der Ansichten etc., Fig. 10b), für jene Lacinie an.«!prechen, zu der eigent- lich das Ovulura gehört, die aber bei Verschmelzung in der Fruchtscbuppe ge- hemmt wird. 364 L. Oelakovsky, unser Versuch des pliylogenetisdien Zusammenhanges der Gym- nospermen und der Erklärung ihrer Blüthentheile entspricht sowohl dem richtig aufgefassten Resultat der abnormen Anamorphosen als auch dem allgemeinen Gesetz der Spreitenverkehrung und allen be- reits erkannten Homologien des Ovulums; zu seinen Gunsten kann aber noch auf die palaeontologischen Thatsachen hingewiesen werden, die Oswald Heer im Botanischen Centralblatt 1882 No. 7 über die Coniferen mitgetheilt hat. Nach Heer sind die Taxaceen sehr alt, und es scheinen auch Mittelformen zwischen ihnen und den Cycadeeu existirt zu haben; von den Araucariaceen gehören aber gerade die Abietineen zu den ältesten und die eigentlichen Arau- carieen zu den jüngsten Formen der Coniferen. Die Erkenntniss, dass die blattunterseitige Stellung der einfach behüllten Eichen der Abietineen von der Verkehrung der Frucht- blätter in deckblattgegenständige Lage bedingt ist (daher auch Beides sonst im ganzen Phanerogamengebiet nicht wieder vorkommt), wirft jetzt auch einiges Licht auf die Natur der Ligula der Araucarieen, die wegen Mangels von Anamorphosen zweifelhaft blieb. Wäre die Ligula eine Excrescenz des Fruchtblattes, so wäre kein Grund er- sichtlich, weshalb sie nicht wie bei den Podocarpeen um das innere Integument als äussere Hülle geschlossen wäre, weshalb sie sich anders (früher als das innere Integument) entwickelte, und noch weniger wäre zu begreifen, wie sie dazu kommt, bei Cunninghamia drei innere Integumente (nach Art des verlaubten Hesperis-Ovulum Fig. 16 und 17) zu tragen. Dies macht es doch viel wahrschein- licher, dass auch die Ligula der Araucarieen der Fruchtschuppe der Abietineen und Cupressineen homolog und ein sehr reducirtes Carpellargebilde ist, dass also die von Eich 1er betonte, allerdings frappante Aehnlichkeit der Ligula von Araucaria mit der Ligula von Isoetes (aus welcher Gattung ja doch Araucaria nicht direkt ab- geleitet werden kann) rein zufällig ist. Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 365 VII. Homologien der Antherenbildung. lieber diesen Punkt habe ich schon früher einmal in den „Jahr- büchern für wissenschaftliche Botanik" abgehandelt ^). Ich kehre aber zu diesem Gegenstaude zurück, nicht nur, weil er in den Be- reich der gegenwärtigen Abhandlung gehört, sondern weil ich auch neue Beobachtungen hierüber gemacht und neue Gesichtspunkte für die Beurtheilung gewonnen habe. Wir müssen auch bei der Antherenbildung unterscheiden zwischen dem Gymnospermen- und Angiospermentypus. Die Anthere der Gymnospermen hat mehr oder weniger ausge- prägte schildförmige Gestalt nach dem Muster des Sporophylls der Equiseten. Die den Sporangien dieser letzteren genau homologen Pollensäcke stehen auf vollkommen radiärem Staubblatt, wie bei Taxus, soNYohl auf der Ober- als Unterseite desselben; wenn aber das Staubblatt aus der schildförmig- radiären in die bilaterale Form übergeht, wie bei den meisten Coniferen, so verbleiben nur die der Blattunterseite gehörenden Pollensäcke, wie bei Cupressineen, noch deutlicher bei Abietineen, worüber bereits früher die Rede war. Bei Gingko, bei den Gnetaceen ist das Schildchen reducirt; die dreisackigen Antheren der Welwitschia wiederholen sehr deutlich das dreifächerige Sporangium von Psilotum. Während also der Staubgefässtypus der Coniferen und Gnetaceen aus dem Typus der Equiseten und entfernter aus dem Typus der Ophioglosseen abgeleitet ist, so repräsentiren die Staubblätter der Cycadeen unbeschadet der mehr oder weniger schildförmigen Bil- dung den Typus der Farne mit unterseitigen Soris, namentlich der Gleicheniaceen und Marattiaceen mit oligomeren Soris, wie dies schon von AI. Braun (in „Gymnospermie der Cycadeen") hervor- gehoben worden ist. Vergleichen wir noch die Staubblätter der Coniferen mit deren Carpiden, ihre Pollensäcke mit den Ovulis, so ünden wir bis vai einem gewissen Grade Uebereinstimmung. Sowie die Polleusäcke, 1) In dem Artikel: „Teratologische Beiträge zur morphologischen Deutung des Staubgefässes." Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XI, Heft 1. 366 L. Celakovsky, ursprünglich Blattlacinien äquivalent, meistens nur auf die Unter- seite des Staubblattes gerückt sind, ebenso die einlach behüllten, einem Sorus mit Indusium homologen Ovula, entweder auf die Unterseise ungetheilter Carpelle (bei den Araucariaceen) oder auf die Unterseite einer ventralen, freilich zum äusseren Integumeut ge- schlossenen Emersionslacinie des Carpells (bei den Taxaceen). Immerhin darf aber dabei nicht vergessen werden, dass die Homo- logie nicht vollkommen ist, indem der Pollensack (eine Sporocyste) nur dem äussersteu Endtheil der Blattlacinie entspricht, welcher nach der uns bekannten Weise auf die Unterseite des Blattes herab- rückend, eigentlich zur Emergenz wird, während das einfach behüllte Ovulum noch aus einem unter der Sporocyste (Nucellus) gelegenen blattartigen und tutenförmigen Theile der Lacinie besteht, das dop- pelt behüllte Ovulum aber dem ganzen Blattzipfel homolog ist. Noch grösser ist die Differenz zwischen den Ovulis und den Pollensäcken der Cycadeen, denn erstere sind noch randständige Blattlacinien (auch die zwei lateralen Ovula bei den Zamieen), die letzteren aber sind blattunterständige Metablasteme geworden. Die Anthere der Angiospermen ist, wie ich bereits in dem oben citirten Aufsatz gezeigt habe, aus einem Sporophyll der Ophioglosseen hervorgebildet, allein in anderer Weise als die Coniferenanthere. Während Botrychium und Helminthostachys mit ihren gesonderten Sporenblattzipfeln und besonders letztere Gattung wegen der schildförmigen Bildung der Sporangienträger das homo- loge Vorbild für die Coniferenanthere abgeben, so repräsentirt Ophio- glossum mit seinen verschmolzenen Blattlacinien, oder, was dasselbe ist, mit in der ungetheilten Lamina selbst gebildeten Sporenfächern das Prototyp für die Anthere der Angiospermen. Der Unterschied zwischen einem Pollensäckchen der Coniferen und einem Loculamente der angiospermen Anthere ist also der, dass ersteres einem einzelnen Sporangium, letzteres aber einer ganzen Reihe verschmolzener rand- ständiger Sporangien der Ophioglosseen homolog ist. Die normale angiosperme Anthere ist aber noch durch eine Eigenthümlichkeit ausgezeichnet, nämlich durch den Besitz nicht blos zweier sondern von vier Fächern. Die Verlaubungs-Abnormi- täten, d. h. die Anamorphosen der Anthere, in denen ein sogenanntes doppelspreitiges oder vierflügeliges Laubblatt aus der vierfächerigen Untersuchungen über die Homologien der geuerativen Produkte etc. 3(37 Antbere hervorgeht (besonders schön bei Dictamnus 1. c, Taf. YII, Fig. Bfj — 44)^), machon diese Bihlung verständlicher. Die zwei hinteren, d. h. nach aussen in der Blüthe stehenden Flügel gehören der normalen Blattspreite an, die zwei vorderen, d. h. dem Centrum der Blüthe zugewandten Flügel sind neu hinzugekommen. Es macht den Eindruck, wie wenn eine zweite Blattspreite verkehrt, d. h. mit der Oberseite nach aussen, der Oberseite der ursprünglichen Spreite auf- gelegt und beide mit ihren Medianstreifen mitsammen verwachsen wären. Darauf deutet auch Braun's Bezeichnung Uebersprei- tung. Indem ich das vierflügelige Blatt in dieser Weise auffasste, wurde ich, was ja sehr nahe liegt ^), dahin geführt, die beiden gegen einander gekehrten Spreiten der Anthere als Homologa der beiden Spreiten des Ophioglosseenblattes aufzufassen. Ich muss jedoch jetzt diese Deutung der angiospermen Anthere 1) Die vierflügeligen Staubblätter, die ich dort abgebildet hatte, waren ver- laubt. Später konnte ich auch petaloid gewordene Staubblätter bei Dictamnus beobachten, über welche ich hiermit als Ergänzung der früheren Mittheilungen berichten will. Noch ziemlich normale Autheren (Fig. 59) zeigten nur die oberen oder inneren Fächer verkürzt, nach oben in zwei schmale durch eine freie Furche ge- sonderte pollenlose Längswülste übergehend. In Fig 60 sind die vorderen pollen- führenden Fächer noch kürzer geworden. In entgegengesetzter Weise wie bei der Rose schwinden die randständigen Fächer früher als die medianen; so sind in Fig. Gl nur letztere zu sehen. In Fig. 62 waren auch diese schon stark reducirt. Häufig verblatteten auch beide Staubblatthälften ungleich, wie Fig. 63, 61, 65 zeigen. In Fig. 66, einer blumenblattartigen Anthere mit zwei ganz kleinen, mitt- leren Fächern trat die Eigenthümlichkeit ein, dass der rechtsgelegeue Blattrand wegen bedeutend stärkerer Verlängerung dieser Hälfte spiralig sich gedreht hatte. Diese petaloiden Umbildungsformen stimmen im Wesentlichen mit denjenigen der Camellie und selbst mit den vergrünten Antheren der Rose überein, sie re- präsentiren also den basithecischen Verblattungstypus, wie ich ihn genannt habe. Dagegen gehörten die vergrünten Antheren desselben Dictamnus zum acrothecischen Typus, woraus hervorgeht, dass die Unterscheidung dieser zwei Typen den Werth nicht besitzt, den ich ihr früher beilegte, da ich glaubte, dass selbe für ganze Arten constant seien. Die Anthere desselben Dictamnus behielt also in der Ver- grünung ihre pollenfachartige Ausbildung nächst der Spitze, in der corollinischen aber an ihrer Basis. Daraus folgt um so gewisser, dass der Verblattung (Ver- laubung oder palatoiden Umbildung), ob sie nun in acrothecischer oder basi- thecischer Weise erfolgt, immer dieselbe morphologische Natur der Anthere zu Grunde liegt. 2) Auch Engler hat in einem Referat in Just's Jahresbericht fast gleich- zeitig und von mir unabhängig denselben Gedanken ausgesponnen. 368 L. Celakovsky, noch genauer ausführen und oinigermasscn modificiren, nachdem ich zuerst durch ein eigenthümlich entwickeltes Blatt Fig. 52 darauf aufmerksam geworden bin, dass die Ueberspreitung des Staubblattes noch eine tiefer eindringende Erklärung zulässt, welche durch eine Reihe weiterer Beobachtungen und Erwägungen zur Gewissheit er- hoben wird. Meine Deutung, soweit sie damals gedrungen war, gab noch keine bestimmte Antwort auf die Frage, woher denn die ven- trale Emersionsspreite herkommt und warum sie auf der Antheren- spreite völlig angeheftet, bei den Ophioglosseen dagegen frei ent- wickelt ist. Das Blatt nun, welches ich in Fig. 52 dargestellt habe, ein wahres Unicum von grossem morphologischen Werthe, ist ein Grund- blatt von Hieracium glanduloso-dentatum üechtritz (H. tortuosum Tausch), einer in den Formenkreis von H. nigrescens Willd. und H. atratum Fr. gehörigen Form, und wurde mir von meinem Freunde Herrn Jos. Freyn, dem meine Vorliebe für morphologisch inter- essante Abnormitäten bekannt war, vor mehreren Jahren aus dem Riesengebirge mitgebracht. Dieses Blatt ist besonders dadurch merk- würdig, dass es die Ueberspreitung mit einem ventralen Blattsegment nach Art der Ophioglosseen und daneben eine zweite Art von Ueber- spreitung in einem Objekte vereinigt zeigt. Es ist für das Verständ- niss der angiospermen Anthere ebenso wichtig, wie die kappenför- migen und kappentragenden Blattformen von Syringa für das Ver- ständniss der Ovula und der Indusien der Gefässkryptogamen. Am Grunde dieses Blattes also ist eine kleinere Spreite c der Oberseite desselben inserirt und nach dem bekannten Spreitengesetz mit gleichnamiger Seite gegen sie gewendet. Diese Spreite ist mit dem breit geflügelten Blattstiel der Hauptspreite vereinigt und ihre Ränder laufen frei auf der Oberseite des Blattstiels gleich zwei Flü- geln herab, so dass das Blatt in diesem Basaltheile vierflügelig er- scheint. Nach ihrer Stellung und freien Ausbildung ist diese ven- trale Spreite durchaus dem ventralen fertilen Spreitentheil der Ophioglosseen gleich. Leider war das ganze Blatt über der Basis abgeschnitten worden, so dass sich nicht entscheiden Hess, ob die vier Blattränder bis zur äussersten Basis gesondert verliefen, oder ob sich die Ränder der ventralen Spreite zuletzt mit den Rändern der Hauptspreite oder am Mittelnerven mit einander vereinigten Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 3(59 (sowie beides letztere an den vierflügeligen Staubblättern von Dic- tamnus stattfand, 1. c. Taf. YIII, Fig. 39 und 41j. Die Hauptspreite des Blattes ist ferner am Ende zweispaltig, die inneren Blattränder beider Spitzen ah sind nach der Oberseite umgerollt und verlaufen in die Ränder einer Emersionsspreite J, welche natürlich wieder gegen die Hauptspreite verkehrt ist, mithin ihre Unterseite nach oben wendet und in der Mittellinie mit jener bis zu ihrem spitzen Grunde, wo sich ihre Ränder am Mittelnerven vereinigen, zusammenhängt. Die Excrescenz d ist leicht verständ- lich, sie ist kein selbständiger Blattabschnitt, sondern die dichotome Theilung des Blattes reicht in Wahrheit tiefer hinab als bis zum Ausschnittspunkte ^, sie reicht bis zur Basis g der Excrescenz, wo sich die Blatträndcr von a und b mit einander vereinigen. Die beiden bis zum Punkte g innerlich getheilten Blattzweige sind also mit ihren Unterseiten gegen einander gerollt und längs der Mittel- linie des ganzen Blattes mit diesen ihren Rückseiten mit einander verschmolzen. Wir sehen hier sehr deutlich einen eigenthümlichen Fall von Verschmelzung von Segmenten desselben Blattes, welcher die Möglichkeit innerer Verschmelzungen an einem anscheinend un- getheilten Blatte (nach der Anaphytose) darthut ^). Die Ueberspreitung mittelst der angewachsenen Excrescenz d von jener mittelst der freien Excrescenz c unterscheidet sich also wesentlich darin, dass erstere nur von Theilen der durch innerliche dichotome Spaltung gesonderten Blatthälften, letztere durch Auszwei- gung eines besonderen Blattabschnitts zu Stande kommt. Das vierflügelige Antherenblatt kommt nun offenbar mit dei ersteren Art von Ueberspreitung mittelst angehefteter Excrescenz überein. Wenn die Anthere ganz ungetheilt ist, so entspricht sie einem Blatte, welches äusserlich ganz unverzeigt geblieben ist, doch aber durch lediglich innere dichotome Spaltung zwei neue Blatt- ränder auf der Oberseite längs der Mediane hervorgetrieben hat, so 1) Das nervorwaclisen freier Blatti ander und Blatttheile aus der Verbin- dungslinie zweier congenital verwachsener oder verschmolzener Blattorgaue zeigen auch gewisse Rückbildungsstufen oder Anamorphosen der Fruchtschupjie der Abietineen (s. meine „Kritik" Fig. 4 u. 5); dort sind es jedoch ganze Blätter (die Carpelle), die so verschmolzen sind, hier am Uieraciumblatte sind es Blattsegmente desselben Blattes. 370 L Celakovsky, dass es aus zwei gegen einander mit den Rückseiten verkehrten und längs derselben bis zur Spitze des Blattes äusserlich vereinigten Dicliotomiezweigen bestellt (Fig. 54). Dass diese Art der Ueberspreitung auf die doppelspreitige An- tliere ihre Anwendung findet, nicht aber diejenige mittelst eines be- sonderen Blattabschnitts, dafür spricht weiter der Umstand, dass eine freie ventrale Antlieren spreite als Emersion auf dem Staubblatt normaliter nirgends gefunden wird. Auch in abnormer petaloider oder laubiger Metamorphose habe weder ich noch Andere ein der- artiges Staubblatt beobachtet; nur Müller Argov. berichtet von einem einzigen Falle bei Jatropha Pohliana, wo die Anthere aus zwei an der Basis zusammenhängenden dreilappigen, median hinter einander stehenden Blattabschnitten bestand, worauf wir noch zurückkommen.^) Dagegen findet nicht selten im Gegen theil eine Spaltung der Anthere in die beiden collateralen Hälften, in die beiden Theken, bald nur an der Spitze (also wie in Fig. 52), bald durch die ganze Anthere (z. B. bei Tilia), bald sogar bis in den Staubfaden hinein (Malvaceen u, a.) statt. Diese Spaltung weist darauf hin, dass nicht die beiden Emersionsfächer zu einander, zu einer besonderen Spreite gehören, sondern dass jedes Fächerpaar einer Theka zusammengehört. Jede Theka ist also ein auf innerer (bisweilen auch auf äusserlich er) Dichotomie beruhendes Blattsegment, dessen beide Fächer den beiden Sporangienreihen von Ophioglossum morphologisch gleichwerthig und homolog sind. Demgemäss sind in Fig. 55, einen Antherenquerschnitt dar- stellend, A und B die beiden in der punktirten Linie (Blattmediane) verschmolzenen Blattsegmente, deren Blattränder in rr und r'r' liegen. Die Blattoberseite ist durch dickere Linien ausgedrückt, die ganze vordere und hintere Seite der Anthere entspricht der Blatt- unterseite. Mit der eben begründeten Auffassung der vierfächerigen Anthere sind auch alle an verlaubten und petaloiden Staubblättern zu beob- achtenden Erscheinungen wohl vereinbar. 1) Jedoch fand Müller bei derselben Jatropha auch ein verlaubtes zwei- spaltiges Staubblatt, dessen collaterale Hälften mit den Unterseiten gegen ein- ander gekehrt wareo, ganz ähnlich wie der obere Theil unserer Fig. 52 (S. Master's Veg. Teratology p. 255 Fig. 135). üntersuchimgen über die Homologien der generativen Produkte etc. 371 So z. B. zeigt die in Fig. 56 reprodacirte Form der verlaubten Anthere von Dictamnus, die der Normalform, in welcher die Fächer am Grunde ebenfalls vereinigt sind, noch sehr nahe steht, jedes der beiden median vereinten Blattsegmente (Theken) durch Vereinigung der Blattränder ebenso becher- oder tutenförmig gebildet, wie es das ganze Carpellarblatt und das integumentbildende Ovularblättchen ist. In den weiteren Verlaubungsgraden (1. c. Fig. 39 — 44), in denen die Excrescenz relativ immer kleiner auftritt, öffnen sich zu- nächst die beiden Antherentuten am Grunde, d. h. ihre Ränder trennen sich daselbst, dafür aber vereinigen sich die beiden Ränder der Excrescenz am Mittelnerven (1. c. Fig. 41, auch unsere gegen- wärtige Fig. 54). In Fig. 57, 58 sind ferner verlaubte Staubblätter aus vergrünten Blüthen eines Garten-Delphinium dargestellt, an denen die Excres- cenz nicht wie bei Dictamnus fast flach, sondern stark vertieft ist (besonders in Fig. 58), mit einer Falte in den Mittelnerv herab- laufend ; die Excrescenz ist becherförmig. Natürlich sind die beiden Dichotomiezweige eines durch Ueber- spreitung vierflügeligen Blattes nicht in einer mathematischen Linie, sondern in einem mehr oder weniger breiten Streifen vereinigt. Wenn sich nun dieser Streifen (Connectiv) an der Antberenspreite beträchtlicher quer verbreitert, so spricht sich in dieser Verbreite- rung congenitale Verschmelzung der beiden aufeinanderliegenden Segmenthälften {a und a' sowie b und b' in Fig. 55b) aus. Mein früherer Vergleich des vierflügeligen Staubblattes mit dem doppelspreitigen Ophioglossumblatte scheint also nicht richtig ge- wesen zu sein, nachdem die Bildung eines besonderen ventralen Abschnitts und der Zuwachs zweier neuen Segmenttheile bei interner Dichotomie sehr verschiedene morphologische Vorgänge zu sein scheinen. Und doch ist dieser Unterschied mehr scheinbar als wirklich und wesentlich, was aus folgender Erwägung sich er- geben wird. Auch die selbständig ausgegliederte ventrale Spreite (c der Fig. 82) läuft am Grunde des Hauptblattes des genannten Hieracium glanduloso-dentatum mit zwei Flügeln herab, welche immer noch übrig bleiben, auch wenn die Spreite selbst auf Null reducirt wäre. Es kommen ferner auch anderweitig Excrescenzen vor, welche mit Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. 25 372 L. Celakovsky, ihrem unteren Theile der Hauptspreite wie angewachsen sind (gleich derExcrescenz d in Fig. 52), mit ihrem oberen Theile aber als freier Blatt- zipfel ausgegliedert sind, wie z. B. die mediane Excrescenz am Perigon- blatt von Tulipa sylvestris Fig. 70 und wie die ähnlichen Excrescenzen an der Corolle von Gloxinien. Wir dürfen daraus abnehmen, dass die beiden so verschieden scheinenden Arten von Uebersprei- tung doch nur relativ verschieden sind und auf ein Princip zurück- führbar sein müssen. Dies Princip ist die interne Dichotomirung und Gegeneinanderrollung der Dichotomiezweige, wie es Fig. 53 für das bewusste Hieraciumblatt veranschaulicht. Diese Figur stellt das Blatt auch äusserlich und zwar bis zur Basis dichotom getheilt vor; die inneren Ränder beider Segmente haben sich oben in die Breite wachsend theilweise {dd') umgerollt, tiefer unten ebenfalls, jedoch sind sie dort in zwei Blattzipfel ausgewachsen. Lassen wir nun die beiden Hauptsegmente von der Basis bis zu dem Punkte ef ver- einigt sein und auch die Lappen c' und c" an den inneren Rändern mit einander verschmelzen, so wird daraus die Fig. 52 hervorgehen. Die ventrale Spreite c ist eben homolog den beiden medianen Rand- zipfeln c' und c" zusammengenommen. Diese können zu einer Spreite verschmelzen, ebenso wie die beiden Hauptsegmente A und 5, ebenso wie in dem ventralen Segment am tutenförmigen Syringa- blatte die beiden Seitenlappen des dreitheiligen Blattes verschmolzen sind. Nun kann aber auch ein freier Blattzipfel mit dem Haupt- blatt sympleurisch verschmolzen sich bilden, wie die zerschlitzt- blätterigen Varietäten ganzblätteriger Formen es lehren; es ist also auch ein solches Läppchen c' und c'' homolog einem nicht abge- theilten umgerollten Blattrandtheile. Lassen wir also die Lappen & und c" nicht nur mit einander, sondern auch mit den inneren Rändern der Hauptsegmente verschmelzen, d. h. das ventrale Seg- ment c in seiner Mittellinie mit der Mediane des Hauptblattes ver- einigt werden, so resultirt daraus eine Ueberspreitung mittelst um- gerollter medianer Blattränder. Ich hatte also doch auch Recht, zu sagen, dass die ventrale Excrescenz einer Antherenspreite dem ventralen, jedoch der Mediane des Hauptblattes angewachsen gedachten Ab- schnitte des Ophioglossumblattes homolog ist. Was mir aber da- mals noch nicht bekannt war und was mir erst das merkwürdige Hieraciumblatt zum Bewusstsein gebracht hat, das war das Prinzip Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 373 der innerlichen medianen oder dichotomen Theilung mit Entgegen- kelirung der beiden Dichotomiesegmente (Blatthälften). Weil also zwischen den beiden Arten der Ueberspreitung nur der besprochene relative Unterschied besteht, so finden wir denn auch die Emersionsfächer auf verlaubten oder petaloiden Antheren öfter nach oben in einzelne freie Läppchen ausgehend, wie z. B. am pe- taloiden Staubblatt der Camellie 1. c. Taf. VII, Fig. 35. Hier haben sich eben die Lappen c' und c" der Fig. 53 nicht vereinigt. Auch dürfen wir uns nicht wundern, wenn einmal wie bei Jatropha Pohliana auf der verlaubten Anthere die Ueberspreitung mittelst eines freien ventralen Blattzipfels zu Stande kommt. Dasselbe Princip wie bei der Ueberspreitung der Anthere wal- tet auch ob bei der Bildung anderer medianer Emergenzen. Dazu gehören z. B. die an der Mittelrippe der Kohlblätter abnormer Weise auftretenden Emersionslappen, die auch manchmal Blatttuten bilden gleich dem Syringablatte Fig. 45, dann die Excrescenzen der Aussenseite der Corollen von Gloxinien, die bereits erwähnte rück- seitige Excrescenz des Tulpenpetalums (Fig. 70), die carpellartig aus- gebildeten Excrescenzen auf Mohnkapseln (Papaver Orientale) aus A. Braun 's Sammlung u. s. w. Von diesen median bürtigen Excrescenzen, welche auf innerlicher medianer Spaltung (wir könnten auch sagen, auf congenitaler Ver- schmelzung zweier Dichotomiesegmente) des Blattes beruhen, sind zu unterscheiden die randbürtigen Excrescenzen, welche bei conge- nitaler Verwachsung von Blatträndern aultreten. Solcher Art waren die Auswüchse, welche aussen rings um die Basis einer abnormen, mir von Herrn Prof. Magnus in Berlin einmal mitgetheilten ^) Mohnkapsel einen lappigen Kragen bildeten. Die läppchenartigen Excrescenzen standen an den Suturen der Carpelle; diese waren nicht alle durchgängig verschmolzen und dort, wo sie getrennt geblieben waren (wie bei e in der Fig. 67), war es ersichtlich, dass der nach aussen umgeschlagene Blattrand der Carpelle die Excrescenz hervorbrachte, in der Weise, dass die Blattränder je zweier benachbarten Carpelle verschmelzend eine Excrescenz bil- 1) üeber diese und die oben erwähnten medianeu Excrescenzen aus Mohn- kapseln hat Magnus auch in den Sitzungsberichten des botanischen Vereins von Brandenburg (26. Mai 187G p. 77) eine Mittheilung gemacht. 25' 374 L. Celakovsky, deten. (Eine ganz analoge ümrollung der Blattränder an der Spitze der Carpelle führt auch zur Bildung der Narbenlappen der Mohnkapsel.) In dieselbe Kategorie randbürtiger Excrescenzen gehört auch die Grundspreite des verlaubten Ovulums (s in Fig. 12 oder Fig. 27) und des tutenförmigen Syringablattes (Fig. 39 u. s. w.), welche, wie dargethan, aus den mit ihren inneren Rändern ver- schmolzenen Randzipfeln des dreitheiligen Ovularblättchens und des dreitheiligen Fliederblattes besteht. Mögen nun die Excrescenzen des Blattes medianbürtig oder randbürtig sein, in beiden Fällen findet eine Ümrollung der Ränder statt und hiermit erklärt sich das empirische Gesetz der sogenannten Spreitenverkehrung. Da auch die blattunterseitigen Schleier der Farne und die blatt- oberseitigen Ovula Excrescenzen sind und da diese uns hier beson- ders interessiren, so werden wir noch die Frage zu beantworten haben, ob und wie sie denn auch dem soeben gefundenen Begriffe der Excrescenz entsprechen. Dass die einzeln medianen Ovula (wie bei Cabombeen, Podocarpeen) medianbürtige Excrescenzen des Car- pells sind, bedarf keiner weiteren Ausführung. Aber wie steht es mit den über die Blattfläche zerstreuten oder näher dem Blattrande (auf breiten Placenten) gehäuften Indusien und Ovulis? Der klarste und einfachste Fall ist wieder der, dass je ein Blattzipfel eines zer- theilten Blattes eine Excrescenz trägt, was bei den Farnen vor- kommt. Im Falle, dass das Indusium terminal oder eigentlich sub- terminal angelegt wurde, ist der Blattlappen dessen Emersionsspreite, und ist, wie wir erkannt haben, wie beim Syringablatte Fig. 39 zwei verschmolzenen Seitenlappen äquivalent, also eine randbürtige Excrescenz. Wenn aber umgekehrt (dem Gesetz der zeiträumlichen Verkehrung gemäss) das Indusium aus dem Blattzipfel hervorgeht, so kehrt sich das Verhältniss zwischen Haupt- und Seitenabschnitten um, der Blattzipfel ist dann der Hauptabschnitt, das Indusium ent- spricht den verschmolzenen Seitenlappen und ist offenbar eine medianbürtige Excrescenz des Hauptabschnitts, denn dieser ist wie im früheren Falle als innerlich zweitheilig aufzufassen. Wenn endlich das zahlreiche Indusial - Excrescenzen tragende Fruchtblatt auch ungetheilt ist, so dürfen wir es nach dem früher Gesagten doch als einem zusammengesetzten, jedoch sympleurisch Untersuchungen über die Homologien der generativen Produkte etc. 375 verschmolzengliedrigen Blatte gleichwerthig und jede Excrescenz als einem Blattgliede zugehörig betrachten; giebt es ja auch genug Uebergänge, in denen die Blattzipfel, die eine Excrescenz tragen, schon zum grossen Theil verschmolzen und nur mit den Enden frei sind (wie z. B. bei Cyathea). Dasselbe gilt von einem Carpell, welches auf seiner Oberseite zahlreiche dichlamyde oder synchla- myde Ovula erzeugt. Die flächenständigen Indusien und Ovula sind mithin medianbürtige Excrescenzen einzelner Blattglieder, welche freilich in ihrer Verschmelzung nicht einzeln wahrnehmbar, sondern nur potentiell im Carpelle enthalten und vorstellbar sind. . Zum Schlüsse noch einige Worte über die Homologien des Staubblattes der Angiospermen und des phanerogamen Fruchtblattes. Jedes Pollenfach der Angiospermen ist, wie ich es schon in den „Teratologischen Beiträgen" in diesen Jahrbüchern ausgeführt habe, homolog einer randständigen Längsreihe von Eichen, ebenso wie eine Reihe der kaum ausgegliederten Sporangien von Ophioglossum homo- log ist einer Reihe von wohlausgegliederten Sporangien von Bo- trychium. Sowie ferner die Angiospermen-Anthere aus vier Fächern besteht, so finden wir auch nicht gar selten zwei Reihen von Eichen auf jedem Carpellrande. An abnormen vierflügeligen Antheren von Sempervivum tectorum werden denn auch die Ovula an allen vier Flügelrändern als die Zipfel derselben angetroffen. Ferner kommen die seltenen Fälle in Betracht, wo das Carpell ein medianes Ovulum (oder mehrere übereinanderstehende) auf der Oberseite trägt, wie dies bei den Cabombeen und unter den Gym- nospermen bei den Podocarpeen der Fall ist. Das ventrale Ovulum ist da einer ventralen Emersionsspreite (wie c in Fig. 52) und somit auch den beiden Emersionsfächern einer Anthere homolog, etwa so wie die einzelne ventrale Sporocyste von Lycopodium homolog ist der ganzen fertilen Ventralspreite einer Ophioglossce. Es ist das wieder jene eigenthümliche (durch Anaphytose erklärliche) Homologie des Theiles mit seinem Ganzen. 376 L. Celakovsky, Figuren-Erklärung. Tafel XIX. Fig. 1 — 10. Einige Integumentbildungen nebst zugehörigen Fiederblättchen. Fig. 1. Von Thyrsopteris elegans. Fig. 2. Von Cyathea. Fig. 3. Von Trichomaues. Fig. 4. Von Davallia canariensis. Fig. 5. Von Cystopteris. Fig. 6. Von Nephrodium filix mas. Fig. 7. Von Aspidium. Fig. 8, 9 und 10. Verschiedene Formen des Indusiums von Athyrium filix femina. Fig. 11—19. Verschiedene Formen des verlaubten Ovulums resp. Ovular- blättchens. Fig. 11—12. Von Reseda. Fig. 13. Von Alliaria. Fig. 14. Von Trifolium, A von der Oberseite, B im Durchschnitt. Fig. 15. Von Anagallis, A von der Oberseite, B von rückwärts. Fig. 16, 17, 18. Von Hesperis. Fig. 19. Von Alliaria. Fig. 20 — 34. Zusammenhängende Reihe von Formen des Ovularblättchens oder auch des Sporenblättchens in schematischen Längsschnitten; die stärkeren Linien bedeuten die Blattoberseite. Fig. 20. Vergrüntes aber nicht blattartig gebildetes Ovulum mit terminalem Nucüllus. Fig. 21. Verlaubtes Ovularblättchen mit terminalem Nucellus. Fig. 22. Ovularblättchen mit lateral gewordenem und zwar auf die Oberseite gerücktem Nucellus. Fig. 23. Desgleichen; beginnt im oberen Theile um den Nucellus die innere Integumentkappe zu bilden. Fig. 24. Ein eben solches Ovularblättchen mit gleichmässig glockigem Inte- gument. Fig. 25. Desgleichen, aber der untere Theil des Ovularblättchens (Funiculus) nicht blattartig. Fig. 26. Am Becher (wie in Fig. 24) zweigt sich die Grundspreite s ab, vom unteren Theile des Blättchens ausgehend. Fig. 27. Dieselbe Spreite (Funicularspreite, Fiederblättchen des Farnblatts) vom Becher vollständig gesondert. Fig. 28. Die der Grundspreite zugekehrte Wandbälfte i (in Fig. 27) des Bechers ist auf Null reducirt oder in der Grundspreite s aufgegangen, nur die Wamlhälfte xi geblieben (Cystopteris, Lygodium). Fig. 29 Der Becher ist gänzlich auf Null reducirt, hiermit das Sporangium p auf die Unterseite des Blättchens gerückt. Untersuchungen über die Homologien der generativen Producte etc. 377 Fig. 30. Die Grundspreite, nach ihrer Unterseite hin umgerollt, beginnt das äussere Integument zu bilden (bei Hesperis). Fig. 31. Das äussere Integument gleicbmässig glockig; das doppelt behüllte Ovulum ergiebt sich daraus. Fig. 32. Das äussere Integument in die Grundspreite und einen besonderen Scheidentheil gesondert oder verzweigt (bei Alliaria). Fig. 33. Die beiden Integumente hoch hinauf verschmolzen. Fig. 34. Dieselben zu einem einfachen Integumente verschmolzen. Fig. 35. Ein Ovulum oder becherförmiges Sporenblättchen (von Lygodium); in t die primäre Spitze, aus der das Sporangium oder Nucellus s hervorgeht; in a die secundäre und definitive Spitze des ganzen Blättchens. Tafel XX. Abnorme Blätter von Syringa vulgaris. Fig. 36 und 37. Beginnende, noch schwache Becherbildung. Fig. 38 und 39. Der Becher gebildet, sein Stiel die mehr oder weniger zu einer Grundspreite verschmolzenen Seitenlappen tragend. Fig. 40. Grosse Grundspreite mit kleinem blattunterständigem Becher. Fig 41. Die beiden Lappen der Grundspreite oberseits bis gegen die Basis unterscheidbar, in A von oben, in B von unten mit verkümmertem stielartigem Endtheile. Fig. 42. Ein nur einerseits eingeschnittenes Blatt mit nach oben gerollten und verschmolzenen Rändern des Seitenlappens und Endlappens. A von oben, B von der Unterseite. Fig. 43 Grosser Blattbecher mit kleinem, nicht als freie Spreite empor- gewachsenem Grundspreitentheil. Fig. 44. Ganz einfacher Blattbecher. Fig. 45. Ein Blatt mit einem kleinen Becher aus der Oberseite. Fig. 46. Ein flaches Blatt, aus welchem das becherförmige Blatt Fig. 47 durch Zusammenlegen der Linien ac und bc hervorgeht. Fig 48. Ein Becherblatt wie in Fig. 46, jedoch der Becher mit der Grund- spreite bis zu den Punkten seines Randes hi verschmolzen. Fig. 49. Ein flaches Blatt, dreispaltig; durch Vereinigung der Linien fac und gbc geht die Becherform Fig. 50 hervor. Fig. 51. Ein flaches Blatt, bis zur Mittelrippe dreitheilig; aus welchem durch Vereinigung der Linien fc und gc über dem Terminalblättcheu und durch Ver- schmelzung der Ränder hc' und ic' des Termiual blättchens ein Becherblatt wie Fig. 39 hervorgeht. Tafel XXI. Fig. 52. Ein abnormes Grundblatt von Hieracium glanduloso-dentatum, an der Spitze zweispaltig in die Zipfel a und b gespalten), eine Ueberspreitung d bildend, am Grunde mit einer ventralen Spreite c. Die Zeichnung ist insofern vereinlacht, als die Bezahnung der Blattränder weggelassen wurde. Fig. 53. Dasselbe scheraatisch bis gegen die Basis in A und B getheilt, ober- wärts mit umgerollten Rändern dd' , an der Basis mit zwei umgerollten inneren 378 L. Celakovsky, Untersuchungen über die Homologien etc. Seitenzipfeln c' c". Durch Verschmelzung der Hälften bis zu den Punkten ef und der Seitenzipfel c' c" würde Fig. 52 hervorgehen. Fig. 54. Ein ungetheiltes Blatt mit völlig angewachsener Exerescenz; ab die ursprünglichen Blattflügel, cd die Flügel der Excrescenz. Fig. 55. Antherenquerschnitt; AB beide Theken oder ßlatthälften; A mit den Blatträndern rr, B mit r'r'. Fig. 56. Verlaubte Anthere von Dictamnus. Fig. 57, 58. Verlaubte Antheren von Delphinium. Fig. 59—66. Petaloide Antheren von Dictamnus. Fig. 67. Theil einer abnormen Mohnkapsel, aus drei Carpellen bestehend, aussen am Grunde mit einem Kragen von Excrescenzen, als nach aussen umge- rollten Blatträndern. Die Carpelle sind fast flach, zwei davon, c und c' bis zur Spitze verschmolzen, das dritte c" mit der Spitze, deren umgerollte Blattränder die Narbenexcrescenz bilden, frei, nur unterwärts verschmolzen. Bei e der um- geschlagene untere Blattrand des Carpells c, dem Kranze der basilären Excres- cenzen angehörig. Die Kapsel aus der Sammlung von Herrn Prof. Magnus in Berlin. Fig. 68. Blattgrund eines normalen Haselnussblattes. Fig. 69. Schildförmiger Blattgrund eines abnormen Haselnussblattes. Fig. 70. Perigonblatt einer Tulipa sylvestris mit einer rückseitigen Excres- cenz. Aus der Sammlung von Prof. Magnus. Fig. 71. Sporangium als einfaches Thallom oder Sporogon der Moose. Fig. 72. Sympodial verzweigter Stock von Sporogonien, deren untere als Blätter hl metamorphosirt. Fig. 73. Aehnliches Sympodium; die oberen Sporangien selbst wieder ver- zweigt in den Blatttheil und Sporangientheil (ventrales Blättchen). (Lycopodiaceen.) Fig. 74. Ventrales Sporangium selbst wieder sympodial verzweigt, in zwei Reihen Fiederblättchen sp. (Ophioglossum.) Fig. 75. Einzelnes Sporangium im Grunde des Indusium (Lygodium). Fig. 76. Sympodium von Sporangien (Receptaculum) mit trichomwerthigen Sporangien sp (Hymenophyllaceen). Fig. 77. Gipfeltheil des fertilen Blattes von Meniscium, als zusammengesetztes Blatt dargestellt. Fig. 78, 79. Schematische Darstellung des wechselnden Kraftverhältnisses zweier Glieder b und s (z. B. Fiederblättchen b und Sporangium oder Nucellus s u. s. w.). In Fig. 78 s terminal und b lateral an dem durch Puckte angedeuteten Höcker entstehend, in Fig. 79 s lateral und b terminal. Fig. 80. Schematischer Längsschnitt eines Ovulum, bb becherförmiges Inte- gument, n lateraler Nucellus. Fig. 81—84. Sporangientragende Schildchen von Equisetum und üebergänge in gewöhnliche Equiseten-Blätter. Untersuchungen über die Morphologie nnd Anatomie der Monokotylen-ähnlichen Eryngien. Von Martin Möbius. Mit Tafel XXII — XXIV. I. Einleitung. Unter den Arten der Gattung Eryngium giebt es bekanntlich eine Gruppe, welche von unseren einheimischen Arten und den meisten Umbelliferen in ihrem Habitus so abweicht, dass sie dem- jenigen vieler Monokotyledonen, wie Pandanaceen, Bromeliaceen u. a* nahe kommt. Diese sogenannten schmalblätterigen oder parallel- nervigen Eryngien sind sämmtlich amerikanisch und in Folge dessen erst seit Anfang vorigen Jahrhunderts bekannt geworden. Das erste, welches man kennen lernte, war das von D. J. B anist er in Vir- ginien aufgefundene E. aquaticum L. Samen davon wurden nach England geschickt und aus ihnen im Garten der Universität Oxford Pflanzen gezogen, welche Robert Morison^) beschrieben hat. Er bezeichnet es als „Eryngium Virginianum Yuccae foliis, spinulus raris tenellis et inutilibus marginibus appositis." Er sagt ferner von ihm, dass seine im ersten Jahre entstehenden Blätter denen von Yucca so ähnlich seien, dass es nicht mit Unrecht in dieselbe Species ge- bracht werden dürfe. Als E. aquaticum wurde es von Linne-) be- 1) Morison, R., Plantanim historiae universalis Oxoniensis pars tertia. Oxonii. 1725. 2) Linnaeus, species plantarum 1753. 380 Martin Möbius, zeichnet, welcher dazu bemerkt: „Facies et folia Bromeliae minoris, sed haec ciliata spinis capillaribus flexilibus mitibus." — Ph. Miller^) beschreibt es darauf genauer, giebt an, dass es eine bleibende Wurzel (Rhizom) hat, welche verschieden lange Blätter treibt, die am Rande sägeförmig gezähnt sind und mit Dornen endigen, und vergleicht die Blätter mit denen von Aloe und Yucca. Die erste Abbildung davon gab Ja c quin 2). Nachdem dieses parallelnervige Eryngium bekannt geworden war, folgten bald mehrere, zunächst durch Cavanilles^), welcher einige Species beschrieb. In seiner Eryngiorum historia^) nennt Dela- roche schon zehn Arten mit „foliorum nervis simplicibus parallelis" und giebt von den meisten gute Abbildungen. Er macht darauf aufmerksam, dass ihre Blätter durch den Verlauf der Nerven die grösste Aehnlichkeit mit denen vieler monokotylen Pflanzen haben. „Solche Blätter aber", sagt er, „könnte man für Blattstiele halten, die durch Unterdrückung der übrigen Blatttheile stark entwickelt sind. Denn ihnen sehr ähnlich sind die Blattstiele von E. ame- thystinum und gewisser anderer Arten." Delaroche ist der erste, der auch den anatomischen Bau, wenigstens von Rhizom und Stengel, untersucht und darüber einige Bemerkungen gemacht hat. Die Zahl der bekannten Arten wurde bedeutend vermehrt durch die von A. v. Chamisso^) bei der Romanzoff 'sehen Expe- dition gesammelten Formen, welche er mit D. v. Schlechtendal benannte und charakterisirte. Es waren dies 12 neue Species. Auch Lamarck^) lehrte einige neue Arten kennen. In Decan- d olle 's Prodromus") werden ausser einer Anzahl amerikanischer Arten mit zertheilten oder ganzen und fast parallelrandigen Blättern 1) Miller, Ph., The Gardeners dictionary, London 1731 (deutsche üeber- setzung von 1772, Nürnberg) 2) Jaquin, N. J., Icones plantarum rariorum, Wien 1781—93. 3) Cavanilles, Icones et descriptiones plantaram. Matriti 1791 — 1801. 4) Delaroche, Fran^ois. Eryngiorum nee non generis novi Asclepideae historia. Parisiis 1808. 5) A. de Chamisso et D. de Schlechtendal, De plantis in expeditione speculatoria Roraanzoffiana observatis. Linnaea I, 1826. 6j Eacyclopedie methodique Botanique. Paris 1783—1807. Vol. IV. P. 7) Aug. Pyr. Decandolle, Prodromus systematis naturalis regni vegeta- bilis. Pars quarta. Parisiis 1830. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 381 in § 2 19 Species aufgeführt, die bezeichnet werden als: ,Paralleli- nervia, foliorum radicalium nervis parallelis longitudinalibus, limbo forsan nullo et foliis ad petiolos reductis." Diese Auffassungsweise des Blattes, welche, w^ie oben angegeben, von Delaroche stammt, wird auch von Decaisne^) getheilt, der zuerst die morphologischen Eigenthümlichkeiten dieser Species eingehender behandelte. Dass die Blätter der schmalblätterigen Eryngien den Blattstielen oder Mittelrippen 2) der gewöhnlichen entsprechen, glaubt er auch daraus schliessen zu können, dass die Luftkanäle, welche in den Blättern von E. fistulosum (Aut.?), E. corniculatum (Lamk.) etc. auftreten, sich in den Blättern von E. eburneum, pandanifolium etc. wieder- finden. Aus dieser Anschauung folge auch, dass die Zähne am Blattrande der schmalblätterigen Arten als reducirte Fiederlappen aufzufassen seien. In anatomischer Hinsicht macht er die Bemer- kung, dass die Anordnung der Luftgänge und die Natur der sie unterbrechenden Diaphragmen, sowie der grosse Reichthum an Krystall-führenden Zellen die grösste Analogie mit den Verhältnissen bei Pandanaceen u. a. darbieten. Nach Decaisne lassen sich die in ihren Blättern einander äusserst ähnlichen Arten in zwei Gruppen theilen, je nachdem ihre Blüthenköpfchen ein Involucrum haben oder nicht. Hauptsächlich beschäftigt er sich mit der eigeuthüm- lichen geographischen Verbreitung der betreffenden Formen. Nach ihm giebt es etwa 30 Arten, die sich zwischen dem 35. und 40. Breiteugrade in beiden Hemis|)hären Amerikas finden, so dass man von jedem Eryngium mit monokotylenähnlichen Blättern so- gleich weiss, dass es amerikanisch ist. Bei keiner anderen Species könne man mit gleicher Sicherheit aus dem Habitus auf das Vater- land schliessen. Es sei aber unbegreiflich, wie die unter sich ähn- lichen Formen paralleluerviger Eryngien ohne Verbindung an so entfernten Stellen Amerikas, in Virginien und Paraguay, auftreten. Mit Ausnahme von E. ebracteatum und E. Sanguisorba, die sich in Brasilien und Bolivia finden und von E. foetidum, das überall in den Tropen eingeführt zu sein scheine, sei der Bezirk jeder Species 1) Bulletin de la Societe botanique de Franco. Tome 20, 1873. 2) Delaroche (a a. 0 ) vergleicht sie nur mit Blattstielen, nicht mit Mittelrippen, wie Decaisne von ihm angiebt. 382 Martin Möbius, sehr beschrnnkt. Diese Formen kämen dabei nur an bestimmten Oertlichkeiten vor, an anderen, die doch dieselben Temperatur-, Bodenverhältnisse etc. bieten, fehlten sie. Die schönsten Arten mit parallelnervigen Blättern wachsen nach Decaisne in den weiten brackigen Marschen Floridas und in den bergigen und feuchten Wäldern Mexikos zugleich mit solchen von europäischem Habitus. Um sich die jetzige Verbreitung zu erklären, könne man sich vor- stellen, dass diese Eryngien auf eine Stammart zurückführbar seien die zu einer Zeit, als Nord- und Süd-Amerika noch durch breites Land verbunden waren, sich auch zwischen den jetzigen Wohnorten gleichmässig verbreitete. Als dann die Trennung der Länder ein- trat, wurde die Stammart auseinandergeiissen und indem die Eryn- gien mit zerschnittenen Blättern sich in den Tropen ausbreiteten, drängten sie die parallelnervigen an die äussersten Grenzen. Da- gegen meint Decaisne doch, dass man die schmalblätterigen bei ihrer stärkeren Entwickelung für die vollkommeneren und also auch später aufgetretenen halten müsse. Die von ihm neu aufgestellten Arten sind E. eburneum, E. Ghiesbreghtii , E. Lasseauxi und E. platyphyllum. Diese Arbeit von Decaisne ist — soweit dies zu ermitteln war — die erste, welche sich speciell mit den schmalblätterigen Eryngien beschäftigt. Ausser der einen oben angeführten Bemerkung enthält sie aber auch nichts Anatomisches. De Baryi) erwähnt wie Decaisne, dass die Mittelschicht des Blattgewebes bei den in Rede stehenden Pflanzen frühzeitig zur Bildung lysigener Luftgänge zerstört wird und dabei zahlreiche das Blatt durchziehende röhrige Gänge entstehen 2). Ferner giebt er an, dass von Nicht-Monokotyledonen sich durch parallele Nervatur aus- zeichnen die Blätter mancher schmalblätterigen Eryngien, wie E. pandanifolium und E. junceum^). In denselben fänden sich zwischen den parallelen Longitudinalbündeln nur Querästchen, bei ähnlichen 1) Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane der Phanerogamen und Farne. Leipzig 1877. 2) a. a. 0. p. 424. 3) p. 313. üntersnchungen über die ilorphologie und Anatomie etc. 383 anderen schmalblätterigen Arten, wie E. aquaticum, übrigens auch freie Enden und Netzanastamosen ^). Die ausführlichste systematische Beschreibung der schmalblätte- rigen Eryngien gab Urban^) in der „Flora Brasiliensis" mit Ab- bildungen und Analysen der meisten beschriebenen Species. Herr Dr. Urban hatte die Güte, nicht nur die Arten, welche der Heidel- berger botanische Garten enthielt, zu bestimmen, sondern auch, mit Genehmigung des Direktors, Herrn Professor Eichler, aus dem Berliner Herbarium eine ganze Anzahl von Blattstücken anderer Arten mir zu schicken. Es sei mir erlaubt, den genannten Herren an dieser Stelle meinen Dank dafür auszusprechen. So wurde es mir möglich, 20 amerikanische Arten auf den anatomischen Bau der Blätter zu untersuchen. Die anderen Organe der Pflanze konn- ten an dem frisch vorhandenen Material der Arten: E. aquaticum L., E. Lasseauxi Dcne., E. paniculatum Delar. und E. Decaisneanum ürb. bearbeitet werden. Die Aufgabe war, zu untersuchen, in wie weit sich die Aehnlichkeit, welche die schmal blätterigen Eryngien in ihrem Habitus mit Monokotyledonen zeigen, auch auf ihren ana- tomischen Bau erstreckt und denselben sowie die Entwickelung der Pflanze und ihrer einzelnen Gewebeformen darzustellen. Die Re- sultate der im botanischen Institut der Universität Heidelberg aus- geführten Arbeit sind im Folgenden enthalten. Bevor ich zu einer Darlegung derselben schreite, sei es mir erlaubt, dem Direktor des Instituts, Herrn Professor Pfitzer, meinem hochverehrten Lehrer, der mich bei dieser Arbeit in freund- lichster Weise geleitet und unterstützt hat, meinen innigsten Dank auszusprechen. 1) p. 315. 2) Martn Flora Brasiliensis. Vol. XI, Pars I, 1861—79. 334 Martin Mobius, II. Anatomie des Blattes. Um die Untersclnede zwischen dem Blattbau der streng parallel- nervigen Eryngien von denen mit netzaderigen Blättern zu zeigen, will ich auch von letzteren eine kurze Darstellung ihres anatomischen Verhaltens geben. Wir werden sehen, dass wie in morphologischer so auch in anatomischer Beziehung ein allmählicher Uebergang zwischen den beiden bezeichneten Gruppen stattfindet und in der Reihenfolge, welche sie auf diese Weise bilden, sollen die verschie- denen Arten besprochen werden. Wir haben zunächst eine Gruppe von europäischen und asia- tischen Arten, deren Wurzelblätter zwar verschieden gestaltet sind, theils vielfach zerschnitten oder gelappt, theils ganz mit gezähntem Rande, immer aber eine deutliche Trennung von Blattfläche und Blattstiel zeigen. Von den untersuchten Arten gehören hierher: E. amethystinum L., E. maritimum L., E. planum L., E. giganteum Bieb., E, Oliverianum Laroch., E. Billardieri Laroch., E. cam- pestre L. Ihre Blätter stimmen in anatomischer Beschaffenheit nahezu mit einander und mit denen der meisten Dikotyledonen überein, nur die letztgenannte Art zeigt einige Abweichungen, wess- halb sie zuletzt noch gesondert geschildert werden soll. Was zu- nächst die Blattfläche betrifft, so treten in ihr die Mittelrippe und die kräftigeren Nerven stark hervor. In den dazwischen liegenden Theilen ist das Grundgewebe in Pallisadenparenchym , das auf der Oberseite liegt und 2-3 oder noch mehr Zelllagen stark ist, und in Schwammparenchym auf der Unterseite, das aus ca. 6 Zelllagen besteht, geschieden. Beide Gewebeformen führen Chlorophyll, farb- los ist nur das Parenchym, welches die stärkeren Gefässbündel und deren Collenchymscheiden umgiebt. Ausserdem ist bei den meisten Arten auf der Unterseite — bei E. giganteum und Oliverianum sogar auf beiden Seiten — ein einschichtiges Hypoderma vorhanden, dessen Zellen kleiner als die des anstossenden inneren Gewebes sonst aber von derselben Beschaffenheit sind. Indem sie einen röthlichen Zellsaft führen, bewirken sie die röthliche Färbung, welche diese Blätter . oft zeigen. Im Hypoderma der Oberseite von E. gi- ganteum und Oliverianum ist dieser Zellsaft mehr braun als roth Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 335 gefärbt. In den Blattrippen finden wir kein Chlorophyll führendes Gewebe, sondern oberhalb und unterhalb des Gefässbündels , aber nicht bis zu diesem herantretend, einen der Epidermis anliegenden Collenchymstrang, welcher auch das gefärbte Hypoderma unterbricht. Wie bereits angedeutet, werden die grösseren Gefässbündel noch selbst von einer Collenchymscheide umgeben, die besonders auf der Bastseite stark entwickelt ist. Oberhalb und unterhalb der Gefäss- bündel in dem farblosen Parenchym verlaufen die Oelgänge. Die Zellen der Oberhaut (E. giganteum und E. planum) haben von der Fläche gesehen eine unregelmässig bogige Begrenzung, doch so, dass die Ausbuchtungen benachbarter Zellen lückenlos ineinander- greifen. Die von Nebenzellen umgebenen Spaltöffnungen sind ziem- lich zahlreich vorhanden und zwar gleichmässig auf der Ober- und Unterseite. Ihre Fori sind unregelmässig nach verschiedenen Rich- tungen gestellt. Die Blattscheide, welche immer stark entwickelt ist, weicht in einigen Verhältnissen von der Blattspreite ab. Die Blattrippen tre- ten hier fast gar nicht hervor, d. h. an den Stellen, wo die Gefäss- bündel verlaufen, ist das Blatt kaum dicker als in den rein paren- chymatischen Theilen. Chlorophyll fehlt bei den grundständigen Blättern hier gänzlich, bei den höher inserirten nur auf der dem Stamme anliegenden Oberseite, während es sich auf der Unterseite vorfindet. Fast das ganze Blattgewebe zwischen den Rippen wird von Parenchym gebildet, nur auf der Unterseite — bei E. gigan- teum und E. Billardieri auch auf der Oberseite — ist ein collen- chymatisches, 1 — 2 Zelllagen starkes Hypoderma vorhanden, dessen Zellinhalt ungefärbt ist. Die Gefässbündel sind ebenso wie in der Blattfläche von einer Collenchymscheide umgeben. Unterhalb der stärkeren Bündel liegt dicht unter der Epidermis ein Collenchym- strang, ausserdem finden wir bei E. Oliverianum und E. Billardieri unter dem Gefässbündel einen solchen frei im Parenchym verlaufen- den Strang, dessen Mitte ein Oelgang durchzieht. Sonst sind die Oelgänge in einem Ring um jedes Gefässbündel in geringem Ab- stände von demselben vertheilt; bei E. amethystinum sind nur Ewei Oelgänge in einer Blattrippe enthalten, von denen der eine ober-, der andere unterhalb des Bündels verläuft. Die eben ge- nannten Species (E. Oliverianum und E. Billardieri) zeichnen sich 386 Martin Möbius, noch dadurch aus, dass die Blattscheide von Luftgängen längs durch- zogen wird, welche durch die die Gefässbündel enthaltenden Ge- webeplatten von einander getrennt werden. — Von dem eben beschriebenen Typus weicht E. campestre inso- fern ab, als in seiner Blattfläche auf beiden Seiten ein deutliches Pallisadenparenchym , in der Mitte farbloses Schwammparenchym vorhanden ist, ferner dadurch, dass in der sehr stark hervortretenden Mittelrippe mehrere Gefässbündel in eigenthümlicher Anordnung liegen. So finden sich in einem massig starken Mittelnerv (s. Taf. XXIII, Fig 12) vier Gefässbündel zwischen den auch hier vorhan- denen beiden Collenchymsträngen der Ober- und Unterseite: eines zu oberst mit normaler Orientirung, darunter zwei, die sich ihre Holztheile zuwenden und darunter wieder eines mit normaler Orien- tirung. Die dieser Gruppe benachbarten Gefässbündel kehren ihr den Basttheil zu, den Holztheil schräg nach oben abwendend. Oft sind an dieser Stelle in einem Nerven zwei Bündel über einander vorhanden, von denen dann das obere seinen Holztheil schräg nach unten dem des unteren Bündels zukehrt. Je stärker die Mittelrippe, um so grösser ist die Anzahl der Gefässbündel, sie steigt im Blatt- stiel auf ca. fünfzig, welche in mehreren concentrischen Halbkreisen stehen, die äussersten regelmässig ihre Holztheile der Mitte zu- wendend, die inneren von unregelmässigerer Orientirung, aber mit den Holztheilen nach oben. Unter der Epidermis zieht rings um den ganzen Blattstiel eine collenchymatische Scheide, die mehrere Zell- lagen stark ist; unter ihr liegen chlorophyllführende und einzelne mit rothem Zellsaft erfüllte Zellen, welche letzteren die röthliche Farbe des Stiels hervorrufen. Wir kommen nun zu einer Gruppe amerikanischer Arten, deren Blätter zwar noch entschieden dem netzadrigen Typus angehören, aber langgestreckt und schmal sind, ohne einen deutlichen Absatz des Blattstiels von der Blattfläche zu zeigen. Es sind dies E. nu- dicaule Lam. (var. a Urb.), E. bupleuroides Hook., E, ebracteatum Lam. und E. foetidum L. In ihrem anatomischen Blattbau sind sie den in der ersten Gruppe geschilderten sehr ähnlich und stimmen auch untereinander ziemlich überein. Bei E. nudicaule finden wir wieder in den Hauptnerven subepidermale Collenchymstränge, zwischen denen ein auf beiden Seiten von Collenchym bekleidetes Gefässbündel üntersuchurigen über die Morphologie und Anatomie etc. 387 verläuft. Das Grundgewebe des Blattes ist chlorophyllführendes Mesophyll; ein durchgehendes Hypoderma ist auf keiner Seite vor- handen. Hiervon unterscheidet sich E. bupleuroides in seiner Blatt- spreite durch den Besitz eines aus einer Lage von auffallend grossen Zellen bestehenden Hypoderms auf der Oberseite. Darunter liegen zwei bis drei Zelllagen chlorophyllführendes Pallisadenparenchym; das übrige Gewebe ist ärmer an Chlorophyll. Zwischen den Nerven ist das Gewebe in der Mitte etwas zerstört, so dass das Blatt von schwachen Luftkanälen durchzogen wird. In der Blattscheide fehlt auf der Oberseite das grosszellige Hypoderma und das Chlorophyll- gewebe. Dafür sind auf beiden Seiten die der Epidermis nächsten Zelllagen collenchymatisch verdickt. Die Luftkanäle haben hier eine grössere Ausdehnung gewonnen. Ganz mit dem bei der ersten Gruppe beschriebenen Bau stimmt auch das Blatt von E. ebracteatum in seiner oberen breiten Fläche überein, der untere Theil dagegen ist complicirter gebaut. Er wird von grossen Luftkauälen durch- zogen, zwischen denen die Gefässbündel verlaufen, auf beiden Seiten ist ein chlorophyllführendes Parenchym von unregelmässigen Zellen vorhanden, welches in den die Luftkanäle trennenden Gewebeplatten von Strängen unterbrochen wird, die, besonders auf der Unterseite von mehr collencbymatischer als sklerenchymatischer Beschaffenheit sind. Die Unterseite besitzt ausserdem ein durchgehendes, nur eine Zelllage starkes collenchymatisches Hypoderma. Zwischen den Collenchymsträngen finden wir hier nicht ein, sondern mehrere Ge- fässbündel über einander, die theilweise eine ganz eigenthümliche Anordnung ihrer Holz- und Basttheile zeigen, wie sie bei keinem anderen der untersuchten Eryngien sich vorfindet. In der Mittel- rippe liegen drei getrennte Bündel übereinander: das unterste hat in der Mitte einen Gefässtheil, über und unter welchem eine Gruppe von Weichbast gelegen ist ; bei dem darüber liegenden Bündel bildet der Gefässtheil einen von oben nacli unten gehenden Bogen auf dessen beiden Seiten sich wiederum l^astgruppen befinden; das oberste liegt so, wie bei den meisten dieser Blätter, welche zwei Bündel über einander besitzen, nämlich den Holztheil nach unten, den Basttheil nach oben gewendet. In den der Mittelrippe zunächst gelegenen Längsscheidewänden ist das unterste Bündel gleich dem der Mittelrippe, darüber aber liegt eine Gruppe von zwei mit ihren Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV, «g 388 Martin Möbius, Basttlieilen verschmolzenen Bündeln, die ausserdem noch an ihren freien Seiten je einen Basttheil besitzen, so dass wir drei durch zwei Gefässtheile getrennte übereinanderliegende Bastgruppen, von denen die mittelste die grösste ist, haben. Nach dem Rande zu wird bei den oberen Bündeln die Orientirung regelmässiger, indem der Holztheil einfach nach unten gerichtet ist, doch kommen auch Bündel vor, wo das Holz den Bast in einem Halbkreis umgreift. In dem schmalen Rande ist nur ein Bündel in einer Gewebeplatte vorhanden. Mechanisch wirksame Scheiden besitzen die Bündel sehr selten und auch dann nur schwach ausgebildet. Harzgänge ver- laufen zwischen den Bündeln und unter den unteren, während über den oberen keine vorhanden sind. Hieran schliesst sich dann das Blatt von E. foetidum, welches in seiner sehr starken Mittelrippe auch zwei Gefässbündel überein- ander enthält, die sich ihre Holztheile zuwenden. Die diesem Paare benachbarten Bündel neigen sich mit ihren Holztheilen etwas der Mitte zu. Eine collenchymatische Scheide fehlt ihnen, aber über und unter ihnen verlaufen der Epidermis anliegende starke Collenchymstränge. Die seitlichen flachen Theile des Blattes sind wie bei E. nudicaule gebaut. Wir können dann weiter in eine dritte Gruppe zusammenfassen E. Sanguisorba Cham., E. elegans Cham. (var. genuinum), E. cilia- tum Cham, und E. platyphyllum Dcne. Ihre Blattnervatur ist wenigstens in der Mitte eine ziemlich parallele, am wenigsten bei E. ciliatum, dessen Blätter auch nicht so langgestreckt sind wie die der übrigen Arten. Die Blattscheide geht allmählich in die Spreite über; von einem Blattstiele ist hier nicht mehr die Rede. Der Blattrand ist mit starken etwas nach rückwärts gerichteten Zähnen besetzt, nur bei E. Sanguisorba ist er mit dünnen feinen Stacheln versehen. Was die anatomische Beschaffenheit betrifft, so sind bei dieser Gruppe wde bei den folgenden die mechanisch wirksamen Elemente meist nicht collenchymatischer, sondern sklerenchymatischer Natur. In ihrem Bau sind die drei erstgenannten Arten im wesent- lichen übereinstimmend: In jedem Nerven verläuft nur ein Gefäss- bündel, das auf beiden Seiten eine sklerenchymatische Scheide hat. Diese ist bei E. Sanguisorba stärker auf der Holzseite, bei E. ele- gans und E. ciliatum dagegen stärker auf der Bastseite. Mit den Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 389 Gefässbüncleln correspondiren äussere Sklerenchymstränge auf beiden Seiten. Diese sind, im Querschnitte gesehen, bei E. elegans und ciliatum auf der Oberseite sehr schmal, reichen aber über stärkeren Gefässbündeln fast bis an dieselben heran; über schwächeren Bündeln sind sie niedriger und auf der Unterseite sind alle gleich niedrig. Ihre Anzahl ist nicht auf jeder Seite gleich der der Bündel, sondern eine beträchtlich grössere. Bei E. Sanguisorba sind auch auf der Unterseite die Sklerenchymstränge unter den stärkeren Gefässbündeln bedeutend grösser als die übrigen, auf jeder Seite aber treten nur so viel Stränge auf als Bündel vorhanden sind. Pallisadenparenchym befindet sich bei diesen Blättern nur auf der Oberseite, aber so viel sich an dem getrockneten Material erkennen Hess, ist das ganze Grundgewebe chlorophyllhaltig und in der Mitte etwas zerrissen. E. platyphyllum zeichnet sich dadurch aus, dass in den stärkeren Blattrippen zwei Bündel über einander verlaufen, von denen das obere seinen Holztheil nach unten wendet, also verkehrt liegt. Das untere ist durch einen Sklerenchymbeleg auf jeder Seite gestützt. Ueber den Gefässbündeln liegen schmale, aber weit in das Grund- gewebe hineinragende Sklerenchymstränge, während die unter den Bündeln breit und flach sind. In schwächeren Nerven verläuft nur ein Gefässbündel, dem nur auf der Oberseite ein äusserer Skleren- chymstrang entspricht. Auf dieser Seite ist auch allein das chloro- phyllführende Pallisadenparenchym ausgebildet. In der Scheide fehlt das Chlorophyll; die äusseren Sklerenchymstränge sind durch Collenchym ersetzt, das auf der Unterseite ein zusammenhängendes Hypoderma bildet. Eine besondere (vierte) Gruppe bilden die amerikanischen Eryngien mit ganz schmalen binsenähnlichen Blättern, von denen untersucht wurden E. scirpinum Cham., E. eriophorum Cham., E. junceum Cham, und E. pristis. Cham. Obgleich sich in ihnen ein gemeinsamer Typus ausspricht, weichen sie doch in Einzelnheiten zu weit ab, um nicht gesondert besprochen werden zu müssen. Bei E. scirpinum (s. Taf. XXIII, Fig. 11) sind in der Blattfläche acht Bündel vorhanden, von denen in der Mitte dreimal je zwei über einanderliegen, während am Rande nur je ein Bündel verläuft. Alle Bündel sind normal orientirt, wenden also nach oben die Ilolztheile, die von einer sklerenchymatischen Scheide gestützt werden, während 26* 390 Martin Möbius, auf der Bastseite eine solche fehlt. Um das ganze Blatt zieht sich unter der Epidermis ein sklerenchymatisches Gewebe, das über und unter den Gefässbündeln sehr stark ist, dazwischen aber schmal wird; nur über dem mittleren Bündel anf der Oberseite ist es nicht verstärkt, sondern verschmälert. Ueber die Beschaffenheit des Pa- renchyms Hess sich an dem getrockneten Material nichts Deutliches mehr erkennen, wahrscheinlich ist es zwischen den Sklerenchym- strängen chlorophyllführend und in der Mitte zerrissen. Die sehr verbreiterte Blattscheide hat eine grössere Anzahl von Gefässbündeln, welche auch theilweise eine eigenthümliche Stellung einnehmen. In der Mitte liegen drei Gefässbündel übereinander, unten ein grosses, normal orientirtes, das auf der Bastseite eine massig starke, auf der Holzseite eine sehr starke Sklerenchymscheide besitzt. Ueber ihm nur durch wenige Zelllagen des Grundgewebes davon getrennt, liegt dann ein kleineres ähnliches Gefässbündel, mit beiderseitiger Skle- renchymscheide und an dieses grenzt das kleinste dritte, bei dem die wenigen Holzgefässe seitlich nach unten liegen und keine Skle- renchymscheiden vorhanden sind. Neben dieser mittelsten Gruppe liegen dann auf jeder Seite wiederum zwei Bündel übereinander; das untere gleicht dem untersten in der Mitte, das obere aber liegt quer, den Gefässtheil nach der Mitte wendend, und in dieser Rich- tung sind auch die Sklerenchymbelege orientirt. Auf diese folgen nach aussen nochmals zwei Bündel übereinander, das untere normal, das obere verkehrt, mit den wenigen Holzgefässen nach unten ge- richtet; es besitzt auf jeder Seite nur wenige sklerenchymatische Stützzellen Am Rande liegen noch zwei einzehie Bündel neben einander. Der äussere sklerenchymatische Beleg unter der Epidermis ist hier überall gleichmässig stark. E. eripborum und E. junceum sind sehr ähnlich gebaut. Ausser am Rande liegen immer zwei Gefässbündel über einander, denen sehr starke der Epidermis an- liegende Sklerenchymstränge entsprechen. Auf beiden Seiten ist ein sklerotisches Hypoderma und chlorophyllführendes Pallisaden- parenchym vorhanden, das Parenchym in der Mitte ist farblos und theilweise zerstört. Spaltöffnungen finden sich auf beiden Seiten. Auf der Oberseite ragen einzeloe Zellen der Epidermis stark hervor, wie sich dies oft bei Gräsern findet. Jedenfalls ist es bemerkens- werthj dass mit der äusseren Aehnlichkeit dieser Blätter mit Gras- Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 391 blättern auch diese anatomische Aehnlichkeit der Epidermis ver- bunden ist. Bei E. criophorum (var. vegetius) hat das untere grosse Gefässbündel keinen Sklerenchymbeleg, das obere einen solchen nur auf der Bastseite, und während das untere normal orientirt ist, liegt das obere schief, der Holztheil bald mehr nach oben, bald mehr nach unten, bald nach rechts und bald nach links: eine bestimmte Regelmässigkeit ist nicht zu erkennen. Auf der Unterseite liegen nur unter den Gefässbündeln an der Epidermis Sklerenchymstränge, auf der Oberseite auch zwischen diesen noch kleinere. Letztere fehlen dem gewöhnlichen E. eriophorum, welches sonst denselben Bau wie das eben beschriebene zeigt. Bei E. junceum (var. junci- folium) sind beide Gefässbündel normal orientirt, nur das untere hat einen starken Sklerenchymbeleg und zwar auf seiner Holzseite. Auf der Unterseite sind zwischen den den Bündeln entsprechenden Sklerenchymsträngen noch einzelne, aber viel kleinere vorhanden, auf der Oberseite ist dies nicht der Fall. Die Scheide weicht von der Spreite in ganz analoger Weise ab wie bei E. scirpinum, doch sind hier höchstens zwei Gefässbündel über einander gelegen. Bei E. pristis (s. Taf. XXIII, Fig. 10) zeigen die Querschnitte von Blattspreite, -Stiel und -Scheide nicht unbedeutende Unter- schiede. In der Blattspreite sind fünf Bündel neben einander vor- handen, die auf der normal nach oben gerichteten Holzseite einen stärkeren, auf der Bastseite einen schwächeren Sklerenchymbeleg besitzen. Unter der Epidermis zieht sich ein sklerotisches Hypo- derma hin, das sich an den flach abgeschnittenen Rändern verbrei- tert, und nur da, wo Spaltöffnungen auftreten, unterbrochen wird. Ueber und unter den Gefässbündeln liegen starke Sklerenchym- stränge; auffallender Weise fehlen sie jedoch unter den äussersten Bündeln. Im Blattstiel verlaufen fünf Gruppen von zwei überein- ander liegenden Gefässbündeln, die sich also bei Beginn der Spreite wohl vereinigen werden. Das obere ist bedeutend kleiner als das untere und es fehlt ihm eine sklerenchymatische Scheide, während dieselbe bei dem unteren sehr stark entwickelt ist. Ausser dem sklerotischen llypoderma, das um den ganzen Blattstiel zieht, ist noch ein Gewebe aus grossen farblosen Zellen mit verdickten Wän- den vorhanden; dann folgt erst das eigentliche Parenchym mit Chlorophyll. Die Blattscheide, welche am breitesten ist, unterscheidet 392 Martin Möbius, sich dadurch, dass nur über den drei mittelsten Bündeln ein klei- neres gelegen ist; auf jeder Seite liegen noch drei einfache, welche nach dem Rande zu rasch an Grösse abnehmen. Auch die kleine- ren oberen Bündel haben hier eine Sklerenchymscheide auf der Holzseite, bei den unteren Bündeln aber ist diese Scheide kolossal stark ausgebildet. Die letzte Gruppe von Eryngien, deren Blätter ich jetzt ihrem anatomischen Bau nach beschreiben will, weicht am meisten vom Typus der Dikotyledonen ab. Die Blätter sind lineal und ganz pa- rallelnervig und bestehen nur aus Spreite und Scheide. Während letztere ganzrandig ist, ist erstere am Rande mit mehr oder weniger starken Zähnen besetzt (s. Taf. XXII, Fig. 2 u. 3). Diese Eryn- gien sind es besonders, auf welche sich die Arbeit Decaisne's bezieht und welche in der vorliegenden genauer anatomisch unter- sucht werden sollen. Im anatomischen Bau haben die Blätter fol- gendes Gemeinsame: Alle w^erden der Länge nach parallel der Nervatur von Luftgängen durchsetzt, die in gewissen Zwischenräumen von Diaphragmen unterbrochen werden. In den die Luftgänge trennenden Längsscheidewänden verläuft mindestens ein Gefässbündel, in der Regel aber sind zwei vorhanden, von denen das untere das grössere ist und das obere in Bezug auf Holz und Bast verkehrt liegt, also dem unteren seinen Holztheil zuwendet. Es kommen aber auch mehr als zwei Bündel übereinander vor, deren Lage dann bei den betreffenden Arten beschrieben werden soll. Ober- und Unterseite des Blattes sind, wenigstens in der Spreite ziemlich gleich ausgebildet, abgesehen davon, dass das sklerotische Hypoderma oft auf die Unterseite beschränkt ist, während es sonst auf beiden Seiten auftritt. Unter der Epidermis, beziehungsweise dem Hypoderma wechseln breite Streifen von Chlorophyll führendem Pallisaden- parenchym mit schmäleren Sklerenchymsträngen ab. Letztere finden sich immer an der Stelle, wo eine Längsscheidewand vorhanden ist; wenn noch andere über oder unter den Luftgäugen liegen, so sind diese meist kleiner als jene regelmässig auftretenden. In der Scheide sind die abwechselnden Streifen von Pallisadenparenchym und Skle- renchym entweder nur auf der Unterseite vorhanden, so bei den an der Inflorescenzaxe stehenden Blättern, oder sie fehlen, wie bei den grundständigen Blättern gänzlich. Während nämlich in Folge Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 393 davon, dass letztere sich mit ihren Scheiden gegenseitig halten und decken, die Scheide einerseits keiner mechanisch wirksamen Ele- mente bedarf, andererseits nicht für die Assimilation zugänglich ist, muss bei den am Blüthenschafte stehenden Blättern die demselben nur mit der Oberseite anliegende Scheide sowohl sich selbst stützen als auch mit der Unterseite der Assimilation dienen. Die mittlere Schicht des Blattes besteht aus farblosem parenchymatiscbem Ge- webe. In demselben verlaufen die Harzgänge und zwar immer über und unter jedem Gefässbündel , sowie auch vor den meisten Skle- ren chymsträngen. Von den acht untersuchten Arten (E. aquaticum L., E. steno- phyllum Urb., E. Lasseauxi Dcne., E. paniculatum Cav., E. ebur- neum Dcne., E. Chamissonis Urb., E. Decaisneanum Urb. und E. floribundum var. serroides Urb.) konnte ich bei vieren das Material in frischem Zustande aus dem Heidelberger botanischen Garten er- halten, nämlich von E. aquaticum, E. Lasseauxi, E. paniculatum und E. Decaisneanum ; die anderen untersuchte ich an dem Material, w^elches Herr Dr. Urb an so gütig war, mir aus dem Berliner Herbar zu schicken. Ich will die einzelnen Species in solcher Reihenfolge beschreiben, dass ihr anatomischer Blattbau sich durch die Zahl und Anordnung der Gefässbündel, Sklerenchymstränge etc., je weiter wir vorschreiten, um so mehr complicirt. Bei E. aquaticum (s. Taf. XXIII, Fig. 6) haben die Luftgänge eine unregelmässige, im Querschnitt bogige Begrenzung und sind rings von farblosem Parenchym umgeben. Die oberhalb und unter- halb der Längsscheidewände liegenden Sklerenchymstränge sind viel stärker als die zwischen diesen gelegenen und unterbrechen das Pallisadenparenchym vollständig, während jene nach innen von dem- selben überzogen werden. Auf der Oberseite erscheinen die ersterwähnten Sklerenchymstränge bisweilen in zwei zerfallen, von denen der eine der Epidermis anliegt und innen von grünem Gewebe umgeben wird, während der andere im farblosen Parenchym liegt, also an der Stelle, wo wir bei den folgenden Blättern das zweite Gefäss- bündel auftreten sehen werden. Hier aber verläuft in jeder Längs- scheidewand nur ein Gefässbündel, das in normaler Weise seinen Holztheil nach oben, seinen Basttheil nach unten wendet und auf beiden Theilen einen starken sklerenchymatischen Beleg besitzt. 394 Martin Möl)ius, Ueber und unter jedem Bündel verläuft ein Harzgang. Die Unter- seite zeichnet sich vor der oberen durch den Besitz eines sklero- tischen Hypodermas aus. Blattspreite und -Scheide zeigen die oben angegebenen Unterschiede, insofern, als bei letzterer Pallisaden- parenchym und Sklerenchym auf der Oberseite ganz fehlt, auf der Unterseite nur schwach entwickelt ist; ausserdem ist die unter der Epidermis der Oberseite liegende Zellschicht collenchymatisch ver- dickt. An E. aquaticum schliesst sich in seinem Blattbau zunächst E. stenophyllum an, da hier in den meisten Längsscheidewänden auch nur ein Gefässbündel liegt; nur in den beiden mittelsten sind deren zwei übereinander vorhanden, von denen das obere aber be- deutend kleiner und verkehrt orientirt ist. Das untere hat eine starke Sklerenchymscheide ; starke äussere Sklerenchymstränge ver- laufen über und unter den Bündeln, fehlen aber in dem den Luft- gang überspannenden Gewebe, das auf beiden Seiten von chlorophyll- führendem Pallisadenparenchym und wenigen Lagen farbloser Paren- chymzellen gebildet wird. Auf beiden Seiten ist ferner ein sklero- tisches kleinzelliges Hypoderma vorhanden und finden sich Spalt- öffnungen. In der Scheide sind nirgends zwei Bündel über einander gelegen; es fehlen auch das chlorophyllführende Pallisadenparenchym und die äusseren Sklerenchymbündel, höchstens sind sie schwach auf der Unterseite entwickelt. Das Hypoderma findet sich auch hier auf beiden Seiten. Die Epidermis besitzt dieselben eigenthümlichen Trichombildungen, welche bei E. junceum und E. eriophorum er- wähnt wurden, sie sind hier aber nicht auf die Oberseite beschränkt wie bei jenen, sondern auch die Unterseite ist damit versehen. Letztere allein besitzt Spaltöffnungen. Die Luftkanäle sind noch eng und wenig ausgebildet. Bei E. Lasseauxi sind die Luftkanäle regelmässiger, im Quer- schnitt rechteckig entwickelt. Die Sklerenchymbündel sind alle von ziemlich gleicher Stärke und unterbrechen sämmtlich das Pallisaden- parenchym vollständig. In den Längsscheidewänden, mit Ausnahme der äussersten oder der zwei äussersten am Rande, verlaufen statt eines zw^ei Gefässbündel, ein unteres normal gelegenes grosses und ein oberes kleines, das dem unteren seinen Holztheil zuwendet, also gegen die normale Weise orientirt ist. Während demnach das Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 395 grössere Bündel dem bei E. aquaticum allein vorhandenen ent- spricht, ist das kleinere seiner Lage nach dem dort stellenweise auf- tretenden freien Sklerenchymstrange analog. Die Harzgänge sind so vcrthcilt, dass in jeder Längsscheidewand drei verlaufen, welche durch die beiden Gefässbündel geschieden werden, und dass vor jedem Sklcrenchymstrang oberhalb und unterhalb des Luftkanals ein Harzgang gelegen ist. Die Scheide besitzt weder auf der Oberseite noch auf der Unterseite Sklerenchymbündel und Pallisadenparenchym und ist chlorophyllfrei. Hier und da treten zwischen den vollstän- digen Längsscheidewänden auf der Unterseite halbe Scheidewände mit dem Reste des grösseren Gefässbündels auf, welche in einem Diaphragma endigen. Sonst ist der Verlauf der Gefässbündel der- selbe wie in der Blattfläche. — Solche Blätter, welche eine bedeu- tende Grösse und Dicke erreicht haben, zeichnen sich durch eine grössere Anzahl von Gefässbüudeln aus. Z. B. enthält ein Blatt bei einer Breite von 6 cm und einer Dicke von 2V2 mm in den meisten Längsscheidewänden drei über einander liegende Bündel, von denen das mittlere bedeutend kleiner als die beiden anderen ist, und wäh- rend diese ihre Holztheile wie gewöhnlich gegen einander richten, in Bezug auf die Grenze zwischen Holz und Bast schief zu der Ebene der Längsscheidewand liegt. Ausserdem ist in der Battfläche auf der Oberseite, in der Blattscheide auf der L^uterseite zwischen Luftgang und Pallisadenparenchym ein Gefässbündel vorhanden, das seiner Grösse nach zwischen dem oberen und mittleren in der Längs- scheidewand steht und dem Luftgang seinen Holztheil zuwendet. Uebrigens hat mit der Stärke des Blattes die Grösse der Zellen so zugenommen, dass die der parenchymatischen Mittelschicht sich ohne Schwierigkeit an dünnen Schnitten mit blossem Auge erkennen lassen. Bei einem anderen Exemplar dieser Species im Heidelberger Garten wurde der Blattbau von dem eben beschriebeneu etwas ab- weichend gefunden. Die Unterschiede liegen nur darin, dass auf der Unterseite gerade an den Stellen, wo sich die Längsscheide- wände befinden, die chlorophyllführende Schicht meist nicht von dem Sklerenchym unterbrochen ist und das Blatt somit eine Aus- nahme von der allgemeinen Regel macht, dass hier die stärkeren das rareiichym ganz durchsetzenden Sklerenchymbündel liegen. In 396 Martin Möbius, der Scheide sind die Verhältnisse denen bei der anderen Varietät analog, es ist aber auf der Unterseite ein collenchymatisches Hypo- derma von zwei Zelllagen entwickelt. Bei stärkeren Blattscheiden sind die Gefässbündel von einer ganzen Anzahl von Oelgängen umgeben, so z. B. zwölf derselben rings um eines der grösseren unteren Bündel vertheilt. Auch Verdoppelungen der Gefässbündel scheinen vorzukommen, wenigstens wurden an einer Stelle anstatt des einen oberen Bündels zwei nahe bei einander liegende, mit ihren Holztheilen etwas convergirende Bündel beobachtet. Das Blatt von E. paniculatum aus dem Heidelberger Garten und das, welches ich aus dem Berliner Herbar (von Sellow in Brasilien gesammelt) erhielt, zeigten einen ziemlich verschiedenen anatomischen Bau. Im Blatt des ersten (s. Taf. XXIII, Fig. 7) hat der Luftgang eine noch grössere Ausdehnung gewonnen als bei E. Lasseauxi und reicht auf beiden Seiten bis an das Chlorophyll führende Gewebe, welches auf der Unterseite nicht durch eigentliches Pallisadenparenchym, sondern etwas unregelmässiger gestaltete Zellen gebildet wird. Ober- und Unterseite stimmen zwar darin überein, dass beide ein sklerotisches Hypoderma besitzen, differiren aber in der Anordnung der Sklerenchymstränge. Auf der Oberseite sind nämlich nur die den Längsscheidewänden entsprechenden Stränge vorhanden, welche das Pallisadenparenchym vollständig durchsetzen, während auf der Unterseite ausser diesen noch kleinere, unterhalb der Luftgänge gelegene und vom Chlorophyll führenden Gewebe überzogene Stränge sich vorfinden. Oelgänge treten nur in den Längsscheidewänden auf, und zwar wie gewöhnlich drei, von denen die beiden oberen dicht über und unter dem kleinen Bündel ver- laufen. Die Scheide der grundständigen Blätter ist etwas von der der Steugelblätter verschieden, entsprechend den schon oben ange- deuteten Verhältnissen. Wir finden bei ersteren auf der Oberseite nur das sklerotische Hypoderma und auf der Unterseite die ersten 3 — 4 Zelllagen unter der Epidermis collenchymatisch verdickt, Skle- renchym und Pallisadenparenchym fehlen auf beiden Seiten. Bei letzteren Blattscheiden ist die Oberseite wie bei ersteren ausgebildet, aber auf der Unterseite ist das Sklerenchym stark entwickelt und auch Chlorophyll führendes Gewebe vorhanden, wenn auch dieses schwächer als in der Spreite ist. Immer aber tritt in der Scheide Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 397 in einer Längsscheidewand nur ein Gefässbündel auf: es vereinigt sich nämlich das kleinere von oben kommende Bündel in einem Diaphragma mit der Anastomose der benachbarten grossen Bündel, und zwar geschieht dies bei den grundständigen Blättern erst in einem tieferen Theil der Scheide, bei den Stengelblättern da, wo die Spreite in die Scheide übergeht. Der Luftgang ist in der Scheide weniger weit als in der eigentlichen Blattfläche. Das Blatt des Berliner E. paniculatum unterscheidet sich be- sonders dadurch, dass nur selten zwei Gefässbündel über einander vorkommen und dass keine regelmässig begrenzten Luftkanäle vor- handen sind. Das Grundgewebe bildet, soweit sich dies an dem getrockneten Material erkennen Hess, nur auf der Oberseite ein Pallisadenparenchym, das übrige besteht aus unregelmässigen, in der Mitte vertrockneten und zerstörten Zellen. Auf der Oberseite wird das Parenchym durch schmale Sklerenchymstreifen unterbrochen, die aber bis fast zu den Gefässbündeln reichen und nur über solchen vorhanden sind. Auf der Unterseite sind die Sklerenchymstränge niedriger, aber breiter; häufig fehlen sie hier auch unter den Gefäss- bündeln. Um die Sklerenchymstränge und das Bündel in ihrer Mitte zieht sich ein Beleg von grossen Zellen mit verdickten Wänden. Die Gefässbündel selbst haben auf beiden Seiten noch eine sklereu- chymatische Scheide und werden oberhalb und unterhalb von je einem Oelgang begleitet. Wo noch ein zweites oberes Bündel vor- handen ist, ist dieses nur sehr klein. In der Scheide ist immer nur ein Bündel vorhanden, das aber stärker ist als in der Spreite und auch von einer kräftigeren Sklerenchymscheide umgeben wird. Dafür fehlen alle äusseren Sklerenchymstränge und nur die Ober- seite ist durch eine mehrschichtige Lage von grossen festen Zellen gestützt, unter denen erst das eigentliche Parenchym beginnt. Ein kleinzelliges sklerotisches Ilypodcrma ist auf beiden Seiten, sowohl in der Scheide als auch in der Spreite wie bei der ersten Varietät ausgebildet. Sehr regelmässig gebaut ist das Blatt von E. eburneum. Schmale Gcwebeplatten, in denen zwei Gefässbündel und drei Harz- gänge in der bei diesen Blättern gewöhnlichen Weise verlaufen, trennen grosse ziemlich regelmässig begrenzte Luftkanäle. Unter der Epidermis liegt auf beiden Seiten zunächst eine Lage kleiner 398 Martin Möbius, sklerotischer Zellen, daDn eine Lage grösserer weniger stark ver- dickter Zellen, auf welche auf der Oberseite zwei bis drei Lagen chlorophyllführenden Pallisadengewebes und ebensoviele farblosen Parenchyms folgen, während auf der Unterseite nur noch einige Lagen chlorophyllhaltiger unregelmässiger Parenchymzellen geblieben sind, bis zu welchen der Luftgang sich ausgedehnt hat. Ober- und unterhalb der Gefässbündel ist das Chlorophyllgewebe durch eine kleine Gruppe etwas verdickter farbloser Zellen unterbrochen. Der obere Theil der Scheide ist ebenso gebaut, der untere stand mir nicht zur Verfügung. Ziemlich ähnlich dem letztbesprochenen ist E. Charaissouis. Da das Blatt bedeutend stärker ist, besitzt es auch eine grössere mechanische Festigkeit. Diese spricht sich aus in den stärkeren Sklerenchymscheiden der Bündel, ferner in dem Vorhandensein eines kleinen, wenige Zellen starken Sklerenchymbündels zwischen den beiden Gefässbündeln, und in dem Auftreten von äusseren Skleren- chymsträngen. Die stärksten davon liegen unterhalb der grossen Gefässbündel, zwischen ihnen befinden sich kleinere; auf der Ober- seite sind sie alle ziemlich gleich, 3 — 4 Zelllagen stark, so dass sie gerade das Pallisadenparenchym unterbrechen. Auch auf der Unter- seite ist chlorophyllführendes Gewebe vorhanden, aber zwischen diesem und dem Luftkanal liegen noch einige Lagen farbloser Parenchymzellen. Ein sklerotisches kleinzelliges Hypoderma findet sich auch hier auf beiden Seiten. Mit der Blattscheide verhält es sich hier wie bei E. eburneum. Das Blatt von E. Decaisneanum (s. Taf. XXIII, Fig. 8) hat in in der Vertheilung seiner Gewebeformen Aehnlichkeit einerseits mit E. Chamissonis, anderseits mit E. Lasseauxi, ist aber ausgezeichnet durch das Auftreten eines kleinen Bündels oberhalb des Luftganges. Zwischen den beiden übereinanderliegenden Bündeln finden wir in der mittelsten Längsscheidewand des Blattes ein drittes, welches in Bezug auf Holz und Bast quer zu den andern liegt, also wie in starken Wurzelblättern von E. Lasseauxi, dazu tritt noch ein kleiner drei bis vier Zelllagen starker Sklerenchymstrang zwischen dem mittleren und oberen Bündel; in den anderen Gewebeplatten ist nur dieser zwischen den zwei Bündeln vorhanden, wie bei E. Chamissonis. Die kleineren obenerwähnten Bündel über den Luftkanälen besitzen Untersuchungen über die Morphologre und Anatomie etc. 399 neben Weichbast nur wenige Gefässe, welche meistens nicht, wie wir es sonst bei den auf der Oberseite gelegenen Bündeln finden, nach unten, sondern in normaler Weise nach oben gerichtet sind. Nur das in der Mitte der Blattbreite gelegene ist grösser und kehrt seinen Holztheil nach unten dem Luftgang zu, in den es mit dem umgebenden Parenchym tiefer hineinragt, als die anderen kleinen. Diese kleinen Bündel sind die Reste von halben Längsscheidewänden, welche zwischen den ganzen auftreten. Am Grunde des Blattes be- finden sich die halben Scheidewände mit dem Gefässbündel auf der Unterseite; sie werden nach der Spreite zu immer niedriger und enden am Beginn derselben in einem Diaphragma. In der Spreite liegen sie auf der Oberseite, zuerst weit in den Luftgang hinein- ragend, wobei das Gefässbündel seinen Holztheil nach unten kehrt, nach der Spitze zu werden sie niedriger und es treten die oben be- schriebenen Verhältnisse ein. Die grössere Anzahl von Gefässbündeln, die wir bei E. Lasseauxi nur in ganz starken Wurzelblättern fanden, tritt hier regelmässig auf, sowohl bei den grundständigen als auch bei den an der Inflorescenzaxe stehenden Blättern. Was die Yer- theilung der übrigen Gewebe betrifft, so ist ein sklerotisches Hypo- derma nur auf der Unterseite vorhanden. Auf dieser sind die unter den Gefässbündeln liegenden Sklerenchymstränge viel grösser als die dazwischen liegenden, welche theils das Pallisadenparenchym ganz unterbrechen, theils nur in dasselbe hineinragen. Auf der Oberseite sind alle Sklerenchymstränge fast gleich stark und durchsetzen das Pallisadenparenchym. Vor jedem Strang — auf beiden Blattseiten — liegt ein Harzgang in dem den Luftgang begrenzenden farblosen Parenchym. In den Längsscheidewänden steigt die Anzahl der Harz- gänge auf vier bis sechs, da sie zwischen den Gefässbündeln und Sklerenchymsträngen verlaufen und unter dem untersten Bündel zwei bis drei vorhanden sind. Auch unter dem kleinen Bündel, das über dem Luftgang liegt, befindet sich ein Oelgang. — Scheide und Spreite unterscheiden sich ausser dem oben schon angeführten wie es der allgemeinen Regel nach zu erwarten ist. Am auffallendsten ist der Blattbau, dessen Einzclnheiten aller- dings an dem stark zusamraengetrockneten Herbarexemplar nicht mehr genau zu erkennen waren, bei E. floribundum (s. Taf. XXIII, Fig. 9). Obgleich das Blatt nicht stärker ist, als das von E. Cha- 400 Martin Möbius, missonis enthält es in einer Längsscheidewand nicht weniger als fünf Gefässbündel übereinander, von denen nur das unterste normal orientirt ist, also seinen Holztheil nach oben wendet, während die vier anderen eine gerade entgegengesetzte Richtung einnehmen. Die drei mittleren liegen nahe bei einander, über und unter ihnen ist ein Stück rein parenchymatischen Gewebes bis zum nächsten Ge- fässbündel vorhanden. Jedes Bündel hat auf Holz- und Bastseite einen sklerenchymatischen Beleg. Ausser diesen treten auf der Unterseite des Blattes noch drei Bündel, zwischen denen in den Längsscheidewänden, unterhalb des Luftganges auf. diese sind aber viel kleiner als die anderen und liegen normal. Das Sklerenchym ist so vertheilt, dass auf der Oberseite eine mehrere Zelllagen starke, an wenigen Stellen unterbrochene und oberhalb der Gefäss- bündel noch besonders verstärkte Schicht vorhanden ist. Auf der Unterseite befinden sich einzelne schmale bis an die Gefässbündel reichende Platten, abwechselnd mit ganz niedrigen wenige Zellen starken Sklerenchymsträngen. Zwischen diesen Platten liegt das chlorophyllhaltige Gewebe, während es sich auf der Oberseite unter der Sklerenchymschicht hinzieht. Auf der Unterseite fehlt das Hy- poderma. Der untersuchte Theil der Scheide ist ebenso gebaut, nur mit der Vereinfachung, dass statt der mittleren drei Bündel nur drei in einer Längsscheidewand vorhanden sind. — Ein Querschnitt durch einen starken Blattzahn zeigte acht neben einander liegende Bündel, die, soweit zu erkennen war, in der Mitte Holz und auf beiden Seiten Bast besitzen, also wahrscheinlich aus zweien ver- schmolzen sind. In der Mitte des Zahnes liegen die beiden Bündel noch unverschmolzen, mit den Holztheilen einander zugewendet. Mit den Bündeln correspondiren äussere Sklerenchymstränge. Wäh- rend auf der Oberseite auch zwischen diesen über den Bündeln lie- genden sich noch kleinere Stränge finden, ist dies auf der Unter- seite nicht der Fall. Ein sklerotisches Hypoderma ist auf keiner Seite vorhanden. Das Grundgewebe ist auf beiden Seiten ziemlich gleich entwickelt. Eine detailirtere Angabe aller dieser Verhältnisse welche gerade bei diesem eigenthümlichen Blatte erwünscht wäre, wird sich wohl nur durch frisches Material gewinnen lassen, das mir leider nicht zur Verfügung stand. Ich wende mich nnn zu der speciellen Anatomie der Gewebe- Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 401 formen des Blattes, welche bei E. Lasseauxi näher untersucht wurden (s. Taf. XXIIT, Fig. 1). Die Epidermis (s. Taf. XXIII, Fig. 2) ist bei den in der letzten Gruppe genannten Arten von ziemlich gleicher Beschaffenheit; sie weicht dadurch von dem bei Dikotyledonen gewöhnlichen Bau ab, dass ihre Zellen in Längsreihen geordnet sind, wie wir dies in der Blattscheide europäischer Eryngien, z. B. E. amethystinum, eben- falls finden. Entsprechend der ziemlich aufrechten Stellung der Blätter ist ein Unterschied zwischen Ober- und Unterseite nicht wahrzunehmen. Die Zellreihen bilden mit einander abwechselnde Längsstreifen, da die über den Sklerenchymbündeln liegenden Zellen anders beschaffen sind, als die über dem Pallisadenparenchym. Erstere nämlich sind sehr schmal und in die Länge gezogen, liegen genau in Reihen hintereinander und führen keine Spaltöffnungen ; letztere sind ungefähr ebenso lang oder nur wenig länger als breit, ihre Reihenanordnung ist aber im ausgebildeten Zustande nicht immer deutlich erkennbar, sondern durch die zahlreichen Spalt- öffnungen, welche sie enthalten, einigermassen gestört. Die Spalt- öffnungen sind auf beiden Seiten des Blattes gleichmässig vertheilt; bei allen ist der Porus parallel der Blattnervatur gerichtet. Die Schliesszellen sind halbmondförmig (von oben gesehen) und seitlich von zwei Nebenzellen begrenzt. An diese setzen sich die darunter liegenden Zellen entweder des Pallisadenparenchyms oder des skle- rotischen Hypodermas an, so dass die Schliesszellen frei in die Athemhöhle hineinragen. Ihre Form ist aus Taf. XXIII, Fig. 3 zu erkennen. Das Hypoderma beeinträchtigt nicht das Vorhandensein von Spaltöffnungen, da unter ihnen seine Zellen zur Bildung der Athem- höhle auseinanderweichen. Bei E. Lasseauxi besteht es aus kleinen isodiametrischen sklerotisch verdickten Zellen, welche den chlorophyll- haltigen Zellen knopfartig aufsitzen. Doch können seine Zellen auch anders gestaltet sein; denn z. B. ist es von coUenchymatischer Beschaffenheit in der Blatt scheide von E. aquaticum, aus Skleren- chymfasern wird es gebildet auf der Oberseite des Blattes von E. paniculatum. In dem parenchymat Ischen Gewebe haben wir zu unter- scheiden das chlorophyllführende Pallisadenparenchym und die färb- 402 Martin Möbius, lose Mittelschicht. Die Zellen des ersteren sind zwar alle in der Richtung senkrecht zur Oberfläche des Blattes in die Länge gestreckt, sonst aber von unregelmässiger Form. Sie schliessen nämlich nicht alle lückenlos an einander, sondern lassen häufig kleine Intercellu- laren zwischen sich, indem ihre Wände aus- oder eingebogen sind. Die unter einer Athemhöhle liegenden Zellen hängen oft nur durch zwei seitliche einander zugewandte Aeste zusammen, so dass sie ge- meinsam die Form eines H darstellen. Ihr grösster Durchmesser beträgt nur etwa 0,02 mm. Sie sind also beträchtlich kleiner als die Zellen des farblosen mittleren Parenchyms, welche etwa 0,1 mm laug sind. Diese sind aber in der Längsrichtung des Blattes aus- gedehnt und dabei zwei- bis sechsmal länger als breit. Im Quer- schnitt sind sie rundlich oder polygonal und weichen in den Ecken, wo sie zusammenstossen , etwas auseinander; nach der Mitte neh- men sie an Grösse zu. Ihre schwach verdickten Wände besitzen unregelmässig gestellte Tüpfel. In diesem Parenchym entstehen an den oben bezeichneten Stellen auf schizogenem Wege die Harzgänge. Die das cylin- drische Lumen derselben umgebenden, secernirenden Zellen sind kleiner als die anderen Parenchymzellen und in radialer Richtung des Ganges zusammengedrückt. Das Sekret^) scheint ein Gummi- harz mit zahlreichen eingelagerten Oeltropfen zu sein. Durch Alkanna- tinktur wird es nicht roth, sondern gelblich gefärbt, in heissem Alkohol ist es unlöslich und wird selbst von Kalilauge nicht ver- ändert. Zu den parenchymatischen Zellen gehören auch diejenigen, welche die Diaphragmen in den grossen Luftgängen bilden. Sie sind kurz, von sehr unregelmässiger Begrenzung und bilden ein an In- tercellularen reiches lacunöses Gewebe. Dieses ist angefüllt mit grossen Krystalldrusen von oxalsaurem Kalk, welche sich überhaupt in allen Theilen der in Rede stehenden Pflanzen finden, ganz be- sonders aber in der Umgebung lufterfüllter Räume, wie oben in den 1) Nach van Tieghem ist das Secret der Harzgänge der Umbelliferen: „divers principes immedlats hydrocarbones, dans lesquels Toxygene ou manque completement, ou se trouve en proportiou plus ou moins faible: des huile» essentiels, des resines, des gommes etc." (Sur les canaux secreteurs des plantes. Annales des sciences naturelles. 5. Serie. Botan. 16.) Untersuchungen über die Morphologie uud Anatomie etc. 403 Diaphragmen. So treten sie ferner in grosser Menge in den den Luftgang umgebenden Parcncliymzellen des Blattes von E. panicu- latum auf, während sie bei E. Lasscauxi besonders in dem chloro- -Dhyllführendcn Gewebe, das ja auch viele Intercellularen enthält, vorkommen. Durch ihre mechanische Wirksamkeit sehr wesentliche Ele- mente des Blattes sind die Sklerenchymstränge, da sie den langen, schmalen und dabei aufrecht stehenden Blättern den nöthigen Halt verleihen. Ihr Auftreten und ihre Lage erinnert vollständig an die Blattverhältnisse bei Monokotyledonen ^). Sie bestehen aus Zellen, welche stark verdickte und mit einfachen schiefgestellten Poren versehene Wände und einen plasmatischen Inhalt besitzen. Sie fügen sich mit stark zugespitzten Enden prosenchymatisch in einander und wurden im Blatt von E. Lasseauxi bei einer Dicke von 0,01 bis 0,015 mm 2 bis 3 mm lang gefunden. Ebensolche Sklerenchymfasern bilden auch die Scheiden der Gefässbündel. Die specifischen Elemente der beiden Gefässbündel sind der Weichbast, die Holzzellen und die Holzgefässe. Im Weichbaste sind keine Siebröhren zu erkennen, es finden sich aber lange dünnwan- dige Zellen mit plasmatischem Inhalt, mit theils queren, theils schiefen Wänden an einander stossend, bei denen keine Poren wahr- genommen werden konnten, so dass diese Fasern als gekammerte Zellen mit spitzen Enden gedeutet werden können. Ihre Breite ist der der Sklerenchymfasern gleich, ihre Länge beträgt aber nur etwa 0,3 mm. Das Holz besteht aus .eigentlichen kurzen proscnchyma- tischen Holzzellen mit verdickten und getüpfelten Wänden, aus Tracheiden mit ringförmiger Verdickung, und aus Ring und Spiral- gefässen, deren Weite etwa 0,02 mm im Maximum beträgt und die theilweise einen braunen Inhalt führen. In den Spiralge fassen des Blattes von E. Decaisncanum tritt stellenweise ein der Wand an- 1) Nach Schwendencr (Das mechanische Princip, p. 77) würden sie unter den Querschnittsfoimen des mechanischen Systems in bilateralen Organen den ersten Typus des Sj-stems der subepidermalen Träger repräsentiren : nämlich „zu- sammengesetzte subepidermale Träger in bilateraler Anordnung, mit den tiefer liegenden Mestomsträngen nicht direkt verbunden, denselben aber häufig in Zahl und Lage entsprechend, nur bei beträchtlicher Ueberzahl ohne Beziehung zum Mestom". Jahrb f. wiss. Botanik. XIV. 27 404 Martin Mobius, liegendes schwarzes Secret auf, das sich gegen Kalilauge und Alkohol unverändert hält. Die stärkste Vergrösserung zeigt, dass es aus schwarzen Körnern besteht, die bei gewisser Einstellung violett er- scheinen. Es muss in den Gefässen selbst entstanden sein, denn diese sind von anderen Gefässen oder Holzfasern umgeben M. Ein Cambium ist vorhanden und dessen Thätigkeit noch einiger- massen in der Reihenanordnung der ihm zunächst li&genden Holz- und Bastzellen erkennbar. Was den Verlauf der Gefässbündel be- trifft, so ist darüber in dem oben Gesagten schon einiges angedeutet Würden, was aber noch der Ausführung bedarf. Alle Bündel ver- laufen parallel mit einander durch das ganze Blatt und anastomosiren nur in den Diaphragmen. Die Anastomosen werden in der Art ge- bildet, dass ein direkter Verbindungsstrang von dem grossen wie von dem kleinen Bündel der einen Längsscheidewand zu dem grossen, beziehungsweise kleinen der benachbarten geht und dass diese Commissuren an der Grenze des lacuuösen Gewebes des Dia- phragmas und des Parenchyms der Scheidewand wiederum jederseits durch einen Strang verbunden sind (s. Taf. XXIII, Fig. 4). Eine direkte Anastomose des grossen Bündels mit dem kleinen einer Längsscheidewand findet also nicht statt. Die Gefässbündel am Rande treten allmählich in die Zähne aus, über deren Beschaffenheit ich jetzt noch einige Angaben zu machen habe. Die orrösseren Zähne wiederholen nämlich in kleinerem Maassstabe vollkommen den Bau des Blattes. Ein recht starker Zahn-) am Grunde der Blattfläche von E. Lasseauxi (s. Taf. XXIII, Fig. 5) wird von zwei Luftkanälen durchzogen, welche auch von Diaphragmen unterbrochen werden. Die in der Mitte befindliche Längsscheide- wand enthält zwei übereinander liegende Gefässbündel und zwei Harz- gänge, während an jedem Rande nur ein und zwar normal orien- tirtes Bündel verläuft. Unter der Epidermis zieht sich ringsum ein sklerotisches Gewebe hin. das besonders an den Rändern sehr stark 1) Nach de Bar y (a. a. 0. p. 177) ist bei Pflanzen, die Milchsaft oder harzige oder gerbstoffreiche Secrete in Scialäuchen oder in intercellularen Behältern führen, eine mehr oder minder grosse Anzahl von Gefässen oft längere oder kür- zere Strecken ^veit mit Milchsaft oder mit dem jeweils charakteristischen Secret erfüllt. 2) Ein Blattzabn von E. floribundum wurde schon bei diesem beschrieben Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 405 entwickelt ist; auch über dem kleinen und unter dem grossen Bündel der Längsscheidewand liegt ein starker subepidermaler Sklerenchym- strang. Zwischen diesen Strängen und dem Sklerenchym des Randes ist auf beiden Seiten chlorophyllführendes Pallisadenparenchym aus- gebildet. Ausserdem finden sich noch einige andere, kleinere oder grössere, das grüne Gewebe unterbrechende Sklerenchymstränge. Das die Luftgänge rings umgebende Gewebe ist auch hier farbloses Parenchym. — Ein höher stehender und schwächerer Zahn besitzt keine Luftgänge, sondern die Mitte wii'd durch Parenchym ausge- gefüllt, in dem drei Gefässbündel neben einander und je ein Harz- gang über und unter dem mittleren Bündel verlaufen. Um diesen mittleren Theil liegen je vier Gruppen Pallisadenparenchym und Sklerenchym in gewöhnlicher Weise mit einander abwechselnd. Noch schwächere Zähne besitzen nur zwei, die schwächsten nur ein in lauter sklerenchymatischem Gewebe eingeschlossenes Gefäss- bündel. Der Bündelverlauf beim Eintritt in den Zahn ist ziemlich com- plicirt und lässt sich auf kein bestimmtes Schema zurückführen, da ja wechselnd ein, zwei oder drei Zähne von demselben Punkte ent- springen. Da ferner im Blatte selbst die Anzahl der Bündel am Rande eine w^echselnde ist, so lässt sich schon deshalb keine be- stimmte Regel für ihren Uebergang in den Blattzahn feststellen. Nur soviel kann man sagen, dass bei allen stärkeren Zähnen nicht blos das äusserste, sondern die zwei oder drei äussersten Gefäss- bündel des Blattes den Zahn versorgen und dass dann das äusserste ganz in denselben hinausläuft An der Ansatzstelle der Zähne an das Blatt anastomosiren die äussersten Gefässbündel desselben mit einander und von diesen Anastomosen aus gehen in einen Zahn je nach seiner Grösse ein oder mehrere Bündel , die sich wieder verzweigen können. Nach der Spitze zu legen sie sich aber anein- ander, so dass der oberste Theil nur ein Bündel enthält. An einer Stelle, wo zwei Zähne entsprangen, zeigte sich folgendes Verhalten: Das äusserste Bündel des Blattrandes verläuft ungetheilt in den grösseren Zahn, von den zwei Bündeln der nächsten Längsscheide- wand des Blattes, legt sich das grosse an das äussere an, das kleine theilt sich in zwei Aeste, von denen der eine im Blatt als zweites Bündel von aussen verläuft, der andere sich dreifach theilt. Der 27* 406 Martin Möbius, äusserste Ast dieser drei geht Doch in den grösseren Blattzahn, der mittlere versorgt den kleineren und der innerste bleibt als nunmehr äusserstes Bündel im Blatt. Unterhalb des Ansatzes der Zähne war also nur zu äusserst im Blattrand ein Gefässbündel, dann folgten gleich zwei über einander, oberhalb aber folgte auf das einfache äusserste noch einmal nur ein Bündel in einer Scheidewand. Die verschiedenen Gewebeforraen des Blattes, welche wir soeben der Reihe nach betrachtet haben, entwickeln sich auf folgende Weise. Zuerst lässt sich an dem jungen Blatte nur die Epidermis von einem gleichförmigen Grundgewebe unterscheiden, das etwa zwölf Zelllagen stark ist. Dadurch, dass in den unter der Epidermis liegenden Schichten vorwiegend Zelltheilungen senkrecht zur Oberfläche auf- treten, während sich in den mittleren Schichten die Zellen auch tangential theilen, differenzirt sich ein äusseres, zwei bis drei auf der Oberseite, drei bis vier Zelllagen auf der Unterseite, starkes Gewebe von einem mehrschichtigen, etwa 20 Zelllagen starken mittleren. Auf der Oberseite werden die Zellen des ersteren Gewebes entweder zu kurzen chlorophyllführenden Parenchymzellen oder einzelne Gruppen von ihnen erfahren tangentiale Theilungen und diese neu gebildeten Zellen werden durch bedeutendes Wachsthum in der Längsrichtung des Blattes zu den Faserzellen der subepidermalen Sklerenchym- stränge. Etwas später als auf dieser Seite geht dieselbe Ausbildung auf der Unterseite vor sich, nur mit dem Unterschiede, dass hier die äusserste Lage unter der Epidermis sich zu dem sklerotischen Hypoderma entwickelt. Ehe sich noch die erwähnten Sklerenchym- stränge bilden, beginnt sich das innere Gewebe zu differenziren. Seine Zellen wachsen entweder in die Länge und werden zu den Elementen der Gefässbündel und der diese begleitenden Sklerenchyra- scheiden, oder sie bleiben kurz und geben die Zellen des farblosen Parenchyms. Dabei entsteht aber auffallender Weise der das grosse Gefässbündel liefernde Procambiumstrang weit eher als der, aus dem das obere kleinere hervorgeht. Auch die Harzgänge, welche in den späteren Längsscheidewänden liegen , werden vorher angelegt und zwar zuerst der über dem grossen Gefässbündel liegende. Nachdem in diesem schon die ersten Gefässe angelegt sind und eine lebhafte Cambialthätigkeit eingetreten ist, entsteht erst der das obere Gefäss- bündel liefernde Procambiumstrang. Zur Zeit seiner Entstehung Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 407 weichen schon die Zellen des Parenchyms zwischen den Gewebe- platten, welche die Gefässbündel enthalten, auseinander und bilden Intercellularräume, die rasch an Grösse zunehmen. Da die Zellen an diesen Stellen dem Wachsthum des übrigen Gewebes nicht fol- gen, werden sie zerrissen und zerstört, so dass der weite Luftkanal entsteht. Die Ilarzgänge, welche den äusseren Sklerenchymsträngen anliegen, werden nachträglich gebildet. Nachdem wir so die Entstehung der verschiedenen Gewebe des Blattes verfolgt haben, bleibt noch übrig, die Anlage der Spalt- öffnungen kennen zu lernen. Bevor diese entstehen, sind die Athem- höhlen schon ausgebildet, durch Auseinanderweichen der chlorophyll- führenden Zellen und auf der Unterseite auch der später sklero- tischen Hypodermzellen entstanden. Wie oben angegeben wurde, liegen die Spaltöffnungen in einzelnen Streifen der Epidermis. Die Zellen dieser Streifen sind anfangs in deutlichen Läugsreihen an- geordnet und in der Längsrichtung verkürzt. In einer solchen Zelle entstehen nun von einer Querwand zur anderen senkrecht zur Ober- fläche zwei gegen einander concave \^'ände, die auf der convexen Seite zwei Nebenzellen abschneiden, die mittlere Zelle theilt sich noch einmal längs und bildet so die später auseinanderweichenden Schliess- zellen. Die Zellen, in denen die eben beschriebenen Theilungen stattfinden, dehnen sich in querer Richtung stärker aus als die un- getheilten; letztere strecken sich meist in der Längsrichtung, theilen sich auch wohl durch Längs- und Querwände und dadurch wird die Reihenanordnung in der ausgebildeten Epidermis etwas gestört. Die eben bei E. Lasseauxi beschriebene Entstehung der Spalt- öffnungen ist verschieden von derjenigen, wie sie bei einheimischen Arten, z. B. E. amethystin um, vorkommt. Hier liegen die Zellen anfangs ebenfalls in Reihen, sind aber in der Längsrichtung ge- streckt. Der Anlage der Spaltöffnungen gehen Quertheiluugen vor- aus. Die Mutterzelle der Schliesszellen entsteht entw^eder, indem in einer Zelle eine neue Wand zwei benachbarte Zell wände bogenförmig verbindet und eine zweite Wand von einer der letzteren zur neu- gebildeten Wand sich gleichfalls im Bogen ansetzt oder sie entsteht aus einer der Zellen, die sich aus einer einfachen Zelle durch Thei- lung derselben parallel ihrer Längsrichtung gebildet haben. In 408 Martin MÖbius, dieser Richtung ist auch meist der Porus gestellt; die Reilien- anordnung der Zellen aber ist durch nachträgliches Wachsthum und durch Theilung derselben sehr gestört. III. Anatomie des Stammes. 1. Vegetativer Stamm. Nur wenige Eryngien besitzen einen oberirdischen vegetativen Stamm. Der einzige, den ich unter- suchen konnte, ist der von E. bupleuroides, welcher keine anomalen Verhältnisse darbietet. Es sind in ihm alle Bündel zu einem zu- sammenhängenden Ringe verschmolzen, der innen eine Markkrone bildet und aussen die einzelnen Gruppen des primären Bastes trägt, vor denen die Oelgänge verlaufen. Das Holz besteht aus Tüpfel- gefässen und stark verdickten Tracheiden, der Bast ist theilweise collenchymatisch verdickt. Die äusseren Rindenzellen bilden ein starkes Collenchym, das gleichmässig um den Stamm herumgeht. An einzelnen Stellen findet aussen eine Korkbildung statt. Bei den meisten Eryngien ist der Stamm ein ausdauerndes Rhizom, das im Sommer Blätter und Bliithenschäfte treibt. Die nähere Untersuchung desselben wurde hier wieder bei E. Lasseauxi vorgenommen; zur Vergleichung seien aber auch die Verhältnisse bei einigen einheimischen Arten, wie E. maritimum und E. cam- pestre kurz angeführt. Der anatomische Bau des Rhizoms zeichnet sich dadurch aus, dass in den Gefässbündeln nur Gefässe und Pa- renchymzellen gebildet werden, so dass es aus einem ziemlich weichen Gewebe besteht. Der Gefässbündelring setzt sich aus einzelnen durch schmale Markstrahlstreifen getrennten Bündeln zusammen. Im Holze sind nur die ersten ganz engen Gefässe spiralig verdickt, alle weiteren leiterförmig durchbrochen oder wenigstens mit sehr in die Quere ausgezogenen Poren versehen. Das übrige Holzgewebe ist parenchymatischer Natur, ebenso der Bast, in dem die Siebröhren ganz fehlen. Rinde und Mark bieten keine Eigenthümlichkeiten dar, sie bestehen aus unverdickten Zellen und werden von zahlreichen Oelgängen durchzogen. Die Thätigkeit des Cambiums ist eine sehr Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 409 ausgiebige, so dass bei älteren Rhizomen von E. maritimum eine starke secundäre Rinde gebildet wird, während die primäre unter der äusseren Korkschicht zusammengedrückt ist. Besonders die Dauer der cambialen Thätigkeit und der damit verbundenen Um- stände im Dickenwachsthum sind es, welche das Rhizom der schmal- blätterigen Eryngien vor dem der gewöhnlichen auszeichnen. Bei E. Lasseauxi besteht die erste Axe des Rhizoms aus einem dicken Kegel, der seine Spitze nach unten richtet und von zahl- reichen Adventivwurzeln in ähnlicher Weise gehalten wird, wie wir es z. B. an dem Stamm von Pandanus sehen. Später treibt der Stamm Seitenzweige, die in horizontaler Richtung den Boden durch- kriechen und auf" der Unterseite Adventivwurzeln bilden. Seine anato- mische Beschaffenheit entspricht im wesentlichen dem Typus derDikotylen und ist derjenigen der ebenbeschriebenen Arten sehr ähnlich, weicht aber im Dickenwachsthum in einer merkwürdigen Weise ab, welche ich zuletzt beschreiben will. — Die nach oben gekehrte Basis des Kegels ist am Rande etwas höher als in der Mitte und trägt die grundständige Blattrosette, welche den Vegetationspunkt umgiebt. Derselbe besitzt einen für eine dikotyle Pflanze merkwürdig stark gewölbten Scheitel und wird von den jungen Blattanlagen überdeckt; das Dermatogen, vier bis fünf Zelllagen von Periblcm und drei bis vier des Pleroms sind deutlich zu unterscheiden. Die Zone, in welcher die Gefässbündel aus den jungen Blättern austreten, erwei- tert sich rasch zu dem Gefässbündelring. Dieser besizt im stärksten Theile des Stammes nur eine geringe Stärke im Verhältniss zu Rinde und Mark, ist aber sehr reich an Gefässbündeln, denn bei einem Stammquerschnitt von 3 cm stehen etwa 160 Bündel in dem Ringe (s. Taf. XXII, Fig. 4). Dieselben sind theils zu mehreren durch ein nur kurze Zeit thätiges Cambium verbunden, theils sind sie durch Markstrahlen, die aus parenchymatischen Zellen mit stark lufthaltigen Intercellularen bestehen, von einander getrennt. Sie be- stehen im Holze nur aus Spiralgefässcn und Parenchym, im Baste nur aus Parenchym, dessen Zellen die Gestalt der Cambiumzellen behalten und ihre Wände, besonders in den zusammenstossenden Kanten etwas verdicken. Andere mechanisch verstärkende Elemente, deren ja auch das durch den Erdboden und die Wurzeln genügend gestützte Rhizom nicht bedarf, fehlen ganz. Der Gefässbündelring 4.10 Martin Möbius, umscliliesst ein ansehnliches Mark von weichem paienchymatischem Gewebe, das von zahlreichen Harzgängen in sehr unregelmässigem Verlaufe durchzogen wird. Die Rinde ist sehr stark und besteht ebenfalls nur aus parenchymatischen Zellen und enthält, wie das Mark, eine grosse Anzahl von Harzgängen ohne regelmässige An- ordnung. Ausserdem treten in der Rinde zahlreiche kleinere Gefäss- bündel auf, welche annähernd in concentrischen Kreisen um den centralen Büudelring liegen, und, je weiter nach aussen, um so mehr in der Ebene des Querschnitts verlaufen. Fast das ganze Rhizom ist nämlich noch bedeckt mit den Ansatzstellen der früher abge- fallenen Blätter, so dass auch im unteren Theile noch in der Pe- ripherie der Rinde Blattspursträuge auftreten, die theilweise in tan- gential schiefer Richtung und fast in der Ebene des Querschnitts verlaufen. Es erklärt sich dies daraus, dass die unteren Blätter, ^Yelche noch nicht durch andere gestützt und gehalten w^urden, eine stärkere Befestigung brauchten. Diese wird erzielt, indem die seit- lichen Spurstränge, wenn die Blattbasis nicht stengel umfassend ist, den Stengel umfassen und in tangential schiefem Bogen bis auf die Rückseite des Stammes verlaufen.^) Beim Ansätze des Blattes an den Stamm vereinigen sich die beiden übereinanderliegenden Bündel des ersteren und treten als eines in die Rinde ein. Sie durchsetzen dieselbe in der oben angegebenen Weise, um sich an den centralen Bündelring anzulegen. Einzelne aber treten nicht einfach von aussen in den Ring ein, sondern biegen erst bis in das Mark ein, um dann, sich nach unten und aussen \Yendend, sich mit dem Bündelring zu vereinigen. Dadurch erhält man im Querschnitt an manchen Stellen markständige Bündel, aber nur unmittelbar hinter denen des allge- meinen Bündelrings. Diese letzte Eigenthümlichkeit schliesst sich wiederum mehr dem Verhalten der Monokotylen als der Dikotylen an, denn bekanntlich ist bei den Palmen das Einbiegen der Blatt- spurstränge nach innen typisch. Die oben angedeutete Eigenthümlichkeit des Dickenwachsthums besteht in der Bildung eines secundären extrafascicularen Cambiums, welches am meisten an das von Yucca, Dracaena u. a. erinnert. 1) Siehe Schwendener, mechanisches Prineip, p. 138, wo diese Verhält- nisse für Palmen und Dracänen angegeben werden. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 411 aber sowohl von diesem wie von dem bei den Menispermaceen, Chenopodiaceen u. a. auftretenden nicht unwesentlich abweicht. Diese neue Zuwachszone ist eine ziemlich späte Bildung, sie ent- steht nach dem Erlöschen der Thätigkeit des ersten Cambiums unterhalb der Ansatzstelle der äussersten noch grünen Blätter, aber die Zellen der Rindenschicht, in welcher sie sich bildet, zeigen schon sehr frühe eine von den andern Rindenzellen abweichende Gestalt durch ihre tangentiale Streckung. Etwa fünf Zelllagen von dem primären Bast entfernt treten nun in diesen Rindenzellen tangentiale Theilungen auf (s. Taf. XXII, Fig. 5) und es bildet sich ein Cam- bium, w^elches nach aussen und innen Zellen abscheidet. Anfangs geschieht dies an einzelnen Stellen eine kurze Strecke weit, bald aber bildet sich eine rings um den primären Bündelring gehende zusammenhängende Zuwachszone, die nur an wenigen Stellen durch schmale Streifen des Grundgewebes oder durch eintretende Blattspurstränge unterbrochen wird. Sie liefert Reihen von 20—30 hinter einander liegenden Zellen, von denen die nach aussen abge- schiedenen sich ebenso gestalten, wie die des Bastes im inneren Bündelriüg, jedoch ein etwas weiteres Lumen als diese haben. Von den nach innen abgeschiedenen Zellen bleiben die einen unverändert, die andern werden zu ganz kurzgliedrigen und in Folge dessen nach allen drei Richtungen ziemlich gleichmässig verlaufenden Holzgefässen, die leiterförmig oder porös, niemals spiralig verdickt sind. Ihre auein- anderstossenden Querwände sind kreisförmig durchbrochen (s. Taf. XXII, Fig. 6). Die Ansicht des sekundären Bündelrings auf dem Quer- und Längsschnitt ist eine sehr ähnliche. Die Anlage eines dritten Yer- dickungsiinges wurde nirgends beobachtet. Der Unterschied also dieser Bildung bei Eryngium von der analogen bei den Aloineen und Dracaeneen, sowie von der bei den Dikotylen und Gymno- spermen mit erneuerten Zuwachszonen ^) liegt darin, dass, wenn auch bei diesen nach aussen und innen Zellen abgeschieden werden, doch nach aussen nur ganz wenig Rinde gebildet wird und dass aus den nach innen abgeschiedenen Zellen isolirte Fibrovasalstränge hervorgehen. 1) S. de ßary a. a. 0. p. 582 u. p. 636. 412 Martin Möbius, 2. Inflorescenzaxe. Von nicht sclimalblätterigen Arten wurden zur Vergleichung untersucht die Stengel von E. planum, E. giganteum und E. campestre. Dieselben weichen von dem ge- wöhnlichen Stammbau der Umbelliferen sowie auch von einander wenig ab. Bei E. planum sind die ersten Rindenschichten unter der Epidermis, und in den Vorsprüngen des Stengels eine grössere Zellgruppe, collenchymatisch verdickt. Die parenchymatischen Rinden- zellen sind tangential gestreckt und bilden ziemlich weite Intercellu- larräume. Der Gefässbündelring wird von einzelnen nirgends durch ein Interfascicularcambium verbundenen Bündeln gebildet, die in den VorsprÜDgeu etwas weiter nach aussen treten, als an den anderen Stellen. Der Holztheil, der aus Gefässen und sklerotischen Zellen besteht, umgreift den Bast halbmondförmig auf beiden Seiten und hat innen noch eine collenchymatische Scheide. Die Zellen der Markstrahlen sind radial gestreckt, an manchen Stellen tritt bei ihnen eine sklerenchjmatische Verdickung ein, so dass sie eine Ver- bindung zwischen den benachbarten Holztheilen zweier Bündel bilden. Das Mark besteht aus rundlichen, lütercellulare zwischen sich lassenden Zellen. Ausserhalb und innerhalb der Gefässbündel verlaufen parallel mit ihnen die Oelgänge. Der Stengel von E. giganteum besitzt dieselben Gewebe in gleicher Vertheilung, unterscheidet sich aber dadurch von dem des E. planum, dass wenigstens zwischen einigen Bündeln ein Inter- fascicularcambium gebildet wird, und dass die Grenze zwischen Holz und Bast eine gerade ist. Im Gefässbündelring von E. campestre geht die Verschmelzung der Bündel noch weiter, denn sämmtliche hängen mit ihren Holz- theilen zusammen und auch ein nur an wenigen Stellen unter- brochenes Interfascicularcambium ist vorhanden, die primären Bast- theile aber liegen von einander getrennt. Von schmalblätterigen Arten konnte die Inflorescenzaxe unter- sucht werden bei E. aquaticum, E. paniculatum und E. Decaisneanum. Bei allen ist der Schaft in der Mitte von einer weiten cylindrischen Höhlung durchzogen, die nur bei E. aquaticum an den Knoten ge- schlossen ist, indem hier das Mark eine verhältnissmässig grosse Strecke erhalten bleibt. Die Luftgänge aber, welche in der Rinde von E. aquaticum und E. Decaisneanum auftreten, durchziehen zwar Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 413 das ganze Internodium, sind jedoch an den Knoten geschlossen und alterniren mit denen des darüber und darunter befindlichen Inter- nodiums; auch mit den Luftgängen der Blätter stehen sie in keiner Verbindung, denn diese endigen blind an der Ausatzstelle des Blattes. Der anatomische Bau ist bei jedem etwas verschieden, auch hier sind, wie in den Blättern die Verhältnisse bei der erstgenannten Species am einfachsten und normalsten. E. aquaticum (s. Taf. XXIV, Fig. 1) besitzt unter der Epider- mis zunächst ein durchgehendes sklerotisches Hypoderma, das eine Zelllage stark und nur unter den Spaltöffnungen unterbrochen ist. Darunter liegen in den etwa 18 Kanten des Stengels Sklerenchym- bündel, die keilförmig nach innen vorspringen, während zwischen diesen, meist zwei, flachere Stränge von Sklerenchymfasern auftreten. Das andere zunächst unter dem Hypoderma liegende Gewebe ist chlorophyllhaltig und bildet eine Art Pallisadenparenchym, dessen Zellen aber allmählich in die längsgestreckten Zellen des farblosen Rindenparenchyms übergehen. Dieses wird von weiten Luftkanälen, deren einer jedesmal einer Vertiefung des Stengels entspricht, durch- zogen. Der Gefässbündelring erscheint auf dem Querschnitt nicht kreisförmig, sondern zieht sich bogenförmig um die Luftkanäle, so dass er zwischen denselben jedesmal einen Vorsprung nach aussen bildet. Die Gefässbündel haben starke sklerenchymatische Scheiden, welche auf der Aussenseite getrennt bleiben, auf der Innenseite aber zu einer mächtigen alle Bündel vereinigenden Scheide zusaramen- fliessen. Ausserdem sind die unter den Luftkanälen liegenden Bündel durch ein Interfascicularcambium vereinigt, während die in den Vorsprüngen liegenden sich an der Bildung desselben nicht be- theiligen. Auch sind letztere durch einen grösseren Zwischenraum von den nahe zusammenliegenden und den Bogen bildenden Bündeln entfernt. Die Gefässbündel laufen durch das ganze luternodium mit einander parallel, selbst im Knoten finden keine Anastomosen statt, llarzgänge fehlen auch in der Inflorescenzaxe nicht und zwar liegt ziemlich regelmässig je einer vor und hinter jedem Gefässbündel. Bei E. paniculatum (s. Taf. XXIV, Fig. 2) liegt unterhalb der verdickten Epidermis eine ringsum gehende Collenchymschicht, welche kleine Gruppen dünnwandiger chlorophyllhaltiger Zellen einschliesst. 414 Martin MÖbius, Es fehlen also die für den Umbelliferenstengol charalitciistischen collenchymatischen oder sklerenchymatischcn Stränge in den Kanten des Schaftes. Auf die Collenchymschicht folgt ein starkes Rinden- parenchym und auf dieses der Gefässbündelring, der den Rest des Markes mit dem Hohlraum umschliesst. Rinde und Mark werden von Harzgängen durchzogen; besonders zahlreich treten dieselben an der Grenze von Collenchj^m und Parenchym auf, sie finden sich auch im Mark regelmässig hinter den tiefer in dasselbe hineinragenden Gefässbiindeln gelegen und sonst unregelmässig zerstreut. Die Luft- kanäle in der Rinde fehlen. Der Bündelring zeigt ähnliche Ein- buchtungen wie der von E. aquaticum, nur sind sie viel unregel- mässiger. Die vorspringenden Stellen werden nicht von einem Bündel gebildet, sondern die Bündel sind hier gleichförmig auf den Umfang vertheilt, so dass die Grenze zwischen Holz und Bast bei einigen fast senkrecht gegen die Stammoberfläche gerichtet ist. Ein verbindendes Interfascicularcambium fehlt, doch ist in jedem Bündel eine cambiale Thätigkeit aus der Reiheuanordnung der Zellen an der Holz- und Bastgrenze deutlich zu erkennen. Jedes Bündel ist auf der Innenseite von einer stark sichelförmigen Skleren chymscheide umgeben. Diese einzelnen Scheiden sind bald durch einige Zell- reihen parenchymatischen Gewebes getrennt, bald stossen die meh- rerer benachbarter Bündel zusammen und bilden eine kleinere oder grössere Reihe durch eine gemeinsame Scheide vereinigter Bündel. Auf der Bastseite sind die Gefässbündel ebenfalls von einer Skleren- chymscheide umgeben, aber die Bastscheiden der benachbarten Bündel bleiben wie bei E. aquaticum getrennt. Zur Erhöhung der Festigkeit des Stengels und gewissermassen zum Ersatz der fehlenden äusseren Sklerenchymstränge dienen nun eigenthümliche rindenständige Bündelgruppen, welche an die Ver- hältnisse bei rankenden Sapindaceen erinnern. Wir finden nämlich auch in der Rinde Gefässbündel in verschiedener Anzahl zu kleinen in sich geschlossenen Ringen oder Gruppen verbunden, durch eine gemeinsame sklerotische Scheide auf der Holzseite vereinigt und auf der Bastseite von unter sich getrennten Sklerenchymscheiden um- geben (s. Taf. XXIV, Fig. 4). Oft legen sich nur zwei Bündel mit den Holztheilen an einander und werden in eine gemeinsame Skle- renchymscheide eingebettet, es treten aber auch bis zu sieben Bündel Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 415 zusammen und stehen dann in einem Ringe, in dessen Mitte noch parenchymatisches Grundgewebe als ein Mark übrig bleibt, welchem alle Bündel ihre llolztheile zuwenden. Grössere solcher Gruppen oder Ringe liegen meist in einer Einbuchtung des grossen Bündel- rings, eine regelmässige Anordnung ist dabei nicht wahrzunehmen. Diese rindenständigen Bündelgruppen treten in gleicher Weise in der Infloresccnzaxe von E. Decaisneanum auf, doch ist dieselbe unschwer von der des E. paniculatum durch andere Eigenthümlich- keiten zu unterscheiden. Erstens nämlich ist hier keine zusammen- hängende Collenchymschicht unter der Epidermis vorhanden, sondern ein collenclnmatisches Hypoderma von einer Zelllage, unter welchem breitere Streifen collenchymatischen Gewebes mit schmäleren Streifen von chlorophyllführendem Pallisadenparenchym regelmässig abwech- seln. Zweitens treten in der Rinde in ziemlich gleichen Abständen Luftcanäle auf, wie bei E. aquaticum, doch sind sie hier enger und zahlreicher als bei jenem. Drittens zeigt der Bündelring andere Verhältnisse dadurch, dass er weniger in die Rinde vorspringende Bündel enthält als vielmehr einzelne Bündel in das Mark hinein- drängt. Auf dem Querschnitt betrachtet, besteht er aus einzelnen nach innen concaven Bögen von verschieden vielen Bündeln, die in einer gemeinsamen Sklerenchymscheide liegen. Die Bögen sind meist durch einen schmalen Streifen parenchymatischen Gewebes getrennt, sel- tener verschmolzen. Ein fernerer Unterschied von E. paniculatum liegt darin, dass auch die Sklcrenchymbekleidungen auf der Bast- seite der einzelnen Bündel sich zu einer gemeinsamen Scheide ver- einigen. An vielen Bündeln selbst ist auffallend, dass die Grenze zwischen Holz und Bast eine nach aussen stark concave Linie bildet, der Holzthcil also den Basttlieil auf beiden Seiten umgreift. Ein- zelne Bündel, die jedoch auch Blattspurstränge sind, werden so weit in das Mark hineingedrängt, dass sie vollständig von dem grossen Bündelring abgeschlossen werden und in einer eigenen durch Mark- parenchym von den anderen getrennten Sklerenchymscheide liegen. Schliesslich sind auch die Harzgänge in grösserer Menge als bei E. paniculatum vorhanden: ihre Anordnmig richtet sich theilweise nach den Gefässbündcln, indem ausserhalb und innerhalb fast jedes Bün- dels ein Harzgang gelegen ist, ausserdem liegt einer hinter jedem Collenchymstrang der Rinde, und finden sie sich in unregelmässiger 416 Martin Möbius, aber reicher Yertheilung im Marie. Die Inllorescenzzweige höherer Ordnung weichen etwas von dem oben beschriebenen Verhalten der Hauptaxe ab und zwar dadurch, dass das Pallisadenparenchym hier stärker als das Collenchym entwickelt ist, während dort das Ent- gegengesetzte der Fall war. Ferner hängen hier alle Gefässbündel des inneren Bündelringes durch sklerenchymatisches Gewebe voll- ständig zusammen und der Ring ist regelmässig eingebuchtet. Ein- zelne losgetrennte Bündel im Marke finden sich auch hier, aber die rindenständigen Gefässbündelgruppen fehlen gänzlich. IV. Anatomie der Wurzel. Die Hauptwurzel ist nur noch an jungen Keimlingen vor- handen, sie stirbt bald ab und ward ersetzt durch zahlreiche Ad- ventivwurzeln, welche, wie bereits erwähnt, aus dem Rhizom ent- springen. Der Bau derselben stimmt mit dem überein, welchen van Tieghem^) für die Adventivwurzeln der Umbelliferen beschreibt. Die Zellen der Epidermis sind in der Längsrichtung gestreckt und ungefähr ebenso hoch wie breit, ihre Aussenwände sind schwach verdickt. Die äusserste Zelllage der Rinde zeichnet sich vor dem übrigen Rindenparenchym dadurch aus, dass ihre Zellen in radialer Richtung eine grössere Ausdelmung als in tangentialer besitzen, was bei den andern nicht der Fall ist. Die Rinde entwickelt sich sehr stark und wird bei älteren Wurzeln von schmalen Luftgängen durchzogen.^) Ihre Zellen liegen in radialen Reihen und concentrischen Kreisen, weichen aber schon sehr bald an den Ecken auseinander, so dass hier kleine lufterfüllte Intercellularräume gebildet werden. Im Pa- renchym und besonders häufig an den Rändern der Luftgänge treten 1) Van Tieghem. Symmetrie de structure des plantes (Annales des Sciences naturelles. 5. Serie. Botanique 13). 2) Diese Luftgänge treten auch auf bei Oenanthe Phellandrium nach van Tieghem a. a. 0. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 417 in der Längsrichtung gekammerte Zellen auf, welche in jeder Kammer eine grosse Druse von oxalsaurem Kalk enthalten. Wir sehen also hier wiederum die schon oben (p. 400) erwähnte Erscheinung, dass die Drusen sich am häufigsten an der Grenze lufterfiillter Räume finden. Die innerste Zellenlage der Rinde bildet die innere Endo- dermis oder Schutzscheide, welche auf dem Querschnitte sehr deut- lich in ihren radialen Wänden den charakteristischen schwarzen Punkt zeigt. Der innere Cylinder, den sie umschliesst, wird vom Pericambium umgeben. Schon sehr frühe finden in den Zellen des- selben Theilungen statt, Avelche zur Bildung secrethaltiger Intercellular- räume führen. Diese Oelgängc bilden sich noch vor der Anlage des Gefässbündels, aber so, dass vor jeder Gefässgruppe eine unpaare Anzahl von ihnen liegt: einer in der Mitte von vier Zellen und ein oder zwei an jeder Seite von drei Zellen begrenzt. Sie bilden sich auf folgende Weise : von den Aussenwänden zweier benachbarter, im Querschnitt etwa quadratischer, Pericambiumzellen ziehen sich Wände schräg nach demselben Punkte der gemeinsamen Wand, so dass in beiden Zellen je eine kleinere dreieckige und eine grössere fünfeckige Zelle abgeschnitten wird. Wo diese vier Zellen zusammenstossen, weichen sie zur Bildung eines Oelgangs auseinander. In den Zellen des Pericambiums, welche neben den fünfeckigen liegen, treten gleich- falls Wände auf, die sich von der Aussenwand schräg nach der dem ersten Oelgang zu gelegenen Radial wand ziehen, und so wird hier wiederum jede Zelle in eine kleinere dreieckige und grössere fünfeckige getheilt, die mit der benachbarten fünfeckigen den nun entstehenden Oelgang umgeben. Dies geschieht in einer oder zwei Zellen auf jeder Seite der mittleren zwei Zellen. Gerade unter dem mittelsten Oelgang wird das erste Gefäss des Holztheils ausgebildet. Die Anzahl der Gefässgruppen und somit auch der Gruppe von Oelgängen im Pericambium richtet sich nach der Stärke der Wurzel und schwankt zwischen zwei und neun. Meist werden in einem Theile des Holzkörpers nur drei Gcfässe hintereinander angelegt. Zwischen ihnen und mit ihnen durch parenchymatisches Gewebe verbunden liegen die Bastgruppen, anfangs dicht an das Pericam- bium anstosscnd, bald aber durch eine von den Pericambiumzellen abgeschiedene Zelllage davon getrennt. Dass hier ein fünfeckiger, aussen von zwei Pericambiumzellen, innen von drei Bastzellen um- 418 Martin Möbius, gebener Oelgang liege, wie ihn van Tieghem^) für alle Wurzeln der ümbelliferen beschreibt, konnte ich nirgends finden. Innerhalb der Holz- und Bastgruppen liegt ein starker Markcylinder, welcher auch bei älteren Wurzeln erhalten bleibt. Das Dickenwachsthum der Wurzel geschieht in der Weise, dass von einem Holztheil zum andern in einem Bogen innen um den Bast die Zellen des dazwischen liegenden Gewebes sich tangential th eilen und eine cambiale Thätig- keit entwickeln. Da sich auch die inneren grossen Zellen, die den über den primären Holzgefässen liegenden Oelgang begrenzen, tan- gential theilen, so wird eine ringsum zusammenhängende Cambium- zone gebildet, die nach aussen Bast, nach innen Holz abscheidet. Die Elemente des sekundären Holzes sind Holzfasern und weite mit schmalen quergestreckten Poren versehene Gefässe, während die pri- mären Gefässe eng und spiralig verdickt sind. So entsteht ein zu- sammenhängender Holzring, welcher gegen das Mark zu kreisförmig begrenzt ist. Weitere Veränderungen des Dickenwachsthums sind, dass sich auch die kleinen dreieckigen Zellen , welche die mittleren Oelgänge von aussen begrenzen, tangential theilen, und dass die Schutzscheide, um der Ausdehnung zu folgen, in ihren Zellen radiale Theilungen, besonders über den Oelgängen erfährt; diese Theilwände entbehren aber des charakteristischen schwarzen Punktes, den die Wände der primären Schutzscheidezellen zeigen. Im Vegetationspunkte lassen sich nur zwei Meristeme unter- scheiden, nämlich das Plerom und dasjenige, aus welchem Periblem, Epidermis und Wurzelhaube ihren gemeinsamen Ursprung nehmen. Der Pleromkörper endet mit einer ziemlich starken Wölbung; seine äusserste Zelllage setzt sich als Pericambium deutlich von dem inneren Strang ab, der aus länger gestreckten Zellen gebildet wird; nur unmittelbar am Scheitel sind die inneren Zellen noch nicht in der Längsrichtung ge- streckt, lieber demPleromscheitel lässt sich die radiale Reihenanordnung der Zellen bis in die Spitze der Wurzelhaube verfolgen; weiter nach aufwärts sind dann die Schichten des Periblems, die junge Epider- mis und die Wurzelhaube als differenzirte Gewebe zu erkennen. 1) VanTieghem: Sur les canaux secrfeteurs des plantes. (Annales des Sciences nat. 5. Serie. Botanique 16.) Untersuchungeü über die Morphologie und Anatomie etc. 419 Dieser Bau der Wurzelspitze, welcher sich sowohl bei europäischen als bei amerikanischen schmalblätterigen Arten findet, stimmt mit dem überein, wie er auch für andere Umbelliferen (Selinum deci- piens, Levisticum officinale) beschrieben wird^). Die Anlage der Nebenwurzeln (s. Taf. XXIV, Fig. 5) geschieht hier nicht, wie bei den meisten Dilvotylen direkt vor den Holz- theilen, sondern an dieser Stelle bleibt der mittlere Oelgang be- stehen. Die lateralen Oelgänge werden aber, wenn eine Nebenwurzel angelegt werden soll, nicht ausgebildet. Es findet vielmehr an diesem Orte eine lebhafte Tangcntialtheilung des Pericambiums statt und es entsteht dadurch zunächst ein kleiner Höcker, welcher die Schutzscheide vor sich herschiebt. Diese folgt eine Zeit lang dem Wachsthum, indem ihre Zellen sich durch radiale Theilungen ver- mehren, und bleibt der äusserste Ueberzug der jungen Neben wurzel, ohne sich an der Bildung der Wurzelhaubc zu betheiligen. An weiter vorgeschrittenen Nebenwurzeln ist die Schutzscheide nicht mehr zu erkennen und ist sie wahrscheinlich wie die im Wege lie- genden Rindenzellen zerdrückt worden. Am Grunde der Neben- wurzel entsteht eine Zellschicht in dem noch undifferenzirten Ge- webe des inneren Cylinders, welche durch w^iederholte tangentiale Theilungen immer neue Zellen nach aussen abscheidet und der Nebenwurzel hinzufügt. Diese treten aber nur zu dem Plerom- strang, während die übrigen Gewebeformen aus dem Pericambium hervorgehen. Die Holzgefässthcile, deren die Nebenwurzel meist zwei besitzt, legen sich an die beiden Holztheile der Haupt wurzel an, zwischen denen jene entsteht. 1) Dr. Jac. Erickson. Das Urmeristem der Dikotylenwurzeln. (Pringsh. Jahrb. XI. Bd. 1878.) Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. 420 Martin Möbius, V. üebersicht der Ergebnisse. Samen. Keimung. UeberblickeD wir die im Vorhergehenden geschilderten Eigen- thümlichkeiten der parallelnervigen Eryngien, so ergiebt sich für sie offenbar ein merkwürdiges Gemisch aus den anatomischen Eigen- schaften der Di- und Monokotylen, das sich am besten erkennen lässt, wenn wir den Aufbau der Pflanze verfolgen. Ihrem Habitus nach hätte man es für möglich halten können, dass die Monokotylen- ähnlichen Eryngien auch nur mit einem Kotyledon keimten, allein, wie sich schon aus der Untersuchung reifer Samen von E. aquati- cum ergab, besitzt der Embryo zwei Kotyledonen, zwischen denen ein breiter Stammscheitel liegt (s. Taf. XXIV, Fig. 6). Die Koty- ledonen der gekeimten Pflänzchen, auch die der ganz parallelnervi- gen, wie E. Lasseauxi, sind gestielt, verkehrt eiförmig, netzadrig und ganzrandig. Auch die ersten Laubblätter, welche mit jenen decussirt stehen, haben eine ähnliche Form, sind aber mit breiten Zähnen versehen (s. Taf. XXIV, Fig. 7); die späteren Blätter werden immer schmäler und ihre Zähne immer mehr auf stachelähnliche Gebilde reducirt; dabei verlaufen die Hauptgefässbündel parallel neben einander, sind aber noch durch netzadrige Anastomosen ver- bunden (s. Taf. XXIV, Fig. 8). Schon mit der Anlage der ersten Laubblätter treibt das hypokotyle Glied Aventivwurzeln, die sich bald stärker als die Hauptwurzel entwickeln. Diese enthält eine Gefässplatte , die in der Ebene der Kotyledonen liegt. Vor jeder Hälfte der Gefässplatte liegt ein Oelgang, während auf beiden Seiten eine Cambiumschicht und Bastgruppe vorhanden ist. Im hypokotylen Glied bleibt diese Anordnung bis fast zur Insertion der Kotyledonen erhalten, doch weichen die Gefässe etwas auseinander, so dass in der Mitte sich einige Markzellen einschalten können. Auch ver- schwinden hier Schutzscheide und Pericambium, die in der Wurzel deutlich hervortreten. Diese Verhältnisse stimmen also ganz mit denen überein, welche für andere Umbelliferen angegeben werden^). Dasselbe ist, wie ich hier gleich bemerken will, der Fall bei der 1) Vergl. van Tieghem: Sur les canaux secreteurs des plantes. (Annales Sciences nat. 5» Serie. Botanique 16.) Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 421 anatomischen Beschaffenheit der Adventivwurzel. Auch der Vege- tationspunkt der Wurzel ist so gebaut wie bei den bisher unter- suchten ümbelliferen. Das junge Stämmchen wächst zunächst in normaler Weise in die Dicke und wird dabei zu einem verkehrt kegelförmigen Ge- bilde, einem Rhizom, das uns wiederum in seinem äusseren Ansehen an die analogen Gebilde mancher Monokotylen, wie z. ß an den Stamm von Veratrum, oder, wie oben (p. 407) erwähnt, an den von Pandanus erinnert, und so gleichen auch die kriechenden Verzweigungen, welche daraus entstehen, auffallend denen gewisser Monokotylen, z. B. Iris. Was die anatomische Be- schaffenheit des Rhizoms betrifft, so entspricht zwar der Bau der Gefässbündel und die Anordnung derselben in einen Ring dem nor- malen Verhalten der Dikotylen, aber zwei Eigenthümlichkeiten sind hier vorhanden, die den Monokotylen entlehnt zu sein scheinen. Einmal nämlich das Einbiegen mancher Blattspurstränge in das Mark vor der Vereinigung mit dem gemeinsamen Bündelring, wie es für den Gefässbündelverlauf der Palmen so charakteristisch ist, und sodann das anomale sekundäre Dickenwachsthum, das durch einen zweiten extrafascicularen Verdickungsring bewirkt wird. Letzteres, wenn auch von ganz specifischem Verhalten, kommt der bekannten Erscheinung bei Yucca, Dracaena u. ähnl. am nächsten, schliesst sich also wiederum den Monokotylen an. Wenden wir uns nun zu den Blättern, so kommen wir zu dem Punkt, worin zuerst die auffallende Aehnlichkeit der betreffenden Eryngien mit Monokotylen constatirt wurde, wie dies in der Ein- leitung hervorgehoben ist. Es sei hier nur noch darauf aufmerksam gemacht, dass schon in den Namen verschiedener Species diese Aehnlichkeit ausgedrückt ist, wie E. yuccifoliura (syn. aquaticura L.), E. bromeliaefolium Delar., E. pandanifolium Cham., E. luzulaefolium Cham., E. junceum Cham, und E. scirpinum Cham. Dabei ist nicht nur die Form, sondern auch die bedeutende Grösse, weicht einzelne dieser Blätter erreichen können, auffallend, denn für E. pandanifolium giebt Chamisso an, dass die Wurzelblätter bei einer Breite an der Basis von 18 Linien fast 5 Fuss lang werden. Es hat sich denn auch gezeigt, dass der anatomische Blattbau solcher Arten durchaus von monokotylem Typus ist. Zuerst wurden dafür 26* ^22 Martin Mübius, nur angeführt^) die loDgitudinalen von Querplatten unterbrochenen Luftkanäle, wie sie sich z. B. bei Musa wiederfinden. Dazu kommen aber noch Analogien in der Vertheilung und Zellform der einzelnen Gewebe. In der Epidermis zunächst finden wir eine regelmässige Reihenanordnung der Zellen und eine bestimmte Richtung in den Poren der Spaltöffnungen, welche selbst auf eine von der bei euro- päischen Eryngien abweichende Art entstehen. Sogar solche Einzel- heiten, wie das Vorhandensein von einzelligen Trichomen, das sonst bei manchen Gräsern beobachtet wird, zeigt sich wieder bei E. erio- phorum und E. junceum, Arten mit ganz schmalen grasähnlichen Blättern. Ferner tritt das chlorophyllführende Gewebe ziemlich gleichmässig auf beiden Seiten auf und lässt ein starkes chlorophyll- freies Parenchym zwischen sich, in dem die Gefässbündel verlaufen. Ausser diesen dienen zur mechanischen Verstärkung subepidermale Sklerenchymstränge oder -platten, welche auffallend an die mecha- nischen Einrichtungen bei Blättern von Monokotylen erinnern. Für die Gefässbündel lassen sich ganz besondere Eigenthümlichkeiten constatiren. Wir sehen nämlich zwar z. B. bei Dasylirion auch in regelmässiger Weise zwei Gefässbündel über einander auftreten, aber immer sind beide normal orientirt. So scheint denn die verkehrte Lage des oberen Bündels, das dem unteren seinen Holztheil zu- wendet, wie dies der Fall bei der zuletzt beschriebenen Gruppe von Eryngienblättern ist, eine selten auftretende Erscheinung zu sein. Man könnte daran denken, dass die verkehrte Lage des oberen Bündels zur Unterstützung der Ansicht diene, die Blätter als um- gebildete Blattstiele aufzufassen, da ja in diesen die Bündel häufig im Kreise liegen und sich folglich ihre Holztheile zuwenden. Aber gerade bei den ganz schmalblätterigen Arten, wie E. scirpinum, junceum u. a., deren Blätter man mit noch grösserem Rechte als Blattstiele betrachten könnte, liegen beide Bündel normal, d. h. beide den Holztheil nach oben wendend. Wir müssen also jene verkehrte Bündellage einfach als eine Eigenthümlichkeit der breiteren parallelnervigen Arten betrachten und werden richtiger ihre Blätter als eigenthümlich umgestaltete Blattflächen, deren Fiederlappen auf Zähne reducirt sind, auffassen, umsomehr, als diese Zähne, wie 1) Decaisne, a. a. 0. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 423 obeu gezeigt wurde, vollständig die Struktur des Blattes wiederholen können. Ausserdem sehen wir, dass Uebergänge von breiten fieder- artigen Blattzähnen, wie z. B. bei E. elegans zu ganz schmalen stachelähnlichen Bildungen wie bei E. stenophyllum und vielen anderen vorhanden sind. Wir finden dann auch Uebergänge von unseren einheimischen Arten mit zcrtheilten Blättern bis zu den rein parallelnervigen, ebensowohl in der äusseren Blattform als auch in den anatomischen Eigenthümlichkeiten des Blattbaues, wie dies bei der ausführlichen Beschreibung desselben hervorzuheben gesucht wurde. Wie die Blätter, so zeichnen sich auch die Blüthenstände der am meisten vom Habitus der Dikotylen abweichenden Eryngien durch ihre Grösse aus; eine Analogie mit Monokotylen kann aber bei ihnen nicht gefunden werden. Dagegen treten in der Inflores- cenzaxe bei E. paniculatum und E. Decaisneanum — wahrschein- lich also auch bei den diesen nächststehenden Arten — merkwürdige Verhältnisse in der Anordnung der Gefässbündel auf, wie sie in ähnlicher Weise bisher nur an einigen Sapindaceen beobachtet worden sind: nämlich neben einem grossen Bündelring in der Mitte vollständig in sich geschlossene kleine Bündelringe in der Rinde von einem höchst charakteristischen Aussehen. Die Blüthen selbst sind es gerade, nach welchen auch diese Eryngien in die Klasse der Umbelliferen eingereiht werden müssen, also ist an ihnen nichts Bemerkenswerthes oder Abweichendes zu finden. So ergiebt sich denn, dass die Aehnlichkeit der parallelnervigen Eryngien mit Monokotylen nur in den Blättern und im Rhizom liegt, dass diese aber nicht bloss äusserlich vorhanden ist, sondern sich auch auf den anatomischen Bau erstreckt. Wenn es weniger zu verwundern ist, dass den morphologischen Verhältnissen die ana- tomischen entsprechen, so ist es um so auffallender, dass bei keiner bemerkenswertheu morphologischen Eigenthümlichkeit anatomische Merkwürdigkeiten, nämlich die rindenständigen Kündelgruppen im Stengel, auftreten. Das Fremdartige, was die parallolnervigcn Eryn- gien anderen Dikotylen und speciell Umbelliferen gegenüber schon durch ihren Habitus darboten, wird also durch ihre anatomischen Eigenthümlichkeiten nur noch vermehrt. 424 Martin Möbius, Erklärung der Abbildungen. Tafel XXII. Fig. 1. Habitusbild von E. paniculatum. Fig. 2. Blattiand mit Zähnen von E. floribundura (nat. Gr.) Fig. 3. Blattrand mit Zähnen von E. eburneum (nat. Gr.). Fig. 4. Schematischer Querschnitt durch den vierten Theil des Rhizoms von E. Lasseauxi. m = Mark, a = innerer Bündelring; b = sekundäre Zu- wachszone, r = Rinde, welche von Blatts pursträngen in verschiedener Richtung durchzogen wird. Die einfachen Striche und Puukte bezeichnen die Oelgänge. Fig. 5. Anlage des extrafascicularen Cambiums (Querschnitt). Fig. 6. Extrafascicularer Verdickungsring (Querschnitt). In Fig. 5 und ß ist r — Rinde, ^b = Bast, c = Cambium, h --- Holz des extrafascicularen Verdickungsrings; pr. B = primärer Bast, s. B = sekundärer Bast, C = Cambium, s. H = sekundäres Holz des inneren Bündelrings. Tafel XXIII. Fig. 1. E. Lasseauxi, Querschnitt durch eine Längsscheidewand des Blattes. Fig. 2. E. Lasseauxi, Flächenansicht der Epidermis mit Spaltöffnungen von der Unterseite des Blattes. Fig. 3. E. Lasseauxi. Querschnitt durch eine Spaltöffnung. Fig. 4—12 Scheraatische Querschnitte. Weiss = Parenchym, Gelb = Sklerenchym (resp. Collenchym), Grün = Chlorophyllführendes Gewebe, einfach schraffirt = Bast, doppelt schraffirt = Holz. Die kleinen Kreise bedeuten die Oelgänge. Fig. 4. E. Lasseauxi. Anastomosen der Gefässbündel in zwei Dia- phragmen des Blattes. 1 = lacunöses Gewebe der Diaphragmen, das übrige Gewebe nicht differenzirt gezeichnet. Fig. 5. E. Lasseauxi. Starker Blattzahn. Fig. 6. E. aquaticum. Blattspreite. Fig. 7. E. paniculatum. Dasselbe. Fig. 8. E. Decaisneanum Dasselbe. Fig. 9. E. floribundum. Dasselbe. Fig. 10. E. pristis. Dasselbe. Fig. 11. E. scirpinum. Dasselbe. Fig. 12. E. campestre. Mittelrippe des Blattes. Tafel XXIV. Fig. 1. E. aquaticum. Querschnitt der Inflorescenzaxe. Fig. 2. E. paniculatum. Dasselbe. Fig. 3. E. Decaisneanum. Dasselbe. In Fig. 1—3 ist das parenchymatische Grundgewebe grau gezeichnet; sonst bedeuten die Farben dasselbe wie in Fig. 4—12 der Tafel XXIII. Untersuchungen über die Morphologie und Anatomie etc. 425 Fig. 4. E. paniculatum. Querschnitt durch einen rindenstandigen Bündel- ring der Inflorescenzaxe. Fig. 5. E. Lasseauxi. Anlage einer Nebenwurzel. Querschnitt, s = Schutz- scheide, 0 = Oelgänge. g = Gefässe. Fig. 6. Reifer Samen mit Embryo von E. aquaticum. Fig. 7. Keimpflänzchen von E. Lasseauxi (?). Fig. 8. Dasselbe in älterem Zustande. Fig. 9- Blattquerschnitt von E. Lasseauxi in einem noch etwas älteren Zu- stand als Fig. 8 (die Mittelrippe enthaltend). Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. Vou Dr. Hugo de Vries. L Theil. Ueber isotonische Coefficienten. Einleitung. Die osmotische Kraft eines Zellsaftes ist die Summe der An- ziehungen, welche seine einzelnen Bestandtheile auf das umgebende Wasser ausüben. Für jeden Bestandtheil ^vi^d die Grösse dieser Anziehung offenbar durch zwei Factoren bestimmt; es sind dies die Menge, in der er im Safte vorkommt, und die Affinität seiner Molecüle zum Wasser. Diese Affinität ist in stark verdünnten Lösungen für jede Verbindung eine constante Grösse, welche in be- stimmter Weise von ihrer chemischen Zusammensetzung abhängt lind durch eine einfache Zahl ausgedrückt werden kann. Jene Zahl nenne ich den isotonischen Coefficienten der be- treffenden Verbindung; dieser weist also die Grösse der Anziehung Eines Molecüles^) des fraglichen Körpers in verdünnter wässeriger Lösung zum Wasser an. Als Einheit habe ich dabei, aus bald zu erörternden Gründen, ein Drittel der Anziehung eines Molecülcs Kalisalpeter gewählt. 1) d. h.: Eines Molecüles in Grammen ausgedrückt, oder H = 1 Gramm angenommen. Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV, 29 428 Uugo de Vries, Die bis jetzt von mir bestimmten isotonischen Coefficienten sind: Für organische metallfreie Verbindungen 2 Für die Salze der Alealien, mit je einem Atom Metall im Molecül 3 Für die Salze der Alealien, mit je zwei Atomen Metall im Molecül 4 Für die Salze der Alealien, mit je drei Atomen Metall im Molecül 5 Für die Salze der Erdalcalien, mit je einem Atom Säure im Molecül 2 Für die Salze der Erdalcalien, mit je zwei Atomen Säure im Molecül 4 Die Kenntniss dieser Zahlen ist unerlässlich, wenn man bei pflanzenphysiologischen Versuchen den Antheil berechnen will, den die verschiedenen im Zellsaft vorkommenden Stoffe an der Turgor- kraft haben. Mit ihrer Hülfe aber lässt sich diese Aufgabe in sehr einfacher Weise lösen, wenn der Gehalt des Zellsaftes an den be- treffenden Verbindungen durch eine chemische Analyse bekannt ist. AVie eine solche Rechnung auszuführen ist, werde ich im zweiten Theil behandeln; der erste Theil ist ausschliesslich den Betrach- tungen und Versuchen gewidmet, auf welche die Kenntniss dieser Coefficienten beruht. Eine kurze Erörterung der Principien, nach denen unsere Coefficienten aus den Versuchen abgeleitet werden und eine nähere Begründung des für sie gewählten Namens möge der Beschreibung der befolgten Methoden vorausgehen. Die Anziehung zwischen den Molecülen eines gelösten Körpers und seinem Lösungsmittel ist eine physikalische Kraft, und die iso- tonischen Coefficienten, Avolche das Maass dieser Anziehung sein sollen, beziehen sich somit auf eine physikalische Eigenschaft der betreffenden Körper. Sie könnten also durch geeignete Methoden unabhängig von der Pflanze bestimmt werden. Eine solche Be- stimmung ist aber bis jetzt, von der Seite der Physik, nicht, oder wenigstens nicht in der Weise ausgeführt worden, dass eine An- wendung auf die Analyse der Turgorkraft möglich wäre. Ich habe Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 429 mich dadurch gezwungen gesehen , diese Zahlen selbst zu ermitteln und die erforderlichen Methoden dazu ausfindig zu machen. Für meinen Zweck, die Analyse der Turgorkraft, reichte es völlig aus, die relative Grösse der Anziehung zu Wasser für die verschiedenen im Zellsaft vorkommenden Stoffe kennen zu lernen, da es sich nur darum handelte, sie mit einander in dieser Bezie- hung vergleichen zu können. Ich habe deshalb die Anziehung eines willkürlich gewählten Körpers zum Wasser als Ausgangspunkt für meine Untersuchungen angenommen und darauf die Grösse jener Kraft bei anderen löslichen Verbindungen bezogen. Die Methoden, welche ich dabei befolgt habe, zwangen mich, jede einzelne Ver- bindung stets direct experimentell mit jenem Körper zu vergleichen, und die Wahl des Vergleichsobjectes wurde dementprechend nicht nach theoretischen Principien, sondern nach den Anforderungen des Experimentes getroffen. Diesen entsprach, aus den in meinen „Ur- sachen der Zellstreckung" S. 11 namhaft gemachten Gründen, am meisten der Kalisalpeter, und so wurde dieses Salz zum Aus- gangspunkte meiner Studien erhoben. Es galt also, für jede im Zellsaft vorkommende Verbindung die Anziehung zu Wasser mit der des Kalisalpeters zu vergleichen. Es konnte dieses entweder derart geschehen, dass die Grösse dieser An- ziehungen für eine Lösung der fraglichen Verbindung und eine Sal- peterlösung gleicher Stärke gemessen wurde, oder so, dass ich für Lösungen, welche die gleiche Anziehung zum Wasser bcsassen, den Gehalt an gelöster Substanz bestimmte Ich habe den letzteren Weg gewählt, und also für eine bestimmte, jedoch stets sehr nie- drige Concentration einer jeden der wichtigsten im Zellsaft vor- kommenden Verbindungen die Stärke derjenigen Salpeterlösung er- mittelt, welche mit ihr dieselbe Affinität zum Wasser hat. Da dieses Verfahren somit bei jedem einzelnen Versuch wieder- kehrte, sah ich mich veranlasst, die gesuchten Concentrationen mit einem einfachen Namen zu belogen. Die \Vahl der anzuwendenden Bezeichnung war in A'erband mit den befolgten Metlioden leicht zu treffen. Aus dem nächsten Abschnitte wird man sehen, dass ich jene Concentrationen der Lösungen verschiedener Substanzen auf- suchte, welche mit der Turgorkraft derselben Zelle Gleichgewicht machen, welche also mit derselben Kraft das Wasser anziehen, wie 29* 430 Hugo de Vries, der Zellsaft der betreffenden Zelle, Solche Concentrationen gleicher Spannung habe ich nun isotonische^) genannt; Lösungen solcher Stärke würden also, wenn sie den Zellsaft einer lebendigen Zelle bildeten, die gleiche Tiirgorkraft liefern. Isotonische Concen- trationen sind also solche, in denen die Lösungen ver- schiedener Substanzen mit derselben Kraft Wasser an- ziehen, oder mit der gleichen Turgorkraft einer Zelle Gleichgewicht machen. Aus dieser Bezeichnung ist nun für das Verhältniss zwischen jenen Concentrationen, wie wir bald sehen werden, der Name der isotonischen Coefficienten abgeleitet. Jede Verbindung wurde direct mit dem Kalisalpeter verglichen und es konnte somit einfach als Maass für die Grösse der Anziehung einer beliebigen Lösung zum Wasser die Stärke einer mit ihr iso- tonischen Lösung von Kalisalpeter genommen werden. Langekehrt werden wir bei den Analysen der Turgorkraft aus der bekannten Stärke einer Lösung und dem isotonischen Coefficienten des ge- lösten Körpers jedesmal die absolute Grösse der Anziehung zum Wasser zu berechnen haben, und diese am einfachsten so ausdrücken, dass wir die Stärke einer isotonischen Salpeterlösung angeben. Dieses hat mich veranlasst, auch diese Grösse mit einem besonderen Namen zu belegen , und ich werde dementsprechend die Stärke einer Sal- peterlösung, welche dieselbe Anziehung zum Wasser hat wie eine gegebene Lösung eines anderen Körpers, als deren Salpeterwerth bezeichnen. Die Ermittelung dieses Salpeterwerthes für irgend eine Concentration der Lösung einer untersuchten Verbindung war die directe Aufgabe jedes einzelnen Versuches. L"m aber die Salpeterwerthe der Lösungen verschiedener Ver- bindungen mit einander vergleichen zu können, war es selbstver- ständlich erforderlich, sie auf gleich concentrirte Lösungen aller Körper umzurechnen. Dabei entsteht aber die Frage, in welcher Form diese Concentration selbst anzugeben ist, ob in der üblichen Weise nach Gewichtsprocenten oder, wie bei titrimetrischen Ana- lysen, nach Aequivalenten, oder endlich, den Anforderungen der heutigen theoretischen Physik entsprechend, in Molecülen? Im Laufe 1) Von loog, gleich, und Torog, Spannung, Turgor. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 431 der Untersuchung zeigte sich nun, dass nur, wenn man den letzteren AVeg ein-schlägt, die Salpeterwerthe gleich starker Lösungen verschie- dener Substanzen zu einander in sehr einfachen Verhältnissen stehen, dass also nur auf diesem AV^ege eine klare Einsicht in die hier ob- waltenden Gesetze erlangt werden kann. Wir werden demnach ein für allemal die Anzahl der Molecüle in einem bestimmten Volumen der Lösung und nicht die Anzahl der Gramme gelöster Substanz als das Maass der Concentration betrachten, sobald Lösungen von Substanzen verschiedener Zusammensetzung, also auch von ver- schiedenem Gewicht der einzelnen Molecüle, mit einander zu ver- gleichen sind.^) Hat man nach diesen Principien die Salpeterwerthe für Lösungen berechnet, welche in dem gleichen Volumen dieselbe Anzahl von Molccülen enthalten, so lässt sich daraus offenbar direct auf die relative Grösse der Anziehung je eines Molecüles zum Wasser schliessen. Es hat sich nun aus meinen Versuchen ergeben, dass die Salpeterwerthe von Lösungen verschiedener Substanzen, welche säramtlich 0.1 Molecül in Grammen ausgedrückt im Liter enthalten, je einem der folgenden Zahlen nahezu gleich sind: 0.066, 0.10, 0.133, 0.166. Ich hätte nun diese Zahlen ohne Weiteres zu isotonischen Coefficienten erheben können, und müsste dieses auch thun, wenn ich für den Kalisalpeter die Einheit einsetzen wollte. Ich habe es aber vorgezogen, solches nicht zu thun, sondern die Einheit unserer Coefficienten so zu wählen, dass diese selbst zu ganzen Zahlen würden. Es veranlasste mich dazu die Erwägung, dass jene Zahlen sich nahezu zu einander verhalten, wie 2:3:4: 5. Der genannte Zweck wird somit erreicht, wenn wir den Coefficienten des Salpeters willkürlich zu 3 wählen. AVir setzen also die An- ziehung eines Molecüles Kalisalpeters zum AVasser in verdünnter Lösung = 3; und es wird somit die Anziehung aller übrigen untersuchten Verbindungen pro Molecül 1) Da die Aequivalente zu den Molecülen stets in einfachem Vcrhältniss stehen, habe ich meine empirischen Lösungen, den Vorschriften der titrimetrischen Methode folgend, nach Aequivalenten dargestellt und sie für die Berechnung des Resultates auf Molecüle umgerechnet. 432 Hugo de Vlies, nahezu gleich 2, 3, 4 oder 5. Diese Zahlen sind es nun, welche ich im Anfange isotonische Coefficienten genannt habe. Diesen Erörterungen entsprechend sind also die isotonischen Coefficienten die Zahlen, welche das Verhältniss zwischen den Salpeterwerthen gleich concentrirter Lösungen anweisen , und da gleich concentrirte Lösungen nach dem oben Gesagten hier solche bedeuten, welche im Liter die gleiche Anzahl Molecüle enthalten, so geben unsere Coefficienten selbstverständlich die relative Grösse der Anziehung zu Wasser für je ein Molecül (H = 1 Gramm) an. Hierauf gründet sich die S. 427 gegebene Definition und die Be- rechtigung der Methode, nach der unsere Coefficienten berechnet worden sind. Denn hat man durch den Versuch den Salpeterwerth für eine Lösung von 0,1 Molecül gefunden, so braucht man diese Zahl offen- bar nur mit 30 zu multipliciren, um den isotonischen Coefficienten der betreffenden Verbindung zu erhalten. Die isotonischen Coefficienten geben also die relative Anziehung der verschiedenen Substanzen (pro Molecül gerechnet) zu ^Vasser an. Wünscht man für sie eine Einheit, so ist diese offenbar ein Drittel der Anziehung eines Salpetermolecüles zu Wasser. Aus mehr- fachen Gründen empfiehlt sich dazu aber auch die Hälfte der Affini- tät eines Molecüles Oxalsäure, also die Anziehung eines Aequiva- lenten Oxalsäure zu Wasser. Denn diese Säure stellt nach Mohr^) die Grundlage der acidimetrischen Titrirmethode dar, bei der jede Analyse stets auf eine Lösung von 0,1 Aequivalent Oxalsäure be- zogen, resp. durch directe oder indirecte Vergleichung der zu ana- lysirenden Lösung mit einer solchen ausgeführt wiid. Der iso- tonische Coefficient von Oxalsäure ist aber nach S. 428 — 2, der von einem Aeq. Oxalsäure also = 1. Die isotonischen Coefficienten weisen demnach an, wie viele Aequivalente (= halbe Molecüle) Oxalsäure mit derselben Kraft Wasser anziehen wie ein Molecül der fraglichen Verbindung. Mittelst unserer isotonischen Coefficienten lässt sich nun offenbar für eine jede verdünnte Lösung eines beliebigen Körpers die Grösse 1) F. Mohr, Lehrbuch der analytisch-chemischen Titrirmethode. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 433 der Anziehung zum Wasser berechnen, wenn ihre Concentration be- kannt ist. Man hat dazu einfach ihren Salpeterwerth zu berech- nen — denn dieser gilt uns als das Maass für jene Anziehung. In gemischten Lösungen berechnet man aus der Analyse den Salpeter- werth jeder einzelnen Verbindung, und die Summe dieser Grössen ist offenbar gleich dem Salpeterwerthe der Mischung. Diese Be- rechnungen werden wir im zweiten Theil näher besprechen und durch Beispiele erläutern; sie bilden die Grundlage einer jeden Analyse der Turgorkraft. In den folgenden Abschnitten dieses ersten Theiles gebe ich nun zunächst eine kurze Auseinandersetzung der Principien, welche mich bei der Wahl und Ausbildung meiner Methoden geleitet haben, und dann eine detaillirtc Beschreibung der einzelnen Methoden und der danach angestellten Versuche. Die Discussion der Resultate trenne ich davon vollständig; sie bildet den Gegenstand des letzten Kapitels, in welchem die Gesetze der isotonischen Coefficienten und die Beziehungen der durch sie gemessenen Kraft zu anderen physi- kalischen Kräften erörtert werden. Abschnitt I. Principien der Methoden. Die ganze Untersuchung über die isotonischen Coefficienten wurde im Dienste der Analyse der Turgorkraft unternommen, und es ergab sich daraus als oberstes Princip, dass die wichtigsten Ver- suchsbedingungen, wie z. B. der Grad der Verdiinnung der Lösung, die Temperatur u. s. w. so viel wie möglich dieselben sein müssteu, wie in denjenigen physiologischen Processen, auf welche die Analyse der Turgorkraft später Anwendung finden würde. Weitaus am ein- fachsten und sichersten wird dieses aber erreicht, wenn wir den Turgor selbst als Grundlage unserer Methode wählen. 434 Hugo de Vries, Ich habe nun eine Reihe von Erscheinungen aus dem Gebiete des Turgors auf ihre Brauchbarkeit für meinen Zweck geprüft, und es zeigte sich, dass die erforderlichen Bedingungen in zwei Fällen in befriedigender Weise erfüllt w^aren. Es w^aren diese die Plasmolyse ausgewachsener Zellen und die Gewebespannung wachsender Organe. Auf diese beiden Erscheinungen liessen sich empfindliche und zu- verlässige Methoden gründen, wie ich jetzt auseinandersetzen werde. Beide Methoden sind physiologische, und vielleicht wird mancher Leser den Einwand machen, dass rein physikalische Eigenschaften der Körper, wie die isotonischen Coefficienten , auch nach physika- lischen Methoden zu erforschen wären. Ich gebe dieses gerne zu, muss aber sogleich hervorheben, dass physiologische Methoden, wenigstens in diesem Falle, mit den besten physikalischen Methoden in Genauigkeit und Sicherheit der Ausführung wetteifern können. Ueberhaupt sind die lebenden Zellen so empfindlich und die Lebens- erscheinungen so fein abgestuft, dass man sich nicht w^undern darf, wenn mit physiologischen Methoden sogar schärfere und feinere Re- sultate erhalten werden als mit rein physikalischen. Ich brauche nur auf Engelmann's neueste Untersuchungen mittelst der Bac- terien-Methode zu weisen, um die Berechtigung meiner Behauptung durch ein klares und allgemein bekanntes Beispiel zu sichern. Nach diesen Auseinandersetzungen können wir dazu übergehen, die Grunderscheinungen zu beschreiben, auf welche unsere Methoden zur Bestimmung der isotonischen Coefficienten gegründet sind. Sie sind, wie bemerkt, der Plasmolyse und der Gewebespannuug ent- lehnt. Zunächst fassen wir die plasmolytische Methode in's Auge. Die bahnbrechenden Arbeiten von Pringsheim und Nägeli haben vor nahezu dreissig Jahren in der Contraction des lebendigen Protoplasma von der Zellhaut unter dem Einfluss wasserentziehender, aber die Zellen nicht tödtender Flüssigkeiten eine Erscheinung kennen gelehrt, deren Bedeutung für die wichtigsten Abschnitte unserer Wissenschaft seitdem stetig zugenommen hat^). Auf die breite von 1) N. Pringsheim, Untersucliungen über den Bau und die Bildung der Pflanzenzelle. 1854. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 435 diesen Forschem gelegte Grundlage beruht unsere plasmolytische Methode, wie bereits der Name andeutet. Es war zumal Prings- heim, der die Anwendung von Salzlösungen und die Benutzung schwacher Concentrationen empfahl und die Nothwendigkeit betonte, nicht nur die fertige Erscheinung, sondern vorwiegend deren ersten Anfänge und deren allmäliges FortscRreiten zu studircn, während Nägeli sein Hauptaugenmerk auf die physikalischen Eigenschaften des Contrahirten Protoplasma lenkte. Diese Principien sind es, von denen unsere Methode ausgeht; sie sucht die Plasmolyse in mög- lichst schwach concentrirten Lösungen, vorwiegend von Salzen, auf, und findet ihre Berechtigung in der von Nägeli hervorgehobenen Impermeabilität des Protoplasma. Wird eine ausgewachsene Zelle in eine starke Salzlösung ge- bracht, so löst sich bekanntlich der lebendige Plasmaschlauch von der Zellhaut los, und zieht sich auf ein kleineres Volumen zu- sammen, indem der von ihm umschlossene Zellsaft Wasser an die umgebende Salzlösung abgiebt. Je schwächer die eindringende Lösung, um so geringer ist diese Contraction oder die Plasmolyse. Es lässt sich nun leicht durch Ausprobiren verschieden concentrirter Lösungen bestimmen, welche die schwächste Lösung ist, welche noch gerade zur Abhebung des Protoplasten, sei es auch nur an einer einzigen Ecke, genügt. Diese Concentrationsgrenze kann man nun für verschiedene Körper ermitteln, z. B. für Kalisalpeter und eine beliebige andere Verbindung, und, wie ich sogleich zeigen werde, ergiebt es sich dann aus einer einfachen Ueberlegung, dass diese beiden Stoffe in jenen Concentrationen genau mit der gleichen Kraft Wasser au- C. Nägeli, Primordialschlauch und Diosmose (Endosmose und Exosmose) der Pflanzenzelle. In den Pflanzenphysiol. Unters, von C. Nägeli und C. Cramer, Heft I, 1855. üeber Turgescenz, sowie über osmotische und plasmolytische Erscheinungen vergleiche man ausserdem: Dutrochet: Memoires pour servir u Thistoire des vegötaux et des animaux. 1837. J. Sachs, Mechanik des Wachsens, im Lehrbuch der Botanik, 3. u. 4. Aufl. "W. Pfeffer, Osmotische Untersuchungen, Studien zur Zellmechanik, 1877. de Vries, Die mechanischen Ursachen der Zellstreckung, 1877. und ferner die in diesen Abhandlungen citirte Literatur. 436 Hugo de Vries, ziehen. Solche Coucentrationcn sind also nach unserer Definitioa (S. 430) als isotonische zu bezeichnen. Dass nun diese Lösungen dieselbe Affinität zu Wasser besitzen, ergiebt sich aus einer genauen Betrachtung der plasmolytischen Grunderscheinung. Der Protoplast bildet eine allseitig geschlossene Blase, welche den Zellsaft umschliesst, und ist bekanntlich sowohl für die verschiedenen in jenem Safte gelösten Körper als auch für künstliche, von aussen einwirkende Substanzen, so lange diese un- schädlich sind, impermeabel. Dagegen lässt er Wasser mit grosser Leichtigkeit durch sich hindurchgehen, und es stellt sich also sehr bald ein Gleichgewichtszustand ein, in w^elchem die innere und die äussere Lösung das Wasser mit derselben Kraft anziehen. Je mehr Flüssigkeit der inneren Lösung entzogen werden muss, bevor dieser Zustand erreicht ist, um so geringer wird ihr Volumen, um so höher ihre Concentration. In einer plasmolysirten Zelle übt also der Zellsaft dieselbe Anziehung zu Wasser aus, wie die Lösung, in der sie liegt, wenn man wenigstens von der geringen Differenz ab- sieht, welche der Druck des elastisch gespannten Protoplasten auf den Zellsaft ausübt, und welcher also zu der Affinität der äusseren Lösung addirt werden müsste, um völlige Gleichheit zu erlangen. Jetzt denke man sich zwei einander in jeder Beziehung gleiche Zellen, welche durch Lösungen verschiedener Salze plasmolysirt sind. Es sei die Concentration der letzteren derart gewählt, dass in beiden die Plasmolyse genau den gleichen Grad erreicht hat. Die Concen- tration und das Volumen der Zellsäfte werden also in beiden Zellen einander gleich sein, also auch die Affinität dieser Säfte zu Wasser. Ebenfalls wird die elastische Spannung der beiden Proto- plaste dieselbe sein. Daraus geht hervor, dass die beiden äusseren Lösungen, welche mit der Affinität der Zellsäfte zu Wasser und der elastischen Spannung des Protoplasten in beiden Zellen Gleichgewicht machen, gleichfalls beide mit derselben Kraft Wasser anziehen und dass ihre Concentrationen also isotonische sind. Ob in zwei Zellen die Plasmolyse denselben Grad erreicht hat, lässt sich aber um so genauer beurtheilen, je geringer die Ablösung von der Zellhaut ist, und am leichtesten, wenn in beiden Zellen nur eine gerade wahrnehmbare Spur von Contraction stattgefunden hat. Aus diesem Grunde wird man in den Versuchen stets die Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 437 schwächsten Concentrationen aufsuchen, welche gerade noch Plasmo- lyse hervorrufen. Aus den isotonischen Concentrationen lassen sich nun ohne Yv'eiteres die isotonischen Coefficientcn auf die in der Einleitung besprochenen Weise berechnen. Man geht dabei von der Vor- aussetzung aus, dass die Affinität für Wasser in verdünnten Lösungen, innerhalb der Grenzen unserer Versuche, der Coucentra- tion der Lösung proportional, oder mit anderen Worten, für jedes einzelne Molecül von dieser Concentration unabhängig ist. Die Richtigkeit dieser Voraussetzung aber werden wir im folgenden Ab- schnitt § 4 experimentell beweisen. i) Hiermit ist das Princip der plasmolytischen Methode angegeben, die Details der Ausführung wolle man im nächsten Abschnitt ver- gleichen. Die Methode der Gewebespannung geht von der folgenden Thatsache aus. Spaltet man den wachsenden Gipfel eines Sprosses der Länge nach in vier möglichst gleiche Theile, so krümmen sich diese augenblicklich, indem das Mark sich verlängert und die Epi- dermis sich zusammenzieht-). Legt man nun einen Streifen in Wasser, so nimmt das Mark dieses rasch auf, die Krümmungen nehmen zu und das Ganze rollt sich häufig zu einer enggewundenen Spirale zusammen. Legt man einen zweiten Streifen in eine starke Salzlösung, so entzieht diese dem Marke einen Theil seines Wassers, der Streifen wird schlaff und verliert seine Krümmung. Zwischen diesen beiden Extremen lässt sich nun eine Concentration ermitteln, in der die Krümmung der Streifen weder zu- noch abnimmt, die Zellen des Markes also weder Wasser aufnehmen noch auch solches verlieren. In dieser Concentration zieht also die Salzlösung mit der- selben Kraft W^asser an sich wie das lebendige Markgewebe. Die Wasser anziehende Kraft des turgescenten Gewebes ist nun zwar nicht dieselbe wie die des in seinen Zellen enthaltenen Zellsaftes, sondern um so viel geringer als der elastischen Spannkraft der Protoplaste und der Zellhäute entspricht; jedoch hat dieses auf unsere Erörterung keinen Eintluss. 1) Für manche concentrirte Lösungen gilt diese Regel erfahrungsgemäss nicht 2) Sachs, Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., S. 764 ff. 438 Hugo de Vries, Hat man nun für zwei verschiedene Salze die Concentrationen ermittelt, in denen die Kreuzstreifen desselben Sprosses weder an Krümmung gewinnen noch verlieren, so sind diese offenbar isotonischo Concentrationen, und ist das eine Salz Kalisalpeter, so lässt sich aus ihnen der isotonische Coefficient des anderen Körpers in der früher besprochenen AVeise ableiten. Die Details der Methode findet man im dritten Abschnitt, § 1. Beide Methoden führen, wie sich erwarten Hess, und wie man in den folgenden Abschnitten sehen wird, in der Hauptsache zu denselben Resultaten. Es beweist dieses experimentell, dass unsere Coefficienten für die Lebenserscheinungen wachsender und ausge- wachsener Zellen dieselben sind, und also auf beide Fälle ange- wandt werden dürfen. Man vergleiche hierüber auch den zweiten Abschnitt, § 5. Vergleicht man die beiden Methoden mit einander, so haben beide ihre Vortheile, aber auch ihre Nachtheile, Bei der zweiten Methode häuft sich die Wirkung zahlloser Zellen in jedem Streifen von selbst; bei der Plasmolyse beobachtet man immer die einzelnen Zellen und nur, wenn die verschiedenen Zellen desselben Gewebes sehr genau dieselbe Turgurkraft besitzen, lässt sich mit Sicherheit eine Mittelzahl bestimmen. Dagegen ist die Haut der ausgewachse- nen Zellen, falls sie überhaupt für die erstere Methode brauchbar sind, starr, und es ändert sich das Volumen der Zelle selbst in der Salzlösung nicht; die Elasticität der ZcUhaut, w^elche bei der zweiten Methode immer mit im Spiele ist, ist hier also völlig aus- geschlossen, die Grunderscheinung also eine viel einfachere. Dazu kommt, dass die Kreuzstreifen aus ungleichnamigen, zum Theil activen, zum Theil passiven Geweben zusammengesetzt sind, was die Erscheinung selbstverständlich erheblich complicirt. Bei der Beurtheilung beider Methoden spielt aber die Dauer der Versuche eine Hauptrolle. In der plasmolytischen Methode muss das Eintreten des Gleichgewichtszustandes abgewartet werden, in der anderen Methode aber braucht der Aufenthalt in den Lösungen nur gerade so lange zu dauern, bis mit Sicherheit zu entscheiden ist, ob der Streifen sich auf- oder abrollt, wozu meist wenige Minuten genügen. Aus später zu erwähnenden Gründen ist es nutzlos, die Versuche nach dieser Entscheidung noch weiter fortzusetzen, und es Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 439 leuchtet ein, dass dieselbe also getroffen wird, lange bevor das Gleichgewicht zwischen inneren und äusseren Lösungen eingetreten sein kann. Dadurch aber übt die Diffusionsgeschwindigkeit der ge- lösten Stoffe, d. h. die Geschwindigkeit, mit der sie in das Mark- gewebe eindringen, einen nicht 7a\ vernachlässigenden Einfluss auf das Resultat aus, demzAifolge eigentlich nur für Stoffe, welche annähernd mit derselben Schnelligkeit eindringen wie Kalisalpeter, vollkommen genaue Resultate erhalten werden. Langsam diffundirende Lösungen können am Ende des Versuches im Markgewebe noch nicht dieselbe Concentration erreicht haben, w^elche sie ausserhalb besitzen, und üben also eine etwas zu schwache Wirkung aus; ihre Affinität zu Wasser wird demnach etwas zu niedrig gefunden. Glücklicherweise ist diese Fehlerquelle nun für eine relativ kleine Anzahl von Ver- bindungen von wirklichem Einfluss, und für diese Fälle ist die plas- molytische Methode, bei der dieser Fehler selbstverständlich ausge- schlossen ist, unbedingt vorzuziehen. Das Material für die Methode der Gewebespannuug, kräftig wachsende »Sprossgipfel, ist nur im Frühjahr und im Hochsommer in genügender Menge zu haben, während die andere Methode in jeder Jahreszeit augewandt werden kann. Endlich ist die erstere auf das Studium neutraler Lösungen beschränkt, indem saure Flüssig- keiten die Protoplaste der wachsenden Zellen viel zu rasch ver- ändern. Die plasmolytische Methode lässt aber, bei geeigneter Wahl der zu plasmolysirenden Zellen, auch die Untersuchung schwacher Säuren und saurer Salze zu. Aus allen diesen Gründen empfehle ich für spätere Unter- suchungen hauptsächlich die plasmolytische Methode als Mittel zur Bestimmung isotonischer Coefficienten ; sie führt immer leicht und sicher zum Zweck und ihre Resultate sind bei genügender Reinheit der Lösungen so genaue, wie man sie zu theoretischen Folgerungen nur wünschen darf. Zur richtigen Beurtheilung meiner Arbeit möchte ich an dieser Stelle Einiges über den historischen Gang meiner Untersuchung ein- schalten. Die Ausbildung der plasmolytischen Methode, welche jetzt äusserst einfach ist, ist anfangs auf zahllose Schwierigkeiten gestossen, und es schien mir längere Zeit unmöglich, ihr eine hinreichende Genauigkeit zu geben. Unter diesen Umständen habe ich die 440 Hugo de Vries, Methode der Gewebespannung versucht, und mit ihr die isotonischen Coefficienten der wichtigsten Stoffe aus dem Zellenleben ermittelt. Später trat dann die Nothwendigkeit doch an mich heran, die Zahlen auch auf plasmolytischem Wege bestimmen zu können und es ge- lang mir endlich , die Schwierigkeiten zu beseitigen. Von den ver- schiedenen denkbaren Formen plasmolytischer Methoden, welche ich ausprobirt habe, bevor mir die Anwendung der sogenannten ver- gleichenden Methode gelang, hat mich eine zu einigen später zu beschreibenden Resultaten geführt. Diese wdrd im zweiten Abschnitt, § 3, als Transport-Methode beschrieben werden, ist aber jetzt, nach- dem die vergleichende plasmolytische Methode ausgebildet wurde, wegen ihrer sehr unbequemen Ausführung gänzlich bei Seite gestellt. Dieser historische Gang hat auch in anderer Richtung Einfluss auf meine Versuche ausgeübt. Während der Bestimmungen nach der Methode der Gewebespannung hatte ich noch keinen Grund, zu erwarten, dass die isotonischen Coefficienten alle in einem so ein- fachen Verhältnisse zu einander stehen w'ürden ; ich bestimmte also nur die Salpeterwerthe für Lösungen gleicher Stärke und zwar diese, wie meine Lösungen dargestellt waren, nach Aequivalenten. Erst, als dieser Theil meiner Arbeit völlig abgeschlossen war, lernte ich die Resultate nach Molecülen berechnen, und die einfache Anord- nung der Stoffe nach steigenden isotonischen Coefficienten führte mich dann zur Erkennung der Gruppen und der zwischen diesen herrschenden Verhältnisse (vergl. S. 428). Diese Erkennung tauchte zuerst in der Form verschiedener Hypothesen auf, und zur Entschei- dung über ihre Richtigkeit führte ich dann im Winter nach der plasmolytischen Methode eine Reihe weiterer Bestimmungen aus. Nachdem einmal das Gesetz der isotonischen Coefficienten, wenn auch nur hypothetisch, gefunden war, Hess sich für jeden zu studirenden Körper im Voraus der isotonische Coefficient bestimmen und daraus berechnen, welche Concentration zur Plasmolyse in jedem einzelnen Fall erforderlich sein würde. Bei meinen früheren Be- stimmungen hatte ich dieses immer durch Vorversuche feststellen müssen, seitdem habe ich solche fast nie wieder angestellt, sondern immer die Lösungen nach der Rechnung direct für die Hauptver- suche bereitet. Dass der Erfolg mich dabei niemals täuschte, gab Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 441 mir allmälig die Gewissheit, dass die Gesetze der isotonischen Coefficienten innerhalb der Grenzen meiner Studien, auch für noch nicht studirte Verbindungen volle Gültigkeit haben. Und dass die ohne ihre Kenntniss nach der Methode der Gewebespannung er- mittelten Zahlen die Gesetze an und für sich in allen Einzelheiten deutlich erkennen lassen, giebt mir die feste üeberzeugung, dass sie in ihrem vollen Umfange als rein empirische Gesetze gelten dürfen. Abschnitt 11. Bestimmung der isotonisehen Coefficienten nach der plasmolytischen Methode. § 1. Beschreibiing: der vergleichende« plasmolytisclien Methode. Lösungen verschiedener Salze, deren Concentration noch gerade hinreicht, um das Protoplasma in den Zellen desselben Gewebes von der Zellhaut an einer kleinen Stelle abzuheben, in diesen Zellen also den geringsten Grad der Plasmolyse hervorzurufen, ziehen das Wasser mit derselben Kraft aus diesen Zellen an und haben demnach die gleiche Affinität zu Wasser. Auf diesen Satz beruht die Anwendung der plasmolytischen Methode zur Bestimmung der isotonischen Coefficienten ; seine Berechtigung habe ich im vorigen Abschnitt dargethan. Bei der Ausführung der Versuche kommt es also darauf an, jedesmal mit demselben Gewebe jene Concentrationsgrenze für Kali- salpeter und für den zu studirenden Körper zu bestimmen; das Verhältniss dieser beiden Zahlen ist gleich dem Verhältnisse der isotonischen Coefficienten der l)eiden Körper, vorausgesetzt, dass die Concentrationen in Molecülcn ausgedrückt waren. Reine Lösungen vorausgesetzt, hängt nun die Zuverlässigkeit, und die erreichbare Genauigkeit dieser Methode vorwiegend, ja fast ausschliesslich von der richtigen Wahl des zur Plasmolyse bestimm- 442 Hugo de Vries, ten Gewebes ab, und wir wollen also jetzt die Anforderungen kennen lernen, welche an ein solches zu stellen sind. Die erste Bedingung ist, dass die geringsten Spuren von Plas- molyse leicht und sicher wahrnehmbar sind. Die Durchmusterung von Präparaten, welche mehrere Hundert Zellen enthalten, führt nur bei relativ schwacher (100— 200maliger) Vergrösserung zu einem raschen Ueberblick und zur sicheren Beurtheilung des Grades der Plasmolyse in der ganzen Ausdehnung des Präparates. Es muss also bei dieser Vergrösserung in jeder Zelle auf dem ersten Blick zu entscheiden sein, ob ihr Protoplast allseitig der Zellhaut anliegt oder an einer kleinen Stelle sich losgelöst hat. Dieses gestatten in vollständiger Weise, so weit mir bekannt, nur Oberhäute, und unter diesen nur solche mit gefärbtem Zellsaft. In Oberhautszellen kann die Plasmolyse aber hauptsächlich unter zwei verschiedenen Formen anfangen. In dem einen Falle hebt sich der Protoplast zuerst an den Ecken resp. an einer Ecke ab, in dem anderen Falle zunächst auf die Fläche der die Oberhaut nach aussen begrenzenden oder der an das innere Gewebe angrenzenden Wand. Welcher Fall eintreten wird, hängt zum Theil von der Natur der Zellen ab, zum Theil aber von der Art und Weise, wie die Salzlösung eindringt. Präpa- rate, welche parallel mit der Oberfläche des Organes geschnitten sind, werden im ersteren Fall die geringste Spur von Plasmolyse sogleich unter dem Mikroskop verrathen, im letzteren aber nur bei sehr genauer Betrachtung mit scharfer Vergrösserung als plasmoly- sirt erkannt werden können. Gewebe, welche regelmässig oder auch nur häufig diese letztere Form der Contraction aufweisen, sind also für unsere Methode einfach unbrauchbar. Findet die erste Ablösung der Protoplaste an einer Ecke der Zelle statt, so sieht man hier das Protoplasma als eine äusserst feine scharfe Linie zwischen dem Zellsaft und der eingedrungenen Salzlösung. Sind beide farblos, so entzieht sich diese Linie der Beobachtung nur zu leicht, ist dagegen der Zellsaft gefärbt, so fällt die schroffe Grenze zwischen der dunklen Farbe dieses Saftes und der farblosen Salzlösung sogleich auf, und es wird die Beobachtung der geringsten Spuren von Plasmolyse zu einer sehr leichten und sicheren Operation. Eine zweite Bedingung ist, dass die sämmtlichen Zellen des Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 443 betreffenden Gewebes in Lösungen desselben Salzes bei genau der- selben Concentration in den plasmolytischen Zustand übergehen. In zahlreichen Oberhäuten ist die zur Ablösung des Protoplasten er- forderliche Stärke der Lösung in den einzelnen Zellen sehr ver- schieden, wie man deutlich erkennt, wenn man zahlreiche Präparate in Lösungen desselben Salzes, aber verschiedener, z. B. jedesmal um O.Ol Aeq. höherer Concentration bringt. Der üebergang ist dann kein plötzlicher, sondern nur ein allmäliger und es liegen zwischen den schwachen Lösungen, welche in keiner Zelle, und den stärkeren, welche in allen Zellen Plasmolyse hervorrufen, eine Reihe solcher, in der nur ein grösserer oder geringerer Theil der Zellen plasmolysirt ist. In diesen Fällen Mittelzahlen zu schätzen, lässt sich nicht mit hinreichender Genauigkeit ausführen ; ich fordere des- halb einen solchen Grad der Gleichheit, dass völliger Üebergang sämmtlicher Zellen in den plasmolytischen Zustand bei einem Con- centrationsunterschiede von O.Ol bis 0.02 Aeq. Kalisalpeter mit Sicherheit erwartet werden darf. Freilich wird hierdurch die Wahl des Materials in sehr erheblicher Weise beschränkt. Es ist selbstverständlich, dass sämmtliche zu einem Versuche zu verwendenden Präparate nicht nur von derselben Pflanze, sondern von demselben Organ und in unmittelbarer Nähe von einander ge- schnitten w^erden. Es werden dadurch individuelle Unterschiede, welche zwischen verschiedenen Exemplaren und zwischen Organen ungleichen Alters erfahrungsmässig häufig obwalten , völlig ausge- schlossen. Hieraus geht aber die Bedingung hervor, dass die Organe hinreichend gross sein müssen, um jedesmal die erforderliche Anzahl von Präparaten zu liefern. Endlich sind nu-r Oberhäute mit grossen Zellen zum bequemen Studium geeignet. Diesen Anforderungen genügen von den Pflanzen, die ich bis jetzt untersuchen konnte, die folgenden, und zwar der Reihe nach in abnehmendem Maasse: 1. Curcuma rubricaulis, die Epidermis auf der Aussen- seite der erwachsenen Blattscheide der dunkelrothcn Form dieser Pflanze. 2. Tradescantia discolor, die violetten Zellen der unter- Jahrb. f. wiss. BotAiiik. XIV. 30 444 Hugo de Vlies, seitigen Epidermis der Blätter, und zwar nur die Zelloa auf und unmittelbar neben dem Mittelnerven, 3. Begonia manicata, die rothen Oberliauiszellen der oberen ringförmigen Schuj^pen der Blattstiele, in der Nähe der Spreite, und die rothen Flecke in der Oberhaut der ganzen Blattstiele, welche um die Basis der Schuppen herum liegen. Aber nur die am stärksten gefärbten Exemplare dieser Art boten mir ein befriedigendes Material. Die Begonia manicata liefert bei weitem nicht so sichere und so genaue Resultate, wie die beiden anderen Arten, nicht selten kommt es vor, dass eine erhebliche Zahl der mit ihr angestellten Versuche sich bei der Inspection der Präparate als unbrauchbar er- weisen. Sie ist aber unerlässlich, wenn es sich um das Studium von Säuren und sauren Salzen handelt. Diese zur Aufsuchung der schwächsten plasmolysirenden Con- centration oder der „plasmolytisch en Grenzlösung " bestimm- ten Pflanzen werde ich Indicatorpflanzen nennen, wie man bei der Titrirmethode die zur Erkennung der Neutralitätsgrenze ange- wandten Farbstoffe Indicatoren nennt. Bei jedem Versuche ist die zur Anwendung gekommene Indicatorpflanze anzugeben. Ueber die Wahl und die Beurthcilung der Präparate möchte ich hier aber noch einige für sämmtliche Versuche geltende Details voraus- schicken. 1. Curcuma rubricaulis. Die langen steifen Scheiden der Wurzel blätter umfassen die unteren Theile der jüngeren Blätter und verhüllen diese. Nur die älteren Blätter dienten zu meinen Ver- suchen, welche fast alle im Winter ausgeführt wurden. Die Schei- den sind der Länge nach von zahlreichen dünnen geraden Nerven durchzogen, auf welchen die Oberhautszellen eine mehr gestreckte Form haben als zwischen ihnen. Die mikroskopischen Präparate sind dadurch in eine grössere oder kleinere Anzahl von Fächern ge- theilt, welche die Durchmusterung des Ganzen in sehr wesentlicher AVeise erleichtern, indem man die einzelnen Abtheilungen nach ein- ander der Länge nach durchgehen kann. Die plasmolytische Grenz- lösung ist für die Oberhautszellen der Nerven etwas schwächer als für die zwischenlicgenden; erstcre werden aus diesem Grunde von der Beobachtung ausgeschlossen. Die Zellen selbst sind länglich viereckig oder sechseckig, etwa 0.035 - 0.045 mm lang, die Plasmo- Eine Methode zur Aualyse der Turgorkraft. 445 lyse fängt in ihnen fast stets an einem der beiden Enden an, und die plasmolytisclie Grenzlösung ist stets für fast sämmtliche Zellen eines Präparates (mit Ausnahme der Oberhautszellen der Nerven) bis auf O.Ol Aeq. Kalisalpeter dieselbe. Nur selten kommt es vor, dass die Grenzlösung nicht mit dieser Schärfe indicirt ist; solche Versuche sind als misslungen zu betrachten. Da, wie wir später sehen werden, für jeden einzelnen Versuch in der Regel zwölf vergleichbare Präparate erforderlich sind, von denen sechs in die Salpeterlösungen und die sechs anderen in die Lösungen des zu studirenden Salzes gebracht werden, so hat man bei dem Anfertigen der Schnitte sehr auf ihre Vergleichbarkeit zu achten. In erster Linie müssen diese so nahe an einander wie möglich aus dem Blatte geschnitten werden, da die plasmolytische Grenzlösung an verschiedenen Stellen desselben Blattes geringe Differenzen (von etwa 0.01—0.03 Aeq. KNO3) zeigt. Zu diesem Zwecke zeichne ich auf die Oberfläche der Blattscheide, mit feinem Bleistift oder mit dem Messer, ein längliches Viereck, und theile dieses der Länge nach in zwei und der Quere nach in sechs Theile. Es entstehen zwölf Abtheilungen von gleicher Grösse, welche ich etwa zu 1 qmm wähle; jede Abtheilung liefert, mit dem Rasirmesser vom unterliegenden Gewebe isolirt, ein Präparat. Die sechs Präpa- rate des einen Längsfaches kommen in die Salpeterlösungen, die des anderen in die anderen Lösungen, die der Blattspitze am näch- sten liegenden in die schwächsten Lösungen und so der Reihe nach in Flüssigkeiten höherer Concentration. Sind die Concentrationen vorher derart berechnet,, dass die sechs Lösungen des zu studirenden Körpers voraussichtlich isotonisch sind mit den sechs Salpeterlösungeu, so kommen bei dieser Anordnung jedesmal zwei neben einander ge- schnittene Präparate in zwei isotonische Lösungen. In einzelnen Ver- suchen habe ich auch alle Präparate in einer Längsreihe geschnitten und sie der Reihe nach abwechselnd in die Salpeterlösungen und in die Lösungen des anderen Salzes gebracht, in einer Weise, welche ich bei der folgenden Art noch näher beschreiben werde. 2. Tradescantia discolor. Die langen schmalen Blätter dieser Plianze zeigen auf der Unterseite meist einen deutlichen breiten Mittelnerven. Die Oberliautszellen auf diesem Nerven sind läng- lich sechseckig und etwa 0.15 mm lang, die auf der übrigen BlattHäche 30* 446 Ungo de Vries, sind gleichfalls sechseckig, aber isodiametrisch. In den letzteren ist die plasmolytische Grenzlösung in den einzelnen, neben einander liegen- den Zellen sehr verschieden, und es kommt dazu häufig eine Ab- hebung des Protoplasten von der Innenwand, statt von den Ecken der Zellen. Aus beiden Gründen ist nur die Oberhaut auf und unmittelbar neben dem Mittelnerven für die vergleichende plasmo- lytische Methode brauchbar. Die Mitte des Mittelnerven führt keine Stomata, die Zellen sind hier äusserst gleichmässig gebaut und haben sehr genau dieselbe plasmolytische Grenzlösung, d. h. die geringsten Spuren von Plasmo- lyse treten in allen bei genau derselben Concentration ein; die Ge- nauigkeit ist fast ebenso gross wie bei Curcuma. Dasselbe gilt von den Zellenreihen neben dem Mittelnerven, nur dass hier Spalt- öffnungen vorkommen. Dagegen sind die Zellen auf und neben der Mitte einander in diesen Beziehungen nicht gleich, und man muss also für jeden einzelnen Versuch entweder die eine oder die andere Art von Zellen wählen. Daraus folgt, dass sämmtliche Präparate für einen Versuch in einer Längsreihe auf oder neben dem Mittel- nerven geschnitten werden müssen. Durch feine Querschnitte in Entfernungen von 1 — IV2 n^n^ werden nun zuerst die Grenzen der Präparate markirt, dann diese mit dem Rasirmesser vom übrigen Gewebe des Blattes getrennt. Der Reihe nach kommen sie nun ab- wechselnd in die Lösungen des Salpeters und der zu studirenden Verbindung, und zwar von oben nach unten in absteigender Folge der Concentrationen. Bei richtiger vorheriger Berechnung dieser letzteren gelangen also in Lösungen isotonischer Concentration stets Präparate, welche in unmittelbarer Nähe von einander dem Blatte entnommen sind. Die plasmolytische Grenzlösung ist nicht überall auf dem Mittel- nerveu dieselbe, sie nimmt von oben nach unten stetig zu, in der Mitte am langsamsten, in der Nähe der Basis ziemlich rasch. Nach sehr zahlreichen Bestimmungen an je einem Blatte nimmt sie in der Mitte auf Entfernungen von 2 — 3 cm um etwa O.Ol bis 0.02 Aeq. KNO3 zu. Da nun (fie ganze Reihe der Präparate zu einem Ver- such meist nur 1 — 2 cm lang ist, und, wie soeben dargethan, ge- wöhnlich nur einander nahe gelegene Präparate den Ausschlag geben, kann diese Fehlerquelle als unerheblich betrachtet werden, obgleich Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft 447 sie den Werth der Tradescantia als Indicatorpflanze geringer macht als den der Curcuma. Tradescantia discolor kann man aber zu jeder Jahreszeit haben, was von Curcuma rubricaulis leider nicht gilt. Am Rande der Präparate beobachtet man häufig einzelne Zellen mit viel stärkerer Plasmolyse als alle übrigen aufweisen; solche Zellen sterben aus irgend einem Grunde ab und müssen von der Bestimmung der plasmolytischen Grenzconcentration durchaus aus- geschlossen werden. Je länger die Präparate in den Lösungen ver- weilen , um so grösser wird die Zahl solcher abweichender Zellen, um so stärker ihre Plasmolyse. Daher muss die Dauer dieses Auf- enthalts, d. h. also des ganzen Versuches wo möglich auf die Zeit beschränkt werden, welche zum vollständigen Eindringen der Lösungen in alle Theile der Präparate erforderlich ist. Dazu genügen aber meist 1 — 2 Stunden und ich habe meine Versuche nur in beson- deren Fällen länger als 4—6 Stunden dauern lassen. Dieselben Erscheinungen beobachtete ich, wenn auch in viel schwächerem Maasse, bei Curcuma rubricaulis. B. Begonia manicata. Die Zellen von Curcuma und von Tradescantia eignen sich zur Ermittelung isotonischer Coefficienten in allen den Fällen, wo man neutrale Verbindungen zu untersuchen hat. Freie Säuren und saure Salze ertragen beide nicht, wenn wenigstens die saure Reaction eine gewisse niedrige Grenze über- schreitet. Von sauer reagirenden Substanzen habe ich mit Tra- descantia keine, mit Curcuma nur eine Verbindung (einfach saures citronensaures Kalium, K2 HCg H5 O7) mit Erfolg studiren können; überhaupt ist Tradescantia sauer reagirenden Flüssig- keiten gegenüber viel empfindlicher als Curcuma. Auch alkalische Reaction ertragen beide auf die Dauer nicht. Es würden dadurch Säuren und saure Salze vollständig von meinen L'ntersuchungen ausgeschlossen worden sein, wenn ich nicht in Begonia manicata, nach vielfachem Suchen, eine Indicator- pflanze kennen gelernt hätte, welche wenigstens durch schwache Säuren während der Dauer meiner Versuche nicht gefährdet würde. Sie erträgt Säuren und saure Salze, welche schwächer sind als Oxalsäure, stundenlang ohne wirklichen Nachtheil für das Resultat meiner Versuche. 448 Hugo de Vries, Für stärkere Säuren sowie für freie Alkalien habe ich bis jetzt noch keine fndicatorpflanze ausfindig machen können. Dadurch ist leider eine wichtige theoretische Seite unserer Frage meinen Forschun- gen entgangen; doch pflegen solche Substanzen glücklicherweise in den lebenden Zellen nicht vorzukommen, und die Kenntniss ihrer isotonischen Coefficienten ist somit für die Analyse der Turgorkraft nicht erforderlich. Die Begonia manicata bietet bei weitem nicht ein so reich- liches und so gleichmässiges Material, wie Curcuma undTrades- cantia, und ich habe sie deshalb nur ausnahmsweise zur Ermittelung der isotonischen Coefficienten neutraler Verbindungen angewandt. Während ihres Aufenthaltes in sauren Flüssigkeiten sterben die Protoplaste pflanzlicher Zellen allmälig ^), um so langsamer je schwächer und verdünnter die Säure ist. Bei stärkeren Säuren tritt der Tod so rasch ein, dass die Bestimmung der isotonischen Concentration völlig unmöglich wird, in schwächeren Säuren halten die Zellen der Begonia aber noch Stunden lang aus, nachdem die Plasmolyse in ihnen bereits eingetreten ist. Wird in dieser Zwischenzeit ein con- stanter Grad der Plasmolyse erreicht, so weisen die Versuche die isotonische Concentration in der üblichen Weise an und in solchen Fällen können die Bestimmungen also ausgeführt werden. Ist die saure Reaction aber eine so starke, dass sie direct schädlich ist, so wird ein solches Gleichgewicht nicht erreicht, die Protoplaste fahren stets fort, sich zu contrahiren und sich weiter von der Wand abzu- lösen. In solchen Fällen ist also eine Bestimmung der isotonischen Concentration nicht möglich oder doch sehr ungenau. Auch in schwachen Säuren und sauren Salzen findet später eine solche an- haltende Contraction statt, aber da diese bei Begonia manicata gewöhnlich erst 10 — 12 Stunden nach dem Anfange des Versuches anfängt, ist sie bei der üblichen Dauer der Experimente (2—4 Stun- den) nicht zu befürchten. Controlbeobachtungen nach etwa 10 Stun- den haben dann nöthigenfalls den Beweis zu liefern, dass jene Er- scheinung während des Versuches noch nicht angefangen hatte. Bei Curcuma und zumal bei Tradescantia fängt jene stetige Con- traction in sauren Lösungen fast stets gleich im Anfange des Ver- 1) Eingehende Mittheilungen über diese Erscheinung behalte ich mir für einen anderen Aufsatz vor. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 449 suclies au; dies ist einer der Gründe, weshalb diese Arten für das Studium saurer Substanzen, wie gesagt, nicht geeignet sind. Am Rande der Präparate sterben einzelne Zellen gewöhnlich auffallend schnell, ihre Protoplaste contrahiren sich sehr stark; sie werden von den Beobachtungen stets ausgeschlossen. Es erübrigt noch, die beiden brauchbaren Zellenformen der Begonia manicata gesondert zu beschreiben. In der Nähe der Spreite sieht man rings um den Blattstiel einige dunkelrothe, am Rande feine Wimpern tragende, den Blattstiel umfassende Schuppen. Ihre Oberhaut besteht, mit Ausnahme des basalen und des an die Wimpern grenzenden Theiles, aus sehr gleichmässigen, länglich vier- bis sechseckigen Zellen mit tiefrothera Zellsaft. Nur dieser mittlere Theil der Oberhaut wird zur Her- stellung der Präparate benutzt, welche nun der Reihe nach abwech- selnd in Lösungen von Salpeter und einer anderen Verbindung, und von steigender Concentration gelangen, wie dieses bei den beiden vorigen Arten ausführlicher angegeben w^urde. Weiter nach unten trägt der Blattstiel schmälere kleinere Schuppen, um so kleiner und in um so grösserer Entfernung von einander, je näher man der Basis des Stieles kommt. Am Grunde eines jeden solchen Schuppens sind die Oberhautszellen des Stieles roth gefärbt, während zwischen diesen Flecken die Epidermis farb- los ist. Diese rothen Flecken sind nun auf dem mittleren Theile des Stieles einander hinreihend gleich, d. h. haben nahezu dieselbe plasmolytische Grenzlösung und können also für unsere Methode Verwendung finden. In jedem einzelnen Fleck ist die Gleichheit der Zellen keine so grosse, indem die Grenzlösung mit zunehmender Entfernung von dem Schuppen sich ändert. Es werden aus diesem Grunde jedesmal die äusseren und inneren Zellen eines jeden Fleckens ausgeschlossen und zur grösseren Sicherheit in jede Lösung stets zwei oder drei Präparate gebracht. Es braucht nach diesen Bemerkungen wohl keine weitere Ausführung, dass die oberen Schuppen diesen Flecken als Indicatorgewebe weit vorzuziehen sind. Die einzelnen Präparate kommen wieder der Reihe nach, von oben nach unten, in die Lösungen, wie bei den anderen Arten beschrieben wurde. Bei der Ainvendiing von Begonia als Indicatorpllanzc habe ich es mir zur Regel gemacht, Mittelzahlen aus grösseren Ver- 450 Hugo de Vries, Suchsreihen zu fordern, als bei den meisten Versuchen mit Cur- cuma und Tradescautia nöthig war. Ich möchte diesen Paragraphen nicht schliessen, ohne mein Be- dauern darüber auszusprechen, dass es mir trotz vielfacher Bemühungen nicht gelungen ist, eine grössere Auswahl von Indicatorpflanzen aus- findig zu machen und namentlich eine solche zu entdecken, welche stärkere Säuren und freie Alkalien zu untersuchen gestattet. Hoffent- lich werden Andere hierin glücklicher sein; ich habe in vier Jahren nur diese fiuden können. § 2. Yersnche nach der vergleichenden plasmolytischen Methode. Für diese Versuche habe ich mir kleine Gestelle anfertigen lassen, in denen je sechs kleine Glascylinder in einer Reihe aufge- stellt werden konnten. Diese Cylinder waren etwa 1,5—2 cm weit und 10 cm hoch; ihr Volumen war 15 — 20 CG. In jedes Röhrchen brachte ich 10 — 15 CG einer Lösung, worauf es gewöhnlich mit einem Stopfen lose geschlossen wurde, um einer Concentrations- änderung durch Verdunstung vorzubeugen. In jede Lösung kam dann das dafür nach § 1 bestimmte Präparat; dieses wurde nicht vorher in Wasser gebracht oder sonst abgewaschen, denn das Volumen der Lösung genügte, um den Inhalt der durchschnittenen Zellen, der sich selbstverständlich mit der Lösung mischte, völlig unschäd- lich zu machen. Die Dauer des Aufenthaltes in den Lösungen war in der Regel zwei Stunden, wo nicht, so ist dieses bei den einzelnen Versuchen erwähnt. Die Temperatur war gewöhnlich 13— 15<^ C. ; die Versuche sind im Winter im geheizten Zimmer angestellt. Am Schlüsse des Versuches wurden die Präparate mikroskopisch untersucht, wobei jedes unter Deckglas in der eigenen Lösung blieb. Die schwächste zur Plasmolyse erforderliche Goncentration wech- selt nach den individuellen Blättern und nach der Lage des Präpa- rates auf dem Blatte, überschritt aber in meinen Versuchen mit Gurcuma und Tradescautia fast nie die Grenzen 0.10 und 0.16 Aeq. Kalisalpeter. Ich habe deshalb für jeden Versuch die sechs folgenden Lösungen von Kalisalpeter benutzt: 0.10, 0.11, 0.12, 0.13, 0.14, 0.15 Aeq., und diesen in seltenen Fällen 0.16 statt 0.10 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 451 zugefügt. Es war durch diese Anordnung eine vorherige Bestimmung der Grenzlösung des betreffenden Blattes überflüssig. Von dem zu untersuchenden Salze wurden gleichfalls sechs Lösungen verschiedener Conccntration hergestellt und zwar zumeist derart, dass entweder alle sechs oder doch die beiden mittleren mit den correspondirenden Salpeterlösungen nach vorheriger Berechnung isotonisch waren. Die Berechnung ergiebt sich leicht aus der S. 428 genannten Regel für die isotonischen Coefficienten. Die Erfahrung hat gelehrt, dass häufig ein einzelner Versuch zur Ermittelung des Coefficienten ausreicht; jedoch habe ich deren gewöhnlich wenigstens zwei bis drei angestellt und aus diesen das Mittel genommen, weil ja kleine Versuchsfehler und geringe Unter- schiede zwischen den einzelnen auf demselben Blatte neben ein- ander geschnittenen Präparaten nicht immer völlig ausgeschlossen sind. Die Lösungen habe ich nach Aequivalenten dargestellt, wie sol- ches bei Anwendung der Titrirmethode üblich ist. Es hat dies keinen Nachtheil, weil ja die Concentration nach Molecülen sich aus der nach Aequivalenten stets in so äusserst einfacher Weise berech- nen lässt. Bereitung und Controle der Reinheit meiner Lösungen ge- schahen nach der Titrirmethode; als Grundlage benutzte ich zehntel- normale Oxalsäure , zur Ausmessung von Säuren eine auf jene ge- stellte Lösung von Kalihydrat. Bei der Darstellung der Titrir- flüssigkeiten sowie bei der Ausführung der verschiedenen Operationen habe ich das vorzügliche Werk Mohr 's „Lehrbuch der chemisch- analytischen Titrirmethode" befolgt. Chemische Reinheit der Lösungen ist selbstverständlich durch- aus erforderlich, um richtige Resultate zu erlangen. Ich habe dabei nach bekannten Vorschriften gearbeitet und werde deshalb bei jedem Körper nur kurz die Bereitungsweise anzuführen haben, und ver- weise im Uebrigen auf Mohr's citirtes Werk, auf Fresenius' „Anleitung zur quantitativen chemischen Analyse" und auf Würtz' „Dictionnaire de Chimie", denen ich meine Vor- schriften entnommen habe. Erklärung der Tabellen. Jede Tabelle besteht aus zwei Hälften, die linke enthält die llauptversuche, die rechte die mit den correspondirenden Präparaten ausgeführten Controlversuche in den 452 Hugo de Vlies, Salpeteiiösungen. Jede horizontale Zeile bezieht sich auf Einen Ver- such; die verschiedenen Versuche sind zumeist an verschiedenen Tagen und fast immer mit verschiedenen Blättern der Indicator- pflanze angestellt. Von den jedesmal angewandten zwölf Lösungen führe ich nur jene an, welche die gesuchte Grenze umschliessen. Im Kopfe der Tabellen sind die Namen der untersuchten Ver- bindungen und darunter die Concentrationen der einzelnen Lösungen nach Aequivalenten (für die Zuckerarten nach Molecülen) aufgeführt. In den correspondirenden Spalten bedeutet n^ dass die Zellen am Ende des Versuches nicht plasmolysirt waren; hp^ dass nahezu die Hälfte und p^ dass sämmtliche oder nahezu sämmtliche Zellen in den plasmolytischen Zustand übergegangen waren. Versuche, in denen nicht leicht zwischen diesen drei Fallen zu unterscheiden war, sind stets von den Tabellen ausgeschlossen worden. In den I. C. überschriebenen Spalten findet man das Resultat jedes einzel- nen Versuches, nämlich die schwächste zur Plasmolyse erforderliche Concentration als „Isotonische Concentration" aus den daneben auf- geführten Beobachtungen abgeleitet. Das Verhältniss der isotonischen Concentration des Kalisalpeters zu der entsprechenden des ver- glichenen Körpers findet man in der letzten Spalte angegeben, jedoch so, dass hier die Concentrationen nach Molecülen statt nach Aequi- valenten gerechnet sind. Um dieses zu erreichen, brauchte man nur den Quotienten aus den in die I. C. überschriebenen Spalten eingetragenen Zahlen mit der Valenz der betreffenden Verbindung zu multip]iziren. Nach dem in der Einleitung Gesagten ist es klar, dass diese „Verhältnisse" die Salpeterwerthe solcher Lösungen vorstellen, welche im Liter Ein Molecül, in Grammen ausgedrückt, enthalten. Sie brauchen also nur mit dem isotonischen Coefficienten des Salpeters (3) multiplicirt zu werden, um die Coefficienten für die untersuchte Verbindung zu ergeben (S. 432). Ich habe nun aus sämmtlichen Versuchen zunächst den Mittelwerth dieses Verhältnisses abgeleitet und daraus den isotonischen Coefficienten berechnet. Beide Zahlen finden sich unter jeder Tabelle angeführt. Ich lasse jetzt erst die Versuche mit neutralen, und dann jene mit sauren Lösungen folgen und zwar in einer Reihenfolge, welche sich auf das S. 428 genannte Resultat bezieht. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 453 I. Rohrzucker. C12H22O11. Molec. Gewicht 342. Die Lösungen wurden aus reinem Kandiszucker durch Auflösen bestimmter Gewichtsmengen in Wasser hergestellt; sie enthielten im Liter so viele Mal 342 Gramm Zucker als über jede Spalte ange- geben ist. Der Kandiszucker enthielt pro Gramm weniger als 1 Milligramm Asche. Als Indicatorpflanze diente in den beiden ersten Versuchen Curcuma rubricaulis, im letzten Tradescautia discolor. Versuch I dauerte 7 Stunden; Versuch II und III 4 Stunden, doch wurde nach 8 Stunden festgestellt, dass die Lage der gesuchten Conceu- tration sich nicht verschoben hatte. Rohrzucker. Kalisalpeter. 0.20 0.22 0.24 I.e. 0.12 0.13 0.14 I. C. Verhältniss I n hp P 0.22 n hp P 0.13 0.591 II n P P 0 21 n P P 0.125 0.595 III n P P 0.21 n hp P 0.13 0.619 Im Mittel ist demnach für Rohrzucker: Das Verhältniss zwischen den isotonischen Concentrationen 0.(502. Der isotonische Coefficient 1.81. II. Invertzucker. Cg H12 Oß. Gemenge der isomeren Kohlenhydrate, Dextrose und Levulose, Molec. Gewicht 180. Nach Sachsse, „Die Eiweisskörper, Kohlenhydrate und Farb- stoffe, S. 194", ist der reducirendc Zucker der Pllanzon in allen gut untersuchten Fällen ein Gemenge gleicher Theile Dextrose und Levulose von derselben Natur, wie davsjenige, das bei der Inversion aus Rohrzucker entsteht. Es war aus diesem Grunde wichtig, von 454 Hugo de Vries, den reducirenclen Zuckerarten den Invertzucker zur Bestimmung des isotonischen Coefficienten auszuwählen. Reiner aschenfreier Kandiszucker wurde mit etwas Schwefelsäure im Wasserbade bei 50^ C. während zwei Tage invertirt, und dann einige Tage bei 15-20^ C. aufbewahrt. Aus der farblosen Flüssig- keit wurde die Schwefelsäure durch eine im Voraus berechnete Menge einer gesättigten Barytlösung niedergeschlagen und durch Filtration abgeschieden ; die jetzt neutrale Lösung sammt den Wasch- wässern auf ein bestimmtes Volumen gebracht und der Gehalt an Invertzucker mit Fehling'scher Lösung bestimmt. Es zeigte sich, dass eine vollkommene Inversion stattgefunden hatte, da sämmtlicher benutzter Rohrzucker als Invertzucker zurückgefunden wurde. Aus der klaren aschenfreien Sprocentigen Lösung wurden nun durch Ver- dünnung die erforderlichen Lösungen nach Molecülen hergestellt. Die zweite Horizontalzeile der Tabelle giebt also an, wde viel Mal 180 Gramm Zucker die Lösungen pro Liter enthielten. Als Indicatorpflanze diente Curcuma rubricaulis. Versuchsdauer 4 Stunden. Invertzucker. Kalisalpeter. 0.180.195 0.21 0.225 0.24 I.e. 1 0.12 0.13 1 0.14 0.15 1 I. C. Verhältuiss I n n hp P 0.225 — n hp p 0.14 0.622 II n hp P — — 0.195 n P P 0.125 0.641 III — n hp P P 0.21 n hp P — 0.13 0.629 Im Mittel ist also für Invertzucker: ^ das Verhältniss zwischen den isotonischen Concentrationen 0.627. der isotonische Coefficient 1.88. III — V. Essigsaures Kalium, Salpetersaures Natrium, Chlorammonium. Essigsaures Kalium, KC^ Hg O2. Molec. Gewicht 98. Reines kohlensaures Kalium und Essigsäure wurden in äquiva- lenter Menge in Lösung vorsichtig mit einander gemischt, die Kohlen- Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 455 säure durch Erwärmen vertrieben und das Gemenge bis zu 0.2 Aeq. verdünnt. Aus dieser Flüssigkeit wurden durch weitere Verdün- nungen Lösungen von 0.08 bis 0.15 Aeq. hergestellt und zu den Versuchen benutzt. Da die Lösungen von 0.12, 0.13 und 0.14 Aeq. die Grenze umschlossen, sind nur die mit diesen durchgeführten Versuche in der Tabelle mitgetheilt worden. Salpetersaures Natrium, Na NO.^. Molec. Gewicht 85. Für jede Lösung wurden die Krystalle in einer abgewogenen Menge in Wasser gelöst. Chlorammonium, NIT^ Cl. Molec. Gew. 53,5. Das Salz enthielt weder K noch Na und zeigte in bestimmter Menge in Wasser gelöst und mit zehntelnormaler Silbeilösung titrirt, den richtigen Gehalt von Cl. Es wurde zu jeder Lösung besonders aufgelöst. Als Indicatorpflanzen dienten zu den Versuchen I, II und III Curcuma rubricaulis, zu IV und V Begonia manicata und zwar zu IV die Oberhaut der obersten Blattstielschuppen, zu V die rothen Flecke des Blattstieles selbst. Versuchsdauer für I 3 Stunden, für II 4 Stunden und für III — V 2V2 Stunden. Kalisalpeter. 0.12 0.13 0.14 I. C. 0.12' 0.13 0.14 I.e. Verhältniss Essigsaures Kalium . . I n hp P 0.13 n hp p ,0.13 1.0 Salpetersaures Natrium 11 n hp P 0.13 n hp p 0.13 1.0 Chlorammonium .... III n hp P 0.13 u hp p 0.13 1.0 .... IV n a P 0.135 n n p 0.135 1.0 .... V n hp P 0.13 n hp p 0.13 1.0 Für diese Salze ist also das Verhältniss zwischen den iso- tonischen Concentrationen 1.0 und der isotonische Coöfficient somit 3.0. 456 Hugo de Vlies, VI. Citronensaures Kalium. Kg Cß H5 O7. Aequivalentzahl 102. Moleculair-Gewicht 306. Die Lösung wurde durch vorsichtiges Mischen äquivalenter Mengen von reiner krystallisirter Citronensäure und von reinem kohlensaurem Kalium und Entfernung der Kohlensäure durch Er- wärmung dargestellt. Die Citronensäure hinterliess beim Glühen im Platintiegel pro Gramm 1 Milligr. Asche. Ein Aequivalent der Säure in Milligrammen ausgedrückt (0.07 Gramm) erforderten zur Neutralisation genau 10.0 CG. einer zehntolnormalen Kalilösung; ebenso erforderte ein Aequivalent kohlensauren Kaliums, in Milli- grammen ausgedrückt (0 069 Gramm), genau 10.0 einer zehntel- normalen Oxalsäure-Lösung. Zur Herstellung der neutralen Lösung wurden die Säui'e und das kohlensaure Salz in äquivalenten Mengen abgewogen und in Lösung vorsichtig gemischt, damit durch Spritzen kein Verlust entstehe. Als Indicatorpflanze diente zu den Versuchen I— IV Curcuma rubricaulis, zu V und VI die Oberhaut der Blattstielschuppen und zu VII die rothen Flecke in der Oberhaut eines Blattstieles von Begonia manicata. Versuchsdauer 4 — 4V2 Stunden. Citronensaures Kalium, Kalisalpeter. 0.20 0.22 0.24 0.26 I.e. 0.11 1 0.12 0.13 1 0.14 0.15 I.e. Verhältniss X 3 I — n hp P 0.24 — n hp hp P 0.135 1.675 11 — n n P 0.25 — — n hp P 0.14 1.680 III n n P P 0.23 — n hp P — 0.13 1.696 IV n hp P — 0.22 n n P P — 0.125 1.705 V n n hp P 0.24 n n hp P — 0.13 1.625 VI — n n P 0.25 — — n n P 0.145 1.740 VII — n n P 0.25 n n hp P — 0.13 1.560 Hieraus berechnet sich für das citronensäure Kalium: das mittlere Verhältniss zwischen den iso- tonischen Concentrationen 1,669. der isotonische Coefficient 5.01. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft, 457 VII. Aepfelsaures Magnesium. Mg C4 H4 O5. Aequivalentzahl 78. Moleculair-Gewicht 156. Das Salz wurde durch vorsichtiges Mischen einer Lösung von reiner weisser Aep feisäure mit einer äquivalenten Menge gereinigten kohlensauren Magnesiums hergestellt; beim vorsichtigen Erwärmen löst es sich zu einer klaren Flüssigkeit auf. Die Aepfelsäure hinter- liess beim V^erbrennen im Platintiegel pro Gramm zwei Milligramm Asche und enthielt eine Spur von Citronensäure. Das kohlensaure Magnesium war durch wiederholtes Auswaschen mit destillirtem Wasser vou anhängenden, in Wasser löslichen Stoffen völlig befreit. Aus der durch vorsichtiges Erwärmen von Kohlensäure befreiten übersättigten Lösung des Aepfelsauren Magnesiums wurden dann durch Verdünnung die erforderlichen Lösungen hergestellt. Sofern auch diese übersättigt waren, hielten sie sich doch einige Tage. Als Indicatorpflanze diente Curcuma rubricaulis. Die Versuche dauerten 4 — 5 Stunden. Aepfelsaures Magnesium. Kalisalpeter. 0.36 0.39 ,0.42 0.45 0.48 Le. 0.12 0.13 0.14 0.15 Le. Verhfiltuiss X 2 I — — n hp P 0.45 — n hp P 0.14 0.622 II n bp P — — 0.39 n P P — 0.125 0.641 III n n P P 0.405 n P P — 0.125 0.622 Hieraus berechnet sich: das mittlere Verhältniss zwischen den iso- tonischen Concentrationen 0.628. der isotonische Coefficient 1.88. A'III. Schwefelsaures Magnesium. MgS04. Aequivalentzahl 60. Molec. Gewicht 120. Krystalle MgSO^ 4- 7 ILO. Molec. Gewicht 246. Die Lösungen wurden aus dem reinen Salze ihirch jedesmaliges Auflösen einer bestimmten Menge in Wasser hergestellt. Als Indicatorpflanze diente Curcuma ru])ricaulis; die Versuche 458 Hugo de Vries, dauerten 4 — 5 Stunden; in den beiden ersteren Versuchen wurde nach weiteren fünf Stunden festgestellt, dass eine Verschiebung der isotonischen Concentration nicht stattgefunden hatte. Schwefelsaures Magnesium. Kalisalpeter. 0.33 0.36 0.39 0.42 0.45 I. C. '111 0.11 0.12 0.13 0.14 0.15 1 1 I.e. Verhältniss X 2 I 1 n n hp P P 0.39 n n P P - 0.125 0.641 II n 1 hp P P — 0.36 n hp P P — 0.12 0.667 III n n P 0.435 — u hp hp P 0.135 0.621 IV — n bp P 0.42 — -— n n P 0.145 0.690 Hieraus berechnet sich für sch^vefel saures Magnesium: das mittlere Verhältniss zwischen den iso- tonischen Concentrationen 0.655. der isotonische Coefficient 1.96. IX.— X. Chlorcalcium und Chlor magnesium. CaCla, Aequiv.-Zahl 55.5. Molec. Gewicht 111. MgClg, Aequiv.-Zahl 47.5. Molec. Gewdcht 95. Aus den reinen krystallisirten Salzen w^urde mittelst zehntel- normaler Silberlösnng eine Lösung von genau 0.5 Aeq. hergestellt, und aus dieser durch weitere Verdünnung die zu den Versuchen erforderlichen Lösungen. Als Indicatorpflanzen dienten zu den Versuchen I und III Curcuma rubricaulis, zu II und IV Tradescantia discolor. Versuchsdauer 4 Stunden. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 459 Chloride. Kalisalpeter. 1 1 0.160.170.18 1 1 0.19 0.20 LC. O.U 0.12 0.13 0.14 0.15 I.e. 1 1 1 1 i Verhältn. X 2 Ca GL I n P P 0.185 n n p p 0.135 1.459 II n n P P — 0.175 n n P P p 0.125 1.429 Mg Clo III — n hp P P 0.18 — n n P p 0.135 1.500 IV — n hp P P 0.18 n n P P p 0.125 1.389 Hieraus berechnet sich das Verhältniss zwischen den isotonischen Concentrationen, für CaCla zu 1.444 und für MgCL zu 1.444. Es sind also die isonischen Coefficienten 4.33 resp. 4.33. XL Citronensaures Magnesium. Mgg (Cß H5 07)0. Aequivalentzahl 75. Molec.-Gewicht 450. Von der auch im folgenden Versuche benutzten Citroncnsäure wurde eine abgewogene Menge in Wasser vorsichtig mit einer aequi- valenten Menge gewaschenen und getrockneten kohlensauren Magne- siums, dessen Wassergehalt vorher bestimmt war, gesättigt; nach der Auflösung wurde die Kohlensäure durch Erwärmen vertrieben und die Flüssigkeit auf ein bestimmtes Volumen gebracht. Aus dieser wurden durch Verdünnung die zu den Versuchen bestimmten Lösungen gemacht. Indicatorpflanze Curcuma rubricaulis. Versuchsdauer 2 V2 Stunden. Citronensaures Magnesium. Kalisalpeter. 0.495 0.54 0.585 0.63 I. C. 0.11 0.12 0.13 1 I. C. Verhältniss X G I — n hp P 0.585 n hp P 0.12 1.231 II n n P P 0.5G25 n hp P 0.12 1.280 III n hp P — 0.54 n hp P 0.12 1.333 IV n n P P 0.5G25 n " P 0.125 1.333 Hieraus berechnet sich das mittlere Verhältniss zwischen den isotonischen Concentrationen zu 1,294, und der isotonische Coefficient zu 3.88. Jahrb. /. wiss. BotADik. XiV. g]^ 460 Hugo de Vries, XII. Citronen säure. CßHäO/". Aoquivalentzahl 64. Molec.-Gewicht 192. Krystalle Cg Hg 0^ + ILO. Aequivalentzahl 70. Molec- Ge- wicht 210. Die krystallisiite Citroneiisäure hinteiliess beim Glühen im Platiutiegel pro Gramm 1 Milligr. Asche. Ein Aequivalent der Säure in Milligrammen ausgedrückt (0,07 Gramm) erforderte zur Neutralisation genau 10 CG einer zehntelnormalen Kalilösung. Jede Lösung wurde durch Auflösen der erforderlichen Gewichtsmenge in Wasser dargestellt. Als Indicator dienten die Blattstiele von Begonia manicata, und zwar für Versuch I die Oberhaut der obersten Schuppen, für die übrigen Versuche die rothen Flecke in der Oberhaut der Blatt- stiele in der Nähe der Schuppen. In den beiden ersten Versuchen wurden die nämlichen Präparate zwei- resp. dreimal durchmustert, es zeigte sich dabei keine Verschiebung in der Grenze der Plasmo- lyse, woraus zu folgern ist, dass das Resultat nicht von der gifti- gen Wirkung der Säure bceinflusst wurde. Citronensäure. Kalisalpeter. Dauer inStd. 1 1 I 1 i 0.50 0.55 0.60 0.65 0.70 I. C i 1 1 ! i ! 1 0.12 0.13 0.14 1 i 0.15 0.16 I. C. ! 1 Verhältüiss X 3 I 2 n n hp P 0.60 n hp P P — 0.13 0.650 5 n n hp P — 0.60 — — — — — — 0.650 II 2 n n P P — 0.575 n P P P — 0.125 0.652 5 n n P — — 0.575 — — — — 0.652 9 — n P P — 0.575 — — — ~ — 0.652 III 3 n hp hp P P 0.575 n hp hp P P 0.135 0.704 IV 2 — — n hp P 0.65 n n n hp P 0.15 0.692 Hieraus berechnet sich, wenn man von jedem Versuch nur eine Beobachtung verwendet, als Mittelzahl: das Verhältniss zwischen den isotonischen Concentrationen 0.674, der isotonische Coefficient 2.02. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 461 XIII. Weinsäure. C4 Hg Oß". Aequivalentzahl 75. Molec.-Gewicht 150. Krystallisirt ohne Krystallwasser. Die krystallisirte Säure hinterlies beim Verbrennen pro Gramm 1 Milligr. Asche; ein Aequivalent, in Milligrammen ausgedrückt (0.075 Gr.), erforderte zur Neutralisation genau 10 CG einer zehntel- normalen Kalilösung. Jede Lösung wurde durch Auflösen der er- forderlichen Gewichtsmenge dargestellt. Als Indicator diente Begonia manicata; für die Versuche I und II die rothen Flecke der Blattstieloberhaut, für III und IV die Oberhaut der obersten ringförmigen Schuppe des Blattstieles. Die Versuche II und IV zeigen, dass in der 5. bis 9. Stunde des Versuches die Grenze keine Verschiebung erfährt, dass daher der nach zwei Stunden gefundene Werth zu niedrig ist; ich habe diesen deshalb von der Berechnung der Mittelzahl ausgeschlossen. Weinsäure. Kalisalpeter. Dauer in Std. 0.35 1 0.40 0.45 0.50 I.e. ! 0.12 0.13 0.14 0.15 I.e. Yerhältniss X 2 I 3 n P P P 0.375 n hp hp p 0.135 0.720 II 2 n bp P P 0.40 — — — — - 0.625 5 n P — — 0.375 n P P — 0.125 0.667 9V2 n P — — 0.375 — — — — — 0.667 III 3 — n hp P 0.45 — — hp P 0.14 0.622 IV 2 n n P P 0.425 — — — — — 0.612 5 n P — — 0.375 n hp P — 0.13 0.693 9',2 n P — — 0.375 — — — — 0.693 Hieraus berechnet sich für Weinsäure, wenn man von jedem Versuch nur die letzte Beobachtung benutzt: das Verhältniss zwischen den isotonischen Concentrationen 0.673. der isotonische Coefficient 2.02 31' 462 Hugo de Vries, XIV. Aepfelsäure. C4 Hß O5". Aequivalentzahl 67. Molec.-Gewicht 134. Die krystallisirte Aepfelsäure war iiahezAi farblos, hinterliess beim Verbrennen im Platintiegel pro Gramm 2 Milligramm Asche und enthielt eine Spur Citronensäure. Es wurde eine Lösung von 1 Aeq. hergestellt und daraus durch Verdünnung die zu den Versuchen er- forderlichen Lösungen bereitet. Als Indicator dienten die rothen Zellen der Blattstiele von Begonia manicata, und zwar in den Versuchen I — III die rothen Flecke in der Oberhaut des Blattstiels, welche sich um die Basen der Schuppen herum befinden, in den Versuchen IV —VI aber die Oberhaut der Schuppen selbst. Nur die grösste den Stiel rings- herum umfassende, der Spreite am nächsten stehende Schuppe wurde benutzt und für jeden Versuch sämmtliche Präparate aus derselben Schuppe genommen. Jedes in Aepfelsäure getauchte Präparat wurde zweimal unter- sucht, einmal nach 4—472 5 ein anderes Mal nach 9 — 10 Stunden, in dieser Zeit ist die Grenze, der schädlichen Wirkung der Säure zu Folge, stets um ein Geringes herabgedrückt worden. Es wurde daher aus beiden Beobachtungen das Mittel als der Wahrheit am nächsten entsprechend angenommen. In den Salpeterlösungen findet eine solche Verschiebung nicht statt; hier ist also nur je eine Beob- achtung angeführt worden. Aepfelsäure. Kalisalpeter. .a c -^ > I 4 n n hp P P - 0.40 n » P P 0.135 0.675 0.723 10 n hp p !- — 0.35 — — — — ~ 0.771 11 4V2 — n n P p 0.475 n u n hp P 0.15 0.631 0.649 9V2 — n n hp P — 0.45 — — — — 0.667 III 4'/o n n bp P P — 0.40 n hp P P — 0.13 0.650 0.672 9 — n P — — — 0.375 — — — — — — 0.693 IV 4 n n n P P - 0.425 n hp P P — 0.13 0.611 0.077 10 n hp P — 0.35 — — — 0.743 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 463 Aepfelsäure. Kalisalpeter. 1 So i 2 s 0.30 0.35 1 0.40 0.45 0.50 0 55 I.e. ! 1 1 0.12 013 0.14 0.15 0.16 I.e. 1 1 1 + ittleres irhältn. X 2 !d^ 1 1 i 1 1 i 1 ! >■ 2>: V 4=/2 _ ^ n hp 1 p 0.50 n i, n hp p 0.15 0.600 0 633 9V. — n n hp P - 0.15 — — — 1 — — — 0.667 VI 4'4 n n n p P - 0.425 n P P (P - 0.125 0.588 0.606 y n n hp — — 0.40 : — — ~ ~~ — — 0.625 Hieraus berechnet sich für Aepfelsäure: das Vcrhältnisis zwischen den isotonischen Concentrationen 0.660 der isotonische Coefficient 1.98. XV. Oxalsäure. H2 C, O4. Aequivalentzahl 45. Molec. Gewicht 90. Krystalle Cg H2 0^ + 2 H2O. Aequivalentzahl 63. Molec.-Ge- wicht 126. Die Oxalsäure war frei von Kali, wie sie als Grundlage titri- metrischer Bestimmungen verwendet wird. Mit den rothen Zellen der obersten Schuppen der Blattstiele von Begonia manicata wurden einige Bestimmungen des isotonischen Coefficienten in der üblichen Weise vorgenommen, der A'ersuch aber wegen der schäd- lichen ^Virkung der Säure bald unterbrochen. Die erhaltenen Zahlen schwankten, als ich jugendliche, sehr kräftige, nicht völlig ausge- wachsene Blätter im Sommer benutzte, zwischen 2.09 und 2.33, und ergaben im Mittel 2.25. Da diese Zahlen wegen der erwähnten giftigen Wirkung etwas zu gross ausfallen mussten, so kann als Resultat dieses Versuches wenigstens so viel als feststehend betrach- tet werden, dass der isotonische Coefficient für O.xalsäure nahezu derselbe ist als der für die drei anderen organischen Säuren. Da den Versuchen aber aus jenem Grunde die erforderliche Genauigkeit abgeht, führe ich sie nicht weiter an. 464 Hugo de Vries, XVI. Doppeltsaures citronensaures Kalium. KHgCßHsO;. Aequivalentzahl Vs X 230. Molec.-Gewicht 230. Reine Citronensäure wurde mit V3 Aequivalent kohlensaurem Kali vorsichtig gemischt, die Kohlensäure durch Erwärmen vertrieben, die Mischung auf einen Gehalt von 1 Aeq. der Säure verdünnt, und aus dieser Lösung durch weitere Verdünnung die für die Ver- suche zu verwendenden Flüssigkeiten bereitet. In der ersten Hälfte der Tabelle giebt also die zweite Horizontalzeile den Gehalt der Lösungen an Säure an, Vs davon ist durch Kali gesättigt. Indicatoren waren in Versuch I die rothen Flecke der Oberhaut der Blattstiele, in II die oberste Schuppe des Blattstieles von Be- gonia manicata. Versuchsdauer 3V2 Stunden; nach weiteren ö'/o Stunden war keine Aenderung in dem Grade der Plasmolyse eingetreten. Doppeltsaures citronen- saures Kalium. Kalisalpeter. 0.42 0.45 0.48 I.e. 0.13 0.14 0.15 0.16 I. C. Verhältniss X 3 I 11 n n P P P P 0.435 0.435 n n n n hp P P P 0.15 0.145 1.035 1.00 Hieraus berechnet sich: das mittlere Verhältniss zwischen den iso- tonischen Concentrationen 1.017. der isotouische Coefficient 3.05. XVIL Einfachsaures citronensaures Kalium. K2HC6H5O-. Aequivalentzahl V3 X 268. Molec.-Gewicht 268. Reine Citronensäure wurde mit V3 Aequivalent kohlensaurem Kali vorsichtig gemischt, die Kohlensäure durch Erwärmen vertrie- ben und die Mischung auf einen Gehalt von 1 Aeq. der Säure ver- dünnt. Durch weitere Verdünnung wurden hieraus die erforder- lichen Lösungen gemacht. In der ersten Hälfte der Tabelle giebt also die zweite Horizontalzeile den Gehalt an Säure in Aeq. an; 2/3 davon ist jedesmal an Kali gebunden. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 465 Als Indicatorpflanzc dienten die rotheii Oberhautzellen der Blatt- stiele von Begonia manicata, und zwar für Versuch I und II die rothen Flecke an der Basis der Schuppe, für III und IV die obere ringförmige Schuppe in der Nähe der Lamina. Zu Versuch V wurde aber Curcuma rubricaulis verwandt; die Erfahrung lehrte, dass diese trotz der sauren Rcaction des Salzes zuverlässige Resul- tate gab. Versuchsdauer 3V2 — 4'/2 Stunden; in 1, III und IV wurde nach weiteren 47^ Stunden constatirt, dass die Grenze sich nicht verschoben hatte. Einfachsaures citonensaures Kalium. Kalisalpeter. 0.27 1 ! 1 0.29 0.31 0.33 0.35 1 1 1 I. C. 1 1 i i 1 0.12 0.13 0.14 0.15 0.16 I. C. 1 1 1 1 ! Verhältniss X 3 I n n n P P 0.32 n n hp p 0.15 1.406 n n n hp P P 0.31 — n n P - !o.U5 1 1403 III — n ^ hp P 0.33 — n n p p 0.145 1318 IV n P P — — 0.28 n P P - - 0.125 1.339 V n P — — 0.28 n P 1 — 0.125 1.339 Hieraus berechnet sich: das mittlere Verhältniss zwischen den iso- tonischen Concentrationen 1.361. der isotonische Coefficicnt 4.08. § 3. Die plasmolytische Trftnsport-Methode. Ausser nach der vergleichenden Methode kann num die Plas- molyse noch in ganz anderer Weise zur Ermittelung der isotonischen Coefficienten verwenden. Man bringt dazu geeignete Präparaie in eine willkürliche, z. B. schwach plasmolysirende Lösung des zu stu- dircnden Salzes, und nachdem die Protoplaste hier ihre Contraction beendet haben, transportirt man die einzelnen Objecte in Salpeter- lösungen verschiedener Concentration. Letztere wählt man so, dass einige stärker und andere schwächer A\'asser anziehen als die be- nutzte Lösung des anderen Körpers, während Eine Salpeterlösung 466 Hugo de Vries, mit dieser isotonisch ist. Die Protoplaste der in die stärkeren Lösungen gebrachten Zellen werden sich weiter contrahiren, die in die schwächeren Lösungen gekommenen werden sich ausdehnen und nur in der isotonischen Salpeterlösung findet keine Aenderung ihrer Grösse statt. Umgekehrt wird man aus dem Verhalten der Proto- plaste nach dem Transport bestimmen können, welche Salpeterlösung mit der Lösung des anderen Salzes isotonisch war. Diese Methode habe ich zu einigen, im nächstfolgenden Para- graphen mitzutheilenden Versuchen über den Einfluss der Concen- tration auf den Werth der isotonischen Coefficienten benutzt. Ich werde sie deshalb jetzt ausführlich beschreiben. Der vergleichenden plasmolytischen Methode gegenüber hat diese Transportmethode gewisse A^ortheile, aber auch schwerwiegende Nach- theile. Der auffallendste Unterschied liegt darin, dass hier jede ein- zelne Zelle nur mit sich selbst verglichen wird und dass deshalb der Einfluss individueller Unterschiede auf das Resultat völlig aus- geschlossen ist. Speciell für das Studium des Einflusses der Con- centration hat sie aber noch weitere Vorzüge. Denn bei diesem Studium kommt es darauf an, Lösungen von z. B. 0.1 — 0.3 Aeq. Kalisalpeter mit isotonischen Lösungen anderer Salze zu vergleichen. Die plasmolytische Grenzlösung, wie wir sie bei der vergleichenden Methode bestimmten, schwankt bei unseren Indicatorgeweben nur zwischen 0.10—0.16 Aeq. KNO3, und genügt jener Bedingung also nicht 1). Wenn aber jede einzelne Zelle nur mit sich selbst ver- glichen wird, so ist Gleichheit der verschiedenen Zellen unter sich keine Bedingung mehr, und wir dürfen also jetzt als Indicator ein Gewebe mit sehr ungleichen Zellen wählen und aus diesem Zellen resp. Präparate aussuchen, deren einige bereits durch etwa 0.10 Aeq. KNO3, andere erst durch 0.2 und noch andere erst durch 0.3 Aeq. KNO3 plasmolysirt werden. Diese drei Gruppen eignen sich dann zu den Versuchen bei verschiedener Concentration. Der wesentlichste Nachtheil der Transportmethode liegt in dem 1) Bei Tradescantia discolor würde allerdings die Basis des Mittel- nerven die Vergleichung stärker concentriiter Lösungen gestatten, jedoch scheint die Empfindlichkeit und die Gleichmässigkeit jener Zellen zu wünschen übrig zu lassen. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 467 Umstand, dass die Protoplaste bei stundenlangem Aufenthalt in den Salzlösungen immer weniger empfindlich werden, und zumal von ihrem Vermögen, sich in verdünnterer Lösung wieder auszudehnen, immer mehr einbüssen. Aus diesem Grunde gestehe ich ihr zur Ermittelung der isotonischen Coefficienten in gewöhnlichen Fällen nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Um die Grösse der Protoplaste vor und nach dem Transporte in die zweite Lösung vergleichen zu können, mache ich von jedem Präparat mit der Camera lucida eine Zeichnung, in der zumal die Protoplaste genau eingetragen sind. Selbstverständlich zeichne ich sie erst, nachdem sie hinreichend lange Zeit in der ersten Lösung verweilt haben, um hier constante Grösse zu erreichen. Nach dem Aufenthalt in der zweiten Lösung wird dann die eventuell geänderte Grösse der Protoplaste wiederum mittelst der Camera lucida mit jener Zeichnung verglichen. Als Material diente dabei stets die violette Oberhaut der Blattunterseite von Tradescantia discolor, mit Ausnahme der auf oder neben dem Mittelnerven liegenden Partien. Damit wäre das Princip der Methode angegeben und wir können jetzt zu der ausführlichen Beschreibung der Versuche und der kri- tischen Betrachtung der möglichen Fehlerquellen übergehen. Die Ausführung der Versuche nach der Transport- methode geschah in folgender Weise. Mikroskopische Präparate aus der genannten Blattoberhaut wurden in grösserer Anzalil in kleine, mit einem Stopfen lose verschlossene Glascylinder von etwa 20 CC Inhalt gebracht, welche etwa zur Hälfte mit der zu verwen- denden Lösung gefüllt waren. Die Lösung wurde nach ^/^ bis V2 Stunde erneuert. Nach 2—4 Stunden hatte die Contraction der Protoplaste, wie Vorversuche lehrten, in allen Zellen ihr Ende er- reicht und es wurden jetzt die Präparate durchmustert und das- jenige ausgewählt, welches die gleichmässigstc, zugleich aber die schwächste noch scharf wahrnehmbare Plasmolyse zeigte. Von der geeignetsten Zellengruppc (meist 30 — 50 Zellen enthaltend) wurde jetzt mit der Camera lucida eine genaue Zeichnung des Zellennetzes und der Form und Grösse der einzelnen Protoplaste entworfen, wäh- rend das Präparat unter Deckglas in derselben Salzlösung lag wie vorher. Nun wurde es in die Lösung eines anderen Salzes gebracht, 468 Hugo de Vlies, von der in einem ähnlichen Cylinderglasc wiederum etwa 10 CC an- gewandt wurden. Unter diesen Umständen konnte die in dem Prä- parate befindliche Lösung des ersteren Salzes, welche in dem zweiten selbstverständlich hinausdiffundirte, völlig vernachlässigt werden. Nach weiteren 2 — 4 Stunden wHirde das Präparat herausgenommen, und unter Deckglas in derselben Lösung liegend, Zelle für Zelle mit der Zeichnung verglichen. Li jede Zelle wurde eingeschrieben, ob der Protoplast sichtlich grösser oder kleiner geworden war, oder sich nicht merklich geändert hatte. In Fällen des Zweifels wurde nichts eingeschrieben; solche Zellen erhielten daher keinen Antheil an das Resultat. Die Anzahl der zu jeder dieser drei Gruppen gehörigen Zellen findet sich in den folgenden Tabellen verzeichnet. Die beim Zeichnen angewandte Vergrösserung war -y- ; die Grösse der Zellen selbst änderte sich während des Aufenthaltes in der zweiten Lösung nie. Folgende Punkte verdienen noch eine eingehendere Besprechung. Die Wahl der Concentrationen. Es ist selbstverständlich, dass eines der beiden Salze, in welche ein Präparat gebracht wird, jedesmal der Kalisalpeter ist, w^eil wir ja die Beziehung des zu untersuchenden Salzes zu diesem prüfen wollen. Ob es in diesen zuerst oder zuletzt kommt, ist ziemlich gleichgültig; da die Erfah- rung über seine Unschädlichkeit für das lebendige Protoplasma aber eine viel grössere und sicherere ist, als für manche der anderen Salze, habe ich es in den meisten Versuchen als erste Lösung an- gewandt. Durch Vorversuche, oder aus den Seite 428 mitgetheilten Zahlen, liessen sich ungefähr die zur Plasmolyse erforderlichen Concentrationen der beiden Salze bestimmen. Es wurde nun das eine Salz in jeder Versuchsreihe in einer, das andere in zwei bis fünf verschiedenen Concentrationen angewandt und die letzteren so ge\vählt, dass ihr mittlerer Werth voraussichtlich mit der einzigen Concentration des anderen Salzes isotonisch war. Ob der Kalisalpeter oder das zu untersuchende Salz in wechselnder Concentration angewandt wird, ist dabei gleichgültig; aus praktischen Gründen habe ich aber gewöhn- lich nur eine Concentration des zu erforschenden Salzes und mehrere des Kalisalpeters angewandt. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 469 Die Differenz zwisclien den auf einander folgenden Concentrationen der zu demselben Versuch angewandten Salpeterlösungen war O.Ol bis 0.02 Aeq., also ebenso gross oder fast ebenso gross wie bei den Versuchen nach der vergleichenden Methode. So äusserst geringe Differenzen lassen aber noch mit voller Sicherheit wahrnehmbare Unterschiede in der Grösse der Protoplaste erkennen, wenigstens wenn man dazu die geeigneten Zellen auswählt. Wir wollen deshalb nun diesen Punkt etwas genauer betrachten. Die Wahl des Präparates. Es ist von hervorragender Wichtigkeit, nur solche Zellen für die Beobachtung zu wählen, in denen ^ die Abhebung des Protoplasma von der Zellhaut nicht nur sich scharf wahrnehmen lässt, sondern auch eine möglichst schwache ist. Denn nur hier können geringe Unterschiede in der Concentra- tion deutlich sichtbare Grössenänderungen des Protoplasten hervor- rufen. Ist der Grad der Plasmolyse ein solcher, dass der Protoplast als Kugel frei in der Mitte der Zelle liegt, so sind die Umstände für die Wahrnehmbarkeit einer geringen Aenderung der Grösse offenbar möglichst ungünstige, Ist die Plasmolyse so gering, dass dass Protoplasma nur an einer Stelle von der Wand abgehoben ist, sonst dieser aber noch dicht anliegt, so wird sich die Grössenände- rung des ganzen Protoplasten durch die Vor- oder Zurückschiebung dieser einzelnen Stelle verrathen, und also viel schärfer wahrnehm- bar sein. In dieser Hinsicht bietet nun die Oberhaut der Cuterseite der Blätter von Tradescantia discolor den Vortheil, dass die zur Plasmolyse gerade erforderliche Concentration für verschiedenen Stellen desselben Blattes entnommene Präparate nicht genau die- selbe ist. Ich bringe deshalb für jeden Versuch von möglichst ver- schiedenen Theilen des Blattes Präparate in die Lösung, und linde darunter dann leicht welche mit dem erwünschten Grade der Plas- molyse. Die Zellen auf und in der Nähe des Mittelnerven, welche für die vergleichende Methode wegen ihrer grossen Gleichmässigkcit die einzig brauchbaren sind, werden aus demselben Grunde hier immer so viel wie möglich ausgeschlossen. Die Zellen der Tradescantia discolor bieten den weiteren Vortheil, dass die Abhebung des Protoplasma von der Zellhaut ge- wöhnlich seitlich stattfindet und also mit voller Schärfe wahrnehm- 470 Hugo de Vries, bar ist. Bisweilen findet man aber, zumal in den Lösungen weniger diffusibler Stoffe, dass die Abhebung auf der oberen oder unteren Wand der Oberhautszellen anfängt, und also keine Stelle des Zell- lumens unter dem Mikroskope farblos ersclieint. Solche Zellen dürfen nur in besonderen Fällen für die Beobachtung gewählt werden. Zellen, in denen keine Plasmolyse in der ersten Lösung eingetreten ist, sind gleichfalls auszuschliessen, mit Ausnahme des Falles, wo sie in der zweiten Lösung, wenn diese grössere Anziehungskraft für W^asser besitzt, in den plasmolytischen Zustand übergehen. Sie bilden dann gerade den höchsten Grad von Sicherheit, welche bei dieser Methode überhaupt zu erreichen ist. Dasselbe gilt für solche Zellen, welche beim Transport aus einer relativ stärkeren Lösung in eine schwächere ihre Plasmolyse vollständig ausgleichen. Zur Aus- wahl solcher Zellen für die Zeichnungen gehört aber eine ziemlich grosse Uebung. Die Beurtheilung der Präparate, nach dem Aufenthalt in der zweiten Lösung. Die Vergleichung der Zellen am Ende des Versuches mit den vorher von ihnen gemachten Zeichnungen ist in vielen Fällen eine sehr leichte. Je schwächer die Plasmolyse, je empfindlicher die Protoplaste, und je grösser der L^nterschied in der wasseranziehenden Kraft der beiden zu vergleichenden Lösungen war, um so klarer tritt das Resultat hervor. Bei geringen Concen- trationsunterschieden und w^enig empfindlichen Protoplasten treten aber gewisse Fehlerquellen ins Gewicht, welche wir jetzt besprechen wollen. Die erstere ist die Abrund ung und Lagenänderung der Proto- plaste während des Aufenthaltes in der zweiten Lösung. Die Proto- plaste der violetten Blattoberhaut der Tradescantia discolor kleben bei anfangender Plasmolyse längere Zeit an die Zellhaut, auf die Dauer heben sie sich aber immer mehr von dieser ab. Dadurch nähern sie sich immer mehr der Kugelform und diese Formänderung kann sehr leicht dazu führen, dass es unmöglich ist, zu unterscheiden, ob sie ihre Grösse geändert haben oder nicht. Solche Zellen sind also von der Berechnung des Resultates auszuschliessen. Eine weitere Fehlerquelle liegt in dem Umstände, dass die Protoplaste im plasmolytischen Zustande allmälig weniger dehnbar werden, schon lange, bevor sie eine sichtbare Spur von eintretendem Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 471 Tode zeigen. Sie behalten dabei die Fähigkeit, bei zunehmender Concentration sich zusammenzuziehen, aber reagiren auf eine Ab- nahme der Concentration nicht mehr durch eine entsprechende Grössenzunahmc, und wenn der Concentrationsunterschied ein grösse- rer ist, platzen sie und sterben und entziehen sich dadurch der Beobachtung. Die Versuche, in denen die Concentration der zweiten Losung also eine höhere ist als die der ersteren, geben dadurch weit schärfere Resultate als die, in denen das Umgekehrte der Fall ist und würden aus diesem Grunde vorzuziehen sein, wenn nicht andere Umstände gerade den in zweiter Linie genannten Versuchen eine grössere Beweiskraft beilegten. Es sind dies folgende: Wenn die Dauer des Aufenthaltes in der ersten Lösung nicht eine so lange war, dass in allen Zellen das in jener Lösuiig mögliche Maximum der Concentration der Protoplaste erreicht werden konnte, so wird auch dann, wenn die zweite Lösung mit der ersteren isotonisch ist, eine weitere Zunahme der Plasmolyse eintreten können. Letztere würde also unter solchen Umständen nichts beweisen, während eine Aus- dehnung der Protoplaste auch unter diesen Umständen völlig be- weisend ist. Ist ferner die zweite Lösung eine dem Leben der Zellen nicht völlig unschädliche, z. B. eine solche, welche den Zutritt des freien Sauerstoffes bedeutend erschwert, so werden die am meisten empfind- lichen Protoplaste anfangen zu sterben, und ist die betreffende Lösung eine schwer diffundirende, so werden sie demzufolge allmiilig kleiner werden. Es ist häufig schwer, an einer solchen Zelle den anfangen- den Tod zu erkennen, und bei den Versuchen mit Zuckerlösungen habe ich diese Fehlerquelle nicht immer vollständig vermeiden können. Es ist selbstverständlich, dass nur völlig neutrale Lösungen und solche, welche keine Spur kohlensaurer Salze enthalten, Ver- wendung finden dürfen; ich habe meine Salze mit besonderer Rück- sicht auf diesen Punkt umkrystallisirt und mich dann dadurch von ihrer Reinheit versichert, dass ich prüfte, ob die violetten Zellen von Tradescantia discolor bei zweitägigem Aufenthalt in den Salz- lösungen eine Spur von Blaufärbung ihres Lihaltes zeigten. Nur wo solches nicht der Fall war, konnte das Salz als rein betrachtet werden. 472 Hugo de Vries, Die Dauer des Aufenthaltes in der ersteren Lösung muss also stets eine so lange sein, dass die Contraction der sich ablösenden Protoplaste ihr in dieser Lösung mögliches Maximum erreicht, und auch nicht länger, um die Protoplaste so wenig wie möglich von ihrer Empfindlichkeit einbüssen zu lassen. Zwei bis vier Stunden zeigten sich hierzu in der Regel als das Zweckmässigste. In der zweiten Lösung Hess ich die Präparate nur so lange, bis eine sichere Entscheidung eintrat, was häufig bereits nach einer Stunde der Fall war. Die Empfindlichkeit der beschriebenen Methode lässt sich in sehr einfacher Weise prüfen, wenn man als zweite Lösung das- selbe Salz wählt wie für die erste. Es wird sich dann zeigen, welche Aenderungen in der Grösse der Protoplaste einer genau bekannten Aenderung in der Concentration folgen. Ich führe zwei solche Ver- suche an, welche ich mit Kalisalpeter angestellt habe. In dem ersten Versuch wurden die Präparate aus der violetten Blattober- haut von Tradescantia discolor zunächst in fünf Lösungen ver- schiedener Concentration gelegt, nach einem Aufenthalte von 4 bis 6 Stunden gezeichnet und sämmtlich in eine Lösung von 0.20 Aeq. KNO3 übergebracht. Jedes Präparat kam dabei in ein besonderes Röhrchen mit etwa 10 CC. der Lösung. Nach weiteren 4—6 Stunden wurden die Präparate mit den Zeichnungen vergleichen, und das Resultat in folgende Tabelle zusammengestellt: Aus Gebracht Anzahl der Protoplaste, deren Grosse: KNO3 in KNO3 Verhältniss zuge- nommen. gleich- geblieben. abge- nommen. 0.16 Aeq. 0.20 Aeq. 0.8 0 7 21 0.18 - 0.20 - 0.9 0 38 11 0.20 - 0.20 - 1.0 2 40 1 0.22 - 0.20 - 11 21 30 3 0.24 - 0.20 - 1.2 28 13 2 Die drei letzten Spalten geben an, in wie vielen Zellen die Protoplaste ihre Grösse wirklich verändert oder deutlich nicht ver- Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 473 ändert hatten; zweifelhafte Fälle sind so viel wie möglich ausge- schlossen. Bei der Betrachtung der Tabelle zeigt sich: 1. Dass nur bei unveränderter Concentration n ihezu sämmt- liche Protoplasto gleichgeblieben sind , während bei abnehmender Concentration eine Ausdehnung, bei zunehmender eine Zusammen- ziehung beobachtet wurde. Und zwar in um so zaiilreicheren Zellen, je grösser die betreffende Aenderung der Concentration war. 2. Dass in allen fünf Versuchen eine merkliche Anzahl von Protoplasten keine Veränderung wahrnehmen Hess, und zwar um so zahlreichere, je geringer die Concentrationsdifferenz war. Es sind dies offenbar die weniger empfindlichen Zellen und solche, in denen die Form der Ablösung von der Zellhaut der Beobachtung geringer Grössendifferenzen ungünstig Avar. Hieraus ergiebt sich also die Regel, dass man bei Versuchen nach dieser Methode vorwiegend darauf zu achten hat, ob eine er- hebliche Anzahl von Zellen Zu- oder Abnahme der Grösse ihrer Protoplaste erkennen lässt, während die Zahl derjenigen Zellen, in denen eine solche entscheidende Beobachtung nicht gemacht werden kann, nur von untergeordneter Bedeutung ist. Je näher man einander die Concentrationen der angewandten Lösungen rückt, um so weniger scharf wird selbstverständlich die Grenze und dieses gilt aus früher namhaft gemachten Gründen, hauptsächlich auf der Seite, wo bei abnehmender Concentration eine Ausdehnung der Protoplaste erwartet wird. Folgender Versuch zeigt dieses : Aus KNO3 Gebracht in KNO, Yerhültniss Anzahl der 1 zuge- nommen. ^rotoplaste, de gleich- geblieben. reu Grösse: abge- nommen. O.IG Aeq. 0.18 Aeq. 1.12 0 21 27 0.10 - 0.17 - 1.00 0 44 11 O.IG - 0.16 - 1.0 0 44 1 O.IG - 0.15 - 0.94 7 34 G O.IG - 0.14 - 0-87 37 12 0 474 Hugo de Vries, Die Anordnung des Versuches war dieselbe wie in dem ersteren, ebenso das Resultat, mit Ausnahme des vierten Präparates. Hier hatten die Zellen auf einen Transport aus 0.16 Aeq. KNO3 in 0.15 Aeq. desselben Salzes nicht in entscheidender Weise reagirt. Da- gegen war auf den Transport in eine O.Ol Aeq. stärkere Lösung eine sehr deutliche Contraction eingetreten. Dieser Unterschied in der Schärfe der beiden Grenzen ist offenbar eine Folge davon, dass die Protoplaste einer nachträglichen Ausdehnung weit grösseren Widerstand entgegensetzen als einer fortschreitenden Contraction. Bei dem Studium des Einflusses der Concentration auf den Werth der isotonischen Coefficienten wird diese Erfahrung uns bei der Yer- werthung der Versuche von grossem Nutzen sein. Als Beispiel zu dieser Methode führe ich einen Versuch mit Chlorkalium an. Das Salz war durch Umkrystallisiren gereinigt und zu einer Lösung von 0.20 Aeq. (= 0.20 Molec.) in destillirtes Wasser aufgelöst. Die Präparate kamen zuerst in verschiedene Lösungen des Kalisalpeters, dann aber, nachdem die erforderliche Anzahl von Zellen gezeichnet war, je in ein etwa 10 CC dieser Chlorkaliumlösung enthaltendes Röhrchen. Nach weiteren zwei Stunden wurden sie mit den Zeichnungen verglichen und es ergab sich folgendes Resultat: Chlorkalium. Aus KNO3 Gebracht in KCl Verhältniss Anzahl der zuge- Protoplaste, d( unver- Jren Grösse: abge- nommen. ändert. nommen. 0.16 Aeq. 0.20 Aeq. 0.8 0 10 20 0.18 - 0.20 - 0.9 0 16 20 0.20 - 0.20 - 1.0 0 28 0 0.22 - 0.20 - 1.1 28 35 0 0.24 - 0.20 - 1.2 19 14 0 Die Lösungen von 0,20 Aeq. Chlorkalium und 0.20 Aeq. Kali- salpeter sind somit isütonisch; und da das Verhältniss zwischen beiden = 1 ist, so ist der isonische Coefficient des Chlorkaliums = 3.0. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 475 Weitere Versuche habe ich u. A. mit neutralem oxalsaurem und weinsaurem Kali augestellt; sie führten für beide Salze zu einer Be- stätigung des Satzes, dass für die isotonischen Coefficienten nach der plasmolytischen Methode dieselben Werthe gefunden werden, wie nach der Methode der Gewebespaunung, brauchen hier aber nicht weiter angeführt zu werden. § 4. Eiuige Versuche zur Kritik der Methode. Bei der Berechnung der isotonischen Coefficienten haben wir stets stillschweigend angenommen, dass die Affinität gelöster Körper zu Wasser in verdünnten Lösungen innerhalb der Grenzen unserer Versuche der Concentration proportional sei, dass also unsere Werthe, welche bei zwischen 0.10 und 0.16 Aeq. Kalisalpeter wech- selnden Concentrationen bestimmt sind, ohne Weiteres mit einander verglichen werden dürfen. Bei der Anwendung unserer Coefficienten zur Analyse der Tur- gorkraft werden wir ferner annehmen, dass sie bei sämmtlichen, in den Zellen vorkommenden Concentrationen ihre Gültigkeit behalten, also innerhalb von etwas weiteren Grenzen, und zumal bei verdünn- teren Lösungen dieselben bleiben. Und da ferner die Zellsäfte stets Gemenge verschiedenartiger Verbindungen sind, werden wir anzu- nehmen haben, dass die einzelnen Stoffe auch in gemischten Lösungen ihre isotonischen Coefficienten behalten. Obgleich diese beiden Sätze an und für sich wohl kaum Zwei- feln unterliegen werden, habe ich doch eine Reihe von Versuchen durchgeführt, um ihnen eine experimentelle Grundlage zu sichern. Versuche über den Einfluss der Concentration auf den Wcrth der isotonischen Coefficienten. In sehr ver- dünnten Lösungen, wie sie zu unseren Versuchen dienten, darf man annehmen^), dass der Raum, den die Molecüle des gelösten Körpers einnehmen, gegenüber dem des Lösungsmittels verschwindend klein sei, und dass die einzelnen Substanzmolecüle somit hinreichend weit von einander entfernt sind, um in ihrer Anziehung zum Lösungsmittel nicht von einander becinflusst zu werden. So lange diese Bedin- 1) Vergleiche L. C. Schwab: Bijdrage tot de kennis der estervorming. Diss. Amsterdam 1883, S. 5—13. Jahrb. f. \vis8. Botanik. XIV. OO 476 Uugo de Vries, gung erfüllt ist, ist die Anziehung des gelösten Körpers einfach gleich der Summe der Anziehungen seiner Molecüle, und also der Zahl dieser Molecüle in der Einheit des Volumens, d. h. der Concentration, proportional. In concentrirteren Lösungen rücken die Substanzmolecüle einander näher, und üben auf einander Wirkungen aus, welche jene Proportionalität aufheben können, und ich habe mich überzeugt, dass hoch concentrirte Lösungen verschiedener Salze, welche nach unseren Coefficienten als isotonisch berechnet waren, in sehr verschiedenem Grade plasmolysirend wirkten. Die folgenden Versuche sind nicht bestimmt, die Grenze zu er- mitteln, bis zu der unsere Coefficienten noch eine hinreichende Ge- nauigkeit besitzen, sondern nur zu zeigen, dass innerhalb der Gren- zen unserer Versuche und ihrer Anwendung auf die Analyse der Turgorkraft, die Concentration keinen Einfluss auf ihre Resultate aus- übt. Die Versuche wurden, theils mit schwefelsaurem Kalium, theils mit Rohrzucker, nach der Transportmethode ausgeführt. (Vergl. § 3.) L Schwefelsaures Kalium. Ko SO4. Aequivalentzahl 87. Molec.-Gewicht 174. Die Lösungen wurden jede durch Auflösen einer abgewogenen Menge reiner Krystalle zu einem bestimmten Volum in Wasser dar- gestellt.' Die Versuche wurden genau in der im vorigen Paragraphen beschriebenen Weise ausgeführt. Zur Plasmolyse dienten die vio- letten Zellen der unterseitigen Oberhaut eines Blattes von Trades- cantia discolor. Auf demselben Blatte findet man Stellen, wo die Grenze der Plasmolyse bei 0.1 Aeq. Kalisapeter und andere, wo sie bei 0.2 Aeq. liegt; an der Basis steigt diese Grenze sogar auf 0.25 Aeq. KNO3. In jede einzelne Lösung wurden nun sehr ver- schiedenen Stellen entnommene Präparate gebracht und nach etwa zwei Stunden daraus diejeuigen ausgesucht, deren Zellen den schwäch- sten Grad der Plasmolyse zeigten. In den Spalten der Verhältnisse habe ich diese sogleich auf Molecüle berechnet. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. I. 0.2 Aeq. Schwefelsaures Kalium. 477 Aus Gebracht Verhältnis.s Anzahl der Protoplaste, deren Grösse: KNO3 in K.2SO4 X 2 zuge- nicht abge- nommen. verändert. nommen. 0.11 Aeq. 0.20 Aeq. 1.1 1 6 16 0.12 - 0.20 - 1.2 1 G 25 0.13 - 0.20 - 1.3 1 37 2 0.14 - 0.20 - 1.4 21 27 0 0.15 - 0.20 - 1.5 2G 25 1 IL 0.3 Aeq. Schwefelsaures Kalium. Aus Gebracht Verhältniss Anzahl der Protoplaste, deren Grösse: KNO3 InKoSO, X 2 zuge- nommen. nicht verändert. abge- nommen. 0.1G5Aeq. 0.30 Aeq. 1.1 0 6 39 0.18 - 0.30 - 1.2 0 21 25 0.195 - 0.30 - 1.3 5 5G 4 0.21 - 0.30 - 1.4 3 52 4 0.225 - 0.30 - 1.5 10 35 0 Beachtet man, bei der Betrachtung der zweiten Tabelle, die auf S. 474 gemachte Bemerkung, so wird man von den beiden Ver- suchen (aus 0.195 und aus 0.21 Aeq. KNO3), in denen eine merk- liche Veränderung in der Grö.sse der Protoplaste nicht zu erkennen war, den ersteren als denjenigen ansehen müssen, in dem die beiden Concentrationen am nächsten isotonisch waren. Beide Versuche geben also iibcrein.stimmend für das Verhält- niss der isotonischen Concentrationen den ^Vo^th 1.3 und somit für den isotonischen Coefficienten 1.3 x 3 = 3.9. Mit schwefelsaurem Kalium habe ich noch zwei weitere Ver- suche gemacht, welche zeigen, dass es gleichgültig ist, ob man die Präparate zuerst oder zuletzt in Kalisalpeter bringt, und ob man von diesem oder von dem anderen Salze nur Eine Coucentration 32* 478 Hugo de Vries. verwendet (vergl. S. 468). Beide bestätigen die Bestimmung des isotonischen Coefücienten auf 1.3 X 3 — 3.9. Ich fasse beide in eine Tabelle zusammen. HI. Schwefelsaures Kalium. Aus Gebracht in Verhältniss X2 Anzahl der Protoplaste, deren Grösse: zuge- nicht ' abge- nommen. 1 verändert. ! nommen. 0.12 Aeq. KNO3 0.20 Aeq. K, SO, 12 0 21 IG 0.12 - 0.18 - 1.3 5 33 4 0.12 - 0.16 - 1.5 25 11 2 0.12 - 0.14 - 1.7 41 0 0 0.18 Aeq. K0SO4 0 13 Aeq. KNO,, 1.4 0 3 1 31 0.18 - 0.12 - 13 2 28 1 0.18 - 0.11 - 1.2 15 8 0 0.18 - 0.10 - 1.1 30 0 0 IL Rohrzucker. Nach derselben Methode wurden mittelst Tradescantia disco- lor einige Versuche mit Rohrzucker bei verschiedener Concentration angestellt. Da die Einzelheiten der Versuche genau dieselben waren, wie früher beschrieben, so kann ich ohne Weiteres die Tabelle mit- theilen, welche für jeden Versuch die Zahl der Zellen angiebt, deren Protoplaste sich nach dem Wechsel der Lösungen ausgedehnt oder zusammengezogen oder endlich sich gar nicht verändert haben. Ich fasse die drei, mit 0.2, 0.3 und 0.4 Aeq.^) Rolirzucker angestellten Versuchsreihen in eine Tabelle zusammen. 1) 0.1 Aeq. = 0.1 Molec. =: 3,42 Gramm zu 100 CG aufgelöst. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. Rohrzucker. 479 II Aus KNO3 Gebracht in Rohr- zucker Verhait- niss pro Molec. Anzahl der Protoplaste, deren Grösse: zut^e- nicht abge- nommen, verändert. nommen. la 0.11 Aeq. 0.20 Aeq. 0.55 0 3 37 b 0.12 - 0.20 - 0.00 0 6 31 c 01:3 - 0.20 - 0.G5 8 21 4 d 0.14 - 0.20 - 0.70 15 G 3 e 0.15 - 0.20 - 0 75 28 2 0 IIa 0.18 - 0.30 - 0.60 0 34 18 b 0.195 - 0.30 - 0.65 9 42 8 c 0.21 - 0.30 - 0.70 13 34 3 III a 0.24 - 0.40 - 0 60 0 18 42 b 0.26 - 0.40 - 0.65 3 43 6 c 028 - 0.40 - 0.70 6 32 5 Es geht aus dieser Tabelle hervor, dass das Verhältniss der isotonischen Concentrationcn für den Rohrzucker in jeder der drei Versuchsreihen am nächsten = 0.65 gefunden wird, und dass es somit innerhalb der Beobachtungsgrenzen von den angewandten Concentrationen unaldiängig ist. Der isotonische Coefficient berechnet sich aus diesen Versuchen zu 0.65 X 3 = 1.95. Dieser Werth liegt etwas höher als der nach der vergleichenden plasmolytischen Methode bestimmte (Verhältniss der isot. Conc. 0.602; isot. Coeff. 1.81, S. 453). Aber in den drei Versuchen, in denen die Zellen aus 0.12, 0.18 und 0.24 Aeq. KNO3 in 0.20, 0,30 resp. 0.40 Aeq. Zucker gebracht wurden, wo also das Verhältniss 0.60 obwaltete, fand eine sehr deutliche Contraction der Protoplaste statt, und es unterliegt also keinem Zweifel, dass wenig- stens auf dieser Seite diesen Versuclien kein Fehler anhaften kann. AVir werden deshalb für fernere Ijetrachtungen aus beiden Versuchs- reihen das Mittel nehmen dürfen, aber zugleich zugeben müssen, dass Beobachtungsfehler von wenigstens der Hälfte der Dilfercnz beider Zahlen beim Rohrzucker möglich sind. Thatsächlich halte ich die möglichen Beobachtungsfehler hier für noch etwas grö.sser. Versuche mit Gemengen verschiedener Verbindungen. Diese Versuche wurden nach der vergleichenden plasmolytischen 480 Hugo de Vries, Methode mit Ciircuma rubricaulis als Indicatorpflanze ausge- führt. Für ihre Beschreibung sowie für die Erklärung der Tabellen verweise ich also auf das in § 1 und 2 Gesagte. Die Lösungen wurden durch Mischung von unter sich isotouischcn Lösungen ver- schiedener Stoffe hergestellt und der Versuch hatte also zu ermitteln, ob auch das Gemenge mit den einzelnen Componenten isotonisch war. In den Tabellen ist der nach Aequivalenten berechnete Gehalt der einzelnen Componenten im Kopfe der linken Hälfte für jede ein- zelne Mischung angegeben und darunter der Salpeterwerth dieser Lösungen, der also gleichfalls der zu erwartende Salpeterwerth der Mischungen war. Durch den Versuch wird nun der wirkliche Sal- peterwerth der Mischungen bestimmt und kann dieser also mit dem im Voraus berechneten Werthe verglichen werden. Die letzte Spalte der Tabellen enthält das Verhältniss beider. Für die Bereitung der Lösungen u. s. w. vergleiche man die entsprechenden Versuche in § 2. L Mischung zweier Salze. Mischungen von einfach saurem citronensaurem Kalium und Chlorammonium. Mischungen. I I i I I Kg HCß H5 0, 0.25 0.27 0.29 0.31 NHiCl 0.110.12'o.l3'o.l4' I i I I I Kalisalpeter. Berechneter Salpeter- 0 ii'o 12 0 n 0 u' T 0 werth der Mischung O-H U.IJ ü.ld U.14 1. O. 0.110.12 0.13 0.14 I. C. Verhältn. I u hp hp Ip n I- 0.13 0.12 p 0.125 -0.12 0.96 1 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 481 II. Mischung dreier Salze. Mischung von einfach saurem citronensaurem Kalium, schwefel- saurem und äpfelsaurem Magnesium. Mischungen. Kalisalpeter. KaHCeH.O, MgSO^ MgC,H,05 0.27 0.29 0.36 0.39 0.36 0.39 1 0.31 0.42 1 0.42! 1 Berechneter Salpeter- werth der Mischung 0.12 0.13 0.14 I.e. O.ll 0.12 0.13 0.14(1. C. 1 Verhältn. I n n hp n ! hp P 0.13 0.13 n n n n P P P P 0.125 0.125 0.96 0.96 Innerhalb der Beobachtungsfehler bestätigen beide Versuchs- reihen also das erwartete Resultat, indem sie zeigen, dass unsere Coefficienten auch bei der Berechnung des Salpeterwerthes gemisch- ter Lösungen augewandt werden dürfen.^) § 5. Berechnung älterer Yersucbe. Bereits im Jahre 1871 habe ich, wenn auch zu anderen Zwecken, die schwächsten zur Plasmolyse erforderlichen Concentra- tionen verschiedener Salze ermittelt.^) Ich ' benutzte damals als Material die Parcncliymzellen der rothen Rübe. Obgleich dem da- maligen Ziele entsprechend diese Conccntrationen nicht so genau be- stimmt wurden, als zur Berechnung der isotonischen Coefficienten bis auf eine Decimalstelle erforderlich i:<^ 2 Scorzonera hispanica SSYs^ V2 Somit ist für oxalsaures Kalium: das mittlere Verhältniss der isotouischen Concentrationeu 1.311, der isotonische Coefficient 3.93. 20 20^ /3 1.348 1.366 1.220 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. VI. Schwefelsaures Kali am. 503 K2SO4. Aequivalentzahl 87. Mol.-Gew. 174. Die Versuche wurden mit dem durch Umkrystallisiren gereinigten Salze angestellt. Ausser bereits früher genannten Arten kamen auch jugendliche Schirmstiele von Apium graveolens zur Verwendung. S c h w e f e I saures Kalium. Ka lisa Ipe ter. 0.22 0.24 1 i 1 ) • » 0.26 0.28,0.30 0.32 0.34 'S § 0.14 0.16 0.18 0.20 0.22 P Q 1 __i "" 1 1 ^0 Centranthus ruber . . . + 0.27 + + _ _ 0.17 Nr. II + + — — 0.27 + — — 0.17 Nr. III + = — — 0.2G + + — — 0.17 Nr. IV H- — -- — 0.25 1 1 Es-;hscholt/ia ralifornica + + 0.2.^ + ' = — O.IG Nr. II + = _ — 0.21 + + — 0.17 Nr. III + = _ — 0.24 + + — 0.17 Sium latifolium .... + + 0.2G 4- + — — 0 17 Nr. 11 H- = — 0.24 + ! + — — 0.17 Nr. III + + + — 0.27 + + + — 0.19 Nr. IV 4- + + 0.27 + ' + — 0.17 Nr. Y + 4- -h — 0.27 Apium o^raveolens . . . + _ 0.33 H- — 0.21 Nr. II + |- 0.33 + - — 0.19 Nr. III 1 1 0.30 + - — 0.19 Nr. IV + + _ 0.33 + _ — 0.20 Die mittleren indilferenten Concentrationen für die einzelnen Arten enthalten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen ^[olecühv Schwefelsaures Kalium. Centranthus lubei- E.schscholtzia californica 24'/3X V2 KNO, 17 17V2 Sium latifolium 2(S\r,x Vo Apium graveolens 32^4X^2 Somit ist für schwefelsaures Kalium: das mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen . 1.308 der isoton ischo Coefticient 3.92. Veihiiltui^s. 1.295 1.370 1.336 1,224 504 Hugo de Vries, VII. Phosphorsaures Kalium. Ko HPO4. Aequivalentzahl 58. Mol.-CTew. 174. Die Lösung dieses Salzes wurde dargestellt, indem reine Phos- phorsäure mit zwei Drittel Aequivalent reinem kohlensaurem Kalium versetzt, und die Kohlensäure durch vorsichtiges Erwärmen entfernt wurde. Durch Verdünnung auf ein vorher bestimmtes Volum wurden dann die Lösungen für die Versuche gemacht. Sie reagirten auf Lakmusspapier amphotisch. Versuche lehrten, dass Kreuzstreifen in Lösungen dieses Salzes von nahezu indifferenter Concentration ihre Krümmung während mehrerer Stunden vergrössern, und nach etwa 12 Stunden noch völlig turgescent und lebendig sind; die Lösungen dürfen somit für die Hauptversuche als unschädlich betrachtet wer- den. Zu dem früheren Versuchsmaterial kamen noch junge Blüthen- stiele männlicher Blüthen von Lagenaria vulgaris. Phosphorsaiires Kalium. Kalisalpeter. 1 1 1 1 1 1. 0 0.36 0.38 0.40 0.42 0.440.46 '^ § 1 1 ! j i i^<^ ! i 1 ! . ü 0.14 0.16 0.180.20 'S § 1 1 1 1^^ Centranthus ruber . . . Nr. II Nr. III Nr. IV Impatiens Roylii .... Nr. 11 Nr. III -f + + 4- + 4- + 0.41 0.42 0.43 0.46 0.40 0.38 0.36 + 4- + + + 4- 4- 4- 0.20 0.19 0.19 0.17 0.16 0.16 0.30 0.32 0.34 0.36 0.38 0.40 1 ^ ( 1 1 1 0.12 0.14 0.16 0.18 1 1 1 Lagenaria vulgaris . . Nr. II Nr. Iir Sium latifolium .... Nr. II Nr. III + - _ + + + + -h — 0.31 0.33 0.39 0.36 0.36 4- 4- + 4- 4- _._ 0.14 0.14 0.15 0.16 0.17 0.15 Die mittleren indifferenten Concentrationen für die einzelnen Arten enthalten somit pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle: Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 505 Phosphorsaures Kalium. KNO,, Verhältniss Centranthus ruber 43XV3 19'A 1.349 Impatiens Roylii 38 X ',,3 IßV:, 1.289 Lagenaria vulgaris 32 X 1 , 14>;3 1.344 Sium latifolium 37x1, 16 1.297 Somit ist für phospliorsaurcs Kalium: das mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen 1.320, der isotonische Coefficient 3.96. VIII. Wein sau res Kalium. K2C4H, Gg. Aequivalentzahl 113. Mol.-Gew. 226. Die Lösung wurde durch vorsichtiges Mischen äquivalenter Mengen von reiner krystallisirter Weinsäure und reinem kohlensaurem Kalium, und Entfernung der Kohlensäure durch Erwärmung darge- stellt. Die krystallisirte Säure hinterliess beim Verbrennen pro Gramm 1 Milligr. Asche; ein Aequivalent, in Milligrammen ausge- drückt (0.075 Gr.) erforderte zur Neutralisation genau 10.0 CC einer zehntelnormalen Kalilösung. Weinsaures Kalium. Kalisalpeter. ' 1 i 1 I . J 0.18 0.210.240.27 0.30-2 S 1 1 1 i 1 \ . 6 0.12 0.14 0.16 0.18 0.20 0.22 "§ § i 1 i i-^l II ! 1 >^^ Centranthus ruber . 1 1 - '0.285 4- + != - 0.20 Nr. II H- 4- - 0.285 4- -h — - jO.19 Nr. III + ;=i- ;o.27 4- 4- — — 0.19 Nr. IV + , + - '0.285 Rudbeckia tribola . 4- ,+ !- ,0.285 4- = — — 0.18 Nr. II 4- ; 4- - ,0.285 \ 4- 4- = — 0.20 Nr. III = 1 0.24 4- 4- — — 0.19 Nr. IV + -1- 0.255 Impatiens Roylii . . + + — ' _ 1 1 1 0.24 4- 4- — — 0.15 Nr. II + h 0.21 4-4- — — 1 O.lo Nr. III + + = - 1 0.24 4-1 = — — 0 14 Nr. IV -+- ,+ 4- - 1 |0-2oi> + 1 + — — 0.15 0.30 0.33 0.3G 0.39 0.42 0.20,0.22 0 24 0.2G 0.28 1 Cephalaria leucantha 4- 4- _ ; 0.345 4-4- = — 024 Nr. II + 1 + + - 1 '0.375 14- — — 0.23 Nr. III + -f- 4- = ! 0.39 4- = _ — Ü.24 Nr. IV + -+- = 1 — 0.39 4- ,= — Ü.24 506 Hugo de Vries, Die mittleren indifferenten Concentrationen für die einzelnen Arten entlialten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle: Centrantluis ruber Rudbeckia triloba Impatiens Roylii Cephalaria lencantl- Somit ist für weinsaures Kalium : da.s mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen 1.329, der isotonische Coefficient 3.99. Weinsaures Kalium. KNO., Verliältniss. 28V3 >= V2 19 V. 1.375 26% X", 2 19 1.427 23% X "2 14% 1.248 371/2 X V2 23% 1.267 IX. Aepfelsaures Kalium. KaC^H^Oj. Aequivalentzahl 105. Mol.-Gew. 210. Das Salz wurde in derselben AVeise bereitet, wie in dem vor- hergehenden Versuche. Ueber die Reinheit der Aepfelsäure ver- gleiche man Abschnitt IT, § 2, Seite 462. Als Versuchsmaterial dienten bereits früher erwähnte Arten. Aepfelsaures Kalium. Kalisalpeter. ! ! i ! 1 i ^ .ü 0.18 0.21 0.24 0.27 0.30 0.33 0.36 'S § 0.12 ! 1 1 1 1 U« 0.14 0.16 0.18 0.20 0.22 0.24 ä § 1 1 r^ 1 1 1 1 1 r^ Centranthus ruber . i 1 1 + 1 + 0.285 1 j + 1+ — _ 0.19 Nr. II ' + ' + — — 0.285 + +' = — 0.20 Nr. III ! + ' + = 0 30 + +1 = — 0.20 Nr. IV + i + — — 0.285 Rudbeckia triloba . + + = — 0.30 + + — — 0.19 Nr. II + = — — 0.27 + + _ i_ 0.19 Nr. III + + — — 0.285 + + — — 0.19 Nr. IV + — — — 0.255 Cephalaria leucaulha + — — 0.315 1 + + = 0.22 Nr. II + + — — 0.315 ! + + + — 0.23 Nr. III + + = — 0.33 + + — 0.23 Nr. IV + + + — 0345 + + = 0.24 Impatiens Roylii . . + + — 0.225 + + — — 0.15 Nr. II + 1 = — ■ — 021 + — — — 0.13 Nr. III + 1 + = — 0.24 + = + + 0.17 + 1 + — — 0.15 Eine Methode zur Analyse der Tur^orkraft. 507 Die mittleren indiiferenten Concentrationen für die einzelnen Arten enthalten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle : Aepfel saures Kalium. Centranthus ruber 28Vy x V2 Rudbeckia triloba 2Vu ^ V2 Cephalaria leucantha 32% >^ '^12 Impatiens Roylii 22V2 ^ V2 Somit ist für äpfelsaures Kalium: das mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen 1.3685, der isotonische Coefficient 4.11. KN03 Verhältniss. 19% 1.362 19 1.369 23 1.410 15 1.333 X. Citronensaures Kalium. KsCßHeO;. Aequivalentzahl 102. Mol.-Gew. 306. Für die Bereitung des Salzes und der Lösungen vergleiche man im zweiten Abschnitt § 2, Versuch VI., S. 456. Als Versuchsmaterial dienten jugendliche Sprosse bereits früher erwähnter Arten. Citronensaures Kalium. 0.12 Kalisalpeter. ' ' 1 i 1 Lo 0.24 0.27 0.30 0.33 0.36 0.391^ g 1 ! 0.14 0.16 0.18 0.20 0.22 c o 1 1 1 1 r^ 1 ! i 1 1 •-•ü Centranthus ruber . + 4- 0 375 1 ! + 4-14-j- 0.19 Nr. ri -h 4- — 0.375 4- 4- — — 0.19 Nr. III + 4- — 0.375 4- 4- 4- — 0.21 Nr. IV + — — 0.345 + + — — 0.19 Rudbeckia triloba . 4- = 0.36 4- 4- 4- — 0.19 Nr. 11 = — — 0.33 H- 4- 4- := 0.20 Nr. ni + = — 0.36 + 4- 0.19 Nr. IV 4- = — 0.3G 4- 4- — 0.19 Impatiens Roylii . . 4- + — — 0.285 4- = — — 0.14 Nr. II 4- + = — 0.30 4- — — — 0.13 Nr. m = — — — 0 24 4- + — 0.15 Nr. IV + = — — 0.27 + — — 0.13 JhLrb. f. wis». Botanik. XIV. 34 508 Hugo de Vries, Die mittleren indifferenten Concentrationen für die einzelnen Arten enthalten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle: Citronensaures Kalium. 3674 xVa 35V4 X V3 27V8XV3 Centranthus ruber Rudbeckia triloba Impatiens Roylii KN03 Verhältniss 19V2 1.591 19V4 1.638 13V4 1.507 Somit ist für citronensaures Kalium: das mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen 1.579, der isotonische Coefficient 4.74. XI. Aepfelsaures Magnesium. MgC4H4 05. Aequivalentzahl 78. Mol.-Gew. 156. Die gesättigte Lösung des äpfelsauren Magnesiums entzieht den wachsenden Zellen kein Wasser; diese nehmen solches im Gegentheil aus ihr auf, und Kreuzstreifen erhöhen in ihr also ihre Krümmung. Aus diesem Grunde habe ich für die Versuche übersättigte Lösungen hergestellt; warm bereitet halten sie sich nach Abkühlung auf die Temperatur des Zimmers einige Stunden, häufig sogar einige Tage lang. Die geringe Diffusibilität des Salzes erlaubte eine Bestimmung der indifferenten Concentration nur für die beiden empfindlichsten Arten, welche mir jetzt zur Verfügung standen. Aepfelsaures Magnesium. Kalisalpeter. 0.64 + 0.68 0.72 0.76 Ind. Conc. 0.16 0.18 0.20 0-22 ot\ Centranthus ruber . . . + _ 0.72 + 0.18 Nr. II H- + — 0.70 + = — 0.18 Nr. m 4- = — — 0.68 + = — 0.18 Nr. IV 4- + — — 0.70 Rudbeckia triloba . . . + — — — 0.66 + -h = — 0.20 Nr. n + = — — 0.68 + + — — 0.19 Nr. III + — — -- 0.66 + + — — 0.19 Nr. IV + + — 0 70 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 509 Die mittleren indifferenten Concentrationen für die einzelnen Arten enthalten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle: Aepfelsaures Magnesium. KNO3 Verhältniss. Centranthus ruber 70 x V2 18 0.514 Rudbeckia triloba 67V2XV2 l^Va 0.573 Somit ist für äpfelsaures Magnesium: das mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen 0.543, der isotonische Coefficient 1.63. Aepfelsaures Calcium ist so wenig in Wasser löslich, dass es in concentrirter Lösung noch eine starke Aufrollung der Spross- streifen gestattet, ich konnte aus diesem Grunde den isotonischen Coefficienten für dieses Salz nicht ermitteln. Ich habe aber eine Lösung von äquivalenten Theilen äpfelsauren Calciums und äpfel- sauren Kaliums bereitet und mit dieser einige Versuche ausgeführt. Obgleich sie keine sehr genauen Resultate lieferten, zeigten sie doch, dass der isotonische Coefficient des Kalksalzes nicht beträchtlich von dem des Magnesiumsalzes verschieden sein kann. XIL Schwefelsaures Magnesium. MgSO^. Aequivalentzahl 60. Mol.-Gew. 120. Krystalle: MgS04H-7H20. Mol.-Gew. 246. Die Versuche wurden mit dem reinen Salze des Handels an- gestellt. Ausser mehrfach erwähnten Arten dienten zu den Versuchen noch die Stiele jugendlicher Blüthenschirme von Levisticum ofüci- nale und Oenanthe silaifolia. 34^ 510 Hugo de Vries, Schwefelsaures Magnesium. Kalisalpeter. 0.50 1 ! 0.55 0.60 0.65 Ind. Conc. 0.14 0.16 0.18 0.20 Ind. Conc. Centranthus ruber . . . + 1 _ 0 55 + 4- 0.17 Nr. II + + - — 0.575 + = — — 0.16 Nr. III H- + '- — 0.575 + + — 0.17 Levisticum officinale . . — 0.55 + — — 0.17 Nr. II + i — 0.55 + + — — 0.17 Nr. III + = — 0.55 4- = — — 0.16 Oenaiithe silaifolia . . . + = — 0.60 + — — 0.17 Nr. II + — 0.575 + + — — 0,17 Nr. III + + 0.60 + 1 + — — 0.17 Nr. IV + = — — 0 55 1 0.35 0.40 0.45 0.50 0.10 0.12 0.14 0.16 ! ' i 1 Impatiens Roylii .... + + - |- 0.425 = _ 1 _ 0.12 Nr. II H- = — — 0 40 + + — — 0.13 Nr. III -4- + — _ 0.425 H- = — — 0.12 Die mittleren indifferenten Concentrationen für die einzelnen Arten enthalten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle: Centranthus ruber Levisticum officinale Oenanthe silaifolia Impatiens Roylii Somit ist für schwefelsaures Magnesium: das mittlere Verhältniss der isotonischen Concentrationen 0.593, der isotonische Coefficient 1,78. Schwefelsaures Magnesium. KNO3 Verhältniss. 56% X 1/2 16% 0.588 55 X Vä I6V3 0.606 öSVs X 1/2 17 0.585 4P,3 X V2 12'/3 0.592 XIII. Citronensaures Magnesium. Mgg (Cß H5 0-)2. Aequivalentzahl 75. Mol.-Gew. 450. Ebenso wie beim äpfelsauren Magnesium mussten auch hier übersättigte Lösungen benutzt werden. Das Salz wurde in derselben Weise wie jenes dargestellt; die Lösungen aus der ursprünglichen Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 511 Lösung durch Verdünnung auf ein bestimmtes Volum bereitet. Die sehr geringe Diffusibilität liess nur eine Bestimmung mit Rudbeckia triloba zu. Citronensaures Magnesium. Kalisalpeter. 0.92 0.96 1.00 1.04 Ind. Conc. 0.16 0.18 0.20 0.2-2 Jot. Rudbeckia trilobu. . . . Nr. 11 Nr. III Nr. IV + + + -f- + H- — 0.98 0.98 0.96 1.02 + + + + 4- — — 0.20 0.19 0.19 Die mittleren indifferenten Concentrationen für die beiden Salze enthalten also pro 100 Liter die folgenden Anzahlen Molecüle: Citronensaures Magnesium. KNO3 Verhältniss. Rudbeckia triloba OTVaXVe l^Vs LITT Somit ist für citronensaures Magnesium: das Verhältniss der isotonischen Concen- trationen 1.177, der isotonische Cocfficient 3.53. Abschnitt IV. Resultate. § 1. Gniüdzüge der Leiire von den isotonischen Cocffllficnten. Nachdem wir in den vorhergehenden Abschnitten die physio- logischen Methoden kennen lernten, mittelst deren man die Aflinität gelöster Verbindungen zu Wasser in verdünnten Lösungen messen kann, und wir diese Messung für die wichtigsten im pllanzlichen 512 Hugo de Vries, Zellsaft verbreiteten Körper systematisch durchgeführt haben, wollen wir jetzt die gewonnenen Zahlen zusammenstellen und untersuchen, welche Resultate sich aus ihnen ableiten lassen. Zu diesem Zwecke ordnen wir sie zunächst in eine Tabelle zusammen und bringen sie dabei in die drei Gruppen der metallfreien organischen Verbin- dungen, der Salze der Alkalimetalle und der Salze der Erdalkalien unter. In jeder Gruppe folgen die einzelnen Glieder nach der auf- steigenden Reihe der isotouischen Coefficienten aufeinander. Die Anordnung ist also eine rein empirische; sie lässt aber auf dem ersten Blick das Gesetz der isotonischen Coefficienten erkennen. Wie in der Einleitung mitgetheilt wurde, sind die isotonischen Coefficienten nicht nach Gewichtsprocenten der einzelnen Verbin- dungen, sondern auf Grammmolecüle berechnet. Die Zahlen der Tabelle weisen also die relative Affinität zu Wasser für je eine gleiche Anzahl von Molecülen (H = 1 Gramm) in demselben Lösungs- volum an. Anmerkung zu der Tabelle. Die Zahlen der dritten Spalte sind sämmtlich nach der vergleichenden plasmolytischen Methode gewonnen, mit alleiniger Ausnahme derjeniger für Rohrzucker, Chlorkalium und schwefelsaures Kalium. Die beiden letzteren Salze sind nach der plasmolytischen Transport- methode untersucht; für den Rohrzucker ist das Mittel aus den nach beiden Methoden ausgeführten Bestimmungen eingetragen. Vergl. S. 479, 474 und 477. Oxalsäure, Traubenzucker und äpfelsaurer Kalk sind nicht in die Tabelle aufge- nommen, man vergleiche für diese S. 463, 499 resp. 509, und für den Werth der mit diesen erhaltenen Resultate S. 518. Uebersichtstabelle der isotonischen Coefficienten. Formeln. Isot. Coeff. Stoffe. nach der plasmolyt. Methode. nach der Methode d. Gewebesp. I. Gruppe. Invertzucker Rohrzucker Aepfelsäure "Weinsäure Citronensäure Ci2 H22 On CeH,aOe C4H,05 C.HeOo CoHeO: 1.88 1.88 1.98 2.02 2.02 1.84 1.84 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 513 Formeln. Isot. Coeff. Stoffe. nach der nach der plasmolyt. Methode d. Methode. Gewebesp. II. Gruppe A. Salpetersaures Natrium .... Na NO3 3.0 Chlorkalium KCl 3.0 2.84 Chlornatrium NaCl 3.05 Chlorammonium NH4CI 3.0 Essigsaures Kalium K C, H3 0, 3.0 Doppeltsaures citronens. Kalium KHaCeHsO, 3.05 II. Gruppe B. Oxalsaures Kalium K2 C2 0, 3.93 Schwefelsaures Kalium .... K.> SO4 3.9 3.92 Phosphorsaures Kalium .... K2HPÜ, 3.96 Weinsaures Kalium K^C.H.Üe 3.99 Aepfelsaures Kalium KoC,H,0, 4.11 Einfachsaures citronens. Kalium . K2 HCe H, 0, 4 08 II. Gruppe C. Citronensaures Kalium .... K3 Co H, 0, 5.01 4.74 III. Gruppe A. Aepfelsaures Magnesium .... MgC^n^Os 1.88 1.63 Schwefelsaures Magnesium . . . Mg SO, 1.96 1.78 III. Gruppe B. Citronensaures Magnesium . . . Mg3(CeH,0,)2 3 88 3.53 Chlormagnesium Mg CI2 4.33 Chlorcalciura Ca CI2 4 33 Bevor wir dazu schreiten, die sich aus dieser Tabelle ergeben- den Resultate einzeln vorzuführen, haben wir zunächst die nach den beiden befolgten Methoden erhaltenen Zahlen mit einander zu ver- gleichen. Dabei ergiebt sich, dass wo nach beiden mit derselben Verbindung gearbeitet wurde, die Resultate eine befriedigende Ueber- einstimmung zeigen. Solches ist auch für oxalsaures und weinsaures Kalium der Fall, wie Seite 475 hervorgehoben wurde. Ferner zeigen auch die zu dersell)en Gruppe gehörigen Verbindungen nahezu dieselben Zahlen, auch wenn diese nach verschiedenen Me- thoden bestimmt wurden , und es darf also als experimentell ge- sichert betrachtet werden, dass die isotonischen Coefficienten von der Art der angewandten Methode der Hauptsache nach unabhängig sind, 514 ^^^SO de Vries, dass sie also für sämmtliche Turgorprocesse die gleiche Gültigkeit besitzen. Es war dieses Resultat vorauszusehen , da ja unsere Coefficienten, ihrer Natur nach, keine physiologischen sind, sondern eine rein physikalische Bedeutung haben, d. h. von den Eigenschaften des Lebens durchaus unabhängig sind. Die erwähnte Üebereinstimmung unterliegt aber in den drei letzten Gruppen einer Beschränkung, indem hier die Zahlen weiter auseinander weichen, als den möglichen Beobachtungsfehlern ent- spricht. In dem ersten Abschnitte S. 439 und in § 1 des dritten Abschnittes S. 493 habe ich bereits darauf hingewiesen, dass nach der Methode der Gewebespannung, bei diesen langsam diffundirenden Verbindungen, wegen der kurzen Dauer der Versuche, die isotonischen Coefficienten etwas zu niedrig gefunden werden müssen, und that- sächlich ist die Abweichung hier immer eine solche, wie nach jenen Erörterungen zu erwarten war. Bei unseren ferneren Betrachtungen werden wir also für diese Gruppen nur die nach der plasmolytischen Methode erhaltenen Zahlen in Rechnung bringen müssen, und dasselbe werden wir auch auf die beiden Zuckerarten anwenden können. Glücklicherweise wird hierdurch aber nicht die Natur unserer Folgerungen, sondern nur der Grad ihrer Genauigkeit beeinflusst. Aus unserer Tabelle ergeben sich nun drei empirische Gesetze, welche innerhalb der Grenzen unserer Untersuchung die isotonlsche Coefficienten der einzelnen Körper bestimmen. 1. Gesetz. Die isotonischen Coefficienten haben für die Glieder einer und derselben Gruppe nahezu denselb en Werth. Die Gruppen sind äusserst natürliche, und werden theils von der Natur und der Anzahl der in den Verbindungen enthaltenen Metallatome, theils von der Anzahl der Säureatome bestimmt. Sie lassen sich, wie folgt, unterscheiden (vergl. S. 128): Min. Max. 1. Gruppe. Organische metallfreie Verbindungen 1.88 2 02 2. Gruppe. Salze der Alkalimetalle mit je einem Atom Alkali im Molecül .... 3.0 3.05 3. Gruppe. Salze der Alkalimetalle mit je zwei Atomen Alkali im Molecül .... 3.9 4.11 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 515 Min. Max. 4. Gruppe. Salze der Alkalimetalle mit je drei Atomen Alkali im Molecül .... 5.0 5. Gruppe. Salze der Erdalkalien mit je einer Atomgruppe der Säure im Molecül . 1.88 1.96 6. Gruppe. Salze der Erdalkalicn mit je zwei Atomgruppen der Säure im Molecül . 3.88 4.33 Jeder Gruppe habe ich den niedrigsten und den höchsten Coefli- cienten beigefügt; wo dieser für dieselbe Verbindung nach beiden Methoden bestimmt wurde, wählte ich stets das Resultat der plas- molytischen Methode. Zu diesen Gruppen möchte ich noch folgendes bemerken: Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch die übrigen, A'on mir nicht untersuchten Substanzen, welche der Definition nach in eine dieser Gruppen gehören, den ihr entsprechenden isotonischen Coeffi- cienten haben , dass das Gesetz also für diese Gruppen allgemeine Gültigkeit hat. Ich finde in dem Gang meiner Untersuchung eine sehr starke Stütze für diese Meinung. Die Zahlen der zweiten Me- thode sind nach rein empirischen Versuchen, jedesmal ohne theo- retische Berechnung gewonnen; die der plasmolytischen Methode aber fast alle nach dem Gesetze im Voraus berechnet. In jedem einzelnen Falle wurde die' Berechnung durch die Erfahrung bestätigt, es wird dieses also auch wohl in anderen Fällen zu erwarten sein. Die Natur der Gruppen betreffend ist zunächst zu bemerken, dass die Salze organischer und anorganischer, sowie diejenigen starker und schwacher Säuren sich in dieser Beziehung gleich verhalten. Dasselbe gilt von den neutralen und sauren Salzen der mehrbasischen Säuren. Hervorzuheben sind in dieser Beziehung als ein lehrreiches Beispiel die Verbindungen von Citronensäurc und Kalium: Isot. Coeff. Freie Citronensäurc Doppeltsaures citronens. Kalium Einfachsaures citronens. Kalium Neutrales citronens. Kalium. . Unter den organischen Verbindungen verhalten sich die Säuren wie die neutralen Kohlenhyth'ate, und dasselbe gilt nach einigen weiteren Versuchen auch für stickstoffhaltige organische Verbindungen (wie z. B. Asparagin). H3 C.H^O, 2.02 KU. C^HäO, 3.05 K,H CellsO, 4.08 K3 Ce H5 0; 5.01 516 Hugo de Vries, 2. Gesetz. Die isotouischen Cocfficieüten der ver- schiedenen chemischen Gruppen verhalten sich nahezu zu einander wie 2:3:4:5. Bereclmen wir für jede Gruppe den mittleren isotonischen Coeffi- cienten, so finden wir: Gruppe. Beispiel. Mittl. isot. Coeff. Ders. abgerundet. I. Zucker 1.96 2 11. K NOg 3.02 3 111. Ko SO4 4.00 4 IV. K3 Ce H5 0, 5.01 5 V. Mg SO, 1.92 2 VI. MgCl^ 4.18 4 In der letzten Spalte habe ich die isotonischen Coefficienten in abgerundeten Zahlen gegeben, und es zeigt sich, dass nur in den beiden letzteren Gruppen (Salze der Erdkalien), die Abweichung der empirischen Mittelzahl von der abgerundeten mehr als 0,05 beträgt. Eine Vergleichung dieser abgerundeten Mittelzahlen mit den Coefficienten der einzelnen Verbindungen, oder mit den Seite 514 genannten Maximis und Minimis führt ferner zu der Ueberzeugung, dass letztere von den ersteren nur selten um mehr als 0.12 ab- weichen. Grössere Abweichungen zeigen nämlich nur das Chlor- calcium und das Chlormagnesium. Es fragt sich nun, ob diese Abweichungen thatsächlichen Diffe- renzen zwischen den einzelnen Gliedern der Gruppe entsprechen oder nicht? Mit anderen Worten, ob das Bestehen solcher Differenzen durch sie bewiesen wird. Dabei lassen wir' zunächst die beiden ge- nannten Chloride ausser Betracht. Um nun hierüber zu entscheiden, brauchen wir einfach festzustellen, ob diese Unterschiede ausserhalb der Beobachtungsfehler fallen, oder anderenfalls durch diese bedingt sein können. Letzteres ist nun ohne Zweifel der Fall, weil die Differenzen zwischen den einzelnen Versuchen, \velche zur Ermittelung des isotonischen Coefficienten derselben Verbindung nach derselben Methode angestellt wurden, im Allgemeinen von derselben Ordnung sind, wie die Unterschiede zwischen den Mittelzahlen der verschiedenen, zu derselben Gruppe gehörigen Stoffe. Nicht selten waren jene so- gar etwas grösser als letztere. Die Mittelzahlen selbst müssen also häufig mit Fehlern behaftet Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 517 sein, denen Differenzen von O.Ol bis 0.12 wohl zugeschrieben werden dürfen, und unsere Versuche beweisen somit wohl, dass die isoto- nischen Coefficienten für die Glieder einer Gruppe nahezu dieselben sind; sie entscheiden aber nicht, ob zwischen ihnen geringe Diffe- renzen vorhanden sind. Diesen Betrachtungen gegenüber ist es selbstverständlich, dass in den isotonischen Coefficienten die zweite Decimalstelle jedenfalls kein Vertrauen verdient, und dass also Abrundung auf höchstens Eine Decimalstelle vorgeschrieben ist. Ich gehe noch einen Schritt weiter, und runde die Coefficienten auf ganze Zahlen ab, und sage also: Die isotonischen Coefficienten der von mir unter- suchten Verbindungen sind nahezu gleich 2, 3, 4 und 5. Ihre experimentell gefundenen Werthe weichen von diesen Zahlen nicht um mehr als 0.12 ab. Ausnahme machen nur die Chloride der Erdalkalien, deren Abweichung + 0.33 beträgt. Für die folgenden Betrachtungen, sowie für die Anwendung unserer Zahlen auf die Analyse der Turgorkraft, reicht dieser Grad von Genauigkeit völlig aus, und werden wir also stets die isotonischen Coefficienten einfach als ganze Zahlen behandeln. Die Abweichung der beiden genannten Chloride darf allerdings nicht vernachlässigt werden, jedoch spielen diese Verbindungen bei der Analyse der Turgorkraft keine Rolle. Es wäre von grossem Interesse den Bestimmungen der isoto- nischen Coefficienten eine grössere Genauigkeit zu geben, sei es durch Ableitung der Mittelzahlen aus grösseren Versuchsreihen, durch Verbesserung der Methode oder durch Anwendung völlig neuer Me- thoden. ^ Bei manchen Verbindungen würde auch wohl eine noch grössere Reinheit der Lösungen erreicht werden können, als mir bisher mög- lich war. Es ist meine feste Ueberzeugung, dass durch derart fort- gesetzte Studien die Abweichungen der einzelnen Stoffe von den Mittelzahlen der Gruppen stets geringer gefunden werden werden, und dass unsere abgerundeten Werthe mit dem experimentellen Befunde noch genauer übereinstimmen werden, als solches augenblicklich der Fall ist. Die Abweichung der Chloride aber wird sich voraussichtlich auch bei weiteren Versuchen bestätigen; ich vermuthe, dass sie von 518 Hugo de Vries, der Concentration der augewandten Flüssigkeiten abhängt, und bei bedeutend stärkerer Verdiinnung ebenfalls verschwinden würde. Zwei Gründe lassen sich für diese Vermuthung anführen. Erstens darf man im Allgemeinen erwarten, dass die hier studirten Beziehungen um so klarer hervortreten werden, je verdünnter die untersuchten Lösun- gen siüd.^) Zweitens habe ich den Grad der Plasmolyse für stärkere Lösungen dieser beiden Salze mit den entsprechenden Lösungen des Kalisalpeters verglichen. Nach unseren Coefficienten (4 für Ca CI2 und MgClg; 3 für KNO3) berechnet, müssten Lösungen von 1.5 Aeq. dieser beiden Chloride isotonisch sein mit 1 Aeq. Kalisalpeter; that- sächlich übten sie auf Spirogyrazelleu, welche sich zu diesem Versuch besonders eigneten, eine auffallend viel stärkere wasserentziehende Wirkung aus. Auch ist nicht zu vergessen, dass sehr starke Lösun- gen dieser beiden Salze an der Luft Wasserdunst aufnehmen. Giebt man die Richtigkeit der Meinung, dass die beobachteten Abweichungen vorwiegend von Versuchsfehlern herrühren, zu, so leuchtet ein, dass die Bestimmung der isotonischen Coefficienten für bis jetzt noch nicht untersuchte Verbindungen auch in Zweifelsfällen eine äusserst einfache wird, indem es nunmehr nur noch darauf an- kommt zu entscheiden, zu welcher Gruppe eine Verbindung gehört. Hat man aus der chemischen Formel den wahrscheinlichsten isoto- nischen Coefficienten berechnet, so hat man nur Lösungen herzustellen, welche voraussichtlich mit 0.10—0.16 Aeq. Kalisalpeter isotonisch sind, und diese in üblicher Weise experimentell mit den Salpeter- lösungen zu vergleichen. Schon der erste Versuch entscheidet völlig über die Richtigkeit der Berechnung, und wenn die Verbindung im Handel auch nur annähernd rein zu haben ist, so kann bei einer derartigen Entscheidung eine weitere Reinigung häufig ganz um- gangen werden. Wenige Stunden genügen dann zur Ermittelung eines neuen Coefficienten. In dieser Weise können meine nebenbei gemachten Bestimmungen mit Oxalsäure (S. 463), Traubenzucker (S. 499) und äpfelsaurem Kalk (S. 509) als experimentelle Belege für deren isotonische Coefficienten: 2, 2 und 4 angenommen werden, wenngleich sie aus verschiedenen Gründen nicht so genaue Resul- 1) Vielleicht stehen manche der bei den nbrigen Verbindungen beobachf-eten Abweichungen gleichfalls unter dem Einflüsse der Concentration. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 519 täte lieferten, wie die Hauptversuche mit den in der Tabelle S. 512 angeführten Stoffen. 3. Gesetz. Jede Säure und jedes Metall hat in allen Verbindungen denselben partiellen isotonischen Coeffi- cienten; der Coefficient eines Salzes ist gleich der S ummc dieser partiellen Coefficienten für die constituirenden Bestandtheile. Diese partiellen isotonischen Coefficienten sind: für jede Atomgruppe einer Säure 2, für jedes Atom eines Alkalimetalles 1, für jedes Atom eines Erdalkalimetalles 0. Diese Zahlen ergeben sich aus einer Vergleichung der isotonischen Coefficienten der einzelnen Gruppen; aus ihnen lässt sich umgekehrt der Coefficient eines jeden beliebigen Salzes berechnen, z. B.: K Cl = 1 + 2 = 3. K2 SO4 = 2 X 1 + 2 = 4. K3 Cß H5 0^ = 3x1 + 2 = 5. Mg SO4 = 0 + 2 = 2. Mg CI2 = 0 + 2 X 2 = 4. Das Gesetz gilt auch für saure Salze: K2 H . Cß H5 0, = 2 X 1 + 2 = 4. So berechnet sich z. B. für saures oxalsaures Kalium: K H C2 O4 = 1 + 2 = 3. So würde man für neutrale Kaliumsalze vier- und fünfbasischer Säuren die isotonischen Coefficienten ß und 7 finden, u. s. w. Die untersuchten organischen Säuren haben im freien Zustande denselben isotonischen Coefficienten (2), wie in ihren V^crbindungon. Dasselbe gilt olTenbar nicht von den Basen der Erdalkalien, da die Affinität z. B. des Calcium- hydratea zu Wasser unmöglich = 0 sein kann. Hieraus folgt, dass bei der Verbindung organischer Säuren mit gelösten Basen der Erd- alkalien ein Verlust an Affinität zu Wasser stattfinden muss. Es ist mir wahrscheinlich, dass die stärkeren anorganischen Säuren und Basen gleichfalls im freien Zustande einen höheren isotonischen Coefficienten haben werden, als in ihren Salzen, und dass also bei ihrem Zusammentreten zu Salzen ein entsprechender, vielleicht grosser Verlust an Affinität für das Lösungsmittel stattfindet. 520 Hugo de Vries, Durch Mangel an einer Indicatorpflanze, welche stärkere Säuren und freie Alkalien in Lösungen von 0.1—0.2 Aeq. während einiger Stunden erträgt, war es mir bis jetzt nicht möglich, diese theoretisch so wichtige Frage nach meiner Methode zu beantworten. Aus dem dritten Gesetze folgt ferner: Bei den kreuzweisen Umsetzungen von Salzen in Lösungen ändert sich die totale Anziehung zu Wasser nicht. Diese Regel gilt für neutrale Salze im Allgemeinen, ferner für die sauren organischsauren Salze und die freien organischen Säuren. Sie ist in der Praxis deshalb von Interesse, weil es durch sie völlig gleichgültig wird, wie die Säuren mit den Basen in einem Gemische verbunden sind. Es reicht hin, die Quantität der einzel- nen Säuren und Basen kennen zu lernen, um daraus die Affinität des Ganzen zum Wasser berechnen zu können. Ich lasse jetzt einige aus unserer Tabelle (S. 512) abgeleitete, ideale Beispiele zur Erläuterung dieser Regel folgen: 1) K Cl + Na NO3 = KNO3 + Na Cl 3 + 3 =3+3 2) 2KC1 + MgSO^ = MgCl^ + Kg SO4 2x3 + 2=4 + 4 3) K2 C4 E, O5 1) + Mg SO4 = Mg C4 H, O5 + K2 SO4 4 +2 = 2 +4 4) 2 K3 Ce H5 0- 2) + 3 Mg SO, = Mgg {C, H5 0,), + 3 K, SO, 2x5 +3x2= 4 +3x4 Dasselbe findet man, nach unseren Gesetzen, für die Ent- stehung von saurem oxalsaurem Kalium, aus dem neutralen Salze und der freien Oxalsäure: 5) K2C2O4 + H2C2O4 = 2KHC2O, 4 + 2 = 2x3 Diesen Fällen gegenüber kann bei tiefer eingreifenden chemischen Umw^andlungen eine Zu- oder Abnahme der Affinität zu Wasser beobachtet werden. So z. B. wenn Rohrzucker in Invertzucker ge- spalten wird: C12 H22 Oll "^ HgO = 2 Cß H12 Oß 2 < 2 X 2. 1) Aepfelsaures Kalium. 2) Cilronensaures Kalium. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 521 § 2. Uel)er die Beziehungen zwischen der Uefrierpunkts-Erniedrigung und dem isotouischen Coeffleienten yon Yerbindiingon in wässrigen Lösungen. Bis jetzt haben wir die Affinität gelöster Substanzen zum Lösungs- wasser nach physiologischen Methoden bestimmt. Da diese Affini- täten aber physikalische Eigenschaften der betreffenden Verbindungen sind, so wollen wir jetzt ihre Beziehungen zu einigen physikalischen Processen näher ins Auge fassen. Die Bedürfnisse der physiologischen Erforschung der Turgorkraft zwangen mich früher, mich nach gründlich bekannten physikalischen Erscheinungen umzusehen, welche wenigstens eine annähernde Ver- gleichung der Affinität verschiedener gelöster Substanzen für Wasser erlauben würden. Der herrschenden Meinung folgend, glaubte ich früher eine solche in den Diffusionsgesetzen gefunden zu haben, und aus der verschiedenen Diffusionsgeschwindigkeit der einzelnen Stoffe auf ihre Anziehung zum Wasser schliessen zu dürfen. ^) Meine jetzigen Untersuchungen lehren aber, dass diese Meinung unbegründet ist, indem die Geschwindigkeit der Diffusion in vielen Fällen bei Weitem nicht parallel geht mit den isotonischen Coefficienten. Sie hängt ja auch nur zum Theil von der Affinität des diffundirenden Stoffes zum Wasser ab, zu einem w^esentlichen Theile wird sie von dem Reibungswiderstande bei der Bewegung der diffundirenden Molecüle bestimmt.-) Die Gesetze der Diffusion geben also kein zu- verlässiges Mittel zur Beurtheilung der uns hier beschäftigenden Probleme. Schon besser verhält es sich mit den Erscheinungen der Osmose. 1) Bot. Ztg. 1879, S. 847. Die dort aubgesprochene Hypothese, dass die organischen Säuren eine hervorragende Rolle bei den Turgorprocessen spielen dürften, beruhte auf die bedeutende Difiusionsgeschwindigkeit der Säuren, und auf die daraus abgeleitete vermeintliche grosse Affinität dieser Substanzen zum Wasser. Da letztere Voraussetzung sich durch die Tabelle auf S. 512 als un- richtig herausgestellt hat, kann auch die Hypothese, soweit sie darauf basirt war, nicht mehr aufrecht gehalten werden, obgleich sie sich sonst gut bewährt bat, denn ich verdanke ihr die Veranlassung zur ganzen vorliegenden Untersuchung. Vergleiche übrigens über den Antheil der Pflanzensäuren am Turgor den zweiten Theil, Abschnitt III, und Bot. Ztg. 1883, S. 849. 2) Man vergleiche hierzu die von Hannay für die Microrheose bestimmten Zahlen (Philos. Transactions 1879, S. 275) mit Graham 's aequidifTusiven Gruppen (Philos. Trans. 1850, 1851). 522 Hugo de Vries, Nach Grab am 's Vorgang muss die Osmose als ein doppelter Process betrachtet werden, nämlich als bestehend aus einer reinen Diffusion und aus der Anziehung der Lösung als Ganzes zum jenseits der Membran liegenden Wasser.^) Jene würde den Gesetzen der Diffusion folgen, diese so zu berechnen sein, als ob die Membran für die ge- löste Substanz undurchlässig wäre, d. h. als ob nur eine einseitige Bewegung des Wassers stattfände, wde solche bei der Aufnahme von Wasser seitens der lebendigen Zellen thatsächlich vorkommt. Der Schwierigkeit, diese beiden Theile gehörig zu trennen, dürfte es zu- zuschreiben sein, dass unsere Ansichten über osmotische Vorgänge noch so sehr der Klärung bedürfen. Je geringer nun die Durch- lässigkeit der Membran für den gelösten Körper ist, um so mehr muss die Diffusion zurücktreten, und der turgorähnliche Process das Uebergew'icht erlangen. Den höchsten Grad in dieser Richtung er- reicht die Erscheinung in den lebendigen Pflauzenzellen, und es ist dies gerade der Grund w^esshalb diese sich so vorzüglich zur Er- mittelung der isotonischen Coefficienten eignen. Ihnen am nächsten kommen die Niederschlagsmembranen, deren merkwürdige Eigen- schaften in der letzten Zeit von Traube hervorgehoben, und von Pfeffer zu seinen osmotischen Untersuchungen verwandt w^urden.^) Mit solchen Membranen augestellte Versuche dürften mit den unserigen im Wesentlichen übereinstimmende Resultate erw^arten lassen, und dass eine solche Erwartung nicht unbegründet ist, wird sich im nächsten Paragraphen zeigen. Auf die Anziehung gelöster Stoffe zu ihrem Lösungsmittel be- ruhen ferner beispielsw^eise die Erscheinungen der Verminderung der Dampfspannung des Wassers durch darin gelöste Stoffe, die Erniedri- gung des Dichtigkeitsmaximums von Lösungen, und die Erniedrigung der Temperatur des Gefrierens. Nach den Untersuchungen von Güldberg^) über die Beziehungen zwischen der ersteren und letz- teren Erscheinung, besteht bei den verschiedenen Salzen zwischen diesen 1) Philos. Transactious 1861. On liquid diffiision applied to analysis, § 8. 2) Traube: Archiv f. Anatomie und Physiologie, 18G7, S. 87; Bot. Ztg. 1875, S. 56. Vergleiche ferner de Vries: Sur la permeahilite des membranes precipites. Archiv. Neerland. T. XIII, 1878, p. 344, und Pfeffer: Osmotische Untersuchungen, Leipzig 1877. 3) Güldberg: Sur la loi des points de conpfelation des solntions salines. Comptes rendus, 1870, Tome I, p. 1345. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 523 beiden dieselbe Beziehung, und ist diese somit von der Natur des Salzes unabhängig. Aehnliches gilt nach de Coppct von den Be- ziehungen zwischen den beiden letztgenannten Erscheinungen.^) Wir haben hier also drei verschiedene Aeusserungen der Affinität ge- löster Stoffe zu Wasser, denen die plasmolytischen Erscheinungen als ein vierter Fall zur Seite zu stellen sind. Wie in den partiellen isotonischen Coefficienten besitzen die Metalle und Säuregruppen der Salze gleichfalls in Bezug auf andere Eigenschaften, wie z. B. die Diffusionsgeschwindigkeit 2), die Micro- rheose^) und die Densität der Lösungen gewisse constante Factoren, welche sie in allen ihren Verbindungen behalten. Es ist hier aber nicht der Ort, diese Analogien weiter auszuführen. Von den namhaft gemachten Processen sind nun die Gefrier- punlvtserniedrigungen der Lösungen weitaus am besten erforscht, und zwar so vollständig, dass eine eingehende Vergleichung mit unseren Gesetzen der isotonischen Coefficienten möglich ist. Sehen wir zu, inwiefern beide mit einander übereinstimmen. Es ist bekannt, dass Lösungen im Allgemeinen bei einer niedri- geren Temperatur erstarren, als reines Wasser. Bei der Erstarrung geht nur das Wasser in die feste Form über, und trennt sich von der zurückbleibenden und deshalb concentrirteren Lösung, wie man in schöner Weise sehen kann, wenn man gefärbte Lösungen gefrieren lässt. Die Temperatur des Gefrierens einer Lösung liegt nun um so tiefer unter dem Nullpunkt, je concentrirter die Lösung ist, und zwar ist die Erniedrigung des Gefrierpunktes innerhalb gewisser Grenzen jener Concentration proportional. Beziehungen zwischen verschiedenen gelösten Substanzen findet man nur, wenn man die Concentrationen nicht nach Gewichtspro- centen, sondern nach den Moleculargewichten der einzelnen Verbin- dungen berechnet. Es war de Coppet, der dieses zuerst that, und 1) de Coppet: Recherches siir la femperature de congelation des disso- lutious salines. Annales de Chimie et de Physique, 4. Serie, T. XXIII, p. 3GG: T. XXV, p. 502; T. XXVI, p. 98 (1871-72). 2) Graham: Philos. Trausact. 1850, 1851. 3) Hannay: Philos. Transact. 1879. 4) C. Bender: Berichte d. deutsch, ehem. Gesellschaft 1883, XVI, S. 2556. Jahrb. f. wii«. Botanik. XIV. 3^ 524 Hugo de Vries, (1er dadurch aus früheren und eigenen Untersuchungen bestimmte Regeln ableitete. Er führte den Begriff der atom istischen oder mole- cularen Gefrierpunktserniedrigungen ein. Diese weisen an, um wie viel Grade Celsius der Gefrierpunkt des Wassers erniedrigt wird, wenn auf 100 Gramm so viele Gramme Substanz aufgelöst werden, wie die Zahl ausdrückt, welche wir das Moleculargewicht nennen. Oder, wie man es auszudrücken pflegt, wenn in 100 Gramm Wasser ein Grammmolecül des betreffenden Stoffes aufgelöst wird. Wenn fernerhin von Gefrierpunktserniedrigungen die Rede ist, soll stets diese Form gemeint werden. Als wichtigstes Resultat stellt de Coppet^) den Satz auf, dass für Verbindungen, welche zu derselben chemischen Gruppe gehören, die moleculare Gefrierpunktserniedrigung nahezu^ denselben Werth hat. Dasselbe Gesetz fanden wir für die isotonischen Coefficienten, und die Vergleichung der von de Coppet gegebenen Tabelle mit der meinigen lehrt, dass die Gruppen in beiden Fällen in sehr über- einstimmender Weise begrenzt sind. Den einzigen auffallenden Unter- schied bilden die Halogensalze der Alkalimetalle, welche bei de Coppet von den Nitraten derselben Metalle getrennt sind, wie wir sogleich näher ausführen werden. So einfache Beziehungen zwischen den einzelnen Gruppen, wie sie unsere isotonischen Coefficienten bilden, lassen sich aus de Coppet' s Versuchen nicht ableiten. Der Umstand, dass er mit weit höheren Concentrationeu , vielfach sogar mit übersättigten Lösungen arbeitete, dürfte der Auffindung solcher Beziehungen ungünstig ge- wesen sein. Dessen ungeachtet bestehen für diejenigen Stoffe, welche sowohl von Ihm als von mir untersucht sind, auffallend dieselben Verhältnisse zwischen den Gefrierpunktserniedrigungen wie zwischen den isotonischen Coefficienten. Eine Ausnahme bilden nur die Chlo- ride. Aus folgender kleinen Zusammenstellung, welche ich der Uebersichtstabelle de Coppet's entnehme 2), wird man diese Ueber- einstimmung ersehen. 1) de Coppet: 1. c, T. XXVI, p. 112. 2) de Coppet: 1. c. 4. Serie, T. XXVI, S. 110 und 111; die Tabelle ist reproducirt in Naumann's Handbuch der allgemeinen Chemie S. 458. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 525 Moleculare Sülze. Gefrierp.-Ernicdr. Isot. C'.efT. Verhältniss. Salpetersaures Kalium 27.0 3 9 Salpetersaures Natrium 26.4 3 8.8 Schwefelsaures Kalium 35.0—39.0 4 8.75—9.75 Schwefelsaures Magnesium 18.0 2 9 Und für die Chloride: Moleculare Salze, Gefrierp.-Emiedr. Isot. Coeff. Verhältniss. Chlorkalium 33.6 3 11.2 Chlornatrium 31.4-33.8 3 10.47—11.27 Chlorammonium 34.8 3 11.6 Chlorcalcium 43.2 4.33 10.0 Andere auch von mir untersuchte Stoffe enthält de Coppet's Tabelle nicht. Es bestehen also für die Chloride unter sich, und für die übrigen Salze unter sich, zwischen den einzelnen Verbindungen in beiden Fällen nahezu dieselben Beziehungen. Weshalb die Chloride eine so merkwürdige Ausnahme machen, muss einstweilen dahingestellt bleiben. Doch ist daran zu erinnern, dass auch bei meinen Ver- suchen die Chloride der Erdalcalien eine Abweichung zeigten, welche zwar kleiner ist als in de Coppet's Experimenten, jedoch in dem- selben Sinne, und dass Gründe vorliegen, hier einen Einfluss der Concentration zu vermuthen (vergl. S. 517). In den letzten Jahren hat Raoult ausgedehnte und sehr sorg- fältige Untersuchungen über die Gefrierpunktserniedrigung von Lösun- gen angestellt. Seinen vorläufigen Mittheilungen in den Comptes rendus von 1880 — 1883 ^) lassen sich wichtige Thatsachen zur Ver- gleichung mit den isotonischen Coefficienten entnehmen. De Coppet hatte nur anorganische Verbindungen untersucht. Ein Hauptverdienst Raoult 's bietet daher sein Studium der orga- nischen Substanzen. Für diese fand er ganz allgemein die Regel, dass die Gefrierpunktserniedrigungen von Lösungen, welche im Liter dieselbe Anzahl Grammmolecüle besitzen, für sämmtliche organisclie Körper, unabhängig von der Grösse ihrer Molecüle oder ihren sonstigen 1) Raoult: Comptes rendus, T. 00, p. 865, T. 94, p. 1517, T. 95, p. 187, 1030, T. 96, p. 560, 1653; und Ann. Chim. Phys., 5. Serie, T. 28, p. 133—144. Janv. 1883. 35» 526 Hugo de Vries, Eigenschaften annähernd denselben Werth haben. Für alle liegt die moleculare Gefrierpunktserniedrigung zwischen etwa 17 und 20, und ist im Mittel aus allen Versuchen = 18.5.^) Auch die isotonischen Coefficienten sind für alle von mir untersuchten organischen Verbindungen dieselben; und die Ueber- einstimmung ist hier also eine vollständige. In einem späteren Aufsatze-) theilte Raoult mit, dass das schwefelsaure Magnesium dieselbe moleculare Gefrierpunktserniedri- gung habe, wie die organischen Verbindungen ; es hat wie jene, den isotonischen Coefficienten 2. Für die meisten übrigen Salze wechselt dagegen jener Werth zwischen 33 und 43, gegen 18.5 für die orga- nischen Stoffe. Die einzelnen Zahlen hat Raoult bis jetzt nicht veröffentlicht, und ich muss mich also darauf beschränken, hervor- zuheben, dass die isotonischen Coefficienten im Allgemeinen dasselbe Verhältniss zeigen. Für organische Stoffe und schwefelsaure Mag- nesia = 2, sind sie für die meisten übrigen Salze 3 oder 4. Wie in deCoppet's Versuchen, so zeigten auch bei Raoult die Chloride auffallend höhere Zahlen. Derselbe Forscher hat auch die Gefrierpunktserniedrigung der Alkalien und der starken anorganischen Säuren bestimmt. Da diese Substanzen bis jetzt von den Versuchen nach meiner Methode aus- geschlossen sind, so wollen wir seine Resultate kurz mittheilen.") Die schwachen anorganischen Säuren haben dieselbe Gefrierpunkts- erniedrigung wie die organischen Säuren und die organischen Sub- stanzen überhaupt; Salzsäure, Phosphorsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure weisen aber nahezu den doppelten Werth auf. Das- selbe gilt für die fixen Alkalien. Nehmen wir nun an, dass auch bei diesen Stoffen die isotonischen Coefficienten sich verhalten wie die Gefrierpunktserniedrigungen, so würde daraus hervorgehen, dass diese Coefficienten grösser sind als jene, welche sie in ihren Salzen besitzen. Da dasselbe offenbar von den Erdalkalien gilt (S. 519), so scheint mir diese Folgerung unabweisbar. Sie lehrt aber, dass bei der Entstehung von Salzen durch die Neutralisation von starken Säuren oder starken Alkalien die Affinität des entstandenen Salzes 1) 1. c. Comptes rendus 1882, T. 94, p. 1517. 2) 1. c. Comptes rendus 1882, T. 95, p. 1030. 3) Raoult: Comptes rendus, T. 96, p. 1653 (1883). Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 527 für Wasser bedeutend kleiner ist als die Summe jener Affinitäten seiner einzelnen Componenten. Auch wenn Salze schwacher Säuren durch aequivalente Mengen starker Säuren zersetzt werden, muss also eine Acnderung der Summe der isotonischen Coeflicienten ein- treten, wie solches für die Gefrierpunktserniedrigungen auch that- sächlich stattfindet.') Fassen wir das Ergebniss dieser Betrachtungen kurz zusammen, so können wir sagen, dass in weitaus den meisten und den wich- tigsten Beziehungen eine volle Uebereinstimmung zwischen den Ge- setzen der isotonischen Coefficienten und denen der Gefrierpunkts- erniedrigungen obwaltet. Letztere bieten augenblicklich noch eine gewisse Zahl von Ausnahmen'-), während von den ersteren bis jetzt keine wesentlichen Ausnahmen beobachtet wurden. Im Gegeutheil scheinen die von Raoult beobachteten abnormalen Fälle sich un.seren Regeln sehr wohl zu fügen. Ob diese letzteren in ihrem ganzen Umfange auch für die Gefrierpunktserniedrigungen gelten werden, müssen spätere Untersuchungen lehren. 4$ 3. Berechnung der osmotisclieu Druckkraft mittelst der isotonisehen Coefficienten. Für eine klare Einsicht in die mannigfachen Erscheinungen im Leben der Pflanzen, in denen der Turgor eine Rolle spielt, ist es oft vom höchsten Interesse, nicht nur den relativen Werth der An- ziehungen der einzelnen gelösten Stoffe zum Wasser, sondern wenig- stens annähernd auch deren absolute Grösse zu kennen. Sachs und Andere haben wiederholt Thatsachen hervorgehoben, aus denen hervorging, dass die in den Pflanzen thätigen osmotischen Druck- kräfte ganz bedeutende sind und nicht selten einen AVcrth von mehreren Atmosphnren erreichen. Am eingehendsten wurde dieser Gegenstand von Pfeffer in seinen so sehr bedeutungsvollen Osmo- tischen Untersuchungen behandelt. Er zeigte, dass krystalloide Ver- bindungen, in Concentrationen von nur w^euigen Procentcn, wie sie auch im Zellsaft häutig vorkommen, einen osmotischen Druck von einigen Atmosphären herbeiführen können, und dass diese Kräfte 1) Raoult: Coraptes rendus, T. 96, p. 5G0. 2) aUn certain nombre d anomalies", Raoult, Comptes rendus, T. 95, p. 1030. 528 Hugo de Vries, zur Erklärung der in den lebenden Pflauzenzellen beobachteten Turgorkraft im Allgemeinen ausreichen. Eine Methode zur Berechnung der Turgorkraft aus der che- mischen Zusammensetzung der Zellsäfte, oder aus der auf plasmo- lytischem Wege ermittelten wasseranziehenden Kraft des lebendigen Zellinhaltes, lässt sich aber auf die bis jetzt veröffentlichten Unter- suchungen nicht gründen, wie Pfeffer in seinem Handbuche der Pflanzenphysiologie (Bd. 1, S. 54, 1881) ausführlich betont. Wie wichtig aber eine solche Methode wäre, auch wenn sie nur an- nähernd genaue Resultate geben könnte, lässt sich aus den gründ- lichen Auseinandersetzungen des genannten Forschers (1. c.) ent- nehmen und braucht hier deshalb nicht weiter hervorgehoben zu werden Diesem Bedürfnisse kann aber jetzt, nachdem die relative Grösse der osmotischen Leistungsfähigkeit für eine Reihe von Verbindungen in ihren isotonischen Coefficienten bekannt gew^orden ist, wenigstens zum grossen Theile abgeholfen werden. Denn es handelt sich jetzt nur noch darum, für Einen beliebigen Körper, dessen isotonischer Coefficient ermittelt wurde, die osmotische Druckkraft kennen zu lernen, um daraus den nämlichen Werth für alle anderen von mir untersuchten Stoffe durch eine einfache Berechnung ableiten zu können. Indem ich mir diese Aufgabe für eine spätere experimentelle Untersuchung vorbehalte, scheint es mir doch dem Interesse der Sache entsprechend, hier aus den allerdings spärlichen Daten, welche sich in dieser Richtung schon jetzt verwerthen lassen, den fraglichen Werth wenigstens annähernd zu berechnen. Dem bisherigen Gange unserer Untersuchung gemäss, werden wir auch liier den Kalisalpeter als Ausgangspunkt wählen, und die vorhandenen Angaben also zur Ermittelung der osmotischen Druckkraft einer zehntelnormalen Lösung dieses Salzes benutzen. Ist diese bekannt, so lässt sich daraus, wie gesagt, dieselbe Grösse für eine lange Reihe der physiologisch wich- tigen Stoffe mittelst unserer Coefficienten berechnen.^) Zu einer solchen vorläufigen Berechnung stehen uns zwei prin- cipiell verschiedene Wege offen. Einerseits die Vergleichung der in turgescirenden Zellen obwaltenden Spannkraft mit der Wasser- 1) Ich bemerke ausdrücklich, dass es sich hier uicht um die Grösse der An- ziehung zwischen den einzelnen Molecülcu. sondern um die der ganzen Lösung zum Wasser handelt. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 529 anziehenden Kraft, dem Salpeterwerthe (vergl. S. 430 der Einleitung), des Zellsaftes. Ich nenne diese Methode die physiologische; sie arbeitet mit lebenden, in hohem Grade für gelöste Stofle imper- meable Membranen. Andererseits aber die bekannten Versuche Pfeffer's mit künstlichen, sogenannten Niederschlagsmembranen. Die für die erstere Methode bis jetzt vorhandenen Angaben sind äusserst spärliche und unvollständige; die Versuche Pfeffer 's sind sehr genaue und so zahlreiche, dass sie ohne Weiteres zur Lösung unserer Aufgabe hinreichen würden, wenn nicht die Niederschlags- membranen eine, obgleich geringe, doch immerhin bei diesen Ver- suchen bedeutungsvolle Permeabilität für die osmotischen Stoffe be- sässen, wie bald des Näheren ausgeführt werden wird. Aus diesem Grunde müssen wir beide Wege einschlagen und ihre Resultate mit einander vergleichen. Nach plasmolytischer Methode lässt sich eine Antwort auf unsere Frage in verschiedener Weise finden. Auf S. 118 meiner Untersuchungen über die mechanischen Ursachen der Zellstreckung habe ich die Kraft, mit der die Zellhäute wachsender Blüthenstiele von Plantago amploxicaulis durch den Turgor ausgedehnt smd, auf 6 Atmosphären bestimmt. Solche Blüthenstiele verkürzen sich aber, wenn man sie in eine Lösung von 2.5 pCt. Kalisalpeter bringt, sehr merklich, nach Seite 34 der erwähnten Schrift um 3.0 pCt. Die wasseranziehende Kraft des Zellinhaltes war also geringer als die einer Salpeterlösung von 2.5 pCt. Somit ist die osmotische Kraft dieser letzteren Lösung grösser als 6 Atm., und also die einer Lösung von 1 pCt., oder von 0,1 Aeq. (= 1.01 pCt.) grösser als 2.4 Atm. Vergleicht man die S. 33 und 34 mitgetheilten kleinen Tabellen miteinander, so wird man zugeben, dass die genannten Organe sich auch wohl in 2.0 pCt. Salpeter verkürzt hätten, und dass die Leistungsfähigkeit einer Lösung von 0.1 Aeq. KNO3 somit wohl grösser als 3 Atm. sein wird. Eine andere Betrachtung führt zu demselben Resultat. In jungen Blüthenstielen von Thrincia li ispida fand ich die elastische Spannung der Zellhäute zu 4^/0, in denen von Froelichia flori- dana zu 3, in den oben erwähnten Stielen von Plantago zu 6 Atmosphären, In mehreren anderen Versuchen erhielt ich ähnliche Zahlen (1. c. S. 118). Also im Mittel für wachsende 530 Hugo de Vries, Sprossgipfel 4.7 Atm., eine Zahl, welche aus mehreren Gründen etwas zu niedrig ausfallen musste. Im zweiten Theil der vorliegen- den Abhandlung werden wir den mittleren Salpeterwerth der Zellsäfte wachsender Zellen zu 0.2 finden. Nehmen wir nun diese Mittelzahl auch für die 1877 untersuchten Sprosse an , so wäre die Anziehungskraft einer Salpeterlösung von 0.2 Aeq. gleich der osmo- tischen Druckkraft der Zellsäfte jener Sprossgipfel, also mindestens = 4.7 Atm. Somit für 0.1 Aeq. KNO3 mindestens 2.35 Atm. Ob- gleich auch diese Zahl wenig Anspruch auf Genauigkeit macht, so stimmt sie doch mit der zuerst berechneten hinreichend genau über- ein, um als eine Bestätigung betrachtet werden zu dürfen. Ambronn bestimmte die Turgorkraft wachsender Sprosse von Foeniculum officinale zu 9 — 12 Atmosphären. i) Unter Berück- sichtigung dieser Zahlen w^ürde die obige Erörterung einen etwas höheren AVerth liefern.^) Als erste Annäherung finden wir somit, dass die osmotische Leistungsfähigkeit einer Lösung von 0.1 Aeq. Kalisalpeter nahezu 3 Atmosphären, wahrscheinlich etwas mehr, aber wohl nicht das Doppelte, beträgt. Auf physikalischem Wege hat Pfeffer die osmotische Druckkraft mehrerer Substanzen direct zu ermitteln gesucht. In seinen bereits citirten inhaltsreichen Osmotischen Untersuchungen bestimmte er die maximale Druckhöhe, welche Iprocentige Lösungen in osmotischen Apparaten zu erzeugen im Stande sind. Für die Beschreibung seiner bekannten Versuche verweise ich auf das Ori- ginal-^); die von ihm benutzten Membranen waren sogenannte Nieder- schlagsmembranen, welche wegen ihres hohen Filtrationswiderstandes 1) Diese Jahrb. Bd. XII, S. 531. 2) Während des Druckes erhielt ich einen Aiifsalz von M. Wester maier aus den Berichten der deutschen Bot. Gesellsch. 1883, I, Heft 8, in welchem das Wassergewebe der Blätter von Peperomia untersucht wurde. Die Turgorkraft dieser Zellen betrug 3—4 Atm.j sie wurden durch 2 pCt. KNO3 plasmolysirt. Auf meine Anfrage hatte Herr Dr Westermaier die Gefälligkeit, mir brieflich mitzutheilen, dass die niedrigste zur Aufhebung des Turgors erforderliche Coucen- tration zwischen 1.43 und 1,54 pCt. KNO3 liegt. Danach würde die osmotische Leistungsfähigkeit einer Lösung von 0.1 Aeq. KNO3 wenigstens 2—2.66 Atm. betragen. Diese mit erwachsenen Zellen und nach einer anderen Methode gemachte Bestimmung liefert also eine sehr gewünschte Bestätigung obiger Auseinandersetzungen. 3; Pfeffer: Osmotische Untersuchungen, Leipzig 1877, S. 112. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 531 unter allen bekannten Membranen zu diesen Versuchen am besten geeignet sind. Sie stehen bis jetzt nur dem lebendigen Protoplasma in dieser fundamentalen Eigenschaft nach.^) Auf höchst sinnreiche Weise verwandelte Pfeffer diese dünnen und zarten Häute in feste Membranen, welche einen Druck von mehreren Atmosphären ertragen konnten, indem er sie in kleine Thonzellen einlagerte und diese als Zellen seiner Osmometer ver- wandte. Dabei konnte er aber die Nothwendigkeit des Zusatzes der Membranogenen (meist Ferrocyankalium und ein Kupfersalz) zu der inneren und äusseren Flüssigkeit nicht umgehen. Den durch die osmotische Kraft dieser beiden Körper entstehenden Fehler suchte er zu eliminiren, indem er sie in vorläufig ermittelten, mit an- nähernd gleicher Kraft Wasser anziehenden, nach unserer Bezeichnung also isotonischen Concentrationen anwandte. Einen wesentlichen Einfluss auf die Beurtheiluug der von Pfeffer erhaltenen Resultate hat der auch von ihm selbst wiederholt hervorgehobene Umstand, dass die Membranen keines- wegs vollständig impermeabel sind für die angewandten Stoffe. Denn daraus geht hervor, dass diese in jenen Membranen nie ihre maximale Druckhöhe zu Stande bringen konnten und dass sie von diesen um so weiter entfernt bleiben mussten, je leichter sie durch die Membranen hindurchgepresst wurden.-) Diesem Umstände ist es zuzuschreiben, dass die übrigens mit grosser Genauigkeit durch- geführten Versuche Pfeffer' s bei der Berechnung auf dieselbe Ein- heit (0.1 Aeq. KNO3) ziemlich abweichende Resultate ergeben. Verlieren wir diese Bemerkungen nicht aus dem Auge, so wer- den wir im Stande sein, die Uebereinstimmung, welche die aus Pfeffer's Versuchen berechneten Zahlen mit den oben aus meinen eigenen Beobachtungen abgeleiteten aufweisen, richtig zu würdigen. Ich komme jetzt zu den einzelnen Versuchen Pfeffer 's, und fange mit denen an, welche mit Iprocentigen Lösungen des Kali- salpeters gemacht worden sind. Diese wären selbstverständlich die directesten und wichtigsten zur Beantwortung unserer Hauptfrage, 1) Vergleiche meinen Aufsatz: „Sur la permeabilite des membranes preci- pit^es«. Archives Neerl, T. XIII, 1878, S. 344. 2) „Allein die osmotische Leistung des Zuckers in Ferrocyankupfermembran ist ja auch kein Maass für dessen osmotische Leistung in einer Plasraamembran, welche thatsächlich höhere Werthe ergeben muss.' Pfeffer, 1. c. S. 179. 532 Hugo de Vries, wenn nicht gerade der Salpeter in merklicher Menge durch die Niederschlagsmembranen (Ferrocyankiipfer) der angewandten Zellen diffundirte.^) Da dem aber so ist, muss das Resultat zu klein ge- funden werden. Die Druckhöhe einer Iprocentigen Lösung von Salpeter fand nun unser Autor in zwei Versuchen zu 173.3 — 178.4 cm Queck- silber.-) Nimmt man hieraus das Mittel zu 175.8, so findet man für jene Lösung, welche wir ohne merklichen Fehler = 0.1 Aeq. (1.01 pCt.) stellen können, eine Druckkraft von etwa 2.3 Atmosphären. Die auffallende Uebereinstimmung dieser Zahl mit den beiden oben ermittelten (2.4 und 2.35) ist aber eine zufällige, da sie, wie jene, wesentlich hinter dem wirklichen \^'erthe der gesuchten Kraft zurück- stehen muss, wie soeben bemerkt wurde. Höhere Werthe giebt die Berechnung einiger weiteren, mit Kali- sulfat und Rohrzucker durchgeführten Versuche, da in diesen eine weit geringere Diffusion durch die Niederschlagsmembranen stattfand. Die Iprocentige Lösung des Kalisulfats entwickelte eine Druck- kraft von 192.6 cm Quecksilber. Berechnen wir hieraus diese Kraft für eine Lösung von 0.1 Molecül im Liter, so finden wir 192,6 X 1.74 = 335.1 cm 3). Nun ist 0.1 Molecül K^SO^ isotonisch mit 4 0.1 X ^ Molecül Salpeter und es berechnet sich also die Druckhöhe für 0.1 Aeq. Salpeter zu 251.3 cm oder etwa 3.3 Atmosphären. Für Rohrzucker fand Pfeffer (1. c. S. 79) in 16 Versuchen die osmotische Druckhöhe der Iprocentigen Lösung zu 47.1 — 53.8 cm Quecksilber. Dieses macht für eine Lösung, welche 0.1 Molecül im Liter enthält (= 3.42 pCt.), 160.1 — 184.0 cm. Da nun nach unseren 2 Coefficienten 0.1 Molecül Rohrzucker isotonisch ist mit 0.1 x -^ Mo- lecül Salpeter, so berechnet sich die Druckhöhe für 0.1 Aeq. Salpeter zu 240.1—276.0 cm, oder etwa 3.2—3.6 Atm. Im Mittel findet sich somit 3.4 Atm. oder nahezu dieselbe Zahl wäe beim Kalisulfat. 1) Pfeffer: Osm. Unters. S. 71. Handbuch der Physiologie I, S. 53. 2) 1. c. S. 112. 3) Bei dieser und der folgenden Berechnung setze ich Proportionalität zwischen Concentratiou und osmoti.scher Leistung voraus. Wenn auch eine solche Annahme uach Pfeffer nicht völlig gültig ist, führt sie doch hier in das End- resultat keinen beachtenswerthen Fehler ein. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 533 Zu ähnlichen Resultaten führen noch einige weitere Versuche Pfeffer's, zu deren genauer Berechnung mir aber die erforderlichen Daten fehlen. Vergleichen wir alle die auf so sehr verschiedenen Wegen ge- fundenen Zahlen mit einander, so sehen wir, dass die physiologische und die physikalische Methode eine so grosse Uebereinstimmung in ihren Resultaten aufweisen, wie man kaum hätte erwarten dürfen. Daraus aber dürfen wir entnehmen, dass unser Ergebniss wenigstens nicht sehr weit von der Wahrheit entfernt ist, und als erste An- näherung so lange benutzt werden darf, bis genauere Untersuchungen einen besser begründeten Werth an seine Stelle setzen werden. Die gefundenen Werthe schwanken zwischen 2.3 und 3.6 Atm. und wir werden also, um eine runde Zahl zu wählen, die osmo- tische Druckkraft einer Lösung von 0.1 Aeq. Kalisalpeter vorläufig auf etwa drei Atmosphären stellen dürfen. Den mitgetheilten Erörterungen gemäss dürfen wir ferner annehmen, dass diese Zahl eher zu klein als zu hoch gegriffen ist. Der isotonische Coefficient des Kalisalpeters ist 3, und es folgt somit, dass die Einheit unserer Coefficient'.n (wenn man H = 1 Gramm pro 10 Liter setzt), nahezu einer Atmosphäre entspricht. Mit Hülfe dieser Zahl berechnet sich z. B. die osmotische Kraft einer zehntel- normalen Lösung von Oxalsäure auf etNva Eine Atmosphäre (Ol Aeq. = Vo Molecül; isoton. Coeff. 2). Zum Schlüsse wiederhole ich, dass ich die vorstehenden Er- örterungen nur als vorläufige betrachte, und es mir zur Aufgabe gestellt habe, den gesuchten Werth durch besondere Experimente direct zu ermitteln. Eür unseren jetzigen Zw^eck, die Analyse der Turgorkraft, bedürfen wir, wie man im zweiten Theile sehen wird, der genauen Kenntniss dieses Werthes nicht. § 4. Anwenduug' der isotouischcu Coefficieiiteii bei physiologischoii Versuclien. Im zweiten Theile dieses Aufsatzes werden wir die Anwendnng unserer Coeff icienten auf die Analyse der Turgorkraft, d. h. also auf die Eigenschaften der in den lebendigen Zellen enthaltenen Zellsäfte ausführlich behandeln. Ich möchte aber an dieser Stelle darauf hin- weisen, dass auch bei anderen physiologischen Fragen und Ver- suchen unsere Coefficienten von Nutzen sein können. Ich beschränke 534 Hugo de Vries, mich dabei auf die physiologische Seite; inwiefern das Studium der physikalischen Erscheinungen, welche durch die Anziehung der gelösten Stoffe zu ihrem Lösungswasser bedingt werden, und nament- lich die Erforschung der osmotischen Vorgänge davon Nutzen ziehen kann, will ich an dieser Stelle nicht erörtern. Drei Fälle möchte ich hier beispielsweise hervorheben. Es sind dies die Bestimmung der Concentration von Nährlösungen, von Lösungen zu plasmolytischen Versuchen, und von Flüssigkeiten, in denen die Bewegungen niederer Organismen, oder diejenigen des Protoplasma beobachtet werden sollen. In Wasserculturen darf die Concentration der Nährlösung er- fahrungsgemäss einen gewissen Grad (meist zu 0.3 pCt. angegeben) nicht überschreiten, da sonst die Entwickelung der Pflanzen zu sehr retardirt wird. Offenbar muss diese Grenze aber je nach der Zu- sammensetzung der Lösung wechseln, weil z. B. Ein Molecül Kali- salpeter (101 Gramm) mit anderthalbfach grösserer Kraft Wasser anzieht wie ein Molecül schwefelsaure Magnesia (120 Gramm des wasserfreien oder 246 Gramm des krystallisirten Salzes). 101 Gramm KNO3 sind also in dieser Beziehung 180 resp. 369 Gramm des letzt- genannten Salzes gleich zu stellen. In Versuchen, in denen Ein Salz durch ein anderes ersetzt wird, sollte solches also stets nach isotonischen Verhältnissen geschehen, da sonst die Anziehung der ganzen Lösung zum Wasser, und damit ihre retardirende Wirkung auf das Wachsthum verändert wird. Kommt es darauf an, den Einfluss verschiedener Salze, sei es in reinen, sei es in gemischten Lösungen, auf die Vegetation mit einander zu vergleichen, so ist stets darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese Salze, neben ihrer zu untersuchenden specifischen Wir- kung, auch stets wasserentziehend wirken, oder doch die Aufnahme des W^assers seitens der Pflanze herabsetzen. Nur wenn sie in iso- tonischen Concentrationen angewandt werden, ist dieser letztere Ein- fluss für ungleichnamige Salze gleich gross, und nur dann lässt sich mit Sicherheit darüber entscheiden, ob ihnen noch eine specilische Wirkung zukommt. So verhält es sich z. B., wie man sogleich ein- sehen wird, mit dem Einflüsse der von den AVurzeln aufgenommenen Lösungen auf die Wasserbewegung und auf die Verdunstung in den Blättern. Insbesondere hebe ich jene Versuche hervor, in denen die Geschwindigkeit des Wachsthums von Wurzeln in Lösungen ver- Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 535 schiedener Salze und verschiedener Concentration studirt wird. Wirken die Sjalze dabei nur kraft ihrer Anziehung zum Wasser, so muss das Wachsthum in isotonischen Concentrationen der verschiedensten Stoffe dieselbe Geschwindigkeit zeigen. Sollte letzteres aber nicht der Fall sein, so wäre noch eine andere Wirkung der Salze zu ver- muthen. Hier liegt ein interessantes Feld für weitere Untersuchungen offen. Auch die Frage nach der Beziehung zwischen Concentration der Losung und Geschwindigkeit des Wurzelwachsthums harrt noch eines eingehenden Studiums. Bei plasmolytischen Studien ist häufig eine Anwendung ver- schiedener Lösungen von Wichtigkeit. Namentlich ist es häufig wichtig, die Wirkung von Stoffen von verschiedenem Diffusionsver- mögen, wie z. B. Salpeter und Rohrzucker, auf denselben Process zu studiren. Der Grad ihrer Concentration lässt sich im Voraus aus den isotonischen Coefficienten berechnen, wenn er für die Erscheinung, die man hervorrufen will, bei Einer Substanz bekannt ist. Zu be- merken ist aber, dass solches nur für verdünnte Lösungen zulässig ist, z. B. für Lösungen von wenigen Procenten, oder solchen, welche mit höchstens 0.3 Aequivalent oder 3 pCt. Salpeter isotonisch sind. Bei Anwendung stärkerer Lösungen beobachtet man, wie zu erwarten, nicht selten bedeutende Abweichungen. Solches ist namentlich beim Chlorcalcium der Fall. Die Bewegungen mancher niederer Organismen, z. B. gewisser Bac- terien, und die Protoplasmaströmungen mancher Zellen finden bekannt- lich in sehr verdünnten Salzlösungen ungestört statt, während destil- lirtes Wasser schädlich auf sie einwirkt. Yorschriftsmässig pflegt man eine % pro^^^ntige Lösung von Kochsalz zu benutzen. Es ist zu erwarten, dass andere Salze, Zucker, Glycerin u. s. w. in iso- tonischen Concentrationen denselben Effect haben werden. Diese Beispiele mögen genügen, um die Aufmerksamkeit auf die Concentration von Nährlösungen und dem Leben unschädlichen Reagentien zu lenken, und namentlich auf die Vermeidung von Un- gleichheiten, welche durch die ungleiche wasseranziehende Kraft der verschiedenen gelösten Stoffe entstehen könnten. Sie lehren aber gleichfalls wie man in unseren Coefficienten ein einfaches Mittel hat, um die numerischen Resultate älterer einschlägiger Versuche richtig zu beurtheilen. Sie lehren ferner, dass eine klare Einsicht in manche in Lösun- 536 Hugo de Vries, gen vorsichgehende Processe erst dann erlangt wird, wenn man die Concentrationen ungleichnamiger Stoffe, nicht, wie bisher üblich, nach Gewichtsprocenten ausdrückt, sondern im Gegentheil derart, dass man die Anzahl derOrammmolecüle im Liter angiebt. Es lässt sich dann wenigstens die allgemeinste und wichtigste Eigenschaft der Lösungen, der Grad, in welchem sie den lebenden Zellen Wasser entziehen, oder ihnen die Aufnahme von solchem gestatten, in directer und übersicht- licher Weise beurtheilen. Ich möchte für alle physiologischen Versuche diese Weise Concentrationen anzugeben, aufs Dringlichste empfehlen. Um aber bei der Berechnung aller älteren Versuche, in denen die Coucentration in Gewichtsprocenten angegeben ist, die Ver- gleichung der Wirkung verschiedener Stoffe zu erleichtern, füge ich zum Schlüsse eine Tabelle bei, welche für die von mir untersuchten Stoffe die Zahlen enthält, welche bei einer solchen Vergleichung er- forderlich sind. Sie umfasst für diese Verbindungen den Salpeter- werth einer einprocentigen Lösung, und die in Gewichtsprocenten angegebene Concentration einer mit 0.1 Aeq. KNO3 isotonischen Lösung. Diese letzteren, in der letzten Spalte verzeichneten Werthe, stellen also isotonische Concentrationen aller jener Verbindungen vor. In die Tabelle sind ferner die Daten aufgenommen, welche zur Be- rechnung jener Grössen dienen; es sind dies die chemischen For- meln, die Aequivalentzahlen und Molecular- Gewichte, und endlich die isotonischen Coefficienten. In einigen Fällen, wo die krystalliniscben Stoffe Krystallw asser enthalten, habe ich diese unter den wasserfreien Verbindungen aufgeführt, weil diese Verbindungen gewöhnlich im krystallinischen Zustande abgewogen und aufgelöst werden. lieber die Berechnung selbst sei Folgendes bemerkt. Die Salpeter- T -11/ ir^ Isot. Coeff. , werthe der einprocentigen Losungen sind= V3 ^ -'■'^ ^ m 1 — r — ' ^^^ weisen den Salpeterwerth direct in Aequivalenten an. Da das Mo- lecular-Gewicht des Kalisalpeters 101 ist, eine Lösung von 0,1 Aeq. also 1,01 pCt. enthält, braucht man die Zahlen nur mit 10 zu mul- tipliciren, um den Salpeterwerth in Procentgehalten von Kalisalpeter mit hinreichender Genauigkeit zu finden. Die Concentrationen der mit 0.1 Aeq. = 1.01 pCt. Kalisalpeter isotonischen Lösungen, be- rechnen sich nach der Formel r ^\ ..a» ' ^ ^.03; sie sind das Isot. Coeff. Zehnfache der reciproken Werthe der Zahlen der vorletzten Spalte. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 537 Tabelle zur Berechnung der Salpeterwerthe und der iso tonischen Concentrationen nach Gewichtsprocenten. Stoffe. Formel n. ^ o ^:3 io o -5 ^ ll CO 2o 0)2 H22 Oll CoHiJOc Co H,0, Cß B^O, + H,0 C, Hß Oe Co Ho 0, dito Krystalle . . . : C0H3O4 + 2H2O Rohrzucker . . Invertzucker . . Citronensäure . . dito Krystalle Aepfelsäure . . Weinsäure . . . Oxalsäure . . . 342 ' 180 |192 210 134 150 90 126 0.0195 5.130/0 0.037 0.035 0.032 0.050 0.044 0.074 0.053 2.70 ,2.88 : 3.15 1 2.01 ' 2.25 1.35 1.89 Salpetersaures Kalium . . j KNO3 101 , 101 3 0.099 1.01 Salpetersaures Natrium NaNOg 85 85 3 0.118 0.85 Chlorkalium KCl 74.5 1 74.5 3 0.134 0.745 Chlornatrium NaCl 58.5 58 5 3 0.171 0.585 Chlorammonium .... NH.Cl 53.5 53.5 3 0.187 0.535 Essigsaures Kalium . . . K C2 H.., 0, 98 98 3 0.102 0 98 Saures citronens. Kalium KH2 Ce H5 0, 43.3 130 3 0.077 1.30 Oxalsaures Kalium . . . K2 C2 0, 83 166 0.080 1.245 dito Krystalle . . . KoCgOi + flaO 92 184 0.072 1.38 Schwefelsaures Kalium K2SO, 87 174 0.077 1.305 Phosphorsaures Kalium . Ko IIPO4 58 174 0.077 1.305 Weinsaures Kalium . . . KsC.H.Oe 113 226 0.059 1.695 Aepfelsaures Kalium . . Ko C, U, 0, 105 210 0.063 1.575 Saures citronens. Kalium KaüCeHsO, 89.3 268 0.050 2.01 Citronensaures Kaiium K, Co H, 0, 102 306 5 0.054 1.83G dito Krystalle . . . KaCoH.O. + HgO 108 324 ^ 0.051 1.944 Aepfelsaures Magnesium . MgC,H,0, 78 156 2 0.043 2.34 Schwefelsaures Magnesium MgSO^ 60 120 2 0.056 1.80 dito Krystalle . . . MgSO, + 7H2O 123 |246 2 0.027 3.69 Citronensaures Magnesium Mg^CCoH^O,), 75 450 4 0.030 3.375 Chlormagnesium . . . Mg CL 47.5 95 4 0.140 0.7125 Chlorcalcium Ca Cl, 55.5 111 4 0.120 0.8325 538 Hugo de Vries, IL Theil. lieber die Analyse der Turgorkraft. Einleitung. Indem wir jetzt zum physiologischen Theile unserer Unter- suchung übergehen, sei es gestattet, in kurzen Zügen anzugeben, welcher Art die Fragen sind, welche mich das Bedürfniss empfinden Hessen, den Antheil der verschiedenen, im Zellsaft gelösten Stoffe an der Turgorkraft messen, oder mit anderen Worten diese Kraft analysiren zu können. ^) Die hervorragende Bedeutung des Turgors für das Leben und speciell für das Wachsthum der Pflanzen ist, seit den bahnbrechenden Untersuchungen von Sachs, Jedem be- kannt, und ich kann mich also sehr kurz fassen. Nach den jetzt allgemein angenommenen Principien seiner Theorie des Wachsthums, wird die Anziehung des Zellsaftes zu Wasser als die mechanische Ursache der Streckung turgescenter Gewebe betrachtet. Die im Zell- safte gelösten Stoffe liefern die Kraft, w^ eiche das W^asser in die Zellen hineinzieht, dadurch deren Volumen vergrössert und das rasche Wachsthum der Zellhäute bewirkt. Der Zellsaft aber ist ein Gemenge zahlreicher verschiedenartiger Körper in wässeriger Lösung, und es leuchtet ein, dass diese alle nach Maassgabe ihrer specifischen Affinität zu Wasser, und nach der Menge, in der sie in der betreffen- den Zelle vorhanden sind, einen Antheil an der Turgorkraft nehmen werden. Aber unter ihnen giebt es einerseits solche mit grosser, und andere mit geringer Affinität zu Wasser, andererseits kommen einige in hervorragender und andere wieder in sehr untergeordneter Menge in den einzelnen Zellen vor. Wie es nach zerstreuten Bemerkungen in der bereits sehr aus- gedehnten Literatur über diesen Gegenstand den Anschein hat, räumt die herrschende Meinung der Glucose unter den Inhaltsstoffen der Pflanzenzellen den ersten Rang in Beziehung zur Turgorkraft ein, aber es ist klar, dass, wo bestimmte Stoffe, wie z. B. Pflanzensäuren 1) Ueber diese Fragen vergleiche man auch: Bot. Ztg. 1879, S 847 und Bot. Ztg. 1883, S. 849. Eine Methode zur Analyse der Tnrgorkraft. 539 und deren Kalisalze, Rohrzucker, Salpeter oder Chlornatrium im ZelLsaft in ganz erheblichen Mengen angehäuft sind, solche Verbin- dungen jedenfalls einen sehr wesentlichen Theil der fraglichen Kraft liefern werden. Theoretische Erwägungen weisen mit Bestimmtheit darauf hin, dass die osmotische Kraft des Zellsaftes durch die Lebensthätigkeit des Protoplasma aus anderen, den Zellen zugoführten Kraftformen gebildet wird, und jede tiefere Einsicht in die Gesetze, welche die Turgorkraft beherrschen, muss also von der Frage ausgehen, in welcher Weise dieses geschieht. Giebt es, ausser den Stoffen welche zu anderen Zwecken in den Zellen abgelagert sind, wie z. B: den Nährstoffen, auch solche, welche nur zum Zwecke des Turgors auf- genommen oder gebildet werden? Besitzen die Zellen das Vermögen, wenn bestimmte Inhaltsbestandtheile in besonderen Fällen in ungewöhn- lich grosser oder geringer Menge vorkommen, die Summe der Turgor- kraft davon, durch geringere oder grössere Production anderer Bestand- theile unbeeinflusst zu erhalten? Welche Aenderungen erleidet diese Kraft bei bestimmten chemischen Umwandlungen, oder bei Auf- nahme resp. Abgabe bestimmter ÄFengen der verschiedenartigsten Verbindungen? In welcher Weise wird die Zunahme der Turgor- kraft beim Wachsthum, bei den AVachsthumskrümmungen und so vielen anderen Bewegungen bewirkt; beruht diese stets auf die Pro- duction derselben Substanz, oder auf die Anhäufung verschieden- artiger Körper? — Diese und zahlreiche andere Fragen von prin- cipieller Bedeutung dringen sich uns auf, wenn wir es versuchen uns eine Vorstellung von der Art und Weise zu machen, in der durch verschiedene stoffliche Umwandlungen, die so ansehnliche osmotische Kraft des Zellsaftes wachsender Pflanzentheile hervorge- bracht wird. Alle solche Fragen können aber nur dann einer experimontellen Behandlung unterworfen werden, wenn es möglich sein wird, in jedem einzelnen Falle den Anthoil der einzelnen Inhaltsbestandtheile an der Turgorkraft mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen. Mit anderen AVorten, wenn es möglich sein wird, eine Analyse der Turgorkraft zu machen. Für jede solche Analyse ist aber die genaue Kenntniss der drei folgenden Factoren unerlässlich: Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. 36 540 Hugo de Vries, 1. Die totale Turgorlcraft des Zellsaftes. 2. Die quantitative chemische Zusammensetzung des Zellsaftes. 3. Die Anziehung der einzelnen im Zellsaft gelösten Bestand- theile zu Wasser. Ist die chemische Analyse eine vollständige, so genügen offen- bar die beiden letzteren Factoreu ; da solches bei Pflanzensäften aber gewöhnlich nicht der Fall zu sein pflegt, so muss die totale Turgor- kraft unabhängig von den beiden anderen Factoren bestimmt werden können. Sind die drei erwähnten Factoren bekannt, so ist die Berechnung der Analyse der Turgorkraft eine äusserst einfache Operation. Denn man braucht nur den Gehalt des Zellsaftes an jeder einzelnen Ver- bindung mit dem Coefficienten, der deren Anziehung zu Wasser an- weist, zu multipliciren , um die absolute Grösse der Anziehung der einzelnen Bestandtheile zu Wasser zu finden. Lässt sich die Rech- nung für sämmtliche Inhaltsstoffe ausführen, so muss die Summe der einzelnen Anziehungen der totalen Turgorkraft gleich sein; sonst ist sie um so viel kleiner, als den nicht bestimmten Inhaltsstoffen entspricht. Die Umrechnung der einzelnen gefundenen Werthe in Procente der ganzen Turgorkraft, liefert dann in beiden Fällen die gewünschte Analyse. ^) Nachdem wir nun im ersten Theile die Coefficienten kennen gelernt haben, welche uns die relative Grösse der Anziehung der einzelnen, im Zellsaft gelösten Bestandtheile zu Wasser anw^eisen, werden wir jetzt zunächst im ersten Abschnitt dieses zweiten Theiles eine Methode ausarbeiten, um die Turgorkraft eines gegebenen Zell- saftes zu messen, und dann im zweiten Kapitel nachweisen, wie aus dem dabei erhaltenen Resultat, und der chemischen Analyse des Saftes, sich die Analyse der Turgorkraft berechnen lässt. Zu einer bequemeren und sicheren Anwendung unserer Methode auf die verschiedenartigsten physiologischen Probleme bedarf es aber ferner einer vorläufigen Orientirung auf diesem neuen Gebiete. Ich habe deshalb die wichtigsten Factoren der Turgorkraft für die gew^öhn- lichsten Fälle in ihrer relativen Grösse wenigstens in den Haupt- 1) Beispiele solcher Analysen der Turgorkraft findet man am Schlüsse des zweiten Abschnittes. Eine Methode zur Analyse der Tur^orkraft, 541 Zügen ermittelt, und die Resultate meiner diesbezüglichen Versuche im dritten Abschnitt niedergelegt. lloÜentlich werden diese allgemein gehaltenen Ergebnisse zahlreicher Turgorkraft -Analysen für die Be- handlung von speciellen Fragen die erforderlichen Ausgangspunkte bieten. Im vierten Kapitel gebe ich dann ein Beispiel von der Art und Weise, wie die Gesetze der isotonischen Coefficienten zur Lösung besonderer pflanzenphysiologischer Probleme angewandt wer- den können. Abschnitt I. Ueber die Messung der Turgorkraft ausgepresster Zellsäfte. Unter der Turgorkraft versteht man die Kraft, mit der der In- halt einer lebendigen Zelle ihre Haut auszudehnen bestrebt ist, resp. wirklich ausdehnt. Die elastische Spannkraft der gedehnten Haut hält dieser Turgorkraft das Gleichgewicht. Die Ursache dieser Kraft aber stellen die verschiedenen im Zellsafte gelösten Verbindungen dar, welche das Wasser aus der Umgebung in die Zelle ziehen, und dadurch das Volumen des Zellsaftes zu vergrössern streben. Diese Turgorkraft, diese Affinität der gelösten Bestandthcile des Zellsaftes zu Wasser, ist die mechaniche Ursache der Zellstreckung, wie durch die bahnbrechenden Arbeiten von Sachs endgültig bewiesen ist. Eine genaue Messung der Turgorkraft wachsender PHanzentheile war bisher nicht möglich. Die Beobachtungen von Sachs an geo- tropisch sich krümmenden Grasknoten, welche die ganze darnieder- liegende Pflanze (z. B. Mais) aufheben, hatten gelehrt, dass es sich hier jedenfalls um ganz bedeutende Kräfte handelt, und die Messun- gen Pfeffer' s zeigten, dass die Gelenkpolster mancher Pflanzen bei ihren Bewegungen Kräfte ausüben, welche einen AViderstand von mehreren Atmosphären zu überwinden im Stande sind. Auch in wachsenden Sprossgipfeln wurde die Turgorkraft im Mittel auf etwa 4 — 5 Atmosphären bestimmt (vergl. S. 529). 36 ♦ 542 Hugo de Vries, Die äussere Kraft, welche ein wachsendes oder sich bewegendes Organ zu leisten im Stande ist, ist aber nicht ohne Weiteres der Turgorkraft des Saftes seiner Zellen gleich zu setzen, da ja auch innere Arbeit bei diesen Vorgängen zu leisten ist. Denn es muss die elastische Spannung der Zellhäute, der Protoplaste und nament- lich der passiv gedehnten Gewebe überwunden werden. Zur Messung der Turgorkraft der Zellsäfte ist dieser Weg also nicht sehr geeignet. In den Analysen der Turgorkraft muss die Affinität der einzelnen Bestandtheile des Zellsaftes auf die Turgorkraft des ganzen Saftes bezogen werden, wenn man ihren procentischen Antheil an der ge- sammten Kraft berechnen will. Die Turgorkraft selbst muss also mit viel grösserer Genauigkeit, als bisher der Fall war, gemessen werden können, und zwar mit demselben Maassstabe, wie die Affi- nität der einzelnen Bestandtheile des Zellsaftes zu Wasser. Diesen Anforderungen genügen aber die Methoden, welche wir zur Ermitttelung der isotonischcn Coefficienten benutzt haben, voll- kommen, und wir haben in diesem Paragraphen nur auseinanderzu- setzen, wie sie auf diese Aufgabe anzuwenden sind. Es handelt sich dabei stets darum, den Salpeterwerth (S. 430) des betreffenden Saftes zu messen, d. h. die Concentration jener Salpeterlösung aus- findig zu machen, welche dieselbe Anziehung zum Wasser besitzt wie der fragliche Saft. Auf dem ersten Blick giebt es zur Lösung unserer Aufgabe zwei Wege, welche wir jetzt zunächst mit einander vergleichen wollen. Einmal kann man den Salpeterwerth des ausgepressten Zellsaftes in derselben Weise bestimmen, wie bei chemisch reinen Substanzen. Oder man kann den Salpeterwerth des in der lebendigen Zelle be- findlichen Saftes nach der plasmolytischen Methode — für wachsende Theile nach der Methode der Gewebespannung — durch Aufsuchung der plasmolytischen Grenzconcentration (S. 435) resp. der indifferenten Concentration (S. 484) ermitteln. In beiden Fällen finden die im ersten Theil besprochenen Me- thoden, mit geringen Abänderungen, Anwendung. Beide Verfahren haben gewisse Vor- aber auch gewisse Nachtheile. Handelt es sich um eine Analyse der Turgorkraft, und muss man also den Zellsaft einer chemischen Analyse unterwerfen, so verdient die erstere ohne Zweifel den Vorzug. Erstens, weil man ohnehin den Saft durch Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 543 Auspressen gewiüDeii miis.s, luid zweitens, weil man sicher ist, den totalen Salpcterwerth für genau dieselbe Flüssigkeit zu bestimmen, deren einzelne Bestandtheile man auf chemischem Wege ausmisst. Ein Nachtheil, der der Methode des ausgepresstou Zellsaftes an- klebt, liegt darin, dass der durch Auspressen gewonnene Saft keines- wegs ohne weiteres dem Zellsafte der Parenchymzellen gleichgestellt werden kann. Gar häufig sind die Pllanzentheile so dünn, dass es unmöglich ist das Parenchym in hinreichender Menge von den übrigen Geweben zu trennen, und sogar in manchen grossen Blatt- stielen (wie Rheum, Gunnera, Lappa u. s. w.) ist das ganze Mark von Gefässbündeln durchsetzt, und kann also füglich nicht isolirt werden. Der Saft enthält also das Wasser und die löslichen Stoffe sehr ungleichnamiger Gewebe, und weder sein absoluter Salpcter- werth, nocli seine Zusammensetzung ist dem des Schwellgewebes völlig gleich. Aus dem Xylem kann z. B. Wasser, aus dem Phloem können Eiweiss und Phosphate aufgenommen werden. Andererseits sind die einzelnen Schichten des Parenchyms einander ungleich; die Zuckerscheide kt häufig reicher an Zucker, die inneren Markzellen haben nicht selten grössere Anziehung zu Wasser als die äusseren, und man ist also ohnehin verpflichtet, sich mit Mittelzahlen zufrieden zu stellen. Vorläulige Versuche, welche ich speciell zu diesem Zwecke an- gestellt habe, haben aber gezeigt, dass der Antheil des Parenchym- saftes an dem ausgepressten Saft ein so überwiegender ist, dass der Einfluss der übrigen Gewebe ganz in die Grenzen der auch sonst möglichen Beobachtungsfehler zurücktritt. Sowohl der Salpeterwcrth als auch die quantitativ-chemische Zusammensetzung zeigte sich nicht wesentlich anders, wenn das ganze Organ, oder sein möglichst ge- reinigtes Mark der Analyse unterworfen wurde. Die zweite Methode liefert gleichfalls nicht ohne wcitrrrs die Grösse der Turgorkraft des Zellsaftes. In i\cu im ersten Theil (Ab- schnitt III, § 2) beschriebenen Versuchen, ist für eine Reihe von Arten diejenige Concentration einer Salpeterlösung bestimmt worden, in der sich die isolirten Kreuzstreifen wachsender Sprosse weder auf- noch abrollen. Diese Concentrationen bewegen sich in der über- grossen Mehrzahl der Fälle zwischen etwa 0.16 und 0.22 Aequiv. Kalisalpeter, und sind im Mittel aus allen 43 Versuchen gleich 544 Hugo de Vries, 0.18 Aeq. KNO3. Mit dieser Kraft kann mau also auiiehmen, dass das wachsende Markgewebe Wasser auzieht. Aber ist dieses nun auch der Salpcterwerth des Zellsaftes? Offenbar nicht, denn der Zellsaft muss bei der Aufnahme von AVasser den Widerstand der elastisch gedehnten Zellhaut überwinden, und die wasseranziehende Kraft des ganzen Gewebes ist also gleich der Turgorkraft seiner Zellsäfte, vermindert mit der elastischen Spannkraft der Zellhäute. Solange man also nicht im Stande ist, die Spannkraft der Zellen- wände zu messen oder zu eliminiren, führt diese Methode nicht zu einer Kenntniss des Salpeterwerthes der Zellsäfte. Allerdings scheint in wachsenden Markzellen jene Spannkraft keine sehr grosse zu sein, wie schon daraus hervorgeht, dass isolirte Markprismen sich im Wasser um mehr als ein Drittel ihrer Länge ausdehnen können, bevor ein Gleichgewicht zwischen Turgorkraft und Spannkraft der Wandungen erreicht ist. Im unverletzten Sprossgipfel sind es ja hauptsächlich die passiv gedehnten Gewebe (Epidermis, Collenchym, Gefässbündel u. s. w.), welche dem Ausdehuungsstreben des Markes das Gleichgewicht halten. Andererseits spricht hierfür der Umstand, dass, wie schon erwähnt, die Turgorkraft des ganzen Markgewebes im Mittel aus zahlreichen Versuchen zu 0.18 Aeq. KNO3 gefunden wurde, während wir bald sehen werden, dass die Turgorkraft aüs- gepresster Zellsäfte wachsender Pflanzentheile im Mittel aus fast 20 Versuchen gleich 0.20 Aeq. KNO3 zu stellen ist. Der Einfluss der Zell wände ist also hier, allem Anscheine nach, fast verschwin- dend klein. Für manche Zwecke dürfte sich diese Methode zur Bestimmung der Turgorkraft wachsender Pflanzentheile sehr empfehlen, zumal wo es sich darum handelt, die Aenderungen kennen zu lernen, welche die Grösse dieser Kraft unter verschiedenen äusseren Einflüssen er- leidet. Eine Bestimmung der Turgorkraft durch Ermittelung der schwächsten zur Plasmolyse erforderlichen Concentration des Sal- peters, oder der höchsten Concentration, welche noch gerade keine Plasmolyse hervorruft, wird in der grossen Mehrzahl der Fälle schon aus dem Grunde nicht zu befriedigenden Resultaten führen, weil jene Concentration in den meisten Geweben für die einzelnen Zellen eine sehr verschiedene ist, und eine genaue Bestimmung also Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 545 nur selten möglich äcin wirtl. Dazu kommt, dass iu pareuchyma- tischen Geweben, und zumal in solchen mit farblosem Zellsaft, ge- ringe Grade der Plasmolyse sich nur zu leicht in zahh'eichen Zellen der Beobachtung entziehen. Auf diesen Punkt brauchen wir aber nicht weiter einzugehen. Für unseren Zweck bleibt also nur übrig, die Turgorkraft aus- gepresster Zellsäfte zu ermitteln, und wir wenden uns jetzt zu der Beschreibung des dazu anzuwendenden Verfahrens. Ich bespreche gesondert die Bereitung der Säfte und die Messung ihres Salpeter- werthes. Bereitung ausgepresster Zellsäfte. Die Säfte habe ich stets mittelst einer Handpresse aus den Geweben herausgepresst, und zwar fast immer, bis sich damit nahezu nichts mehr gewinnen Hess; das zurückbleibende, selbstverständlich noch einen wesentlichen Theil des Saftes enthaltende Gewebe wurde nicht weiter benutzt. Eine Verdünnung mit Wasser fand also nie statt. Der gewonnene Saft wurde stets durch Filtriren (durch nicht vorher befeuchtete Filter) möglichst geklärt. Nur bei ausgewachsenen oder nahezu ausgewachsenen Geweben, und bei diesen noch bei Weitem nicht immer, erhält man auf diese Weise eine klare, gut filtrirbare Flüssigkeit. In wachsenden Theileu ist der Saft gewöhnlich so reich an Ei weiss, dass eine Abscheidung dieses nicht umgangen werden kann. Ich habe in solchen Fällen das Eiweiss durch Erwärmen coagulirt, und zwar entweder in den Organen selbst, vor dem Pressen, oder im ausgepressten Saft, ge- wöhnlich sogar der Sicherheit wegen in beiden. Das Erwärmen der ganzen Organe, sowie das der ausgepressten Säfte geschah stets in geschlossenen Gefässen, im AVasserbade bei 100^ C; die Gefässe wurden erst geöffnet, als sie völlig auf die Temperatur der Um- gebung abgekühlt waren. In dieser AV'eise konnte einer foncentra- tionsänderung durch Verdunstung in wirksamer Weise vorgebeugt werden. Werden Pflanzentheile vor dem Pressen bei nahezu 100^ C. er- hitzt, so werden die Protoplaste ihrer Zellen getödtet und der Saft lliesst dann leichter aus, als wenn man das lebendige Gewebe unter die Presse bringt. Man hat dann einen doppelten Vortheil. Erstens gewinnt man den Saft weit vollständiger, und wenn davon eine 546 Hugo de Vlies, bestimmte Anzahl Cubikcentimeter zur Analyse erfuiilerlich sind, kann man also mit einer geringeren Menge von Material auskommen. Aus vorher getödteten Theilen erhält mau häufig die IV2 his zwei- fache Menge derjenigen, welche dieselben Theile, frisch gepresst, ge- liefert haben würden. Zweitens aber können sich hier die Säfte sämmtlicher Zellen mischen, während beim Pressen lebender Organe zahllose Zellen geschlossen bleiben. Weicht deren Inhalt von dem der übrigen Zellen ab, so entspricht der gewonnene Saft nur nach vorherigem Tödten dem wirklichen Mittelwerth. Zumal bei ver- gleichenden Versuchen ist dieses zu berücksichtigen. Doch lehrten mich einige Vorversuche, dass weder der Salpeterwerth, noch auch die quantitativ-chemische Zusammensetzung von Säften, welche nach beiden Methoden aus demselben Pflanzentheil gewonnen waren, wesentliche Verschiedenheiten zeigten. Die Filtration geschah meist zuerst durch Leinwand, um die gröberen Theilchen zu trennen, und dann durch Filtrirpapier. Beide waren selbstverständlich vorher in üblicher Weise mit Salzsäure aus- gewaschen und wurden vor dem Gebrauche nicht befeuchtet. Die Trichter ruhten auf enghalsige Flaschen und wurden mit Glasplatten gedeckt, um die Verdunstung zu massigen. Bei der Erwärmung auf 100^ C. können die Säfte, ausser der Coagulation des Eiweisses, noch weitere Veränderungen erleiden. Mit dem Eiweiss wird ein Theil der Phosphate und der anderen Salze niedergeschlagen. Es darf aber angenommen werden, dass diese Salze mit dem Eiweiss aus den Protoplasten und dem Phloem aufgelöst waren, und dass ihre Fällung die Zusammensetzung des Saftes von der des wirklichen Zellsaftes nicht entfernt. Ist Rohr- zucker vorhanden, so kann dieser durch die Säuren des Saftes inver- tirt werden. Nach einigen Vorversuchen aber nur zu einem ge- ringen Theile, und da ich in den Säften wachsender Pflanzentheile in der Regel überhaupt keinen Rohrzucker fand, so ist diese Fehlor- quelle wohl nur selten von Bedeutung. Wichtiger ist das Verhalten der Citronensäure. Die Pflanzensäfte enthalten fast immer Kalksalze; wenn also auch citronensäure Salze vorhanden sind, ward diese Säure in Verbindung mit Kalk durch die Erwärmung auf 100'^ C. gefällt. In den so bereiteten Säften konnte ich dementsprechend nie Citronensäure nachweisen. Glücklicherweise sind die Säfte wachsender Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 547 Pflanzentheile gewöhnlich nicht so reich an Citronensäure, dass durch Fälhing ihres Kalksalzes ein erheblicher Fehler in der Bestimmung des gesammten Salpeterwerthes zu befürchten wäre. Handelt es sich nicht um eine Messung der Turgorkraft an sich, sondern um eine Vergleichung dieser mit dem Salpeterwerthc der einzelnen Bestandtheile des Saftes, so ist der Schaden, der aus diesen Fehlerquellen entstehen könnte, ein um so geringerer, als die chemische Analyse des Saftes durch sie in derselben Weise beein- flusst wird wie die Messung der Turgorkraft. Die gegenseitige Ver- gleichbarkeit beider bleibt also im Wesentlichen unbeeinträchtigt. Messung des Salpeterwerthes ausgepresster Zellsäfte. Der Salpeter werth eines Zellsaftes lässt sich genau nach derselben Weise bestimmen, wie der einer beliebigen chemisch-reinen Lösung. Zu empfehlen ist dafür also die vergleichende plasmolytische Me- thode, und ich darf somit für die einzelnen Vorschriften, die bei der Ausführung zu beachten sind, auf den ersten Theil (Abschn. IL § 1 S. 441) verweisen. Als Indicatorpflanzen kann man die dort be- schriebenen C u r c u m a r u b r i c a u 1 i s und T r a d e s c a n t i a tl i s c o 1 o r benutzen, thatsächlich habe ich bis jetzt fast nur die letztere ge- braucht, weil mir zur Zeit meiner bisherigen Analysen die Curcuma nicht zur Verfügung stand, A^on Tradescantia discolor wählte ich stets nur die mittleren Zellen des Mittelnerven; die seitlichen habe ich bei diesen Bestim- mungen nie gebraucht. Für die Herstellung der Präparate vergleiche man S. 446. Eine wesentliche Aenderung in der dort beschriebenen Methode ist durch den Umstand bedingt, dass Pflanzensäfte gewöhnlich kaum in hinreichender Menge zu einer chemischen Analyse zu luiben sind, wenigstens wenn man darauf hält, die Pilanzentheile rein von an- hängenden Organen und möglichst von gleichem Alter zur Saft- bereitung einzusammeln. Sollen dazu nur junge wachsende Organe, und diese von möglichst verschiedenen Arten, studirt worden, so ist es wesentlich, die Analysen mit den kleinstmöglichen Saftmengen ausführen zu können. Auch die Bestimmung des Salpeterwerthes soll also mit so wenig Saft geschehen, wie nur ohne Gefahr für ihre Genauigkeit möglich ist. Die Herstellung einer Reihe von Lösungen verschiedener Con- 548 Hugo de Vries, centration, wie die vergleichende plasmolytische Methode sie ver- langt, fordert aber ein ziemlich grosses Quantum der ursprünglichen Lösung. Denn je grösser die jedesmal zur Verdiinnung mit Wasser ausgemessenen Volumina, um so genauer wird die erwünschte Con- centration der einzelnen Lösungen erreicht. Bei den im ersten Theil mitgetheilten Versuchen zur Bestimmung der isotonischen Coefficienten bereitete ich mir gewöhnlich von der ursprünglichen Lösung 100 bis 200 CC, nie unter 50 CC. So grosse Mengen ausgepresster Säfte können aber nur relativ selten für die Bestimmung des Salpeter- werthes geopfert werden; gewöhnlich stehen dafür höchstens 10 bis 20 CC zur Verfügung. Daher habe ich hier stets einen ganz anderen Weg eingeschlagen. Statt zu den einzelnen Lösungen verschiedene Mengen Saft mit ver- schiedenen Mengen Wasser zu mischen, habe ich stets dieselbe Menge Saft mit derselben Menge einer anderen Flüssigkeit zusammen- gebracht, letztere war aber für jede einzelne Mischung eine andere. Zur Vermengung benutzte ich aber einfach Salpeterlösungen ver- schiedener Concentration. Ein Beispiel möge das Princip dieser Methode erläutern. Es sei ein ausgepresster Saft zu untersuchen, und als Indicatorgewebe diene ein Stück Oberhaut von Tradescantia, welches in einer Lösung von 0.13 Aeq. KNO3 gerade den Anfang der Plasmolyse zeigt. Ich mische nun 1 CC des Saftes mit 1 CC einer Salpeterlösung von 0.02 Aeq. ; die Mischung enthält also den auf die Hälfte verdünnten Saft + O.Ol Aeq. KNO3; in ihr zeigt das Indicatorgewebe keine Plasmolyse. Der auf die Hälfte verdünnte Saft hat also geringere Anziehung zu Wasser als 0.13—0.01 = 0.12 Aeq. KNO3. Ich wiederhole den Versuch und mische jetzt zu dem Saft ein gleiches Volumen einer Salpeterlösung von 0.20 Aeq. KNO3 und beobachte in der Mischung starke Plasmolyse. Der halbe Saft ist also stärker als 0.13—0.10 = 0.03 Aeq. KNO3. Es gilt nun, diese Grenzen näher zusammenzuziehen, und ich mische zu diesem Zweck je 1 CC des Saftes mit je 1 CC Kalisalpeterlösung von 0.04, 0.06 und 0.08 u. s. w. bis 0.18 Aeq. KNO3. Es zeige sich, dass gerade ein Zu- satz von 0.10 Aeq. KNO3 genüge, um den schw'ächsten Giad von Plasmolyse hervorzurufen. Der halbe Saft hat dann den Salpeter- Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 549 werth 0.13 — 0.05 = 0,08, der im verdünnte Saft ist somit isotonisch mit 0.16 Aeq. KNO3. Die Erfalirung hat gelehrt, dass es in weitaus den meisten Fällen hinreicht, den Saft nur mit folgenden Salpeterlösungen zu vermengen, um schon durch den ersten Versuch seinen Salpeter- werth mit hinreichender Genauigkeit zu erfahren: 0.02, 0.04, 0.06, 0.08, 0.10 und 0.12 Aeq. KNO3. Selten sind dazu einerseits destillirtes Wasser, andererseits 0.14 Aeq. KNO3 erforderlich. Dadurch war es mir später fast stets möglich, Vorversuche zu umgehen und den Hauptversuch sogleich mit 6 — 8 Mischungen anzustellen, und es fordert somit die Methode für jede einzelne Bestimmung höchstens 6—8 CG Saft. Die Salpeterlösungen zur Mischung, sowie die sechs zur Con- trole (0.10 — 0.15 Aeq. KNO3) bestimmten, hielt ich mir jedesmal in hinreichenden Quantitäten bereit, um bei wiederholtem Gebrauch keine Aenderung ihrer Concentration befürchten zu müssen, und be- wahrte sie in gut verschlossenen Flaschen, welche sie möglichst aus- füllten, auf. Nach zwei bis drei Monaten muss man sich diese Lösungen aber vorsichtshalber neu herstellen. Eine grössere Annäherung der Concentration der mit dem Saft zu mischenden Salpeterlösungen, z. B. auf O.Ol Aeq. KNO3, hat mich nicht zu grösserer Genauigkeit in den Resultaten geleitet. Dasselbe war der Fall, als ich Saft und Salpeter in anderen Volum- verhältnissen mischte. Die Genauigkeit, mit der man jedesmal 1 CG abmessen kann, bedingt hier die erreichbare Grenze. Die Mischung fand stets in den kleinen Glascylinderchen statt, in denen die Gewebestückchen dem \'ersuch unterworfen werden sollten. Bisweilen stösst man auf Säfte, welche bei einer Verdünnung mit dem gleichen Volum Wasser das Indicatorgewebe noch plasmo- lysiren. Diese können nicht anders nach obiger Methode untersucht werden, als dass man sie vorher ganz auf z. B. die Hälfte oder zwei Drittel verdünnt. Dass das Resultat entsprechend an (ienauig- keit verliert, schadet bei solchen ausnahmsweise hohen Salpeter- werthen in der Regel wenig. Es war bei diesem Verfahren von Interesse, zu erfahren, ob die Vermischung mit so beträchtlichen Mengen eines leicht diffundirenden Salzes, wie der Salpeter ist, etwa einen Eiufluss auf das Resultat 550 Hiigo de Vries, haben könnte. Zwar war sulchcs nicht zu erwarten, jedoch habe ich mit einigen Säften den Salpeter werth nebenher noch bei Zusatz von Rohrzuckerlösungen an Stelle des Salpeters bestimmt. Es ge- schah dieses in der folgenden Weise. Es wurden Lösungen von Rohrzucker von solchen Conccntrationen hergestellt, dass sie mit den üblichen Salpeterlösungen genau isotonisch waren, und nun mit diesen, theils zur Mischung mit den Pflanzensäften, theils als Controle, ein- fach so verfahren, als ob es Salpeterlösungen wären. Bestimmungen, in dieser Weise ausgeführt, lieferten für den Saft jugendlicher Spross- gipfel von Helianthus tuberosus, des Markes wachsender Blatt- stiele von Gunnera scabra und Heracleum Sphondylium dieselben Resultate, wie die mit den Salpeterlösungen selbst ausge- führten Versuche. Von dieser Seite ist also kein Fehler zu be- fürchten. Stark saure Säfte, wie z. B. von Rheum und Begonia würden die Protoplaste des Indicatorgewebes angreifen und tödten, und dadurch die Bestimmung des Salpeterwerthes falsch oder un- möglich maclien. Sie werden deshalb vorher neutralisirt. Dabei ist folgendes zu berücksichtigen. Der Saft wird mit einer vorher be- stimmten Menge einer kohlensäurefreien Kalilösung soweit neutrali- sirt, bis er noch grade schwach sauer reagirt; alkalische Reaction ist durchaus zu vermeiden. Dabei erleidet der Saft erstens eine Verdünnung und zweitens eine Erhöhung seines Salpeterwerthes durch Umwandlung der freien Säure in das entsprechende Kalisalz. Ist also der Salpeterwerth des neutralisirten Saftes nach obiger Methode gefunden, so bedarf dieser einer zweifachen Correction. Die wiegen der Verdünnung ergiebt sich von selbst, die wiegen des Zusatzes von Kali aus der Betrachtung, dass jedes Aequivalent Kali den Salpeterwerth gleichviel erhöht, wie V3 Molecül Kalisalpeter, da ja der partielle isotonische Coefficient des Kaliums (in Verbindungen) = 1 ist (S. 519). Durch diese Operation büsst die Bestimmung ein wenig an Genauigkeit ein. Weitaus die meisten Pflanzensäfte bedürfen aber weder der vor- herigen Verdünnung, noch auch der Neutralisation. Gewöhnlich sind sie nur schwach sauer, enthalten keine Oxalsäure, sondern meist vorwiegend die schwächere Aepfelsäure, und diese nicht im freien Zustande, sondern als saures Salz. Ich habe nun einige Vorversuche Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 551 angestellt, um mich zu überzeugen, dass saures Aepfelsaures Kalium, auch wenn es zu einer vielfach stärker saueren Lösung aufgelöst ist als in den Pflanzensäften, dennoch die Ermittelung des Salpeter- werthes der Lösung mit Tradescantia discolor nicht gefährdet. Ich gehe jetzt zu der Beschreibung dieser Versuche über. Einfluss der sauren Reaction der Zellsäfte auf die Bestimmung ihrer Salpeter w er the. Die saure Reaction der meisten Zellsäfte rührt, wie gesagt, wohl von saurem äpfelsaurem Kalium her; die Stärke ihrer Reaction entspricht nur selten derjenigen einer Lösung von 0.05 Aeq. Aepfelsäure, und bei unserer Methode, wegen der Verdünnung mit dem gleichen Volum Salpeterlösung, also höchstens 0.025 Aeq. Eine so schwach saure Reaction ist für die Zellen der Tradescantia durchaus unschädich. Saure Lösungen, welche das Leben dieser Zellen beeinträchtigen, pflegen durch die Protoplaste zu dringen, sich mit dem Zellsaft zu mischen, und dessen violette Farbe in roth zu verwandeln. In den gewöhnlichen ausgepressten Pflanzensäften beobachtete ich diese LTm- färbung unserer Zellen nicht, ebensowenig in einer sauren Lösung von äpfelsaurem Kalium, deren saure Reaction = 0.2 Aeq. dieser Säure, also verhältnissmässig sehr stark, war. Um nun zu erfahren , ob Restimmungen in sauren äpfelsauren Lösungen mit Tradescantia genaue Resultate liefern, habe ich einer- seits saure Lösungen aepfelsauren Kaliums mit neutralen desselben Salzes, andererseits Salpeterlösungen, denen Aepfelsäure zugesetzt war, mit reinen Salpeterlösungen verglichen. Es wird hinreichen von beiden Reihen Ein Versuch als Beispiel anzuführen. Zum ersteren Versuch bereitete ich eine Lösung von 0.2 Aeq. Aepfelsäure, und solche von neutralem äpfelsaurem Kalium von verschiedenen Concentrationen. Es wurden nun diese Lösungen der- art gemischt, dass die Mischungen jedesmal 0.1 Aeq. Aepfelsäure, aber verschiedene Mengen äpfelsauron Kaliums enthielten.^) Ich suchte nun mit Tradescantia discolor nach der vergleichenden plas- molytischen Methode für dasselbe Gewebe die zur Plasmolyse gerade 1) Die Verbindung der Sünre mit dem Salze zu einem sauren Salze lasse ich der Einfachheit halber bei diesen Auseinandersetzungen unberücksichtigt. 552 H"P^o de Vlies, erforderliche Concentration der neutralen und der sauren Flüssig- keiten, und fand folgendes, bei einer Versuchsdauer von 2^i\ Stunde: Im neutralen äpfelsauren Kalium von; 0.15 Aeq. KgM^) keine Plasmolyse. 0.165 - - die Hälfte der Zellen plasmolysirt. 0.18 - - alle Zellen plasmolysirt. In den sauren Lösungen von: 0.10 Aeq. K2M + O.I Aeq. M^) keine Plasmolyse. 0.115 - K2M + O.I - M die Hälfte der Zellen plasm. 0.130 - K2M + O.I - M alle Zellen plasmolysirt. Es wird also 0.165 Aeq. KgM mit 0.115 Aeq. KgM + 0.1 Aeq. M isotonisch gefunden. Der isot. Coeff. von M ist aber 2, von KgM 4, und es muss also 0.2 Aeq. M gerade 0.1 KgM vertreten können. Also: 0.115 Aeq. K0M + V2XOI Aeq. K2M = 0.165 Aeq. KgM. Es stimmt demnach die Rechnung genau mit dem Befunde überein, und es wird also die Bestimmung des Salpeterwerthes der sauren Lösung durch Anwesenheit von 0.1 Aeq. Säure nicht beeinträchtigt. Zu dem zweiten Versuch gab die Erwägung Veranlassung, dass in den mitgetheilten Experimenten neben der Säure kein Kalisalpeter anwesend war, und dass die saure Reaction der Zellsäfte vielleicht die Permeabilität der Zellen der Tradescantia für dieses Salz erhöhen und dadurch eine Fehlerquelle eröffnen könnte. Die Erfahrung hat dies nicht bestätigt, wie folgender Versuch lehrt: Ich bereitete mir eine Lösung von 0.12 Aeq. Aepfelsäure, welche also mit 0.04 Aeq. Kalisalpeter isotonisch war. Ich mischte diese mit gleichen Volumina verschiedener Salpeterlösungen; der Gehalt der Mischungen war also jedesmal 0.06 Aeq. Aepfelsäure (isot. mit 0.02 Aeq. KNO3). Sodann bestimmte ich die plasmolytische Grenz- concentration für Tradescantia mit diesen Mischungen, und mit neutralen Salpeterlösungen. Das Resultat war bei: 0.08 Aeq. KNO3 + 0.06 Aeq. M keine Plasmolyse. 0.09 Aeq. KNO3 + 0.06 Aeq. M die Hälfte der Zellen plasm. 0.10 Aeq. KNO3 + 0.06 Aeq. M überall Plasmolyse. 1) KgM = neutrales äpfelsaiires Kalium (Kalium-Malat). 2) M = Aepfelsäure (Malyl säure). Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 553 Und in den Controle- Versuchen: . 0.10 Acq. KNO3 keine Plasmolyse. 0.11 - - die Hälfte der Zellen plasmolysirt. 0.12 - - überall Plasmolyse. Somit wurde 0.09 Aeq. KNO3 + O.OG Aeq. M isotonisch ge- funden mit 0.11 Aeq. KNO3. Nach der Rechnung aber müsste die erstere Lösung isofonisch sein mit 0,09 + 0.02 = 0.11 Aeq. KNO3. Differenz 0,00. Auch von Lösungen, welche freie Aepfelsäure oder saures äpfel- saures Kalium enthalten, kann der Salpeterwerth also nach unserer Methode ohne Fehler bestimmt werden , auch wenn sie viele Male stärker sauer sind als die Pflanzensäfte in der Verdünnung, wie sie bei unseren Versuchen angewandt werden müssen. Die saure Reaction der gewöhnlichen Zellsäfte hat also auf die Ermittelung des Salpeterwerthes keinen Einfluss. Beispiele von Salpeterwerthen ausgepresster Zell- säfte. Nach der im Vorhergehenden begründeten Methode habe ich nun für eine Reihe von Pflanzen den Salpeterwerth des ausgepressten Saftes ermittelt, und mich dadurch von der Brauchbarkeit der Me- thode überzeugt. Verbesserungen, die ich während dieser Zeit an- brachte, habe ich in die Beschreibung ohne weitere Bemerkung auf- genommen. Die Anwendung der Methode wird ganz bedeutend vereinfacht, wenn man im Voraus das zu erwartende Resultat annähernd be- stimmen kann. Es geschieht dies in der Regel durch directe Vor- versuche, deren Wahl aber durch eine statistische Kenntniss der überhaupt bei Pflanzensäften vorkommenden Salpeterwerthe sehr be- schränkt werden kann. Die Natur und das Alter des Organs, das Trockengewicht des Saftes, der Gehalt an Zucker, pflanzensauren Salzen und anderen verbreiteten Inhaltsbestandtheilen geben hier wich- tige Fingerzeige. Lässt man einen Tropfen auf dem Objectträger eintrocknen und krystallisiren Chloride, Salpeter oder andere leicht kenntliche Verbindungen heraus, so weist dieses, in Verbindung mit anderen Factoren, häufig schon auf hohe oder niedere Salpeterwerthe. Durch Berücksichtigung solcher Eigenschaften gelang es mir bei den späteren Versuchen in zahlreichen Fällen Vorversuche völlig zu um- 554 HucfO de Vries, gehen, und den Haiiptversuch derart anzustellen, dass er direct zu einem Resultate führte. Ich gebe nun zunächst eine ausführliche Beschreibung eines einzelnen Versuches, und wähle dazu Gunnera scabra. Ein nahezu ausgewachsener, 45 cm langer, 3,5-4 cm dicker Blattstiel, dessen Spreite fast 45 cm lang war, w^og 400 Gramm. Es wurde das innere Mark, welches von spärlichen Gefässbündeln durchzogen war, in einem Gewicht von 123 Gramm isolirt, und so- gleich in die Presse gebracht. Es lief ein fast klarer, nahezu farb- loser Saft heraus, der ohne Erwärmung sich vollständig klar filtriren liess. Es wurden nahezu 60 Gramm erhalten, und zu einer, im nächsten Abschnitt mitzutheilenden Analyse verwandt. Der Saft enthielt 1.6 pCt. Trockensubstanz; beim Eintrocknen auf dem Ob- jectglase krystallisirte Chlorkalium in schönen deutlichen Krystallen heraus. Frühere Versuche liessen erwarten, dass der Salpeterwerth des Saftes nicht weit von den gewöhnlichen Salpeterwcrthen der Säfte wachsender Pflanzentheile (0.16—0.22 Aeq. KNO3) abweichen würde. Es wurden nun ein Gestell mit sechs kleinen gläsernen Cylindern von 15—20 CO Inhalt zu dem Hauptversuch, und ein gleiches zu der Controle bestimmt. In jedes Röhrchen des ersten Gestelles brachte ich genau 1 CG des Saftes, und mischte dazu 1 CG einer Salpeterlösung, welche für das erste Röhrchen 0,02 Aeq., für das zweite 0.04 Aeq., für die übrigen 0.06, 0.08, 0.10 und 0.12 Aeq. KNO3 enthielt. In die Röhrchen des Controle -Gestelles kamen Sal- peterlösungen von 0.10—0.15 Aeq., in Quantitäten von etwa 4 bis 5 CC. Von einem kräftigen Blatte von Tradescantia discolor wurde nun die Oberhaut der Unterseite gereinigt, und in der Mitte des Mittelnerven mit einem Rasirmesser dreizehn feine Querstriche in Entfernungen von je 1 — IV2 mm eingeritzt. Die dadurch ent- standenen zwölf Abtheilungen wurden nun mit dem Rasirmesser vom unterliegenden Gew^ebe abgeschnitten, und dienten als Präparate zur Bestimmung der Plasmolyse. Sie kamen der Reihe nach, wie sie dem Blatte entnommen wurden, von unten nach oben in die Röhr- chen, und zwar abwechselnd in die Saftmischungen und in die reinen Salpeterlösungen, mit denen der geringsten Concentration anfan- gend und regelmässig zu den höheren Concentrationen aufsteigend. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 555 Diese Anordnung hat zur Folge, dass in beiden Gestellen die Röhr- chen mit niederer Concentration dicht neben einander dem Blatte entnommene Präparate erhalten, und dass dasselbe für die Lösungen mittlerer und höherer Concentration gilt. Nach zwei Stunden wurden die Präparate mikroskopisch unter- sucht, und ermittelt, zwischen welchen Lösungen in beiden Gestellen die Grenze der Plasmolyse lag. Die Grenzlösungen waren die fol- genden : Hauptversuch: 1 CG Saft mit 1 CG 0.06 Aeq. KNO3 keine Plasmolyse. ICC - - ICC 0.08 > - in allen Zellen Plasm. Controle: 0.11 Aeq. KNO3 keine Plasmolyse. 0.12 - KNO3 in allen Zellen Plasmolyse. Als isotonisch sind also anzunehmen der Saft mit 0.07 Aeq. KNO3 einerseits und andererseits eine 0.115 Aeq. KN03-Lösung. Der auf die Hälfte verdünnte Saft wirkt also ebenso stark wie 0,115-72x0.07 = 0.08 Aeq. KNO3. Daraus ergiebt sich für den unverdünnten Saft der Salpeter- werth zu 0.16. In dieser Weise, und mit den bereits erwähnten Abweichungen für stark saure oder hochconcentrirte Säfte, habe ich nun für eine lieihe von Pflanzen den Salpeterwerth des Saftes ermittelt. Eine Auswahl aus diesen Versuchen enthält die folgende Tabelle, deren Resultat durch die Einschiebung meiner übrigen Versuche nicht wesentlich geändert werden würde. Die Pflanzentheile sind im jugendlichen, wachsenden Zustand untersucht, ausgewachsene Theile, sowie Anhangsgebilde sind stets vorsichtig entfernt, das Material war also jedesmal ein möglichst gleichartiges. In einigen Versuchen wurden die ganzen Organe, in anderen nur das Mark in die Presse gebracht. Die Tabelle enthält in der dritten Spalte den Gehalt des Saftes an Trockensubstanz; um diesen zu ermitteln wurden je 10 CG des Saftes während 14—16 Stunden bei 100 <^ G. im Platintiegel getrocknet. In der vierten Spalte findet man den nach obiger Methode bestimmten Salpeter- werth. Aus diesem ist in der fünften Spalte die Grösse der Turgor- kraft in Atmosphären berechnet, unter der Annahme, dass die Affinität einer Salpeterlösung von 0.1 Aeq. zu Wasser etwa 3 Atmosphären Jahrb. f. wiss. Botanik. XIV. 0-7 556 Hugo de Vries, betnigt. Diese Zahl ist, wie S. 533 bemerkt wurde, nur annäherungs- weise bestimmt, und eher zu niedrig als zu hoch gegriffen, und dasselbe gilt also auch von den Zahlen der fünften Spalte. Bei dieser Berechnung ist ferner angenommen, dass ihre Anwendung auf alle die untersuchten Pflanzenarten berechtigt ist, worüber man das S. 483 Gesagte vergleichen wolle. Salpeterwerthe der ausgepressten Zellsäfte einiger Pflanzenth eile im jugendlichen, wachsenden Zustand. 1 . Molecül (=Aequivalent) Kalisalpeter. 0.1 Aeq. o ist also isotonisch mit 0.1 x >. Aeq. KNO3. a CC weisen also einen Salpeterwerth der vorhandenen Oxalsäure von -rp.^ 0.1 x v> = q/^ä JLU o uUU Aeq. KNO3 an. ' Die zur Neutralisation der Oxalsäure in 10 CG Saft erforder- liche Anzahl CC der zehntelnormalen Titrirflüssigkeit, hat man also mit ^jr^ zu multipliciren, um den Salpeterwerth der vorhandenen Säure zu erfahren. Für die wichtigsten Bestandtheile der meisten Zellsäfte sind nun diese Factoren die folgenden: ^. . , f Factoren z. Bercehn. ^^^^^^' d. Salpelerwertho. Oxalsäure, Aepfelsäiire, Weinsäure Neutrale Calcium- und Magnesiumsalzc dieser Säuren . „ . Neutrale Kalisalze (lit>soi' S-iuron loü 1) Ö = Oxalsäure. 566 Hugo de Yries, g^j^ffg Factoreo z. Berechn. d. Salpeterwerthe. CitroDensäure ---y^ 450 Neutrales citroneasaures Calcium oder Magnesium . . -7^77; ^ 450 Neutrales citronensaures Kalium q-^-=- Kalium, unabhängig von der Art der Bindung . . . -^.^ oOÜ Calcium und Magnesium unabh. v. d. Art d. Bindung . 0 Chlornatrium, Chlorkalium, Kalisalpeter ...... zr^^ lUU Phosphorsaures Kalium (Ko HPO4) -^-^ Glucose pro 1 CC Fehling'scher Lösung 1.85 Mittelst dieser Facto ren habe ich stets meine Analysen berechnet; will man nicht nach Salpeterwerthen, sondern direct nach isotonischen Coefficientcn arbeiten, so erhalten die Factoren selbstverständlich die dreifachen Werthe, und werden dadurch noch viel einfacher. Für die zweibasischen Säuren, deren Erdalkalisalze und für das an Säuren gebundene Kalium liest man dann factisch an der Bürette die Affi- nität zu Wasser ab; man braucht ja nur das Komma zwei Stellen zu verschieben. Doch ist diese Methode der Berechnung, wie bereits hervorgehoben, nicht zu empfehlen. Für das an Säuren gebundene Kalium habe ich einen besonderen Factor angeführt. Thatsächlich berechne ich in meinen Analysen nicht den Salpeterwerth der pflanzensauren Kalisalze, sondern ge- trennt den der Säure und den des Metalls. Es ist dieses nach dem dritten Gesetze der isotonischen Coefficientcn gestattet, da der partielle isotonische Coefficient der Säuren und der Metalle in den Salzen von der Art der Bindung, d. h. von der Natur des Salzes unab- hängig ist. Für die organischen Säuren ist er im freien Zustande derselbe wie im gebundenen. Man kann also die gesammte, theils 1) Die abweichende Form dieser Zahl rührt davon her, dass die Fehling'sche Lösung, wie bekannt, den Gehalt an Glucose in Grammen und nicht nach Mole- cülen anweißt. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 567 gebundene, theils freie Säure in den Analysen als Eine Grösse mit dem Salpeterwerth der freien Säure aufiühren. Und da die Analysen nicht auszuweisen im Stande sind, in welchem Verhältnisse die ver- schiedenen Basen mit den vorhandenen Säuren zu sauren und zu neutralen Salzen verbunden sind, so ist es w^eit einfacher und dem chemischen Befunde entsprechender, einerseits die gesammte Säure, und andererseits die Basen für sich zu berechnen. Abkürzung der chemischen Analyse. Den wichtigsten Vorzug der Titrirmethode bei der Analyse der Turgorkraft bildet aber die dadurch erlaubte Abkürzung der chemischen Analyse. Darunter verstehe ich das Verfahren, verwandte Körper nicht von einander zu trennen, sondern nur als Gruppe zu bestimmen. Es ist dieses überall da erlaubt, wo die Verbindungen die gleiche An- zahl Aequivalente pro Molecül und ferner denselben isotonischen Coefficienten besitzen, und wo nicht die speciellen Zw^ecke der Ana- lyse eine Trennung fordern. Solche Gruppen auszumessen, ist nun gerade bei der Titrir- methode äusserst leicht, während die Trennung ihrer einzelaen Glieder fast stets eines viel umständlicheren Verfahrens bedarf. So lässt sich z. B. die freie Säure sehr bequem ausmessen, während die getrennte Bestimmung der Aepfelsäure und der Weinsäure eine viel beschwerlichere Operation ist. Für die Berechnung der Turgorkraft- Analyse ist es nun aber durchaus gleichgültig, ob die in einem Pflanzensafte vorhandene Säure Aepfelsäure oder Weinsäure oder gar ein Gemenge beider nach unbekanntem Verhältnisse ist. Denn der isotonische Coefficient beider Säuren ist derselbe (2) und beide enthalten im Molecül zwei Aequivalente. Dementsprechend weisen beide in obiger Tabelle auch denselben Factor zur Berechnung auf. Dasselbe gilt für die Oxalsäure. Ebenso gleichgültig ist es für die Berechnung, ob Kalium allein vorhanden oder zu einem unbekannten Thcile von Natrium ersetzt ist. Gleichgültig ist ferner das Verhältniss zwischen Calcium und Magnesium, denn beide nehmen gar keinen Antheil an der Turgor- kraft. Gleichgültig ist auch die Natur des reducirenden Zuckers, wenn er nur der Formel Cg H^o 0^ entspricht, oder mit der Glucose ein gleiches Reductionsvermögen besitzt. 568 Hugo de Vries, Die Messung der Gruppen nach Molecülen resp. Aequivalenten reicht also für die Analyse der Turgorkraft im Allgemeinen aus; die Trennung der Glieder innerhalb der einzelnen Gruppen wird nur bei der Behandlung specieller Fragen geboten sein. Es ist nun der Titrirmethode eigen, die gesammte Aequivalentzahl jeder ein- zelnen Gruppe leicht und bequem zu messen, während man aus dem nach der Gewichtsmethode bestimmten Werthe für eine solche Gruppe wegen des ungleichen Molecular-Gewichts der einzelnen Be- standtheile noch gar nicht auf die Anzahl der darin vorhandenen Grammmolecüle schliessen darf. Einige Beispiele von Analysen der Turgorkraft. Um die Einsicht in die obigen methodologischen Erörterungen zu er- leichtern und zu vervollständigen, werde ich jetzt an einigen will- kürlichen Beispielen zeigen, wie solche Analysen auszuführen und zu berechnen sind, und w^elche Resultate man im Allgemeinen von ihnen erwarten darf. Einige Bemerkungen über die Bereitung des Saftes und die von mir gewählten chemischen Verfahrungsweisen schicke ich der besonderen Besprechung der einzelnen Versuche voraus. Die Gewinnung des Saftes geschah in der im vorigen Abschnitt S. 545 ff. beschriebenen Weise; in den meisten Versuchen wurden die Pflanzentheile im frischen Zustand unter die Presse gebracht, in Versuch III und VI vorher im Wasser bade nach S. 545 getödtet. Besondere Versuche lehrten mich, wie bereits hervorgehoben, dass es auf die Zusammensetzung des erhaltenenen Saftes keinen merk- lichen Einfluss hat, ob man den einen oder den anderen Weg ein- schlägt. Auch lehrten Vorversuche, dass es gestattet ist, die ganze zweite Periode des Wachsthums in Einer Analyse zu behandeln, da während dieser Periode der procentische Gehalt des Saftes an den meisten Inhaltstoffen sich nicht wesentlich änderte. Wo möglich habe ich das Mark von der Rinde getrennt und allein untersucht; in den Fällen, wo ich aber beide getrennt analysirte, zeigte sich in allen wesentlichen Punkten Uebereinstimmung zwischen der Zu- sammensetzung der beiden so erhaltenen Säfte. Für die befolgten titrimetrischen Methoden verweise ich auf Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 569 Mohr's Titrirbuch ^), dessen Vorschriften ich fast immer genau ge- folgt bin. Als Grundlage meiner Titrirfliissigkeiten diente mir Oxal- säure, welche ich durch Umkrystallisiren von Kalium völlig befreit hatte und zu einer zehntelnormalen Lösung auflöste. Hierauf wurden die übrigen Titrirfliissigkeiten gestellt. Im Einzelnen wählte ich folgende Wege. Als Acidität bezeichne ich die Anzahl CG einer zehntelnormalcn Kalilösung, w^elche zur Neutralisation von 10 GG eines Pflanzensaftes erforderlich sind. Als Indicator wandte ich stets Gurcuraapapier an: die gepulverte Gurcumawurzel extrahirte ich mit Aether, um die wasserlöslichen Bestandtheile auszuschliessen, und mit der ätherischen Lösung färbte ich das Filtrirpapier. Obgleich das Curcumapapier eine Tüpfelanalyse erfordert, giebt es doch die schärfsten Resultate; Lackmuss und Phenol phtalei'n geben in den meisten Säften wach- sender Pflanzentheile beim Eintröpfeln der Kalilösung einen äusserst langsamen Farbenübergang, sind also zur Ermittelung geringer Mengen von freien Säuren in diesen Säften unbrauchbar. Die Bestimmung der pflanzensauren Salze geschah nach der Vorschrift Famintzin's, in dessen ausgezeichneter kleiner Abhand- lung über das Reifen der Trauben, durch Titriren der kohlensauren Alkalien und der kohlensauren Salze der alkalischen Erden in der Asche. Ich verfuhr dabei folgendermaassen: 10 CG des Saftes wurden im Platintiegel getrocknet, gewogen, vorsichtig eingeäschert und wie- der gewogen. Die Asche wurde mit heissem destillirtem ^Vasser ausgelaugt, und durch ein kleines Filter wurde der Auszug vom ungelösten Theile getrennt. Dem mit den Waschwässern vereinigten Auszuge fügte ich eine bestimmte Anzahl CG einer zehntelnormalen Säure zu, entfernte die Kohlensäure durch Erwärmen und titrirte mit Kalilösung und Phenolphtalein zurück. Ist der Neutralisationspunkt erreicht, und nimmt die jetzt durch einen Tropfen Säure entfärbte Flüssigkeit bei anhaltendem Kochen nicht wieder eine violette Fär- bung an, so war die Kohlensäure völlig vertrieben, sonst sind noch einige weitere Tropfen Säure als Correction zuzusetzen, bis dieser 1) Fr. Mohr: Lehrbuch der cbemisch-analytischeuTitrirmethode, 5. Aufl., 1878. 2) A. Famiutzin: Untersuchungen über das Reifen der Trauben. Ver- gleiche auch das Referat in der Bot. Ztg. 18G0, S. 234. 570 Hugo de Vries, Zustand eintritt. Den in Wasser unlöslichen Theil der Asche habe ich vom durchstochenen Filter in eine Porcellanschale abgespritzt, Tiegel und Filter mit Salzsäure von 1 Aeq. ausgewaschen und diese Flüssigkeit in die erxvähnte Schale gebracht. Als die kohlensauren Salze gelöst waren, wurde die überschüssige Salzsäure im Wasser- bad entfernt, und die Chloride mit zehntelnormaler Silberlösung und Kaliumchromat ausgomessen. Stets wurde vorher constatirt, dass alle freie Säure vertrieben w^ar, widrigenfalls eine entsprechende Correction angebracht wurde. Da die Chloride und löslichen Phosphate der Asche in den wässerigen Auszug übergegangen, und die kohlensauren Salze des Calciums und des Magnesiums durch die Salzsäure in die entsprechenden Chlormetalle verwandelt sind, weist die Titrirflüssig- keit ohne Weiteres den Gehalt an Calcium und Magnesium an, der im Saft an Pflanzensäuren gebunden war. Die Methode Famintzin's lässt nur dann mit Sicherheit auf den Gehalt an pflanzensauren Salzen schliessen, wenn Nitrate (und Nitrite) in merklicher Menge nicht vorhanden sind. Ich habe mich also stets über- zeugt, dass solches der Fall war; Säfte, welche Nitrate enthielten, wurden entweder von den Analysen ausgeschlossen, oder gerade zur Be- stimmung der Turgorkraft der Nitrate gebraucht, und dann in anderer Weise behandelt. Eine bequeme und sichere Methode, sich über den etwaigen Gehalt eines Pflanzentheils an Nitraten ein Urtheil zu bilden, verdanken wir Molisch, ^) der die von Wagner^) und Anderen ausgebildete Ermittelung mittelst Diphenylamin in die bota- nische mikrochemische Analyse einführte. Ich habe nun stets nach Molisch Querschnitte und eingetrocknete Tropfen des Saftes mit diesem Reagenz geprüft, und falls ich eine Blaufärbung erhielt, den Saft nach Wagner 's Vorschrift stufenweise verdünnt und unter- sucht, bei welcher Verdünnung noch die letzte Spur einer Reaction eintritt. Daraus Hess sich dann der Gehalt an Nitraten wenigstens so genau berechnen, als nöthig war um zu entscheiden, ob er ver- nachlässigt werden durfte oder nicht. 1) H. Molisch: üeber den michrochemischen Nachweis von Nitraten und Nitriten in der Pflanze. Berichte der deutsch. Botan. Gesellschaft 1883, S. 150. 2) A. Wagner: Erkennung und Bestimmung der Nitrate im Brunnenwasser. Fresenius' Zeitschrift für Chemie, Jahrg. 20, S. 329. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 571 Kaliphosphat bestimmte ich im wässerigen AuszAig der Asche, nachdem die kohlensauren Salze entfernt und gemessen waren, wie folgt. In der auf Phenolphtalein neutral reagirenden Flüssigkeit ist das Phosphat als zweibasisches Salz vorhanden (K2 HPO^). Fügt man einige CC Kalilösung und etwas Chlorbarym zu und kocht, so fällt die gesammte Phosphorsäure, in der alkalischen Flüssigkeit, als dreibasisches Salz (Bag P2 O3) aus. Titrirt man jetzt mit Säure zurück, so bedarf es zur Erreichung des Neutralisationspunktes offen.- bar genau um so viel CC weniger Säure, wie CC Kalilösung zuge- setzt waren, als dem freien Aequivalente des gefällten Ko HPO4 ent- spricht. Man hat also diese Differenz mit drei zu multipliciren, um die Phosphorsäure in Aequivalenten anzuweisen; ohne diese letztere Operation giebt die gefundene Zahl das Ko HPO4 direct nach Gramm- molecülen. Chlornatrium und Chlorkalium bestimmte ich mittelst Silber- lösung in dem wässerigen Auszug einer speciell für diese Bestimmung sehr schwach geglühten Asche von 10 CC des Saftes, Nur bei Ab- wesenheit löslicher Phosphate giebt diese Messung scharfe und richtige Resultate. Glucose wurde mit Fehling'scher Lösung gemessen. Ich nahm in der Regel 10 CC dieser Lösung, verdünnte sie mit Wasser und erhitzte bis zum Kochen. Nun tröpfelte ich 2 CC des Saftes unter Umrühren ein, und titrirte ferner mit einer Invertzuckerlösung von bekanntem Gehalt zurück. Dieses Verfahren hat den Vortheil, dass die Endreaction bei sämmtlichen Bestimmungen dieselbe ist und stets hinreichende Schärfe besitzt. Ueber die Natur der Pflanzensäuren sei ferner folgendes be- merkt. Citronensäure konnte ich in den analysirten Säften, auch wenn solche vorher nicht erwärmt waren, nicht nachweisen. Oxal- säure suchte ich in bekannter Weise mittelst Chlorcalcium , Aepfel- säure durch Vermischen der Chlorcalciumhaltigen, von etwaigem Niederschlage abfiltrirten Flüssigkeit mit dem doppelten Volum Al- kohol. Entstand dabei ein Niederschlag, so nahm ich die Anwesen- heit von Aepfelsäurc an. Bisweilen war auch Weinsäure anwesend, doch braucht man darauf, wie erwähnt, keine Rücksicht zu nehmen, ebenso wenig wie auf das mögliche Vorkommen anderer zweibasischer Jahrb. f. wiS8. Potanik. XIV. 38 572 Hugo de Vries, Säureil. Nur wenn einbasische organische Säuren in erheblichen Mengen vorkämen, wäre ein Fehler in der Berechnung zu befürchten. Zur Erklärung der Tabellen sei Folgendes bemerkt. In der ersten Spalte sind die Namen der gemessenen Bestandtheile auf- geführt. Es weist hier Acidität den ungesättigten Theil der Säure an; „Organische Kalksalze" den Gehalt der Asche an kohlensauren Kalk- und Magnesium salzen; , Kalium der organischen Salze" den Gehalt der Asche an kohlensaurem Kalium; die beiden letzteren Grössen sind dem Gehalt des Saftes an den entsprechenden pflanzensauren Salzen gleich zu stellen. Kalk und Magnesium wurden nicht getrennt er- mittelt; ihr Antheil an der Turgorkraft ist ohnehin Null. Die Summe dieser drei Zahlen ist dann als „Summe der organischen Säure aufgeführt. Wie bereits früher erwähnt, gebe ich den Sal- peterw^erth und den Antheil an der Turgorkraft getrennt für das Kalium und für die gesammte Säure. Die zweite Spalte enthält die an der Bürette abgelesenen Anzahlen CG für je 10 CG Saft; die dritte den daraus berechneten Gehalt des Saftes an den betreffenden Stoffen in Gewichtsprocenten. In der vierten ist aus den Zahlen der zweiten, mittelst der S. 565 gegebenen Factoren, der absolute Salpeterw^erth , und daraus endlich in der letzten Spalte der pro- centische Antheil an der Turgorkraft berechnet. Die Summe dieser Antheile ist in keinem Versuche = 100, da selbstverständlich die chemische Analyse eines Saftes nie alle Bestandtheile aufweist. I. Heracleum Sphondylium. Isolirtes Mark eines nahezu ausgewachsenen Blattstieles; das Mark enthielt einzelne zerstreute Gefässbündel und wurde im lebens- frischen Zustande unter die Presse gebracht. Der Saft wurde in einer geschlossenen Flasche durch Erwärmen coagulirt und nach dem Erkalten filtrirt. Die organische Säure ist vorwiegend Aepfelsäure. Der Salpeterw^erth des Saftes ist 0.22. Der Antheil der wichtigsten Bestandtheile des Saftes an dieser Kraft war der folgende: Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 573 Bestandtheile des Saftes. CC Titrir- flüssigk. pro 10 CC Saft. Gehalt in Gewichts- procenten. Salpeter- werthe. Procent- Antheil an d. Turgorkraft. 0.2 2.0 3.9 6.1 82.0 1.4 0.15 0.41 4.1 0.08 0.013 0.020 0.152 0.014 Organische Kalksalze Kalium der organischen Salze . . Summe der Aepfelsäure .... Glucose 5.9 9.1 69.1 Chlornatrium 6.4 Summe . . . 4.74 0.199 90.5 II. Gunnera scabra. Isolirtes Mark zweier nahezu ausgewachsener Blattstiele. Mark von einzelnen Gefässbündeln durchzogen, im lebensfrischen Zustande gepresst; der Saft ohne vorheriges Erwärmen filtrirt. Die organische Säure ist vorwiegend Aepfelsäure. Aus dem ein- trocknenden Safte krystallisirte das Chlorkalium in schönen Krystallen heraus. Der Salpeterwerth des Saftes war für den jüngsten der beiden Stiele (A) 0.12, für den älteren (B) 0.16. Die Analyse ergab folgende Resultate: A. Jüngerer Blattstiel. Bestandtheile. CC Titrir- flüssigk. pro 10 CC Saft. Gehalt in Gewichts- procenten. 1^ Cm ® Procent- Antheil an d. Turgorkraft. Acidität 4.2 1.4 1.3 6.9 14.0 6.2 0.05 0.46 0.7 0.46 0.004 0.023 0.026 0.062 Organische Kalksalze Kalium der organischen Salze . . Summe der Aepfelsäure .... Glucose 3.3 19.2 21.7 Chlorkalium 51.7 Summe . . . 1.67 0.115 38* 95.9 574 Hugo de Vries, B. Aelterer Blattstiel. Bestandtheile. CG Titrir- flüssigk. pro i 10 CG Saft, i Gehalt in Gewichts- procenten. Salpeter- werthe. | 1 Procent- 1 Antheil an d. ! Turgorkraft. j Acidität 4.2 3.0 1.1 8.3 11.2 9.0 0.2 0.04 0.56 0.56 0.67 O.Ol 0.004 0.028 0.021 0.090 0.003 Organische Kalksalze Kalium der organischen Salze . . Summe der Aepfelsäure .... Glucose 2.5 17.5 13.1 Chlorkalium Kaliphosphat 56.2 1.9 Summe . . . 1.84 0.146 91.2 III. Rheum officinale. Junge, noch weiche, wachsende Internodien von Stengeln, welche bereits 1 m hoch gewachsen waren, deren Inflorescenzen aber noch durch die Scheidenblätter umschlossen waren, wurden nach vorheriger Tödtung gepresst und der Saft filtrirt. Die organische Säure war vorwiegend Oxalsäure. Der Salpeterwerth des Saftes war 0.20. Die Analyse der Turgorkraft ergab: Bestandtheile. CG Titrir- flüssigk. pro 10 CG Saft. Gehalt in Gewichts- procenten. Salpeter- werth. Procent- Antheil an d. Turgorkraft. Acidität 13.2 2.2 3.6 19.0 46.0 0.9 0.14 0.85 2.3 0.05 0.012 0.063 0.085 0.012 Organische Kalksalze Kalium der organischen Salze . . Summe der Oxalsäure .... Glucose 6.0 31.5 42.5 Kaliphosphat 6.0 Summe . . . 3.34 0.172 86.0 Eine Methode zur Analyse der Tnrgorkraft. 575 IV. Rheura hybridum. Mark von zwei nahezu ausgewachsenen Blattstielen, nach Ent- fernung der äusseren gefässbündelreichen Rinde. Im Mark verliefen noch einzelne zerstreute Bündel. Das Mark kam lebendig in die Presse, der Saft wurde vor der Analyse nicht erwärmt, sondern so- gleich filtrirt. Er war farblos und klar. Die organische Säure war wohl fast ausschliesslicli Oxalsäure. Der Salpeter werth des Saftes war 0.22. Die Analyse der Turgorkraft ergab: Bestand theile des Saftes. . CO H .fcJDO Acidität Organische Kalksalze . . . . Kalium der organischen Salze . Summe der Oxalsäure . . . Glucose Kaliphosphat •^i g i « ^ •« ^ .^ J3 :S o alpet wert Ol o o o O ^ rn ' I 31.6 1.7 3.9 37.2 28.0 0.5 0.15 1.67 1.4 0.03 0.013 0.124 0.052 0.007 • G es 5.9 56.4 23.6 3.2 Summe 2.25 0.196 89.1 V. Rochea falcata. Das Mark nahezu ausgewachsener Blätter dieser zu den Crassu- laceen gehörenden Fettpflanze wurde vom umhüllenden Chlorophyll- gewebe getrennt und lebendig gepresst; der Saft konnte ohne vor- heriges Erwärmen filtrirt werden. Die Pflanzen waren im Gewächshaus in Töpfen erzogen, die Blätter Nachmittags um zwei I'hr einge- sammelt. Die organische Säure war Aepfelsäure. Der Salpeter werth des Saftes war 0.13. Die Analyse ergab; 576 Hugo de Vries, Bestandtheile. GC Titrir- flüssigk. pro 10 GG Saft. Gehalt in Gewichts- procenten. Salpeter- werth. Procent- Antheil an d. Turgorkraft. AriHitat 4.6 10.7 1.2 16.5 16.0 1.5 0.05 1.11 0.8 0.09 0.004 0.055 0.030 0.015 Orfranische Kalksalze . Kalium der organischen Salze Summe der Aepfelsäure . . Glucose 3.1 42.3 23.1 11.5 Summe . 1.95 0.104 82.0 VI. Rosa f. hybrida. Blumenblätter von Blumen der gefüllten Stammrose, welche sich soeben eröffnet hatten, wurden in geschlossener Flasche im Wasser- bade getödtet und lieferten nach Erkaltung einen dunkelrothen, sehr zuckerreichen Saft. In diesem konnte die organische Säure quali- tativ nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, war aber allem Anscheine nach Aepfelsäure, und wurde als solche in Rechnung ge- bracht. Der Salpeter werth des Saftes war 0.27. Die Analyse ergab: Bestandtheile des Saftes. GG Titrir- flüssigk. pro 10 GG. Saft. Gehalt in Gewichts- procenten. Salpeter- werth. Procent- Antheil an d. Turgorkraft. Acidität 2.4 0.8 3.6 6.8 118.0 0.14 0.46 5.9 0.012 0.023 0.218 Organische Kalksalze Kalium der organischen Salze . . Summe der organischen Säure Glucose 4.4 8.5 80.7 Summe . . . 6.5 0.253 93.6 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 577 Abschnitt III. Ueber den Antheil der wichtigsten Bestandtheile des Zellsaftes an der Turgorkraft. Die im vorigen Abschnitte mitgetheilten Analysen der Turgor- kraft, sowie eine Reihe weiterer Analysen, welche ich zur Prüfung und Ausbildung meiner Methode angestellt habe, gestatten einige allgemeine Folgerungen über den Antheil der wichtigsten und all- gemeinsten Bestandtheile des Saftes wachsender Zellen an der Tur- gorkraft, welche ich als eine weitere Empfehlung meiner Methode hier einschalten möchte. Die Ergebnisse sind, der Natur der Sache gemäss, rein statistische; eine Lösung bestimmter physiologischer Probleme soll hier nicht versucht werden. Aber gerade eine solche statistische Kenntniss muss der Anwendung der Methode auf specielle Fälle vorangehen, indem sie eine Einsicht in die allgemeinen Ver- hältnisse giebt. In den sieben Analysen des vorigen Abschnittes fällt es sogleich auf, dass stets entweder mehr als die Hälfte oder doch annähernd die Hälfte der Turgorkraft von Einem Bestandtheile geliefert wird, während der übrige Theil über eine grössere Zahl von Factoren vor- theilt ist. Aber jener vorwiegend wichtige Körper ist keineswegs bei allen Pflanzen derselbe; bei Rosa und Heracleum ist er GIu- cose, bei Rh cum hybrid um Oxalsäure, bei Rochea Aopfelsäure, bei Gunnera Chlorkalium. Es beruht dieses, wie weitere Versuche mich lehrten, vorwiegend auf erblichen Eigenthümlichkeiten; in den Rheum- Arten hat stets die Oxalsäure, bei Rochea und ihren Ver- wandten stets die Aepfelsäure, bei Heracleum fast immer der Zucker einen sehr ansehnlichen Antheil an der Turgorkraft. Bei ferneren Versuchen darf man also eine noch grössere Ver- schiedenheit in den Ergebnissen unserer Analysen erwarten, und in der That zeigt die Erfahrung, dass die speciellen Anpassungen hier ganz gewöhnlich einen solchen Grad erreicht haben, dass sie die allgemeinen Gesetze gänzlich unkenntlich zu machen streben. Durch Anwendung unserer isotonischen Cocfficienten auf die Resultate der gewöhnlichen Pflanzeuanalyseu kann man in vielen 578 Hugo de Vries, Fälleu bereits aussagen, welcher Bestaiidtheil den grössten Theil der Turgorkiaft liefern wird ; für eine klare Einsicht müssen aber die Säfte von den unlöslichen und organisirten Bestandtheilen getrennt analysirt worden sein. Was ich bis jetzt mit Sicherheit ermittelt habe, soll nun im Fol- genden kurz und übersichtlich dargestellt werden. Ich werde dabei die ^nichtigsten Gruppen der im Zellsaft gelösten Körper, den Zucker, die Pflanzensäuren und ihre Verbindungen, und die anorganischen Salze jede für sich behandeln. Der Antheil des Zuckers an der Turgorkraft. Wir betrachten den Zucker einerseits dort, wo er als Reservestoff abge- lagert ist, andererseits in wachsenden PHanzentheilen. In dem ersteren Falle wird er, wegen der bedeutenden An- häufung, wohl immer einen sehr erheblichen Theil der Turgorkraft liefern. Als Beispiel wähle ich das Mark ausgewachsener Blätter von Agave americana. in denen bekanntlich Glucose als Nähr- stoff für das spätere Wachsthum des Blüthenschaftes, während mehrerer Jahre, angesammelt wird. Im ausgepressten Safte des Markes eines solchen Blattes fand ich 2.6 pCt. Glucose, was einer Turgorkraft von 0.097 Aeq. KXO3 entspricht. Der Salpeterwerth des Saftes war 0.15 Aeq. KNO3, und also der procentische Antheil der Glucose an der Turgorkraft 64.7 pCt. Aehnliche Zahlen wnrd man ohne Zweifel auch in anderen Fällen, und gleichfalls für die übrigen löslichen Kohlenhydrate, wie Rohrzucker und Inulin, finden. Bemerkung verdient, dass bei der Umw^andlung der Glucose in Rohrzucker, wo zwei Molecüle sich zu Einem zusammenlegen, die Hälfte der Turgorkraft verloren geht, w^ährend umgekehrt bei der Keimung der Rohrzuckerhaltigen Reservestoffbehälter die Umw^and- lung von Saccharose in Invertzucker von einer Verdoppelung der Turgorkraft begleitet ist. Es geht dieses ohne A^'eiteres aus der Thatsache hervor, dass beide Zuckerarten pro Molecül dieselbe Affi- nität zu Wasser haben. Vielleicht liegt in dieser bedeutenden Her- absetzung der Turgorkraft einer der Vortheile, der die Bildung von Rohrzucker den betreffenden Pflanzen bietet. In wachsenden Pflanzentheilen ist das Verhalten der Glucose ein äusserst wechselndes. Gar nicht selten lässt sich gerade während Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 579 der kräftigsten Zellstreckiing in ihnen weder makro- noch mikro- chemisch Zucker nachweisen. So fand z. B. Detmer^), dass wäh- rend der Keimung des Hanfes keine mes«sbaren Mengen von Zucker angehäuft werden, und Müller-Thurgau bestätigte diese Thatsache-). In seinen bahnbrechenden mikrochemischen Studien über den Stoff- w^echsel in den Pflanzen beobachtete Sachs gar häufig wachsende Sprossgipfel, Blätter und Blattstiele, welche keinen Zucker enthielten. So z. B. bei Solanum tuberosum, Beta vulgaris, Zea Mais, Ricinus comfnunis, Phaseolus vulgaris u. A.^). Für Kar- toffel, Klee und Zuckerrübe konnte ich diese Thatsache selbst wieder- holt und unter verschiedenen Umständen constatiren"^). Es geht hieraus hervor, dass in solchen Fällen der Zucker keinen irgendwie merklichen Antheil an der Turgorkraft hat, dass wachsende Pflanzentheile ihren gesammten Turgor gar häufig durch andere Mittel hervorbringen können, als durch Ablagerung von Glucose in ihrem Zellsaft. Das andere Extrem bilden unsere beiden Analysen von He- racleum und Rosa, wo der Antheil der Glucose an der Turgor- kraft im nahezu ausgewachsenen Blattstiele resp. in den Blumen- blättern zu C9.1 resp. 80.7 pCt. gefunden wurde (S. 573 und 576). Zwischen diesen beiden Extremen beobachtet man alle denk- baren üebergänge, von denen ich beispielsweise eine kleine Reihe in folgender Tabelle zusammenstelle. Die Organe sind im kräftig wachsenden Zustande analysirt, es wurde der Salpeter werth des Saftes und der Gehalt an Glucose in bekannter Weise bestimmt, und hieraus der Antheil der letzteren an der Turgorkraft berechnet. 1) Detmer: Vergleichende Physiologie des Keiraungsprocesses, 18S0, S. 337. 2) H. Müller-Thurgau: iu den Landw. Jahrbüchern 1882, S. 782. 3) Vergl. zumal Sachs: Ueber die Stoffe, welche das Material zum Wachs- thum der Zellhäute liefern, in Pringsheim's Jahrbüchern, Bd. 111, S. 222-228 und 243. 4) Beiträge zur speciellen Physiologie landwirlhschaftlicher Kultiirpllanzen, in Landw. Jahrb., Bd. VI-Vlll, 1877- 187i). 580 Hugo de Vries, Arten. Organe. Salpeter- werth des Saftes. Procent- gehalt an Glucose. Salpeter- werth der Glucose. Proc. Antheil der Glucose an d. Turgor- kraft. Solanum tuberosum . . . Blätter 0.18 0.24 0.009 4.9 Helianthus tuberosus 5» 0.19 0.4 0.015 7.8 Rheum hybridum . Blattsliel 0.18 0.4 0.015 8.2 Lappa tomentosa 5> 0.185 0.9 0.033 18.0 Helianthus tuberosus Sprossgipfel 0.18 1.0 0.037 20.6 Rumex conglomeratus 5) 0.175 1.0 0.037 21.1 Dipsacus fullonum . t 5? 0.20 1.3 0.048 24.0 Carum Carvi . . . Schirmstiele 0.22 1.8 0.067 30.3 Heracleum SphondyliuD a Blattstiele 0.19 2.6 0.096 50.6 Ob in einem Pflanzentheile Zacker abgelagert wird, hängt im Allgemeinen davon ab, ob die Zufuhr ausgiebiger ist, als der Ver- brauch. Beide sind aber sowohl von inneren als von äusseren Ein- flüssen abhängig, und es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn gleichnamige Organe derselben Pflanze, in demselben Alter, aber an verschiedenen Tagen oder zu verschiedenen Jahreszeiten eingesammelt, einen ganz verschiedenen Gehalt an Glucose aufweisen. Die Ur- sachen, welche dieses beherrschen, sind in klarer Weise von Müller- Thurgau in seiner oben citirten Abhandlung erörtert. Bisweilen, aber nicht immer, steigt der procentische Gehalt des Zellsaftes an Glucose, und damit deren Antheil an der Turgorkraft während des Wachsthums regelmässig, w-ie das Resultat der folgen- den Analyse lehrt. Das Material lieferten die (S. 559) besprochenen wachsenden, und ein an demselben Tage von derselben Pflanze ent- nommener ausgewachsener Blattstiel von Heracleum Sphondy- lium. Neben den dort angeführten Salpeterwerthen des Saftes be- stimmte ich auch den Gehalt an Glucose mittelst Fehling'scher Lösung und fand folgendes: Eine Methode zur Analyse der Targörkraft. 581 Der Antheil der Pflanzen säuren und ihrer Verbin- dungen an der Turgorkraft. Pflanzensäuren und ihre Verbin- dungen bilden einen der am Allgemeinsten verbreiteten Bestandtheile der Zellsäfte, ja sie scheinen überhaupt keiner Pflanze zu fehlen. In jugendlichen Pflanzentheilen finden sie sich meist in auffallender Menge in dem Zellsafte im gelösten Zustande vor, und nehmen dann beträchtlichen Antheil an der Turgorkraft. Die Fettpflanzen sind wegen ihres bedeutenden Gehaltes an pflanzensauren, zumal äpfelsauren Salzen in den ausgewachsenen Blättern bekannt, und die Analyse der Rochea falcata lehrte uns, dass diese auch hier einen sehr erheblichen Beitrag zur Turgorkraft liefern können. Besonderes Interesse beanspruchen einerseits jene Pflanzen, deren auffallend stark saure Säfte einen reichlichen Gehalt an Oxalsäure aufweisen, andererseits die in gewöhnlichen wachsenden Sprossgipfeln und Blättern verbreiteten pflanzeusauren Salze, Weitaus die meisten Pflanzen enthalten höchstens Spuren ge- löster Oxalsäure oder gelöster oxalsaurer Salze in ihren Säften, doch giebt es einige wenige Gattungen, deren organische Säure fast nur Oxalsäure ist. Als Beispiele hebe ich die verschiedenen Arten der Gattungen Begonia und Rheum hervor, von welch' letzterer im vorigen Abschnitt zwei Analysen der Turgorkraft mitgetheilt wurden. Bei diesen Pflanzen pflegt die Oxalsäure nur zu einem kleinen Theil an feste Basen gebunden zu sein; ihre Säfte sind also sehr stark sauer. Der procentische Antheil der Oxalsäure und ihrer Salze an der Turgorkraft war im Sprossgipfel von Rheum officinale 37.5 pCt., im wachsenden Blattstiel von Rheum hybridum62.3 pCt. und in mehreren anderen Analysen habe ich für die Gattung Rheum ähnliche hohe Zahlen erhalten. In einem Blattstiele von Begonia Rex, dessen Saft einen Salpeterwerth von 0.12 hatte, war der Sal- peterwerth der Oxalsäure 0.051, der des an diese Säure gebundenen Kaliums 0.006. Beide zusammen lieferten also nahezu die Hälfte (47.5 pCt.) der gesammten Turgorkraft. Zu ähnlichen Resultaten führten Analysen der Blattstiele von Begonia manicata. Die Entstehung der Oxalsäure ist allem Anscheine nach von einer ganz bedeutenden Vermehrung der Turgorkraft begleitet. Wir dürfen annehmen, dass sie aus dem den Zellen zugefübrten stick- 582 H"go c'ö Vries, stofffreien Nährmateriale , also aus der Glucose, gebildet wird. Ein Molecül Glucose, CgHigOg, kann nun unter Aufnahme von Sauer- stoff im günstigsten Falle drei Molecüle Oxalsäure Cg H^ O4 liefern. Beide Verbindungen haben aber pro Molecül denselben isotonischen Coefficienten 2, und bei dieser Umwandlung würde die Turgorkraft also im Verhältniss von 1 : 3 zunehmen. AVenn nun auch vielleicht thatsächlich eine so vollständige Umsetzung in der Pflanze nicht an- genommen werden darf, so wird man andererseits doch wohl folgern dürfen, dass die Bildung von Oxalsäure aus Glucose von einer wesentlichen Erhöhung der Turgorkraft begleitet ist. In der Pro- duction von Oxalsäure besitzen die fraglichen Pflanzen also, allem Anscheine nach, ein ausgezeichnetes Mittel, um mit einem gegebenen Quantum organischer Nährstoffe eine möglichst grosse Turgorkraft darzustellen. Und dass dieses Mittel im Pflanzenreich nur eine so beschränkte Anwendung findet, muss offenbar wenigstens zum Theil seinen Grund darin haben, dass nur unter besonderen Bedingungen das lebendige Protoplasma so ganz bedeutende Mengen einer so starken Säure ertragen kann. Ohne Zweifel bietet die Anhäufung freier Oxalsäure in den Pflanzen ein dankbares Gebiet für weitere Forschungen. Die Production von Oxalsäure dauert während der ganzen Wachs- thumsperiode stetig fort, und zwar häufig der Art, dass der pro- centische Gehalt des Saftes au diesem Körper annähernd derselbe bleibt, dass also die Volumenzunahme der Zellen nahezu dieser Pro- duction proportional ist. Als Beispiel führe ich die vier Blattstiele verschiedenen Alters vonRheum officinale an, deren Turgorkraft bereits im I. Abschnitt des zweiten Theiles (S. 559) besprochen wurde. Ich bestimmte für diese Blattstiele die Acidität und den Gehalt der Asche an kohlensauren Alkalien und alkalischen Erden, und berechnete daraus den gesammten Gehalt an freier und ge- bundener Oxalsäure, mit Ausschluss desjenigen Theiles, der an or- ganische Basen gebunden war. Die Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt: Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 583 Blattstiele. Salpeter- werth des Saftes. Gesammteorg. Säure in Aeq. pro 10 CC Saft. Salpeter- werth der Säure. Proc.-Antheil an d. Turgor- kraft. I jüngster II älterer III noch älterer IV nahezu ausgewachsener 0.21 0.21 0.215 0.215 19.7 19.6 19.7 19.7 0.066 0.065 0.066 0.066 31.4 31.0 30.7 30.7 Für die Länge und das Gewicht der Stiele vergleiche man S. 559. In allen Stielen war die Säure nur zu bis durch feuerfeste Basen gesättigt. Den an organischen Basen gebundenen Theil der Säure habe ich in diesen Versuchen nicht ermittelt; in einem anderen Versuch mit wachsenden Blattstielen von Rheum hybridum fand ich ihn zu 16.0 pCt. (Vergl. S. 587.) Berechnet man aus diesen Zahlen den absoluten Gehalt an freier und an durch feste Basen gebundener Oxalsäure pro Stiel, so tritt die fortwährende bedeutende Production dieser Säure noch klarer hervor. Gewicht des Stieles. Gehalt an Oxalsäure I. 25.3 Gramm 0.22 Gramm IL 66.5 - 0.59 - m. 80.0 - 0.71 - IV. 117.5 - 1.04 - Diese Zahlen beanspruchen keine hohe Genauigkeit; sie sind berechnet, als ob das Gewicht der festen Bestandtheile der Stiele vernachlässigt werden könnte. Gehen wir jetzt zu der Betrachtung der organischen Säuron in wachsenden Pflanzontheilon im Allgemeinen über, und schliesson wir dabei die Oxalsäure -haltenden Ptlanzen von unseren ferneren Er- örterungen aus. Zunächst ist hier die Thatsache hervorzuheben, dass in den Säften wachsender Organe die organischen Säuren zum TIumI an anorganische, zum Theil aber auch an organische Basen gebunden sind. Ich habe nun diese beiden Theile getrennt der L'ntersuchung unterworfen, und dabei behufs der Berechnungen angenommen, dass die saure Reaction der Zellsäfte von sauren Salzen fixer Base, nament- 584 Hugo de Vries, lieh von sauren Kalisalzen herrühren. Ob dem wirklich so ist, ist für unsere Berechnungen, kraft des Gesetzes von den partiellen iso- tonischen Coefficienten, offenbar gleichgültig (vergl. S. 519). Wir fangen mit den Salzen mit anorganischer Basis an. Eine Einsicht in den Antheil dieser an der Turgorkraft junger Organe geben die folgenden Analysen. Kräftig wachsende Sprossgipfel und Blattstiele, von anhängen- den Organen und ausgewachsenen Theilen befreit, wurden in der im vorigen Abschnitt mitgetheilten Weise analysirt. Es waren für je 10 CG des Saftes die in folgender Tabelle zusammengestellten Anzahlen GC der Titrirflüssigkeiten zur Neutralisation erforderlich: I. Resultate der titrimetrisch-chemischen Analyse. Arte n. Organe. |8 o o W-2 o ■" o o ^6 Summe der org. Säure in CG Heracleum SphondyHum . Blattstiel 0.1 5.6 0.5 6.2 Archangelica officinalis . 51 0.8 5.7 1.0 7.5 Heracleum SphondyHum . J) 0.5 6.2 1.2 7.9 Carum Carvi Sprossgipfel 0.8 8.3 2.7 11.8 Dipsacus fullonum . . . » 1.2 7.5 2.1 10.8 Delphiuium azureum . . 55 1.4 8.0 2.0 11.4 Aus diesen Zahlen habe ich den procentischen Gehalt des Saftes an Säure und Kalium und deren absolute Salpeterwerthe be- rechnet. Die Säure war in allen Fällen vorwiegend Aepfelsäure und wurde als solche berechnet. IL Berechnung der absoluten Salpeterwerthe. Arten. Proc.-Gehalt des Saftes an Salpeterwerthe Säure. Kalium. d. Säure. d. Kaliums. Heracleum I . . . . 0.415 0.218 0.021 0.019 Archangelica .... 0.503 0.222 0.025 0.019 Heracleum II . . . . 0.529 0.242 0.026 0.021 Carum 0.791 0.324 0.039 0.027 Dipsacus 0.724 0.292 0.036 0.025 Delphinium 0.764 0.312 0.038 0.027 Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 585 Cm nun schliesslich hieraus den procentischen Antheil der Säure und des Kaliums an der Turgorkraft zu finden, gebe ich zu- nächst die Salpeterwerthe der Säfte und berechne aus diesen fol- gende Tabelle. III. Procentischer Antheil an der Turgorkraft. Arten. Salpeter- werth des Saftes. Procent-Antheil an der Turgorkraft. Org. Säure. Kalium, i Suomui. Heracleum I Archangelica Heracleum II Carum . . Dipsacus Delphinium . 0.19 0.18 0.17 0.22 0.20 0.185 11.0 13.9 15.3 17.7 18.0 20.5 10.0 10.5 12.4 12.3 12.5 14.6 21.0 24.4 27.7 30.0 30.5 35.1 Der Antheil der äpfelsauren Salze an der Turgorkraft wachsen- der Pflanzen theile wechselte also in diesen Fällen zwischen 21.0 und 35.1 pCt. und war im Mittel 28 pCt. In einer Reihe weiterer Analysen erhielt ich ähnliche Werthe. Zu bemerken ist aber, dass der Antheil der Pflanzensäuren und ihrer Salze thatsächlich etwas grösser sein kann, wegen der Art der Bereitung der Säfte, welche zur Coagulation des Eiweisses auf 100^ C. erwärmt wurden. Falls nämlich im Saft Citronensäure vorhanden ist, fällt sie bei dieser Operation wenigstens zu einem grossen Theile in Verbindung mit Kalk aus, und wird demzufolge nicht in die Analyse aufgenommen. Die pflanzensauren Salze organischer Basis finden sich vorwiegend in jugendlichen, wachsenden Theilen. Mit zunehmendem Alter verschwinden sie, wenigstens zum grösston Theil, indem die Basen als Nährstoff Verwendung finden. Um sie zu bestimmen, bin ich, nach dem Vorgange Mentschutkin's ^), in folgender Weise verfahren. Es wurde zunächst die Acidität des Saftes genau in der- selben Weise, wie in allen übrigen Analysen mittelst zehnteluormaler Kalilauge und Curcumapapier bestimmt. Dann wurde eine neue Portion des Saftes ausgemessen, mit dem vielfachen Volumen Alkohol 1) Ments chutkin: Ber. d. d. ehem. Ges. Berlin 1883, XVI, Nr. 3, S. 315 326. 586 ITugo de Vries, von etwa 90 pCt. versetzt, einige Tropfen Phenolpthalein als Indi- cator zugesetzt, und nun mit der genannten Kalilauge titrirt, bis die meist blassgelbe Farbe der Flüssigkeit in roth überschlug. Die Endreaction war stets eine hinreichend scharfe, indem der Ueber- gang durch 2 — 3 Tropfen sehr deutlich, und meist schon durch einen einzelnen Tropfen hervorgebracht w^urde. Der Alkohol hebt die Wirkung der organischen stickstoffiialtigen Basen auf das Phe- nolpthalein auf, ebenso wie er auch das Ammoniak unwirksam macht; er erlaubt also die im Saft durch sie gebundenen Säuren zu messen. Ob neben den organischen Basen auch Ammoniak vor- handen war, habe ich nicht ermittelt, sondern, wie die beschriebene Methode ausweist, einfach die Summe der an beide gebundenen Säuren gemessen. Zur Berechnung der Turgorkraft habe ich nur den partiellen isotonischen Coefficienten der Säuren, welche ich als zweibasische annahm, benutzt. Ob die Basen selbst zur Erhöhung der Turgor- kraft beitragen, ist zwar eine sehr wichtige und der weiteren For- schung sehr zu empfehlende Frage; bis jetzt bin ich aber auf diese nicht eingegangen. Die folgende Tabelle enthält die erlangten Resultate; und zwar zunächst die Anzahlen CG der zehntelnormalen Kalilauge, welche zur Sättigung von 10 CG des Saftes in gewöhnlicher Weise, resp. nach dem Versetzen mit Alkohol erforderlich waren, sowie die Diffe- renzen beider Zahlen, welche also den Gehalt an durch organische Basen gebundener Säure angeben. Ferner die Salpeterwerthe der Säfte, sowie der organisch -gebundenen Säure, und das Verhältniss beider, oder den procentischen Antheil dieses Theiles der Säure an der Turgorkraft. Als Versuchsobjecte dienten wachsende Sprossgipfel in einer Länge von 8 — 10 cm abgeschnitten und entblättert, von Helian- thus tuberosus, Cucurbita Pepo und Tropaeolum majus; junge kräftig wachsende Blattstiele von Rheum hybridum, Cynara Scolymus und Beta vulgaris saccharifera, junge epicotyle Glieder von Phaseolus multiflorus, welche erst 2 — 6 cm lang waren, und die wachsenden Gipfel junger Keimpflanzen von Pisum sativum, in einer Länge von 2 — 5 cm; letztere wurden ausnahms- weise nicht entblättert. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 587 Acidität in ( 3C. Salpeterwerth. Ohne Alkohol. Mit Alkohol. Diff. des Saftes. der org. Säure. Anth. an d. Tur- gorkraft. I. Sprossgipfel. Helianthus tuberosus . . Cucurbita Pepo .... Tropaeolum majus . . . 0.9 1.2 1.6 6.6 6.0 8.4 5.7 4.8 6.8 0.22 0.17 0.21 0.019 0.016 0.023 8.6 % 9.5 7o 11.0 % II. Blattstiele. Cynara Scolymus . . . Beta vulgaris Rheum hybridum . . . 1.4 2.0 15.8 5.8 12.4 25.4 4.4 10.4 9.6 0.17 0.30 0.20 0.015 0.035 0.032 8.8 7o 11.7 7o 16.0 o/o III. Keimstengel. Phaseolus multiflorus . . Pisum sativum .... 1.8 0.4 12.4 12.4 10.6 12.0 0.18 0.17 0.035 0.040 19.4 0/, 23.5 % Der Antheil der an organische Basen (und Ammoniak) gebun- denen Pflanzensäuren an der Turgorkraft wechselte also in diesen Organen zwischen 8.6 und 23.5 pCt. und war im Mittel aus allen Versuchen 13.6 pCt. Hätte ich die Organe in jüngeren Zuständen analysiren können, so wäre diese Zahl ohne Zweifel noch höher ausgefallen. Addirt man diese Mittelzahl zu der aus der Tabelle auf S. 585 berechneten (28 pCt.), so erhält man für den mittleren Antheil der an verschiedene Basen gebundenen Pflanzensäuren und ihrer Kali- salze an der Turgorkraft wachsender Organe 41.6 pCt. Rechnet man dazu die für Rochea (45.3 pCt.), Rheum hybri- dum (62.3 pCt.) und Begonia Rex (47.5 pCt.) bereits mitgetheilten Ergebnisse, und beachtet man, dass unsere Mittelzahl aus mehreren Gründen etwas zu klein ausfallen musste, so kann man im Allge- meinen sagen, dass die Pflanzensäuren in jugendlichen wachsenden Pflanzentheilen im Mittel nahezu die Hälfte der Turgorkraft Uefern. Im ausgewachsenen Zustande treten sie aber in dieser Beziehung ganz wesentlich zurück. Der Antheil der anorganischen Salze an der Turgor- kraft ist häufig ein viel bedeutenderer, als man auf dem ersten Blick erwarten würde. In den meisten Pflanzen sind die Zellen der jugend- Jfthrb. f. wiss. Botanik. XIV ^^ 533 Hugo de Vries, liehen, wachsenden Organe arm an anorganischen Salzen ^), und erst mit zunehmendem Alter nimmt der Gehalt an diesen Stoffen all- mählig zu. Dagegen giebt es bestimmte Gruppen von Gewächsen, welche durch einen ungewöhnlich hohen Gehalt an anorganischen Be- standtheilen gekennzeichnet sind, und in denen diese Verbindungen also einen wichtigen Antheil an der Turgorkraft haben. Einige Beispiele mögen dieses erläutern. Anknüpfend an die Tabellen des vorigen Abschnittes, nenne ich zuerst Gunnera scabra. In den wachsenden Blattstielen dieser Pflanze führte der Saft etwa V2 P^^- Chlorkalium, und verdankte diesem mehr als die Hälfte (52—56 pCt.) seiner Turgorkraft. In ganz jungen , noch kaum aus ihrer Umhüllung hervorgetretenen Stielen, welche nur etwa 6 cm lang waren, fand ich im ausge- pressten Safte 0.52 pCt. Chlorkalium, also einen nahezu gleich grossen procentischen Gehalt, wie in den fast ausgewachsenen Stielen. Während der ganzen zweiten Periode des Wachsthums, in der die bedeutende Streckung dieser Stiele stattfindet, muss also fortwährend soviel Chlorkalium aufgenommen werden, dass etwa die Hälfte der zu dieser Streckung erforderlichen Kraft mittelst dieses Salzes geliefert wird. Das Chlor ist den meisten Pflanzen ein entbehrliches Element, und vielleicht würde man auch Gunnera ohne Chlorverbindungen erziehen können. Die mitgetheilten Thatsachen lehren also, dass auch solchen Elementen, welche gewöhnlich als entbehrliche be- trachtet werden, eine wichtige Bedeutung für das Pflanzenleben zu- kommen kann. Aehnliches dürfte für andere Chlorkalium-haltende Pflanzen, so- wie für die an Chlornatrium reichen Gewächse des Meeresstrandes und der Salinen gelten. Ihre Vorliebe für einen salzigen Boden hängt vielleicht mit dem Vermögen, das Salz zur Herstellung ihres Turgors zu verwenden, innig zusammen. Manche Schuttpflanzen häufen in ihren Zellen so bedeutende Mengen Salpeter an, dass dieser aus dem ausgepressten Safte in reichlichen schönen, baumförmigen Krystallgruppeu herauskrystallisirt. 1) E. Ebermayer: Physiologische Chemie d. Pflanzen, Bd. I, 1882, S. 708 und 770. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 589 Es genügt, einzelne Tropfen auf dem Objectglase verdunsten zu lassen, um sich von dieser merkwürdigen Eigenschaft zu überzeugen. In solchen Fällen nimmt der Salpeter einen wesentlichen Antheil an der Turgorkraft. In jugendlichen, noch wachsenden Blättern von Solanum tuberosum fand ich z. B. im Safte 0.27 pCt. Salpeter. Der Salpeterwerth des Saftes war 0.18, der des darin gefundenen Salpeters 0.027, und also 15 pCt. der ganzen Turgorkraft. Im Marke der wachsenden Sprossgipfel von Helianthus tuberosus enthielt der Saft 0.91 pCt. Salpeter. Der Salpeterwerth des Saftes war 0.22, der des darin vorhandenen Salpeters 0.091, oder 41.4. pCt. der ganzen Turgorkraft. Nach Molisch^) nimmt der Gehalt an Salpeter in den Sprossen von oben nach unten, also mit zunehmen- dem Alter der Internodien, stetig zu, und wir dürfen also in den älteren Theilen einen noch grösseren Antheil dieses Salzes an der Turgorkraft erwarten. Es wäre interessant, zu erfahren, welche Be- ziehungen zwischen der Aufnahme des Salpeters einerseits, der Grösse des Turgors und der Geschwindigkeit des Längenwachsthums andererseits obwalten. Die Phosphate scheinen in wachsenden Pflanzentheilen, nach meinen bisherigen Analysen, nur selten mehr als einige wenige Proceute der Turgorkraft zu liefern. Fassen wir die Ergebnisse dieses Abschnittes kurz zusammen, so lässt sich über die Analyse der Turgorkraft wachsender Pflanzentheile folgendes sagen. Einen nie fehlenden Bestandtheil bilden die Pflanzensäuren und ihre Salze, sie liefern in den gewöhn- lichen Fällen im Mittel nahezu die Hälfte der Turgorkraft. Ist die Säure Oxalsäure, und in grosser Menge, zum Theil als freie Säure, im Safte augehäuft, so kann dieser Antheil bis auf mehr als 60 pCt. zunehmen. In zweiter Linie steht die Glucose, deren Betheiligung eine äusserst w^echselnde ist. Gar häufig fehlt sie den wachsenden Organen, gewöhnlich liefert sie ein Drittel oder weniger der Turgor- kraft, in einzelnen Fällen aber auch 50 — GO pCt., ja in den Blumen- blättern der Rose sogar 80 pCt. Anorganische Salze treten in weit- 1) n. Molisch: üeber den mikrochemischen Nachweis von Nitraten und Nitriten in der J'flanze mittelst Diphenylamin und Brucin. Berichte der deutsch. Bot. Gesellscb. Bd. I, S. 150, 1883. 39« 590 Hugo de Vries, aus den meisten Pflanzen sehr zurück, in besonderen Arten können sie aber bis zur Hälfte der zum Wachsthum erforderlichen Kraft liefern. (KCl, NaCl, KNO3.) Schliesslich nehmen organische Ver- bindungen der verschiedensten Natur je nach Umständen einen grösseren oder geringeren Antheil an der Turgorkraft, sowohl in wachsenden als in ausgewachsenen Organen; ich habe diese aber bis jetzt nur nebenbei berücksichtigt. Während der raschen und bedeutenden Streckung in der zweiten Periode des Wachsthums beruht die stetige absolute Zunahme der Zellsäfte an osmotisch wirksamen Stoffen theils auf eine fortwäh- rende Produktion von organischen Säuren, theils auf eine anhaltende Accumulation von verschiedenen organischen und anorganischen Ver- bindungen. Nicht selten halten diese Prozesse mit der Volum- zunahme der Zellen gleichen Schritt. Abschnitt IV. Ueber das Verhältniss von Kalium und Calcium zum Turgor. Unter den mannigfachen Anwendungen auf die Erklärung der Lebenserscheinungen der Pflanzen, deren die Gesetze der isotonischen Coefficienten fähig sind, sei es mir zum Schlüsse erlaubt, beispiels- weise Eine hervorzuheben. Sie bezieht sich auf die Bedeutung der pflanzensauren Salze für den Turgor. Die Pflanzensäuren entstehen in den Zellen aus den organischen Nährstoffen, die Basen, mit denen sie sich verbinden, w^erden von aussen herein in die Zellen geführt. Die Zellsäfte reagiren sauer, die Bildung der Säuren schreitet also ihrer Neutralisation voran. Wir fragen nun, welche Aenderung erleidet die Turgorkraft durch die Aufnahme der Basen und deren Verbindung mit den Säuren? Aus unseren Gesetzen leitet sich folgende Antwort ab: 1. In Bezug auf die Bindung der Säuren an Kalium. Die Affinität der verbreitetsten Pflanzensäuren (Aep feisäure , Wein- Eine Methode zur Analyse der Torgorkrafl. 591 säure, Oxalssäure, Citronensäure) für Wasser ist in verdünnten Lösungen pro Molecül stets 2, die der neutralen Kalisalze der drei ersteren pro Molecül 4, die des neutralen citronensauren Kali's 5. Es rührt diese letztere Differenz daher, dass das citronensaure Kali im Molecül drei Atome Kalium, die anderen Salze aber nur je zwei Atome dieses Metalles enthalten. Für die sauren Salze, wie sie wohl stets zuerst in der Pflanze entstehen, hängt die Affinität zu Wasser von der Zahl der Kali- Atome pro Molecül ab, wie speciell für die beiden sauren citronensauren Kalisalze bewiesen wurde. Und zwar gilt sowohl für die sauren als für die neutralen Salze die Regel, dass der isotonische Coefficient für jedes einzelne Atom Kali, das pro Molecül aufgenommen wird, um Eine Einheit grösser wird. Die Natur der Säure hat darauf keinen Einfluss, ebensowenig der Umstand, ob das Kalium als erstes, zweites oder drittes Atom in die Verbindung tritt. Wir dürfen also allgemein die Natur der Säure und die Art der Bindung ausser Betracht lassen, und sagen: Für jedes aufgenommene und an eine Pflanzensäure ge- bundene Atom Kalium nimmt die Tu r gor kraft des Zell- saftes um eine bestimmte, unveränderliche Grösse zu. Versuchen wir es, für diese Grösse ein Maass zu linden. Der isotonische Coefficient der Citronensaure ist = 2, der des sauren citronensauren Kaliums mit einem Atom Kalium im Molecül (KH2 Cg H5 O7) = 3, die Zunahme bei der Aufnahme eines Atoms Kalium also genau gleich der halben Grösse des isotonischen Coefficienten der Citronensaure selbst. Diese Regel gilt nun allge- mein, wne leicht aus unserem dritten Gesetze ersichtlich, und es wird also die Turgorkraft des Zellsaftes für jedes auf- genommene Atom Kalium genau um halb so viel grösser wie bei der Aufnahme oder der Production Eines orga- nischen Molecüles. Zwei Atome Kalium liefern also dieselbe Kraft wie Ein Molecül der Aepfelsäure oder einer beliebigen anderen organischen Säure, oder auch wie Ein Molecül irgend einer Zuckerart. Das Kalium muss also ganz bedeutend zur Erhöhung der Turgorkraft beitragen. Die Natur der Säure hatte auf diese Berechnung keinen Einfluss. Anders stellt sich aber die Sache, wenn man fragt, wie viel Kalium ein Zellsaft aufnehmen und binden kann, wenn der Zelle eine gegebene 592 Hugo de Vries, Menge organischer Nährstoffe sur Bildung der Säure zur Verfügung steht. Nimmt man an, dass sämmtlicher Kohlenstoff der Glucose in die organischen Säuren übergeht, so liefert ein Molecül Glucose (CßHiaOg) au Säuren und deren neutralen Kalisalzen: 1 Mol. Citronensäure Cg Hg O7 oder Kg Cg H5 O7, IV2 Mol. Aepfelsäure C^ Hg O5 oder V/^ x ^2 C4 H^ O3, IV2 Mol. Weinsäure C4 Hß Og oder IV2 x Kg C4 H4 Oß, 3 Mol. Oxalsäure €3 H2 O4 oder 3 x K2 C2 O4. Unter dieser Voraussetzung verhalten sich die drei ersten Säuren gleich, während die Bildung von Oxalsäure die doppelte Menge von Kalium aufzunehmen gestattet. Dazu kommt, dass bereits die Um- wandlung von Glucose in Oxalsäure, falls jene Voraussetzung zu- trifft, von einer Zunahme der Turgorkraft im Verhältniss von 1 : 3 begleitet ist (vergl. S. 582). Auch die Bildung von Aepfelsäure und Weinsäure, nicht aber die von Citronensäure, würde eine Erhöhung der Turgorkraft bedingen, wenn die genannte Voraussetzung richtig wäre. So lange hierüber aber noch nicht entschieden werden kann, soll dieser Umstand nicht weiter hervorgehoben werden. 2. Bindung der Säuren an Calcium oder Magnesium. Ganz anders verhält sich die Sache, wenn die Pflanzensäuren durch Calcium oder Magnesium neutralisirt werden. Obgleich ich bis jetzt nur wenige derartige Salze untersucht habe, so lassen diese Bestim- mungen, im Verbände mit allen übrigen, keinen Zweifel darüber, dass diese Salze genau dieselbe Affinität haben, wie die in ihnen enthaltenen organischen Säuren. Mit anderen Worten: die An- ziehung eines Zellsaftes zu Wasser wird dadurch gar nicht geändert, dass seine freien Säuren durch Calcium oder Magnesium neutralisirt werden. Diese beiden Metalle tragen also zur Erhöhung der Turgorkraft nicht oder wenigstens nicht in directer Weise bei. Ihre partielle Affinität zu AV^ asser in ihren Salzen ist == 0 (S. 519). Dementsprechend wurden sie in den Tabellen über die Analysen der Turgorkraft nicht berücksichtigt (S. 565 und 572-576). Diese aus unseren Gesetzen abgeleiteten Folgerungen bringen nun eine merkwürdige Differenz zwischen dem Verhalten des Ka- liunis und des Calciums an's Licht. Das Kalium hat für den Turgor eine sehr hohe, das Calcium gar keine Bedeutung. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 593 Dieser Satz erklärt nun in sehr einfacher Weise die Verbrei- tung und die Wanderung dieser beiden Metalle in der Pflanze, wie aus folgender Ueberlegung klar werden wird. Die Pflanzentheile bedürfen des Turgors vorwiegend in ihrer Jugend, so lange sie noch wachsen. Ist dieses Stadium vorüber, so tritt die Bedeutung des Turgors allmählich zurück. Am raschesten geschieht dieses in den Stengeln; langsam in den Blättern, deren frisches Aussehen häufig noch lange auf Turgescenz beruht. Sehr langsam findet es in Gelenkpolstern statt, welche, wie bei den Gräsern, mit dem Verschwinden des turgescenten Zustandes ihr Be- wegungsvermögen einbüssen würden. Aber abgesehen von diesen Fällen beruht die Steifheit ausgewachsener resp. älterer Organe nicht mehr auf Turgor, sondern auf die Festigkeit der Zellhäute, und es ist häufig fast nur noch die Aufnahme von Wasser und die Deckung der durch Verdunstung entstandenen Verluste, für welche der Turgor zu sorgen hat. Nun findet sich, wie bereits Saussure lehrte, das Kalium vor- wiegend in den jugendlichen Organen, während das Calcium um so mehr vorherrscht, je älter der betreifende Theil wird. Zahlreiche spätere Untersuchungen haben diese Regel zu einer der besten empi- rischen Thatsachen unserer Wissenschaft erhoben, und, wie wir bald sehen werden, durch manche Einzelheiten weiter begründet. Wir folgern also: Das Kalium findet sich stets gerade dort an- gehäuft, wo seine bedeutende Turgorkraft der Pflanze von Nutzen ist, das Calcium dagegen dort, wo der Turgor anderen Functionen gegenüber zurücktritt. Bevor wir diese Betrachtungen weiter verfolgen, wollen wir die wichtigsten Thatsachen, welche sich durch diesen Satz unter einen gemeinschaftlichen Gesichtspunkt bringen lassen, kurz vorführen. Kalium und Calcium in den niederen Pilzen. Ein Blick auf die Aschenanalysen der Pilzo lehrt ^), dass diese Gewächse auffallend reich an Kalium, aber sehr arm an Calcium sind. Nimmt man den Birkenschwamm aus, so wechselt der Gehalt au Kali in der Asche zwischen 17.9 und 54,2 pGt., der des Kalkes zwischen 1) Wolff — Aschenanalysen, S. 134 — theilt U Analysen von Aschen von Pilzen mit. 594 Hugo de Vries, 0.75 und 4,95 pCt. Es weist dieses darauf liin, dass das Kalium eine hohe Bedeutung für das Leben dieser chlorophylllosen Gewächse hat, und wir werden wohl annehmen dürfen, dass solches mit dem Antheil zusammenhängt, den es au ihrer kräftigen Turgescenz und dadurch an ihrem raschen Wachsthum haben muss. Das Calcium, welches zu diesem Turgor nicht beiträgt, gehört nicht zu den für das Leben der niederen Pilze unumgänglichen Ele- menten. In künstlichen Nährlösungen lassen sich die verschiedensten niederen Pilze in völlig normaler Weise erziehen, auch wenn diese keine Spur von Calcium enthalten. Pasteur, der zuerst die Methode solcher Culturen begründete, lehrte, dass die Asche der Hefe, welche nahezu ganz aus Kali, Magnesia und Phosphorsäure besteht, und nur Spuren von Kalk enthält, für alle niederen Pilze als Quelle der Aschenbestandtheile in den Culturen genügt, i) Raul in 2), der in einer ausgedehnten Untersuchung den Einfluss der verschiedensten nützlichen und schädlichen Substanzen auf Aspergillus glaucus, in künstlichen Nährlösungen wachsend, studirte, fügte diesen Lösungen nie Kalkverbindungen zu; der Aspergillus wächst ohne Calcium ebenso üppig wie mit Calcium. Durch zahlreiche Culturen habe ich mich selbst von der Richtigkeit dieses Resultates überzeugt. In die fundamentalen, allen Pflanzen gemeinsamen Lebens- erscheinungen der Zellen greift also das Calcium nicht ein; es muss, wie das Eisen, eine Bedeutung nur für specielle, sei es auch weit verbreitete Zwecke haben. Der Turgor ist eine solche allgemeine Eigenschaft wachsender Zellen, und der oben aufgestellte Satz er- klärt uns also, wenigstens in der Hauptsache, das verschiedene Ver- halten des Kaliums und des Calciums in den niederen Pilzen. Manche höhere Gewächse, wie z. B. die Gräser, enthalten so w^enig Kalk in ihrer Asche, dass man schon nach dieser Erfahrung dem Calcium in ihnen keine hervorragende Rolle zuschreiben darf, Kalium und Calcium in den wachsenden Organen höherer Pflanzen. Je jünger man wachsende Organe der Ana- 1) Pasteur: Ann. Chim. Phys., 3. Serie, T. 58, p. 383; ibid. 3. Serie, T. 64, p. 107. 2) Raulin: Ann. sc. nat., 5. Serie, T. XI (1869) S. 93—287. Man vergl. auch Nägeli: Sitzungsber. d. k. bayr. Akad. d. Wiss. 1880, Heft 3, S. 340. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 595 lyse unterwirft, um so reicher zeigt sich im Allgemeinen ihre Asche an Kalium, um so ärmer an Calcium. Aber schon während der zweiten Periode des Wachsthums nimmt der Gehalt an Kalk all- mählig zu, wenn dieses Element wenigstens von Aussen, resp. aus älteren Organen derselben Pflanze aufgenommen werden kann. Solche Analysen , in denen die einzelnen Wach.sthumsstadien nicht getrennt sind, sind also für unseren speciellen Zweck nur von unter- geordneter Bedeutung. ^ Garreau lehrte, dass die Zusammensetzung der Asche aller sehr jugendlichen Pflanzentheile annähernd dieselbe ist^), und be- legte diesen Satz durch zahlreiche eigene Analysen und eine kritische Zusammenstellung der Resultate anderer Forscher. Die Cotyledonen, die Plumula und Radicula ruhender Samen, jedes getrennt analysirt, die Samen ohne Samenschale, oder bei solchen Arten wo letztere sehr dünn ist, auch die ganzen Samen, jugendliche Blätter und Sprosse aus Knospen, welche sich soeben geöff'net hatten, Wurzel- fibrillen, und endlich Sporen von Cryptogamen und Pollenkörner stimmen in dieser Beziehung in auffallender Weise überein. Als Typus für diese alle kann man die Zusammensetzung der Hefen- asche ansehen, w^elche, nach einer Analyse von Mitscherlich 39.5 pCt. Kali, 1.01 pCt. Kalk, 6.05 pCt. Magnesia, 53.84 pCt. Phosphorsäure und Spuren von Schwefelsäure aufwies 2). In den Samen steigt der Gehalt an Kali in der Asche nicht selten bis 45 pCt. und mehr, dagegen fällt der der Phosphorsäure oft auf 35 bis 40 pCt. Aber stets bilden Kali und Phosphorsäure weitaus den Hauptbestandtheil der Asche (80 — 90 pCt.), und von dem Reste fällt der grösste Theil auf die Magnesia. Der Kalk spielt hier stets eine sehr untergeordnete Rolle (1 — 6 pCt. der Asche). Die erwähnten, jugendlichen Organe enthalten aber die zu dem eigenen späteren Wachsthum erforderlichen Elemente in mehr oder weniger vollständiger Weise. Für die Samen geht dieses ohne Weiteres daraus hervor, dass sie das ganze Keimungsstadium durch- laufen können, auch wenn man sie nur destillirtes Wasser aufnehmen lässt. In diesem Falle entwickelt die Keimpflanze ihren ganzen, so 1) Garreau: Ann. sc. nat., 4. Serie, T. XUl, 1860, p. 173—179. 2) Wolff: 1. c. p. 134 und Garreau: 1. c. p. 176. 596 Hugo de Vries, bedeutenden Turgor ohne irgend welche merkliche Betheiligung des Calciums, von dem selbst noch ein wesentlicher Theil in den Co- tylen in unlöslicher Form zurückbleibt. Für die wachsenden Theile wurde, wie bereits oben erwähnt, der grosse Reichthum der Asche an Kali schon von Saussure ent- deckt. In einem der neuesten Werke über die physiologische Chemie der Pflanzen fasst Ebermayer^) die Resultate älterer und neuerer Forschungen in folgender Weise zusammen. Stets sind jugendliche, wachsende Organe in ihrer Asche viel reicher an Kali, als ältere. So sind z. B. Knospen, junge Triebe, junge Blätter, grüne Stengel, junge Zweige, die inneren jungen Rindenschichten, das Cambium und ganze junge Pflanzen reicher an Kalium (und Phosphorsäure) in der Asche, als die gleichnamigen älteren Theile. Die Blätter sind die kalireichsten Organe der Pflanzen, und zwar enthalten sie um so mehr Kalium, je jünger sie sind. Reich an Kalium sind ferner die Samen, viele Früchte, Knollen, Zwdebeln und andere an Kohlen- hydraten reiche Reservestoffbehälter. Die Gelenkknoten des Weizens sind nach I. Pierre stets reicher an Kali in ihrer Asche, als die angrenzenden Internodien und Blätter. 2) Wenn aus diesen mit zunehmendem Alter das Kalium verschwändet, bleibt es in den Knoten in nahezu unveränderter Menge. Die Steifheit der Knoten beruht aber auf die Turgescenz ihrer Zellen, die der Internodien und Blätter auf die Festigkeit der Zellhäute. Ueberall, wo kräftiges Wachsthum vorbereitet wird, resp. that- sächlich stattfindet, tritt also das Kalium unter den Aschenbestand- theilen in den Vordergrund, während das Calcium nur spärlich ver- treten ist. Dass dabei die verschiedene Bedeutung dieser beiden Elemente für die Turgorkraft eine maassgebende Rolle spielt, wird also wohl keinem Zweifel ausgesetzt sein. Kalium und Calcium in älteren Organen. Mitzunehmen- dem Alter verschwindet das Kalium allmählig aus den einzelnen 1) E. Ebermayer: Physiologische Chemie der Pflanze, Bd. I, Bestand- theile der Pflanzen, 1882, S. 770 fif. 2) Isidore Pierre: Ännales agronomiques, 2. Bd., 1876, p. 59—72; Bot. Jahrb. IV, S. 893. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 597 Organen der Pflanzen, während das Calcium immer weiter angehäuft wird. Tritt endlich der Tod ein, so ist das Kalium nahezu voll- ständig fortgeschafft, während das Calcium dann gerade in der grössten Menge vorhanden ist. Abgefallene Blätter sind z. B. äusserst reich an Kalk, sehr arm an Kali, und dasselbe gilt für die äusseren Partien der Baumrinde, und für ganze einjährige Pflanzen nach ein- getretener Samenreife. Das Kalium wird den älteren Theilen entnommen, um den jungen, noch w^achsenden zugeleitet zu werden. Der Boden ist rela- tiv arm an Kaliverbindungen, die Pflanze findet davon selten mehr vor, als sie braucht, sie ist mit dem Kalium desshalb äusserst spar- sam, wendet dieselbe Menge nach und nach zur Ausbildung ihrer verschiedenen Organe an, und häuft schliesslich nahezu ihren ganzen Vorrath in ihre Samen oder sonstige Reservestoflbehälter an, um sie einer folgenden Generation zur Verfügung zu stellen, oder sie im nächsten Jahre selbst wieder benutzen zu können. Genau entgegengesetzt verhält sich das Calcium, die Pflanze wendet so zu sagen alle nur denkbaren Mittel an", um sich von diesem Elemente möglichst vollständig zu befreien. Fast alle Boden enthalten Kalkverbindungen im Uebermaass, und nur wenige Pflanzen, wie die Gräser, sind im Stande, die Aufnahme von Kalk aus dem Boden ganz wesentlich zu beschränken. Die meisten enthalten da- von weit mehr als sie brauchen, und müssen ihn also möglichst un- schädlich machen. Am klarsten tritt das verschiedene Verhalten des Kaliums und des Calciums an's Licht, wenn man den Gehalt an diesen beiden Bestandtheilen auf ein einziges, resp. auf dieselbe Zahl von gleich- namigen Organen, z. B. pro Blatt, berechnet, und nicht, wie üblich, auf das Gewicht der Asche oder der Trockensubstanz bezieht. Rissmüller berechnete in dieser Weise seine bekannten Analysen der Buchenblätter. ^) Aus seiner Tabelle geht hervor, dass der Ge- halt eines mittleren Blattes an Kali bis Mitte Juli zunimmt, von dieser Zeit ab aber bis zum November, also bis zum Tode der Blätter, stetig fällt. Aehnliches gilt für die Phosphorsäure und die Magnesia, welche beide ihr Maximum im August erreichen, während 1) Rissmüller: Landw. Versuehsst., Bd. XVÜ, 1874, S. 31. 598 Hugo de Vries, die Menge des Kalkes bis iii den November hinein ganz bedeutend grösser wird. Eine vollständige Entleerung des Kaliums fand nicht statt. Mit den Blättern anderer Bäume erhielten Fliehe und Grandeau') und Coren winder 2) übereinstimmende Resultate. Das Verschwin- den des Kaliums und die Anhäufung des Kalkes in den vegetativen Organen krautiger Pflanzen wurde von Boussingault für den Klee, die Rübe und den Kohl, und von zahlreichen Forschern für die Getreidearten dargethan^). Eine äusserst ausgedehnte, inhalts- reiche Literatur ist allmählig über diesen Gegenstand entstanden, und die Thatsache selbst dadurch über allen Zweifel erhoben. Einer so allgemeinen Erscheinung muss irgend eine wichtige physiologische Ursache zu Grunde liegen, und die verschiedene Be- deutung der beiden fraglichen Elemente für Turgor und Wachsthum dürfte dabei eine sehr wesentliche Rolle spielen"*). Welche Ursachen bedingen die Anhäufung des Ka- liums in den wachsenden Organen? Wir haben nun die wich- tigsten Thatsachen über die Verbreitung und die Wanderung des Kaliums und des Calciums in der Pflanze in möglichst gedrängter Form zusammengestellt, und uns dadurch überzeugt, das ersteres Element vorwiegend in solchen Organen auftritt, wo der Turgor eine Hauptrolle spielt, w^ährend letzteres gerade in älteren und absterben- den Theilen angehäuft wird. Die Erfahrung ist also mit ihrer ver- schiedenen Bedeutung für den Turgor durchaus im Einklang. Jetzt können war den früheren Faden wieder aufnehmen, und unsere Be- trachtungen über diese beiden Elemente fortsetzen. Fragen wir nach den Ursachen, welche die Anhäufung des Kaliums in wachsenden Theilen bedingen, so sind diese uns in ihrem 1) Fliehe et Grandeau: Ann. Chim. et Phys., 5. Serie, T. Yin, p. 486 bis 511, 1876. 2) Corenwinder: Ann. sc. nat. 1878, 6. Serie, T. VI, p. 305. 3) Vergl. Corenwinder: Ann. sc. nat. 1860, 4. Serie, T. XIV, p. 39 flP. 4) Ich behaupte keineswegs, dass die einzige Bedeutung des Kaliums für das Püanzenleben in seiner Betheiligung am Turgor zu suchen sei, und ebenso- wenig, dass der Turgor wachsender Piflanzentheile vorwiegend vom Kalium, ver- mittelt würde. Die Thatsache, dass das Kalium in rasch wachsenden Organen etwa 10—15 pCt, in nahezu ausgewachsenen nur etwa 3—6 pCt. der Turgor- kraft liefert, würde damit in Widerspruch stehen (S. 585 und S. 572—576). Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 599 innersten Grunde durchaus unbekannt. Doch leuchtet es ein, dass diese Aufnahme, wenigstens in erster Instanz, durch die Pflanzen- säuren vermittelt wird. Wir wissen, dass die Kaliumsalze der Schwefelsäure, der Phos- phorsäure und der Salpetersäure, welche die Pflanzen durch ihre Wurzeln aufnehmen, irgendwo in ihrem Innern derart zerlegt werden, dass die Säuren den eiweissbildenden Geweben, das Kalium aber den jugendlichen Parenchymzellen zugeführt werden. Wir folgern dieses aus der Thatsache, dass wir das Kalium in jenem Parenchym an die Pflanzensäuren gebunden zurückfinden, die Elemente jener an- organischen Säuren aber, den Schwefel, den Stickstoff" und den Phosphor, am Aufbau der eiweissartigen Verbindungen sich be- theiligen sehen. Wie und wo die Zersetzung vor sich geht, wissen wir nicht. Nun ist es aber eine auffallende Thatsache, dass das- jenige Gewebe, dem die Säuren zuströmen^) alkalisch 2), dasjenige aber, dem das Kalium zugeht, sauer reagirt. Offenbar muss die Auf- nahme der fraglichen Bestandtheile in beiden Fällen durch diesen Umstand begünstigt werden, denn jedes eintretende Atom wird so- fort an Säure resp. Basis gebunden, was auf die Aufnahme weiterer Theilchen nach bekannten Diffusionsgesetzen nur günstig wirken kann.^) 1) Sachs: Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 1882, S. 392. 2) Sachs: üeber saure und alkalische Reaction der Säfte lebender Pflanzen- zellen. Bot. Ztg. 1862, S. 257. 3) In derselben unbekannten Weise zerlegen manche Pflanzen die Kalium- salze der Kieselsäure, welche sie aus dem Boden aufnehmen; das Kalium wird mit den Pflanzensäureu der wachsenden Zellen verbunden, und die Kieselsäure unthätig in den älteren Organen abgelagert. Es wäre interessant, zu erfahren, ob die sogenannten Kieselpflanzen gerade durch das Vermögen, einen Theil des für den Turgor nothwendigen Kaliums den Silicaten des Bodens zu entnehmen, vor anderen ausgezeichnet sind, und ob die abgelagerte Kieselsäure nur als Schlacke dieses Processes zu betrachten ist. Ebenso dürften die Kalkpflanzen die Vor- theile, welche sie vor anderen auf dem ihnen zusagenden Boden in so auffallender Weise besitzen, vielleicht zum Theil einem stark eutwickelten Vermuten, die zur Eiweissbildung erforderlichen anorganischen Säuren aus deren Kalksalzen zu be- freien, verdanken. Diese Fragen, welche ich hier nur andeuten kann, scheinen mir bei experimenteller Behandlung wichtige Resultate zu versprechen. Eine solche Behandlung hätte zunächst zu entscheiden, ob, wie es den Anschein hat, das Vermögen um Silicate resp. Kalksalze zu zerlegen, bei verschiedenen Pflanzen- species in auffallend verschiedener Weise ausgebildet ist. ßOO H"g<* ^^ Vries, Diese Betrachtungen weisen also den Pflanzensäuren eine wich- tige Rolle bei der Aufnahme des Kaliums in jugendliche, wachsende Pflanzentheile zu. Hieraus ergiebt sich aber ferner ein Theil ihrer Bedeutung für den Turgor, denn sie sind es, mittelst deren die Pflanze die grosse Affinität zu Wasser, die das Kalium seinen Ver- bindungen mittheilt, für ihre eigenen Bedürfnisse verwerthen kann. Die Pflanzensäuren der jugendlichen Zellen müssen aber auch auf den durch die Wurzeln aufgenommenen Kalk eine Anziehung üben, zumal wenn dieser, an Phosphorsäure und Schwefelsäure ge- bunden, in die Pflanze drang, und diese Säuren zur Eiweissbildung verwendet werden i). Die Aufnahme von Kalk, seitens der jugend- lichen Zellen, würde nun für den Turgor nichts nützen, dagegen würde sie durch Neutralisation der Säuren, die Aufnahme von Kalium bedeutend erschweren. In dieser Beziehung muss das Calcium als ein schädliches Element betrachtet werden, und dieses gilt um so mehr, als der Boden stets relativ viel reicher an Kalk, wie an Kali ist, und die Pflanzen erstere Base nur zu leicht in üebermaass aufnehmen können. Nur wenige Pflanzen besitzen, wie die Gräser, das Vermögen, die Aufnahme von Kalk durch ihre Wurzeln wesentlich zu be- schränken. Und wären in den übrigen Pflanzen keine Vorrichtungen vorhanden, um dem Uebergange des einmal aufgenommenen Kalkes in die jüngsten Organe entgegen zu arbeiten, so würden wahrschein- lich doch die Säuren vorwiegend durch diese Base und nur zum kleinen Theile durch Kali neutralisirt werden. Wir dürfen derartige Einrichtungen also ganz allgemein im Pflanzenreich erwarten. Solche Einrichtungen finden sich nun unter sehr verschiedenen Formen, welche sich aber in zwei Gruppen unterordnen lassen. Ein- mal wird der Kalk in löslicher Form, das andere Mal im festen Zu- stande abgelagert.^) In löslicher Form häuft er sich, an Pflanzensäuren gebunden, wohl ganz allgemein im Zellsaft der ausgewachsenen, zumal der alternden Organe ab. Wie wir bereits gesehen haben, ersetzt er hier allmählig das Kali, welches hier fortwährend fortgeschafft wird, um 1) Holzner: Flora 1864, S. 273. 2) üeber die Bedeutung der Kalkablagerungen in der Pflanze. Landw. Jahrbücher Bd. X. 1881, S. 53. Eine Methode zur Analyse der Turgorkraft. 601 den neuen wachsenden Theilen zuzuströmen. Wie es kommt, dass dieselben Säuren, welche während der Jugend Kali aufnahmen, im Alter das Kali gegen die schwächere Base Kalk austausclien, muss einstweilen dahingestellt bleiben. In unlöslicher Form wird der Kalk theil weise in den Zollhäuten und Cystolithen, theil weise als oxalsaurer Kalk abgelagert. Das ganze Auftreten des Oxalsäuren Kalkes, seine Verbreitung in den Geweben, seine Anhäufung in besonderen Zellen und an solchen Orten, wo er dem Stoffwechsel möglichst entzogen ist, endlich die Thatsache, dass er, einmal ausgeschieden, fast nie wieder aufgelöst wird — dieses Alles beweist zur Genüge, dass es sich um die Ent- fernung eines überflüssig aufgenommenen Stoffes handelt, dessen An- häufung in bestimmten Zellen leicht schädlich werden könnte. Und welcher Art dieser Schaden ist, geht nun aus unseren obigen Erörterungen klar hervor: es handelt sich wohl darum, die jugendlichen, turgescirenden und rasch wachsenden Organe gegen die Neutralisation ihrer Säuren durch Kalk möglichst zu schützen, und ihnen dadurch die Aufnahme von Kalium, und damit die Erhöhung ihrer Turgor- kraft durch dieses Metall, zu ermöglichen. Alles, was bis jetzt über die Vertheilung und die Wanderung des Kaliums und des Calciums in der Pflanze, und über die Ablage- rung des letzteren Metalles in fester Form bekannt war, lässt sich also in ganz einfacher Weise aus den partiellen isotonischen Coeffi- cienten dieser beiden Elemente in ihren Salzen, und ihre dadurch bedingte, so sehr verschiedene Bedeutung für den Turgor erkhiron. Das Kalium erhöht die Turgorkraft der Säuren bei der Neutralisation, das Calcium vermag dies nicht. Dass hiermit die Frage nach den physiologischen Functionen dieser beiden Elemente keineswegs er- schöpfend beantwortet ist, davon bin ich mir völlig bewusst; jedoch hoffe ich zu ihrer Beantwortung einen neuen Gesichtspunkt eröflhet zu haben. Amsterdam. Nov. 1883. Jal,r/K r.m. Botanik, Ja\''. Bcf. r«/-/. Li/Ä.ronliiiie. Oorhcl (M. Jnhj'h. rw.BotajüJi-^MV.Bd. Tafjr. ('nul)cl (Irl . I.UJi xnn Linie. Ja/trb. rw.Bofnnik^ATV. ß(/ Tu/: m Goehcl (it'l • LiUi von Ldiir Jahrb. r.fü.Bohmik,.YlV.ßd Tai: IV. Ooebcl deL I/if/i. von Laue. Jahrb. fro. Boümi/c,J7J' B(J . Ta/:v. M. WcstcfinnKT (hl C l.nuc lifJi. Jahrb. /:w. Hotfuuk,.nV.ßc/ 7'n/: 17. FigA. t-O Fig.'Z Iff. .J. ^ m nu /■■„/ :s. 1 in /'fr/ (>'. M nhic/v/ui/rr (M. ('.Laue btÄ. Jahrb. /.'jo.BolcaaA^^.Wßr/. 7h/: 171 /'Vn. / I'Vc/. 9. rD /■/y, //'. /'Va ^■2 ^^ /}./. 6'. M. WrsterfnaicT- clrl CLa/jr hf/i. Fuj. /. Tafnin. /u/ :l I'Vn. '/. Füf. S. H .-ituh'vnn iiix. C Laue lith JaÄrb. fm.Botanih^ÄIVBd. Ta/:u. J. 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